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JAHRBÜCHER
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Philologie und Paedagogil£.
Begründet
von
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Alfred Fleckeisen <•»•• Hermann Masius
Professor in Drt^siiei) Professor in Leipzig.
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VERZEICHNIS DER MITARBEITER
AN DEN JAHRGÄNGEN 1865 BIS 1868.
(die in parenthese beigreseUten lahlon beziehen sich anf das naehstehende inhaltsverzeirhni»«
die nameo der mitarbeitcr su den ersten zehn jahrg-ängrn 1865—1864 sind za anlang: des
jahrg-ang-s 1864 abg-edruckt.)
1. Edväkd Albsrti in Kiel
2. Cabl Aldenhoven in Ratseburg (61)
3. Gkobo Autbnbisth in Erlangen
4. Albbbt von Bambbbg in Berlin (63)
5. Wilhelm Bäumlkin in Manlbronn (f 1865)
6. Fribdbich Baub in Maulbronn
7. Gustav Beckbb in Cüstrin
8. Theodor Bbbok in Halle (63)
9. UicHABD Bbbomamn In Brandenburg (85)
10. Huoo Blümnbb in Breslau (66)
11. Wilhelm Bbambach in Freiburg (38)
12. Wilhelm Bbaun in Wesel
13. Julius Bbix in Liegnitz
14. Fbamz Böcheleb in Greifswald (18. 35)
15. Bebnbabd Büchsenscuütz in Berlin
16. CoNSTARTiN BuLLE In Bremen (3)
17. Theophil Bubckhabdt in Basel (97)
18. CoNBAD BuBsiAN in Zürich
19. J. F. C. Campe in Greiffenberg
20. Wilhelm Chbist in München (49)
21. Thbodob Creizenach in Frankfurt am Main (41)
22. Chbibtian Cbon in Augsburg (87)
23. Gbobo Cubtius in Leipzig
24. Rudolf Dahms in Berlin
26. Detlef Dbtlefsen in Glückstadt
26. Wilhelm Dindobf in Leipzig (56. 67)
27. Max Dinsb in Berlin
28. Heinbich Dittbich-Fabeicius in Dresden
29. Thbodob Dörneb in Plauen
30. Ludwig Dbewes in Braunschweig (23)
31. Fbiedbich Dbosihn in Neustettin (8)
32. Heinbich Düntzeb in Köln (50)
33. Anton Ebebz in Frankfurt am Main
34. Otto Eichhobbt in Danzig
35. Gbobo Ellendt in Königsberg (80)
36. Robebt Engeb in Posen
37. Adam Eussneb in Würzburg (88)
38. Fbanz Etbsbnhardt in Berlin (37)
39. Wilhelm Fielttz in Stralsund (91)
40. Christoph Ederhard Finckh in Heilbronn
VI Vcrzciclinis der luilarbeiler.
41. Alkred Fleckkihkn in Drosden (30. 31 47. 59. 77)
42. Kbikdkicii Frankb in Meiszcn
43. RiCHAUD FuAMKE in Leipzig
44. Gottfried Fbiedlein iu Ilof
45. Carl Fuhrmann in Köln (110)
46. Karl Hermann Fdnkhabnel in Eiöenach
47. Hermann Gbntub in Berlin
48. Ludwig Georgii iu Tübingen (42)
49. Christian Wilhelm Glück in München (f 1866)
50. Anton Goedel in Königsberg
51. Eduard Gobbbl in Fulda
52. Theodor Gomperz in Wion
53. Lorenz Grasberoer in Würzburg
54. Kicuard Grosser iu Minden
55. Albert Grummr in Bielefeld
56. Alfred von Gutschmid in Kiel
57. Hermann Hagen in Bern (62. 78. 95)
58. Karl Halm in München
59. Karl Hansel in Glatz
60. Adolf Hart in Berlin (45)
61. Karl Hartuno in Cleve
62. Otto Heinb in Weimar
63. Wolfgang Helbig in Kom
64. Peter Dibdeuich Christian Henning» in Husum
65. James Henry in Livorno
66. Carl Heraeus iu Hamm (69. 77)
67. Gottfried Herold in Nürnberg
68. Friedrich Karl Hertlein in Wertheim (7. 36)
69. Martin Hertz in Breslau (34)
70. Wilhelm Hertzberg in Bremen
71. Eduard Hiller in Frankfurt am Main (105)
72. Hugo Hinck in Kom (45)
73. Otto Hirschfeld in Königsberg (93)
74. Kichard Hocue in Wesel
75. Arnold Hug in Winterthur
76. Friedrich Hultsch in Dresden (11. 55. 101)
77. Oscar Jänicke in Wriezen (54)
78. Carl von Jan in Landsberg au der Warthe
79. Ludwig von Jan in Erlangen (46)
80. JusTus Jeep in Wolfenbüttel (103)
81. N. J. B. Kappeyne van de Coppello iu Amsterdam (64)
82. Ludwig Kayser in Heidelberg (106)
83. Heinrich Keil in Erlangen
84. Otto Keller in Oehringen (66)
85. Arthur Kerbeu in Guben
86. Adolf Kiene in Stade
87. Adolf Kiesslino in Basel (86)
88. Adolf Kirchhopf in Berlin
89. Joseph Klein in Bonn
90. Keinuold Klotz in Leipzig (52)
91. Theodor Kock in Berlin (68)
92. Ulrich Köblbr in Athen
93. Johannes Koknighoff in Trier
94. Wilhelm Heinrich Kolster iu Meldorf
95. Hermann Kraffert in Liognitz
96. Heinrich Kratz in Stuttgart
97. Gustav Krüger in Charlottcnburg (29)
98. Emil Kuhn in Dresden
99. Johann Kvicala in Prag
Verzeiclmis der luilarbeiler. VII
00. Thkodou Ladbwig in Neastrelitz
01. Ludwig Lb Bbau in Heidelberg
02. AuouBT Lkmtz in Graudenz (f 1868)
.03. August Leskikn in Göttingen
04. Gustav Limkbk in Lemberg
05. Rudolf Löhbacu in Andernach (36)
06. Anton iiOwiNSKi in Deutsch-Crone
07. ParBDRicH Lüdeckb in Bremen (16. 70)
08. Fbrdinand Lüdkbs in Hamburg (10)
09. Abthub Ludwich in Königsberg
10. Alfred Ludwig in Prag
11. T. M. in L. (24)
12. Jacob Mahly in Basel
13. Karl Mbmoblssohh-Babtholdy in Freibiirg
14. Gotthold Mbutznbb in Plauen
15. Gustav Mbynckr in Paris (108)
16. Friedrich Mbzoer in Hof
17. C. F. W. Müller in Berlin
18. Eduard Müller in Liegnitz (13. 74)
19. LuciAN MÜLLBR in Bonn (15. 30. 60. 95)
20. Moritz Müller in Stendal (55)
21. Paul Richard Müller in Merseburg (9)
22. Friedrich Wilhelm Münscher in Torgau
23. August Nauck in St. Petersburg (100)
24. Heinrich Nissen in Bonn
25. Gustav Oppkrt in Oxford
26. Friedrich Paule in Jever (28)
27. Rudolf Peiper in Breslau (14. 22. 27)
28. Christian Traügott Pfuhl in Dresden
29. Adolph Philippi in Berlin (79)
30. Karl Wilhelm Pidebit in Hanau
31. Eugen Plew in Königsberg (109)
32. Theodob Plüss in Posen (75)
33. Friedrich Polle in Dresden (102)
34. Ernst Friedrich Poppo in Frankfurt hu der Oder (f 1866)
35. Hermann Probst in Essen (51. 92)
36. Rudolf Rauchenstein in Aaruu (81. 84)
37. Woldemar Ribbeck in Berlin
38. Ernst Albert Richter in Leipzig
39. Gustav Richter in Pforta
40. JoHANNKs Richter in Rastenburg (33)
41. Julius Ribckher in Heilbronu
42. Albzander Riese in Heidelberg (78. 94)
43. Friedrich Ritscul in Leipzig (47)
44. Carl Ludwig Roth in Tübingen (f 1868)
45. Adolph Rothmaler in Nordhauseu
46. Carl August Rüdiger in Dresden
47. Franz Rühl in Schleswig (90)
48. Heinrich Rümpf in Frankfurt am Main
49. Arnold Scharfer in Bonn (18. 35)
50. Karl Scheibe in Dresden (67)
51. Hebmann Schiller in Wertheim
52. Gustav Schimmelpfeng in Pforta
53. Georg Schmid in Pernau (58)
54. Bernhard Schmidt in Jena (104)
55. Moritz Schmidt in Jena (4. 6)
56. Otto Schmidt in Jena
57. Wilhelm Schmitz in Köln (83. 89)
58. Franz Schnorr von Carolsfeld in Dresden
VIII Verzeichnis der milarlieiler.
159. Geobg Fbiedbich Schömank in Greifßwald
160. Alfkkd Schönb iu Leipzig (107)
161. Hebmann Schbadeb in Hamburg (32)
162. Wilhelm Schbadbb in Königsberg
163. JoH. Hbinbich Ch. Schubabt in Kassel (26. 73)
164. Febdinand Schultz in Berlin (98)
165. Bbbmbabd Schulz in Rössel
166. Ebmst Schulze in Qotha (12)
167. Hbinbich Schwbizeb-Sidleb in Zürich (2. 43)
168. Cabl Sibkeb in Andernach (39)
160. Julius Sommebbbodt in Kiel
170. Johann Matthias Stahl in Köln (20)
171. Hbinbich Stein in Danzig
172. Eduabo Stbphinsky in Trier
173. Wilhelm Studemund in Würzbarg (76)
174. Fbanz Susbmihl in Greifswald (19. 71)
175. Wilhelm Teufpbl in Tübingen (40. 72. 99)
176. Conbad Thomann in Zürich
177. Ludwig Tillmanns in Cleve
178. Albxanoeb Tittlbb in Brieg
179. Adolf Tobstbik in Bremen
180. Gustav Ungbbmann in Coblenz
181. Ludwig Ublicbs in Würzburg
182. Hebmann Useneb in Bonn
183. Richard Volkmann in Jauer
184. CuBT Wachsmuth in Marburg (1)
185. Philipp Waghbb in Dresden (25)
186. Wilhelm WagnBb in London
187. Hugo Weber in Weimar
188. Nicolaus Weoklein in München (82)
189. Hbinbich Weil in BesauQon
190. Cabl Wex in Schwerin (f 1865)
191. Fbiedbich Wieseler in Göttingen (21)
192. Eugen Wilhelm in Eisenach
193. Moritz Wilms in Duisburg
194. Mabtin Wohloab in Dresden (5)
195. Chbistofh Zieoleb in Stuttgart (44. 48)
INHALTSVERZEICHNIS.
(die in parenlhese beig'eselzlen zahlen beliehen »ich auf da« voranstehende verzeSchiii«
der mitarbeiter.)
<<»»ite
1. der historische orsprung des doppelkünigtams in Sparta (184) . 1
2. die formale bildung durch die antiken classischen sprachen (167) 10
3. Pindaros achte nemeische ode (16) 15
4. in Aeschyli supplicum v. 162—167 (155) 25
5. zn Platona Theätetos (194) 27
6. emendatio Callimachea (155) 36
7. anz. y. Diodori bibl. hist. ed. L. Dindurf. vol. I et II (68) . . 37
8. zn Oyidins metamorphosen III 642 (31) 47
9. za Livius (121) 48
10. über ein gesetz des Selon (108) 49
11. anz. y. Q. Friedlein: die geometrie des Pediasimus (76) ... 55
12. anz. y. F. Matz: de Philostratoram fide (166) 59
13. zn Juyenalis sechster Satire (118) 63
14. Chancer und seine yorbilder im altertum (127) 65
15. mittelalterliche kataloge zweier klosterbibliotheken (IIU) . . 66
16. za Scaligers briefen (107) 69
17. anz. y. F. Qodefroy: notice snr J. Fr. Dübner 80
18. das neuerdings anfgefundene brachstück eines geschieh tsbnchs
yon Aristodemos, und kritik desselben (149. 14) 81
19. Arete in der Odyssee (174) 101
20. zar litteratnr des Thnkydides (170) 105. 169
21. gemmac Htteratae in der Ermitage zu St. Pctürabarg und in
einigen anderen samlungen (191) 123
22. anz. y. C. Freytag: coniecturarum in Tlieocriti curmen I lusus
otiosi (127) 137
23. zu Demosthenes IX § 46 (30) 139
24. nochmals zu Polybios X 17, 11—13 (111) 142
25. anz. y. £. Benoist: les oeuyres de Virgile. t. I (185) .... 145
26. anz. y. J. Overbeck: die antiken schriftqaellen zur geschichte
der bildenden künste bei den Griechen (163) 153
27. noch einmal Theokritos nnd Vergilius (127) 167
28. zur erklärnng des ersten buches derHorazischen episteln (126) 185. 269
29. zu Ciceros rede für Sextus Roscius (97) 207
30. Titus Maccius Plautus (119. 41) 212
31. philologische gelegenheitsschriften (41) 215.296.359.440.655. 736. 800
X Inhaksverzeicbiiis.
seito
32. über die quellen der pseadoaristotelischen scbrift iccpi Oaufiadwv
dKOUCfidTiuv (161) 217
33. in PUtonis Gorgiam (140) 232
34. miscellen. 15—18 (69) 236. 571
35. A-iBtodemos echt oder unecht? (14. 149) 237. 832
36. zur kritik des AriBtodemos (68. 105) 241
37. zu Tfaeodosios Tripoliies (38) 243
38. ans. v. A. v. Cohansen: CäBars Rheinbrucken (11) 249
39. zn Tacitas historien (168) 267
40. za PlautuB miles gloriosns 1042 (175) 268
41. der name VirgiliuB (21) 294
42. die SchaarschmidtBche kritik des Pbilobns (48) 297
43. anz. v. W. Wackernagel: voces variae animantinm (167) . . 326
44. niittcilangen ans bandscbriften (195) 329
45. die Psendophokylideia nnd Theognis im codex Venetus Marcia-
nns 622 (60. 72) 331
46. nochmals zu Piatons Phaedon 62' (79) 339
47. zu Plantns miles gloriosns [23. 24] (143. 41) Ul
48. berichtignngen [zn Ch. Zieglers ausgäbe des Bioii nnd Moschos]
(195) 344
49. über den werth des nnmmns bei Plantns (20) 345
50. zn Horatins (32) 350. 506
51. zn Ciceros Sestiana (135) 351
52. verbessemngSYorschl&ge zn Ciceros briefen (90) 354
53. anz. v. Sophoclis tragoediae ed. A. Nauck (8) 361
54. die verse auf Pan zum vierten mal (77) ......... 391
55. zu Polybios (76. 120) ,392
56. nachträgliche bemerkungen zur fünften aufläge der poetae ace-
nici Graeci (26) 393
57. über eine angebliche handscbrift des Aristobnios (26) . . . .411
58. zum Ion des Enripides (153) 412
59. zn Gellius IV 9. 1 (41) 415
60. Sammelsurien (119) 417
61. anz. V. Sophoclis Oedipus Coloneus ed. E. Wunder, ed. IV (2) 441
62. zu Vergilius nnd Donatus (57) 472
63. anz. v. Aristophanis Phitns ed. N. J. R. Kappcyne van de Cop-
pello (4) 473
64. analecta [zu Lysias nnd AristophahesJ (81) 479
65. zu Lnkianos (10) 482
66. zu Ciceros Rosciana nnd Pompeiana (84) 485
67. in Ciceronis de oratore librnm tertium (150) ..... 488. 780
68. metrische kleinigkeiten (91) 489
69. zu Herodotos VIII 25 (66) . . ' 607
70. ein nngedrnckter brief von Casanbonns (107) 510
71. die neueste litteratur über die ältere griechische sophistik<174) 513
72. zu Sophokles Philoktetes [v. 228] (175) 528
73. Verschiebungen im Pausanias (163) 529. 821
Inhaltsverzeichnis. XI
»eile
74. sprBchvergleicheDdes über die numerali» (118) 536
75. sex saffragin (132) 637
76. über die editio princeps der Tercnz-BchoHen des codex Bembi-
nna (173) 646
77. zn Gelliu» (66. 41) 673
78. snr lateinischen anibologie (142. 67) 676
79. anz. v. J. St. Blackie: Homer and the Iliad. vol. 1—4 (129) . 677
80. einige bemerkungen zu H. Hej.nans aasgabe der Odyssee (36) 686
81. zu Demosthenes rede 18 und 19 (136) 688
82. anz. v. Sophoclis Oedipus rex ed. H. van Ilerwerden (188) . 693
83. zur Straszbarger handschrift der Tironiscfaen noten (167) . . 599
84. anz. V. Lysias ausgew. reden v. H. Frohberger. 28 bdchen (136) 600
86. fünf Inschriften von stempeln thasiscfaer thongefasze (9) . . 607
86. anz. v. Planti Truculentus ed. A. Spengel (87) 609
87. zu Cicero de oratore [II 62, 209] (22) 643
88. anz. v. W. S. Tenffel: über Sallustins nnd Tacitns (37) . . 646
89. Kölnische Terentinsfragmente (167) 652
90. über die quellen dos Platarchischen Perikles (147) .... 657
91. über anfang nnd ende der Menandrischen adelphen (39) . . 676
92. zn Tacitns annalen [II 2.S] (136) . 682
93. das aerarinm militare nnd die Verwaltung der heeresgelder in
der römischen kaiserzeit (73) . 683
94. znr lateinischen anthologie (142) > • • 698
96. eine antike komödie in distichischer nachbildnng (67. 119) .711
96. zn Friedrich Rücke rts gedichten 735
97. zum Verständnis des Homeridenhymnos auf Hermes (17) . . 737
98. nach trag zn den Aeschinesscholten (164) 749
99. zu Sophokles könig Oedipus [v. 1306] (176) 752
100. zur kritik griechischer dichter (123) 763
101. zur litteratur des Nikomachos von Gerasa (76) 762
102. zu Piatons apologic (133) 770
103. anz. v. Q. Cnrtius Rufus ed. £. Hedicke (80) 773
104. anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter (154) 781. 865
105. die Iliasscholien des codex Venetus B (71) 801
106. anz. v. Dionysi Hai. antiq. rom. rec. A. Kiessling. vol. III (82) 805
107. anz. v.J. H. Schneiderwirth : geschichtc der Insel Rhodus (160) 818
108. über die handschrift des Aristodemos (115) 834
109. zu einer griechischen Inschrift (131) 839
110. die Vergleichungssätze bei Piautas (46) 841
BERICHTIGUNGEN.
s. 388 z. 10 ▼. u. lies
irp6coöa bei Sophokles fragrm. 220
statt
irp6TTO&a bei Sophokles Trach. 220.
8. 675 z. 19 lies
juovÄCTixoi statt fiovöcTixat.
ERSTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HEBACSaEaEBEN VON ALFRED FlECKEISEN.
BEB mSTOBISOHE URSPRUNG DES DOPPELKÖNIO*
TUM8 IN SPARTA.
Das sparUnische doppelkdoiglum, eine der verwunderUchsten Insti-
tutionen, die in keinem antiken gemeinwesen eine genügende parallele
und die in ihrer ursprungssage nur eine symboHsierung, aber keine er-
klärung findet, kann in seiner eigenart nur als «in compromiss verstanden
werden.
Darüber besteht unter allen competenten beute nur dine meinung :
und diese jetzt allgemeine annähme faszt der jüngste geschichtschreiber
der Hellenen, H. Duncker (gesch. des alter tums IIP s. 345 f.) vortrefflich
in folgenden Worten zusammen:
*Die fabel von den Zwillingen des Aristodemos genügt nicht, den
bestand einer so eigentümlichen, weder in einem andern griechischen
kantone noch in dem gesamten verlauf der geschichte wieder vorkom-
menden erscheinung zu erklären: das bestehen eines zwiefachen lebens-
länglichen und erblichen königtums in Sparta, welches zwei dynastien
gleichzeitig gehört und von ihnen gleichzeitig nebeneinander bekleidet
wird, eine institution dieser art trägt am wenigsten den Charakter der
ursprünglichkeit sie ist wider die eigenste natur der heerführerschaft,
aus welcher das königtum bei den Griechen henrorgieng; wider das be-
dürfnis einer geschlossenen , festen und einigen leitung , welches gerade
die Dorer von Sparta um so entschiedener empfinden musten , je länger
sich der kämpf gegen Aroyklä hinzog; wider das innerste wesen der
monarchischen gewalt, welche den bestimmenden willen, der dieses ihr
wesen ausmacht, durch eine Zweiteilung vernichtet, es bedarf keiner
Untersuchung der sage selbst, um sie als eine spätere fiction, welche
einen vorhandenen zustand erklären soll, zu erkennen, die beiden kdnigs-
geschlecbter, welche wir in Sparta herschend finden, werden nicht nach
diesen ihren angeblichen zwillingsstanunvätem, dem Eurysthenes und
PrdLles genannt, sondern nach dem Agis und Eurypon, von denen jener
der söhn des Eurysthenes, dieser der söhn oder enkel des Prokies sein,
sollte, das geschlecht des Eurysthenes fflhrt den namen der Ägiden, dasr
Jahrbacher für elagi. philol 1868 hft. i. 1
2 C. Wachsmuth: der hist urspruDg des doppelkönigliimB in SparU.
gesclilecfat des Prokies den namen der Eurypontiden, wodurch sehr deut-*
lieh zn tage tritt, dasx die xwillinge den Ägiden und Eurypontiden nur
als stammvSter Torangeaetzt sind/
Soweit wäre man also eliigt um so nNhf geht man auseinander in
der beantwortung der weiteren frage, zwischen welchen einander gegen*
Hberstebtndta elemenien denn dieses neitwflriHgt cimproonsB getroffen
sei, auf grund welcher Stellung oder welches rechtes die beiden königs-
hfluser gleichmSszig den thron beanspruchten.
Da faszt — um nur die am schärfsten ausgeprägten TorsteUungen
anzuführen — der eine die beiden hcrsohcrhluser nur als zwei der ?or-
nehmsten adlichen DorerfamUien , welche nach dem aussterben des ge»
schlechts des Aristodemos, der die Spartaner an den Eurotas geflOhrt,
miteinander um die herschaft in Sparta gerungen und je nach erfolg
wechselnd ihre angehangen auf den threii geselst haben*); ein andei'er
nhnt an, die beiden königH^en üuniüen hattm an der spitze der beiden
reindorischen stamme, der Hylleer und Dymanen, gestanden und auf
grund dessen das scepter beansprucht*); und ein dritter läszt das eine
königshaus mit den alten achäiscben völkerhirten zusammenhangen, das
andere mit den Solischen farstengeschlechtem.*)
Weshalb ich keiner dieser hypothesen beistimmen kann, ziehe ich
vor, statt durch negative einzelkritik, lieber gleich durch eine kurze aus-
elnandersetzung der einschlagenden verhSltnisse zu zeigen, wie sie sich
mir bei unbefangener erwägung aller in sage, topographie und geschichte
bald offen ausgesprochener bald mehr versteckter andeutungen darstellen.
Dasz der gegensatz der beiden königshäuser tiefer begründet liegt
als in der rivalitst zweier herschsfichtiger vornehmer Dorerfamilien , dar-
auf führt schon die ganze wunderliche und eigentlich widerstamige ein-
riditung selbst, die dualUät durch erbfolge festgehalten in dem monar-
chischen amt, und namentlich die merkwürdige, selbst epigamie aus-
schlieszende^) Schroffheit, mit der die beiden geschlechter einander
gegenüberstehen. *)
Yerstündlich finde Ich wenigstens das nur, wenn der vertrag, der
zu dieser seltsamen Institution führte, von zwei fDrstengescUechtern A-
geschlossen wurde, hinter denen zwei verschiedene gemeinden standen.
Nur bestärken kann in dieser ansieht ein blick auf das spartanische
sudtgebiet*)
•o Dancker a. o» s. 846.
so E. H. LAchmann die spartanische staatsverfAssung (1836) s« 68 ff.
8) 80 £. Cortiiis griech. gesch. I s, 162.
4) dasz zwischen den beiden köni|^lichen geschleobtem epigamie
nicht beatend, lehrt dSe geaehkhte: ißfi Ke^atadt de raraaa LacohIo»*
mm eonaütttitonin I^youff^ae oriffine et ilidoU (<3«jphiM 1840) «• 68^
der nur meint, auch dies aei wie das ganse doypelköntgtttm ana acblAuer
politischer berechnnng eingeführt.
6) Tgl. Herodot ^ 69 toiStoik (CöpucO^fca Koi TljpOicXfo) . . . X^foua
(AaiodtttMÖviot) 6ui#6p6vc cTvat rdv irdvTa xpöwv t^ Zdnt dUiilUiia wil
Todc d«6 toOtuiv itvoM^^MPC ikcaÖTUic ^urreX^eiv.
6) igl. Curtioa Peloponneaoa II a. 220 ff. (nebat tafel X) und W»
Viacher erinnemngen und eindrücke aua Griechenland s. 876 ff.
C. Wachnoatli: der hiiU «rtpreiig dtt deppelkdmgUnM ui Sparli. 3
Zwei bedeutendere erbek«iigeB leig« Mcr des terrain (weaa m»
von dem riemUoh iaehen hflgelsog ISagi dee Bvotaelliales afmielit), den
aBliken akrofeüshtkgel mit fefnes breitn rflobenfliehen md die bdbea
von Neosperta. auf und an jenem hgen die aitie der Aglate , auf und
vor diesen die der Eury^^ntiden*
Es gab nemlich in Sparta nacb dem beatimmten zeugnie des Uesy-
cfaies^ u. d. w« 'ATtdiMii eisen naeh den Agiaden beMmten district;
und au» Pausaniu HI 14, d gehl hennsr, den dfeecr dietriet zwischen
dem aiuropoilshigel und der Bab^kebrOoke sieb ausdehnte.^ femer liehen
sich am funz des abropeüiliflgels die grabetAllen der Agf adsn hin , wie
es auch sonst forbommt dau die königsgriber am burgbOgel ogeiegt
wraiien.*)
Der eeldusz hieraus ist einIMi und sicher: der sogenannte theater»
hügel mit dem nerMslüch geiegoieii sKrieh landes wurde wsprOngllch
von ddm teil der spartanischen bevAlkerung eingenommen, an dessen
spitie die Agiaden staaden.
Finden wir dagegen die Enrypontldengrtber an den MMien des mo-
deinen Sparta, so ergttt die analog, dasz wir hier und in der nördlich
vor ihnen sidi ausbreilenden niederung das gebiet der ursprAngftchen
Wohnsitze derjenigen bevölkerungsgruppe zu sehen haben, die sidi der-
einst um das haus der EuryponÜden susammenschiosB.
Nun beginnt, wie ich kflrzlich anderswo^ auseinanderselzte, die
gesducbie der meisten antiken gemdnden mit ehiem synttismos: so war
es in Rom, so In Athen (wie dort gezeigt ist), audi in Sparta ist es
nicht anders; hier ist sogar der ursprQnglk^e dualismus durch das
doppelkfoigtum gewissermaesen verewigt, und wie vielleicht in Rom
und sicher In Athen, so beruht auch In Sparta der gegensatz der zwei
ursprfingllch in sondersledelungen sich absdilieszenden und erst spater
veraehmoleenen nacAbargemelnden auf stanmesversebiedenheit derselben.
So schlecht uns auch bekanntennaszen die iftberlieÜBrung gerade fiber
die vorgange bei besetzung des Peloponnes durch die eindringenden Derer
unterriciüet, so genflgen die erhaltenen indicien doch vollständig, diese
tfaatsaehen zu eiharten und sie bestfoimt zu pradsieren.
Sehen wir zuvörderst, was sich aus etarer kritischen prflfung der
sagen gewinnen laszt.
Fir ihre nwthodisdie ausnutsung wird als grundsaU gelten raOssen,
dasz geschichtlich unbrauchbar aRe mit der spMer crsonnenco üetlon
ebaes zwiRIngspaaras zusammenhangende angaben sind, alles was dazu
dient beide stammhanpter als gleichberechtigte regenlen zu legitimieren;
7) 'vvl. eiueh Btym. iL u. d. w. 'Atidboi s. 19. 82.
6) die riohtigkeit der coi^feotnr tob Hering a iv ^AymMv ist unbe-
«weifelt und UBSweifelbeft; biad derf also aus Pausenies angebe fol-
gern, dafti Jener distriet 'A^idbat hiees.
9) wie B. b. in Athen duieh die jitoget geAndeue insehrift die lege
dee Xodiosgrebes 6ir* dxpowdXvit beaeiqft ist (e. rhein. museum JXUi
e. Sl aam. 89).
10) Im rhdn. museum XXm a. 170 fS.
4 C. Wachsmath: der hist, Ursprung des doppelkÖDigiums in Spsria.
dass dagegen ebenso werthvoll ist jedweder rest einer mit dieser — so
zu sagen — ofßciellen darstellang in widersprach stehenden version,
jegliche spur einer ursprflngllchen Verschiedenheit der beiden brflder in
ihrer Stellung, ihren ansprächen usw. denn hierin besitseo wir uniwei-
felhaft fingerzeige fflr den wahren thatbestand, die mit vorsieht verfolgt
untrüglich sind.
Da tritt denn nun zunlchst hervor, dasz Eurysthenes mit der dori"
sehen einwanderangssage von haus aus in keinem besage stand, wlh-
rend von Prokies und seinem söhne Soos, dem vater des Eurypon, die
sage mancherlei zu erzAhlen weisz*% ist die figur des Eurysthenes ganz
schattenhaft, er ist nur Prokies bruder und vater des Agis, sonst nichts,
daraus folgt, dasz Prokies eine ursprfinglich in diesen sagencomplex ge-
hörige figur ist, Eurysthenes erst spSter In sie eingefügt wurde, wie er
diesen nachträglichen einschub lediglich dem motiv verdankt, als Stamm-
vater des Agis d. i. der Agiaden neben dem durcii genauere tradition
überlieferten Stammvater der Eurypontiden , Prokies, als ebenbürtig auf-
geführt zu werden, zeigt recht deutlich der auffallende umstand, dasz
er ohne Währung der glelchmäszigkeit einfach dem Agis als vater voran-
gesetzt ist, während Prokies doch erst als groszvater des Eurypon ge-
nannt wird."}
Reichen aufschlusz über das wahre Verhältnis dieser beiden ge-
schlechtshäupter zu einander gewährt sodann die wenig beachtete er-
Zählung bei Polyän (1 10): TTpoKXfic Kai Tr)fi€VOc 'HpanXeibai 6öpu-
cOeibatc KaT^xouct xi\v Ciräpiriv iiroX^jüiouv ktX.
Nach dieser eigentümlichen version der einwanderungssage, die
sicher wie so vieles andere bei Polyän aus einer vortrefflichen quelle
stammt, ziehen, offenbar nach dem abgang des ^inen haaptzweiges der
dorischen scharen unter Kresphontes, die übrigen Derer unter führung
des Prokies und Temenos weiter und zwar zunächst nach Lakonien.
durch die geläufige Vorstellung, dasz erst Messenien, dann Lakonien,
zuletzt erst Argos erobert wird, ist sowol die abwesenheit des Kres-
phontes als die anwesenheit des Temenos vollkommen motiviert; den
drilten groszen Dorerffihrer Aristodemos, der bei Naupaktos vom blitz
erschlagen war, vertritt sein söhn Prokies, bloss Prokies? wo steckt
denn Eurysthenes, sein zwiilingsbruder? er fehlt: er fehlt bei der er-
oberung seines gebietest unmöglich also kann nach dieser sagenwendung
Eurysthenes für einen Derer gegolten haben.
Erscheint er denn aber wirklich gar nicht in dieser erzählung? frei-
lich ist er da; nur dürfen wir nicht bei den Dorem, sondern müssen bei
11) B. K. O. MiUler Dorier I* s. 98.
12) 80 ist die constante Überlieferung, der gegenüber es sieht
ins gewicht fällt, daas in dem Stammbaum des Leotyohidaa bei Herodot
Vm 181 der name des Soos fehlt d. h. wol aasgefallen ist. anders urteilt
freilich Duncker a. o. 6.345 anm. 2; aber^erst später zur ansgleichung
beider Unien eingeschoben' kann Soos unmöglich sein, da durch ihn
die beiden linien ja ungleich werden, Eurjpon durch ihn von Proklea
getrennt wird, also nicht nnmittelbar vom söhne des Aristodemos stammt,
wie Agis ; und eben wegen dieser Ungleichheit ist Soos sicher ursprünglich.
> C W«eli$muüi : dtr hisL urspmag des doppdkdnigtiiBs Ib Sparta. 5
ihren gegnern suchen, die Eorysüiideo, die 'Sparta inae ha]>en% wen ge-
hören sie denn an ab Eorystbens? and Enryslheus ist ja nichts als eine
nebenform filr Earystbeoes, oder oorrecter zu reden, Earrstheus ist der
beslbeglauhigte name des bmders des Prokies, nemlich nicht bloss Apol-
lodor und Uearch geben ihm diesen namen "), sondern bei Afrikanos und
Eusebios und den christlichen Chronographen, die aus ihnen schöpften*^,
ist er der ausschliesslich herschende: was um so bedeutnngsToUer ist, als
die hier erhaltenen königslisten bekanntlich auf offideOe dvoTpa^ai sn-
rfickgehen, die älter sind als die anfange der geschichlschreibang. denn
es kann ja jetzt als allgemein bekannt und anerkannt gelten, was uns
die forschungen von h Brandts und A. ▼. Gotschmid'*) hinsichtlich der
von dn späteren Chronographen erhaltenen königslisten griechischer
Staaten gelehrt haben; nnd wenn es demnach fest steht, dasz die mit der
Heraklidenwanderung anfangenden listen wahrscheinlich nicht zu lange
nach der einfOhrung gleichzeitiger aufzeichnung der ölTentlichen beamten
entstanden sind, welche etwa mille des achten Jahrhunderts erfolgte, so
beruhen auch jene spartanischen königslisten auf der autorfUt einer ölTent-
llchen, etwa ausgang des achten oder anfang des siebenten Jahrhunderts
aufgestellten liste.
Somit tritt In dieser erzählung das haus , dessen Stammvater Eurys-
tfaeus-Euryslhenes ist, als herschendes geschlecbt in Sparta zu der zeit
auf, wo die Dorer erst in den Peloponnes und speciell in Lakonien ein-
wandern; sie und die ihrigen sind die damals bereits in Sparta ange-
sessenen, welche die dorischen eindringlinge abzuwehren suchen.
Nun bedenke man zugleich, wie die sage durchweg Eurysthenes als
den älteren und geebrteren der beiden feindlichen brüder darstellt; und
es wird einleuchten , dasz nicht bloss , was Ouncker a. o. hervoriiebt , die
Agiaden als ein älteres haus, die Euryponliden als ein jüngeres gekenn-
zeichnet sind , sondern dasz der 'ältere bruder' Eurystheus die ältere, die
ursprünglicher angesessene d. i. die achäische bevölkerung Spartas
repräsentiert, dasz der 'jüngere bnider' als haupt der jüngeren, der
später eingewanderten d. i. der d o r i s c h e n bevölkerung Spartas dasteht.
So viel lehrt die sage; betrachten wir jetzt noch einmal die ur-
sprünglichen ansiedelungsplätze beider stamme, so finden wir
audi hier bestätigt, dasz der stamm der Agiaden zuerst auf spartanischem
boden sasz: denn von ihm ist der beste stricli occupiert, welcher den am
13) ApoUodor bei Diodor VII Ö (d. h. In dem armemschen Eusebios
buch I s. 319 Auoher, s. 166 Zohrab), Klearch bei Diogenian I 83 (in
den parömiographen von ▼. Lentach bd. 11 s. 18). die Enrysthiden kennt
fibrigens aneh Snidas a. d. w. €(ipuc6cöc. das aind die einsigen stellen,
die ^r diese namensform angefahrt sn werden pflegen.
14) als da sind Synkellos, Malalas, Kedrenos oder von lateiniscben
Hieronymus, auch die excerpta barbara Scaligers.
16) Brandis commentatio de temporom Graecomm antiqniasimomm
rationibns (Bonn 1857) und t. Ontsehmid in den recension dieser ab-
handlung in diesen Jahrbüchern 1861 s. 20 ff.; vgl. aneh symbola philoL
Bonn, s, 103 ff.
6 C WachsuHitii: der biat. unpiniig des doppelUtaiigtums ui Sparta«
meitteA zur Imrglidhe ^gneten bflgd und die Enrotasfurt in aieh
•ehliesst, und dessen besitz den zugang von Arkadien ber fa^erscbt
Aber aucb auf einem andern geUele ist ein» stiUsebweigende und
doch vernebndicbe bekr&ftigung dieser ergebnisse vorbanden, und zwar
auf einem gebiete das relativ und bei ricbtiger Verwendung das zuver-
lässigste malerial liefert, welches uns Aber die titesten halbbislorfscben
selten der Hdlenen zu geJiote steht: ich meine die ehronplogiseben
angaben im kanon des Euseblos.
Was zeigt sieh nun hier?
Als erstes jähr der regierung des Eurystbeus wird das 916e jähr
Abrahams aufgeführt'*) und zu demselben jähre bemerkt: BeraeUdartim
descensuf in Peloponnesum (so bei Hieronymus; im armenischen Ense»
bios fehlt die notiz, sie findet sich aber bei Synkellos s. 835, 13 irA
TouTOu f) -n&v 'HpaxXeibiirv KdOoboc ck TTcXoirdwiicov t^ovev).
dagegen wird erst zum 921n jähre Abrahams , zum 6n reglerungsjahre
des Eurystheus bemerkt: JSurystheus ei Proeies Spartam obUnMenmt
(auch dies nur bei Hieronymus, nicht im armenischen Eusebios, aber
gleichialls bei Synkellos s. 336 , 9 EöpucOeüc Kod TTpoKXi)c Cir&pTT|C
IxpäTiicav).
Somit herscht Eurystheus bereits längere zeit in Sparta, als Prokies
erst zur herschaft gelugt; er ist schon spartanischer herscher zu der
zeit , wo die Herakliden erst in den Peloponnes einwandern, auch diese
Eusebianische königsliste zeigt mithin Eurystheus als könig des in Sparta
alt eingesessenen, schon vor der dorischen Wanderung dort angesiedelten
Stammes.
Im schönsten einklang mit den so gewonnenen resultaten steht end-
lich daä einzige ganz unzweideutige zeugnis über die stammverschieden-
heit der beiden könlgsgeschlechter, das aus historischen zeiten er-
halten ist, der ausspruch den der kdnig Kleomenes beim eintritt in den
tempel der burggdttin in Athen , von der Athenapriesterin als Derer zu-
rückgewiesen, that: oö Awpieöc €i|iit, dXX' 'Axouöc.^ denn Kleome-
nes war ja eben ein Agiade.
Man hat freilich früher diesen ausspruch des Kleomenes auf seine
abkunft von Herakles bezogen ; man hat dann weiter überhaupt aus dem
heraklidischen Ursprung der königshftnser von Sparta und von den ande-
ren Dorerstaaten im Peloponnes deren adiftischen Ursprung deducieren
wollen.**) doch ist bereits von andern richtig bemerkt worden, dasz der
dorische herscherstamm der Herakliden sein geschlecht erst nachtrSgKch
an die früheren herscher zu Mykene angeknüpft habe und nur zu dem
16) natürlich gehe ich diese eitate nach der ausgäbe von Schöne«
die Eum ersten male einen kritisch sichern boden geschaffen hat, fiusebii
chron. bd. 11 s. 68 and 69.
17) Herodot V 72.
18) znletzt Curtios gr, gescfa. I s. 148; auch der reoensent in Hayma
prenaa. jahrb. bd. I (1868) s. 862 ff., der sonst gerade verschiedene ge-
wichtige bedenken gegen CurCiiia darstellnng der lUtesten spartaniadken
gesehiohte geltend macht, halt an dem ▲eh&ertom der Herakliden-
Könige fest.
€. Wachsmuth: der bist. Ursprung des doppdkfiBigtuins in Sparta. 7
2W6«k, den dorischen erohenugen im PelopQiipiea anch Ton dieser seile
lier eine legiiunaüon in geben. ^
Jedenfalls l^g es den Griechen selber ganz fem, aus dieser erdich-
lung die elhnognphiscbe oonsequenz zu sieben, dass die BeraldideD
Achäcur s«den*): von einer stammesTerschiedenheit der berschenden
fieraUdeo gegenfiber den donschen scbaren, mit denen sie ihre pelo-
ponnesiscben reiche eroberl, findet sieb nirgends eine sfur. vielm^
wie die eine pbyle, noch daiu die angesehenste aller dorischen bevöll[e-
rung, die der Hylleer, nch gleichfalls von Herakles herleitete nnd des-
halb z. b« von Pindar (Pytb- 5, 68) die Dorer als abkömmlinge des Heralües
und Aegimios (des Talers von Oymas und Pampbylos) bezeichnet werden,
so werden auch die gesamten Sfiartaner von ihrem Ziesten uns bekannlen
^lichter Tyrtlos (ir. 11 Bergk) als 'HpaicXf)oc T^voc angeredeL daraus
folgt doch zum mindesten, dasz zu der zeit des Tyrlflos die Spartaner
ihre heraklidiscben herren nicht vom volke schieden, als Heraklide konnte
mithin Kleomenes sich fQglich nicht Achäer nennen, wol aber als Agiade :
und es liegt hier die letzte spur vor von der noch nicht ganz erloschenen
•erlnneruQg an den wahren Ursprung der Agiadeokönige.
Ursprfinglich leitete also nur das haus der Eurypontiden seine her-
kunft ab von einem der drei grossen DorerfQhrer, von Anstodemos, und
zwar durch die mittelglieder von Prokies und Soos. erst als die Agfaden
nis herseber der gesamtgemefnde neben die Eurypontiden getreten waren,
wurde der stammherr der Agiaden Enrystbeus oder Eurystbenes zum
zwillingsbruder des Prokies gestempelt, so erlilin es sich mithin auch,
dasz die beiden kdidgshSuser nicht Prokliden nnd Earystheniden hieszen,
sondern Eurypontiden und Agiaden nach den beiden herschem, unter
denen die Vereinigung der beiden sondergemeinden stattfand.
So nemlich musz man sich nun doch offenbar die historische ent-
widtelnng denken, neben die alte achäiscbe niederlassung auf spartani-
schem boden trat in folge der dorischen einwanderung eine jüngere dori-
sdke in unmittelbarer nachbarschaft; beide bestanden — wahrscheinlich
in lebliafften feiiden mit einander ringend — ISngere zeit gesondert neben
einander (zwei generalionen setzt die dorische sage an), bis sie sich end-
lieh anf dem wege friedlichen Vertrages zu ^iner gemeinde vereinigten.
Aber das ist das charakteristische und von allen sonst bekannten
abweichende dieses synökismos , dasz man die frühere doplicitit üi der
gedeppeitheit der herseber aufrecht erhielL beide bersoherhäuser der
sondergemeinden wurden qun regenlen der vereinigten gemeinde, und
-die prachtvolleren ehren, welche die achäischen heroenkönige im ver-
gleich mit den dorisohen herzögen genossen^}, sie wurden jetzt, wo
19) 8. K. O. MfiUer Dorier I« s. 49 ff., Preller gr, myth. n «. 178,
Bnncker a. o. s. 198 und 196.
90) FUlons histeriM^ träumerei (gesetee HI s. 662), die man hier-
luf angeführt hat, stelU die sache gerade naagekebrt dar: sie nimt so,
das ganse volk der Dorer sei achäiscb gewesen (es habe nemlich ans
4en Tom Troja heimkeiureaden beiden bestanden) nnd Dor^r nur genannt
worden nach dem führer, der ein Auipu^C gewesen.
21) darauf bezieht sieh offenbar aneb der befehl der I^ythia dM<PÖ»
'8 G. Wachsmutb: der hist. Ursprung des doppelkOnigtums in Sparta.
beide gleichgestellt waren, beiden gemeinsam erwiesen, so begreift sieb
▼ollkommen die entschieden ebenso undorische als echt achSische würde
der königlichen Stellung in Sparta, die Curtius'*) mit folgenden trelTendeD
Worten hervorheht: *wie heroische geschlechter standen sie mit unan*
tastbaren und dorischer sitte durchaus fremden gerechtsamen dem volke
gegenüber, und was sie an macht und ehre besaszen, die kriegsherliche
und prieslerliche würde, der ehrenanteil an den opfermahlzeiten , das
pomphafte leichenbegängnis , die leidenschaftliche totenklage , dies alles
wurzelt in einer zeit, welche weit jenseits der dorischen Wanderung liegt.^
so wurden z. b. aus der acbSi sehen familie der Talthybiaden, welche
bisher als die herolde des Achaerkönigs fungiert hatten , von jetzt ab die
berolde der gesamtgemeinde genommen.*')
Jetzt erhalten nun auch erst ihr volles licht die nachrichten des
Ephoros, der auch hier wie fast überall in ältester hellenischer geschichte
sich als der tüchtigste aller antiken forscher erweist, seine nachrichten
▼on der politischen gleichberechtigung, die unter dem ersten königspaar
der alten achäischen bevölkerung erteilt sei.'^) auch der gründlichste alte
kenner der hellenischen Staatsverfassungen, Aristoteles, kommt damit ober-
ein, wenn er sagt dasz unter den ersten kdnigen von den Spartiaten viel
neue bQrger aufgenommen wurden.*^)
Freilteh können sich diese bemerkungen auch noch auf einen dritten
bestandteil beziehen, welcher gleichfalls in die spartanische gemeinde mit
aufgieng, ich meine die böo tischen Minyer oder Aegiden. denn auch diese
wurden von den Dorern zur isotimie zugelassen, das lehrt — auszer den
directeu erzählungen der sage — nicht blosz das in Sparta gestiftete
grabmal des mythischen stammheros der Minyer, des KaJmos (Paus. III
15, 6), sondern namentlich auch der zug der sage, dasz eine frau aus
iKadmeischem geschlecht, Argeia, zur gemahlin des Aristodemos gemacht
wurde und ihr bruder Theras als Vormund der zwiliingsbrüder auftrat. **)
Es begreift sich , dasz trotz der vertr9ge , die diese stammverschie-
denen niederlassungen zu ^iner gemeinde verbanden, dieselben nicht rasch '
und niclit leicht wirklich zu einem einheitlichen gemeinwesen verschmol-
zen, dasz vielmehr immer wieder zwischen den rivalisierenden teilen eine
das ganze gefährdende Zwietracht ausbrach, so ist uns bestimmt und
TCpa Td iratbia irJxi^cacOat ßaciXdac, ti^Üv bi jyi&XXov töv tcpairepov,.
und der zag dasz die frau des Aristodemos den älteren knaben vor
dem jüngeren ehrt (rt^dicav töv irpÖTCpov xal cCtoki kqI XouTpotci):
8. Herodot VI 52.
22} gr. gesch. I s. 162; Tgl. auch Müller Dorier II* s. 44 ff. und
jetzt ^e inaaguraldissertation yon Anerbach de Lacedaemoniomm regi-
bus (Berlin 1863).
23) 8. Scbömann griecb. altert. I* 8. 216.
24) Ephoroa bei Strabon YIII s. 864 diravrac Toöc irepio(K0uc Cirap-
TtOTiIiv . . Icovö^iouc cTvai ficT^xovrac xal iroXtrciac xal dpxeiwv* vgl.
auch 8. 366.
26) Aristoteles politik II 9 s. 1270« 34 X^ouct b' die inX M^v TtDv
irpoT^puiv ßactX^u)v ^ercMbocav rf\c iroXtTc{ac.|
26) 8. Scbömann gr. alt. I* s. 200 und 215.
GL Wachsmulh: der bist Ursprung des doppelkdnigloms In Sparta. 9
glaubwürdig berichtet*^, dass dieMinyer (offenbar unzufrieden darüber^
dasz swar die beiden anderen sUmme iiir liönigsgescUecbt in die gesamt-
gemeinde binübergenonunen batten, nur ibnen die herscbaft stammfremder
könige zugemutet wurde) aucb ihrerseits nach beteiligung an der königs-
herschaft verlangten (Tfic ßaaXii(r)C ji€TaiT^0VT€C sagt Herodot); von
diesem streben berichtet die sage zwar ein valiiges scheitern, jedoch
scheikit es auch hier nicht ohne gewisse concessionen abgegangen zo
sein, und die merkwürdige erseheinung, dasz noch die sage des ersten
messenischen krieges neben den beiden königen als dritten fflhrer des
heeres einen Aegiden nennt'®), dflrfle als eine schwache spur dieser con*
cessionen aus spftterer zeit aufzufassen sein.
In diese durch einander gShrenden demente, die sich in engen
räume, auf der fliehe jietaib BaßtiKOC koI Kvontiuivoc'^, hart anein-
ander stieszen, endlich eine feste und deflnitive Ordnung gebracht zu ha*
hen, das ist das hohe verdienst des Lykurgos, der so mit recht för den
wahren grdnder des spartanischen Staates d. b. zunScbst der einheitlichen
gemeinde gelten darf, auch hierin ein spartanischer Theseus: und das ist
der sinn der worte des Thukydides 1 18 f| AaxcbaC^uiv M^rdt Tf|v iCTt*
civ Tuiv vOv £voiKouvTU)v aÖTf|v Aujpi^uiv iid nXctCTOv div Tcfiev
Xpövov CTOCiäcoco . . €Övo)yi^Or).
27) Tgl. Herodot lY 146 ff., PoIySn VIII 71, Valerios Maximus IV ^
txi, 8.
28) 8. Paus. IV 7, 8 AaKcboiMOviotc ^Y^'i'o TToX^buipoc iiiv xordc
TÖ K^pac TÖ dptCTcpöv, Beötrofiiroc bi ini ti|i bcHKt», t6 iUcov hk ctxcv
€öp\)X^iuv, T& ^^v napövra AaK€^al^6vloc , t& IE dpxfjc hi dir6 Kdb^ou
xal i% BiißtZiv, Alt^iuc toO OIoXOkou toO 9f)pa toO A()T€c{iuvoc dirÖTO-
voc ir^uirroc.
29) was unter Babyka und Knakion zn verstehen sei. war bereit»
im altertnm strittig nnd ist es bei den neueren erst recnt geworden;
8. Oöttling ges. abhandlnngen I s. 340 ff, und die hier s. 344 angeführ-
ten Leake nnd Hüllmann, Urlicha im rhein. museum VI (1848) s. 214
und Cnrtins Peloponnesos H s. 237 f. worauf es vor allem ankommt,
ist, was die worte in Plntarchs Pelopidas 17 ^eivn i\ )i'äLXf\ ttp^irrt\ xal
Toiic dXXouc ibiboScv "CXA^vac, die oöx 6 CöpUirac oCib* 6 fiCTaSd Ba*
pOxac xai KvaxidSivoc töttoc fiv8pac ^xcp^pci jnaxii'rdc xal iroXcfii*
KoOc lehren, dasz nemUch mit Babyka and Knakion nicht die grenzen
für den volksTersamlnngsraum, sondern die grenzen des spartani-
schen Btadtgebietes gegeben sind (wie schon Urlichs s« 216 richtig-
bemerkte), und zwar giengen bis znr Babjkabrücke im norden die
sitze der Agiaden, bis znm Knakion im süden die der Eurypontiden..
wenn also die Lykurgische rhetra vorschreibt dircXXdZctv ^craSO Baßi}*
xac TC Koi KvaKid^voc, so heiszt das eben die gesamte anf dem sparta-
nischen Stadtgebiet angesessene bevdlkemng (mdgen sie hier oder dort
sitzen, d. h. Achäer, I)orer oder Minyer sein) als ^ine gemeinde ver*
sammeln.
Mabburo* Cubt Wachsmuth.
10 H. Scbweiser^Sidter: die fonnale bUdung durdi die dass« spraohen.
DIE POBMALE BILDUNG DUBCH DÖS ANTIKEN
CLASSISCHEN SPEACHEN.
Der ttiiurseichaete sleUie In der versaliiHig der aohvreizeriicfaeii
^ymnaitaUehrer, welche «m 13ii eeiaber 1867 in Scbaflbaiisen sunfand,
folgende tbeie auf: ^nodi heule gut dar aatz, 4aiS die aken apraohen ekt
gan« v^MTcOgiiches miUd fdr formale bildong seien; aber daa formale
muai tiefer gef aaat werden.' er begrCtadete diese these uagofUir ao :
Der salz , dasz das lehren und lomen der alten sprachen, daas <lber-
liaupt das einfahre ins allertum eia hauptmittel der jugenÄüdong sei,
und damit die Verwendung dieses Uttlasiitteb In gymnaaien wird nicht
-erst heote — frcdieh gar oft von soldien wdche ^roo p&dagogik über-
haupt wenig verstehea — angegrüfea; ähnliche sthnmen wurden schon
vor jAitenderten laut, wol mdgen, Mrt man etwa, solche atndien im
mittelalter recht wesenü&ch gewesen sein , um mit ihrem lichte das dnn-
ktl der barbarei tu veracheuchea; aber in unserer zeit sind die wissen-
«diaften zu solcher höbe und solbsUhidIgiceit «atwicfcek, dasz humamtit
nicht mehr dort zu suchen ist; und ehriidiere meinen auch wol, die
bildung durchs altertum bringe unserm gewerbreichen leben gar wenig
nutzen, dem bat man entgegen gehalten, jene Studien gew&hren denn
doch formale bildung: für solche sden die antiken sprachen und litte-
raturen der eminentesten vfilker und mathematik die geetgnetsten Stoffe,
was man unter solcher formalen bildnng verstehe, ist, meinen wir,
sdlen genau bestimmt, sehr oft durch lebendige beispiele balbwegs be-
wiesen worden, und eine solche vertheidigung konnte philokigeii wie
Böckh wenig befriedigen, er gab in seinen herUchen vorleaongen über
«ncydopftdie nnd methodologie der pbilologie, welche einem weitem
kreise nicht Mnger vorenthalten wenien sollten, nur so viel zu, das
Studium der alten könne auch formal bilden, wie geschichte, wieder
Unterricht in der multarspraohe usw., die hauptaache aber sd, dasz das
Rassische dtertum die ^ine h&lfte der entwicklungagesdiidite der mensch-
bdt sei, dasz In ihm die fortdauernde grundlage unserer gesamten bildung
gesucht werden mflsse, dasz in seiner kunst und poesie ewige muster
vorleuchten. jedesfalls mdnte Böddi, dasz den knaben und jönglingen
die thore zum ganzen tempd geöflbet werden , nicht aber nur, wie efaiige
neuere, zur politischen seite des anüken lebens, was allerdings, faszt
man die sache im sinne von Herbst, sehr bedeutsam sein kann; jedesfalls
mdnte Bdckh, es könne das wesentlich nur durch die dasslachen spra-
chen hindurch geschehen, wdche er das zarteste und feinste erzeognis
des antiken geistes nannte; jedesfalls meinte er, dasz die geister in ihrem
schaffen und formen erkannt werden sollen, er fflgte auch wol bd, dasz
der knabe und jQngling sich am natürlichsten an ehier so natürlichen
Entwicklung, wie es z. b. die griechische sei, heranbilde, wir wollen
aber heute nur von den antiken sprachen reden und setzen voraus,
dasz keiner unter uns sei, der nicht in der bildung durch das altertum
IL Schweicer-SidBer: die formale büdimg dureh die cliss. spräche«. 11
dberfaaupi wirklich eine l>UdH]ig zur tamanat ia Üefenn tinoe dee wer-
tes «ehe, eiacB weg cor atifUiriuig Ober des meMchen nngea imd selae
beaÜBBaBg. wir betrachUp uastr formal aedh aa, wir wollen mcht
dast imeere aohAler nur darum end deswegen nur aosserUch die allen
sprachen eiteven« un die teite der sehrifUteller am ende nicht anders
als ubersetsungen zn lesen*
SdMw In den eraten jähren des gjmnaaialunterrichu ist, namenüich
in der Schweix wo die Icnahan meist erst zwölQahrig in die gymnasien ein-
tretoB, fir formale bOdong d. h. ffir die erkennlnis der formung durch
den mcBschlicfeen geist und in demsdben vieles xu thun. mit der ersten
▼ocabel, mit dem ersten einsiUiigen subslanlimm, der ersten einfachen
verfaallorm lernen unsere jungen eine eigentümliche und bedeutsame com-
position iLonnen, eine composilion aus einem nennenden und deuten-
den teäe (Cttrtius), aohon eine fmeht klarerer gebüger anschsuung, eine
plastische form, wir wollen nun nicht etwa^ dast man ihnen hier gleich
weitläufig entwickle, wie der benennende teil eigentlich ein merkmai und
nur ein mericaMd eines gegenständes, einer thatigkeit aussage, wie der
menschliche geist aber notwendig mit dem einzeban die art erfasse, wie
fiberhaopt nur die art im worle beseiohnet sei ; aber bald genug wird es
möglich und thunlich sein die etymologie in ^esem sinne tu benutsen:
fong ist *das (der) giestende', nicht 'die quelle*, nicht *der brunnen%
imor$ ist 'die termalmung', nicht *der tod, die Terhauchung', equus ist
'der schndie' und aqua 'die schnelie', avis 'die schwebende', wie oiw-
VÖC 'der schwebende', dies und Zevk sind 'die leuchtenden' usw. neben
unnuttelbarcn nominalbildungen findet der schfiler mit seinen decHna-
tionssUmmen auf aoiu nicht nur Überleitungen in das gebiet dieser
yocaie^ sondern stamme mit deutendem ausdruck» er tritt an das
geschlecht, eine ästhetische formung (Steinthal), an den numerus, welcher
durduus nicht durch ein nennendes teichen vertreten, sondern rein
geistige formung ist (gegen Hat Müller), an die casus, schon der nomi-
nativus ist eine feine Schöpfung, ein casus des subjectes und im adjec-
tivum in strenger gleiohmlszigkeit auf das substantivum betogen; dem
gegenüber der accusativus, mit dem einlachen zeichen -m das object im
eigentlichen sinne emführend, auf den gegenständ weisend, den die tha-
tigkeit übenehlägt und umfaszt, und mit demselben tekhen erscheint
das nentrum schon im nomlnatm», weil selbitandigkeit mangelt, im
lateinischen ablativus tritt dem sdiüler eine neue erschtinung entgegen,
und wie vieles ist darin schon appercipiert! einmal ein ablativus mit
verben wdehe eine Crannung bezeichnen, dann ein instrumentalisl und
schliesslich ein ruhdocativus. am änszerlichsten steht der eigentliche
ruhelocatsvus in eigener form mit i da, aber nur noch in wenn auch recht
deutlachen spuren, wie innerlich und Innig dagegen der dativus! die
thatigkeit nchtet sich nach einem selbsUndig bleibenden gegenstände hin,
der gegenständ wird ins inttresse gezogen, endlich im genetivus, T^**
vtiofj, ist ein reiches feld bezeichnet, auf dem etwas ruht oder sidi be-
wegt, eigentlich ein adnominaler casus, im adjecUvum selbst seiner form
nach (Höfer, Kuhn, Curtins). im pluralis werden die casosformen mi'
12 H» Schweizer-Sidler: die formale bilduog durch die class. sprachen.
' deutlicher, die Griechen hatten einst alle diese casus auch, und tritt der
Schüler an die griechische grammatik , so wird er zur vergleichung ge-
drängt, in denjenigen casus ^ welche jene behalten haben, müssen die
verlorenen appercipiert sein, im genetivus geht der eigentliche lateinische
ablativus auf, im dalivus der instrumenlalis usw. die pronomina, vor allem
die sogenanulen persönlichen, künden sich durch ihre dedination als
etwas besonderes an, und nie haben wir es vermocht hier etwas von be-
nennung zu sehen, grosze abslraction verrflth sich in den numeralien,
welche eben darum wie die pronomina von den jungen so leicht wieder
vergessen werden, ist es nicht ziflTernartig, wenn von fünf der erste
teil genommen wird, um mit dem zeichen für zwei zusammen jEehn zu
bezeichnen, wenn vom worte für zehn wieder der zweite teil gewählt
wird, um in neuer Zusammensetzung zwanzig, dreiszig usw. auszu-
drücken , wenn endlich hundert nur wieder zehnheit aussagt ? und
wie altertümlich die dedination ! in viginii scheint ein uralter dual zu
stecken , in iriginta usw. uralle plurale (Gorssen , gegen Bücheier).
Das verbum tritt sofort hervor, wenn an die wurzel das erste pro-
nomen personale tritt , und mit dem wort ein satz. der pluralis scheint
hier nicht derselben art zu sein wie im nomen , wenn die erklftrung aus
doppeltem pronomen gerechtfertigt ist (eine andere allerdings sehr scharf-
sinnige , aber viel künstlichere deutuug versucht neuestens Benfey). dann
treten die fast allein herschend gewordenen formen mit dem sogenannten
bindevocal auf, welche Gurtius trefflich und wahr als thematische for-
men bezeichnet und welche schön Steinthal mit den thematischen formen
der nomina auf -a verglichen hat; und gehen wir noch weiter, so finden
wir neben den allereinfachsten gestalten diejenigen auf -<o, -tfo, -ittio,
'io (cupio)^ vor ihnen noch die reduplicaticm in hibo u. a. auch Gurtius
hat jetzt die symbolische deutung aufgegeben und sieht in den bildungen
auf -HO 'flu analoga der nominalen, wie natürlich nun , dasz allmählich
so geschwellte formen zum ausdrucke der dauernden handlung sich be-
festigen, neben denen vnirzelformen die momentane ausdrücken ! freilich
wird das erst Im griechischen unterrichte klar werden können, die dau-
ernde und die momentane handlung können in die Vergangenheit treten,
indem ein betontes ^invocalisches und einsilbiges pronomen demonstr.
davor tritt; aber der ästhetische formungssinn verlangt nun Verkürzung
der endung. das latein hat sein augment verloren, und hier finden wir
dem lateinischen Charakter sehr angemessen klare Zusammensetzung der
thematischen form mit einem Vertreter des begriifes *sefn'. wiederum
«ine neue geistige that ist die gestaltung des ausdruckes für die bestimmt
vollendete handlung durch die eigen geformte reduplicatlon. aber nun
ist die innere temporalschöpfang vollendet, die zusammengesetzten for^
men, so Interessant sie sind, verfolgen wir hier, wo wir überhaupt nur
bei spiele geben wollen, wie der Unterricht in den antiken sprachen zur
Anschauung des geistigen formens führen könne und solle, nicht weiter,
der ausdnick der zukunft, wo er genauer Ist, flllt ins gebiet des modus,
neben dem imperativus sind von demselben in recht alter zeit schon zwei
«rten gesullet, die eine (Gurtius) angelehnt an die thematische a-form,
H. Scbweizer^Sidler: die formale bildung durch die class. sprachen. 13
die andere eine förmliche xusammenseLzung mil einem rerlialsUunme.
das feine griechisch , das vorwiegend die conjugation ausgebildet hat, hat
conjonctiviis und optativus behalten und geistig erfOilt, das deutsche und
nach unserer Überzeugung auch das lateinische hat sich an dem ^inen
genflgen lassen, das sogenannte medium, viel sinniger von der indi-
schen grammatik ätraanepadam genannt, ist allgemein indogermanisch
gewesen; warum und wie es sich im barytonen lateinischen zerschellie,
ist nicht schwer einzusehen, seine bildung beruht offenbar auf der zu-
sauEimensetzung der personalzeichen, aber das passivom ist eine gestal-
Uing der gesonderten sprachen, diese kategorie ist also erst relativ spät
bestimmt, es ist der beachlung werth, dasz sie vom medium ausge-
gangen ist, und der medialbegriff tritt ja auch im lateinischen in der
Zusammensetzung mit dem refleiiven pronominalslamme hervor (oder
vielmehr ist es eine rein Auszerliche Zusammenstellung des activums
mit dem fraglichen stamme), nur von hier aus erkllrensich die lateini-
schen deponentia. ein groszer unterschied besteht zwischen lateinisch
und griechisch im umfange der nominalformen der coigugation. nicht
nur ist das lateinische um das supinum und gerundium reicher, es bildet
auch die zweite person pluraüs im passivum mit einem nomen, mit einem
participium; denn an solchem Charakter von -mino, -mtm zweifelt wol
kein einsichtiger mehr, die bildung des infinitivus ist in den indoger-
manischen sprachen fiberall der declination entnommen, entweder accu-
sativus oder meist dativus, dieses enlsdiieden im lateinischen, noch
klarer sehen wir beim supinum, dasz "iisjum accusativus, -((s)tf ablativus
von Substantiven auf »tu sind, und will man immer fort noch das supi-
num als grundform ansetzen, dann soll man rechtzeitig den schfller auf
die seh ein Wahrheit aufmerksam machen; vollends aber unrecht ist es
auch den infinitivus als Stammform aufzuführen und damit dem jungen
entweder eine ganz falsche ansieht über die bildung der coojugations-
formen beizubringen oder ihn gedankenlos zu machen, die schule soll
nicht wissentlkh gegen den geist sündigen, noch nicht über alle zweifei
erhaben ist die bildung des gerundiums (Curtius, Corssen), aber, sei es
nun das neutrum eines adjectivums auf 'do oder ursprünglich -Jo, es ist
nicht von anfang an passiv, sondern bezeichnet eigentlich was zur
bandlung gehört oder was die handlung ins werk setzt, diejenige un-
regelmSszige conjugation, welche durch Zusammenordnung mehrerer ver-
balwurzeln entsteht, ist eine recht sinnige Schöpfung, indem die einen
wurzeln schon als solche mehr das dauernde oder mehr das momentane
ausdrücken usw. (Curtius).
Die Wortbildung Iflszt uns oft den vermittelnden geist sehen, das
suffiz 'iar bezeichnet den persönlichen Vollender einer handlung, und
aus dem gleichen sprachstoffe das neutrale -trumy mit lautlichen Ver-
änderungen 'brumj 'Crum^ -du/tfiit, -culum (Kuhn, Ascoli), das mittel
usw. für die syntax weisen wir nur auf die verbalkraft und deren ein-
flusz auf die structur hin und heben für den abhängigen satz die feinheit
und die innere fülle der partikeln hervor, in der etymologie liegt auszer
4er granmiatik ein reiches feld vor, um die formungen des menschlichen
14 H. Sdiweizer^^dler: die fonnale bilduog dnJdi di« dass. spracfaeo.
gftistes im allgemtintn, ^^ Tolltigeistes im besondeni eoneret Mdizn*
weisen, haben wir die «rtie aiachauuBg entdeckt, so sehen wir, wie da
der geist appercipiert, wo gleich, wo nngleiob, wo Ihnttch, wo «nlh»-
lich (vgl. die tetsressanien nnttrsuehongen Ten Fulda, x. h. tAer Xdfi^).
wir dflrllBn «fis nicht mit der obedllchlieheB tfaersetaiinj; begnCigai, Mil-
dem bähen möglichst in die Tcrdiobtung des gedinw^Mii einsadringen, die
metaphem, wenn ich mich eo aasdrfloken darf, iMii de» versdiiedcnen
Völkern ala Teraahiedeae zu begreifen, man vergleiche die iOlle der
entwickinng in fides, nreprAngftieh ^bindung', in reHgkf, raUo^mw. (Na-
gelsbach), die metaphern in fiaffrarCy ambusius nsw. hei dem eisen
Volke herscht das anbstenlivische, bei dem andern das verbale vor nsw.
(Nägelsbacb), und da lassen sich treffliche Ibnnflhungen anstellen, setz
und Periode bieten vHedemm reiche gdegenheit zur fruchtbaralett sucht,
und dimn vollends die ganze composiUon, welche uns stamme und zeiten,
die gattungen und die indtvidoen abspiegelL tief eingreifend und teil-
nähme erweckend mflssen beispielBweiBe angebrachte darlegungen der
imiem gesetze der rhetorik und poetik vKm den einzelnen figuren bis za
ehiem ganzen bau seUi, wozu uns die feste gestaltuog der altmi kunst-
werke vorzugsweiee befähigt.
Doch wir woHen nidit zu weitifiufig werden und nur noch die frage
aufwerfen, ob all dieser gewUm nicht auch durch den untenricht im deut-
schen und etwa andern modernen sprachen geboten werde, dinmd ist
uns unsere muttersprache bekannt und fremd zugleich, und das Aremde
daran interessiert zunächst nicht, es interessiert uns erst denn, wenn wir
vergleichen können, anderseits ist zwar das deutsche original, und die
grundlage der antiken sprachen ist auch die seinige, aber, selbst in dessen
Mtesten formen ist diese grundlage nur teflweise noch erkennbar, erst
auf dem gründe des vollkommenen reichtums gewinnt das deutsche klar»
heit, scliirfe und tiefs. noch weniger gewhmen wir so grosses z. b. aus
den romanischen spradien. die alten formen sind zerschellt, die entwich*
lung der mschauungen ist abgebrochen und oft ganz zerstöit. natürlich
sind diese sprachen im höchsten grade auch als pädagogisches mittel
imserer beaditung werth -— von der tttteraliir und dem praktiscben
nutzen spreeiMn mr nicht — , aber formend im tiefem sinne des wertes
wirken sie na der schule nur, vi^nn der Unterricht in ihnen auf die anti*
ken basiert, wem Me mit diesen innerüch verglichen werden.
ZObIOB. HbXKBIOB äOHWSlZBB-SXDLSR.
tm-^
C. Balle : Pnidarot «ehu aeoidsche ole. 15
8.
PmDAKOS ACHTE NEMEISCHE ODE.
Ir. FrUdrich Mezger hat in cttese» jafarMdicrn 1867 s. 385 ff.
eine erUlruig iMd darauf beroheMle datiemag der achleo nemeiaeiien
ode Füidbri gegdbea, die dcijenigeB, welche Ich mir gebildet habe^ auf der
^iam 3eite <e nahe konait, dus ich tet jedes wort derselben unter«
schreiben Unnte, anderseiCa aber di% gawe AHe der in dem genannten
gediohte entballenen beuekungen mir keinefwega eraehepft xq haben
schelBL er aetit dasselbe in die zeit der beginnenden Perserkrieg«, ge-
nauer in daa jähr 492. Aegina hat den gesandten des groszkteigs erde
und wasaer gerelchi und dadurch den Athenern erwOnscbten anlasz gege-
ben Spartas hfllfe gegen sie als rerrilher Grieehenlands anfrarufen.
Kleemenea ist gekommen um die angesehensten bOrger als geisein fertzu-
führen; id^er an dem entneblosscnen widerstände derselben ist sein Tor-
haben gcacheiterU hier differieii meine ansieht ein wenig von der Mez*
gers: wehrend ich das gedieht aua ^pMer anzullhrenden grinden sehen
in diesen zeitpunct rersetze, will er es lieber noch etwas hinahrücken in
die zeit, wo dem Kleemenea ein a weiter verasch beaaer gelangen und
*zehn der vornehaMten in fesseln weggeschleppt worden waren' -^ *waa
wegen der tiefe der daa gedieht durchziehenden klage wahrscheinlicher
ist', ich sehliesze dagegen aus unserer ode auf eine andere historische
th«tsache, die uns somt glnslich u^ekannt geblieben isL Alben hat
nicht blosz in Sparta die Aegineten verklagt, es hat einen gleichen schritt
bei den preisrtchtem gethan, welche um diese zeit den nemeischen spie*
len Torstanden ; es hat darauf angetragen und ist damit vermdge Spartaa
Unterstatzung durchgedrungen, dasz der Aeginete, welcher in den eben
stattfindenden apielen den preis im lauf davongetragen, um des verralbes
seiner Vaterstadt wiUen dieses preises fUlr verhutig erkllrt worden, dieser
Aeginete aber war Megas, der vater des Deinis, welchem das vorliegende
gedieht gewidmet ist%
Eine solche bypelhese hat an sich nichts unwahrscheinliches; zahl-
reiche beispiele kdnnen wir dafür beibringen, dasz eine einzelne Stadt
durch die kampfrichter van der ehre an den spielen teil au nehmen
aosgesdilossen wurde, kein triftigerer gruad konnte aber dafOr erdacht
werden ala verrath am gemeinsamen vaterlande, waren also die Vorsteher
der spiele antipersiach geainnt, mit anderen worten standen sie in btoih
nie oder abhSngigkeit von Spnta oder Athen, so ist eine ausscklieszung
der Aegineten nicht nur wahrscheinlich, ich wage zu behaupten, so ist
daa gegentefl , so ist ihse Zulassung geradezu undenkbar, ja , wuren sie
zngehmn, hatten die spteleün^en anfting genommen, ehe die anklage ge»
gen die Mrrlther lommUert wovden und begründet gefunden war, hatte
etwa einer der ezdudterten inzwischen einen sieg erfochten , so konnte
es gar nicht ausbleiben, dasz letzterer dusch fmerlidies urteil der Hehler
eaasiert wurde, und dies ist geschehen, daher kam es dasz Didymos in
den nemeischen siegerlisten w«der dea Megu noch des Deinis namen hni;
16 C. Bulle: Pindaros achte Demeische ode.
olchl des Deinis, denn dieser halte, wie wir sehen werden, gar nicht in
X^emea gesiegt — nicht des Hegas y denn sein name war gar nicht in die
Verzeichnisse eingetragen, war durch keine hildseule, durch keine Inschrift
2u Nemea verewigt worden, sehr mit unrecht schlieszt man daher aus
^em fehlen dieser namen auf die mangelhaftigkeit der nemeischen sieger-
listen ; auch keiner der anderen gründe, die daf Ar beigebracht werden, ist
triftig, was will denn das sagen, dasz nach Asklepiades Alkimidas, des
Tkeon söhn, in ihnen ein Kreier genannt wurde, während aus Pindars
.gesang (Nemea VI) unzweifelhaft herrorgeht dasz er Aeginete war? nichts
folgt daraus als dasz der Kreier Alkimidas, der söhn des Theon, eben
ein anderer war als der Aeginete Alkimidas, dessen vater wir gar nicht
Jcennen. oder ist es unwahrscheinlich dasz zwei leute die Alkhnidas
hieszen zu Nemea siegten? oder ist die akribie der alten grammati-
fcer, insbesondere des Asklepiades, so über allen zweifei erhaben, dasz
man ihm eine solche Verwechselung gar nicht zutrauen darf? und wenn
ferner in der datieruug von Nemea VII, die sich auf die siegerlisten stützt,
«in fehler vorliegt, ist es da nicht ebenso klar, dasz wir es mit der ver-
hallhoroisierung eines voreiligen correctors zu thun haben, wie dasz
überhaupt ein fehler vorhanden ist? * zuerst hat Sogenes von den Aegi-
neten als knabe im fünfkampf gesiegt, in der 14n nemeade; es wurde
aber der fünfkampf eingeführt zuerst in der 13n nemeade.' die 14e ne-
meade ist unsinn, denn sie fallt lange vor Pindars gehurt; wir verdanken sie
einfach einem flüchtigen leser, der den zusatz AiTtvtiTiIlv im ersten satze
übersah und in seiner Weisheit es sehr einleuchtend fand dasz, wenn der
fjQnfkampf in der 13n nemeade eingeführt sei, der erste sieg in demsel-
ben nicht in der 54n , wie er nach Hermanns datierung geschrieben vor
sich sah, sondern in der 14n stall gefunden haben müsse: so änderte er
getrost vb' in iV um. denn warum Leopold Schmidt, der (Pindars leben
und dichtung s. 483) dies Verhältnis ganz überzeugend auseinandersetzt,
schlieszlich doch 'ein anderes lieber glaubt', nemlich dasz unser corrector
<die zahl 14 ganz eingeschwärzt und weder 54 noch eine andere ur-
sprünglich statt ihrer gelesen habe, vermag icli nicht einzusehen, da ich
«ben seine ansieht von der mangelhaftigkeit der nemeischen Verzeichnisse
nicht teile, am wenigsten maclit er mir dieselbe dadurch glaublich, dasz
•er sich auf ihre seltene (dreimalige) benutzung seitens der scholiasten
beruft, freilich werden die olympischen und pythischen öfter citiert;
al>er nicht allein ist die zahl der olympischen und pythischen öden gröszer
;iAb die der (wirklich) nemeischen, deren ja höchstens acht sind; sondern
und vor allem, wie ungleich vollständiger und sorgfältiger sind uns die
«cholien zu jenen als zu diesen gesängen Überliefertl also an der rich-
ligkeit der Didymeischen notiz dürfen wir mit vollem fug festhalten, ohne
deshalb die nemeischen Siegerverzeichnisse der Iflckenhaftigkeit zu zeihen,
mit gutem rechte bat dann aber auch Vauvilliers, dessen werte ich leider
nur aus Schmidts buche kenne, darauf das Verständnis der ganzen ode xu
bauen gesucht, freilich ohne wie ich glaube den nagel auf den köpf zu
treffen, ich citiere ihn, wie er von Schmidt s. 432 anm« 2 citiert wird:
Vt^8 et Dinias ont remport^ la victoire; on n*a pas os^ leur refuser la.
C. fidle: Pindaros achte nemeische ode. 17
«ouronne en pr<^sence de toul le peiiple, mais one injusUce qui n'a pu
^tre pr^parto que par TeDYie, qui n'a pu ötre coosoiDm^ que par un ju-
gement iaique, leur a enler^ par une auppreasion seor^e ies mooumeDU
<qui devaieut immortaltser leurs noms.' das ist denn nun freilich keine
sehr wahrscheinliche combinalion , und ich hoffe , die meinige wird bean*
«pruchen könoeii sowol in sich begründeter zu sein ala auch in den zeit-
unsllnden^ von denen ich sie begleiten lasse, einen leidlich festen boden
2U finden.
Um dies zu zeigen musz ich indes an einiges wieder erinnern ^ was
Mezger bereits für unsere gemeinsame datierung vorgebracht hat, und
anderes hinzufügen, neben legina und den anderen inseln war es be*
kanntlich vornehmlich Theben, welches den persischen plftnen willig ent-
gegenkam, eine handlungsweise die sich aus dem gemeinsamen hasse
beider Staaten gegen Athen zur genüge erklärt, wie intim ihr Verhältnis
zu einaader schon seit einiger zeit gewesen , läszt sich recht anschaulich
aus der erz&hlung bei Herodot V 79 ff. erkennen, auf der andern seite
hielt Koriuth während dieser ganzen zeit, insbesondere wo es galt Aegina
zu schaden, aufs engste zu Athen, zwischen ihm, Argos und Kleonä
schwankte aber, wie wir aus den Pindarischen schotten und sonsther wissen,
die vorsteherschaft in den nemeischen spielen: irpo^crncov bk toO ätui-
voc Kai "Apreioi Kai KopivOtot Kai KXeuivaiöt . . npodcTiicav bk toO
dtti&voc TrpulTOi ^^v o\ KXcwvatoi, elia Kop(v6tot welche der drei
Städte um diese zeit jenes ehrenreeht besessen, ist uns unbekannt ; dürfte
eus dem irpuiTOl des sclioiiasten und aus der gänzlichen unbedeutsamkeit,
deren sich Kleonä damals erfreute, ein schiusz gezogen werden, so wür-
den wir unsere wähl zwischen Korinth und Argos zu treffen haben. Ko-
rinth aber konnte nicht inniger durch sein politisches Interesse an Athen
gefesselt sein, als Argos es damals durch sme ohnmacht in folge des
eotsetzlichen sdtlages, den ihm Kleomenes zugefügt hatte, an Sparta war.
dasz Kleonä, wenn es den vorsitz wh'klich noch führte, jedenfalls abliän-
^ig war von dem willen dieser vier eng verbundenen Staaten, kann niemand
leugnen wollen, und so dürfen wir positiv behaupten, dasz eine anklage,
die Athen damals gegen Aegina wegen landesverrath vorbrachte, unmög-
lich scfaeHern konnte, mochten Korinther, Argeier oder Kleonäer darüber
zu entsoheiden haben, einige geneigtheit den Argeiern diesen vorrang
«azuschreiben schöpfe ich aus manchen stellen, z. b. aus den schiusz*
Worten unserer ode f\y ft fidiv diriKid^toc u/ivoc bi\ irdXas xal irplv
YCV^Oat täv 'AbpdcTOu t6v tc Kab/üLEiu^v ^iv, in welchen ich an-
spielungen finde, die idi weiter unten erklären werde.
Nur weniges wird jetzt noch zu bemerken sein, um das volle Ver-
ständnis des gedidites zu gewinnen. Megas war gleich nach seinem frucht-
losen siege gestorben; vielleicht brachte man seinen tod in Zusammenhang
sait der aufregung über die erlittene achmach, jedenfalls mochte die
irdrrpa des geschiedenen in ihm einen märtyrer der vaterländischen sache
sehen und nur ungern auf eine feier des sieges verzichten, einen kränz
hatte der tote nicht bekommen, dieser konnte daher nicht feierlich in.
den tempel gebracht werden, aber sein söhn Deinis hatte gleichzeitig mit
Jahrbücher für eUts. philoL 1868 hft 1. 2
18 C. Bulle: Pindaros achte nemeische ode.
oder kurz vor dem vater bei den AidKCia, eioem heimischen kampfspiele
der Aegineten, den preis davongetragen, sein sieg wurde jetzt gefeiert,
und der sinnige dichter knüpft daran in emstfeierlicher weise, wie es die
gefahrenschwangere zeit angemessen erscheinen Üesz, des Megas gedScht-
nisfeier.
Betrachten wir nun von diesem standpunct aus unser gedieht im
einzelnen, gleich der anfang leitet uns auf einen gegensatz, er stimmt
den doppelten ton an , der das ganze lied durchklingt. * heilige Jugend^
botin von Aphroditas göttlichen freuden, die auf der jungfraun und kna-
ben wimpem weilend den einen du auf sanften armen des zwangs, auf
andern den andern trägst; erwünscht aber ist es für jegliches werk, die
günstige stunde nicht verfehlend glücklicher liebe genieszen zu kön-
nen.' alles dient dazu den in jugendreiz blühenden sieger zu feiern; aber
gerade die farbenreiche ausschmückung muste in den an sich schon ernst
gestimmten zuhörem die Idee des gegenteiles wach rufen, die sich natür-
lich unverzüglich an die person des Hegas knüpfte, sehr wirkungsvoll
kommt der dichter dieser Stimmung entgegen durch die zwei allgemein
gehaltenen zusätze ^TCpov b* iripaic und xatpoC |üif| TrXavad^vra.
wer der StEpoc, wer der xaipoO TrXovaOek war, das fühlte jeder in-
stinclmSszig, ohne dasz der dichter eines einzigen bestimmten Striches
bedurft hatte ihn zu charakterisieren, der volle ton des glucks gehört
dem jugendlichen sieger, aber leise zwar, doch vernehmlich genug klingt
hinein die klage um den beleidigten toten.
Und wie in der atrophe, eben so ist es in der antistrophe unseres
gedichtes: der volle klang des jubeis erschallt zum preise Aeginas, der
einst hoch gefeierten Insel , zu deren beherscher von fern und nah die
forsten und beiden huldigend kamen; aber unter diesen freudenaccorden
verbirgt sicli nur mangelhaft der schmerz darüber, dasz jetzt ein Spar-
terkönig in so ganz ve;^chiedener weise, zu so ganz anderen zwecken
des Aeakos insel hatte betreten dürfen, 'also umflatterten einst des
Zeus und der Aegina iager die Spender von Kyprias gaben ; und es ent-
sprosz ein söhn, Oenonas könig, an rath und kraft ein held; ihn sehnten
sich oft viele zu schaun : denn ungenifen nach eignem begehr verlangte
der beiden, der ringsumwohnenden, blute seinem herscherworte zu ge-
horchen, so die in dem steinigen Athen des volkes walteten, wie die in
Sparta, des Pelops geschlechl.' schon die hervorhebung der beiden
mächtigsten feinde Aeginas unter denen, die einst seinem forsten frei-
willig gehuldigt, legte die vergleichung des sonst mit dem jetzt so nahe,
dasz der stumpfste zuhörer sie anstellen muste; wiederum ^aber gibt
der dichter derselben durch ein kleines wort eine bestimmte richtung :
ungern fen kamen die alten beiden dem Aeakos zu dienen; Kleomenes
kam nicht ungerufen, nicht nach eignem begehr: Athen, die
schlünmste feindin der bedrängten insel, hatte ihn aufgehetzt, so waren
die gedanken der zuhörer auf echt dichterische weise in Strophe und
antistrophe vorbereitet auf das was kommen sollte; sie fühlten, ihr eig-
nes bedürfnis des Megas an diesem festläge seines sohnes zu gedenket»
werde von dem dichter mitempfunden und solle befriedigt werden.
C. Bulle: Pindaros achte nemeiscbe od«. 19
Gleich die epode setzt denn auch toU und kräftig ein. *8chulzflehend
berühre jetzt ich des Aeakos hellige knie um dieser theuren Stadt, um
dieser bürger willen, darreichend die künstlich aus tönen gewobene ly-
dische binde doppelten laufersiegs, des Deinis und Megas, nemei-
sehen siegsschmuck!' von wort zu wort steigert sich hier die empfin-
dung des dichters; bei jeder siihe der letzten zeile musz das herz der
zuhdrer mflchtiger geschlagen haben, anfangs noch der gleichmlszig
bewegte, üinige ton des gebets; diese theure Stadt, diese bOrger bedurf-
ten wol der hülfe ihres heros; dann gar eine pause, ausgefüllt mit den
beruhigenden, langaushallenden worten Aubfctv fiirpctv KavOEXi)ba ttc-
TTOiiaXfi^vav* aber es ist wie die ruhe vor dem stürm; nun geht es
schlag auf schlag: des doppelten läufersiegs! doppelten lAufersiegs?
wie der blitz durchzuckt es jeden: nur Megas kann als zweiter Sieger
gemeint sein, und schnell wie der gedanke kommt das wort hinter-
drein geflogen, der dichter sagt es selbst: des Deinis und Megas; und
eh noch der hdrer zeit hat sich zu sammehi, schlagt es als höchster
trumpf wie ein donnerschlag dazwischen : Ncjüieatov äroXfiO. ja, nemei-
scher siegsschmuck! mögen ungerechte parteiische richter ihn dem
M^as Terkflmmern, wir feiern ihn als rechtmäszigen sieger! kräftig und
Jangnachtönend wird bei diesen worten die musikbegleitung eingetreten
sein; dann senkt sie sich wieder, und in ruhig-feierlicher weise ßhrt der
dichter fort: 'denn von gott gepflanztes glück weilt länger hei den sterb-
lichen, wie es den Kinyras einst in der meerumströmten Kypros mit reich-
tum gesegnet. ' auf dem richtigen Verständnis der ersten epode beruht
nach meiner Überzeugung die ganze möglichkeit unter benutzung der
Didymeischen notiz und der von Mezger zuerst herangezogenen zeit Ver-
hältnisse unser gedieht überhaupt zu verstehen, dasz L. Schmidt a. o.
s. 444 recht hat, wenn er sowol Aeivtoc wie trcrrpöc lAi^a von bic-
cuiv crabiuiv abhängig macht, ist mir so unzweifelhaft, dasz ich mir die
verse gar nicht in anderer construction laut vorlesen kann und sie in der
tbat vom ersten lesen an so verstanden habe, aber zu ihrer vollen gel-
tung, rein poetisch betrachtet, gelangt die ganze stelle doch erst dann,
wenn nun wiederum crabiujv von ^irpav abhängig gemacht wird; dann
steht NcjLicatov S:fdK}ia als apposition zu dem vorigen für sich und in
ihm gipfelt die ganze periode. aber man wird vielleicht gegen meine
erklärung einwerfen, dasz die besprochenen werte, als apposition zu }ßn,
Tpov btccuüv CTQbiwv betrachtet , ja auch des Deinis sieg als einen new
meischen bezeichnen würden; sei er aber dies, so werde dadurch meii^^
hypotbese jeder gnind entzogen, letztere bemerkung würde, die vorbei '
genannte folgerung als richtig zugegeben, durchaus treffend sein; wäre
auch Deinis, zugleich mit seinem vater, von den agonotheten in Nemea
des errungenen sieges verlustig erklärt, dann würde man ihm kaum in
Aegina eine feier zu veranstalten sich unterfangen haben , jedenfalls aber
würde das festlied das ganze Verhältnis eingehender haben besprechen
müssen, man könnte freilich noch einen andern ausweg ersinnen : man
könnte sagen, nicht alle Aegineten seien von den kampfrichtern aus-
geschlossen worden, sondern nur die welche Kleomenes als die ahiwrä-
2*
y
20 C. Bulle : Pindaros achte Demeische ode.
TOUC (Heroddt VI 50) an dem verrath habe gefangen fortfahren wollen,
und einer von diesen sei Megas gewesen; aber dagegen liesze sich mit
recht einwenden, dasi derselbe dann schwerlich unbehelligt nach Aegina
zurfi<Age]Lehrt sdn wflrde; und wollte man die hypotheee deshalb noch
weiter ausspianen und sagen, dasz letzteres auch durcha«s nicht gesche-
hen zu sein brauche, dasz vidm^ des Megas tod ein gewaUsamer ge-
wesen sei, der mit der aihenischen anklage in Zusammenhang gestanden
habe, so mdste man zunächst noch das unerldftrliche erkUren, wie Pindar
Ober eine solche thatsacha mit so leiser andeiitung wie sie etwa in v. 27
XPDC^uiv h* ATac crcpiiOek AtiXuiv q[>övt|^ ttdXaicev gefunden werden
möchte, habe hinweggehen könoen. also auf diesen answeg ^reichten
wir, und zwar um so lieber ids in der that die oben auf^esteUte folge-
Tung ganz unfadtbar ist der gedenke des dichters geht dahin; in diesem
Siegeskranze des Deinis sehen wir zugleich den nemeischen seines vaters,
diese 4ine binde repräsentiert sie alle beide; von da ist es nur ^in schritt,
und wahrlich kein gewaUsamer, zu der prägnanten bezeiefanung^ eben
dieser binde als einer nemeischen. wer einen soldien gedankenflug. für
unpindarisch hält, stellt sich die altes nubium iractms des dirkäi-
flchen Schwanes doch wol etwas zu hyperboreisch- winterlich vor. was
ffir einen sieg nun aber Deinis erfochten haben soll? natürlich einen in
den Aeakeia, die von den scholiasten zu Ol. 7, 156 und 13, 155 erwähnt
werden, an die Delphinien oder hydrophorien oder einen andern ägine-
tischen, wo nicht gar fremdstädtischen wettkampf zu denken ist selbst-
verständlich nicbt erlaubt, da derselbe dann hätte genannt sein müssen;
diese bedingung wird für die Aeakeia zur genüge durch den faihalt der
ersten antistrophe und epode erfüllt, die in der that erst unter unserer
Voraussetzung in eine innige beziehung zu dem ganzen gedicfate treten:
die Siegesfeier wurde nicht einfach deswegen im tempel des Aeakos gdial-
Un, weil dieser der stammheros der insel war, sondern weil sie einem
Sieger in dessen heiligen spielen galt.
Wir kehren zu dem schlusz der epode und dem beginn des zweiten
systemes zurück, wenn der dkhter sagt: Mänger währt das glück, das
die götter pflanzen, den menschen, wie Kinyras dies gezeigt' — so liegt
darin schon der gegensätzliche gedanke vorbereitet: auch das ungiück, das
menschen uns ungerechter weise (ereiten , ist vergänglicher als gottge-
aandtes. aber dieser gedanke kommt gar nicht zu diesem nackten aus-
druck : nachdem der dichter vielmehr in werten, auf die wir gleich zurück-
kommen, ausgesprochen hat, wie auch ihn die misgunst verfolgen werde,
zeigt er dem geschlechte des siegers und dem ganzen äginetischen volle
an dem vorbild ihres stunmeshelden Aias in der zweiten antistrophe und
epode, wie auch früher heimtückische misgunst den verdienstvollen sebies
lohnes zu berauben verstanden habe; fährt aber dann nicht fort, wie man
erwarten könnte, zu schildern, wie scUieszlich doch all dies bemühen
vereitelt worden und das glück dem guten wiedergekehrt sei; sondern
schafft sich im anfang des dritten systemes durch den wünsch, lieber arm
und niedrig aber unbefleckten rufes denn als schuft in allem irdischen
überflttsz zu sterben, den Übergang zu dem gedenken, dasz der nacfaruhm
C. BuUe: Pindaros achte nemeisehe ode. 21
für das durch menschentücke erlittene unrecht entschädige , so wie dasz
dieser durch keine hinterlist gefälscht werden ktane.
*Au( leichten fOscen bleih kh stehen, aufatfamend eh ich weiter
rede: gar vieles ja wird nelflkig enShlt; doch neu erdichtetes frisch auf
den pritfst^n zur probe zu geben ist lautre gefahr; wie zuckerbrod sflsz
ist dem aeidischeii geschwltz: stets tastet ja nisgunsl aus nadh dem ed-
len, mii dem schlechten bemengt sie sich nie.'
Weshalb Ueibt der dichter «lit halbgehobenem Aisze stehen? wo
liegt in dem, was er im begriff ist m erzählen, das neue, ungehdrte?
Mezger bat die frage schon richtig beantwortet, wenn er sagt: 'nirgends
anders als darin, dasz er den grund des Sieges des Odysseus in seiner
kunst die Worte zu verdrehen findet.' nun ist diese auifossung des wsffen*
Streites dem dichter später ganz geläufig; er gibt ihr sonst ohne solche
präamb^ wie an dieser stelle ausdrack. daraus folgt doch wol, dasz er
sie hier zum ersten male ausgesprochen, und daraus wieder, dasz unser
gedieht älter ist als Nemea VII und kthmia III (IV), wodurch denn, wenn
man tsthmia III mit Schmidt für ein *product der jugendepocbe' des dich-
ters hält oder es mit Lutterbeck (die freunde Pindars s. 15) ins jähr 492
setzt, noch ein äuszo^r beweis fßr die richtigkeit der Mezgerschen datie-
ning unserer ode beigebracht wäre, jedenfalls aber die Dissensche fixie-
rong auf ol. 80, 3 oder 4 unmöglich wird, auf die versuche von dieser
epode ausgehend unser gedieht so zu erklären, dasz man den dichter sich
gegen misgt&nstige nebenbuhler vertheidigen läszt, will ich nicht mehr
eingehen, da loh sie durch das'anderweit dagegen vorgebrachte fflr besei-
tigt erachte, die beste Widerlegung fiberdies aber in einer richtigeren
deutung der ganzen ode bestehen wird, dagegen musz ich noch darauf
hinweisen, wie fm der dichter hier sein eigenes ergehen als unter das-
selbe gesetz fallend darzustdlen weisz, das wie einst des Aias, so jetzt
des Megas geschicke bestimmte. ^ die sehlechtsten fruchte sind es nicht,
woran die Wespen nagen', wie uneer Rückert singt: tpOövoc ^c KoKä
ßaivci. gerade dadurch hat diese ode nicht zum wenigsten die warme
nirbirog erhalten, die sie auszeichnet, dasz der dichter aus tiefstem herzen
für Aegina partei ergreift und dieser seiner persönlichen teilnähme in
ungemein feinsinniger weise ausdruck zu geben gewust hat. seine Vater-
stadt identlfidert er mit der heimischen Insel des Siegers, dessen ge-
schicke mit seinen eignen, und fflr beide findet er nun das vorbild in
dem mytfaos von Aias tod:
'liisgUBst marterte auch des Telamon söhn, hat ihn ins schwert ge-
stürzt! ach, manchen unberedten mann , wie gewaltiges muts er auch
sei, man beachtet ihn nicht im traurigen wortgezänk, und der höchste
preis, er harrt schönschwalzender lüge, haben doch also die Danaer auch
dem Odysseus in heimlichem urteil geschmeichelt, indes der goldnen
wehr beraubt Aias mit eignem morde rang, ob diese beiden wol gleiche
wunden dem fdnd am lebenswarmen leib geschlagen, da sie mit der
schirmenden lanze stritten um Achilleus, den frischgemordeten, oder an
andrer kämpfe blutreichen tagen!? so herschte denn böse berflckung
auch vor alters schon, der schmeichelrede genossin, die tmgerfinderin.
22 G. Bulle: Pindaros achte nemeische ode.
die anheil stiftende schandbrut, die das edle Gberwältigt und das eitle auf
zu morschem rühme hebt!'
Wenn ich nach dem eindnick urteilen darf, den diese verse auf
mich machen, so konnte der dichter nichts ergreifenderes finden, wenn er
eine mythische parallele zu dem Vorgang in Nemea suciite; so konnten sie
aber auch nicht ergreifender auf die zuhörer wirken, als wenn die hypo-
these die ich aufgestellt habe der Wirklichkeit entspricht, wie kalt bitten
sie im vergleich damit die Aegineten lassen müssen, wenn es sich um
litterarische Streitigkeiten des dichters gehandelt hatte I selbst unter der
Mezgerschen Voraussetzung wird man keinen so einheitlichen, wolthaen-
den gesamtelndruck gewinnen können, trefflich dagegen läszt sich in
dem gericht vor Troja ein abbild der feierlichen berathung finden, in wel-
cher zu Nemea dem Hegas der preis abgesprochen wurde, auch hier
urteilten in der person der Hellanodiken die gesamten Danaer; auch hier
siegte die tückische berQckung. nur im vorbeigehen mag bemerkt wer-
den, dasz die auch sonst durchaus angemessene erwfthnung der Danaer
noch wirksamer empfunden werden muste, wenn die Argeier damals die
vorsteherschaft in Nemea führten.
Die bezeichnung des ruhmes, zu welchem das nichtige eriioben wird,
als eines morschen leitet über zu der bereits oben erwähnten fortsetzung
des begonnenen gedankens , dasz leid , auf tückische weise herbeigeführt,
durch unverHilschten nacliruhm aufgewogen werde, dasz der dichter
hierin genügenden trost findet und nicht auch die Wiederkehr irdisches
glückes gleichsam zur herstellung der göttlichen gerechtigkeit verlangt,
ist an sich ein zug der sein auf das ideale gerichtetes gemüt trefflich kenn-
zeichnet, sollte er aber nicht auch die Stimmung widerspiegeln, die
damals in Aegina herschte? der einzelne mag so denken wie der dichter
es that: ein ganzes volk wird und kann es unter ge^röhnlichen umständen
nicht thun. was bei dem individuum fronune ergebung, würde bei einem
ganzen volke entnervender pessimismus sein, dasz der dichter also auf
diese art zu trösten versuchen durfte, lehrt uns scheint mir zur genüge,
dasz die thatenfrohe Stimmung, die nie rastende energie der rührigen
Inselbewohner damals schwer beeinträchtigt war durch den blick in die
trübe Zukunft, die bevorstehende rückkehr des Kleomenes, die nicht aus-
bleiben konnte, war wie ein drohendes gewitter, das am horizont aufzog
und dessen Wirkungen niemand vorausberechnen konnte, sollte nun aber
nicht eben deshalb Mezger im gegensatz zu meiner oben geftuszerten an-
sieht recht haben, wenn er das gedieht nach der zweiten anwesenheit des
Kleomenes entstehen läszt? ich meine nicht, zunächst wäre dagegen
anzuführen, dasz, nachdem der blitz eingeschlagen, die schwüle, welche
nach meiner empfindung zur zeit der festfeier über der insel lagerte, be-
reits gelinder geworden sein muste, wie wir denn auch in der that die
Aegineten bald unverdrossen bemüht finden die scharte auszuwetzen und
besonders den Athenern alles mögliche üble zuzufügen, auszerdem läszt
aber meine hypolhese Mezgers annähme nicht wol zu. zwischen der
ersten und zweiten anwesenheit des spartanischen königs auf Aegina ver-
strich geraume zeit; noch vor die erste fällt die athenische anklage in
C* Bulle: Pindaros achte nemebche ode. 23
Sparta; man hatte also zeit genug gehabt um den exdnsionaantrag ia
Nemea so zeitig einzubringen, dasz die Aegineten gar nicht erst zugelas-
sen wurden, es also nicht nötig war schon errungene siege nachträglich
2U cassieren. setzen wir dagegen die fesifeier gleichzeitig mit der ersten
attischen gesandtschaft nach Sparta, denlten wir uns die anl&lage in Nemea
augenblicklich eingereicht, sobald man der Zustimmung Spartas sicher
war, so schwindet alles befremdliche, ohne Spartas einwilligung hätte
Athen jenen antrag nur etwa dann wagen dfirfen, wenn Korinther in
Nemea richteten — wieder ein neuer gnind lieber an die Argeier als
damalige hegemonen der spiele zu denken.
Wir kommen zum dritten system: *mdge nimmer, o valer Zeus,
solchen sinn ich hegen, sondern wandeln einfiütige pfade des lebens, dasz
nicht mit übelberufenem namen ich sterbend meine kinder schände, nach
golde giert der eine, der andere nach unermeszlichem länderbesitz; ich
wünsche, selbst wenn die erde mich deckt; bei meinen mitbfirgern in
achlung zu stehen, weil ich was löblich gelobt und den schurken mit
schand* Übergossen, bis hoch zum feuchten äther aber steigt, dem bäume
gleich, den goldner thau benetzt, der tugend rühm, die kunstgeübter und
wahrheitstreuer männer lied erhebt, vielfältigen dienst gewährt dir ein
freund, zumeist in der not; doch die freude auch bedarf des treuen
genossen, dasz weitliin sie glänze, ins leben zurück dich, o Megas, ztt
rufen, das vermag ich nidit (und eitel ists ja nichtigen hoflbungen nach-
zustreben), wol aber demem geschlecht und den Ghariaden ein stolz-
gewaltiges llusendenkmal aufzubaun für den sieg im lauf, den gedop-
pelten, denn es freut mich also der that gebührendes lob zu gesellen :
bei liedes zusprach aber hat gar mancher schon des kummers schwere
von sich abgewälzt, denn der lobgesang, er ist altera Ursprungs als
Adrastos feindschaft und der Kadmeionen!'
Also jenen, die euch so schmählich beleidigt, wird dies verfahren
keinen segeu bringen: es harrt ihrer böser nachruf, den ich nicht um
alles gold, nicht um unermeszlichen landes besitz erkaufen möchte, ihr
dagegen werdet je länger je mehr euch hohes ruhmes erfreuen: denn ge-
rechte und kunstgeübte männer smd es die euch preisen, als solcher
stdie ich euch bei in der not und helfe die schmach von euch wenden,
wie es vor allem dem freunde geziemL aber auch was euch freudiges
widerfahren kündet mein lied. und kann es dem beleidigten selbst nicht
mehr die genugthuung verschaffen sein verdienst laut anerkannt zu sehen^
so wird es doch euch, die ihr seines geschlechtes seid, erfreuen und trös-
ten, wie dies von alters her die kraft des lobgesanges war. von alters
her: denn früher war das preisgedicht als Adrastos und der Kadmeier
feindschaft. diese änigmatische schluszsentenz, mit welcher der zuhörer
entlassen wurde, konnte die manigfachsten gedanken in ihm hervonrufen:
alle wehmütig-tröstender art. Adrastos und der Thebaner zwist bezeich-
nete die zeit, in welcher die nemeischeu spiele gestiftet sein sollten,
also auch vor den nemeischen spielen gab es lobgesänge — was heiszt
das anders als: auch ohne den nemeischen siegeskranz kann man hohen
rühm erwerben; so tröstet euch denn über jenen verlusL aber mehr als
24 C. Bulle: Pinilaros achte nemeische ode.
das: waren die Argeier damals Vorsteher in Nemea, so mäste die erwäh*
nung des Adrastos unmittelbar an sie erinnern: Argos zivisl mit Thebeo
war alto der Inhalt des schluszverses. hatte sich aber der thebanische
dichter bereits in dem ganzen liede so nah mit seinen Sginetiscben gasl^
freunden identificiert, war seine Vaterstadt damals mit des Aeakos insel
in ganz gleicher läge , eng verbunden durch gemeinsame Interessen und
den gemeinsamen hasa der übrigen Hellenen, den sie erfuhren, so war es^
beinahe von selbst gegeben bei der erwähnung Thebens in solcher Ver-
bindung an Aegina mitzudenken, zumal ja auch enge mythische Verwandt-
schaft zwischen beiden bestand. Argos zwist mit Theben und Argos-
zwist mit Aegina fiden fflr die gegenwart vollständig zusammen, und in
diesem wehmütig^humoristisehen sinne verstanden ergab d^ scbhiaz dann
diesen gedanken : nicht allein kann man audi ohne Nemea rühm gewinnen
— ihr habt ihn in der that l&ngst erworben, eh Argos feindschaft ihn
euch streitig zu machen suchte: ihr seid so reich an herlichen ehren,,
dasz ihr die, welche eure feinde euch vorenthalten, ohne einbusze ent«
bdiren könnt, nnbeschidigt durch solche krflnkungen wird Aeginas name
durch alle zeiten blühen.
Zum schlusz erübrigt mir nichts mehr als noch einmal nachdrücklich
die beiden puncto hervorzuheben, die einzig bewiesen werden müssen
und die ich bewiesen zu haben wünsche : erstens dasz mdne hyiK>these
an sich mit dem griechischen leben und mit den speciell herangezogenea
zeitverbäUnissen stimme; zweitens dasz im vorliegenden gedieht nicht
allein nichts enthalten sei, was ihr widerspreche, sondern dasz $ie viel-
mehr dasselbe im einzelnen wie in seiner ganzen anläge erst voUkommen^
erkläre, letzteres anschaulich zu zeigen füge ich noch die disposition
bei, welche ich mir von der ode entworfen habe:
I. dauerndes glück kommt nur von den göttem — desgleichen das-
Unglück.
II. wol stürzt fdie tücke der menschen den guten oll ins verderben
— und erhebt sich selber.
Hl. aber den naehruhm kann sie ihm nicht rauben — sich selber nicht
erwerben,
jeder dieser drei hauptteile entspricht einem System; in jedem ist die ^ne
smte des gedankens weit ausgeführt, die andere nur angedeutet, jeder
teil gliedert sich wieder in folgender weise und schliesst dabei mit dem
hauptgedanken:
1. a) den Deinis wiegt die göttliche Hora in Schönheit und glück,
wol dem, der solches segens teilhaftig wird,
nicht jedem ist es beschieden.
b) wol aber genossen des Zeus und Aegina,
und Aeakos, dieses eilandes könig.
das waren glückliche zeiten!
c) zum göttlichen heros fleh' ich um ihre Wiederkehr,
uns waren herliche siege beschieden:
misgünstige trübten sie.
doch dauerndes glück kommt nur von den göttern uns menschen»
U. Schmidt: io Aeschyli supplicum ¥. 162— -167. 25
n. a) abwägen musz ich meine worte,
denn es lauert der ndd
und begeifert das edle.
b) ihm erlag auch Aias, Telamons söhn.
es siegte die CQcke
und stiirzte den edlen ins unbeil.
e) wi6 ungleich war der tapilre seiniun gegner!
doch tückischer sinn war auch schon damals mächtig:
jetzt ist «8 nicht anders,
das gute stflnt er ins Terderben , erhebt das schlechte.
ID. a) ich tausche nicht schände liQr irdisches glück.
mir gilt am höchsten ein guter name.
was löblich ist lob' ich, tadle das schlechte.
b) so scbaC ich der tugend verdienten rühm,
sie tröstend im leid ,
sie feierad im glCkske.
€) SO kann loh audi jetit zwar das unbeil nidit wenden,
doch ew'gen nachrulmi euren thaten stiften,
den kummer eueh lindern,
und dieses nachruhms kann keüi neider euch berauben!
BsEinSH. COKSTANTI» BlTLLE.
«•M«M
IN AESCHYLI SüPPLICUM V. 162—167.
Versuum dispositio in libro Mediceo haec esse videtur:
äZr)viouciiu )yrf)vK
KOWlObdTOV fttiiCT
OUpOVÖVClKOV
XoXctroC T^ ^x irv£0|AaToc da X€ijit6v.
scholia Med. p. 152, 30—153, 2 Ji ZeO, f| napa t(X)V OeSv )ir\v\c
xatA NoOc «bbfic (Bindorfitts dibic) ia\ Kai itmcTiTUiTiiafi. — Tf|v tfic
"l^pac Tffc iy dvbpet^ viK((iCT)C ndvrac toöc £v oöpovip 6€0tJC.
Kol iip ' fpific oOv £q)Oo(C€V f| Mfivic Tf^ ''Hpac. unde dperdv dndum
a me restitutum esse memini pro firav, quod nullo modo per dvbp€(qi
explicari poterat. praeterea sub ibbi^c |Li{)Vtc latere videtur (& btJCjLitivtC
vd potius ibc bücfiiivtc, post quod, cum sehoHa corruptum illud iJbbftc
cum sequentibus particula copulathra Ka\ conectant, inserendum manifesto
est xal ex |üiäcT€ip' (investigatrix) vel fxvdcrap' (quod Weilius pro-
posuit) recte alii duce eodem scholio elicuerunt lütaCTiKTCtp*, nunc etiam
metro flagitante. imperfectum dimetrum Ka\pacT(icT€tp' bc Oe(&v com*
mode expleveris substantivo ära, duobus adiectivis bOcfir)VK et fiocri-
Kteip' emato, sive id exitus versus hausit, quod ob alias rationes maxi-
mam probabilitatem habet, sive in €equentem versum migravit, scriba
litterarum similitudine decepto. iam vero, cum duo priores ^bymnii
26 M. Schmidt: in Aesckyli supplicum r. 162^167.
versus dtmetros anapaesticos acataiectos esse videamus, reliquos etiam
versiculos eidem metro adstrictos fuisse admodum probabile est. quam-
quam paenuilimus haud dufoie non dimeter fuit sed monometer, vocabulo
oöpovövtKOV absolutus. accedamus Igitur ad versum tertium scholiasta-
rum vesligia presse sequentes. certum est commentari eos hanc scrip-
Curam :
Kovvui b^ ipträ ToefiCT&c
oupavovtKOu
XoXenoO T&p Ik nveüjuaTOC ela x^^l^^v,
«ed male interpretarl, cum geoetlvus TOtMcrac oöpavovfKOU ne tum qui-
dem possit suspensus esse a voc. fiflVlC, si haec germana esset scriptura.
nihilo minus id lucri Inde reportamus, ut nostrorum librorum scripturam
oöpavöviKOV in ii^endo cubare inteHegamus, neque amplius coacU slmus
monometrum illum cum praecedentibus verbis copulare. immo versu
tertio verbis räc cäc expleto; quod praecepit Hermannus, perfectam
nanciscimur sententiam: KOVViS» S' äp€T&v Tac cfic YO^M^Täc, sentio
viriutem uxorü iuae lunonis: sentio quid possit luno. itaque potestate
nobis data oöpavovtKOU iungendi cum nveO^OTOC, quo fatebere multo
fortiorem fieri sermonem, restat ut remotis ei yersu quinto glossematia
dimetrum catalecticum redintegremus. prodit vero interpolalricem manum
X€(X€7roO et prodere videtur dx. aptum eht hoc: x^^M^v T&P TTVcOiia-
TOC eTct, h. e. orietur enim caelipotentis Ittrbinis tempestas. habelo
lam hoc ephymnium gravioribus maculis iiberatum:
& Zrjv, loOc übe bOqAiivic
Kai |LiacTiicT€ip' Ik 6€uiv (Sra).
KOWiDi b* dpcT&v T^iCTfic (toIc cfic).
oöpavoviKou
X€i^u)v T^ 1rv€0^aTOC eict.
sed leviores restare etlam nunc docet scholiastae observatio: T& b* fiXXa
biä li&ou dvaneqiiuvriTat. licet enim yetus interpres parentheseos
mensuram ultra fas extenderit (£ Zf)V . . oöpavovtKOu) , recte tamen
animadvertit nonnulla btd jüt^cou ävaTreq)UiVflc6ai. nobis non dubium
esse potest, quin versus tertius a reliquis sit separandus, ut verba utrim-
gue vicina artiore sententiarum vinculo nexa coeant. quo facto statim
^xaudiemus futura mala sperantium virginum verba: a luppUer^ a, ort^-
für in lonis prokm gravi deorum ira flageUifera adactum malum
{novi enim lucoris tuae mores) caeUpotentis procellae tempestas, graeca
fuerunt:
d Zyjv, 1oOc S büc^iivtc
Kai juacTiKTetp" £k OeiDv ära
(kovvui b * äper&v räc cäc t<xmct&c)
oupavovtKOu
xeifidiv dK TTveujiaTOC eleu
e quibus £k patet germanum, xdp interpolatorls esse, codicum scripta»
ram l(b peperit glossema ad d adscriptum, scholiorum dbbfic e scripturae
discrepantia d et li ortum.
Ibnae. Maubioiub Schmidt.
M. Wohlrab: zu Platons Theätetos. 27
5.
ZU PLATONS THEAETET08.
1) 156 "^ äxy fiep€i, t&y iriuc diroTeXecO^. ßoOXerai t&P t>n
\if€iy (bc Taura irävTa ^^v, djcirep X^TOfxev, Ktveirat, räxoc bk
Kai ßpabuTf|c ivi tQ xivficei auruiv. 5cov ju^v oCv ßpabu, ^ v^
ouTcji Kai npdc t& irXncid£ovTa Tf|v Kivf)ctv Iq(€i xal oötuj w\
Tewf , Tä tk, T€W(U|A€va ofirui bf) [ßpaburepd dcriv - öcov 5^ aO
Taxü, itpoc TO iröppuiOev Tf|v Kivnciv Icx€t xal oötuj T€VV$, t& b&
T€Wiijfi€va o6tui bf|] edrrui £ctI (p^perat räp xal iy q[>op^ aörtiiv
^ k(vi)CIC Tr^q>UK6V. die in klammern eingeschlossenen worle haben sich
in keiner hs. finden lassen, der Bodleianus kennt sie nicht. I. Bekker hat
ausser den dreizehn hss*, die er vollständig für den Theätetos verglichen
hat, ffir diese stelle besonders noch elf eingesehen und keine spur von
jenen worten in denselben entdecken können, ebenso wenig haben sie
Bast und Furia in den von ihnen collationierten Codices vorgefunden, auch
der schollast kannte, wie schon Heindorf richtig bemerkt hat, diese stelle
nur in der kürzeren fassung. Ficinus hat die eingeklammerten worte
nicht mit abersetzt, in den allerältesten ausgaben, der Aldina und den
beiden Baslem, finden sie sich auch noch nicht zuerst trelTen wir sie
vielmehr in den eclogae von Janus Comarius; aus diesen suid sie in die
ausgäbe des Stephanus Obergegangen und haben seitdem der vulgata
angehört.
Alle deutschen erklUrer des Theätetos und ebenso die Übersetzer
ohne ausnähme waren von der unentbehrllchkeit dieser worte überzeugt,
und männer wie Brandis (gesch. der entw. der gr. phU. I $• 209) und
Zeller (phiL d. Gr. P s.^759 anm.) nahmen so wenig anstosz an den-
selben, dasz sie ihnen sogar auf ilire darstellung der philosophie des
Protagoras einflusz verstatteten, nur stritt man sich früher, ob die be-
treffenden worte als reine conjectur des Gornarius zu betrachten seien
oder nicht. Ueindorf wollte diesem gelehrten nicht so viel Scharfsinn
zutrauen; mit recht wiesen aber Schleiermacher und Buttmann darauf
hin, dasz sie denselben Charakter an sich tragen wie die allermeisten
verbesserungsvorschläge des Gornarius: sie sind nemlich aus dem streben
hervorgegangen einen genauen parallelismus herzustellen, ein ähnliches
bedfirfnis den Piaton zu vervollständigen fühlte Gornarius an einer un-
mittelbar vorausgehenden stelle 156 ^ wo er nach öc(pprjC6tc einschie-
ben wollte Kai T€i3ceic Kai Oi£€tc, was Schleiermacher durch den hin-
weis auf die ganz entsprechende stelle 186 ^^ erledigt hat. auch 198^
conjicierte Comarius , um einen stricten gegensatz zu äXXo Tt tüjv ££ui
zu erlangen, twöc für aurdi* auch diese conjectur nahm Stephanus in
den text auf und noch Heindorf vertheidigle sie. sonacli hat es alle Wahr-
scheinlichkeit für sich, dasz die eingeschlossenen worte dem Gornarius
gehören, handschrifUiche gewähr aber ihnen nicht zur seile steht.
Der erste der die berechtigung dieses einschiebsels entschieden und
mit triftigen gründen leugnete, war S. Vögelin in einem brief an Baiter»
38 M. Wohlrab: zu Platens TheSietos.
'welcher der zweiten Zürcher Separatausgabe des TheAtetos vorgedrucki
ist. K. F. Hermano hat sich Aber diese stelle niclit ausgesprochen, da-
gegen schlosz sich der Engländer Lewis Campbell in seiner zu Oxford
1861 erschienenen ausgäbe des Theätetos entschieden an Vögelin an und
entfernte das einschiebsei ganz aus dem texte, das bat erst neuerdings
noch M. Schanz in seinen 'beitragen zur vorsokratischen philosophie au»
Piaton (GGtUngen 1867) s. 73 gans übersehen, indem er schreibt, aHe ans*
leger seien darüber einig dasz diese ei^lnzung nicht erspart bteiben ktone.
Um zu einem sichern urleil Ober die innere notwendigkeit dieser
aufftllig umfangreichen erweiterung des Platonischen textes zn gelangen^
wird es gut sein auf den anfang der eingehenderen darstelhmg iomI tiefe-
ren begrCindung der Protagoriscben lehre zurückzugehen, diese beginnt
156* mit den, wie es scheint, noch nicht ganz richtig verstandenen Wor-
ten TÖ Träv Kivrictc fjv xal fiXXo Trapdt toOto odb^v. J. Frei hatte
dieselben in seinen 'quaestiones Protagoreae' (Bonn 1845) s.79 ohne wei-
teres an die spitze der Protagoriscben lebrsMze gestellt. 0. Weber aber
hatte in seiner gleichnamigen dissertation (Marburg 1850) s. 23 f. nicht
ohne gnind anstosz daran genommen, dasz Protagoras hiemach die anllng-
liche existenz der materie ganz zu leugnen schiene; Zelier (phiL der €r. 1*
s. 757 anm. 1) hätte gerade deshalb Weber nicht tadeln sollen, bei der
erklärung der angeführten stelle schehit alles auf die auffassung des
imperfectum fjv anzukommen. Stallbaum, dem sich neuerdings noch
Schanz a. b. s. 70 angeschlossen hat, meinte, es stehe mit rücksicht auf
vorhergesagtes, und findet diesen gedenken schon 152^ ausgesprochen,
allein dort heiszt es, dasz alles durch gegenseitige bewegung und mi-
schung entstehe, hiernach mflste man also tö ttSv definieren als das
durch gegenseitige bewegung und mischung entstandene, eine beliaup-
tung die doch gewis damit nicht identisch ist ,^ dasz alles bewegung Ist.
sonach bleibt nichts übrig als das imperfectum aufzufassen wie Vitringa
'de Prot, vita et phil.' (Groningen 1852) s. 83 , so dasz es in diesem satze
ganz entsprechend stände wie in dem werte des Anaxagoras 6^o0 irdvra
Xpi^lütorra fiv oder dem des Demokritos fjv 6jüio0 ffdvra buvdjiei, iv€p-
t^iq, b* oü. in dieser fassung schehit aber der satz rd Ttäv Kivr|Cic ^v
dem zu widersprechen, was als Protagoras lehre sonst überliefert wird,
wonach er vielmehr den satz aufstellte irdvra Kivettai. dieser Wider-
spruch hebt sich nun sogleich, wenn man sich der werte erinnert, mit
denen diese erörterung eingeleitet wird. Sokrates hatte die anwesenden
aufgefordert sich erst umzusehen , ob nicht auch uneingeweihte zugegen
seien; denn er wolle hier mysterien aussprechen, hiernach scheint klar
zu sein, dasz Protagoras nur seinen specielleren anhängem gegenüber
sich zu dem satze bekannte tö nfiv idvTicic y\v, der ihm allerdings leicht^
wenn er Offentlieh ausgesprochen worden wäre, eine Tptt<P^ dceßdac
hätte zuziehen können, dem gr5szeren publicum aber gegenüber lehrte
er nur irdvra KlvcTrat. über diesen doppelten zuhdrerkreis des Prota-*
goras s. Stalibaum zu Theät. 152% Sauppe zu Prot. 315*.
Von dieser anfänglichen bewegung also , welche die Voraussetzung
der Protagorischen philosophie bildet, gibt es zwei arten, eine active
11. Wohlrab: zu PUtons Theäielos. 29
und eine passive , büva)uitv tö jui^v iroieiv £xov, rd bi nocxciv, aucli
sdilechtliin tö iroioOv und t6 Trdcxov genannt, aus der gegenseitigen
Vereinigung und reibung derselben enuteht sowol das was gegenständ
der sumlicben wahmebmung ist (tö alc6r]TÖv), als auch die sinnliche
wafanielimiuig selbst {f\ aTc9ncic) und zwar beides gleichseitig, wir
haben sonach zwei zeugende principien (TCWUivra), tö iroioOv und
TÖ irdcxoV) und zweierlei was durch dieselben hervorgebrachc wird
(T^ wid^eva) , tö aicOtiTÖv und i\ aicBnac. Vdgelin hat dieses Ver-
hältnis insofern verkannt, als er tö notoOv für identisch hielt mit tö
YCVvAv und tö iräcxov mit tö T€Wi6fJi€V0V , was schon Campbell mit
recht getadelt hat. Platon ffthrt nun zur nlberen erlSuterung dies wahr-
nefamuBgsprecesaes die beideB begriffe langsam und schnell ein, die dem
Omianus Veranlassung boten eine lütke anzunehmen und deren ausfil-
lung zu versuchen, wenn wir zun&chst diese ergftnzung ignorieren und
nur den handsehriTtlich beglaubigten teil im äuge behalten, so ergibt sich
dasz die langsame bew^ung den tcvvttfvra, die schnelle den fewu»»
lieva zugeschrieben wird, die YCWUiVTa zeugen eben, indem sie an
dersdben stdle bleiben und eine l>eweguflg nur gegen das haben, was
sich Ihnen nihert. was aber auf diese weise gezeugt wird, ist schneller;
es wird ihm das <p^p€CÖai zugeschrieben und die ihm eigene bewegung
4ißOp& genannt, überhaupt finden sich diese ausdrücke siebend von den
tevvidjuieva, wie gleich 156^ q)€po^^vtt)V Tfic ^iv öqieiuc . . Tfic b^
XeuKÖTTiToc, femer 159 "* t^uicuttit& t£ koi alcOfictv, ä^a (pepö]Lt€va
d|üiq>6T€pa genauer werden diese langsame und schnelle bewegung
181 "^ bestimmt, wo die idvT|Clc zerlegt wird in &XXo(uJCic, worunter
beispielsweise die Veränderung des weissen in schwarzes , des weichen in
hartes verstanden wird, und in mpKpopdt, welche stattfindet, wenn sich
etwas von diner stelle an eine andere bewegt oder an öiner und derselben
stelle dreht.
Piaton erläutert diesen Vorgang hier zunächst am sehprocess, weiter
unlen 159^^ am schmecken, beim sehprocess smd die YevviDvTa a) tö
dfi|ia als irdcxov, b) 6X\o t\ tiIiv tovt({i Sufift^puiy als troioQv, da-
gegen die T€VV<lb^€va a) i\ 6^^K als die enlsprecfaeode cdfcOn^tc, b) i\
Xetncdrnc als das entsprechende akldf\r6¥. hierbei bleiben sowol das
äuge als auch der gegenständ der durch das äuge wahiigenommen wird
jedes mi seiner stelle, aber nicht ohne eine veriüderung zu erfahren:
denn das äuge wird sehend^ der betreffende gegenständ aber ersdielnt
eis ein irgendwie beschaffener, dagegen entsteht nun etaie schnelie be-
wegung ((popd) in dem räume zwischem dem äuge und dem gegenstände
der gesehen wird, und dadurch wird ehieDselts die sefakralt im ang«,
anderseits was an dem betreffenden gegenstände sichtbar ist, geweckt
An dieser stelle ad noch eine neue, von den Interpreten des Theä*
tetos bis jetzt nicht beachtete auffassung erwähnt, wdche Nägebbach in
eeinen 'ezplicationes et emendationes Plalonicae' (Nflrnbcrg 1836) s. 14
▼or^bracht hat. derselbe wHl die sache nk^t so angesehen haben, als
ob «fie Sehkraft im äuge, die färbe im sichtbaren gegenstände latent wäre
«ad nur durch den contact, der zwischen dem äuge und dem dditbaren
30 H. WMnh: n PfaCM»
gegOMtaaäe civthll, getreckt wiiie, wJu» ab tk bckies, Cvfae und
feiikrafl, dank beides, doi sidilinrcB gcgasfad md das a«ge, henror-
gttnthi wfirde. avf diese weise «frde hdm sehpreceas & sehkrafl an
das äuge, die färbe aa doi sichlbaicB gcfcsstaad erst heraogebradit
bknaefa w3re alae iqwc tAv ö^doXfinrv md irpdc toö cuvonroTiK-
TOVTOC tö XP&lia mil «pcpoii^vanr n ifibiiim «mI icpöc nül dem
geaetir stSnde aof die frage wobm? ia der bedeut— g vm ad^ versus,
grammatisch ist dagegen wol nidits emxvwcBdeB, wie sich auch ans
6. HermaBiis note zu Vigcr s. 861 ergibt. aOein wean man mit Heindorf
die ganz entsprecliende stdle 159* znr vergleicbDng heranzidit, wo aus-
drücklich steht f| |i^ odfcOncic npöc toG naqcovroc o(ka, so wird
man nicht nmimi können mit diesem gddirten anch irpdc Turv dq^OaX-
fiuiv mit THC |iiv öificiuc nnd irpöc toC cuvairomTOvroc tö XP^M^
mit Tfic b^ XeuKÖtTiTOC so Terlinden nnd sich setner auffassung anzu-
schlieszen, die so laotet: *d«|iic, quae in lioc motn existit qoaqne imple-
tor ocnlns, causam snam et prind|Mnm in ocnlis, albedo antem, ijua res
obiecta oenlis implelur , in hac ipsa re habet'
So haben wir die ganze stelle erUSrt ohne des Gomarius erginzung.
schon Schleiermacher war sehr geneigt dies zu ihun ; doch schien es ihm
deshalb unausfi3hrl»ar zu sein , weil ohne die eingeschobenen worte von
Einern und demselben gegenstände gesagt würde iv Tili aüx^ Trjv xivii«
€tv Tcx€i nnd dann wieder q)^p€Tai fäp xat Iv <popqi ceutuiv f| KiVT^cit
Tr^q)UK€V. er nahm also für beide pr2dicale als subject an Scov p^V
oOv ßpobü und fibersah ganz, dasz diese worte nur subject sind zp iy
r^ auTifi Tftv xivTinv Icx€i , zu q>^p€Tat aber Tot rcwuificva oönu brj.
Schon hiemach wird uns niemand das recht absprechen des Coma-
rius Zusatz als einen unnützen und nicht legitimierten eindringling auszu-
weisen, aber es läszt sich sogar noch darthun , dasz durch die beibebal«-
tung desselben der ursprüngliche tezt nur verschlechtert wird, schon
Vögelin hat mit vollem rechte darauf hingewiesen, dasz durch diesen zu-
salz zwei ganz neue begriffe entstSnden , nemlich zu den langsamen yev*
VUJiVTa auch langsame Y€W(iifi£va und zu den schnellen Tewuhrra anch
achnelle TCVV((fp€va. allein nirgends Ist im TheStetos von langsamen
fCVVibjui^va oder schnellen Yewwvra die rede; vielmehr sind die yey-
Vi&vra stets langsam, die y€Wi6p€Va stets schnell, was aber den Gor-
narius zu dieser fehlerhaften ansieht verleitet hat, ist nicht schwer zu
errathen; sie findet sich nemlich schon Im scholion zu unserer stelle,
welches so lautet: öcov ^xiv oSv ßpabu] olov tbc tö äirröv Kai tö
T6UCTÖV. wapAiite bl öi|iiv xd äxoflv Tax^iuc Ttvöjieva • toutuiv
TÖp qc^böv äxpövuic okeavö^eOa. bia bk tö ivap^ oörd eTvat
TrapAmcv. Öf|c bi ötov Xifxji' lä hk TewibMCva oirru) Mj, €lc tö
hi\ ^nocriKT^ov. oön« TÖp b#| X^T^t, tout^cti tö ßpab^a, äircp
cid TCUCTÖ xd ÖTTTii
2) 169* OÖXOOV iflii T€ OÖbiv ÄXXO TTOTfe T€VriC0^ai OÖTWC
alc8avö^€V0C' toO top dXXou dXXri oTcOnac, xd öXXoTov xai dXXo
iTOic! TÖv aicdavöfX€vov * oör' ixefvo tö ttoiouv i}ik }if\rcoT* äXXqi
£uv€X8öv TaÖTÖv Tcwfjcov toioOtov T^vriTttf Arcö TÖpäXXou fiXXo
M. WoUrab: zu PlalODS The9Ce(os. 31
Tcwficav &XX0T0V TCV^jcetai. so lautet diese stelle bei Heindorf und
den Zfirchern, und Heindorf gibt dazu folgende erklärung: 'oiiTUlC
cnceavöfLievoc, quamdiu ita, non aliter sentio. ToO fäp äXXou —
alins enim rei allus senaus ef6cU, ut, qui sentit, äXXoiov et SKko fiat
b. e. nam, ut aliud aliqnid fiam, opus est alia re sensibus obiecta, catus
rei quoniam alius est sensus (dXXi) atcOrtac), is eum qui sentit fadat
aliter sentientem (dXXotov) atque ita aliud (äXXo n).' dieser auslegung
Heindorfs haben sich alle deutschen inlerpreten bis auf den letzten Ober*
setzer, J. Deuschle, angeschlossen, und doch kann sie nicht richtig sein,
denn das mit dem artikel versehene und zu anfang gesetzte toO dXXov
musz sich doch notwendigerweise auf oi)biv dXXo zurflckbeziehen. das
ist aber nach Heindorfs auffassung nicht mdglieh, der denn auch die
stelle so ei^lSrt hat, als ob vor dXXou der artikel nicht stände, anders
und, wie es scheint, ToUkommen richtig hat Campbell diese worte ver-
sUnden. er nimt oibiv fiXXo als object zu Tcvi^ico^ai o&nuc atc6a-
vö|ievoc die periphrastische form akOavöfievov TftvecOai (s. Stall-
bäum zu den gesetzen li 670^) wiederholt sich im folgenden und kann
schon deshalb ebenso wenig anstosz erregen, als der accusaliv bei akOd-
vecdai hier einer erklSrung bedürfen wird, die stelle heiszt nun : *ich
werde also nichts anderes jemals auf diese bestimmte weise wahrnehmen,
nemlieh als das was ich wahrnehme.^ und nun schlieszt sich ganz richtig
an : *denn von dem andern ist die Wahrnehmung eine andere.'
Aber die folgenden worte sind nicht ohne anstosz zu lesen, schon
die hsl. Überlieferung erregt bedenken, denn in 31^ steht fiXXov iroie!
TÖ, auszerdem haben auch ZYF fiXXov, während die vulgala nebst den
übrigen bficbern fiXXo bietet, und tö findet sich nach Bekker auch in BB
von erster band. 11 aber hat nach Bast fiXXo ttoicT tö. hieraus machte
nun Bekker xai äXXoiov Kai äXXov irotet töv aicOavöjievov, Heindorf
xod dtXXotov Kai äXXo iroieT töv aicOavöpcvov. K. F. Hermann da-
gegen schrieb, eine alte dittographie vermutend, xai äXXoTov [xai fiXXov]
iroict TÖ aicOavö^cvov. man sieht, es musz hier schon frühzeitig eine
corruption stattgefunden haben, deren wahrscheinlicher grund einerseits
in dem eben erörterten misverstSndnis der vorhergehenden worte , ander-
seits in einer falschen construction zu suchen sein dürAe. man hat bis
jetzt SXXt) aTc6r|Cic als subject zu iroiet angesehen und übersetzt: *von
einem andern dinge ist die Wahrnehmung eine andere und diese andere
Wahrnehmung macht den wahrnehmenden zu einem veränderten und
andern.' hierbei ist freilich nach der früheren erklSrungsweise dieser
stelle äXXotOV befremdlich: denn die stricte beweisführung, die hier
durchaus herscht, erfordert mit rücksicht auf das vorausgegangene oOb^v
SXXo iroT^ TcWjcoMat hier blosz fiXXo iroict töv aicOavöpevov.
femer konnte man nach der alten erklftrungsweise äXXo nur als prSdl-
eatsaccusativ zu iroteT töv akOavöjievov fassen , um die beziehung zu
dem zu beweisenden satze herzustellen, diese nötigung fällt mit der von
Campbell gegebenen erklärung der vorhergehenden worte weg, und da*
durch ist zugleich ein neuer weg zur auffassung auch dieser stelle ange-
bahnt, einen fingerzeig dazu enthalt das entsprechende schluszglied des
S2 M. Wohlrab : za Platons Theätetos.
folgenden gani parallelen saUes: 'das auf mich einwirkende wird, von
^em anderen anderes erzeugend , verändert werden.' der hauplnach-
drnok In diesen beiden parallelen beweisen liegt in der idenlität der prft-
dleala. wie das wahrgenommene, wenn es von einem andern wahrge-
nommen wird, ein verändertes wird, so wird auch der wehrnehmende,
wenn anderes auf ihn einwiriit, ein veränderter, hiernach ist klar, dasz
dXXoiov in beiden sitzen prfldicat sein musz. es ergibt sich aber daraus,
dasz das äXXo vor iroiei, das man frfilier allerdings als prädicat fassen
muste, eine andere bestimmung zu erhalten hat. was liegt nun näher
als es zum subject von iroiEi zu machen? natürlich ist in diesem falle
auch das Kai vor äXko, das mit jener fehlerhaften auffassung der stelle
sich einfinden muste, wieder zu entfernen, die stelle heisat nun: Kai
ÄXXoiov öXko TTOiet TÖv aic0avö|ievov, und jedermann wird nun
hoiTentÜch sowol die worle als den sinn angemessen und richtig finden :
'so wie ich das wahrnehme, was ich eben wahrnehme, werde ich niemals
etwas anderes walimehmen: denn von dem andern ist die Wahrnehmung
eine andere und ein anderes macht den wahrnehmenden zu einem ver-
änderten.'
3) IQO^" ouKoCv el tö \ijevi irpöc lauröv boEiUeiv kriv,
oöbelc dfupöiepd t^ X^TUiV Kai boSdZwv Kai £ipa7rrö)A^voc dfAcpoTv
tQ «ptixQ eliroi &v Kai boEdceiev die t6 Srcpov Irepöv dcnv. iaxio^
be Kai col TÖ t>f\\ui TTcpl ToG ^T^pou. \ij\u Top aÖTÖ r^be , fin^^va
^SdZetv die tö alcxpöv KaXöv f| äXXo n tuiv toioutuiv. so lautet
die vulgata, wie sie sich bis in die Zürcher und die von R. B. Hirschig
besorgte Didotsche ausgäbe des Platon fortgepflanzt hat. erst durch Gais-
fords, Bekkers, Basts und Furias coUationen erfuhr man, dasz in den
besten hss. ^L^ÜF zwischen tö ^fi^a und nepX toO Mpov steht: ^id
Tiüv ^v fiepet, ^Tieibfi t6 ^fijüta Srepov ti|i ^T^ptp Kaxä pf\}ia raöröv
icTiv und dasz dieser zusatz sich auch am rande von 2BG Yen. a Flor, a
fiadeL Buttmann äuszerte diesen werten gegenüber in der zweiten Hein-
dorfschen ausgäbe sein befremden und seine rathlosigkeit. auch Stall-
baum bekannte in seiner 1839 zu Gotha erschienenen ausgäbe, dasz sie
ihm nicht völlig klar geworden seien , suchte sie aber docli zu erklären
und hielt es für möglich dasz sie zum Platonischen texte selbst gehörten,
er fibersetzte die stelle so: * mittende vero etiam tibi sententia est de iis
quae altemis succedunt, quandoquidem iudicium aliud alii kato ^filia
convenit, quod aliud attinet.' diese Übersetzung ist, von anderem ganz
abgesehen, schon deshalb unrichtig, weil tö ^f)Ma Srepov T^ ixipn^
TOÖTÖV dcnv nicht heiszen kann: * iudicium aliud alii conveniu' Stali-
baum scheint gleichwol nicht ebne einflusz auf K. F. Hermann gewesen
zu sein, welcher, nachdem noch Badham 1855 im philologus X s. 729
die aufnähme dieses Zusatzes einfach anempfohlen hatte, denseliien mit
ausschlusz der werte rrepl xoO ^T^pov, die ihm dunkel zu sein schienen,
zuerst in den text selbst aufnahm, die stelle lautet bei ihm so: iortov
ik Kai col TÖ ^fiiiia ivX Tt&v ti M^pei, inebi] tö ^fifia iTcpov Tip
^T^tfi KOTd tif\tia TttÖTÖV dcnv. der neueste herausgeber des Theäte-
tos aber, Campbell, ist wieder zur vulgata zurückgeicehrt.
N. Woblrab: zu Platoos Theätelos. 33
Es ist augenfällig und von keinem erklirer bezweifelt, dasz sich die
in frage stehenden worte auf eine vorhergehende stelle 189^ zuruclilie-
ziehen, die so lautet: CQ. örav ouv T0O6* f| btdvoid tou bp^ oö Kai
dvdTKYi avrrnv fJTOt d^qx^rcpa ^ tö irepov btavocicOai ; 6£. dvdricn
jLi^v ouv. Cfi. firoi &iia fe f\ £v M^PCt; 6€. KdXXicra. diese worte
hat D. H. Hoenebeek Hissink in seinen ^animadversiones criticae in Pla-
lonis aliquot locos' (Deventer 1845) s. 71 so interpretiert, dasz sich ihm
«ine dreifache möglichkeit zu ergeben schien das eine fQr das andere zu
setzen und so die Vorstellungen zu verwechsehi (dXXobo£€iv). man
könne beide Vorstellungen zugleich haben oder abwechselnd die eine nach
der andern oder auch ^ine allein, das letztere ist durchaus zu bestreiten.
Sokrates hatte unmittelbar vor der angeführten stelle in Übereinstimmung
mit Theatetos die Verwechslung der Vorstellungen so definiert: £cTtv
dpa (sc TÖ dXXoboEciv) xard Tf|V cf|v böEav Irepöv ti üic Eiepov
Kai ixi{ übe iKCivo tQ biavoiqi TiOecOai. sie tritt demnach ein , wenn
jemand etwas für etwas anderes hält, als es ist. bei diesem vorgange
werden mit notwendigkeit zwei dinge vorausgesetzt, und deshalb sind
bei der vorstellungsverwechslung nur zwei fälle möglich : entweder man
stellt sich beides zusammen (das belszt ja dfxq>6T€pa oder d^9Ul, das
man 190' liest) oder das ^ine von beidem vor (tö Itcpov ist hier wie
190< tö ^fi^a iT€pl TOU ^T^pou und 190"^ oöt' dp' d|LupÖT€pa oirre
T^ £T€pov boSdZovTt indefinites pronomen). stellt man sich beides zu-
sammen vor, so kann das nur 5^a, gleichzeitig, geschehen; stellt man
sich das ^ine von beidem vor, so kann es nur iv M^pci, abwechselnd, ge-
scbehen. dies kann allein der sinn der eben angeführten stelle sein , die
Hoenebeek Hissink insofern misverstanden hat, als er annahm, der zusats
fiTOt fi^a T€ i) ^V M^pci beziehe sich nur auf d^q>6T€pa, und als er die
indefinite bedeutung von tö ^Tcpov verkannte.
Gänzlich im unklaren aber war Campbell über diese worte, der un-
begreiflicherweise zu der annähme gelangte, sie möchten die folgende
vorerörterung über den denkprocess einleiten, er bemerkt: *perhaps
they are meant to introduce the analysis of thinking, in which things are
present to the mind at first successively, aAerwards in one view.' allein
Piaton thut der successiven entstehung der begriffe im geiste und der
darauf erfolgenden Zusammenfassung derselben an unserer stelle mit kei-
nem Worte erwähnung. es bleibt also nur übrig die worle fJTOi fifia T^
fj iv ^^p€t als eine in der form einer rhetorischen frage gegebene , er-
läuternde zusätzliche bemerkung zum vorhergehenden aufzufassen, die
dem Theätetos sehr wol in dem masze einleuchten kann, dasz sie ihm
den ausruf abnötigt: KdXXiCTa. auch hieran wird also nichts zu ändern
sein und Ph. W. van Heusdes ansprechende conjectur Kai ^dXiCTa musz
als unnötig erscheinen.
Aber noch eins macht Hoenebeek Hissink für seine annähme einer
dritten möglichkeit der vorstellungsverwechslung geltend, das berück-
siclitignng verdient er findet nemiich, dasz 190"^ in der that jene an-
nähme widerlegt werde , dasz eine Vorstellung allein eine Verwechslung
Jahrbacher ftir cUsi. philoL 1868 hft 1. 3
34 M. Wohlrab : zu Platons TheStetos.
zulasse, .es heiszt da: CQ. äXXä lif^v tö Srepöv T^ fxövov boSäZliuv,
TÖ bk Srepov juriba^i], oöb^iTOT€ boEdcei tö ETCpov &r€pov elvau
e£ ÜLtfifi Xdtetc* dvorpcäZoiTO t^p fiv icpdTrrecGai xal ofi ^fk bo-
idZei. allein sdion die einleitenden partikeln &Kkä pf|V, a< uero, weisen
darauf hin, dasz Piaton mit diesem satze etwas neues an das vorher-
gehende gegensatzlich anlmfipfen wollte, offenbar verwahrt er sich durch
denselben nur noch dagegen , dasz nicht jemand die meinung vorbringe»
als könne man ein ding allein verwechseln , eine meinung die allerdings^
wenn sie begründet wire, der Vollständigkeit seiner beweisfflhrung ab-
brach thun würde.
Durch die erklflrung der stelle 189 **' haben wir uns den weg zum
richtigen Verständnis der worte gebahnt, auf die es uns hier hauptsäch-
lich ankommt nachdem Piaton den begriff der vorstellungsvorwechslung
definiert und die beiden möglichen falle derselben hingestellt hat , gibt
er in strenger folge der gedanken die Widerlegung, er geht von dem
begriffe des be£ä2^eiv aus und zeigt, dasz nur in d^m falle von einer Vor-
stellung die rede sein könne, wenn der geist Ober den gegenständ der-
selben mit sich einig geworden sei und nun in seinen aussagen über ilm
sich gleich bleibe, nach dieser definition musz es allerdings als unmög-
lich erscheinen ehis für das andere zu halten, nun kommt Piaton auf die
beiden möglichen fälle der vorstellungsverwechslung zurück und erklärt
zunächst ausdrücklich, dasz kein mensch zwei Vorstellungen zugleich
haben und von ihnen sagen kann , die eine sei die andere, mit dem be-
griffe der zwetheit ist ja der begriff der Verschiedenheit gegeben, und
was man als verschieden erkennt, kann man nicht verwechseln.
Nun sollte man erwarten, dasz Piaton auf den zweiten möglichen
fall der vorstellungsverwechslung komme , wonach man auf einander fol-
gende Vorstellungen mit einander verwechselt, hierüber sich ausführlich
zu äuszern weist er offenbar ab, indem er von Theätetos erwartet, dasz
er nach dem bisher erörterten wol davon abstehen werde diesen fall noch
besonders behandelt zu sehen, sehen wir uns nun diese stelle in der
ausführiicbkeit an, wie sie auf grand der besten hss. in der Hermannschen
ausgäbe vorliegt. Deuschle übersetzt sie so : *du muszt aber von dem aus-
druck in der reihenfolge nach einander absehen (wobei Kai ganz unbe-
rücksichtigt geblieben ist), da die ausdrücke eins und das andere für ein-
ander gebraucht und so Identisch werden' (toötöv ^CTtv?). zu dieser
Übersetzung gibt Deuschle noch die erklSrung: M. h. was ich eben eins
nannte, heiszt in einer anderen beziehung aufgefaszt anderes und umge-
kehrt' das würde wol beiszen , um es nochmals und zwar an einem von
Piaton selbst gebrauchten belspiele zu erläuiem, dasz es in rficksicht auf
Vorstellungsverwechslungen ganz indifferent Ist, ob ich ein pferd für ein
rind halte oder ein rind für ein pferd. eine bestätigung dieser auffassung
könnte man, worauf Campbell aufmerksam gemacht hat, darin finden,
dasz Piaton unmittelbar nach jener stelle so fortfährt : X^Ttu fAp adr^
T^b€, ^nb^va bo£d2Eiv (bc tö aicxpöv koXöv fj äXXo Ti Tulrv tok>utu>v^
während es kurz vorher 190^ umgekehrt hiesz: Sti iravröc fifiXXov
TÖ toi xaXöv oicxpöv dcTiv. allein es ist noch sehr die frage, ob diese
H. Wohlrab: zu Platons ThtSletos. 35
Verschiedenheit im beispkl eine heab«iehligte oder zoISllige ist: deoa ge-
rade im gebrauch v<m beispielen Hebt Platon die grOsle manigfaitigkeit,
wahrt er sieh die gröste frefheit.
Wenn aber hier annächst angegeben werden mag, dasz Deuschle die
Worte im aligemeinen richtig flbersetA und erklärt hat, S0 ist damit frei-
lich noch nicht die t}f9ge erledigt, ob Platon wirklich in diesem zusam«
menhange so etwas sagen konnte und oh es in seine ganze aiignmenutlon
passt. wie? braucht der fall, d»si zwei forsteUunge», die auf einander
folgen, verwechselt werden kannten, deshaU» gar nicht besonders behan-
delt zu werden, weil die ausdrücke das eine (^TEpov) und das andere
(Srcpov) identisch sind, weil es IndfiTerent ist, ob ich unter dem einen
Ircpov dieses, unter dem andern ^cpov jenes oder umgekehrt ver-
stehe? skherlidl nicht, viehnehr scheint der beweis dafdr, dasz zwei
auf einander folgende Vorstellungen nicbl verwechselt werden kdnnen,
schon im vorhergehenden zu liegen, wenn gezeigt ist, dasz schon der
begrilf der Vorstellung die mOglfehkeit der verweehshiog derselben aus-
schiieszt, wenn geeeigt ist, dasz man gleichzeitige Vorstellungen niehi
verwechsehi kann, so ergibt sich daraus mit leichtigkeit, dasz dies auch
hei zwei auf einander folgenden nicht der fklf sein kann, mithin kann
Platon diesen punct ganz fallen lassen, dies drOckt er denn auch In dem
folgenden saUe aus : Xijw fäp ainö T^bc , pvib^va bQ£4i[€iv die tö
aicxpov KoXöv f| äXXo ti toiv TOtotÜTUJV, womit doch offenbar nur
gesagt sein soll, dasz man zwei verschiedene dinge überhaupt nicht ver-
wechseln oder identificieren kann.
Ist auf diese weise dargethan , dasz der sinn der werte ^TT€lbf| . .
tauTÖV dcnv ein an dieser stelle durchaus unzuUssiger ist, so ergeben
sich weitere bedenken aus der betrachtung des einzelnen, es heiszt nach
Hermann: laiiov hl Kai col tö ^fi^a lizi twv ^v jn^pei. was hat man
unter rd ^v M^pci zu verstehen? mit rüeksicht auf die stelle 189* und
auf das was hier unmittelbar vorhergeht kam man nur annehmen , dasz
diese werte den gegensatz zu d^q>ÖTepo bilden, allein dem ä^qiÖTcpa
war oben tö Srepov entgegengesetzt, ly jbi^pet aber diente nur zur er-
klSrung des £T6pov bo£<iZ€lv. wäre es nun nicht seltsam , wenn Platon
den zweiten fdi der vorstellungsverwechsIuBg nach diesem accidens hier
bezeichnen wollte und noch dazu ohne dasz das entsprechende fi^a neh
in der nähe vorfinde? Hoenebeek Hissink hat dies richtig gefühlt und
deshalb vorgeschlagen fipa vor äfi<pÖT€pa einzuschalten, ferner heiszt
es: TÖ ^{^pa itd ti&v dv M^pei, ine,xbf\ tö pi\}ka irepov ti^ ^T^ifi
KOTa ^i\l^OL TOUTÖV icw. man wird zugeben müssen , dasz sich hier
eine gewisse unbeholfene und zwecklose fülle des ausdrucks vorfindet,
das wort t>f\}XOL sieht zweimal im nebensatze und gleich vorher im haupt-
Satze ; auf jeden fall würde der satz sehr gewinnen , wenn das ^|üia vor
iTCpov fehlte, endlich kann Hermann die auf jenen zusatz folgenden
Worte TTcpl ToG ^T^poii natürlich nicht brauchen, indem er sie aus-
stöszt, handelt er consequenter als Stallbaum, der sie beibehalten möchte;
denn offenbar kann mit ihnen nichts anderes bezeichnet sein , als was in
dem ausdruck inX tOlIv Iv \iifi€i liegt.
3*
36 M. Schmidt: emendatio Callimachea.
Da sich nun herausgestelll hat, dasz der in den besten hss. enthal-
tene Zusatz dem Wortlaute nach nicht unbedenlüich und kaum Platonisch,
dem sinne nach unpassend ist, so wird sich unsere aufmerksamkeit dem
von Hermann ganz aus dem texte verstoszenen Trepl TOO ^T^pou wieder
zuwenden müssen, dieses bildet zunächst den einzig correcten und schon
ISS'' angewendeten gegensatz zu djiqpÖTepa, der hier volistAndig am
platze ist und einzig erwartet werden kann, dasz er in der that eine
neue beweisfQhrung nicht mehr nötig macht, ist schon gezeigt, stehen
aber die Sachen so , dann kann der in den besten hss. befindliche zusatz
nichts weiter sein , als was er in den übrigen , sonst weniger guten hss.
in der that ist, nemlich eine randbemerkung , und zwar, wie wir gezeigt
haben, eine nicht eben glückliche, die sich mit der zeit in unsern besten
büchem in den lext einschlich, als ein äuszeres, wie mir scheint, nicht
unzweifelhaftes indicium hierfür führt Campbell noch an , dasz in % was
Gaisford übersehen hatte, Iciiy vor irepl ToC ixipox) steht.
Die art und weise, wie Hoenebeek Hissink den in den besten hss.
befindlichen zusatz mit dem texte verbinden und erklären will, darf ich
wol ganz übergehen: denn abgesehen von den handgreiflichen willkür-
lichkeiten, an denen sein versuch leidet, ist er dem resultate nach bereits
zugleich mit dem Hermannschen gerichtet.
Dresden. Martin Wohlrab.
6.
EMENDATIO CALLIMACHEA.
Versus hymni in Dianam 76 hie est:
CTifiecoc dK p€T<iXou Xac(r|C lbp6iao XOLlTr\c.
Meinekius diatr. p. 162 malit eS ^erdXou collato Leonida in anth. Pal.
VII 506 €G piiya Kf^TOC, cum bpdSacOai non evellendi sed apprehen-
dendi notionem exprimat. non urgueam vix aliud exemplum formulae eO
liifa inventum iri — nam Tttttujv cO ^€T<iXuJV pro od Schaeferus ad
ApoUonii Rhodii schol. p. 167 *** e coniectura intulit Philostrati heroicis
p. 70 Boiss. — sed facillima ac certissima emendatio haec est : CTil)0€OC
^KTrdtXou — . cf. Hesychius: ^KtraYXa' Oaujutacrä }xef&\a
üEoxo. TTepirrd. ceterum v. Xadric . . x^^^tiic in eisdem versus regio^
nibus collocavit Apollonius Rh. IV 1605 CT^XXi] öpcSd^evoc Xacir^C
eöneiO^a x^^tTtic. duplici genetivo iunctum, quorum alter ex altero
est suspensus, verbum ibpaiaxo reperitur etiam apud Theocritum XXV
145 (ine. IX 145 Ahr.) toO ^kv fiva£ TrpociövTOC ^bpdgaTO X€tpl tra-
X€ii) cxaioC äq)ap K^paoc.
Ibkae.' Mau^icius Schmidt.
F. IL Herllein : anz. v. Diodori bibl. bist. ed. L. Diodorf. vol. I. IL 37
7.
DiODOBI BIBUOTHECA HI8T0SICA £X RECEKSIONE ET CUM ANNO-
TATI0NIBU8 LUDOVIOI DiMDOBFII. VOL. I £T II. Llpsiae
in aedibus B. G. Tenbneri. MDCCCLXVI. MDCCCLXVn.
CXXVm n. 462, LXX n. 532 s. 8.
diese neue ausgäbe des Diodoros von L. Dindorf (die vierle wdcbe
wir demselben verdanken) enthält, so weit sie bis jetzt erschienen ist^),
die fünf ersten bücher, die excerple der fflnf folgenden und buch 11 bis
13 einschlieszlich, femer die commentationen Heynes Ober die quellen
Diodors und die inbaltsangaben der bis jetzt erschienenen bflcher. auszer-
dem hat der hg. jedem bände eine praefatio vorausgeschickt , in welcher
er sich über verschiedene allgemeine die krilik Diodors betreffende puncto
ausspricht.
Wie von den drei früheren ausgaben Dindorfs eine jede einen sehr
erheblichen fortschritt in der krilik bezeichnet, so auch, wie sich von
vora herein erwarten liesz, die vorliegende vierte, der hg. behauptet
sicher nicht zu viel, wenn er in der vorrede zum ersten bände s. IV sagt:
'snperstites libros quindecim partim codicum ope optimorum partim accu-
ratiore singulorum instituto examine millenis amplius locis emendatiores
potui reddere.' die meisten dieser Verbesserungen beziehen sich freilich
nur auf orthographisches und etymologisches, sind aber immerhin im
ganzen nach des ref. urteil als solche zu betrachten.
In der vorrede zum ersten bände beschüfligt sich der hg. haupl-
sSchlich mit aufstellung bestimmter gesetze über die spräche Diodors, so
weit dieselbe im gebrauch gewisser formen sich zeigt, wie der krasis,
der contraction , der elision , in der declination und conjugation und in
einzelnen wdrtem. von den letzteren finden wir hier ein Verzeichnis, in
welchem der hg. nachzuweisen sucht, welche formen Diodor gebraucht
habe und welche als fehler der abschreiber ihm abzusprechen seien,
einen teil dieser letzteren hat er, wo sie die hss. darbieten, consequent
in seinem texte mit den von ihm allein gebilligten vertauscht, so schreibt
er z. b. immer fijipoc für dmioc, dtVTiTT^pac für ävTtir^pav, fixP^ ^^^
fxeXpi auch vor vocalen für äxpic und \i(X9^^y AiöcKOpoi für AiöcKOU*
poi, bii6puxoc für biidpiTfOC, ini^^XoMat für im^cXoOpai, xdui und
xXdu) fjr xaiu) und KÄaiiu, mötic statt ^öXic, vf)€C stall vaöc, ttX^ov
statt irXeiov, TrXrjOiu für ttXtiOuui und tcX^ujc für TcXeiuJC. dieses ver-
fahren wird zwar, wie wir nicht zweifeln, mancherlei Widerspruch erfah-
ren ; ref. aber bekennt dasz er, obgleich auch ihm einiges noch bedenklich
ist, im ganzen doch hierin einen fortschritt in der kritik Diodors aner-
kennt und das meiste von dem, was D. hinauscorrigiert hat, wie vaOc st.
viiec, buoKdbcKa st. b(xl^)eKC^ bexan^vre, b€Ka€Trrd und ähnliche for-
men, dem Diodor nicht zutrauen kann, anderes dagegen hat der hg. nicht
gewagt gegen die hss. zu verändern, obgleich er dasselbe gleichfalls für
*) [seit obiges geschrieben worden, ist anch der dritte und vierte
band erschienen.]
38 F. K. Herlldn : anz. v. Diodori bibl. bist. ed. L. Diadorf. vol. L 11.
falsch halt, wie 'AnöXAiuva st 'AiTÖXXui, iröfia st. TtAfia und tocoC-
TOV vor coosouanten st.TOCoGTO. der gleichförmigkeit wegen schreibt er
aber immer fivoiiai und ifiVtiiCKUi, immer irnx^? selbst wo hss. (frei-
lich nur selten) TdrvojLim und TiTVa»CKU) und in^x^UiV oder mit falschem
accent mix^uJV bieten , obgleich er es für wahrscheinlich hält dasz Dio-
dor nur die letzteren formen gebraucht habe, schwankend ist das urteil,
ob buoiy oder bU€tv das richtige seL *%o' heiszt ea s. XXII ^utnimque
eum (nemlich Diodorun) dixisse aen credens praetnli buoiv. etsi fieri
potest ut uaa ei potius forma bueiv sit restitueada.' buetv ist nur an
der einen stelle 3, 48, 4 geblieben, manches andere ahnllGiier art ist
jedoch nicht in dieses Verzeichnis aufgenommen worden, sondern, wie es
scheint, auf die aaaotationes verspart, wie die überall hergestellte form
ävacpOvai fflr dvaq)ufivai (1, 7, 4 und 3, 62, 10) und "AcreiMC für
*'AcT€OC (1 , 28 , 4).
Als ein bedeutender fortschritt in der kritik ist es femer zu be-
trachten , dasz D. sich weit genauer, als es bisher geschehen war, an die
besten hss. angeschlossen hat, besonders in den fünf ersten büchem an
den Vindobonensis. er ist nemlich dieser relativ besten hs., nachdem
bereits Jn der bei Didot erschienenen und in der Bekkerschen ausgäbe vide
bis dahin vernachlässigte lesarlen derselben in den text gesetzt worden
waren, jetzt zum ersten male an mehr als 200 stellen gefolgt, und in
fast allen diesen wird man nicht umhin können demselben beizustimmen,
wir begnügen uns die stellen des ersten bnches aufzuzAhlen, in welchen
vorliegende ausgäbe nach unserer Überzeugung mit recht dem Vindobo-
nensis teils allein teils mit andern hss. gefolgt ist, und zwar zuerst solche
in denen falsche oder unnötige zusfttze anderer hss. beseitigt sind, nem-
lich 4, 1 oöx ot TuxövTcc Ti&v cuTTpoup^uuv, äXXd nv€C xal tuiv t^I
2>6Eq ireirpuiTCUKÖTUiv, wo andere hss. noch |iövov nach Tuxövrec
haben , 4, 4 ££ 'Axuptou st. ii 'Ay. tö t^voc, 18, 2 Tf|c t^uipTU^c
ifxneipim fxovrac st. touc thc t* ^* ^ovrac , 18, 5 dirob€XO)Li^vou
St. dTTObexOH^VOu aöröv, wodurch der anstöszige hiatus^) entfernt ist,
22, 2 ö CTiKÖc für aÖTf)€ ö OiKÖc, 25, 5 ^^xpi ''icTpou icorafioG
TTHTwv st. fi^xpi T&v ToO "1. TT. TtiiTUiv, 60, 10 KaXdjütnv Top kcC-
povrec, wo andere hss. falsch niv nach KoXd^nv einschieben, 70, 3
Td cuVT€TaT|ui^vov St. TÖ cuvT. Ik tuiv v6|üiuiv, 86, 4 f) «i^vx^l St. f|
1) manchen hiatas mag der Schriftsteller selbst ^ch erlaubt haben,
aber eewla nicht alle die sieh jetzt in allen oder den meisten hss. finden,
vro solche durch has. entfernt werden können, moss dies die kritik thon.
es ist deshalb gewis zu billigen, dass D. 4, 72, 2 gegen die heste he.
(die elc st. Trp6c liest) din)v^6n irpöc toOtov töv töitov geschrieben hat.
eine andere frage ist es, ob Diodor nicht trpöc 4, 72, 3 nach dirnv^OT)
und 72, 4 nach ^o^(c8r) resohrieben hat, und ob nioht e\c an dessen
stelle erst dorch die Willkür der abscbreiber gekommen ist. manohe
hiatns sind aber auch durch blosse coigectar zn entfernen, am sicher«
sten da, wo noch andere gründe vorhanden sind die lesart der hss. zn
verwerfen, z. b. 13, 73, 1 irepl ToO Tpoitaiou iHatuivicacOon , wo auch
ohne rtiokiiicht anf den hiatas btUTUivicacOai herzustellen war, wie ich
vermutete und wie D. geschrieben hat.
r. K. Hertlcia : anz. v. Diodori bibl. hisL ed. L. Dindorf. vol. L 11. 89
<pux J| aÖToG , so dasz wiederum der hiatus beseitigt wird , 95 , 1 ra
irepi Touc vo^dpxac st. rd t€ Trcp) t. v. , wo t€ wenigstens nicht not-
wendig ist. Iiierher gehört aach 18 , 6 TrpcxEofi^vouc fGr eknpceEo^^-
youc und 92, 5 d1roc€^vuV€l fOr cuvatrocc^vüvei. losfltze sind da-
gegen aus derselben quelle aufgenommen 29, 6 TOcaOO' i\\xlv Agff{cS\Dj
CTOXQtC^votc Tf)c cuji^CTpfac, wAhrend andere hss. haben tocoOt'
ciTTCiv eIxo^€V, 43, 1 bt zu T^VKdTiyti der artikel hinaugekommeu,
ebenso 17, 3 in ^k tt^c AItöhtou, 45, 7 in Kaxd T?|V Aißuiiv, 98, 3
In Korä Tf|V dcTpoXoTtav uAd 66 , 10 nach irdcnc in den werten Kpa-
Ti^cciv ainöy n&aic rfic AiTUtrTOu. so hetszt es femer jeut 67, 5
{ti bk Kai St. inbi, 94, 1 TFapeiXtfqp^fat st €iXr)q)^t und 97, 1
^lOcnipouM^Viic St. tnpoufJi<VT)C. ausserdem ist nach derselben hs. 8, 3
if€p\ dndvtutfv für nepl irdvTunr geschrieben, 17, 3 ped' aöroO su
Me6' dauToO, 21, 9 Ka6i€pui66fTa fQr ä^icpuiB^vra, 24, 2 Ter^vf)-
<eai St. T€V^c6ai, 27, 6 Tf)c 'Ocipiboc st. toO 'Odptboc (wie ref. in
seinen beitragen zur kritik des Diod. U 2 s. 31 f. vorlangt hatte), 30, 3
Tpurr^obunicnc, wie diese landschaft bei Diodor sonst immer genannt
wird, st TpuitXob^boc , 45, 3 T€TTapdKOVTa st TerpoExociuiv,
49 , 5 ^KTipenf) st €Ö7Tp€iifi , 55 , 1 touc irpdc tQ ^€amßp(<ji Karoi-
KOÖVTOC st TOUC irpoc Tf|v )Lt€CiiMßptov K., 57, 3 eößoTOC far €^ßa-
Toc, 64, 7 iTpW fi TÖ Träv £pTOV Kaßefv st ^irep tö fprov IXoßc»
64, 10 TtXeOptata st bt7rXc6poc, 65, 7 ist die frühere vulg. od rdp
&v ainu) TOtaCra irpocTarretv wiederhergestellt statt der lesart aÖTÖv
zweier hss., die in die neueren ausgaben aufgenommen worden war,
66, 2 ist ^auTdbv für &xuTOtc oder dirdvTurv geschrieben in den Wor-
ten ineßdXoVTO tcaTaciceudcai koivöv iamwy Tdqpov, 67, 9 eönp-
Y^ret st €U6pT^T£i, wie denn auch 3,9,2 £UiipT€Tf)c6ai mit einigen
hss. und überall auch gegen alle hss. in diesem werte das t) st. c in den
augmentierten formeb hergestellt ist, 77, 8 KOTaKdecGat st. KOTOKoie-
cdai, 83, 2 Ttoibu^v st iraibiuiv und 84, 5 ipupoiVTec st. ipüpovxec
sehr hlnÜQ ist eine andere Wortstellung als die gewöhnliche eingeführt,
im ersten buche 39, 11 cxebdv nficav Tf|v AtTunrov st. irficav cx€-
iöy Tf|V AtT«, 59, 3 i^Ttc ^x^pou irctpav dvbpöc oök €tXT)(p€ st f^Tic
it€fpav dvbpöc öÖR e!XT]q)€v ^T^pou, 67, 10 äßarov inolouv toic
S^votc Tf\v AItutttov St. ä. toic E^voic itroiouv t. ATt- ? 80, 6 dw-
irobTiTUjv bt Ktti YVMViöv tujv TiXcicTiuv Tpecpou^viüv st dv. bk Tuiv
irXckTiuv Kai t^juvui^ Tpeq). ,83,2 x^P^ <p€pouca Trpdcobov dp-
KOOcav st X- Ttpöcobov 9^pouca dpK., 88, 6 qp^pouct b* AItuhtioi
Koi &XXi)v alTtav st «p. b^ xai dXXnv aMav Aimjimoi, 90, 2 KdX-
XiCTa 6ncatjpic6T)cojLi^vac rdc xdpnac st. dn^^^P^o^^voc Tdc xd*
pttoc KdXXicra und 94, 5 vo^oG^ttiv cpoci T^v^cOai st. cpaci fevi-
cBai vo^oO^TTiV. alle diese Umstellungen halten wir für vollkommea
bereobligt, weil die hs«, auf der sie beruhen, ihre grdszere Zuverlässigkeit
auch in dieser bexiehung den übrigen hss. gegenüber dadurch ganz ent-
schieden beweist, dasz sie entweder allein oder mit einigen andern liss.
durch ihre Wortstellung oft einen anstöszigen hiatus beseitigt, ich über-
gelie aolche stellen, in welchen schon längst durch die aufhahme der
40 F. K. Hertlein : anz. v. Diodori bibl. hist. ed. L. Dindorf. vol. I. II»
Wortfolge des Vind. der liiatus enlfernt worden ist, und verweise auf die
beispiele, welche Ich in meinen beitrSgen II 1 s. 32 angeführt habe,
diesen fOge icli jetzt noch hinzu 3, 40, 1 TCoXXä ^^v ixOuo<pdTtuv
I0V11 St. YioXXd ^^v £6vn ix6uoq)äTUiV, 3, 73, 6 Tif» b' adrifi Tpöntfi
<paclv £TT€X6€tv St. Tiij b' auTifi TpöiTi}) ^7T€X6€iv (paci, 4, 13, 3
6aup<icat nc äv st. Gau^dcm fiv Tic, 4, 81, 1 Kupifjvric x&XXei bia-
4pepoiJCT]c ^pac9f)vai st. K. biaqpcpoiiciic xäXXci ipacBfjvat.
Ref. ist der ansieht, man müsse der verhältnismaszig besten hs.
sogar noch an einer ziemlich groszen zahl von stellen folgen , wo die-
selbe auch von D. unbeachtet geblieben ist. ohne bedenken billige ich
1, 17, 3 puuMr) cid^aTOC st. cuijuaTOC ^t6^i], 1, 20, 1 navraxou
KaTaXiireTv st. KaraXitreTv navTaxoO, 1, 35, 9 ^nl Tf)c x^pctc st.
iv\ X^P<<c, 1, 37, 1 äiTobibövai mit BeiilLer st. dTCoboOvai (vgL
1, 38, 1), 1, 41, 12 €ic buo fi^pfi biqpt^Ktt^ev gleichfalls mit Beklier
St. €ic buo bnjprJKaiLiev Jbi^pil, 1, 60, 5 Tfjc ^prjfiou wieder mit Bekker
St. Ti]C ipif\}iov X^poc (vgl. z. b. 2, ö4, 6. 3, 18, 1 u. 36, 1), 1, 67, 2
iV€7riCT€\ie St. dV€7riCT€UC€, 2, 48, 9 TTCpi TOUC TÖTTOUC St. TTCpl TOVC
TÖ1T0UC TOUTOUC, was in der vorrede s. VII auch D. für verdachtig hält
(vgl. 2, 16, 7. 49, 3. 3, 19, 4. 22, 4. 23, 3. 34, 2. 5, 39, 6. 13, 64, 3),
2,56,4 ireptTpacpmc toC cib^aroc st. toö cuüfiaroc TrepiTpa^aTc,
a, 27, 1 OiipeOovTcc . . . trcpiTivovrai st. Oiipcuoiici . . . TrepiTivö-
ftevoi, 3, 67, 2 'HpaxXto, Öa^üpav, 'Opcp^a st. 'HpaxX^a, 6a^u-
pav Kai 'Op<p^a*), 4,4,1 <t>6p€€(p6vTic st. TTepcecpöviic, wie nach-
träglich auch D. s. XXXll urteilt, 4, 28, 3 Sc b* dx Tf^c *ATnxf]c iH-
ßaXov St. de bk TTic 'Att. ^£., denn Diodor wiederholt regelmdszlg vor
dem genetiv dx nach dxßdXXeiv und ^xiriTrreiv. in den hss. ist öftf r iK
ausgefallen, z. b. 15, 15, 2, wo Wesseling, und 15, 65, 5 und 16, 20, 3,
wo D. es hinzugefügt^ und 3, 41, 4, wo er jetzt nach Wesselings Ver-
mutung xard Tf|V Ak Tfic OaXarrnc dpciv geschrieben hat. ich halte
daher auch daran fest, dasz 3, 5, 2 <p€UT€tV b' Ix if\c ib{ac Xibpat
und 3, 21, 4 b^jcac dx Tfjc oupdc oder dxbi]cac t. oöp. zu schreiben
ist , und kann es nicht billigen dasz 4, 44, 3 Tfic (puXaxfjc tTpoorforfcTv
obschon mit der besten hs. für dx rfic cp. np. von D. gelesen wird. —
Ferner ziehe ich vor 4, 34, 7 xaTaxaCcai töv baXöv st. töv baXöv
2) es ist regel drei nomina ohne verblndungspartikel auf einander
folgen zu lassen (wie 3, Bö, 6 KO^r]v, TTitdvav, Tipiif|VTiv und 14, 14, 1
NdSoc, KaTdvT], AcovTtvoi) oder das zweite und das dritte durch Kai mit
dem ersten zu verbinden (wie 4, 16, 4 KeXmvüi xal €<rpuß(a xal <l>o{ßr|>
5, 9, 3 röpTov xal G^cropa xal 'EiriOepci^riv und 12, 84, 3 'AXKißid6Y)V
Kai NiKiav xal Ad]uaxov, wo D. jetzt das erste xat ausgelassen hat),
ausnahmen finden sich freilich bei Diodor, wie 4, 64, 3 Mirouv, TpC-
irouv xal TerpdTrouv, 20, 90, 4 CiOpav, "Apinvav xal Cfpewiov und
öfter wenn das Zahlwort xpelc vorhergeht, wie 13, 2, 2 *AXxtßid6iiv,
Ntxiav xal Ad^axov, 13, 4, 1 *epiuoxpdTriv , Cixavöv xol 'HpcxAciö^v
(doch nicht so regelmäszig, dasz die auslassung von xai in der oben
erwähnten stelle 12, 84, 3 gegen die hss. gerechtfertigt würde) und bei
der 80 häufig vorkommenden aufzäblung der drei die stelle der consnlu
▼ertretenden kriegstribunen.
F. K. Hertlein: anz. v. Diodori bibl. hist ed. L. Diadorf. voJ. 1. D. 41
KOTOKaCcai, 4, 37, 1 fxcTOl MiiXi^wv mit Bekker st |it€Td TU)V M^
4 , 42 , 6 Tf^v €Ö€pT€c(av xflc cuTT€V€iac sl. ttIc cirpr. Tf|V €Ö€PT-,
4, 44, 5 xaGöXou bi st. xaOöXou f dp , 4, 50, 6 buv6^€lc qpapfxoKuiv
c^PHP^vac ijirö T€ Tiic juriTpdc *€K<iTTic für b. qp. {m6 t€ iflc liTirpöc
*€• cöpTifi^vac, 4, 60, 2 iv KpTJTq st Iv t^ Kp., 4, 66, 1 iTriTOVOi
b' övofJiace^VTCC (wie es 3, 44, 8 ipup^picToröc icn iCfi xora Tf^v
Kopxilb6va Xifi^vt, irpocoropcuofi^vui bi KuiOiuvt heiszt) st. iiiVfo-
voi övoMO^G^vTec, 4, 68, 1 CaXinuivcuc jap fiv ulöc AlöXou mit
Bekker st. CaX^U)V€i^c fjv i)\öc AlöXou , denn Dlodor seut in solcher
Terbindttng sehr häufig ydp, z. b. 4, 81, 1. 84, 1. 5, 16, 1; ferner
4, 80, 4 &pTvpoTc xal xpt^cotc für xptKoTc xd äpTUpoic, 4, 81, 4
äxpoOivtUJV St. äxpiUTT|piu)V (wie auch 5, 49, 4 selbst in den besten
hss. äxpiunfipta falsch für äxpo6tvta steht) ,5,1,2 Ivioi bi st £viot
TÄp, 5, 27, 1 o6 irlverm tö cijvoXov st to cuvoXov oö tlvcTai,
5, 61, 1 ctc XeppövTicov mit Bekker st. cic Tf|V X., 5, 64, 1 Y€V^c6ai
iTop' auroic st Trop* ainöic T€V^c8ai, 5, 64, 4 TÖirouc ti^c olxou*
yiiyx\z st Tf)c oixoufi^viic TÖirouc. zweifelhafter, aber doch vielleicht
zu beachten sind die lesarten des Vind. 1,2,4 dVTaXXd£acOai für d[V-
TixaiaXXdSacOai , 1, 64, 2 cupqpuiveTTat tk napd irdvriüv st c. b.
Trapd iraciv, 2, 40, 6 öpv^iuv t6 xal Onpiujv st. öpv^wv xal Oripiüuv,
wenn nicht etwa tc durch das nachfolgende 9t]p(ujv T€ xal öpv^uiv
▼eranlaszt worden ist 3, 16, 6 ist vielleicht zu lesen: dndv hi bi&
Tfiv cwix&av TiBv Trveufidruiv ivX irXetova xpövov itXriOciv cu^-
ßaivi;i TÖv 'Qxcavöv, xd Tf|v ettuduiav Oiipav tujv IxOviuiv ixxXeici)
TÖ xflc Tr€picTdc€U)C dbüvoTOV , f| bt ix Tijjv xÖTXiuv Tpocpfj cna-
viZr} , xaTacpeuTOuciv iiA töv ti£iv dxavOuiv ciupöv.
An nur sehr wenigen stellen scheint uns aber der hg. auf den Vind.,
der doch sehr viele fehler hat, die sich in andern hss. nicht finden, zu
groszes gewicht gelegt und lesarten aus demselben aufgenommen zu
haben, gegen weiche sich erhebliche einwendungen machen lassen, so
nehmen wir anstosz an der Wortstellung, welche D. 2, 6, 6 aus jener hs.
allein aufgenommen bat, TOcaOrri X<ipic Tic im\v ainfji djc6' öcTcpov
Mfjbouc . . 90petv Tf|v Ce^ipd^iboc croX^v. die andern hss. setzen
Xdptc nach ainf^^ wodurch der hiatus vermieden wird und tIc seine
gewöhnliche^ Stellung behält in 4, 5, 4 ist mit Vind. geschrieben xa-
eöXou hk toCtov OujjicXtxCüV dTiI)VU)v qpadv cijpeTfiv T€v^c6ar,
während die vulg. statt toCtov den artikel tiBv hat, der wol nicht zu
entbehren ist. auch 5, 29, 4 scheint es wegen des dadurch entstehenden
hiatus bedenklich nach dem Vind., welcher i&CTrep o\ hat, st i&CTTCp iv
Kxmyxiaic zu schreiben diCirepel iv xiiVT)Tiouc, wie D. gethan hat aus
demselben gründe ist gegen Bekker und D. 5, 15, 2 die vulg. Touc \ikv
Xaovic dip' touToO 7TpociiT<}p€U€€V MoXaeiouc statt der wortfolge des
Vind. T. ft. X. TTpoGiTÖpeucev d(p' lauroC loXaelouc und 5, 66, 1
die gewöhnliche lesart fiXcoc £x naXaiuüv XP<^Viuv dv€i|Li^vov st des
8) ungewöhnlich ist nemlioh eine solche stellang von Tic wie 16,
54, 8 TOtaOrr) «popd Ttc.
42 F. K. Herliein : anz. v. Diodori bibl. hist ed. L. Dindorf. vol. I. H.
sing. iK TtoXaioO XP<^vou der besseren bsi. beizubehalten. fCLr nicht
ganz sieber halte kh auch die den besten hss. entnommene lesart qp^pei
St. €Tx€ 1 , 72, 1 : Kol Tä ixETä Tf^v T€X€UTJ|v bk TivöfACva TUlV ßaa*
Xiusy iTopa tok AiTurmotc oy HiKpoiv äiröbeiSiv elxc Tf)c tou TrXn-
4ouc eövoiac elc touc f|TOU)i£vouc, weil Diodor zwar dfier dnöbeiSw,
t:€K)i1[ipiOV , cii^ioV) alTiav, irpöqpaciv <pep€iv sagt, aber immer nur
mit einem persdnlioben, nie mit einem saoblichen subject, wie es auch
nach der bedeuUing von <p^p€iv 'verbringen' ganz iiatärüch ist Mier
lig. ist sonst in der aufnähme der lesarten des VituL sehr vorsichtig und
läszt sich auch durch Beiiicers Vorgang nicht leicht irre machen, er be-
hält z. b. 1, 12, 1 Ibiov ^KäcTui Beivoi gegen ^KäcTip GeTvat ihiay,
4, 1, 7 6^oiu)c 6^ TOUC Ivbouc gegen 6|iohAi€ bk toutoic 'Ivboüc
^tnd 4) 25, 2 T& b^vbpa gegen t& S^vbpn» welche form Diodor nie ge-
braucht, bei.
Weit seltener als der Vind. und die hie und da mit demselben aber-
<einstimmenden hss. in den ffinf ernten böchern^j boten in den (ihrigen
bis jetzt erschienenen bfichem die hss. dem hg. gute noch nicht gohdrig
gewürdigte lesarten dar, wie öfter Aeu)viboc, AcuiTUxtbac, KaXXucpa-
Ttbac statt der formen ai|f *r)€ und ÄojLuipaTOC st. Aii|itdpaTOC, wor-
über die vorrede s. XXXVI f. sich erkUirL nach mehreren hss. ist 11,
55, 4 iv tQ CtTd^)Tq in den worten ötrep ö,\h9ei cuvebpeöeiv iv Tj}
Cndpri] gestrichen; nadi einer hs. die in den fünf ersten bflchern oft
mit dem Vind. übereinstimmt ist 12, 47, 4 CTpartuitac touc iKavouc
für CTpaTiurroc \icavoik geschrieben (Diodor setzt bei Ikovöc sehr
häufig den arliltel, auch in gleicher worlfolge wie hier, z. b. 20, 46, 4
üXtiv Tf|v iKavnv), 13, 2, 7 nach derselben hs. aöröv tiekifiac Kcnre*
4|ieu€]ui£vov (für KaT€i|ieuqi^voc) i^TTicnfidT), 13, 13, 1 oCcac ißbojLiii-
xovTa Kai T^rrapac ist mit ebenderselben und zwei andern töv dpi6|yiöv
nach oöcac gestrichen, ebenso 13, 14, 4 das unnütze im tf^c fr\i vor
ijoiav napa töv alTtoXöv, 13, 67, 7 ist mit derselben hs. geschrieben
worden 6|ioXoT(o(c £6€VT0 . . lä cui|xaTa cic 'AGrivac ico^icavTCC
^iriTp^ipai Tiiji tf||ti(}i iTcpl aÖTidv , wo bisher KOfiicavTac stand , 13,
£6, 4 ist nach derselben quelle der artikel vor 'l|üi€paioic wiederholt In
den Worten <poßou^evoi \ii\ Tfic (x{nf\c toic CeXivouvrioic Kai toic
^lfi£paioic TUXUKiv ol iroXiopKoOjiievoi TuxnC) offenbar sehr passend,
da die Selinuntier und die Himeräer ihr Unglück nicht zusammen, son-
dern beide gesondert betraf; 13, 105, 2 ist der hg. zu der lesart fast
aller hss. zurückgekehrt bir^TTÖpouv ö,Ti XPncovroi toTc irpäTHOCiv,
wo man nach einer hs. einer nicht ganz stichhaltigen regel zu liebe vor*
her Xpi^cu;VTai las: s. meine beitrage zu Diod. II 1 s. 11 f.
Sehr gewonnen hat ferner der text unseres Schriftstellers durch
aufnähme einer ziemlich groszen zahl von emendationen , die von den
syntaktischen regeln oder dem sinne gefordert werden, teils solcher
4) in diesen ist aus einer andern hs. ohne den Vind. kamo etwas
«rhebliches neu aufgenommen vrorden ausser ans dem Mutinensis 3, 39, 1
^vaT6vi2;övTUJv statt dTCvi2!övTWv.
F. K. Hertlein : anz. v. Diodori bibl. hist ed. L. Diiidorf. vol. LH. 43
welche Itagst bekennt, aber aidit aufgenommen waren, teils solciier die
kfirslich erst von andern veröflRentiicht oder jettt zum ersten male von
dem hg» hier mitgeteilt worden sind. Dindorf ist hierbei, wie dies frei-
lich von einem so ansgeaeidineten kritiker nichl anders au erwarten war,
mit solcher umsieht und besonnenheit verfahren, dasz man fast Obenll
mit demseUien wird übereinstimmen raftsscn. ref. wenigstens findet nur
an wenigen stellen sich veranlatst gegen eine aufgenommene emendation
bedenken zu erheben, öfter dagegen, glauben wir, bitte eine verbesse»
rung aufnähme verdient, wo ihr dieselbe von dem hg. versagt worden ist.
Von früheren emendationen D^ haben jetst a. b. die verdiente auf-
nähme gefunden 1 , 43 , 5 bieSoTOTÖvioc l«ir bieSärovTOC , 1 , 83 , 4
4b€ trepl (st. dkire p ek) rdc ftericrac tuiv Oei&v Ttvo/Aevoi npdc,
3, 40, 5 carnu>io(C fOr Tpoq^itc, 4, 14, 4 uicre toO T€wfiv st. ek bk
Td T€wav, 4, 51, 3 €uv€v8€a2:o6ciic st cuvOeoZoucnc, 5, 27, 1
KOrd Top i^^ ToOv) Tf|v roXoriav , 13, 90, 2 dcpcXeiceot st dqicX^-
C6au mit recht ist jeUt 5, 28, 2 Koi vor cuvcxi&c und 11, 33, 2
AaxebatiAOviotc nach dtroOavoikt gestridien, aber einige zeilen weiter
unten TOk Acaccbaifiovioic für aurok geschrieben worden, femer
biUlgea wta" es, dasz 5, 45, 6 nach Wesseling vbrob^ccci bi. KoCXaic
(st. KOtvak) XP<J^VT€n hergestettt ist, was durch Strabons i^Tröbnjbia koi-
Aöv (IV 734 Gas^) empfohlen wird, 2, 59, 7 nach demselben Cv T€ Tak
^oprak Kttl Tak eöuixtatc (st. edxak), 13, 48, 2 iv oöbe^iqi t^
TtOTE (st. TÖre) nöXct TOtoOrot noXtTwv ^övoi cuv€TeX^c6i|cav und
13 , 91 , 3 QU ^f|V dXXd sL ou \ir\v aufgenommen ist. nach Koraes ist
11, 25, 4 diroTOft^vuiv iroTafiluiv (st iTOTaM«IJV) mal Kpiiva(uiv i^bd-
Tttiv geschrieben , nach Paulmier 1 1 , 83, 2 ek Tf|V irapoXiav fQr ek
t{|v 0apcaXiav, nach Reiske 12, 61, 1 Td xuiptov TCixkon xard t^c
TTcKoirowncou (st xQTd ii\y rTeXoirövvncov) , 13, 59, 3 cufißcßou-
XeuKibc für cujymeqMUViiKiiic und 13, 110, 2 töv irapd tj|v OdXonrrav
TÖrrov biavucovrec st irapd Tf|v OdXarrav tö irdv biavucavTCc,
endlich nach Wurm 13, 1, 1 cx€böv dv (st jjv) Iv Ttp nQOOi^inf irepi
Ttvuiv biaXex6^VT6C (st. biaXexB^vrou:) £q>' dcov fiv eÖKCupov, oS-
Tuic ln\ Tdc cuvcxek trpdEeic (leTcßißdZoHCV (st. |ieTaßißd£€tv) töv
XÖTOv.
Von neuen Verbesserungen des hg. , deren wir uns Qber vierzig be-
merkt haben, wobei wir Uosz orthographisches und etymologisches nicht
rechnen, nennen wir beispielshalber folgende: 1, 26, 4 vOv buibCKainfj-
vuiv (st buoKoibeica |it)vu>v) övtuiv tuiv iviauTuiv (denn buixatbe-
KOfifivuiv, wie im text steht, ist ein druckfehler) , 1, 58, 4 Aapciou • .
cnoubdcovTOc iv M^M9€i Tf|v ibiav ciicdva crficai Trpd Tnc (statt
irpöc tQ) C€CO(I)CU)c, 3,i25, 1 Tf|v hi lEf)C Xibpay AlOiöiruiV (st tujv
Aieidnuiv} in^xouctv o\ KaXo^MCVOi KuvnTol, 3, 26, 3 cuv€tKXtvo-
jUvwv für cuvcKKXivofii^YUJV , 4, 40, 2 öp&vn bi tüjv (st töv) Trpö
oötoO TTepc^a Kai Tivac dXXouc . . h6it\c äeifivfjcTOu TCTCuxÖTac,
5 , 38 , 1 TTcXuxpöviov (st TToXuv xpovov) ?xouci T#|v ToXaiTTUipiav
(wie auch Wesseling 15, 21, 3 verbessert hat), 5, 60, 1 Tf)c kot' dvTi*
n^pac Xeppoviicou für Tf^c Kord Tf|V dvTiir^pav Xepp. , 11 , 52 , 5
44 F. K. Herüein: anz. v. Diodori bibl. liist ed. L. Dindorf. vol. I. II.
o\ |itv ouv Touc TapavTivouc bit&£avT€C dXitou biacTVi|üiaToc evioc
(st. ÖVTOC) TToXXoOc TÜJV dvavriwv dtvelXov, was einfacher uud ge-
linder ist als meine Vermutung ouk öXiTPU TOÖ öiacTfifiaTOC Svtoc,
12, 39, 1 ^Kdeicav in\ twv tujv Octav ßuü^ujv st. dK. in\ töv twv
öeiliv ßaijüiöv*), 12, 45, 2 €lc vöcouc iv^mirrov st clc vöcotK Im-
irrov, 13, 37, 1 Toiovruiv b' iXaTTiüfAdruiv Totc 'AOnvaiotc de
£va Kaipöv cuvbpajLtövTtuv (st. irpocbpajiövTUJV) , wie es 16, 9, 3
TidvTa fOEp TauTa Trpöc Iva xaipöv ctivbpa)üi6vTa heiszt, 13, 48, 5
öcuipouvrec toöc buvaTuuTdxotiC t&v ttoXitüliv övrac irpöc xi?* (st.
TÖ) TfiY TTÖXiv dYX€tptZeiv Toic AaKebatjLiovioic , 13,57,3 X€V<^^
dOpöac TTcpi^Treipov (st. 7r€pi^q)€pov) toic ciüjiaci, 13, 68, 1 toO b*
Itouc toütou bicXGövTOC, wie es sonst immer in dieser formel heiszt
(toutou, was in den hss. ausgelassen ist, fehlt nie), 13,97,7 und 98, 1
icpuiv St. kpdiüv, 13, 104, 4 Tf|v dmcxadav st. xfjv iTrfcxaciv und
13) 111, 1 Tr€pi xu»v ÖXiüV biaKpivccdm irpöc xouc noX€)i(ouc st.
Kpiv€c8ai bxä xoiic ttoXc^Iouc.
Von neuen Verbesserungsvorschlägen anderer hat D. mehr als fünfzig
derjenigen aufgenommen, die ich in meinen beitrügen zu Diod. veröffentlicht
habe, auszerdem, wenn mir nichts entgangen ist, nur noch zwei von
Cobei: 12, 6, 2 liJvaTKdcGricav äcpeivai xäc ttöXcic äirdcac xäc
Kaxä xf|v Boiiüxiav, tva (st. elvai, iäv) xouc aixMoXübxovc diroXd-
ßiüciv und 13, 64, 6 KCtx^cxTicev (st. ^ex^cxricev) elc xplciv, wie schon
Bekker 13, 75, 8 KaOicxdvxec €ic Kpiciv fQr ^eOicxdvxec geschrieben
hatte.
Es mögen nun noch solche stellen folgen, in deren behandlung ich
dem hg. nicht beistimmen kann, und zwar zuerst solche wo er nach con-
jectur die hsl. lesart geändert hat, wie 3, 28, 2 xöv bl aOx^va fiaxpöv
^Xov (xö Zcjiov) xai ircpicpepeic xdc TrXetipdc Kai irxcpwxAc önd
xf)c <puccujc öcbrmioupTrixai, wo D. xai vor iT€ptq>€p€tc ohne grund
gestrichen hat, da ja Tr€pi<p€p€Tc x&c TrXeupac xai TTxepujxdc ebenso-
wol von ^xov abhängen kann als xöv aöx^va inaxpöv, bei welcher ver^
bindung xa( notwendig ist. ebenfalls kein hinreichender grund zu ändern
scheint 5, 73, 5 vorzuliegen, wo iraiMiuv in xf|V xwv viiirliuv iraibluiv
Bcpairdav getilgt, und 13, 39, 2 iHiaiav xöv cxöXov . . övxa
vewv öuoTv £Xdxxcu xtüv dvevi^xovxa, wo JXaxxov, sowie 13, 103, 3
Xpövov ItS)V irXctUi xuiv öxxaxoc(iUV, wo irX^ov geschrieben worden
ist. 13, 69, 3 lesen wir jetzt ctXovxo bk xai cxpaxiTfouc ix^pouc,
oOc ^xeTvoc fiOeXev. die hss. haben e'iXexo und ^xcivoc oOc fiOcXev.
•die Umstellung der letzten worte hätten wir nicht von D. erwartet, nach-
dem er 4, 23, 2 mit dem Vind. xatixac fiv äTToßdXq statt Sv xaOxac
diTOßdXi] geschrieben hat. noch weniger können wir es billigen , dasz
13, 71, 3 statt jüiiav |ifev xfjv trpoirX&ucav xri&v Wxa . . xax^buce
geschrieben worden ist npocirX^oucav, wenn dies nicht etwa ein blosser
6) hier und an andern stellen dieser neuen ausgäbe hat nemlich D.
die in der ausgäbe von 1828 zu 2, 52 aufgestellte behauptung fallen
lassen.
F. K. Hertlein: anz. v. Diodori bibl. hist« ed. L. Dindorf. vol. 1. IL 45
Druckfehler ist. auch 11, 65, 4 scheint die gewöhnliche lesart Xemö*
fievoi Ti|> iroX^fiq) nicht mit recht In XciTTÖ^evoi T\j^ irövt)! geändert
zu sein : vgl. fidxq Xcupdeic 15, 80, 6.
Dasz, wie ich schon bemerkt habe, die lesart der hss. noch hSuGger,
als es in dieser ausgäbe geschehen ist, nach conjectur hatte verändert
werden dürfen, werden wie ich hoffe folgende beispiele beweisen, wobei
ich von meinen eigenen vorschiigen nur solche berQcksichlige, deren auf-
nähme nach dem eigenen kritischen verfahren des hg. an anderen stellen
erwartet werden durfte, zugleich erlaube ich mir einige neue Vermutun-
gen mitzuteilen, um auch hier vielleicht etwas zur Verbesserung des textes
beizutragen. 2, 16, 8 dTrevot^CQTÖ n xaTacKCudZetv ibtui^a toutuiv
TUiV Zijjuiv ist Ibiuipa gewis falsch, aber auch Bekkers IvöoX^a ist ein
zu entlegenes wort fdr Diodor. am eii^achsten scheint es Ti zu streichen
und clbuiXa zu schreiben, welches wort Diodor auch 2, 17, 2 und 2,
18, 8 von dieser sache gebrauchL 3,7,2 tujv äXXuiv ö^o(uJC dT<x-
OdJV dTcävTUiv T€ Kai KcncüüV KOtvujveiv ist sicherlich umzustellen in
ändvTuiv diaOttiV T€ kqI KCnciBv. 3, 84, 7 hatte ich, wie schon
Vakkenaer, statt Kora TÖv NeiXov TrX^ovT€C vorgeschlagen dvd töv
NciXov irX^ovTCC zu schreiben, da bei Agatharchides (Photios bibl.
8. 455* 2) dvd Tdv irorafiöv steht, der hg. aber auch an andern stellen
(s. die vorrede s. IV und V] auch gegen alle hss. lesarten dieses aufge-
nommen hat, so hätte er dies auch hier thun sollen, die stelle in Lucians
Toiaris c. 27, womit Wesseling die gewöhnliche lesart vertheidigt, ist
jetzt geändert, gelegentlich bemerke ich, dasz Agatharchides (s. 453^
38) zwar 3, 31, 1 wie die hss. Diodors irübruivac q)^pouctv, aber
(455* 32) 3, 35, 2 q>op€T K^pac und (455** 22) 3, 35, 6 Tf^v fiiiTpav
q)0p€iv, wie ich verlangte, liest, bemerkenswerth ist femer, dasz Aga-
tharchides (456* 8) 3, 35, 10 nicht irav tdp öcrufV fi^T^Ooc cuvrpt-
߀t, sondern t^voc und (458^ 37) 3, 47, 3 ^€c6TnTl sUtt iroc6TT)Ti
liesL den vorzug verdient endlich die lesart des Agatharchides 3, 48, 1,
bei welchem (459'' 20) KOrd Xötov steht sUtt ^k toO Scdr" öXixov. —
Auch 4,9,3 ir€icai b* oööafiilic IXirU^eiv hatte ich erwartet, der hg.
werde ireiceiv, wie ich vermutete, schreiben, da er an mehr als einem
dutzend stellen gleicher art das von mir verlangte futurum an die stelle
des aoristus oder des präsens zu setzen sich nicht bedacht hat. aus dem-
selben gründe ist es mir auffallend dasz 11, 29, 1 eSEacOai ik Kai
6€o7c, £dv viKifjculCiv , fixctv . . IX€u6^pia nicht dSctv geschrieben
worden ist und 12 , 61 , 1 fjXmZov . . TÖv iTÖXefiOV ir€piaTaT€iv eic
Tf|v TTcXoTTÖvvTicov Kai bndiceiv dvd ^lipoc Tf|v x^P«v tiöv iroXe-
Mtuiv, 12, 78, 6 iTTOTTCiAaft^vou b' a^oO . . biopOiiücacOai Tf|v
d^opTtav und 12, 83, 6 IXinZeiv . . bopiKniTOv noiificac6at Tf|v
KpOTiCTiiv tüjV vrjciuv die Infinitive des aorists beibehalten worden sind.
— 4, 15, 1 behält D. die hsl. lesart xdiv TOpl TTaXXyjvnv T»TdvTUiv
&0^^VU)V TÖV TTpöc Toöc ddavdTOuc it6X€)üiov schwerlich mit recht
bei ffir dv€Xo)üi^vuJV, wie er selbst früher vermutet hatte, solche stellen
wie 13, 29, 5 und 53, 1. 18, 10, 1 und Isokr. 8, 12, wo nöXejiOV
a\peic6ai ^flr den krieg stimmen' bedeutet, können für ä^ofi^vujv an
46 F. K. Herüein : anz. v. Diodori bibl. hisL ed. L. INiidorf. yoL I. II.
unserer stelle nichts beweisen, zweifethafi ist 14, 112, 2, aber exe. 31,
52 Did. (oder 31, 54 Bk.) scheint cYXeTO richtig. — Warum 4, 76, 2
fiu6oXoTf)cai TT€pl auToO biöri rä icaTacK€tKx2;6]üi€va tuiv droXfid-
Tiuv öjLioidTCrroe toTc £^tt^}xolC äirdpx^v gegen die beste hs. und noch
eine andere, in denen öndpx^i steht, der infinitiv beSbehalten worden ist,
▼erstehe ich nicht,. d^ der hg. andere stellen, in welchen nach den fass.
auf ÖTi der infinitiv folgt, corrigiert, wie 4, 26, 3 und 12, 39, 1, an
welchen stellen er &n gestrichen, und 13, 91, 4, wo er ^KTicei für ^K-
t{c€IV geschrieben hat. — 4, 76, 4 steht biä TÖ t^ov ii oS ToO npto-
VOC dvcGupi'iOn TT|V KOTCtaCCUfiV, fttd TOUT0Ü Kai TOO (pÖVOU Tf|V
^irfTVtticiv cuv^ßti T€V^c6ai. Elebstadt besserte bi& toC Zifiou, ver-
mutlich teils der Qbereinstimmung mit &i& toutou wegen, teQs weil der
accusativ hier nach h\& unpassend ist. aber durch sdne Verbesserung
kommt ein hiatus in die stelle, wodurch dieselbe jedenfalls s^ unwahr*
scheinHclr wird, eine hs. läszt bid vor tö ZItpov aus. es möchte also
entweder biä rö Zi&ov zu streichen oder bi" od toO irpfovoc ^veOu-
jxffit] TfjfV KOToecKEui^v mit auslassung der worte tö Z^OV Ü m schrei*
ben seht. — 5,1,3 heiszt es von Timlos: b\& mc dKafpouc Ka\ )ia-
Kpdc itrmM^cetc eöXdrtuc btaßdXXerau passender als fKiKpdc wftre
wol mKpdc. vgl. 13, 90, 6 T^atoc 6 TtDv irpö fauroO cuTTPtt<p^ujv
iriKpÖTara xaniTOpiicac und Polybios 12, 14, 1. 23, 2. —5,4,5
TaÖTiiv Tf|v Büclcev Kai rraWiTi^piv juerd TOcaÜTT]C drvdac Kai cttou-
bflc ^TTiTcXoöciv 8aiv cIköc icn touc tA Kpaitcnj buipe^ rrpoKpi-
O^vrac Ttüv dXXwv ävOpuiirwv dirobtbövai rdc xdptrac. so die
hss., aber nach Wesseling liest man jetzt allgemein Scq für SoTV, wo*
durch ein hiatus entsteht, ich glaube daher dasz nicht öqj, sondern Sa|C
zu corrigieren ist. vor dem relativum hat Diodor auch 1 , 24 , 2 (xaTd
Tf|v fiXiKtov flv ol *'€XXiiv& q>actv ^HpaxX^a T€T€vf|c9ai) die prSpo*
sition nicht wiederholt. -^ 11, 21, 3 halte ich ävwKobdjünicav für einen
fehler statt dmuKOböjüiTicav, wie Koraes verbessert hat — 11, 45, 6
dTTOpou^vuiv bk TUüv AaK€bat|iOv{uiv ei Tt^uipyjcovTai töv Ik^tiiv
halte ich Tt^wpVjcuJvrat für wahrscheinlich, obgleich Bladvig (bemerk,
s. 25) es willkflrlich nennt in solchen ßülen den conjunctiv an die stelle
des fhturs zu setzen. — 11 , 63 , 4 etXurrec Kai Mcccfjvioi . . tö piiv
TrpÄTOV ficuxfctv cTxov halte ich Bekkers Verbesserung tö pkv trpd
ToO fOr richtig. D. irät die lesart der hss. beibehalten. — Dies ist auch
11, 77, 6 geschehen : oö |üif|v dOpdvuc T€ bt^^if^. Cobet und H. Sauppe
(die queUen des Plutarcfa für das leben des Perikles, GOttingen 1867,
8. 47) haben dOt^öc T^ gebessert, audi 20, 21, 1 lesen die hss. fehler-
haft dOpdot^c, wofOr Kaltwasser dOt{iODC hergestellt hat. — 12, 29, 1
'HXcTot b* flyoTOV ÄXü^indba Tr^prirrnv trpdc xaTc drbOTiKOVTa, iv
ivka KptcttJV ist der hiatus anstdszig. da es^ sonst hnmer koO' fiv
ivka heiszt mit ausnähme zweier stellen (14, 54, 1 und 14, 94, 1), fn
welchen f\v dvtxa steht, so hat Diodor wol auch iiier entweder Ka9* f\ff
oder f^v ^vlxa geschrieben. — 12, 65, 4 oörot jifcv Inopeuovxo T#iv
XiOpav nop8oGvT€C. vielleicht ist ^iropevovTO zu schreiben, da in
solcher und ähnlidier Verbindung irnTTOpcüecBat, direX9€iv und dm^vai
F. Drosihn: zu Ovidius metamorphosen DI 642. 4T
üblich sind. — 13, 7, 4 iT0pcrr6V0)yi^vujv TOic *AOiiva(oic ii ^i-
cn\c TpiaKoduiv \ilv lirir^uiv, irop& fei tiSv CixeXdiv hm^uiv bio-
Kociiuv Tr€VTi^KOVTa ist uBstreitig ^^v hiater '6t^cti)c mit dennelbeii
rechte zu stellen, mit welchem D. 13, 65, 2 McTOtp^uiv )iiv {necov
TToXXoi statt MvfOtpiw^ £it€COV pky iroXXoi geschrieben hat — 13^
31 , 1 TToO T^ ÄSicv TOthoic KaracpureTv; wundere ich mich dasz D.
nicht seine frfihere Termutung iro? aufgenommen hat. — Auch 13, 75, 4
öoKi&v b* aftioc clvai toO irepieopaK^ai tüOc T€T€X€UTV|KÖTac drd-
<pouc halte ich Relskes emendation TvepieuipficOat fQr sicher. — Endlich
weisz ich nicht, warum D. 13, 89, 4 eic Aeovrivouc Kardnaicov un*
berührt gelassen hat, da er doch 4, 58, 7 nach meiner Vermutung €ic
Töbov MeroiKf^cai für KcerotKficat schreibt
In den excerpten und Iragmenten der bflcher VI— X, um auch hier*
über kurz zu berichten, enth< die neue ausgäbe gleichfalls viele Ver-
besserungen , hauptsichlich mit hülfe einer genaueren vergleichung einer
Münehener excerptenhs. , die der hg. selbst vorgenommen hat, und des
Vaticanisdien palimpsestes durch van Herwerden, bereicheningen haben
diese brucbstflcke hauptsächlich erhalten durdi aufnähme der excerpte in
einer bs. des Escurial , weldie Feder und Ifüller bekannt gemacht haben,
vermiszt habe ich die bruchstücke 6, 13 und 7,8 der Bekkerschen ausgäbe.
— Die Suszere ausstattnng des bucfaes ist sehr gut zu bedauern aber
ist es dasz sich in demselben einzelne sinnstdrende druckfehler finden.
Werthbim. Fbiedbich Käbl Hertleik.
8.
ZU OYIDIUS METAMORPHOSEN ni 642.
In der lügenmäre, die der vermeintliche bacchant unter dem namen
Acötes dem Pentheus auftischt, schildert jener ein complot der Schiffs-
mannschaft der anstifter desselbeiuiat Opheltes. die Schiffsmannschaft
will den Bacchus trotz ihres eidlichen Versprechens nicht nach Naxos, das
rechter band lag, sondern nach einer Mnks gelegenen insel fahren und
dort den schönen skiaven verkaufen, als Acöles nun nuene macht ihnen
das spiel zu verderben und auf Naxos lossteuert, da heiszt es nach der
von Haupt aufgenommenen überlieferten lesart v. 641 t.
^quid fa$is^ o demens? quis ie furor?* inquii Opheltes,
pro se quisque timeU Uaevatn pete* nuucima nutu
pars mihi significai ^ pars quid velii aure susurrat.
die Worte pro se quisque timei erkUrt Haupt: ^jeder für seinen teil iat in
furcht (dasz ihnen der raub entgehe, wenn sie nach Naxos kommen).' er
bemerkt dazu; ^es ist aber zweifelhaft ob diese stelle richtig überliefert ist'
allerdings ist grund zu solchem zweifei vorhanden. Ängstliche besergnia
(Umor) kann in diesem momente die Stimmung der bootskute nicht sein«
Opheltes der rädelsfübrer verräth sie nicht im mindesten, da er dem
Acötes zuruft: quid facis^ o demens? quis ie furor? der iimor gewinnt
erst räum bei dem hereinbrechenden Strafgerichte v. 670. vielmehr ist
48 P. R. MGUer: zu Livius.
wut auf den eigensinnigen Störenfried Acötes die herschende Stimmung.
— Merkel hat an dieser stelle eine alte conjectur aufgenommen {tenef
ffir iimet und Acoeie für Ophelies), die fassung ergibt sich aus der
interpunction :
'quid facis, o demens? quis te furor* inquii ^Acoete^*
pro se quisque^ Uenei? laevam peie.' maxima nutu
pars mihi significai , pars quid velit aure susurraL
aber gewis gilt diese conjectur mit unrecht als eine ^iampridem probata'.
erst der laute zuruf in drei Sätzen , in den die ganze schiflTsmannschaft
im chor ausbricht, als hSille sie sich darauf einstudiert, dann winke und
zischeln, um den zuruf verständlich zu machen! dies bild ist mindestens
farblos und ohne Wahrheit: in solchen kritischen momenten scheidet sich
4iie geleitete masse und das leitende haupt. dann ist doch auch die die-
tion ohne die für den dichter charakteristische gefällige glätte und leich-
tigkeit. der stelle ist vielleicht durch die leichte änderung von iimet in
turnet geholfen, eine änderung die bei der häufigen abschwächung von
u in t [obstupui neben obsiipui u. dgl.) kaum noch ab solche erscheint,
bei Opheltes kommt die wut in den worten quid facis, o demens? quis
ie furor (agit)? zum ausbruch. die übrigen bootsleute, jeder für seinen
teil, glühen auch vor zorn {pro se quisque turnet) ^ sie verhalten aber
ihre wut und thun ihren willen {laevam peie) nur durch winke oder
durch zischeln kund, die metaphorische bedeutuug von tumere ^ge-
schwollen sein, glühen vor zorn' ist so allgemein gebräuchlich, dasz sie
imbedenklich an dieser stelle angenommen werden kann , zumal sie bei
iniumescere (V 305. VIII 582} und tumidus (VIU 396. 437. 495) sich in
den metamorphosen selbst findet«
Neustbttin. Fbiedbioh Drosihn.
9. s
ZU LIVIUS.
XXIII 34, 2 in has ferme leges inier Poenum ducem legatosque
Macedonum ictum foedus^ missique cum iis ad regis.ipsius firmandam
fidem legati^ Gisgo et Bostar et Mago^ eodem ad lunonis Laciniae^
ubi navis occulta in staiione erat , perveniunt. das bündnis soll durch
die Zustimmung des königs zum formellen abschlusz gebracht werden,
deshalb musz es heiszen: firmandam fide rem: vgl. XXIV 28, 9 pacem
fieri placuit mittique cum eis legatos ad rem confirmandam.
XXIV 8 , 5 o6 eandem causam haud multis annis post fuisse non
negaverim^ cur M. Valerio non diffideretur adver sus similiter provo-
cantem arma capienii Gallum ad certamen, es ist unwahrscheinlich,
dasz hier an dritter stelle provocantem durch ad certamen näher be-
stimmt werden sollte, während dies oben hei provocanti und provocan*
fem nicht der fall war. ich glaube daher, dasz die werte ad certamen j
die sich auch durch ihre Stellung als glossem verrathen, zu streichen sind.
Mbssebübg. Paul Eiohard Müller.
F. Luders : Qber ein geselz des Solon. 49
10.
ÜBER EIN GESETZ DES SOLON.
Die festrede, welche ErnslCurtiusbei gelegenheil der akademi-
schen Preisverteilung am 4n juni 1867 in GöUingen gehalten, hat wegen
ihres allgemein patriotischen inhaltes sowol als wegen der besonderen,
ebenso feinen wie treffenden winke für noch zu bessernde particulansten
auch ausserhalb der Georgia Augusta dankbare leser und freudigen Wider-
hall gefunden, wenn wir uns gleichwol im folgenden veranlasst linden
an jene rede einige einwendungen zu knüpfen, so betreffen diese, wenn
auch die einleitende thesis, doch keineswegs die weiteren ausführungen
des redners über die gegensätze des altgriechischen und des heutigen
parteilebens , und noch weniger soll die ethische tendenz des Vortrags
durch unsere beiläufige adnotatio angegriffen oder auch nur abgeschwächt
werden.
Die eingangsworte lauten: ^unter den vielen aussprüchen, welche
uns von Staatsmännern des altertums überliefert sind, hat kaum einer
in gleichem grade die aufmerksamkeit erregt, wie die bestimmung Soions,
dasz derjenige bürger , welcher in zeiten der bewegung parteilos bleibe,
sein bürgerrecbt verwirke oder ehrlos sein solle.* wir haben zunächst
gegen eine Wendung des Übersetzers einspräche zu erheben , oder viel-
mehr auf eine sehr wesentliche betonung hinzuweisen, durch welche
jener satz des Solon erst in richtigem lichte erscheint, ein blick in die
quellen wird den leser darüber aufklären, ob die uns erforderlich dün-
kende modiücation begründet sei.
Ueber das betreffende gesetz heiszt es nemlich bei Plutarch Solon 20:
TÜiiv b* fiXXuiv auToö vÖMU)V tbioc \xbf jnäXicra Kai TrapdboSoc 6
xeXeuwv Stimov elvaiTÖv dv cidcei piiöeT^pac jiepiboc Tcvo^e-
vov.^ Curlius gibt, wie wir gesehen haben, die worle iy crdcei mit
^in Zeiten der bewegung^ wieder, uns scheint darin eine Verwischung
des Wortlautes zu liegen , zu welcher den Übersetzer lediglich die rück-
zieht auf con form! tat mit seinem viel allgemeiner gefaszten hauptthema
(vom unterschiede des antiken und modernen parteitreibens mit entspre-
chender paränese) veranlaszt haben kann, es wäre tliorheit bei einer
autorität in fragen hellenischer altertumskunde ein miskennen des be-
griffes erdete voraussetzen zu wollen (zumal da einige zeiien weiter von
aufforderung zum * bürgerkampfe ' die rede ist), aber eben deswegen
müssen wir erklären dasz uns der vorangestellte Solonische salz nicht
die geeignetste einieltung zu sein scheint, wenn erst eine bewuste deh-
nung und Verallgemeinerung den logischen Zusammenhang mit dem haupt-
inhalt vermitteln muste.
Beinahe überflüssig erscheint es ein paar bemerkungen über das
wort crdeic und was dem anhängt hier anzureihen, nur allzu häufig
und jedem fachmann bekannt ist das vorkommen und der begriff des
*) mit fast denselben werten Platarch de sera nam. vind. 4; de
«nimi tranq. 8; praec. reip. ger. 82.
JahrbOeher fttr elws. philol. 18S8 hft 1. 4
50 F. Lüders: über ein gesetz des Solon.
Wortes bei Herodotos und Thukydides, bei dramalikern und rednern, im
sinne nicht von ^parteiung, parteibewegung , parteilcampr schlechtweg^
sondern desjenigen politischen zuslandes , wo von ^iner oder beiden Par-
teien an die entscheidung der waffen appelliert wird, also: ^aufstand,
aufruhr, gewaltsamer Umschwung, revolution.' so z. b. Herod. 1, 60
TT€pi€Xauv6^6voc tQ cxdci 6 McraKX^ric — , 1, 150 ävbpac cxdci
IccuiWvTac Ktti ^KTrecöviac— , 6, 109 ÄTro^al nva ctäciv mctä-
Xtiv d^TTCCoöcav biaceiceiv id 'AOnvaiwv q)povii^aTa — ; Thuk. 1, 2
bid tdp dp€Tf|V Tflc at re buvd^cic nci jiettouc dTTiTVÖ^evai crd-
c e i c dvcTTOiouv , Ü d&v dq)0€(povTO xai fi^a öttö dXXoq)uXujv ^oX-
Xov ^TTCßo'uXeOovTO — mit bezug auf die ältesten Wanderungen und
die damit verbundene gewaltsame Verdrängung der Urbevölkerung, in
eben diesem sinne heiszt gleich darauf das autochthon gebliebene Attika
dcTttCiacTOC. ferner TImk. 3, 2 MuxiXiivaiuiV Ihiq. fivbpcc Kaid
ctdciv jLiiivuTai flTvovrai — und 6, 5 q)UTdb€C cxdcci viktjO^v-
T€C * vor allem aber jenes vollendete prototyp einer crdcic mit allem Zu-
behör, der grausige bürgerkrieg auf Kerkyra 3, 82 outujc \3j\xf\ crdcic
TTpouxu'pil^^v usw., wozu verallgemeinernd hinzukommt der anfang von
c. 83 oÖTui irdca Ihia Kax^CTT] KaKOxpoTriac bid xdc cxdc€ic t(\>
*€XXliviK(fi. fast noch häufiger ist in diesem sinne bei dem geschicht-
schreiber des bürgerkriegs par excellence das verbum cxacidZ€lV, von
bewaffneter fehde zwischen angehörigen desselben gemeinwesens. Hero-
dotos hat neben dem verbum noch das appellativum cxaciujxai *factions-
genossen , verschworene , empörer*, stets mit gehässigem anstrich.
Mit dieser so zu sagen technischen bedeutung bei den geschieht-
Schreibern stimmen die theoretiker flberein. so hat uns Piaton folgende
definitionen überliefert: Staat 470^ im jLifev oSv xQ xoO oIk€{ou Ix^pqi
ex de IC K^KXrixai, iiA hl x^ xoO dXXoxpiou ttöXcjioc — und ge-
setze 628 ** rrpöc ttöXciliov xöv ^v aöxfl (x^ iröXei) TiTVÖ^evov , f\
bf| KaXeixai cxdcic — faszt also das wort geradezu als identisch mit
^bürgerkrieg'. ebenso Aristoteles in seiner politik, deren fünftes (nach
Bekker achtes) buch im eingang ausführlich handelt von den verschiede-
nen arten und anlassen der revolutionen , unter welchen besonders zwei
gattungen , ^exaßoXai und cxdceic (oder verbal ausgedrückt jiicxaßdX-
Xeiv und cxacid2^€iv) hervorgehoben werden : friedü'che und gewaltsame
Umwälzungen, als synonyma der letzteren gebraucht Aristoteles im laufe
der abhandlung auch TroXixiKal xapaxai und Kivrjccic (c. 2). stets liegt
auch bei ihm in cxdcic und cxacidZeiv der begriff der sei es beabsich-
tigten oder zur that gewordenen rechtswidrigen selbsthülfe.
£s bedarf keiner ferneren citate um zu erhärten, dasz im obigen
gesetze des Solon die worle ly cxdcei nicht mit * in zelten der bewe-
gung', sondern ^in zelten des aufruhrs, bürgerkrieges, der revolution'
zu übersetzen seien, so verfährt auch Cicero ad Jtt. 10, 1 Solon capite
(d. i. dxijLiiqi) sanxii^ si qui in seditione non alierius utrius pariis
fuissei, dem sinne des ganzen widerfShrt dadurch offenbar eine wesent-
liche begrenzung. allein selbst in dieser engeren fassung ist schon den
alten, die doch an weit lebhaAere und auf beschränkterem räume sich
F. Laders: über ein geselz des Solon. 51
bewegende parteiagitationea gewöhnt waren als wir besser disciplinierten
bewohner europäischer groszstaateo, jene Solooische bestimmung nicht
minder auffällig gewesen als uns. Plutarcb, wie wir bereits gesehen
haben, fand dieselbe ^eigentümlich und wider erwarten' und sucht sie
sich im weiteren verlauf des c. 20 so zu erklären: ßouXerai b\ die
£otK€, }xi\ dtTraOuic ^r\b * dvaicOTJruic fx^iv Trpöc t6 koivöv dv &cq)a-
Xei WjLievov td oiKcTa kqI t& \ii\ cuvaXTeTv \jLi\hk cuvvocetv ifi na-
xptei KoXXuiTnZöjLicvov, dXX* aöröGcv Tok td ßcXTiuj Kai biKaiorepa
TrpdTTouci TipocG^jLicvov cuTKivöuveüeiv Kai ßonOetv ^aXXov f^ irepi-
M^veiv dKivbuvoüC rd tuiv KparoüVTUiV. wir sehen, schon diese deu-
lung ist nicht ganz prScis; auch Plutarcb übersieht das emphatische £v
CT)ic€t. es scheinen ihm dabei bereits aus seiner römischen oder grie-
chischen mitweit jene widerwärtigen erscheinungen egoistischer glelch-
gültigkeit gegen Staat und Vaterland im sinne zu liegen, wie sie dem
römischen Cäsarentum genehm warep : jener ebenso stumpfsinnigen wie
ehrlosen genuszmenschen , wie wir sie leider an manchen orten unseres
landes in neuester zeit haben zu tage treten , ja schamlos sich breit ma-
chen sehen, deren species als fruchte übermütigen woistandes besonders
in handelsrepubliken (Karthago, Niederlande, Hansastädte) den geeigneten
boden zu finden pQegen. allein es fragt sich denn doch, ob schon in den
einfachen tagen Solons eine raffinierte neigung zum indifferentismus zu
Athen in so gefahrdrohender weise ihr haupt erhoben habe , dasz eine
ausdrückliche bestimmung gegen dieselbe in die öffentliche gesetzgebung
aufgenommen zu werden brauchte, ich glaube vielmehr dasz Solons
Satzung gegen die damals kaum beschwichtigten inneren unruhen ge-
richtet gewesen ist , zum zwecke denselben schneller und mit leichterer
mühe ein ende zu machen oder selbst einem erneuerten ausbruch der-
selben vorzubeugen, und zwar wird solcher sinn des gesetzes ausdrück-
lich bestätigt durch den uns von anderer hand überlieferten, freilich ins
lateinische übertragenen wortlant desselben.
Äulus Gellius im zweiten buche seiner noctes Atticae (c. 12) be-
richtet nemlich Über das in frage stehende gesetz wie folgt: in legibus
Solonis Ulis aniiquissimis ^ quae Aihenis axibus ligneis incisae sunt
quasque laias ah eo Athenienses^ ut sempiternae manerent^ poenis et
reUgionihus sanxeruni, legem esse Aristoteles — (ohne zweifei in
den verlorenen TtoXiTcTai und zwar im abschnitt irepi dSövuJV oder ircpi
vö)Li(JUV) — refert scriptam ad hanc sententiam: *si ob discordiam dis-
sensionemqtie seditio atque discessio popuUin duas partes fiel et ob
eam causam irritatis animis utrimque» arma capieniur
pugnabiturque^ tum qui in eo tempore in eoque casu civilis discor-
diae non alterutra parte sese adiunxerit^ sed solitarius separatusque a
communi malo civitatis secesserit^ is domo patria fortunisque Omni-
bus careto^ exul extorrisque esto* an diesen in der Übersetzung augen-
scheinlich umschriebenen und auf entsprechende lateinische formein ge-
brachten tenor des gesetzes knüpft nun der schättbare Fronlonianer
einige erwägungen folgenden inhalts : cum hanc legem Solonis singülari
sqpientia praediti legissemus ^ tenuii nos gravis quaedam in principio
4*
52 F. Ldders: über ein gesetz des Solon.
admiratiOj requirens quam ob causam dignos esse poena exisUmaverit^
gut se procul a sediiiane et civili pugna removissent. tum qui penitus
aique alte usum ac sententiam legis introspexerant — (vermutlich ein
referat ober des Aristoteles eigne ansieht) — non ad augendam^
sed ad desinendam seditionem legem hanc esse dicebant ei
res prorsum se sie habent nam si boni omnes^ qui in principio coer-
cendae seditioni impares fuerinl^ populum percitum ei amentem non
deseruerinty ad älterutram pariem dividi (?) sese adiunxerint^ tum
eveniei ui cum socii parlis seorsum utriusque fuerini eaeque partes ab
Ais, ui maioris auctoritatis viris^ temper ari ac regi coeperini ^ Concor-
dia per eos potissimum restiiui conciliarique possii^ dum ei suos apud
quos sunt riguni atque miiifieani et adversarios sanaios magis cupiuni
quam perditos.
Wir kdnnen uns mit dieser interpretation , so wenig authentisch
d. h. Solonisch sie ist, aus inneren grflnden nur einverstanden erklaren,
erinnern wir uns jener unruhigen Zeiten eines Drakon , eines Kylon , der
Verbannung der Alkmaouiden , des ewigen haders zwischen Pedieern (rre-
biete), Paraliern und Diakriern, und wir werden nicht staunen, wenn der
redliclie Soion in voraussieht wiederkehrender stürme darauf bedacht
gewesen ist, so weit es durch positive Vorschriften mdglich war, die
friedliche entwicklung seines Verfassungswerkes sicher zu stellen, er
gieng in seiner naiven legalitflt so weit, noch fflr einen zustand ein ge-
setz zu geben, wo der ganze Staat bereits bors de ia loi war. im hin-
blick auf die tief erregten, kaum beruhigten parteileidenschaften setner
landsleute hat er jene bestimmung erlassen zu dem doppelten zwecke:
durch androhttog härtester ehren- und Vermögensstrafe für feige, gleich-
gültige oder eigennützige neutralitftt in schwerer zeit des bürgerkrieges
einmal diesem selbst durch beteiligung aller den Charakter elenden fac-
tionskampfes zu rauben und ein rasches ende zu bereiten ; anderseits aber
auch indirect im interesse gesunden demokratischen forlschritts die teil-
nähme der bürger am heimischen Staatswesen in freud und leid als hei-
ligste pflicht hinzustellen.
Wir geben also die letztere absieht bei Solon zu , nur freilich erst
in zweiter, weil zurücktretender linie. der ton bleibt darum doch auf
iv CTOicet = in seditione ruhen, das ist es was wir als ersten punct zu
erweisen versucht haben.
Ein zweites aber, was wir zu bedenken geben, bevor wir jenem ge-
setz eine generalisierende anwendung auf moderne zustände verstatten,
ist dasz dasselbe für "stadt und slaat Athen, d. h. für eine eng be-
grenzte localität gegeben wurde und schon deshalb nicht unbesehen in
die weit verwickdteren Verhältnisse der neuzeit passen würde.
Gurtlus meint (s. 3) ^das gesetz Solons sei nur im zusammenhange
mit dem hellenischen Volksleben verständlieh.' wir flnden hierin wieder
eine zu dehnbare fassung und möchten staXt dessen vorschlagen : es sei
nur im zusammenhange mit nator und geschiebte des athenischen Staates
zu begreifen, allerdings stellte die hellenische staatsidee überhaupt weit
rigorosere anforderungen an den einzelnen bürger als wir; aber dasz
F. LQders: Ober ein geselz des Soloo. 53
man bis zur Singularität jenes geselzes irgendwo sonst vorgeschritten
sei, ist sclion darum unglaublicli, weil spätere Griechen und Römer selbst
sich mit uns darüber verwundern und dasselbe als problem behandeln,
das altische parteitreiben hat zu allen zeilen einen besonders lebhaften
Charakter gelragen, zugleich aber verrSth es fast durchweg den gesunden
zug nach mäszigung und selbstzägelung, wie er auch in der Soloniscbea
bestimmung hervorlritL derartige cräcetc, wie sie z. b. in Argos und
Megara, auf Kerkyra und Samos, in Syrakus und an unzähligen andern
orten in bester historischer zeit vorgekommen sind, haben in Athen
spater nie mehr stattgefunden, und nun male man sich eine solche
CTacic aus , wie sie dem weisen Solon aus eignem erlebnis vor der seele
stand 1 wie die bürger sogar inmitten friedlicher festesfeier lärmend und
fluchend zu den walfen greifen, auf die agora eilen, zur bürg hinauf-
drängen, um die gegner, anhänger eines ehrgeizigen, nach alleinherschaft
lOsternen partelfülirers, in förmlicher hetzjagd zu verfolgen, ja selbst an
den altären der götter schonunglos niederzumetzeln ! und das auf dem
kleinen räum einer einzigen Stadt, die mit dem umliegenden canton da-
mals den ganzen Staat ausmachte! wahrlich, nichts kann ferner liegen
als so locale Verhältnisse auf unsere heutigen groszstaaten und deren viel
zerstreuteres öffentliches leben zu übertragen, höchstens die Stadt Paris
in den wilden tagen der revolution mit ihren straszenkämpfen bietet ana-
loge erscheinuttgen dar , oder auch , in ländliche Umgebung versetzt , die
Schweiz, die ja auch in nicht gar fernen tagen ihre crdceic durchge-
macht hat, wenngleich in milderer weise.
Das geselz des Solon war demnach für Zeiten desbürgerkrieges
und zwar im kleinstaat Attika berechnet; es kommt als drittes momeni
hinzu, dasz wir über seine geschichtliche anwendung, ober das ob, wann
und wie? völlig im dunkeln bleiben, wir wissen nur so viel, dasz bald
nach Solons gesetzgebung, trotz seines prohibitionsversuchs , die alten
parteiunruhen wieder ausgebrochen, dasz darauf im Zeitalter des Peisis-
tratos zwar mehrfache crdccic mit dem erforderlichen gewaltthätigeu
und blutigen Charakter vorgekommen sind; dasz dann aber seit den tagen
des Kieislhenes über ein volles Jahrhundert lang, trotz vielfacher ^zeiten
der bewegung', man kann wol sagen , pennauenten parteikampfes , doch
der attische boden bis zum j. 403 keinen eigentlichen bürgerkrieg ge-
sehen hat. denn es fragt sich noch , ob die vorübergehende reacüon der
vierhundert im sommer 411 als CTdcic aufzufassen sei. politische morde
und hinrichtungen fielen allerdings auch damals vor; aber die zeitweilige
^eraßoXrj war mehr eine folge der einschüehterung des demos als eines
bewaffneten aufstandes, einer CTdciC der oligarchen. man erinnere sich
femer, wie verhältnismäszig selten (vielleicht ein dutzend mal im lauf
eines Jahrhunderts) zu Athen von einer analogen prävenlivmaszregel, dem
ostrakismos, gebrauch gemacht worden ist, und man wird uns ver-
mutlich in der annähme beistimmen , jene von Solon für flagranten Sepa-
ratismus angedrohte höchste atimie sei kein einziges mal in Vollzug
gesetzt worden, ohnehin können wir uns kaum denken, wie und von wem
sie hätte vollzogen werden sollen : inier arma silent leges. nach wieder-
54 F. Laders : über ein gesetz des Solon.
hergestellter Auszerer ruhe aber , wSre es da dem sieger wol vorteilhaft
gewesen, auszer der unterlegenen partei auch noch denen mit Unehre und
bann zu leibe zu gehen, die aus immerhin eigennOlziger neutralität sich
vom kämpfe zurückgehalten hatten? w9re es, in ermangelung einer vor-
liegenden condttiteniisle der einseinen bflrger, auch nur thunlich gewesen
ohne eine förmliche Inquisition nach verborgenen motiven? oder konnte
es in Solons humanen absiebten liegen, einem rohen confiscationsgelflste
gesetzliche stützen zu leihen?
Es ist hier der ort eine rede des Lyslas in betracht zu ziehen,
welche weniger einzelner stellen halber als vielmehr ihrer ganzen tendenz
nach zur Illustration des Solonischen gesetzes und seiner concreteu gel-
tung zu dienen geeignet ist. in dessen einunddreiszigster rede wird nem-
lich der Acharner Philon vor versammeltem rathe von einem buleuten
angeklagt, weil er sich in der zeit der krisis, des kampfes zwischen den
anliAngern der dreiszig und der volksparlei, obschon von ersteren ver-
trieben, dennoch neutral verhallen habe und in engherziger Selbstsucht
seine Schleichwege gewandelt sei ($ 13 öc od Ti ToOc dr^pouc äXX*
djnqpoT^pouc q)avepdc icTi TipoSoOc, t&cre ^r\rt toTc ^v tjJ öcrei
Tevo^^voic cplXov irpoc/iKCiv clvoi toOtov , \ir\Te toTc töv TTeipaiä
xaTaXaßoOciv). der ankläger stellt den antrag dem Philon auf grund
solches Verhaltens mindestens den eintritt in den rath zu verweigern
(dTTOÖOKi^dZciv). im lauf seiner ausfahrung begegnet der redner einem
(gleichviel ob erhobenen oder fingierten) einwurf des angeklagten, es
gebe für ein solches vergehen wie dasjenige dessen er beschuldigt werde,
kein ausdrOckliches gesetz (S 27 äxouuj ö' auTÖv X^yeiv d>c, et n ?|v
äbiiqiLia tö iii\ TTaparev^cOai dv dK€(vui Ttjj Kaipd!i, vöjüioc äv £k€ito
Trepl aÜToC btappiibriv, t&CTrep xal irepi twv aXXuiv äbiKr))iäT(uv
usw.). sollten wir da nicht gerade erwarten, dasz Lysias ihm unsere
Solonische bestimmung entgegen halten müsle? aber nein, er erwähnt
derselben auch nicht mit der leisesten andeutung. wir können aus sol-
chem schwelgen nur den schlusz ziehen, dasz entweder dem Lysias das
einschlagende Solonische gesetz unbekannt gewesen (eine seltsame un-
kunde), oder dasz er es für politisch richtiger gehalten habe seinen
tendenzprocess auf allgemein patriotische motive zu gründen als auf ein
absolutes, stillschweigend derogiertes, jedenfalls nie in das öffentliche
rechtsbewustsein der Athener fibergegangenes gesetz ihres sonst so
hochgefeierten Staatsordners.
Nach diesem allem glauben wir in unserem endurteil kaum fehl zu
gehen, wenn wir jener Satzung des Solon eine rein abstracte und
theoretische bedeutung beimessen, die niemals zu thatsSchllcher
an Wendung geführt hat wir sehen darin, wie gesagt, einen wolge-
meinten versuch des gesetzgebers , dem extrem bürgerlichen haders zu
'wehren oder auch nur vorzubeugen , der aber weder seinen zweck erfüllt
hat noch , menschlichen dingen nach , jemals erfüllen konnte, wir kön-
nen daher in ihm , selbst vom eignen attischen gesichtspuncte aus , keine
besondere politrsche weishelt erblicken, so finden wir denn auch , neben
der Verwunderung eines Plutarchos und Gellius, bei Cicero in obigem
F. Luders : über ein gesetz des Solon. 55
4)riefe an freund Atticus {ego vero Solonis legem neglegam^ nisi $i tu
^Uter censes , et hinc äbero et ülitn) das unam wundene gestftndois , dasz
er sich die freiheit nehme, bei gelegenheit der weltgeschichtlichen crdcic
zwischen Pompejus und Cftsar gegen die Solonische Vorschrift zu sAndi-
gen. ebenso hat es sein ganzes leben lang Atticus selbst gemacht, der in
>allen börgerlichen lagen und zeitlaufen die stricteste neutralilät bewahrte.
so haben es sclion lange vor dem rdmischen wellreich in Griechenland
•nad selbst in Athen in zeiten öffentlicher Unruhen gar manche edle und
gebildete mlnner gehalten, namentlich allgefeierte dichter, künstler und
Philosophen, innerlich freiKcb wird jeder gebildete mann auch in fragen
-der politik seinen partetstandpunct einnehmen und behaupten ; aber zu
Zeiten der crdcic selbstthatig einzugreifen, bewaffnet auf Aia strasze unter
die kämpfenden häufen zu eilen — das liesz sich schon hn alten Athen nicht
erzwingen und wird noch weniger heute vom einzelnen bürger verlangt
werden können , in unsern tagen wo selbst die folgenschweren crdceic
(in der Schweiz 1847, in Nordamerika 1861—65, in DeuUchland 1866}
nicht von tumultuarischen bürgerwehren, sondern vdn organisierten strüt-
krtiften ausgefochten werden, als an uns Deutsche im jähre 1866 —
hoffentlich zum letzten male — die eiserne notwendigkeit herangetreten
war bürgerblut zu vergieszen, da hat ohne frage jeder denkende und
fühlende mann, je nach urteil oder Sympathie, partei ergriffen für Oester-
rejch oder für Preuszen ; selbst aufs Schlachtfeld zu «ilen und persönlich
für seine Überzeugung mitzukämpfen ist keinem nicht wehrpflichtigen
eingefallen oder gar als bürgerpOicht von ihm gefordert worden.
Hamburg. Febdikamd LtlDERS.
11.
Die oeometbie des Pediasimus. pboobamm de& studibnakstalt
Ahsbaoh zum 8 AUGUST 1866 VON DB. O. Fbiedle IN, k. pbo-
FESSOB. druck von C. Brttgel und söhn in Ansbach. 40 s. mit
2 figurentafeln. gr. 4.
Welches anerkennenswerthe verdienst hr. Friedlein durch die heraus-
gäbe der bisher ungedruckten geometrie des Pediasimos sich erworben
hat, wird am besten deutlich werden, wenn wir in wenigen zügen eine
kleine geschichte zusammenstellen , die den titel * das suchen nach Pedia-
simos' führen mag. im j. 1816 hatte Lelronne für seine Vecherches sur
les fragments d'Höron ' den preis der Pariser akademie erhalten, da die-
ses bahnbrechende werk aber erst im j. 1861 nach dem tode des Verfas-
sers zur Veröffentlichung gelangte, so wurde auch seitdem erst bekannt,
dasz das masz einer gewissen orgyie, deren geschichte im zweiten Jahr-
tausend vor Ch. in Aegypten beginnt, noch bei Pediasimos, einem byzanti-
nischen Schriftsteller des 14n Jahrhunderts erscheine, leider war das citat
welches Lelronne mitteilte nur ein sehr kurzes, und die Interpretation
die er hinzufügte (wiederholt metrol. scr. I s. 58} in einem hauptpuncte
irrig, deshalb sprach unterz. gelegentlich in der pädagogischen abteilung
dieser Zeitschrift (bd. 90 s. 308) den wünsch nach Veröffentlichung des
56 F. Hultsch : anz. v. Pediasimos geomelrie heraasgeg. v. G. Friedlein.
ganzen Werkes aus , nachdem er kurz vorher in WolfenbQUel aus dem
codex Gudianus gr. 8 fol. saec. XV , soweit es damals die zeit erlaubte,
den hauptiohait der scbrift eicerpiert und einige stellen abschriftlich ent"*
nommen hatte, aus diesen excerpten konnte metrol. scr. II s. 147 f. die
stelle über die orgyie vollslflndig mitgeteilt und danach ebd. 8. 205 Le-
tronne berichtigt werden, fast gleichzeitig hatte hr. Friedlein im 92n bd*
dieser Zeitschrift s. 366 — 383 eine ausfQhrliche übersieht über den in-
halt des Werkes uebst umflnglichen excerpten aus demselben gegeben,
doch gerade diese publication muste das verlangen nach dem vollständigen
abdruck eher steigern als stillen, hiernach wii^ es auch denen , die der
Sache ferner stehen, erklSrlich werden , wie dankenswerth die arbeit ist,
welcher sich hr. Priedlein in vorliegendem programm unterzogen hat.
möge auch den noch übrigen inedita auf dem gebiete der griechischen
mathematik ein gleich günstiges Schicksal recht bald zu teil werden.
Der herausgeber benutzte vier Münchener handschriften , oder, da
zwei derselben eine fast völlige Übereinstimmung zeigen, drei quellen der
Überlieferung, welche, entsprechend dem kurzen zwischen original und
copie liegenden Zeitraum, einen im wesentlichen identischen text zeigen,
auch die Wolfenbüttler handschrift, soweit sie im folgenden zur verglei-
cbung kommen wird, zeigt nirgends erhebliche abweichungen.
So machte die herstellung des textes verhältnismäszig geringe schwie
rigkeit, wobei jedoch immerhin zu beachten ist , dasz eine editio prineeps
mit anderem maszstabe zu messen ist als ein schon so und so vielmal ver-
ÖfTentlichter und kritisch behandelter text. noch einen besondern vorzug
hat aber hr. F. seiner ausgäbe dadurch gesichert, dasz er in den noten eine
art fortlaufender erklärung beigefügt hat, welche der natur des gegen-
ständes nach hauptsächlich in Verweisungen auf die Heronischen geome-
trischen werke besteht, damit haben wir die erwünschte unterläge ffir
spatere forschungen darüber, welche Schriften von Heron und in welcher
gestalt dem Pediasimos vorgelegen haben, sehr beachtenswerth ist der
wink welchen der hg. s. 5 gibt, dasz, obgleich die geometrie des Heran
häufiger zur vergleichuug hat herabgezogen werden können als desselben
geodäsie , doch die arbeit des Pediasimos viel mehr ähnlichkeit mit der
letztern habe, woraus sich weiter ergeben würde, dasz die geodäsie dem
Pediasimos vollständiger vorlag, als sie jetzt uns erhalten ist.
Doch die Heronische frage ist und bleibt insofern ein noli me tan»
gere , als man immer und immer wieder mehrjährige arbeit und eine Vor-
stellung von dickleibigen noch zu schreibenden bänden im geiste vor sieb
hat, so oft man sich derselben nähert, deshalb unterdrückt unterz. diese
und jene bemerkung über das Verhältnis zwischen Heron und Pediasimos^
die hei durcblesung der vorliegenden schrift sich darzubieten schien, und
zieht es vor den räum den er etwa noch beanspruchen darf zu einer ver-
gleichung einiger stellen mit der oben erwähnten Wolfenbüttler hs. zu
benutzen, es sind dies seite 7, 1—8, 17. 11,13—13,5. 13,16 — 26.
21, 9—22, 4. 27, 18—29, 6 der ausgäbe von Friedlein.
S. 7 z. 2 Kupiou] k" TrebiacTiiiOu] nebtacijüiou 5 iftv fehlt
cl Tt] in 13 ii fehlt in meiner abscbtift 17 t6v] toö 8, 2 b*
F. Haitsch: aoz. v. Pediasimos geometrie heraosgeg. v. G. Friedlein. 57
elc 3 r}xf\^aTa biaveijui)] cxi^iMaxa biav^^il (qc^ijuara, waa auch
die Friedleinschen bss. bcd haben, scheint den vorzog za ▼erdienen, weil
es sich um die deQniüon von ö^oiocx^l^uiv handelt, vielleicht ist auch
bereits z. 2 cxrJMOtT^ ^^^ Tfn^ara zu schreiben) 7 craupocibk]
gpO€ibic 12 d|i7nic6M€VOV auch die Wolfenbflttlcr hs. wenn Fried-
lein s. 40 nachträglich angibt *lies ^jiiniccö^evov', so meint er damit
wol dasz es seine emendation, nicht aber dasz es die Jesart der bss. sei.
11,13 cxn^ttTtAiV fehlt 12, 9 iiipoc auch die Wolfenb. hs. sollte
etwa ^€T€6oc zu losen sein? 10 ^upiuiv acd, ^upiui b und die W.
hs., letzteres ist abgesehen von dem fehlenden t subscriptum (welches in
der W. hs. auch vielfach anderwärts weggelassen ist) unzweifelhaft rich-
tig 14 hinter fiCTpoCfiev, welches die zeile scblieszt, fehlen die worte
xal KaXeirat afirr) tuiv uTToßöXuiv f) öpTuiä. X^imüiaTa bi eict t^ui-
jiCTpiac, worauf die nächste zeile ohne zeichen der lüclce anfingt mit
oÖK c6api9Mi}Ta. ^
13, 16 TÖ a ß T b] TÖ a ß f b. es ist zu lesen tö aßyb. vgl. die
bemerkung zu 13,^2^ 17 flyot^v Ht€ ä ß TpaMM^l- i«ctl f| T *• Kttl
^OT^a TUIV ö f ß ^- ^^^ TJTOUV steht sowol hier als gleich darauf
z. 20 bei Friedlein tJujc. die MQnchener bss. haben wahrscheinlich jenes
eigentümliche compendium, welches JJYOUV bedeutet, aber mit jJTOi und
i]wc leicht Terwechselt werden kann, doch selbst wenn das nicht der
fall sein sollte , ist jJYOUV aus der W. bs. unbedenklich aufzunehmen , da
es mit dem gebrauche * des Heron, der hinwiederum fju)C nicht kennt,
übereinstimmt, die geometrischen bezeichnungen sind so zu lesen: f\ t€
aß — f) yb — tOüv ot ßb. der hg. lAszt nach einem princip, welches
unterz. hier durchaus nicht anfechten will, die striche über den geome-
trischen buchstaben weg; die Hünchener hss. haben dieselben sicher,
jedoch wahrscheinlich eben so verwirrt , wie eben aus der W. hs. ange-
geben worden ist, 13, 20 fjuiCJJJTOUv 22 to a ß T b] xd aß yb
die W. hs. das richtige ist tö aßtb, oder wenn man mit dem hg. den
strich verschmäht, tö aßyb, also die buchstaben zusammen, nicht ge-
trennt geschrieben, getrennt geschriebene buchstaben bezeichnen punc-
te, z. b. Tot ä ß T* zwei zusammengeschriebene buchstaben bezeichnen
die zwischen diesen puncten sich erstreckende linie, welche, je nach
der hinzugesetzten beaeichnung, eine gerade oder gekrümmte sein iann.
findet sich kein zusatz, so wird als selbslyerständlich die gerade, ed-
Ocia, gemeint, eine gebrochene linie, d. h. die beiden schenke! eines
winkeis, wird durch drei buchstaben so ausgedrückt, dasz die bezeich-
nung des scheitelpunctes in der mitte steht, z. b. a\ aßf soviel als eine
gerade aß und eine andere ßr? welche vom puncto ß aus divergieren.
soll der winkel als solcher bezeichnet werden, so heiszt es f) aßy Ttuvia
oder kurzweg f| aßt« ^ird femer aus dem winkel aßt ein dreieck, in-
dem die gerade c^_gezogen wird, so heiszt dieses tö aßt TpttmVQV
oder kurzweg tö aßt» d» ^' die fläche welche durch die geraden aß, ßt«
58 F. Hultsch : anz. v. Pediasimos geometrie herausgeg. v. G. Priedlein.
ya umgrenzt wird, ebenso erkUri sich die bezeichnung tö Terp&T^vov
TÖ aßxb als des Viereckes welches umgrenzt ist durch die geraden aß
ßT T^ ba. 13, 25 dKocdKic touc cTkoci- Tivovxm rexpaKÖcia,
so mit Wechsel des geschlechtes auch die W. hs. die zahlen in der rech-
nung werden entweder als neutra behandelt, oder sie stehen als mascu-
llna mit zu ergänzendem dptO^öc. das schwanken so unmittelbar hinter-
einander ist auflMlig , und könnte sehr leicht durch die Änderung Tcrpa-
KÖctoi beseitigt werden; doch ist es nicht unwahrscheinlich, dasz Pedia-
simos diese kleine stilistische inconsequenz nicht beachtet hat.
21, 9 ÖflC X^TOJICV TTCpl T&V TplTiüVUlV I KOi TplTUJVUiV TttIV
icoirXcupuiV. I so die W. hs. flbereinstimmend mit den flbrigeu. aus der
ersteren sind die zeichen des Zeilenschlusses augegeben , um die annähme
einer kleinen Jucke, die hier versteckt liegt, um so leichter zu erklären,
die Zeilen sind nemiich hier zu anfang einer neuen aufgäbe kflrzer als
sonst, weil die dazu gehörige figur daneben gezeichnet ist. ungefähr
dieselbe Verkürzung der zellen hat aller Wahrscheinlichkeit nach schon die
orrginalhs. des Pediasimos gehabt, nehmen wir also an, dasz folgendes
ursprünglich dagestanden hat
Öf)c X^TOfiev nepi tiDv TpiTiüvuJv • g
irpdiTov [xkyf btoXdßuj^ev trepl tiLv
TpiYiuvtDV Tu&v icoirXeupiDV usw.,
wobei zu der ergänzten zweiten zeile zu vergleichen ist s. 26, 16, so ist
der Schriftsteller von dem verdacht einer argen gedankenlosigkeit befreit,
welche in der handschriftlichen lesart doch offenbar liegt. 21, 11 TÖ
a^y die W. hs. statt des richtigen TÖ aßt. vgl. das oben zu 13, 22
bemerkte. 17 ^expl ist wol druckfehler; jüi^XP^ ^^^ richtig die W. hs.
ToC X^^ äpiO^oG. Pediasimos meinte also , wenn die lesart richtig
ist, TpiaKOCTOÖ, nicht TpidKOVTa. 18 uEe und so auch im folgenden
die zahlen überstrichen, mit einziger ausnähme von z. 25 tQ, was als
Zufälligkeit zu betrachten ist. 20 auTf|V druckfehler, auTf)V die W. hs.
24 ToC] Kai 22, 1 xdK Friedlein und nach dem stillschweigen die
MQnchener hss., xdK richtig die W.
27, 19 IT. in den Zahlzeichen haben sich die älteren buchstaben-
formen auch da noch erhalten , wo sonst überall cursive zeichen ange-
wendet wurden. 20 ouTU)C richtig, nicht o&rui. ebenso s. 28, 6. 9
27 TÖv TpiTUJVOV falsch 28, 1—2: die neun worte itpöbilXöc bis
elpim^vou fehlen. 11 über die bruchzeichen hier und in der nächsten
aufgäbe bittet unterz. die besprechung von Hoches Nikomachos, welche
nächstens folgen wird, zu vergleichen. 17 aificiou richtig die W. hs*
übereinstimmend mit acd 27 ^i'] rä fx; aber in der nächsten zeile
ohne artikel Tplc ^, wie die übrigen hss. 28 rpic rplc auch die W.
Jis.; es ist aber offenbar rpic TpeTc zu lesen. 29, 2 oiibk jüttov über-
einstimmend mit b c d 4 TrdvTTi , nicht trdvTij. gleich darauf bucTVU^'
CTOC, nicht bicYViüCTOC, was doch wol druckfehler ist. 5 dirapeMTrO-
btCTÖC richtig, während bei Fr. nur auf der letzten silbe der acut steht
Dbesden. Friedrich Hultsch.
£. Schulze: auz. v. F. Matz de Philostratorum in descr. imagioibus fide. 59
12.
De Philostratorum in desoribendis imaqinibus fide scripsit
Fridericus Matz. Bonnae apud Adolplium Marcnm.
MDCCCLXVII. III u. 139 b. gr. 8.
Nachdem K. Friederichs in seinem 1860 erschienenen buche über
<die Philostratischen bilder sich im gegensalz zu Weickers ansieht dahin
ausgesprochen hatte, dasz die Philostrate bei gänzlichem mangel an kunst-
verständnis auch nicht einmal die absieht gehabt hätten wirkliche kunsi-
werke genau zu beschreiben , entspann sich zwischen ihm und H. Brunn
über diese frage ein streit, welcher in diesen Jahrbüchern (suppl. IV
«. 179 — ^306. V 8. 133 — 181) geführt worden ist. die ansichlen beider
gelehrten stehen sich unvermittelt gegenüber, obgleich es an leisen an-
denlungen einer annäherung auf beiden selten nicht fehlt, es ist daher
ein wolberechtigtes unternehmen, welchem sich der vf. obiger dissertation
unterzogen hat, noch einmal die Untersuchung aufzunehmen und gewis-
senhaft die gründe für und wider die glaubwürdigkeit der Philostrate zu
prüfen. Matz verzichtet von vom herein darauf neue monumente zur
Tergleichung herbeizuziehen ; vielmehr gibt er zuerst die mittel an die band,
um Ober das wegen der sophistischen litteratur, specieli Über die zwecke
und die bildung des Philostratos zu urteilen; dann wird das Verhältnis
Hier poetischen ausschmückungen , welche sich selbst nach Brunns Zuge-
ständnis in den bildern finden, zu dem kerne der beschreibung genau
-untersucht.
Von s. 5 an wird nachgewiesen, dasz von der zeit der dladochen an
das bestreben immer mehr hervortritt in prosaische erörterungen beschrei-
bungen von gemälden einzumischen, z. b. bei Kleanthes (Cic. de fin, II
21), Kebes, Dion Ghrysostomos, Lukianos. diese beschreibungen sind aber
nur eingelegt, um speculativen gedanken sinnliche deutlichkeit zu geben,
«rst mit dem neuen aufblühen der kunst und der sophistik im zweiten jh.
nach Gh. begegnen wir wirklichen beschreibungen, wie sie Lukianos (ei-
KÖV€C c. 3, IT. Td)V ^Tri ^tc8i|i cuvöviuiv c. 42) mit bescheidener Zu-
rückhaltung, Aelianos (ttoik. icT. IH 1) mit der behauptung gibt, dasz er
durch Worte völlig dasselbe erreichen könne, was ein maier mit dem
p in sei erreiche, bei Achilleus Tatios (s. 12) beweist nicht nur die sym-
metrische anordnung, sondern auch die vergleichung mit erhaltenen
kunstwerken (Andromeda und Prometheus III 6 — 8 =: Zahn 11 30), dasz
er wirkliche beschreibungen liefert; dasselbe gilt von Chorikios. Nikolaos
gibt im fünften jh. anweisungen, in welcher reihenfolge die teile einer
Statue beschrieben werden müssen, und es werden bei den Byzantinern
solche beschreibungen unter die Schulaufgaben aufgenommen, aber wäh-
rend wir in den meisten fällen die glaubwürdigkeit dieser Sophisten nicht
in zweifei ziehen können , dürfen wir nicht ebenso günstig von den Phi-
iostraten urteilen, denn jene nennen häufig die künstler, rühmen den
welcher das werk geschenkt hat, oder die Stadt wo es steht ; diese machen
keine angaben dieser art. der jüngere nennt gar keinen ort seiner ge-
mäldesamlung, der ältere verlegt sie nach Neapel, während er vermutlich
60 E. Schulze: anz. v. F. Malz de Philostratorum in descr. imaginibus fide.
in Athen schrieb (vgl. Kaysers prooemium s. V) und so eine conlrole fast
unmöglich machte, über grösze, form und anordnung der gemälde wird
nie etwas ganz bestimmtes gesagt^ weil sich Philostralos einen beschauer
der bilder denict , an den er seine worte richtet, aus dieser fiction darf
man aber nicht den schlusz ziehen , wie Welcker thut , dasz er wirklich
beschreibe (s. 24). beide wollen nur unterhallen und belehren und den-
ken nicht daran die zwecke der archSologen zu fördern, im leben de»
ApoUonios hatte der liltere Philostralos es sich zur hauptaufgabe gemacht
(c. 3 s. 3 , 2 Kayser) die stilistisch mangelhaAe darstellung des Damis in
eine geschmackvollere und reinere spräche umzusetzen (s. 25). so war
es auch ausgesprochenermaszen in den elKÖvec sein zweck, Vorbilder zu
schaffen, an denen knaben ihren stil bilden könnten (379, 18 ToO bOKi-
fiou ^TTi^eXi^covrai), und der jüngere Philostralos, der von seinem oheim
ganz abhängig ist, rühmt an ihm besonders die reinheit des Stiles (s. 5, 5
Xiav ärfiKUiC Tf)c yXuittiic fx^^c^)* hieraus ist natürlich für die Sorg-
falt in der beschreibung der bilder kein günstiger schlusz zu ziehen,
als eine zweite Vorfrage wird nun erörtert, ob Philostralos überhaupt
eine genügende kenntnis der kunsl gehabt habe, der vf. weist s. 26 — 32
durch viele belege besonders aus dem leben des ApoUonios , dem heroi-
kos und den briefeu nach, dasz der rhelor über den entwicklungsgang
der kunsl hinreichend unterrichtet, mit vielen meislerwerken bekannt
und sogar bemüht gewesen ist sich durch eigenes nachdenken von dem
wesen des künstlerischen bildens rechenschaft zu geben (vgl. Ed. Hüller
gesch. d. theorie der kunsl II s. 317 IT.). weniger günstig für Philostra-
los ist das ergebnis, dasz er Irolz seines kunstverstflndnisses bei seinen
beschreibungen nicht immer genau sein wollte, von zahlreichen bewei-
sen seiner unzuverlässigkeit (s. 34 — 45) sei hier nur erwähnt, dasz er
in seiner Schilderung Indiens dreifüsze nennt, welche sich von selbst be-
wegen, sowie diese aus Homer (IL C 373) entnommen sind , so lassen
sich die meisten übrigen abweichungen von der wahrheil aus der nach-
ahmung von dichlersteilen erklären.
Nachdem die kunslkennlnis des Philostralos und zugleich seine nei-
gung zu poetischer ausschmückung anderweitig festgestellt ist, wendet
sich der vf. zu den bildern selbst (s. 46) mit der annähme, dasz jedenfalls
den einzelnen wenigstens reminiscenzen an kunstwerke zu gründe liegen»
da aber viele der beschreibungen eine reihe fortschreitender scenen ent-
halten, so musz untersucht werden^ ob sich die poetischen zusätze aus-
scheiden und so der vom künstler dargestellte momenl herausschälen,
oder ob wenigstens im allgemeinen das argumenl des bildes sich erken-
nen läszl. Friederichs wirft nach erkenn tnis der ausschmückenden zusätze
zu rasch das ganze weg; Brunn wünscht bilder zu finden und übersieht
die genaue Interpretation, er behauptet dasz der rhelor zuerst ganz im
allgemeinen über das local, die scenerie oder den gesamtcharakter der
figuren spreche, dann den mylhus erzähle, hierauf häufig die personen in
ruhe beschreibe und erst dann die handlung selbst schildere, zum schlusz
gebe er einige hindeulungen auf die zukunft. mit dieser vorgefaszlen
meinung, so bemerkt der vf. mit recht, darf man nicht an die bilder
E. Schulze: anz. v. F. Matz de Philoslratoniin in descr. imagiDibus (ide. 61
herantreten, sondern man luusz sich durch udhefaogene inlerprelation
jedes einzelne klar zu machen suchen, zuerst werden die biider: I 28 die
Jäger, II 19 Phorbas, II 21 AntSos, II 22 Herakles unter den Pygmften und
d. j. 1 Achilleus besprochen, alle zerfallen in mehrere scenen, z. b. bei
dem letzten musz man den Achilleus zuerst (s. 6, 15} als blumen pflQk-
kend, darauf (s. 6 , 22) als die waffen ergreifend denken, von Philostra-
tos selbst wird hier eine räumliche trennung der scenen durchaus nicht
angedeutet; dagegen ist eine solche in den Worten des rhetors angegeben
bei den Bakchen 1 18 (s. 394, 28 Tauri fi€v rä iv top Apct, rd bk ir-
fvc TauTa) und bei der erziehung des Achilleus II 2 (s. 408, 11 Tautl
pfev TT€p\ Otipac Toö dvTpou, 6 b* <v Ti|> nebiw iraic usw.) — die
geburt des Hermes, welche zu unklar und schwierig ist, wäre hier besser
bei seite gelassen worden. Matz folgert nicht sogleich, wie Friederichs
s. 102 ff., aus dieser teilung die nichtWirklichkeit der biider, sondern
hält es fflr möglich dasz zwei ganz verschiedene scenen auch in der alten
maierei verbunden werden konnten, für die flbrigen biider aber, wo eine
wirkliche teilung nicht einmal gedacht werden kann , da sie eine fortlau-
fende und schon darum fflr die maierei nicht darstellbare handinng ent-
halten, gewinnen wir daraus keine stütze. Matz fährt die auch von Frie-
derichs schon zu gleichem zwecke benutzte Hesione des jOngem Philo-
Stratos an, in welcher Herakles nur Einmal beschrieben wird, während
das ungeheuer ihm gegenüber in zwei verschiedenen Situationen zu denken
wäre (s. 16, 24 dtpe^ouvTi npoce-nixoiicv TtJ» KfJTCi, Kivou^evov bt
vuvl cqpobpOTdTT} ^u^i] usw.). es ergibt sich also dasz die Pliilostrate,
ähnlich wie die dichter, bei ihren beschreibungen nicht selten in erzäh-
lung übergehen, offenbar irrt Brunn, wenn er behauptet, die beschrei-
bungen seien ganz klar nach beseitigung weniger leicht erkennbarer
zuthaten. als hauptaufgabe erscheint es vielmehr zu untersuchen, ob es
überhaupt ein siclieres kriterium gibt, nach welchem gemaltes und nicht-
gemaltes zu trennen sind, mit recht gesteht der vf. zu, dasz häuflg nur
subjectives urteil entscheiden kann, welche scene wol für den küustler
am passendsten war, in anderen fällen kaum subjective gewisheit zu er-
reichen ist. denn nur in unbedeutenden nebendingen läszt der rhelor
seine zusätze als solche erkennen, am wenigsten schadet es, wenn dem
beschauer zugemutet wird töne oder gerüche wahrzunehmen , doch ver-
langen die beschreibungen selbst vom äuge unmögliches, so soll man II
34 die drei Hören im kreise tanzen und doch von keiner den rücken sehen.
Von s. 68 an wird im anschlusz an die beispiele von Friederichs bewie-
sen, dasz die Philostrate in Zahlenangaben, In Schilderung des kolossalen,
des schrecklichen und des wunderbaren die grenzen der maierei über-
schreiten; häufig sind sie durch nachahmung von dichtem dazu verleitet,
ebenso kommen (I 4 Teiresias, II 17 Proteus) figuren vor, die in der be-
treffenden Zusammenstellung unverständlich und darum malerisch unmög-
lich sind, in einzelnen fällen freilich bleibt die entscheidung über die
darstellbarkeit zweifelhaft, wenn man nach den zu gründe liegenden bil-
dem forscht , musz man sich besonders d a vorsehen (s. 84) , wo die Phi-
lostrate ihre gelehrsamkeit zeigen, indem sie dichterische attribute in die
62 E. Schulze : anz. ▼. F. Matz de Philostralonim in descr. imagioibus fide.
bilder hineintragen, weMie entweder absolut oder in [der bestimmten
compositton unpassend sind. 1 30 (s. 405, 18) Iftszt Philostratos, obgleich
sein Pelops ein den ganzen körper verhüllendes gewand tragt, dennoch
die elfenbeinerne schnlter in wunderbarem glänze durchschimmern (vgl.
Find. Olymp. 1, 41). Friederichs hat nun nicht alle bilder in ihrem Ver-
hältnis zu den werlien der dichter untersucht Matz erörtert diese frage
vollständig und vermeidet dabei geschickt den fehler, in welchen Friede*
richs verfallen ist, der nur eine bestimmte, typische auffassung einer
scene gelten iSszt und abweichungen davon zu rasch als Unmöglichkeiten
bezeichnet; vielmehr musz man als dargestellt anerkennen, was nicht an
und för sich den regeln der bildenden kunst widerstreitet bei den nach-
weisungen von nachgeahmten dichtungen ist besonders ansprechend was
der vf. s. 119 Ober die quelle von 1 26 sagt hier wird von Hermes er-
zählt, dasz er aus den windeln schiflpft, den Olymp hinabsteigt, die berde
des Apollon in eine felsenspalte treibt, dann wieder zurückkehrt und dem
Apollon, als sich dieser fiher den diebstahl beklagt, auch noch den bogen
vom rücken nimt diese erzählung, welche mit dem Homerischen hymnos
nicht übereinstimmt, wol aber mit Horatius carm» l 10, schöpfte Philo*
Stratos höchst wahrscheinlich aus AlkSos: denu diesen ahmte Horatius
gemäsz der angäbe des Porphyrio zu v. 1 — hymnus est in Mercurium
ab Alcaeo lyrico poeia — nach.
Philostratos der ältere, welcher eine ausgedehnte kenntnis der
konstwerke besasz, hat an einigen stellen das gesehene falsch erklärt
(s. 130), an anderen weicht er von dichtem absichtlich und zwar in Über-
einstimmung mit konstwerken ab (s. 131). dies schützt ihn gegen Friede-
richs, welcher ihm allzu hart den Vorwurf gänzlicher Unkenntnis und
geschmacklosigkeit macht, dennoch bleiben im einzelnen die gröslen
zweifei über seine genauigkeit , nur aligemeine grundsälze der damaligen
kunst wird er wol kaum verletzt haben und würde z. b. von lichteffecten
nicht sprechen, wenn er sie nie in biidem beobachtet hätte, s. 132 f.
wird eine Zusammenstellung der von den Philostraten benutzten dichter*
stellen gegeben , aus welcher hervorgeht dasz der ältere besonders Pio-
daros und Eoripides, der jüngere Sophokles vor äugen gehabt hat.
Das dem ref. durchaus richtig scheinende endresultat des buches ist
eine modificierung des von Friederichs über die Philostrate ausgesproche-
nen verdammnngsurteils. der ältere Philostratos besonders ist nicht un-
bekannt mit der kunst seiner zeit, reminiscenzen an kunstwerke finden
sich allenthalben, doch beschreibt er nicht genau, weil ihm das in seinem
auf das stilistische gerichteten hauptzwecke störend sein würde, seine
Vorliebe für die dichter bestimmt ihn sehr oft dichterstellen einzufügen,
und diese sind durchaus nicht überall leicht abzusondern, für archäolo-
gische zwecke, welche beiden Philoslraten ganz fern lagen, sind daher
ihre bilder von sehr geringem werthe, und man musz sich hüten auf
ihre autorität hin Scheinbeweise zu führen.
Gotha. Ernst Schulze.
Eduard MQIler: zu Juvenalis sechster satire. 63
13.
ZU JUVENALIS SECHSTER SATIRE.
V. 148 (295 Ribbeck) ist statt des matten ei vor propera (ext
actus et propera) offenbar en zu schreiben, wie es zu raschem thun
antreibend mit und ohne age auch sonst häufig gebraucht wird, in ganz
gleicher weise namentlich bei Vergilius georg. 111 42 en age, segnes
rumpe moras.
V. 489 (339 Ribbeck)
iamque exspeeiatur in hortis
aut apud Isiacae poiius sacraria lenae
mochte statt des unpassenden poiitts -^ denn warum sollte das unge-
duldig erwartete Stelldichein gerade bloss bei der Isiscapelle stattfinden
können? — wol potae zu schreiben sein, ein für eine derartige spiri-
tuelle, mit der maske der frömmigkeit ihre nichtsnntzigkeit deckende,
jener schon durch ihren namen ihre lieblingsneigung kundgebenden
zauberkundigen Dipsas bei Ovid {amor, I 8, 2) nicht unähnliche kupplerin
gewis ganz wol geeignetes epitheton.
V. 655 und 656 (609 und 610 Ribbeck)
occurrent muliae tibi Belides atque Eriphylae
mane Clyiaemestram nulhis non vicus habebit
lüszt sich mit dem an der spitze des zweiten verses stehenden mane
durchaus nichts anfangen, denn interpungiert man mit Ribbeck und
anderen so, dasz man ein komma hinter mane setzt und demnach das
wort noch zu dem vorigen zieht, so Iftszt es sich bei den hier nach ihrem
groszvater benannten Danaostöchtem wol allenfalls begreifen, weshalb
man in Rom gerade des morgens zu erwarten haben solle viele derartige
franenzimmer sich in den weg laufen zu sehen , da in der nacht, bekannt-
lich der zur brautnacht bestimmten, der sage gemflsz die verhaszten
brflutigame von ihnen ermordet wurden; warum man aber auch auf die
Eriphylen, weiber die wie jene unselige gattin des Amphiaraos so tief
gesunken sind, dasz schon ihrer eitelkeit und putzsucht schmeichelnde
geschenke sie den ehegemal dem tode preiszugeben verführen können,
vornehmlich früh morgens zu stoszen gewärtig sein müsse, bleibt durch-
aus unerklärbar, ebenso wenig gefällt aber das mane auf Klylämnestra
im zweiten verse bezogen , so dasz das komma hinter Eriphylae seinen
platz einnimt: denn den von Rlytämnestra an dem gatten verübten mord
haben wir uns ja keineswegs als eine nächtliche oder am frühen morgen
vollbrachte that zu denken , da die morgenfrühe nach Trojas eroberung
Agamemnon mit seinen schiffen ja noch mitten auf dem meere mit stür-
men und ungewittern kimpfend findet (s. Aesch. Agam. 658 IT.), und als
nun auch von einem herold vorher verkündigt der völkerfurst auf heimat-
lichem boden, in Mykenäs königshause angelangt ist, doch, wie auch
schon die dazwischen liegenden Zwiegespräche, chorgesänge und eksta-
tischen weherufe der in prophetischem geiste das Unheil vorhersehenden
Kasandra genugsam andeuteu, nicht sofort das verhängnisvolle bad ihn
64 Eduard Möller: zü Juvenalis seclister satire.
aufoebmen und das beil der verruchten mannesmörderiii ihr schlachtopfer
fallen kann.
Aber, wird vielleicht mancher ungeduldig mich hier unterbrechen,
mit jener Tyndarostochter selbst und der zeit, wo sie den verhaszten ge-
mal in ihr tdtliches netz eingefangen , haben wir es hier ja überhaupt
gar nicht zu thun, mannesmörderinnen wie jene Klytftmnestra aber waren
zu Born *8chon am frühen morgen' in jedem Stadtviertel anzutreffen, das
sagt der dichter, und wenn man nun schon früh morgens überall scbeusz-
Hche verbrechen der art vollbracht sah , wie viele muste man da erst im
verlaufe des ganzen tages zu erwarten haben ! schön , erwidere ich auf
diese namentlich von E. W. Weber in seiner ausgäbe der satiren Juvenals
(Weimar 1825} s. 258 vertretene auskunft, wenn nur das einfache mane
dies auch wirklich sagte, sagen könnte und nicht wenigstens ein primo
mano^ vel primo mane oder etwas dem ähnliches dann dafür zu setzen
gewesen wAre.
Tilgen wir nun aber dieses, wie wir es auch drehen und wenden
mögen, doch immer keine befriedigende auffassung zulassende mane^ wie
ist dann die dadurch entstandene lücke aussiililllen? da^ ist die frage, der
wir jetzt genfige zu leisten haben, 'eine Kiytimnestra wird jedes Stadt-
viertel Roms in sich schlieszen/ nun , über die vielen Danaostdchter und
Eriphylen daselbst brauchen wir uns, einmal mit der damaligen Sitten-
verderbnis in Rom bekannt, nicht eben zu wundem : denn weder bei der
einen noch bei den andern denken wir gerade an besonders ausgezeich-
nete persönlichkeiten, mSclitige, imponierende gestallen , was bei den 50
oder 49, nach anderen nur 47, ihre in tiefen schlaf begrabenen freier
mordenden, Oanaiden ja sdion die grosze schar, die hier zerstreuend die
einbiidungskraft beschäftigt, verhindert, aber auch eine Klytironestra
soll in jedem Stadtviertel zu finden sein, eine Römerin jener Tyndaros-
tochter gleichend, die Horatius dreist als die thatenkühnste unter allen
sprösziingen des Tyndaros {fortiBSima Tyndaridarum, sai. I 1, 100) zu
bezeichnen nicht ansteht und an deren namen von vorn herein unmittel-
bar und notwendig , wie kaum bei einer andern heroine der griechischen
sage , die Vorstellung eines audi in seiner Suszem erscheinung schon als
zum herschen und zu gewaltiger that geboren sich kennzeichnenden
mannweibes sich anknöpft?
Ja, eine Klytämnestra immerhin, doch eine Klytämnestra en mlnia-
ture, wie denn eine Klytämnestra das schwache und winzige geschlecht,
das damals die erde erzeugte, dessen weiber, um gross zu erscheinen,
erst durch turmartige haaraufsStze sieh ein ansehen zu geben bemüht
sein musten (s. Juvenalis 15, 70. 6, 502 [351] ff.} 9 überhaupt kaum zu
Hefern im stände war, eine iwergklytflmnestra, eine Nanoclytaemettra
also, wo dann in dem nano^ das bei dem so oft gräcisierenden Ju^eaal
auch in dieser Zusammensetzung auf keine weise bef^mdea kann , ein
auch für den vers ausreichender ersetz für jenes durchaus unfaszbare
mane geboten wäre, eine Nanoclytaemesira ^ die als solche natürlich
auch, wie die folgenden verse aussagen, gerade nicht so leicht, um des
lästigen gatten sich zu entledigen, wie ihr vorbild aus der heroenweit, das
R. Peiper : Ghaucer und seine Vorbilder im altertom. 65
bei! ergreifen, sondern lieber zu dem stUlwirkenden mittel der vergiftong
des verhaszten ihre Zuflucht nehmen, notgedrungen indes, wenn gegen
g^ifte der böse mann sich sicher zu stellen gelernt, doch auch das eisen
rechtzeitig zu ihrem zwecke zu handhaben verstehen wird.
Also Nanoclytaemestram ntdlus non vicus habebii würde jetzt
nach der von mir vorgeschlagenen Verbesserung der vers lauten , der in
seiner fiberlieferten gestalt uns so wenig gefallen wollte.
LiBOMITZ. EOUABD MüLLEB.
14.
CHAÜCEB UND SEINE VORBILDER IM ALTERTUM.
W. Hertzberg erwähnt in der vorrede za seiner Übersetzung von
Geoffrey Chauoer's 'Canterbary tales' (HUdharghaasen 1866) auch
die cdassischen Schriftsteller die von Chancer benutzt oder doch dtiert
werden, nicht erwähnt ist der tragiker Seneca. mit der Schilderung
des lur Areitas errichteten Scheiterhaufens v. 2921 ff. (s. 149) vgl. Her-
cules U 1622 ff. besonders 1634; hier liegen seinen ausfnhrungen frei-
lich auch noch andere quellen zu erunde. aber v, 1626 ff« (s. 113)
o du Cupido, aller huld entkleidet,
o königtum, das nicht genossen leidet!
wahr ist das wort; herschaft und freiersehaft
vertragen nimmermehr genossenschaft
entstammt dem verse des Agamemnon 260
Ttec regna sodum ferrt nee taedae scitmt.
ebenso treu ist in den versen 1165 ff.:
kennst du denn nicht die worte jenes alten:
'wer kann verliebte durch gesetze halten?
ein stärkeres gesets bei meinem leben
ist lieb', als je von menschen ward gegeben'
Boetius de com, pkU. IH 12, 47 f. wiedergegeben:
quis legem det amantibus?
maior lex amor est tun.
Unter den apokryphen quellen wird (s. 42 anm. 67) auch ein Lol-
lius genannt, von den bei den scriptores bist. Aug. vorkommenden
männem dieses namens wird wol keiner gemeint sein, es scheint mir
die Vermutung nahe zu liegen, dasz Lollins durch einen irtum, sei es
der abschreiber des Chaucerschen gediohtes, sei es seiner quelle, aus
C. Sollius ApoUinaris Sidonius entstanden ist — oder sollte Cfaauoer
absichtlich den namen gefölscht haben? Sidonius erzählt allerdings
y 91 von TroUus nur soviel: nee turbine tanto stridiäa Pelidae per TVot-
lon exiU omus.
In der anmerkung zu v. 2064 'dann sah ich Danen dort zum bäum
verkehrt; ich meine nicht die göttin jetzt Diana' sagt der Übersetzer:
'nur aus der italischen quelle kennt der dichter den namen; an ande-
ren stellen, wo er aus lateinischen schriftsteilem schöpft, schreibt er
richtig Daphne.' wenn nicht andere spuren auf eine italiänische quelle
hinweisen^so sohlieszt der Übersetzer aus der form Z>aite zu viel; denn
das ist in itali&nischen hss. des späteren mittelalters wol die gewöhn«
liehe form, aus welcher dann die Verwechselung mit Danae hervor-
gieng, wie sie sich z. b. in den hss. der Octavia v. 786 zeigt.
Breslau. Rudolf Feifeb.
Jahrbacher ftir class. phUol. 1868 ha 1.
66 Ludan Müller: mittelalterliche kalaloge zweier klosterbibliotheken.
16.
MITTELALTERLICHE KATALOGE ZWEIER KLOSTER-
BIBLIOTHEKEN.
In der siebzigsten foliohandschrift der Vossiana finden sich auf blatt
82. 83 zwei von verschiedenen Schreibern , aber etwa um dieselbe zeit^
ums jähr 1200, angefertigte Icataloge von klosterbibliotheken , die leider
durch schlechte schrift, ebensolche dinte und pergament, besonders aber
durch ein paar riesenflecke sehr unleserlich geworden sind, ich gebe
hier was ich entziffern konnte, so weit es nemlich den philologen irgend-
wie interessieren dürfte, denn zum groszen teil waren die bezüglichen
Codices specifisch christlichen Inhalts, weshalb ich aus dieser gattung
nur die vita Gregorii papae wrbis Romae in nr. II hervorhebe, um bei
dieser gelegenheit zu bemerken, dasz ich weder hier noch sonst irgendwo
in hss. die nola fiS für den erwähnten pabstnamen gefunden habe, nicht
einmal in seiner grabschrift (N. L. V. Q. 69 und F. 82] , wol andere ab-
kürzungen, aber nicht diese, das möge sich der anonymus, der im rhein.
museum XXI s. 300 so höchlich über jenes nichtantrefien erstaunt ist
und dessen sehr geistreiche Vermutung, als ob ich nie von pSbsten mit
dem namen Gregor gehört hätte, höchstens Mudaeus Apella' glauben
wird , hinter die obren schreiben.
Ohne gerade viel besonderes zu bieten , sind die in rede stehenden
kataloge wahre muster rechtschaffener klosterbibliotheken im dreizehnten
Jh., und darum möge ihnen der geringe räum, den ihr abdruck erfordert,
gegönnt werden.
Der übrigens von jüngerer band aufgefrischte titel bei nr. I lautet
folgendermaszen : hi sunt lihri Sancti Pein Eesbacensis monasterü,
über dies ' monasterium Resbacense ' bietet Hoffmans leiicon universale
(Lugd.Bat. 1698) unter Resbacis folgendes: *Resbacis torrens vel rivulus
Galliae in saltu Briegio, ex aquis, pluviis in unum confluentibus oritur et
aestate aret. ad hunc Audoönus, qui et Dado, Autharil Franci viri nobi-
lissimi ac ditissimi filius, Dagoberti regis referendarius , ex B. Golumbani
regula monasterium exstruxit; quod ipse Hierusalem, ceteri a fluvio coe-
nobium Resbacense cognominarunt , cui Agisum, unum ex Golumbaui dis-
cipulis, abbatem praefedt; vulgo Rehes vel Rebais hodieque nobilissimum ;
vid. Hadr. Valesii notitia Galliae.'
Duo iexia Scotica. *) — duo libri Prosperi^ prosaicus et metricus.
— unus sancti ffisidori de omnibus creaturis, — unus Smaracdus de
VII plagU. — duo Seduliu unus Boeiius de triniiate^ alter de conso-
unus
latione philosophiae, — unus diadema. — duo glosarii per a b c.
unus salius (soll wol heiszen aUusJ)^ verändert in duo salii. duo nota"
rn. — unus prognosttcus, — unus Jdhelmi de virginitate. — unus
*) wo die aafgezfthlten Codices nicht unmittelbar folgen, habe ich
dies durch einen gedankens trieb ausgedrückt.
Luciao Mdller: mittelalteriiche kalaloge zweier klosterbibliothekeo. 67
epiihomaium {um nicht ganz deutlich) luslini super Trogum Pom-
ire*
peium, — duo Prisciani de maiori arte. — duq libri Donatü expo*
siiio Remigii super Donatum minorem (migü ^ nur teilweise zu erken-
nen), unus VirgilH. Caionis unus Porphirii. unus Prudeniiu
unus TerenHu unus Aristotelis, — unus Persius. unus cafegoriarum.
unus reihoricae, unus M. T. CiceroniSy Caionis de senectuie vel de
amicUia, unus Prosper de epigramatibus. unus Tsidori iunioris Ispa-
lensis de discipUna et arte grammatica. unus glosarius, — fabula-
rum unus.
Der name des klosters, dessen bibliothek der zweite katalog um-
faszt, ist durch auskratzen sehr beschädigt, doch wQrde man diesmal dem
Vossius wol unrecht thun , wenn man ihm jene Vertuschung des wahren
eigentümers zuschriebe, sonst freilich sind ähnliche erscheinungen in
der samlnng jenes herrn meist auf ihn, und nur auf ihn , zurückzufahren,
da in bezug auf manuscripte sein gewissen eben so weit war als seine
finger lang, in unserm fall aber scheint allerdings die entfremdung schon
früher stattgefunden zu haben: denn auf der pagina a versa steht von
ganz junger band : iste liber est monasterU Fossaiensis , wobei aber sis
nur dardi einen schnörkel ausgedrückt ist. auch dürfte dies Uall ganz
zufällig zu dem vorhergehenden, und überhaupt zu dem aus verschiede-
nen bestandteilen zusammengefügten codex sich gesellt haben, denn es
ist nur angeleimt an seinen Vorgänger, stimmt auch zu diesem und zu
den frühem stücken nicht ganz im format, zumal unten ein teil abge-
rissen ist. von der Überschrift erkannte ich nur sehr wenig und lasse
dieselbe, besonders da, wie schon angegeben, das blatt mit dem vorher-
gehenden nicht weiter zusammenhängt, bei seite.
Uebrigens notiere ich: liber Szmaragdi qui dicitur diadema mona-
chorum. — gesta (nur a lesbar) Francorum (auch im vorigen katalog
auf der zweiten linie vom ende, fast verwischt durch nässe, findet sich
latus gesta Francorum , ebenso werden in unserm nachher noch einmal
erwähnt quaiem . . . . , d. i. quaiemianes^ de gesta Francorum). liber
de enigmatibus ex libris veteris testamenti ac notn {veteris ist nicht zu
lesen). — Isidorus ethimologiarum, — liber Tsidori qui dicitur sino-
nima. — de formulis spirüitalibus ei de glosis. — - duo Prisciani maio-
res. duo libri Boetii de musica ei aritmeiica. Sedulius et Arator et
Prosper simul. Donatus minor et Cato simul. item Donatus minor in
duobus locis. Boedus de trinitate et de consolatione simul. item Boe-
tius de consolatione. Sedulius cum isagogis Porphirii. Donatus maior*
Expositio Remigii super Donatum. Sedulius cum luvenco. luvenalis.
— Terendus. item Arator absque .... [prindpiot) et fine. Publius
Ovidius Naso. Priscianellus. Sinonima Ciceronis et Fulgencius epis^
copus simul ad Calcidium. item Priscianus minor cum duodecim ver"
sibus VirgUU et Beda et Caione. — item libellus ex libris Valerii
Maximi. Virgilius valde bonus. Prudencius de himnis et passionibus
sanciorum. expositio Terencii in magno rotulo. — liber collationum
68 Lucian Müller: millelalterliche kalaloge zweier klosterbibliolheken.
Odonis abbatis et de confliciu vitiorum. — Über Sedtdii. declinationes
verborum. historia iriperiita* flores psalmorum atque Orosium. —
liber maihesis luiii FirmicL — Über de viris Ülustribus. — aniiphona'
rius Guidonis perobiimus musicae notaius,
I. Bemerkenswerlh sind die duo iexla Scoiica-y deren existenz man
freilich nach jener oben gegebenen notiz Ober das monasterium Besba-
cense leicht begreift, auch die Leidener bibliothek besitzt einen sehr
alten, angelsächsisch geschriebenen Über peregrinus qui in catalogo
Vossiano dicitur ffibernicus (M. L. V. Q. 7), der bisher, soviel mir be-
kannt , noch nicht die aufmerksamkeit der betreffenden gelehrten auf sich
gezogen hat. unus diadema = liber Szmaragdi qtd dicitur diadema
monachorum in nr. H. unus glosarii per abc, die Schreibart glosa usw.
ist viel häuBger in mittelalterlichen hss. als glossa, so bat in Marbods vor-
rede des gedichtes de omamentis verborum v. 15 der codex Vulcanii 48
nomina cum glosiSj guibus haec dinoscere possis, wo doch schon der
reim auf glossis hinweist, unus prognosticus , doch wol der des Germa-
nicus. sein besitz wSre wünschenswerth. expositio RemigH^ des be-
kannten scholasticus von Auxerre ums jähr 900, der auch einen commen-
tar zu Martianus Capeila geschrieben hat. unus Porphirii kann aller-
dings auf die im zweiten katalog genannten isagogae Porphirii gehen,
doch erscheint es ebenso möglich, dasz der panegyricus des Optatianus
gemeint ist , der im mittelalter grosze populariiat genossen hat und ganz
oder in bruchstQcken öfters in hss. gefunden wird, fabularum unuSj
schwerlich Phaedrus , sondern eher Avianus oder Romulus.
II. gesta Francorum^ bekanntlich sehr hl&ufig in mittelalterlichen
hss. Über de enigmalibus etc. bei dieser gelegenheit bemerke ich, dasz
der Baseler codex der Araiea des Claudius Caesar, wie er dort genannt
wird , auf seinem rficken von aller , ja vielleicht gleichfalls dem neunten
jh. angehöriger band den tilel hat: enigmata Avieni et Arati Phaeno-
mena. vgl. auch Eyssenhardts praef. zu Martianus Gapella s. LXII. die
enigmfxta Avieni^ von denen sonst nichts bekannt ist, erscheinen um so
merkwürdiger, als vor den Aratea entschieden einige fascikel ausgerissen
sind, de formulis spiritualibus^ von Eucherius, bischof zu Lyon im sechs-
ten jh. Priscianeilus ^ d. i. Priscianus minor, nemlich buch XVII und
XVIIl. was das iVüber Priscianellus bedeuten soll, ist mir nicht klar:
vielleicht non^ um den besitz des buches zu leugnen, da allerdings gleich
nachher der Priscianus minor erwi&hnt wird? Sinonima Ciceronis^ die
zuletzt von Mahne herausgegebene, oft in hss. wiederkehrende samlung.
Fulgencius episcopus, eine mehrfach vorgekommene Verwechselung die-
ses Schwindlers mit seinem africanischen namensvetter. cum duodecim
versibus Virgilii d. h. mit Priscians tractat über diese, et Beda^ nemlich
seinen grammatischen schrIften. tVt magno rolulo , vgl. Du Gange unter
rotulus. ob der liber Sedulii am ende und der cum isagogis Porphirii
den dicliter oder den scotischcn grammatiker in sich schlosz , läszt sich
nicht entscheiden, auch de viris iUusiribus gestattet mehrfache deutun-
gen, vermutlich ist jedoch das bekannte buch des Ilieronymus gemeint.
Bonn. Luoiak Müller.
F. Lüdecke : zu Scaligers briefen. 69
16.
ZU SCALIGERS BRIEFEN.
Von dem briefwechsel zwischen Joseph Justus Scaliger und Gott-
fried Jungermann, dem gelehrten corrector einer Hanauer druckerei,
waren bisher nur brachstGcke aus zwei briefen bekannt, längere cilate,
▼on denen das eine in Jungennanns vorrede zu seiner ausgäbe des Caesar»
das andere in einem seiner briefe an Sdpio Gentilis (Tgl. Gudii epist s.d62,
Crenii animadv. philo]. V s. 14, Bernays Scaliger s. 307) sich findet, voll-
ständige briefe, und zwar drei, besitzt die stadtbibliolhek zu Bremen (vgl.
Terzeichnis der manuscripte s. 5 nr. d): es sind originale, und noch sind
die Siegel, welche Scaligers wappen zeigen, daran erbalten, im schilde
desselben erblickt mad ein zwiefaches emblem: über einer nach oben sich
verjüngenden leiter . schwebt ein doppelkdpfiger adler mit ausgebreiteten
ÜQgeln; auf dem schilde ruht ein gekrönter heim, von welchem arabesken
ausgehen, nach oben und unten sich verzweigend und den flbrigen räum
des ovalen siegeis in geschmackvoller weise ausföllend ; schliesziich ist
als helmzier ein crocodil angebracht , jedoch auf allen drei siegeln so un-
deutlich ausgeprägt, dasz es ohne die abbildung des Scaligerschen Wap-
pens auf der marmornen gedenktafel , welche die universiläts- und Stadt-
behörden von Leiden nach dem tode des princeps philologorum öfTentlich
errichten lieszen (vgl. D. Heinsii in obitum L Scaligeri oraliones duae,
Lugd. Bat. 1609, s. 33), nicht zu erkennen ist. die drei in der mitte
durchgebrochenen scepter, welche unter dem wappen der gedenktafel zu
sehen sind, fehlen dem wappen des Siegels; sie bedeuten den verlust der
fürstlichen herschaft, welche Scaligers vorfahren in Verona besaszen.
die bedeutung des crocodlls zu ermitteln musz ich heraldikem fiberlassen;
die leiter bezeichnet den iohaber des wappens als den abkdmling der
della Scala, der adler ist nach Scaligers eigener angäbe (epist. s. 11 f.
27 f. ed. Francof.) der des deutschen reichs und wurde seinen vorfahren
von Heinrich VII und Ludwig dem Baier und aufs neue seinem vater Ju-
lius Caesar Scaliger von Maximilian I verliehen, auch die färben des ge-
schlechls (vgl. epist. s. 12) waren die deutschen: der adler war schwarz,
die leiter roth, und der grund des Schildes golden, hat etwa die bezeich-
nung Scaligers als aquila in nubibus^ aicTÖc iv V€q>Ar)Ci, welche ^durch
häufigen gebrauch fast zu einem stehenden titel' desselben bei seinen
Zeitgenossen geworden war (Bernays a. o. s. 19 f.), in dem embleme des
adlers ihren Ursprung?
Scaligers handschrift ist auszerordentlich deutlich, fest und be-
stimmt, und doch kann man sie zierlich und schön nennen, so ge-
fällig ist der eindrnck den sie macht, mancher möchte versucht sein
die grosze geistige klarheit des mannes , die ruhe und harmonie seines
gemüts in den zögen seiner band wiederzufinden, doch nun die briefe
selbst : die treue der abschriften braucht wol kaum besonders versichert
*2U werden.
70 F. LQdecke: zu Scaligers briefen.
I
Inse. ORMATISBIUO lUUEin aOTBOFSEDO IDMOSRUAMKO IilPSIikV.
•
loseph. Seal. Golhofredo lungermanno suo S. Laudo omnes conatus,
qui ad rem literariam promouendam coDferuntur: et quum eiusmodi sit
tuus in Longo interpretando , noli dubitare, an talis opera mihi probari
debeat. Sed amicus quidam noster, ut audio (oam ilie nihil tale ad nos
scripsit) adornat editionem Tillv dpu)TiKu)v, praesertim Achiilis Tatü,
quem integrum dabit. Scis enim ei muita deesse. Si Longum Latine lo-
quentem dabis*], non dubito, quin a studiosis magnam gratiam initunis
sis: quod autem de illis praetextatis uerbis, uel lil)6rlale, qua aliquando
ludit, quaeris, ego nihil pronuncio, quum sciam diuersa hominum iudicia
esse : quibus pro le uihil aliud potes respondere , quam quae Graece uul-
gus legit si intelligit, ea se Laune et alia lingua legere, nullam esse in-
uidiam. Itaque in hoc non alienum, sed tuum iudidum melius est te
sequi. Certe auctor est amoenissimus, et character eo melior, quo sim-
plicior, Kai dveninibcuTÖTepoc. Tu uidebisl Vale. Lugduni Batauorum.
Kai. Sextilis luiiani. ClÖ 13 CIÜ.
II
InSC. ORNATISSIHO ET ERUBITIS8IH0 lUUENI aOTHOFREDO lUNGBR-
HANNO HEYDELBBROAM.
losephus Scaliger Gothofredo lungermanno suo S. Duplici gaudio
me alTecerunt litterae (uae, quod ex illis intellexi et me a le amari, et te
TiüV ipuJTiKUiV editionem adomare. et mea igitur et publica caussa
gaudeo : utque te in amicitia constantem Tore spero , ita in proposito edi-
tionis perseueraturum mihi persuasL Perge igitur, et harum suauissima-
rum musarum fruclum nobis communica. Tatianum et Longum iam olim
legtmus, et quae ex illis utiliias in studiosos manare possit, si meliores
et integrlores edantur, non solum nobis, qui illis aucloribus operam non
perfunctorie dedimus, sed et cuivi&, qui aliquo iudicio praeditus sit, con-
stare polest. Euslalhium tan tum in bibliolhecis latere olim audiebamus,
et in paucorum poiestate esse magis dolere, quam eins editionem sperare
poteramus. Sed ea ipsius exemplaria ad te peruenisse eo nomine gaudeo,
quod cum illo auctore melius agi non poterat, quam in eius manus inci-
dere, qui et in similis argumenii auctoribus iam plurimum studii colio-
cauit, et ab illis eum usum adeptus est, ut proprium eius hoc opus esse
uiderl possit, et aliis omnem facultatem de eo heue merendi abstulerit.
Quia igilur iam procedil opus, quantum ex litteris tuis intelligere pos-
sum, auctor tibi sum, si fierl polest, ut et Cyri Prodromi lambos una
caeteris adiungas. Neque est, quod perplexitate characleris deterreahs.
In omni re prius assuescere opus est: ubi aliquandiu opus illud repetiue-
ris, et scriptionem tibi familiärem efficies, et omnes difBcultates elacta-
1) Longi Pastoralia, graece cum latina renilone et notis ed. lon-
g ermann, Han^viae 1605.
F. Lfidecke: zu Scaligen briefen. 71
beris.*) Noli uero dubitare, quin irpuiTOVoßeXici)ioc sit nomeo officii.
In senectute imperii ConsUntioopolilani molla eiusmodi ut morum, ita
ambitionis, et officioram Palatioorum nala sunt portenUf qaae ut quoti-
-die cum uitiis Aulae Byzantinae crescebant, ita et noua fancUonum, ho«
norum, officiorum tarn Ecclesiasticorum , quam Aulicorum nomioa sub-
oriebantur« ut mirum non sit, si quaedam apud uetosliores auctores
€orum meutio aut uestigium non exstel. Nam poteat Oeri, ut ille £usta-
thius primus hoc ut o^cio , ita nomine aflTectus fuerit. NoßiXr)Ci^ouc
tantum iuniores et pueros Caesarea uocatos esse neque te ialere potest,
neque ideo memini, ut te docerem. npwTOVOßiXici^ouc aulem apud
Dullum ueterem legi, ne apud abortiuos quidem morientis imperii scrip-
tores. Si legi, non memini. et certe si apud ullum auctorem eitat, non
miror me iliud perdidisse: quia non nunc primum memoriam meam, et
eins morbum accusare incipio. Quod irepl irpuiTOVOßeXici^ou dixi,
idem iudicium esto Kai Kcpi irape^ßoXixou. Nam eum crparcmebdpxiiv
fttisse, quanuis cognatio significationis biänditur, tamen id haud temere
afEnnarim. irepl AaKa(vr)C, aut potius AaKiaivric, qui proculdubio
mons est Cbii insulae, non magis succurrit, qui meminerit, quam constat
müii, an ullus alius meminerit.')
Sed moror te. Vale. Lugduni Batauorum. Nonis Martü laliani
CI3.0CV.
m
InSC. ORNATI88IMO ET EBTJDITI8SIM0 lüUENI GOTHOFBEDO lUNOEB*
MANKO FBANCOFUBTUM.
losepbus Scaliger Gothofredo lungermanno S. PoUucem tuum ac-
cepi, mi lungermanne, de quo tibi ingentes gratias ago. Nondum compin-
gendnm tradidl, quod expectem tnas Notas, ut una simul componantur.
Quominus, quae potuissem, obsemare non licuit. Non enim solutos
libros legere possum. Interea uideo ex Ulis, quae a te prodierunt, quan*
tum tibi debeat res publica literaria, et quantum in posterum ex te ex-
pectare debeamus, qui tale speciem (sie) eruditionis et diligentiae tuae
nobis dederis. Quae potui ex Notis Wolfgangi Seueri carptim legere,
magnam eins diligentiae et laiioris inexhausti admirationem mihi excita-
runt. Video enim eum omnes Graecos scriptores excussisse, et certe mui-
tum ei debet Pollux, et Pollucis Studiosi. Sed de istis postquam tuas
notas aeoepero, amplius tecum dlsseremus. Locos corruptos Hyperidis
neque ego, neque qui meliore ingenio fuerit, emendare possum. Periisse
2) Tgl. den brief Ton Janffermann an Salmasins kaL Mali 1807 bei
Bomian syll. epist. II s. 489 f. : ' Valde vero gandeo de Prodrom! Bo-
danthe, gaudebit et heros noster Scaliger, qui hoc ursit iam ante
bienniam. Vidi enim ipse MS. illnm Palatinom, et contortipiicatis to-
cabolis, Oraecnliqae mann difficili et ÖucavaxviiiCTip deterritus resilU:
quaravia Illostrissimas Scaliger animnm adderet, scribens diligentiae
et assidoitati omne tandem id fore facile.' 8) gemeint ist die stelle
«US Achillens Tatios s. 69, 6 oder ans Enstathios s. 164, 4 (Hercher).
▼gl. Jongermann za Follnz ed. Lederlinns et Hemsterbois s. 672 note 37.
72 F. Lfldecke: zu Scaligers briefen.
«nim scts maiorem partem orationum illarum. Itaque coniectarae nihil
huc faciunt, Disi ut lodibrium mereamur, si sine subsidio ueterum codi-
cum aliquid tentemus. tdcoc, dvrl toO itictöc iandudum nos repo*
suisse, testis erit codex noster. et Tr€p) KiOKpdvuJV, dvii toO Kpio-
Kpdvujv non operosa est coniectura. Quanti faciam quae a te commen*
dantur, expertus fuissel adolescens ilie ^) , si per eins repentinnm disces-
sum non interruptum fuisset officium noslrum. Sed uix pedem In hac
urbe posuerat, quum de discessu cogitauit. Frustra hortatus sum ma*
nere. Doluit nobis per eum stetisse, quominus commendatio tua eunt
euentum haberet, quem et tua uirtus meretur, et amor meus in te opta-
bat. Sed abduxit eum binc nescio quae huius Academiae bucqnijüita, quae
tarnen apud exteros, quam hie, notior est. Quid post Gasaubonum, et
Heynsium in Theocritum*} meditari possint uestrates, quod quidem all-
quam laudem mereatur, comminisci non possum. Non diffido eruditioni
uiri'), sed dubito, an possit tueri locum, quem suscepit. Utinam nobis
Earpocrationem meliorem des. Nihil est, quod impensius optare possim»
Vale. Lugduni Balauorum. prid. Id. lulii luliani. CID .rJ.CVill.
Auszer diesen drei originaibriefen besitzt die Bremische bibliothek
die copien von vier schon bekannten briefen an den Augsburger Marcus
Weiser, vgl. Verzeichnis der manuscripte s. 5 nr. 11, Scaligeri epist. nr.
€L — CLIII s. 341 — 345 ed. Francof. diese copien sind, wie aus einer
marginalnote hervorgeht, nach den originalen gemacht: zu zwei kleinen
locken in ep. CLllI poi .... (potueris) und re . . , . (reddamus) hat nem-
lich der abschreiber am rande bemerkt : desunt haec in arigin. einige
male hat er sich arg versehen: ep. GL s. 341 schreibt er uno distanie
^xcerpti videntur ffir uno dictante excepii tndeaniur^ ep. GL! s. 343
praecusa für preciosa^ ep. GLIl s. 344 vel scrutanii für WeUerus ianiiy
und ep. CLUI s. 344 f. hat er acht worte, idem bis poies^ ausgelassen,
trotzdem ermöglichen diese copien ein urteil ober die Veränderungen,
welche Daniel Heinsius , der mutmaszliche herausgeber der Scaligerschen
briefe — Golomesius opp. ed. Fabricius 1709 s. 115 bezeichnet ihn ge-
radezu als solchen — mit denselben zum behuf ihrer Veröffentlichung
vorgenommen hat. bisher wüste man nur im allgemeinen , dasz manches
'cilra urgentem causam' von ihm geändert sei, vgl. Acta litteraria Yitemb.
1714 s. 22, Bemays a. o. s. 306; dies bestätigt die folgende collation,
in welcher das was hinter der klammer steht die lesart der copien oder,
was dasselbe besagt, der originale ist.
Ep. GL neque typographi moratur operas] ei operas Typographicas
non moratur parum abfuit] iantum a. edendi propositum] p, e,
exemplariorum formae} f, sunt e. magnus Ulis inter se consen-
4) nach andentungen in den epist. ad Goldastnm (Francof. 1688)
vermutlich Thomas Segbetas aas Schottland, ein bekannter Jooger-
manne. 6) gemeint ist die ansgabe der bakoliker von Daniel Hein>
Sias nebst noten Ton Casanbonus und Scaliger, 1004. 6) Jo. Weita,
prorector der schale zu Gotha, vgl., Jungermanns brief an Salmasius
bei Burman syll. epist. II s. 611.
F. Lfldecke: zu Scaligers briefen. 73
aus] ilHs inier se magnus c, deprehendi steht hinter potiea y im
druck weit davon getrennt profiteantur steht hinter descripserunt
manifestae perturbationis testibas]. /. m. p, et commiserunt eam]
eam et c. quare iratus nt dixi et labori meo et vigiliis] Itaque ui
dixi iratus hb. et mg. meis qui quid sequendom quid fugiendum
esset] et quid mihi seq. esset quid fug, hoc enim] nam sane hoc
est steht hinter nostri et] etiam
Ep. CLI haud diu est quum accepi nicht am ende des satzes, son-
dern gleich hinter posteriores de lento Eusebii negotio exposlulas]
exposlülaiur de h n. E. satis feliciter restitueram] r. s. f, verum
plura in Excerptis sunt] sed ph sunt in Exe, efficere non potui
steht vor destitutus auctoris illius] i. a. Excerptis Ulis] t. E,
inscitia librariorum ac temeritas licere voluit] licuisse vol, insc, et
tem. lib.
Ep. CLU Spes Georgii Monachi facta nobis erat] Spes erat mihi f,
G. f». Illum mihi Scriplorem cum] Quum iUum scriptorem mihi
ulUmo hello civili a furibus] a f, u. b. c, in Bibliotheca vestra Au«
gustana scriptorem eum extare animadverti] animadverti scriptorem
extare in B, v. A. dabo steht gleich hinter fideiussores^ nicht am
ende des satzes usum] usuram inopiae huic nostrae mederi potes]
p, m. h, t. n. facit nicht am ende des satzes, sondern hinter hoc
Ep. GLIII nostri om, wahrscheinlich aus versehen ex arbitrio tuo
pendet] p. ex a. t, Chronicon suum] s> Ch. ultimis meis litleris
egertm] e, u, m. l. easdem] e, preces aurem de eadem re vellam]
a, V. de e. re serias occupaliones tuas] /. s, o, de libro resti-
tuendo redpiet] rec. de /. r. ^
Sachliche Veränderungen hat also Daniel Uetnsius in diesen briefen
sich nicht erlaubt, und es Iftszt sich annehmen dasz er sich deren Über-
haupt enthalten hat. darauf deuten die kleinen besternten Iflcken hin,
von denen Bernays s. 274 spricht, diese sind mit eigennamen auszufal-
len und veranlaszt durch den wünsch in der sache selbst nichts weiter
andern zu müssen, zahlreich sind dagegen die Veränderungen der form,
und man musz hinzufügen, fast sämtlich Oberflflssig. dies lehrt schon
ein flachtiger fiberblick der coUation, recht deutlich aber wird es, wenn
mau die angegebenen lesarten in den text der briefe einfügt und im Zu-
sammenhang mit ihrer Umgebung sich denkt, dem herausgeber freilich
7) man vergleiche auch noch Scaligers brief an David Hoeschel,
ep. CCCLXXXV s. 672 mit dem abdrack des Originals dieses briefes
in Hoeschels ausgäbe des Photins, Ang. Vind. 1^1 (steht auch in B.
Botfields praefationes et epistolae editionibus prineipibns auctoram ve-
temm propositae, Cantabrigiae 1861, s. 665) und die beiden briefe an
Ooldast s. 789 f. mit dem abdmck derselben briefe in den epist. ad
Goldastnm s. 288 f. diese vergleichnng wird Verschiedenheiten ergeben,
welche denen der obigen collation darchaos ähnlich sind, beiläufig
möge erwähnt werden, dasz die samlong der briefe an Ooldast noch
einen dritten freilich kleinen brief Scaligers (s. 260) enthält, welcher
Heinsins nicht bekannt geworden ist: vgl. Bemajs s. 807.
74 F. LQdecke: zu Scaligers briefen,
schienen die Veränderungen notwendig, in seinem der Scaiigerscben
samlung angelifingten briere an Gasaubonus, worin er Scaligers letzte
lebenstage schildert und eine Charakteristik von ihm gibt, heiszt es
s. 774 f. : ^'n epislolis quas concitatior aut tanquam editurus scripsit, ad-
mirandus spiendor, aJrroq)uf|C beivÖTiic, vere ei propria, respiendet: ut
ex magnitudine fortunae snae et Scaligerorum dignitale loqui videatur.
In caeteris quae ad amicos et ex tempore scribebat, summa castitas ser-
monis et simplicitas elucet. Nam et raro circumducit, et nomi-
nibus plerunque verba singula subiungit. (dies bestätigt die
obige collation.} quod quemadmodum exiguam, ut Rhetores loquuntur,
compositionis curam arguit, ita niliii minus quam anxietatem testatur.
et inlerdum maxime est inimitabile. Quanquam de idiotismis eins scio
quid inepti homines obiecerint. noluisse tarnen edi omnia, quae
ita scripsit, caetera evincunt.' die begrQndung der Veränderun-
gen wird man jedocli nicht gelten lassen können. Heinsius hatte berück-
sichtigen sollen, dasz Scaliger in seinen briefen, welche die ganze leben-
digkeit mQndlichen gesprSchs bewahren (Bernays s. 307), es mit der
lateinischen Wortstellung und andern kleinen formalitflten nicht so genau
zu nehmen brauchte als in seinen wissenschaftlichen werken, aber auch
in seinen briefen — das war die absieht, welche Heinsius bei der bear-
beitung und herausgäbe derselben leitete — sollte Scaliger als die voll-
endete grösze dastehen, als welche er seinen Zeitgenossen galt; auch
kleinlichem tadel sollte vorgebeugt werden.
Noch ganz anders aber als mit Scaligers briefen ist Heinsius mit
seinem eigenen schon erwähnten briefe umgesprungen, schon die unge-
wöhnliche länge desselben, das zurücktreten der briefform und die anspie-
lungen auf ereignisse, welche jünger sind als das datum des briefes
(28 märz 1609), könnten beweisen dasz er nicht in der ursprünglichen
form, sondern mit Zusätzen verölTentlicbt ist; in der vorrede aber ist es
geradezu gesagt: 'sub finem caeterarum de divini viri obitu epistolam
adiecimus. cui autor quaedam, postquam missa fuit, addidit; ne quis
admiretur, si quid Karä npöXTiipiv ab eo dictum sit' welche zusätze
nun Heinsius bei der herausgäbe gemacht hat, zeigt eine copie des Origi-
nals, welche, ebenfalls der Bremischen bibliotbek gehörig, mit den ol>en
abgedruckten briefen an Jungermann unter gleicher nummer sich findet
und ganz besonders dadurch bemerkenswerth ist, dasz sie mehr enthält,
als Heinsius selbst 18 jähre nach der abfassung des briefes — 1627 — •
zu veröffentlichen für gut fand, namentlich tadelnde, aber wahre urteile Sca-
ligers Über Justus Lipsius. letzterer war schon 1606 gestorben, und das
Verhältnis zwischen beiden war trotz dreiszigjähriger beziehungen stets nur
ein äuszerliches geblieben (vgl. Bernays s. 169 f.); dennoch mochte Hein-
sius die mitteilung jener urteile bedenklich scheinen, sei es dasz er Scali-
ger wegen seines schönen epicedium auf Lipsius, woraus ihm schon ein vor-
warf gemacht war, nicht nochmals in Widerspruch mit sich selbst setzen
wollte, oder sei es dasz er selbst zwei decennien nach Lipsius tode Sca-
ligers äuszerungen über ihn sich nicht öffentlich aneignen wollte, auch
teilt er das, was er berichtet, Gasaubonus nur als einem gleichgesinnteA
F. Lfldecke: zu Scaligers briefen. 7ö
mit : 'haec apud candidum viram et amicissiinum, quem eodem modo iadi-
care certo scio.'
Da Dim auch der Wortlaut der copie vielfach ein anderer ist als der
des drucks, so wird es gerechtfertigt erscheinen, wenn ich sie im folgen-
den vollständig mitteile, wo sie etwas ganz neues enthält, soll dies durch
cursive schrift angedeutet werden; auch werde ich die stellen angeben,
wo Heinsius seine zusStze eingeschoben hat. die drei eingeklammerten
griechischen stellen sind in der copie leer gelassen und nach dem ge-
druckten briefe von mir ausgeffiUt; auch habe ich ein paar unbedeutende
▼ersehen des abschreibers stillschweigend verbessert.
Dan. Heinsius Isaaco Casaubono S.
Vir Glarissime
Si ullo modo reus essem criminis illius, cuius me superiores (uae
accusabant, hoc est, si non quater aut quinquies de morbo communis
amicissimi parentis nostri toO vtiv ]Lioucap(TOU diligentissime ad te scrip-
sissem, et illius commendatione , cui amicitiam tuam debeo, et ea ipsa
amicitia tua, cui merito omnia postpono, essem indiguns. Nunc cum infe«
licitate mea factum sit, non culpa, ut de negligentia mea conqueraris,
dabo operam , ut quam opinionem de me culpa aliorum concepisti , eam
▼icissim diligentiae meae remittas. Et quandoquidem t5 Oaufidciov Kdpo,
e divini Illius viri virtutibus quem ex aequo ambo coluimus, nihil praeter
solam recordationem nobis est relictum, faciam TrXcov^Knma meum,
quod nunquam aut raro ab eo discesserim , quamdiu in hac urbe viii , et
praecipue sub mortem , magna parva , quaeque observare et audire ex eo
potui, mecum tibi sit commune. Qiiamvis enim 6eri non possit, quin qui
amicum luget, ad commemorationem singulorum vehementius commovea-
tur, quod admonitu ipso recrudescat luctus, tamen ubi idem ille aliquan-
tum remisit, et rationi locum dedit, sine voluptate aliqua meminissegeorum
non possumus, quae dolorem adhuc recentem vehementius acceodunt.
Qualia non pauca ego ex ore senis nostri excepi : qui paullatim naturae
cessit, et a morbo potius absumptus, quam oppressus est. Menses iam
prupemodum sex sunt, cum de editione Plautina, urgente Raphelengio
nostro qui sciret quantum apud eom solus prope ex omnibus qui hie
essent, possem, coepi agere: qua in re sive amici, sive precibus meis hoc
dedit, ut quod constantissime omnibus negarat, mea et typographi caussa
aasciperet. Itaque inter nos convenerat, ut uterque in hanc curam In-
cumberemus, ego ipsam editionem, quae adhuc in manibus meis est, ad-
omarem, certissima quaeque e codicibus, pauca e doctorom emendalioni-
bus, sed quae firmis niterentur rationibus, aut postea a libris con6rmata
essent , in textum reclperem : deinde vero cum eo singula conferrem : ille
vlcissim Comicum percurreret, et quae olim partim in eum notaverat,
partim in memoria, qua divina ut nosti utebatur, habebat, partim etiam
legendo revocaret, nobis traderet. Sed eheu, paullo post cum dies ali-
quot, ut solebat, continuos scribendis ad amicos literis impendisset, coe-
pit de ävopeSqi Kai är\bk(, et fastidio quodam cibi vehementer queri :
neque post illud tempus, quod nunquam solebat, nisi morbi alicuius vi
aut pertinacia victus, musaeum ingressus est. Itaque mensem prope In»
76 F. Lfldecke: zu Scaligers briefeo.
tegrum, sine ulla mutatione, quae ({uidein manifesta esset, in cnbiculo ad
focum sedebat, et amJcis potissimum, qui officii caussa ad eum venirent,
operam dabat. neque minus tarnen de literis semper cogilare, et libelium
aliquem penes se habere, quo aut morbi taedium aut temporis falleret, et
e studiis Musaniro , quae feliciore nemo unquam coluit successu , postre-
mam hanc voluptatem hauriret. Cum quotidie minus minusque cibum
appeteret, ac magis corpore simul ac animo langueret, coepit, quod res
erat, gravius aliquod malum vereri. Est huic a^ri familiaris quidam mor-
bus, sive languor, quem Scorbutum vulgo vocant, Plinius Scelelurben,
aut Stomacacen ir medicis sui temporis dictum fuisse notat; hunc per
semet ipse et medScorum iudicüs securus praesensit. Neque frustra fuil
unquam prudentissfmi hominis cura aut metus. nam ut hoc malum ex
priori, ita ex hoc ipso lerlium imminere frequenter d icebat, töv ubpuiTca
nimirum, et quod magis mirum est, certam eins speciem, quae ut
Omnibus fere , ita illi falalis fait, TÖV TVjiTraviTT^v. Sunt in hac urbe
medici aliquot clarissimi, et ut Tf)c iarpiKfic uXtic gnari admodum ita
etiam tt^c l^7r€lpiac de tö fixpov £cxtik6t€C, inter quos maxime fami-
liariter Aelio Everardo Vorstio, hodie magnifico apud nos Reclore, uteba*
tur, viro praeter Medicinam rerum plurimarum egregie perito, et cui e
baptismo filiolum mirae indblis puerum susceperat. Hie primum tanquam
amicus , cum adhuc medicos aversaretur , invisere ad eum coepit , et ut
aliquod adhiberi sibi remedium pateretur, partim precibus, partim consttio
et rationibus ab eo postulare, quod cum aegre impetraret, (rehementer
enim omnem medicorum opem ac praesertim potiones respuebat) coilegam
suum virum praestantissimum Reinerum Bontium prudentissime adiunxit,
memor illius cuv T€ bu' dpxo^^vu): partim etiam ut si tanto viro aii-
quid humanitus evenisset, quod futurum iam omnes videbant, ne ab uno
quidquam praetermissum putaretur quod praestari a duobus plenius
posset. IIa simul constantiam magni viri aggressi sunt, qui vix ulla ra-
lione adduci poterat, ut mortem quam effugere vix posse videbatur differri
saltem pateretur. llle enim qua erat in bis quoque peritia , oppugnare
eorum consilia quam sequi malebat. neque scio an quidquam perperam,
nihil cerle sine ratione dicebat, ut ipsi illi quibus salus eius commissa
esset, faterentur nihil esse difficilius, quam viro tarn docto aliquid prae-
scribere. Vires enim herbarum et nomina e lectione tujv pi2[0TÖ|iUiV
non modo ad unguem didicerat, verum et optime de morbo suo iudicabat,
quem dicebat talem esse, ut humanitus curari non posset. Interea quan-
tum patiebatur corporis infirmitas, quod longa äTpoq)(a penitus emacia-
tum erat, animum quasi in Stallone imperatorem semper erectum habebat,
ac ne tum quidem nihil agebat, existimo postremos quibus ante mortem
usus est auctores Polybium et Lipsii libros de re militari fuisse, quorum
in altero qui penes me est, infinita notaverat, et non multis antequam
penitus lectulo adfixus adhaereret diebus; PilumRomanum ex illius aucto*
ris descriptione manu sua delineaverat, quod in eo omnes, qui Polybium
illustrare conati essent, errasse existimaret. Ceterum quod ad reliqua^
magna ex parte eadem esse arbitror cum üs quae e codice ampUssimi
BusanvaUii a ie descripia sunt: dicebat autem multa in iis esse^ quibus
F. Ladecke: zu Scaligers briefen. 77
iemere' adhibenda fides non esset ^ quod aliud cigenti sibi olim magna
ex parte excidissei,^) AJterum vero plurimis obeliscis confoderat^ et
saepe cum ad eum venirem^ negabat scivisse se tot in eo opere ytaQo^
Qaiuxta esse^ aut tarn parvum usum habuisse Graecarum Uterarum
virum illum^ quod cum stomacho saepe repetebat. Eiusdem affectionem
in siilo vehementer fastidire soiebat^ in iis praesertim guae senex scrip'
sissei^ et non nunquam literas illius cum indignatione legebai. Baec
apud candidum virum et amicissimumy quem eodem modo iudicare cerio
scio*) Sed cum magis magisque indies malum glisceret, et peq>elua
dciTia vires amplius consistere non sineret, tamquam miles plane eme-
ritus, iubente ila ac volente natura, quod ab eo ante nee amici obtinere
potuerant, nee medici, omni se lecttone abslinere coactus fuit, qua de re
pJeninque cum ad eum venissem apud me conquerebatur. Dolebat enim
aliquod sibi perire tempus , neque amplius se vivere sed sibi ipsi super-
esse existimabat, postquam vitae fructum^ hoc estj aliquid discendi
commoditatem amisisset, Toto autem morbi tempore, cum de morte sua
nunquam dubitasset, ardentissimas ad Deum preces fundebat, et sive solus
esset, sire cum amicis, magno animi ardore, peccata sua secom ipse con-
fitebatur, quae dicebat quidem esse ävapi0^1lTa, sed fiduciam quam in
eo repositam baberet, qui peccatum ipse pro nobis ac maledictio factus
esset , longe esse maiorem : saepe dicebat , certo scire se mortem sibi in-
stare, tantum autem abesse ut timeret communem illum naturae humanae
finem aut detrectaret, ut nihil aliud peteret a Deo, nihil cogilaret, nihil
secum ipse volveret , quam ut hoc carcere quam minimo dolore et bre-
vissimo tempore solveretur, se iam ipsa vitae aeternae gaudia sentire,
neque dubitare quin visurus brevi esset [töv ^OVl()TaTOV cuJTffpa, TÖv
Iv iräci TrdvTa, cuius] desiderio langueret, reliqua sordere sibi omnia,
neque quicquam esse, cuius caussa vitae usuram vel ad horam sibi am-
plius concedi oplaret. *^) Quodam tempore cum ad eum misisset clarissi-
mus et ornatissimus omni laudum ac virtutum genere seuex Carolus Glu-
sius, qui iam diu per aetatem (annum enim tertium supra octuagesimum
8) weshalb Heinsias diesen passus weggelassen hat, ergibt sieh
ans Scaligers brief an Casaabonos s. 323, wo dieselbe sache ausführ-
licher besprochen ist: ^De Notis Polybii Bazennallli, dabito an meae
sint, qui nnllas scripsi. Tantum inter equitandum de locis Polybianis
ego et Lud. Castanaeus verba aliquando fecimus, qoae ipse in hospitio
ad libri sui annotabat marginem. Nam quae illi in dinersoriis tum
ezplicabam, neque mihi ezpendere vacabat accuratius, neque illi prop-
ter negotia, quibus distringebatur , annotare. Scio quicquid exciderit
mihi, tarn opportunum reprehensioni esse apud illos, qui a calumnia
continere sese non possunt, quam excusationem mereri posse apud eos,
qui sciuerint in Polybio nos cucurrisse potius, quam ambulasse.' usw.
9) diesen zweiten passus hat Heinsius durch folgende sehr zahme
Wendung ersetzt: ^in altero nonnulla, in quibus dissentiret, aonotaue-
rat.' zur sache vgL Scaligers änszemngen in den Scaligerana II s. v.
Iiipsius: 'Lipsiue n^est Qrec que pour sa provision. Ego scio quid iudi-
candum sit de Lipsio et in quibus laudandus est et in quibus non; non
est semper laudabilis sed quaedam opera docent esse doctum. Male
Bcribit.' 10) hier etwa 8 Zeilen eingeschoben.
78 F. Ladecke: zu Scaligera briefen.
implevit) partim etiam fatale quod accessisset, quod accedere emn non
posset, respoQdil, se non modo ilJI libenter ignoscere, aed et singularem
animi benevolenCiam amplecti: nee opus esse, ut se ipsius causa defati-
garet, brevi enim eundem in locum conventuros esse, ubi alter altenim
[dp^pwc Kai fivococ] amplecteretur. se praecedere, illum ^tem secu-
turum esse. Inter reliquas illius virtutes non postremam fuisse pruden-
tiam exislimo: quae cum aliis in rebus tum praecipue in eo eluxit, quod
fere annis singulis supremam voluntatem suam consignaret, et in testa-
menti labulis, si quid forte in menlem veniret, cuius rationem baberi
post mortem vellet, immutaret, ne si quid humanilus ut saepe solet eve-
niret, dbidOcTOC abiret. Idem ergo cum initio morbi in animo haberet,
omnium librurum suorum indicem ad me misit, petiitque, ut ex eis elige-
rem, quos vellem; non dubilare enim vitae suae fiuem instare, ac idcirco
tempus esse, ut de amicis cogitaret. Haec constanter xal äiraOuic. Quod
cum frustra diu recusassem, et cum lacrimis petiissem, ut pudoris mei ac
pielatis rationem haberet, tandem magna vultus sui severitate et auctori-
täte sua interposita"), (erat enim [b€iv6c dvf)p td TOiaOra]) invitum
eo perpulit, ul in scheda quosdam enotarem. Idem duo ex praecipuis
amicis fecerunl: aliis quosdam ipse delegit, quos relinqueret. ") ceteri
praeter Orienialia quos Bibliotbecae apud nos publicae legavit, divenditi
et ex iis immane aes conQatum est: quod precium oeconomo suo bomini
Gallo , qui fideliter admodum Tip jiaKapiTi] insenriit, cedere voluit. Vix
uUi erani in qnibus non aliquid notasset^ quos Studiosi adolescentes
non minus cupide redemeruni, quam si una cum libris ac chartis vir-
tutem quoque viri ac eruditionem redimere potuissent. '*) Sed ad mor*
tem redeo. Aliquot diebus ante fatale et supremum Uli tempus (vide
magnum et beroicum animum et incredibilem Trcpi rd Icxcna securita-
lem) cum accederem eum, quaesivit de versibus quibusdam suis, utrum
eos essem editurus. respondi me facturum esse. Ibi ille denuo, invenies»
inquit, scazontem quendam, priori Manilii mei editioni praefixum, qui non
erit praetermittendus: memini me tamen quodam in loco memoria lapsum
esse, nam pro illo, Rex Celtiberae Tarraconis Alfonsus, reponendus erit
nie, Castellae ampenae rex velustus Alfonsus. Haec oculis languentibus,
et morbo fractis viribus, morti ut tum quidem videbatur plane vicinus,
sensibus tamen integerrimis , dicebat. quae ego domum cum rediissem,
miraculo percussus in volumine meo notabam.*^) Sexto nisi fallor die,
cum profectus Hagam, Haga vero Delphos fuissem, et octavam drca ho*
ram domum sero venissem, accurrit ad nös subito coUegae nostri viri
clarissimi Dominici Baudil privignus , qui iam esse in extremis Scaligerum
nunciaret, si videre illum postremum vellem festinatione opus esse. Ego
quanquam nihil aliud praeter finem exspectandum diu antea ipse vidissem,
et amicos saepe monuissem , tamen vehementer animo commotus aut ut
verius loquar, plane impos mei, accurri. Senem vero nostrum (quod ne
11) Quod cum — interposita stark verändert und um etwa 11 Zeilen
erweitert. 12) znsatz von etwa 8 zellen. 13) ist weggelassen
und durch eine bemerkung über das von Scaliger hinterlassene Silber-
geschirr ersetzt. 14) hier ein znaatz von etwa zwei aeiten.
F. Lüdecke: zu Scaligers briefen. 79
iam quidem sine lacrimis commemorare possam) öXiTH^^X^ovra, Kai
^ovovODX^ iTep\ T& XoicOm dvra, invenio sine uilo sensu animam tra-
hent^m aegre , quae momentis süigulis magis ac magis , circa horam vero
quartam matutinam penitus defedt, poaiquam preces poslremas amcC'
pisset minister y idque ita placide, ut sine ulla vel minima mutatione non
tarn exspiraret quam vivere desineret. **) Quarto die sine ulla nt pnece-
peral pompa , solis gentis suae insignibus , sed magnifico tamen comitatu
eJatus est, tanto autem omnium ordinum et aetatum coocursu, ut supra
quadraginta hominum miUia canfluxisse putentur.^) Ego quanqnam
excusari maluissem, tamen exigentibus a me Academiae curaloribus, sed
praecipne officii ratione et pietate, quae sola quoque excusari potuisset, sta-
tim a funere, oralione prosecutus sum defnnctum, cuius concluslo lacrymae
fuerunt, quas d^q>cmKt{lTCpov quam voce audienlibns quoque excussK
Eam brevi cum epicediis nostris excusam ad te mittam. '^ Sepultus est in
Gailico templo, olim D. Hariae diclo, iuxta locum et subsellia in quibus
miüe una conciones audivimus. Sepulchro suo verba haec inscribi iussit:
losepbus Scaliger lu). Caes. a Bürden filius
resurrectionem hie expectat.
Vides et modestiam magni viri , et diroiTiTOV, quod semper prae se tulit,
etiam in morte pietatis Studium. Ceterum publice Uli monumentum ex
marmore, quäle inusitata eins virtus ac eruditio meretur, a curaloribus
Academiae decretum est'*): quam ego in me curam ex eorum mandaio
suscepL Scripta sua et patris quae adhuc imperfecta erant, aut quae edl
alta fortasse de caussa noluit, in publica Bibliotheca servantur. quae vero
edi iienim voluit, aut emendatiora reliquit, fidei meae credidit. Inter re-
liqua autem sunt et noXuOpöXXriTOi iÜi lulii Scaligeri in üb. de historia
animalium Aristotelis commentarii '*) , quo in opere non minus diligen-
ter quam sollicite versari coepit, sed quantum possum coUigere, plura in
iis sunt aut transposita, vel certe alieno loco ab auclore posita , quam ut
Sit speranda editio, quod non ignorasse töv ^aKap{TT^V existimo, qui
saepe hoc mihi est confessus, ut vehementer mirer, cur sperare ab aliis
voluerit, quod tanto Ipse temporis spatio pro deploralo habuerit.**) Uli-
nam adessem tibi, multum opera, consilio, eruditione ac iudicio hoc ipso
in opere nos iuvares, in quo multa sunt baifiövia, et plane coelesti illius
viri natura digna , qui nusquam tam libere quam eo in scripto ab Aristo-
tele suo dissensit.
Habes non modo quod optabas, prolixe^ sed quod forte nolles,
d^€8öbwc KQi cinKCiM^vuiC, quaeque ut in mentem veniebant. restat
ut utrique nostrum quod iam dixi , firmiora partim quidem e virtutis viri
memoria, partim quod praecipuum est ex amore eins, quo dum viveret
nos prosecutus est, solatia petamus. Quamvis enim non ita fnsaniam , ut
propterea tecum ullo modo comparandum me existimem, quem vere
16) hier ebenfalls zwei seilen eingeschoben. 16) daf&r: ui viae
ineedentilnis anffustae, temphtm ab effusa mulHtudine occupaiwn esset.
17) Eam — mittam steht weiter unten hinter decretum est. 18) hier
ein EusatK von fünftehalb selten. 19) susats von 9 seilen. 20)
Zusatz von 7 Zeilen.
80 Anz. V. F. Godefroy: notice sur J. Fr. Dubner.
vir ille eruditionis patrem semper vocabat, puto tarnen eüam bac ratioae
nos coniungi: alterum lam maxime eum viveret miratus est^ alterum tener-
rime dilexit. Vale et amare me perge, o maximum huius seculi decus, et
qui solus omnium iudicio, sublato ex humanis rebus illo lumioe, Rex et
priDceps rei literariae relictus es. Logd. Bat XXVIIL MarU CIDDGIX.
Vale Herum et sicübi lapsa est manus^ festinationi ignosce,
Bremen. Fbiedrioh Lüdeoke.
17.
Notice bür J. Fr. Dübner par Fr. Godefrot, aüteur du
LEXIQUE COMPARlS DE LA LANOUE DE CORNBILLB ET D'uNE
HI8TOIRB DE LA LITTl^RATURE FRANQAISE OOURONNlSs PAR
l'aoad^mie. Paris, Ganme fr&res et J. Duprey, ^ditenrs.
1867. 19 8. gr. 8.
Ein nekrolog des kürzlieh verstorbenen gelehrten , der mit warmer
begeistenmg für den dahingeschiedenen geschrieben uns einen interes-
santen üben[)Uck über dessen staunenswerthe wissenschaftliche th&tig-
keit nnd einen knappen abrisz seines einförmigen lebens gewährt.
Johann Friedrich Dübner ward am 21 deoember 1802 in Hor-
selgan bei Gotha geboren und anf dem gymnasiam in Gotha und der
aniTersität Göttingen gebildet; von seinen dortigen lehrem werden
Mitscherlich , Dissen, K. O. Müller, Heeren nnd der philosoph Krause
genannt, nach Vollendung des universitätsoursus war er erst privat-
lehrer in Göttingen, dann fünf jähre lang lehrer am gymnasium in
Gotha, darauf folgte er 1838 der einladung der brüder Didot nach
Paris zu kommen und an der neuen ausgäbe des thesaurus linguae
graecae von Stephanus mitzuarbeiten, hier erhielt er später das ritter-
kreuz der ehrenlegiön, trat 1846 zur katholischen kirche über und starb
plötzlich am 13 october 1867.
Statt der Charakteristiken, die der vf. den von Dübner herausge-
gebenen Schriftstellern widmet, hätten deutsche philologen ein genaues
bibliographisches Verzeichnis der sämtlichen arbeiten desselben wol
lieber gesehen; indessen vermag auch das gebotene im ganzen den
leser zu fesseln, der zweck des schriftchens ist ohne zweifei, dem als
menschen wie als gelehrten gleich ausgezeichneten ^adoptivsohne Frank-
reichs' im französischen publicum ein ehrendes andenken zu stiften,
und diesem zwecke entspricht es vollkommen, hervorgehoben zu wer-
den verdient die in Frankreich seltene leidenschaft- und neidlose hoch-
achtung mit der der vf. (s. 14. 17) von der deutschen philologie spricht,
mit besonderm Interesse wird man die freilich sehr kurze Schilderung
der arbeitsteilung und der arbeit am thesaurus lesen (s. 2 f.), sowie die
geschichte der bekannten polemik Dübners gegen die in den französi-
schen schulen auf höhern be fehl allein zugelassene griechische gram-
matik von Burnouf (s. 14 ff.).
Dem schriftchen ist folgender ^avis' vorgeheftet, dem wir durch
Wiederabdruck gröszere verbreitune zu geben wünschen:
Les amis de M. Dübneb, disposeis k contribuer aux frais d'un monu-
ment k Clever k la memoire du savant hell^niste, dans le cimeti^re
de Montreuil-sous-Bois (Seine), sont invites k envoyer leur souscrip-
tion k M. £. Gaume, 3, rue de TAbbaye, k Paris, avant le 15 mars
1868, ^poque k laquelle la sousoription sera d^finitivement close.
Herrn B. G. Teubners verlagshandinng in Leipzig hat sich bereit er-
klärt beitrage für diesen zweck in empfang zu nehmen und nach Paris
zu befördern.
ERSTE ABTElLUNa
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HEBAUSGE6EBEN VON AlFBED FlECKEISEK.
18.
DAS NEUERDINGS AUFGEFUNDENE BRUCHSTÜCK
EINES GESCfflCHTSBUCHS VON ARISTODEMOS.
Hr. C Wescher hat in dem schönen und reichhaltigen hande der
7ToXiOpia]TiKd (Paris, imprimerie imperiale. 1867. 4) s. 349 — 366 aus
einer früher auf dem berge Athos, jetzt id der kaiserlichen bibliothek zu
Paris befindlichen handschrift bruchstücke des vierten und fünften buches
(von jenem das ende, von diesem den anfang) eines historischen werkes
von Aristodemos publiciert und dieselben in der revue arch^l. 1867
s. 363 — 368 näher besprochen, der Verfasser kann nicht sicher nachge-
wiesen werden; am ersten empfiehlt sich die von hm. Wescher ausge-
sprochene Vermutung, es möge der grammatiker Aristodemos von I^ysa
gewesen sein, der die söhne des Pompejus unterrichtete (Strabon XIV
650: vgl.Vossius de bist gr. ed. Westermann s. 181 f. Muller fr. bist,
gr. ni 307). diesen oder seinen oheim gleiches namens citiert Parthe-
nios c. 8 ApxCTÖbrwioc 6 Nucacuc Iv a' kTopiÜJV für eine geschichte
aus den Keltenzügen in lonien. dies ist offenbar ein anderes werk ; ich
wenigstens zweifle nicht, dasz das neu herausgegebene fragment einem
für Schüler bestimmten compendium angehöre, es beginnt unmittelbar
vor der schlacht bei Salamis mit den werten : aiTTicd|i€VOC T^p
fiiav fiji^pav ^övriv Jircmpe xpiicpa Okivov töv iaurov Traibaturröv
(vgl. Herod. VIII 76 CIkiwoc . . TraibaTurfdc tOöv 0€^ictokX^oc ird-
biuv. Plut. Them. 12 Ciiawoc . . TiBv t^kvujv aÖTOÖ TiaibaTUJTÖc) und
bricht ab bei den Ursachen des peloponnesischen kriegs : TerdpiT) aiiia
(p^perai f\ kqI dXiiöecTATT]. ol AaKebaijiövioi öpwvxec aö£avon^-
vouc ToOc *A8Tivalouc xal voud Koi XQfw^CLCi Ka\ Eu^^dxolc .....
Thatsftchlich lernen wir durch diesen fund kaum etwas neues; jedoch
ist es nicht ohne Interesse auch hieran zu erkennen , in wie weit die auf
Herodotos und Thukydides beruhende Überlieferung durch jüngere dar-
stellungen getrübt wurde, welche der hauptsache nach wenigstens mittel-
bar auf Ephoros zurückgehen.
Der jüngeren version entspricht es , wenn Ameinias p. 350, 1 xAöc
\iiv eö<pop(ujvoc , dbeXcpdc bk Kuvexeipou xal AlcxüXou toO xpa-
Jahrbacher für class. philol. 1868 hft. 2. 6
1
82 A. Schaefer: das neuerdings aufgefundene hruchstflck
TifboiTOioO genannt wird (6. Hermann opusc. II 166); hier wird ausser
der eröffhung der schlacht (= Herod. VIll 84) demselben auch der au-
griff auf das schiff der könlgin Artemisia zugeschrieben (Herod. c. 87 f)
vrjOc f| *ApT€|yiidTic ibttdicETO utrö veöc 'ATTWcnc).
Die aus Plutarchs RImon 6 (raOra ^ky oCv uttö ttoXXuiv krö-
pT)Tai: Tgl. Paus. lU 17, 6 f.) beliannte erzflhlung von Pausanias und der
byzantinischen Jungfrau lesen wir ohne den namen des mfldchens (Kleo-
nike), aber dafür mit dem namen des vaters p. 357, 9 fjv dirixuipiou
Tivdc Ourd-nip Kopuivibou dvofia, dq)' f)v £7r€^^l6v ö TTaucavfac
dEaiTUJV TÖv irar^pa 6 bk Kopujvibr]c bcboiKibc Tf|v [b^dvfyva toO
TTaucavtou ?Tr€|ii|i€v aurui Tf|v iratba usw.
Der berichl vom tode des Themistokles stimmt genau überein mit
dem schol. zu Aristoph. rittern v. 83, namentlich p. 360, 17 Ouuiv bk
T^ A£UK09piJVi] *ApT^^wbi ccpaTTO^^vou xaüpou iiirocxibv cpiäXT]V
KcA irXTipuucac aiVcrroc ^tticv kqI dTcXeüxncev. vgl. Paus. I 26, 4.
Diod. XI 58. Plut. Them. 31 iQvce TOic OeoTc . . übe ^^v ö iroXuc
XÖTOC, alfia raupciov muiv u. a. m.
So wenig wie bei dieser gelegenheit Thuk. 1 138, 5, ist bei der
Schlacht am Eurymedon Thuk. 1 100 eIXov Tpir|p€ic OoiviKUiv xat bi^-
96€ipav Täc irdcac ic biaxociac massgebend gewesen, es heiszt viel-
mehr s. 361 , 6 ^KQTÖv T€ vaöc ^XövT€C aördvbpouc gleichwie bei
Diodor XI 60. bei Tanagra kämpften nach Thuk. 1 107 auf lakedSmoni-
scher seite 11500 mann gegen 14000 Athener und bundesgenossen,
ungerechnet die thessalische reiterei; hier lesen wir s. 362, 4 ol ^tv
AaKebatfiövioi Tjcav rdv dpiO/idv liupioi rptcxiXiot , ol bk 'AOnvaToi
}i6p\oi äaKicxtXtoi* xal viKÜuciv 'AOnvaiou vom siege der Athener
spricht auch Diodor XI 82 in seiner verworrenen erzählung.
Vom frieden des Kallias wird nach Kimons tode mit folgenden Wor-
ten berichtet s. 362, 13 : xal crpcrniTdv alpoOvxai KaXXtav xdv itd-
xXt]civ XaxxÖTrXouTov , ircei Oiicaupöv cöpibv iv MapaOoivi <Kai>
äv6Xö^€voc aÖTÖv ^irXoÖTTicev. oöroc 6 KaXXiac dcirdcaTO irpdc
•ApToE^p&iv xal Touc XoiTTOuc TT^pcac. dt^vovTO bk a\ CTrovbcd
im ToTcbc- i(p' & Ivtöc Kuaveujv xal N^ccou 7^0Ta^oO xal Oaoh
Xiboc (i^Tic icrtv uöXic 17a|Li<puXiac) xal XeXibov^uiV |if| ^axpoic
irXotoic xaxaTrX^uja TT^pcai, xal ^vxdc xpii&v f|>i€ptJjv 6boO f\y hv
?mroc dvucq (dvoicig Wescher) biwxöfievoc \ii\ xaxiuiciv. am näch-
sten stimmt hierzu Diodor XII 4.
Dasz Tolmides bei Koroneia getötet wurde weisz Aristodemos nicht;
erst nach dieser schlacht erzShlt er von der fahrt um den Peloponnes
8- 363 , 10 xal jLiexd xaöxa euOöc 'AGT]vaioi TrepiTrXcucavxcc Tf|v
ncXoTTÖWTicov ftieiov clXov, xal ToX^ibl^c x^Xtouc ^x^v *AOn-
va(ouc itnX^xxouc bif)X6€ xf)v TTcXoiröWTicov. in dem zweiten teile
dieses satzes ist Aeschines II 75 s. 38 ausgeschrieben , gerade da wo er
etwas verkehrtes sagt, die Chronologie hat Aristodemos nicht minder
vernachlässigt bei der eroberung von Samos (s. 363, 16 cxpaxT]ToOvxoc
adxujv nepixX^ouc xal de^tcxoxX^ouc , was doch wol CcxpoxA^ouc
heiszen soll) ; diese setzt er nemlich in das vierzehnte jähr des dreissig-
eines geschichtsbuchs von Aristodemos. 83
jährigen friedens und lUszt ausdrücklich in demselben Jahre den pelopon-
nesischen krieg beginnen, die Ursachen dieses kriegs werden entspre-
chend der aus Diodor XU 39 ff. bekannten auffassung des Epboros ent-
wickelt.
Für die geschichte ist also aus diesem fragment wenig zu lernen,
einige beacbtung verdienen die topographischen notlzen, welche der Ver-
fasser einzuschalten liebt, wie es scheint aus einem commentar zu Thu-
kydides. Thuk. 1 93, 3 sagt: tö irdxoc ToO TCixouc öirep vOv in
bf)Aöv dcTi TTcpl TÖv TTeipaiä -^ biio TÄp äMoSai ivavrfai dXA/jXaic
TOuc XiGouc ^TTT^TOV (schol. fj vTtavtäaai alli^kttig ij avvaj^evyiiivm).
II 13, 7 ToO T€ Tap OaXripiKoO Tcixouc crdbioi fjcav n^vre kqI
TpidKOvra irpdc xdv kukXov toO dcrcoc, Kai auroG toO kükXou tA
(puXaccö^£vov Tpctc kqI Tcccapdxovra * Im bi aäroO ö koI ä9Ü-
XaKTOV ?iv (scbol. fii^og di^Aovon. rowian 0taitoi dsxaemd' o fitg
oloQ %v%Xog CTadiav ^v ig^xovra}, TÖ jueToEu ToO T€ ^aKpoO xal
Tou 4>aXTipiKoG. rd bk fnaxpa tcixti irpöc töv TTctpaiä reccapd-
KOVTO aabiwv, div lö ßuiOev ^TtipciTO* xal toö TTeipaiu^c Wv
Mouvuxi? ^SriKOvra iiiv craöiuiv 6 &nac TcepißoXoc, tö b' £v 9U-
Xoxfj fjv %icu TOÜTOU. VUI 90 xr\ki\ Tdp icxi tou TTeipatdjc f\
'Hmuiveia, xai Tiap* auT#|v euOüc 6 IcttXouc dcTlv (Harpokr. !Ö€-
Tuovta' — wciog ixakHio ij higce tov IlBtQaiing ttXQut — ]. verglei-
chen wir hiermit Aristodemos s. 356, 4 dT€ixic6iicav a\ 'AOiivai TÖV
Tpöirov TOUTOV. 6 jLifev TOÖ dcreuic ircpißoXoc ÖrjxovTa cTabiuiv
dT€ixIcOii^ Td bk fLtaxpd Teixn 9€povTa iid töv ITetpaid Ü äcaT^pou
CTabiuJv jUL- 6 bfe tou TTeipaiuic irepißoXoc crabiujv n. Icnv bfe 6
netpaieuc Xi)if|v eic buo biqpTm^voc* xexXriTai bk axnov tö ^iy ti
(tö ^^v Xatöv?) fi^poc Mouvuxia* f| beSid bk dxpa toO rTetpaiujc,
fi^icTiv <ö e!c7TXouc>, *H€Tia)V€ia xoXeiTai. öx^oc bi iciw ly
TTeipaicT, dcp* öv ((Ii?) tö ttJc *ApTd|iiboc kpöv fbpuTai. tö bk
0aXT]piKÖv tcTxoc ixTicOr] CTabiujv X, tiXotö bk &cxe buvacOm buo
fipfiaTa dXXifjXoic cuvavTov. xal f| jitv tiöv *AGr]valujv ttöXic oö-
TU)C dT€ix(c9T]. auf die angegebenen masze, von denen jüngst im an-
schlnsz an Thukydides E. Gurtius attische Studien I 72 ff. gehandelt hat,
gehe ich nicht naher ein. die herstellung der worte f| beStd . . xaXciTai
scheint mir auszer zweifei zu sein ; hr. Wescher hat nach der handschrift
drucken lassen : Td bebä bk dxpa toO ITetpaiuic 1} Icüy in vuv Aia
xoXcfTat. der Artemistempel ist der munychische: vgl. Paus, i 1, 4 fcTl
bk xal dXXoc *AÖT]vaioic 6 ixky im Mouvuxi<;t XifLiTiv, xal Mouvuxiac
vaöc 'ApT^jitboc. Xen. Hell. II 4, 11. Bursian geogr. I 269.
Aebnliche stellen, mit gleicher Oberflächlichkeit in den zahlangaben,
finden sich s. 362 , 8 Td bk |i€Ta£u Gnßaiwv 0. ©nßwv) xal TTXa-
raiujv CTdbid ictxy n, dagegen beiszt es bei Thukydides II 5 : dir^x^^
bk f| TTXdTaia tujv Grißüjv crabiouc lßbo^rjxovTa.
Vor der scblacht bei Mykale, heiszl es s. 353, 13, TiXeOcavTCC
crabiouc T^ccapac toOc dirö CaXa^ivoc ek MiXiiTov . . dcrpaTone-
bcucavTO Tiepl MuxdXiiv (otrcp ictxy öpoc Tflc MiXriciac). ich denke
es wird drrö Cd^ou zu lesen sein nach Herod. IX 96. 98. von der meer-
6*
84 €K TSN APICrO^HMOT.
eiBfe sagt IknkwMea ?HI 79, 2 btcx^ ^' öÄrnnr toutti f| Cd^oc ific
l^€ipou irpöcTi^ MunUbiv. Scrabim 1I¥ 636 . . MuväXn to 6pOc
£irfK€tTm K tQ Ginia sm iroici irpoc owxrpr &ov dirracrdbiov
Glekk xa »tof s. 349, 6 lese« wir ftber dk scbbdit bei Salamis:
icKCÜbaUv ht 6 ^:epEr|c ^cur^ia nrnKKeudcac itcZIq dmßnvai im
Tf|v GiXaiirva &v Tpdirov MiXÖcv iin tov 'CXXncirovrov, Kod fi^poc
Ti Ixwi^ nxev Kora t6 lip&diciov. ^irciM| b£ döuvcrrov fjv tö iiav
T€9upui6nvai, KOdcZoMCvoc im tou TTofivn6oc 6pouc (^TT^c hi fjv
Tovro) ^libpa Tfpr vcnifiaxiav. bbI der enijilmig tob dem Yersochten
brfickeolMn vor der icfabcht ▼crgicidil skdk, was Ktems too einer xu-
(bmoioag der necffCBge gesagt baUe S 26 (Photios biU. 72 s. 39' 16 Bk.)
6 K Z^p€r|c adrddev tiLBdiv ^in crcivdrarov inc 'Attikiic CHp^*
kXciov icaXexTOi) t^iürfve xSr^ im CoXa^iva, ireZq £tr' auTf|v
biaßiivm ^Novoodficvoc diese sage hatte schon Herodot TeraemiDen
md brachte sie nach der scUacht an (YID 97). tob den persischen
schüren sagt Diodor XI 18 töv iröpov MeraitP CaXofnvoc kqI 'Hpa-
xXeiou KoreTxov. dass Xenes tob oberhalb des Herakleions der schlacht
zBsah batu Phanodemos beseogt, nach Plat Them. 13 . . die ^^ ^'
v6tf}§i6c qif)av, xmip tö 'HpcncXciov, i^ ßpoxcT iröpui bieipTcroi ttjc
*Amxi)c f| vficoc dass Aristodemos den thron des königs auf den Far-
nes Tersetzt, ist insofern nicht zu tadeln, als der Aegaleos einen aiisläufer
des Fernes bildet; flbrigens stand er nicht auf dem berge, sondern am
fasze , nach Herodot VIll 90 uirö tu» oupci tui ävriov Co^o^tvoc, tö
KaX^CTm ^dXcuic.
Bonn. Arnold Schaefeb.
[Die redaction dieser Zeitschrift glaubt der mehrzahl ihrer leser
einen dienst zu erweisen, wenn sie das ganze brudistück des Aristode-
mos ans der editio princeps des hm. C Wescher in wortgetreuem, zeile
iÜT teile fibereinstimmendem abdruck hier wiederholt nur einige unbe-
deutende versehen, namentlich in den accenten, sind stillschweigend ver-
bessert und die interpunction vereinfacht, der herausgeber bemerkt:
'lex tum ipsnm dedi ad fidem codicis, exceptis paucissimls iis quae intn
notabuntur/ diese abweicbnngen werden auch hier unter dem texte no-
tiert werden, mit ausnähme gewöhnlicher abbreviaturen und der ßiHe wo
das Iota in dem codex nicht ein subscriptum sondern ein adscriptum ist*]
€K TQN APICTOAHMOY.
[Ä]
84» alTncdfievoc rdp yiiav fm^pav mövtiv ^irefiipe Kpu<pc
CUtvov TÖv tetrroO naiboruiTÖv Tipöc H^pE^v, ^TKcAeucd^cvoc au-
t4> imTiecceai Tofc "exXTiciv Kai vauMaxeiv, br\KfS)v töv }iüiKovjt
bpacfiöy dtrö CaXa/üitvoc. 6 bk -^p&ic, vo^icac töv öcmictokXW
ftfiilblJovTa TaOra dnecToXK^vai , bi^trcmpe tqc vaOc ^tti CaXa-
Mivo Kai iKUKXiicaTo toüc "exX^vac elc tö /n^veiv auroöc. ^cnou-
ba£€V bt 6 E^pEtic, reÖTMa KaTacKCudcac, ml^ im^r\w\ ^tti tnv
CK TÖN APICTOAHMOY. 85
CaXajLiiva 8v TpÖTiov bifiXGe diri töv 'QXficTrovTov. xoi ^^poc ti
?XUiV flKCV KÜTÄ TÖ 'HpdKXeiOV. ^KClbf) bt dlbuVaTOV fjv TÖ TOV
tecpupoiöflvai, xaOcZö^cvoc im toO TTäpvnOoc öpouc {It^c bk f\y lo
toOto) dibpa -rfiv vaujiaxiav. . fipEaro bi toO vau^axeiv ^A^ei-
viac 'AOnvaioc, ulöc )i^v €u(popiuivoc, dbeXqpdc hk KuveTeipou xai 350
AlcxuXou ToO TpoTipöOTToioO. £viKwv M€v oiJv irdvTec o\ "exXnvcc,
dK7rp€7r&T€pov bk o\ 'AGiivaTou cuvccrriKuioc bl tUc jidxnc 6 E^p-
Er\c ixavdc fiupidbac direßißacev eic Tf|V irXiidov vriciba irapa*
KEiM^viiv T^ CaXa^ivi ö\o\xalo^i\i\v YutdXciav, iKTrXrjTTÖficvöc s
Te Touc ^'QXtivac xai ßouXöfievoc rd Tipoccpepd^eva vaudtia
Tiiv ßapßdpuiv dvaci(i2:€ceau 'Apicreibiic bk 'AOnvaioc , ulöc Au-
ci^dxou, KaXoufievoc biKaioc, ^EuicrpaKiCM^voc 4k tujv 'AOtivuiv
Ka\ UTidpxuiv 4v AItwij t6t€, cu^jiaxaiv kw aOrdc Totc "EXXriciv,
TCOpCT^VCTO TTpÖC 6e|ilCT0KX^a , Kttl CTpatÖV OÖTÖV i5TT|C€V €lCTdlO
dji0vac6ai toüc dv t^ VuraXeiqi. 6 bt, xaCTTcp cxBpöc aurqi
TCTOVüuc , 6[nx)Q lbu)K€v. Xaßuiv bi. 'ApicTcibiic iTT^ßn de Tf|V Yu-
TdXeiav xai Trdvxac töüc ßapßdpouc 496v€ucev. xai ji^tictov toOto
{pTOV iTrebciSoTO öirfep twv 'GXXrjvuiv. biacimÖTcpov be i^Twvi-
cavTO T^ vaujüLaxuji, xal i^picT€uc£v *AM€ivlac' raiv bk ßapßdpuuv ^
Tinrfl, 'AXixopvaclc tö t^voc, övo^a bk 'Aprcjiicia, f^ric biujxoM^-
vnc Tiic veujc afrrfic xivbuvcuouca diroX^cOai -rfiv ?M7rpoc0€V vaOv
Iblav oöcav dßuGicev. 6 bk 'A^6lVlac , böEac cüji^axov cTvai tuiv
'€XX^vujv, dircTpdirTi toO biuixetv. 6 hk Eipir\c, Oeacd^evoc tö
Tcvöjbievov , elirev * ol }ikv dvbpcc ^lox Tuvaixec TCTÖvaciv , al bt 20
tuvatxec dvbp€C. i^picteucav bk tuiv XXXifjvuiV ixirpeTr^crepov jütexd
'AOrivaiouc AlTivfJrai' otrivcc xaid tö crevöv toO TropOfioO xorard-
HavTCC dauTovic noXXdc iwv ßapßdpujv vfiotc (pcuroucac elc tö 351
CTevöv irapabcxöjievoi dßuOiZov. firniO^vTUJV bi tuiv ßapßdpiuv xai
q)€UT6vTaiv, ol "6XXtiv€c dßoüXovTO Xiieiv tö kn\ toO 'EXXticttövtou
ZeuTM^ xal xaTaXa^^vecOai iLipit\v iy t^ *£XXdbi. Gcfiicro-
xXnc bk^ ouK oiöfievoc dccpoXk elvai oibk toöto, beboixübc ^rJTroTe s
iäy dTTOTViüCiv Tfjv currnplav ol ßdpßopoi 9iXoxivbuvÖT€pov
drwvicovTai, ki ÖTrocTpoq)flc dvT^upacce. xcxupui^^viuv bk oöbfev
icxOuJV , f Tr€fii|i€ xpöcpa H^pEij bnX&v 8ti jiÄXouciv ol ''eXXrivcc
Xiieiv TÖ ZeÖTfiCL ö bk (poßTiOelc {cpcvrrev. Iv bk t^ vau^axiqi
t^ iTcpl CoXapiva xal ol 0eol cuvcjidxiicav toTc "6XXticiv. 10
"•Iveöc Tap ö öeoxübouc, dvf|p *A8iivaToc, ?cpii GcdcacBai dv r^i
6piacii|) Tiebiifj xoviopTÖv übe blc^upiu}v dvbpuiv dvaq>€pö^€VOV
dir * 'QeucTvoc ßouiVTUJV töv juluctixöv ''laxxov , töv bk xoviopTÖv
veqpiüG^VTa d^T^€C€iv €lc toc vaöc tuiv 'eXXfjvuiv. q)€ÜTOVTOC bk toO
:i^pEou Mapbövioc ulöc fujßpüou toö xal auTOÖ diriöeM^vou toic 15
^dToic(cuMTr€icacxaiTdpailTÖcE€p£TivcTpaT€Ocai tiA Tf|V 'EXXdba)
ijiTiäTO TÖ uoXö 7rXf\eoc TUJV ßapßdpujv ibc atnov TtTOVÖCTTjcfimic.
350, 10 fJTTicav codex 22 AlTivirai codex 361, 3 *€XXicirövTOU
codex 11 iv€0€ sine spiritn et accentn codex 16 cu^irckac] cufAir
codex: ceterae Utterae eyannerunt
1
86 €K TÖN APICTOAHMOY.
ÖTT&XCTO hk viKrjceiv tovc ''eXXrivac ei Xdßoi crporoO Mupidbac
Ä. Xaßdiv hi, 6 Mapbövioc f7T€|iMi€ TipoiTOV irpöc *A0Tivaiouc
80 'AX&avbpov TÖv MaK€böva töv 0iXl7rtrou irpÖTOVOv, uiricxvou^e-
voc &UIC61V aÖTOic liupia xdXavTa xal v\y 6ct]v auroi ßoüXovrai
Tflc '€XXdboc, TTipricciv t€ uwogcÖM^voc xal -rfiv ^XeuScpiav auroTc
352 KQi Tf|V auTOVojiiav , cl äoivto ji^vciv dcp * iaurdiv xai |if| cu^ia-
Xeiv Tolc "eXXrjciv. imibi\ bk 6 'AXßavbpoc irapCT^vcTO €ic toc
'AGillvac Kttl raöT* ttt^Xuiccv, o\ 'AerivaToi oöie touc Xötouc npoce-
bilEaYto, ußplcavT& t€ töv 'AXeSavöpov dircTT^iüwiiavTO. 6 bt
5 Mapbövioc, diroTuxwv iv toütoic, dirf^XOev clc rdc •AGrjvac koi tq
fxi TrcpiXcmöjüieva ^^pn Trpoccv^Trpncev, iTapaT€vö)i£vöc t€ cic
Tdc *A8rivac &)Lia itjj crpordi dvraOGa icTpaTOircbeücaTO. ol W
*'eXXTjv€C dcrpaTOTrebcucavTO Iv TTXaraiaTc. xd bi jieToEu 0ri-
ßaiwv Kai TTXorraiujv crdbiddcTiv ff. cu^7rap€TdccovTO hi Map-
lobovlui BoiuiTiiiv jiupidbec A. cTxov bk tö m^v beEidv x^pac
TT^pcai xal Mapbövtoc tö bk €Öi&vu|Liov ol |LiT]bicavTec "EXXiiycc
TÄv bk ^eXXVjvujv ol jLiiv 'ABrivaioi cTxov tö b€£iöv , tö bk euii)-
vu|Liov Aax€bat^övlor ix€Ticu\cay bk auTouc ol Aaxebai^övioi,
cpfjcavTCc *A8iivaiouc ^jüiTreipoT^pouc cTvai irpöc tö jidxecOai
15 TTepcaic. dv bk touti}j Mapbövioc , bcboixibc |Lidx€c8ai 'A0T]vaioic,
^€T&T?ic^v Te Tf|v q>dXaTTOt xal oötujc cuv^ßn toTc Aaxebai^ovioic
xal dxouciuic fidxecOat toic TT^pcaic. ^crpaTiiTCi bk Aaxebai^o-
vlwv ixky TTaucaviac ö KXco/ißpÖTou , 'A0T]vaiu)v bk *ApicT€ibT|C 6
blxaioc. T€V0|i^VTic bk Tflc cu^ßoXfic TU)v Hcpcuiv 'AGrivaioi iwe-
20 ßorjOricav Toic Aaxebaijiovioic xal dvixncav. ivraOGa ö Mapbö-
vioc ^7T€C€v fviivrji Tfji x€q>aX4 ^axö^€voc, dvatpeOdc öno
353 'A€l^Vl^CTou dvbpöc Aaxcbaijioviou. yjpicTCucev bk dvTaöOa xal
"ApiCTÖbTiiiOc 6 i)TC0CTQ4^tac dtrö eep^oiruXdpv xai xXriOclc bid
TOÖTO 6 Tpeccdc. biö Aaxebaipdvtoi oöx Ibwxav aüxCb tö T^pac
Tfjc dpicTeiac, f|Tncd|i€voi tö ^kv irpdrrov t€VÖM€VOV ircpl t^v
6 XemoTaSiav tvwjuitic cTvai , tö TcXeirraiov bk ircpl Tf|v dpicretav
TUX1C. ^Tieibfi bk liitcev 6 Mapbövioc , ol ITdpcai £cpuT0V €ic xdc
Orjßac • ol bk *'eXXT]V€c iTieXOövTcc buibexa ^upidbac auToiv 4<p6-
vcucav • ^Edxic bk fütupiiuv dmcTp£<p6vTu>v ^ttI Tf|v olxeiav, 'AXöov-
bpoc 6 Maxebtbv, ibUf 1rp€cß6ucd^€VOC irpöc toöc *A8T]vaiouc
10 Tiepi iL V ditecTdXii üirö Mapboviou , irdvTac aÖTOuc Yevo^^vouc
xaTd Maxeboviav dcpövcucev, d7roXoToü^€VOC 6ti äxuüv ^M^ibicev.
xal ol iv TaTc vaucl bk "QXiivec ^biuixov tö vauTixöv tö H^P^oü •
TrXeucavTCC CTabiouc T^ccapac touc dirö CaXa^ivoc clc MiX^TOV,
xaT^aßov Tdc vaOc tOüv ßapßdpuiv xal £T0l^0l fjcav vau^ax^^-
15 ol bk ßdpßapoi oö KiCT€\iovT€c Taic vauclv bid tö iretreipäcöai ttJc
^Aönvaiiüv d^ireipiac Ö^ßricav xal dcrpaTOTrcbeiicavTO irepl Mv-
22 Trjpfiav codex 362, 7 kTpaToiraibeOcaTO codex 8 icTporo-
iraibeucavTO codex 11 ^nbricavTCC codex 13 aöroOc mavult We-
Bcherus 14 ^fxirctpOT^pouc] porcpouc codex 863, 8 imcTpccpovTUjvj
litteras tuiv süpplevit Weschenis 13 ^iXirov codex 16 oö Weacne-
rus, ol codex 16 icTpaTOtraibeucavTo codex
CK TÖN APICTOAHMOY. 87
KoXiiv (ÄTTcp tcAv öpoc TTic MiXT]dac)' KQi ol "GXXtivcc il diro-
ßävT£c ctn^ßotXov aiJTOic kqI tdc a M^pi<>^^ctc dcpöveucav Tdc tc
vaOc ^pniJiouc irapÄoßov T^Tvoji^c t€ rflc iidxTic ti)c iv TTXa-
TOioAc Kai viKuivTuiv Tiirv irepi MuKdXr|v *€XXnvwv ' £cTpaTT)T€i bk »
Tf)c MuKdXnc AaK€baijLu>v{uiv p^v Aeumix^^ccc ö ßaciXeOc, 354
'Mt\valwv hk H&vOitriroc 6 "Apicppovoc ö TTepiicX^ouc Tranfip. ol
bk iv rate TTXaTmaic '£XXtiv6c ^erä tö viicf|cai fcrncotv Tpöircoo,
Kai ^opTf|v iJTarov 'QeuOcpiov npocoropeicavTec, Onßotouc t€
xoGuic difiocav ibcKdreucav. s
*Aird bfc Tf|cn€pciKi)c CTpoTciac im tdv ncXoTrovvticfiOKdv TröXe-
inov] ^''TpaxOn
xdbe in€\bi\ d&fjXacov touc TT^pcac ol "'GXXiivec
puiv
€k Cqcrdv ol 'Adrivaioi irpoc^)i€VOV irpociroXc^ouvrcc xai TTou- lo
coviac 6 KXcojißpÖTOu ö twv AaKe^al^oviu}v CTparrfroc Korä
<piXoTi^iav Tf)v xmkp nZrv *£XXyjvujv, &iia biä irpobodav (cuv-
re^e^iivoc tap fjv £^p£Q irpobi(ic€c8ai aurifi touc ''EXXtivoc iiA
TÖ Aa߀Tv OuTOT^pa Trop aÖToO Tipdc y&pioy) djc £T^)p^^voc T€ t^
iXnibi Taunj Kod Tip eÖTUXt^Maxi Tip iv TTXoTaiaic, ouk d^CTpio- u
irdOei. äXXä irpujTov ^iv Tpiiroba ävaOclc tu» ^ AcXcpoicSöö
^AtröXXuivi iitifpa^a tf^t^ev irpöc qutöv toioOtov •
'eXXrjviüv dpxilTÖc InA CTporöv uiXece Mtjöujv
TTaucaviac 4>oißifi |üivfi)i' dv^diiKe TÖbe.
Tujv bk utroTeTocTM^vujv aiSrnf» iriKpuuc fipx€ xal TupawiKuuc, tt^v &
M^v AoKOViKfiv biouTOv äTioTcOeiji^voc , diriTcxiibiEUKdic b^ toc
Tuüv TTepc&v ecOf^Tac cpopeiv xal ITepcixdc Tpatiilac iraporreöci-
p^vac iroXureXcic ibc £0oc dxeivoic.
Korrd bi toötov töv xpövov 'A9T]vaioi, dfiTrerrpiiCfi^vTic outujv Tflc
iröXctuc xmö Eipiov xal Mapöoviou, dßouXcOovTO TCixiZetv auTrjv * lo
AoKcbat^övioi bk oÖK dir^TpcTTOV adToic, iTpd(paav }xky 1rotou^£vol
^PfiTiTfipiov eTvai Tdc 'AörjvacTuiv iumXeövTuiv ßopßdpujv,Td 5t dX^-
^kc4p6ovoCvTecxal^f| ßouXd^evoiirdXtvauET]6fivai ' oOc6€)üiiCTOxXfic
cuv^cci biaqpdpwv xaTecTpaTrJTnc€v aÖTii^v töv 9G6VOV. ^ixeXeu-
cd^evoc Tdp toic ^A6iivaioic TCtxiZeiv Tf|v iröXtv ^X€XÖ eic Aoke- ^
bai^ova ibc Trpecßeuwv Xötujv Te TiTVOfüi^vuiViTapdToicAaKeboa-
liovieic in 'AOrivaioi TCtxiZouci Tf|v nöXiv, ävT^Xerev de^iCTOxXiic.
die bk oux £iTicT€uov ol Aaxebaifiövioi , ^nctcev aÖTOuc irpi^cßetc
Tr^^i|iai Tivdc Ö aÖTiöv elc Tdc 'AGrivac toüc tvuicoji^voüc d xri-
ZotTO f) iröXtc TUJV bk Aaxeboijioviujv ^Ofi^vuiv dvbpac xal so
-ire^itfdvTUiv öe^tcToxXftc xpöcpa u7r^7r€|Lii|i€ toic 'AOnvaioic xaT^-
17 MiXioac codex 854, 6 poit ireXoirownc . . • lacana triginta
circiter litterarum, item post ot "CXAi^vcc 15 t4» ^v] tö iv codex
^^expoirdOci codex S56, 6 ainw codex 7 irapaxeOnM^vac codex
11 AaK€doi|Li6vior oi bi codex
88 €K TÖN APICTOAHMOY.
Xeiv napjamojc touc dirccroXp^vouc rühr AoKC&amovCwv dvbpac
huc « aördc uirocrp^^,, «fc xoc 'AOnvoc. irpa&hmuv öt toöio
3Ö6 TUiy AOrrvcnuiv ol Aaicebomövioi aicOöficvot Tf|v drrdniv etuicro-
rtcmic ouKv bieOecav oürdv bcivov l>€boucÖTCcir€piTiavÖ)iuiv, ÄX'
dirotevrec aurdv ^KOMkavro toöc foiouc. iv ü tüj fieroK» xpövu»
«Tcixu^rav al 'AOfivai rdv rpöirov toGtov. 6 n^v xbo ficrewc itepi-
'f-^ A ^***^ crofttuiv dTcixfcen- TÄ bi ^aicpa xcixn cp^povra
€7n_Töv netpaia Ö bsaxipov ji^powc crobtuiv m- 6 6i toO TTei-
pauuc mpißoXoc crodtiuiv n. «cnv bk 6 TTcipoieöc XyiAv cfc Wo
^mi^^voc- KiifkifTca bk ouroO xd niv ti h^c Mouvuxfa- xd
öc&a ot ditpa ToO neipaiiijc fj ^criv €ti vOv Aia KaXcTrar «veoc
A 1 r* Heipoid dq> • 8v TÖ Tf}c 'Apr^möoc icpdv Töpuroi. rd bi
PoAnp«<W reixoc ^Kriceij crafciuivÄ, nXorii fti Acre MvotcÖoi büo
opjuna äXXiiXoic cuvovTov, wd #| ji^v tiöv 'Aenvaiuiv itöXic
oönuc ircixicen. 6 öi OcMicroicXflc biö Tf|v öirepßdXXoucav cüvc-
civ Koi äpcTiiv «peovnedc, Öcbwuxen öird Tujv 'AenvaitMV Kcn
"5*7 ** ^"^^ ^°<^ AOKCbomÖVIOI U, äKOUCaVT€C TÄ «pi
■nie €TK€xopiqi€vnc npoöodac TToucoviqt, n€|w|iovrec oöriö #
CKUTÄiiv MCTCKoXoövTo oÖTÖv d»c ^TtoXoTncö^€vov. 6 bt nou-
covtac aeuiv de Tf|v Cirdpniv ätrcXo-rtcoro- icol <iTOT<icac toöc
AmccboiMovfouc, diroXueelc Tfjc aWac, uTrefijXeev koI wöXiv
» tvnpT« ifiv irpoöocCav.
„r 5X **! ^**^ °^ 'eXXiivcc, d<picr<S|U€voi dno xiöv Acuccboino-
aK7 ^ .aSL 3""*«***= Tupoweiceai öird ToOnaucoviou, irpoccriecvro
™»« Aenvaioic. Kai oÖTUK ijpSovro näXiv ol 'Aenvaioi möpouc
Aoußdvovrec aöEecear vaOc xc fäp KaxcaceöaJov . , T . .
• • . xpUMoxuiv eiicaupo9uXdKiov ^Ttonicavxo ^v AVjXiy . .
.*Aj;\_' 1 ' * -". xdXlovxa iK TTJc
^c V diSxf r" *^^^^^^'^ ^^*^ ^*<= ''^*1^"«= "«^ Kox^ema
'0 bi TToucavJac tiirdpxuiv ^v BiÄovxiuj dvamavböv diiAbiccv
KOI Konta biexle« xouc "exXrivac. bicnpd&ixo b* In m\ x^oOrov.
nv^mxuipiou xivdc 9uT<ixiiP Kopuivibou iy/ofia, iq>' fiv ?n€ut|»€V
loö nouKoviac Ömxöv xöv itax^ 6 bk Kopuivibnc bcboiKibc
xnv ajfiöxijxa xoO TTaucovfou, frtcmiiev oöxili xf|v iraiba fjc Kod
iropOTCvoMcviic vukxöc elc xö oXKt\na KOl^u»^l^vou xoö TToucavIou
^fl1"?2f "*^''*^' ^cpturrvoc TCVÖMevoc 6 naucavioc bö£oc x€ kot'
..tXr^ ^w «««^nXuWvai, ^Ttopäncvoc Ei<p(biov örcpövnce
Tnvcöpnv KCl dn^KXflvev. ical btä xoOxo elc ^aviov wepi^cxn, koi
TcvöMcvoc <ppevopXoWc öceicpdTci noXXiSnac ibc b^ MocxiTOÖnevoc
wo xf|c KöpTjc troXXoO bk xpövou biorevoji^vou ÖiXdcoxo xouc
oatMovac xfjc ttaibdc koI oöxuic änoccrr^cnj. xf|c bi npoboctac oi)k
«Jß7 ^.;J*'L!2**'' ?**^** . ® Mouvouxte codex 10 weipael codex
' » £!? ♦ A^^'"*.""??* ^*™'* «" «»*»<'« «rciter daodeviginü lUterw
■* poet AftXiji desiderantnr duodeviginti Utterae 4 ovro codex
codex "'TlÄe^rcodex" "'*'"^" ""^"^ ** T€vof.cvoM€voc
€K TÖN APICTOAHMOY. 89
iiraOeTO, dXXo TpÄi|iac ImcToXäc EdpSij 'ApTiXiui dTairtu^evui
^auToO bibwct Taurac iTKeXeucdjuevoc KO^iZetv npdc E^f^v. o a>
hk 'ApTiXioc beöoiKibc mp\ aöroö (^Tretöf) t«P ovU o\ irpÖTCpoi
it€M<pG^VT€C dircvöcTTicav) irpdc ElpiT\v ob TrapcT^vexo. dXedjv U 3ö8
ek CtrdpTTiv Toic ^qnSpoic ^jit^vucc Tf|v irpobociov, ön^qc^xo bk
KaTd9opov b€{£€iv xdv TTaucaviav. xal cuvO^fiicvoc irepl xovnuv
JiXOc €lcToivapov Iv xe xtö xoO TToceiödrvoc xcji^vci Wxeucv. o\ bi
?<popoi iroparcvö^evoi xal aöxoi [imö aöxo rdriiievoc xal bi]7tXfiv 5
cxnvfiv xoxacxeudcovxec ^v auxf| fxpuuiav ^auxouc. oöx ^nicxd-
fievoc bk naucovioc xaöxa, dxoucac bk xdv *ApTiXiov ixexeiiovxa,
7rap€T^V€xo npdc auxdv xal &ne}xl}i(p€TO dirt xö ^f| xo^ical xdc
diricxoXdc trpöc Ziph\v , fiXXa x^ xiva xexMTipia bi€&|€i xf^c irpo-
bociac ol bk ^<popot dxoucavxec xuiv ßriG^vxujv irapaxpfl^a ^tv lo
oti cuveXdßovxo aöxdv bid xö elvai (tfiov xd x^^evoc, dXX' eTacav
dii€Xe€Tv. öcxepov bk aöxdv iXedvxa elc Ctrdpxnv ißouXovxo cuX-
XaiißdvecOai. 6 bk örrovoiicac eic^bpafiev de xö xfic XaXxtoixou
'ABtivoc x^jicvoc [xal] lx^x€U€v. xiöv bk Aaxebaijiioviuiv iv diröpiji
dvxiüv bid xf|v elc xöv Ocdv epqcxdav, f| }iY[n\p xoO TTaucavlou ßa- i6
cxdcaca trXivGov ^Onxev ^trl xffc eicöbou xoO xejidvouc, trpoxoxapxo-
\i4vr\ xfic xaxd xoö traibdc xoXdceiuc* ol bk Aaxebaifidviot xaxa-
KoXouGfjcavxec aöx^ dvqixobö^iicav xd xdfievoc, xal XijuK?^ bia-
«pOap^vxoc xoö TTaucaviou dveXOdvxec xf|v cx^v d^dXxucav xoö
vaoö 2x1 ijiTrvfovxa xdv TToucaviav xal Ö^ppiniav. bid bi xoOxo 359
Xoi^dc aöxouc xox^cxev. Öcoö bk xp^cavxoc, inäv ÖiXdcujvxai
xouc baijüiovac xoö TTaucaviou, iraucacOai xdv Xoijxdv, dvbpidvxa
aintSji dv^cxY)cav, xal iiraucaxo 6 Xoi^öc.
Zrixifjceiuc bk oijcr\c nopd xoic "QXriciv, xivac bei 7rp0Tpa9fivai s
avnöv xÄv cuji^CMaxTiKÖxuiv dv xd» Mnbixifi iroX^mj), dEcOpov ol
Aoxebai^övioi xdv bicxov iq>* ou xuxXoxepojc lnifpa\\^av xdc
nruivicji^vac iröXcic die jinxe npurrouc xivdc reTpdcpeai jurie*
licx^pouc. Aaxebatpöviot bt, ^ircl xd xoö TTaucaviou dnoveibicxtüc
dKCxuiprjxci, xouc 'Aenvaiouc fnciGov X^tovxcc iy xaTc TTaucaviou lo
intcxoXaic xoivwvdv cöpiix^vai xfjc irpobociac GepicxoxX^a- 6 bk
GcptcxoxXfic beboixuüc xouc Aaxebai^oviouc oux ?^€iv€v iv xu»
"ApTCi, dXXd 7top€T^v€xo cic Kepxupav, xdx€i0€V elc MoXoccoöc
Trpdc "Abfiiijov ßactXeöovxa xal ^x^P^v adxtu irpdxepov. xuiv bk
Aaxebai^ovtuiv napaT€vo^€vuiv irpdc xdv *Abjuinxov xal Öai-is
xouvxiüv aöxdv f| tirvf) xoö ^Abjüiifixou ött^Ocxo GcfiicxoxXfo dprrdcai
xdv xoö ßaciX^iuc iraiba xal xaGccÖnvai in\ xnc icxiac Ixexeöovxo.
irpdSavxoc bk xoö 6€]uiicxoxX^ouc 6 "Ab^irroc xaxeXericac aöxdv
oöx ££^bu)X€V, dXX' direxpieii xok TTeXoirowricioic ^fi öciov clvai
^xboövat xdv Ix^xTiv. ö bk OepicxoxXf^c oöx ?x^v öirou öirocxp^- «o
Miei inx xf|v TTepciba JuXei. dxivbuveuce bk xal nX^mv dXiXivai xal
358 1 6 Dost aÖTol desiderantar in eodioe qnindecim fere litterae
9 öieHciv codex 14 xal om. codex 15 tV|v Bcöv mavnit Weschenis
^9> 2 XpIcavTOC codex
90 6K TÖN APICTOAHMOY.
napaXiiq>6iivat. NdEov top ttoXc^oOvtuüv 'Adnvaiuiv f| voCc f| toO
6€^ictokX^ouc x^i^iJ^voc dTriT€V(4i^vou irpocrJYero t^ NäSip. ö
bk 6€jLiiCT0KXf)c j 5€boiKUic ^ii7roT€ cuXXr|<p0q dnö tujv 'A^vaiuiv,
360 ^TreiXqcc Tip Kußepvrjnj dvaipriceiv ourdv, ei ^f\ dvT^xoi TOtc irveü-
^civ. ö ik Kußepvif]Tiic beicoc Tf|v dTieiXfiv üjp^iicev inx cdXov
vuKTa xal fm^av ical dvr^qce Totc dv^ftoic. xal oötu) SchictokXhc
biaciuOelc iraper^vcTO eic Tf|V TTepdba xal Edp£t]v \iiv ou xar^Xa-
5 ßev ZufvTa, *kpTaiiplr\y bk töv uldv auroC, i^ ouk £v€(pavtcOii ' dXXd
biaTpi(|;ac ^viauröv xal fiaOiuv Tf|v TTepciicf|v TX(i»ccav, töte
nap^TcvcTO itpöc töv *ApTaH^p£nv xal iniiiwr\cey aÖTiji twv euepTC-
ciuiv &c £ööx€i xaraTeOetcOai €lc töv irarepa aurroO E^päiv, Xif^uv
xal TTic cumipiac auTuj T^v^cecdai alnoc
10 ' Tjvac
TÖ leöjiia. uTrdcxeTO bk, ei Xdßoi crpaTÖv irctp' aÖToO, x^^P^Aica-
cdai Touc ''GXXnvac. 6 bk 'Apro^^p^iic irpoccxuiv Tok eiprm^voic
b^5u)xev aÖT^i CTparöv xal Tpeic nöXeic eic xopiiTiav , Mayviictav
^ev eic ciTOv, Adfi(|;axov bk eic ofvov, MuoCvra bk eic öipov.
lö Xaßuiv bk de^tcToxXqc xal naparevöiievoc eic MorvTidav, tcf^c
fibx] Tevöfievoc Tfjc 'EXXdboc ^eTevÖT)cev, oöx fnmcdjievoc bexv np-
Xe^elv TOic ö|Lioq>uXoic * Ouuiv bk t^ Aeuxo<ppuvt 'ApT^jiibi cqxn-
TOjui^vou Taupou Öttocxuiv fpidXr^v xal irXnpiucac ol'fiaTOC £mev xal
dT€XeuTT|cev. ol bk *'exXT|vec Tvövrec ToöTa ÖeMuixov töv crporöv
361 Tdv äjna Tifi 6e|LitCT0xXeT. xal irapaTevö^evoi bk ^Tvuicav ical dvre-
7T€CTpdT€uov Tijj 'ApxaE^pEg. eöO^uic Te Tdc Mujvtxdc xal xdc Xomdc
iröXeic '€XXiivi5ac i^Xeuöe'pouv 'A9T]vaiot Kijiuivoc bk Toö MiX-
Tidbou cTpaTTiToOvToc dv^TrXeucav ^m t#|v TTa^q)uXlov Kord töv
5XeTÖ|üievov Eöpup^öovTa 7roTa^öv xal dvau|idxT)cav 0o(vi£i xai
TTepcaic xal Xa^Trpd ipya ^treöeiEavTo, ^xaTÖv Te vaOc dXdvrec
aÖTdvöpouc dneJojudxncav xal öuo Tpöiraia fcTncav , tö fiiv xaToi
TtJv, tö bk xaid edXarrav.
"ETrXeucav bk xal xaTd Kuitpov xal in' AItutttov. ^ßociXeucev
10 bk Tfjc AiTÖTTTOu 'Ivdpoc uiöc VajifUTeixou • öc ditocrdc *ApTo£^p-
Eou ßoTjOoüc inTjTdreTo aunji toöc 'AOnvaiouc , olTivec ^xovrec c
vaOc dnoX^^ricav iv:\ ivi] 8£ toic ßapßdpoic. fieTd bk TaöTa
MetdßuZoc 6 ZiuiTupou xaTaiteMcpOelc unö 'ApTa£^pHou, djp^Tjjui^-
viuv Tüüv 'AGiivaiujv dv T^j xaXoujii^vr) TTpocumiTibi vi^C4i inl tivoc
15 noTajLioö, dxrp^Ttei tö (SeTGpov toO iroTa^oö, ^Troiiic^v t€ xdc vaöc
^ttI Tf|c T*ic dTToXewpefivai. dxTpatreicojv bk N vti^öv 'Attixi&v
iTpocTrXeouciXiv t^ AiTÖTmji ol nepl töv MeydßuZov xal TauTac
Trap^Xaßov xal de \ikv bUcpOeipav , de bk xaT^cxov. tuiv bk dv-
362 bpiöv ol jifcv TrXeiouc bieq)9dpTicav, öXlroi bk iravTditaciv öir&Tpe-
ipav eic Tf|v oixeiav.
Mexd bk Tauxa *eXXT|Vixöc 7röXe|iioc dy^veTO 'Mdt\vaiwv xal
24 bcöOKtuc codex 360, 3 vuicrav codex 9 poBt atnoc deside-
rantor fere viginti litterae 16 oök codex 361, 18 ^etoßuEoc codex
17 jueyaßulov codex 18 6i€q)6eipov codex
€K TÖN APICTOAHMOY. 91
AaK€bai)yiov(u)v iv Tovdrpa' xal oi ^^v Aoicetei^övtot ficav
TÖv äpiO^öv ^uptOl TpiqciXtoi, ol bk 'AOnvaioi iiüpxox ££a-5
KiqctXior Kai vtxujav 'AOrtvaioi. iraparaSdiyievoi tc iräXtv £v
Olvoq>ÜTOtc, CTpoTTiToOvToc ainwv ToX^iöou xal Mupuivibou, tvi-
Kqcaof Boiurrouc xal kot^cxov Boiumav. cöOuc ^crpdccucav irA
KuTTpov, crpaTiiToOvToc avrc&v Ktfiuivoc toO MtXndbou. dvraOOa
Xifiip cuveqcdOricav , xal Ki^uiv vocrjcac iv KiTi((i ttöXci Tf|c Ku- lo
Trpou TeXeurqL ol b^ TT^pcat, öpdrvrec kckokuj^^vouc toOc 'A8n-
vaiouc , TT€pi9povi^cavT€c auTuiv iirfiXeov tqic vauciv • xal ätuiv
Ttverai xatd BdXaTrav iv iB vixuictv 'Aör|vaioi. xai crpaTTTTÖv
alpoOvrai KotXXiav töv dirixXTJciv XoucxönXourov, iiiA ^caupöy €u-
püjv iv Mapa9uivt,dv6XÖM€voc auTdv^dnXouTiicev. oötoc 6 KoXXiac w
^aretcOTO npdc 'Apiaiipiriv xai touc Xoiirovic TT^pcac. Mvovto
bk a\ cnovba\ in\ xoTcbc- dq)* ip dvxdc Kuav^wv xal Ndccou iro-
Ta^oö xal OacrjXiboc, f)Tic icnv itöXic TTa^q)uXiac, xal XeXibov^uiv
\ix\ ^oxpoic nXo{oic xaTanX^uici TT^pcat , xal ivtöc rpiiXiv fmepCuv
6bo0 i\v fiv Tttttoc dvoiq) biuncöfievoc iii\ xaTiuiCiv. xal cnovbal 363
oöv ^T^vovTO TOiaOrai.
Mevä bk TaOra "CXXtivixöc ixöXqioc ^t^vcto Ü airiac roiau-
T7]c Aaxcbaijiövioi äipeXö^evoi Ouüx^uiv tö iv AcXcpok iepöv
TTop^bocav AoKpoic, xal ä<p€XÖM€voi aörouc än^bocav irdXtv toic s
<t>uixeuav. i&iro€Tp€q>öyTUiv bk tiBv 'AGrivaiwv änö tf^c ^dxfic, crpa-
TiTToOvToc ouTiIiv ToX^ibou, xai Tcvofi^vujv xatd KopiAvetav,
imdäfievoi aOroic dcpvu) Boiwrol ouciv dnapacxeuoic iTpiypavro
a^ouc, xai nvac ii auTuiv il\bffir\cav ^ oöcnvac äiraiTOvivroiv
'AOnvaiuiv oif irpörepov dir^bocav f\ Tfjv Botuiriav änoXaßetv * xal lo
M€Tä xaGra cuOuc 'AOiivatot itepnrXeücavrcc Ti\v TTcXoiröwiicov
Bufiov elXov, xal ToXiiibTic x^^iouc ixaxv 'AOnvaiouc dTriX^xrouc
bifiX6€ Tf|V TTcXoiTÖvvncov. xal iräXiv €fißotav dirocräcav cIXov
'AdiTvaiot iv bfe touti|i toic "EXXtici cirovbal rpiaxovrouTeic t(i'
vovTO. Tiff Tcccapccxaibcxdrqi bk ftci 'AG^vaToi Cdjiov troXiop- is
xiricav[T€c] eIXov, CTporriToOvTOc aöruiv TTepixX&uc xal öeiiicTO-
xXeouc.
'6v bk vSji ami^ irtx oSrui Xuovrai al TtSxv Ä ^tujv cirovbal, xal
dvicxarai 6 TTeXoTrownctaxöc TröXejioc alriai bk xal nXeiovcc cp^-
povrai 7T€pl ToO iroX^ou. irpum) bk f| xara TTcpixX^o. q>acl tap
hn Tuiv 'AOnvaiuiv xaracxeuaZövTuiv xfiv iXecpavrivTiv 'AGtivSv xal »
diTob€i£dvT(uv ipfemcj&Tvy töv TTeptxX^a, tcxvtjttiv bi <t>€ibiav,
dXövToc ToO 0€ibiou itA vocq)iC|i(J», €ÖXaßT|9€lc ö TTepixXfic \xkv xal 364
auTÖc euOüvac dtraiTTiOiQ , ßouXö^evoc dxxXtvai rdc xpicctc , dito-
Xireücaro xdv iröXe^ov toOtov xpdqiac tö xaxd McTCtp^üiv ypr^tpi-
CjLia. biairtCTOÖTat bk TaOxa xal ö Tfjc dpxaiac xuijitpbiac noiriTflc
X^TU'V OUTUiC 5
362, 10 KtT€{i}i codex 14 tö iirixAtv codex 16 ^cm^caTO codex
18 x^^^ov^wv codex 363, 12 O^tiov] «videtar esse rOOiov.' We-
scber 16 iroXiopKTicav codex 21 T€Xvt|Thv 'pro vnlgato tcxvIttjv.'
Wescher 364, 1 dXCbVTOC codex
92 €K TÖN APICTOAHMOY.
\b XiTTcpvfiTec T€UjpTol, Tdjid öf| cuvi€T€
^rjjiaT', &v ßouXoicO' dKoOcat Trjvb' öirwc äiruiXcTO'
TTpurrov likv y&p fipSar' airrf)C <t>€ibiac irpdSac xaKUJC*
elxa TTepiKXdTic, (poßttOek ^f| fiieTäcxoi xfic xuxnc,
10 T&c (puceic öfiiiiv bcboiKubc koI töv aiiOdör) rpöirov,
dfißaXibv CTriv6f)pa jüitKpöv McToptKoO H;iiq)icfiaTOC,
dfcqpuciicev tocoOtov ttöXcmov, dicT* ^k toO KairvoO
TidvTac *'€XXiivac baKpOcat, touc t* iKel toüc t' ivQ&he.
Kai TToXlV UTTOßdc *
15 nöpvnv eic fidGi^v loCcav McTapiba
veaviai kX^tttouciv fieducoKÖrraßor
K$7r€i6' ol McTCtpeic öbuvaic TrccpuciTTWjiivoi
dvT^KX€i|iav 'AcTTttdac Tröpvac öüo •
365 ^vO^vb' ö lTÖX€^oc ^fiqpavwc KaTeppdm
"6XXT1CI ttSciv ^k Tpiuiv XaiKacxpidiv
^v6€Vb€ {üldVTOl TTcpiKX^TlC 'ÜXÜ^TTIOC
ficTpaiTT*, ißpövra, cuvckuko Tf|v *€XXdba*
5 ixlQei vöjLiouc djcTTcp CKÖXta ycfpamiivoMC ,
djc XP*I McTap^ac }xf\T* iv dropd ji^Vr* iy i^nefpiti ji^veiv.
Oad bk. ÖTi, Toö TTcpiKX^ouc CKCirro^^vou irepl Tf)c dnoböceujc
Tiöv XÖTUJV uirtp Tf^c dpremcraciac, 'AXKißidbqc 6 KXeiviou ^mtpo-
ireuöjievoc üir* auroO elircv ^fj ck^tttou tti&c dirobcjic touc Xotouc
10 *AOT]vaioic , dXXd itoüc |üif| dTrobijic
AeuT^pa hk oiria 9^p€Tai KepKupaiujv xal ^Giribofiviwv
TOiaÜTT). 'enfba^voc f\y ttöXic KcpicupaCuiv diroiKoc bt f| KepKu-
pa KopivGiujv" irXrm^cXoöjicvoi oöv kot* ^kcivov rdv Kaipdv xai
äTr€pT](paveuö|i6Voi önö tuiv KepKupaluJv o\ *€mbd^ivioi irpoc-
15 Tronicdjüievoi cu^^dxouc touc KopivOiouc ibc ^tiTpoiroXltac,
&TpdT€ucav im K^pxupav Kai iiroX^fiouv. nteZ^öfüievot bfc Kep-
xupaToi TOI iroX^jii}» iircjumiav Trcpl cufiiiaxiac Trpdc 'AOiivaiouc,
fxovrec ttoXO vauTiKÖv ö^oiuic bt Kai oi KopivGioi ^Trc^^av
trpöc 'AOiivaiouc, d^iouvTCC ^auToTc Kai pf\ toTc KepKupaioic ßon-
20 eeiv aiiTOÜc ol bi 'AG^vaioi eiXovTO fioXXov ßorjöciv toTc KcpKU-
paiotc, Kai dvau^dxl^cav toTc KopivOiotc oöciv ivcirövboic Kai bia
TOÖTO ai CTTovbai iXu9i]cav.
366 TplTTi ahia qp^peTai Toiavni. TToTibaia tt6Xic fiiroiKOC Kopiv-
0(u»v fjv inX epdKi]C. diri Tavnic ^Trempav 'AOnvaioi ßouXö^cvoi
irapaXaßeTv auTfiv. ot bt TToTibaiöTai irpoc^GevTO toic Kopiv-
eCoic, Kai bid toOto jidxn ifiveTO 'AOiivaiujv Kai KoptvOiuiv, k«
5 £SeiToXtöpKT)cav ol *AöiivaToi.
TeTdpTii aWa qp^pcTai f| Kai dXiiOecTdTT]. ol AoKcbaifiOVioj
6pu»VT€c augavo|üi^vouc toüc 'AOiivaiouc Kai vaud Kai XP^M^^* ^^^
Eu^^dxoic
6 «Xiirc^eirrec codex 7 ^rmaT'dv] prmana codex ^^ '^^^ **^P£.
codex 365, 2 bcxacTpiuiv codex 366» 1 iroXtnöaia codex ^ ^^'
iroXiuipKT^cav codex.
F. Bflcheier: kritik des Aristodemos. 93
[Nach dem abdruck des vorstehenden textes geht der redactian ein
aufsatz ^kritik des Aristodemos' zu, der gleichfalls sofort zum
abdruck gelangen mag.]
C. Wescher hat in seiner ausgäbe der iToXlopKiiTiKä (Paris 1867)
auf Seite 349 bis 366 ein geschichtliches fragment unter dem titel ^K
TU)V 'ApiCTOÖrjfiou bekannt gemacht nach einer handschrift die Tom
Athoskloster stammt und in den besitz der kaiserlichen bibliothek zu
Paris übergegangen ist das stfick ist zu anfang und am ende unvoU-
ständig, die rücksei te von blatt 83 wo es beginnt trägt oben den vermerk
toOto dcnv TÖ Zrrroii^evov toö 'Apicrobri^ou. blait 84 ' (s. 354 , 5
der ausgäbe) wo die erzählung des Perserkriegs schlieszt, schien unten
die vom buchbinder halb zerstörte note t^Xoc toO A (des vierten buchs)
darzubieten , blatt 84 ^ oben vor dem tezt Wom Perserkrieg aber bis zum
peloponnesischen krieg geschah folgendes' noch das wort dpxr)« ^^^
anfang des fünften buchs. das ganze fragment beginnt mit der list des
Themistokles wodurch er die schlacht bei Salamis erzwang, und bricht
in der erdrterung der Ursachen des peloponnesischen kriegs bei der
^vierten und wahrsten' ab 'da die Lakedftmonier das Wachstum der
Athener an schiffen, geld und bundesgenossen sahen', wer der vielen
Aristodemoi verfaszte diese geschichte? die einzige stelle wo er auf seine
zeit bezug nimt in der Schilderung des Peiräeus s. 356, 9 beweist , wie
man unten sehen wird, im besten falle nur so viel dasz er nicht vor Stra-
bon geschrieben haben wird, daran zweifelte ich nach der spräche , der
lexicalischen dürftigkeit, der beschränkung der parlikelu, anderem was
auf entartung oder unbehilflichkeit weist, ohnehin keinen augenblick.
ich hehe aufs gerathewol heraus das einigemal misbrauchte tempus perfec-
tum, den conjunctiv nach dqp' ili s. 362, 17, die prSposition in tf^c KttTä
ToO naiböc KoXdceuic , i&irdpxciv völlig synonym nicht nur mit elvat
sondern mit öiaxpißeiv, 'ApTiXiip dTOiruifi^V4i iamov s. 357, 19,
iü7r€pT)9av€UÖ^€V0i passiv gleich uiT6pri9avou|i€vot s. 365, 14, das
bisher unbekannte irepiuiTVOC TCVÖjievoc s. 357, 13 für 'aufgewacht'
(TTCptunvicOeic). noch charakteristischer ist die s. 357, 18 und s. 359, 2
wiederholte phrase ^giXdcacOm Touc bai^ovdc Tivoc, placare manes,
bei den auf Athena bezüglichen Worten Tf|V cic TÖv Oeöv 6pT)CK€iav
s. 358, 15 schwebte wol der abstracte begriff der gottheit vor. die geo-
graphischen kenntnisse des Verfassers sind nicht sonderlich zu rühmen,
zwar bin ich weit entfernt ihm jene dummheit s. 353, 13 zur last zu
legen, der gemSsz die Griechen trXeucavTec CTabtouc T^ccapac toijc
ditö CaXajiivoc eic MiXtitov die schlacht bei Mykale schlugen; nach
dem tenor der erzählung darf man auch nicht an eine handschriftliche
Verwechslung von Samos mit der attischen insel denken, ich halte zahl
und artikel für verderbt, aber s. 361, 14 setzt er die prosopitische insel
doch gar zu schlau ini Ttvoc Trora^oO an und s. 349, 10 dehnt er die
Pames doch gar zu verwegen aus, wenn Xerxes KaOeZöjüievoc iiCx toC
TTdpVTieoc öpouc (Irhic bfe flv toOto) liiipo Tf|V vaufiaxiav. die
Voraussetzung ist begründet, dasz er weder in Griechenland noch in Asien
94 F. Bächder: kritlk des Arislodemos.
Boeh in Aegypten zu kwse war, dass seise zeit der byzantinischen epoche
grieefaischer historiographie näher lag als der römischen, fiber die chro-
nologisch-historische darstelloBg, von der niemand neues und wesent-
liches erwarten wird , die aber lo manchen etnzeiheiten von den andern
quellen abweicht, vermag ich ohne eingehendere Untersuchung, als jetzt
meine zeit erlaubt, nicht zu urteilen, ich bemerke nur wie die schlusz-
partie mit Ephoros bei Diodor und Plutarch stimmt und wie namentlich
auch der ausdruck vielfach an den von Diodor verarbeiteten text erinnert
bei der compendiarischen darstellung laufen nngenauigkeiteo genug unter,
wunderbare und anekdotenhafte züge wie die von Eleusis heranruckende
Staubwolke vor dem salaminischen sieg, die vindicta numinis als Pausanias
die Kleonike erstach oder die Spartaner ihn aus dem tempel wegschafften,
der rath von Admetos weib an Themistokles mit dem königssohn am berd
schütz zu suchen, dieses oder jenes aristeia oder stralegema oder apo-
phthegma werden mit der bei compilatoren gewöhnikhen Vorliebe erzählt,
aber z. b. die angäbe Aber die mauern .von Athen und im PeirSeus oder
die cilate der alten komödie lehren dasz er auch noch anderes und besse-
res aus seiner quelle schöpfen konnte.
So viel zur Orientierung des geneigten lesers, um meine bemerkun-
gen zum texte daran zu knfipfen. s. 350, 3 cuv€cniKu(ac bk Ttlc jnaxH^
(während der schlacht bei Salamis) ö SipixfC iKOtvdc fiuptdbac diTcßi-
ßacev de Tf|V irXiiciov vr\öba TraponcciM^viiv tQ CaXajiivi övo^oCo-
jn^viivVuTdXeiav, iic7rX»]TTÖjLi€vöc t€ Touc'eXXrivacKai ßouXö^€VOC
T& iTpocq>€pöjuieva vaudrfia tiIiv ßapßdpwv ävaciu&c0at. oh myria-
den oder vierhundert, verschlagt für unsern historiker nichts, aber £k-
7rXilTTÖ^€V0C war nicht seine meinung. denn obwol man mehrmals über
den gebrauch des medium mit ihm rechten kann , hier iSszt jene form
nur den sinn zu : Xerxes erschrak vor den Griechen, das passt gar zu
wenig zu aller tradition, auch nicht zu der darstellung des Verfassers der
den Arisleides um truppen bitten läszt eic TÖ ä^uvacOat touc Iv tQ
VtrraXeiqc, dem Xerxes also offensive absieht bei der hesetzung Psyttaleias
unterlegt, die Griechen zu verderben , die seinen zu retten beim Schiff-
bruch sind die von Aeschylos und Herodot übereinstimmend angegebenen
motive des Xerxes. demselben gedanken nähern wir uns durch die ände*
rung ^KTrXTJTruiV.
S. 351, 15 Mapöövioc uWc fuißpuou toO Ka\ aÖTOö ^71186^^-
vou Tok ^droic (cu)üiiT€(coc Kai TÄp aöröc Eiplr\v CTporcöcai itA
Tf|v *eXXäba) fjTioTo TÖ iroXu irXfieoc Tuiv ßopßdpuiv die ainov
TCTOVÖc Tf^c f^TTTic. der herausgebcr sagt dasz die handschrift blosz
CUjüiTT gebe, die andern buchstaben seien unlesbar, cujülTrefcac habe er
ergänzt, auch xal steht an falscher stelle, Wescher dachte wol cuv^-
iT€ice T^tp Ka\ aÖTÖc. ich lese cu^treireiKCt yap auröc.
S. 351, 20 Mardonios schickt zu den Athenern den Alexandres von
Makedonien öirtcxvou^evoc Miceiv aÖTOic jiüpia xdXavxa koI V\^
8cr\v auTol ßoOXovTat rf^c *exXdboc, xnpificeiv re uTrocxö^€VOC xal
Tf|v dXeuOepiav aöroic koI Tf|v aörovo^Cav, d SXoivto m^^iv i<P
toirrujv. man verfallt zunächst darauf önocxöficvoc für eine giosse
F. Bücheier: krilik des Arislodemos. 95
oder irrige Wiederholung zu halten , aber der Terfasser bat die nicht zu-
sammengehörigen Partikeln durch eine solche Wiederaufnahme des par»
tidps trennen wollen, ich ergänze öinen buchstahen, i&nobexö^cvoc
'indem er es auf sich nahm'.
S. 352 , 5 nach den mislungenen Unterhandlungen rflckt Mardonios
heran eic räc *A9if)vac xal rä In ircptXctirÖMCva ixipt) Trpocev^irpii-
c€V, itapaT€v6^€VÖc T€ cic räc 'AÖfjvac fijuia rij) crparifi ^vrauto
dcTpoToncbeucaTO. ol hk "eXAi^vec ^crparoTrebcucavTO ^v ITXa-
raiaic ' ra bk }xejaJEv Bnßatuiv xai TTXaTaiuiv cräbtd icnv ff. der
zug nach Athen, während er in Athen sengt und brennt, und die distanz
zwischen Theben (Ofißwv) und PlatäS, welche von Thukydides II 5 auf 70,
nicht 80 Stadien angegeben wird, thun jedem kund dasz an zweiter stelle
eic T&c 6rjßac geschrieben stand, so Diodor XI 29 zu anfang inaveX-
OÖVTOC eic T&c Grjßac toö Mopboviou ^eT& Tf)c öuvdtfieuic.
S. 353, 17 die barbaren landeten und lagerten bei Hykale xal ol
''£XXr)vec bk ärcoßävrec cuv^ßoXov auroic xat t&c a ^upidöac
iq)öveucav Tctc T€ vaöc ^pr^ouc Trap^Xaßov f\vf0^ivr\c t€ ttJc
^dxT)c Tf\c iv TTXaTaiaTc xal vixidvruiv täv Tiepi MuxdXrjv *6XXi^-
vujv ^apaT^iTet bk rflc MuxdXqc Aax€baiMOv{uiv \iiv AcwTuxlfeac
. . 'Adrivaiujv bi HdvOiTrrroc offenbar fehlt dem mit TtTVO^^vr)C an-
hebenden participialsatz jede Verbindung; diese I9szt sich auch nicht
anders als durch annähme einer Iflcke herstellen, der gedanke , welcher
ausgefallen ist, folgt aus der combination der beiden schlachten von selbst,
etwa Oau^acrfi bk f\v f| xord Tfjv a\ni\\ fmepccv cuvruxia TtTvoji^-
vr|C TC ferner ist der genetiv Tf)c MuKdXT)C unhaltbar, man verlangt
icTpcmiYCi 5' ^v T^ MuxdXq.
S. 354, 4 die sieger bei Platäft erriditeten tropften xal £opTf|V
iiTGtTOV '6X€u9€p(av npocoTOpeucavTec. das noch in Pausanias des
penegeten zeit penteterisch gefeierte fest hiesz '€Xev9^pta, und diese
form musz, da der Verfasser den namen selbst angeben wollte, statt der
handschriftlichen eingesetzt werden.
Im anfang des neuen buchs mag die erste iQcke ausser dem schon
von Wescher ergänzten TTcXoirovvriciaKdv nöXe^GV noch etwa die
Worte xord Tf|v '€XXdba ipra vor iTrpdxOr] mbe weggerafft haben,
in der zweiten, die gleichfalls ohngenUur 30 buchstaben umfaszte, fordert
der sinn dies: direibf) iEifiXacav Touc TTipcac ol "CXXtivcc [^x t^c
eupdiiTTic, xoracpirrövTujv tiöv ßapßd]pwv €k Cnciöv o\ 'A6iivaiot
npoc^jiEVOV TrpociroXcjioCvTec. die art, wie der nächste satz über Pau-
sanias angeschoben wird mit xai, trSgt ganz das gepräge oberflächlicher
compüation. dieser feldherr xard q>iXoTi^iav Tf|v uir^p tuiv '€XXi^-
vuiv , äfia bid irpobociav (cuvtcGcim^voc fäp fjv E^Eij TrpobObce-
c8ai aÖTiu toüc "QXiivac in\ td XaßeTv GirraT^pa irap' auroO
Trpdc Td^ov) ujc dmjpiüi^voc xe tQ iXtribi toöttj xa\ Ttji euxuxi^fiaxi
r(\k iy TTXaraiaTc oux ^^erpioirddei. eine ehrsucht irnkp touc ''EXXti-
vac würde ich verstehen, die (mifi tAv '€XXyjvu)V verstehe ich nicht,
denn iSge auch die Vorstellung zu gründe , dasz er anstatt in der Hellenen
namen persönlich die weihinschrift des delphischen dreifuszes abfaszte,
96 F. Böcbder: kritik des Ahstodemos.
wie konnte dies als Ursache oder anlasx seiner unbiDdigen begierden hin-
gestellt werdeo? uic im^ivoc usw. recapltuliert die eingangs genann-
ten motive: dem gluck von PiaUi wörde, meine ich, 9iXoTi^iav Tf|V
uirep Tiuv fpTWV entsprechen , der sloli Ober seine kriegsthaten. das
medium irpobiuc€c0at ist aufTillig; ^irl TÖ XoßeTv war in 4m Tip zu
indem , denn proäitionis praemium cum Xerxe nuptias fiUae eius pa-
dsciiur. ferner hat t€ einen Tcrkehrten plats hinter ^irqp^^voc, es
musz mit t1} den platz tauschen, im folgenden Tpiiroba dvadcic T^ 4v
A€Xq>Oic 'AiTÖXXuivt diriTpafi^a ^Tpcnpc ^P^c oötöv toioOtov wird
a(rTÖv, wofür ich lieber den dativ sähe, durch den gebrauch von im
sonst und in eben dieser angelegenheit bei Thukydides entschuldigt wer-
den, dann s. 355, 5 Tf|v M^v AoKUiviicf|V biatTav dnroreOetfidvoc,
£iriTeTTib€imu)c bk t&c toiv TTcpcuiv dc&nrac q>op€iv Kai TTcpcticac
rpanilac irapaTeOet^dvoc iroXiireXetc die fOoc ^xcivoic, während
die edilio princeps bei AcncovtKfjV und iropaTedci^^vac stehen ge-
blieben ist. Thukydides sagt so 1 130 TpdireZav TTepaxfiv iraperiOero.
S. 355,11 die Lakedämonier wollen die befestigung Athens nicht zu-
geben aus neid und um das Wachstum der Stadt zu hindern, dabei sei mir
erlaubt zu den Worten irpöipactv }xkv iroioufievot öp^iiTTJptov eTvatTUC
*Aenvac Tuiv fcTriTrXeövTUJV ßapßdpuiv, rö 6i dX^Oec q)eovouvT€C Kai
}ii\ ßouXö^evoi TToXiv au£T)Onvat zu erwähnen dasz ich den Verfasser
anfangs in verdacht nahm, als habe er das von seinem gewährsmann im
ersten glied beigefügte irdXtv (el irdXtv 'napa'X€)nfitlr\ und recepiacula
fuiuri belli) bei flüchtiger Verarbeitung ins zweite glied gebracht aber
auch s. 357, 1 wiederholt er f]p£avTO iräXiv ol *A9nvatoi ofi&cOai:
in seinen äugen war Athen immer grosz gewesen, der tezt fährt fort
oBc 0€]L4icTOKXt^c . cuv^cei ^uiqpdpiuv KaTecTpai/jimccv auriyv rdv
q)6övov. wovon soll das relativum abhängen ? gewis nicht von biotcpe-
pujv. das rechte ist ö bk 6€jüiicT0KXf)c
S. 356, 8 der Peiräeushafen zerfällt in zwei teile: davon heiszt der
eine Munychia, rä bcgid bk ÖKpa toO TTcipatdiC 1) ictiy in vöv Aia
KoXeiTat. da wir erstens einen besondern namen für den von Athen aus
rechts liegenden vorsprung der insgesamt TTeipaievc genannten halbinsel
und zweitens eine bestimmung erwarten was denn 'jetzt noch' dort war,
so ist die lückenhafligkeit des satzes von selbst klar, für das erste meine
ich dasz der Verfasser den namen eines der drei verschlieszbaren hSfen,
in dessen nähe einst die Hippodamische sUdl lag, den namen Zia ve^
wandte, über das zweite belehrt eine vergleichung Strabons IX 1 , 1^
s. 395 f. ol iToXXol iTÖXcMoi töv TTeipaiä cuvdcreiXav €ic ükifvy
KaroiKlav, xflv ncpl touc Xi^dvac Kai xd lepdv xoO Aide xoO ctJirrfl-
poc , welches heiligtum wie von Strabon so auch von Pausanias weiter
behandelt wird, ich ergänze demnach ^ icxiv ^xi vOv Aide [lepöv,
Z^a] KaXcixai. der ausfall erklärt sich noch leichter, wenn man eine
durch mundartliche lautverschiebung bei den abschreibem herbeigeführte
vertauschung des namens Zia mit Aia annehmen darf, folgt dxBoc hi
^cxiv dv rieipaiet iq)* 8v xd xi^c 'Apx^^iboc Updv fbpuxai. man lese
£9' ip, Peiräeus steht hier für die ganze halbinsel, gemeint ist der tempel
F. Bächeier: kritik des Aristodemos. 97
•der manychischen göttin. zum teil abweicheod Ton Thukydides II 13, im
ersten punct dbereinstimmend mit dessen scboliasten, gibt unsere quelle
60 Stadien fQr die ringmauer der Stadt, 80 fflr die ringmauer des Peirl-
eus , 40 für die mauern von der Stadt zum Peiräeus , 30 fflr die pbaleri-
sche mauer an.
S. 357, 2 durch die qxSpot begannen die Athener mSchtig zu wer-
den , vaCc T€ T^P xaTeaceuaZov * * ^ xPHM^^tuv 6T)caupoq>uXdKiov
diroiricavTO iv Ai\kw * * * avra ix xfjc AfjXou rd cuvox&^vra jyi€-
TeKÖfiicav €ic t&c 'Ä6rjvac xai xar^dcvro dvröc iy äxpoiröXet. an
stelle der Sternchen fehlen in der liandschrift ohngef9hr je 18 buchstaben.
zuerst genügt zum verstSndnis xal CTpaTÖv cuv^XeTOV Kod. hernach
ergänzt Wescher TdXavra, an sich nklbt fibel, nur dasz toi cuvaxO^vra
zu nackt hinterher läuft, dies und die gleiche zusammendrSngung der
tbatsachen bei Ne pos Jrist, 3, 1 {Delum commune aerarium esse volue'
runt^ quae omnis pecunia postero tempore Jihenas iranslaia est)
wird meine ergäuzung öcT^ptfi bk XP^^vifi ir]dvTa ^k tt^c AifjXou t&
ciwaxB^vra ^€T€KÖ^lcav mehr empfehlen.
S. 357, 18 Pausanias wird nach ermordung der tochter des Koro-
nides wahnsinnig , erst nach langer zeit versöhnt er die geister der er-
mordeten KQi o&ru)C äiroKar^cTTi , wofflr der druck dircKOT^cni gibt,
er spinnt seinen Tcrrath fort und gebraucht dazu den Argilios, denn unser
historiker nimt mit Nepos den namen als efgennamen. ö bk. 'ApifiXtoc
b€boiKtbc Tiepl auToO (^ireibf) t^P oi)bi o\ irpörepot Tr€^<p0^vT€C
iiir€VÖCTT|cav) Tipdc EipEvy o6 napefiveio. entweder inexbri oder
yäp, nicht beides zugleich. iTretöV^Trep war dem Verfasser schwerlich
eigen, oübinw "X&p tragt fOr ihn zu viel färbe auf, £k€i6€V stünde
schlecht: so tilge man t^p. statt irpörepot war irpÖTcpov zu seuen.
Argilios geht nach Sparta, zeigt den verrath an, ^^CX€TO b^ KOTdqX)-*
pov bei£€tv TÖv TTaucoviocv: der gewöhnliche Schreibfehler fflr Kard-
<ptupov, das Hesychios erklSrt ^XiiXcTM^vov ^ q>ocv€p6v, f\ KaTa9avT)
Tcvöficvov.
S. 358, 5 ergänzt Wescher 7rapaT€VÖ^€V0i Kttl aÖTOl [öirö aurö
TÖ T^iüievoc Kttl öi]iTXf)v aqvfiv KaracKeudcavTCC nicht ganz ge-
schickt statt ek TÖ aÖTÖ oder eic toOto tö T^ftevoc. Pausanias kam
zu Argilios xaX dme}ii\iq>€JO iv:\ tö ^f) xojuiicat rdc dTiiCToXdc Trpöc
H^pSriv, fiXXa ri nvo TCK^ifjpia bleibet xflc npobodoc wieder war
iv\ Tifii zu schreiben, ob bi€£|^et die rechte Verbesserung des überliefer-
ten bieSctv ist, zweifle ich sehr; der Verfasser schrieb wol 8>€i£6V.
S. 358, 17 die Lakedftmonier nach dem beispiel der mutter des Pausa-
nias 4vi{iKoböfir]cctv TÖ T^jüievoc xal Xi|üiii> btaq>6apdvToc xoC TTauca-
viou dv€X6övT€C T#|v CT^T^v ÖciXKUcav toO vooO ?ti djüiirv^ovTO. nach
▼ennauerung des gewöhnlichen eingangs geht der weg aus und ein durchs
dach, sollte gesagt werden dasz man aufs dach stieg um den sterbenden
herauszuholen, so war dveXOövTCC inX oder allenfalls cic Tf|V CT^TH^
zu schreiben, aber die übrigen quellen lehren dasz gesagt war dvcXöv-
T€C TJ^v CT^TnV) ^ie bei Thukydides töv öpcHpov d9€tXov^ bei Nepos
tectum sunt demoUli. darob kommt eine pest über das land, 6£o0 b^
JahrbBehor ftlr eUsa. phOol. 1S68 hft. 2. 7
98 P. Bficbeier: kritik des Aristodemos.
XpiiicaVTOc, lirav ^tXdcuivrot toOc ba(^ovac toO TTaucaviou irctu-
tacOai Tdv Xoi^dv, dvbpidvra aönfi äv^cnicav, kqI iitoucaro 6
Xdfiöc. die gracitM fordert irai»C€c6ai, dagegen kann Diemand ent-
flcbeideo ob der autor oder seine abscbreiber, abweichend von Thakydides
Diodor Pansanias welche swei bildnisse bezeugen, ävöptdvTa statt äv-
bpidvrac gesetzt haben.
S. 359, 16 f| Twfl ToO "AbfAiJTOU imideio Gc^icroicXda ipirdcai
TÖV ToO ßaciX^tuc natba ist der unstatthafte accusativ vermutlich durch
das folgende dfmäcm veranlasst und in Ge^tCTOKXei zu verbesseni. Plu-
tarch Thera. 24 ii\y fwatxa toO ßaaX^uic X^touciv öiToe^c6ai x^
Oc^tcTOKXet TÖ Ix^Teujuia toOto. auf der weitem flucht zur see i. 21
iiavöOv€\JC€V dXufvat koü irapaXTiq>M)vai, ein nahezu pleonasiischer
■ttsdruck wie s.357, 14 £iT€pövnC€ TrjV KÖpr^v xal d7r^iCT£tV€V. er ward
also beinahe aufgefangen, NdSov fäp iroXcMoOvTuiv 'AOnvaiuiv f| vaöc
f| TOO 6€]UltCT0lcX^OVC X€tfAUJVOC dtnT€VOfi^vou TTpociffreTO T^ NÄi^.
die structur sowie die sache selbst gebietet iroXiopxoiJVTUJV berznsleUen.
S. 360,6 Themistokles stellte sich dem Artaxerxes nicht gleich vor,
sondern nach einem jähr und nachdem er persisch gelernt TÖre iTap€-
Y^vcTO Ttpdc Tdv *Afnü£ipir]v kuX tTii^}n\cty aurjj» Ttuv rteptcciuiy
Sc dI>ÖK€t KGtTcnr€6€tc8ai de töv trar^pa aJrroO =^pHtiv, X^uw koi
xtic cumipiac aörij) xcvi^cccOat aTnoc ♦ ♦ » iivac tö UöfVHL Ver-
besserung und ergftnzung liegen auf der band: zuvörderst uir^fivnccv
oÖTÖv Tuiv etE»€pTeadjv, dann Tf|c cuinipfac aövS^ T€TCvfic8ai otnoc,
in der Iflcke von etwa 20 buchstaben stand ÖT^Xilicac Xuetv ft^XXovrac
ToOc ^'CXXJnvac TÖ leQrfiia oder fthnlich im anschlusz an den Wortlaut
s. 351, 8 biiXiJüv 8m mAXouciv o\ *'€XXnvec Xu€iv tö leürfiia. folgt
t5ir^qC€T0 5t, el Xdßoi crpaTÖv irap* aöroO, x^ip^cacOat touc 'CAKt)-
vctc ö hk 'ApTa£^p£f)c . . b^bunccv aönji crporöv xal rpetc iröXeic,
wo noch X€tpi6c€c6ai und £buiK€V zu corrigieren bleibt
S. 360, 19 wird der asiatische feldzug Rimons und die schlacht am
Eurymedon in unmittelbaren Zusammenhang mit dem tod des Themistokles
gebracht, im begriff von Magnesia aus gegen die Griechen zu ziehen wird
Themistokles von reue befallen und tötet sich beim opfer zu ehren der
Leukophryne — denn diese form ergibt sich fOr den autor wenn man
ifji AeimcxppiJVi 'ApT^fiibt aus der in dieser handschrifl sehr hflufigeo
itacistischen Schreibweise zuröckflbersetzt — mit stierblut. o\ bt *'QXr)-
V€C TVÖVT€C TttÖTC iEcöfuiKOV TÖV CTpOTÖV TÖV fifta T<j> ScpiCTOKkCI,
Kai irapaT€v6^€V0t bk ffvuicav xal dvTeirccrpdTCuov tä *ApTO-
KpHq- et&e^uic T€ TÖc luivixdc xal töc Xotirdc iröXeic 'eXXnviboc
l\Xeu6^poiiv 'AOrrvaTot. woraus die Hellenen des Themistokles beer ve^
treiben wollten, Uszt der historiker wolweislich bei seKe ; desto schwerer
ist es mit Sicherheit anzugeben woraus das tolle ftvwcav xal verderbt ist
den anderen berichten entspricht am meisten das allgemeinere cic T^v
*Ac(av , aber die combination unsers Verfassers und die bandsohrifüiche
lesung zeugt nach meinem urteil dafflr dasz er frischweg geschrieben Kod
irapatevÖMCVot bt €k MorvTiciav dvTCirccTpdTCtiov, indem er diese
stadL iTfhc Tf)c 'CXXdboc s. 360, 15, sich wie ein tbor Asiens dachte.
F. Bücheler: krilik des Arislodenios.
S. 361, 13 Megabyzos wird von ArUxenes gegen die atlSc&e llblle
in Aegypten geschickt ibp^rm^vuiv TUiv 'AOi|vaiuiv iv tQ icoXou|i^vg
TTpocuiiriTibt vncqj ini tivoc irora^oC. das verbum Ist verkehn, der
Grieche hatte die wähl s wischen dipfiriKÖTUiv (vgL s. 360, 2 ö Kußcp-
v/rnf)C &ppa\cev iiA cdXou) oder dip^igi^vuiv was der handsdirilt am
Dlchsten kommt der Perser leitet den fluss ab and setst die flotte aoli
trockene. ^KTpairetcuiv l>k N vriu^v 'Attikuiv npocirXcouct&v tQ
Altunrip ol irept töv Meyiißiii^ov xod Taurac irop^Xoßov. hier isi
diorpaiietcuiv vei&v unverstAndlich : von Aegypten wenigstens wendeten
sie sich nicht ab; dasz 50 schiffe dorch verirrung auf Aegypten susegel-
ten war gewis auch nicht die meinung des schriltstellers, sie waren nach
Thukydides ffir Aegypten bestimmt als bidöoxoi und legten dort an oäx
€lbdTec Twv T€T€vrm^vtuv oihly. war oök ivrpairetcuiv bi N V€<&v
das ursprüngliche: *indem 'sie das unbeachtet Üeszen'?
S. 362, 14 nach Kimons tod wflhlen die Athener zum Strategen
KoXXiav TÖV dnitcXficiv XcuocÖTrXouTOv, direl dncaupöv evpdiv dv
MopaOiIlivt dveXö^evoc auröv dirXouTr|C€v. so der herausgeber rieh-
tig, nur dasz in dem überlieferten TÖ dirficXtv nicht jene Ungere form
sondern dTrlKXfiv liegt Kallias schlieszt mit den Persern den berufenen
frieden liii Tokb€* iq>* (b ivröc Kuav^tuv Kai N^ccou irorofioO kqI
4>adiXiboc (f^Tic dciiv iröXic TTofiq^uXiac) ical XeXibovduiv yi\ ibia-
Kpoic ttXoioic KarairXduici TTdpcm Kod dvröc Tptujv fiMCpiDv 6boö f)v
by ftnroc dvoicg öiuixö^evoc fif| Korfuictv. keineswegs gehört dvTÖc
zu öboO, sondern dvTÖc Tpiuiv fmepuiv \ii\ xandvat bestimmt die
grenzen des landbereichs im gegensatz zu ivröc Kuavduiv Mf| Korra-
TrXeTv, gleich als ob ivtöc ''AXuoc iroTa|K>0 dastünde; das zwischen-
stehende dient dazu den begriff des tages nach umfang und Inhalt ge-
nauer zu bezeichnen, wozu der Grieche den objeclsaccusati? verwendet,
daher erachte ich öböv für nötig, und gerade so drückt Diodor XII 4
s. 481 sich aus |üir| xoraßatveiv dirl OdXarrav xaTUixdpui Tpiwv fme-
ptiiv öböv, wahrend andere bekanntlich in diesem vertrag die formet
imrou bpÖMOV f^dpac |if| xaToßaiveiv oder dir^x^iv Ti)c OaXdrnic
repetieren, endlich ist dvoicg durch vulgflre, Griechen und Lateinern
gewohnte ausspräche aus dvuci} entstanden.
S. 363, 4 Aaxebaijiövtot d9eXö^€vot Otuxduiv t6 iv A€Xq>otc
tepdv irapdbocav Aoxpoic xal d(p€Xö^€vot atirroCic dirdbocav ndXtv
TOTc OtXJxeOav. dasz die Lokrer statt der Delphier genannt werden,
dieser irtum scheint durch flüchtige einsieht des Originals hervorgerufen,
wenn dort wie bei Thukydides I 113 aus derselben zeit erzfthlt war dasz
auch die opuntischen Lokrer hftndel mit Athen hatten, aber nach xal
fehlt 'AOT]vatoi ohne des Verfassers schuld, vom abschreiber übersprun-
gen, die doppelle structur von dq^eXö^cVOl gewährt keinen anslosz.
S. 363, 12 die Athener schiffen um die Peloponnesos , nehmen
Gythion ein xal ToX^ibr|C x^touc Ixuiv 'A9iiva(ouc £thX^ktouc bi-
^X6£ if|V TTeXoirövVTicov. meines wissens erzählt so abenteuerliches
nur Aeschines irepl iropairpccßeiac % 75 Tf|V ToX^ibov crponiiriav
Sc xtXiouc intX^QUc Ixtuv 'Adnvaituv bid iUa\c TTeXottowi^ou
1*
100 F. Bficbeler: krilik des Aristodemos.
noXcMiac oöoic dbäic bitf^i. hier gegen den schlusz der penlekon-
U«ie schrumpft die oboebln sommarische dvsteUung noch mehr zusam-
BMn, die sUzchen werden so knapp und klein wie man sie iu den perio-
chae oier prologi findeu nach erwähnong des SOjabrigen walTensüU-
sundes faeiul es s. 363, 15 ti?. TCCcapccKOiöocdrui bk «tci 'Aenvoto.
C^ov itoXiopKiicovTec ciXov CTpomjToOvToc aöxdiv ITepMcX^uc
wd öeMiCTOKX^ouc der singular des particips bei doppeltem nomen
war ebenso schon s. 362, 7 gebraucht CTpoTTrroOvTOC ain&v ToXmI-
öou KOI Mupumbou. den namen des ThemistoUes aber haben abschrd-
ber eingefahrt för Co90kX^ouc: denn die fama von der gemeinschan-
Uchoi »trategie dieser beiden minner erhielt sich lange und risz noch dea
Justinus lU 6 zu enthusiastischer Movta fort (adpertu* lantam tempa-
totem beut duos dueet deügunt Periclem spectatae virtutü vinm et
Sophoelem scriptorem tragoediarum, qm diviso exercitu et Spartano-
rum agrosvastaverunt et multat Mine eivitates Athenietuium impem
^eeruM). wenn unser hisloriker dann forlfthrt Mn demselben jalire
wird auf diese weise der waffenstUlsUnd gebrochen', so kann man oöru»
nur dahm verstehen dasz nach seiner auffassuug der samische krieg den
peloponnesischen zur folge hatte, und dies wird bestätigt durch d»
nächste es werden aber in betreff des kriegs noch mehr Ursachen be-
richtet, folgt die erste urwche, des Perikles miUeidenschaft bei Pheidias
ü?.^^""." "k ^".'"i«'«"« »"> heschlus« gegen die Megarer, bezeugt
dureh Anstophanes frieden 603-611 und Achamer 524-534. wäh-
rend im ersten ciUt Diodor XI 40 s. 505 zwei verse auslSszt, streicht
ArMtodemos nur den flberflQssigen vers 608; auch seine handschrift
Th «X! * r .•"1?^'"' ^" '" "^vtiT6C geändert werden sollte; sie
stellt 605 J^pEoT omflc wie Seidler gegen die Aristophanes-handscbrif-
len und Diodor und variiert zu ende von 610 in dicr' ^k toO KOirvoO;
die übrigen abweichuugen sind werthlos, eine correctur wie die des her-
ausgeben zu 604 in Deutschland verpönt, das erste citat wird eingelei-
rmrti\c X^T«»v OUTWC, das zweite mit Koi irdXiv önoßdc, wo mir des
participiums bedeutung ganz unklar bleibt, ob es das zurückgehen auf
die ents ehung des megarischen psephisma oder gar ein heruntersteigen
in Jsthetisch-sittlichem sinn vermerken soll, das Achamercitat gibt unser
Verfasser ungleich vollständiger als Diodor und Plutarch Per. 30, von
denen der erstere es mit versen des Eopoiis vermengt, eine Verwechslung
die auch Cicero im orator $ 29 begangen hatte, aber auf Atticus erinne-
rung berichtigte (ad AU. XII 6, 3), die ich daher auf einen von beiden,
benutzten hisloriker zurückführe, nicht für einen eigentümlichen gedJcbt-
nisfebler eines jeden halte. Ach. 524 erscheint hier in der kritisch lehr-
reichen gestalt nöpvnv €lc ^^le^v loOcov MetopÖ«, 527 iröpvoc suti
^ l\^! ^' v''''l"=''' ®28 lyQivb' b ii6\qioc ipupav&c Korep-
p*m, 530 i-vQlMbi tiivToi, 531 richtig flcxpanr' ißpövra, 533 und
Ö34 zusammengezogen in «inen vers die xp^ Mefop^ac M^f ^v &(0f4
m €y «^neipqi ji^veiv , woraus folgt dasz Aristodemos den vers 633
Aesser las als wir, nemlich Mifrr* tv dfop^ [jxfrre f« | tiip" iv GoXAno]
•• ••? •'•
• ••• • •
F. Bücheier: kritik des Aristodemos. 101
}ifti\ — Als zweite Ursache wird die angelegenbeit der Kerkyräer und Epi-
damnier aufgeführt s. 365, 11 mit diesem anfang '€iriba^voc fjv nöXic
KcpKupaiuJV, äiroiKOC bk f) K^pKupa KopivOiunr , wo dnoiKOC hinter
TTÖXic ausgefallen ist, vgl. s. 366, 1 TToTtbaia iröXic diroiKOC Kopiv-
diu)V f)V. die KerkyrSer In not £iTejLii|iav irepl cv^iaxioc npöc 'A^-
vaiouc IxoYTtc ttoXu vaunKÖv ' ö^oiuic bk kqI oi Kop(v8iot £T^e^-
t|iav TTpöc *A6iiva{ouc dSiouvrec ^airroic xal |if| rote KcpKupaioic
ßor\Qeiy aurouc die mit lir€^i|iav verbundenen partidpialsAtze haben
den zweck den antrag eines bflndnisses zu begründen, gewissermaszen
ein nadiklang der betreffenden reden bei Thukydides. . dem d£ioCvT€C
war nicht die thatsache an sich, ^x^vrec, gegenüber zu stellen, sondern
die berufung auf diese ihatsache, Xdyov ^x^vrec tö itoXu vauTiKÖv
oder irap^xovT€C iroXu tö vo^utiköv. der zweck des schrifutellers,
der dem Wortlaut des Thukydides I 33 , 1 und 44 , 2 zu folgen scheint,
wird genügend erreicht durch die Schreibung die ^x^vrec noXu vauTi-
k6v. — Dritte Ursache war PotidSa, colonie der Korinthier im 6p(jiicnC'
^it\ launic ^ire^Hiav 'AOnvaToi ßouXöjievoi irapoXaßcTv aÖTTJv. auf
die Stadt bezieht sich TauTric, nicht auf Thrakien, der genetiv ist durch
assimiJation an ^irl 6p<jiKiic hereingekommen , der schriAsteller konnte
nur im tocuttiv schreiben, die PolidSaten schlössen sich an die Korintliier
an, deshalb schlugen sich Athener und Korinthier xai d£6iroXi6pKr)CCCV
oi 'AOilvaToi , wonach die vierte Ursache eingeführt wird, sachliche Ver-
kürzung stand in des autors belieben; um ihn gegen den Vorwurf sprach-
licher Verstümmelung zu schützen , ist es nötig nach 'Adnvatot den aus-
fall mindestens von Tf|v iröXtv oder Tf|V TToTibaiav anzunehmen.
Nachtrag, von hrn. Schaefer (oben s« 83} nehme ich s. 356, 9
den namen Eetioneia oder wie der Verfasser geschrieben haben wird 'He*
Tiurvta an, welchen ich in der lücke zu substituieren bäte — wenn sich
mir jetzt nicht das ganze ^ icAv ^Ti vOv Aia als teuschung d. h. ledig-
lich aus ^HenuiVia verschrieben und interpoliert erwiese, wie der ab-
schreiber mit namen sich abfand, lehrt schon die nöpvii cic liiBr\v ioOcct
statt des namens Simaitha. also TOt beSid bi, Äcpa toO TTeipmAic
'Heriurvta xaXeiTai: sie datur.
Gbsifswald. Franz Büohblbb.
19.
ABETE IN DER ODTSSEE.
Die Untersuchung von W. Hartel in der z. f. d. ost. gymn. 1865
s. 317 — 343 führt zu dem, wie mir scheint, gesicherten ergebnis, dasz
dem mittleren teile unserer Odyssee vom fünften bis hi den dreizehnten
gesang hinein nebst dem anfange des ersten allerdings, wie Rirchhoff er-
kannte, zwei ursprünglich selbständige epen von der heimfahrt des Odys-
seus, ein älteres, die kröne der gesamten epischen poesie der Griechen,
und ein jüngeres und weit schwächeres, zu gründe liegen, dasz aber das
letztere wesentlich anders, als Kirchhoff es sich dachte, gestaltet, eine
102 F. Sitsenubl: Arele in der Odyssee.
nachahmuog des ersteren und demselbeD Susserlich auch darin Ähnlich
war, daaz es gleichfalls eine selbslerzShlung der fräheren abenleoer d«s
Odysseos vor den ?ersamnielten PhAaken enthielt, aulbllend ist mir aber,
dasz auch Harteis aufmerfcsamkeit ein ponct entgangen ist, auf den ich
mit wenigen Worten die erwäguog der forscher auf diesem gebiete hb-
lenken möchte, so oft ich nemlich die angegebenen teile der Odyssee
las, immer erregte es mein erstaunen, dasz der erwartung, welche dte
empfehlung der Nansikaa l 304 — 315, Odysseus solle sich nicht an AI-
kinoos, sondern an Arete als flehender wenden — denn wenn er die mut-
ter für sich gewinne, werde auch der vater ihm schon zu willen sein —
notwendig erregen musz, der weitere verlauf der darstellung doch so
gar nicht entspricht, teuscht mich nicht alles , so musz es nach dieser
anläge bei dem dichter des ftltem nostos Arete gewesen sein, welche deo
Odysseus zu ilirem schfltzling machte und seine eutsendung gegen eia ge-
wisses widerstreben ihres gemals durchsetzte, in unserer beutigen Odys-
see dagegen thut sie nichts für ihn, was der rede werth wäre und was
ihr ein inneres recht gäbe sich seiner gerade als ihres gastes zu rflh-
men, wie sie dies X 336 IT. thut, neben dem blosz ftuszern umstände)
dasz er gerade an sie sich als flehender gewandi , da doch nicht sie sein
flehen erhört hat. Oberhaupt bleibt sie eine durchaus farblose figur, die
ausserdem nur noch r\ 236 ff. und 6 442 fl*. mit wenigen werten redend
auftritt, die an der letztern stelle gesprochenen werte gehörten (wieKöcbly
erkannt hat) ursprünglich an einen andern ort, zu der abschiedsscene, aber,
wie aus 448 erhellt, nicht des Altern, sondern des jQngem epos. die an
der erstem stelle führen uns gerade an jenen wendepunot, an welchem
unsere durch den ratb der Nausikaa erregle erwartung schifl1>ruch leidet,
und vielleicht ISszt sich nun gerade von hier aus ein gewisses licht auf
ein dunkel werfen, weiches die bisherige forschung zu zerstreuen nicht
vermocht hat.
Irre ich nicht sehr, so hat Köchly (de Odysseae carminibus diss. I
s. 30 vgl. III 8. 14 f.) richtig gesehen, dasz die anwesenheit der phSaiu-
sehen edlen beim eintritt des Odysseus in den königspalast nicht zum ur-
sprünglichen bestände der dichtung gehört, er kommt dem von mir
geäuszerlen anstosz bereits sehr nahe, indem er bemerkt dasz jetzt weder
Alkinoos noch Arete von selbst den flehenden aus der asche aufheben,
sondern dasz dies erst auf den tadel des Echeneos geschieht, und dasz
Arete, weit entfernt den Odysseus zu beschützen, erst nach enlfemung
der Phfiakeohäupter den mund öflhet, um den gast zu fragen, wie er denn
zu den von ihr als ihr eigentum erkannten kleidern gelangt sei. in der
that, Köchly brauchte diesem gedankengange nur noch einen einxigen
schritt weiter nachzugehen, um zu erkennen, wie auflTaliend es nach der
durch Nausikaa erregten erwartung sein musz , dasz auch nach der von
Odysseus erteilten antwort nicht Arete seine sdiützerin ist, sondern kein
wort weiter zu sagen braucht , weil es dieses Schutzes gar nicht bedarf,
vielmehr Alkinoos ohne weiteres dem beiden verspricht, was er wünscht,
die sonstigen von Hartel gegen diese ganze partie r\ 240 — 333 erhobe-
nen elnwendungen will ich hier nicht wiederholen, um so weniger aber
F. Saaemihl : Arete in der Odyssee. 103
hat man sich vor dem Schlüsse zu scheuen, dasz wir die echte ant-
wort, die Odysseus in dem altern nostos gab, und die echte
erzählung, wie sich an dieselbe dort die erhörnng seiner
bitte, das von ihm erlangte rersprechen seiner heimsen-
dnng knüpfte, nicht mehr besitzen, davon aber bin ich über-
zeugt, dasz sich aach dort Odysseus nicht, wie Kirchhoff zu beweisen
gesucht hat, sofort zu erkennen gab und seine abenteuer voilstindig
erzählte, auszer den gegengründen von Hartel spricht dawider auch noch
d^r umstand, dasz damit Odysseus ganz aus seinem Charakter heraus-
gefallen und vielmehr in der that, wie Lehrs (de Aristarchi stud. Hom.
2e aufl. 8. 438) es nur etwas allzu schroff ausdrückt, 'ein gimpel' wSre.
konnte er denn wissen , ob nicht gerade sein name und die bekanntschaft
seiner person ihm schaden und seine v^nsche vereiteln werde? muste
ihm also nicht vielmehr alles daran liegen das versprechen der heimsen-
duDg als ein noch unbekannter zu erlangen? gewis, die Phflaken waren
keine Ryklopen, das konnte er bereits von der begegnung mit Nausikaa
her wissen ; aber wie viel die vorläufige kluge Zurückhaltung mit dem
namen nützen und ihn auf alle falle sicher stellen konnte , das hatte er
gewis, wenn er es sonst noch nicht wüste, von seinem abenteuer mit dem
Kyklopen zu gut gelernt, um nicht die veränderte anweudung derselben
för die veränderte Sachlage sich unter allen umständen offen zu hallen,
nnd so zweifle ich denn auch eben so wenig als Köchly daran , dasz dem
groszen dichter des alten epos auch jene hochpoetische motivienmg der
erkennung im achten gesange wirklich angehört, mag man sie nun nach
ausscheidung von 98—520 lieber durch 83 — 97 oder durch 521—536
anknüpfen wollen, und jetzt erst schwinden die bedenken, welche noch
Bartel dagegen hegt, dasz die selbsterzählung auch bei ihm sich ebenso
anschlosz wie der neunte gesang unserer Odyssee nach jener ausschei-
dung und nach fernerer beseitigung aller derjenigen stücke In den späte-
ren bfichem ,^ durch welche sonst noch die abfahrt des Odysseus auf den
abend des dritten statt des zweiten tages nach seiner ankunft ausge-
dehnt wird.
Wer ist denn aber der urheber jener verse ri 240—3337 entweder
können sie doch nur ein werk des Überarbeiters sein oder aus dem jün-
geren nostos stammen, ersteres ist schon deshalb unwahrscheinlich,
weil der Überarbeiter ja dann die entsprechende partie in seinen beiden
originalen verworfen hätte, und wäre er wirklich hier so selbständig zu
werke gegangen, so würde er wahrscheinlich sich wol gehütet haben
den Alkinoos die entsendung schon auf den folgenden tag (317 f.) fest-
setzen zu lassen und sich die mühe gespart haben durch die flickverse
X 333—384. V 10—28 (s. Köchly diss. lU s. 14 f.) dies erst wieder
rückgängig zu machen, trotzdem würden wir uns freilich hierbei beruhi-
gen müssen, wenn wir genötigt wären alle diejenigen verse ans den vor-
aufgehenden partien von t), welche bestandteile des altem epos nicht
gewesen sein können, diesem jungem zuzuweisen, wie z. b. das gerade
hier ins rohe ausgemalte pantoffelregiment der Arete (69 ff.) und die
Schilderung aller der berlichkeilen 103 — 131, tlie doch Odysseus lange
104 F. SasemihI: Arete in der Odyssee.
nach Sonnenuntergang (289) nicht mehr sehen konnte, allein nichts
zwingt zu dieser annähme, Welmehr wird auch hier wie sonst mehrfach
der rfaapsodeninterpolaüon ihr Spielraum Terbleiben müssen.
In diesem jungem epos also erwachte Odrssens am tage nach seiner
landung auf Scheria erst mit Sonnenuntergang (289, anders Z 321). hier
badete ihn Nansikaa selbst im flösse and gab ihm selbst die kleider (296),
eine abweichung ron l 210 — 222, wo Odysseus nicht einmal im ange-
sieht der mägde baden will , die um so bemerkenswerther ist , da auch in
der Telemachie , einem gleichfalls jfingem und ▼ielleicht diesen zweiten
nostos an alter nicht Oberragenden gedichte (s. darfiber Hartel a. o. 1864
a. 499 tr.) , Nestors tochter das badeu des Telemachos eigenhändig be-
sorgt (t 464 ff.), hier war es Odysseus , der sich von Nausikaa nidit in
die Stadt begleiten lassen will (304 ff.), aus denselben gründen die l
262 — 288 vielmehr sie dafflr angibt ihn nicht bis dahin mitzunehmen,
hier bedurfte er daher im duukeln noch der führung der Athene (18 — 68).
hier traf er wahrscheinlich die PhSakenfiirsten wirklich bei Antinoos, ja
gab auch wol selbst seine vorläufige erzUhlung 240 ff. noch in ihrer ge-
genwart , so dasz er sich bei der zweiten , ausfahrlichen auf jene zDröck-
beziehen konnte, indem er anders als jetzt in der Odyssee und schon
in dem altern nostos bereits bei ihr dieselben zuhörer gehabt hatte (p
450 ff>)- dasz Antinoos es errathen rousz, warum Odysseus die frage der
Arete, wer er sei, noch nicht beantworten will, und in hoher gastlichkeit
demgemSsz ihm zuvor das versprechen der heimsendung gibt , und auch
dann noch ihn nicht sofort weiter ausfragt, ist vielleicht eher eine fein-
helt als ein fehler; dasz aber der dichter auch sein publicum dies rathen
laszt, ist allerdings eine schwäche, wie sie dieser jüngere dichter mehr-
fach an den tag legt, s. Hartel a. o. 1865 s. 330 ff. wie dann hier die
endliche erkenntnis vermittelt wurde, darflber iSszt sich eine wenu schon
unsichere mutmaszung auch noch aufstellen, gewis nemlich hindert
nichts an der annähme, dasz auch die verse 6 98 — 265. 370 — 416 in
ihrer hauptmasse aus dem jöngern nostos stammen, dann aber konnte
die ftuszerung, die dem Odysseus 6 219 f. entfahrt, mindestens sehr füg-
lich den anlasz zu einer erneuten frage an ihn bieten.
Fragt man aber, ob denn der öberarbeiter , der zusammenföger un-
serer heutigen Odyssee, einen anlasz dazu haben konnte die in rede ste-
hende partie lieber aus dem jungem epos zu entnehmen, so laszt sich
wenigstens die mdglichkeit nicht leugnen, dasz die aufnähme derselben
aus dem altem ihn vielleicht daran gehindert hatte auch 6 98—416 sei-
ner alMicht gemasz in seine composition einzureihen, ohnehin aber lästt
sich vielfach der zweck seines Verfahrens nicht mehr absehen, z. b. warum
er zwei slQcke, die erst der abschiedsscene angehörten, eins aus dem
jungem und eins wol aus dem altern nostos, das obige 6 438 — 448 und
0 457 — 468, schon dem achten gesange eingefügt hat. vermutlich io5
dem altern sind in der von uns genauer besprochenen partie die verse
r\ 251 — 258, s. jedoch Lehrs a. o.
Gbbifswald. Fbakz Subbmihl.
J. M. Suhl: anz. v. Thukydides erklärt von J. Glassen. 3r band. 105
20.
ZUR LITTERATUE DES THUKYDIDES.
1) Thukydidbs brklakt von J. Classeh. dritter band: drit*
TBS BUCH. Berlin, Weidmannflche buchhandlung. 1867. IV
u. 202 8. 8. . ^
Da das urteil über werlh nnd bedentung der Glassenschen Thukydides-
ausgäbe jetit, nachdem die beiden ersten bflcher schon iSngere zeit er-
schienen sind [vgl jahrb. 1863 s, 396—417. 461—480. 1866 s. 209—
220] , im allgemeinen ziemlich feststehen musz , so darf ich bei der be-
sprecbiiBg des dritten buches darauf Terzichten alles dasjenige , worin C.
die khCik und exegese des geschichtschreibers gefördert hat, vonslSndig
aufzuführen, und mich, was die anerkennenswerthen und sichern ergeh-
niaae seiner forschung anbetrilft, darauf beschrSinken auf einzelnes hinzu-
welsen, was entweder besonders beachtenswerth erscheint oder zu einer
ergänzenden bemerkung anlasz gibt im übrigen genüge das allgemeine
urteil, dasz der rorliegende band sich in würdiger weise den beiden ersten
anschiieszt. — In kritischer bezlehung mache ich besonders auf folgende
steilen aufmerksam, an denen mir G. das richtige hergestellt zu haben
seiieint: 12, 1 ö t€ Totc äXXoic |idXicTa eövoia [iricTiv] ßeßaioT, 12,
3 Kcd dvTijieXXflcat n Äei fmäc öc toO öjioCou ^tt* ^kcCvouc
iöfoi (die lesart dvTeirifieXXf^cai ist unmöglich , weil diri bedeutungslos
wäre und die altere gräcilät kein irnjuiÄXu) kennt), 22, 3 ^€T4 bi aÄrdv
Ol dnö^€VOl . . dx»i»pouv, ^Trcira ipiXo\ fiXXot . . dv^ßaivov,
34, 3 TiÄv h Tip biarcixCcfian , 38, 1 scheint mir die Vermutung,
dasz fidXtCTK Tf|v Tijiuipiav [dva]Xafiß<iv€t zu lesen sei, in hohem
grade wahrscheinlich, ebenso würde ich das von C. 53, 2 vorgeschlagene
dl TÄ ^fev d\r\Qf\ drroKptvacGai dvavxiov T^YveTai sehr gern im
texte lesen; zu billigen ist auch 66, 2 XÖTOic T€ ireCeeiv, 68, 3
^viauTÖy jLi^v Tiva [enßaioi] Mefap^ujv dvbpda. — Was die exege-
tische Seite anlaugt, so kann ich gegenüber der reichhaltigkeit des com-
mentars nur beispielsweise einige wenige stellen hervorheben , für die C.
«ine genauere und richtigere interpretalion gegeben hat. so ist 4, 6
OÖToic £npaccov richtig erklärt: *sie unterhandelten mit ihnen», 10, 1
erwiesen dasz zu cl |if| jutct' dperfic bOKOucric ic dXXrjXouc tItvoiyto
als subject <piXla xal KOivuivia gedacht werden musz, 10, 6 der inf.
aor. bpj3cat im sinne des fut. gefaszt, 11, 4 xo9* ?v T€v6^€V0V in die
rechte beziehung zu npoc9^|ui€VOV gesetzt; 30, 4 ist sehr belehrend und
zntreffbnd die ausführliche erörtening über rd xaivöv ToO iroX^juiou im
anhange; 38, 1 diro<patvciv tdc \xkv MimXTivdwv dbiKtac f||üiiv
tiNpc^<Mouc oöcac, TÄc y fmcT^pac Eujuicpopdc roTc Eumuidxoic ßXd-
ßac Ka9iCTa^^vac gibt G. die unzweifelhaft richtige deulung der anti-
these, der gegenüber ich meine frühere Vermutung, dasz ßXdßac glossem
zu &i^q)opdc sei , als unbegründet zurücknehme. 46 , 3 napaßaivofi^-
vuiv bk vjji xpövvp ic Töv 9dvaT0v al iroXXai dvT]KOuci hat C. zu
Jahrbücher für dass. philoL 1868 hft. 2. 8
*..#•* -,;,-.* r.<^.v *:* ^■»* w^^.:«^» ^ ««- ^rics. y**-^ t*« -«r -»»• .^ci -la
♦*«• ß-^'j^^K^-A. t.m 'K^\:t*tAi% !«• ^crrfJ* aun im lü d« tim ».^r um •*?"
^> *^ **♦«»*%• wMjr Vr uv»^ j»» H'*.j«L i«*« TJa^fCiiiDLs C» zis^ÄTiif
^,,^x^^ v^^ *-/*y^ <^>,^ i^«^t.;w.'^* ift;f vi B.t ÜLÄ i.»:i.t «a^erttimf« ti^-
^H-K %y^h^tfr^*l% *♦* <«^;r';i» ;r<:f «ft*jl fest»t*tL i»i«m hier die öb«
m^iU%^*3U'l ^f Uh^trfu tf^.y^'tf^^nhit ood fmindit und ge^engrüade g<^^«°
t^ih^hA^f nh^f^tf^t^tt n»'t6^^ nir4 das willkürlicbe imd verkehrte sKh
f«r^^^# ^M>,# |//«v>fifit» ifftd rjil^ut dia^ kern des wahreo und sicfaem «»"
H*f1flfU i\ft-h in% *i/<^»U Ul in hohem grade geeigocl in dieser bcxiehung
ihftUfh*\ hM MttifhU'fHi auf da« studirjoi def TIl einzuwirkee, weil sie
hhHftU zu HiUfniiyMt h#jlr«chlijng auffordert ond rielfach oeoe gesichls-
piiftnM Utt d)M wt'iU*tü foridifing darbietet, und so will auch ich bereil-
H'lllli^ iZ,*"iUiht'ft , iUn% kU Kirn seihst da vieles verdanke, wo ich zu ab-
fvh\tii$nitU'U »tinHiiuh if/hiiyi hin, und Ich wünsche daszdienun folgcfi<J«
J. H. Suhl: anz. t. Tliukydides erklärt von J. Classen. 3r band. 107
darlegung derselben nicht nur dem Verständnis des Th. dienlich sei, son*
dem auch beweisen möge, wie sehr C.s ausgäbe geeignet ist das Studium
desselben anzuregen und weiterzufahren.
Zunächst diejenigen steüen, mit deren kritischer behandiung ich
nicht übereinstimme. 17, 1 KOt Kord TÖv xP<ivov toOtov &v al vficc
^irXeov, ^v toic TcXcicxai b1\ vfjcc äfi* aöroic dvepToi [xdldet] ixi-
VOVTO hat C. das unerklärliche xdXXct gestrichen , ohne einen grund filr
dessen eindringen angeben zu können, augenscheinlich ist hier nur durch
emendation desselben zu helfen, die von mir im rhein. museum XVI s. 629
vorgeschlagene Verbesserung Ka\ äWi) hat C.s beifall nicht gefunden^
weil ihm unklar geblieben ist, was dem *auch anderswo' gegenüber ge-
dacht werden soll ich denke, nichts liegt näher als dasz xal fiXXg seine
gegensätzliche beziehnng in dem unmittelbar vorhergehenden findet, wo
von einer demonstration die rede ist, welche die Athener mit hundert
schiffen längs der kflste des Isthmos hin machten, und diese sind es ja
auch, die hier durch a\ vf)€C firXcov bezeichnet werden, vgl. auch
meine nachträgliche bemerknng zu dieser stelle jahrb. 1863 s. 415. —
31, 1 fiXXoi bi TiV€C . . irapi^vouv . . vSxv iv luivtqi irdXeuiv xara-
Xaßeiv Tiva i^ Kuftriv Tf|v AloXiba, Snuic £k iröXeuic öpftüb^evot Tf|v
lujviov äTrocrrjcuiciv . . , xal Tf|v irpöcobov toüttiv \ieficn\y oöcoev
*AOiivatujv [f\v] äq>^Xu>ct, xal fijüia, i^v d<popfAiDav adroTc, bairävn
cq>(ci TtTVT)Tai. in dieser viel besprochenen stelle hält C. es für das ein-
fachste ^v vor dq)^Xuict zu tilgen und dieses sowol als xiTVnrat von
SnuJC abhängen zu lassen; durch bonrdvn sollen dann die kosten der
von den Athenern zur blokade der feindlichen kOste zu unterhaltenden
flotte bezeichnet werden, abgesehen von der wenig gerechtfertigten
tilgung des f\v würden cq>iciv und aÖTOtC gerade die umgekehrte be*
Ziehung haben , als wie sie der regelmäszige Sprachgebrauch des Th. ver-
langt, nach diesem nemlich musz sich cq>ict auf das erweiterte subject
von itapi^votiv und aurok auf die Athener bezieben. G. findet zwar den
angenommenen Wechsel der beziehung hinlänglich dadurch angezeigt,
dasz die Athener in dem Vordersätze i^v d(popfA(£iav auToTc zum subjecte
geworden seien, allein dieser Vordersatz ist dem öiruuc ^airdvii aplci
YiTVilTat untergeordnet, während cqAcx seine beziehung nur finden kann
in dem subjecte desselben (II 65, 9) oder des fibergeordneten satzes.
auch C. selbst schefait mit der von ihm gegebenen aulTassung der stelle
nicht vollständig zufrieden zu sein , wenn er im anhange nach aufzählung
der verschiedenen erklärungs- und emendationsversuche hinzufügt : ^schon
der scholiast führt fünf verschiedene erklärungsweisen dieser stelle an,
die schwerlich jemals gegen jedes bedenken gesichert werden wird.' die
verschiedenen erklärungen des scholiasten beweisen nur, dasz er die stelle
nicht verstanden hat, und jedes bedenken gegen die richtigkeit derselben
musz als beseitigt erscheinen, wenn es gelingt derselben einen ange-
messenen sinn abzugewinnen, ohne das überliererte zu ändern und in der
beziehung der pronomina gegen den Sprachgebrauch zu verstoszen. ein
solcher sinn ergibt sieh von selbst, wenn man nur bairdvi] dieselbe be-
deutung zuschreibt, in welcher es Th. 1 83, 2. 99, 3 gebraucht hat die
8*
108 J. M. Stahl: ans. v. Thukydides erklärt von J. Glassen. 3r band.
Spartaner sollen eine der ionischen Städte oder Ryme besetzen 'damit sie
von da aus lonien zum abfalle brächten und , wenn sie diese wichtigste
einnahmequelle der Athener ihnen entzogen hätten , zugleich auch geld-
mittel gewännen fflr den faH, dasz sie dieselben Mokieren würden.' nach
dieser auffassung , welche ich im wesentlichen so schon im rbein. mu-
seum XVH s. 618 ff. vorgetragen habe, gehören zu Siru)C baträvri ccpki
TiTV^rai zwei bedingungssätze (Krüger spr. $ 54, 12, 8); das eintreten
einer blokade athenischen gebietes wird unter der Voraussetzung des f^v
dq>dXwct mit bestiromtheit erwartet: daher i^v iq)OpM(&ctv, anstatt
dessen sonst de t6 dqK>pfX€tv oOrotc (um ein biokadegeschwader gegen
sie zn unterhalten) stehen könnte. — 36,2 S>o£€V aÖTOtC od touc
irapövTOC fiövov äiroKretvai, äXX& Ka\ touc fiirovrac MunXrivaiouc
Scoifißtikci, iraibac hi koA fDvafKac ävbpaTrobicai, dmKaXoOvrec
TiVv T€ äXXr)v drröcTaciv Ka\ Sri oök dpxö)i€vot i&cirep ol äXXoi
diroir)cavTO, xal trpocEuveßdXcTo ouk dXdxtcrov Tf)c 6p}jif)c alTTe-
Xoirovvriduiv vf)€c de 'iumav dKCtvoic ßor|Oo\ ToXfLificacat Tiapa-
KtvbuveOcat. vor &n hat G. xal eingefügt, weil nach dem zu rd re
fiXXa 36, 1 erläuterten Sprachgebrauch t^ T€ &\\r]V dTTÖCTaciv den
abfall der Mytilenäer im allgemeinen bezeiAne und auf einen im folgen-
den besonders hervorzuhebenden umstand hinweise , der in ön . . dirotri-
cavTO ausgedrückt sei. aHein der besondere umstand kann ebenso gut
in iTpocSuveßdXcTO . . irapOKtvbuvcOcai liegen, und man wird ihn
darin finden müssen , wenn man erwägt dasz die ganz auszerordentliche
bestrafung der Mytilenäer nicht durcii ihren abfall überhaupt, sondern
nur durch eine ganz besondere beschaffenfaeit desselben begründet wer-
den kann , was eben durch ÖTt . . ditot^jcaVTC geschieht, auch so läszt
sich G.s erklärnng des ttjv T€ dXXtiv beibehalten : denn während ti^v T€
äXX^v dirdcTaciv ort . . drroiricavTO den gravierenden Charakter des
abfalls im allgemeinen bezeichnet, tritt in npocEuvcßdXCTO . . Tiapa-
KivbuveOcoi ein besonderer umstand desselben hervor, wenn nun C.
gegen diese auffassung einwendet , dasz nach Koi ein zweites object des
diHKaXouvrec folgen müste, so ist dagegen geltend zu machen, dasz Th.
dem letzten satzgliede ein ganz besonderes gewicht verleihen wollte da*
durch dasz er es selbständig hinstellte (vgl. IV 100, 1). dieser g^rauch,
der sich keineswegs auf Th. allein beschränkt (Herod. I 85, 1. 129, 1-
II 44, 1) beruht eben darauf, dasz die gewichtige hervorhebung eines
gedankengliedes es bewirkt , dasz dasselbe das regelmäszige sprachliche
abhängigkeitsverhältnis verläszt nnd so auch der form nach bedeutsam
hervortritt, keineswegs also wird, wie G. meint, durch das verbum fini-
tum der folgende grnnd als etwas blosz accessorisches eingeführt; ebenso
wenig i^urch die präpositionen 7rpoc£uv-, wo npoc- ^auszerdem* ent-
schieden dazu dient das folgende als ein verschiedenes anzukündigen, al^
letzten grund führt G. an , dasz in dem letzten satzgliede keine den Myti-
lenäem vorzurückende schuld bezeichnet werde, das tot dennoch der fall;
Th. setzt nur voraus dasz der ieser sich erinnere, wie das erschehien der
peloponnesischen flotte durch das hülfegesuch der Mytilenäer veranlasst
war. — 40, 6 jLidXtCTa bk ol ^fj Euv 7rpo<pdcci Tivd xaKÖc iroioOv-
J. U. Suhl: aaz. v. Thakydides erklärt von J. Clwsen. 3r band. 109
T€C tntiipxoYtax xal bioXXüvm auröv, xiv^uvov vq>op(IiM£VOi toO
viroXeiiTO^^vou dxBpoO. die hss. haben biöXXuvrai t6v idvbuvov.
C. hat meine emendation btoXXuvai in den text aufgenommen {indaifh-
Xovrai Kai öioXXvvat == sie gehen darauf ans ihn auch ganz zu ver-
nichten) und zugleich TÖv in aÖTÖv verwandelt, 'teila um das object zn
bloXXuvat klarer hervortreten zu lasaen, teils um das der sache nach
unbestimmte idvbuvov von seinem störenden arUkel zu befreien', gegen
die letztere äaderung musz ich entschiedene einspräche erheben , da ^
Dicht nur überflQssig ist, sondern auch den gedanken wesentlich ab-
schwächt, die auslassung des aus Ttvd zu ergänzenden objeets von btoX-
Xuvai ist echt Thukydideiscb, und idvbuvov ist durch den gen. TOÖ
iiiToXetirOft^vou ^x^P^^ bestimmt, durch den artikel wird auszerdem
die gefahr als eine bestimmt vorhandene bezeichnet (vgL in\ i(^ Ktv-
bvvqi 1 148, 2, tc töv xivbuvov 11 89, 4, KOTabelcovrec t6v idvbu-
vov U 93, 4), und in dieser beziehung ist der ausdruck ^indem sie die
von dem flbrigbleibenden feinde drohende (ausgehende) gefahr furchten'
weil stärker als ^indem sie gefahr fürchten von dem äbrigbleibenden
feinde', die gefahr aber, welche Th. hier speeiell im äuge hat, ist die
der erbitterten räche, der gen. toO £x%^d ^^ batracbom. 9 Mtic ya-
\iT\c Kivbuvov dXüEac, Herod. V]i I8i rivä c<pi Oöpu^v irap^e
TTuO^ui - vgl. Th. U 63, 1. — 40, 8 xal rote äXXoic £uMfiäxoic itapd-
bciTfta coq^c KaTacTTJcare, ibc öc fiv äipicriiTai 9avdrn|i Zn^tuicö-
^VOV hat C. gegen die autorttät der hss. (bc eingeschoben, weil das
part. ZiiMiu)Cd|üievov unmöglich für den inf. stehen und sich weder an
das subject noch an das object des Lanptsatzes anschlieszen könne, der
inf. wflrde hier wie 39, 3 eine aufforderung enthalten (ebenso nach ca-
q>ic &v KaTacTfjcaiTC 1 140, 5), während das prädicative part. wie 67, 6
icoincaT€ Toic "QXnci iropdbetTM^^ ou Xdrtuv touc dnra»vac irpoOi^-
C0VT€C ein rein objectives Verhältnis bezeichnet, was den zweiten gnind
anlangt, so kann auch 67, 6 irpoOncovrec nicht in der weise eines ge-
wöhnlichen part. mit iroilfjcaTC verbunden werden ; ob das part. im noou
oder acc. steht, scheint mir an beiden stellen lediglich davon abzuhängen,
ob in dem ergänzenden participialsatz ein neues subject eintritt oder nicht,
zumal da der schlusz der thebäischen rede 67, 6 mit dem der rede des
Kleon die gröste ähnlichkeit hat und die participialsätze an beklen stellen '^
genau in demsdben zusammenhange stehen, wenn sich aber jemand
dabei nicht beruhigen will , so ist es hier gestattet den participialsatz als
zweites object zu KaTOCTTJcaTe zu fassen, indem man napdberf )uia Kora-
CTTJcaTC entweder zu Einern begriffe verbindet (Kruger dial. syntax S 46,
18, 2) oder übersetzt: ^stellt als gegenständ (Inhalt) des beweises hin'
(Krüger a. o. S 46, 18, 1); vgl. IV 15, 2 cirovbäc iroinco^^vouc xd
it€pl TTuXov, VIII 41, 2 Tfjv xiüpay Xciav diroieiTO, VIII 62, 2 tä dv-
bpdirobo dpHaxTiv icoiricdjbtcvoc wäre aber auch ^e richtigkeit des
fiberlieferten zu bezweifeln, was ich entschieden in abrede stelle, so wäre
dennoch C.s emendation zu verwerfen, er übersetzt: ^stellt den bundes-
genossen ein nicht miszuverstehondes exerapei auf (dasz sie erkennen
>ni>S®9)9 ^>äz jeder der si<^ loszureiszen wagt mit dem tode bestraft
110 J. M. Suhl: anz. v. Tfaukydides erklärt von J. CiaBsen. 3r band.
werden wird.' allein der absolute acc. des part. mit übe enthftlt jedesmal
ein object des denkens oder der aussage des grammatischen (I 34, 4.
ü 89, 2. IV 5, 1} oder logischen subjects (Vi 24, 3) und bezeichnet wol
einen grand, niemals aber eine absieht, deshalb kann die nicht durch
*da8z sie erkennen mögen' wiedergegeben werden, vielmehr müste Über-
setzt werden können: *weil nach eurer meinung (oder aussage) jeder
abgefallene mit dem tode bestraft werden wird.' auch die von C. als sehr
ähnlich angeführte stelle Piatons rep. IV 426^ irpoopfopcuouct TOic iro-
XItqic tiP|v KardcTactv tt^c iröXeuic iii\ Kivctv , d>c diToOavoufA^vouc
8c &v toOto bp^ : *sie gebieten den bfirgern die Staatsverfassung nicht
zu erschüttern, da (wie sie sagen) sterben würde, wer dieses thue' spricht
nicht für, sondern gegen ihn. — 42, 3 o\ ird xpn^o(<^t irpocKarriTO-
poOvTCC £Trib€t£tv Tiva ist G.s Vermutung ^TribeCSetv zum mindesten
überflüssig ; irA X9W^^^ i^^ ^^^ nachdrucks halber von ^tribeiEiv ge-
trennt und vorangestellt — Auch 42, 5 liegt in dem auf f| iröXic {=
ol iToXirat) bezogenen iT€tc6€iT)Cav keine bedenkliche härte des aus-
drucks. — 43, 5 vermutet G. EuvrJiütapTOV statt £uve£f)^apTOV, weil
das verstärkte ^Eajütaprdvciv hier kaum an der stelle sei. dagegen vgl.
Plat. Lacbes 184** ei Kai c^ucpöv ^EojLtdproi. — 45, 6 Kai |i€Tä irdv-
Turv ^KacTOc dXoTicTuic dnl nXiov ti aört&v dböEac€V halte ich mit
Krüger und Böhme aÖTÖv für die richtige lesart, da aÖTUiv sich nur auf
das vorhergebende öirobeccT^puiv beziehen liesze, und nicht, wie C.
will, ohne im vorigen eine bestimmte beziehung zu finden ^die zu gebole
stehenden mittel' bezeichnen kann, auch musz der natur der sache nach
die Verbindung des einzelnen mit der gesamtheit zunächst viel eher dar-
auf wirken , dasz er sich selbst stärker fühlt , als dasz er die mittel der
gesamtheit überschätze, wenn C. einwendet, dasz in dem vorliegenden
zusammenhange die Überschätzung der eigenen kräfte der Individuen kaum
in betracht kommen könne, so ist zu entgegnen dasz eine solche Selbst-
überschätzung der einzelnen auf die beschlüsse der gesamtheit notwendig
einwirkt und eine Überschätzung der leistungsfähigkeit dieser zur sichern
folge hat. — 46 , 2 ^Kcivuic hk Tiva otecGc f\vTiva oök öv ä^civov
ixkv f^ vCv irapacK€udcac6at tioXiopKiqi t€ TtapaTCveTcOai ic Toöcxa*
Tov hat G. dv eingeschoben, weil olecOai nicht auf etwas zukünftiges
hinweise und daher die beziehung des irapaoceudcacOai auf die zukunft
nicht von vorn herein klar sei. was die hss. bieten ist vollkommen gerecht-
fertigt der redner stellt sich, wie aus TOic dTtocrficiv und dTrocräca
iröXlc im vorhergehenden erhellt, mit seuier aussage auf den standpunct
des schon vollbrachten abfalles , so dasz Tiva dTrocröcav iröXiv zu den-
ken ist von diesem standpunct aus aber liegt das irapacKCudcacOat in
der Vergangenheit (Krüger spr. S ^3, 6, 9), während TrapOTCVCicöai
sich in die zukunft hinein erstreckt. — Zu 58, 2 OUK ^x^pouc Tdp ^f^^
cIkötuic Tt^uipric€c9€, dXX' eCvouc, Kar* dvdtKnv iroXe^TicavTac
wirft G. die zweifelnde frage auf, ob Th. nicht cCvouc Kai Kar' dvdt-
K11V IT. geschrieben haben sollte, ich glaube nicht; denn cövouc wird
durch KaT^dvdTpaiv iroXejificavTac begründet: *da wir euch nur aus
not bekriegt haben.* — 64, 4 & |yi^v irOTC XPHCTol ^dvecOe . . oö
J. H. Stahl: anz. v. Thokydides erklärt von J. Glassen. dr band. 111
iTpoafJKOVTa vOv dnebeiEore durfte G. das bsl. lir€b€{£aT€ oicht ver-
ändern: denn dmbctKvOvat heiszt nicht nur ^hinweisen', sondern auch
^beweisen', wie PlaL rep. in 391 % Dem. XXI 7 und sonst mehrfach. —
68 , 1 ot {^ AaK€ÖaiMÖviot biKOcral vojtiUIovTec tö iircpuiTima cqpi«
civ öp6£ic ßeiv, €! n iv tiJ» troX^^ifi ött* auruiv draOdv ttcttöv-
6aci , biön TÖv t€ dXXov xpövov i^Houv bfjOcv aärouc Kccrdt täc
traXaiöc ITaucaviou iietä töv Mf)5ov cirovbäc i\cux6l€iy xal 8t€
öcTcpov [S] irpd ToO iT€piT6txiZ€c6ai irpoetxovro aOroic , koivoCpc
€Tvai KOT* ^K€iva, übe oinc ih&a>no^ fjTou^evot tQ ^atnrujv biicafa
^ouXyjc€i ^KCiTovbot fjbi] ön' a(rT(&v Kax&c nciro^vat, adOtc tö
oÖTÖ . . ipumiJVTCC . . dir^KTCivov erfordert t6v te dXXov xpövov
i^iouv notwendig den gegensatz eines später an die Platäer gestellten
Verlangens , und deshalb hat G. wie vor ihm schon Reilmann & mit recht
ausgeschieden, allein damit ist die stelle noch keineswegs in dchtigkelt.
denn wie sie jetzt lautet, müste f)TOU^€VOt dem vorhergehenden i^Elouv
untergeordnet sein, was dem zusammenhange widerspricht, und es kann
daher nicht, wie G. will, (bc OÖK dbdSavTO, f|TOUM€VOt . . kqki&c ir€-
Trov6^vat neben btön . . i^E(o\iv . . Kar' ^xciva den zweiten gruud zu
C91CIV öpOtüC (Eexv enthalten, deshalb ist es notwendig die b' OÖK
ibilBaYTO zu lesen , wodurch fJTOÜjLievot dem biön i^Siouv coordiniert
wird, die prägnante kürze des ausdrucks tQ imjTfSiV bixauji ßouXrjcei
fKcrrovboi kann kaum auffällig sein, nachdem die b' oök ^b^avTO
unmittelbar vorhergegangen ist; auch liegt darin wol angedeutet, dasz
die Lakedämonier ihre forderung als ein mittel ansahen , um sich auszer-
halb der vertrage zu stellen. — 81, 2 [Xaßövrec] touc T6 Mecoiviouc
4c TTlv iTÖXiv fJTcrrov . . Kai täc voOc TtepiTiXeCcai KcXeücavrec . .
Td>v ^X^ptöv, el Tiva Xäßoiev, drr^KTCivov. die Stellung der worte ist
blosz auf das ^ine part. Xaßövrec berechnet und daher dieselbe wie
1 72, 1, wo G. zu vergleichen ; Xaßövrec fjtaTOV gerade wie Aristoph.
wespen 1379 äY€iv raöniv Xaßcbv. vgl. 11 67, 3 Xaßövrec ^KO^icav.
— 111, 2 oi b ' 'A^1TpaKtd>Tal Kai oi äXXot dcoi fiev *** dTUTX<^ov
ofiruic, dOpöoi (uveXdövrec . . fZip/iricoiv koI aöroi hat G. in schlagen-
der weise die unzulässigkeit sowol der äberlieferung als der UUrichschen
Vermutung SuveSeXOövrec dargethan. da das part. aor. £uveX6öVT€C
nadi Thukydideischem Sprachgebrauch nicht mit dem imperf. dTÖTX^VOV
verbunden werden kann, so musz man mit G. in dem unerklärlichen iiiv den
rest eines zu £tötx<31V0V gehörenden part. praes. erblicken. G. vermutet
fiovotJjüievot, aber ebenso sinngemäsz und weit wahrscheinlicher scheint
mir fi^vovrec zu sein, denn ol dXXoi öcot ^dvovrec dTUTX^^vov
OÖTUic bedeutet: 'alle übrigen, bei denen auf diese weise der fall eintrat
dasz sie (in Olpä) zurückblieben.' es bildet dann jidvovTec den gegen-
satz zu dem vorhergegangenen ^eXOövrec wie I 65, 1 tujv ftevövTUiv
TO ^KirXcOcai, Xen. anab. IV 4, 19 TOtc |i4vouci zu ^TtopeöovTO. die
ähnlichkeit des folgenden oÖTUic mochte den ausfall von ovTec leicht
veranlassen.
Die stellen, deren erklärung mich nicht befriedigt, sind folgende:
lU 3, 6 ol bi 0ÖT6 Ic TÖV MaXöevra Öf\Xeov rd t€ äXXa täv t€i-
112 J. H. Suhl: aoz. v. Thakydides erklArt von J. Clawen. dr band.
X&y Ktti Tuiv Xi^^vuiv nifii Tot fmirAecra ^paSäiieyoi £<püXaccov
hat C wie schon vor ihm Bauer und Haase das haL ircfi in nif^x geändert
und erklärt: ^sie hielten alles andere, was die mauern und häfea angieog,
wol hewacht, nachdem sie die erst halbausg^fObrlsa teile mAglicbst ge-
sichert hatten.' demnach fände rä äXXa seinen gegensatz in xd fyiiT^-
XccTa allein die halbvollendeten teile der befestigang bedurften gewis
nicht weniger der bewachung als das übrige 'was die mauern und häfen
angieng'. auch ich halte n^ fär notwendig, schon deswegen weil ncpl
TU f)(tiT^XecTa 9pa£dijLi£vot statt xd f||ji. «ppoSd/ifVOi dem sonstigen
gebrauch von qppdccecOax widerstrebt, finde aber den gegensaU snixa
SKka in dem vorhergehenden, indem ich £<puXaccov intransitiv auffasse:
*sie zogen nicht zu dem Maloeis hinaus und waren auch in den ilbrigea
beziehungen, was die mauern und häfen angieng, auf der hut.' in der-
selben bedeutung wird q)uXäccui mehrmals von Piaton gebraucht, z* b.
Theät. 154 '^ und in dem ganz verwandten sinne von ^wache halten' von
Th. selbst 111 23, 1. VII 17, 2. — 10, 4 in&bi\ bk iu>piüfi£V auTOuc
xfiv liiv xoC M^bou ^x^pav dvi^vxac, xfjv b^ xuiv Su^ftdxitiv bou-
Xuiciv ^TrafO^^vouc erklärt C. das medium diratoii^vouc so Mass die
liekannte bedeutung von dem hereinziehen der fremden auch hier vor-
schwebe, da die Athener die vertragswidrige Unterdrückung wie ein neues
verfahren in Griechenland einführten*, allein auch in dieser bedeutung
heiszt lirdYCcOai eigentlich *zu sich einführen', so dasz die rückbeziehung
auf das subject immer gewahrt bleibt, was hier eben nicht möglich ist.
daher halte ich die emendation itreiTO^^Voucfür durchaus notwen-
dig, zumal sie auch durch den gegensatz von dvi^vxac gefordert wird.
— 20, 3 €m€XXov . . xcüEeceai xoO dXnOoöc XoTtQtoö, dXXuic xe
Kol iioXXdKic dpiO^ioOvxec xal ä^a ou noXü dn^xovxec, dXXd |Jqi-
biujc KaOopui^^vou de 5 dßouXovxo xoO xeixouc versteht C. U 5
dßouXovxo xoO xeixoiic: 'das stück der mauer, auf welches sie es ab-
gesehen hatten' und verweist auf die analogie von 11 72 , 3 ^€xaxu»P^'
caxe ÖTTOi ßouXecOe und V 19, 5 din^vai öiioi dv ßouXuivxaL allein
diese stellen sind durchaus verschieden, da an der einen fiexoxuipncai,
an der andern diti^vai zu ergänzen ist, und überhaupt kann die von G.
angenommene bedeutung von ßouXccOai ic xi in keiner weise durch den
Sprachgebrauch begründet werden, auch Böhmes auffassung, die «eh auf
Ar. früsche 1279 Ic xö ßoXavetov ßouXoftai stuUt, ist nicht haltbar;
denn die Platäer wollten nicht k xö xcixoc, sondern ömpßnvai ta
xeiXT] (20, 1), und dann kommt es hier auch gar nicht darauf an, dasz
sie diejenige stelle erblicken, zu der sie sich hinbegeben wollen, sondern
diejenige nach welcher sich die notwendige länge der leitern bemessen
liesz. diese schätzten sie nemlich ab nach den schichten (dmßoXai) der
mauer, welche sichtbar waren an einer stelle, i^ lxux€ irpöc ccpcic OUK
iiaXnXi^ft^vov x6 tüxQC für den vorliegenden zweck war also blosz
das von Wichtigkeit, dasz gerade diese stelle leicht erblickt werden konnte,
frühere erklärungen ergänzten KaOopdv zu ic 8 dßOÜXovxo *, aliein ^«uf
etwas hinabsehen' ist hier nicht passend , und ausserdem wird KoOopdu)
sonst nur mit dem aec verbunden, ich glaube daher dasz Ko6opu)jit6^ou
J. M. Stahl: «nz. t. Tbukydides erklärt toi J. Glassen. 3r band. 113
6cov ißoiiXovTO ToO Tcixovc gelesen werden miisz: vgl. II 77, 3.
ni 104, 1. — 21, 2 TÖ oOv ^€Ta£u toüto . . toic (puXoSiv oiiofuiara
öiavev€|iil|i^va i|iko])ömi]to kann tö m^toSu toCto nicht *in dieacm
Zwischenraum' bedeuten ; denn als adverbiale beatinunang anfgefasst
heisxt es genau genomnen: *in bexug auf diesen Zwischenraum.' vgl.
Tä Ikü vi 84, 3 und daselbst lürflger. ich verstehe oiKObOfiCfv hier
mit Krüger als * bebauen' und lasse tö peToSv toOto als subject und
oiid^TO als acc des inbalu nach Krdger spr. S 52, 4, 7. — 29, 1 ol
. . TTeXonovvt^aoi . . nkioyrec irepi t€ a^v Tfjv TTeXoirdvvricov
ivbt^Tpu|iav Kol Korä rdv dXXov irXoöv cxoXaioi xomicO^vtcc ^ouc
^äv ^K Tfic nöXeuic 'Adnvaiouc Xavddvouci, nplv bi\ tQ AT\k^f
&XOV, Trpoc|üi{£avTec b* dar' auTf)c tQ 'lKd(pt}j xal MuKÖvqi nuved-
vovrai irpCDrov ort f| MimXfjvT) idXuiKe hatte sich G. genauer an die
erklärung anachliesaen mflssen, welche L. Herbst im philol. XVI s. 312 f.
zu dieser stelle gegeben hat. auf q(oXatoi komicO^vtcc ruht weder die
hauptbedeulung^, noch achlieszt sich iTpiv bj| tQ Aif|Xifi £q(OV zunächst
an dieses an. das hauptgewicht liegt vielmehr auf touc • . XavOdvoua,
da dem hierdurch bezeichneten vorteil der hingsamen fahrt in dem folgen-
den durch bi eingeleiteten satzgliede der nachteil entgegengestellt wird,
dasz inzwischen Mytiiene gefslien war. auch irplv bi\ tQ ArjX((i £cxov:
^bls sie zuletzt (vgl. C. zu 1 118, 2) In Deias anlegten' lehnt sich zunAchst
an TOUC . • XocvOdvouci an, da die Peloponnesier nur auf der atrecke
bis Dolos von der athenischen flotte, die in der nihe des Isthmos kreuzte
(c 16), erblickt werden konnten, endlich liegt auch in iruvOdvovrai
irptSrrov dorohaus keine bescbleunigung der fahrt angedeutet: ^v — bi
bezieht sich auf den eben angegebenen gegensatz. — 30, 2 Kordi fdtp
t6 ciicöc dvbpuiv veuicxi iröXiv £x<^vtuiv iroXu t6 dtpuXaicTov ciipf)-
c<4tev , Kord jiiv 8dXaccav xal ndvu , ^ Ixeivoi xe dv Anicroi im-
Yevicdai dv Tiva C(pici iroX^fiiov Koi fmwv f| dXicJ| TUTxdv€t ^Xtcra
oüca bat sich C der interpretation von L. Herbst (philol. XVI s. 305) ange-
schlossen und abersetzt Q . . odca : Won welcher seite jene fern von der er-
wartung sind, dasz ein feind sie angreifen werde, von uns aber eine kräftige
Anstrengung am wenigsten erwartet wird.' wenn aber die Athener Ober-
haupt zur see keinen feind erwarten, am wenigsten aber eine kraftige
anstrengung von selten der verbfindeten, so wird man fragen müssen, ob
sie denn noch von einer andern seite einen angriff befflrchten konnten
und von welcher seite denn eher eine krftftige anstrengung zu erwarten
war. in der that war nur von selten der peloponnesischen bnndesflotte
ein angriff denkbar, ferner ist die erklärung aus einem grammatischen
gründe zu verwerfen, dasz nemlich aus dem activen dvAntCTOi ein
pasmves dv^XmCTOC ergänzt werden ktane, halte ich für eine sprach-
liche Unmöglichkeit, weil das wesen der erg&nzung darauf beruht, dasz
der begriff eines vorhergegangenen Wortes noch vorschwebt. C. frei-
lich glaubt, dasz 'der Sprachgebrauch der oomponierten verbaladjective
die Griechen an diese freiheit gewöhnt habe' ; aber um zu Oberzeugen,
hStle er eine so auflallende sprachliche singuiaritAt durch belegstellen be-
weisen mflssen. dasz bei Th. kein einziges sicheres beispiel eines solchen
114 J. IL Stahl: anz, v. Thukydides erklärt von J. Qassen. 3r band.
gebrauches existiert, kann ich mit bestimmtheit behaupten, und auch
anderswo Ist mir niemals ein solches aufgefallen. C. hSlt seine erklftruog
deswegen f&r unumgänglich notwendig, weil durch ^ . . oOca die gründe
daffir angegeben würden , weshalb die Athener ganz besonders von der
seeselte sicher zu sein glaubten, allein nicht dieses, sondern Korräpiv
6dXaccav Kod irdvu (iroXu tö d<puXaicTOV eäpnco^ev) wird begrQodet,
wo Kai irdvu Im gegensatz zu dem folgenden dxöc b€ Kai t6 ttcIöv
aÖTUJV . . biecirdpOat besonders zu betonen ist die richtige auflassuDg
der stelle , wie ich sie der hauptsache nach schon im rhein. museam XVK
s. 618 gegeben habe, ist nun einfach folgende: 'einerseits werden wir
zur see in sehr hohem masze mangel an Wachsamkeit in erfabrung brin-
gen, wo jene keinen feind erwarten und von unserer seile die knti-
anstrengung (vgl. VI 34, 9} vorzugsweise gerade stattfindet.* auch sonst
(Soph. Phil. 452, Dem. IV 50) wird eöpicxeiv von dem gesagt, was sich
thatsSchlich bemerklich macht ; zur see macht sich der mangel an Wach-
samkeit auf selten der Albener den verbündeten um so mehr bemerkbar,
je kräftiger von ihrer seite der angrilT erfolgt, zu cTvai ^stattfinden' vgl.
Plat. Laches 185* TT€pl ixcivou i\ ßot)Xf| TUTXdv€i oöca, symp. 208'
und daselbst Stailbaum, Xen. Hell. 11 3, 36; ^Kcfvoi und f)fi<&v stehen
ihrer Stellung nach in einem gegensätzlichen Verhältnisse. — 32, 3
sclieint es doch gewagt ic Muiviav irapaßaXeiv wie 36 , 2 k lun^iav
TrapoKivbuveGcat zu verstehen , da Th. sonst in diesem sinne nur das
medium irapaßdXXecOai und zwar immer mit einem objecte verhunden
gebraucht, daher wird TrapaßoXetv wol ^hinQbersetzen' faeiszen wie
Dem. XII 16. — 38, 2 Kcd b^Xov ort ti x^i X^TCtv mcrcticac id Tidvu
bOKOuv dvTa7roq)iivai ibc ouk fTViücroi dTtuvicoir* äv, f{ K^pbei
^Tcaipö^cvoc TÖ eöirpeirtc toO Xötou iKTrovTJcac irapdreiv Treipd-
cexai übersetzt Cid ndvu boKoOv dvTa7roq)f)vat die oök frvwCTai:
^das was gestern allgemein gebilligt wurde, als nicht beschlossen nacli-
zuweisen.' allein in TÖ Ttdvu boKoCv liegt nicht die mindeste hinwei-
sung auf die Vergangenheit, und der gedanke passt nicht in den Zusammen-
hang, im vorhergehenden halte Kleon gesagt, der redner, welcher för
die aufhebung des Volksbeschlusses spräche, mQste nachweisen, dasz der
abfall der Mytilenäer sich als schädlich fflr sie und als nOtzlich fOr die
Athener erweise, in unserm salze will er nun hinzufügen, welche molive
dazu leiten , eine so falsche behauptung zu verfechten, entweder, sagt
Kleon , will der redner ein sophistisches prunkstück (dTU^ViCfia) liefern,
oder er ist bestochen, um euch durch eine schöne rede irre zu führen:
er ist entweder ein soph ist, der seine kunst zeigen will, oder ein be-
stochener Schönredner, für derartige leistungen , fährt Kleon weiter
fort, werden den rednern zwar preise zuerteilt, die Stadt aber übernimt
die gefahren (i\ bk iröXic . . dvaq>^p6i). die schuld daran tragen die
Athener selbst (afrioi öfietc), weil sie mehr gewicht auf die reden als
auf die thatsachen legen (oVtivcc . . ^pxuiv), wobei sie entweder durch
die Schönheit der rede sich bestechen lassen (xd jüiiv . . ^triTifiricdv-
TUJV, wo sich cö cIttövtuiv und xaXÜJC imnfiricdvTuiv augenschein-
lich auf tö € ö irpe IT ^CToOXöyou beziehen) oder durch sophistische
J. M. Stahl: anz. v* Thokydides erklärt von J. Glassen. 3r band. 115
Spitzfindigkeiten betrogen werden (xai ^CTd Kaiv6tT)T0C . . kavuic), kurz
sie lassen sich durch das wolgefallen des obres verleiten (dKof)c
f|öov^ f)CCi(>fi6V0t) und gleichen Zuschauern von Sophisten (c<MpiCTi!^
CkaTaTc £oiköt€C). hieraus ergibt sich , dasz rö €(mpenkc toO Xötou
^KTiovficac irapdf €tv iretpdcerat durch ra jii^ ^AXovra . . 4niTi-
|LiT)cävTUiv erläutert wird, dessen inhalt zuletzt dxofic fibov^ f)CCÜJ^evOl
kurz zusammenfaszt, TÖ Trüvu öokoGv dvTaiToq>^vm die oöx ^tvui-
crat druivicarr' dv aber seine nähere erklärung in xal ^€Td xaivdrii-
TOC . . ixaviDc findet, dessen gedankennmfang sich dann schliesslich in
den ausdruck coq)tCTUiV Oeorraic ^oikötcc zusammendrängt, nachdem
wir uns auf diese weise eine einsieht in den Zusammenhang des ganzen
gedankenabschnittes verschafft haben , kehren wir zu der angefochtenen
interpretation G.s zurück, zunächst steht der beweis, dasz der gestrige
l>eschhi8z nicht gefaszt worden sei , in gar keiner logischen Verbindung
mit der Itehauptung welche Kleon seinem gegner zuschiebt, dasz der
abfali den Athenern nOtzIich, den bundesgenossen schädlich sei. noch
mehr aber zeigt sich dasz an einen solchen beweis gar nicht gedacht
werden kann, wenn man die nachfolgende erläuterung der fraglichen
Worte (xal ^€Tä koivöthtoc . . Ikovuic) in erwägung zieht die Athe-
ner, sagt hier Kleon, lassen sich durch die neuheit und das frappante
sophistischer behauptungen bethören, indem aie die hergebrachten und
allgemein anerkannten Wahrheiten verschmähen (xal |i€Td xaivÖTHTOC
. . €iui6ÖTU)v); wer selbst kein redner ist, sucht doch wenigstens seinen
Scharfsinn zu beweisen und zu zeigen, dasz er den gedanken des redners
zu folgen , ja sie zu errathen versteht , ehe sie noch ausgesprochen sind
(xai lidXiCTa . . diroßiicö^eva), und so verliert man sich von dem boden
der wirklichen weit in das geMet leerer Spitzfindigkeiten (2[t|ToOvt€C . .
ixovuic). die worte xai iierä xaivörnTOc ^^v Xötou diraracOat
dpicTOt, iietä Ö€&oxi|iaqi^vou bk iii\ Euv^iT€c8at iO^Xeiv, boGXot
dvT€C Twv dcl dTÖrruJV, öircpöirrm bi tAv ciuiOÖTUiv enthalten den
vollständigen commentar zu TÖ trdvu boxoOv tbc oux ^TVUiCTat, und
specieli wird TÖ ndvu boxoCv durch öeboxifiacjüi^vou und TfS)V eiu)-
6ÖTUIV wiedergegeben, es ist aber Xdfoc bcboxifiacfA^voc die allge-
mein angenommene ansieht im gegensatz zu xaivÖTTlc Xdrou: ^neuheit
der behauptung' (nicht *neue art des Vortrags', wie C. will), Td ciujGÖTa
sind die hergebrachten anschauungen fan gegensatz zu den frappanten
ideen (rd dTOira) des sophistischen redners. daraus ergibt sich dasz tö
Träw boxoOv die oöx ijywctax übersetzt werden musz : Masz das all-
gemein angenommene nicht eingesehen ist'; zugleich erhellt dasz Ttji
X^T€IV die dialektische redegewandtheit bezeichnet, während TÖ eönpc-
IT^C TOO XÖTOU sich mehr auf die formelle Schönheit bezieht, zu ^YVUi-
crat, welches in prägnantem sinne von der richtigen einsieht gesagt ist,
vgl. II 60, 5. Vlil 68, 4 , Plat. rep. 1 347 ^. nun passt auch der gedanke
vortrefDich zu dem vorhergehenden, dasz der abfali der bundesgenossen
den bundesfQhrern schaden bringt, ist eine allgemein anerkannte Wahr-
heit , die aber der sophist nicht gelten läszt. in einer ganz bestfanmten
beziehung zu unserer stelle steht 40, 1 iknlba odT€ \&f\J^ ni€Tf|V (Tifi
116 J. M. Suhl: aoz. v. Thukydides erkUrt voa J. Classen. 3r band.
X^T^iv iricreucac) o^e xpff^taci uivnr^ (K^pb€t diraipö^cvoc), und
datier ist \6rf\Jfi dort ebea$o zu Tersteben wie hier v^ X^TCiv. — 40, 4
ei ö^ Kai oö irpocfiKOv ö^wc dEtouTe toOto bpov i*i wA ou itpocfi-
KOV oicbt in pridicalirein sinne mit toGto xa verbinden, wogegen sowol
die Stellung spricht als der amstand dasz die vorstehende folgerang U|i£ic
&v oi %pehv dpxotTC hier genau wiederholt und als grundlage einer
neuen behauptung hingestellt wird; das oö XP^iuv wird hier durch oi
ffpocf)KOV ausgedrückt, und daher ist dieses elienso wie jenes als abso-
lutes part. in concessivem sinne aufzufassen. — 44, 2 f^v TC T^p äiro-
'q>i)vui irdvu dbiKoOvrac outouc, oii biä toOto wA diroxreivai
xeXcvcui, ei ^r\ £uM<p^pov' Jiv tc Kod fxovrdc n hJTfywpa\c, -
elev ei i^ iröXet pd] dcfoßöy qpaivorro will C. das hsl. elev rechtferti-
gen durch die erklftrung: 'so sei es (mag die begnadigung nicht eintreUii),
wenn es nicht im Interesse des Staates liegt.' indessen Th. kent ein
solches elev nicht, und bei andern Schriftstellern bezeichnet es den Über-
gang zu etwas neuem und erscheint nie im nachsatz. gegen die verwbie-
denen vorschlage das elev zu ändern (töv, dXeeiv, dveivoi) bemerkt C.,
dasz die erginzung des ou KeXeuu) nach dem völlig neuen ansatz des
zweiten gliedes unzulissig sei. dieser einwand hllt mich nicht ab Lia-
daus ddv zu bilhgen, welches durch die von L. Dindorf beigebrachte
parallelstelle Plat Euth. 4*" sehr empfohlen wird, denn mir scbeioeD
vielmehr beide Satzglieder durch re — Te eng verbunden zu sein, und wie
zu ^xovrdc Ti EtTTTViO^ric aus dem vorhergehenden dirocpiivtti ergänzt
werden musz, mit demselben rechte kann oö bid toCto xeXeucu) xo
i&v hinzugedacht werden. — 45, 6 dboKnrtuc tdp &TIV öre napicra-
}i4vi\ Kai Ik TUiv unobeecT^puiv Kivbtiveuetv nvd irpodfci zeigt die
Stellung, dasz xat Ik tuiv uiTObeeCT^piJUV nicht mit dboic^u^c zu ver-
binden ist, sondern zu Kivbuve^tv gezogen werden musz, wodurch zu-
gleich eine directere beziebung zu dem durch Kai M^Td trdVTUJV ixacroc
dXoticTUic im nX^ov ti a^dv dböEacev gleich darauf ausge6p^ocb^
nen gedanken gewonnen wird. — 52, 2 TtpociT^jüiiTei ti auTOic KrjpuKa
X^TOVia, ei ßouXovrai irapa^oGvai Tf|v wöXiv dKÖvrec toic Aokc-
batfiovtoic Kai ^tKOcroäc ^Keivotc xpi^cacOai, toüc re dbiKOuc KoXä-
cetv, irapd btKr)V 54 oubeva. mit recht hat G. das von KrOger vorge-
schlagene KoXdceiv statt KoXdZeiv in den text gesetzt, da die Lakedi-
monier als subject zu denken sind, nun wird aber jeder der die steile
liest unwillkürlich mit toüc Te dbiKOiK: den nachsatz beginnen (re — ^
wie 111,1). damit jedoch ist G. nicht einverstanden, sondern er will zu
ei . . xp^cacOat als ^elliptischen nachsau' toöto bpäv (so soUteo sie
das thun) erganzen, so dasz mit touc Te dMKOUc KoXdcetv, trapd hX"
KHV hk oibiva ein neuer gedanke hinzugefügt würde, und beruft sieh
dafür auf IV 37, 2 und V 115, 2, wo derselbe gebrauch sich zeige, alleio
gesetzt das sei wirklich der fall , so würde daraus noch keineswegs fol-
gen, dasz Th. in jedem ähnlichen falle sich nur so und nicht anders babe
ausdrücken können; vielmehr würde man noch immer berechtigt sein zu
fragen, ob nicht eine andere auffassung einfacher sei und dem Verständnis
näher liege, in der that aber ist an keiner von beiden stellen eine aoicbe
L M. Stahl : anz. ▼. Thokydides erklau^t von J. Cltssen. 3r band. 117
ellipse vorhanden, sondern ci leitet einen iodirecten fragesatz ein (dx/j-
pu£av, ei ßouXoivro t& &n\a irapaboOvai: *sie lieszen durch einen
herold fragen, ob sie die waffen äbergeben wollten'; dirfjpuEav, eT Tic
ßoiiXeroi Xv^iZecOai: 'sie lieszen aasrafen, ob einer plOndem wolle'). —
54, 4 xal T^p i^trcipt&rai t6 dvrec iyaviiaxAcaiiev iix' ^ApTepidifi,
^dxi} T€ T^ ^v T^ flMer^pa yQ yevojxivfji irapef cvö^eOa ö^iv t€ xai
TTaucavioE will C. xai mit dem den folgenden satz eT t^ n äXXo • . }it'
T^cxOfiev anschlieszenden re in beziehung setzen, obgleich xal — re in
dieser weise nicht verbanden wird (Krflger spr. $ 69, 32, llj; xen 'fip
ist etenim (a. o. S 69, 32, 21). aach nimt er anstosz an dem Te nach
t^ireipiSrai, dem kein bestimmter gegensatz folge; dasselbe scheint ge-
rechtfertigt dnrch die betonte Stellung des tVireiporrai övtcc — 66, 3
ei T^P Ti£i ctdrixa xpT|c{^lll u^uulv re xal dxcivtuv troXe^itu tö bfacaiov
XT)i|f€c6e , ToO jüidv öpOoC qKrvetc6e oöx äXnOek xprrol ovrec , tö bi
£t)Hcpdpov ^^XXov Oepaireuovrec bemerkt G. , tö bixoiov Xa^ß&veiv
bedetle so viel als ötxäZetv, indem er sich anf 20, 4 Tf|v fidv odv Eu^-
^dTpT)Civ TUJV xXi|yidxuJV oÖTUiC fXoßov beruft, wo Xa^ßävetv eben-
falls znr Umschreibung der einfachen handlung gebraucht werde, allein
an dieser stelle helszt es ^erlangen*, und Oberhaupt ist ein solcher ge-
brauch des Xa^ßdverv nicht nachzuweisen (^zu etwas gelangen' hetszt
es ancfa Soph« Ai. 345, Phil. 536). daher bedeutet jö bixonov Xafißd-
VEiv Mie rechtsfrage l)eurteilen'. zu t6 Mxotov vgl. III 10, 1. V 86.
in dem, was C. gegen KrOgers Snderung iroXe^ituc geltend macht, stimme
ich ihm vollständig bei. von dem vorteile der Thebäer (T<fr XP^^^MH^
dKCfvnrv) ist in der folgenden ausfahrung gar keine rede; die erwähnung
ihres feindseligen standpunctes, der mit dem augenblicklichen vorteil der
Lakedflmonier zusammenwirkt, ist in dem vorhergehenden satze begrün-
det, wenn Böhme zu Xo^ßävetv in der bedentung ^auffassen' ein adver-
bium verlangt, so spricht dagegen 59, 1 olKTifi CtCnppovt XaßövTOC
die adverbiale bestimmung wird durch den dativ , welcher das die beur-
teilung bestimmende moment bezeichnet , ersetzt. — 56, 7 xaiTOt XP^
xainä irepl Tdöv aÖTuiv 6mo(uic (pdvecOai TtTViftcxovroc xa\ Td
€ti|iq)^pov H#| dXXo Ti vojüiicai, H täv Eu|jim4x*wv toTc Äraöoic ÖTcrv
äA ß^ßaiov Ti^v x^piv Tf^c dpeTf^c £xw<^^ ^^^ '^ ttapairrixa nou
ifäv dl<p^Xi^ov Ka6lCTfiTat soll nach G.s auslegung eine rechtfertigung
der treue enthalten, welche die Plataer den Athenern bewahrt haben, und
damit vertheidigt G. die hsl. lesart ^x^^^ E^S^^ Heilmanns Ixo^c^^* ^^^
letzten werte seien dann entweder zu emendieren (etwa xSv TÖ irapau-
Tixa wou öjyitv dicp^Xtjyiov dtvötcrflTat) oder zu erklären: 'auch wenn
vielleichi die augenblickliche läge sich als vorteilhaft för euch (und daher
far uns gefiifarlksh) heransstellt.' die erklftrung ist schon deswegen zu
verwerfen, weil der vM^teil der Lakedämonier in dem von G. angenomme-
nen zusammenhange gar nidit in betracht kommen kann, aber auch der
ansieht, dasz die werte xal . . xa6i€Tf)Tat zu emendieren seien, kann ich
nicht beistimmen, weil mir der ausgangspunct der auffassung G.s nicht
der richtige zu sein schehit. unter Eu^^axol sind nemllch vorzugsweise
die Plataer und unter dpeTi^ ihre in den Perserkriegen bewiesene tüchtig-
118 J. M. Stahl: anz. y. Thukydides erklArt von J. Classeo. 3r band.
keil zu verstehen, denn blosz von dieser und dem danke, welchen die
Platäer dafür beanspruchen, ist in dem vorhergehenden teile des ge-
dankenabschnittes die rede; was aber c. 55 von dem Verhältnisse der
Plat&er und Athener gesagt wird, steht in einem andern mit dem ende
des cap. abgeschlossenen zusammenhange, dazu kommt dasz auch ein-
zelne ausdrücke auf die angegebene beziehung von toiv £u^^dxu)V und
Tfic dp€Ti)c hinweisen, so äp€Trjv 56, 5, ävöpujv äraOuJV 57, 1
ebenfalls von den Platäem gesagt, 6€u)v SvCKa tüüv SujüifiaxtKUiv . .
Kai Tf)c äp€Tf)c 58, 1. keineswegs nehmen aber nun die PlatAer, wie
L. Herbst im philol. XVI s. 298 glaubt, die miene an, als wären sie etwa
noch wirkliche bundesgenossen der Lakedflmonier ; denn der ausdruck
TOIV SujLijüidxuiv TOic dcfoldoxc ist allgemein , wenngleich er auf die Pia-
täer selbst eine besondere anwendung findet, und kann sich eben seiner
allgemeinheit wegen auch auf ein vergangenes Verhältnis beziehen ; auch
ist d€( mit nachdruck hervorzuheben, dasz die Platäer übrigens die frü-
here bundesgenossenschaft als in ihren rechtlichen folgen noch fortbe-
stehend betrachteten , ergibt sich aus II 73 , 3. durch den inf. aor. vo-
jüiicat und i&jiiiv wird angezeigt, dasz der aufgestellte allgemeine grundsalz
in dem vorliegenden falle und bei den Lakedämoniern eine specielle an-
wendung findet, am schlagendsten aber wird die beziehung, in weleher
unser satz zu dem vorher ausgesprochenen gedanken steht, dargelegt
durch den vergleich mit 57, 4. 58, 1, wo xaiTOi ganz genau in derselben
Verbindung erscheint: ä^cTc T€, (h AaKcbaijiiövioi, . . b^öijüicv \ii\ od
ß^ßmot fire. xairoi ä£ioOM^v fe , . Ka^q>8f)vai uijiiäc Kai ^CTarvu)-
vai. ganz ähnlich lautet an unserer stelle der vorhergehende satz : vOv
iiA ToTc aÖToTc &^bijii€V jnfi bta(p8apiDjii€V. wie nun dort das von den
Platäem gestellte verlangen sich «gegen das object ihrer furcht (fif| ou
ß^ßaiot f)T€) wendet, so wird auch hier gegen den gegenständ ihrer be-
sorgnis der von ihnen aufgestellte grundsatz des handelns gerichtet sein,
sie fürchten aber , dasz sie gerade aus demselben gründe , weswegen sie
früher (ou lä £ujiiq)opa aixoic irpdccovxec, iS^ovrec hk toX^v
TOt ß^Xncra) die höchste anerkennung erlangten, jetzt fAOrjvaiouc
£Xöfi€vot btKaiuic fiäXXov t{ ö^äc K€pbaX^uic) ihren Untergang finden,
gegen den darin liegenden Widerspruch erhebeu sie einspräche mit dem
rechtsgnindsatze XP^ TaäTa iT€pl T(&v aörujv ö^o(u)C q>aiv€c6ai
TiTVi^iCKOvrac, zugleich aber auch im folgenden gegen das motiv (tö
napauTixa £u|Li9^pov) welches diesen widersprach herbeiführt, und so
steht denn das ende des hier schlieszenden gedankenabschnittes in der
engsten beziehung zu seinem anfange 56, 3 €i täp Tif) aöriKa xp^c^MH^
i^jiiiS)v . . TÖ bixaiov XTiqi€c6€. ist diese darstellung des gedankenzu-
sammenhanges richtig , so folgt daraus die notwendigkeit der Heilmann«
sehen emendation €xouct und die Verwerflichkeit jeder andern änderung.
sie gibt den in jeder beziehung befriedigenden gedanken: *den vorteil
dürft ihr nur da finden , wo sich das augenblickliche interesse mit der
andauernden dankbarkeit gegen verdiente bundesgenossen verbindet.'
durch 1T0U ^einigermaszen' tritt tö irapauxiKa dj9Ai|Liov KaOtCTfiTat
als das minder wesentliche zurück wie II 87 , 2. — 58 , 3 cuJ^dTUiv
J. M. Siahl: aiiz. v. Thukvdides erklart von J. Classeu. 3r band. 119
&b€tav iTotoCvT€C . . Kai irpovoouvT€C ist Ka{ einfach copnlativ zu
fassen, wenn das auch dem streng logischen verh<nisse nicht genau ent-
spricht, da ja Th. dfler die parataktische Verbindung anwendet, wo dieses
Unterordnung erfordert. ^ 58, 4 äiroßX^i|iaT€ T&p ic irorr^puiv Tuiv
ujii€T^puiv 8i)Kac, oOc . . £TijaiDjii€V Korä £toc IxacTOV biijüiociqi £c6ii-
fiaa findet C. £cOrj|iaci befremdend, möge man es von dargebrachten
gewAndern oder von trauerkleidern verstehen, meines erachtens werden
die festge wunder bezeichnet, welche diejenigen trugen, die die feier voll-
zogen, das scheint mir daraus hervorzugehen, was Plutarch im Arlstei-
des 21 in seiner für die sachliche erkiArung dieser stelle sehr wichtigen
beschreibung der feier von dem archon der Platäer berichtet: ivA iräct
bi Tubv TTXarm^uiv 6 äpxtuv, & töv äXXov xP^^vov o(jt€ abifipou
OiTCtv Seen oöe' ^T^pov tc^a irXfiv \ev\d\c dvoXaßciv, t6t€
XtTVüva 90tviKoOv dvbcbtiKdjc äpd|Li€VÖc T€ ubpiav &nö toO
TpcwtaToqpuXaidou l\qff\px\c iiA touc Td90uc irpo&T^t bi& M^ciic
Tf|c iiöX€U)c. — 68, 5 TTaucoviac jiiiv Top ^OattTCV aörouc vo^i£a)v
4v itt "^^ 9tXu;i TtG^vat kqI irap ' dvbpdci toioutoic * ujueTc bi €i xre-
veiTC fvific Kai xdjfKxy Tf|v TTXaTauba Biißaiba irotrjceTC, tI äXXo f{
iv no\€\i\q T€ Kai irapd toTc aöO^vraic iror^pac touc äMcNpouc
xai £utT€V€ic äTijyiouc TCpdiv Jiv vOv tcxouci KaTaX€{\|i€T€, irpdc
bi Kai T*iv 4v ^ i^XeudepuiOiicav ol *'€XXtiv€C bouXuic€T€ , Upd t€
Oci&v ok eöSd^evot Miibwv ^KpdTTicav £pt)jiioOT€ , Kai Ouciac rdc
irarpiouc twv ^ccap^vwv Kai KTicdvruiv dqHxtpfjcecSe ; erklärt C. die
letzten worte: 'ihr werdet die heimischen opfer denen, die sie bei sich
gegründet und gestiftet haben, entziehen'; eigentlich sei zu erwarten:
'ihr werdet den opfern ihre Stifter entreiszen.' ich musz bekennen dasz
ich keines von beidem verstehe, von welchen opfern ist die rede? wer
sind die Stifter die ihnen entrissen werden ? die Platfler die hingerichtet
werden sollen? welche opfer aber können diese gestiftet haben, deren
fortbestand den Lakedflmoniern besonders am herzen liegen musz? un-
möglich ist die erklJIrung auch deswegen, weil &ca)i^vu)v nach dem
stehenden gebrauch des Wortes nur von baulichen anlagen oder statuen
gesagt sein kann, deswegen hat denn auch Böhme nicht Oudac, sondern
Upd als object zu ^ccaM^vuJV Kai KTicdvTUiv genommen und erklärt:
'ihr werdet den gröndern und erbauem der tempel die opfer entziehen.'
dieser auffassung steht die thatsache entgegen, dasz Ouciat nur den göt-
tem zukommen, vgl. Plut. mor. 857" TOUTOtc übe (pOtToTc Kai fipwav
^voriZeiv b€iv olerai, dXXd jiif| 6u€tv «bc Oeolc mithin sind die Ou-
ciat auch durchaus zu scheiden von den flfid welche den toten darge-
bracht werden, was nun das vorhergehende Satzglied angeht, so will G.
tpilfioCre als contrahierte futurform fassen, wie sie auch bei fut. mit
langem vocal teils von Buttmann spr. S 9^ a- 16 nachgewiesen, teils an
mehreren! von ihm selbst angefahrten stellen anzunehmen sei. allein ab-
gesehen von dem 'im antiattioisten p. 90 erhaltenen und durch b€TlOf)CÖ-
p€0a erklarten beoujueSa aus Epicharmos', auf welches sich kaum ein
sicherer schlusz gründen läszt, lassen alle von Buttmann angeführten
beispiele, wenn nicht wie Thuk. VI 23, Plat. Phaedon 62 S Sopb. PhiL
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J. H. Stahl: anz. ▼. Tbukydides erklärt yw J. Glasseo. 3r baad. 121
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selben den Plat&em Qberlnigen (ebd. 21). — 59, 2 ahou|<ete äpfic . •
ircicai rdbc kann Tdb€ nicht auf das folgende yi\ TCV^cBm öicö 6ih
ßatoic ^r\hk . . TiapaboOnvai hintvetsen, weil dieses in einem eigeaea
abhingigkeilsverhJJCnis steht, aus welchem es nicht geldst werden kann;
59, 1. li 75, 6. 76, 3 sind anderer arL daher wird es sich anf das vor-
hergehende qpcicacOai bk kgu dirixXocGiiyai beziehen (w^. 40, 8), nnd
um das unertrigliche asyndeton zu Inseitigen, wird man gleich dannf
7rpo<p€pÖM€voi T€ fipKouc oOc ol irarr^c tiyiuiv u^i^ocov ju\ dfivfh
|AOV€fv iKirai inTVÖficOa vpiiiv tuiv trorpdNUv Tdqniiv lesen müssen,
der aasfall des T€ wurde dadurch Teranlasst, dass man irpo^icpöpcvoi
zum vorhergehenden zog. es gehört aber angenscheinlich zum folgenden,
und deswegen ist auch Reiskes Vermutung, dasz uc^Tai T€ TTrvöpcOa za
lesen sei , zu misbilligen. in derselben weise wird auch fipepac tc ova-
|iipvV)aco^€V . . iraOeiv angeschlossen, das als drittes giieid des gedan-
kens (aiTOlJ^eOa . . licdTai xiTvö^eOa . . dvofjufivriacofKv) durch schwä-
chere tnterpunction enger anzuknüpfen isL — In der schwierigen stelle
82, 1 Kfld 4v ^^v eipnvi) ouk &v dxövruiv wpöqpactv oub' iroi^uiv
irapaxaXeTv aurouc , TroX€^ou^^vtuv hk Kcd EuMfiaxiac fipa äcord-
poic tQ tujv ivavTiuiv KaKu»C€t Kai C9iciv auroic ix toö avroO
irpocnotiicet ßfbiuic al ^iraruiTOtt toic v€uiTcpi2l€iv n ßauXo^6f0lc
€iropi£ovTO steht ^^v — b^ in zusammenbiegender conslniction wie
VI 69, 1 dXXd T^ fji^v dvbpiqi . . irpouöibocov, wo Krüger zu verglei-
chen, bei dToi^UlV konnte 6vTurv ausgelassen werden, da es einen ver-
balen begriff (eOeXövTuiv) enthalt, vgl. Xen. auab. \11 8, 11 die dxoi-
pLVjy bi\ xpnMdruiv und Krüger spr. S 47, 4, 6. dem ouk av ixdvrwv
ist oub* ^TOlfiUiv einfach nebengeordnet; denn C.s aufTassuog * während
sie im fiieden, wo sie keinen anlasz dazu gehabt hätten, auch nicht bereit
waren fremden schütz herbeizurufen' führt eine unnötige Schwierigkeit
ein. C. möchte jetzt ^toijli* fjv vermuten; allein ^ToTjüia elvat ohne be-
stimmtes subject gebraucht Tb. nur von vollbrachten zurüslnngen. ferner
w ill C. ä^a mit dem folgenden Kai verbinden : 'um den gegnem zu scha-
den und sidi selbst zugleich durch ebendasselbe vorteil zu schaffen.' das
ist unstatthaft, weil fifia seine beziehung in iToX6^ou|l^vuiv findet: 'mit
dem kriegszuslande wurde zugleich auch die herbeiziehung äuszerer hülfe
erleichtert' derselbe grund spricht gegen die erkläruug von A. Steitz,
die G. im anhang mitteilt ich übersetze demnacli die stelle in folgender
weise: *und während sie im frieden zwar keinen anlasz gehabt hätten
und nicht geneigt waren sie herbeizurufen , wurde hingegen im kriegszu-
stande zugleich auch die herbei ziehnog von bundesgenossenschaft den
neuerungssüchtigen beider parteien zur Schädigung der gegner und eige-
nen machtvermehning leicht bewerkstelligt' — 82, 4 TÖ b* ^^itXt|ktuic
öix) dvbpöc iioipqi irpocer^On, dcq>aXeiqi b^ tö dmßouXeucacBat
d7TOTp07Tf]C irpdqiaoc euXoxoc bezweifelt C. die richligkeit der ge-
wöhnlichen auslegung von dccpaXefqi . . eöXoTOC. er möchte entweder
erklären : *zur eigenen Sicherheit (dcqHtXeiqi an irpoccT^On anzuschlie-
szen) wurde tückische arglist gerechnet als wolklingender vorwand zur
abwebr* oder dccpdXeta, die lesart der beslen hss., herstellen und au*
i«hrMch«r fttr dMS. philo!. 1868 hlt ). 9
122 J. H. Suhl: anz. v. Tfaukydides erklärt von J. Classen. dr band.
^otpql TTpocer^Or) ein allgemeines £vö^ic9ii ergänzen: 'fülr eigene Siche-
rung galt heimtückische arglist als wolklingender vorwand zur abwehr.'
dagegen spricht 1) dasz das medium ^mßouX€U€c6ai in der angenomme-
nen bedeutung nicht nachzuweisen ist , 2) dasz gleich darauf das activ
iirtßouXcücac in demselben sinne gebraucht wird und also dieselbe
handlungswetse einmal als dcqxiXeta und dann als £uv€ac gedeutet
wilrde (imßouXeucac bi Tic Tuxuiv Suvctöc), während sonst in der
ganzen ausführung des Tf)V eiuiOmav dSiuictv rdiv övo^driuv de id
IpTCi dvTfiXXaSav t^ biKmibcei jedes einzelne verfahren auch nur ^ioe
auslegung findet; 3) wird die gleichmäszlgkeit des ausdrucks, wie sie in
den vorhergehenden anlithesen herscht, verletzt, wenn irpöqKXCic cfiXo-
YOC als apposition gefaszt wird ; 4) steht in dem vorhergehenden wie in
dem zunächst folgenden immer dem leidenschaftlichen verfahren ein ge-
mässigtes und besonnenes verhalten entgegen (der TÖX^a dXÖTicroc:
^^XX1lCtc Ttpo^n^c, TÖ cüjqppov, tö irpöc dirav Suvctöv« dem
XaXeiraivujv: dvriX^xwv aurqj, dem dmßouX€ucac: irpoßouXeOcac),
und so wird auch hier dem djLurXyiiCTUJC diu der gleiche gegensatz niclii
fehlen, um diesen aber zu erhalten wird man entweder ^Ti ßouXeuca-
cOai ändern oder, was mir zulässig scheint, dem dirißouXeucacOai die
bedeutung des aberlegens (des weitern berathens; dirißouXcucacOai
wie dTTifVuivat 1 70, 2) zuschreiben müssen, in welcher es auch von
Arrian Epict. diss, IV 1, 160 ÖTi aicxpöv flT^iTO, oöö' dneßouXeucoTO
gebraucht worden ist (vgl. Schweighäuser z. d. st), soll nun ferner die
gleichmäszigkeit des ausdrucks gewahrt werden, so musz mau aus dem
scholion TÖ iiA TToXu ßouXeucacOai b\* dcq)dX€iav iTpoq)acic dno-
Tp07Tf]C dvojutZeTO die lesart dcqpoXeiqi aufnehmen und dieses mit ^tti-
ßouXeücacSai verbinden, vgl. 56, 5 oi ^r\ rä Sufiqpopa auToTc dc(pa-
Xeiqt 7rpdccovT€C, dO^XovTCc hk. ToX^äv ^i€Td KivbOvuJV Td ß^XTiaa.
wie es an dieser stelle zu ^CTd KivbuvuJV den gegensatz bildet, so an
der unsrigen zu d^irXrJKTUJC öHu, welches von demjenigen gesagt ist, der
kopflos sich in gefahren stürzt, schlieszlich musz auch dirOTpOTTf^C zu
dvbpöc M0ip<y einen gegensatz bilden und kann daher nicht ^abwebr'
bedeuten, derartige verbalsubslantiva können aber den begrlif ihres ver*
bums nicht nur in activer, sondern auch in medialer bedeutung enthalten,
so dTT0CTp09ii von dirocTp^qpecSat (IV 76, ö), iuccfurfxi von in&xe-
cGm (111 100, 1), dnoKOMibri von diroKOMlZecOai (I 137, 4), EuvaX-
XaTH ^on JuvaXXdrrccGai, dicTpoirri von dicrp^TrecSai. mithin kann
dTTOTpotryi nicht nur im sinne von dnoTp^nciv (III 46, 7), sundern auch
von diTOTp^irecOat stehen, da nun letzteres ^zurückweichen' heiszt
(VHl 10, 2), so ergibt steh für unsere stelle folgende uberseuung: ^ein
tolles drauflosgehen galt als mannhafligkeit , mit Sicherheit zu überlegen
aber als schonklingeuder vorwand des zurflckweichens.'
(der BchlnsE folgt im nächsten hefte.)
Köln. Johann Matthias Stahl.
F,\tieseler: gemmae liUeralae in der Ermitage zu SU Petersburg. 123
21.
GEMMAE LITTEBATAE IN DEB ERMITAOE
ZU ST. PETEKSBURG UND IN EINIGEN ANDEBEN
8AMLUNGEN.
. L. Stephani hat zu H. K. E. Köhlers gesammelten Schriften bd. III
s. 246 f. anm« 191* Köhlers classifiderung der gemmen mit aufschriften,
welche keine kflnstlemamen enthalten , zu rectificieren versucht und bei
der gelegenheit eine auzahl von aufschriften zusammengestellt und erllu-
tert. dann wurde im corpus inscriptlonum graec. bd. IV s. 46 f. und
namentlich 85 f. an solchen aufschriften zusammengebracht , was in her-
ausgegebenen Schriftwerken eben zugtoglich war.*) ergSnzungen dazu,
und zwar gerade fflr die so seltene classe der nur mit Inschriften ver-
sehenen cameen oder intaglios, bieten namentlich drei specialschriften
ilber gröszere noch bestehende gemmensamlungen: 1) Cbabouillets cata-
logue g^n^ral et raisonnö des camöes et pierres grav. de la bibl. imp^r.
(Paris 1858) namentlich s. 48 ff., auch s. 278 ff.; 2) Ed. v. Sackens und
F. Kenners beschreibung der samlungen des k. k. münz- und anliken-
cabinets (Wien 1866) s. 430 nr. 101 ff. und s. 448 nr. 1172 ff.; 3)
L.J.F. Janssens schrift Mes Inscriptions grecque.^ et ^trusques des pierres
gravees du cab. de S. M. le roi des Pays-Bas' (La Hayes 1866), und ein
Verzeichnis einer seitdem verkauften samlung, nemlich der ^catalogue of
the coUection of . . antiquities formed by B. Hertz' (London 1851). auch
aus der kais. geromensamlung zu Sl Petersburg können noch nachtrage
gegeben werden, einige griechische aufschriften habe ich mir während
meines neulichen aufenthalts daselbst mit freundlicher beihOlfe des hm.
*) leider ist Franz selbst dann, wenn die originalwerke leicht zu-
gänglich waren, nicht immer auf diese inrückgegangen , sondern hat
ans abgeleiteten quellen geschöpft, unter nr. 72^64 b heiszt es: 'in
iaspide cum Harpocrate super asini Caput insidente. ex Hponii miscell.
emd et Pelliccia de Christ, eccl. politia t. III p. 424 ed. Braun.
iCKNON KAI AN6IKHT0N. *lc(x)vöv kuI dvcix^TOv. posais etiam [doj-
Kvov Kai dv€iia)Tov conicere. in parte aversa dicitur esse littera €.'
ich hatte längst für mich das erste wort in Icxvpöv verändert, als ich
sah dasz so auf dem steine wirklich geschrieben ist, von dem auch
daa über die littera € gesagte keinesweges gilt: vgl. die anftihrungen
bei Kopp palaeogrraphia critica bd. IV § 834. während manche schon
längst herausgegebene gemmeninschriften gar nicht berücksichtigt sind,
findet man andere verzeichnet, die nicht 'griechische sondern lateini-
sche, oder die nicht gemmeninschriften, sondern marmorinschriften
sind, unter nr. 7076 wird die aufschrift EVHEMI gelesen €lpfl(viic)
cifii. wer wird, trotzdem dasz nach Tölkens erki. Terz, der ant. ver-
tieft f^eschnittenen steine der k. preusz. gemmensamlung cl. III abt. 5
nr. 1384 s. 237 sich zwischen H und E ein etwas gröszerer Zwischenraum
findet als das CIO. andeutet, nicht Evphemi lesen (vgl. CIO. 7082 c}?
unter nr. 7335 ist die aus Montfaucons ant. ezpl. suppl. t. III tf. 65
8. 173 entlehnte Inschrift KYPI6 XAIP6 aufgeführt, diese ist aber
ebenso wie die vorhergehende ohne zweifei aus Spons miscell. erud.
antiq. s. 297 (amuleta nr. I) entlehnt, und hier findet sich ausdrücklich
«marmor' untergeschrieben.
9»
1
124 F.'Wieseler: gemmae Utteratae in der ErmiUge za St Petenburg
Johannes Doli notiert, ich teile hier zunächst solche mit, welche sich
auf bildweriie beziehen.
1.
Auf einem roh geschnittenen intaglio, einem rolhen iaspis, A IV5
nr. 22, findet sich statt des bekannten elc Zcuc C^pamc (Kopp paiaeogr.
crit. bd. IV s. 271 S BOO, OG. nr. 7041 u. 7042, vgl. auch Sacken und
Kenner a. o. s. 448 nr. 1184) um das mit dem kaJatbos ausgestattete
brustbild des Serapis herum die auch nach Stephanis urteil trotz des
offenbaren fehlers im letzten worte unverdächtige iuschrifl:
€IC S6ACC6PAniAOC
auf einem stein, den das CIG. nr. 70426 verzeichnet, steht rEPATTOI.
2.
Auf einem carneolintaglio, A IV 6 nr. 22, steht bei einem köpfe
des Serapis TTANTA NIKA D CEPÄTTIC, also ganz wie auf dem geschnit-
tenen steine im museo Florentino 0 14, 3 (CIG. nr. 6814).
3 und 4.
Die rückseite eines vertieft geschnittenen lapislazuli, auf dessen
Vorderseite eine sich die binde um das haupt legende Aphrodite darge-
stellt ist, CIV 1 nr. 4, zeigt die Inschrift
AOwr>i
Ar>r>wr>r>i
0PACIC
und die rückseite eines gleichen Steins mit einer ganz äbnlichen darstel-
lung auf der Vorderseite die inschrift
APWPI
OPACI
die aufschrift APOPPI 0PACIC oder APQPI 0PACI und noch mit ande-
ren Varianten hat Kopp a. o. IV s. 45 f. S 623 f. an sechs verschiedenen
geschnittenen steinen, auf denen steU Aphrodite dargestellt ist, nachge-
wiesen und zu erläutern versucht, dazu kommt noch als siebenter der
stein bei Urlichs dreizehn gemmen nr. XIII mit Är>W^I<t>r>ÄCIC von rechts
nach links, und das fragmeut eines achten bei Töiken erkl. verz. der ant.
vertieft geschn. steine d. k. mus. zu Berliu cl. IX abt. 3 nr. 109 mit der
(verstQmmeltenj Inschrift APCOPI 0. 0PACI allein im felde neben einer
Aphrodite anadyomene auf einem Stoschischen schwefelabdruck bei Raspe
catal. of engraved gems nr. 6212. die erste, den namen der ägyptischen
Venus Alhor enthaltende abteilung der unter nr. 3 mitgeteilten Inschrift
ist etwas diesem steine eigentfimliches. aber die deutung der dunkeln
Worte AP. 0P. habe ich nichts neues zu sagen. AGMPI allein auf dem
steine bei Matter hisL crit. du gnosticisme pL I E nr. 6.
5.
Der vertieft geschnittene stein CIV 6 nr. 1 zeigt auf der Vorderseite
die drei Chariten und darunter zwei kleine figuren, auf der rOckseite die
und in einigen anderen samlongen. 125
exmNov^^
XAPITCDCON
am Schlüsse der obersten reihe ist ein bochstab abgeschabt« war der ein
N, so hätten wir, ohne eine verSndening vorzunehmen, die einen immer**
hin passenden sinn gebenden worte Irt TTVOiSv x^^'r^cov. uvöoc
wird bei Hesychios durch q)6ÖTT0C, TTVorj erlüirL dasz die Chariten in
beziebung auf das x^xptToOv dargestellt sind, ist wahrscheinlich, man
vergesse nicht, dasz sie gerade auch mit dem klänge der instrumenta und
der lieder zu schaifen hatten, wer aber der angeredete sei , bleibt unbe-
stimmt.
Ausserdem notierte ich mir in der Ermitage einige steine, die nur
insebriften enthalten, ich teile zunächst drei erhaben geschnittene mit.
6.
MAKPIN6
ZHCAIC
nOAAOlC
6T6CIN
diese auf einem nlcolo befindliche aufschrift ist ohne zweifei dieselbe,
welche im CiG. nr. 7339 aus der description des princ. pierres grav. du
cab. du duc d'Orl^ns 1. 11 pl. 67 herausgegeben ist, wo der stein frei-
lich s. 179 als agathonyx bezeichnet wird, auf der abbildung in diesem
werke von La Ghau und Le Blond sind auch vier reihen richtig ange-
geben, dieselbe zeigt bei dem A und A jene * traversea ä un c6t^ de la
tftte', welche Janssen in der unten anm. 4 zu besprechenden schrlft zu
nr. 63. 64. 65 und 67 als ^ötranges et inconnus dans T^riture classique'
bezeichnet und deshalb als merkmal der unechtheit betrachtet, aber ohne
genfigenden grund. den in rede stehenden Petersburger stein hält auch
Stephan! fflr unverdächtig.
7.
ÄAS2
£rco
nÄK
der stein ist gleichfalls ein nlcolo. Ober das vorkommen von Q und 0) in
einer und derselben Inschrift s. Franz elem. epigr. gr. s. 245. gröszeres
bedenken als diese Verschiedenheit der buchstabenform kann das punctum
am ende der inschrift erregen , wie mir Stephani bemerkte, inzwischen
findet sich dasselbe auch auf dem amulet bei Kopp palaeogr. crit. IV
8. 243. man vergleiche damit die puucte auf den demselben kreise ange-
hörenden geschnittenen steinen bei Kopp a. o. III s. 667 S ^^^ ^^^^ ^^^
Matter bist. crit. du gnostic. pl. I F nr. 5, und ebd. pl. VII nr. 1 , und
man wird wol zu der ansieht kommen , dasz es sich nicht sowol um ein
gewöhnliches interpunctionszeichen als um ein dem stern, welcher sich
dann und wann auf den gnostischen roonumenten findet, entsprechendes
zeichen handelt, die gröste Schwierigkeit machen die lesung und deutung.
dasz jedoch das erste wort das bekannte AAQNAI sein soll, unterliegt
126 F. Wieseler: gemmae litteratae in der Ermitage zu St. Petersburg
mir keinem zweifei. dasselbe AACO findet sich auch auf einem gnostischen
ringstein von cbalcedon, der im katalog der Hertzschen samlung s. 72
ur. 1509 verzeichnet ist, und zwar steht hier
*on the plate, CABAui — PEICTE — AAui.
on one side, CiCINrEVn - ANiDAPANFH - NICOY.
on the other, NAIAAui — AI -- NEIXAN — IBIBA — AH.'
das erste wort kommt iu dieser abgekürzten form nicht seltener als das
vollständige CABA0D6 vor (Kopp a. o. III S 478). das zweite ist sicher-
lich zu lesen : XPEICTE d. i. XpiCT^. dasz das dritte wort eine abkOr-
zung von AACONAl ist, unterliegt gar keinem zweifei. dagegen ist es
sehr wol möglich, dasz in der inschrifl ^on the other side' die buchsla-
ben AAui mit den folgenden AI eng zu verbinden sind, so dasz man nur
den ausfall eines N anzunehmen hat. Kopp a. o. IV $ 753 halt auch die
buchstaben AA auf einem anderen geschnittenen steine fClr eine abkfir-
zung des namens AACDNAI. wird man sich nun aber damit begnügen
die folgenden worte des Petersburgers Steins zu lesen : ^ÜJ iräv, und
dazu zu ergänzen eijiit, indem man in betreff des gedankens sich beruft
auf das von Kopp a. o. IV $ 801 beigebrachte? ich für meinen teil kann
mich nicht dazu entschlieszen. vielmehr bin Ich , wenn ich bedenke dasz
andere gemmen der gnostiker AAQNAI und EAQAI, AAQNAION und
EAODAION hintereinander erwähnen (s. Matter a. o. und expl. des plan-
ches s. 81, Kopp IV $ 703 und 754, Ghabouillet a. o. s. 307 nr. 2245),
davon überzeugt dasz €rco nichts anderes sein soll als €A(ä) und dieses
eine abkürzung für EACOAI. bezüglich des letzten Wortes auf dem Peters-
burger steine dürfte es dann das wahrscheinlichste sein, dasz es den
namen des in den spätesten zelten des heidentums so hochgestellten
(Welcker gr. götterlehre II s. 669 f.) , auch bei den Orphikern und in
Aegypten in besonderem ansehen stehenden gottes TTdv enthalte, bilder
desselben werden in der that auf gnostischen steinen gefunden, vgl-
prodr. gemm. de mus. Capello nr. 69 und 191 und Kopp IV s. 162. aber
in den aufschriften der gnostischen steine ist er meines Wissens bisher
noch nicht nachgewiesen, sollte er nun etwa in der aufschrift auf der
einen seite des oben erwähnten früher Hertzschen Steines zu finden sein?
diese aufschrift hat bis auf die letzten vier buchstaben ICOY die gröste
ähnlichkeit mit zehn von Kopp IU S ^^0 zusammengestellten, ja eine
(nr. 6) unter diesen stimmt mit jener vollkommen überein. vgl. aucii
Tölken a. o. cl. IX abt. 3 nr. 105 und Ghabouillet a. o. nr. 2181-
2224. 2225. CECENfEN (wie gewöhnlich geschrieben Ist) kommt auch
aHein für sich vor (Kopp III S 576) ; aber die nächstfolgenden elf buch-
staben, gewöhnlich BAPOAPANfHC geschrieben, stehen durchweg zu-
sammen, es hat daher die gröste Wahrscheinlichkeit, dasz es sich bei
ihnen um öin wort oder doch um öinen begriff handle, und der versuch
aus ihnen den namen TTdv herauszulesen, fällt vollständig in nichts,
wenn sich herausstellt, dasz die buchstaben TTAN in der that nicht zwei-
mal, sondern nur Einmal vorkommen, ich kann leider Middletons von
Kopp angeführtes werk , in welchem die von diesem unter nr. 6 wieder
holte Inschrift herausgegeben worden ist, nicht nachschlagen; aber es ist
und in einigen «nderen smilungen. 127
durchaus wahrscheinlich, dasx der betreffende stein bei Middlelon kein
anderer als der später in Hertzs besitz befindliche ist. trifft unsere deu-
tung des Petersburgers steins das richtige, so gehört er in die kategorie
4er amulete.
8.
XPH
XPHiV\A
IBTE
^ Diese aufschrift eines nicolo weiss ich nicht anders zu erkliren ab
do, dasz ich XPH als xpQ d. i. XP^lei und IBTE als nomen preprium
fasse, welches nur der form nach von dem bekannten eigennamen ''Ißu-
KOC verschieden ist (wie <t>uXaKO€ und <t>uXa£ u. a. nebeneinander her-
gehen).
An vertieft geschnittenen inschriften dieser art notierte ich mir
folgende:
9.
HANOIAOC
TTPANNOY
nAPAAoZoC
6KATH€nH
KoG)€YXHN
4iese aufschrift eines carneols*] entspricht gaäz der auf dem steine, von
welchem der Stoschische schwefelabdruck genommen ist, dessen Inschrift
Raspe in seinem katalog der Tassiescben abdruclisamlung nr. 630 heraus-
^geben und danach Kopp palaeogr. crit. 111 $ 21 und das CIG. nr.73216
wiederholt hat (wo indessen irtümlich angegeben wird, dasz sie sich
*in gemma olim Sloschiana' befinde), obgleich die form des 1 am ende
des ersten wertes und des 3. im dritten nicht übereinstimmt, wenn Ste-
phan! zu Köhlers gesammelten schrifien bd. III s. 249 die Inschrift nach
Raspe citlert, so folgt daraus weder, dasz der stein damals noch nicht In
Petersburg gewesen sei, noch dasz er denselben für unecht gehalten habe-
die erklJIrung bietet keine Schwierigkeiten.
10.
CYMcPA
:CAPAniC(0
Z6MAPK0N
AlAAH
Aufschrift eines rotben iaspis. am ende der ersten reihe bat man
sicherlich den aosfall eines C wegen des folgenden C anzunehmen: dem-
nach handelt es sich um das wort cOjiiqpac. das wort In der letzten reihe
ist ebenfalls offenbar verderbt, die leichteste herstellung wäre AlKXf)
{wie ^HpaKXf)), wenn zugegeben wflrde dasz man einen Übergang des
*) der buchstab O hat in dieser aufschrift nicht immer dieselbe
grosse, ohne dasz dabei eine besondere absieht zu gmnde läge.
128 F. Wieseler: geramae litteratae in der Ermitage zu St. Petersburg
to in t) m'ie er sich am ende von Wörtern, besonders eigennainen oft fin*
det (vgl. Kopp palaeogr. crit. IV s. 535 col. 1 ; Franz elem. epigr. gr.
8. 248 ;1K. Kefl im philol. 11 s. 468; unten anm. 2 zu nr. 2239 und anm.
4 zu nr. 65a}, annehmen oder voraussetzen dürfe, dasz neben der form
AtOKXfic noch die form AtticXf)c bestanden habe, wie AiTTp^<pr)C neben
AiOTpiq>r\c (in welchem mir nicht so wahrscheinlichen falle sichAixXi^c
zu AiokX^c verhielte, wie binöXta zu biiiröXia, bicurn^ptov zu biicui-
Trjpiov). verschmäht man aber diese herstellung, so kann man zwischen
AAIKAH und AIOKAH rathen, von welchen namen der erstere das fQr sich
hat, dasz A hinter A leichter ausfallen konnte als O hinter I oder vor A,
der zweite dagegen den umstand dasz er häufiger nachweisbar ist, und
zwar auch noch in späteren zelten.
11.
0HA1Z
6PMI0NH
KOCMOC
Aufschrift eines nicolo : olTenbar namen von freigelassenen oder Skla-
ven, auch der seltnere name Cosmus findet sich als der eines freigelasse-
nen bei Orelli inscr. lat. nr. 2984 ; auszerdem als der des siegers auf dem
avers des contorniaten bei Sabatier descr. gön. des med. contomiates
pl. VII nr. 7, dessen revers das sieghafte rosz Seracusus zeigt, unä sonst,
das Z für £ wie im GIG. nr. 127. ähnliche namenzusammenstellung auf
dem steine der früheren Hertzschen samlung in anm. 5 nr. 1484. die
frage nach dem zweck solcher steine ist nicht leicht mit Sicherheit zu
beantworten, h&tte man etwa an etikelten zu denken , die weihgaben an
götter oder geschenken an menschen beigelegt wurden , um die geber zu
bezeichnen? eher möchte ich glauben, dasz so etwas wie S^rjcaiev, oder
da sämtliche Wörter auch als vocative gefaszt werden können , so etwas
wie 2[y)catT€ zu ergänzen sei ; vgl. jenes 6 q)Op(I)v auf dem Wiener onyx
im GIG. nr. 7343 b und bei Sacken und Kenner s. 430 nr. 105 , und
anderseits die lateinische Inschrift auf einem cameo bei Gori inscr. ant.
in Etruriae urb. bd. 111 s. 22 nr. 28:
ADEODATAE
ANASTA8IA
P08TVMIANI
OALLA • VIVATI8
ähnlich findet sich auch jenes MVLTI8 ANN 18 sowol allein als mit dem
Zusatz von VIVAT18, s. Lorsch in den jahrb. d. vereins von altertums-
freunden im Rheinlande U s. 69.
12.
lAnAHAK»
Aufschrift eiaea rothen iaspis. die inlerjectionsform laTranai ist mir
aus den alten Schriftstellern nicht bekannt; sie verhält sich indessen zu
drraTrai bei Aristophanes wespen 309, wie larraTal zu dTTOrai, laißoi
zu aißoi der stein diente vermutlich als amulet.
und In einigen anderen samlungen. 129
ANMERKUNGEN.
1. Die allerdings nicht reiche Campanasche samlung von gesdnutte-
nen steinen enthielt, nach dem kiatalog zu urteilen, keinen stein dieser
art mit griechischer inschrift und nur ^inen mit römischer, nemlich einen
diaspro verde con leggenda VTERE « 8EBERINE • FELICITER (vgl.
Ficoroni gemmae ant. litteratae illiiatratae a Nie. Galeotti , Rom 1757,
tf. Vll nr. 19). die mit schrift versehenen steine der reichen gemmen-
samlung der nationalbibliothek zu Madrid (aus welcher einer, der mit
einer längeren metrischen inschrifl verseben ist, schon frähzeitig be-
kannt gemacht wurde, s. GIG. nr. 7290), sowie die der samlung Anglona
hat E. Hühner nach seiner angäbe in den antiken bildwerken in Madrid
s. 191 verceichnel, aber memes Wissens noch nicht herausgegeben.
2. Chabouillet bringt unter nr. 268—271 vier inscbririen bei, die
sich denen im GIG. nr. 7291 — 7295 anschlieszen , dann eine tablette
obloQgue mit EMANHN auf der einen und NYrMATEI auf der andern
se»te, also ganz wie der von Benzen im bull. d. inst. 1849 s. 148 be-
schriebene stein, dessen inschrin das GIG. nr. 73146 wiederholt, weiter
— um nur noch diese beiden stücke, von denen mir keine repliken be-
kannt sind, zu erwähnen — unter nr. 272 einen sardonyx mit der inschrift
OAYMTTI ZHCAIC und unter nr. 274 einen carneol mit XAPIC ZOH
YflA. alle betreffenden steine gehören in die kategorie der cameen.
auch von den zahlreichen von s. 285 nr. 2186 an verzeichneten vertieft
geschnittenen ^pierres gnostiques' enthalten einige zurufe u. dgl. so
steht auf der rückseite des ^obsidians' nr. 2189, dessen Vorderseite die
gewöhnliche bildliche darstellung des Knuphis enthält, nach Ghabouillet
die Inschrift 0IAAHON YrEIH CTOMAXON HPOKAOY, also (pOXoEov
\yX\f\ CT. TTp. dieseU>e inschrift, aber mit deutlichem Y als zweitem buch-
staben des ersten Wortes, zeigt ein von Kopp paK crit. IV s. 248 nach
Molinet und Montfaucon abbildlich mitgeteilter ^iaspis'. vergleicht man
Ghabouiliets beachreibung der Vorderseite mit dieser abbildung, so kann
es auch nicht dem mindesten zweifei unterliegen , dasz es sich um ^inen
und denselben stein handelt, die Verschiedenheit in den angaben ver-
schlägt nun freilich in betreff der inschrift so gut wie gar nichts; da-
gegen ist sie — um hierauf gelegentlich aufmerksam zu machen — von
bedeutendem belang hinsichtlich der art des Steines. Kopp bemerkt a. o.
S 783: ^verurn amuletum hoc esse non inscriptio sola, sed imago etiam
et iaspis cui incisa est testantur. stomacho enim utramque remedio
esse veteres sibi persuaserant. unde Marcellus Empiricus (c. 20 p. 147)
haec profert: aä stomachi dolorem remeeUum phy$icum: in lapide
iaspide exaculpe draconem radiatum^ ut habeat Septem radios^ ei
Claude auro et uiere in coüo,' hätte nun Ghabouillet doch recht mit
seiner angäbe, dasz der steiu ein obsidian sei? femer findet sich auf der
rückseite eines bämatits, nr. 2239, dessen vorderseile von Ghabouillet so
beschrieben wird: V^nus debout nue; la t^te est enlevöe par une cassure.
4 gauche Amour ail6 volant vers la döesse, k droite, colombe. on fit dans
le champ:
130 F. Wiese]er: gemmae Uueratae ia der Ermitage zu St Petersburg
CTEPKOYCI
lAAPA
ä l'exergue MEM0I
angeblich folgendes: lAQ CABAOeA
AONHIH KAI
GAAACCAK
AI TOV TAPT
APOV CKOTIN.
auch in diesem falle sind wir im stände die lesung Chabouillets zu con-
trolieren und als keinesweges ganz richtig zu befinden, es ist ihm ent-
gangen dasz der betreflTende stein schon von Gaylus rec. d. antiq. t VI
pl. XXI herausgegeben und von Kopp pal. crit. IV s. 345 S 360 f. wie-
derholt und behandelt wurde. Kopp liest : laui GxßauiO Abovt \i\ kXu€ :
äAcSai aö TOU.Taprapou CKOTiav=:Mao Sabaoth Adoni io! exandi:
averte deinceps Tartari tenebras'. ohne zweifei kam er dem wahren viel
näher als Chabouillet. AAföNH findet sich auch auf der von Kopp IV
s. 198 abbildlich mitgeteilten Abraxasgemme, vgl. auch Raspe cat. Tassie
nr. 439; AAQNEI auf einer andern nach Macarius de Abraxa s. 18 X;
AA(a)NI auf dem in Ficoronis gemmae ant. cael. t VIII nr. 24 herausge-
gebenen, von Natter bist, du gnost. pl. X üg, 1 wiederholten ringe; die
von Chabouillet gesetzte namensform aber, so viel ich weisz, nirgends.
kXÖ€ ist die leichteste Veränderung des KAI€, welches der stein bietet
das folgende wort ist auf diesem AaAZCAI geschrieben. Kopp corrigierte
und interpretierte ganz richtig, die dann folgenden buchstaben können
allerdings AV gelesen werden, aber auch AI, und dieses ist ohne zweifei
das richtige: sie bedeuten nichts anderes als dei, wie sonst so oft (nacfa-
weisungen in Kopps index bd. iV s. 404). endlich CKOTIN ist sicherlich
CKÖTiov, ein auch anderswoher bekanntes wort spätesten gebrauchs, s.
oben s. 128 nr. 10. was dann die aufschrift der Vorderseite anbetrifll, so
fragt Chabouillet: ^faut-il voir dans les inscriptions une allusion aux j oies
infames de V^ous et le num d*uu sanctuaire de Memphis?' indem er
das erste wort für das lateinische siercus hält, ungleich wahrscheinlicher
deutet Kopp: crepTUD c* t&bapa M€V<pi = 'amo te (oI) aquosa Memphi',
und in der that ist der zweite buchstab des zweiten wertes auf dem steine
ein A, wie der dritte des dritten vielleicht ein N. Kopp erwähnt bei der
gelegenheil Feders beachtenswerthe conjectur, nach welcher bei Statins
9ilv, HI 2, 110 uvida (fflr invida) Memphis zu lesen ist. wir wollen
nicht allzuviel darauf geben, dasz uns die form öbapöc, soviel ich weisz,
nur aus Hesychios: v^ap^c TÖ ubapöv, bekannt ist. vielleicht wird es
jedoch mancher, namentlich auch in betracht der bildlichen darstellung
auf der Vorderseite, vorziehen IXapa zu lesen und M^|l19I als den namen
eines gewöhnlichen weibes zu fassen, als welcher er um so eher zugelassen
werden kann , da er als mythischer frauenname vorkommt. — Spedelles
Interesse hatte es för mich, auszer dem unter nr. 2222 beschriebenen
hämatit (der vermutlich kein anderer als der von Matter bist, du gnost.
pl. VIII nr. 11 herausgegebene, von mir in den Göltingischen antiken
s. 53 behandelte stein mit der Inschrift
und in einigfji anderen MmloBgeo. 131
NEIXAPQ
HAHZ
auf der rückseite Ist) , unter nr. 2223 einen andern damit zusammenzu*
stellenden stein verzeichnet zu finden: 'ange debout tenant des deux
mains un objet indlstinct, palme ou couronne. legende: TTAHEONXA . . .
r APOHAHE. on lit sur la tranche: . . nAHEOYKTAAOXAPl . . .
iaspe noir.' die erste Inschrift, welche sicherlich zu lesen ist 7tX{){ov
Xap^, zeigt dasz ich recht hatte, wenn ich a. o. das wort x^pOTrX^E
(welciies auch In der an zweiter stelle erwähnten inscbrifl des in rede
stehenden steins vorkommt) in dem sinne von ö X(tpä irXrjccujv faszte.
ich ergreife diese gelegenheit zu bemerken , dasz mir seit der abfassung
der oben erw&hnten schrifl noch zwei geschnittene steine mit derselben
Inschrift bekannt geworden sind, von denen der erste hinter derselben
noch das bekannte lAW entlijllt, vgl. die kupfertafel nr. 356 , der andere
auf der vorderseile ein göttliches wesen dargestellt zeigt, welches dem
auf dem löwen stehenden des von mir a. o. nr. 35 a herausgegebenen
Hausmannschen Steines sehr entspricht: s. Malier mos. Thorvaldsen III 3
s. 183 nr. 1683 und s. 184 nr. 1689. — Der von Chabouillet s. 279
nr. 2142 verzeichnete grflne iaspis mit dem vertieft eingeschnittenen
namen TTAPGENOTTAIOC ist sicherlich der im CIG. nr. 7048 berflcksich-
tigte stein. — lieber anderes weiter unten.
3. Die Wiener samlung besitzt mehrere intaglios (von denen eine
partie ohne zweifei als siege! diente, wie auch von den Parisern) als
cameen. einige dieser steine sind nach Ameth im CIG. berücksichtigt,
ein cameo (nr. 101, CIG. nr. 71106) zeigt zwei verschlungene binde
und die inschrift 0YAA6NTI CYTTXQC, in der auch wir das erste wort
für den dativ von Valens und nicht für den vocativ von Valentins halten,
Tgl. CIG. nr. 73406, und unten anm. 5 nr. 1474. damit soll indesse^
nicht gesagt sein, dasz die andere auffassungsweise unmöglich wAre.
freilich bieten für diese aufschrifleu wie K^Xciva CUTUXUic im GIG.
nr. 70966 kein sicheres beispiel. denn hier ist zu erklären: ^Kelsina
(ruft): mit glück!' vgl. CIG. nr. 7351 6 boöc rpryfo(p&c)' ftvf^cov
(obgleich diese werte auch anders gefaszt werden können) , ferner den
indischen cameol der k. samlung zu Neapel, dessen aufschrifl Köhler
ges. Schriften III s. 82 so liest: NIKA. AIOKAHC KOtNTCO nOMn€lAN(j),
aber falsch erkl&rt, und ganz besonders den Wiener intaglio bei Sacken
und Kenner a. o. s. 448 nr. 1185 mit der lateinischen aufschrift GE
LA8IV8 ZOdIME VI VAS. auf einem andern, der, wie die folgenden,
nicht im CIG. berücksichtigt ist, steht €YTYX€I innerhalb eines kranzes,
vgl. CIG. nr. 7342 und unten anm. 5 nr. 1476 ; auf einem dritten €AZ1A,
ob iTt" dS(a? ein intaglio (nr. 1190) hat die inschrift NIKA, welcher
zuruf allein sich verhaltnismAszig selten findet, über einige andere gern-
meninschriften dieser samlung unten.
4. Die samlung hn Haag hat nicht weniger als elf geschnittene
steine, neun mit Inschriften und zwei mit bildnis und inschrift versehene,
welche ausrufe, zurufe und Sentenzen, zum teil längere, enthalten.
Janssens einschneidende kritik verdammt jene alle samt und sonders.
132 F. Wieseler: gemmae liUeratae in der Ermitage zu St. Pelersburg
wahrend sie von diesen nur ^inen in zweifei zieht, in den meisten ÜUen
bat er ohne frage recht, und seine darlegungen können zeigen, wie
grosse vorsieht mau auch solchen inschriften gegenüber zu bewahren
habe, wie mislich es namentlich mit denen aussieht, welche sentenzen enl*
halten, die sich auch bei schriftsteliem finden, in betreff der steine mit
ausrufen und zurufen scheint mir dagegen Janssens verdammungsurteii
manchmal nicht genügend motiviert, ich beschranke mich hier auf einige
bemerkungen und zusätze. die form KIPIA (nr. 61) kommt auch vor auf
dem stein in Ficoronis gemmae ant litt. t. V nr. 21 ; vgl. jedoch CIG.
nr. 7061. ein intaglio mit einem zuruf an eine Kupia, wie im CI6. nr.
7334, findet sich auch in der Wiener samlung (Sacken und Kenner s. 448
nr. 1186), nur dasz hier XAIP6 KYPIA geschrieben ist. andere jener
in Spons misceil. erud. ant. s. 297 herausgegebenen Inschrift entspre-
chende beispiele führt Galeotti zu Ficoroni a. o. s. 47 an. ob aber die
aus diesem werke t. VU nr. 19 in das CIG. nr. 7336 aufgenommene In-
schrift KYPI XAtP€ wirklich hierher gehört, steht nicht sicher, da ja
das nächste ist Köpt xaipc ; vgl. Stratonikos in anth. Palat. XU 206. 213.
215 (nach Jacobs), die inschrift €Y0A1 auf nr» 62 wird man doch zu-
nächst als vocativ von €YOAIOC fassen müssen, welcher name sich z. b.
in Grulers inscr. lat. s. MCLIII 11 findet, auch in der von F. Bnonarroti
osservaz. sopra alcuni frammenti di vasi ant. dl vetro t. XXIV 2 herausge*
gebenen inschrift auf einem glasgeßsze: 6Y0AI rATKYTAT€, wird das
erste wort von jenem s. 162 und von Gori inscr. ant. in Etruriae urb.
U I 8. 256 zu nr. 40 so gefaszt. anlangend nr. 63 6YTYXI r€AAOI , so
scheint es uns sehr bedenklieh aus dem umstände, dasz das letztere wort
eine ^forme inconnue' ist, auf die unechtheit des steins zu schiieszen.
könnte denn nicht ein leichter Schreibfehler angenommen werdea, z. b.
r€AACI, d. i. der vocativ von rEAACIOC? dieser name findet sich z. b.
auf dem in anm. 2 besprochenen Wiener intaglio bei Sacken und Kenner
a. 0. 8. 448 nr. 1185. auf nr. 64 EYTYXt EVMAHI scheint das leUtere
wort der vocativ des mit lateinischen buchstaben geschriebenen namens
Eumachius sein zu sollen , in welchem nur aus fahrlässigkeit der buch-
stab C vor H ausgelassen ist vgl. z. b. GIG. nr. 73416: /»/(t) Feri
(doch wol Verrtj £/)catc. auch in der aufschrift unter nr. 65 6YTTXI
MAKAPI, die sich auf einem Wiener intaglio mit Asklepios und Hygieia^
sehr roh ausgeführt, wiederholt (Sacken und Kenner a. o. s. 449 nr.
1297) , hat man in dem letzteren werte den vocativ von Macarius anzu-
erkennen, der sich auch am anfang der inschrift im CIG. nr. 7338 findet,
wie in ANTQNI in der marmorinschrift aus der nähe von Sparta im GIG.
nr. 1491 den von Antonius ^ was schon Böckh bemerkte, und manchen
anderen, es ist interessant zu gewahren , dasz auch in allen anderen uns
bekannten ähnlichen inschriften auf geschnittenen steinen der vocativ der
namen, welche in -lOC ausgehen, nicht -i€ lautet: vgl. noch oben anm. 2
nr. 272, unten anm. 5 nr. 1486. CIG. nr. 7325. 7328. 73296. 7329 c.
7329 d; und in nr. 7331 ist 6AAACC€I nicht etwa 6aXdca€, so dasz
die beiden letzten buchstaben nur versetzt wären, sondon ThalassL
umstand hängt offenbar damit zusammen, dasz die betreffenden
und in eioigen anderen samlongen. 133
Inschriften aus orlen oder von familien herrühren , in denen die lalel-
nische spräche die herschende war und die hetreflTenden mftnner mit den
namen auf »ius mit dem vocativ auf -t angerufen wurden, bei der auf*
schrifl auf dem geschnittenen stein nr. 65 a, in welcher das erste wort
ohne zweifei aus ZHZAIZ verderbt und das awefte AKAKIN ist, erinnerte
sich Janssen nicht, dasz in der zunächst zu vergleichenden gemmenin*
Schrift, welche zuerst von Caylus herausgegeben ist, Franz zu GIG. nr.
7326 AKAKIN durch 'AxäKiov, einen weibemamen, deutet, sowie er in
«iner andern ähnlichen Inschrift AKAKI ZHCEC das erste wort als den
▼oealiv des auch sonst bekannten (vgl. z. b. Suidas u. d.w. und Gruter inscr.
s. XXXVII 10) namens 'AxdKioc, Jcacius betrachtet, dieses ist gewis
richtig, der name AKAKIN wiederholt sich auf einem onyx der Londoner
samlung, welchen Panofka ^geramen mit inschriflen' tf. IV nr. 46 heraus*
gegeben hat, mit hinzufOguug des wertes TPHION, jener oberhalb, dieses
unterhalb eines 'ausruhenden, sich die hinterpfote leckenden wolfes'*
Panofka hat sich vergebens bemCiht eine plausible deutung zu geben.
Franz, der im GIG. imter nr. 7361/* die iusclirift als öine fortlaufende
reihe ausmachend wiederholt hat, verzichtete auf alle, selbst die sprach-
liche erklärung, indem er sich, wie es scheint, nicht einmal seiner eige-
nen bemerkung zu nr. 7326 erinnerte, wir deuten *das greise Akakion'.
das adjectivum tpi^tov ist aus fragmenten des Kallimachos und Nikandros
und durch erkürungen im etym. magnum und bei Hesyehios bekannt,
vermutlich war das betrelTende Akakin eine alle in den ruhestand ge-
tretene buhlerin, lupa, und bezieht sich die bildliche darstellung, die wir
demnach als die einer wÖlfin zu betrachten haben werden, wogegen auch
nichts stichhaltiges wird eingewendet werden können, auf diesen um-
stand, wozu etwa noch der kommen kanu, dasz auch die färbe des thieres
zu dem epitheton Tprjtov passt (ttoXiöc Xukoc 11. K 334). danach hätten
wir den geschnittenen stein als eine art von pasquill auf das betreffende
weib zu betrachten, warum Janssen in der Inschrift auf nr. 66 <t>OYCKI
AN€ (€)ATTIC — denn so ist sicherlich zu lesen — das zweite wort ge-
rade für einen abgekürzten imperativ halten will, sehe ich nicht ein. den
gedanken, welchen man bei billigung dieser Vermutung erhalten würde,
hat man auch, wenn man deutet: iXnlc dcriv. doch stehen noch jindere
wege der erklärung offen: denn CAITIC ist ja auch als name bekannt, vgl.
oben zu dem Petersburger steine nr. 11 und anm. 3 zu nr. 101. das
wahrscheinlichste ist aber doch wol anzunehmen, dasz es sich um den
namen einer Fusdana Elpis im nominativ handle, die inschrifl auf
nr. 67 ist mit denen bei Ghabouillet und im GIG., welche oben in anm. 2
am anfang citiert sind, zusammenzuhalten, sie ist aus je zwei Inschriften,
die dort getrennt vorkommen, zusammengestellt, was die bei den mit *
bildwerk und ausruf oder zuruf (der aber ohne beziehung auf das bild-
werk ist) versehenen steine nr. 58 und 59 anbetrifft, so musz ich ge-
steben dasz mir die richtigkeit der lesung des erstem (ö iraTc) sehr be-
denklich ist, und ich möchte daran erinnern, dasz der name Achilleus^ wie
noch mehr JchilleSy in römischer zeit öfters gebraucht wurde: vgl. Gruter
inscr. s. DGGXLIX 4. MXXXIX 9 und den index t. II p. 2 s. CXI.
134 F. Wieseler: gemmae litteraUe in der Ermitage zu St. Petersbui^
5. Der kaCalog der HerUschen samlung führt s. 70 f. unter der
Überschrift 'rings and stones, with inscriptions in Greek and Latin' neun-
zehn Stück der ersten und zwölf der zweiten kategorie auf, sSmtlich in-
taglios. wir teilen, da das betreffende Verzeichnis sehr wenig Verbreitung
gefunden zu haben scheint (es war nicht einmal den bearbeitem des ein*
schlägigen hefles des GIG. IV 1 zur band , da dieselben sonst sich nicht
auf die drei unbedeutenden inschriften nr. 7050. 7367 cf und 7369 c be-
schrankt haben würden, von welchen, nebenbei gesagt, die erste grosze
bedenken in betreff der echtheit erregt), alle griechischen inschriften
nebst den angaben über die art der steine und die vereinzelten bemer-
kungen über deren bestimmung mit. nr. 1471 ou qpiXüa, ^f| TrXavdi,
vou) bk (eu) Kai t^Xd», sardonyx, und nr. 1472 X^TOUCiv & ÖAouctv.
XcT^TUJcav, ou \ii\ei ^0l, sardonyx of two strata. also dieselben in-
schriften, welche uns aus dem CIG., durch Chabouillet und durch Janssen
als auf steinen mehrfach wiederholt bekannt sind, dasz das eingeklam-
merte eO in nr. 1471 ein höchst überflüssiger zusatz des verfertigers des
katalogs ist, brauche ich wol nicht erst zu bemerken, nr. 1473 Crpa-
TOViKT) jHiaivoiKa qpopeiä €? (Stratonice, tho art a defillng palanquin), or,
q)oEeia, a palanquin-bearer, chalcedony. ich habe nicht umhin gekonnt
die erklärenden worte des katalogs mitzuteilen, so abenteuerlich sie auch
sind, man sieht daraus , dasz der Verfasser auf dem steine qpopeia las,
aber, weil ihm dieses worl keinen passenden sinn zu geben schien, eine
conjectur versuchte, aber (popeiä in der bedeutung von ßöpßopoc,
welche Arkadios s. 98, 24 bezeugt, ist das einzig richtige und passende,
die inschrift ist, da das betreffende wort sonst nicht vorkommt, in lexica-
lischer beziehung von belang, wegen des pasquillartigen vgl. den oben
anm. 4 behandelten Londoner geschnittenen stein, nr. 1474 EYTYXfiCT
. . . Q-fOPGYNTI, sardonyx of two strata. die puncte in der mitte sollen
hier, wie in den weiter unten anzuführenden fällen, ohne zweifei an-
deuten, dasz die durch sie getrennten buchslaben zwei verschiedenen
reihen angehören, also : eirruxuJC Tip q>opoOvTl. bekanntlich ist q)0-
peTv das gewöhnliche wort von dem tragen des steins oder amulets, nicht
q>^p€iv, vgl. die beispiele bei Kopp pal. crit. bd. IV g 779. 783. 828.
CIG. nr. 7343 und 73436. deshalb möchte ich auch anstand nehmen
bezuglich der inschrift auf der im prodromus gemm. de mus. Capello
nr. 89 abbildlich mitgeteilten, zuletzt hei Kopp a. o. IV s. 327 wieder-
holten und § 844 seltsam erklärten gemme: MHI€1C 06POYCA, die
meinung zu äuszern, dasz der Steinschneider nichts anderes wollte als:
2[rjcatc f) (p^pouca. da Pherusa auch ein eigenname gewöhnlicher wei-
ber war (Gruter inscr. s. CMLXXX 1) , so wird vielmehr zu lesen sein :
-Zncaic «^pouco. nr. 1476 EYTYXIANHC, (the ring) of Eutychianc,
nicolo. den namen kennt die Pariser ausgäbe des Stephanus nur aus GIG.
nr. 1961 , 2. auf einem im prodr. gemm. de mus. Capello nr. 176 her-
ausgegebenen geschnittenen steine findet sich die inschrift Olympias Eu-
iychiane. die lateinische form Euty Chiana auch hei Gruter s. DCLXIV 10.
nr. 1476 EYTYXl, sardonyx of two strata. nr. 1477 TTPOK . . . OTTje,
sardonyx of two strata. der Verfasser des katalogs übersetzt: *I foresee'(!).
und in einigen anderen samlungen. 135
raan liat zu lesen: TTP0K0TTT6 *koniin forwSrts'. nr. 1478 XEPETI . . .,
chalcedony. dasa in den beiden ersten silben nichts anderes stecict als
XAIPE, unterliegt wol keinem zweifeL so steht im CIG. nr. 73396
X€P€ für X<^^P€* H^' 3uch die byzantinischen cameen bei Ghabouillet
a. 0. s. 46 nr. 263 und 264. die dritte siJbe aber kann, da zumal xai-
p^TU) ohne analogie wAre, nichts anderes sein als der anfang eines
namens im vocativ, etwa TiT€, oder, was doch wol das wahrschein*
liebste ist, TE, so dasz die inschrift zu lesen ist x^ttpCTC. nr. 1479
OMONOIA, two joined hands, a seal, und nr. 1480 ditto, jedes mal
sardonyx of two strata. ein ganz fthniicher geschnittener stein wird nach
Panofka (gemmen mit Inschriften) aus der Petersburger samlung ange-
führt im GIG. nr. 73076. nr. 1481 MNHMONEYE, a band holding an
ear, a ring, nr. 1482 ditto, nr. 1483 MNHMONEYE MOY THI KAAMZ
M'YXHC, a band pulling an ear; jedesmal ein sardonyx of two strata.
steine wie die beiden ersten finden sich bekanntlich häufig, vgl. Kopp
a. 0. IV S 883 ; Stephani zu Köhlers ges. sehr. 111 s. 248 und GIG. nr.
7349; Ghabouillet a. o., der s. 50 unter nr. 275 einen sardonyxcameo
von zwei lagen so beschreibt: main piu^nt une oreilla legende: MNH
MONEY pour MNHMONEYE. auf einem Wiener intaglio findet sich nach
Sacken und Kenner a. o. s. 447 nr. 1122 die Inschrift MNHMON€Y€
neben der darstellung einer bloszen band, wie auf dem geschnittenen
steine bei Ficoroni gemmae ant. litt. t. V nr. 12, wo der Zeigefinger auf
den daomen gelegt ist, wahrend sonst gewöiinlich eine band, die ein ohr
am läppcben faszt, oder die einen ring hält*), dargestellt ist. auch der
pluralis ^vr)^0V€U€T€ findet sich neben dem bilde der den ring darreichen-
den band CIG. nr. 7350. danach liesze sich auch die aufschrifl des oben
erwähnten Pariser cameo jUVimoveueTe lesen, aber mit ungleich geringe-
rer Wahrscheinlichkeit, mit dem Herlzschen steine nr. 1483 ist betrefls
der inschrift zunächst zusammenzustellen GIG. nr. 7346 MAIANE MNH
MONEYE MEOHC (wo, nebenbei bemerkt, der heraosgeber sehr mit
unrecht das erste wort in AiXtav^ verändert hat, da ja der name ilfata-
nus^ MAIANOZ auch sonst vorkommt, vgl. Gruter inscr. s. GXXX 9 und
Kopp a. 0. III s. 390 S 332) und besonders nr. 73476 MNHMONEYE
THCKAAHCTYXHC während weiland Gort sogar das wort ME0H in
nr. 7346 als apppüativum faszte, steht es nach unserem dafürhalten nicht
einmal in betreff des Wortes VYXH auf dem Herlzschen steine sicher,
dasz es als appellalivum zu betrachten sei. ja es hat viel mehr auffallen-
des, wenn sich die person, von welcher die inschrift redet, selbst als
'schöne seele', pulchra anima^ bezeichnet, als wenn sich ein weih mit
namen Psyche in worlen , die an ihren liebhaber gerichtet sind , f] KaXf|
y^xi^ nennt, in demselben sinne wie dieser sie als Yux^ KoXrj bezeich-
net haben mochte. Hebbaberinschriften dieser art kommen bekannllich
*) die das ohr fassende hand hat achon Galeotti zn Ficoronis gem-
mae ant. litt. B. 36 nr. 12 zur genüge ans schriftsteüen erläntert. der
ring, welcher ja znm andenken gegeben wurde, masz, ähnlich wie das
ohr, ein Sinnbild der memoria sein.
136 F. Wieseler: gemmae liUeratae in der Ermitage zu St. Pelersburg
auch auf gemmcR vor: CI6. tir. 7329. 7333, wo fQr KYHA vermutlfeh
KYNA , d. i. Kuva := Kuwa (vgl. AthenSos XIII s. 66O0 zvt lesen ist,
und 7337. glaubt man nun aber, dasz auf der Hertzscbeo gemme eine
Yuxn von sich rede, so wird man es weiter fflr durchaus wahrscheinlich
halten , dasz dasselbe In der inschrift des CI6. ur. 7347 in betrelT einer
Tuxn statthabe, zumal da man für f| xaXfi tOxh dem gewöhnlichen
Sprachgebrauch gemflsz eher f^ dyaOf) tjxj\ erwarten sollte, dasz Vuxrj
und TOxTl auch anderswo als eigennamen gewöhnlicher weiber vor-
kommen, braucht nicht besonders nachgewiesen zu werden, nr. 1484
OYAAEPIA KAEOTTATPA . . . EPMAAIQN KAICAPOC, sardonyx of two
strata. namen von freigelassenen, wie es scheint, dasz die zweite namens-
inschrift zu deuten ist * Hermadion Cdsars söhn' bedarf jetzt woi kaum
einer besondern bemerkung. Caesar als eigenname untergeordneter per-
sonen auch bei Gruter Inscr. DGXV 6 u. MDCCGXVII 6, Gori inscr. ant. Etr. 1
s. 222 nr. 28 u. s. 223 nr. 30, Sacken u. Kenner s. 277. vgl. den oben
besprochenen Petersburger stein nr. 11. nr. 1485 KEBOH ...0ITTAYA
. . . AING), corneliau. die inschrift ist dem Verfasser des katalogs so un-
verständlich geblieben , dasz er eine Übersetzung gar nicht versucht hat
die beiden ersten buchslaben sind oflenbar nichts anderes als eine abbre-
viatur für KUpie, wenn auch die ^linea imposila' (Kopp a. o. 111 $ 360)
fehlt (wie KC für KUptoc, vgl. z. b. Chabouillet a. o. s. 46 nr. 262), luid
das folgende ist zu lesen : ßoii6€i TTauXXtviu. es bedarf kaum der be-
merkung, dasz es sich um eine christliche insöhrifl handelt, nr. 1486
EfPECiNIKA, a ring, sardonyx of two strata. auch hier hat der Verfasser
des katalogs auf eine Übersetzung verzichtet, es steht wol sicher, dasz
es sich niclit um nur ein aus ^yeipetv und vtKT] oder viKäv zusammen-
gesetztes wort handelt, sondern um zwei worte, von denen das erste
der vocaliv eines nomen proprium, das zweite der bekannte zuruf viKa
ist. vgl. die contorniatenaufschriften ASTVR1 N1KA, OLYMPI NIKA,
PANNONI NIKA, VBANI NICA*), LAVRENTI NIKA bei Sabatier mU.
conlorniates pl. IV 13. V 2. V 7. VIII 7. X 8, welchen beispielen sich
die von Köhler ges. sehr. Ilf s. 82 falsch durch ^sieg des Pompejus' ge-
deutete irtsclirifl POMPEINICA an einem Florentiner ringe anreiht, der
name ErPECIOC ist mir freilich sonst nicht bekannt, nichtsdestoweniger
kann er sehr wol vorgekommen sein, der bedeutung nach ist er mit
FpriYÖpioc, fpiiTopac zusammenzustellen, nr. 1487 Aujpov, plasma,
und nr. 1488 . . . . tÖ buüpov within a TOivia, the gift of . . . ., sar-
donyx of two strata. gleiche gemmeninsch rillen sind mir nicht bekannt
Ähnlichkeit hat die das bild einer Aphrodite umgebende inschrift A8HNA
"*) die Schreibung griechischer Wörter mit lateinischen bacbataben
ist etwas allbekanntes, ich weisz aber nicht ob man, diesen umstand
beachtend, bereits eine schon längst bekannt gemachte gemme erläa-
tert hat. auf einem cameol im prodr. gemm. de mus. Capello nr. 37
steht, um eine Fortuna herum, die inschrift TERESI, d. i. nichts ande-
res als TV^pt^cai. das subject zu diesem optativ ist eben die darge-
stellte göttin. vgl. das bekanntere 0YAAHAI (Kopp III § 648, Wieseler
denkm. d. bühnenwesens s. 96 zu tf. XII nr. 24).
und in einigen anderen samlungen. 137
lAI AGDPON auf zwei im prodr. gemm. de mus. Gapello nr. 16 und 73
herausgegebenen 9 von Kopp a. o. III S 207 besprochenen gemmen. die
durch die pnncte vor der Inschrift und weiter auch durch die mitgeteilte
^berselxung för nr. 1488 angedeutete ansiebt des Verfassers des katalogs,
dasz der name des geschenkgeben im genetiv ausgefallen sei, kann doch
nur dann einen schein haben, wenn die betreffende partie des Steins ab*
gebrochen ist. darüber verlautet aber gar nichts, vielleicht bestand tö
%<&pov eben in einer Unia. nr. 1489 EY0AMEITQ AI6HP . . KAI TA
. . . ITAQ : TTONTOI . . . ZTATQ AAHP, sardonyx of two strata. die
Worte, welche offenbar lu lesen sind: eöq>afA€(Tui aiOfjp Kai yä ciydriu
itövTOC €1t6tuj b' d/jp, sind aller Wahrscheinlichkeit nach aus einem
schriftsteiler entlehnt — Schlieszlicfa nehme ich diese gelegenheit wahr,
um die aufschrifl eUies nicht mit bildwerk versehenen steins, von wei-
chem mir vor jähren, irre ich nicht in London, ein abdruck gegeben
wurde, mitzuteilen, obgleich dieselbe sicherlich als ein beitrag zu den
auf diesem gebiete vorkommenden f^lschungen betrachtet werden kaun :
THM Eni APETH
ISM>PO ZYNHTE
KAI ZO0IA
AlAHPEnOY
d. i. Ti\v in\ dperQ cuiqppociWij t6 xal cwpUf {)taiTp^irou(cav}.
OÖTTINOBN. FrIBDBICB WiBSBLBR,
22.
zu THEOKETTOS.
Die mitglieder der Meiszener philologenversamlung von 1863 er-
innern sich wol einer ehrwürdigen Persönlichkeit , die an den Verhand-
lungen regen anteil nahm, des damals noch Im geistlichen amt thätigeo,
bald darauf nach langer gesegneter Wirksamkeit in den ruhestand ge-
tretenen archidiaconus von Meiszen, magister aureus Carl Freytag.
ein würdiger zögling der Pforte hat er seinem interesse an den classi-
schen Studien durch zahlreiche poetische versuche in lateinischer und
griechischer spräche ausdruck gegeben; ich erinnere an seine carmina
voliva zum Jubelfeste jener anstalt im j. 1843, die das frühlingsfest der
Pyläer in vier rhapsodien in griechischer und deutscher spräche feiern,
eingeleitet durch lateinische distichen. [vgl. auch jahrb. 1865 s. 792.]
es verdient anerkennung von seilen derer welche die philologischen Stu-
dien zu ihrem berufe erkoren haben , wenn ein solcher mann die musze
seines alters auch zu ernsteren Studien auf diesem gebiete benutzt, und
wir l>edauern nur dasz wir nicht früher dieselbe dem Verfasser der
CoNiEOTXTBABUM IH Theocbiti oabmms I Lusus 0TI08I. Miflenae
ex offidna C. E. Klinkichtii et filü. 16 s. gr. 4.
die einem befreundeten jubilar, dem rector Nobbe, zum 20 oct. 1864 ge-
widmet sind, haben aussprechen können, wir holen das heute nach und
Jahrbacher f&r claas. phUoI. 186S hft. S. 10
138 R. Peiper: anz. v. G. FreyUgs coniecturae In Theocrili Carmen L
tauen die hauptsftdilichsten der in dem schriftchen niedergelegten Ver-
mutungen mit. mit einer frische, der man den Jubilar nicht anmerkt^
geht der vf. auf die von neueren hearbeitern des gedichts aufgestellten
ansichten ein; mit allzugroszer bescheidenhelt stellt er diesen seine eige*
neu gegenüber; gleich geschleifte handhabang der lateinischen spräche
wie der iiritlschen methode dürfte manchem philologea zu wünschen sein,
mit Rreussler nimt der vf. vierzeilige Strophen an , die aber nach seiner
auffassung im ersten von je 2 versen nngebenen teile (64. 65—92. 93}
sich als 2 + ^ darstellen, zum teil dadorch sind einige umsteMongen
veranlaszt, deren begründnog in anregender weise versucht wird*
77. 78 (die verszahlen nach Fritzsche, Leipzig 1857} werden zwi*
sehen 84 und 85 gestellt, dem Hermes also dn stüclt der rede des Pria-
pos gegeben. In v. 82 f. wird gelesen: Tt VU rdic^ai (out Kreussler};
äl hi T€ KcDpai TT 0 X X al dvä Kpävac usw. und 85 £ beiX ' £ buc^puic
92. 93 kommen als ^€C^ib6c zwischen 114 und 115: Tibc Tdv
fiiv TroT€X^£a6' ö ßuiKÖXoc . . • Kai de t^c ficaro jüioipac in
V. 96 wird conjiciert: ßapuv b' &^a du^ÖV ^X^tca.
102 tritt mit einem hinzugedichteten verse XGt(p€T€* fjbii T^p
irfic &Xioc &\i\k\ bcbuKei, | IkttpoXihcuv bi <pdoc bucui ^öov i^c-
pÖ€VTa vor 120. 121 und bildet mit diesen die antistrophe zu 115 — 119
(Xaipee* in 116 = xaipeie in 102).
103 tritt nach 130; anklang an das ^KOjitat vermutend will der
vf. statt dXtoc fpiUTOC vielmehr SXKOC^puuTOC schreiben.
105 und 106 folgen also gleich auf 101. gelesen wird: it^ X^T^,
ir§ Tdv K. 6 ß.; t m "T, fpire not* 'Arx^av rrivel 9iXo v dv-
bpa XOrtEov. 107 halt auch er für anecht.
132 — 136 endlich bilden nach des vf. ansieht den schlusz des
Daphnisliedes und treten also zwischen 142 und 143. er reduciert die
fünf verse auf vier, indem er 135 ganz tilgt, oder nach ausscheldung von
glossenartigen einschiebsein zwei in dinen verschmilzt: Trdvra b' fvoXXa
YT^Xoi Kod Tftc KÖvac (&Xa<poc £Xkoi, | \d\l öpdu)V toI ckODttcc driböci
TapucaiVTO.
Eine reiche lese anderer Vermutungen zu den besprochenen stellen
beweist die belesenheit wie die geislesgewandtheit des greisen vf. und
kann wol znr weitern forschung nach der absieht des dichters anregung
geben, dem ref. , der erst kürzlich über das gedieht seine ansieht in die-
sen Jahrbüchern 1864 s. 449 IT. niedergelegt hat, wird der vf. es nicht
verargen, wenn er an jenen auf gewissenhafter erwägung beruhenden
resultaten auch Jetzt noch festhält er wünscht von herzen , dasz es dem
hm. Jubelmagister vergönnt sein möge noch eine und die andere frucht
seiner alten liebe zu den dichtem der Griechen und Römer mitzuteilen
und dadurch mit beizutragen , dasz die kenntnis des classischen alterUims
wieder wie früher allgemeineres gut werde und nicht sich auf den lehrer-
stand alfein beeofartake, wie ea deneü der faU zu aeln sdieint
Breslau. BudoIiP Pmnni.
L. Drewes: zu Demosthenes IX g 46. 139
23.
ZU DEMOSTHENES IX S 46.
In sämtlichen handschriften auszer in pr. £ und pr. L finden sich
S 46 der dritten Philippisclien rede die worte fcT€ t(voc > welche
Rehdantz auch in der zweiten aufläge seiner ausgäbe der Demosthenischen
Staatsreden als echt zn vertheidigen unternimt doch scheint gerade diese
stelle besonders geeignet die autorit&t des £y zumal wo er mit L Ober-
eiastimmt, sowie die unechtheit der in den andern hss. befindlichen Zu-
sätze von neuem zu iMstätigen. £ läszt jene worte mit recht aus und
hat mit recht das lemma: £k toC YPOMM^ciou &VCCTIVU)CK6L der
unterschied zwischen annehmen und verwerfen der worte lcT€ . . • rivoc
ist kurz folgender.
A. Im erstem falle fragt der redncr: t(voc CYTOui>f)€ Kcd ßouXfic
rä iropövra npdcfixaia irpocberrm; elrru); Dem. gibt alsdann in der
vorgelesenen denkschrift den Athenern einen rath Aber das bei gegen«
wärtiger Sachlage zu thuende. (Rehdantz vermutet ein defenaivbflndnis
mit den übrigen Griechen.)
B. Verwirft man dagegen die angeführten worte, so ist es durchaus
nicht schwer, wie Rehdantz meint, den inhalt des vorgelesenen Schrift-
stückes zu errathen: dieses antwortet dann auf die frage: ttiiic i)\i&C
irpöc Tä TOiaOra (d. i. bujpoboidav) xai np6c jSkXa lxei€ ; eliru) ;
KcXeuCTC KQi oÖK öpTUicdc; Dem. wird also in diesem falle irgend eine
von den Athenern nicht geahndete bestechuog (vielleicht eines feldfaerm,
gesandten durch Philippos) und deren verderbliche folgen für Athen acten-
mäszig nachgewiesen haben, gegen erstere annähme (A) i|nd für letztere
(B) sprechen mehrere gründe, von denen ich die minder wichtigen vor-
anstelle.
1. Die frage K€X€ii€T€ Kai ouk ö|)Tt€ic6€; hinter €Tirui; erklärt
sich schwer, wenn Dem. vorher nur seine absieht ausgesprochen hat
einen guten rath zu geben, sehr leicht, wenn er den Athenern ihre
gegen bestechlichkelt gleichgültige gesinnung vorhalten und die daraus
entspringende misliche läge Griechenlands dem auslände (toIc ßopßd^
poic) gegenüber nachweisen wollte.
2. Wenn Dem. (annähme A) schon hier seine ansieht über die bei
gegenwärtiger läge zu ergreifenden maszregeln (nach Rehdantz defensiv-
bündnis aller Hellenen) ausspricht, wie kann er seine propositio (S 70 iL),
welche jenen Vorschlag doch wieder mit umfaszt, durch die worte ein-
führen: li irouju^v; irdAai nc f|b^uic &v Tciaic ^puiTTJctuv K6Bt\iau
itm vfk Ai' ipfSi xal TP<in|iui hi — ?
3. Die ausführung A passt nicht in den zusammenbang«
dies wird erhellen, wenn wir kurz die disposition der rede angeben.*)
*) in bezng auf die weitere ansführong und begründung dieser
disposition, des ganges und Zieles der rede verweise ich auf meine
abhanÄong *über die kooet und den obarakter der dritten Philippischen
rede des Demostheoee* iaa Btauaschweiger osterprogramm 1866.
10*
140 L. Drewea: zu Demosthenes IX S ^6.
diese zerfftllt In folgende drei teile: I daritellung der gefahr und schlioi-
men läge, worin Gnechenland sich befindet ($ 1—46); 11 auffordening
diese gefahr grOndlich zu beseitigen {$ 47—70. motive: des Phüippos
nicht zu unterschätzende macht, und an beispielen bewiesene furchtlüre
folgen der gleichgflltigkeit gegen bestechung und verrath); 111 Vorschlag
der zu ergreifenden maszregeln (eigne kraftanstrengung in erster iinie,
sodann auch bOndnisse). schon aus dieser kurzen darstellung ergibt sich,
dasz ein hinweis auf die von den Athenern zu machenden «nstrengungen
zwischen I und II den fortgang der rede nur stiren würde, wozu diese
vorwegnähme von III? wozu (nach Rehdantz annähme) als ciroubf) iroXXfj
und ßouXfj äTGtd/j, welche die gegenwärtige Sachlage erfordere, das be-
zeichnen, was Dem. nachher (in III] doch erst in zweiter linie als ange-
messene maszregel bezeichnet (nemlich böndnisse mit den übrigen Grie-
chen), wahrend der hauptnachdruck auf der Athener eigne rfistung und
anstrengung fiillt? (vgl. $ 70 otÖTOl itpilhrov usw. $ 74 dXX' ö^fv
toOto irpaicr^ov, t&Miv . . ., ö^iv . . ., wahrend es von den bündnissen
heiszt oübl toOt* äxpn<^rov S 72).
4. Die ausfflhrung B passt vortrefflich in den Zusam-
menhang und gehört fast notwendig an die betreffende stelle, dies zu
beweisen geben wir kurz eine darstellung des gedankenganges von teil I
der rede, dieser enthalt, wie oben gesagt, eine darstellung der mislicheo
läge Griechenlands, nachdem Dem. die äuszere veranlassung der rede
(feindseligkeiten des Philippos im Ghersones) kurz behandelt (bis $ 19)
und die betrachtung auf den groszen nationalen standpnnct erhobeh hat
(S 20), schildert er die gefahr der läge als eine zwiefache: a) eine
auszere, durch des Philippos bei der gleichgültigkeit der Griechen doppelt
bedrohliche Übergriffe bewirkte (S 21 — 35), und b) eine innere, in der
gleichgültigkeit der Griechen gegen bestechung und verrath bestehende
(S 36 — 46). abschnitt h) besteht aus folgenden gedanken: zunächst
A) S 36 — 40: a) früher bestrafte man verrather aufs strengste, ß) jetzt
lacht man darüber oder ist gar neidisch auf dieselben, dann B) % 41 — 45 :
actenmäsziger nachweis von a. was ist nun natürlicher als ein eben
solcher actenmäsziger nachweis von ß? welch angemessenen, auf solchen
nachweis hindeutenden Übergang bilden die nun folgenden werte S 46
äXX' oö vOv* od T^p o&ruic ^x^O' ö)üi€ic oöre irpdc ra TOiaOrc^
oCtc irpöc TfiXXa, dXX& itil^c; (cTirui; KeXeikre xai o^ öpricicOe;)
dieser nachweis, dasz die Athener jetzt gegen bestechung gleichgültig
seien, ist aber nicht nur in diesem zusammenhange sehr angemessen, son-
dern entspricht dem ganzen zweck und Charakter der rede um so mehr,
da Demosthenes jene gesinnung der Athener als das schlimmste bei der
ganzen sache betrachtet und gerade in unserer rede mehr als in irgend
einer andern das übel bei der wurzel anfaszt und es gründlich auszu-
rotten sucht, (vgl. S 36. 53 und die ganze ausführung von da bis $ 70.
damit hangt die oben erwähnte betonung der notwendigkeit eigner
kraftanstrengung zusammen.)
5. Auch mit dem folgenden ist so eine gute Verbindung hergestellt^
obgleich Rehdantz deren möglichkeit bei dieser annähme bezweifelt, es
L. Drewes: zn DemoslheDea IX $ 46. 141
ist nicht nur möglich, sondern sehr wahrscbeinlidi dasz Dem., ebenso
wie er nach darstellung der ehemaligen strenge gegen Arthmios hinzu*
fflgt Ik ik TOthiuv €iKÖTU)C TÖ TU)V 'CXXfjvuiV fjv Till ßopßdpui q)0-
ßcpd, auch in dem vorgelesenen schriflstflcke nicht nur die jetzige be-
stechlichkeit und gleichgflltigkeit dagegen actenmiszig belegt, sondern
desgleichen die schlimme läge, in welche Griechenland dadurch dem bar-
baren gegenüber gerathen Ist. (dies beides konnte gerade durch einen
concreten, in beiden beziehungen actenmSszig zu beweisenden fall recht
deutlich gemacht werden.) wie vortrefflich schlteszt sich nun $ 47 an:
'es ist demnach fürwahr eine thörichte rede, dasz Philippos nicht so
m&chtig ist wie einst die Lakedämoniw.'
6. Das einzige, was der annähme einer solchen ausfflhrung hn wege
zu stehen scheint, sind die worte S ^1 ^ b' ofirui TaOr* ^x^t, Tä m^v
vOv öpfiTC bi^ou Kai oöbiv ijütoG irpocb€ic6€ ^d()Tupoc. wer jedoch
das unter 4 Ober den gedankengang gesagte billigt, wird in diesen wor^
ten nur einen Obergang erblicken von ß (jetzige glelchgültigkeit gegen
verrath) zum nachweise von a (ehemalige strenge gegen bestechung).
wenn auch ß klar zu tage liegt, so kann der redner einen actenmässlgen
beleg doch fflr förderlich halten, dieser nachweis wird also in S 41 nur
aufgeschoben, damit die belege dieselbe reihenfolge haben wie a und ß
selbst.
7. Wenn endlich Rebdantz meint, dasz nur bei seiner auffassung
sich der in der proposiiio erfolgende verschlag bflndnisse mit den andern
Griechen zu schlieszen erklare, so bekenne ich nicht einzusehen, warum
Dem. einen solchen, noch dazu in zweiter linie stehenden verschlag nicht
sollte machen können, ohne vorher schon davon gesprochen und nach-
weise über die machtverhftitnisse der betreifenden Staaten gegeben zu
haben, da Dem. vorher die gefahr, in welcher ganz Griechenland sich be-
findet, nachgewiesen hat, so ist es ganz natürlich, wenn er einen kämpf
aller Griechen gegen Philippos vorschlagt
Wenn es mir gelungen sein sollte zu zeigen, dasz die auf £ (und L)
sich stützende constituierung des textes dem gedankengang und zweck
der rede vollkommen angemessen ist, so möchten damit nicht nur die
ausführnngen von Rebdantz, sondern auch die von anderen vorgeschlage-
nen Änderungen erledigt sein, wodurch die eliminierung der oben mit B
bezeichneten ausführung (in dem vorgelesenen Schriftstück) bezweckt
wird. Westermaun nemlich Iftszt das lemma weg, Benseier stellt es
nach &KpÖ7roXtv S ^1 9 Spengel betrachtet die von £ und L ausgelasse-
nen Worte als echt, stellt aber die worte Tivoc . . TrpocbeTcOat hinter
öpTt€ic6€.
Endlich darf ich wol auf die Wichtigkeit des gewonnenen resultats
fflr die kritik hinweisen, mit unserer stelle stehen und fallen die übrigen,
in welchen £ (und L) worte auslassen , die in den andern handschriften
sich finden, da von allen diesen stellen die unsrige bei weitem die wich-
tigste ist.
Bratthsohwbio. LuDWia Drbw&s.
142 T. M.: Doohmals zu Polybios X 17, 11-^13.
24.
NOCHMALS ZU POLYBIOS X 17, 11—13.
^K bk Tuiv XomiBv aixMcx^^tuiv iKkiiac ToiK eöpuieroTdrouc
. . . itpocdjiiEe Tok a^ToO TTKnP^M<^<^i i Kai iroirjcac f)|iioXiouc Toik
irdvrac vourac f\ irpöcOev cuveirXfjpujce xai toc ocixMoXUiTOuc vf^oc,
Acre Touc ävöpac ^KdcTiu ocdipet ßpox^i n Xciirciv toO ^iirXaciouc
cfvoi ToiK öirdpxovrac tiuv irpoT€VO)üi^vuiV' a! ju^ t^ cttXM^-
XujTOi vf)€c £)üi'ÖKTu)Ka(b€Ka t6v dptOjüidv, ai b' ä dpxf)c nirct
KQi TpidKOvra dasz diese stelle unvereinbare widersprflclie entiialte, i«t
offenbar und neuerdings von F. Rultscb, dessen aufsats (jafirb. 1867
s. 564 ff.) die verattiassang tu diesen bemertcungen geworden ist, in
scharfer und btediger weise erörtert worden, da überdies äjLi' eine er-
kldrung nicht zuzuiasetcn scheint, so hat der genannte gelehrte an diesem
pnnete den grund der Verderbnis zu finden gemeint; weil nun weiter
durch rechnung sich zu ergei)en scheint dasz, wenn die angaben i^
Polybios in Übereinstimmung zu einander gesetzt werden sollen, die iah!
der erbeuteten schiffe nicht 18 sein könne, dagegen 10 vortrefflich
stimme, so liest Hultsch dvVJTOVTO b^xa fflr das hsl. ä^' ÖKTUiKaibcxa
und glaubt ^somit die volle Übereinstimmung in den Worten des Schrift-
stellers hergestellt' zu haben, freilich müssen, soll das resultat stimmen,
die Worte Kai iroii^cac f||iioXiouc toOc irdvrac vaÖTac 1^ irpöcdev
00 verstanden werden , dasz Scipio zu der bereits vorhandenen zahl der
vaCrot noch anderthalbmal dieselbe zahl hinzugefügt habe, eine auffas-
sung welche Hultsch nur unter der bedingung f6r zulSssig erkiSrt, wenn
einfach toOc irdvrac mit ausschlusz von vaurac gelesen werde; dieses
verfahren schemt ihm nicht nur durch das bedenken Crnestis, sondern
auch durch den text der Hervagiana, in weichem das betreffende wort
fehlt, gerechtfertigt zu werden, für die durch rechnung gewonnene
zahl 10 beruft er sich auszerdem auf Livius, welcher an der parallelen
stelle die erbeuteten schiffe auf 8 bestimmt, eine angäbe deren werth
allerdings sehr zweifelhaft wird durch eine spatere bemerkong desselben,
dasz in bezug auf die zahl der schiffe ebenso wenig Übereinstimmung
liersche wie in betreff der übrigen kriegsbeute.
Vergegenwärtigen wir uns die bedenken gegen diese anderung und
erklärung, welche natürlich dem Urheber derselben vollkommen bewust
waren, es sind folgende: 1} wer die worle Kai notncac . . irpöc6€V
für sich liest, ohne vorläufig sich die aufgäbe zu stellen dieselben in
Übereinstimmung mit den folgenden (&CTe . . bmXaciouc cTvat usw. zu
zwingen, wird sie so verstehen, dasz die gesamtzahl der vaCrai nach
aufnähme der gefangenen auderthalbmal die frühere zahl ausmachte,
nicht dasz noch anderthalbmal soviel hinzugekommen seien; 2) zuge-
geben dasz mit auslassung von vaurac das bedenken gegen die letztere
erklärungsart sich vermindere, diese auslassung selbst bleibt trotz der
angeführten autoriläten doch ein gewaltsames verfahren: 3) alizugrosze
Wahrscheinlichkeit bat auch die Vermutung dvi^TOVTO nicht für sich:
T. M.: nochmals zu Polybios X 17, 11—13. 143
das wort könnte doch nur bedeuten *a)s es zur abfahrt kam, fuhren
4iuszer den früheren 85 schiffen auch die erbeuteten 10 aus dem hafen,
flei es um die gegend ganz zu verlassen, sei es zu einer Qbung auf offenem
meere'; beides scheint nicht in den Zusammenhang zu passen. 4) der
«atz am ende des capitels ist allerdings verstümmelt; was aber davon
übrig geblieben, f))üitöXtov ht troirjcac to yauTiKÖv ^k toO icatpoC bt&
T^v aÖToO irpövoiov scheint in treMicher Übereinstimmung zu stehen
mit der fiberlieferten anzahl der schiffte, ebenso mit jenem xal irot^jcac
fmtoXfotK usw., wenn man eben diese worte nir sich liest, ohne den
nur zwangsweise herzustellenden Zusammenhang mit den folgenden ins
aage zu fassen.
Indes wQrdeu alle diese bedenken der sdieinbai* zwingenden rech-
nung BuJlschs gegenüber nichts über den Verfasser dieser bemerkungen
vermögen , kSme nicht eine weit gröszere und, wie es ihm scheinen will,
unbesiegbare Schwierigkeit hinzu, sie liegt in folgender rechnung. die
zahl der gefangenen im ganzen belief sich nach Polybios ($ 6) noch nicht
auf 10000 (mSnner , weiber und kinder zusammengerechnet , anders Li-
vius) ; davon gehen 2000 X^tpOT^xvai ab ($ 10) ; die zahl der iroXtTtKOi
fiv&p€C mit frauen und kindem Ist nicht angegeben; indes wird 1000
schwerlich zu *hoch gegriffen scheinen ; somit bleiben als gesamtzahl der
übrigen gefangenen, unter denen Scipio die auswahl hatte um die be-
maniiujiff der schiffe zu verstärken, nicht 7000 übrig, nehmen wir nuA
an , er habe unter diesen 6000 für seinen zweck passende gefunden —
mehr doch gewis nicht, wenn die worte touc eOptxiCTOräTOuc xal TOtc
€R)€Ci Kai rate f)XtK(atc äKfuaiOTdrouc überhaupt einen sinn haben
sollen — so wSre die zahl der von Scfpio mitgebrachten vaÖTQi (^/j X
Af\f\f\
6000) nicht mehr als 4000 gewesen, also für jede penlere -^^ =
114 bis 115 mann, eine zahl die mit den sonstigen angaben über die be-
mannung einer pentere schlecht stimmt; die schiffe wSren mit einer so
geringen mannscbafl wol kaum brauchbar gewesen , und doch hatten sie
sich kurz vorher am gefechte beteiligt; auch dürfen wir nicht vergessen,
dasz die zahl 6000 die gröstmögliche ist, die wir annehmen dürfen, und
die in der wirkliclikeit schwerlich erreicht wurde.
Angesichts dieser reehnung erscheint es zunächst gerathener die
worte Kod iroirjcac usw. so zu verstehen, wie sie ohne zwang zu ver-
stehen sind, dasz nemlieh die zahlderneu aufgenommenen rudermann*
acbaftMk die hälfte der schon vorhandenen betrug, auch so ergibt sich
noch immer eine beträchtliche menge der aufgenommenen, falls wir die
bemannung der penteren als vollzählig, also zn etwa 300 annehmen
wollen, nemlieh = 5250, was für eine auswahl der rüstig-
sten und kräftigsten, wie es dort helszt, offenbar eher zu viel als zu
wenig ist. sollte Polybios an unserer stelle vaurac im engern sinne
gebraucht haben mit ausschlusz der ÖTnip€cia? dann würden wir aller-
dings einen kleinen abzug von obiger zahl bekommen, wahrscheinlich
144 T. K. : nochmals zu Polybios X 17, 11—13.
ist dies jedoch nicht, da er I 26, 7 offenbar unter ipizai die gesamte
schilbmannschaft versteht mit alieinigem ansschlusz der ^irißdrat lieber
möchte man glauben, um jene zahl etwas kleiner annehmen zu können,
dasz die bemannong von haus aus nicht ganz vollzählig gewesen sei.
Lassen wir nun einstweilen den mittleren satz Cbcte . . irpOTCVO*
fx^vuiv ausser acht, so haben wir in dem Kai irotificac fmioXiouc usw.
eine angäbe, welche nicht nur zu dem Verhältnis der überlieferten schiffs»
zahlen (35 und 18) ziemlich gut passt, sondern auch durch das verstOm-
melte ende des capitels bestätigt zu werden scheint, das seltsame fifi*^
ist freilich noch nicht erklärt, und ebenso fehlt noch ein verbum, etwa
^T^VOVTO, an der betreffenden stelle, möglich dasz das 5^* der fiber-
rest einer abbreviatur der einst vorhandenen verlralform ist; jedenfalls
wird man des verderbten fi^' halber allein die zahl nicht ändern wollen,
wenn nicht ein dringenderer grund vorliegt, der scheint freilich in dem
mittlem satze S}cre touc dvbpac ^Kdcrqi ciai<p€i ßpaxu ti Xebrciv
ToO bmXadouc cTvai touc i&rrdpxovrac ti&v irpoTCVofx^viuv reich-
lich vorhanden zu sein, gilt aber die oben angeführte rechnung — und
vf. wüste nicht was man dagegen anführen könnte — so Ist offenbar die
angäbe ßpaxO Tt Xdirciv ToO biirXac(ouc cTvai nicht richtig; viel-
mehr müste man etwa den sinn erwarten: *so dasz auf jedes schiff bei-
nahe die gleiche zahl von mannschaften kam wie früher*, nemlich durch*
schnittlich /? , ,, = rr— der früheren zahl, diesen sinn würde die
«5o -f- lö 106
änderuug von biTrXadouc In TraparrXriciouc geben, man wird gegen
nopanXiiciouc nicht einwenden können , dasz dabei ßpaxO Ti Xdirctv
überflüssig wäre: denn erstens lassen sich stellen beibringen, wo irapa-
TrXt^cioc dem Tcoc in der that gleichbedeutend erscheint, und zweitens
bezieht es sich keineswegs blosz auf eine annäherung von unten nach
oben, also von einer niedem zahl an eine höhere, sondern umgekehrt
auch von einer hohem an eine niedere, wie in der wegen des dort vor*
kommenden berflchtiglen xdXXei vielfach besprochenen stelle des Thuky-
dides Ul 17, 1 TrapaTtXt^ciai bl kqI ^ti YrXeiouc, beiläufig eine stelle
wo, wie in der unsrigen ein dft* zu lesen ist, dort allerdings erklärt, aber
doch nicht eben notwendig und — aurrichtig gesprochen — sogar unbe-
quem, ist es zu abenteuerlich für beide stellen eine gleiche oder älmliche
veranlassung der Verderbnis anzunehmen? und doch musz der vf., dem
es bisher nicht vergönnt war genauere bekanntschaft mit handschriften
zu machen, den ihm aufsteigenden verdacht unterdrücken, entweder für
immer oder einstweilen, bis ihm vielleicht mehr material aus handschrift-
lichem apparat für weitere hegründung zu geböte stehen wird, für jetzt
begnügt er sich mit dem verschlag der oben angegebenen ändemng des
btirXacfoiK in irapaTrXridouc, sei es auch nur zu dem zwecke, um von
Seiten des jüngsten herausgebers des Polyblos dadurch vielleicht einen
zweckmäszigeren verschlag zu gewinnen.
L. T. M.
Ph. Wagner : anz. t. oeuvres de Virgile, Mitlon publice par £. Bcooist. 145
25.
P. VmoiLn Mabonib opbba. les oeuvres de Viboilb. ioinos
FOBLl^ D^APBiB LB8 TRAVAUX LES PLUB BJ^OBRTB DE LA
PHILOLOGIE, AVEO I7N OOMMENTAIRE « GRITIQXJE ET EXPLIOATIF,
TJNE »TBODÜOTION ET UNE NOTIOE, PAR E. BeMOIST, AN-
CIBSI thtVE DE L^iOOLE N0B1CALE8, DOCTEUB ±B LETTBEB.
LEB BucouQüEB BT LEB GJ^OBOiQUES. Parifl, librairio de
L. Hachette et c^ 1867. LXXTX u. 293 s. gr. 8.
Mit dem vorliegenden bände, die bucolica und georgica enthaJtend,
beginnt eine von dem bucbhSndler L. Hacbette in Paris unternommene
samlung der gelegensten griechischen und lateinischen Schriftsteller, der
auf dem Umschlag befindliche auszug des prospects spricht sich darüber
m folgenden worten aus: *ce volume inaugure une sörie d'öditions savan-
tes destinöes, nous i'esp^rons, i faire honneur i Törudltion de notre pays,
ä fonder une ^ole de philologie frangalse, ä bien m^riter et du monde
savant et du monde universitaire.*
In der einleitung (s. I — XXXVII) fahrt hr. Benoist zunächst die be-
merkenswerthesten ausgaben auf; dann folgt eine kurze besprechung der
ältesten kritischen hülfsmittel und der Orthographie ; bezfiglich der letzte-
ren sagt er: Ml n'est pas possible, dans T^tat actuel des ^tudes gramma-
ticales en France , d'adopter une orthographe scientifique pour un classi*
qne latin donl l'usage est r^pandu.' und auf der folgenden seite: ^si
d'ailleurs nous n'accneillons pas de hon gr^ cette r^forme (in der Ortho-
graphie) nous finiroBS par la recevoir malgr^ nous.' es folgt ein ver*
zeichnis der Wörter in denen er sich den neueren orthographischen an-
richten in seiner ausgäbe anschlieszt, sowie ein zweites diejenigen Wörter
enthaltendes, in welchen er mit rücksicht auf seine französischen leser
die früher hergebrachten formen beibehalten hat.
Mit der grammatischen und sachlichen erkläruug Ycrslchert hr. B.
es so genau wie möglich genommen zu haben, und das ist in der that
der fall, mit ftsthetischen bemerkungen den commentar anzuschwellen
halt hr. B. nicht fOr rftthlich; das hauptsächliche soll in der ^nollce' zu-
sammengestelljt werden, trefflich äuszert sich hr. B. s. XXXV: ^pour
moi, quand, ä force de reclierches. je crois avoir ^cart^ toutes les diffi-
coltds du texte de Virgile, quand je crois poss^er la pleine inteiligence
de sa pensöe, gräce ä une compl^te inteiligence de l'ezpression, je le relis
et je trouve plus de jouissance dans une communication directe avec le
poöte que dans les spirituelles ou d^licates explications de ceux qut
veulent se faire intermddiaires entre lui et moi.' die nun folgende 'notice
snr Virgile' (s. XXXIX — LXXIX) umfaszt das leben, die Studien und werke
des dichters, sowie eine Charakteristik derselben : eine darstellung welche
In jeder hinsieht den leser befriedigen wird.
Wenn hr. B. schon in diesen einleitenden abschnitten eine ehren-
werthe bekanntschaft und zweckmässige benutzung der dahin einschlagen-
den, namentlmh der deutschen, litteratur an den tag legt, dabei strenge
wissenschaftliche anfordernngen an sich selbst macht und denselben mit
146 Ph. Wagner: anz. v. oeuvres de Virgüe, ^itlon publice par E.Beooist.
geachick genügt, so Ist dies auch an dem nun folgenden commentar zu
•rflhmen. hr. B. hat hier wesentlich die bereits, besonders von deutscher
seile, gefundenen resultale zu gründe gelegt, sowol in den spArlicheren
kritischen beinerkungen als auch in den erklärenden, welche classe von
lesern hr. B. voraussetzt, wird nicht besonders angegeben, indes ersieht
man bald, dasz seine ausgäbe sowol fflr junge und angebende, gröndliche
belehrung suchende leser angelegt ist, also fär scbfller, als auch für ein
reiferes alter, welches den beliebten dichter unter anleitung des hg. noch
einmal rasch durchlesen und ohne aufhflitliche Störung genieszen will,
und diesen zweck hat hr. B. glücklich erreicht, besonders empfehlen
sich seine bemerkungen durch den angemessenen , klaren und lichtvollen
ausdrack , der allem was hr. B. schreibt eigen ist.
Während ich mit dem vorliegenden bände beschäftigt bin , erhalte
ich aus Paris nr. 836 des ^moniteur* vom vergangenen jähre, in diesem
blatte wird die ausgäbe des hrn. B. durch einen der bedeutendsten , auch
in Deutschland verdientermaszen anerkannten französischen gelehrten,
mitglied der academie , hrn. Sainte-Beuve , dem wir eine gediegene *^lude
sur Virgile' verdanken, angezeigt und warm empfohlen, hr. Sainte-Beuve
geht von dem gesichtspunct aus, dasz es den erklärenden herausgebem
alter dichter gestattet sein müsse bei ihrer arbeit namentlich audi die
besondere geschmacksrichtung ihrer nation zu berücksichtigen, aller-
dings geht der deutsche erklärer mehr gerade auf sein ziel los ; dabei
werden wir aber unsern gelehrten überrheinischen nachbarn es keines-
wegs verargen , wenn sie ihrem gescfamacke huldigend manche blume in
ihren kränz einreihen, die nicht sowol auf als an und neben dem wege
sprieszl. letzteres ist indes bei hrn. B. sehr selten der fall , man müste
denn die häufigere anfflhrung von parallelstellen dahin zählen.
Der commentar ist, wie bereits erwähnt, teils kritisch, teils, und
zwar überwiegend, exegetisch, in beider hinsieht hat sich auch der Ver-
fasser gegenwärtiger anzeige versucht, und in beider hinsieht hat er in
Frankreich verhähnismäszig die wenigsten geschäfte damit gemadit hr.
Sainte-Beuve sagt: ^Wagner, en donnant la quatri^me Edition de Virgfie,
et en se permettant d'y indiquer quelques corrections et d'y ajouter qi
et lä des perfectionnements' usw. wenn diese werte eine Charakteristik
meiner betetligung an der Heyneschen ausgäbe abgeben sollen , so habe
ich nicht Ursache mich dafür zu dank verpflichtet zu fühlen, die haupt-
sache war dort fflr mich die kritik , die exegese mehr nebensache. nun
aber habe ich nicht nur cä et lä einiges verbessert, sondern das charak-
teristische meiner arbeit, woran sich später die ^lectiones Vergilianae*
im ersten supplementband des philologus s. 305—426 anschlössen, be-
stand in einer durchgreifenden durch wissenschaftliches urteil
begründeten kritik, wie sie in dieser art weder vor noch nach mir am
Vergilius geübt worden ist. mit der erkläning habe ich mich ex professo
in meiner kleinem ausgäbe beschäftigt, wovon 1861 die dritte wesent-
lich verbesserte aufläge erschienen Ist. diese ausgäbe ist weder hm.
Sainte-Beuve noch hm. Benotst bekannt geworden, obwol letzterer sich
um beiziehung der in Deutschland erschienenen Vlrgillitteratur sehr be-
Pfa. Wagner: anz. v. oeoTres de Virgüc, Edition publice par E.fieooi8t. 147
mfiht hat. ich rechne diesen umstand französischen pbilologen um so
weniger an, da ich mehrfach dieselbe erfabrang auch in Deutschland tu
machen gelegenbeit gehabt habe, indes wird sich schon aus nachstehen*
dem ergeben, dasz hr. B. diese ausgäbe öfters nicht ohne nutzen hstte
consullieren können. *)
Hr. B. dröckt nemlich den wünsch aus , man möge ihn auf das, was
an seiner arbeit nicht stichhaltig sei, aufmerksam madien; er werde jede
begrandele entgegnung mit dank aufnehmen, dasz er es mit diesem
wünsch aufrichtig meine, dafür borgt der ernst und der streng wissen-
schaftliche sinn , womit er an die sache gegangen, und so will ich den
commentar zum zweiten und dritten buche der georgica mit einigen an-
merkungen begleiten.
Zunächst sind die nicht unbedeutenden , bisher Qbersehenen Schwie-
rigkeiten ungelöst geblieben , welche sich zu ende des 2n und zu anfang
des 3n buches Torfinden. ich glaube In der anmerkung zum exordium
des 3n buchs und besonders in S 4 der prolegomena dritter aufläge mei-
ner erklärenden ausgäbe befriedigende aufitlärung hierüber gegeben zu
haben, woza ich noch hinzuffige, wie auch aus Horatius carm. 2, 12, 1 ff.
erbelle, was für aufgaben Mäcenas den damaligen dichtem stellte. —
10 primus usw. Servtus sagt: ^primus^ quia ante illum nullus Mantua-
Tius fuit poeta, vel quia nullus eiinde talis emersit.' hr. B. schlieszt sich
der zweiten erklärung an. man sollte wol meinen, dasz Verg. so viel
Selbstgefühl besessen habe, um auf seinem standpuncte sich gar nicht
mit mantuanischen dichtem zu vergleichen, gleich darauf sagt hr. B.:
*il suppose que, vainqueur dans l'expedltion po^tique qu'il va entre-
prendre, il ramönera les Muses elles-mdmes prisonni^res.' eine derartige
ansieht scheint mir (und schon dem trefflichen Voss) der würde der Musen
nicht angemessen, etwas anderes war es , wenn römische feldherra die
bilder von schntzgottheiten aus eroberten Städten wegnahmen, die Musen
folgen wol gern, zumal da es in Griechenland keine groszen dichter mehr
gab , dem mit ihrer huld beglückten sInger nach Italien, sei es für immer
oder nur zn der beabsichtigten festfeier. — 18: die aus Gatullus her-
beigenommene stelle bezieht sich auf eine hekalombe, nicht auf einen
wagenkampf. — Bei gelegenbeit der erklärung von v. 24 bitte ich die
besitzer der 3n aufläge meiner ausgäbe die hier unverständlichen werte
^discedai . . dissolvatur' zu streichen. — 32 et duo rapia manu diverso
ex hoste tropaea \ bisque triumphatas utroque ab litore genlis. soll-
ten diese verse nicht am natürlichsten folgender maszen zu erklären sein?
Vergilius selbst, meine ich, deutet durch v. 26—29 und 30 f. den sinn
derselben an : durch erstem werden die anwohner des indischen oceans
bezeichnet, durch letztern die des mittelländischen meeres, daher utroque
ab litore. unter letzteren kann man bei einem römischen dichter redit
wol auch die Parther begreifen, so wird diese stelle hinsichtlich der zeit-
*) auch Hofman-Peerlkamps zahlreiche kritische bemerkuugen in
der Mnemosyne, desgleichen Ladewigs hierauf bezügliche Schrift, schei-
nen fam. B. Unbekannt geblieben zu sein.
150 Pfa. Wagner: anz. v. .oeuvres de Virgile, Edition publik par E. Benoist.
asira ienebat; so die sieb spreizende groscmilaligkeit des Numanus9,
610 versaque iuvencum \ ierga fatigamüs hasia; so endlich das bittere
gefahl des Aeneas 11, 111 pacem me exanimis . . . 6raiisf equidem ei
vivis concedere vellem. — 484 venia rota constitit. hier soll venio
dativ sein; dagegen erlaube ich mir anf meine erklärung und das zu ecl
2, 26 beigebrachte hinzuweisen. — 491 vktusqae animi: was ich bei
3, 289 animi dubius übersehen habe, musz ich hier nachholen, dass
animi ein locativ sei, wie man jetzt annimt, scheint mir keineswegs be-
gründet; vielleicht versteht sich hr. fi. zu meiner an dieser stelle ausge-
sprochenen ansieht, animus passl an sich nicht zur bezeichnung eines
ortes. wo sonst der locativ unbestritten vorkommt, ist immer von einer
reAlen drllichkeit die rede; dies merkmal fehlt aber dem animus. indes
würde ich mich wol auch zu der jetzt beliebten ansieht bequemen mfissen,
wenn die lesart anim miaeratus an den zwei stellen Jen. 6, 332 und
10, 686, wo animi sich allerdings nur als locativ fassen lüszt, unbe-
zweifelt richtig wäre, einer solchen annähme siebt aber 1) wie eben er-
wähnt, schon in hinsieht des Wortes animus selbst der mangel des be-
griifs einer sichtbaren rflumlichkeit entgegen. 2) kann animi maturus
Metes (Aen. 9, 246) neben aevi maturus {Aen. 5, 73] nicht durch in
animo erklärt werden, desgleichen auch animi praeceps (Jen. 11, 685);
es ist hier von einer eigenschaft des animus die rede , nicht von einer
stelle im animus, 3] sagen die Griechen wol KiipoGi, aber nicht 6u|iiö6t.
4} läszt sich die entstehung der lesart animi leicht aus den äuszerst häu-
figen beispielen von corruptionen nachweisen, welche durch den eioflus^
der nächst vorhergehenden oder nachfolgenden silbe entstanden sind,
wie meine ähreniese, namentlich aus dem Mediceus, in der groszeu aus-
gäbe Jen. 1, 104 und 11, 609 darthut. so wird an den oben ange-
gebenen stellen die letzte silbe von animi aus der nachfolgenden ersten
Silbe von miseratus entstanden sein. Jen. 6, 332 steht auch in der
Ribbeckschen ausgäbe onwio, dagegen 10, 686 aninu. in der 3n aufläge
meiner erklärenden ausgäbe habe ich selbst an beiden stellen animi auf-
genommen, gehe jedoch au» den angegebenen gründen jetzt davon ab. -—
547: bei gelegenheit dieses verses will ich nicht unbemerkt lassen, dast
hr. B., wie auch andere gethan, mir öfters noch ansichten beilegt, die
ich, wie aus späteren ansfflhruigen und namentlich ans der 3n auflig«
meiner eben erwähnten ausgäbe erhellt, längst aufgegeben habe.
Bis hierher hatten wir es mit dem wichtigeren teile der ausgäbe,
der erklärung, zu thun. hieran mögen skk noch einige bcmerkungeo lu
dem kritischen schlieszen. buch UI v. 3 schreibt hr. B. carmine, wie Rib-
beck und Philargynis;, letzterer oiTenbar, weil dies die leichlere lesart isi»
carmina die schwierigere , welche jedoch , da sie ebenso gut begla"**'^'
und gleichfalls verständlich ist, nach kritiaeher regel den vorzug ^^^
dient — 118: beiläufig sei hier bemerkt, daaz betreffs der urosteliung
der verse 120—122 die autorität des Probus sehr wenig oder gar nicht»
zu bedeuten hat. zul^ilige Versetzungen kommen in den Überresten s^-
nes commenUrs, wie wir sie haben, auch anderwärts vor, bei v. 197<
267. 381 und die am ende des buchs nachgeholten verse 129. 264. 339'
Ph. Wagner: aas* t. oaavres deVirgUe, ddition publice par£.BeiiouU 151
— 215 ff. carpii enim viris pauiatim uriiq%tg Mendo | femma^ nee
nemorum paiiiur memimsse nee herbae. \ dukibus iüa quidem ihleee-
bris et saepe superboa \ cormbus inier se subigii deeemere aman--
iis, hier ist das puDctum nach herbae beseitigt, nach Vorgang neuerer
kriliker; aber das starke illa quidem darf nicht so nachhinken; rieh«
tiger fangt es den neuen satz an, welcher die Wirkungen der kuh auf
den slter in der höchsten Steigerung zeigt and hi passender weise auf
das 219 ff. folgende bild eines Stierkampfes vorbereitet an ei darf man
keinen anstosz nehmen; es bedeutet hier, wie öttwsyodeo. — 230 wird
pernix beibehalten, was bei seinem activen sinne doch gewis nicht von
einem inactiven liegen gebraucht werden kann. — 249 ff.: über diese
passage bitte ich hrn. B. nachzusehen was ich im philologus XVII s. 365 f.
gesciu-ieben liabe, und er wird finden dasz es keiner Umstellung der verse
bedflrfe. — 322 ff. schreibt und interpuogiert hr. B. nach Ribbecks vor-
gange : ai vero Zephffris cum laeia vocaniibus aeias^ \ in salius utrum-
que gregem aique in pascua mittes. | luciferi primo cum eidere frigida
rwra | carpamuSy dum mane nomtm, dum grawuna caneni. im cod.
Medioeus, der mehrmals allein die Urschrift des dichters erhalten hat,
steht von erster band das richtige miitei, man darf dem Verg nicht die
härte aufbörden, welche in cumaetas^ ohne eriiy liegt; etwas anderes ist
cum iempus, d. i. iempesUvum est, oder si libidOy d. L st Ubei. zwei-
tens: wer in Italien wird nicht zur Sommerszeit auch ohne aufTorderung
die herden auf die weide schicken? ist nun die in mäies liegende Vor-
schrift, da sich die sache von selbst versteht, ganz OberUflssIg, so fallt
sie durch das gewichtige at vero eingeleitet fast ins komische, dagegen
ist dieses ai vero den werten gegenüber carpamus primo cum 9idere
friffida rura usw. ganz an seinem platte, die alten manuscripte sind
wertfavolle Urkunden, mflssen aber bisweilen richtigerem urteile weichen,
die übrigens in ihrer art höchst v^^rdienstliche ausgäbe Ribbecks ist mit
vorsieht zu benutzen; Ribbeck scheint es hauptsachlich darum zu thun
zu sein» den text des codex Palatinus zu reprisentieren. — Aehnhch ver-
halt es sich, wie mkh dünkt, mit dem v. 329 aufgenommenen iubebo
statt iubeio, der dichter will sagen: sobald es heisz geworden, musz
inaa (iubeio) die berde zur tränke führen« das ist der angemessene ein-
fädle ausdruck in dieser einüaehen sache» wird aber durch das futurum
iubebo gegeoüber dem vorhergegangenen eoUegerit ein grammatisch
regdmAazIges zeltverhaltais zwischen vorder- und nachsatz hergestellt,
so sdieint es mir sonderbar, dasz die befehlende person des dichters in
dieser weise hervorgehoben wird, schützt mao iubebo durch suadebo
4, 2M9 so übersieht man dasz sacb- und satzverhaknis dort ein anderes
ist als hier. — 402 behalt hr B. mit Conington das allein handschrift-
liche exporiant bd; s. dagegen meine lectiooes Verg. s. 374. die stelle
Aen. 1, 160, worauf sich hr. B. beruft 9 ist, wie hr. B. bei näherer be-
trachtung finden wird^ von wesentlicher Verschiedenheit und beweist
nicht was sie beweisen soll, will man exporiant beibehalten, so musz
man verbinden calathis adit oppida pastor^ was sich durch stellen be-
sUügen laszt wie Aen. 3, 222 inruimus ferro. - 297 findet sich die
152 Ph. Wagner : anz. r. oeavres de Virgile, Edition publice par £.BenoisL
uorichüge Schreibart arciis statt artis, — Buch IV v. 47 — 50: diese
verse habe ich in der dritten aufläge meiner erklärenden ausgäbe zwischen
vers 32 und 33 eingeschaltet, wie Schrader vorgeschlagen; in dieser
Ordnung scheint sie Coiumella 9,5,4 gelesen zu haben, fälsclilich hat
man sie nach v. 17 folgen lassen, die fraglichen verse enthalten einige
kurzgefasste zusStze, eine zugäbe per saturam zu den vorhergegangenen
ausführlicher behandelten Vorschriften, und diese zusItze gehören eben
Dvegen ihres der ganzen form zufolge nachträglichen Charakters ans ende
der reihe. — 203 — 305 : sobald hr. B. meine bemerkung zu diesen ve^
s^n und meine darauf bezüglichen äuszerungen in den lect. Verg. s. 375 f.
gelesen haben wird, dürfte er wol nicht mehr in zweifei sein, an welchen
platz sie gehören. — 228 sedem augusiatn , freilich durch autoritäten
ersten ranges beglaubigt, musz ich doch für unrichtig halten, eine sedes
augusia kann nur ein aufenthaltsort göttlicher Verehrung gewürdigter
wesen sein ; und wie wenig passt eine so pomphafte benennung zu art
und einfachheit des geschäfts, des honigaussehneidens! damit ist zugleich
das urteil über die lesart ore fave v. 230 gesprochen. — 231—250
sind in der von Tittler angegei>enen weise umgestellt, als ich die dritte
aufläge meiner erklärenden ausgäbe besorgte, stiind ich nicht an die ange-
messenheit der Umstellung von v. 336—338 anzuerkennen; bezüglich
der übrigen verse setzte ich die mögiichkeit voraus, dasz der dichter, mit
bewustaein von der strengen lehrmethode abweichend, diese bemerkungen
aphoristisch zusammengestellt habe; vgl. das zu v.47 — 50 gesagte, auch
schien mir durch v. 248 — 250 der Übergang zu 251 fl*. angemessener
vermittelt zu werden. — 412 tanto magis: Bibbeck und mit ihm hr. B.
schreibt tarn tu, an sich recht empfehlungswerth; da aber der Palaünus
und andere alle hss. ianiu aufweisen , so läszt sich nicht mit Sicherheit
sagen, ob der fehler in n oder u steckt, allem anschein nach deckt hier,
wie sonst öfters, der Mediceus die quelle des verderbnisses auf. in die-
sem steht iantu, also tantumj die auch dem Servius bekannte lesart
andere übersahen den strich am ende, andere verwandelten nun uino^
letzteres im Mediceus selbst von späterer band darüber gesetzt« und warum
sollte Verg., wie er das altertümliche , von hm. B. selbst angeführte im
magis gebraucht hat, nicht auch iantum magis hier geschrieben haben?
aber zu welchem zwecke, da keine metrische veranlassung hierzu vor-
handen war? antwort : weil Cyrene ihre Vorschrift mit möglichstem nach-
drudL betonen will, wozu der dunkle und vollere ton der endsUbe^tf»»
sich unstreitig vortrefflich schickt: vgl. auch Bamshom lat gramm.
S 154^ anm. s. 496; Hand Turs. I s. 255. — 505 f.: über diese verse
bitte ich hrn. B. die in der dritten aufläge meiner öfters erwähnten aus-
gäbe enthaltene erklärung und lect. Verg. s. 376 nachzulesen.
Druckfehler kommen selten vor, wie effusas statt effUsus 4, 312.
Intusse statt Inius se 4, 422. druck und ausstattung sind vorzüglich.
Dbbbdbn. - Philipp Waombb.
ERSTE ABTEILUNe
FÜR CLASSISCH£ PHILOLOGIE
HSBAÜSGEaBBBN YOK ALFBSD FLECKBISBir.
26.
Die antiken sohriftquellen zur oesohichtb der bildendek
KÜNSTE BEI DEN OrIBOHEN. OESAMVELT VON J. OvERBECK.
Leipzig, Verlag von W. Engelmann. 1868. XX n. 488 8. gr. 8.
Dieses buch hat nach der vorrede eine doppelte bestimmung, und
zwar in erster linie zum gebrauch bei Vorlesungen ober knostgeschichle,
alsdann auch nicht minder für das Selbststudium derselben, was den
ersten puncl betrifllt, so ist es für einen, welcher nie auf einem katbeder
gestanden, das geziemendste sich des urteils zu enthalten; in bezug auf
den zweiten aber bin ich der öberzeugung, dasz vorliegende arbeit nach
plan und ausführung die freudigste anerkennung und wolverdienten bei-
fall finden wird, das ganze unternehmen ist an sich ein so zeitgemäszes,
förderliches, handliches, dasz man sich fast wundern könnte, wie das
bedarfnis eines solchen buches nicht schon lange gefühlt und befriedigt
worden ist; bei dem fleisze und der Sorgfalt, womit dasselbe ausgefflhrt
ist, wird ihm ohne zweifei bei allen, welche sich mehr oder weniger ein-
gehend mit der geschichte der griechischen kunst beschäftigen , ein freu-
diges willkommen zugerufen werden.
Wir haben hier ein urkundenbuch zur geschichte der griechi-
schen känstler, in welchem die stellen der griechischen und römischen
litteratur, welche nachrichten über griechische kOnstler oder ihre werke
enthalten, soweit es möglich war, in chronologischer, wo sich dies nicht
feststellen liesz, in topographischer Ordnung zusammengestellt sind, wir
finden also bei jedem einzelnen künslier und werke Qbersichtlich beisam-
men, was uns die quellen berichten, von der Sitesleu, mythischen und
sagenhaften kunst an bis auf die nachblute in Rom und ihr völliges er-
löschen, eine geoaue Qbersicht nach einzelnen perioden uud zweigen,
sowie ein sor^tfälliges alpliabetisches Verzeichnis der künslier dienen
wesentlich zur bequemlichkeil des gebrauchs, für welche auch dadurch
gesorgt ist, dasz alle stellen mit durchlaufenden zahlen, von 1 — 2400,
versehen sind, diese einrichlung machte es möglich oachlrflge und Ver-
besserungen ohne wesentliche slöruog durch Wiederholung der zahl und
binzufögung von buchslaben, z. b. 469 a, einzufügen, eine erwünschte
beigäbe ist bei den einzelnen künstlern uud ihren werken die nachweisung
der neueren litteratur.
Jahrbücher für eUu. philol. 1868 hft. 8. 11
154 J. H. Ch. Schubarl: anz. v. J. Overbecks antike schriftquellen
Sollen wir nun zunächst die frage beantworten, wie es sich mit der
Vollständigkeit der quellenmitteilungen verhalte, so wird dies erst nach
längerem gebrauche des buches möglich sein ; auch ist der begriff der
Vollständigkeit keineswegs ein so genau abgegrenzter, dasz sich darüber
so ohne weiteres entscheiden liesze, indem es ja eine menge unnützer,
alberner notizen gibt die, an sich völlig werthlos, doch in gewisser Ver-
bindung ihren nutzen haben können, bei einem manne wie Overbeck, der
seit so vielen jähren seine Studien der archäologie zugewandt hat, nusz
man voraussetzen, dasz ihm die betreffende litteratur hinlänglich bekannt
war, und dasz ihm wesentliche notizen schwerlich entgangen sein
werden ; wäre es aber auch wirklich der fall , dasz dem vf. die eine uad
andere, selbst bedeutende stelle unbekannt geblieben oder seinem ge-
dächtnis entfallen wäre (wie dies letztere bei 481 ab der fall sein mag), so
wird bei dem unendlichen detail kein billig denkender darüber mäkeln.
der vf. spricht sich auch ganz offen aus, hat aber sehr recht gethan, dasz
er die herausgäbe des buches nicht aus dem gründe verschoben hat, weil
er vermutlich in einigen jähren etliche notizen mehr wflrde mitteilen
können. *wer auf jede feder acht't, nie das bette fertig macht.' mehr
berechtigung hätte vielleicht die frage, ob das buch nicht manches nutz-
lose, überfiflssige enthalte; und da gestehe ich dasz ich die nummem
1981 — 1991 nicht verroiszt haben würde, trotzdem dasz darin von
T^XVTl, trpöTOi T€xvTtai, irivcncec täv CiKuuJviKalv l{jr(p&q>wv usw.
die rede ist. diese orientalischen luxusapparate in rhetorischen beschrei-
bungen gehören wol mehr in eine geschichte des luxus als der kunst.
doch mag es sein; es steht ja jedem frei die stellen auszustreichen, wenn
sie ihm zu anstöszig sind; ich blättere darüber hinweg.
Was alsdann die correctheit betrifft, so kommen hierbei zwei puncte
in betracht: erstens ob die stellen so ausgehoben sind, dasz sie auch
auszerhalb ihres Zusammenhangs den vollen , ungeschmälerten sinn dar-
stellen ; zweitens ob überall soweit thunlich kritisch gesicherte texte zu
gründe gelegt sind, die erste forderung scheint sich eigentlich so von
selbst zu verstehen, dasz es überflQssig sein sollte sie nur aufzustellen;
indes musz man sich daran gewöhnen, dasz nicht alles, was überflüssig
sein sollte, auch wirklich überflQssig ist, und wir werden weiter unten,
allerdings nicht in diesem buche, beispiele finden, welche beweisen kön-
nen dasz ein hinwegsetzen über diese regel arge misgrlffe zur folge halte,
soweit ich die sache bis jetzt übersehen kann, trifft vorliegendes buch
kein Vorwurf; auch sind die stellen nach den neuesten oder besten aus-
gaben ausgehoben, auf eigne texteskritik hat sich 0. nicht eingelassen,
was ich vollkommen billige, teils weil dies eine arbeit ohne ende und
ohne zweck gewesen wäre, teils weil sich mit glanzenden beispielen
belegen läszt, welch ein misliches ding es ist gelegentlich, gleiclisam im
vorbeigehen, textesstellen berichtigen zu wollen, und zwar oft sowie
man sie eben für eine eigne meinung braucht.
Die neuere litteratur könnte man vielleicht in gröszerer Vollständig-
keit wüttselien; denn so schwierig es auch sein mag über eine so weit-
schichtige litteratur die volle Übersicht zu behalten, so glaube ich doch
zur geschichte der bildenden künsle bei den Griechen. 165
einige locken bemerkt zu haben, deren ausfAlluog nicht allzu schwer ge-
wesen wäre, urteile sind, mit recht, bei dem knappen räum aasge-
schlossen, eigne ansichten fast durchgingig zurückgehalten, gern wird
man es dem vf. glauben, dasz ihm diese als pflicht erkannte selbstbe*
Bchrflnkung nicht leicht geworden ist.
Nach dieser Charakterisierung des buches möge es gestattet sein
eine reihe allgemeiner bemerkungen anzuknflpfen, welche vielleicht alle
in die oben erwähnte classe derer gehören , welche zwar überflAssig sein
sollten, aber nicht flberilQssig sind.
Orerbeck bat seinem buche den titel gegeben 'schriftquellen zur
geschichte def bildenden kflnste bei den Griechen', hierin liegt eine
ungenauigkeit; es bitte heiszen raQssen *zur geschichte der griechischen
kflnstler' allenfalls mit dem zusatz 'und ihrer werke', denn bleiben wir
nur bei den Griechen stehen und beschränken uns selbst hier lediglich
auf den kunstzweig, den wir unter der allgemeinen bezeidinung ars ste-
tuaria oder äTCCÄMaTOiroiia zusammenfassen wollen , so kann man doch
unter einer geschichte der kunst kaum etwas anderes verstehen als eine
darstellung, wie sich diese kunst in bezug auf technische ausfflhrung und
auf geistige auffassung von den ersten rohen anfingen allmählich ent-
wickelt und im laufe der zeit durch die tbätigkelt einzelner menschen und
schulen fortgebildet, ihren gipfelpunct erreicht hat und dann wieder bis
zu völligem verfall herabgesunken ist. da nun diese ars statuaria ihre
einheit zunächst nur in dem gegenständ der darstellung, statuae^
findet, flbrigens aber je nach dem material und der dadurch bedingten
technik sich in mehrere verschiedene zweige teilt, so dürfte die forderung
ihre berechtigung haben, dasz vor einer kunstgeschichte erst einmal nach-
gewiesen werde, wie jeder zweig für sich und In wechselvdrkung mit den
andern sich entwickelt habe, denn es darf doch nicht vorausgesetzt
werden , dasz holzschnltzerei und erzgusz, marmor- und chryseiephantine
arbeit den gleichen entwicklungsgang genommen haben, diese nachwei-
sung Ist aber nur möglich wo von jedem einzelnen kunstzweige die er-
forderliche anzahl von kunstdenkmälem aus allen perioden, aus allen
schulen und selbst von allen meistern zu eigner anschauung und bei den
unentbehrlichen kenntnissen vorhanden sind, ob in irgend einer der
alten kunstschriften diese erfordernisse vereinigt waren, darf bezweifelt
werden ; waren sie es aber auch , so können wir daraus keinen nutzen
ziehen, da diese werke leider sämtlich verloren sind, wir sind lediglich
auf einzelne notizen angewiesen, die noch dazu von dilettanten herrühren
und einen ganz andern zweck verfolgen als aufklärung über kunstent-
wicklung zu geben oder uns ein lebendiges bild vor äugen zu legen, und
noch dazu sind gerade diese schlichten notizen für uns weit fruchtbarer
als manche uns erhaltene seinsollende Schilderung von kunstwerken, wo-
bei einem die kunstbetraohtungen einfallen könnten , welche der Berliner
Staatsanzeiger bisweilen als ergötzliche prachtstflcke zum besten gibt.
In ermangelung tüchtiger Zeugnisse und urteile sind wir daher ange-
wiesen aus einzelnen wörtchen möglichst capital zu machen und z. b.
auf das J^Goc und ähnliches theorien zu gründen, werfen wir nun aber
11»
156 J. H. Ch. Schabart: anz. v. J. Overbecks antike schriftqaellen
einen blick auf den unermeszlichen reichtum an kunatwerken, welchen
Pausanias noch in dem durch krieg und plQnderungen faerabgekomnienen
Griechenland sah, ziehen wir in betracht dasz von sämtlichen geprie-
senen meisterwerken nicht ein einziges auf uns gekommen ist, dasz
ganze zweige der kunstöbuug, als die holzschnitzerei und die chrysele-
phanllnen arbeiten, spurlos untergegangen sind, und dasz die uns er-
haltenen, selten unverstümmelten , zum grösten teil namenlosen, chrono-
logisch unsicheren Überreste durchaus nicht genügen uns ein richtiges
biid von der herlichkeit und manigfaltigkeit der griechischen kunalent-
wicklung zu geben : so werden wir woi gestehen müssen dasz mit allem
enthusiasmus und aller phantaaie eine eigentliche geschichie der griechi-
schen kunst nicht mehr möglich ist, insoweit die monumente allein dabei
als quelle dienen sollen.
Anders verhält es sich , wenn wir zu der litteratur unsere Zuflucht
nehmen, freilich werden wir auch hier keineswegs erreichen , was wir
wünschen, nemlich eine geschichte der kunst; woi aber wird es tbunlich
sein , so lückenhaft auch die quellen sind , eine nacli jähren und personen
sich entwickelnde geschichte der kflnstler und ihrer thäligkeit darzu-
stellen, es fehlt hier wenigstens nicht an bestimmten anbaltspunclen,
zwar nicht für die phantasie, aber für positives wissen, und wenn aucli
diese richtung ebenso wie die vorige sich den monumenlen anschlieszende
nur eine einseitige ist , so musz sie doch jener erst die sichere grundlage
verschaffen, mit vollem rechte hat daher H. Brunn sein vortreffliches
buch als eine geschichte der griechischen künsller, nicht der kunst, be-
zeichnet , und als willkommenes urkundenbuch hierzu erscheint mir das
werk Overbecks.
Glucklicherweise beruht gerade dieser teil der archäologie auf ziem-
lich fester grundlage, auf gegebenen daten mit anwendung philologischer
kritik ; die Sicherheit nimt ab nach den grenzen zu , weniger bei der be-
rflhrung mit der monumentalen archäologie, auf bedenkliche weise aber
da wo die werke der kunst gegenstände des cullus werden, hier zeigt
sich bisweilen, nicht eben in liebenswürdiger bescheidenheit, eine merk-
würdige abwesenheit des ur teils, welche in geistreichen hypolheseo,
die sich auf ebenfalls geistreiche hvpothesen stützen und nun wiede^
um geistreiche hypothesen in die weit fördern, schwerlich einen be-
friedigenden ersetz findet, da es indes leute gibt , welche prosaisch und
ungläubig genug sind beweisende stellen zu verlangen, so Uszt mau sich
um der schwachen willen herab , und putzt seiue hypothesen auch mit
citaten aus, wobei es jedoch nicht darauf ankommt, ob ein griechischer
urgiaube durch einen scholiasten, durch Georgios Kedrenos oder durch
Homer und Heslod bewiesen wird ; ja den letzteren begegnet man gerade
nur äuszerst seilen, weil sie eben in die geistreichen halucluationen nicht
eingehen, bequem ist es auch bisweilen einen hauptsatz etwa durch Tla-
ton' zu beweisen, wo man nun, wenn man halsstarrig ist, suchen kann;
vielleicht findet man dann die stelle, und madit die entdeckung, dasi
darin gar nichts von dem verlangten steht, gegen diese ausschreitungen,
welche in allen puncten belegt werden können , soll dieses buch einen
zur geschiebte der bildenden kOnste bei den Griechen. 157
dämm bilden, indem es überall die mittel bietet die bebauptungen lu
coDtrolieren und mit eignen äugen zu sehen , was wirklich in den stellen
steht, man sollte glauben , dieses sei die unerlissHcbe bedingung jeder
wissenschaftlichen forschung, und dennoch sind die Alle flberreich vor*
banden, wo ein ausgesprochener und scheinbar erwiesener satz, beson-
ders wenn er von einem in seiner richlung ein wort fahrenden manne
herkommt, ohne weitere pröfung glSubig angenommen wird und weiter
▼erbreitet endlich sich als eine Wahrheit festsetzt, so ist z. b. von einem
gelehrten , dessen Verdienste übrigens anerkannt werden sollen , eine ge-
wisse uralle griechische cultusform bewiesen worden, nicht etwa aus
Homer oder Hesiod (denn diese wissen nichts davon), wol aber aus einem
christlichen, byzantinischen Chronisten des zwölften jh., aus Zonaras.
wird man hierin schon einen verwunderungswflrdigen mangel an kritik
wahrnehmen dürfen, so ist es noch auffallender, dasz ein ausgezeichneter
archäolog diese selbe stelle (noch dazu als aus Leo Isauricus) aufnimt
und an die spitze des beweises stellt, hätte er, weniger trauend, die
stelle selbst angesehen, so würde er ohne allen zweifei beim ersten blick
die vollkommene untauglichkeit derselben erkannt haben, die wahr-
scheinlich nur hühnische noliz des christlichen Byzantiners handelt von
— den Abasgen. dasz aus einer nicht genau im Zusammenhang angesehe-
nen stelle gerade das gegenteil von dem gefolgert worden ist was sie
wirklich aussagte, ist obnlSngsl in diesen biftttern nachgewiesen worden.
Hat man nun im allgemeinen bekanntschafl mit der stelle gemacht,
so sehe man sich sorgfiiUig nach dem sinne derselben um, ohne alle vor-
gefaszte meinung , ohne irgend einen wünsch, das versteht sich ja von
selbst — sollte sich von selbst verstehen ; es ist aber wahrhaft merkwürdig,
was man bei einer vorgefaszlen und gar lieblingsmeinung alles sieht,
und was ein wünsch für eutdeckungen machen kann, der ritter aus der
Mancha suchte eifrig nach dem heim des Mambrin, und ruhte nicht bis
er ihn fand, andere erkannten darin allerdings weiter nichts als ein
barbierbecken ; für den ritter und seinen knappen war es aber der heim
des Mambrin. wer z. b. im baumcultus befangen ist, dem begegnet es
gar leicht, dasz er — den wald vor lauter bäumen nicht sieht, ^in beleg
mag genügen. Pausanias erzählt (8, 22, 12): flüchtiinge suchten sich
eine wohnstätte; nach einem orakelspruch sollte Artemis ihnen den ge-
eigneten ort zeigen, behn landen erscheint ihnen ein hase; sie folgten
seuier führung und bauten ihre Stadt wo dieser sich unter einem myrten-
baum verkroch ; und bis auf diesen tag verehren sie noch diesen bäum
xal ''ApT€^lV övo^dZouci Ci&reipav, das heiszt nach der Übersetzung
der liebhaber des baumcultus: 'sie nennen den myrtenbaum Artemis
Soteira.' wunderliche leute, diese Städtebauer; der hase war ja ihre Arte-
mis Soteira! doch ernstlich, die leute waren vernünftiger; die Artemis
nannten sie Soteira. dasz sie übrigens dem bäume oder husche Verehrung
erwiesen, wenn auch nicht gerade göttliche, ist nicht zu verwundern;
ähnliches kommt überall und zu allen zelten vor und beweist für gött-
lichen cultns der bäume gar nichts, ich habe in einem österreichischen
kloster einen baumstamm gesehen, den man sorgfältig ehrte, weil die
158 J. H. Ch. Schabart: aoz. v. J. Overbecks antike scbriftquellen
mutier gottes einem jager auf demselben erschienen sei (an der stelle
war das kloster gebaut); Ist darum etwa banmcoltus in der katholischen
kirche üblich? — Nicht allein ein mfihsam oder geistreich aufgebautes
System, auch eine schlichte liebgewordene meinung ist im stände die
Unbefangenheit zu treiben, ein beispiel dafOr schein! mir der mehrbe-
sprochene Diitrephes zu bieten, nach dem, was in diesen jahrbQchern
1863 s. 304 f. aber die saehe beigebracht ist, glaubte ich in der tbal,
sie sei bis zur auffindung weiterer grfinde erledigt, und nach derart,
wie die stelle des Pausanlas (1, 23, 3) bei Overbeck (s. 167 nr. 871]
abgedruckt ist, darf wol gefolgert werden, dasz er seinen beifall niclit
▼ersagt hat. dagegen tritt Bursian auf in der Halb'scben encyclopidie
1, 82 s. 441 anm. 40: Mie richtigkeii der auch von Brunn (gesch. d. gr.
k. 1, 263) gebilligten bemerkung von Rangab«^ (ant bell. 1, 34), dasz
Diitrephes nicht, wie Pausanias annimt, bei dem fibertoll der böotiscben
Stadt Mykalessos (oi. 91, 4) seinen tod gefunden haben könne, weil er
noch ol. 92, 2 zum feldherm in Thrakien gewählt worden sei (Thak.
8, 64), kann ich nicht anerkennen, sondern halte diesen Diotrephes (so
codd. Thttc.) für verschieden von jenem, wie ja auch noch ol. 99, 1 eia
archon IMotrephes vorkommt, den man doch gewis nicht mit dem an-
f uhrer der thrakischen söldner vor Mykalessos identificierea darf.' den
tiberfall von Mykalessos erzjllilt Thukydides ausfQhrlich und gibt genau
die zahl der auf selten der thrakischen söldner gebliebenen an (250);
von Diitrephes nichts, ist es wahrscheinlich, ja ist es glaublich, dasz
er diesen mit stillschweigen übergangen haben würde, wenn er, der
oberfeldherr, unter den gefallenen gewesen wäre? nicht lange darauf
kommt in denselben gegenden , wohin Diitrephes bestimmt war, ein feid-
herr Diotrephes vor. ich erlaube mir die frage: würde irgend jemand
diesen Diitrephes und diesen Diotrephes für zwei verschiedene personea
gehallen haben, wenn nicht die stelle des Pausanias wSre? dieser soll ja
'annehmen', dasz Diitrephes seinen tod vor Mykalessos gefunden habe;
richtiger gesagt, nimt man nur an, Pausanias nehme dies an; er sagt
davon kein wort ; denn selbst wenn die von mir vorgetragene erklSrong
der stelle unrichtig sein sollte , was erst zu beweisen wSre , und wenn
wirklich Diitrephes , was mir an sich schon ganz unglaublich scheint, als
von pfeilen durchbohrt dargestellt gewesen wflre, so folgt daraus doch
noch nicht, dasz er gerade vor Mykalessos auf diese art geblieben sein
müsse, wahr ist allerdings, dasz bei Thukydides (7, 29) der feldherr vor
Mykalessos Diitrephes genannt wird , der spSter erwähnte (8, 64) Diotre-
phes. allein diese beiden formen , sowie die dritte Dieitrephes sind ja nvr
Varianten ^ines und desselben namens , die dem Verfasser wie dem ab-
schreiber ganz unwillkürlich in die feder kommen konnten (man ve^
gleiche nur den artikel im Pariser Stephanus). nehmen wir als nahe-
liegendes beispiel die stelle des Pausanias (1, 23, 3. 4). hier kommt der
name viermal ohne Variante als Dh'trephes vor; das fünfte mal schwanken
die handschriflen zwischen AtiTpoq>oOc und AtiOTpoq>oOc, d. h. es
war ein o als correctur fibergeschrieben, was einige zwischen i und t
einfugten, andere mit Verdrängung des € zwischen p und q>. — Wenn
zur geschichle der bildenden kflnste bei den Griechen. 159
dann Bursian zulelzt noch den ,ardion Dioirephes anfahrt, mit der be-
merkung , diesen dürfe man doch gewis nicht mit dem anführer der thra*
kischen Söldner identißcieren , so bin ich weit entfernt dies ohne weiteres
zu thun, weil ich es nicht beweisen kann; ebenso wenig sehe ich aber
ein, warum dies so unwahrscheinlich sein soll, eher kann ich glauben
dasz die Athener ihrem archon eponymos eine seule gesetzt haben , als
dem fflhrer thrakischer söldner für seine nicht eben allzu ruhmreiche that
vor Mykalessos. nach allem diesem wird man mir hoffentlich nicht den
Vorwurf machen, selbst in den fehler verfallen zu sein, den ich hier he*
kämpfe, des starren feslhaltens an einer einmal ausgesprochenen meinung.
Gehen wir nun über zu einem andern, und zwar dem hauptpuncte,
welcher bei benutzung des hier gebotenen materials zu beachten ist,
nemlich zur kritik, indem diese, die grundlage jeder Wissenschaft, in
den grenzgebietender archAologie wenigstens nicht immer die schul-
dige achtung findet, ob bei einer archäologischen arbeit jede einzelne
stelle in bezug auf den teit einer kritischen prüfung unterzogen werden
solle, bleibe dahin gestellt; mit billigkeit kann dies nicht verlangt wer-
den und in den meisten D&llen wird kaum ein bedürfnis dazu vorhanden
sein, tritt dies aber ein, d. h. ist eine stelle ganz für sich betrachtet
augenscheinlich und bis zur Störung des sinnes verdorben, so hat ein
jeder das recht sich an der herstellung zu versuchen, jedoch mit doppel-
ter vorsieht, weil solche im vorbeigehen gemachte Verbesserungen, wie
schon bemerkt, nur zu oft bedenklich sind, und weil sie, durch einen be-
stinunten zweck veranlaszt, leicht die Unbefangenheit trüben, so dasz
etwas für verdorben augesehen wird , was es in der that nicht ist. neh-
men wir ein beispiel. man weiss, dasz die altäre zu brandopfern in der
regel nicht im tempel standen, sondern vor demselben, statt sich Im
diesem erweisbaren satze zu beruhigen , gieng man einen schritt weiter
und behauptete, nie habe der altar im tempel gestanden, nun steht
zwar ausdrücklich Paus. 5, 14, 4, es sei auf einem altar iwöc TOV
vaoO geopfert worden ; aber diese ^corrupte stelle' soll dagegen nicht
zeugen können, corrupt? warum denn? die stelle ist ohne Variante,
völlig klar, bietet an sich nicht den mindesten aostosz. aber sie passt
nicht zu einem gewissen System, folglich ist sie corrupt — oder vielleicht
das System? richtiger dürfte es vielleicht sein in folge dieser stelle (zu
der sich auch wol noch andere finden lassen] das System etwas zu be-
schränken und neben der regel auch ausnahmen zuzulassen. — Bei
zweifellos verdorbenen stellen treten die allgemeinen gesetze der metho-
dischen kritik ein ; bei nachweisbaren lücken scheint es mir am gerathea-
slen, wenn es sich nicht bloss um einige wenige Wörter handelt, man
begnügt sich mit dieser nachweisung und läszt die Iflcke — Iflcke sein,
man hat mir eine gewisse scheu vor ausfüllung der lücken zum vorwurf
gemacht: ich bekenne mich schuldig, aber mit milderungsgrflnden. da
wir in weitaus den meisten fällen die grösze der lücken nicht kennen,
so mag es wol eine ganz angenehme beschäftigung sein den Inhalt des
ausgefallenen zu reconstruieren und sich denselben mit mehr oder weni*
ger Worten, wie es gerade kommt, ins griechische zu übersetzen; ob
160 J. H. Gh. Schubart: anz. v. J. Overbecks antike scbriftquellen
aber gerade dieser inhalt und mit diesen worten ausgefailen sei, wird
sich nie erweisen lassen , und selbst der geistreichsten derartigen ergin-
zung wird man irgend eine beweiskraft nicht beilegen können, auch
hierfür ein beispiel , jedoch mit der ausdrücklichen bemerkung , dasz es
mir überall nicht sowol auf die sache als vielmehr auf die melhode an-
kommt, dasz die stelle Paus. 5, 24 , 1 lückenhaft ist, hat man schon
lange erkannt , und die handschriften geben durch ihre lesart die gewis-
heit, dasz die lücke grdszer ist als man früher annahm, eine nicht fAück"
liehe conjeclur des AmasSus hatte darhi den Ageladas untergebracht; da
dieser aber nicht aus Sikyon war, was der lext hat, sondern aus Arges,
so gieng man weiter und griff zu einem auskunftsmitlel , welches doch
bald als abgenutzt bei seite gelegt werden sollte : man nahm zwei Age-
ladas an, den einen aus Sikyon, den andern aus Argos. da dies keinen
beifall finden konnte, suchte man nach einem andern kfinstler, und zwar
gleich einen Sikyonier, und da bot sich fast von selbst Kanachos. wSre
dies der einzige uns bekannte kflnstler aus dieser Stadt, so würde man
kaum etwas gegen ihn einwenden können; so aber bleibt es bei einer
bloszen möglichkeit. keinenfalls füllt aber der name die lücke aus. es
ist also weiter vorgeschlagen: [KaväXH^' '^^ ^' £7r(TpaM)iia dvdOrma]
deccoXujV q}Ticlv ctvai , mit dem bemerken, kqi sei aus KaväxH' ^^^'
dorben. wie dies Verderbnis entstanden sein soll, wird nicht genaner
angegeben ; ebenso wenig wie man sich den ausfall der eingeklammerten
Worte erklaren soll, auch wir hatten in SW. den versuch gemacht die
lücke auszufüllen, wir nahmen an, Ka habe am ende einer zeile gestan-
den und die folgende zeile sei ausgefallen ; zur ausfüllung der lücke war
nun ohngef^hr die zahl von buchstaben erforderlich, welche nach meiner
berechnung zu einer zeile der urhandschrifl gehörte, darauf beruhte
unsere ausfüllung , ein spiel der phantasie , wie so viele andere, bemerkt
mag noch werden, dasz Pausanias oft sagt TÖ iirixpa^^a ^X^^i hvikdi^
omaivei, X^T^i, nie aber, soweit ich mich erinnere, (pr\Qi; wol aber
gebraucht er dies, wenn die statue, wie 6, 17, 6, redend Im epigramm
eingeführt wird.
Es folgt nun zum schlusz die hauptsächlichste aufgäbe der krilikf
die prüfung der Zeugnisse. 0 verbeck führt diese der reihe nach auf,
gute und schlechte, wie sie sich bieten, und seinem plane nach durfte er
nicht anders verfahren, wer aber gebrauch macht von dem buche bei
irgend einer Untersuchung, hat die unabweisliche pfiicht unbefangen
und streng die tüchtigkeit der einzelnen zeugen zu prüfen und danach
einem jeden den ihm gebührenden platz anzuweisen; die wiriclich be-
weisenden müssen voranstehen , eine ganze reihe untauglicher kann ge-
radezu ausgewiesen werden, diese prüfung ist allerdings nicht leicht,
und namentlteh die wahrung der Unbefangenheit eine forderung, welche
öfter gestellt als befolgt wird, wer vom nichtwissen ausgehend je nach
dem ergebnis der Zeugenaussagen sich erst seine Überzeugung bilden will,
dat für seine Unbefangenheit die leichtere, zuverUssigere aufgäbe; ^^^
hagegen mit einer a priori schon fertigen oder nur vorbereiteten ansieht
herantritt, der müste eine seltene selbslbeherscbung haben, wenn er nicht
zur geschichle der bildenden kflnste bei den Griechen. 161
d i e Zeugnisse fflr die tOcbtigen halten sollte, welche eben seinem System
am günstigsten sind, die entgegenstehenden finden alsdann nur zu oft
gar keine beachtung; sie sind untüchtig aus irgend einem, oder auch
aus gar keinem gründe, glücklicherweise bewegt sich die eigentliche
archSologie auf leidlich festem boden , den Zeugnissen der litteratur und
der monumente, und die Versuchung steh zu versteigen ist nicht eben
naheliegend, wenn man etwa von einer gewissen feinfühligkeit absieht
und dem sich überall geltend machenden wünsche auch das zu wissen,
was uns zu wissen versagt ist. dagegen gibt es in einem benachbarten
gebiete eine richtung, in welcher die ernste, vielleicht trockene kritik
durch ein verfahren ersetzt wird , welches man gern als geistreiche com-
bination preisen ISszt. hier kommt es auf prüfung der zeugen und ihres
werthes gar nicht an. handelt es sich auch um die iltesten Vorstellungen
und anschauungen des griechischen volkes, so fragt man nfeht etwa die
ältesten , lauteren quellen , nein , man nimt ein stellchen aus einem scho-
liasten , andere aus Silius Italiens , aus Ovidius, Servius zu Vergilius , He-
sychios, aus einem kirchenvater, einem christlichen Byzantiner usw. bunt
durcheinander, legt sich dieselben hübsch zurecht, stutzt sie vielleicht
auch erst zweckgerecht zu, und fügt sie nun in das system ein. es mag
daraus ein ganz hübscher bau entstehen , er wird gepriesen , bewundert,
nachgeahmt von den gläubigen; seine grundlagen aber sind morsch:
er gleicht einem kaleidoskopischen bilde, welches nur so lange bestand
hat, als es unangerührt bleibt; wird daran gerüttelt, so fUlIt es zusam-
men , and aus denselben steinchen entsteht ein anderes bild und so fort,
bis eine feste grundlage geschaffen wird, möge bald ein Lobeck aufstehen !
Die ernste Wissenschaft beruht auf prÜf^ng : ob sie ein vollständiges,
ein glänzendes bild herzustellen im stände ist, braucht sie nicht zu küm-
mern; ihre würde besteht darin, dasz das von ihr errungene, wenn auch
lückenhaft, doch wahr sei, und zuletzt beruhigt sie sich mit der erkenn t-
nis, dasz man eben so manches nicht wissen könne.
Für die griechische künstlergeschichte haben wir zwei hauptquellen,
den Pausanias und den Plinius ; alles übrige sind nur zerstreute notizen
von sehr verschiedenem werthe. die Wichtigkeit des Pausanias tritt beim
bloszen durchblättern des vorliegenden buches auf das deutlichste hervor,
und man darf wol sagen, dasz ohne ihn eine griechische künstlerge-
schichte nicht möglich wäre, seine glaubwürdigkeit beruht wesentlich
darauf dasz er, wenn auch dilettant, doch überall als augenzenge spricht
und mit kunst geübtem sinne beobachtet; daneben befragte er die kunst-
geschichten, die inschriflen, die exegetentitteratur ; seine Wahrheitsliebe
zu bezweifeln ist nirgends ein grund vorhanden, wir werden also alle
seine angaben, insoweit sie gesehenes betreiTen, so lange für wahr hallen
müssen, bis durch überwiegende gründe dargethan ist dasz er geirrt habe,
daraus folgt aber weder für ihn noch für irgend einen schriftsteiler, dasz
man jede seiner notizen zu weiteren folgerungen benutzen dürfe, ein
beispiel mag wieder die sache erläutern, bekannt ist der streit über die
hypäthrale eigenschaft der tempel, namentlich des olympischen Zeus,
von diesem geht nun die legende, Pheidias habe nach Vollendung des
162 J. H. Ch. Schabart: anz. v. J. Overbecks antike schriftquellea
bildes den gott gebeten, er möge ihm ein zeichen gdien, ob das werk
ihm wolgefillig sei. sogleich fuhr ein blitzstral am throne auf den boden
nieder, so erzählt Pausanias die hübsche sage; merkwürdigerweise aber
hat man daraus die folgerung gezogen , der tempel müsse also hypithral
gewesen sein, denn wie habe der blitz die stelle im tempei treffen köDaen,
wenn nicht im dache eine Öffnung gewesen wäre?') ich dächte, über
solche Schwierigkeiten konnte der gott des himmels und der erde schon
hinwegkommen, glücklicherweise sind legenden frei von derartigen be-
denklichkeiten, und fände man für hypäthraltempel keine besseren be-
weise, so stände es schlimm damit, ja es liesze sich vielleicht auf ähnliche
art die nichthypäthrale eigenschaft desselben tempels beweisen, geist-
reiche leute hatten die witzige bemerkung gemacht dasz, wenn der gott
sich von seinem thron erhöbe, er das dach einstoszen würde, da Zeus
ebenso wie die andern götter und menschen beim aufstehen su^h etwas
vorgebeugt haben würde, so war ja, falls es ein hypäthraltempel war,
gar keine gefahr, dasz er das dach einstoszen mfiste, der köpf wäre durch
die dachöffnung gedrungen, was allerdings für die andächtigen Zuschauer
ein anblick eigentümlicher erhabeuheit gewesen wäre, doch ernsthaft,
geht daraus nicht handgreiflich hervor, dasz solche dinge gar nichts be-
weisen und also am besten auf sich beruhen?
Abgesehen von solchen und ähnlichen notizen, welche man ohne
besondere Schwierigkeit ausscheiden kann , wird man in allen aussagen
des Pausanias, die auf eigner anschauung beruhen, sein zeugnis als tüch-
tig annehmen müssen, in der regel tüchtiger als das anderer, die nicht
ab augenzeugen, sondern aus zweiter, dritter band, gelegentlich, in gau
verschiedener absieht eine einzelne notiz mitteilen, jedenfalls wird es
pflicht sein einen jeden zeugen, im ganzen wie im einzelnen, für sich
zu prüfen , un(l ihn nicht etwa nach der aussage eines andern zu beur-
teilen, man mag eine gegenseitige controle zulassen, man kann die ab-
weichungen constatieren, auch der einen ansieht vor der andern den Vor-
zug einräumen; nimmer aber ist es erlaubt ein zeugnis nach einem andern
herzurichten, gegen ein entgegenstehendes verfahren habe ich schon in
diesen blättern bei besprechung der Gonslantinopolitanischen schlangeo-
seule einspruch erhoben ; es sei mir erlaubt noch an einer ebenfalls schon
besprochenen stelle meine ansieht zu erläutern; ich meine Paus. 1,25,2.
bei erklärung derselben dreht es sich um die frage, ob die hier genann-
ten kunstwerke reliefs waren oder Statuengruppen, nach meiner ansieht
wäre das correcte verfahren gewesen, vorerst die worte des Pausanias
ganz imabhängfg, für sich zu erklären; nicht zu untersuchen, was die
genannten kunstwerke waren, sondern was Pausanias von ihnen aus-
sagt, ganz unbekümmert um das was man aus den notizen anderer
schriAsteller folgern zu müssen glaubt, hätte man diese frage rein ge-
halten, so würde über die erklärung des Pausaqias schwerlich streit ent-
standen sein, dieser tauchte erst auf, als man ihn mit einem andern
1) war ÜM gemach hjpXthral, in welchem Danae den goldenen regen
auffieng?
zur geschicfate der bildenden künste bei den Griechen. 163
schriftsteiler in einklang bringen wollte < — was ich gerade nkht fOr
methodisch richtig halte, nun zur saehe, wobei ich wiederum die aus-
einanderseizung Bursians (Ball, encyd. 1 , 82 a. 483) zu gründe legen
wilL seine worte lauten : ^Schubart (jahrb. f. philo!, bd. 87 s. 301 f.)
und andere haben diese werke ffir reliefs gehallen, die wahrscheinlich in
marmor ausgeffihrt, jedes zwei eilen im quadrat, inwendig in die mauer
eingelassen gewesen seien, wegen des ausdnicks des Pausanias 6cov T€
bOo mixu^ SicacTOV. allein da die quadratische form far figurenreiche
reliefs, wie diese schon der dargestellten gegenstände wegen sein musten,
höchst unpassend wftre, da femer die von Plutarch (Anton. 60) erwähnte
gigantomachie, aus welcher die statue des Dionysos vom stürme heraus«
gerissen und ins theater hinabgestürzt wurde ^ teils wegen ihres Stand-
ortes, teils wegen der bezeichnung als f| 'Adfjviici TiTCtVTO^axia von
der von Paus, beschriebenen nicht verschieden sein kann, musz man die
maszangabe des Paus, auf die höhe der natürlich nicht pyramidalisch an-
geordneten gruppen beziehen, was auch sprachlich durchaus unbedenk-
lich bt; vgL 1 , 24, 7 Kai Nfacriv öcov T€ T€ccdpujv mix^J^v.' um rei-
nen Loden zu gewinnen , will ich bemerken dass ich die schlusznotiz, die
sonst völlig überflüssig sein würde (denn wer hat je diesen spracbge-
brauch bezweifelt?), vermutlich durch unrichtigen ausdruck oder durch
falsche auffassung verschuldet habe, ich will daher zu eigner berichti-
gung jetzt erklären, dasz ich für die reliefs nicht quadratische flächen an-
nehme, sondern Vierecke von zwei eilen höhe und von verschiedener breite
bei den eineelDen darstellungen. betrachten wir nun die erzählung des
Pausanias genauer, so steht fest, dasz an der mauer die gigantomachie,
der kämpf der Athener mit den Amazonen, die schlacht bei Marathon und
die niederlege der Galater in Mysien, weihgeschenke des Atlalos waren,
£cov T€ bOo mixuüv EKacTOV. es muste also jedes eine bestimmte,
nicht allein meszbare, sondern auch zum messen auffordernde einheit
sein, dasz dieses auf marmortafeln, die in die mauerwand eingelassen
waren, vortrefflich passt, wird wol nicht in abrede gestellt werden; jede
tafel bildete eine meszbare einheit (&aCTOV), und sah der beschauer vier
solcher tafeln von gleicher höhe, die neben einander eingefügt waren, so
lag es auch für ihn nahe genug dieselben zu messen oder ihre höhe zu
schätzen, bei andern reliefs, denn ich halte auch einen guten teil der zu
anfang des 24n capitels aufgeführten werke für solche eingefügte relief-
tafeln , war eine angäbe der masze weniger erforderlich , da die grösze
verschieden war und nicht von gemeinschaftlicher Stiftung, gruppen frei-
stehender figuren können zwar eine künstlerische einheit, eine einheit in
der composition bilden, nimmermehr aber eine, wie soll ich es nennen?
geometrisdi meszbare einheit. beschreibt jemand eine nivoS , sei es ge-
mälde oder marmor-, erztafel , so ist das masz fast ein erfordemis ; auch
bei einer einzelnen figur ist dieses gerechtfertigt oder selbst verlangt, aber
ist es wol schon jemandem eingefallen eine aus vielen figuren bestehende
gruppe im ganzen zu messen? ich glaube es nicht, schon weil es mir
unmöglich scheint, nehmen wir einmal beliebig eine der vier darstellun-
gen, etwa die Marathonschlacht, was bedeutet da der ausdruck * sie war
' 164 J. H. Ch. Schabart: anz. ▼. J. (herbecks aotike schriftquellen
I
\ zwei eilen hoeh'? wer deon? jede eimeliie fignr? reiter und fuszglnger?
Siebeode, sinkende, liegende? alle von ^iner höbe? ist das denkbar?
und in der gigantomachie , götter und giganten alle auf einer fliGhe , alle
gleich grosx? wJLre das nicht eher eine schJagerei als ein gdlterkampf
gewesen? ich mdcble mich nicht gern in ein fremdes gebiet eindrSngeD,
aber die frage wird erlaubt sein, hat man sich wol die vier genanDleo
darsteUnngen in freistehenden fignren ausgeführt vorgestellt? eine Man-
thonschlacbt mit lauter zwei eilen hohen figuren? hat man für so etwas
in der ganzen antiken kunst ein entsprechendes belspiel?') ja ist so
etwas überhaupt eine aufgäbe für die statuarische kunst? nach all die-
sem wage ich zu behaupten dasz niemand , der unbefangen die stelle des
Pausanias, und nur diese, betrachtet, an etwas anderes als an reliefdar-
Stellungen denken wird.
Aber namhafte arcbiologen*), darunter solche deren urteil ich hoch
zu achten pflege, haben doch freistehende figuren angenommen? aller-
dings, und ich würde damit anfangen mistrauisch gegen mich selbst zu sein,
wenn ich annehmen mflste, sie hatten diesen gegenständ einer ausdrück-
lichen forschung unterzogen und denselben nicht blosz gelegentlich im
vorbeigehen berührt, zu ihrer annähme sind sie durch eine stelle Pla-
tarchs (Antonius 60) geführt worden, wo es heiszt, durch einen stunn
sei der Dionysos aus der 'AOrjvrici TtTQVTO^axia herausgerissen und
in das theater hinabgeschleudert worden, da nun Pausanias und Plutarch
von einer gigantomachie an der südlichen mauer der bürg, also über dem
theater sprechen, so nahm man an, es sei bei beiden von demselbeo
werke die rede; und da auch der heftigste stürm nicht im stände ist aus
einem relief eine figur herauszureiszen, so war es fast eine notwendigkeit
freistehende figuren vorauszusetzen, betrachten wir uns nun die sacbe
nach dieser annähme. Über das roaterial der statuen ist nichts über-
liefert; Bütticher (Untersuchungen auf der akropolis von Athen s. 68)
nennt sie ohne weiteres erzgruppen. ^) die frage ist für die Untersuchung
ohne belang, die vier 'gruppen' waren ein geschenk des kdnigs Attalos;
gewis um ihn zu ehren stellte man sie auf der akropolis auf, längs der
mauer ; doch ohne zweifei so dasz die besucher der akropolis die kunsl-
werke bequem und in künstlerisch berechneter aufslellung betrachten
konnten? nein, dieser, wie es scheint, allein richtige gesichtspunct
leitete sie nicht, vielmehr stellte man die (doch wol samt und sonders?)
gegen 3% fusz hohen figuren so auf, dasz man sie unten von der sudt
und von den ufern des Ilissos aus bewundem konnte, sie in wolge-
2) die giebelfelder, denke ich, wird man nicht anführen. 3) die
litteratar sieb bei Overbeck s. 886 f. ihm verdanke ich die hinwei-
sang auf Beul^, dessen buch 'racropole d' Äthanes' mir noch nicht za-
glinglich war, als ich zum ersten mal meine ansieht über diese frage
aussprach. 4) wenn dann Bötticher ebenfalls ohne weiteres behaop*
tet, Dionysos sei mit dem thyrsos kämpfend dargestellt gewesen, so
ist das Phantasie, belebmng wäre mir erwünscht, woher derselbe die
notlz habe, 'Antonios habe seinen namen als Neodionysos an das
theater geschrieben', damit ich es nicht gleichfalls für eine pbaniasie
oder für ein miaverstttndnis der Platarchischen stelle halte.
zur gescliichte der bildenden kQnste bei den Griechen. 165
ordneten gliedern auf der maaer aufmarschieren xu lassen (wodurch
man freilich diesen zweck am sichersten erreicht haben würde) war nicht
thunlich , weil , wie Bötticher sagt, die mauer nicht breit genug gewesen
wire, oder nach Beul^ wol richtiger, weil sie nach Pausanias ntobt auf,
sondern an der mauer waren, was also anfangen, um den am llissos
stehenden die gruppen in voller Schönheit zu zeigen? man baute an der
mauer bin, nach Beule in einiger entfernung^), nach Bötticher bündig
anlehnend , mächtige unterbauten , auf denen man die grosze menge von
figuren so aufstellen konnte, wie der gegenständ es erforderte, zu be-
dauern ist dasz man die höhe der befestiguogsmauer, welche durch diese
herrichtung für ihren eigentlichen zweck unbrauchbar wurde, anzugeben
unterlassen hat ; viel unter vier fusz durfte sie schwerlich betragen , und
die bathra musten , um des llissos willen , notwendig etwas höher sein,
wird irgend jemand diese plumpen unterbauten für eine zierde der akro*
polis gehalten haben? nun, man hat ja gefunden was man suchte: *des
assises en marbre de THyraette, qu'on aper^oit encore ^ et \ä le long du
mur ou k la surface du sol, ou enterrees et encore scellees entre elles,
paraissenl avoir apparienu ä ces pi^destaux^ sagt Beui^. noch glücklicher
war Bötticher: *die pirSischen bestandteile eines dieser bathra sehe ich in
dem reste welcher, gegen 50 fusz lang und 16 fusz breit, noch vorhanden
ist; es mochte dieses bathron das erste sein, welches die reihe nach oslen
hin begann.' hier hätten wir also handgreifliche masze; fügen wir noch
mindestens vier fusz höhe hinzu, und nehmen wir diese bauten viermal,
jede ebenfalls mindestens von derselben ausdehnung, so ist allerdings für
das Statuengewimmel ein leidlich groszer tummelplatz gewonnen; es
bleibt nur die Schwierigkeit einer künstlerischen aufstellung, da es
schwer ersichllicb ist, wie mit dieser in jeder gruppe sehr bedeutenden
zahl von figuren ^iner grösze der erforderliche hervortretende mittelpunct
dargestellt werden konnte; ein unruhiges gewirr, nicht eine künstlerische
einheit scheint sich notwendig ergeben zu müssen, dazu kommt noch
der mangel eines passenden standpunctes für den beschauer auf der akro-
polis — doch für diese war ja die aufstellung nicht berechnet, sondern
für Zuschauer welche unten in der Stadt und am llissos standen ; *de la
plaine encore en voyait par-dessus le mur de la citadelle , exhauss^es sur
leur soubassement, une s^rie de statues moins grandes que nature qui se
d^tachaient sur le ciel comme les sculptures de Phidias ou d'Alcam&nes
sur le fond bleu des frontons' (Beul^ 1, 94). das ist allerdings eine künst-
lerische benutzung des blauen himmels; ob sie sich aber in der Wirklich-
keit bewahrt haben mag? mit werten geht das freilich glatt ab; machte
denn aber wirklich die aufstellung , tief von unten , oder aus nicht unbe-
deutender entfernung gesehen, diesen eindruck? von unten gesehen
rouste die mauer und das postament selbst den grösten teil der figuren
decken, die vordersten sah man in ungeeigneter perspective; aus der ent-
fernung betrachtet ist gewis auch ein scharfes äuge nicht im stände ge-
6) nach Beioem plane; im texte (2, 212) beiszt es: 'ces pydestaaz
^taient appliqa^s an mar de la forteresse et peut-Stre plas dlev^s*;
letsteres wäre notwendig.
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E-
Cb. Sokxabt.
R. Peiper: noch einmal Theokritos und Vergilius. 167
27.
NOCH EINMAL THEOKRITOS UND VEKQILIÜS.
Als ich im Jahrgang 1864 dieser Zeitschrift s. 456 — 460 Aber Ver-
gilias achte ecJoge sprach , meinte ich es sei wichtig *an einem andern
belspiele die probe zu machen , ob Vergilius der Theoi[ritischen weise in
responsion zweier wettlleder folge', ich hatte dabei die beiden lieder der
fönften ecloge im aoge. durch irgend einen Unfall ist das ende jenes
aufsatzes verloren gegangen, und ich will was ich Aber jene lieder zu
sagen hatte hier nachholen.
Schon Ribbeck hat, was die bauptsache ist, jahrb. 1857 s. 65 aus-
gesprochen , dasz der parallelismus der beiden kleinen gedichte , welche
die klage um Oaphnis und dessen apolheose jedes in 25 versen behandeln,
auch in den gedanken durchgeführt sei. ich kann nur nicht ganz mit
seinem schema mich einverstanden erklären, er gliedert:
I II m
2.2.5|7.4|2.1.2
I : A trauer — A' freude der natur ;
U: A Daphnis war wolthSter — A' Dapbnis sei gnädig;
III: A letzte ehren — A' unvergänglichkeit seines namens.
Ich setze statt dessen mit scheinbar geringer modification dieses
Schema :
a» b c d c' b'
4 5 4 3 4 5
irpoqiböc V \ iiccqiböc
die beiden lieder weichen nur darin von einander ab, dasz im ersten (A)
die mesodos d vor c steht.
a^ veranlassung des liedes: A: Daphnis tod {exUndum — } A': seine apo-
theose {candidus — ); den nymphen in A treten in A' die dryaden
gegenüber: coryli festes et flumina — Silvas ei cetera rura.
h und h'i hier in A trauer, dort in A' freude. die Strophen drücken
den affect aus in beziehung auf die klagenden in A, die jauchzenden
inA';dieantistrophenin rücksicht auf den beweinten und auf den
gepriesenen.
b: boves^ quadrupes — pecari^ cervis: der singular wechselt mit dem
plural. nee — nee hier wie dort, leones — lupus, montesque feri
silvaeque — montes^ rupes, mteritum locuntur — sonant: deus
deus nie.
h'z wie in A der fumulus mit seinem Carmen des Daphnis namen und
verdienst verewigen soll, so, heiszt es in A', semper konos nomengue
iuum laudesque manebuni» durch sein verdienst mandat fieri sibi
tälia Daphnis — durch seinen sogen damnäbis tu quoque votis.
c und c\ c: tu decus omne tuis. nach deinem fortgange haben die
ackerfluren auch Pales und Phoebus verlassen, c: durch unkraut wer-
168 R. Peiper: noch einmal Theokritos und Vergilius.
den nun unsere 9cker überwuchert — c: ^ bonus o feUxque tuis,
aras dicamus tibi et Phoebo. c: hirtenfreude über deinen segen.
endlich die mittelslrophe d , die den ihiasi des Bacchus in A die convim
muiio Baccho celebraia in A' gegenflberslelit , dem hauptverdienste
des Daphnis um den Bacchuscultus die beste ehre {in primis) die ihm
zu teil wird.
Ist es nun nicht wunderbar, dasz bei dieser Übereinstimmung beider
lieder in der Stellung der mtsodos eine abweichung stattfindet?
A ^\ , .
a b d c c' b' a b c d' c' b'
453445 454345
und dasz die ohne zweifei richtigere Stellung von d gerade in A' statt-
findet, trotzdem hier die mesodos in ihrer bedeutung hauptsachlich erst
durch die vergleichnng mit A hervortritt ? die Schwierigkeit würde nicht
gehoben, sondern nur verdeckt, wenn man als schema ansetzte:
4 5 7 4 5
Ein fehler in der anordnung der Strophen bdcc^ des ersten teils bl
nicht nachweisbar; die Strophen cc' folgen einander in logischer Ver-
bindung : 'Pales und Apollo verlassen die Auren ; diese verwandeln sich
nun aus frucht- und blumenreichen triften in unfruchtbare Wüsteneien.'
so scheint sich auch d als mittelslrophe zwischen b und c an richtiger
stelle zu befinden: von den löwen, die des Daphnis tod betrauern, gehl
der dichter über zu den gezähmten tigern, zum Bacchuscult: da knöpft
er den vergleich mit den vites und uvae an. und doch ist das nur schein:
1) es steht dem nichts entgegen , dasz zwischen zwei eng zusammenge-
hörige Strophen, wie hier c und c' sind, eine einzelstrophe eingeschoben
wird, die diesen Zusammenhang zu lösen, den fortschritl zu heoamen
scheint, so würden wir auch hier die kleine Strophe d zwischen c und c
wol ertragen können , die gerade das tu decus omne tuis zu begründen
geeignet ist. der poetische fortschritt erscheint oft als logischer rück-
schritt, als wiederaufnähme eines früher behandelten gedankens: eine
solche fände dann statt in c', und mit recht: denn nicht auf Pales und
Apollo allein wird das gedeihen der Auren zurückgeführt, sondern ebenso
auf Bacchus ; nachdem dessen Verehrung mit Daphnis tod eine niederlage
erlitten, fallen die cultivierten felder wieder der^vüste anheim. 2) wie
unangenehm berührt sodann nach dem wiederholten vocativ Daphni in b
der plötzlich in d eintretende nomlnativ2>apAnf5, der wiederum in c dem
vocativ tu weichen musz! 3} endlich wenn die ursprüngliche Stellung
diese gewesen ist: c d c', so sind die gründe, welche die Umänderung in
d c c' herbeigeführt haben, leicht ersichtlich ; gründe aber die den dichter
etwa vermocht hätten sein schema für das zweite lied derartig zu ver-
ändern, möchte schwerlich einer auffinden können, ich bin also der an-
sieht dasz die verse 29 30 31 zwischen 35 und 36 einzuschie-
ben sind.
Breslau. Rudolf Peifer*
J. H. Stahl : anz. v. Thucydides ed. E.F.Poppo. ed. il. vol. I sect. 1 et IL 169
(20.)
ZUR LITTERATÜB DES THUKTDIDE8.
(schlnsz von 8. 105 — 122.)
2) Thuoydidis d£ bello Peloponnesiaoo libbi ooto. ad opti-
MOBUM LIBBOBUM FIDEM EDIT08 EZPLAKAVIT EbMESTUSFbI-
DEBICUS POPPO. YOL. I. SECT. I ET U. EDXTIO ALTERA
AUOTA ET EMENDATA. Lipsiae in aedibas B. G. Teabneri.
MDCCCLXVI. LIV u. 277. 230 s. gr. 8.
Kein gelehrter hat dem Th. ein so ausschiieszlichea und hleibendes
iulereaae zugewendet als £. F. Poppo. die reichen schätze seines um-
fangreichen Wissens widmete er vorzugsweise der sachlicheu und sprach-
lichen erklarung dieses gescbichtschreibers, der mehr als irgend ein an-
derer durch den ernst und die tiefe seiner mit dem sprachstoff ringenden
gedanken und durch die groszarlige aulTassung und liehandlung seines
gegenständes die kunst der wissenschafllicheD hermeneutik in anspruch
nifflt. das Verständnis des Th. zu fdrdern hat P. zu seiner lebenaaufgabe
gemacht, die er nie als abgeschlossen betrachtete, sondern bis an sein
ende mit unermadlichem fleisze verfolgte, dafür liefert den vollgältigen
beweis die neue bearbeilung der beiden ersten bOcher seiner kleinern
ausgäbe, die er kurz vor seinem tode vollendete, keine wissenschaftliche
erscheinung , die seinem zwecke dienen konnte , hat er unberücksichtigt
gelassen und unermüdlich gesammelt, was sich in dem umkreis seiner
Studien für denselben verwerthen liesz. eine eigentliche Umarbeitung
kann man freilich die ausgäbe in ihrer neuen gestait nicht nennen (eine
solche konnte auch kaum beabsichtigt werden) , sondern was die frühere
ausgäbe bot, ist unverändert oder in berichtigter form in die neue über-
gegangen; dazu sind aber die resultate späterer Studien, eigener und
fremder, als erweiterungen hinzugetreten, der besondere zweck und die
methode der bearbeilung haben keine Veränderung erfahren, indem ich
nun auf das einzelne eingehe, werde ich vorzugsweise das Verhältnis der
neuen ausgäbe zu der frühem im äuge behalten , und wenn ich dabei den
Widerspruch ebenso wenig unterdrücke wie das lob, so gedenke ich da-
mit nicht gegen den geist des Spruches 'de mortuis nil nisi bene' zu ver-
stoszen, mit dessen buchstäblicher befolgung in wissenschaftlichen din-
gen weder den toten noch den überlebenden gedient ist.
Zunächst hat der tezt an mehreren stellen eine Verbesserung erfah-
ren, so lesen wir jetzt I 28 , 5 cnovbäc bk noirjcacOat statt crrovbac
\bk] Tl., 30, 3 Ti€pii6vTi sUtt nepiövTi, 49, 7 dTiTVCTO statt dT^vexo,
50, 4 dvTeTT^icXeov statt dvT^nXeov, 54, 2 kqI inexbx] fjXeov [ol
'AenvmOl], OÖK dVT€Tr€TrX€OV Ik täv CußÖTUIV suti dVTteX€OV
(wenn aber P. jetzt wie früher ol "AOi^vaiot verdächtigt, weil die Athener
nicht allein , sondern mit den Kerkyräern nach Sybola gekommen seien
[52, 1], so ist zu entgegnen dasz wir eben dadurch genötigt werden
lireibf) fjXGov ol 'A. auf 50, 5 cTKOct vaOc npocTrXeoücac, die von
Athen nachgesandte Verstärkung von zwanzig schiffen, zu beziehen, die
Jftbibacher filr elus. phUoI. 1868 hfl. 3. 12
1
170 J.M. Stahl: aDz.v.Thucydidesed.E.F.Poppo. ed. II. vol. 1 secl. I et IL
ja auch unmittelbar vorher durch ibövrec rdc 'AmKäc vaOc bezeichnet
werden), 58, 1 ai vf)€C [a\] in\ MaKebovlav statt a\ vf)€C od dtd M.,
61, 4 Kai d(piKÖ|Lievot Ic B^poiav KäxeiOev ^ttI Crp^H^av sutt im-
CTp^i|iavT6C nach der emendation von Pluygers (wenn ich früher glaubte
ic B^potav, gegen welches jetzt auch Poppo gewichtige bedenken an-
führt, Glassen gegenüber vertheidigen zu müssen, so halte ich jetzt Bergks
emendation Bp^av für sicher, der diese stelle ihrem ganzen zusammen-
hange nach im philol. XXII s. 536 ff. mit musterhafter klarheit und
gründlichkeit behandelt hat), 63, 2 direixe statt dTi^x^t, 66, 1 npoc-
TCT^viiVTO sUtl npO€T6T^vnvTO , 124, 1 taörd statt raOra, 11 55, 1
Aaupciou sUtt Aaupiou, 57, 1 Scov bi tc statt flcov b^, 74, 3 Euvi-
CTopcc ?CT€ sUli SuvicTOp^c ^CT€ , 79 , 6 dvaxtwpoöct suit diroxu)-
poCct (11, 3 ist durch druckfehler iHiv statt f\i€\\ eingedrungen), in-
dessen hätte P. in dieser beziehung meines erachtens weiter gehen dfir-
fen. namentlich möchte man für mehrere offenbar verdorbene stellen die
aufnähme zutreffender emendationen wünschen, in dieser hinsieht ist P.
in dem festhalten des überlieferten zu ängstlich , wenngleich anderseits
nicht verkannt werden soll , dasz das gebiet der conjecturalkritik bei Tb.
wegen der verhältnismäszig guten beschaffeuheit der hss. ein beschränk-
tes ist und manches, was auf den ersten anblick der Verbesserung zu be-
dürfen scheint, sich aus den eigentümlichkeiten des Schriftstellers erklärt,
alles fordert hier zur vorsieht und umsieht auf, und gewis hat eine
menge vermeintlicher emendationen ihren Ursprung in subjecliver willkfir
und mangelhafter kenntnis der denk- und ausdrucksweise unseres ge-
schieh tschreibers. wo indessen wirklich sprachliche oder logische un-
möglichkeiteu vorhanden sind, da hat jede sinngemäsze und äuszerlich
wahrscheinliche emendation gröszeres recht im texte zu stehen als die
verdorbene lesart, deren deutung entweder nicht möglich ist oder nur
durch beispiellose gewaltsamkeit erzwungen wird, die meisten stellen,
an welchen der frühere text keine änderung erlitten hat, obgleich er
meiner meinung nach einer solchen bedurfte, will ich hier in kürze an-
führen, einige andere sollen unten zur spräche kommen. I 1 ist dKjüui-
2[0VT€C fjecav herzustellen, wie Glassen erwiesen hat, dessen gründe
von P. nicht widerlegt worden sind. 2, 6 hätte Ullrichs evidente emen-
dation b\ä Tdc ^€TOlKtlC€lC T& dXXa }xi\ ö^o(ulC aöEnOrivai in den
text aufgenommen werden sollen, ebenso 3, 5 Giassens Verbesserung tfiv
crpareiav . . EuveEfiXeov und 18, 3 ^ireira bi nach den besten
hss. 26, 3 hat Glassen Td90UC T€ iiribeiKViiVTCC als die passendere
lesart erwiesen. 29, 4 ist dVTavaTaT6^€V0l neben TrapaTO&x^e-
voi notwendig, ebenso 33, 1 Tf|V X&piy KaxaGficecee wie vorher
iroit]C€c6€. 38, 4 wird Ullrichs i1r€CTpaT€t}o^ev, welches der
scholiast bestätigt, durch den Zusammenhang gefordert. 39, 3 irdXoi
bi KOivtdcavrac Tf|V öuvofüiiv Kotvd xai tq diroßaivovTa ^x^tv hat
Glassen die lesart der besten hss. KOtvuiVifjcaVTac als die richtige er-
wiesen; als subject ist £K€tvouc re xai ii^ac zu denken, die lesart KOi-
vüücavTac, bei welcher die Kerkyräer allein als subject zu denken sind,
ist schon deshalb widersinnig, weil nicht ^iner, sondern nur mehrere
J. H. Stahl : ans. v. Thucydides ed. E. F. Poppo. ed. IL vol. I sect. I et IL 171
etwas gemeiDschafllich besilzeu (xoivä ^X^iv) kfinneo. denn an einen
gemeinsamen anteil der einzelnen KerkyrUer kann hier gar nicht gedacht
werden, wenn P. mit bezug auf Buttmann gr. S 132 a. 7 den acc. b\h
va^lV bei KOivuivif]cavTac bedenklich findet, so kann man dagegen auf
Krflger spr. S 47, 15, 1 und Eur. EL 1048 verweisen. 52, 2 ist die
lesart der geringern hss. äya^ocföiitvoi allein der Sachlage angemessen.
61, 1 ist Touc ^eTd 'ApiCT^uic dmirapövrac unhaltbar, da nach 61, 3
Aristeus erst im anmarsche war, und daher Ullrichs imirapiövTac
notwendig. 72, 2 iäszt sich die lesart der besten hss. cTti ^f| drro-
kujXui] durch VI 21, 1 vertheldigen. 74, 1 erfordert der Sprachge-
brauch nach Krfiger spr. % 52, 2, 8 tuj V öijo ^OlpulV. 80, 1 ist Snep
&v TToXXol irdOoicv das richtige, da durch o\ iroXXo( die behauptung
übertrieben wird. 122, 1 halte ich 6 ö' öpTicOek irepl auTÖv (töv
TTÖXe^ov) OÖK dXdccuj irrafei für die richtige lesart, da rrepi aÖTÖv
mit irralei verbunden nur die hier unpassende bedeutung haben kann :
*er kommt in betreff seiner selbst zu schaden' (vgl. Plat. TheXt. 160''),
nicht wie ir€pl aOTd> irraiei 'er erleidet schaden durch seine schuld';
TTCpl aÖTÖv ist zu öpYlcOeic zu ziehen : 'wer in beziehung auf den krieg
leidenschaftlich erregt ist'; diese bedeutung kann rrepi überhaupt, also
auch bei öptUlccGai haben. 132 , 3 Toö fA^VTOt ITaucaviou dbiKiiMa
Ka\ toGto iöÖKct €Tvai , koX dneibfi iy roOrip KaOetcrrJKei , iroXXi|i
^aXXov Trapöftoiov irpaxOfivai icpatvcTO t^ irapoucr} biavoiqi ist
Kai tot' iböxei, wie Classen geschrieben hat, eine unabweisbare ver^
besserung, da kqI direib^ dv TOUTifi Ka6€tCTrJK€i ausdrücklich die gegen-
überstellung eines frahem zeitpunctes verlangt. 133, 1 liest P. tÖtc bty
bemerkt aber: *t6t€ b/j fortasse melius, quod ad 132, 6 npiv fe bi\
^1]V^lTf|C TiTVCTQt respicitur'; dieser grund ist für die lesart töt€ bf\
entscheidend. 137, 3 dcT^^^Tr€l fp&iiixaTa de ßaciXda war das eic der
hss. in die zu verwandeln; die von P. angeführten beispiele können einen
derartigen gebrauch des de nicht beweisen. 142, 7 konnte ttu), welches
einige hss. nach dEeCptac6€ haben , vor dem folgenden rruic eher ausfal-
len als hinzugefügt werden ; da es auszerdem sinngemäsz ist , so durfte
es im texte nicht fehlen. If 2, 1 ist ITuOobaipou in büo {ifivac dp-
XOVTOC im texte stehen geblieben, obgleich die zahl corrupt sein musz.
wenn P. eher Tpeic als Krflgers Tdccapac für richtig hAlt und sich dafür
auf V 20, 1 beruft , so scheint mir diese stelle eher für Kräger zu spre-
chen, nach dieser fiel nemlich der friede des Nikias gleich nach den
atAdtischen Dionysien , also um die mitte des elaphebolion , nachdem der
krieg gerade zehn jähre und einige tage gedauert hatte (dasz der scholiast
f^epuiv öXiYUJV irapcveTKOuciüV richtig durch TrapeXOoucuiv erklart,
folgt schon aus dem part. aor.). es musz also der aiifang des krieges
vor die mitte des elaphebolion fallen, wenn nun der amtsantritt der
archonten auf den ersten hekatombäon fallt, so musz, wenn die Zeitbe-
stimmung ganz genau ist, der letzie eines monats bezeichnet werden,
also der letzte tag des dem elaphebolion vorhergehenden antheslerion.
7, 2 ist vaCc dneTdxOilcav sicher verdorben ; P. hat sich für die emen-
dation direTdx6r| entschieden , ohne jedoch den text zu andern. 9, 4 ist
12*
172 J. M. Suhl : anz. v. Thucydides ed. E. F. Poppo. ed. JI. vol. I sect 1 et II.
KuKXdbec ohne allen zweifei unecht und musle ausgeschieden werden.
10, 1 ist Sintenis emendatioo trop^vei TOidbc nicht zu kühn, sondern
ganz leicht und evident; durch die corruptel irapcivat wurde die hin-
zufOgung von ^cEev notwendig. 15, 1 f) 'ATTiKf| . . Kora iröXcic
4>K€iT0 TTpuiaveid T€ fx^^Gi ^ox äpxovrac kann Kcrrä ttöXcic seiner
Stellung wegen nicht zu Ix^uca gehören , und es ist daher ^xovcac zu
ändern. 16, 1 ist ^€T€txov von Böhme und Glassen getilgt worden; da
sich indessen sein eindringen nicht wol erklären läszt, so empfiehlt es
sich mehr fjc ^ereixov o\ 'AOT)vaTot zu lesen; P. hat sich für keine
Verbesserung entschieden. 16, 2 hat P. KOrraXirröVTCC stehen lassen,
obgleich er die lesart KaToXelTTOvrec als besser erkennt. 19, 1 ist tujv
dccXOövTUJV Ofißaiijjv durch keine erklärung zu halten ; P. hätte ent-
weder mit Glassen die worte tilgen oder mit Krüger tujv nach £c€X66v-
T(OV umstellen sollen. 29, 3 Tif)pfic hk OÖTC TÖ aÖTÖ övOjLia fx^v
ßaciXeuc Te irpiXiroc . . 'Obpucuiv ^t^vcto kann weder f\v zu Ix^^v
ergänzt werden (Krüger spr. % 56, 3, 5} noch bei £t^V€TO ein Übergang
aus dem part. in das verbum fiu. angenommen werden , da mit ^^V€TO
der satz schlieszt und also T€VÖ^evoc gar nicht möglich wäre, datier
hat Glassen mit recht aus B (nach Bekker) oibi aufgenommen und t€
entfernt. 29 , 4 hat ebenderselbe EuvcXeTv als die richtige lesart erwie-
sen. 44, 1 hätte P. seine unzweifelhafte emendation eC TeX€UTf)cai io
den text aufnehmen dürfen. 44, 2 Xuttt) oöx <Lv äv Tic ^f) n€ipaco-
jicvoc dTaBwv CT€picKr)Tai Ist von der entziehung solcher guter die
rede, die man noch nicht genossen hat, aber in der zukunft hätte genie-
szen können; daher ist die lesart iT6tpacd^€V0C richtig, im folgenden
ou äv iQäc Tevö^€VOC dqpccipeOQ verwirft P. mit reclit das von Glassen
aufgenommene d(patpe6eir| ; die bezeichnung des speciellem liegt nicht
im Optativ, sondern im aorlst. 49, 5 OÖK dtav Ocp^öv fjv oCre x^u>-
pöv ist, wie auch P. einsieht, oök — o(iT€ unmöglich und durfte daher
nicht im texte geduldet werden; Bekkers oCt' &X(xy liegt am nächsten.
49, 5 wendet P. gegen Bekkers gestaltung des textes TÖ bk €vTOC ou-
TUJC ^KdcTO , d[icT€ ixf\Te tOjv Trdvu Xctttuiv ifiarluiv Kai civbövwv
Tdc imßoXdc }xr\b" dXXo n ti tumvoi dv^xccBai, fibicid t€ öv tc
iibu)p qiuxpöv cqpdc auroöc f^iitTeiv, die sich auf CG stützt , ein dasz
YU^vouc erforderlich wäre, dagegen läszt sich erinnern, dasz das sub-
ject des regierenden satzes einen teilbegriff zu dem des abhängigen bildet
und hier also ein ähnlicher gebrauch anzunehmen ist wie VI 25,2 ^Toi^o-
cd^€VOl dEeiv. femer hält P. iiiyv" dXXo für die richtige lesart, wäh-
rend Bekker |üiiit€ — T€ verbunden hat. dieser ist im rechte, da pLr\b*
fiXXo Tl f\ ft^MVOl dv^x^cOai blosz eine Steigerung des vorhergehenden
und nicht verschiedenes enthält. 53, 3 ist 7rpoTaXaiiTU)p€iv die richtige
lesart: denn was soll irpoc- bedeuten? Ar. Lys. 766 heiszt irpocraXot-
iTwpetv *noch weiter ausharren', und das passt hier nicht. 67, 2 ist
keiu grund ffteivav, die lesart der besten hss., zu verschmähen. 63, 1
ist nach den besten hss. ^ ÖTT^p diravTac zu lesen; daraus ist diirep
äiraVTCC entstanden, nicht umgekehrt. 65, 13 dqp' div ainöc irpo-
^TVUi . . neplTCV^cOai steht aÖTÖc ohne gegensatz und war daher mit
i. M.Suhl: anz.v.Thucydides ed.E.F.Poppo. ed. IL vol. I sect. I et II. 173
Glassen in auToOc za verwandeln, dafür dasz Glassen 78, 1 nicht nur
xö bk XotTtöv dcp^vrec, welches in einem teile der hss. fehlt, sondern
auch ^^poc ixiv Ti KOTaXiiTÖVT€C ToO CTpcrrOTt^bou mit recht ausge-
schieden hat, liegt, abgesehen von allem andern, ein sicherer beweb da-
rin , dasz nach 78, 2 der abzug eines teiles des heeres erst später nach
vollendang der belagerungswerke erfolgte, zu 80, 1 Kai ö ireptfrXouc
oÖK^Ti &01T0 'AOrivdoic o^oloc trepl TTeXoTrövvricov bemerkt P.
über das von Bekker aus F aufgenommene öjioiuiC: *fortasse probandum
est; etenim non dicendum cireumvectionem non similem futuram, sed
isircumvectionem non similiter efTectum iri.' aus diesem gründe folgt die
richtigkeit des ö^olujc mit gewisheiL 83, 5 ist irpocmitTOiev , die
Überlieferung der geringem hss., allein angemessen , weil der angriff be-
zeichnet werden musz. wenn P. irpocnX^otev erklärt: ^adnavigent (ad
faciendum impetum)', so ist dagegen zu erinnern , dasz TrpocirXciv eben
nichts weiter bedeutet als adnavigare. 85, 6 liegt in Kai und dv^^uiv
Ka\ ifitö dirXoiac, da äirXoi.a hier nicht ^windstille' bedeuten kann,
weil diese fGr die ruderschiffe kein hindeniis der fahrt war, eine uner-
trägliche tautologie, die Glassen mit recht durch ausscheidung von t^d
dvl^uiv Kai entfernt hat 96, 3 Kai iq^aioi . . ffbr] ist Glassens her-
stellung bis jetzt die einzige welche aus dem labyrlnth der Überlieferung
heraushilft. P. freilich hält sie für unwahrscheinlich; aber schwerlich
wird sich auf leichtere weise ein verständlicher teil gewinnen lassen.
99, 3 Tf|V bk napd ddXaccav vOv MaKCÖovfav wird durch das aus
99, 1 angezogene TfjV Kdruj MaKCboviav nichts bewiesen gegen den
grund, welchen Glassen für nepl OdXaccav angeführt hat; Trept ebenso
IV 64, 4. Plat. Phädon 109 ^ — Auszer der oben angeführten stelle
I 54, 2 hat P. auch noch TL 36, 3 T& bi TiXeCui (xim\c a<no\ ^jüietc . .
lm\\)ii\ca}iey die richtigkeit des überlieferten mit unrecht bezweifelt,
er vermutet nemlich aM[v: 'magis vero nos eam eveximus.' dadurch
aber wird der Widerspruch mit dem vorhergehenden KTTjcdfiEVOi . . öcnv
SX0)i6V dpX^V keineswegs gehoben, vgl. rhein. museum XXI s. 310 f.
Was die exegetische seite anlangt, so ist zunächst das materiai zur
sachlichen erklärung in so erheblicher weise bereichert worden , dasz der
werth der ausgäbe dadurch um ein bedeutendes gestiegen Ist. zu die-
sem zwecke hat P. nicht nur die bekannten werke von Grote , Duncker,
E. Curtius und Bursian ausgebeutet, sondern auch alle beachtenswerthen
monographien aus dem gebiete der geschichte, der altertümer, der geo-
graphie und Chronologie, die irgend einen beitrag liefern konnten, ver-
werthet. durch die zahlreichen hinweisungen auf diese schriAen und die
einschlägigen stellen der alten wird deijenige, welcher sich über sach-
liche fragen die den Th. berühren eingehend unterrichten will , in den
stand gesetzt sich die gewünschte kenntnis in der genausten weise zu
verschaffen, was die zu 1 98. 103 benutzte * dissertatio de rerum post
bellum Persicum usque ad tricennale foedus in Graecia gestarum lempo-
ribus' von A. Schaefer betrifft, so hat Krüger seine dort angefochtenen
chronologischen ansichten neuerdings im zweiten heft der analekten
s. 3 ff. vertheidigt, wie mir scheint, nicht ohne erfolg, ferner hat die
176 J. M. Stahl : anz. v. Thucydides ed. E. P. Poppo. ed. II. vol. 1 sect. I et IL
der genauea Untersuchung der ältesten zustande Griechenlands nicht leicht
angieng sich von denselben auf jedes beliebige zeugnis hin ohne nähere
prüfung eine glaubhafte Überzeugung zu bilden (mcTcOcat nach Krüger
spr. S 53, 5) 2). eine solche prüfung ist uro so mehr für die ältesten
Zeiten notwendig, da man selbst, wie er im folgenden nachweist, bei
Verhaltnissen welche der gegenwart nahe liegen , ja in dieselbe hineio-
reichen (in vGv 0VTa Kai ou XPOVifi d^V1lCTOU^eva), nicht jeder über*
lieferung unbedingt vertrauen darf. ' 22 , 2 i^äuica fp&tp^v^ . . irapa
TUiV SXXtuv . . dKptßetqi Ttepi ^Käcrou direEcXOtliv beweist schon , wie
Classen bemerkt, das part. aor., dasz dneS^pXCcOai hier nicht ^erzüilen'
heiszen kann ; auch läszt sich nur sehr gezwungen zu Trapä TU»v fiXXuiv
aus dem vorigen Truv6av6^evoc erganzen. 25, 4 xpT1M<iTUiv biAfdfiei
ÄVT6C . . 6)üiOia TOtc 'eXX^^ujv TrXovciurrdTOic koI t^ ic iröXe^iov
irapacKCU^ öuvotruiTepoi will P. zu fl^ola entweder irXoöctoi oder
buvaTOt erganzen , obgleich weder bei Th. noch sonst sich ein sicheres
beispiel eines solchen gebrauches von ö^oia findet (jahrb. 1863 s. 465).
der Ursprung der ausdrucksweise soll sich aus VH 29, 4 öftoia Tok
^dXlCTa ToO ßapßapiKoO q>otviKurraTÖv icny erkennen lassen, allein
diese stelle ist durchaus verschieden, da hier fl|tioia gar keiner erganzung
bedarf, es hat mir nicht einfallen können öjLiotuic emendieren zu wollen,
wie P. angibt, da dies genau dieselbe Schwierigkeit böte wie öjüioia, son-
dern ich habe aus &^o{a in A bpiolqi hergestellt, und halte dieses auch
jetzt noch für nutwendig, zu 35 , 5 dXXd ftdXtCTa jitiv . . ia\h(ya
dXXov tSv K€i€Tv)c9ai vaGc will P. lieber aus dem voranslehenden xal
vauTiKTic . . EujLijyiaxtac btbo^^viic oOx ö^oia f) dXXoTpiuKtc ein bta-
(p^€i oder Eujkiqp^pei erganzen als den Inf. iov imperativisch fassen, da
dadurch der ausdruck zu abgebrochen werde, die vorgeschlagene ergan-
zung scheint mir ganz unerhört zu sein ; die kuappe entschiedenheit aber,
welche in dem inf. des befebls liegt, passt vortrefflich zu der form des
vorhergehenden satzes, welchem die auslassung von dcrf dieselbe kraft
des ausdrucks verleiht. 36, 3 xpia ixky övia Xötou fi£ia ToTc "GXXiici
vauTiKd verwirft P. die ansieht, dasz hier kii ausgelassen sei, unter
hinweisung auf Buttmann gramm. % 129 a. 19. allein die angezogene
bemerkung Buttmanns findet hier keine anwendung, da icTX nur zu Tp(a
TOtc ''CXXria vatmKd zu erganzen ist und dvTa zu XÖTOU öixa gehört:
^drei seemachte gibt es bei den Hellenen, die beachtenswerth sind.' 37,2
EÖM^axöv T€ oi)b4va ßouXöjiievoi npöc TdötK/j^ara oibk päprupa
IX«v oöre irapaKaXoOvTCC aicx0vec6ai erklart P. die letzten worie:
'neque pudore sulTundi aliorum auxilium implorantea' und fügt zur nahern
eriauterung hinzu : 'nam si alios, ut socii et tesles suarum renim essent,
ezcitassent, nemo in societatem turpissimomm consiliorum venire voluis-
set.' allein 'aliorum auxilium implorantes' heiszt dXXouc rropaKaXoGv-
T€C und der gedanke, dasz in dem angegebenen falle j^der die beteiligun^
an den schandlichen planen der Kerkyraer würde zurückgewiesen haben,
ist willkürlich untergeschoben, ich habe jahrb. 1863 s. 469 f. 0^^^
napaKoXoOvTCC alcxüvcceai für unecht erklart. P. halt dies fdr «u
kühn, allein an und für sich enthalt meine behauptung weder etwas un-
J. M. Stahl : aoz. v. Thucydides ed. E. F. Poppo. ed. D. vol. I sect. I et II. 177
mögliches noch etwas unwahrscheinliches, das beweisen diejenigen stel-
len des Th., wo ein teil der hss. dergleichen einschiebsel hat, die andern
Dicht (z. b. 1 39,3. 113, 1. II 91,3). es kommt also lediglich die begrün-
dnng meiner ansieht in frage, diese stQtzt sich nicht nur auf die thatsache
dast Th.T€ — oiSre nicht kennt, und auf den umstand dasz sich den Wor-
ten kein ertraglicher sinn unterlegen läszt, sondern auch, was besonders
wichtig ist, auf die von mir näher dargelegte entsprechung der gedanken-
glieder in dem abschnitte tö b' ini KOKOUpflqi 37, 2 — c. 38. schon
mehrfach habe Ich bei besprechung der Classenschen ausgäbe gelegenheit
gehabt auf die symmetrische anordnung der gedankenglieder hinzuweisen,
die Th. besonders da anzuwenden pflegt, wo er einen grundgedanken
weiter ausführt und in seinen verschiedenen beziehungen auseinanderlegt;
die erkenntnis dieser Symmetrie, die keine äuszerliche oder rhetorisch
erkflnstelte ist, sondern auf dem in sich geschlossenen gefOge des ge-
dankenganges beruht, ist fflr manche stellen und so auch hier der einsig
sichere weg zur richtigen auffassung. *) 53, 3 TUlv bk KepKupatuiv tö
ftiv crpOT^ircbov . . ol b' 'AOiivatoi habe ich die von P. angezweifelte
Stellung des ^^v jahrb. 1863 s. 472 dnrch den vergleich mit I 62, 2
gerechtfertigt. 64, 1 tö b^ Ik toO icOpoO t€ixoc . . diroTeixicavTCC
|<ppoupouv will P. TCtxoc von der Stadtmauer verstehen , obgleich doch
nicht diese, sondern die Stadt selbst abgesperrt werden soll, auch jetzt
noch stimme ich Classen bei, welcher tcTxoc getilgt hat. 68, 2 Toiic
£u^^dxouc . . iv olc TTpocr^KCi fmäc oöx i^KiCTa elrrciv musz £v
*unter', nicht *vor' heiszen, da die Korinthier nicht vor der bundesver-
samlung , sondern vor der spartanischen iiacXr^cia sprechen. P. bezwei-
felt , ob iv ausser in der formet £v TOic so beim Superlativ gebraucht
werde, dagegen vgl. PInd. Pytb. UI 21 fcrt bi 9OX0V iy ävOpuiiroici
^aTOtÖTaTov, Hom. P 26. 69 , 2 oi T&p bpoivrec ßeßouXcujüi^voi
*) gelegentlich will ich mir hier die bemerkung gestatten, dasz die
aasführliche besprechung, welche L. Herbst im philol. XXIV 8.688 ff.
dieser stelle gewidmet hat, nur dazu dienen kann, die beziehang der
gedankenglieder zu verwirren, er liest irapaKoXoOvroc und stellt die
worte 0<iT€ irapaKoXoOvrac alcx^vccOai ^'noch wollen sie vor den sie
um hülfe ansprechenden sich zu schftmen haben, d. h. noch wollen sie
Schimpfes halber auf yerträge rücksicht zu nehmen haben' in beziehung
ra fjv b^ iroO Ti irpocXdßuiciv. dvaicxovrdici 'wenn sie irgendwo in et-
was kiilf reiche band mit angelegt haben, schamlose f orderungen stellen',
das entspricht sich so wenig, dasz es sich vielmehr widerspricht, wie
sollen die Kerkjräer hülfreiche band mit anlegen, wenn sie es eben ver-
meiden wollen dnrch Schamgefühl zur hülfeleistung genötigt zu werden?
und wo heiszt jemals dvatcxuvretv 'unverschämte forderungen stellen'
(dvaicxovTOt ctev VUI 46, 4 kann dafür nichts beweisen und heiszt auch
lediglich: 'sie seien unverschämt') oder alcx^vccOai 'sich zu schämen
haben'? ist das etwa identisch mit 'schäm empfinden*? femer soll
öiruic KaT& ^övac dbiKiIici dem £irl KüKOVprfiq. entsprechen, was soll
denn hier xard ^6vac? ist das dbiK^v an siäi nicht schon eine KOKOup-
Yia? noch unerträglicher ist die beziehung von öiruic iy üp \iiv Av Kpa-
T«Xici ßid2:uivTai auf £t!»^^axöv t' o<»b^va ßouXÖMCvoi irp6c TdbtKfmora
^X^^v. soll ein bundesgenosse sie etwa daran hindern gewalt zu üben,
vo sie die starkem sind? waram soll er nicht vielmehr ihre überlegen-
lieil vermehren und ihre gewaltthätigkeiten unterstützen?
1
4
178 J.M.Stahl: anz. v.Thucydides ed. E.F.Poppo. ed.ll. voll secUlelll.
irpöc ou öicTvuJKÖTac f^x\ Kai otj fi^XXovrec iireS^pxovrai kann ol
bpubvTCC nicht 'qui iniqua agunt' und fjbr] nicht 'iam nunc' heiszen.
man übersetze : 'leute welche handeln gehen entschlossen sofort gegen
unentschiedene und ohne zdgern an.' die allgemeinheit des ausdnicks,
bei welchem speciell an die Athener gedacht wird, darf nicht auffallen,
auch wir sprechen so von Meuten die dieses oder jenes thun', indem wir
dabei auf bestimmte persönlichkeiten zielen. 70, 1 macht der zusammeD-
hang mit dem folgenden, in welchem bloss von der charakterverschieden-
heit der Athener und Lakedflmonler die rede ist, P.s erklärung von ^€-
tdXuiv Tuiv biaq>€pövTUJV Ka6€CT((»TUJV *cum de magni momenti reJbiu
agatur' unmöglich. 70, 3 hätte P. sich fflr eine der von ihm angeführten
deutungen des irapa TVUffiriv Kivbuveural entscheiden müssen. Clai-
sens auffassung ' über die vernünftige Überlegung hinaus waghalsig' ist
die einzig richtige, ist w das, so kann auch im folgenden rfic TV^MH^
TOtc ßeßaioic nicht heiszen ^exploratis animi consiliis' sondern nur Men
sichern ergebnissen der vernünftigen Überlegung'. 70, 4 sind bei der e^
klArung von ^iceXOetV die von mir jahrb. 1863 s. 473 zu gunsten der
Ullrichschen emendation ^cXOeiv vorgebrachten gründe nicht widerlegt
worden. 70, 8 ist oux fjccov nicht magis^ sondern potius. 71, 1 ist
P. über die bedeutung von TÖ Tcov v^^CTC zu keiner entschiedenen an-
sieht gelangt was ich zur begründung meiner aulTassung *ibr verfahrt
nach gleichem masze' über sinu. und Zusammenhang der ganzen stelle
jahrb. 1863 s. 475 f. gesagt habe, halte ich auch jetzt noch aufrecht
P. freilich ist meine erklArung dunkel geblieben, ich vertraue indessen
dasz jeder dieselbe verstehen wird , welcher sie mit aufmerksamkeit ge-
lesen und erwogen hat. 73, 2 ei Kai bt' dxXou jüiäXXov ictm dei
npoßaXXojLi^VOtc steht P.s auslegung ^quamvis semper proferentibos
molestiora futura sint' im widersprach mit dem folgenden toC bk \&^o\i
pfl TrdvTiüC CT€piCK(Jbfie6a, in welchem die Athener eine rühmende er«
wähnung ihrer thaten ausdrücklich für sich beanspruchen , was sie doch
nicht thun würden, wenn dieselbe ihnen lästig wäre. 84, 3 TOC irpoc-
TTiTTTOUcac Tuxct^ oi> \&f\\} biaipcTdc wendet P. gegen die dem sinn
und Zusammenhang ganz angemessene erklärung von Sintenis, Forberg
und Classen *die eintretenden zufalle sind durch reden nicht auseinander-
zulegen und zu bestimmen ' ein , dasz die angenommene bedeutung von
biaiperöc unsicher sei. dagegen vgl. Dem. XXIII 54. XLV 45 und XX 28,
wo Dobree bt^pr|K€V hergestellt hat. 84 , 4 macht die beziehung des
öcTtc dv TOic dvoTKaiOTdroic iraibeiierai zu dem (84, 3) vorhergehen-
den Traibeuö^evoi . . Suv xoEXcirÖTTiTi es notwendig iv toic dvoTKaio*
rdrotc mit Classen *unter dem strengsten zwange' zu verstehen , was P.
nicht beachtet hat. 91, 4 wendet P. gegen Glassens höchst ansprechende
herstellung des textes el b4. Ti ßoüXovrai . . , iTpec߀i3€c6at napä
cq)äc übe TTpobiOTtTVibcKOVTac tö Xcittöv [Uvai] xd tc cq)iav aö-
TOic E0M9opa Kai rd KOtvd ein, dasz es heiszen müsie: TrpecßeOecOai
d)C Trapd irpobiaTtTVWCKOvrac cq>fic dagegen vgl. Plat. Phädon 115*
|if| dravaKTfl <mip dfioö d)c beivd ndcxovroc. 112, 4 Kai viKrjcav-
T€c d)iq>6Tepa dTrexuipricav in' oIkou, Kai a\ ÖE Aliwro" ^^
J. M. Stahl : anz. ▼. Tbucydides ed. E. F. Poppo. ed. H. vol. 1 sect. I et H. 179
TiäXtv a\ £X6oCcat ^€T' aöruiv kann zu TrdXtv nicht dircxuipiicoev
erglAzt werden, da man annehmen müste, rroXtv dTrcxuipilcav wäre
etwas anderes als dnrex^f^cay iit* oTkou. am natürlichsten ist es mit
Classen das zweite al zu streichen und o\ ii Altuirrou näXiv ^OoCcai
zu verbinden. 120, 1 widerstrebt P.s erklArung des Ü Icou *ex aequo,
i. e. ita ut non prae aiiis sibi quid tribuant' dem von mir jahrb. 1863
s. 477 f. dargelegten gedankenzusammenhang. 120, 4 bezieht sich ei
f|CuxdZot auf das vorhergehende fiiffre Tij) f|cuxtt|> Tfic €lpii\yr\c fiböfie-
vov dbiKCtcGai, und es ist daher zu denken: ei dbiKOUfievoc ^cuxd-
ZIoL 124, 1 Kai fi^uiv Tdbe koiv^ napaivouvruiv bestreitet P. gegen
Classen, dasz KOiv^ *zum allgemeinen wohl' heiszen könne, in derselben
bedeutung steht es 11 43, 2 KOtv^ fäp rd cul^aTa bibövrec, Dion. Hai.
aniiq. rom. VI 56 KOtv^ OÖK dStoöciv f|TTficOat toO dvTtirdXou; ebenso
KOtvurc II 42, 3. was das folgende eltrep ßeßaiÖTaxov tö raörd £u|li*
(p^povra Kai TröXect Kai ibiuiraic elvai betrifft, so wkierspricht aller-
dings die Stellung des elvai, wie P. richtig bemerkt, der auffassung
Giassens, der Kai rröXeci Kai ibiunraic mit ßeßaiöraTOV verbinden will,
zieht man es aber zu £u|üq)^povTa, so passt der gedanke nicht, was soll
hier der vorteil der Privatleute, von welchem in der ganzen rede kein
wort gesagt ist? es müste doch wenigstens angedeutet sein, in welcher
weise das Interesse der Staaten hier mit dem vorteil der einzelnen zu-
sammenträfe, der gedanke, welchen Classen seiner erklArung zu gründe
gelegt hat, ist der einzig brauchbare; er liegt aber nur dann in den wer-
ten, wenn man elvai nach Eu|i9^povTa stellt von solchen Versetzungen
bieten übrigens unsere hss. da, wo sie in der Stellung der worte von
einander abweichen, belehrende beispiele. 126, 6 hätte P., um die echt-
heit der worte iv ^ navbT)^€t Ououci, noXXol otirx Upeia, dXXd Ou-
^ora imxiiLjpia genügend zu vertheidigen , den verbindungslosen an-
schlusz des iroXXol sprachlich rechtfertigen müssen. 132, 2 rd T€ dXXa
ouToC dyecKÖTTOuv . . Kai öxi inX tdv rpfaioba . . i^Eiuicev ^iriTpd-
i|iacOat . . t6 iXefcTov röbe soll re nach P. zur Verbindung mit dem
vorhergehenden dienen, allein nach dem stehenden gebrauche des rd TC
dXXa bei Th. ist es mit dem folgenden Kai zu verbinden , und darum bat
Ullrich recht, wenn er die fehlende Verbindung mit dem vorhergehenden
durch ein vor rd re dXXa eingefügtes Kai herstellt. 141 , 7 xpövioi t€
&jviövTec ^v ßpaxet M^v popitii ocoTToOd ti täv KOivdiv glaubt P.,
£v gestatte nicht tv ßpaxei ^Op(^l ohne ergänzung 'zum geringen teile'
zu erklären, warum nicht? da doch auch sonst iv zur bildung adverbia-
ler ausdrücke gebraucht wird, wenn übrigens etwas ergänzt werden
soll, so kann nur aus Euviövrec hinzugedacht werden Tf)c Suvöbou. —
II 11, 7 TTOCi Tdp iv ToTc Ä|üi|Liaci Kai iv tiJi irapat^riKa 6pöv ird-
qcovidc Ti SfiOec öpirt ttpocttCtttci kann 6pov nicht von dpirt npoc-
Trinrei abhangen, wie P. will, und es nützt nichts, wenn er seine auffas-
sung dadurch zu begründen sucht, dasz öpT^I itpoCTriirret so viel sei als
q>8ov€pdv iCTi. man kann ebenso gut sagen , es sei nicht so viel, und
welche grammatische rege! kann noch bestehen bleiben, wenn man solche
willkürliche Unterschiebungen gestatten will? gegen Classen, welcher tv
4
\ 180 J. M. Stahl : anz. v. Thucydides ed. E. F. Poppo. ed. II. vol. I sect. 1 et IL
ti|) TropouTtKa öpäv verbindet, wendet P. ein, dasz der acc. näqcovrac
nicht erkISrt werden könne, berücksichtigt man, dasz TTpocrriirreiv so-
y woi den acc. als den dativ regiert, so bieten die von Oassen aogexoge-
nea stellen I 63, 1. 72, 1. II 7, 2 ziemlich naheliegende analogien.
36, 4 ßäpßapov f\ "EXXriva ttöXc/üiov liriövra irpoO^MUJC tt^uvd^€6a
will P. den adjectivischen gebrauch von "CXXfiv zulassen, da die rede des
Perikles sich an manchen stellen znm poetischen ausdruck aufschwinge,
was soll aber n6X€^ov d^l}v€c6at bedeuten : *sich gegen den krieg rer-
tbeldigen' oder *den krieg abwehren'? ersteres ist an sicli widersinnig,
das zweite, weil sie wirklich den krieg nicht von sich fern gehalten ha-
ben, kann iröXe^ov nicht mit Glassen als einschiebsei betrachtet wer-
den, so ist nach 11 41, 3. HI 56, 2 iroX^fiiov zu verbessern. 40, 2 liegt
in £vi T€ Toic airrote oUeiuiv äpta Kai ttoXitikiüv dirtft^Xeia nicht die
mindeste hindeulung, dasz nur von einer bestimmten classe der Athener,
wie P. will, die rede sei. gelit aber der ausdruck auf die Athener im all-
gemeinen, so entbehrt im folgenden xai iripoic Trpöc igr^a Terpa^fi^-
voic Tä noXtTiKä ^f| ivbeuuc tvopvat das ixipoic seines gegensatxes
und ist daher nach Glassens Vorschlag in Srepa zu ändern. 40, 3 hat P.
seine frühere gewaltsame und erkünstelte erklärung des 8 TOtc äXXoic
ä^a6ia jit^v Opdcoc, XoTtcjudc bk ökvov ipipei beibehalten, suit 5
einfach mit Glassen als acc. der beziehung zu fassen. 42, 3 xal T^P
Toic TfiXXa X€ipoa biKaiov t#|v k toüc noX€^ouc {mip tflc iraTpi-
boc ävbpataOiav npoTiOecOai leugnet P. mit recht, dasz TrpoTi6ec6ai
^angerechnet werden' oder als medium, wie Glassen will, *sich anrechnen'
(111 64, 4 heiszt dvbpaTa6(av TrpoGOecOe * ihr legtet tapferkeit an den
tag'} bedeuten könne, die zwei erklärungsweisen , zwischen welchen P.
die wähl läszt : 'es ist recht dasz sie tapferkeit zeigen' oder *dasz sie sich
tapferkeit vornehmen' stehen weder mit dem vorhergehenden noch mit
dem folgenden satze in logischem zusammenhange, ich fasse npOTtOe-
cOai als einfaches passivum und verstehe irpOTiOrmi in seiner ursprüng-
lichen bedeutung: 'für diejenigen, welche In anderen bezlehungen schlech-
ter sind, musz die in den kriegen für das Vaterland bewiesene tapferlceit
vorangestellt werden' und also bei ihrer beurteilung das hauptgewicht
in die wagschale legen, ebenso scheint der scholiast die stelle verstanden
zu haben, welcher iTpoTi)iäc6at erklärt, vgl. III 39, 3 lq(uv dStdbcay«
Tee ToO biKaiou irpoOeivai. zu 42,4 dßouXi^Oiicotv ^€T' airroö tovc
likv TtjLiujpeTcOai, tüliv bk £q>iec6ai hatP. seiner frühem emendation
dqpiecOai gar keine erwAhnung gethan. ich kenne keine, welche der ab-
soluten gewisheit näher käme, und ich wundere mich, wie P. sie so
leichten kaufs hat aufgeben können der gewöhnlichen erklärung des
£9(€cOai zu liebe, die nicht nur mit dem vorstehenden T^jv bi Tu)v
£vavTiu)V Tl^iup{av TroOeivoT^pav ain&v Xaßövrec in directem Wi-
derspruche steht, sondern auch den logischen Zusammenhang des ganten
abschnittes TÜuvbc bk oCre irXoÜTqi . . TreTroiB^vai geradezu vernichtet,
vgl. rheln. museum XXI s. 477 f. im folgenden xai iv aÖTt^ tö i^i-
vecOat KOI TraOetv jitfiXXov #|Tnc(4|i€V0i ^ xd dvbövTEC ciiiZeceai fasat
P. jLiotXXov fiTcTcOai richtig im sinne von ^äXXov äStoOv. dann aber
J. M. Stahl: auz. r. L. Herbst über fiv beim futur im Thukydides. 181
ist der arlikel bei ä^üv€c6ca und ciIiZecGai sprachwidrig, ich habe das
ursprüngliche a. o. s. 476 herzustellen versucht. 65, 12 koI oö npö-
Tepov iv^bocav f{ a(no\ iy cq>(ct xorä räc Ibiac biaq>opäc ireptirc-
CÖVT6C icqxiXricav gewinnt Trcpmccövrec dadurch, dasz aöraic tu
demselben ergänzt werden soll, keinen halt, esstftode rein mflszig: dena
dasz man in bezug auf innere zwistigkeilen nur dann schaden leides
kann, wenn man in sie hineingerathen ist, versteht sich von selbst, vgl,
rhein. museum XXI s. 478. 68, 7 l&szt sich nicht irpocrraponcaX^cavTCC
ä|Lup6T€poi 'AOrivaiouc . . äq>iKO|üi^vou bi toO 0opfjiiujvo€ verbiodee
wie 111 55, 1. VI 64, 1, weil bi ohne gegensatz stände. 89, 5 )if| ^^X-
Xovrdc Tt dSiov toO napd troXu np6ie\y gibt die ergänzung von
irpdcceiv zu toC Trapa ttoXu keinen sinn; ebenso wenig kann aus dem
vorigen toO TrpoveviioiK^vai hinzugedacht werden, da auf eine solche
erginzung gar nichts hinweist; noch weniger kann tö iropä noXä an
sich ^eximia agendi ratio' bedeuten. 90, 1 tadelt P. Glassens erklArung
von in\ Teccäpuiv Ta£ä^€VOl Täc voOc Mn vier linieu% weil aus dem
folgenden erhelle, dasz auf dem rechten flügel fflnf linien gewesen seien.
das ist nach Glassens darstellung des Vorganges eben nicht der fall, und
ich finde nichts woraus dieses hervorgehen könnte. Oberhaupt ist Glas-
sens erklSrung des in diesem capitel beschriebenen seemanövers so klar
imd anschaulich , dasz P. nichts besseres hätte thun können als sich der-
selben anschlieszen. dasz im Tf)V ^auToiv in)v (nach ihrem lande, dem
Peloponnese hin) mit ToEdjLievoi (vgl. Xen. anab. V 4, 22 dtrl tö cuUi-
vu^ov . • To£d|Li€VOi), und nicht mit firXeov verbunden werde , ist des-
wegen notwendig, weil man sonst nicht begreift, wie Phormion aus der
bewegung der Peloponnesier schlieszen konnte, dasz sie einen angriff
auf Naopaktos beabsichtigten, dasz sie bei dieser aufsteliung die koste
im rflcken halten, liegt zwar an und för sich nicht in dni, folgt aber aus
der dargestellten Situation. Aber nX^ovra TÖv diriTrXouv 90, 2, wor-
über P. nicht ins klare gekommen ist, vgl. jahrb. 1866 s. 217.
3) Über "AN beim futüb im Thuktdides von Ludwig Herbst.
Hamburg 1867. druck von Th. G. Messner. 38 s. gr. 4.
L. Herbst, der als ein feiner und sorgfältiger beobachter des Thu
kydideischen Sprachgebrauchs bekannt ist, hat in dem letzten osterpro
gramm der Hamburger gelehrtenschule über das futurum mit äv bei Th
«ine eingehende Untersuchung angestellt , deren ergebnisse auf das deut
liebste zeigen, welch groszer gewinn für die kritik und exegese des Th
sich aus der rationellen erforschung seines Sprachgebrauchs schöpfen
läszt und wie diese fQr manche derartige fragen die sicherste grundlage
der entscheidung bildet, auf diese abhandlung besonders aufmerksam zu
machen ist man um so mehr berechtigt, da es zu wünschen ist dasz das
^i^r gegebene beispiel nicht nur für Ib., sondern auch für andere Schrift-
steller zahlreiche nachahmer finde, die frage, welche H. zum gegenstände
seiner Untersuchung gemacht hat, konnte nur im zusammenhange mit
verwandten sprachlichen erscheinungen ihre lösung finden : denn es han-
delte sich vor allem darum, die bedeutung des futurs mit &y festzu-
Il
182 J. H. Suhl: anz. v. L. Herbst ühtr &v beim falnr im TbuliTdid«. '
stellen, und das war nur aur (fem wege der vergleich ung lU eTreichen. lo
die spitze seiner erQrlerung stellt H. das urleil, dasi keine der bisherigen ,
tbeorieo über weseo und bedeutung der partikel &v (Ol alle ßlle Ihiti
gebrauches durchführbsr sei. besonders findet die ansieht G. Herminns
eine gründliche tviderlegung. finden wir H. hier tu dbereinstioimuDg nil
BSumlein, dessen Torschungea aur dem gebiete der griechischen mudus-
lebre fruchtbarer sind ah alle rrflhera, so scheint ihm anderseits die von
Baumlein selbst aufgestellle theorie nicht allgemein anwendbar lu sein,
wie an einem besondern falle nachgewiesen wird, ohne dasi damit eioe
vollstindige Widerlegung derselben beabsiciitigt ist. auch mir bat es nie
gelingen wollen alle gebrauchs weisen des &\ nach der UtumleinKhra
ansieht lu begreifen. H. will nun seiner Untersuchung keine bestimmie
theorie Aber fiv zu gründe legen, sondern bei der ihm speciell Torliegea-
den frage durch vergleichende betrachtung den genauen sinn der einiel-
Den stellen ermitteln und auf diese weise die Wirkung, welche dv bei
denselbcD ausübt, erkennen, gewis ist es wahr dasz nur dann, wenn auf
diese weise die genaue bedeutung der einzelnen gebrauchs weisen des äv
klar gelegt ist, man daiu Übergehen kann die allgemeine theorie aufia-
steJIen; und was die bisherigen aufstellungen schiefes haben, beruht
einzig darauf, da» man von einer vorgefaszlen theorie ausgieng und die ,
einzelnen sprachlichen erscbeinungen derselben anzupassen suchte, slalt <
von der genauen Untersuchung der einzelnen gebrauchsformen tu der '
allgemeinen hedeutung des äv aufzusteigen, tod dem angenammenea
slandpuncte aus betractitet H. zunSchst deu ind. fut. mit fiv und wt\ii
nach, dasz derselbe bei Tb. nicht vorkommt, dabei werden die üellea
I 33, 1. 11 80, 1 naher erläutert, eine weitere betrachtung erfordert i 140,
5, wo zwischen KaracniceTe, 6v Kaxocn^ceTe, Öv KorttcnicoiTe m
entscheiden ist. das macht es nötig den unterschied zwischen dem fnl-mtl
und ohne äv und dem futuralen aor. mit &v zu ermitteln, das resullal i«
hierüber angestellten eingehenden Untersuchung wird von H. folgend«^
maszen zusammengefaszt: 'das schlichte fut. steht zur bezeichnung eiiKr
zukünftigen wirklicbkeil, entweder einer neu eintretenden oder einer
dauernden, für die Vorstellung sich ohne bestimmtes ende ausdebneDdei
handluug; es musz noch ein av zu sich nehmen, wenn nicht die wirklldi-
heit, sondern die blosze Vorstellung solcher handlung ausgedrückt wentea
soll-, der futurale aorist mit dv tritt ein für einen einmaligen in der cor-
Stellung sich abschlieszenden act in der zukunft, ohne dasz dabei da5 ihA
aussprechende urteil einer mOgllchkett oder einem iweifel unterlieg«
soll.' nachdem nun so eine sichere bestimmang der drei ausdrticksfar
men gewonnen ist, ergibt sich für I 140, 5 von selbst die entscheiduog,
dasz der vom Schriftsteller ausgedrückte gedanke fiv KOraCTi^CCtiTi er-
fordert, darauf betrachtet H. den opt. fut. mit äv, der V 94. II 64,4 lU
Variante überliefert ist, und Bndet dasz derselbe an der ersten stelle mf
derlierzustcllen (die neuern ausgaben haben alle öv b^aicöe), aa der
zweite» iiniiiiisaig ist. dann folgt eine nähere erlauterung derjeaigea
stellen, an welchen der inf. fut. mit fiv handschriftlich gesichert isl C
" 71, 1, 82, 5. VI 66, 1. Vm 26, 5), welche zeigt dui die übe
J. M. Stahl: »z. v. L. Herbsl fiber &v beim fator im Thukydides. 183
lieferuDg mit der bedeatnng des fut. mit dv im einklange steht, zum
schlösse wenkai die drei stellen besprochen, an welchen das parL fut.
mit äv als lesart fiberliefert ist (V 15, 2. VI 20, 2. VII 67, 4). wSbrend
die berausgeber das part. fut, hier entweder anzweifeln oder verwerfen,
briDgt H. uns zu der fiberseugung, daaz an sämtlichen drei stellen nur
das part. fut, mit 5v dem gedankenzusammenhange entspricht
Dieser kurze überblick Ober den inhalt der vorliegenden abhandlung
wird es vor äugen legen, wie H. sich mit echt kritischer melhode Aber
eloe rein luszerliche betrachtung der handschriftlichen flberlieferung, die
itt ßdlen der hier besprochenen art mehr als sonst von zofiilligkeiten ab-
hingig ist, erhebt und durch rationelle erwigung aus gründen der innern
notwendigkeit zu einem sicher begrfindeten urteil gelangt, methode und
gesamtergebnis der Untersuchung verdienen den vollsten beifall, wenn man
aach fiber einige einzelhelten abweichender meinung sein darf, in dieser
beziehung sind mir drei puncte aufgefallen , die ich nicht als vollständig
begründet erachten kann, fiber ädriZctv mit folgendem aor. stellt H. die
behauptung auf, dasz fiv den aor. begleite, wenn ein neues subject
eintrete, im andern fall aber fehle, diese Scheidung ist eine rein äuszer-
llche, und es ist nicht zu begreifen, warum in dem einen falle das ge-
hoffte mehr der Vorstellung zufallen soll als in dem andern; dann aber
spricht auch durchaus dagegen V 39, 2 dXtriZovTCC . . AaK€bai^6vioi
. . KO^lCOcGai &V aÖTOi TTuXov, wo dasselbe subject bleibt und nur in
dem abhingigen satze durch aÖToi (ipsi) eine nähere bestimmung erhalt,
mir scheint es, dasz &v wegbleibt, wenn eine sichere erwartung oder
Überzeugung ausgedrfickt wird, hinzutritt, wenn blosze hofTnung oder
vennutung vorhanden ist. das letzlere ergibt sich II 20, 2 touc T^p
'AOrivaiouc fjXtriZov . . icuic &v ^ncEeXOcTv aus dem hinzugefügten
ictuc; dagegen kann VII 21, 2 die von Gylippos an die Syrakosier ge-
richtete aufforderung sich zum seekampfe zu rüsten sich nicht auf eine
unbestimmte hoffnung, sondern nur auf eine fiberzeugungsvolle erwar-
tung stützen: äiriZctv T^p dir' adroO ti ^ptov äEiov toG Kivbuvou
. . KaTcpTdcacOai. Ilf 30, 3 gründet sich dXTriZIu) . . KaroXiiqpdfivai &v
Tä irpat^tora auf die vorher durch Konrd fäp tö eixöc und eköc bk
xa\ eingeführten Vermutungen ; mithin ist von hoflnung , nicht von siche-
rer erwartung die rede, ebenso geben auch VII 61, 3 xal TÖ Tf)c VüXf\C
kSv hc6 ' fmiAiv dXiricavTec cxiivai die irapdXoTOi des krieges nur zu
hoffbung, nicht zu bestimmter erwartung anlasz. I 127, 2 oO ji^VTOi
tocoOtov fiXniZov TraGciv Sv aöröv toOto , öcov biaßoXf|v otceiv
auTi^ irpdc Tf|V ttöXiv, wo beide fälle vereinigt sind, zeigt ou TOCoO-
TOV, dasz sie mit gröszerer Sicherheit auf das letztere rechnen als auf
das erstere. — Ferner stimme ich H. nicht bei, wenn er bei besprechung
der stelle 11 80, 8 dcpiKVOÖVTOi ln\ CtpdTOV iröXiv |i€Ticirnv Tf)c
'AKapvaviac vo)i{ZovT€C, ei Ta{m\y irpübrnv Xdßoiev, ^qib(u>c dv
Cq)ici rdXXa irpogc^P^^^^V glaubt , der bedingungssatz könne gar kei-
nen einflasz auf die setzung des dv üben, da anderwärts, wo in gleicher
weise ei mit dem opt. vorhergeht, das dv beim inf. fut. oder dem ent-
sprechenden part. fehle, allein bei sämtlichen stellen dieser art liegt ein^
184 J. N. Suhl: anz. v. L. Herbst Ober &v beim fulur im Tbukydides.
Ibatsache vor, welche die Verwirklichung der bediogung unmillelbar er-
warten läszt, und es steht daher hier jedesmal in dem ideell abhangigen
salze el mit dem opt. nach dem historischen tempus für I6y mit dem
conjunctiv nach Krüger spr. $ 54, 12, 4. so erwarten II 7, 3 6puiVT€C,
€l cq)(ci q>(Xia raOr* etr) ßeßaiuic, tr^piS Tf|v TTeXoirövvncov xara-
noXc^i'icoVTCC die Athener die Verwirklichung der angegebenen bedin-
({ung auf grund der von ihnen abgeschickten gesandtschaflen (^c Td7T€pi
TleXoTTÖwricov ^oXXov xwpia iirpccßeuovro) ; VII 4 , 4 Kai el leixi-
cGeiii, ^qtov aurqj £(paiv€To f) icKO^ibf) twv ^irtTtibeiuiv &€c6ai
hat Nikias die befestigung bereits beschlossen (T(|)i tk NiKiqi iböxei . .
TCixicm) und setzt deshalb voraus, dasz dieselbe ausgefflhrt wird, ähn-
lich U 20, 4. 84, 2. Hl 62, 4. IV 67, 5. V 14, 3. VI 33, 2. 56, 3.
VH 28, 3. VIII 48, 1. dagegen liegt U 80, 8 die annähme eines rein
gedachten falles vor: el TauTT|V irpdiriiv Xdßoiev, da aus dem marsche
nach Stratos nicht unmittelbar die eroberung desselben erwartet werden
kann; eine solche erwartung liesze sich zunächst nur auf den spSter
(81, 1) erwähnten angriff auf die Stadt gründen, der freilich schon bei
dem marsche nach Stratos in aussieht genommen war, aber eben deshall)
blosz in der Vorstellung liegt und nur zu einer subjectiven voraussetzong
berechtigt, eine aussage nun , die sich auf eine blosz gedachte vpraus-
selzung gründet, kann nicht objecliv, sondern nur ein der vorsteiloog
angehörendes urteil sein, und daher äv.— In der stelle V 82,5 ö hk bfi-
|iOC TUüv 'ApTeiuiV ^v toutc}), q>oßou^€voc touc AuKCbai^oviouc
Kttl Tf|v TÜJV 'AOnvaiuiv Eu|i|iOxlav TrdXiv npocaTÖjicvöc t€ kw
vo^fi;uiv ^^T»CTov öv c<päc dicpeX^iceiv, reixttei jLiaicpd xelxn ic öd-
Xaccav will H. Kai vo^iZuiv ii^t^ctov dv tö reixiZciv cqpäc u^^eXfj-
C€iv verstehen, wogegen entschieden die Stellung des T€ Kai spricht.
Th. hätte dann Trjv t€ tujv 'A6iivalu>v Hü|i|iaxtav ndXiv TrpocaT^Me-
voc Kai voiiiCiDV ^dytCTOV dv cqpac (bqpeXriceiv geschrieben, wie wir
jetzt lesen, musz Tr|V Tuiv 'AOnvaluJV Eu^^axlav auch subject zu uxpe-
Xiiceiv sein, man übersetze nur: *der demos der Argeier baute, da er
sich der athenischen bundesgenossenschafl anschlosz und glaubte, dasz
sie ihm dann (vgl. V 22, 2) am meisten nützen würde, lange mauern
zum meere.' es wird durch vo^xiliDV fii^TiCTOV dv C(pac iiiq>eXric€iy
die handlung des reixlZeiv aus ihren mutmaszlichen folgen motiviert,
diese auffassung passt auch ganz genau zu der unmittelbar folgenden an-
gäbe der leitenden absieht: SiruiC, fjv rfic xflc clpTUJVTai, fj kcto
edXaccav ccpdc ^€Td tu&v 'AOiivalwv diraTtwirt täv imTobdwv
ibqpeX^.
Blicken wir noch einmal auf die hauptresultate der Untersuchung
zurück, so verdient neben den ergebnissen für die kritik uod erklärung
des Th. vorzugsweise die feststeUung der bedeutung des futurum mit und
ohne dv und des futuralen aorist mit dv als ein wesentlicher gewinn
derselben bezeichnet zu werden.
Köln. Jobann Matthias Stahl.
F. Pahler zur erklining des ersten buches der iloratischen episteln. 185
28.
ZUR ERKLÄRUNG DES ERSTEN BUCHES DER
HORAZISCHEN EPISTELN.
Dasz die episteln des Horalius — mag man über ihren poetischen
fverih denken wie man will — zur gattung der didaktischen poesie ge-
hören, kann als unbestritten feststehend angesehen werden: ich finde
sogar gerade darin einen wesenth'chen unterschied derselben Yon den
sonst vielfach mit ihnen verwandten satiren, dasz in letzteren dem dich-
ter sein Stoff und die darlegung seiner ansichlen Ober denselben viel
mehr Selbstzweck ist, während jene direct darauf ausgehen dem leser
die meinungen des dichters zu erklären und aufzudrängen (vgl. u. a. i 6,
67. 68. I 17, 1—5). mehr als anderswo tritt diese didaktische rieh-
tung des Hör. in der ersten und namentlich in der dritten epistel des
zweiten buches hervor: die fragen die er hier behandelt sind nicht nur
ganz allgemeiner nalur , sondern es fehlt für uns auch in Ihnen fast jeg-
liche spur von rQcksichtnahme auf die adressaten, wenigstens von sol-
cher racksichtnahme, welche die darstellung des Stoffes beeinfluszt hätte,
anders steht es in dieser hinsieht mit den meisten episteln des ersten
buches: nicht nur dasz einzelne ganz allein persönliche beziehungen
haben und ein allgemeines Interesse nur durch die persönlichkeit des
dichters oder des adressaten gewinnen (so namentlich 1 8 und 9) , auch
da wo der dichter Stoffe von allgemeinem Interesse behandelt, Ist mei-
stens die färbung gewählt mit rflcksicht auf die persönlichkeit an welche
der brief zunächst gerichtet isl, oder doch auf eine von dieser persönlich-
keit ausgegangene (möndliche oder sciiriflliche) anfrage, aufforderung,
blite, wünsch oder dgl. aber es geht auch bei letzteren eine freiere, so
zu sagen ungeß&rbte behandlung des Stoffes nicht unter; ein groszer teil
auch der briefe des ersten buches ist geschrieben mit rQcksicht auf des-
sen spätere Veröffentlichung, also för das römisclie publicum in seiner
allgemeinheit , und wie auch die herausgeber meistens andeuten, sind
manche briefe (wie I 7. 17. 18) nicht vollständig zu verstehen, wenn
man nicht jene rücksichtnahme des dichters auf das ganze publicum im
ange behält.
Wenn wir also auch bei den episteln des ersten buches — wenig-
stens bei den meisten — eine allgemeine didaktische tendenz anzuer-
kennen haben, so müssen wir auch hier zunächst den conflict consta-
tieren, in dem der Verfasser von vorn herein sich befand, und die aufgäbe
präcisieren, deren lösung zu den grösten Schwierigkeiten gehörte, inso-
fern er lehren will, verlangt von ihm der leser um so mehr eine logische
anorduung des Stoffes, als derselbe ein abstracter ist; insofern er aber
als dichter zugleich unterhalten und ein kunslwerk liefern will , welches
mehr ist als gereimte prosa, musz er die logik zu verdecken suchen und
sich scheinbar nonchalant in anmutigen Wendungen und überraschender
folge seiner gedartken bewegen, so ist es tienn eine weit verbreitete an-
nähme, als ständen die gedanken des llor. in seinen episteln nur in losem
JfthrbOcher fUr elati. philol. 1868 hfu S. 13
186 F. Pahle: zur erkUrung des ersten buches der Hora zischen episteln.
zusammenhange; die epistolische form eben soll ihm die freihcit gegeben
haben, die einzelnen gedanken nur an dünnem faden an einander zu
reihen, dasz von solchem standpunct aus z. b. die ars poetica nur als
ein Sammelsurium von regeln der poetik erscheinen kann, liegt auf der
band; aber auch in vielen episteln des ersten buches hat man diesen
festen logischen Zusammenhang bisher noch vielfach verkannt, liat ver-
kannt dasz Ilor. seinem didaktisclien zwecke gemäsz die logisciien faden
dick und fest genug nehmen und dasz er nur der dichterischen Schönheit
wegen zugleich die knoten fest zu schlingen unterlassen muste. je gluck-
liclier aber unser dichter die logische trockenheit vermieden bat und je
mehr seine briefe neben treffenden vergleichungen übersprudeln von glück-
lichem humor und treffendem witz, desto schwieriger ist es die Ordnung
des ganzen — unter der wir denn allerdings nicht eine schulgemäszc dis-
position wie in einem primaneraufsatze verstehen dürfen — herauszufin-
den; es geht uns da mit Hör. wie manchmal mit einer schonen und geist-
vollen damc: über dem zauber ihrer mienen, ihrer stimme und ihrer worte
überhören wir ganz , was sie eigentlich sagt.
Für die erklürung der meisten Horazischen briefe ist es also meines
erachtens nicht genug, wenn die Interpreten auf eine * überraschende'
Wendung aufmerksam machen oder das ganze paraphrasieren , ohne den
logischen Zusammenhang im einzelnen nachzuweisen, oder den liaupl-
inlialt resümieren, ohne die teile blosz zu legen, damit soll denn freilich
nicht gesagt sein , dasz nicht schon seit längerer zeit die Interpretation
nach dem eigentlichen ziele immer mehr und mehr hindränge, dasz nicht
von einzelnen schon länger im einzelnen tüchtig vorgearbeitet sei und
dasz nicht auch schon Döderlein, der meines Wissens*) zuerst die auf-
findung einer art disposilion versuchte, manches schätzbare roaterial liabe
benutzen können, es wollen aber die folgenden Zeilen ein neuer versuch
sein die briefe des Hör. in rücksicht auf den logischen Zusammenhang
der einzelnen teile unter einander und ihre zusammenfügung zum ganzen
zu erklären; dasz ich mir allerdings nicht versagen konnte nebenl>ei
Specialerklärungen von einzelnen Worten und sätzen auch da einzuschie-
ben, wo ihre auffassung den sinn des ganzen wenig oder gar nicht alle-
riert, ist wol natürlich und verzeihlich genug.
1. Hör. ist von Mäcenas angegangen worden die lyrische dichtung
wieder aufzunciimen. schon die vergleichung mit dem rudiarius und
speciell die worte donatum iam rüde enthalten eine ablehnende anl-
wort: ^das wäre gerade eben so, als wolltest du einen rudiarius auf-
*) bei dieser gelegenheit masz ich im voraus bemerken, dasz mir
die so immense Iloraz-lttteratnr keineswegs in ihrem ganzen umfange
zn geböte steht noch bekanot ist; möglicherweise haben die eine oder
andere der folgenden bemcrknngen schon andere vor mir gemacht —
eine nachsieht aber die ein Döderlein sich erbat darf auch ich mir er-
bitten, dasz mir Döderlein sowie DUntzer, Obbariiis, Krüger znm teil
wesentliche dienste geleistet haben, erkenne ich gern nnd mit dank an:
^. Am,^f QQ^ ^^W eben nicht jeder erklärer ganz von vom anfangen.
F. Palile: zur erkilniBg des erstell buches der üoraziscben episteln. 187
forden! wieder in die feditschule zu gehen — ist also ein sonderbares
ansinnen.' mit v. 4 beginnt der dichter die gründe seiner ablehnung
anzngeben; er iiat deren zunächst vier: erstens non eadem est aetas^
non menSj d. b. ^ineine slimmiing, wie sie bei meinem alter natärlich
ist, passt nicht mehr für das lied'; zweitens Veianius ormis . . exaret
harena d^h. 'wer wessz, wann ich dann wieder herauskomme, wenn icli
mich wieder habe ins joch spannen lassen {ne ioiiens exoretyi drit-
tens: ich färchte meinen allen rühm selbst zu ruinieren (v. 7 — 9); vier-
tens: jene lyrische poesic ist docli nur ein ludkrum (v. 10). in diesem
▼. 10 ist nemlich beweis, schlusz und Übergang mit meisterhafter kunst
vereinigt: denn nicht grammatisch werden durch ei — et die versus direct
als ludiera prädiciert, sondern erst das cetera läszt dieselben gleichfalls
als ludiera , also als einen an sich nicht gerade wünligen gegenständ des
strebens erscheinen (*ich lege also das dichten und ebenso auch jedes
andere spiel werk bei seite'); das nunc itaque versus pono bildet den
sclilusz der dednction von v. 4 an; ludiera pono endlich bildet per con«
trarium den Übergang zu v. 11. 12 ('ich gebe mich ernsten beschSfli-
gungen hin , und zwar dem Studium der praktischen philosophle').
Passend folgt nun (daher ac v. 13) die beschreibung der art und
weise, wie Hör. die philosophie treibt; und da sind es zwei angaben, die
er uns hierüber macht, die eine so zu sagen vom materialen, die andere
vom formalen standpunct aus. erstens, sagt er, treibe ich die philosophie
als eklekltker (v. '13 — 19); übrigens, fährt er fort, studiere ich mit
groszem eifcr, wobei ich nur bcdaure dasz ich zu oft gestört werde
und nicht so vorwärts komme, wie ich wol möchte (v. 20 — 26). im
folgenden verse (27) ist das his nicht ganz ohne Schwierigkeit und von
DfMierlein, wie es scheint, übersehen worden, denu dasz Hör. nach der
klage V. 23. 24 fortßhrt mit dem gcdanken resiat ut me soler elementis^
sc pMlosophiae (d. h. darüber dasz ich es in der philosophie nicht weit
liringe, musz ich mich damit trösten, dasz ich wenigstens die demente,
die grundlehren mir aneigne), ist natürlich genug; und ebenso wird jeder
gern zugeben, dasz in dieser Verbindung das regam für erigatn und syno-
nym mit soler zu verstehen sei, wie denn ja auch v. 32 denselben ge-
danken , nur mit einer feineu , aber bedeutsamen nüancierung (quadam)
wiederholt oder richtiger gesagt ausführt: aber was ist dann hisl oflen-
bar hat Hör. das wort elementa doppelsinnig gebraucht, und haec ele-
menia sind 'meine nur auf die demente sich erstreckenden kenntnisse' ;
an eine rflcklieziebung auf v. 12, wie Kruger will, dabei zu denken ist gar
nicht nötig.
Demgemäsz steht der ganze passus v. 27 — 32 im engsten anschlusz
an das vorhergdiende: 'wenn ich zu bedauern habe, dasz ich es bei den
manigfachen Störungen nicht so weit bringen kann , wie ich wol möchte,
so musz ich mich damit trösten, dasz ich wenigstens über die grund-
lehren ins klare komme (v. 27); und dieser trost ist nicht etwa ein leidi-
ger, sondern mit den grundlehren hat man Immer doch wenigstens
etwas.' schon die v. 28 — 31 eingeschobenen vergleich ungen aber wei-
sen auf das hin, was man seihst schon von den elemenlen hat: Ihre wir-
13*
188 F. Pahle : zur erkldrung des ersten buclies der Horazischen episleln.
kuog isl zunäclist negativ, indem sie den menschen frei machen von
äbelü und mangeln des geistes, und zwar: a) von moralischen mangeln
(v. 33 — 40); b) von inteilectuellen mangeln, d. i. von falscbeo Vorur-
teilen und verkehrten aufTassungen (v. 42 — 51). von dem zwischen bei-
den teilen stehenden v. 41 weisen auf den erstem (nur in einzelneu bei-
spielen concret , nicht in abstracto hingesleiitcn) satz zurück die worle
virltis est prima Vitium fugere^ wahrend die worte sapientia prima est
stuUitia caruisse auf das folgende hinweisen; den logischen Zusammen-
hang macht man sich deutlich durch die Umschreibung : *wie es demnach
(nach v. 33 — 40) der tugend anfang ist, das laster zu meiden, so isl es
gleicherweise der Weisheit anfang, sich frei zu machen von der thorheit' ;
es erscheint so virtus prima als synonym mit virtutis elementa und stellt
prflgnant für id quod elementa virtutis efficiunt. — Als beispiel der
StuUitia aber stellt der dichter das Vorurteil hin, esse exiguum censum
turpemque repulsam maxima mala, dagegen , heiszt es nun im folgen-
den , kann man vom philosophen {meliori v. 48) lernen , dasz diese an-
sieht tliöricht (stulte miraris)^ dasz also a) alle die viele auf die Ver-
meidung der pauperies verwandte mfihe unnütz sei (v. 45 — 48). es
müssen also v. 49 — 51 notwendigerweise h) denselben oder einen übn-
liehen gedanken von der Vermeidung der turpis repulsa oder von dem
streben nach äuszeren ehren ausdrücken; neben der Schilderung der
mühen um die Suszeren ehren müssen sie zugleich die auflbrderung ent-
halten von diesem thörichten beginuen abzulassen, dasz aber unter dem
bilde des faustk5mpfers der candidat gemeint ist, der die turpis repulsa
vermeiden will, liegt klar genug vor: ebenso isl die Schilderung seiner
mühen selbst angedeutet in den worten circum pagos et circum compita
pugnax^ insofern diese nicht nur darauf, dasz die gesuchte ehre doch nur
wenig werth habe (bildlich: eine ehre sei sie nur in den äugen des land-
volks und des pöbeis) , sondern auch darauf hinweisen , dasz ein solcher
gladiator überall , an vielen puncten , also auch zu wiederholten malen
auftreten und seine künste producicren musz; in letzterer beziehung ist
gerade die Wiederholung des circum recht malerisch, die Aufforderung
endlich von diesem thörichten streben abzulassen liegt, gerade wie vorher
V. 48, in der frageform (quis contemnat ? anlwort : niemand), es handeli
sich in rücksicht auf Döderleins erklfirung jetzt nur noch um die wort-
erklärung von magna Olympia und, was damit innigst zusammenhängt,
von sine pulvere: sind magna Olympia die eigentlichen olympischen
spiele oder *der tugendpreis'? und heiszt sine pulvere wörtlich 'ohne
staub' oder bildlich 'ohne mülie'? dasz in rücksicht auf turpis repulsa
v. 43 die beiden letzteren bedeutungen vorwiegen müssen, verlangt nach
dem entwickelten zusammenhange die stelle mit not wendigkeit; aber wie
Hör. den candidaten um Huszere ehren nur unter dem bilde eines faust-
kampfers, der in den dörfern auftritt, darstellt, so wird auch der Süsse-
ren, wertblosen ehre, die jener anstrebt, der 'tugendpreis' nur unter
dem bilde des olympischen siegespreises gegenübergestellt: Hör. will.
meine ich, magna Olympia zunächst in rücksicht auf den pugnax von
den eigentlichen olympisclien spielen verstanden wissen, hat aber, wie
F. Pable : zur crklärung des ersten bticlies der Horazischen episleln. 189
so oft, das gleicbnis io dcu hauptgedanken verwoben oder vielmehr bier
das gleicbnis als wirklichen bauptgedanken hingestellL der sinn der
stelle ist also: wie ein faustkäinpfcr sich nicht am den beifall des dorf-
und gassenpublicums abmühen wird , wenn er aussiebt hat den höchsten
Siegespreis im fauslkampf zu Olympia und zwar sine pulvere^ ohne den
Jästigen staub , zu erringen : ebenso soll der menscli nicht trachten nach
den wertblosen äuszeren ehren, da ihm höhere und schönere (dulcis
▼. 51) -ehren zu geböte stehen ohne Suszere anstrengungen.
Dasz, wie die verse 45 — 48 autexiguum censum^ so auch die verse
49—51 auf turpem repulsam zurückweisen und die letzteren nicht etwa
eine bildliche crliuterung zu den ersteren sind , dieser auffassung wider-
sprtclit auf den ersten anblick, dasz v. 52 IT. ganz entschieden allein auf
exiffuum censum zurückblicken, so dasz v. 49 — 51 störend dazwischen
zu treten scheinen, aber es bat der dichter, dasz es slulliiia sei sich um
geld und gut zu mülien, dasz es höhere ehren als ehrenstelien gebe, v. 45
— 51 eben nur behauptet: mit v. 52 tritt er für diese behauptung den
lieweis an. ein guter schüler würde nun freilich gewissenhaft den beweis
führen in bezug sowol ^\xt pecunia als auf honores; dasz Hör. sich über
diese schülerhafte behandlung hinwegsetzt und im folgenden nur noch
von der pecunia redet, wird ihm jeder gern verzeihen, es liegt demnach
m v. 52 der bauptton auf den neu eingeführten mriuies; 'es gibt (nem-
lich) etwas besseres als geld und gut , die tugend.' den beweis aber für
diesen satz liefert der dichter nun scheinbar höchst indirect, indem er
dem vulgären gcschrei nach geld (v. 53— -56) und der vulgären roisach-
lung des biederuiannes ohne vermögen (v. 57. 58} gegenüberstellt das
spieliied der knaben ; doch sehen wir genauer zu, so hat er für die werth-
schätzung der tagend folgende gründe : 1) die werthschätzung der tugend
ist in der menschlichen natur iustinctiv begründet: denn a) schon die
knaben singen rex eris^ si rede fades, b) die tugend ist von jeher hoch-
geschätzt worden (v. 64); 2) die lugend gewährt die innere ruhe des
guten gewissens (v. 60. 61); 3) die tugend gewährt kraft und stärke
gegenüber den schlagen des Schicksals (v. 65 — 69). dasz Hör. die beiden
glicder des ersten satzes trennte und das zweite zwischen den zweiten
und dritten hauplsatz einschob und so gewissermaszen als anbängseKzum
zweiten hauptsatz erscheinen liesz, geschah wol zu dem zwecke, die bei-
den letzteren abstracten sätze zu trennen und so durch die ganze beweis-
föhrung eine lebendige, concrete anschauung hindurch gehen zu lassen.
Dem so eben in wenigen drastischen zügen entworfenen bilde des
tugendhaften bicdermannes stellt Hör. nun — und dadurch vollendet er
erst eigentlich den beweis des in v. 52 aufgestellten satzes — in sati-
rischer weise das bild des in seinen bemühungen um geld und gut zer-
fahrenen publicums (v. 70 — 80), sowie des wetterwendischen und launen-
haften individuums aus dem publicum (v. 80—93) gegenüber, auch in
dem letzteren dieser beiden bilder hat sich der dichter (wie v. 64) eine
abweichung von der schulgemäszen disposition der gedanken erlaubt;
eine solche würde den v. 90 hinter v. 93 verlangen, gerade die einschie-
bung desselben in seine jetzige stelle verbietet aber in v. 91 die von
190 F. Palile: zur erkläriuig des erstell buches der Uorazisclien episteln.
Döderleio gewunscblc und durch änderung der inier^^unclion {quid? pau-
per — ride! — mulat) eingeführte Steigerung; und es weist zwar
augenscheinlich das pauper zurück auf dives (v. 84), aber lieiueswegs
gegensätziicli. Hör. will von v. 83 an den in v. 82 aufgestellten salz
[eosdem homines non posse horam durare eadem probantes) beweisen ;
da dieser salz aber aufgeslcllt ist und gelten soll zunächst nur in bezug
auf die Stellung, weldie die alllagsmenschen zu dem geld und seinem gc-
nusse einnehmen, so ist es ganz natOrlich, dasz er seinen salz zunächst
auch nur in bezug auf den der geld hat (dives) beweist und dann v. 90
thut, als habe er seinen beweis nunmehr schon zur genüge geführt, als
stände v. 84 nicht dives ^ sondern homoi da fällt ihm denn ein, dasz er
die andere classe von menschen, die pauperes^ noch vergessen habe;
also: quid pauper? d. 1. *und wie macht es der arme?' — antworl: *er
macht es nicht besser; Proteusnaturen sind sie alle.'
Es hat aber der dichter die launenhafügkeit der einzelnen alltags-
menschen geschildert nicht mehr in bezug auf die art des gelderweiiies,
sondern des genusses der glücksgüter und , da dieser die iebensweise im
allgemeinen fast ganz beherscht , auch in bezug auf die letztere im allge-
meinen; so ist es mehr die launenhaftigkeit an sich geworden, die er
uns vorführt, von solcher launenhaftigkeit, fährt er nun mit v. 94 fort,
soll jeder sich frei machen; diesen salz aber, der eigentlich auf v. 40
zurückgeht und zunächst in seiner allgemeinen gültigkeit nur eine still-
schweigende folgerung aus der ganzen vorhergehenden deduction ist,
wendet er sofort speciell auf sich selber an , auf die allgemeine Stellung
des Mäcenas zu ihm gerade in bezug auf diese frage , wie impÜcite im
besondern auf das Verhältnis der bitte des Mäcenas zu dieser philoso-
phisch-moralischen aufgäbe die Hör. sich stellen zu müssen glaubt, denn
das ist der sinn und inhalt von v. 94 bis zum schlusz: *du wirst, nament-
lich da du so ängstlicli um mein äuszeres auftreten besorgt bist, mir
sicherlich nicht wehren wollen, wenn ich bemuht bin mich von solcher
launenhaftigkeit und Unbeständigkeit frei zu machen und zu erhallen;
das kann ich aber erreichen nur durch angestrengtes Studium der Philo-
sophie.' selbstverständlich ist dann die folgerung: *also lasz mich philo-
sophieren I' — aber gerade dadurch wird nun der ganze excurs von v. 11
an über des dichters philosophische Studien und über den werth und die
bedeutung der philosophie zu dem fünften und wesentlichsten gründe, mit
dem Hör. seine ablehnung der bitte des ftläcenas, die lyrische dichtung
wieder aufzunehmen, motiviert; und jetzt erst verstehen wir ganz die
stelle V. 20 — 26, womit der dichter offenbar dem Mäcenas schon den
wink geben wiU, dasz seine philosophischen bestrebungen ihm keine zeit
lassen und dasz jede Störung , also auch etwaige lyrische dichtungen , die
er auf verlangen ausarbeiten müste, ihm unangenehm seien.
Demnach ist folgendes der gedankeogang unserer epistel :
Deiner bitte mich wieder der lyrik zu widmen kann ich nicht will-
fahren (v. 1 — 3) : denn
A) in meinem alter hat man für das lied nicht mehr die rechte Stimmung
(v. 4);
F. Pable : zur eriUruog iles ersten buclies der Horazischen episleln 191
B) fange icli wieder iu, %vcr weiss wann ich dann wieder loskomme (v. 4
Veianius — 6);
{)) ich fdrchle meinen dichlemibm selbst preis zu gelten (durch schlech-
tere dichlungen, wie sie das alter nicht anders producieren kann)
(v. 7—9).
D) die poesie ist tandelei (r. 10).
C) ich habe angefangen mich der philosophie zu beOeiszigen (v. 11 — 12):
I) als ekleküker (v. 13—19);
il) dennoch mit eifer, so dasz jede Störung mich unangenehm berührt
(v. 20—26).
111) bringe ich es auch nicht weit, so fördern und uützen doch auch
schon die anfange (v. 27 — 32): denn
1) sie befreien von moralischen mängelu (v. 33—40),
2) sie befreien von intellectuellen mSngeln , z. b. in räcksicht
a) der schjilzung des geldes (v. 42 — 48),
b) der Schätzung der ehrenstellen (49 — 51).
Zu a) a) die philosophie lehrt die 'tugend' ober alles schätzen und
das geld verachten (v. 52 — 69).
ß) lächerlich und verächtlich sind
1) die arten des gelderwerbes (v. 70 —80) ,
2) die laimenhafligkeit und Veränderlichkeit der men-
schen in dem genusse der glflcksgüter und in ihrer
lebensweise im aligemeinen (v. 81 — 93).
f) von solcher inconstantia befreit nur das Studium der phi-
losophie — darum lasz mich philosophieren (v. 94 — 108).
2. Das erste dritteil dieses briefes , bis zu v. 26 hin , ist in seiner
anldge klar und versländlich genug ; es dient als beweis, wie der dichter,
sobald er es mehr mit sachen zu thun hat, in der folge der gcdankcn von
der gewöhnlichen regel nicht abweicht und hauptsächlich nur reihen von
au sich trockenen abstractionen durch scheinbares ' irrlich teueren ' an-
mutiger zu maclien bemüht ist. zu bemerken hätte ich nur noch zu citr
Ha crediderim (v. 5) gegen Krüger, der das perfect nur erklären kauD,
indem er der Wortbedeutung von credere gcwalt aotliut (^ich liabc die
Überzeugung gewonnen und hege sie also noch'), dasz ich — und ich
glaube , auch die meisten leser des dichters , obgleich die ausgaben sonst
hier schweigen — von jeher den indirccten fragsatz als aus der beschei-
denen behauptung ila crediderim (für iia credam oder Ua credo) ent-
standen angesehen habe, ferner möchte ich v. 12 f. so inlerpungieren:
Nestor camponere Utes
inter Peliden festinat et inier Atriden:
hunc amor^ ira quidem communOer urit utrumqüe:
quidquid delirant reges ^ plectuntur Achim.
denn so erscheint v. 13 als erklärung von Utes (v. 12) und v. 14 als der
erfolg der bemühungen des Nestor: ^Nestor ist bemüht den streit zwi-
schen dem Peliden und dem Atriden zu schlichten; dieser [nemlich] ist
von der liebe, beide zugleich vom zorn in leidenschafl versetzt: [aber]
192 F. Pahle : zur erklärung des erslen buches der Horazischcn episteln.
sie rasen in ihrer leidenscliafl weiler, und freilich — die Achäer luässen
es buszen.'
Bei V. 27 befinde ich mich , wie die lueislen hgg. , niclit in Überein-
stimmung mit Döderlein, der die freier und die Phäaken in gegensatz
stellt einerseits zu "Paris, Achilleus, Agamemnou (als bcispielen grosz-
artiger leidenschaft} , anderseits zu Odysseus (als bcispiel groszartiger
Weisheit); denn während Hör. die Weisheit des Odysseus preist, hat er
die leidenschaftcn jener beiden der llias im lichte des tadeis erscheioen
lassen, es können also wol die freier und die PhSakeu nur im gegen-
satz zu dem weisen und namentlich auch zu dem klug-enllialtsamen
(v. 24) Odysseus gemeint sein, verständlicher wäre der dicliter gewesen,
wenn er den v. 27 nachgestellt hätle (etwa so: dem schönen beispielc
des Odysseus gegenüber stehen die freier und die Pbäaken, die da nur
ihren bauch pflegten usw.; und — solche leute sind wir!).
Mit der erwähnung der freier und Phäalten aber hat Hör. nun ge-
rade einen faulen fleck in dem Charakter seiner zeit berührt, die gleich-
gültigkelt gegen die idealen , insbesondere die philosophischen bestrcbun-
gen ; nichts natürlicher also, da er davon ausgegangen ist dasz die lectürc
des Homer die philosophischen Studien oder doch die anwendung der
Philosophie auf das leben fördere, als dasz er in längerer paränese (von
V. 32 an) diese gleicbgultigkeit zu bekämpfen sucht: es ist also dieser
teil der epistel wesentlich mit an das römische publicum im allgemeinen
und erst am Schlüsse wieder an den jungen Lollius (puer v. 67) im be-
sondern gerichtet der gedankengang aber dieser paränese ist mir nun
folgender:
a) nur philosophische Studien können uns von mängek des geistes
(z. b. invidia , amor v. 37) frei machen ; und köiperiichen leiden
abzuhelfen sind wir docli immer bereit (v. 32 — 37).
6) darum eile {fesiinas v. 38), wie du ja auch bei körperlidien lei-
den mit der heilung nicht zu säumen pflegst, und schieb die
philosophischen Studien nicht auf (v. 38—43).
c) die entschuldigung, dasz das geschäft und die sorge um des Ici-
bes notdurft für die philosophischen Studien keine zeit lasse, ist
eitel: denn der mensch bedarf in dieser hinsieht nur äuszerst
wenig [und dies wenige ist leicht bescbafTl] (v. 44 — 46),
cQ und schätze [selbst] kann der mensch nicht genieszen ohne gei-
stige gesundheit [die nach dem obigen nur die philosophie bringt],
da die geistigen mängel jeglichen genusz vergällen (v. 47 — 54).
e) aber es führen die letzteren auch , wenn sie nicht beseitigt wer-
den, schlieszllch zu positivem schaden (v. 55 — 62); so erzeugt
1) die Wollust (v. 55) schmerzen ,
2) die habsucht (v. 56) das gefühl der bedfirfligkeit,
3) der neid (v. 57. 58) magerkeit,
4) der Jähzorn (v. 59—62) unüberlegte handlungen.
f) daher — noch einmal — bezwinge [durch philosophisclic Stu-
dien] solclie leidenschaften , und zwar namentlich du , Lollius, so
lange du noch jung bist (v. 62 — 69).
F. Pahle : zur erkläruog des erslen bucbes der Horazischco episteln. 193
Zur erläulening und begröndung dieser auffassung mögen noch fol-
gende bemcrkungen dienen, bei argentum (v. 44) hal Döderlein zurück-
gegriffen auf die crklärung ^silbcrgeräl' ; die dann in den versen 44. 45
liegende Irias (prunksucht, geldgier, bauwut) findet er wieder in v. 47
(wo domus ei fundus dann aof die bauwut, auri acerpus auf die geld-
gier, endlich aeris acervus auf die prunksucht geben soll), ich meine,
im letzteren vcrse musz schon die Verbindung von aes und aurum durch
el und ihre gemeinschaftliche Unterordnung unter acervus uns abhalten
unter €tes etwas anderes als einen dem aurum synonymen begriff zu ver-
stehen ; will man die erste trias (in v. 44. 45) wiederfinden in v. 47, so
stelle man lieber domus dem uxor^ fundus dem pacantur vomere sihae^
aeris acervus et auri dem argentum zur seite. nun aber wäre es doch
sonderbar, wenn Hör. schon v. 44 die avaritia geiszelte, um sie v. 56
ueben anderen leidenschaften , die an dieser stelle mit ihr ganz auf glei-
cher stufe behandelt werden , noch einmal zu geiszelu : da würde eben
jegliche logik aufhören und ein wirkliches Irrlichtelieren anfangen, da
jedoch Hör. unmittelbar vorher gegen den aufschub predigt, so ist nichts
natürlicher als dasz er auch — zur begründung seiner aulTorderung — die
entschuldigungsgrflnde der säumenden zurückweist diese aber sind nach
meiner auffassung in v. 44. 45 angegeben, und am besten vergleicht man
mit dieser stelle das gleicbnis ev. Luc. 14, 16 ff.: *der eine sagt, ich musz
geschäfte machen und verdienen; der andere sagt, ich bin gerade darauf
aus mir eine reiclie frau zu suchen; der dritte sagt, ich musz erst meinen
acker bestellen.' von diesen einwänden nun tragen der erste und der
letzte ihre gemeinsame beziehung deutlich genug zur schau: es ist die
sorge um des leibes notdurft, welche jene säumigen zum verwände neh-
men ; aber dieselbe beziehung will meines erachtens llor. auch bei dem
zweiten einwände andeuten durch den zusatz beata^ welcher überhaupt
um so weniger überflüssig erscheint, als der säumige ja nur dann, wenn
er nicht jede beliebige zur frau nehmen will, zu suchen nötig hat. und
auf diese einwände antwortet dann Hör. v. 46 : * soviel als du brauchst
hast du leicht, wenn du genügsam bist, und mehr brauchst du nicht:
also dürfen und sollen solche sorgen dich nicht hindern.' dasz hier-
bei das quaerUur in zweierlei bedeutung (quaeritur argentum == es
wird geld erworben, quaeritur uxor = es wird eine frau gesucht)
genommen ist, hat nichts auffälliges, da beide begriffe eng verwandt
sind und nur der deutsche Sprachgebrauch ein doppeltes verbum ver-
langt.
Der in v. 47 liegende gegensatz, den ich im obigen schema durch
den zusatz ^selbst' andeutete, Ist nun, glaube ich, auch klar genug: 'was
hilft das blosze sorgen um des leibes noUlurft? hast du des irdischen
gutes auch noch so viel, es befreit dich, wie von körperlichen leiden,
ebensowenig von geistigen gebrechen (z. b. cupido und meius)^ die jeg-
lichen genusz verkümmern.' demnach ist valeat (v. 49) nicht auch auf
die geistige gesundheit zu beziehen ; es bezieht sich auf corpore febres
(v. 48), wie qui cupit aut meiuit auf animo curas: ich würde demnach
nach cogitat uti statt des herkömmlichen puuctums ein Semikolon sctzeu,
}94 F. Paiile: zur erklärung des ersten buclies der Uorazischen epislela.
da tue beiden sätzc valeat . . u(i und gut cupit . . dolentes den satz non
. . deduxit corpore febres^ non animo curas crlHulcrn.
In V. 60 — 62 hat Döderlein die interpunction geändert, so dasz der
satz ira furor brems est nachsatz wird zum Vordersatz dum poenas . .
inulto ; icii glaube mit unrecht, denn einmal wird , da v. 59 schon von
der ira als einer verwerflichen leidenschaft die rede gewesen ist, in v. 62
niemand von selbst mehr an den 'gerechten zorn' denken^ und es er-
scheint also durchaus unnötig , dasz Hör. noch ausdrucklicli hervorheben
sollte, unter welchen umständen die ira ein furor sei; zugleicli aber
wurde auf diese weise der dichter seiner beweisfahrung durch den Zu-
satz brevis die spitze abgebrochen haben (man denke nur: wenn der zorn
so und so handelt, dann ist er raserei — freilich nur eine vorüber-
gehende} ; dagegen nimt brevis sich recht gut aus , wenn man (nach dem
punctum hinter inulto) den salz ira furor brevis est sich nackt hinge-
stellt denkt: ^dcr zorn ist nemlich eine raserei, wenn auch nur eine vor-
übergehende.' dazu kommt dasz im folgenden die werte regere, com-
pescere frenis et catena auf den zorn besser passeu als auf jede andere
leidenschaft, wie denn ja auch animus und ira sonst vielfach fast
synonym gebraucht werden, dagegen habe ich nicht angestanden die
auffordcrung in v. 62. 63, die dem Wortlaut und der (gewöhnlichen)
Satzverbindung nach zunächst nur die ira betrifft, auch auf die anderen
leidenschaften implicile zu beziehen: die freihcit, die Uor. sich in der
ersten epistel nahm, indem er von v. 52 au die honores ganz unerwähnt
liesz , ist eine viel gröszere.
Nun noch einige worte über den schlusz , den man gewöhnlich als
empfelilung der aurea mediocritas auch in dem Studium der philosopliie
ansieht, so schön dieser gedanke auch an sich ist und so schöne paralle-
len man zu demselben nicht nur aus Cicero sondern auch aus unserm
Horatius selber nachweisen kann, so ist doch derselbe hier, wo der dich-
ter einem jungen freunde so eben einen energischen anfang des philoso-
phischen Studiums mit ernst und wärme ans herz gelegt hat, ebenso we-
nig am platze wie ep, I 6, 15 f., wo Döderlein denselben schon vor jähren
so treffend zurückgewiesen hat; einem junger der Weisheit zu sagen,
er solle seine Studien nur nicht zu hastig treiben, wäre frevel am Jüng-
linge selber, es sind die letzten worte nee praecedentibus insto meines
erachtcns vielmehr ein ausdruck der bescheidenheit des Hör. seinem wenn
auch jugendlichen , doch seiner familienverbindungen wegen angesehenen
freunde gcgenülier: Ovarien' sagt er ^auf die trägen und säumenden kann
und mag ich nicht; doch kann ich auch nicht von mir sagen, dasz ich es
schon weit gebracht hätte und den vorder.nten, den ersten schon auf den
fersen folgte' (vgl. ep.il, 27). während nemlich anteire (v. 70} mehr
relativ zu nehmen ist (Svenn du mir voraus bist'), fasse ich das syno-
nyme praecedere hier ganz absolut und praecedens ebenso wie prae-
sians, welches letzlere ja aucli ursprünglich relative nebenbeziehung hat
und doch als reines adjectlvum mit dem absoluten begriffe des Vorzug*
liehen, Irefllicben' gebraucht wird (vgl. QuinL VIU 2, 13 convimum
.V ^„ laedtia).
F. PaUe: iw etiiäno^ 4es crstca hmtkts 4er Bomüdwa «pisteln. 1%
Za 3 nr Ae l<Muiig 4asE« mcaa IMcrkni ▼. :?8 es vono^ die
Worte koe 9pms ab beMadcn saU i= A«e re «p«« €«r* awbdassea, ihw
ofleab» die wiii««g der aasfiMra, weidbe die anfiordetuag sa recbi
dringüch erichf»eB fist, ^au CBlfaBgca isL
4 Diese cpisld, das haba wel seboa die meistea eiilSrcr ^efUilU
ist bei weiten ncfat so Jcichl wie sie aifaags aassiehU veaa auch
maoebe omidliserweise aebr scbwierigfceilea dario gesvcbl babea als
wirklieb forüegea. die haaplTeraBlaasug la derselbea fir Hör. isl wol
am deotlicbsUB io des beides letzlen rersen aosgesprocbea : dieselben
siad, wcBfl Man Mir aiebl vius =• vidMs aimL, dae eialadiiag tu einem
besuche (ond Tielleichc ist dies der gnnd, dasi bei der herausgäbe der
briele Hör. diese epislel mil dem einladaagsscbreiben an TorquaUis zu-
sanuneoslellte) , zugleich aber auch eine hunorislisch eingeUeideie nadi-
richl fiber des dichlers damals gerade recht erfreulichen gesundbeilszu-
stand. vergleicben wir aber die ari ond form dieser einladung mit der
der folgenden epistel, so erscheint sie offenbar nur als eine gelegenl*
liehe, nebensächliche, und demnach möchte ich das ganze fär niclits mehr
als einen freundschafUichen gelegenheilsbrief halten, bestimmt die zwi-
schen beiden dichtem obwaltenden freundschafUichen beziehungen zu
pflegen, oder mit einem worte für ein stuck der zwischen beiden frcuu-
den gepflogenen correspondenz , welches unser dichter der ab%vech$elung
wegen einmal in poetische form zu gieszen beliebt hat. eben daliin zielen
denn auch deutlich die an den adressaten gerichteten fragen v. 2 — 5 über
seine augenblicklichen beschJlAjgungen, firiUirend zugleich die anrede v. 1
vielleicht sclilieszen lAszt, dasz TibuUus sich brieflicli gegen Hör. ein
urteil über seine sermonen erlaubt hatte, wenn damit der Suszero Cha-
rakter des briefes richtig gezeichnet ist, so dfirfen wir natürlich in dem-
selben eine logische einbeit nicht verlangen; der briefsteller plaudert
eben seinem freunde alles vor, was er auf dem herzen hat. entweder
sind dies nun aber gerade ganz disparate dinge (wie z. b. in dem bricfe
au Iccius I 12), wo dem Schreiber scblieszlich nichts übrig bleibt als in
raschem sprunge eine neue gedankenreihe zu beginnen; oder aber es
lassen sich die dinge wenigstens durch irgend einen zwischengcdankcn
an einander reihen, bei letzterer Sachlage tritt dann nalürlicli der fall
ein, den die meisten erklärer leider bei allen eplstelu wollen gelten lassen,
dasz nemlich die das ganze zusammenhallenden fäden nur luszerst dünn
gewoben sind, und diesen fall haben wir in unserer epistel.
Die V. 2—5 an TibuUus gerichteten fragen setzen alle bei dem-
selben geistreiche beschäftigungen voraus : und diese Voraussetzung be-
gründet der dichter offenbar mil den Worten non tu corpus eras sine
peciore v. 6. dieser beweissalz wird dann näher erläutert durch die
worte rfi tibi formam^ di tibi divilias dederuni arlemque fruendi^ wo
forma und divitiae als äuszere guter auf corpus^ die ars fruendi auf
pectus zurückweist, wie aber dieser zweite salz {di tibi . . fruendi)
schon den erstcrcn {non tu corpus eras sine pectore) verallgemoincrl
hat — « denn wie wenig deckt pectus die ars fruendi] — so verallge-
"Ui 1' i'4iiM. iitf efiläniB^ des ersten buches der Horaziscbeii episleln.
••■ .iiv'iu 'lOM U« ^erse 8 — 11 das vorlicrgeiiende volktändig zu dem ge-
i.Kvii. ubctiMMfl bist du ein wahres gtückskind', und zwar wiederum
t.^ii H0>^ I» nlcisicfat auf ftuszere guter, sondern auch auf geistige
V ' . V «4r man der letzte gedanke eingekleidet in die frage: was
■>; WH.* viiM« MMM ihrem glQckskind von Säugling wol noch zu wünschen
.1»«.^ ' %tt«l m Verbindung mit dem vorhergehenden erwartet Hör. vom
w N«. i JMi oMlwort ^nichts', aber der dichter hat in seiner scherzhaften
'ja«K ^Kk^ Moch etwas einem solchen glückskind zu wünschen.» nemlich:
<«iK*« l;ftS4 das sorgen usw. anderen leuten , geniesz du froh den augen-
>»iKk.* dies und nichts anderes ist der sinn der verse 12 — 14; und nur
IM die&er auffassung können dieselben den passenden ubergang bilden zu
ik'T folgenden mitteilung über des Hör. wolbeGnden : 'wenigstens ich be-
^Uiik mich bei befolgung dieses Epikureischen grundsatzes kannibalisch
wol* dasz an dieser stelle inier (gerade wie 1 12, 14) einen esciusiven
sinn haben kann; dasz femer die worte des v. 13 nicht zu bedeuten
brauchen *sei jeden augenblick todesbereit', sondern ebenso gut be-
deuten können 'sieh jeden augenblick als den lelzten des genusscs an',
wird jeder gern zugeben : wenn man dann aber nur sperabitur (v. 14}
in dem prägnanten sinne von ^erhoffen' nimt (denn erhofft man eine neue
stunde, so kann mau nicht zum rechten genusz der gegenwärtigen kom*
men) , so heiszt grata superveniei 'die stunde wird als eine angenehme
d. h. wiederum genuszreiche hinzukommen', eine paraphrase der letzten
fünf verse möchte ich so fassen: 'ich will dir sagen, was dann der mensch
noch braucht: man äberlasse das hoffen und sorgen, das fürchten und
ärgern anderen leuten und denke jeden tag, dieser könne wol der letzte
sein und müsse also genossen werden ; um so angenehmer und willkom-
mener wird jede neue stunde herankommen, wenn man nicht mit bangen
und hoffen auf sie gewartet hat und während ihrer dauer nicht mit bangen
und hoffen auf eine neue wartet, das wenigstens ist der grundsalz, bei
dessen befolgung ich rund und fett werde: komm nur und überzeuge
dich, und du wirst grund zu lachen haben, wenn du siehst, wie ich durcli
mein Epikureisches leben ein aussehen gewonnen wie ein mastschwein.'
dasz llor. hier scherzhaft übertreibt und dadurch zum umgekehrten heuch-
Icr wird, ähnlich wie ep. I 15, ist klar genug; den scherz wenigstens
bekundet die wähl der ausdrücke In den beiden letzten versen.
5. Die ehrenrettung des Torquatus hat Döderlein , wenigstens was
die crkiärung von v. 13 betrifft, nach meiner meinung mit vollständigem
erfolge durchgeführt ; weniger überzeugend scheint mir seine Interpreta-
tion von v. 8 , obgleich ich weder selbst eine bessere zu bringen weisz
noch anderswo eine bessere gefunden habe.
Der gedankengang ist im allgemeinen klar genug; im einzelnen
möchten folgende bemerkungen dem einen oder andern leser willkom-
men sein, der 7e vers steht auf den ersten anblick störend da, und
zwar w«;gen des attributs munda^ auch wegen des verbum splendet^ um
"-> V. 22 — 24 einen ähnlichen gedanken ausfuhrlicher behan-
'*,s flllt jede Störung weg, sobald wir nur aus dem verse den
F. Pa]ile: zur erkJarung des ersten buches der Iloraziscfaen episleln. 197
gedanken ^ich erwarte dich bestimmt', der so zu sagen zwischen den
Zeilen steht, herausschälen: dann ersdielot dieser vers nach der angäbe
des zu erwartenden getränkes ebenso passend eingefdgl, wie v. 3 nach
der angäbe der zu erwartenden speisen, in solcher fassung und bei
dieser gedankenfolge kann natürlich splendere erst recht nicht auf das
feuer des herdes bezogen werden, was übrigens auch sonst wol die
meisten neueren erklärer aufgegeben haben. — V. 10 kann ich trotz
Obbarius und mancher anderen ausleger wamung nicht umhin veniam
somnumque = veniam somni zu nehmen, denn wie wenig zunächst
die ergänzung bibendi zu veniam hier passt, liegt auf der band, da es
doch ättszerst unschicklich und gegen Octavian nlcksichtslos von Hör.
wire zu sagen: *da morgen Cäsars gebiirtstag ist, so haben wir die beste
gelegenbeil heute uns zu bezechen.' aber «emVi, wie manche wollen,
absolut für ^musze, freiheit von geschäfien' zu nehmen ist meines er-
achlens unmöglich: denn venia heiszt 'nachsieht, wilJfahrung' u. dgl.,
es verlangt also namentlich in der redensart veniam dare eine attributive
bestimmung, die angibt oder andeutet, in welcher hinsieht venia gewährt
wird, und wo ein solches attribut fehlt, ist es wenigstens aus dem zu-
sammenhange leicht zu entnehmen, nun aber ist es, da wir bibendi^ wie
wir eben gesehen, nicht supplieren dürfen, unmöglich etwas anderes als
somni aus dem somnumque binzuzunehmen , und es heiszt dann dies dai
veniam somni = der tag hat nichts dagegen, wenn du länger schläfst,
d. h. er verlangt keine arbeit von dir. damit will ich nun freilich nicht
gesagt haben , dasz veniam somnumque in grammatischem sinne so viel
sei wie veniam somni; der dichter hat hier nur, wie er überhaupt gern
coordiniert, wo die strenge logik eine Subordination verlangt, die nähere
bestimmung der venia so gegeben, dasz der leser sogleich das wort
finde, aus welchem er die attributive bestimmung zu venia ergänzen
könne, ebenso ist ep. \ 1, 81 alüs rebus studiisque dem sinne nach
nichts anderes als aliarum rerum siudiis: denn es ist an dieser stelle
nur die rede von den verschiedenen arten des strebens der menschen
nach geld, und die res cuius studio tenentur homines ist bei allen die-
selbe, nemlich die pecunia, nicht anders steht es ep, I 2, 36 mit studiis
ei rebus honestis: denn dasz Hör. gerade wesentlich an das studie-
ren (der Philosophie) und nicht etwa an gute handiungen und thalen,
die ja vielleicht instinctiv ausgeführt werden können, denkt, zeigt deut-
lich der vorhergehende vers 35. stellen dieser art hat Obbarius zu ep.
I 2, 60 verwechselt mit solchen, in denen dem erstem substanliv ein
synonymum von schärferer, umgrenzterer bedeutung hinzugefügt wird.
— Dasz Döderlein, nachdem er v. 25. 26 den unterschied zwischen coeat
und iungatur so fein hervorgehoben, indem er cotre auf die cena^ iungi
auf den speciellen platz bei tische bezieht, Paulys interpunction noch an-
sprechend gefunden, wundert mich: denn da Torquatus aus den aufge-
zählten namen, welche die tischgesellschaft bilden sollen , nicht ersehen
kann, wen speciell er zum tischnaclibar erhalten wird [quocum iun^
gaiur)^ so kann wenigstens ui par iungatur pari nicht von adsumam
abhängig sein, sondern musz zum vorhergehenden gehören ; auch schlieszt
198 F. Palile: zur erklSrung des erslen Inicbes der (lorazischen episteln.
sich an ne fidos inter amicos sii qui dicta foras elimnet dem gedanken
nach das ut coeai par iungaturque pari viel zu ungezwungen an , als
dasz man es davon trennen dürfle, und die erwähnung gerade dieser
J[)eido|i lelztgenannlen ohiiegenheilen des wirtes {ne . . eliminet und ut
. . pari} gibt es dem dichter dann in den sinn dem Torqualus die fibrigen
gSslc zu nennen.
6. Dasz das nil v. 1 im gegensalz zu geistigen gutem und idealen
nur res exiernae bedeutet, geht aus dem Zusammenhang und dem In-
halt des ganzen klar genug hervor; die beziehung dieses wortcs aber
von vorn herein auf 'glQcksgüter' zu beschränken , dazu Ist nicht allein
kein grund vorhanden, sondern es zwingen auch fast die verse 3 — 5
diese heschränkung nicht zuzulassen, den sinn dieser letzteren fasse ich
so, dasz ich zu sunt nicht ergSnze quidam oder non nullit sondern viel-
mehr muUi oder plurimi; dann ist der sinn: 'das nil admirari erringen
die meisten menschen in bezug auf die doch so erhabenen himmelser-
scheinungen', und so erscheint formido als synonymum von admiratio^
wie die verba exterret (v. 11), (orpei (v. 14), suspice (v. 18), so dasz
es unnütz wird darüber zu streiten, ob Hör. die abergläubische oder die
religiöse furcht im äuge gehabt habe, 'und' so fährt der dichter v. 5 — 8
fort ^das nil admirari sollte man nicht fertig bringen iu bezug auf die
irdischen dinge?' auf die so gefaszte frage erwartet der dichter eben
unbedingt von seinem leser die antwort ja, d. h. er weisz sich mit sei-
nem leser d. i. zunächst Numicius einverstanden, die mit v. 9 beginnende
straffe dcmonstration aber nötigt uns in bezug auf die nun folgenden
gedankcn das gegenteil anzunehmen: sei es dasz Numicius gegen llor.
brieflich oder mundlich belreiTende Suszerungen gethan, sei es dasz Hör.
wesentlich das ganze römische publicum und speciell den teil desselben
ins äuge faszt, der sich oberflächlich, aber eben auch nur oberflächlich
mit der phllosophie beschäftigte, genug er demonstriert wie gegen einen
anders denkenden , dasz der satz nil admirari in bezug auf die glucks-
gillcr nicht nur das non cupere für den nichtbesitzer, sondern auch das
non timere für den besitzer in sich schlieszc. es wendet sich der dichler
also in diesen versen (9 — 14) gegen das sicher oft, vielleicht auch von
Numicius selber gehörte, dem wahren philosophen aber als durchaus lai
erscheinende raisonnement: dasz es recht gut sei, wenn die philosophie
lehre dasz man den äuszeren glücksgütern nicht nachjagen solle; dasz
es aber doch niemandem, der einmal in dem besitz derselben sich be-
fände, verargt werden dürfe, wenn er sich dieselben zu bewahren und zu
erhalten bemüht und besorgt sei. und was ist dann natürlicher als dasz
diese gemeine rede aller derer, denen es mit der philosophie nicht der
rechte ernst ist, gipfelte in dem satz: 'wenn die philosophie das (nemlich
auch das nil timere vom besitzer der glücksgüter) verlangt, dann ver-
langt sie zu viel und führt zum unsinn.' genau dies aber steht v. 15. 16
in den worten insani sapiens nomen feral^ ultra quam satis est viriu-
tem si petat^ d. h. 'verlangt ein philosoph die virtus in solchem über-
masz, so ist er ein narr.' den zusatz ipsam nun zu diesen worten hat
F. Pahle: zur erklärung des ersten buches der Horazischen episteln. 199
schon Doderlein anniherod zur genüge erklSrl; aber er ist doch wieder
fehlgegangen, wenn er das ultra quam sa(i$ est und das tpsam als
zweierlei auffaszte und für est ein et setzen möchte: denn meines er-
acblens ist die virtus ipsa nicht nur das von der wahren pliilosopbie
verlangte ideal der tugend , sondern zugleicli in dten äugen jener leute,
die so reden, ein nimium^ ein ultra quam satis est. — Und nun die
Worte aequus iniquU man lialte nur zunächst die grundbedeutung von
aequus d. i. gleich fesL im moralischen sinne übersetzen wir dies
wort durcli ^billig' ; aber die beiden begrifle aequus und ^billig' decicen
sich durchaus niclit. der biliigdenkende ist bemüht einem andern mdg-
lichst wenig übles, möglichst viel gutes zukommen zu lassen, sofern er
es ohne unrecht gegen sich selbst oder gegen einen dritten ermöglichen
kann; der aequus dagegen will jedem das geben, was seinem wahren
Verdienste gleichkommt: er erstrebt eine aequitas, eine gleichheit.
letzlere aber ist etwas absolutes: während der billige leicht unbillig
werden kann, mdem er auf kosten des einen dem andern, gegen den er
die billigkeit üben will, zu viel gibt, kann der aequus nie iniquus wer-
den, da er nach allen seiten die aequitcts sucht — ein gedanke den wir
im deutschen uns deutlicher miichen durch das abstractum, indem wir
sagen, dasz gleichheit nie Ungleichheit, das gleiche nie das ungleiche sein
oder werden, dasz also am wenigsten die aequitas ipsa^ die absolute
gleichheit, je Ungleichheit sein könne, gehen wir damit zu unserer stelle
zurück , so hat Hör. , wie er in den versen 9 — 14 einen nicht mit klaren
Worten liesondcrs genannten eintvand zu widerlegen sucht, in den versen
15. 16 die spitze dieses einwandes zunächst genannt (mit den Worten
insani sapiens nomen feratj ultra quam satis est virtutem si petat
ipsam\ aber zugleich auch widerlegt mit den worten aequus iniqui. es
ist dies nerolich, um mit Döderlelns worten (zu «p. I 5, 8) zu reden,
^einer der hundert fälle , wo der dichter und redner das vergleichungs-
glied, das bild, mit seinem gegenbilde parataktisch verbindet und coor-
cliniert, statt syntaktisch und subordiniert.' uro ganz deutlich zu reden,
Hör. hätte nach ferat ein non magis quam {= ebenso wenig wie) cin-
scliieben müssen, denn das ist der sinn seiner worle: du siehst also, dasz
die virtus etwas ebenso absolutes ist wie die aequitas (von der es doch
selbstverständlich niemand bezweifelt), und dasz es also ein nimium in
der virtus nicht gibt und nicht geben kann ; ebenso wenig wie die aequi-
tas ipsa ein nimium in der aequitas sein kann, ebenso wenig ist die
virtus ipsa ein nimium in der virtus; und so wenig wie, wer aequitatem
ipsam übt, dadurch iniquus wird, ebenso wenig ist der sapiens^ der
virtutem^) ipsam petita ein narr. — Freilich geschieht diese art der
parataxis bei Hör. in der regel durch ei oder que\ aber das asyndeton ist
ifim auch sonst ganz geläufig: so ist z. b. ep, 1 2, 49 animo curas gegen-
hild zu corpore febres (v. 48) und ebd. v. 51 qui cupit aut metuit
^egenbild zu valeat (v. 49), ohne dasz bild und gegenhild durch eine
conjunction mit einander verbunden wären (s. oben meine erklarung).
*) für den pbilosophen — nnd als solchen geriert sich ja Hör. in
umerer epistel — ist natürlich virhis nnd snpientia dasselbe.
200 P. Pahle: zur erklSning des ersleo budies der Horazisdien episleln.
Gerade \n diesen versen 15. 16 aber finde icb nun eben die kröne
und den bauptinfaalt der ganzen epistel , die eben eine empfehlung der
virtus ipsa sein soll und will, die nächsten ?erse (17 — 23) gehen erst
noch einmal auf den ausgaugspuncl der letzten deduction (v. 5 quid cen-
ses usw. bis iBcL v. 8) zurück: 'also willst du noch wirklich in irgend
einer weise dich um irdische guter quälen V ; und hiervon wird dann der
aus der nalur der irdischen guter selbst genommene grund für das nil
admimriy nemlich ihre Vergänglichkeit unmittelbar angeknöpft (v. 24 —
27). hieran schlieszt sich dann die paränese, der erkannten Wahrheit
nun auch praktisch in jeder hinsieht die ehre zu geben und alles zu thun
was sie verlangt, mit dem motive dasz sie zum glflcklichen leben führe,
während die anderen sogenannten glficksgfller auf ironisch -humoristische
weise in ihrer nacktheit und lächerlicbkeil mit kurzen , drastischen zQgen
dem ruhigen , in sich zufriedenen weisen gegenübergestellt werden. —
Nächst der hinweisung, dasz bei der zuletzt erwähnten leidenschaft, der
liebe, die ironie in dem kurzen zusatze Mimnermus uii censet foder
willst du dir etwa von einem [leichtfertigen] dichter wie üimnermus
lebensregeln holen?') enthalten ist, bedarf es nur noch der bemerkung
zu v. 33 IT., dasz Döderlein hier nicht scheiden durfte zwischen a) erwerb
und b) reichtum , da beide begriffe auf das engste zusammengehören f leg
dich nur auf den erwerb, denn geld ist ja natürlich das schönste auf erden').
Demnach hätten wir folgende Ordnung der gedanken :
1) nichts zu bewundern gewährt das höchste glück (v. 1. 2).
2) dazu gehört aber, dasz man nicht nur die auszenwelt Überhaupt
gleichgültig betrachtet, sondern auch namentlich gleichgültig ist
gegen die irdischen guter (v. 3—8).
3) die volle gleichgültigkeit gegen diese aber verlangt nicht nur, dasz
man, wenn man sie nicht hat, sie nicht sucht, sondern auch dasz
man, wenn man sie hat, ihren verlust nicht fürchtet; nur wer es
dahin bringt, hat die wahre tugend und Weisheit (v. 9 — 16).
4) dasz aber die irdischen guter nicht glücklich machen können , er-
hellt schon aus ihrer Vergänglichkeit (v. 17 — 27).
5) also strebe , um glücklich zu leben , nach dem ideale der tugend
(v. 28—31).
6) sonst bliebe dir nichts übrig als deinen etwaigen leidenschaften zu
folgen; also etwa
a) nach geld zu jagen , als ob du damit alles gluck der erde hät-
test (v. 31—48); oder
b) dich um ehrenslellen demütig zu bemühen, die doch Hans und
Kunz zu vergeben haben (v. 49 — 55); oder
c) den bauch zu pflegen , um dich lächerlich zu machen wie Gar-
gilius, und um jede edlere regung in dir zu ersticken wie die
gefährten des Otlysseus (v. 56 — 64) ; oder
d) der Hebe zu fröhnen, wie leichtfertige dichter es anrathen,
als ob von solchen lebensweisheit zu holen wäre (v. 65. 66).
7) damit leb wol. meine ansieht kennst du jetzt: weiszt du es liesser,
so sag es mir; sonst richte dich nach meinen lehren.
F. Pahle: zur erklärusg des ersten buches der HoraziBchen episteln. 201
7. Es ist dies ein in vielfacher hinsieht äusserst feio und elegant
angelegter brief, der uns recht eigentlich den feinen, wellmAnnisdien
tact unseres diditers nicht weniger als seinen männlichen sinn und Cha-
rakter zur unmittelbaren anschauung bringt, denn immerhin muste es
für ihn eine peinliche aufgäbe sein, seinem hoben gönner aber seine Stel-
lung zu ihm klaren wein einzusdienken ; es gibt eben dinge die man
sehr gut wissen und denken , es gibt lebensregeln und grundsätze nach
denen man sehr gut handeln kann , die man aber doch anderen gegen-
über nur sehr schwer auszusprechen vermag, ohne zu beleidigen oder
wenigstens anzustoszen: und dasz der hier behandelte gegenständ zu
den delicatesten puncten gehört, wer möchte das leugnen? bei aller ent-
schiedenheit des ausdruckes aber, wo er auf die hauptpuncte kommt und
wo es gilt seine — entschiedene — gesinnung und meinung auszuspre-
chen (z. b. V. 34 und, wie wir gleich sehen werden, v. 44 f.), weisz Hör.
doch zugleich diese hauptpuncte gleichsam nur nebenbei zu berühren
und durch humoristische Wendungen und scherzhafte anekdoten nicht
nur dem Mäcenas anzudeuten , dasz er immer noch mit ihm auf freund-
schaftlichem fusze stehe und stehen wolle, sondern zugleich denselben
wo möglich in eine heitere laune zu versetzen und so in ihm das gefflhl
der Verstimmung über die hauptsache nicht aufkommen zu lassen.
Als ersten grund seines langem ausbleibens gibt Hör. die besorgnis
um seine gesundheit an , die ihn nötige die ungesunde heisze Jahreszeit
fern von Rom (v. 8) zuzubringen, dasz diese entschuldigung süchhaltig
ist, leuchtet jedem leser ein und wird also auch dem Mftcenas einge-
leuchtet haben; auch drücken die verse 3. 4 deutlich genug aus, dasz
Hör. dieses Zugeständnis bei seinem gönner voraussetzt, daran knüpft
nun aber der dichter v. 10 if. die mitteilung, dasz er auch den ganzen
winter über ausbleiben werde, während doch, da Hör. im anfang nur die
heisze Jahreszeit vorgeschoben, Mäcenas bestimmt hoffen durfte nach den
Worten quodsi bruma nives Mbanis iUinet agrü zu lesen vales tuus
redibit et ie^ dulcis amice, revisei. bei der lesung der worte ad mare
descendet vates iuus muste Mäcenas sich geteuscht und also verstimmt
fohlen, und Hör. konnte in seinen äugen undankbar erscheinen, da er so
wenig auf die bitten und wünsche seines gönners achtete ; der dichter
niusz also im folgenden den etwaigen Vorwurf der Undankbarkeit zurück-
weisen und zugleich sein ausbleiben auch während des winters entschul-
digen oder rechtfertigen: denn, wolgemerkt, letzteres ist mit dem erste-
ren entschuldigungsgrunde (wegen der heiszen Jahreszeit) nicht entschul-
digt, und «die worte sibi parcet (v. 11) können das fernere ausbleiben
zunächst höchstens motivieren, aber der bitte des gönners um baldige
rflckkehr gegenüber nicht entschuldigen oder gar rechtfertigen.
Dem vorwürfe der Undankbarkeit begegnet Hör. zunächst mit der
Versicherung, dasz Mäcenas vollen anspruch auf seine dankbarkeit habe,
und zwar nicht allein seiner wolthaten wegen , sondern wesentlich auch
wegen der edlen art und weise , wie er sie ihm erwiesen, letztere wird
geschildert zunächst durch zwei gegensätze, nemlich des calabreslschen
Wirtes und des Verschwenders, die pointe der anekdote vom erstem
JahrbOclMr fOr claas. phÜoL 1S68 hft. 8. 14
202 F. Pable: zur erkllruog des ersten buches der Horazischen episteki.
aber ist offenbar die , dasz er elwas verschenken will *was doch nur die
Schweine bekommen' d. h. dinge deren werlhlosigkeit er selber recht
gut kennt (von einer ^demfltigung' des empfingers kann meines erach-
tens gar keine rede sein, da letzterer ja nicht aunimt); der Verschwender
dagegen verschenkt zwar werthvolle dinge, aber er selbst kennt ihren
werth nicht und weisz sie nicht zu wOrdigen ; beiden gegenfiber steht
der edle mann {vir bonus et sapiens)^ der zu werthvoilen gaben stets
bereit ist, aber auch ihren werth wol kennt — man sieht, dignis v. 22
kann durchaus nur neutrum sein, wie dann die betrachtung über die
beiden entgegengesetzten Charaktere v. 21 mit dem gedanken schlosz,
dasz solche art zu geben nur Undankbarkeit erzeuge, so liegt per contra-
rium nach v. 26 der allgemeine gedanke versteckt, dasz der edle geber
dankbarkeit verlangen könne: und diesen allgemeinen gedanken wendet
Hör. gleich v. 24 auf sein specielles verhAltnis zu Hflcenas an. diese con-
dicio des lUcenas , sein anspruch auf dankbarkeit ist eben mit laus und
mit merens angedeutet, und mit letzterem worte wird der hohe herr
selbst als edler geber und woithater bezeichnet; Hör. sagt also v. 24:
^meine pflicht ist es nun, mich der liebenswflrdigkeit meines wollhSters
werth zu beweisen ; und das werde und will ich stets thun' {praesiabo).
das etiam dient also nicht zur verstflrkung des pro laude tnerentis, son-
dem verbindet den ganzen satz mit dem vorhergehenden {ei tarn prae-
stabo = und so will ich denn auch usw.). — Er kann aber sich des
edlen gebers wfirdig erweisen nur durch dankbarkeit (wie das schon der
gegensatz zu v. 21 deutlich anzeigt); dem sinne nach kommt also hier
dignus dem gratus gleich; aber dennoch ist ein wesentlicher unterschied
zwischen beiden ausdrucksweisen, insofern dignutn pro laude meren-
iis eben, wenn auch nur entfernt,« andeutet, dasz ein vir bonus et sa-
piens auch eine andere als die vulgare dankbarkeit verlange , und somit
schon darauf anspielt, dasz ein edler empßnger dem edlen wollhater
gegenüber doch seine freiheit und Selbständigkeit nicht aufzugeben brau-
che, zunächst freilich faszt Hör. den ausdruck dignum pro laude meren-
tis scheinbar nur för gleichbedeutend mit gratus und fihrt v. 25 — 28
fort: * wenn du aber darauf hiu (d. f. in rflcksichl auf deine ansprüche
auf meine dankbarkeit; es liegt dies in dem quod) verlangst, dasz ich
stets um dich sein soll, so muszt du mich erst wieder jung machen.' er
kommt also auf das hauptthema, die entschuldigung wegen des aus-
bleibens auch wahrend des winters, zurdck; dieser sein erster grund
weist zurflck auf das sibi parcet (v. 11) und ist eben der, dasz sein ge-
sundheltszustand im allgemeinen , wie er mit dem höheren alter sich ge-
staltet habe, ihm gebiete nicht immer seinen aufenthalt in Rom zu neh-
men, die scherzhafte laune, in welcher der dichter diesen entschuldigungs-
grund vorbringt, ist unverkennbar: die gliederung finde ich in dem drei-
maligen reddes (mir fehlt, sagt Hör., a) kraft und rOstigkeit des körpers;
b) witz und anmut der Unterhaltung; c) lebenslustiges gemdt).
Es scheint nun zwar dieser entschuldigungsgrund auf den ersten
blick durchaus zutreffend: denn so unangenehm es dem HScenas vielleicht
auch war, den Umgang mit seinem geistreichen freunde so lange nnd
F. Pahl«: zur erkläniDg des ersten buches der Horazischen epislelo. 203
zwar noch den ganzen winter über entbehren zu müssen, er konnte doch
unmöglich dem dichter den aufenthalt in Rom zumuten, wenn diesem die
schwache des alternden körpers das verweilen in der hauptsladt verbot,
aber schon der humor. In dem Hör. an unserer stelle von seioem alter
spricht, zeigt deutlich, dasz es ihm mit diesem entschuldigungsgrunde
nicht so rechter ernst ist, dasz er selbst nicht so recht an die Stich-
haltigkeit desselben glaubt und also auch bei Mäcenas den rechten glau-
ben daran kaum voraussetzt: und allerdings war ja Hör., als er diesen
brief schrieb, gewis in höheren jähren, aber doch sicher noch nicht ein
verfallener greis; lingere ruhe und pflege des körpers mochten ihm ganz
gut thun , waren aber doch sicher nicht absolut notwendig, auch würde
nach meiner meinung Hör., wenn er wirklich sich jetzt schon hinlänglich
entschuldigt und gerechtfertigt gefühlt hätte, sicherlich selbst gern ver-
mieden haben den folgenden so delicaten punct zu berühren, demnach
beginnt meiner auffassung nach von v. 29 an die ausffihrung eines zweiten
entschuldigungsgrundes, den ich ohne Umschweife ausgesprochen finde
V. 44. 4ö in den Worten mihi iam non reffia Roma placet d. i. ich mag
eben das leben in Rom und speciell bei hofe {regia) nicht mehr — ein ge-
danke der wol auch einige beleuchtung findet durch das experius meiuit
in ep, I 18, 87. diese entschuldiguog nun aber konnte Mäcenas in doppel-
ter hinsieht anstöszig finden, denn erstens: muste es nicht oder konnte
es nicht von Hör. undankbar erscheinen, dasz er unbekümmert um seines
hohen gönners dringende wünsche seinen launen, seinen neigungen folgte?
konnte man angesichts eines solchen Verfahrens nicht mit recht sagen,
dasz er doch seinem wolthäter gegenüber Verpflichtungen und Verbind-
lichkeiten trage? zweitens aber lag ja auch möglicherweise eine du*ecte
beleidigung des Mäcenas oder doch seines umgangskreises darin , wenn
Hör. erklärte dasz ihm dieser nicht mehr gefalle, diese beiden anstöszlg-
keiten, die möglicherweise in seiner erklärung {mihi iam non regia Roma
placei) gefunden werden konnten, sucht der dichter nun sowol in dem
was von v. 29 an derselben vorhergeht, als in dem was derselben nach-
folgt zu beseitigen.
In dem bilde vom füchslein in der komkiste (v. 29 — 33) ist natür-
lich das tertium comparationis des füchsleins gefangenschaft: wie dieses
sich gütlich gethan an fremdem gute und dafür nicht wieder fortkann,
so ist auch, kann man sagen, der empfänger von gaben und geschenken
seinem wolthäter gegenüber gebunden ; und wie das füchslein seine frei-
heit nur durch rückgabe der genossenen speisen wieder gewinnen kann,
so auch «der empfänger von wolthaten nur durch deren rückerstattung.
solchen auslebten gegenüber kann Hör. denn freilich nichts erwidern:
er erklärt einfach dasz, wenn man ihm solche gebundenheit auferlegen
wollte (v. 34: in dem wenn liegt offenbar eine gewisse Voraussetzung
des Hör., dasz der edle Mäcenas solciie aosichten über ihr gegenseitiges
Verhältnis nicht hege und solche anforderungen an seine beschenkten
freunde nicht stelle) , er die geschenke lieber zurückgeben würde (v. 34),
und dasz seine freiheit ihm nicht feil sei für alle schätze der erde (v. 36).
nur bei dieser engen Verbindung von v. 34 und v. 36 kommt v. 35 zu
14'
204 F. Pahle: zur erklärung des ersten buches der Horazischen episteln.
seinem vollen rechte und zugleich zu seiner richtigen erklirung; dem gan-
zen zusammenhange nach ist die Döderleinsche Interpretation (*zwar bin
ich nicht etwa der edleren genüsse öberdrassig und fühle mich nicht ange«
zogen von dem stupiden vegetieren des groszen haufens') allein stichhaltig,
aber wolgemerkt, Hör. redet hier nicht von der absoluten persönlichen
freibeit, von der eigentlichen ungebundenheit und zwanglosigkeit , son-
dern nur von oiia Uberrima^ was ich nicht anders verstehen kann als
von der Freiheit, den persönlichen neigungen, wünschen und bedürfiiissen,
soweit sie den zustand des ich wesentlich bedingen (mit ausschlusz frei-
lich der eigentlichen ^launen'), zu folgen und nachzugehen; denn dasz
der dient seinem hohen gönner manches nachgeben müsse, dürfe und
könne, ohne seine persönliche würde zu verletzen, das spricht Hör. in
der 16n wie in der 17n epistel deutlich genug aus. es ist eben nicht
der eingebildete stolz auf persönliche Verdienste und leistnngen , nicht
das mftunlich sein sollende und doch so oft nur der weibischen eitelkeit
ähnelnde eckige Selbstgefühl, welches durch die humanen rücksichten
selbst auf den edlern und bessern nachbar der eignen Persönlichkeit und
würde etwas zu vergeben wfihnt, was unserem dichter das cuncta re-
Signa in den mund legte: dasz er von solchem falschen stolze frei sei,
dafür beruft er sich auf den MScenas seihst und dessen erfabrung mit
den Worten in v. 37 f. denn hier zwingt zunächst das vorangehende reo:
mit notwendigkeit, dM pater weniger nach deutscher weise von der ge-
mütlichen seile als im altrömischen sinne zu fassen; wir legen uns diese
beziehung nfther , wenn wir patronus für pater substituieren und rex-
que paterque etwa ^gebieter und schutzherr' übersetzen, so wird denn
auch verecundus in seiner richtigen bedeutung hervortreten, welches
seinem stammverbum nach nur ^schüchtern' oder allenfalls ^zurflck-
haltend' bedeuten kann und in der von den auslegern gewöhnlich ange-
zogenen stelle Cic. Phil, 12, 5, 11 erst mit dem zusatze in posiulando
zu einer bedeutung zusammenschmilzt, die unserm ^bescheiden' ziemlich
entspricht, also sagt Hör.: 'eiller stolz gibt mir diesen entschlusz {cuncta
resignandi) und diese erklürung (me oiia liberrima non mutare diviiiis
Arabum) nicht ein ; denn stets war ich in meinem benehmen gegen dich
schüchtern und sprach von dir nur als von meinem gebieler und schütz-
herrn/ daraus folgt denn auch , dasz unser dichter bei seiner erklArung
gerade nur von dem richtigen, edlen Selbstgefühl, dem wahren mannes-
stolze beseelt war, der sein ich nicht aufgeben will und nicht aufgeben
kann, der also auch , wenn ihm solche Zumutungen gemacht werden soll-
ten (hac ego si compellor imagine) , im vollsten sinne potesi donata re-
panere laetus; auf das vorhergehende nemlich, nicht auf das folgende
ist V. 39 (*nach dem eben gesagten kannst du ermessen , ob ich frohes
mutes verzichten kann') zu beziehen.
Es hat also bis jetzt (v. 29 — 39} der dichter, im begriff seine per-
sönliche neigung als entschuldigungsgrund für die noch weitere Verlänge-
rung seines ausbleibens vorzubringen , vorlaufig sich dagegen verwahrt,
dasz er durch annähme von geschenken sich dem MScenas gegenüber ge-
bunden und gleichsam seine freiheit verkauft habe, seine zweite aufgäbe.
F. Pahle: sur erklflrung des ersten buches der Horazischen episteln. 206
wie wir oben sahen , ist nun die, das mihi tarn tum regia Roma placei
so einzukleiden , dasz es den MScenas und seinen umgangskreis nicht be-
leidige ; und diese aufgäbe löst er von ▼. 40 an. lassen wir die beiden
anekdoten von Telemacbos und von Vultejus Mena vorläufig bei seite
(denn abgesehen von ihrem ethischen zwecke, den HScenas in heitere
iaune zu versetzen, haben sie logisch ja nur die bedeutung, die ansichten
des Hör. concret zu veranschaulichen und zu beweisen), so fallen zu-
nächst die worte partum parva decent v. 44 ins gewicht : *ich bin ein
parvuf* sagt also Hör. *d. h. von herkunft, erziehung, anerzogener
lebensweise bin ich ein einfacher mann ; - also sagt mir am meisten das
einfache zu und sieht mir am besten.' damit ist denn also deutlich ge-
nug ausgesprochen, dasz Hör. die schuld, dasz ihm die regia Roma
nicht gefällt, in sich selber, lediglich in seiner ihm anerzogenen und
vielleicht kleinlichen und engherzigen lebensanschauung suche; zugleich
liegt aber darin wiederum klar angedeutet, dasz seine neigung nicht eine
vorübergehende Iaune, die er vielleicht dem Häcenas gegenüber gern
geopfert hätte, sondern ein ausflusz des individuellsten seins und habens
ist, bei welchem das nee otia ditniüs Arabum liberrima muto seine
vollkommenste berechtigung hat ; und gerade diesen gedanken führt er
noch deutlicher in der aus der anekdote von Mena zu ziehenden nutzan-
wendung (v. 96 — 99), wenn er sagt, das sei gerade das verum ^ dasz
jeder sich nach seinem masze messe, sobald es sich um Vermittlung zwi-
schen lebensanschauung und lebensweise handle — wobei denn das de-
minutivum modulo in rflcksicht auf partmm parva decent (v. 44) wieder
äuszerst fein gewählt ist.
Diese letzten gedanken nun sollen veranschaulicht und bewiesen
werden durch die erzählungen von Telemacbos und von Mena. und da
müssen wir denn festhallen dasz, wenn auch Hör. bei den Worten tu me
fedsti locupletem (v. 14) vielleicht nur an das Sabluum und sonstige
eigentliche geschenke des Mäcenas gedacht hat, er doch (wie alHlium
V. 35, auch cuncta v. 34 andeutet) im allgemeinen und wesentlich die
ganze lebensstellung, den Umgang mit den gebildeten, das ansehen bei
bofe und der hdchsten römischen aristokralie usw. usw. im äuge gehabt
hat, was alles er ja auch dem Mäcenas indirect verdankte, wenn also
Menelaos dem Telemacbos eigentliche geschenke macht, so will Hör.
doch unter deren bilde jene uneigentlichen geschenke des Mäcenas we-
sentlich mit verstanden wissen, wie denn ja auch die geschenke, welche
Mena von Philippus empfängt, für erstem eine ganz neue lebensweise
bedingen, nur so versteht sich ganz der plötzliche Übergang von den
die geschenke ablehnenden worlen des Telemacbos zu mihi iam non
regia Roma placet^ so die anwendung der erzählung von Mena auf die
eigne lebensanschauung und lebensweise, wobei das dimissa (v. 96) spe-
ciell auf des dichlers frühere einfachheit hinweist, nach der er sich eben
zurücksehnt.
Wir hätten also in unserer epistel folgenden gedankengang :
I) entschuldige dasz ich schon so lange ausgeblieben bin ; furcht vor er-
krankung hielt mich in der heiszen Jahreszeit von Rom fem (v. 1—9).
206 F. Pahle: zur erklAniDg des ersten buches der Horasischen episteln.
II} ich werde aber aucb den winter über fortbleiben (v. 10 — 13); denn
1) trotz deiner gerechten anspröche auf meine dankbarkeit (v. 14 — 23),
die mich gern deine wünsche erfüllen lAszt (v. 24), gebietet mir dies
schon die rücksicht auf meinen alternden körper (v. 25 — 28) ;
2) meine neigung, oder besser gesagt meine lebensanschauung — und
die freiheit dieser zu folgen gebe ich um keinen preis auf (v. 29 —
36), und zwar nicht aus eitlem stolze (v. 37 — 39) — passt nicht
für die regia Roma , so dasz ich besser thue es zu machen wie Te-
lemachus oder Meoa (v. 40—98).
Zum schlusz noch einige Worte über die stelle v. 55 — 59. ver-
bindet man notum mit sine crimine oder nimt man es absolut, so bleibt
es in beiden fällen hnmer anslOszig , dasz auf das asyndcton der attri-
butiven bestimmungen in v. 56 (zu denen natürlich esse zu ergänzen
sein würde) das polysyndeton der Infinitive folge und dieses hinwiederum
asyndetisch aufgenommen werde von dem attributiven gaudeniem. die-
sem anstosze geht man nur dadurch aus dem wege , dasz man mit Pauly
die infinitive in v. 57 von noium abhängig macht, so dasz zusammen-
gehören die asyndeta Menam^ praeconem^ ienui censu^ sine crimine ^
notum , gaudentem ; die so entstandene concinnltät wird dann noch da-
durch gehobeh, dasz nun, v^ie von noium das polysyndeton der infinitive,
so auöh von gaudentem ein polysyndeton [parvisque sodalibus et lare
certo et ludis et campo) abhängt. — In v. 58 hat bekanntlich Döderlein
sich wieder für Jare curio statt des diplomatisch beglaubigteren lare
certo entschieden: sicherlich mit unrecht, denn zunächst kann doch
v. 57 unmöglich die Uhätigkeit' des Mena in dem sinne schildern sollen,
dasz ihm v. 58 als Schilderung der ^gesinnung' desselben gegenüberstände,
oder ist etwa cessare die ^tliätigkeit' des Mena? und ist es etwa ein
charal(teristischcs merkmal seiner gesinnung, dasz er an ludis et campo
ebenso seine freude hat wie die Römer alle? es schildert v. 57 das trei-
ben des Mena insofern, als dadurch seine ehrenwerthe, bürgerliche ge-
sinnung zum ausdruck gelangt (er ist eifrig auf sein geschäft und auf
seinen verdienst, aber nicht etwa aus habsucht und gewinnsucht, sondern
so dasz er auch gern wieder zu seinem vergnügen ausgibt), es hat also
nach V. 57 Mena auch seine Vergnügungen ; unter solchen aber hat man
sich nicht die lustbarkeiten und kostspieligen genüsse der vornehmen
weit vorzustellen, sondern es sind eben die allereinfachsten Vergnügungen,
wie z. b. kleine tischgeseilschaflen nnd ein eigenstübchen (welches für
lente seines Standes eben schon ein luxus war), und ebenso die gewöhn-
lichet erholungen des römischen bürgers, ludi und campus, so will
V. 58 uns zunächst die Vergnügungen aufzählen , die Mena sich in seinen
Verhältnissen erlaubt; erst in zweiter llnie steht, gleichsam zwischen den
Zeilen , dasz dies doch recht bescheidene Vergnügungen seien und dasz es
für den genügsamen und in sich frohen sinn des Mena spreche, wenn er
an solchen dingen eine wirkliche freude empfinde.
(der schlusz folgt im nächsten hefte.)
Jeveb. Friedrich Pahle.
G. Kruger: zu Giceros rede für Sex. Boscius. 207
29.
ZU CICEBOS EEDE FÜR SEX. EOSCIUS.
9, 26 ac primo rem differre cotidie ac procrastinare isii coepe-
rutUy deinde aUquanto hntius [nihil] agere aique deludere^ postremo^
id quod facile inleUecium est, insidias viiae huiusce [Sex. Roscii] pa-
rare , neque 9ese arhitrari posse diutius dlienam pecuniam domino in-
coiumi obiinere, die in klammern gesdilossenen worle sind von Halm
und von du Rieu als glosseme ericannt. schon früher nahm Heusinger an
dem ausdrnck coeperunt anstosz , den zu streichen jedoch , worauf eben-
falls Halm bereits hingewiesen hat , die Stellung des subjecls isli nicht
gestattet, auch ist die Verbindung der worte differre cotidie ac pro-
crastinare coeperunt an und für sich unbedenklich, da ja cotidie aus
logischen gründen nicht zu coeperunt gehören kann, vielmehr, wie die
Stellung zeigt, ebenso wol auf differre wie auf procrastinare zu be-
ziehen ist. wollen wir indessen in den Worten ac procrastinare nicht
nur eine immerhin etwas matte erlflulerung des vorhergehenden allge-
meinen begrifls rem differre cotidie, sondern zugleich eine dem ge-
danken der ganzen periode sehr angemessene Steigerung erkennen, so
wird diese durch folgende leichte Umstellung gewonnen: ac primo rem
differre ac cotidie procrastinare isti coeperunt.
20 , 56 anseribus cibaria publice locantur et canes aluntur in
Capitolio, ut significent, si fures venerint. at fures intemoscere non
possunt: significant tamen, si qui nociu in Capitolium venerint, et
quia id est suspiiiosum, tametsi besiiae sunt, tarnen in eam partem
potius peccant, quae est cautior. in diesem, wie Halm richtig urteilt,
*etwas abgeschmackten und, weil die vergleichungspuncte nicht recht
stimmen wollen, gesucht erscheinenden vergleich' der ankUger als Wäch-
ter der öiTentlidien Sicherheit mit den gSnsen und hunden des Gapitols
macht sich Cicero selbst mit den werten at fures intemoscere non pos-
sunt einen einwurf , welchen er allerdings nicht völlig widerlegen kann,
dessen bedeutung er aber sofort auf das richtige masz zurückführt , in-
dem er fortfährt: significant tarnen usw. zunächst, meine ich, fordert
hier der gedankenzusammenhang, dasz der causalsatz quia id est suspi-
tiosum zum vorhergehenden gezogen wird, auszerdem aber bilden die
Worte tametsi bestiae sunt einen schleppenden , völlig überflüssigen Zu-
satz, der unmöglich von dem redner selbst herrühren kann, vielmehr
werden wir darin ebenso wie in den bereits von Halm und Benecke ge-
tilgten Worten in suspitione und sine suspitione {$ 67), welche die an
und für sich schon störende breite dieser digression noch vermehren , die
randbemerkung eines abschreibers zu erkennen haben, der durch dieselbe
die Worte significant tarnen richtig zu erklären glaubte, als dann später
jener zusatz an einer falschen stelle in den text sich verirrt hatte, wird
dieser umstand das nächststehende tarnen noch zur weiteren folge gehabt
haben, demnach schlage ich vor: at fures intemoscere non possunt:
significant tarnen, si qui noctu in Capitolium venerint, quia id est
208 G. Kräger: zu Giceros rede ffir Sex. Roscius.
suspitiosutn^ et [iametsi besiiae sunt^ tarnen] in eam fkattem poUus
peccant^ quae est cautior.
27, 74 quo modo occidit? ipsene (so Fleckeisen; die hss. ipte)
percussit an aliis occidendum dedit? si ipsum arguis, Romae nonfuit:
si per alios fecisse dicis^ quaero quos^ servosne an Uberos? st per
Hb er OS (von Halm nach Matthias und Madvigs Vorgang ergänzt), quos
homines? indidemne Ameria an hosce ex urbe sicarios? si Ameria^
qui sunt ii (so Halm; die hss. Af)? cur non nominantur? si Roma^
unde eps noverat Roscius^ qui Romam multis annis non venit neque
umquam plus triduo fuit? übt eos convenit? quicum conloculus
(so Stanger; die hss. locuius) est? quo modo per suasit? pretium de-
dit? (so Richter; vulg. ^pretium dedit.*) cui dedit? per quem dedit?
unde aut quantum dedit? nonne his vestigiis ad Caput mdleflcü per -
veniri solet ? obwoi besonders in neuerer zeit das verstSndnis der vor-
stehenden fragen , mit welchen Cicero den anklager Eruclns *) bestdrmt,
in kritischer und exegetischer hinsieht mehrfach gefördert ist , so schei-
nen mir doch an zwei stellen die ursprflngHchen worte des redners noch
nicht wieder hergestellt zu sein, einmal nemlich halte ich für unerträg-
lich die nichtWiederholung der pr9position in denworten: si per alios
fecisse dicis^ quaero quos^ servosne an Uberos? wenn es gleich
nachher heiszt: si per liberos^ quos homines? so ist nicht zu vergessen,
dasz die ersten drei worte in sämtlichen hss. ausgefallen sind und dem-
nach möglicherweise zugleich die prSposition vor dem fragpronomen auch
hier verloren gegangen ist. da indessen quaero vom redner ausgelassen,
so schlieszen sich hier die worte quos homines leicht an die unmittel-
bar vorhergehenden si per Uberos an, und die nichtWiederholung der
Präposition kann an dieser stelle ebenso wenig befremden wie S 79 in
den Worten conveniat mihi tecum necesse est . . aut ipsum sua manu
fecisse, id quod negas, aut per dliquos Uberos aut servos. Uberosne?
anders, an unserer stelle , wo nicht nur das eingeschobene quaero , son-
dern auch die dann ohne prSposilion folgende gliederung servosne an
Uberos es sehr wahrscheinlich macht dasz Cicero geschrieben hat : si per
*) [beiläufig: welches ist die richtige quantität dieses namens Eru-
cius7 in Ciceros rede kommt er bekanntlich am hänfi^ten im vocativ
Eruei vor, und ich erinnere mich diese form von Bchfilem und auch
von lehrem nie anders haben aussprechen zu hören als Erüeiy von den
letzteren vermutlich wegen des anklangs an den Horazischen vers eru^
ea» mrideSf imdas ego primus amaras — . dieser anklang ist aber ein
trügerischer: der eigenname Erucius hat mit der pflanze eruca {rauke)
nicht das mindeste zu schaffen, sondern er ist die lateinische form des
griechischen '6ptJKioc, von '€puS ''CpuKoc gebildet der anklSger des
Bextns Roscius stammte wahrscheinlich aas Unteritalien: denn hier
finden wir den namen Erucius noch mehrfach in inschriften erhalten
— Mommsens index zu den IBNL. weist ihn 7mal auf, 2mal den weib-
lichen namen Eruda — und dasz er wirklich mit dem namen des sici-
lisch en berges zusammenhängt, ist mir darum wahrscheinlich, weil er
unter jenen 7 malen 2mal in der form Herueius auftritt, gerade so wie
die Venui Erucina inschriftlich auch als Berudna erscheint, also ist
Erucius ein procelensmatischer wortfusz und man hat den vocativ 'ErUci
zu lesen. A, F.]
G. Krilger: zu Ciceros rede für Sex. Roscius. 209
ahos fedsse dicit^ quaerOy per quosf*) servosne an liberos? wenn
femer Slanger die hsL Überlieferung quicum locutus est verändert in
quicum conlocutus est^ so hat er mit diesem verbum gewis das ur-
sprüngliche restituiert; docli hüte er sich nicht durch die spftter folgen-
den Worte numquam cum hotnine quoquam conlocuium esse^
numquam in oppido constitisse bestimmen lassen sollen, im vorhergehen-
den quicum beizubehalten, vielmehr war hier die priposition von dem
fragwort abzutrennen und mit dem folgenden verbum zu verbinden, dann
liegt in den vier fragen: unde eoi noverat Roscius? ubi eos con ve-
nu? qui conlocutus est? quo modo persuasit? eine passende
Steigerung, und das zu conlocutus est und persuasit gehörige object,
(1. h. auch hier nicht ein einzelner, sondern die gesamtheit der angeblich
in Rom gedungenen meuchelmürder, ergänzt sich aus dem zu den beiden
ersten gliedern hinzugefügten object eos von selbst.
29, 80 interdum (so Ursinus; die hss. interim; Kayser Herum)
mihi videriSj Eruci^ una mercede duas res adsequi velle^ nos iudicio
perfundere^ accusare autem eos ipsos a quibus mercedem accepistü
nachdem Halm früher die von allen hss. überlieferte lesart perfundere
als * wahrscheinlich corrupt' bezeichnet hatte, schlosz er sich in der
vierten aufläge (1863) der emendation pessumdare an, welche inzwi-
schen Fleckeisen und Trojel unabhängig von einander gefunden hatten,
aus der 1867 erschienenen fünften aufläge dagegen ist jenes allerdings
hei Cicero selbst sonst nur in einem fragment einer seiner frühesten
reden (bei Quintilian VIII 6, 47; vgl. Fleckeisen in diesen jahrb. 1866
s. 550 anm. *^}) vorkommende wort wiederum verschwunden , ohne dasz
ersichtlich ist, welche gründe hierbei für den herausgeber entscheidend
gewesen sind, dieser hat jetzt selbst perfundere in pervertere geändert
und dies in den text gesetzt, eine conjectur der unseres erachtens die
äuszere Wahrscheinlichkeit abgehl , wenngleich die wendung iudicio per-
vertere auch sonst sich nachweisen läszt; vgl. pro SesUo 67, 140 atque
hunc tarnen flagrantem invidia propter interitum C. Gracchi semper
ipse populus Romanus periculo liberavit: alia quaedam civem egre-
gium iniqui iudicii procella pervertit. ceteri vero aut repen-
tina vi perculsi ac tempestaie populari per populum tamen ipsum
recreati sunt atque revocati aut ommno invulnerati inviolatique vixe-
runt, indem wir uns , was die erklärung der stelle betrifft , an die von
Kratz in diesen jahrb. 1866 s. 550 f. gegebene auseinandersetzung an-
schlieszen und demnach unter iudicium nicht im allgemeinen *die gerichts-
verhandlung*, sondern *den letzten entscheidenden act, den Urteilsspruch'
verstehen , können wir doch der von demselben gelehrten versuchten ret-
tung der lesart perfundere nicht beistimmen , schlagen vielmehr statt
dessen vor iudicio percutere, Cicero selbst gebraucht dieses wort
mehrfach in bezug auf das einschlagen des blitzes: vgl. in Cat, HI 8, 19
*) febenso schon Halm in der Zürcher ausgäbe 1854.]
^) [und Halm beitrftge zur beriehtigang nnd ergänzang der Cicero-
nischen fra(i;mente (1862) s. 8, dessen behandlnng jenes fragmentes mir
an der oben erwähnten stelle nicht hfttte entgehen sollen. A. F.]
210 G. Kräger: zu Ciceros rede för Sex. Roscius.
memoria tenetis^ Coita ei Torquato eoss, complures in CapiioUo res
de caelo esse percussas» de deor. not. III 35 , 84 hunc igüur nee
Olympius luppiter fülmine percussit nee Jescuiapius misero diuiur'
noque morbo tabesceniem interemit. sehr nahe lag es durch dasselbe
wort in Oberlragener bedeutung, wie durch percellere an der eben ange-
führten stelle der rede j^ro Sestio^ eine Verurteilung zu bezeichnen, welche
'den angeklagten wie ein blitz aus heiterem himmel trifll'.
52, 152 an vero^ iudiees^ vos non inlellegUis nihil aUud agi^ nisi
ut proscripiorum liheri quavis ratione ioUantur^ et eins rei initium in
vestro iure iurando atque in Sex, Roscii peHculo quaeri? auf den in
dieser frage enthaltenen gedanken kommt Cicero, wie Halm richtig be-
merkt, demnfichst zurück mit den werten $ 153 quodsi id vos suscipitis
usw. vorher aber lesen wir in allen hss. in unmittelbarem anschlusz an
jene frage: dubiumne (so hatte ich langst statt der vulgata dubium
vermutet , als ich sah dasz jenes durch den codex G bestätigt wird) est^
ad quem malefidum pertineat^ cum videatis ex altera parte sectorem^
inimicum , eicarium eundemque accusatorem hoc tempore , ex altera
parte egentem^ prcibatum suis ßium, in quo non modo culpa nuüa^
sed ne suspiHo quidem potuit consistere ? numquid huic (so mit Madvig
und Kayser statt hie) aliud videtis obstare [^Roscio'] , nisi quod patris
bona venierunt? was soll hier, wo es dem redner nur darauf ankommt
hervorzuheben , dasz es den sectores einzig und allein darum zu thun ist
ut proscripiorum liberi quavis ratione toüantur^ damit diese nicht etwa
^in folge einer politischen reactlon wieder In ihre rechte und gfiter ein-
gesetzt werden', was soll hier die in jenem lose angeknüpften Zwischen-
satz enthaltene recapitulatton der in früheren teilen der rede ($ 88. 13.
107) ausführlich bewiesenen hauptpuncte, die es auszer zweifei stellen,
ad quem maiefidum pertmeatl hier, wo soeben durch die worte ut
proscripiorum liberi quavis ratione iollantur die wahre absieht der
sectores ohne jeden räckhalt aufgedeckt ist, kann jene Wiederholung
längst abgemachter dinge, zumal in dieser form, nur störend wirken,
ich meinerseits vermag daher nicht anzunehmen , dasz der satz dubiumne
est . . consistere? an seiner ursprünglichen stelle steht, musz mich aber
mit dieser andeutung begnügen und anderen den nacliweis fiberlassen,
wo innerhalb unserer rede jene worte unterzubringen sind, denn mit
Worten des redners selbst haben wir es hier zu thun; inhalt und form
verbieten an eine etwa vom rande in den text gekommene bemerkung
eines abschreibers zu denken, schreiben wir dann: nam quid huic
aliud videtis obstare [Roscio'] ^ nisi quod pairis bona vemeruni? so
ist diese frage eine angemessene erUuterung dessen, was durch die un-
mittelbar vorhergehenden worte et eius rei iniiium in vesiro iure iu-
rando atque in Sex. Roscii periculo quaeri hervorgehoben ist. Halms
Übersetzung der partikel kic *bei dieser Sachlage', mit welcher allerdings
auf den Inhalt des von mir gestrichenen satzes zurückgewiesen werden
würde , hat etwas gezwungenes ; ich zweifle nicht dasz Madvig , indem
er huic schrieb und Roscio tilgte, damit das richtige getroffen hat. nach-
dem durch jenen Zwischensatz die werte nam quid huic aliud videtis
G. Krüger: zu Ciceros rede för Sex. Roscius. 211
obsiare yon denjenigen, zu deren begrQndung sie hinzugefügt sind {atque
in Sex, Roscii periculo guaert}^ abgetrennt waren, konnte um so leich-
ter ein abschreiber sich veranlasst sehen huic durch Roscio zu erläutern.
53, 153. der redner fährt fort: quod si id vos suscipitis et ad eam
rem operam vesiram profiiemini^ si idcirco sedeiis^ ut ad vos addw
cantur eorum Hberi, quorum bona venieruni^ caveie . . ne wwa et
muüo crudelior per vos proscriptio insiaurata esse videatur. illam
priorenty quae facta est in eos qui artna capere poiuerunty tarnen
senatus suscipere noluity ne quid acrius^ quam more nuriorum com-
paratum esset (so Rinkes; die hss. est), publico consilio factum vide-
retur: hanc vero, quae ad eorum liberos atque ad infanUum puero-
rum incunabula pertinet, nisi hoc iüdicio a vobis reicitis et aspema-
mini, videte . . quem in locum rem publicam venturam (so Halm;
die hss. perventuram) puietis. Halms erläuterung der worte quae facta
est in eos qui arma capere potuerunt ^also nicht gegen wehrlose'
scheint bestätigt zu werden durch die den gegensatz bildenden worte
hanc vero, quae ad eorum liberos atque ad infantium puerorum in^
cunabula pertinet; die wehrlosen opfer der nova et muUo crudelior
proscriptio wiren demnach gegenübergestellt den nicht wehrlosen
der ersten proscriptionszeit. gehörte denn aber auch der angeklagte
Sextus Roscius, um welchen es sich doch zunSchst hier handelt, zu den
wehrlosen? doch gewis nicht, wie ja vor allem die vorliegende, zu sei-
ner rettung gehaltene rede beweist, der von dem redner aufgestellte
gegensatz musz demnach ein anderer sein, der uns hergestellt zu sein
scheint, sobald wir schreiben: in eos qui arma capere voluerunt.
dann erst ist die partikel tamen völlig verständlich : 'obgleich jene pro-
scriptionen des Sulla sich richteten zunächst gegen diejenigen bärger,
welche nach ihrem eigenen , freien entschlusz am bfingerkriege thätigen
anteil genommen und dadurch dem sieger gegenfiber eine schuld auf
sich geladen hatten {arma capere vöhserunt; Cicero sagt von sich selbst
S 142: fateor (me) insanisse, qui cum Ulis senserim, tametsi inermis
sensi, was Halm richtig erklArt: 'ohne selbst am kämpfe teil genommen
zu haben') , so hat dennoch der seuat die Verantwortung för jene pro-
scriptionen nicht Obernehmen wollen ; um so mehr hütet euch , ihr rich-
ler, dasz ihr durch euer urteil die zeit einer nova ei müUo crudelior
proscriptio herbeiführt, die sich richtet gegen völlig unschuldige
(ad eorum liberos atque <»d infantium puerorum incunabula), welche
man nur deshalb beseitigen will, weil sie die söhne proscribierter bürger
sind.' diese darlegung des gedankenganges zeigt, weshalb Cicero die
Umschreibung mit velle dem einfacheren ausdrucke qui arma ceperunt
oder ceperant vorgezogen hat. zugleich stehen nun die worte qui arma
capere voluerunt in einem scharfen gegensatze zu den unmittelbar
folgenden tamen senatus suscipere noluit, so dasz wir keineswegs
genötigt sind zu der von Hermann Müller im rbein. museum XXI s. 426
mit recht verworfenen theorie des pleonastischen gebrauchs von velle
unsere zuflucht zu nehmen.
Chablottenbubq. Gustav KniiGEB.
4
f
212 Lucian Mfiner: Titus Maccias Plaulus.
80.
TITUS MACCroS PLAUTÜS.
Nachdem alle weit die frage, ob Titas Maccias oder Marcus Accius
Plautus, abgethan wShnle, haben neulich einen Italiftner, hrn. Vallauri
in Tarin , die lorbeeren , die sich Geppert ^excellentis ingenii et doclrinae
vir% wenn wir seinem aemulus trauen dürfen (über Lachmanns bezeich-
nung Wir dootissimus' vgl. das litterarische cenlralblatt 1867 sp. 1054),
bei dem philologischen publicum erworben hat, nicht schlafen lassen, in-
dem ich beiden grossen gelehrten nur noch den rath erteile nun, wo
möglich viribus unitis, ihre ersprieszliche tbatigkelt dem gleichfalls durch
Rilschls hyperkritik in discredit gekommenen Plautinischen namen ^Asi-
ntus' zuzuwenden, nehme ich von ihnen abschied und komme zur sache.
als ich nemlich für eine anzeige von Vallauris schriftchen im litt, central-
blatt noch einmal die stellen der alten, welche für die bezügliche frage
in betracht kommen, durchmusterte, begegnete ich einer, die Ritschi
selbst vielleicht jetzt in der von ihm parerga 1 s. 23 gegebenen fassung
beanstanden würde, sie steht im prolog der Asinarla v. 11
Demöphilus scriptum Mdechi voriit barbare.
Lachmann zu Lucretius s. 116 stellt bekanntlich das gesetz auf 'vocabula
dactylica trochaei loco in versa poni non debere' und Ritschi scheint
diese beobachtung (obwol die im rhelo. museum VIII s. 159 versprochene
behandlung des fraglichen themas noch nidit erfolgt ist) nur für den
ersten fusz der trochften, nirgend für die iamblschen verse, zumal tri-
meter, zu beanstanden (vgl. Fleckeisen in diesen jahrb. 1867 s. 625 ft.'j
für Lucilius, Varro und Phfldrus auch de re metrica s. 416). danach er-
scheint der dactylus Macciü' in obigem verse bedenklich, auch die syni-
zese des t in diesem werte Ist nicht zulässig: vgl. Ritschi proleg. Trin.
s. GLU — CLXlV; denn amhiuni im miles glor. 69 ist richtig emendiert
von Fritzsche (s. Fleckeisen praef. PlautI s. XXIlI). in dem zweisilbigen
Maccius würde noch eine besondere Unmöglichkeit stecken, insofern der
I consona dann zwei gleiche consonanten vorausgiengen. man lese in be-
zug hierauf de re metrica s. 256. für das zweisilbige quaituor ist, wie
ich mit Ritschi im rhein. museum VIII s. 309 meine, stets quattor zu
setzen, noch sei es mir gestattet (so wenig es solcher bedarf) eine kleine
beslfttigung der von Ritschi proleg. s. CLXII aufgestellten form sarire bei-
zubringen, bei Nonius s. 7 u. sariores haben der Bambergensis und Lei-
densis zwar in dem citat aus Varros vinaiia ircpl äqppobiciuiv sarriat^
dieselben aber in dem vers der Captivi 663 sariuni, *) endlich ist auch
*) [dieses factum habe ich, wenigstens in bezuff auf den Bamber-
gensis Nonii, bereits in diesen jahrb. bd. 60 (1860) s. 262 constaüert
und zugleich darauf hingewiesen, dasz auch bei Varro de l. UU, V § 184
das sarcendo des Florentinus vielmebr auf »arienäo führe als auf tar-
riendo, wie in unseren texten steht, überhaupt wird sich bei genaue-
rer Untersuchung, namentlich wenn erst Heinrich KeUs apparat zu den
scriptores rei rusticae vorliegt, vermutlich herausstellen, dasz die alten
Lucian Müller: Titus Macdus Plautus. ' 213
die letzte ausflucht oicht zulässig, man könne dem Verfasser des proIogs
wol zutrauen, was bei Plautus selbst als unstatthaft erscheine, denn
wenn nach Ritschi parerga I s. 238 unser prolog spater als das sechste
Jahrhundert der stadt zu setzen ist, so musz derselbe vielmehr, entspre-
chend dem entwicklungsgange der scenischen metrik, die gesetze des
trimeters sorgfilltiger beobachten als bei Plautus geschieht, und Osanns
Phantasien von einem 'pesaimum numerorum genus' für jene prologe hat
Ritscfai a. 0. s. 236 gebQhrend zurfickgewiesen.
Kurz , wenn der vers von dem wir ausgiengen stehen soll , so musz
geschrieben werden
Demöphiltts scripsit^ M actus vortit bdrhare.
Modus natflrlich als tribrachys. die Zeugnisse aber der hss. sind dieser
Schreibart nicht ungünstig: die jungem bieten zumeist macrus oder
tnacus^ der Vetus des Camerarius maccus, dies letzte vielleicht durch
eine reminiscenz des abschrelbers an die bekannte charaktennaske der
Atellanen. über die form Modus, ihr Verhältnis zu Maiius^ Macdus,
Maitius und die mdglicfakeit ihrer Verkürzung etwas zu sagen ist über-
flüssig; es genügt auf Ritschi s. 37 — 39 der parerga zu verweisen, wer
sich für fthnlicbe Wandlungen eines vocales vor geminierter consona bei
den dactylikern interessiert, möge noch de re metrica s. 360 nachsehen.
Bonn. Luoian Müllbr.
ZUSATZ.
Lange bevor das manuscript vorstehender misceiie in meine hflude
kam, hatte mein freund Bücheier in Greifswald im anschlusz an meinen
aufsatz im vorigen Jahrgang dieser Zeitschrift s. 625 IT. , in welchem ich
das Lachmannsche gesetz von der unzulässigkeit einer dactylischen wort-
form statt des trochäus nAher zu begründen suchte, mir brieflich einige
bemerkungen zu gelegentlicher Verwendung zugeben lassen, von diesen
betrifft eine den oben behandelten vers des prologs der Asinarla , dessen
Schwierigkeit in ganz derselben weise gehoben wird wie oben. Ich glaube
im sinne meines freundes zu handeln, wenn ich die bezügliche deduction
hier unverändert abdrucken lasse :
'Nach demselben metrischen gesetze ist die von Ritschi parerga 1
s. 23 aufgestellte, von Hertz (in der Streitschrift gegen Geppert s. 20)
angenommene Schreibung des Plautusnameos im prolog der Asinaria
Demöphüus scripsit, Macdus vortit barbore nicht richtig, was liegt
aber näher, da über den namen selbst ein zweifei unmöglich, als das
handschriftliche maccus mit änderung 4ines buchstaben in Modus zu
verwandeln? eben diese form mit ^inem c merkt Ritschi a. o. s. 38 aus
einer inschrift von Perugia an, und dies war die vorennianische form,
ich könnte erinnern an Piltpus und Phüippus, tle und ille, sogtto und
nur sarire gekannt haben, sarrire eine gans anberechtigte, weil erst
mittelalterliche schreibong ist. die einzige mir bekannte inschrift, in
der das wort vorkommt, IRNL. 6746, 2, 10 (Orelli II s. 880) bestätigt
dies durch ihr ssgbtsb • sabiyiitvb. A, F.]
214 A. Fieckeisen: Titus Maccius Piautus.
sagitia bei Piautus, an die namen Persona und Porsenna oder Pwsmna^
Cattlus und Catülus und anderes bekanntes bei fast allen dichtem: und
wer zweifelt dasz genus unde Atii duxere latinum und die AHii von
haus aus eins sind und eine Unterscheidung durch die Schreibung erst
später sich Gxierte, so gut wie bei den Claudii und Clodii oder unsern
landslenten Schmidt Schmidt, Schmitt usw. also bei Piautus lebzeiten
Titus Modus, letzteres mit doppelzeitiger pnma, sp9ter constant Biac-
cius,' soweit Bficheler.
Die Plautuskritiker wissen dasz Ritschi an einer spatern slelie der
parerga als der oben angezogenen , nemlich s. 272 fttr den Asinariavers
.auf grund einer mitteilung von Ladewig eine andere fassung vorgeschla-
gen hat, weil ein komödiendichter Demophilos sonst ^gftnzlich unbekannt'
sei, nemlich diese: tarn Diphilus scripsit, Mäccius vortU bdrbare. mit
recht haben sowol Müller als Bficheler diesen Vorschlag oben mit still*
schweigen übergangen und sich an die handschriftliche Überlieferung ge-
halten: denn jene fassung des verses mit dem daclylus Diphilus *) ist ja,
wie wir jetzt wissen, aus demselben gründe, um deswillen der dactylus
Maccius fortzuschaffen war, unmöglich, auch hat Ritschi selbst im 2n
bände seiner kleinen philologischen schriflen s. 683 jenen verschlag mit
folgenden werten zurückgenommen : 'von meinen eigenen früheru Sünden
gegen dieses gesetz liegt mir seit langem keine schwerer auf dem herzen,
als dasz ich einstens im prologvers 11 der Asinaria das gemutmaszle
eam Diphilus scripsit für zulftsslg halten konnte : zumal seit ich zufällig
weisz, wie glücklich auch die zweite vershalfle Mäccius vortit bärbare
von ganz demselben gebrechen befreit worden ist' (womit eben die obige
MQller-Büchelersche emendation gemeint ist).
Ist denn aber der Demophilos uns auch jetzt noch wirklich so
^gftnzlich unbekannt'? im jähre 1845, als Ritschi seine parerga heraus-
gab, war er es allerdings; aber bald darauf ist im PeirSeus eine Inschrift
gefunden und durch M. H. E. Heiers commentatio epigraphica secunda
(Halle 1854} zugänglich geworden, in der dieser name als der eines
komudtendichters wirklich vorzukommen scheint, es ist Bergks scharf-
*) nnd doch kommt diese nemliche dactyliache wortform DiphUiu
einmal statt eines trochäus vor, aber im ersten fasze eines troohfti-
sehen septenarius, wo sie vollkommen gerechtfertigt ist: ich meine die
in Aqnileja befindliche grabschrift ans republicanischer zeit
Diphilus sine aoaritie vixii, dd Ditem venit. vate»
sie steht im CIL. bd. I nr. 14Ö9, nnd ihre metrische beschaffenheit scheint
mir nnzweifelhaft, obgleich Mommsen nichts darüber bemerkt hat. aller-
dings ist mir ein eine vollständige grabschrift bildender trochSiacher
septenar bis jetzt noch nicht Torgekommen; aber dies ist wol kein
hindernis der obigen annähme, anmal da öfters einseifte iambische
senare eine Inschrift aasmachen und anderseits tLberbanpt HrochlUscber
rythmns anf Inschriften eben nicht häufig ist', nm mit Bücheier zu re-
den in diesen jahrb. 1858 s. 68, der aber doch einen einer grabschrift
eingestreaten trochäischen septenar ansaführen weiss, nemlich ron
dem monnment des Soldaten T. Cissonins aus Antioohia in Pisidlea bei
Orelli-Henzen nr. 6674:
Dum nixi, b(bi libenter: 6/Mte vo» qui viviOs,
Philologische gelegenheiUschriften. 215
hlick gelungen ihn, wenn auch nicht mit mathematischer gewishcit, aber
doch mit einiger wahrscheinlicblLeit daselbst nachzuweisen : in seiner an-
zeige der Meierschen abhandiung z. f. d. aw. 1855 sp. 166 spricht er
sich darüber so aus : *in der Inschrift nr. 67 wird mit vollem recht ein
Verzeichnis i(omischer dichter erliannt: da die inschrifl im Peii:äeHs ge-
funden, so möchte ich vermuten dasz sie sich auf die aufffihrungen im
dortigen theater bezog, mit den ergänzungen hrn. M.s bin ich jedoch
nicht überall einverstanden, von dem ersten namen ist nur übrig
«A(H)**«(A)OZ, was jeder restitution widerstrebt, vielleicht ist aber
hier die lithographie nicht genau, und substituiert man A(H)«*4 4t(A)0I,
so ergibt sich AiUiöcpiXoc, und so w&re auch ein urliundliches zeugnis
rar den aus Plautus Asinaria beliannteu dichter gewonnen, wo freilich
Ritschi und Ladewig den namen des Diphilus substituieren wollten.' sehr
zu wünschen wäre es dasz dieser stein auf den namen hin an ort und
stelle noch einmal genau untersucht würde.
Dbesdsn. Alfbed Flbokeisbn.
31.
PHILOLOGISCHE GELEGENHETTSSCHRIPTEN.
Antwerpen (acad^mie d^archdologie de Belgiqne) A. Wagen er:
le monament fontfraire Bomain du muaee des beaux-arts d'Anvers. ex-
trait des annales de Pacaddmie, 2* serie, tome III, druck you J. £.
Buschmann. 1867. 14 s. gr. 8.
Basel (univ., re ctoratefeier) W. Wackernagel: voces variae ani-
mantium. druck von G. Schnltse. 1867. 54 s. gr. 4.
Berlin (akad. d. wiss.) £. Hühner: neue gladiatorentesseren.
ans dem monatsbericht (sitsung vom 25 novbr. 1867). akademische
hnchdmckerei. s. 747—771. gr. 8.
Ellwangen (gymn.) G. F. Schnitzer: de Pindaro nuperrime
emendato. druck von L. Weil. 1867. 80 s. gr, 8.
Göttingen (ges. d. wiss.) £. Gurtius: sam gedächtnis von Gh.
A. Brandts und A. Boeekh. aus den nachrichten. 1867. 21 s. 8.
Greifswald (nniv., lectionskatalog s. 1867) G. F. Schömann:
quaestionum grammaticamm epimetmm. druck von F. W. Kunike.
18 s. gr. 4. — (lectionskatalog w. 1867—68) F. Suse mihi: de Aristo-
telis politicomm libris primo et seouado quaestiones criticae. 18 s. gr. 4.
— (doctordissertationen) Bernhard Fahland (aus Pommern): Appia-
nun in hello Punico tertio describendo aa<^tore usum esse Polybio. 1867.
49 B. 8. — Victor Gampe (ans Neomppin): de pugna Marathonia.
1867. 68 8. 8. — £wald Böcker (aus Solingen): de quibusdam poli-
ticomm Aristoteliorum locis. 1867. 44 s. 8. — Wilhelm Hahn (aus
Lieberose): scaenicae qnaestiones Plautinae. 1867. 50 s. 8.
Halle (zur begräszang der 26n deutschen philologenversamlnng
1 — 3 octbr. 1867, im namen der lat. hanptschule) Th. Adler: salutatio
(s. III — ym) — A. Imhof: emendata quaedam et observata in Staüi
Silvia (s. 1 — 11) — W. Scheuerlein: der conionctivus inssivns der
geforderten seelenthätigkeit im unabhängigen lateinischen nebensatze
(8. 12 — ^22). waisenhausbnchdruckerei. gr. 4. — (im namen des k. päda-
gogiums) G. Thilo: quaestiones Servianae. 53 s. gr. 4. — (für die
germanistische section) lulii Yalerii epitome. zum erstenmal herausge-
geben von J. Zacher. XIY u. 64 s. gr. 8. — R. Yolkmann (in Jan"'^
216 Philologische gelegenheitsschriften.
commentatio de consolatioue ad Apolloniam Pseudoplatarchea. druck
von H. Vaillant in Jaaer. 13 8. gr. 4.
Hof (Stadienanstalt) M. Lechner: de arte Aeschyli rhetorica. druck
von C. Hörmann. 1867. 11 s. gr. 4. — M. Lechner: festrede bei ein-
weihuDg des neuen gymnasiums zu Hof am 7 octbr. 1867 in der alten
aula gehalten, druck von Giesecke u. Devrient in Leipzig. 20 s. roy. 8.
[in welchem Verhältnis der gymnasialunterricht zum öffentlichen leben
stehe.]
Jena (univ., lectionskatalog w. 1867 — 68) ICNipperdey: oratiun-
cula in renuntiatione certaminum habita. Brausche buchhandlang. 10 s.
gr. 4. — (doctordiss.) Benno Born: de Antigonae stasimo secundo.
druck von Rat. 1867. 21 s. gr. 8. -— A. I. Reiohart: die sittliche
lebensanschauung des P. Ovidius Naso. druck von G. Krämer in Pots-
dam. 1867. 58 s. gr.'8. — H. Muess (aus Westphalen): de Syracusa-
norum rerum statu qualis fuit Thrasybulo mortuo usque ad Ducetii
egregii Siculomm ducis interitum. druck von Bat, 1867. 27 s. g^. 8.
Kiel (univ.) O. Bibbeck: Griechenland und Deutschland, rede
zur feier des geburtstages sr. maj. des königs Wilhelm I 22 märz 1867
gehalten, druck von C. F. Mohr. 18 s. gr. 4. — (lectionskatalog w. 1867
— 68) O. Ribbeck: diranun carmen enarratum et recognitnm. 14 s. gr. 4.
Königsberg. K. Lehrs: ein halber bogen Horatiana. die sechs-
zehnte und siebzehnte epistel. druck von Gruber u. Longrien. 1867.
8 B. gr. 8.
Leipzig (ges. d. wiss.) G. Curtius; zur Chronologie der indoger-
manischen Sprachforschung, aus dem 5n bände der abhandlungen. Ver-
lag von S. Hirzel. 1867. s. 187-261. hoch 4. — J. O verbeck: über
den Apollon vom Belvedere und die Artemis von Versailles nebst einer
capitolinischen Athenestatue als bestandteile einer gruppe. ans den be-
richten der phil.-hist. classe 1867 s. 121 — 160. mit 2 steindrucktafeln. —
(univ.f zur Verkündigung der philos. doctorpromotionen 1866 — 67 und
der preisaufgaben für 1868) R. Klotz: adnotationum criticarum ad
Ciceronis librum de natura deorum primum pars I et U. druck von
A. Edelmann. 1867. 9 u. 20 s. gr. 4. — (doctordissertatlonen) Alois
Goldbacher (inTroppau): de L. Apulei floridorum quae dicuntur ori-
gine et locis quibusdam corruptis. druck von G. P. Melzer. 1867.
86 s. gr. 8. — Ernst Windisch (aus Dresden): de hymnis Homericis
maioribus. druck von B. G. Teubner. 1867. 68 s. gr. 8.
Lucern (l^antonsschule) H. Dziatzko: über die Plautinischan pro-
löge, allgemeine gesichtspuncte. druck von gebr. Räber. 1867. 16 s. gr. 4.
Marburg in Steiermark (gymn.) R. Reichel: die deutschen ge-
schlechtsnamen mit besonderer rücksicht auf Marburger namen. druck
von £. Janschitz. 1867. s. 13—39. gr. 8.
Maulbronn (evang.-theol. seminar) G. A. Palm: der magnet im
altertum. druck von A. Müller. 1867. 34 s. 4.
M e i 8 z e n (landesschule, zur beglückwünsohung des gymn. in Bautzen
1 mai 1867) Tb. Vogel: symbolae ad liuguae latinae thesauros. part. I.
druck von Klinkicht n. söhn. 22 s. gr. 4.
Minden (gymn.) R. Grosser: geschichte und altertum er der Stadt
Kroton. zwei teile, druck von J. G. G. Bruns. 1866 u. 67. 143 s. gr. 8.
München (akad. d. wiss.) H. Brunn: über das alter der ägineti-
sehen bildwerke. aus den Sitzungsberichten (sitzung vom 4 mai 1867).
druck von F. Straub. 24 s. gr. 8. — H. Brunn: über die sogenannte
Leukothea in der glyptothek sr. maj. könig Ludwigs I. Vortrag am
26 juli 1867 gehalten. 26 s. gr. 4. — (Ludwigs-gymn.) A. Spengel:
die Partikel nonne im altlateinischen (zu Plautus und Terentius). druck
von F. Straub. 1867. 6 s. gr. 4. — (Maximiliansgymn.) F. J. Lauth:
Homer und Aegypten. 1867. 48 s. gr. 8.
ERSTE AETEILUNa
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HERAUSGEGEBEN VON ALFBED FlECKEISEN.
32.
ÜBEB DIE QUELLEN DER PSEÜDOARISTOTELISCHEN
SCHRIFT n€PI eAYMACIQN AKOYCMATQN.
Seitdem Henricus Stepbanus im jähre 1657 die autoriUt der hand-
schriftea, die uns eine schrift des Aristoteles irepi Oaufiaciuiv äKOu-
c^dTU)V überliefern, zuerst durch das bescheidene urteil in zweifei ge-
zogen hat , dasz er zwar nicht in abrede stelle , dasz diese schrift von
Aristoteles herrühre, jedoch der ansieht sei, die ganze schrift in der ge-
stalte in welcher sie auf uns gekommen, könne nicht Aristotelisch genannt
werden'}: hat sich allmählich die ansieht über die entstehungszelt der
uns unter dem bekannten titel vorliegenden excerpte mit ausreichender
Sicherheit feststellen lassen, ein nicht unerheblicher schritt zu diesem
ziele war das von Westermann (iropaboSoTpdcpoi praef. s. IV. XXVI)
gewonnene resultat, dasz die abschnitte 152 — 178 (ßekker), die sich in
einer handscbrift (Ottobon. 45, U* Bk.) von dem übrigen isoliert finden,
unabhängig von dem vorhergehenden entstanden und erst später dem-
selben hinzugefügt worden seien, eine annaiune der sich Val. Rose (Ar.
pseud. 8. 280) angeschlossen bat. denn da abschnitt 152 aus des Philo-
stratos leben des ApoUonios (16 s. 3 , 30 Kayser) hervorgegangen ist,
168 aus Herodianos (VI 7, 14), eine ganze reihe von abschnitten (158 —
160. 162. 163. 166. 167. 171. 173—175) aus der fälschlich dem Plu-
tarch zugeschriebenen schrift irepl 1^0Ta^uJV Kai öpwv inw^v^dac Kai
TUiv iy auTOic 6uplCK0^^VlJJV, die vermutlich viel späterer zeit ange-
hört als der zeit des Plutarch , jedoch nicht weiter als bis zum fünften
jfa. nach Gh. herabgerückt werden darf) : so würde sich trotz mancher
1) Aristo teils et Theophrasti scripta quaedam etc., Paris 1567, 8|
in der dedicatlon: 'Aristotelis librum illum esse non nego . . sed totam
librum qaalis qaantusqne est Aristotelicum esse, id sane pemeffc'
2) Stobäos hat sie für den lOOn abschnitt seiner blamenfese be-
nutzt (ircpl vöcou kqI Tf^c tuiv KaT'aÖTf|v dviapiS^v XOccujc). er citiert
freilich die antoren welche diese schrift anführt, nnd nicht die schrift
ircpl iroTa|LiOüv, doch bat er nur aas dieser geschöpft, wie ans den ste-
reotypen Wendungen seiner artikel, die mit denen der genannten schrift
übereinstimmen, zur genüge hervorgeht einzelne übrigens unbedeu-
tende abweichungen sind auf ungenauigkeiten oder den schlechten
zustand des textes der schrift ircpl iroTajKÜt)v zurückzuführen.
Jahrbücher fOr elMS. philol. 1868 hit 4. 15
218 H. Scbrader : Qber die quellen der pseudoaristolelischen
älteren bestandleile auch dieser gruppe'} das urteil für eine sehr späte
entstehungszeit des ganzen entscheiden müssen, wenn wir eben alle 178
abschnitte, die uns die Bekkersche ausgäbe aus verschiedenen handschrif-
ten (s. Westermann s. II ff.) zusammengestellt hat, als aus äiner recen-
sion hervorgegangen betrachten dQrften. bei dem mit richtigem blicke
von Westermann erkannten wahren Verhältnisse dieser capitel ist es je-
doch von interesse, dasz sie auszer auf andere quellen auch auf die älte-
re, jetzt mit ihnen vereinte samlung zurückgehen: denn nach dem 161n
abschnitte finden wir in vier handschriften, auszer der schon erwähnten
U' noch R* und N* Bk. und der Wiener hs. Beckmanns, drei abschnitte
aufgenommen, die sich in anderen hss. am anfang der altern Zusammen-
stellung finden und von fiekker als 4r 9r 5r abschnitt herausgegeben
worden sind, ebenso bieten die eben genannten hss. und auszerdem 0*
Bk. nach 177 ein excerpt, das auf die autorität anderer Codices hin als
das 33e bezeichnet worden ist; auch findet sich der anfang des ersten
abschnittes (bis zu dem werte öq)6aX]Lii£iv s. 830* 12) in fOnf hss. (Q R*
N* 0* Bk. und der Wiener hs.) auch am ende der späteren samlung, nach
dem 176n absclinitte, wiederholt.
Ebenso hat Westermann mit recht erkannt, dasz sich für die ersten
151 excerpte kein grund finden läszt, der uns zwänge ihre Zusammen-
stellung einer ebenso späten zeit zuzuschreiben ; er glaubte dieselbe viel-
mehr in die alexandrinische zeit versetzen, innerhalb dieser jedoch be-
trächtlichen Spielraum für dieselbe übrig lassen zu müssen, während Rose
sich durch den um die zeit des todes des Timäos (um ol. 130) herschen-
den geschmack an dergleichen wundergeschichten bestimmen liesz die
nächste zeit nach demselben, etwa oi. 130 — 135, für die entstehung der
samlung anzusetzen (de Ar. libr. ordine et auct. s. 55, Ar. pseud. s. 280)*
Es könnte freilich scheinen , als ob noch ein bei weitem gröszerer
Spielraum für ihre entstehung anzunehmen wäre: denn aus äusseren
gründen ist einerseits feststehend, dasz sie nicht vor dem jähre 289 ent-
standen sein kann, dem todesjahre des im llOn abschnitte erwähnten
tyrannen Agathokles, und anderseits, dasz sie nicht später, als die zeit
des Isigonos ist, zu stände gekommen sein kann, denn diesem hat sie
offenbar vorgelegen, wie eine vergleichung der abschnitte 56 und 57
unserer mirabilia mit dem 7n und 8n der von H. Stephanus dem Sotion
zugeschriebenen fragmente (Westermann s. 183 ff.) ergibt, von denen
sich das erstere auf Aristoteles , das zweite auf Isigonos beruft, so dasz
oflenbar beide dem den sog. Aristoteles benutzenden Isigonos entnommen
3) abschnitt 156 ist aus Ar. poetik 9; 161 aus Theophrast de causis
plant. I 22; 170 ans Eudoxos, wie aus Flinius n. h, XXXI 13 hervor-
geht, wo schon Sylbnrg (zn ause. mir. 184) statt des überlieferten Eu-
dicus emendiert hat Eiuloaus. 177 ist aus Ar. de gen. aniro. IV 10, vgl.
bist. anim. V li. VI 27. 169 scheint aus Timäos zu sein: wenigstens
führt Antigonos Kar. 134 einen teil desselben, der samlung des Kalli-
machos entnommen, aus dieser quelle an, und Strabon VI s. 263*, der
häufig den Timäos benutzt, stimmt fast wörtlich mit diesem abschnitt
überein; auch Theophrast hatte ähnliches berichtet, Flinius XXXI 13»
Tgl. Aelian nat. anim. XII 36.
Schrift Trepl 0ai>)Liaciiuv äKOUCjndTiuv. 219
sind, auch dem neanlen dieser fragmente, das sich ebenfalls auf Isigo-
nos beruft, scheint der 117e abschnitt zu gründe zu liegen, nun ist aber
dieser Istgonos jedenfalls älter als Varro, der ihn benutzt hat, wie richtig
von Rose (Ar. pseud. s. 280) erkannt worden ist, wenn sich auch die
Voraussetzung, dasz die fragmente des sog. Sotion nur excerpte aus Isi-
gonps seien , schwerlich als sicher nachweisen iSszl.
Trotz des somit bedeutend erweiterten Zeitraums, in dem diese mi-
rabilia gesammelt sein können , scheint die von Rose versuchte fixierung
wenigstens annähernd das richtige getroffen zu haben, denn es wäre in
der that ein wunder, ebenso grosz wie die in dieser samlung erzählten,
wenn bei einer beträchtlich spätem redaction derselben sich schlechter-
dings nichts finden sollte, was dieselbe verriethe. so würde es vor allen
dingen befremdlich sein , dasz sich bei einer etwa der letzten hälfte des
zweiten jh. zuzuschreibenden redaction kein einflusz derselben auf die
art und weise zeigen sollte, in der Karthagos erwähnung geschieht, im
gegenteil : die macht dieser Stadt erscheint noch im vollen bestände , so-
woi an sich *) als auch auf den Balearen '), ja vielleicht selbst noch auf
SicUien. •)
Mithin dürften diese excerpte schwerlich später als um die mitte
des zweiten jh., vermutlich jedoch schon bedeutend früher redigiert
worden sein, wobei freilich die von Rose als wahrscheinlich angegebene
zeit um einige Olympiaden zu erweitern sein möchte, der werth oder
unwerth dieser 151 excerpte wird jedoch dadurch nicht alleriert: denn
es liegt auf der band, dasz eine selbst um das jähr 160 aus alten und
guten quellen angelegte samlung von ungleich höherem werthe sein
musz als eine selbst ein volles Jahrhundert früher aus mangelhaften quellen
zusammengetragene.
Das eigentliche kriterium für die bedeutung dieser angeblich Aristo-
telischen Schrift bildet daher das resultat der frage nach dem material
aus dem sie aufgebaut ist , eine frage die eigentümlicher weise mehr als
billig hinter der nach ihrer gesamtabfassung und der Verwendung, die
ihre angaben in späterer zeit gefunden haben, zurückgetreten ist. in der
Beckmannschen ausgäbe (Göttingen 1786) ist durch die grosze fülle des
materials, besonders des naturhistorischen, ein dankenswerther anfang
geboten , doch ebenso wenig wie in der Westermannschen samlung der
paradoxographen zwischen quellen und parallelstellen unterschieden
worden.
Aeuszerst einfach, besonders im gegensatz zu dem Sammelwerke
des Kallimachos, das in der unter dem namen des Antigonos von Karystos
verbreiteten (s. R. Köpke de Antigono Carystio, Berlin 1862, s. ö ff.) Zusam-
menstellung von Wundergeschichten (IcTopu&v irapaböSuJV cuvatuiTfi)
benutzt worden ist, gestaltet sich das Verhältnis zu den quellen nach der
4) abschnitt 136. 5) 88, ans Timttos, vgl. Biod. V 17. 6) Nie-
bnhr röm. gesch. I s. 23 versteht die werte 118 ^v t^ ^irtKparei^ tCliv
KapxT)bov{u)v von dem karthagischen teile Siciliens. (Sotion) 29, der
dasselbe in küree berichtet, hat nur KQTd Kapxnööva, ebenso Vitmv
Vm 3, 8 s. 195 (Rose) Oarthaginu
15*
220 H. Schrader: über die quellen der pseudoaristotelischen
aDsicbt Roses (Ar. pseud. 8. 280), nach welcher die abschnitte 1 — 77,
mit ausnähme von 51 — 60 , aus scbriften des Aristoteles oder des Theo-
pbrastos, die damals unter des ersteren namen verbreitet gewesen wären,
herrühren; 78 — 114, 130 — 136, die in dieser w^eise anzuordnen seien,
sollen aus TimSbs, 137, 115^129, 138 aus Theopompos stammen, so
dasz das ganze als 'mirabilium Aristotelis et Timaei et Theopompi coUec-
tio' bezeichnet wird.
Eine genaue vergleichung jedes einzelnen abschnittes mit allem ein-
schlägigen material ergibt jedoch ein anderes, weniger einfaches resultat,
das hier in kürze zusammengefaszt werden mag.
Der anfang unserer jetzigen samlung ist zum grösten teil aus Aris-
toteles genommen , und zwar enthalten die ersten 30 abschnitte fast aus-
schlieszlich (nur der 29e bildet eine ausnähme) berichte über eigen-
tümliche oder wunderbare erscheinungen der tbier* und pflanzen weit,
da mit dem 33n abschnitt dann berichte ganz anderer art eintreten , über
wunderbare ausstrümungen des erdbodens, seltsame quellen, metalle usw.,
deren Ursprung uns zum grösten teil unbekannt ist, so hat die nach einem
fingerzeig der handschrifteu von Westermann aufgestellte Vermutung, dasz
die ersten 32 abschnitte, ebenso wie die letzten von 152 an, ursprüng-
lich eine samlung für sich gebildet hätten^, nichts unwahrscheinliches,
durch diese annähme würde sich auch das vorkommen der beiden anek-
dotenhaften berichte 31 und 32, Über den wahnsinnigen in Abydos und
den in Tarent, zwischen sonst zwar wunderbaren, aber keineswegs al-
bernen aufzeichnungen auf das leichteste erklären : sie sind der ursprüng-
lich mit dem 30tt abschnitt schlieszenden samlung von irgend einem
müszigen köpfe hinzugefügt worden, um die allerdings der ausdehnung
nach unbedeutende samlung noch um etwas zu vergröszern.
Von diesen 30 excerpten also läszt sich, wenn auch nicht in allen
fällen direct (s. unten s. 222), gerade die häifte auf die thiergeschichte des
Aristoteles zurückführen^), und zwar mit alleiniger ausnähme des
17n auf das neunte buch derselben, selbstverständlidi jedoch so dasz
sich mitunter erweiterungen finden, die sich nicht auf bestimmte ge-
währsmänner zurückführen lassen, wie z. b. wenn in abschnitt 15 zu
dem aus der thiergeschichte IX 49 B (s. 633^) entnommenen noch hinzu-
gefügt ist, dasz die amseln ihre Wanderungen bei nacht ausführen und
daher am tage schwer zu jagen seien.
Daneben lassen sich, wenigstens mit Wahrscheinlichkeit, 7 abschnitte
auf Theophrastos zurückführen, wie dies bereits von Rose Ar. pseud.
s. 334 ff, und s. 364 geschehen ist. denn den Inhalt von 25 und 26
inden wir, wenn auch nicht in derselben Vollständigkeit, bei Photios
(bcbL cod. 278 s. 528') aus der schrift desselben irepi tOüv d6pdu)C
7) Weßtermann praef. 8. IV. XXVI. 8) 1 = IX 45. 2 = IX 47.
.3 = IX 29. 4 = IX 6. 5 = IX 6. 6 = IX 6. 7 = IX 6. 8 = IX
6. 11 = IX 6. 12 = IX 6. 13 = IX 9. 14 = IX 10. . 15 = IX 19
und 49 B (». 633 »> Bk.). 17 = V 22. 21 = IX 40 (s. 626*). [übrigens
war diese abhandlong vor dem erscheinen der ausgäbe von Aristoteles
tbierknnde von Aubert und Wimmer geschrieben und eingesandt.]
Schrift Trepl Oaujuaciiuv dxoucjüidTwv. 221
<paivo]Li^vu)V Ztjjiuv excerplert, und auch Plioius n. A. VIII 222 teilt
dasselbe auf Theophrasts autorität hin mit. derselbe Ursprung ergibt
sich ffir 27 und 28 aus einer vergleichung mit Äelian nat. anim. XV 26,
wo sich dieselben und noch andere erscheinungen berichtet finden mit
dAn Zusätze 6€6<ppacTOC X^t^i ToOra* denn dasz sich diese Worte auf
das ganze capitel des Aellan und nicht etwa nur auf die schluszworte be-
ziehen, geht daraus hervor, dasz sich das im verlauf desselben berichtete
X^TOuci ht Ka\ Onö CKoXonevbpoiv Öavacxrivai 'PoiTieTc bei Plinius
VIII 104 aus Theophrast angeführt findet. olTenbar ist auch hier an
dieselbe schrifl irepl Tiiüv dOpöwc qpaivoji^vuüv Z^iujv zu deniten, aus
der sich auch die diesen abschnitten unmittelbar vorhergehenden 23 und
24, deren Inhalt dem ihrigen völlig entspricht, mit Wahrscheinlichkeit
herleiten lassen, dagegen läszt sich fOr 30 mit bestimmtheit die Theo-
phrastische Schrift irepl tujv fieraßaXXövrujv rdc XPÖac als quelle
angeben: denn das hier von dem fabelhaften thiere tarandos erzählte hat
auch der sog. Antigooos von Karystos (25) nach kurzen berichten Aber
den polyp und das cham91eon , die wie angeblich auch jenes thier ihre
färbe verändern, und zwar ganz in derselben reihenfolge und zum teil
mit denselben ausdrücken, wie Photios a. o. s. 525* in einem excerpte
ans der genannten schrift (fr. 172 Wimmer} diese drei behandelt, wir
haben hier also drei von einander unabhängige auszflge aus dem genann-
ten Schriftsteller, denen sich noch die kurze notiz bei Plinius Viil 124
anreihen läszt, und der umstand, dasz Antigonos seine mitteilungen
Ober den tarandos mit den Worten einführt: 'ApiCTOT€Xr)c bi (pi^ct,
thut diesem ergebnisse keinen abbruch. denn es ist allerdings möglich,
dasz eine Zeitlang schriften des Theoplu'ast und anderer peripatetiker
unter dem namen ihres groszen meisters im umlauf waren , wie Rose Ar.
psend. s. 278 vermutet, freilich ist zuzugeben, dasz sich die hier in
frage kommende stelle- — neben Antigonos 19 und 20 eine der haupt-
stützen dieser Vermutung — mit mindestens ebenso groszer Wahrschein-
lichkeit auch in anderer weise erklären läszt. denn es musz jedenfalls
auffallend erscheinen, dasz Antigonos nicht im anfang der einer angeblich
Aristotelischen schrift entnommenen excerpte sich auf seine quelle beruft,
sondern inmitten derselben, so dasz auch die Vermutung nahe genug
liegt, dasz dies citat des Aristoteles bereits in der schrift des Theophrast
enthalten sein konnte, aus der es Antigonos mit herfibernahm ^), wie
derselbe auch noch anderes aufgenommen hat, das die beiden andern
quellen auslassen. ^°)
9) dasselbe würde sich in betreff des im 20n abBchnitt des Anti-
gODOB, der ebenfalls dem Theophrast entnommen ist (Photios s. 528*),
eitierten Aristoteles geltend machen lassen: auch hier wird derselbe
nicht für das ganze ezcerpt, sondern nur für eine sich im yerlanf des-
selben findende behanptung als gewährsmann angeführt.
10) er nennt den tarandos cxc^öv Tcov övip, während sowol Photios
als auch die ansc. mir. in soheinbarem Widerspruch mit demselben die
grösze als die eines rindes angeben, das richtige Verhältnis dieser ex-
cerpte und den inhalt des Originals zeigt jedoch Plinius a. o. tarandro
magnitudo quae bovi est . . cum lihtdt tui eoloris es«e, a$ini »imiiU,
222 11. Schrader: Qber die quellen der pseudoaristotelischen
Fflr die übrigen abschnilte dieser samlung lassen sich die quellen
nicht mit genflgender Sicherheit angeben; denn ob 9 und 10 von Rose
Ar. pseud. s. 332 mit recht auf Schriften des Theophrast zurOckgefOhrt
sind , dürfte zweifelhaft erscheinen , besonders für den erstem dieser bei*
den abschnitte, da Alexasdros der Hyndier bei Aelian nat. anim. V 27, d«
allerdings Theophrast benutzt zu haben scheint, das nach dem berge
Himas verlegt, was die ausc mir. von der Insel Kephallenia berichten,
wir müssen uns also bescheiden, und können nur noch das als sicher
annehmen, dasz die abschnitte 16 — 22 einer schrift entnommen sind, die
sich über die bienen und deren producte ausliesz, und die zum teil die
thiergeschichte des Aristoteles benutzt hatte (17 und 21), so dasz es
nicht zu fem liegt an die von Photios s. 529 ^ dürftig excerpierte schrift
des Theophrast irept jlicXitujv zu denken, der urspmng alles übrigen
läszt manche möglichkeiten , jedoch keine zu begründende Vermutung zu.
es musz uns genügen, dasz mit etwaiger ausnähme von 31 und 32 kein
abschnitt eine spätere quelle, als Theophrast es ist, verräth; denn das
sich 29 findende wort cucTp€^^<iTl0Vy das erst bei Pollux vorkommt
(IV 116) und in der bedeutnng * Strudel', wie es hier die Wörterbücher
erklären, sonst nicht nachweisbar ist, wird nach dem fingerzeige, den
fragment 6 des sog. Sotion gibt, in cücTTi|Lid Ti zu verandern sein.
Der inhalt der abschnitte 33—151 — nach Westermann der älteste
teil der samlung — ist, wie schon bei dem gröszeren umfange zu er-
warten, ein manigfaltigerer. im allgemeinen lassen sich vier gruppen
unterscheiden , jedoch, was bei einer schrift dieser art natürlich , so dasz
sich innerhalb derselben wieder manches fremdartige findet, bis zum
62n excerpte sind es mitteilungen über wunderbare erscheinungen des
erdbodens, eigentümliche quellen und gewässer, metalle und ungewöhn-
liche fundorte und eigenschaften derselben, dann folgen bis zum 77n
wunder der thierwelt, hierauf wunderbare Vorgänge und örtliche erschei-
nungen bei fremden , zur zeit der samlung noch wenig bekannten Völker-
schaften, zum grösten teil Italiens und der angrenzenden länder, über-
haupt der westweit, an die sich jedoch einzelnes über der griechischen
weit näher liegendes (wie Thrakien, Thessalien) sowie auch über Griechea-
land selbst (Elis, Böotien) anschlieszt (bis 138); endlich wieder berichte
über wunderbare erzeugnisse und gewohnheiten des thierreiches.
Auch für diese samlung sind, wie bei dem naturhistorischen Inhalt,
der auch ihr eigen ist, nicht anders zu erwarten, Aristoteles und
Theophrast benutzt worden, erslerer freilich, so viel jetzt noch nach-
weisbar, in weit geringerem masze als fQr die vorhergebenden abschnitte,
und schwerlich direct. denn der 118e und 124e abschnitt entsprechen
zwar im ganzen bemerkungen, die in der thiergeschichte (IX 36 und VUl
28) vorkommen ; doch finden sich an beiden stellen abweichungen : IX 36
wird z. b. als Schauplatz der wunderbaren Verwendung der habichte
für die jagd die Stadt KebpciiroXic oder KcbpönoXic angegeben, wäh-
rend es in den ausc. mir. 118 ungenauer heiszt: rrepl tf)V OpcjlK^v Tf|v
xmkQ ^Ajaq)t7T0Xtv. die excerpte 149. 150 sind, wie ein vergleich der
wunderbaren geschichlen des ApoUonios (11. 12) lehrt, aus der angeb-
sclirin Ttept dau|biaciu>v dKOucjudriüV. 223
licli Aristotelischen sclirift vö^t^a ßopßapiKd enüelinl, der jedoch eia
illteres , vielleicht'. Theophraslisches werk (s. Rose Ar. pseud. s. 539) zu
gründe liegen könnte, und bei dem 145n abschnitt endlich kann man
zweifeln, ob das zeugnis, das Aelian (uat. anim. VI 14} bei erzählung
«iner ähnlichen wunderbaren erscheinung ablegt: übe 'ApiCTOT^Xi^c
A^€i , auf eine verlorene schrift desselben oder mit Rose (s. 347) auf
das werk des Theophrast nepi TÜüV baK€TU)V Kai ßXriTiKÜLiv (Ath. VI!
314'), das im altertum auch unter dem namen des Aristoteles cursiert
hätte, zu beziehen sei. dagegen kann es keinem zwei fei unterworfen
sein, dasz das scholion V zu Arist Plutos 586, das den 51n abschnitt,
zum teil mit wörtlicher Übereinstimmung, mit den vorangestellten wor-
ien wiedergibt: xat 'AptcroT^T^c bk oikw ipr\cx xard \4i\y irepi
ctÖTnc, sich nur auf das uns noch jetzt vorliegende excerpt unbekannter
herkunft beruft.
Grosz Ist dagegen die anzahl der auf Theophrast zurflckzufQh-
renden abschnitte: der 41e ist der schrift ir€pi XiOwv entnommen
(s. 37 S 13 Wimmer), gibt jedoch, vielleicht aus späterem zusatze, etwas
jnehr als das jetzt ans derselben erhaltene; ebendaher ist die zweite
häifle des 33n (Bekkerschen) ahschnitles (Beckmann, wie die früheren
ausgaben alle, geben ihn nach hss. als 194), in welcJiem fOr dv BiOu-
viqi bk TTJc 6pdKt)C nach Theophrast a. o. S 12 zu lesen ist dv Bivaic
^i T. 6p. ebenso ist der 58e abschnitt mit Wahrscheinlichkeit auf Theo-
phrast zurückzuführen: denn der Inhalt desselben findet sich auch bei
Antigonos (131), und zwar auf das engste an die vorhergehenden worte
angeschlossen (130), die Antigonos aus der samlung des Kallimachos
anführt, der sie aus Theophrast mitgeteilt hatte.
Derselben quelle scheint die vorher erwähnte zweite gruppe dieser
samlung zuzuweisen zu sein: denn für die meisten abschnitte von 63 — 77,
deren inball einer und derselben kategorie angehört und durch nichts
fremdartiges unterbrochen ist, läszt sich dieselbe noch mit bestimmlhelt
nachweisen, so findet sich der schlusz von 63 über den erstarrten zu-
stand der fische, der dem winterschlafe der vögel verglichen wird, in dem
uns noch jetzt erhaltenen bruchstücke der schrift irepl ix6uu)V tujv dv
Tip iT\pvj biQjüievövTUJV (s.216 S 8), der auch 71 — 74 entnommen sind
(s. 214 S 2 IT.), vgl, Plinius IX 176 ff. Ath. VUI 331^ der 67e abschnitt
Ist aus der schrift irepl öcpL&v (s. 92 S 64); 68—70, deren Theophras-
tischer Ursprung für den ersten, wenigstens für einen teil desselben , aus
Plinius X 79 wahrschelnUch wird, und für die beiden andern aus Plinius
Vlü 173 und Aelian Hl 37 erhellt, werden von Rose s. 328 aus irepl
4T€po<pu}Viac TtBv ö^otevujv hergeleitet, könnten jedoch leicht auch
einzelne bestandteile anderswoher aufgenommen haben : wenigstens findet
sich das dem titel dieser schrift wenig entsprechend über die Schwarz-
pappeln Kretas (69) bemerkte auch in der geschichie der pfianzen (111
3, 4). 66 und 75—77 endlich stammen aus der schrift irepl TiXiV Xe-
TOfi^vuiV 2:(|ju)V (p6oveiv (Photios bibl. s. 528'); auch Plinius VIU 111
und Aelian 111 17 führen einen teil des Inhaltes derselben auf Theophrast
zurück.
224 H. Schrader: üher die quellen der pseudoaristotelischen
Man musz es daher für im höchsten grade wahrscheinlich halten,
dasz auch das einzige in diesem zusammenhange nicht als Theophrastisch
nachweisbare (der anrang von 63 und 64. 65) desselben Ursprungs ist,
und 63 scheint nicht mit unrecht von Hose (s. 366) der aus AthenSos^
(z. b. n 63*^) bekannten schrift irepi (pwXeuövTOüV zugeschrieben wor-
den zu sein, so dasz der Schriftsteller auch in dieser das in dem obeiv
angefahrten fragmente der schrift Trepl IxBiiuJV berflhrte erwähnt hatte.
Auch für die ebenfalls aus Einern gesichtspunct gesammelten ab-
schnitte 139 — 151 scheint Theophrast die wenigstens vorwiegende
quelle gewesen zu sein: denn 140. 141 finden sich — ersterer freilich
verallgemeinert — bei Aolian IX 15 mit der bezeichnung wieder: T€K|üit]-'
piuücai toOto Kai 6eö(ppacT0C kavöc. dem 147n abschnitt kann de
causis pl. Vi 5, 1 zu gründe liegen, während Rose (s. 351) es mit allen
andern excerpten, unter denen es sich findet, aus der schrift Trepl TOiv
baKCTUJV Kai ßXriTiKUJV herleitet, auch 148 stammt, wie ein vergleich
mit Plinius VIH 111 zeigt, von demselben schriftsteiler, diese vier ex-
cerpte finden sich auszerdem in dem 9n abschnitte der in lateinischer
Übersetzung vorhandenen, an den könig Chosroes gerichteten quaestiones
des Neuplatonikers Priscianus (bei Rose s. 339 IT.) , die , wie deren proö-
mium lehrt, zum groszen teil auf Theophrast zurückgehen, in derselben
findet sich auch das 143e excerpt unserer samlung (s. 339,17), das auch
bei Antigonos (18) unter nachweislich demselben schriftsteiler entnom-
menem vorkommt, welches auch als 25r und 26r abschnitt in diese dem
Aristoteles zugeschriebene collection übergegangen ist. da sich auch 142^
und 151 deutlich bei Priscianus finden (s. 340, 49. 44), wird man keinen
anstand nehmen auch diese aus Theophrast abzuleiten, während sich für
139 und 144 — 146 der beweis nicht mit ausreichender bündigkeit füh-
ren läszt, so wahrscheinlich es auch immer durch die Umgebung, in
welcher sie sich befinden, erscheint, der umstand dasz Aelian etwas dem
Inhalt von 145 ähnliches aus Aristoteles citiert, würde nicht mit not-
wendigkeit dagegen sprechen, so sehr auch die möglichkeit, dasz Aelian
sich auf eine verlorene, wirklich Aristotelische schrift berufe, zuzuge-
stehen ist (vgl. oben s. 223), und selbst das nach dem zeugnis des Apol-
lonios aus den v6\k\]xa ßapßapiKd des Aristoteles stammende, das 149.
150 berichtet wird, könnte ursprünglich auch auf Theophrast zurück-
gehen und ebenso wie für unsere samlung auch für diese pseudoaristo-
telische schrift benutzt worden sein (s. oben).
Von der ersten abteilung dieser samlung (33 — 62) lassen sich
auszer den oben besprochenen nur noch der 53e und 54e abschnitt mit
ausreichender Sicherheit auf ihre quellen zurückführen, das in dem
erstem über den Askanischen see berichtete führt auch Antigonos an
(156) und zwar im engsten anschlusz an das bei ihm unmittelbar vorher-
gehende, das nach seiner eignen bemerkung aus der samlnng des Kalti-
machos stammt, wo es aus Phanias, ohne zweifei dem schüler des
Aristoteles (Strabon XIII 618% Suidas u. OavCac), mitgeteilt war, von
dem auch noch ähnliche notizen über wunderbare Vorgänge, die Kallima-
chos aufgenommen hatte, auf uns gekommen sind (Antig. 155. 171).
schrirt 7T€pi 8aufiaciu)v dKOucjndTiüV. 225
das 54e excerpt, fiber die im winter austrocknenden und im sommer sicii
wieder fallenden bninnen von Pylhopolis, lesen wir ebenfalls bei Anli-
gonos (162) y und zwar derselben samlung entnommen, die sich auf
Eudoxos beruft, einen Schriftsteller den Kallimachos auch sonst nicht
selten benutzt zu haben scheint (vgl. Antig. 129. 138. 147. 153. 161).
Diese berichte über wunderbare spiele der natur , sei es in erzeug-
nissen und erscheinungen des erdbodens oder der thierwelt, tragen das
kriterium ihres inneren werthes oder unwerthes in sich , und die frage
nach der autorschaftkann wol für die beurteilung der angeführten ge-
währsmänner von bedeutung sem, hat jedoch fflr die Würdigung des
mltgeteillen nur da werth, wo es sich um ins bereich der möglichkeit
fallende dinge handelt, die als topographische notizen verwcrthet werden
könnten.
In derselben glücklichen läge wie die nur sich selbst als norm an-
erkennende natur sind weder die topographie noch die ethnographie, die
verbunden mit spärlichen historischen notizen den bauptsAchlichen inhalt
der dritten gruppe von excerpten dieses zweiten teils ausmachen,
welche die abschnitte 78 — 138 umfaszt. die frage nach den bestand-
teilen hat hier nicht allein bedeutung für die beurteilung des Sammel-
werks , sondern auch für die Würdigung der einzelnen notizen , die zum
teil keineswegs unwichtig sind.
Leider läszt sich nur fdr einen verhaltnismSszig geringen teil dieser
mitteitungen ein hinreichend sicherer anhält für den Ursprung derselben
auffinden; für den rest ist der Vermutung ein wenn auch nicht weiter
Spielraum gelassen.
Wir finden in dem ganzen uns vorliegenden Sammelwerke gewährs
mSnner nur auszerst selten citiert , völlig im gegensatze zu dem des An-
tigonos, der seine quellen sorgfaltig anzuführen pflegt, und dies geschieht
mit alleiniger ausnähme des 173 citierten Eudoxos nur in der jetzt zu
besprechenden gruppe , auch hier jedoch , um von dem (105) nur zur er-
hartung einer aufgestellten meinung angeführten Homer (^ 67) abzu-
sehen , nur dreimal , und zwar 37 wo der periplus des Hanno , 38 wo
Xenophanes, beide jedoch schwerlich direct (s. unten s. 231), 112 wo
Polykritos 6 xd CtKeXiKot T€TPO<ptbc iy fneciv citiert wird; denn der
132 citierte Kallisthenes ist schwerlich als die quelle des excerptes,
gegen die polemisiert würde , anzusehen , sondern war schon in der dem
exeerpte zu gründe liegenden schrift angeführt und zurückgewiesen wor-
den, und ebenso wenig können die 134 angeführten 4>otvtKtKai kropiai
als quelle dieses abschnittes gelten.
^ür fast die ganze gruppe musz also eine vergleichung des sonst
überlieferten den mangel an auszeren stützen zu ersetzen suchen, fflr
diese ist es nicht ohne Wichtigkeit, dasz, wie aus der Verwechselung der
flchluszworte des 114n, 129n und 137n abschnittes hervorgeht, die ur-
sprüngliche anordnung die gewesen ist, dasz auf den 114n abschnitt
die jetzt als 130 — 137 bezeichneten folgten, auf diese erst 115—129,
an die sich endlich 138 und das folgende anschlosz.
226 U. Sclirader: über die quellen der pseudoaristolelischen
Der nachweislich Mlesle schriftsteiler, aus dem diese excerpte ge-
flossen sind, ist, wenn wir von dem namentlich angeführten Polykritos
(112} und der möglichkeit der autorschaft des Aristoteles fflr 118 und
124 absehen, Theo pompös, aus ihm ist auszer den abschnitten 117,
120 — 123, dem letzten wenigstens zum teil, 125 — 127, fQr die es sicli
<]urch eine vergleichung mit Antigonos, Aelian und Plinius ohne weiteres
ergibt "), zunächst 104 geflossen, es ist hier die rede von dem gebirge
Delphion zwischen dem gebiete der Mentores und Istrien , von welchem
^us man die in den Pontos einlaufenden schüfe sehen könne, in der
mitte zwischen dem adriatischen meere und dem Pontos befinde sich ein
ort, wohin die aus jenem kommenden händler kerkyräische krflge auf den
markt bringen, während auch die aus dem Pontos kommenden daselbst
waaren (wie aus Strabon hervorgeht, ebenfalls tbonwaaren) verkaufen,
^ies war nach Strabon Vli 317 die ansieht Tiieopomps, der behaup-
tet hatte , t6 T€ cuvT€Tpiic6ai xd TreXdTn ^ttö toö €ÖpicK€c9ai K^pa-
JLIÖV T€ XlOV KCl 6dclOV dv Tlff NdpUJVl Kttl TÖ ä)Ll<pU) KaT07rT€U6CGai
Td TreXdTTl dTrö Ttvoc öpouc. in den vorhergehenden werten ist aller-
dings vom ionischen und vom adriatischen meere die rede; doch
können die angeführten werte sich nicht auf diese, vielmehr nur auf
letzleres und ein Östlich von Griechenland gelegenes meer beziehen: denn
für den Zusammenhang des ionischen und des adriatischen meeres durch
eine das land durchschneidende wasserstrasze, die man sich überhaupt
nur schwer vorzustellen vermöchte, würde das vorkommen von producten,
die aus dem osteu Griechenlands stammen , in der gegend des Naron eine
gar nichts beweisende thatsache sein, wollen wir daher nicht eine un-
genauigkeit annehmen, die sich Strabon beim excerpiereu hätte zu schul-
den kommen lassen, so ist nach den werten tö T€ cuvTCTpf^cOai Td
ireXdtn eine lücke anzunehmen, die etwa durch einfügung der werte
TaOra xal töv TTövtov ergänzt werden könnte, wie auch in dem fol-
genden (s. 50, 16 Kramer) bereits ein ähnlicher fehler der Überlieferung
«rkannt worden ist.
Auch der unmillelbar folgende abschnitt (105) ist, wenigstens zum
teil , nicht ohne wahrscheinliclikeit auf dieselbe quelle zurückzuführen»
er handelt von der angeblichen gabelung des Ister, von dessen armen der
eine in den Pontes, der andere in das adriatische meer fliesze. als beweis
wird die rückkehr des lasen aus dem Pontos angeführt, die auf diesem
wege erfolgt sei, was aus spuren des aufenthalies von Griechen auf
der insel Aelhalia hervorgehe, so wie aus den versen der Odyssee,- wo
es von deu Plankten heiszt (fi 67) : dXXd 0 * 6fiOÖ TrivaKttC T€ veuJV
KQi ci()^aTa (pu)Tu>v I KU|Lia0' dXöc cpopdouci irupöc t' 6Xöoto OueX-
11) 117 vgl. Antigonos 142 (Kall.), Pliniaa XXXI 17 120 = Ant.
14 121 = Ant. 141 (Kall.), Plin. XXXI 26 122 = Ael. V 27. XI 48,
Gell. XVI 15, Steph. Byz. u. BicaXria 123: den schlusz des abschnitts
(135 Beckmann) führt Apollonios mir. 10 aus Theopomp ^v Totc 6au^a-
<:iotc an 125 = Ant. 137 (Kall.), Plin. XXXI 14 126 a Ant. 15,
Steph. Byz. Kpawuüv (die KaXXifjtaxoc £v toIc Oou)iiac{oic Kai 9€6iro]uitroc)
127 = Plin, XVI 59.
Schrift Trepi OauMaciwv äKOUCjidTuiv« 227
Xav deun die ^feuerslürme' konnten sich nicht auf die gegend des Pon-
tos, wol aber auf den Aetna beziehen.
Tbeopompos hatte nach Strabon VII 317 ^ die ansieht von der tei-
lung des Ister ausgesprochen , und es ist im höchsten grade wahrschein-
lich, dasz auch dieser abschnitt aus ihm geschöpft ist. denn er scheint
auf das engste mit dem vorhergehenden zusammenzuhängen, so dasz
unter dem cuvT€Tpi]c9ai der beiden meere, wie Strabon an der vergli-
chenen stelle sich ausdröclct, die Verbindung des adriatischen mit dem
schwarzen meere durch die beiden arme des Ister zu verstehen ist, für
die Theopomp also auch die fahrt der Argonauten als beweis angefflhrt
hatte, keinenfalls sind beide fragmente dem Timäos zuzuschreiben , wie
dies von Rose (Ar. pseud. s. 280} geschehen ist; denn wenn dieser histo-
riker auch über die insel Aethalia dasselbe berichtet hatte (Oiod. IV 56),
so hatte er doch über die rflckkehr der Argonauten eine andere ansieht :
er liesz sie, wie aus Diodor a. o. hervorgeht, den Tanais hinauffahren,
dann ihr schiff eine strecke über land tragen , und endlich einen andern
groszen flusz hinabfahren , bis sie nach Gades kamen ; höchstens könnte
man annehmen , dasz mit dem aus Theopomp geschöpften die ansieht des
Timäos über die insel Aethalia, so wie auch die ansieht desselben über
den ort der Flankten (schol. Apoll. Arg. IV 786) verbunden worden wäre.
Auch das 115e excerpt ist aus Theopomp geflossen: denn das da-
selbst über die Steinkohlen des thrakischen flusses Pontos erzählte findet
sich mit nur unbedeutender abweichung in der bestimmung der locali-
tät^') auch aus der samlung des Kalhmachos bei Antigonos (136), freilich
ohne dasz die quelle desselben direct angegeben wäre; doch wird das
zunächst folgende, ganz in derselben redewendung angefügte excerpt bei
Antigonos, das ebenfalls in unsere samlung übergegangen ist (125), auf
Theopomp zurückgeführt, so dasz die annähme, dasz auch das erstere
ihm zuzuschreiben sei , eine keineswegs gewagte ist , um so weniger als
die meisten der unmittelbar folgenden abschnitte sich als demselben
Schriftsteller entnommen nachweisen lassen.
In dieser Umgebung musz es nahe liegen auch den 118n und 124n
abschnitt, die sich allerdings, wie bereits bemerkt (s. 222), auch aus
Aristoteles herleiten lassen, obwol sich ab weichungen von demselben
finden, auf Theopomp zurückzuführen, wobei es dahin gestellt bleiben
musz , ob ersterer von diesem benutzt worden ist. freilich — wie wenig
sicher ein solcher schlusz ist, geht auf das deutlichste aus dem 119n
abschnitt hervor, der, obwol auch Theopomp etwas ihm ähnliches mit-
geteilt hatte, doch, wie uns ein paar zufällig erhaltene notizen zu erken-
nen gestatten, nicht aus ihm allein, sondern auch aus Lykos von Rhe-
gion geschöpft ist. nach Aelian XVII 16 hatte Theopomp berichtet,
dasz die Heneter zur zeit der aussaat den dohlen geschrotene gerste
u. dgl. als eine art von geschenk, um sich ihrer gunst zu versichern,
darzubringen pflegten, damit sie die saat nicht beschädigten, diesen
12) Antigonos: irepl tV|v tiöv 'AtP^wv 9paK<Xlv %\ljpav, ausc. mir.:
tr^l T^v Tttiv CivTiöv Kai Maiöiliv %{bpav.
228 II. Schrader: Ober die quellen der pseudoaristotelischeQ
zwar eigeolQmlichen, jedoch keineswegs unglaublichen Vorgang hatte
Lykos, wie wir ebenfalls von Aelian erfahren, noch dahin ausgeschmQckt,
dasz er u. a. behauptete, wenn die dohlen von dem ihnen dargebrachten
kosteten , so wSre dies ein zeichen , dasz sie mit den einwohnern frieden
halten wollten ; wenn sie es aber ungekostet lieszen , ein zeichen feind-
licher gesinnung. beide berichte hatte Kalllmachos zu öinem verschmol-
zen und, wie es scheint, den numen des Lykos verschwiegen, wenigstens
ffihrt das allerdings nur fragmentarisch Qherlicferte 173e excerpt des
AntlgoDOs, das dem Kallimacheischen Sammelwerke entstammt, etwas als
von Theopomp herrührend an, das, wie wir aus dem genaueren be-
richte Aelians wissen, nicht dieser, sondern Lykos behauptet hatte, nem-
lich dasz die dohlen die grenze des landes zunSchst nicht überschritten,
sondern zwei oder drei aus ihrer mitte absendeten , um sich die menge
der dargebrachten gaben anzusehen, eine ähnliche amalgamierung beider
einander Suszerst ähnlicher berichte mag auch das 119e excerpt unserer
samluDg enthalten: denn dafür, dasz es nicht ausschlieszlich aus Lykos
stammt, spricht allerdings der umstand dasz es sich unter einer gröszern
anzahl Theopompischer bemerkungen findet, zugleich ist dies jedoch ein
handgreiflicher beweis, wie wenig wir aus dem vorkommen eines excerp-
tes unbekannter herkunft unter einer gröszem menge von mitteilungen^
deren Ursprung feststeht, sicher schlieszen können, dasz auch der frag-
liche abschnitt völlig derselben quelle entnommen sei und nicht noch
fremdartige zusStze enthalte.
Auch im Übrigen sind aus Lykos stammende excerpte in unsere
samlung aufgenommen worden: 79 und 113. 114, wie aus der verglei-
chungvon Antigenes 172 und 139, wo aus der samlung des Kallimachos
Lykos citiert wird, hervorgeht, da nun auf den 114n abschnitt ursprüng-
lich der 130e folgte, so hat es alle Wahrscheinlichkeit für sich, dasz die
denselben anfangenden werte 7T€pl bk ToO TropOjiioO Tf^c CiKeXiac xal
öXXoi jLifev 7rX€(ouc T€TP«<poci, Kai oötoc hi q)r]ci cu^ißatvetv
TepaTU)b€c sich auf keinen andern als auf Lykos beziehen, der nach
Agatharchides Trepl £pu6päc OaXdcoic am anfang (rä jii^v Trpöc ^ctt^-
pav d&ipTacTai Aükoc tc Kai Tijüiaioc, id hi Trpöc dvaroXdc
'GKaTatoc Kai BdciXic) die Verhältnisse der westweit beschrieben hatte,
ebenso wie später Timäos.
Auch dieser schriftsteiler hat berückslchtigung gefunden , vielleicht
bedeutend mehr als sich nachweisen läszt, obgleich die schon berührte
ansieht Roses, dasz alle abschnitte von 78 — 114 und 130 — 136 aus ihm
stammten, entschieden zu weit gegriffen hat'")
Ohne weiteres ergibt sich die autorschaft des Timäos für das 102e
excerpt, das auch Antigenes 152^ nur weniger ausführlich, unter seinem
namen wiedergibt, dasselbe folgt für 109 aus einem vergleiche der be*
merkung des Tzetzes zu Lykophron 1137. auch 88 ist auf Timäos zu-
13) 79. 113. 114 sind nachweiBlich aus Lykos, 104. 106 aas Theo-
pomp, 112 nach seiner eignen angäbe aus Polykritos. dass diese
Schriftsteller nnr ans citaten des 'Hmäos in nnsere samlung gekommeD
wären, ist durch nichts indiciert, s. unten s. 280.
Schrift irepl GaufLiaduiv äKOuc^äruiv. 229
rückzuführen: das dorl über die bewohner der Balearen berichtete Ondet
sich auch bei Diodor V 17, der hier, wie so häuGg, aus der angegebenen
quelle geschöpft hat: denn das von ihm über die grösle dieser inselu
bemerkte: toutwv bi f| juciZwv fLteiricni iracwv icA fütcrä t&c ^tttöc
vrjcouc CiKcXiav, Capbui , KuTTpov, KpifJTTiv, €0ßoiav, Kupvov, A^c-
ßoV) findet sich bei Strabon XIV 654* mit anführung ganz derselben
sieben namen aus TimSos. es ist zum teil, wenn auch arg verstümmelt,
auch in das fragliche excerpt übergegangen, wo es von den genannten
inseln in der vulgata heiszt: Sc )Lt€Ta T&c XetOji^vac ^irra fütericrac
A^YOUCIV clvat, wofür man nach der Überlieferung der hss. N* B* B* lesen
zu müssen scheint: Sc jüietfcTac X^touciv etvai )A€t& tqc X6Y0|ütdvac
^iTTd, al fLt^YiCTai boKoOciv elvai. im übrigen scheinen die worte des
Timäos gewissenhaft bewahrt worden zu sein^ wenigstens deuten die
ausdrüfike in denen Karthagos erwShnuiig geschieht (vgl. oben note 6)
darauf hin.
Für alles übrige fehlt es entweder an jedem beweise oder sind die
beweise doch nur äusserst schwach, und letzteres gilt auch von den
zwei abschnitten 81 der über den Eridanos, und 100 der über Sardinien
handelt. *^}
Polybios II 16, 15 tadelt Timflos wegen seiner Unwissenheit über
die gegend am Padus; wir wissen jedoch nicht, ob diese sich gerade in
4kn dingen kund gab, die das 81e excerpt ealbält. das einzige was man
dafür anführen könnte ist das, dasz in demselben die viicoi 'HXcKTpibcc
erwähnt werden, die nach Strabon V 215^ gar nicht existierten; dem
übrigen inhalt desselben kann man zwar mangel an kritik vorwerfen,
aber nicht, wie Polybios, eine ircpl touc töitouc firvoia. noch weniger
zuverlässig ist der schlusz, der sich etwa aus einer vergleichung von
Piinius lU 85 auf den Ursprung von 100 ziehen liesze. unter anderen
mitleilungen über Sardinien wird hier bemerkt: dKOtXeiTO \xkv TTpÖTCpov
'IXVoCcca biot TÖ dcximoTicOai tQ Trepi^^Tpqi b^oiöxara ävdpumivip
IXV€l. nun bemerkt Piinius zwar: Sardiniam ipsam Timaeus Sanda-
liotim appeUavit ab effigie soleae; dieser name kommt aber in un-
serm excerpt gar nicht vor, sundern nur der name Ichnussa, der, wie
Piinius hinzufügt, von Myrsilos angeführt worden war, und auf eine lücke
oder eine ungenauigkeit im excerpieren weist sonst nichts hin.
Für die abschuitte 33 — 151 haben sich also folgende quellen ergeben:
33 Theophrast 100 Timäos?
41 Theophrast 102 Timäos
53 Phanias 104 Theopomp
54 Eudoxos 105 Theopomp (und Timäos?)
58 Theophrast 109 Timäos
63—77 Theophrast 112 Polykritos
79 Lykos 113.114 Lykos
81 Timäos? 130 Lykos
88 Timäos 115 Theopomp
14) beide excerpte sind von Müller fr. Tim. 41. 27 mit den oben
erwähnten notizen des Polybios and Piinius zusammengestellt.
• f
230 H. Schrader: über die quellen der pseudoaristotelischen
117 Tiieopomp 140 — 143 Theophrast
118 Aristoteles? Theopomp? 144 Theophrast
119 Theopomp und Lykos 145 Aristoteles? Theophrast?
120 — 123 Theopomp 146 Theophrast?
124 Aristoteles? Theopomp? 147. 148 Theophrast
125—127 Theopomp 149. 150 Aristoteles? Theophrast?
139 Theophrast? 151 Theophrast,
an die sich noch der im 37n abschDilt ciüerle periplus des Hanno und
(38) Xenophanes anschlieszen , die jedoch schwerlich als unmittelbare
quellen dieser excerpte zu betrachten sind.
Das resultat ist also ein viel weniger einfaches als das Rosesche
(Ar. pseud. s. 280), nach welchem die abschnitte 1—77 mit ausnähme
von 51;— 60 aus Aristoteles oder Theophrast stammen, und 78 — 114,
130^136 aus Timäos, 137, 115—129, 138 aus Theopompos entnom-
men sind, und endlich wieder exceqite aus Theophrast folgen, man
würde die autorschaft des Lykos und des Polykritos jedoch nur dann be-
seitigen, und 104. 105 nicht, wie es oben als im höchsten grade wahr-
scheinlich nachgewiesen , dem Theopomp , sondern dem Timäos zuschrei-
ben können , wenn man annähme dasz dieser sowol Theopomp als Lykos
und Polykritos an den betrefTenden stellen ausgeschrieben hätte, eine an-
nähme die durch nichts wahrscheinlich gemacht wird, höchstens für den
schlusz des 105n abschnittes, der übrigens auch von dem samier mit
dem aus Theopomp stammenden exceqite verbunden sein könnte, warum
sollte die sog. Aristotelische samlung weniger manigfaltige bestandteiie
haben als die dem Antigenes zugeschriebene und selbst die des Kalli-
machos ?
Nachweislich sind also nur namhafte Schriftsteller, von denen Timäos
der jüngste ist, für den zweiten und hauptsächlichen bestandteil unserer
samlung benutzt worden, schwerlich jedoch direct. denn es ist
nicht wahrscheinlich dasz jemand, der sich die nicht unbeträchtliche
mühe gegeben aus den zusammenhängenden Worten mehrerer naturhisto-
riker und geschiclitschreiber ihn interessierende dinge zu excerpieren,
alle spuren seines fleiszes sowie die möglichkeit das wunderbare durch
belegsteilen zu erhärten durch das verschweigen seiner quellen gänzlich
beseitigt haben sollte, auch ist es klar dasz der anfang des 56n abschnittes
Kttl blÖTl dTTl Tf^C 6bo0 Tf^C 6lc CupttKOUCaC KpTJVTl dCTlV, durch
nachlässigkeit des letzten redactors, der sonst den ton von excerpten mit
geschick zu vermeiden versteht, aus einem zusammenhange, in welchem
der ursprüngliche samier seine quelle angegeben hatte, losgelöst ist. ob
diese redaction aus einem Sammelwerke oder aus mehreren hervorge-
gangen ist, läszt sich nicht mit Sicherheit bestimmen; man musz sich bei
dem in sich abgeschlossenen Charakter einzelner gruppeu der letzteren
ansieht zuneigen, besonders die sich durch ihre ausführlichkeit und zum
teil interessante ethnographische notizen auszeichnenden 61 excerpte
78 — 138 scheinen eine gemeinsame quelle vorauszusetzen , ebenso wie
die vorhergehenden , die zum groszen teil naturhistorischen Inhalts sind».
*m •
Schrift TTcpi 6au^aciu)V dKOuc^äTu)v. 231
Jedenfalls mQssen die erwähnten 61 excerpte einer samlung von'
nicht geringer bedeutung — so weit man überhaupt die berechtigung
solcher collectaueen zugeben will — entnommen sein, und es ist schwer
sich der hypothese zu erwehren , dasz es die samlung des Kallimachos
und zwar besonders deren buch Trepl Tt&v ^v TTeXoirovvticip Kai 'ixa-
Xia Oaupacduv Kai irapaböEwv gewesen sein Icönne. denn wir wissen
aus Antigonos*'), dasz der inhalt der abschnitte 79. 113. 114. 115. 117.
119. 121. 125, und aus Stephanos (u. Kpavvu>v), dasz der des 126n sich
auch bei Kallimachos fand; sodann verdient es beachtung, dasz von den
erwähnten 61 excerpten sich 35 auf Italien (mit einschlusz Ulyriens
und Liguriens) beziehen **) , und endlich ist es von bedeutendem gewicht,
dasz gerade bei Kallimachos sich, wie oben nachgewiesen, die Vermischung
des von Theopomp und des von Lylcos berichteten fand, der wir auch im
119n abschnitt unserer samlung begegnen.
Will man diesen drei momenten kraft genug zugestehen die hier
aufgestellte hypothese zu stützen , so wird man sich leicht auch zu der
annähme bereit finden, dasz das 53e 54e und 58e excerpt, die sich eben-
falls in der samlung des Kallimachos fanden (Antig. 156. 162. 131),
desselben Ursprungs sind , und auch nicht abgeneigt sein das citat des
periplus des Hanno und des Xenoplianes (37. 38) , quellen die von nicht
gewöhnlicher belesenheit zeugen, dem gelehrten bibliothekar zuzu-
schreiben.
Wenn übrigens in dieser Untersuchung ein sicherer grund zur Wür-
digung dieses Sammelwerkes gelegt ist, so Iflszl sich nicht verkennen, dasz
es eben nur der grund zu derselben ist: denn es ist mehr als wahr-
scheinlich, dasz über viele einzelheiten einer schrift, die mit so manig-
fachen gebieten der Wissenschaft des classischen altertums berührungs-
puncto hat , von mancher speciellen seite aus bestimmter wird geurteilt
werden können , als es für diese abhandlung möglich gewesen ist , die
excerpte der verschiedensten art in ihren quellen zu ergründen suchte,
jedoch dürfte schwerlich die zahl der quellen um ein bedeutendes zu
vermehren sein, und ebenso wenig sich eine erheblich jüngere, als Ti-
mlos es ist, nachweisen lassen, für den Innern werth dieser excerpte
ist dadurch freilich nur ein äuszerer anhält gegeben, der jedoch der be-
urteilung jenes notwendig zu gründe liegen musz. nach der glaubwür-
digkeit , die man den betreffenden autoren für diese oder jene milteilung
aus äuszeren oder inneren gründen beimessen will, steigt oder sinkt auch
der werth dieser abschnitte.
Für die grenzen dieser abhandlung möge es genügen schlieszlich
noch darauf hinzuweisen, dasz manche der vorliegenden excerpte noch
15) Ant. 172. 139. 136. 142. 173. 141. 137. die veracbiedene anord-
nung erklärt Bicb daraus, dasz unsere samlung die excerpte im grossen
nnd ganzen nach den sehriftBiellem ordnet (79 Lvkos, ebenso 113. 114;
115. 117. 119. 121. 125. 126 Theoi^omp), -wfthrend Antigonos dies princip
verlassen bat. 16) 78—82. 8{^ 89—98. 100—114. 119. 128. 130. 132.
von den abschnitten 83 — 67 bezieiien sich auf dieselben gegenden: 34..
37 (zun teil). 38. 40. 55. 56. 57.
232 J. Richler: in Piatonis Gorgiani.
nicht in gebührender weise für die fragmenle der griechischen liistonker
ausgebeutet worden sind, so vermiszt man 104. 105 noch unter denen des
Theopomp, unter die vielleicht auch 118. 124 aufzunehmen sind; ferner
sind 115. 127 mit dem MflUerschen fragment 231 dieses Schriftstellers
in Verbindung zu bringen; 130 fehlt noch unter denen des Lykos; 88
scheint die worte des Timäos viel ausführlicher und getreuer wiederzu-
geben als 30. 31 bei Müller; 53 endlich könnte für die fragmente des
Phanias zu berücksichtigen sein.
Hamburg. Hermann Schradbr.
33.
IN PLATONIS GORGIAM.
Dormitare interdum si non bonum Platonem, at certe deteriores non
magis librarios quam interpretes documento possunt esse, quae vulgo
leguntur in Gorgia p. 450 «^ ?Tepai bi. ^i eici tüjv T€XVu)v a\ bia
XÖTOu Träv trepaivouci Kai f pTOu, u)c Ittoc elireiv, f| oubevöc irpoc-
b^ovrai i^ ßpax^oc Trdvu, olov dpiGfAii'n'rfl ^^^ XoTicxiKf) Kai few-
jüi6TpiKf| Kai 7T€TT€UTiKri T^ Kai SXXai TToXXal T^xvcti, tiv fviai CX€-
böv Ti icouc touc XÖTOuc f xowci TaTc TrpdEeciv, al bfe iroXXal TrXeiouc
Kai TÖ Trapdtrav Träca f) TipäStc Kai tö Kupoc auraic bid XÖTUiV
dcTi. etsi enim fuerunt qui aleam — Treneiav — cum XoTtCTiKq
et Y€u)|üi6TpiKQ a Piatone consociari solere contenderent, ad ea provo-
cantes quae scripta extant de legibus p. 820*^ foiKe ToGv f{ T€ ireireia
Kai TaÖTa dXXrjXuJv Td jLiaOrJiüiaTa ou ird^iioXu K6XU)ptc6ai , tarnen
ex uno loco tale quiddam colligi licere aleamque habendam esse artem
similem arithmelicae neque mihi neque cuiquam umquam persuadebitur.
quid enim? statuit Plato similitudinem intercedere inter Trerreiav et
XoTiCTiKTiv an inter ireTTeiav et irepl XoTicjüioöc dtexv&c naidv
£Eeupr)^eva |üia6r)|LiaTa, jüterd iraibidc re Kai f^bovric jiavBdveiv
p. 819^? age vero condunemus eius modi errorem iudicibus parum
cautis : locutio o\) TrdjiTroXu K€XU)picOai non est dlversa ab ou Kexu)-
picOai? verum enim vero non casu videtur factum, ut philosophus di-
serte negaret aleam esse artem neque quicquam aliud nisi negotium —
biaTpißfjv — haberet p. 820*. ac siquis quae p. 819**— p. 820* cx-
posiia sunt omuia perlustraverit, non effugiet eius aniroum, inter ttct-
Teiav et XoftcnKrjv hoc Interesse, quod alea modo non tota pendeat ex
arithmetica idque non aliter atque Aegyptlorum ludi quidam pueriles,
et quoniam tantum discriminis inier utramque intercedere ipse Plato ape-
ruit, non est cur aliis praeceptis usi aut quanto vel veteres vel recen-
llores antestare decreverint arithmeticam aleae doceamus, aut cur ipsi
vocabulum 7r6TT£UTiKf)C prorsus inauditum fuisse Graecis fusius atque
copiosius exponamus. neque enim apud ullum scriptorem legitur, quam-
quam apud mukös Td irerreuTiKd et 6 treTTCuriKÖc. inde non mediocris
videlur esse inconsiderantiae hunc locum componere superiori illi, quo
non est dubium quin summa llbrariorum incuria oscitanliaque it€TT€U-
J. Richter: in Piatonis Gorgiatn. 233
TiKV] irrepserit. illic enim licet casu et forluito iT6TT€ia cum XoTiCTtK^
et Y€UJ|i6TpiK9 conluncta sit, tarnen computandi ratione hablta cogna-
tionis vinculo quodam continetur: at hie philosophos noa agit de nume-
ris, sed de artibus a1 biä XÖTOU ttov ircpaivouciv. eique Xöftp quia
p. 460 '^ cifr\ opponitur, quominus eum pro oratione accipiamus, nemo
plane advereabitur. iam vero fae errore nos esse addoctos ul Tr€TT€iiTi-
KTJv artem exstirpar emiis : ecqoid est aleae cum oratione aut quis um-
quam homini routo eius modi ludo abstinendum esse sibi persuasit?
quid quod Plato de re publ. p. 487 <^ usus imagine ir€TT€iav Iv XöfOtc
diserte distinxit a ireTreiqt iy iprj^oic? itaque nescio an ars restituenda
videatur iraibeuTiidi propler consonantiam : quodsi quis quae In Piatonis
dialogo sequuttlur coosideraverit, fortasse malet TricrcuTiKii coli. p. 454*' —
455*. hoc utique optinendum censemus, Trerrcunicf^v nee in numerum
artiuffl esse referendam aH bia Xötou iräv ircpaivouciv, nee omnino
esse artem nee ab bominibus Graecis originem cepisse tale vocabulum.
Sed ttt ineommodum artls non modo suspectae verum etiam reiectae
compensatlone commodorum leuiatur , efc6€av, quo vocabulo Plato usus
videtur p. 466** T^j bk ifVjLivacnicft Korä töv auiAv Tpötrov toOtov
f) KO|Lt)uiumKifi, KOKoCpTÖc T6 ouca Kai äiraniXfi xai dtcvWic ical
ävcXeuOcpoc , cx%totci Kcd xfiustiaa xal XeiöniTi Kd eicO^cct äira-
Tubca, «&CT6 itcHeiv dXXÖTpiov loiXXoc ^^eXKOfi^vouc toG okelou
ToO bid Tf)c Tu^vacTiici)c djyieXcTv — id igkur vocabulum ne aspernen-
tur lexicographis arbitramur suadendum. quod enim vuigo legebant xal
C(icOi|C€i, boc usque eo non est satisfactum Piatonis interpretibus, ut
eoniecturas tentareut varias dcOrjcet, dcOf}civ, akO^jceic deleto Kai.
earum nulla nee propius accedtt ad vulgatam nee ad sententiam accom-
modatior est quam quod ipsi proposuimus eicO^cet. etenim cxtfjjüuxct
voce generali conli&eri ^c0r)C€i vel ^cOnciv nemo non videt: neque Xeiö-
TiiTi quam respondeat cTcOecic i. e. fartura toliusque loci sententiam
illustret, obscurum delitescit. et cum KomiUiiTiKri uuncupetnr KaxoCp*
YOC ei diTaTT|Xil f quae alienam adseiscere soleat pulcritudinem , inprimis
de capillamentis , de suris fartura craseioribus , de simüibus rebus cogita-
mus. eas omoes ut ars gymnastlca gratuito ac sincere, Ita foci faciundi
ars per fraudes sie suppeditat, ut quorum insania eius modi artes malas
aucupetnr, recte dicantur dXXörpiov £q)^XK€c6ai KdXXoc. pertinere
aulem ad pulcritudiuem alienam adsciscendam cum alia tum dfcBectv
(au9$lopfen) quis est qui igooret? neque aliam ob causam eius locum
occupavit aTc9r)Cic, nisi quod tllud vocabuUim parum usitatum et sor-
dido atque inliberati bominum generi notom videtur fuisse: unde Plato,
eum Socratem opificibus amicum utdutisset loquentem, ad delestandum
opificium absurdum non dubttavit in librum suum transferre.
P. 447 ** alli legendum censuerunt: oökoOv, (b 'rfiv, ßouXecBc
Tiop' i)il fiK€iv olKab€; alü oukoOv, 6Tav ßouXti^, nop' i)ik fiKetv
olKObe interpretantes : ^itaque quandocumque placuerit, ad me domum
meam veniie.' oeatra scripiura libris veteribos coofirmatar. neqie enim,
ne soHicitemus ötov ßouXiicOe, quae verba cum pro &rav ßouXccOe
vel 5t€ ßouXficccOe ad arbitfium buc invecla «int tum prorsus alieiia
JahrhftelMr f&r cUu. plulol. iSeS hfU 4. 16
234 J. Richter: in Platonis Gorgiam.
Yidentur a loci senteniia, potuit fieri ut Musis Graecis uHo modo proba-
re tur: öÖKoCv fiK€iv. namque constat nee oÖKoOv cum infinitivo con-
iunctum nee eius modi locutionem iiDperativi loco a scriptoribus Graecis
usurpari. quocirca coniecturam (b 'tSv a viris doctis iniuria repudialam
facile dicas. verum si ad superiora eountiala respexerfs inprimisque ad
verba foptiac ^mbcigcTai f^iv, ei fuev boKCi, vCv, i&y hk ßoiiXi),
^caOOic , nescio an futurum sit ut aÖTÖOev magis placeat. non invita,
opinor, Minerva de re publ. p. 412' est repositum £06V pro örav in
hisce annalibus 1867 p. 142: eliam Gorgiae p. 517*" multa suadent ößey
pro iliv : atque p. 447 ^ propter oÖKoCv syllaba aÖT- facile potuit oblit-
terari. reposito vero adverbio aÖTÖOcv perquam luculenta apparet sen-
tentia haec: 'nonne ergo ad me domum meam ilico venire vultis?* ita
facillime Socratis et ed X^Y^ic intellegftur et disputatio quam slatim in
domo Calliciis de arte rhetorica instituil, et dubilalio de Gorgiae voluntate
disputandi, qua morderi se in itinere simolat.
Non minus p. 465* ouk ^x^^ Xötov oub^va paucisque versibus
interiectis fiXoTOV TTparjiio et p. 501* dXÖTiuc, quam p. 463* (|it)X^c
CTOX0tCTiicf)C idem fere significans atque Isocratis KQTä TUiv coq)iCTdiv
S ^ U'tiX^c bo£acnKf)c declarat scribendum esse p. 464^ Tcrrdpuiv bi\
TOUTUJV oöcOüv, Kttl fiel TTpdc td ßeXncTov Öepoircuoucuiv, Tt&v
\itv Td cd^^a , tAv bfe Tf|v i|iux^v , f| KoXaK€UTiirf| alcöofn^vn , oö
Tvoöca XÖTOV (pro vulgaio X^-ftw), ÄXXa CTOxacajudvT], T^Tpaxa iav-
Tf|v biaveifiaca, öirobOca uitö iKacrov tujv ^opiuJV, TrpocTroieiTai
elvat toOto öirep vtiibv , Kai toO ^kv ßeXTicxou oöbfev q)povTiZ;€i,
Tijj hk &el fiMcTiu OripeueTai Tf|v ävotav, bac senlentta: ^quattuor igi-
tur esse artes semperque Optimum quodque submfnisA*are, alias corpori
alias animo, postquam ars adulaloria sensit' b. e. non cognovit eius divi-
sionis rationem, sed augurata est: factum est ut qnadrifariam ipsa se
dispertiret.
Qualem medicinam viri docti adhibuerint loco corrupto p. 503^ el
IcTi Te, c5 KoXXixXeic, i^v irpöiepov cu ^Xerec iperfiv^ dXtiOiic, tö
Tdc liTiöuiLiiac d^T07rl^^^X(ival xai xäc airoO xal xäc tu>v fiXXuiv •
el hk pi\ toOto, dXX* öirep ^v tdb iciipw Xötu) !^vaTKdcör)|Li€V f|M€Tc
6^oXoTeiv, Sti al ixiv twv dtrtOuiüitdrv iTAr)poij|i€vai ßeXriu) iroioOci
TÖv dvOptüirov , Ttturac }iky diroreXeiv , rfi hk x^^P^ » M^ ' toOto bi
T^XVT] TIC elvat- toioOtov dvbpa toötuiv nvd T€Tov^vai fx^tc
eiiretv; inde iam patet, quod nemo eril qui 6ti cum infinitivo a Stall-
baumio ita coniunctum, ut beiv videatur supplendum, iudicio praeferen-
dum censeat de ellipsi cogilantium: ÖTi (dpeifl dXiiOrjc icTiv) . . diro-
TeXeiv. neque tamen quia unde toOto bk, t^XVY] Ttc elvat pendeat non
liquet, haec noslra coniectura nobis arridet. atqui quo enuntiatum ab
ei bk ixf\ incipiens priori congruat, praedicatum simile tQ dXiiGei dperQ
non temere nobis videmur desiderare. qua in re ad p. 499 respicientes^
ad quem locum ab ipso Piatone legentium animi releganlur — flirep dv
Ti?i TJCT^pij) XÖTijj t^vanTcdcörjuev fi^eic öfioXoTeW — inprimisque
jion magis ad tolam sententiam quam ad verbum boxet p. 499* £vcKa
idp TFOv Tiuv draeöv änavra f|^Tv IboU TtponcTtov elvai . . dpa
J. Richter: in Platonis Gorgiam« 235
xai col cwboK6i o6tu), t^Xoc elvot äTracujv tujv itpäSeiuv t6 dra-
66v, noQ arbilramur a vero aberrare extremum locum corniptum sie
scribentes: al bi. xcipu), ju/i, toOto 1)ok€T t^XVT] clvai, toioOtov ktX.
certe quidem leni voculae bi muUtione satisfactum est grammaticae, cete-
raeque argumentatloni iam respondet haec sententia : ^siquidem est vera,
0 Callieles, quam tu antea nuncupabas virtutem, cupiditates explere et
suas et alienas: si vero non hoc, sed quod in posteriore disputatione
coacti sumus concedere, cupiditates, quae cum explerentur redderent
hominem meliorem, satiare, quae deteriorem, non satiare, eam esse
artem quandam: num talem hominem horum quemquam exstitlsse potes
affirmare?'
Non defuere qui contraxisse damnum suspicarentur locum p. 521 ^
€l coi Mucöv T€ f[h\ov KoXetv, (b CdiKparec quos Sullbaumius sie
recensuit, ut errores varios redargueret. verum tarnen accidit ut quam
medellam vir egregius putaret necessariam, eam ipse nescio quo pacto
eflfunderet ac dissiparet. allato enim Olympiodori grammatici iudicio
f) TrapoijLiia aöni ^k toO TiiX^q)ou icAv eupmibou • ixei Tctp ^pwid
TIC iT€pl ToO T?iX^q)Ou, Ktti q)T]ci TÖ Mucöv Ti^X6q)0v • cixe bk Mucdc
fjv, €!t€ äXXoO^v TToGev, ttuic 8ti 6 TiiX6q)0C TVUjpiZcTar oötuj xal
ivxaöGa • che KÖXaxa OAeic elireiv töv toioOtov , ehe bidxovov,
€iT€ övTivaoOv, bei, q>i]clv 6 KoXXiicXfic, toioOtov elvai irepl Tr|v
iTÖXiv — haec, inquit, licet Vitium contraxennt, tamen egregie pate-
faciunt interpretandi viam. constat enim Mysorum gentem contemptui
esse habitam, id quod vel ex proverbio illo patet Mucujv 6 fcxotTOC,
quod cum ab aliis tum a Piatone Theaeteti p. 209 ^ adhibetur ad signi-
iicandum hominem plane vilem et abieetnm. equidem nee quod Vitium
contraxennt veleris grammatici verlni cogitatione assequi possum, nee
lila interpretalio et de gente vili sententia quo vinculo continealur repe-
rio, nee quare Callicles, probatis sub dialogi finem insignis cum persua-
dendi arte tum pietale viri placitis modo non omnibus, Socratem contem-
nendum censeat hominemque ducat abiectum sentio. ac primum quidem
Olympiodori verba latine sie facile reddas: *hoc proverbium est ex Te-
lepbo Euripidis : illic enim quaerit aliquis Telephum et nuncupat Mysum
Telephum: sive autem Mysus erat sive aliunde, quid quod Telephus
agnoscitur? ita etiam hoc loco: sive adulatorem vis nuneupare talem
hominem sive administrum sive quemvis, oportet, inquit Callicles, eum
talem esse in urbe.' in bis etsi elHpsis iriBc ön admodum dura videtur
latinnmque dicendi genus resipit, ut ipsi interpretati simus: 'quid quod?'
tamen ntsi mavis nujc ea accipere sententia, quam Vigerus p. 444 sq.
ed. Herrn, in hae particula inesse statuit, facile orationem neglegentem
condonabis grammalico. at nihil, opinor, quod Mysos fuisse gentem
vilem innuat inde elicies. itaque restat ut videatur probandum, ne Piato-
nem quidem 1. 1. de Socrate a Callicle contempto cogitasse, sed de Gallicle
misericordia commoto. qui cum Socrati, quod alia atque ceteri Athe-
nienses de rei publicae condieione sentiret civiumque anlmos studiis suis
in dies magis otfenderet, multum a popularibus sibi persuasisset imminere
periculi: ne verba aucupetur atque premat opinionique publicae obse-
16*
236 M. Hertz: miscelU.
quatur, iam amiee suaidejt: et p» 521*" fftf| cTthjc & TroXXäloc £Tpn*Qixc,
ÖTl älTOKT€V€T M£ Ö ßOuXd|4€VOC, et p. Ö^l"" &C MOt bOK€lC, (b CuJ-
Kparec, mcrcueiv |iit)b' ^ ^v toijtu;v iradciv, iK oiväiv dKirobuiv
Kai oOk &v 6icax0€\^ eic biKOu^Tfipiov öttö Ttdvu Icuic |UU)x6i1P^0
ävSptiiiirou Kai qxxuXou, ad h^ec iUe: 'suades Igitur, mi amiee, ut
adulator eiUtw*' Um vero ut aUbi, velut p. 483 V 489 ** inprinisqu«
p. 490*, Ua hoc Iocq non sine magna ajaUni coDcitatione verborum aaca-
pium quoddam Sooralis castigaturus CalUcle^ sie intercipit oraUooem: el
cot Mucöv T£ f)b^ov KaXctv h. e« Micet per me quons namioe utare,
tarnen nisi haeo feceris, nisl urbi servies, ja»n effugles mortem.' iaest
igitur , id quod non soliun Olympiodorus confirmat , sed etiam seriea sen-
tentianin^ in Piatonis Gorgia obviarum, in verbis varie vexatis haec sen-
tentia , nihil vaiere nomen quoddam ad cahmitaies avemmcandas. viden*
tur autem viri docti ad aliena ideo esse detapsif qvod sermone interrnpto
non ipse GalUcles , sed Socrates mortis perioulum imminens declarat«
RASTBHBUBai. lOANMBfi RiOBTER.
■ 71; I I i ■ ■ ■ I ■ »p I I p ^
MIBCBLLEN.
(fortsetznng von Jahrgang 1867 s. 317—819.)
16.
In den interessanten Tironiana von W. Schmitz symb. phil. Bonn,
s. 529 ff. wird bei der betrachtung der Überschriften und subscripttonen
der handschriften der Tironischen noten auch der schon von Kopp er-
Tv&hnten Überschrift der Straszburger hs. erwähnung gethan (s. 538}
Auxüiante deo inctphini Notae Senecae et Amen unter Wieder-
holung der angäbe Kopps , dasz die fast erloschenen buchstaben tioiter
gewesen zu sein scheinen, die dieser durch ti (TuUii) oiter {citerio-
rumtfue) oder tioioeb (TulUi Ciceronis) erklären zu dürfen glaubte.
Schmitz selbst, indem er die angäbe des cod. Paris. 8777 hinter der vor*
rede In nomine dei summt incipHmi notae Senecae ei Cyceronis gra-
matkorum seeundum traditionem Tuüii vergleicht, meint s. 543, es sei
wahrscheinlich Cicer zu lesen, aber sicher sind die wol auch nicht mehr
ganz deutlichen nftehstvorhergehenden buchstaben et nicht richtig ent-
siff^t und in dem ettioitbb steckt, von den cHeriores noch ganz abge-
sehen, weder et TullH Oceronis^ noch et Ciceronis^ sondern ein ein-
faches, landesübliches fblioitbb.
Breslau. Martin Hertz.
F. BQclieler: ArUtodemoB echt oder uaecht? 237
35.
fAEISTODEMOß ECHT ODER UNECHT?
Eioe neue grieohische haodscbrifl durch Minas nach Paris gebracht,
ein neuer griechischer hietoriker -^ wem sollte da in einer zeit kritischer
Studien, nach den erfahrungen letzter jähre nicht ein skeptischer gedanke
kommen? als ich die von C. Wescher veröffentlichten Aristodemos-frag-
mente prüfte, hatte ich sie so unbedenklich wie Arnold Schaefer für echt
genommen, mein freund CurtWachsmuth, gewis ein in diesem ge*
biete sehr bewanderter mann, hat im jflngsten hefte des rheinischen
museums XXIH s. 803-^315 völlig anders geurteilt, bei der auszerst
geringen frucbt welche das eben entdeckte pfl&nzchen trSgt, bei der fülle
tauber biOten ist jenes nrteil wol begreiflich, aber wie ich fürchte, ein
sdiusz über das ziel hinaus, zwar wird, da in solchem fall vindiciae
eines textes allzu leicht in vindiciae seines kritikers umschlagen, das
wort hierüber am besten andern unbeteiligten überlassen; aber da die
gute des in Paris sich aufhaltenden dr. Gustav Meyncke mir einige
bemerkungeu Über das object, dessen echtheit in frage gestellt ward,
an die band gegeben hat, so glaube ich die gelegenheit benutzen zu
dürfen, um mein festhalten an der früher dargelegten ansiebt auszu-
sprechen, wie vorsiebt not thut vor dem verdammenden spruch, lehrt
der von Waobsmuth mit unrecht gescholtene gebrauch des namens
'ApTiXtOC s. 357, 19 als eigenname: gleicher tadel irifTt schon Cornelius
Nepos erzählnng Paus, 4 und 5, die ohne zweifei alterer tradition, doch
wol des Ephoros folgt, und wie hatte, so darf man fragen, der jedes
minrerstandnis ausschlieszende ausdruck des Thukydides I 132 ävf|p
'ApfiXiöc überhaupt zu jener aporie führen können, welche die scholien
bezeugen: nv^c Kupiov nvlc iOviKÖv, wenn nidit neben der Thuky^
dideischen tradition jene andere bestanden hatte, gleich viel wer diese
aufgebracht und durch welchen irtum? das marchen, dasz die Lakedamo-
ttier, um von den mitkampfern im Perserkrieg keinen vorn oder hintan
setzen zu müssen , den diskos 'erfanden', dünkt mich , was die aufnähme
desselben in die geschiebte betrifft , wol der zeit eines Lueian und Chen^
Bos, was erflndungsgabe, wol noch alterer Unterweisung ir€pt eöpimd«
Ttuv würdig; vielleicht hat dem erfinder eine erinnerang an den von Pau*"
sanias V 20, 1 beschriebenen diskos des Iphitos mit der rund laufenden
Inschrift vorgeschwebt, auch das argument scheint mir niobt stichhaltige
womit allein Wachsmuth hoffen konnte den verdaicht einer fälschung zu
begründen, dasz Demosthenes die Perser auf der flucht von Plataa in
Makedonien durch Perdikkas laszt vernichtet werden, Aristodemos aber
durch Alexandros in Übereinstimmung mit Clinton und andern welche
dem Oemosthenes Verwechselung der beiden namen zutrauen, dasz ako
Aristodemos aus modernen Studien schöpfe, die frage ob Demosthenes
gegen Aristokrates $ 200 diesen oder jenen meinte , kann ganz aus dem
spiele bleiben: denn directe enllehnung aus jener stelle zeigen Aristo-
demos Worte nicht, desgleichen der brief des Philippos, wonach Alexan*
238 F. Bacheler: Aristodemos echt oder unecht?
dros von den kriegsgefangenen Medern einen tribut nach Delphi weilite :
genug dasz nach Demosthenischen Zeugnissen alte angenommen und ge-
sagt haben, dasz die fliehenden Perser in Malcedonien durch feindlichen
angriff schlecht wegkamen, um die notiz des Aristodemos zu rechtfertigen,
dasz Alexandros sie aufgerieben habe, denn diesen kennt unser schrift-
steller als damaligen regenten Makedoniens, von dessen gesandtschaft im
auftrag des Mardonios an die Athener halte er oben berichtet; dagegen
wird nach dem grundsatz Homer aus Homer zu erklären, einem solchen
historiker niemand die kenntnis eines makedonischen teilfürsten zuschrei-
ben, umgekehrt also wäre wo! mehr zu verwundem, wenn Perdikkas hier
vorgeführt würde, als die nennung des Alexandros, die an sich thdricht
sein mag und lächerlich (iravTac £q>öv€ucev), aber dem begriff und der
darstellung dieses Schriftstellers entspricht, übrigens bemerkt Heyncke
zu den werten 'AX^Eavbpov Tdv Maxe&öva töv ^iXIttttou npÖTOVov
s. 351,20, dasz so zu schreibeu einem Zeitgenossen Philipps am nächsten
lag und dasz sie arglos von einem epitomator aus Ephoros fortgepflanzt
sein möchten.
Die echtheit eines scliriftstückes läszt sich einem bekannten spruch
zufolge nie demonstrieren; desto gröszere ansprüche wird man an den
beweis der unechtheit zu stellen haben.
Ueber das handschriftliche object schreibe Ich Im folgenden die von
Meyncke mir zugegangenen mitteilungen zusammen. ^Minas hat bei sei-
neu lebzeiten die handschrift nie zeigen wollen, sie ist erst nach seinem
tode in seinem koffer mit beschlag belegt und seinen verwandten dafür
eine entschädigung geboten, er hielt sie so verborgen, dasz er die Theo-
pomp-fragmente, welche Müller veröffentlicht hat, nicht aus ihr selbst bat
herausgeben lassen , sondern aus einer an Müller übergebenen abschrift.
es ist schwer einzusehen, warum Minas oder ein älterer falscher eine
handschrift von so werthvollen bestandteilen , wie diese in ihrem kern
ist, durch ein verhältnismäszig so unbedeutendes fragment noch hätte
erhöhen wollen. Ninas iiat den etwas undeutlichen namen des Aristo-
demos nicht lesen können und dies bruchstück daher in dem zu anfang
der handschrift von ihm gemachten katalog nach Vermutung anderen
historikern zugeteilt, hm. Weschers beschreibung der handsclirift ist
von einer musterhaften genauigkeit, seine behauptung dasz keine der
drei im ältesten kern derselben zu unterscheidenden bände jünger als das
zehnte Jahrhundert sei , zeugt von besonnener mäszigung , da der schrift-
charakter hohes aller verräth, die mitte haltend zwischen uncial- und
cursivschrifL die Aristodemos -fragmente scheinen, wie hr. Wescher
selbst bemerkt (anm. zu s. 349), allerdings von einer andern band ge-
schrieben ; der Charakter der scbrift stimmt aber so genau zu den übri-
gen teilen im allen kerne der handschrift, dasz man daraus wenigstens
auf volle gleichzeitigkeit der niederschreibung schlieszen musz und bei
genauerer vergleichung der schriftzüge kaum ein anderer unterschied übrig
bleibt als der, dasz die buchstaben hier etwas kleiner sind, dort etwas
gröszer. keine spur nötigt anzunehmen, dasz die blätter auf welchen das
medicinische fragment , Aristodemos und Philoslratos stehen , an grösze
F. Bücheler: ArUto.lemos echt oder uneclil? 239
von den aadern verscliiedea gewesea, da auch sonst hin und wieder Über-
schriften oder randbemerkungen vom bachhinder durchschnitten sind,
vielmehr war ursprünglich das format durchgängig beträchtlich gröszer,
bevor die handschrift, so wie sie jetzt vorliegt, im sechzehnten Jahrhun-
dert eingebunden wurde, der binder hat, um die verschiedenen teile,
vielleicht sogar einzelne bUlter wie fol. 81 zusammenzulialten, teilweise
auch um schadhafte ecken des pergaments zu ergänzen, papierstreifen
aus einer lateinischen handschrift des 14n Jahrhunderts verwendet, da
ich einmal fol. 81, worauf Philostratos steht, erwähnt habe, füge ich
gleich hinzu dasz grösze und Charakter der schrifl auf diesem blatt völlig
mit der band übereinstimmt, von welcher fol. 83^ — 87^ herrührt, ich
bedaure dasz ich noch nicht habe entdecken können, wie dies einzelne
blatt oder ob es mit den anderen, namentlich den Arlstodemischen äuszer-
lich zusammenhängt; auch verzweifle ich fast an der ermittlung des Ver-
hältnisses von fol. 81 zu fol. 83 — 87 , wenn die buchbinderarbeit nicht
teilweise abgelöst werden darf, das erste wort in der oben am rande
von fol. 88' durchschnittenen reihe (denn eine ganze reihe stand dort,
aber nur von den ersten buchstaben sind hinlängliche reste erhalten um
ihre ergänznng zu wagen) war nicht dpiCT- , nur der zweite buchstab ist
wahrscheinlich p gewesen , aber der erste €i , wovon ich jetzt auch hrn.
Wescher überzeugt habe, dasz eine alte paginierung mit griechischen
buchstaben durch die ganze liandschrift geht und auch die fraglichen
bläller mit einbegreift, ist schon in hrn. Weschers beschreibung gesagt.'
Diesem mag nur beigefügt wenlen dasz mein sehr vorsichtiger
freund, der seiner zeit auch den Uranlos hat zeigen sehen und das ge-
schick der f&lschung hat erklären hören, seine Überzeugung von der echt-
heit alter teile wiederholt ausspricht, sie wachse mit jedem neuen male
wo er den band in die band nehme, von argumenten für die echtheit,
welche dem tezt selbst entlehnt werden können, genügt mir eines, denn
für ausgemacht nehme ich dasz s. 356, 9 i^ dcriv £ti vQv 5ia verderbte
lesung statt 'HeTiuivia oder 'HcTiuiveia ist. scheint es glaublich dasz
ein falsarius diese so wol abgestufte corruptel ersann, deren progression
uns allen verborgen geblieben war? ictiv nemlich wuchs dem verderb-
ten ^ in vöv bia zu entweder durch diltographie oder um das sinnlose
sätzchen nach möglichkeit zu ergänzen, wie die anläge und form der
ganzen darstellung durchweg die färbe der compilationen des sinkenden
altertums, aber des altertums widerspiegelt, ward schon oben s. 94 kurz
skizziert, ein blick in die von Wachsmuth apgezogenen Hermogenes-
scholien, in denen nicht blosz die dem peloponnesischen krieg voraus-
gehenden ereignisse ebenso zusammengedrängt, sondern auch iu ähn-
licher weise z. b. V p. 482 W. lakchos beistand bei der salaminischen
Schlacht aus Herodot und p. 375 Alkibiades rath an Perikles, der rechen-
schaftsablage sich zu entziehen, und der anlasz des megarischen psephisma
erzählt werden — dieser blick zeigt wie die von Aristodemos gebotene
auswahl historischen Stoffes mit dem von den späteren rhetorenkindern
verwandten material zusammentriiTl. und einwirkung der rhetoren auf
unser compendium tritt wol auch in der benutzung von phrasen des
240 F. Buclieler: ArJstodcmos ecbl oder unecht?
Demoslhenes und Aescbines wie von historischen Zeugnissen zu tage, die
ShnlicbkeiLen mit den schollen zu Aristophanes, zu Thukydides (nicht
blosz sachlich) z. b. in belrefT der ringniauern, sondern selbst sprachlich,
wie wenn Thukydides zusalz beim Argilier TTaibtxd auToO in den scho-
llen, die Suidas wörtlich abschreibt, durch ^piJü|Lievoc, von Aristodemos
durch dtoiirtüfievoc verdolmetscht wird), hinsichtlich des von Themisto-
kles an Xerxes gesandten pddagogen Sikinnos auch mit den schollen zu
Aeschylos geben einen ungefähren maszstab für das Zeitalter und den
Studienkreis welchem diese epilome ihren Ursprung verdankt, ich meine
die schon s. 94 bezeichnete zeit zwischen der sophistik und d€r byzan-
tinischen redaction der hypomnemata. weiss jemand die geographische
definition von Mykale im Fragment s. 353, 17 als dpoc Tf)c MiXrictac
historisch zu verwerthen ? oder ist sie rein fingiert nach z. 13 eic MiXt]TOV?
Teusche ich mich nicht, so besitzen wir hier bruchstficke einer
hauptsächlich aus Ephoros abgeleiteten, nach und nach ins enge gezoge-
nen , daneben wieder durch zuthalen von rheloren und grammatikern er-
weiterten geschieh isdarstellung etwa des fünftel^ Jahrhunderts, der man-
cher Byzantiner sein wissen von der altgriechischon geschichle verdankte,
sicher wenigstens hat dies buch der namenlose schollasi des Hermogenek
ausgeschrieben, wo er zur erlSuterung des rhelors sich genötigt sah auf
ein historisches compendium zurfickzugreifen. da handschriAen dieses
scholiasten aus dem lOn Jahrhundert vorhanden sind, so kann er spä-
testens in die zeit der makedonischen dynastie verwiesen werden, 1»
dieselbe zeit deren saromelfleisz wir ohne zweifei die erhaltuug wie
des ganzen von Wescher publicierten corpus so auch der Aristodeml-
schen fragmente verdanken, dasz der scholiast seinen gewShrsmao»
wort ffir wort ausschreibt, ohne ihn zu nennen, war damals regei;
interessanter ist, doch auch dies nicht neu, wie die grammatische litte-
ratur ausweist, dasz er dessen text verderbt so wie heute vor sich hatte
und ihn sdilecht genug zu restaurieren versuchte, unser Arislodemos
berichtet s. 363, 4 AaK€&at^övlOl d(p€Xö^6V0i <t>iUK^uJV tö iv AeX-
q)Oic iepöv irap^bocav AoKpoic Kai d(p€Xö)i€VOt aöroOc dtr^bocav
irdXtv TOic <t>iUK€OciV. ich sagte schon s. 99 dasz hier der abschreiber
nach Kai den namen 'A6iivaTot ausgelassen habe, der scholiast des
Hermogenes aber, welcher den satz bereits ebenso verstdmmelt fand,
braut daraus folgenden mischmasch s. 388, 11 AaKebot^öviOi d^eXö-
jLi^voi <t>iüK^tMv t6 ^v AeXqpoTc iepöv trap^bocav AoKpoic, €?Ta
irdXiv AoKpouc dq)eX6|4evoi trop^cxov <t)uiK€Ociv, und da er, nuo
einmal auf falscher fahrte, das unmittelbar anschlieszende Ö7T0CTp€(pdv-
Ttuv hk TUJV *A6r)vaiiJüV dirö Tf^c l/t&Xf)^ "i^^t verstehen konnte , so
substituierte er dafür aus der erzflhlung , die er bei Aristodemos gerade
vorher gehen sah, dummschlau i5nocTp€(pövTtxiv 'A6T)va{ujv dirö TÜiiV
irpöc 'ApTa£^p£riv CTrovbt&v. ich bekenne hiernach dasz der falsarius
mir einigen respect einfiöszt. übrigens las derselbe scholiast bei der
samischen Strategie noch richtig TTepiKX^ouc xai Coq>OKX^Ouc, so dass
der fehler xai OcjitiCTOKX^ovc bei Arislodemos kaum alter ist als die
heute erhaltene abschrift. das aber versteht sich nunmehr wol von selber
F. K. Herüein: zur kritik des Arislodemos. 241
dasx, ivenn aa eben jener stelle desr Her mogenes-scholien tö KuXuivciOV
ärfoc durch einen liogem historischen bericht erläutert wird, welcher
zu der frOh hewonderten Thukydidelsch^n Schilderung skh analog ver*
hält wie des Aristodemos erzShluog über ereignisse der penlekontetie zu
den betreffenden abschnitten des Thukydides, dasz wir auch hierin einen
getreuen anszug aus dem (dritten) buch des Aristodemos werden aner-
kennen därfen. mlleicht stammt dort noch anderwärts einiges aus der-
selben quelle, wie s. 878 über Peisiatratos und die Phye oder der in den
anmerkungen zu s. 386 aus dem Turiner Planudes genommene bericht
über der Lakedämonier verhalten bei der Marathonschlacht, weil in den
Worten 'A6r)vai6t irpocßäXXovrec iv td^ MapoGüivi toTc M^iboic
ifSJ! ToO Ziplov CTpaT(|ii und wiederum ctrTKpoTfjcavTec iröXe^ov
fi€Td TWY Mrjbujv fffovy xou crparoO toö E^pEou f^trncav aöroäc
ilTTav iT€ptq)avf) iv Mapa6(£ivi offenbar neben der alleren fassung
(die Meder) eine jüngere glossierung (heer des Xenes) herlauft.
Die verAffentllchung des textes durch Wescher ist, wie kaum anders
zu erwarten war, fQr eine editio princeps ungewöhnlich genau; eine von
Meyncke begonnene nochmalige vergleichung der handschrift liefert eine
auszerordentlidi geringe auabeute. hier mag nur erwahnung finden dasz
8. 350, 17 xai vor Kivbvveiiauca in bekanntem ccHnpendium steht und
dasz s. 351 , 18 durch ein versehen beim druck gegen die hs. und gegen
Wescbers willen uir^cxcTO bk statt äir^cxcTÖ T€ ediert ward.*)
GrBIFSWALD. FSANZ BtlCHELER.
36.
ZUE KRITIK DES ARISTODEMOS.
A.
s. 349, 6 dcTTOtjba2;6V hk 6 sjiplr\c^ lexrt}ia KaracKeudcoc, ttcZQ
Inißiivai dnl "rtiv CaXo|jiTva öv Tpönov bif|XG€ in\ töv 'eXXfJcTrov-
Tov, Kai }ilpoc Ti Ix^v f)K€V KOTOi TÖ 'HpäKXeiov. in den letzten
Worten ist offenbar ein fehler, der aber auf ganz gelinde weise dadurch
beseitigt werden kann, dasz man Ktti jbi^poc Tt Ix^vvuev Kara t6
'HpäKXeiOV schreibt, so wörde der Verfasser die beiden sagen, welche
Scbaefer oben s. 84 erwähnt, und von welchen die eine berichtete, Xerxea
habe die meerenge zu überbrücken, die andere, er habe diese zuzudaoimen
gesucht, mit einander verbinden, man erwartet zwar bei fi^poc Tt noch
den Zusatz toC TTÖpou, aber das fehlen desselben kann bei der unbe-
hülflichen spräche unseres fragmentes, welche sich vielfach zeigt, nicht
als grund gegen die gemachte Verbesserung in anschlag kommen, zu den
mangeln des ausdrucks rechne ich z. b. in den aogefflhrten worlen £iri-
ßnvm M Tf)V CaXajLtiva statt biaßfivoi (denn dasz nicht etwa so zu
andern ist zeigen die ahnlichen stellen s. 350, 4 ixavac ^uptdbac im*
ßißacev clc Tf|v nXiiciov vnciba und s. 3öO, 12 iiiifir] eic Tfjv Vvrä-
*) [in dem obigen abdmck s. 84 ff. sind als dmckfebler bemerkt wor-
den s. 865P, 8 ictp&ivcav st. kTpdTCVcav und s. 864, 1 lüi^v Koi et. ^V) Kal.I
242 R. Löhbach: zur kritik des Aristodemos.[
Xeiov) and btfiXOe im t6v "EWiicttoytov. hier ist jedoch ixA Wel-
leicht aus dem kurz vorhergehenden tn\ eingeschoben und zu lesen
b\fi\Q€, tdv '6XXrictTOVTOV. — s. 350, 7 *ApiCT€il>nc &fe *A9nvaioc,
v\öc Aucl^(ixou , KoXou^evoc biKaioc. hier ist zu lesen KoXoüjüievoc
ö biKaioc. — s. 351, 3 ol ''GXXnvec dßotjXovTO XOctv rd tn\ toö
'GXXncrrövTOu Icötmcc Kai KaroXa^ßdvecOai E^pSnv iv tQ 'GXXdbu
wenn KaTaXa|üißdv€c6ai vom Verfasser herrdbrt, so ist es als einer der,
wie schon bemerkt worden ist, zahlreichen mängel des ausdrucks zu be-
trachten, ich bin aber mehr geneigt dasselbe auf rechnung eines ab-
Schreibers zu setzen und d1roXa^ßdlV€cOal zu schreiben. Herodot VIII 97
gebraucht den ausdruck dTtoX04iq>0€lc iv t^ Göpdiiri], letzteres rich-
tiger als iy tQ *€XXdbi. — s. 355 , 1 rpiiroba dvadelc ti{> dv AeX-
q>otc 'ArröXXuivi imfpa}i}ia ^TPOtMiev icpöc oötöv toioötov. ich
nehme wie BQcheler anstosz an irpöc aÖTÖv, verandere aber iTpöc in de,
welche pripositionen sehr häufig verwechselt werden.
WfiBTHEIH. FrIEDBIOH Ka.RL HeRTLBIN.
B.
s. 349, 8: Xerxes beabsichtigt eine brdcke irom fesllande hinüber
nach Salamis zu schlagen, um neUji dirißfivat in\ Tf|v CoXa^Tva 8v
Tpöirov bi{]XOe Inl töv "GXXi^cirovTOV. das zweite im ist als augen-
scheinlich irrige Wiederholung des ersten zu streichen. — s. 350, 5 nimt
BQcheler mit recht an der form dKirXriTTÖjLievoc anstosz und schreibt
dKirXi^TTUiV. das participium futuri ddrfte dem folgenden ßouXö^evoc
besser entsprechen. — s. 350, 15: in bezug auf Ameinias bemerkt Schae-
fer s. 82 : 'hier wird auszer der erdlTnung der schlacht (=s Herod. VIII 84)
demselben auch der angriff auf das schiff der königiu Artemisia zugeschrie-
ben.' letzteres findet sich aber auch bei Herodot VllI 93 8c Kai 'Aprc-
liiciiiv diT€biu)E€. — s. 354, 12 ist die (piXoTi^ia f| urr^p toiv '£XXii-
vuiv nicht anders zu erklären als in dem sinne von ehrsucht öir^p touc
^'CXXnvac. inip mit genetiv ist in dieser bedeutung sehr selten , aber,
bei dichtem wenigstens, nicht ganz ohne beispiel: vgl. Pindar Nem. 9,
129 eöxojüott ^TT^p TToXXiliv TtjLiaXq>etv Xöfoic mav, und Isthm. 2, 53
öpTÄv EeivoKpdTTic öirfep ävOpüCiTruiv TXuKCiav ?cx€V. — s. 356, 16
TTaucavia von dTK€X€tptC^^VTic abhängig zu machen verbietet die Stel-
lung, es ist deshalb TTaucavtou zu lesen. — s. 358, 5 ergänzt Wesoher
xfnö ai)TÖ tö t^)üi€VOC, Bachelor besser de TÖ aärd oder eic toOto t6
T^)üi€VOC. der aulor verbindet irapaTiTVCcSai beständig bei örtern mit
cic (352, 2. 7. 356, 15. 357, 12. 359, 13), bei personcn mit irpöc
(350, 10. 358, 1. 8. 359, 14. 15. 360, 7). die richtige ergänzung
scheint eic TÖ T^jiievoc zu sein. toOto hinznzufdgen ist unnötig und
schon wegen des raumes nicht zu empfehlen. — s. 361, 14 dQrfte ini
Tivoc TTOTajüioO in iiii NeiXou TTOTajiioO zu ändern sein, der naivetAt
des Verfassers wird sonst doch gar zu viel zugetraut ; . und wie der ab-
Schreiber mit eigennamen umgesprungen ist, zeigen sattsam 356, 9.
361, 1. 363, 16 und 364, 15. '^
Andernach. 1 Rudolph Löhbaoh.
F. Efsseahardt: zu Theodosios Tripolites. 243
37.
ZU THEODOSIOS TBIPOLITES.
Bei Suidas steht Ocoböcioc q>iXöcoq>oc ^TPOtMie ctpatpiKd £v
ßißXioic T) ÖTTÖ^vima eic Td 9eubä K€q>dXaia, irepl fifiiepubv Kai
vuKTi&v ß\ ÖTTÖ^vr|^cx cic TÖ 'Apxijiilbouc ^öbiov, biaTP(xq>dc oi-
Kiuiv iv ßißXioic t\ CKCiTTiKd K€<pi&Xaia, dcTpoXoTiKd, tr€pl oM-
C€U)V. voD diesen schriften sind griechisch bis jetzt, so viel ich weisz,
nur herausgegeben die ctpatpiKd. diese und die schriften ircpl oiKrj-
ceu)V und irepl fmcpiüv Kai vukt&v machen den schlusz einer neulich
von mir gekauften abschrifl, die im vorigen Jahrhundert jemand von meh-
reren astronomischen griechischen schriften genommen hat. eine andeu-
tung, woraus abgeschrieben wurde oder wer abschrieb, fehlt: ein loses
blatt liegt in dem bände, auf dem von — wenn ich nicht irre — anderer
hand eine gleichung gelost ist. darunter steht, aber wieder von anderer
band Euler. Pelrop. 1797 , die letzte 7 kann auch für eine 2 gehalten
werden, zu den cq)atpiKd wird einmal am rande bemerkt quae seq. non
erant in codice Sambuci, und auf dieselbe handschrift mit c. S. noch
einmal , am Schlüsse der schrift irepl ok^ceuiv , verwiesen, die schrift
ist deutlich, accente spiritus und iota subscr. fehlen, die worttrennung
ist meistens erkennbar.
TTcpi oiKi^ceuJv.
rTpoTäc€ic. a' d€t6pimc(. Toic t&ird rdv ßöpciov rröXov oIkoO-
ctv fmiccpaipiov ^^v toO köqiou btd iravTÖc den tö aÖT6 cpave«
pöv, fijüitcqpaipiov bk toö KÖCfiou bid iravröc Icn t6 auTÖ dtpavdc,
Kai oöb^v TiZiv dcrpujv aÖToTc oSre buvet ofire dvarAXei, dXXd rd
yiiv iv Tij!> (pav€p<f^ f||Luc(paip(i|i btd iravTÖc icxi tpavepd, rd bk Iv
Tiji dcpavei btd iravröc dcriv dtpavf).
ß' Toic i&irö TÖv icrmepivöv ohcoGci irdvra rd dcrpa Kai öüv€t
Kai dvardXXei Kai töv Icov xpövov äirdp re rdv öpiZovra dv6x6/|«
C€Tai Kai öirö töv öpUlovra.
T TTpöc irdvxa xöirov töv tvX tiJc }iicr\c l\Jjvr\c 6 tujv Cifibliüv
kukXoc öpOöc TcTorai iroxe.
b' OIc TÖ KaTd KOpU(pf|V CT1|UI€10V dlTÖ TOÖ ITÖXOU TOCOÖTOV
iraptfJKet öcov ö TpoiriKÖc dirö toö icimepivoö bidcntKe v , dKcivoic
fi^a IE &l[ibia Kai buccTai Kai dvaTcXei.
e' Toic uirö töv iaifiieptvöv oIkoöciv )üi€amßpivöc b(xa T^^v€t
TÖ i^ir^p TÖV 6pi2IovTa toö CqibiaKOö fjfiiiKÜKXiov, ÖTav a\ dqpal ti&v
TpoiriKOiv Kai TOÖ tAv ZifjbCuiv kukXou (Hciv dirl toö öpiZovTOC
TÖT6 bk Kai 6 Tubv Z(j|)biujv kukXoc öpSöc &Tai irpöc töv öpiJIovTa.
g' Toic uirö töv Icrmeptvöv oIkoöciv Td toö CijibiaKoö fijLiiKii-
KXia^iravTdiraciv iv Tctu xpöviu dvordXXei • öjioCujc bk Kai al dirc-
vavTiov ircpicp^peiai.
t OIc btacp^pouciv ol 6pi£ovT€C TotJTqi füiövui T(|i irpöc dva-
ToXdc ^äXXov fi büceic dKcivotc TCTdxöat , Td dirXavn dcTpa oötc
244 P. EyssenliarcU: zu Theodosios Tripolites.
fijüia ävaT AXei oCre &iia buvet, dXX ' dcui irpÖTepov toTc irpöc dva-
ToXäc oIkoOciv imi^XXci (eiriTeXXT) die abschrift), tocoutiu Kai irpö-
Tcpov bÜV€l.
r\ Toic ÜTTÖ TÖv airr6v fxecrmßpivöv oIkoOciv tö dtirXovfi
ficTpa, 6ca jitiv icx\ ^eToSö toO t€ ä€t qpavepoO xal toG kr^epi-
voO, nXcfova xpövov imip töv öpiZovra cp^perai toic irpdc äpKTOv
oiKoOctv f\ TOIC irpöc ^ect]|Li^piav K0t\ äcuj irpötepov itriT^XXei toTc
irpöc fipKTOV oixoCci, TocouTui Ka\ ücTcpov bOvcu öca b' icii
^CTo^u Toi) T€ äel äqpavoCc kukXou xai toö {cr)p€ptvoC, nXctova
Xpövov imtp TÖV 6pßovTa cp^pcxai toTc Ttpdc |üi€a]|Lißpiov okoO-
CIV , TOCOUTUI Ka\ (icTCpov buv€i ' Tä bk itiX kr))Li€ptvoO auTOic fijüia
iTTIT^XXci T€ Kttl bt!rV6t.
e' T&v 6piC6vTuiv pi] ÖVTUJV örrö töv auTÖv |ui€CT||üißpivöv kcA
oikvj Tä änXav^ ficrpa, 6ca ^^v ^ctI jucTaSu toO t€ dci cpavepoO
KiiKXou xd ToO lcT]jui€pivoO, irXciova xpövov imip töv 6pKovTa
qp^pcTOi Tolc TTpöc dpxTov oixoCciv f\ ToTc irpöc jLieoipßptav. öca
bk icü jUKTaEu ToO Te dct dqpavoCc xai toG kY]jLt€ptvoO, irXciova
Xpövov trckp TÖV bpilovra <p^p€Tm toic npöc (i€ci]Mßp(<<v fi toIc
Trpdc dpxTOV olxoCctv.
i' ToTc xmö TÖV ßöpciov ttöXov oIxoGciv nXcCova ixkv xP^vov
f[ dSd|Lir)V0v 6 f\Xioc uirip töv öpiZovTa (p^perat , ^EdjLiTivov (hierta
am rande bemerkt f^TOi ^TTiCTd ttujc) hi ^dXiCTQ önö töv öpiZovTCU
xai fijüi^pa jnfev aÖToTc ^eiZujv ^ctIv (€Cti die abschrifi) f{ d^TTa^^"
vmia, vvl bk irevTaMtiviaia imaXicTd ttujc.
la' Ok bk tropt^xet i\ olxrjcic ^tti Td irpöc fxecrmßplav, dxcivotc
6 {^Xioc JXdccova xpdvov öitip töv öpiZovTa £v€xO^C€Tai fjirep
Tok i&nö TÖV ßöpciov iröXov oixoGav, xai dXdccovoc xpövou a(^
Toic IcTox f| f\}xipa.
iß' Ok TÖ KQTd Kopuqpf|V oifieTov tocoCtov napfjxei dirö tou
(pavepoG iröXou, ficov 6 Tpomxöc dirö tou ki^pivoG bi^cTT)K€V^
Ik€(voic ö fiXioc Kcrrd yukv öcpivdc Tpoirdc töv cuvd^qnu xpövov
vuKTÖc xod fifx^pac öir^p töv öpt2:ovTa dvex6f)c€Tai , xal f) i^ipa
auTok f cToi Tpidxovra fijLicpojv , xaTd bk X€^pivdc Tpoirdc töv
cuvojiqjÖTcpov xpdvov vuktöc xoi fm^pac uirö töv öpiCovTa ivex-
Gl^C€Tai , ai bk Xoiira\ fm^pai irpöc Tdc Xotirdc VT3KTac dvd (so ist
wol zu sehreiben: die abschrift hat iravTa und am rande steht c. S.
bioq)0pov, was emendationsversuch zu sein scheint) XÖTOV lEoxKiv.
T^Xoc.
FTcpi fm€p4&v xai vuktujiv. H
TTpooi|Liiov
a' TiroB^cci XP^«i ö ©eoböcioc- ö^aXiüC xivcköai töv f^Xiov
Tf|v ivavTfov T(j> KÖc^iij KiviTctv xaTd ToG bid ^^ciuv Tfiv Ztpbfonr
xuxXou, fivTiva xuxXov fiXiaxöv xaXei,
ß' xol xpövov f^fi^poc xaXci töv dirö dvaToXf)c Euic btketoc^
vuxTÖc bk TÖV dirö buceujc ?ujc dvaToXf|c,
Y l£aXXaTP|v bk ircpiqpepeiac qpovepoG.fi^icqpaipiou (Ti^icqpai-
pciou die abschrifi), ÖTOv, ToG irpoTiTOUfi^voü cr|M€fov rfjc irept^pc*
F. Eyssenhardt: zu Theodosios TripoÜles. 246
pdac in\ Tfic ivaroXfic övroc, tö ^irö^evov dvaTciXov Kai bteXOov
^Xov t6 q)av€pöv fmicqpaipiov iiA iffc buceuic T^viitat,
W dSoXXaTJjv bk dipavouc fi|nicq>atpiou (imicqxxipciou die ab-
sohrifi) Tr€pi<p€p€iac kixei^ örav, toö trpobebuKOTOc cimelou Tf)c
dHaXXoEaaic 7T€piq>€p€{ac tö cpavcpdv f||iicq>aipiov T^vojjiifvou irpöc
Tf^ ^OToXtK^ 6pi£ovTi, Ka\ t6 ^TTÖfüievov devcrr^XXq (avoTeXri die
dbscbrllt), to€t' ^ctiv ÖTav, toO irporiTOUiüi^vou cii^ciou Tf)c Trepi*
q)€p6iac büvovTOc koi bieXGövTOc öXov tö ätpavkc f)|üUcq)atptov, tö
inij^voy cimciov iiA if\c ävaToXfic teviiTai.
e K6c)iou TrepiCTpoqiri dcriv xpovoc, iv 4» ?KacTOC twv dtiXa-
VU>V dCT^pUJV — dKlVrJTOUC Tap Ö7tOTl6€TOl TOUTOUC clvai KttTOt
Toüc TraXaioiic — difö dvaToXflc ^irl t^v Öfjc dvaToXfjv Trapa*
T^VTiTtti f\ dirö buccuK dni böciv f{ dqp* oöJmittotoöv töttchj ^tti töv
aÖTÖV TÖIIOV.
ITpoTdceic
a 'AiTÖ TpoTTUJv 0€piv(Siv TOÖ f|Xiou 1^op€uo^^vou fm^pa ^^v
fl irpoTifpa Tf]c dcT€pov jiuxxpOT^pa ecTi, vug bk f) irpoT^a Tf)c
ucTCpov ßpaxuT^pa ^ctiv. dnö b^ x^Mi^ptvuiv TpoirAv toG f|Xiou
Tropeuojüi^vou fm^pa ^^v f) npoT^pa Tf\c (krepöv icn ßpaxirrdpa,
vuE b^ f| TrpoT^pa Tfic ucT€pov i^cn füiaKpoT^pa.
p' '€dv iy Tivi fm^pqt 6 i^Xioc Tf|V dvaToXf^v TronfjcriTai koI
T^v böciv Tcov dir^xwv if\c Tpomici^c cuva(pf]€, ÖTtorcpaiouv ^ia\t
(jüiecou dM abschrifl) fm^pac f) Tpoirf) &Tai Ttf» f|X(ui* diri toO Mecf}^-
ßpivoO. Kai läv npHfiicnTai Tf)v Tpoti7|v irpöc ti|» Gcpivtfi TpOTriKif»,
dv 5 öv flM^pqi Tf|V Tpoirf^v iroi/icnTai » iK€ivTi f| flM^pa lüiaKpoTdTT]
toi naculcv Tuiv £v Ti|i iviauTiXi f|)üi€pu»v' a\ bi 7rpoT6T€vrpfv«i
ii^^pat KOI vuKTCC ToO f|X!ou nopcuojü^vou dnö TpOTrc&v x^^MCpi-
vuiv diil Tpondc ecptvdc Ica» &ovTai töTc ^no^^vatc #wL*^paic t€
Kai vuHi, ToO f)Xiou 7TOp€uo|u^vou dirö Tpoirt&v Oepivwv im Tpo-
Hjdc x^^iM^Pwdc, ai icov dir^x^^^^^^ ^f)^ TponiKf^c f^^pac.
t *6dv 6 fJXioc ^Tfi Tivoc irapaXXi^Xou dvoToX#|v iroirjciTTai
iv f)M^pa Tivl irpö Tpondiv OepivuDv , Kai M^rd Tpoirdc Oepiivdc iy
^XXip fm^P9 buciy in\ toO outoO tiS^v itapoXXifiXujv irotnaiTOt, !cai
icovTai dXXrjXaic ai fm^pai. koI ai irpd ttjc ^idc avrtüiv T€T€vr|->
\Uyai vi)KT€C T6 xal f^^pai toC fjXiou iropeuofüi^vau dirö Tpcmüuv
X€i|üi€piviliv iirl Tpoirdc Oepivdc , TaTc |i€Td Tfjv ^T^pav (a/. ucTCpav
am rande der abschrifi) TlVO^^vatc vuEi T€ Kai fm^paic ToC fjXiou
nopeuofi^vou dirö Tpeiruiv 8€pivuiv dirl Tpoirdc x^V^cpivdc Tcai
IcovTai oSl kov dir^xoucat önoTepacoGv fj^^poc.
b' '6dv fv Tivi fuüi^dpa ö f^Xioc ii\y divaToXf|v kcä ttiv buciv
iroi^CTiTai iif\ tcov dir^x^v tt^c TpoiriKflc cuvaq)f|c, 6iroT€paco0v
oök ^CTtti fbii^ciic (^€Cou die abseiinfi) ^un^pac f| Tpoirfj T(fi f|X(ifi. iy
^b* hy irotiiCTiTat f|H^p(ji irpöc Ttf» 6cpiv«£i Tpoirixtu Tf^v Tpoirif|V^
paKpordTTi irac4j&v icTi i<by 4v tuj ^viout«^ fj^epu^ f) fm^pa ^KCtvi)*
Kol al iy Tijp f|MiKUKXii|i fiM^pai cv 4» ^ttiov u>v Tflc Oeptvfic cuva-
9fic Tfiv dvaroXi^v fi Tf|v bikiv diron^caro, ]4aKp<k€pai ^coviat
TiXiv T^vo^dvujv ^]46pu»v ToC f)Xiou biarropeuoii^vou tö ^Tcpov
246 F. Eyssenbanlt: zu Theodosios Tripolites.
fl^tKUKXiov, VUKT6C tk ToövttVTiov ßpaxtiTcpau iäy bl rrpdc np
XeijuepivuF rpotriKi^, TävavTia cujißiiccTai.
e *Aird 6€pivf)c TpoTrfJc toO f|X(oü iropeuop^vou iäv dvoToXfi
T^virrai ToO fiXfou tiA toO icrijLiepivoO, fi irpd tflc dvotroXf^c vO£
iCTi ^CTi Tf| Meid tPiv dvaroXf|v fiM^pqi.
g AI Icov dTT^xoucai toO icr)^€ptvoC kiikXou fm^pat tc Kod
VUKT6C tcai clciv, Icov b* dn^x^iv toO IcrifiepivoO X^tovrai, örav
aX T€ dvaroXal Kai at bOceic icov dir^xu^ct toG icnM^pivoO.
t '€dv T^VTiTtti Ti^ f|X{qj biicic xal dvaroXfi Kcrrd btd^CTpov,
f| bid f||Li(c€OC iviauToO vuE TcTi icrx t^ fiM^P?«
T]' "Orav 6 f^Xioc biairopcuiiTai tö dwoXaiuißavö^evov fim-
kukXiov imö toG iauiicpivoG irpdc ti^ OepivtS) rpomKi^ , f) ßpax^-
Tdiri fjM^pa ttJc juaKpordiTic vuktöc ^cKuiV icrt.
6 'Attö x^^M^pivuJV TpOTruüV toG ^X(ou btaTTopeuo^^vou iäy
T^vujvrai (TiTVOVTai die abschrifi) tiJ» fiXiip dvoToXal Wo, i\ \xiv
dvuiT6pov, f| bk KOTiliTcpov, f) Mcxd -rfjv dvuiTcpov dvoToXfiv biicic
dvUJT^piü &Tai Tf\C |i€Td TTjV KOTlJ&TepOV dvaTOX#|V btiC€U)C, KCl f|
TTpö Tf|c dviÖTcpov dvcToXfic böcic dvibrcpov Ictax rflc Trpd Tfjc
KaiuiTcpov dvaToXf)c Mceiuc.
i' 'Aird ecpivÄv tpondiv toG fiXiou nopeuofüievou idv t^viuv-
Tai tu) f)X(ui t)i3c€tc btJO, f| ^CTd tPiv (tiP|V fehlt in der abschriR) dviii-
TCpOV dVttTOXfjV bÜClC dviWT^pUJ ?CTai TfJC |i€Td TfjV KatiÄTcpov
dvaToXfjv bucetüc xai f| xrpö Tf|c dviöiepov dvaioXf^c bucic dvtü-
TCpOV &Tai Tf|C Tipd TflC KaTlJ&T€pOV dVttTOXfJC bt5C€U)C.
la' 'AiTÖ öcpiviflv TpoTTUJv f|Xiou TTopcuojüi^vou ddv T^vtüvrai
Tilfi fjXfu) büc€ic biio, f| jufev dviliTcpov, f| bfe KaxiOrepov, f| mctä t^iv
dvidrcpov büciv dvaxoXfi dviixepov ?cxai xfjc jucxd xf|v xaxifixepov
buciv dvaxoXflc, koI f| irpd xf\c dvi6x€pov böcciwc dvaxoXfj dviö-
xepov ?cxai xfjc Trpö xf|c Kaxiuxcpov bucciuc dvaxoXflc.
iß' 'Attö 9€pivu)v xpoir&v xoG fjXiou iropeuoim^vou iäy jüii^xc
bucic yii\te dvaxoXfj T^vrixai xä fiXiui ircX xoG tcT]M€pivoO, oök ?cxai
icTm€p(a.
it' 'And x^iMcpivtöv xpoiruiv xoG fjXtou iropcuo^^vou idv luii^xe
dvoxoXf) \xf\it böcic T^vT|xai xiö fjXliü inX xoG IcT^epivoG, oök ?cxai
lciijLi€p(a. xAoc.
n
TTpoxdccic
a' ''Oxav 6 ffXioc biatiopeurixai xö ^cxd xdv (xo die abschrift^
KapKlvov x€xapxTi|üi6piov , vüE xal fijLi^pa xd cuva^cpdxepov vukh
Kai i\liipq. cuvofüiqpox^pu) dvtcoc Icxai Kai \itilovc d€l a\ Trpdxepov
xüiv öcxcpov.
ß' "Oxav 6 f^Xioc biairopciiiixai xd jiexd xdc xn^dc X6xapxn-
jiöpiov, vuE Kai fi^^pa xd cuva^qpdxepov vukxI koI fjM^p? xi^ cw-
ajiqpox^piü dvicöc icxi Kai iXdccovec al irpdxcpov xwv öcxepov.
-f "Oxav 6 f^Xioc bmiropeinTrai xd M€xd xdv airÖKepu) x€xap-
rrmdpiov, fm^pa xal vGE xd cuvojLicpdxepov fi)Li^p<)i xal vuxxl cuvoji-
^ox^pt^j dvicdc icn xal jiülovc d€l ai Trpdxepat xulv Scxcpov.
F. Lyssenhardt: zu Theodosios Tnpolites. 247
b' ''Orav 6 fjXioc biaiTopcuiiTai tö mctq töv Kpidv Tcxaprrijiö-
piov , fiM^pa Kat vOE tö c^lva^<pÖT€pov f)M^P9 xal vuktI cvvo)i(po-
T^pifj ävicöc ^cri Kai ^Xdccouc ai «pörepov vSiv dcT€pov.
' e' *H }X€tä 6eptv&c Tpoir&c fiM^pa kqI vOS tö cuvo^qpÖTcpov
Tflc (tti die abschrift) |Li€Td Tpoirdc X€»M€piväc fip^pac xal vuktöc cuv-
a)üiq>OT^pou jbieiZuJV icü kqI i\ xaTä bidjuerpov Tfjc Korä bidpcTpov.
^ 'H M€Td 0€ptvdc TpOTidc i\\xipa xai viiE tö cuva|Li(pÖT€pov
T^ H€Td xciM^P^vdc Tpondc vuicrt kqI i]\xipqi t<|i cuvajyi<poT^ptü \cr\
icrl , Kai f) KttTd bidpeTpov t^ koto bidjütcTpov.
r AI kov dTT^xoucai toO tcrmcpivoO f^^pai T€ xal vuktcc
flji^paic xal vuSv Icai dciv, toO f|Xiou bianopcuoiüi^vou fjToi tö
M€Td töv xapxivov fmixuxXiov fjToi t^ jLi6Td töv alTOK^pujTa.
Ti' AI !cov dmixovcai Tflc Tpomxflc cuvacpflc ÖTroTepacoOv
fm^pa xal vu£ tö cwa^q>ÖT€pov vuktI xal fija^pa T(p cuvajLi(poT^p(|i
Xo] ictiv. • ' '
6' *€dv }iia\c (^€Cou die abschrifi) f|jLi^poc f\ ^icr\c vuxtöc 6
f^Xioc T#|V Tpotrfjv 7roificT|Tai ÖTTOTCpavoOv , fiM^pa xal vüE tö cuv-
o^(pÖT€pov vuxtI xal fijLi^pa Tifi cuva^qpoT^ptfi lcoxp6vio( ciciv ai
T€VÖ|Li€vai iv TfSji iv\ fijLiixuxXfijj — toOt' ?CTiv al fijLi^pai Täte f^^-
paic xal al vöxtcc vuE( — TaTc Tivo^^vaic iv tiJi ^T^pui al Icov
äiT^XOvc<^^ Tflc cuvaqpflc Tflc tv ij ^noi/jcaTO Tdc Tpond'c f\ }iicr\c
()Li€Cou die abschriA) i]^4pac f{ piicr\c (|l1€Cou die abschrift) vuktöc.
t' '€v öXXij (f b€ om rand der abschrift) oöbe^iä ir€piq>op^ iiA
TOÖ ^€CTl|LlßplVOÖ &Tai 6 f^XlOC OÖTC KaTd Tdc |Ui€CT|jLlßp(aC OÖT€
Kcrrd Tdc ju&ac vOxrac , dXX * ÖTav ^ev dirö TpOTruJv Gcpivuiv tto-
p€ÖT]Tai, iv TI& M€TaEu TÖTrqi toö tc irpöc dvaToXdc fjimiKuxXiou toO
öpttovTOC xal ToO juccTiMßpivoö Tdc T€ jLiccTijuißpiac Tcoi/jccTai xal
Td jaccovuxTia.
m' "OTav ö HXiocdtTÖ X€iM€pivalv TpoTtuüV in\ Tpoirdc Gcpivdc
iTOpcuTiTai, ^v Tij) ^CTaEu TÖTciü ToO im bucjyiaic f|fiiKUKXiou toO
öpiZovToc xal ToO ^coiiLißpivoC Tdc t€ |üi€cr)Mßp(<xc TTOirjccTat xal Td
MecovuKTta.
iß' *edv dvaT^XXiüv 6 f^Xioc t?|V 0€piv#|v Tpoirtlv TroH^criTai,
oifK fcTat ^^cii fjM^pa im toC ^€cr]^ßpivoO, dXX' iv ti£) }X€raE\y
TÖTTijj ToO T€ jLiccTmßpivoö xal TOÖ (toutc die abschrift) dvaToXixoO
f)|uiixuxX{ou TTOt/)C€Tai xat TOU ^comßpivou (so bat die abschrifi, das
letzte wort corrigiert aus ^ecovuxTia. es wird zu schreiben sein Tdc
fi€ai)üißp(ac xal Td juecovüxTia).
it' '€dv TTpö iiicr\c f^^pac 6 f^Xioc t#|v 0€pivf|v Tp07rf|v ito\f\-
CTiTat, oöx fcTai ixia\ (Mcca die abschrifi) i\iiipa inX toO |i€cr)Mßpi*
voO, dXX* iy TtD \iejali) töttui toö t€ ^ccimßpivoö Kai toö (tovfc
die abschrifi) dvaToXiKoö fijJixuxXiou Tdc ficoiiaßpiac TroirjceTai xal
Td MCCOviixTia.
ib' 'Edv ^lelä TÖ ^^cov Tflc fj^^pac 6 i^Xioc Tf|v 9€pivf|v Tpo-
Trf|v iTOi^iaTrai, oök f CTai fi^cov fiji^pac itiX toö jiccruLißpivoO, dXX *
iv Tqji M€Ta£ö TÖTTU) TOÖ T€ buTixoö fj^ixuxXiou xal TOÖ ^ccimßpi-
voö Tdc p€ciiiLißp(ac xal Td jiccovuxTia TrotficeTai.
248 F. Cyssenhardl: zu Theodosios Tripolites.
i€' '6äv iji ö ^viauTÖc iB ÖXuiv Tccpicpopwv fiXiou, toGt' £cn
priToO äpi6)üi(>0 vuxdnM^P^v, xal al Ka9' SicacTOv vSiw äv^c dviau*
Td»v fm^pai T€ Kol VUICT6C Icai fcovrai toic ^cfiBea mi tüi itXrj6ei,
Kai Kora rä aördc oiiüieTa toO T€ 6pi£ovToc kaI toO fiXuncoD kvkXou
ai rporral xal od dvaroXai Kai al buccic &ovTai , in bk Kod kotä
Tf|V auTTiv üjpov ini T€ TOUC TpOtrtKOUC TTOplkTai ö ^Xioc KOl ijA
TÖv Icrmcpivöv.
\^ '€av b^ Mf| ^ ö iviaurdc Ü öXuiv ir€pi(popuJV f|Xiou , dXXd
iTOiri (schreib dXXd nuic iji) ixp* öXaic irepicpopo^c Kai juöptöv ti,
dvicoi &0VTai al fm^pat Kai al vuKTec iv T<fi TrpiIiTui dviaurdi raic
dv Tif» ^TTO^^vtp ivtauTui Tok fi€T^O€Ci , KOt oütc al Tpouai obre al
ävaroXai o&re bucetc ccovtoi Kara ra aöra criMcia toC t€ 6p(Zov-
Toc Kai ToO f|XiaKoO kOkXou , o&re Karde Tf|v aöxfiv t&pav iiA touc
TpOTtiKOuc Tcop^at 6 f^Xioc Kai ^i töv ia)^€ptvöv.
it *£äv ÖTcoOtü^eOa t&c TT6piq)opdc tou f)Xiou icoxpoviouc
dXXriXaic (aXXnXoic die abschrifl) cTvat , Sircp KOrd rdc aicBfjceic
ipmverai, Kai öXoc ö dviaurdc ^ Ü öXujv 7T€pi<popujv f)X(ou, irävTa
Kttxd Td aörd t^voito (Tevotvro die abschrifl) dv kcO' ^Kacrov
dviauTÖv, djc Koi dirdviu dp^rai. iav bi^i\ijib lyvaxnoc Ü 5Xcuv
Tcepiqpopütiv dXX' diriTevtiTai Kai ^6pt6v n ircpicpopfic, ei |Liiv icxx
TÖ iTriTivÖMCVOv cü^^€Tpov äXg tQ irepicpopdi , £ v |iiv toic dcpc-
Snc It€Civ ouk Sv T^voiTO xd aörd, d>c eipTirai, b\ä bk nvuiv diiöv
dtravra xard rd aizä Tivexai.
in' TTdXiv bk Kord M^TUJva Kai €ÖKTr)|yu>va dTretbfi cpaiveTat
TÖV dviawov aÖTOic elvai fmepAv tEc' Kai Itx irevre dvveaKat-
bcKdruiv TTcpitpopdc , btd b^xa ivyia hm fcrai fiTtavTa Kord rd
airrd.
lO' "Oti b^, iäv TÖ diriTivö^evov jiiöptov dcujutjüiCTpov iji öXij
Trepupop^, oöbdiTOT€ &Tai Koxd xd aurd, Toöt' icav oub^Trore €lc
TÖ auTÖ dTTOKaTacTaSriceTai ö fiXtoc. t^Xoc.
Von der schrift ircpi fmepüuv Kai vuktwv existiert eine lateinische
übersetzang von Auria (Rom 1591), die im ganzen mit dem hier gedruck-
ten texte übereinstimmt , jedoch fehlt der letzte (13e) lehrsatz des ersten
biiches; der neunte des zweiten bucfaes ist UBFoHstAndig. er lautet si
medio die sol fecerii alteruiram conuersionem , erii medio die in meri'
diano circulo, zwischen dem lln und 12n desselben buches steht eine
reoapitulation des vorigen, die so gedrucict ist als gehöre sie zu der
schrift seihst: sie scheint a1}er von Auria herzurühren, der zwölfte lehr*
satz heiflzt bei Auria si sol oriens aesUuam fecerit comtersionem ^ non
erii medio die in meridiano circulo : sed in loco qui est inter semicir-
cuium orientalem et meridianum. wahrscheinlich hatte also Aurias
handschrift dieselbe corruptel wie das original meiner abschrifl, und der
Übersetzer liesz die verderbte stelle aus. was für eine handschrift er
benutzte ist airgends gesagt.
BsELiN. Franz Etsssithabdt.
W. Brambach: anz. v. A. v. Cohausen fiber Cäsars Rkembräcken. 249
38.
C AS ARS KhEIKBRÜOKBN PHILOLOGISCH, MILITÄRISCH UND TECH-
NISCH UNTERSUCHT VON AüOUST VON CoHAUSEN, OBERST
IM KÖNIGLICH PREÜSZISCHEN INOENIEURCORPS. HIT 22 IN DEN
TEXT GEDRUOKTEN HOLZSCHNITTEN. Leipzig, dnxck Und Ver-
lag von B. 6. Teubner. 1867. 56 ß. gr. 8.
Hr. Ton Cohausen war durch den kaiser der Fraozosen veraidasit
worden das lerrais , auf welühem die von Cäsar im norden Galliens ge-
fahrten kriege spielten, m untersuchen, er gelangte dabei mehrfach zu
«idern resultaten, als im zweiten bände des Nafkoleonischen geschichts-
werkes vertreten sind, in der kleinen schrift nun , welche hier der prfl-
fung unterzogen werden soll, ist ein teil der gewonnenen ansichten dar-
gelegt: der vf. will seine ven der Napoleonischea durchaus verschiedene
construction der Rheinbrdcke ausführlich begrOnden. die gewählte dar*
Stellungsform ist einfach und klar, das verst&ndnts wird durch viele vor-
treffliche holzsehnitte gefördert, und die ausstattung, in welcher die ab-
handlnng aus der berflhmten offidn hervorgieng, läszt nichts zu wünschen
übrig.
Der brückenbeschreibuttg Ist eine kurze einleitnng voraufgeschickt,
in welcher die stellen der beiden Aheinübergftnge bestimmt werden sollen,
diese einleitung würde sich wegen ihrer kürze einer eingehenden prüfung
entziehen, wenn nicht hr. von Cohausen die beweise für seine hier aus-
gesprochenen ansichten später aasffihrlich niedergelegt hätte in der ab-
handiung über ^Gäsars feldzfige gegen die germanischen stamme am Rhein*
(Jahrbücher des Vereins von ditertumsfreunden im Rheinlande heft XUil
8. 1—56).
Es ist nicht meine absieht mich in den streit einzulassen, der über
den ort der Cäsarlaohen Rheinübergftnge von den unermüdlichen rheini-
schen antiquaren mit einer hefligkeit geführt worden ist, die in keinem
Verhältnis zur bedentung der sacthe aleht , und die vollends lächerlich er-
scheint, wenn man sieht da» aller eifer der streithähne die lösung der
frage nicht herbeigeführt hat. wie jetzt die sadien stehen, läszt sich
nicht hoifen dasz jemals mit einiger Sicherheit die beiden orte iMstimmt
werden , an welchen Cäsar seine brücken gesciüagen hat. schon de^alb
möchte ich hrn. von Cohausen nioht den geringsten Vorwurf daraus
machen, dasz es lim nicht gelungen ist die Untersuchung wesentlich zu
fördern, es würde auch nicht gerecht sein an die kurze einleilung den
raasastab einer eindringenden Untersuchung zu legen; ich unterziehe
sie nur einer betrachtung, weil ich einmal darauf aufmerksam machen
möchte, mit welch unzulänglichen mittein unsere phiiologen und alter*
iflmler sich an die schwierigsten proldeme der Cäsarisohen kriegfflhrung
wagen, es lag hrn. von Cohausen gewis fem für seine einleitung, und
selbst auch für die abhandlung über Cäsars feldzüge am Rhein, die bis-
her veröffentlichten Untersuchungen einer prüfung zu unterwerfen, dasz
er nur die Untersuchungen neuester zeit berücksichtigt, darin hat er für
seinen standpunct recht; sind wir Ihm ja ohnehin dafür zu danke ver<-
Jahrbücher fOr dass. philol. 1668 hft. 4. J 17
250 W. Brambach: anz. v. A. v. Cohausen über CSsars Rheinbrfickeo.
pflichtet, dasz er uns seine militärischen und topographischen forschun-
gen in klarer und allgemein verständlicher weise vorführt, ein anderes
aber ist es, wenn unsere zunftgenossen die memoiren CSisars fiber den
gallischen krieg erlSutem oder antiquarischen Untersuchungen zu gründe
legen , ohne sich darum zu kOmmem , was vor ihnen gedacht und gesagt
worden ist. abgesehen von der unmethode solches treibens musz man
die traurige erfahrung machen , dasz bei gar vielen Untersuchungen unse-
rer rheinischen allerlflmler 'das neue nicht wahr und das wahre nicht
neu ist', durch das bestreben etwas recht lesbares zu schreiben verführt
haben auch die besten forscher gewöhnlich nichts eiligeres zu thun als
in der fast jedesmal der Wichtigkeit des speciellen themas gewidmeten
einleitung zu versichern, dasz sie ihre Vorgänger nicht berücksichtigten.
So ist es gekommen dasz die Untersuchung der Cäsarischen feldzüge
am Rhein eine geschichte hat, die nichts weniger als innere notwendig-
keit des entwicklungsganges aufweist, gerade durch die abhandlung des
hrn. von Cohausen veranlaszt habe ich mich überzeugen wollen , ob denn
in unserem Jahrhundert etwas wesentlich neues für die sachliche erklä-
rung der einschlägigen Cäsarischen berichte von den altertumsforschem
geleistet worden sei: das resultat meines nachforschens war, trotzdem
mir die ältere litteratur durchaus nicht vollständig zu geböte stand,
ein ziemlich betrübendes, wie die nachfolgende auseinandersetzung zei-
gen wird.
Stellt man die bis jetzt geäuszerten ansichten neben einander, sa
wird man finden dasz alle möglichkeiten Cäsars Rheinübergänge örüich
zu bestimmen vollkommen erschöpft sind, alle wichtigeren puncto von
Coblenz abwärts bis Emmerich sind schon in verschlag gebracht, und
mit dem besten willen könnte ich , abgesehen von kleinlichen modificatio-
nen, für den ersten brückenbau Cäsars keine wesentlich neue hypothese
aufstellen, ich darf also auch mit hm. von Cohausen nicht rechten,
wenn seine hypothese nicht neu ist.
Ich weisz nicht , ob sich früher jemand über den ersten übergangs-
punct geäuszert hat als der alle überseUer des Cäsar Ph lies ins. we-
nigstens sind ältere meinungsäuszerungen , so viel ich davon weisz , zu
unbestimmt, um hier in rechnung gezogen zu werden. Philesius hat in
seiner Übersetzung das geleistet, was er auf dem titel verspricht, der
folgendermaszen lautet: 'Julius der erste Römisch Keiser von seinen»
leben vnd Kriegen erstmals vsz dem latein in tütscli gebracht vnd mit
andrer Ordnung der capittel vnd vil züsetz nüw getruckt' (Slraszburg
1507/8 bei Johann Grüninger). der Übersetzer war seiner sache gewis;
denn bei dem capitel 'wie der Keiser ein brücken vber den Ryn liesz
machen' hat er eine Illustration beigefügt, die deutlich beweisen würde,
dasz Cäsar bei Köln über den Rhein gieng, selbst wenn die auf dem holz-
schnitt angebrachte Stadt nicht die Überschrift 'colen' trüge, man sieht
ja ganz genau auf dem linken ufer des flusses die grosze gothische kirche
stehen; wer könnte zweifeln dasz das der dom sei? Cäsar ist aber schon
glücklich zu Deuu angelangt; man erblickt im Vordergründe sein zeit, auf
^em für etwa noch unkundige Soldaten das thürschild IVLIVS und oben
W. Brambach : anz. v. A. v. Cohausen über Cäsars Rbeiübrucken. 251
an der spitze der k. k. doppeladler angebracht ist« im binlergrunde
kauern die ^Swaben'.
In der Ihat hatte man schon im sechzehnten Jahrhundert am Rheine
die ansieht, Cäsar müsse bei Köln über den Rhein gegangen sein, wenn
ich mich recht erinnere, so ist sie auch von Brdlmann vertreten, wel-
cher eine weitläufige geschichte des alten Köln geschrieben haL '} sie ist
zwar ungedruckt geblieben (vgl. mein corpus inscriptionum Rhenanarum
s. XX), aber einzelne, in kupfer gestochene tafeln sind in die Öffentlichkeit
gekommen und zu dem sogenannten Brölmannschen epideigma vereinigt
worden, unter diesen tafein befindet sich eine, welche den Güsariscben
brfickenbau und Rheinübergang veranschaulicht.
Die bestimmung des ortes, an weichem Cäsar zum ersten male über
den Rhein gegangen ist, hängt ab von der bestimmung des Schlachtfeldes,
auf dem die Usipeten und Tencteren besiegt wurden, die läge des Schlacht-
feldes aber wird nur durch ^ine stelle der Cäsarischen kriegsberichte an-
nähernd bezeichnet: der proconsul erzählt nemlich, dasz die Deutschen
durch seinen unerwarteten Überfall zum vereinigungspuncte des Rheines
und der Maas getrieben worden seien, die worte lauten : Germani . .
armis ahieciis signisque tnüUaribus relictis se ex castris eiecerunt^ ei
cum ad conflueniem Mosae et Rheni pervenissent^ reliqua fuga
desperaia magno numero interfecto reliqui se in flumen praecipitave-
runt aique ibi timore^ lassiiudine^ vi fluminis oppressi perieruni (Cäsar
b. ^. iV 15 s. 335 , 20 — 25 N.}. also nicht weit oberhalb der Vereini-
gung von Maas und Rhein musz das lager der Germanen gestanden haben,
heutzutage vereinigt sich die Maas mit dem bei Nymwegen ausflieszenden
hauptarme des Rheines, mit der Waal, bei Gorkum; in alter zeit hat
jedoch schon ein zusammenflusz drei und eine halbe meile weiter östlich
beim fort St Andreas stattgefunden, wie Napoleon dargethan hat (leben
Cäsars 11 s. 138 anm. 3 d. d. übers, tafel 14].') demgemäsz nimt Napoleon
an , dasz die Deutschen sich in der ebene von Goch gelagert hätten imd
von da bis unterhalb Nymwegen von der reiterei verfolgt worden seien,
hr. von Cohausen glaubt das Schlachtfeld höher rheinaufwärts legen zu
müssen ; denn die in vorliegender schrift (s. 6} geäuszerte meinung, Cäsar
habe *in der gegend von Geldern' gesiegt, ist durchaus auf wolüberlegte
gründe gestützt, die wir aus der erwähnten abhandlung in den Jahr-
büchern des allertumsvereins s. 44 ff. kenneu lernen, der vf. hält nem-
1) bei dieser gelegenheit erlaube ich mir darauf aufmerksam zn
machen, dasz über die am Niederrhein neuerdings wieder vielbespro-
chene Wasserleitung, welche aus der Eifel nach Köln führte, bemer-
kenswerthe nachrichten in Brölmanns manuscript niedergelegt sind,
wahrscheinlich gibt auch Crombach, dessen handschrift mit der Bröl-
mannschen im archive der stadt Köln aufbewahrt wird, einigen auf-
scblnss. 2) Napoleon hat somit die angäbe Cäsars gerechtfertigt,
dasz sich die Maas 80 meilen weit vom Ocean mit der Waal ver-
einige (&. g. IV 10 8. 333, 1 N.). freilich ist dabei die kritische Schwie-
rigkeit der betreffenden stelle unberücksichtigt geblieben , durch welche
Nipperdey s. 75 veranlasst wurde eine vollständig yerschiedene angäbe
durch conjectur zu erzielen.
17*
252 W. Brambach: aoz. v. A. v. Cohausen über Gäsars RbeinbrOckeii.
lieh den ausdnick Cisars ad conflueniem JHosue et Rheni für un»
genau; Cäsar sei offenbar Im irtom gewesen, wenn er an einen wirk-
lichen zusammenfluss der betden ströme geglaubt habe, die Deutschen
seien nicht in den wirklichen znsammenflnsx , sondern in einen schein-
baren, durch äberschwemmung gebildeten getrieben worden, des ▼£.
ansidit ist kurz folgendermaszen ausgesprochen (ja^rb. a. o. s. 8): *er
(Cflsar) griff sie an, schlug und Terfolgte sie bis dahin, wo der Bhein und
die Maas sich zu vereinigen schienen, nemitch bis an die Cranenbuiger
bucht, welche bei früh jabrs- hoch wasser — und Irühjaiir war es, als
Cäsar dahin kam — vom Rhein überschwemmt, nur durch eine sehr
schmale (1000 schritt breite) landenge von den wassern der Maas ge-
trennt ist' die Granenburger bucht liegt oberhalb Nymwegen ; und dem-
gemftsz rOckt der vf. auch das Schlachtfeld mehr hinauf nach Geldern zu,
'etwa in die fruchtbare gegend von Wissen'.
So sorgfUtig die auseinanderselzungen des vf. Aber das terrain zwi-
schen Geldern und Nymwegen auch sind : einen durchschlagenden gnind,
weshalb nun gerade die Vereinigung der Maas mit dem Rheine nur auf
einem durch die fiberachwemmung der Granenburger tiefebene herbeige-
fahrten falschen scheine beruhe, hat er nicht angegeben.') an und für
sich betrachtet ist es ja recht gut möglich, dasz die fliehenden sieb nach
einem der in die Granenburger bucht einspringenden Vorgebirge wandten
und , am ende desselben angekommen , das links und rechts anschlagende
Wasser fQr Maas und Rhein hielten; die römischen reiter, des landes
unkundig , mochten noch viel leichler auf den gedanken kommen , und
Cäsar konnte sich selber auch durch ihren berichl teuschen lassen —
wenn er nicht den wahren Sachverhalt wirklich gekannt hätte, aber er
kannte ihn ; er wüste ja dasz sich vom Rhein die Waal trenne und erst
diese mit der Maas zusammenfliesze (6. g. IV 10). wenn seine terrain-
kenntnisse so weit reichten , die trennnng von Waal und Rhein und die
Vereinigung von Waal und Maas sich vorstellen zu können , so muste er
auch wissen, wie sein marsch sich zu den beiden flüssen verhielt; wenig-
stens muste er sich vergewissem, ob er oberhalb oder unterhalb des
Waidausflusses stand, darflber muste er, wenn er nicht wissentlich
leichtsinnige märsche machen wollte, sich informieren, und er hat sich
Aber die entfernungen der flflsse informiert, wie wir in dem sehnten
capttel des vierten buohes aus der genauen maszangabe sehen, wenn er
aber wüste, dasz er oberhalb des Waalausflusses stand, so konnte ihm
das misverständnis nicht passieren, welches ihm hr. von Cohausen zu-
schreibt, ebenso wenig als er im zehnten capitel sagen konnte, die Maas
verbinde sich unterhalb der Rheintrennung, und im fünfzehnten capitel,
sie verbinde sich oberhalb derselben mit ihrem nachbarstrome. idas ein-
zige was Cäsar verbrochen hat ist ein ungenauer ausdruck , deren sich
mehr in den commentaren finden, als eifrige verehrer derselben zuge-
3) dagegen hat sich, ebenfalls auf die beschaffenheit des terrains
gestützt, schon H. Probst wider y. Cohansens ansieht aQBge8proche&
(in diesen jahrb. 1867 s. 43).
W. ftrambacb: aaz« v. A. v. Gohauseii über CAsars RheinbrOcken. 253
stehen werden. Cisar sagt im fünfzehnten capitel ^Rhein' statt ^Rbein-
arm' (:=: Waal): das ist die durchaus versündige annähme der erklarer
und zuletst Napoleons, ich glaube dass wir gezwungen sind die Cofaau»
scnsche terreinbesiimmung aufzugeben und die Vereinigung von Rhein
und Maas, auch im sinne Cüsars, zum allermlndesten unterhalb Rym«
wegen zu setzen.
Dock ich kehre zur faeuftsacbe surdck, zu der frage, in wie weit
die bestinnnung der Usipetenscblaeht mit der Untersuchung des ersten
Rheinüberganges zusammenfaftngt, und warum sie jene alte ansiebt vom
abergange bei K61n modfficiert hat. eine so kleine differenz von einigen
meilen, wie sie zwiechen Cohausen und Napoleon besteht, kommt dabei
nicht in betracht.
Aber hier läszt sich kaum ein schritt mit Sicherheit vorwärts thun,
wenn wir den verschlungenen wegen unserer antiquarischen diletlanten
folgen müssen, ich halte es für die erste forderung einer gesunden
methode, dasz man bei erforschung der Cflsarischen kriegszflge sich
klar macht, was hauptquelle und was abgeleitete quelle für die in frage
stehenden ereignisse ist. hauptquelle, und nach meiner Überzeugung
einzig brauchbare quelle für die militärischen forschungen sind die com«
mentare Cftsars; ihnen treten für die erklflruag nur terrainuntersuchungen
und ausgrabiingen zur seite. wenn CSsars werte vielfach unbestimmt
sind) so darf man sich dennoch nicht durch eine scheinbar genauere
angdbe Dioas (XXXIX 47 — 48) verführen lassen an eine zweite uaab-
hAngige quelle zu glauben, i« besten falle haben wir in den übrigen
angaiieii alter schriftsteiler über den gallischen krieg eine richtige Inter-
pretation der commentare, in vielen fiillen nur misverstAndnis oder phan-
tastische ausschmückung und sagenhaAe erweiterung. es ist daher schon
TOD vevn herein an keiBen wirklichen erfolg zu denken, wenn man aus
Gdsars bficbern, aus Dion, oder gar aus dem unvernünftigen Florus wie
aus gleichberecbUglen quellen schupft, in der that halte ich nichts für
80 verfehlt im ^leben Cftsars' von Pfipoleon , einem sonst an den lehr*
reichsten nntersudiungen durchaus nicht armen buche, als den über-
grossen respect, den der höbe Verfasser gegen scribenten wie Plutarch,
Appian, Dion oder vollends Orosias hegen zu müssen geglaubt hat. und
doch Skid sehen lange dnagende mahnungen gegen die unmethodische
berücksichtigung abgeleiteter quellen ausgesprochen worden^), aber ohne
entsprechenden erfolg.
Wenn also Florus I 46 (= ill 10) anlasalich des zuges gegen die
Teneteren berichtet: hie vero iam Cae$ar üUro Mosellam navali
p€nte iransffredUur ipsumque JRhenium, so ist das vollkommen gleich-
gültig, weil wir den authentischen bericht Cftsars (6. g. IV 15} haben,
und nur das ^ine läszt sich noch mit einer folgerichtigen forschung ver-
4) mit bezog auf Dion sprach sich schon Dederich so aus (jahrb.
des vereine ▼. alt-freunden Y— VI s. 862. 264. IX s. 194) \ den übrigen
plnader schätzt Kö^y richtig ab (einleitang zu C. Julius Cäsars comm.
8. 98 ff.).
254 W. BramlMch: anz. v. A. t. Cohausen Ober Cäsars Rheinbrücken.
^eioigeo , daaz man annimt , Gäsan worte seien in den handschriften ver-
derbt, die rechte lesart sei zufillig in dem abgeleiteten berichte erhalten,
so faszte der wacliere Clurer die sache auf. er leugnet nicht, dasz
Cäsar die Vereinigung von Waal und Maas mit fug und recht eine Ver-
einigung von Rhein und Maas hätte nennen können, aber gestützt einer-
seits auf die angäbe, dasz die Deutschen schon bis ins gebiet der Condru-
sen streiften (6. g, IV 6 s. 331 , 15 N.), anderseits in der meinung, der
bei dem gebiete der Ubier bewerkstelligte transport des heeres sei vom
Schlachtfelde aus ohne weiteren marsch ausgeführt worden, sieht er sich
gezwungen den Schauplatz des krieges gegen die Usipeten an den Mittel-
rhein zu verlegen, er ändert demnach an der oben erwähnten stelle
Cäsars Mosae in Mosellae^ und hierbei kommt ihm die stelle des Plorus
gut zu statten (Germ. ant. 11 14*)). indes ist sein erster grnnd, dasz von
dem lande der Condrusen bis zur untern Maas ein gar zu weiter weg sei,
nicht sticiihaltig, weil man die Wohnsitze der Condrusen nicht so genau
zu bestimmen vermag, dasz nicht eine tagereise diflTerenz unterlaufen
könnte. Napoleon verlegt dieses volk ohne weiteres in den sfiden der mitt-
lem Maas, läszt sie aber nördlich bis in die gegend von Aachen sich er-
strecken (leben Cäsars II s. 22 anm. d. üb. tafel 2, 14). hiergegen ist Cluvers
Völkerkarte sehr ungenau (tafel 2 ^Germaniae cisrhenanae descriptio'). der
zweite grund Cluvers, dasz die niederlage der Deutschen dem ubischen
gebiete gegenQber erfolgt sei, hängt mit der frage zusammen, wie sorg-
fältig Cäsar seine märsche aufgezeichnet hat, ob er einen kQrzeren, unbe-
deutenderen marsch von ^inem oder zwei tagen gar niclit erwähnen
konnte, in der that sind die commentare in vielen dingen so ungenau,
dasz man sich wol hüten musz aus dem stillschweigen des feldherm weit-
greifende schldssc zu machen.
Wie dem aber auch sein mag , Cluvers grOnde erschienen schon zu
seiner zeit vollkommen unhaltbar, und wie man darüber urteilte, Uszt
sich aus Oudendorps Cäsarausgabe (s. 185 n. 2) sehen, zu bedauern
ist jedoch, dasz der zwischen Cluver und den holländischen altertflmlern
geführte streit ohne nutzen für die gelehrten unseres Jahrhunderts ge-
blieben ist. nachdem Hermann Müller die niederlage der Deutschen
wieder an den Mittelrhein verlegt und sogar einigen anklang gefunden
hatte, wurde einige zeit über die wieder aufgetauchte frage gestritten,
als wenn sie noch vollkommen neu wäre, zugleich aber liefligkeit und
zorn dabei in solchem masze vergeudet, dasz selbst die streitlustigen
herren des sechzehnten und siebenzehnten Jahrhunderts nicht schwer-
wuchtigere Worte hätten wechseln können, die durchaus nicht erfreu-
lichen erörterungen nehmen mehr räum, als billig ist, in den Jahrbüchern
des Vereins von altertumsfreunden ein (besonders V— VI 252; VII 1;
IX 191 vgl. II 110; IX 159).
Zwar hat noch freiherr A. von Göler an der Cluverschen , später
von Müller vertretenen ansieht festgehalteu und die schlaclit an den
6) 8. 56 der Leidener folioausgabe (Elzevir) 1616. Clnver liest bei
Florus Mosellam entsprechend der Überlieferung: museUam Bamb. massi-
liam Naz. (Jahns ausgäbe s. 72).
W. Brambach: anz. v. A. v. Cohausen Qber Cäsars RheinbrAckeu. 255
Mittelrheia verlegt (CSsars gallischer krieg in den jaliren 58 bis 53 vor
€h. s. 110); hr. K. F. 'ein alter soldal' hält sogar die ^angäbe des Florus,
betreffend die fiberbrückung der Mosel' fdr 'unzweifelhaft' (Zeitschrift des
Mainzer geschichtsvereins II s. 244) : nichts desto weniger hat sich die
alte richtigere ansieht, welclie allein mit methodischer Würdigung des
Dion und Flonis vereinbar ist, in der letzten zeit den sieg verschafft.
Dederich, Köchly und RQstow, Napoleon, Cohausen halten an
^en CSsarlschen werten fest und verlegen die sclilacht an den Niederrhein.
Gasar sagt nicht, er habe nach der schlacht einen marsch gemacht,
um an die stelle zu kommen , an welcher er den Rhein zu überbrücken
gedachte, also, so schlosz man zunächst, ist er dort übergesetzt, wo er
gerade war; diese einfachste ansieht äuszert schon der alte Joannes lu-
cundus Veronensis: 'pontem fecit Caesar primuminMenapiis contra
Sicambros.' entschlosz man sich jedoch zu der annähme, der proconsul
habe einen marsch rheinaufwärls gemacht, ihn aber als unbedeutend nicht
referiert, so halte man freien Spielraum ihn sich länger oder kürzer zu
denken, rechnen wir die erwähnten hypothesen , welche die worte des
Florus oder die conjectur ad conflueniem Moseilae ei Rheni zum fun-
-dament haben , hinzu , so sind folgende stellen für den ersten brückenbau
vorgeschlagen worden:
Koblenz bis Neuwied: Cluver ; Blinola (vgl. Baumstarks übers.) ; H.
Müller an mehreren stellen, die in den jahrb. des alt.-vereins (a. o.) kri-
tisiert sind. V. Göler a. o. s. 112; vgl. die karte in der kleinen abhand-
lung 'Cäsars gall. krieg im j. 51 vor Gh.' (Heidelberg 1860). vermut-
lich gehört hierher ein mir unbekannter aufsatz im rhein. archiv für
gesch. u. litleratur 4r bd. 3s heft, Mainz 1811 (von Göler citiert).
I^euwied bis Bonn: unterhalb Andernach nach der auseinandersetzung
von K. F. in der Mainzer Zeitschrift II s. 243.
Bonn oder südlich von Bonn bis Köln: Drumann gesch. Roms III
s. 292; Zeuss und Dederich (vgl. jahrb. des alt.-vereins IX 198); Köchly
und Rüstow s. 125; Napoleon II s. 139.
Köln: carte de la Gaule sous le proconsulat de Jules Gesar, und die er-
wähnten Philesius und Brölmann; Probst a. o.
Köln bis Xanten: SteiniDger, dessen ansieht von Dederich gewürdigt
wird (jahrb. IX s. 201).
Xanten bis Nymwegen: bei Xanten nach Gohausens ansieht; bei
G I e V e nach der meinung von de la Ravalli^re bei de Pecis Ha guerre
de Jules Cösar dans les Gaules' 1 — 3 (Parma 1786) II s. 233. vermut-
lich gehören hierher die Holländer, wie Pontanus, dessen geschichts-
werk mir an meinem jetzigen aufenthaltsorte nicht zugänglich ist.
Obgleich ich nicht im besitze der gesamten Gäsarlitteratur bin , so
war es mir leicht , auch ohne die interpreten zu hülfe zu rufen, für jeden
faauptort von Koblenz bis Nymwegen unter den Schriftstellern, welche
sich eigens mit militärischen und topographischen Studien befaszt haben,
einen Vertreter zu finden, leider sieht man die alten ansichten Immer
wieder ohne rüoksicht auf die vorhandene lilteratur auftauchen, und es
256 W. Brambach: anz. v. A. v. Cohausen über Cäsars RheiDbrOokeD.
ist dabei schwer an den fortschriit in unserer, zu sehr in bänden von
dilettanlen ruhenden altertumslcunde zu glauben.
Zur beslimmung des zweiten Übergangs dienen zwei zeagnisse Ca*
sars: b. ^. VI 9 s. 386, 8 N. Caesar posiquum ex MenapHs in Tre*
veros venii^ duabus de eausis Rhenum iransrre consiiiuii; und s. 386,
11 paulum supra eum locum^ quo ante exercUum traduxerat^ faeere
pontem insiituit, also der feldherr setzte über im gebiete der Tre?erer;
doch sind dessen grenzen leider so unbestimmt , dasz wenigstens für die
nordgrenze, auf die es hier anlLonnnt, bei den neuern forschem dtfferen*
zen von drei bis acht wegslunden bestehen. K. F. (a. o« s. 243) sucht
die nordgrenze bei Andernach am Rhein zu fixieren, und dadurch würde
der übergangspunct im sinne der meisten forscher entschieden sein;
wenigstens erkljiren sich für die gegend von Andernach aufwärts Clnver,
HöUer, Dederich, Göler, Kdchly, Cohausen, während für die gegend von
Bonn nur wenige stimmen , wie die Napoleons, laut wurden, gewöhnlich
begnügte man sich mit der angäbe, dasz der zweite brfickcnbau eine
kleine strecke oberhalb des ersten stallgehabt habe, indes ist paulum
supra ein so unbestimmter auedruck, dasz Cohausen die dadurch bezeich*
nete entfernung auf 90 roilien ausdehnen zu können glaubte, ohne das»
man ihm, in anbetracht ähnlicher unbestimmter entfernungsangaben bei
Cäsar, einen wirklich schlagenden gegengrund anzuführen vermag.
Die litteratur welche sich um das 17e capitel Im 4n buche der Cäsa-
rischen kriegsberichte gruppiert hat, konnte nicht mit weniger schaden
von den neueren erklärern vernachlässigt werden als die bisher erwähn-
ten Schriften, sie ist nicht nur viel lehrreicher als diese , sondern auch
ungleich interessanter, weil sich an der reconstruction der Cäsarischen
brücke viel geistreichere köpfe versucht haben als an der terrainbestim*
mung des germanischen feldzugs.
Gleich beim Wiederaufleben der classischen Studien war die recon-
struction der Rheinbrücke ein beliebtes problem , so beliebt , dasz schon
im anfange des sechzehnten Jahrhunderts Franciscus Floridus Sa-
bin us überdrusz an den vielen versuchen bekam, er sagt in seiner ab-
handlung *de C. lulii Caesaris praestantia'') (s. 12): ^cuius pontis arti-
ficium admirabilemque strucluram cum saepe mecum considero, dici non
polest , quam eorum derideam insulsilalem , qui nescio quae somniorum
porlenta confingentes ad verissimam se Caesariani pontis rationem pri-
mos unosque pervenisse iurant. a quorum ordine nee Veronensem
lucundum nee alium quenquam eorum quos novi excipio: licet aliquos
eo se praecipue nomine venditantes norim, quod soll Caesaris pontem
longa experlentia egregie reddere didicerint. facerenl me auctore longe
consullius, si rem noslris temporibus difficillimam pollus omitlerent,
quam Gordii nodum soivere tentantes vulgi fabula fierent.' dieser resig-
nierte mann würde es schwerlich geglaubt haben , ii-enn man ihm gesagt
6) libri tres ad Radolphum Pimn Cardinalem Carpensem. die vor-
rede datiert Bononiae qnarto Nonas Kovembris 1538. ich kenne nnr
den Baseler druck.
W. Brambacb: am. v. A. v. Goturasen über Gäsars BheiobrOcken. 267
bdlte , dasz maa nach nehr als dreihundert jähren noch immer sich an
dem schwierigen problem abmühen werde, dasz noch manche sich be-
strebten 'vnlgi fabula' zu werden.
Auch in Deutschland Mesz man sich den brfickenbau schon frühzeitig
angelegen sein, zwar wird Philesius kefasen auspruch daraufgemacht
haben, dasz sein 'brücken' genau sei, denn er ist nur klein mitten im
holzschnttte gezeichnet, aber schon der 'bucbhandler' Sigismund
Feyrabend bat das capitei ^von der Brücken, die der Keyser vber den
Rdn machen liesz* genauer illustriert.'^
Das meiste ansehen genosz im anfange des sechzehnten Jahrhunderts
die brückenconstruction des Veronesers loannes lucundus, die viel-
fach von den herausgebem des CAsar abgedruckt und erläutert wurde,
doch es fehlte auch nicht an gegnem , die bald einzelne puncto seiner
erürterung, bald die ganze construction verwarfen, so hat die Änderung,
wekbe lucundus vornahm an den werten haec ulraque insuper bipeda-
kbus trabibut immissis . . binis utrimque fibulis ab exirema parte
disUnebaniur in hohem grade das misfallen unseres vortrefDichen Gla-
reanus erregt, welcher in seinen bemerkungen zum Cäsar s. 71^) ent-
rüstet sagt: 'Gaesaris verba meo quidem iudfcio lucundus corrumpit, non
emendat.' freilich gesteht er vorher ein, dasz ihm mit ausnähme der
teztesindening die Illustration des lucundus wolgefalle.
Das hauptsl^liche, was bis in die mitte des sechzehnten jahrhun-
derts schon über die Rheinbrücke Casars geschrieben war, findet man
ziisammengefaszt in der Aldina vom jähre 1575 (G. lulii Gaesaris com-
mentarli ab Aldo Manutio Paulli f. Aldi n. emendati et scboliis illuslrati.
ad illustrissimum atqne excellentissimum D. lacobum Boncampagnum S.
R. E. Gen. Gubern. Venetiis aoDLXXV). die zahlreichen eingedruckten
holzscfanitte sind von guter technik , wenn sie auch, im vergleich mit der
grossen vervollkomnung der holzschneidekunst in unserer zeit, steif
aussehen, die Illustrationen zeugen von dem sehr löblichen eifer die
kriegsberichte Gäsars recht anschaulich zu machen, ein streben welches
in späteren Jahrhunderten den erklärern wenigstens in Deutschland ziem-
lich abhanden gekonmien zu sein scheint und erst in neuerer zeit wieder
mefar erwacht ist.
Dem berühmtesten erklärer des brückenbaus im anfange des sech-
zehnten Jahrhunderts spendet sein schaler lulius Gaesar Scaliger
reiclies lob, bedauert aber dasz er nicht eingesehen habe, was eine fibula
sei (de subtil ex. 329 s. 1055): Moannes lucundus civis noster,
mm
7) in der übersetsang (Frankfurt 1565), in deren vorrede es heiszt:
*jetst aber habe ich die Bücher von den nammbafften fttrtrefflicben Krie-
Sen, so der Burchlaucbtige Wolgeborne Caias Jttlins, der erste römische
ieyser, nicht allein geftirt, sondern auch selbs in LatiniBcher sierlicher
spräche beschrieben , in das gut Oberlendische Tentsch bringen lassen»
mit eigentlichen fürgesetaten Figaren.' 8) in C. Inlii Gaesaris da-
rissimi Rom. imperaloris commentarios de hello Oallico ac civlli , Hen-
rici Glareani Poetae laareati annotationee nnnc ab autore dil^enter
76visae et auetae. Fribnrgl Brisgoiae Stephanns Melecbns Grauins ex-
eadebat an. M.D.XLniI.
258 W. Brambach: anz. v. A. v. Gohaasen über Gäsars RheiabrQckea.
iiobUi gencre prognalus , qui Haximiliani iussu cum Hteroüymo Dominio
Norico, forlissimo ac sanctissimo viro, iater tirocinii rudimenta me
utriusque litecalurae primis sacris imbult, vir fuit in Philosophia Peri-
patetica non igaobilis, Scolicae sectae summus, Tbeologus, in Mathe-
raalicis uulU secundus , in Oplice alque Architectura omaium facile prin-
ceps. neque is lamen neque Aldus tola cum Academia sua, quid fibula
esset haec, assequi potuere.' noch weit weniger ahnung von einer fibuia
halte nach ansieht seiner zeilgenossen der Mailänder Hieronymus
Card a aus, der in seiner schrift Me subtilllate' Gäsars RheinbrOcke-
als exempel uad flbungsslQck des Scharfsinnes behandelte, aber auch er
entgieng nicht dem geschicke grimmig kritisiert zu werden: Buteo,
dessen betrachtungen der erwftlinten Aldina von 1575 vorgedruckt sind,
geht zuerst darauf aus die absurditäten nachzuweisen, welche sich lucun-
dus habe zu schulden kommen lassen, und fertigt dann den Gardanus
kurz ab: Mescriptionem istam Gardani, cum satis prae se feral, quam sit
inepta et aversa longe prorsus a menteGaesaris, nihil aliter discutiendam
pulavi. ex bis itaque palam est, structuram hanc sublicii pontis a Gae-
sare scriplam falsis inlerpretationibus ad nostra tempora corruptam
latuisse.' jedoch auch dieser zuversichtliche Buteo hat mit seiner schwer-
fälligen conslruction nicht mehr glück gehabt als seine Vorgänger.
Julius Scaliger vermochte ebenfalls nicht mit seiner erklärung
durchzudringen, veranlaszt durch die auseinandersetzungen des Gardanus
gab er gleichfalls eine samlung von Übungsstücken des Scharfsinns her-
aus, und nahm in der 329n Übung gelegenheit die nach seiner ansieht
vor ihm verkannte fibula durch folgende erörterung in ihr recht einzu-
setzen (s. 1056^)): *est enim fibula corpus durum oblongum, quod in-
greditur in foramen aliquod ad qulppiam cohibendum, ne lazelur aut
prolabalur: quasi findat illud quod perforat.' er läszt demnach den
querbalken eines brückenjoches millels eingepflöckter zapfen an den
schräg eingesenkten Stützbalken haften.
Die im seclizehnlen Jahrhundert versuchten erklärungen verloren
bald ihr ansehen gegenüber der dinen reconstruction des berühmten
archiiekten Palladio, welche auch im siebenzehnleu und achlzehnten
Jahrhundert vor allen maszgebend war. neben ihr hat sich nur die übri-
gens nicht sehr verschiedene construcüon des Lipsius in einigem an-
sehen erhalten.
I quatlro libri dell* archileltura di Andrea Palladio ^^) enthalten im
dritten teile abhandlungen über wege und brücken und darunter einen
besondem traclat Mel ponte ordinale da Gesare sopra il Rheno' (lU-^
s. 12). man findet dort nur die werte Gäsars übersetzt und eine kurze
besclireibung der beigegebenen groszen und schönen Zeichnung, ver-
gleichl man die conslruclion des Palladio mit den Sltern versuchen, so
nach der Krafftheimschen ausgäbe: lalii Caesaris Scaligeri ezo-
tericaram ezerciiatioram Über XV de subtilitate ad Hieronjmnin Car-
danum. Francofarti (typis Wechelianis) M.DCI. 10) die vorrede ist
datiert 'in Venetia il Primo di Nouembre. Del M.D.LXX.' ich kenne
nar die ausgäbe von 1616 (in Venetia, appresso Bartolomeo Carampello).
W. Brambach: anz. v. A. v. Cohausen ober Cäsars RheinbrQckeo. 259
musz man einen forlschrilt anerkennen, der darin besteht, da$2 die für
den bau angewendeten mittel ungleich einfacher sind und die balkeu-
fQgung selbst leichter ist. die vielbesprochene fibuia ist ein einfacher,
kurzer balken oder querriegel, der mit zwei scharfkantig eingehauenen
kehlen in zwei entsprechende kehlen der schräg in das fluszbelt einge*
triebenen Stützbalken sich einlegt; die untere, an der auszenseite des
Joches oder besser brackenbockes angebrachte fibuia trägt den zwischen
die Stützbaiken von oben eingesenkten querbalken, die andere, über dem
querbalken an der Innenseite des bockes eingelegte fibuia klemmt sich
zwischen den tragbalken imd dem querbalken ein. der querbalken greift
mit kehlungen in beide fibeln.
Die construction des Palladio liegt noch wesentlich zu gründe der
abbildung welche Samuel Clarke seiner Cäsarausgabe (London 1712
fol.) beigab, sowie der Illustration in Oudendorps ausgäbe (Leiden
und Rotterdam 1737). kein wunder also, wenn man in Italien noch am
ende des achtzehnten Jahrhunderts die Illustration des Palladio verehrte,
wenigstens sagt de Pecis (Parma 1786 II s. 236): ^venons ä la con-
struction du ponL Palladio, si habile lui-möme ä construire des ponts,
a illustre celui de C^sar. il a donn^ dans une tigure le m^canisme dans
lequel il l'a cru bäli. je joins ici cette figure oü Ton pourra examiner
les parties qui le composent. j'accorde qu'il peut avoir ^t^ form4 de la
Sorte; mais le fameux Architecte de Vicence n'a pas discul^ Tordre de la
formalion, ni aucun autre est entrö dans un detail aussi important.")
Lipsius ist bei gelegenheit seiner auseinandersetzung über die
brücken (poliorceticon II dial. V) auf den brückenbau Gäsars zu sprechen
gekommen, seine structur stimmt äuszerlich mit der Palladios überein;
nur legt er die fibeln nicht ein, sondern steckt sie nach Julius Scaligers
definition beide durch den holm; ferner weicht er in der Stellung der
defensores ab. die abbildung , welche Lipsius von der brücke entworfen
hat, habe ich noch in der ausgäbe der commentarien *cum nolis varlo-
rum' gefunden (G. lulii Gaesaris quae exstaut cum seleclis variorum com-
mentarils, Leiden 1651 von Arn. Hontanus besorgt).
Die erklärungen , welche in den letzten drei Jahrhunderten erschie-
nen sind , gruppierten sich ziemlich um zwei besonders hochgeschätzte
constructionen : lucundus fand seine commentatoren , wie sie in der
Aldina von 1575 vertreten sind, und Palladio hatte seine besondern
anhänger.^') in unserm Jahrhundert giengen die erklärer wieder ihre
eigenen wege. abgesehen davon dasz die herausgeber der Cäsarisclien
commentare ihr scherflein zum Verständnis des brflckenbaus redlich bei-
trugen, sind auch nicht wenig besondere interpretationsversuche ans licht
11) übrigens hat der Verfasser oder Zeichner sich in der wieder-
gäbe von Palladios Illustration sehr geteascht. auch bei Wiederholung
der Aldina von 1675, die za Venedig ^apnd loannem Mariam Lenum'
1580 erschien, sind arge irtfimer untergelaufen. 12) von einzelnen
bemerkungen über die brücke verdient erwähnnng was Petrus Bamus
de Caesaris militia (Graeve thes. X 1652) and Rösch (commentar über
die commentarien des Cäsar, Halle 1783) gesagt haben.
260 W. Brambach : anz. v. A. v. Cohausen aber Gäsars RheinbrfickeiK
getreten. Brieglebs bemerk uogen in Seebodes kritischer bibliothek
1820 8. 1007 — 9 kenne ich nicht, wol aber war mir vergönnt das
Ra9tatler lyceumsprogramm von 1830 einzusehen, in welchem Feld«
bausch erklftrung und abbildung der brOcke versucht hat. auszer dem
unglöck, dasz das angegebene masz nicht anf die Zeichnung passt, ist
dem Verfasser auch noch manches andere unglflck in der erklärung be*
gcgnet.
TreiTender ist die reconstruclion von Anton Eberz, weiche in
der Zeitschrift für die alterlumswissenschaft 1848 nr. 51 f. sp. 405 ff.
veröffentlicht ist. leider hat Eberz sich niclit auf eine eingehende kritik
seiner vorgSnger eingelassen , sondern nur einzelne ausstellungen an der
reconstruction Julius Scaligers und an den erkllrungen von Herzog, Held
und Baumstark gelussert. er iSsst ein brQckenjoch bestehen aus zwei
durch qucrriegcl verbundenen baikenpaaren, die in einer entfernung von
40 fusz, in gerader Hnie nach der strororichtnng eingerammt sich neig-
ten , so dasz die einander zugewendeten balkenseiten mit der linie des
flieszenden wassers einen spitzen winkel bildeten [iigna prona). die
balkenpaare selbst denkt er so construiert, dasz die beiden balken unt6B
weiter aus einander stehen als oben , das heiszt ^dasz sie nach art eines
dachgiebels zusammenlaufen würden, wSren sie nicht oben in einem
Zwischenraum von zwei fusz mit einander verbunden {fasiiffaiay Cäsar
gibt den abstand der zwei zu einem joch gehörigen balkenpaare auf
40 fusz an : Eberz ist geneigt diese entfernung anf der Wasserfläche zu
rechnen, so dasz für den durch die beiden balkenpaare getragenen quer-
balken , welcher der brflckenbreite mit einschlusz des erforderlichen vor-
Sprungs entspricht, eine länge von etwa 35 fusz herauskommt
Am wichtigsten ist die erklärung der fibulae , die als dielen aufge*
faszt werden, welche die tragbalkenpaare mit einander verbinden und
durch ihre befesligung nalärlich auch zugleich auseinanderhalten: sie
waren so angebracht, dasz sie ^dle diagonalrichtung halten in den durch
die tragbalkenpaare, die querbalken und die linien des flieszenden was-
sers gebildeten parallel trapezen'. an jeder seite des bockes befand sich
ein flbelnpaar, im ganzen also vier dielen, ich glaube nicht dasz man
zweifeln kann an der auffassung, wonach die fibula unter ihren manig-
fachen formen auch die form einer geraden diele haben kann, die zur Ver-
bindung zweier gegenstände dient, wenigstens vergleicht Vitruv an einer
stelle, auf die Eberz passend hinweist, mauerbalken mit fibulae (de arch,
I 5 s. 21, 21 Rose): tum in crassiiudine perpetuue taleae oleagmeae
uslilaiae quam creberritnae insiruaniur^ uii uiraeque muri frontes
inter se, quemadmodum fibulis^ his ialeis conUgatae aeiemcm ha-
beant firmitaletn, schon lucundus gab den fibulae die ge&talt eines ge-
raden balkens, den er freilich falsch ansetzte; später sah man in den
fibeln nur pflöcke oder durch scharfkantige einkehlung von geraden höl-
zern geformte spannriegel.
Auf die letzte art von spannriegeln , die durch kantige einkehlung in
die tragbalken und den querbalken eingreifen, ist freiherr von Göler
zurQckgekommen (Cäsars gall. krieg s. 113 tafel Vlll), indem er also
W. Brambad) : aaz, v. A. v. Gohausen über Cäsars Rheiabracken. 361
sich wieder der von Palladio und Lipsius vorgeschlagenen struclor an-
schliettt.
Dagegen hat Napoleon dieselbe erkläruag der fibulae^ wie sie
Eberz gibt, seiner beschreibung und zeichuAng zb grande gelegt (leben
GAsars U s. 141 f* tafel 15). er I35zt jedoch die beiden balken, welche
durch mehrere querriegel verbunden, als träger schief in das fluszbett
eingeramml sind, nicht gegen einander geneigt, sondern parallel laufen,
darin weicht er also von Eberz ab, daaz er die worte prone ac fasti§i»U
beide auf die Stellung der zwei tragbalken paare des joches bezieht, das
heifizt von den beiden paaren sagt, sie seien schief geneigt [prone)^ so
dasz sie in ihrer nach oben convergierenden richtung giebelfönnig zu-
aamiaenliefen. ferner nimt Napoleon nur einen Strebebalken am untern
tragbalkenpaare des bockes an.
Nach ao vielen reconstructionsversuchen , von denen Ich nur die be-
deutenden, mir bekannt gewordenen hervorgehoben habe, darf man wol
fragen, ob denn das bisher gewonnene resultat so unbefriedigend sei,
dasz neue versuche ohne rücksicht auf die bereits gemachten mit aus-
sieht auf erfolg angestellt werden können, oder ist gar das resultat so
trostlos , dasz man gleich jenem alten Sabinus vollständig an einer glaub-
wdrdigen erkUrung zu verzweifeln hat? jedenfalls hätten sich die archi-
tecten und altertumsforscher, welche sich in neuerer zeit mit GSsars
brdckenbau beschftftigl haben, manches wort und wol auch manchen
irtum ersparen können, wenn sie mit einer scharfen kritik ihrer Vor-
gänger angefangen und sich zuerst darflber aufgeklärt hätten, bis zu wel-
chem puncte der lösung die frage bereits vorgerückt sei , und wo zu be-
seitigende Schwierigkeiten übrig geblieben wären, auf diese weise hätte
dich bald herausgestellt, dasz Cäsars angaben teilweise unbestimmt sind
und auf mehrere fragen keine antwort geben : zum beispiel auf die frage,
wie je ein balkenpaar verbunden wurde, ob der abstand der beiden
h^enpaare ^ines joches oben, auf dem Wasserspiegel oder auf dem
boden zu messen sei, ob ^ia oder zwei Strebebalken unterhalb des joches
angebracht wurden, endlich wie weit die joche selbst von einander stan-
den und wie viele ihrer waren?
Zum vollständigen Verständnis des bröckenbaos ist die beaatwortung
dieser fragen unerläszlich, das wird der begeistertste verehrer der Gäsa-
rischen darstellung eingestehen müssen; und dennoch hat Cäsar es für
unnötig gehalten uns darüber auskunft zu geben, zwar hat es Eberz
nicht an einer entschuldigung fehlen lassen, indem er glaubt dasz ^Cäsars
kürze in der beschreibung blosz daher rühren könne, weil er den bau
einer holzbrüoke im allgemeinen bei seinen lesern als bekannt voraus-
setzte und nur besonders hervorhob, was von dem gewöhnlichen bau
abwich', dennoch ist es nichts als ungenauigkeit, wenn Cäsar einen ab-
stand convergierender balkenpaare angibt, aber zu sagen vergiszt^ ob
sein masz oben oder unten oder in der mitte genommen sei. es verstand
sich auch nicht von selbst, nicht einmal für den kundigsten baumeister,
von welcher länge die verbin dungsbalken zweier joche beschafit werden
konnten, und wir würden daher dem Cäsar dankbar sein, wenn er uns
262 W. Brambach: anz. v. A. v. Coliausen über Cflsars Rheinbrficken.
den abstand der joche bezeichnet hätte, zugleich wflrde es sehr zur an-
schaulichkeit beitragen, wenn wir wüsten, wie viel joche erforderlich
waren, das urteil über GSsars beschreibung wird sich also wol nicht
durch stummes anstaunen des groszen feldherrn gefangen nehmen lassen,
sondern etwas herabgestimmt werden müssen, ohne darum in wegwerfung
auszuarten.
Abgesehen von den unlösbaren fragen gibt es noch manche lösbare
schwierig lieit; man kann sagen, dasz durch die vielen versuche die recon-
struction Immer mehr der Wahrscheinlichkeit entgegengefahrt wurde,.
schon deshalb weil die neueren versuche immer mehr auf einfachheit und
ausführbarkeit des baus hinarbeiten, schon von diesem gesichtspuucte
aus halte ich weitere bemühungen wie die Gobausensche für wolberech-
tigt. V. Gohausen hat sich aber auch noch eine andere, sehr dankens-
werthe arbeit nicht verdrieszen lassen, den ganzen bergang des baus,
soweit er sich aus den angegebenen einzelbeiten erschlieszen ISszt, zu
verfolgen, dadurch gewinnt seine darstellung an anschaulichkeit und
macht uns den Gäsarischen bericht lebendig.
Der vf. stellt an sich die anforderung keinen satz der beschreibung
unklar zu lassen und alle angaben derselben zu erfüllen , so dasz mit den
einfachsten technischen hülfsmitteln ohne zeitraubende anfertigung von
wolschlieszendem bolzverband, ohne scharf passende Verzapfungen , eine
brücke in zehn tagen herzustellen sei, welche der Strömung und etwaigen
Zerstörungsversuchen widerstehen und truppen tragen könne, alle eisen-
verbindungen b9lt er für unzulässig , weil weder die Menapier und Ubier
hinlänglich viel Werkzeuge dieses metalls hätten besitzen, noch Gäsar
seinen trosz durch grosze Vorräte von eisenstangen , eisernen nageln und
klammern habe vermehren können, ja weil es überhaupt unwahrscheinlich
sei, dasz damals selbst in Italien schon der gebrauch bestand, zum eisen
als Verbindungsmaterial zu greifen (s. 13). für die annähme, dasz die
Germanen erst kurz vor der berührung mit den Römern überhaupt in den
besitz von eisen gekommen seien , stützt sich Gohausen auf eine behaup-
tung Lindenschmits, der sich durch aufsuchen, abgieszen und meister-
haftes abbilden antiker waffen und anticaglien höchst verdient gemacht
hat. aber bei der Unsicherheit , die in der chronologischen bestimmung
alter gräber und walfenfunde herscht, ist eine solche behauptung eher
ausgesprochen als bewiesen, und wenn der beweis sich nicht auf sicher
datierbare fundstücke und vollständig gesammelte angaben alter Schrift-
steller stützt, so ist er unzulänglich, ich weisz wol, dasz man nament-
lich gräber heutzutage frischweg in bestimmte zeitperioden setzt; doch
richtet sich diese datierung leider nach einer gerade zur mode geworde-
nen theorie und hat in den letzten Jahrzehnten gewechselt, ohne dasz
positive Zeugnisse beigebracht werden konnten.") doch wie dem auch
13) zu den sichersten, nach meiner ansieht vollkommen zuverlltsBig
datierten fnndstücken gehören diejenigen, welche Napoleon am Mont-
Auxois hat ausgraben lassen; sie beweisen zum überflasz, dasz im gal-
lischen kriege eiserne waffen benutzt wurden (leben Cäsara 11 s. SOS
anm. 1 d. üb.), unsicher dagegen sind wieder die fundstucke von Yin-
W. Brambacb : ans. v. A. v. Cohausen ober Cäsars BheinbrückeD. 263
sei , selbst wenn Germanen nnd Römer zu Cäsars teil kein eisen gehabt
hatten , so waren metallene , also wol bronzene waflTen und Werkzeuge
doch lange in Italien heimisch , und was würde es für uns verschlagen,
wenn CSsar statt eiserner bronzene nSgel angewendet hätte? Cohausen
bat sich etwas zu weit führen lassen durch Lindenschmits ansieht: denn
aus dem nichtvorhandensein von eisen würde ja nicht das fehlen der ge-
bräuchlichen bronzewerkzeuge folgen, dasz Cäsar seinen trosz nicht be-
schwert habe mit eisen- oder melallvorräten , Ist nicht so plausibel als es
aussieht: denn die groszartigen belagerungswerke und der wenigstens
teilweise in Gallien ausgeführte schiflsbau erforderte metallnägel und
Werkzeuge, die gewis nicht immer aus gröszem depots bezogen werden
konnten, sondern zum teil schon der einfachsten vorsieht halber mitge-
führt werden musten. dasz eisenstangen an der brücke gewesen seien,
ist unglaublich; dasz man aber mit nageln, wenn man sie in hinlänglicher
dicke und zahl zur band hatte, ungleidi schneller arbeiten konnte als
zum beispiel mit holz- oder wiedenbändern , sieht auch ein nlcbthand-
werker ein. zudem war die last, wenn man das erforderliche handwerks-
zeug zusammenrechnet, nicht sonderlich grosz; jedenfalls überstieg sie
nicht den gewöhnlichen zimmermannsbedarf : denn verwendet man so viel
nägel wie Napoleon, dessen slructur sich durch grosze einfachheit em-
pfiehlt, so kommen auf das joch nur 74, wenn ich richtig gezählt habe,
und auf 54 joche, die er nach einer Wahrscheinlichkeitsrechnung annimt,
noch nicht ganz 4000 nägel, eine so kleine last dasz sie bei ihrer son-
stigen Verwendbarkeit doch wol nicht im train fehlen durfte.
v. Cohausen macht uns neugierig, wie er eine brücke ohne schlüs-
sigen holzverband, pflöcke und nägel zu bauen gedenkt, er geht zu
einem so primitiven zustand der baukunsl zurück, wie er eines Cäsa-
rischen heeres, welches unter tüchtigen praefecii fabrum eine belage-
rung von Avaricum und Uzellodunum unternehmen konnte, unwürdig ist.
nichts desto weniger ist der angestellte versuch höchst Interessant und
fordert zu einer vergleichung mit den oben erwähnten constructionen auf.
Aehnlich einfache band werksübung , wie sie v. Cohausen für den
brfickenbau in anspruch nimt, findet er heutzutage, abgesehen von ein-
zelnen notbehclfen des rheinischen landmannes , noch in voller geltung
bei der flöszerei auf dem Rfaeinslrome , die er uns anschaulich schildert
(s. 15 — 21). die absiebt des vf. ist ^nicht das Vorhandensein von flosz-
hölzern am Niederrhein zu beweisen , sondern das alter der flöszerei und
ihrer technik bis in die zeit, als Cäsar an den Rhein kam, zurückzuführen
und in der noch heutiges tages geübten werkweise der flöszer die hülfe
nachzuweisen, welche der grosze Römer dort vorfand und benutzte.'
freilich erweist das einzige positive zeugnis , eine Badener und eine iden-
tische Eltlinger inschrift (CIRh. 1668. 1678), nur, dasz in der kaiserzeit,
man darf sagen im zweiten oder dritten Jahrhundert nach Cb., flöszerei
in Baden betrieben wurde; ob man vor der römischen ansiedlung ausge-
geanne, welche neben bronze, wie es scheint, viele eisengeräüie anf-
weisen (a. o.'s. 286 f.).
264 W. Bnmbacb: anx. ▼. A. v. Cohaosen Gber CSsan BheüilirilckeB«
dehnte fldnerei trieb, kann maD mit derselbea wahncheiDÜehkeit wegen
der natfiriicbeo einfaehbeit des handwerks bebaapUn ab w^cn der zer*
rissealieit der vielen am Rheine lesxhaften stimme Temeinea. es ist keine
kfihne oder anch nor unwahrscheialicbe annähme v. Cohauaens, dasx die
Ubier mit dem schlagen und binden des holses ebenso vertraot gewesen
seien wie die heuligen Rbeinflöszer. dasz Clsar 'ihre tflehtigkeit als
Schiffer und flöszer and ihre schiffe zu den nötigen hfilfeleistangen wlh-
rend des haus seiner brücken nicht abgewiesen' sagt er zwar nicht, doch
ist es wahrscheialich , weil er schiffe oder fldsze sur aufslellung der
brückenpflhle nötig hatte, nur das eine kann man doch als sicher hin-
stellen, dasz er seine Soldaten, welche ja die arbeit Terrichten musten,
so hat hantieren lassen, wie sie es durch kunstgerechte belagernngs* und
Tcrscbanzungsbauten gewohnt waren, dasz er die ihnen gebrünchlidien
kunstmittel nicht verschm^t hat , um sie zu der einfacheren banweise
der barbaren zu zwingen, die Soldaten, nicht die Ubier oder Menapier
bauten die brücke, wie Cäsar selbst sagt (VI 9 s. 386, 12 N.): noia
aique insiiiuia raUone magno militum studio paucis diebus opus
effidiur. gebrauchten die Germanen noch so einfache iHndeaittel, die
römischen Soldaten haileu sie ja doch erst kennen lernen, för ihre bolzen
oder nägel erst weiden drehen mösseu, und mehr zeit verloren als an
arbeitsmitteln gespart wenn demnach hr. von Cohausen der mdnung
ist *dasz jeder restaurationsversuch der brücke an Wahrscheinlichkeit ge-
winnt, wenn auch die dabei angewendete werkweise mit den alten Werk-
zeugen (der Germanen) möglich und zugleich als eine allherg^rachte
landesübliche anerkannt werden kann', so ist er offenbar viel zu weil
gegangen, weil es eine ihorheit des generals gewesen wäre, sein zur
maschinenzimmerei wolgeschultes beer zu einfachen und, weil den Solda-
ten nicht gelftuüg, zeilraubenden notbehelfen zu verdammen.
Trotzdem der vf. ein möglichst einfaches arrangement des haus vor-
schlagen will , sieht er sich dennoch veranlaszt die von CSsar angegebene
frist auszudehnen, gestützt auf die annähernde Zeilberechnung Napoleons
(leben Cäsars 11 s. 175), setzt er den beginn des haus auf den 12n juni
und nimt an dasz die *Ubier und Menapier, selbst wenn sie den nötigen
befebl erst am 31n mai erhielten, acht tage zeit hatten die vorhereltongen
für den brückensclilag zu treffen', auf diese vorarbeiten und den eigenl-
lichen bau wären also im ganzen 18 tage verwendet worden; und idi
weiss nicht wie ich damit die präcise angäbe Cäsars reimen soll (s. 337,
22 N.): diebus decem^ quibus materia coepta erat conportari^
omni opere effecto exercilus traducitur. eine grosse erleichlerung sieht
der vf. In der bescbaffenheit der uferslelle, an welcher die brücke nach
seiner meinong gebaut wurde: bäume, die auf dem östlichen abhänge des
Fürstenberges bei Xanten gefällt wurden , musten vor anlegnng der ufer-
strasze von selbst In den Rhein rutschen und brauchten also nur aus dem
Wasser geschleppt zu werden, vollkommen einleuchtend Ist die annähme,
welche schon Napoleon seiner Zeichnung zu gründe legi, dasz die brücken-
pfähle rundslämme und nicht scharfkanlig behauen waren.
llr. von Cohausen läszl die einzelnen bocke 'aus zwei paar, je
W. Brambach: anz. v. A. v. Cohausen über Cäsars RheiobrflckeD. 265
paarweise parallel mit einander verbundenen beinen und einem bolm
bestehen' (s. 25). 'die pfähle waren nur wenig {paulum) oder technisch
gesprochen stumpf und einseilig angespitzt, so dasz die spitze etwa im
cylindermantel selbst lag, die gröste face der anspitzung aber eine breite
dnickfUche gegen das ausweichen des schrSgstehenden pfahles gab' (s.
27). die pfShle sind durch mehrere querhölzer oder querriegel ver-
bunden, und. zwar parallel; *denn andern falls' meint hr. v. Cohausen
* wenn die pfähle nach unten divergiert bütten , hatten zwei abstände und
eine länge angegeben werden müssen' (s. 28). der schlusz ist nicht
sidier, weil Cäsar auch bei den nach unten divergierenden pfahlpaaren
eines bocks nur ^ine distanz angibt die verbindenden querriegel 'zwei
bit drei an der zahl, bestehen aus halbrundem holz, liegen in einem ver-
satz, so gut er sich mit der axt ausführen läszt, und sind durch wieden,
die in gebohrten löchern zu beiden selten verpflöckt sind, befestigt'
(s. 29). auf diese weise musten für jeden querriegel vier pflöcke ge-
schnitzt und zwei wieden gedreht, das heiszt wol sechsmal so viel zeit
aufgewendet werdon, als wenn die querriegel nach einfacher art mit
starken bolzen angesciilagen wurden, die pfahlpaare wurden nicht ein-
gerammt, sondern mit Schlägeln nur In den fluszkies eingetrieben, wo
sie wegen ihrer halben anspitzung nicht zu tief eindrangen und doch
durch die breite, nach auszen gerichtete fläche am spitz geschlagenen
ende sichern halt gewannen, der von Cäsar angegebene abstand der
pfahlpaare von 40 fusz bezeichnet die entfemung der beiden fuszenden,
so dasz die distanz oben , wo der holm auflag , weit geringer war , und
die brflckenbreite das gewöhnliche masz der Römerstraszen und zuge-
hörigen brücken, etwa von 18 fusz, gewis nicht überschritt (s. 36). der
holm würde demnach, seine vorsprflnge auf je 6 fusz gerechnet, minde-
stens 30 fusz lang sein.
Die flbeln sind je zwei rundhölzer, welche das tragen des holms
durch die beiden schiefgestellten balkenpaare vermitteln, an jedem trag-
balken ist nemlich in der höhe, in welcher der holm ruhen soll, eine
3 zoll tiefe kerbe eingeschlagen, über welcher ein wiedenbug so einge-
pflöckt ist, dasz man ein rundholz einstecken kann, welches in der kerbe
von der wiede fest getragen wird, ruht nun der holm auf einem oder
zwei aufgefahrenen schiffen, und ist ein pfahlpaar an je ^Inem ende
richtig eingesenkt, so wird es so tief eingetrieben , bis die zwei kerben
gerade unter dem holm stehen und durch die wiedenbüge ein rundholz,
die erste fibula, gesteckt werden kann, gleichfalls ist auf der obern seile
des holms eine Vertiefung für ein rundholz geschlagen, welches durch
wiedenbüge eingesteckt wird, auf diesem holze, der zweiten fibula,
ruhen die beiden tragbalken, so dasz der holm nach entfemung der
unterlagen, auf denen er angefahren wurde und während der einsenkung
der tragbalken ruhte, sich auf die untere, den tragbalken angesteckte
fibula senkt und dadurch diese tragbalken gegen die auf ihm steckende
fibula drückt'^) die sehr schräge Stellung der balkenpaare bewirkt, dasz
14) hr. von Cohausen ist selbst in der läge gewesen eine derartige
Jfthrbncher lür cImi. pliUol. 1868 hfU 4. 18
2G6 W. §nm^aAz JKL T. A. T. CiJLMLseL itt«r
umBieBikflOMB, )e »eW Act «fnoL mJ ias 4ifert ki^as.»jr drjcil«
uad je ^ntEt^r ijt iciüii^exu^^gtfrirf ssL
Die ftredL^ilLa zv.-scba Ä» icn.LL>&M»« l.>ei<
siad wieier Asitik w^M^s LefeKLLrt. vilre»i 5r:*.^^M
aasa^^dji Üszl; 4<e ly-?? »^^^ tj« \i>v^ n t-xi trt a-^f ^J fssx
selzl > 4<'J -
Jeiea bock ist e^ «trci^UIifs a2 nlfn «3.^ fccdrefoft, Icic^
eugetnetea ote" gv f«^«a n t>d«s «üsixiea ^=x^ ei»eB qpemesel
gesciiBtzt, obcB dardi w>eJe »^ Lisftj« as k:>iae b<<es£irL esf»-
lömlidi ist die art, wie t. G>Lnsa die dtf^mpwts frier abirciscr ^<r-
halb der irwle afibräzt. alie bcsiienrefl erklirer sebea m ihsea soi-
recht öiiferaBBte prüJe; der rL cbui-t jeiroh dasz d;e worte Qsars
eise andere deolvii; TeHaarea. ci l»Ä5it s. 337« 17 X.: s^AHcmt ei mä
inferiorem pariem ftuwäms oblique agehcntur^ fume pr9 Ariele
sMedme et cum omaä opere crjtmtMCtae lüt fbtmmis e^ciperent^ ei
aUae item suprm pomtem w^diocri spaüo, mt, ti orbantm tnmei Jrrr
naves dticiendi operit essent a barharis missae, kis defensfribus eo-
rmm rerum vis wtinueretur neu ponii nocerenL aus Htm ergiazt sich
Cohattsea ahae Mique agebantur item* suprm poniem [u 40^ nsd
iijzt je eioea pfähl, in geno^em aLstaode tof der brocke am bodea
dorcfa duuere bülfspQhie befestigt, schräg aus den wasser aoCsleigen«
auf dem tordera köpfe des holms ruhen und durcb wieden aogebcuMieu
seio. ich musz gestehen dasz item nicht durch einfaches ageb^aUmr er-
kJirt werden kann, sondern notwendig auf oblique agebantur hin-
weist auf der andern seite fehlt jedoch die durchaus nicht selbstTer-
stlndliche angäbe, dasz auch die oben balkea mit dem bocke fcriNinden
waren {cum omni opere coniunctae). wenn hr. t. Cohaosen mit seiner
ansprechenden erilirung das richtige getroffen hat, so ist ihm offenbar
seine technische erfahruog mehr zu gute gekommen als die Cäsariscbe
darsteUnng, die in ihrer übergroszen kürze diesmal foUkommcn nnzn*
reichend ist.
Zum schlusz gibt der vf. eine berecbnuDg der abmessungen und des
tragvermögens der brückenhölzer (s. 48 — 56).
Man siebt dasz der vf. wirklich ohne allen eisenrerband nnd nigd
eine haltbare brücke constmiert hat wenn man auch mit der primisse
nicht einverstanden sein kann, dasz ein römisches beer mit den pranitir-
sten milteln noch zu Cäsars zeiten brücken geschlagen habe, so hat
dennoch die vorliegende darstellung das wesentliche verdienst, uns zu-
erst den verlauf des brückenbaos durch viele sachgemäsze, aber nicht in
allen puncteo gleidi sichere erörterungen lebendig vor äugen geführt m
haben.
Verbindung so praktischem gebraoch anfertigen so lassen, bot brachte
er bei einem bock, dessen tragfähigkeit er erprobt hat, ISngere, nnier
flieh verschränkte bonde an, welche sowol beide dorchstecker (fibeln)
'3r verbanden, als auch am oberen ende die tragbalken unter
't der obem fibnla verstrickten (s. 46 f.).
G. Sirker: zu Tacitus lusloriem 267
Wesenllich neu ist an Cohausens constnicüon die rerwendung von
wiedenverbindung, das vermeiden jeder schlössigen überkflmmung und
Verzapfung, die einseukung der pHihle und die Stellung der abweiser.
dagegen das System des haus, dessen wesentlichstes merkmal in der ein-
Setzung der fibeln besteht, ist nicht neu, sondern dasselbe welches Palla-
dio sehier structur zu gründe legte, die einkämmiing bei Pailadio und
das anbinden bei Cohausen ist ein ebenso accidenteller unterschied wie
das behaaen oder belassen der baumstümme: unser neuester erklSrer der
Cäsarischen brilckenconstruction tritt also trotz mancher fortschritte im
einzelnen wieder in die fuszstapfen des alten italiSnischen baumeisters.
Frbiburo im Brbisgaü. WiLHfiLM Brambach.
39.
zu TACITUS mSTOMEN.
1 37 Septem a Neronis fine menses suni^ et tarn plus rapuH Icelus
quam quod PolycUti et Vatinii et aegialn perierunt. für das überlieferte
aegi€tNi nehme ich mit J. F. Gronov das immerhin noch unsichere Tigel-
lini auf, kann mich aber mit den an stelle des verdorbenen perierunt
gesetzten conjecturen nicht befreunden, da sie entweder zu weit von der
Überlieferung sich entfernen, wie Weissenborns eorripuerunt ^ oder nur
eine gezwungene inlerpretation zulassen , wie dies mit N. Helnsius pepe-
rerunt und Ritters perdiderunt mir der fall zu sein scheint, ich schreibe
mit geringer InAerung praeierunt: 'sieben monate sind erst seit dem
tode des Nero verflossen, und schon hat Icelus mehr an sich gerissen, als
worin ihm menschen wie Polyclitus und Vatinius und Tigellinus den weg
gezeigt haben.'
I 36 rapta statim arma^ sine more et ordine militiae^ ut praeto-
rianus aut legionarius insignibus suis distingueretur, der sinn ist
offenbar, dasz der prfttorianer und der legionür nicht oder doch kaum
unterschieden werden konnte ; indessen scheint es mir unwahrscheinlich,
dasz die in sine liegende negation, wie man bei der überlieferten lesart
annehmen mflste, noch im folgenden satze ihre kraft ausüben sollte,
dem sinne Im ganzes entsprechend hat Ritter ui non praeioritmus usw.
geschrieben; doch glaube ich dasz die volle negttion zu viel sagt und
Tacitus vielmehr ausdrücken wollte, dasz die beiden truppengattungen
k«tm zu »nteracheiden gewesen wären, diesen sino erhalte ich durch
die emendation ui praetorianus aut legionarius insignibus vix disiin-
gueretur, das erste s des überlieferten suis ist dittographie des vorher-
gehenden s und das letzte s anstatt x ein in den beiden Mediceischen hss,
des Tacitus sehr hftuGger fehler: vgl. Heraus studia critica I s. 130.
I 68 Raeiorum iuvenius sueta armis et more militiae exercita.
ich vermisse mit Helnsius und Ritter den begriff von Romanae bei mili-
tiae, glaube aber einfacher, als es durch einfügung von Romanae vor
more (Helnsius) oder nach demselben (Ritter) geschieht, den richtigen
18*
268 W. Tenffd : zu Plautas miles gloriosus 1042.
sinn henustelleD, indem ich more nosirae mSitiae schreibe, wie leicht
nrf nach mcre ausfallen konnte, ist klar.
U 16 timul ignara el altem melus soda imperiiorum turba m
verba VUettn iuravere, anslosz erregt der zweimalige ausdmck des be-
grifTs 'onkundig' in ignara und hnperitorum; sollte dahernicht ignava
zu schreiben sein? dem entspricht auch das gleich folgende laborem m-
solitum peroMi,
II 36 dem Flavium Sabinum consulem designaium Otho rectorem
copiis misit, quüms Macer praefuerat^ laeto müite ei ad mutatümem
ducum , ei ducibus ob erebras sediiiones iam infesiam mäiiiam atper-
naniibus. so der Nediceus. ei nach tnüiie wird ?on den ligg. entweder
ausgelassen oder nacli Döderleins Vorschlag laeio ei miUie gesetzt es
scheint mir bedenklich durch conjectur eine so ungewöhnliche Wort-
stellung in den schriflsleller zu bringen; ich schreibe daher, indem Ich
den ausfall eines wertes nach ei annehme, laeto milite ei miiigato.
wir erhalten dadurch den nach dem zusammenhange so passenden be-
griff, dasz der soldat bei der Indernng des Oberbefehls froh war und
seinen vorher gefaszten zorn aufgab.
DI 53 neque offieere gloriae eorum qui Asiam inierim composue-
rini, Asien war gar nicht im aufstände gewesen; also kann auch von
einem componere Asiam nicht die rede sein, dies scheint auch der grand
gewesen zu sein, weshalb Ritter o/ta statt Asiam schreibt; allein alia ist
unpassend wegen des folgenden Ulis Moesiae paeem . . cordi fuisse:
denn unter alia müsten auch andere Under als Ndsien verstanden werden,
ch verbessere Asiam in Daciam. die richligkeil dieser conjectur be-
weist aufs schlagendste c. 46, worin erzählt wird, dasz gerade Mucia-
nus, der ja an unserer stelle gemeint ist, Dacien wieder zur ruhe ge-
bracht habe.
Andbrnach. Carl Sirksr.
40.
ZU PLAUTUS MILES GLOKIOSUS 1042.
Die handschriflen bieten den anapftstischen septenar hommem iam
pulchrum ei praeclara viriute ei forma factis. hier ist nichts zu tliun
als praeclara aufzulösen in praeclarum o, und statt viriuie ei zu schrei-
ben virtutei (s. Bücheier grundrisz der lat. dedination s. 50), so dasz der
vers lautet:
hominem tarn pulcrum ei praeclarum a viriüti, forma ^ fdeiis.
Plautinische belege fQr diesen gebrauch der präp. a gibt Raropmann de
AB praep. usu Plautino (Breslau 1842) s. 4.
TtjBiNQEN. Wilhelm Teuffel.
j
F. Paliie: zur erkläruiig des erslen budies der lloraziscben cpisteln. 269
(280
ZUR ERKLÄRUNG DES ERSTEN BUCHES DER
HORAZISCHEN EPISTELN.
(schlasz Yon s. 186 — 206.)
9. So gewaodl sicli auch Döderlein zu v. 11 der erklärung der
Worte froniis ad urbanae descendi praemia durch descendi in arenam
ad reportandum in certamine impudenUae praemium angenommen hat,
so werden doch gewis noch manche leser des Hör. auszer mir diese
Interpretation verwerfen, gegen Döderlein mache ich vor allem geltend
dasz , wenn Hör. hier notwendig die stärkste byperbel wählen muste, um
die entschuldigung als scherz erscheinen zu lassen, sich schwer begreifen
läszl, warum dann für die impudeniia^ statt sie mit dem stärksten aus-
druck oder doch mit ihrem wahren namen zu bezeichnen, den möglichst
gelinden ausdruck , ja euphemismus frons urbana gewählt haben sollte,
es haben aber, so viel ich sehen kann, die Interpreten viel zu wenig auf
den parallelismus geachtet, der zwischen diesen worten und den unmit-
telbar vorhergehenden {maioris fugiens opprobria culpae) besteht, da
die Selbstsucht (nach v. 9) als maior culpa bezeichnet wird, so ist da-
mit die frons urbana auch jedenralls als culpa^ wenn auch culpa minor^
bezeichnet, und es ist demgemäsz unmöglich, die den opprobria parallel
stehenden praemia als bclohnungen im guten sinne des Wortes zu fassen,
jene opprobria nun will Hör. fliehen (fugere) ; wenn er also ad culpae
minoris praemia descendit^ so kann dies nur bedeuten dasz er den lohn
der kleineren schuld auf sich nimt. der dichter sagt also : 'um wenigstens
dem Vorwurf eines gröszern vergebens zu entgehen, will ich den lohn
der Zudringlichkeit tragen' d. h. er wählt von zwei flbeln das kleinere.
10. Die frage, ob v. 5 die stärkere interpunction vor oder nach vetuli
noiique columbi zu setzen sei, scheint allerdings mehr nur eine rhetori-
sche bedeutung zu haben als den sinn der ganzen stelle zu beeinflussen,
da Hör., mag er columbi schon mit adnuimus verbunden haben oder nicht,
jedenfalls erst durch dieses bild wieder auf das zweite gleichnis {tu nidum
servas usw.) gekommen ist. doch möchte es sich auch aus sachlichen
gründen empfehlen, das punctum erst an den schlusz des verses zu
setzen: denn paene gemelli adnuimus pariter ist nur dann schön ge-
sagt , wenn adnuere mehr im abstracten sinne (== einmütig sein) gefaszt
wird und die concrcte, sinnliche bedeulung (= zunicken) aufgibt; dann
aber begreift man schwer, wie der dichter mit einem male auf das biUi
-von den tauben gekommen sein sollte, mir scheint das bild paene ge-
melli schon in v« 4 durchgeführt ; am natürlichsten ist es also mit adnui-
mus ein neues bild anzunehmen, wozu dann allerdings vetuli noiique
columbi aufs engste gehört; v. 6 ist dann fast adversativ zu v. 5 zu
denken , da in ihm dasselbe bild von den tauben nun dazu dient die Ver-
schiedenheit der ansichten darzustellen, ich interpungiere also: urbis
amatores . . ruris amatores: hac . . dissimiles^ at cetera paene gemelli
27<* F. ?^Uti ZOT erkiänu^ 4o enica kic&es <ler Ooranschai cpisicb.
frtäerms «mmit quüiquid tugal alter, et alter jtegci^ : mdnwimMS ptai-
ter veimH notique coiumthi. jU tu nidum usw.
Wenn ia v. 8 Di^iiein rfk worte qiäd qumeris? öbenetzt diirdi
'fragil da wamiD ?% so U«zl Aoch seine iattfpoBcUao za beida seitea
es zweifeliiaft erscheinea, ob er skh deo logischen nisawimrnhaag poz
klar gcmacfat hat ich fasse quaeris ab einen an stelle eines conJicional-
saCies (für $i quaeris stehenden directen ond quid = cmr ab einen
?0B quaeris abbingigen mdireeten fragsalz, volbtändig wnrde der satz
hetszca; si quaeris cur rus laudem, and statt scito «e titere nsw.
fihrt Hör. bracbylogisch fort mit rr'ro osw., äliDÜch wie ep, I 1, 13 L
II 1 9 208 und sonst; zu iolerpongieren Ut also: qväd^ quaeris: rrro
usw. fdena die an stelle der condiaonabätze stehenden directen frage-
sälie mit einem firagezeichen za rerseben bt anpraklisch, und auch Im
deotschea geKhJeht es ja nicht', mit dieser auslegung der worte quid^
quaeris aber gewinnen wir einen neaen passenden gedankea: Hör. will
Im folgenden seine Vorliebe für das land leben motivieren.
Das motiv selbst ist zunächst ein ganz einfaches: vivo et regno d. L
^dort geniesze ich erst Ais leben and fühle mich wie ein könig.' aber
for Fuscus und jeden leser bt dies natürlicli zuvörderst nicht viel mehr
als eine tautologie der laus ruris; denn gerade dasz Hör. sich zam land-
leben hingezogen fühlt, das sehen die mebten an ab wenn einer schwarx-
brot lieber bzt ab kuchen (t. 9—11). es beginnt abo die eigentliche
motineniDg erst mit t. 12, und der gnind den der dichter bb t. 21 an-
gibt bt kurz der, dasz das land am besten die natürlichen bedurfnisse
des menschen befriedige, wie dies sogar wenigstens insiinctiv die stidter
selbst fahlen (v. 22 — 25). und nun kommt die kehrseite: woher diese
mala fastidia der stadter? 'das kommt daher* ßhrt unsere epbtel fort
'dasz die menschen sich blenden lassen namentlich in bezug auf die
äuszeren sog. glücksgüter* (t. 26 — 32 invitus), mit fuge magna (v. 32}
aber beginnt meines erachtens der zweite grund für die mala fastidia
der Städter, die ungenügsamkeit, und für mich geben v. 40. 41 direct
auf V. 32. 33 zurück, denn zunächst ist für das verständnb von t. 40.
41 wegen des sie das vorhergehende gleichnis v. 34 — 38 notwendiger-
weise auls strengste im äuge zu behalten, das rosz war imzufrieden mit
dem wenigen was der hirsch ihm liesz; um mehr zu bekommen, nahm
es den menschen zu hülfe, konnte aber nun den herrn nicht wieder los
werden: 'ebenso wird d^r mann ewig knecht bleiben, der einmal, um
seine ungenügsamkeit zu stillen , seine freiheit an einen gönner oder dgl.
verkauft hat' — das ist der gedanke den man notwendig erwartet, wenn
blid und gegenbild sich decken sollen, natürlich ist bei dieser auffassung
das dominum vehit selbst wieder nur bildlich zu verstehen, und die
ganze stelle möchte idi ihrem sinn und Zusammenhang nach so* wieder-
geben : 'wer besseren wollebens wegen seine freiheit einem patron {rex
V. 33) gegenüber aufgibt, der nimt, ähnlich wie das pferd in der fabel,
einen herrn auf sich, und die folge wird sein dasz er diesen nie los
wird.' wenn dagegen manche ausleger hier schon daran denken wollen,
dasz der habsüchtige und geizig^ gleichsam sklav seines geldes ist, so
F. Pahle: zur erklärung des ersten buches der Horazischen episteln. 271
übersehen sie dasz dieser gedanke erst v. 47 angedeutet wird und es un-
möglich ist die dazwisclien liegenden verse (42 — 46) in logische Verbin-
dung mit dem vorhergehenden und dem folgenden zu bringen, ohne dem
llor. eine tautologie mit v. 47 unterzuschieben. — Ihren abschlusz nun
findet diese diatribe gegen die ungenügsamkeit in bezug auf wolleben
mit V. 42 f. dasz hier bild und gegenbild in einander verwoben sind, ist
von allen erklSrern anerkannt; aber wShrend das bild offenbar lautet:
^ein schuh bringt zu falle, wenn er zu grosz ist; er drückt, wenn er zu
klein ist', welches ist das gegenbild? ich meine, wir haben hier im bilde
wieder die bei Hör. so beliebte coonlination statt der Subordination : in
rücksicht auf das gegenbild hätte es streng logisch heiszen sollen: Vie
ein schuh drückt , wenn er zu klein ist , so bringt er (dagegen) zu falle,
wenn er zu grosz ist' oder noch deutlicher: ^ein zu enger schuh ist frei-
lich unangenehm, denn er drückt; aber noch fataler ist der zu grosze
schuh, denn er bringt zu falle.' der sache nach eifert Hör. nun ja gerade
gegen den ungenügsamen in bezug auf das wolleben; ein solcher ist der
cui non conveniet sua res und im bilde hat er einen caiceum minorem :
ev sehnt sich nach besserem, nach einem gröszeren schuh — und sieh
da, nun ist der schuh mit einem male zu grosz und bringt ihn zu falle,
d^ h. das wolleben bringt ihm noch schwerere unzutrflgUchkeiten (nem-
Hch die oben erwähnte servilus). kurz könnte man die stelle so fiber-
setzen: *wen seine läge zu ärmlich dünkt, den wird der gröszere schuh
leicht gar umfallen lassen , während ihn der zu enge nur drückte.'
Die Warnung vor geiz und habsucht nun aber wird jeder, der da
weisz wie gern Hör. gerade gegen diese fehler eifert, hier in diesem Zu-
sammenhang am allerwenigsten gern vermissen wollen, da ja diese lasier
nur eine andere erscheinung derselben ungenügsamkeit sind , die so eben
getadelt wurde, und diese Warnung finde ich in v. 44 — 46 enthalten,
so freilich dasz der dichter v. 45 in seiner freien Urbanität die personen
umkehrt und, statt den Fuscus zu warnen, diesen bittet dasz er ihn
selbst warnen möge, wenn er solche fehler an ihm bemerke, während
also V. 42 der begrifl* von res seine erklärung im vorhergehenden fand
(=: lebensweise, in bezug auf genüsse), so findet sors (v. 45) seine er-
klärung im folgenden : es ist der besitz an geld und gut. soll aber das
ganze eine ermahnung und Warnung sein , so sind natürlich die futura
vives und dimittes imperativlsch zu fassen , wie dies von dem letzteren
wol bei jeder auffassung des ganzen kaum anders möglich ist; also:
^lelie wie ein weiser, indem du zufrieden bist mit dem was dir (an geld
und gut) beschieden ist, und hüte dich schätze samcneln zu wollen.' dasz
nun das folgende imperai aut servit collecta pecunia cuique als be-
gründung der vorangehenden wamung dienen soll , liegt auf der band,
und ganz verführerisch erscheint Waddels haud für aut (*denn beim
scharren wird das geld herr und bleibt nicht sklave') ; aber die vulgata
hat ihre volle berechtigung , sobald wir collecta pecunia nicht vom zu-
sammenscharren des geldes, sondern von dem besitze gröszerer geld-
summen verstehen und das imperat aut servit in specielle beziehung
mit sapienter bringen durch die annähme , dasz durch v. 47 der dichter
272 F. Pahie: zur erklärung des ersten buclies der Uorazischen episleln.
eben andeutet, dasz nur sapienti cuique coUecla pecunia servü und,
wahrend tertium non dalur, demgemäsz insipienti cuique coUecla pe-
cunia imperat. — In belreflT des unmittelbar zu dieser sentenz gehören-
den verses 48 ('da doch die pecunia [nur] venlient' usw.) zweifle icli
keinen augenblicii dasz Hör. nur an ein am strick zu ffihrendes stück
vieh gedacht hat, dasz aber dieser fQr uns freilich seltsame und weit
hergeholt erscheinende vergleich dem römischen dichter sehr nalie lag,
sofern er nur an das Stammwort von pecunia zu denken brauchte.
Der gedankengang dieser epistel ist mir demnach folgender:
Ich lobe das landleben im gegensatze zu dir (v. 1 — 8) und anderen,
denen das vorkommt wie wenn man lieber Schwarzbrot essen wollte als
kuchen (v. 9—11). denn
I) das land befriedigt am besten die natürlichen bedörfnisse des men-
schen (v. 12—25).
II) wenn dagegen die menschen das land meiden , so kommt dies da-
her , dasz sie entweder
1) sich blenden lassen vom schein , namentlich in bezug auf die
äuszeren göter (v. 26 — 31), oder
2) ungenügsam sind
a) in ihrem verlangen nach wollebcn, welches sie sogar
dahin bringt, dasz sie ihre freiheit an hohe gönner ver-
kaufen (v. 32—43) ;
b) in ihrem verlangen nach geldbesitz, wodurch sie sicli zu
Sklaven ihres geldes machen (v. 44 — 48).
11. Die erste grosze Streitfrage ist hier bekanntlich die, ob die
epistel an den nocii in der fremde weilenden oder doch noch auf reisen
begriffenen oder an den von seiner reise zurückgekehrten Bullatius ge-
richtet ist. doch will man nicht a priori construieren , so bleibt meines
eraclitens nichts übrig als den erstem fall anzunehmen, denn zwar
scheint das perfectum visa est v. 1 auf eine zeit der reise und der ab-
wesenheit des Bullatius hinzuweisen , die vor der zeit der abfassung des
briefes liegt; aber es ist doch ebenso leicht denkbar, dasz Bullatius die
V. 1 — 3 genannten stSdte schon besucht hatte, als Hör. diesen brief
schrieb , oder doch dasz Hör. dies voraussetzte und der adressat dennoch
auf seiner (weiteren) reise sicli noch befand, dagegen würde nun aber,
wenn wir uns den Bullatius schon wieder in Italien denken, das präsens
venu V. 5 unpassend sein und noch weniger das Lebedum laudas odio
maris atque viarum v. 6 einen sinn haben: denn aus überdrusz am
reisen lobt doch der in die heimat zurückgekehrte reisende nicht eine
Stadt in der ferne.
Eine zweite frage ist die, ob Bullatius mit seiner reise eine förm-
liche auswanderung beabsichtigt habe oder nicht; erst wenn wir das
erstere annähmen, entstände die weitere frage nacli den gründen , die ihn
bewogen haben möchten sich aus Rom und Italien zu verbannen, docli
mir scheint das letztere ganz unzweifelhaft: denn 1) im erstem falle
müsten wir bei unserm dichter eine kenntnis dieser absieht und dieses
F. l'ahlc: zur crklärung des ersten buches der Horazischen epislchi. 273
Zweckes der reise voraussetzen, und dieser könnte nicht mehr fragen
cunclane prae campo et Tiberino flumine sordeni? (v. 4], da ja dem
Bullatius jedenfalls feststände, dasz es flberall besser sei als in Rom;
2) würde bei Bullatius dann nicht von einem odium maris atque viarum
(v. 6) die rede sein können, denn er reiste ja nicht um zu reisen, und
hat doch schon schone städte (v. 1—3) genug gesehen, so dasz er nicht
aus reisemfidigkeit in einem neste wie Lebedus seinen wohusitz aufschla-
gen wird; 3) kann man unmöglich den inhatt von v. 15 f. auf den Bulla-
tius und seine Schicksale und seinen auswanderungsplan beziehen, zwar
die ungiacksHUle des lebens mit stQrmischer Seefahrt zu vergleiclien ist
etwas ganz gewöhnliches; aber wenn (v. 16) das navetn vendere die an-
siedelung des Bullatius in Asien bedeuten, also nicht mehr bildlich von
der fahrt des lebens verstanden werden sollte, so wSre dtlum mare v. 15
auch nicht mehr sein stQrmischer lebensweg, sondern müste ebenso ohne
bild genommen werden ; denn wie kann man sagen : 'da dich (hier in Ita-
lien) die störroe des lebens geschüttelt haben , so verkaufst du dein schilF
jenseit des meeres und bleibst dort wohnen'? demnach ist v. 15 f. ein
ähnlicher vergleich wie die beiden vorhergehenden, und ie ist nicht Bulla-
tius sondern eine unbestimmte person (und so wird die stelle ja auch
von den meisten auslegern verstanden) : 'der schifler ist allerdings nach
sturmischer seefahrt froh land zu erblicken , wenn auch fremdes ; aber er
wird darum doch das fremde land noch nicht für das erklären , was ihn
vollkommen glücklich machen könne , so dasz er sich nicht nach der hei-
luat zurücksehne.' 4) endlich aber ist es überhaupt deshalb ganz unstatt-
haft den Bullatius sich als einen vom unglück verfolgten oder auch nur
die politischen Verhältnisse Roms schwarz sehenden mann zu denken,
weil ein solcher dem Hör. auf die worte (v. 20) dum licet ac voUum
servat Fortuna benignum sofort mit recht hätte entgegnen können: 'dem
glucklichen hast du gut predigen, aber das passt nicht auf mich unglück-
lichen (oder auf die unglückliche läge des Vaterlandes, die jeden bieder-
inann bekümmern musz).'
Also Bullatius will nicht auswandern, weshalb reiste er denn aber ?
dasz er aus unmut über seine oder Italiens läge gereist sei , ist wol eben
so wenig anzunehmen als dasz er überhaupt aus mismut habe auswandern
wollen, da wir nach v. 20 bei ihm eben gar keinen mismut voraussetzen
dürfen, es läge nun die annähme nahe, dasz er von der allgemeinen
retsewnt seiner zeit angesteckt gewesen sei, die Hör. in den letzten versen
unserer epistel so treffend geiszelt; aber auch dagegen sträubt sich mein
gefühl , da unter diesen umständen , d. h. wenn unser dichter in diesem
briefe die fehler seines freundes hätte rügen wollen , die Veröffentlichung
desselben eine unverzeihliche rücksichtslosigkeit gewesen sein würde,
und können wir denn nicht annehmen , dasz Bullatius aus geschäftlichen
rücksichten gereist sei? oder seiner ausbildung wegen? Oberhaupt dasz
diese reise für ihn eine von auszen herangetragene notwendigkeit ge-
wesen sei und ein bestimmtes ziel gehabt habe? dasz also Hör. davon
nur nebenbei veranlassung genommen habe einen der gewöhnlichen
fehler seiner Zeitgenossen zu geiszeln, und dasz also die ganze epistel
274 F. Pahle: zur erkUrung des ersten buches der Ilorazisclieo cpislelD.
weseDtlich mit rücksicht auf das römische publicum geschrieben sei? —
Ich glaube, mit dieser annähme kommen wir am weitesten: die Persön-
lichkeit des Bullatius wird uns für die Interpretation ganz gleichgültig ;
wir haben nichts zwischen den zeilen zu suchen , um uns jene in ihren
vermeintlichen Zügen auszumalen , und der gedankengang der epistei er-
klart sich so am einfachsten und ungezwungensten.
Die frage des Hör. danach , wie dem Bullatius die fremden städlc
gefallen haben , setzt bei letzlerem durchaus keine Voreingenommenheit
gegen Rom voraus; das beweisen sowol die werte maiora minorane
famaf als die werte v. 4 cunctane prae campo et Tiherino flumne
sordent? letzlerem gegenüber dürfen wir die Aiialicae urbes (v. 5)
unmöglich als gegensatz zu den in den ersten versen genannten stfldten
fassen; es sind eben auch wegen ihrer Schönheit und pracht berufene
Städte Kleinasiens, bei v. 6 vorauszusetzen, dasz Bullatius das kleine
nest Lcbcdus wirklich gelobt habe (*oder geschieht es aus überdrusz
am reisen, dasz du Lebedus lobst?'), ist nicht nur unnötig, sondern es
würde dies auch den Zusammenhang geradezu stören : denn wenn Bulla-
tius auf der reise dem Ilor. geschrieben hatte, so hatte er doch auch wol
seine ansichlen über die asiatischen prachtstadte ihm nicht vorenthalten,
und die fragen des Hör. in den vorhergehenden versen würden um so
überflüssiger erscheinen, als schon in dem von Bullatius dem kleinen
Lebedus gespendeten lobe die eindrücke, die auf ihn die ganze reise ge-
macht, genugsam geschildert waren, es enthalt vielmehr — schon nach
den gewöhnlichen regeln der rhetorik — der 6e vers eine dritte art von
eindrücken, die Bullatius auf seiner reise möglicherweise empfangen haben
könnte, nemlich entweder stehen die besuchten stadle hinter Rom zu-
rück , wobei sie iomier noch schön und des besuches werth sein können ;
oder sie sind die reise überhaupt nicht werth, und der reisende wird bei
und in ihnen des reisens satt ; oder aber sie sind so schön , dasz ihm der
wuliscii kommt: *da möchtest du wol wohnen.' wahrend nun die erste
möglicbkeit in v. 4 und die dritte in v. 5 ausgedrückt ist, finde ich die
zweite eben In v. 6 bezeichnet, und der sinn ist also: ^oder haben die
Städte dir das reisen so verleidet, dasz du am liebsten gleicli deine Wan-
derung aufgeben möchtest, und solltest du auch in Lebedus wohnen blei-
ben müssen?' — Für eine interlocutio des Bullatius ist nach unserer
auffassung natürlich im folgenden kein räum, da wir ja ein vorange-
gangenes schreiben des Bullatius an Hör. nicht annehmen und bei letzte-
rem überhaupt eine kenntnis der augenblicklichen Stimmung des erstem
wahrend seiner reise nicht voraussetzen durften, ist aber nun in v. 8
Hör. selber das subject zu veUem, so nützt es freilich wenig, wenn man
diesen conjunctiv condicional faszt und ein 'wenn es sein müste' oder
*wenn es die umstände so fügten' zu erganzen; denn tivere veüem ist
doch immer etwas anderes als ein einfaches viverem^ und der satz: ^icli
würde wünschen in Lebedus zu wohnen, wenn es sein müste' ist mir
wenigstens unverstandlich, wol aber gewinnen wir einen ganz gesunden
gedanken , wenn wir vellem als prateritum von velim auffassen (also =
*icb hatte mögen', analog der bekannten stelle Clc. ad Ait. 4, 16, 7
F. Pahle : zur crkläruiig des ersten buches der Horazischen epislcln. 275
cuperem videre voUum iuum^ cum haec legeres); dann würde Hör.
seinen leser zurückweisen auf eine zeit, wo er selbst die städte des
Orientes kennen lernte, obne frage die zeit seiner teilnähme am bürger-
krieg, und wo er, vom odium maris aique viarum gepackt und im Stru-
del der ereignisse unterzugehen fürchtend, sicli sehnte nach ruhe und
zuruckgezogenheit fern von Rom (obliiue meorum Mimcendus et Ulis)
— und wäre es selbst in Lebedus, wo das stürmische meer das einzige
Schauspiel wäre.*}
Den gedanken der nun folgenden drei vergleiche (v. 11 — 16) fassen
mir die erklärer niclit präcis genug; am besten noch Oflntzer: *die drei
beispiele zeigen, dasz man das, was man zur zeit bedarf, als ein gut be-
trachten kann, ohne dasz man sich dieses als höchstes gut für immer
erwählen werde.' doch es ist hier nicht allgemein die rede von etwas
Vas man zur zeit bedarf^, sondern speciell von aufenthaltsorten: für
caupona ist dies deutlich genug ; aber auch bei furnos wird niemand an
unsere stubendfen, sondern an backöfen oder vielmehr an backstuben
denken, und balnea sind für den quifrigus coUegü hadstuben, in denen
für warme lufl gesorgt ist (vgl. Gniquius); dasz endlich bei dem drittel]
bilde von fremden häfen die rede ist, habe ich schon oben auseinander-
gesetzt, sämtliche drei aufentbaltsorte nun aber liefern zwar ein gut,
eine annehmlichkeit: die caupona erfrischung und erholung und schütz
vor dem regen , die balnea und die fumi wärme , der fremde hafen ruhe
und Sicherheit vor dem stürme — aber sie gewähren eben aucli nur die-
ses öine glück und haben daneben alle drei ihre groszen Schattenseiten,
die Uor. eben nur deswegen nicht weiter ausmalt, weil sie weltbekannt
sind , und die ich gleichfalls weiter zu schildern für überflüssig erachte,
der dichter sagt also: 'einen aufenlhaltsort, der seine groszen Schatten-
seiten bat, wird sich niemand wählen, höchstens dann auf kurze zeit,
wenn er derjenigen annehmlichkeit gerade bedarf, die derselbe als das
einzige bietet, was er zu bieten hat.' so gewinnen wir in diesen versen
eine directe rückbeziehung zu dem v. 7 — 10 ausgesprochenen gedanken,
und der inhalt von v. 7—16 ist kurz dieser: *einst hätte ich selbst wol
in dem räucherigen Lebedus wohnen mögen , um da ruhe zu finden ; aber
einer einzigen annehmlichkeit wegen darf man sich doch keinen ort als
wohnplatz aussuchen.' auf den ersten teil dieses gedankens konnte der
leser fragen : 'aber warum bist du denn damals nicht nach Lebedus ge-
zogen?' und wenn Hör. nachher (v. 30} sagt quod pelis^ est Vlubris^
so hatte die nichtausführung jenes entschlusses leicht etwas auffälliges ;
dem gegenüber erwidert eben Hör., dasz man, wenn es sich um die au s-
wahl eines Wohnortes handle, allgemeine rückslchten nehmen müsse.
*} ob nicht vielleicht allerdings, wie D5derlein will, der Neptunus
furens bildlich aufzufassen ist, und — nach unserer meinung — die stürme
des damaligen btirgerkrieges bezeichnen soll, will ich dahin eesiellt
sein lassen, etwas künstlich hätte Her. sich dann freilich ausgedrückt;
empfohlen dagegen' wird die bildliche auf fassang dadurch, dasz in der
gewöhnlichen auffassung diese Charakteristik von Lebedus der erstereu
in V. 7 f. gegebenen nachhinken würde.
276 F. Pahle: zur erklärung des ersten buches der Horazisclicn episleln.
(Jod in tvelchem zusammenhauge sieht nun dieser gedanke (v. 7 —
16) zu V. 6 einerseits und zu den ilim folgenden versen 17 IT. anderseits?
was dte Verbindung mit dem vorhergehenden betrifll, so liegt es aller-
dings nicht fem anzunehmen , Hör. habe für den fall , dasz Bullatius odio
maris atque viarum sich Lebedus zum Wohnsitze erwShlt haben sollte,
diesen davon abmahnen wollen, aber dagegen spricht erstens , dasz der
dichter zwischen dreierlei eindrücken , die sein freund von seiner reise
bekommen haben könnte, schwankt und dasz also die möglichkeit des
letzten gcwis nicht einen so groszen vorzug der besprechung verdiente;
dann aber kommt es in v. 6 wesentlich auf odio maris atque viarum an,
da Hör. sich zunächst nur die möglichkeit vorstellt, dasz Bullatius das
reiseu satt bekommen habe, und erst in zweiter linie daran denkt, wel-
chen entschlusz der flberdrusz am reisen ihm möglicherweise eingegeben
haben könnte; drittens endlich würde so eine Verbindung mit dem folgen-
den (v. 17 ff,) kaum herzustellen sein, ich denke mir den Zusammenhang
so: Hör. denkt sich v. 6 die möglichkeit, dasz Bullatius des reisens fiber^
drüssig geworden sei, so überdrüssig dasz er sich gar in Lebedus an-
siedeln wollte ; dies bringt ihn auf die erste sorte derjenigen auswande-
rungslustigen, die aus mismut u. ilgl. über ihr (vermeintliches oder
wirkliches) misgeschick sich in die ferne sehnen und hier den abge-
legensten Winkel aussuchen; *und ein solcher* sagt er *bin ich selbst
einmal gewesen; aber* flihrt er fort 'solche ansieht ist verkehrt schon
deshalb, weil neben der einen annehmlichkeit (zurflckgezogenheil und
ruhe) das leben in einem fernen winkel sehr viele unannehmlKhkelten
mit sich bringt.' hatte der dichter also hier zunächst unglückliche und
mismutige im äuge, so stellt er denen jetzt (v. 17 ff.) den incolumis zur
scite , d. h. einen mann der von schlagen des Schicksals gar nichts zu er-
zählen hat und sich aucli keineswegs nach einem stillen fernen wiokel
sehnt, sondern glaubt eine schönere, 'anmutigere Stadt als seinen heimats-
ort finden zu können und deshalb gleichfalls von der auswandeningslusl
gepackt wird : ihm sagt dann unser dichter , dasz , da er ja incolumis sei,
ein anderer aufenthaltsort für ihn mindestens überflüssig sei und der glück-
liche am besten thue in seinem (heimatlichen) Rom zu bleiben (v. 17 — 21).
Waren es also von v. 7 an die beiden Sorten von auswanderungs-
lustigen, die Hör. tadelte, so wendet er sich nun zweitens (von v. 22 an)
gegen die eigentliche reisewut , die ja auch eine gewöhnliche krankheit
der damaligen zeit war , sich aber von der auswanderungslust wesenllidi
dadurch unterscheidet, dasz sie nirgend ruhe läszt, während doch der
mensch vernünftigerweise überall sollte zufrieden und glücklich lebeu
können (v. 22 — 25). auch sie kann zwei verschiedene Ursachen haben:
der eine will durch das reisen sich und seine curae zerstreuen — aber
das kann er doch nur durch ratio und prudentia (v. 25 — 27); der an-
dere ist blasiert , weisz sich in seinem heimatsorte , wo alles alt und das-
selbe bleibt, nicht zu unterhalten, sucht das neue und in ihm das glück
und die Zufriedenheit — die doch nur ein richtiges gleiciigewicht der
Seelenstimmung zu geben vermag und an jedem orte dem sich ergibt, der
sich aus diesem gleichgewicht nicht herausbringen läszt (v. 28 — 30).
F. Pahle: zur erklSrung des ersten buches der Horazischen episteln. 277
Wir haben demnach in unserer epistel folgenden gedankengang :
Einleitung, wie gefallen dir die berühmten stSdte des Orients?
fesseln sie dich oder machen sie dich des reisens überdrüssig , so dasz du
lieber im kleinsten ueste sitzen bliebest? (t. 1 — 6} wenigstens hat
1) zur auswanderungslust
1} nach einem fernen kleinen neste der mismut und unmut über
(vermeintliches oder wirkliches) Unglück schon manchen getrie-
ben — und auch mir wflre es einstmals fast so gegangen; aber
gewinnt man auch dadurch die eine annehmlichiieit, die zurück-
gezogenheit, so ladet man sich dadurch doch zugleich tausen-
derlei Unannehmlichkeiten wieder auf (v. 7 — 16);
2) andere wandern aus, weil sie glauben einen anmutigeren, schö-
neren , prächtigeren wohnort zu finden ; aber wer glücklich ist^
für den ist der Ortswechsel mindestens überflüssig (v. 17 — 21).
11) die reisewut, die sich auf die dauer nirgend wol fühlt (v. 22 —
25), sucht entweder
1) Zerstreuung der bekümmemisse; aber nur ratio und prudentia
sind sichere heilmittel dagegen (v. 25 — 27); oder
2) Unterhaltung im geschSfligen nichtsthun zur Vertreibung der
langenweile; aber die glückliche Zufriedenheit mit sich selbst
kann der mensch überall erringen und erringt sie nur durch
gleichmut (v. 26—30).
12. Dasz dieser brief wesentlich nur persünhche beziehungen habe,
liegt ziemlich auf der band: nach der beantwortung eines an Hör. gerich-
teten briefes von iccius, worin dieser über seine äussere läge geklagt,
die ihm nicht erlaube so den Studien obzuliegen , wie er wol wünsche,
und worin er auch wol selbst einiges über die arl seiner Studien mitge-
teilt hat, folgt eine empfehlung des Pompejus Grosphus (v. 21 — 24)
und darauf die erwfthnung einiger politischer tagesneuigiteiten und des
reichlichen ausfalls der ernte in Italien.
Zum eingehenderen verstflndnis des ersten und hauptsächlichen tei-
les sind noch einige bemerkungen notwendig. Horkels erklärung von
recte v. 2 =s non per furtum et fraudem ist mehr spitzfindig als geist-
reich; eine solche andeutung von seilen des Hör. hätte Iccius als ehren-
mann nur als infame beleidigung ansehen und auffassen können, meiner
meinung nach bekäme der ganze satz si recte frueris usw. erst sein
rechtes licht dadurch, dasz wir ihm den (v. 7) folgenden condicionalsatz
si forte in medio posiiorum abstemius herbis vivis et Urtica zur seile
stellen, denn in letzterem sind in medio posita doch gewis nicht lecker-
bissen u. dgl. ; es bezeichnen diese worte eben nur den allgemeinen ver-
rat von alle dem was zum behaglichen leben notwendig ist, welchen Vor-
rat dem Iccius seine procuratur zu geböte stellte: wenn Hör. also nun
die möglichkeit ausspricht , dasz Iccius dies alles ungenutzt und unange-
rührt liegen lasse , so bildet diese annähme eben einen gegensatz gegen
das obige (v. 2) si fructibus frueris — denn wenn jemand über die
kärglichkeit seines lebens klagt, so sind zwei möglichkeiten : entweder
278 F. Pahle: zur erklärung des ersten buches der Horazischen episleln.
er hat nichts, oder er genieszt nicht was er hat. — Bleiben wir aber
znnichst noch bei dem satze ▼. 7 ff. stehen , so drückt das dem si ange-
ragte forte offenbar aus, dasz Hör. an die zweite mögliehkeit selber
nicht glaubt, und es gibt dies adverbium dem ganzen salze eine ironische
färbung , als habe ihn Hör. eben nur der logischen rollständigkeit wegen
hiniogeffigt. charakteristisch ist es dann auch, dasz fOr diesen fall unser
dichter dem Iccius als grund seiner etwaigen enthaltsamkeit nicht gek
oder dergleichen , sondern entweder körperliches naturell (indem ihm die
ein räche kost besser bekomme) oder philosophische grundsfltze unter-
schiebt. — Gehen wir nun zu dem ersten satze der eplstel zurück , so
kann in rflcksieht auf den zweiten bedingungssatz das si fruerU nichts
anderes heiszen als *wean du dich nicht enthältst, sondern genieszest'
wenn wir also frui in dem sinne des 'materiellen genieszens' auffiassen,
so befinden wir uns im widersprach mit vielen auslegern, welche das
recte frui für den philosophisch-richtigen gebrauch ansehen und ebenso
in dem folgenden cui rerum suppetit usus irgend einen philosophischen
satz (entweder = pauper non est^ qni artem rebus utendi saiis caüel
in rflcksieht auf ep. 1 4, 7 und 1 10, 41, oder = cift rerum usus [niesz-
brauch] esi^ ei res ipsae quasi sunl^ in rflcksieht auf ep. II 2, 158 ff.)
erblldten wollen, aber warum sollten die worle rerum suppetä usus
nicht auch rein materiell rerstaoden werden kflnnen? wenn, freilich in
dieser hinsieht mit mir flbereinstimmend , Orelli übersetzt *was zu seinen
bedflrfnissen ausreicht' und dies den sinn haben soll *er hat wenigstens
eben genug zum l^eii', so wird dadurch dem gedankeu eine firbung
gegeben, die geradezu nicht ihm anhaften soll und darf, rerum suppetit
usus heiszt vielmehr 'die nötigen dinge sind vorhanden' und zwar mit
dem Bebenbegriff *ln hülle und fClIle', und Hör. sagt also: 'wie kann der
arm sein, der nur ins volle hineinzugreifen braucht?' wie aber frui
allein nur den materiellen genusz bezeichnet, so natürlich auch recte
frui; es ist dies, abgesehen von philosophischen grundsiltzen und lehren,
einfach derjenige materielle genusz, den alle vernünftigen menschen sich
von den fructus gönnen, also kurz das ^gehörige essen und trinken',
natürlich g^ört dazu als Vorbedingung gesundheit des leibes, und diese
wird ja audi von Hör. nicht übergangen (v. 5). — Demnach parapbrasiere
ich die ersten elf verse so: *woin du, Iccius, von den voHen scheuem
des Agrippa nur gehörig lebst, wahrlich gröszern vorrat brauchst du
nicht*); wie kannst du über armut klagen, da du unmer nur ins volle
hineingreifen kannst? und wenn du dazu noch gesund bist, was können
rekhtümer dir dann noch mehr geben? wenn du aber etwa solltest nur
von kraut und nesseln leben, sei es aus gesundheitsrflcksichten , sei es
aus philosophischen grundsStzen , so wird reichtum weder deine körper-
*) es ist SU beachten, dasz mit der Verbindung der beiden sStce
fntetüm» Afftippae . . si recte flruerit^ non est tU usw. Hör. sich eine
elUpse erlaubt hat; vollständig würde der gedanke lauten: ^wenn du
von den verraten . . nur gehörig lebst, so brauchst du doch wahrlich
nicht mehr; denn du hast ja so grosze hülle und fülle, dass sie nicht
grösser sein kann.'
F. Pahle: zur erkiärung des ersten buches der Horazischen episteln. 279
beschafTenheit ändern nodi deine philosophischen grundsfltze umstoszen,
also gleichfalls dich nicht zu einer andern iebensweise bewegen.' so ist
das ganze Tom köstlichsten humor durchwflrzt, mit dem unser dichter,
der die klagen seines freundes gewis wol verstand und zu würdigen
wüste, diesen wo möglich in eine heitere Stimmung und laune versetzen
will , wie denn derselbe humor v. 20 (mit dehret) und namentlich mit
V. 21 wieder durchbricht: Iccius hatte geklagt Aber seine armut, d. h.
darüber dasz er nicht so viel habe, um nicht fürs Ugliche brot arbeiten
und eine banausische beschafligung vornehmen zu müssen, und also nicht
im vollen oUum den Studien obliegen könne; Hör. geht über diesen
hauptpunct hinweg und thut , als habe iccius geklagt über seine armut,
als wenn er sich gewissermaszen nicht satt essen könnte (v. 1 — 6} oder
nicht satt essen dürfte (v. 7 — 11).
Sollte aber diese humoristische auffassung und Widerlegung der —
namentlich bei den motiven aus denen sie entsprangen — immerhin be-
rechtigten klagen des Iccius auf diesen die rechte Wirkung üben und nicht
vielleicht gar das gegenteil bewirken und bei ihm die meinung erwecken,
als wolle Hör. ihn ernstlich zum besten haben , so war der rerfasser des
briefes gezwungen zugleich ernsthaft sich in anerkennender weise über die
Studien des Iccius zu Suszern, wie dies Hör. denn auch in den versen 12 —
20 thut. einmal liegt darin indirect das Zugeständnis und das bedauern
des dicblers, dasz Iccius nicht musze genug habe zum Studium, weil er
sonst gewis groszes leisten würde ; anderseits tröstet Bor. damit seinen
freund durch die andeutung, dasz er ja auch so schon groszes leiste, ge-
rade diese aufzählung der Studien des Iccius von selten des Hör. ist bei
unserer auffassung der verse 1 — 11 durchaus motiviert, wShrend es bei
derjenigen auffassung derselben, die den Hör. seinem freunde eine wenn
auch gelinde uud freundschaftlich gemeinte philosophisch - moralische
lehre erteilen Iflszt, immer anstöszig bleibt, dasz Hör. seinem freunde
seine Studien auf- und vorzählt. — Ich weisz daher auch nicht, ob nicht
V. 14 lucrum nichts mehr bedeute als quaestus^ der erwerb, d. i. für
Iccius seine amtsbeschäftigung als proeurator des Agrippa, die ihm das
brot bringen musz, die aber so leicht Ihn ins gemeine (im gegensatz zu
seinen idealen hestrebungen) hinabziehen könnte, sollte aber auch lucrum
die hSszliche gewinnsucht und plusmacherei bedeuten, Ton denen Iccius
sich überall bei seinen unterbeamten umgeben sah, so beziehe ich doch
jedenfalls nil parvum v. 15 nicht mehr auf den luszern erwerb (als
eine *kleinigkeit') zurück, sondern setze es in gegensatz zu snbUmia als
den höchsten und schwierigsten fragen der sapieniia^ um die Iccius sich
vorzugsweise kümmert, während er über die kleinen, untergeordneten
fragen hinaus war. *)
13. Dasz dieser brief als solcher eine fictlon Ist, liegt am tage; wenn
Bor. den Vinius Asella mündlich instruiert hat, so wird er ihm nicht
^) vielleicht könnte man auch nits= non fassen und parvwn = we-
nig; vgl. X^ucan Phars* II 128.
280 F. Pahle: zur erkllrung des ersten bnches der Horazischen epistdo.
noch eine epistel nachgeschickt haben, als ob er die mündlichen aaftrige
vergessen hitle oder vergessen könnte, denn wenn auch, wie Döderlein
richtig aus dem scherze schlosz, den der dichter sich mit dem namen des
Vinius Asella erlaubt, dieser keineswegs eine erdichtete Persönlichkeit
ist, so verbieten doch, ihn sich als bauer resp. landmann zu denken,
nicht nur die worte v. 13 und 15, die eine beleidigung des landmanns
Vinius sein würden, sondern auch v. 3, der voraussetzt, dasz derselbe
nicht ein bloszer böte, sondern ein mann von solcher Stellung ist, dasz
er jedenfalls das buch dem Augustus persönlich überreichen wird, einem
solchen manne durfte Hör. natürlich ein erbrechen des siegeis nicht zu-
trauen , und vor einem zußüllgen zerbrechen des siegeis warnt er erst
V. 19; es ist aiso signata (v. 2) directes attribut und ist hinzugefügt,
um die sorgsamkeit des dichters selbst beim einpacken und den werth zu
bezeichnen, den er auf seine gedichte oder doch auf das an Augustus zu
überreichende exemplar derselben legt überhaupt aber gab Vinius Asella
gewis nicht veranlassung alle die möglichen versehen befürchten zu las-
sen, vor denen Hör. ihn in dem briefe warnt: und so treten erst durch
die richtige anffassung von des adressaten persönlichkeit die wprte v. 4. 5
ins rechte licht, die genugsam andeuten, dasz die epistel wesentlich auf
Augustus selbst berechnet ist, aber wol weniger ein ausdruck von des
dichters wünsch dem kaiser mit der Zusendung nicht lästig zu fallen,
als vielmehr seiner hoffnung sein soll, dasz die gedichte selbst d^ herrn
gefallen mögen , und der sorgsamkeit , mit der er zu dem ende sogar in
den äuszerlichkeiten bei denselben verfahren habe.
Die Worte sub ala v. 12 möchte ich nicht gern auch noch auf
V. 14 und 15 beziehen, denn wie ein trihüUs hut und schuhe zugleich
unter Einern arme tragen könne, ist mir unklar; dazu kommt dasz, wenn
das tragen sub ala überhaupt unanständig ist. Hör. die verschiedeneu
arten desselben aufzuzählen nicht nötig gehabt hätte, nach meiner mei-
nung warnt er vielmehr scherzhaft den Vinius vor verschiedenen unan-
ständigen arten des haltens eines solchen päckchens in dem augenblicke,
wo er es dem Augustus Überbringt, und sagt: 'erstens trag es nicht unter
dem arme: denn so trägt der bauer ein lamm; zweitens halt es nicht
unter dem rocke, als wenn du nichts hättest: denn so trägt im lustspiel
Pfrrhia die gestohlene wolle, und an dem bauschen des rockes sieht man
ja doch gleich, dasz etwas (verstecktes) darunter ist; drittens halt es
nicht steif mit beiden bänden vor dich hin , denn so trägt der gast vom
lande hut und schuhe.'
14. Auch diese epistel ist sicher nicht von Hör. an seinen haus-
meier adressiert und abgeschickt worden ; sie ist eben wieder eine ficiion,
und der dichter hatte sicherlich einen andern adressaten bei der abfas-
sung im äuge, wollte er aber die fiction aufrecht hallen, so konnte dies
natürlich nur durch einüechtung von ausdrücken und Wendungen ge-
schehen , die eine rein persönliche beziehung auf den vilicus haben : und
zu diesen gehört wol ohne frage die mehrfache andeutung (v. 4. 5. 27.
29), dasz derselbe ein faulpelz sei, und diese stellen haben dann natür-
F. Pahle: zur erklirung des ersten buches der Horazisclien episteln. 281
lieh mit der allgemeineren lendenz der epistel so gut wie gar nichts
zu thun.
Offenbar nun will Hör. in diesem briefe seine Vorliebe fflr das land-
leben rechtfertigen, aber nicht philosophisch gebildeten männem wie
Fttscus {ep. l 10) gegenüber, sondern gegenAber dem groszen häufen der
alUagsmensefaen, die sich von herkömmlichen gewohnlieiten und neigun-
gnn unbewust und instinctiv leiten lassen und denen der sinn für rein
geistige, Ideale genüsse mehr oder minder ganz abgeht: nur solche men-
sohen konnte er mit einem gewdhnllohan vilicus identificieren. einge-
kleidet ist das ganze in eine art streit zwischen dem herm und seinem
verwaller, wobei allerdings letzterer schweigt, ersterer aber auch das,
was derselbe vorbringen könnte, anführt, um es natürlich zu widerlegen,
der gedankengang ist folgender.
Eingang: lasz uns sehen, mit welchem recht ich das landleben
preise (v. 1 — 5), du das stadtleben (v. 6 — 10).
L d« hast unrecht: denn
1) du lobst die Stadt nur, weil dir dein loos und amt (welches dich
eben nötigt auf dem lande zu leben) nicht zusagt (v. 11); «o ist
es denn
a) unbillig und tböricht dem lande an und für sich die schuld
zu geben (v. 12) ,
b) ist dies inconsequent, insofern du ja früher als stfldtischer
hausknecht dich nach dem lande sehntest (v. 13 — 16), wo-
hingegen ich mir in meiner Sehnsucht nach dem lande stets
gleich bleibe (v. 16 — 17).
2) du verstehst die naturschönbeiten nicht zu würdigen (v.l8 — 21);
3) du vermissest die niedem, gemeinen slnnlicben genüsse, die das
stadtleben bietet (v. 21—216), und dabei sind dir faulpelz die
landlichen arbeiten zuwider (v. 27 — 30).
II. ich habe recht: denn
1) ich wünsche mir das einfache, obgleich idi früher allerdings ein
lebemann war (v. 31 — 36);
2) auf dem lande lebt man unbeirrt und ungeivert (v. 37 — 39) ;
3) das land befriedigt die natürlichen bedflrfnisse im vollsten masze
V. 40-42).
sehlusz: also bleib du nur ruhig auf dem lande (v. 43. 44).
Es werden ein paar werte zur begründung dieser meiner auffassung
hinreichen, dasz mit v. 10 die vorangehende gedankenreihe abschlleszt,
hat schon Döderlein gesehen; mit v. 11 beginnt dann also eben die be-
weisflUirung oder wesentlich der allgemeinere teil des brlefes. hier nun
aber sors allgemein als *iage' ohne rüokaicht auf, oder geradezu im
gegensatz zum Stadt- resp. landleben, d. h. zum aufenthaltsorte überhaupt
aufzufassen, dazu zwingt meines erachtens eben locum v. 12: *wenn
zwei menschen gegenseitig mit ihrem lf»ose (Ihrer läge, beschftftigung,
ihrem anite, beruf u. dgl.) unzufrieden sind, so ist es ganz natürlich dasz
jeder sich das loos des andern wünscht; aber tböricht ist es die schuld
ihres nicht befriedigenden looses dem orte zuzuschieben, wo sie sich auf-
JahrMkher fllr clast. pbUol. 1868 hft 4. 19
282 F. Pabk: zur erUanmg des ersten buches der Honziscben epistdn.
hdten.' dasz v. 27—30 eine rein persdniicbe beziebong haben, isl scbon
oben angedeutet. — Am sdiwierigsten stebl es offenbar mit den letzten
fünf versen. dasz Hör. hier die stadt und das sUdtleben als etwas wirli-
lich fibles hinstellen will, gebt mir deutlidi aus der wähl des aasdnicks
rodere hervor: die mahlzeiten der diener und sklaTen in der Stadt waren
knapp. Ihnen gegenOber steht also der usus hgnorum etpecoris ei harti
auf dem lande als der Inbegriff der (uUe, und zwar gerade im sinne des
Hör. selber, wie dies namentlich dadurch angedeutet wird, dasz er den
calo, der (mit ihm) dieser ansieht ist, als arguius (= sdilau) belobt,
mag man nun aber m den versen 40—43 vorzugsweise persönliche oder
allgemeine beziehungen erblicken, jedenfalls ist es unpassend den tadel
der Unbeständigkeit und Inconsequenz darin finden zu wollen, da diese
fehler schon v. 14 f. gerügt worden waren, der sinn der worte v. 40 —
42 ist demnach: 'thöricht ist es sich von dem mit allen vorrllen reich
gesegneten lande nach der stadt zu sehnen, wo alles knapp zugeht' es
hat also dieser gedanke mit dem in v. 43 f. ausgesprochenen direct gar
nichts zu thun. auch ist es nun ebenso unstatthaft in den beiden letzten
versen einen tadel der Inconsequenz oder eine rückbeziehung auf die
Worte cui placei alterius^ sua rumirutn est odio sors (v. 11] anzu-
nehmen; man würde damit dem Hör. ja geradezu mangel an logik unter-
schieben, vielmehr uimt am Schlüsse der dichter mit dem worte piger
noch einmal die persönliche rücksichtnahme auf den vilicus selbst wieder
auf, und der sinn ist: 'wie es faulheit ist vom stier, wenn er sich den
sattel wünscht, und faulheit vom rosse, wenn es pflügen will, so ist das
grundmoüv bei dir nichts als die faulheit; und da gilt auch gegen dich
das wort quam seil uterque, libens exerceai ariemJ* zu beachten ist
dann noch in v. 44, dasz hier Ubens dem bekannten und von den her^
ausgeben! angezogenen griechischen Sprichwort eine wesentliche ßrbung
gibt, so dasz es nicht so sehr unserm 'schuster bleib bei deinem leisten'
(d. L fange niemand etwas an, was er nicht versteht) als dem Horazi-
schen laetus sarte Uta vives sapienter {ep, 1 10, 44: s. meine erklSmng
oben s. 271) entspricht.
15. Nach der treffenden analyse und Charakteristik , die Döderlein
von diesem briefe gegeben hat, habe ich nur noch einiges über die stelle
V. 26—32 hinzuzufügen, wenn nemlich Düderlein hinter saevus ein
punctum setzt, so ist das ein offenbarer lapsus; er hat das u( in v. 26
übersehen, welches doch unmöglich = veluf genommen werden kann,
sondern eben den untergeordneten Vordersatz {ut . . cepit) einleitet, zu
welchem donäbai oder donarat nachsatz ist. die Versetzung des konuna
hinter scurra statt vor diesem worte ist gut; aber es sind dann die worte
vagus^ non qui cerium praesaepe ienerei als gewissermaszen parenthe-
tisch dem scurra angefügt anzusehen , und es wird erst durch v. 29. 30
der eigentliche scurra urbanus weiter ausgeführt und geschildert. liest
man nun aber v. 32 donarai, so ist meines erachtens im vordersatze
{Maenius ut . . saevus) der participiaie zusatz rebus maiemis atque
-iternis forUter absumpiis^ wenigstens schon an dieser stelle, unange-
F. Pahle: zur erklärung des ersten bucbes der Horazischeii episleln. 283
messen und boclistens durch die annähme zu vertbeidigen , dasz auch
noch im stile dieser periode Hör. sich selber habe ironisieren wollen*};
auch passt das quaerere schJechl zu einem menschen, der von vater und
mutter geid geerbt hat, wenn man es nicht etwa auf das auftreiben
von leckerbissen deuten will; und endlich unterbricht eine nochmalige
erwähnung des zustandes und des treibens des NSnius vor seinem stände
als scurra (wie sie das donarat einfflhren würde) den Zusammenhang
von V. 26 — 30 mit dem folgenden (v. 33 ff.)« ^o wieder von MAnius als
scurra die rede ist. der gedanliengang ist mit dem imperf. äonabat
vielmehr dieser : ^ als Mänius nach Vergeudung seines .Vermögens als
scurra lebte und sich mit seinen bissigen witzen gefürchtet machte,
pflegte er gleichfalls, wie früher als er vom väterlichen erbe zehrte,
alles dem bauciie zu opfern, war nun was er erworben hatte wenig,
dann schimpfte er auf die schlenimer; war es aber viel und gut, dann
lobte er sich ein prasserleben.', und nur so wird die (ironische) ver-
gleichung des Hör. mit diesem Mänius eine ganz treffende: wie dieser
ein mensch war, qui quidquid quaesierat ventri donahat aparo^ ge-
rade so, sagt Hur., bin ich einer, qtti quidquid quaesivit donai ventri
avaro.
16. Zuvörderst glaube ich nicht, dasz Hör. den ersten teil dieses
briefes, die beschreibung seines Jandgutes (v. 1-— 16), als wirkliche
einleitung zum hauptthema geschrieben und als solche habe angesehen
wissen wollen ; die sache wäre doch ein wenig zu weit hergeholt, viel-
mehr hat, glaube ich, Quintius wirklich den dichter brieflich (oder münd-
lich) nach seinem Sabinum gefragt, und darauf gibt ihm Hör. eben die
beschreibung desselben; aber auf diese weise einmal genötigt an Quintius
zu schreiben, benutzt er diese gelegenheit dazu dem jungen manne, der,
wie er ohne frage überhaupt glücklich situlert war, gerade damals viel-
leicht einen ganz besondern glücksfall erlebt hatte, der überall (omnis
Roma ▼. 18) von sich reden machte, die aufforderung zugehen zu lassen,
er möge das wahre glück niciu in äuszerlichkeiten , sondern In tugend
und Weisheit suchen, und zugleich — wie auch in andern briefen — in
halb ernster, halb scherzhafter weise einige sätze der stoa poetisch zu
illustrieren, der Übergang dazu scheint mir nicht stricter als z. b. in
ep. I 12 der von den Studien des Iccius zur empfehlung des Pompejus
Grosphus, wenigstens bei weitem noch nicht so strict wie z. b. in I 10
der Zusammenhang zwischen v. 1—25 und v. 26—48.
In der beschreibung des landgutes nun wäre es doch gar zu auf-
fällig, wenn Hör. von cornellen und schieben, von eichen und steineiclien
spräche und dann hinzusetzte : 'die sind aber nicht da' — abgesehen da-
von dasz dann auch si ferreni stehen müste. mir scheint si ferani ein-
fach aus der Vorstellung heraus gesagt, die, der Wirklichkeit entspre-
chend, Quintius sich vom Sabinum macht oder vielmehr machen soll ; und
*) natürlich bliebe die sache auch dann noch dieselbe , wenn wirk-
lich ein punctum hinter saemu gesetzt würde.
19*
284 F. Pahle: sur erUärung des ersten bacbes der Horazischen epistdn.
dicas dessdbigeogleichen (vgl. epod. 2, 39). docb mag Döderiein immer-
bin darin recht baben, dasz iUcas als nachsatz zu si ferani aufzafassen
ist und denuacb binter umbra kein fragezeichen sieben darf: dann heiszt
die stelle etwa so : *ja , wenn du dir dazu noch comellen und schieben,
eichen und iLSStanfen vorstellst, so lidnntest du wol sagen, das ganze
mache einen eindrucl[ wie eine tarentinische landschaft.'
Des zweiten bauptteiles Icem ist oflTenbar enthalten in den versen
19. 20: im anscblusz an das iaciamus iam pridem amnis te R&ma bea-
tum (v. 18] fordert Hör. den Quintlus zunächst auf, in diesem puncte
sich nicht auf das urteil anderer zu verlassen, sondern sich selbst zu
prOfen, und zwar in rficksicht auf tugend und Weisheit, die allein glück-
lich machen, man siebt , es wäre vielleicht stricter gewesen den zweiten
gedanken voranzustellen : tugend aber und Weisheit machen allein glück-
lich , und in bezog darauf traue nicht dem urteil anderer, sondern fVti^
ceauTÖV. diese beiden hauptgedanken finden einige erklärer durch die
beiden 'gleichnisse v. 19 — 24 nur veranschaulicht , nicht auch ausge-
führt und erweitert, die erweiterung derselben , und zwar als zu einer
einheit verbunden , liegt im ersten gleicbnis fflr mich zunächst in dem
dissimtdes: Mu kennst deine fehler, suchst sie aber zu verheimlichen
und wirst also zum heucbler'; eine zweite erweiterung liegt dann in
dem donec manüfus tremor incidat unciis^ d. h. 'bis die schände dann
doch an den tag kommt.' das andere gleicbnis endlich bringt die ferne-
ren Zusätze: 1) incurata d. h. *bei solchem verheimlichen unterl>leibt
in der regel die besserung'; 2) stultorum^ also 'solches verfahren ist
tböricht*.
Die erklämng des nächstfolgenden ist wol wesentlich von der auf-
fassung der worte netnpe vir bonus et prudens dici deUctor ego ac tu
(v. 32) abhängig, diese aber als worte , als sentenz des Hör. selber zu
fassen, verbietet die v. 33 — 40 folgende diatribe gegen die werthscbätzung
der stimme des publicums , und namentlich hier die worte fahus hanar
iuvat quem nisi mendacem? (v. 39. 40), die offenbar beweisen dasz Hör.
nicht von sich sagen konnte ego delector dici tir bonus et prudens,
faszt man dieselbe stelle aber als einwand, den der dichter dem Qnintius
in deu mund gelegt habe , und das ego ac tu =: *wir alle', so vermisse
ich nicht nur vor qui dedit ein at oder verum als andentung , dasz eben
das vorhergebende ein einwand sein sollte , zu dessen Widerlegung der
dichter nun übergeht, sondern namentlich finde ich es auch aufTallend,
dasz Hör. seinem gegner für *alle' gerade den ausdruck ego ac tu hätte
in den mund legen sollen, da er doch im folgenden gerade sich selber
von diesen *allen' ausnimt. so bleibt mir nichts übrig als die worte
nempe vir bonus usw. als den inhalt des respondes aufzufassen, als
die antwort die üach des Hör. meinung Quintlus möglicherweise gd>en
kdnnte, aber nicht geben soll, wenn man ihn als weisen und tugend-
haften mann bezeichnete, so ist also pateris v. 30 proleptisch gesagt ;
streng logisch müste es beiszen: cum sapiens emendatusque vocaris^
hocine pateris et tuo nomine — die sodes — respondes: nempe vir bonus
usw. das nempe im anfange der rede hat offenbar iHchts auffälliges: der
F. Pahle: zur erklärung des ersten bucbes der Horazischen episteln. 285
antwortende gibt damit zu erkennen, v?ie natflrlich und selbstverständlicb
es ibm scheint, dasz er über ein solches compJiment sich freut {delector).
dagegeu ist jetzt ac tu nicht ohne grosze sehwierigkeiL eine zeit lang
glaubte ich ac als prägnanten ausdruck für aeque ac fassen zu dflrfen,
so dasz die ganze anlwort den sinn enthielte : 'natürlich freue ich mich
sehr ein guter manu genannt zu werden, gleichwie du'; das wäre dann
entweder soviel als 'gleichwie du dich ober solchen guten ruf freuen
würdest', oder — da dieser sinn durch die erklärung des lior. y. 39 f.
abgeschnitten ist — 'gleichwie du selber ein guter mann bist', in wel-
chem letztem falle also der becomplimentierte das compliment freilich
annähme, aber höAicherweise auch sofort erwiderte, indessen fühle ich
das willkürliche dieser Interpretation zu sehr, als dasz ich mich dabei
beruhigen könnte, gehen wir aber auf das ttio nomine zurück , so kann
dies in dem zusammenbange, wie ich ihn aufgefaszt habe, nichts anderes
heiszen als 'antwortest du dann so , dasz , während jemand zu dir von
einem tu sprach, du dies iu auf deine eigne person beziehst, und
antwortest du also mit einem auf deine eigne person bezüglichen
egoV man sieht, so hat die antwort bis zu ego einen guten sinn; dieses
pronomen ist nicht des nachdrucks wegen hinzugefügt, sondern nur der
deutlichkeit wegen gerade in rflcksicht auf das iuo nomine: 'natürlich
freue ich mich über dies compliment, welches ich allerdings mir an-
eignen zu dürfen glaube.' (einen ähnlichen gedanken hat schon Dfintzer
hier gesucht, aber freilich alles in den bloszen worten respondesne iuo
nomine finden wollen.] mit ego aber möclite ich nun auch die anlwort
schlieszen und dann lesen: a/, tu, qui dedii usw., oder noch lieber:
atqm, qui dedil usw. das iu wäre natürlich = heus /ti, oder age iam
oder dgl. (vgl. Ter. eun, 664), das ai oder aiqui aber würde die ent-
gegnung des Hör. gegen eine solche etwaige antwort des Quintius ein-
leiten , die speciell freilich nicht so sehr gegen die annähme des compli-
mentcs au sich als wesentlich f^^^'^ii das delecior d. h. gegen die meinung
gerichtet ist, dasz man über solche öffentliche meinung sich Überhaupt
freuen dürfe.
Blicken wir jetzt zurück auf die verse 25—29, so können dieselben
unmöglich einen andern sinn haben als den ihnen die meisten erklärer
unterlegen, also: 'wenn jemand von deinen kriegsthalen in dein eignes
gesiebt hinein rühmen wollte und gar in die worte ausbräche iene magis
. . Juppiter^ da würdest du doch gleich sagen können: «das kann ich
nicht auf mich beziehen, das passt nur auf Augustus» ; warum hast du
nun nicht dieselbe Unbefangenheit des urteils über dich , wenn man dich
als weisen und fehlerfreien mann rühmt?' aber in welcher logischen
beziehung stehen uun diese beiden sätze zu einander und in welchem zu-
sammenhange stehen sie zum ganzen? ich meine. Hör. will eben mit
diesem gegensatze zwischen den kriegstliaten und der tugendhaftigkeit
des weisen darthun, dasz es schwer ist sich inwendig zu kennen,
dasz die forderung des Tvai6i ceauTÖv, die er v. 19 an Quintius stellte,
eine schwer erfüllbare ist, weil sie von dem menseben verlangt dasz
er sein innerstes ich zum gegenstände seiner beobachtung und prüfung
, . , ,^ -..-ii j;» rtf^niixia Jiii «siit^ia ii'«?a' ' ina laiiA "w^t^sr
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♦f«;«r-,iii,»rc^C'*a'»r!ui'*«i iBi^ lUMucaiffl si TnixEL'ümiuz inii uiwsUBdig;
*• »rT^ ' ;:^, — t4i: iin-a st ui:« m jt'aciuea. usz li« jmwrv.iagea
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1» r ^.r*»i -w il . twx Tum Hü" lie ^iH? la'nrettg i€r TttsiiX. iem ^cw^tht
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ii«»7frT> 7**r^»>hrt iriBic. TDd fi*riiab« -uüiL n lieser aU«m«üimeit bt»
/ 72 nz-J, l<»fl .i*':^*»» •D«' fiihrt iiKPr ncaier »1, bisz «r D;}ch weist.
-.•"^ <<^ iii*t tpr, :«r<»irncr j#*?ni pnüJicnm .ur 'z^l iJl. üt» Jennocb Ji
i^r 'hM n^rixi mt ; mit »i iommi ■s' Jiiiir?^ zu. emer tednitioa <ii!s b««
jr (f*»-« '^'if'. Im <r »5ii#»n ancia aat. -jm ien laiiem uüJ semer aiifr«ipie-
rm7 ▼. 2^^ »1 !w»xrriiiit«»a , aemiicii im aaciiznw^isen Jas nur oärtits
^f n^y^e^ivt wihrnaft. /i 'uJi^uüi üucheii. w smii Itain in ». 4<> — 72
^i#v» v»i«<eii h*?ru»hiiii{j»»a iiircli einofliter v«rw)uai: die »«nirteiluag des
*)rVil<4 4<*r m<nije ia iw^k: auf 'likraiiP rind itir Oii<:hwie!:k, «iasz das, vis
4>, m^n'jre 'f47^n«<' aennt . aicht zorn «nor^ii ziiici fuhr«.
rH^4^, 4^pp^ir« h<2ieh:in^ AHA Criu znniciiist t. 10^43 am deut-
le S-iM?» 4;>nÄ hervor, w^aa wir rfie dr« «tie ^ji <:)0fur«/<4i . . «maf «
^/^ mnlUt^ , , liU$ tihd 77/4 res . . Uikentur iLch: als die aiitwort eines
^ftU^ 4. $. d^r tu^,n7t auf di< fraje nr bomus e^ qvis? aofTssscB und
Anf\^h m»^p»m^i^«in, %ftU*Um qim hier Tier fragen asyndelisdi coor-
d'rOf^ff d^k^: denn li^i der ersters interpoBcüoB würde eben die ersten
l>^/f^hrm^ d^ ^an/^n deduction aosjciiiiesalicb berf ortreten , und dasz
Wff )h»j df,f letztem mterponction die leuiere beziehung nicht allein
h)myiUp.n laM^, hindert f/>frirt ^m sed v. 44, welches ja geradezu be-
«Af^f^ f\4%/y Mor« eben auch damit beschäftigt ist das urteil der menge za
whhrhyfjt, — Was nnn die worterfclämog dieser stelle anlangt, so kann
hh tn)tM imhi flf>ef zeugen dasz hier von männem die rede sei, die in
ni»niUf.\iP.n Ämtern und wflrden stehen, die in v. 42 und 43 oder doch
die In t. 43 liezelchneten persönlichkeiten finden wir äugen-
F. Pahle: zur erklärung des ersten buclies der Horazischen episteln. 287
scheinlich wieder in v. 57 , wo es heiszl vir banus omne forum quem
spectat et omne tribunal: der vir bonus quem spectai omne tnbunal
ist aber der, zu dem der gerichtshof als zu einem vir bonus hinaufsieht,
oder — wenn wir den fQr uns hier vorläufig nebensachlichen begriff der
hewunderung weglassen — den der gerichtsliof für einen vir bonus hall;
diese seine ansieht zu bekunden aber ist der gerichtshof nur dann in der
läge , wenn der mann vor gericht steht, und da wird wol beim vir bonus
jeder nicht an einen angeklagten denken, sondern an einen testis und
zwar quo eausae tenentur d. i. der die processe gewinnen macht durch
sein Zeugnis, ist femer tribunal der geriditshof, so geht forum auf
private geldgeschdfle; vir bonus quem forum spectat ist also der spon"
sor quo res tenentur^ nalQrlich nicht in bezug auf seine Zahlungsfähig-
keit, sondern, wie der testis quo eausae tenentur^ in bezug auf seine
moralische Zuverlässigkeit und glaubwflrdigkeit. wird nun aber ein sol-
cher mann als Sponsor oder testis verwandt, so ist das ja nur eine ver-
Irauenssache von seilen des publicums. wenn nun aber v. 56 vom spon'
sor und testiSy die als glaubwürdig gelten, wieder die rede ist, v. 46—56
dagegen augenscheinlicli vom ^geselzmäszigen' gehandelt wird , so musz,
wenn wir nicht dem dichter eine logische confusion zuschreiben wollen,
der ^gesetzmäszige' auch schon vorher erwähnt sein, so dasz, wie v. 57
— 62 sich auf v. 43, so v. 46 — 56 gleichfalls auf etwas vorhergenanntes
zuröckbeziehl: also ist v. 41 servat = observat. nun aber bliebe end-
lich für den v. 42 erwähnten iudex kein räum, wenn wir uns unter ilim
einen vom Staate gesetzten richter vorstellen; es ist dies vielmehr der-
selbe (vermeintliche) ehren- und biedermann wie der v. 43 genannte, und
wie ihn hier das allgemeine vertrauen in seiner Zuverlässigkeit und
glaubwOrdigkeit zu bfirgscliaflen und Zeugnissen heranzieht, so überträgt
ilim dasselbe vertrauen in seine Unparteilichkeit das amt eines scliieds-
richlers qui secat lites^ d. i. also der den (gerichtlichen) process ab-
schneidet (verhütet oder abbricht) , weil beide parteien sich willig seinem
Spruch unterwerfen, also sind wesentlich zwei kategorien von vermeint-
lichen boni viri in v. 41 — 43 bezeichnet: der ^gesetzmäszige' und der
'mann des öffentlichen Vertrauens'.
Beide kategorien werden nun v. 44 f. zunächst als eine einholt be-
handelt, und zwar, wie das sed andeutet, in rficksicht auf den öinen
zweck der ganzen mit v. 40 begonnenen auslassung, nemlich in rücksicht
auf die kritik des urtells der menge : von ihr heiszt es also zunächst —
und es ist dies der zweite grund , warum man auf die öffentliche mei-
nung nichts zu geben habe — dasz sie leicht oberflächlich und nach
dem ersten schein urteile; denn manclier der fQr *gesetzmäszlg' gelte,
und mancher der als 'mann des allgemeinen Vertrauens' dastehe, ver-
danke dies nur dem umstände, dasz er den ferner stehenden unbekannt
sei, während die ihm näher stehenden {domus et vicinia) seine fehler
sehr wol kennen.
Mit V. 46 werden nun scheinbar beide kategorien gesondert, und
zwar V. 46 — 56 zunächst der 'gesctzroäszige' gewflrdigL eingekleidet
Ist dieser ganze abschnitt in ein gespräch zwischen einem sklaven und
288 F. Pahle: zar erkUruDg des ersten buches der HoraziseLen epistein.
seinem herm. der ganze abschnitt: denn wenn es auch nicht nötig
sdieint die worle ▼. 50 — 56 als direae antwort des Sabellns und ein*
rede desselben gegen den anspnich des Sklaven auf das prftdicat btmus et
frugi*) tu bezeichnen, so bekundet doch v. 55 das beispid vom bohnea-
dlebstahl IQr diebstahl Oberhaupt zur genüge, dasz bis zum schlösse dem
dlditer das gleichnts vom Sklaven vorgeschwebt bat so ist denn aucli
du tu natürlich zunächst nicht allgemein (= man), sondern nur ab be-
Zeichnung des Sklaven aufzufassen , ohne dasz wir freilich darum uns bei-
kommen lassen dftrflen admütes zu ändern in admäüs, da das futurum
vielmehr eine geheime bediogung andeutet (*wena du wirklich nie soll-
test dich zu einem vergehen hinrelszen lassen, so wird es stets nur die
furcht vor der strafe sein, die dich davon abgehalten hat'). — In bezug
auf den ersten zweck , die Widerlegung des urteils der menge, ist der ge>
dankengang klar genug; Hör. sagt: 'der «geselzmäszige» ist nicht banus:
denn o) ISszt er sich wirklich nichts zu schulden kommen, so geschieht
dies nur aus furcht vor der strafe, während doch der wahrhall gute als
einziges motiv seines handelns die liebe zur tugmd kennt; b) danim
eben handelt ein solcher gesetzmtelg in der regel nur so lange, als er
sich beobachtet glaubt oder weiss, während er Im umgekehrten falle, also
namentlich iu kleinigkellen , es mit dem gesetze keineswegs genau nimL*
Hieran knflpft sich (v. 57 — 62) unmittelbar der gedenke, dasz es
mit dem 'glaubwQrdigen' ebenso stehe, nemiich: *manch solcher ver-
meintlicher biedermann steckt voller lug und trug' {fraudibus v. 62).
berechtigt hierzu ist Hör. dadurch, dasz jene beiden kategorlen, die wir
des genauen Verständnisses wegen scharf trennen musten , in der Wirk-
lichkeit ziemlich zusammenfallen: denn der 'glaubwürdige und zuver-
lässige', der 'mann des allgemeinen Vertrauens' ist dies eben nur so
lange, als er im rufe der 'geselzmäszigkeil' steht; wird es von ihm be-
kannt dasz er z. b. gestohlen hat, so ist es mit dem öffentlichen ver-
trauen sofort aus.
Der zweite zweck der ganzen mit v. 40 beginnenden betrachtung,
die definitlon des begriffes *gut', tritt aber gleichfalls deutlich und be-
stimmt in V. 52 hervor, und gleicherweise endlich ist der ansatz zum
beweise, dasz nur der wahrhaft 'gute' glücklich sein könne, gemacht,
denn wenn der 'gesetzmäszige' furcht (vor strafe) hat, so ist er damit
nach allbekannter lehre der stoa , die v. 66 sogar direct angezogen wird,
nicht glücklich, am wenigsten dann, wenn er sich geheimer vergehen
schuldig weiss, um deren willen er in angst schweben musz (v. 61 f.),
wohingegen der wahrhaft gute, der nur aus liebe zur tugend handelt,
solche furcht und angst nicht kennt.
Mit v. 63 beginnt nun der gedanke , dasz auch der von leidenschaf-
ten — die avariiia ist als beispiel gewählt — behersclite nicht gut und
nicht glücklich sei. hier stellt Hör. aber das zweite voran: denn die
*) im sinne des Sklaven ist natürlicb der satz tum bonus et frugi
die notwendig sich ergebende fol^emng aus seinen Vordersätzen , also:
nee furtum fed nee fugi^ non lumänem occidi, ergo sum bonus et frugL
P. Pahle : zur erklärang des ersten buches der Horazischen episteln. 289
verse 63—66 beweisen ja , dasz der geizige ebenso unfrei wie ein sklav
d. i. also ungtöcklich sei. v. 67. 68 folgt dann die behauptung, dasz ein
solcher geiziger nicht *gut' sei (locum viriutis deseruit), ziemlich ver-
steckt liegt dann die beziehnng auf das gewöhnliche urteil des imbücums,
doch finde ich diese in den versen 69 — 72, die, wenn sie nicht eine
ziemlich ungehörige nebenbemerkung enthalten sollen, nur den sinn haben
können , dasz Hör. sich den einwand gemacht denkt , ein solcher avarus
werde ja aber nicht (vom gesetze) bestraft, könne also nicht einer sein
gut locum virtutis deseruit^ und dasz er dagegen darauf aufmerksam
macht, wie der habsüchtige seine strafe schon trage in seinen milben
und sorgen, damit ist denn zugleich noch einmal und in anschaulichster
weise das 'unglück' des habsQchtigen dargethan.
Und diesem *unglflck' des habsüchtigen stellt nun Hör. gegenüber
das *glflck' des guten, welches in der vollkommensten seelen- und ge-
mfltsruhe besteht, für welche ein sogenanntes (tnszeres) ^unglüok' gar
nicht existiert, weil sie sich davon, und wäre es der tod selber, gar nicht
stören llszt.
17. Die Worte v. 41. 42 kann man richtig nur dann verstehen,
wenn man sie eng mit dem vorhergehenden verbindel und als schlusz-
folgerung ans demselben ansieht mit v. 33 kommt Hör. darauf, dasz
die gunst und freundschaft der vornehmen zu suchen ehrenhaft sei.
nachdem er v. 33 f. angedeutet, dasz diese art der ehrenbaftigkeit aller-
dings eine bescheidene sei im vergleich mit andern, stellt er v. 35 die
betreffende behauptung auf; mit v. 36 beginnt also der beweis dieses
Satzes, der dahin verläuft: 'es erfordert der Umgang mit vornehmen ge-
wisse Leistungen und anstrengungen ; schon mancher hat sich dadurch ab-
schrecken lassen — hat also nicht derjenige vhHiier gehandelt, der diese
lasten auf sich nimt und zum ziele gelangt (v. 38)?' danach kann der
satz (Oqui hie est aut nusquam quod guaerimus nichts anderes heiszen
als: ^aber darauf kommt es ja gerade bei unserer Untersuchung an':
nemlich, wenn es sich um die ehrenbaftigkeit der Stellung eines gesell-
schafters handelt, so ist eben die frage zu untersuchen und zu entschei-
den, ob er fririUter gehandelt habe; wird diese frage bejaht, so ist auch
die frage, ob seine Stellung ehrenhaft sei, selbstverständlich bejaht, nun
hatte aber bis dahin der dichter den begriff der mit der erringung solcher
siellung verbundenen lasten bei weitem nioht so deutlich hervorgehoben,
wie es in der obigen paraphrase geschehen ; und doch ist gerade dieser
begriff, da aus ihm der des tiriUier gefolgert wird, ein höchst wichtiger :
darum nimt Hör. den gedanken v. 37 f. noch einmal mit stärkeren, deut-
liclieren werten {hie onus horret • . perferi) wieder auf, um dann den-
selben schlusz, der in dem fragsatze feciitm virililerT (v. 38) nur in-
direct angedeutet war, gleicbfalb in kräftigerem ausdruck hervortreten
zu lassen, die virtus (v. 41) entspricht so ganz dem ficä nrnUier (v. 38)
und helszt also ' männlichkeit , mannhaftigkeit' und hat mit unserem
begriffe der *tugend' nichts zu thun; experiens mr ist der mann der
CS versucht (die freundschaft und gunst der groszen zu gewinnen) und
290 F. Pahle: zur erklärung des ersten boches der Borazischen episteln.
durchsetzt (?gl. ep. I 18, 86 f.); decus et prelium endlich ist die aner-
kennong , dasz seine Stellung eine ehrenhafte sei , eine anerkennung auf
die er, da er ja virüUer gehandelt, mit recht anspruch machen darf
(rede petii). demnach übersetze und umschreibe ich den letztern gedan-
ken so: 'entweder ist «mannhafUgkeit» ein leerer schall, oder der manu,
der es versucht und durchsetzt, verdient das prädicat der mannhaftigkeil
und macht also mit recht anspruch auf ehre und lohn.'
Mit dem znsatz ei pretium , ivofär man eigentlich nur preiium als
apposilion zu dectu erwartete, bahnt sich der diditer den weg zu der
folgenden launigen und scherzhaften anweisung, wie man nach errunge-
ner gunst bei dem rex am meisten herausschlagen könne, nemlich durch
beschekienheit: *um nun aber schlieszlich möglichst viel pretium heraus
zu bekommen für die gehabten anstrengungen, musz man nur ja recht
l)escheiden thun: denn ein solcher bekommt in der regel am meisten,
und unverschämte forderer und bettler können es sogar dahin bringen
dasz sie gar nichts bekommen' — das ist der Inhalt von v. 43 — 62, and
mit diesem gedanken weist der dichter zurück auf v. 12, in welchem er
schon aussprach, dasz der materielle vorteil allerdings vorzugsweise es
für einen mann ohne vermögen wünschenswerth und rathsam erscheinen
lasse die gunst eines vornehmen zu suchen, so erscheinen die v. 13-— 42
für das eingehen eines solchen Verhältnisses vorgebrachten gründe mehr
in zweiter llnie oder eigentlich mehr nur die vorwürfe als ungerecht-
fertigt abwehrend, die man einem hausfreunde wol macht, nemlich er sei
1) ein hofscbranze (*das ist' entgegnet Hör. *in gewisser weise ein jeder'}
oder 2] ein zierbengel (*es ist immerhin gut sich auch fein benehmen zu
können, das schlichte und einfache benehmen verlernt man darum noch
nicht') oder 3) ein sich selbst erniedrigender ehrloser (*als wenn es nicht
eine mannesarbeil wäre, die gunst eines vornehmen zu erlangen, und im
gegensatz gegen solche, die den versuch nicht einmal wagten, der wel-
cher es versuchte und erreichte dafür eine ehrenhafte anerkennung ver-
diente') ; als wesentlichen grund dagegen stellt Hör. scherzhaft die ein-
trdgliciikeit einer solchen Stellung hin, wenn man es nur recht anzufangen
wisse, and eine eigentliche Instruction hat der dichter mit v. 43 ff. gewis
nicht geben wollen.
Aber, so fragen wir nun, wo bleiben die in v. 2 versprochenen ver-
haltungsmaszregeln im umgange mit den vornehmen? — denn so werden
die Worte quo tandem {tenuem Horkel) pacto deceat maioribus uti ziem-
lich allgemein aufgefaszt und erklärt können wir v. 43 AT. auch allen-
falls dahin rechnen, so sahen wir doch, wie diese wesentlich einen launi-
gen anstrich haben und nur in rücksicht auf v. 12 scherzhaft angeben,
wie man bei emer solchen gönnerschaft am meisten herausschlagen könne;
und doch nach dem eingauge v. 2 müsten wir ähnliche lehren und er-
luahnungen erwarten, wie Hör. sie in der folgenden epistel (I 18} an
den jungen Lollius richtet, offenbar haben die worte quo . . pacio de-
ceat maioribus uti nicht die bedeutung ^wie man sich gegen die vor-
nehmen zu benehmen habe', sondern *wie man sich zu den vornehmen
zu stellen habe' d. h. ob man eben ihre gönnerschaft suchen oder sich
F. Pahle: zur erklSrung des ersten buches der Horazischen epislelb. 291
fern von Ihnen hallen solle, so ist uior ähnlich gebraucht, als wenn
maioribus noch eine prädicallve umkleidung bei sich hatte {ulor äliquo
amico)^ als wenn also stall quo pacto die frage lautete qtdbus {s= als
welchen) deceai maioribus uii; zugleich sieht man hier den unterschied
zwischen modo und pacio : denn quo pacto heiszt 'in welchem vertrags-
verhaltnis' oder kflrzer Hn welchem ▼erhältnis', und ich (Iberselze dem*
nach wörtlich: 'in welchem Verhältnis man zu den vornehmen (im Um-
gänge) stehen soll.' dies ist also des dichters eigentliches thema: so
erhellt, wie die ganze epistel wesentlich als apologie und eropfehlung
der clienlel angesehen werden mnst,
18. Im allgemeinen ist der gedankengang dieses briefes klar genug
und von den meisten herausgebern auch richtig angedeutet; etwas, wie
ich glaube, wesentlich neues habe ich nur über die stelle v. 86 — 95 hin-
zuzufügen, bekanntlich hat Ddderlein vorgeschlagen die verse 89 — 93
nach v. 66 zu versetzen, weil sie gerade wie v. 39 — 66 den hausfreund
warnen vor disharmonie mit dem gönner, und zwar nur a) in dessen
einzelnen wünschen (v. 39 — 66), b) im ganzen Charakter (v. 89—93),
während (v. 86 — 88) die betrachtung , dasz das Verhältnis eines solchen
hausfreundes nur ein glänzendes elend sei und derselbe stets in gefahr
schwebe, die so mühsam erworbene gunst seines patrons mit Einern
schlage zu verlieren, nicht nur die instruction über das einzuhaltende
benehmen passend abzuschlieszen , sondern auch einen trefflichen Über-
gang zu V. 96 AT. zu bilden scheint, die da andeuten, woran und womit
der hausfreund bei allen den Widerwärtigkeiten sich aufzurichten und zu
trösten habe, und in der that gibt eine scharfe analyse der gedanken
und ihrer reihenfolge scheinbar stets gegen Hör. oder gegen die hand-
schriften den verdacht der confusion , so lange man eben , wie es bisher
meines wjssens von allen erklärem geschehen, unterläszt die v. 88 — 95
dem Lollius erteilten lehren und Warnungen ihrer besondern art halber
von den früheren (v. 15—85) zu sondern, und sie vielmehr als gleich-
artig betrachtet, aber wenn Hör. seinen jungen freund warnt vor rechl-
haberei (v. 15 — 20), vor groszthuerei (v. 21 — 36), vor neugierde (v. 37),
vor plauderhafligkeit (v. 38) , vor disharmonie mit den wünschen des
gönners (v. 39—66), vor Unvorsichtigkeit aller art (v. 67— -86) — sind
das nicht regeln die sich jeder gebildete mann im umgange auch mit
seinesgleichen wol zu merken hat? sind das nicht eben im allgemeinen
die anstandsregeln, wie sie der feine ton und die gebildete gesellschaft
überhaupt verlangen? und legt also nicht deren befolgung dem manne
nur denjenigen zwang auf, den jeder gebildete, also der gönner selbst
wenigstens im umgange mit andern vornehmen sich aufzulegen hat? für
das in rede stehende Verhältnis ist der sichere tact in diesen dingen
gleichsam nur die Vorbedingung, die vorstudie, um die gunst des gön-
ners zu gewinnen und sich zu erhalten; diese Schwierigkeit ist es , auf
die Hör. In der vorigen epistel (1 17, 35—42) gegen Quintius anspielte,
dagegen ist es etwas ganz anderes, wenn, wie Hör. gerade v. 89 ff.
andeutet, der gesellschafter gezwungen sein soll sich in den Charakter,
292 F.'Pahle: zur erkliniog des ersten buches der Bonziscbeo episleln.
ja in die launen und fehler seines gönners zu schicken d. h. eiuseiüg zu
schicken, so dasz er seinen eignen charakler und sein eignes lempera-
inent (nicht etwa blosz, wie v. 39 ff., einen augenblicklichen wünsch)
anfgibu wenn zwei gebildete gleiches ranges in ihrem (emperament und
Charakter nicht harmonieren, so meiden sie sich entweder, wo es ohne
anstosz geschehen kann , oder wenn sie mit einander zu verkehren ge-
zwungen sind, liszt jeder etwas von seiner eigentOmlichkeit nach und
jeder kommt dem andern etwas entgegen , damit die dishannonie mög-
liehst ausgeglichen werde; will dagegen ein armer schlncker die gunst
eines vornehmen gewinnen und sich bewahren, so musz er sich jedesmal
in dessen augenblickliebe Stimmung selber hineinversetzen (v. 89 f.), ja
seinen augenblicklichen lasterhaften neigungen mit fröhnen (v. 91*~93}
und dann noch sogar gute miene zu diesem bdsen spiele machen {dewte
superciUo nubem v. 94), wenn er nicht in den verdacht der verschlosse-
nen Zurückhaltung oder des herben, wenn auch schweigenden tadlers
gerathen will (v. 95).
So stehen, meine ich, die verse 89 — 95 ganz an ihrer stelle; sie
schildern eben die grösle und peinlichste Schwierigkeit, die mit der Stel-
lung eines gesellschaflers verbunden ist, und passend schlieszen sich ge-
rade daran v. 96 ff. fragt man nun aber, ob die werte v. 85—88 das
vorhergehende (die eigentlichen anstandsregeln) abschlieszen oder das
folgende einleiten, so antworte ich: beides, denn schon die befolgung
der vorhergehenden regeln und die Vermeidung jegliches, auch des ge-
ringsten verstoszes gegen den feinen tact, wie sie der hohe gönner ver-
langt und verlangen kann, ist eine grosse Schwierigkeit, während man
im verkehr mit seinesgleichen doch wenigstens nicht so Ängstlich genau
zu sein braucht: so passt schon für das vorhergehende das dulds inex-
periis cultura poientis amiciy experius fneiuii; noch schwieriger aber
wird der Umgang mit den vornehmen dadurch, dasz man siel) sogar in
iiu* iemperament und in ihre jedesmalige Stimmung mit hineinversetzen
soll , und für das folgende passen also jene worle erst recht absichtlich
aber bat, glaube ich, der dichter dieselben hier eingeschoben, um dadurch
den unterschied in der art der beiden Schwierigkeiten anzudeuten, den
er sonst vielleicht trocken-logisch hfitte angeben massen.
Zum schlusz nur noch eine bemerkung über pauperias v. 24.
sicherlich ist hier argenii für 'silbergerit' zu nehmen: denn so allein
ist fames argenti ein ahnlicher fehler wie der v. 23 gerügte, und so
aliein passen auf denselben die worte des gönners v. 28-— 31. dann aber
ist auch pauperias nicht die armut an sich d. h. nicht der mangei an
geld und gut, weil dann fuga pauperiaHs etwas ahnliches wie habsucht,
gewinnsucht wftre und ein solcher fehler von dem tadel des gönners
V. 28—31 nicht getroffen würde, vielmehr isi paupertae die ärmliche
oder einfache lebensweise; dann ist pauperiaiis pudor der fehler dessen,
der einfach -bürgerlich zu leben unter seiner würde und unter seinem
Stande hält und deshalb mehr mitmacht, als sein geldbeutel vertragen
kann, und pauperiatis fuga ist der fehler dessen, der aus eigentlichem
gefallen am wolleben d. i. also aus abacheu vor einscbränkungen und
hie: ^Perl
F. Pahle: ^PerklSruDg des ersten buelies der Horazischen episteln. 293
eDtbehningen viel darauf gehen Iftszl (also fuga fast synonym mit oiffum
oder dgl.).
19. Dieser brief bezieht sich wesentlich auf tusUlnde und verhSIt-
nisse, die uns nur zum teil und nur im allgemeinen bekannt sind, so dasz
es sehr schwer ist jede pointe recht zu verstehen und zu würdigen, da-
her die eigentünüichkeit dasz, so nahe sich im allgemeinen die ausleger
stehen, doch wieder jeder ehie eigenlflmlich gefärbte auffassung des gan-
zen vorbringt, ich n&here mich am meisten Obharius und Krflger, habe
aber doch auch wieder kleine abweichnngen vorzubringen.
V. 10. 11 spricht Hör. aus, dasz in folge eines weinlaunigen ge-
dichtes von ihm die dichterltnge geglaubt hUtten brav zechen zu mflssen,
um dichter zu werden, nun kann es immerhin angehen, dasz der dichter
diesen gedanken einleitete mit der andeutung, dasz ja allerdings alle
dichter Uebhaber des welns gewesen seien, so dasz also v. 1-— 8 direct
in unsere epistel und nicht (wie v. 8 f. finrum . . severis) zunächst in
jenes weiniaunige gedieht gehören (also etwa so: ^das steht freilich fest,
lieber Mäcenas, dasz die dichter alle gern gezecht haben [v. 1 — 8]; aber
was soll man dazu sagen, dasz die dichterlinge unserer zeit, sobald ich
die Worte sang forum . . severis^ sofort sich aufs zechen legten [um da-
durch dichter zu werden, wie sie meinten]?'), indessen sind die dem
Kratinos zugeschriebenen worte schon so sehr ein edictum und stimmen
ihrem Inhalte nach mit den Worten ftn^m • . severis so sehr überein,
dasz es doch gerathenei: erscheint die ganze stelle v. 1 — ^9 als brach-
stdck eines früheren gedichtes anzusehen.
Aber dasz nun im folgenden Hör. sein bedauern ausspreche, dasz er
und seine dichterischen bestrebungen eine solche dasse von dichlerlingen
hervorgerufen habe, kann ich nicht finden, er sagt ja v. 10, dasz die
poetae sich aufs zechen gelegt haben, d. h. also dasz die leute, die [da-
mals schon] verse machten und sich ffir dichter hielten und ausgaben,
geglaubt hätten durch zechen es dem Hör. als dichter gleich thun zu
können, nicht also hat Hör. Überhaupt erst das dichten zur mode ge-
macht, sondern es ist dies mode geworden schon ehe sein dichterruhm
begrflndet war. nur macht er diesen dichlerUngen vorwürfe darüber,
dasz sie — in einer gewissen anerkennung seiner superiorität — ihn
zum muster und vorbild genommen, aber dabei geglaubt hätten, es sei
genug, wenn sie ihn in einzelnen äuszerlichkeiten , ja geradezu fehler-
haften äuszerlichkeiten nachahmten. — In der stelle v. 15 — die wol
nie ganz klar werden wird — mag man immerhin rupii für corrupit
nehmen; aber dann erkläre man larbiiam durch larbitae vocem^ nicht
durch larbUae ariem : denn die nachäffer des Galo wie die nachäffer des
Horatius (die sich bleichsucht anzutrinken suchen), werden damit ver-
höhnt, dasz sie fehlerhafte äuszerlichkeiten nachahmen, aber nicht, dasz
sie gerade durch die nachahmung ihre sonst guten anlagen verderben
('die einen wollen die mannhaftigkeit und sittenstrenge des Cato nach-
ahmen und äffen nur seine barocke Iracht nach; ebenso wollte larbila
den Witz und die Zungenfertigkeit des Timagenes nachahmen, äffle abe»
29i f. PaUe: zw crUlnuig dcf enteo Inidbes der OoraBHdT^istelB
■■r des fckarfai toB uiaet spräche «ach nmd ward dadordi beiser'). —
Uad tum fdüasz dieser diatribe gegea die aabemfeBea dicfalerliage und
■acteüpr bricht Hör. daui in die worte aus: *wahrlich, ihr treüK es so
toll, dasx ich oft Dicht weiss, ob Ich mich dardber Argen oder darfiber
lacfaeasolL»
Solcheni geliebter gegesOber fühlt Hör. sich selbst im seiaer würde
als wahrer dichter, freilich werfea jene Um vor, aaeh er sei eia nach-
ahmer, weao anch der GriecheD; aber Hör. vervrahrt sich eatschiediai
dagegea, oiit ilmea la äaea lopf geworfea xa werdea: dean 1) er sei
der erste gewesea, der eiae gewisse dasse voa griechischea mosten auf
ilallsehea bodea Ferpflaast habe, habe also vor ihaea so viel voraus, wie
die bieaeaktaigio vor deo fihrigeo bieoea; 2) er habe von selaea vor-
bilden aar die versmasze oad den Charakter des ansdncks eatlehat, sei
aber soast durcfaaas selbstiadig Terfahrea. diesea gedaakea schliessen
die Worte iuvai immemaraia • . ieneri (▼. 33 f.) suaichst ab, iodem
hier der dichter ausspricht, dass er für dieses ongiaale strebea belobni
werde nad sich belohat fühle durch die mgernd hammes^ die ebea gera
seine werke lesen, zugleich freilich bildea dieselben worte per ooatra-
rium den fibergaag su der r, 35 fll gegebeaea erkUrang, warum er
nicht so allgemeine aaerkeannng finde wie mancher von jeaea dichter-
lingen. er unterscheidet da erstens die meage, das grosse publicum fiber-
haupt, aus dem die dichterlinge sich daqueurs eiiiaufen, wozu er sich
nicht verstehen kdnne, und zweitens die sein wollenden kuastriditer, die
litt^raten (im modenen sinne des Wortes), die, weil er sich um ihre
zfinfte und cliquen nicht kfimmere,ihn überall und namentlich auch damit
zu verkleinern suchen, dasz sie ihn als eingebildeten hofpoeten hinstellen.
Jevbb. Fbdsdbioh Pahlb.
4L
DEB NAHE VIBOILIUS. ''}
Zu den in diesen jahrbflchen 1867 s. 608 von H. Hagen gegid)enen
andeutungen über die Schreibart Virgühis dürfte noch folgendes beizu-
bringen sein, die Übertragung in Parthenlas, von welcher Hagen be-
richtet, mag sich zunächst allerdings auf das mftdchenhafle aussehen oder
das schüchterne , zurückgezogene benehmen 6ßn dichters bezogen haben,
bald aber, als die Verehrung für ihn und sein werk sich zum sagenhaften
erhob, wurde sie als zeugnis für die Sittlichkeit seines wandeis aofge-
*) [die materielle seite der frage 'nach der Schreibung dieses namens
hat jetzt durch die sprachgeschichtliche erörterang in Ritsohk kleinen
philol. Schriften II s. 779 ff. ihre erledignng gefanden, und swar, wie
«,^..n..,,.i,|igii ^nf^ £12 ffunsten der schreibang Vergüius, dennoch wird
^ folgenden historischen notizen, deren Verfasser von Ritschis
'er frage noch keine kenntnis haben konnte, ohne sweifel
lesen. A. F.]
Th. Creizenach : der name Virgilins. 295
faszl. über diesen punct ist viel gestritten worden , so noch von Ch. A.
Klotz (opuscula varil argumenti s. 242) und von Herder (Icritische walder 11
s. 188 der Originalausgabe); doch überwog die meinung des Servius, der
den gräcisierten namen mit omni vita probatus umschreibt.
Aber das miltelalter brachte den dichter geradezu mit mrgoj der
heiligen Jungfrau, in Verbindung. Virgil galt bel[annth'ch als christlicher
vates, als verkflndiger der geburt Christi ; hi kirchlichen komödien trat
er persönlich auf, wobei man ihm die worte tarn redit ei Virgo {ecL
4, 6) bald im lateinischen texte, bald in niederdeutscher Übersetzung in
den mund legte, auf alten bild werken (so z. b. an einem chorstuhle zu
Ulm) erscheint dem Augustus die Madonna von Ära Cell , mit einer Um-
schrift aus der vierten ecloge. das wort virgo aber wird in legenden
und kirchlichen gesängen mit virga^ der gerte vom stamme Josse, in Ver-
bindung gebracht; und bei virga dachte mati wiederum an den zweig den
Aeneas beim hinabsteigen in die unterweit zu brechen hat, venerabüe
donutn faialis virgae {Jen, 6, 409). die worte [auro'] frondescH virga
wurden allegorisch gedeutet Servius stellt diesen stab mit dem buch-
staben Y zusammen, der einem gabelzweig ähnlich sehe und der bei
Pythagoras die jugendwege des menschen bezeichnen sollte, nemlich die
einfalt der kinderjahre und die spätere teilung in zweifei, in gut oder
böse, es ist erstaunlich , wie verbreitet diese anspielung unter den ge-
lehrten Ae» miltelalters war. ein kleines gedieht, in welchem sie genauer
durchgeführt ist und das mit den Worten beginnt: Uttera Pyihagorae^
diserimme seela hicomi, wird bald dem Martialis bald dem Virgil
selbst zugeschrieben, noch Bruno sagt im Sachsenkrieg, kaiser Hein-
rich IV habe in seiner knabenzeit am Scheideweg des samischen, d. h.
pythagoreischen buchstaben gestanden, wenn man erwSgt, wie leicht-
gläubig und emsig das mittelalter solche arabesken zusammenflocht, wird
man kaum bezweifeln, dasz auch zwischen den Wörtern Virgilius^ virgo^
virga eine Verbindung bestand.
Um so eigentümlicher ist die thatsache, dasz mit dem aufkommen
der buchdruckerkunst die form Vergilius nicht nur wieder hervortrat,
sondern In djautschen drucken des sechzehnten jh. ganz entschieden
vorherseht. Thomas Murner kennt keine andere form; so heiszt es in
der Originalausgabe der Geuchmalt (1519 bei Adam Petri von Langen-
dorf in Basel): ^Vergilius grosz schand entp6eng, als er im korb hodi
oben hieng.' dieselbe Schreibung hat Fiscbarl regelmtaig; so in der
Schrift 'emblematum tyrocinia' : 'Vergilius, da er der Völker kriegsrüstung
gedenkL' der mit unserem dichter gleichnamige Salzburger biscbof aus
dem achten jh. wird in älteren druckwerken meist Vergilius genannt,
ebenso der humanist und Vielschreiber Polydorus Vergilius.
Die älteste deutsche Übersetzung der Aeneis in versen, eine gar
nicht verdienstlose arbeit, hat den titel 'Vergilii Maronis dreyzehn bücher
von dem tewren beiden Enea'; sie erschien 1562 zu Frankfurt das
sogenannte dreizehnte buch enthält den von Maphäus Vegius von Lodi
hinzugedichteten gesang. auf dem einleitenden holzschnitt befindet si^i^
des dichters bildnis mit der Umschrift ^Vergilius Maro'; dieselbe sehr
296 Philologlsdie gdegenheiUschriftoi.
tri Ul dnrch das ganze werk beibehallen. erst im 17a jfa. begann die
fonn VirgiÜM» xu überwiegen.
We einiige vbs fiberiieferte inschrift in griechiscber spracbe,
die unseres dicbters namen eniblk, sUmnit von dem denbnal drä Glau-
dianns, das eu anfang des Ifinften jh. auf dem forum Traiani errichtet
wurde; in derselben wird dem Glandianus nacbgerttmt, er habe dv hü
BipTiXkno vöov Kai ^oficav 'O^pou vereinigt, die Schreibung mit i
ist liier unbezweifelL
Fraskfiirt am Mjjh. Thbodob Obbbuacb.
(3L)
PHILOLOGISCHE 0ELE6ENHEITSSCHKIFTEN.
(fortsetsnng yod b. 215 f.)
Moers (progjinii.) A. Bbode: über den gebrancb der parükel dpa
bei Homer, dntck von J. W. Spaarmaim. 1867. 34 s. gr. 4.
N&rnberg (Stadienanstalt) H. W. Heerwagen: snr gesehiehte
der Nümbexg«r gelebrlenscbnlen in dem seitranme Ton 16126—1636.
erste hilite. dmck von F. Caaspe n. söhn. 1867. 28 s. gr. 4.
Pisa (oniv.) I>. Comparetti: Edijpo e la «litologia comparata«
saggio critico. tipografia Kistri. 1867. dO s. gr. 8.
Bastenbarg (gymn.) Job. Siebter: de prosopog^pbia Aristo-
pbanea pait. 11. dmck ¥on A. Haberland. 1867. 88 s. 4. [part. I er-
sohicn omI* 1864.1
Rinteln (sam 60jahrigen jubilänm des gymn. 31 octbr. 1867) F.
Franke (in Meiszen): lectionom Aeschinearom particala H. druck
von C. E. Kliokieht a. solm in Keissen. 24 s. gr. 8.
Sondershansen (gymn.) Ph. Spitta: qaaestiones Tergilianae.
dmek von F. A« Enpei (verleg von Deaerliah in Göttingen). 1867. 47 s. 4.
Tübingen (oniv.) £. Hersog: das recht der traditionellen schul-
Grammatik ffcgenüber den resoltaten der vergleichenden Sprachforschung,
inaufforalreae gehalten am 18 jnü 1867. ahdruek aus dem correspon-
denshlatt für die gelehrten- und realschalen Württembergs, drmok von
J. Kleeblalit n. comp, in Stattgart. 19 s. gr. 8. — A. M(iGhaeliB):
Edaard Gerhard, abdruck aus den grenzboten 1867 II s. 446—463. gr. 8.
Wertheim (lyceum) H. Schiller: die stoische Opposition unter
Nero, ein beitrag zur gesehiehte der Julischen kaiser. ersten teiles
erste ahtmlnng. druck von E. Beckstein. 1867. 38 s. gr. 8.
Wese4 (^rnm., smn 60jährigen amtsjubilttum des directors domherm
dr. W. H. Blume 1 juni 1867) *luidwou Tpa^uuiTiKoO *AXeHav6p^U}c toO
<t>tXoTTÖvou eic t6 6eOTCpoy t^c Nikojuu&xou dpiOjunrnKffc ekaruiTflc. pri-
mus edidit Rio. Ho che. vorlag von S. Calvary n. comp, in Berlin..
Vm u. M s. gr. 4.
Wien (akad. d. wiss.) J. Vahlen: beitrage au Aristoteles poetik.
UI u. IV. aus den Sitzungsberichten hd. LVI s. 213—343. 361—439.
k. k. hof- und Staatsdruckerei (verlag von K. Gerolds söhn). 1867. gr. 8.
[vgl. Jahrg. 1867 s. 827 ff.]
WÜrs^urg (stndtenanstalt) M. Zink: der mytholog Fnlgentius.
ein beiSrag av römischen litteratargeschichte und zur grammatik des
africanisohen lateins« •druck von F. £. Thein (verlag von A. Stuber).
1867. 94 s. gr. 4.
Zwickau (gymn.) H. Vetter: additamenta ad Henrici Stephani
thesavnim graecae linguae ex musiois graecis ezcerpta. dmck von
R. Zückler. 1867. 26 s. gr. 4.
ERSTE ABTEILrae
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HRBAUSGBGEBBN VON ALFBED FlECKBISKN«
42.
DIE SCHAABSGHMIDTSCHE EEITIK DES PHILEBOS.
Es gibt kaum eine schrilt des altertums, in deren beurteilung und
Würdigung die ansicliten der kritiker so sctiroiT und gegensätzlich ausein-
andergelien, als dieses in neuester zeit dem Philebos widerfahren ist.
während die meisten und bedeutendsten kritiker und ausleger sich in
ausdrficken der hohen bewunderung flberbieten, welche sie diesem Pla-
tonischen dialog zollen und deren gegenständ derselbe von jeher gewesen
ist; während sie in demselben ein des groszen philosophen durchaus
würdiges, ja eines der tiefsten und inhaltreichsten werke Piatons er-
kennen, in welchem sich, mit K. F. Hermann^] schwülstig zu reden,
*jene Vereinigung aller resultate der älteren speculation im lichte der Idee,
die den geschichtlichen Charakter des Platonischen Systems ausmacht, bis
zur lichtvollsten darlegung der obersten kategorien dieses Systems selbst
erweitert' ; in welchem nach Steinharts ') Versicherung Sokrates philoso-
phiert *wie Piaton selbst in den gärten seiner Akademie gelehrt haben
mag': hat die kritik von C. Schaarschmidt') demselben eine bespre-
cbung angedeihen lassen , deren wegwerfender ton einem bisher so hoch
gehaltenen litterarischen erzeugnfs des altertums gegenüber wol ohne
alle analogie erscheint, in der that , wie dieselbe in diesem werke nichts
findet als trübe compilation, verzerrende Übertreibung, Verschiebungen,
Schiefheiten , Unklarheiten , gedankenlosigkeiten , mischmasch von Piaton
und Aristoteles, schwächliches, sich selbst mistrauendes denken, teu-
schungen aller art, erschleichungen, Verstümmelung Platonischer ge-
danken, unnütze dehnungen, leerheiten, selbst albernheiten , insipide
äuszerungen, abgeschmacktheiten usw., setzt sie nicht nur die achtung,
die auch die schärfste kritik einem , wenn auch vielfältig über das masz
1) geschichte u. System d. Plat. philos. s. 632. 2) Piatons samt-
liehe werke übersetzt von H. Müller IV s. 605. 3) die samlong der
Platonischen sobriften sor scheidong der echten von den unechten (Bonn
1866) s. 277 ff.
JahrbOcher für cIms. phUol. 1868 hft 6. 20
298 L. Georgü: die SchaarschmidUche kritik des Philebos.
bewanderten monumente des allertums Fon der bedeotung des Philebos
schuldet, ganz auszer aagen, sondern was musz man auch von dem nr-
leil, dem tact and geschmack, dem Scharfsinn, Oberhaupt der kritischen
befähigung der grossen, die berühmtesten namen in sich befassenden
reihe von kritikem, philoIogen und pliilosophen denken, welche die sel-
tene musterkarte von Verdiensten und vorzfigen, die sie in diesem diaioge
fanden , mit ^inem mal in ein endloses Sundenregister verwandelt sehen
müssen!
Der zweck nun, man kann wol sagen, die Intention dieser krillk ist
nichts geringeres als die begrändung des zweifeis an der echtheit oder
vielmehr der beweis der unechtheit des Philebos, oder wie man sicli
lieber unnötig undeutsch ausdrückt, der 'athetese', der ^notheuse' des-
selben, nichts geringeres — denn die echtheit des Philebos hat bisher
so fest gestanden, dasz sie nicht nur nicht angezweifelt, sondern der-
selben von den meisten kritikem und erklürem nicht einmal eine be-
spreeboBg gewidmet worden ist ist es ein im ganzen nichtssageider
satz Sochers^), dasz *ffir die echtheit dieses dialogs sowol sein überall
mit den fruhereq und späteren philosophemen Piatons übereinstimmen-
der Inhalt, als seine mit allen Platonfschen grazien gezierte form bürge',
sofern jene Übereinstimmung im sachlichen ja auch etwa ein nacbahmer
uiid falscher erreichei{i konnte, während es mit den grazien des Philebos
seine bedenken haben dürfte: so schien dagegen die authentie desselben
in anderer hinsieht bisher auf einer unerschütterlichen gmndlage zu
ruhen, nemlicb dem dassischen zeqgnis des Aristoteles, indessen der
gedanke trotzdem auch diesem diaioge das recht den Platonischen namen
zu tragen abzusprechen liegt im zuge der zeit, auch die atmosphäre der
Wissenschaft hat ihre miasmen, von welchen die leb^nsfimctionen ihrer
träger und Vertreter ergriffen und beherscht werden, ein solches miasma
ist gegenwärtig die skepsis, welche die kritik des Platonischen schriften-
tums durchzieht und nicht nur mit dem Proletariat der kleineren piecen
so ziemlich aufgeräumt, sondern sich auch auf sehr bedeutende diaioge,
wie den sophistes, Parmenides u. a. mit selbstgewissem erfolge geworfen
hat warum die reihe nicht auch einmal an den Philebos kommen sollte,
nachdem sich die kritische kraft und kunst an den anderen werken seiner
gattung erschöpft und mit sieg und beute beladen hatte, wäre in der
that nicht einzusehen, ja kaum zu begreifen, denn unleijgbar trägt dieser
dialog , nicht nur was die formseite seiner composition, die in demselben
verwendeten scenischen und dramatischen kunstmittel, die eharakleristik
der auftretenden personen, die behandlung des dialogs betrifft, sondern
nicht minder nach der ihm eigentümlichen abgerissenen und voraussetzen-
den art die Platonischen philosopheme einzuführen und zu entwickeln,
und besonders nach der in den bedeutsamsten puncten gauz eigentüm-
lichen nüancferung derselben ein gepräge an sich, das ihn von den anderen
groszen werken des philosophen, einem Protagoras, Gorgias, Pbädros,
Symposion, Phädon in ausdrucksvollster weise unterscheidet damit ist
4) Platons leben and Schriften s. 297.
L. Georgii: die Scbaarschmidtsche kritik des Philebos. 299
aber nun das material in vollem masze gegeben, dessen die skepUscIie
kriUk von heule bedarf, uro an dem Philebos zu operieren und denselben
als eine neubiidung an dem körper der Platonischen 'Schriften zu ampu-
tieren, das verfahren dieser sog. innem , auch bdhern kritik besteht ja
einfach in folgender manipulation. aus einer anzahl Platonischer Schrif-
ten, deren echtheit ihm festzustehen scheint, bildet sich der kritiker,
wepn er einigermaszen correct verfahren will , ein gewisses Platonisches
form- und gedankenideal, das nun als maszstab an die schrift, auf welche
er es abgeselien iiat, angelegt wird, so zwar dasz nun geschlossen wird:
ein diaiog, der diesem ideal nicht entspricht oder gar im Widerspruch
mit demselben steht, kann nicht von Piaton verfaszt sein.
Eine besprechung des kritischen Verfahrens, durch welches das
jedenfalls höchst interessante Scbaarschmidtsche buch dieses resultat in
betreif des Philebos festzustellen sucht, dürfte nun wol von selbst sich
in die dreifache Untersuchung zerlegen:
I der Operation durch welche der traditionelle anspruch des dialogs
auf Plalons nnmen entkräftet werden soll ;
II der Widersprüche welche derselbe anderen echten Platonischen wer-
ken gegenüber enthält;
III der berechtigung auf diese Widersprüche den schlusz der unechthelt
zu gründen,
I: KRITISCHE BELEUCHTUNG DES TRADITIONELLEN
ANSPRUCHS DES PHILEBOS AUF PLATONISCHE AUTORSCHAFT.
Auf Asts, Sochers, Ueberwegs vorarbeiten gestützt hat Sehaar*
Schmidt den beweis zu liefern versucht, dasz die ganze gruppe der sog.
megarischep gesprflche und mit dieser zusammenhängend auch der bis-
her nicht angefochtene Philebos compilationen späterer, durch den er-
schlichenen titel Platonischer aulorschaft sich deckender bände seien,
gewis kann auch nicht in abrede gezogen werden , dasz der Philebos mit
einem gewissen rechte an die megarische gesprächsgruppe angereiht
wird, sofern derselbe allerdings besonders mit dem sophistes und Par-
menides in einem Verhältnis der Solidarität zu stehen scheint ohne in-
dessen auf die frage über die echtheit dieser gespräche hier weiter ein-
zugeben , kann man im allgemeinen nicht bestreiten , dasz der scharfe,
von treffenden Schlaglichtern begleitete luftstrom, welchen das Scbaar-
schmidtsche buch in die kritische Untersuchung des Platonischen schriften-
tnms überhaupt gebracht hat, für den etwas wolthuendes und erfrischen-
des hat, der sich durch den Schwindel betäubt fühlt, welcher hin und
wieder über das gebiet dieser frage sich verbreitet hat. die imaginären
von Hermann ausgehenden versuche, den entwicklungsgang des Platoni-
schen philosophierens aus dem gedankengehalt der einzelnen Schriften
Piatons heraus chronologisch zu messen und danach die Zeitfolge der
letzteren zu bestimmen, werden mehr und mehr zurücktreten müssen,
sowie nicht minder die damit zusammenhängende sucht auch das schwache,
mittelmäszige, das sich in denselben unleugbar findet, als des göttlichen
20*
300 L. Georgii: die SchaarschmidUche kritik des Phllebos.
Piaton würdig aufzuschmOcken, zu verhallen, zu bewundern, man fuhll
sich erleichtert , das pbaotom einer periode reiner Sokratik in der Plato-
nischen schriflstellerei , die melnung, Plalon habe erst nach Megara, Ita-
lien, Aegypten reisen mfissen, um die Eleaten, die Pythagoriscbe Philo-
sophie kennen zu lernen und vom gölte Theolli reden zu können, die
monströse aufTassung des Phädros als des programms zu eröffnung der
Akademie u. a« m. als hindernden balast Aber bord geworfen zu sehen. ^)
Klar und fiberzeugend hat Schaarschmidt die geschAftlgkelt der pseude-
pigraphie im Platonischen schriflentum nachgewiesen und Ober die vennul-
liehen manlpulationen derselben, z. b. bei grQndong der bibliotheken, an-
nehmbare ansichteo aufgestellt/) dennoch dfirfte das fundament, das er
damit fOr seine kritik gewonnen, zu schwach sein ffir das was er darauf
baut« die Zeugnisse der alten, auf denen dieser nachweis beruht, zeigen
ja selbst, dasz diese denn doch nicht so gar unkritisch verfuhren, dasz sie
allerdings eine kritik Obten , der eine so enorme fSJschung gewis nicht
entgangen wäre, durch die wenige Jahrzehnte nach Piatons tod eine reihe
der bedeutendsten schriflen, die sie unbedenklich als echt aufführen, wie
die megarischen dialoge, falschlich unter Plalons namen in Umlauf ge-
setzt worden wären, wie man den gang der Veröffentlichung der grösze-
ren Platonischen Schriften ansehen musz, fand dieselbe noch zu Platous
lebzeiten statt, hatte also an seiner eignen Wachsamkeit, nach seinem
tode an der Wachsamkeit und tradilion der Akademie, an der peripateli-
sehen kritik dieser schrlAen , die solche fSIschungen gewis nicht Ober-
sehen hätte, eine so entschiedene controle, dasz man wol etwa die fl&lscii-
liche bezeichnung kleinerer, anonymer aufsätze mit Piatons namen ver-
stehen könnte, gewis aber nicht die von dialogen, welche mit dem umfang,
gewicht und anspruch der megarischen gespräche auftreten.
Dasz der Megarismus, den man aus diesen Schriften dem Matoo
als eine phase seines eigenen philosophierens andemonstrieren will , viel
nebelhaftes hat, ist nicht zu leugnen, immerhin ist die figur, welche die
Megariker unter den an Sokrates anschlieszendeu disciplinen spielten,
schon von Aristoteles so bezeugt, dasz es eine unbegreifliche lücke wäre,
wenn der sonst alle Zeiterscheinungen so emsig in den bunten rock
seiner Weisheit verwebende Stifter der Akademie nur diese schule Igno-
riert hätte, doch ist es schon an sich weder richtig noch nötig, Platoo,
um sein recht an jene gespräche zu retten, selbst ffir einige zeit zum
Megariker zu stempeln oder gar auf grund seines aufenthalts in Megara
ihm ffir diese zeit eine solche modification seiner denk* und Schreibweise
zuzumuten, den Phllebos aber, der hier allein in betracht kommt, trifft
dieses bedenken nicht einmal , da ja In demselben das moralprmcip der
Megariker nicht blosz und fiber allen zweifei klar aufgefaszt und ausge-
ffllirt, sondern zugleich die Stellung des dialogs zu demselben ebenso
entschieden polemisch gehalten ist als zu dem der hedoniker.
Indessen hat die traditlon, welche das Platonische recht des Phlle-
bos gewährleistet , ein unerschütterliches fundament an dem zeugnis des
5} Schaarschmidt a. o. s. 78 f. 66 f. 76 f. 6) ebd. s. 84 f.
L. Georgii: die Schaarschmidtsche kritik des Philebos. 301
Aristoteles, in der Nikomachischen ethik^ findet sicli eine stelle, welche
die Platonische lehre von der lust, vom guten und vom gemischten
leben in worlen bespricht , die so direct auf den Philebos sich beziehen,
dasz kein anderer dialog Piatons nächst der republik, dem Timäos, den
geselzen , die Aristoteles auch noch mit ihren eigenen ' namen aufführt,
sich mit gröszerem recht der Aristotelischen garantie för seinen anspruch
an den Platonischen namen rflhmen kann, daselbst lieiszt es: ^von glei-
cher art ist der beweis, durch welchen Piaton den satz, dasz die lust das
gute sei, widerlegt; das leben der lust nemlich sei begehrenswerther
mit Vernunft als ohne Vernunft; wenn aber nun das gemischte das
bessere, so sei die lust nicht das gute : denn das gute selbst werde durch
keinen zusatz noch begehrenswerther.' dieses zeugnis ist durchaus un-
zweideutig. Piaton Ist selbst genannt; das präsens ävaip€i") kann nur
von einer Platonischen schrift verstanden werden; In keinem andern
dialog findet sich dieser Platonische beweis als im Philebos; hier findet
er sich mit der wörtlich gleichen terroinologie. und ist nun diese von
Aristoteles als Platonisch bezeugte argumentation zugleich das dem Phi-
lebos eigentümliche theorem, mit dem er der sonstigen lustlehre Piatons
im Protagoras und Gorgias scharf gegenüber tritt, so finden sich in dem-
selben buche der ethik (die anklänge im 7n buch bleiben aus kritischen
gründen bei seite) noch weitere ansichten besprochen , welche gleichfalls
im Philebos sich finden und in der Verbindung mit jener stelle die bc-
zichung derselben auf diesen dialog entschieden unterstützen.
Fast sollte es undenkbar scheinen gegen ein solches classisches
zeugnis anzukümpfen. man musz die Selbstverleugnung sehr anerkennen,
mit welcher die Schaarschmidtsche kritik die subjectlven meinnngen,
durch welche sich ihr der Phadros als ein werk der späteren und reife-
ren zeit Platonischer schriftstellerei aufdrängen wollte, dem objectiven
beweisverfahren Spengels für die verhältnismäszig sehr frühe abfassung
dieses dialogs unterordnet.*) aber wie viel Imposanter ist doch noch die
objectivität des bündigen Zeugnisses , das Aristoteles für die echtheit des
Philebos ablegt! dennoch hat sich der wahrhaft titanische mut gefunden
dasselbe anzufechten.
Ja dieser mut steigert sich noch bis zur kühnheit der souveränsten
inconsequenz , wenn er an dem kanon gemessen wird , den der kritiker
selirat zur werthschätzung und Classification der Aristotelischen Zeug-
nisse für die echtheit Platonischer Schriften aufstellt, nach diesem etwas
wunderlich gefaszten, vier rangdassen festsetzenden kanon *^ handelt es
sich in der Nikomachischen ethik um ein zeugnis ersten rangs zwei-
ter abteilung, der nur diejenigen Zeugnisse noch vorgehen, in welchen
Aristoteles mit Piatons namen auch den namen der schrift citiert.
gilt nun für jene abteilung der gruudsatz, dasz *als echt in folge
Aristotelischen Zeugnisses diejenigen Piatons namen tragenden
7) X c. 2 8. 1172 B. 8) vgl. Ueberweg echtheit und Zeitfolge
Fiat. sehr. s. 140. Schaarschmidt a. o. s. 279. 9) Schaarschmidt
a. o. 8. 72 f. 77. 10) ebd. 8. 93.
d02 L. Georgu: die Schaanctaidtscfac kriUk des Phüebos.
dialoge aagesehen werden dfirfea, ans denen mit Piatons namen an-
fiOlnngen gemacht werden, die sich onzweifeibaft anf sie be-
ziehen', so kann dem Pliileiios der ansprach auf diesen zweilen preis
nicht woi bestritten werden — es mfiste denn sein dass die bcuehnag
der sldle der Nikomacfaischen ethik aof denselben zweifelhaft wSre.
bidier galt sie ffir anzweifelhaft die Schaarschmidlsche kritik bestreitet
sie, aber mit welchen gründen? vorerst wird gesagt, dass Aristoteles n
in dem sehnten bache seiner ethik nach Spengels ansieht vonfigficfa mit
Spensippos and noch mit einem andern, Eodoxos nemlich, zo thun habe,
nicht aber mit Platon. man kann dieses zageben, man mag sogar eis-
rSnmen, dasz In den an den Philebos erinnernden Qbrigen steUen nichi
Platon, sondern jene beiden gemeint seien; an der bestimmten fra^efaeo
stelle dagegen ist nicht Spensippos oder Eodoxos, sondern Platon aus-
dHIcklich genannt, aosdrücklich eine Platonische schrift dtiert, wie das
prisens dvmpet beweist anter sämtlichen schriften aber, wdche Pia-
tons namen tragen, gibt es keine, auf welche das Aristotdische dtat so
vollständig passt wie anf den Philebos. warum ist doch also die besiehuDg
aaf diesen zweifelhaft? ist etwa in der aasdnicksweise des Philebos
etwas was dieselbe bindert? darchaas nicht oder in der des Aristote-
lischen citats etwas widerstrebendes? nein; denn dasz Aristoteles, wie
später") gesagt wird, *nicbt von einem gemischten leben' rede, ist
unrichtig, eine leere aasflacht, da er ja ausdrücklich von dem 'leben
der last mit Vernunft' redet, also allerdings das gemischte leben
des Philebos meint warum also die beziehung bestreiten? es gibt dar-
auf keine anlwort als die: weil die Unechterklärung des Philebos eine
zum voraus beschlossene sache ist, und es entsteht da der hQbsche logi-
sche Zirkel, dasz der Philebos unecht ist, weil Aristoteles ihn nicht citiert,
und Aristoteles den Philebos nicht citiert, weil er unecht ist. natfirlich
hat es *nun dabei keine Schwierigkeit anzunehmen, dasz Aristoteles mit
jener äuszening eine in einem echten (!) dialoge Piatons vorgetragene
ansieht desselben bezeichnet und nach seiner weise in kurzer formel aus-
gedrückt hat, dasz sich dann ein anderer, dritter deren hinterher be-
mächtigte, um sie in seiner schrift, dem Philebos, nun nach Aristoteles
Worten, die er benutzte, als Platonisch wiederzugeben.' '*) dies also ist
das kritische kunststQck , durch welches das zeagnis des Aristoteles för
den Philebos entkräftet oder vielmehr in abgang decretierl wird« es be-
darf keiner ausführung, wie durch anwendung dieser Operation jedes
Aristotelische ciut Platons illudiert und über den häufen geworfen wer-
den kann, man braucht für ein solches citat nur zwei Platonische
paralldstellen in verschiedenen dialogen, nimt die minder ähnliche für
die von Aristoteles ad sensum citierte, aus dessen citat dann ein ßbcher
den dialog fabriciert hat, der die andere enthält ein herliches reoept, Mil
dessen hülfe z* b. auch der beweis nicht schwer wäre, dasz tefn ßlsther
den Timäos aus dem ersten buch Mose compilicrt habe u. a. m.
Welches aber ist nun die echte schrift Platons , die Aristoteles in
11) obd. 8. 319. 12) ebd. s. 279.
L» Georgii: di« SchaarschmidUche kriük des PhileLos. 803
der etliik citiert? derProtagoras suU es sein, eiae nicht unbedeiik-
lldi« kistanz: denn so treffend und beredt aoeh der forraelk gehalt dieses
dialogs von Sdiaarschmidt geschildert und fflr seine Platonische abslam-
nnuig verwerthet ist"), so treten diesem arguaente doch momente gegen-
über ^ welche der heutigen slieptischen liritilc, wenn sie sieh einmal
darauf besinnen sollte^ die gewichtigste anhaltspuncte darbieten wArden,
Ihm den process zu machen, und von Schaarschmidt er^dieint die eweifel'-
lose anerknsuBg desselben in der that als eine halbe inoonsequenz.
Aristoteles weiss nichts von diesem dtalog: denn die steile der Nikoma-
chischen ethik kann doch eigentlich nicht auf diesen dialog bezogen wer*
den. von der ideenlehre Piatons, überhaupt von eigentlich Platonischer
speculation keine ahnung; sogar von den lehrsfltzen des Protagoras selbst,
die Piaton im TheStetos bespricht, keine spur; die lustlehre in entsdiie-
denem Widerspruch mit der der republik; und dazu noch die eigentfim-
lich schwierige frage Aber die abfassungszeit des dialogs. lauter 'schwie-
rigkeiten' oder 'discrepanzen', welche die Schaarschmidteche kritik ent-
weder 'mit respectvoUem schweigen flbergeht' oder, um ihre spräche zu
reden ^^), *durch allerlei klflgeleien zu bemänteln sucht', sogar von dem
sonst glflcklich beschworenen phaniom der *reinen Sokratik' Piatons
blickt bei besprechong dieses dialogs etwas durch die Iflcke. die einsige
iustans für die echtheit des Protagoras, die dieser kritik übrig bleibt, ist
die 'innere vorzQglichkeit' des dialogs. aber der schlusz von diesem
moment auf die Platonische autorschaft ist doch etwas logisch unge-
heuerliches, diese wird wol auf eine andere grundlage zu stellen sein,
man bedarf dazu etwas greifbareres, wie es z. b. der Philebos in dem
citat der Aristotelischen ethik aufzuweisen hat. Indessen das anrocht
an dieses citat Ist ja eben das object, Ober welches der Protagoras mit
dem PbUebos processiert. wie passt nun das Aristotelische citat auf die
stelle des Protagoras, die es im sinne haben soll? etwa wie eine faust
auf ein äuge.
Die stelle des Protagoras , auf welche die Nikomachische ethik sich
beziehen soll, ist der abschnitt, in welchem Sokrates beweist, dasz auch
die tapferfcelt , wie die anderen teile der tugend , auf erkenntnis beruhe,
in diesem abschnitt, welchen also Aristoteles In kurzer formel citiert
haben soll, wird nun gesagt, ^stellt sich Sokrates dem Sophisten gegen-
Ober auf den standpunct, zunächst das diTCl66v mit dem f|bu zu iden-
tifieieren; und um dieses zu können, teilt er dem f|bii die zugäbe (!)
der toiCT^fir) zu, was eben, wie Aristoteles sich ausdräckt, ein «ge^
mischtes» ergibt'. ^^) diese aufTassung der stelle ist eine durchaus ver-
fehlte zu nennen, gegen den satz, dasz die tapferkeit auch Weisheit
sei, wie die anderen vier tugenden^ und daher darin eins mit diesMi,
hatte Protagoras auf die thatsach« hingewiesen, dass die ungerechtesten
und sfigellofiesten menschen oft am tapfersten seien, 'am verwegensten,'
berichtigt Sokrates HoUkfihn.' worauf er den beweis führt, dasz die
tapferkeil eine tugend sei nur wenn sie mit weisheil, nemlich mit der
13) ebd. 6. 156. 14) ebd. s. 289. 15) ebd. «. 280.
304 L. Gcorgii: die Schaarschmidtscho kritik des Pbilebos.
erkenntnis des geHihrlichen und gefahrlosen verbunden sei. wo diese
fehle, trete teils Verwegenheit teils felgheit ein. den beweis dafür ffihrl
er dadurch, dasz er den begriff des f|bu im sinne des Sophisten als dfa-
6ÖV zu hülfe nimt und nun zeigt, wie die Unfähigkeit selbst bei besserem
wissen den lusten, leidenschaften , dem zom, der liebe usw. zu wider-
stehen doch, da niemand mit wissen das übel vorziehe, nur auf verkehr-
ter ansieht, auf Unwissenheit beruhe, auf der unf9higkeit lust gegen
Unlust, Unlust gegen lust, lust gegen lust, die gröszere gegen die klei-
nere, die ferne gegen die nahe, die zukünftige gegen die augenblickliche
abzuwSgen, während auf dem gebiet der frage über die tapferkeit gerade
in dieser kunst die lust zu berechnen und abzuwägen die tugend bestehe,
von einer vergleichung zwischen der lust mit einsieht und der lust ohne
einsieht ist hier auch keine spur, so wenig als von der ansieht, dasz die
lust dadurch ein gröszeres gut werde, wenn sich erkenntnis mitibr
verbinde, das f|bi} ist nicht einmal in dem allgemeinen begriff des f)buc
ßtoc des Arisloteles gemeint, sondern lediglich sofern es objecl der
tapferkeit ist. die erkenntnis steht durchaus nicht in dem Verhältnis eines
coefficienten des guten zur lust, sie steht zu derselben in gar keinem Ver-
hältnis als so weit sie für die tapferkeit das medium ist, die wahre lost
von der schlechten zu unterscheiden, völlig unrichtig ist es zu sagen,
die erkenntnis sei zugäbe zum f|{>u, da nichts klarer ist als dasz die
dirtcnfjfiT) vielmehr zugäbe zur tapferkeit ist. von einer mischuog
der lust und erkenntnis ist im Protagoras so wenig die rede, dasz der
kritiker selbst sonst zwar richtig aber nicht consequent an anderen stel-
len das charakteristische der lustlehre dieses dialogs gerade darin findet,
dasz der gegensatz^'} beider begriffe in demselben ausgesprochen und
premiert werde, kann man aber bei so bewandten umständen gewis dem
Aristoteles eine solche Verdrehung der lehre des Protagoras nicht zu-
muten, hätte Aristoteles die stelle des Protagoras, in welcher Sokrales
geradezu zugibt , dasz das f|t>u das gute sei , gewis unmöglich als eine
solche anführen können , In der Piaton den satz , dasz die lust das gute
sei, widerlege ; so ist aucli ganz und gar nicht denkbar, dasz dieser einen
satz, den Sokrates nur aus accommodation an den stand punct des
Sophisten ausspricht, dem Sokrales, oder dasz er ihn gar dem Fl«'
ton als eigenen lehrsaiz beilegte, was müste man doch von dem Ver-
ständnis oder der gewissenhaftigkeit der Aristotelischen citate überhaupt
denken, wenn die worte der Nikomachischen ethik ein citat jener stelle
des Protagoras sein wollten? von dem Opuntier Philippos wird erzählt,
er habe die gesetze £v Kr\Q(b övrac ediert; es legt sich bei jener aus-
legung der stelle des Protagoras unwillkürlich die scherzhafte Vermutung
nahe , der Urheber derselben besitze einen Protagoras övra ty KTiptp*
Dieser versuch dem Pbilebos die gewährschaft des Aristoteles zu
entziehen, wie er von vorn herein nur das tendenziöse, verzwangeoe
mittel zur begründung einer vorgefaszten meinung ist, kann in der Üiat
nur eine sehr unglückliche Operation genannt werden, derselbe hat aber
16) ebd. 8. 808. 814.
L. Georgii: die Schaarschmidtsche kritik des PbUebos. 305
aaszordem auch etwas schwankendes dadurch, dasz netten der stelle der
Aristotelischen ethik der Philebosautor auch noch eine Platonische
Schrift benutzt haben soll, um das material für sein werk zu sammeln, das
theroa desPhtlebos nemlich soll auch wieder aus der PLitonischen repu-
lilik (VI 505^ f.) entlehnt sein, nur so dasz der Verfasser desselben Piatons
gedankengange nicht recht zu folgen im stände oder willens gewesen zu
sein scheine. ^^ und dasz ein Zusammenhang zwischen der exposition des
Philebos und der republik stattfindet, unterliegt auch keinem zwelfel, nur
dasz jener denselben gedanken zur ent Wicklung des höchsten mensch -
liehen lebensgutes verwendet, welchen die republik zum ausgangspunct
nimt fiir die construction der objectiven idee des guten, wenn aber z. b.
Zeller") mit vollstem rechte die directe beziehung der republik in dieser
stelle wie in anderen auf den Philebos geltend macht, so können diese
beziehungen vieboaehr selbst nur als starke stützen fQr die authentie des
Philebos genommen werden.
Es mflssen fürwahr argumente von durchschlagender kraft sein,
welche die sog. innere kritik aufzubringen hat, um das historische recht
des PhUebos an die Platonische Vaterschaft zu ersdiflttern. die Schaar-
schmidtsche kritik ist denn auch vorzugsweise darauf gerichtet, die wider-
spräche oder Miscrepanzeu', welche der Philebos nach gehalt und com-
position gegenflber von Piatons echten Schriften zur schau tragen soll, und
auf deren basis ^das entscheidende urteil' gegründet wird , dasz der Cha-
rakter desselben ein durchaus unplatonischer, dasz er ein Piatons durch-
aus unwürdiges werk sei, eingehend, freilich in ziemlich desultorischer
weise zu beleuchten.
II: WIDERSPRUCHE DES PHILEBOS GEGENÜBER DEN ECHTEN
SCHRIFTEN PLATONS,
Was nun zuvörderst die *discrepanzen des Philebos von Piatons prin-
cipiellen bestimmungen' betriUt, so ist vor allem nicht zu übersehen,
dasz die speculatlven sHtze, die der Philebos entliSlt, nur lehnweise")
lieigebracht sind, um die frage tlber den höhern werth des lebens der
lust oder des lebens der erkenntnis zum austrag zu bringen, eben darum
ist auch in diesem einer rein ethischen zeitfrage gewidmeten dialog der
ort zu Untersuchung und begründung dieser sStze nicht gegeben, dahin
gehört z. b. die doctrin von dem eins und vielen, von der begrenzung und
dem unbegrenzten, von den vier gattungen, von den momenten des höch-
sten gutes, es ist. ganz richtig , dasz die ideeulehre in dem dialog *kurz
wegkommt'*^, obgleich immerhin nicht so kurz wie im Protagoras; aber
sehr unrichtig ist es zu verlangen, dasz in einer abhandlung über die
superiorität der lust oder der einsieht eine lösung der aporien der ideeu-
lehre gegeben werde , die der Verfasser ausdrücklich nur subsidiär ein-
führt")
17) ebd. 8. 161. 31Ö. 18) Zeller philosophie der Griechen n 1
8. 381. 449. 19) Scbaorschmidt a. o. 8. 288. 20) ebd. s. 297.
21) PhUebos § 12 ff. c. 6 f.
906 L. Ge^ii : die Sduiticlimidtjche kriUk des PbüAo«.
Um a«f sachlichet eiocugeheD, so wird mui gegen die *ewigen
wesenhelUa' des Phiiebos gesagt, sie seien 'eben nur als gegenstinde
eines höheren Wissens, nicht in ihrer wahrhaft Piatonlscfaen ontölogi-
scben bedeutong als poienzen' aafgeföhrt, und aneh von den vier gattim*
gen wird gesagt, sie seien im Phiiebos 'keine reaNUloi', nicfai 'die
kosmiscben potensen der weltbUdong', sondern 'abstracCe kategorien,
subjective denkbilder*.**) allein einmal ist es doch ausser frage, dasi
der verfasMf des Phiiebos die idee, das eins in dem seienden, dessen ent-
wicklnng aufgäbe der dialekük isl**}, sehr real, ja als das die realiUi
ües seienden constituierende element meint, und die vier gattongen aiid
geradezu als die objecltiren grundformen des seins beschrieben, was
wire doch das olnoV) die Zeusseele, das urfeuer, der arkdrper usw.
ein seltsames subjectlTes denkbildt nur deduciert und consuttiert er
diese formen nicht eingehend, sondern er bringt sie ak fertige, ander
wärts begründete begriffe bei. sodann, dasz aber nun jede dieser poten-
zen unbeschadet Ihrer vollen objectivitit zugleich als form des wissois,
der erkenntnis, als begriffsfonn verwendet werden kann, ist ja notwendig,
oder sind die Platonischen ideen, das gieidie, das schöne, wenn sie
Platott als formen des erkennens verwendet, dhrum nicht mehr formen
des seins? oder ist die repuUik, wenn sie das viele, betten« tische unter
eine idee geftszt wissen will, ein uoplatonisches buch? liegt Os nicht in
der natur der sache, dasz In jeder Wissenschaft die ontologischen , mate-
riellen prindpien fflr die erkenntnis und darstellung zngleich den Cha-
rakter von formalen begrUfen, von kalegorien aimehmen?
Aber auch die bezeichnung der idee'') als grenze, iT^pac, soll
unplatonisch sein, dieses wird aus Aristoteles zu beweisen gesucht da
nemlich Plalon nach Aristoteles die ideenweit aus dem eins und dem
grenzlosen (dieses auch als zweiheit gesetzt} 'hervorgehen' (!) ^^'^^
so könne es ^nicht Piaton gewesen sein, der die Ideenwelt tuter dem aus-
druck ntpac (begrenzung) f^szte'.*^) die folgerung Ist nicht klar, etwa:
weil das eins zusammen mit dem grenzlosen die i dee eottstituiere, könne
diese, die idee nicht selbst als das wieder mit dem grenz losen das
seiende constituierende it^pac bezeichnet werden« d. h. die Idee könne
nicht als gegensatz von einem ihrer eigenen factoren figurieren und nicht
mit demselben ausdrudt bezeichnet werden, der dem andefti ihrer facto-
ren zukommt, es wIre dann wol richtiger zu sagen, die idee, aus eins
und grenzlosem constituiert, könne nicht wieder selbst als eins neben
dem grenzlosen als factor des seienden bezeichnet vt^rden. aber wann
Piaton einmal hf und TT^pac eben in dieser zwieAicben Ordnung braucht,
wer kann ihm das recht dazu verkfimmern? 'die naohricht des Aristote-
les' heiszt es nun weiter 'dasz Piaton aus dem eins und der zweiheit die
ideen entstehen (! die ideen sind doch nicht ein entstandenes?)
22) Schaarschmidt a. o. s. 297. 295. 23) Phiiebos § 12 f. ^ 1^ ^•
24) die Irtreitfrage ob das Htipac die idee oder die Weltseele sdi n^ird
anderwälrtB (in der einleitung zur ttbersetsung des Phiiebos) ^eaproehen
werden. 25} Schaarschmidt a. o. s. 297. Aristot. metaph. 1 6 S. 98t ^'*
i
L« Georgii: die Schaarschmfdlflche kritik des Philebos. 307
liesz, hat der Philebosautor gekannt; er hat sie ab«r Hilsch benutzt, in-
dem er iv und äireipov nicht wie Piaton zu elementen der ideen , sou-
deili der materiellen dinge (!) macht/**) wo steht denn aber, dasz
nicht auch die idee sich nach dem Philebos aus dem €v und änet*
pov constitulert? findet ja d«ch der kritiker diese ansieht nachher selbst
im Philebos ausgesprochen.*^^ sodann, ist es denn wirklich unplatotiich,
dasz auch ffir das sehende, für das wovon man das prädicat des scins
braucht, das eins und das grenzlose gleichfalls als die constitoierenden
factoren bestimmt sind? nach Aristoteles gewis nicht, wenn er sagt,
Piaton habe die ideen als täntz TOk AXKoiC angesehen und daher ange-
nommen dasz die elemente, t& CTOtxcioi, der idee auch die elemente
alles seienden seien, was sind aber diese selbigen elemente der Ideen
und des seienden anderes als eben, dort und hier, das eins, d. h« die
grenze, das kleine und grosze, die zweiheit, das viele, d. h. das
grenzlose? wobei er dann noch wdter sagt *ans diesem, dem vielen
heraus gemSsz der teilnähme am eins seien die ideen dann die zahlen"*),
d. h. in dem durch teilnähme des tieien am eins gesetzten tritt die an
sich einzige idee als die zahl, als das mathematische, das vieliSUige
gleiche auf. in primitiver Verbindung constituiert aUo das eine ond
das grenzlose die idee; in secundSrer Verbindung constituiert die idee
als begrenzendes eins wieder mit dem grenziosen oder vielen das seiende,
indem durch teilnähme an dem eins der idee dem vielen die zahl beige-
setzt wird.**) bildet nun allerdings diese einfQhrung des (v und äirei-
pov in beiden Verbindungen, wie die frage welche modlflcatlon die
begriffe dabei annehmen, nech ein ungel^tes rSthsel, so hat eben Piaton
damit ein rithsel aufgegeben, das Wol umsonst der lösung harrt, ein
tmpltttonischer Widerspruch des Philebos aber mit der darstellung des
Aristoteles darf nicht angenommen noch gesagt werden , Piaton habe das
iv in metaphysischem sinn den dingen (richtiger dem seienden) abspre-
chen müssen.^) dasz der Verfasser des Philebos nicht auf nähere er-
örterung des Verhältnisses eingeht, liegt in der begrenzdng seiner auf-
gäbe, eine deductlon der Idee aus dem eins und dem grenzlosen hat mit
dem rangstreit des lebens der lust und der einsieht nichts zu thun. wol
aber scheint in dem dunkel der Aristotelischen sitze eben das aphoristi-
sche dunkel des Philebos sich zu reflectieren. unmöglich aber kann man
CS auch hiemach unplatonisch finden, dasz der Philebos die ideen hena-
den oder monaden nennt, wenn ihm die idee ctÖTÖ Iv 6caCT0v") war,
wie sie Piaton nach Aristoteles faszte.
Kaum glacklicher dörfte der einwend «ein, im Philebos sei der
gegensatz zwischen der grenze und dem unbegrenzten so absolut be-
stimmt, dasz er eine vei4)indung oder mischung beider begriflb aus-
- -
2B) tSchaarschmidta. o. s. 298. der äusdruek ^materielle dinge' ist
einfach unrichtig (s. nachher). 27) Schaarschmidt a. o, s. 804. vgl.
Philebos § 12 ff. 28) über diese vielbesprochene stelle vgl. Schwegler
metüphysik d. Arist. III s. 62 f. Zeller Plat. Studien s. 216. 262. 2^1 ff.
und pfail. der Gr. II 1 s. 4t5. 29) Arist. a. o. irapd täi updriMtra
irotf(cat. 30) Schaarschmidt a. o. s. 304. 31) ebd. s. 2M.
306 L Georgii: die Schaarschmidtsche kriUk des Philebos.
schliesze.^ es ist richtig, dasz der Philebos bei allem seienden, so weil
das nipac einUitl, das fitrcipov entweichen l&szt und dasz er beide be-
griffe als dvovTia faszt.") nur musz man dieses d^1rol€Tv, dqxtvKciv,
b^X^cOat usw. ja nicht als ein jeden moment eintretendes ge-
schehen nehmen, sondern als den au^ruck fär das logisdie Te^
halten des denkens zu den verschiedenen relationen des seienden, so
gehört die iust nach einer seite zu der gattung des grenzlosen, nach der
andern zu der des gemischten.*^} als Platonisch aber ist diese redeweise
vollständig z. b. durch den gebrauch legitimiert, den der Pliädon bei
besprechung des Verhaltens der entgegengesetzten ideen von derselben
macht.*) ebenso kann auch die Spannung des gegensatzes zwischen
ir^pac und äiT€tpov als Pktonisch nicht angefochten werden, wie
Schaarschmidt selbst zugibt, nur wenn nun gesagt wird dasz 'der
Platonische gegensatz beider begriffe, welcher ein in keine höhere eio-
heit auflösbarer, weil contradictorischer sei, eine misch ung beider
elemente ausschllesze'*'), so ist doch die erste frage, ob auch Platoo
die Sache so angesehen, ob er eine Verbindung solcher gegensStze fär
unmöglich gehalten habe, dieses ist aber keineswegs der fall, ausdrück-
lich hat ja Piaton aus der Verbindung des eins und der dyas, des inei-
pov schon die Idee, und sofort aus der Verbindung dieser als des eins
und des äiretpov das seiende sich constituieren lassen , wie Aristoteles
bezeugt, und im Phädon sind die sogar conträr entgegengesetzten ideen
des kleinen und groszen zu gleicher zeit in dem öinen Simmias vorhanden,
und ist derselbe, je nachdem er neben Sokrates oder Phädon sich stellt,
vermöge des hinzutretens der einen oder der andern idee baM grosz
bald klein. Platonisch ist die Verbindung und mischung der gegen-
sätze durchaus, eine andere frage ist es, ob der begriff derselben auf
dieser basis rationell, ob er logisch vollziehbar ist. das aber hat der
Philebos den Piaton verantworten zu lassen, ist eine Inconsequenz dabei«
so könnte sie dem dialog nicht gegen, sondern nur fflr seine legitimiUil
angerechnet werden, in der that handelt es sich bei dieser frage uro das
bekanntermaszen schwierigste problem der Platonischen philosophie , qid
das Verhältnis der idealweit zur sinnlichen erscheinung, besonders des
äireipov jener zum äireipov dieser, fflr dessen durchsichtige darstelluDg
dieselbe überhaupt keinen typus darbietet, der nicht widerspräche in
sich trüge, gewis aber ist *der dnalismus von idealer wirkiiciikeit und
materieller weit, auf welchem Piaton immer bestanden', nicht so scharf
und absolut zu fassen , dasz nicht die doctrin des Philebos von den vier
gattungen so gut wie jeder andere versuch der lösung jenes problenos
nahe zu kommen sich demselben eingliedern liesze.
Doch nicht genug: auch gegen den allherscher des Philebos, den
königlichen verstand und die seele des Zeus erhebt sich die frevle band
des kritischen Titan, um ihn aus dem olympischen familienkreise des
32) ebd. 8. 298 ff. 33) Philebos § 39 ff. s. 24<» f. 34) Philebos
§ 58. 59 s. 81. 35) Phädon s. 100 f. § 114 ff. 36) Schaarschmidt
a. 0. 8. 300.
L. Georgii : die Schaarschmldtsche kritik des Philebos. 309
göttlichen Piaton in die dankelheit namenloser unechtheit zu stflnen.
^onter der alria des Philebos' heiszt es ^steckt der voCc iTOir|nKÖc des
Aristoteles; nun welsz der Verfasser aus seinem Piaton, dasz es keinen
voöc ohne seele gibt; er gibt daher auch dem 6€foc VoCc des Zeus eine
königliche seele und nimt eine wellseele an. nehmen wir Hin beim wort,
so musz, da nach Piaton (in den gesetzen) die seele das llteste und ur-
sprünglichste ist, diese dem voOc vorhergehen und kann ihn nicht, wie im
Philebos doch behauptet wird, als aiiia vor sich haben; oder umgekehrt,
da nach seiner theorie die seelenbildung erst auf der Wirkung der alria
beruht und die seele dem gewordenen, fiiKTÖv T^oc, angehört, hat er
sich in Widerspruch mit jenem satze Piatons gestellt und kann er nicht
derselbe wie Piaton sein, da dieser die seele für ein ursprüngliches
hält."'] ein tiUnischer stosz. wo ist der XÖTOC &aTÖirX€ip ihn zu
parieren?
Vor allem ist zu sagen , dasz das ganze argument wörtlich auf den
Timft OS passt hier ist es der weltbildende gott, der um das beste zu
schaffen, seinem geschöpfe vemunfl zu geben beschlieszt und nun, da
unmöglich etwas ohne seele vemunft haben kann, vemunfl in einer seele
schaiTt und eine seele in einem körper und so das Universum bildet; die
seele der weit aber schuf er durch mischung des unteilbaren sichselbst-
gleichen imd des teilbaren werdenden als mittleres drittes.*^ die seele
ist also hier ein gewordenes, zusammengefügtes, gemischtes'*), dem
nicht nur der gott und seine vemunft, sondern auch jene zwei elemente
vorangehen; und da nun nach den gesetzen die seele das älteste untl
ursprünglichste Ist, so hat sich der Verfasser des Timftos in Widerspruch
mit Piaton gesetzt und kann er nicht derselbe wie Piaton sein; folglich
ist der Timäos — *halt, der Philebos, nicht der TimAos. dieser ist
eclit/ — gut, wagen wir den 6e<}T€poc irXoOc!
Dem Philebosautor ist aus seinem Pia ton, dem Timftos bekannt,
dasz es keinen voOc ohne seele gibt, gesetzt der Timlos sagte
dies und d^r Philebos hätte ihn auch so verstanden, was folgt daraus für
den gott des Timäos? notwendig, dasz er entweder vernunfüos wäre
oder auch schon eine seele hätte; und dasselbe ist von der airia des
Philebos zu sagen, beides ist nach beiden dialogen unstatthaft, beiden
die seele erst ein gewordenes, gemischtes; also beide widersprechen sich
selbst und dem Piaton der gesetze; also wie der Philebos, ist auch der
Timäos — Mialt, eöcTOfl* l%€\ der Philebos ist unecht, nicht der Timäos.'
Abo die dritte band ! steht denn im Timäos und Philebos, es g e b e
keinen voOc ohne seele? jener sagt, dasz vemunfl in etwas, einem Tt
unmöglich vorhanden, damit verbunden sei (iraporev^cOat Tt|i) ohne eine
seele ; der Philebos, Weisheit und Vernunft werdenniejemals (oÖK fiv
7rOT€ T^oicOnv) ohne seele. es handelt sich also hier nur um die Ver-
nunft, wie sie dem weltganzen innewohnt^), nicht um die absolute ver-
S7} Scbaarschmidt a. o. s. 800, vgl. Philebos § ÖO ff. s. 28« f. Timäoe
8. 90K gesetse IX s. 892« ff. 88) Timäos s. 28 ff. 89) Timttoa s. 85. 86.
40) vgl. ZeUer phiL der Or. II 1 s. 464, 2.
910 ' L. Gaorgu : die S^aarscbmidtsche kritik des PhUebos.
niuift, die cdfria beider dialoge, sondern iubd die veraonCt im complex
des geworde«eo, ip dem sie olme das gemisdite wese« einer seele ud-
deakiiar ist, die aiisoiate vemunfl ist durcii jenen saU niclil gehindert
im Piiilebos als ureaote« im TiiMos als d^r gott vor allem werden, aller
sealenbilduDg, aller erseheinuikg, selbst ohne seele« voranzugehee« beide
widerapreohen sich also nicht,
Aber die gesetzel aie erklären die seele für das älteste mid ur«
sprfinglichste ^ und setsen wir bin^u^ aoch der Timäos, der i^iner
sedenbUdung aosdrtleklicb die Verwahrung der prioritlt der seele, ibrcs
alterrecbts yoransebiek^ gewia, der prioriut. aber nur vor dem — ur-
kArper und allem körperliclieQ, und in den gesetzen? niehts anderes
als daas die seele und was zur aeele gebort, vors^f^Uung, dberlegung,
verstand^ kiuisl« geseta Alter ist als der — kör per und was zum kör-
per gehört, als die natur, die elemente usw. dafür dasz die si^e 4^
absolut ursprüngliche, erste, älleste sei, dasz sie Piaton amcb vorder
ursSehlicben Vernunft oder dem nach vernünftigen, besten zwecken schif-
fenden gott, der in der aMa des Pbilebos vor allem steckt, voran-
gehen lasse, enthält die stelle auch nicht den mindesten anhaltspuDcU
und so wäre auch dieser einwand in der Uiat unbegröndeL
Doch lassen wir uns aus dieser olympischen höhe auf den bodeo der
Wirklichkeit, des realen «eins hernieder: wie steht es da mit deni Phü^'
hos? natOrlich alles schief, ungesund, falsch. *wo von den metaphysi-
schen Potenzen die rede ist, wird das sein und das seiende vom PhÜehos-
autor stets im gewöhnlichen realistischen und onplatenischen
sfaine genommen, wie wenn von Td del Xerö^ieva elvai und t&vOv
dvra die rede ist, nicht aber als idee-'^O ^^^ damit gemeint ist, ist nicht
recht klar; Platonisch wird man sich wol so nicht auadrCIck^n können:
'das seiende als idee betrachten', auaier so weit es der Phüebos thui,
der gar sehr auf die ermiltlung des ideellen momenls im seienden dringt.
ebenso ist nicht verständlich , was es mit dem gemeinen realismus da
Philebos im unterschied von dem realismus Piatons für eine bewandtnis
haben soll, nach der art, wie dabei Aristotelische formein angefülirt
werden f das Tr^pac sei das elboc oder tö ti f^v elvai, das gemischK^
sein die cüvoXoc oiiicta, ebenso das Td Xetöf^eva cTvai^), ist wol die
meinung, der Philebos stehe nicht so wol auf Platonischem als auf Aristo-
telischem standpunct, nach welchem die oöcia nicht irgend allgemeines,
sondern das einzelwesen, das idbe Tl ist, und eine stütze derselben
scheint darin gefunden zu werden 9 dasz die idee im Philebos als im
seienden enthalten^} dargestellt werde, allein wenn auch nach sei-
nem umfang das Philebiscbe jüitKTÖV T^VOC immerbin dem durch die
oöda und das eTboc, die form, sich constituierenden cuvoXov d?s Aris-
toteles entspricht, gehen doch beide begriffe völlig aus einander, das
wesen, die oöda des seienden ist aucli im Philebos durchaus allgemei-
nes, die idee, die ochsheit, das schöne an sich, das diretpov hier ebenso
41) Schaarschmidt o. o. s. 297. 42) Philebos g 18 s. 16.
43) Schaarschmidt a. o. s. 808: £Opr|^€iv t^P ^oOcav.
h. Georgit: diQ^Seha^raohiaMlUciie MÜk des niiM)o& 311
negaliv als düe {jXt| bei Aristoteles positiv, das den ideeogehall, die otjda
herhelbringeade f diei genieinachaft der Idee bedingende n^poc des Phile-
bos ebenso ni«(eriak3 princip, als das cTboc des Aristoteles rein formales,
von ^materiellen dingen' aber konnte weder Platon eigentiieb »oeb
aueb der PbüebossatQr non den besAglen grundbegrifito ans reden, jeden-
falls ktno da» *von dem immer gesagt wird dasi es sei', was als Td
vOv dvra beEeiobnet wird, nicbi mit ^materiellen dingen' Identificlert
werden» dennocb ist in der beatimmung d^s verblltniasea awtschen dem
seienden und den ideen einiger unterschied awisohen dem Philebua und
anderen dlaiogen, sofern das dvcTvoi der allgemeinen begriffe als ein
eins, swei dns, drei eins, als itröco, bestimmte zabl^) ein auadmck ist
fi&r die paruate oder geweinsobaft der I4ee, wdcher eine Innigkeit der
Verbindung ausspficht, wie sie sonst nicht wol voUsogen ist, und man
k&BAte fragen, ob niciit hier eine spur der von Platon spAter versuebten
einaehiebung des mathemaljsehen als eines mittleren zwischen idee und
erseheinung vorliege, daa sonst der idee gidch niobt wie diese ein einzi-
ges, aondern ehi mehrAltiges gleiches ist, eines veraucbs Platona aelhit,
dem von Aristoteles sUts gerügten, in der beatimmung der ideen als
odciai x*tiptCTa{ gelegenen maagel seiner lehre abzuhelfen und mittels
der aaU die idee ak Iv im iroXXtÜhi darstellbar zu machen, eine an*
naherung an die doctrin des Aristoteles ist dieses nur scheinbar: prio-
G^iell sind beide lehren doch verschieden, dasz auch dieae einsetsHng
der zahl urrationell ist und die aporie der ideenlebre nur hinausschiebt;
nicht beseitigt, dasz nach dieser lehre Platon nur ein wQiterea prineip,
neben den ideen die idealzahlen einführen muste, thutdem Platoniaoben
Charakter des philoaophems keinen eintrag* jedeofalls wie die sahl im
seienden mit dem iripoc gesetzt ist, ist dieselbe kein *nacb der band'
erzeugtes^} des if^pc^c, wie Aristoteles wieder bündig sagt, Platon habe
wie die Pytbagoreer die zahlen als wesensgrund ffir das ftbrige (airiouc
TOtc dXXotc Tfic oöciac) bestimmt^), also derselben sieb keineswegs nur
als erklArungsmittel der höchsten metapbyslioheo prineipien bedient.^}
Natürlich wird auch der dialektik^ des Philehos ^lerbung de-
cretierL sie sei nichts als eine auf geoiein realistischer grundlage
vor sich gehende analyse der ^materiellen dinge', das objeei der dlalek-
tiacben unteraudtung ist ja aber ausdrücklich daa eins, die gattunga- und
artbegriffe, der ideale gehalt des seienden, das empirische seiende bildet
allerdings das material hier wie im Pbädros^^}, wo diQ dialektissbe arbeit,
sofern sie analyse ist, es keineswegs mit ^bereits verarbeitetem gedanken-
gehali', sondern mit dem empirischen material der rede, den reden, den
seelenbeschaffenbeiten zu thun hat, wie hinwiederum im Phllebos das
synthetische verfahren durchaus nicht vergessen ist.^)
Doch, wie gesagt, alle dieae unteravcbungfu betreffen nur Vorfragen
I II !■ I I
" 44) Pbilebos a. c; vgl. ferner die behandlang der beispiele der
mneik, grammatik nsw. 46) Schaarschmidt s. o. a. 801 n. ö, Pbilebos
§ 40 8. t4 f, 4Ü) Arist. met. I 6. 47) Bcbaarsobmidt a. o. a. 298.
aOl. 48) ebd. s. 801. 303 f. 49) Pb^droe § 106 f. a. 264 f.
60) PhUeboa § la« ^. 49 s. 16. 18. 26.
312 L. Gcorgü: die SciiaarachmidUrfac krilü des Pfaild>os.
des Phflebos, docihneo die in diesem dialog nicht sweck sind, sondern
mehr oder weniger als fertige beweismittd sohaidiir beigdimdit werdes.
treten wir Oher auf das gebiet da* praktischen fragen, deren lösnng das
eigentliche proldem des dialogs ausmacht
Dasz der kritiker seine kritische lost auch an dar lostlehre des
Pfaildios bfiszen werde, ist som Toraus anmnehmen. findet er es doch
sogleich Terwondersaffl**), wie Piaton nach den erortemngen des Gor-
gias and Protagoras diesen gegenständ noch einmal in einem besondero
dialog behandelt haben sollte, aber wie, dasz er in der repnblik gar
noch einmal daraof zurückkommt? — Um aus dem gedränge der ^
machten aussteUnngen einzelnes herauszunehmen, so soll die Phllebische
lostlehre onplatonisch sein, weil sie nicht über den begriff der sinn-
lichen lost, sowie fiber den gegensatz der lost und Weisheit'*) hin-
auskomme, wahrend Piaton im Staat den gegensatz in dem begriff einer
die Weisheit stets begleitenden intellectuellen lost aufhebe, deren hohe
der Philebos nicht zu erreichen vermöge.^ allein den gegensatz bitte ja
der Philebos mit dem Gorgias und Protagoras gemein, und es wären auch
diese folgerichtig darauf anzusehen^), wie sie in unplatonischem Wider-
spruch mit der lehre der republik stehen, ja noch viel strenger, da der
Philebos recht eigentlich die aufhebung des gegensatzes zum zweck
hat, die doch nur indirect in jener stelle des Staats gefunden werden
kann, es werden nemlich daselbst die lustgefühle, welche die befriedi-
^ung der gewinnsuch t, ehrsuch t gewährt, mit der Inst des philosopben
verglichen, um diese als die grössere, reinere, wahrere zu erweisen.
Im Philebos aber ist die ganze struclur der Untersuchung daraufgerichtet,
jenen gegensalz aufzuheben in der darstellung des höchsten mensch-
iichen lebensgutes, des gemischten lebens. und wie er nun redet von
einer mit dem weisesem selbst verbundenen lust, von der ideotit&tder
wahren und frommen lust, von den nicht relativ sondern an sicli schönen
formen, den mit denselben zusammengewachsenen eigenen lustgeffihien,
dann von den mit den kenntnissen naturgemäsz verknöpften, nur wenigen
errelclibaren , wie er redet von der Verwandtschaft, in der die wah-
ren und reinen, an gesundheit, besonnenheit haftenden, die der lugend
wie einer gotlheil stets folgenden lustgefühle mit der Vernunft und
einsieht stehen — kann man doch billiger weise nicht sagen, der Philebos
kenne die intellectuelle lust nicht, 'andere als sinnliche löste kenne er loa
gründe nicht', ja, hat nicht die misch ung der sämtlichen Wissens-
zweige mit den reinen und wahren luslgeföhlen gerade den sinn, dasz
das geföhl der lust als natörliche 'consequenz oder integrierender he-
standleil der vernönftigkeil selbsl' bezeichnet, ^werden soU?^) und dasi
nun diese sittliche und geistige lust nkhi als besonderes gut in der göter
lafel aufgeführt ist, erklärt sich ja ganz natürlich daraus, dasz dieselbe
mit der q>pöviictc, der lugend, den erkenntnissen zusammengewachsen
51) Bchaarsohmidt a. o. s. 807. 52) ebd. s. 813. 314. 817.
58) ebd. s. 808. 814. Plat. rep. IX 586 f. 54) Schaarsohmidt ft. »•
814. 55) Tgl. FhUebos § 5. 84. 115 f. 118. 152. 146 ff.
L. Georgil : die Schaarschmidtsclie kritik des Phflebos. 313
(gii|LiqpUTOi, olKeiat), also in den vier ersten gütern einbegriffen ist,
während die den Wahrnehmungen folgenden ungemischten gefQhle der
seele als besondere* psychische momente das fflnfle , weniger werlhe gut
bilden, d. h. denjenigen teil des lustgebietes der hedoniker, der noch
relativ als gut gelten kann.
Mit unrecht wird dem Philebos auch als unplatonisch angerechnet,
dasz er die einteilung der lust, die der Staat für seine Staatstheorie zu
gründe legt, nicht anwende.^} für die allgemeine Untersuchung des
Philebos war sie nicht geboten, obgleich nicht zu leugnen ist, dasz der-
selben im einzelnen mehr schärfe zu wünschen wäre, nur unplatonisch
ist seine lustlehre darum nicht, weil sie nicht in allem die des Staats aus-
schreibt, so wenig als die des Protagoras oder Gorgias. die art z. b.
wie der unterschied der wahren und unwahren lust zu tode gequält wird
u. a. m. läszt vieles vermissen, aber unplatonisch ist sie nicht, und für
die einzelnen formen der lust, die unterschieden werden, fehlt es nicht an
parallelen, selbst z. b. die gerüche betreffend.") seltsam ist die annähme,
der Philebos bezeichne die lust nicht als K{vrictc, sondern als Y^vecic,
weil dieser ausdruck 'weniger materialistisch sei und gegen jenen Aristo-
teles sich so ausdrücklich erklärt habe'. Aristoteles aber erklärt sich auch
gegen diesen*^), und zudem sind beide ausdrücke nicht synonym, be-
wegung ist die lust der hedoniker; die welche sie als t^vecic bezeich-
nen , ihr das sein absprechen, sind im Philebos nicht die hedoniker. end-
lich, wenn der Philebos von gewissen formen, figuren, tonen sagt, sie
seien nicht relativ, sondern an sich schön, so kann doch mit recht darin
niemand den sinn finden, er lasse das *an sich schöne', die wesent-
liche idee des schönen damit in die sinnliche erscheinung treten. **)
Sofort läszt aber auch die erkenntnis des Philebos manches zu
wünschen übrig, schon die definition der q>p6vricic, nach der dieselbe
das gesamte geistesleben und erkennen in sich befaszt, kenne der histo-
rische Sokrates nicht. ^) aber hat es denn der Philebos mit dem histo-
rischen Sokrates zu thun? richtiger ist der tadel der confusen art,
wie der Philebos die }ivimr\ und die ävdjLiVTicic behandelt.*') dagegen
wie er die 9p6vTiac später zerlegt und den einzelnen disciplinen je das
ihnen zugehörige gebiet der arbeit, der geistesbildung usw. zuteilt, dürfte
der Vorwurf nicht begründet sein, es werde nicht gezeigt, worin und
wie die erkenntnis zur erscheinung komme.*)
Schwerer als diese kleinen puncto aber wiegt die anklage, dasz der
anzügliche ansprach der qppövr|CtC, das gute zu sein, nicht widerlegt,
der ^lKTÖC ß(oc also ohne beweis eingeführt werde, und in der that
blickt aus mehreren stellen des dialogs immer wieder die ansieht durch,
dasz das eigentlich beste, ja göttliche leben doch das der reinen einsieht
56) Schaarschmidt a. o. s. 814 vgl. 808. 67) ebd. 8. 810 f.; vgl.
Plat. rep. IX s. 583 ff. 68) Schaarschmidt a. o. s. 810. vgl. Arist.
Nik. ethik YH 13. X 2. Philebos § 122 f. s. 63 f. 69) Schaarschmidt
a. o. B. 318 f. Philebos § 116 ff. s. 61 f. 60) Schaarschmidt a. o.
0. 316. vgl. Philebos § 16. 162. 61) Schaarschmidt a. o. s. 293 f.
vgl. Philebos § 66. 62) Schaarschmidt a. o. s. 287.
J«hrbach«r ftkr eUif. phUoI. 1S6S hft. 6. '21
314 L. G€orgii: die Schaarschmidlsche kritik des Philebos.
sei.**) alieio ist hier wirklich ein mangel vorbanden, so isl das Plato-
nische recht desselben artig legitimiert durch eine gerade in dieser frage
sprechende parallele des — Protagons, die negation des anspruchs der
q>pöVT]Cic auf den ersten rang wird im Phüebos dem Protarchos aus-
drücklich nur als concession zugestanden, um die Untersuchung weiter
zu fflhren und im gemischten leben der vemunft ihr Vorzugsrecht desto
gewisser zu sichern, ganz wie im Protagoras Sokrates dem sopbisten
sogar so weit sich anbequemt, dasz er die lust selbst als das gute sich
gefallen iSszt, ohne den mindesten beweis dafür zu geben, und zwar zu
welchem zwecke? nun, nach der oben besprochenen auffassung zu kei-
nem andern zwecke, als um — das gemischte leben des Aristoteles
zu deducieren. gewis ewe parallele, die den Philebos in den äugen des
kritikers vollständig justificiert. indessen dasz der auf die basis der
groszen Untersuchung Aber die vier gattungen gegründete
und an den drei merkmalen des guten eingehend nachge-
messene höhere werth des gemischten lebens der begrfindung ent-
behre, kann unbefangen nicht gesagt werden, auch in der republik
übrigens ist die Verneinung des anspruchs der q>pöviictc, allein das gute
zu sein , ohne weiteren beweis ausgesprochen, denn die hinweisung auf
den abstract formalen Charakter der (pp6vr)Ctc, wie sie die republik for-
muliert, ist kaum mehr ein beweis zu nennen, als wie sie im Philebos
gehalten ist.**)
Dieses führt auf die vielbesprochene frage über den begrilT und das
wesen des guten im Philebos , und die Schwierigkeit weiche man in der
scheinbaren confusion der frage über das absolut höchste gut und der
über das höchste menschliche lebensgut, die der schlusz des dialogs ent-
halten soll, findet, kann nicht verfehlen den schlusz zu unterbreiten
Masz der Verfasser des dialogs eben nicht Piaton sei, sondern ein anderer,
der auch hierbei dinge zusammen wirrt, die Piaton sehr wol aus einander
zu halten weisz'.**) dasz sich der Philebos einer solchen confusion nicht
schuldig gemacht hat, ergibt sich, wie anderwärts zu zeigen ist, aus
einer folgerichtigen auffassung der schluszverhandlung des dialogs, welche
die Identität der beiden bauptdarstellungen der bestandteile des mensch-
lichen lebensguts, nach welchen in ganz gleicher terminologie dieselben
zuerst als kriterien der mischung, dann als besitztümer der seele
auftreten, anzuerkennen kaum sich weigern dürfte, die darstellnngen des
Staats und des Philebos bilden , wie in noch manch anderer frage , so in
der über das wesen des guten, parallelen die sich ergänzen, nicht wider-
sprechen, beide gehen von der ablehnung der doctrinen, welche das gute
in die abstracto Tust oder In die abstracto (ppövricic setzen, d. h. der
moralprincipien der kyrenaischen und der megarischen schule aus. die
viel bewunderte. Platonisch schwülstige und überschwängliche exposition
des Staats entwickelt sofort die objective, substantielle idee des höchsten
gutes , eine exposition deren zweck in dem bloszen nach weis der einzig
63) ebd. 8. 286. 64) Plat. rep. VI s. 605 ff. vgl. Philebos § 33.
'^i. 66) Schaaraohmidt a, o. s. 806.
L. Georgii: die Schaarschmidtsche krilik des Philebos. 315
wahren, der intellectuellen lust zu suchen^) doch eine zu beschrAnkle
auffassung ist. wollte man an dieselbe die frage stellen , wie sich von
dieser ndiulosen Idee ans das höchste menschliche lebensgut constituie-
ren würde, so könnte dasselbe sicher nur, wie Schaarschmidt schön und
bündig es ausdrückt*^, in der ^persönlich gewordenen Wissenschaft, der
q)pövT)Cic' gefunden werden, welche den Zusammenhang mit der ideal-
weit, innere Übereinstimmung und schöne Vollendung des lebens, und
die durch keinen schein getrübte dialektische kraft bedingt, d. h. die drei
ersten momente der güterscala des Philebos, masz, Symmetrie und Wahr-
heit in sich trägt, dasz der Philebos das gute zwar nicht im sinne der
späteren etliik, sondern im sinne und geiste Piatons durchaus als moral-
princip, als die subjective auf der gemeinschafl (xoivwvia) jener objec-
liven idee beruhende, in jenen drei momenten oder besitztümem sub-
jectiv sich manifestierende disposition (biäOecic, £Sic) der seele faszt
und die entwicklung dieses gutes die alleinige aufgäbe des dialogs ist,
ist ebenso unumslöszlich, als die substantielle idee des guten, wie sie die
republik exponiert, nie und nimmer ein besitztum der seele genannt wer-
den kann.
Anders verhält es sich nun allerdings mit den *discrepanzen' des
Philebos , welche die formseite des dialogs , die composition des ganzen,
die Charakteristik der personen, die scenische ausstattung, die führung
uud handhabung der gesprächsform , manche weise des sprachlichen aus-
drucks betreffen, es ist nicht in abrede zu ziehen, dasz die innere con-
struction nach ihrer folgerichtig keit zwar, mit Schleiermacher zu reden,
den dialog den kemgesprächen Piatons nahe genug stellt, aber ebenso
wenig, dasz die disposition, das skelett der Untersuchung, auf eine allzu
dürre und nackte weise sich blosz legt, des dramatischen und scenischen
apparats, wie ihn andere gröszere dialoge Piatons aufzuweisen haben,
gar zu sehr entkleidet ist, dasz die Zeichnung des Sokrates wie der beiden
mitredenden personen farblos und einförmig erscheint, dasz der dialog
durch künstliches dehnen und spreizen hin und wieder sich nur verzwun-
gen zu beleben sucht, so dasz Schleiermacher mit vollem rechte die
äuszere behandlung etwas vernachlässigt nennt und bemerkt, der Philebos
gewähre von dieser seite keinen so reinen genusz als die meisten Plato-
nischen werke, die versuche Steinharts und anderer, diese schwächen
und blöszen des Philebos durch ausmalen der Charaktere der drei perso-
nen möglichst zu vertuschen, die magere und schmucklose form teils
als für den speculativen und dialektischen Inhalt notwendig darzustellen,
teils durch auffinden besonderer zfige künstlerischer Schönheit in abrede
zu ziehen, oder gar dem dialog mit Socher den schmuck aller Platoni-
schen grazien zuzuerkennen, sind gewis ebenso unrichtig und in ihrer
art ebenso tendentiös wie die bemühungen Schaarschmidts denselben
im Interesse seiner unechterklärung auch in dieser beziehung noch recht
schlecht zu machen, man kann nichts dagegen sagen, wenn der Sokrates
des Philebos ein dooent genannt wird, in dessen haupte nach Schleier-
66) ebd. s. 809. 67) ebd. s. 308.
21 •
316 L. Georgü: die Schaarschmidtsche kritik des Pbilebos.
macbers ausdruck das ganze fertig liege und mil der ganzen Persönlich-
keit und Willkür einer zusammenhängenden rede heraustrete , und wenn
versichert wird, dasz dieser Sokrales aus einer fremden, kaileu höhe
herab das ethische problem theoretisch erdrlere, und bei ihm die ab-
Wesenheit all und jeder ethischen wärme befremde , so wird es eben auf
das thermometer ankommen, das man anlegt, mit unrecht dagegen wird
derselbe beschuldigt , dasz er sich selbst als Vertreter des echt Sokratl-
sehen satzes, das wissen oder besser die Weisheit sei das höchste gut,
einfahre , nur um alsbald selbst diese einseitige parteiansicht zu wide^
legen, während der Platonische Sokrates zwar vielfach ein anderer als
der historische, aber aus diesem gleichsam hervor und emporgewachsen
sei, niemals aber mit ihm in Widerspruch als widerleger erscheine, allein
darf man es mit dem Oblichen satze von dem gleichsam hervorgewachsen-
sein des Platonischen aus dem hbtorischen Sokrates doch nicht zu wört-
lich nehmen , wenn man an die ideen , die weltseele , den Eros u. a. m.
hei Piaton denkt, so hat es auch mit dem widerlegen und widersprechen
desselben im Pbilebos nicht allzu viel auf sich, dasz er jenen satz nicht
widerlege, wird gleich nachher ihm zum Vorwurf gemacht, und dann ist
derselbe ja doch nicht eigentlich ein satz des historischen Sokra-
tes, sondern des Megarikers Eukleides, und unter die kO|1h;6t€P01i
welche der Staat als Vertreter desselben auffuhrt, zählt Sokrates gewis
sich selbst nicht mit. auch die deGnition der <ppovTlcic im Pbilebos ist
gar nicht Sokratisch. endlich tritt Sokrates gegen die lust auch eigent-
lich nicht mit dem satze auf, die q>p6vTictc sei das gute, sondern sie
sei nur ein höheres gut, ohne von anfang an die möglichkeit auszu-
schlieszen , dasz es ein drittes noch höheres gut gebe, ein Widerspruch
ist also nicht vorhanden, und wenigstens auf diese Instanz hin, so groszes
geviicht darauf gelegt wird, kann der Sokrates des Philebos nicht als eid-
zeuge gegen dessen ehrliche geburt aufgerufen werden.
Und was dem docenten Sokrates nicht gelingt, dürfte dem kraft-
und saftlosen Protarchos schwerlich zuzutrauen sein, derselbe ist zwar
allerdings als ziemlich borniert gezeichnet und hat durchaus nichts von
der schroffen consequenz, in welcher der Kallikles des Gorgias den bedo-
nismus repräsentiert, aliein weit gefehlt dasz darauf ein zweifei an der
echlhelt des dialogs, des ganzen Philebos gegründet werden könnte, ist
man nicht einmal berechtigt die figur dieses hedonikers mit seinen coo-
cessionen als eine verzeichnete zu verurteilen, die darstellung der kyre-
naischen doctrin, welche Laertios Diogenes gibt, besonders zusammen-
genommen mit den Philebischen notizen, weist unzweideutig darauf hin,
dasz diese schule wol schon damals in formen von ungleicher Straffheit
entwickelt wurde , und wenn denn doch selbst in der Zeichnung des ein-
silbigen Philebos sich züge darbieten, in welchen etwas von dem
schroffen Kallikles zu spüren ist, so hatte Piaton oder der Verfasser des
Philebos eben wol seine gründe, warum er diese species von hedonikem
dieses mal in ruhe lassen und seine gedanken lieber an der andern, mil-
dern art auszufahren beschlosz. die differeuz der charakterzeichnung
könnte höchstens als eine gewährschaft der Selbständigkeit der concep-
L. Georgii: die Schaarschmidtsche kritik des Phllebos. 317
lion beider figuren aufgefaszt werden, und ein nacbahmer, ein epigone
hätte dieselbe gewis gerade zu vermeiden gesucht.
lu der that aber überschreitet das masz des erlaubten die art, wie
die kritik an die darstellung der innern construction und des gedankenzu-
sammenhangs eines von vielen bewanderten denkmals der allen lilteratur
herantritt, das ein competenter kriliker gerade in dieser beziehung den
kemgesprSchen Piatons beizAhlt, ein anderer wegen der strengen, conse-
quenten gedankenentwicklung hoch rühmt, es ist doch gar zu viel tendenz
in der art, wie die Charakterisierung des in seinen hauplzügen geordne-
ten gedankenlaufs des Pbilebos mit dem prfljudiz baarer gedankenlosigkeit,
Unklarheit, Planlosigkeit aufgenommen wird, wie sie denselben als ein
zerstückeltes couvolut von aus einander fallenden sfttzen und aufslellun-
gen verschüttet, wie sie demgemSsz schildert, zuerst werde über das
eins und das viele geredet, dann werde die dialektik als ein himmlisches
geschenk gepriesen, dann werde dieser billigen Weisheit doch wieder
nicht nachgegangen, dann werde dieses behauptet, dann heisze es trotz-
dem wieder ganz anders , dann werden am ende noch ganz andere dinge
beigebracht usw. es wäre fürwahr nicht schwer, durch diese sehr ^bil-
lige' art der darstellung selbst das berlichste Platonische Schriftwerk, das
Symposion oder die republik, zum elendesten, planlosesten machwerk
herunterzureiszen. keine frage ist es, auf welcher seite das gröszere
verdienst der arbeit liegt, ob auf seite der redlichen bemühungen der
Interpreten, dem Schriftsteller durch den versuch die ^Schwierigkeiten'
zu lösen gerecht zu werden , oder auf seite dieser desultorischen manier
der darstellung , welche die vorhandenen Schwierigkeiten nur zu schrau*
ben, überall nicht vorhandene aufzustören und die erklärungsversuche
als ^bemäntelnde klügeleien' zu behandeln sucht.
Durchaus ohne boden und ganz nur subjective geschmackssacbe ist
eine reihe von kleinlichen ausstellungen, wie sie besonders am Schlüsse
der kritik aufgeführt werden, nur als belege dieser die ironische art Pla-
tonischer Sprechweise ganz verkennenden bemerkungen sei hier auf die
gewis ^billige' entdeckung verwiesen, dasz der Pbilebos in der klimax,
nach welcher ein leben ohne alle lust oder ohne alle einsieht erst für
niemand, dann weder irgend für menschen noch für tbiere, endlich
sogar weder für alle pflanzen noch für lebende wesen wähleuswerth sei,
*auch den pflanzen die wähl ihrer lebensweise anheimstell6\ hierher
gehört ferner der anstosz , der an der bezeichnung der mit unlust nicht
verbundeneu gerüche als einer ^minder göttlichen art' von lustgefühlen,
an dem auftreten der ochsen, pferde und übrigen tbiere für das recht
der lust, an dem werte des Sokrates, er wolle die lust beruhen lassen,
um ihr nicht unlust zu bereiten u. a. m. genommen wird.*^) es läszt sich
hier nur sagen, dasz andere die bezeichneten steUen anders ansehen.
Nimt man das ganze material dieser kritik zusammen und bedenkt
man noch dazu, dasz der Philebosautor dabei den Piaton erst noch gründ-
68) Scbaarschmidt a. o. s. 285. 307 anm. 803. 282. 320 ff. vgl. Pbi-
lebos § 83 f. 22. § 35 8. 23. § 117 s. 51. § 162 0. 67.
318 L. Georgii: die Schaarschmidtsche kriük des Phflebos.
lieh studiert, alle Schriften desselben vom Protagoras bis zu den gesetzen
und auszerdem des Aristoteles abhandlung über die lust im zehnten buche
der Niliomachischen ethilL vor sich gehabt, überhaupt den Aristoteles wol
gei£annt und, wenn auch recht ungeschiclct, benützt hat, so Icann man
jedenfalls die geschicklichkeit nicht genug bewundern, mit welcher der-
selbe es angriff, seine beispiellose ungeschickiichlieit im fälschen so ofTca
und doch zugleich so darzulegen, dasz sie zweitausend jähre lang nie-
mand bemerkt hat,
ni: DIE BERECHTIGUNO AUF SOLCHE WIDERSPRÜCHE DEN
SCHLUSZ DER UNECHTHEIT ZU GRÜNDEN.
Der werth und nutzen solcher kritischen Untersuchungen, die, so
zu sagen, die vergleichende anatomie des corpus Platonicum zur auf-
gäbe haben, ist keineswegs zu unterschätzen, auch sind dieselben, in
negativer richtung angestellt, wobei es auf möglichst scharfe hervor-
hebung der differenzen abgesehen ist, ungleich höher anzuschlagen als
jene nivellierenden darstellungen , welche die vorhandenen ecken und
kanten wenn auch noch so geistreich auszupolstern, die Ificken und
schwächen zu verkleistern versuchen, die Steinhartsche kritik, wie sie
die differenzen, welche die vergleichung darbietet, nur immer zu höheren
Offenbarungen des Platonischen geistes ausglättet, erinnert zumal in ihrer
edlen spräche sehr an jenen jLieXiTilpuc ''AbpacTOC des Phädros, der
nur die fruchtbare bemerkung des sophistes nicht genug beachtet, TÖv
dc9aXfi b€i TtdvTUJV iJiäXiCTa TT€p\ xac öjuoiöniTac del noieicOai ttiv
9uXaKfiV. man könnte sagen , ihre schönen, mit lust zu lesenden, geist-
vollen ergieszungen seien aus jener honigquelle des Philebos geschöpft,
während die negativen auslassungen der Schaarschmidtschen kritik etwas
von dem herben , frischen bitterwasser der zweiten quelle in sich haben,
das jedenfalls eine gewisse purgierende Wirkung nicht verfehlen kann.
Was aber nun die frage betrifft, ob und wie weit diese innere kritik
die mittel besitze oder beschaffen könne, das probiere der auüienlie Pla-
tonischer Schriften endgültig von sich aus zu lösen, so musz dieselbe
entschieden verneint werden, die echtheitsfrage ist durchaus sache der
historischen kritik. es handelt sich dabei um ein factum, um die ge-
schichtliche Ihatsache, dasz dieses schriftstellerische individuum Plalon
diese schrift verfaszt oder nicht verfaszt habe, eine thatsache die nur auf
der unterläge einer sichern historischen tradition mit Sicherheit festge-
stellt werden kann, entscheidend können hier nur objective beweis-
gründe sein, wie sie sich ergeben teils aus unzweifelhaften directen
beziehungen der Platonischen schriflen auf einander, welche die annähme
der identität des Verfassers involvieren, wie sich z. b. in der republiit
stellen finden, die sichtbar auf den Philebos zurückweisen, teils und be-
sonders aus den Zeugnissen anderer Schriftsteller, deren competenz um
so fester steht, je näher sie dem kreise des lebens und schriftstellerischen
Wirkens Piatons stehen , und je mehr die auf denselben beruhende tradi-
tion den Charakter der übereinstiounung behauptet, in dieser liinsicht
L. Georgii: die Schaarschmidtsche kriük des Philebos. S19
stellt das zeugnis des Aristoteles in dem citat der Nikomachfschen etbik,
das nur im Philebos sich findet, und das ohne zweifei der übereinstim-
menden tradition der dlten litteratur zu gründe liegt , die authentie des
Philebos nicht nur über alle anfechtung fest, sondern auch die übrigen
stellen jener schrift, in welchen Philebische sStze und ansichtcn kritisch
besprochen werden, wie über die lust als werden und bewegung, über
die unlustfreieu gefühle, die mathematische lust, die gerüche, über das
mehr und minder der lust usw. gewinnen erst dadurch ihre Beziehung,
sind teile einer kritik , in der Aristoteles die lustlehre des Philebos mit
berücksichtigt, dieses objective fundament , auf welchem die Platonische
abfassung des Philebos beruht, könnte nur erschüttert werden, wenn
das zehnte buch der Aristotelischen ethik als unecht erwiesen werden
könnte, den experimenten der Innern kritik kann dieses nicht gelingen,
einmal weil ihnen die logische kraft abgeht, das objective factum
der Verfasserschaft eines buchs zu constatieren ,
sodann weil sie zumeist dem gebiete der unberechenbaren sub-
jectivität angehören.
In ersterer hinsieht ist die arbeit dieser art von kritik in der that dem
thun des haruspex zu vergleichen , welcher nach gewissen kanonischen
regeln aus den eingeweiden der thiere ein factum divlnieren will, das mit
seinen Wahrnehmungen in keinerlei beziehung steht, den kanon , nacli
welchem die einge weide einer schrift besiehen werden, bildet, wenn es
correct ist, das Platonische form- und gedankenideal, das aus einer ge-
wissen, als unzweifelhaft echt anerkannten anzahl Platonischer Schriften
construiert und nach allen in betracht kommenden fragepunclen fest
normiert sein müste, um es als kritisches masz zu gebrauchen, meistens
wird freilich dieses correcte verfahren nicht eingehalten, und auch die
Schaarschmidtsche kritik des Philebos geht weil mehr so zu werke , dasz
ein aggregal verschiedener stellen und züge des Philebos aufgegrilfeu
und sofort gezeigt wird, wie hier ein dictum, ein charakterzug, eine
doclrin mit einer stelle des Protagoras, dort mit einer des Gorgias, hier
mit einer der republik, dort mit einer der gesetze nicht harmoniere, und
nun wird geschlossen: die lusllehre des Protagoras ist eine andere als
die des Philebos, also ist der Philebos unecht, oder: der hedonismus des
Kallikles im Gorgias ist ein anderer als der des Protarchos im Philebos,
also ist der Philebos unecht ; oder: der aufwand des dramatischen, mimi-
schen, scenischen im Phädros, Symposion usw. ist im Philebos nicht vor-
handen , also ist der Philebos unecht, das ungeheuerliche dieser schlusz-
folgerung fällt auf den ersten blick ins äuge, ein logisches denken kann
aus den zwei Sätzen ^der Philebos ist eine formell sehr mittelmäszigo
composition' und *das formell sehr vollendete gastmahl ist ein werk Pia-
tons' unmöglich den schluszsatz herausbringen ^also ist der Philebos
kein werk Piatons', was hat denn die mittelmäszigkeit des Philebos mit
der Ihatsache, dasz das gastmahl ein werk Piatons ist, für einen causal-
zusammenhang? zum mindesten wird man als Untersatz einschieben oder
vielmehr denselben überhaupt etwa als den satz formulieren müssen:
^nun aber ist es undenkbar und unmöglich, dasz Piaton etwas mittel-
320 L. Georgii : die Schaarschmidtsche kritik des Philebos.
mäsziges geschrieben , dasz er ein werk verfaszt habe , das nicht formell
ein vollendetes kunstwerk wäre, oder gar ein werk, In welchem er sich
«discrepanzen» mit sich selbst hätte beigehen lassen/ freilich ein Unter-
satz, dem die schon bei den alten sprichwörtlich gewordene inconstantia
Piatonis j dem die mehr als mittelmäszige form, die absolute formarmut
der gesetze, dem geradezu alle analogle widerspricht, der anspruch
düTerenzen oder discrepanzen eines dialogs gegen den andern als prSju-
dicien in der echtheitsfrage zu verwenden , musz als eine schreiende pe-
titio principii, als ein peccatum clamans gegen den heiligen geist der
logik bezeichnet werden.
Nicht besser steht es mit der logik dieses kritischen Verfahrens in
der art, wie die ähnlichkeiten , welche die eingeweideschau des Philebos
ergibt, behandelt werden, man findet stellen In der republik, im Timäos,
bei Aristoteles, welche ein Verhältnis gegenseitiger beziehung zwischen
diesen und dem Philebos nicht leugnen lassen, wie ist dieses Verhältnis
nun aufzufassen? ^ganz einfach,' ist die antwort *der Philebosautor
kennt seinen Piaton, greift aus dem Timäos ein stüek heraus^ nimt sein
thema aus der republik, schreibt den Aristoteles ab und aus.' aber, musz
man einwenden , die citate klappen nicht ganz , die Philebischen katego-
rien sind doch nicht ganz die Aristotelischen, es ist eine gewisse Selb-
ständigkeit der behandlung, der Verwendung im Philebos nicht zu ver-
kennen neben der ähnlichkeit. ^natürlich,' ist die antwort 'weil der
Philebosautor seinen Piaton schlecht kennt, misversteht, den Aristoteles
schief und verkehrt anwendet.' und nun wird noch ein wenig am Phile-
bos, etwas an Piaton, etwas an Aristoteles gedreht und geschnitten, bis
das anatomische präparat des anomalen falls, den man haben will, augen-
fällig fertig ist. in der that erinnert die Operation der kritik an der könig-
lichen Zeusseele, an der Platonischen gesetzessteile, an der Aristotelischen
darslellung der Platonischen lehre von den factoren der idee und des
seienden au das verfahren jenes Chirurgen, der den leuten, die sich ihm
anvertrauen, die arme und beine verdreht oder zerbricht, nicht um sie dann
zu heilen, sondern um seine amputationskunst an denselben zu zeigen.
Endlich drängt sich noch die frage auf, mit welchem logischen
recht wird denp geschlossen: der Philebos steht in formellem und mate-
riellem Widerspruch mit dem Phädon und der republik, also ist er un-
platonisch, unecht, warum schlieszt man denn nicht vielmehr, dasz der
Phädon und die republik unecht sind , weil sie mit dem Philebos differie-
ren oder discrepieren? worauf beruht überhaupt das authentische recht
derjenigen dialoge, welche die jury über den Philebos bilden sollen?
'auf den äuszeren Zeugnissen für ihre echtheit, besonders dem des Aris-
toteles.' aber die beweiskraft dieses Zeugnisses ist ja in der Philebos-
frage suspendiert worden, 'natürlich, den hat erst ein ßlscher aus dem
Aristotelischen Zeugnisse heraus fabricierU' aber wer bürgt denn dafür,
dasz nicht ein anderer falscher den Phädon, das Symposion auch aus den
Zeugnissen des Aristoteles erst compiliert habe? und die gesetze, deren
trockene, magere, alles dramatischen entbehrende form doch ebenso un-
platonisch ist? und der Protagoras, den Aristoteles gar nicht kennt?
L. Georgii: die Schaarschmidlsche kritik des Philebos. 321
(freilich konnte er dann auch nicht aus dem Aristoteles fabriciert werden,
und das schweigen des letzteren von ihm gereicht ilmi wol gar noch zur
legitimation.} was bleibt da noch übrig? ^ihre innere vorzüglichkeit.'
nalärlich ist hiermit nur eine vorzflgiichkeit gemeint, wie sie durch for-
melle und materielle eigenschaften Platonischer schriftstellerei bedingt
ist, eine Piatonische innere vorzüglichkeit, denn es wAre doch gar zu
bunt das logische monstrum zu vollziehen : eine schrift ist innerlich vor-
züglich, etwa noch limitiert innerlich vorzüglicher als der Philebos, der
Kratylos, der sophistes, also ist sie Platonischer abkunft. und doch
ßndet sich dieser ungeheuerliche Syllogismus fast wörtlich in dem Schaar-
schmidtschen buche ausgesprochen, wenn die Platonische vatersdiaft des
Protagoras und Gorgias darauf gegründet wird , dasz ^beide ebenso sehr
ausgezeichnet sind durch die dramatische Vollendung der composition als ,
durch die philosophische behandlung der in ihnen zur spräche kommen-
den gegenstände/
Wenn diese bemerkungen über die arbeit der inneren, auch soge-
nannten höheren kritik .das gebiet beleuchten , in welchem dieselbe vor
sich geht, oder Philebisch zu reden, dv \fy dcTiv, nemlich in den einge-
weiden einer schrift, so dürfte noch einiges Über diese eingeweideschau
zu sagen sein hinsichtlich des rrdOoc bid Ti ytTVCTat. dasselbe gehört
ganz jener schillernden gattung an , die in den höhlen der unberechen-
baren, grenzlosen subjectivitSt haust, der jede objective disciplin abgehl,
geschmack, meinung, subjectives belieben beherschen urteil und spräche ;
ansieht steht gegen ansieht, Schilderung gegen Schilderung, der eine mög-
lichst gesteigerte diclion noch cumulierende und auftreibende wucht zu
verleihen sucht, zum beleg hierfür dürfte es von interesse sein, die gegen-
satzlichen ergüsse eines höchst competenten Platonikers neben die Schaar-
schmidtschen urleile zu stellen, das zurücktreten des dramatisch-sceni-
schen Clements, die schmucklose form des Philebos ist, wie Steinhart
versichert, absieht, um die Wahrheit ohne verschönernde zuthaten in
ihrer ganzen würde und strenge hervortreten zu lassen, während nach
Schaarschmidt die composition Piatons unwürdig ist, weder eine wissen-
schaftliche noch eine dramatische einbeit enthält dem dialog fehlt es
nach Steinhart nicht an einzelnen zügen einer strengen und erhabenen
Schönheit, ja er bewegt sich ganz den gesetzen der Schönheit gemäsz in
einer Schlangenlinie, repräsentiert im groszen und ganzen Platons eigenen
entwicklungsgang in seiner gedankenfolge usw. , während nach Sdiaar-
schmidt der lehrvortrag absichtlich zerstückelt ist, um die gesprächs-
form hervorzubringen, welche, wer nur einigen sinn für Piatonische
dialogform habe, abgeschmackt und des groszen Sokratikers unwürdig
finden müsse, in der Charakteristik der personen findet Steinhart viel-
fache spuren des künstlerischen geistes Platons , feine charakterzüge , in
denen sie als Vertreter der drei sittlichen hauptstandpuncte wenigstens
skizziert sind; nach Schaarschmidt ist die haltung derselben durchaus
unbefriedigend, Platons unwürdig: Philebos, für dessen Zeichnung Stein-
hart ein reiches material findet, spricht wenig, erhebt sich dann etwa zu
einer ganz insipiden äuszerung, während Protarchos, der wiszbegierige
322 L. Georgii: die Schaarschmidlsche kritik des Philebos.
jüogling Steinharts, der vor den dornenvollsten fragen nicht zurück-
schreckt, als neuling sich manchmal verwirrt, aber vermöge natürlichen
Scharfsinns zusehends wächst und erstarkt, nach Schaarschmidt eine
mislungene nachbildung des Kalllkles ist, charakterlos, unfähig sein
princip zu vertheidigen , den gedankenlosigkeiten des Sokrales in unbe-
greiflicher Selbstverleugnung zustimmt, und Sokrates — ist er auch
nicht so ironisch und dämonisch gehalten wie sonst , philosophiert nach
Steinhart wie Piaton selbst in den gärten der Akademie , mit der in der
spliäre des reinen begrifls sich bewegenden schärfe manchmal geheim-
nisvoll prophetische feierlichkeit des Ions verbindend, wobei mitten. durch
die trockenheit seiner rede wol ein verborgenes, absichtlich zurückge-
haltenes poetisches feuer erwärmend und belebend durchbricht usw.,
während er nach Schaarschmidt ein docent ist, der kindische argumenle
vorbringt, in gedankenlosigkeiten, Unklarheiten, abgeschmacktheiten sich
ergeht, aller ethischen wärme entbehrt, auf eine herzlose, fremde, kalte
höhe sich erhebt, eine art schulmäsziger kritik übt, der doch wieder jede
Sicherheit schulmäsziger methode fehlt usw. eine ganze weit neuer und
liefer gedanken zu einem kunsl- und lebensvollen ganzen schön verbun-
den findet Steinhart, wo Schaarschmidt nur schülerhaftes, unverständiges
ausschreiben, confuses breittreten Aristotelischer und echt Platonischer
ausspräche und ansichten sieht usw. in strengem , unverrückt das letzte
ziel im äuge behaltendem gange, lückenlosem fortschrilt bewegt sidi,
wie Steinhart versichert, das gespräch, dessen speculativer Charakter
ganz besonders in seinem regelmäszigen bau hervortritt, während nach
Schaarschmidt die rede bei schwachem Zusammenhang der teile der inne-
ren notwendigkeit des fortschritts entbehrt, die sonst in Piatons werken
mit sich fortreiszt, der Philebosautor es nur zu einer trüben compilation
und verzerrender Übertreibung der einfachen, groszen und wahren ge-
danken des Philosophen bringt, durch erschleichungen, ganz unwürdige
Schleichwege erstaunliche resultate gewinnt usw.
Es bedarf wol keiner weitern begründung für die behauptung , dasz
eine kritik, die mit ihren mittein so ganz entgegengesetzte ergebnisse lie-
fert , unmöglich in der läge sein kann, ein objectives factum wie die Pla-
tonische autorschafl einer schrift festzustellen, oder ein solches, wenn es
auf objectiven stützen ruht, wie die autorschaft des^Philebos, umzustoszen.
wollte man sie Platonisch rubricieren, so dürfte diese kritische kunst in
der form, in welcher sie Steinhart übt, zu jenen schmeichlerischen kflnsten
gehören, zu welchen im Gorgias auch die kochkunst und die schmink-
kunst gerechnet ist, wobei indessen nicht zu übersehen ist, dasz Stein-
hart selbst die enlscheidung über echthcit oder unechtheit des Philebos
schwerlich auf die ergebnisse derselben basiert, sondern diese nur sub-
sidiär dafür verwenden würde, und dies ist gewis das richtige, denn eine
Wissenschaft ist diese kritik, um Philebisch zu reden, überhaupt nicht,
sondern sie gehört ganz in den bereich jener niederen künste, deren
arbeit in bloszem vermuten, tasten, abschätzen nach gutdünken, dem
glücklichen treffen beruht, und nur so weit eine zuverlässige ist, als sie
sich siclierer, reeller masze und Werkzeuge bedient, wie die kunst des
L. Georgii: die SchaarschmidUche kritik des Philebos. 323
bau- und zimmermelsters. ein solches masz oder richtscbeit ist z. b. ein
citat des Aristoteles, wenn es richtig gehandhabl wird.
In föllen nun, in welchen ein solches objectives rieht- oder winkel-
masz nicht vorhanden ist, hat jene kritische treffkunst natürlich auch
grösseren splelraum. handelt es sich um eine In das corpus Piatonicum
recipierte schrlft, für deren Platonisches recht gar keine oder eine nur
unsichere und ganz vage tradition vorhanden ist, bei der sich die kritik
also vorzugsweise auf eingeweideschau und vergleichende anatoxnie ange-
wiesen sieht, so mag es immerhin ein gewisser grad von Wahrscheinlich-
keit sein , aber auch nicht mehr, was sie erzielt, für oder wider, je nach-
dem die vergleichende Untersuchung ausfällt, ein um so höherer grad,
je gewissenhafter sie dabei die besitztümer der Philebischen gütertafel,
besonders des )ji€Tpov und der äX^Oeia zu bewahren weisz. ohne be-
denken kann man sagen dasz, wSre der Philebos, oder auch wären die
gesetze in die classe solcher unbezeugten'und so zu sagen anonymen
scliriften gestellt auf uns gekommen, so wurden wegen ihrer den übrigen
bezeugten schriflen Piatons ganz heterogenen formseite, wie auch man-
cher materieller schwächen wegen ihre anspräche auf Platonische Vater-
schaft mehr als zweifelhaft sein, ja es käme wol niemand darauf, den
namenlosen Piatons namen zu geben, und gesetzt der Protagoras wäre
ein solch anonymes Waisenkind , würde es wol befremden , wenn irgend
ein kritischer heiszsporn da käme und in Schaarschmidtscher spradie
sich also Über denselben vernehmen liesze: ^was ist doch das für ein
abgeschmacktes mach werk, dieser Protagoras! kann man sich etwas
läppischeres denken als die Schilderung dieses sophistenconvents? etwas
widrigeres als diesen in seine pelze vermummten faulpelz Prodikos?
etwas alberneres als diesen thronenden Hippias? etwas lädierlicheres als
diesen wandelnden pedanten Protagoras mit dem schweif von spalier
machenden schfilern? das soll humor, satire, Ironie sein, ein humor
der sich auf zwei Homerische citate reducierl! schaut nicht aus allen
ritzen dieser übermäszigen dramatik und scenerie der epigone heraus,
der um Piaton nachzuahmen übertreibt? und nun diese durch und durch
insipide Verhandlung über den vers des Simonides! dazu ein Sokrates,
der die lust für das gute erklärt! ein Platonischer dialog, der von der
ideenlehre nichts, gar nichts weisz! und wie ungeschickt borniert dieser
Protagoras gezeichnet ist, wie lächerlich er sich ziert, wie schief er mit
seinem my thos von Epimetheus aufzieht ! wer nur einigen sinn für das
wesen Platonischer schriftstellerci hat' usw. gar wol möchte einer im
kritischen eifer so weit sich forlreiszen lassen, wenn der Protagoras
namenlos, ein litterarischer Kaspar Hauser etwa jetzt erst zur weit käme.
vor allem sicher aber ist nun dasz der Philebos als ein echter söhn Piatons
von Aristoteles garantiert ist. dann hat aber auch die Platonische Vater-
schaft des Protagoras nicht nur die constaute historische tradition , son-
dern auch die bestimmte Versicherung Schaarscbmidts für sich, und wo
nun der fall so bestimmt durch objective rieht- und winkelmasze nor-
miert ist, wird die kritische treflkunst doch wol nicht so dareinfahren
dürfen, das geselz des ^^Tpov und der äXi^Seia wird wol die echthcit
324 L. Georgii: die Schaarschmidtsche krilik des Philebos.
des Philebos , so lange das Aristotelische zeugnis nicht wirklich beseitigt
oder entkräftet ist, zum axiom der kritischen eingeweideschau stempeln,
sodann aber wird man diese beschauung möglichst exact vornehmen
müssen : die dXrjOeta wird nicht gestatten , dasz man aus dem Philebos
mehr und etwas groszartigeres mache als er ist; sie wird vielmehr gegen
die äberliimmeiung der aufgäbe und des zwecks der scbrift, wie sie die
Steinhartsche einleilung projiciert, entschieden protest einlegen, geslöizt
auf des Verfassers unzweideutige, stets sich wiederholende erklärungen
wird sie im Philebos eben nur eine Untersuchung über die superiorität
des lebens der lust oder des lebens der einsieht , über das menschliche
lebensgut finden**), den versuch Piatons, eine untergeordnete aber damals
viel ventilierte frage der praktischen philosophie einmal Platonisch , d. h.
auf der basis der fertigen speculativen lebrsätze seines Systems dialogisch
zu erörtern, sofort wird die dXrjOeia auch darauf dringen, die ergeb-
nisse der vergleichung des Philebos mit anderen Platonischen dialogen
rein und ganz unverkürzt zu ziehen , und mit lauter stimme gegen jede
beschönigung oder Vertuschung seiner blöszen und schwächen einspräche
thun, und wären es der discrepanzen noch so viele, würde der diaiog ?on
Schiefheiten , erschleichungen , abgeschmacktheiten wimmeln — sind sie
wirklich vorhanden und können sie schlagend erwiesen werden , so sind
sie anzuerkennen, dann aber wird die äXf|6€ta das \xix^v zu hülfe
nehmen, um diese auffallenden erscheinungen — nicht mit allerlei Uüge-
leien zu bemänteln , sondern billig zu messen und zurecht zu legen, sie
wird nicht veil^ennen , dasz etwas seniles durch den Philebos nach form
und behandlung des Inhalts geht, und etwa mit Schleiermacher maszvoU
vermuten , dasz hier beim Übergang zu den eigentlich darstellenden wer-
ken das dialogische dem Piaton anfange nur eine äuszere form zu sein,
von der er sich nicht losmachen kann teils aus gewöhnung, teils weil er
den Sokrates nicht entbehren will, oder mit anderen noch weiter gehen,
und den Philebos für ein product des schwachen alters seines Verfassers,
vielleicht auch dasz ihm die letzte Überarbeitung noch fehle, erklären,
und hier wird die kritische Ireffkunst noch die notiz des Aristoteles ver-
werthen können , dasz die einführung der zahlen in die ideenlehre erst
der spätem gestaltung der letzteren augehört, und mit dieser wieder
die Verwendung der CTOiXcTa zusammenhängt, von der die bestimmte-
sten anklänge im Philebos gefunden werden^, so dasz man damit zu-
gleich ein allgemeines datum für die abfassungszeit des dialogs gewinnt,
vielleicht war es auch gerade die geringere bedeutsamkeit des tbeoias
und das misverhältnis, in welches zu derselben der aufgewendete beweis-
apparat sich expandierte, was der von Schleiermacher bemerkten Über-
sättigung Piatons an seinem werke zu gründe liegt , und was für viel-
leicht sonst noch die kritische trefikunst aufstellen mag, die es ja nie
über ein vielleicht hinausbringt, und zudem hat jedes dieser vielleiclit
genau gleiche berechtigung.
69) hierüber näheres in der einleituni^ zur Übersetzung. *70) vRl*
Herweg unters, über die echtheit und Zeitfolge d. Plat. Boht. s* 203 »>
L. Georgii : die Schaarsdunidtsche kritik des Philebos. 325
HU grdster erophase aber wird die dXrjGeia und das p^TpOV zu-
sammen im namen aller heiligen reciile der logik protest erheben gegen
den schlusz, dasz wegen der Schiefheiten, abgeschmacklheiten und albern-
heiten, die man im Philebos findet, derselbe als ein spurius anzusehen sei.
vielmehr, da die Platonische autorschaft des dialogs noch unerschütterlich
besieht, wird man sagen mässen dasz, wenn derselbe formell verwahrlost
und stümperhaft gearbeitet ist, Piaton eben auch einmal als stümper in
der form sich gezeigt hat. man wird fragen müssen, warum es doch un-
denkbar sein solle , dasz Piaton , dessen darstellung in spräche und form
kunst, nicht selten vielartige, gesuchte manier, oft schwulst ist, dasz
dieser autor polytropos auch einmal der absieht, oder vielleicht auch ein-
mal der productivitüt ermangelt habe, in dem bunten apparal des Prola-
goras oder in der würdigen plastik des Gorgias, des Symposion aufzu-
treten? ebenso was die doctrinellen discrepanzen betrifft, welche im
Philebos gegen andere Platonische werke gefunden werden, wird man,
dieselben zugegeben, durchaus nicht schlieszen dürfen ^also ist er unecht',
sondern man wird sagen müssen, Piaton habe hier, man kann hinzusetzen
beider', eben auch wie andere von ihm oft beklagte berühmte vflter und
grosze mSnner einen schlechten söhn gezeugt , er habe da einen dialog
geschrieben , in welchem er tief unter das niveau seiner sonstigen grösze
hinabgesunken sei, ein werk voll albernheiten , gedankenlosigkeiten , ab-
geschmacktheiten. ein anderer aber sieht es doch vielleicht nicht so
scidimm an, und ohne deshalb in die entgegengesetzte maszlosiglceit zu
verfallen, dünkt es ihn vielleicht, wie er die vergleichende treflfkunst
handhabt, dasz die. im Philebos wirkhch vorhandenen doctrinellen Uneben-
heiten oder discrepanzen doch die linie derjenigen licenz nicht allzu sehr
überschreiten , welche Piaton, welche jeder philosoph, jeder schriftsteiler
für sich in ansprach nehmen kann, der Piaionische dialog ist noch nicht
aufgefunden, der nicht Widersprüche mit sich selbst und sonstigen form-
und lehrtypen Piatons zur schau trüge, es ist dies auch nicht einmal zu
verwundern bei einem system, das in unaufliörlicher gShrang der pro-
ductivitat liefangen war, dessen philosophisches mittel hauptsachlich phan-
tastische speculation gewesen, statt aus einigen willkürlich ausgewählten
dialogen ein Platonisches gedankenideal zu formieren, das als zwangs-
mantel dem Philebos angelegt wird, statt die inconvenienzen und discre-
panzen desselben durch ein gewisses pathos der kritischen diction zu
cumuiieren und aufzubauschen, ist es gewis richtiger, teils dem Cicero-
nischen dictum longum est dicere de Piatonis inconsianiia , teils der
Constanten analogie einige rechnung zu tragen, denn sogar der philo-
soph ist noch nicht geboren, der sich nicht einzelner Widersprüche mit
sich selber schuldig gemacht hatte, man mag an Schelling, Fichte, selbst
Spinoza erinnern; und Goethe — wie viel seniles zeug hat er geschrieben!
musle er es sich doch gefallen lassen , dasz ihm selbst steif und fest ins
gesiebt behauptet wurde, die natürliche lochter sei nicht Won Goethe,
sondern von dem romanschriftsteller Vulpius*.
TtTBIMGEN. LUDWia ObOBQII.
326 H•Schweize^Sidle^: anz.T.W.Wackeniagelsvocesvaria6aiiimantram.
43.
VOCES YARIAE ARIKAHTIUM. PROGRAMM FÜR DIB RECTORATSFBICR
DER UNIVERSITÄT (BaSSL) VON PROFESSOR DR. W I L H E L M
Wagkerhaqel. Basel MDCCCLXYII. nniversitäts-
bachdmckerei von C. Schnitze. 54 s. gr. 4.
Wie jede arbeit von W. Wackernagel, so behandelt auch die vor-
liegende ihren wolgewählten gegenständ auf gnuid eines auszerordenüich
reichen materials mit tiefen bliciten in das zusammenleben des menschen
mit der ihn umgebenden natur und in das werden und gestalten eines
teiles unserer spräche. W. führt uns in medias res mit einem im Aargan
heimischen kindermärchen vom ^güggel und sine hüendlene% um dann in
einer menge ansprechender beispiele aus der kinderweit und aus älterm
und neuerm Volksleben zu zeigen , wie die laute der thierwelt, aber auch
lebloser gegenstände, zumal der glocke und mfihle, in inhaltreichen
menschlichen spnich umgesetzt wurden, voraus im deutschen glauben
ist es begründet, dasz des vogels geschrei und gesang am bedeutsamsten
ist. auszer andern, auszer Wackernagel selbst hat Müllenhoff zur runen-
lehre s. 28 darauf auftnerksam gemacht, dasz die Germanen nicht sowol
aus der richtung des vogelfluges als aus dem vogelschrei das Orakel ent-
nahmen, daher ahd. fogüraridd, eigentlich * vogelrede, vogelstimme'
gleich auspicium, aber die vögel reden barbarisch oder wälsch und man
musz es verstehen zu dolmetschen, dem oben angedeuteten verfahren
mit lauten von thieren und andern tönenden gegenständen stellt der vf.
s. 10 zwei andere weisen gegenüber, nach deren einer das wirkliche ge-
schrei der thiere , der gesang der vögel nur in articulierte töne umge-
staltet, nicht aber in verständige und verständliche menschenspradie
übersetzt wird, in der zweiten der dichter durch kunstvolle, leicht künst-
lich werdende Zusammenstellung von Worten malerisch nachahmt unter
den beispielen für das erstere steht obenan das Aristophanische ßp€K€K^
Koä£ KodE, für die letztere das Ovidische quamvis sint sub aqua^ $ub
aqua maledicere iemptant. nur das erstere wird aber hier weiter ver-
folgt, in einzelbcispielen vielfach belegt, gezeigt, wie auch hieran sich
Worte und gedanken anreihen , und endlich übergeleitet zur aufdeckung
einer quelle unserer spräche, zu dem teile unserer spräche, welcher im
eigentlichen sinne der onomatopoetische heiszen darf, aber man fürdite
nicht hier jene oberflächliche theorie zu finden, nach welcher alle spräche
so onomatopoetisch wäre, ^allerdings' sagt W. s. 15 ^mit ihrem haopt-
grunde, mit dem boden welcher die endlos wachsenden und trdbenden
wurzeln hegt, ruht die spräche nirgend auf dem was der mensch nur
hört: sondern was er wirklich oder gleichsam sieht, das macht sie hör-
bar , hörbar nemlich für den äuszern sinn , für den innem auch nur wie-
der sichtbar.' wiewol nun solche nachahmungen keine wurzeln in jenem
sinne hergeben, so können sie doch eine behandlung Ihrer laute erfahren,
als ob sie wurzeln wären, und da macbt nun W. auf formeia wie ffigay
gicks und gacks ^ kliff klaff usw. aufmerksam: vgl. Pott doppelung
'^ 65 IT. darin möchte sich der vf. irren, dasz er diesen vocal Wechsel
n. Schweizer-Sidler : anz. y. W. Wackernagels voces variae aniiDantium. 327
mit reduplication als dem deutschen eigentümlich betrachtet: führt doch
schon Pott manches der art nicht einmal nur aus indogermanischen spra-
chen an, und eben darum darf man hier vielleicht kaum von analogie mit
dem fälschlich sogenannten ablaute sprechen, aber indem man den natur*
laut decltnabel macht, hat man auch gleich ein snbstantivum. das ist das
eine und andere mal so, aber nicht gut ist das pelasgische ßoOc, bös zum
beweise gewählt, nicht bov ist ja die ursprüngliche form, sondern gov^
und das wort schon eine form mit gesteigertem vocale von w. gu^ die
viel allgemeiner als vom gebrüll des rindviehes gilt, die im sanskrit und
lateinischen ein starkes verbum bildet ; und im ags. cü , ndd. kau , ahd.
chua erscheint das lautverschiebungsgesetz vollkommen klar, und wie-
derum grüs^ was gar nicht unvermitteltes wort ist, wenn wir litauisch
ger-ve^ griech. f^pavoc, ags. cran usw. vergleichen, sondern wol mit
bestem rechte auf eine an weiteren erzeognissen ^ntcht arme w. gar (fr]-
pu€iv, garrire) zurückgeführt wird, auch in i|iäp, t|iap6c hat W. die
formen der verwandten sprachen, das thessal. dcTpaXöc, lat. siur-nus^
ahd. stara^ böhm. skor-ec nicht beachtet, also nicht beachtet den in den
indogermanisdien sprachen so häufigen Wechsel der anlautsgruppen sAr,
sp (pj), «/, wonach sich die etymologie dieses namens ganz anders ge-
stalten möchte, nichts verschlagt raiAc oder raJic, ein fremdwort wel-
ches seine eigentümlichen, aber durch bestimmte analogien erklärbaren
phasen durchgemacht hat ebenso wenig ist für die reduplication in sol-
chen aus nachahmung hervorgegangenen namen xöpoS ein einleuchtendes
beispiel. woher beweisen wir denn, dasz dieses für xpoS stehe? dagegen
zuerst corvus, es liegt auch hier eine w. kar zu gründe, die oftmals
erscheint, auch im ahd. harin, es verfolgt dann der vf. förmliche
nominal b i 1 d u n g e n , welche sich an solche naturlaute ansetzen , wobei
sich vorzugsweise liquidae verwendet finden , bei welcher gelegenheit er
auch eine deutung von cotumix versucht, welche aber sehr unbestimmt
bleibt. *) - dann die Zusammensetzung von naturlauten mit schon geschaife-
nen thiernamen, wie wauwauhund^ hüross usw., die Zusammensetzung
von geläufigen und minder geläufigen, wie in gogelhahn, der Imperativi-
schen, surrimutz^ endlich subst. agentis, wie mumern. ä. jetzt fol-
gen die verba der eigentümlichen thtersprache , für welche, so weit es
griechische und lateinische**) betrifTl, die vorarbeiten reichlich flieszen,
nicht so für die deutschen, dasz da unter dem reichen stoiTe in text und
anmerkungen auch manches minder sprechende unterläuft, wie könnte es
anders sein? wie z. b. anm. 90 gewis unncbtig rugire^ {ivltxv mit
ruga (für vruga) und (SuTXOC verbunden werden, schlieszlich spricht
W. ausführlich über die bildung solcher verba und weisz auch da das
charakteristische fein hervorzuheben, etwas verwunderlich ist was s. 32
*) [hierfür hat man ohne zweifei auszugehen von der doch wol altern
nebenform coctumixt über welche s. Lachmann zu Lucretius a. 251.
A. F.]
^ [für diese bat sich der hr. vf. s. 21 ff. leider die treffliche Vor-
arbeit in Beifferscheids bearbeitong von Suetoni reliquiae s. 247 — 264
entgehen lassen. A. F.]
328 H. Seh weizer-Sidler : anz. v. W. Wackernagels voces variae animantiuin.
anm. 98 steht, nachdem W. im texte von canere gesprochen und gesagt
hat, das deutsche hahn und kühn gehen auf die w. canere zurück,
auszert er in der anmerkung: ^oder ist vielmehr umgekehrt hahn das
altere, und hat canere zuerst nur den ruf dieses ^inen vogels bezeichnet ?
hahn, hund und katze sind nach altertümlicher anschauung die drei liflter
des hauses, der hahn heiszt deshalb auch dX^KTUip vonäX^xetv, und
ebenso nun scheinen die namen der dreier, got. hana nebst hd. huon,
lat. canis^ griech. kuujv kuvÖC, got. hund und lat. catus nebst catulus
sieh in der w. von cavere^ ahd. huoia zu vereinigen, derselben aus der
zugleich das lat. adj. catus stammt' aber can ist eine allgemeinere
Wurzel rar Uönen', griech. Kavax/jc, KÖvaßoc, KavdZu), skr. kankani
glocke, känüka tönend, käna^ känüka krdhe, hahn, persisch kanak,
kanh hahn. die deutung von dX^KTiup ist sinnig, aber sehr unsicher,
und nicht die geringste Wahrscheinlichkeit haben die fibrigen erklArungen.
cavere ist entschieden ein spröszling der w. scav^ wie sie in got. skavs
vorliegt und sich in mehrfachen ableitungen in den classischen sprachen
und im deutschen bemerkbar macht: der hund heiszt im sanskrit fvan^
griech. kuujv, und das lateinische canis scheint fGr cvanis zu stehen,
ganz sicher ist die etymologle nicht , d. h. definitiv iSszt sich nicht be-
stimmen, ob die w. fu ist und fvan eig. Mer relszende' bedeutet, oder
ob fvi, KUUJ zu gründe liegt, oder ob schlieszlich hahn und hund beide
von w. canere ausgehen, catus und catulus machen die deutung aus fu
am annehmbarsten , sicher aber stehen sie so wenig als catus weise für
cautuSy cautulus. das letztere catus bedeutet eig. ^scharf und geht
dann, wie skr. fätas, in den begriff von ^geschickt' über.
So liesze sich noch über manches streiten und wolbegründete ab-
weichende ansieht aufstellen, wie z. b. s. 39 über fremere^ skr. bhram.
ebenda wird der volksname der Chattet auf gouh zurückgeführt und als
Spottname ausgelegt, wie denn W. diese sinnige namengebung gern an-
nimt und einmal ausführlich zu begründen versucht hat. da cfer name
auch KaOxoi, Cauchi heiszt, so ist es sehr wahrscheinlich, dasz beide c
hier für ch stehen, und Grimms deutung == häuhai ^die hohen' ist wo!
der Wahrheit näher, die alten völkernamen haben bald geographischen
bald ethischen sinn, und dann am seltensten schlimmen, doch abgesehen
von einigen ausstellungen , welche sich vermehren lieszen, ist die vorlie-
gende abhandlung nicht nur eine sehr reiche : sie ordnet auch den reich-
tum unter groszen gesichtspuncten und klSrt die anschauungen Über den
onomatopoetischen teil der spräche und dessen Ursprung aufs schönste
und schärfste auf. als beilagen folgen eine lateinische frühlingsdicfatung,
ein lateinisches stück aus einer Baseler handschrift mit angäbe des ge-
schreis verschiedener thiere und eine kritische bearbeitung des geist-
lichen vogelgesanges.
ZObigh. Heinbioh Sohweizsr-Sidler.
Ch. Ziegler: milteilungen aus handscliriften. 329
44.
MITTEILUNGEN AUS HANDSCHKIFTEN.
1.
lieber die handschriflen des Theognis haben 7h. Bergic und
P. Nietzsche im rheinischen museum III (1845) s. 206 ff. und 396 ff.
XXII (1867) s. 161 ff. ganz richtig genrteilt. an der spitze steht der
Mutineosis (A)^), dann kommen Venetus 522 (K) und Vaticanus 915 (0),
das fil)rige gehört zum mitlelschlag , unter dem Nietzsche wieder drei
gruppen unterscheidet.') darauf hat indes noch niemand aufmerksam ge-
macht, dasz der Venetus nur eine ahschrift des Vaticanus ist.') es er-
hellt dies aus den Iflcicen , die in dem erstem an »llen denjenigen stellen
eintreten, wo der letztere durch fenchtigkeit gelitten hat, somit entweder
gar nicht oder nur zum teil ond schwer lesbar ist. nach Bekker beginnen
sie V. 109; sie nehmen aber ihren aifang schon v. 34 und zwar, da In
dem Vat. auf jeder seite zwei columnen stehen , in der art dasz bald die
hexameter, bald die pentameter mehr oder weniger Terstflmmelt sind,
eine probe wini die sache veranschanlichen. ▼. 37 ff. :
(pftceic
€Ö cufüißouXcticiv TOict cplXotciv Itii.
b^botKa bi iii\ T^iqj ävbpa
€{»0UVTflpa KttKf^C ößpioc fifiCT^pric.
frT€flÖV€C hi
T€Tpd9aTai ttoXX#|v ic KaKdurro trcccTv.
dtaOol iTÖXtv uiXecov £vbp€€,
dXX* ÖTOV ößpiletv Toki xaKoTciv 6bf\ *
bkac t' dbiKOtct bibaiciv
okeituv K^pbcuiv elvcxa . . Kpdreoc.
.... bripöv TTÖXiv KctvTiv drpcjLi^ecGai ,
lüiilb' d vOv Kctxai TToXX^ ^v f|cuxtij-
▼. 49 f^lt noch €ut' fiv, v. 51 ix vSfV. die nächsten Ificken v. 106 ff.
treffen die pentameter, und so geht es fort bis t. 832.^) von hier an ist
1) was Bergk von A rühmt, dasz er aach in dialektformen und
Orthographie das richtige bewahrt habe, findet, wenigstens In bezug anf
Xivo^at nnd Yivt6cKU), seine anwendung auch auf K und O. noten wie
zu ▼. 1118: Ttverai, y^tvctoi A K O, bedürfen der beriohtigting. 9) der
von Nietzsobe znr ersten gmppe gereobnete Vat 68 (N) gibt, was viel-
leicht schon manchem aufgefallen ist, bei Bekker v. 894 allein die-
selhe lesart wie A. Bekkers angäbe ist aber unrichtig, der Vat. hat
nicht iJ5c bf\ xuii/cXiZuiv, sondern \bc KUt|;€XX(Zu)V. ebenso hat er v. 967
nicht irdvrmc, sondern wie die anderen alle irdvruiv. 3) fiergk spricht
nur von einer Übereinstimmung beider, Nietzsche von ^ioier abstamnoDg
aus gemeinsamer quelle, in den poetae lyrici s. 482 ed. III heiszt es:
'Venetus Marc. 522 (K) codex praestans, nee tarnen interpolationis im-
munis — . Vaticanus 915 (O) codex non minus quam A et R praestantia
insignis.' 4) nach Bekker bis v. 1106. dies ist zuviel, nur einige
aial fehlt noch einzelnes, wie ci» M^v, Miv, va(, b^, v. 897 KVipv*, 1049
irar/u), 1052 vöip, 1098 öv irp09UT^v, 1100 die zweite häifte des penta-
meters.
Jahrbacher filr dasi . philol. 1868 hft 6, 23
332 A. Hart: die Pseadophokylideia undTheognis rm cod. Yen. Marc. 522.
IMe nachstehenden lesarten des Marc, waren bisher ansschlieszlich
aus deni Vat. 915 bekannt: zur Oberschrifl s. o. 6 trap€Oict vibvb'
(9. 55 und immer yif\ ht) 29 8v cot trXoCrov 35 öv
37 s. 0. 48 pi^e* KpaMn KeuOoic (Va -One) 52 ßouXf|v
cflOuvov 61 äfi^Tpouc ?pxeT* 65 bk troviipöc 66 idSka
irotcOvra (tTOcOvra allein Va) 80 Jpbovxa (Va ?pft-) 82 ßpa-
biivoucatc bouXefaic (ßpabirvoti In rasur) 85 dicrrpoVitrot Tv* ixQ
aÖTOuc Ö€ 114 ^TriiCTipov (Va T) 119 OapcäXe' elciv ämcra
OU Ol
125 \€pöq)\iTOV (Va, vgl. AI) 127 raupoic h' auTOxOrouc
K^para xat K^VTpa (Va K^VTpoi) 132 £vbp' dvdbeicTOV (Va B)
133 diroTpOTtdcacGat 140 xfjv — cuv^T^ipai 141 T€
— hex troT* dXeSeiv 157 toO Ibiou ßiöroto 9dT0tc dviißpicra
irovoc
171 dptCTÖ<povöc 179 4i€ub€ t^ (am rande ^ i|faGe)
181 noXXoidJa (Va VI) 190 cuveuvabev (das zweite v fehlt im Va)
196 9pov€€t (M Va) 198 d|xviicT€irradii Koüpaici ^tTi1vat
irXoKd^ouc ^iri
200 XoTpeuetv (Va und Bruncks codd.) 210 TrXoicafiiiiba
Xatnic
T^Xvnv 215 TroXuxXefcTOict OoXdjLiotc 219. 224 v^fictv
228 ^ctt KOOapiLiöc (Va und zwei codd. Bruncks).
Wo der VaL 915 eine dittographie hat, gibt unser Marc nur eine
Ton beMen lesarten , meist die der vulgata ; nur v. 55 hat er eine dritte
fJTOp, dagegen folgt er v. 65 und 66 (s. o.) der dem Va eigentümlichen
lesart. anderseits hat der Venetus, wie schon oben zu v. 85, 127, 179,
210 angegeben, eine zweite lesart Ober- oder nebengeschrieben:
5f" ö^cXXoc j|- e(i6i)v€t '^ iirfiv
78 oveiop 88 lOuvei 93 ottujc ; eine lesart ist immer die
des Vau, die andere die der vulgata oder neu (vgl. v. 85 aörfic f€. fast wie
Schafer besserte, und 93).
Steht man von geringeren abwelchungen des VeiL im accent, in der
Schreibweise, den endnngen ab, die der abschreiber verschuldet hat*),
oder von den stellen wo offenbare Schreibfehler im Vat. berichtigt wer-
den (13, 69 ende, 83, 108, 122, 139, 151, 162, 175, 192 anf.), so
stimmen beide hss. auch an allen nicht erw&huten stellen in reibenfolge
der verse and lesarten aberein , auszer in folgenden erheblicheren HÜlen :
V. 32 fehlt (Va hat ihn allein; wie die buclistaben a T ß über v. 30, 31,
32 anzeigen, vor 31, in übereinstimmender refhcnfolge mit den Sibyllini-
sehen orakeln, die diese verse entlehnt haben); v. 112 folgt auf 111 wie
2) es genüge snr Charakteristik der hs. u. a. berrorzabeben: 23
irXripuicuiv 83 fehlt fii^, sonst gleich der in Va ubergeschriebeneB
vulgata 44 <p o^pOöpc 50 äirXoOc (d- Va) 69 ^^pu> |a^v «payetv
71 dq>6ovot b* 73 <n|i(b^aciv ^vcpOev 99 ^mfiicipaceat 113
Huvöc 142 £x6poto Tuxelv 147 Onpoßöpov 149 ßißXuiv 186
}ii\hi TIC fj (Vat. fi) 204 diravaWer' d(pv€i6v iöwra 206 ApupX . . t^
CuvaC^oiciv . . 1 CXOtjc 212 k6\xy\ . . . xXiöalc 225 OcpdiTOVTa.
A.Hart: die Pseudophokylideia und TbeogDis iiu cod. Yen. Marc. 522. 333
io der vulg. 129 fehlt niclil wie im Val. 128 XÖTOC b* £pM '
60 evTiTOiciv 86 ävbpac 195 reriv 202 Tavarpai-
ouc 208 äXiTTiCi, Kptv^TUJ ' aber an allen diesen stellen wich der
Yen. nicht ohne gruod von seinem original ab, um der vulg. zu folgen:
bei V. 32 herscht im Yat. in lesarten und anordnung Unsicherheit (s. o.),
111 ebd. ist ohne rytbmus, der ausgang von 129 ist im Yat mit dem
anfang von 128 zu einem verse mit hiatus cusamraengezogen ; ähnlich
sind die übrigen stellen, an denen der Marc, abweicht, im Yat. fehlerhaft.
Die Phokylideia im Yen. Marc. 522 sind mithin aus dem Yat. 915
copiert; doch ist die abschrift nicht frei von interpolationen ans einer
andern ha. , die von der vulgata nicht wesentlich verscliieden war.
In demselben codex steht vor den Phokylideia foi. 181' — 198^ der
von Bekker mit K bezeichnete Theognis. Bergk stellt ihn (a. o. s. 482
cd. III) mit 0 (Yat. 915) auf eine linie : 'codex praestans nee tarnen inter-
poialionis immunis et, ut Bekker significavit, a v. 109 usque ad 1106
circa sexagesirouro quemque lacunosus.' richtiger d. h. ungünstiger bf-
urteilt seinen werth F. Nietzsche in seinem verdienstlichen tuisatz im
rhein. museum XXII s. 164: *er stamme mit Yat. 915 zusammen aus ge-
meinsamer quelle , sei aber hier und da von grober band grob nachcorri-
giert.' schon eine flQchtige durciisicht der Varianten lehrt die auffallende
älmlicbkeit beider hss.; ich trage an übereinstimmenden lesartea aus
meiner nachvergleichung des K folgende nach :
12 elcaO' (Bekker eic-) 21 bckiUi aber K in rasur, wie sie
mehrfacli an schwierigen stellen vorkommt , sie ist hier wie immer von
erster band (vgl. 1063 bei Bekker) 101 c' fehlt 122 ^x^t, Bergk
lxr\\ durch Schreibfehler 169 Tifiutic' 8v, 5v in rasur; es ist unge-
a
wis ob TifidüCiv dastand 197 XPHMonr iL 256 ipß. Ttorfe, itot^
in rasur (o schwer lesbar) 368 ^pbujv (b in rasur) ; bei Bergk lies
^PTOV 0 für K 442 ^x^^ ^^^^ in ^^^ Wiederholung nach 1162
^XtüV = OA 469 ävnva fuLUÖv ohne fiv 475 jüt^rpov a^ ?X">
(TOtp fehlt in 0) 506 ^XH i" rasur 618 ttoXXui, 643 xXrJTUüpi,
659 toOtw, alle 3 male w in rasur 717 dXXd XP^ (= AO) 993
d9/iHepov (= AO) 1006 npojidxotciv 1032 lxQr\, t\ in
rasur 1045 TÖvbe (= AO) 1052 dTaOtp T€ (— ; bei Bergk lies
0 T^KVUJ für K) auf 1104 folgen 571. 572 1217 KXcpiovTi.
Um das Verhältnis des Marc, zum Yat. in besug auf Theognis end-
gültig fesUustellen, ist es weiter unerlftszlich den umfang der von Bekker
erwähnten Ificken zu constatieren. der Yen. (membr. 4, saec. XY) ist
von sauberer band geschrieben ; jede seile enthält 35 zeilen ; fol. 181 ',
der anfang des Theognis, deren 29. auszer den erwähnten rasuren hat
er keinerlei Verderbnis erlitten, die Iflcken kehren in gleichen Zwischen-
räumen wieder, und zwar so dasz in regelroäszigem Wechsel zuerst 34.
36 die pcntameter, dann 37 IT. die hexameter, jene am ausgang, diese
am anfang lückenhaft sind, diese Wahrnehmung fOiirt auf einen beschä-
digten Originalcodex, der auf ^incr doppelzeile hexameter und pentameter
zugleich enthielt, so dasz bei Zerstörung der schrift am äuszern rande
334 A. Hart : die Pseadophokylidela and Theognis im cod. ?en. Narc. 522.
aaf dem folium rectum die pentameteraosgiDge , aaf dem folhim ▼ersuin
die beiameteranf^Bge verioren gieogeo.
Das för die Phol[ylidda gewonnene residlat fahrt auch hier auf VaL
915 als original, auszer vereinzeUen andeulungen im Bekkerschen appa-
rat (*quid 0 habeat incertum' zu 122. 181. 185 usw.) bestitigle diese
Vermutung was A. Wflmanns (bei Nietzsche a. o. s. 163) vom Vat. 915 sagt,
dasz die obere Suszere ecke der hs. durch feuchtigkeit stark angegriffen
sei. mit vollstAndiger Sicherheit festzustellen, dasz die lAcken in K mit
defecten steilen in 0 zusammentreffen, ist mir erst möglich gewonleo
durch die geftlligen mitteilungen des brn. dr. H. Hinck in Rom ilber die
betreffenden stellen des Vat. indem ich mich auf sie im folgenden fori-
während beziehe, sage ich auch an dieser stelle hm. dr. Blnck meinen
schuldigen dank för die bereitwilligkelt, mit der er meine arbeit unter-
stfiut hat.
0 fol. 25 ' enthllt die Qberschrift (dpxfj . . .) und 18 doppdzeilen
(1—36) : 34 buva( — 36 dövra (— . 'vöov ganz verlöscht, vö glaobe
ich zu sehen.' dem entsprechend K: 34 ftef^iXi) b( — 36 £dvTa(—
0 fol. 25^: 37 — 104. die anlange der hexameter 37 — 51 sind
wasserfleckig. K: 37 — ) qnfjcetc 39 — jb^boiKa 41 — ) fjrc-
fiövcc 43 — ) äraOol 45 — ) biKac 47 — ) bripdv 49
— ) ToTct 51 — ) TÄp
0 fol. 26': 105 — 172. die ausginge der pentameter 106—122
schwer lesbar. K: 106 dXdc (— 108 irdXiv (— 110 ndv-
Tuiv (— 112 draOuiv (— 114 fScrc Ka(— 116 irpirr-
^(m(— 118ir€pi(— 120 dvbpi (— 122 ?x€» («• o.)
0 fol. 26': 173—238. die anßoge der hex. 173—187 wasser-
fleckig. 173 — ) fidXtCTQ wasserfleckig aber lesbar 175 — ) KrJTea
wasserfieckig ; schwer zu entziffern {)v und de ßaOu 237 ||, IIIJTtT^p'
... K: 173 — ) dyaeöv ireviii ( ) ndXicxa 175 vollsUndig 177
— ) oÖT€ 1 79 — ) Tfiv 181 — ) Kupve 183 — ) övouc 185 -)
tilnat 187 oubeniii (0 nach Bekker oubi Tuvfi) 237 — ) irrdp'
0 fol. 27': 239—308, die ausginge der pent. 240—254 wasser-
fleckig. K:240dv(— 242 eÖKÖCMUic (— 244 iroXu kumcu-
Touc (— 246 altv (— 248 ttövtov (— 250 baipa (-
252 T€ Kai (- 254 XÖTOlc m' d(—
0 fol. 27 ^ 309—376. die anftnge der hex. 309—317 und der
pent. 318, 320 wasserfleckig; «v. 320 ist nemlich nach 317 einge-
schoben, wird aber auch an seiner stelle gelesen, die bisherige Ordnung,
dasz die hex. links, die pent. rechts stehen, ist von 318 an bis zum
schlusz von fol. 27' umgekehrt, wird aber durch den quer darunter
geschriebenen v. 376 wieder hergestellt.* K : 309 — ) ircirvufidvoc
311 — ) Kparcpöv 313 — ) juaivoMm 315 — ) nXcirroOci
0 fol. 28': 377 — 450. die ausginge der pent. 378—394 wasser-
fleckig. 392 d^nxavl||i| 394 KaTdxl|[|. K:380?pTaa(—
382 lOiv (— 384*) Icxovra (— 386 Ou^dv (— 388
*) dftnaeb ist 384. 528. 761 bei Bekker und Bergk zu berichtigen.
A.Hart: die Pseadophokylideia und TLeognU im cod. Yen. Marc. 522. 335
aicxiov ( — 390 ouXofi^vac ( — 394 xpY1M0<^uvr| (—
0 fol. 28*: 451—520. die anfinge der hex. 461—465 wasser-
Heckig. 495 fehlt öfiuK (eic to fi^cov q>ov€uvT€C ^vi Kcn cuv &ira-
civ). K: 451 — ) oux 453 — ) die irap* 455 — ) dqxitvco
457 — ) TWTJ 459 — ) dnopfinSaca 461 — ) dirpnitroia
463 — ) XPnM<K 495 qHuvcOvTCC ( — ) Kai cuv
0 fol. 29': 521—596. die aiuglDge der peot 522 — 534 waiier-
fleckig. K: 526 ävbpi (— 528*} Tfic b* d(— 530 boüXiov
(— 532 «pOrrroM^vuiv (— 534 XOpifv { —
0 fol. 29 ^ 597 — 668. die anOoge der hex. 597—609 wasser-
fleckig, insbesondere von 605 (noXXüi ^ot ir), 607 (dpxvi ^1^0^ ^^
(xiv) fleckig, aber leicbl erkennbar. K: 597 — ) brj 599 — ) qioi-
Tiüv 601 — ) ixöp^ Ö03 — ) diruiXec€v 607 — ) iiieuteuc
609 — ) ovU
0 fol. 30': 669—742. die aasginge der pent 670—682 wasser-
fleckig. 670 Tvouc fifxeivov It\\{. K: 670 tvövti fipetvov ( —
678 Tiverai (— 680 Kord (—
0 fol. 30^ 743—816. die anßnge der hex. 743 — 757 wasser-
fleckig. 743— )tout' 745 ganx lesbar. K: 743 — ) tout' 747
— ) Ktti 749 — ) dvfip 751 ♦) — ) ttXoutiii 753 — ) Oibv
755 — ) TUiv b*
0 fol. 31 ': 817—888. die ausginge der penl. 818—832 wasser-
fleckig, 818 ganz ausgelöscht und von UTToXuEai, das in die pentameter-
colonne hinübergezogen ist, £ai völlig, auch die hexameleranf&nge haben
durch einen kalkarligen niederschlag gelitten, von 825 ist ir, von 829 d
durch cruste bedeckt. K: 817. 18 ouk &6' (— 820 Kupve ( —
822 dXiT (— 824 Q^Cjv (— hex. 825 — ) f|>iiv penl. 826
q>aiv€Tai (— 828 TTop9up^ (— hex. 829 bf| ( ) KcTpc ( )
dirÖTraue pent. 830 drroXXu (— 832 dfAq>OT^p (—
0 foJ. 31 ^ 889—960. 897 ganz deutlich Kiipve ftfl . . 901
-Siv 6 fifev X€»pov. K: 897 — ) nf| irdvr' 901 — ) 6 \xiy
0 fol. 32': 961-1034. 968 £ktöc fi||{| 974 Tr€pc€q)o|||||
K : 968 fehlt f ßfiv am schlusz
0 fol. 32': 1035-1094. 1039* (= 863): mit einiger mOhe
enlzifl<erl man als unbedingt sicher f|b€Ta 1045 vai ausgewissert,
aber erkennbar; 1052 ganz lesbar. K: 1039* — ) irpöcOev 1045
— ) jLiä 1052 dTaOu) xe (-
0 fol. 33': 1095—1160. 1096 Tie€i|| 1098 iTpocq)u(-TOV
verwischt, aber erkennbar 1100 £iTiq>pOGJV||{ 1104 fi^ftac
dX(ei) 1106? K; 1106 äiraci (—
Nachdem so Marc. Yen. 522 auch för Theognis als eine directe copie
aus Vat. 915 erwiesen ist, die überdies aus anderen hss. interpoliert
wurde, wird der werth derjenigen lesarten, die K allein hat, dem ent-
sprechend zu beurteilen sein. Bergk hat auf die alleinige aulorilät von K
hin folgende lesarten in den texl aufgenommen : 72 dKTcX^cai, sonst ^k-
TcX^cac 169 5v bi Oeoi timuic* öv xal (s. o.). hier wie 800 dXX'
Sc XÜJioc 8c . • . das zweite relalivum mit demuuslrativer bedeutung
336 H. Hinck: beschreibuog des codex Valicanus 915.
330 iOem 618 TToXXifi (aucii Slobäos) 806 die form XPHM^v!
899 iwoc 1063 insofern koX Xi6* sich zumeist auf die Jesari in K
KoXXicS' sUitzl 1173 uj endlich auch isl er geneigt 576 eivaXiouc,
1181 dOälqc aus K den vorzug zu geben; ich habe übrigens ni 576
eivaXtoic notiert.
Schlieszlich mag es gestattet sein mit besug auf das für Phokylides
und Theognis gewonnene ergebnis auch auf die übrigen schriftsteUer hin-
zuweisen, die im Vat. 915 and Yen. Marc. 522 gemeinsam enthalten siod.
im cod. Ven. beginnt fol. 181' mit Theognis ein neuer quatemio, der
bis fol. 210^ reicht, derselbe enthält nach Theognis und Phokylides fol.
202' med. nuGctTopucä iitT\ rd KoXou^cva XP^^ia (1 — 71) vollständig.
203' inf. Mdcxou Cik€Xiuitou €\ipibm\ (hier und da fehlen halbe verse).
205^ nicd. Moucttiou TfX^MH'OtnKOÖ t6 xaO* i^pui Kai X^ocvbpov (1—
341) ▼oilständig (auch hier fehlen halbe verse). 210^ med. f{Xrpa fJiou-
cttfv f| BcoKpiTOU cupiYE Tdi TravL Cvpvfi ofivoft' ^x^tc bis zu ende,
mit schölten (vgl. Bergk anth. lyr. s. LXXK und 510 ed. II). damit schlieszl
der quaternio. eine vergleichung mit dem unten (s. anhang) abgedruckten
inveniarium des Vat 916 ergibt, dasz der ganze quatemio nach anord-
nung und umfang entspricht den folien 34—38, 22, 39 (uach jeUiger
fehlerhafter seitenzälU«ng) fm Vat. als der schreiber des Ven. sein ori-
ginal benutzte, hatte in demselben die Versetzung der blStler noch niclit
stattgefunden, durch die nochher zusammengeliörlge stücke gelrennt
wurden.
BsBLUf. Adolf Habt.
ANHANG.
BESCHKEIBUNO DES CODEX VATIGANUS 915.
Vorgeheftet 3 blatter. das erste enthält christliches, in zwei
columnen geschrieben, ine. y^ irövwv T^pa T^ xal dcO€V€(a fm xa^-
jtr6\i£yoc dppuicr^cac iiri toO CKifiiroöoc des. t^iv Ka6^6pav it^^i&cctro
00 imoi boKelTC toOto 6p6uic. — Fol. 1 — 2 von einer hand, welche «owol
von der welche das voraufgehende biatt, als derjenigen die den codex
geschrieben, verschieden ist. Cento Homericns. vom ersten blatt
fehlt die obere hälfte und ein stück der nntern; der erste lesbare vers
(hfioc dvdxecdc X^xrpa xal €Öxö)Li€voc firoc ri06a des. f\\de b*diriirrujx6c
iravbfuiioc öc xaTd dcru | (potTa fxaxpd ßißdc q>uJvfT hi ot alOdpa txavev.
in zwei columnen geschrieben: in der einen fortlaufende verse, und
gegenüberstehend eine paraphrase derselben.
Fol. 3 — 20 unter dem titel icTop(ai ToO a, toO ß usw. scho-
lieii aur Ilias, beginnend in A (fol. 3. 4 sind die letzten, sich an
einander anschlieszenden biätter eines ternio) und endigend im anfange
von X. — Probe ans fol. 3* med.: *0 bi ibxeavöc iroTa^dc IcTi xa8*
ö)üir|pov Sujecv ircpUxu)v xuxXorcpOic töv ÖXov xöcjuov Aiccol clclv alGto-
ircc ön6 v€1Xov öpi2:öM€voi ibc i'i ledxri xal al Xoiiral vf\coi 'Ex 6* eOvdc
Tdc dTKiipoc Xtf€\ Td ctbripia iropd t6 eövdZciv xaX<JüfX€va ctc rd übuip
xal 7ioi€lv tcTocOar xpia bi crmaCvct i\ kihc napä tui ttoitit^ ti?|v xoi-
Trjv ibc örav X^ €Övi?| ^vl fuxXaxf) Tf|v dxxupav ibc vOv ix 6* €Övdc
{ßaXXov xal Tf|v biaTpißJ|v ibc tö 661 <pacl Tucpw^uic ^^ficvai cövdc noX-
Xfjv ^€1 Tf|v y|boyi?|v 1^ Tftc Ttpoe^ccuic iirarwr^ ||l||||||||^fxa diraXXfiXriac.
Auf fol. 20 folgt 22.
(Fol. 37 ''—38'' Musüos Hero und Leander v. 1—222}
H. Hinck; bescfareibuiig des codex Vaticanus 915.
337
Fol. 22'-''
22 '^
23'
23'— 26'
26'-34'
Fol. 34'— >36'
36'
36'— 36'
36'— 37'
37'— 38'
39'
39'— 46'
45'
46'— 47'
47'
47*
48'— 49'
Masttoi Hero nod Leander v. 223 — ende
aCviTMCt cic TÖv ui6v toO OcoO Tf)c cißOXXric
i\xr]W». fjioucuiv r\ OeoKpiTOU cupiT^ xi tiXi iravl t (s.
fol. 39')
tlipala Tvui|üUK& tv)c öptp (einzelne ans den lithika excer-
pierte veree}
zablenphilosophie (ohne titel). ine. irepl Tfjc X öri
H^v €lc t6 iironTcOciv tä €pYa xpi^cifAoc, ^k toütoü J^ftXov
des. Kai dpiO^di X^ovrec irdvr* ^ir^oiKCv
Theognie v. 1 — 1220. su anfanfa^ meirisches am rande;
auf 29' ff^rammatiMhee und metruchea am rande.
q>ujKuXX(6ou Tvui^iKd üjpala vollständig
grAmmAtisches (ohne titel)
iru6aTuipiK& ^itt) rd KoXcO^eva xpiKä Yollständig
Möcxov cticeXiUiTOu cupUim)
Mnsäos Uero und Leander v. 1 —222 (s. oben vor fol. 22)
scbolien zur syrinx des Theokrit
ToO OcccaXovdoic KuptoO cOcraOCou Ik tüjv elc röy
ireptriipi'^^v '^d ^KKpiTa* ein dürftiger und willkürlicher
auszug aus dem commentar zur periegese des Dionysios.
CTixoi ToO ^otvaccff de tV|v toO bapeiou öitöecciv ktX.
(die geschichte vom pferd des Dareios)
Tvui^ai fiovöcTixoi ficvdvbpou
TvuijUiKd ToO irivbdpou (aus Ol., Pyth. und Nem. endigt
mit Nem. V 16)
in zwei colttmnen. auf der obem h&lfte der seite links
dreimal sechs iambische trimeter (Spielereien der Ab-
schreiber); rechts ein griechisches kreuz mit beige-
schriebenen zahlen und Inschrift ; darunter einige Zeilen
werthlosen Inhalts, auf der untern h&lfte der seite links
eine geographische Zeichnung; rechts: dpxi^ cOv Ocili Tf)c
öjüiTipciac ßißXou. weiter unten (von jüngerer band): ß(-
ßXoc 6^^poio )uioucoitX6kou 16^ ^aMiwbia. dann von erster
band: *'Ofif)poc 6 irDiirrVic ulöc f|v ^iv Korea iibf nvac
inaiujvoc Kai 6pvi6o0c ktX. (Westermann ßt0Tpd90i s. 27 6').
in der letzten seile noch die werte: "O^i^poc 6 irotr|Tf)C
iratpöc }itv fjv fx^XriTOC ftrirpöc be Kpt6r){6oc (Westermann
a. o. s. 28 c'). — Die Ordnung der folgenden blütter,
welche die Ilias enthalten, ist sehr verwirrt; einzelne
sind verloren gegangen.
A '29 —156
60
A 234 — 313
69
A 314 — 449
61'— 66'
A 658 — B 667
80
B 668 — 789
101
B 790 — r 50
60'— 73'
r 61 — Z 261
68
Z 262 ^ 431
76'
Z 432 — 516
76'
Z 616 — H 64
74
H 66 — 226
76'— 79'
H 227 — e 416
81
e 416 — 1 18
82'— 100'
1 178 — N 623
102'— 107'
N 624 — 0 98
116'-121'
0 99 — n 307
in zwei columnen geschrieben, auf fol.
48 — 60 links text, rechts schollen; dann
' in beiden columnen text; darüber glos-
sen mit rother tinte; auch einzelne mar-
ginalscholien
108 — 116 TT 489 — C 311
122'-*142' C 812 — Qende
338
H. Hinck: bescbreflHuig des codei Taücaous 915.
Fol. 142'
clc Töv iKTopa ^mTi&Mßioc (Branek anftl. m 8.882DCXX)
dcTpa jitv ^luiüpufce icTX.'(ebd. I s. 233 XLIX)
^irrd iröXcic rrX. (ebd. II 9. Id XLIV)
T€i>X€a }xiy 1roX^^•lo drdXXcrm dXmMOC dvf|p
icOM<rra t* dfuptrpiTiic ^^«opir|C 6€pdiraiv rrX.
142^—197' Odjseee mit nicht reichlichen interlinear- und margi-
nalecholien
197' *Apx^ CUV ecup 6t<ui ttJc ßipXou xoO i^ctöbou f) ircptix^t
{pra Tc Kai i\\ifyac
197'— 199' vorauf rehen crixoi des Tietxes gegen Proklos und iüin-
liehes; (197'eztr.) y^voc i^€t66ou' seholien
199' — ^206' ifTfa wai ^}Upa\ mit vielen marginal- und interlinesr-
schollen
206*^—213* 6€0T0via. von fol. 207^ an keine schoUen mehr
213*— 216^ Lykophrons Alexandra v. 1—143 mit einer) ^S.9 B
einleiiung fiber die dichtnngsarten usw.
236—237
66-67
238—239
218-220
V. 200— 318
V. 319— 469
V. 470— 629
V. 919—1211
(fol. 219 enthält schollen
V. 1034 ff.)
SU
H 9 * ST
*^ m H
2 D 0 0-
\S • • ST
-5' s;
•-••j- e er
2 2 o <»
240
241
243—246
230
229
247—248
246
242
217
217
249
249
261
261
262
263
266
260
260
268
268
Theokrit id. U 6 — m 6
V69 — VII8
yn9 — XI66
XI 67 — Xm 68
▼Y "Ti XVI 68
XVI 69 — ende. XVn. XXII 1—161
XXn 162 — ende. XXV 1—96
XXV 96 — 261
XXV 262 — ende
— 217' batraehomvomachie v. 1 — 166
—249'
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—263'
—265'
—267'
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II
II
I»
II
II
mit wenigen mar-
> ginal- und inter-
Hnearscholien
„ V. 166— ende
Tsetses Antehomerica v. 1 — 34
V. 36—110
V. 111—182
V. 183— ende
Homerica v. 1— ende
PoBthomerica v. 1—467
V. 468—676
V. 676—676
V. 676—772
die Bchlnszverse verklebt bis auf den lotsten (780).
folgt prosa verschiedenen werthlosen Inhalts
223'— 228' DionjsioB Periegetes v. 183 — a^rru^v ^K paicdpuiv
dvTdStoc cTt) d^oiß^ (ohne schollen)
228' crixot f^puiiKol xal ^XcTctot elc X^ovra q>tXöco<pov kuw-
CTavrivou fiaOrfroO. aOtoO (hiemach ediert von P. Ma-
tranga anecdota graeea pars 11 s. 656 f. vgl. pars I
8. 26 ff.)
233 Pindar 01.11 43— VII 30 mit vielen marginalscholien
Schmierereien
234' — 235' prosa christlichen Inhalts (sar genealogie der Jung-
frau Maria und ähnliches)
236'. 222' al X^Scic tOliv vo|ui(^uiv t6 a ktX. griechische Über-
setzung lateinischer juristlBcher aosdrdcke, nach an-
fengsbuehstaben geordnet
222' (v. 21). 222'. 221' [£]incToXt|ialot xopaKTf^pcc, die in andern
handschriften dem Libanios beigelegt werden, be-
231-
2.34'
L. V. Jan: nochmals zu Piatons Phaedon 62*. 339
ginnen mitten in der seile (s. 21) in unmittelbarem an-
Bchlnsz an das vorhergehende. yoIU tändig.
Fol. 221^— 221» MöOoi alci^ircioi (afißuol TCTpdcnxoi ßpaß(ou toO co-
q)iCToO. 66 fabeln, prebe (vgl. Bahr. 44): [<t>]uXdTT€-
c0ai Toiic 6MO<ppovo0vTac [*0]|Li6q)pov€c v^fiovro rp^lc
ö|LtoO ß6(€c) OOc oöb^ 6V)p £ßXairT€ iroXXdxtc X^uiv
'exOpac bi |Liic€i Kai Xöfoic ftmcx^cac '*€KacTov olov ^k-
ß^ßpujKCv d6X(uic.
Bombycinhandschrift in octav, ans dem anfang des vierzehnten jh.,
bis anf einzelne kleine abschnitte ganz von ^iner band geschrieben,
die ursprüngliche Ordnung der 258 bll&tter (nach der gegenwärtigen
fehlerhaften Zählung) ist gänzlich verwirrt: i(^ habe in der obigen In-
haltsangabe das zusammengehörige zusammengestellt, die ersten 60—
70 blätter sind an der obem änszem ecke durch eingedrungenes wasser
beschädigt, und in gleicher weise hat eine anzahl anderer blätter gelitten,
die jetzt mehr nach hinten stehen, überdies ist die handsohrift an vielen
stellen von würmem zernagt und am rande vielfach abgegriffen.
Bgm. Huqo Hingk.
46.
NOCHMALS ZU PLATONS PHAEDON 62\
Als ich vor kurzem meinen schfliern die stelle zu erklären hatte:
Katd Ti hi\ GÖv TTGTi GÖ qKXci 6€|LiiTÖv eTvtti aÖTÖv iaxnöv diroKTiv-
vuvai, \b CuiKpaT€C ; . . . 'AXXd rrpoeupcTcOei X9^i ^<Pn * tax« T^P fiv
xai &KGucaic. icujc }iivTO\ eaujuacTÖv cgi q)av€iTai, €i tgOtg fAÖvov
Tujv fiXXuiv dndvTUJV dTiXoCv ^ct\ xai GÜb^uGTe Tirfxdvei t& dv-
epuiTTui , diiCTrep xai rdXXa , ?ctiv 8t€ koX gIc ß Atigv TcOvdvai f\
lf]v. oTc bi ßAiiGV TcGvdvai, Bau^acröv Tciuc cgi (paivexai, et
TGUTGic tgTc dvOpuiirGic lii\ ÖCIÖV ^CTIV aUTGUC ^aUTGUC €U TTGieiV,
dXX' fiXXGV bei iT€pi)Liev€tv €U€pT^Tiiv, schlosz ich mich ohne be-
denken der Slallbaumschen erklSruug des tgOtg *sc. non licere se inler-
ficere' an: denn es ist doch nichts natilrlicher als unter tgOtg den haupt-
gedanken zu verstehen, der im vorhergehenden ausgesprochen ist und
hier näher erörtert werden soll ; allein die erklärung der stelle schien
mir damit keineswegs abgemacht zu sein, ich fand im folgenden man-
ches , was sich mit dieser erklärung des toOtg nicht recht zusammmen-
reimen läszt oder sonst widerspräche enthält, und die in diesen Jahr-
büchern 1867 s. 567—576 abgedruckte auseinandersetzung meines
freundes Cr on gab mir ebenso wenig als andere erörterungen die er-
wünschte aufklärung.
Wenn in den beiden von dem ersten €l abhängigen Sätzen Einmal
davon die rede ist, dasz es nicht recht sei sich selbst zu töten, und dann
dasz es manchmal besser sei tot zu sein als zu leben, so sind doch ofleu-
bar zwei verschiedene gedanken mit einander vermischt, es kann ein für
allemal nicht erlaubt sein sich zu töten und doch in gewissen fällen der
tod besser sein als das leben, ferner läszl sich GÖb^TTGTC mit dem £cTiv
öre Kai olc ofTenbar nicht recht vereinigen, ebenso iCb dvOpiuntf) mit
340 L. V. JaB : oocfamals lu Platons Pbaedon 62 '.
olc dann ist , wie Aie säUe an einander angereibi sind , nicht recht ein-
zusehen , warum auf icioc Oau^acTÖv cot qxzvcfTai noch Oauficecröv
Tcuic coi qxxiveTOU folgL endlich ist es doch gar nicht recht denkbar,
dasz an das durch oubcnore Tuirxav€t negierte £cnv ot€ kqI oIc ßA-
Tiov Te^vdvai f{ lf\y sich ein satz mit oic bt ßeXnov TcOvdvat an-
schlieszen soll , wie wenn das eben negierte als wirklich bestehend hin-
gestellt wäre.
Das erste bedenken veranlasztc offenbar Bonltz (Hermes II s. 311)
unter touto zu verstehen TO TcOvdvai. dasz ich mich damit nicht be-
freunden kann , ist schon Im obigen angedeutet; was dagegen zu sagen
ist, findet sich in Crons nachtrag a. o. jedenfalls werden durch diese
erkiärung die übrigen anstände nicht gehoben, diese bedürfen aber
keiner so gewaltsamen Heilung, wie sie Tb. Kock (Hermes U s. 128 —
135) versucht hat — der freilich der ansiclit ist, seine Indernngen seien
gar nicht gewaltsam — ; es ist vielmehr nur eine inderunf? der inter-
punclion nötig, setzt man, mit weglassung des komma vor uicircp, vor
IcTtv ein punctum und vor olc hk ein komma, so fallen die oben ange-
führten anstände sämtlich weg. dem ci toOto fiövov Tiüv fiXXuiv
äirdvTUiv äTrXoCv den Svenn dies allein ein iur allemal fest steht' tritt
dann nur gegenüber KQt oubenoTC TUTX<^€i '^H' övOpdmtii i&arcp kqi
T&XXa, was nach dem zusammenhange nichts anderes beiszen kann als
^und es für den menschen nie so damit steht wie mit den andern dingen'
oder, wenn man dem TUTX<3tV€t eine prägnantere bedeutnng beilegen will,
'es für den menschen nie so von den umständen abhängt wie die übrigen
Verhältnisse', was dann im folgenden seine nähere erkiärung indet.
femer ist dann nicht mehr ovbinore mit Icnv öt€ xal ok in einen
satz vereinigt; die letztgenannten worte werden affirmativ, so dasz sich
olc hk ohne anstand anschlieszen kann, und wenn eine stärkere inter-
punction ohne relalivische aneinanderreihung der sätze dazwischen liegt,
ist die Wiederholung der worte Oau^oCTÖV IciUC COl q>aiv€Tai weit we-
niger auffallend, es läszt sich dagegen wol kaum etwas bedeutendes einn
wenden auszer dasz vor €cTiv 5t€ Kai olc ein asyndeton entsteht dieses
ist aber gerade vor diesen Worten nicht so auffallend, da eine gegenüker-
stellung von unerwartetem, noch dazu mit Wiederholung desselben haupt-
verbums, stattfindet, bei der übrigens noch zu beachten ist, dasz auf das
weniger scharf hervortretende futurum q)av€iTat das bestimmlere prä-
sens q>aiv€Tai folgt, dasz im ersten salze oub^irOT6, im zweiten iki\
steht, läszt sich daraus erklären, dasz ouödiroTC sich nicht unmiltdbar
an €1 anschlieszl, sondern erst bei der angäbe des gegensatses zu änXoGv
eintritt und etwas als wirklich nicht eintretend gedacht wird, während
das et fif| öciov als schwankender gefaszt werden kann: *wean es nicht
erlaubt sein sollte.' die von Kock beanstandeten worte TOUTOIC TOic
dvOpdiiroic schlieszen sich aber in dieser gegenüberstellung so an das
vorausgehende olc an , dasz kein grund zu einer beseitigung derselben
vorliegt.
Erlangen.' Ludwig von Jan.
F. Ritschi: zu Plaulus miles gloriosus [23. 24]. 341
47.
ZU PLAUTUS MILES GLORIOSUS.
An Professor Fleckeisen.
[>cine frage, I. fr., was ich Aber M. Haupts im jüngsten heft des
'Hermes' [lU s. 147 f.] mitgeteilte emcndalion der Plaulinischen verse
Hiles glor. 23 f. urleile, kann ich dir, so wie sie gestellt ist, darum
nicht beantworten, weil mir meine hiesige sorlimenlshuchhandlung jenes
heft noch gar nicht geliefert hat. was ich aber kann, das ist, dir meine
eigene emendalion jener verse mitzuteilen , wie ich sie seit jähren nicht
nur für mich selbst aufgezeichnet, sondern auch wiederholt in Vorlesun-
gen über den Miles gloriosus vorgetragen habe, nur dasz ich sie im fol-
genden ein wenig naher Im einzelnen ausführe.
Wir sind bei diesen vcrsen in der günstigen läge, zwei gleich
respcctable Oberlieferungen vor uns zu haben : das — wenn auch nicht
vollständige — zeugnis des palimpsests neben den Palatini einerseits,
anderseits das cilat des Varro de l. lat. VII 86. im Velus lauten die verse
von erster band also :
Me sibi habelo ego me mancupio dabo
Nisi unum epytir aut apud lila esturiensa nebene.
das dem Vetus ziemlich parallel stehende original , aus dem sowol Decur-
talus als Vaticanus abgeschrieben sind, hatte vermutlich im ersten verse
— ungewis wo — ein et übergeschrieben: daher also im Decurtalus
habeto et ego'me^ im Vaticanus blosz habeto et ego: erst von zweiten
handen ward sowol im Vetus als im Vaticanus et ego me corrigiert. im
zweiten verse stimmen alle drei handschriften , abgesehen von etwas ver-
schiedener silfoenverbindung , bis auf unwesentliche kleinigkeiten {aput
statt apudy esturiens ame hene) mit einander überein. der palimpsest
gibt Im ersten verse ebenfalls nur habeto ego me mancupio dabo ; im
zweiten war im anfange Nisi unum zu lesen ; etwa zehn folgende buch-
slaben blieben mir unlesbar , nach denen ich pud insanum bene zu er-
kennen glaubte, vielleicht ab^r in betreff des pud mich irrte und vielmehr
tur lesen muste, da durch epityrum es\iur ein Zwischenraum von gerade
zehn buchstaben genau gefüllt wird, denn wenn das estur bei richtiger
silbenabteilung schon in BC D deutlich vorliegt, so wird es zugleich^mil
dem epityrum unverkennbar von Varro bezeugt. Varros worle lauten
(wie man mit genauigkeit zwar nicht aus BIQIIers, wol aber aus Spengels
angaben ersieht) in der Florentiner handschrift also: apud plautum si
unum epytira estuer insane bene. epytirum uocabulum est
cibi quo frequentius sicilia quam italia usa. id [id edi Müller] uehe-
menier cum ueUet dicere^ dicit [vielmehr wol diocit'] insane^ quod
inSani faciunt omnia ueJtementer. so befremdlich es auch erscheinen
mag, dasz gleichmSszig in der Varronischen wie in der Plaulinischen
Überlieferung des Plaulinischen verses auf die silben epytir ein a folgt,
so laszt doch Varros nachfolgende erkl9rung, welche ausdrücklich die
form epityrum an die spilze stellt, keinen zweifei, dasz nur ein spiel
342 F. Ritschi : zu Plaulus miles gloriosus [23. 24].
des Zufalls jene übereinslimmuog des verderhnisses hervorgebracht, das
sich obnehiD in dem aut bei Plautus noch weiter forlgesetzt liaL ebenso
gewis aber, wie epytira und epytiraut nur corruptelen von epityrum
sind , ist auch im anfaug des verses das plautumii des Varro nur durch
aberspringung des ni nach m entstanden.
Was aber bei der vergieichuug der beiderseitigen Überlieferung vor
allem ins äuge springt, das ist, dasz bei Varro, und dieses zwar in voll-
ster Übereinstimmung mit dem palimpsest, vor estur Iceine spur erscheint
von dem apud iüa der andern Plautushandschriften : worin übrigens die
italienischen kritiker ein apud illum mit demselben rechte erkannten,
mit dem wir ein epityrum in dem Varronischen epytira. jene worte
sind also giossem. nihme man sie aber auch nicht dafür, so würde doch
eine sich alsdann etwa so darbietende versgestaltung: ni unum epityrum
apud illum ästur insane bene ^ darum durchaus unstatthaft sein, weil
in dem hiesigen sinne ein ni statt nisi nicht nur unplautinisch , sondern
selbst unlateinisch wäre, da nun im palimpsest ebenso deutlich insanum
bene, wie in den übrigen Plautushandschriften und bei Varro insane
bene geschrieben steht, so verfiel ich, um nichts von der Überlieferung
verloren gehen zu lassen , ehedem auf den gedanken beides zu verbinden,
das nisi zum vorangehenden verse zu ziehen und diesen, der ein paar
Silben zu wenig hat, dadurch vollzählig zu machen, den unsrigen aber
zu schreiben: ftt^i | unum epityrum estur insanum insane bene. die
conjunction nisi^ zumal in der hiesigen freiem anwendung von 'wenn
nur nicht', ^nur freilich', durfte als versschlusz gerechtfertigt erscheinen
durch Captivi 724 : ibi quom dlii octonos Idpides ecfodiünt , nisi \ coti-
diano sisquiopus confeceris^ \ Sescäntoplago nömen indetür tibi, und
durch Curcullo 51: tam a mS pudicast^ quasi soror mea sit, nisi | sisi
ösculando quipiam inpudicior, aber die Verbindung insanum insane, ob-
wol unter andern umständen als besondere pointe dem Plautus wol zuzu-
trauen, blieb ein groszes Wagestück hei noch hinzutretendem bene: ein
Wagestück das jedenfalls durch das insanum valde der Nervolaria (bei
Nonius s. 127, 26} nicht ausreichend geschützt war. überhaupt wirkte
wol dabei eine allzuhohe werthschälzung des Ambrosianischen palimpsests
mit, während sich doch bei eingehender und unbefangener betrachtuug
mehr nnd mehr die Überzeugung bahn brechen musz, dasz zwar in allem,
was sich auf den natürlichen vorzug einer sechshundertjAhrigen alters-
priorltat zurückführen Uszt, der palimpsest unbedingt über den Palatini-
sehen handschriften steht , an sich dagegen die den letztern zu gründe
liegende textesgestalt nicht etwa nur den gleichen rang mit der des pa-
limpsests behauptet, sondern vielfältig eine entschieden echtere, weil von
recensierender, namentlich abglättender und das altertümliche verwischen-
der thätigkeit freier gebliebene Überlieferung darbietet.
Glosseme können ja nun allerdings als ganz freie erklärende zuthaten
einem texte beigefügt werden; aber die regel ist es doch, dasz sie statt
eines andern stehen, und in der that erwarten wir ja auch nicht sowol
den allgemeinen gedanken, dasz ein, sondern den bestimmten, dasz
sein (des Pyrgopolinices) epityrum gar zu gut schmecke, wofür kann
F. Ritsch] : zu Plaulus miles gloriosus [23. 24]. 343
nun das apud ilhitn gesetzt sein ? fGr hie schwerlich, weil dies vielmehr
mit apud hunc erldart sein wQrde. sehr einleuchtend dagegen für ülic
oder in alter form Uli. nichts Idszt wenigstens an gUtle und angemessen-
heit diese, wie ich glaube, ursprOngliche form des Plautinischen verses
vermissen :
nisi ünum epltyrum illi ^stur insanö bene.
ob sich etwa ein rest dieses Uli in dem ut der Plautoshandschriften ver-
stecke, bleibe dahingestellt; nötig ist eine solche annähme, um die ent-
stehung des ut zu erkllren , mit nichten , da gerade im Miles gloriosus
die handschrifien hunderte der crassesten corruptelen darbieten , die vom
standpuncte des sonst flblichen noch viel unverständlicher sind. — Auf-
fallend bleibt freilich, dasz schon in Varros citat jenes tili nicht mehr
erscheint ; indes fehlt es nicht an beispielen , welche zeigen , in wie hohe
zeit manche teitesverderbnisse , namentlich auslassungen , zurückgehen:
wofdr ich mir eine lehrreiche Zusammenstellung fflr eine andere gelegen-
heit vorbehalte.
Die ausfallung des vorangehenden verses wird jetzt nicht gar schwie-
rig sein, natürlich werden unsere jüngsten Plautiner eine ausfflilung gar
nicht nötig finden; denn sind sie auch noch nicht ganz zu der freiheit
des standpuncles gelangt, dasz der senar manchmal auch nur fünf füsze
zu haben brauche, so werden sie sich doch 9uszerst berechtigt hallen
zur freien wähl zwischen folgenden gleich anmutsvollen messungen: me
sibi habetö: egö me mäncupiö dabo^ oder me sibt habeto: egö m. m. d.y
oder me sibi habeto: ego m. m. d. für die verblendeten indes, die sich
zu dieser hübe der erkenntnis noch nicht aufgeschwungen haben , sei zu-
nächst erinnert, dasz vermöge der begrifflichen Vollständigkeit, die der
Plautinischen Umgangssprache eigen ist , bei ego me mancupio dabo ein
dativ ei vermiszt wird, weiter führt sodann die vergleichung einer sehr
verwandten stelle desselben Stücks v. 565 ff. : ego nunc si post hunc
diem \ mutfivero^ etiam quod egomet certo sciam^ \ dato excrudan-
dum me: egomet me dedam tibi, wie hier das nur im palimpsest er-
haltene egomet me in den Palalini zu ego me geworden ist , so werden
wir in dem uns hier beschäftigenden verse ein ganz analoges Übersprin-
gen des auges von ähnlichem zu ahnlichem annehmen und als das Plauti-
nlsche sehr getrost egome[t ei me'] mancupio dabo vermuten dürfen,
und eine spur davon wird sich wol noch in dem in B und D überge-
schriebenen et erhalten haben, also das ganze :
me sibi habeto , egomet ei me mancupio dabo :
nisi ünum epltyrum Uli ^tur insao^ bene.
Damit hast du , I. fr. , meine jetzige meinung über jene verse. sieh
nun selbst zu, wie weit Haupt und ich übereinstimmen oder von ein-
ander abweichen, und lasz mich gelegentlich dein urleil hören.*)
Lbipzio. Friedbich Ritsohl.
*) [das ist sehr bald und kurz gegeben, wenn man nichts als ja zu
sagen hat, und dieses wiederum wird einem snr wahren freude, wenn
man das eigne bereits so eut wie feststehende urteil durch eine neue
beweisfUhrnng bestätigt sieht, ich wenigstens bekenne gern Haupts
544 Ch. Zieglcr:
behsodlmtf dieser stelle in nr. LXVI seiner analectn gleieh beim ernten
lesen so puuisibel gefunden sn haben, dass ich g ewissetinnasen nnr cor
hekrSftignng der eignen aberxengnng mir das nrtetl meines thenren
frenndes Ritsehl erbat, der obige brief , dessen Teruffentliehnng er mir
freigestellt, enthält die antwort, in der form anders, im inhalt genau
so wie ich sie erwartet hatte: denn dMS Ton Ritschi nnabbingig Ton
Hanpt gefdndene resnhat stimmt mit der von diesem veroffenüichten
emendation so ToUkommen nberein — wenn der eine tffomet me et, der
andere egomtt ei wu stellt, so ist das doch in Wahrheit eine sehr indiffe-
rente differens — dasz die hersteHong der beiden verse non als fnr
alle soknnft gesichert gelten kann, nnr ^ine Schwierigkeit hat mich
etwas länger beschäftigt, nnd da weder Haiqit noch Ritsehl fiber die-
selbe ein wort Terlieren, so sei es mir gestattet dabei noch einen äugen-
blick zu Tcrweilen. das unum nemlich im letzten verse hatte ich, wie
ich mir bisher den vers zurechtgelegt: nisi \ waam apud iOvm epUymm
ettvr huane bene, durch die Verbindung mit apttd iiium erklärt: 'nur
freilich bei ihm allein speist man gar zu unsinnig guten olirensalat
(und deswegen möchte ich die bereitwilligkeit mich dem ersten besten
zu eigen zu verschreiben gleich wieder zurücknehmen)' — denn wenn
es auch dem parasiten mit jenem peiuriorem hoe hominem siguu mderit . .
egomet ei me mantuph dabo natfirlicb nicht ernst ist, so tfaut er doch
so — ; jetzt wird diese anffassnng allerdings in folge der ersetsungdes
apud iüum durch ilU unmöglich, aber daraas folgt noch nicht dass nun
maan etwa zu beseitigen wäre; bei genauerer erwägung wird man viel-
mehr finden dasz es auch in der jetzigen fassung des verses einen pas-
senden sinn gibt: es liegt nemlich eine kurze des ansdmoks vor, die
etwa so zu ergänzen sein dürfte: ''nur freilich der eins ige grund die-
ses anerbieten zurückzunehmen nnd es überhaupt noch länger bei ihm
ausznhalten ist der umstand dasz man dort gar zu unsinnig guten
oUvensalat speist.' es ist das eine brachylogie, für die man genau
entspreehende belspiele weder finden wird noch beizubringen verpflich-
tet ist, da dergleichen ganz individuell zu sein pflegt. A. F.]
48.
BEEICHTIGUNGEN.
Die besilzer meiner ausgäbe des Bion und Moschos (Tübingen
1868) bitte icli folgende ergänzuogen und bericiiligungeD vorzunehmen :
Bion I 84 jiiTipdv Aou€v] Buecheler. ^Tipdv dXouci Herrn, ad Aeschyli
Prom. 498.
Mosch. II 112 aXb' m. n.
145 TkcXoc n. r. Antt.
155 elbofiat eTpev n. cTbo^cv i^fii^v m. €!bofxai fjfACv s.
HI 5 dve^iäva (ut fort, w.) vulg.
V 5 fXQKpa] Reg. ut com*. Steph. in ed. IT, om. Medic. Trine
zugleich bemerke ich für diejenigen , die sich eingebender mit den buko*
likem beschäftigen , dasz ich etwaige anfragen stets mit vergnügen be-
antworten werde, manches konnte ich im drucke gar nicht so wieder-
geben, wie ich es in meinen papieren habe, und doch ist es für den
kriliker nicht ohne bedeutung.
Stuttgart. Christoph Zieglbr.
W. Christ: über den werth des nammtts bei Plautus. 345
49.
[ÜBER DEN WERTH DES NUMMÜS BEI PLAUTUS.
Die stficke des Plautus und Terentius gehören zu den fabulae pal-
liatae : die dichter arbeiteten nicht nur im stil und im geist ihrer grie-
chischen Vorbilder, sie behielten auch die örtlichkeiten und die sitten-
schilderungen der einzelnen originalstöcke bei ; und da nun einmal auch
das geld zur landesart zAhlt, so mflssen wir von vorn herein in den namen
der geldsorten bezeichnungen griechischer geldverhiltnlsse vermuten, wir
müssen dieses um so mehr , da sich nirgends , so viel ich weisz , weder
bei Plautus noch bei Terentius das eigentlich römische nationalgeld , der
OS und denarius, erwähnt findet, der name nummut wird aber bei ihnen
vpn zwei wesentlich verschiedenen münzen, von einer gold- und einer
silbermünze, gebraucht; diese werden auch ausdrücklich als nummi au-
rei (asin. 153. Bacch. 230. 590. 882. rud, 1313. Poen. IH 4, 4. 22)
und nummi argenti (auL 1 2, 30. mosi. 1080. Pseud. 97) einander ent-
gegengesetzt; daneben wird nur scherzweise zweimal (Cos, H 3, 40.
mosU 892) von einem nummtis plumbeus gesprochen ; von einem num-
mus aereus ist nirgends die rede, ganz gewöhnlich aber konunt der
ausdruck nummus ohne jeden zusatz bei den komikern vor, und dann ist
darunter das geläufige geldstück , der silbernummus , verstanden, sollte
nemlich das goldstflck gemeint sein, so bedurfte das wort eines naher
bezeichnenden Zusatzes, oder es muste wenigstens durch den Zusammen-
hang der stelle, durch die vorausgehende oder nachfolgende erwähnung
von aurum^ jede Zweideutigkeit ausgeschlossen sein, wie z. b. Bacch,
706. zur nähern bezeicbnung wählte aber der dichter nicht blosz das
adjeclivum aureus ^ sondern noch gewöhnlicher den beisatz Phüippeus
aureus {asin. 153. Poen. Hl 4, 22) oder Phüippeus schlechthin (Irin.
152. 955). von den goldmünzen nemlich, welche zur zeit der neuern
komödie cursierlen — und jene zeit möchte ich hier lieber ins äuge fas-
sen als die abfassungszeit der einzelnen Plautinischen stücke — waren die
meisten von Philippos H, könig von Makedonien, und seinen nachfolgern
geschlagen, weshalb damals nummus Phüippeus etwas ähnliches be-
sagen wollte wie heutzutage Priedrichsd*or und Napoleonsd'or. Plautus
spricht daher nicht blosz von Philippischen münzen, sondern auch von
aurum Philippeum (Cure. 440. glor. 1064), und bemerkt geradezu
Poen. III 4, 4, dasz PMlippei der naroe für nummi aurei gewesen sei.
freilich kennt derselbe rud. 1313 IT. neben dem Philippischen gold auch
noch andere goldmünzen; aber gerade die weise in der Labrax die hun-
dert minen Philippischen goldes gesondert verpackt hat, zeigt deutlich,
wie der Philippsd'or die gesuchteste und gangbarste goldmünze war.
wenn daher Stratophanes iruc. V 60 zu seiner theuren geliebten sagt:
im tibi talentum argenti: Philippeum aes esi^ iene tibi: so weist eben
jenes Philippeum aes darauf hin, dasz das talent trotz des beisatzes ar-
genti nicht in silber- sondern in goldstücken bestanden habe, denn der
prahlhans Stratophanes verschmäht ohnehin das gemeine silber und wirft
JthrlKlcb«r für claM. phüoL 186S hft. 5, 23
34ß W. Ghritl: fibcr den wertli des nwniiMis bei Mao(«s.
nur mit 90U um sich, und ein Ulent in silber war nicht so leicht, dasz
man den heutel so einlach aus der tasche slehen and einem andern hin-
reichen konnte, in dem Persa wenigstens läszt uch Sagaristio seine
sechzig minen Silbers fönnlich aufladen, und der alle Simo Im Pseudolus
(1323} luüdixt schon unter der last von zwansig minen. es ist also an
der stelle des Trucukutm argenü bloss hinzugesetzt um aossudräcken,
dasz der beutel geld, den Stratophanes seiner geliebten spendiert, kein
tilent an gewicht sondern nur ein talent an geldwerth war.
Attszer dem goMnummus kommt aber bei Plantns auch noch ein
silbemnmmns vor, der, wie bereits bemerkt, auch nuwnuts schlechthin
gcDannl wird, nnd es fragt sich, was ffir ein silberstAck man darunter
zu versieben habe: denn bei dem nummus aureus warfen wir diese
frage gar nicht auf, weil es in jener zeit fast nur ein goldslöck gab,
nemlich das von den königen Makedoniens und den diadochen geprigte,
welches ein gewicht von zwei attischen drachmen und einen wnrth von
beiläufig sechs tbalem hatte, aber der silberstöcke gab es, auch wenn
wir Ton den römischen ganz absehen, verschiedene, und von vom herein
konnte unter nummus argenii ebenso gut ein obolos wie ein ein-, zwei-
und vierdraclunenstack verstanden sein, da alle diese mfinzsorten bei
den Griechen cursierten. es ist vor allem ^le mmung abzuweisen , als
ob bei den komikern der nummus ein silberslöck im allgemeinen be-
zeichne und demnach bald als eine dracbme bald als ein tetradradimon
erklärt werden dOrfe. es gibt allerdings stellen, wie Pstud. 1318 kirne
numquam eris nummo diUor^ capi. 331 eum si reddis mihiy prmeierea
unum nummum ne duis^ Epid, III 1 , 9 ts nummum nuUum habet und
andere, wo das wort in sprichwörtlichen redensarten gebraucht ist, wo
man also an ein bestimmtes geldstäck gar nicht zu denken braucht, doch
schon Pteud, 97 f.
quoi nie paratus nummus argenii siet ,
neque libeUai spes est usguam gentium
ist die Vorstellung eines bestimmten geldwerthes kaum abzuweisen, da
der dichter in absteigender gradation von dem nummus zur likella öber-
geht. und nun vollends weiter unten v. 808 f.
iUi drachumis sunt miseri^ me nemo potest
mindris quisquam nummo ut Surgam subigere
reicht man doch gewis mit der vagen Vorstellung einer beliebigen silber-
mfioze nicht aus : hier, wo der nummus der drachumm gegenflbergtstellt
wird, muste nicht bloss Plantus, sondern auch sefaie Zeitgenossen sieli
eine gans bestimmte silbermftnze vorstellen, und das gleiche gilt von den
meisten stellen der alten komiker. können wir also aus einer stelle den
werth des nummus ermitteln , so gilt dieser iQr alle sUllen wenigstens
desselben Schriftstellers und desselben Stockes, denn um dieses gleich
vorauszuschicken, in Terentius zeit hatte fitiifimiis bereits eine andere
bedeutung als in der des Plautus. Terenz nenlich hat unzweifelhaft
nummus mit drachuma gleichgestellt; das erhellt aus dem hauton timo-
rumenos III 3, wo das müie draehumarum argenii (v. 40} spiter als
Hmmum (v. 45} wiederkehrt; Plautus aber hat, wie wir vorbin
W. Christ: über den werth des nummus bei Plaulus. 347
sahen , noch in einem seiner spatesten stflcke , im Pseudolus , ganz be-
stimmt den nummus als ein gröszeres geldslQck der drachuma entgegen-
gesetzt; welchen werth er demselben beilegte, das ersieht man, wie
längst erkannt worden ist, aus truc. II 7, 11. dort gesteht Cyamus, der
saubere diener des sanbem herrn, dasz er von der mine, welche sein herr
ihm gegeben um prilsente für Phronesium einzukaufen, die pars Bereu-
lanea mit fflnf nummi fQr sich auf die seite geschafft habe, nun betrug
aber der Herculeszehnten , wofflr belegstellen beizubringen bei der be-
kanntheit der Sache unnütz ist, ein zehntel des ganzen, und da die mine
hundert drachmen hat, so musz jeder jener fünf ntimmt ein didrachmon
gewesen sein. Plautus stellte sich also unter nummus ein zweidrachmen-
stück und zwar speciell ein solches der 9gin&ischen Währung vor. das
letztere ersehen wir aus dem schlusz des Rudens: Labrax, der schuft
von einem leno , hatte dem Gripus ein talent versprochen , wenn er ihm
den verlorenen koflTer zurückschaffe, der leno bekommt seinen koff'er und
soll nun sein versprechen einlösen, aber betrügerisch, wie immer, sucht
er auch hier sich aus der schlinge zu ziehen, da entscheidet Dflmones,
der herr des Gripus, die sache so, dasz er das talent in zwei teile teilt,
die eine hllfte sich zuspricht um dagegen den Gripus frei zu geben , die
andere aber dem Labrax läszt zur enlschädigung für die tausend nummi^
welche derselbe für den kauf der Ampelisca ausgegeben hatte, also tau-
send nummi oder didrachmen sind hier augenscheinlich einem halben
talente gleich gerechnet; nun gehen aber bekanntlich nicht 4000 son-
dern 6000 drachmen auf ein attisches talent. die schwierigkeil löst sich,
sobald man den curs heranzieht, in dem nach Aristoteles bei Pollux
4, 174 und 9, 87 das äginSische geld zu dem attischen stand: dort
heiszt es nemlich einmal, dasz der korinthische stater, d. i. eben ein
sitberstück von zwei drachmen, bei den Siculern bexdXiTpoc genannt
worden sei, und dann weiter, dasz eine Xirpa oder ein voOjül^oc einen
äglnäischen obolos oder anderthalb attische drachmen gegolten habe;
vgl. Hultsch metrologie s. 135 und Mommsen gesch. d. röm. münzwesens
s. 78. nach einer flreilich nur oberfllciilichen Schätzung waren also zwei
äginäische drachmen gleich drei attischen, und es konnte somit unser
dichter tausend didrachmen, welche eben fast nur in der Sginäischen
Währung vorzukommen pflegten, als die hSifte eines talenles bezeichnen.
Plautus also setzte bei seinen landsleuten voraus, dasz sie sich in
griechischen Verhältnissen unter nummus einen crarfip bibpaxfxoc vor-
stellten ; deshalb bleibt aber doch die möglichkeit offen , dasz der komi-
ker, dem es ja auf ein paar groschen mehr oder minder nicht ankam,
manchmal das bpax^i^ und TCTpdbpaxMOV seines Originals mit nummus
übertrug, wenn so der durchgebläute koch in der Aulularia III 2 , 34
klagt, dasz der nummus^ um den er gedungen worden sei, ihm nun
darauf gehe, um den arzt für die heilung seiner beulen zu bezahlen, so
stand wol im griechischen original bpaxM^l und nicht b\JO bpaXMOit, da
nach Pseud. 848 ein nummus ein ganz ungewöhnlich hoher lohn für
einen koch war und in der regel für denselben nur eine drachme bezahlt
wurde: s. Pseud. 808. merc, 777. das gleiche gilt von einer stelle '
23*
34^^ W. Chiisl: über des wertli des Bammiis bei PboUs.
dea Meiiicbmeo (542), wo die gewurfelle lore skb bei des gdidilen
ihrer berrin noch besooders stalagwda pondo duom ftumaiara ansbitlel.
jfi^M bei gewichtsangabeo wurden sie didraduDea oder letndraduBeB
sondera but dracfameB angewandL
Auf der andeni seile gebraucbte Piaalos im Peru des a«adnick
nmmmus, wo im alüschea original gewis aa eia telradraduBeostiick ge-
dacht war. dort bedarf Toxilus, am seioe geliebte ioszukaufea, sechs-
hundert mtmau; anfangs weisz niemand ralh zu schaffen, später koMBt
Sagaristio triumphierend zu Toxilus und bringt ihm die sechshiindert
nummd, die sein herr ihm gegeben hatte um in Eretria ochsen au kaufen;
Toiilus will vorwiuig in den beutel hineingucken, da warnt ihn scher-
zend sein mitsklave, quia boves bini hie sunt in crumma. nun über»
steigen sechshundert nummi^ auch wenn man nummus im sinn einer
drachme nehmen wollte, jedenfalls weit den werlh von zwei ochsen (s.
Bdckh staatsh. I^s. 104 £), und dann weist auch das distributiTiahlwort
bim entschieden auf einen andern sinn der worte hin. da nun mwmmms
bei Plautus specidl ein didracbmon bedeutete, so scheint der dichter dem
römischen publicum zugemutet zu haben so ohne weiteres das bim boves
von je zwei drachmen zu verstehen, aber der attische dichter seilte ge-
wis eine feinere beziehung voraus: bei den Griechen war nemlich die
Vorstellung verbreitet, dasz das alte attische didracbmon von seinem ge-
prige den namen ßoöc gehabt habe, und bei der theorie in Mos wurde
das geschenk vom herold in so und so viel ochsen ausgesprochen, aber
in der art ausbezahlt, dasz für je einen ochsen zwei drachmen gegeben
wurden (s. Pollui 9, 60 f. und Bockh metrol. unt. s. 121). zwei ochsen
nahmen also die Athener nicht schlechthin für zwei drachmen, sondern
für eine witzige Umschreibung des bei ihnen daouls gebrftuchlichen tetra-
drachmon , das den doppelten werth von dem alten , nach einer verbreite-
ten mSre ßoOc genannten didracbmon hatte.
Nun erübrigen uns aber noch zwei stellen , an denen wir mit den
bis jetzt entwickelten geltungen von nummus nicht durchkommen, der
Trinummus hat bekanntlich seinen namen von dem armen teufei, der sich
gegen drei nummi dazu hergibt in fremder kleidung einen angeblichen
brief von Charmides an dessen söhn zu fiberbringen, riskieren konnte
derselbe bei der ganzen geschichte nichts, nichtsdestoweniger klagt er
dasz er aus lauter armut sich gegen drei nummi zu einem solchen streich
hergegeben habe, v. 847 ff.
viden egetias quid negoti dat homini misero male T
quom igo nunc tubigor trium nummorum causa ui has episiulas
dicam ab eo homine me accepissey quem ego qui sit homo nesdo
n^que novi neque natus necne fuerit id solide scio.
nun sind aber drei didrachmen gar keine so übergrosze kleinigkdt : um
einen einzigen nummus muste ein excellenter koch sich den ganzen tag
über braten lassen, und um einen einzigen nummus muste sogar eine
höhere künstlerin, eine fidicina, ihre kunst und was sonst noch verkaufen
{£pid, III 2, 36). In unserer zeit stehen die leute, die sich zum spasz
"Gefahr maskieren lassen, gar nicht so hoch Im preise, dasz
W. Christ : über den werth des immmas bei Plautos. 349
man fCir die bestellung eines einzigen fingierten briefes mehr als drei
gülden auszugeben brauchte, kurz aller witz gebt verloren, wenn man
unter jenen drei nummi drei didrachmen äginSischer Währung Terstehen
wollte.
An noch einer andern stelle musz unter numtnus etwas anderes als
das griechische didrachmon verstanden werden, in der Mostellaria II 1
ruft der verschmitzte Tranio in seiner angst wegen der schlage, die
seiner bei der rücitfcehr des alten herm warten, verzweifelnd aus, wo
einer sei, der gegen gutes geld heute seine stelle einnehmen wolle, wo
die eisenfresser oder jene qui irium nummorum causa svbeuni stA
fdlas, schon die pointe des witzes verlangt hier die bezeichnung einer
bagatelle geldes, gegen die jene ihre haut zu markte tragen, und schon
deshalb kann nicht leicht an drei stateren gedacht werden ; noch wich-
tiger ist dasz hier, wie bereits die alten ausleger erkannt haben, ein
ganz deutlicher hinweis auf den sold der Soldaten vorliegt; der betrug
aber nie sechs drachraen ; auch an drei asse mit Lipsius zu denken sind
wir durch nichts berechtigt; selbst Mommsen gesch. des röm. münz-
wesens s. 198 a. 83 trifft noch nicht ganz das rechte, wenn er hier
nummus mit ößoXöc schlechthin identificiert. auf das richtige führen
uns die angaben Ober die höhe des soldes; dieser war in der regel auf
drei obole des Sginäischen fuszes festgesetzt, worüber man Hultsch me-
trologie s. 135 a. 24 nachsehen möge, nun entsprach aber einem flginäi-
schen obolos nach Aristoteles bei Pollux 4, 174 eine sicilische Xirpa;
eine solche Xirpa selbst stand einem römlscheu a$ des schwerkupfers
gleich, das hinwiederum in dem sesiertius sein äquivalent hatte, der
sesterz hiesz aber bei den Römern bekanntlich nummus^ und so dürfen
wir ohne zaudern annehmen, dasz in dem Trinummus und in der Mostel-
laria das wort nummus in dem römischen und nicht in dem griechischen
sinne genommen ist. dasz dieses in der fabula palllata vorkam , darf uns
nicht allzu sehr befremden: denn Plautus blieb immer ein originaler
römischer dichter, der, wenn er auch griechische Stoffe behandelte, doch
mit seinem sprudelnden witz manchmal in die gegenwart und in seine
Umgebung einschlug, und so gut er teruncius und libella erwähnen
konnte, so gut konnte er auch einmal das wort nummus im römischen
sinne gebrauchen, zumal wenn er es einem gewöhnlichen gemeinen men-
schen in den mund legte.
So vereinigte denn der römische dichter jene beiden bedeutungen,
welchg das wort nummus bei denjenigen griechischen Völkerschaften
hatte, von denen die Römer dasselbe entlehnten, denn bei den Sicuiern
bedeutete bekanntlich voOfiiiOC nicht das ganzstück, den craT^lp &€Kd-
XiTpoc, sondern dessen zehnten teil, ein kleines silberstflck, welches
dem werthe einer Xirpa kupfer entsprechen sollte, wenn nun Varro de
L lät. V 173 sagt: in argenio nummi ^ id ab SicuUs^ so kann diese her-
leitung sich nur auf den nummus sesiertius beziehen, der in dem ge-
wicht von einem scrupel der ausdruck eines pfundigen kupferas in silber
war. die Römer lernten aber das wort nummus noch in einem andern
sinne bei den Tarentinern kennen und in denjenigen griechischen colonien
350
H. Dfintzec: zu Boratius [cami. 10 7, 211.
LnleriuheM, die wie HeraUeü demwlben spncbgebnneh McteiL den
oacfa Aristoteles bei PoIIui 9, 80 oanntai die Taratiner voftiiioc tmt
muDze iq, ou iyreTxmwcßax Tiipovro jöv noccibtüvoc bdkam
^noxoujicvov. dieaea geprJge trigt aber bei den TaivoÜDem ni^idit
kleiae, der «aliachen litra enUprechende silbersUick, sondera die grasu
8,23 gr. wiegende mOnze (». Mommsen a. o. ». 101 f.), wdciw olenbar
e.n cTomp biöpawioc war und unprOngKch xur igUaiKha, wibning
gehörte. In folge der unUrwerfung TarenU und des «erkehn mit den
griechischen sUdteu Italiens kamen auch dieae geUstacke nach Rem
und mit Ihnen zugleich ihr name nummus. zur zeit de. Piautas warai
wol beide bedeulungen von nummut den R&nern ganz geliu6g: spiler
lUhschen didrachmen verdrängte, blieb in dem volksmond« nm noch der
nummut testertiut. die gelehrten mdessen behielten noch dieerinner««
an einen schwereren nummut und fingierten nun einen nummut Servia-
W« LTkT »'™P«i ,«*»««•• «ew«en »ei als der denar. scho.
Varro bei Charis.us s 81 P. legu dieser ficüon kein gewicht beL
Mommsen hat ihre voliigc haklosigkeit gegen Bdckh erw^n, durch
vorstehende darlegung des Plauüni«Aen sprlchgebrauchs wirf nu ..eii
Ihr Ursprung ins bchl gesetzt sein. «^ » "»»
60.
ZU HORAHUS.
s
In den Oden lü 7, 21 ist fruttra: nam tcopulü turdior Icarit
stau des überlieferten IcaH zu schreiben, denn die felsen des learisehen
meeres felsen des Icarus' zu nennen, weil Icarus fai du meer gefallen
und Jean für Icam tu nehmen geht schon deshalb nicht, weil der g«i
eines adjeclivums auf -«« immer auf -«, nie auf -• auslautet, abgeaeh«.
iCJ^mr sX n '"" '"'"*\^^««"« -•«"«' vorkommt und ÄS
patenUAegaeo). Icant kömite fflr Jean« stehen, wie bei Eutins n«U
/««.,, bei Properlius Luvinit litoribut, bei Marüali. Fi>,««, «rf„JS
(Lachmann zu Lucr. s. 279), oder Hör. bildete von Icarut L gleicZJeT
selbst .r.«^«j^«.^(W^^^^^^^ e':Äwrrrxr(SS
d«z ,cop«/« W auch zu dem stehenden gebrauche de. dichte» stlim^
i;,rr,rst»'^Jl!?^''-«:? n •"^""^ '- entsprechen!
verssi setzen bedarf Uosz der andeutung: vgl. in unMrm g».
^v ^Piiae {9), querulaetibiae (30).
HBIMEUm D6NT2EB.
H. Probst: lu Ciceros Sestiaoa. 351
51.
Zu CICEB08 SE8TIANA.
$12 neque umquam Catäina^ cum e pruina Appennini atque
nivibus Ulh emersisset atque aesiaiem integram nanctus liaUae caUet
ei pastürum siabula . . cepisiei^ sine muUo sanguine ae tine totius
Italiae vasiiiate tniserrima concidisset in dieser stelle handdt es sich
am eine richtige erglnxang zu pastorutn siabula^ da mit dem praeclare^
praeclari^ praeelara^ welches die besten hss. bieten, nichts zu machen
ist. Tittler in diesen jahrb. 1865 s. 394 will zwar das wort beibehalten
und praeclara praedonum Uta praesidia im sinne fester, schütz ge-
wahrender öillichkeiten einschieben, praeciara soll dann 'Übel berflch-
tigt' heiszen, wie m Cat, II 11, 24; dort steht das wort aber offenbar
ironisch; jener zusatz würde die siabula als bekannte Schlupfwinkel von
straszenrSubem bezeichnen und wire dann höchst müszig. ebenso wenig
passt Ißhlys praediaque cep%ssei\ dort oben gab und gibt es keine
praedia^ am allerwenigsten besaszen und besitzen pasiores solche, tiber
die übrigen conjecturen, Hadvigs peragrare coepissei^ Wesenbergs per*
vagari^ Orellis peneirare^ Röchlys perlustrare^ Halms praeoccupare
oder gar Bakes praedari coepissei (als wenn in jenen roh aus steinen
oder unbehauenen starken bohlen zusammengefügten sennfaütten oder
heuschobem etwas zu plAndem gewesen wire) können wir hinweggehen,
da dieselben alle in der Torzweilhing in dem attribut praeciara einen
passenden sinn zu finden ihren grund haben, wenn man sich an prae-
ciara ^trefflich in seiner art' als zu farblos, zu allgemein stüszt und, wie
auch ich glaube, mit vollem rechte, so schreibe man praealta ^hoch-
gefegen' und also schwer zugXnglich, schwer erreichbar, was sehr gu(
zu der hier geschilderten Situation passt. und jedenfalls verlangt pasio*
rum stdhvHa ein derartiges attrtbut: denn an und für sich waren die-
selben nicht gefthrlich , es kam alles auf die läge an , und durch diese
läge beherschten sie eben die über das gebirge führenden pfade und
konnten als stülzpuncte für einen gueriilakrieg (s. p, Mur, 89, 84 f. und
wegen der Shnlichkeit der Situation epist. ad fam, Xf 10, 4), wie ihn
Catilina beabsichtigte , dienen.
S 18 n^ in Scyllaeo üh aeris dlieni iamquam in freiu ad cofum-
natn (schreib Columnam) adhaeresceret. hier ist nichts zu indem,
nicht an ein promunfurktm oder fretum Scpttaeum zu denken (Roch) ;
was wire das für ein salz ne in Scyllaeo sc. fretu iamquam in freiu
(doch wol Siculo) adhaeresceret^ das gewöhnliche büd wire gewesen
ne aere alieno obrueretur {episi. ad Mi, II 1, 11) oder opprimereiur. .
da fiel dem redner im gedanken an die' columna Maenia der noch viel
bezeichnendere ausdmek adhaerescere (scheilerd) ein, und zugleich jene
columna im fretum Siculum (s. die erkläret z. d. st.), und um mm noch
weiter zu individualisieren, nalmi er, dem die örtlichkeüen von seinem
anfenthalt in Sicilien her wol bekannt waren, stau des aUgemeinen M
vortice Hlo aeris alieni den speciellen ScgUaeus voriex sr
voriex und fügte noch zur Verdeutlichung für seine zuhöre
i..
352 H. Probst: zu Ciceros Sestiana.
in freiu (natürlich Sicülo) ad Columnam hinzu , so dasz also dieses letz-
lere worl eine doppelte beziehung hat.
S 19 nostra hoc purpura plebeia ac paene fusca. diese worte
sind keineswegs ^unverständlich', wie Koch in seiner ausgäbe meint, der
deshalb non nostra hac purpura^ sed plebeia ac paene fusca schrei-
ben will. Gabinius erschien täglich, sagt Cicero, in der unansehnlichen,
dunlLelfarbigen, beinah schwarzen oder schwärzlichen loga, wie sie der
reus und die anverwandten desselben samt allen seinen patroni und oJ-
vocaii anzulegen pflegten, wie sie auch Cicero in diesem falle, sowie
sämtliche beistände des Seslius (vgl. % 144 ff.) trugen, daher nostra hac^
wie sie sich aber keineswegs für einen consul im amte ziemte, doch
trefflich zu dem ganzen aufzug des Gabinius passte, der sich äuszeriich
ja als ein exemplum imperii veteris , imago antiquitatis usw. hinstellen
wollte.
S 21 et ad integritatem maiorutn spe sua hominem vocabant.
vocare spe aüquem ad aliquid hat für mich keinen sinn, wenigstens
kann es das was Koch will *sie bestimmten ihn in ihrer hoffnung zu der
. ., hofften von ihm die . .' nicht heiszen : vocare ist da ganz unmotivierl.
es wird zu schreiben sein hominem revoeabant d. h. sie maszen den
mann nach der integritas maiorum^ beurteilten ihn danach, setzten in
ihren erwartungen diese integritas bei ihm voraus, diese erklärung
kommt also im ganzen auf dasselbe hinaus wie jene obige, ich behaupte
nur dasz vocare jenen sinn nicht haben kann, wol aber revocare: vgL
Nägelsbach Stilistik S 107, 2.
$24: ex his assiduis eins cotidianisque sermonibus ei quod vide-
bam , quibuscum hominibus in interiore parte aedium viveret , ei quod
ita domus ipsa fumabat^ ut mtäia eius sermonis indicia redolerent,
hier halte ich sermonis für corrupt, aus dem vorausgehenden sermo-
nibus entstanden. Cicero sagt, er habe allmählich die Überzeugung ge-
wonnen , dasz man von jenen *schwätzern' — denn nugae ist hier con-
cret zu nehmen, wie ad Att, VI 3, 2. aef iß. /r. I 2, 4 :=: scurrae und
mit demselben nebensinne des schlemmens und schmarotzens — nichts
gutes habe erwarten dürfen, ebenso wenig aber etwas schlimmes be-
fürchten, das habe er geschlossen erstens aus den reden die er fort-
während und tagtäglich im munde geführt (s. den vorhergehenden S)«
zweitens weil er teils gesehen, mit was für leuten er intra parieies
verkehrte, teils gerochen habe [et quod . . et quod)^ was da drinnen
für ein leben geführt werde, das ist der sinn welchen der Zusammen-
hang verlangt, und der auch in den Worten liegt, nur dasz Cicero, statt
dem videbam etwa olfaciebam gegenüberzustellen, vor uns den dampf
der küche aufsteigen läszt, an dem man die indicia . . . roch, aber
wessen indiciat etwa eius sermonis^ von seiner Unterhaltung? vielmehr
von seiner ^gesellschafl', seiner ^zechbruderschaft'. man schreibe also ut
multa eius sodaJicii oder sodaliiatis indicia redolereni: ^das haus
dampfte schon so, dasz vielfach d. i. weit und breit die beweise seiner
gesellschaft d. 1. die beweise oder anzeigen , wer seine geseUschaft bil-
dete, ihren geruch verbreiteten.'
H. Probst: zu Ciceros Sestiana. 353
S 39 sed me illa moverunt. obgleich üJa auf das folgende be-
logen nicht gerade selten ist , so scheint mir hier doch der gegensatz
zu dem vorhergehenden alia zu verlangen, was auf den schtusz von
S 35 sed me aUi metus aique äUae curae suspiUonesque moverunt zu-
rflckweist
S 46 cum alii me suspitione periculi sui non defendereniy aUi
vetere adio bonorum meitareniur^ alii invidereni, alH obsiare sibi me
arbiirareniur, so die bisherige lesart, in welcher ich den erforderlichen
gegensatz der einzelnen glieder und die Steigerung vermisse, im zweiten
gliede auch die persönliclie beziehung auf den redner. man schreibe also
statt tnciiarentur vielmehr insectareniur^ statt inviderent^ was viel
zu kurz ist um ein selbständiges glied zu bilden, invidere^ so dasz
obsiare sibi me dazu gesteigerter gegensatz ist (^einige glaubten, ich
roisgönnte ihnen ihre Stellung, andere, ich stände ihnen im wege'}. daran
schlieszt sich denn gut die letzte classe seiner persönlichen Widersacher,
die sich nicht mit feindseligen gedanken begnflgen, sondern zur that
übergehen wollten (ulcisci dolorem aiiquem suum) , und die ganze stelle
enthält eine feine Charakteristik der gegenpartei und ihres fflhrers Cäsar.
S 50 ego qui . . periculo rei puhlicae vivebam. können diese
Worte heiszen, was sie heiszen sollen: *cuius vita servata contlnebat
salutem rei puhlicae' (Koch), oder 'die gefihrdung meines lebens hätte
auch dem Staate gefahr gebracht' (Halm)? schwerlich: periculo alicuius
vivere kann nur heiszen *unter gefahr fdr jemanden leben'; Cicero würde
also sagen, sein leben hätte dem Staate gefahr gebracht, während er das
gerade gegenteil sagen wollte, nemlich dasz sein tod (die gefilhrdung
seines lebens) dem Staate gefahr gebracht hätte, wenn man freilich letz*
tem sinn in die worte hineinzwängt , so ist jede Schwierigkeit gehoben,
vielleicht steckt der fehler in periculo^ und ich habe einmal daran ge-
dacht dafür perpetuo zu schreiben; A. Weidner (in Merseburg) schlägt
in einem briefe an mich jot periculo meo reipublicae causa vivebam.
sollte es nicht gestattet sein rei publicae als dativ zu nehmen gleichsam
persönlich und ganz in dem modernen sinne 'fflr den Staat, fflr das
öflTentliche wohl leben', da man doch sagt alicui vivere , alicui naium
essel dann wäre blosz meo einzuschieben, das wegen des folgenden rei
leicht Obersehen werden konnte.
S 55 sed ui a mea causa iam recedam^ reliquas illius atmi pesies
recordamini. sowol reUquae als pestes scheint mir ein bezeichnenderes
wort zu verlangen, und ich denke, statt mea causa ist zu schreiben
meo casu im hinblick auf S 53 cum meum illum casum iam horri-
bUem . . Jugereni,
S 72 veniuni kälendae lanuariae: vos haec melius scire poiesiis^
equidem audita dico: quae tum frequeniia senaius . . fuerit, hier
halte ich die worte vos haec . . audiia dico fflr eine vorgeschobene
parenthese und schreibe fuii^ als modus des ausrufsatzes, dem pathos
der ganzen stelle entsprechend.
S 73 vim fuisse illam^ flamm am quassaiae rei publicae per-
iurbtdorumque iemporum iure iudicnsque sublaOs. merkwürdigerweise
354 H. Probst: zu Gkeros Sestiana.
hat noch kein herausgeber an dieser stelle, im welclier Gieere des inliah
des Tortrags des L. Cotta referiert, ansloss geoomnien trots des auflaHen-
den flammam mit zwei geDetSven als epeiegetiscfaer apposilioa zu mm;
man hltte wenigstens imtedam oder etwas Ihnfiches erwarten mAssen,
zudem ist die metapber hier ganz unmotiviert Cicero wird geschrieben
haben vim fuisse iliatam quassaiae rei pubUeae, ans ükHam ist
durch dittographie illam flammam geworden, ebenso wird periarkaUh
rumque tempörum Terschrieben sein aus periurbaiione temparrnm^
die ganze stelle also lauten: vim fuisse iBaiam quassatae rei pMicae
periurbaiUme lemporum.
S 78 forum purgesf sollte hier nicht ferro aasgefallen, abn forum
ferro purgesf zu schreiben sein? purgare ohne einen solchen susatz
durfte zu wenig sagen.
$137 huius ordinis auciorHate uii wuigistraius ei quasi mtntMrof
gravissimi consüH esse voluerunt uH erscheint zn firbioe, ich sdnelbe
niii^ zumal wegen des folgenden minisiros.
S 141 primum in ea civitate naü, . tum in tamia glona imsisteHtes
. . deinde ad eam rem pubüeam iuendam adgressi. die gcwdhnliehe
form der aufzähiung ist bekanntlich primum deinde ftim, hier steht
deinde an dritter stelle, und es folgt nichts weiteres: ich schreibe daher
denique. beiliufig gesagt, ist insistentes nicht 'die wir einhengehen
d. h. bei Verdiensten am die repnbhk zu gewlrtigen haben* (U^Ib)^ son-
dern Mie wir auf einem so groszen felde des ruhmes fassen'.
S 147 vos hoc iudicio omnium bonorum menies comfinnare^ ön-
proborum reprimere potesHs. reprimere menies gibt keinen passenden
sinn und die concinnitit der beiden gUeder erfordert ein objcct za rr*
primere. es wird nach improborum ausgefallen sein im peius.
Clbve. HsRiiAinff Probst.
52.
VERBESSEEUNGSVORSCHLlGE ZU CICaEBOS BRIEFEN.
I 2,1 lesen wir: eo die nos quoque muOa vet^a feeimus
que visi sumus senatum commemoraOone luae voluniaHs erga iiium
ordinem permovere. itaque postridie plaeuii ut brevher senienHas
diceremus: videhatur enim reconciHaia nobis voluntas esse senaims^
quod cum dicendo tum singuHs appeilandis rogandisque perspeeeeram,
keiner von allen herausgebem hat wahrgenommen , dass das letzte wert
penpexeram verdorben sei. es könnte allenfalls gesagt werden appei-
landis rogandisque hominibus perspexeram , aHem wie jemanl dieendo
perspexeram habe sagen können, leuchtet nicht ein. dazu ist diese ganxe
angäbe , auf welche weise der schreibende die stininrang im senate wahr^
genommen haben wolle, hier eine ganz unnfltze; deshalb zwviie kh
nicht dasz Cicero geschrieben habe: quod cum dicendo tum singulis
appeilandis rogandisque perfeceram. denn nur dartn kann vnraiDf^
R. Klotz : Yerbessenuigsvorschläge zu Giceros bricfen. 355
tig€r weise hier die rede sein , wie Cicero jene veränderte Stimmung im
senal erreicht haben wolle.
1 10 a. e. will Cicero den rechlsgelehrten L. Valerius abschrecken
in seine heimat Apulien sich zu begeben, vielmehr ihn bei sich haben
und schliesst seinen brief mit den werten: nam i7/o(nemlich inJpuKam)
si weneriiy iamquam ülixea eognosces iuorum neminem, dasz die letz-
ten Worte einen falschen sinn geben, sah schon Orelli sehr richtig, wenn
er zu lesen vorschlug: tomquam ühxes cognoscere a tuorum nemine;
nur fehlte er in formeller hinsieht wegen des in Ciceros stll ungebrtuch*
liehen nemine. jedenfalls hatte Cicero geschrieben: tamquam ÜHxes
cogneseere (oder auch cognosceris) iuorum nemim, der dativ mdchte
hier auch dem sinne nach besser entsprechen als a und ablativ. war
einmal cognoscere oder cognotceris in cognoeces übergegangen, so
muste neminem unausbleiblich folgen.
II 12, 2 ist in einer offenbar verdorbenen stelle die Überlieferung
die folgende: Diogenes tuus^ hämo modesius^ a me cum PMone Pessi*
nunte dtscessH: iter habehani adiaioregem (so Med. an dieser stdie, in
buch Vin, wo der brief zwischen 9 und 10 noch einmal steht, ab Iorigge\
guamquam omnia nee benigna nee copiosa (so Med. hier, an zweiter
stelle qua nee benignam nee eopiosam) cognorant hier hatte man sich
früher mit der lesart iter habebant ad Adiatorigem begnügt, was man
nicht hAtte thun sollen, allein auch der weg, den in der neuesten ausgäbe
Baiter eingeschlagen , ist ein falscher, er schreibt im wesentlfchen nach
Marlyni-Lagunas Vorgang: Diogenes iuus , *ame cum Philone Ptssinun-
fem discessit: iter habebant ab AdiaUn^e^ quem nee benignum nee co*
jriosum cognorant, diese lesart verstöszt gegen Sprachgebrauch und sinn
wie gegen die Oberlieferung. ich will nicht erwähnen, dasz der ablativ/Vt-
MfitiMle, nicht Pessinuniem oder wie Martyni-Laguna wollte PessinuntOy
handschriftlich an beiden stellen beglaubigt ist; denn die abweichung ist
ist eine sehr geringe; ich erwähne nur dasz adioioregem im Med. an
erster stelle ziemlich entschieden auf ad Adiotorigem , weniger auf ab
Adiotorige hinweist, obschon an zweiter stelle im Med. ab lorigge steht,
und vor allem bemerke ich dasz man im Med. an keiner stelle etwas fin-
det, was die änderung quem nee benignum nee copiosum cognorant
rechtfertigen könnte ; vielmehr scheint das, wu im archetypus gestanden,
am treuesten im Med. an erster stelle mit den Worten quamquam omnia
nee benigna nee copiosa cognorant wiedergegeben zu sein, denn auch
das, was an zweiter steile sieht, führt mit qua auf quäquä hin, und
selbst die Verderbnisse benignam und coptosum halten wenigstens den
a«laut fest, was nun aber den sinn der stelle selbst und den sprachge*
brauch betrifft, so lesen wir sehr oft die wendung iter habere ad alt-
quem, nirgends aber iter habere ab aliqvo^ ja die bezeichnung des ortes,
von wo aus man eiile reise vorhat , wird überhaupt nur dann im lateini«
sehen bei der formel iter habere angegeben, wenn zugleich der zielpunct,
wohin die reise gehen soll, angegeben wird, so heiszt es bei Cicero ad
Att. VHl 11 D S 2 Caesarem Her habere Capuam. ad Q. fr, II 6, 2
quod ilie in Sardiniam Her habebat. in einem briefe des Cn. Pompeju^
356 R. Klotz: verbesseruogsvorschläge zu Ciceros briefen.
bei Cicero ad AU. VUI HD is nuntiat L, Domitium cum suis cohorti-
bus XI , . iter ad me habere^ und ebd. 12 A S 1 ut cohortes XIX ^
quae ex Piceno ad me iter hahehant^ ad nos mitterei, bei Cüsar 6.
du, 1 14, 3 Cn. Pompeius . . iier ad legiones habebai^ quas . . in Apu-
lia hibernorum causa disposuerai und ebd. 111 11, 2 Pompeius erat eo
tempore in Candavia iterque ex Macedonia in hibema ApoUomam
Lyrrachiumque habebai. ebd. III 106, 1 coniectans eum Aegyptum
iter habere, so der stehende Sprachgebrauch der Lateiner, welche bei
iier habere^ was seltner absolut steht (s. Nepos Eum. 8, 7), den ort von
wo die reise ausgieng, wie angegeben, nur dann hinzufügten, wenn zu-
gleich der zielpunct angegeben wurde, sehr hSufig aber, wie wir sehen,
blosz den letztern ins äuge faszten. danach würde es schon durch den
feststehenden Sprachgebrauch geboten erscheinen hier Tielmehr zu lesen
iter habebant ad Adiatorigem als ab Adiaiorige^ was ich in so absoluter
fassung geradezu für unlateinisch erklären musz. wir dürfen also zu-
nächst an der überlieferten lesart Diogenes iuus . , a me cum Phüone
Pessinunte discessit: iter habebant ad Adiatorigem keinen an-
stosz nehmen, nun würde freilich .weniger passen, was Martyni*Laguna
zu lesen vorgeschlagen hatte : quem nee benignum nee copiosum eogno-
rant; sehr wol aber passt, was Cicero zweifelsöhne geschrieben hat und
wodurch auch die handschriftliche Überlieferung ToIIkommen gedeckt
wird: quamquam Com an a nee benigna nee copiosa cognoranii
denn der von Antonius begünstigte, von Octavian hingerichtete priester-
ffirst Adiatorix hatte seinen sitz zu Comana, vgl. Strabon XII 542. 543.
558. wie leicht aber unkundige abschreiber comana in omnia^ die ein-
zige wesentliche änderung welche ich vornehme, verwandeln konnten,
bedarf keines weitern nach weises.
in 5, 4 lesen wir in einer mitteilung Ciceros an Appius Pulcher:
sed si quid nunc me fallit in scribendo . . simul ac progredi coepero^
quam celerrime potero et quam creberrimis litteris faciam^ ut tibi
noia Sit omnis ratio dierum atque iOnerum meoriim. doch hat der Med.
nicht celerrime^ sondern ceJerrimis , und wer die formen derartiger roit-
teilungen zwischen den römischen aristokraten und die beschaffenheit
des Med. kennt, wird keinen zweifei hegen dasz hier nach celerrimis
einige m-striche {nuntüs) ausgefallen seien: quam celerrimis nuniiis
potero et quam creberrimis litteris. man vergleiche 11, 1 die qua {ab-
solutione) etsi permultum ante certior facius eram litteris^ nuniiis^
fama denique ipsa . . tamen eadem iUa laetiora fecerunt mihi tuae
litterae. VI 8 , 2 propinquiias locorum vel ad impeirandum adiupai
crebris litteris et nuniiis vel ad rediius celeritaiem usw. XIII
57, 1 quo magis cotidie ex litteris nuntiisque bellum magnum
esse in Syria cognosco usw. XV 1 , 1 postea vero quam certissimis
auctoribus^ legatis^ nuniiis^ litteris sum certior facius usw. XV
2, 1 quae cum essent a me cura magis ei diligentia quam facvMate ei
copia constituta^ nuntiique et litterae de bello a Parihis in pro-
vinciam Syriam illato cotidie fere adferrentur nsw. XV 3, 2 quod ei
ipsum Commagenum legaU dicebant ad senatum statim nuniios Ut-
R. Klotz : verbesseruogsvorschiage zu Giceros brlefen. 357
terasque misisse, XV 4, 7 meque ad eutn^ si quid novi forte äcci*
dissetj siaiim litt er as nuniiosque mssurum esse,
VI 4, 3 las maa bisher: equidem, nos quod Bamae sumus^ tniser-
rimum esse duco^ non soium quod in malis omnibus acerbius est videre
quam audire , sed etiam quod ad omnes casus subitorum periculorum
magis obiecii sumus^ quam si dbessemus^ und auch fiailer, obschon ihn
eine genauere collalion des Med. auf einen bessern weg leiten konnte,
behielt diese lesart bei, in welcher einmal die Wortstellung nos quod
Bomae sumus stört, sodann auch das persönliche verhftltnis nicht genug-
sam hervortritt, wenn wir aus dem folgenden vergleichen quod ad omnes
casus . . magis obiecii sumus, es hat aber der Med. nicht nos quod, son-
dern nos qui^ femer nicht miserrimum , sondern von erster band miser-
nmo. deshalb kann es wol keinem zweifei unterliegen dasz Cicero ge-
schrieben habe: equidem nos^ qui Bomae sumus ^ miserrimos esse
duco.
VII 1, 1 neque iamen dubiio quin tu ex illo cubiculo tuo^ ex quo
tibi Stabianum perforasti et paiefecisti Misenum , per eos dies matu-
iina tempora Jectiuncuiis consumpseris , cum Uli interea^ qui te islic
retiquerunt^ spectarent communes mimos semisomni. hier hatte mit
recht schon Lallemand an dem satze ex iüo cubiculo tuo . . consumpse-
ris anstosz genommen, doch möchte es mit seinem vorschlage statt ex
iUo zu lesen in illo , obschon denselben jängst fiaiier mit Wesenberg auf-
genommen hat, nicht abgethan sein, denn warum soll denn gerade in
dem zimmer, von welchem aus sich M. Marius vermittelst durchbruch
seiner besitzung bei Stabil die aussieht auf den hafen von Misenum er-
öffnet hat, jene abgerissene lectöre statt Gnden? warum wird jene lec«
tflre der anwesenheit und dem zuschauen bei aufführung von mimen«
stücken contrastlich entgegengestellt? ich bin fest überzeugt dasz die
lesart ex illo cubiculo tuo ganz richtig ist und dasz im folgenden ein
fehler anderer art steckt, ich lese die stelle also : neque tamen dubito
quin tu ex illo cubictdo tuo . . per eos dies matutina tempora specti'
un cutis consumpseris usw. wie sehr sich die Römer an solchen fern-
sicbien auf die belebte see ergötzten, ist bekannt: s. Cicero ad Att. XII 9
cetera noli putare amabiliora fieri posse pilla^ litore^ prospectu maris^
tum kis rebus omnibus. ebd. IX 12, 1 quibus {litteris) quaeris atque
etiam me ipsum scire arbttraris^ utrum magis tumulis prospectuque
an ambulaiione ikixsvü delecter, est mehercule^ ut dicis, utriusque
loci tanta amoenitas^ ut dubitem utra anteponenda sit. man vgl. noch
acad. pr. II 25, 80 und erinnere sich der wandgemftide zu Pompeji,
wollte man einwerfen dasz spectiunculis ein &7ra£ €ipr]fi^vov sei, so
frage ich einfach, wo sich sonst auszer an dieser verderbten stelle lecti-
unculis finde, übrigens ist die deminutivform offenbar geeigneter zu
spectiunculis als zu lectiunculis. denn diese fernsichten sind abgerissene
und wechselnde hinblicke, was will aber hier die abgerissene und wech-
selnde lectüre?
Doch ich breche hier ab , um noch zwei stellen aus den briefen an
Q. Cicero zu besprechen, zugleich schon hier constatierend , dasz die
358 R« Klotz : rerbessernngsTorsehlSge zu Giceros briefen.
überliefemng im Mediceas im weientiicheo frei ist voo dem rerdacht eigent-
licher interpoialioneD. I 2, 5 S 16 steht in der genaonten hs. folgeades:
equidem cum spe summa maximu tum maiore etiam anima spereni
superiores fare nos canfidant animo ut in hae re pubtiea ne casum
quidem üUunt periimescant. hier hatte bereits Ursinus eine Interpola-
tion angenommen und folgende iesart vorgeschlagen : equidem cum spe
sum maxima tum maiore etiam animo ^ \spero'\ superiores fore nos^
[confido amm6\ ut in hoc re publica ne casum quidem uüum pertt-
mescam. in ermangelung Ton etwas besserem hatte auch Orelli und ich
selbst diese Iesart aufgenommen. Bauer schlug In der neuesten ausgäbe
einen andern weg ein und schrieb mit Madvig : equidem cum spe sum
maxima^ tum maiore etiam animo, spe, superiores fore noSy animo^
ut in kac re pubUca ne casum quidem ullum pertimescam, wobei na-
türlich die aberiieferung im Med. als aus Interpolation entstanden er-
scheint, ich glaube nur gewöhnliche verschreibungen und auslassungen
ans nachlässiglLeit der abschreiber hervorgegangen auch hier im Med.
annehmen zu dflrfen und lese in ganz engem anschlusz an den Med.:
equidem cum spe sum maxima tum maiore etiam animo, ut spe rem
superiores fore nos, ut confidam animo, ut m hae re pubtiea ne
casum quidem ullum pertimescam, wobei ich nur ut zweimal ein-
setze, obschon es sich nur im dritten satzgliede erhalten hat, sonst aber
nur die leichten Snderungen von sperent in sperem , von confidant in
confidam , von pertimescant in pertimescam vornehme, die Verwechse-
lung kommt sehr hSufig vor, ist auch hier im dritten gliede von allen
willig angenommen worden, umgekehrt steht Im Med. epist. VI 5, 3
uiuum statt uiuunt, — Eine Interpolation anderer art hat man angenom-
men ad Q. fr. II 15 (16), 4. dort steht im Med.: ego te latenter ut
rogas quibus rebus vis adiuvabo et tibi versus quos rogas koc est
Athenas noctuam mittam, und wer möchte an den Worten anstosz neh-
men, wenn man sie also interpungiert : ego te libenter, ut rogas, quibus
rebus vis adiuvabo et tibi versus, quos rogas, hoc est Athenas noetuam,
mittam. denn mit demselben rechte, mit welchem Q. Cicero de pet. cons.
10, 39 quam ob rem ^Eat^xa^fisiov iüud teneto, nervös atque artus
esse sapientiae non temere credere, die worte Epicharms lateinisch,
nicht griechisch, hinsetzt, konnte sich ja auch M. Cicero im engsten an-
schlusz an seine eigne rede des griechischen Sprichworts in lateüiiscber
spräche bedienen, freilich haben bereits Sltere herausgeber das sprich*
wort, das ihnen aus Giceros briefen VI 3, 4 sed rursus yka&n tlg
^A^vag, qui ad te haec erinnerlich war, vermeint mit griediisehen
Worten einsetzen zu mOssen, und indem sie demgemSsz schrieben: et Hbi
versus quos rogas, yXaifx* elg*A&i^vag, mittam, nalirMch die worte
der Überlieferung hoc est Athenas noctuam för interpoliert erklärt Ich
meine die Interpolation gehöre nicht in die iltere , sondern in die neuere
zeit, denn dasz die formel hoc est gerade in solchen Wendungen echt
Ciceronisch sei, habe ich gezeigt in der ^adnotationum criticarum ad
Ciceronis orationem Caecinianam pars prior* s. 12.
Lbipziq. REnmoLD Klotz.
Philologische gelegenheitsschriften. 359
(31-)
PHILOLOGISCHE GELEGENHEITSSCHRIFTEN.
(fortsetzang von s. 296.)
Bftsel (pädago^iam) A^Kiessling: sar kritik der römischen archäo<
logia des Dionysius von Halikamass. C. Sehaltses miiv.-haohdrackorei,
1868. 20 8. er. 4.
Berlin (akad. d. wiss.) £. Hübner: über eine in der portugieBi-
Bcben provinz Beira Baixa vorhandene inschrift [in lositanischer spräche
mit lateinischer schrift]. aus dem monatabericht 1868 s. 6—11. gr. 8. —
(univ., lectionsk atalog 8. 1868] M. Haupt: specimen emendationis Am-
mianeae. formis academicis. 20 8. gr. 4. — (doctordissertationen) Ju-
lias Czwalina: de £uripidiB studio aequabilitatis. verlag von Calvary
u. comp. 1868. 60 b. 8. — £. Wilken: de Alcestide Euripidea. prae-
missa est de arte Graecorum scaenica brevis expositio. ebd. 1868. 30 8. 8.
— Gustav Wilmanns: de sacerdotiorum publicomm populi Bomani
quodam genere. praecedit quaestio de Lanrento et Lavinio oppidis.
ebd. 1868. 58 8. 8. — (Sopbiengymn.) W. Küster: Piatons ansieht
vom Wesen und werthe der lust. Berliner asBociations-bnchdruckerei.
1868. 82 B. gr. 4.
Bern (univ., lectionskatalog 8. 1868} G. F. Bettig: CatuUiana. I.
druck von Fischer. 12 s. gr. 4.
Bonn (verein rheinl&ncUscher altertumsfreunde, aum Winckelmanns-
feste 9 decbr. 1867) L. Urlichs (in Wünburg): über die gruppe des
Pasquino. nebst einem anhange über den Achilles Borghese. hierzu
eine restanration der gruppe und deren begründung von Ed. von der
Launitz (in Frankfurt a. M.). druck von C. Qeorgi (verlag von A.
Marcus). 41 b. gr. 4. mit 4 steindrucktafeln und 2 holzschnitten.
Braunschweig (gymn. Martine -Catharineum) L. Drewes: ein
roman aus dem altertum. nachbildung und Würdigung der Aethiopika
HeUodors. druck von J. H. Meyer. 1868. 25 s. gr. 4.
Breslau (univ., doctordiss.) Emil Völkerling: de rebus Siculis
ab Atheniensium expeditione usque ad prioris belli Punici finem gestis.
druck von F. W. Jungfer. 1868. 102 s. gr. 8.
Eisenach (Karl- Friedrichs -gynm.) A. Wittich: zur gesohichte
und Charakteristik Franz I von Frankreich, hofbuchdruckerei. 1868.
11 8. gr. 4.
Frankfurt am Main (gymn.) H. Bumpf: tres commentationes :
I de foliis quibusdam m. scriptis quae in bibliotheca gymnasii Franco-
fnrtensis servantur. II quaestio critica de locis quibusdam Giceronia-
nis. in utmm verborum deponentiom participia perfecti temporis in
ablativia absolntis sint vitanda an admittenda. druck von Mahlau und
Waldschmidt. 1868. 40 s. 4.
Frankfurt an der Oder (gymn.) M. Claudi Quadrigari annalium
relliquiae. disposuit recensuit praefatus est Her mann us Peter, spe-
cimen novae editionis relliquiarum quae ex annalibus historiisque Bo-
mattia supersuat. .druck von Trowitzsch. 1868. 33 s. 4.
Gieszen (gymn.) L. Wittmann: erziehung und Unterricht bei
Piaton. erster teil, druck von W. Keller. 1868. 24 s. gr. 4.
Glück Stadt (gelehrtensehule) D. Detlefsen: de arte Bomanorum
antiquissima. particula II. druck von W. Augustin. 1868; 26 s. 4.
[part I erschien ebd. 1867.]
Göttingen (univ., lecUonskatalog s. 1868) £. von Leutsch:
additamentorum ad Lud. Disseni in Pindari carmina commentarium
specimen tertium. Dieterichsche univ.-buehdruckerei. 8 s. gr. 4. [spec.
I und II erschienen ebd. 1865.] — (gekrönte preisschrift) Wilhelm
0€tling: libromm manuscriptorum qui CiceroniB orationem pro Caelio
360 Philologische gelegenheilsschrifled.
continent qualis Sit condicio ezaminatur, deinde eiosdem Caelianse rir-
tates et vltia ex veterom rhetomm praeceptis investigantar et alianim
Ciceronis orationiim comparatione illastrantar. 1868. 65 a. g^. 4. ~
(doctordiss.) Hermann Wrampelmeyer: librorom manascriptorum
qoi Ciceronis orationes pro Sestio et pro Caelio continent ratio qiulls
Bit demonstratnr. druck von Meyer in Detmold. 1868. 32 b. gt. 4.
Oreifswald (oniy., lectionskatalog s. 1868} G. F. SchÖmann:
animadverBiones ad Aristophanis Achamenses. druck von F. W. Kunike,
17 B. gr. 4.
Halle (univ., lectionskatalog s. 1868) Th. Bergk: emendationes
Epicharmeae. druck von HendeL 8 s. gr. 4. — (dectordisa.) Edmund
Yeckenstedt: regia potestas quae fuerit secundnm Homemm. verUg
von £. Barthel. 1867. 43 s. lex. 8.
Hamburg (gelehrtenschnle des Johanneum) F. W. Ullrich: die
hellenischen l^iege. mit einem anhang über den Wiederaufbau Atbem
nach der Schlacht bei Platää. druck von Th. O. Meissner (vorlag von
W. Mauke söhne). 1868. 60 s. gr. 4.
Hanau (gymn.) A. Duncker: Claudius Qothicus. ein beitrag cur
römischen kaisergeschichte. waisenhaus-buchdruckerei. 1868. 46 s. gr. 4.
Jena (univ.» lectionskatalog s. 1868) K. Nipperdey: spicilegü
alterius in Cornelio Nepote pars I. Bransche buchhandlung. 12 s. gr. 4.
— (doctordiss.) Rudolph Menge: de Marci Musnri Cretensis vlta sto-
diis ingenio narratio. vertag von H. Dufft. 1868. 88 s. hoch 4.
Kiel (univ., lectionskatalog s. 1868) A. von Gutschmid: de tem-
porum notis quibus Eusebius utitur in chronicis canonibns. Schwen-
sche buchhandlung. 28 s. gr. 4.
Königsberg (Kneiphöfisches gymn.) O. Pfund tue r: des reisebe-
Schreibers Pausanias lebens- und glaubensanschauungen. druck von
E. J. Dalkowski. 1868. 31 s. gr. 4.
Leipsig (univ., doctordissertationen) Theodor Hasper: de Poe-
null Plautinae duplici exitu. druck von B. G. Teubner. 1868. 89 >•
gr. 8. — Otto Meltzer: de L. Coelio Antipatro belli Punici secundi
scriptore, druck von A. Dennhardt. 1868. 60 s. 8. — (Nicolaigymn.)
R. Naumann: narratio de Adamo Oleario, conrectore quondam scholse
Nicolaitanae Lipsiensis, celeberrimo saeculi XYII peregrinatore. druck
von A. Edelmann. 1868. 22 s. gr. 4. — (Thomasschule) A. Ch.A. Zester-
mann: die bildliehe darstellung des kreuzes und der kreuzigung Jesu
Christi historisch entwickelt. II abt. die kreuzigung bei den alten,
druck von A. Edelmann. 1868. 62 s. 4. [die le abt. ^das kreuz vor
Christus' erschien 1867.]
Liegnitz (gymn.) J. Brix: epistula ad Andream Spengelium [de
Truculento Plautina]. druck von H. Krumbhaar. 1868. 16 s. 4.
Lüneburg (Johanneum) W. Junghans: zur methodik. das vierte
Pythische epinlkion des Pindaros. Stemsche buchdruckerei. 1868. 16 s. 4.
Magdeburg (domgymn.) B. Born: de diverbii apud Terentiom
versibus. druck von E. Baensch. 1868. 22 s. gr. 4.
Marburg (univ., lectionskatalog s. 1867) J. Cftsar: commentatio
de nonnullis artis metricae apud veteres vocabulis. druck von N. 6.
Elwert. 17 s. gr. 4. — (zum gebnrtstag des königs 22 märz 1867) J.
Cäsar: academiae Marburgensis privilegia et leges generales. 81 >•
gr. 4. — (zum 22 märz 1868) J. Cäsar: statuta facultatnm speeialia
anno MDCLIII promulgata. 37 s. gr. 4. — (gymn.) Ch. Koch: ge-
schichte des akademischen pädagogiums in Marburg — F. MÜnscher:
geschichte des gymnasiums in Marburg, druck von N. G. Elwert. 1868.
64 s. gr. 4.
Meiningen (gymn. Bemhardinum) F. Motz: über die metsll-
arbeiter der heroischen zeit Keysznersche hofbuchdruckerei. 1868.
28 s. gr. 4.
ERSTE ABTEILUNa
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HEBAUSGEGEBEN VON ALFRED FlECKEISEK.
53.
SOPHOCLIS TBAGOEDIAE. EDIDIT AuOUSTDS Nau OK. BeroUni
apnd Weidmannos. MDCCCLXVU. XH u. 387 s. 8.
Halte ich eine neue ausgäbe des Sophokles besorgt und hr. Naucli
-wäre der recensent, so würde er wahrscheinlich sein urteil kurz in die
Worte zusammenfassen: 'er habe nichts daraus gelernt' (s. Euripideische
Studien II s. 92). ich bin bescheidener und zugleich gerechter als der
Petersburger akademiker: abgesehen davon dasz wir in einer zeit leben,
welche der warnung des Seneca in summa penuria quis ferai fastidium?
eingedenk sein sollte, musz ich bekennen selbst aus schlechten büchern
manches gelernt zu haben und oft wenigstens negativ gefördert worden
zu sein; und diese ausgäbe des Sophokles gebort unbestritten zu den
besseren arbeiten der neuen Weidmannseben samlung. wenn diese textes-
reccnsion auch nicht gerade viel neues darbietet, da hr. N. das meiste
schon früher in seinen bearbeitungen des Schneidewinschen commentars
veruffentlicht hat , so ist doch schon die übersichtliche Zusammenstellung
brauchbar, ebenso verdient die mSszigung mit welcher hr. N. die Über-
lieferung bebandelt, wenigstens im vergleich mit anderen kritischen arbei-
ten, alle anerkennung.
Nur darf man von hrn. N. nicht zu viel Schonung der eigentflmlich-
keit des Schriftstellers erwarten, man erkennt dies gleich in der beband-
lung des formalen teils : auch hr. N. geht darauf aus das was man den
reinen Atticismus nennt herzustellen, hauptvertreter dieser richtung ist
W. Dindorf, der die texte der tragiker corrigiert wie ein Schulmeister die
Stilübungen eines tertianers, und da er immer noch hier und dort ein
oicTÖc oder xXaiu) oder Ka(u) übersehen hat, passenden anlasz findet
England oder Deutschland durch eine neue gereinigte ausgäbe der tragi-
ker zu erfreuen, zu diesen purlputanem von der strictesten Observanz
gehört nun zwar hr. N. nicht, aber er schlieszt sich doch in sehr wesent-
lichen puncten der berschenden mode an und bemüht sich das was man
einen reinlichen text nennt zu liefern.
Die regeln der Atticisten sind von den neueren vielfach misverstanden
und in irriger weise angewandt worden : man bedenkt nicht , dasz alle
diese Vorschriften vorzugsweise auf beobachtung des Sprachgebrauchs
Jahrbücher fSr class. philol. 1868 hfU 6. 24
362 Tb. Bei^k: asz. v. Sophodis tragoediae ed. A. !(aiick.
der attischen prosaiker sich grändcD, da sie ja znoSchst den praktische»
zweck hatten als norm für einen correcten prosastil zu dienen, auf die
dichter sind jene regeln nur mit vielfachen modificationen anwendiiar,
Tor allen die tragiker haben in vielen puncten mit vollem hewustsdn die
altere sprachform festgdialten.
Bronck hat zuerst in den tragikem in der zweiten singnlarpersoo
des luturums im passivum und medium die Schreibart -€t eingeführt:
Porson gieng weiter, indem er überall im passivum und medium conse-
quent diese Schreibart billigt, ja sogar die formen auf -i) als einer ao-
geblichen analogie widerstrebend fät ginziich unstatthaft erkUrL Cobet
var. lect. s. 40') behauptet -et sei die echt attische form, -q nennt er
makedonisch; worauf diese zuversichtliche behanptnng sich stutzt, weisz
ich nicht: vielleicht versteht Cobet unter makedonisch nichts weiter als
die KOivfi, von deren entstehung Cobet überhaupt keine richtige Vor-
stellung zu haben scheint, und so schreiben nun die neueren * heraus-
geber der tragiker regehnäszig überall -et, und auch hr. N. ist diesem
herkommen treulich gefolgt; ich bin in meiner ausgäbe des Sophokles
aus guten gründen zu der Schreibart -g zurückgekehrt, was denn frei-
lich bei den kritikem anstosz erregt hat; nur Kirchhoff im Euripides
schreibt •!) mit den handschriften , ob aus gründen oder bloszem respect
vor der Überlieferung weisz ich nicht, da sein text den handschriftlicheD
zustand oft bis zum eitrem wahrt.'} man scheint zu glauben, die ent-
wicklnng der spräche sei die, dasz aus -em zunächst im attischen dialekt
-et, dann später in der KOivrj -i) geworden sei; aber dies ist ganz un*
denkbar, notwendig musz hier wie überall -i) als die iltere, -et als die jün-
gere form gelten, und dies hat auch historische begründung: denn bereits
in dem ältesten denkmale der griechischen spräche, in den Homerischen
gedichten finden wir neben der offenen form -eai die contrahierte -r) : diese
gieng bei den Attikern in -et über, die KOivfi dagegen hielt -q fest, wie
sie auch sonst vielfach die alteren sprachformen bewahrt hat; und dies
ist im vorliegenden falle leicht erklärlich : denn die lonier schrieben zwar
auch spater noch gewühnlich -eai, wie Herodot, sprachen aber sicherUch
-r|, bei den Aeoliem finden wir -eai und -r), bei den Doriem durch-
gehends -i]. indem also zu der zeit, wo die KOivii sicli bildete, im gan-
zen gebiet der griechischen spräche mit ausnähme der Attiker -i] die her-
schende form war, ward sie jetzt auch allgemein festgehalten; nur ein
paar verba wie ßotiXei oTei dipei öXei usw. zeigen die jüngere den Atti-
kern angehörende form -et, weil eben diese verba vorzugsweise üblich,
daher auch der Schwächung am meisten ausgesetzt waren, bei den atti-
schen tragikem nun , wenn man sieht wie sie vielfach von dem damals
gültigen Atticismus abweichen und altere sprachformen festhalten, darf
man schon deshalb eher -r) als -et erwarten: und dies wird bestätigt
durch das zeugnis der grammatiker, welche ausdrücklich, wo sie von
1) die stellen des Lucian, auf welche sich Cobet beruft, können
«ben nur für die orthomphie dieses Schriftstellers zeugen. 2) s. b»
wenn wir Medeia 892 o^iv T€p€{v7)v rf\yb* lirXiica öaxpOuiv lesen.
Th. Bergk: anz. v. Sophodis tragoediae eil. A. Nauck. 363
der attischen form auf -€i handeln , die tragiker ausnehmen : s. Choero-
boscus in Bekkers anecd. III 1290 oder U 671 Gaisf.; Gramer aneod.
Oxon. IV 351, nachdem eine stelle aus Menander angefahrt ist, dXX'
&KoXouOoCci Kai o\ neZoXÖTOi, itieX o\ TpaytKol toCto od irotoCcrv,
&XX' dKoXöuOoOci TOic koivoic und die hss. der tragiker besUtigen
dies: gerade die ältesten und besten haben fast durchgehends die Schreib-
art -i}*); dies ist nicht zufall, denn anderwärts wird keineswegs fiberall
der unterschied zwischen -r) und -et beobachtet, sondern sie sind hier
alter Überlieferung treulich gefolgt, nur die formen ßoüXet und di|;€i
finden sich auch hier bereits vor, eine ausnähme die nach dem eben be*
merkten wol gerechtfertigt ist. natürlich war in den hss. der älteren
tragiker, des Aeschylos und wol auch noch des Sophokles, EI geschrie-
ben , während Eurijpides oflTenbar bereits sich des jungem alphabets be-
diente: aber es ward in Hl umgesetzt, weil die Schauspieler in der tra-
gödie nach aller Überlieferung so sprachen, auch wissen wir gar nicht,
wann eigentlich die form El in Altika aufkam und zu allgemeiner gellung ge-
langle; es können neben den tragikern noch manche andere sich der altern
form bedient haben. Phrynichos bei Bekker anecd. I 10, 28 sagt: äno-
qp^pi] ttX^uiv olov napaqp^pi} xai irapacupij, bid toO r\. aus der
tragödle ist dieses beispiel sicher nicht entlehnt , eher aus Kratinos oder
einem andern dichter der alten komddie. und Suidas sagt ausdrücklich :
fiTTTCi Kai Td dXXa id in\ toö dvccrujTOC xpövou bid toO €i Xctö-
jieva TUJV veujTdpuiv fidXXov 'AmKUiv dcriv. und so zeigen nament-
lich bei Piaton die hss. groszes schwanken : zahlreiche correcluren deuten
darauf hin, dasz die grammatiker und abschreiber in ihren ansichten hier
geteilt waren : vgl. Schneider zu Piatons Staat bd. I von*, s. XLIX ff. dem
ganzen Charakter der Platonischen spräche scheint die ältere form -q
angemessener, doch wage ich hierüber kein entscheidendes! urteil auszu-
sprechen.
Es ist schulmeisterliche pedanterie, wenn man alles zu nivellieren
sucht und die reiche fülle und manigfaltigkeit einer abstracten gleich-
mäszigkeit aufopfert, bei Sophokles erfordern einige verse die form
böpei, aber wir sind deshalb nicht berechtigt die form bopi ganz zu
tilgen, weil sie nirgends vom geselz des verses verlangt wird ujid daher
mit der andern vertauscht werden kann, die allgemein übliche form bopi
finden wir sowol bei Aeschylos als auch bei Euripides in versen wo sie
durch das melrum geschützt ist : nichts berechtigt zu der annähme , dasz
Sophokles diese form gänzlich vermieden und nur böpei gekannt habe:
gerade Sophokles besitzt keine ausschlieszliche verliebe für das ungewöhn-
liche, aber er verschmäht es auch nicht unter umständen: der Charakter
3) 80 z. b. in den fragmenten des Phaethon von Enripides hat der
codex ClaromontanuB (der allerdings von einem sehr unwissenden ab-
schreiber herrührt, bei dem man aber um so weniger willkürliche ände-
mngen voraussetsen darf, da er nur gedankenlos copierte, was er sn
lesen glaubte) I 8 ireOcr), II 13 xaXf), 31 wird {)^vf)C€Tai oder {ijLivif)Cwv
angeführt, vielleicht war Ofivr)C€ai geschrieben, auf keinen fall öjLiW|C€t,
40 l\i>cr] (d. h. cMrji),
24*
364 Th« Bergk: aoz. t. Sophodis Iragoediae ed. A. Kaack.
seiner spräche ist manigfalUgkeit weoii daher in den eriialtenen tragd-
dien der ven nn-gends isiopt erheischt, so lunn dies nur als zniall gelten,
und wir sind nicht l>erechtigt diese form fiJberall xu tilgen, wie dies auch
hr. N. thuU
Eiienso schlieszt sich der nenesle herausgeber in einem andern
puncte an Elmsley an : dieser will hei den tragikem in der ersten person
fiberall 1\ schreiben^), so dasz die form f^v lediglich der jflngem Althis
verbleiben wuide. nun ist aber diese form nicht etwa in der zeit nach
dem peloponnesischen kriege aufgekommen, sondern vielmehr die echte
und ursprfingliche ; sie wird daher auch der §ltem Atthis nicht fremd
gewesen sein, und dies beweisen verse der tragiker, wo das metrum f^v
erfordert, die bis auf die neueste zeit niemand abzuändern gewagt hat.^j
die ältere Atthis kennt also beide formen , und Porphyrios (schol. D. E
533. Od. 6 186), von dessen zeugnis doch Elmsley hanptsächlidi aus-
geht, sagt verständig, dasz fjv auch bei den älteren sich finde: KOeOdTTcp
(Kai) Ttuv TTpecßuT^puiv Tiv^c die jOngere Atthis dagegen kennt nur
^V , wie ja im verlaufe der zeit der formenreichtum einer spräche mehr
und mehr beschränkt zu werden pflegt, die ältere Atlhis steht der las
ganz nahe: wie hier fo die übliche form war*), so sagten die Atliker ge-
wöhnlich f), hal>en aber niemals die andere form f)v ganz aufgegeben,
bis diese etwa seit dem ende des peloponnesischen krieges zu aus-
schliesziicher gellnng gelangt und fj ganz verdrängt.') dieser zeit ge-
hören die anfange des grammatischen Studiums an, die ütterariscbe
thätigkeit und production war ungemein grosz: die Schriftsteller selbst
4) man ist sogar so weit gegangen Soph. Trach. 564 rjvix * i\y pLicw
iröpip zu corriffiereD , wo Dindorf f\ , Cobet H *v schreibt; aber d«r ge-
danlce zeigt, daiz ^v vielmehr die dritte person ist; der kentanr ist
das snbject des satzes, nicht Deianeira. an dem dativ ohne präpo-
sition nahm Cobet ohne gmnd anstosz. 5) freilich hr. N. thut diiea
Eurip. stndien II s. 67. obwol die hss. dieses dichters fast nirgends die
form f\ darbieten, will derselbe doch überall diese form einführen, vor
consonanten, weil hier die form f^v unnötig ist, aber eben so auch vor
vocalen, indem er es 'seltsam findet, dasz Euripidos lediglich zu gnn^
sten des metrischen bedürfnisses sich gestattet haben sollte i^v statt r{
zu gebrauchen', und so werden denn sechs stellen, wo der vers f\y schützt,
corrigiert. das nennt man in der schulsprache methode. 6) die
form fav ist nicht zu belegen, obwol sie für Homer sehr gut passen
würde, £r]V ist problematisch, s. IL A 762. der Dorier Epicharmos sagt
9\v. die formationen des verbnms cljui verdienten überhaupt einmal eine
specielle imtersachting ; jüngere philologen, die so oft am einen ge-
eigneten Stoff in Verlegenheit sind, hätten hier eine dankbare aufgäbe:
nur müste das wüste verfahren fem gehalten werden, welches in der
comparativen grammatik herschend za werden anfängt, wo man die
dinge auf den köpf stellt und mit maszloser leichtfertigkeit das über-
lieferte abändert und barbarische unformen einführt. 7) nur Platon,
der überhaupt mit vosliebe die ältere sprachform festhält, gebraucht
noch f{, doch findet sich daneben häufig ffv, und das schwanken der
hss. ist so grosz, dasz es schwer ist zu einem bestimmten resultate so
gelangen: vffl. Schneider zu Piatons Staat bd. I vorr. s. IrXIV ff. wenn
Cobet H auch bei Xenophon herstellen will, so entbehrt dies, so viel
ich sehe, jeder handschriftlichen autorität.
Tli. Bergk: auz. ▼. Sophociis iragoediae ed. A. NaucL 366
fühllen das bedflrfais den schwankenden Sprachgebrauch zu fixieren^ noch
mehr aber verlangten die Schulmeister feste regeln, nun sollte man er-
warten dasz man, wie es anderwärts geschehen ist, von zwei gleich-
berechtigten formen diejenige auswählen wfirde, welche deutlich von
andern sich schied und keinem misverständnls ausgesetzt war, also dasz
man fj für die erste person beibehielt, dagegen fjv auf die dritte be-
schränkte, aber dies ist nicht geschehen, sondern man zog auch für die
erste person die vollere form f\V vor: daraus schliesze ich (und ich lege
auf diese folgerung ein besonderes gewicht) dasz bereits im leben
selbst diese form die herschende war^); es zeigt sich ebensicht'
lieh das streben die endungen der worte zu befestigen und zugleich,
wenn es galt, den biatus zu beseitigen: so hatte man zwar schon früher
^boSev, aber elTre, 4iTpUTäveu€, iTPCt|yiM<iT€U€ gesagt, während jetzt
das N regelmäszig hinzutritt.
Wenn man jetzt bei Sophokles und den tragikern Qberail, wo es
das versmasz gestattet, also vor consonanten fj herstellt, so scheint mir
dieses verfahren ziemlich willkürlich: die hss. wenigstens unterstützen
dasselbe durchaus nicht, indem sie In der regel fjv darbieten, während
bei Aristophanes f{ sich besser erhalten hat. auf die abschreiber ist aller-
dings kein rechter verlasz , sie mögen oft genug die form fiv , an die sie
gewöhnt waren, willkürlich substituiert haben. ^) Hermanns versuch die
beiden formen als aorist und imperfectum zu sondern bewährt sich nidit,
vielmehr mögen rücksichten auf den wollaut bei der wähl zwischen ?)V
und f\ eingewirkt haben, z. b. f\ empfahl sich vor N, selbst wenn inter-
punction stattfand, wie fvyr\ h* ^KCtvou npÖTcpov fj, vGv ö'ouk^ti,
ebenso vor r und gutturalen, wo bei f)V assimilation eintreten muste,
also fj fäg q>\Kr\ ^f\i), Aesch. cho. 521 irapf) Toip, Arist. vögel 97 fj
Tap (Jj Sevoi, und so würde sich allerdings OT. 801 f\ KeXeOdou und
1393 f) Y^TUiC empfehlen; auch vor C wäre f) angemessen, obwol
Phil. 1219 fjv cot steht, vor den übrigen consonanten wird man f\V
nicht antasten, wie OT. 1355 fjv 9iXotci, El. 1023 f)V (puciv, Trach.
414 fjv irdXai , OK. 768 fjv Ou^oujiicvoc ' naturlich kann hier auch fj
stehen, wie OT. 1123 f\ öoOXoc durcli Porphyrios bezeugt ist, und ebd.
1389 f) TUcpXöc einige gewähr hat.^°) am scblusz eines satz^s oder
Satzgliedes erscheint fjv angemessener, nichtsdestoweniger steht in die-
sem falle auch fj bei Arist. ritter 1338 und vögel 1363, wenn schon mit
der Variante f)v. bei Platon ist es schwer zu einer sichern entscheidung
8) wenn wirklich, wie unsere kritiker annehmen, f) bei den tragi-
kern fast ausschlieszlicbe geltong gehabt hätte, so wäre auch dies nur
ein beweis für den arcbaismus des tragischen stiles. 9] es ist dies
sogar in dem scholion des Porphyrios geschehen, wo er von der form ff
handelt, es wäre übrigens möglich dasz Porphyrios beispiele beider
formen aus der alten Atthis beibrachte, und dies zu dem irtum anlasz
gab, wie ja auch der Oedipas anf Kolonos irtümlich statt des Oedipas
Tyrannos genannt wird. 10) gieichmäszipfkeit darf man in solchen
dingen nicht verlangen: in der Inschrift CIG. I 76 aus ol. 90, 2 — 3
steht kTi und IcTiv beidemal vor t, beidemal ohne dasz interpunction
stattfindet.
366 Tb. Eergk: anz. ▼. Sophodis tragoediae ed. A. Naack.
zu gelangen , da die hss. bestlndig abweichen (vgL Schneider za Piaton
a. u.)) und zwar findet sich hier f( nicht selten aach vor Tocalen.
Hr. N. ist eigentlich Vertreter der strengen analogie: man sollte
daher erwarten, dasz Aristarch vor seinen äugen gnade finden würde;
aber das berühmte mitglied des Alezandrinischen museums ist in den äugen
seines Petersburger collegen nur ein bemitleidenswerther anfänger * des-
sen kritik auf der stufe frühester kindheit stand', und wenn hr. N. den
alten Alexandriner nicht ganz so unglimpflidi behandelt wie die meisten
jetzt lebenden deutschen und holländischen philoIogen , so geschieht dies
nur aus einem gründe, der den edlen gesmnungen hm. N.s alle ehre
macht: *weil es widersinnig wäre zu fordern, dasz der einzelne um eine
reihe von ungefähr fünfzehn Jahrhunderten seiner zeit vorausgeeilt sein
sollte.' ich erlaube mir übrigens hier an den Worten hrn. N.s mich mit
einer conjeclur zu versuchen: wenn derselbe von ungefähr fünfzehn
Jahrhunderten redet, so hat er sich wol versduieben: denn einen rechen-
fehler wage ich bei einem so exacten gelehrten nicht vorauszusetzen,
nemlich wenn wir jene zahl festhalten, dann vriirden wir auf das 14e
Jahrhundert geführt, und der sinn jener bemerkung wSjre, man dürfe
nicht verlangen, dasz Aristarch auf der wissenschaftlichen hohe des
Jahrhunderts stehe, dessen Zierden Thomas Magister, Manuel Ho-
lobolus (der an Aristarch wenigstens hinsichtlich seiner iuszem lebens-
schicksale erinnert, indem auch ihn fürstliche ungnade hart traf), Maxi-
mus Planudes, Noschopulus, Triclinius und andere koryphäen
der byzantinischen erudition waren: denn dasz hr. N. diese minner als
ideale philologischer wissenschaftlichkeit verehren sollte, kann ich mir
kaum vorstellen, wäre das 12e Jahrhundert gemeint, so würde mich dies
weniger befremden: denn mit den ehrenwerUien gebrüdem Tzetzes zeigt
die manier des hrn. N. öfter eine merkwürdige familienähnlichkeit. alleio
sicherlich hatte hr. N. eigentlich das neunzehnte Jahrhundert im sinne,
und nur seine angeborene bescheidenheit hielt ihn ab mit klaren worten
zusagen, Aristarch wäre, wenn er, statt die schule des pedantischen
Aristophanes durchzumachen, die Unterweisung des berühmten Verfassers
der biographie des Aristophanes genossen hätte, ein ganz anderer mann
geworden: wenigstens ist so viel gewis, dasz wir dann in unserm Homer
nicht mehr die unglückliche conjectur des alezandrinischen kritikers ttoX-
Xujv b* dvOpuiTTUJV Tbev äcrea kqi vöov ^tvuü, sondern vielmehr die
glänzende emendation xai vofiöv IfVUJ lesen würden: und ich glaube
nicht , dasz irgend einer der modernen Homeriker diese geniale Charakte-
ristik des Odysseus, der die weide der menschen kennen lernte,
beanstanden und sich der gefahr aussetzen wird , dasz man ihm ins ge-
steht sagt, er sei unwürdig ein söhn des neunzehnten Jahrhunderts zu
heiszen; sondern ich hoffe dasz man durch neue argumente (man könnte
z. b. hier recht passend an das abenteuer bei den lotophagen erinnern,
auch wenn man den kyklopen nicht zu den menschen zählen wollte)
sowie durch ähnliche Verbesserungen sei es im Homer sei es in andern
dichtem diese geniale erfindung unterstützen wird.
Diesem streben den text des dichters möglichst uniform zu gestalten
Th. Bergk: anz. v. Sophoclis tragoediae ed. A. Nauck. 367
^ird hr. N. in auffallender weise untreu, indem er an mehreren stellen
in versen des dialogs aus conjectur ein dreisilbiges fJXuOov herstellt, z. b.
OT. 532. Phil. 256. nun kommt aber diese form im trimeter zwar bei
Euripides, dagegen weder bei Sophokles noch bei Aeschylos vor: auszer-
dem aber sind nirgends die Nauckschen Änderungen an sich wahrschein-
lich, vielleicht aber kommt bald ein anderer kritlker, der fjXGov ganz
aus dem tragiker entfernt. — In der Elektra v. 732 schreibt hr. N. mit
berufuug auf Cobet (novae lect. s. 168 f.) ävoKU)X€U€i statt ävaKiuxcOet.
dasz dies die der analogie entsprechende form ist haben wir längst gewust;
ich habe aber immer darüber gerade so geurteilt wie Lobeck pathol. I
s. 82: ^his omnibus facile est litteram o restituere, sed non faciendum
videtur.' die Zeugnisse und beispiele der verkürzten formen sind so zahl-
reich, dasz man unmöglich darin blosze irtümer unwissender abschreiber
erkennen kann : in unserer stelle las auch Didymos so ; aus seiner TpaTiKri
X&\c stammt der artikel des Uesychios dvaKu^x^ueiv, der mit den scho-
llen zu unserer stelle, die ja eben aus dem commentar des Didymos excer-
piert sind, wörtlich stimmt: und ebenfalls aus der TpaTtKf) \iixQ des
Didymos ist ein anderer artikel des Hesychios entlehnt: kujxcuouci, eine
form die gleichfalls durch die autoritSt des Sophokles belegt wird, der
-in den Kafilxtoi sagte mcToi fie kujx€UOUCIV Iv cpop^ hiiiac. "] redu-
plicierte bildungen haben hflufig einbusze erlitten, manchmal ist die redu-
plication vollständig wieder unterdrückt, so |LivrjcKiu statt jUtMVrjCKU),
OUTT) statt dtoiUTt^, was Hecker unrichtig in dirauini verwandeln wollte,
ungemein häufig ist ein anlautender consonant abgestreift ; auch das soge-
nannte augroent des perfects ist nichts anderes als verkürzte reduplica-
tion, daher auf Inschriften sich öfter noch die aspiration erhalten hat,
wie ä9^CTaXKa, £i|in<ptC)yi^voc usw. beweisen, seltener ist ein anlauten-
der vocal getilgt: völlig gesiclierte beispiele sind TpriTop€tV, TPHTOpcic,
YpnT<ipil<^i<^ 9 freilich der classischen periode fremd; aber mirui fülirt
neben ÖTTtirui Arkadios (Herodian) an, und so erscheint auch das nomen
Trirrac bei Hesychios gesichert, auch bwTUOC (d. i. db^TOoc) bei Zona-
ras und Suidas sieht unverdächtig aus, während TfJTUMa statt dTf^TUjia
wenigstens durch das alleinige zeugnis des Hesychios nicht genügend
geschützt istJ'} so konnte man also statt ÖKUJXCviuj auch kujX€UU), und
statt dvoKWXil? KaTOKUJXi^) 2)iOKU)xri auch ävaKUJXH) KaraKiuxi^? bta-
Kwxn sagen ; denn das simpIex ökujxii (kiuxi^) ist nicht üblich, genau
genommen ist übrigens hier consonant und vocal unterdrückt, da ÖX€tv
ursprünglich mit dem digaroma anlautete.
Seltsam ist es, dasz hr. N. TrpocCT€lX€lV, bucCTO|Li€tV usw. schreibt,
während doch die griecliische spräche die gemination, wenn noch ein
11) die Xihc Tpa^tKri sowie die X^Eic KW^lKl^ des Didymos enthiel-
ten wesentlich nur die rosultate gelehrter Studien, welche dieser gram-
matiker in seinen umfassenden cftmmentaren zu den scenischen dich-
tem niedergelegt hatte: Didymos mag selbst mit rücksicht auf das
f praktische bedürfnis diese lezicalischen arbeiten redigiert haben, viel-
eicht aber sind sie erst von einem schüler zusammengestellt. 12} ob
xaox£lc6ai redaplicierte form neben a^x^v ist, steht dahin.
368 Th. Bergk: anz. v. Sophodis iragoediae ed. A. Kauck.
coasonant folgt, in der regel meidet, weil sie nicht gut ohne bSrte h&rbar
zu machen war. ein so gründh'cher -gelehrter wie der Petersburger aka-
demiker bat gewis gründe für diese Orthographie, aber ich möchte dem
Sophokles kein solches *os pingue' zutrauen : Dorier und Aeolier schrie«
hen allerdings sogar 'ApiccTOT€i'nuv, TeX^ccrac, ftcruicav usw., aber
lonier und Attiker sprachen und schrieben statt toc CTT]Xac lieber ra*
CTTiXac, ebenso eicTTJXT)V, if Cdfiou usw. schauspielern und sSogern
machte ohnedies das C zu schaffen, und die dichter nahmen darauf ge-
bührend rücksicht, wenn wir den Euripides ausnehmen, der dafür auch
den spott der komiker erfuhr, ich benutze diesen anlasz, um auf eine
Variante bei Sophokles Phil. 1391 aufmerksam zu machen: ÖXX' dxßa-
XÖVT6C ei iraXiv cdicouc' 5pa. eine form wie cuicouci, wo drei silben
hintereinander mit C anlauten, ist nicht gerade euphonisch, wenn schon
ähnliche fälle nicht ganz zu Termeiden waren, wie c^ceiCTOi, Euccujca-
cu)V (vgl. Lobeck paralip. s. 16 ff']-'') nun hat aber bei Sophokles der
La von erster band cuiouc': ich halte dies nicht für einen sdireibfehler,
sondern Sophokles wird mit rücksicht auf den wollaut diese form vorge-
zogen haben: sie ist urkundlich überliefert in der eidesformel einer
aluttischen Inschrift CIG. I 70 Ka\ rä KOivd TiZiv CKOMßuivibiSJV ahm
KOt dTTobuüCtu irapa tujv €u6uvu)v tö KaOfiKOV. ich accentuiere ctuw,
denn es ist nur. das C getilgt; Böckh schreibt cuiuü, bemerkt aber tref-
fend über diese form : ^nempe in scriptoribus grammatici talia deleveruot,
sed inscriptiones hi raro attigerunt.'
Da ich einmal bei diesem formalen teile etwas länger verweilt bin,
so will ich nur noch ein paar einzelheiten herausheben.
OK. 627 f{ firiTpöOcv ibc dKoOui buciüvujia X^crp* inX^jcu)
kann das letzte wort nicht von der band des dichters herrühren: der
ausdruck X^KTpa 7r(|iTrXac6ai läszt sich weder sprachlich rechtfertigen
noch mit dem feinen gefühle des dichters für das sittliche und schid^-
liche vereinigen, ich habe daher mit leisester änderung lirXr)CO zu
schreiben vorgeschlagen: denn dies ist der übliche ausdruck. Sophokles
selbst nennt den Ixion ireXärav X^KTpuJV Tuiiv Aiöc, und die Verbin-
dung mit dem accusaliv wird durch Eur. Andr. 1140 fivoS AeXqpibOC
iK TY^c öuijua TiekAZei gerechtfertigt, hr. N. schreibt dagegen ^ndcu),
eine änderung die gleichfalls leicht und angemessen ist, wie auch Nei-
neke in seiner ausgäbe dieser tragddle diese correctur aufgenommen hat ;
aber was hr. N. Eurip. Studien I s. 113 gegen meine conjectur erinnert,
ist nicht begründet, dasz der mediale aorlst sonst bei den tragikern
13) Xenophon anab. V 4, 26 schreibt mit gutem bewustsein dXX'
aÖToO cOv Totc ^ocOvolc KaTcxaiüÖTicav. Gebet novae lect. s. 321 ur-
teilt hierüber ganz irrig, indem er sagt: 'forma 6 ^öcuyoc pro |li6cuv
in Graecolonim cerebris nata est', und corrigiert nach Buttmanns Vor-
gang aÖTOiv Totv ^ocOvoiv. aber von einem fremdworte kann map
keinen dual bilden, ebenso wenig mc^shte Xenophon ^öcuci sagen, weil
dies, wie schon Krüger erinnert, nicht euphonisch war; er gebraucht
daher ein heterokliton, was er vielleicht selbst gebildet bat: Td )yi6cvva
kommt allerdings nur bei spätem vor, kann aber doch alt sein. Aa»
Yolk heiszt nicht nur Möccuvec, sondern auch Möccuvoi.
Th. Bergk: anz. v. Sophodis tragoediae ed. A. Nauck. 369
nicht vorkommt, sondern dnXdOnv, weisz ich fingst; allein Sophokles
gebraucht so viel epische formen , seine spräche ist so manigfaltig , dasz
ein solches änai elpilM^VOV nicht befremdet: kommt doch z. b. aach
die form ^jiijLiev nur Einmal vor. ausserdem liesze sich dasselbe argu-
ment auch gegen hrn. N.s conjectur geltend machen: denn das dorische
verbum. irdojiai gebraucht Sophokles sonst nirgends, hr. N., der eine
ganz besondere Vorliebe fflr dies wort bat, will freilich in der Elektra
v. 841 iia^oCxoc sutt irdjiiiiiuxoc, und im Inachos fr. 219 "'Ivaxc
irärop statt Yevvarop herstellen, aber dies sind ganz verunglückte
conjecturen. **) hr. N. bemerkt ferner mit groszem pathos : *aber welcher
Grieche hätte eine Verbindung wie pT]Tpö6€V X^KTpa £TrXd6T]C sich
jemals auch nur im träume einfallen lassen? meinte vielleicht Bergk^
Sophokles habe ^n^pödcv X^KTpa statt ßryrQÖQ X^KTpa gesagt?' aller-
dings ist dies meine meinung, die ich aucli mit oder ohne die erlaubnis
hrn. N.s festhalten werde : denn selbst wenn einer die vulgata vertheidi-
gen oder N.s conjectur dndcu) vorziehen würde, so müste man immer
fir)Tpö6€V mit X^KTpa im sinne des genitivs ^rt'cpäc oder des adjectiv»
^Tirpiiia verbinden: denn wollte man jir]Tpö6€V zu dirdcu) in ein engeres
Verhältnis setzen , dann würde ja die mutter nur als stifterin der ehe be-
zeichnet werden, was hier nicht passt, und an sich gar nichts unsittliches
oder unerhörtes w9re. diese alten casusformen, obwol meistenteils als
adverbia gebraucht, haben doch nicht selten ihre ursprüngliche bedeutung
gewahrt, und daher kann wie zu jedem andern nomen auch ein adjeciiv
oder parilcipium oder relativsatz hinzutreten, wenn Homer sagt Z€U
ndrep ''Ibri^V ^cb^UJV, so ist, wenn es auch die subtilitüt unserer
grammatiker nicht leicht zugeben mag , dies nicht verschieden von dem
genitiv ''lÖTic, der dem alten ablativ gleichberechtigt ist, vgl. Aujöwvnc
^€b€wv bucx€i|i^pou oder X^^P^ KuXXdvac ö ^^Ö€ic. ferner in der
formel iravTÖOev dpxö^evoc ^cXdujv ist dieser ablativ sogar mit einem
genitiv des pluralis verbunden; wenn Aristarch irdvTUJV las, so ist dies
nur eine anderung , durch die man jene auffallende Verbindung beseitigen
wollte, die aber ebenso gerechtfertigt ist wie wenn ÖOev sich auf einen
plural bezieht, ebenso kann man bei Pindar Pyth. 2, 48 rd juaTpöde
ixiv KQTUJ, rd b* ÖTrepGe Trorpöc fassen, und wenn Aeschylos in den sie-
ben V. 823 sagt narpöOev euKTafa qpdTtc, so haben dies die abschrei-
ber, die iraTpijja substituierten, noch richtig verstanden; und auch bei
Sophokles ist in irXeupöBev rrXevpdv irapeic der begrilT des nomen»
nkhi völlig verdunkelt, selbst den Alexandrinern ist das richtige Ver-
ständnis dieser formen noch nicht abhanden gekommen; Dosiadas oder
vielmehr Besantinus schreibt im altar v. 18 : cu b ' (!) irtübv KprjvriOev^
fjv Ivic KÖXaipc fopTÖvoc.
OK. 475 habe ich oiöc veaipac geschrieben, weil mir dies die
14) hr. N. hat sehr scharfsinnig^ bei Eoripides fr. 660 XPjmdjwv TroX-
Xuiv irdTUip statt irarfip verbessert, aber im Phaethon wird man sich
wol- bei der überlieferten lesart di bicttora beruhigen können; ebenso-
wenig war Lykophron v. 619 zu ändern, oder bei Euripides fr. 21, 7
ireTiUiMeSa zn schreiben, in Soph. £1. empfiehlt hr. N. jetzt Tt^oOxoc.
370 Th. Bergk: «bz. v, Sopboclis tragoediae ed. A. Nauck.
leichteste änderung schien, da die hsl. lesart vcapfic das metrum zer-
stört, hier belehrt mich hr. N.: Mas nomen propriam N^aipa ist die
femininalform zu N^uiv (vgl. ir^irtuv Trdireipa, Triuiv rrieipa u. 1) und
ein adj. v^uiv ist nicht nachzuweisen.' die seltsame regel ist lediglich
eine erfindong des gelehrten grammalikers : irieipa ist natäriich nicht
von irlu)V gebildet, wie hr. M. anzunehmen scheint, sondern vom »stamme
TTIEP, daher ja auch die landschaft wegen ihrer fruchtbarkeit TTiepia
heiszt, und der bewohnerTTiT]p. ebenso wenig hat TT^TTCipa mit irdffwv
ein unmittelbares Verhältnis; dagegen ist von ^&Kaipa der stamm sdbst
erlialten fidKap, der nach N.s regel fidKUiV lauten mfiste. man erkennt
daraus', mit welcher flachtigkeit hr. N. grammatische regeln aufstellt,
wie es neben Y^P^^pd ein substantivisch gebrauchtes t^paipa gibt (ge-
wöhnlich fehlerhaft betont T^poiTpat oder gar Ycpoapaf), welches nicht
von Tcpapöc, sondern von dem stamme TEPAP abzuleiten ist, gerade so
bildete man neben veapd auch V^aipa (d. i. NEAPIA): dies kommt aber
nicht blosz als eigenname vor, sondern v€taipa wird bekanntlich sowol
als adjectivum (in der speciellen bedeutung des untersten teils wie veaTT))
als auch als subst. (der Unterleib) gebraucht: die form v^atpa ist durch
Simonides fr. 243 vtoipav TvdOov genügend geschätzt formell ist ge-
gen die conjectur nichts einzuwenden ; aber ich vermag nicht nachzuwei-
sen, dasz v^aipa in dem sinne von jung gebraucht worden ist, und will
daher diese Vermutung gern fallen lassen, obwol keiner der verbesserungs-
vorschlage, welche von andern gemacht sind, grosze probabilität hat.
Die handhabung der kritik im Sophokles ist äuszerst unsicher, sie
ist schwieriger als im Aeschylos und Euripides: denn jene dichter haben
ihren eigentümlichen stil ausgebildet, und der kritiker der damit vertraut
ist vermag dort leichter das echte von dem unechten zu. scheiden, das ver-
derbte herzustellen, dagegen Sophokles Schreibart ist viel manigfaltiger,
sein ausdruck ist oft ganz neu und ungewöhnlich, daher ist es nicht
leicht überall zu einem klaren Verständnis zu gelangen; daher sind so
viele stellen ohne rechten grund von den krllikern angefochten worden:
daher ist selbst da , wo die Verderbnis unzweifelhaft vorliegt, die heilung
des Schadens mehr oder weniger unsicher, eben daher kommt es auch,
dasz von den zahllosen Vermutungen, welche namentlich in der neueren
zeit gerade in den tragödien des Sophokles aufgestellt sind, nur eine
mftszige zahl sich bei unbefangener, gewissenhafter prüfung als gelungen
oder doch wahrscheinlich bewährt, darum sehen wir auch, wie in der
regel ein jeder neue herausgeber und kritiker von den leistungen seiner
Vorgänger wenig befriedigt ist, und vieles was man als geniale reslitu-
tion oder glänzende entdeckung bewundert hatte, wieder entschieden
verwirft. SeyfTert z. b. ist von der conjecturalkritik Dindorfs im Sopho-
kles wenig erbaut (s. vorr. zu Phil. s. XllI) , aber Seyfferts versuche wer-
den schwerlich dem gleichen Schicksal entgehen. L. Spengel hat vor
einiger zeit im philologus (XIX s. 437 ff.) in einem sehr beachtenswerthen
aufsatze über den Oedipus auf Kolonos an dem beispiel seiner Vorgänger
nachgewiesen, wie die kritik im Sophokles vielfach irre gehe, aber zu-
gleich durch sein eignes beispiel die Wahrheit dieses satzes von neuem
Th. Bergk: anz. v. SophocUs tragoediae ed. A. Nauck. 371
bestaiigL wenn er z. b. OK. 479 öXov vertheidJgt , so bin ich völlig
aoszer slande seine erklärung zu verstehen, die sldJe ist durchaus nteht
in Ordnung: denn es ist ganz undenkbar, dasz zuerst das schupfen des
Wassers aus dem heiligen quell , und dann erst die gefäsze die dazu be-
stimmt waren, erwähnt werden sollten, die KpaTf)pec v. 472 sind
«eigentlich ööpiai, daher werden sie auch v. 478 Kpwccot genannt, der
Zusatz olc X^Yeic beweist ganz deutlich die identitflt; mit demselben
geHlsz, in welchem das wasser geholt ist, wird auch die spende darge-
bracht, es bedarf also notwendig einer Umsetzung der verse, um die
gestörte Ordnung wiederherzustellen, ich lese :
XO. 6o0 vuv KaOapfiöv Tuivbc baijiövuiv, £9 ' Sc 466
TÖ irpiüTov !kou Kai Kor^creixiiac itäov. 467
j Ol. TpÖTTOlCl TTOiolC, tu S^VOl, blb(iCK€T€. 468
XO. Kpatf^pec ctclv, dvöpöc eöxeipoc t^x^H? ^72
(Lv KpäT' £p€i|iov Kai Xaßotc ä|i9itTÖ|i0uc. 473
Ol. OaXXoiciv i^ KpÖKaictv fi Tioiiu rpöirip ; 474
XO. oiöc veujpoOc veoTrÖKqi jnaXAtfi XaßiÄv. 475
Ol. €T€V TÖ b' ?Ve€V 7101 T€X6UTf|cai M« XP^J ^76
XO. Trp&TOV }xiy lepäc ii deipuxou xoäc 469
Kpnviic 4v€TKoO, b\' 6duiv xeip&v 9itwv. 470
Ol. ÖTOV bk TOÖTO xcOn* dKiiparov Xdßui; 471
XO. xootc x^acOai crdvra Tipöc 7rpiI)TT|v ?ui. 477
Ol. fl ToTcbc Kpwccoic olc X^T€ic xiix) Tdb€ ; 478
XO. Tpiccdc TC irrffdc- töv reXeirraiov b' öXov — 479
Ol. Toö TÖvbc irXricac 9ijj ; b(bacK€ Kai TÖbe. 480
XO. uboTOc, ^cXiccTic, \xi\bk 7rpoc9^p€iv fi^9u.
die Umstellung der verse in den hss. ist keine zufallige, sondern eine
beabsichtigte; man nahm daran anstosz, dasz Trpu)TOV julv nicht die reihe
der Vorschriften des chors eröffnet, und dieses bedenken wurde noch
gesteigert durch das unmittelbar vorausgehende not TeX€UTf]ca( |i€ XPH ;
zuerst werden die kröge, wie es bei heiligen handlungen flblich war,
mit einer v^ollenen binde umwunden ; dann wird das wasser geholt; der
ausdruck noT reXeuTncai ist auffallend, aber ich wage nichts zu andern,
es war dies vielleicht eine formel des sacralrechts. nun wird die spende
selbst dargebracht: rpiccdc T€ iniTdc ist so viel als xpiccdc T€ xodc
übaTOC. wahrscheinlich befanden sich drei krflge im heiligtum, entspre-
chend der dreizahl der Eumeniden: dreimal fOllte man jeden krug mit
wasser und gosz ihn aus, so dasz jede göttin drei xoa( erhielt, auszer-
dem aber brachte man noch zum schlusz jeder der Eumeniden eine spende
mit jueXiKparov dar; hier passt aber der ausdruck ÖXov nicht: vollge-
fflllt yvaren ja ualürlich die krQge auch vorher, ebenso wurden sie jedes-
mal vollständig ausgegossen : es ist notwendig zu schreiben töv TeXeu-
laiov b' £Xi()V, wie auch schon Schneidewin vermutet hat. über die
bereitung des peXiKpcrrov verweise ich auf Alexander von Aphrodisias
zur metaphysik des Aristoteles s. 807, wo verschiedene mischungsver-
hältnisse angeführt werden: % honig und Y3 wasser, oder honig und
wasser zu gleichen teilen, oder wasser, honig, saffran je V3* die anwen-
372 Tb« Bergk : anz. v. Sophociis tragoediae ed. ^ Nauck.
düng des KpÖKOC bei den KaOap^o{ bezeugt aucb Photlos u. KpOKuuv.
— leb hebe nur noch öine stelle hervor, OK. 1231, wo Spengel mit
Hermann Tic irXäTXOn ^oXu jiöxOoc £Su), Tic oä Ka^äTUlV Ivi;
statt iToXijjioxBoc schreibt und diese conjectur durch Verweisung auf die
redefigur des Gorgias: t{ y&p diriiv TOic dvbpäct toütoic, Ojv bei
dvbpäci TTpoceTvai ; ti bk Kai 7rpocf)v , (Lv oö bei irpoceivai ; zu
unterstützen sucht, diese conjectur, welche flbrigens Hermann selbst
in seiner letzten ausgäbe wieder zurückgenommen hat, Ist zu leicht und
eiufach, um wahrscheinlich zu sein. iroXujyioxBoc ist ein der Jüngern
tragödie sehr geläufiges wort; wer möchte glauben dasz der dichter, der
gerade in solchen chorliedem für das leichte Verständnis sorge tragen
und jede amphibolie vermeiden muste, die zwei werte ttoXü lud füiöx^oc
so an einander geruckt habe , dasz sie jeder unwillkürlich zu dinem be-
griff TToXujLtoxOoc verbinden muste? die conjectur ist aber auch noch
aus einem andern gründe verwerflich: der dichter kann einen allgemeinen
begrifT auf die verschiedenste weise specialisieren, z. b. das einfache eivai
wird auf das manigfachste variiert; aber in einem negativen satze hat das
ausmalen und individualisieren keine stelle: denn das negative ist semer
natur nach gestaltlos; der dichter konnte sagen Tic jitöxOoc äneavf
oder Tic MÖXÖoc ßui , aber ßui dTrXdtTXÖn oder gar dTrXdrXÖTl ^oXi)
lEiA) ist unzulässig, mein verschlag Taic statt Tic zu schreiben, den
Spengel weit wegwirft, liesze sich sogar mit jener belobten figur ver-
einigen, indem man schriebe TOic TrXdTXÖT], Tic 6 pöxOoc ßu), Tic
oö KajLidTiuv Ivi; aber wie schon bemerkt, möchte ich iroXujüioxdoc
nicht autasten, die Verderbnis liegt sicherlich in TrXdTX^H) ^^^^^ ^^^
lese TIC TrXatd iroXujiioxBoc ßu); diese änderung ist nicht so leise,
wie man sie verlangt, aber es war wol TTAHrH oder auch TTAArH
geschrieben, dies wurde als verbum iirXiiifr) aufgefaszt und dann in
TrXdTXÖil verwandelt, vgl. Hesychios: irXttTXÖ^VTec ' TrXr|T^VT€C, TrXa-
VTi6^VT€C. sehr frei hat hr. N. die Überlieferung umgestaltet Tic M^X'
8oc TToXunXaTKTOC Ku) , da würde doch Tic TiXdva noXu|LioxBoc weit
näher liegen , aber dies konnte der kritiker wegen des trochäus im ersten
fusze nicht brauchen. Dindorf improvisiert nach seiner weise Tic irXdtX^n
KaKÖTOTOc l£ui;
Dazu kommt die äuszerst nachlässige und fehlerhafte Überlieferung,
die von dem texte der Alexandriner sich viel weiter entfernt als z. b. die
handschriften Pindars. man hat eben in byzantinischer zeit einen teil,
den man nicht recht lesen konnte, den man nicht mehr verstand, oft in
sehr freier weise abgeändert. ") die Verderbnis hat oft mehrere Stadien
16) wie schlecht und undeutlich oft alexandrinische handachriftei^
geschrieben waren, kann man recht klar erkennen an dem facBimild
des Pariser papyrus, welcher die neu aufgefundenen brachstücke eines
gedichtes von Alkman enthält, kein wunder, wenn solche hss. später
von unwissenden abschreibern ganz gedankenlos und mechanisch copiert
wurden, wie die fragmente des Pha'ethon von Euripides beweisen, di6
den schlechtesten lateinischen hss. ziemlich nahe kommen, ein cor-
rector, wenn ihm nur die bereits fehlerhafte und undeutliche vorUge
Tb. Bergk : anz. v. Sophoclis tragoediae ed. A. Nauck. 373
<lurcbgemacbt , und mit gelinden mittein ist hies nicht auszukommen;
freilich liegt ei>en deshalb die gefahr neuen irtums und willkürlicher
Minderung so nahe, so z. b. OK. 841:
irpÖßoO' J»Ö€, ßäT€ ßäx', fVTOTTOl-
TTÖXic dvaipCTOu, nöXic i^iä cO^vci*
TrpößaO' &bi jüiot.
<len mittleren vers hat man auf verschiedene weise zu verbessern ver-
sucht, ohne erfolg, auch die conjectur von Melneke ist ganz unzulässig;
gerade an dem seltsamen ausdruck iröXic ^vaipcTat hat man gar keinen
anstosz genommen, ich lese: nöXcjiOC alperai, nöXefioc dc6e-
V€i. der chor ruft, indem Kreon gewalt anwendet, die umwohnenden
zu hülfe, und bezeichnet eben die gewaltthat des fremden, die der chor
in seiner schwSche nicht zu hindern vermag, als einen act der feind-
«eligkeit, als anfang des krieges : es war dies wol die gevvöhnlicbe formet
•des kriegsgeschreis , daher auch ganz ähnlich bei Aristoph. vÖgel 1189
iTÖX€|iOC alpcTOu, TTÖXcfüioc oö qpoTÖc npöc iiik Kai Oeouc* dXXd
<püXaTT€ n&c. Sophokles verbindet iröXcjiOC atp€Tai mit dem dativ,
wie Aesch. hik. 422 f| xoiciv f\ TOic tröXc^ov atp€c9ai jU^T«v iräc'
icj' ävdTKT], ebenso der komiker Piaton bei Priscian XVlil 221 (der
richtig die zwiefache structur angibt) 8c iTpu)Ta p^v KX^wvi TröX€|Liov
t^pdjLiiiv, Aristophanes dagegen gebraucht die prSp. TTpöc, ebenso im an-
hange zu der rhetorik an Alexander: TröXcpov bk hex aip€ic6ai (lies
af p€c6ai")) TTpöc touc dbiK€iv ImxcipoOvrac Tf|v ttöXiv f{ Toiic
<piXouc fj (iies Kai) touc (ist zu streichen) cumudxouc aörf^c. meine
ünderung im Sophokles wird kühner erscheinen als sie eigentlich ist : es
A A
war TT0A1P€TAITT0AC9€N€I geschrieben, mit einer abbreviatur die
«benso gut iröXc^oc als tiöXic bedeuten kann; ein leser oder Schreiber,
der die stelle nocii richtig verstand, fügte, um jedem misverständnis vor-
zubeugen , beidemal hinter A hinzu €M , aber gerade dies ward von dem
folgenden Schreiber roisverstanden : indem er darin eine Verbesserung des
texles zu erblicken glauble, machte er daraus tröXic ^vaip€Tai, ttöXic
^jLid c6^V€i. hier haben wir eine probe des Verfahrens, welches der
byzantinische kriliker bei seiner redaction beobachtete: von ihm wird
auch das scholion herrühren, welches, wie viele andere bemerkungen,
Bicfat excerpl aus den alten conuneniaren , sondern nur autoschediasma
eines Byzantiners ist.
des copisten zur band war und er nicht etwa ein älteres besseres
ezemplar vergleichen konnte, war völlig anszer stand überall das rich-
tige herzustellen , auch wenn er noch so kenntnisreich and besonnen war.
16) derselbe fehler findet sich auch sonst ganz regelmässig, sowol
in dieser Verbindung (wie in dem briefe des Philippos 9 titip bi Kcp-
coßX^iTTOU iröXcfxov mpctcOai irp6c Vmöc) als aucn anderwärts, z. b.
bei Theophrast cbar. 27 K&v irou kkrfi^ eic ^HpaKXetov, t>i\^ac t6 i^d-
Tiov TÖv ßoOv aip€tc6ai, Xva TpaxT)X(c^, wo natürlich alpecOat zu schrei-
ben ist, wie auch re^elmäszig auf attischen Inschriften in diesein falle
sich findet, z. b. bei Urlichs verh. der philol. ges. I 8 fipavTO bi Kai
-Toüc ßoOc 6lc 'CXeiidva Tfl Qvciq, II 78 und 79. III 28.
374 Th. Bergk : anz. v. Sophociis tragoediae ed. A. Nauck.
Sind doch selbst principielle fragen von bedeulung noch keinesweg»
so erledigt, dasz ein allgemeines urteil feststände. Spengel belobt Din-
dorf wegen seiner enldeckung, dasz der codex Laurentianus für
Aeschylos und Sophokles die quelle aller übrigen noch vorhandenen ab-
schnften sei; so viel ich aber weisz hat Cobet zuerst diese ansieht aus-
gesprochen und Dindorf diese hypothese nur weiter ausgeführt, es ist
übrigens diese entdeckung, die Spengel als die wichtigste und frucht-
bringendste bezeichnet, gar nicht von so erheblichen folgen gewesen:
denn den wahren *werth dieser handschrift hatten auch die froheren
längst erkannt, die ausschlieszliche geltung aber, die ihr nach Gebets
und Dindorfs hypothese eigentlich zukommen wflrde, wird ihr nicht ein-
mal von Dindorf eingeräumt, den SeylTert eben deshalb tadelt, dasz er
sich nicht möglichst eng an den Laurentianus anschliesze. denn Dindorfs
verfahren ist wesentlich eklektisch, und er verdient deshalb eher lob als
tadel; aber man sieht auch dasz jene hypothese über das Verhältnis des
Laur. zu den übrigen hss. eben nur eine theorie ist, deren praktische
consequenzen man nicht zu ziehen wagt, ich begreife überhaupt nicht,
wie man eine so luftige Vermutung aufstellen konnte ; man scheint dabei
von der völlig unhistorischen Voraussetzung auszugehen, als sei das
wissenschaftliche leben im byzantinischen reiche ebenso gesunken ge-
wesen wie im abendlande, aber die Schriften der classiker die (naturlich
in eider auswahl) überall in den schulen gelesen und erklärt wurden (la
TrpaTTÖjiCva), wozu eben auch stücke der drei tragiker gehörten, cur-
sierten in mehr oder minder zahlreichen abschriAen: der codex Laur.
repräsentiert eben nur die älteren und besseren mittelalterlichen Codices
der tragiker, es gab daneben ähnliche exemplare, aus denen zum teil die
jüngeren hss. abzuleiten sind, ein dunkles gefühl des richtigen Hegt
übrigens jener hypothese von Cobet und Dindorf zu gründe : nemlich die
auffallende Übereinstimmung aller hss. in lesarten, die wir den testen
der Alexandriner nicht zutrauen dürfen, obschon auch diese nicht fehler-
frei waren, weist notwendig auf einen gemeinsamen Ursprung, auf die
recension eines byzantinischen grammatikers hin, der eben diese auswahl
von je sieben stücken für den -zweck des Unterrichts traf und den text
revidierte; aber diese recension ist natürlich älter als der codex Lau-
rentianus.
Hr. N. gehl in seiner kritik oft sehr kühn zu werke, nur Dindori
dürfte es ihm hierin zuvorthun : jedenfalls hat kaum ein anderer heraus-
geber des Sophokles so zahlreiche textesänderungeu aus conjectur vorge-
schlagen als hr. N. , mit welchem erfolge wird am besten die zeit lehren»
Spengel hält von mehr als hundert vorschlagen Naucks nur eine ^^°'
zige änderung für richüg, nemlich OK. 654 jU#| biöacx' ÖXP^ ^^^^\
für jüt€ bpäv, eine conjectur die zwar leicht und recht speciös ist, iot
mir weder notwendig noch auch angemessen erscheint, indem die wor
dem blinden Oedipus gegenüber eine nicht eben wolthuende spitzt ^
halten, ich mache diese bemerkung nicht etwa, um damit zu sagen, J^
sei von hrn. N.s Verbesserungen keine einzige, probehaltig erfunden , s
dem Spengels urteil ist auch hier wie in anderen fällen zu herb u
Th. Bergk: anz. v. Sophoclis tragoediae ed. A. Nauck. 375
schroff: unter den conjecturen N.s 'finden sich in der Ihat gar manche
treffende und beifallswerthe ; die mehrzahl freilich ist problematisch oder
entschieden verfehlt.
Hr. N. verwahrt sich in der vorrede gegen den vonvurf , der ihm,
wie er sagt, gemacht sei, dasz er zu frei und willkürlich mit der Über-
lieferung umgehe; allein wenn er zu seiner rechtferligung den grundsatz
aufstellt , dasz überall , wo sich etwas besseres als die überlieferte lesart
finden lasse, die stelle für verdorben zu erachten sei , so heiszt dies , zu-
mal der begriff des besseren ein sehr schwankender und von subjectivem
belieben abhängiger ist, den dichter selbst, nicht die abschreiber corri-
gieren. Heimsoeth befindet sich wesentlich auf dem gleichem standpuncle,
nur hat er noch weniger respecl vor der Überlieferung, wahrend er an-
derseits auch wieder aus dem allernichtsnutzigsten codex vermeintliche
goldkömer zu gewinnen bemüht ist. Heimsoeth schüttet mit bewun-
dernswürdiger leichtigkeit aus seinem unerschöpflichen füllhom conjec-
turen aus, diese conjecturen sind meist gefällig und, was Ich hoch an-
schlage, verständlich: denn wir haben namhafte kritiker, deren conjectu-
ren man ohne erklärenden commentar gar nicht versteht, oder die, wenn
sie in einer hs. sich vorfänden , unbedenklich als corruptel oder Interpo-
lation bei Seite geworfen werden würden, allein trotzdem finden sich
unter Heimsoeths Vermutungen nur wenige, die in wahrhaft überzeu-
gender weise einen fehler heben ; die mehrzahl der änderungen ist über-
flüssig, oder es wird doch nicht mit der nötigen Schonung der Über-
lieferung das rechte zu finden versucht, ganz dasselbe gilt aber auch
von sehr vielen Vermutungen hrn. N.s: so, um nur einige proben mitzu-
teilen, wird EI. 54 KUTUJjia xct^KÖirXcupov statt TUTiujpa gleich in
den text aufgenommen; ebd. 328 schreibt er riv' ad cii XäcKeic
q)dTiv statt 9UJV61C, 597 KaKoppoOoOfiev sutt KaKOCTO|ioO|Li€V,
Trach. 468 raöra fifev iTU) Kar' oöpov st. ^cixu*. Phil. 254 lö ctu-
YVÖc Ocoic St. iriKpöc, während andere gerade in der hsl. lesart die
eigentümlichkeit des Sophokles finden werden; freilich nimt hr. N. auch
anderwärts an mKpöc anstosz; ebd. 450 XPn^Ta irpouceXoOc' st. dno-
CT^XXouc' (vielleicht ist dTiocTUTOÖc' zu schreiben); 1344 'eXXrj-
viuv ?va kX^G^vt' dpici^uiv statt xpiG^VT* dpicrov. Aias 516
üüfif) ^oTpa st. dXXri poTpa, woran sich auch andere mit änderungen
versucht haben, wie ich glaube mit unrecht: Sophokles gebraucht hier
äXXoc im sinne von ^Tepoc, d. h. feindselig; und ebenso wenig darf
man in demselben stücke v. 1206 dM^ptjiVOC anfechten, was der dichter
abweichend vom gewöhnlichen Sprachgebrauch in passivem sinne an-
wendet. OK. 259 KXribövoc KaXfjC |yidTT]V ^oGoOcnc statt (kouciic
(^oGeiv ist nemlich ein lieblingswort des kritikers). Ant. 343 KOuqpo-
vöu)V T€ q>uXov öpviGujv djiq>ißaXujv dTpci statt äT€i, aber dies ist
ganz gegen den Sprachgebrauch der classiker, die nirgends dTpcTv in
der bedeutung von dTP£U€tv anwenden, sehr kühn wird Phil. 343 ge-
ändert fieryjXuGöv \l^ vril itoikiXoctöXiu statt TjXGöv \k^ vril
TTOtKtXocTÖXiu füi^Ta Und so der epische ton der rede vernichtet. Ant.
593 schlägt hr. N. vor:
376 Th. Bergk: au. t. Sophodis tngoedije ed. A. ICaudu
Kcdv' afi Tobe Aaßtenbav öpui|icv oIkui
nfnun* dpxoioic Im irrj^oa iriirrovr'
statt der aberiieferteo lesait äpxctia tq hafiboxibm ohuiv bp&pax
iritfJOTa <pOifi^vuiv irn irfJMoa -irmTOvr'' eine conjeclor die weoig-
steas das gnte bat, dasz nienaad die priorilit der erfiodiing beanspruchen
wird; selbst Dindorf, der doefa za solcben geistrekben impromationen
besonders binneigt, begnögt sich an dieser scblimmen stelle mit der sehr
bescbddcDea indening äXX' fiXXoiC sUtt q^Oi^^VuiV. OK. 447 CT^TH^
t' dbcuiv Kai xpüouc ^iropiccav sutt Kcd t^c Sboay Kon t^vouc
£iTäpK€Civ. ebd. 1098 tüj xöpa yip eicopui Ttub' dccov au6ic u)b€
TTpOCCTCiXOVTC VlUV Statt TQC KOpOC JOp ctcOpUJ TOCb' . . TipOC-
iroXoufi^vac. wiederum nur zu gunsten seiner subjectiven vorÜebe für
die formen des dualis. im ganzen sind diese und ibnlicbe Sndernngen
unserer wo! geschulten kritlker nicht gerade geflhrlich: denn es ist nicht
leicht zu besorgen dasz Im einzelnen falle andere diesen TermotoBgen
beipflichten sollten; nur das beispiel selbst wirkt auf jüngere verderblich.
jedenfalls mnsz man es als dn glück betrachten, dasz Aristarch und die
Alexandriner maszTolle entsagung geübt und sich nicht auf diese höhe
der kritik verstiegen haben: denn die texte der classischen dichter wären
dann rettungslos verderbt worden.
Ohne not ist El. 186 dv^XmcTOV geschrieben statt dv^niCTOC:
denn ßtOTOC dv^mcTOC ist ein trostloses leben , ein leben ohne hoff-
nung; aus der paraphrase des scholiasten kann man noch nicht mit
Sicherheit auf jene lesart schlieszen. und wenn ebd. 1087 buo <p^p€i
b' £v ^ Xdytp geschrieben wird statt q>^p€iv, so zeigt sich hier wieder
das bestreben den dichter zu meistern: weil hr. N. nicht gewust hat,
dasz <p^p€iv sehr oft namentlKh bei dichtem in medialem sinne sieht,
kann Sophokles nidit so gesdirieben haben: *neque enim' sagt der
Petersburger kritiker *tam ioopem aut infantem arbitror Sophodem quem
nos ^TrfYOVOi meliora possimus edocere.' diesen Sprachgebrauch konnte
hr. N. wenn nicht aus der lectfire des tragikers selbst, dessen stücke er
schon wiederholt herausgegeben hat, doch aus der anmerkung seines ehe-
maligen collegen G. Wollf in Berlin kennen lernen, auch bei Pindar finden
sich beispiele dafür, und ich benutze diesen anlasz um eine stelle dieses
dichters zu verbessern. Nem. 3, 17 ist zu schreiben: xOjiaTUJb^uiv b^
TiXaräv ÄKOc uTtnpdv iv ye ßaOuTr^biji N^ßiq, xd KoXXiviKOV (p€-
petv: die hss. haben ohne ausnähme q>^p€t, aber der sinn erfordert jene
ändening: q>^p€iv (d. i. cp^pecOai) xd koXXIvikov ist subject des saues,
und dies wird vollkommen bestätigt durch die paraphrase des scholiasten:
xiöv bi tmnöviuv nXirftliv xai xüjv ix xoO Traincpaxlou xpau^äriuv
xujv Koxd x#|v M€T<iXiiv Neji^av ßoifieTiiia xal fafia urieivdv q)^p€tv
xf|v v(iciiv, wü man die überlieferte lesart nicht in q>€p€i hatte verwan-
deln sollen, nur verbindet der scholiast die worte fv T^ ßaOun^btu
Ne^qt irrig mit nXctrav , während sie zu xd KoXXlviKOV gehören. —
Ebenso unbedacht und in jeder hinsieht verwerflich ist die in den leit
aufgenommene conjectur CT. 1106 ctB' 6 BttKXCioc Oedc vaiuiv iit*
ÄKpujv dp^ujv C€ KOjia (st. cöpnMa) bßax' ?k xou NuMqpäv: denn
Tb. Bergk : anz. v. Sophociis tragoediae ed. A. Naiick. 377
wie konnte hr. N. es fQr möglich halten, dasz ein griechischer dichter
vom vater des kindes ö^x^cOoi xOpa Ik T^vatKÖc gesagt habe? — OK.
371 folgt hr. N. Dindorfs vorgange ii dXiTpiac <pp€VÖC, aber wenn
Sophokles dieses substantivum gebraucht hätte, würde er sicherlich <pp€-
vwv geschrieben haben. — Unnötig ist die änderung Trach. 439 oüö*
fjTic oö xdTOibe TdvOpuiTTUJV, 6ti xctipctv Tr€9UKac' oöx^ Toic
auTOtc dci statt Tr^q>UK€V, denn ganz dasselbe besagt die vulgata , höch-
stens könnte man interpungieren Kdroibe , TdvOpuüTriuv Sn usw., doch
ist nicht einmal dies nötig. — Phil. 33 wird mit Härtung CTpuüTrj T€
<puXXäc geschrieben, aber CTiTrrfi q)uXXdc ist dichterische Umschreibung
statt des gewöhnlichen CTtßdc und darf nicht angetastet werden. —
Dindorf folgend schreibt hr. N. ebd. 271 tÖt' dcfievöv |li' übe eTbov
^K iToXXoO cdXou eßöovT* in^dicriic iv Kairipeqpei ir^rpiü, Xittov-
T€C (JbxovTO statt äc|i€VOi, was man durch conjectur herstellen müste,
wenn die hss. dcjLievov darböten, dagegen war die interpunction zu
berichtigen: nach eiibovra, nicht nach ir^Tpip ist ein komma zu setzen.
— Ebenso wenig kann es gebilligt werden, wenn v. 315 mit Porson oI'
'OXujLimoi 6€ol boi^v ttot* aÖToTc dvxiTroiv' iiioQ iraOciv geschrie-
ben wird: oic ist ganz richtig, und auTOtc ist keineswegs, wie die er-
klSrer meinen, pleonastisch hinzugefügt, sondern durchaus bedeutsam,
der begriff der göttlichen gerech tigkelt scheint zu verlangen dasz der
frevler selbst, nicht erst etwa seine nachkommen bflszen, daher wünscht
hier Philoktetes, dasz die nemesis seine feinde noch bei ihrem leben errei-
chen möge: dies liegt eben in dem pronomen aCrroTc. — Ebd. 563 schreibt
hr.N. djc Ik ßiac }x' fiSovrec i^ böX otc TrdXtv statt XÖTOtc, weil er sich
erinnerte, dasz öfter diese worte von den abschreibem verwechselt wer-
den ; aber der gewalt steht die Überredung entgegen, es ist ganz dasselbe
was der dichter nachher sagt 593 f\ |Lif|v f\ XÖT4) 'V^^icavTCC dSciv fi
irp6c icxuoc Kpdroc. — V. 1165 lesen wir nach Seyfferts conjectur dXXd
TVUI0', €Ö TViöG', ^ttI coi Kflpa xdvb* dTro9CUT€iv • die hss. (und auch
der scholiast) bieten ÖTt cot, was Dindorf richtig in öri cöv verbessert
hat. Seyffert erinnert dagegen: «ön cöv argumentum habet, quo nunc
uti choro non liceat: nam officium demonstraret pestis effugiendae, quod
Pliiloctetes nee antea adgnovit nee nunc adgnoscit. illud vero im cot
i. e. in tua potestate argumentum ut aiunt ad hominem est» usw. es ist
«ine sehr misliche sache a priori bestimmen zu wollen , was der dichter
den handelnden personen für gedanken leihen darf. Seyffert argumentiert
auch hier wie gewöhnlich mit scharfer dialektik, aber er hat sich so
daran gewöhnt zwischen den zeilen zu lesen , dasz er darüber den text
des dichters öfters ganz aus dem äuge verliert. ^^} dasz nun hier der cbor
17) 80 z. b. folgert Seyffert Phil. 69 oök Scti ir^pcai coi t6 Aapbd-
vov nibov aus der enklitischen form cot der vulgata, dasz Odyssans
mit NeoptoIemoB schon früher diesen punct besprochen habe : als wenn
die accentzeichen von der hand des dichters selbst herrührten; dasz
coi hier den ton hat, zeigt schon die Stellung im verse unmittelbar
nach der cäsar, wo die stimme, auch wenn auf dem pronomen kein
besonderer nachdruck liegt, unwillkürlich etwas länger verweilt.
JahrbQeher fQr da», philol. 1868 hft. 6. 25
378 Th. Bergk : anz. v. Sophociis Iragoediae ed. A. Nauck.
wirklich zu Philoktetes sagt *es ist deine pflicht dich von deiner krankheit
zu befreien', nicht aber *es liegt in deiner gewait% wie SeyflTert meint,
beweisen die worle die zur begründang binzugefOgt werden: okTpd
T^p ßöCKCtv, dbaf|C usw.; wenn auch der zweite vers, den die neue-
ren herausgeber misverstanden haben, noch der kritischen nachhälfe be-
darf, so sind doch schon die drei worte oirrpä T&P ßöCKCiV ganz ent-
scheidend.
Interpolationen, denen gerade die texte der dramatischen dichter
am meisten ausgesetzt waren, nimt hr. N. in bedeutendem umfang an:
eine erhebliche anzahl von versen hat derselbe teils aus eigner Vermutung
teils nach dem vorgang anderer als unecht verworfen, eigentfimlich
aber ist die methode welche der neuste herausgeber dabei anwendet, in-
dem er die verdächtigen verse bald in klammem einschlieszt, bald unter
den text verweist und mit kleinerer schrift drucken Iftszt (wie es Bekker im
Homer gelhan hat, ein verfahren das nicht gerade empfehlenswerth ist), bald
endlich wie z. b. Phil. 1365 f. in die kritischen anmerkungen verweist,
was noch weniger gebilligt werden kann, ich habe mich vergeblich be-
müht ein bestimmtes princip in dieser verschiedenen weise der bezeich-
nung gefälschter verse zu entdecken, was die athetesen selbst betrifft,
so werden natürlich darüber die auslebten immer geteilt sein , da es wol
zu allen zeiten kritiker geben wird, die jede Überlieferung gläubig respec-
tieren, während andere alles, was nicht ihrem subjectiven geschmacke
zusagt, unbedingt verwerfen, aber auch der besonnene, der sich von
diesen extremen fern hält, wird nicht selten mit seinem urteil zurück-
halten, ich stimme manchen athetesen, die N. vorgenommen hat, unbe-
dingt bei, z. b. Aias v.314, obwol Seyffert hier eine besondere dichterische
Schönheit zu finden glaubt; ebenso v. 327 TOiaOra f&p niuc Kai X^T^t
KiubupeTat, den Seyffert durch eine nicht eben glückliche Veränderung
(Kai ßX^nct KUiTiXXerai) zu retten versucht hat, der vers ist von einem
diaskeuasten hinzugefügt, der nicht ganz mit unrecht bei den Worten der
Tekmessa Kai bf\k6c icvxy &c ti bpaceiiuv KaKÖv die motivierung ver-
miszte; aber die ergänzting verräth sich deutlich als fremdartiger, unge-
schickter Zusatz , indem der vers mit der anschauung des Sophokles von
dem gemütszustande des Aias in offenbarem Widerspruche steht, sonst
pflegt allerdings Sophokles sorgfältig zu motivieren, aber in dieser tra-
gödie ist auch dieser mangel nur ein merkmal des archaischen Stiles. —
Aber niemand wird so leicht hm. N. beistimmen, wenn er in der £lektra
den unentbehrlichen vers (20) nplv odv Ttv' äv2>pdiv 4£oboi7rop€tv
CT^T^c streicht, weil ihm dSoboiiropCtv als ein gezierter ausdruck er-
scheint; allein Sophokles gebraucht 6bomop€iv auch sonst, wo ein
einfacheres wort genügt hätte, und wenn das compositum nur hier sich
findet, so ist es eben durch den sinn geboten. — Wenn hr. N. £1. 957
nach dem vorgange Wunders tilgt, so hat diese Vermutung auf den ersten
anbtick viel für sich , aber ich weisz doch nicht ob nicht der vers vom
dichter selbst herrührt, nur wird man denselben zwischen 955 und 956
einfügen müssen:
SiTUJC TÖv auTÖxeipa TraTpibou q>övou
Th. Bergk: anz. v. Sophoclis tragoediae ed. A. Nauck. 379
AIticOov, oöb^v Tcip ce bei kputttciv \i^ Irt,
£0v T^b' dbcXfpq ^f) KaTOKVTJcqc icraveiv.
eine Umstellung halte ich auch an einer andern stelle derselben tragödie
lür notwendig, wo man die drei verse 1052 — 54, die allerdings wol
nicht unversehrt überliefert sind, verdächtigt hat; aber man kann diese
nicht streichen, denn sie entsprechen den drei folgenden verseu der
Chrysothemis. mir scheint die richtige Ordnung diese zu sein: HA.
1049. XP. 1055. 56. 57. HA. 1052. 53. 54. XP. 1050. 51. -* Die
zahlreichen verdlchtigungeu im eingange des Philoktetes, wo übrigens
N. selbst nicht gewagt hat die vcJrse zu entfernen , sind meines erachtens
sämtlich grundlos ; ebenso erscheint es als nicht zu rechtfertigende Will-
kür, wenn ebd. v. 224 €xf)|ia ^^v T^p 'EXXdboc [croXfic öiTäpx€i
irpocqpiXecrdmic ilioi\ getilgt wird. — Dagegen ist anderes, was bedenk-
lich erscheint, unangefocliten geblieben, so um nur ein beispiel zu er-
wähnen, im eingange des Oedipus Tyrannos v. 8:
ättl) btKatu)v ^f| Ttap ' drr^Xiuv, T^Kva ,
5XXu)v äKOuetv, ainöc dib' £XrjXu6a,
6 Träct kXcivöc OlbiiTOuc KaXou^evoc.
diesen vers, der mir von jeher verdächtig erschienen ist, hat bereits
Wunder gestrichen , und zwar aus gutem gründe: denn nirgends sonst
pflegt bei Sophokles im prolog der redende seinen namen selbst zu nen-
nen; dasz hier Oedipus spriclit, erfahrt der zuschauer aus der folgenden
antwort des priesters v. 14 , wie dies überall bei Sophokles beobachtet
wird, eine ausnähme macht nur der prolog des Oedipus auf Kolonos v. 3 :
Tic TÖv TtXavfiTnv Olölnouv xaO ' fm^pav
Tf|v vOv CTtoviCToTc b&eiax buipriiLiaciv ;
aber gerade diese stelle ist nicht minder bedenklich: denn abgesehen da-
von dasz schon aus der rede selbst klar hervorgeht, dasz Oedipus, der
vater der Antigene, spricht, nennt auch gleich in der antwort v. 14 An-
tigene den vater mit namen, wie üblich ist; dies wäre völlig überflussig,
wenn bereits Oedipus selbst seinen namen genannt hätte, mir scheint
Oibitrouv lediglich interpolatlon eines Schauspielers, natürlich aus alter
zeit, da Galenos bereits dem Aristippos diese verse in den mund legt.
Sophokles halte vielleicht geschrieben t(c töv nXavtlTilv KfiqptXov
Ka8' fm^pav usw.
Metrik ist nicht gerade die starke seite hrn. N.s. in metrischen din-
gen sich von jedem irtum frei zu halten ist nicht leicht, und wollte man
gar für alles das, was auf verjährter tradition beruht, einen herausgeber
ohne weiteres verantwortlich machen , so wäre dies verfahren im höch-
sten grade unbillig, kenntnis der metrischen kunst der alten ist noch
lange nicht gemeingut der philoIogen , man wird daher nachsieht üben ;
aber der anmaszliche Ignorant, der mit unberechtigten prätensionen auf-
tritt, verdient keine Schonung, in der Elektra v. 87 habe ich den proso-
dischen fehler (b <päoc dtvdv xal t^c icöpoipoc &rjp ganz einfach
durch herstellung der form kö^opoc entfernt; wer handschriften kennt,
weisz dasz die abschreiber regelmäszig in Zusammensetzungen -^oi-
poc statt -^opoc schreiben, hr. N. zieht die conjectur von Person
25*
380 Th. Ber^-.aoz. r. Sophodis Ingoediae eL A. Kauck.
tcö^oip' vor, wo der Tocali^ nicht passend an die stelle des nominatirs
tritt: nun das ist seine sacbe; wenn dersellie aber (Eurip.stodien D 8.81]
diese meine Verbesserung icö|Liopoc als einen beweis *der Obermfltigefi
laune, mit wdcher Bergk im Sophokles schaltet' anfahrt und meint, ich
hltte einen metrischen fehler hineingebracht, um einen prosodischen zu
entfernen, so verrlth hr. N. eine so arge unkenntnb in metrischen din-
gen , wie man sie einem herausgeber der griechischen tragiker kaum xa-
trauen sollte: denn dasz derselbe wenigstens die gesetze der einfachen
versmasze wie der anapSsten kenne, dürfte man billigerweise voraus-
setzen, dasz in anap9stischen versen der proceieusmaticus zulissig sei,
lehren schon die allen metriker; wo er statthaft ist, kann jetzt jeder aus
Rossbachs und Westphals melrik lernen , welche über die verschiedenen
gattungen anapSstisdher verse (abgesehen von einem puncto, wo ich ab-
weichender ansieht hin) vortrefflich gehandelt haben.
Hr. N. corrigiert das metrum in rein mechanischer weise, so, um bei
dem eingange der Elektra stehen zu bleiben , entsprechen sich zwei iSn-
gere anapästische Systeme, doch nicht ganz genau: in dem ersten system
findet sich nur ^in monometer, in dem andern zwei, es bieten sich zwei
möglichkeiten dar, um vollständige responsion zu gewinnen : entweder ist
dort eine locke anzunehmen, wie z. b. Reisig v. 112 ccfivat T€ 6€Uh^
äpxGtiOTÖViUV schreiben wollte, oder hier eine Interpolation: dafür
entscheidet sich Nauck, indem er v. 100 schreibt:
Koöbeic TOÜTU)v oIktoc [dir' öKkr\c
f\ 'ixov] qp^pcTtti, coO Tidrep o&ruic
alKUJC 0lKTpU)C T€ BaVÖVTOC
allein diese aihetese ist unstatthaft, toOtuiv wSre dann dunkel und zwei-
deutig : man wQste nicht ob der genitiv in objectivem oder subjectiTem
sinne zu fassen, ob hier TaOra oder ouTOi zu verstehen sei. idi selbst
habe frOher vermutet KOÖbelc [toutuiv] oTktoc &n* SKkr\c [f\ '}XO\i]
<p^p€Tat. aber es ist nichts zu indem: man begnflgt sich in solchen
Systemen Öfter mit der gleichen anzahl der verse, während der umfang
verschieden ist. hr. N. nimt ohne allen grund an dtTt' &XXr]c anstosz,
und auch Wolff erklärt dies nicht richtig als eine art von attraction; die
klage um die toten ist hauptsächlich sacbe der frauen ; von der multer
kann Elektra natOrlich keine teilnähme erwarten, aber auch die schwesler
Chrysothemls erscheint ihr lässig : darauf zielt eben dieser ausdruck, und
es heiszt die Intentionen des dichters geradezu vernichten , wenn man in
dieser willkürlichen weise streicht. — V. 142 stellt hr. N. die worle
um : Iv oTciv £cT ' ävdöucic oööe^ia kokAv, um vollständige respon-
sion mit der Strophe zu gewinnen ; aber dies ist eine entschiedene Ver-
schlechterung, die zahl der aufldsungen ist beidemal die gleiche, nur
treten sie an verschiedenen stellen ein. ebenso wenig war dvdXucic oiit
Badham in dvdöucic zu verändern.
Im glänzendsten lichte zeigt hr. N. sein metrisches talent in dem
choriiede OT. 1086 ff. hier hatte er schon früher (1856)'^) das tadellose
18) die folgenden ausgaben dieser tragödie kenne ich nicht, ich
weiss daher nicht ob die weiteren neuemngen der neusten recension
Tb. Bergk: anz. v. Sophoclis tragoediae ed. A. Nauck. 381
kolon oÖK ^C€i Tdv aCptov durch eine sehr unzeilige conjectur (denn
nicht einmal die selbständige existenz der form aOpi ist genügend be-
zeugt) verstümmelt: oi)K £c€i Tdv afipi, und so eine trochäische tripodie
mit fehlerhaftem spondeus an zweiter steile hineingebracht; jetzt, nach-
dem ihn vielleicht jemand auf diesen irtum aufmerksam gemacht hat,
teilt er ab: oÖK £cet rdv aSpt Travc^Xnvov, und gewinnt so glück-
licherweise für den fehlerhaften ithyphallicus, den er offenbar sebr un-
gern aufgegeben hat (denn dieser vers geliört zu den speciellen liebhabe-
reien hm. N.s), wieder eine trochaische tripodie, die wenigstens diesmal
nicht hinkt, sondern *recto talo' einherschreitet. aber wie einer, der
einmal auf Irrwege gerathen ist und statt umzukehren eigensinnig seinen
pfad verfolgt, sich immer weiter vom ziele entfernt, so verstrickt sich
auch hr. N. in immer schlinmiere irtümer: denn nun sieht die antislrophe
so aus:
i^ cd T* €iuivdT€ipa AoEiou; nj»
tdp trXdKec dTpovöjioi iräcai <piXai.
hier sind alle möglichen metrischen Ungeheuerlichkeiten gehäuft: eine
starke interpunction im letzten fusze des verses, ein selbständiges einsil-
biges wort am ende, und eine unselbständige partikel wie ^dp am anfange
des verses ; dies alles zusammen hätte selbst einen Idioten lehren können,
dasz diese versabteilung falsch ist: und wenn hr. N. etwa einwenden
sollte, er habe eigentlich diese beiden verse als 4inen betrachtet, so wäre
ihm auch durch solche ausflucht nicht geholfen , sondern er lenkte nur
auf einen neuen Irrweg ein. nun ist aber überhaupt die ganze versabtei-
lung schon deshalb verwerflich , weil der ithyphallicus in einer dactylo-
epitritischen Strophe von den tragikern nur am schlusz der slropbe zu-
gelassen wird , wie eben hier im vorletzten verse toTc d)iOic Tupdvvoic
und dann mit synkope TaCx^ dp^CT' eiri. ich habe schon früher in
einer abhandlung über die fragmente der gr. tragiker (1859) bemerkt, dasz
es nicht zulässig sei , wenn hr. N. im aufang einer solchen Strophe die
tripodie durch conjectur herstellt; dafür überschüttet mich derselbe
£urip. Studien 11 s. 90 ff. mit allem erdenklichen höhne, indem er über
diese neue metrische theorie vornehm spottet. ^^} dies ist eben die weise
des gelehrten akademikers: sage ich etwas, so wirft er mir entweder
vor, es sei neu und unerhört d. h. nach seiner ansieht falsch, oder schon
längst von andern gesagt, ich tröste mich indessen: denn wie wollte
hr. N. existieren, wenn ich und andere , die er mit seiner polemik beehrt.
(1867) eigentümlich Bind, auch Dindorf hat in diesem chorgesange
nicht eben glückliche änderungen vorgenommen.
19) das dort ans dem Inachos besprochene fragment wird auch von
Philodemos irepl e(>C€ße(ac s. 51 angeführt: xal Tf^c ^ttI Kpövou Iwfic
€Ö6ai|uiov€CTdTT]C oödic, die ^TPaM^civ 'Hcioöoc xal ö Ti\v 'AXxfiewviöa
irot/|cac, Kol tocpoxXflc, eööal^ovcc oi tötc t^vvac cluoüv, wo-
dorch in erwünschter weise bestätigt wird, dasz dies ein allgemeiu
bekanntes und berühmtes chorlied war, von dem eben der anfang
angeführt wird, hierauf beziehe ich auch die glosse des Hesychios;
€0&(fiOV€C' Oeloi, iLiaKdpiot, wo keineswegs Betoi mit Meineke in öciot
zu verändern ist.
382 Th. Bergk: anz. t. Sophodis tragoediae ed. A. Nauck.
ihm nicht mehr stoff zur dücaoe glben?*^ ich habe ührigens gar nicht
geglaubt damit etwas neues zu sagen, fiber den Charakter der trochli-
schen tripodie hat schon Bdckh de metris Pindari wiederholt das richtige
ausgesprochen; über den unterschied der dactylo-epitriüschen Strophen
bei Pindar und den tragikem bemerkt er (Ober die kriL hehandlung der
Find, gedichte s. 280): *wer die dorische form kennt, wird zugleich be-
merken, dasz Euripides und vor ihm schon Aeschylos das ende aller Stro-
phen mit einem rfaythmus gemacht hat, welcher Ton der dorischen form
gänzlich abweicht, aber einen schönen schlusz und passenden fibergang
zu der folgenden freieren form gibt.' es sind 36 jähre her, dasz ich zu-
erst diese bemerkung las, und nun war mir alsbald das richtige Tentänd-
nis erschlossen, wie ich ja dem groszen meister so ileles zu schulden
dankbar bekenne; aber ich sah auch, indem mir gleich das Toriiegende
choriied des Sophokles, welches Bdckh nicht gegen wirtig war, ein6e],
wie seine aulTassung, der Ithyphallicus bereite auf die leichteren rhythmen
der folgenden Strophe vor, nicht zulässig seL seit 26 jähren habe ich als
akademischer lehrer, wenn sich anlasz dazu darbot, immer herrorge-
boben , dasz das charakteristische merkmal , welches diese Strophen der
tragiker und des Simonides von denen des Pindar sondert, eben der ithy-
phallicus am schlusz sei. jetzt haben Rossbach und Westphal dies alles
klar und überzeugend dargelegt, hr. N. konnte also, wenn er etwas in
fliesen dingen lernen wollte, sich leicht unterrichten, aber hr. N. weisz
dies besser, er belehrt mich dasz ja auch Euripides in der Andromache
sage:
i!i T^vm & B^Tiboc ödireöov xm ävdicropa Odcceic
bapöv ovbk Xeiireic
und so fort, indem er sagt: * vermutlich ist hier wie an zahlreichen an-
deren stellen wo der ithyphallicus nicht «in extrema stropha» sich findet,
das «numerorum genus diversum» . . einstweilen musz ich seine ithyphal-
lische lehre in eine kategorie steilen mit den sonstigen neuigkeilen, die
in jenem programnie paradieren.' hr. N. hat sich nicht geteuscht, dasz
ich in dem chorliede der Andromache und in den andern beispielen , die
er etwa noch mir vorzuhalten gedenkt, nicht dactylo-epitriten , sondern
ein ^numerorum genus diversum' erkenuen wfirde. hr. N. kennt eben
einfach nicht den unterschied des rpöiroc Crricixöpeioc und 'ApxtXo-
X€iO€, den unterschied zwischen vollwichtigen dactylen die mit schweren
trochSen verbunden sind und leichten dreizeitigen dactylen im verein mit
trochäen. das beispiel aus Euripides, auf welches er sich beruft, ist ge-
rade so passend angebracht, wie wenn ein schäler oö \ife schreibt,
20) es gilt dasselbe auch von anderen gebieten. Horaz der lyri-
ker erfilhrt von selten der kritik die schnödeste nng^nst: ist ein f^e-
dicht kurz, besteht es nur aus zwei Strophen, so verwirft man dasselbe
als nnbedeatend und schlecht; dichtet er eine ode von elf Strophen^
dann corrigieren die kritiker so lanfi^e daran hemm, bis nur zwei Stro-
phen übrig bleiben, die man nur gelten läflzt, weil sie prodnct der kritik
sind, aber zu ^inem zweck ist Horaz doch gut: denn wie sollten diese
-V ihre existenz fristen?
Th. Betgk: anz. v. Sophoclis tragoediae ed. A. Nauck. 383
und nachdem ihm sein lehrer dies in ^f| \ife verbessert hat, trotzig
«rwidert *aber man sagt doch oö X^TUJ«' für den unterschied der slil-
arien und strophengatlungen hat hr. N. eben keinen sinn, aber wer sich
solche bidszen gibt, der hat fQr so lange, als er nicht die ersten grund-
begriffe einer disciplin sich angeeignet hat, das recht verwirkt mitzu*
sprechen.
Nicht glflcklicher ist hr. N. in seiner weitern polemik. ich verthei*
•dige den vers des Sophokles : 'AXqpcdßoiav , f^v 6 T^wiicac Tratiip '0
und ebenso zwei trimeler des Aescbylos, wo gleichfalls in eigennamen
•ein Choriambus die stelle der ersten iambischen dipodie vertritt. '*) ich
bezeichne dies als eine freiheit, die aus der lyrisdien poesie in den dialog
<ler altera tragödie übergegangen sei, und führe als beleg dafür Eur.
Phoen. 323 an: es war hier nicht der zwang der eigennamen, der den
iliciiter veranlaszte ~ w w _ far ^ . w . zu substituieren, sondern weil
<iie lyrische kunst manigfaltigkeit der formen liebt; wenn hr. N. dies
lächerlich findet, so wäre es eitle mühe, darüber auch nur ein wort zu
verlieren, hr. N. behauptet, der vers müsse notwendig ein docliroischer
sein, weil dochmien vorausgehen und folgen, diese leichtfertige behaup-
tung überschreitet das masz des eutschuldbai-en irtums: ein herausgeber
der Iragiker sollte wenigstens so viel wissen , dasz unzählige mal iarabi-
sche verse oder kola zwischen dochmien vorkommen : so ist gleich der
nächste vers bei Euripides, an dem sich freilich hr. N. mit verfehlten
•cottjecturen versündigt hat, ein vollkommen tadelloser iambischer vers.
ich habe das gesetz , auf welchem , wie ich glaube , die vertauschung des
Choriambus mit der iambischen dipodie beruht, die sogenannte anakla-
sis, dort nicht näher begründen können: denn dazu reichte der räum
jenes programmes, wofür stiftungsmäszig nur ein bogen besLinunt ist,
nicht aus, sondern ich habe nur bemerkt, dasz ganz dieselbe erscheinung
auch in der deutschen poesie vorkomme, indem ich dabei zugleich den
unterschied zwischen der be wüsten kunst der Griechen und der Unmittel-
barkeit unserer dicliter hervorhob.*^) dazu bemerkt hr. N. 'hiernach
werden wir uns nicht Wundern dürfen , wenn es jemand belieben sollte
etwa aus einer mittelalterlichen litanei oder aus der poesie der Hotten-
iotten die rhythmischen gesetze und freibeiten der griechischen tragiker
bestimmen zu wollen.' es ist eine nicht zu billigende unart, um nicht
21) hr. N. schrieb 'AXqpccdßoiav , eine gemination die ich für an-
zulässig halte (vgl. meine abh. über Kallimachos), da ich alle diese
zuBammensetzangen auf den imperativ zurückführe , dessen suf fixum -et
{-Ol) sich eben hier unversehrt erhalten hat. 22) die verfehlte ünde-
rung in Soph. OK. 939 habe ich längst selbst als solche erkannt; für
irrige conjectnren anderer mich verantwortlich zu machen, wie hr. N.
thut, ist ein kläglicher kunstgriff, den der würdige akademiker ge>
wissenlosen calnmnianten überlassen sollte. 28) Kitschi hat in dem
ersten bände seiner kleinen philologischen Schriften gleichfalls auf
diese stelle meines Programms bezug genommen, natürlich ebenfalls
ablehnend, da er die betreffenden verse für verdorben erachtet, da
Ritschi auf Naucks bemerknngen keine rücksicht nimt, will ich die
auseinandersetzung mit ihm einer andern gelegenheit vorbehalten.
rfftf-
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♦j«A •'vr ^li<»ii ui^r*:ii»»a 4ii«i«»rTii::*a jilLezu ma -»s -«rüHat awriöMiai,
w*rtn ^.n .i<»Tw;«j »her «i«M ^m ^«my »inJttlMnea iü**nr^;i)aiijj fen äj«!,
iir .^. 44>''>eji ,n:if ^Atut TT vMe^ inxaiu iiucjtLiii^'ir iuiiemn^QK *i<s öt<r-
// iry'ff /'V'/;'y<, ^t»J. V, IITf^ schr«»jt *r *UU t6 CCV in*t Cam«nnu5
iff^ ( ^t 9 TM ir''/p/'/?>?rcu* ^x^^T "^cv cc-v toi^cva, tgv cöv, uj xXd-
y^nfi 0»''a r //>/// ^ J;(/</T'>>v O^^C€V uaxa^iZuu, ocae in bedenkes, dasz
/t.^<A /ff^sm-ih^*, WiM^rt.ol'injr TCV CÖv ffani uii*rlrä^Iioh ist; wire die
^/ff^^*^^lr fi'^M^^ v# rr»'HTit nr.an j>»i<»nfail3 «n«n weitern fehler in dem
fhttff'ft r^/v r//V <Mcl»'^r»; .»l/^jr der stelle ist auf einfaLhere weis« in helfen.
^M. !^ IMH ¥fttf\ rnil Krfurdl gefchriehen xöv ^eT' öXeOpiOV, aüein
rl»ii ttfUitifti iMlif» )/h h<;r^?it«i in meiner aij5gaLe hergestellt TÖV ÖXe-
Op^/y |ir f //f ''/ij/» hM. t6v öX^Opiov ^erav, wo schon Turnebus fiXc-
O^f/fV ♦^fmnl^(^;, Aril, 004 nclireiU hr. N. TIC cdv ZcO öuvaav xlc
' nappacia Kaxdcxoi; statt xeav ZeC . . övbpujv
Tb. Bergk: anz. v. Sophoclis tragoediae ed. A. Nauck. 386
i&trcpßacia Kordcxoi; um zugleich das vermiszte fiv zu gewinnen;
aber auf keinen fall durfte öirepßada mit napßacia vertauscht werden.
OK. 698 <pi3Teu^' iäxeipwTOV atrröirotov wird qpiTU^' vorgeschla-
gen; dies ist entschieden abzuweisen, denn in solchen synkopierten iam-
bischen versen ist die anlautende kärze normal ; wenn also der verdacht
einer Verderbnis begründet wflre, so würde er vielmehr den vers der anti-
strophe treffen eCiniTOV, efitiujXov, €Ö6dXaccov. es ist aber auch hier
nichts zu ftudem; auszerdem wäre es möglich, dasz Sophokles den diph-
thong €U in eCtnirov verkürzte. Phil. 1092 wird um das normalmasz
des dochmitts zu gewinnen tovat b* alG^poc mwKdöec usw. vor-
geschlagen; dies erinnert an den stU der dithyrambiker, der dem Sopho-
kles ganz fremd ist.
In einigen versmaszen Hillt gern wortfusz mit versfusz zusammen,
wahrend andere melra dies vermeiden, hierher gehurt vor allem das kre-
tische metrum, und aus dem Ursprünge des yersmaszes selbst läszt sich
der gruud dieser erscheinung unschwer erkennen, daher schon die alten
metriker dies beobachtet haben : so sagt Diomedes (s. 484 Gaisford) : ele-
gantissimum est igiiur^ cum per singulos pedes pars orationis implea-
tur.^) dasselbe gilt aber auch von den baccheen, dochmien und den
ionici a minore, wenn sie rein gehalten sind* aber diese gleichmäszig-
keit würde, wenn sie consequent durchgeführt würde, eine leidige mono-
tonie erzeugen , daher ist dieses gesetz niemals streng durchgeführt wor-
den : man vergleiche z. b. nur Hör. carm, 111 12 , wo doch kein kritiker
die ausnahmen durch conjecturen wird beseitigen wollen, hr. N. hat
Eurip. Studien I s. 61 ff. richtig bemerkt, dasz die tragiker in den bac-
cheen jenes gesetz beobachten, wendet es aber gleich in seiner abstrac-
ten weise an, indem er bei Soph. Phil. 513 tfix) \iiy i6 K6ivu)v kqköv
TijiÖ€ K^pöoc nun Ti^b' dvaciv verlangt, wie er denn auch Trach.
888 und 895 ohne allen grund baccheen herzustellen versucht.
Auffallend ist, dasz hr. N. El. 192 K€vaic b' iqpicra^ai rpatr^ZIaic
liest; aus seinem stillschweigen kann man schlieszen, dasz er dqpicTafiai
für die richtige lesart hält: dann würde ja aber eine iambische pentapodie
der hexapodie entsprechen , sofern man nicht in der strophe mit Meineke
äTiaHioT statt ouk d£ioi schreibt, was ich aber nicht für richtig halle,
denn die syncopierte hexapodie ist hier weit angemessener. — Für ganz
verfehlt erachte ich die änderungen Phil. 205 und 214. wenn die form
iTÜ}xa <p8oTTd zu begründetem zweifei anlasz gäbe, dann könnte man
ganz einfach schreiben ßdXXei ßdXXei )i' Irujia | qpGoiprd usw., aber
nicht wie Seyffert wollte £TU)i' d qpGoTTd, denn selbst wenn man die
falsche versabteilung, die Seyffert befolgt, vorziehen sollte, erfordert das
metrum den artikel nicht, sondern fjv^a genügt.
Hr. N. ist eifrig bestrebt jedem das seine zu geben und nennt, wenn
mehrere denselben Verbesserungsvorschlag gemacht haben, in der reget
nur den ersten urheber einer conjectur, gemäss dem grundsatze den er
in der vorrede zu den fragmenten der tragiker ausspricht s. Vll: *emen-
24) während er in betreff des dactyliscben hezameters das geg''
teil bemerkt s. 464. 465.
386 Th. Bergk: anz. t. Sophoclis tragoediae ed. A. Manck.
dationum auctores iodagare aladai, subscriptoram nomiita fere ubique
omisi.' allein die prioriUll Qberall sicher zu ermitteüi bt eine gar nicht
leichte sache, und jenes gerechtigkeitsgefOhl kann oft zum entschieden-
sten unrecht führen.*^) hei hm^N. finden sich in dieser heziehong höchst
auffallende irtflmer : so z. b. bemerkt er zu Eur. Alkmeon fr. 68 *v. 7
TtOcji^vilv] xeip^v Ik)braeus advers. 2 p. 128.' nun hat aber bereits
Lobeck in der ersten ausgäbe des Aias, also im j. 1809 diese evidente
Verbesserung vorgeschlagen, und Matlhiä in seiner ausgäbe hat sie im
j. 1829 erwähnt, wie kann also Lobeck als *subscriptor Oobraei' gelten,
da dessen adversaria erst in den jähren 1831 und 1833 erschienen sind?")
in Soph. AnL 590 schreibt hr. N. «bucdv€^ot Hartungius, bucdvCfiOV
libri» und ähnlich Seyffert: «bucäve^oi plerisque probatum invenit Här-
tung.» nun habe ich aber diese Verbesserung iu einer recension in der
Halleschen litteraturzeitung 1849 juni nr. 135 mitgeteilt, Hartungs An-
tigone aber ist erst 1850 erschienen, und Wolff in seiner ausgäbe von
1865 sagt ausdrücklich: «Bergk (schon 1849) bucdvcMOt» hr. N. konnte
also wissen, wer hier der *subscriptor' war, wenn man einmal diesen
ausdruck gebrauchen will, da sich voraussetzen läszt, ilasz Härtung meine
Verbesserungsvorschlage zu dieser stelle nicht gekannt hat wenn da-
gegen zur Elektra bemerkt wird v. 497 «di|i€q)^C Dindorfius», so ist
er in der that ^subscriptor', denn er hat diese conjectur, die ich ihm
privatim mitgeteilt und später z. f. d. aw. 1836 s. 47 veröffentlicht habe,
nur gebilligt, hr. N. seihst aber eignet sich trotz seiner wiederholten
Versicherung die priorität anderer gelehrten gewissenhaft zu respectieren
«ine ganze anzahl fremder conjecturen an^); es kann natürlich auch ihm
25) wie schwierig es oft ist, den ersten nrheber einer verbessemng
zu ermitteln, zeigen am besten die abweichenden angaben der heraas-
feber nnd kritiker: din beispiel möge genügen. OK. 321 ^6vt)C tob'
ctI hf\\oy 'lc^/|VT)c Kdpa hat man £ct' d&eX(pöv verbessert. Spengel,
der diese conjectar für ansgezeichnet schon und richtig erklärt, nennt
Mähly, Meineke dagegen nennt Blaydes und Dindorf, Nanok endlich Her-
werden, und diesem legt die conjectar jetzt auch Dindorf bei, indem er
dessen 'observationes in comicos gr.' anführt, die im j. 1855 erschienen
sind, ich selbst habe übrigens die stelle schon vor vielen jähren so
verbessert, aber diese conjectar, weil sie mir zu ansicher erschien, wie
viele andere gar nicht erwähnt; ich habe später Kcbvöv *lc^f|Vl|C Kdpo
vorgezogen, aber aach dieser conjectar, die nicht so auf der band liegt,
habe icn in meiner ausgäbe nicht gedacht, in allen zweifelhaften
fällen ist es jedenfalls gerathen nicht beliebig einen namen zu yer-
schweigen, sondern lieber zwei, ja selbst drei zu nennen, dies ist fer-
ner anbedingt notwendig, wo die conjectar eines gelehrten wesentlich
auf der vermatang eines andern faszt und dieselbe nur etwas modifi-
ciert, z. b. Ant. 966 heiszt es: «cmXdöuiv Wieseler, ireXaY^uiv (vel ice-
XdT€U)v) irerpiXiv libri.» hier hat aber schon Branck it€Tpuiv gestrichen,
ich habe dann vorgeschlagen (KuavcQv) cirtXdbac, and daraas erst hat
Wieseler cmXdbuiv gemacht, ähnlich OK. 696 and anderwärts. S6)
Dobrees adversaria sind ein in Deutschland so seltenes buch, dasz nur
wenige dasselbe benatzt haben werden; hier wäre es also gewis ge-
rechtfertigt neben Dobree auch die anderen za nennen, welche dieselbe
emendation vorgeschlagen haben. 27) einiges hat er jetzt selbst be-
«eitio-t, z. b. OK. 145 hat er seine unglückliche coi:Jectar TTpWTi^c
Th. Bergk: am. v. Sophoclis tragoediae ed. A. Nauck. 387
begegnen , eine Verbesserung die schon von andern gemacht ist nicht zu
kennen; und obwoJ auf hrn. N. das, was ich poet. lyr. vorr. s. Xil be-
merkt habe, völlig passen dürfte, will ich doch nicht ihn nach dem
maszstab behandeln, den er selbst an andere anlegt, zumal da ich nicht
weisz, welche litterarische hfllfsmiltel ihm zu geböte standen; allein
dasz hr. N. seine eignen bücher besitzt und kennt, darf ich wol voraus-
setzen; wenn er also eine conjectur, die er früher selbst mir zuschrieb,
jetzt ohne weiteres für sich in anspnich nimt, dann unterliegt es wol
keinem zweifei mehr, was von der gerühmten gewissenhaftigkeit des
Petersburger akademikers zu halten ist. in Soph. OT. 890 ical Tiiiv
dc^TTTiUV fpEerai f\ tüjv dOiicruiv ££€Tat fiardZujv bemerkt hr. N. im
j. 1867 : ^verba dc^irriüV fpEcTai f\ twv delenda suspicalur N.' elf jähre
vorher 1856 in der dritten aufläge der Schneidewinschen ausgäbe sclireibt
er dagegen: ^Bergk scheint recht zu haben, wenn er eine dittographie
voraussetzt; er vermutet ei ^f) TÖ K^pboc KCpbaveT biKaiuJC Kai tujv
dOiKTUiV iQietai ^aTdZuJV. lieber möchte ich xd Td>v dOiicruJV SSe-
Tat \iaX(iLiX)V* also hier wird offen anerkannt, d^sz ich zuerst die Inter-
polation eines ganzen verses entdeckt habe, und hr. N. bemerkt nur dasz,
da man nun natürlich zwischen den beiden lesarten SpEcTai und iSerai
die auswahl hat, er sich für die letztere entscheide; jetzt nach elf jähren
schreibt er sich das ganze verdienst zu, und dies nennt er *suum cuique'.
natürlich hat nun hr. N. auch die antistrophe zuerst von den störenden
Zusätzen gereinigt, hier ist die überlieferte lesart: dXX' H) KpaTUVUiV,
eltrep dpO' dKOiieic, ZeO, Trdvr' dvdcciuv |Lif| XdOoi c^ rdv re
cdv dSdvaTOV aUv dpxdv. ich habe vorgeschlagen: Zeu [irdvr*
ävdccwv] )if) XdOoi c^ cdv t' [dOdvaTOv] dcai^v dpxdv, was auch
statt irpiiiTr)C zwar aufrecht erhalten, legt sie aber jetzt Vauvillers
bei. £1. 163 hatte er die conjectur veü^ari früher als ^eigene vorge-
tragen, jetzt nennt er Burges. ebd. 681 führt er jetzt t6 koivöv als
lesart des Thomas Mag. an, während er früher schrieb: «TÖ koivöv
'€XXdöoc vermutete Schneidewin.» hr. N. darf sich natürlich dies er-
lauben, während er mir in den Euripideischen Stadien II s. 81 (auf
diese stelle beruft er eich ausdrücklich in der vorrede seines Sopho-
kles 8. V) zum vorwarf macht lesarten des Triolinins als meine con-
jectaren bezeichnet zu haben, ebd. behauptet er unter anderm, ich
hätte conjectnren in meiner ausgäbe vorgeschlagen, die bereits von
Karajan und L. Lange gemacht wären, ich kenne von Karajan eine
nbhandlung über die schollen zur Odyssee, in welcher über Sophokles
keine silbe vorkommt, ob er sonst etwas geschrieben hat, ist mir und
anch anderen, die ich gefragt habe, völlig unbekannt. L. Lange in
Gieszen hat eine reihe abhandlaugen über Sophokles geschrieben, sie
sind aber ohne ausnähme später erschienen, die erste so viel ich weisz
1859 : denn im j. 1857, wo mein Sophokles gedruckt wurde, war L. Lange
noch in Prag. — Kachschrift: ich sehe so eben, dasz hr. N. in der
ansgabe des Oedipus auf Kolonos von 1867 zu ▼. 113 bemerkt: 'statt
u66a vermutet M. V. Karajan ir^Xac' dasselbe habe ich in meiner aus-
gäbe (1857) vorgeschlagen, darauf gründet sich also offenbar jene fri-
vole anschuldigung. wo und wann Karajan diese conjectur publiciert
hat, erföhrt man auch hier nicht; hm. N.s ausgäbe aber habe ich nir'
benutzen können, da mein Sophokles bereits gedruckt war.
388 Th. Bergk: anz. ?. Sophodis iragoediae ed. A. NaucL
br. N. im j. 1856 erwähot uod mit genauem ansdilusz daran ZcO \ii\
XdOoi Täv c&v ^c aUv dpxäv empfieiilt; jeUi im j. 1867 blnat^^
lieh nnr von seiner Verbesserung die rede, nächstens aber wird er viel-
ieicht, nachdem einmal der Ihatbestand verdunkelt ist, die sache umkeh-
ren und mich des plagiats beschuldigen.
Da ich hier der polemtk , die hr. N. in seinen Euripideischen sludieo
und anderwärts ausübt, gedacht habe, so will ich noch einen augenblick
dabei verweilen, ich habe im j. 1859 eine kleine abhandlung fiber frag-
mente der tragiker, namentlich des Sophokles drucken lassen, worin ich
mit aller humanität und bescheiden hei t, die ich gerade in solchen akade-
mischen Schriften sorgsam beobachte, auch öfter ansichlen und vennutua-
gen hm. N.s zu berichtigen anlasz halle, diese abhandlung hat den grim-
migsten zom des Petersburger gelehrten erregt, in seinen Euripideischen
sludjen maclil er immer von neuem den versuch einer ebenso gebSssigeo
als ohnmächtigen polemik. hr. N. sagt *wie flöchtig jenes kleine Pro-
gramm abgefaszt ist*, nun wer jährlich genötigt ist neun bis zehn Pro-
gramme zu schreiben , kann die Vorschrift nonum premaiur in annum
nicht befolgen; aber die abhandlung ist, wie ich glaube, sorgfllüg und
gewissenhaft gearbeitel, ich wusle auch jetzt nichts daran zu ändern,
gegen eine schrift, die das publicum nicht kennt, zu polemisieren ist
sehr bequem, da jede controle wegfällt; ich werde so bald als ihunUcb
die abhandlung uebsi anderen von neuem abdrucken lassen, hr. N. ver-
sichert er habe nichts daraus gelernt: das braucht nicht notwendig meine
schuld zu sein, es kann ja auch an dem willen oder den fäbigkeiten des
andern liegen : pro capiu lecioris habent sua faia Hbeüi. auch will ich
zu gunsten hrn. N.s annehmen, dasz er selbst jene behauptung nicht im
vollen umfange des Wortes verslanden wissen will: z. b. die verschiedene
bebaudluug der cäsur in den verschiedenen galtungen anapästischer verse
war ihm unbekannt, er hat hoffentlich jetzt sich Aber diesen puncl besser
unlerrichlet. dasz ein daclylus in trochäischen versen der lyrlker unzu-
lässig, dasz 'AXqpeccißoia eine fehlerhafte Schreibweise sei, gibt er mir
wol auch' zu; ob er auch begriffen hat, dasz der umfang der Strophen
durch den verschiedenen Charakter der stilart bediugt sei, bezweifle ich:
denn für alles das was^ die Griechen ffioc nennen fehlt es ihm an jedem
Organ, kurz, widerlegt hat hr. N. auch nicht eine zeile meiner abhand-
lung, um so mehr nimt er seine Zuflucht zu unredlicher entslellung der
Wahrheit, so z. b. den Vorwurf der flflchtigkeit sucht hr. N. damit zu
begründen, dasz er sagt, ich beseiüge seine conjecLur TtpÖTTOba bei So-
phokles Trach. 220 mit folgendem salze: '«libri cum irpÖTTOba vel npö-
cwba exhibeant, mihi satius videtur upötroba intactum relinquere.»
also das unverständliche irpÖTTOba soll darum den vorzug verdienen,
weil die hss. zwischen TipÖTToba und npöcuiba geleilt sind, jedenfalls
eine eigentumliche logik.' indem diese relation gerade den eigentliclien
grund, weshalb ich hrn. N.s conjectur verwerfe, mit stillschweigen über-
geht, ist dies nicht blosz ein beweis seiner eignen flüchtigkeit, sondern
>ielmehr eine bewusle entslellung der Wahrheit, ich weise seine conjectur
'*ch zurück, weil das wort irpöcoba ^ sine exemplo' sei; milder
Tb. Bergk: anz. v. Sophoclis tragoediae ed. A. Nauck. 389
konnte ich mich nicht ausdrücken , und Terstandüch sind die worte trotz
aller kürze: ich meine, Trpöcoöoc hdszt *die procession% daher kommt
irpocöbiov 'ein processionslied% davon wird das adjectivum Ttpocobia-
KÖc gebildet ; aber ein adjectivum Trpöcoboc existiert so wenig wie eine
andere analoge form, mit welchem tragiltomischen pathos würde hr. N.
die druckschriften der nordischen akademie erfüllen, wenn ein anderer
eine solche monströse conjectur zu tage gefördert hSlte ! meine humane
art hat er nicht verstanden , er darf sich daher auch nicht beschweren,
wenn ich fortan zwar nicht in seinem dialekte — denn der widerstrebt
meiner natur — aber doch deutsch und deutlich mit ihm rede, wenn
ich also hier, nachdem ich hrn. N.s verfehlte Verbesserung nachgewiesen
habe, die obwol verdorbene und schwankende lesart der liss. einstweilen
beibehalte, so mache ich nur von einem rechte gebrauch, welches hr. N.
anderen gegenüber jeden augenblick für sich in anspruch nimt. ich hätte
übrigens einen Verbesserungsvorschlag mitteilen können, habe ihn aber
damals unterdrückt, weil ich alles problematische möglichst fern zu hal-
ten suchte: da ich indes auch jetzt nichts besseres weisz, will ich die
conjectur wenigstens hersetzen: ich lese Tipöqpopa ji^Xea. — Ich
mache unter anderm darauf aufmerksam, dasz in der ftUern tragödie sich
mehrfache spuren des ionischen oder altattischen dialektes finden, die
hr. N. entweder verdrangt oder wenn sie in den Varianten verborgen
sind ganz übergeht, wie z. b. AiTUimn bei Ion von Ghios; darüber sagt
hr. N. : 'wie es ein eigentümliches verhallen zu den gesetzen der gram-
matik verrSlh, wenn Bergk p. 4 bei dem iragiker Ion fr. 40 auf die form
AiTUTTTiTi dringt'; d. h. hr. N. sucht mich bei den lesern seiner Studien,
die meine abhandlung nicht kennen, zu verdachtigen, als haue ich einen
grammalischen Schnitzer begangen, eine polemik, die zu so klaglichen
mittein ihre Zuflucht nimt, richtet sich selbst. — Hr. N. f^hrt fort: *und
durch einen druckfehler der Aldina bei Hesychios u. KaT& ßoöc €(SEac9€
sich verleiten laszt einen genetiv ßoOc zu erdichten.' es ist recht freund-
lich und wolwoHend von hm. N. dasz es meine vermeintliche mishandlung
der grammatischen gesetze mit einem druckfehler der Aldina zu entschul-
digen sucht; aber ich musz mir diese Unterstützung verbitten: ich weisz
und habe gewust, was im codex und was in den ausgaben steht, da ich
früher immer Schow nachgeschlagen habe. Hesychios hat freilich ßoöc
geschrieben, wie die reihenfolge der artikel lehrt, aber dasz ßoOc zu
sprechen oder zu schreiben sei , zeigt der vers (denn die glosse stammt
wahrscheinlich aus einem orakel), und die form ßoO, die ich aus Aescliy-
los und Sophokles anführe, setzt einen genitiv ßoOc voraus, so gut wie
NauciKÜbou, 'AvTKpdvou, *ApictokX^ou aus NauciKubouc, *AvTi<pd-
vouc, 'ApiCTOKX^ouc entstanden sind , nicht aus NauciKubeoc usw.
Hr. N. huldigt dem grundsatze, den auch einige andere namhafte
kritiker treulich befolgen: *non aliter se doctos probatum iri sperant, quam
si alios indoctos convincere possint"®), und so enthalten seine Euri-
28) Scaliger epist. 175, and ebendaselbst in etwas schärferer fassnng:
'sed aliter non putant secnm bene agi, nisi alios pueros, se summos
vires probaverint.'
390 Th. Bergk : anz. v. Sophoclis tragoediae ed. A« Nanck.
pideischen Studien wie andere in den Schriften der Petersburger akademie
gedruckte abhandlangen, so weit ich sie kenne, eine reilie angrilTe gegen
andere gelehrte , und zwar in einem tone den man sonst in akademischen
Schriften nicht zu finden gewohnt ist: denn gelehrte kdrperschaflen haben
bisher immer auf anstand und gute sitte gehalten , die ja mit der freien
wissenschaftlichen bewegung wol vereinbar ist, und ich kann mir nicht
denken , dasz die Petersburger akademie diese manier ihres neuen mit-
gliedes gulheiszen sollte, vor allen andern beehrt hr. N. mich mit seinen
angriffen; namentlich meine ausgäbe des Sophokles hat er von anfang an
als eine völlig flberflQssige und verunglflckte arbeit zu beseitigen ver-
sucht , während freilich jetzt seine neueste ausgäbe zeigt , wie er selbst
wider willen mir in vielen puncten sich angeschlossen hat. aber aucli
sonst benutzt er jede gelegenheit zu directen oder indirecten ausfällen
gegen mich: so, um nur noch ^in beispiel anzuführen, welches seine
manier recht klar veranschaulicht, schreibt er Eurip. Studien II s. 170:
^schon dieser eine umstand macht es wahrscheinlich dasz dieser dichter
(Babrios) mehrere Jahrhunderte nach Christi geburt lebte ; viel deutlicher
geht eben dies hervor aus der sprachlichen form deren er sich bedient,
und wenn die hypothese aufgestellt wurde, Babrios sei in das dritte Jahr-
hundert vor Ch. zu setzen, so sollte man es für unmöglich hal-
ten dasz der urheber einer solchen hypothese im neun-
zehnten Jahrhundert nach Gh. geboren sei.' nun auch wenn
^ meine Vermutung, Babrios sei ein Zeitgenosse des Kallimachos gewesen,
^ irrig sein und dieser dichter vielmehr der mitte des zweiten jh. vor Gh.,
also dem ende der alexandrinischen periode angehören sollte , so hätte
doch diese hypothese immer das Zeitalter des Babrios im ganzen und
groszen richtig bestimmt: zeigen doch sogar die überlieferten angaben
über die zeit- und lebensverhältnisse mancher dichter dieser periode, wie
z. b. des Nikandros, eine ähnliche Unsicherheit: während br. N. den dichter
um ungefähr vier Jahrhunderte später ansetzt, der ausdruck * mehrere
Jahrhunderte nach Christi geburt' ist freilich etwas unbestimmt
und würde uns , da ^mehrere' nach strengem Sprachgebrauch nicht von
der zweizahl, sondern mindestens von der dreizahl gebraucht wird, auf
das vierte jh. oder noch spätere Zeiten hinweisen ; allein hr. N. schlieszt
sich wol nur der hypothese Boissonades an , der den Babrios in die regie-
rung des Alexander Severus (222 — 235 nach Gh.) versetzt, eine Ver-
mutung die schon dadurch widerlegt wird, dasz bereits Dositheus im
j. 207 die fabeln des Babrios benutzt hat. ^^)
Doch ich verabscliiede mich hiermit von hm. N. der gelehrte aka-
demiker hat mehr musze als ich , das schöne grosze druckpapier der aka-
29} auch anderwärts hat hr. N. ähnliche irtümer in litterarfaistori-
sehen dingen begangen: so identificiert er den Kaliimacheer Hermippos,
den Verfasser eines umfangreichen und vielfach benntsten biogpr&phi-
schen veerkes, mit Hermippos von Berytos, einem schiller des Philoo
von Byblos, verwechselt also einen schriftsteiler des zweiten jh« vor
Christas (denn diesem gehört der ältere Hermippos an) mit einem gram-
matiker des zweiten jh. nach Christns, ohne zu beachten dasz Diony-
sios von Hallkamass jenes biographische werk benutzt hat.
0. Jänicke: die verse auf Pan zum vierten mal. 391
demischeo Schriften stellt ihm zu freier Verfügung , er kann in ein paar
tagen mehr falsche behauptnngen aufstellen, als ich in ebenso viel wochen
und monaten berichtigen könnte, nur für den fall, dasz hr. N. indem
beliebten tone fortfahren sollte, glaube ich dem philologischen publicum
eine weitere aber ganz kurze aufkllürung schuldig zu sein.
Halle* Theodor Berge.
54.
DIE VEESE AUF PAN ZUM VDEETEN MAL.
(vgl. Jahrgang 1866 s. S96 und 788. 1867 s. 860.)
Von den neun hexamelem, die Lucian Müller als ineditum abdrucken
liesz, sind die ersten vier verse schon von E. Dümmler in Haupts Zeit-
schrift für deutsches altertum XII s. 447 aus der pergamenths. der San-
galler Stiftsbibliothek nr. 899 aus dem lOn jh. mitgeteilt. Dümmler gibt
zugleich an dasz Liudprand die ersten verse citiert, und zwar den schlusz
des zweiten und den dritten in der antapodosis 5 , 32 , den ersten und
dritten in der relatio de legat. Const. c. 10. der Inhalt der hs. ist a. o.
beschrieben; hm. prof. Dümmlers zuvorkommender gute verdanke ich
die vollständige mitteilung der verse auf Pan und eines andern frag-
mentes , das unten abgedruckt ist. ^
Die Sangaller hs. bietet abweichend von der Zürcher: v. 2 hirpige-
na, was dem hispigena der Zürcher hs. vorzuziehen ist; peiule, verbes-
sert von Dümmler a. o. 4 semicaper, 5 wird die lücke ausgefüllt durch
hrvte. 9 lautet scrans aridus iole spurce brutiole fatude finit, wodurch
Hertzbergs Verbesserung Fatude evident bestätigt wird , wahrend seine
andern vorschlage zu diesem verse alle Wahrscheinlichkeit verlieren, für
die samlung der epitheta scheint der Verfasser des gedichts besonders den
Vergilius benutzt zu haben : ob aber aus diesem eine sichere Verbesserung
des letzten verses zu finden , ist zweifelhaft.
Das finit nötigt nicht zu der annähme dasz hier das gedieht ge-
schlossen habe, so ist z. b. von Konrads von Haslau gedieht Mer Jüng-
ling' in einer Leipziger hs. ein brnchslück aus der mitte enthalten , wel-
ches schlieszt: Finito libro Sit laus et gJoria Christo. Amen. s. Haupts
zeitschria Vin s. 564.
Auf s. 46 des oben erwähnten Sangaller codex nr. 899 stehen fol-
gende verse:
Tres habuit turris scrtptas in fronte figuras,
Quas modo diverso uir famülusque legunt.
DMS. SSS, DDD.
Dominus dixit Domus mortui sepulti
Seruus dixit Domus magna senatorum
Dominus dixit Seruus malus damnetur
Seruus dixit Dominus malus sepelietur
Dominus dixit Seruus serpens satanas
Seruus dixit Dominus demon damnum.
Wriezek« Oskar Jakioke.
392 F. Huluch und Morlu Maller: zu Polybtos.
55.
ZU POLYBIOS.
1, 37, 5 habe ich die handscbrifUiche äberliefening, vsmä iic
befehlshaber der römischen flotte, ungeachtet der wamungw<ier^^^^'
leule, £Xa9ov ££u) TreXdrtoi, im texte stehen lassen, nix^lweüK-
^XaOov ffir richtig hielt, sondern weil keine von den Torgeschlafscs
änderungen genügende Wahrscheinlichkeit für sich hatte, ah idi >^f
wieder 4, 41, 2 d<p' ^v lx\ TteXärtoi rp^xovTCC o\ nXfovttcTÖY
TTÖVTOV XavOdvouciv dTTOK^XXovTCC usw. las (womit auch nodi^^
6 und 9 verglichen werden kann), schien mir an obiger stelle 2bpauo>'
llMi tteXdinoi geboten zu sein, die einfache aorisirorm £bpa|iOV ^^
ich zwar aus Polybios vor der band nicht belegen; da jedoch inzns^*
mensetzungeu der aorist nicht selten vorkommt (vgl. 4, 59, 1. ^^ ^^' ^
5, 33, 7. 7, 3, 6), und das simplex Tp^x^iv als ein terminus tedmicusfö
fahrt auf offenem meere durch 4, 41, 2 und 4, 44, 6 nachgewiesen l^l
so kann aus jenem mangelnden belege gewis kein triftiger einwapdgef^
die conjectur erhoben werden, noch scheint es nicht Oberflüssig zu vr
merken, dasz ich mit gutem gründe nicht fXaOov ££ui ncXdinotTP^'
X 0 V T € c vorgeschlagen habe.
Dresden. Friedrich Hültsch.
B.
Zu den in meiner abhandluug ^beitrage zur kritik und erkUrung ^
Livius* (Stendal 1866) s. 20 ff. besprochenen ^fragmenU inceruesed^»
des Polybios, deren Zugehörigkeit zu einzelnen büchern dieses sehn j
stellers ich durch vergleichung mit Livianischen stellen wahrscbem t
zu machen gesucht habe, füge ich noch folgende hinzu. . ^^
Auf den Inhalt der worte Pausistratus primo^ ut in re necop»^
iurbatus parumper^ deinde vetus miles celeriter coUecto ammon^^
bei Livius XXXVII 11, 7 scheint sich auch das fragm. 52 Didot (Suidas^
dE^crnKc) 6 bt Tti TToXuxpoviqj xpißq twv iroXeMiKdiv oub JAij
iliczr\ Tutv qppevuiv zu beziehen und somit zum ica' des Polyi>i<>^
gehdren. , , ^..
Das kurze fragment 102 Didot (Suidas u. 7TapaT€TaX|inK0T€c; '^
paT€T0XMnK6T€C Kttl T€X^U)C dTTCXlltcaVTCC T#1V CUiXnptOV «l»»"^,;
vielleicht aus der darstellung des verzweifelten kampfes römiscß«'' _
daten unter C. Marcius, den Livius XLIV 10, 10 mit den ^^^^^L
aliud quam ultima necessitas^ cum recipere se iuto ad '»^f ^'tJ-^
rentur^ animos militum Romanorum simul desperatione alia i(^ '
simul indignitate irritavU, und UioAar, der hier wahrscheinlich '";
Polybios geschöpft hat (s. Nissen kriiu untersuch u«^«« 3^ gGO), ^^^[^
Iv(oT€ TÄP TÄ napacTTiMaTa twv dvbpuiv Ka\ Tä Tex^Jc M^^'
TTicjidva iTpöc <iTreTVUJC|i€vriv fitei cwT^Xeiav berichten. da$ff^^*
ment würde dann aus dem yx\ des Polybios stammen.
Stendal. Moritz MuLtE»
W. Dindorf: bemerkungen zu den poetae scenici Graeci. 393
56.
NACHTRÄGLICHE BEMERKUNGEN ZUR FÜNFTEN
AUFLAGE DER POETAE SCENICI GRAECI.
In der gegenwSrtig in Ifefeningen erscheinenden fanften aufläge der
poetae scenici Graeci haben die setzer bei dem umbrechen zweier
spalten zwei verse an unrichtige stellen gebracht: ein versehea welches
später durch umdruck der betrefTenden blSller beseitigt werden wird,
hier aber seine vorläufige berichligung finden mag, unter hinzufügung
einiger anderer bemerkungen.
1) Im Sophokles s. 69 ist der letzte vers der zweiten spalte
(Oed. Kol. ie&3)
dvfip TÄp oö crevaKTÖc oöbt cüv vöcoic
an das ende der ersten spalte, nach v. 1662, zu versetzen.
In demselben stQck v. 113 ist statt der handschriltlichen lesart koI
cu \i^ il öboO TTÖba I KpOipov kqt' ÖXcoc, zu setzen xat ci ii* il
öboO TÖbe — , und in der anmerkung «t6ö€ Blartiuus] nööa». das ein-
fachste und natürlichste wOrde die anwendung eines participiums gewesen
sein: xal cti ^* iE&xovc* ööoO | Kptiniov kqt' fiXcoc, wie v. 98 IH^^
tat* ic TÖb' äXcoc. da indessen TÖbe dem handschrifllichen TTÖba
ähnlich sieht, sa wird es, so lange nicht ein glflcklicher zufall eine end-
giltige entscheiduug bringt, dabei bewenden können und nicht der mühe
lohnen, wie bereits geschehen, eine anzahl anderer möglichkeiten aufzu-
stellen, die weder besser noch sicherer sind als hrn. Martins conjectur.
Von gröszerem interesse ist eine andere vielfach besprochene stelle
dieses stOckes, fflr deren Schwierigkeiten sich bis jetzt noch keine be-
friedigende lösung gefunden hat. in dem chorgesange, in welchem die
vorzfige des attischen landes vor allen anderen teilen Griechenlands ia
versen gepriesen werden, welche schon im altertum ihre bewunderer
gefunden zu haben scheinen , finden sich folgende auf den in Athen in
hohen ehren gehaltenen Ölbaum bezilgliche verse:
^CTIV b' OTOV dipl) fOLC 'ActoC OÖK iTTaKOVUJ, 694
oub' iv xä iief&Kq Aiupibt vdcoi TT^Xottoc ttuittotc
q>ÜT€u^' dxeiptiTOV aÖTÖnoiov, [ßXacTÖv
^TX^^v qpößima batujv,
8 T^€ 6dXX€t iii-xicia xtifp?« 700
TXauxäc TraiboTpö<pou qpuXXqv iXdac*
TÖ fx^v TIC o86 ' dßöc oÖTC Ti^a
CHMalviuv dXiU»C€i X€pl ir^pcac' ö tdp aUv öptSiv kukXoc
Xcuccct viv Mopiou Aide 705
Xd tXauKuiinc 'AOdva
▼. 698 stand in der alten Florentiner handschrift ursprünglich dxVjpilTOV,
woraas durch eine correctur, die auch in einige abscbriften fibergegangen,
dx€{pr)TOV gemacht worden ist, welches nach den neueren erklärem —
denn die scbolien schweigen fiker diesen vers — so viel als dxcifKmofnTOV
JahrbOcber filr cItM. philol ISflB hft. 6. 26
394 W, Diadorf: LemerkuDgen zu den poelae scenici Graeci.
oder dx€ipOUpinr|TOV bedeuten soll und ein verbum X€tp^U) voraussetzt^
von welchem sich nirgends eine spur findet, dies bemerkte Härtung und
schrieb deshalb dx^^P^^'^^V, von einem zwar seltenen, aber doch in ge-
brauch gewesenen verbum X€ip{2!ui. einen andern weg schlug ein älte-
rer corrector ein, welcher dxcipuiTOV setzte, was in mehreren der inter*
polierten abschriflen steht und schon Poliui in seiner handschrift gefun-
den haben musz, wenn niclit die bei ihm jetzt stehenden worle teuschen :
2, 154 TÖ T^p TTopd <t>iXtCTUj aÖTOX€ipicavT€C na^iiiapov. dx€(-
pujTOv be Coq>OKXfic elpfiKC tö dxctpoupYfiTOV , buqccipujTa bt
Aruxoc6^VT]C (in dem unechten 'GpuiTiKÖc s. 1412, 21), ^TX^ipiderov
^HpöbOTOC (5, 106): eine erscheinung die, an sich betrachtet, nidils
befremdendes hau denn dxcipuiTOV kann schon in handschriften des
zweiten Jahrhunderts, in weichem Poilui lebte, gestanden haben, spftter
in dx^lPHTOV oder dx€lpt]TOV, wie jetzt in der Florentiner handschrift
steht, verdorben und dann wiederum nach bloszer conjectur in den inter-
polierten abschriflen der Florentiner handschrift in dx^ipuiTOV verwan-
delt worden sein, wie hunderte von kleinen conjecturalverbesserungen
der späteren abschriften notwendig in weit Alteren handschriften gestanden
haben müssen, was auch von einer langen reihe anderer griechischer und
latemischer scliriftsteller gilt, bei welchen ebenfalls in den späteren ab-
schriften eines nodi vorhandenen codex archetypus dergleichen kleine
Verbesserungen von den abschreibern und correctoren bis in die letzten
Jahrhunderte des mittelalters herab gemacht worden sind, weit bedenk-
licher ist die von Pollui hlnzugefägte erklArung dxcipOupTn'^ov, da
dx^tpuiTOV *) nie etwas anderes alsunbezfthmt, unbesiegt bedeuten
kann und der gebrauch des wertes in der von Pollux angenommenen be-
deutung hier um so abgeschmackter erscheint, als die unmittelbar fol-
genden Worte ixx^tiüv (pößima batu)V, und weiter unten tö |li€V Tic
oiix dXubcei x^pl n^pcac, keinen hörer oder leser des in rede stehen*
den verses ahnen lassen dasz dxcipu)TOV hier eine andere als seine ge*
wohnliche bedeutung haben soll, die unrichtige erklftrung verdankt ihre
entstehung vielleicht dem neben dxciptUTOV stehenden auTÖiroiov, wel-
ches, auch wenn es schon in der handschrift des Pollux gestanden habea
sollte, dennoch für fehlerhaft zu hallen sein wird, denn leitet man das
wort von noia ab, so ist zu bedenken dasz bftume keine notai sind, wie
schon Theophrast ausdrücklich bemerkt; soll es aber von troieiv gebildet
sein , so verstdszl auch diese annähme gegen den sprachgebraucli. denn
blume und pflanzen welche, ohne von menschlichen bänden cultiviert zu
sein , wachsen , werden von den (jriechen aÖTÖTTOioi ebenso wenig wie
von uns im deutschen selbstgemachte genannt, sondern aOTOq)U€ic
Sophokles hätte daher, wenn er dies sagen wollte, aOröqpuiov schreiben
müssen, wie Aeschylos des silbenmaszes wegen biqpuioc statt biq>ui^c
*} die glosse des grammatikers in Bekkers auecd. s. 474 dxcipuj-
Tov: d^ui^ov, welche Toup durch Veränderung von djiWfAOv in dvdXui-
Tov dem Sprachgebrauch anpassen wollte, beruht wahrscheinlich auf
misverstttndnis oder freier erkl&rung einer jetzt unbekannten stelle.
W. Dindorf : bemerkuDgen zu den poetae scenici Graeci. 395
gesagt hat. alle diese Schwierigkeiten und bedenken lassen sich beseiti-
gen durch drei buchstabenveränderungen , die, paläographisch betrachtet,
höchst wahrscheinlich sind , ohne deshalb Aber jeden zweifel erhaben zu
sein:
q)UT€U|i* dbrjpiTOv auTÖwiov —
zwei epilheta welche in den zwei folgenden versen weiter ausgemalt er-
scheinen, dbripiTov durch ^tx^ujv q>ößr)|ia botuiv, auTÖmov durch
ö tqbe OdXXet ji^xtCTa X^P9- ^^^ Übergang von dbnpiTOV zu dx^PH*
TOV würde in diesem falle der den abschreibern gelaufige orthographische
fehler d&/)pT]TOV bilden, so ist bei Aeschylos im Prometheus v. 105 t6
Tf)c dvdXKiic IcT* dbifjpiTOV cO^voc in mehreren abschriflen und bei
Georgios Pachymeres bd. II s. 152 , 2 Bkk. , der sich dieses verses be-
dient, dbrjpiiTOV geschrieben, eben so in zwei glossen des Hesycbios
dbiipriTOV: djnaxov, dKaraiüidxilTOV, wo Musurus dbrjpiTOV herstellte,
und äbTipr)Tiiv: Tf|v dTröXejiOV Kai dTröpOrirov, wo die weibliche
endung durch das folgende Tf|V veranlasst sein kann und dbiffpiTOV,
mit oder ohne folgendes Tf)V, wahrscheinlicher ist als dbfiptTnv, wenn
auch letzteres nicht unmöglich Ist. die beziehung in welcher der Ölbaum
als unTertilgbar oder uDverwOstlich bezeichnet wird ergibt sich aus der
in den alten scholien erhaltenen gelehrten erlAuterung der nächsten worte
^TX^uJV q>ößii|üia boiuiv.
Was das andere epitheton, auTÖnioV, betrifft, so haben schon die
alten landwirtschaftlichen Schriftsteller bemerkt dasz die natürliche fetlig-
keit des Ölbaums so grosz ist, dasz er nur in mehrjährigen Zwischenräu-
men einiger dfingung bedarf: daher f) niÖTT)C tt^C dXaiac bei Clemens
Alex, in den excerpten aus Theodotos s. 983 Pott, in ähnlicher weise
bezeichnet Sophokles Trach. 766 die harzige fichte mit den werten nteU
pac bpuöc
2) Das zweite der beiden oben erwähnten versehen der setzer findet
sich in den fröschen des Aristophanes s. 152, wo der letzte vers der
ersten spalte TrdXiv dTTCiciv oiKab' au nicht hinter die unter den text
verwiesenen unechten verse 1449 — 1453 zu setzen war, sondern in den
text, in unmittelbarem anschlusz an v. 1485 Sbe xdp cd q>p0V6tv botcrj-
cac in demselben stück sind die verse 179—183 so umzustellen: 179.
181. 182. 180. 183 und die worte Kai nXoiöv t' öpui dem Xanlhias
zu geben, nach Ritschis treffender beweisführung im rhein. museum XXllI
8. 515.
Im frieden des Aristophanes v. 605 habe ich die handschriftliche
lesart aörf^c fipEe — die nicht blosz gegen das silbenmasz, sondern
auch durch das ungehörige aärf^c gegen den sinn veratöszt — nach
emer mir von Seidler mitgeteilten sehr emleuchtenden Verbesserung in
JipEev &Tr\C verändert und in der anmerkung bemerkt dasz in dem feh-
lerhaften adrige fjpSev auch alle handschriflen des Diodor, von dem
diese stelle 12, 40 citiert wird, übereinstimmen, sind nun auch schon
im Zeitalter des Diodor die handschriften der classiker nicht ganz fehler-
26*
396 W. Diidorf : bemerkuogen zu den poetae scenici Graeci.
frei gewesen, wie wir aus manchen aber das alter vieler Verderbnisse
erhaltenen nolizen wissen, so hat doch die annähme eines so hohen
alters der hier vorliegenden oorruptel keine grosse Wahrscheinlichkeit,
und winl um so xweifelhafter, da das ganze cilat ein yerdachliges an-
sehen hat. nachdem Diodor in den vorangehenden capUeln Ober die an-
geblichen unterschleife des Pbeldias und Perikles gesprochen hat, folgen
am Schlüsse des 40n capitels nachstehende werte: p^jUvriTat bi toOtujv
Ka\ 'ApiCToq)dvf)C 6 Tf\Q dpxaiac Kuifitfibiac iTOti}Tf|c, tcYovüjc kotu
TJtv ToG TTcpiKX^ouc f|XiKiav, ty bk TOtcbe (eine handschrift iv TOieb€)
TCTpümüi^voic (iv TOtcbe toic TCTpafi^rpotc Canter)
\b XmcpvflTec TCUJpTol, Tdfid nc Suvt^Tui
^rj^aT*, ei ßoOXecO' dbcoOcai T^ivb" önujc änuiXero.
Trpüiha \ikv t^P auTf)c fjpSc 0€tbiac npÜoc kcmuic,
cIto TTepticX^ilc cpoßvidck ^f| M€T<icxiI ti^ Tuxnc,
^pßaXuiv cmvdftpa jüitxpdv MerocptxoO iiHicpigioroc
dEeqpuoiccv tocoOtov iröXe^ov iÄctc ti& Kanvii)
TTdvToc "CXXiivac baicpOcai, toöc t' ixci touc t* frv-
eäbc*
xal TrdXiv tv fiXXoic €{moXtc ö iroiiiTf|c
TTepticX^ic ot!iXu^7Ttoc
ficrpairr', ißpövTO, SuvcKUKa ifjv '€XXaba.
TT€i6ui HC diteKidiZev iitX rote X€tX€Ctv •
OÖTUK ilClfjXci xat füiÖVOC TWV ßT]TÖpUIV
TÖ x^vrpov ^TKaT^Xeme toic äxpouijüM^voic.
ist schon die art wie Arist«phanes hier bezeichnet wird , Ö ty)c dpxalcEC
Kui)yii|jbtac iTOiiiTf|C, TCTOvdic kotä Tf|v toO TTepixX^uc fjXixlav, die
einem spätem grammatiker fthnlicher sieht als einem so alten schrift*
steller wie Diodor (der im letzten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung
lebte), etwas befremdend, und eben so das folgende iy dXXotc GörroXtc
ö iTOiV)TT^c, so ist es nicht weniger auflallend dasz Diodor, der zwar
einige verse der tragiker, nirgends anderwSrts aber auch nur einen ein*
zigen vers aus den komikem citiert, ungeachtet es dazu nicht an gelegen*
heit fehlte, hier seine leser mit den beiden citaten aus Aristophanes und
Eupolis Oberraacht. es liegt daher die Vermutung nahe dasz die (wie am
anfang des 41n capitels gesagt ist) aus Ephoros entlehnte enlhltag v<ea
den Ursachen des peloponnesiscben krieges mit den woKen schlesz : toöc
bi Aouccbaifiovtouc xpim<^uiv t€ ciraviZciv dTrebciKvu (TTcptxXf^)
xal raic vauTixatc buvdfteci iroXO XetitecOat tiDv 'A6nvaiu)V. ToOra
bicXOibv xal napop^i^cac Toiic noXtrac elc rdv iröXe^ov fneice töv
bf)^ov }ii\ irpoc^x^iv TOk Aonccbot^ovioic, und dasz der folgende wie*
dentm mit TaOra anfangende satz raöra bi\ ^btuiC oiyetAcce M
T^v betvdniTa toö Xötou, bi' i^v ahiov ibvo^dcOn 'OXOyiinoc,
nebst dem oben abgedruckten excerpt pljiyrytai bis to!c di(poui|i6roi€
nichts anderes als ein ron späterer band herrührender zusatz ist, der die
grtete Ahniichkeit mit dem aus einer alten blographle des luripldes est*
noounenen und ebenfalls mit citaten aus alten komikem ausgestnilete»«!*
% welches in den teit des Diogenes L. 2,18 an sehr ungehöriger
W. Dindorf : bemerk ungen zu den poclae scenici Graeci. 897
stelle gebracht worden ist, wie L. Dindorf in der vorrede tnr Oxferder
ausgäbe von Xenophons memorabüla s. XIX nachgewiesen hat. hierzu
kommt noch die auffallend nachlässige fassung der bei IHodor dtierten
verse. der erste vers des Aristophanes lautet in den handsdiriften des
dichters ganz richtig
\b ccHpiCrnrroi T€U)pTol, r&^ä bi\ SuvUtc
was bei Diodor steht lü Xmepvf^TCC tcuipTOl« Tä^d nc Euvi^tuj he*
ruht auf einer Vermischung mit dem verse des Architodios
lü Xmepvf^TCc rroXlTai, xi^ä bi\ Suviere | ^/|MaTa,
dessen sich, wie der scholiast bemerkt, Kratinos in seiner komödie TTu-
TiVT) in wörtlicher Wiederholung bediente, wahrend sich Aristophanes
mit einem anklang an die worte des iambographen begnflgte, wie er
auch anderwärts nicht selten bei anspielungen auf stellen der tragiker
verfährt, und ebenso Eupolis in den von Stobaeos flor. 4, 33 erhaltenen
Worten dXX* äKOuer*, lü Ocaral, Td^& xal SuvicTC | ^t'JMOtTa.
Nach dem vierten mit tt^c tuxhc schlieszenden verse fehlen zwei
bei Aristophanes folgende , zum Verständnis der worte p,f\ fierdcxot Tf)c
Tuxnc erforderliche verse
Täc q>tJC€ic öfiüjv beboiKUJC xm töv aÖTOb&S Tpdnov,
nplv iraOetv ti b€ivöv aöröc, £Ee<pX€£€ Tf)v iröXtv.
Im sechsten verse steht bei Diodor wie in den handschriften des
Aristophanes ^ecpuoicev. der Zusammenhang erfordert aber das von
Bentley hergestellte KdEeqpudicev , welches wahrscheinliph in einer
alleren handschrift mit der nicht seltenen Vernachlässigung der krasis
Kai ££eq>uciiC€V geschrieben war, was veranlassung kur tilgung der
Qberschieszenden silbe gegeben haben kann.
Das nächste citat aus Eupolis leidet an einer Verwirrung , die un-
erklärlich sein würde, wenn uns nicht die Acharner des Aristophanes
erhalten wären, und die wahrscheinlich nicht den abschreibern des Dio-
dor, sondern dem allen inlerpolalor zur last fällt, der ganz in derselben
weise gefaselt zu haben scheint wie der oben erwähnte Inlerpolator des
Diogenes L. 2, 18, wie ich ausfülirlicher nachgewiesen habe in der ein-
leitung zu der Oiforder ausgäbe der fragmenle des Aristophanes s. 510
— 513. in richtiger fajsung würde das excerpt so lauten milsseB: Kttl
lidXiv ^V fiXXoic (nemlich in den Achamem v. 530)
TTepixX^ilc oöXu|üiinoc
ficTpain", ißpövta, SÜvcKUKa Tflv '€XXdba.
Kai £CiTOXic ö TTOtriTfjc (in der komödie Af]fiOi, wie wir au« anfah*
rungen anderer Schriftsteller wissen, deren steilen Meineke 11 s« 459 ge-
sammelt bat)
TTeiOdi TIC dircK&OiZcv tiii toTc x^iXcciV*
ouTiuc ^KrjXei xai jliövoc tuiv ^iiTÖpuiv
TÖ K^VtpOV iTKaT^X€l7T€ TOk AxpOUI^lfvOtC.
An allem obigen wird nicht das mindeste geändert durch den unter
dem namen des Aristod^mos erscheinenden verdächtigen compilator, des-
sen historische excerpte neuerdings hr. Wesoher in dem anhang zu den
TToXiopKnrtKd (Paris 1867) aus einer Pariser miscellanhandschrift her-
398 W. Dindorf: bemerkujigeD zu den poelae scenici Graeci.
ausgegeben lial, s. 364 [oben s. 91 f.], wo sieb der Verfasser teils auf
grund des interpolierten textes des Diodor teils aus eigenen mittein ve^
nehmen iSszt wie folgt :
dXövTOc ToC <t>€ibiou irA vocq>iC|üii4> eöXaßr)e€k ö TTcpiKXfic
\if\ Kai aÖTÖc €ii6uvac dnaiTiiOiQ) ßouXö^evoc dKKXtvai t&c xpiceic
iiToXiTeüccrro töv ttöXc^ov toOtov tp<S^M^<^c tö xaiä Mcrap^wv
^l1lqplC|ia. biaTTicToCrai b^ raOra Kai ö Tf)c dpxaiac KUi^ipbiac noi-
TJTflC X^TWV OÖTU)C
Ü5 XiTr€pvfiT€C T€uipToi, Tä^ä bf| CUVtCTC
prifiaTia (i. e. ^i^iiaT' ei) ßouXoicO' dKoCcai if\vh' fiirwc
dTrtbXcTO.
TTpwTOV M^v jap fipEar' aörf^c <t>cib(ac npdfac kokuic'
eha HepiKX^fic 90ßr)6clc }xi\ |i6Täcxoi Tfic Tiixnc i
Tdc qpucctc ufiaiv bcboiKiuc Kai töv aöOdbn Tpörrov ,
^^ßaXubv CTTivOfipa jiiKpöv McxaptKoO i|iTi9(c^aT0C,
dE€9UCr|C€V TOCOÖTOV TTÖXeiiOV, UJCT* iK TOO KaTTVOO
ndvTac "CXXiivoc baKpOcai, to\5c t* Ik€i touc t*4v-
edbe
Kai TrdXiv uiroßdc
iTÖpvr)v €ic iLi^Onv ioGcav Mexotpfba
vcaviai kX^tttouciv ^€eucoKÖTTaßol•
KdnciO" o\ M€Totp€ic öbuvaic iT€9uciipruj^^vot
dvT€£^KX€\|iav *AcTTadac Tröpvac büo *
£v6^v6 ' ö iTÖXcfiOC £^(pavl&c Karcppatn
"GXXrict irdciv Ik rpiuiv bCKacrpiüJV *
dvWvbc M^vToi TTcpucX^iic 'OXö|i7noc
ficTpairr' dßpövra cuvcKÜKa Tf|V *€XXdba,
^TiOei vöfiouc i&CTtep CKÖXia tctp^mm^vouc,
d)c xp'l Mexap^fac ji^iT* iy drop^ jüitit' iv ^nelpip
V M^veiv.
Im ersten verse steht in der handschrift w TT€p6nT€C, ungefähr wie
Ü5 n€VilT€C in den schiechteren handschriften des Diodor. das am anfang
des dritten verses stehende irpi£rrov statt irpi&ra ist wahrscheinlich nur
ein versehen des abschreibers. denn dasz dieser compilator wüste dasz
eine trochaische dipodie nicht mit einem spondeus anfangen l(ann, scheint
aus der von ihm in den nSchsten Worten vorgenommenen umstellong
fipEar' aörfic statt des bei Diodor stehenden a{nr\c fipEc hervorzugehen,
durch die jedoch nur das silbenipasz, nicht aber der sinn hergestellt
wird, denn ainf\c wflrde nach den unmittelbar vorhergehenden wortea
Tf\yb' (d. i. Tf|v €{pyjVT]v} örruic diruiXcTO nichts anderes bedeuten kön-
nen als fjpEaTO Tf^c €lprjvr)c , was baarer unsinn ist.
Bemerkenswerth ist dasz sich bei Aristodemos nach dem vierten
verse der fQnfte, bei Aristophanes stehende, bei Diodor aber fehlende
vers findet (wenn auch mit dem fehler aiiOdbr) statt aÖTObd£)
Tdc (puc€ic i)^uüv beboiKibc Kai töv aOOdbr) Tpönov,
während der sechste vers des Aristophanes
TTplv TraOciv ti beivöv aÖTÖc, lii(p\€.H Tf|v nöXiv
W. Dindorf: Bemerkungen zu den poetae scenici Graeci. 399
sowol bei Diodor als bei Aristodemos fehlt, ob letzterer seinen fünAen
yers aus einer vollständigeren Handschrift des Diodor entnommen oder aus
Aristophanes hinzugefQgt hat, mag einstweilen dahingestellt bleiben.
Das am ende der siebenten zeile bei Aristodemos stehende i&ct' Ik
TOU KOTTVOÖ wird niemand der bei Aristophanes und Diodor überliefer-
ten lesart ul»ct€ Tip KaTTViji vorziehen.
Die bald folgenden worte Kai irdXiv ÖTroßdc können nach der
durch unzählige beispiele festgestellten bedeutung des verbum ätroßäc
nichts anderes bedeuten als dasz Aristophanes in demselben stfick, aus
welchem die vorhergehenden acht tetrameter entnommen sind (d. h. dem
frieden} weiter unten sich der nun folgenden verse bedient habe, diese
angäbe beruht aber auf einer faselei. denn die folgenden trimeter finden
sich nicht im frieden, sondern In den Acharnern v. 524 — 534, wo sie
frei von den argen bei Aristodemos, teils durch dessen eigene schuld, wie
es scheint, teils durch den abschreiber verursachten entstellungen in den
handschriflen überliefert sind: 7TÖpvr)V bl Ct)Liai6av Idvrec M^xotpdbc
V. K. ^. I K$6 ' ol MeTcipf)c ö, tt. | dvTeE^KXcMiav 'A. iröpva buo
KdvreCeev (KäKeiGev bei Athenäos XIU s. 570) äpxfj (dpx^ Dobree;
TOU TroXejLiou KOTcppdfriJ "£• tt. ^k t. XaiKacTpiaiv. | dvrcOOev öprO
TTepiKX^ilc ouXu|Limoc | ficrpairrcv (richtig fjcTpanT' bei Aristodemos,
Plinius epist, 1, 20 und, wie es scheint, einigen geringeren hss. des
Diodor] , dßpövTO , SuvcKUKa Tf|v '€XXdba , | dTiOct v. &. c t* I ^c,
Xpf\ tAefapiac fit^Te t4 {yiryz^ dv t4 die hss. hier und in den rittern
v. 610) \if\T^ iv dyop^ I }rr\T* tv OaXdm] jiriT* dv t^iretpi}) jidveiv.
In der Alkestis des Euripides v. 846 ist die handschriftliche les-
art xdvTTep XoxVjcac auröv Ü Sbpac cuOek | jndp^iui -*, zu der ich
in der neuen aufläge der poetae scenici bemerkte : ' schpl. in V TP* Xo-
Xiac (Xox€(ac Cobetus}. Xoxdv jap abxöv OdXet 6 'HpaicXf^c xpu-
ipOeic: unde Xoxottac coniecit Hartungus, quod probandum foret, si de
hac adiectivi significatione certius constaret quam Anth. Pal. 15, 9 exem-
plo (ubi Xoxatoc dpuic AiaKibao). nee verisimile est in hoc adiectivum
incidisse Euripidem , quum in promptu esset Kpuq)a{ac. nam hoc cer-
tum videtur, adiectivo eum usum esse cum Sbpac coniungendo. nihili est
quod apud Suidam s. v. Aox€ia legitur: Xoxioe hk btd ToO t dtrl Tfic
dvdbpac' die behauptung, dasz Euripides gefühlt haben müsse dasz
hier ein mit Sbpac zu verbindendes adjectivum weit mehr am orte sei als
das participium XoXH^Ctc, findet eine neue bestätigung durch einen artikel
der ältesten Florentiner handschrift des Elymologicum Magnum , durch
deren vergleichung hr. E. Miller (in den vor wenigen wochen zu
Paris erschienenen ^m^anges de litt^rature Grecque') sich ein er-
hebliches verdienst erworben hat, s. 208 Aöxottov: TÖv K€KXt|idvov,
dv ib fcTi Xoxf)cai. €öpnT(biic TriXdqxp. koI dv 'AXirficnbi «Kdv
TTcp Xöxotta cauTÖv dSdbpac». xal Xoxalfi cx^voc Trapa tijj 'ApdTiji
(v. 1057). vergleicht man hiermit die glosse des Pholios, AoxaiOC ciTOC :
6 ßaOuc i^ ö bt' dTTO^ßp{av xeKXi^dvoc, und die entstellte und lücken-
hafte glosse des Hesychios, Aoxaioc: KX€iv6|i€voc cuciTOC, änd toO
400 W. Dindorf : bemerkimgen zu den poetae scenici GraecL
«... curpo^eiv, so föllt es tiicbt schwer in dem Floreatiner Etymelo-
gicom die ursprfingliche fassung benustelien: Aoxoiiov CITOV: TÖv
KCKXtfA^vov, iy i|i IcTt KoxficcEt. €öpiiribr|C TriX^qwi. koI iv 'AX-
laficnbt cKJcvirep Xoxaioc oötöv Ü ibpac cuOcic | ^äpn^w», dagegen
sind die oben angefahrten worle des Snidas (unter Aoxeki) Xoxici bk
bid ToO 1 InX T^c iv^bpoc nicht zu Andern, sMdem ein irtiim des
grammatikers, der irgendwo Xoxioc statt Xoxoiia geschrieben fand, wie
in dem Vat. scholion zu dem verse des Eurlpides XoxtotC statt Xoxotiac
geschrieben steht, und bei Hesychios Aoxtä: icpu^aia, statt Aoxoiü'
icpuqMxia. dknn die dort folgenden worte T^wf , aitEet usw. gehören
nicht bielier, da ein und dasselbe wort nicht zugleich die bedeutung eines
adjeclivurn, wie icpuqpcda ist, und der dritten person eines verbum, vnt
Y€vva und afiSei sind, haben kann.
In demselben Etymologlcum Florentiuum befinden sich mehrere, zum
teil seither noch niclit bekannt gewesene citate aus den verlorenen slüdsen
der tragiker und des Aristophanes, die ich in der neuen aufläge der
poetae scenici nur ffir Äeschylos und Euripides benutzen konnte, wes-
halb ich die auf Sophokles und Aristophanes bezüglichen citate hier nach-
trage.
1. Sophokles fragm. 193. 459. der unter diesen nummern er-
wfthnie anonyme grammatiker in einer Cambridger handschrift bei Dobree
im anhang «u Photios lexikon (oder bei Nauck im anhang zum lexicon
Vindobonense s. 352. 353} erscheint unter dem sonderbaren namen Ka-
ciXuJV in den ezceipten aus einer andern handschrift bei hrn. Uiller
melanges s. 397, wo sich in fast wörtlicher Übereinstimmung mit der
Cambridger handschrift vier artikel ('Opocdipnic 9 'OfTfdc, 'Ocrpaxi-
C)iioO Tpöiroc, nev^crai) finden mit der Überschrift £k ti&v KXauöiou
KaciXiuvoc irapd toic 'Aitikoic ^rjropa Zryroujbt^vuiv, wo die den
Sophokles (fragm. 193) betreffenden worte so lauten: Tic (ti Miller}
6 öpocdmc» Kai ti cccfj^b^y Kttl tI irapacdrmc, xal ti drropoc-
'OpocdTKOi (so) \iky o\ cujfxaToq>uXaK€C, die Coq>oicXf)c '€X^vt)C
Td|Litu Kod TpiütXijj. carrdvbai (so) bi ol dnocTcXXöpevot xa-
XoOvTai ' Co90KXf)c öi ^v TToi|i(^ci (fr. 459) ical €Optmbr)C ^v Cicu-
piaic irapacdYTOtc (iropocdiprac richtig cod. Cautabr.) auTOUC k€-
icX/JKaav.
2. Sophokles KajmfKiot. nach fragm. 303 meiner ausgäbe ist jeUi
hinzuzufltlgen :
303^ Etym. FiorenL bei Miller s. 143 "HibeicOa: dirö ToO i)ib€iy
(darüber von derselben band elbeiv) T^vrrai kot* ^Kxaciv Qbeiv Kai tö
I öfioiuic C<KpoKXf]C Kui|iiKok (Ka^tKioic richtig Miller)
Tf|v OUTIC ^beiv Ik OcoO K€KpumLidvfiv ,
dvtl Toö i5^€v, Kai Katd icpäciv Tivcrai ^bciv, djcirep fjcKeev
fjcKCiv, cf)CK€iv etpta xaXd» (II. 3, 388). ^bciv schrieb der dichter zur
Vermeidung des hiatus: woraus nicht folgt dasz man auch vor consonan-
ten und überhaupt in versen , in welchen dieser grund nicht vorhanden
ist, ebenfalls ijbeiv mit dem vO iq>€XKUCTiKÖv zu schreiben habe, wie
niAfirhe grammatiker meinen.
W. Diadorf: bemerkuDgen zu den poelae scenici Graeci. 401
3. Den fragmenten aus dem McX^axpoc des Sophokles ist als
Dr. 357 ^ das ohne namen des Stückes unter nr. 220 aus den proverbia
Valicana aufgeführte wort ÖTrtca|ißub hinzuzufügen, nach einer von
hrn. Miller (mi^langes s. 369} benutzten handM^hrift, in welcher die
stelle volisUindiger so lautet: "Omcd^Pui (falscher accent statt 'Oiri-
CC^ißlA) : TOUTTIV Ö XpUaiTITOC TdTTCl KttTa TUJV itlX TÖ X^^POV £v
ToTc Trpdrittaa irpoßatvövruiv diel irap& tö ÖTrfciu ßaiveiv. ju^fivTi*
Tai ToO övöjLiaTOC CcHpOKXf)c iv Mckcdtpip. beilAufig sei hier be-
merkt dasz diese fitere, nicht alphabetisch geordnete sprichwdrtersam-
lung, welche den tltel ZiTVoßiou ^mTOMfl Twv Toppaiou Kai Aibu|üiou
napoi^idiv führt, dem in den spiteren, alphabetisch geordneten sam-
lungen anderer handschriften die worte cuvTcOeTca Kord croixctov hin-
zugefügt sind, eine grosse anzahl richtiger lesarten und susfttze enthält,
<lie meinem gelehrten freunde farn. von Leatsch hinreichenden slofT für
einen anhang zu seiner und Schneidewins bearbeitung der proverbia dar-
bieten werden, unter den neuen citalen befinden sich viele aus allen
diclitern, namentlich den dramatikem, entnommene, bald mit, bald ohne
nennung der namen. unter letzteren ist die s. 363 unter |iTi anonym
angefahrte stelle bemerkenswerth : Kctrat bk 6 rXrjiitujv. tö CTÖiia
Yrapecrpaix^dvoc , 8 töv bi^op90V CuixpdTriv din()X€C€V. Milier,
der diese worte für prosa hidt, wollte biMopqpov in bücfJiopq>ov ver-
andern, eine Vermutung die er auch in der einleitung s. 844 vorträgt.
die worte bilden offenbar zwei trimeter:
K£tTai b* 6 TXyjjiiuiv TÖ CTÖ^a 7rap€CTpaf4t^voc ,
8 TÖV bt^opqpov CwKpdniv diribXecev.
man hat sich jedoch zu hüten dem Aristophanes diese verse zuzuschrei-
ben, die offenbar einem späteren dichter angehören, wie schon der accu-
sativus CuiKpdTT]V lehrt, dessen sich auch Sotades bei Stobaeos flor.
98, 9 bediente :
CiüKpdTiiv ö KÖc^oc TTCTCobiKev ccxpöv elvai ,
Kai xaKi&c dveiXcv töv CwKpdTT^v ö köc|lioc,
während die allen Attiker alle derartige accusalive nicht auf -tiv, sondern
-T) endigten, wie bei Aristophanes in den wölken v. 355 auch das silben-
masz erfordert: xal vOv t'öti KXeicO^VT) elbov, öpqic, btd toOtUt^-
VOVTO TtJvaiK€C. dasz sich das epitheton bifiop90V auf die halb mensch-
liche und — natürlich mit starker Übertreibung — halb thierisclie ge-
fiichtsbüdung des Sokrates bezieht, lehrt der Zusammenhang und wird
durch das bestätigt, was uns darüber teils schriftlich teils ikonographisch
überliefert isL
4. Die unter nr. 795 von mir aufgeführte stelle des Etym. M., in
welcher Coq>OKXf)c 'OvOfJiaKXet, oder nach einer andern handschrift
COq>öc ovo KXei, citiert wird, hat auch durch die Florentiner hand-
schrift (bei Miller s. 68) , in welcher Co<poKXf)c olov 'OvofiaKXet steht,
nichts gewonnen.
5. Sophokles nr. 875. die schluszworte in der stelle des Etym. M.
s. 344, 7 dvTl ToG fiavTiKÖc. ö bk Co<poKXf)c £v6X|uiioc lauien in der
402 W. Dioüorf : bemerkungen za den poetae scenici Graeci.
Florentiner handschrift (bei Miller s. 114) so: dvrl ToG ^avTiKÖc ö
bk CoqpoxXfic ivoXplv (Schreibfehler stall ivöXfiiov) TÖv 'AiTÖXXuiva
6. Sopholcles nr. 889 in den worten des Etym. M. trapä tQ Cott-
<pot TToXutbpibi Kat Trapa CoqpoKXci Ibptöa xd Trapä ^puvixtp Ibpt-
bcc gibt die Florentiner handschrift (bei Miller s. 16) CcxpoKXci iroXui*
bpiba, ohne iweifel veranlaszt durch das vorhergehende iroXütöpibi. —
Nr. 890 steht das richtige ^kXotSc anch im Flor. ms. (bei Miller s. 167).
— Nr. 902: die werte des Eustathios gründen sich, gleich mancheR
anderen seiner notiaen über schimpliiameii, auf die von hrn. Miller (me-
langes s. 413 — 426) herausgegebene icleine schrift, welche den tilel
CouTiTtvou TpoTKijXou (Suetoni Tranquilli) nepl ßXacqnfmiwv xat
iTÖGev ^Kdcni führt, wo aufs. 417 steht: ArjOaptoc: XaOpobrj^cTTic
xuuiv. Co<poKXf)c ccatvouca bdKV€tv Kai kuwv X/jOaptoc cT.» rich-
tig bei Eusuthios XaiOapTOC und bdicvcic
7. Die aus ungenannten dramen des Sophokles citierteu stellen er-
halten einen kleinen , unter nr. 889 ^ nachzutragenden Zuwachs ans dem
Florentiner Etymologicum (bei Miller s. 32), in welchem statt der im ge-
druckten tezt stehenden dritten bedeutung des Wortes fivoS, Cfmatvet
hl Kai TÖV Geöv töq>pMXacöp€cOa ävaxTa» (II. 1, 444) folgende
Worte stehen: crmaivci Kai rdv qpOXouca, die irapä CoqpoxXci, olov
«7rOXr)c dva£ Ouptup^.»
8. Aristophanes fragm. 92. der vers u& ^lapi Kai Opuvuivba
xal TTOVflpi CU wird auch im Etym. Flor, (bei Miller s. 304) citiert
nach den in dem gedruckten text stehenden worteu 0puvuivbac: dvo^a
Kuptov.
9. Aus dem fragment des Aristophanes 124 werden einige worte
auch in dem Etym« Flor, (bei Miller s. 305) angeführt: xal £v KuixdXtii
«Kai (dieses Kai zu tilgen) Kdireira Trt&c qxfibac TOcauTOC £!x€Tov>,
unvollständig statt cTxc TÖv X€t|i<Sv* ÖXovi
10. Als fragment 276^ des Aristophanes ist aus dem Florentiner
Etymologicum (bei Miller s. 210) nachzutragen : ^Aptcrocpdvric Niößcp
(so Miller statt Niößr|)
fCTlV Xdp flMlV TOTC KdTUI TTpÖC TOUC fivui
drrö cuMßöXujv xal |Lif|v 6 Mal^aKT1lplu)v,
iy \b TTOioCpev rdc bCxac xal rdc Tpo<pdc
11. Der von Photios erhaltene vers der 'OXxdbec (fr. 355) findet
sich auch in dem Flor. Etymologicum (bei Miller s. 125) in einem nach
s. 369, 28 des gedruckten textes folgenden zusatz: 'ApiCTOq>dvr)C 'OX-
xdciv «iTpujTOV ^pavicrdc dcOiiuv f[\^r\ca (richtig TTp(iir)v — ^cnuiv
j^i|iiic' bei Photios) Stvoc.» p (d.i.^iiTOpixyj). ein neues bruchstflck der-
selben komödie ist unter nr. 355^ aus derselben quelle (bei Miller s. 225)
nachzutragen aus folgendem zusatz zu dem gedruckten texte s. 619, 12
iv hk 'OXxda
ßaßal , Adxuiv, die d|i<poT^pi)üv 6^u»v irplv fjv
Td TrpdxMaT' olcuiTTipd xal ßapucraOfia.
W. Dindorf : hemerkungen zu den poeiae scenici Graeci. 403
ßaßat AdKUiv ist Millers Verbesserung stau ßaßeXdxuiv. irpiv f\v habe
ich statt irpivi'i geschrieben.
12. Der unter nr. 525 aus Etym. M. s. 470, 34 aufgenommene
vers des Arislophanes licnva TrccvTÖcpOaX^ov äpnocfd Tp^ipuiv (oder
CTp^<puiv} ist in der Flor, handschrift (bei Miller s. 167) noch fehler*
haAer geschrieben IxTiva TravTÖtpOoX^ov öq>OaX)ioIc rivwv.
13. Dem aus Etym» M. s. 726, 53 entnommenen fragment 692 ist
aus der Flor, handschrift (bei Miller s. 271) hinzuzufügen: Kol näXiv
«btd Tfic Tpii|Lir)C napaKUTTTUiV ». — Der ebendaselbst s. 227 mitge*
teilte Zusatz zu s. 749, 43 des gedruckten textes: toioOtöv icn irap*
'AptCTO<päv€t ' TQivicat tö pfiina enthalt kein neues fragment, sondern
bezieht sich, richtig geschrieben und inlerpungiert, irap' 'Api€TOq>äv€i
«Taivtujcat» TÖ ^ft^o, auf Ekkl. 1032.
In dem gedruckten Etymologicum M. findet sich s. 40, 7 folgender
artikel: AlcxuXoc: 6 7T0iTiTf|c 6 TpaTt{i&(moiöc Trapd xd (napd t6
fehlt in der Ozforder handschrift) aTcxoc atq(!jXoc, ibc ci^öc ctfiOXoc
trap ' ö A{q(ivnc (Afcxptwv addit Va.) Aiqctvdbnc. napd tö dvai aU
bt^^ova. Alcxiviic Aicxivot^. die oft trabe, aber deshalb nicht zu ver-
achtende quelle des Etym. Gud. s. 22, 55 fiihrt nach ci^uXoc fort: Kai
Tiap' aiq(övT]C alcxuvuibric Trapd tö elvai dbifj^ova, welche worte.
Neineke im Hermes 111 s. 162 so schreibt: Kai trapd alcxtivnc (richtiger
Ka\ Trapd tö alcxuvn) Alcxovdbr^c, und auf den vers des Aristophanes
im frieden 1154 bezieht:
^uppivac t' aTTiicov Ü Alcxivdbou ti&v KapTri|iu)Vi
in welchem er zur beseitigung des metrischen fehlers — denn die zweite
silbe von Alcxtvdbou ist kurz — Atcxuvdbou schreibt, was er schon
früher, wie ich bereits in meiner anmerkung erwähnt habe, vermutet
hatte ohne die stelle des Etymologicum zu kennen, es ist zu bedauern
dasz der ganze artikel in dem Florentiner Etymologicum , wie man aus
Millers stillschweigen schlieszen musz, fehlt.
Fast gleichzeitig mit hrn. Millers ^m^langes de litt^rature Grecque^
kam mir die neue bearbeitung sieben Euripideischer stflcke (^JTriröXuTOC^
Mrjb€ia, '€Kdßn9 1q>iT^V6ia f| iy AöXibi, 'iq>iT^v€ia i\ dv Taupoic,
'HX^KTpa, 'Op^CTiic) von lim. Heinrich Weil in Besan^on zu, welche
unter dem titel 'sept tragedies d'Euripide. tezt Grec. recension nouvelle
avec un commentaire crltique et explicatif , une introduction et des no*
tices parH.Weil' bei Hachelte et C^'* zu Paris 1868 erschienen ist. auch
diese ausgäbe enthalt, gleich den früheren leistangen des herausgebers
auf diesem gebiet, vielfache beweise geistreicher und scharfsinniger kritik.
mit übergehung von stellen, in welchen selbst unter den urteilsfSihigsteH
kritikem nicht leicht Übereinstimmung zu erzielen sein wird , beschranke
ich mich für jetzt auf nachstehende nachtrage zu meiner in der neuesten
aufläge der poetae scenici enthaltenen ausgäbe jener stücke.
Medeia. v. 659 trdp€cnv . . xaOapdv dvoi£avTa xX^ba /pp€*
vuüv] Trap^CTT) und KaOapdv Badham, beides vielleicht richtig.
723. 724. diese verse, die durch die folgenden entbehrlich werden,
sind wahrscheinlich zu streichen nach H. Hirzels Vorschlag in der abh»
404 W. Dindorf: bemerkungen zu deo poeUe scenici Graeci.
^de Euripidis in componendis diverbiis arle' s. 56. nicht weniger beacb-
ienswerth ist die el>endaaelbst s. 73 — 75 ausfübriich motivierte Yerwer-
#ung der verse 798—810, die durch das von Weil hierüber gesagte und
4lurcb denen nicht annehnÄare conjectur zu v. 798 nicht widerlegt isL
939 iraibec b* Siruic &v iicrpoupujct cQ x^PU I ttlroö K^ovra
Trjvbe ^f| <p€UT€iv xMva] kann auch zu q>eOT€iv der accuaalivus au>
TOUC verstanden werden , so ist es doch passender und natOrlicIier irai-
JMtc b\ Stiuic — mit Weil zu schreiben, die worte irotboc Trjvbe ^i)
<peuT€iV X^ova kehren wieder v. 943.
949 XciTTÖv T€ ir^nXov Kol ttXökov XPVc/jXonrov] dieser vers
ist wahrscheinlich aus v. 786 liier in den text gebracht worden, wie
«chon andere bemerkten.
1066 a ä] riclitiger da, wie ich anderwärts geschrieben habe
1099 dcopui] öpdi die l)esseren hss. Weil vermutet dasz dies ein
glüssem von elbov sei.
1256 wo in den besten handsdiriften steht OcoO h* af^ori iri-
Tvetv, in einigen al^a, wie der scholiast las, und Musgrave al^a 961-
V€tv vermutete, schlagt Weil vor iriTveiv b* a\\i* fi^ßpOTOV, und bald
darauf, weniger überzeugend, (iA* oIku)V dXai-|vovTa qK>vuivT* '€pi-
vGv (d. i. '£pivuiuv) Sir' dXdcropov, statt &X' oCkuiv q>ovlov Td-
Xaivdv t' '6pivuv (^ptvCv Vat, wie der aocusativ oft in handschriflen
geschrieben wird] utt ' dXacTÖpiuv. femer v.l266 xdXoc trpocniTvei;
•bucqppuiv q>övov | qpövoc ä^eißcTai, wo in den handschriflen koI buc-
fievf|C I q>övoc djueißCTai steht, dasz qnSvov ausgefallen sei ist schon
an sich wahrscheinlich und wird durch El. 1097 bestätigt: djueCiperai
<pövov biKdZuiv q>övoc.
Nach V. 1271 ist walirschemlich ein weheruf der küider ausgefallen,
mag dieser alai alai gewesen sein, wie Weil annimt, oder, was mir
wahrscheUilicher ist, luj ^oi jiioi, mit welchem die tragischen perso-
oen so oft bei ihrem eintritt auf die bühne beginnen, ist dem so, so
müssen die beiden folgenden trimeter 1271. 1272, ebenfalls mit Weil,
nach V. 1274 gestellt werden, wodurch die Übereinstimmung mit der
antistrophe hergestellt wird, in welcher ebenfalls zwei trimeter an der
entsprechenden stelle (1284. 1285) stehen.
1276 boxet |ioi t^kvoic] t^kvoic |biot bOKei Weil, entsprechend
<ier Wortstellung des aniistrophischen verses 1287 t^kvuiv bucceßei.
1296 ope KpiKpOnvat] KaXu<p6f)vai Weil.
1359 zu Elmsleys conjectur irdrpav bemerkt Weil dass it^rpov
vorzuziehen sein würde, wie Kornip€9€t ir^rptf» von einer grette gesagt
ist Soph. Phil. 272.
1374 cwfei] cruret Weil.
1388 Tuiv ifxuiv] Tuiv v^uiv Weil mit Verweisung auf v. 398.
Hippolytos. v. 678 napöv] itöpov vermutet Kavser (jalirb.
1857 §. 127).
*703 cTto cuTXUipeiv] clrd c' ^TXCtpetv Weil.
715 Iv bi npoTp^irouc' tfua €upf)Ma bifj Tt Triebe cufAq>opäc
^xw] Sv bi näv CTp^90uc' ix\h | eöpeiv Tt ^Ojüia rffcbe cufupopac
W. Dindorf: bemerkungen zu den poetae scenici Graeci. 40&
^X^ ^^il- dieser gedanke bStte aber uicbt durch e^ipctv (x^t sondern
durch r^tSpov ausgedrückt werden müssen.
911. diesen vers stellt Markland nach 913, mit recht wie es scheint.
916 iröXX' d^aprdvovTCc] aus der erkUrung .des schalfaalen
TToXXa diTicrd^cvoi hat man geschlossen dasz derselbe iroXX& )uhxv96*
vovrec gelesen habe , was jedoch nicht der passende ausdrnck ist. Weil
vermutet iroXXä ^acreuovrec, mit vergleichung einer fthnlicben stelle
der Hekabe y. 815.
953 cfroic] Tpoq>äc Weil, nach anleitung der werte des scholiasten
äTTOirXdva toöc dvOpiinrouc Actc TropiZciv Tpo<pdc, wiewol im wei-
teren verlauf der scholien citfoic und cTtov vorkommt.
961 Tficb'öv]v€KpoOWeil.
1045 oöx ouTUi dovcT] otrx odru) b* öXel Weil, mit unslellung
der folgenden verse, 1047. 1048. 1046 und tilgung der schon von Nauck
für unecht erklarten verse 1049. 1050.
1208 dKTdc] dxpac Luzac.
1451 Tf|v ToSöbafüiVOV ""ApTC^iv fiaprOpd^ai] auf diese stelle
bezieht sich, wie es scheint, Diphilos (bei Melneke IV s. 388) in den wor*
ten AiiToOc Aide T€ ToSöbafivc iropO^vc, | die o\ Tpcrftfiboi (paciv^
woraus jedoch nicht mit Sicherheit kann geschlossen werden dasz "'Apre*
^1V durch glossem statt irapO^vov in den tezt gekommen sei.
Mehrere conjecturen , die hr. Weil früher in Zeitschriften mitgeteilt
hatte, haben bereits in meiner ausgäbe berflcksichtlgung gefunden.
Hekabe. v. 4 öc Tf|v äp{cTr|V Xepcovnciav irXdKOt] die von mir
absichtlich mit stillschweigen übergangene Änderung Hermanns Tf\yb*
statt Tf|V hitte Weil nicht aufbehmen sollen. Hermann merkte nicht
dasz sein tadel gegründet sein würde, wenn Tf|V Xcpcovrtctav nXdxa
Stande, dasz sich aber die sache durch den hinzutritt des adjecttvum dpi-
CT7)V ändert, wie die verglelchung anderer stellen der tragiker lehrt.
215 EuvTUx(<x] t>€t(MU»v Heimsoeth, Trdrfüioc Weik
369 äj* odv \i\ 'ObucceOl die in der anmerkung von mir er-
wähnte Variante dtou bi M*, ifi ZeQ (bei Kleanthes in Epiktets encheir.
c. 77) beruht, wie Weil bemerkt, auf einer erinnerung an eine stelle der
Andromeda (fragm. 133} drou b^ \i\ u& £^v' — .
759. nach diesem verse habe ich mit Hermann den ausfall eines
verses des Agamemnon angenommen, dagegen vermutet Hirzel s. 52,
dasz nach v. 757 ein vers des Agamemnon ausgiefallen und die nSchsten
verse so umzustellen seien: €K. oiAiv Tt — . Af. xai bi\ Tiv* — 6K.
6p^c — usw.
821 ist die lesart der besseren handschriften o\ füiiv tdp ÖVT€C
tratbcc herzustellen statt der in meiner ausgäbe durch verseben stehen
gebliebenen lesart der schlechteren oV \ikv tocoOtoi tratbec ^^. Weil
vermutet o\ \xiv irOT* £vT€C Ttaibcc, was richtig sein kann, aber nicht
notwendig ist.
1068 dfTraXXä£<K] ^noXXdSac Weil
llOOi in meiner anmerkung Ist der dnickfehler ^cXavdxuiTa statt
McXovdxpuita zu corrigteren.
^A W. Duiiorf : bcfoerkoAgea zu da ymUtt sccbicx Gncd.
d^^r^s lesart Weil »iker zu kooiziMi sacht <hircli vma ctciyffVfiqpopinv
Kpckou wap' — ^y was so coDsinuert weniea soll: vnn icXccac (crc-
^avoqi>opiav) «pciccui crecpovcupopiav (tuiv) irap' 'AX^aou pec-
^potc diene ao«U«raog des artikeis tutv ist aber sfracfabdi — niliawf.
ohne dieses artikel kooote keni priecbbcher ieser aal dea geAMkcs kom-
u^ dasz die bucbsUbea CTe0ANA0OPIAN etwas aDdecei seica ab cia
Oüit xpeiccui za verbiadf'iider acaisativiis CTCqpavc^popiav.
977 ^Tui b^ MTfrpt] OiTurv be fnfrpoc — Weil, and im folgCBden
ferse ttiIic b' oö statt tüi bai — .
982 — 984. der zweite dieser rerse wird in der bandscbrift dea
Orestes zugeschriei^en : oXX' cic TÖv auTov T^' u7rociT|Cui boXov«
statt dessen dXX' fj mit Natihiae zu sehreibeD sein würde, wenn uiro-
CTTJcui richtig sein sollte, dies bezweifelt aber Wöl, der siBtlkke drei
verse in einen, too Elektra gesprochenen satz vereinigt: ou pj^ KOncdciC
cic drvovbpiov necct, | äXX' cl xdv aurov T^b* uirocnicuiv bdXov/,
üj Koi nöctv icaOetXec AtxicOov rrovtuv; was richtig za sein acheinL
1150 Cti'ia war mit MasgraYe io ct^T€CI zu Terindem, ws sich
darch den an tistrophi sehen vers empfiehlt.
1161 — 1162. dasz die handschriflliche überiiefernng von alten
correctoren mit groszer willkör Terfilscht ist, hat man langst erkannt and
geht schon aus vergleichung der correct überlieferten anli^trophisch ent*
sprechenden verse hervor. Weil hat denselben folgende von den kaad-
schriftlichen lesarten stark abweichende fassung gegeben, darch welche
wenigstens ein erträglicher sinn in metrisch ontadelhafler fonn herge-
stellt wird, so zweifelhaft auch die einzelnen ändeningen sind: TOb*
iv^novTOC' ui cx^tXioc 7| y^vat | ipovciicetc (piXccv irorrpiba bocc-
T€ct I cnopaiciv £X6övt' kpdv; | iraXippouc b4 rdvb* dvabpöpouc
Xöxouc I UTTOTCV biKa, pAcov eic oIkouc | xpovtov köptvov &
TTÖctv I KtiKXiiiTrctd t' oupdvia rcixe' 6-j£u6fncTt|i ß^Xet | Kcrröcov^
auTÖX€ip, irAexuv ivx^poTv | XaßoOc' ä traXapvaioc, ö ri irore
Tdv I TdXotvov &X<V KSKÖv. dasselbe gilt von der nicht weniger ent-
stellten und in der mitte iQckenhaflen Strophe 1177 — 1180, sowie von
mehreren der folgenden verse , welche in überzeugender weise her2vstei-
len unmöglich scheint.
1290 das unsinnige TÖvipa p^Xca veränderte Camper in tövcrra
p^Xea, Well in abereinstimmung mit dem antistrophisclien verse 1217
in YoCva p^Xea
Iphigeneia in Tauris. v. 24 t^xvcu sL lixvaxc habe ich nach
Monks coDJectur geschrieben, was in der anm. hätte bcnerkt werden sollen.
35 66€V vöpoict TOicib ' (so die handschrift P, TOiciv die sdilech*
tere C) ftberat ded | ''Apreptc iopTfic] die richtige lesart hat nach
vielfachen verfehlten versnchen anderer Weil vortreflltch hergestellt: Mev
vöpoici, Totciv fiberai Oed, | xpti^M^cB' fopTf)c— . der worle v4potci
Xpilfpcda bedient ifch Euripides auch in dem fragment d9a
50 pövoc b' dXc{q)0n CTÖXoc, die flboH p€i,| böpixiv netrpuiuiis
^K b' iiriKpdvaiv KÖpoc | Eav6dc xoSetvai, qpG^TMa b' dv^pAtra«
*^voc bi XciipOck ctCXoc cIc tboH poi | b6puuv iraqMtiiuv
W. Diodorf : bemerkungen zu den poelae scenici Graeci. 409
^K t' dmKpdvuJV KÖjiac usw. schreibt Weil, zum teil nach Porsons und
Kirchhofls Vorgang, so dasz £k T€ — und (p^if\xa b' — sich entsprechen,
was weniger wahrscheinh'ch scheint als Ü diiiKpdvuiv.
97 SuJ^dTWv] kXi^qkwv Weil, mit vergieichung anderer stellen
4er Iragiker, in welchen KXi^dKUüV irpoca|ißdc€ic genannt werden, in
<len folgenden werten thöc Äp' oöv iiMo\\x€V Sv ] f\ xa^xÖTeuKta
xX^pa XOcaVTCC fioxXoTc | (Lv oiibkv Tcjiiev; verändert Weil mit
Beiske |id6oiM€V in XdOoi)Li€v, um bald darauf (Lv ovbbf Tc^ev in div
<odbiv Ict^ev verwandeln zu können nach einer sehr verfehlten conjectur
von Badham, der nicht bedachte dasz man nicht in, sondern Ober eine
schwelle geht: weshalb man im griechischen oft öhüv oder ßr)Xöv öircp-
ß?)vai, nie aber eic öböv oder eic ßnXöv i^vai gesagt hat, wozu noch
die ungehörige ionische form oöböc kommt, die nicht dadurch gerecht-
fertigt wird, dasz einige prosaiker sich derselben bei anspielungen auf das
Homerische ^Tri tHP^oc odbtp bedient haben, die worte nÜJC &p* ouv
ftd6oi|Li€V bv (Lv oübky Tc|i€V geben einen völlig passenden sinn , nach-
dem Orestes in den vorangegangenen versen an Pylades die worte TTu-
Xdbr) ,\ ck h* icropiJJ ri bptju^cv gerichtet und erzählt hat dasz Apollon
nicht die leiseste andeutung gegeben habe, auf welchem wege und durch
welche mittel sie sich in den besitz des bildes der Artemis setzen können,
hieraus folgt dasz der den Zusammenhang störende vers f\ xaXKÖTEUKTa
xXQGpa XucavT6C ^oxXoTc durch schuld der abschreiber — vielleicht
vom rande — an ungehöriger stelle in den text gebracht worden ist und
ursprünglich — wie schon Seidler vermutete — vor dem vorangehenden
mit dKßr]CÖfi€c9a beginnenden verse stand, da er sich jedoch auch dort
ziemlich ungeschickt ausnimt — was auch von Hartungs Vorschlag gilt,
den vers zwischen die bald folgenden worte i^v b* dvoiTOvrec nuXac
und Xr)q)6(Ij)i€V zu versetzen — so erklarte ich in den Oxforder anmer-
kungen s. 503 den vers för das product eines alten interpolators (wahr-
scheinlich eines Schauspielers) , der för nötig erachtet habe auf das vor-
angehende TTÖTCpa einen mit f\ beginnenden satz folgen zu lassen, in
ähnlicher weise wurde nach dem sechsten verse der Andromache vCv
b' €1 TIC &\\r] bucTUX€CTdTrj fW^f nachdem derselbe in einer altern
handschrift in vOv öff rk äXXr) bucTUX€€T^pa xtA^i verdorben worden
war, von einem Schauspieler ein siebenter, spSter in alle handschriften
übergegangener vers hinzugedichtet: djioC Tr^9UK€V f{ T€VilC€Tai ttot€,
wie wir aus den alten schollen wissen.
452—464 tdp övcipaci cu^ßatriv [ böficnc nöXei xe TTOTpijiqi |
TCpTtvdhf fi|Livu)V dtröXavciv] so sind diese verse in der bessern der
beiden handschriften (P) geschrieben; in der schlechtem (G) bt dno-
Xaöciv statt dTTÖXauctv geschrieben, ferner ist in der Aldina vor jap
dfe Partikel xal eingesetzt, die in P fehlt, aber vielleicht in G steht, wenn
ein schlusz aus dem stillschweigen der collation nicht trögt, die ver-
gieichung des völlig unverdSchtIgen strophischen verses (435) rdv no-
XuöpvtOov dtr* aTav zeigt dasz der antistrophische nicht mit dem
molossQs cu^ßair)V statt eines baccheus schlieszen kann, nach der
wideridgung mislungener versuche anderer hat Weil geschrieben cüV T^tp
Jahrbacher Hk class. philol. 1S68 hfl. 6. 27
414 G. Schmid: zum Ion des Euripides.
auf die unwillige frage des Xutbos 525 ibc ri bf| q>€UT€ic füi€ cauTOu
Tvujpicac Tä 9iXTaTa; und als anlwort Ions 526 ou qpiXw q>p€vuiv
ä|iOUCOUC Kai ^ejiTivÖTac S^vouc. durch alles dies aber \isti sicli
Xulhos in seinem gläubigen vertrauen auf den orakelspruch nicht irre
macheu; er besteht darauf 523 &<|iO)Liai kou ^ucidZu), rd^ä b* eupiCKUi
q>iAa. diese unerschütterlichkeit drangt denn nun den Ion zum Suszer-
sten , so dasz er von seiner waffe gebrauch zu machen droht 524 ouk
diraXXdSei, Trpiv elcui TÖEa irveujiövwv XaßeTv; darauf folgt die
herausfordernde antworl des Xuthos mit dem entscheidenden Schlagwort
527 KT€iV€ Kai TT^iTTpiT TTaxpöc Tap> f\y Kidvijc', £C€l 90V6ÜC die
notwendigkeit der Umstellung liegt nicht in dem Zusammenhang von 522
und 523, welche verse ganz gut neben einander stehen könnten, sondern
in der gewisheit, dasz 527 auf 524 folgen musz. es gäbe in diesem
spiel der beiden verwandten, und doch so feindlich sich gegenuberlreten-
den Personen, einer parlie von höchster dramatischer lebendigkeit, nichts
matteres, als wenn auf jene drohung seines sohnes der vaier erst nach
zwei tetrametern — gleich als hätte er die sache nur halb gehört und
besänne sich erst nachträglich darauf — antworl und diese antwort zu
geben sich entschlösse.
638 e€uuv b" ^v eöxaic f[ xöoiciv f\ ßpOTUiv
öirnpeToiv xotipouciv, ou toiüM^voic.
diese worle Ions, in welchen er das glöck seines lebens am tempel schil-
dert, sind mit Nusgraves f\ XÖTOiciv t^ ßpOTiXfV noch nicht ganz herge-
stellt. Ion kann nur sagen: Svenn ich nicht bei dem heiligen gebet an
die gölter zugegen war, so war ich im gespräch mit fröhlichen menschen.*
dann verlangt man doppeltes fj. oder, was keine gröszere änderong ist,
Euripides wird geschrieben haben Iv XÖTOlci T* fj ßpOTiDv. das
fflhlle schon Musgrave ('inier preces et sermones de diis aelatem egisse'),
obwol er XÖTOt ßpoTWV misverstand. es ist eher gemeint, was nach-
ahmend Heliodor Aethiop. s. 108 so ausdrflckl: 9iXocoq)Oua bieXefö-
jülilV. das fj vor XÖTOlClV verdankt dem falsch accentuierten fj vor ßpo-
TtüV seinen Ursprung.
1016 TTAI. elc ?v be KpaWvT* aöröv t\ xtwpic cpopeic;
KP. xtwpic* KaKifi xdp icGXöv oü cujifjiiTVUTai.
TTAI. li qpiXTdTTi trai, navT' fx^^c ßcujv ce bei.
KP. ToÜTip GaveTxai naic.
schon 1005 hatte Kreusa die beiden tropfen genau charakterisiert, t6v
|i^v BavdciMOV, töv b' dKecqpöpov vdcujv. der v. 1015 bringt dann
die wiederholte Versicherung von der töllicheu kraft des einen, nebst
dem gründe bpaKÖVTU)V iöc uiv TtüV fopTÖVOC. nun nimt sich doch
die frage, ob Kreusa die beiden gemischt bei sich trage (selbst wenn man
davon absieht dasz dabei etwas nicht unwichtiges fehlt, nemlich njj
^T^ptfj) ganz wunderlich aus. nicht weniger wunderlich ist die begrön-
dung, welche Kreusa dem xtAJptc gibt, nein, die zwei verse gehören
nicht «' — j--«^'— an^ g^nx unzweifelhaft gewinnt mit Ihrer ausstoszuog
die ' OUTip 1019. etwas anders stünde der fall, wena
G. Schmid: zum Ion des Euripides. 415
Euripides gesagt haue, was Härtung ihn sagen Uszt: *du trägst ihn wol
gesondert, nicht in eins gemischt?'
1035 ibiq b^, jiii [n] iräci, xu>picac ttotöv. an diesem verse ßllt
mehreres auf. erstens bi^ das die structur ßaXuJV ^^v, X^Ptcac bi
voraussetzen würde, auf welche v. 1034 xdOec ßaXuuv eic iTai|ia Ttji
veaviqi durchaus nicht angelegt zu sein scheint, daher die Suderung
Hermanns ibiqi T^. zweitens aber enthält der ausdruck jirj Ti iräct
Xwpicac eine starke Zumutung, verständlich ist, dasz nur dem Ion der
tropfen in den becher gegeben , also fflr ibu derselbe ausgesondert wer-
den soll ; wie aber jemand sagen kann , ein tropfen solle ja nicht für alle
ausgesondert werden, ist schwer zu begreifen, ferner ist iroTÖv von
«inem tropfen gifl, auch wenn derselbe zum trinken bestimmt ist, ein
auffallender ausdruck. endlich sieht man leicht, wie viel besser 1036
Tiu TUüV djiUJV jidXXoVTi b€ClTÖ£€iV b6|ülU)V sich an 1034 anschlieszt
als an 1035. zufällig erhalten wir mit Verwerfung des verses die gleiche
verszahl für die schluszreden der Kreusa und des Ion.
1611 a\be b' euuiiroi iruXai ilioi xal BeoO xQr\ccf\p\a
bucpevfi irdpoiOev övro. vOv bk Kai ^öirrpuiv x^P<^<^
f|bdujc dKKpimväfA€c6a Küt TTpoccw^iTui iTuXac.
tlie emendation x<itp€T' statt aXbe b\ auf welche ich kam, ohne zu
wissen dasz schon Kirchhoff in der adn. crit. mit einem ^fortasse* sie
vorgeschlagen hat, ist notwendig, nicht allein wegen npocevv^iruj ttu-
Aac, sondern wegen jiioi, das sich mit aXbe nicht verträgt denn bei
der vulg. lassen die worte bucjüievfi irdpoiGev övra nur dann eine er-
klärung zu, wenn im ersten verse stünde eO^eveic ^ot TiuXai. das sieht
man recht deutlich an der Übersetzung Hartungs : ^diese pforten sind mir
lieblich.'
Pernau. Georg Souuid.
59.
ZU GELLIÜS IV 9, 1.
An Martin Herts in Breslau.
Nigidius Figulus . . m undecmo commentariorum grammaiicorum
versum ex antiquo carmine refert^ memoria hercle dignum:
. . reUgentem esse oportet , [af] religiosumst nefas ,
cuius autem id Carmen sit^ non scribit. so hast du , lieber freund , vor
drei lustreu in deiner teitausgabe des Gellius diesen vers drucken lassen in
genauem anseht usz an 0. Ribbeck trag. lat. rel. s. 219 (v. 148). jetzt, wo du
nach langer Unterbrechung zu deiner ersten liebe zurückgekehrt bist, um
sie den milforscbenden freunden demnächst in vervollkomneter Sauber-
keit und reicherer ausstattung von neuem vorzuführen, ist dir ein zweifei
an der richtigkeit jener fassung aufgestiegen, und zwar schlieszest du
zunächst — ohne frage mit vollstem recht — aus dem in sich abge«
416 A. Fleckeisen: zu Gdlias IV 9, 1.
schlossenen gedanken, den dieser vers darbietet, dasz er sicher nicht so
äK^q)aXoc sondern vollständig von Nigidius resp. Gellius äberliefert wor-
den sei. sodann wünschest du meine meinung zu hören, ob der ver»
nicht vielmehr ein Saturnier sein möchte und bei der constanten überlie-
fernng der handschrifteu , die religiosus bieten, was dem entsprechendeo
religentem gegenüber kaum wie ein abschreiberirtum aussehe, der fehler
in nefas stecke, damit hast du jedenfalls den bann gelöst, der bisher auf
diesem worte ruhte und es nicht anzutasten gestattete, versuchen wir es
einmal mit ne fuas — denn mit ne fias ist kein vers herauszubringen —
so ist wenigstens die frage berechtigt, ob nicht
religentem ässe oportet^ rdligiösus ne fuas
ein erträglicher Saturnier wäre, fuas natürlich einsilbig genommen, aber
gerade die notwendigkeit dieser licenz macht mich bedenklich. G. Cur*
tius hat vor dem Kieler index scholarum von 1857/68 s. VII f. alle stel-
len gesammelt , in denen die formen dieses conjunctivs fuam fuas fuai
fuant (den er für einen aoristischen hält) vorkommen: es sind ihrer nicht
weniger als fünfundzwanzig, und an keiner einzigen ist die einsilbige
messung durch das metrum geboten (die einzige ausnähme, Plautus Persa
V. 51 in Ritschis text: sed recipe ie quantüm potest: cave fuas miin
quaesiiöne ist nur eine scheinbare; man hat hier in fuas^ das als iambi-
sche wortform unbedenklich die letzte silbe verkürzen kann, das schktss-s^
abzuwerfen : dann ist in cave füa^ mi in quaesiiöne ww^.^ w^^
alles regelrecht); ich denke dies musz genügen uns von der unzulässig-
keit jenes Saturniers zu überzeugen , um so mehr da ja dem dichter das
einsilbige sis zu geböte stand , um den ganz untadeliichen Saturnier su
bilden: religentem ässe oportet^ riligidsus nä sis. aus ne sis aber wäre
unter den händen der abschreiber nimmermehr nefas geworden.
Mit einem Saturnier also wäre es nichts, aber der vers musz ja
auch nicht ein solcher sein, vergleichen wir doch die übrigen stellen,
an denen von Varro, Feslus und andern grammatikern bruchslücke aus
vetera oder antiqua carmina ohne nennung des dichtemamens angeführt
werden (die mühe des zusammensuchens hat uns G. Hermann elem. docln
metr. s. 638 f. erspart, vgl. auch Ribbeck a. o. quaest. scen. s. 348 und
den nachtrag von Lucian Müller unten s. 428), so finden wir dasz sogar
nur eine kleine minderzahl dieser anführungen in jenem metrum abge-
faszt ist, die grosze mehrzahl in iamben oder trochäen» und einen, nur
unvollständigen , trochäischen seplenar hattest du selbst in jenem verse
nicht nur früher mit Ribbeck angenommen, sondern lassest auch jetzt
noch die möglichkeit eines solclien offen, indem du vorschlägst: re7t-
gentem ied esse oportet^ sät religiösem nefas. CUV T€ bv* dpxo^^vui
— das wird sich auch hier wieder bewähren: schweiszen wir diese
deine fassung der ersten hälfte und meine oben für den Saturnier
unbrauchbar befundene der zweiten aneinander, so kommt folgender
tadellose septenar heraus, dem du hofTentlich einen platz in deinem neuen
texte gönnen wirst:
riUgeniem ted esse oportet^ religiosus ne fvtas*
Dresden. Alfred Fleokeissn.
Lucian MOller: sammelsurieii. 417
60.
SAMMELSURIEN.
(fortsetznng von Jahrgang 1867 8. 483—512. 783—806.)
LV. Zum dialogus de oratoribus des Tacitus. c. 11 ego autetn sicut
in causis agendis efficere aliguid et etuti fortasse possum^ üa recila-
Hone iragoediarum et ingredi famam auspicatus sum^ cum quidem in
Nerone impwobam et studiorum quoque Sacra profanantem Vaiinü po^
tentiam fregiy et hodie siquid [in\ nobis notitiae ac nominis est^ magis^
arbitror carminum quam orationum gloria partum, eine viel bespro-
chene , von manchen beinahe aufgegebene stelle, wir wollen versuchen
sie ins reine zu bringen , wozu wir erst die beiden landläufigen lesarten
resp. erldarungen beseitigen müssen, die meisten haben in Nerone als
den namen einer iragodie gefaszt, wo möglich derselben mit dem Dornt'
tius, obschon Nero bekanntlich nie zugleich Domitius Nero genannt wird
und genannt werden kann, diese ansieht nun verdient keine ernstliche
Widerlegung, schon aus dem gründe, weil es ebenso undenkbar ist dasz
die tragödie Domitius vel Nero geheiszen haben sollte, wie sie uomflglicb
Domitius Nero betitelt sein konnte, dazu kommt dasz es doch sehr ko-
misch wäre, wenn die freunde des Maternus sein stQck mit einem andern
namen als er selbst ihm gegenQber bezeichnet hatten, ferner war Nero,
als Vatinius in seiner gunst stand, moralisch schon so tief gesunken, dasK
es niemandem einfallen konnte, am wenigsten einem manne wie Maternus,
ihn bekehren zu wollen , und noch dazu durch ein so ätherisches mittei
wie eine erzählung seiner Jugendabenteuer und wunderbaren errettungen.
Maternus wäre dadurch nur dem Nero als einer aus der groszen schar
der Schmeichler erschienen, da ja Nero selbst die erzählung von de»
fabelhaften dracljen oft genug ihres nimbus entkleidet hat: unam
omnino anguem in cubiculo visam narrare solitus est, rechne
man dazu die Unmöglichkeit einen knaben von zehn bis zwölf jähren zur
hauptperson eines drama zu machen, endlich den argen verstosz gegen
die grammatik, da Tacitus notwendig Nerone als abl. instrnm. halte
schreiben müssen , und es bedarf keines weltern gegenbeweises.
Deshalb hat Johann Friedrich Gronov geschrieben in Neroniis^ was
andere umgemodelt haben zu Neroneis oder Neroneo; gleichfalls un»
glücklich, denn es könnte hier nur die zweite feier des bekannten von
Nero emgerichteten quinquennäle certamen gemeint sein, gefeiert im j.
66, insofern erst zwischen diesem und dem j. 61 Vatinius am hofe Neros
jene gewalt erlangte, die Tacitus XV 34 so classisch schildert, damals
aber war Nero schon so weit, dasz Maternus unmöglich mit ihm persön*
lieh etwas sich zu schaffen machen , unmöglich sich zum lobredner des
parricida mairis et sororis, auriga et histrio et incendiarius hergeben
konnte, oder sollte er wirklich mitgewirkt haben bei einem feste, wo
der Schwindel eines Cäsellius Bassus a vatibus oratoribusque praecipua
materia in laudem principis adsumpta esif denn so ist, meine ich,
XVI 2 nach den spuren der hs. absolut zu lesen ; obschon allmählich in
418 LudiA Müller: Sammelsurien.
der valgaU ab orataribusque die herscliaft gewonneo hat immöglicii
konolen die dichter bei den officiellen pninkreden jenes hofTestes in dem
-ceriamen musicum (Suet. Nero 12) fehlen, doch um auf das thema
zurückzukommen, sollte wirklich ein maun wie Maternus sich zur stalTage
^iner scenerie, wie sie Tacilus a. o. cap. 4 und 5 entwirft, hergegeben
iiaben? sollte er öffentlich sich einem Vaünius, sutrinae tabemae alum-
nuSy inter foedissima Neronis aulae ostenia^ zum Wettstreite gestellt
haben, zumal bei einer gelegenheit, wo nach der ganzen art jenes ludi-
^rum schon im voraus nur für die günstlinge des kaisers auf erfolg zu
vfechnen war? unmöglich, wir dürfen eine solche handlung nicht nach
^eigner Willkür einem manne, der den adel seiner gesinnung mit seinem
liiute besiegelt bat, beilegen.
Deshalb publiciere ich eine conjectur die ich schon seit 1858 im
tasten liegen habe , aus dem sie nur Einmal im sommer 1867 , als ich
den dialogus an hiesiger Universität erklärte , hervorgewandert ist. *) ich
-schreibe inperanie Nerone. auf welche weise Maternus durch eine tra-
gödie die schändliche und auch der Musen heiligtum entweihende madit
-des Vatlnius zum fall gebracht hat, können wir nach achtzehn jahrhun-
<ierten nicht mehr bestimmen , da er eben es nicht für nötig gehalten hat
seinen freunden, die alle um die sache wüsten, darüber noch weitem
^ufscblusz zu geben. Vermutungen sind billig, aber auch nach der natur
der sache gegenstandlos. nur bemerke ich, dasz die tragödie des Mater-
nus keine praetextata gewesen sein kann, wovon nachher, vermutlich
lialle Maternus iu seinem drama irgend eine komische figur der heroen-
weit, z. b. den Thersiles, an den Vatinius schon durch körperliche ge-
irechen {corpore deiorto Tac. XV 34) stark erinnerte, so sehr mit allen
•eigenschaften des Neronischen günstlings ausgestaltet, dasz Nero nolens
dolens sich genötigt sah seinem freunde den abschied zu geben, äbulkhe
tendenzdramen aus dem Sagenkreis der Griechen waren des Aemilius
Scaurus Atreus, wegen dessen ihn Macro denuncierte addiüs versibus
^ui in Tiberium flectereniur {ann, VI 35 [29]), und unseres Maternus
Thyesles. dasz dieser mit dem bezQgliclien , seinem titel nach unbekann-
ten stücke, durch welches er den einflusz des Vatinius brach, auch zu-
gleich eine andere tragödie dieses menschen , durch ihr thema, aber nicht
durch ihre behandlung der seinigen ähnlich, aus dem felde geschlagen
"iiabe , ist sehr probabel , aber doch nicht sicher, nur wird Maternus na-
türlich noch viel weniger in privaten zirkeln als bei dem ludus quin-
^uennaiis persönlich einem Vatinius gegenüber getreten sein.
*) in der eben erschienenen recognition des dialogos Ton Adolf
Michaelis finde ich die oben empfohlene lesart, die Michaelis in den
text gesetzt hat, hrn. professor Hanpt zugeschrieben, da ich diesem
gelehrten die bezügliche emendation vor zehn jähren, als wir im phi>
lologischeu seminar in Berlin die schrift des Tacitus interpretierten,
mitgeteilt habe, ohne dasz er mir, während er sie billigte, gleichwol
gesagt hätte, sie sei ihm ebenfalls in den sinn gekommen, so mnsz
«in misverständnis des neuesten heraosgebers zu gründe liegen, das
ich hiermit berichtigt haben will.
^Luclaa MQller: sammelsurien. 419
Doch um auf meiae conjectur zurflckzukommeu , man siebt wie er*
wQnscht die zeitbeslimman^ inperante Nerone als ergänzung zu ingredi
famam auspieatus sum und als gegensatz zum folgenden hodie dienl.
ein mann wie Maternus, der so viel gerade von seinem dichl^schen be-
ruf hielt, konnte kaum die zeit seines erstiingswerkes blosz durch er-
wfthnung einer so verachüichen und abgesehen von der vorübergehenden
gunst des Nero allgemein verachteten persönlichkeit deGnieren. ein lob
seines mutes (auf das es ihm hier übrigens gar nicht ankam] lag doch in
den Worten, denn daraus ergab sich eben deutlich dasz Maternus die tra-
gödie geschrieben hatte sub Nerone novissimis annis^ cum omne
^siudiorum genus paulo Uberius ei erectius periculosum servUus fecis$et
(Plinins episi. 111 5, 5).
Aber auch was die leichtigkeit der Änderung betrüft, kann inperante
«ich sehen lassen, entweder nemlich ist perante vor dem sehr ähnlichen
nerone ausgefallen, oder ein schläfriger abschreiber hat für inperante
gesetzt inp (vgl.Walthers lex. dipl. s. 172, 28), welche abkürzung man öfter
für inperatore (was hier zu ceremoniell klingen würde) antreffen kann.
Dasz der Domitius des Maternus gegen zehn jähre später als das
eben besprochene drama fiel und überhaupt der dichter von dem landläu-
^gen bearbeiten griechischer themen erst um die mitte von Vespasians
principat mit reiferen kräften zu der schwierigem, wenig behandelten
praetextata übergieng, kann nach dem zeugnis des dialogs keinem zweifei
unterliegen. Aper sagt cap. 3: adeo te tragoediae istae (d. h. die früher
geschriebenen) non satiant^ quo minus omissis orationum ei causarum
siudH$ omne iempus modo circa Medeam, ecce nunc circa Thyestem
€onsumas? cum te tot amicorum causae^ toi coloniarum et municipio-
rum clienielae in forum voceni^ quibus vix suffeceris^ etiam si
non novum tibi ipse negotium inporiasses^ Domitium et Catonem id est
nostras quoque historias et Romana nomina Graecorum fahulis aggre^
{fare. Maternus hat eben seinen freunden erzählt, er habe schon wieder
ein drama, diesmal aus den griechischen mythen, coucipiert. darauf ent-
gegnet Aper, ob er denn so wenig genug habe an seinen früheren arbei-
ten auf dem gebiete der gräcanischen tragödie, dasz er seine ganze kraft,
-wie vor kurzem der Medea , jetzt dem Thyestes widmen wolle , während
ihn (schon seit längerer zeit) so viele pflichten auf das foriim riefen,
denen er kaum würde genügen können, selbst wenn er nicht (zwischen
ausgäbe der Medea und ausarbeitung des Thyestes) sich eine neue auf-
gäbe gestellt hätte, nemlich die behandlung vaterländischer ihemen. neu
wird diese aufgäbe, was kaum bemerkt zu werden verdient, nicht genannt
in bezug auf des Maternus sachwalteramt oder als ob Maternus zuerst in
Rom praelextaten geschrieben hätte, sondern im gegensatz zu den von
ihm früher ausschlieszlich cultivierten griechischen objecten. man achte
au( aggregare. dasz es ferner unvernünftig sei dem Malernus vorzuwerfen,
er könne wegen der beschäfligung mit einer tragödie , die er allerspäte-
stens im j. 68 vollendet haben muste, im j. 75 sich nicht als redner
zeigen, leuchtet, denke ich, jedem ein. da ferner bekanntlich der Calo
die tragödie ist, die Maternus am tage vor dem besuch seiner freunde
420 Lucian Muller: Sammelsurien.
bekannt gemacht hat, die also später fällt als die Medea, Aper aber Domi-
tius und Calo als arbeilen verschiedenen genres und als neue geschäfte^
welche den Maternus auch nach Vollendung jenes Stückes an seinem baupt-
beruf (naih Apers meinung) hindern, bezeichnet : so musz die entstehung
des Domitius zwischen Medea und Cato fallen, modo darf man dabei nicht
zu sehr urgieren: es bedeutet hier nicht gerade 'eben' sondern einen
etwas weiter entfernten punct der Vergangenheit anderseits darf man
diesen nicht zu weit hinausschieben , etwa wie Livius und Cicero einen
Zeitraum von zwanzig, vierzig, siebenzig jähren durch modo bezeichnen,
die bearbeitung wenigstens von griechischen tragödien konnte, da hier re-
gelmäszig der Stoff, vielfach auch die dispositioa gegeben war, also nur
die metrische darstellung speciell dem dichter zufiel, fflr einen reichgebil-
delen mann des ersten jh. nach Ch. eine klelnigkeit, bei voller musze übri*
gens, unmöglich lange zeit in auspruch nehmen, auch wenn er nicht so
fingerfertig war wie Q. Cicero , der vier tragödien in sechzehn tagen zu-
sammenschrieb, zu beachten ist in dieser hinsieht eine steUe im dialogus
cap. 3 , fflr die dilettantische bescbäfligung der Römer mit dem ernsten
drama noch nicht gebflhrend gewflrdigt. dort sagt Matemus dasz er,
während er eben den Cato (zur probe) vorgelesen und die ausgäbe noch
nicht zum abschlusz gebracht hatte, gleichwol das concept und die dispo-
sition der neuen tragödie Thyesles bereits vollständig entworfen
habe {hanc enim tragoediam disposui tarn et intra me ipse formapt),
lieber die frage, ob man bei dem nationalen drama der Römer
lebende personen in die darstellung gezogen habe, was ich verneinen
zu mflssen glaube, ein andermal, hier bemerke ich nur, dasz es mir
rälhselhaft scheint, wie man je einen andern als den bekannten feind des
dictators Cäsar unter des Matemus Domitius hat verstehen können, sogar
wo möglich den alten bezwinger des gallischen königs Betuitus. man hat
eingewendet, jener Domitius sei kein fleckenloser Charakter gewesen (was
notabene der andiere ebenso wenig war), als ob es aber für die tragddie,
zumal die tendenziöse, darauf ankäme vollkommen reine männer zu achil-
dem und nicht vielmehr solche die energisch und oonsequent ein rich-
tiges princip vertreten, die kleinlichen geschichtohen ober ihr privalleben
sind dabei ganz indifferent, und dasz jener Domitius, der seine republi-
canische gesinnuug dem Cäsar gegenüber im leben wie im tode bethätigt
hat, sich zur verherlichung fflr einen mann der republicanischen Oppo-
sition der kaiserzeit eignete wie irgend einer, das kann nur verkennen,
wer nie den Lucanus gelesen hat, oder wer da meint dasz Cicero und
Malernus in ihrem Cato vielmehr den Privatmann als den politischen
gegner Cäsars geschildert haben, den Domitius hatte Materaus unzweifel-
haft gerade so dargestellt wie Lucanus, als den stolzen unbeugsamen
Vertreter und Verfechter der republik, der sich nur insoweit von dem
geistesverwandten Calo unterschied, als er noch saha liberiate [Phars.
Vil 602), dieser nach ihrem untergange den tod fand.
Cap. 26 quodque vix audilu fas esse deheai^ laudis ei gloriae et
ingenü loco plerique iactant caniari saltarigue commentarios suos.
unde qritur illa foeda et praepostera sed tamen frequens sicui his da
Lucian Muller: Sammelsurien. 421
€/ exclamaiio^ ut oratores nostri ienere dicerCy htsiriones diserte sal-
iare dicaniur. fQr das affenbar verderbte sicut . . et hat Michaelis nach
Orelli und Dryander sicut scitis clausula et geschrieben, wir wollen
zuerst sicut scitis betrachten, jeder wird mir zugeben, dasz dies dem
überlieferten sicut his nicht allzu nahe liegt ; wflrde es freilich vom ge-
danken erfordert, so hAtte ich nichts dagegen, auch wenn man z. b. aus
et machen wollte Constantinopolis. solches ist aber keineswegs der fall ;
vielmehr erscheint der zusatz sicut scitis , da ja die bezeichnung ut . .
dicantur eine häufige war (frequens)^ ganz matt und kahl, als ein zusatz
den man , wenn er überhaupt , etwa weil die von quodque . . dicantut
berichteten facta gar zu unglaublich erschienen, beigefügt werden sollte,
viebnehr schon nach plerique erwarten dürfte, die abkürzung cia für
clausula findet sich im vierzehnten und fünfzehnten jh. öfters; clausula
würde also , da nach Reifferscheids probabler Vermutung alle unsere ab-
Schriften des dialogus ans der copie des Henoch, nicht aus dem deutschen
archetypus selbst stammen , paläographisch sehr wol möglich sein , wenn
es nur einen sinn gewährte, solches ist aber keineswegs der fall, clau-
sula beiszt bekanntlich bei den rhetoren der schlusz eines satzes oder
einer periode, eines abschnittes in der rede, hier wird nun aber gar
nicht von irgend einem ausdruck der redner gesprochen (nur darauf
würde clausula allenfalls passen) — denn wie kann man im ernst glau-
ben, dasz die damaligen redner, deren Vollgefühl uns Aper c. 5—8 so
lebendig zeigt, den ausspruch histriones diserte saltant gebilligt hät-
ten? dasz jenes dictum über die redner nicht von den rednern ausge-
gangen ist, zeigt auch deutlich so nostri wie dicantur. vielmehr erwähnt
Messalla jenen ausspruch offenbar als ein bonmot der damaligen geist-
reichen gesellschaft , das, wie die meisten bonmots, incerto auclore (ver-
mutlich schon seit längerer zeit) umhergetragen wurde und eben nur in
den Worten bestand: oratores teuere dicunt^ histriones diserte saltant.
daraus ergibt sich dasz clausula unmöglich ist.
Die übrigen zahlreichen conjecturen übergehe ich, da sie teils zu
weit abliegen, teils abgeschmackt sind, teils beides zugleich, ich schreibe :
finde oritur illa foeda et praepostera sed tarnen frequens saeculo
(natürlich dativ) exclamatio usw. dasz diese conjeclor dem sinne nach
sehr gut passt , bedarf keines bewetses. jedem der in der silbernen lati-
nitäl bescheid weisz ist bekannt, dasz jene epoche von iliren scribenten
gerade mit rücksicht auf moralische oder cullurhistorische eigenheiten
vorzugsweise als saeculum bezeichnet wird, so oft eloquentia saeculi
(worüber man sehe Bernhardy röm. litt. s. 278 der 3n bearb.). so im
dialogus cap. 16 non . . inauditum . . saeculum nostrum patiar . .
damnari (in bezqg auf beredsamkeit). cap. 24 quo torrente^ quo impetu
saeculum nostrum defendit! hist, I 3 non tamen adeo virtutum sterile
saeculum, es bleibt mir nur noch übrig zu zeigen, dasz auch der
{iberlieferung nach meine conjectur am nächsten liegt, zunächst ist et
weiter nichts als eine sog. dittographle des folgenden exclamatio^ wie
Jihnliche sich in unserm dialogus oft finden : z. b. cap. 5 et ego enim für
ego enim, cap. 8 inteüegit et für intellegit, gerade bei folgendem ex
424 Lucian Mdller: sammelsurieo.
aus dem gebrauch später zeit die formen ianslrix usw. beigefdgl hat,
folgt teils aus dem umstand dasz er die Spracheigentümlichkeiten der
gegenwart immer mit bestimmter hezeichnung dieser einführt , teils dar-
aus dasz jene heispiele wol überhaupt sich nur bei den altern lateinischen
autoren nachweisen lassen, wie denn so harte anhäufungen von conso-
nanten im dritten jh. nach Ch. nicht mehr denitbar sind, übrigens sagte
Cornelius Severus successor für suceestrix (Charislus s. 86).
Nonius s. 150 perperos^ indoctos stulios rudis (das folgende et
fehlt im Bamb. und Leid. Q. 116) tnendaces, lies mendosos.
Derselbe s. 206 fidmeniutn . . feminino Lueilius . . Hb, IUI *sucii
huic fuldum^ fulmenias quattuor addit* von den versuchten besserun-
gen kommt nur in betracht des Salmasius subicit huic fulcrum^ so zwar
dasz ich subicit acceptiere , fulcrum aber mit protest zurückweise, denn
'welcher verständige dichter, geschweige gar Lueilius, wird eine so
lästige Umschreibung brauchen : *er bringt eine stütze darunter an und
fQgt vier stützen dazu'? ich schreibe subicü huic soldum: *er gibt ihm
einen festen boden und fügt vier stützen dazu.' worauf huic geht, kann
man natürlich nicht wissen, vermutlich auf eine bettstelte; d^ch gestattet
€8 vieinillige deutung. wer die grosze ähniichkeit von $ und f und die
zahllosen vertauschungen von u und o im stamme berücksichtigt, wird
gesteheu dasz meine conjectur im wesentlichen die Überlieferung reprä-
sentiert, soldius gebraucht , vermutlich in nachfolge des Lueilius , Horaz
in seinen satiren, Lueilius sicher ardui, cäldus^ frigdaria{äe re m.s. 366).
Nonius s. 495 accusativus • . pro genetivo . . Varro papiapapae
^sqI iynmfuav: ^omi optanii ministerio inviduum tabes.* daraus ist ge-
macht: omni opstani in tn. invidum tabes. ich habe de re m. s. 415
diese worte zu einem trimeter scazon gemacht , und meine behauptung
wird kaum auf Widerspruch stoszen, da man anders nicht einsieht,
warum Varro in prosa den ganz vereinzelt dastehenden genetiv intidum
gehraucht haben sollte, schwere bedenken aber hat ministerio. zunächst
€in metrisches, die cäsur ist in diesem verse nacli der vierten thesis;
dadurch käme sie aber, was bei Varro kaum zu dulden, hinter einen
dactylus zu stehen, wodurch der rythmus des verses gerade an einer
entscheidenden stelle stark beeinträchtigt wird, zweitens misfällt mir
der gedanke. hätte Varro gemeint, dasz bei jedem geschäfte uns invidum
tabes entgegenständen , so* würde er eben nicht tabes gebraucht haben,
sondern einen ausdruck der eine thätige äuszerung der inmdia bezeich-
nete, nicht jenes heimliche, passive brüten und grübeln, das dem be-
neideten ganz gleichgültig sein kann, aber auch handschriftlich ist mi-
nisterio nicht ganz sicher; die beiden Leidener hss. geben mimstero^
und in der Bamberger ist in ministerio das letzte t unterpunctiert ich
meine dasz ursprünglich überliefert war mistero , und das übergeschrie-
bene f dann am unrechten platz auf die erde gekommen ist. danach müstc
man lesen :
omni öpstant in mystSrio invidüm tabes.
jeder wird mir zugeben dasz für den stillen neid, entsprungen aus dem
versteckten ärger über geheimnisse anderer, die man gern wissen möclite
Luciao Müller: Sammelsurien. 425
oder die man durch anonyme ohrenbläsereien und klatschereien zu er-
fahren, bezüglich zu verbreiten versucht, tabes ganz vortrefflich passt.
so wird auch bei Ovidius met 11 752 f. die Agiauros, die ein geheimnis
der Minerva belauscht hatte , mit dem neide bestraft, dort heiszt es von
der göttin des neides und ihrem verbissenen Srger, wenn sie glückliche
menschen sieht: sed videt ingratos iniabescitque videndo successus
hominum. und gleich nachher von der in heimlichem neide hinsterben-
den Agiauros: leniaque miserrima iahe liquitur. mysterium sclion
hei Luciiius XXVI 2 der letzten ausgäbe.
Nonius s. 498 genetivus positus pro ablativo . . LuciUus saty ra-
mm Üb. VI: ^hortare [hortareit) ülorum si possim capisotiru' so,
capisoiin\ mein Leidensis und sein alter ego der Bambergensis. ich
schreibe copis (d. h. copi') poiiri (potiri mit Dousa). vgl. Turpilius, der
auch 651 -starb, bei Nonius s. 84, 21 ie quidem omnium pater iam cO"
petn causarum facit,
Nonius s. 527 inpotentiam eiiatn poteniiam auctoritas dedit, Si-
senna hisL Hb. JII: ^sublatus laeUUa ninUa atque inpolenüa conmotus
animi.^ wer sollte wol in diesen Worten eine Verderbnis vermuten? und
doch ist sie über jeden zweifei erhaben, denn anmöglich konnte Nonius
inpoteniia durch potentia erklären, wenn er in seinen excerpten animi
hinter commotus fand, es liegt auszerhalb des denkbaren, dasz ein Römer
die bedeutung von inpoteniia animi nicht gewust, dasz ihm selbst in
diesem falle conmotus nicht die äugen geöffnet h&tte, ganz abgesehen von
dem umstände dasz der aasdruck potentia anhni = 'geistige macht' wol
in das gebiet des kfichenlateins zu verweisen ist. animi ist wiederholt
aift dem eine zeile früher stehenden laelilianimia. der Schreiber des
archetypus war von dem einen a auf das nächste gesprungen ; so kam
animi an den rand und zweimal in den tezt. der fehler des Nonius ist
derselbe wie s. 129 u» inpoiens, valde potens: Cicero Tusculanarum
Jib, V: ^qui nihil metuani^ nihil agant^ nihil concupiscaniy nuUa inpO'
ientia ecferantur.*
Nonius s. 129 inpuno^ quod esi inpudens. Luciiius lib. II: ^homo
inpuratus et inpuno est rapisier,' sinn und metrum erfordern estque.
dasz dieselbe stelle gemeint sei s. 167, wo unter rapinatores nach einem
beispiel des Varro folgt: Luciiius Hb. II: ^homo inpudicus et inpune est
rapinator^^ glaube ich mit den früheren, nur bin ich nicht geneigt an
diesem orte einen irtum des Nonius anzunehmen, sondern denke dasz
auch hier zu lesen sei rapister. als der grammatiker das ungewöhnliche
rapinator mit einem citat aus Varro belegt hatte, fiel ihm ein dasz auch
rapister sich finde für raptor^ und er fügte den darauf bezüglichen be-
weis ohne weitere Umschweife hinzu, ähnliche nachlässigkeiten finden
sich zu dutzenden bei Nonius und weit auffallendere, man vgl. s. 487 u.
Argus und 87 u. copiantur, diese art des citierens haben die abschreiber
hier wie anderweit bei Nonius durch interpolation getrübt.
Nonius s. 352 numerum . . numero significat cito . . Turpilius
Demetrio : ^numquam nimis numero quemquam vidi facere^ quam fato
{facto die ausgaben) est opus.* Ich begreife nicht wie Ribbeck nimis hat
Jahrbuchw fUr cIms. phUol. 1868 hfU6. 28
426 Lucian Muller: Sammelsurien.
streichen können, wodurch eine colossale Übertreibung herauskommt,
ebenso wenig verstehe ich quam und schreibe quam (die häufige Ver-
wechselung beider worte bedarf wol heutzutage keines belegs):
numqudm nim€ numero quimquam vidi fdcere^ quam
factdsi opus.
bekannt ist des Sallustius übt consulueris ^ maiure facto opus est. der
genannte gelehrte bezieht sich auf NAvius bei Festus s. 170 M. (ine. trag.
IX) : neminem vidi qui numero {numero = nimium) sdret quam quo
sciio opusi. allein auch hier ist quam nicht wol verständlich und ohne
begründung seitens der hs. , die vielmehr bietet sdret quique seit id est
opus^ woraus wir ebenso leicht machen können qum scito est opus oder
auch meinetwegen qum quo scito opust^ so dasz id (ursprünglich wol -i-)
est über opust gestanden hätte.
Nonius s. 160 petigo (vgl. auch s. 125, 31) . . Lucüius Hb. XXX:
Unluvies Scabies oculos huic denique petigo conscendere.* In diesem
fragment, von Gerlach übergangen (wie schon Bouterwek quaest. Luc
s. 4 bemerkt hat, wogegen parce für serva aus Servius zu Jen. X 532,
dessen B. s. 19 gedenkt, sich schon, freilich an einem ganz ungehörigen
orte, bei dem Baseler editor findet s. 123, vgl. auch s. 94, 111), haben
die gelehrten nach Fruterius geschrieben deque petigo. ich kann das nicht
billigen, abgesehen von dem zeugnis des Nonius, der in dem alphabeti-
schen capitei II die stelle zum beleg für petigo anführt, ist auch eine
solche composition, depetigo aus de und petigo^ sprachwidrig, sie wäre
nur möglich, wenn depetere ein classisciies verbum wäre, dies kommt
aber zuerst bei Tertullianus vor. im lemma bei Gellius XVU 9 sieht jetzt
ex veiere historia petitis. auch entspricht der bedeutung des krank-
haften zustandes, der durch petigo ausgedrückt wird, gar nicht die Zu-
sammensetzung mit de. für depetigo depetigiosus sieht nichts siche-
res ein als die sehr magere autorilät der glossen des Cyrillus. idi bin
deshalb nicht geneigt ein solches wort einem classiker wie Lucilius zu
imputieren, sondern meine dasz zu schreiben sei entweder inque petigo
(denn inpetigo ist ein gutes wort) oder noch besser deinque petigo. um-
gekehrt wird s. 521, 2 dein quae überliefert für denique. übrigens geht
unser vers wie XXX 76 tritum et corrupium scabie et porriginf ple-
num, in dessen nähe er wol stand, auf einen räudigen köter. auf eben
denselben oder einen ähnlichen vierfüszler bezieht sich XXX 25. ebenso
ist tritos (denn tritum habe ich erst bei Lucilius hergestellt) wol mit
recht eingesetzt worden in dem vers des Pomponius in placenta s. 209
u. intiba:
rustici edunt libenter pedibus tristis alros intibos.
denn wir haben einen trocbäischen tetrameter vor uns. Ribbeck teilt die
Worte iambisch , weshalb er pedibus hinauswirft, allerdings geht pedi-
bus vorher in dem fragment des Lucilius intibu* praeterea pedibus prae-
tensus equinis^ allein getrennt durch viertehalb zeilen, wodurch die mög-
tichkeit der ungehörigen Wiederholung dieses wortes viel von ihrer pro-
babilität verliert, da ähnliches einschleichen sich sonst bei Nonius meist
nur im teite der zunächst voranstehenden oder direct nachfolgenden zeile.
Lucian Maller: Sammelsurien. 427
unter solcher bedingung freilich weit mehr als hundert mal nachweisen
läszt. daher ziehe ich mit Munk iritos vor, obwol ich nicht verschweigen
will, dasz mir in den sinn gekommen ist pistos, was sich durch die aliit-
teration empOehlt. so Ennius pinsunt terram genibus und cubiiis pinsi'
bant humum ^ und Pomponius selbst cum mierim neque tnalis molui
neque pdlatis pinsui.
Bei dieser gelegenheit fällt mir der vers eines andern Atellanen-
dichters (Aprissius soll er heiszen) ins gedSchtnis, dem gleichfalls un-
recht geschehen ist. Varro s. 244 Sp. ui quiriiare urbanorum (unsinn,
ich komme gleich darauf zu sprechen) , sie iubilare rusticorum. iiaque
hos imitans Aprissius ait:
io bücco! — quis me iitbilat? — vidnüs tuus
antiquus,
so der neueste herausgeber. unmöglich: denn weder kann lo, das ja einen
naturlaut wiedergibt, pyrrichisch gebraucht werden, noch gar iübilo das u
verkürzen (teils der gebrauch der autoren zeugt dagegen , teils derselbe
grund der die zweite in io nicht verkürzen laszt). man musz schreiben:
io!
bücco! — quis me iübilalT — vicinus aniiquüs tuus.
dasz die interjectionen im griechischen und römischen drama auszerhalb
des metrums zu stehen lieben ist bekannt, abgeschmackt sagt Varro a. o.
und nach ihm Nonius s. 21, quiritare komme von Quiris: tracium ab
eis qui Quirites invocant, wSre dies richtig , so würde es in der edlen
spräche mehr gebräuchlich sein, von den alten historikern gebraucht das
wort nur Livios. bei Tacitus ann» XVI 34 steht jetzt öberall richtig
flentes queriiantesque, auch in des Piinius panegyricus c. 29 ist durch-
aus vorzuziehen die lesart der filtern ausgaben frustra queriiantibus so-
ciis. beide verba sind auch sonst verwechselt quiritare ist der naturlaut
des ebers, wie die mittelalterlichen glossarien bei ReilTerscheid Suetoni
reliquiae s. 248 if. übereinstimmend bezeugen, dasz In dem aus gleicher
quelle geflossenen gedieht ebd. s. 308 (Meyer anth. lat. 253) quiritat mit
langer erster steht (quirritai der Monacensis 14505 und mehrere aus-
gaben), kommt freilich nicht in betracht für meine bemerkung, da jenes
product aus der zeit des Aldhelinus und Beda oder gar der Karolinger
von dicken prosodischen Schnitzern wimmelt, dazu auch Lucilius die erste
verkürzt, aber die sache bedarf keines weitern beweises.
Dabei fallt mir noch etwas anderes ein. es ist bekannt dasz der
dichter Laberi US, als Cäsar schon die herschaft inne hatte, diesen durch
bissige anspielungen in den hämisch jagte, wofür ihn der dictator be-
kanntlich auf eine seiner genialität nicht eben würdige weise gestraft
bat. als Laberius genötigt war öffentlich aufzutreten, rächte er sich da-
durch , dasz er in dem bezüglichen mimus einen sklaven (Syrus, wie auch
sein litterarischer nebenbuhler hiesz) auftreten liesz , der sich plötzlich
auf die bühne stürzte mit dem geschrei: porro Quirites! libertatem
perdimus^ ich finde bei dieser stelle nicht angegeben , was doch bemer-
kenswerth ist, dasz nach dem zeugnis des Tertullianus s. 878 der kleine-
ren ausgäbe Oeblers, wie fidem Caesaris der allgemeine hülferuf bei
28*
428 Ludan Möller: sammelsiirieB.
jc^kr verjewalti^nog, so perro QuiriUs noch so zo sagea die stereotype
joflonleriuig zum Tolksanflaof war.
fin bisber nicht in die bezäglicbeB samlongen aofgenommeoes frag-
ment dner eomadie (Temiatiidi einer togata oder Atellana) steht bei
Varro de vUa p. R. badi I (Nonius a. 21 n. cermuts): eüam peüis
Intbulas oUo perfusas percurrebant üriqve eernuäbofU: a quo ÜU
versus vetus est in earmmäms:
ibi pasiares lüdas fackaU e&rus amsuälia.
Um noch einmal aof qmrüo zu kommen, denselben fdiler der ab-
leitnng begeht Nonios s. 31 mit irrUare (denn so bat er natürlich ge-
schrieben), indem er es von irrire^ alias hirrire ableitet (vgl. auch Donal
zu Ter. Andr, II 4, 18), einem worte das er wie Pestus als expectoration
gereizter bände bezeicbnet, während es in den genannten glossarien, so-
weit es erwähnt ist (so besonders in dem mehrfach separatim abgeschrie-
benen Terzeichnis des Aldhelmos), Tielmefar der hyäne beigelegt winL
natfiriich ist jene ableitung, wie immer, verkehrt, teils weil die alten
handschrilten weit öfter tnriio bieten als irrito^ wonach das wort als
compositom, doch wo! mit rite zusammengehörig, erscheint, teils weil
dem sinne nach ein ursprang des transitiven irrüo von dem intransitirum
irrio nicht wol denkbar erscheint.
Nonius s. 111 u. fluctuatim. Aframus pompa:
terU tu. in medio näntost, magnifici voto
ftuctdtim ire ad Hlum. aecipite hoc^ tege tu et sitstine,
so, fluctatim^ richtig Ribbeck s. 165, wie derselbe fluctanti bei Varro
s. 390 des Nonius u. severum, aber was soll aecipite^ die Situation
ist doch die, dasz der redende, ▼ermutlich auf der Strasse, remotis arbi-
tris einen bekannten anruft, er solle ^stehen bleiben (so öfter tene bei den
comikem), um ihm irgend ein packet, vielleicht mit einem unliebsamen
Inhalt, bis jener seine visite abgestattet hätte, zu halten und zwar mög-
lichst verborgen, dasz er nur einem diesen auftrag gibt, erhellt auch noch
zur genOge aus tege tu et susdne, also schreibe ich accipito hoc. so,
doch bedarf es keiner beispiele, Lucilius coicito te iniro ac bono animo es.
Nonius s. 322 u. insolens. Accius Diomede: Uta effletu ei tene-
bris obstinatus speciem amissi luminis conspicient insolentiam* mit
recht hat man längst geschrieben fletu^ amisi^ conspiciendi^ insolenUa.
abgeschmackt aber bleibt speciem^ ohne sinn, das bedarf keines beweises.
ich schreibe sperem:
iia flelu ei tenebris obstinatus Sparern amisi luminis
conspiciendi insoläntia,
da noch Varro speribus gesagt hat , bedarf dies wort fQr Accius keiner
entschuldigung. fletu et tenebris fasse ich als daliv, wie sonst obstinatus
mit ad construiert wird, doch kann man auch das adjectivum absolut
verstehen , bezfiglich auf die langdauernde trauer des alten , von der, wie
iia andeutet , schon im vorhergehenden die rede war.
Nonius s. 294 u. evadere, Sisenna hisioriarum Üb. IUI: ^cohors
una possim concitata qua murus erat interruplus evadit,* vielmehr
''oncitato^ oder allenfalls kann concitata bleiben.
Lucian Muller: sammelsurieD. 429
NoDius 8. 312 u. foeium, Varro de viia p, R. Hb, II: *mensae
anteponebaniur cum culigna ac vino. in quoque veniehant ad foetam
amicae gratulatum^ dis mdctabani* vielmehr hinc^ quom quae veniehant
ad fetam amicam gr.^ d. m.
Nonius s. 3Q5 u. fama. Turpilius Paedio:
quaiso omitte ac desere hanc
meretricem^ quae ie sSmel ui nactast sSmper siuduii perdere
detegere despolidre opplereque ddeo fama ac flägitis,
semel verstehe ich nicht, zumal im gegensatz zu semper^ vermutlich
simul , vermittelt durch semol.
Nonius s. 416 u. vesci. Accius armorum iudicio:
sed Ha Achilli armis inclutis vesci siudei ,
ui cuncta opima levia prae Ulis putet,
um die lücke des zweiten verses auszurollen, hat Hermann tarn eingescho*
ben , was matt ist. man schreibe mit beifügung ^ines buchstaben Ulius.
Nonius s. 117 u. gangrena. Varro n€Ql l^ayooy^ff ; ^non vitupera-
mus^ cum sciamus dictum praecidi oportere^ si ob eam rem gangrena
non Sit ad bracchium Ventura.* die syncope von digitus scheint demnach
doch nicht so unlateinisch zu sein als es Lachmann geglaubt hat zu Lucr.
s. 412. freilich digtus ist barbarisch; aber darum handelt es sich auch
nicht, so im pervigilium Veneris perviclanda. vgl. auch Catullus 66,73.
Ein neues fragment eines scenikers, vermutlich comikers. Nonius
s. 186, 10 vinnulum sensi locum^ id est inlecebrum (lies inlecebram).
Plautus asinaria : ^compellando blanditer^ osculando^ oratione vinnula^
venusta,* hier bildet vinnulum sensi locum die zweite hfllfte eines iro-
cbSischen septenarius oder iambischen senarius: denn dasz die worle
nicht dem Nonius selbst gehören, bedarf für den der Nonius kennt keines
beweises. vielmehr haben wir hier den fall, der s. 68 u. abstemius^ s. 64
u.proluvium und anderweil vorkommt, dasz das lemma mit der paraphrase
ausgefallen war vor einer der belegslellen wegen des ähnlichen anfangs.
Nonius s. 67 prosapies^ generis longitudo^ dicta a prosupando aut
proserendo. Cato originum lib. I: ^veteres prosapia et multa alia apud
multosJ* mit recht hat Jordan in seinen fragmenten des Galo s. 9 veteris
prosapiae gesetzt, teils weil dies an sich der sinn erfordert, teils wegen
der nachahmung des Salluslius de bello lug. 85, 10 hominem veteris
prosapiae. es verdient aber beachtung , dasz Nonius prosapies citierl,
wonach Cato zweifellos prosapie geschrieben haben wird; vermutlich
auch (denn die hss. kommen hier nicht in betracht) Salluslius. danach
kommen worte des Nonius: et multa ialia apud multos. so heiszl es am
ende der zuerst von mir emendierten stelle des Eurysaces von Accius
(man sehe mein buch s. 443) : et multi talia , sei aliquando variata ge-
neribus (nemlich verborum), Nonius meint (s. 445), der von ihm hinge-
stellte unterschied zwischen miserari und misereri komme in vielen bei-
spielen vor, aber zuweilen so dasz statt der deponenlialen vielmehr die
activen formen misero misereo gefunden würden, wie unrecht es sei
diese worte, was bis zur neuesten zeit beliebt hat, zu einem trimeter des
Accius zu pressen, habe ich a. o. bemerkt, dagegen haben Gerlach und
430 Luciao Hüller: Sammelsurien.
Roth nicht mit recht dem Nonius zugeteilt , was offenbar dem Varro ge-
lidrt, s. 67 u. proletani: Varro de viia popuH Rom. Hb, I: ^quibus erat
[erani] pecuniae satis^ assiduos [locupletis Msiduos]; contrarios pro-
leiarios, assiduom -n* (d. i. enim) neminem dici volueruni n (d. i. nisi)
locupleiem [assiduo neminem vindicem voluerunt locupleti]. Nonius liam
CS hier, wie das lemma zeigt, nur auf proletarius an, er halte gar lieinen
grund eine eriilSrung von assiduus zu geben, wol aber war dieser für
Varro vorhanden: denn er spricht von dem census des Servius und von der
bezeichnung der eigentlich am Icriegsdienste usw. beteiligten als assidui^
im gegensalz zu der firmem classe, die davon in der regel befreit war.
daraus ergibt sich auch, dasz locupletis hinter satis aus dem zwei zeilen
später folgenden locupleii entstanden ist. denn die bezeichnung locuple-
ies (ür die bevorzugten classen des Servianischen census kommt sonst
nicht vor, und auch die erklärung von assiduus^ wie sie Varro seiner so
oft wiederkehrenden gewohnheit gem&sz nachtrSglich beifügt, weist dar-
auf hin, dasz vorher von locuples noch nicht die rede gewesen war.
unter proletarius versteht er hier nicht blosz die eigentlich so genannten,
sondern alle die nicht assidui sind, so auch in den zwölf tafeln bei Gel-
lius XVI 10, 5.
Nonius s. 225 u. squalor. Accius Eurysace: *pro di inmortales,
speciem humanam inusitatam egregiam indignam clade et squalitu-
dine.* mit inusitatam^ das ohne sinn ist, hat man mehrfache experimenle
gemacht. Bothe schreibt invisito tam^ vortrefflich dem sinne nach, nur
deshalb minder zu empfehlen, weil es zweier Änderungen bedurft hat um
zum ziele zu gelangen, bei Ribbeck steht invisitatam^ nicht richtig, da
erstens so das verbum fehlt, zweitens kein vers herauskommt, drittens
die bezeichnung invisitatam wenig zu dem folgenden passt war jene
menschliche gestalt wirklich von so vorteilhaften qualitSten , wie sie nie
zuvor gesehen waren, so fallen die folgenden bezeichnungen dagegen sehr
ab. vermutlich stand im archetypus usitatam, also :
pro di inmortales , speciem humanam visita
tam egregiam , indignam cldde et squalitüdine,
tarn ist sehr passend hinzugefügt, um die aufmerksamkeit des angerede-
ten in höherem grade anzuregen.
Nonius s. 166 u. ruspari. Accius nyctegresia (anderweit mehrfach
nectegresia^ wie die glossarien necticorax^ hier s. 150, 22 Naevius
amnagremnuntius usw.; vgl. Ribbeck in diesen jahrb. 1857 s. 317):
' iuve nunc adtemptare , iuve nunc anime (so richtig Ribbeck) ruspari
Phrygas* ich kann hier mit Fleckeisens meinung , der iuve verlheidigt,
nicht übereinstimmen : denn es scheint mir unmöglich , dasz jemand sei-
nem gelste befiehlt, dieser möge ihm etwas befehlen.*) in diesem falle
*) [ich habe übrigens dieses iuve nicht =3 iuhe genommen, wie oben
vorausgesetzt wird, sondern = iufta — in der haaptsache also ganz mit
Janus Qebhard übereinstimmend — indem ich für iuvare dieselbe bete-
rociisis annahm die für lavare darch dutzende von beispielen bezeugt
iot. jetzt halte Ich daran allerdings nicht mehr fest. A. F.]
Lucian Muller: Sammelsurien. 431
wäre' es ja weit einfacher alsbald ohne einen solchen gedo'ppelteo befehl
das erwünschte auszuführen, ohne zweifei war Fleckeisen und mit ihm
Ribbeck entgangen, dasz beidemal n nach iuve folgt ; sonst hatten sie wol
selbst das richtige gefunden :
ifiben nunc adtemptdre^ iuben nunc, dnime ^ ruspari Phrygas?
der ausdruck , dessen sich Diomedes oder Ulizes bedient , ist wie vieles
bei den römischen tragikem aus Homer entlehnt, bekannt sind bei die-
sem OufAÖc dvurfet, 6u^öc dirotpuvet, BujLiöc KcXcuet. iuben pyrri-
chisch wie viden und in gleicher weise entstanden wie dies und vin,
auch rogan^ abin u. i. ad vocem viden, bei Nonius s. 466, 29. 504, 15
ist zu lesen: Afranius suspecta: * viden Idvere lacrimis mS tuum cottüm,
paterV videni, was die meisten hss. an beiden stellen bieten, flbrigens
längst gebessert, verdankt sein Scheindasein eben nur dem bekannten pen-
chant der Schreiber formen , die sie nicht verstanden , durch ge1äu6gere
zu ersetzen, so steht auch s. 472, 21 im Bamb. und Leid, vident für
viden, sehr Abel bat man aber gethan an dem ut nach vident, das s. 466
die hss. mit ausnähme einer interpolierten (diese gibt richtig viden lavere)
darbieten , herumzuklflgeln. ut ist wiederholt aus dem eine zeile früher
stehenden paier ut cruore laveret ararum aggeres.
Dasz in der römischen tragödie bacchien gebraucht seien, behauptet
G. Hermann elem. d. m. s. 295. er bringt aber kein beispiel bei als das
folgende aus Hectoris lusira (Nonius s. 489, 29) : quid hoc hie clamoris,
quid iumulU est? nomen qui usurpat meum? dies verbindet er mit
einem fragment dieser tragödie bei demselben grammatikcr s. 490, 7
^uid in castris sirepiti est? um folgende bacchien zu geben:
quid hoc hie clamöris? quid höc hie tumülti est?
nomen qui usurpat meum? quid in castris stripUi est?
er hätte das sehr überflüssige zwl^ite hoc hie und die bacchien sparen
können (v. 303 — 306 R. scheinen sich allerdings solche bei Ennius zu
finden), wenn er so scaudiert hätte :
quid hoc hie clamöris, quid tumultist? nomen qui usurpat
meum ?
gehört wirklich das folgende zu diesem octonar, so musz es ebenso scan-
diert werden:
quid in castris strepitist?
doch scheint mir dies sehr problematisch, da hie vielmehr darauf hin-
weist dasz, als der redende jene zeile sprach, abgesehen von seinem zelte
im lager überalt ruhe war.
Nonius s. 524 u. turbam, Accius stasiastis vel iropaeo: ^non vides
quam turbam, quantos vel fluctus concitesf für quantos vel schreibt
Mercier quosve, ich, indem ich einen apex verdopple und einen hinzu-
füge, quantos velli:
nön vides quam turbam, quantos belli fluctus cöncites?
Nonius s. 515 u. saniter. Afranius Megalensibus : ^adesto adsentio
ie non amare me adorate ac saniter J^ adesto scheint Ribbeck aus einer
'dittographie' des folgenden adsentio entstanden zu sein; man musz aber
mit ^diltographieu' und ähnlichen kunstslücken keinen misbrauch treiben.
432 Lucian Müller: sammelsuhen.
vielmehr ist tidesto mit Neukirch zu fassen = at esio^ und danach musz
man das folgende dem zweiten der beiden liebenden in den mund legen.
€U esio gibt die enlgegnung auf einen einwand wegen angeblich dem ver-
hflltnis drohender gefahren, der ladel der in den Worten a (so richtig
Ribbeck) seniio usw. ausgesprochen wird, geht darauf dasz der frühere
Sprecher die ganze Situation zu leicht nimt. noch ist adorate ohne sinn,
das bedarf keines beweises ; zu schreiben (denn cordaie liegt zu weit ab)
adcorate = ^mit vorsieht, mit behutsamkeit% wie öfter:
ai esio. — a säntio
ie nön amare me dccuraie ac sdniter.
Nonius s. 508 u. poteralur. Quadrigarius annali Itb. 111: *ade<^
memorari vix poiestur , ut omnes sitnul suum guisgue negotium adorit
essenU^ ich sehe nichl wie hier die consecutio lemporum zurecht kommt^
und setze adortei Stent, bekanntlich verstatlei noch Cicero den prosai-
kern seiner zeit nach belieben sit oder stet zu gebrauchen {or. 47, 157}.
Nonius s. 406 u. iandem, iandem significat et tarnen. Titinius in
gemina : ^sin foma odio sunt , iandem ui moribus placeam viro.' hier
haben wir ohne zweifei eine notiz aus guter alter quelle vor uns: denn
Nonius selbst würde nimmermehr auf eine so seltene bedeutung von tan»
dem wie in dem quadratus des Titinius verfallen sein, in der vulgata
aber, die nur forma corrigiert und das übrige unverändert Ifiszt, kommt
weder metrum noch sinn aus: es musz vor tandem ein concessiver ge-
danke gestanden haben, und Nonius pflegt nicht verse denen ein halber
fusz fehlt zu citieren. endlich ist es denn doch stark, wenn die spre-
chende selbst meint, sie erwecke durch ihre gestalt den hasz des mannes.
man schreibe:
sine forma odiosd sim , tandem ut moribus placeam viro,
statt forma möglicherweise auch fanäl: das läszt sich nicht entscheiden,
'lasz mich immerhin von hSszilcher gestalt (gehässigem leumund) sein,
falls ich nur durch meinen Charakter meinem manne gefalle' sagt die
sprechende, vermutlich zu ihrer zwillingsschwester.
Ich wies vorhin Hermanns meinung zurück , dasz Accius bacchien
gebraucht hätte, deshalb vermute ich dasz die bacchien, die Pseudocenso-
rinus s. 98 (Jahn) als beispiel anführt (ine. iuc. fab. 238) : amieos ad Jianc
rem volens advocaho (die hss. si voles und advoca; es folgt bacchias)^
falls wirklich einem dichter, keinem tragiker angehören, ebenso wenig
darf man einem solchen vindicieren die Irimeter (ine. Inc. fab. 38. 242)
Martern fatigai prodigus vitae furor.
micant nitore tecta sublimi aurea ,
deren ersten (gebildet aus Hör. carm, I 12, 37. 38. Ov. am, III 9, 64}
Ribbeck s. 349 nicht abgeneigt ist einer Situation des Paullus von Pacu-
vius beizulegen, beide sind von Servius gleich allen beispielen des centi-
roeter erfunden, wie schon gelegentlich von mir bemerkt worden ist.
hätte Servius seine beispiele dichtem entnommen, so wäre manche
dummheit von ihm vermieden worden.
Ebenso ist zu streichen aus den fragmenten der tragödie der vers
(ine. ine. fab. 42) haec beVicosus cui paler ^ maier cluet Minerva \ aus
Lucian Müller: saaimelsurien. 43S
dem einfachen gründe, weil die römischen tragiker in vollster uberein*
Stimmung mit den griechischen iambische septenare meiden, ebenso
wenig lassen sich bei ihnen anapflstische tetrameter nachweisen; also
sind gleichfalls erfunden von Pseudocensorinus die folgenden verse (ine.
ine. fab. 182. 183)
axena ponii per freta Colchos denique delatus adhaesi.
orte beato lumine , volitans qui per caelum candidus equiias^
dies föhrt mich auf die frage , wie weit wol der in rede stehende anony-
mus seine beispiele aus dichtem genommen oder vielmehr sie fingiert
habe, zumal, wie so oft all« melriker, bei seltneren versmaszen. dasz er
solcher erfindung principiell nicht abgeneigt war, bezeugt er s. 99 f.,.
wo er mit dem nicht ungewöhnlichen kunststOcIc der epiploce aus den
früher citierten paradigmen neue schmiedet.
Sicher ist es dasz er aus folgenden dactylikern beispiele anführt :
Galullus, Ennius, Horatius, Lucretius, Lucanus, Vergilius. dem Acciu»
gehört was er s. 94 als muster des altern tragischen* trimeters citiert:
Aquilonis Stridor geUdas moliiur nives. ein wahres argumentum ad
hominem, denn der vers enthalt nur ^inen iambus. aus demselben Accius-
ist wol auch genommen (vgl. v. 540Bibbeck), obschon vielleicht nicht
ohne Veränderung, der vorhergebende vers pro veste pinnis membra
textis contegit^ als beispiel des trimeter tragicus der tragödie der kaiser-
zeit, d. h. wie solche die Augusteischen und spateren dichter zwar nicht
immer gemacht haben, aber doch immer gemacht zu haben wünschten r
man sehe mein buch s. 148. lu verwundern wäre es freilich nicht, wenn
bei Accius, dem gefeiltesten der drei repuhlicanischen tragiker, jener
trimeter gestanden hat : ahnliche öfters in seinen fragmenten (z. b. 47.
57. 100. 101. 114. 117. 400). gibt ja selbst Horaz zu, dasz vereinzelt,
sich ähnliche bei Accius gefunden hatten (a. p. 258 ff.), im allgemeinen
zeichnen sich die rythmen des ernsten drama vor denen der comödle-
durch strenge aus. finden sich doch selbst trochaische septenare bei
Accius, die nur an geraden stellen den spondeus haben, bei Phadrus ent-
spricht fast der vierte teil der senare der griechischen norm (vgl. auch
meine ausgäbe praef. s. VIII). was die übrigen beispiele scenischer metr»
bei Pseudocensorinus betrifft, so verdient beachtung dasz er, abgesehen
von dem altlateinischen trimeter, der sich seine popularitat bis tief in die
kaiserzeit erhalten bat, nur beispiele der strengern griechischen fa^oo
gibt, die an den geraden stellen des iambus, den ungeraden des trochaus
den spondeus ausschlieszt. so, wie schon vorhin erwähnt, haec belli-
C0SU8 cui paier^ maier cluet Minerva^ und ferner proin demei abs ie
regimen Argos^ dum est potestas eonsili. deshalb hat Ribbeck mit un-
recht in dem lückenhaften verse tela famuh\ tela propere; sequitur me
Thoas mit Bolhe geschrieben: tela famuh\ tela tela propere: sequitur
me Thoas, man musz vielmehr mit Lipsius nach propere tela oder noch
besser, da die allen dichter mit ausnähme der comiker die dreifache
Wiederholung desselben wortes nicht lieben , auch kein grund erscheint,,
weshalb tela hinter propere ausgefallen sein sollte, ferie einschalten: vgl.
Virgils ferte ciii flammas.
434 Lucian Möller: sammeisuriea.
Ob die drei eben erwähnten verse wirklich dichtem entlehnt oder
ATon dem grammatilier fingiert sind, wird sich nie ganz entscheiden lassen,
■dasz der iambische seplenar keinem tragilter gehört, ist sicher« der Iro-
•chaische könnte einer tragödie der kaiserzeit angehören, was bei dem
jambischen octonar nicht möglich ist, da, wie Senecas beispiel lehrt,
^iese nur iambische trimeter und trochftische septenare brauchten, nie
längere metra. dasz die in rede stehenden drei beispiele aus der zeit vor
Auguslus genommen seien, ist wegen der überall ganz gleicbmäszigen
Verteilung von iamben resp. trochüen und spondeen nicht ffiglich anzu-
nehmen.
Dagegen ist es von andern beispielen des Censorinus sicher, dasz er
sie fingiert hat. so (auszer den früher erwähnten} der cretische telra-
>ineter s. 98 horridi iranseunt ad pedes ex equis. welcher dichter
wäre so abgeschmackt gewesen hier horridi hinzuzufögen? und der
kretische octameter s. 96 quis meum nominans notnen aede exciei?
qtUs tumultu invcfcans incolarum fidem? der grund ist einfach, dasz ein
tragiker vor Auguslus niemals acht cretiker hinter einander so rein ge-
hallen haben würde ; die neueren aber, von ganz verschiedenen prindpien
ausgebend, vermeiden überhaupt die cretiker. so, um den verderbten
4ind schwierigen vers s. 97, 1 (iuc. ine. fab. fr. 53 Ribbeck) zu übergeben,
glaube wer will, nicht ich, dasz wirklich ein römischer tragiker den acht-
XQszigen dactylus gebraucht habe, der, auf s. 96, 12 bei Pseudocensorinus
befindlich, auch Ribbecks fragmente s. 212 fr. 51 unsicher maclit. ein
ähnliches monstrum findet sich bei demselben s. 123 v. 80 aus der
Alphesiboea: ö dirum kostificümque diem^ o vim iörvam aspecti atque
Jiörribilem , während sich doch bei den allrömischen scenikern nirgend
längere als vierfQszige dactylen nachweisen lasseu, catalectische, auf die
^rsis ausgehende oder acatalectische (auch bei Seneca wäre ein solcher
vers nicht möglich), wir haben aber dort anapästische dimeter vor uns :
0 dirum maestificümque diem^ o
vim iörvam aspecti atque hörribilem ,
oder 0 dirumque kostificümque usw. (noch vgl. man Hermanns elem. d.
m. s. 329 f.). so ist auch der ^angelicus numerus' s. 97 bei dem ano-
nymus: Hectoris Andromache^ Pyrrin conubia fers? aus Virgil annec-
iierl; aus Horaz vermutlich das beispiel eines trimeter scazon, der, wie
dus meiner metrik zu ersehen, den spätem Jahrhunderten der kaiserzeit
wenig geläufig war, s. 95, 4: calentibusque lympha foniibus semper :
vgl. Hör. epod. 2, 27 fontesque lymphis obstrepuni manantibus, jeden-
falls zeigt jene stelle, dasz Marklands conjectur frondesque sehr über-
flüssig ist.
Servius citiert zur Aeneis U 17 folgende stelle aus des Accius Dei-
phobus als Inschrift des trojanischen pferdes: Minervae donum armi^
potenti Danai dbeuntes dicani. da Minerva die erste bekanntlich kurz
hat, musz man schreiben : dbeuntes Danai Minervae donum armipotenii
dicani. so pflegt gewöhnlich auf Inschriften, wie in briefen, das subject
vorauszugehen : Verg. Aen, IIl 288 Aeneas haec de Danais victoribus
^rma.
Luctan Müller: sanimelsurien. 435
LVII. In dem alphabetischen gedichte des Commodianus II 18 ist es
Oehler entgangen, dasz nach v. 20 eine iöcke ist. und doch ist sie ganz
sicher, da nun und nimmermehr von dem autor der buclistab x über-
gangen sein kann, selbst fttr y und z wäre dies auffallend, bei x unmög-
lich , da es eben ein lateinischer buchstab ist. es felilt offenbar die ver-
nittlang zwischen dem schlusz, der die matronen darstellt, wie sie sein
sollten, und der frühem Schilderung, wie sie wirklich waren, also wird
bei Commodianus etwa gestanden haben :
äPI servido vos ioto addicHe corde,
Ymnificate choro placiioque Christo plaeete.
Zehntes fervore Christo Offerte adoretn,
{vgl. Scaliger zu Feslus u. ador») übrigens wäre es sehr zu wünschen,
dasz einmal mit heranziehung des spärlichen materials eine neue, ver-
ständige ausgäbe der werke dieses ältesten christlichen und rythmischen
poeten gemacht würde, so der instructiones wie des neu gefundenen
(spie. Solesm. I s. 20 IT.] Carmen apologeticum, sowol für graromatik
als für accente bieten die genannten schriflen einiges interessante, für
accente freilich in so weit wenig , als des Commodianus hexameter sich
von den richtigen hauptsächlich nur durch Vernachlässigung jeder metrik,
nicht aber durch besondere rflcksicbt auf die prosaische ausspräche der
Worte unterscheiden, im gegensatz zu den trochäischen und iambischen
rylhmen späterer Jahrhunderte, man vgl. über dies thema de re metr.
s. 448.
Diomedes s. 336 P. Cn. Mattius vicensimo Iliados: *iUe hietans her»
bam moribundo tenit ore.* so ist die beste Überlieferung, während tenei
ienuit nur dürftige Interpolationen sind, ich schreibe, was der corruptel
nach sinn und buchstaben zunächst kommt: ille h, h, moribundo cölerit
ore. so Uomerus Latinus 371 meiner ausgäbe: et carpit virides mori-
bundus dentibus herbas. bekannt ist das Homerische öbd£ dXeiv foiav^
oCbac usw. hietans hat hier ganz die ursprüngliche bedeutung von hio :
*er risz den mund auf, den er bis dahin geschlossen hatte' wahrscheinlich
nach Sitte der griechischen kämpfer öbä£ £v x^iXect q>uc. denn es ist
durchaus nicht bewiesen dasz, wie Scaliger meinte, der fliehende Hippo-
damas an unserer stelle bezeichnet werde.
LV11I. Bei Diomedes s. 486 P. heiszt es folgendermaszen : hi veteris
disdplinae iocularia quaedam minus säte ac venuste pronuntiabant^
in quibus hi versus fuerunt :
Coucaptiuv TaÖTa X^T€i '
KaKÖv TtivatKCC äXX' ö)iu)c, üb bimörat,
oÖK &TIV €Öp€tv otKiav fiveu KaKOO.
ich sehe nicht, wie die werte Coucaptujv raÜTa X^y^i einen iambischen
Irimeter schlieszen könnten ; dasz sie aber auch im metrum standen, wird
durch des Diomedes resp. Suetonius werte genügend verbürgt, man musz
TaOra vor Coucopituv setzen, wodurch der vers glatter wird als er bei
Stobäos flor. bd. 111 s. 22 (Memeke) lautet, was übrigens dem Suetonius
an der ganzen stelle misfallen habe, liegt keineswegs so offen vor, dasz
436 Lucian Müller: sammelsurieu.
es nicht verlohnte ein wenig daröber zu sprechen, ich glaube erstens die
gnomiscbe fassung des Spruches und die too dialog der komödie so seltene
einrohrung des dichters selbst, beides erinnernd an des Phokylides be-
kanntes KOI TÖbe <t>u»KuXib€UJ , endlich das etwas triviale des letzten
Satzes selbst und noch mehr das zweideutige der sentenz.
Ebendaselbst gleich nachher: ieriia aetas fuit Menandri Diphüi
et Philemonis^ qui omnem acerbitatem comoediae miligaverunt atque
argumenta mültiplida Graecis erroribus secuti sunt, dasz erroribus
verderbt sei, hat man l3ngst erkannt; zu verwundern bleibt aber, dasz
man sequi passieren läszt, da es hier, soweit ich sehe, keinen sinn bieieL
abgeschmackt ist des Cäsarius Graecis auctoribus; Reifferscheid schreibt
'q^eaiv et erroribus^ wobei aber doch das bedenken mit secuti sunt nicht
getilgt, auch erroribus nicht näher erUutert wird, deshalb schlage ich
vor Graecis leporibus executi sunt, bekannt ist des Tacitus {ann, UI 65)
exequi sententias haud insiitui nisi usw. die lepores werden erwihnt
im gegensatz zur acerbitas im Superlativ der allen komödie, deren früher
gedacht war. dasz Suetonius aber sagt Graecis leporibus ^ wo man eher
Atticis erwarten sollte, kann nicht befremden: denn so sagt Horatius im
allgemeinen Grais ingenium^ Grais dedit ore rotundo Musa loqui^ und
Gellius spricht II 23 bei der vergleichung des CScilius und Menauder
nur von Graecarum (comoediarum) facetiae^ von tnotus affectiones-
que animi in Graeca comoedia mirabiJiter acres et illustres u. dgL
das harte urteil des Sueton Über die alte komödie und das günstige über
die neue kann nicht befremden , da für jene dem spätem altertum , zumal
dem römischen, Verständnis wie Sympathie abhanden gekommen war. bei
Suet. Aug, 89 hat man längst erkannt, dasz die dortige notiz auf das alt-
römische lustspiel geht. Augustus hatte am letzten Ursache für dichtun-
gen des Aristophanes, Kratinos und Eupolis sich zu begeistern, der
scholasticus Verginius oder wie in der neuesten ausgäbe steht Vergilius
bei Plinlus epist. VI 21 (de re m. s. 94) kommt nicht in betracht.
LIX. Probus Vallae in luvenalis sal. 5, 109 (s. 95 Reiff.): qui {Se-
neca) etsi magno desiderio Athenas tenderet^ ab Agrippina tarnen eru-
diendo Neroni in palatium adductus saevum immanemque natum ei
sensit cito et indicavit inter familiäres solitus dicere , non fore saevo
im leoni quin gustato semel hominis cruore ingenita redeat saetritia.
ich halte natum für verderbt , da man weder glauben kann , dasz Probus
den Nero als söhn des Seneca bezeichnen wollte, noch dasz er (falls man
ergänzen müste Agrippinae) hier natum gesetzt hätte und nicht vielmehr
hunc oder eum, am wenigsten aber passen zu saevum immanemque
natum die beiden folgenden verba sensit et indicavit, die vielmehr ein
object der sache erwarten lassen, deshalb schreibe ich, eigentlich nur
mit hinzufügung eines apex, saevam immanemque naturam.
Umgekehrt ist natum für naturam herzustellen in einem fragment
aus dem Teucer des Pacuvius bei Nonius s. 306 u. facessere : te repudio
nee recipio naturam dico facessti. Hermann schreibt — um von ande-
ren zu schweigen —
Lucian Müller: saauneisurien. 437
ie ripudio nee räcipio:
ndiuram abdicö: facesse^ u
an sich wSre wol der ausdruck naiuram abdicare wie naiuram dedis-
cere bei Curtius lil 3, 5 gut gesagt, nur ist es doch seltsam einem vater,
mag er auch noch so erzfirnt sein, das geständnis ^ich verleugne die natur'
selbst in den mund zu legen, auch ist facesse i statt i facesse unstatt-
haft, da t der weit kleinere, schwächere, allgemeinere begriff ist, so
steht es immer voran , ähnlich wie age, dies ist denn auch ein grund,
beiläufig gesagt, weshalb bei verschiedenen dichtem, die sonst lange
vocale nicht mit kurzen zu copulieren pflegen, doch zum öftern ergo age^
quare age wiederkehren, doch um auf Pacuvius zurückzukommen , ich
schreibe vielmehr:
te repttdio nie recipio ndtum, ito , facässiio,
{naium war schon früher gefunden.} so gewinnen wir zugleich statt
zweier versstücke einen vollständigen septenarius, auch eine empfehlung
dieser conjectur bei solchen die wissen wie Nouius zu citieren liebt, über
das spondeische ito vgl. Ritschi parerga Plaut. I s. 22.
Charisius s. 178 F. donieum pro donec, ita Livius inquit usurpai:
ihi manens sedeto^ donieum videbis
me earpento veheniem domutn venisse,
statt des abgeschmackten inquit schreibt Ritschi parerga I s. 27 in quinto^
als gedächtnisfehler des Charisius für in sexto^ vgl. Od. VI 296. viel-
leicht liegt aber auch in sexto nicht viel weiter als in quinto von der
to
Überlieferung ab , wenn man es nur sich geschrieben denkt in VI. statt
am schlusz des zweiten verses parentis zu ergänzen mit Ritschi , möchte
ich lieber nach veheniem einschieben meam oder pairi\ wodurch sich das
metrum geiHlliger gestaltet, denn ich wage nicht, was freilich der Über-
lieferung am nächsten liegt, zu schreiben do meum^ da es mir sehr wahr-
scheinlich ist dasz formen wie do gau cael für domus gaudium caeJum
erst der nicht mit erfolg gekrönten betriebsamkeil des Ennius ihr Schein-
leben verdanken, entsprungen der unglücklichen Übertragung des Home-
rischen bdi Kpi und von den folgenden dactylikern mit recht verworfen,
in Li vi US uachbildung der Odyssee finden sich andere irrungen und Ver-
kehrtheiten, aber nicht solche wie die eben erwähnte, über Ennius Home-
rische schwächen vgl. noch Gellius Xlll 21, 14, Nonius s. 211 u. lapis
und meine metrik s. 367, auch Fleckeisen in diesen jahrb. 1864 s. 718 f.
Uebrigens kann ich nicht verhelen, dasz ich jenes bekannte endo
suam do für falsch halte und zu schreiben meine endo suum do.
ich sehe gar keine möglichkeil, wie das iudeclinabile do ein femininum
hätte bleiben können, wer kennt nicht das lied des alten Zumpt: ^was
man nicht declinieren kann, das sieht man als ein neutrum an'? so wird
auch KpiGr], sobald es die apocope erleidet, alsbald sächlich, und sollte
Ennius, der dem Homer zu liebe nicht blosz das griechische aer^ sondern
selbst das einheimische lapis im femininum gebraucht hat, hier wo er
gar in nacbahmung des fremden ein unumstöszliches gesetz der lateini-
schen spräche verletzt hat , das ihm vorschwebende Aiöc norl x^t^KO-
438 Lucian MQlicr: Sammelsurien.
ßaT^C b(£y nicht aucli durch ein neutrales do repräsentiert haben, zumal
da durch die Vernachlässigung des Vorbildes zugleich das griechische wie
(las römische idiom verletzt wurde? die Übereinstimmung der alten gram-
matiker in der fiberlieferung suam^ deren Zeugnisse man bei Vahlen s. 82
sehe (nur Marius Victorinus hat endo sua do) schreckt mich nicht, sie
gehen alle zurück auf dieselbe verderbte und geistlose schultradition des
ersten jh. nach Gh., ähnlich der für die metriker, über die ich in der vor-
rede meines buches zur genüge gesprochen habe.
LX. In Caspar Barths adversarien XXXII 1 s. 1465 findet sich aufr
des Isidorus ^diflerentiae verborum' folgendes: ^mortuum corpus^ tarn
exanime^ emortuum morti proocimum. Lucretius: morlua si dicas tarn
pridem emortua moUs, tolo Lucretio nil tale exstat. nescio an somnia-
verit Rliapsodus an vero sit Lucillanum aliquid isthic corruptum.' dasz
Barth den hexameler erfunden hätte, ist sehr unwahrscheinlich; weniger
noch wegen der angäbe, der vejrs werde im manuscript dem Lucretius
zugeschrieben (er konnte dies etwa fingieren um recht glaubwürdig zu
erscheinen und zugleich seine helesenheit und sein kritisches ingenium zu
zeigen) als wegen des factums, dasz weder er selbst noch der gramma-
tiker noch Gerlach in seinem Lucilius s. 104 den richtigen gedanken er-
faszt haben, denn es ist ohne zweifei folgendermaszen zu inlerpungieren
und zu emendieren : mortua si dicas iam pridem^ emortua malim, über
emori vgl. man die lexica. vermutlich hat die zeile im neunten buch des
Lucilius gestauden, wo er sich ja vornehmlich mit grammatischen unter*
suchungen beschäftigte. Barth hatte also eine vollständigere handschrift
des Isidorus, und der vers des Lucilius ist bei Arevalus hinler V 49, 37
einzuschalten.
Lucilius bei Festus s. 360 M.: inguen ne existat. nachgeahmt von
Fronte s. 89 postea etiam inguen ex ulcere exiitit^ wie der neueste
herausgeber zu dieser stelle richtig anmerkt.
Scholiast zu Juvenalis 6, 649 quibus mons, Virgüius ^exdsutnve
obice tnoniis,^ diese stelle findet sich nicht bei Virgil. ich bin aber über-
zeugt dasz wir nichts anderes vor uns haben als Jen, VI 42 excisum
euboicae . . rupis. man achte auf die art der Verderbnis : aus eu ist uf ,
aus bo ob gewurden, vermutlich wegen der abneigung mittelalterlicher
Schreiber gegen seltnere eigennamen. tnontis rührt gleichfalls von diesen
her, nicht vom scholiasten, der selbstverständlich die stelle Virgils nicht
auführte um mons bei seinem autor zu belegen, sondern weil die saxa
iugis abrupta quibus mons sübtrahilur clivoque latus pendente recedit
sehr ähnlich sind dem ausgehauenen felsen, in dem die Sibylle haust, ich
schreibe statt aller Umschweife den ganzen vers Virgils her, der also lau-
tet: excisum Euboicae latus ingens rupis in antrum. montis ist, nach
der verderbung des euboicae^ interpoliert worden aus Juvenal.
Eins der bewunderungswürdigsten beispiele in der vulgata des Luci-
lius ist jedenfalls II 18, wo als fragment gegeben wird: ut iure peritus.
Gharisius s. 62 schreibt nemlich: iuris consultus dici debet^ non iure
Lucian Müller: sammelsurien. 439
consultus: licet Cicero pro Murena ita dixerit ei Luciliua II ^ ut iure-
perilus, also schrieb Lucilius:
«wv^_K^w^v^w_wv^-K^w iure
consultus,
vgl. Hör. S€U. II 3, 179 praeterea^ ne vostitillet gloria^ iure \ iurando-
obstringam ambo usw.
Lucilius Hb. XIX (so der Neapolitanus des Charisius s. 74) : uncis
forcipibus denies vellere. man hat an diesen worlen emendleren wollen,
sie sind aber metrisch ganz richtig, wenn man vellere als perfectum oder
als passives futurum faszt« ungewis bleibt es, ob der vers mit uncis oder
mit forcipibus anfieng.
Charisius s. 70 est enim praeposiiivum quis^ sübiunctivum quir
quod tarnen auciores non observaverunt ^ ut Accius dicens: ^quinam
Tantalidarum intemecioni modus sitf* et Vergilius: *qui casus agat
res.^ mit unrecht meint man, dasz von Charisius der vers des Accius^
anders citiert werde als von Cicero de deor, nai, III 3&, 90. vielmehr
ist, falls keine dittographie darin steckt (denn s geht vorher, es folgt ei}
zu schreiben sei (oder sie) ei Vergilius^ wie ahnlich öfter.
Das vor kurzem von Reifferscheid wieder ans licht gezogene hislo-
rische werk des Fulgentius (rb. mus. XXIII s. 133 ff.) soll uns dazu ver-
helfen die kritik einer mehrfach besprochenen stelle des Nonius zum ab-
schlusz zu bringen, dieser schreibt s. 198 folgendes: cinis masculino-
. . feminino apud Caesarem et Catulum [CatuUum vulg.) ei Calvum
lectum estj quorum vacillat auctoritas: *cum iam fulva cinis fueris^
falls hier fueris das richtige ist, nicht fuero^ was Charisius s. 78 gibt
(wir können die sache nicht mehr entscheiden) , so musz des wolklangs^
wegen fueris mit langem t gelesen werden , gerade wie im epith, Laur.
1143, 39 (Meyer) ei iamquam ialis fueris praesaga marili. doch um
auf Nonius zurückzukommen, Lachmann sagt zu Prop. III 1 s. 141 ^locus
non est integer: Nonius haud dubie posuerat ex Caesare, apud quem
hodie fruslra quaeras, exemplum, tum CatuUi 68, 90 et 101, 4. pro bis
nunc legimus inepta illa quorum vacillat auctoritas.* das ^abgeschmackte'
das Lachmann in den drei letzten Worten gefunden zu haben meint , kann
hur auf den ausdruck vacillat gehen: denn übrigens ist es bei Nonius
keineswegs unerhört, dasz er ein einfaches citat bringt, wo man niehrerc-
zu erwarten berechtigt wäre, so s. 129 inaudiium^ quod non audialy
in veteribus prudentibus lectum est^ und nun folgt ohne ihn zu nennen
eine stelle aus Gellius VI (VII) 6,1. noch mehr entsprechend unsern
Intentionen heiszt es s. 188: viciurus^ victoriam potiturus^ auctoritas
prudeniium putavit esse: Pyrrusne rex an Manius Curius proelio
victurus esset , entlehnt aus Gellius XIV 1 , 24. dasz Nonius in solchen
fallen blosz ^in beispiel gibt, wo man mehrere erwarten sollte, rührt ohne
zweifei daher, dasz er bei seinen vorgangern eben nur eins fand — in
unserm fall das des Caivus , vermutlich mit dem namen des aulors — zu-
weilen gibt er selbst gar keine , sondern nur ein urteil über den sprach-
lichen werth der gewahrsmanner. seltsam auch die cilate aus des Labe-
ritts Cophinus a. 70, 3. 140, 31 (an welcher letztem stelle man schreiben
440 Philologische gelegenheilsschriften.
musz invenire est) verglichen mit Gellius XVI 7, 1. irrig meint ferner
Bernhardy röm. litt. s. 224 der 3n bearb., die bemerkung quorum va-
'Cillai aucioriias beziehe sich auf den vermutlich geringen ästhetischen
werth der gedichte Cäsars. abgesehen selbst davon dasz ja die gleiche
Verdammung notwendig auch auf Catullus und Caivus sich erstrecken
muste, pQegt Nonius überhaupt am wenigsten aus ästhetischen gründen
den gröszeru oder geringem grad der ^auctoritas' zu bemessen, so heiszt
es s. 229 tesia . . genere neulro apud obscurae auctoriiaiis sed sum-
mos scriptores legimus. im allgemeinen vergleiche man über jene be-
Zeichnung mein buch s. 27. es ist also an der stelle des Nonius, von der
Avir ausgiengen , nichts auffälliges als der ausdruck vaciüat aucioriias,
und was lesen wir nun bei seinem landsmann und geistesverwandten Ful-
gentius (s. 138)? ex quo Philippi in hoc negoiio vacillavii aucio-
riias pairis. noch sehe man zum überQusz des Julius Gapitolinus Gor-
dianus Tertius c. 29 ui vaciüare disposiiio Bomana non possei.
Bonn. Lucian Müller.
(31.)
PHILOLOGISCHE GELEGENHEITSSCHRIFTEN.
(fortsetzung von s. 359 f.)
Minden (gymn.) R. Grosser: die amnestie des Jahres 403 vor Ch.
druck von J. C. C. Bruns (verlag von A. Volkening). 1868. 48 s. g^. 8.
Moskau (univ.) De versa Satamio scripsit Theodorus Korach.
samptibas C. Soldatencovii. in officina Gratschevii et socioram. 1868.
140 B. gr. 8.
München (akad. d. wiss.) W. Christ: die verskunst des Horaz
im lichte der alten Überlieferung, aus den Sitzungsberichten 1868 I 1,
<lrack von F. Straub. 44 s. gr. 8.
Pforta (landesschale) H. A. Koch: coniectanea Tulliana. drack
von H. Sieling in Naumburg. 1868. 43 s. gr. 4.
Bossleben (klosterschule) H. Kettner: kritische bemerkungen
zu Varro und lateinischen glossaren. waisenhaus-bucbdruckerei in Halle.
1868. 37 8. gr. 4.
Schleswig (domsohule) H. Keck: Apollons wahrsprucb in Aeschy-
los Choephoren 266—302. druck von G. Jensen. 1868. 8 s. gr. 4.
Thorn (zum 300jäbrigen Jubiläum des gymn. 8 märz 1868) L. Jan-
sen: de Graecorum verbis deponentibus vetustissimornm poetarum epi-
corum usu confirmatis. rathsdmckerei. 15 s. gr. 4. — (gratulationssehrift
des Friedrichs- collegiums in Königsberg) Sedulii Scoti carmina edita ab
Aemilio Grosse, druck von A. Schultz in Königsberg. 16 s. gr. 4.
Tübingen (univ., zum geburtstag des königs 6 märz 1868) W. S.
Tenffel: über Horaz. druck, von L. F. Fues. 38 s. gr. 4. — (zur Ver-
kündigung der im decanatsjahire 1867/68 von der philos. facultftt ernann-
ten doctoren) W. S. Tenffel: über Sallustius und Tacitus. 47 s. gr. 4.
Weimar (gymn.) H. Kassow: beitrage zur crkl&rung des VII
buches der Nikomachischen ethik des Aristoteles, hofbuchdruckerei.
1868. 16 8. gr. 4.
Wolfenbüttel (gymn.) J. Jeep: de locis nonnnllis philosophico-
rum Ciceronis librornm emendandis. druck von W.BindseiL 1868. 18 s. 4.
ERSTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HEBAUSOEGEBEN VON AlFBED FlECKEISEN.
61.
SOPHOGLIS TRAGOEDIAE. BECENSÜIT ET EXPLAKAVIT EdüARDU»
WUNDERUS. VOL. I SEOT. III CONTINENS OeBIPUM CoLO-
NEUU. EDITIO QUARTA PLURIMIS LOCIS EHENDATA. Lipsiae
in aedibus B. G. Teubneri. MDCCCLXVIL XXXIV u.
160 s. gr. 8.
Die vorliegende bearbeilung des Oedipus auf Kolouos ist ein erfreu-
licher beweis von der immer noch irischen und rüstigen geisteskrafl des
auf dem gebiete der philologie rühmlichst bekannten hrn. herausgebers.
seit der dritten ausgäbe sind zwanzig jähre verflossen , und die Wissen-
schaft ist in diesem Zeitraum wahrlich nicht stehen geblieben, in allen
zweigen durch ausgezeichnete kräfle und fleiszige arbeiter vertreten hat
sie namentlich auch der kritik und Interpretation des Sophokles grosze
aufmerksamkeit zugewandt, und das rege leben das auf anderen gebieten
der Wissenschaft unmittelbar zu tage getreten, ist des notwendigen Zu-
sammenhanges aller ihrer teile wegen nicht am wenigsten auch im bereich
ilieses dichters zu gewahren, diese vierte ausgäbe beweist dasz der hg.
schritt gehalten hat, und es würde eine nutzlose mühe sein den fortschritt
von der dritten zur vierten aufläge in einer vergleichung nachzuweisen,
das buch hat gleichwol seinen alten zuschnitt behalten , nach welchem es
zunächst und zumeist der Jugend dient, daneben aber auch das Interesse des
gereifleren und gereiftesten in vielen beziehungen und in befriedigender
weise in ansprach nimt. dasz der hg. nicht blosz an die Jugend gedacht^
beweisen schon nicht seltene Verweisungen auf bflcher und Schriften , die
man nicht leicht in den bänden derselben findet, dahin dürfte selbst die
grammatik von Matthiä zu rechnen sein , auszer welcher jedoch auch die
gröszere von Bost citiert wird, aber vor allem ist es auszer der eignen
erläuterang die zweckmäszig getrofl*ene auswahi teils von schollen teils von
stimmen neuerer und zwar der namhaftesten Interpreten in ihren eignen
Worten, was auch für den gelehrtesten seine bedeutung hat. sowie diese
Interpreten lateinisch geredet , so bedient sich auch der hg. nach wie vor
dem plane der bibliotheca graeca gemäsz der lateinischen spräche, was
dieser bearbeitung in meinen äugen , der ich das Latein ungern aus den
ausgaben der alten classiker für die studierende . jugend verschwinden
Jahrbacher fUr da». philoL 1868 hft. 7. 29
442 C. Aldenhoven : anz. v. Sophoclis Oedipus Coloneus ed. E.Wunder. ed. IV.
sehe, zu besonderer empfehlung gereicht, und nicht blosz das Latein der
angefahrten senlenliae, sondern namentlich das des hg. selbst ist, um
mich eines ausdrucks von Nitzsch zu bedienen, lateinisches Latein.
Vorangeschickt sind zunächst die Inhaltsangaben des cod. Laur., be-
gleitet von einigen anmerkungen, welche besonders die nachrichtender alten
über den bekannten process des dichters enthalten, wobei ich nur ge-
wünscht bitte die gründe kurz angecientet zu finden, warum derselbe für
nichts als eine erfindung zu halten sei, statt blosz tiuf Dindorfs vita So-
phoclis zu verweisen, dann folgen zwei für das Verständnis des drama
sehr förderliche abhandlungen über das leben des Oedipus in Theben
nach seiner blendung bis zur Verbannung und über die scenerie des Stücks,
hieran erlaube ich mir ein paar bemerkungen anzuknüpfen.
S. X z. 26: der hg. setzt die echtheit der verse 591 f. (Dindorf)
voraus, allein wenn Oedipus auf die aufforderung des Theseus dem
wünsch der Thebaner nachzugeben erwidert: ^einst wollten sie nicht
wie ich wollte, dafür will ich jetzt nicht wie sie wollen (und lieber
fremdling in der fremde sein)' : so nennen wir das wol mit recht die
spräche eines kindischen, des Oedipus unwürdigen eigensinns , dem aller-
dings das für den alten mann demütigende (b jüioipc entsprechen würde,
und er hatte ja teils in der roitteilung der bmene über die absiebten der
Thebaner, teils in seinen orakeln die ausreichendsten gründe zu seiner
Weigerung, tilgen wir die beiden verse, so kann sich voud^TCi 593 sehr
gut auf 590 beziehen. — S. XI z. 25 und 28 musz die berufung auf
y, 1354— -69 auf einem versehen beruhen: denn s. 117 erklart der hg.
V. 1354—61 für unecht. — Ebd. z. 27 und s. XXI z. 15 bezieht sich der
hg. auf V. 335—358. ob diese stelle echt ist? Ismene kommt augenschein-
lich zum ersten male dem vater nach, er fragt warum sie gekommen,
und sie spricht von nachrichten die sie mitteilen wolle, diese sind gewis
von gröster Wichtigkeit, aber Oedipus fragt nicht zunächst danach, son-
dern warum die söhne nicht kommen, obwol er sich nach ihrem verhalten
bei seiner Verbannung gar nicht darüber wundern sollte. Ismene gibt
keine antwort als *lasz sie sein wo sie sind', obwol sie gerade auch
über sie zu berichten gekommen Ist (365 ff.), und fügt hinzu, es stehe
schlimm. mit ihnen, statt darauf elnzu^gehen, erzählt Oedipus von den
Aegyptern, wie die mSnner zu hause sitzen und weben, während die
weiber sich drauszen abmühen, und stellt schlankweg seine söhne jenen
gleich, ohne irgend zu wissen was sie treiben, und ohne dasz in Wirk-
lichkeit irgend ein grund zu jenem Vorwurf wäre, da sie sich eben nur um
den vater nicht bekümmern, dann rühmt er, allerdings in ansprechenden
Worten, die aufopfernde liebe Antigones. aber mit ihr parallelisiert er
wiederum Ismene in ziemlich unverständlicher weise, sie hat ihm, als er
noch in Theben war, heimlich orakel zugetragen, was für welche? wenn
sie etwa günstig für ihn lauteten, warum sie vor den Thebanem verheim-
lichen? und wenn diese sie ebenfalls kannten, warum sie vor ihm ver-
heimlichen? sie hat ihn treu bewacht, als er vertrieben wurde, hat man
ihn denn nicht ungeschoren wollen gehen lassen? und was konnte sie
thun ihn zu schützen? dann erst, nach 22 versen, fragt er noch einmal^
C. Aldenhoven : anz. v. SophocIisOeüipusCuIoneus ed. E. Wunder. ed. iV. 443
warum sie gekommen, danach halle ich mit Meineke ann. crit. s. 150 f.,
der noch sprachliche bedenken hinzufügt, die ganze stelle für interpoliert,
vielleicht als weitere ausfahrung von 1365 IT., und knöpfe 359 an 334
an : ' denn (in beziehung auf XÖTOic) du bist nicht leer gekommen, gewis
nicht ohne schlimme nachricht.' — S. XV z. 25: dasz mit t6v&€ v. 59
auf eine statue hingezeigt werden könne, obgleich Oedipus blind ist, dar-
über bin ich nicht in zweifel, und man brauchte nicht daran zu erinnern,
ilasz die sehende Antigone auch dabei sei. spricht doch sie selbst mehr-
fach, z. b. V. 16. 32. 111. 723 in derselben weise zu ihrem vater, oflenbar
nur um zu erkennen zu geben, dasz sie den gegenständ sehe und zu
zeigen im stände sei. ja schon die unter sehenden gewohnte Sprechweise
macht die hinweisung erklärlich, aber kann gesagt werden: *die felder
verehren als abnherrn den Kolouos und sind alle nach ihm benannt'?
das bezweifle ich und halte YuaCTT^cö* fflr die ursprungliche lesart: 'die
diesem felde nahe wohnenden.' — S. XVIlf % 6 spricht der hg. eine Ver-
mutung über den ausdrnck ^peiCfxa 'A6r]VUJV v. 58 aus, die ich nicht
teilen kann, dasz der Hyoc damit anachronistisch das grab des Oedipus
bezeichne, ist doch sehr unwahrscheinlich: der mann konnte davon keine
ahnung haben und den ausdruck aus seinem munde Oedipus nicht verste-
hen, eher möchte ich Schneidewin beipflichten, weicher meinte, es sei wol
noch ein teil der Stadt auf dem felsengrunde stehend gedacht, aber am
einfachsten erklären wir gewis den ausdruck als eine hindeutuug darauf,
dasz überhaupt der attische boden (das gebiet Athens) an dem felsigen
gründe einen festen halt habe, dasz also dieser platz eine von den stützen
desselben sei.
Darauf gibt der hg. eine durcli Sorgfalt und genauigkeit wie durch
lebendigkeit der darstellung und geßllige diction ausgezeichnete ' enarra-
tio tragoediae', nicht sowo! eine inhaltsangabe als das drama in form
einer erzShlung. diese ergänzt vielfach den commentar und bietet ersatz
für die dem Jüngern leser an manchen stellen wünschenswerlhe nach-
weisung des Zusammenhanges, was ich jedoch im Interesse desselben
gern anders gesehen hätte, ist die behandlung der chorgesänge, die ihm
vielleicht in den teilweise sehr knappen referaten als etwas nebensäch-
liches, nur in äuszerlicher Verbindung mit der handlung stehendes er-
scheinen möchten, auch au diesen teil des buches will ich einige beson-
ders die textkrilik betrelTende bemerkungen anschlieszen. hier kommt es
ja vor allem auf den text an.
S. XX z. 5 *qui cum audivisscnt.' ich meine, die Kolonialen konn-
ten es nicht wol gehört haben, dasz Oedipus den hain betreten habe,
sondern sie schlössen es daraus dasz er nicht mehr auf der von dem E^voc
bezeichneten stelle sasz noch sonstwo zu sehen war. — Ebd. z. 12: der
erklärung von v. 146 ' neque enim . . exigui muneris causa homo magnus
(qui magna Atheniensibus alTerat commoda)' würde ich unbedingt die
einfachere vorziehen : * sonst würde ich nicht (als) ein groszes schiff auf
kleinem anker ruhen.' wenn doch gesagt wird q>^p€tv in* ujfjioic (Tr.
564), K€ic6ai im t^ nupdi (Plat. sUal X 614*») u. ä., warum nicht auch
6p^€iv ^Tti Tivi? ist denn der dichter an den maritimen ausdruck in*
29*
444 G. Aldenhoven : anz. v. Sophoclis Oedipus Coloneus ed. E.Wunder, ed. IV.
ätKupac gebunden , auch wenn er das wort ä^Kupot gar nicht und öp-
^eiV bildlich gebraucht? jene erklSrung zerstört nicht nur ein sehr viel
schöneres bild, sondern sie läszt auch den Oedipus etwas sagen, was
die Koioniaten nimmermehr verstehen konnten, übrigens brauche ich
den hg. am wenigsten daran zu erinnern, sondern füge nur zu weiterer
rechlfertlgung hinzu, dasz im mit dem genetiv eine weitere bedeutang
hat als mit dem dativ, und dasz in* ÄTKUP^C eher unserem *an' oder
*vor' anker entspräche, wahrend es hier gerade auf den begriff des
ruhens *aur' dem stutzenden gegenstände ankommt, dasz ich djp^iuv
nicht aufnehmen würde, das auch begrifflich kaum passt, verstellt sicli
von selbst; eher wurde ich mich entschlieszen CfxiKpuiV zu schreiben. —
S. XXI z. 26: V. 385 drückt Oedipus durch seine frage aus, dasz er in
den Worten der Isroene eine hoffnung für ihn erkenne, sowie diese aber
lauten, liegt eher das gegenteil darin, ich glaube, sie sind etwas aus der
Ordnung gerathen, und es sollte helszen : TOÜC bk, coüc Oeot irövouc | KU-
TOiKTioOciv, ou b' Exw* ^aOeiv, ßmi (nach dem hg. för öttoi). — Ebd.
z. 31 fibersetzt der hg. v. 391 ^quis a taii viro sospitetur?' allein so
kann Oedipus nicht wol fragen , da er sich nach dem orakel des segens
bewust ist, den er denen bringen werde, die ihn aufnehmen würden, und
wie soll der genetiv erklärt werden? ich habe nirgends eine völlig zu-
treffende parallelstelle gefunden, am wenigsten ist es OT. 1005, wo coO
dKOÖVTOC ein ganz gewöhnlicher gen. abs. ist. ich halte deshalb unsere
stelle für corrupt und vermute: Ti 5 ' ävTiot ToCb' dvbpöc eC irpdfaiev
(oder -6iav) £v; * welchen segen würden meine feinde haben'? nemlicU
wenn sie mich hätten, sie, die vom orakel gemeinten iT^^^iavT6C, oT fi'
äirrjXacav. — S. XXÜ z. 8: durch 'fatalem discordiam' gibt der hg.
die lesart Tf)v iTeTrpuj^dvr)v (La. twv ireirpaTM^viuv mit r) über beiden
üu) £piv 421 f. wieder, wie kann aber Oedipus voraussetzen, dasz dieser
zwist^ vom Schicksal bestimmt sei? sehr viel passender und dem in xa-
Tacß^ceiav gegebenen bilde entsprechender wäre ir€TTpiic^^vr)v oder,
was Photios anführt, iT€iTprmevT]v. — S. XXIII z. 20 würde man ^hos-
pitio semper iunctus' auf eine persönliche gaslfreundschaft zwischen
Oedipus und Athen beziehen, wahrend nach 632 f. der anspruch des
Oedipus auf gute aufnähme sich nur auf das freundschaftliche Verhältnis
zwischen den beiden Städten gründet. — Ebd. z. 26: die worte *qui moz
adventuri sint ut se . . abducant, eos . . superaturus sit' beruhen auf
einer meiner ansieht nach irrigen erklärung von v. 646. meinte Oedipus
den Kreon und seine leute überwinden zu können, warum ist er denn
nachher so ängstlich besorgt? und wie könnte Tbeseus dies eine* grosze
gäbe nennen? vielmehr bezieht sich Oedipus mit diesen worlen auf den
Orakelspruch , nach welchem er nach seinem tode an diesem platze die
Thebaner besiegen werde, weshalb er hier bleiben müsse. — S. XXIV
z. 17 V. u.: der hg. hat v. 775 der lesart des La. TOcauiT) die andere
TIC aurn vorgezogen, icli kann nicht beistimmen. Oedipus will sagen :
* deine wolthat will ich nicht, was kann es dir für freude machen sie
mir aufzudringen? ebenso wenig, wie wenn du zuerst eine wollhat ver-
weigertest und hernach damit kämest , wenn man sie nicht mehr braucht.
C. Aldenhoven : anz. v. Sophoclis Oedipus Coloneas ed. E.Wunder, ed. IV. 445
eine so unerwünschte wollbat bietest du mir, unerwünscht, weil es nur
scheinbar eine ist.' beide alJgemein gehaltene satze sind auf Oedipus an-
wendbar : 1) ist diese wolthat unerwünscht, weil sie für ihn das gegenteil
ist ; 2) wünschte er früher, als Kreon ihn verlrieb, jetzt aber nicht mehr, in
Theben zu wohnen, danach wäre hinter qptXeiv ein Itomma zu setzen. —
S. XXV z. 6: V. 791 kann Oedipus nicht sagen: ^lienne ich die Ihebani-
schen veriiäitnisse nicht besser als du?' und sich auf eine zuverlässigere
künde durch ApoDon und Zeus berufen , da wenigstens das zweite oraltel
dem Kreon eben so bekannt Ist und ihn gerade hergeführt hat (387 IT.).
er musz vielmehr sagen : * kenne ich also die Ihebanischen Verhältnisse
besser? ich kenne das Orakel, und du solltest es nicht kennen? also,
wenn du milleid und verwandtschaftliche liehe und nicht das orakel als
motiv angibst, so bist du ein heuchler.' also ist wol OUK in oOv zu ver-
wandeln und 792 f. unecht. — Ebd. z. 9 : die zu gründe liegenden text-
worte v. 795 f. sind überaus dunkel. Oedipus scheint sagen zu wollen:
*du bist ein heuchler und hast deine worle wol geschmiedet; liesze ich
mich aber überreden , so würde ich mehr böses als heilsames erhalten.'
denn Kreon spiegelt ihm eine bessere läge vor, während er ihm eine
schlimmere zugedacht hat. danach wSre vielleicht zu schreiben: xdK^^&v
Xdßol^t irXefov* l\cu)Tr|pta, und iy tijj X^T^tv zu erklären: * durch
deine worte', nemlich wenn ich ihnen folgte. — S. XXVI z. 7: v. 865
bedarf gewis der Verbesserung, ich vermute: Set^v ^^ 5q)UJV0V Ic C€
tf\tb* äpäc £ti, so dasz 6c sich einfach auf C6 bezöge, auffallend ist
aber 1) dasz das gebot des Kreon (aObui ctiunav) so sehr viel besser an
der stelle passt , wo Oedipus laut seine stimme erhebt, 847 ; 2) dasz in
dem hin- und herreden 848—863 kein fortschritt ist, so dasz Kreon
874 f. wiederum erklärt, er werde den Oedipus fortführen ; 3) dasz letz-
terer in seinem fluch nur der entführung der töchter gedenkt; 4) der
iPTunderliche v. 862, von dem man nicht recht weisz, ob er ironisch zu
verstehen ist oder nicht; 5) dasz Kreon sich 851 Tupawoc nennt, als
i?väre er der konig; und 6) dasz es so sehr lange währt (39 verse), ehe
die Kolonialen ihren hülferuf wiederholen, nachdem er das erste mal er-
folglos geblieben, ich halte daher v. 848—863 für interpoliert und
schliesze das aObu; ctiuTräv an jenen weheruf 847 an , der die Ortsbe-
wohner leicht heranlocken konnte. — Ebd. z. 22 : auch die verse 876 —
886, die als antistrophe zu 833 — 843 anzusehen wären, obwol sie davon
sehr weit entfernt liegen, enthalten fast nur ein nutzloses hin- und
herreden, darin aber einen seltsamen Widerspruch, indem Kreon sich 880
auf seine gerechte sache beruft, 883 aber sein verfahren selber ößpic
nennt und sich gegen Theseus 951 ff. nur mit der leidenschaft entschul-
digt, die der fluch des Oedipus erweckt habe, was mehr sagen will, die
Kolonialen erscheinen hier so erbärmlich feige, dasz sie einen komischen
eindruck machen musten, den der dichter nicht beabsichtigen konnte, wir
begreifen dasz die bejahrten leute bei der wegführung der Antigone durch
bewaffnete begleiter des Kreon sich auf remonstrationen und hflifegeschrei
beschränken, warum sie aber, fünfzehn männer, dem einen selbst be-
jahrten Kreon gegenüber, der allem anscheiu nach unbewaffnet ist, so
446 C. Aldenhoven : anz. v. Sophoclis Oedipus Coloneus ed. E. Wunder, ed. IV.
zaghaft dargestellt werden, dasz sie wiederum nidits Ihun als ihre kehlen
in bewegung setzen , ist doch schwer einzusehen, sodann, wenn der
erste ruf nichts geholfen, warum warten sie so lange bis zum zweiten?
unterdessen werden die m9dchen einä gute strecke weitergesclileppt
warum geht nicht lieber ^iner und holt hülfe herbei, wenn sie nidit, was
das einfachste wäre, den Oedipus in ihre mitte nehmen und davongehen
wollen? das kann der dramatische brauch doch nicht rechtfertigen, und
es ist jedenfalls viel angemessener, wenn nach dem hQlferuf 841 — 843,
wahrend dessen Antigone rasch abgeführt wird, nur noch der fluch des
Oedipus und die drohung des Kreon erfolgen und dann Theseus mit seiner
begleitung auftrit. dabei ist zu erwägen dasz der hflgel , auf welchem
Theseus opfert, nicht weit entfernt sein kann, da der chor nachher den
könig ruft und dieser sofort erscheint, sowie dasz derselbe sehr unüber-
legt gehandelt hatte, wenn er den alten mannern die behfitung des Oedi-
pus übertragen und nicht gewust hatte, dasz sie sich durch einen zuruf
sogleich beistand verschaffen könnten (vgl. 1491 IT.). diese stelle wird
also wol auch interpoliert sein, sollte ich mich jedoch irren , so wäre
jedenfalls statt oTbe 886 ein significanteres subject nötig, da die an
welche der ruf gerichtet ist noch nichts von den entführen! wissen, ich
würde vorschlagen: direl irepuia Xqcxal (^vovon bf) Überrest) ir^pac.
— ^ Ebd. z. 30 und s. XXVII z. 14: v. 909 f. hat w*ol jemand hinzugefügt,
der die erklarung des Theseus, mit Kreon solle nach denselben grund-
satzen verfahren werden, welche dieser gegen Oedipus töchter angewen-
det, d. h. Kreon solle als geisel festgehalten werden, nicht deutlich ge-
nug fand, aber nun erst ist die ganze stelle unklar. Kreon soll das land
nicht verlassen, bevor er die madchen herbeigeführt hat; w^e soll das
geschehen? er könnte etwa unter bedeckung seinen leuten nachgeschickt
werden, um ihnen selber den befehl zur zurückführung oder ausliefening
zu erteilen, davon ist aber nicht die rede, und das sldiersle war doch
ihn festzuhalten, holten aber die Verfolger die entführer nicht mehr ein,
oder zogen sie im kämpf den kurzem, so konnten die madchen immer
noch von Theben reclamiert und Kreon zum auslausch augeboten werden,
streichen wir diese beiden verse, so gewinnen wir zugleich eine klarere
beziehung des drrel usw., das offenbar zurbegründung von 905 f. dient, aber
durch jene verse zu weit davon entfernt wird, es ist nun aber klar, dasz
sie eine beziehung auf den spateren befehl des Tiieseus 1019 ff. haben,
hier verlangt er, wenn Kreon die madchen in dieser gegend (versteckt?)
habe, sie ihm, der ihn begleiten wolle, zu zeigen, es sei denn dasz
Kreons leute schon mit ihnen entflohen waren, in welchem falle die seini-
gen sie gewis einholen und überwältigen würden, wir mögen dabei vor*
aussetzen, obgleich nichts davon angedeutet wird, dasz Theseus bewafT-
nete mitnimt. aber selbst dies vorausgesetzt, wenn Kreon bei Oedipus
und den Kolonialen allein blieb, weil er keine gefahr befürchtete, warum
sollten sich seine leute noch irgendwo aufhalten und nicht lieber mög-
lichst rasch mit ihrer beute nach Theben eilen? ferner, da es nur eine
1.. — ktiiese des Theseus ist, dasz die madchen noch in der nahe seien und
>eon ihren aufenthalt wisse, warum gibt Kreon so gar keine ant-
€. Aldenhoven : anr. v. Sophoclis Oedipus Coloneus ed. E.Wunder, ed. IV. 447
wort darauf? was aber das auffallendste ist, es gilt hier die gröste eile,
und Thcseus lä*Et auch, nachdem er den mädchenraub erfaluen, unver-
züglich das volk zur Verfolgung aufbieten, dann aber folgt ein gesprSch
•von 111 versen (!), und danach erst fällt es dem Thcseus wieder ein,
<lasz die sache pressiert , und er bemerkt ganz naiv : ' genug der worle,
•denn die rauher eilen und wir beraubten stehen hier.' man möchte hin-
zufOgen *und schwatzen uns fest.' wenn hier nicht interpoliert ist, so
hat Sophokles wirklich schlimme anwandlungen gehabt, ich glaube aber
lieber dasz jemand den Theseus in glänzenderem lichte wollte erscheinea
lassen als es der dichter beabsichtigte, er sollte den räubern selbst nach-
gehen , und hernach sollte es den anschein haben als habe er mit ihnen
gefochten, dieser aberOQssigen bravour wegen muss er eine geraume
zeit verstreichen lassen, ehe er sich auf den weg macht: denu das lange
gespräch konnte der verbesserer doch nicht gut streichen. Kreon aber
musz als Wegweiser dienen, irgend wohin und ohne alle Wahrscheinlich-
keit die entführten noch am plaUe zu finden, ich meine, der verlauf ist
<lieser. Theseus läszt die enlführer, die nach Theben unterwegs sind,
sofort verfolgen und kann von seinen reitern erwarten, dasz sie dieselben
•einholen werden, dann ergibt sich das gespräch , in welcliem u. a. dem
Kreon eröffnet wird, dasz er als Unterpfand festgehalten werde, am
schlusz heiszt Theseus ihn mitgehen , natürlich nach einem orte wo man
seiner sicher ist, und so bleiben Oedipus und der chor zurück, während
jenes gesprächs und des chorgesanges werden die mädchen befreit und
kehren nun zum valer zurück. Theseus aber, sofort benachrichtigt, tril
mit oder gleich nach ihnen auf, nachdem er den Kreon entlassen hat, der
-daher nicht wieder erscheint, deshalb sind gewis nicht nur v. 909 f. zu
streichen, sondern auch 1016 f., sowie 1020 von W an bis 1025 {äW
iE-), so dasz Theseus worte ursprünglich gelautet hätten: 6bo0 Kardp-
X€iv if\c iK€i, iTO^TTÖv b(. \ie \ xu)p€iv öcptiToG, TVwOt b' usw.
diese öböc führt zum Verwahrsam, und Kreon musz vorangehen, damit
Theseus ihn im äuge behalte, vgl. El. 1501 f. indessen greift jener ver-
besserungsplan noch weiter, die verse 932—936 können sich nicht auf
<len befehl des Theseus beziehen das volk aufzubieten, der gewis ohne
'Verzug vollzogen ist, sondern auf das was Kreon thun soll, aber was
soll er denn thun? es soll jemand die mädchen schleunigst herbringeu.
wer soll das? und wie? was soll Kreon thun, damit es jemand thue? es
ist mehr als wahrscheinlich, dasz diese unklaren und sehr entbehrlichen
Terse nicht von Sophokles herrühren, nicht so ausgemacht scheint es mit
1102 f. hier könnte man das t' tilgen, aTbc X^P^C auf die krieger be-
liehen und 6nc^u)C von ÖTtaövuiv abhängig denken, aber näher liegt
«s anzunehmen, dasz der interpolator, der dem Tlieseus die teilnähme am
kämpfe vindicieren wollte, auch diese überflüssigen verse eingeschoben hat.
— Noch eine bedenkliche stelle in diesem bereich ist hervorzuheben, nem-
lieh v. 872 f. abgesehen davon dasz das öp^T€ v. 871 ein sehr aulßliiger
4iusdruck ist, wie kann Kreon die Kolonialen zu zeugen aufrufen? dasz
«ie trotz seiner erklärung, die mädchen ständen unter seiner botmäszig-
keit, 830 und 832, sein verfahren als unberechtigt ansehen, haben sie
448 C. Aldenhoven : anz. v. Sophoclis Oedipus Coloneus ed. £. Wunder, ed. IV,
genugsam kundgethan , am deutlichsten durch ihren hülferuf. so wird
dieser vers anderswo gestanden haben, etwa nach 847 als vorwurfsvolle
frage des Oedipus : * könnt ihr das so ansehen und es geschehen lassen ? '^
aber 872 f. unecht sein. — S. XXVU z. 10 v. u.: nach dem gesagten wäre,
an eiuen kämpf des Theseus mit den leuten des Kreon nicht zu (||snken.
aber gesetzt ich irrte mich, so ist doch ein kämpf zwischen Theseus und
Kreon durchaus unwahrscheinlich, der erstere wird sich gewis des letz*
teren versichert haben. — S. XXVIU z. 1. seltsam: v. 1115 f. wünscht
Oedipus, seine töchter möchten ihm den hergang ihrer befreiung kurz,
erzählen. Antigone verweist ihn 1117 f. an Theseus, und der valer —
thut als hätte er den wünsch gar nicht geäuszert, wie es denn überhaupt
zu keiner erzählung kommt, und wenn Theseus nach obiger ansieht beim
kämpfe nicht zugegen gewesen, so wäre er auch kein sehr geeigneter
erzähler. wir verdanken, meine ich, auch diese vier verse jenem verher-
licher des Theseus. — Ebd. z. 13: v. 1132 würde ich nicht verändern,
wol aber in dem folgenden mit der conjeclur KaKÜüV für ßpOTOiv von
Nauck, die auch der hg. aufgenommen hat, (b Tic statt ijj Tic und coO>
TÖb' statt C€, oöb' schreiben: 'wie könnte ich unglücklicher einen manu
berühren wollen, an welchem kein brandmai des bösen haftet?' dann
mit nachdrücklicher Wiederholung: *ich nicht dich, darauf also will
idi verzichten. ' — S. XXIX z. 4 : der hg. gibt ipuxn^ ^^^^ ^^^^ durch
*animae' wieder und führt s. 107 die erklärung *ne quls invitum me
cogal' an. aber was heiszt Ufuxrj? leben kann es nicht füglich bedeuten:
Oedipus konnte wol nur gewaltsame wegführuug befürchten, seele oder
gesinnung? es kam ja den Thebanern lediglich auf den körper an. so ist
wol das wort unrichtig und tvxt\C zu schreiben: * keiner sei herr über
meine umstände' d. h. zwinge mich zu leben, wo und wie ich nicht
will, dasselbe wird v. 408 ausgedrückt durch OUK 6ip' djioO T^ ^n
KpoTi^cUJCiv irOTC. — Ebd. z. 8: der hier angedeutete chorgesang 1211
— 48, an dessen echlheit auch der hg. nicht zu zweifeln scheint, gehöft
als teil dieser tragödie zu dem merkwürdigsten was ich kenne, ich bitte
ihn einmal recht scharf ins äuge zu fassen, die kritischen Schwierigkeiten
sind, was den lext betrifft, nicht eben erheblich, wir dürfen nur 1212 L
Tou ^eTpiou Tiap^K (statt napek) Iwfic (statt Eüueiv , abhängig voa
>i^pouc), 1238 KQKWC (statt Kaxdiv) und 1220 ff. mit einer kleinen
Umstellung schreiben: ö b' (Hermann) dnlKOupoCy | icoT^XeCTOC | 'AT-
boc ÖT€ fioTp' ävan^qpnvev, | dXupoc, dx^poc, ävu^^valOC j 6d-
vaTOC £c TcXcuTdv. denn 1231 f. wird zu 1ToXu^ox6oc aus Ka|iaTU)V
ein KQ^aTOC ergänzt werden sollen, aber welchen Inhalt hat der gesang ?
'es ist thöricht sich ein übermäszig langes leben zu wünschen, denn
das hohe alter bringt viel leid und gar keine freude , wenn jemand in»
übermasz gerathen ist. (es bleibt sich ziemlich gleich, ob wir O^Xovtoc
oder mit Reiske b^ovTOC lesen : viel sinn ist in beiden redensarten nicht,
und überflüssig sind auch beide.) und der erlöser, sobald es zum sterben
kommt, ist der freudenlose tod.' nehmen wir gleich hinzu, was der
chor nachher noch vom alter zu sagen weisz : *es ist verachtet, kraftlos,
ungesellig, freundlos, kurz mit allen möglichen leiden und Übeln ver-
C. Aldenhoven: anz. v. SophocIisOedipusCoIoneus ed. E.Wunder. ed. IV. 449
knöpft.' dann wird schlieszlich eine anwendung auf Oedipus gemacht:
*nicht ich allein, sondern auch Oedipus wird immerfort von schrecklichen
helmsuchungen betroffen' (zuerst nur wie vom nordwind, hernach von
allen vier weltgegenden). auf die maszlose übertriebenheit, ja Unwahr-
heit dieser klage, sowie die geschraubte, schwerfällige und bombastisch-
phrasenhafte diction brauche ich nur hinzudeuten, zwischen den beiden
stücken liegt folgendes: 'am besten ist es nicht geboren zu sein, das
nächstbeste ist aufs schleunigste hinzugehen, woher man gekommen
ist.^ (woher ist man aber gekommen? nach der Sinnesart, die das ganze
lied athmet, ist jedenfalls völlige Vernichtung gemeint.) 'denn* — nun
haben wir die wähl zwischen den beiden erklärungen : ' sobald die un-
verständige Jugend da ist% wobei die kindheit und das mannesalter
übergangen werden, oder: 'sobald man die unverständige Jugend hinter
sich hat', wo dann das v^OV auch die kindheit mit umfassen kann,
* kommen alle möglichen beschwerden , als da sind mordthaten, revolu-
tionen, hader, schlachten und neid.' diese bringt nach der zweiten er-
klarung das mannesalter, bis wohin man denn doch eine gute weile ge-
lebt hat, und das Jünglingsalter ist frei von diesen Kd^aroi; dagegen
nach der ersten das Jünglingsalter, während das mannesalter leer
auszugehen scheint, die hier wiederum in die äugen springende eiu-
seitigkeit, verbunden mit der oberflächlichsten Unbestimmtheit, ist der
gnome, welche begründet werden soll, durchaus würdig, die so viel sagen
will als: es wäre am besten, es gäbe gar keine menschen, und wer diese
jammervollen geschöpfe ins dasein gerufen hat, hätte etwas besseres thun
können, charakteristisch für diese oft angezogene gnome, welche mir
beweist dasz auch das altertum den dämon der hypochondrie und zwar
jn der widerwärtigsten gestait gekannt hat , ist die erzählung bei Cicero
Tusc. 1 48, nach welcher gerade der alte Silenus, ohne zweifei im zustande
verstimmter ernüchterung, gerade den obren des Midas den zu gar niclits
dienlichen sprach zum dank für einen liebesdienst anvertraute, dem hu-
moristen, der das erfunden, möchte ich die band drücken, dasz nun
diese aller religiosität und sittlichen kraft fernstehende lebensauffassung
nicht die des Sophokles ist, bedarf keines be weises, seine gnomen sind
selbstverständlich nach den personen die sie vortragen und nach der je-
desmaligen Situation zu beurteilen und widersprechen sich häufig, so
heiszt es fragm. 684 : dem hohen alter ist verknüpfet jedes leid, unnütze
werke, nichtige sorgen, Unvernunft ; und fr. 500 : denn über langes leben
geht kein andres leid ; aber dagegen fr. 238 : dem greisenaiter schlieszt
sich gern vernünftigkeit und guter rathschlag an, und fr. 688: kein alter
gibt es für den weisen, dessen gebt göttinnen, sanft und hold, erzogen
und genährt (statt Oetqi HüvecTtv fm^pqi vermute ich OeaTciv dcTiv
fm^patc). wenn also diese litanei diesem chor in den mund gelegt wird,
80 frage ich: sind das dieselben männer, die vorhin so viel religiösen
eifer an den tag gelegt, mit so jugendlich frischer begeislerung ihr vater«
land gepriesen und in ihrer teilnähme für den kämpf ihrer jüngeren lands-
leuie so deutlich gezeigt haben, wie gern sie selber noch dreinschlügen?
jene hasenherzen, von denen oben die rede war, ja, das könnten dieselben
450 C Aldaiboren : anz. t. Sophoclis Oedipns Coloneas ed. E. Wunder, ed. IV.
sein, sodann die frage: was hat dieser gesang mil dem drama za schaf-
fen? nJchU ab dasz der chor alt ist ond Oedipns auch, letzterer hat seine
Uittdlieü, seine Terbannong , sein ganzes trauriges loos doch nicht dem
alter znzaachreiben ; trotz diesem konnte er ganz behaglich daheim leben,
also kann man föglich sagen: oöbiv irpöc Oibnrouv. nun stelle man
sich einmal recht lebhaft eine gesellscfaalt Ton fünfzehn hypochondristen
Tor, welche im rfickblick anf ein langes unfruchtbares leböi — denn wer
sich eines in edlen bestrebungen Terbrachten bewust ist, wdsz es ganz
anders zu schltzen — ihre eigene erbiirmlichkeit im tone des bewustseins
gereifter lebensweisheit besingt! nein, dieses lied, aus welchem, wie
mich dOnkt, auch Mendelssohn nicht viel zu machen gewust hat, ist nach
form und Inhalt ein hSszlicher makel an der herlichen dichtung; dieses
hätte der dichter seinen richtern nicht roriesen dürfen, in einer komddie,
meinetwegen * die unken' betitelt, könnte der chor drastisch wirken
(vgl. die komische anwendong der maxime von Alexis bei Athenäos ül
124^); aus unserer iragödle musz er wirklich *des ehesten hingehen,
woher er gekommen ist', beim wegfall dieses slasimon wflrde übrigens
das Tierte epeisodion noch nicht einmal die länge des vorhergehenden er-
reichen. — S. XXXI z. 11 V. u.: 'nee sine deoram gratis advenisse'
schreibt der hg. nach v. 1505 f. der La. gibt dcOXfjv 6fiiC€ Tf\cbe. statt
nun umzustellen würde ich 6fiK€ inOcTe verwandeln: 'ein golt möge dich
für diesen gang segnen', vgl. OT. 1478 f. denn der gedanke *ein gotl
hat dich glücklich hergeleitet' entspricht doch kaum der kürze des
weges. — Ebd. z. 1 v. u. vgl. v. 1530 — 39. die erklärongen von irpo-
«p^praroc durch 'natu roaiimas', von db^oc durch ' inexpognabilis',
von TTÖXeiC durch 'cives excluso principe', von oIkcTv durch ^adminis-
trare' (wofür der hg. lieber * constitutum esse* genommen hat) und von
xaOußpiZetv und dqpi^vai rd Oeia durch 'arcana evulgare et profanare'
geben, da sie über das lexikon hinausgehen, mir nur den beweis, dasz
man mit der stelle in der grdsten Verlegenheit gewesen ist. dabei wissen
mr noch nicht, was ^upiai, was ßabiujc sagen will, auf welches gesetz
oder herkommen sich TrpoqpcprdTip bezieht, und finden die bestimmung
* wenn es zum sterben kommt' höchst sonderbar, da man das doch selten
wissen kann, sodann, wenn Oedipus nur seinen eignen willen oder rath
ausspricht, wie kann er die nicbtbefolgung desselben als eine religions-
verletzung darstellen? endlich die worle Masz dir das nicht widerfah-
ren; Ich lehre dich also (?) etwas was du weiszt' klingen sie nicht fast
albern? mit emendationeo ist hier wol nichts zu machen, man könnte
allenfalls CTraproic, direl n^ujpiai Oeubv iröXeic schreiben und erklären :
*die strafen der götter erniedrigen die slädle, wenn eine auch in glück-
licher läge ist.' ich halte aber die ganze stelle für untergeschoben, was
Oedipus will, ist nicht eine zwecklose zuflüsterung über das grab von
einem köuig zum andern, sondern diner, und dazu ist Theseus der geeig-
netste, soll bezeugen können dasz Oedipus wirklich im attischen boden
■<*uht, auszer ihm aber niemand, damit nicht etwa der feind die stelle er-
hre und sich den leichuam irgendwie, etwa auch durch bestechung, zu
rschalTen im stände sei. danach würde ich v. 1526 Ktveirat in Ktvn*
€. Aldenhoveu: anz. v. Sophociis OedipusCoIoneused. E.Wunder, ed. IV. 451
T^a verwandelD und erklären: ^was geheim bleiben und nicht weiter
verbreitet werden soll.' — S. XXXII z. 19 vgl. 1586—1666. über die-
sen bericht möchte ich folgendes zur erwSgung empfehlen, die werte
{XuC€ (nach zwei hss., La. (hvce) bucmveic croXdc 1597 sind min-
destens sehr verdächtig, warum sollte Oedipus sich mit dem öffnen oder
gar ausziehen der gewänder — welches bild böte uns die letztere erklä-
rung! — beschäftigen, bevor er noch den töchtern seine auftrage er-
teilte? aber auch xodc 1599 (wofür der hg. in der enarratio wahr-
scheinlich CToXdc vor äugen gehabt , da er * veste pura ' schreibt) passt
nicht, wäre eine wasserspende vonnöten gewesen, so wäre gewis weiter
unten, wo vom waschen und ankleiden die rede ist, auch diese erwähnt,
dabei ist auflallend, dasz 1603 von einer kleidung so gesprochen wird,
als verstände sich deren Vorhandensein von selbst, diese kleider müssen
die töchter mit dem wasser zugleich vom heiligtum der Demeter geholt
haben , wo vielleicht priester oder tempeldiener gern gewänder für den
vorliegenden zweck hergaben, oder es würde sich irgend ein Kolonial
dazu verstanden haben, zumal bei dem Interesse des Theseus für den
greis und seine verheiszungen. denn Antigone hat keine kleider zum
wechseln, sonst hätte sie den vater nicht so schmutzig gehen lassen, und
fsmene scheint keine mitgebracht zu haben, danach wäre mit Meineke
CToXäc herzustellen, und man könnte 1597 f. als interpolierte erweite-
rung des einen verses KaHler*' clia iraibac i^viÄT^t ßuTÜ&v ansehen,
allein wie weit ist überhaupt der lange bericht echt? nach diesem geht
Oedipus, gewis nicht sehr rasch, eine strecke, wo ihn die erde aufnehmen
soll, hier befiehlt er den töchtern ihm wasser (und kleider?) zu holen,
sie waschen und bekleiden ihn , erfüllen überhaupt seine letzten wünsche,
ein donnerschlag hat zur folge , dasz sie sich lange auf die brüst schla-
gen und wehklagen, dann spricht Oedipus acht verse. darauf wieder
webklagen, sodann wird Oedipus wiederholt von einer göttlichen stimme
gemahnt zu kommen, nimt dem Theseus ein eidliches versprechen ab
sich der töchter treu anzunehmen und heiszt diese in fünf versen weg-
gehen, schlieszlich blickt Theseus ihm nach, und der böte kehrt zurück,
wie wenig man nun auch darauf bestehen mag die bedingungen der pro-
saischen Wirklichkeit in einem poetischen kunstwerk mit seinen idealen
Verhältnissen beachtet zu finden , so scheint mir doch die Zumutung sich
dies alles geschehen und gesprochen zu denken, während der chor nur
zwanzig meistens sehr kurze verse singt, über das masz des billigen
weit hinauszugehen, ich finde auszer dem schon erwähnten unzeitigen
lösen der kleider noch dreierlei im inhalt, was meinen verdacht bestätigt:
1) wenn Oedipus doch letzte worte an seine kinder richtete, sollte er
ihnen nicht eher etwas tröstendes gesagt haben , als dasz sie den lieb-
reichen vater vermissen würden? 2) nach der eidlichen Versicherung des
Theseus sich der kinder annehmen zu wollen wäre die verzweiflungsvolle
klage derselben über Verlassenheit und hülflosigkeit im nachherigen kom-
inos durchaus unmöglich, es ist so schon ein ungemein leidenschaftlicher
schmerz vorauszusetzen , wenn sie nicht ohne weiteres in der teilnähme,
welche Theseus und die Koloniaten gezeigt, sowie in der bedeutung des
452 C.Aldenhoven: anz.v.Sophoclis OedipusColoneus ed.E. Wunder. ed. IV.
valers für das land eine beruhigung über ihre zukunft fanden, auch
stand ihrer rOckkehr nach Theben kein wesentliches hindernis entgegen.
3} wird Oedipus nicht mitgejaromert haben, wie man nach 1621 (ndv-
T€C) glauben milste. danach halte ich für Sophokleisch 1686 — 91,
dann 1606 — 9 (als nachsatz zu diiel b' dcpiKTO idv xaiappäKTTiv
öböv) und zwar bis dpat^ouc. daran schlössen sich von q)6^TMQ >Q
1623 — 29, und daran schtieszlich 1639 — 66, so dasz \paucac. .
\ifei den nachsatz bildete zu 6 b' djc dTi^Cder' usw. wesentliches
wird man nicht vermissen und der poetischen Zeitberechnung noch genug
eingeräumt 6nden. schiene der böte aber noch zu viel zu berichten , so
könnte man gern den öfter wiederholten ruf des Hermes (1548, gewis
nicht des Charon, der wol t( ^AXeiC; rufen könnte, wie Eur. Alk. 263,
aber nicht ri fX^XXo^ev ;) auf einen Einmaligen reducieren , indem man
auch 1626 striche, dazu wäre um so mehr grund, da iroXXaxfl sehr be-
fremdlich zu TToXXä hinzugefügt ist: denn wozu *auf vielfache weise'
oder *an vielen stellen'? zu des hg. darstellung des berichts möchte ich
noch bemerken , dasz ihm der ausdruck *ad beatorum sedes' s. XXXllI
z. 1 V. u. wol nur als ein gerade hier ansprechender entschlüpft ist:
das Sophokleische drama kennt ja keine Wohnsitze der seligen , sondern
nur den allen gemeinsamen dustem hades. — . S. XXXIII z. 16: vom
*matrimonium infandum' ist eigentlich v. 1671 f. nicht die rede. *das
unselige blut' kann wol nur das biut sein, in welchem sich die alte schuld
fortgepflanzt hat, die auf dem Labdakidenhause ruht. — Ebd z. 18: auch
'in posterum etiam graviores toleraturae' gibt nicht wieder was v. 1675 f.
steht, ich glaube übrigens mit dem hg. , dasz die stelle corrupt sei. die
Worte der Antigone lassen sich schwerlich anders erklären als Vir sind
schulderben des vaters: deshalb haben wir bisher so viel not gehabt,
und wir werden auch schlieszlich unerdenkliches zu dem bisherigen hin-
zufügen', d. h. wir werden auch ein wunderbares ende finden wieder
vater. da nun der La. IbövTC xal iraOouca darbietet, so würde ich
schreiben : icov TOKct iroOoüca. — S. XXXIV z. 2 : der hg. schreibt
nach v. 1711 ff.: ^quod non in propinquo sepultus iaceat, sed tarn
solitarius mortuus sibi sit.' aber dasz der vater 'verlassen' gestorben
sei, konnte doch unmöglich gesagt werden, auszerdem brauchen die
Worte iui ^f| . . dXX' nicht deshalb unecht zu sein, weil sie eine Wieder-
holung von 1706 f. enthalten, gerade darum konnte die tochter den ge-
danken 'das fremde land ist für den vater erwünscht gewesen' geflisseol-
lich wiederholen, um nun den gegensatz anzuknüpfen: 'für mich aber
gar nichL' die stelle ist zweifelsohne corrupt, und ich möchte vor-
schlagen :
Kwc ^€ xp^ Tdv buCToXaivav d(pavicai xocövb ' dx^c.
cu Täc tnX liyac Oavciv fxP^^cc, dXX*
fprmOV ^t1T€C &b* i\iL
dem entsprechend in der Strophe 1684 ff. :
vü£ in ' dffmaciv ß^ßaKC. ttwc tdp f[ Töv Tiv * drriav
fj TiövTtov KXubujv' dXuü^evai ßiou
bucoiCTOv f^Eo^cv Tpo(pdv;
C. Aldenhoven : anz. v. Sophoclis Oedipus Coioneus ed. E.VVunder. ed. IV. 453
wir befinden uns übrigens hier in einer gegend, wo es mir gar nicht sehr
Sophokieisch aussieht, schon die beiden ersten strophenpaare sind mir ver-
dächtig, an der unechtheit des dritten aber zweifle ich gar nicht. Anti-
gone spricht 1673 f. so als ob Ismene an iliren mflhsalen teil genommen
hatte, da sie doch nur die reise nach Athen gemacht hat. soll man ihre
früheren bemühungen um den vater in Theben in anschiag bringen ? die
frage Antigones 1685 ff., wo sie und Ismene umherirrend ihren unter-
halt finden sollen, hat, wie schon gesagt, keinen rechten grund. dabei
kommt die desperate frage so heraus, als ob sie erst jetzt In diese läge
versetzt wären, die folgende ebenso desperate fluszerung der Ismene ge-
hört eben dahiu; und sie kann nicht sagen, dasz sie ohne den vater
nicht leben könne: sie war ja daheim geblieben, genügt es nun bei
roädchen , welche die unverständige Jugend wol schon ziemlich lange hin-
ter sich haben, zu sagen ^der schmerz beraubt sie so sehr der Ober-
legung'? statt sie in einfachen und klaren Worten an den ungrund ihrer
angst zu erinnern, sagt der chor v. 1695: oö KaTd^€MiTT' ^ßHTOV, was
allenfalls so viel heiszen kann als ^ihr seid nicht mit geringschätzung auf-
genommen (und werdet nicht im stich gelassen werden}', aber unbe-
stimmt genug ist, um verschieden erklärt zu werden, hernach (1715 ff.)
spricht Ismene noch einmal von ihrer und Antigones Verlassenheit , als
ob der vater bisher für sie gesorgt hätte, die hauptmomente des kommos
sind: der schmerz über den vertust des vaters und der trost, der in der
«nrt liegt wie er geschieden ist, sowie in seinem bisherigen leben, dessen
ende nur erwünscht sein kann, und dann die frage Vas nun weiter?*
wobei ihnen die gefundene auf- und teilnähme, sowie die bedeutung des
vaters für das land zur beruhigung dienen konnte, ist die behandlung
dieses Stoffes wirklich der art, wie wir sie von Sophokles erwarten dür-
fen? ich würde das zweite strophenpaar bereitwilligst preisgeben , das
erste aber wenigstens auszer ein paar kleinen textesänderungen so an-
ordnen, dasz den mädchen nur die klage und dem chor die rolle des
Irösters zufiele, etwa in folgender gestalt:
Str. Ant. aiai bis TiaGouca.
eh. Ti b* icixy; etiraT' iL cpiXai.
Ism. ß^ßriKCV [Xdßoic
eh. (sie unterbrechend) übe ^dXicx' fiv iw (Canler für €l) iröGi})
(^wie du am liebsten sterben würdest') bis ffiapipav.
Ism. (die gerade dieses räthselhafle verschwinden schrecklich
findet, rasch einfallend) £v dcpavc! bis rpoqpdv;
antistr. Ant. iröGoc bis KupVjcijc.
eh. ^irpoEev , otov fjGcXev.
Ism. TÖ TTOIOV ;
eh. de ixn^^ J>*s ÄKXaUTOV •
Ism. (bestätigend) dvd fäp bis iLb' i\it
danach schlösse sich die mahnung des Theseus v. 1751 ff. an 1714. —
Im dritten strophenpaar aber findet man nicht blosz kein vernünftiges
besinnen, sondern fast nur gesteigerte Verzweiflung und haare Un-
vernunft. Antigone will das grab des vaters sehen, sie kann doch auch
454 C. Aldenhoven : anz. v. Sophociis Oedipus Coloneus ed. E.Wunder. ed.iV.
im schmerz nicht vergessen haben, was derselbe so ernst und feierlich
darüber v. 1522 AT. und 1640 (T. gesagt hat. Ismenc erinnert sie daran,
nun Tvill Antigonc, zweimal durch die eriunerung schmerzlich berührt,
Ismene soll sie hinführen und töten, diese kann darauf natürlich nicht
eingehen, zumal wenn sie keine walTe bei sich führt, und antwortet nur
mit einer klage über Verlassenheit und hülflosigkeit: das alte lied und
zum teil mit denselben Worten wie 1715 f. darauf weisz Antigone nicht,
wohin sie fliehen soll, und der chor erinnert sie (witzig?), dasz vorhin
der Untergang (die entführung nach Theben?) vor ihnen geflohen sei.
dann fällt ihr ein, sie möchte nach Theben zurück, der chor widerräth,
ohne zu sageu warum, und Theseus findet es nachher ganz vernünftig
und verspricht die beförderung. Antigone sagt, sie habe eine sorge
(fiÖTOc), aber nicht welche, der chor meint, das sei ihr nichts neues,
sie erwidert: ^ich bin bald hülflos gewesen, bald mehr als das.' der
chor stimmt bei: *es war ein groszes meer (von leiden?), das euch be-
schieden ward.' schlieszlich bleibt Antigone dabei zu fragen, wohin sie
fliehen und woher sie eine holTnung nehmen solle, in der that, ich wüste
für die echthcit dieser partie auch nicht das geringste vorzubringen,
sodann tritt Theseus auf und mahnt von der klage abzulassen, darauf
bittet ihn die beharrliche Antigone das grab des vaters sehen zu dürfen,
und er wiederholt, was wir und die müdchen recht gut wissen, aus-
und nachdrücklich, warum das nicht angehe, wozu diese Wiederholung?
dabei spricht er 1760 fl*. von einem verbot des Oedipus die heilige ruhe-
statt ^anzurufen', von dem in den an Weisungen 1522 fl*., bei welchen
die kinder zugegen sind , so wenig die rede ist wie in den an sie gerich-
teten Worten im bericht des boten 1640 fl*., und dann ziemlich dunkel
1766 f. von einem dämon, der das gesprSch zwischen ihm und Oedipus
gehört habe, und dem SpKOC, obgleich von einem eide in dieser be*
Ziehung nichts vorgekommen ist. auch diese stelle (1754 — 67) halte
ich für unechL tilgen wir sie, so bezieht sich Antigone mit den Worten
Svenn dies in Oedipus sinne ist' auf die mahnung des Theseus 1751 IT.
der schlusz von 1768 an mag Sophokleisch sein, aber man darf ver-
muten, entweder dasz Sophokles das drama nicht vollendet hat, oder
dasz es von 1670 an vielfach erweitert und entstellt worden ist. es ist
wol überhaupt klar, dasz es seinen ungewöhnlichen umfang der inter-
polation, zu welcher es gelegenheit genug darbot, zu verdanken hat.
irren wir nun aber darin nicht, dasz der ursprüngliche Oedipus auf Ko-
lonos eia meisterwerk gewesen, so dürfen wir um so weniger anstehen
ein paar hundert verse, in denen sich der meister nicht erkennen Iflszt,
zu streichen , da wir das stück dadurch noch keineswegs zu sehr verkür-
zen würden, nach meiner ansieht wird es auf ungeHihr 1500 verse
reduciert werden müssen.
Uebrigens ist der vom commentar begleitete text nach aufnähme zahl-
reicher emendationen , unter welchen nicht ganz wenige des hg. selbst
sind, der auch mehrere stellen zuerst für Interpolationen erkUrt hat,
nach maszgabe der bisherigen leistungen der kritik ein recht guter zu
nennen, der hg. gibt mit sehr wenigen ausnahmen auch die handschrift-
C. Aldenhoven : anz. v. Sophociis Ocdipus Coloneus ed. E. Wunder, ed. IV. 455
liehen lesarten an, moli viert jedoch die emeudalionen nicht, gewis hat
er zu letzterem seinen guten grund. aber ob man nicht auch dem jungern
leser und vielleicht gerade diesem eine wenn auch nur andeutende ant-
tvort auf sein ^warum?' zu geben hat? sie würde ihm in vielen fällen
gewis nfltzlich sein, aus dem commentar, der völlig seinem zweck ent-
sprechen dürfte, will ich nur einiges hervorheben, um desto langer bei
dem texte zu verweilen, zu dessen weiterer besserung (vielleicht auch
für eine fünfte ausgäbe) ich so gern, quantulumcunque est, beitragen
mödite, auch an solchen stellen die der hg. für krankhaft hält, die er
jedoch so wenig wie sonst jemand in die cur genommen und bei denen
er sich darauf beschränkt hat zur erläuterung zu geben, was sich eben
geben iSszL
V. 15 CT^YOUCiv (*sie schirmen') in CT^qpouciv zu verwandeln ist
nach beispielen wie Aesch. sieben 198 und 779, Thuk. IV 34 gewis
nicht nötig. — V. 18 eku) hätte erklärt wenlen mögen, nur nicht mit
Schneidewin durch * drinnen hinein geflogen', sondern durch *in der
richtung nach innen', wie Kar' aördv ist *den hain hinab'. — V. 19
xOüXa Kd^iTT€tv kann wol nicht 'sitzen' bedeuten, sondern *sich setzen'.
— V. 30 in d£op^äcOat scheint nur der begriff des aufbruches von
einem ort zu liegen , nicht der des raschen ganges, so ist hier ein pro-
thysteron, worin das zweite particip den gegensatz zu einer etwaigen
ruhe des mannes lebhafter veranschaulicht: 'kommt er heran und ist
unterwegs?' — V. 35 wie zu construieren ? ich denlte, v. 50 ist eine
Wiederholung der unterbrochenen anrede und qppdcai auch dort von dem
nicht ausgesprochenen TrpoCTp^nuJ abhängig. — V. 45: das hsl. üjct'
würde ich nicht mit djc vertauschen, jenes gibt den sinn 'mögen sie
mich gnädig aufnehmen,so dasz ich nicht wieder wegzugehen brauchte' ;
dieses aber 'sie mögen mich gnädig aufnehmen (was immer angeneh-
mer ist als ungnädig), denn ich gehe keinenfalls wieder weg.' dies
klingt nicht sehr höflich und empfehlend, und was wollte Oedipus
machen, wenn die Eumeniden ihn gar nicht aufnehmen wollten? zu
jener iesart und erklärung passt die folgende frage 'was ist das (warum
du nicht gern weggiengst)?' sehr gut, und die richtige antwort ist: 'es
ist eine bestimmung meines geschickes.' denn bekanntlich müssen trotz
schicksalsbeslimmungen die mitwirkenden mächte doch in die erfüllung
einwilligen und daher unter umständen vom menschen darum gebeten
werden, wie Oedipus ja auch thut. yfic ist hier sehr überflüssig, und
bedeutet es 'land' oder 'erde'? und ist Tficbc mit Sbpac oder mit fi\c
.zu verbinden? ich würde unbedenklich Musgraves ye aufnehmen: 'gerade
von diesem sitze.' — V. 52 x<&poc ist hier der ganze umliegende räum
im gegensalz zu dem hain und dem sitze, da aber v. 38 mit denselben
Worten x^poc im engern sinne gebraucht worden, so scheint hier eine
bestimmtere bezeichnung nötig und das entlMshrliche bf\t* in irfic ver-
wandelt werden zu müssen, sowie der E^voc auch x^poc näc und 8v
^KiCTCißeiC TÖTTOV unterscheidet.— V. 63 itX^ov würde ich lieber nicht in
Oeuiv verwandeln, denn 1) ist ein gegensatz zwischen traditlon und ge-
genwart der götter kaum statthaft: wo man Icpol XÖTOi hat, sind auch die
456 G. Aldeuhoven : anz. v. Sophociis Oedipus Coloneus ed. E.Wunder, ed. IV.
göUer gegenwärtig. 2) bezeichnet raCra die gegenstände der Verehrung,
den Poseidon, den Prometheus und den Koionos, sowie die elierne schwelle,
und man kann nicht fflglich sagen : die götter werden durch ihre eigene
gegen wart geehrt, belialten wirTtX^ov, so ist der sinn: wir verehren
sie nicht so sehr wegen der traditionen als wegen der fortwährend em-
pfundenen Verbindung mit ihnen, jene berichten nur was sie geihan
haben, diese läszt ihre Segnungen unmittelbar selbst empfinden. —
V. 71 das hsl. ixoXcTv würde ich der conjectur irapQ vorziehen, der
S^voc will wissen, wozu der böte abgeschickt werden soll, also fragt
er: *zu welchem zweck zu kommen soll er Theseus auffordern oder zu
bewegen suchen?' und ibc würde mit den participien zu verbinden sein:
^um zu welchem zweck aufzufordern?' wäre der sinn * welchen zweck
soll er angeben?' so würde im folgenden verse K€pbdvoi stehen.
V. 104 : Hermanns erldärung ^wenn ich euch nicht meiner schweren
leiden wegen zu gering scheine' halte ich nicht für richtig, sie stimmt niclit
mit der Vorstellung von einer gottheit, die unmittelbar der gerechtigkeit
dient und keinen grund hat ferner zu zürnen , wenn die strafe vollzogen
ist, noch jemand zurückzuweisen, weil er gelitten hat. richtiger erklärt ohne
zweifei der scholiast: *wenn ihr nicht meint dasz ich noch zu wenig von
den leiden der sterblichen abbekommen habe.' an dem dativ im folgenden
verse würde ich keinen anstosz nehmen, er bezeichnet die leiden als die
lierren denen Oedipus unterworfen sei und sich fügen müsse. — V. 113
T6 nimt Meineke ann. crit. s. 140 mit recht gegen toi in schütz, und
Martins conjectur t6ö€ für iröba ist eine viel leichtere änderung als
TTOtuJV ' TÖbc würde den hain als den erwähnten bezeichnen , ja Oedipus
kann gern hinzeigen , da er weisz wo er liegt. — V. 131 AT. (Dindorf)
^den mund des stummen gedankens (der lautlosen andacht) sendend' ist
ein monströses unbild. fassen wir das angedeutete bild aber so: die
andacht hat, sofern sie sich verlautbaren kann, einen mund; hier aber
verlautbart sie sich nicht, schlieszt also den mund: so liegt es nahe
)iU0VT6C zu vermuten , wodurch zugleich der vorhergehende glyconeus
seine lange endsilbe bekäme. €uq)fjfiou aber wäre proleptisch zu fassen.
— V. 139: für das äuszerst schwer zu erklärende q)aTiZ!6fi€V0V würde
ich ohne weiteres xarrlöyieyov schreiben: ^durch die stimme (die zu
mir gedrungen ist) ersehe ich. was ihr begehrt.' — V. 142: nach dem
hg. wäre der sinn: ^sehet mich meines äuszern wegen nicht für einen
frevler an.' aber hier kommt es eben nur auf das betreten des unbetret-
baren an, und Oedipus will wol vielmehr sagen: *ich bin kein verächter
heiliger Satzungen' (vgl. vö]LiOC 168), indem er sich bewust ist seinem
Orakel zufolge einen anspruch auf den zutritt zu haben. — V. 145 gibt
die conjectur TpuJTfjc eine schwerHillige structur. viel einfacher ist
diese, wenn wir Trpu)Tr)C behalten: *ich bin keineswegs ein mensch des
looses, welches das erste wäre in beziehung a«f das preisen', d. h. (als
litotes) mein loos ist keineswegs als das beste zu preisen. — V. 150 ff.
q)UTdX^toc kann schwerlich bedeuten *von gehurt' und ^axpaluiv gewis
nicht ^seit lange', wenn wir aber mit dem hg. nach öfi^drujv, aber
nicht mit ihm nach bucoiuiV interpungieren und ebenfalls mit Bothe
C. AldenhoveD : anz. v. Sophoclis Oedipus Coloneus ed.E. Wunder, ed. IV. 457
liaxpaiuiv 8' 6c' schreiben, so läszt sicli, dunkt mich, ganz einfach
erklaren: ^du unglQcklicher und hochbejahrter mann warst, wie zu ver-
muten, auch der erzeuger?* (vgl. fragm. 957) mit beziehung auf Anti-
gone. das 8c' ^TTCiKdcai kann sich nemlich nicht auf öuca(uiv ^a-
Kpafuiv T€ beziehen : denn dasz Oedipus unglöcküch sei , haben sie eben
von ihm selbst gehört, und dasi er alt sei, ohne weiteres gesehen (143).
<lie folgenden verse scheinen mir der emendalion noch mehr iieddrftig.
man erwlge nur diese gedankenverbindung : *du sollst, so viel an mii:
liegt, diese flache nicht hinzufügen, denn du gehst zu weit; sondern
(aber?) damit du auf dem schlflpfrigen boden nicht flilst und wir besser
mit einander sprechen können, geh da weg.' in iriirrciv liegt jedenfalls
der begrifT einer raschen bewegung ; daher halte ich die erkUrung *damit
du nicht unbesonnen fortgehst' nicht für richtig, wahrend ein fort-
stürmst' nicht auf den Oedipus passen wfirde. auszerdem wäre es
seltsam zu sagen: ^geh weg, damit du nicht weitergehst.' sollte nur
dies erreicht werden, so konnte er ja bleiben wo er war. endlich beiszt
irepfiv auch nicht eigentlteh *zu weit gehen', sondern *binabergeiieu'.
ich denke, die Kolooiaten wollen den Oedipus gern in gutem entfernen
und ihm alle besorgnis nehmen , dasz man ihm gewalt anthun möchte,
wir erwarten deshalb zunächst eine Versicherung in dieser beziehung und
dann grflnde, die noch auszer dem rerbot diesen platz zu betreten den
Oedipus willAhrig machen könnten, daher vermute Ich irpocOfjcet Tic
X^pac, T^puiv fäp treppe: 'an dir wird sich, so viel an mir liegt, nie«
mand vergreifen, denn als alter mann kommst du herflber. aber du muszt
da weggehen, damit du nicht fällst und wir uns verstandigen können an
einem betretbaren platze.' das lisl. dparuei in iparuot (Musgrave) zu
verändern sehe Ich keinen grund. ich beziehe es auf die folgenden worle
und erklare: *du bist zu weit von uns entfernt.' — Nach v. 183 fehlen
vier verse, welchen 199—202 entsprechen sollten, ist es nicht blosz
consequent, wenn wir auch solche locken auszuf Allen suchen? ich denke,
Oedipus gibt zunächst seine besorgnis zu ericennen von dem haine weit
abzukommen, die tochter sudit ihn darüber zu beruhigen, es gelingt ihr
aber nicht recht, und er spricht seine besorgnis noch einmal und mit be-
stimmter beziehung auf die Eumeniden ans. ich viill ein paar verse dieses
inhalts als aufforderung bessere zu machen hersetzen :
Ol. ^axpav Sieic;
AN. öXitoi ßTiMard c' £K<p^p€i,
Tv'o*K&T'dcۧf|C?bpa.
Ol. OcuDv ccMvd^v ftirdv€uO€V ; —
V. 192: für ävTiYT^Tpou, das niemand recht erklaren kann, am wenig-
sten der scholiast, schlage ich dvTiir^pccv vor: ^dem chor gegenüber.' —
V. ] 94 ff. : bei OÖTUIC , das mit recht dem Oedipus zurückgegeben ist,
musz &K\C irpOß^ßTiKa wo! so ergänzt werden, dasz der chor den Oedi-
pus gleich unterbricht und selbst das fiXtc hinzufügt, aber was soll das
U)C dKOÜeiC? wird der alte mann, weil er nachfragt, mit einem 'du
hörst es ja' angelassen? und wozu die nachfrage? er kann wol nur
noch fragen, ob er auch nahe genug sei, dasz sie sich gegenseitig ohne
Jfthrbücher ttr elui. philol. 186S hft 7. 30
458 C.Aidenhoven: anz. v.SophoclisOe(]ipusCo]onease(].E.Wumler.ed.IV.
mühe verstehen können, daher vvrmute ich die ÄKoOciv, nnd dasz der
chor dem Oedipns die ganze frage bis auf o&ru)C zur bejahung aus dem
naunde mmt., yfelieicbt um ihm das laute reden mdglichst zu ersparen^
bedenklieh ist sodann die frage des Oedipiia, ob er sich setzen solle, wa»
die Kolonlaien gewis nichts angieng. noch bedenklicher die sonderbare
Zumutung, dasz 0edi|Mt8 sich ^klein zusammenkauern' soll, denn öxXd-
cac kann doch, zumal in verbimlung mit ßpaxiit, trotz der oberflfich«^
lieben deSnition des Phrynrchos nicht vom gewöhnlichen aufrechten sitzen
verstanden werden, jene art zu sitze» aber hat augenscheinlich gar kei*
nen zweck, mnat dem alten mantfe bei längerem gesprich sehr unbequem^
werden und einen anbitck gewähren, gegen den sich der gute geschmack
entschieden auflehnt, der den greis gerade gegenüber auf dem felsen in einer
wärdigen haliung, nicht koboldartig ZBsanMnengedrfickt zu sehen rer»
langt, statt fj cBdu (was der codex gibt) würde ich deshalb fj 'cnv wie-
derum als alifang einer frage schreiben: ^ist da' — worauf der chor fort-
führt, indem er den inheH der fi*age errSth: «seitwärts (für den von der
seile kommenden Oediptt6,.2dso dem chor gegenüber) oben auf dem felse»
ßpaxuc ÖKplßoc», eine kleine tribflnenartige erbüäong,. auf der Oedipns
auch wol einen sitz fand zum reden, dasselbe mit fif^ v. 198» — V, 197
Hermanns äcuxai<it für das metrisch anstdszige f|£ux(9 gibt einen wun*
derlichen pleonastisch-ellipliischen ausdrttck: 'füge (äp^OCOi) den schrill
in ruhigem schritt (nemlieh an den schritt)/ wartim nicht lieber 6v dcu-
Xocitp (wid iy f)CuX(fi v. 82): 70^6 gemach einen schritt an den andern*?
V. 204 f.: dne codjecUir scheint erforderlich, an die erste und
nfichste frage tic £qnic (die alte correctur für Tic c' iq^v) müste aidk
wol statt der dunklen leztesworte eine zweite anachlieszen , die sich auf
die abstammung bezieht, viellei^t t{ cO itotc t^vqc ^X^ic; — * V. 230:
der hg. hat mit recht &v für div hergestellt; aber seine erkiflrung ^ne-
mini poena fatalis continglt, cum repemiit iniurias prius aecepta»' würde,
abgesehen davon dasz tiVetv für TivccÖat stehen müste,. den ausdruck
sehr unklar erscheinen lassen, ich glaube, wir erklären besser: 'das
büszen für etwas, was einer schon zuvor erlitten, naht keinem als eine
busze, welche die weltordnung (das göttliche urreclit) verlangt^ d. h»
wir dürfen dich nicht deshalb strafen^ weil du gestraft bist, worauf wei-
ter folgt : *aber zur trüglichkeit sind wir lierechtigt, well du uns betrogen
hast.* — V. 237—253: diesen gesang, wdchen Cobet und Meineke für
unecht halten, sehe ich mit dem hg. ale echt an ^ nur glaube ich dasz er
zum teil corrumpiert, zum teil durch iiiterpolation erweitert ist. er hat
eine auffallende ähnlicfakeit im rhythmus mit 207—211 (weniger frei-
lich , wenn man nach Westphtl metrik lU s. 79 fi*. abteilt) und dann 228
— 236, znmal wenn man die verse t&v ivpondOi] bis ^KTOtroc als lauter
daetylisohe ansieht, wozu man um so mehr berechtigt ist, da der anapü*^
stische tact nicht ohne Störung sein würde, man hai dm freilich die
dactylischen reihen der sehr erregten sttinmnng der: Kolonlatdn gemäss
sehr rasch vorgetragen nnd ähnlich wie Ar. ekkl. 11^9 ff. inie ^inen
vers fortlaufend zu denken , während sich in der monedie der AnttgOB€
die tetrameler alle sondern lassen, ob dies und die Unterbrechung durch
C. Aldenhoven : anz. v. Sophoclis OeAipus Coloneus cd. E. Wunder, ed. IV. 459
212 — 227 ein Hindernis ist eine antislrophische corresponsion ähnlich
wie Eur. Andr. 1173 IT. anzunehmen, mögen Itundigere entscheiden, so-
dann ist in diesem gesang eine Störung des rein dactylischen rhylhmus
durch V. 249. femer ist der inhalt nicht ohne anstosz. Antigone ver-
weist auf ihre äugen, die eher miüeid erwecken könnten, weil sie damit
sehen könne (doch wol, weil m nicht geschlossen seien), aber welchen
eindruck können sie bei der groszen entfernuug machen ? X^^P^V bezieht
sich offenbar auf 232, aber wie kann sie die x^^ptc eine 'unerwartete'
nennen , wenn sie selber daruni bittet ? dazu ist das dreimalige dvTO^ai
wenigstens verdächtig, ^K C^8€V, wofür Elmsley oTkoOcv vermutet, ohne
zweifei falsch, der ausdruck oÖK dv^TAarc Tiar^pa befremdlich, hinter
ßpOTÖV ein dactylus ausgefallen, und die 6€(![) iSszt vermuten dasz ur-
sprCInglich coi statt öjitiv geschrieben war. danach liesze sich vielleicht
die stelle folgendergestalt herstellen:
(Jj E^voi
dböqppovcc, äkV InA
Tepaöv fivbpa xövbe tujv
dKÖvTwv dtovTec auödv
?PTUiv dv^iXare rflc dTrclpTCiv,
dXX ' ißl rdv jieX^av oiKTefpare '
Trarpöc ött^p fiövou dvro^ai, dv bi cot
Ke()it€Oa TXd^ovcc* dXX' dmv€ucaT€,
irpöc c ' Sti coi (piXov oTkoOcv, dvTO^ai ,
fj T^KVOV, f\ X^XOC , f\ XP^OC , f\ e€ÖC.
oö Tdp \bo\c fiv dOpuuv ßpoTÖv d^^opov,
SCTIC &V, €l OCÖC
ÄTOi» *K<puT€iv büvaiTO. —
V. 262 : wegen der mOszigen Wiederholung des oTac T€ etyai in ^x^tv
ist woi dpiceiv in dXicfiv zu verwandeln. — V. 276 dvccTVicaTC wird
.von Bothe schwerlich richtig erklllrt: Mhr habt mich aufgerichtet.' Oedi-
pus wird im gegenteil sagen: 'ihr habt mich von dem platze, wo ich
mein heil finden soll, aufgejagt (vgl. ^eravacrdc 175}, nun sorgt auch
dasz ich mein ziel erreiche.' — V. 278: der hg. gibt nach SchSfer jiow
pov für das hsl. ^o(patc, halt es aber selber nicht fflr richtig, ich ver-
mute Xyjpouc, sofern ja das orakei in erfflllung gehea muste, oder die
götter hatten leeres geschwiUz gemacht. — V. 297-~305: der hg. hält
V. 301 — 304 för unecht, ich habe über diese ganze sUife in Verbindung
mit einer frühern eine ansieht, die auf den ersten blick etwas abenteuer-
lich aussiebt, die ich aber doch zur prOfung verlegen will, der chor ist
so eben bereitwillig auf den Vorschlag des Oedlpus eingegangen, dasz
der landesherr entscheiden solle, nun hören wir dasz schon jemand ab-
gegangen sei, um den könig zum herkommen aufzufordern, wozu diese
absendung, wenn der chor nach eignem ermessen verfahren wollte und
erst von Oedipus gebeten werden muste dem kenig die entscheidung zu
übertragen? Oedipus spricht 288 ff. und 296 so, als ob er nicht weisz
dasz Theseus der könig ist und in Athen residiert, obgleich der Koloniat
es ihm 67 ff. auf seine fragen gesagt bat und Oedipus den könig 569
30*
460 €. Aldenhoven : anz. v. Sophoclis Oedipus Coloneus ed. E.Wunder, ed. IV.
mit dem namen Theseus anredet und 607 auch den namen des vaters an-
gibt, warum sollte er so thun, als wüste er es nicht? der S^voc wird
doch den Kolonialen erzahlt haben , was er mit dem seltsamen fremdiing
gesprochen habe, derselbe will 47 nicht b(xa TTÖXeuuc verfahren, sondern
anzeige machen und sich instruieren lassen , er will also doch wol zum
könig nach Athen, gleichwul erklärt er 78, er wolle den demoten an-
zeige machen , nicht in der Stadt , uro ihnen zu überlassen was zu thun
sei. warum ändert er seinen entschlusz? hoffte er, die Koloniateu wür-
den glimpflicher verfahren? warum? und sie bestehen gerade ziemlich
unglimpflich und gegen ihre zusage v. 176 f. auf seine entfemung. zu
diesen inconvenienzcn kommt, dasz die frage v. 64 nach der mitteilung
V. 58 ff. gern entbehrt werden kann und demnach auch die antwort; dasz
zu der anachronistischen frage v. 66 kein grund Ist; dasz, nachdem der
iiwoc gesagt, er wolle zur Stadt (doch wol zum könige), Oedipus nicht
wol fragen kann, ob einer von den Kolonialen hingehen würde; dasz,
wenn Oedipus sich dem chor gegenüber so unbekannt mit dem namen
des königs zeigt , es dem chor sehr nahe liegt ihn zu nennen ; dasz die
frage 302 'wer wird ihm toOto toCttoc melden?' nur sehr gezwungen
von der geschichte des Oedipus verstanden werden kann und am ein-
fachsten auf die anzeige beim kÖnige bezogen wird , darin aber an ver-
kehrter stelle steht, das unpassende ckottöc 297 , offenbar eine remi-
niscenz von 35, wo es nicht etwa eine amtliche function bezeichnet,
sondern der sinn ist : *du kommst wie ein kundschafler zu uns , der über
das rccognoscierte terrain auskunft geben kann', mag für kcivoc einge-
treten und oIx€Tai CTcXujv aus o(ko9€V ctcXcT corrumpiert sein. v. 69
ist erst später am rande hinzugefügt und v. 70 — 75 Oedipus mit dem
S^VOC vertauscht, also confusion im texte, nach dem allem haben wir,
meine ich, 'eine absichtliche oder unabsichtliche confusion beider ge-
spräche und die Interpolation mehrerer verse anzuerkennen, mit einigen
Umstellungen, heseitigung entbehrlicher oder störender verse und den
angegebenen emendationen liesze sich eine mutmaszliche urform , ohne
der Symmetrie abbruch zu thun , in folgender weise herstellen :
44 dXX * tXcifi \ikv TÖv Ik^ttiv beEdaio.
(46—48 interpoliert}
49-63
45 i&ct' oöx ?öpac Tf^c (t€?) Tflcb' fiv dKXeoi|i' ?ti.
(64—67, 70—74 interpoliert)
75—296
302 t(c b' ?ce* 6 K€ivi}J toOto toöttoc ättcXäv;
297. 298 irorpiöov ficTu rflc ?X€f kcTvoc bi, viv,
5c KdjLife bcOp* ?7r€|Li7r€V, oTko6€v cteXci.
68. 69
299. 300
301 Kttl Kdp9*, öiav irep TOÖvOjn^aTcOnTai tö cöv, (komnu
statt des punctum)
(303. 304 interpoliert)
305.
C Aldenhoven : anz. v. Sophodis Oedipus Coloneus ed. E.Wunder, ed. IV. 46 1
doch möchte noch zu bedenken sein , wie man auch \6fi\i 68 erklären
mag, dasz Oedipus nicht ohne weiteres voraussetzen kann, dasz dieser
könig wirklich diese eigenschaften habe, es wird daher eine weitere mit-
teiiung des chors sein, der, weil er sieht dasz jener vom könige nichts
weisz, hinzufügt, er regiere durch sein wort und (falls dieses nicht aus-
reichen sollte) durch seine macht (sei also ein respectabler herr) und
heisze Theseus usw. so w3re zu schreiben :
297 Traipipov äcxu Tflc Ix^v kcTvoc bi viv,
298 6c Kä\xk beöp* fne^ncv, oiKoGev cicXei.
68 oiJTOc bi TOI XÖTtp T€ Ka\ c9^vci KpaiOüv
69 encciic KoXeiTai usw.
V. 306 f. : dasz ßpabuc cCbei der Snderung bedarf, ist wol klar,
aber dasz mit ßpabuc Ti^pcji Theseus, dessen art aufzutreten und zu spre-
chen viel eher einen mann in den besten jähren vermuten läszt, zu einem
alten manne gemacht wird , will mir gar nicht zusagen, v. 890 erkläre
ich auch viel lieber Mch habe meine beine nicht geschont um eiligst her-
zukommen' als *der weg ist mir sauer geworden', was übrigens auch
dem jüngsten passieren kann, ich denke, wir schreiben besser: ßaOuv
cubct, sc. {hrvov vgl. die beispiele dieser ellipse bei Bosius eil. gr.
8. 316 (Schäfer). — V. 318 TäXatva kann nicht fflglich bedeuten, dasz
Antigene schlimme nachricht erwartet : sie weisz noch nicht einmal dasz
Ismene es ist. viel lieber erkenne ich mit Meineke darin einen ausruf,
den ihr die Spannung und nngewisheit auspresst, wie denn dieser ausruf
oft nicht so sehr viel sagen will, selbst bei unserm ^ich bin des todes'
denkt man nicht immer gerade ans sterben. — V. 327 — 332 : der Um-
stellung von V. 328 nach 330 kann ich nicht zustimmen, die beziehung
zwischen bueiv ö^oC und buc^öpou b* l\ioQ TpiTY]C darf nicht gestört
werden, auszerdem ist die erklärung von Tpo(pai (nachkommenschaft),
wenn ?\ Tf]cbe k&^oC und bucfiöpou b* ipiox) rptnic darauf bezogen
werden soll, überaus künstlich. Ismene soll nemlich die abstammung
meinen , Oedipus aber an sein und Antigenes jammervolles leben denken
und doch nachfragen, ob sie gemeint seien, behalten wir dagegen die ^
hsl. folge, so fragt Oedipus im erneuten bittern bewustsein des unseligen
Verhältnisses zu seiner tochter, nach welchem er ihr vater und bruder
zugleich ist (cT^^p^' djüiat^ov), also gleichsam zwei personen in sich
begreift — obwol Ismene ganz unbefangen mit bueiv ö^oO den vater
und die Schwester meint — in schmerzlichem tone: * meinst du Anti-
gene und mich?' natürlich geht Ismene nicht weiter auf diese andeu-
lung ein, sondern antwortet: 'jedenfalls (umarme) ich (euch) als die
dritte unglückliche.' danach wäre aber buc^opöc T* ^T^ TpiTr) zu
schreiben, und wenn die wiederholte frage 328 eine Überladung und
die erwiderung, dasz es mühe gekostet zu kommen, gleich bei der be-
grüszung nicht recht passend scheint, so kann dieser vers um so eher
entbehrt werden, da Ismene noch 361 ff. von ihren mühsalen spricht,
danach würde denn aber die conjectur bu* d6X(iu rpoqpd unnötig wer-
den. — V. 362 : das kaum erklärbare Tpoqpi^v wird ursprünglich rpox^v
gelautet haben: 'deinen lauf d. i. deine spur suchend, (epexege tisch) wo
462 G. Aldenhoven : anz. v. Sophoclis Oedipus Coloneus ed. C.Wander. ed. IV.
du dich niedergelassen ballest.' — V. 367: der hg. nimt fpuüC als not-
behelf fQr Ipic auf. Ich sehe nicht ein warum fpic unpassend sein sollte :
dieser Wetteifer in der entsagung , der durch den Zusammenhang als ein
löblicher erscheint, bildet gerade den gegensalz zu der Kcucf| Cpic 372.
— V. 369 : ebenso wenig wQrde ich XÖTip mit 9ÖVIU zu verlauschen ge-
neigt sein und es einfach erklaren *in vernünftiger erw9gung', im gegen-
satz zu dXiTnpoO (oder dXiTpiac} q>p€VÖc
V. 402: der dunkle ausdruck bucr^x^^'V, vielleicht glossem zu ßa-
puc, möchte in bicraBck zu verwandeln sein: denn darauf eben kam es
an, dasz das grab von Theben getrennt (entfernt) war. — V. 403: dasz
es sich von selbst verstehe, den Thebanern mflsse es schlecht ergehen,
wenn sie ihn nicht bestatteten, konnte Oedipus unmöglich sagen, wol
aber konnte er, dem das ganze orakel räthselhaft war, fragen: 'wer kann
dies ohne einen gott verstehen?* daher wol 5v£U Oeou Tic dieser vers
aber müste auf 401 folgen und 404 f. als eine durchaus überflQssige
Wiederholung nach 399 f. getilgt werden. — V. 429 oÖTOtv liesze sich
ja zur not erklären : *durch ihre schuld', da sie es hätten verhindern kön-
nen, vgl. 444; aber die Zusammenstellung von dvdcTOTOC und (puTdc
hat etwas überladenes, daher wSre ich sehr geneigt dv£U CTdc€Uic aö*
TOtv zu schreiben: 'ohne dasz sich die beiden dagegen auflehnten.* —
V. 431—444: Oedipus vertheidigt hier den Vorwurf, den er Theben und
seinen söhnen wegen der Verbannung macht, gegen den etwaigen ein-
wand, dasz er ja selber einst darauf gedrungen ihn zu töten oder zu ver-
bannen, OT. 1378 IT. dasz man den greis nicht um des vor vielen jähren
ausgestoszenen unbedeutenden Wortes willen (firouc CfiiKpoO X<ip^v,
was Reisig schwerlich richtig erklärt 'es hätte ihnen nur ein wort ge-
kostet') verbannen durfte, brauchte es dieser bemerkung den töchtera
und dem chor gegenüber? eher gehörte sie in das gespräch mit Poly-
neikes, wenn dieser sich hätte rechtfertigen wollen, was er aber nicht
thut, obgleich Oedipus ihm dieselben vorwürfe macht 1354 IT. auch
Kreon, dem er 765 IT. seine falschheit nachweist, macht jenen einwand
nicht, so hat teils die ganze stelle keinen rechten zweck , teils würden
wir, da 441—449 eine Wiederholung der verse 427 — 430 enthalten,
mit 1354 IT. dreimal dieselben vorwürfe hören, teils ist das o\ ToC ira-
Tpöc 442 ein seltsamer, gesuchter ausdruck. wäre ich jedoch im irtum,
wenn ich diese ganze stelle für unecht halte, so müste doch mindestens
der schlusz erweitert und verändert sein, der vielleicht gelautet: ol b* .
^TTiücpeXeiv I ouK i^OeXncav buvdjüieyoi iraibec irarpi, worauf dann
445 folgen würde. — V. 496 T(j) \xi\ bOvacOai in t^ jütrj'^c cübK€iv zu
verändern scheint mir unnötig. Oedipus will sagen: ^vom gehen musz
ich abstehen , teils weil ich nicht die kraft dazu habe , teils weil ich blind
bin.' — Y. 500 — 502 sind wahrscheinlich die zugäbe eines Interpolators,
dem es um einen grund zu thun ^var, weshalb Oedipus nicht allein blei-
ben wollte, er bedachte nicht dasz Oedipus gern auf seinem platze ver-
weilen konnte, bis die töcbter wiederkämen, wie er denn auch bis zu
seinem letzten gange nicht wieder zum gehen kommt, wol aber lionnte
'upt der greis des belstandes bedürfen , und selbst der fall dasz er
C. Aldenhoven : anz. v. Sophodis Oedipus Coloneus ed. £. Wunder, ed. IV. 463
genötigt Würde den platz zu verlassen konnte eintreten, aber eben dasz
für alle fälle die gegenwart einer lochter wünscbenswerth war, ist so
selbstverständlich, dasz es keiner begröndung bedurfte, und wird jeden-
falls durch diese Worte nicht hinlänglich begrfindeL — V. 503 : warum
TÖv TÖirov in das ziemlich schwierige tujv -rrOTiIiv verwandeln? Ismene
fragt nicht, wo der hain sei, sondern an welchem platze sie das wasser
finden soll, und darauf wird geantwortet: 'in dem baine dort.' — V. 521 f. :
dasz die stelle cornipt sei, erkennt der hg. an, Itszt jedoch, w&hrend er
fflr das gänzlich unpassende Akuiv die conjectur hühv aufnimt, das fibrige
unberührt gegen diese conjectur aber llszt sich einwenden, daszJdedipus
völlig unverständlich gesprochen haben wQrde, wenn er gesagt hätte:
^ich habe freiwillig, aber durchaus nicht aus freier wähl gebandelt, um
anzudeuten was sich von selbst verstand , dasz niemand ihn gezwungen
habe den mann im hohlwege zu töten und die königin zu heiraten, die
zweite Schwierigkeit besteht darm, dasz der vers TOirruiV usw. mit dem
entsprechenden (511) in einer sehr seltenen art von responsion stehen
wQrde, von der sieh bei Sophokles kein zweites beispiel fände, nemiich
^|.w^-|w — und -i — |.ww.|w. ich finde einen dritten
anstosz darin, dasz rieb TOt/TUiv kaum schicklich auf KOUCÖniTa beziehen
wOrde. ich halte demnach mit Hermann ad6a(p€T0V fflr ein glossem,
nur wfirde ich nicht das sonst ungebräucJiliche i6€Xi|t&v dafflr schreiben,
und möchte idie ganze stelle so gestalten: fjveincov kcuc& raOr', (b
S^vot, JjvcTKov •^Tili M^v, dcöc Icrui, | TOtStuiv b ' iOeXf)ftöv oübiv:
^ ich bin es der dieses unheH (von dem die rede ist] gebracht hat, aber
davon niclil« IrenvIlHg', vgl. 266 f. — V. 550: fflr &Tr€CTdXT] gibt der
hg. mit '^ndopf i<p* icrd^Ti. ich wflrde dfCOcraXek vorziehen. —
V. 558 f. schreibi der bg. nacliNaudis Vermutung t& vuv 0' öbotc |
4y TOicb€ XciOccuiv Mr . . . ^ TOttcb' dxotiuiv. man könnte der hsl.
lesart «vol näher kommen, aber auch das iv Tatcb' öboic ist mir als
ziemlich QberMssigdr «Matz anstössjg , da es nicht etwa ^unterwegs' be-
deuten kann. Ich vermute daher: Td vuv 0' öfAuic | aöröc bpoxwv C€.
— V. 588: der hg. läszt i^ 'fK)ö unverändert, allein die frage des The-
fleus, Mr leicht so viel wissen 4onnte, dasz die söhne des Oedipus zur
liersehafi gekommen, ist, da Oedipus auf einen kämpf hindeutet, der
Jenem bevorstehe, vielmehr die: ^sprichst du von den Verhältnissen zwi-
schen deinen söhnen und mir?' und demnach mit Meineke KdfiOÖ zu
«direlben ; vgl. «606. *— V. 589 f. : die conjectur des hg. dvoTKäcoua
48t gewis nolwendlg , aber loh halte die slelle für noch corrupter und
vernraxe : ^KCivot ßabt£€iv xeTc' ivoTK&coud )U€ , und als entgegnung :
^XX' \6* iOeXovTifiv' oöb£ cot ife&XtW KOeXdv: 'auch die Verbannung
ist nkht rthmllcb fflr didi."
V. 610: scfllte nicht des gegeneetses zu ci6fiaT0C wcg^lc ^^X^ic
«tatt kxOc Tftc itt schreiben «ein? ^ V. 687: durch die conjectur Ijn-
iroXtV'fär*£|biiT€fttv entsteht eine Oberbdung des ausdrucks, und ich sehe
•keinen grund zur Bnderung. das In .^ßaXtij X&pnv gegebene bild wird
beibehalten und Theeeus sagt: *ich will die tfi&QK nicht von uns stoszen,
sondern im gegenteil (schol. Ik toO ivavrfou) Im lande helmisch ma-
464 C. Aldenhoven : anz. v. Sopliodis Oedipus Coloneus cd. E.Wunder, ed. IV.
chen.' — V. 638 — 641 : ebenso wenig anslosz nehme ich an diesen ver*
sen, die der hg. eingeklammert hat, da sie sich einfach erklären lassen:
Svenn es dem fremden beliebt , so will ich dir (zum chor gewendet) die
obhut anbefehlen, oder wenn mit mir zu gehen dir beliebt, so' (mit sehr
gewöhnlicher und natürlicher breviloquenz, bei welcher man ohne weite-
res suppliert: 'magst du das thun, also) überlasse ich dir, Oedipus*, die
wähl.' — V. 467 X^yotc mit fiv ist Ider schwerlich passend, ich ver-
mute T€Xoic in Übereinstimmung mit tcXoCvti im folgenden verse. —
V. 658 f.: ebenso halte Ich den sonderbaren ausdruck noXXa\ b* direi*
Xai KaTT)7r€iXT)cav für eine corruptel und vermute: iroXXol&i beiXol*
— V. 661 : desgleichen ist hier eine so künstliche erkUrung erforderlich,
dasz ich statt Kcivoic b' IcuJC K€l belv' unbedenklich schreiben würde:
Kcivotc b^ K€i Ttc beiv '. — V. 664 f. : für das falsche xfivcu Tf^c i^^c
vermutete schon Hermann x&v d^fic fiv€U, sowie Brunck ^ui^TjC für
1fVuu^r1C. allein eine ungezwungene erklärung l2szt sich daraus kaum
gewinnen, vielleicht: ifw^i c' £v€Ka ificbe Tf]C | TViUMilc: *ich bin
also der meinung, um dieser gesinnung der Thebaner willen darfst du
ruhig sein.' — V. 680 äjüi9t7ToXiüV durch 'peragrans* zu erklären ist
doch wol zu gewagt und der daliv, der sonst von truppen gebraucht
wird , hier kaum anwendbar, ich sehe Oeiaic als glosse an und schlage
vor CUV d^q>lnöXolC TiGrivaic — V. 718: nein, die 'hundertffiszigen*
Nereiden kann man nicht dadurch zweifüszig machen, dasz man ein
rechenexempel (50 X 2 füsze gibt richtig 100) daraus macht, der hg.
bemerkt dazu sehr richtig: *quas propterea Sophocles dKaT6^1robac
satis insolenter vocat.' auch kann Plndar (Athen. XIII 57309 wel-
cher Kopäv är^oiv ^KaTÖTT^tov, zu meiner freude nicht iKOTOTT^tuiV,
vorgeführt bat, nicht für den ausdnick sprechen, ebenso wenig darf man
jetzt noch ttoOc für etwas erklären, was eigentlich nichts bedeute als
etwa dasz die Nereiden tanzen , noch sich mit dem bildlichen ausdruck
El. 488 TToXiinouc xal noXux€ip von der Erinys, die daneben auch
XoXköttouc heiszt, beruhigen, am wenigsten aber dürfen die hekaton-
cheiren erwähnt werden : denn dachten die Zuschauer an dieses analogon^
so war die heiterkeit gewis erst recht grosz. Musgrave hat ^KaTOfuiTrö-
pwv vorgeschlagen nach den ^irrdnopot TTXeidbec (Rhesos 530). sehr
ansprechend, nur Ist mir nicht klar, ob der ausdruck von den regdmäszig
wandelnden Pleiaden auf die regellos zerstreuten Nereiden fibertragen
werden darf. Ich würde ^xaTOVCTÖXiiüV vorziehen : denn man schwankte
bekanntlich zwischen 50 und 100 Nereiden, ob etwa auch iXarofiirö-
bujv (^streckfüszig', wie die Okeaninen Hes. Th. 364 raväcqpupoi und
die Erinyen Ai. 837 TaväTTobcc heiszen) etwas für sich habe, bin ich in
zweifei. — V. 752 : der genetiv toO ^TriövTOC soll von einem zu den-
kenden oCca abhangen, und dasselbe unentbehrliche wort wird auch bei
dem inüuitiv vermiszt» die Schwierigkeit der erklärung beweist mir, dass
eben dieses dpndcai einer änderung bedarf, und ich schreibe getrost
äpTTOrfOC, abhängig von ?|iiT£ipoc, welches man nicht mit recht anficht^
und erkläre so: *was ehe heiszt, weisz sie nicht, wol aber weiaz sie von»
nahenden räuber.' jene freuden und diese angst bilden den schünsten
d Aldenhoven: anz.v.SophoclisOedipu8Co]oDeused.E.Wunder.ed.lV; 465
gegeosatz. — V. 769 : der hg. schreibt nach Blaydes Xmtdv fflr elnuüV»
dadurch aber wird der folgende satz unklar, gewis erklärt Heineke ganz
richtig: 'amanler urbi valedicens', während qpiXuüC Xtnuiv leicht 'gern
verlassend' verslanden würde. — V. 800 f. : den hsl. lext hat noch nie-
mand recht erklären können , auch der hg. nicht, namentlich der gegen*
satz zwischen ic rd cd und ic rd cauToO ist unverständlich, dem zu-
sammenhange wenigstens angemessen dürfte sein : bucTUX€iv dv de rd
cd t\ npdc ceauToO: ^meinst du, du würdest in deinen verhältnissea
durch meinen Vorschlag (vorhin dv Ttfi X^TCtv) unglücklicher sein als
durch dich selbst?' nemlich der du schon so vieles gethan, um dich un-
glücklich zu machen. — V. 813: die jedenfalls corrupte stelle läszt sich
vielleicht so herstellen: juapTupopm TOÜcb'oöx(' ^P^^ • • dvra^eiipei
usw. Oedipus sagte: *geh fort: denn ich will auch im namen dieser
männer sprechen' (deren beistimmung ich voraussetzen darl). Kreon er-
widert: *auf ihr urteil oder zeugnis gebe ich nichts, ich werde dich zu
denThebanern schleppen, und was wirst du dann antworten?' — V, 907:
mit Reiske oöcnep fflr &cn^Q zu schreiben genfigt niclit. vielleicht
vOv b' oucnep elc aurdc vöjüiouc. — V. 982—984: die worle welche
besagen: *als mich meine mutter gebar, wüsten wir beide nichts davon%
klingen zu komisch, um echt sein zu können, entweder ist wol, wie
Heimreich (programm von Flensburg 1865] meint, d) MOI fioi xaKOiv . .
cibuia eingeschoben und dem zweiten ^tiktc ein v angehängt, oder
v. 982 lautete ganz anders, etwa friKTC T<ip M\ ^KTTJcar' dvöciov
td^ov. indesseu genügt was Oedipus 986 f. sagt, und ich möchte
lieber jene worte als eine effectvolle einschiebung ansehen.
V. 1026 f.: durch welche ungerechtfertigte list hat Kreon sich
etwas erworben, um den sprach auf ihn anzuwenden? Theseus kann
nur die töchter des Oedipus meinen , welche Kreon aber nur durch ge-
walt in seinen besitz gebracht hat , die er freilich durch erfolglose So-
phismen zu beschönigen sucht, sodann aber welche exegetische künste
erheischt das folgende! 'du wirst keinen andern (d. h. helfer) für diesen
zweck haben (nemlich die roädchen festzuhalten, d. h. deine helfer wer-
den dir nichts nützen}.' dann hat man bei sich zu denken : 'solche helfer
wirst du irgendwo versteckt haben', und Theseus fährt fort: *denn so
ungedeckt und ungerüstet hättest du so etwas nicht gewagt, und dies
musz ich nun untersuchen , dasz nicht die ganze Stadt dem äinen unter-
liege.' es erhellt augenblicklich, dasz diese höchst gezwungene und will-
kürliche erklärung wiederum der idee angepasst ist, dasz Theseus die mäd-
chen in der nähe versteckt glaubL oder sollte gar ein zwiefacher versteck
gedacht werden, einer für die mädchen mit den entführern und einer für
leute die dem Kreon nötigenfalls zu hülfe kommen sollten? waram sind
diese aber nicht gekommen , als Theseus auftrat und die sache gefährlich
wurde? warum ruft Kreon sie jetzt nicht? und jedenfalls, wenn auch
solche versteckte helfer fehlten, war er mit denen gekommen, welche
die mädchen entführten, also verstand es sich von selbst, dasz er leute
hatte, auf deren beistand er rechnen konnte, aber allerdings ist das lange
verweilen des Kreon nach dem abzug seiner leute bei den hülfe rufenden
466 C. Aldenhoven : anz-v. Sophociis Oedipus Coloneos ed. £. Wander. ed. IV.
Kolonialen sehr anflallend, wenn man 848 — 863, 872 f. und 876—886
als echl gdien läszL streicht man dagegen alles dies, so findet man den
Kreon nur noch ganz kurze zeit nach der abfQhning der Antigone allein,
um wo mdgltcb auch den Oedipas fortzubringen , und seinen leulen noch
nahe genug um sie abrufen zu können, dann aber ersdieint sogleieh
Tbeseus mit begleitem und verhindert ihn seinen leuten zu folgen, die
ganze stelle gewinnt nun ein anderes aussehen, wenn wir den versteck
aufgeben und das unpassende bökvii in Xöxui verwanddn. dann ergibt
sich folgende erklimng: 'sieh vyas du erreicht hast: du hast einen besitz
(die mftdehen), aber dafflr bist du nun selber besitz (der meinige); du bist
auf die jagd gegangen und selber erbeutet, denn ein erwerb, der aus
ungerechtem gründe (Xöt^p Ttji ^1[ biicatifi, vgl. 762 XÖTOU biiaiiou
fnix<ivivia iroudXov) hervorgeht, hat kein gedeihen, und zu deinem
mfldchenraub wirst du keinen andern (grund) haben.' Tbeseus spricht
nur seine woIbegrOndete Vermutung entschieden aus: denn Kreon hat sich
wegen dieses raubes noch nicht zu reditferligen gesucht ^aber* Ahrt
er fort ^irgend etwas wirst du für dich vorzubringen haheu: du wirst
nicht so kahl und ungerfistet (Xöroic, vgl. KeWj 869) an diese verwegene
that gegangen sein, sondern irgend einen XÖTOC haben, auf den du ver-
traut hast, das musz ich untersuchen' (äOpi)con) usw. es verstdit sich
von selbst, dasz Tbeseus hier als der gerechte erschefaien soll, der gern
bereit ist nach beiden seiten hin gerechte anspräche zu befriedigen, aber
die mädcben mOssen erst wieder zur stdle sein , bevor Kreon entlassen
werden kann, und ebenso selbstverständlich kann das verhör, da Kreon
nichts triftiges zu sagen hat, nicht lange wfthren, vgl. 830 — 832 (denn
850 f. gehören zu der stelle die ich fQr interpoliert halte), und Theseus
kann , nachdem er Kreon , milde und gegen Theben freundnachbarlieh ge-
nug , entlassen , nach dem stasimon fQglicIi wieder auftreten. — V. 1054
— 1078: eine euf grOndliche heilung noch wartende partie und äugen-
schdnlich so corrumpiert, dasz zum tdl nur noch trfimmer des urtezles
übrig zu sdn scheinen, indessen läszt sich auch daraus woi etwas ma-
dien, was Sopfaokleiseh aussieht, ich will meüien versuch, ohne auf die
unzureichenden erklSrungen einzugehen , auf alle gefahr iiin zum besten
geben, vor dien dingen bringe ich ,wol mit recht die ^unvenutUten'
frauenzimmer aus dem kampfgewühl hinter die fronte — sie kommen
nachher auch zum Vorschein — und sclilage folgende gestaltung vor:
?v8 • olpm t6v d^l^avfi
'6T]C€tbav Kai toc iröX€uic
db^flrac dbeXqpouc ""
övraxci Tdx' ifiMt^iv ßoqi
TOüCb* dTTttTUlTOUC
'dort, glaube ich, wird der kriegsentbrannte Tbesdde (die Athener, vgl.
1066) und die uttbezwmigenen brfider der Stadt (die 'Koloniaten, irpöc-
Xiupot 1065) bald in widertiallendes 4criegsgesclirei jene entfahrer ver-
wickdtt' d. h. sie 'Zum kämpf nötigen, dann:
f\ TTpdc TÖv iqy^cncpov
TT^rpoc vKpdboc neXCDc '
C. Aldenhoven: anz.v.SophocHsOcdipusColoneas ed. E.Wunder. ed. IV. 467
OidTtboc Ik vo^oO
nuuXoictv f\ ßtjüiqxxpjüidTOic
CTT€ubovT€C djiiXXaic.
dXuiccTm ....
icp^CTrepoc bezeichnet die westw9rU wohnenden Thebaner. *in der rieh*
tung auf diesen werden die Theseiden und Koloniaten dem schneefelsen
nahen.* zu dXdbccTat ist ö dq)^C7r€poc das subject. ferner 1067 — 1070:
irfica b' öpMorai xdrui
djLiTTUKTrjpia iTOtKiXa
d^ßactc*
*die ganze reiterei zieht abwärts (in die ebene) mit bunten pferdel&opf-
riemen' (djüitruKTfipia acc. der beziehung und TTOtKiXa fem.), endlich
1074—1078 :
fpbouctv, od ji^XXouav, d)C
irpo^värai ri jiot
Tviüfia xdx* dvrdceiv [TidOfi"
tSv betvd rXacSv, bcivd h* eöpoucfiv 7rp6c auOaljüiuiv
^sie sind thätig, sie zaudern nicht (ich spreche es zuversichtlich aus):
denn der ahnende geist sagt mir, sie werden bald die mädchen antrefTen'
usw. der chor gedenkt beider, wie 1097; den genetiv gibt schon der
scholiast. in der antistrophe 1085 f. aber würde Ich schreiben :
Id) Itb irdvxapxe 8|äv,
TTavTÖirra, iiöpoic. —
V. 1096 f. : zu ibc ipcuböjüiavTic ergänzt der hg. €l)ii. die erkiärung
wird aber viel einfacher, wenn wir icri ergänzen: 'zu dem der nicht
ilie Zukunft vorhersagt, sondern meldet was er als thatsache mit eignen
äugen sieht, kann man nicht sagen dasz er falsch prophezeie' d. h. jetzt
ist kein zweifei mehr möglich, die «mendation TÖv ckoitöv ist demnach
unnötig. — V. 1110 f. eTiiv dv kann nicht bedeuten 'ich werde ge-
nannt werden*, und wozu diese beziehung auf den tod? daher wird 8vn-
TUüV zu schreiben sein: *ich werde nicht ein ganz unglücklicher unter
den sterblichen sein% vgl. 1135 rote d^irefpotc ßpoTUhr. — V. 1119
TTpöc TÖ Atirap^c kann gewis auch nicht 'fere usque ad fastidium' be-
deuten, ich würde den dunklen ausdruck ohne weiteres in TTpöc rdbe
XtTrapd emendteren. auch in seiner blindheit mag Oedipus der äuszern
liebenswfirdigkeit seiner tachter gedenken, an der er einst so viel freude
gehabt. — V. 1124: Itlr tbc sclieint mir Scov erforderlich, in allen
dafür angefahrten beispielen, dasz ibc auch das adjectivisdie relativ ver-
trete, ist die adverbiale bedeutung zu erkennen, am wenigsten aber
läszt sidi, was man hier angeführt hat, OK. 642 parallelisieren , wo mit
bibodic das substantivische €d verbunden ist wie 1435. — V. 1172
sonderbare worte. der hg. gibt kehie erktärung ; sie können aber auch
kaum anders als sonderbar erklärt werden, ich meine, nachdem die frage
des Theseus, ob Oedipus wol einen verwandten In Argos habe, einen
eindruck gemacht, der deutlich zeigt dasz seine Vermutung das rechte
getroffen, würde jetzt passender gefragt werden: Kai tic iror' iciVv,
ov t' ^XCic 6v at)yiaTi; (in der Verwandtschaft). — V. 1187: die coa-
468 C. Aldenhoven : anz. v. Sophoclis Oedipus Coloneus ed. E. Wunder, ed. IV.
jectur KaKU)C ffir kqXuuc bringt die stelle kaum gehörig zurecht: TOt
will nicht recht passen, und wir vermissen ein bindewort. ich würde
vorziehen rd t* OÖ KaXiöc. — V. 1189—91 hAll der hg. für echt, mir
scheinen die grflnde Meinekes gegen die echtheit gewichtig genug.
V. 1249 f.: warum ein Mtlum' in diesen Worten stecke, wieder
hg. meint, ist mir nicht klar. Oedipus äuszerte sich 1207 besorgt, ihm
möchte gewalt angelhan werden, dieser besorgnis begegnet Aoligooe
mit den worten 'wie es scheint, kommt der fremde wenigstens ohne
begleitende mflnuer*, und dvbpu)V hebt gerade recht hervor dasz Dicht
an gewalt zu denken sei. an ^ouvoc mit dem genetiv ist doch nach
pövoc coO Aias 511, wo man den genetiv nur höchst gezwungen anders
verbinden würde, und beispielen wie fpri|iOC Eur. Med. 518 und ^ovou-
pevoc Rhesos 871 mit diesem casus, sowie bei dessen alle Verhältnisse
umfassender bedeutung kein anstosz zu nehmen. — V. 1260: dagegen
finde ich ^apa(vi)üv sehr anstöszig. dasz der schmutz die irXcupa ent-
kräfte, ist ganz undenkbar, ich vermute fxeXaivtuv. — V. 1266: Reislies
conjectur rä^dt ffir T&XXa halte ich fQr unnötig. Polyneikes bekennt zu-
nächst sich als schlechten söhn bewiesen zu haben , um daran anzulknu-
pfen dasz er noch anderes auf dem herzen habe, worüber er lieber mit
dem vater sprechen wolle , als dasz derselbe davon durch andere erfalirer
so haben die fraglichen worte Ähnlichkeit mit El. 1225, wo Orestes sagt:
(d9iKÖMiiv) , |üit|k^t' fiXXoOev ttuGij. — V. 1301: das rdp wird ziem-
lich künstlich erklärt, der begründende satz soll nemlich vorangeschicU
sein, was sonst oft genug geschieht, hier aber den Zusammenhang höchst
dunkel maclien würde, klar ist anderseits, dasz Polyneikes den salz, er
habe seine meinung von der Erinys des vaters durch seher bestätigt ge-
funden , gar nicht begründet, er nennt den Amphiaraos erst später und
ohne alle beziehung hierauf, so nützt es für unser xdp auch nichts,
wenn man 1308 — 12 streicht, wovon ich übrigens nur 1311 f. als un-
echt ansehe, und zwar teils des tautologischen ausdrucks wegen, beson-
ders aber weil das beer nach 1325. 1371 f. und 377 IL noch erst im
anzöge ist. und dasz er, wie man auch gemeint hat, während der er-
Zählung vergessen haben sollte was er begründen wollte , ist durchaus
unwahrscheinlich: er wird vorher gehörig überlegt haben was er sagen
wollte, demnach kann ich die bemerkung iLv . . kXuu) 1300 nur als von
ihm eingeflochten ansehen , um das gehässige des bruderzwistes zu vail-
dem und den vater zu erinnern , wie sehr er dabei beteiligt und zur noit-
wirkung verbunden sei. dann schlieszt sich die erzählung, dasz er nach
Argos gegangen sei usw., an die Vertreibung aus Theben, und ich viürdt
nicht anstehen ItiA h* dnf)X6ov zu schreiben. — V. 1318 KaTaCKaipqt
wieder näher bestimmt durch iTUpi, wodurch die structur sehr schwer-
f^lig wird, ist überdies bei bqu)C€tv ziemlich überflüssig, auch mit
xaTacKaq>€f ('mit zerstörendem feuer') erscheint der ausdruck ühe^
laden, vielleicht wäre KttT* dcTpairfiv ('wie der blitz*) zu schreiben. -^
V. 1350: den Infinitiv mit uicT€ als object zu blKQtuüV zu fassen scheint
mir unzulässig, unter den von'Matthiä S 531 anm. 2 angeführten stelleo
ist meines dafürhallens keine dieser art zu finden, gewis ist i&CT£ KXvCtV
€. Aldenhoven: anz. v. Sophoclis Oedipus Coloneus ed. E.Wunder. eJ. IV. 469
mit TTpoCTT^^ipac za verbinden: *so dasz er worte hören könnte' = uro
Worte zu hören, und biKaiouc zu schreiben. — V. 1418 f.: der hg.
schreibt unverändert ttujc T&p aOOic aO TrdXtVf dagegen fixot^' &v
statt fixot^i. hesser hat wol Yauvillers daran gethan die unerträgliche
tautologie zu beseitigen , indem er &v fflr aO gab. aber da ist noch ein
Ledenlcen. die frage der Antigone 'warum mnszt du noch einmal wieder
2arneu?' hat keine beziehung auf die Worte des bruders, in denen durch-
aus kein zorn zu finden ist, sowie auch in v. 1415 keine andeutung liegt,
dasz er nicht zume. in der that kann sich Antigone nur auf eine äusze-
rung beziehen, nach welcher er keineswegs geneigt war seinen anspruch
auf die herschaft und seine räche aufzugeben, sondern nur, wenn es
thunllch jwSre — was es aber nicht sei — den gegenwärtigen feld-
zug einzustellen, auf welchen eben der fluch des vaters gerichtet sei, um
später den (leidenschaftlichen) plan auszuführen, mithin wird der sinn
seiner worte sein: *aber es geht nicht, denn wie wSre es denkbar das-
selbe beer — und zu einem andern ist keine aussieht — noch einmal
gegen Theben zu fOhren, wenn es mich einmal furchtsam gesehen?* ich
zweifle daher kaum dasz adOtc dc TTÖXiv zu schreiben ist. — V. 1436 :
der hg. halt mit anderen diesen vers für unecht, ich gestehe nicht einzu-
sehen weshalb, die ellsion des i im dativ sing. , die gegen die bekannte
regel verstöszt, mflste neben den flbrigen stellen, die man erst emen-
dieren musz um sie durchzusetzen , eher gegen die regel als gegen den
vers sprechen, oder man könnte mit Brunck el SovövTt ^ot TeXetT*
schreiben, im flbrigen ist dem verse leicht aufzuhelfen , indem man nur
ixox ZuJVTi in |i€ ZwYta verwandelt: Mhr werdet mich nicht als einen
lebenden noch einmal so hallen oder umfassen'; vgl. ^TricxiJC 1432 und
fxdOecOe 1437. — V. 1450 pf) KtYX<iV€t (nach Hermann) ist mir nicht
recht verständlich, zumal da das object fehlt, wahrscheinlich ist vtv KiT-
X&vtx zu schreiben: 'wenn ihn etwa sein Verhängnis erreicht', d. h. wenn
er jetzt sterben soll, der chor fflrchtet in seinen Untergang verwickelt
zu werden. — V. 1452: statt Trdvr' fflr TaCr' aufzunehmen, hätte ich
lieber das unpassende iiteX fx^v in SmcSev verwandelt , so dasz au£u)V
beide accusative, Srepa und rd bi, regierte: 'die zeit hat diese (dEtuj-
porra) stets im äuge und fördert sie empor (bringt sie zur reife, zur
erfQllung], die einen später, die anderen dagegen nach einem tage.' —
V. 1457 eT TIC ^VTOITOC kann Oedipus nicht wol sagen, da er den gan-
zen chor gegenw^ärtig weisz. es fragt sich aber, ob Tbeseus am ort ist,
also gewis: etirep ^vroiroc. — V. 1466: för das metrisch falsche
oöpavia kann es keine evidentere emendation geben als Nelnekes oöpa-
vöv, zumal da ^X^yei ein object verlangt, nur wflrde ich nicht aber-
setzen Mliustrat', sondern *incendit caelum'. — V. 1482 f.: für das
zweideutig dunkle dvaicfou mochte ich dvaiTiou im gegensatz zu dXa-
•CTOV, und fflr ibibv (mit beziehung auf dK€pbii xdptV) iXeulv vorschla-
gen. — V. 1488: das hsl. q>p€Vt wflnle ich nicht mit Edvqi verlauschen,
gerade die beziehung auf 9pdvoe im vorhergehenden verse scheint beab-
sichtigt. Oedipus wfinscht, er möge noch herr seines. gelstes sein, wenn
'Theseus komme, daher die frage der tochter: 'was fflr eine Zusicherung
470 C. Aldenhoveii : anz. v. Sophoclis OedipusGoloaeused. C. Wunder, ed. IV.
(zur bemhigung) wünschest du dasz deinem geist zu teil werde?* wor-
auf Oedipus: ^ich wänsche ihm die rersprochene Vergeltung zu leisten/
— V. 1491 — 94: die ersten drei arg verstümmelten verse des znrufs,
in welchen u. a. die anrede nat, welche jeder knabe eher als der konig
auf sich beziehen würde, ungehörig und TToceibauiviiii oflenbar glossem
Ist, lieszen sich, indem wir mit Hermann das iib verdoppelten, von Mei-
neke nepl und von Vauvillers dicpdv aufoihmen, allenfalls so verbessern:
liii iu), ßae\ AiT^uic nai, ßdO* ilib€, xcl
irepl in^ov £t' dxpöv
^voXiip 0€i|i iräXtv TUTX<iveic -
irepl würde sich auf die Umgebung der hügelspitze von den opferglslen
beziehen. In auf die Unterbrechung der heiligen handlung, wenn sie noch
nicht beendigt ist, irdXtv auf die fortsetzung nach der Störung durch
Kreon, aber ist überhaupt der ganze zuruf Sophoklelsch? ist uicht eine
so ausführliche, mit epitheten geschmückte und umständlich motivierte
anspräche als zuruf, um jemand herbeizurufen, durchaus unnatürlich?
die Worte erinnern auch allzu sehr an 887. ist aber die antlstrophe bis
etwa auf einen kurzen zuruf unecht, so wird auch die Strophe in frage
gestellt, die man aber auch nicht vermissen würde: neues enthält sie
nicht, ja die bitte des Oedipus den Tbeseus zu holen wird bei jener
Strophe zu lange unbeachtet gelassen, und der ruf des chors, der statt
der abseodung eines boten eintril, schlieszt sich am besten an 1476 an,
wo Oedipus zum dritten male gebeten und den Kolonialen, wie vorher
den tdchtern , versichert hat dasz sein ende nahe sei. (denn wahrschein-
lich ist 1472 i£ ävbpec statt (ü iratbec zu schretbeu und 1474 mit
mehreren hss. in der form iruic oTcBa; ti|i bk toOto ai^ßoXdiv ^X^tc;
dem chor zu lassen, so dasz sich Oedipus auf dessen worte li ^dv dq>fj-
C€t T^Xoc ; beziehL) auf den ruf, nach welchem dem Theseus eine kleine
frist gegeben werden musz um herbeizueilen wie das erste mal , folgen
dann passend v. 1486 — 90. der ruf aber mag gelautet haben:
idi, ßaOt, pae', AIt^u)C Trat, npoßä6',
äicc* ijjb\ djVQi. —
V. 1516 TToXXä sähe ich gern mit ntCTa vertauscht, denn auf die menge
kommt nichts an , und Theseus kann nur sagen wollen : Heb erCenne aus
den zeichen, auf die du dich berufst, dasz du glaubliches verkündest.' —
V. 1561: die lesart des codex fiifJT' (andere ^i^noT') dmniSvui (ohne i)
fjurJT' diTißapuoExet wini nichl befriedigend in iTnnövt)) ^rjr^ hd ßa-
puaX€i verändert, denn teils ist die ellipse auszerordentlich hart, teils
werden in scharfer disjunction zwei epitheta aus einander gehalten , die
nichts weniger als wesentlich verschieden sind, wie wenn man im scherz
sagt, etwas sei ntoht hiosz ärgerlich,, sondern auch verdriesziich. ich
würde vorziehen ^tik^t' £iTiiröv«Aic ßapuaxcT (und in der antistrophe,
wo qpuXaxa glosse sein könnte: qppoupdv dbd^ocTOV itap' *Atba):
'dasz der fremdltng nicht mehr (wie bisher) auf mühselige weise in leiden-
vollem tode (epexegese) den weg vollende.' — V. 1568 — 78 : anstöszig
ist hier 1) die Wiederholung in q>ad und XÖTOC aRv ^X^i (nach Trikli-
nios für aUv dv^x^i) mit dem übelstand, dasz die beiden eng verbünde-
€. Aldenhoven : anz. v.SophodisOedipusColoneused. E.Wander. ed. IV. 471
nen infiDitive in der construction aus einander gehalten werden sollen ;^
2) dasz zuerst der Kerberos angerufen wird , ohne eine bitte an ihn zu
richten, dann aber mit 8v usw. v. 1074 eine andere gottheit gebeten
wird ihn im zäum zu halten ; 3) dasz dv KaOapip ßfjvat (nach dem Wort-
laut =: ^ungehindert gehen') ^aus "dem wege gehen' bedeuten müste;
4) dasz keine btUe in beziehung auf die Erinyen vorgetragen wird, die
doch mit dem Kerberos zugleich angerufen [werden ; 5) dasz das TOt
1578 kaum passend scheint, kommt dazu dasz Thanatos, den man hier
angerufen glaubt, sonst als söhn der Nacht und bruder des Hypnos (Hes.
Theog. 211 ft, 756 ff.}, aber, so viel ich weisz, nicht als söhn der Ge
und des Tartaros dargestellt wurde, wol aber Echidna als deren toch-
ter (Apollodor II 1, 2], und dasz aUvuirvoc eher auf den Hypnos hin-
deutet, so werden wenigstens alle diese Schwierigkeiten beseitigt und
eine passende anrufung der genannten persönlichkeiten hergestellt, wenn
wir den text so gestalten :
ilf xdöviot Ocal ciD^d t' dviKdrou
Ötipdc , 8v iy Trt3Xaict
Tatet (Bergk) ttoXuE^ctoic
cövScGai KwZdceaC t* il fivrpujv
q)poupöv dbdMorrov irap' *Ati>qi (s. zu 1561)
XöToc attv ?X€^*
cö t\ ü& räc iroAKttl Taprdpou,
xaTCiüxoMai iv Ka6ap<p ßf^vm
Öp^dl^€vov vcpT^pac
töv iiyfov vcKpiBv itXdKac •'
et Kcd KiKXyicKa), Tdv dbiv Trrvov/
über die dochmien v. 1570 und 1575 vgl. Westphal metrik HI s. 556«
— V. 1619: die fehlende silbe wird sicher besser ersetzt, wenn wir,
anstatt mit Elmsley f[bT\ rdv ß(ov zu schreiben, hinter ßfoTOV ein oSv
einfügen. ^ V. 1683: das falsche q>ax\6\i€^a\ wfirde ich nicht nach
Knnhardt mit q>€pÖM€VOV, sondern mit cpOiVÖ^evov vertauschen, vgl.
schoi. diroXofi^vqi und Antiphon von der ermordung des Herodes $ 59
£v dq)av€t Xötui Zntetc dTroX^cm. — ITit dem corruplen v. 1690 Iflszt
sich wol etwas glimpflicher verfahren , als ddsz wir trdpo^ an die stelle
von Ttcrrpl SüvOoveTv t^paitfP setzen, das Oberilassige T^paiip halte
ich fVeilich auch far unecht, udd diTOpoC in der antisCrophe 1716 mag
nach 1735 fOr das echte tvort eingedrungen sein, aber die beiden corre-
spondierenden verse möchten eher so gelautet haben:
Str. EuvOccvdv ?Xoit' WJkxc narpl
autistr. aCOic \bh* fpnfioc, dji/jxotvoc.
Schlieszlich hat der hg. noch einen instructiven excurs über die
ionischen formen Seivoc und poOvoc bei Sophokles und eine Übersicht
der metra hinzugefügt, in welcher letztem mir nur das versehen aufge-
fallen ist, dasz s. 155 z. tO ''glyconeus' statt' 'glyconicus^ steht.
Und so will ich hiermit das auch 9uszerlich sehr befriedigend aus-
gestattete buch bestens empfohlen haben und verabschiede mich mit dem
Wunsche, der leser und insbesondere der hochverehrte hr. herausgeber
472 U. Hagen: zu Vergilius und Donatus.
möge diese unbefangenen meinungsftuszerungen eines jQngern begleiters
— denn jener hat schon buchen herausgegeben , als ich noch quarlaner
war — über die wege zu demselben ziel einer nShern prfifung werth
haken und wenigstens einiges stichhaltig finden, die allergröste freude
aber wQrde es mir machen , wenn die porification des teites in dem vor-
geschlagenen umfang dazu führte endlich einmal einen Oedipus auf Kolo-
nos erscheinen zu sehen, von ^em sich sagen Hesze: Ist es nicht völlig
der Sophokleische , so könnte er es doch sein.
Ratzeburg. Cabl Aldenhoven.
62.
ZU VERGILIUS UND DONATUS.
Zu Verg. ecL 3, 102 his cerle neque amor causa est: vix ossihus
haerent \ nescio quis ieneros acutus mihi fascinat agnos bemerkt Rib-
beck in seiner ausgäbe : ^fUs cerie -r neque amor causa est — vix ossi-
hus haerent nominhtivum his inlerpretans legit Donatus ad Ter. eun. ü 2,
38.' dieses alte zeugnis wäre also bei ßücheler lat. declination s. 18 dem
zweifellos ursprflnglichen non pos^tin/ mihiminis tuis hisce oculis ex-
fodiri sowie der s. 20 aus Livius IX 10,9 angeführten formel hisce fiomi-
nes hinzuzufügen, eine andere frage freilich, die aber nicht unschwer zu
beantworten, wSre die, ob Verg. eine solche form noch zuzumuten sei:
denn die von Laclimann zu Lucr. s. 56 angeführten t>formen sind dock
von ganz anderer beschaflTenheit, und ferner wundert man sich immerhin,
wie an der angeführten stelle ein commentator darauf verfallen konnte
his als nominativ zu fassen, unsere alten Virgilerklarer haben bekannt-
lich nicht selten gewaltiges unglück in ihren erkllirungen, zumal wenn
sie den schlüpfrigen boden der intcrpunction betreten, und unser Donat
trotz seiner schulgrammalik steht hierin keineswegs hinter den anderen
zurück, so hat er denn auch hier die einfache, in die äugen springende
bezichung des his auf amor causa est übersehen und das grundgesetz des
amöbSischen liedes, nerolich (sachliche oder sprachliche) überbietung des
vom andern angeregten themas unbeachtet gelassen , um einer angeblich
altertümlichen form zu ihrem bei Virgil zweifelhaften rechte zu verhelfen
(vgl. Ribbeck proleg. s. 184). Donats beobacbtung schlieszt sich an Terenz
eun, II 2, 38 hisce hoc munere arbitrantur suam Thaidem esse^ wo
Fleckeisen hisce für hice mit recht wieder hergestellt hat. denn Donais
Worte hice pro hi, vetuste Virgilius: his cerle . . . • haerent: quia hisce
debebat dicere zeigen trotz ihrer offenbaren corruptel , dasz es sich um
eine form hisce handelte, der er eine entsprechende angebliche form his
bei Virgil zur erklärung an die seite setzt, somit ist zu schreiben: hisce
pro Ai, und dann am schlusz quia hice debebat dicere, nemlich nicht
Virgil, sondern Terenz. das vetuste schlieszlich ist wol eher zum vorher-
gehenden zu ziehen ; für Virgil versteht es sich dann von selbst.
Bern. Hbsuann HAasN.
A. ▼. Bamberg : anz. t. ArisL Plulus ed. N. J. B. Kappepe ▼. de Goppello. 473
63.
Aristofhanib Plutus. ediditN. J.B.Kappbynb vandsCop-
PELLO. Amatelodami, apnd C. yan Helden. MDCCCLXVU.
VIII u. 96 8. gr. 8.
Endlich haben wir wieder einmal eine Specialausgabe desjenigen stfllc-
kes des Aristophanes erhalten, weiches, seit man Qber den l(flnstlerisclien
werth desselben richtiger zu urteilen gelernt hat, von den bearbeilern
des dichters allzu sehr vernachlässigt worden ist. wir mdssen dem her-
ausgeber danitbar sein, dasz er in dieser kritischen ausgäbe, welciie auf
49 Seiten den lext des Stückes und auf 45 selten eine kurze annutatio
enthalt, zum ersten male wieder nachdracklich auf die maucherlei schaden
aufmerksam gemacht hat, von denen diese komddie zu befreien bleibt,
und es ist anzuerkennen dasz durch ihn diese aufgäbe der kritik bereits
nicht wenig gefördert worden ist.
Da der commentar nach der vorrede zunächst weiter nichts sein will
als eine rechtferligung der nicht handschriftlichen l«sarten der au.sgabe
und auszerdem nur solche stellen berücksichtiget, wo der hg. einer frem-
den oder eignen conjectur zwar das bürgerrecht nicht halle erteilen kön-
nen, sie aber doch nicht ohne empfehlung lassen wollte, so wäre es
ungerecht, wenn wir der ausgäbe daraus einen Vorwurf machen wollten,
dasz sie nicht ganz den auforderungen entspricht, die wir an eine voll-
standige kritische ausgäbe zu stellen geneigt sind, war ja doch auch
eine solche, so lange Ad. v. Velseiis auch von Kappeyne sehnlichst er-
wartete collationen nicht veröflenllicht sind, kaum an der zeit, bedauern
aber dürfen wir es doch, dasz uns hie und da der hg. über lesarten, die
er mitteilt, sein urteil vorenthalten hat. ich z. b. würde gern erfahren
haben, ob ihm das von mir in den ^quaestiones critic^e de nonnullis
Aristophanis Pluti lucis' im Miher miscflliinpus editus a societale philo-
logica Bounensi' (1864) vermutete und von ihm cilierte in v. 348 unnötig
erscheme und wie er die von mir gegen die vulgata angeregten liedeuken
beseitige, so hat er v. 258 Neineices y^povrac Svrac nicht in ilen lext
aufgenommen, im commenlar aber die b'*gründung dieser lesarl aus dem
Windiciarum Aristophanearum über' (1865) mitgeieilt, ohne sich dafür
oder dagegen auszusprechen, ich habe über diese stelle in meiner diss. Me
Raveunate et Veneto Aristoph. codicibus* (Bonn 18H5} s. 35 gehandelt.
▼. 422 tragt K. Velsens Vermutung übxpOE jLiatv&C und Memekes sireiciiung
der Worte djxpa . . bOKCiC ivieder ohne eigne kritik vor, was ich um so
mehr bedauere, je schwieriger mir die stelle erscheint, ich selbst habe
zuerst de Rav. et Ven. s. 4 im anschlusz an Velsen ü5 TP^Q« fiaiväc ver-
mutet und spater in einer recension von Meinekes vindiciae (Gölt. gel. anz.
1866 s. 148) dessen ansieht nicht misbilligt; jetzt neige ich mehr zu der
annähme hin, es möchten die worte, welche des Chremylos Vermutung
über die natur der Penia enthtelien, ausgefallen sein und an sie ursprüng-
lich die begründung übxp^ M^V T^p usw. in derselben weise sirh ange-
schlossen haben, wie v. 424 auf die Vermutung des Blepsidemus folgt,
an anderen stellen hat dagegen der hg. in dankenswerther weise die hsl.
Jahrbücher Ar clui, phUol X868 hfU 7. 31
474 A. V. Bamber(^ : anz. v. Arist. Plulus ed. N. J. B. Kappeyne v. de Goppello.
flbcrlieferung gegen kritische versuche schlagend verlheidigt: so v. 531
dcTiv . . dTTopoövxa, 534 ircviav, 660 TrpoOufiaxa, 723 T^Xdcoc,
994 irdvu, 1119 cu)q>pov€ic. auch darin scheint er mir recht zu haben,
(lasz er zu v. 1197 die notwendigkeit bestreitet hinter v. 1097 eine Ificke
anzunehmen, nicht genflgend widerlegt ist dagegen meine Vermutung zu
V. 215 (Über misc. s. 62) dasz zu schreiben sei Spa bi^i\ — IT qppövnZe
\ir\biy d)'(aQL was dieselbe als unnütz erweist, ist erst die stelle Sopb.
OK. 654 öpa |i€ XeiTTiuv — IT |if| bibacx' S XPH M^ bpöv. f ÖKyoiövi'
dväTKT]. auch die anknOpfung des öpa mit bi würde mir jetzt nicht
mehr gefallen; ich würde dXXa erwarten, zu v. 799 weist er nur kurz
die Vermutung von van Gent fTretr" aurouc ^irayaTKdZeiv T^Xäv mit
vollem recht als überflüssig zurück und läszt v. 891 desselben gclelirteu
TrXT]Oujp<ji , welches schon von Meineke vind. s. 217 misbilligt war, ganz
unerwähnt, wShrend er sonst, wie begreiflich, seinen landsleuten viel
einflusz einräumt, manchmal, wie mir scheint, zu viel, wenn er z. b.
V. 24 ÖCTtc für jioi TIC, V. 53 und 54 yjfirov für Kai toC, v. 1171
(ppdcet' ÖTTOu 'cTi für q)pdc€ie noO ^cri schreibt, so folgt er der echt
hollandischen ansieht welche z. b. R. B. Hirschig philol. V s. 276 ent-
wickelt, dasz in der indirccten frage die relativen formen der fragewörter
zu setzen seien, dasz dies bei weitem das gewöhnlichste ist, soll nicht
bestritten werden; dasz aber der gebrauch der formen Tic, TroC usw. in
der indirectcn frage möglich ist, wird nicht nur hei uns allgemein ge-
lehrt , sondern ergibt sich auch specicll für Aristophanes aus ganz zuver-
lässigen stellen: Ach. 648 i^putiTiicev TTpiIiTa fi^v aäTOUc, nÖTcpoi
TaTc vaucl KpaToOciv etTa bk toOtov töv 7T0iiiTf|v, noT^pouc
€17101 KaKd TToXXd, ri. 71 (ppovTicujjüiev, Tioiav 6bdv vu) TpeTTT^ov
Kai TTpöc Tlva, frl. 20 imSv bd t' «I Tic olb' ^^oi KaTCindTU),
nöOev fiv irpiaifiiiv, 361 q)^pe bfj KUTibu), noT touc X(6ov,c äq>^-
Eojiev, 881 oöniü X^T€0' u^eic, Tic ö cpuXdEuJV, vö. 403 Kdvairu-
9i£)|i€8a Toucbe, Tivec noii Kai TiöOev fjnoXov in\ Tiva t* dm-
voiav, Thesm. 801 ßdcavov biöjicv, TiÖTcpoi x^ipouc, frö. 932 töv
EouOöv ZiiTUJV Tic dcTiv öpvic, 1454 Tf|V TTÖXiv vöv jiOi qppdcov
TTpwTOV tIci XP^*^^^* derselbe Hirschig halte an demsellien orte zu
v. 205 eben das vermutet, worauf jetzt auch K. gekommen ist: dx xfic
oiKtac. ich habe darüber Gott. gel. anz. 1866 s. 156 gehandelt v. 957
folgt er, wie auch Meineke gethan , Hamaker, der diesen vers mit uurechl
gestrichen hat. ibujv ydp aÖTÖv TVii)C€Tai kann nichts anderes heiszen
als *er wird ihn als person erkennen', es kann aber hier verständiger weise
nur davon die rede sein, dasz der bader ganz ebenso, wie es oben v. 862
der gerechte gethan hatte, den sykophanten an seinem aufzug auf der
stelle als einen menschen von der schlechten sorte erkennen wird , und
diese beziehung auf v.862 liegt ganz deutlich in dem £k€(vou v,957. —
Noch weniger zu verwundern ist, dasz der hg. der überwiegenden auto*
rilät seines groszen landsmannes Gobet mancherlei ungerechtfertigte Zu-
geständnisse gemacht hat so würde ich nicht mit K. Cobets anordnung
in V. 171. 174. 176 statt b' ouxi überall hi f* oö zu schreiben folge
geleistet haben, was ich schon Gott gel. anz. 1866 s. 137 ausgesprochen
A. V. Bamberg : anz. v. Arist. Plutus ed. N. J. B. Kappeyne v. de Goppdlo. 475
habe, halle ich noch jetzt fest, die drei verse schützen sich Sn der flber-
lieferten gestalt gegenseitig ; die bedenlLÜchlieit des trocliAischen Wortes
an dieser stelle wird gemildert durch die regelmässig nach dem siibject
eintretende diäresis, und für Cobets bl f* bu erwarte ich erst noch die
bestatigung seitens des Sprachgebrauchs, v. 46 kann ich ebenso wenig
zugeben dasz das hsl. (ppdZoucav notwendig nach Cobet in 9päZovTOC
umzuändern sei. f| ^irivoia toO 0€oO ist nicht die absieht des gottes,
sondern seine erfindung, der orakelspruch, und vou diesem kann
man sehr wol das prädicat 9pd£eiv gebrauchen, v. 44 aber hat der hg.
sehr mit unrecht Cobets conjectur aufgenommen, nach welcher Karion
sagt : K$Ta HuvavT^c bflxa TrpoiTiji TourtpC* elx' oü £uvi6ic usw. Co-
bets zweifei an der Überlieferung beruht lediglich darauf, dasz er es ab-
geschmackt findet, wenn Karion nach etwas fragt, was ihm und den Zu-
schauern auszer aller frage stehen solUe. ganz im gegenteil haben wir
an der Überlieferung anzuerkennen, dasz sie uns einen lebendigen ton
der Unterhaltung bewahrt hat, den Cobet aufheben will. Karion weisz,
worauf des Chremylos bericht schliesziich hinauskommen musz ; er hat
sogar schon eine orakeldeutung in bereitschaft ; aber eben darum will er
die Sache durch seine frage kqI T(j) HuvavTijic bf\Ta Trpdrrif) ; abkürzen.
Übrigens will es mir scheinen, als ob erstens bf\Ta allein in der über-
lieferten frage eigentlich berechtigt wäre, und zweitens auch das cTt'
nur dann an seinem platze stände , wenn damit erst die rede des Kanon
beginnt, selbst v. 338 würde ich die leichte änderung des ^ttI ToTct
Koupeiotct in dv t. k. an K.s stelle wahrscheinlich Cobet nicht nachge-
macht haben, allerdings steht in ähnlichen Verbindungen tnl meist mit
dem genetiv, wie bei Aeschiues g. Tim. 40 ^KaOiiTO . . inX töG 6u0u-
biKOu latpelou vgl. % 41 , ebd. 74 toüc iiA Tuiy olwmdxujv xaOeCo-
fx^vouc. allein Cobet hat doch eben niqht weniger als drei stellen zu
emendieren gehabt, auszer der unsrigen noch Isokr. g. Kallim. 9 KaOi-
Zuuv in\ TOic dptacTTipCoic und Lysias XXX 30 (?) dwl TOic biKacTT)-
piotc, und fast scheint das inl nicht zußlllg so häufig mit den namen
dflentlicher locale verbunden zu sein, wir würden vielleicht eine sach-
liche Unrichtigkeit iu den text bringen, wenn wir iy herstellten, filr
V. 498 , wo K. mit Cobet liest : Ti &v dSeiipot Tic fifxetvov, verweise
Ich auf die z. f. d. gw. 1866 s. 224.
Von seinen eignen Vermutungen hat der hg. die kleinere hälfte auf-
genommen, die gröszere nur im commentar veröffentlicht, wir wenden
uns zunächst den letzteren zu, indem wir ons,hie und da einen einwurf
erlauben, v. 59 will er 6 oder noch Fieber 8,Tt (pr]av lesen für Sc
qpr)Civ: *nam seuex ille caecus et sordidus est TÖ oi^U)Z!€iv.' ich
scbHesze daraus dasz ihm der ganze Zusammenhang der stelle nicl^t
vollkommen klar isL Karion hat seinerseits das orakel kurzweg da-
hin gedeutet, dasz es seinem herm anrathe den söhn die inode mit-
machen zu lassen und ihn zu einem schlechten menschen zu erziehen.
Chremylos aber ist viel gewissenhafter und umständlicher: er will erst
hinter die person des blinden kommen, der ungeduldige Karion fragt
also barsch den unbekannten wer er sei , und er erhält von diesem eine
31»
476 A.V.Bamberg : an;. v.ArisLPIutus e(i*N. J.B.Kappeyne v.deCoppello.
ebenso derbe Zurückweisung, auf diese erfolglosigkeit der von Chremylos
vorgeschlagenen bemQbung weist der sklave triumphierend hin , wenn er
sagt: ^av6äv€lC, öc 9TICIV €Tvai; das Sc v. 59 entspricht in diesem
zusammenhange genau dem öcnc v. 53 und dem Tic v. 24 and ist fest-
zuhalten. V. 119 f. stellt K. nur zweifelnd die Vermutung auf: ö Zevc
jifeV OÖV Olb' ibc TQ TOUTWV jlUJp* iwf\ 1TU9op€VOC dmTpll|l€l p€,
welche ich schon wegen des gebrauchs von lm\ niclit billigen würde,
mir ist noch immer das plausibelste, was ich in diesen jahrb. 1867 s. 403
vermutet habe: ö Zeuc \iiv oSv bebiujc T& toutujv jiuip' lli* cl ni-
Oöit' fiv dmTpii|i€t£. V. 264—267 will K. hinter 270 stellen, mich be-
friedigt diese Umstellung namentlich deshalb nicht, weil der vers fcnv hl
bf| tI Ktti TTÖGev TÖ TTpÖTlia T0O8' 8 (priciv; nur hinler v. 263 recht
passt, und ich halte, bis etwas besseres vorgeschlagen wird, an meiner
behandlung dieser stelle fest, wie ich sie im über misc. s. 63 f. ent-
wickelt habe. v. 436 gestehe ich zu dasz die construction von raic
KOTuXatc dei jue bioXiijiaiveTat schwierig ist, allein K.s t&c KOTuXac
del T^ biaXujüiaiV€Tai ist mir wenig wahrscheinlich, und das beige-
brachte fragmeul des Alexis bei AthenSos IV 164' niml dem Y€ doch
nicht vollständig das aussehen eines Iflckenbflszers. v. 492 sehe ich für
K.s Vermutung toutou b* f|M€ic dTri8ujio0vT€C ^öXic €upo^€V Acre
T€V^c8' fiv in der Überlieferung, die ich tadellos finde, keinerlei veran-
lassung; die construction ist einfach: toOto oOv djCTC Y€V^c6at' fmcic,
dm6u^o0vT£C ^öXtc €0po|i€V ßouXcu^a xaXöv. v. 578 will ich zwar
die von mir z. f. d. gw. 1866 s. 224 aufgestellte Vermutung ofirui bia-
TiTViüCKeiv XQ^CTTÖv irpfiTM* ^cx* aÖToTc tö bfxaiov keineswegs un-
bedingt festhalten; so viel aber weisz ich und jeder kenner des Aristopha-
nischen Versbaues mit mir, dasz Aristophanes nicht das von K. vermutete
auToTc oÖTiu xot^CTTÖv biaTiYViOcKCiv dciiv tö b(Katov geschrieben
hat. ähnlich habe ich v. 689 gegen sein iit\pe nur einzuwenden , dasz
es den trimeter zerstört.*) v. 897 fügt er zu Velsens und Meinekes con-
jecturen eine neue hinzu: itieX TObi T* d^qp^ScTai tö rpißtuviov und
will V. 1044 lesen : TdXaiv ' ^tw Tfjc cf^c ößpeuüc • alcxuvoMm. v. 1082 f.
kann ich ihm nicht unrecht geben, wenn er für o ÖK lieber oöb ' will, und
wenn er den folgenden vers emendiert: vrcö jiuptuiV £tujv T€ xai re-
Tpup^vr) , so ist diese Vermutung gewis sehr scharfsinnig und sein nach-
weis dasz die Überlieferung gefälscht sei einleuchtend, mir ist indes
wahrscheinlicher , dasz in rpicxtXiuiv der gen. plur. eines andern Sub-
stantivs steckt, welches mit druiv verbunden das überlieferte T€ Kai und
vielleicht zugleich das auch bei K. anstuszige öiTÖ reditfertigen würde.
V. 1144 will er die untadelliche lesart der hss. ändern in oi) fäp vif*
€lX€C rdc usw.
An andern stellen ist der hg. meiner meinung nach glücklicher ge-
wesen. V. 26 ist er auf dieselbe Vermutung gekommen wie ich, dasz
nemlich die lesarten des Bav. ofi Ti und der übrigen hss. ofi C€ zu cona-
binieren und oÖK^Tt zu lesen sei; nur dasz er daneben oö ci'X€. ver-
[vgl. unten s. 481.]
A. V. Bamberg : anz. v. Arist. Plutus ed. N. J. B. Kappeyne v. de Coppello. 477
mulet, kann ich nicht billigen, v. 27 unterliegt es mir iceinera zweifei,
dasz er die worte Ka\ KÄeirrkTarov ganz mit recht dem Karion zuzu-
teilen vorgeschlagen hat. v. 265 möchte auch ich lieber &f{jjv als fx^V
lesen, und v. 371 ist Ix^^ ^^^^^ oicht als notwendig nachgewiesen, em-
pfiehlt sich jedoch selbst auch v. 400 sind wir mit unsern Verbesserungs-
versuchen einander ziemlich nahe gekommen, wir beide wollen diesen
vers ganz dem Cbremylos zuteilen und dv T4J |Li€TaboGvai schreiben;
während aber ich \iä Aia zu diesen worten ziehe, setzt K. hinter |Li€Ta-
boOvai ein fragezeichen. v. 727 geht es mir ganz wie dem hg., der
sich von der richtigkeit des überlieferten TTXouTUiVi nicht überzeugen
kann , und ich würde mich freuen , wenn sich seine Vermutung Y^povTt
durch irgend welchen glücklichen zufall einmal bestätigen sollte, der ge-
danke an eine interpolation drängt sich einem hier unmittelbar auf. so
spricht mich auch v. 886 sein dXX' ouWv icvx cuKOqxivTOU bfjTM* ^Ti
auszerordentlich an.
Auch von den verhältnismäszig weniger zahlreichen Verbesserungen,
welche K. bereits in den text aufgenommen hat, sind manche zu billigen,
so hat er v. 188 d&CT* oöW juccTÖc coö t^TOv' oöbdc Tru)7T0T€ mit
recht in klammern eingeschlossen und darf bei v. 475, welchen er ebenso
als unecht bezeichnet, jedenfalls als verdienst in anspruch nehmen richtig
nachgewiesen zu haben, wie wenig derselbe zu dem übrigen auftreten der
Penia passt. ich hatte über diesen vers schon, ehe mir diese ausgäbe
durch die gute des hg. zukam, jahrb. 1867 s. 405 f. ausführlich gebandelt
und daselbst fast dieselben bedenken gegen ihn gehend gemacht, die ich
bei K. wiederfinde, ich glaubte den allzu lange unbemerkt gebliebenen
fehler auf rechnung des dichters, nicht auf den der Überlieferung setzen
und namentlich den versuch abweisen zu sollen, diese unvollkommenbeit
aus einer mischung zweier bearbeitungen unseres Stückes herzuleiten;
es würde mich indes freuen, wenn ich aus einer von K. in aussieht ge-
stellten neuen besprechung des Verhältnisses der beiden redactionen zu
einander eines bessern belehrt werden sollte, v. 521 bin ich sehr geneigt
mit ihm irapa Xijctoiv KdvbpoTTobiCTOiv, worauf schon Bergk gekom-
men war, V. 934 neptX^Xetmiiai , v. 1036 bieXKUceiac &w (wenn ich
auch zweifelhaft bin, ob er v. 1134 diese form der zweiten person sing,
opt. aor. I act. auf -aic mit recht in der weise beseitigt hat, dasz er liest
dp' dxpeXt^cetc oOv rt), v. 1046 ttoXXoG xpovou, was auch Meineke
vind. s. 221 vermutet hat, v. 1102 ävoiSac |Li* f<p6acac für die richtige
lesart zu halten, auch v. 856 möchte ich ihm den vorzug vor Meineke
zugestehen, wenn er (Ven. TrpdTjiaTa TP- XP^II^^t'^a) ir^TTOvÖa vOv, Tot
Xpi^juaTa schreibt, während Meineke in engerm anschlusz an die lesart
der hss. vuv\ XP^jiCiTa vermutet hatte.
Andere neuerungen im texte kann ich nicht unbedingt billigen.
V. 199 interpungiert K. TrXf|v Sv ^övov ftÄoiKa — XP€. <ppdZ€
TOÖ TT^pL er hat nicht nachgewiesen , dasz und inwiefern der Wechsel
der constructlon von b^boiKa fehlerhaft sei. nachdem Plutos gesagt,
dasz er nur öines fürchte, kann Cbremylos recht wol fragen, wofür er
fürchte, anderseits würde nach K.8 interpunction Plutos sagen, dasz ihm
478 A. ▼. Bamberg : anz. ▼. AhsL Piotus ed. N. J. B. Kappeyne t. de Coppello.
mit einer einzigen aosnabme Chremylos und Karion recht zu haben schie*
nen, nährend doch, was er dann vorbringt, von den beiden noch gar
nicht berührt worden ist. auch die aufTordening des Chremylos ist in
der vulgata besser motiviert als bei K. , wo Piatos mit bd^otxa schon
von selbst die auseinandersetzung des Cv fiövov beginnt. ▼. 349 liest
R. noiöc TIC; XP6. fmoiOCi und hat darin gewis recht, dasz oioc
nicht als Tragewort genommen werden dürfe, ich habe GölL gel. anz.
1866 s. 150 das oloc, welches ohne alle interpunctiou zu schreiben ist,
eriilart und namentlich betont, dasz die Infinitive TrpdtTeiV und ditiTC-
TpupOai davon abhingig seien, dasz aber K.s ÖttoToc nicht zu dulden
ist, glaube ich de Rav. et Yen. s. 27 f. nachgewiesen zu haben. ▼. 878
schreibt R. oTraciv icd* ''QXiiciv 6 Ocöc oOtoc ei usw., ohne im com-
mentar einen andern grund anzugeben als dasz in der vulgata der artikel
TOtC vor "CXXticiv nicht stehen dürfe, und die hss., wenn auch nicht ge-
nau an dieser sielle , doch icnv darböten, letzteres bat für mich keinen
werth ; ersteres aber ist mir nicht vollkommen klar, den einzigen , aber
nicht hinreichenden aufsclilusz gibt die anmerkung zu v. 546, in welcher
er für näciv TOic dvOpuiirotc vermutet f|piv TOic dvOptuTrotc und hin-
zufügt: 'diflert aliquid utrum irävTCC fivOpumoi dicatur an irdvrec fiv-
OpuiTioi ; illud enim est homines omnes certi cuhtsdam generis^ hoc vero
homines universi* ich gestehe dasz ich diesen unterschied nachzufühlen
noch nicht feiofählig genug bin. recht überflüssig scheint es mir v. 921
f)cuxiav ^x^V in f|. Syuiv zu verändern, wie R. gethan bat. nach der
Überlieferung fragt der gerechte den sykophanten, der viel von seinen
wichtigen amtsgeschäften geredet hatte, ob er nicht wünsche ein ruhi-
ges leben führen zu können, während er nach R.s lesart fragt, ob er
lust habe der gewohnten thätigkeit zu entsagen, ich sehe nicht ein,
warum diese Wendung jener vorzuziehen sei. wenn ferner R. v. 550
BpacußouXiu Aiovuctov in GpacußouXov Atovuciiji verwandelt, so
kann ich darin nur ein stück unberechtigter pedanterie finden, auch
V. 597 scheint mir dpiräZctv npiv KaTaGcTvai, wofür R. nptv Korra-
KetcOai geschrieben hat, das einzig richtige zu sein, wenn den armen
vorgeworfen wird, sie raubten der Hekate die ihr gebührenden mahl-
zeiten, bevor sie dieselben niedergesetzt, so heiszt das natürlich nichts
anderes als sie brächten überhaupt keine mahlzeiten. die art des aus-
drucks aber soll daran erinnern, was nicht geradezu ausgesprochen zu
werden brauchte , dasz die armen sogar noch weiter zu gehen und die
Hekate auch um die mahlzeiten zu betrügen pflegten , welche ihr von den
reichen gespendet wurden, v. 456 hat R. das überlieferte XotbopcT
gegen das vom schoiiasteu ausdrucklich auf Unkenntnis der kritiker zu-
rückgeführte XoiöopcTc aufgegeben, ohne dafür einen andern grund an-
zuführen als dasz das activum stärker sei als das medium, man wird
schwerlich, wie R. gethan hat, das verbum ^.schmähen' von fijuiv trennen
und dieses lediglich mit TTpoceXGoOc* verbinden dürfen, v. 1180 schreibt
R £6u€V äv für £Ouc€V und findet den grund für seine Sndernng im fol-
genden, wo allerdings in den diesem parallel laufenden Sätzen zweimal
"^rfectum steht, solcher üniformität zu liebe würde indes Aristo-
N. J. B. Kappeyn^ van de Coppello : analecta. 479
phanes schwerlich das äv ganz unnötzer weise wiederholt haben, ob er
V. 323 mit recht carrpöv In caOpöv verändert habe, wage ich nicht zu
entscheiden.
Zum schlusz will ich die conjecturen nur anführen, welche gelegent-
lich in dem commentar mitgeteilt worden ^ind. zu v. 441 , wo er q)€u-
TU)M€V liest, vermutet er vögel 1639 7ToX€jLiricuj|Li€V jiiäc, zu v. 535
Kokalos fr. I (s. 1092 Bergk) Trapd col KOT^Tpiße 9aljLidTia, zu v. 598
Thesm. 870 |if| CTTcOM ji' li ZeO, zu v. 695 ekkl. 502 ^x^^V cü, zu
v. 1044 Vögel 438 cu hl TOÖcJ)' iq>* öroicl rrep XÖTOic und wespen
235 rrdpecO* 8ti xrcp fx' icci Xontöv usw., zu v. 1134 ebd. 291
dOcXriccic biböv* oöv und vögel 419 f. fj tiv' dxÖpöv f{ (piXov Tiv'
dücpeXciv ?X€»v.
Berlin. Albbrt von Bamberg.
64.
ANALEOTA.
in proximo horum annalium volumine (a. 1867 p. 459) F. C. Heri-
lein emendationem tenlavit loci InLysiae orationc de caedeEratosthenis
S 20, qui legitur sie: Kttl t6t€ bf| irpöc td T^vard juioi xrecoOca (sc.
f| Ocpdiraiva) . . KatiiTÖpei (I. xatiiTÖpcuc cum Cobeio) Trpwiov juiev
ujc |ui€Td Tf|V «iKCpopdv ttÖT^ {I. aÖT^ cum Dobraeo) rrpodoi (sc. 6
'GpaTocO^vnc) , liT€iO* UJC aurfi tcXcutüüc* elcaYT^iXcie , xal ibc
iKcCvTi (sc. fj Ttivf)) Tui xpoviw TreicOeiTi , xai rdt dcöbouc olc rpö-
TTOic Ttpocioi, Kai djc Gecjiocpopioic dfioö dv dtpiu övtoc ibxer*
elc t6 Updv ^€Td iflc iirytpöc rflc dKEivou. in his alierum illud
TTpoctot corruptum esse consentiunt omnes, quare Reiskius nototr]?
Dobraeus TrpoceiTO, quem sequitur Herwerdenus (proba tamen forma
TTpocovro recepta), Cobelus TrotoiTO legere suaseruut, quibus conieclu-
ris Hertlinus 1. 1. adiecit suam corrigens eiciot. sed vereor ut locus iani
emendatus sit. non ^nim video (pace viri clarissimi disputatum sit) quid
illa locutio rdc elcöbouc eici^vai aliud slgnificare possit nisi aditus
vel ianuas int rare, quod, etiam si huic loco aptum esset, dictum
foret de £ratosthene. verum non is, sed dKcivr] est subiectum verbi
aeque ac sequentis C^x^'^? ^^ ^ ^^^^ sentenliae nexu perspicuum est,
quodque sensit Dobrdeus quoque advers. t. I p. 194 annotans: *forsan
cicdbouc 8v TpÖTTOV notricaito (Eratosthenes).' cf. iam correclio Co-
beti. 'sed cum concinnius sit omnia ad uxorem referri, an TTpocciTO
sc. i\ fuvf) TÖv jbiotxöv?' sin minus, subiecti mutationem expresse in-
dicare debuit orator. veram autem iectionem invenisse mihi videor:
suspicor enim Lysiam scripsisse: rdc elcööouc olc tpönoic irapd-
cxoi. quae lectio nuUam quidem habet difficultatem palaeogra^hicam :
nam praepositiones irapd iT€p( irpöc ttpö saepius inter se confusae sunt,
et Httera X ^^ ^ ^^^ di£Pert nisi una lineola transversa; tum arguitur uxor
Euphileli ipsa aduUero aditus (rdc ckdbouc, senel atque iterum)
480 N. J. B. Kappeyne van de Goppello: analecU.
praebuisse. paene igitur mea quidem opinione rem acu tetigit T. L
UaJbertsma cooicieDs iroptZot (Mnemos. v. XI p. 208). [alque in eandem
sententiam iam antea C. Scheibe in borum annalium siippl. l p. 365 sq.
= lecUiinum Lysiacarum p. 71 sq. correxerat iropicatTO.] in Xeno-
pbontis HeJI. IV 4, 7 narrantur Pasimelus et Aicimenes Praxilae dixisse
se ei aditum posse praebere intra muros: quod, quippe semel fac-
tum, est TTopacxeTv elcobov.
Allerum ex eadem hac oralione locum tractare mibi liceat, qui, quod
equidem sciam, neminem adhuc offendit: in % dico 38 haec verba quibus
grave iuhaeret vitium grammaücum: cuiq)pov€Tv djuauTÖV f|TOU|LiT)V.
quid autem vitii inhaereat statim videbis collata $ snperiore, ubi reos
dicit biKaiov ji^v fiv iroictv f|TOu^iiv, non MKaiov ji^v &v ttoicTv
i\xa\rTÖy f)TOU|LHiv. videlicet f)YOU|üniv et iroieiv idem habent subiec-
tum, neque nlla datur oppositio: cf. Krnegeri gramm. p. 11 $ 55, 2.
igitur quanlocius pronomen illud librario, qui parum graece sciebat,
reddendum est, et post cuKppovcTv ex eodem exemplo auctore Mark-
lando, cui obtemperanint Francicenius (comm. Lys. p. 30) et Herwer-
denus, inserenda particula Sv. at ?ide, quaeso, ex innumeris locis in hac
ipsa oratione , quam frequens atque adeo Lysiae quasi proprius sit usus
furmarum iliarum ^iLtauToO ccauToC dauroO cet., ubi alii scriptores
aut formas pronominum personalium plenas vel encliticas aut pronomina
possessiva vel etiam siropiieem arliculum possessivum usurpant: vide L
or. SS 5. 6. 10. 15 alias, quales idiotismos librarii in additamentis suis
miuime solebant observare. sed nihil neque eiciendum neque inserendum
est, verum pro ei in Ciuq)pov€Tv reponendum a, ut legatur COUPON AN
(i. e. cu)q)pov' &v) ^Mauröv f|TOiijiT]v. quo facto omnia sana babebis.
lu S 40 pro praesenti KcXeueiv legere roalim aorislum KcXeOcat,
quemadmodum in antecedeniibus KaTaX€iq>Of)vai et ^ev^cOat, in sequen-
tibus irapOTT^^Xat et KeXeOcai le^untur. assenlior autem viro doctis-
simo Halberisma 1. 1. p. 209 afBrmanti verba Kai KcXeCcm auTOUC
putidum esse eroblema ; sed ipse ille aoristus probare videlur interpola-
torem in nostro loco legisse KeXcOcai. cf. etiam aoristos in S 42, in
qua dubilari nequit quin delendum sit participium 6vTac, vide modo
S 23 Touc fi^v Ivbov KarAaßov , et supra in $ 41 oök eUxbc 5v
Tiv * oIkoi KaToXt^qiOMm.
Attendamus iam pauca quaedam in oratione contra Eratosthenem.
in fine S 15 editur: dbÖKCi |Liot rauTi] Treipac6ai cu>8fivat, dvOupou-
\Uv\^) Sri, föv }xiy XdOuj, cuj6/jcoMai, ddv bk. Xn^Oui) fiTOUjiiiiv, el
\iky 6^0TVic tXr\ TreTreicju^voc xmö toC AojiviiTTrou xp^^^ira Xa-
ßeiv, oubiv fJTTOV äq>€6J^C£c6at, el bi jurj, 6|lio(ujc &7ro6av€tc6ai
(quod exemplum, si testimonio opus esset, probare posset regulam de
simplici inßnitivo non mutalo subiecto post verbum f)Y6ic0at sim., quam
supra tuiti sumus). in bis autem adverbium öjioiuic corruptum esse
primus vidit Herwerdeuus, cuius tamen suspitio Lysiam scripsisse db^tZiC
(coli. or. c. Agor. S 63) minus probabilis mihi quidem videtur: nam cap-
tus non quaerit utrum saeva an miti morte periturus sit, sed secum
reoutat, utcumque eveniat fugiendi periculum, nulio modo sibi potis
N. J. B. Kappeyne van de Coppeilo : aaalecla. 481
fore peius (cf. finis S 13]; quod exprimitur per adverbium ä|LiiJUC.
conrusionem vocabulorum öfioiiuc et öpujc haud raram esse oslendit
Schaeferus ad Greg. Cor. p. 631.
In verbis $ 20 oöruic eic fmäc bid t& xP^M^it' i£r\ix&p'vavoVy
i&CTTCp öv iTcpoi H€T(iXiüV dbiKTijLidTiJüV öpT^jV IxovTCC laoguere
senleniiam, nisi in posteriore periodi parte addalur negatio, recte vidit
Sauppius; quare legere iubet ÜJCirep OUK &v Srepoi, quod recepit
Herwerdenus; equidem praetulerim oub' &v Irepoi, adeo in nos sae*
vierunt propter pecuniam^ ac ne aln quidem fecisseni^ qui ob graves
sihi iUaias iniurias essent irali, quo acrius eliam notatur sceleratorum
illorum avaritia. [pib* &v ^Tcpoi coniecit iam Westermannus in quaest.
Lys. 111 p. 11. sed v. Funkhaenel in bis annalibus 1861 p. Ö71 et Heutz-
ner ibidem 1865 p. 673.1
In S 60 narranlur ol öXitoi ad perniciem civitatis irdvTac dv-
Optunouc condttxisse. dubito an adiectivum iräc ita poni possit pro
navTOtoc. au reponendum iravToiouc aut TravtaxöBev? et in
S 65, ubi de Hagnone patre Theramenis dicitur twv 7rpoßoOXu)V UJV
laÖT* ?7rpOTT€V, rescribendum: TttÖT* iTTpcmcv, easdem partes
sequebatur, cui opponitur TdvavTia updireiv? pro raörd Ttpärreiv
etiam in usu erat locutio Td d|Lioia TTpdTTCiv : cf. $ 74. [sie iam Clas-
senus et Frohberger in ed. reposuerunt.]
In Agoratum % 13 pro fiaOövrec £tvu)|li€V procul dubio scrip-
tum fuit perfectum £ifV(&iKa|Li€V, re ipsa experti novitnus ^ quod ex
aoristo participii fia66vT€C satis apparet.
Ex eiusdem orationis $76 duo mihi videntur vocabula excidisse.
libri haec exhibent: £p€c6' atÖTÖv bi* 6 Ti <f^r]c\v 'AGtivaToc TTOiriWlvai.
iäv bt nf| Ixq dTTobeiEai, xiMiwpcTce' aördv öti Ka\ ibiKOle. Ka\
iieKKr\ciale Ka\ icuKO^dvret iroXXodc die 'AOrivaioc ToCvoiia im-
TpaqxS^evoc igitur Agoratus oök uiv 'A6T]vaioc (vide $ 73) Urnen
(bc 'AGrivaioc, ac si esset civis Jtheniensis, Kai ibiKoZe Kai dScKXri-
cioZc Ka\ icuKO^dvTCi ttoXXouc roGvoiia dirtTpa^öiievoc.
quod nomen? vel cuius? respondebit % 73 bis verbis: ouK ibv 'AGt]-
vaioc Ka\ dbiKoZe Kai dSexXiiciaZe Kai tpcupdc rdc ii dvBpibTruiv
£Tpdq>€TO, £7TiTpaq)d|Li€VOC 'Avatupdcioc etvai. e quibus
S 76 post voc. To()vo|Lia addendum esse censeo toO bfjiiouet comma
ponendum post 'A6i)vaioc.
Finem facio in versu Aristophanis Ploti 689
Tf|V X€ip' öqngP^^' ^^^ cupiSac ifii)
quem in editione mea, quae ante hos aliquot menses prodiit, non satis
accurate tractavi. scilicet opinionem meam protuli, pro verbu öq>i^pei e
scholiasta rescribendum esse ^Effpe, sed versus totius constructionem
indicare neglexi, quam talem fuisse suspicor:
dö^pe Tf|v X€tp** ctia cupiSac 4tw-
Amstblodami. N. J. B. Eafpetne vait db Coppbllo.
482 H. Blfimner: zti Lukianos.
65.
ZU LUKIAN08.
Hr. gymnasialdirector Sommerhrodtia Posen hat im vorigen Jahr-
gang dieser Zeitschrift s. 753 ff. einige stellen meines schriftchens 'archäo-
logische Studien zu Luciau' besprochen und meine ansichten über einige
stellen im texte des Luctan zu widerlegen gesucht, ich möchte mir hier-
mit erlauben seinen cinwondungen folgendes zu erwidern.
Die erste stelle, welche Sommerbrodt behandelt, ist meine crktäning
der Luclanschen Charakteristik der archaischen kunst, im ^r)T6puJV&i-
bdcKaXoc c. 9. was hier zunächst den punct anlangt, dasz Lucian 'im
gelste der moderedner seiner zeit die guten eigenschaften der alten schule
mit gerihgschätzung erwähne und deshalb in gehässigem lichte darsteile',
so kann ich dieser auffassung der betreffenden stelle nicht beistimmeD.
nicht die lelstungen der alten schule werden getadelt, im gegenteil, er
nennt sie sogar iieTciXa kqI uirlp touc vOv nur der weg, auf dem jene
alten redner zum ziele gelangten , wird als zu mühselig verworfen , da
man jetzt mit weit weniger anstrengung ein groszer redner werden
kAune. Lucian gibt sogar zu, dasz jene beispiele der alten redner 'nicht
leicht nachzuahmen' seien, und er nennt diese irapabciTMaTa nur darum
Hwka ^abgestanden', weil die spuren des weges, auf dem man zu dieser
redeweise gelangt, wie er etwas vorher sagt,- äfiaupä fjbr) Ka\ äcacpf)
Ta TToXXä inö toO XPÖVOO sind, wenn nun der vergleich mit der
archaischen piästik kein hinkender sein soll, so musz das was von dieser
gesagt wird in einem ahnlichen gegißnsatz zur modernen bildhauerkunst
aufgefaszt werden. w9hrcmi die archaischen kunsiwerke durch die attri«
bule dncccpiTM^va Ka\ veupifibri Kai ocXripd einfach charakicrisicri
werden sollen in ihrer ahnlichkeit mit der strengen redeweise jener allen
redner, bezeichnet das letzte, dKpißuJC diTOT€Ta|Li^va xaic ypo^^**^^^
eben jene mühselige, sorgfältige arbeit der alten meister, die zwar an
sich ganz lobenswerth , aber für die neueren künstler nach der ansieht
des sprechenden entbehrlich ist.
Ich habe diese letzten worte durch *scharf proportioniert' erklärt
und halte diese erkiarung auch jetzt noch aufrecht , wenn ich auch zn-
gebe dasz meine Übersetzung 'genau gesondert in den umrissen', die ich
im anschlusz an die Brunnsche Übersetzung gegeben habe, der von mir
aufgestellten deutung nicht völlig entspricht, in der ariiberknng s. 5
habe ich die ansieht ausgesprochen , dasz dKOTCfvCtV rdc Ypafüifidc ein
terminus technicüs der alten kunstkritiker gewesen sei, wie aus Zeuxisc. 5
hervorgehe , und dasselbe bedeute wie dneuOuveiV. Sommbrbrödt sagU
dasz dtroTeivlEtV rdc TpctMMdc nichts hcisze als *iinien ziehen', dew-
nach die worte dKpißJjc dnoT€Ta|i^va tqTc Tpcc^ftalc bedeuten 'mit
peinlicher Sorgfalt gezeichnet', dasz der ausdruek von der maierei ent-
lehnt ist, unterliegt wol keinem zweifei ; ich glaube abtr kaum*, dftfo dTio-
T€iv€iv Tdc TPOMM^C bei den malern eben weiter nichts bedeute als das
blosze ^linien ziehen', was sollte es denn bedeuten, wenn an der citierten
H. BiQmner: zu Lukianos. 483
stelle des Zeuxis das dTTOTcTvai räc TpoMl^^c de tö cäOuraTOV, was
dann etwa hiesze *ganz gerade linien ziehen', als ein l)esonderer vorzug
gerühmt wird? der för das ^linien ziehen' der maler gebraucldiche aus-
drück war vielmehr nach Pollux VII 128 Tpot|ii|Lif|V dXKÖcm.
Meiner ansieht nach ist sowoi an dieser stelle das dKOTelvm de TÖ
euGuTOTOV, als in den ?puJT€C c. 14 das dir* eöOü reiveiv ganz identisch
mit dem worle direuGuvetv. dTrcuOüveiv nun ist in dieser anwendung
ursprünglich von den arbeiten der ziramerleute entnommen, und zwar
wird es bei diesen gebraucht vom gerademacthen der balkeu. so in Lucians
Ikaromenippos c. 14 inA Ka\ touc T^KTOvac iToXXdKic diüpaK^vai
jLioi boKu» Gaxdpqi täv ö(p8aX|Liuiv fificivov irpöc toijc Kavovac
dueueövovrac xd EÖXa (im überiragenen sinne in den cIkövcc c. 12
u)C Trpöc Toic dKctvtJV Kttvövötc dTTCueOvai TÖ ÄToX^a). dies direu-
Guveiv kann, auch wenn nicht npöc TÖv Kavöva dabeisteht, keine
andere bedeutung in einem bestimmten zusammenhange haben als diese
des richtcps der halken mit hülfe des richtscheites, und darum nennt Pol-
Jux VII 119 unter den beschäftigungen der zimmerleute auch ohne jeden
weltern zusatz blosz das dlT€uGi3v€lV und dicht dabei, offenbar als ein
synonymon , diroTeivetv. demnach hat auch dies an und für sich schon
die bedeutung des drrcuGOvciv Trpöc töv Kavöva gehabt, wenn nun
dieser ausdruck von der baukunst übertragen wurde auf die maierei, so
gieug seine grundbedeulung natürlich verloren ; es behielt nun blosz die
bedeutung 'das richtige Verhältnis herstellen'; und wollte man, wie dort
Td l\3Xa, so auch hier ein object dazu setzen, so war eben das ent-
sprechende rdc TpaiLiiidc, die umrisse der figuren, die linien durch
welche die richtige proportion der einzelnen teile des bildes hergestellt
wurde, so hat denn dnoretvEiv seine ursprüngliche bedeutung Mang
hinstrecken', die es beim gebrauch des richtscheites hatte, verloren; und
<larum konnte es auch Lucian an der angefahrten stelle des Zeuxis als
besondern kunstausdruck bezeichnen , der nicht jedem verständlich , aber
den Tpoiqpdujv TiaTbec gelaufig sei, olc ?pTOV etedvat rd TOiauTO.
dieselbe bedeutung wie in der maierei hat drroTeivctv rdc tpap^dc
auch in der plastilc erhallen: es heiszt auch da 'die richtige proportion
in den umrissen anwenden'; eine wörtliche Übersetzung kann deswegen
nicht gut gegeben werden, weil wir eben diesen ausdruck des gerade-
richtens der balken nicht in diesem übertragenen sinne gebrauchen, so
kann ich auch die stelle der ?pu)T€C c. 14 jiTipoO T€ Ka\ Kv/iilTic trt ' €uGu
T€Ta|i^VTic ÖXP* troböc i^Kpißtu^^VOi ^uGjUOl unter der Voraussetzung
dasz in* eöGü Tclveiv synonym mit diteuGiJveiv ist, nicht anders über-
setzen als 'die genauen, richtigen Verhältnisse, welche der schenket und
das trefflich proportionierte Schienbein bis zum fusze aufweisen' ; doch
laszt sich dxpt TToböc ohne groszen unterschied der bedeutung auch mit
TeTafi^vric verbinden.
An der andern von Sommerbrodt behandelten stelle "Hpöboroc c. 4,
wo ich die lesart der hss. zu vertheldigen bemüht war, will Sommer-
brodt die anstöszigen worte Kai Td TcXeirrata raOra ganz beseitigen.
vor allem ist ihm das TaCra bedenklich, welches nur temporale bedeu-
484 H. BlOnmer: zu Lukiaoos.
toDg haben könne, wie hie im lateinischen, so dasz rä TcXcuraia TOÖTa
heisze 'jetzt zuletzt*, wenn das TaGra nur so aufzufassen w9re, könnte
es allerdings nicht gehalten werden ; ich möchte aber das raOra ebenso
wenig wie das Td TeXcurma temporal fassen, dasz tq TcXeuraia ein-
fach ohne chronologische bedeutung im smne von *schlieszlich', den letz-
ten ponct einer aufzihlung andeutend, gebraucht werden kann, ist wo!
kaum zu bezweifeln ; und wenn das der fall ist , so können wir auch das
TaCra in demselben sinne nehmen , nicht hinweisend auf die gegenwarl
des sprechenden oder schreibenden , sondern unmittelbar auf das in der
rede oder schrift gleich folgende , wie wir dergleichen aufzfthlungen wol
schlieszen mit den werten *und damit sei es genug' iL l. — Sommer-
brodt nimt ferner anstosz an dem doppelten KaL das zweite kqi vor
'AcTiuiva ist vollkommen klar: 'auch Aötion hat gethan, was jene alten
Philosophen usw. gethan haben.' das andere kqC aber steht meiner an-
sieht nach in engster Verbindung mit Sttou und ist demnach nicht mit
dem folgenden rä TcXeurala Taöra zu verbinden, dasz xai gern zu
solchen partikeln wie djcnep, Sttujc u. l. gesetzt wird, ist bekannt, und
wenn es auch sonst In dieser Verbindung mit önox) nicht direct nach-
weisbar ist (denn in der stelle imip ToO Iv irpocar. irr. 6 gehört Kai
zu 'Enucoupoc, wie an unserer stelle das Kai vor 'AcTiuiva), vielmehr
Sttou In causaler bedeutung lieber mit Y€ verbunden wird (wie s. b. Xen.
Kyrop. VIll 4, 31], so zweifle ich doch nicht daran, dasz eine solche Ver-
bindung wie önov Kai In der bedeutung 'da ja, quoniam^ quandaqui-
dem* recht gut möglich war. ich kann mich daher nicht entschlieszen
die lesart der hss. aufzugeben und das erste Ka\ sowie das xaGra zu
streichen, noch weniger aber, das zwar nicht notwendige, aber doch hsl.
bezeugte und unverdächtige ra TeXeurafa ohne weiteres für einen spä-
tem Zusatz zu halten.
Sommerbrodt macht es mir schlieszlich zum Vorwurf, dasz ich die
stelle *HpöboTOC c 4 durch die imif) ToO £v TTpocay. irr. 6, welche die
werte Ta TcXeuraia TauTa nicht enthält, vertheidigte. ich habe aber
diese stelle zur vergleichung nur deswegen herangezogen , weil hier wie
dort ein mann in gegensatz gestellt wird zu anderen, welche nodUzioi ge-
nannt werden , wo wir bei dem verhältnismäszig geringen Zeitraum , der
zwischen den epochen der angeführten personen liegt, eine solche gegen-
überstellung nicht erwarten würden, ich habe also durch die zweite
stelle nicht das rä TcXeirrafa rauTa, sondern das an sich schon auf-
fallende naXaiouc Im Herodotos erklären wollen.
Ich benutze diese gelegenheit um einen lapsus memorlae in meinem
schriftchen zu berichtigen, ich habe nemlich auf s. 7 die Panthea als
geliebte des kaisers Marcus Aurelius bezeichnet; sie war aber bekanntlich
die des kaisers Lucius Verus (vgl. schol. zu Luc. eiKÖvec bd. IV s. 164
Jacobilz; M. Aotoninus comm. VIII 37).
Breslau. Huoo Blümkbb.
0. Keller: zu Ciceros Rosdana und Pompeiana. 485
Zu CICEROS R08CIANA UND POMPEIANA.
Es ist nicht meine abstellt einen panegyricus auf die allgemein aner-
kannten, durch fünf auflagen constatierlen vorzQge von K. Halms ausgäbe
der in der iSberschrift genannleq. reden zu halten, noch weniger bedeu-
tende aussteliungen an derselben machen zu wollen ; aber bei einer lang-
samen lectflre in der sciiule sind mir einige gedanken aufgestoszen , die
sich zum teil schon lange in mir festgesetzt hatten und die ich jetzt ein-
mal vor das allgemeine forum bringen möchte.
Zu p. Sexto Roscio $16 finden wir folgende anmerkung: Uumultu,
im bflrgerkrieg zwischen Marius und Sulla, der tumuUus heiszt als ein
innerhalb Italiens gefOhrter krieg; s. zur or. CaL Hl % 4.' dort steht:
Uutntiltus Gallici^ im cisalpinischen Gallien, vgl. die hauptstelle bei Cic.
Phil.SlW c. 1, wo es unter anderem heiszt: iiaque maiores nosiritumul-
tum Gallicum^ quod erat Italiae finitimus^ praeterea nuUum nomina-
bant^ d. h. das wort lumültus wurde von jeder kriegerischen bewegung
In Italien und auch in der benachbarten Gallia cisalpina gebraucht, sonst
über bellum von jedem kriege gesagt.' diese erklSrung von tumultus
scheint mir unrichtig, wenigstens sehr unvollstHndig. oder warum
heiszen denn die Samnitenkriege , warum der krieg mit Pyrrhus nie-
mals tumultus^ ja warum lieiszt nicht selbst der zweite punische krieg
a parle potiore tumultus statt bellum^ die in meinem Wörterbuch ver-
zeichneten stellen führen das wort tumultus für folgende kriege an:
1) für bflrgerkrlege , 2} für sklavenkriege, 3) fflr kriege mit den galli-
schen und namentlich mit den germanischen barbaren. tumultus ist zu-
nächst ein unregelm9sziger krieg, ein plötzlich ausbrechender, wobei
die heiligen fetialceremonien nicht in anwendung kommen , ein Überfall
durch barbaren, durch empörte Sklaven, durch eine feindliche partei unter
den mitbörgern selbst, seit dem flberfall durch die Gallier *dem galli-
schen l9rm oder schrecken' — denn das wird doch tumultus Gallicus
zunäclist bedeuten — seil dem lag an der Alia, den die Cimbern und
Teutonen zu wiederholen drohten, blieb dieser ausdruck der steheude
und, wird man sagen können, schrecklicliere , wodurch man stets an
jenen unglQckstag erinnerte und an die gefahren welche immer noch von
einem einfall der Völkermassen hinter den Alpen drohten, daher steigert
Cicero in Cat, IH $ 4 seinen ausdruck bellum transcUpinum durch tumuU
tus Gallicus. nimt man also den ursprünglichen begriCT von tumultus
Märm, schrecken und Verwirrung' man könnte mit ^inem worle sagen
'panik', zusammen mit dem des unregelmäszigen kriegs , so wird man
leicht entdecken, dasz man damit die wirkliche bedeutung des wertes
richtiger erfaszt hat, als wenn man behauptet, tumultus sei ein krieg
innerhalb der grenzen Italiens, die kriege mit Tarent, den Samniten
und den Puniern waren regelmflszige kriege, der seerftuberkrieg hat keine
panik verursacht, wol aber der sklavenkrieg, die bflrgerkriege; und meh-
rere kriege gegen die Galller und Germanen waren danach angethan, dasz
4Sß 0. Keller: za Cieeros Bosciana und Pompciaoa.
der naroe (umulius GalBeus selbst für minder bedeutende oder im keim
ersückle empömngsversuche in geltung geblieben ist.
$ 20 'guadriduo quo] im Terlaiif der Wer läge, wibrend wdcber'
(nemlicb der mord vorßel, wurde die nacbrichi dem Chrrsogonos fiber-
bracht), dazu wird verglichen % 105 ad Volaterras in castra L. &iüae
mors Sex, Roten quadriduo^ quo is occisus esij Chrysogono nuniiatur
and Suet. lul. 35 quem Mitkridaiis Magni filium . • quaUuor qwbus in
conspectum venit horis, una proßigavH ade^ Madvig spr. $ 276 anm. 4.
in allen diesen ßllen und an der noch von Madvig düerten stelle CUars
b* g. V 26, 1 diebus circiter JTF, quibus in Mbema venlum estj initium
defeelioms ortum est*) sieht das relativum genau für posi quam quo
{qua) ; post ist ausgefallen wie sonst häufig genug bei solchen zablan-
gaben, z. b. Liv. III 33, 1 anno ireceniesimo aUero^ quam condita Roma
est^ Herum mutalur forma civitatis, ich glaube nicht dasz man berech-
tigt ist dem Lateiner, wenn er sagen will 'vier tage, nachdem etwas vor-
fiel, ward es gemeldel', eine ausdrucks weise in den mund zu legen,
welche sowol den tag des Vorfalls als den der meidung ganz im unklaren
Uszt; denn wenn ich sage 'im verlauf derselben vier tage, während
welcher der mord vorfiel, wurde die sache auch gemeldet', so könnte
der mord am zweiten tage vorgefallen und am dritten gemeldet worden
sein, ohne dasz der lateinische ausdruck irgend welche deutliche auf-
klärung böte, ich glaube dasz der strenge verstand mit obiger ausdrucks-
weise so wenig zu scbaflen hat als mit andern arten der attractiou , wie
sie in den lateinischen vergleichungssätzen vorkommen, dasz obige aus-
druclLSweise so wenigstreng logisch ist als die salze Z. AemilU contio fuit
verior quam gratior populo oder patrem^ quom fervit maxume, tarn
placidum quam ovem reddo. so gut mau in diesen beiden flllen darauf
verzichteu musz strenge logik des lateinischen ausdrucks nachzuweisen,
so gut wird man es in dem analogen fall oben auch thun müssen, es isl
eine willkürliche attraclion , mit hinwegsetzung Ober die strenge logik.
die vollsUndIge und ursprüngliche, auch logisch richtige ausdrucksweisc
wäre, um das vorletzte der angeführten beispiele zu nehmen: diebus XV
post quam quo in hibema ventum est, initium defectionis ortum est:
post fällt auch sonst aus, quam fällt aus bei amplius^ plus und minus^
und nach dieser analogie kann es wol auch hier ausfallen : so erhalten
vi\t diebus XV quo, dieses qiui aber wird durch eine von selbst gegebene
attraclion in quibus umgewandelt, hätte der römische schriflsteller sagen
wollen *im verlauf der vier tage, während deren er ermordet wurde* und
nicht vielmehr 'nach verlauf eines quadriduom seit er ermordet wurde',
so würde er wahrscheinlich intra quadriduum gesagt haben, wie es
dem sonstigen Sprachgebrauch der voraugusteischen autoren gemäss war.
*) [eine gröszere auswahl anderer beispiele dieses sehr eigentüm-
lichen spr&chgebranchs gibt schon Perizonins zu Sanctii Minerva n 9, 6
und IV 6, 18 (fi. 211 und 688 der Amsterdamer ausgäbe von 1714); vgl.
B"'^^ ^"***nt gramm. §480 undBeisigs vorleaongen ober lat. spfaehwlaa.
{., welcher letztere eine sowol von cler Madyigaphen als
vorgetragenen abweichende erklärung aufstellt. A. F.]
0. Keller: zu Ciceros Rosciana und Pompeiana. 48*7
$ 31 certum est deliberaiumque^ quae ad causam pertinere arbi"
tror^ omnia non mqdo dicere^ verum etiam libenter^ audacter libere-
que dicere. dazu die aum. Uibenter in der seltenen bedeulung «oacli
freiem belieben, ungeniert».' libenler wurde ^gern' bedeuten, 'ungeniert'
aber heisit licenier^ und das würde ich in den text gesetzt haljen.
$ 145 ii spoliorum causa vis hominem occidere^ spoliasli: quid
quaeris ampiius? anm. ^hominem nidit «einen mensdien», sondern den
Roscius, den Cic. eben redend eingeführt hatte.' gegen diese auffassung
der ganz stereotypen phrase hominem occidere musz entscliiedeoe Ver-
wahrung eingelegt werden, ^morden' absolut heiszt nicht occidere^ son-
dern hfin^inem occidere: vgl. $ 128 aliquot post menses et homo occi'
sus est (Gel der mord vor) et borta veniisse dicuntur, % 100 nuUum
modum esse hominis occidendi (zu morden], quo itte non aliquot
(eine ziemliche anzahl) ocdderit^ mulios ferro ^ mültos veneno, % 93
erat tum mulUtudo sicariorum^ id quod commemoravit Erucius^ et
h 0 min e s impune occidebantur (wurc^e gei^ordet). S ^0 eius modi
tempus eral^ inquit^ ut homines vulgo impune occidereniur. Hör.
epist. I 16, 48 non hominem occidi (ich hab,e ke^ien mord auf dem
gewissen}, ebd. I 2, 32 ut iugulent hominem, surgunt de nocte
latrones (um einen mord zu verüben).
Le imperio Cn. Pompei % 16 cum publicani fam^Uas maximas^
quas in saltibus habent, quas in agris^ quas in poriubus atque ciisto
diis, magno periculo se habere arbilrentur ? anm. Un saltibus «auf den
Viehtriften» ; so oder in silvis ist stall der unpassenden lesart in salinis
zu schreiben.' saltibus wird unbedingt vorzuziehen sein : die viehlrifleu
sind ein ^auptbegriff und dürfen in diesem Zusammenhang nicht fehlen:
das zeigen schon die worte in $ 15 ita neque ex portu neque e^ cfe-
cumis neque ex Script ura (weidegeld) vectigal conservari polest, so
notwendig der begriiT weidelund , $o werthlos ist hier der begriff wald.
denn die in den silvae etwa zur ausbeutung des harz- und holzertrags
verwendeten sklaven kommen numerisch gegenüber von den auf den Vieh-
triften [saltus) verwendeten Sklavenmassen nicht in betracht. man wird
zur berubigung der leser die wor^e 'oder in silvis^— die einen total andern
sinn geben als in saltibus — am besten in d^r anmerkung ganz fallen lassen.
S 21 Sinopen atque Amisum, qUibus in oppidis erant domicUia
regis^ omnibus rebus ornalas atque refertas^ ceterasque urbes
Ponti et Cappadociae permultas unp aditu adventuque esse
captas. es ist sehr wol möglich , da3z die in der note gegebene Über-
setzung 'und andere stadte . . in selir groszer anzahl' den sinn richtiger
trifft als die Vermutung, die ich doch nicht ganz unterdrücken möchte, ob
uichtzu übersetzen sei 'und die (^hrigen zahlreichen bedeutenderen stAdte
von P. und C so wäre ceteri in seinem gewöhnlichen sinne belassen und
urbs in der bekannten prägnanten bedeutung 'gruszere Stadt' zu fassen.
% 32 socUs ego nostris mare per hosce annos clausum fuisse
dicam-, cum exerdtus vestri numguam a Brundisio nisi hieme summa
transmiserint? qui ad vos ab exteris nationibus iffn^rent, capiqs
querc^r, c^m le.ga iipopuli Romani redempti sint? n^caforibus
488 0. Keller: za Ciceros Rosciaiia und
tutum mare non fuisse dieamj cum duodtdm $ecures in praedonum
potesiaUm pervenertni? aom. *legati] ^egaium futndam oppresntm
a piraiis pretio uxor Uberavit» schol. in ermangelang anderer qndlen
ist unsicher, ob diese notiz auf alter fiberliefemng beruht; ebenso, ob
der plural wörtlich zu fassen oder ein rbetorischer ist, wie Uberos $ 33.
wahrscheinlich betraf der nnfall nicht einen eigentlichen ge-
sandten, sondern einen militSrischen legaten, lielleicht ge-
rade jenen (oder jene), der mit den sogleich erwihnten zwei pritorpn
in die binde der seerluber gerathen war. dies zeigt besonders $ 53 cum
popuU Romani legati^ quaestores praetoresque capiebantur/ liei der
doppelbedeotuog von ügaius bat sidi der Lateiner vielfach durch zositze
vor misdeutung geschützt: man sprach von legatiimperaiaris^ legionum^
pro praeiore^ das waren generale; aber die legati popuU Romam sind
doch wol, so weit die römische litteratur reicht, 'gesandle des römiscben
Volkes' gewesen, und niemals Unterbefehlshaber, gerade durch den zusatz
poptili Romani^ wenn man ihn beachtet, hat Cicero über jedes misver-
ständois uns hinausgehoben; keineswegs äberOflssig stellt daher auch
S 53 der vollsUndige ausdruck populi Romam legati^ und wie viel kern-
bafter durch unsere auffassung der aussprach in % 32 wird : qui ad vos
ab exieris nationibus venirent^ capios querar^ cum legati populi Ro'
mani redempti sintf als wenn man legati populi R, von unterfeldherm
versteht, das wird jeder leser selbst empfinden, so erklärt sich auch,
warum Cicero im folgenden die quistoren libergebt: er nimt nur das bla-
mierendste aus dem gegebenen stoflTe heraus : die gefangennehmung einer
gesandtschafl des römischen volkes und die von zwei prfttoren; in beiden
fällen war die ehre des volkes aufs schmählichste veruuglimpft worden.
Öhringen. Otto Ebller.
67.
IN CICERONIS DE ORATORE LIBRÜM TERTIÜM.
c. 9 S 32 videtisne genus hoc quod Ht Antoniif forte ^ vehemens^
commotum in agendo, praemunitum ei ex omni parte causae saeptum^
acre^ acutum^ enucleatum^ in una quaque re commorans^ honesie CC'
denSy acriter inseqtiens^ lerrens^ supplicans^ summa oraHonis varietate,
nülla nostrarum aurium satielate. recte, ul opinor, Baklus animadvertit,
quod Antonius in una quaque re commorans dicalur, id vix cum celeris
quae de Antonü genere dicendl praedicentur conspirare: hoc enim magis
convenire Grasso, qui de se mox: quibus vestigOs primum insiiiij in eis
fere soleo perorare, sed idem vir doctus quod suspicalnr negalionem ex-
cidisse scriptumque fuisse non in una quaque re commorans^ In eo vide-
tur errasse. Crassus enim in ceteris laudibus , quibus Antonium omatam
esse dielt, non quid evitaverit ille, sed quid praestiterit commemorat.
quare ego sie existimo scripsisse Ciceronem: in summa quaque re
cornrnnrans i. e. in rebus gravissimis atque inter ceteras eminentibus sive
capitibus.
DAE. CaBOLUS SoHEIBE.
th. Kode t metrische kleinigkeilen. 489
68.
METRISCHE KLEINIGKEITEN. ♦)
I.
Warum lassen nach griechischem gebrauche die iambischen verse in
den ungeraden, die trochSiscben in den geraden stellen den spondeus
statt des ursprflnglichen fuszes zu? diese frage, deren Inhalt später noch
genauer formuliert und ergänzt werden wird, ist wiederholt erörtert wor-
den; doch scheinen die bisher gegebenen, mir bekannt gewordenen ant-
worten zum teil sehr künstlich , zum teil ungenflgend. darum möge es
erlaubt sein hier eine erkUrung zu versuchen, die begreiflicher und natür-
licher scheint als die bisherigen.
Warum ist im hezameter der spondeus im vorletzten fusze weit sel-
tener als in den vorhergehenden? warum ist im anapftslischen tetrameter
der spondeus vor der katalexis spater wie verschollen? warum läszt der
peutameter in seiner ersten hälftc den spondeus zu, während er ihn aus
der zweiten, bei Griechen und Römern wenigstens, unerbittlich ver-
bannt? warum schlieszt der trimeter der griechischen komiker den sonst
Überali zulässigen unapästen vom letzten fusze aus? warum ist endlich
z. b. in den Asclepiadeischen versen bei den Griechen die basis so wan-
delbar, der ausgang aber unveränderlich lambisch?
Alle diese bekannten thalsachen haben 4inen gemeinsamen grund,
den nemlich, dasz der schlusz jeder metrischen reihe vollkommen rein
gehalten werden musz. wie in der prosa der numerus der rede am
Schlüsse des satzes am vernehmlichsten ist, so würde in der poesie der
vers bis zur Unkenntlichkeit eotslellt werden, wenn nicht sein schlusz
das metrum in seiner ursprünglichkeit bewahrte.
Sein schlusz: dies wort bedarf noch einer genauem bestimmung«
im akataleklischen iambischen vers wird die letzte sllbe, auch wenn sie
kurz ist, durch das ende des verses und die damit verbundene pause zur
länge gedehnt: der letzte fusz ist mithin, wenn nur die thesis kurz ge-
halten wird, stets ein reiner iambus. im akatalek tischen trochäischen
vers ist umgekehrt der letzte fusz aus ganz demselben gründe , weil die
letzte Silbe abgesehen von ihrer natürlichen beschaflTenheit durch den vers-
schlusz verlängert wird, nie ein trochäus. in den akatalektisch • iam-
bischen versen wird daher stets der letzte fusz das reine masz zeigen
können, in den akatalektisch - trochäischen und , wie sich von selbst ver-
steht, in sämtlichen katalektischen versen immer nur der vorletzte,
daraus folgt dasz in den akatalektisch -iambischen versen die thesis des
letzten fuszes, in den trochäischen und ebenso z. b. im heroischen
hezameter und im anapästischen tetrameter der vorletzte fusz rein er-
hallen werden musz.
Diese notwendigkeit ist weniger zwingend in dem T^voc Icov , d. h.
in den rhylhmengattungen in welchen arsis und thesis dem zeitmasz
*) ein vertrag gebalten in der Berliner gymnasiallehrergesellschaft,
JfthrbQcher für eUts. philol 1868 hit 7. 32
490 Tb. Kock: metrische kleinigkeiten.
nach gleich sind , also z. b. in den dactylen und anapästen : denn wenn
hier statt der gelösten ihesis eine zusammengezogene, d. h. statt der zwei
kürzen die gleicbwerthige länge eintritt, so ist der vers dadurch weit
weniger wesentlich verändert als wenn in dem T^VOC biTiXäciOV, in den
galtungen mit doppeizeiliger arsis, also z. b. in iambischen und irochäi-
schen versen , die 4ine kurze silbe der thesis mit einer ihr niciit gleich-
werlhigen länge vertauscht wird, daher ist in dem soliden , unzerstör-
baren bau des heroischen hezameters der spondeische schlusz Uomer noch
Jiäufig genug, und in dem anapästischen tetrameter, wo er bei den dori-
schen dichtem vielleicht nicht viel seltner war, hat er sich noch bis auf
Kralinos in vereinzelten beispielen erhalten, wäiirend im iambischen tri-
meter und im trochäischen tetrameter der spondeus Im schlusz unerhört
ist, weil er, wie am besten der choliambos zeigt, den ganzen Charakter
des verses vollständig verändern wQrde.
Nun kommt noch eine zweite divergenz üi betracht. well in dem
T6V0C Tcov die arsis der thesis dem zeitmasze nach gleichwerihig ist,
so kann ohne Verdunkelung des metrums in jedem fusze vor dem letzten
ganzen die zusammenziehung der thesis und danach der spondeus statt
des dactylus oder anapästen eintreten, in dem y^voc blirXäciov geht das
nicht an, weil arsis und thesis ungleichwerthlg sind, wenn also in iam-
bischen und trochäischen versen der Charakter des metrums erkennbar
festgehalten werden sollte, so muste mindestens ein fusz um den andern
rein bleiben, und auch um deswillen verbinden sich hier stets zwei fusze
zu einem metrum, von denen nur einer den irrationalen spondeus auf-
uimt. da nun ferner, wie wir gesehen haben, in den akatalekliscli-iam-
bischeti versen der letzte, in den trochäischen der vorletzte fusz der
maszgebende ist, so muste im iambischen metrum stets der zweite, im
trochäischen der erste fusz der dipodie rein sein, oder, was dasselbe ist,
in den iambischen dipodien konnte nur an der ersten , in den trocbäischen
nur an der zweiten stelle der irrationale spondeus eintreten.
Eine kleine und sehr begrelQicIie modi6cation erleidet dieses geselz
in den iambisch-katalektischen versen. nicht in den trochäisdi*katalek-
tischen: denn da in der trochäischen dipodie der vorletzte, d. h. der erste
fusz der maszgebende ist, so hat eine kurzung des zweiten, nicht masz-
gebenden um seine thesis auf die Zusammensetzung des verses keinen
einflusz. wenn dagegen in iambischen versen durch den abfall der letz-
ten Silbe die vorletzte, die im akataiektisdien vers eine reine kürze war,
die letzte und damit auch bei natürlicher kürze zur länge wird, so musz
nunmehr statt des frühern letzten der vorletzte fusz den reinen iambus
zeigen und demgemäsz , so sollte man schlieszen , in den vorangeheaden
dipodien eine umkehrung der stellen für die reinen iamben und die irra-
tionalen spondeen eintreten, das letztere ist aber nicht geschehen , son-
dern nur das erstere, und mit recht: denn der versus acataleclus ist, wie
er ' h der früliere war, so auch in dem Wechsel der irrationa-
n füszen der bestimmende geblieben, so kam es dasz in
Jambischen versen die letzten beiden ganzen filsze
chlossen.
Th. Kock : metrische kleinigkeiteh. 491
Eine ähnliche erscheiniing zeigt die trochäische iripodle, der ithy-
phaliicus, der den spondeus bekanntlich nnr ganz am ende znlSszt. der
grund liegt auf der hand. wenn in einem irochSischen verse von drei
ffiszen das metrnm als troehSisches erkennbar bleiben sollte, so muste,
da der letzte fusz durch den versschlusz stets zum spondeus wird , der
vorletzte d. h. der zweite, an dessett stelle sonst der spondeus treten
konnte, rein bleiben, da der erste Aach dem entwickelten allgemeinen
gesetz gleichfalls unvertauschbar ist, so hat der ilhyphallicus nur die
letzte Silbe anceps (richtiger stets lang), wie umgekehrt in der seitnern
jambischen tripodie nur die erste kflrze verlängert werden kann.
n.
Während in dem tragischen trimeter der Griechen eine silbe mit
kurzem vocal durch die sog. schwache position verlängert werden kann,
hat der komische trimeter diese ticenz auf)gegeben ; und es ist eines der
erkennungszeichen für die parodie tragischer stellen in der komödie, wenn
sich in einem verse diese Verlängerung durch schwache position findet.
Wie Oberhaupt der menschliche gelst sich bei der erkenntnls des
8ti nicht beruhigen kann, bis auch das btön gefunden ist, so f^llt es
bei dieser erseheinung um so schwerer, wenn man von der allerdings
falschen, aber weit verbreiteten meinung ausgeht, als ob der komische ä
trimeter die strenge gesetzmäszigkeit des tragischen gelockert und an
stelle der anverbrfichlichen regel eine gewisse freiheil und willkOr ein-
gefQhrt habe, freilich besieht diese Willkür in der Wirklichkeit nicht:
der komische vers hat andere, aber ebenso feste geselze wie der tra-
gische, der letzlere hat mancherlei Wandlungen durchgemacht, nament-
lich hat Euripides seinen Charakter durch die immer zahlreichere Zulas-
sung der auflösungen in den späteren tragödien erheblich verändert ; der
trimeter der atiischen komilter ist, so viel wir sehen können, im gan-
zen und groszen derselbe geblieben.
Ha» mnsz die differenz , wenn man sie erklären will , mit einer an-
dern zusammenstellen, die Zulassung des kyklischen anapäslen an stelle
des iambus ist bekanntlich in der iragödie nicht unbedingt gestattet, nnr
in eigennamen, und zwar bei den älteren tragikern auch nur in solchen
die sonst dem melrum widerstreben würden, wie 'AvTiTÖvr] und ähnlichen,
hat der anapäst an allen stelleni mit ausnähme des letzten fuszes zniriit:
es war das eine concession die der iambrsche vers nicht verweigern
konnte, da die eigennamen des mythos durch die epische poesie dem
daclylischen masze entsprechend znm groszen (eil in der form von Cho-
riamben und anderen dem trimeter fremden Alszen ausgeprägt waren, in
anderen Wörtern gestattet der tragische vers den anapäslen nur an d^r
ersten stelle , und auch da nur mit den bekannten einschränkungen. der
komische trimeter dagegen nimt ihn in den' ersten ffinf fQszen nicht nur
ohne jeden passzwang auf, sondern verwendet ihn mit Vorliebe, so dasz,
wenngleich der vers in den wespen (979) KQT&ßa, Kardßa, xardßa,
KOTdßa, xaTaß/jcoiütai noch in der komödie komisch ist, sonst selbst
drei anapäslen in einem verse nicht zu den Seltenheiten gehören.
32*
492 Tb. Rock: metrische kleioigkeiteD.
Wenn oon die komiker bei dieser Dachgibigkeit gegen den kjkli-
scben anapSsUn uod zugleich der nicht ganz so starken neignng zur auf-
Idsung der arsis in zwei kurzen auch noch die schwache position zuge-
lassen bitten, so wäre durch diese übertriebene liberalitit gesetz ofld
Ordnung tn dem Staate der poesie zu bedenklich geßhrdet worden, so
z. b. hatte man den vers der wölken 638 nÖTcpov irept ^drpuiv fj ^u6-
fiUfV fj TT€pl ^iTiüv doppelt lesen können, entweder norepöv itepi
fiCTpuiv fi ^uO^uiv i) n^pi ^iTUiv, wie er wirklich zu lesen ist, oder
TTOTepöv trept ^^rpujv usw. ebenso 642 f)T€t' irörepov TÖrpipc-
Tpov f\ TÖ T€Tpä|i€Tpov entweder f|T€i' TTOTepöv to Tpifieipov tj
TO T^Tpafterpov oder f[T€i' irorepöv to Tpi^^tpov usw. ähnlich 645.
651 o.a. m. bei anderen würde oft wenigstens im anfang der recitierende
Schauspieler zweifelhaft gewesen sein: wie z. b. wespen 1155, ob er
lesen solle KOiaOoü T€ fti^VTOi Koi xpcärpov oder xat Kpeorrpav, bis
er aus dem folgenden Ttf| tI bf\ erkannt hätte, dasz der dichter gemeint
bat KaTaOoü je ^^vroi Kat Kpcorpav. Ti/j ti br\. das einzige miitel
eine solche amphibolie des verses zu vermeiden war mit der frelzugigkeit
des kyklischen anapästen zugleich die ausweisung der schwachen posi-
tion zum gesetz zu erheben, wodurch in der that erreicht worden ist, dasz
ein jeder der komischen trimeter nur auf einerlei ganz bestimmte weise
und keiner willkürlich nach zweierlei verschiedener manier gelesen wer-
den kann, es sei erlaubt hieran die bemerkung zu knüpfen , dasz an der
Unmöglichkeit diese manigfaltigkeit und diese beslimmtheit zugleich nach-
zuahmen die bisherigen versuche einen dem griechischen ähnlichen tri-
meter der komödie im deutschen zu schaffen gescheitert sind, die neue*
ren Übersetzer des Aristophanes schlieszen den kyklischen anapästen nebsi
dem dem genins unserer spräche widerstrebenden tribrachys möglichsi
aus und kleiden die komödie in den tragischen trimeter, was etwa den-
selben eindruck macht, wie wenn man Sir John Falstaff im talar wollte
auftreten lassen; und Droysen, welcher die heitere manigfaltigkeit des
komischen Irimeters beibehielt, konnte seine gesetzmäszigkeit nicbt be-
wahren und hat so verse gebildet , die man oft auf drei und mehr ver-
schiedene arten scandieren kann.
m.
Warum ist der einschnitt KaTOi TpiTOV TpoxotTov im lateinischen
heiameter so viel seltener als im griechischen?
Einer der Vorzüge , welche die griechische spräche vor der lateini-
schen in betreff ihrer brauchbarkeit für die poesie voraus hat, ist die
weit gröszere manigfaltigkeit der betonung , indem die lateinisclie aller-
dings den accent auf der drittletzten mehrsilbiger Wörter auch bei der
länge der letzten silbe zuläszt, dafür aber die betonung der letzten aus*
scblieszt und die ebner langen paenultima zum gesetz macht, so haben die
beiden sprachen, wenn man die beziehungen der quantität zu der betonung
ins äuge faszt, folgende formen gemeinsam: die zweisilbigen barytona
üIIp iinH von den mehrsilbigen , von denen ich , wie sich von selbst er-
ur die drei-, höchstens auch die viersilbigen formen erwähne,
Th. Kock : metrische kleinigkeiten. 493
ctujüiaTOC corporis^ qpiXoOvTOC amantis^ qpiXotJvTUüV amanies. dem
lateinischen allein eigentümlich sind milites^ comites^ ancipites; dagegen
dem griechischen allein angehörig Ttfirj^ TP<^<Pn9 KOivöc, K€VÖc, dXa-
2ij&v, flTCftwv, KTibccTi^c, KUKCiuv, femer formen wie Kövuivoc,
KUiviuTTOc, KQvövoc, Kavövwv, IwTfp&tpoc^ li)j*fp&€pwy ^ f)T£M<ivoc,
f]TCfiövuJV.
Eine notwendige folge dieses Unterschiedes ist, dasz im griechi-
schen hexameter der wortacccnt von dem ictus des verses auch in den
letzten beiden fflszen auf das manigfaltigste abweichen kann, dasz da-
gegen in dem lateinischen verse mit kaum nennenswerthen ausnahmen
beides vom fünften fusze ab zusammenfallen musz. denn da bei trochSi-
schem ausgang eines wort^s im lateinischen der accent auf der vorletzten
silbe stehen musz, so kann in dem letzten fusze des hexametcrs ein
widerstreit nur in den verbal tnismaszig verschwindend seltenen Hillen
eintreten , in denen der vers mit einem einsilbigen worle schlieszt {nas-
ceiur ridiculus mus), im vorletzten fusze aber wird, wenn das letzte
wort des verses ein trochflisches ist, nur dann die Übereinstimmung feh-
len , wenn dem trochSiscben ein iambiscbes worl vorhergeht , und auch
das ist verhallnismiszig selten (Vergilius ac tua nautae ^TihuWus lumeant
freta ventis) ; wird der vers durch ein wort von dem masze eines bac-
chius oder amphibracbys geschlossen, so musz jeder widerstreit zwi-
schen accent und ictus aufhören, abgesehen von dem wiederum höchst
seltenen falle, dasz dem baccheischen worte ein einsilbiges vorausgeht [qui
non stültus. quid avarus^ Horalius). endlich ist noch der ionisclie vers-
schlusz zu nennen {coniferae q/parissi)^ der aber gleichfalls wenigstens
nicht häufig, mit lateinischen Wörtern [femineo ululatu) sogar sehr selten ist.
Nun soll hier nicht der alte streit erneuert werden , ob die alten in
ihren versen neben dem versiclus auch den wortaccent haben hören lassen
oder nicht, nur beiläufig will ich erwähnen, dasz Lucian Müller, welcher
der letztern meinung ist, nach meiner ansieht irrt, wenn er glaubt,
die Sache werde durch ein zeugnis des Quintilian (1, 5, 28) abgemacht,
die stelle lautet: evenii ul meiri quoque condicio mutet accentum^
ut *pecudes pictaeque volucres^: nam vclücres media acuta
legam^ quia^ etsi brems natura^ tarnen positiane longa esi^ ne faciat
iambum , quem non recipit versus herous. Lucian Müller meint (de re
metrica s. 206 f.) , danach sei es klar dasz in den versen der wortaccent
nicht hörbar gewesen sei, da man ja doch gewöhnlich gesprochen habe
vöiucres, aber Quintilian redet überhaupt nicht vom ictus und dessen
zwange, sondern lediglich vom accent, und er sagt dasz, da durch
die schwache position die vorletzte silbe verlängert worden sei, der
accent des wortes (nach dem allgemeinen gesetze der laleinisdien
Sprache und auch ganz abgesehen von dem einflusz des ictus] von der
drittletzten auf die vorletzte übertrete, und also auch dem accente nach zu
lesen sei volikres.
Meine Überzeugung ist im gegensatze zu der Lucian Müllers die,
dasz Griechen wie Römer in ihren versen beides, accent und ictus, neben
einander hören lieszen , und dasz gerade in folge dessen , in folge der aus
494 Th. Kock: melrische kleinigkcitea«
dem widerstreite beider elemenle stets wiedergeborenen erneuenuig der
barmonje ihre verse wek schöneren klang hatten als unsere deutschen,
in welchen mit ganz geringen ausnahmen ein widerstreben nicht möglidi
Ist. doch wie dem auch sei — denn die beantwortung dieser frage Ist
für die vorliegende betrachtung nicht notwendig — die römische kunsl-
poesie*) hat, da am Schlüsse des hexameters nach den gesetxen der
Sprache die Übereinstimmung des wortaccentes und des ictns in der weit
fiberwieg^den mehrzahl der Alle notwendig war, nunmehr in den ersten
zwei drilteilen des verses die disharmonie der beiden elemente zur norm
gemacht und dadurch einen von dem griecliischen verse bedeutend ab-
weichenden, aber gleichfalls sehr schönen neuen hexameter gebildet, In
welchem innerhalb eines kleinen rahmens nach wiederholtem auf- und
abwogen des kampfes am schlusz eine in oftmaliger Wiederholung etwas
monotone, aber dodi sehr liebliche Versöhnung der gegensStze stattfin-
det, es gibt nur sehr wenige verse, in denen wort- und verston so übe^
einstimmen wie Verg. Aen, 4 , 486 spargens umida metta soporiferum-
que papaver oder gar Hör. epUt. 2, 1, 162 el post Punica heUa qtäeius
quaerere coepit.
Gibt man nun dem verse den weiblichen einschnitt KOrä Tphov
Tpoxottov, so wird schon in dem dritten fusze der widerstreit zwischen
accent und ictus gehoben , da ja das trochSisch auslautende wort auch
den accent auf der paenultima haben musz {infandum^ regina). ja noch
weiter. Iflszt man auf den dritten trochSus ein mehr als zweisilbiges
wort folgen, so ist, da auch in den beiden letzten fOszen die Überein-
stimmung herscht, von dem ganzen weitem verlauf des verses der ge-
suchte widerstreit ausgeschlossen, wie die folgenden verse zeigen: prae-
öipiiani suttdenlque atdenUa sidera somnum; incipiuni agüata tumes-
cere et aridus altis; nee gregibus noctumus obambulat: acrior iüum.
zuweilen bilden dann zum ersatz die dichter das ende des verses unregel-
mäszig , wie ipse mit dentesque Sabeüicus exacuit sus und nee salici
lotoque neque Idaeis eyparissis. nur in Einern falle kann die durch die
harmonie des Schlusses aufzulösende disharmonie der ersten vier fösse
nach der cäsur im dritten trochäus noch fortgeführt werden , wenn nach
derselben ein iambisches wort eialrit, durch welches dann zugleich die
hephthemimeres in der vers gebracht wird: infandum^ regina, iubes
renovare dolorem.
Hieraus weit mehr als aus einer besondern verliebe für minnliche
einschnitte ist es zu erklären, dasz 1) die cisur Kora Tpirov Tpox^iov
im römischen hexameter im vergleich mit dem griechischen so selten
ist , und dasz sie 2} überwiegend in Verbindung mit der hephthemimeres
auHrlt.
IV.
Auch in betrelT eines andern gegenständes bin ich mit Lucian Mulier
nicht einverstanden, er nimt wiederholt gelegenheit das verdienst des
rede hier übernll, auch in den folgenden abscliniUen, nur
'sehen dichtkonst der Augusteischen zeit.
Th« Kock: metrische kleinigkeiten. 495
VergiJius in der versbildnerei lierabzusetzen ; er nennt ihn einen bessern
«lichter als versificalor (de re metr. s. 370) und spricht es offen aus, dasz
er die verse d^ Ovidius weit schöner und anmutiger finde, nach mei-
ner Überzeugung liegt dieser auflassung ein irtum zu gründe, ein irlum
wie er in ähnlicher weise nicht selten bei der beurleilung plastischer
kunstwerke sich elnschleichl.
Es ist bekannt dasz die marmorwerke des Hadrianischen Zeitalters
sich durch eine grosze glStte und eleganz auszeichnen , durch eine un-
gewöhnliche Sorgfalt und technische Sicherheit in der behandlung des
einzelnen, welche das äuge, zumal des noch ungeübten, bestechen und
unwillkürlich fesseln, aber wenn man viele kunstschöpfungen dieser
periode kennen lernt und namentlich nach einander betrachtet, so fin-
det man dasz sie alle eine auffallende ähnlichkeit haben , dasz die künst-
lerischen motive sich wiederholen, dasz auch eine bestimmte regel der
technischen behandlung in allen hervortrit, und dasz die erfindungskrafl
auf dem gebiete künstlerischer stolTe und gedanken nicht eben sehr reich
und fruchtbar ist. mit ^nem werte: es ist mehr manier in ihnen als
Stil, vergleicht man sie nunmehr mit den werken einer Altern zeit, die
leider, namentlich die statuen, oft nur in copien von verschiedenem
werlh und verschiedener treue auf uns gekommen sind , so findet man an
diesen weit weniger von jener gefälligen glätte und zierlichkeil, aber
desto mehr Wahrheit, relchtum der erfindungskraft, individuelle gestal-
tung, manigfaltigkeit und Unabhängigkeit der motive, volle Übereinstim-
mung der idee des kunslwerkes mit der darstelhiog und bei aller Sicher-
heit in der handhabung der künstlerischen mittel ebenso volle freiheit der
abweichuug von der regel in den fidlen , wo die idee des werkes sie ver-
langt, über jene herscht ein conventioneller geschmack , in diesen
waltet das durch conventionelle regeln nie zu erschöpfende kunstgefühl.
Ein ganz ähnlicher unterschied ist nachweisbar zwischen Vergilius
und Horalius einerseits und Ovidius und seinen nachalimern anderseits,
ich rede hier nicht von der kunst im groszen; die dlchtergrösze des
Vergilius erkennt auph Lucian Müller mit warmen worten an. aber auch
in den darstellungsmitteln der kunst ist der unterschied sehr bemerkbar,
namentlich auch in der archltektonik der verse.
Glatter, flieszender, eleganter sind unzweifelhaft die verse Ovids,
und auf diese cigenschafl gibt Lucian Müller so viel, dasz er überhaupt
eine starke Vorliebe für die späteren dichter hegt, auch für die späteren
inelischen dichter gegenüber dem Horatius, dem er es z. b. einigermaszen
zu verdenken scheint (s. 301), dasz er in den äolischen metren die eli-
sion in der cäsur zugelassen hat, während sie die späteren grösten teils
vermeiden, aber diese glätte und eleganz ist manier ebenso in der poesie
wie in der plastischen kunst; sie ist die fertigkeit des handwerks im
gegensatz zu der vollen beherschung der manigfaltigen mittel der kunst.
sie hat eintönigkeit und damit langeweile im gefolge , und sie entmannt
die zeugungskraft des dichlers, dem die manier und die einhaltung der
regel zum leichten, mühelosen spiel geworden ist; sie entwöhnt ihn die
darslellungsmitlel stets und überall mit dem darzustellenden in überein-
496 Th. Kock: metrische kleinigkeiten.
Stimmung lu bringen und die enteren lediglich nach der durch die nalor
des letz lern gegebenen notwendigkeit zu bemessen, so kommt es dasx
der dichter zuletzt nur eine und dieselbe darsteilungsfonn fflr alles hat,
und dasz er nicht Im stände ist das hohe und erhabene und jedes unge-
wöhnliche von dem gewöhnlichen auch durch die Suszeren mittel des
Vortrags zu unterscheiden, ich meine hierbei nicht den ausdrucke die
Worte, diese stehen dem Ovidlus auch fflr die erregte leidenschaft und das
pathetische ebenso zu geböte wie etwa dem Euripides, mit dem er in der
art und in der begrenzung seiner begabung manche Shnlichkeit haL aber
die behandlung des verses mit der ganzen bei Lucian Müller so hochge-
stellten regelmSszigkeit, mit der gleichmSszigkeit der cSsnren und sonsti-
gen geslaltungsformen , mit dem flberfeinen gefflhl für alles anstöszige
in elisionen und hiatus, wovon er vielfach nur die Spielarten hat, mit der
Vermeidung alles schroffen und ungewohnten ist jener französischen gar-
tenkunst nicht unähnlich mit der merkwürdigen Vorliebe ffir die reine
mathematische linie , mit den sorgfältig verschnittenen hecken , den ab-
gezirkelten blumenbeelen , den künstlichen kugelkronen der bäume, an
denen sich kein zweig, kein blatt hervorwagen darf über die gebotene
Peripherie, als ob die schöne oatur mit aller ihrer fülle nur für die
schere des menschen geschaffen wSre. man kann solchen zierlichen
künsteleien eine flüchtige bewunderung nicht versagen; aber wenn man
sie lange ansieht, so musz man unwillkürlich gfthnen. all diesem künst-
lichen wesen musz man nicht gerade die verse der Aeneis gegenüber stellen :
die Aeneis ist weder eine originale noch eine vollendete Schöpfung und
darum noch kein vollgiltiges zeugnis für das ideal das dem dichter vor-
schwebte ; Ovid würde in seinen melamorphosen, deren unfertigkeit er so
oft beklagt , wol am wenigsten in dem flusz der verse zu ändern gehabt
haben, aber versen der georgica, wie jenen bekannten
flumina atnem süvasque inglorius. o übt campt
Spercheosque et virgmibus bacchaia Lacaenis
Taygeta , o gut me gelidis convaUibus Baetni
sistat et ingenii ramorutn proiegai utnbra^
solchen versen, wie sie doch in der that in den büchern der georgica nicht
selten zu finden sind, namentlich in den herlichen episoden, z. b. vom
glück der landleute, vom ersten frühling, von der Schönheit Italiens, den
Staaten und kämpfen der bienen , solchen versen , denen auch Lucian Mül>
1er (s. 141) wenigsteüs in betreff der schönen abwechselung von dactylen
und spondeen gerechtigkeit widerfahren läszt, die aber ebenso bewun-
dernswürdig sind in der regelmäszigkeit und unregelmäszigkeit des gan-
zen haus, in der bezeichnenden anwendung des hiatus und ungewöhn-
licher cäsuren und diäresen, in dem schönen widerstreit zwischen ictus
und accent, in der vollkommenen congruenz der form mit dem Inhal l:
solchen versen kann man in der that aus Ovid nichts gegenüberstellen,
der, wenn er einmal aus der glatten trivialität der sogenannt geistreichen
conversationsschwatzhafiigkeit hinausgeht, nur Spielereien hervorbrmgt,
etwa nach dem modell quamvis sint sub agua^ sub aqua male dicere
Th. Kock: metrische kleinigkeiten. 497
V.
Der umfang eines kunstwerkes musz in einem bestimmten veriiäll-
nis stehen zu der behandlung seiner einzelnen teile, wenn wir ein bild
auf einer groszen lein wand sllhen und darauf eine menge sehr sorgßltig
ausgeführter gegenstände in winzigen dimensionen, wie sie einem
kleinen bilde Tortrefflich stehen , so wflrde sich ein jeder Aber den
Unverstand eines kQnstlers wundern , der nicht begriff dasz schon
der grosze rahmen ein anderes bild verlangt als der kleine, und fer-
ner: je kleiner ein knnstwerk ist, desto sorgflltiger und zierlicher
musz es in seinen einzelnen teilen ausgeführt sein, und umgekehrt,
der grund liegt nicht allein in der leichtem Übersichtlichkeit auf klei-
nem räume, welche jede abweichung von der norm, jede Unebenheit
bemerkbarer macht; auch sonst musz bei stärkerer dilTerenz der grösze
die künstlerische behandlung sich anders gestalten, der köpf der
Juno Ludovisi konnte^ ganz abgesehen von der Verschiedenheit des ob-
jcctes , nicht in der art der Mediceischen Venus ausgeführt werden ; die
zierliche Ordnung der haare, die weiche formung und glflttung der kör-
perteile, die an einer Statuette gefflllt, würde an dem Farnesischen He-
rakles auffallen; und wenn man die vielverschlungenen arabesken, die
an den pompejanischen Wandgemälden so reizend erscheinen, mit all
ihrer anmut im kleinen auf die architektonischen Ornamente der tempel
von Paestum übertragen wollte, so würden sie den eindruck des klein-
lichen machen , auch wenn man die roasze nach Verhältnis vergröszerte.
die grösze verlangt eben nicht blosz einen andern modulus, sondern auch
einen andern slil , wenn sie ihres eindrucks nicht verfeiüen soll.
Ebenso ist es in der metrik. mit recht haben die römischen elc-
giker , hat namentlich der in der kunst sehr fein fühlende Tibull einen
beträchtlichen teil der freiheilen, welche in dem groszen stil heroischer
gedichte deu vers emporheben, in dem engern rahmen der elegie aufge-
geben ; während der vers des epos und der vers des dialogs der tragödie
eine grosze manigfaltigkeit der bildung erfordern, ist in dem Sapphischen
und Alcäischen hendecasyllabus , zumal bei den Römern , fast jede silbe
durch ein unverbrüchliches gesetz geregelt; und derselbe hexameter, den
Horaz m den satiren scheinbar wild wuchern und ranken läszt, gleiciit
in den öden dem am spalier gezogenen epheu, die üppigen triebe sorg-
sam an das gitter gebunden.
Kleinere metrische massen verlangen mehr regelmäszigkeit , mehr
ruodung, mehr feile; hiatus und elision, die in den längeren versen
grösserer gedichte selbst ein schmuck werden können , werden in einem
kleinern ganzen, ebenso oft verwendet, den eindruck der rauhheit und
eines mangels an Vollendung machen , der der Wirkung sehr nachteilig
wäre, so sehen wir Horaz , was er in den gröszeren gedickten , die frei-
lich auch der *Musa pedeslris' angehören, mit vieler nachgibigkcit zu-
läszt, in den meliscben maszen mit einer Sorgfalt meiden, die an Pein-
lichkeit grenzt.
Es mag für jetzt nur ein ganz kleines beispiel folgen. Horaz hat
die Archilochische Strophe, in welcher der hexameter mit dem kleinern
498 Th. Kode: metrische kleinigkeiteiu
Archilochius abwechselt [arhoribusque comae)^ uur Einmal angewendet,
und es ist deswegen, beilSufig bemerlil, weil zu einer nur irgend ge-
nügenden inducUon der Stoff nicht ausreicht, sehr kühn, wenn C. W. Nauck
behauptet dasz diese Strophe ^elegisch' sei ^niit überwiegender wehmul,
indem die fallenden rhythmen auch des kürsem verses die Snszerste
hoffnungslosigkeit und resignation zu versinnlichen' scheinen.' die l)e-
hauptung würde wol fester stehen, dasz in dem verse der ipondeus für den
dactylus unzulässig ist, weil nemlich hier zur InducUon noch ein grund
kommt: lloraz bildet alle kleineren Terse weit fester und constanter.
ich machte zufällig noch eine andere bemerkung: sämtliche vierzehn Ar-
chilochiker des kleinen gedichtes sind ohne ellsion. da alle vienelm
hexameter desselben die nemliche eigentümlichkiit zeigen (bis auf die
ganz unerhebliche ausnähme infernis neque tfntm), so würde es mir selir
zweifelhaft sein, ob die thatsache zufiUlig ist oder auf absieht berulil,
wenn nicht das letztere durch zwei andere beobachtungen fast zur ge-
wisheit erhoben würde.
Es gibt bei Horaz noch zwei ebenso kleine verse wie den Archilo-
chius minor, gleichfalls von sieben silben : den Aristophaneus, der nur in
einem gedichte (1,8) in acht, und den Pherecrateus, der in sieben gedieh-
ten in 35 exemplaren vorkommt [grato^ Pyrrha^ sub antra); auch diese
beiden hat der dichter ohne jede, auch die leichteste elision gebildet.
Wer noch nicht überzeugt ist, gegen den musz ich meine uUima
ratio, einen zweihundertundfünfpfünder, ins gefecht bringen, der fünf-
silbige versus Adonius {terruit urhem) begegnet dem metrischen botani-
ker bei Horaz in 205 wol erhaltenen exemplaren, und in keinem einzigen
ßndet sich eine elision, mit ausnähme der stelle 2, 16, 8, wo die vui-
gata lautet neque purpura venale neque auro^ Bentley aber auf grund
einer von ihm zu 3, 11, 43 entwickelten beobachtung und In Überein-
stimmung mit einigen handschriften nee auro liest, überdies ist die eli-
sion so unerheblich, dasz sie als ausnähme gar nicht gerechnet wer-
den kann.
VI.
^ Grosz ist gott im gröszesten und kleinsten ' singen die cicaden in
Herders lieblichem gedieht von dem heiligen Franciscus von Asisi; uod
wer möchte dem nicht beistimmen , wenn er von den enldecknngen im
wassertropfen, in der weit des mikroskopes hört? so ist auch die
wahre kunst des menschen — denn sie ist etwas gottgegebenes — be-
wundernswerlh im kleinsten wie im groszen; und wol ist es eine edle
aufgäbe , auch den kleinsten eigentümlichkeiten ihres wesens mit mikro-
skopisch geschärftem blicke nachzuforsdien.
Auch in der metrik sind diese mikroskopischen Untersuchungen (ich
erinnere nur an die von Immanuel Bekker über die formen des Homeri-
schen hexameters) lohnend und notwendig; und wenn es Bentley nicht
verschmähte die berechtigung des Vorkommens von neque — neque, nee—
nee einerseits, von neque — nee und nee -* neque anderseits eingehend xu
*sl es sicherlich keine überflüssige arbeit, die eliea begonoeo
Th. Kock: oielrische kleinigkeilen. 499
hat, aber noch lange nicht abgeschlossen ist, die statislik der verschie-
denen an sich möglichen formen eines und desselben verses auftuklären
und festzustellen.
Von den kleineren fersen der melischen Systeme hei Horaz, so weit
sie nicht ehi« beRtimmte cäsur haben, scheint man die meinung zu hegen,
dasz es bei ihnen gkichglltig sei, auf welche weise sie sich aus den einzel-
nen Worten zusammensetzen, d. h. wo in die metrische reihe ein wort-
ende einschneidet, jede mögliche form scheint man auch für zulässig zu
halten: wenigstens erinnere ich mich nicht irgend etwas erhebliches über
diesen gegenständ gelesen zu haben, dasz diese meinung , wenn sie be-
steht, irrig ist, mögen einige kleine beispiele beweisen.
Ich wühle den Alcaicus enneasyllabus und decasyllabus, die schlusz-
verse der Alcäischen Strophe, angenommen ein dichter hätte in einem
frählingsgedicht folgende zwei verse gebildet: nam vere floreni cuncta^
iurgeni vere liguaia fluenta rivi y so würde trotz der metrischen
rictitigkeit der erstere dieser beiden verse mindestens ein höchst sel-
tenes und zweifelhaftes ezemplar (Uoraz hat drei sehr ähnliche, kei-
nen ganz gleichen), der zweite vollständig unerhört und die verbin-
düng zweier verse dieser art auch unter der Voraussetzung der zu-
lässigkeit des zweiten unmöglich sein, vielleicht erinnert der zweite
an einen (auch von Lucian MüUer s. 218 misßllig erwähnten) Horazl-
schen hexameler {epist 1,9, 4) dignum mente domogue Ugentis ho-
nesla Neronis, oder an jenen von fast gleichem falle {epist 2, 2, 1)
Flore y bono claroque fideJis amice Neronu jener erstere ist meines
Wissens der einzige seiner art in der gesamten poesle des Augusteischen
Zeitalters, vielleicht der lateinischen poesie aller Zeitalter, und ich habe
mich stets gewundert Ihn in einem der kürzesten zugleich und der fein-
sten und gefeiltesten Horaziachen briefe. In demjenigen zu finden, den er an
den Stiefsohn des kaisers Augustus, den spätem kaiser Tiberius gericiilet
hat. das unzweifelhaft unschöne des verses liegt in der häufung der
amphibrachischen wortformen, die uns Deutschen ziemlidi geläufig sind
aus Bürgers ^kaiser und abt' : ^ich will euch erzählen ein märchen gar
schnurrig; es war mal ein kaiser, der kaiser war kurrig; es war auch
ein abt' (hier erholt man sich einmal), *eln gar stattlicher herr; nur
schade, sein schäfer war klüger als er.' dieselbe unschöne Wiederholung
amphibrachischer wortformen entstellt auch den oben erwähnten deca-
syllabus (per^ liquaia fluenta rivt); da aber die Wiederholung nicht
eben übermäszig ist, so verdienen nicht hauptsächlich ttm ihretwillen die
beiden verse tadel. das fehlerhafte wird vielleicht durch seinen gegen-
satz deutlicher werden, gesetzt ein dichter wollte die anstrengungen
der Schiffer ihr boot unter segel zu bringen durch den enneasyllabus
schildern: nauiae voiant^ ardent^ labcrani^ so wäre dies ein vers, wie
er sich unter den 317 neunsilbigen Alkaikern bei Horaz auch nicht in
einziges mal findet, nicht einmal einen solchen wie ingenlium foniem
laborum oder et vuliurum rüu iremeniig hat Horaz je gebildet ; der ähn-
lichste, aber doch noch himmelweit von diesen verschiedene ist sars exi-
iura et nos in aetemum ewiium usw., und selbst dieser hat, ganz ab-
500 Th. Kock: metrische kleinfgkeilen.
gesehen von der hypermetrie) sonst schon nicht mehr seines gleichen.
wie nemlich alle die zuletzt genannten verse an dem Abennasz der
männlichen einschnitte leiden, so war an den zuerst vorgefQlirten die
überfülle der, weiblichen wortenden tadelnswerth , die übrigens Horaz in
dem zehnsilbigen Alcaicus noch mehr als in dem neunsilblgen vermieden
hat. solche wie etwa membra quiete refecta pandit hat Horaz gar nichts
und aus diesem gründe ist mir auch Meinekes Vermutung (1, 37,24)
solUciiare paravii ortis für classe cita reparavit oras mehr als zweifel-
haft: denn auch för diesen schon um eine weibliche cflsur Srmem vers
hat Horaz nur iin und zwar ein auch nicht ganz conformes beispiei: m
dchorea Uvesque malvae,
Manigfaltigkeit in der einheit, beruhend auf der harmonie der ge-
gensitze, ist das oberste g^elz der form in den kleinsten und unschein-
barsten wie in den groszen kunstscböpfungen. darum hat der iambische
trimeter bei seinem mfinnlichen schlusz lauter weibliche , der hexamelcr,
der weiblich endet, gröstenteils männliche haupteinschnitte, so dasz sie
beide in zwei grosze hälften mit entgegengesetztem anfang und schlusz
zerfallen ; darum liebt der hexameter in seinem ersten teile choriambisch-
anapftstischen , im zweiten dactylisch - trochSIschen rhythmus, und ans
demselben gründe herscht im Sapphischen verse die männliche, un elf-
silbigen Alcäischen die weibliche cäsur vor. der lieliliche Wechsel der
männlichen und weiblichen einschnitte macht den vers schön , durch das
einseitige aberwuchern der einen wird er unschön, am unerträglichsten
aber ist die hälftenteilung mit ganz gleichem schlusz. wenn man z. b. bei
Vergilius {Äen. 9 , 160) in dem verse cura daiur Messapo et moenia
cingere flammis die partikel et ausliesze, so zerfiele der vers mit Ver-
lust seiner einheit in zwei gleiche teile cura datur Messapo und moenia
cingere flammis; und wer in dem iambischen trimeter stets die diärc-
sis nach dem dritten iambus anwendet (die griechischen tragiker haben
ihn ganz vereinzelt so, zu ganz bestimmten zwecken), der macht aus
dem schönen vers der iragödie den unerträglichen, steifleinenen Ale-
xandriner.
Doch bleiben wir bei den Alcäischen vcrsen stehen, fflr den ennea-
syllabus, der im steigenden rhythmus beginnt und im fallenden schlieszi,
kann man in anwendung des eben erwähnten gesetzes a priori sagen,
dasz die schönste form für ihn, einen neunsilblgen vers, die Verbindung
von drei dreisilbigen fflszen (amphibrachys oder palimbacchius , molossus
und bacchius) sein musz {deprome quadrimum Sabina); und in der Ihat
hat Horaz nach dieser norm , die sich ebenso wol durch die schöne ab-
wechsetung von weiblichen und männlichen einschnitten — man beachte
auch dasz der vorangehende elfsilbige Alcaicus stets männlich scblieszt
— wie durch ihre edle Symmetrie auszeichnet, wenn man die durch
loslösung von präpositionen und conjunctionen entstehenden Spielarten
mitrechnet (ceu flamma per taedas vel eurus)^ unter 317 versen 148,
also fast die hälfte gebildet, und vielleicht hStte er sie noch öfter an-
'"t, wenn nicht auch das schönste, allzu oft wiederholt, ermüdete.
d in dem zehnsilbigen Akaicus die beiden formen die schönsten,
Th. Kock: metrische kleinigkeiten. 501
deren eine mit dem Choriambus beginnend zum anapästen oder dritten päon
übergeht [Sardiniae segetes feraces^ so 39 verse, conposiia repeian-
iur hora^ 73 verse), während die andere auf einen dactylus den Cho-
riambus folgen läszt (flumina constiterint acuta y 34 verse). doch ist in
dem decasyUabus eine grössere manigraltigkeit schon durch die Verschmel-
zung zweier verschiedener rliythmen, des dactylischen und des trochii-
sehen, bedingt, nur beiläufig sei noch bemerkt, dasz die form, die den
vers in seine einzelnen bestandteile auflösen und dadurch seine einheit
zerstören würde, also eine form wie occidit Hasdruhal inier hostes^
gar nicht und selbst die daraus durch die Zusammenfassung der beiden
trochäen in einen ditrochäus entstandene erträglichere nur Einmal und
zwar unter mildernden umständen , nemlich mit elision vorkommt {nofm-
nis Hasdruhale interempio), d i e Spielart, welche den zehnsilbigen vers
in fünf zweisilbige worte zerlegt {dura fugae maJa^ dura belli) ^ findet
sich neunmal.
vn.
Die griechische poesie ist ein naturwüchsiges product ihres bodens,
die römische eine acclimatisierte pflanze , und zwar, wie viele anzeichen
beweisen, eine mit groszer mühe und arbeit gezogene, die dichtkunst
ist von den Römern angelernt, und das mittel, woran sie dieselbe gelernt
haben, war der hexameter, von welchem die andern in Latiura eingeführ-
ten versarten noch in ganz anderem sinne abhängig sind als bei den Grie-
chen, denn bei diesen scheint die lyrische dichtung von der epischen
ziemlich unabhängig gewesen zu sein; und wenn das drama sich melir
an das epos anlehnt und Aeschylos seine dichtungen dankbar und beschei-
den nur brocken (TCfidxil , Athenäos 8 , 347 *) nennt von des Mäoniden
reich besetzter tafel , so war sein lebrmeisler Homer der dichter und nicht
der vers. von dem hexameter sind die formen der verse in drama und
lyrik gleich unabhängig.
Nicht so bei den Römern, da diese an dem hexameter nicht blosz ihren
poetischen geschmack bilden , sondern auch Ihre silben scharf ausmessen
und ihr ohr an den rhythmus gewöhnen lernten , so sind seine normen
und formen ihrem gefühl so tief eingeprägt worden , dasz sie dieselben
unwillkürlich auch auf die behandlung anderer verse von sehr verschie-
dener art übertrugen.
Dazu kommt noch eine andere eigentümlichkeil der römischen dicht-
kunst , die auch als eine folge des lernens anzusehen ist : die beschrän-
kung der formen und die befestigung des technischen gebrauches durch
beseitigung der licenzen. ich meine hier nicht die beschränkung der
Strophenformen , von welchen die lateinischen dichter nur sehr wenige,
und zwar die kürzeren, aus dem griechischen herübemahmen — die noch
weniger zahlreichen neu gebildeten sind poetiscli nicht sehr werthvoll —
sondern ich meine die beschränkung der formen in den herübergenommenen
Versen selbst, also die spoudeische feststellung der basen in den Ascle-
piadeischen , Glyconeischen und Pherecrateischen versen, die Verlängerung
der miltelzeitigen silben in dem Sapphischen und Alcäischen verse, die
einföhrung regelmäsziger cäsuren da wo sie bei den griechischen dichtem
502 Th. Kockr metrische kleioigkeiten.
fehlen, und andere gleichfalls allgemein bekannte änderongen. wie sehr
die manigfaUigkeil in der versbildung dadurch abgenommen hat, erhellt
uttler auderm aus der thaisaclie, dasz allein in den heute erhaltenen, doch
nicht eben sehr zahlreichen fragmenten der üolischen lyriker, wenn ich
recht gezfthU habe, gegen 20 formen des Sapphischen hendecasyilabas sieb
erhalten haben , zu denen in den 615 Sapphischen versen des Horaz auch
nicht ein einziges beispiel sich findet.
Beides, ^e »eigung zur beschrftnkung der formen und der einßnsz
des hexameters, bat auf die gestaltung etUcher der kleineren verse merli-
wördig eingewirkt, wovon einige beispiele folgen mdgen.
Der Adonius ist bekanntlich identisch mit dem schlugt des hexame-
lers von d<v bukolischen dil^esis ab. gerade dieser teil ist, wie wir oben
gesehen haben, luei den Römern anders gebildet als bei den Griechen;
und so auch der Adonius. bei Hora« finden sich unter 205 Adonischen
versen nur 18, welche von den drei allergo wohnlichsten ausgangsformen
des hexameters [terruit urhetn^ rara iuvenius^ voUus in hosiem) abwei-
chen, von der Sappho sind uns 22 sichere Adonische verse erhalten,
und von diesen 22 haben nur 10 , also weniger als die h&lfte , diese bei
Horaz flbiichsten drei formen.
Die drei angegebenen arten der schluszbildung {terrtrit urbem^ rara
hiveniuSy voUhs in boetem) sind m dem lateinischen hexameter deswegen
die gewöhnlichsten, weil in ihm die flbereinstimmung von accent und
ictus in den beiden letzten filszen vorherseht, aus diesem gründe hat
Horaz auch da, wo er den Sapphicus mit dem Adonius durch hinflber-
g reifen eines wortes aus dem erstem in den letztern enger verbindet,
stets daMr gesorgt, dasz diese Übereinstimmung (des accentes und ictos)
erhallen blieb, d. h. er hat stets mehr als eine silbe in den Adonius
hinfibergezogen. so 1, 2, 20 love non probante uxmius amnis\
1, 25, 12 Thrctcio hacchanie magis sub interlunim venia \ 2, 16,8
non gemmis neque purpura venaie nee auro^ wozu noch 3, 27,
59 koffiOMn wQrde, wenn dort eUdere eottum statt laedere zu lesen ist.
ganz im gegenteil bat Sappho , die in 22 Adonien diese engere Verbin-
dung fünfmal anwendet, stets nur ^ine sillie des letzten wortes von
dem Sapphischen verse abgezweigt (cpuivcicac läirOKOUCi) , was Im latei-
nischen einen mit dem gewöhnlichen schlusz des hexameters nicht ^be^
einstimmenden Adonius ergeben würde.
Neben den genannten drei häufigsten ausgingen des hexameters gibt
es noch einen verkaitnismÜBzig nicht gerade seltenen, nemlieh den in
welchem die arais des (ttnften fuszes aus einem einsilbigen , die ibesis
desselben a«8 einem zweisilbigen werte besteht, im ersten bvche der
georgica (514 verse} ist dieser ausgang fünfmal angewendet (29 üc tua
nautae; 63. 150. 356 aui freta ponti; 380). solcher Adonii {te duee
Caesar^ cum lare fundus) bat Horaz 12, darunter zwei im carmen sae-
culare: 32 et lovis aurae^ 48 et decus omne^ Sappho aiszer eiaem
unsichern (Sc 6 Act' C|üI)üI€c) nur dann, wenn der Adonius mit deto
verbunden ist: alG^poc b\a fi^ccui, Aubtov xdXov fpTOV,
Henen , im ersten buch der georgica (80) nur Einmal entbal-
Th. Kock: metrische kieinigkeiten. 503
tenen hexameterschlusz entsprechen würde: pingui pudeai sola neve,
dagegen die von Sappho unter 22 sechsmal gebrauchte form, auf ein
einsilbiges (langes) wort ein viersilbiges (ionicus a minore) folgen 2u
lassen (Vdnq)" dbiid^ci, od biäficiirrov) hat Horaz unter 205 Adonien
nur ein einziges mal, in dem carmen saeculare, das mit den gedieh«
ten des vierten buches auch sonst im versbau von denen der drei ersten
erbeblich abweicht, und zwar iq einem worte, das an der stelle fast
nomen proprium Ist, seu geniialis, einmal besteht bei Sappho der ganze
Adonius aus einem worte (olvoxocOca) ; ein solcher schlusz ist auch im
lateinischen hexameter namentlich in namen nicht ganz unerhört, und so
hat auch Horaz vier solche Adonier, dreimal in namen Bellerophontem
(4, 11, 28) und mit que Fabriciumque (1, 12, 40), Mercuriusque
(1 , 30, 8) ; einmal milüiaeque (2,6,8). ganz vereinsamt endlich steht
disr keinesweges schöne vers (4, 11, 4) est ederae vis^ höchstens mit
imhriferum ver {georg. 1, 313) zu vergleichen.
vm.
Der Pherecrateus hat zwar seinen Standort nur in choriambischen
Systemen , wird aber von Horaz , bei dem die basis stets spondeisch ist,
{^anz wie die zweite hälfle eines hexameters behandelt {grato Pyrrha sub
antra = lamentabüe regnum^ duri tniiea Ulixi^ tarn nox umida caelo).
die 35 Pherecrateen , die bei ihm vorkommen , variieren in zehn verschie-
denen formen; darunter ist nicht eine, die nicht unverändert und voll-
kommen passend In jeden wolgebildelen hexameter eingeschoben wer-
den könnte, dies gilt nicht blosz von Persas atque Britannos^ nigris
aequora vewUSj vix durare carinae^ cras donaberis haedo^ Buspen-
disse poientiy sondern auch von casio Bellerophonii ^ von fidit^ tu wsi
ventis^ über welchen versschlusz schon gesprochen wurde, und von »t-
gris aut Erymanthi^ obwol ein einsilbiges wort vor dem ionicus im
schlusz des hexameters, wie in an Meliboei^ o Bymenaee^ selten ist
(in den vier buchern der georgica meines Wissens gar nicht), auch nee
quisquam citus aeque (nur einmal) wird durch non puppis tua^ Tar-
chon {Aen, 10, 302) und endlich partum: nanne vides ut (auch nur
(Einmal) durch furar additus, inde lupi ceu (Aen, 2, 355) gerecht-
fertigt (vgl. L. Maller de re metr. s. 220 AT. Fröhde im philol. XI s.
539 ff. Grain ebd. X s. 256 IT.). aber noch zwingender fast als dieser
positive beweis ist der negative, ich habe von griechischen Pherecrateen
28 gesammelt (Horaz hat nur sieben mehr) , aus Anakreon, den komikern
Krates, Pherekrates, Eupolis und endlich aus Kallimachos. darunter sind,
ganz abgeselien von den differenzen der basis, sechs formen, ]die bei
Horaz nicht vorkommen, zum teil vielleicht zuHlllig, die häufigste aber
sicherlich, weil sie dem hexametrischen bau widersprach, der molos-
sus nemlich mit dem ionicus a minore verbunden (iroi^aiveiciroXifjtac,
€äxtuXf)cäiTaKOU€lV, X^^MulivCC KttTOTOUCtv) findet sich hei Anakreon
in 14 Versen siebenmal , in den 14 nicht Anakreon tischen noch viermal,
hei Horaz dogegen aucli niclit ein einziges mal, der ionicus nemlioh am
versschlusse ist im hoxaroeter in griechischen Wörtern nicht sehr selten,
504 Th. Rock : metrische klefnigkeiteo.
sowol mit Forausgeheodem Choriambus [navifragum Soflaeeum^ amife-
rae cyparitH^ ferrugmeos hyacmthos) wie mit vorausgehendem molos-
sus {georg. 4, 137 iondebai kyacinihi^ bei Catull despexü kymenaeot^
opiatos hymenaeoij cusiodibant calaMsci), in lateinischen Wörtern bt
er bei weitem ungewöhnlicher {femineo ululatu^ semiviro camitatu^
multo gemiiu lacHmisque Verg., forUsque habeatur Hör.}; und in Ver-
bindung mit einem vorangehenden molossus weiss ich aus dichtem der
Augusteischen zeit kein beispiel. demnach dörfien lateinische Pherecra-
teen nach dem schema noctumis ululaia oder myrtetii suh opads^ auch
et quercu sub opaca dem geiste römischer poesie schwerlich entsprechen.
IX.
Eine einwirkung des hexameters hat endlich ohne iweifei auch statt-
gefunden im Sapphischen hendecasyllabus. es ist schon erwjibnt worden,
dasz gegen 20 in den äolischen versen dieser art noch heute nachweis-
bare formen für Horaz verschollen sind; 11 von diesen entbehren der bei
ihm fiblichen cSsuren. die consequente anwendung dieser c&saren unter-
scheidet haupisftchlich den Horazischen vers von dem der griechischen
meiik , und sie alle sind dem lateinischen hexameter entlehnt, unter 615
Sapphischen versen haben bei Horaz 567 die m&nnllche trevOrviifiCpflCi
die bekanntlich auch im hexameter die weit überwiegende ist {dexlera
sacras iaeuiatus arces^ neu sinas Medos equitare inulios, ire deiec-
ium monumenta regis)^ die übrigen 48 haben sämtlich die weibiicbe
xard Tpirov Tpoxoctov, kein einziger entbehrt beider, die reizeodeD
formen der Sappho also juoXivuiv* aiGuccOfi^vuiv hk q)uXXuiv, näcov
fiTp€i, x^^poT^P<i ^ TTo(ac , Kopbiov iy crddcciv ^irröacev , iroiKi-
XöÖpov' dOdvar' 'AqppobiTa, irai Aiöc, boXoTrXöxe, Xicco^aice,
ficibidcaic' ddavdTtp irpocumui sind dem absoluten despotismus der
hexametrischen analogie zum opfer gefallen, aber noch beachtenswer-
ther ist folgendes, in den vier bflcbem der georgica d. h. in 2188 beia*
metern findet sich die weibliche cäsur allein in lateinischen einfachen
Wörtern nur dreimal (incipiunt agitata iumescere. 1 , 357. 2 , 400.
3, 538); in Wörtern an die que gehftngt ist fünfmal {induiae caeduni-
que securibus umida vina 3, 364. 3, 255. 447. 4, 175. 496), in grie-
chischen namensverzeichnissen fünfmal (4, 336. 8. 9. 343. 463), mit
folgendem einsilbigem wort {feriur equis auriga neque audit currus
häbenas) dreimal (1 , 514. 2, 123; zugleich mit que 2, 84); an vier
stellen (2, 244. 3, 4. 240. 4, 369) könnte es zweifelhaft sein, ob nichi
auch die hephthemimeres anzunehmen ist. in 2188 hexametern also fin-
det sich der weibliche einschnitt für sich allein höchstens zwanzigmal.
dem entsprechend ist er auch im Sapphischen verse sehr selten (12 mal)
der allein herschende [concinei maiore poeta pleciro^ haec lovem sen-
tire deosque cunclos^ faia donavere bonique divi^ laurea donandus
ApoUinari usw.), wobei gewis auffallend ist dasz diese formen allein
dem vierten buch der öden und dem carmen saeculare angehören , als ob
^af Ainhta,- sich spater bemüht hatte sich aus der Sklaverei des bexa-
Veien und zu der leichten anmut der Griechen zurflckzu-
Tb. Kock : metrische kleinlgkeiten. 505
kehren, in der groszen mehrzahl der n&Ue ist die cSsur Kara rpiTOV
TpoxaTov verbunden mit der ip\Qr\ii\iX€pf\c und der ^qp6ii|üii|üi€pr)C , ganz
nach der analogie des so oft wiederkehrenden Schemas infandum re-
gina \ iubes \ renovare dolorem^ oder wenigstens mit der IqpBrijiifiepfjc
allein, wie in 4>mma fanda nefanda \ malo \ permixia furore. so
kommt die der ersten entsprechende form Mercuri^ facunde nepoi AU
laniis mit ihren Spielarten 23 mal , die der zweiten entsprechende fervet
inmensusque ruit profunda 12 mal, die semper ut ie digna sequare
ei nitro Einmal vor. auf diese weise ist die ganze gestaltung des Sapphi-
schen hendecasyllabus bei Horaz, da sie volislftndig durch die cSsuren
bedingt ist, abhängig geworden von dem heroischen verse.
Lange nachdem der vorstehende aufsatz geschrieben war, erhielt
ich durcli die gute des herausgebers dieser biätter die abhandlung von
W. Christ 'die verskunst des Horaz im lichte der allen Überlieferung'
(aus den Sitzungsberichten der k. bairischen akademie der wiss. 1868).
obwol der hauplsache nacli auf durchaus verschiedene gegenstände ge-
richtet haben die beiden aufsStze doch einige sehr wesentliche bertih-
rungspuncte, und es freut mich dasz was ich (in VIL Vlll. IX, vgl. vor-
zuglich VIII) Über die abhangigkeit der melischeu verse des Horaz von
dem römischen hexameter gesagt habe , eine sehr wesentliche stütze er-
hält durch eine bemerkung Christs (s. 18 f. seiner schrift), die ich als eine
mit meinen ermittelungen im innigsten zusammenhange stehende ergän-
zung für die leser meines aufsatzes hier (gewis ohne die misbilligung
des hm. vf. furchten zu müssen) auszuschreiben mir erlaube: 'die eigen-
tümlichkeit des wiederkehrenden spondeus im anfang' des Asdepiadeus
minor 'hängt mit der cäsur mnig zusammen'; denn mit der Zerlegung
des verses in zwei hälften 'bezweckten zugleich die melriker eine zurück-
führung der einzelnen teile des verses auf die gewöhnlichen gleichartigen
metra; und so fanden sie auch in dem ersten komma unseres verses den
ersten abschnitt des dactylischen hexameters, die TOfAf|
7T€v6imi|üi£prjc; damit war der iambus und trochäus aus dem ersten
fusze' (d. h. der basis) 'ausgeschlossen, und eben deshalb hat auch Horaz
vor dem ersten Choriambus nur einen spondeus gesetzt somit haben wir
denn auch zugleich den schlüssel gefunden zur erklärung der eigentüm-
lichen erscheinung, dasz der Glyconeus und der Pherecraleus bei Horaz
immer die form wv._>^v/ und ^ ^ hat; und ver-
stehen nun , wie Plotius III 62 und VIII 2 zwischen dem lateinischen und
griechischen bau des Glyconeus unterscheiden und in jenem dactylischen,
in diesem anlispastischen rhythmus erkennen konnte.'
Bbrlin. Theodor Kook.
JahrbQeher f&r dasf. philol. 18C8 hfl. 7.
33
506 Q. fNlatter: lo Horatios.
(ßO.)
zu HOBATTUS.
*«v -
Dm der dichter $mL 11 3, 1 nicht geschrieben haba ktte t: "
icribis^ ut ioio non qumter «fiiio, scheint answeirelhafl, da die ^'-
vorlIngeniDgen in der arsis bei ilun ganz anderer art sind, lie dr -
prSsens der sog. dritten conjugation bei ihm gelängt erscfaciiL r.-
neben scribis Oberlieferte icHbes ladet dem dichter ungebährtid::'^
und auch Neinelies von Ritter aufgenommenes tu ut ist ein sefaleci -
helf, mag man tu zu icHbis oder tum folgenden ziehen. Hor.sdim
zweifei sie raro scribis^ tato non ut guater anno mit der ^e:
nachsctzung des u/, wodurch hier toto eine i>esonders nacbdrl.
Stellung erhält, die Ungung des ^at -e/ -it ist freilich eine liberk' l:
freiheit der dichter, aber Hör. wird sich derselben doch nur di U
Jiaben, wo sie unvermeidlich war, und am wenigsten in den mein«
reinen dritten buche der öden, wie bitte er, dem die iSnge der fi
Silbe in den beiden ersten versen der Alcäischen Strophe so fest >:: ^
sich zu dem verse verstehen können (III 5, 17): si non petirtt i»--
rabilis ? man hat perires und perirent versucht , wovon das letzter?
Vorzug verdient, aber auch dieses bleibt immer etwas gezwungen. S->^
bäum versucht iam rmserabüiSj aber miterabHis scheint dem ganzeei^
zuwider. Hör. schrieb iam immiserabilis. fiber den gebrauch von y- "
vgl. Hand Turs. IH s. 141. durch die einschiebung eines iam ki>:
man auch dem verse: sifigit adamantinos III 24, 5 aufhelfen, wo^cr^
die gleiche iflngung an derselben stelle des gröszern verses im er>>
buche in perrupit Acheronia Hercüleus labor (carm, 13, 36} d:
durch ein ungeschicktes perrupiique zu entfernen Ist. aber in dem ^^'
carm. III 16, 26 schreibe ich unbedenklich: quam si quidquid arat ff*'
;>f^f*r AppuIuSy obgleich diese lesart auf einer weit schwachem ül«
lit^forung beruht als rmpiger: denn nicht der Überlieferung, sondern «i^
notwendigkeil wegen schreibe ich non piger statt impiger, ähnlich sie! :
HÖH piger I 15, 26, und zur Vermeidung des hiatus epod. 12, 25 o «v
Htm /W#.r, wo freilich auch sdion früh infelix eintrat dagegen ffi«*
Ich II 13» 16 ca&ca timet aiiunde fata gegen das von Lachmann vorgt
»chlagt*n« timet%>e trotz Meineke und Lucian Malier beibehalten, des let:
t«»ni «usmhrung (de re metr. s. 330), dasz der sinn timetve rerlang«
i^eruhl auf misverstlndnis : denn uUra k»nn hier nur örtlich ffenommö
WHsnIen, lUer den Bosporus ''{»«"* (tr<pav ^oo eoctr/Snmi t«:v6
MCVOC), und wenn derJlhe begritr hier doppelt, ^inwai^'l^^f^^^ ^T^
dann beim subjecte, auf versciii-dene weise bezeichnet wird TL ^'"'T
eben dem steheodeii dicliiergehrauche gemäaz. ' ''«l die
^^^ HBmBICH Döntieä,
. C. Heraeus : zu Herodotos Vlll 25. 507
In
ZU HERODOTOS VH! 25.
Bei Uerodotos VUI 25 steht geschrieben und gedruckt: £9r)e0vTO
'*öi€Ei6vT€C Touc vexpouc ndvT€C hk i^mcT^aTO touc Kci^evouc
' 'elvai TrdvTac AaicE^ai^oviouc kqI Oeciri^ac öp^ovrec Kai touc
'•"' 'eiXurrac. ov iiiy oub' dXdvBave touc buxßcßnKÖTac E^p£iic TaÜTa
■ JlQfjjEaC TTCpi TOUC V€KpOUC TOUC iuiUTOO' Kttl TÖP ^^ Kttl T^XotOV
' 'nv Toiv libf xtXioi £q>aivovTo vexpol Kciftevoi, ol bi Trdvrec ^KteTo
' dX^€c cuTKiKo^ic^^voi ic Td)UTÖ x^ipiov, T^ccepec x^^tdbec.
' an den beiden letzten worlen hat Stein in seiner so verdienstlichen aus-
'- gäbe gerechten anstosz genommen und meint, Her. habe sich wahrschein-
lich durch die fassuBg des — doch deutlichen — epigramms auf die
peloponnesisdien Thermopylenkümpfer (VII 228 xtXidbec T^TOpcc) teu-
'-' sehen lassen, das heiszt aber Her. einer groben fahriflssigkeit und argen
'?■ gedankenlosigkeit zeihen. Abicht hat denn auch auf dies für Uerodols
' r: schriftstellerruf wenig schmeichelhafte auskunflsmittel verzichtet, aber
freilich in seiner rechtfertigung des verdächtigten Schriftstellers sich mit
' einer erklärung beholfen , die mehr vertuscht als aufklärt, er unterstellt
ncmlich, Her. gebe die zahl 4000 als gesamtsumme der in dem drei-
1. tag igen kämpfe bei den Thermopylen gefallenen an, so dasz also un-
' serm autor zufolge allein an den ersten beiden schlachttagen 3000
mann auf selten der Hellenen geblieben wären, mithin an jedem der-
selben im durchschnitt 500 mehr als an dem letzten im eigentlichen ver-
nichtungskampfe. so unwahrscheinlich dies schon an und fOr sich klingt,
so läszt es sich auch noch mit zahlen als unmöglich nachweisen, damals
d. h. an den beiden ersten tagen können doch nur 2800 Peloponnesier
V und der heerbann der opuntischen Lokrer, dessen stärke von Her. nicht
angegeben wird und der sich höchstens auf ein paar tausend mann be-
laufen haben mag — Diodor XI 4 gibt 1000, Tansanias X 20, 2 6000
mann an — auszer den 300 Spartiaten und den 700 Thespiern gefochten
haben, da selbstverständlich die 400 als geiseln von Leonidas mitgefuhr-
len Thebaner und die 1000 Phokier oben auf der 'Avöiraia wenigstens
nicht als eigentliche Thermopylenkämpfer gezählt werden können, macht
mau sich nun von den bei gefechtsverlusten obwaltenden zahlenverhält-
nissen eine klare und richtige Vorstellung, so wird es einem nicht in den
sinn kommen, dasz von 300 Spartiaten + 700 Thespiern + 2800
Peloponnesiern -f- 2000 (höclistens 3000) Lokrern , im ganzen also von
5800 (höchstens 6800) mann volle 4000 tote das Schlachtfeld hätten
sollen bedeckt haben, so dasz auf verwundete und dienstfähige nur ein
rest von 1800 (höchstens 2800) mann zu verrechnen wäre, die mislich-
keit dieser rechnungsweise hat der recensent im litterarischen central-
blatt 1867 sp. 1168 wol gefühlt und ist, um doch die 4000 leichen für
die geschichte zu retten , zu der annähme gekommen, es wären auf jeden
Spartiaten des königlichen kriegsgefolges der sog. Ittttcic — wie bei
Platää — sieben heloten gekommen und gefallen, so rechnet er 2100
33*
508 G. Heraeus: zu Herodotos VIII 25.
helotenleicben heraus und behält dann immer noch 900 tote hoplilen
für die an den beiden ersten gefechlstagen mitl^ampfenden Peloponnesier
und Lolirer übrig , also nur 100 hopliten weniger als für den rnänner-
mordenden Ares am dritten, dem hauptschlachtlage. aber auch gegen
diese rechnungsart dürften sich gewichtige bedeniten erbeben, erstlich
hat Her. offenbar von den Verlusten der Hellenen an jenen beiden tagen
nur eine geringe meinung: von den Spartiaten sagt er VH 211 ausdrück-
lich: Ittitttov bt Ktti aÖTföv Tiöv CTrapTHixiiuv dvOaOra öXixoi.
sind doch hei PlatSä, wo die terrainverhaltnisse ungleich weniger gün-
stig für die Hellenen lagen, von 14500 Spartiaten, Tegeaten und Athe-
nern, welche die hauptarbeit hatten, nur 159 hopliten gefallen (IX 70),
im ganzen von 110000 mann wol nur 1360 mann (Plut. Arist 19).
hiemach läszl sich gar nicht annehmen , als ob Her. an einen verlost von
900 mann auf eine truppe von 4800 (höchstens 5800) hopliten gedacht
hatte , ohne eines so starken procentsatzes ausdrücklich erwShnung zu
thun. ferner aber ist es auch mit den 2100 toten heloten eine hedenli-
llche Sache, wenn Her. nicht, wie bei Plataa, ausdrücklich die zahl an-
gibt, so hat man doch wol im durchschnitt auf jeden Spartiaten nur
einen heloten zu rechnen : vgl. VH 229 (X^TCTai) CfipUTOV \iiy iruOö-
fievov Tfjv Tfjjv TTepc^iuv rrepiobov alxyicavTd t€ toi 6itXa küi iv-
buvra firetv ctöröv KcXeOcat tovefXujTak toöc ^axo^i^vouc und
Stein zu der stelle, es kommen also nach der wahrsciieinlichsten be-
rechnung nur 300 Spartiaten + 300 heloten + 700 Thespier =: 1300
tote + die geringe zahl der an den beiden ersten tagen gebliebenen
Peloponnesier und Lokrer + die paar gefallenen Thebaner (VH 233),
Im ganzen etwa 1500 tote, aber nicht lauter unbeerdigte
heraus, die zahl der unbeerdigten toten war natürlich eine noch gerin-
gere, bei der totenschau, von der Her. an unserer stelle berichtet, han-
delt es sich nun aber überall nur um unbeerdigte tote (touc Kei^€-
vouc). die an den beiden ersten tagen gefallenen Spartiaten und sonsti-
gen Hellenen waren natürlich samt und sonders von Ihren kameraden
unter den üblichen leichenehren bestattet, dies ist auch der grund,
warum Her. nur von tot daliegenden Spartiaten, Thespiern und helo-
ten spricht, welche letztere von den besuchern des leichenfeldes für gerai-
lene hellenische hoplilen gehalten worden seien , und warum er die zahl
der HeUenenleichen nicht ausdrücklich angibt, da er eben keine künde
von der zahl der gleich nach den ersten beiden gefechten begrabenen
toten gehabt hat. aber — wird man mir einwenden — es steht ja bei
Her. zu lesen: vier tausende lagen tot da. allerdings steht T^CC6p€C
XiXtdbec in unseren hss. geschrieben und in allen ausgaben gedrudct,
es ist aber nicht ein ausdruck des Verfassers , sondern ein byzantinisches
glossem, dergleichen z. b. IX 98 in den schluszworten TOtci "CXXnci von
den neueren hgg. erkannt ist. nach ausscheidung der worte T^cc€p€C X^'
Xidbec und unter beachtung der echt Herodoteischen sptax bei erklärung
unserer stelle wird auch nicht der schatten eines makels am scbriftslelle-
ife des klugverständigen Herodotos haften hieilien und mehreren
on hellenischen freiheilskflmpfern das leben gerettet werden.
C. Heraeus : zu Herodotos VIII 25. 509
Jener Schreiber des stammcodex, vermutlich ein Byzantiner von ge-
ringem verstände und noch geringerer akribie, vericannte den Herodo-
teischen Sprachgebrauch und bezog die worte o\ bk irdvTCC dK^aro
dXeec cutkckomicm^voi ic nhxnö xu)piov auf die toten Hellenen,
wie natürlich , nachdem der zusalz T^ccepec xtXiabcc einmal gemacht
war, auch die abendl&ndischen gelehrten und ungelehrten leser Herodots
ihun musten. da jener im gegensatz zu den tausend Perserleichen eine
angäbe der toten Hellenen in dem zweiten satzgliede vermiszte, so
machte er unter Verwechslung der t o t e n z a h 1 mit der streiterzahl
— was einem byzantinischen grammatisten oder handschriften copieren>
den klosterbruder wol zuzutrauen ist — aus dem dorischen xtXtdbec
T^Topec im epigramm des Simonides (VH 228) ein ionisches und pro-
saisches T^ccepec x^^i^^c und setzte es als notiz an den rand oder
Aber die zeile, von wo es — für ein glossem bezeichnend — an den
schlusz des satzes in den text gerathen ist.
Worauf sind denn nun aber jene worte zu bezichen, wenn nicht auf
die Hellenen? — auf die von Xerxes aus zwei myriaden toter ausgewähl-
ten , auf einen häufen zusammengetragenen tausend Perserleichen,
dies kleinliche teuschungsmlttel des barbarenfflrsten , die angebliche an-
zahl der gebliebenen Perser, allesamt dicht bei einander, auf ^inen fleck
hinlegen zu lassen , nennt Her. mit fug und recht gar zu lächerlich, die
mannschaften der persischen flotte — schlaue Phdnlkier, durchtriebene
Aegypter, aufgeweckte lonier — lieszen sich aber durch die künstliclie
gruppiening der leichen nicht über die grdsze des wirklichen Verlustes
teuschen , wie Her. deutlich zu verstehen gibt. *man merkt die absieht,
und man wird verstimmt.' übrigens war ein Schriftsteller, der sich einer
geordneten darslellungs weise befleiszigte und nicht das schon in dem
einen teile des berichtes besprochene noch einmal mit dem andern teile
seines Vortrags zusammenwarf, gar nicht in der läge in dem schluszsatze
von neuem auf die Hellenenleichen zurückzukommen, nachdem er
weiter oben, wo von der besichtigung der loten Hellenen die rede ist,
abgemacht hat, was er davon zu sagen wüste, ohne freilich aus dem be-
reits angeführten gründe — weil er eben keine genaue künde hatte —
die zahl der unbeerdigten toten anzugeben, geht er mit den werten ou
liiy (= ^f)v) oöb' dXdv6av€ usw. auf die toten Perser Ober (irepi
TOuc vexpouc Touc dwuToC). der genetiv tüjv im anfang des auf
die parenüiese (Ka\ ydp bf| Kai T^Xotov f^v) folgenden satzes ist de-
monstrativ, wie c. 40 TÜJV \iky eupov oöb^v ^öv, ol bl ^ttuv-
ÖdvovTO TÖv "IcB^dv aurouc TCix^ovrac usw. und VU 6 d ^^v Tt
dv^oi ccpdtXfia cp^pov r(b ßapßdpip, tuiv \ik.y Ikcf^, oöb^v, b bi
rd euTux^CTOtra ^kActö^cvoc ^6T€ usw., und das beziehungswort zu
TUIV ist in TOUC V€Kpouc TOUC dwuToO (d. i. die gesamtzahl der persi-
schen loten , buo liupidbcc c. 24) enthalten. *sie lagen aber' fahrt nun
Her. fort *alle dicht beisammen auf einen und denselben fleck
gelragen' — nicht da wo oder so wie sie im kämpfe gefallen waren,
dieser besondere umstand ist der allgemeinen angäbe des ersten Satz-
gliedes, dasz man nur 1000 von den 20000 toten Persem habe offen
510 F. Lödecke : ein ungedruckler brief von Casaubonus.
daliegen sehen, in echl Uerodoteischer synlax mil Ol bt nävTec
^K^aro dX^€c cuTK€KOfiic|yi^Voi ic xdimö xu)p(ov enigegengeseizt,
während em Aitiker mil rrdvTec bk oder dXX& irdVT€C fortgefahren
wXre. dieser Sprachgebrauch^ der sich bei Her. und bekannllich noch
weit liäufiger bei Homer findet, ist ron KrOger (poellsch-dialektiscke syn-
lax S &0, 1, 10] und von den berausgebern Herodots, wie Abicht zu der
oben aus Vil 6 aosgeseliriebenen sleüe und Stein zu 1 17, des weiteren
erörtert, das subject xiXiOl ist und bleibt für beide Satzglieder dasselbe,
aber das pridicat des einen Satzteiles ist dem prjidicat des andern ent-
gegeftgesetzt, und dieser gegensatz spielt nun mit ol bk aueh in das
subject über — nicht gerade logisch, aber energisch und, wenn man
will, naiv.
Wenn somit Herodots historische genailigkeit und besonnenheit
gegen eine ober das ziel htnaussdiieszende behauptung gewahrt und
erhärtet werden aiuste, so gebührt doch jedenfalls dem Scharfsinne
Steins das verdienst zuerst auf den faulen fleck bestimmt hingewiesen
zu haben, der bei genauerer kritischer Untersuchung an dem fiber-
lieferten texte Herodots nachgewiesen und von jetzt an exstirpiert
sein dürfte.
Hamm« Carl Hbrabus.
70.
EIN UNGEDRUCKTER BRIEF VON CASAUBONUS.
Von Gasaubonus briefen gibt es drei verschiedene ausgaben: die
erste 755 briefe enthaltend und von J. F. Gronov veranstaltet erschien
1638 im Haag, die zweite von Oraevius 1656 in Magdeburg und Helm-
stedt veröffentlicht enthält 82 briefe mehr, erschwert aber insofern die
benutzung, als sie die briefe nicht nach den adressaten geordnet sondern
in chronologischer folge gibt, die dritte von Theodor Janson ab Almelo-
veen in Rotterdam 1709 besorgt hat diese anordnung leider beibehalten
und ist noch unbequemer geworden, da 300 neue briefe und andere
zugaben sie zu einem ganz besonders wuchtigen folianten haben an-
schwellen lassen, ein im Verhältnis dazu verschwindend kleiner nachtrag
ist ein an Gottfried Jungermann (s. oben s. 69) gerichteter brief, dessen
original die Bremische bibllothek (vgl. Verzeichnis der manuscripte s. 5
nr. 8) besitzt , und der wie die oben s. 70 ff. abgedruckten briefe bisher
noch nirgends veröffentlicht ist.')
JnSC, BBUDITI8SIM0 VIBO GOTHOFR&DO lUNGBBMANO AJiICO OPTIMO
ET LONGE 0HABI8SIM0 HANOULAM.
Isaacus Gasaubonus Gotholredo lungermano S. D. Si quantum
voluptaUs slncerae tuae mihi litierae afferunt. Vir erudiüssime, tan tum
^ von andern briefen des CASaab^nus otf JvM^trmvtti finden sich
on ab Almeioreeii nw drn«
F. Lüdecke: ein ungedruckter brief yod GasauboDas. 511
otii suppeterel a4 paria tecum faciendum; facile euincerem assidua ac
proUxa scriplioiie, ut quantum obieclamenli ex tuis capiam oognoscfres.
Nunc curia quotidiania obrutus ac tanlum non oblritua, pro reapondcndi
officio, ueniam te orare cogor, ne mihi siientium meam apud te ^l fraudi.
Sciio autem binas tuaram a proximis oundijiis me accepisae; qnibus
respendebo (krepov irpötcpov O^vipiKUic Nam quod posteriore epi-
slola acribebaa de codicibus nonnullis Arabicis, id cuiuamodi sk ueliin
ex te plenius diacere. Meque enim me fugil solere isUik et ubique loco-
rum id genus libros pretio impenso uaenire. oui quidem noa parcere
noilemus, si quam spem aut fiduciam baberemua posse illos Codices
nostria stodiis esse utiles. Erunt autem , si non eorum e nnmero fuerint,
quos ipsi dudum penes nos babemus. Optarem igitur, si posset fieri, et
moram res patitur, titulos eorum codicum mibi indicari; priusquam de
Ulis aiierutram in partem statuo. Alcoranum quidem diu eat ex quo pos-
sidemns, et quicquid in eo genere literarum Romae eat editum. Sunt
etiam in museolo nostro aliquot libri manu exarati , quales fere a Turcis
solent cireumferri, preces et aUos ritus suporstilionis Nnbamedanae cuo-
tinentes. Quare eiuscemodi librorum nobis iam aat est aat supereat po-
tius. At paraphrases librorum sacrorum mtriusque Testamenti multos
iam annos frustra quaero: pauca enim adbuc inueni, qnae quidem edka
non essent. Extant praeterea ea lingua scripti multi de rebus philoso-
phicis libri, aut de re medica, vel etiam de geograpbia. Ad unum aliquod
ex bisce argumentis si spectarint illi amici tui codfces, idque tu mihi
litteris tuis significaueris , rem feceris longo gra^issimam teque adeo ut
ita facias oratum uelim. PoUucem istbic editiim uidimus: sed factum
male, quod non simul tuae Notae in lucem prodleriot. Earum tu mihi
exspectationem ternis iam literis incredibilem commouisti. Video enim
uersari in tuis manibus codicem siagularis bonitatis, et cuius ope de
praestante illo scriptore optima te meriturum nullus dubito. Locus
Cratini apud Pollucem IIb. VI cap. II AXX' fjv ÖT^ dv q>. mihi quoque
est obscurus: neque succurrit, quod de eo pronuntiem. '} Sed obeeoro
te initio eiusdem capitis satin' proba tibi uidetur uox Kpdbicoc? ego et
mendae suspectam habeo et quod ex Xenophonle affertur falsum puto.
olvov fifiibeeic apud Xenoph. legere memini in primo Avaßac.') Kdbi-
COC quid Sit nescio, neque iroö KCiraL Exspecto quid tuus itie codex
nos dpcebit.^) nam eruditiss. quidem Seberus beic tacel. qui non uide-
tur obseruasse paullo post irvOuivac perperam scribi, pro mOtüvac^)
a iriOoc mOübv ut ab oTvoc olvujv, item Icruiv et plurlma id genus.
Ibidem cum alt PoUux dixisae Aristopbanem ^PX^C olvou , respicit hunc
uersum e Vespis*) Ypxäc, olvov, bdmbac, etc. neque dublnm aüter
legisse Pollucem quam editur hodie: etsi uelus soholiafilea hodiemam
lectionem agnoscit. hoc non mirabitur, qui in antiquis grammaUüis et
9) vgl. Jungermanna note zn PoU^y^c ed. Lederliii et Hevsterlmis I
a. 674, 61 : exfmio CkuaffbcnOi lump looum obscurm» esse ew ipeiue indido ua^i,
8) 1, 9, 26. 4) die worto egß et bis docebU ciUert Jupigonnaiiii zu
PollwK ebd. 0. 671 na^e 13. 6) vgl. ebd. s. 572 note 27. 6) v.676.
vgl. jedoch ebd. s. 571 oote 22.
512 F. Lüdecke : ein UDgedrucktcr brief von Casaubonus.
eorum Rege Alhenaeo usum oiediocrem habuerit. XeiavicTiipOC ibidem
vera et gennana lectio est. IIa uocanint uinum e dulci acre siue auste-
rum: uü solenl Laiini exprimere illam saporum aat culorum contrario-
rum mixluram. Sic apud Plinium leges tnel ex dulci acre et radicem
ex ausiero dulcem Hb. XXI cap. YIII. alibi idem Plinius toe XeiaOcTilpcE
uocat dulcia cum quadam acrimonia^ ut Üb. XXIV cap« XIV. Similia
apud Celsum mulla.') Mox ibidem dpiCTOUCioc pro Aptoucioc male
scribi^, neque te latel: neque Seberum, ut exlstimo: etsi fugit eniditum
Virum id monere. Quod att PoUux ueteres Graecos uina Italiae parum
babuisse nota: id ipsum pluribus obseruare memini Galenum in breui
dissertatione de uinis Asiallcis. TTept dvnbÖTUiv, pag.427.') Rex Polis
cuius statim meminit Pollux, etiam Alhenaeo memoratur libro primo, sed
eum facit Atbcnaeus Argiuum; secus ac PoIIux, cui diuersa sunt uomina
Polas et Polis. ^°) Cap. VIII ad uocem Xitvoc, quae minus frequenter
apud ueteres scriplores occurrit pro Xixvoc, non Inutiliter haec Eustathii
adnotentur ad III Nicomacheorum , pag. 48 ircpi Xat^öv f| TUiV ßpuifid-
TUJV f)bovf|, iv oTc f) XiTveia* trepi hk. rd aiboTa rd dq>pobicia, iv
ok f) XaTVeia. ") Gap. IX sub finem aut doce me quae sit ratio , quae
analogia uocis ^KirorXatJ^eiv , aut scribe mecum dTraTXat2[eiv.'') Scio
esse apud poetam f kttotXoc ; sed eo non dimoueor a senlentia. De fine
capitis XI tecum sentio: puto tarnen accurate inquirenti non fore adeo
difficile pleraque €UCTÖXU)C emendare. Age, facundum concule pectus:
spondeo non defuturum tibi quod doctis probes. nota mihi tua djX^*
voia: aude modo. Expendi omnia loca de quibus erat aliquid a te iu
aliqua Irium epislolarum tuarum pronuntiatum. Nihil eiusmodi inueni,
öirep d^^n^ov dfieivov: cerle nihil quo possem ipse aliquid melius.
Itaque frustra meas pulsas fores: hominis usque adeo TÖ vGv cTvai ab
illis studiis allen!, ut iure dicat aliquis alium esse ab eo qui in Athenaeum
scripsit; el Tt Tt&v XÖTUüV dK€iV(JüV dq>€Xoc. Nunc omnis nostra in eo
desudat induslria, ut nobilissimas disdplinas Tf|V IToXmKfiV xai Tf|V
CTpOTiiTiKf|V nouis obseruationibus iliustremus. Absoluta enim edilione
conteilus Polybii, supersunt Obseruattones meae; quarum finem optatum
uidere det ö lir\ iräciv. De Commenlariis magni Camerarii quos PoIIucis
editioni als te additurum multum te amo. Fac promissi memorem te
agnoscamus. Quin sl quid apud te gralia ualeo , dabis operam , ut quae-
cunque a summo illo et omni laude dignissimo uiro unquam prodierunt,
prout se occasio dabit, reuoces in lucem. Vale et me ama. Lutetiae
Parisiorum Pridie Non. Sept. GI0.I3.CV1IL Scripsi raplim et occupatus.
Si fuerit olim de aliquot Pollucis locis ad te alias scribam. Salmasium
summi ingenii adolescentem istbic puto esse : uelim eures quas ad ipsum
scripsi , et bis adiunxi.
7) Ua vocarufit bis midta ist wörtlich von Jongermann wiedergegeben
ebd. 0. 572 note 87. 8) vgl. ebd. note 40. 9) quod alt usw. von
Jungermann citiert ebd. s. 573 note 44 mit dem znsate: aii in Htterit,
qua» iertfOf Casauboma nonter. 10) vgl. ebd. note 47. 11) Tgl. ebd.
s. 587 note 22. 12) vgl. ebd. s. 602 note 52.
Bremen. Fbiedrioh Lüdsgkb.
ERSTE ABTEILUNa
FÜR CLASSISCH£ PHILOLOGIE
HKBAüSaKaEBBN VON ALFBED FlECKBISKN.
71.
DIB NEUESTE LITTERATÜR ÜBER DIE ÄLTERE GRIE-
CHISCHE SOPHISTIK.
1) Die SOPHISTEN utn> die sofhistik naoh den angaben Platos.
EIN THBIL einer GEKRÖNTEN PREIS80HRIFT HERAUSGEaEBBN ALB
INAUGURAL- DISSERTATION VON N. WeOKLEIN. WüTzburg,
druck von F. E. Thein. 1866. VIII u. 104 s. gr. 8.
2) Beiträge zub yorsokratisohen Philosophie aus Plato von
DR. Martin SoHANz. i. heft: ^dib Sophisten.' aus einer
gekrönten preissohrift. Göttingen, verlag von Ad. Rente.
1867. VIu. 160 8. gr.8.
Die lösung einer von der Wärzburger philosophischen fuculUit ge-
stellten preisaufgabe * was läszt sich aus den Schriften Platona fflr die
vorsokratische phiiosophie entnehmen?' hai den beiden gekrönten ver^
fassern den anstosz gegeben den auf die Sophisten bezfiglichen teil ihrer
arbeiten nunmehr der öffentlichkeit zu flberliefern. so vvolgewählt in-
dessen auch diese aufgäbe ffir ihren zweck war die kräfte begabter stu-
dierender an ihrer lösung zu üben , so sehr kann man doch zweifeln , ob
die Veröffentlichung einer so allseitig durchgeführten behandiung dieses
gegenständes wirklich im Interesse der Wissenschaft ist, und ob nicht
eine mehr aphoristische bearbeituug der noch jetzt wirklich streitigen
selten desselben ihr in höherem grade gedient hätte, denn gewis gehört
derselbe zu denjenigen partien der griechischen litteratur - und Sittenge-
schichte, welche bereits am meisten vom lichte der forschung erhellt
worden sind , und man sieht nicht ohne bedenken die mooographien über
derartige gebiete in einer so unverhflltnismaszigen weise von tage zu
tage sich anhäufen , dasz es selbst dem speciellsten sach- und fachkenner
unmöglich wird sie ins detail zu verfolgen, während so viel anderes noch
im allerdich testen dunkel liegt, es war nicht die schuld der Verfasser^
wenn sie auf diese weise sich genötigt sahen sehr vieles zu wiederholen,
was anderswo ebenso gut, ja zum teil besser gesagt ist. denn mit
vergnügen erkennen wir an dasz sie ihren gegenständ niclit blosz mit
Jahrbücher für class. philol. 1868 hft. 8. 34
514 F. Susemihl : anz. v. N. Wecklein und M. Schanz über die sophislen.
liebe, sondern auch mit einsiebt und methode bebandelt haben, und wir
wünschen den Piaionischen Studien glück zu dem Zuwachs dieser beiden
tüchtigen und frischen jungen krSfte. auch ist ihr bemühen keines-
wegs ohne mancherlei gute frucht geblieben: nicht blosz eine sehr be-
rechtigte erneute erwigung mancher wichtiger einzelner puncte haben
sie angeregt, sondern namentlich Schanz auch manchen derselben teils
richtiger teils wenigstens genauer bestimmt als es bis dahin geschehen
war. dabei haben ihre beiden bearbeitungen neben einander platz, wie
sie nach der ausdrücklichen erklSrung von S. (s. V) völlig unabhängig
von einander entstanden sind, ja S- hat auch nicht nachträglich — man
sieht nicht ein warum — auf die früher erschienene schrift von Weck-
lein rücksicht genommen, beide behandeln den stoff von verschiedenen
gesteh ispuncten und in verschiedener Verteilung: W. geht die einzelnen
Sophisten der reihe nach durch (Protagoras s. 1 — 38, Prodikos s. 39 — 46,
Hippias s. 46 — 52, Gorgias s. 52 — 72, Thrasymachos s. 72 — 78,
Theodoros von Byzanz s. 78, Euenos s. 78 — 80, Polos s. 80 — 82,
Euthydemos und Dionysodoros s. 86 — 94] und flicht so in die darstel-
lung des persönlichen alles sachliche ein. S. dagegen handelt von die-
sen einzelnen Vertretern der sophislik zuerst nur die mehr Suszeren ver-
hSltnisse, u. a. ihr leben und ihre schriflen, ab und ordnet datin den
übrigen stolT nach sachlichen kategorien, indem er die tbatigkeit der
sophistik nach allen ihren verschiedenen richtungen, erkenntnislehre,
eristik, ethfk, specieller tugeudlehre, rhetorik und grammalik, verfolgt,
ihm ist es also darum zu thun die allseitige ausbreitung des wesens der
sophislik systematisch darzustellen; W. dagegen hat den hauptgesichts-
punct zu zeigen, dasz die Sophisten nur die anschauungen ausdrucklich
aussprachen, welche thalsSchlich die denkweise ihrer ganzen zeit be-
herschten, und dasz Piaton sie wesentlich nur von diesem gesichtspnnct
aus, in ihrem Zusammenhang mit der materialistischen richtung des prak-
tischen lebens der gegenwart bekämpfte, dieser gedanke ist bekanotlich
nicht neu, er wird vielmehr jetzt ziemlich überall als richtig anerkannt;
immerhin aber ist seine ausführung hier im ganzen eine glückliche zu nen-
nen und mag nach manchen selten hin auch heute noch keine ganz über-
flüssige sein, recht geschickt ist auch die art, wie W. die verschieilenen
sflge, mit denen Piaton die einzelnen sophislen zeichnet, möglichst voll-
ständig und unter möglichster beibehaltung seiner eignen ausdrucksweise
und doch kurz und gedrungen zu gesamtbildern derselben zusammenstellt.
Was nun zuerst die chronologischen Verhältnisse anlangt, so meint
W. s. 4 f., die bemerkung in Piatons Protagoras (327"*), die * wilden'
des Pberekrates seien im vorigen jähre aufgeführt, sei zu bestimmt und
jedem lesenden von vorn herein in die äugen springend, als dasz man in
ihr einen bloszen anachronismus erkennen könne, und das jähr 420 oder
419 sei daher vielmehr die zeit in welche Piaton das gespräch versetzt,
und alle abweichenden Zeitbestimmungen desselben aoachronismen. zur
Widerlegung dieser behauplung und dor auf sie gebauten fol^erungen ge-
nügt die Verweisung auf die auseinandersetzungen Kroscliels in seiner
* diülogs s. 19 — 23. aus denselben erhellt auch, dasz jene
F. Susemilil: anz. v. N. Wecklein und M. Schanz über die sopbisten. 515
beslimmung die einzige ist, welche unbestreitbar nicht auf das jähr 434
(oder wenn man lieber will, 433 oder 432) passt, und von den meisten
anderen gilt was Bdckh (Berliner sommerkatalog 1839 s. 13 f.) sagt:
*baec quidem in tpsa scenographia posuitPlato, cui admiscere anachro-
nismos absurdum est'; hier mQste also vollends auf diese weise die
skenographie selbst aus lauter anachronismen zusammengeseict sein,
gewis haben nun ferner W. s. 3 und S. s. 23 anm. 1 recht darin, wenn
sie in der bemerkung des Protagoras (317^), er sei alt genug um jedes
der anwesenden — also auch des Sokrales — valer sein zu können, keine
leere prahlerei erkennen wollen; aber etwas übertreibend kann es darum
noch immer gesprochen sein, das liegt durchaus nicht ausserhalb des
Charakterbildes des sophislen, wie Piaton hier es zeichnet, danach wflrde
also die annähme, dasz sein process und tod ins jähr 411 fiel, immer
noch haltbar sein, obwol er dann, wenn er nahezu 70 jähre alt ward
(Menon 91 *} , nur um etwa elf jähre älter als Sokrates gewesen wSre.
allein diese annähme ruht bekanntlich auf sehr unsicheren stützen , und
ein etwas froheres todesjahr ist nach jener ihm in den mund gelegten
Suszerung wahrscheinlicher, mich wundert dasz noch niemand an 415,
die zeit des Hermokopidenprocesses , und an die damals erregte religiöse
verfolguugssucht der Athener, die sich ja auch gegen einen andern be-
kannten 'atheisten', den Diagoras, entlud (Diod. XIU 6 vgl. Aristoph. vögel
1072 mit den scboJien) , gedacht hat. '} dann wAre er schon etwa 485
geboren und zählte fast 41 jähre, als er gesetzgeber von Thurii ward.
Unrichtig ist auch der schiusz den W. s. 39 aus Prot. 314^ zieht,
dasz Prodikos und Hippias älter als Sokrates gewesen seien. Sokrates
sagt dort, ob Hippokrates sich dem Unterricht irgend eines Sophisten
anvertrauen dOrfe, darüber wollten sie beide noch mit älteren zu rathe
gehen, und dann fährt er fort: vOv ^^VTOi, iXicirep (bp^rjcajiev,
Ittifiev Kai dKouctu^€V toO dvbpöc, inena dtKOucavrec koI dXXoic
&voucoivujc(i)^€6a ' xai fäp oü ^övoc rTpuixaTÖpac aötöOi dcrlv,
ctXXd xal 'Iniriac 6 'HXeToc — oljuai bi mx TTpöbiKOv tdv Keiov —
Ka\ äXXoi TToXXot Kai coqpoi. hier hat W. offenbar das fiT£tTa als
gegensatz zu vOv gefaszt , aber grammatisch kann ebenso gut als gegen-
satz zu firetTa vielmehr hinter vCv fi^VTOi ein irpuiTOV hinzugedacht
werden, und logisch empfiehlt sich dringend diese letztere construclion.
denn nicht bloss davon, ob Hippokrates zu Protagoras, sondern oh er
überhaupt zu einem Sophisten in die schule gehen soll, ist ja im vorigen
die rede gewesen , und darüber wird doch wol nicht der rath von leuten,
die selber sopbisten sind, eingeholt werden sollen, der sinn ist also:
später wollen wir über diese frage ältere zu rathe ziehen, für jetzt aber
zunächst den Protagoras anhören und dann das von ihm vorgebrachte in
gemeinschaft mit den andern dort anwesenden Sophisten in erwägung
nehmen, in bezug auf Hippias hat übrigeus Mähly (rhein. museum XV
s. 521) umgekehrt zu zeigen gesucht, dasz derselbe sogar viel jünger
1) Ueberweg schreibt in der 3n aufläge seiner gesch. der phil. I
B. 78: 'am 316 oder 311?': ich weiss nicht worauf die erstere saht beruht.
34»
516 F. Susemihl : anz. v. N. Weckleiu und IL Schanz fiber die sopliislen.
als Sokrales und sein auflreten in diesem dialog um 334 ein anachro-
nismus sei. Isokrates, bekanntlicti 436 geboren, habe im aller seine
witwe Piathane geheiratet und seinen söhn Aphareus adoptiert, Hippias
könne mitbin kaum vor 450 geboren sein, allein es fragt sich, ob der
hauptberichlerslalter , Pseudoplutarchos im leben der zehn redner, dies
wirklich sagt: denn 838* steht vielmehr TTXaOdviic Tf)c Imrlou ToG
l^yJTOpoc, und so wird auch 839^ in den worten TTXa6aviiv Tf|v linriou
ToO ^TiTOpoc TuvaiKa i^T<ShrcTO das xuvaiKa vielmehr mit i^y^cto zu
verbinden sein , zumal Zosimos im leben des Isokraies (Westermann
ßtOTp- s- 253) die Piathane ausdrücklich tochter des Hippias flinriou
ToO (^rJTopoc ä1roT€WUJ^^V1lV} nennt: s. H. Sauppe in d. z. f. d. aw.
1835 s. 405 f. es bleibt also nur noch Suidas (u. 'Aqpapeüc), bei dem
allerdings Aphareus söhn des Hippias und der Piathane heiszt. aber
gleichviel ob weih oder tochter des sophisien Hippias, immer war doch
Piathane keine athenische bürgerin. wie konnte also Isokrates mit ihr
eine rechtsgültige ehe — und von einer solchen scheint doch die rede zu
sein — schlieszen? auffallend ist auch, dasz auszer bei Suidas Hippias
in den berichten bei dieser gelegenbeit nicht, wie man doch erwarten
sollte, coqptCTrjc , sondern durchweg ^/JTiup genannt wird, fast kommt
man also auf den gedanken , dasz der vater oder erste mann der Piathane
in Wahrheit eine andere gleichnamige person, ein in Athen eingebür-
gerter redner war. endlich ist es wenigstens nicht geradezu unmöglich,
dasz der sophist Hippias schon etwa 460 geboren war und der dann
etwa 24 jähre jüngere Isokrates dennoch seine witwe ehelichen konnte,
auf jeden fall wird man auch hier einen anaehronismus mitten in der
skenographie des dialogs nicht zuzugeben brauchen.
Was sodann die Schriften des Prolagoras anlangt, so sind die wie-
derholten anspielungen Piatons auf die im hauptwerk enthaltene dXV|6€ia
desselben, auch wenn dies nicht dessen titel war, doch voiistAndig durch
die auch von W. s. 8 gebilligte annähme erklärlich, dasz Protagoras in
ihm mit besonderer prahlerei sich rühmte nun erst die rechte Vahrbeit'
gefunden zu haben, dasz freilich dieser titel keineswegs so unpassend
hatte erscheinen müssen, wie W. meint, hat S. s. 30 durch analoglen
(Antiphon, Antisthenes) gezeigt, dasz femer aus Sextus Emp. math. VII
60 s. 560 wiederum der titel KaraßäXXoVTCC keineswegs mit Sicherheit
hervorgeht, hat er nicht minder erfolgreich gegen Bernays u. a. darge-
than. ob hiernach der ursprüngliche gesamttitel KaraßdXXovTec oder
äXriOeia i) KaraßäXXovTec oder biosz dXfjBeta oder nepl dXriOeiac und
in einem der beiden letzleren falle, wie S. s. 31 vermutet, KaraßäXXov-
T€C nur der titel eines teiles war, bleibt völlig zweifelhaft, wenn anders
dies werk nidit dasselbe war, welches bei Laertios Diogenes vielmehr
ävTiXoTtotl oder ävTiXoTiKCt genannt wird, war es dagegen dasselbe,
so ist buchst wahrscheinlich dieser titel der echte, da schon Aristoxenos
(bei La. Diog. III 37) das buch unter demselben anführte, für die zuerst
von Bernays behauptete identiiat spricht nun aber entschieden, dasz in
A «^i^nis jier Schriften bei Diogenes (IX 55), in welchem doch nicht
'iptwerk fehlen wird, kein anderer titel sich findet, unter
/
F. Sosemihl: anz. v. N. Wecklein und M. Schanz Ober die Sophisten. 617
dem man es suchen könnte, gegen die einerleiheit macht S. s. 32 frei-
lich geltend^ dasz in dem hauplwerk auszer der erkennlnislehre dann noch
sehr eingehende politische erörteruogen gestanden haben milsten, da ja
Aristoxenos den Piaton beschuldigte in seiner republik wesentlich nur
das schon von Protagoras in den dvTiXoTtKd gesagte wiederholt zu
haben, und dasz doch der räum von nur zwei büchern, wie ihn die an-
tilogien umfaszten, zu schmal dazu war, um trotzdem auch noch die
ganze erkenn tnistheorie aufzunehmen, allein die anschuldiguogen des
Aristoxenos gegen Sokrales und Piaion pflegen bekanntlich so völlig aus
der luft gegriffen zu sein, dasz auch diese wol nur eine sehr geringe
thatsSchliche grundlage gehabt haben wird, die benennung KQtaßdXXov-
TCC wird hiernach ahnlich wie Piatons anspielungen auf die dX^jOeia des
Protagoras zu erklären sein: letzterer hat vermutlich innerhalb dieser
seiner schrifl ruhmredig seine erörterungen als solche ^niederschmelterude'
bezeichnet, jedenfalls ein grundverkehrler einfall von W. s. 10 ist es,
dasz der titel dvriXoYiwv büo bei Diog. nur aus dem geflossen zu sein
scheine, was im soph. 232"^ über die schriA ir€p\ TrdXnc bemerkt wird.
Die frage nun , wie weit Piaton im Theätetos , wo er die in jenem
hauplwerk enthaltene erkennlnislehre des Protagoras, welche demselben
einen höchst bedeutenden und ehrenvollen platz in der geschichte der
Philosophie sichert, einer eingehenden darstellung und kritik unterzieht,
unmittelbar den gedankengang des Sophisten selbst wiedergebe, ist von
W. s. 14 — 32 und namentlich von S. s. 65 — 80 (vgl. s. 110—112)
gründlicher noch als bisher untersucht worden , wobei beide in einigen
slficken zu verschiedenen ergebnissen gelangen. Piatun Iftszt es nicht
an audeutungen darilber fehlen, wo er ausdröcklich Protagoreisches
berichtet und wo er dagegen selbst weitere folgerungen aus demselben
zieht und die lehre selbständig ausspinnt, und so kann ich denn auch S.
8. 110 ff. gegen W. s. 23 f. 27 f. 30 ff. nur darin beipflichten, dasz die
anwendung auf die ethik, welche 172* ff. vgl. 177 '^ gemacht wird'), und
die verlheidigung des Protagoras gegen den einwurf , dasz sein auftreten
als lehrer seiner eignen erkenn tnistheorie widerspreche (166* — 168*),
zufolge solcher andeutungen nicht schon von Protagoras selbst herrühre,
während W. die erstere sogar zum eigentlichen ausgangspuncte desselben
macht, bei einigen puncten lassen uns freilich diese andeutungen im
stich , und man kann z. b. darüber zweifelhaft sein , ob der unterschied
in der Schnelligkeit oder langsamkeit der bewegungen (156''), wie W.
s. 20 f. meint, von Piaton als ergänzung hinzugefügt oder, wie S.,
der diese schwierige stelle s. 73 f. gut erklärt, doch wol richtiger an-
nimt , schon von Protagoras selbst geltend gemacht worden sei. es ist
S. gelungen die bisherigen auffassungen dieser ganzen Protagoreischen
lehre und der Platonischen darstellung derselben noch in erheblichen
stücken zu berichtigen, so zeigt er dasz Protagoras die passive bewegung
nur den subjecten und die active nur den objecten beigelegt hat; so hat
er die bisher vielfach misverstandene , jedoch auch von Zeller (phii. d.
2) vgl. in bezng auf diese anch Zell er phil. der Griechen I s. 779.
518 f. Sitsemihl: m. ▼. H. Wecklem nsd IL Schaox aber die sophistea.
Gr. I s. 757 anm. 1) in der haupisacbe sdioa richlig aorgefaszle stelle
156 ' ipxi\ hij ä fjc Kcd & vCv bf| A^omcv irdtvra fymrrai, l^be
aÖTwVy die TÖ irav Ktvncic ?|v xal dXXo irapa toOto ovbiv rdUig
ina reise gebracht, indem er in dem imperfecl fjv den rtickweis anf 15S'
benrorfaebty so dasx die worte keineswegs, wie man wol geglaubt bat,
bezeichnen, dasz es nur eine bewegung obne bewegtes (ohne aubstrat) gebe,
sondern nur mit einem allerdings nicht gans passenden ansdnick dasselbe
sagen, was an jener frühem stelle so bezeichnet nird: {cn jikv jifi
oöb^TTOT* oöb^v, dct hl Titverat, wonach denn wie das irfiv KtVff|Cic
dem dtel TtTVCrat so das fiXXo iropd ToOra oiLibiv dem {cn oub^iror'
ouö^v entspricht: es gibt nichts seiendes, ausserhalb der bewegong
und des werdens befindliches, binzuzufflgen war der von S. gegebenen
darlegung dieser ganzen Protagoreiscben Philosophie Qbrigens noch das
^ine, dasz wegen der steten Yerlndening sowol des subjects als der
dinge die qualitAten der letztern und die anschauung derselben seitens
des erstem immer nur momentane sind , dasz fAr jedes Individuum das
jedesmalige object so, wie es ihm erscheint, auch nur so lange ist, als
es ihm so erscheint, und ihm mit gleichem recht bald so bald anders er>
scheinen kann.
Aus Kratylos 391 * hat S. s. 29. 156 f. geschlossen, dasz Protagoras
sich in eben dieser nemlichen schrilt auch Ober den Ursprung der spräche,
fiber dieöpOörncövo^ccTUiv in d^m sinne dieses ausdrucks, nach welchem
er bezeichnet, ob die Wörter wirklich ihren begriflen entsprechend oder
nur von convenlioneller gAlligkeit, ein gebilde der natur (q)iiC€t) oder
bloszer willkGrlicher Satzung (6^C€i) seien, ausgelassen und, wie aus
385^ erhelfe, diese 6p8ÖTr)C nur im sinne der EuvO^Kr) anerkannt had^e.
allein an der letzlern stelle wird lediglich diese ansteht des Vertreters der
gewöhnlichen praxis Herroogenes auf den Protagoreischen salz , dasz der
mensch das masz aller dinge sei , gerade ebenso ais auf Ihr eigentliches
priocip zurflckgefahrl, wie es hinsichtlich der in der gewöhnlichen
praxis herschenden morai Theit. 172* ff. in der dort, wie wir so eben
sahen, von S. ganz richtig beurteilten weise geschieht, unter diesen
umstanden aber ist es auch an der erstem stelle schwerlieb emsthaft ge-
meint dasz Kallias , der freund und jünger des Protagoras , von lelzlerm
etwas der dX^Oeta desselben entsprechendes Ober die öpOöniC övo^d•
TUiV in dem obigen sinne habe lernen können, d. h. dasz Protagoras sich je
Aber sie mündlich oder schriftlich ausgesprochen und aus seiner Philo-
sophie nach dieser richtung hin die folgerangen gezogen habe, danach
Ist denn auch eine drille stelle 384^ ganz anders zu beurteilen, als es
von S. 8. 156 geschehen ist. wenn Sokrates, so heiszl es hier, den Vor-
trag für 50 drachmen und nicht bloss den für ^ine dracitme von Prodikos
gehört hSlte, so würde er schon wissen, wie es in wahrhdt mit jener
öpOÖTTlC övo^dTUiV stehe, daraus schlteszt denn S. wieder, dasz auch
Prodikos in dem erstem Vortrag die genannte frage abgehandelt habe,
den ganzen thatsichlichen anhält bildet aber in wahrheil för den ver-
fA««pp Aam Kratylos nur der umstand , dasz Prodikos regeln Aber dit 6p*
' TUiv in einem ganz andern sinne , nemiich Aber den rieh-
F. Sosemihl: anz. v. N. Wecklein und M. Schauz Ober die Sophisten. 519
tigen gebrauch der worle, d. h. Aber synoaymik, ausföhrticher und
genauer in der gröszem und theurem , kflraer und oberflächlicher in der
wolfellem Vorlesung und Protagoras Ober 6p8o^Tr€ia, d. h. die gram-
matisch*rbetor(8che correcl^U des ausdriicks (der elocutio)^ den rich-
tigen gebrauch der genera des nomen , der modaliUlen der aussage usw.
(S. s. 141 — 143) gab. diese beschäfiigung beider mit sprachlichen
dingen genügt dem Verfasser, um ironisch vorauszusetzen, beide mästen
sich auch um die öp6dTT|C övo^druiV in jenem hdhern, philosophischen
einne bekdmmert, oder Prodikos mflsse es doch wenigstens in seinem
h(»herB lehrcursus gethan haben.*) ob man diese einkleidung geschmack-
voll finden will oder nicht, ist eine sache fQr sich; auf jeden fall hat
man keinen grund mit Schaarschmldt (samlung d. Plat. sehr. s. 267)
anzunehmen, dasz der Verfasser aus Unwissenheit beiden Sophisten
geliehen, was ihnen nicht zukam, und die beiden bedeutungen von öpOö-
TTfC 6vo^6tuiv nicht gekannt und daher die ihm allein bekannte ver-
kehrterweise auch auf Prodikos angewandt habe und auch deshalb nicht
Piaton selber sein kdnne. es ist die sache hier ja nicht anders als wenn
im Menon %' Sokrates sagt. Prodikos, sein lehrer in der tugend, habe
ihn niciit gut genug Ober das w^sen derselben unterrichtet, und Aber
diese stelle macht S. s. 42 f. selbst (gegen Weicker) die allerrichtigsten
foemerkungen. selbst wenn der Menon unecht wflre, würde man bei der
hier wenigstens unverkennbar hervortretenden ironie nicht glauben kön-
nen, der urheher desselben habe nicht gewust, dasz Prodikos sich nie
mit versuchen die tugend zu definieren beschäftigt hat.
Man kann es sich kaum anders denken als dasz Protagoras diese
seine lehren Aber die öpOo^ireia (PhSdros 267^), wie auch W. s. 9
annimt, in einer besondern schrift niedergelegt habe, es ist mir nicht
lilar geworden, ob die polemik von S. s. «14 auch gegen diese annähme
oder nur gegen die Vermutung von Frei (quaest. Protag. s. 187), dasz
diese schrift geradezu den titel nepl öpOocTrdac geführt habe, gerichtet
sein soll, noch weniger, in wie fem er glauben kann durch seine aus-
lahrungen s. 141 — 143 auch nur die letztere, geschweige die erstere
widerlegt zu haben, wie aber auch immer das buch iietilelt war , in dem
Verzeichnis der schriflen bei Diog. fehlt es, es ßodet sich In diesem über*
haupt nur Mne höchst wahrscheinlich rhetorische schrift: iT€pl Tf)C iv
^X4 KaTacTdc€U)C, a. Bemays im rhein. museum VU s. 466 a. 1. dasz
übrigens die von Protagoras unterschiedenen modalitäten der aussage
(Dlog. IX 53) noch nicht die eigentlich grammatische Unterscheidung der
roodi des verbnms in sich schlieszen, ist unstreitig, aber zu weit geht S.
s. 141 f., wenn er auch den ansatz zu derselben in ihnen bestreitet:
denn der von Protagoras gegen Homeros erhobene tadel, in der anrufdng
der Muse die befelil - statt der Wunschform gebrauclit zu haben (Arietot.
poetik c. 19), bezieht sich ja eben auf die anwendung des imperative.
Eine dritte schrift des Protagoras Ticpl iTdXr)C , die sich wirklich
3) mehr und was ich (Plat. phil. I s. 165) hineingelegt habe, liegt
Dicht in der stelle.
520 F. Susemibi: anz. v. N. Wecklein und M. Schanz über die Sophisten.
im katalüg bei Diog. findet, lernen wir durch Piaton soph. 232' etwas
ntfier kennen, und die guten, einander ergänzenden bemerkungen von W.
8. 9 f. und S. s. 33 f. über dieselbe dürften durchweg billigung verdieoen.
Was aber die schriflen des Prodikos i>etrifft , so glaubt W. s. 41
im pseudoplaionischen Axiochos zwei verschiedene vortrjige desselben be-
zeichnet zu sehen , einen Aber die übel des lebens und einen darflber dasx
der tod kein abel sei, und in der that drückt sich Sokrates hier 369^ so
aus, als hatte Prodikos über den letztern gegenständ bei einer andern ge-
legenheit — ttot^ sagt er, nicht tÖtc — gesprochen, indessen die
natur der sache lehrt, dasz dieser letztere gegenständ nur die natürliche
fortfflhrung des erstem , dasz beides dasselbe thema war , und entweder
bat also der Verfasser des Axiochos wie Öfter so auch hier nur el>en un-
geschickt sich ausgedrückt oder es ist ttot^ geradezu in tÖtc zu andern.
Verdienstlich sind die Untersuchungen die S. s. 49 — 53. 143^147.
151 f. über die lehrgegenstande und schriflen des Hippias angestellt hat.
mit triftigen gründen kommt er hinsichtlich der wichtigen stelle des klei-
nem Hippias 366^ f. zu dem ergebnis, dasz Piaton hier eine selbst schon
übertreibende marktschreierische auszerung des Sophisten seinerseits selbst
noch wieder karikierend übertrieben habe, dasz dem rühm der band-
Werksgeschicklichkeit und den angeblichen epen , dramen und dithyram-
ben des Hippias nichts thatsachliches zu gründe liege, letzteres ist indessen
doch vielleicht etwas zu beschranken: denn dasz er poetischen versuchen
nicht ganz fern blieb, erbellt aus Pausanias V 25, 4. mit vollem recht
erklart S. ferner die angaben im kleinem Hippias für viel zuverlässiger
als die in dem unechten gröszern und weist mit dem besten erfolge gegen
Osann (rh. mus. H [1843] s. 508) und Hahly (ebd. XV s. 531) nach, dasz
dort 363* von einem ganz andern aufsatz, nemlich über die charakter-
Zeichnung bei Homeros und andern dichtem , die rede sei als dem hier
286*^ berührten, in welchem Hippias vielmehr durch Nestor dem jungen
Neoplolemos eine Unterweisung zu rilterlicber tugend geben liesz, obwol
der Verfasser des gröszern Hippias selbst beide offenbar identificiert. 'un-
ter den Studien des Hippias wird auch erwähnt irepi ^uO/ii&v Kai dppo-
viiDv Ka\ Tpa^iM<iTUJV öpOÖTiiTOC (kl. Hipp. 368 "*] oder irepi T€ TPQ^'
jidTiuv buvd^eiuc Kai cuXXaßujv Kai ^uO^üuv Kai dpfioviuiv (gr. Hipp*
285 ^]. wie dpOÖTiic övo^druiv in der einen bedeutung der richtige
gebrauch der Wörter heiszt, so öpOÖTiic fpQ}i}x&TWV der der buchsta-
ben, die Orthographie, es handelt sich, wie man aus Xen. apomn. IV 4,7
deutlich sieht , um die einteilung der lautelemente nach ihrer verschiede-
nen qualitat in vocale, halbvocale und mulae und deren Unterabteilungen
und wieder die der vocale und silben nach der quantiiat. wegen der engen
Verbindung, in welche nun aber das puSfiiuv Kai äpfioviU)V hier mit
dem TpciftMdTUiV gesetzt wird, glaubt S. s. 157 f. auch bei den ersteren
ausdrücken nicht, wie bisher geschehen ist, an theorie der musischen
kunst denken zu müssen, sondern an den natürlichen sprachrhythmos
und den wortaccent , an den wollaut der ungebundenen rede, es ist dies
eine gute bemerkung, und insofern ist es ganz richtig dasz sich für die
anspielung auf theorie der musischen kunst als lehrgegenstand des Hip*
F. Susemihl: anz. v. N. Wecklein und M. Schanz über die sopliisten. 521
pias im Prot. 318' iiein ausdrflcklicher beleg anderweitig ßndet; allein
da jene anspielung für alle anderen lehrgegenstände , die sie in sich
schlieszt, arithmetik, georoelrie, astronomie, sich durch anderweitige
belege als zutreffend erweist, ist es nicht wahrscheinlich dasz sie nach
dieser richtung allein thatsächlich unrichtig sein sollte, und man wird
also doch annehmen müssen, dasz Hippias von der natürlichen melodie
und dem natürlichen rhythmos der spräche aus auf die strengeren gesetze
des rhythmos und der melodie im hereiche der kunst eingieug, dasz er im
rhetorischen Interesse auch rhythroik und harmonik heranzog und lehrte.^)
Auffallend ist es dasz weder W. noch S. sich die wichtige frage vor-
gelegt haben , ob die skeptische philosophie des Protagoras blosz erson-
nen war, um seinen eristisch- rhetorischen beslrebungen eine arl von
wissenschaftlicher rechtferligung und begrdndung zu geben , oder ob sie
umgekehrt ein ergebnis seines ernsten und ehrlichen wissenschaftlichen
nachdenkens war und vielmehr erst in folge seines ihm dergestalt zur
Überzeugung gewordenen skepticismus sich ihm , so zu sagen , die philo-
sophie in rhetorik auflöste und erst als consequenz seiner philosophischen
Weltanschauung sich ihm jene obersten grundsfltze seiner eristik und
rhetorik ergaben, von welcher mit anderen ausdrücken die sikelischen
rhetoren Korai und Tisias von vorn herein ausgegangen waren, dasz
jede Sache ihre zwei entgegengesetzten gleichberechtigten seiten habe,
und dasz es die höchste aufgäbe des redners und disputierkünstlers sei
die unwahrscheinlichere sache dennoch siegreich durchzufechten und
wahrscheinlich oder, wie er es ausdrückte, die schwächere zur starkem
zu machen, mir will es scheinen , als ob für die erstere annähme der
philosophische standpunct des Protagoras eine viel zu grosze innere be-
recbtigung habe und ein viel zu notwendiger durchgangspuuct im entwick-
lungsgange des griechischen und damit überhaupt des menschlichen den-
kens sei. auch würde es bei ihr schwer zu begreifen sein, dasz er trotz-
dem die sittlichen consequenzen seines subjectivismus nicht nur nicht
zog, sondern sich nach der Schilderung Piatons im gleichnamigen dialog
auf das lebhafteste gegen jede egoistische moral erklärte, wie dem nun
aber auch sei , jedenfalls ist es das gemeinsame von Protagoras, Hippias,
Prodikos, Euenos u. a. im gegensatz zu Gorgias, dasz sie nicht blosz
lehrer der rhetorik, sondern überhaupt der dp€Trj, mit andern Wor-
ten alles dessen sein wollten , was der mann auszer dem gewöhnlichen
jugendunlerricht noch bedarf, um tüchtig zu werden für sein wirken
im hause und zumal im Staate, um sich als solche lehrer von pro-
fession zu bezeichnen, nannten sie sich Sophisten, ausschlieszlich in
dieser eigenschaft würdigt Piaton, wie W. s. 2. 13 f. richtig hervor-
hebt, den Protagoras neben Hippias und Prodikos im Protagoras, als Phi-
losophen in seinem unterschiede von allen andern sophisten im Theätetos.
Gorgias , aus der schule der sikelischen rhetoren hervorgegangen , ver-
zichtet bereits ausdrücklich darauf lehrer der äp€Tirj oder sophist zu
4) die einteilnng der lautelemente und Silben selbst ward znr metrik
gerechnet, s. Aristot. poetik c. 20, 1466^ 33 f. 87 f.
522 F. Susemihl: anz. y. N. Wecklein und M. Schanz Qber die sophisten.
heiszen (Nenon 96^)^ nur redner und lehrer der beredsamkeit will er
genannt sein, nicht etwa aus bescheidenheit , sondern abgesehen davon
dasz der sopbistenname bereits früh in einen etwas flblen gerucb zu kom-
men begann, gerade umgekehrt, weil ihm die beredsamkeit für die alle
andern känste beherschende , umfassende und gewissermaszen enlbebrlicfa
machende kunst gilt (Gorgias 456*. Philebos 58*}. die gewöhnliche,
auf den bezeichneten unsittlichen principien beruhende rbelorik absor-
biert also bei Ihm bereits ausgesprochenermaszen alle anderen bestre-
buugen. gegen ihn zeigt daher Piaton im Gorgias, dasz diese rhetorik,
weit entfernt wirklich über die sophistik erhaben zu sein , selber nichts
anderes als die angewandte sophistik sei. als philosophen würdigt weder
er noch Aristoteles — denn das schriftchen über Gorgias unter des leti-
tem namen ist doch schwerlich echt — ihn irgend einer beröcksicfa-
tigung. S. s. 38 begnügt sich diesen umstand so auffallend zu nennen,
dasz er sehr einer befriedigenden erkUrung bedürfe; W. s. 57 ff. bemüht
sich selbst eine solche zu geben, er schlieszt gerade aus diesem schwei-
gen des Piaton (und Aristoteles), dasz die philosophische sehrifl des
Gorgias eine Jugendarbeit war und aus einer zeit stammte, in welcher er
sich noch nicht mit'der rhetorik beschäftigte oder, falls sie eine blosie
Vorschule und Vorbildung für seine rednerische ausbildung sein sollte,
doch noch nicht als lehrer der beredsamkeit aufgetreten war, und dasz
sie in jedem fall nicht geschrieben wurde , um seinen rhetorischen betrieb
zu rechtfertigen oder zu begründen, man sieht hieraus dasz W. die
obige, hinsichtlich des Protagoras übergangene frage bei Gorgias wol
in betracht zieht und sie hinsichtlich desselben In keiner der beiden vor*
hin bezeiclmeten weisen , sondern in einer dritten entscheidet, man Ihue
unrecht, meint er, den philosophischen standpunet des Gorgias dem des
Protagoras und sein Verhältnis zur eleatischen dem des letztern zur Hera-
kleitischen philosophie an die seite zu setzen, es finde zwischen dieser
Schrift des Gorgias und der lehre der Eleaten kein anderes verhillnis statt
als zwischen der sophistischen eristik , wie sie uns in Piatons Euthyde-
mos enlgegentrit , und der eleatischen dialekllk. Piaton habe sie daher
auch für nichts als eine jugendliche Spielerei und ohne bedeutung für
die Philosophie halten und ihr daher auch keine andere berücksichtigung
widmen können , als er jener sophistischen eristik überhaupt zuwende.
Man kann nicht verkennen dasz in diesen bemerkungen viel berech-
tigtes liegt, als begründung der rhetorik des Gorgias kann die schrift
allerdings unmöglich gedient haben : dazu schieszt sie viel zu sehr ober
das ziel hinaus, denn wenn nach ihr das gehörte schlechthin ein anderes
sein soll als das ausgesprochene, so wird damit nicht bloss die mittel-
lung wirklicher erkenntnis, sondern ebenso gut die blosze flberredong
anderer zu den eigenen subjectiven meinungen, überhaupt also jede
geistige einwirkung auf andere unmöglich, war die schrift also irgend-
wie ernst gemeint nnd nicht eine blosze erislische Spielerei, so musE sie
wol allerdings aus d^r periode des rhetors stammen , in welcher er die
rhetorik noch nicht zum gegenständ, geschweige denn mit solchem stolz
einzigen gegenständ seiner bestrebungen gemacht hatte, anderseits
F. Susemibl : anz. v. N. Wecklein und M. Schanz über die sophlslen. 523
waren indessen Zenon und Meiissos , deren argumente er in diesem buche
gegen sie selber wandte, kaum viel 5ller, vielleicht sogar etwas jünger
als er, und dasselbe ist mithin schwerlich vor seinen vierziger jähren ab-
gefaszt; doch fällt die eigentliche ausbildung einer theorie der redekunst
auch überhaupt erst in seine Jugendjahre, und es kann kaum ein zweifei
sein, dasz er sich in ihr erst dem wahrscheinlich jungem Tisias anschlosz.
nun ist es ferner wahr dasz Protagoras als philosoph ungleich höher als
Gorgias steht, der skepticismus des erstem ist von vorn herein jedem als
ehrliche Überzeugung klar und begreiflich , in den nihilismus des letztem
musz man sich erst kflnstlich von den gegebenen historischen Voraus-
setzungen aus hineinversetzen. Gorgias ist ausschlieszlich zerstörend und
seine beweisffihrung , wenn sie auch zum teil wirkliche Schwierigkeiten
berührt, doch durch und durch sophistisch, der satz des Protagoras vom
menschen als masz aller dinge enthält zugleich einen groszartigen posi-
tiven Wahrheitskeim, der in Sokrates und Piaton auFgieng, und seine
erkenn Inislehre, auf die Wahrnehmung beschränkt, ist vollständig richtig.
Protagoras zieht die auflösenden conseqnenzen der Herakleitischen lehre
so, dasz noch immer gewisse grundvoraussetzungen derselben i)ei ihm
bestehen bleiben; Gorgias macht mit elealischen mitlein auch mit der
eleatischen lehre wie mit jeder andern reinen tisch, aber anderseits liegt
doch diese Verschiedenheit in Wahrheit in der jener beiden alleren Systeme
selbst von denen beide ausgiengen begründet, und auch Protagoras warf
an dem des Herakleitos gerade das was an ihm das eigentümliche ist,
das gesetz des stetigen gleichmaszes der Umwandlung umt rückwandlung,
jenes einzige sein im werden , das sich aber eben im werden als ein vol-
leres sein bethäligt. Über den häufen; die argumente des Gorgias ferner
sind nicht sophistischer als die des Zenon und Meiissos , und genauer be-
trachlet liegt in ihnen dasselbe neue princip des empirischeu subjectivis-
mus, nur noch schärfer und sclmeidcnder ausgesprochen als bei Protago-
ras: bei letzterm bleibt der objective faclor noch eben so einfluszreich wie
der subjective und der mensch eben so sehr von den dingen abhängig wie
die dinge von ihm , Protagoras steht eben dadurch noch im Widerspruch
mit seiner eignen lehre von dem empirischen Individuum als alleinigem
masze, er ist positiver nur darum, weil er noch nicht ganz mit dem dog-
matismus der altera naturphilosophie gebrochen hat; Gorgias ist couse-
quenter, indem er auch diese letzte schranke umstöszt und damit diesen
Widerspruch hebt, freilich nicht ohne sich eben dadurch in andere, um so
gröszere zu verwickeln, indem das erwähnte neue princip durch ihn zu sei-
ner äuszersten consequenz gelangt, zeigt es sich, so aufgefaszt, in seiner
vollsten innero nichtigkeit, nicht als ein wirklich neues, sondern nur als
die vollendete selbslauflusung jener alten naturphilosophie, und zu dem was
es in seiner Umwandlung durch Sokrates zum wirklich weltbewegenden
ipositiven neuen princip aus dem alten wieder in sich aufnehmen kann und
musz, dazu hat allerdings Gorgias keine, wol aber Protagoras bedeutende
beitrage geliefert, und das ist denn auch wol der eigentliche grund,
weshalb Plalon sowol als Aristoteles es nicht der mühe werUi erachten
sich irgendwie mit Gorgias als philosophen noch weiter zu besciiäfligen.
524 F. Sasemihl: anz. v. N. Wecklein und M. Schanz Aber die Sophisten.
mit der Widerlegung der eleatischen philosophie und der elealischen ar-
guniente fieien ja ohne weiteres auch die seinigen ihrem ersten teile nach
in sich zusammen, positive ergebnisse lieszen sich aus einer eignen kritiic
derseliien för Piaton und Aristoteles nicht gewinnen, da es doch wol
auch noch auszerhalb ihres gesichtskrebes lag — und das zeugt fOr die
nicht geringe philosophische bedeutung des Gorgias — die wirklichen
Schwierigkeiten, die namentlich im dritten teile derselben angeregt waren,
als solche zu erkennen und sich an ihrer lösung zu versuchen, bei
einem eingehen auf die philosophische schrift des Gorgias hfttle also
Piaton ihn in der that nur als eristiker behandeln können, er hat es nicht
gethan. sein schweigen beweist daher nur, dasz er dies für unrecht,
und in Verbindung mit dem bilde das er im Gorgias von ihm entwirft,
dasz er ihn dafflr zu gut hielt, aus dem obigen erhellt dasz der philo-
sophie des Gorgias kaum eine geringere geschichtliche berechtigung zur
Seite stand als der des Protagoras; wer aber einen wirklidi geschicht-
lichen bereit ausObt, wie immer derselbe auch sein mag, pflegt auch an
ihn zu glauben und nicht blosz nur so mit ihm zu spielen, auch in die
Weltanschauung der Eleaten, so ernst es ihnen mit derselben war, müs-
sen wir heute uns erst künstlich hineinversetzen, dasz überdies Gorgias
auch später keineswegs den inhalt jenes buches als eine Jugendsünde zu-
rücknahm, sondern sich fort und fort zu demselben bekannte, dürfen wir
mit Wahrscheinlichkeit daraus abnehmen, dasz noch der schüler des
greises, dasz Isokrates es als eine durchaus ernst gemeinte lehre seines
meisters hinstellt, dasz nichts existiere (Helene S 3- v- vermögenstansch
S 268), man wird unter diesen umständen urteilen müssen, dasz auch
bei Gorgias das Verhältnis seiner rhetorik zu seiner philosophie kein
anderes war als bei Protagoras , zumal auch er nach Piatons Schilderung
die unsittlichen consequenzen der erstem nicht nur nicht zieht, sondern
im vollen widersprach mit sich selbst sich gegen jede unsittliche anwen-
dung der redekunst ausdrücklich verwahrt (Gorgias 456 ** ff.), ja es wird
wenigstens teilweise auch als folge seines viel radicalereu skepticismus
zu erklären sein, dasz er ungleich dem Protagoras, wie bemerkt, es
ausdrücklich von sich abwies die äpcTyj oder überhaupt irgend etwas
anderes lehren zu wollen als eben die beredsamkeit. die stelle im Gor-
gias 460% die hiermit in Widerspruch zu stehen scheint, ist wol kaum,
w*ie Zeller a. o. I s. 776 für möglich hält, dahin zu deuten, dasz er dies
erst in späteren jähren gethan habe, sondern soll uns nur zeigen, wie
Gorgias durch folgerechte kritik dahin gedrängt werden würde dennoch
unter umständen auch lehrer der dpeTTJ sein zu wollen, wenn anders er
den von ihm verleugneten, aber sonst unausbleiblichen consequenzen
seines standpunctes entgehen wolle, wenn S. s. 122 meint, Gorgias habe
blosz einen Unterricht in der äpei^) im allgemeinen geleugnet, weil er
eben einen allgemeinen begriif der äpcTt^ leugnete (Menon 71 * IT. Aristol.
Politik I 13, 1260* 27 IT.), unmöglich aber habe er das lehren einzelner
äpeToi oder fertigkeilen in abrede stellen wollen, da er ja selbst eioe
solche lehrte, nemlich die redekunst, so ist dies ganz richtig, sofern man
nur festhält dasz wenigstens er für seine person ausdrücklich keinerlei
F. Susemihl : aiiz. v. N. Wecklein und M. Schanz über die sopiiisten. 525
andere ferligkeit als eben nur diese lehren wollte, was die stelle des
Menon 95* unzweideutig besagt, natürlich konnte ihn seine radicale
leugnung alles erkennbaren und aller erkenntnis nicht daran hindern als
subjective meinungen auch naturphilosophische (Menon 76* ff.) und ethi-
sche bestimmungen, wie z. b. über die unterschiede der besonderen dp€-
Tai (s. die obigen stellen) auszusprechen, hinsichtlich der worte, die
ihm im Gor^ias 452 * über die macht der beredsamkeit in den mund ge-
legt werden, entscheidet sich S. s. 149 f. mit guten gründen dahin,
dasz sie nicht blosz gleichfalls dem Inhalt nach, was, wie W. s. 61 f.
wahrscheinlich zu machen sucht, auch von 456 f. gilt, aus einer wirk-
lich von Ihm gehaltenen epideiktischen rede zum preise der redekunst
stammen, sondern dasz bei ihnen auch sogar die form, der stil des Gor-
gias bewahrt ist, so dasz wir vielleicht geradezu seine eigenen worte vor
uns haben, dagegen zeigt S. s. 147 ff., dasz von der rede des Agathon
im gastmahl nur der schlusz diesen stil wiedergibt und wiedergeben soll,
vermutlich gieng also Agathon in seinen eignen werken, so sehr er sich
an Gorgias gebildet halte, doch nur stellenweise zu einer solchen platten
unmittelbaren nachahmung desselben fort.
Auch die frage , ob Gorgias ein förmliches lehrbuch (t^XVTI) ^^
rhetorik geschrieben, hat S. s. 129 — 131 einer erneuten gründlichen
Untersuchung unterzogen und, wie es scheint, mit erfolg nachgewiesen,
dasz die von Spengel (artium scr. s. 81 ff.) hiergegen geltend gemachten
gründe wenigstens nicht zwingend sind, dasz vielmehr die fluszerungen des
Aristoteles ir. cocpiCT. t\. c. 34, 183 ^ 37 ff. auch die deutung zulassen,
Gorgias habe in diesem lehrbuch statt der regeln meistens nur beispiele
gegeben, allein so viel richtiges er auch zu gunsten d^r ansieht beibringt,
dasz wir durch Phadros 261^'' genötigt würden wirklich an ein solches
buch auch von Gorgias zu denken, so iSszt doch die thatsache, dasz
nicht blosz von einer T^XVH ^^^ Nestor und Odysseus, sondern auch des
Palamedes hier die rede und unter letzterer eben nicht ein rhetorisches
lehrbuch, sondern die philosophische Streitschrift des Elealen Zenon ver-
standen ist, immer vielleicht noch die mögllchkeit offen aucli bei Nestor,
d. h. Gorgias, an rhetorische Schriften anderer art, specieile theore-
tische abhaudlungen sowie epideiktische reden zu denken, freilich wird
anderseits geradezu darauf hingedeutet, dasz unter Odysseus Thrasymachos
und Theodoros und unter Nestor Gorgias zu verstehen seien, bei Pala-
medes aber Zenon nicht so geradezu genannt, sondern versteckter 261''
durch den nachträglichen beisatz der ^eleatische' Palamedes zu verstehen
gegeben, dasz er gemeint sei.')
Ich habe (Plat. phil. I s. 135 f. 165; übers, des Kratylos s. 717 f.)
sogar fiür einen teil der eHstischen sfttze des Eulhydemos eine gewisse
6) der versneb von Cope (Journal of class. philol. III 1867 s, 264 ff.)
zu zeigen, dasz Piaton vielmehr den Alkidamas bezeichnen wolle und
für 'EXcaTiKÖv wol '€Xai(TT]v zu lesen sei, bedarf kaum einer Widerlegung,
dasz Piaton unter den verschiedenen rhetorischen lehrbüchern das des
Alkidamas nicht mit erwähnt, erklärt sich am einfachsten durch die
annähme, dasz es noch nicht existierte, als er den Phädros schrieb.
526 F. Susemihl : anz. v. N. Wecklein und M. Schanz über die Sophisten.
philosophische bedeulung und einen Zusammenhang mit der elealischen
lehre in ansprach genommen, dies will nun S. s. 100 f. entschieden
nicht zugeben, nflher kommt meiner auffassung W. s. 91 ff. , aber auch
mit ihm kann ich durchaus nicht in allen slflcken fibereinstimmen. zu-
vörderst ist doch 90 viel gewis , was auch W. besonders hervorbebt , dasz
nichts so sehr der entslehung der eristik jorschub leistete als die nega*
tive dlalektik des Zenon , und dasz Piaton selbst zugleich auch dies io der
eben besprochenen stelle des Phadros deutlich genug hervorhebt, und
ebenso gewis ist es dasz schon Parmenides den satz aussprach, das
nichtseiende könne auch nicht gedacht und ausgesagt werden, und dasz
eben dieser satz der ganzen eristischen beweisfQhrung im dialog Euthy-
demos, welche auf die Unmöglichkeit von falscher Vorstellung und aus-
sage, Widerspruch und Widerlegung gerichtet ist, wesentlich mit zu
gründe liegt, s. bes. 284 *~^. 286*. ein teil dieser von Piaton dem
Euthydemos und Dionysodoros in den mund gelegten beweisfflbruDg ge-
hört nun freilich nachweislich erst dem Antisthenes an , aber aus Erat.
386^ ersehen wir dasz auch Euthydemos aasdrflcklich, nur in veränder-
ter form, sich jenes satzes bediente, schon Heindorf hat daher mit reclit
bemerkt dasz, wenn es Euthyd. 286^ heiszt, die behauptung, Wider-
spruch und die Unwahrheit sagen sei unmöglich, werde auch von den
anhängern des Protagoras und den noch älteren im munde geführt, unter
diesen noch älteren vorzugsweise an die Eleaten zu denken sei , indem
diese behauptung der sache nach mit jenem ihrem satze zusammenfalle,
verstöszt es nun aber sonach wol nicht, wie auch W. urteilt, gegen alle
Wahrscheinlichkeit , dasz trotzdem Euthydemos jenen satz nicht von den
Eleaten aufgegrilTeu, sondern selbst erfunden haben sollte? richtig bemerkt
allerdings W. auch noch dies , dasz diese bestreitung der möglichkeit des
Widerspruchs usw. , die eigentlich der grundsatz der eristik und zugleich
auch wieder ihre Widerlegung ist, von Dionysodoros 285^ ff. nur wie
irgend ein anderer fangschlusz angeführt wird, aber er irrt, wenn er
meint dasz Plalon diesen grundsatz auf die Protagoreische lehre vom
reinen subjeclivismus als sein eigentliches logisches princip zurück-
führe, im gegenteil, die betreffende stelle Euthyd. 286^ besagt nach
dem eben bemerkten, dasz verschiedene von verschiedenen ansgangs-
puncten aus, vom elealischen und vom Herakleitisch-Protagoreischen, zu
dieser folgerung nicht blosz gelangt jseien, sondern auch gleich gut ge
langen konnten, umgekehrt geht daher aber auch W« nach der andere
seile hin viel zu weit, wenn er daraus, dasz Sokrates 2u Euthydemos
und Dionysodoros nichl ausdrücklich von Protagoras selbst, sondern nur
von o\ dficpl TTpuiraTÖpav spricht und erstere auch nicht auf das leiseste
zu den letztem in beziehung setzt noch auch sie irgend einen ihrer trug-
schlüsse — und so auch diesen nicht — irgendwie mit Protagoreiscben
mitlcln zu stände bringen läszt'), die andeulung herleitet, die erisük
habe ihren historischen ausgangspunct trotzdem nur von der eleati-
6) Anffallend ist es dasz noch Zeller a. o. I s. 764 f. vgl. 799 diese
klar sa tage liegenden thatsachen so vollsUindig verkennen konnte.
F. Suseniihl : anz. v. N. Wecklein und BI. Schanz Ober die sophisteo. 527
sehen dialeklik und nicht auch von Protag oras genommen, für die eristik
des Euthydemos und Dionysodoros ist dies richtig, aber sie waren doch
schwerlich die einzigen Vertreter der eristik , und wir haben keinen gruud
an der richtigkeit der nachricht zu zweifein , dasx auch Protagoras eine
Anweisung zu ihr geschrieben habe (DIog. IX 55 vgl. 52). vielmehr, wie
die sophistische skepsis sich teils an die Herakleitische und teils an die
eleatische lehre anhieng, so kann föglich auch von der sophistischen
eristik ein gleiches gegolten haben, wenn auch fOr diese der bedeuten-
dere anknQpfungspunct allerdings, wie gesagt, die eleatische dialektik
war. im Rratylos a. o. aber wird die summe der lehre des Euthydemos
ausdrücklich von der des Protagoras unterschieden^), selbst aber doch als
eine form des sophistischen skepticismus bezeichnet, ob nun freilich erst
Piaton diese summe gezogen hat, was durch das kot' €u6ubi]fiOV noch
keineswegs, wie S. meint, angedeutet ist, da ja S. selbst $. 36 f. das
KOT^ '€jLtiT€bOKX^a Im Menon 76^ ganz anders erklärt, oder ob der mit
ihr ausgesprochene satz wirklich ernst von Euthydemos gemeint war
und die begründung seiner eristik bilden sollte, wie ich annahm, darüber
läszt sich streiten; aber auch im erstem falle musz derselbe als eine
ebenso wol berechtigte consequenz der eleatischen lehre bezeichnet wer-
den wie die von Gorgias gezogene und wie die von Protagoras aus der
Herakleitischen entwickelte, und wir haben in den verschiedenen eristi-
schen Wendungen desselben auch so noch eine dritte — freilich , wenn
man will, noch gröbere — form der sophistischen skepsis anzuerkennen,
nach Protagoras ist alles relativ, nach Euthydemos alles absolut, nach
Gorgias ist gar nichts, der sache nach kommt dies freilich alles im gründe
schlieszlich auf dasselbe hinaus, noch eine vierte, sehr abgeschwächte
form trit uns bei Antiphon entgegen : s. Bernays rhein. mus. IX s. 255 f.
Nicht ohne Scharfsinn sind die bemerkungen, durch welche W.
s. 73 f. zu zeigen sucht, Piaton habe selbst genügend angedeutet, dasz
solche lehren, wie Thrasymachos sie im ersten buche der republik aus-
spricht, zwar ganz seinem Charakter angemessen, aber doch nie ihatsäch-
lich im ernst von ihm aufgestellt und vertreten seien, allein wäre dies
richtig, so könnte trotz jener wenigen andeotungeu Piatons darstellung nur
als ein pasquill bezeichnet werden, und das wäre wol der einzige fall
dieser art bei ihm, wie denn auch S. s. 54 f. 107 meint, dasz er den
Charakter des Thrasymachos wol etwas grell gemalt, aber sicher nicht
ganz aus der luft gegriffen, seine lehren aber, wie es scheine, ohne
Übertreibung dargestellt habe, und sind denn jene andeutungen wirklich
so durchschlagend? dasz Thrasymachos unverschämt genug ist von der
Vertretung solcher ansichten noch gar rühm und beifall zu erwarten
(338*), beweist doch noch nicht dasz er sie nur zu diesem zwecke vor-
tragt, obwol er sie gar nicht selber hegt, und dasz Sokrates ihn ermahnt
ihm so zu antworten wie er wirklich denke, und nicht so wie er glaube
seine sätze am besten aufrecht erhalten zu können (346*), kann auch
7) was sollte sonst oöb^ heiszen? Proklos, gegen den sich Zeller a. o. I
8. 764 Anm. 2 erklärt, bemerkt aUo gAuz richtig, ProtagorAS nnd Euthyde-
mos stimmten wol im resaltat, aber nicht in den ausgangspnncten überein.
528 F. Susemihl: anz. v. N. Wecklein und M. Schanz über die sophisleo.
sehr wol d^o sinn habeo , dasz er seiner eitelkeit und seinen nicht blosz
ernst von ihm gemeinten , sondern gerade mit besonderer Vorliebe von
ihm gepflegten sStzen zu gefallen auch erschleichungen und tragerische
künsle mit vollem bewustsein niclit scheuen wflrde. vollends 11 358^
kann kaum anders gedeutet werden , als dasz Thrasymachos dreist genug
dazu war das öffentlich auszusprechen , was tausend andere auch dachten,
aber doch nur in vertrauten kreisen zu äuszern wagten, mit mehr recht
glaube ich a. o. il s. 84 andeulungen in der republik dafür gefunden zu
haben , dasz nach Plalons ansieht umgekehrt der Charakter des Thrasy-
machos im gründe immer noch besser als seine grundsitze war.
Von dem was S. s. 128 — 143 in eingehender Untersuchung zur
erkUrung der bemerkungen Piatons im Phildros ober die Verfasser rhe-
torischer lehrbOcher beibringt , hebe ich hier nur noch die richtige Ver-
besserung TT(&c Kfiiy cppäcojLiev 267 ° hervor, die erörterung , was er
im übrigen wirklich haltbares neues geleistet und wo er Spengel wirklich
etwa ergSnzt oder berichtigt habe, wflrde mich hier zu weit fahren, da
mein berichl ohnehin schon zu grdszerer ausdehnung , als ich wünschte,
angewachsen ist.
Greifs WALD. Franz Subbxihl.
72.
Zu SOPHOKLES PHILOKTETES.
V. 227 f. sind in folgender gestalt fiberliefert:
dXX * olKxicavTcc fivbpa biicnivov, jitövov,
fpriMOV dib€ KäqpiXov KaXou^€VOV
qpuJVf^caT'.
dies wflrde heiszen *und der freundlos genannt wird', aber die in Ka-
Xou^6VOV enthaltene möglichkeit dasz Philoktetes nur so genannt werde,
nicht aber in Wahrheit fiqpiXoc sei, widerstreitet dem Zusammenhang,
der statt einer abschwächung eher eine Steigerung in der beschreibung
seiner unglflcklichen läge erfordern wflrde. KaXou^6VOV ist daher fast
von allen herausgebem als unrichtig erkannt worden , und man hat statt
dessen vielerlei vorgeschlagen: KaKOU^6VOV, kukXo0^6VOV, KÜuXou^e-
vov, 1^UJXou^€VOV , KaXou^evoi, was alles nicht recht befriedigen will
oder sich von der flberlieferung zu weit entfernt, ich möchte vorschlagen
KdXuJ^evov zu schreiben, wie v. 174 in der Schilderung von Phi*
loktetes zustand äXu€i gesagt war. das gefuhl der einsamkeit entsteht
bei äXäcGai in geschärftem masze. auch das auseinanderlegen des freund-
losen umherirrens in zwei selbständige parallele giieder (freundlos und
umherirrend] ist passend: die häufung von bezeicbnungen seiner läge
entspricht dem immer neu sich aufdrängenden gefflhle der Verlassenheit
das KoXaijievov der voralexandrinischen handschriften gieng durch einen
naheliegenden reflexionsfehler in KaXou^evov Aber.
Tübingen. Wilhelm Teüfpel.
J. H. Gh. Schubarl: Verschiebungen im Pausanias. 529
73.
VERSCHIEBUNGEN IM PAUSANIAS.
'Non uno loco verba, versus, sentenüae per incuriam omissae, dein-
ceps margini adscriptae in locum ineptum se insinuarunl maiimasque
turbas procrearunC : so halle ich mich in der Teubnerschen ausgäbe des
Pausanias geäuszert, und auch an einem andern orle (bruchslücke zu
einer melhodologie der dipl. krilik s. 83 IT.} habe ich anlasz genommen
auf diese Störungen hinzuweisen, welche sich durch Versetzungen von
gröszeren oder kleineren salzteilen beseitigen lassen, bei der bedcutung,
welche die sache für die lexleskritik möglicherweise haben kann , dürfte
es nicht unersprieszlich sein auf eine genauere Untersuchung dieses
gegenständes einzugehen und durch Zusammenstellung einer reihe von
beispielen aus einem einzelnen schriftslelier nachzuweisen, dasz durch
eine berichtigende Stellung verschobener satzteile manche Schwierigkeiten
gehoben und den Schriftsteller verletzende urteile als unbegründet nach-
gewiesen werden können, ich wähle dazu wieder den Pausanias: Haus
in amore mori.'
Was zuerst deu anlasz solcher Versetzungen betrifft , so ist derselbe
manigfacher art, und es wird wol kaum thunlich sein geselze oder regeln
aufzustellen , wo blosze Zufälligkeiten eine so bedeutende rolle spielen,
dennoch aber möchte es rdlhlich erscheinen wenigstens gewisse gesichts-
puncte festzustellen, wodurch eine metliode begründet und die willkür
in möglichst enge grenzen eingeschlossen wird, diese schüdllcbste feiudin
jeder wahren Wissenschaft, die um so schädlicher fortwirkt, je blendender
sie auftrit.
Selbst dem sorgfälligsten abschreiber kann es begegnen, dasz er
bei augenblicklich nachlassender aufmerksamkeit hie und da im contexte
Wörter anders stellt als er sie im originale vorfand, hatte diese Umstel-
lung auf den sinn keinen einQusz, so enthob er sich der berichtigung um
so leichter, da er seine abschrift durchaus nicht in der absieht verfaszte,
um künftigen editoren malerial zur lexleskritik zu liefern, fand sich eine
solche Umstellung in der handschrift, welche allen unsrigen zu gründe
liegt, so wird eine abhülfe kaum möglich sein, und wir werden uns
trösten müssen , wenn wir etwa irgendwo ytifa Kai xaXöv finden , wo
der Verfasser selbst xaXöv Kai ^ii'fOi geschrieben hatte. *) freilich sind
aber nicht alle fälle, wo einem abschreiber solche Umstellungen unwill-
kürlich in die feder kamen, von gleicher befleutungslosigkeit wie in dem
angeführten beispiele; es kann im gegenteil die Versetzung eines wört-
chens einen wesentlich veränderten sinn herbeiführen, so erzählt Pausa-
nias (5, 11, 9), Pheidias habe sich nach Vollendung seines Zeusbildes
vom gölte ein zeichen erbeten, ob er mit dem werke zufrieden sei; so-
gleich habe da ein blitz eingeschlagen, Iv6a ubpia Kai diriGima ic i\ik
fjv f| X^^K^ sagen alle ausgaben bis auf die Bekkersche einschlieszlich ;
*) ich spreche überall nur von Prosaschriftstellern.
Jahrbacher für elus. philol. 186S hft. 8. 35
530 J. B. Ch. Sehubart: verschiebusgen im Pausaoias.
wir dürfen also annebmeo, dasz sieb so in der hs. von Venedig und einer
von Paris findet. Siebeli« nennt dies ein« ^noUbilis sUuetura'; freilich^
aber auch der sinn wäre *hoUbi1is' : denn die worte können nichts ande-
res bedeuten, als an der stelle sei eine ubpia und ein diriOnMOi gewesen ;
was fftr ei» dwi^po denn? alle vergnehene» hss-. haben ^Ocpöbpia
na\ ic ifjA iftt^pia fjv f| x<]AKf)i' <K& eherne hyifaia also, welche Fama-
nias msibsl noch sah, war ebea das dTriOr^^ef. Ihnlieh ist die stelle 8,
11, 6. hier heiszt es nm Grylos, dem Mhne Xenophons, der in der
Schlacht bei Mantfnela den Epameinondas getötet haben seilte : ^orfvovrott
o\ Mctvttvcic rpOXov iMijüiodqe T€ ednlioevTCC kqI fvOet Arecev dva-
Mrrec cIköv« irA cti\lkr\c. .nun aber war Grylos drauszen aruf dem
schlachtlelde g'cfallen, und seine stele stand in der stadl, nahe beim
tbeater (8, 9, 5). gewis hat daher A. Schaefer (rfaeini museum V [1647]
s. 61 s:^ Demosthenes und seine zeit III 2 s. 13} das richtige gefmden,
wenn er Ka\ hinter ^Ttecev versetzt, neeh mag eine in der kunatge-
scbkhte hamfigf, und zwar wie es seheint ohne anstosz, benutzte stelle
2, 4, 5 besprochen werden, es heiszt hier von den werken des Didaloa,
sie seien zwar diOTruiTCpa tfp^ Äipiv , irnnp^ei bk finufc ti Kat iv-
6€0V TOUTOic. so können die worte ursprünglich nicht gestanden haben,
will man TOtJTOic beibehalten (nach der herkömmlichai Wortstellung
mfiste es notwendig aÖToTc heiszen), so musz k(x\ seinen platz hinter
IvOeov einnehmen; und da Ti zu fvSeov gehört, so werden wir wol
die wahre Wortstellung dem Pausanias wiedergeben , wenn wir sehreiben
flm»C £v6€6v Tl KOA TOUTOIC.
Weit hanfiger als diese unwillliärlich sich einschleichenden wort-
umstellnngen sind die verscbrebongen , welche durch berichtigungen am
rande, die am ungehörigen orte eingefügt wurden, ihre erkl&rung finden,
diese setzen in der regel eine lOcke im texte voraus, hatte der abschreiber
oder ein eorrector bemerkt, dasz im texte ein salz, ein wort oder selbst
nur ein Wertteil ausgelassen sei, so trug er dieses am rande nach ; war der
ausfall klein, so geschah es an der seile; nahm er einen gröszem räum
in anspruch, am obern oder untern rande, und zwar oft genug ohne ver-
wetsunfszeichen. hier erforderte es schon eine gewisse nicht Immer
vorauszusetzende achtsamkeit, wenn eine solche berichtlgung gehörigen
orles eingefügt werden sollte, besonders wo es sich um ein wörteben
oder den bmcbteil eines wertes handelte, diese brachte man leicht im
texte da unter, wo sie ohngefahr am rande standen, da ich über diese
art von Verderbnissen an einem andern ort ausführlicher gehandelt und
die erforderlichen beweise beigebracht habe , wird es genügen hier nur
auf einige stellen beispielsweise hinzudeuten, von den stympbalischen
vögeln stellt Pansanias 8, 22, 6 die Vermutung auf: buvaiTO &v ttcto-
}iiyr\ iTorfe äiröfiotpa Ü auTuiv Ic 'ApKabfoev d<piK^cGai. hier ist
mehreres bedenklich ; was soll denn 1T6T0^^vr| bedeuten ? auf das fliegen
kam ja gar nröhls an. und dann das wort dTr6^0Ipa! im Sprachschätze
des Pausanias fand es sich schwerlich, wie er diesen begriff ausdrückt,
sehen wir 7, 3, 8 lijuvujv d<piKO|i^vuJV poTpa li auroiv irXavu/jLi^vii.
9, 19, 1 TeXxivujv äqpixojit^vujv jitoTpa. zudem deuten auch die varian*
J. H. Ch. Schubart: Verschiebungen im Pausanias. 531
ten ^oipa, fijütoipa, dtröfioipa eine liefer liegende eorraptel an. Pausa«
nias mag wol gesehrieben haben: buvatTO ftv äTrorrcTO^^vii ttot^ potpa
li aindjy. -^ Es mag mir erlaubt sein nochmals auf die fielbesprochene
stelle 1, 19, 1 zurfickznkommen. Ich hatte hier anstosz genommen an
dem ausdruc^ de liiiniXÖTCpOV, welcher dem in solchen dingen ziemlich
feststehenden sprachgebrancbe des Pausanias*) zu widerstreitoB schien,
und glaubte den sonstigen Schwierigkeiten der stelle dadurch abzuhelfen,
dasz ich £c für ein an unrichtiger stelle elngefdgtes wörtchen hielt, dem
ich seinen richtigen platz vor töv 6poq>ov anwies, noch bin ich der
ansieht, dasz dies die einfachste herstellung ist, zumal da sie die ent-
stehung des verschiebens erklärt, ein kOrzlich gewagter Vorschlag statt
TÖV dpocpov zu schreiben TÖ dptoevov mag auf sich beruhen.
Gehen wir zur Verschiebung ganzer sätze über, se wird sidi diese
kaum anders erkl&ren lassen als dadurch dasz sie an den rand geschrieben
(an den seitem - , obem oder uniern rand , je nachdem der eine oder der
andere den bequemsten räum darbot) und dann am ungehörigen orte einge^
fdgt wurden, ausdrücklich mag es dabei ausgesprochen sein, dasz solche
dem rande beigeschriebene bemerkungen, nachtrage, bericfafigungeii
möglicherweise schon von dem Verfasser selbst herrühren
konnten; wenigstens bei Pausanias kommen mehrere stellen vor (dar-
unter einige der unten zu besprechenden), ^e ich mir nur durdk diese
annähme eiicUren kann, die durch nachlässigkeit der abschreiber ver«*
schuldeten ausfSlle hangen zwar groszen teils von unberechenbaren zu^
nilligkeiten ab; dennoch aber wird es gerathen bleiben auch hier wenig-
stens einige merkmale festzuhalten , damit nicht die annähme von lücken
und ganz besonders deren stets mlsliche ausfüllung unwissenschaftlicher
beliebigkeit unbedingt anheim gegeben werde, es braucht nicht in abrede
gestellt zu werden, dasz unter den abschreibern sich manche recht un-
wissende leute befunden haben ; man kann unbedenklich zugestehen, dasz
auch bei den besseren und besten ermfidung oder Zerstreuung alle arten
von irtümern, und also auch auslassungen , verursacht haben mag; den-
noch aber erfordert es die gerechtigkeit , in den abschreibern im allge-
meinen immerhin vernünftige, ja gebildete mflnner vorauszusetzen, ver-
fuhren sie bei ihrer arbeit lediglich mechanisch und ohne kritik, so sollten
eigentlich ihre strengen tadler gerade dafür dankbar sein, indem ihnen
selbst eben dadurch das feld für die schönsten conjecturen eröflbet wor-
den ist. als häufigste Ursachen von lücken, und in zweiter reihe von Ver-
schiebung der ausgelassenen Satzteile dürfen wir wo! das auslassen von
einer oder selbst zwei zeilen und das abspringen von einem gleich lauten-
den oder gleich endigenden worte zu anderen annehmen, je wahrschein-
licher sich eine dieser Veranlassungen nachweisen iSszt, desto begründeter
*) aas demselben gründe babe ich auch 8, 32^ 6 ^c OcTcpov bean-
standet; nie sagt Pausanias so; ganz in seiner art ist es aber, wenn
wir ic TiXioy Ücrepov schreiben, auch 9, d4, 2 ist mir ic Tplc ^mX^et
anstöszig; die meisten hss. haben ic Tpelc. vielleicht war in der urbs.
ßiufiöv, Tp^ic 4iiiA^T€i geschrieben; die übergeschriebene correctur ic
gleng dann in ^c über.
35*
532 J. H. Ch. Schubart: Verschiebungen im Pausanias.
ist auch die annähme einer übrigens schon sich empfehlenden Verschie-
bung, dennoch aber darf man nicht auszer acht lassen dasz, so wie es
manche conjecturen gibt, die, trotzdem sie sich paläographisch nicht
begründen lassen, doch die gröstmdgliche evidenz haben, ebenso auch
lacken und in deren folge Versetzungen möglich sind, deren anlasz sich
einer diplomatischen nachweisung entzieht, und die nichtsdestoweniger
aus anderen gründen den höchsten grad von Wahrscheinlichkeit haben
können, es soll nicht in abrede gestellt werden, dasz der gröste teil der
zu besprechenden stellen dieser art ist , dasz sie also mehr in der innem
Wahrscheinlichkeit als in diplomatischen beweisen ihre begründung suchen,
es sind sämtlich in sich abgeschlossene sStze.
Im 17n capitel des ersten buches spricht Pausanias % 2 — 6 vom
Theseustempel in Athen, nachdem er ein gemälde des Mikon beschrie-
ben, welches eine begebenheit aus der Jugend des Theseus darstellte,
geht er ohne alle Vermittlung auf die verschiedenen sagen über den
tod des heros über, knüpft hieran einige notizen über das thesprotische
land und anderes, und schlieszt mit der bemerkung, der tempel sei erst
erbaut worden nachdem Kimon Skyros, um den tod des Theseus zu
rächen, verwüstet hatte, hier vermiszt man allen richtigen gedanken-
gang, der aber genau hergestellt wird, sobald man die worte 6 jbi^v hi\
6r|c^uic C11KÖC bis t& öcrä KO^icavroc Ic 'AOi^vac vom ende des
capitels heraufholt und $ 3 hinter iK Tf)c GaXdcoiC einschaltet, es
bleibt freilich für jeden fall das doppelte bedenken, dasz höchst aaf-
fallenderweise das wort cr)KÖc bei Pausanias nur an dieser einzigen
stelle vorkommt, und dasz der ausdruck ct)köc ^T^veTO 'A6r)vaioic
beispiellos zu sein scheint.
1, 24, 3 — 6. sehr ansprechend hat K. F. Hermann vermutet, dasz
die Worte TTerroinTai bi Kai tö cpuTÖv bis dvacpaivujv TToceibwv von
ihrem ursprünglichen platze verdrangt, hinter öir^p Tf)c nllC (S 5) ein-
zufügen seien, geben wir dem worte KÜ^a den artikel , der ihm ebenso
wol gebührt als dem qpUTÖV , so wSre es eine zeile von 61 buchstaben,
welche übergangen, dem rande beigeschrieben und dann am ungehörigen
orte eingefugt wäre: vgl. SW. i s. XXVIU. Hermanns Vermutung hat
Kayser mit beifall aufgenommen.
3, 18, 11 — 15. schweren, zwiefachen tadel hat sich Pausanias
wegen dieser stelle von einem namhaften archäologen zugezogen , der es
unverantwortlich findet, dasz der perieget den Minotauros und den mara-
thonischen stier nicht zu unterscheiden verstanden habe, und dasz er
einem künstler wie Bathykles zutraue , er könne an einem und demselben
kunstwerke eine scene zweimal angebracht haben, an einem andern orte
glaube ich den armen schriftsteiler in bezug auf beide vorwürfe zur ge-
nfige verlheidigt zu haben ; vielleicht gelingt es den zweiten gänzlich zu
beseitigen, wodurch selbst der vorwand zum tadel wegfallen würde,
nicht die zweimalige darslellung, jedenfalls in ganz verschiedener auf-
fassung des moments, kann anstöszig sein, wol aber der umstand dasz
S 11 die Worte töv bfe Mivui KaXou^evov TaOpov . . drÖMevov öttö
ÖTjc^UJC iluiVTa völlig zusammenhangslos dastehen. vortrefOich aber
J. H. Ch. Schubarl: Terschiebuiigen im Pausanias. 533
fögeB sie sich $ 15 hinter 6r]c^iüc rrpoc TaOpov töv Mivu) ein. es
wären 91 buchstaben ausgefallen; die lüciie 5 , 1, 10 in M enthält 69
buchstaben.
4, 12, 4. in dem Orakelspruch versetzt Kayser (z. f. d. aw. 1848
sp. 1083] den 5n vers hinter den 7n , wo er allerdings passender steht.
4, 27, 4. G. Kräger (in diesen jahrbfichern 1861 s. 484) meint, die
Worte d)c bk f) TcXeTrj ccptciv äv€upr]TO . . KaTertOcvro ^c ßißXouc
stehen hier auszer allem zusammenhange und dürften daher nach Strei-
chung der Partikel jüi^v vor 8cot, welche erst nach eingetretener Ver-
schiebung durch das folgende bi hervorgerufen sein möge, 4, 26, 8
hinter die worte irap& M€Ccr|vT)V Tf)V Tpiöira zu stellen sein, mir
scheint bei der hergebrachten lesart alles vollkommen passend ; die Ver-
bindung tritt noch deutlicher hervor, wenn man den abschnitt mit übe
hi f) TcXcTf) beginnt und hinter ßißXouc die kleinere interpuncUon
setzt, wie es in der Teubnerschen ansgabe geschehen ist. daaz abschrei-
her durch ein fi^v veHeitet im folgenden de suo ein bi einfügten, mag
wol dfler vorgekommen sein; ob aber ein ^^v wegen eines folgenden b^?
5, 15, 12 unterbrechen die worte örröca hk ^bouciv . . oi) X^-
fouav den richtigen Zusammenhang; sollten sie nicht $11 hinter tc
TÖV XöfOV zu setzen sein? die ähnlichkeit der schluszworte in beiden
Sätzen kdnnte die auslassung verursacht haben.
5, 19, 7. M. Zink (in Urlichs Verhandlungen der philol. gesellschaft
in WQrzburg) schlägt vor die worte K^VTQupoc bk . . dvbpöc ^CTtv vor
X^T€Tai b^ S ^ einzuschalten, dasz die beiden stellen in beziehung zu
einander stehen, scheint mir schon durch den artikel töv vor KdvTaupOV
bewiesen zu werden ; es fragt sich nur, ob es nicht sich empfehlen sollte
lieber die zweite stelle hinaufzurücken und den werten ävbpöc dcTiv an-
zuschlieszen. die reihenfolge der gruppen dürfte so passender erscheinen.
5, 21, 8. an einem andern orte habe ich schon nachgewiesen, dasz
die worte o\'tiv€C . . i£rwu&^ an dieser steile durchaus sinnlos sind
und nur % 5 hinter Zri^icic imö 'HXeiuJV einen richtigen platz finden,
die Sache scheint mir zweifellos und hat auch mehrfachen beifall ge-
funden, namentlich von Kayser. übrigens hat die notiz an sich auch noch
ein weiteres interesse, in bezug auf die quellen des Pausanias und auf
die abfassung seines buches ; zugleich ersehen wir, mit welcher gewissen-
haftigkeit und Sorgfalt er dabei zu werke gieng. gerade solche unwill-
kürliche äuszerungen in unbedeutenden dingen beweisen am sichersten.
6, 21, 3 — 5. es ist bekannt dasz man mehrere Schwierigkeiten,
welche die route von Arkadien nach Olympia bietet, durch die annähme
einer Verwirrung in den notizen des reisenden zu beseitigen gesucht hat,
und man darf wol hinzufügen, wenigstens teilweise mit erfolg ; immer aber
bleiben noch bedenken genug und rechtfertigen den verdacht einer tiefer
liegenden Störung, die worte btaßdvTUiv iroTa|Liöv 'Epu^avGov S 3
bis iyrbc Tf)c £cr) Tf)c TTicaiac verfolgen die route von Arkadien nach
Olympia, während sie so gegeben werden, als führe uns der Wegweiser
nach seiner üblichen weise von Olympia als ausgangspunct nach der
grenze hin. hier haben wir die erste Verwirrung in den notizen; der
534 i* H. Ch. Schubarl: Verschiebungen im Pausanias.
perieget bat die Umstellung seiner roule unterlassen, uns aber gerade
dadurch den beweis gegeben , dasz er selbst von HerSa aus nach Olympia
gekommen ist. hat diese Vermutung ihre berechtigung , so fallen damit
die von E. Gortius (Pelop. II s. 115 n. 80) ausgesprochenen sitze, und
man darf daraus vielleicht folgern dasz selbst iKcnntnis des landes allein
nicht hinreicht den text des Pausanias kritisch festzustellen, hat man
nun die angedeutete Umstellung vorgenommen, $q bleibt ein weiteres
bedenken S ^ iQ den worten biaßi^cq • . töv 'AXq>ei6v. nicht der
Alphei^s ist zu Aberschreiten, sondern der Leukyanias. Curtius (Pelop. II
s. 106 n. 50} schlug daher vor TÖV itoTa^6v (d. h. AeuKuaviov) zu
schreiben, und es fand dieser verschlag den beifall Kaysers (in diesen
jahrbOchem bd. 70 [1854] s. 413). Michaelis dagegen (philologus XXIV
s. 166 f.) Uszt t6v 'AXq>€iöv unberührt, will aber thc OpiHaioc ge-
sctirieben wissen statt tt^c TTtcaiac. es fahrt dieses zu der hier nicht
zu erörternden frage, in wie weit mau thatsSchliche berichtigungen zu
teitesinderungen verwenden dürfe, dasz ein irtum hier obwaltet, ist
unbestreitbar; ob dieser aber von einem abschreiber oder von Pausanias
selbst herrühre (d. h. von einem Schreibfehler des Pausanlas : denn dasz
er den Leukyanias gemeint habe, ist auch mir sehr wahrscheinlich),
wird sich schwerlich durch eigne beaugenscheinigung der localitftt fest-
stellen lassen, bei der Verwirrung, welche diese ganze partie des buches
st&rt, wird es wol das sicherste sein den text unberührt zu lassen und
die berichtigung der interpretation zuzuweisen — ein setz welcher der
überhebung mancher reisenden gegenüber, nicht an dieser stelle allein,
aufreciit erhalten werden musz. mag sich übrigens diese sache verhalten
wie sie will, noch bleibt ein anderes bedenken, nach % 3 war der perie-
get über den Kladeos gegangen (von Olympia aus) und beschreibt nun
das grabmal usw. des Oenomaos; dann fahrt er fort: öpot bk Tipdc
'ApKdbac Tfic xuipac Tä ^kv iropövra 'HXeiotc , ra bk II äpx^ic o\
ainol TTtcaioic KaOecrfJKCcav dv^xovTec icarä Tdbe. demnach würde
der Kladeos die grenze zwischen Arkadien einerseits und Elis oder früher
Pisa anderseits gebildet haben, was unmöglich ist. ich vermute nun,
dasz der angeführte satz verschoben und % 5 hinter ivrdc T^C icq Tfic
TTicafac einzufügen ist. hier ist die bemerkung vollkommen ricbtig, und
wie auf dem linken Alpheiosufer der Diagon, würde auf dem rechten der
Leukyanias grenzflusz gegen Arkadien sein.
8, 12, 1. dasz dieser excurs über die verschiedenen eichenarten
Arkadiens hier ohne allen Zusammenhang steht, ist einleuchtend, ich
hatte daher eine Verschiebung angenommen und vorgeschlagen diese
ganze noUz cap. 11, 1 hinter bid Ttliv bput&v einzuschieben, die Ver-
mutung hat die biUigung Krügers erhalten. Kayser dagegen (in diesen
Jahrbüchern bd. 70 [1854] s. 421), auf dessen urteil ich groszen werth
lege, meint *auch dort unterbreche der excurs in anstösziger weise
den gang der reisebeschreibung'. die bemerkung ist allerdings richtig;
jedoch darf man nicht auszer acht lassen, dasz jede solche gelegentliche
Dotlz den Zusammenhang unterbrechen musz , und dasz es schon genügt,
wenn die episode überhaupt nur motiviert ist. im vorliegenden falle
J. H. Gh. Schubart: Verschiebungen im PausaniM. 535
lehlt an der stelle, wo wir sie jeut finden, jeder anlas«; einen soldien
finden wir wenigstens «ap. ll , 1. in der orhandschrift »ilste . . &i&
Tuiv tfn}&y in einer der ersten zeilen der seite gestanden haben, die
notiz von den eioben asn unlern rande.
8, 18, 7. dasz die worte Oucioic T€ diroppHTOic xal ica0af»Mdic
nicht Mer, sandern hinter 4v ^Apr^boc kpi}) ihren ridlitig«ia plata
haben^ habe kh schon in der Teubnerschen ausgäbe bemerkt, nicht ohne
hilligung EU finden, ebenso 0, 5, 14 die versetsung der worte ic Kai-
icau «ebiav iXotuvovri lunter das vorhergehende xai töv 6^pcavb|K>v
»it der notwendigen Änderung iXaüvovra und «infflgung von dicoOaveiv.
9, 25, 2 <bciicvvrai . . iat&Tr\y Ik Atdc ist hier ein ganz unpassen-
des, den znsaminenhang zerreiszendes einschiebsei; doch habe ich noch
flicht gefunden, wo der satz einzureihen ist; vielleicht am ende des $ 2
toter iiK\^4pifriv ti^v mipdv. wenigstes^ sehe ich in der nAhe keine
stelle die bessere ansprflcbe hätte.
10, 23, 3. diesen ganzen paragraph von äir^tovov bis ic AeX»
q>ouc versetzt Krflger an das ende des % 10 uirö toC At^oG, und es
iäszx sich nicht leugnen dasz seine jeizige stelle ebenso unpassend ist,
als die nen angewiesene unn- und saahentaprechend sein wdrde.
10, S^, 5. kfirzlich ist der vorsohhig gemacht worden vor ^c ^
ToO vooO lö kuiTdru) den ganzen 3n paragraph des ISn capitek t&v
•&i dTTÖ AeXcpäiv . . cqnav inoit\C€ einzuschieben, aber angenommen
auch, es läge fOr diese Versetzung eme innere wahrscheinJicfakeit im höch-
sten grade vor, so würde doch die fri^e, wie in aller weit «in Im teate
ausgelassener satz sich ao weit weg habe verirren können, hinreichen
am die unzulAssigkeit des Vorschlags darzuihun. alles was Ober den
räum einer seite der handschrift hinausgeht, führt ins bodenlose und ver-
langt positive beweise, wenn man ihm wahracheiniichkeit zugestelien soIK
Kassbl. Joh. fisiNBiGK Ch. Sorubast.
74.
SPRACHVESGLEICHENDES ÜBER DIE NUMEBALIA.
Zu den rAthseUiaftesten eracheinungen auf dem gebiel« der spräche
gehören die zaiil w<ör ter. wo ist Jiier, bei dem schlechthin be^grif-
lasen, ^ualilätslosen, das medium zwischen laut oder lantgefOge und
•den gfisgenstAnden, welches sonst in der Ähnlichkeit der empfindungen,
die gewisse lautverbindungen und die durch sie bezeichneten dinge nüt
deren lebenaftuszerungen in uns hervorrufen , last überall sich uns naehr
oder minder deutlich zu erkennen gibt und auch da, wo von unmittelbarer
nachahmung der laute durch laute, hie und da auch der formen der dinge
durch die gestalt die beim reden der mund anniml, nicht mehr die rede
sein kann, einen schlflssel für das geheimnis der sprachbildung darbietet?
Und wie wunderbar, dasz doch, wie vrillkürllcb hier immer die
sprachen in festtteUnng der iiedeutung der laute verfahren zu sein schei-
nen, dieselbe sprachfamilie — ich erinnere an die vornehmlich von Bopp
536 Eduard Müller: sprachvergleichendes über die numeralia.
vergleichende gramroatik band H s. 55 — 100 der 2n ausgäbe und J.Grimm
geschichie der deutschen spräche s. 239 ff. auf das klarste und vollstän-
digste nachgewiesene öbereinstimmung , die in den arischen indogerma-
nischen sprachen, namentlich sanskrit, griechisch, lateinisch, deutsch,
rflcksichtlich ihrer Zahlwörter herscht — im wesentlichen gleiche, nur
nach den allgemeinen gesetzen der lautumwandlung verluderte Zahlwör-
ter hat, so zwar dasz auch die einfachsten und notwendigsten derselben,
bei denen an eine entlehnung von auszen her nicht wol zu denken ist,
die derselben familie angehörenden sprachen mit einander gemein haben !
Doch ich beabsichtige hier nicht die vielen mehr oder minder glfick-
lichen versuche dem geheimnis der entstehung der Zahlwörter auf die
spur ZU kommen mit einem neuen zu vermehren, nur auf eine merk-
würdige Übereinstimmung zweier sonst in ihren Zahlwörtern wie auch
überhaupt weit auseinandergehender spracbfamilien , der semitischen mit
der arischen*), möchte ich, da ich, soweit meine litteralurkenntnis reicht,
ihr noch nicht die genügende beachtung gewidmet gefunden habe, die
aufmerksamkeit der Sprachforscher hinlenken.
Ich meine die Ähnlichkeit der sprachlichen bezeichnung der 6 und 7
in beiden spracbfamilien: denn dasz nicht nur schibea^ scheba nebst
den ganz ahnlich lautenden syrischen und arabischen bezeichnungen der
siebenzahl ifiit saptan^ iTrrd, Septem usw., sondern auch schischaj
schesch usw. mit schasch^ SE, sex usw. wesentlich eins smd, wird
wol niemand bezweifeln wollen; während die ersten 5 zahlen, nur etwa
die 1 ausgenommen, für die allerdings sanskrit und hebräisch fast gleich-
lautende bezeichnungen darbieten , in beiden ganz verschieden lauten.
Hier liegt denn nun wol die annähme ganz nahe, dasz die Völker
arischer abkunft zunächst bis 5 zu zählen , oder wenigstens nur so viel
Zahlwörter, durch deren Zusammensetzung ja leicht auch immer noch
gröszere zahlen bezeichnet werden konnten, zu bilden sich begnügten —
wofür ja auch das griechische 1^€^1Td£6lV für ^zählen' spricht — die
Völker semitischer abkunft aber schon ihre nicht blosz für das jüdische
volk, sondern auch für Babylonier, Phönikier, Araber hinreichend be-
zeugte siebentägige woche (s. A. v. Humboldt kosmos HI s. 471. E. Cur^
tius griech. gesch. I s. 33) von vorn herein für alle sieben ersten zahlen
besondere lautbezeichnungen zu schaffen antrieb , diese Zahlwörter aber
dann durch das schon in ältester zeit so weit umherschweifende handeis-
volk der Phönikier (s. Gesenius scripturae linguaeque Phoenicum monu-
menta p. 1 praef. s. XVH) auch zu den Völkern arischen Stammes gebracht
und von diesen ihrem sprachvorrate einverleibt wurden, die darauf fol-
genden zahlen aber bis 10 bezeichnete dann wieder selbständig jede von
beiden Völkerfamilien mit aus eigenen Sprachmitteln gebildeten Wörtern.
LiEGNiTZ. Eduard Müller.
*) [anderer meinung ist Rudolf ▼. Kaum er, von dem so eben die
'xweite fortsetzüng der nntersuchangen über die Urverwandtschaft der
semitiBchen nnd indoeuropäischen sprachen' (Frankfurt a. M. 1868) er-
schienen ist,]
Th. PJüss: sex sulTragia. 537
75.
SEX SÜFFRAGIA,
Die reform der Servianischen Verfassung oder besser die entwick-
lung derselben seil dem dritten Jahrhundert bis zum Untergang der re-
publik ist noch immer ein rSthsel , und es ist als ob diese fruchtbarste
aller antiquarischen Streitfragen sich immer von neuem aus sich selber
gebare, eine nebenfrage , die sich vielleicht auszerhalb der gesamtunter-
suchung lösen iSszt, deren lösung aber vielleicht auch letztere zu fördern
vermag , ist die frage nach bedeutung und geschichte der sex suffragia.
Was die bedeutung betrilTt, so ist meines Wissens allgemeine still-
schweigende Voraussetzung, dasz darunter die sechs rittercenturien der
JRamneSy Tiiies^ Luceres priores posteriores zu verstehen seien, im
gegensatz zu den zwölf fibrigeu rittercenturien , mit denen zusammen sie
seit Servius achtzehn centurien bilden. *) von dieser Voraussetzung aus-
gehend stöszt man nun für die geschichte der sex suffragia auf einen
directen Widerspruch der alten tradition: nach der einen angäbe, die von
allen historikern und von Cicero vertreten wird, sind sie von dem altem
Tarquinius gestiftet, der die drei Roniulischen abteilungen durch hin-
zufflgung der posteriores in sechs umschuf; auf der andern seite berichtet
Festus s. 334 : sex suffragia appellantur in equitum centuriis^ quae
sunt adiectae ei numero centuriarum , quas Priscus Tarquinius rex
constituit\ danach sind die sex suffragia die Schöpfung des Servius, die
ihnen entgegengesetzten übrigen centurien die des Tarquinius. dieser
Widerspruch wird nur scheinbar beseitigt, wenn man mit Rubino a. o.
s. 235 und andern (z. b. Schwegler a. o. anm.) annehmen will, Tarquinius
Priscus sei der eigentliche begründer der sog. zwölf centurien der Ser-
vianischen Verfassung, die sechs übrigen, also die sex suffragia^ seien
von Servius hinzugefügt worden; ich sage nur scheinbar: denn abgesehen
von dem Widerspruch, in welchem die grundansicht Rubinos, dasz es
niemals mehr als zwölf centurien eigentlicher Staatsritter gegeben , mit
der auflTassung aller unserer quellen steht, nach welcher immer von acht-
zehn wesentlich gleichartigen centurien des Servius die rede ist, werden
auch in der Festusstelle die sex suffragia ausdrucklich der zahl der
von Tarquinius eingerichteten centurien entgegengesetzt; dasz aber
die zahl dieser centurien zwölf gewesen , sagt keiner der alten Schrift-
steller — diese sprechen von drei oder sechs — und behauptet auch
Rubino nicht, der Widerspruch, der also in dieser weise nicht entfernt
wird, ist nun höchst aufi^Uig; ja wenn wir bedenken, wie eng [die tra-
dition, dasz drei abteilungen der Ramnes, Tities, Luceres von Romulus,
1) Niebuhr röm. gescb. I^ s. 480. Peter epochen s. 12 anm.; 248. 252.
Bein in Paulys realencycl. III s. 210. 212. Becker röm. alt. II 1 s. 245 f.
Bnbino z. f. d. aw. 1846 s. 212 ff. 235 f. Gerlach hist. Studien II s. 207 ff.
Schwegler röm. gesch. I s. 756 m. anm. 4. Mommsen röm. tribus s. 97.
röm. forsch. I s. 135 f. 139 (röm. gesch. I^ s. 796). Lange röm. alt. I'
8. 384. 418. n s. 16. Ihne forschnngen s. 122 f. symb. philo!. Bonn. s. 634 ff.
538 Tb. PlOss: sex suffragia.
aechs abteilungen derselben sodann von Tarquinios, achtsabn abteilungen
endlich von Seirius gebildet seien, rusammenhängt mil aller und jeder
tradition über die sUmmlnliiis, mit der ganzen Systematik der ältesten
römischen geschichte , speciell noch mit der enihlung vom augnr Attos
liavius, wie allgemein sie bezeugt ist: so muss eine solche umkehrang
der tradition durch Festus geradezu unmöglich erscheinen^ und es iön-
iien daher weder die versuche die autoriUU des Festus geigen die der
historiiber (oder umgekehrt) einlach preiszugeben (vgl. Becker a. o. s. 247 L)
irgendwie befriedigen, noch der versuch Mommsens (röm.(orach.l s. 139 X.)
den Widerspruch des Festus, betreffend das alter der sechs centurien der
Ramnes, Tities und JLioeres, aus dem geringem ansehen derselben zu er-
klSren; gab es doch filr jenen unterschied des ansebens eine weit ein-
fachere ecklärung : kann nicht gerade das jüngere durch frische lehens-
fihigkeit das Utere veralten lassen? somit würde als letzter ausweg
der von Rein eingeschbgeoe einer teztünderung*} übrig bleiben, wenn
nicht Jener ganze höchst bedenl^liche widersprach auf einer ebenfalls be-
denklichen Voraussetzung beruhte.
Stillschweigend werden die sex suffragia den sechs abteilungen
der Raomes, Tities, Luceres gleichgesetzt, den zwölf andern centurien
entgegengesetzt, demnach würden sie nichts anderes sein als sechs
centurien, wie denn Livius 1 36 für seine zeit, I 43 schon für Ser*
vius Verfassung ausdrücklich die Zahlung der Ramnes, Tities und Luceres
als sex ceniuriae berichtet: woher dann aber der besondere name suf-
fragial seit Servius, unter dem doch zuerst von den ritterabteilu^gen
als Stimmkörpern die rede ist, war ja eben oenUtria zugleich technische
bezeichnung der stimmabteilung ; wober dann sogar ein gegensata im
aprachgebrauche zwischen sex suffragia einerseits und centuriae eqwäum
anderseits? denn dieser gegensatz findet sich erstens ausdrücklich bei Ci-
cero de re p. U 22, 39 nach der lesung zweiter hand equüum cetUmnme
cum sex suffragüs^ deren richtigkeit nach Mommsens erörterung (röm.
Xorsch. 1 s. 135, 3) mir endgültig /estgesiellt scheint; sodann aber auch
stillschweigend in dem namen sex suffragia ^ worin die hervorhebung
der zahl nach Festus und €icero offenbar stehend ist, während bei equi-
tum ceniuriae die zahl regelraüszig fehlt'}: hier musz die zahl selbst-
verständlich, dort musz sie in besonderen, niclit von vorn herein ge-
gebenen verbAllnissen begründet sein, wenn nun der name suffragia im
unterschied von ceniuriae darauf hindeutet, dasz hier sUmmkörper und
militärische abteilung begrifflich nicht zusammenfallen, so deutet die
stehende beifügung der zahl in sex suffragia gegenüber dem blossen
ceniuriae equiium darauf, dasz numerisch die einzelne rittercenljirie ent-
weder ein multiplum oder eine quote des sufl'ragium ist. dabei ist von
vorn herein unwahrscheinlich, dasz name und begriff des suffragium
2) vgl. Paulys realeacycl. III 8. 211; er corrigiert bei Festus das
haAdschriftliche adfeotme ei numero in tfftttae ex numero» 3) vgl.
aaszer der im texte angeführten Cicerostelle noch p. Mur, 26, öi. dS,
73. epUL ad fam. XI 16, 3. Phü. YII 6, 16. Q. Cicero de pei, com, 8.
anderer art sind natürlich Livias I 43. XLHI 16.
Th. Plüss: sex suffragla. 539
'O
3choii von Scrvius geschaffen worden, da für die ursprOngliche Serm-
niscbe Verfassung eben centurie die stimme bezeichnete (wahrscheinlich
hat Cicero, der einzige der schon fflr jene zeit die suffragia zu bezeugen
scheint, den namen aus dem sprachgehrauche seiner zeit übertrageo);
unwahrscheinlich femer, daaz jemals zu gleicher zeit ein teil der ritter-
ableilungen centurienweise, der andere suffragienweise gestimmt habe.
Wenn also die Voraussetzung von der identität der sex suffragia
mit jenen sechs centurien, eiae zufUlige ideenverbindung mit der zahl
sechs, durch das sprachliche und historische bedenjken beseitigt wird,
so mflasen wir nun methodischer weise von der Festusstelle ^wff^t^h^^
dXt allein eine definition der sex st^ragia enthält, es heiszt daselbst;
^sex suffragia werden unter den rlttercenturien di<|jenigen genannt,
welche zu der zahl der von Tarquioius gestifteten hmzugefügt worden
sind.' wolgemerkt, Festus sagt von der zahl der centurien, welche sex
suffragia genannt wurden, durchaus nicht wie grosz sie gewesen, son-
dern nur dasz sie nach Tarquinius Pnscus hinzugeiLommen sei; der hln-
zttfOgende kann nur Servius gewesen sein; dieser hat aber nach einhel-
liger äberlie£erung die zahl von sechs abbeilungen auf achtzehn erhöht;
f Ollglich werden zwölf centurien des Servius als sex suffragia bezetchnet.
es wird dabei nicht ausgesprochen, dasz Servius selbst sie so genannt —
es heifzt appeüaniur — und wir haben also, wie schon angedeutet, an
eine spätere entwicklu^g »i denken, in welcher jene zwölf centurien des
Servios nicht mehr zwölf stimmen, äuffragien, entsprachen, sondern
je zwei centurien zusammen öin suffragium bildeten: eine comhinatioti
für welche, wie wir sehen werden, die doppelcenturlen des Tarquinius
jnehr als hloszes analogen sind.
Wie verhält sich jetzt zu Festus die übrige tradition? — Livius
braucht den nameo sex s$iffragia nicht; wenn er aber sagt, die sechs
abteiiungen der Ramnes, Tities und Lueeres wärden zu seiner zeit sex
centuriae genannt, so wird man darin bei einem Zeitgenossen des Ver-
rius Fhicous, der die sex suffragia als noch bestehend zu bezeichnen
.scheint, bei einem genauen ausschreiber des ^genauen' anliquars Gin-
cius, bei einem rhetor der vor antiquarischen dingen ehie so tiefe ehr-
furcht uad zugleich eine so ängstliche bescheidenheit empfindet, dasz er
die Worte seines gewährsmannes wart- und stUgetreu herübernimt'),
Tiel mehr eine Unterscheidung von den sex suffragia als eine ungenaue
identische bezeichnung erkennen.
Ausdrücklich erwähnt werden die sex suffragia bei Cicero an der
3chon angefahrten stelle de re p. 11 22 , 39 , in der handschriftlichen
lesart des alten correctors , und an der nicht weniger umstrittenen stelle
Phil. II 33, 82, ebenfalls nach der handschriftlichen lesung und deren
einfachster erklärung. dort sagt Scipio , nachdem er vorher die achtzehn
rlttercenturien erwähnt hat, von der Servianischen einrichtung: rationem
videiis esse ialem, ut equiium centuriae cum sex suffragiis
ei prima classisaddUa centuria . . LXXXVIIIIcenturias habeat. hier
4) vgl. neues schweizerisches rauseom VI s. 49 ff.
540 Th. PIüss: sex suffragia.
wird deutlich zwischen eguitum eenturiae im engem sinne und sex suf"
fragia unterschieden^), doch musz diese Unterscheidung nicht notwendig
schon för Servius gelten; sodann Iflszt die Verstümmelung der voraus*
gehenden erzfthlung nicht mit gewisheit erkennen, welchen hruchteil
der achtzehn centurien Cicero mit eguitum eenturiae^ welchen mit sex
suffragia hezeichnen will, jedoch aus der ausdrucksweise kann man ver^
muten, dasz mit eguitum eenturiae im engem sinne diejenigen ablei-
lungen bezeichnet werden, welche als die eigentlich militArischen be-
trachtet werden können , mit sex suffragia die welche ihre eigentliche
bedeutung in den comitien haben ; dasz ferner der nominativus das alte,
ursprüngliche, der zusatz cum das neue bezeichne; somit würde auch
Cicero die sex suffragia genannten centurien als die bildung des Servius
betrachten, von ihm gebildet zum behuf der comitien: die eenturiae
eguitum würden aus der frühern zeit, wo es nur militärische ritler-
abteilungen gab , beibehalten sein.
Dem scheint nun auf den ersten blick zu widersprechen , was sich
aus einer combination der zweiten oben angeführten stelle Phil, ü 33, 82
mit de re p. II 20, 36 ergibt, an letzterem orte wird, wenn wir der
handschriftlichen lesart folgen , von den Veränderungen der erkllrer ab-
sehen*} und blosz die aus ihrem Zusammenhang verschlagenen, hier sinn-
losen Worte atgue etiam Corinthios . . diligentis entfernen^, von Tarqui-
nius Priscus folgendes erzählt: eguitatum ad hunc morem amstituity
gui usgue adhuc est retentus: nee potuit Titiensium et Bhamnensium et
Lucerum mutare^ cum cuperet, nomina^ guod auctor ei . . Attus Navius
non erat; sed tarnen prioribus eguitum partibus secundis additis oo ae
CC fecit eguites numerumgue duplicavit, pastguam hello subegit Ae-
guorum magnam gentem . . idemgue Sabines . . eguitatu fudit beUo-
gue devicit, also Tarquinius hat die ritterschaft (oder reiterei) in der
weise organisiert, die bis auf Ciceros zeit geblieben ist dieser gedanke
wird ausgeführt in dem gegensatze nee potuit . . sed tarnen d. h. *und
zwar konnte er aUerdings die namen nicht ändern, obschon er es
wünschte; aber er fügte doch die zweiten abteilungen hinzu' usw. Tar*
quinius ist demnach der begründer der sp9tem einrichtung, obschon
er die namen zu andern nicht vermochte — spftter sind also die namen
geändert — er ist es dennoch, weil er die sechs abteilungen stiftete
und ihre stSrke nach einigen kriegen , in denen er die bedeutung der rei-
terei schätzen gelernt, verdoppelte: zu Ciceros zeit bestehen also über*
haupt nur sechs abteilungen , jede mit dem doppelten der normalstarke,
also zusammen in der starke von zwölf normalabteilungen.^ soweit
5) es könnte auch erklärt werden 'die rittercentnrien mit einschloss
der sechs snffragien'; anch dann würde unter den rittercentnrien im
allgemeinen unterschieden werden swischen solchen die ohne weiteres
imter dem namen begriffen werden, und solchen die ihn nar im weitem
sinne führen. 6) vgl. Bchwegler I s. 689 ff. mit den anmerknngen.
7) vgl. Schwegler s. 691 anm. 1; auch nach reteniut st(>rt der sats,
der sich wol anf die Servianische einrichtung besieht. 8> gegen
^njectnren braucht sich eine logische Interpretation nicht an reebt-
Th. Plflss: sex suffragia. 541
diese stelle, wenn nun aber die sechs doppelabteilungen der Ciceroni-
schen zeit nicht mehr die alten namen Bamnenses usw. führen, wie
heiszen sie denn ? doch wol eben sex suffragia : denn diese sind ja nach
Festus als sechs stimmkdrper zu denken , von denen jeder zwei normal-
abteilungen der ritter, zwei centurien, umfaszt, und dann stimmt damit
Cicero selbst an der zweiten stelle überein , wo er die acte einer abstim-
mung in den comilien seiner zeit folgendermaszen aufzählt: sortiiio
praerogativae .. .prima classis vocaiur^ renuntiatur; deinde^ ita
ui ad s ölet, suffragia: tum secunda classis vocatur, folgen wir
auch hier einfach der handschriftlichen Überlieferung: die suffragia kön-
nen gewis keine anderen suflragien seiu als die sex; in diesen ist die
staatsritlerschaft der Ciceronischen zeit vollständig inbegriffen, indem
von andern rittercenturien keine rede ist und achtzehn rittercenturien un-
möglich mit suffragia bezeichnet werden können , während die zahl sex
wol wegfallen kann, wenn die ihnen entgegengesetzten sechs stimmen-
centurien nicht mehr vorhanden sind; und endlicii, die gesamte staats-
ritterschaft stimmt jetzt nach der ersten classe. wenn auch hier manig-
fache änderungen oder küustliche erklärungen versucht vrorden sind , so
haben dieselben keine stütze als die Voraussetzung, dasz seit Servius jeder-
zeit achtzehn centurien gewesen und geblieben seien ') ; dagegen ergibt
sich uns aus beiden stellen zusammen das resultat, dasz erstens zu Ci-
ceros Zeiten nur die sex suffragia bestanden, die übrigen rittercenturien
•und die alten namen verschwunden waren, dasz zweitens, wie nach
Festus , die sex suffragia nach ihrer nominellen stärke zwölf centurien
entsprachen , und dasz drittens Cicero die sex suffragia schon angelegt
fand in der institution des Tarquinius.
Freilich nur angelegt: denn zahl, name und bedeutung wurden
durch Servius modificiert : aus den sechs doppelabteilungen wurden wirk-
fertigen; letztere ist freilich unmöglich, so lange das einschiebsei atque
etiam nsw. beibehalten wird, wenn sodann nee potuit usw. bedeuten soll,
dasz die namen auch für die spätere zeit geblieben seien — wie z. b.
auch Knbino erklärt — was soll sed tarnen? dieses fordert ein con-
cessives Verhältnis, die concession wiederum einen hanptgedanken, der
die einschränknng erleidet; da nnn in dem satze mit sed tarnen die
eigentliche ^Constitution' der ritterschaft enthalten ist (während zu dem
vergleiche mit der korinthischen einrichtong sogar die verglichene rö-
snische fehlen würde], die ^Constitution' aber von Cicero mit der ein-
richtung seiner zeit identificiert wird, so erleidet eben diese Identität
eine einschränkung durch die beibehaltung der namen; Horaz (n. p. 341)
kann für Ciceros zeit nichts beweisen. — Für eine nochmalige Ver-
doppelung der 1200 hat man mit recht das handschriftliche postquam
geltend gemacht, weil sonst der nachschleppende temporalsatz stilistisch
und logisch ungeheuerlich ist; que ist ganz passend, weil die damit
verbundenen gedankengUeder znsammen den einen hanptgedanken or-
geben: 'Tarquinius hat die jetzige form und zahl der ritterschaft be-
gründet'; auch die normalzahl 2&0 ist also zu Ciceros zeit dieselbe;
übrigens ist ac nicht so unerhört, sobald man nicht Cicero und Livius
auch für das einzelne glaubt in einklane bringen zu müssen.
9) so zuletzt Mommsen röm. gesch. I* s. 796 anm.; vgl. röm. forsch. I
a. 186, 6. 140, 13. zu res gestae divi August! s. 35.
542 Tb. Plüss: sex suffragia.
liehe zwölf centurien''^); diese hatten mehr eine civile als eine mili-
tärische bedeutung, indem sie namentlich als slimmabteiliingen des
höchsten census vor der ersten classe stinmuten ; die miülSrfsche bedeu-
tung und demgemSsz auch die alten namen der Ramnes usw. glengen
aber auf sechs andere centnrien, die equitum centuriae^ welche auch
den höchsten census und das Stimmrecht vor der ersten classe besaszen.
somit sind die equitum centuriae Ciceros das alte und das neue zugleidi,
die sex suffragia ihrer form nach von Tarqainlus angelegt, nach centu-
rienzahl und comitialer bedeutung, sowie nach der damit verbundenen
namensänderung ein werk des Servius, und so löst sich der scheinbare
Widerspruch in den stellen Ciceros von selbst, auch steht dieser Gieero-
nischen auffassung Livius sehr nahe, wenn er den $ervius zuerst und
ex primoribus civiiatis zwölf centurien * einschreiben ' und dann erst
sechs andere mit jenen alten namen ^schaffen' l9szt: bei beiden sind die
zwölf eine organische Weiterbildung der einrichtung des Tarquinius , die
sechs anderen eine neubildnng dem inhalte nach , zu dem zweclte altehr-
würdige namen, vielleicht auch die eigentliche militürische bedeutung
fortzupflanzen."} selbst bei Pestus wäre diese auffassung denlcbar: denn
er spricht nur von der zahl die durch Servius zur frfihem zahl hinzu-
gekommen sei, und in diesem sinne hat auch bei Cicero Servius zwölf
centurien hinzugefügt.
Bei dieser entstehung und bedeutung der sex suffragia I9szt sich
ihre geschichte wenigstens im umrisz herstellen, die sex centuriae
der Ramnes, Tities und Luceres, von Servius so zu sagen zur antiqultät
geschaffen , musten immer mehr in den hintergrund treten , je mehr die
ursprüngliche milildrische bedeutung der ritter sich verlor, vrefche die-
sen abteilungen vorzugsweise zukam , je mein* namentlich die seit Camil-
lus bestehende reiterei mit eignen pferden neben der Staatsritterschaft
zur bedeutung gelangle , je mehr endlich auch die älteste tribusehiteilnng
mit ihren namen in Vergessenheit gerieth; als nun die verfassongsreform
um das jähr 241 die ah gewordene centurienverfassung verjüngte , indem
sie dieselbe auf den bodeu der tribusverfassung pflanzte^ da wurde wol
jener abgestorbene zweig beseitigt, so finden wir denn im zweiten Jahr-
hundert, im jähre 169, nur noch zwölf centurien der rüter öbrig,
weiche noch ebenso viele prärogativstimmen repräsentieren. ") aus der
zeit des jungem Gracchus hören wir von der absiclit der popularpartel,
die ritter, wenn sie in den senat eintraten, ihr staatspferd zurückgeben
zu lassen ; nach der art wie Cicero (de re p. IV 2} davon spricht su
schlieszen, ist die absieht dem Senate diese stimmen zu entziehen nach
129 wirklich ausgeführt worden, und es musz damit ein starker ausfaD
10) so auch Rubine a. o. s. 228 ff.; nur findet er nicht auch die
doppelte nnmerische stärke der zwölf centurien schon in den gex partes
vor; auch sieht er in den sex suffragia nur sechs centurien. 11) vgl.
Rnbino a. o. s. 215. 12) Livins XLUI 16, 14. auch hier ist einfach
eine historische entwicklnngsstufe anzuerkennen : vgl. Halm im excora
zu Cic, PhiL II 33. gegen diese anerkennnng hat man wiederum nor die
vorauf Setzung von den 18 centurien geltend gemacht; vgl. Peter epo-
chen 8. 60 f. 254 f. Becker II 1 s. 249. Mommsen röm. forsch. I s. 136.
Th. Plüss: sex suffragia. 543
in der zahl der ritler eiagelreten sein, die sich fortan nur aus dem jfln-
gem adel recrutieren konnte ^') ; dasz aber die an zahl und bedeutung so
sehr gesunkene staatsritterschafl dennoch ihre ztvdlf stimmen behalten
bähe, ist bei dem sinne jener maszregei Röchst unirahrscheinifch: viel-
mehr musz damals conseqaenter weise die beschrSnkung auf sechs stim-
men, attf die sex suffragia^ und die Verweisung hinter die erste cYasse,
in welcher ja nun die höchste nobflität, der senat, stimmte, eingetreten
sein, hl dieser gestalt und Stellung finden wir die staatsrilterschaft zur
zeit der comitien die Cicero JPhil, II 39 beschreibt, innerlialb der ein-
feihiog in sechs suflVagien nnisz die In zwölf centnrien gebHeben sein,
da Cicero an anderen stelkn (s. oben anm. 3) von ceniuriae equitum als
noch bestehenden und stimmenden spricht; da diese aber nicht wie de
re p. 1122 neben den sex suffragia genannt werden und ceniuriae
equitum nur dnrch einen gegensatz seinen engern sinn bekommt, so haben
wir eine fSr diese zeit, wo eben die equitum centuriae im engern, mili*
tsrischen sinne nicht mehr existieren , ganz natflrliche identische bezeich-
Bvmg anzunehmen , in jener stelle der republik dagegen eine ungenauig-
keit insofern, als Cicero fttr sich zwar aus dem spracbgebrauche sei-
ner zeit heraus von sex suffragia sprechen kann, nicht aber schon
Sdpio davon darf reden lassen, selbst wenn schon fflr die zelten vor
Gains Gracchus, ja für die Servianische zeit ebe combfnation der zwölf
centmien zn sechs hauptabteilungen von uns anzunehmen oder von Cicero
angenommen sein sollte. '^)
Was die zaM der ritter in diesen späteren zelten der republik be-
trifft, so müssen wir nach dem, was wir oben über Ciceros erzahlung
von der Tarquinischen ritlerschaft ausgeführt haben, annehmen dasz die
von Tarqoinius festgesetzte zahl wenigstens bis 129 sich erhalten, d. h.
— wie Zumpt richtig erläutert und wie sich ahnlich für Llvhis nachwei-
sen läszt — dasz die annalistische quelle Ciceros den nonnalbestand der
ipMerft zeit auf die königazeit zurückgeführt habe, daaach würde »eh
dieser normalbestand nach der hsl. lesarl, die von 1200 ritterft mit nach-
traglicher Verdoppelung erzahlt, auf 2400 mann stellen, nach den Ver-
mutungen der erklarer auf 1200, 1800 oder 3600. jedenfalls ist aber
später der nonnalbestand selten oder nie erreicht worden ; ein approxi-
mativum an die norm von 2400 war wol die zahl von 2200 ritterstellen,
welche Cato nach einer altern gesetzlichen beslimmung als niedrigsten
effectivsatz wieder einzuführen empfahl ^^) ; gewöhnlich waren , wie der
a&trag zeigt, weit weniger: Q. Cicero spricht in nachgracchischer zeit
von Venigen' rittern.
18) vgl. Q. Cicero de pet, cons, 8. Becker II 1 8. 257 m. anm. 521.
14) dasE Cicero eine solche combination für Servins angenommen
habe, könnten atiszer der erwilhnung der sex suffragia unter Servias
auch die worte de re p, II 20, 36 qui usque adhuc est retentus andeu-
ten, nur wäre jedenfalls der name suffragia anzeitig. 15) s. 66 bei
Jordan: nunc ego arhiiror oportere restiiuif quin minus duohus milibus du"
eentis sii aerum equestrium. ich kann in diesen worten unmöglich eine
bestlltigang der ansieht von den 1800 ritterstellen finden, wie Mommsen
röm. gesch. I^ s. 797 anm.
544 TIi. PlOss: sex sulTragia
Eine durchgreifende Veränderung des damaligen bestandes oder —
wie es wenigstens die Itaiserlichen hofhistoriographen darstellten — eine
völlige Wiederherstellung des ältesten bestandes nahm Augustus vor.
unter ihm bestanden die sex ceniuriae der Ramnes , Tities und Luceres
wieder , wie Livius I 36 und Horatius a. p. 342 zeigen ; sie wurden von
ihm wie so manches andere graue alterlum aus der antiquit&tenkammer
hervorgesucht, um die ehrgeizige jugend an das restaurierte Icöniglum zu
fesseln, und namenllidi die Ramnes stellten in ihren sechs türmen die
biate der vornehmen jugend dar; sogar knaben wurden Staatsritter, und
dieses aristokratische cadetlentum war der anfang zu jeder höhern
Staatslaufbahn.**) neben dieser jungem und jQugsten altersclasse, aus
der sich zum teil schon in den letzten zeilen der republik die staatsriUer-
schaft recrutiert halte, wurde jetzt auch wieder eine Siliere und älteste
classe beigezogen, so dasz wie knaben so auch greise und gebrechliche
in dem ritleralbum eingetragen waren und bei der muslerung erscheinen
rousten.*^ bei dieser Ausdehnung des dienstallers nach oben und unten
war es möglich, dasz neben den sex centuriae^ die für sich schon
1800 mann stark waren , auch die zwölf centurien der sex suffragia
fortbestanden und somit wieder wie einst achtzehn centurien zählten;
in der ihat gibt uns die Livianische geschichte der rittercenturien,
welche die centurie zu 300 mann ansetzt und so für Servius auf eine
gesamtzaiil von 5400 rittern gelangt, nur die uominelle stärke der Au-
gusteischen achtzehn centurien wieder. *^) wenn nun Festus anzudeuten
scheint , dasz noch in der kaiserzeit die zwölf centurien in den sex suf-
fragia combiniert sind , die sex centuriae aber von anfang an drei dop-
16] für die jungem altersclassen sind Hör. a. p. 312. VaL Max. n
2, 9 za vergleichen, sowie der name princeps itwentutiSf den ein kaiser-
licher prlnz als erster der setfiri iurmarum und oberanführer der sechs
elitetnrmen der Ramnes führte (n. Schweiz, mnsenm VI s. 56 ff.), ganze
centurien bestanden, wie es scheint, aus knaben: denn was Dionjsios
VII 72 von den vornehmen römischen epheben der ältesten repablica-
nischen zeit erzählt, dasz sie zn pferd in türmen and centurien, b\bo
genau in der Ordnung der ritter (Bubino s. 226 m. anm. 2) den festsag
circensischer spiele eröffneten, scheint ans der Augusteischen zeit über-
tragen (vgl. m. diss. de Cinciis s. 13 f.): dahin weisen ausser dem durch-
weg Homerisch'griechischen festapparat mit dem durchweg grieohischen
göttersystem, wie beides gerade von Augustus ausgebildet wurde, be-
sonders die erwähnung des rittercensus und die deutliche beziehung
auf den ludus Troiae (vgl. Mommsen röm. gesoh. 1^ s. 231 anm.; Säet
Aug, 48, wo sogar die worte prisd decorique marU . . noteteere ganz den
Dionysischen fva <pav€pd TivoiTO . . i^v entsprechen); endlich bezeugt
Cassius Dlon LIII 1 für Augustus ausdrücklich einen circensischen anf*
zug, in welchem knaben und männer zugleich auf ritten. 17) Snet.
Aug. 38. auch nnter den centuriae seniorum bei Horaz a, p. 341 sind
im gegensatz zu den jungen Ramnes am einfachsten rittercenturien sn
verstehen: die staatsritter sind das vornehme theaterpublicum. i^)
Schweiz, museum a. o. s. 54 ff. wenn Dionysios VI 13 am feste der
Dioskuren zuweilen bis 5000 staatsritter aufziehen sah, so waren das
anlasse, wo alle altersclassen sich vereinigt hatten und die normalsshl
ungefähr erreicht wurde; gewöhnlich ritt nur das elitecorps der sechs
türmen.
Th. Plüss: sex suffragia. 545
pelableiluDgen bilden, so sind jelzt alle achtzehn cenlarien paarweise,
also in neun corps, geordnet, das princip der Ordnung ist nach dem was
oben von den altersclassen bemerkt worden und besonders nach der Ho-
razslelle, welche den jungen Ramnes die centurien der altern ritter gegen-
überstellt, höchst wahrscheinlich für alle abteilungen das altersprincip,
zumal da je nach dem alter die art und die häufigkeit des auftretens ver-
schieden sein muste; es liesze sich vielleicht nach gewissen spuren eine
neunstufige altersscala mit Intervallen von je sechs jähren vom laufenden
zwölften bis zum vollendeten fünfundsechzigsten lebensjahre aufstel-
len.'^) was den namen der doppeicenturien betrifft, so ffihren drei jener
neun die namen der ältesten tribus; nach Dionysios ritten aber am feste
der Dioskuren die gesamten 5000 Staatsritter in tribus und centurien
auf: wahrscheinlich also nannte man jene neun combinationen tribus.'^)
<es wird diese Vermutung dadurch bestätigt, dasz Dionysios und Florus
ischon bei der Umgestaltung der ritterabteilungen durch Tarquinius
Priscus nicht allein die schon bestehenden und von ihm verdoppelten ab-
teilungen als tribus bezeichnen, sondern auch dem könige die absieht bei-
legen, neue Uribus' der ritter zu schafften: auch hier die Übertragung von
Sache und namen aus der kaiserzeil in die königszeit.'^)
Einer gesamtuntersuchung über die geschieh te der Servianischen
Verfassung bleibt es vorbehalten zu zeigen, wie mit dieser entwicklungs-
geschichte die Veränderungen der staalsritterschaft in bezug auf zahl und
bedeutuog, im besondern die entwicklung der sex suffragia und die
Kombination der centurien zu tribus im engsten Zusammenhang stehen.
19) den ludus Troiae führte unter Cäsar und Augiistos eine iurma
duplex oder ein delectus maiorum minorumque puerorum auf (8uet. Caeg. 39.
Aug. 43); die minores scheinen vom beginn des zwölften Jahres an (Snet.
Aug. 41) bis ins siebzehnte, die tnmoreM, da der begriff puer auch über
das 18e jähr hinansreicht, bis zum vollendeten 23n, die ümenes sodann
bis znm vollendeten 29n zu zählen: wenigstens sind auch sonst das 18e
and das 30e jähr anfange von lebensabschnitten. in den iuvenes möchte
man die iuoentus der ritter, die Ramnes, erkennen, welche dann, im
besten militärischen alter stehend, recht passend das ständige elitecorps
bilden würden; die Tities und Lnceres würden den knaben zufallen,
ganz ebenso besteht im ludus Troiae bei Vergilios Aen, V 560 ff., wo die
3X2 abteilungen vollständig den 3X2 centurien der Bamnes, Tities,
Lnceres entsprechen, ^ine doppelabteilung aas ittvenes, die beiden an-
dern also ans pueri. das 35e jähr sodann wird von Sneton (Aug, 38)
ausdrücklich als schlaszjahr einer altersstafe der Staatsritter angegeben;
diese mit den beiden folgenden stufen bis ins 47e jähr würden die mW,
die drei letzten die setdores enthalten. 20) danach würde sich modi-
ficieren, was ich a. o. von drei groszen tribus zu je sechs centurien
vermutet habe ; an die drei stammtribas denken Becker II 1 s. 248. 261
Anm. 538 und Rnbino s. 225 ff. , was für 18 centurien nicht aasreicht,
da nach Livius I 36 die stammtribas nur sechs centarien umfassen in
der stärke von 1800 mann. vgl. Mommsen röm. gesch. I' s. 797 anm.
21) Dion. III 71. 72. Florns I 5 (nach der hsl. lesart). auch die
tribas bei Festus s. 169 u. fiavia and Zonaras VII 8 sind wol von diesen
rittertribus zu verstehen: vgl. Rabino s. 225 m. anm. 2; anders Becker
II 1 8. 241 anm. 494.
Posen. Theodor Plüss.
ifthrbttcher für clftss. pbilol. 1868 hft. 8. 36
546 W. Studeiuund: über die edilio princeps der
76.
ÜBER DIE EDITIO PRINCEPS DER TERENZSCHOLIEN
DES CODEX BEMBINÜS.
Nachdem L. Schopen 1832 den dürftigen auszug aus den Terenz-
schollen des codex Bembinus veroffentlichl, welchen Petrus Victorius in
sein exemplar der Mailänder Donatusausgabe eingetragen hatte, hat F.
Umpfenbach im vergangenen jähre im Hermes II s. 337 — 402 die
erste vollständige ausgäbe der sämtlichen schollen nach eigener lesoog
der jetzt im Vatican befindlichen originalhandschriA veranstaltet, dasz
diese verdienstliche ausgäbe nicht für abschlieszend gelten kann , daran
ist einmal der üble zustand des codex Bembinus selbst schuld : denn ein
groszer teil der an dem rande stehenden schollen ist durch spätere be-
schneidung der ränder jetzt lückenhaft, und wegen der ungewöhnlichen
feinheit der buchstaben ist durch zu häufige benutzung des codex und
durch das alter manche erhaltene stelle wenn nicht unleserlich , so doch
schwer lesbar geworden, eine erneute prflfung der hs. wird dem im ent-
ziffern alter lateinischer manuscripte geüblen nachfolger eine lohnende
nachlese gewähren ; den codex aber für die scholien ausgenutzt zu haben
^ird erst der behaupten können , dem es vergönnt sein wird mit chemi-
schen reagenlien *) die unleserlichen stellen wieder lesbar zu machen.
ein solcher versuch musz freilich unterbleiben , so lange die direction der
Vaticaniscben bibliothek es vorzieht dem pergament mehr als den antiken
autoren zu nützen, immerhin aber gewährte eine in diesem jähre in Rom
von mir vorgenommene zweitägige prüfung der sämtlichen scholien zum
Phormio und zum Hautontimorumenos bis I 1, 100, des grusten teils
der scholien zu dem reste des Hautontimorumenos und zu den Adeiphoe
so wie einiger weniger zum Eunuchus die Überzeugung von der zweck-
mäszigkeit einer solchen revision ; sie auf sämtliche scholien auszudehnen
hinderte die beschränkte zeit.
Ein zweiter grund, weshalb die Umpfenbachsche ausgäbe eine wei-
tere beschäftigung nicht überflüssig macht, ist das verkennen von dem
werthe zweier uns handschriftlich erhaltener früherer abschriflen der
Bembinus-scholien, welche aus der zeit des Angel us Politianus herrühren.
zwar waren die ränder des Bembinus schon damals ebenso weit beschnit-
ten wie jetzt; allein um die dünnen pergamentblätler beim umschlagen
der Seiten nicht dem zerreiszen auszusetzen, ist nach der zeit des Poli-
tianus an den äuszerslen rändern hin und wieder neues pergament auf-
geklebt, so dasz die lesung einiger weniger stellen für uns ebenso an-
1) an verschiedenen stellen der hs. scheint galläpfeltinctnr in fr^~
beren Jahren angewandt worden zn sein; es wird am zweckmXsxlgsten
sein, die verloschenen stellen mittels eines pinsels mit einer anflösiuig
Ton 1 teil schwefelcyancalinm in 15 teilen bmnnenwatsers mit hinsQ-
fügnng weniger tropfen Salzsäure leicht zn benetzen; die sohriftsa^
werden dann auf wenige minnten röthlich hervortreten, ohne dasz dem
pergament daraus ein schade erwächst
Tereoz-scholien des codex Bembinus. 547
möglich ist als sie für Politianus leicht war; an andern stellen sind die
schriflzüge jetzt erloschen , wShrend sie damals noch lesbar waren, von
diesen beiden froheren abschriften ist die eine in einem exemplar der
folioausgabe des Terenz von 1475 in der Magliabecchiana in Florenz, die
andere in einem exemplar derselben ausgäbe in der Ambrosiana in Mai-
land; beide wurden von Umpfenbach eingesehen, aber als unbrauchbar
bei Seite gelassen , weil in beiden nur ein auszug aus den schollen steht
und der herausgeber in den zußllig gewählten stellen nichts neues fand,
dasz sie selbständigen werth für die kritik der schollen besitzen , wird
aus der besprechung einzelner stellen weiter unten klar werden, ich
habe das Mailander exemplar (es heisze M) fflr alle comddien , das Floren-
tiner (F) nur für die Adelphoe mit dem Uropfenbachschen texte verglichen,
es fragt sich: welche glaubwürdigkeit haben die abschriften in F und M,
und in welchem Verhältnis stehen beide zu einander? zunächst sind F
und M von olTenbar verschiedenen bänden geschrieben, F schwerer lesbar
als M. zum schlusz der Adelphoe steht in F: 'Ego Angelus Politianus
contuleram codicem hunc Terentianum (d. h. die gedruckte ausgäbe)
cum uenerandae uetustatis codice (d. h. mit dem codex Bembinus)' usw.
ist also F von der band des Politianus geschrieben , so kann nicht auch
M von der band des Politianus herröhren, dennoch soll nach Umpfenbach
(s. 339) in M neben eun. V 4, 21 bezeugt sein: *Angh PI. scr.' allein
diese bemerkung entscheidet nichts für die schreiberhand in M. im text
des verses eun. V 4, 21 steht nemlich im druck Proh mit einem unnöti-
gen h am ende; dazu steht am rande 'pro Angh pl. scpt' (so) d. h.
Angelus Politianus wollte pro ohne h geschrieben wissen. — In M un-
terscheidet man wegen der Verschiedenheit der tinte zwei verschiedene
zelten , um nicht zu sagen zwei verschiedene bände : und zwar ist der
hauptteil der schollen, welcher in der auswahl im ganzen mit der aus-
wahl in F stimmt, ohne weitere beischrifl; ein anderer, durch die tinte
verschiedener, kleinerer teil in M, welcher in F ganz fehlt, und der wegen
oflTenbar schlechterer erhaltung der schollen meist lückenhaft ist, hat fast
constant den beisatz eines N. die band kann dieselbe sein, welche den
übrigen gröszern teil der schollen In M schrieb, oder ist doch eine gleich-
zeitige, sehr ähnliche, nun bemerkte Umpfenbach richtig, dasz in M s. 40
beigeschrieben steht 'Uhi N littera, ea glosa a me post discessü
politiani'; allein seine Vermutung, an der punctierlen stelle stehe der
unleserliche name des copisten, ist schon deshalb unwahrscheinlich , weil
m dem salze dann das verbum fehlt, es steht vielmehr da: 'Ubi «N- lit-
tera, ea glosa ameeritlecta post discessü politiani' (vor Mecta' steht
ein durchstrichenes p). von dem namen dieses ' me ' d. h. des mannes
welcher die schollen in M schrieb, kennt man also nur den anfangsbuch-
staben N; dieser N scheint entweder aus dem exemplare F selbst oder aus
einem andern exemplare, von dem F auch nur copie ist, die von Politianus
eigenhändig excerpierten schollen flüchtig*) copiert, später aber 'post
2) M ist weit flüchtiger in dieser ersten abschiift als F: e. b. ad,
HI 2, 16 vergiizt M allein qvod iupra m7; III 4, 81 cum qua; IV 5, 6S
36*
548 W. Studemund: Qber die edilio prioceps der
discessum Politiani' nach selbsUindiger einsieht des cod. Bembinus neae,
meist schwerer iesbare scholien hinzugeffigt und einige alte von Poli-
tianus nur ifid^enhaft gelesene teils aus dem codex selbst'} teils aus con-
jectur^} aasgefulit zu haben, wo in M ein N beigeschrieben ist, werde
ich die band im folgenden MN nennen, es ist zuzugeben , dasz M (and
auch teilweise F) in der wiedergäbe orthographischer einzelheiten^) un-
zuverlässig sind, dasz M zuweilen allzu flöchtig*) copierl, ja dasz M
hin und wieder aus eigener Vermutung teils richtig teils falsch lucken
des codex stillschweigend ausgefüllt hat; an einzelnen stellen^ hat er
aber aus dem oben angegebenen gründe sicher noch mehr lesen können
als wir.
Der dritte und hauptsächlichste grund endlich, weshalb Umpfen*
bachs editio princeps einer revision bedarf, ist die zu schroffe vorstel*
lung von der unßhigkeit des zusammenstellers der scholien im cod. Bern*
noua\ IV 5, 78 orhem\ III 3, 2 hat M raptus st. actu$', V 1, 2^ M netpie
squaleat st. nee sgualeat; V 3, 61 aequus st. aeqiatm; IV 5, 75 hat M in
sinu, F richtig nnuj nsw.
3) vgl. ad. III 2, 16*; ebenso setzt N ad. Y 3, 68 laeii carpanmt hinzu,
wofür FM nur puncte hatten, nsw. 4) so setzt M ans vermatong fun.*
I 1, 12 hinter amor uero ein eät ein; kaui, I 1, 72 hatte er aus seinem
original richtig mus copiert, schreibt dann über die pnncte c (d. b.
conicio) adside, usw. 6) so schreibt M falsch z. b. tun,*^ pro!. 4 con-
uitium statt conuicium^ eun,^ pro!. 7 penitus st. paerdius'^ haut. prol. 7 keau-
torUimorwnenon statt eaut., 22 as$idue st. adsidue; 36 zweimal siatariae Jm^
das zweite mal personae st. -e\ 45' que st. quae\ 1 1, 54 consuHudine st
coruuUudinem; I 2, 1 extimatione st. estimatione\ II 1, 15 improbis st. inpro-
bisi II 3, 55 illuuie st. inluuie; 57 schlusz internuncü st. intemuntü; 102
nunquam st. numquam; II 4, 11 iis st. Ms; IS ki st. kü; III 1, 21 nunäari
st. nuntiari] Sb* coniemplu statt contemiu; III 2, 27 parelcon st. parkekon;
Phorm. prol. 4 impudentiam st. inpudentiam usw. usw. 6) z. b. sohreibt
M eun.« I 1, 22 dicUur st. dicia\ II 2, 69 dicitur st. dicimu»\ I 2, 4* seuero
st. securo\ II 3, 29 das den zügen des Bembinus nach auch denkbare
includüur st. inuadtiur; V 2, 6 dumos st. domus; II 3, 45 läszt er ut aus;
haut, prol. 3 dederim st. poeta d. (d. h. poeta dederit)] 8 antiqaa st. anti-
que] 12 agens actor statt accusator; I 1, 50 iUud iltud st. iUud; II 1| II
vergiszt er non; 13' riam statt hone; II 3, 4 eondiciones st. condicionis\
49 dixü st. <2ict7; 72 vergiszt er est; 127 eacf^yn st. eademque; 127* adiiäas
st. adicies uetuste; II 4, 13 «e a(i uo« adplicant st. «« adpUcant; 22* ^<ft''
^ü/t st. dedisti] III 1, 21 deinde st. postea; 41* amatorem st. am/tfortf";
45 articula st. particula; 52 Mollidtos habere st solUeitus tUferi; 54* v^^^
st. v/ e contrario facit; 69 abundat tuum animum st. ^uvm ammum abundßti
76 läszt er cogiiabü aus; III 2, 38 «ctVtctf/ st. £ftaV; PAorm. (iuit.) /tf« ^t.
<o/a; prol. 1* /uciu« lanuinus st. lusdus lamtuinus; 23* t2^« st. t^; 11«^
adplicuit st. adpHcat; I 2, 4* Ate st. üf und aduersum st. apucf; acf. HI 3,
43 N /Wu« St. [na]rt^u«, MF ad. III 4, 18 tii^<f^ st. tfi^eniit; MF III 4*
56 congregabantur st. ciö« . . rabantur; M arf. V 3, 3* coniäncar st. cö»-
uincor ; MN flrf. V 6, 1 uocantur st. t<oca&aii[/iir] usw. wo M nichts lesen
kann, setzt er puncte, deren anzahl meist beliebig ist. zum teil ändern
FM aber auch bewust die citate nach einsiebt der autoren : so MF ad.
III 4, 63 aequali gut st. aegui usw. 7) ob MN ad. V 6, 10 statt des
von Umpfenbach vermuteten [quidam]^ welches der schmale räum der
hs. nicht gestattet, aus noch vollständigerer lesung oder aus geschick-
ter conjectur nam schrieb, läszt sich nicht mehr entscheiden; fut[liber-
tiJi] (so U.) ist in diesem scholion ebenso wenig räum.
Terenz-scholien des codex Bembinus. 549
binus (wir nennen ihn A), welche der berausgeber, zum teil in folge
der mialungenen lesung einer anzahl von stellen , sich zur norm bei der
ausQbung der krilik gemacht hat. es erwachst ihm jedoch daraus liein
Vorwurf, weil dieses wfiste conglomerat von trivialscholien eine so
grosze menge des unsinnigen enthält, dasz ein noch überdies durch die
ungewöhnliche schwierigiteit der lesung geplagter herausgeber leicht da-
hin kommt, seinem autor noch mehr uncorrectheiten zuzutrauen, als die-
ser in Wirklichkeit verdient, allerdings ist die band , welche die scholien
zu dem texte des Bembinus (der in den anfang des fflnflen jb. zu gehören
scheint) beischrieb, entschieden junger; ob sie aber um volle drei Jahr-
hunderte von der schreiberhaud des codex selbst entfernt sei , wie der
herausgeber meint, ist die frage: eine andere art zu schreiben ziemt für
texte, eine andere art für scholien ; für jene eine kalligraphische, für diese
eine tachygraphische. es genügt auf die gleichzeitigen tachygraphischen
beischriften im Ambrosianisch-Vaticauischen Fronto, im Veroneser Gaius
und im Veroneser Vergilius zu verweisen, aber abgesehen davon , wel-
chem jb. speciell die scholienschrift des A angehört, man kann einem
spaten Schreiber ein barbarisches überwuchern späterer vulgärlateinischer
formen") zutrauen, ohne deshalb auch dem zusammensteller oder (wenn
man will) redactor der scholien Unverstand und Unkenntnis der elemen-
tarregeln der lateinischen grammatik zuzumuten, der bg. würde sicher-
lich einen andern weg in der kritik dieser scholien betreten haben , wenn
nicht die verunglückte lesung einiger stellen ihn zu der niedrigen ansieht
über den redactor veranlaszt hätte; vielleicht findet er selbst nach Vollen-
dung der kritischen ausgäbe des Terenz die musze , die stellen , welche
ich aus Zeitmangel nicht einsehen konnte, nach der durchsieht von F
nochmals mit dem codex zu vergleichen. — Soll somit im folgenden der
redactor von dem Vorwurf der Unfähigkeit in der handhabung der denk-
und schreibformen gereinigt werden, so soll damit doch kein lob über
das geringe wissen ausgesprochen sein, welches in diesen an Donat an-
8) Umpfenbaeb bat die orthographischen Varianten nicht alle an-
gegeben; aus den von mir verglichenen stellen läszt sich folgendes
nachtragen: so hat A eun.* II 2, 59 promuntorium (so copierte auch M)
piran
oder w, ebd. ircipav (so: in den Graeca fehlen natürlich alle accente);
n 3, 29 praeeario; II 3, 45^ abent; kauL prol. 2 adulüceniium wie oft;
6* greca\ 12 propriae\ 13* betusie; 25 potentes; 27 eguontm; 36 zweimal
sttUarie; persone\ I 1, 7 preter\ 13 abet-, 20 peniieat\ 72 pregidemus; ebd.
commisse'f 79 preier\ I 2, 31 unnismodo st. uniusmodi^ II 2, 7 preaagit^
presagua und presdus; II 3, 55 abitu; 72 guerimus; 92 querUur\ 117 pre-
terquam; 125 eorepta; TL 4, 17 conparation; 22 prebebit] III 1, 21 ystero-
proieron; pre\ 32 greee^ 62 fl*m; 76 eaiimabit; 99 abaolbi; 100 (oder 89)
pretermisit; III 2,20' meiui a cryayde', Phorm, prol. 4* pre[ierita]; 8 comedia;
18* übet; 14 pretermisit-, I 1, 4 abere\ 7 abent\ I 2, 4« abeo\ V 1, 6 aegea-
tote; ad. III 3, 1 peri (nicht perii), 43* eonpoaitio nnd uitabit', 47 ad-
tteruialiter ; III 4, 16 abendum; 25 eaiimat; 33^ obere; 37 iUtuerunt; 56
preacribtio; 63 oratiua; IV 6, 65 leuaque\ 59 abet-^ 66* diaiderio; IV 6, 3'
grece; IV 7, 4* uüiacit; 28* abeat; 43 prebendae; V 1, 2 aegeatate; 13*
petdUt; V 3, 3^ quaerellae; 38* ab[ere] aduliacenü; 41« und 42 grece;
51 iniqus] 63 meatitiae; V 5, 4* preterguam; 4* hec; haut. I 2, 35 caaoa.
550 W. Sludemund: über die editio princeps der
klingenden schölten steckt ; sie sind ein sprechendes zeugnis fär die arm-
selige art, wie man in späten Jahrhunderten den Terenz in schulen inter-
pretierte : viel äx^P^ ^^^ wenig CTdxuec
im folgenden werde ich der Ordnung der Umpfenbachschen ausgäbe
folgend durch besprechung der einzelnen stellen die belege für die oben
ausgesprochene ansieht geben.*) wenn zu einem verse mehrere scholien
vorkommen , so bezeichne ich die zahl durch hinzufflgung einer kleinen
entsprechenden Ziffer hinter der verszahl ; im Eunuchus nenne ich die von
der * jungem ' band herrührenden scholien eun,% die der ' altern ' hand
(so scheidet der hg. die zeitlich sicher einander sehr nahe liegenden bände}
eun.^. wenn die lesung eines buchstaben unsicher ist , so habe ich ein
fragezeichen darüber gesetzt. *^)
9} für den spStem vergleicher sei bemerkt, dass aoszer den scho-
llen zum Eunuchus und zum Hautontim. bis 1 1, 100 nnd den im folgen-
den nnd gelegentlich in den anmerkungen berührten sonstigen stellen
die richtigkeit der Umpfenbachschen lesung von mir für folgende
scholien verificiert worden ist: eun,* prol. 1. 8. 4. 6; I 1, 14; II I, 59;
eun.^ proL 3. 4. 7; V 2, 36; haut, I 1, 117; II 1, 10. 11. 13. 16; H 2»
2>. 3. 8. 9; II 3, 8. 21. 44. 49. 60*. 63. 67. 60. 68 1. 91. 106. 111*. 127.
139; II 4, 13. 14. 19«. 22»; IH 1, 29. 36«. 37«. 37«. 39. 44. 46. 46. 54.
65. 69. 70». 72. 75. 87. 91. 98«; HI 2, 4. 6. 20«. 30. 37; ad, I 2, 29. 38;
II 4, 13. 21; Ul 2, 2. 2P. 22«. 23«. 24. 26. 26. 28. 29. 31. 33. 39.41.46.
47«. 63; m 3, 46. 48 ^ 49. 68. 63. 64. 66. 67«. 73. 86. 90. 92; DI 4, 3.
11. 14. 17. 18. 20. 26. 27. 29. 30. 32«. 33. 37«. 40». 40«. 41. 58. 69; IV
2, 4. 6. 22. 25. 26. 34«. 37; IV 3, 1«; IV 6, 44. 49. 64. 66. 62. 63. 66«.
74. 76; IV 6, 2«. 3«. 4; IV 7, 1. 4'. 8«. 9. 10. 11. 13«. 27. 34. 40. 42; V
1, 1«. 2«. 3. 9. 12. 13*; V 2, 2—8. 11«; V 3, 2. 3«. 3«. 8. 41». 43. 44.52.
67». 68; V 4, 2«. 2«. 6». 6. 12». 12«. 12». 18. 24. 26. 27; V 6, 1; V 6, i.
6. 8. 9; V 7, 1. 16. 17; V 8, 2. 10) von druckfehlem und kleinen
berichtigungswerthen einzelheiten habe ich bei ü. folgende bemerkt:
lies eun* prol. 10 Thensauro; 24 fefellisse; I 1, 11« dwri st. dari; U 3, 18
ti]hi [eM$e]; (drackfehler ist wol auch II 3, 33 bomu a statt boma o;)
eutL^ V 2, 32 solidtan] firmum statt firmum] solidam (im tezt des Terenz
steht soiidum)', haut. prol. 3« gw)d\ statt quodz; 4» integra ffraeea] statt
iiUegra graecai; 17 einfach oorrupiMte; 1 1, 15« einfach fuU; 18 remU-
ies] omUtei; 60» einfach ininäci; 60« ebenso tumituri 64 ebenso nam; 87
pareens: aeruans] 91 ntmpt[u]; 98 Ferri[ni»; I 2, 31 notunt st. uolunt; 31
in der anmerkung qui gint tolerahÜU A; II 1, 6« casus (das
Bcholion gieng noch weiter); II 2, 3 ex ä:pro; II 3, 66 inhade; 11 »eesr.
(so) d. h. mit abkürzung bat A; 102 einfach male und datur\ 102 pottkae
Bi. posthoc; IXl'scüicet^ ^sdre liceV\ II 4, 4 schlusz hat A: Xaa€T[ ]\
III 1, 21 hat A a Td. h. aut oder an) ioculanter; 27? 28? mer lefa;
34 quandocumque (mit A) ; 41» schreib pulerei ter ut [ ^
p]ulcro] III 2, 31 einfach subaudimui\ Phorm, init. z. 2 schreib pottundo
täsro (oder ätjfro oder a/r«o) agentibus und am schlusz einfach
coruuUbu8; prol. 7 casum statt earum; 8 einfach uitioea; 9 in der note zu
erwähnen, dasz A dicitur st. dici cur hat; 10 in der note laed\et A; 17*
18 in der note peierasticos st. pelerasticos; 20« in der note sind die werte
Bene eertasse A zu streichen (A hat hinten gut certatset); 20« tezt ae'
mulu[s eW]; 20« definitur, Fer[aiUus:; 24 manifeste; 28 note setze ex (st.
et) vor maximae A hinzu; 30 [addidit ^per säenttum*]\ 33» locurn] bene:
uilauit, ne per; 33« actar]em, dann Uotiens animum non abiecerit]; 1 h^
a fortu]na; 13 r]ettum und dicitu]r bene se ur; I 2, 3 wo*«
Tereiiz-scholien des codei Bembinus. 551
ZUM EÜNUCHUS.
Die beiden bände, welche der hg. scheidet, sind nicht immer genau
auseinandergehallen; zuweilen ist auch die Scheidung schwer, weil die
form mehrerer buchstaben nur wenig verschieden ist und die von frü-
heren angewandte tinctur zur Wiederbelebung erloschener zöge in der
färbe der tinlen manigfache Variationen bewirkt hat. so scheint gleich
<ia8 erste scholion zu prol. 1 nicht der 'Jüngern' sondern der 'altern'
hand und umgekehrt das erste scholion der (nach Umpfenbach) ^altern'
band (s. 353 zu prol. 3) vielmehr der ^Jüngern' hand anzugehören, doch
4oramt bei der fast durchgängigen trivialität der schollen hierauf wenig an.
A. die schollen der jOngern hand.
Zu prol. 36, wo unter den in comödien besonders häufig wieder-
lehrenden personen auch der currens seruus erwähnt wird, gibt U.
das scholion: curreniem seruum] quod in plurimis comoediis ser-
Mtcum est, aus der anmerkung, worin über das neu gefundene wort
berichtet wird: ^ seruicus nach analogie von ciuicus'y ersieht man
^asz die Übersetzung dieses scholions etwa lauten sollte: 'was in
«ehr vielen lustsplelen sklavenart ist.' so sehr auch bereicherungen
dlebitum [soUtiiur: p€nMio]ne und zum schlusz fehle conueniet; 7 argw
fwientum]; 8 iempo ; I 4, 62 ero sueceniuriatus'] [para]ius; V 1, 5
4!onf[identiasime]; V 3, 3 hat A iuuasti; oif. III 2, 20 amamus id e. origi-
nem; 23 < numquam (mit A); 23' querito: saiis; 32' [ ] 'nusquam;
HI 3, 2 raptio st. rapio ; III 3, 65 note hinzuzufügen, dasz A ap[ ]ptit
hat; 85 (nicht 83) [apud\ AtinienseM, z. 3 [mense]s, z. 5 [menjses und [XU];
? ? ? T
III 4, 10 patronug: defensor; 31 a. h,'i. /*. statt u. u. i. s.; III 4, 45 z. 3
q]uaero (kaum q]uaeso), z. 4 la[timi]mj z. 5 facere st. faUere (facere steht
wirklich ad. III 4, 61), z. 6 hat A queadmo[dym\ decei; 56 onerat eum
^uem St. onerai cum quem, und gegen den schlusz Areo[pd\gUae\ 62 L e»
fehle; 64 «um[iRi] fastigia st. summt fastiga; IV 1, 21 Ferg, [uox qu]oque
in. i. (d. h. iam hat A st. tarn) f. \i. lup]i merim ui[der]e priorü, IV 2, 17
^anrdl: lacri[ma]bundu9\ 39* [noua]uerat in ge[ner]e\ IV 3, 1* molimi{ne\\
IV 5, 59 dormienti: Menandri und que[. . . .] KDjAvaTepav [....] ttoXov;
^ tarn misere: tarn nwuM; IV 6, 1 in der note copioaiui A; 2^ [mo]strtan;
3* utque: plus\ 3^ erpeton serpenM [dici]tur\ 6 hat A quem non uidet is qtd
'^htideret (U. ergänzt falsch); IV 7, 4 [i]romcos\ 5 pericu[,.,]ndnantia\
8 uir[iuii]8; 13^ [ma]rilus\ 18 metum: qm\ 43 note eseo[,..]o A; 43 «a[4i'~
iu; V 1, 7 uerba fundia: eUgantior (so A); 8 dis] [di]ues\ V 2, 9 hat A
M statt scüicei; 10 plurali[ter\] 11* edormiscam: dormiendo\ V 3, 3' quid
4:lam[an\do\ 5 omni*\päiam\ 10 traciemut st. tractamui\ 34 queror [de iät]üs;
38' [licet] statt [liet]; 42 hat A at oder u/; 48 inmoderata\ V 4, 1 [$ubd]ucta
und nume\ru8 sup]puiatur; 2* usus: lUUiias] 6'^ tristem st. tristam; \% fructi:
uetustai V 5, 4' salu[tatio]\ V 6, 1 uoeaban[tur]\ 7 usus: utiiitatis; V 7, 2
Student] st. studens]^ 4 et[...] st. e[ius] nnd [anim]o; 5 zum schlusz ist
kein räum in A; V 7, 12 traduce] analogieum est duee [mag]is quam; 23
p[uerum pe]perü; V 8, 5 »/ ui oder ut uu statt ut cui; V 3, 35 A adoHscenlumu
562 W. Sludemund : über die editio princeps der
des lateinischen Sprachschatzes aus den comikern erwünscht sind, so
mislich ist es solche aus spSten scholien zum Terenz zu entnehmen;
wenn aber auch ein seruicus (seruus) *nach analogie von ciuicus {ciuisY
existiert hatte , so ist doch die andere frage, ob es lateinisch wäre zu
sagen quod in plurimis comoediis ciuicum (bürgerart) est, die zuge
der hs. sind zwar etwas verloschen und lassen sich allenfalls mit der
U.schen deutung vereinigen, fflgen sich aber leichter zu der offenbar
echten fassung des scholions: ,quod in plurimis comediis (so) scrib'
tum est. das neue wurt seruicum schwindet somit wieder aus dem
Sprachschatze.
Zu 1 1, 12 liest man bei U. folgende definilion des amor: amor
uero inciiat amens \ [et est"] \ hominis furor praesens mentis sanita-
1i[s] I nudatus, nam nescit fixum habere ") consilt[um\ , qui amore fit
uagus. die worte amor incitat amens sind völlig unverständlich ; der
leser wird von selbst die wortableilung gemacht haben, welche die zOge
der hs. ebenso gut zulassen: amor uero incitata mens [est uet] ho-
minis furor praesens mentis sanitate nudatus. das verbum nudare
kann unmöglich mit dem genetiv verbunden werden, und selbst wenn
die zöge des codex hart am rande , welche ebenso gut die form sanitate
wie die form sanitatis zulassen, uuabweislich an! sanitatis führten, so
würde die endung doch nur als verschreibung wegen des unmittelbar
voraufgehenden genetivs mentis aufzufassen sein, in dem gleich darauf
folgenden cilat aus Verg. ecL 2, 68, welches im codex als besonderes scho*
lion geschrieben ist, ist quis enim modus adsit amanti wol nur Schreib-
fehler U.s statt amori^ wie die hss. des Verg. geben und auch A hat.
Zu I 1, 31 steht vor stoicorum ober der zeile noch ein undeutliches
hi oder in^ das wol nichts weiter bedeutet, histoicorum oder insioico-
rum steht wol nur statt istoicorum mit häufigem vulgärlateinischem ver-
schlag eines i im eingange der mit st sp usw. beginnenden Wörter ; sonst
könnte es auf ein irtümlich versuchtes historicorum deuten.
Zu 1 1, 34 steht bei calamitas Einmal als interlinearglosse euersio;
am rande stehen dann ferner wenige in den zeilenanfängen verstümmelte
fragmente eines scholions, das U. beispielsweise so ergänzen will: cala-
mitas'] [damnum per tem'jpora, damnum sa[ne . .] | trus? esse putat
si quid [Uli do^lminus donat, bei der Vermutung damnum per tempora
ist vielleicht an das Donatische scholion zu dieser stelle gedacht, in wel-
chem esheiszt: proprie calamitatem rustici grandinem dicunt^ quod
comminuat calamum usw. die worte damnum per tempora lassen sich
doch aber nimmermehr in dem sinne von ^schaden durch unwetter* er-
klären ; diese bedeutung kann tempora nie haben ; welche andere bedeu-
tung der hg. gemeint hat, vermag ich nicht zu errathen. wie ferner bei
dieser oder einer beliebigen andern bedeutung der nächste satz durch
sane angekudpft werden kann, falls dies wort nicht ganz müszig dastebeo
11) der codex schreibt, wie oft, obere, mit senkrechten strichen
bezeichne ich hier nnd im folgenden zeilenenden resp. -anfange, die
an den jetzt beschnittenen rand des blattes grenzen.
Terenz-scholien des codex Bembious. 553
soll, leuclitet ebenso wenig ein. die fassung des scholions bleibt un-
verständlich; nur so viel ist sicher, dasz von einer definilion wie damnum
per iempora nicht die rede war. statt \pora damnum sa\ steht vielmehr
uorax damnum su da, statt \irus vielleicht eher \tret; wie grosz die
iQcken zu anfang der zeilen seien, kann auf keine weise gesagt werden,
dagegen lautet zu diesem verse in A das der Donalischen fassung nahe
stehende scholion so : calamitas dixii (so : schreib dicitur) grando ab eo
quod calamos frangit, so von der älteren band.
In dem scholion zu I 2, 7. 8 hat der codex gut oeconomice autem
dixii exclusionem^ nicht dictt.
Zu 1 2, 26 proin heiszt die erklärung in A nicht propterea , son-
dern propterg^ d. h. propier quod.
Zu I 2, 98 lesen wir das unverstandliche scholion: labascit: labt
incipit. reprehendit moUis animi dominum seruus ^ qui eo iurgato-
r is personam sumii , quo amoris nutrialur inlecebra. gegen das wort
iurgator freilich ist nichts einzuwenden, obwol ich mich nicht entsinne
es anderswo gelesen zu haben ; die femininale form iurgatrix und die
Weiterbildung iurgatorius lassen keinen zweifei zu an seiner einstigen
existenz. was aber bedeutet der schlusz des scholions, und wie kann der
mit amoris nutriaiur inlecebra ausgesprochene gedanke durch (das auf
ein im vorhergehenden satze vorkommendes eo bezügliche?) quo mit dem
vorhergehenden verknüpft werden? wie kann dadurch, dasz der sklave
die rolle eines schellenden seinem verliebten herrn gegenüber annimt, die
Verlockung zur liebe, auch nur nach des dichters absieht, genährt oder
verstärkt werden? als der herr in folge der schmeichelnden rede seiner
geliebten trotz seinem entgegengesetzten vorsatze und trotz den früheren
gegenvorstellungen seines sklaven sich wieder ganz seiner alten willen-,
losigkeit hingibt, ruft der sklave aus (v. 98) : labascit^ uicius uno uerbo^
quam cito! und dazu bemerkt der sclioliast richtig: labascit: labi in^
cipil. reprehendit mollis animi dominum seruus , qui obiurgatoris
personam sumit. denn obiurgatoris^ nicht eo iurgaioris^ hat die hs. gut»
im nächsten verse (99) sagt dann die geliebte zu dem herrn: ego non ex
animo misera dico? quam ioco Rem uoluisti a me iandem quin per-
feceris? und bei dem ersten dieser verse, zufällig unmillelbar an das
obige scholion grenzend, steht das scholion: quo amoris nutriiur
(Dicht nutriaiur) inlecebra. dies ist also von dem vorigen zu trennen^
und gehört als besonderes scholion zu dem worle ioco in v. 99.
Zu I 2, 107 entnehme ich aus MN das neue (von mir in A nicht ver-
glichene) scholion: macerabo: adienuabo^ macrum faciam.
Zu II 3, 45 schreibt U. mit dem codex: labiis demissis] labellum
pueri habent. ui Vergilius (ecl. 2, 34) ^calamo iriuisse labellum*. la-
hrum iuuenes necdum t7/t[f]") labra ä, labia mulieres siue
senes. die gesperrt gedruckten worte ändert U. in der anmerkung fol-
gendermaszen : labrum iuuenes necdum Uli labra habent; welchen sinn
12) der codex hat deutlich ilHs, nicht illi\ die eckige klammer mnss
U. hier in anderm sinne als gewöhnlich angewandt haben.
554 W. Sludemund: Gber die edilio princeps der
bliese änderuDg herbeifahren soll, selie ich uiclil; wenn U. unter ifli die
pueri versteht, wie kann dann necdum als verbindungspartikel aoge*
wandt werden ? das abgekürzte ä aber des codex wies schon an sich auf
«in citat, wie denn in A ein groszer teil der citierten dichterfragmente
^bbreviiert, mit bloszer angäbe der anfangsbuchstaben der worle ge-
schrieben steht, das hier verborgene citat für labrum ist Verg. ecl
3, 47 necdum iUit labra admoui, es ist zu schreiben: labrum iuue-
nes: ^necdum Ulis labra admoui*; labia mulieres usw.
Zu II 3, 66 schreibt U. senem muliereml tar[dum'i'] moVi» cor-
poris, was soll hier iardum? der vers des Tereoz heiszi: Pab. etinu-
4:hum. Gh. illumne obsecro Inhonestum hominem , quem mercatus est
here^ senem^ mulieremf A gibt, obwol undeutlich, einfach richtig
tarn mollis corporis.
Zu V 2, 6 in der erklflrung des angiporlus weisen die zQge in A
4illerdings wehr, wie 11 las, auf locum angustum als auf das keineswegs
unmögliche uicum angustum.
Zu V 2, 51 paululum opperirier Si uis^ iam f rater ipse hie
<iderit uirginis heiszt nach U. das scholion zu opperirier als iofiniliv
■expectare. A aber hat den imperativ expecta; der scholiast sah also in
opperirier einen infinitiv statt des imperalivs und construierte : paululum
4)pperirier^ si uis: iam frater ipse hie aderit uirginis.
B. die scholien der altern hand.
Bei eun. V 2, 60 dabit hie pugnam aliquam denuo steht nach U.
-das scholion: pugnando stuprum\ die ausdrucksweise wire nicht ge-
schickt ; mir schien vielmehr einfach pugnam dixit stuprum dazustehen,
und so las auch M.
ZUM HAUTONTIMORUMENOS.
Zu prol. 1 ü.: seni] id est mihi^ ut Vergilius pro (?) debat
'^ilum pro mih iSszt sich noch herstellen; der greis, welchem die
rolle des prologs zugeteilt ist, nennt sich im dativ ebenso seni statt mihi^
^ie Aeneas bei Vergilius 11 674 in seinem bericht an Dido sagt: par-
uomque patri iendebat lulum statt mihi, das sdiolion ist also so her-
zustellen: seni"] id est ^mihP^ ut Vergilius^*): 'paru[pmque patri ten]-
^ebat lulum* pro *mfA[f]'. auszerdem steht am obern rande der seile zu
diesem seni das schoKon seni: hoc illud est contamina\re fabulas. U.
verlas rem statt seni^*) und bezog das dann unverstludliche scholion
zweifelnd auf prol. 18 id; weshalh er den text des regelrechten senars
hoc illud est contamina\re fabulas unterbrach, indem er am zeileoende
-eine locke [contamina re steht gedruckt) annahm, weisz ich nicht
zu sagen.
13) der codex schreibt diesen namen fast conseqnent tir^., selten
u
^^9' gleich darauf hat er richtig pmii und ihan (so). 14) die bacb«
Jitaben r und t sind in dieser schrift schwer su scheiden.
Terenz-scholien des codex Bembinus. 555
Zu prol. 4 iniegr com (d. h. integram comoediam): nouatn in
■s sam ut Cicero usw. läszl sich wol noch sicher ergänzen durch
nouatn in s\caena nondum ut]sam usw., da U.s puncto ebenso wenig
wie in dem gleich folgenden citate aus Cicero die zahl der verlorenen
buchstaben bezeichnen.
Zu prol. 7 nouam] eautontimorumenon nouum apud Latinos ist
nouum offenbar nur druckfehler statt des richtigen nouam in A.
Zu prol. 7 nouam esse ostendi et quae esset] ist die lesart in A ge-
? ? ??
Dauer: *jwi' acut\e pro'lnuntialndum'] et prositinf. , .liiuum es[, . . .]
iantum pra^, . . .] cum ergo [..••] grauia et [. .] 'Troiae qui plri"
mus] ab oris*, ob und welches citat in den Worten von tantum an steckt,
vermag ich fem von allen hölfsmitteln, wie ich hier bin, nicht zu sagen;
sollte aber nicht in den zügen hinter pronuntia[ndum] eine Verderbnis
stecken und etwa et postpositiuum est zu ergänzen sein? die stelle wird
mit hülfe von tinctur herstellbar sein.
Zu prol. 9 (lef}] in hoc syllaba moram rylhmus accipit ist statt in
hac nach den zagen von A auch denkbar die lesart id: ab ac (verschrie-
ben, wie oft, statt ab hac) syllaba moram rythmus accipit.
Zu prol. 10 didicerim: docet poela^ discit actor^ edunt magist ri
sei zur kennzeichnung der kritik welche M ausübte erwähnt dasz in M
magislri aus dem offenbar conjicierten magistratus corrigiert ist.
Zu prol. 19 ist als doppeltes scbolion so zu schreiben: aulumat]
conftrmat^ dann: diis credit^ confidit.
Zu prol. 28 date Crescendi copiam] honorem polestatem hat A
vielmehr honore potestatem.
In der nähe des verses 24 etwa stehen noch einige fast erloschene
scholienfragmente, in denen der name furü vorzukommen scheint; auch
hier ist das endurteil bis zur anwendung von tinctur zu verschieben;
aller Wahrscheinlichkeit nach waren hier die freunde des Terenz genannt,
unter denen Scipio, Lälius und Furius nadi der Suetonischen vita eine
hervorragende stelle einnahmen.
Zu prol. 32 decesse kommt aus A neu hinzu das scbolion decessisse.
Zu prol. 36 U. : statariam"] — ut siatariae dicuntur personae aut
moljori^ae. statariae dicuntur^ ubi personae tranlquiliae"] sunt, mo-
toriae autem ubi sunt [concfjtaltae perso'jnae. im anfang ist ohne
zweifei einfach zu ergänzen [a]ut statariae dicuntur personae aut mo-
Vtori^ae-, die erste hälfte des folgenden salzes ist von U. richtig vervoll-
twtt
sländigt; A hat statarie dicuntur, ubi persone tranlq'juiUe sunt, dann
aber fährt A vielmehr so fort: motoriae autem ubi sunt ,., al Jui
mali. statt des Schlusses von sunt ab hat M: pro (oder po) . . . . serui
mali'y M hat sunt offenbar nur aus versehen vergessen, sollte demnach
etwa motoriae autem, ubi sunt proca[ces (oder periurt) ser^ui mali
oder dgl. hergestelll werden müssen?
Zu prol. 60 ü. : seruire"] seruiendi [uerbo ueterum"] more (so bat
A gut, nicht mora) usus eljstl, cum nos [inseruire dicamus"] kann das
556 W. Sludemund : über die editio princeps der
erste wort nach teruiendi nicht richtig ergänzt seio; nach sicheren
festen begann es mit s\ vielleicht war es der anfang des wertes saepius^
welches einfach einzuschalten wSre.
Zu I 1 9 1 quatnquam haec inier nos nuper notitia admodumst.
dazu steht bei Ü. das scholion dicat itur
ciius; A scheint nach dicat noch ein t zu haben, und am schlusz gibt er
vielmehr ctiuo. vielleicht hiesz das scholion also : [injdicatiluus ponlf-
lur pro coniun[ctiuo; der inhalt wSre freilich bei der construclion mit
quamquam seltsam genug.
Zu I 1, 20 kann das \ui\ bei U. einfach mit A fehlen.
Zu 1 1, 21 laszt sich das scholion nicht mehr herstellen; die geoaae
f
lesung in A ist: consumis] [ ]rf inpenditur [ li« dic/i
. . . .Jr (oder s) quod finiiur [ ]e consumi [ ] tervia
' ^^'
Dagegen iSszt sich das scholion zu 1 1, 30 völlig heilen; U. liest
lahoris: calamitatilsi] «/.... breuiier t Joes
tremum a la . die locke von 30 buchstaben ist nicht vorhan-
den; räum im codex w9re da, aliein es ist nichts da geschrieben gewesen,
überhaupt sind mehr oder weniger alle Umpfenbachschen buchstaben-
zahlen als unsicher anzusehen. A gibt: lahoris : calamitaiis, ui urg. ei
breuiter /[ro]iatf supremum a. lalhorem]. gemeint ist Verg. Aen. 11 H
et breuiter Troiae supremum audire laborem.
Zu I 1 , 72 gibt U. in dem citat aus Verg. Jen. XH 15 als lesart
von A sedent spectantque Latini; A aber hat ubereinstinraoend mit den
hss. des Vergilius : sedeant spectentque Latini.
Zu l 1, 76 vermutet ü. [ffora'jtius mit dem citat im[pium]lenite
[clamorem']. was A gewollt habe, ist von hier aus nicht herauszubringen;
nur das kann gesagt werden, dasz hinter tius weder im noch t/i, sondern
wahrscheinlich an stand, und statt knite hat er lento. vielleicht gehören
noch zum Schlüsse dieses scholious nach dem ausfall eiuer kleinen zeile
folgende unsichere fragroente, die am rande von v. 81 schimmern: toto
. . . . tur (oder tus) [ ].
t TT Tt t '
Zu I 1, 78 hat A genauer: sumpto suman [ ] | flrf ü^
|_. . . .J.
Zu I 1 , 86 interea usque] parhelcon ti . . . . num repetiuit [us-
que"]. das wort usque kommt nemlich im texte schon v. 84 vor. der
codex hat nam, nicht num\ danach wird herzustellen sein: parheld^
ui\ (d. h. uideturi); nam repetiuit [usque'].
Zu I 1,88 inde et prorsa oratio dicitur^quae recta pr[o]/'er[fl]-
tur ne[c] inflexa cantilenis. ü. schreibt In diesem scholiasteolatein
den conjunctiv proferla^tur gegen das zeugnis von A statt des indicativs
profertur^ obwol er ihm sonst z. b. im gebrauch der conjunction c«*«
die grösten freiheiten gestattet auszerdem hat A neque^ nicht nee.
Zu I 1, 89 relinquo steht am rande das scholionfragment: re/i..*|
^«J« ? welches vielleicht so zu ergänzen ist: reli[nquo pro re^U^-
Terenz-scholien des codex Bembinus. 557
Zu I 1, 94 steht auszer dem randscholion zu exerceo nochmals als
glosse adfligo.
Zu I 1, 108 adfuiurutn esse hie gibt U. : ^hic* nota^ non *hoc^; da
das ^hoc* sinnlos ist, so hat MN offenbar richtiger gelesen, wenn er *hic*
nota^ non *huc* schreibt; ich selbst verglich dies scholion nicht mit A.
Zu II 2, 2 U.: uereor] ^uereor* dicitur qui raiionabüiter ierre^
tur^ ^formido* qui sine ratione, wie kann aber über einen menschen
der erschreckt wird gesagt werden *ich fürchte mich'? dies kann doch
nur der erschreckte selbst sagen; es musz also heiszen: ^uereor* dicit
qui rationabiliter ierrelur usw. zum flberflusz hat A auch richtig dicit^
das U. stillschweigend in dicilur änderte, wenn Calphurnius mit Infini-
tiven erklärt: uereri dicitur qui raiionahiUter ierretur^ formidare qui
sine ratione, so ist diese ausdrucks weise natörlich in der orduung; es
wird geboten sein nicht hierin die quelle der (J.schen änderung zu sehen,
sondern einen einfachen Schreibfehler des hg. vorauszusetzen.
Zu II 3 , 4 steht nach U. in A : ancillarum gregem] ut minorum
pecorum greges et maiorum armenta dicuntur, ita et humilUmae con-
dicionis homines greges appellantur» der ausdruck wäre bedenklich
schief: man kann doch nicht menschen von niederem stände an sich ^her-
den' sondern nur *vieh' nennen; nur eine Vereinigung vieler gleich-
sam viehischer menschen aus niederem stände kann eine 'herde' heiszen.
der scholiast wollte offenbar sagen: ^wie man beim kleinvieh von greges
und beim groszvieh von armenta spricht, so spricht man auch bei men-
schen von ganz niedrigem stände von greges* ; und diesen gedanken er-
reichte er, indem er, wie A auch bezeugt, schrieb: ut minorum pecorum
greges et maiorum armenta dicuntur, ita et humilUmae condicionis
hominum greges appeüantur, es würde ein verslosz gegen den paral-
lelismus der Satzglieder sein , wenn man hinter hominum noch ein worl
wie etwa congregationes einschieben wollte, es wird das wahre treffen,
wenn wir auch in dem homines U.s nur einen schreib- oder druckfehler
sehen.
Zu II 3, 16 inlerea loci'] ^loci^ parhelcon, nam ^loci* omni
significationi addi solet, Ennius * flamma loci postquam concussa
preturbine saeuo*. in der anmerkung schlagt U. folgende Änderung
des Ennianischen verses vor: flamma rogi postquam concussast turbine
saeuo, allein es ist sicher mehr als bedenklich , auf diese weise kritik
an Ennianischen fragmenten zu üben, wir kennen den vers des Ennius
nur aus diesem einzigen citat; er wird gerade für den abundanteu zusatz
von loci zu postquam angeführt; das archaische Latein liebt auch sonst
in ähnlichen Zusammenstellungen den zusatz von loci: vgl. interea loci
Plaut. Men, 446; Pseud. 266; truc. I 1, 11; Ter. eun. 1 2, 46 und
II 2, 24; haut, II 3, 16 ; Pacuvius v. 76 R. ; PI. eist, II 1, 53 ibidem loci;
Lucr. V 438 inde loci; PI. Stich, 758 postidea loci, ebenso eist, grex 3;
übi loci PI. rud, 1161, capt. 958, merc, 986 usw. wenn also in dem
verse des Ennius etwas siciier ist, so sind es die zwei zusammengehörigen
Worte loci postquam. dasz loci voransteht, kann in dem masze des hexa-
558 W. Sludemnni] : über die editio princeps der
meters nicht befremden, sehr wol kann sich der vers auf die flamme
eines vorher erwähnten Scheiterhaufens beziehen , und mit rCicIssicht dar-
auf, dasz der stofT welcher die flamme nährte vorher genannt sein wird,
ist auch concussast nicht mit früheren in conclusast zu ändern; vgl. z. K
Plinius episL IV 9, 11 ui faces ignem adsidua concussione cuüaditmt.
Zu 11 3, 40 U.: interuentum] inieruenire salutil uenire et oppri-
mere aliquid [celan]tetn quod celari twn possiL statt sa/ti/i hat U.
schon richtig subiio vermutet, und so hat A wirklich; [ce/a»]fem aber
ist nur dem sinne nach richtig ergänzt; das wort scheint auf -entern aus-
zugehen, so dasz vielleicht an [teg]entem zu denken ist. mehr als drei
buchstaben haben vor -entern kaum platz.
Zu n 3, 50 ist es für die lesaRl des scholiasten , der capülos pas-
SOS prolixos circum Caput reiectos neglegenter vor sichgeliabt zuhaben
scheint, während wir den nom. sing. [capiUus usw.) lesen, interessant,
dasz A im scholion schreibt: reiectos: retro iactos an iterum iactos
(oder (actus, unentscheidbar) ; U. las stets -us als endung.
Zu U 3, 52 U.: subtemen dictum ab eo quod subeat stame[tt
sub (?)] te(^)men est . . am (?) stamen quod läszt sich bis auf
den verloren gegangenen schlusz sicher vervollständigen: A nemlich gibt
a
hinter subeat folgendes: stame^. . . .] temen est [JJram [.] siemen{^o)
quod . danach ist zu schreiben : subtemen dictum ab eo quod
subeat stame[n; sub^temen est [ßraml/t], stamen quod ■• ^^^
schlusz ist nicht errathbar. zu trama vgl. Servius zu Jen. 111 483 und
die bedeutung des italiänischen trama, an tram[e] d. h. tramen statt
trama mit vergleichung von nolae Tir. s. 160 zu denken ist unnötig.
Zu II 3, 54 inluuie] propter [inlu]uiem hat A richtig die endung
'Uiem, nicht -titae, wie U. angibt.
Zu II 3, 68 sciebam : horum uerborum quae tertiae coniugalionis
sunt .... cer tempora declinaiionem habent. seruimus [itr-
tit]em[ti«] , scimus sciemus, nutrimus nutriemus. der hg. begnägtsich
mit der milteilung dieser fragmente. in der einleitung musz notwendig
ausgesprochen sein, dasz es eine doppelte art der tempusbildung bei
diesen vcrhen gibt, die zfige in A sind an den punctierten stellen aller-
dings sehr verloschen, doch glaubte ich folgendes zu erkennen: sciebam:
horum uerborum quae tertiae coniugationis sunt dupplicem abent tem-
pore declinationem abent. seruimus [serui']em[us^, scimus sciemuSj
5
nutrimus nutriemus {so), damit stimmt im allgemeinen, was M copierle:
er schreibt coniugationis sunt duplicem habent (so) tempore»
declinationem abent usw. die Schreibfehler dupplicem und abent (ao
erster stelle) verbesserte M stillschweigend ; er sah auch ein dasz das eine
der beiden ahent zu viel steht und strich daher das erste gut; eBdlicn
hat M tempore stillschweigend in temporum geändert, ob nach sunt
eine Iflcke anzunehmen ist oder nicht, kann nicht gesagt werden, v'
damit jetzt der beschnittene rand der seile erreicht ist; war keioelScite
da, so wird man zu schreiben haben: horum uerborum, quae tertiae
Terenx-scholien des codex Bembinus. 559
coniugationis suni^ dupUcem iempora declinationem habent; war aber
eine lAcke da , so könnte man z. b. an horum uerborum q. U c. $. [non'
nulla] duplicem temporum declinationem habent denken, was das
durchstrichene 9 in A Ober nutriemus soll , weiss ich nicht, es folgen
dann in A zwei beispiele aus Vergilius fär die formen nutribani and tn*
tignibai (so schon M gut, A hat insignibant); dahinter schimmern noch
die unverstandlichen zflge: hie (oder ine) adr. nem^ welche wahrschein-
lich fragmente eines dritten citates aus Vergilius enthalten.
Zu II 3, 79 ü. : enimuero: no[(a enirn\uero semper [uerba] sto-
machant[i8 introdu]eere. die beiden letzten ergSnzungen sind unrichtig;
A hat jetzt semper f[ ] sihoma€anti[8 ]/ere. zur zeit
des Polilianus kann die erste stelle sehr wol noch weiter lesbar gewesen
sein; daher verdient es beachtung dasz M schreibt: semper initi
siomachantis tere; vielleicht ist zu schreiben: enimuero: no[ta
enim^uero semper iniii[o uerborum"] stomachanti[s compe^tere oder dgl.
Zu II 3, 82 U. : haut stuUe sapis"] ironice hat A vielmehr stülie]
ironia, wie es gleich darauf zu v. 92 heiszt stomachosa ironia est (in
diesem scholion ist die Iticke zwischen modo und amaio als viel gröszer
anzugeben.)
II 3, 111 hebzt es bei Terenz: immOy Syre^ Et me et meum
amorem et famam permitto tibi. Tu es iudex: ne quid accusandus
sis uide, dazu steht in A nach U.s herstellung folgendes widersinnige
scholion: iudex: magna necessitas äbstinendi peccato est iudicem dici,
^nam quis huic ignoscat qui uindex debeat esse peccati?* inqui[t cui
omnis (?}] poiestas est et in eo rei sunt fama fortuna res positae (?).
das inquit mit den vorhergehenden an fQhrungss trieben läszt keinen zweifel
daran , dasz U. die worte nam quis bis peccati von dem spät nachfolgen-
den inquit abhängig machte, aber wie kann denn derjenige, in dessen
handen die macht und ruf, glück, ergehen des angeklagten liegt, d. h.
wie kann der iudex selbst (d. h« in diesem falle der sklave Synis) den
gedauken aussprechen: *wer möchte dem einen fehler verzeihen qui
uindex debeat esse peccatiV diesen gedauken kann doch nur der an-
dere Sprecher (Clitipho), welcher dem iudex Syrus sein ganzes woler-
gelien in die band gibt, kundgeben, und Clitipho spricht ihn im texte des
Terenz auch wirklich aus. vor der Sinnlosigkeit des gedankens kommt
die seltsam nachklappende Stellung des Wortes inquit gar nicht einmal in
betracht. der codex ist zwar an der entscheidenden stelle Iflckenhafi,
zeigt aber doch wenigstens den weg zur emendation. statt des Umpfen-
bachschen inqui{t cui omnis] hat er vielmehr ein den buchslaben %n ahn-
liches zeichen, welches wol den anfang eines neuen scholions bezeichnet,
und dann quia ; der rest des randes ist abgeschnitten, wir
haben also zwei scbolien: das erste zu iudex heiszt: magna necessitas
äbstinendi peccato est iudicem dici. nam quis huic ignoscat^ qui uin^
äex debeat esse peccati? das zweite scholion (zu ne quid accusandus
sis uide) wird so herzustellen sein : quia [penes eum] potestas est et
in eo rei sunt fama fortuna res positae.
560 W. Studemund: Qber die editio princeps der
Zu 11 3, 117 U.: scilicet faciurum tne esse] ^scilicet* naturalHer
infinitiuo modo seruiL U. änderte infinitiuo modo stiUschweigeod
gegen die lesart in A infinito modo, auch hier liegt wo] nur ein Schreib-
fehler des hg. vor, und es ist öberflQssig daran zu erinnern, dasz dieser
modus in der lateinischen spräche besser inßnüus als infinitiuus heisil.
Zu 11 3, 120 corriglert ü.: perdoctasl probe] aut ^per^ parhel-
con abundat aut ^probe\ siMparhelcon las U. in kpoeca^ A iiat aber
vielmehr poeta , die buchstaben c und t sind in dieser scholienschrifl oft
scliwer zu unterscheiden, die änderung parhelcon liegt sicher zu weit
von der lesart poeta ab ; es ist einfach poetice dafür herzustellen, dasz
U. auf diese nächstliegende correctur nicht verfiel, ist um so auffallender,
weil ein wörtlich mit dem unsrigen ilbereinslimmendes scholion des Cal-
phurnius schon poetice hat. vgl. das von mir s.569 zu ad. V 3,7 bemerl^te.
11 3, 129. 130 patrem nouisti ad has res quam sit perspicax:
Ego te autem noui quam esse soleas inpotens, nach U. beiszen die
fragmente eines scholions zu perspicax so: adperspic minor
poie suum inp aliter tens. obwol ich es
nicht mit A verglich, so wird es doch gewis in zwei scholien zu zerlegen
sein, deren erstes zu perspicax^ und deren zweites zu inpotens gehört;
M nemlich gibt als note zu inpotens an: minus potens^ und das tninor
pote — bei U. ist offenbar, da or und us so ähnlich in der hs. sind, nur
statt minus potel/is] verlesen.
Zu II 3,138U.: saltim: ultima \linear]. der hg. fugt hinzu: 'Unea
vermutet nach eun. IV 2, 12.' in dem verse des Haut, heiszt der teil:
Glit. sine. St. non sinam, inquam. Glit. quaeso^ paulisper. Sr.
uelo. Glit. Sattem salutare. Glitipho wönscht also das mädcben
wenigstens zu begruszen, wenn ihm nicht mehr gestattet sei. was siebt
nun im Eunuchus an der von U. zur begründung seiner conjectur herbei-
gezogenen stelle? si non tangendi copiast^ Eho ne uidendi quidem eriV
si illud non licet , Sattem hoc licebit. certe extrema linea Amare
haud nihil est. zu certe extrema linea heiszt Donats scholion: ei^
rede : quia quinque lineae perfectae sunt ad amorem. prima uisus^
secunda loqui^ tertia tactus^ quarta osculari^ quinta coitus. an sie
dixit ^extrema linea* ^ quemadmodum dicitur Uongis lineis* quid fieri^
id est ^de longinquo*. die worte extrema linea im Eunuchus sind docb
nimmer gleichbedeutend mit sattem, wenn, wie U. wol wirklich annimt?
sattem hoc licebit genau entspricht dem cert€ extrema linea amare haud
nihil est, so entspricht doch dem sattem nur das certe, und das extrema
linea amare dem hoc. in dem texte des Eunuchus hat sattem mit dem
formelhaften extrema linea nichts gemein als dasz es zufällig in dem-
selben verse vorkommt eine andere möglichkeit, um zu erkläreo wie
U. auf diese reslitution verfiel, wäre an die worte des Donatus ober
die fünf stufen auf dem liebeswege zu denken ; die worte ultima [lineo]
würden dann aber nicht sowol zu sattem als vielmehr zu salutare ge*
hören; gilt aber einmal die Donatische Stufenfolge, so kann das salutare
nicht die ultima sondern nur die prima oder secunda genannt werden,
ganz einfach zeigt auch hier A den weg zur Verbesserung : hinter uUinK^
Terenz-scholien des codex Bembinus. 561
T?
folgt noch pet[^ — "], es ist also zu schreiben sallim: ultima pet\itio\.
Clitipho bringt als letzte bitte die vor, das Mädchen wenigstens be-
grOszen zu dürfen.
Zu II 4, 5 U. : in animo] abunda t hat A vielmehr ebenso gut abun de.
Zu 11 4, 7 et U08 esse istiusmodi soll in A das scholion boni scilicet
sieben, das schon U. in bonos scilicet corrigierte ; A selbst aber hat schon
deutlichst bonos.
Zu 114, 11 schreibt U. das scholion ab his gut ob amorem fre-
quentes erant zu dem worte prospectum in dem verse nisi si prospec-
tum interea aliquid est , desertae uiuimus durchaus gegen den sinn der
stelle; es bedarf nur der einfachen erinnerung, um es zu desertae zuge-
schrieben zu erachten.
Zu 111 1, 5 — 7 hat A genauer ut celem t. ins. g oder tarn s, g^ und
11 wiridlch uel quod sacris (nicht sacres^ kaum sacras) eminent.
Zu III 1, 17 sed ipsum foras egressum uideo: f6o, odloguar
gibt ü. das scholionfragment: haec tis indic ; hinter
haec erkennt man noch asynde^ womit der beschnittene rand der seite
erreicht ist; also kann man wol schreiben: haec (d. b. die beiden worte
ibo und adloquor) asyndetis indicantur.
Zu III 1, 35 musz irgend ein augenblickliches versehen U.s vor-
liegen; er stellt das scholion so her: commeare: ad[fector]e^ uenire.
legitur [etiam'] commetore quod (so A gut) uenit usw. fär die Ver-
mutung adfectore citiert er als parallelstelle haut. II 3, 60 qui adfec-
iant uiam. da steht doch aber nicht adfectore aliein, sondern adfectore
uiom im sinne von commeore ; ebenso in dem vom Bembinus-scholiasten
zu haut. II 3, 60 angeführten citate aus Verg. georg. IV 562 steht wie-
der uiamque odfectat Olympo. der codex Uszt uns auch hier nicht im
Stiche; er gibt commeore: odsi\. ue uenire d. h. commeore: odsilcßue
uenire.
Zu III 1, 40 ist es mindestens kühn, wenn U. das kleine scholion-
fragment argitot(l)iy dessen lemma man nicht einmal weisz, zu [(]orgitoti
durch eigene coi^ectur ergänzt, und dabei bemerkt '/ar^iton* ist Plaut.
Irin, ill 3, 14 nach dem Ambr. in largiri gebessert', ist aber lorgiri
statt largit€uri an jener stelle des Trinummus eine wirkliche 'besserung',
so schwindet damit jede beglaubigung für die conjectur largitoH\ an der
stelle des Trinummus ist lorgitori nur Vermutung von Camerarius , keine
hs. bestätigt sie; eine form von lorgitori steckt also nicht in unserm
fragment, welches nach anwendung von tinctur sicher lesbar sein wird;
ist die iesung U.s , die ich nicht verificiert habe, richtig, so vgl. man das
scholion des Calphurnius: quiduis dare cupis"] et hoc est nimioe lar-
gitotis.
Zu III 1,70 U.: proditurum: obiecturum otque negoturum, nam
prodere est porro dore (das letzte wort ist sicher in A). man sieht
nicht ein, wie proditurum hier durch negoturum erklärt werden kann;
der vers lautet: prius proditurum te tuam uitom et prius Pecuniom
cmnemj quom obs te omiltos filium. die buchstaben sind allerdings
jAhrbachttT mr clast. philol. 1868 hfU 8. 37
562 W. Studemund : Ober die editio princeps der
nicht sehr deutlich, doch erkennt man unschwer das richtige neglecturum
statt negaturum.
Zu 111 1, 76 in der nole zu putabit heiszt es nach U.: proprio
ie d. [esse dici
Va] es9e dicitur vor;
4amen putare purgare est^ unde arbor pute[ia
tur). es liegt zunächst ein druckfehler sUXi puta
aber wer gebraucht in diesem falle den Infinitiv des perfecta? A hattin^i^
arbor puta\'i id,^ das man wol auch, falls nicht mehr fehlt, alsjm/orf
dicitur deuten darf. M lialf sich, indem er gegen die zQge in A abschrieb
putatur.
Zu III 1, 99 als beispiel für den gebrauch von dissolui hat A nach
vervollständigter lesung: Cicero ^dissot[ui nut]lo modo possuni* inin-
T TT
ueciiuis m prim (oder princ) die erste IQcke
liesze sich etwa durch inuectiuis [in Caiüina']m ausfüllen ; was aber mit
den folgenden resten zu machen ist, welsz ich nicht, da das citat aus Cic
in Cat, II 8, 18 entnommen ist.
Zu III 2, 3 bezog U. ein von ihm ergänztes scholion est de insidns
[struere et] bene dicitur auf das wort struere im texte des v. 3 ; es be-
zieht sich aber dies scholion auf intendenda in v. 2 ; hinter insidOs ist
vielleicht gar keine Iflcke, und nicht est steht zu anfang in A, sondern et.
danach wird man schreiben: 2 intendenda"] et de insidiis bene dicitur.
Zu III 2 , 27 U. : quippe qui] parhelcon. si i itaqu^
{abun]dat [qut], statt sit hat A zwei wie it oder allenfalls qq aas-
sehende Züge; geroeint ist vielleicht parhelcon q, q. (d. h. quippe qui;
toCto ist nicht wahrscheinlich); itaq[ue abun]dat q[ui].
Zu III 2, 38 das scholion in promis[sio]ne dicit, non [in] falUndo
gehört nicht zu melior^ wie U. meint , sondern offenbar zu mentiri.
ZUM PHORMIO.
Die genaue Übereinstimmung mit Donat macht die ergSnzung Ificlsen-
hafter noten in dem eingange dieser comödie leichter; doch lehrt ein blick
auf das scholion zu prol. 1 , dasz im einzelnen nicht völlige Übereinstim-
mung mit unseren hss. des Donatus hergestellt zu werden braucht; so
ist es aus räumlichen gründen wahrscheinlicher, dasz zum Schlüsse dieses
scholions in A etwa stand : [quamqua]m sunt qui [postquam pro q]uO'
niam ac[cipiant] als accipi uelint^ wie Donat hat.
Zu prol. 2 liest U. : transdere] trarde (sie) ueteres sonantius, nem
nos lenius tradere^ ut e contrario Uli tralatum ^ nos iranslatum, die
form trarde wäre seltsam schnarrend, r und s sehen sich in A sehr ähn-
lich, A hat trasde, was man in trasdere zu verbessern hat; im folgenden
schreibt U. mit Donat lenius^ A aber hat leuius, und diese lesart scheint
durchaus nicht verwerflich, da die silbe durch ausfall der consonanien
recht eigentlich 'erleichtert' wird.
Zu prol. 13* ist die lesart in A: lacessisset] suffecerat Uacessisse^
(verbessere lacessisset) an etiam prior potuisset. zu dem an vgl. scbo).
Bemb. zu haut. II 3, 50 ^
Terenz-scholien des codex Bembinus. 563
Zu prol. 17. 18 in der erklärung von amnibus schreibt A.: plaUcae
(oder flaticae odeT^^aiieae) et nouis eiueteribus; statt p/a/ica« schlägt
U. vor poeiis; sollte nicht, wie auch sonst, einfach poeiice gemeint sein?
Zu prol. 18 vermutet U.: ad famem] [probt] uendere solebani
poetae quidquid scribiissent\ es fällt namentlich die isolierte voran-
Stellung des worles probi auf. U. entnahm es aus Donat, wo es heiszt:
nam poetae probt suas uendebant fabulas. A gibt natürlicher: ad
famem] nam uendere solebant poetae usw.
Zu prol. 24 uelim kommt neu hinzu das scholion: deesi queris^
welches in deest quaeritis zu corrigieren ist.
Zu prol. 26' sind folgende lesefehler U.s zu berichtigen: z. 1 dici'
tur (gut) statt dicatur; t, 2 tiel ex [ ]\capacitaie; z. 3 syllaba
(gut) apud ApoUodorum e[9t^ non a for]mula\ z. 7 q)apfiiovv€M ;
z. 8 non qpuipfiov (oder non q)ap^ov); z. 8. 9 producimus (gut).
Zu 1 1, 1' im citat heiszt es nicht sordidum popularemque eignem]
in A , sondern sordidum popularemque ciuitaii |.
Zu 1 1, 2. 3 verzweifelte U. an dem anfang des scholions; wenig-
stens der eingang desselben läszt sich aber wol mit hülfe Donats heraus-
bringen, ich glaubte in A zu erkennen dimi
TT »
in ser . . . summar pausUlulum: lquartu]8 gradus di-
[minuiionis] , pauJum [paululum pausiUum p<m]xinulum ; der Wortlaut
selbst wird nicht sicher herstellbar sein; dem sinne nach wird etwa da-
gestanden haben: ratiuncula] [opporiuna] dimi[nutio] in 8er[uo]rum
fnax[ima paupertate]. pausillulum usw.
Zu I 1, 4 U. mit Donatus: [conficerem: prop]rie. nam [fieri pe-
cunid] dicebatur, [Sallustius usw.] allein die angäbe über die reste in A
ist ungenau ; A hat riae, nam [fieri pecunia]m diceba[, . . .
. . .]; danach wird man versuchen müssen: [conficerem : prop]rie. nam
[fieri pecunia]m diceba[nt. Sallustius usw.
Zu I 1, 7 ergänzt U. so : [dicit potius] generaliter [M qui m{]nus
habent^ diui[tioribus : ne] dicat serui domi[nis]; da aber A dicit statt
dicat deutlich darbietet, so ist das scholion so herzustellen: [dicit po-
tiu]s generaliter *[äi qui mi]nus habent diui[iioribu8^^ non] dicit
* serui domi[nis]\
Zu II, 8 U.: mire ^addant* non *denf, non ^aliquando* sed ^sen»-
per^ fügt A gut et vor non ^aliquando* ein (ebenso auch Donatus).
Zu 1 1 , 9 läszt sich die fassung des scholions nicht mehr errathen,
TTTT
die lesart von A aber etwa so angeben: boten expenis J
er[.]t Sic sester [t a]ssis in sester[t ] ario assis [ —
T TT
]d ergo ype[rbolicos ] unciam dixit die lücken zu
anfang der zeilen waren wahrscheinlich immer gleich grosz.
Zu I 2, 4 ' redibitio debiti hoc agitj ne oderimus — rem^
läszt sich, da die zahl 20 viel zu hoch gegriffen sein kann, vielleicht so
ergänzen : ne oderimus [debito]rem.
37 •
564 W. Studemuod : Aber die editio priDceps der
Za 1 2, 4* kommt ror tit Jndria aas A hinzu et; zu fl 2, 5 scheint
mehr aUquit als reliquii dazustehen , also Tielleicht et de[est'] [aKquit ut
]; zu Ul 3, 10 iriumpho] g audio hei U. ist verlesen statt
gauifeo, was auch der sinn erfordert, da triumpho Terbum ist
IV 3, 42 parui rettulit nan suscepitte (sc. fiHam). zu sus-
cepisse soll nach U. die seltsame glosse uouisse heigeschrieben sein;
A hat vielmehr richtig abuisse d. h. habuisse,
IV 4, 9 quid minus uiihüe fuit quam hoc uolnus (so der Bembinus,
die andern hss. ulcus) tätigere? zu diesem verse erkannte U. folgendes
scholionfragmenl: uiliosum cti/i, das er in uitiosum uulnus andern
zu dürfen glaubt; es gäbe das einen seltsamen gedanken; A hat vielmehr
uitiosum e eulosum , was man auf minus utibile zu beziehen und
so zu ergänzen haben wird : uitiosum e[t per{]cuJosum,
Zu V 1, 5 scheint der genetiv nicht mit U. georgicon sondern geor-
gicor. d. b. georgicorum in A gelautet zu haben ; V 3 , 3 re] pecunia
uel argento fehlt das uel in A , es ist auch überflOssig.
ZU DEN ADELPHOE.
Zu 111 2, 4 U. : ^uällata* enim dicimus terrae aggerem^ int er quem
latentes figimus uallos. A hat statt inter besser intra und vielleicht
latenter statt latentes; 111 2, 15 am scblusz fehlt ulciscar in A; zu 111 2,
16 U. : hoc est quod supra ait ^familiam dari m. s.* liat A vielmehr rich-
tig: hoc est quod supra ait * tot am familiam dari m. 6. (d. h. mihi
obuiamy.
Zu III 2, 16' U.: produxit scelusl non dicit sceleratum^ sed no-
mine facinoris appe^Jlauit"] ; A hat zunächst dixit statt dicit^
wie aucli gleich darauf das perfectum appellauit folgt ; der schlusz hinter
appe ist jetzt abgeschnitten, kann aber zur zeit des Polilianus noch
lesbar gewesen sein; F schlieszt das scholion schon mit facinoris; M
aber gibt appellauit hominem^ womit jedenfalls das richtige sei es aus
erneuter einsieht von A , sei es aus conjectur getroffen ist.
Zu 111 2, 23 U.: notandum ^quisquis es* de femina dici, an incer-
tus [a] (dies a fehlt in A ohne lücke aus versehen) quo reuocetur^ uirum
pulat? sed uoce discemitur. das fehlende subject des letzten satzes
ergänzt A selbst gut; er hat: sed sexus uoce discernitur; auch v. 30
kommt vor dem ausruf inpudentiam singularlem"] ! wol noch eine aus-
rufpartikel o hinzu, falls dies nicht etwa ein zeichen ist, um die stelle
des texles zu bezeichnen, zu der die bemerkung beigeschrieben ist;
sicher dagegen kommt das zweite negat neu aus A hinzu 32' decepta
promissis negat fidem rerum^ negat fidem esse personae, und ebenso
hdrte v. 37 das cilat aus Verg. Jen. XII 156. 157 nicht, wie U. meint,
mit Saturnila ii/no] auf, sondern gieng noch weiter fort so : satum, i.
a, et f. [s, q,"] m. [e, m.] d. h. Saturnia luno Adcelera et fratrem , si
quis modus, eripe morti.
Zu 111 3,43 ü. : olfecissem"] [na'jribus essem scrutatus [et est^ca-
^ sagacitas; durch welche conjunction die canina (denn so scheint A
Terenz-scholien des codex Bembious. 565
eher zu haben als canum) sagacitas anzuknflpfen sei, ist zweifelhaft;
hesser wol so : scrutatus , [ut] est canina sagacitas oder Ähnlich.
Zu 111 3, 46 ergänzt U.: pulat oportune fieri, cum praeuide[t
fu]tura serio; was diese erg9nzung hier soll, verstehe ich nicht; mir
schien in A vielmehr zu stehen : pulat oportune fieri^ cum preuideatur
a seruo^ und so (nur mit der orthographischen besserung praeuideatur)
las auch MN.
III 3, 47 heiszt es bei Terenz: ahigam hunc rus, tarn dudum alt-
quid ruri agere arbitror, wenn nun in A zwei schollen stehen, deren
erstes sich auf rus, und deren zweites sich auf ruri bezieht, und darauf
von einem unterschied die rede ist, so ist doch a priori anzunehmen,
dasz dieser unterschied sich auf rus und ruri, nicht aber auf eine andere
von rus abgeleitete form bezieht, dennoch liest man bei U.: rus'] ad
uiÜam. est enim aduerbialiter, ruri'] in rure, et (dieses ^auch' bezieht
sich doch auf das eben erklärte rus) hoc ad\uerb{]ale est, sed haec
d[i/feren]tia est: ^rure ue[nio uel redeo^ motum significat. ^ru[ri
degoY uel ^ruri sum* situm significat, also U. glaubt, es könne trotz
dem oben auseinandergesetzten jetzt von dem unterschied zwischen dem
hier gar nicht vorkommenden rure und ruri die rede sein, hätte A wirk«
lieh rure , so müste es durch conjectur in rus verwandelt werden ; nach
sicheren spuren in A ist aber einfach zu schreiben : sed haec d[ifferen]tia
est: ^rus eo et r[us abigoy motum significat , *ru[ri ago]' uel ^ruri
sum* situm signi(ficat].
Zu III 3, 50 will U. die lesart von A iurgium proprie dicitur ius
(hier ist der beschnittene rand erreicht) taconlio in iusta contentio, FN
aber in iuris contentio ändern, ich vermute iuris actio ; auch nach Fes Ius
8. 103 und Gellius XX 1, 30. 43 ist iurgatio = iuris actio, vgl. auch
Huschke in z. f. rechtsgesch. VII (1868) s. 168.
Zu III 3, 54 U. : ftagitia] infamia. nam fiagitium a fiageUando est
dictum, pati autem huiusmodi dispi . . . lebant corrupti pudo'
ris läszt sich noch herstellen, zumal da hinler dispi die buchstaben cat
schimmern, man lese: pati autem huiusmodi despicat[um so]lebant
corrupti pudoris.
Zu III 3, 67 hat k putescant, nicht putrescant (wie U.); zu III 4,
am
32 U. : [pro certo d\ixit certa, nam (A hat genauer non d. h. nam aus
tum corrigiert) pro cer\to est] ad imaginem certi, cert[um u]ero est
tottun uerüate \fT\ixum, es wird aber offenbar in diesem scholion gerade
erklärt, weshalb Terenz in v. 32 sagte pro certon tu istaec dicis und
nicht certan tu istaec dicis; man niusz also vorn ergänzen: pro certo]
[non d]ixit ^certa\ statt U.s [/]ixum vermutete M ansprechend [n]ixum.
Zu III 4, 37 ü. : abduce] ueteres hanc habuerunt analogi[am : a]6-
duco abduce ut lego lege, [nam i]n utroque uerbo teriia con[iugati]o
est. nos autem dicimus [abdu]c, non ratione sed lectione .... nti,
o
quia ipse Terentius [aUbt
letzte locke durch lectione
^abduc duc quantum p.' U. schlägt vor die
'consta]nti oder [indu]cti auszufQlien ; allein
566 W. Studemund: aber die editio princeps der
das wort gieng in A auf -enli oder -mii aus ; man wird z. b. leelme
[conQenii versuchen können.
Das scholion zu HI 4, 40* sieht hinler 40* in A. ob 40' quania
Signa ueritati succurrunt (so U.) oder quanta Signa ueriiaiis occurrunt
(so FM) geschrieben war , iLann weder aus den unsicheren zQgen Ton A
noch aus dem gedanlLenzusammenhange sicher entschieden werden.
Zu IV 2, 1 et meis in p) onibus loca 6t
fratrem iurus inueniam läszl sich wol etwa noch so hersteUea
(stall et hat A nt und vor dt hat er noch ein ti): [resistu]nt meis in[ues'
tigati']onibus laca [omnia"], ubi fratrem [inuestigayums inueniam oder
ähnlich.
Zu IV 2, 12 l(ommt zu committam als giosse hinzu credam, ebenso
steht in A fol. 109*" am obern rande bald darauf noch ein verblaszles
scholion, in welchem ein cital aus Vergilius steckt, ich las u. a. sie urg.
Zu IV 2, 29 U.: idem quod ego sensit} filium non esse degenerem
et idem sentire quae (sie) pater (adde dieit), in A ist keine Iflcke, U.s
ergänzung aber ist dem sinne kaum entsprechend; da U. zu dem qwu
ein 'sie' beigescbrieben hat, so hat er dies wol in quod zu verändern nur
vergessen: allein es ist nicht wahrscheinlich, dasz der greis sagt *der
söhn fühle dasselbe, was er (der greis) sagt'; der greis wird gesagt
haben Mer söhn fühle dasselbe, was auch er (der greis) fühle', da nun
A vielmehr eadem statt et idem zu haben scheint , so wird man vorsciila-
gen können: filium non esse degenerem [«/] eadem sentire quae \st]
pater [putat"] (oder didt).
Zu IV 3, 4 sieht das scholion in reatu ferunt bei v. 4 in M, seUt
also , wie Donatus , im texte die lesart expostulant voraus.
Zu IV 5, 50 liest ü.: [negllegenti ad\haer']et et crimen^ [sed] in-
diligenti uitium, aber für sed scheint kein platz; es wird also besser
fehlen: [neg^egenli ad^haerlet et crimeln]^ indiligenti uitium.
Zu IV 5, 65 U. : deos comprecare"] nuptiarum aui\di] deos requi-
runt, u[nde'] (man könnte dem räum nach auch u[t] vermuten) Vergi-
lius Uu m[pd6] posce d[(eos uel^niam*. om^, . .yione^ et 5ti[. . .]ofle
a^. . .]re. der schlusz läszl sich z. b. als synonym mit comprecare
so vervollständigen: om[ina]tione et su[pplicati']one ad[ßrede\re\ zu
ominatio vgl. Plautus Amph, 722 ominator^ das verbum ominare oder
ominari^ und Festus Pauli s. 88 M. fauentia honam ominationem
significat, die ergänzung ist freilich unsicher; man könnte auch an
om[ni precayione oder dgi. denken. ^ ^
Zu IV 5, 73 miratur ad[ules']cens^ quod ta[m cito"] sibi per patretn
ob[fera']tur felicitatis hablendae"] occasio\ da A aber stall hab\endae\
vielmehr ob hat, so ist vielleicht obltinendael zu schreiben.
Zu IV 5, 78 ne morae meis nuptiis egomet siem] [sensu'\s hie de
dr']o uenit^ qui cum [esse']t interrogatus ^ orbem qua ratione
r']espondisse fertur ^nihil in crastinum [diffe]rens*. talis
Tereoz-scholien des codex Beinbinus. 567
TT
:$ensus est [ jano ^semper nocuii .... rre paratis*. den
^sicherlich schon zur zeit des Politiaous ebenso weit wie lieute verstdm-
melten hexameteraasgang schlägt U. vor so zu vervollstSodigen: semper
juacuU \mora ab^re paratis. welcher dichtername in adjeclivischer form
▼or dem so viel ich weisz unbekannten citate steclit, läszt sich nicht sicher
bestimmen. MF d. h. Politiauus traf, zumal da in Alexanders Worten dif-
ferens eben vorhergeht, gewis das richtige, wenn er schrieb: semper
nocuii [diffe\rre paraiis.
Zu IV 6 , 3 U. : [latijne auiem repere dicun[iur terr]ena quae
uentre se ira[hunt] et kuiusmodi animantia , , , t herba quae pau'
2atim usw. statt ei hat A vielmehr e/, also ist zu schreiben : quae uentre
3e 1ra[kunt u']el kuiusmodi animantia; [ita e\i herba usw.
Zu IV 7, 21 -> 23 dlea enim res incerta [esi\^ consilium certum,
O A
nes auiem certo corrig incertum est. ü. Suszert die
Vermutung hes[cinus'] (d. h. Aeschinus) auiem cerio corrig[et quod']
incertum est. abgesehen von der befremdlichen ausdruclcs weise ist das
4:orrigere nicht sowol saehe des Aeschinus als des Micio ; A gibt nach
-corrig noch iq. danach vermute ich: nes[cit'] auiem certo corrigi^ q\uod'\
incerium est.
T
Zu IV 7, 24 correcior: ironicos. non enim u[. . .] est profusio '
sed tii7tt[ ...?]. Demea nennt den Micio, welcher gezeigt hat, wie in
dem einem Würfelspiel analogen menschlichen leben ebenso wie im spiel
korrigierend zu verfahren sei, hdhnisch einen 'corrector*. wie kann nun
4lazu die von U. vorgeschlagene änderung passen: non enim u[eri'] est
professio sed uiiii [exprobratio'}, ganz abgesehen davon dasz in A hinter
uiiii nichts fehlt? mit bezug darauf, dasz eben vom Würfelspiel, welches
mit dem weine verbunden ist, die rede war, Icönneu wir dem scholiasten
hier wol ein etymologisches spiel zutrauen, der alte sagt: 'du magst
beim Würfelspiel und wein wol ein guter correcior sein , aber nicht im
leben; es handelt sich hier -nicht um die profusio des uinum sondern
tim die des uitium^^ also: non enim u[ini'] est profusio sed uiiii.
Zu IV 7, 25 U.: psaltria'] [psaliria graece'] quae fidicina diciiur
Ijlatine']. psaliria uoce canit , fidicina [chordas tempiai^. die letzte er-
gSnzung machte U. nach dem schol. Bemb. zu ad, 111 3, 51 psaliria']
fidicina. nam Graeci a uoce nomen inposuerunt^ Latini a manu,
fpttkkeiv enim caniare dicimus^ fides uero chordae sunt quae manu
iemperantur (U. will hier iemptaniur^ als ob Ovid nie gesagt hätte
iemperare citharam neruis^ als ob Uoraz nie gedichtet hätte: o iesiu-
Ainis auretie Dulcem quae sirepitum^ Pieri^ iemperas). in unserm
«cholion sind die räume von U. nicht genügend berücksichtigt; vor U.s
quae^ wofür A vielmehr laiine hat, fehlt vielleicht gar nichts; A gibt
TTTT
^Iso etwa: psaliria j laiine fidicina diciiur; [sed psat]tria uoce canit,
fidicina [fidibu]s.
Zu IV 7, 41 kommt aus A in inefe t7/a Ci[ceron']is ecfonesis noch
«in est hinler inde hinzu; zu V 1, 1 ist genauer so zu schreiben: [Syru'js
568 W. Studemund : über die edilio prioceps der
seruus egredüur iambico [metrö] luxuriöse adludens, \tnol(^us enint
metrum (so A) iem[^ ]ti« anapesticis (so A] sonat [ ] uliima
Claudicat syllaba.
Zu V 1,6 schreibt U.: iristis] [iraiu']s» seuerus, iratus uuUu
[oslendit] irisiiiiam , seuerus [autem uerbys canfiietur. U. denkt hier
also an die defioition des Unterschieds zwischen iralus und seuerus^ wie
das von ihm eingeschobene autem zeigt; allerdings fragt man: wie kommt
der scholiast dazu den unterschied von iratus und seuerus hier zu de6-
nieren, wo nach U.s eigner herstellung iratus und seuerus synonyme'^)
definitionen des worles tristis sind (U. schreibt im eingauge tristis"] [ira»
iu']s. seuerus)! im texte des Terenz selbst kommt weder iratus noch
seuerus vor. allein die scholien enthalten gar oft nicht streng zur sache
gehörige erklärungen, und so vielleicht auch hier, die stelle ist allerdings
zu lückenhaft überliefert , um mit Sicherheit hergestellt werden zu kön-
nen ; doch 19szt sich aus folgender genauerer angäbe der lesart in A viel-
leicht etwas wahrscheinliches vermuten. A gibt: is seuerus
iratus uuUu [. . . .]6 tristitiam seuerus a[. . . .]j confttetur^ d. h. viel-
leicht z. b.: [tristes: seuerus^ [iratus^: iratus uultu [et or']e tristitiam^
seuerus a[ctibu^s confitetur.
Zu V 3, 4 U. : 0 caelum , o terra , o maria Neptum] caelum pro
OK
loue a terram pro contestatione uehement maria
postea infert et Neptunum ad ut fiat ausesis praecem fundit
ira ut aut fulmine [tot]um pereat aut motu terrae cuncta
intercidant aut diluuio maris omnia nia uel medium fiat
\marT\e, so bedenklich der versuch einer herstellung dieses scholions
scheint, wenn man mit U. annimt dasz 25 buchstahen fehlen, so einfach
wird er , wenn , wie A lehrt , möglicher weise an den zeilenenden nur
wenige buchstahen unlesbar geworden sind ; vielleicht ist uur die letzte
lücke (hinter omnia) wirklich gröszer gewesen; so gut wie ü. an den
übrigen zeilenenden gröszere locken annahm, hätte er eine solche auch
nach motu terrae annehmen müssen, vielleicht lassen sich die fragmenie
so ergänzen : maria Neptuni: caelum pro loue ap[pellai\ , terram pro
TT
contestatione aelimentori. .] (d. h. elementorum) ; maria postea infert
et Neptunum ad[dit^ (oder adipellat'])^ ut fiat auxesis {ausesis A). pre-
TT T
cem {praecem A) fundit tra [/««], ut aut fulmine t[pt']um pereat aut
motu terrae cuncta intercidant aut diluuio maris omnia [deüantur . . .]
nia uel medium fiat m[ar'\e, die letzte lücke läszt sich beliebig ergän-
zen ; vielleicht war [om]nia aus versehen doppelt geschrieben, bei dem
ausdrucke preces fundere dachte der scholiast übrigens wol an Jen. V
234 fudisseique preces diuosque in uota uocasset.
15) Ter. Andr. V 2, 16 heiszt es: iristis seueriias inest in uoliu nni
so ist auch bei Nonius s. 409, 20 und Donatus za eun, Y 1, 28 statt
uei-iir ' '•'n, weil Nonius eben triste durch seuerum erklärt; an-
der 'esen jahrb. 1864 s. 200; Servius zu Aen, X 612 una
zu ert den yers richtig.
Terenz-scholien des codex BemLinus. 569
Zu V 3, 7 nostrum liberum (gen. plur.) gibt U. das scholion: in
^erutn' poeia exigit accu[saii']uum singularem pro geneti[uo plu]rali :
liberum pro Hberor[um , nos'jirum pro nostrorum usw. allein es be-
fremdet diese ausdrucksweise, weil doch, was für liberum gilt, auch fdr
nostrum gilt, nosirum aber geht nicht auf erum aus; A gibt besser
nosirum liberum] metrum poeia exigit accu[8atiluum singularem
pro geneti\uo plu'jrali usw.; das metrum poeia wird man in metrum
poeticum verwandeln dürfen, zumal wenn man sich erinnert dasz auch
zu haut II 3, 120 in k poeia siM poetice verschrieben ist.
Zu V 3, 34 ergänzt U. so: consuetudinem'] [prudentis Tiominisl
enim est qui adulescens didicerii helluari {elluari A) consu[etU'
dinem pr']ofusionis (A hat vielmehr consuitudinem [. J]ofimonis)
ui {X nach U. aut^ er hat aber haut) des erat {deserit A). conuenit
deinde parsimoniae senili [luxuriam nimiam"] (aber A hat nur eine
lücke von etwa fünf buchstaben, kaum uitam, eher mores oder dgl.)
adulesceniium {adülisceniium A) frugalitaie constringere. mendacitatis
iimore (aber A scheint mehr timor co zu haben) [facile ait consuetudy^
nem (aber A hat nur eine lücke von fünf buchstaben , dann folgt minem)
fieri parciorem, mit engerem anschlusz an die Oberlieferung kann man
schreiben: [consuetudinem: noium (oder etwas ahnliches)] enim est:
qui adulescens didicerii helluari^ consuetudinem profusionis haut de-
serit. conuenit deinde parsimoniae senilis [mores'] (oder z. b. uitia
oder dgl.) adulesceniium frugalitaie constringere. mendicitatis Umor
co[ßii h6]minem fieri parciorem.
Zu V 3, 37 U. : duo cum idem faciuni] hi eadem re peccani. das
seltsame und fiberflüssige At entfernt A selbst; es ist verlesen statt in
eadem re peccani.
Zu V 3, 53 U.: exporge froniem] quem corrugauit senilis ruga
maestiüae gibt A vielmehr mit regelrecht femininalem frons so: quam
conrugauii usw.
Zu V 3, 55 cum primo luct] primo lud: alterum datiui ca[sus
est] , alterum geneiiui. nam Uuci
ui Vergüius s[aepe'\ (A hat se[pe'
Ha de'jclinauii (oder ita fehle auch)
oder rel. .]) ^AchilW [AdUi A) ei
ülixi' m. Achim {Acilli A) 'aut (A hat a
abgekürzt) duri mili[s ülixC]. U. erkannte richtig dasz, wie am schlusz
ein citat für die form Ulixi aus Vergilius steht, so in der lücke ein citat
für die form Achilli stecken müsse; er vermutete darin Verg. Aen.\l 839
[jgenus ar]m[ipoientis'] Achilli. aber dem widerspricht der beschränkte
räum in A; dort nemlich stehen ziemlich dicht hinter dem ersten ülixi
die buchstaben mn oder mm , und nach einer lücke von nur vier buch-
staben folgt gleich AcWi; ohne zweifei ist einer der beiden gleichlauten-
den versausgänge [i']mm[iiis'] AchilliWerg. Aen. i 30 oder ill 87 gemeint.
V 4, 3 vermag ich ebenso wenig wie U. sicher herzustellen , obwol
einiges mehr lesbar wurde ; der vers des Terenz heiszt : aliquid moneaiy
ui illa quae te scire credas nescias. dazu hat A nach U. das scholion :
[monereT] dixii pro confir^mar'je (U. vermutet confutare gegen A);
570 W. Studemund: über die editio princeps der Terenz-scholieo usw.
ergo quemadtnodum {refui]amur [a 8ct]entibu9y [sie nes]eire
cogimur quod [nas scijre crediäimus. allein wie U. selbst sah, hat A in
dem zweiten satze hinler der ersten iQcke aller wabrscheinliclikeit nach
t
amus (genauer etwa eamus) statt amur^ und nach der letzten IQcke se
«latt re\ endlich schienen mir vor dem entäfus die buchslaben eu zu
«chimmern; danach kann man vielleicht versuchen: ergo quemadmodum
£ ^amus: euenUbus [nes]cire cogimur quod [8Ciuis]8e credi-
dimus.
V 4, 10 vermutet U.: nuüi laedere os] [laedimu']8 os alteriuSy
cum [laei]is a[lit]8 fron[tem corjn^omt^, id est [morosi] sumus.
allein einmal ist es unlateinisch zu sagen laetis aliis froniem corruga^
mus^ dann aber inconsequent alns zu sagen, nachdem eben allertus vor-
TtTTT
hergegangen ist; statt a[lit]s scheint A alicuius zu haben, erinnert man
sich zugleich an Donats scholion zu dieser stelle: id est nuttum prae-
seniem laedere^ so wird man vielmehr so corrigicren dfirfen: [laedi-
mu']s 08 alteriuSj cum [praesentys alicuius fron[tem con]rugamu8^
id est [molestt] (oder morosi oder dgl.) sumus.
V 4, 17 patria potitur commoda] poiitur: adsequitur, o[. . .]
ablatiuo usus est ei [, , . .']ui potitur. den zweiten satz ergänzt U. un-
glücklich so: a[libt] ablatiuo usus est. ita ^[propria] ui jpoli[re]fifr'
^Ter. Phorm.y 5,2). A hat zu anfaug statt des a vielmehr ein unsicheres u,
und nach et noch ein unsicheres a ; dieses u ist oflenhar als t<[r^.] d. h.
Vergilius zu ergänzen , und Aen. UI 55 (Polydorum obtruncatj ei auro
ui potitur eitlen ; man schreibe: potitur: adsequitur. V[ergihu82 abla-
iiuo usus est: *et a\ur6\ ui potitur.^
Zu V 4, 22 potitur gaudia kommt ein neues scholion hinzu: [po-
i%\iur: in pos8[essi']one habet.
Zu V 6, 1 U.: prouiso'] progrediar, ui uideam; A aber hat gut
progredior; daraus geht hervor, dasz der scholiast die lesart proiit^o,
nicht das in anderen hss. vorkommende prouisam erklären wollte.
Zu V 7, 7* U.: tibicina et hymenaeum qui canient] [non dijxit
^tibicen*. mulieres [enim p^lerumque canir[t]ces nuptiis [adAf]6e[6an-
iur"]» aber U. selbst las statt plerumque in A — ieriq. (richtiger wire
— leriq.), man schreibe: mulieres efnim pllerique canirTilces nuptiis
ladhi]bebant.
Zu V 7, 7* ü.: hym\en']e[u\m qui [can]tent: quos uulgo ballaio*
[res uolcani, nam hymen dicitur . . . a . uoi^)tum quo pene optantur.
nach genauerer lesung iSszt sich dies scholion vielleicht herstellen: ^-
meneum qui [cante^it: quos uulgo baUato[res uo^cant. nam hymen
(A hat wol ymen) dicitur [nupti^ale uotum, quo bene opiatur (viellelchl
fehlt dahinter noch ein kurzes wort).
Zu V 7, 8 face kommt das neue scholion aus A hinzu: ueieres sie
" (diclinabani k) *faco facis' ut ^lego legi[s\\
^0 maceriam iübe dirui setzt U. folgendes scholion: ma-
M. Hertz: xuiscellen. 571
ceriam det^ete^ id est] lapide factum inieruaJlum^ iumuUvarii parieteSy
^uam uulgo saepetn uocani\ die Iflcke zu anfaog tat unriclitig ausge-
füllt; mir schien A zu haben: tnaceriam : de luio ei lapide fticium inier'
uallem usw. , und so las auch Polilianus.
Verona. Wilhelm Studemund.
(34.)
MISCELLEN.
16.
Ich weisz nicht ob es bemerkt ist dasz Horaz an einer sicher unver-
«Iflchtigen stelle serm. 11 1, 71 ff. quin ubi se a volgo ei scaena in
secreia remorani vtritts Sdpiadae usw. offenbar das vorschwebt was
Cicero vom illern Africanus sagt {de off, HI % 2} : üle enim requiescens
a rei püblicae pulcherrimis munerihus oiium sibi sumebat aliquando
ei e coeiu hominum frequeniiaque inierdum iamquam in porium se in
solitudinem recipiebat. einige beachtung aber möchte es bei der enl-
scheidung der schwierigsten frage auf dem gebiete der interpolation
Horazischer lyrik in bezug auf carm. IV 8 als seitenstflck zu den incen*
dia Carihaginis impiae (v. 17), die dort auch auf das conto des altern
Africanus gesetzt werden, verdienen.*) von jenem verse dürfte man nun
woi nidit mehr behaupten, dasz gegen ihn ^ebenso laut die geschichte
als die Horazische metrik , ein weit strengeres gesetz als die metrik für
sich allein, aufschreit' (Butlmann mythologus 11 s. 367), wenn die ge-
schichte noch bei einem andern Horazischen verse einen ähnlichen , wenn
auch vieUeicht nicht ganz so lauten, schrei erheben darf — Niebuhr (vor-
trage über rom. gescb. U s. 309) traute dem Horaz den irtum auch ohne
solchen doppelgänger zu ; wie er sich sonst mit Bentlev in bezug auf
diesen vers abfand , wissen wir nicht — und auch damit wäre bekannt-
lich jene frage noch lange nicht zum austrag gebracht.
17.
Dasz der bericht des Aurelius Victor de viris ilU 49 über den Scipio-
nenprocess nicht von Livius abhängig ist, wird nach den auseinander-
setzungen Mommsens im Hermes 1 s. 168 nicht unsicherer, auch wenn
er nicht den zweiten namen des anklägers gibt, den Livius nicht kennt:
denn immer nennt er dann noch ^inen Petillius, wo Livius von duo Q.
Petillii spricht**), und das andere von Mommsen angegebene kriterium
(^der ebenfalls bei Livius fehlende zug , dasz Scipio den auftrag ihn nicht
in Rom beizusetzen seiner gattin gibt') bleibt daneben in ungeschwächter
kraft bestehen, nach Mommsens angaben (ebd. s. 189, 1) kann man bei der
frage nach der lesung der stelle von allerlei überliefertem variantenkram
*) dieselbe verwecbslaiig ist aach Poljänos VIII 16 passiert, der
freilich in dergleichen stark ist.
**) vgl. jedoch darüber Mommsen a. o. s, 189, 4.
572 M. Heriz: miscellen.
absehen : *a Petüto Jteio iribuno pJebis* sagt er 'steht bei Victor 49, 16
in beiden recensionen, so dasz die lesung nicht wol von den abschreibern
wesentlich entstellt sein kann; eher mag das seltsame cognomen von Victor
oder von Antias selbst' — den Mommsen als quelle annlmt: s. s. 168 —
Mn irgend einer weise verdorben sein, auf keinen fall darf, wie oft ge-
schieht, a Peiilio ac Naevio ir, pL hergestellt werden.' das PetiUo
Jteio ist wol nicht nur ^seltsam', sondern ebenso falsch wie die gluck-
lich beseitigten Aurelii Propertii und Porcii Licinii; fflr das nomen fordert
Mommsen die Schreibung Peiiüio nach den capitolinischen fasten und deo
münzen; auch handschriften geben es hSufig, oft zwischen beiden Schrei-
bungen schwankend ; sollten wir vielleicht auch hier nichts anderes vor
aV Ho
uns haben als eine solche Variante Petib'o ir, plA war erst das aV Uo in
den text gerathen und erschien nicht mehr als varia lectio, sondern als
cognomen , so lag es nahe es Mlio zu lesen , das dann eben kaum etwas
anderes als Ateio konnte bedeuten sollen, demnach hätte man erlaubnis
sich auch im texte des Aurelius Victor der bestbeglaubigten schreiboog
anzuschlieszen und a PetilUo Ir, pl, zu lesen.
18.
Gewis wird ein jeder philolog, der auf dem grenzgebiete zwischen
Philologie und Jurisprudenz thätig ist , die hülfe der kenner des rdoi-
schen rechts von fach nicht nur dankbar annehmen, sondern geflissentlich
suchen, aber dafür darf er anderseits wol in anspruch nehmen , auf sei-
nem gebiete nicht ungehdrt verurteilt zu werden, wenn das genügende
material zu einem urteil nicht vorliegt, zu dieser bemerkung gibt mir
eine stelle der vielfach lehrreichen , überall anregenden abhandlung von
0. Kar Iowa *die formen der römischen ehe und manus' (Bonn 1868}
veranlassung, in welcher (S 12 s. 65 ff.) von der bedeutung des usus und
von seinem Verhältnisse zur coämpHo gehandelt wird, der vf. bespricht
dabei eingehend die betreffende stelle des Gellius 111 2, 12 ff. er ver-
gleicht die Überlieferung des Gellius mit der des Hacrobius Sat I 3,20*.,
der aus Gellius geschöpft hat; aus jenem führt er die citierten werte des
Mucius Scaevola in folgender weise an : lege non isse usurpatum muHe-
rem quae usw. und bemerkt dazu (s. 67 anm. 175) 'dieselbe stelle lautet
bei Gellius III 2 etwas abweichend : lege non esse usurpatam. die be^
ausgeber, auch nocli Hertz, substituieren dem handschriftlichen lege legi.
um ein wort zu haben , von dem das vorhergehende Quintum Mucium
abhängen kann; aber mit recht hat Erb (Hugos civ. magazin V s. 213)
nach Pontanus und Otto bemerkt, dasz zu lesen sei dicere soIHum legi,
lege usw.' aber die handschriftliche lesart bei Gellius ist dies voo mir
^statt der handschriftlichen lesart substituierte' legi durchgehends*), und
bei Macrobius ist lege nur durch das stillschweigen von Jans collationen,
durch kein ausdrückliches Zeugnis, bezeugt, wie die anordnung seiner
varianipn zeigt; dasz die conjectur legi lege leicht sei, will ich nicht be-
^en ausgaben des Macrobius erscheint dasselbe seit Stephsnos.
iufl schöpfte auch wol Scxoppius sein lege bei Gellius.
C. Heraeus : zu Gellius. 573
streiten , notwendig ist sie sicher nicht , da das lege durch die im folgen-
den $ ausdrücklich erfolgende nennung der zwölf tafeln überflüssig ge-
macht wird. hr. K. sagt, es sei für das folgende unentbehrlich, Venn
man , wie es viele erkUrer mit recht thun, der lesart des Macrobius isse
usurpaium folgt' — aber esse usurpatam, wie die bss. des Gellius,
haben sämtliche hss. des Macrobius bei Jan, auch nach ausdrück-
lichem Zeugnisse Jans die Cambridger hs. , aus der Pontanus isse usur-
paium anführt ; dies selbst liat nur das wahrscheinlich Irügliche schwei-
gen der collation des Paris. 6371 für sich aufzuweisen, esse usurpaium
bietet eine Mediceische hs. ich glaube demnach hm. K.8 ausführungen
gegenüber mit rflcksicht auf den ermittelten handschriftlichen befund an
der zuletzt von R. Scholl legum XII tabularum reliquiae s. 103 f. ent-
wickelten ansieht K. 0. Müllers über usurpare festhalten zu dürfen, da für
mich eben die lesarten bei Gellius nichts ' verdächtiges ' haben , die auch
Scholl a. 0. s. 134, 4 in den text gesetzt hat. für hrn. K. tritt freilich
noch das lemma des capitels als stützpunct seiner ausführungen hinzu:
dasz die * band schriftliche lesart' quid Q. Mucius scripserit super ea mu-
liere^ quam maritus non iure usurpavissei^ falls die rubrik wirklich von
Gellius herrühre [was unzweifelhaft ist], nicht richtig sein könne, habe
man längst erkannt; nach seinen obigen ausführungen musz ihm Erbs
conjectur quae a marito non iure usurpaium issei 'besser gefallen' als
die meinige quae a mariio non iure se usurpavissei; wird er bei diesem
urteil und bei jenen ausführungen auch dann noch stehen bleiben , wenn
er erfährt dasz die hss. der ersten classe , die das lemma enthalten , die
lesart bieten quia mariio non iure se usurpavissei, die schlechteren quia
(andere quae) mariium non iure usurpavissei ^ die vulgata quam mari-
tus non iure usurpavissei nur das stillschweigen der unvollständigen
und unzuverlässigen collationen Dresseis in bezug auf eine dieser schlech-
ten hss. für sich hat?
Breslau. Martin Hertz.
77.
Zu GELLIUS.
In dem aufsatze 'über ein gesetz des Solon' (oben s. 52) setzt
F. Lüders ein fragezeichen hinter das allerdings sinnlose wort dividi bei
Gellius II 12, 4 nam si hom omnes^ qui in principio coercendae sedi-
iioni impares fuerint , populum perciivm ei amenieni non deseruerini^
ad alierutram parlem dividi sese adiunxerini^ ium eveniei usw.
wenn das wort nicht dastände , würde niemand etwas , das für die Ver-
vollständigung des Sinnes der stelle absolut nötig wäre, vermissen, es
steht nun aber einmal da und trägt durchaus kein kennzeichen einer
diltographie oder eines glossems. wol aber braucht Gellius in dem kurz
vorhergeheuden passus qui in eo iempore in eoque casu civilis discor^
diae non alieruira parte {ad alierutram pariemVj sese adiunxerii^
sed soliiarius separaiusque a communi malo civitatis secesserit.
574 A. Fleckcisen : zu Gellius.
is domo pairia foriunisque Omnibus careiOj extd exiorrisque esio die
gesperrt gedruckten worte soUiaritss separatusque ebenfalls mit rheto-
rischem nachdruck , ohne dasz sie zum logischen verstSndnis des gedan-
kens absolut erforderlich sind, ich glaube daher eupr^Ka ausrufen zu
dürfen , wenn ich also zu lesen vorschlage : nam si boni omnes . . ad
alterutram pariem individui sese adiunxerint usw. als beleg für die
bedeutung von individuui 'in unzertrennlidier gemeinschaft, als unzer*
trennlicher genösse' will ich blosz die stelle aus Tacitus ann, VI 16 [10]
anführen: nee secus apud principem Fescularius Flaccus ac lulius
Marinas ad mortem aguntur^ e vetustissimis familiarium, Bhodum
secuti et apud Capreas individui usw.
Hamm. Carl Heraeus.
* • *
Aus dem annales betitelten epischen gedichte des Aulus Furius Antias
citiert bekanntlich Gellius XVllI 11 , 4 sechs hexameter, deren vierter in
den hss. also überliefert ist:
sicut fulica levis volitat super aequora classis,
die auflösung der arsis im zweiten fusze hat mit recht anstosz erregt und
eine reihe emendationsversuche veranlaszt, die Hertz jahrb. 1862 s. 719
aufzählt (ich vermisse darunter den von Heindorf zu Hör. sat. 11 5, 40 hie
fulica levius und von Weichert poet lat. rel. s. 350 sie fulica levior\ um
daran seinen eignen zu knüpfen , der mit substituierung eines insects an
die stelle eines vogels lautet: ui tippula levis, alle diese änderungsver-
suche entfernen sich zu weit von der Überlieferung; das richtige hat ohne
zweifei schon Johann Isaac Pontanus getroffen, der nach Gronovius mittei-
lung dieser stelle beigeschrieben hat: Yu/capro fulica leg.', und diese
alte emendation wieder zu ehren zu bringen ist der zweck dieser zeilen.
allerdings war das y/ori fulica ursprünglich dreisilbig: das zeigt die durch
das geselz der lautverschiebung constatierte Identität mit ahd. pelicha,
mhd. und nbd. belche (s. Jacob Grimm im deutschen Wörterbuch I sp.
1439, der auch griech. (paXapiC in die Verwandtschaft zu ziehen geneigt
ist); aber so gut wie neben calicatus calecandam deealicatus (von ccdx
= X&K\i) die spräche , abgesehen von calcarius ealculus , auch decalco
decalcatis zuliesz (vgl. Ritschi de titulo Aletrinati s. XHI) , so konnte der
dichter die berechtigung für sich in anspruch nehmen , das im nomioativ
für das dactylische metrum unbequeme fütiea in fülca zu verwandeln.
hat doch auch Cicero sich mit eben diesem Worte eine ganz ähnliche frei-
heit erlaubt, indem er, gleichfalls dem hexameter zu liehe, den nominativ
fuiix bildete de div. I 8, 14 cana fulix itidem fugiens e gurgile ponü \
nuntiat horrtbilis clamans instare proeellas. interessant ist es zu be-
obachten, wie die romanischen sprachen sich dies wort angeeignet haben:
span. ist fulica unverändert geblieben, ital. übergegangen in folaga,
franz. in foulque^ prov. in folca, also zwei sprachen haben zwischen
der liquida und muta einen vocal belassen , zwei nach dem Vorgang des
alten dichters aus Antium sich die syncope gestattet
Dresden« Alfred Flecksisbn.
A. Riese: zur lateinischen anlhologie. 575
78.
ZUR LATEINISCHEN ANTHOLOGIE.
Nr. 210 Vt belli sonuere tubae^ violenta peremif
Bippolyie Teuthranta^ Lyce Clanon^ Oebalon Ake^
Oebalon ense^ Cimon iaculo^ TetUhrania sagitta usw.
für dieses Carmen ludicrum ebenso wie fflr das ahnliche nr. 263
Jlmo Theon Thyrsis orti sub colle Pelori
setnine disparili Laurente Lacone Sabino usw.
geht die Überlieferung auf handschriflen des neunten jh. zurück; für den
letzten ?ers von 253 Nisa rosas^ Glauce piolas dai^ lüia Nais ist durch
Lucian Hüller (jahrb. 1867 s. 486) ein noch etwas Älteres zeugnis in der
nachahmung durch Theodulfus, den Zeitgenossen Karls Ae& groszen (IH 1,
97) Berta rostxs Crodrudk violas et lüia Gisla nachgewiesen, aber ein
beleg von ganz anderem alter nicht nur für diese dichtungsgattung über-
haupt, sondern für ein mit 210 sehr nahe verwandtes gedieht ISszt sich
aus dem Carmen de figuris vel schematibus bringen, in welchem v. 166 f.
(Halm) die rhetorische figur nexum so beschrieben wird:
nexum est^ si varias res uno nectimü' verbo:
^Oebalon ense, Lycon ferit hasta^ Pedason arcu.^ ')
also in einer schrift, die anerkanntermaszen auch in ihrem letzten teile
spätestens der Augusteischen zeit angehört, ja die, wie ich betonen
mochte, in hohem grade den Charakter gerade der Lucilischen darstel-
lungsweise an sich trägt, finden wir einen vers eitlen, der dem dritten
des obigen gedichtes in einer doch mehr als zufälligen weise Suszerst
ähnlich ist. wir dürfen also, wenn der jenem gedichte 210 in der Pariser
hs. 8069 gegebene titel Traiani imperatoHs richtig ist (und welchen
grund haben wir ihm zu mistrauen?) annehmen dasz dieser kaiser eine
Variation über ein altes, ein schon der republicani sehen zeit ange-
höriges epigramm dieses genres dichtete , wobei er den namen Oebalos
beibehielt und die Lyce v. 2 vielleicht durch den Lycos des Originals
veranlaszt wurde, der vollständige titel der hs. Traiani imperatoris de
bello Partico versus decori (vielleicht versus ludicri zu lesen?) ist ent-
weder, mit der änderung in de bello Poniico^ wirklich auf den Amazonen-
krieg bezüglich , oder aber , und dies halte ich für viel wahrscheinlicher,
es ist ein gedieht das der kaiser auf seinem parlhischen feldzuge , also
in seinen letzten lebensjahren verfaszte und de oder e bello an seine
freunde nach Rom schickte. Hadriani ist nur conjectur*); Trajan ist als
1) ferit lycon astapidason arci die bandschrift.
2)
2) wenigstens hat die angäbe von G. Fabricias in seiner Borna s. 234
^duo epigrammata leguntur sub nomine Hadriani Imp. in manascripto.
ultimum [253] in marmore Siciliense repertnm scribit Hnttenns' bis jetst
in keiner weise bestätig^ng gefanden and wird sie gewis auch ebenso
wenig finden wie Scaligen willkarlicbe Überschrift zu 263 'epigramma
de pastoribns a Citerio Sidonio oratore factum' nebst allen daran ge-
knüpften folgemngen; vielmehr wird dieser Citerius aas der reibe der
lateinischen dichter einfach zu streichen sein.
■
576 fl« Hag«n: zur lateüiischen anthologie.
dichter sonst zwar nicht bekannt, aber wäre das gnind genug ihm diesen
scherz abzusprechen? wissen wir doch z. b. aus Plfnius episL III 3, t^ie
beliebt gerade bei dilettanten eine gelegentliche bescbaftignng mit solchen
nugae war. fQr die so spärlich erhaltene epigrammatische lilteratur der
voraugusteischen zeit aber ist diese bereicherung mit einem für sie bisher
unbekannten genre nicht ohne l>edeutung; mau vgl. z. b, den anlang tod
Vergilius siebenter ecloge.
HEUyELBBRG. ALEXANDER BlE8£.
Die von Lucian Mflller in diesen Jahrbüchern 1867 s. 485 (Sammel-
surien XXX} aufgefOhrten parodien des gedichla JlmoTheonThj/rsis\isv>\
anth. 253, nemlich 210 und 870 kann ich um eine bisher, wie es scbeisU
nicht veröfTenÜichte vermehren, die sich im codex Bernensis 102 saec X
auf der letzten seite be6ndet und also lautet:
Noctis ui horrentes rupit lux oria ienebras^
Surgit ab excelsa Tyrso Porus Otho Tolosa.
Tyrso canes parat atque capum Porus ^ Otho sagittas:
Aprum Tyrso Porusque gruetn^ ceruutn necal Otho.
6 Vectus equo Tyrso ^ mula Porus: at pedes Otho.
Tyrso Tuscus erat^ Gaüus Porus ^ Otho Sicamber:
Crine niger Tyrso ^ Porus albus ^flauus et Otho;
Otho Tyrso Porus iuuenis barbatus ephebus.
Nisae Tyrso placetj Megalae Porus ^ Otho Suaui.
10 Suaui ceruus^ grus Megalae datur et fera Nisae,
Thrax Megale genus^ Angla Suauis^ Nisa Toringa:
Nisa lyram^ Megale citharam gerity Organa Suauis;
Nisa ferit Megaleque trahit^ tonat ore Suauis.
Nisa rosas^ Megale violas ölet et thyma Suauis,
15 Nisam Tyrso ^ Porus Megalen rapit^ Otho Suauim ,
Et sie noctumae redierunt omnibus horae.
V. 1 orrentes 2 tlrso willkürlich mit tyrso abwechselnd otiko
9 fdse megale 10 megale 11 trax 18 tndt 14 tima 15
megalem
die vergleichung ergibt, dasz das vorstehende zunächst eine parodie von
253 ist, mit dem es die gröste Verwandtschaft zeigt; femer dasz nach
V. 14 dort V. 8 fflr uiolas dat vielmehr uiolas ölet zu lesen ist. dar-
auf fflhrt auch die corruption in der nachahmung des Theodnlphus (Müller
a. 0. s. 486): Berta rosas Crodrudh uiolas et lilia Gisla^ wofür Müller
det vermutete.
Bern. Hermann £[aoen.
ERSTE ABTEILUNa
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HERAUSOEGEBEN VON ALFRED FlECKEISEN.
7».
!HOMER AND THE IlIAD BT JOHN StUART BlACKIE. VOL. 1:
HOMERIC DISSBRTATI0N8. VOL. 2 AND 3: THE IlIAD IN EkO-
LISH VERSE, BOOKS 1 — 24. VOL. 4: NOTES PHILOLOGICAL AND
AROHAI OLOGiOAL. London, Edmonston and Douglas. 1866.
XVIII u. 441, 406, 440, 451 s. gr. 8.
Ueberblickt man die Homerische litteratur Englands und Deutsch-
lands, so scheint es fast als ob von anfang an beide nationen eine art
arbeilsteilung vorgenommen hätten. England hat Einmal eine unendliche
menge von fibersetzungen hervorgebracht, von den Chapman, Thomas
Hobbes, Pope bis auf die Derby, Litlleton und Gladstone unserer tage,
dann eine kaum geringere anzahl von schriften welche das Verständnis
«des dichters den jedesmaligen , nicht blosz philologischen , Zeitgenossen
«ahe bringen wollten, den anrang machte hier Robert Wood mit seinem
'^essay on the original genius and writings of Homer' (1769), einem
werke welches Goethe in ^Wahrheit und dicbtung^ nicht genug erheben
konnte; und von da ab setzt sich die reihe der 'essays' und ^studies'
über Homer bis in die neueste zeit fort, die Deutschen dagegen haben
seit Wolf fast ausschlieszlich die gelehrte seite am Homer culti viert und
so emsig gepQegt, dasz Bernhardy mit recht die disposition der gesamten
einschlägigen litteratur, was aufwand an zeit betrifft, der abfassung eines
selbständigen Werkes gleich achten konnte, ganz freilich ist diese tei-
lung der arbeit nicht eingehalten, denn gehen wir hinler Wolf zurQck,
so finden wir auf unserer seite die namen Lessing und Voss, auf der andern
Wolfs groszen Vorläufer Bentley und neuerdings einen ebenso scharf-
sinnigen wie gelehrten bekämpfer des erstem, George Grote. nichts-
destoweniger wird im ganzen die gemachte Scheidung richtig das that-
sächlich verschiedene Interesse ausdrücken, welches beide nationen zu
den Homerischen Studien geführt hat, und, setzen wir hinzu, nicht
minder richtig andeuten, dasz der schwierigere und wichtigere anteil
an der gemeinsamen aufgäbe den Deutschen zugefallen ist.
John Stuart Blackie lebte in jOngeren jähren lange in Italien,
wo er mit den groszen deutschen gelehrten verkeiirte : er war befreundet
mit Weicker und dem nun verstorbenen Gerhard; dem erstem widmet er
in erster linie sein werk, in Italien gab er sich dem Studium der kunsL
Jahrbücher f&r clasi. philol. 186S hA. 9. 38
578 A. Pbilippi : anz. v. Homer and Ihe iliad by J. St. Blackie. vol. 1—4.
und der lilteraluren hin und legt jetzt, als professor des griechischen io
Edinburgh die resultate seiner Studien, welche er seit frühester zeit auf
Homer bezog, den gebildeten unter seinen iandsleuten vor. so schlieszt
er sich an die oben genannten an, ohne ein im sinne unserer continentaiea
schule gelehrtes buch zu liefern, das ganze werk ist mit aller Solidität
und pracht englischer typographie hergestellt und so auf einen für unsere
Verhältnisse unerhörten preis gebracht (42 sh.). in England bewahrheitet
sich eben nicht, was Lessing als Deutscher sagte, dasz auch die glück-
lichste autorschafl das armseligste handwerk sei, was von philologischer
schriflstellerei mit wenigen ausnahmen bei uns noch heute gilt, und doch
dürfen wir diese diflerenz wol nicht ausschlieszlich dem gröszem ioter-
esse zuschreiben, das unsere nachbarn jenseit der Nordsee den resui-
taten classischer Studien widmen ; wir zweifeln sogar ob bei allem guten
willen derselben der vf. einen in jeder hinsieht glucklichen wurf gelban
hat. solche werke scheinen vielmehr ihr leben dem groszen publicum
reicher liebhaber zu verdanken, welches bücher kauft, um sie als zierde
hinzustellen , wo der deutsche gelehrte als einziger käufcr an dem etwa
zu lernenden für seine ausgäbe sich schadlos halten musz.
Ein hinweis auf das werk und seinen inhalt schien mir nicht unan*
gemessen, es mag den gelehrten interessieren, die auffassung desseo,
was vielleicht zum teil seine arbeil ist, aus dem munde eines Vertreter»
der classischen bildung in England zu vernehmen, auszerdem aber wird
mancher, der das buch zur band nimt, gefallen finden an den bemerkun-
gen allgemeineren Inhalts, die ein mann von groszer belesenheit und fei-
nem geschmack — denn das ist der vf. in jeder hinsieht — uns hier vorlegt.
Um des gelehrten teils willen, welcher die grundlage der disser-
tationen (band I) bildet, muste der vf. über die ^Homerische frage' eine
Übersicht geben und konnte auch sein eignes urteil nicht vorenthalten,
er hat mit sorgftltigem fleisze die spuren verzeichnet, welche auf die
Wolfsche iheorie , vorahnend oder deutlich bewust, hinführen, man mag
es auch hier dem Engländer zu gute halten, dasz er mit den Worten
'so viel über den englischen Ursprung der Wolfschen theorie' abscblieszL
ob wir aber seinen Iandsleuten glück wünschen dürfen , wenn sie gegen
die resultate dieser Wolfschen theorie B.s eigne ansieht über die ent-
stehung der Homerischen gedichte eintauschen, ist eine andere frage,
denn während sonst die 'einheit' der Homerischen gedichte in der früher
beliebten fassung längst aufgegeben ist, auszer wo der Unverstand in ver-
einzelten erscheinungsformen auf das feld der Homerischen krilik sich
gewagt hat : treffen wir hier eine ansieht an , für welche die Wolfsche
theorie eigentlich nie dagewesen zu sein scheint. In der 4n diss. weist
B. auf Stoffe hin welche Homer vorlagen, und gibt (s. 137) sogar lieder
zu, deren erbe der dichter gewesen; aber das hindert ihn nicht iioen
dichter und ein einheitliches gedieht in der 6n diss. zu beweisen, wun-
derlich genug sucht er (s. 206) Wolfs beweis, dasz schriftliche fixiening
solcher gedichte in so früher zeit unmöglich gewesen, auf grund ioszerst
dürft* — ' — «^sslücke umzustoszen , und hält sogar eine om 900 unier-
n^ Snung der ganzen llias und Odyssee für möglich, und
A. Philipp! : anz. v. Homer and ihe Iliad by J. St. Blackie. vol. 1—4. 579
doch ist das erste beispiel eines umfassenden schriflgebrauchs der ge-
setzescodex des Zaleukos 664 vor Ch. (vgl. Wolf s. 66 ff.), das gewagte
einer solchen behauplung ist um so verwunderlicher, als B. von letzterer
keinen gebrauch macht, 'sie brauchen nicht geschrieben gewesen zu
sein' sagt er gleich darauf und nimt nun mündliche tradition Jahrhunderte
hindurch an , bis schriftliche aufzeichnung durch spätere Homeriden ein-
getreten sei. beiläufig erfahren wir dasz Bathurst, bischof von Norwich,
als Schüler die ganze Ilias aus dem gedächtnis hat aufsagen können. Wolf
leugnete bekanntlich die möglichkeit, dasz geschlossene gedichte solches
umfanges ohne schrifl entstehen und überliefert werden könnten ; seine
gegner und viele seiner nacbf olger fochten den schlusz an , und so ist
man denn allmählich, aber jetzt allgemein, zu der ansieht gekommen,
dasz die gedichte selbst für die entscheidung der frage letzte Instanz
sind, wer nun in ihnen eine bedeutende ursprünglichkeit der einzelnen
Partien bei stets gestörtem zusammenhange Gndet, der wird auf eine
allmähliche entstehung des ganzen aus einzelnen Hedern geführt werden,
jver einen durchgehenden , nur hie und da gestörten , erweiterten , ver-
nachlässigten grundplan zu entdecken glaubt, wird an die möglichkeit
einer einmal, vielleicht auch von öinem gefoszten conception denken kön-
nen, wer schlieszlich die immerhin bemerkbare Störung des Zusammen-
hanges aus der Verbindung gröszerer massen sich erklären kann^ bat
gröszere selbständige gedichte, nicht blosze lieder, als ursprüngliche
teile anzunehmen, jenen ersten weg gieng Lachmann ; an die zweite enl-
stehungsart dachte wenigstens Wolf seihst (praef. Hom. 1795 s. XXVI),
was B. s. 227. 245 nicht erwähnt, den letzten weg schlug Grote ein,
indem er eine liias und eine Achilleis als bestandteile unserer Ilias vor-
aussetzte, nichts von alledem bei unserm vf. er ficht zuerst, wie vor
ihm schon Grote und andere, s. 216 Laclimanns ansieht an, dasz erst
seit Peisistratos die Ilias in gegenwärtiger gestalt existiere und früher
keine schriftliche aufzeichnung stattgefunden habe, und in der that wird
man das wenigstens verneinen dürfen, dasz diese Peisislrateische auf-
zeichnung zugleich die erste anorduung der bisher zerstreuten lieder
gewesen sei: denn werke des epischen kyklos, wie die lliupersis und
Aethiopis des Milesiers Arktinos (775 vor Gh.), ferner die Solonische
festslellung des liedervortrages an den Panathenäen sind frühere Ihai-
sachen, welche einen gewissen geschlossenen Zusammenhang der Ilias
und Odyssee voraussetzen, wenn wir nun ferner annehmen, dasz etwa
um 650 schon eine aufzeichnung erfolgte , die Peisistrateische also nicht
die erste war, so iäszt sich ein positiver beweis dagegen von den anhän-
gern Lachmanns nicht bringen, schlieszlich kann — was auch der vf.
annimt — der Zusammenhang, welchen Peisistratos etwa herstellte, ein
nur abhanden gekommener gewesen sein, und die exislenz der Lachmann-
schen einzellieder mflste mindestens weit jenseit der zeit des tyrannen
liegen und dazwischen schon eine später wieder gestörte einigung statt-
gefunden haben, diesen argumenten gegenüber bleibt aber doch , wenn
wir die gedichte selbst betrachten, eine wichtige thatsache der Wolf-
Lachmannschen lehre stehen : es musz eine zeit gegeben haben , wo das
38*
580 A. Philippi: anz. r. Homer and ihe IIUJ by i. Sc BUckie. rol. 1—4.
jetzt rerdDigte getrennt war, wo einzellieder ezistierten , gldcbviei ob
wir dieselben noch durch analyse berstellen können, denn die oneben-
heften, welche den gegenwärtigen zasanunenbang unterbrechen, werden
nicht durch die annähme allmihlich hinzugetretener Interpolationen er-
klärt ein grundpian , wie er das kennzeichen eines einheitlichen werkes
wäre, ist nicht vorhanden, wenn man dafür nicht die historische aofeiii-
anderfolge nehmen will, ohne welche aber eine reihe von thatsachen
überhaupt nicht vorzutragen ist. die Grolescbe tbeorie, welche die ent-
stefaung aus einer IHas und AchUleis annimt, entspricht, weil sie verhält-
nismäszig conservativ ist , am meisten der ansidit des vf. ehe er seine
eigne tbeorie aufstellt, bekämpft er indes auch sie (s. 245 — 259), wobei
freilich zu bemerken ist, dasz ihr von anderer seite schon genögeodes
entgegnet worden , und dasz die verständige betrachtong des gedidites
selbst stets wieder auf eine der von Lachmann gewollten ähnliche ent-
slehungsweise zurückführt, der vf. aber findet im gegenteil (s. 211 —
215) einen einheitlichen plan in der Ilias: das eigentliche sujet ist der
troische krieg , und der zom des Achilleus vom dichter gewählt, um den-
selben zu veranschauliclien* (embody) , weil dieser zom fruchtbar war
dramatische Situationen hervorzurufen, wir dürfen uns hiernach nicbl
wundern , wenn der vf. sogar wieder auf eine tragisclie ^idee' in der Dias
zurückkommt (s. 215). gibt er selbst mit diesem ergebnis seiner analyse
sich zufrieden, so beruht doch dasselbe nur auf subjectivem ermessen und
hat nur für die welclie seiner autorität unbedingt folgen geltung. be-
weisende kraft hat das ganze raisonnement nicht, und wenn B. zum
schlusz John Wilsons worte: ^manche glauben an zwanzig Homere, ich
an ^inen; die nalur ist nicht so verschwenderisch mit ihren grossen
dichtem' — wenn er diese worte, welche ein recht hübsches argument
für einen epigrammaliker , aber ein herzlich schlechtes für einen gelehr-
ten forscher abgeben, zu den seinigen macht, so kennzeichnet das auf das
treflTendsle den subjectiven Charakter solcher art von beweisfühning.
Nach solchen ergebnissen weichen natürlich auch seine Überzeugun-
gen betreffs der person Homers wesentlich von den unsrigen ab. die
3e diss. handelt über diesen gegenständ, der vf. fügt s. 82 den acht
Homerischen biographien bei Westermann eine neunte anonyme hinzu
und wählt nun , ohne rechenschaft über seine wähl zu geben , die sog.
vIta Hemdoti aus, uro aus ihr das leben seines dichters zu construieren.
dazu nimt er als 'Innern beweis' s. 108 die von Robert Wood gemachte
bemerkung , dasz II. I 4 der Zephyros mit dem Boreas von Thraclen her-
überweht, und schlieszt so auf einen 'minstrel', der an der kleinasiali-
schen küste um Smyrna etwa 900 vor Ch. wohnte, die einzelheilen, mit
denen er das leben seines ^epischen arlislen' ausstattet, erlassen wir dem
leser; das factum ist nur ausgewählt, um die kritiiilose methode des vf.
in behandlung litlerargescbichtlicher fragen zu kennzeichnen, hätte er
die unschätzbaren ^Homericae dissertationes' unseres landsmannes Senge-
busch gekannt, so würde er aus der Zusammenstellung der überlieferten
nacb»''''*^»«'» über Homer, verglichen mit den zeilausälzen (1 s. 1 — 13.
T) gesehen haben , dasz eine tradition über Homer als
A. Philipp!: anz. v. Homer and the lliad by J. St. Blackie« vol. 1 — 4. 581
person nur von denen geglaubt werden konnte, welche vereinzelte Zeug-
nisse aus dem zusammenhange rissen und mit eignen hypothesen erläu-
terten, etwas anderes aber hat B. auch nicht gethan, und deshalb können
diese resultate seiner Forschung nicht einmal den anspruch machen wider-
legt zu werden.
Es bleibt noch ein wort zu sagen über die art wie B. seine leser
auf seine positiven ergebnisse vorzubereiten und die entgegenstehenden
ansichten zu entkräften sucht, das letztere konnte auf zwei weisen ge-
schehen: durch summarisches referieren und anschlieszen der gegen-
beweise in ihren hauptpuncten oder durch Widerlegung im einzelnen,
der erste weg empfahl sich fflr ein gröszeres publicum, der zweite dem
lernenden und gelehrten gegenüber, der vf. hat beide methoden unzweck-
mäszig vermiscliL Wolf, Lachmann, Köchly, Grote werden in der weise
bekämpft, dasz einzelne thesen, und nicht immer die stärksten, mit fast
philologischer genauigkeit kritisiert werden, hat der vf. hier sich philo-
logische leser gedacht, so passte doch die unvollständigkeit der discus-
sion ebenso wenig für solche, wie anderseits die ausfallenden allgemeiuen
bemerkungen, welche manchmal in einen geradezu unpassenden ton über-
gehen, doch nur einem grdszern publicum imponieren können, oder
was wird mau von folgenden Worten s. 237 denken? 'aber worin be-
steht die von Köchly gewollte inconsequenz in Agamemnons benehmen
an dieser stelle? es scheint freilich dasz, wenn prof. Köclily das zweite
buch geschrieben hätte statt Homers, er den könig der menschen in einer
mehr königlichen und majestätischen hallung vorgeführt hätte, das glaube
ich wol. auch der könig der götter spielt in diesem buche eine gleich
unkönigliche rolle; er schickt einen trügerischen träum, und Agamemnon
hält eine lügenhafte rede. prof. Köchly würde das nicht gethan haben,
das ist Homers Unglück, er schrieb sein gedieht , ehe man von deutschen
Universitäten wüste' usw. oder s. 244 : * ich glaube annehmen zu dür-
fen , dasz jeder englische leser mit mir einen groszen teil dieses titanen-
haften aufwandes fruchtloser gelehrsamkeit (derWolfianer) einem speciel-
len fehler in der intellectuellen anläge der Deutschen zuschreiben wird,
ähnlich jener wunderbaren hergebrachten subtilität', welche die Deut-
schen so hüiflos in politischen dingen erscheinen lasse, 'grosze gelehr-
samkeit hat sie nicht gerade verrückt (mad) gemacht, aber übersubtil,
spürlustig, tadelsüchtig und unpraktisch.' und so geht es noch eine
weile fort, das verleiht dann die nötige folie dem ^general uncorrupted
instinct of the English mind', dessen bemühungen um die Homerkritik
s. 246 weiter verfolgt werden, so ist es doch ebenfalls mindestens
nichtssagend, was wir s. 129 als abschlieszendes urteil über Welckers
'epischen cyclus' und ähnliche arbeiten lesen : *sie werden die bewunde-
rung einiger englischer gelehrten erregen, andere zum lächeln, keinen
zur nachahmung auffordern.' und s. 367 heiszt es von einer classe deut-
scher kritiker : 'sie scheinen zu glauben , dasz beine nur dazu da sind,
um von ihnen abgeschnitten zu werden', und fechten lieber ä la Don
Quixote gegen Windmühlen oder den schatten ihres eigenen speers als
gar nicht« was wir s. 382 über die Engländer lesen , ist zwar für die-
582 A. Philipp!: anz. ▼. Homer and Ihe Uiad by J. St. Blackie. vol. 1—4.
selben auch nicht schmeichelhaft; doch dieses abwägen im austeilen
kritischer Wahrheiten kann uns mit dem tone nicht aussöhnen, der vf.
musie doch bedenken, dasz er auf den schultern der mftnner steht, wel-
chen er die fusztritte versetzt, und seine manier erinnert stark an die
fabricale gewisser deutscher Schöngeister, mit welchen billiger weise
ein Professor des griechischen nicht auf solchen pfaden zusammentreffen
sollte, in der vorrede vergleicht der vf. seine dissertationen einem
schiffe auf dem er seine leser in ein fremdes land bringt, angesichts sol-
cher phrasen kann man kaum die bemerkung unlerdrticken, dasz er durch
erstere seine fahrgäste schadlos halten zu wollen scheint ffir die freilich
langweiligen und breitspurigen pfade, die er sie manchmal fuhrt.
Wenn wir bei den bisher besprochenen abschnitten uns einen eng-
lischen Studenten als leser vorstellten tmd um so weniger von dem dort
vorgetragenen erbaut waren , je weniger wir auf jenen standpunct uns
zu versetzen wüsten, so möchten wir nun noch auf andere teile der
dissertationen aufmerksam machen, weil sie entschieden beachtung ver-
dienen, es sind besprechungen einzelner ästhetischer und historischer
fragen, welche, durch die betrachtung der llias angeregt, meist auch
nicht allzuweit von ihrem ausgangspuncte sich verlieren , excurse über
epische kunst und darstellung, über versmasze, über die bedeutung
Homers für sein volk und die späteren, hier ist recht eigentlich das
feld, auf welchem der vf. seine belesen hei t und seineu kunstgeschmack
entwickeln konnte, über alle gebiete der kunst und der schönen litte-
ratur ist er orientiert, auf vielen gründlich bewandert, namentlich gilt
das von der englischen und der italiänischen lilteratur; und die Streif-
lichter , welche er von hier aus auf die entwicklungsgeschichte des grie-
chischen epos fallen läszt, sind, wenn sie den brennpunct der Home-
rischen frage auch nicht unmittelbar treffen, doch vom standpuncte
vergleichender litteraturgeschichte aus gesehen höchst beiehrend, sollen
wir eins bedauern , so ist es dies , dasz viele hübsche und feine bemer-
kungen durch die anreihung, welche durch das auf bestimmte puncte
gerichtete raisonnement gefordert war, den blicken mehr entzogen als
vor ihnen aufgedeckt scheinen, sie würden jedenfalls in form einzelner
essays mehr zur geltung gekommen sein, dasz unter diesen abband-
lungen manches zu allgemeine, einzelnes nicht einmal richtige sich findet,
darf freilich nicht verschwiegen werden, zu der ersten classe gehört,
was in der 5n diss. über gleichnisse, epitheta und darstellungsmittel
überhaupt gesagt ist, ferner die meisten der in diss. 6 eingereihten argu-
■^enle, welche den beweis liefern sollen dasz Homer ^epischer artisl'
gewesen sei. falsch sind schlieszlich die gesichtspuncte, nach denen
ebenda die llias mit der Aeneis, dem ^zerstörten Jerusalem', Miltoos
'paradlse' einerseits, anderseits mit des Quintus Smyrnaeus Poslhomerica
zusammengestellt, und nun aus jenen in erster reihe genannten epen die
eigenschaften eines kunstepos abstrahiert werden, wenn endlich im ein-
gange der 8n diss. die achlung, in der ein dichter sieht, nicht allein auf
seinen ir sondern auch auf das Verhältnis zu seiner nation
zurück^ ist das für viele fälle zuzugeben ; dasz aber die
A. Philipp!: anz. v. Humer and the Iliad by J. St. Blackie. voi. 1^4. 583
Oeutsdien Goethe deshalb Schillern vorziehen, weil sie in jenem ^some
characteristic virtue of Gerinan life' finden , kann doch nur ein Engländer
glauben , dem es mit seinem Shakespeare so gehen mag.
Der vierte band bringt uns noten , philologische und arch&ologiache,
wie der vf. sie nennt, sie sind sachlicher art : denn sie sind zunächst für
ieser bestimmt , welche erst durch die Übersetzung zu Homer geführt
werden, wenn sie auch für solchen zweck mit zu groszem aufwände
stofflicher gelehrsamkeit zusammengearbeitet scheinen, so sind sie doch
im ganzen bequem und praktisch eingerichtet, dasz sie gelegentlich den
in den dissertationen verfochtenen tendenzen entgegenkommen, ist natOr-
Jich. uns freilich musz es unbegreiflich sein, wie jemand z. b. an der
Identität des Homerischen Ilhaka mit dem local der heutigen insel fest-
hallen kann, wie es doch B. s. 97 nach anleitung seines landsmanus Geil
thut. um mit dem irtum aufzuräumen, sollte man meinen, hätte es kaum
Aoch der meisterhaften auseinandersclzung bedurft, welche R. Hercher
im Hermes I s. 263—280 gegeben hat. und doch hätte vielleicht B.,
4uch wenn er jenen aufsatz schon hätte lesen können, für dessen Ver-
fasser ein ähnlich kräftiges wörtlein in bercitschaft gehabt, wie es s. 97
einen andern ketzer (Völcker) triflTl: 'solche grille konnte nur im hirn
eines bflchervolkes entstehen, welches durch fortwährende heschäftigung
mit unpraktischer speculation eine wunderbare fähij^keil sich angeeignet
hat, entweder etwas aus nichts oder nichts aus etwas zu machen, wie
<)ie laune will oder die gelegenheit verlangt.'
Seiner Übersetzung liat der vf. die lOe disscriation vorausge-
schickt, hier seine ansichten zu hören ist für manchen vielleicht um so
interessanter, als eigne Studien und reichliche litterarische Unterstützung
meist gleichgesinnter landsleute ihn besonders ausführlich sich verbreiten
lassen, von den englischen Homerübersetzungen standen zwei in beson-
derer aclitung bei ihren jeweiligen Zeitgenossen: die von Ghapman und
^ie spätere von Pope, letzterer urteilte über das ehrwürdige werk seines
Vorgängers einseitig in seinen beiszenden witzworten, so wenn er sagte
^Ghapman schreibe manchmal, wie Homer geschrieben haben müsse, ehe
<r zu verslande gekommen sei', denn bei allen fehlem, die der Über-
setzer machte, spricht die wärme echter dichterempfindung aus Ghapmans
TCrsen, während Popes vielgelesene und noch mehr gerühmte Übersetzung
ihren künstlich-steifen gang ohne bewegung von anfang bis zu ende geht.
B. spricht sich s. 429 über Pope vorurteilsfrei und richtig aus; heutzu-
tage begreift es sich allerdings schwer, wie ein unbefangenes lesepubli-
'Cum in seiner Übersetzung alle jene Vorzüge wiederfinden konnte, die
deutsche und englische kritiker hineinzusehen bemüht waren, man denke
-z. b. an Lichtenbergs enkomiastische ausspräche, weniger einsichtsvoller
beurteiler nicht zu gedenken, der gezierte Charakter der Popeschen über-
isetzung wird durch das versmasz noch mehr hervorgehoben: es ist der
fünffüszige iambus mit parweisen reimen (blank verse). Mlltons paradise
ist in demselben versmasze geschrieben, aber ohne reime, und darum
gerade ist die form des englischen kunslepos bei weitem weniger laug-
^veilig und eintönig als die des Popeschen Homer. Ghapman dagegen
584 A.Philippi: anz. v. Uomer and tlie liiad by J. Sl. Blackie. voJ. 1 — 4»
hatte den stehen rQszigen iambus der altern ballade gewShIt und auch deo
parweisen reim beibehalten ; er kommt so, was natörlichkeit des tons be-
trifft , dem Homer um einen guten schritt näher, doch auch andere vers-
masze sind in England angewandt worden, über die verwendbarkeil des
hexameters gibt es sogar eine kleine litteratur; aber bei verschiedenem
urteit der einzelnen stimmen blieb diese frage nur eine theoretische, and
der vf. hat, wenn er bestimmt ausspricht dasz tribrachische, anapSsliscbe,
trochSische und vor allem hexametrische metra der englischen spräche
nicht angemessen seien, daffir nicht nur, wie mir scheint, fiberzeugende
gründe beigebracht, sondern auch die erfahrung völlig auf seiner seile,
er selbst kehrte nach längerer prüfung zu dem versroasze Chapmans zurück,
er fand nemlich för die wähl der Übersetzungsform anhaltspuncte in der
allen ballade (Ghaucer) einerseits , anderseits freilich auch in dem epos
Hiltons. dort sieht er die einfachheit, hier die erhabenheit Homerischer
darstellung, aber die ballade ist nicht groszartig, die epopöe nicht unge-
künstelt genug, es bedarf einer form , welche die naivetät der ballade
mit der erhabenheit des epos verbindet, diesen anforderungen scheinen
nuu einzelne balladische masze bis zu einem gewissen grade zu entspre-
chen, und sie verdienen deshalb entschieden vor dem iambischen ffinf-
fQszler den vorzug. dort konnte er wählen zwischen dem siebenfQszler
Chapmans, dem trochaischen kataleklischen tetrameter der neueren Ober-
Setzungen von Aytoune, Litllelon, Gladslone und der achtsilbigen stanze
Walter Scotts, den Chapmanschen vers nahm er mit recht: denn er ent-
spricht an umfang am meisten dem hexameter, und wenn auch hie und
da ein überschusz an Worten auf seilen der Übersetzung hervorlrit —
B. gibt das s. 423 zu — so wird im ganzen vers mit vers sich decken,
wie war nun der reim zu behandeln? denn dasz derselbe überhaupt
nicht fortbleiben durfte, darüber konnte der vf. nach den auf dem ge-
biete seiner litteratur gemachten erfahrungen nicht in zweifei sein. Chap-
man und Pope waren ihm hier schon vorangegangen , und nur Gowper
war neuerlich in die fuszslapfeu des alten Thomas Hobbes getreten und
zu dem reimlosen blank verse zuräckgekehrt. einzelnes allerdings ist
auch gegen den reim eingewandt worden , vor allem dasz er kleinere
einheilen schafft und so etwas dem original fremdes in die fiberselznng
bringt, dasz trotzdem B. den reim beibehalten hat, kann man nur blUigeUr
wenn man auch kein besonders treffendes argument für die getroffene
entscheidung in dem seiner meinung nach (s. 413} analogen zusammen*
klingen bestimmter vocale in dem Homerischen verse erkennt jenen^
Übelstande aber glaubt der vf. durch eine besondere anwendung des
reims zu begegnen, er hat nemlich beobachtet, dasz Homer nicht stets
KQTa CTiXOV, sondern auch nach einheilen von 2, 3, 4 versen componiere,
ja er glaubt nachweisen zu können , dasz das vers paar (couplet) , die
lieblingsform des Volksliedes, auch fundamentaltypus des Homerischen
verses sei (?). er leitet daraus die notwendigkeit ab, diese abschnitte
durr.h den reim zu bezeichnen, und hat nun parweise, drei- und vierfache
n seiner Übersetzung angebracht, hier kann ich freilich die be-
nicht unterdrücken — und ich glaube, wer B.s Übersetzung zur
A. Philippi: anz. v. Homer and thc Iliad by J. St. Blackie. vol. 1 — 4. 585 '
band nimt wird sie bestätigt finden — dasz dies aufeinanderschlagen
ungleich gezählter reime etwas absonderlich unruhiges in den Vortrag
bringt , was mit der epischen ruhe des erzählenden lones sich nicht ver-
trägt, das princip aber, welches das verfahren rechtfertigen soll, ist
künstlich, denn angenommen, diese reime wären dem ohr nicht unange-
nehm, wer wird diese ihre besondere anwendung für ein äquivalentes
ausdrucksmiltel der feinen sinnlichen beziehungen nehmen , nach denen
sich bei Homer freilich hie und da verse zu zweien , dreien usw. an ein-
ander stellen, andere aber sich abheben von früheren oder folgenden?
wie unbestimmt und schwankend sind auszerdem die gcenzen dieser ab-
schnitte, und wo bleiben schlieszlich in der Übersetzung die verse, welche
im original wirklich allein (Kard ct(xov) stehen? einzelne reimlose verse
würden unerträglich sein, und sie an ihre nachbarn hinten oder vorn an-
zuscblieszen , das heiszt dann wieder dieses subtile gcsetz übertreten^
welches Übereinstimmung zwischen original und Übersetzung auch in der
gruppierung hervorbringen soll, es bleibt also wol nichts übrig als mit
dem reime auch die dem original fremde parung der verse zuzulassen,
da jenes auskunftsmittel als durchaus unzweckmäszlg sich erweist.
So hat sich denn B. mit seiner Übersetzung in eine gewisse concur-
renz mit Ghapman begeben, soweit zeitlicher abstand und unterschied
sonstiger Verhältnisse zwischen beiden einen vergleich erlauben, wir
mögen das urteil derer, für die diese Übersetzung bestimmt ist, abwarten,
wollen aber am Schlüsse noch eine bemerkung machen, zu welcher wir
berechtigt zu sein glauben, wo nemiich B. die verschiedenen wege an-
deutet , welche man in England und in Deutschland bei der Übersetzung
Homers einschlug, sagt er dasz das verhalten der Deutschen und die hier
beliebte anwendung antiker metra für England kein präcedenzfall sei.
letzteres wird jeder zugeben, aber ein anderes ist es, ob B. dies verhalten
selbst richtig zu beurteilen im stände ist. denn wenn er hinter den deut-
schen hexameterübertragungeu nur eine 'mechanical idea of repeating Ibe
rhythm of the original' sieht und Goethe und Schiller tadelt, weil sie
einem neuerungsversuche Klopstocks die autorität ihrer groszen namen
geliehen, so zeugt das zunächst nicht von tiefem einblick in die litteratur-
geschichte. denn die bedeulung, welche die Übersetzung von Voss und
ähnliche an sie sich anlehnende arbeiten für das freiwerden des ausdrucks
und die dichterische spräche überhaupt hatten , Ist so sehr thatsache ge-
worden, dasz wir ihrer manchmal kaum noch als eines auszerordentlichen
umstandes uns bewust sind , und was den selbständigen werth des deut-
schen hexameters betrifft, so wird nach Goethe und Schiller kein ver-
ständiger wol im ernste behaupten , dasz in dieser dichtungsform unsere
spräche auf freie bewegung verzichten müsse, anderseits glaubt B. in
Rinnes ^Homers Odyssee In stanzen' einen beweis zu haben, dasz auch
die Deutschen ihrer gelehrten übersetzerlaune entsagt hätten, damit
miszt er aber doch wol einem (mir übrigens unbekannten) buche eine
allzugrosze bedeulung bei. dasz überhaupt moderne masze die alten uns
näher brächten, wird jeder bezweifeln, der die erfolge dieser art von
arbeiten kennt, unter denen meiner ansieht nach Gravenhorsts Sophokles-
586 G. Ciieudl: bemerkuogeD zu II. Haymans ausgäbe der Odyssee.
Übersetzung die beste ist. ein Homer vollends in stanzen ist nach J. H.
Voss höchstens ein curiosum. dasz aber auch die Vossische Übersetzung
in Deutschland nie so populär werden konnte, wie es Popes llias in Eng-
land wirklich wurde, hat gründe welche tiefer liegen als in der metri-
schen form , welche indes auseinanderzus$etzen hier nicht der ort ist.
Beelin. Adolf Philippi.
80.
EINIGE BEMERKUNGEN ZU HENRY HAYMANS AUS-
GABE DER ODYSSEE.
Eine anzeige im litt, centralblatt (1867 nr. 25) über ^the Odyssey
of Homer edited wilh marginal references , various readings , notes and
appendices by Henry Hayman, B. D, vol. 1. books I to Vi' (London
1866) schlleszt mit den werten: 'das einzige dankenswertlie der ausgäbe
scheint uns das Verzeichnis der parallelstellen am rande, das, wean es
Tollständig wäre, eine lückc in unsern Homersludien ausfüllen würde,
leider ist es das nicht.' weit davon entfernt die in vorstehendem be-
merkte unvollsländlgkeit durchgehend hier nachweisen zu woUeu, ist
es vielmehr meine absieht in diesen zeilen nur an wenigen versen tlle
mangelhafte auswahl und Zusammenstellung der parallehtelleu hervorzu-
heben , unter der Versicherung freilich , dasz es nicht schwer sein würde
<lasselbe überall von dieser ausgäbe zu zeigen. Vollständigkeit erstrebte
hr. Hayman in seinen randbemerkungen nicht, die dürfen wir also von
vorn herein darin nicht suchen; seine absieht war eine andere, und diese
teilt er uns s. XCIl des Vorwortes in folgenden werten mit: 'in der vor-
liegenden ausgäbe ist der versuch gemacht mittels randbemerkungen,
welche parallel- und erklärende stellen (parallel and illustrative passages)
enthalten , Homer so weit als möglich als seinen eignen scholiasten dar-
zustellen (!) und die bemerkenswertbe eigentümlichkeit seines Stiles her-
vorzuheben, dasz er nemlich niemals von einer redensart abgeht, so lange
es möglich ist dieselbe zu benutzen und anzuwenden, wie bereits oben
erwähnt ist s. VII. '^) für diejenigen, welche die musze und ausdauer
haben diese randbemerkungen zu benutzen, hoffen wir, möciiten die noten
einen hui freichen beistand leisten, beim zusammentragen derselben ent-
stand eine zehnmal gröszere Schwierigkeit, wo aus einer menge von
stellen auszulesen war, als da wo sich eine beschränkte auswahl bot.
alle Wiederholungen und gleichheiten der stellen aufzu-
zeichnen wurde beschwerlich, ja unmöglich sein, einige
*) diese behauptun^ folgt aus der ansieht des hg., dasz die einheit
der Homerischen gedichte unzweifelhaft sei. er fahrt dort vier bei-
Bpiele au, die unvollständig nachgewiesen sind und durch treffendere
EU ersetzen wären: 1) B 721 cf. € 13. € 396. 2) Y 187 (hier fehlt »
" '^^) cf. <p 862. 353. a 368. 369. X 362. 868. 3) 8 134 (? 135) cf.
^ 122 (voUständifrer wäre wol: K 673. c 89. fi 248. x 173. 406.
= N 61 cf. 76]. P 541. 0 463). 4) A 416 cf. N 573. x *13 (soll
3; auch hätte wol o 276 angeführt sein können).
G. Ellendt: beinerkuogen su H. Haymans ausgäbe der Odyssee. 587
sind eben zu trivial, um selbsl einer einfachen anfQhrung
benötigt zu sein, und der dafür verwandte räum hat besser
verwerthet werden Icöunen für andere, welche einer weit-
läufigeren beleuchtung bedürfen, dennoch wird manclie stelle
notwendiger weise von sehr ungleichem werthe sein müssen , doch hoffe
icli dasz für den forscher Homers jede derselben wenigstens einigen werth
haben dürfte, dem weniger genau studierenden mag gerathen sein die
randbemerlcungen nur zu benutzen, wenn in den nolen darauf bezug ge-
nommen ist.' ohne weiter mit den einzelnen sStzen dieses Vorwortes zu
reclUen, lasse ich hier die ersten zehn verse des ersten buches folgen, die
darthun werden, wie wenig der hg. auch nur dön ansprüclien genügt,
tlie man nach seinen werten an die ^marginal references' machen darf.
Zu V. 1 wird auszer B 761 cü jiot €vv€7r€ , MoOca und cf.
b 642 VT]M€pT^c jioi ?viCTT€ ciliert; cf. b 331 Koi ^oi VT^epitc
^vicirec. das findet sich schon f 101, dann noch \i 112. x 166. i(i 35.
^ 470 und Ahnlich noch oft. ist denn das aber eine parallele far ävbpa
poi ?vv€TT€, MoOca — ?
Bei V. 2 fehlt zu TrXdYX^H ^^ rande oder unten die angäbe, dasz
diese form nur noch A 351 (vgl. im particip E 120. Z 278. v 278} vor-
kommt. — Zu ^Trepcev steht: cf. ö 494—520. x 230 — jene den ge-
sang des Demodolcos von der Zerstörung Trojas enthaltend, dieses c^ b*
f\k\jj ßouXq ('Obucrfuic) TTpidfiou ttöXic eupuAtw»« — das gehört
nur in die anmericung und dort hatte auch bemerlct werden müssen:
«^Trepccv nur hier mit augment.»
V. 3 vor den zu den ersten werten angeführten stellen fehlt bei e
ein *cf.', da die angezogenen parallelen heiszen: iroXXä ßpoTUiv i'n\
ÄCT€* — , man vergleiche übrigens auch i 128 acte' Ire* dvGpdiTruJV
tKV€ÜM€vai, oW T€ TToXXd — . ZU vöov finden wir citiert b 493 oöbl
baf)vai ^^dv vöov.
V. 4 fehlt in der angäbe am rande vor allem v 90 TroXXä irdO '
dXtea 8v Kaxd Gu^öv, dann k 458 . . . dv TTÖVTtp TidOet* dXtea . .
die unter a angeführten vier stellen enthalten alle nur öv KUTd Gujiiöv.
ZU vergleichen wäre auch v 263 . . irdGov dXT€a Gu^qi, o 487 . . öca
br\ TtdGec fiXtea Gu|i«J», ferner I 321. TT 55. C 397 usw.
V. 5 ohne stelle; es fehlt: dpvu^€VOC nur hier in der Odyssee cf.
Z 446 vgl. A 159 usw., dann zu Kai vöcTOV diatpiuv cf. k 15 — Kai
vöcTOv *Axaiuuv.
V. 6 fehlt zu 6 dXX' oub' u)C k 291 usw. H 263. I 587. M 432.
P 697. dppucaTO kommt nur noch Y 194 vor, Wjiievöc Tiep noch x 246.
£ 142 cf. X 409 IcMevTiv Tiep.
V. 7 finden wir angefahrt: A 409 K€ivoi bk cq)eT^pijciv dxacGa-
XirjCiv öXovTO, cf. k 27 oüriliv tdp diriüXöficG' dq)pabiijciv.
cf. X 317 = 416 Tijj Kai dtacGoXiriciv dciK^a ttötiliov dTr&Trov, cf.
\\f 67 rtS) bi' dracGoXiac firaGov xaKÖv. wir vermissen den hin weis
-auf a 34 cqp^civ dracGaXlqciv vnip ^öpov dXte' ?xowciv, ferner
K 437 icai Keivoi dxacGaXiriciv öXovto.
V. 8 von den zu vrjiTtoi, 0*1 . . angeführten vier parallelen ent-
588 G. EUendt: bemerkungen zu H. Haymans ausgäbe der Odyssee.
baUen nur zwei, nemlich 0 177 und 0 104 diese worte; in P 497
sieht vi^TTioi oub*, in t 146 vtimoc oubi — . gilt letztere stelle (?),
so fehlt wieder B 38 cf. X 445. TT 8. Y 466 usw. In der nachweisung
von Tirepiovoc "HeXioio steht 0 480 und \i 133; wir hatten stau
dessen lieber gesehen: 0 480. )i 263 (beide stellen enthalten allein ^Yit€>
piovoc 'HeXioio), und dann: cf. |li 176 ('HeXiou Tircpiovibao), zu-
letzt erst: cf. ^ 133. 346. 374 CHeXf^i TTiepiovi).
V. 9 fehlt die angäbe, dasz ainäp ö TOiciv H 383 am ende des
verses steht; ferner dasz dqpeiXcTO VÖCTI^OV fj^ap noch t 369 vor-
kommt, wir finden citierl: a 168 toO b' UiX€TO v6cTi)iOV f^ap (hier
fehlt p 253], a 354 dTrübXece v. fj. cf. Z 455 dXcOGepov Tj^ap dnou-
poc (? hier fehlt = TT 831. Y 193), cf. TT 836 dftiivui | ^juiap Ävcrf-
kqTov (?? cf. Z 463 dfiOvui bouXiov fj^ap).
V. 10 zu 9uYGtT€p Aiöc fehlt: ^sonst von der Athene € 348. 815.
H 24% dagegen steht zu kqI f)fiiv : (ohne cf.) a 33 o\ bk kqI auToi und
a 47 . . Kttl dXXoc (?) usw.
Dasz es in allen sechs von hrn. Hayman bis jetzt herausgegebenen
bflchern nicht anders aussieht als an dieser stelle, hat mir eine verglei-
chung des ganzen ersten buches und verschiedener beliebig ausge-
wählter abschnitte der anderen bücher gezeigt, nicht nur bei häufig
vorkommenden versen fehlt der hinweis, wo sie zuerst und zunächst
oder zuletzt sich wiederfinden, sondern auch bei den versen, die nur
ein oder zwei mal sich wiederholen, wird meistens eine solche an-
gäbe vermiszt. wir finden bei späteren stellen frühere berücksichtigt,
ohne dasz bei diesen auf jene bezug genommen wäre, ganze verse sind,
obwol der räum am rande völlig dazu ausreichte, ohne nicht unwichtige
belege geblieben, andere aber, und hier in recht bedeutender anzahl, sind
mit parallelen versehen, die keinen anhält bieten, doch das wird jeder,
auch ohne dasz jetzt und hier besondere belege dafür angeführt werden,
bei dem gehrauche des buches bestätigt finden.
Königsberg. Georg Ellendt.
81.
ZU DEMOSTHENES REDE 18 UND 19.
Den verdiensireichen bemfihungen des ehrwürdigen, seit mehr als vier
decennien seine musze mit beharrlichstem Aeisz und mit eindringendem
Scharfblick dem Demoslhenes widmenden Vdmel in Frankfurt*) verdan-
*) [leider sollen die äugen des hier mit verdientem lobe genannten
mannes nicht mehr auf dies blatt fallen, da sie in der nacht vom 8 auf
den 9 april d. j. sich für ewig geschlossen haben, aber onTergänglich
wird sein andenken fortleben in der Wissenschaft und in den henen
seiner freunde, geboren in Hanau am 6 october 1791 und auf dem
Symnasinm dieser seiner Vaterstadt vorgebildet bezog Jobann Theo-
or YÖmel 1809 die Universität Heidelberg, um theologie und pbilo-
log^ie zu studieren, in letzterer Wissenschaft waren vornehmlich Grenzer
und Böckh seine stets mit warmer pletät verehrten lehrer, nach be-
endigten Studien begann er seine lebrerwirksamkeit an der erziehungs-
R. Bauchenstein : zu Demoslhenes rede 18 und 19. 589
ken die freunde des redncrs eine lange reihe von resultaten , von denen
ohne zweifei der grösle teil sich unangefochten erhalten wird, dennoch
gibt es auch stellen, in denen eine abweichung von Vdmels entschcidun-
gen wol begründet erscheinen kann, und einige solcher stellen sollen hier
besprochen werden.
R. 18 S 134 wird erzfihlt, dasz zwar die volksversamlung den
Aeschines zum cuvblKOC an die delische amphiktyonie bereits gewählt
hatte, dasz aber der Areopag die sache in die hand nahm und den
Aeschines verwarf, dagegen den Hypereides abordnete. f| ßouXf) f) ils,
*Ap€lou Trdrou . . x€ipoTOviicdvTUiV aÖTÖv t5|lhS>v cOvbiKOv . . &nö
Tfjc aörfic dtvotac ^CTicp TioXXäi irpotccGe tujv koivujv, tbc Tipo-
ciXecOe KdK€tvT]V Kai ToO TTpdY^aToc Kuplav iTTOl/jCaTC, TOU-
Tov \iky €Ö6üc dirriXaccv usw. hier Ist TrpociXecOe, obwol lesari aller
hss. , sowol wegen der sache als wegen der construction der folgenden
Worte unmöglich, denn nachdem die dKxXrida gewählt hatte, gieng es
flicht an zu sagen dasz sie den Areopag vorzog, und gienge es auch an,
so müste doch statt KdKeivriv geschrieben werden ^KciviiV. auch Hier.
AVoIfs TrpOC€(X€c6€ hilft nicht, da nach der athenischen Verfassung un-
ilenkbar ist, wie die ^KxXiicia nach schon getroffener wähl noch den
Areopag hinzuziehen konnte, entstand nach der wähl zweifei über ihre
Gültigkeit oder über die zulässigkeit der person, so sollte man einen aus-
druck erwarten wie ibc aär^ dTreTp^ipaTE. da nun aber Droysen aus
Delnarchos I $ 50 nachgewiesen hat, dasz TrpoaipeTcOai der förmliche
■anstatt seines nachmaligen Schwiegervaters, des kirchenraths und pro-
fessors der theologie dr. Schwarz in Heidelberg, and setzte sie fort an
den g^mnasien in Wertheim und Hanau, von wo er im herbst 1818 an
das gymnasium in Frankfurt am Main berufen wurde, zunächst als pro-
rector; 1821 wurde er als nachfolger G. F. Grotefends zum conrector
und im jabre darauf nach Ch. F. Matthias tode an dessen stelle zum
rector des gymnasiums befördert, in diesem amte hat er 31 jahie lang
'mit strenger gewissenhaftigkeit und unwandelbarer überzeugungs treue'
(werte seines am tsnachf olgers, meines th euren freundes Classen, im
osterprogramm 1854) segensreich gewirkt« bis er im herbst 1853 nach
40jähriger dienstzeit auf seinen wünsch die ehrenvolle entlassung er-
hielt und sich in ein otium cum dignitate zurückzog, in dem er bei
Tin geschwächtem besitz aller geistes- und körperkräfte nur der Wissen-
schaft, der pflege seines gartens und dem Umgang mit seiner familie
und seinen freunden lebte, über VÖmels Verdienste um die philologie,
namentlich um kritik und ezegese des Demosthenes , bedarf es hier als
in einer fachzeitschrift keiner worte. weniger bekannt dürfte es sein
dasz er auch als theologe ein ebenso umfangreiches wissen wie uner-
schütterliche überzeugungstreue besasz. im jähre 1844 wurde ihm von
der theologischen facultät der Universität Erlangen die würde eines
doctors der theologie verliehen, jahrelang war er mit einer deutschen
Übersetzung des neuen testaments in Verbindung mit kritischer feststel-
lung des urtextes beschäftigt, die sich druckfertig in seinem nacblasz
vorfindet und hoffentlich noch veröffentlicht werden wird, eine probe
davon , den Galaterbrief , hat er zum 200jährigen Jubiläum des gymn. in
Hanau am 21 febr. 1865 noch selbst drucken lassen. — während meines
mir unvergeszlichen aufenthalts in Frankfurt in den jähren 1854—1861
hatte auch ich das glück dem verewigten nahe zu stehen , darum war es
mir herzensbedürfnis ihm diesen anspruohlosen nachruf zu widmen. A. F.]
590 R. Rauchenstein: zu Demoslhenes rede 18 und 19.
ausdruck dafür war, wenn der Areopag ein geschäfl aus eigener bewegung
in die hand nahm und die initiative ergriff, so ist Vdmels irpoeiXero eine
treffende emendation, und die entstehung des irpoeiXccOe erklSri sieb
aus dem vorausgegangenen TrpotecOe. dagegen können dann die folgen-
den Worte nicht unverändert bleiben, nach TtpoeiXero musz notwendig
das subject in KdKcivilv . . dTioificaTe mehr hervorgehoben werden , was
geschieht, wenn wir statt des lastigen ical vor toO irpdtMOCTOC schrei-
ben u^eic. dann heiszt es in gehuriger construction : f\ ßouXf| . . vbc
TipoelXeTO KdKetvTiv ö^eic toC irpdTM<xToc Kupiav dTroiticore.
$135 liest man bei Bekker nach den meisten hss. ouKoOv öie toutou
fiAXovTOc X^T€iv dTTTiXacev auTÖv f| ßouXf| Kai Tipoc^ToEev ixepiü.
im cod. £ aber fehlt X^Y^iv und auTÖv. auch hatte er ursprünglich X^fov-
TOC, welches dann aber von alter hand in ^^XXovTOC corrigiert worden ist.
mit recht haben nun Dobree und die Zflrcher fi^XXoVTOC beibehalten, da-
gegen X^T^tv und auTÖv gestrichen, denn nach dem was § 134 vorausge-
gangen und vermutlich so eben noch von den zeugen wiederholt worden
war, empfahl sich dem redner die knappste kurze, vvozu aucli der gen.
abs. TOUTOU jiAXovTOC diente, wofür man unnötig toOtov X^yovTa
wollte, auch X^f^tv, welches nach jii^XXovTOC Westermann noch beibe-
hielt, ist entbehrlich, da sich bei fi^XXovTOC von selbst hinzuversteht : 'als
cuvbtKOC zur amphiktyonie zu reisen und für Athen das wort zu fahren/
Vömel aber hätte das offenbar ursprünglich aus verschreibung in £ stam-
mende X^YOVTOC nicht aufnehmen sollen, denn was soll das präseiis
X^tovTOC in toOtou X^tovtoc dirriXacev f| ßouXii? dies wird auch
aus VÖmels Übersetzung *cum hoc dicente senatus eum repulerit' nicht
verständlich, wenigstens würde ein fut. dpoOvTOC erfordert, weit besser
ist {iAXovTOC, wobei alles was zur abordnung als gesandter gehört hio-
zuverstauden wird.
R. 19 S 34 f| \iky TOivuv ßouXf| TaÖTa TipoßcßouXetJKei , tt^c b'
IkkXticIoc YtTvo^^vTic xai toO OiXiTnrou TrapövTOC ^v TTiiXcac fjbn
— fjV Tdp TOÖTO TrpÜLJTOV dTtdVTWV TUJV dblKTjjLldTUiV, Td TÖV 4>i-
XiTiTiov ^TTiCTT^cat ToTc TTpdTMact TOUTOic usw. 80 interpungieren mit
recht Bekker und die Zürcher. Vömel dagegen setzt ?\y fäp bis dbi»
KimdTUJV in Parenthese und faszt die folgenden infinitive £TriCTf)cai.
dKOueiv, TTapeivat, ^dbtov elvat als ausrufe, welche den nachsatz
bilden sollen, allein das toOto in der angeblichen parenthese erfordert
seine inhaltserklärung. zwar ist toCtO durch das vorausgegangene 0i-
XiTTTTOU irapövTOC ^v TTuXatc ffix] veranlaszt, allein gerade dieser um-
stand musz in der bedeutung seiner schweren folgen auseinandergesetzt
werden , und das geschieht in grammatisch üblicher form durch die an
TOOto mit TÖ sich anschlieszenden infinitive. mit recht hat daher Bekker
eine anakoluthie angenommen, es geht auch nicht an mit Shilletu die
parenthese vor Trpöc hk toutoic zu schlieszen. denn mit eben diesen
Worten knüpft sich an die durch die infinitive bezeichneten Verlegenheiten
und hemnisse ein neues an, dasz nemlich weder das TrpoßouX€U|üia
'orgelesen wurde noch man den Demosthenes wegen der teuschung und
efangenheit zu worte kommen liesz.
R. Fauchenstein: zu Demostlienes rede 18 und 19. 591
S 50 in den worien )i€VÖVTUJV jii^v \)^wv oTkoi Kai ouk iUh]'
Xu6ÖTU)v, dircXrjXuGÖTUiV bk tuiv AaKcöai^oviuiv kqI Trpor|c6n)i^vu)v
nimt Voroel an dem uCT€pov TrpÖT€pov austosz und glaubt, entweder
sei xal zu tilgen oder dTreXiiXuOÖTUJV und irpoijcOriM^vuiV sollten ihre
platze wechseln, es scheint aber diese Wortfolge absichtlich so gewählt,
auf das positive )i€v6vTUiv folgt das gleiche nach hSufigem gehrauch iii
negativer form, um im gegensatz darauf folgen zu lassen dTieXnXtiOÖTUJV
bk TUIV AaKe5ai)Lioviu)V mit dem zusatz xai irpogcOiifi^vuJV Tf|v dTrd-
Tr)v, weiches an letzter stelle um so beiszender für die Athener war,
je mehr sich diese auf ihre gcscheldheit zu gute thaten. vgl. auch
S 53 a. e.
S 86: Veii ihr von diesen euren gesandten geteuscht wurdet, so
kämet ihr in die läge eure frauen und Itinder zur Sicherheit in die Stadt
zu bringen und zu beschlieszen die feier des Heraklesfestes innerhalb der
Stadtmauern zu begehen, und das in friedenszeit' ; 8 Kai OaupdZui, €t
TÖv jüin^^ Toöc 0€otJc, KaO' 8 Tidipiov fjv, TiMficGai Troi/jcavio toO-
Tov dTi^uiprjTOV dq>y)C€T6. die worte ei bis dq>iiC€T€ läszt Vömel mitZ
weg. aber dann werden die worte 8 Kai 6au)idZui so völlig kahl, dasz
man auch sie wegwflnschen möchte, auf der andern seite ist die con-
struction, an die Vömel erinnert, 8 Kai OauftdZuj nemlich TÖb* dcTiv
'worüber ich mich neben anderm auch noch verwundere, ist folgendes,
nemlich wenn ihr ihn freisprechen werdet' hier auch nicht statthaft, da
man eher eine wendung erwarten nsüste wie 'so dasz ich mich sehr ver-
wundern müste, wie ihr ihn loslassen könntet', dagegen passt alles sehr
gut, wenn man nur jLiäXXov nach Kai einsetzt, womit ein noch schwere-
res, die Verhinderung an der herkömmlichen feier heilfger gebrauche ein-
geführt wird, es heiszt dann : *in welcher beziehuug ich mich noch mehr
verwundere, weiiu ihr den, der Ursache war dasz man sogar opfer in her»
kömmlicher weise nicht verrichten konnte, ungestraft entlassen werdet.'
so kann das prSsens 6au)id£uj vor dq>rjc€T€ nicht auffallen, und über 6
Mn welcher beziehung' vgl. Madvig gr. syntax % 195^
8 99 oub^va Tdp td KOivd npdTTCiv U|i6ic k€X€\j€T€. ^und
noch andere hss. geben ^KcXeOcTC. Vömel glaubt, € sei aus dem voraus-
gegangenen c entstanden, was möglich ist. indessen könnte auch öpcTc
T€ K€X€U€T€ darin stecken, da der sinn ist: Venu ungeeignete leule sich
zum Staatsdienst hinzudrängen, so seid ihr wenigstens nicht schuld.'
S 153: hütte man sich der Phokier gehörig angenommen, so folgte
daraus , dasz Philippos weder zu land noch zu schifT €ic Tf)V *ATTiKf|V
f^Eeiv fjLieXXev, 6|li€Tc 5' ^Kcfvou napaxpf^M« • • kXcicciv rd d^rröpia
xai . . iv TroXiopxtqi irdXiv auröv KaxacTriceiv, &ct* dKCivoc 6 5ou-
Xcucujv ?M€XX€v Ic€c0ai toTc dud Tflc elp/jviic XuciTeXoOciv, oux
i&^eTc. Vömel streicht l^eXXcv, das ursprünglich in ^ fehlt, aber von
alter band hinzugefügt ist. aus jenem ersten ^^eXXev nach f\E€lv ver-
steht sich ganz natürlich d^^XX€T6 zu u^cTc b^, aber hart wSre nun die
Zumutung ^)i€XX€V wieder zu i&CT* ^KCivoc erganzen zu lassen, noch
weniger aber könnte man die construction &ct€ mit dem Inf. ?C€c9ai
dulden, da hier keiu nom. c. inf. zulassig ist, sondern ulkt' ^Keivov
592 R. Rauchenstein: zu Demoslhenes rede 18 und 19.
töv bouXeücovTa fcecOat erfordert würde, wir können also IjuieXXev
vor Ic€c6ai nicht entbehren.
S 206 oi)biy Top ttuittot* out' i^vuux^icoi oöxe |if| ßouXoji^-
vouc xiiiac ßeßiacjLiai. hier möchte ich i^vuixXiiKa schreiben, wie schon
ßeßiac^at rSlh und iruiiTOT€: 'zu l^einer zeit noch habe ich.' nicht mit
grund berief sich Schäfer auf $ 205. dort findet sich Iteine vermengung
der tempora, sondern diese sind in ihrer eigentlichsten bedeutung ge-
braucht: ävTcTirov einmal in der vollcsversamlung , irpoc^Kpouov :
mehrmals auf der reise gerieth ich mit den gesandten in streit, und dann
das perfect fiiravTa töv xP<ivov i^vavxiui^ai.
S 237 Kai oöb€^iäc KOKtac toOtq, dXX' oubfc CTpaxnTtoc t'
äixoi. Vömel schreibt mit H oö statt ovbl. es soll nicht geleugnet wer-
den dasz oö genflgt. aber wenn V. sagt ^equidem oi)bi, non inteilego',
so ist doch oibk — ye gewis nicht so unverständlich, der redner sagt:
diese untergeordneten lebensstellungen und berufsarten (nemlidi der brü-
der des Aeschines) verdienen zwar keine beschimpfung, aber gewis auch
nicht eine feldherrn würde, also so wie jenes nicht, so auch das nicht.
% 244 öcui fäp aG c^ TiXeiouc f\ KeTvov aiTtüjvTai, O€uipr]cov
tbc ?X^t. für ^x^i hat 2J€iCTii, aber, wie Vömel sagt, ^c est in erasa
liltera, quae quidem x esse non potest.' DQbner glaubte T darin zu er-
kennen, die Zürcher und jüngst auch Rekker schreiben elci] , was Vömel
wol mit recht unpassend für den Zusammenhang findet, er selbst sclireibt
&€i und vergleicht II. A 762 &c fov, €i ttot* ?0V T€, |ii€t' dvbpdciv,
und sagt: 'slructura autem paululum inversa est: 0€uipr)COV übe &€i
loco TOCOUTip KaKiov fc€t. je mehre dich beschuldigen, desto übler
wirst du dran sein (bei bevorstehender aburteilung].' doch dieses tbc
£c€t erscheint zu nackt , und die rasur Iftszt vermuten dasz etwas ausfiel,
etwa CGI, also ibc i^ex coi. denn ^x^t steht auch im 2^ mit fp. am
rande. 'je mehre dich beschuldigen als den Timarchos, betrachte wie es
für dich steht.'
S 268 ei b* 6 ^liv Katpouc ö bk npdTftaTa 6 bk crpaTiuiTac
TTpobtttüciv , iLv fiv ^KacTOC ü|LiiBv KÜpioc T^viiTtti , TttOra btaq>6€i-
p€i. mit recht hat man schon längst ujiiuiv anstöszig gefunden. Sdiäfer
will es streichen, Vömel aber vermutet irap' tJ)iÜJV, zwar ganz sinnge-
mäsz, aber das nemliche wird auf leichterm wege erreicht durch djiTv:
'worüber immer ein jeder euch mit gewalt versehen ist.*
S 342 o^i top ol6^€voi biKqy vcpiHxv toioöt* ^irpo^av, toO-
Touc, fiv Tä TTttp' ujnujv ouToTc dq)€0(|, Ti oTccOe TTOii^ceiv. eine
notwendigkeit toi irap' läftibv, wie Vömel rälh, in rd irap' vyXv zu
verwandeln sehe ich nicht ein. er erklärt: ^si res domeslicas iUis commi-
seritis' und beruft sich auf S 289, wo er ebenfalls fiv TOi irap' ö^Iv
VTiocCvi] schreibt, während £ auch hier U)iUJV hat, Trap' ö^Tv aber den
Vorzug darum verdient, weil von krankhaften inneren zuständen die rede
ist. dagegen § 342 ist von solchen nicht die rede, sondern von den
"n welche von den Athenern (irap' ujliuiv) den gesandten anver-
'«n , also von der äuszern politik.
y. ßuDOLP Rauchenstein.
N» Wecklein : anz. v. Sopboclis Oedipus rex cd. H. van Herwerden. 593
82.
SopHOCLis Oedipus rex. edidit et adnotavit Henricus van
Herwerden. bditio maior. aocedunt analecta traoica
et anecdota Ambrosiana. Traiecti ad Ehennm apud L. C.
Bosch. 1867. 216 s. gr. 8.
Diese ausgäbe des Oedipus tyrannos bringt viel neues, nicht ebenso
viel wahres, die erklärung der worte und redensarten gewinnt durch die
parallelstellen, welche der hg. in retchlicliem masze beibringt; eine bemer-
kenswerthe neue auffassung des sinnes hat ref. nicht zu verzeichnen, es
gibt ein gewisses bestreben an jeder stelle eine neue conjectur zu bieten,
welches das urleil oft befangen macht und einer ruhigen , aufmerksamen
betrachtung keinen räum Idszt. von diesem bestreben ist der hg. nicht
frei und lüszt an manchen stellen gröszere grQndlichkeit, vorsieht und
umsieht vermissen, denn conjecturen wie v. 35 doiboö, bac^öv 1}
7tap€(xo|Li€v , 166 q)XÖT' d^fjxovov, 221 koök Ixov ti cu|ißoXov,
420 4c9dXiKU)V (d. !. fcxai '€XiKiiv), 446 ko^iJ^tu) bf\T' dKirobidv
cu tap Kttpujv öxXcic, 602 |li€t' fiXXou 'pwvtoc (d. i. ^pujvioc} fiv
CToinv TTOT^, 623 ek' i\ ce, 832 irpöcOe' ftf} xotav m' tbeiv, 923
dic Ku߀pviTtT?|v Xeuüc-, 937 oöx; Sm* dcxaXcTc b* Tctuc wie 1438
TcOi t\ (944 \i,fw tdXtiO^C als versanfang ist s. 76 zurückgenommen)
951 TÖvbe, 1244 ^mppdHaca xpic, 1279 xciXaE^c atMÖTUiV, 1405
dv€iT' ätXtitov, 1485 dpor/jp oder Ant. 721 q)öv' aÖTÖv dvbpa
sind auf keinen fall Verbesserungen, teilweise aber zerstören sie auch
alle poesie oder sind geradezu falsch, auch die bemerkung, ßuOuiv v. 24
könne als particip betrachtet werden (iröXlC caXeuei ßuOwv) hatte weg-
bleiben dürfen, die Vermutungen zu v. 49. 270. 510. 741. 1423. 1494.
1519 sind schon von anderen gelehrten aufgestellt worden, mag man
es einem kritiker nicht verargen, wenn er seine eignen conjecturen wie
seine kinder liebt und mit weniger scharfem äuge betrachtet, so musz
man streng von ihm fordern dasz er fremde Vermutungen nicht leichthin
aufnehme, als gälte es den text nach eignen wünschen herzustellen, auch
in diesem puncte können wir dem hg. nicht die nötige umsieht nach-
rühmen. V. 74 wird die conjectur Porsons aufgenommen ToO fäp €iKÖ-
TOC TTCpci mit tilgung des folgenden verses. die veranlassung zu dieser
Vermutung gab Suidas u. TOÖ KaOrJKOVTOC^ ToO KaOViKOVTOC Ti^pa xpö-
VOU TOÖT* fCTI TOÖ ÖpicO^VTOC* X^TCTttl bk KOl TOO cIkÖTOC TldpO.
will man hieraus etwas folgern , so musz man nach meiner meinung zu
cIkötoc
einem ganz andern schlusz kommen. Suidas hat gelesen: toC KaOrJKOVTOC
TT^pa xpövou, und der ursprüngliche text war: Ktti jii" fiftap fjbii SujLt-
jLi€Tpou)Lievov XP^^vtp. I XuTTei Ti irpäcc€i toO KaGrJKOVTOC ir^pa man
müste also annehmen, dasz die zur erklärung beigeschriebeuen worte toO
cIkötoc und xpövou die bildung eines neuen verses zur folge gehabt
haben, v. 198 hat H. die conjectur von Arndt dci (yap el ti vug dq>Q,
toOt' dir" f|)Liap fpx€Tai) statt T^Xet in den text gesetzt. T^Xct ist
richtig, nur musz es erklärt werden ^durch ihr ende, wenn die nacht nur
Jahrbücher fUr clasi. ph'ilol. 1868 hft 9. 39
594 N. Wecklein : anz. v. Sophoclis Oedipus rex ed. fl. van Herf?erden.
in folge davon dasz sie endet elwas übrig läszt' ; man beachte die Stel-
lung von T^Xei und das bittere und schmerzliche welches bei solcher er-
kl9njng in dem ausdruclce liegt v. 591 durfte Heimsoelhs änderung
ÖKVUiv für dKUiv wegen der eigentlichen bedeutung von ÖKV€iv (zau-
dern) mindestens zweifelhaft sein (ÖKWV heiszt 'mit innerem wider^
streben', blosz aus furcht vor gegnem). v. 696 hat für die herstellung
der responsion Naucks andening in v. 667 rä TTpöcqxzTa mehr wahr-
sclieinlichkeit als die von Blaydes oder Heimsoeth &v T^oio. v. 788
schreibt H. mit Heimsoeth xai ^€ OoTßoc, zu Kai )i' ö (t>oißoc vgl.
£1. 38. V. 1209 ist ircceTv mit demselben in n^Xeiv geändert, der poe-
tische ausdruck in den prosaischen.
Die Sitte in der adnotatio ohne irgend einen bezug fdieses wort
erinnert mich an') conjecturen zu allen möglichen stellen griechischer
Schriftsteller unterzubringen kann nicht gefallen, die meisten dieser
conjecturen hätten eine bessere stelle in den am Schlüsse angeblngten
'analecta tragica' gefunden, auch im auszerlichen dieser ausgäbe zeigt
sich ein gewisser mangel an Sorgfalt: v. 947 wurde die Vermutung einer
iücke, welche ref. beim lesen machte, glänzend bestätigt: v. 948 fehlt
nemlich nicht in den hss. , wol aber in dieser ausgäbe, an dnickfehlem
mangelt es nicht (gleich v. 38 im texte); 1155 IT. sind die personen-
bezeichnungen in Unordnung gerathen ; öfters steht die bezeicimung der
person am untersten rande der seile und auf der folgenden beginnt die
rede derselben, was einen unangenehmen eindruck macht.
Doch genug der ausstellungen. ohne anstand haben wir, was uns
tadeloswerth erschien, getadelt; bereitwillig heben wir auch das lobens-
werthe hervor, vor allem musz man den Scharfblick, das kritische talent
des hg., seine bekanntschaft mit dem Sprachgebrauch der tragiker aner-
kennen und rühmend erwähnen , dasz viele stellen seinem scliarfsinn eine
glückliche , teils sichere teils höchst wahrscheinliche Verbesserung ver-
danken, besonders gilt dies von den zu andern Schriftstellern mitgeteilten
conjecturen, welche wir hier nicht weiter berühren, von den vorschlagen
welche H. zu Sophokles macht dürften vornehmlich folgende hervorzu-
heben sein: v. 108 irö9' für TÖb' ('de roeo dedi et ita Meinekius'), 172
KttUTäc för KXuTäc, 523 idxa für xdx* Sv, 681 äXXwc för dTVtbc,
780 irapoiV(£iv für irap' oTvip (so aucli Heimsoeth) — für koXci ebd.
schreibt H. XdcK€l' KaXei ist richtig und steht älmlich wie OK. 294
ojvö^acxai (für eipTjTai) — , 789 dOXlip für die vulg. fiöXia, La- pr.
m. dOXiu) duabus super U) litteris erasis; 1279 dpprjxvuTO für dr^y-
Y€TO, 1301 ^dccova für ^eKova (?), 1340 dKTrobdiv für dKTÖmov (?).
Ai. 647 q)aiv€t t' db^Xa fOr q>ve\ t' d. (Herwerden schreibt q>a(v€i
TdbrjXa). El. 81 KdiraKO\JCUJfi€v; (so hat schon Nauck verbessert).
Wir benützen diese gelegenheit, um zu einzelnen stellen dieses
Stückes einige bemerkungen mitzuteilen, v. 7 hält H. mit Meineke dX-
Xu;v für unrichtig, ohne Meinekes änderung liivjv zu billigen, mit recht
hebt er hervor, dasz ^|LiÜJV an der ersten stelle des verses hier eine zu
inung erhalte, wenn er aber meint, dXXu)V könne epexege-
^eXXövTUJV stehen , so erlaubt das der Sprachgebrauch nicht.
N. WeckleiD: anz. v. Sophociis Oedipus rex ed. H. van Herwerden. 695
dasz die für die andere erklSürung irap' äXXiUV angeführten stellen nichts
beweisen, hat Meineke gezeigt : äXXoc verlangt ein gemeinsames prädicat.
hier wird dXXiuv verderbt sein aus dTTU)V : es stehen sich Tiap ' äfT^-
Xuiv — aÜTÖc, dTTUiv — Jibe gegenüber. — V. 159 hat H. die correctur
einer spätem band im La. K€kXojli(^viu aufgenommen ; einer solchen nach-
besserang wSre das anakoluth um jeden preis vorzuziehen, aber dieses
k€kX6^€V0C ist ein fingerzeig für die Verbesserung von äjiißpoT' 'AOdva.
schon Heimsoeth hat darauf aufmerksam gemacht, dasz d^ßpor' eine
wiederiiolung des im vorausgehenden verse stehenden d^ßpore (<t>dfia)
ist; er schlug ößpifi' 'AGdva vor; Herwerden setzt vorsichtig das zei-
chen der Iflcke, indem er die richtige bemerkung macht, dasz ößpi^e
nicht gleich ößpipoTrdrpr) ist und Athena nie jenes beiwort hat. jenes
K€kXö^€VOC zeigt, dasz darin ein verbum enthalten ist, nemlich dvTO^'
'AGdva ' die elision des -ai ist an dieser stelle unbedenklich, unter ein-
wirkung des darüberstehenden d^ßpOT€ gieng dvTO^^ in d^ßpOT' über.
— V. 219 IT. bieten eine noch ungelöste Schwierigkeit für die erkläning.
sie heiszen:
dTUJ E^voc jifev ToO XÖTOU ToOb* ^Eepu),
E^voc bk ToO TTpaxO^VTOc. oü Ydp Sv ^aKpav
Txv€uov aÖTÖ , |if| oÖK f xwv Ti aj|LißoXov.
vOv b\ öcrepoc tdp dcidc elc dcxouc reXuj,
u^iv 7rpoq>u)vai usw.
Schueidewin schrieb !xv€UOV aöröc (so einige apographa) OUK €xu)V
ohne }xi\ und erklärte: ^ich werde euch das folgende vorlegen, weil ich
auf mich beschränkt (auTÖc) nicht weithin forschen, mit dem nacii*
forschen nicht weit kommen würde, insofern ich kein erkcnnungsmittel
habe.' abgesehen von der bedenklichkeit einer solchen änderung ist ein-
zuwenden, dasz der gegensatz aÖTÖc — \)\i\v erst im folgenden zu
suchen ist, ohne dasz man dort dcröc in aäröc zu ändern hat. was H.
bemerkt, dasz procul invesiigare und invesligando proficere zweierlei
sei, ist unbegründet; ^axpdv ist nachdrucksvoll gesagt: ^ich würde keine
weite strecke im forschen durchmessen' d. h. *ich müsle überhaupt das
nachforschen aufgeben', andere nehmen auröc auf mit )ii\ und fassen
OÖK ^x^v als ^inen begriff (carens) oder ziehen vielmehr ou zu Ti (^f|
oCti cu^ßoXov ?X^v). das aber würde heiszen : *nicht würde ich selbst
in die weite spüren, wenn ich nicht jedes anhaltspuuctes entbehrte.' wie
reimt sich das zusammen? Ribbeck freilich übersetzt (rhein. museum XVI
s. 509): *denn sonst würde ich nicht in die weite spüren, wenn ich nicht
seihst ohne jeden anhält wäre.' so ist auTÖC wol untergebracht, aber
es gebort der Stellung der worle nach zu Txveuov. H. erklärt mit dem
schol. jnaxpav zeitlich (tocoütou övtoc toO xP<ivou toO ftetaEu):
^nlsi enim aeque essem ignarus rumoris de caede quam ipsius facinoris,
non nunc demum, longo tempore praeterlapso, illud investigarem, si non
haberem aliquid indicii.' aber die aus Eur. Tro. 406 angeführte stelle
genügt nicht, um Trach. 317 entgegen eine solche bedeutung von ^a-
Kpdv an dieser stelle zu erweisen: denn ou jiaKpäv hiiicfyi fi€ und
ixveuetv {iaxpdv erhalten durch das verschiedene verbnm eine andere
39*
596 N. Wecklein : anz. v. Sophoclis Oedipus rex ed. H. van Ilerwerilen.
heziehung ; sodann wäre überhaupt ein solcher gedanke hier sonderbar und
geradezu unerklärlich ; ferner weisz H. selbst nicht anzugeben, was unter
dem cu^ßoXov zu verstehen sei , und trägt bedenken mit Dindorf an das
Orakel zu denken, endlich ist die bekannte bedeutung von vOv bi nach
einem solchen coudicionalen Verhältnis die gründlichste Widerlegung die-
ser erklärung sowie jeder andern derartigen: denn vOv bi musz dann
bedeuten : ^nun aber da ich ein anzeichen habe.' in welcher heziehung
aber soll dazu der durch ucTCpOC T^p usw. begründete satz vpXv irpo-
q>U)VUJ stehen? um zu einer sichern erklärung zu gelangen, musz die
bedeutung von )if| oö feststehen, vergleicht man nun OT. 12 bucdXTn-
Toc T^P fiv etrjv TOidvbe ^f| ou KttTOiiadpuiv ?bpav und OK. 359
f^xeic T«P oö Kcvri ye . . jnf| oöxl be\}i* i^o\ q)€poucd xi, so ist klar
dasz \ir\ ou mit part. dem bloszen jLtli mit part. nur durch den besondern
nachdruck, welchen ou dem ixr\ gibt, verschieden ist. übersetzt man
nun : 'wenn ich nicht (schon) irgend ein anzeichen hätte', so fragt man
vergeblich nach diesem anzeichen (an das orakel ist nicht im entfernte-
sten zu denken) sowie nach dem Zusammenhang der gedanken. es Ist zu
übersetzen: 'ohne ein anzeichen (beim forschen) zu haben, nachdem ich
es durch euch erhalten' (ganz wie OK. a. o. 'du kommst nicht leer, ohne
zu bringen'), der Zusammenhang ist also : 'dieses werde ich verkünden,
weil ich der ganzen sache fremd bin; denn (begründuug des voraus-
gehenden causalen Verhältnisses) nicht würde ich weit kommen im nach-
forschen ohne irgend einen anhaltspunct zu haben, nun aber (um einen
solchen zu erhalten, den ich selbst nicht haben kann, weil ich erst lange
nach der that [ucT€poc] bürger wurde) gebe ich euch folgende auftrage'
usw. in der weitern rede des Oedipus nimt H. nicht nur die Umstellung
von Ribbeck auf, sondern stellt auch seinerseits ' um die logische Ord-
nung der gedanken herzustellen' 244. 245 mit 252—254 nach 268.
ich halte Ribbecks Umstellung für entschieden unrichtig; hier bemerke
ich gegen H.s Umstellung nur, dasz durch sie v. 256 äxciOapTOV ujidc
elxöc fjv 0ÖTU)C iäv seine offenbare heziehung auf v. 254 THC fbb'
dKdpiTUJC KdOdujc d(p9ap^^VT)C verliert und in eine verkehrte heziehung
zu V. 242 f. ibc TÖ FTuGiKÖv . . ijxol gebracht wird. — V. 505 erklärt
H. )Li6^q)0^^vuJV als gen. abs. mit recht ist Leitscliuh (in einem gymna-
sialprograrom von Münnerstadt) der erklärung entgegengetreten, welche
KaTaq)dvai im sinne von assentiri mit dem genctiv verbunden sein läszt.
weniger begründet aber ist dessen erklärung von )i6)iq)0M^VU)V, welches
er passivisch nimt und von KaTaq>dvai im sinne von xaTetirciv abhängig
macht {i\\% getadelten verdammen), auch H.s annähme ist höchst bedenk-
lich, mit änderung der Interpunclion wird zu schreiben sein: nplv
\box\k* öpGöv ^TTOC p€^q>0fi^vu)v vtv, KaTaq>at)iv (von tadlern von
ihm) ; v fiel nach v aus und dann gieug tv in Sv über. — V. 624 schreibt
II. ßrav TTpobeiEric t' (*post TrpobeiSnc fortassc addendum ^k. ut v. 679'
schon Meineke) olöv £cTiv ö q)6ov€T; H. weist mit vollem redile die
Umstellung von Haase zurück; diejenigen welche sie gebilligt haben
'n die folgenden vcrse und den Zusammenhang der gedanken ganz
ht gelassen zu haben. H. hat darauf hingewiesen, wir lassen
N. Wccklein : anz. v. Sophoclis Oedlpus rex cd. il. van Herwerden. 597
uns hier auf eine Widerlegung der gemachten coujccturen nicht ein und
erwähnen nur dasz auch die angeführte von H. die ergänzung von OavoO-
^ai aus dem vorhergehenden verse notwendig macht, was Schneidewin
mit recht willkürlich nennt, man könnte dafür nur OK. 1514 anführen,
wo auf nd^c elirac, (b Yepai^^ briXoOcOm Täbe; als antwort folgt: a\
TToXXd ßpovral öiaTcXeTc usw. Meineke wollte , weil er es für unmög-
lich hielt ans dem vorausgehenden briXoOa zu ergänzen, ändern br)XoOci
ßpoVTai* aher man hat mit recht bemerkt dasz Oedipus seine eignen vor-
hergehenden Worte aÖTol Oeoi KrjpUK€C äyf ^XXouci ]ixoi im sinne hat.
alles ist von v. 622 an in Ordnung, wenn man die gedanken und ihren
Zusammenhang richtig erfaszt. Kreon : willst du mich etwa aus dem lande
jagen? Oed.: nein, deinen tod, nicht deine Verbannung will Ich (es ist
das nur die spräche des gereizten , welche nichts anderes sagen will als
Mein tod wäre mir lieber als deine Verbannung' ; es liegt also kein Wider-
spruch mit V. 640 f. darin). Kreon : das kannst du nur wollen (es ist
el)en ßoiiXei oder ßouXiicei, nicht OavoO^ai zu ergänzen), wenn du
vorher zeigst, was hassen heiszen will (d. h man wird aus deinem
handeln gegen mich den völlig unschuldigen erkennen , wie weit der
hasz gehen könne), weil Kreon dieses ganz ungläubig sagt und es
so ausspricht, als könne er eine so hämische gesinnung und den daraus
hervorgehenden wünsch des Oedipus gar nicht für möglich halten, er-
widert Oedipus: d)c oöx uTieiHujv oöbfe 7TICT€Öcu)v X^y^ic; — V. 725 f.
fbv Toip &v Ocöc xp€iav ^peuvd. Heimsoeths änderung aÖTf)V ^p€uvqi
ist entschieden zurückzuweisen. H. hebt gegen die gewöhnliclie er-
klärung besonders hervor, dasz es nicht schicklich sei dem gölte selbst
das suchen (^peuväv) beizulegen, und schlägt vor: (Lv Y^p &V 6€dc
Xpeiav ^q>€i3pr) 'quarum enim rerum utilitatem deus deprehenderit.'
ich glaube dasz der fehler anderswo liegt und vermute: iLv Y^P TVtj^
0€ÖC XP^ittV ^peuvav ^wovon der gott die notwendigkeit es zu er-
forschen erkennt', vgl 1231 a't q>avu)c' au6aip€T0i' a*i \ manus rec.
et in margine ai av. — V. 976 bringt H. für die Umstellung von Dindorf
eine andere xai iruic \ixoc TÖ jiTiTpöc OÖK ÖKveiv M^ ^€t; aber man
vcrmiszt in: Ktti ttäc tö ixr\Tpöc Xe'xoc fi* oök ökvciv )i€ bei; ~
V. 1031 setzt H. für das unmetrische Iv KaipoTc das nichtssagende IvOa
(pirjc in den text. ebenso wenig wie diese können alle andern Vermutun-
gen befriedigen , weil ein wort erwartet wird , welches sich auf das vor-
ausgehende cuJTnp bezieht: es ist iy Kaipoic in Ic KaXöv fxe (vgl. v. 78)
zu ändern, — V. 1213 vermutet H. dYVlüG' für ÖKOve', aber v. 1484
zeigt dasz uichts zu ändern ist. — V. 1264 schreibt H. TrXeKTatciv
aitOpaiciv ^iLiTieTTXeYliievTiv, die Wiederholung nXeiaaic — ^inireTrXeY-
liivriv will ihm aber nicht gefallen und er möchte lieber dTroTreirviY-
)ieviiv. so ansprechend die Vermutung von Nauck ist irXeKTaTciv dprä-
vaiciv aiu)poujLidvT)V , so Ist doch die abweichung von der Überlieferung
zu grosz und seine erklärung der corruptel zu wenig wahrscheinlich,
so viel kann als feststehend betrachtet werden, dasz ö hk am Schlüsse,
wie das im La. noch erhaltene äiTitiC b' des folgenden verses zeigt, hin-
zugesetzt wurde, als einige silben des verses verloren gegangen waren.
598 N. Wecklein : anz. v. Sophoclis Oedipus rex ed. H. van Uerwcrdeo.
beaclUet man aber die von G. Wolff bezeugte Schreibweise des La. i\i'
TreTrXrprii^viiv und vergleicht man die ganz ähnliche stelle Ant. 1221 f.
Tf|v M^v Kp€^acTf|v aöx^voc Koreibo^ev | ßpöxtp MiTidbei civbövoc
Ka6Ti)i|i^VTiv, so erkennt man dasz riTM^VTiv nichts anderes ist als f)p^€-
VTiv, in den Obrigen buchslaben it6TtX aber tt^ttXujv (entsprechend dem
worle ctvbövoc Ant. a. o.) steckt der vers lautete also: TrXeKTaTciv
alüjpcnci TrdirXuJV fmjit^VTiv. damit man hierin nicht einen metrischen
fehler sehe, verweise ich auf Phil. 22. OT. 142. OK. 664. Ai. 1101.
üermann (zu Phil. a. o. vgl. el. d. metr. s. 114) beschrankte das Porson-
sche geselz durch die bestimmung, dasz bei dem vorausgehen der inter-
punction ein solcher ausgang des trlmeters ganz richtig sei. Ich glaube
tlasz noch weniger dagegen einzuwenden ist, wenn die cäsur des verses
in den vierten fusz fällt, dieses ist in unserm verse der fall und ist der
fall in OK. 664 , welchen vers man um jeden preis'ändern will (Oapceiv
jifev ouv Iyujtc käv€u Tflc djurjc | Tva»M1c ^Traivuj: Dobree Kav dv€u
Y' d^f)c, Nauck K&v fiveu c' £)ific, Dindorf kSv imc dv€U. abgesehen
von allem andern zweifle ich sehr ob dv hier an seiner stelle ist). —
V. 1463 alv oÖTTOÖ* f|)if| x^^P^c ^CTdOr] ßopäc TpctTrcJ' fiveu toöö'
dvbpöc. H. ändert überall (1462. 821. 1504) die endung -aiv in -oiv
nach der von Cobet aufgestellten regel (vgl. Dindorf zu OK. 1113, Nauck
zu OK. 1676). ich halte die herstellung der mascuHnform besonders in
OK. 683 jLieTdXaiv 6€aTv für bedenklich, auch ebd. 859 ou raÜTaiv
jiövatv kommt die endung -atv der deutlichkeit sehr zu statten, im
übrigen billigt II. Hartungs änderung fjbr] (fQr f)]ixrj) und die von Nauck
dTTXrjcOr) für dcrdOr). das erstere wort gibt dieser stelle einen verkehr-
ten sinn , das zweite wird unnötig sein, gewis aber ist fififj verderbt,
Naucks f]|iÜJV jedoch oder Heimsoeths djific kann nicht als Verbesserung
gellen, es musz wol heiszen: alv oOttot' dXXr| X^P^^ usw., ä\\r\
dveu ToOb' dvbpöc ist gesagt statt des gewöhnlichen dXXi] f) TUib*
dvbpi ^mensa diversa a mea mensa , ut me ad suam mensam non habe-
rent'. — V. 1524 — 1530 bezeichnet H., der überhaupt mit der annähme
von interpolationen sclmell bei der band ist, als unecht, vornehmlich in
rücksicht auf die bemerkung des schol. zu 1523 Kai aOrdpKWC ix^x TÖ
bpäjuia, Td tdp iir{C dvomeia tviwmoXotoOvtoc OtbiTroboc. schon
früher hatte F. Ritler philol. XVli s. 424 ff. diese wie die schluszverse
der übrigen sechs dramen des Sophokles für unecht erklärt, auch H.
glaubt wie Ritter, dasz der interpolator den schlusz der Phoenissen be-
nutzt habe, während Valckenaer die beiden verse der Phoenissen üj
TTdrpac kXcivoI iroXiTai, Xeticcer" OibiTrouc 6b€, 5c rd KXetv*
aiviTM^iT' Itvu) Kai judTiCTOC fiv dvrjp als entlehnung aus Sophokles
betrachtete, die sache läszt sich entscheiden, vorerst ist zu bedenken
dasz auch Phoen. 1634 iäy b' dKXaucrov, dTa<pov, olujvotc ßopdv
aus Sophokles entlehnt ist. kein deutlicheres anzeichen der interpolalion
aber kann es geben als die Wiederholung des wortes kXcivÖC in den
Phoenissen a. o. auch fjbri und KpdTicroc scheinen die ursprünglichen
Worte, Itvu) und fX^ftCTOC die des ändernden interpolators zu sein.
bemerke noch dasz H. in der vorrede ein gesell für die schrei-
■ .1
W. Schmilz : zur Slraszburgcr handsclirift der Tironischen ooten. 599
bung vüv oder Suv aufstellt, danach stände cuv vor consonanteo (nur
am anfange des verses sei £uv auch vor consonanlen vorzuziehen), Süv
vor vocalen mit der ausnähme, dasz des wollautes wegen nach E und
wenn die folgende silbe mit i , k oder x endige , cuv auch vor vocalen
zu schreiben sei. die zweite regel scheint sicher zu sein; ob auch die
erste , musz ich bezweifeln, denn ich glaube dasz in beispielen wie räc
Eu^qpopdc (44), Tfic Eu|iq>opäc (99), rate £uMq)opaic (515) das vor-
ausgehende c eine Snderung des hsl. t nicht als rathsam erscheinen Uszt,
oder dasz man überhaupt überall ivv zu schreiben hat, wo nicht der
woilaut oder das metrum cuv verlangt.
Aus den am Schlüsse beigegebenen , aus den schollen des Joannes
Tzetzes zu Aristophanes Plutos, wölken und fröschen im cod. Ambros.
C. 222 entnommenen anekdota hebe ich liier das schöne fragment des
Hipponax hervor, im schol. zu Plutos 90 heiszt es: TuqpXöv be töv
TTXouTÖv q)r]Civ & *lTnriüvaicTOC touto cqpeTepicdjuevoc' qp^clfÄp
OUTIÜC iTTTTlüVaH"
ejiol öfe ttXoötoc , ictx fäp \lr\v TU<pXöc ,
ic Tt|jKi* iXediv oubdfi* elTiev iTiTTdivaf ,
bibuifxi TOI juväc dpTupiou rpiiiKOvra
Kai noXX* ix* dXXa* beiXaioc tdp idc (ppevac.
für Tdc q>pevac hatte H. auf fr. 5, 7 und 8 (ßergk) verwiesen, hat tiieses
aber nachher s. IV mit recht zurückgenommen, ich dachte an beiXaiiUC
Tdp el (peiböc * vgl. Eustaihios s. 537, 39 Kard naXatdv KUijiUJbiav
eineiv q>€tb6c Jiyouv qpcibwXöc bairdviic.
München. Nicolaus Wecklsin.
83.
ZUR STKASZBURGER HANDSCHRIFT DER TIRONI-
SCHEN NOTEN.
Die von M. Hertz oben s. 236 geäuszerte Vermutung, dasz in dem
nach Kopps angäbe in der Überschrift der Straszburger notenhandschrift
stehenden ticiter oder ticicer* ein einfaches, landesübliches feliciter'
stecke, hat durchaus das richtige getroffen, die in uncialen abgefaszte
Überschrift lautet, abgesehen sowol von einigen mehr oder weniger ver-
blaszlen buchstaben teilen als auch von einzelnen buchslabenverschrän-
kungen : Auxüiante || Dho incipiuni || Notae Sene \\ cae fdi |l euer.
Amen ||. diese auf die Überschrift bezüglichen angaben nebst andern
mitteilungen über den inhalt der Straszburger notenhandschrift erhielt
ich auf desfallsiges ersuchen ende 1865 von meinem freunde W. Bram-
bach. den oben angeführten Wortlaut der überschriA hat übrigens, auf
grund einer von mir herrührenden mitteilung, J. W. Zeibig auf s. 275
seiner ^nachtrage zur geschichte und litteratur der geschwindschreib-
kunst' (Dresden 1867) bereits abdrucken lassen.
KÖLN. Wilhelm Schmitz.
600 R. Rauclienslein : anz. v. II. Frobbergers ausgäbe des Lysias. 2s bdchen.
84.
Ausgewählte reden des Lysias. für den bchui/Oebrauch er-
klärt voK Hermann Frohb erger. zweites bändchen.
Leipzig, druck und vertag von B. G. Teubner. 1868. VI u,
188 6. gr. 8.
Was ref. io diesen jabrb. 1866 s. 660 IT. günstiges und anerkennen-
des Qber brn. Frobbergers bearbeitung der drei reden XII, XIII und XXV
im ersten bändcben dieser auswahl urteilen zu sollen glaubte, dasselbe
gilt auch von diesem zweiten bändcben, das die reden XIV, XV, X, XXXII
und I enthalt, und zwar in vielleicht noch höherem masze, insofern man-
ches in demselben auf ref. den eindruck noch vollendeterer reife gemacht
hat. för einige dieser reden hatte F. aus neuester zeit d. h. seit Bremi
1826 wenige oder gar keine vorgUnger in der erkUrung; die reden X
und XV hatte auch Bremi nicht in seine auswahl aufgenommen, um so
mehr lob verdient der fleisz und die grQndlichkeit in der behandlung auch
dieser reden, für die krllik dagegen ist seit Scheibes zweiter ausgäbe
(1855) von deutschen und holländischen gelehrten In sämtlichen reden
viel gethan worden , und wir finden dieses alles von F. mit umsieht und
Selbständigkeit benutzt, nur eines, was der erwähnung werlh scheint,
hat er Obergangen : nemlich 14 $ 42 , wo von den freveln die rede ist,
die Alkibiades der vater an geweihten gegenständen begieng, hat in den
Worten o\ b^ fnucii^pia 7r€7TOiriKaci Hirschig rd vor fiucrnpta gewollt,
zwar findet sich xä in keiner hs. , aber es findet sidi in den sämtlichen
von F. selbst angefahrten stellen, die dieses factum erwähnen, so dasz
es vermutlich stehender Sprachgebrauch war. — Sehr eingehend sind
überall die erörterungen über antiquarisches und geschichtliches, aber
nicht weniger die besprechung des rhetorischen ausdrucks und überhaupt
alles sprachlichen, so dasz besonders in letzlerer beziehung der com-
mentar samt dem kritischen anhang s. 139 — 188 oft eine wahre fund*
grübe für den Sprachgebrauch nicht nur des Lysias sondern auch vieler
anderer Schriftsteller ist, deren ausdruck mit fleisz und scharfer beobach-
lung zur vergleichuDg herangezogen wird, daraus erklärt sich auch der
ziemliche umfang des commentars, der wenn auch über das bedürfnls
der schule hinausgehend demjenigen um so willkommener sein wird, der
sich eindringlicher mit dem Studium der redner beschäftigt, die trelT-
lichen einleilungen schweifen nirgends vom gegenstände ab, fuhren aber
nach jeder rlchtung belehrend in das Sachverhältnis ein, uro das die rede
sich dreht. — Wegen der beschafienheit der quellen ist man bekanntlich
bei Lysias in vielen puncten auf conjecturalkritlk angewiesen, der hg.
verfährt dabei mit besonnenheit sowol in der aufnähme fremder als auch
eigener conjecturen. letztere zählt er im vorwort auf: es sind ihrer 30,
von denen mehrere evident, die meisten wahrscheinlich sind, gegen ein-
zelne glaubt ref. Widerspruch erheben zu sollen.
R. 14 S 2 berichtigt F. irepl TidvTUJV mit UTitp TidvTUJV. S 7 er-
klärt sich jetzt auch ref. för die Schreibung 6ti önXiTnc KataXcYeic
»^v, XiTTOToHlou b^, 6x1 OÖK 0^X06 fieO' ufiujv cxpaxoirebeu-
All ^rnni
H. Rauchenslein : anz. v. H. Frohbergers ausgäbe des Lysias. 2s bdchen. GOl
c6]iX€V0C (letzteres nach Lipsius), was F. damit rechtfertigt, dasz das
miiitürgesetz die drei puncte dcTpareia, XiirordSiov, beiXia ausein-
anderhielt, ebenso S ^ ^ M^rd tujv öirXiTt&v elvat statt ttoXituiv
und dann xai ötiXIttic Yev^cOai zu streichen, richtig ist dasz $ 16
entweder mit Hirschig altlicovTat für ^SarnfjcovTai geschrieben oder
das davor stehende 'öjidc nach dvTißoXrjcouctv gesetzt werden musz, da
^SaiT6icOa( Tiva nicht heiszt ^einen erbitten', dagegen ist ref. nicht
übet zeugt dasz S ^^9 ^0 ^i^ richter aufgefordert werden, falls die ver-
wandten den angelilagten losbitten wollen, es mit zorn aufzunehmen,
6ti toütoü ixiv oÖK dnexefpiicav benOf^vm , f\ berfiiyftec ouk dbu-
vavTO eup^cOai, Troieiv xd öttö ttjc iröXeiuc irpocTorrdiuieva, die
Worte f\ b€!]O^VT€C oök dbuvavro eöp^cOai gestrichen werden sollen,
weil damit die ffirbitter entlastet wOrden. allerdings belasten sie zu-
nächst den angeklagten, der sich durch ihre bitten nicht zur Pflicht-
erfüllung bewegen liesz, aber sie belasten auch die fürbitter, da sie die
unverschSmtheit haben jetzt um loslassung dessen die richter zu bitten,
der ihren Vorstellungen kein gehör gab. was dann die Verbindung des
TTOieTv mit b€r)6f)vai betriflt, so schlieszen sich die wortc gleichsam
parenthetisch an das vorige an , wobei durch die weise des Vortrags dem
zuhdrer leicht deutlich wurde dasz iroteTv von b6Ti0f)vai abhänge. $ 26
ist diT6iT^^q>8ri statt )üi€T€Tr^^q)9Ti sehr einleuchtend, so wie auch walir-
scheinlich, dasz nach TTpofibuiKCV der name einer person ausgefallen,
der Alkibiades Ornoi verrieth. von dieser heiszt es dann 7> hk irapoXa-
ßi()V. auch ist zu billigen, dasz F. $ 28 oIk€(ouc und £dvouc die platze
tauschen lUszt und S 29 nach Reiske schreibt £c€c6ai fiidXei, dXX' 6v.
S 31 macht F. zu dq)€(X€c6€ darauf aufmerksam, dasz sich Lysias eine
Verdrehung erlaube, da die dem Alkibiades nach .seiner rflckkehr aus dem
exil zurückerstatteten guter und auszeichnungen ihm später nicht von
der demokratie sondern von den dreiszig weggenommen wurden. % 32
schreibt er mit recht für die vulg. äri raic ö^€T^paic dpeTatc XP^^at
TrapabeiYMaxi irepl ri^c dauroö 7rovT]p(ac zuerst mit Cohet irapa-
beiTMOtci und aus eigner conjectur ^Kcivou für dauToO, da ja die iro-
vripia des vaters, nicht des sohnes gemeint ist. zu S ^0 führt er sämt-
liche Lysianische stellen über den gebrauch von irarpiiJOC, Trarpioc,
TrarpiKÖC an , woraus sich der unterschied in der bedeulung dieser
wdrler bei den rednern, wie ihn die grammaliker angeben, wenigstens
für Lysias bestätigt, ebd. wird nachgewiesen dasz der plural öpKOi
nicht von mehreren eiden der geschworenen, sondern von den mehr-
fachen bestimmungen des heliasteneides zu verstehen sei.
15 S 3 erklärt sich jetzt ref. einverstanden, dasz nach djCTrep Kai
vOv eher öjLieTc hinzuzusetzen als Kai in ^xetvoi zu verwandeln sei. F.
erklärt den sinn der %$ 3 und 4 richtig , nur wegen ibiqi macht er sich
unnötige Schwierigkeiten, vielleicht verleitet durch Francken, der es
^separatim, vestro marte, proprio motu' übersetzt. F. erklärt: «tbiqi
* einseitig', nicht, wie es eure pflicht wäre, koiv^ d^qpOTdpoic.» er
will tbiqi nicht auf das subject beziehen, sondern stellvertretend für
das object von ßor]6€iv, wie privatim ei publice räpere Sali. Cat 11.
602 R. Rauchenstein : anz. v. II. Frohbergers ausgäbe desLysias. 2s Ldcfaeii.
ref. aber versteht es einfach als 'privatim', die Strategen nemlich als Prä-
sidenten in diesem process hatten zwar nicht öffentlich, aber privaliiu
bei den einzelnen rieh lern sich für den angeklagten verwendet, and das
sei nidit besser, sagt der redner, als wenn der erste arcbont oder der
polemarch oder die elfmänner, jeder bei den richtern wo er den vorsiti
hat, zu gunstcn des angeklagten furbitte einlegen wollte. $ 9 dagegen
ist ref. einverstanden mit F. , dasz Kivbuveuetv als ungeschickte ergSn-
zung zu streichen ist, da tÖl ^^XXovTa als neutrum dem vergangenen
(tiüv TTapeXtiXuGÖTUiv) entgegensteht; ebenfalls dasz $ 11 nach seiner
und P. R. Mallers conjectur tuiv vö]ixa;v nach dXdrrovoc eingesetzt
werde.
Auch um die rede 10 gegen Theomnestos, die einzige aus dem alter-
tum auf uns gekommene über Verbalinjurien und die einige eigentümliche
Schwierigkeiten enthält, hat sich F. sehr verdient gemacht, die wenig
über drei seilen lange einleitung macht gleichwol den leser gehörig be-
kannt mit den Voraussetzungen, die zum Verständnis der rede erforderlich
sind, in den Worten S 2 ^wenn er mich beschuldigte, ich hätte seinen
vater getötet, so würde ich mir nichts daraus machen oder ihm ver-
zeihen', qpauXöv TCtp aöiöv Kai oöbev6c äSiov fiTOUfxriv, vertheidigt
F. die von Emperius gemachte und von allen neuern hgg. angenommene
conjectur auTÖ gegen das hsl. auTÖv, da es sich 'nicht um eine even-
tuelle rcchtfertigung der that, sondern lediglich um die nichtbeaditung
oder ahndun g* der Schmähung (auTÖ) handle', wir wollen dagegen
nicht urgieren, dasz dazu hv erforderlich sei, welches auch lierlleiii
nach jap einsetzen wollte, sondern uns gefallen lassen, dasz es aus dem
vorausgehenden cutTVtUjLtriv &v eixov atJTtX) hinzugedacht werde, aber
gegen diese auffassung sträubt sich das oub€VÖC ä£iOV : denn was würde
das heiszen 'die Schmähung sei als unbedeutend zu verachten und nichts
werth'? man verlangte wenigstens oube TifiUJpiac ä£iov. darum wird
es heiszen müssen: 'denn ich hielt ihn für unbedeutend und nichts-
würdig', so dasz ich mir aus der Verleumdung, ich hätte einen solchen
mann getutet, nichts gemacht hätte, so hochmütig auch diese äuszerung
über den vater des Theomnestos ist, so wird doch das auTOV noch unter-
stützt durch den gegensatz § 3, wo der Sprecher sagt, wie viel wcrtii
sowol für die familie als für den staat dagegen sein vater gewesen sei.
mit recht ist § 6 P. R. Müllers auch von Kayser gebilligtes Trpöc tiIj
btaiTTiT^ aufgenommen. S 7 hat ref. gegen die von F. gemachten Ver-
änderungen nichts einzuwenden, nur spricht doch für beibehaltung des
beiv nach oT|Liai die stelle in der epitome 11 S 3* insbesondere ist ref.
einverstanden, dasz nach öcoi dTr€KTÖvact Ttvac Kat OLvbpocpovoi elciv
der folgende aus 11 S 3 geholte zusatz xal 5coi dvbpoqpövoi eictv kqi
äireKTÖvotci rivac, der im cod. X fehlt, weggelassen ist: denn darauf
kam es an dasz dvbpoq>övoi, der eigentlich qualificierte injuriöse aus-
druck, das eigentliche dTiöppTlTOV, als prädicat hervortrete, während
dieses nur matt würde durch den zusatz, der mit der umkehrung von
subject und prädicat ein hier unnützes identisches urteil hervorbringen
ebenso richtig ist auch S 9 <lie emendation f)b^tiic b* &v statt
..:ii
R. Rauchenstein : anz. v. H. Frohbergers ausgäbe des Lysias. 2s bdchcn. 603
f)b^ujc T&P äv, da hier keine begründung ist, sondern ein neues bei-
spiel angeführt wird. ebd. schreibt F. dXX' dSi^pKet äv cot ^ppiqp^vat
Tf)v dcTTtba X^T^iv ÖTt ovbiv coi ji^Xei; die worte X^t^iv . . jii^Xet
nach Dobree und Francken, bemerkt aber selbst, dasz die construction
dppi9^vat Tf)v dciriba von X^yeiv abhängig schwerßlllig wird, so dasz
TÖ oder toO davor zu wünschen w9re. aber das richtige wSre doch auch
das noch nicht, vielmehr, da dem Theomnestos das scbildwegwerfen
wirklich vorgeworfen worden war, ist dpptqpÖTt zu schreiben, womit
der hieb an bilterkeit gewinnt: *wenn jemand sagte, du habest den
Schild weggeworfen, bediente sich aber dabei nicht des eigentlich iu-
juriösen Wortes d[Tro߀ßXT)K^vai, so wUre es dir, wenn (oder im ge-
gebenen falle da) du den schild weggeworfen , genügend zu sagen , das
sei dir gleichgültig, denn man habe dir nicht diroßeßXiiKdvai, das diröp-
pT)TOV, sondern nur das synonyme ^ti)iai nachgesagt.' $ 12 trit jetzt ref.
dem hg. bei, wenn er schreibt oÖK oOv Stottov &v dr\ dq>€ivat Tov
böSavra icretvat q)dcKOVTa dvbpocpövov elvai. denn es wäre ja toll,
wenn einer den Vorwurf, er sei ein dvbpoq)övoc , obwol es das diröp-
piyrov ist, hinnehmen wollte nur darum, weil ja in der dvTtüjiOCta niclil
jener ausdruck, sondern KTCtvai gebrauchlich sei. auch die Änderung des
namens OduJVt in AuciO^iu ist nach den in der einl. s. 56 dargelegten
sach Verhältnissen sehr wahrscheinlich. S 15 in den Worten Mch nun
glaube, ihr richter, ihr alle wisset dasz ich recht habe, dasz aber dieser
mensch so ungeschickt ist, dasz er unfähig ist zu verstehen was gesagt
wird' kann ref. nicht mit F. ein compliment für die richter finden. $16
wird das hsl. iroboKdKi] statt der vulg. irobaKaKKi] wol mit recht bei-
behalten und als spöttisch mitleidiger ausdruck ^fuszweh' erklärt. $17
ist ref. nicht einverstanden, wenn das hsl. kqI ixr\bk,y bid toOto biaqpd-
pou in Kat oub^v bid toGto biaqp^pei geändert wird aus dem gruude,
weil der plötzliche ausfall gegen Theomnestos aus dem dociercndcn tone
sehr auffällig sei; doch nicht auffälliger als wenige zeilen darauf S 19
TTpöceX€ TÖV VoCv, wie nach P. R. Möller F. mit recht schreibt: denn
der Sprecher schulmeistert den gegner als einen blöden kupf. $18 crd-
ci|Liov Oetvai nach Franckens Vermutung gut und ebenso $ 19 oiKf)oc
Kai bouXric Tf|V ßXdßnv öqpeiXciv mit ausiassung des elvai vor öq>€i-
X€iv. % 21 YV(i)|iiiv ^X^iv nach analogie von aiTiav ^x^iv 'beurteilt
werden' ist wol ohne beispiel und um so verdächtiger, als es sonst in
der bedeutung Mie meinung haben' so allgemein gebräuchlich ist. ref.
dachte an böSav ^X^iv , weiches in der bedeutung Mm rufe stehen' auch
etwa vorkommt. $ 23 irpöc upäc wird gegen den änderungsvorschlag
npöc u^üüv durch beispiele genügend gerechtfertigt, überzeugend ist
auch für ref. § 26 die änderung )if| TOivuv dKOucavra jiiv GeöjuiVTi-
CTOV Td TipocriKOVTa dX€€TT€ y ußpiZovTi bh Ktti X^TOVTI napd Toiic
v6^ouc CUTTVUiiiriv £x^T€ in echt rhetorischer form, sehr annehmlich
ist auch S 28 die ergänzung des TOiaOr' vor €ipT)KÖTt. dagegen $ 29
äcqi ^exlovc eicl xal veaviat Tdc dipetc, tocoutuj jiiäXXov öpTfic
dStoi eici ist unnötig die gewaltsame änderung öcip fxäXXöv €tci vea-
viai Tdc 6ip€tc, TocouTiiJ fieiZovoc 6p'if\c äixoi elcL die hsl. Icsart
604 R. Rauckenslein : anz. v. H. Frohbcrgors ausgäbe desLysias. 2s bdchcn*
gibl so wenig anstosz als im deulscheii : ^je grdszer sie sind und (dabei)
trolzig von angesicht, desto gröszern Unwillen verdienen sie.^
Zu der rede 32 , die bekanntlich nicht in den tiss. des Lysias , son-
dern von Dionysios üjjerliefert ist, hat IL van Herwerden den codex Lau-
reulianus des letztern neu verglichen , und F. ist ihm in manchem ge-
folgt, in manchem von ihm abgewichen, beides nach unserm urleil mit
recht, in der einleitung zu dieser rede gegen den ungetreuen vonnund
Diogeiton hat F. so ziemlich alles gegeben , was man von dem altischen
vormundschaflswesen weisz. nur ist zu viel behauptet, wenn es vom
ersten archon hciszl : Mas vormundschaflswesen stand unter seiner sleleo
controle.' diese zu führen wäre für ihn ohne eine menge von unlergc-
ordneten beamten eine Unmöglichkeit gewesen, der faauptfehler war
eben , dasz keine gesetzliche pflicht zu periodischer rechenschaft für die
Vormünder bestaud, und dasz der grundsatz galt: wo kein kläger ist, da
ist kein richlcr. in der rede selbst $ 5 konnten in KaraXcTCic Aiöbo-
Toc )i€Td OpacuXou toO ^ttI täv önXiTuiv die worle tou im und
bald darauf in biKaiqj irepi Toiic auTOÖ iraibac imtpönvj T€V^cöai
das dTTiTpOTTUi fuglich geslrichen werden, weil die bezeichueteu worlc
nach Uerwerden in den hss. fehlen, auch F. bezeichnet sie als verdächtig.
$ 20 über beibehaltung des Xfi|Li|Lia Kai dvdXuj^a stimmt jelzt ref. bei,
da F. richtig bemerkt dasz wenigstens dvdXuJ^a wegen 6tc büo Ttaibac
gefordert werde, treffend ist $ 22 F.s auf cod. Laur., der nur Tur b'
Im Tiöv iraipiijuiv dTiecTepTiiLidvoi gibt, gestützte emendalion tuj b*
dTTiTpÖTTiiJ, TUJV TtttTpibuJV d7r€CT€pTi)üi^voi. S 26 selzl nach €!ti f.
mit Herwerden richtig 6 ein. offenbar aus versehen ist % 17 nach Tf)V
cuveibmav gedruckt qpoßei statt aicxiivei.
Die rede 1 über die tötung des Eratosthenes, die mancher lehret
wenigstens mit secundanern zu lesen nicht ohne grund anstand nehmen
wird , sehen wir in dieser samlung nicht ungern wegen ihrer vorzügiN
da sie, wie F. bemerkt, zu jeder zeit als muster des schlichten slils
(Icxvöv T^voc) mit recht gegolten hat. § 4 sagt der Sprecher, er halte
den Eratosthenes getötet oÖT€ f^xßfxx . . oÖT€ XPni^OTiüV ?V€Ka . . out€
dXXou Kepbouc oubevöc TtXfjV Tf]C Kaid touc vö|liouc TijLiujpiac. F.
bemerkt, irXrjv schliesze sich nur an dXXou oubcvöc an, nicht auch an
K^pbouc und hcisze ^sondern lediglich' wie Demoslh. 21 § 181. doch
dünkt es ref., da ÖÖT€ XP^f^^^'^^JV ^V€Ka vorausgeht, so könne man K^p-
bouc entbehren, wodurch die rede schlichter wird. S 7 zu dKpißtliC
von Sparsamkeit und genauigkeit in der Wirtschaft war aus Lysias selbsl
anzuführen 7 $ 12. das mehrseilig misverstandene auT^jv, das man auf
die raagd bezog, bezieht F. mit recht auf die frau, wie schon das voraus-
gegangene f] t|Lif| Twvf| . . biaqpGeiperai zeigt. § 9: ob wo! schon
Bremis anmerkung auf den rechten weg zu führen geeignet war, gesteht
doch ref. dasz er Franckens irtum über die construclion des otidbiov
auch lange zeit geteilt hat, nemlich dasz sowol im erdgeschosz als auch
im oberu stock eine TuvaiKUiviTic und eine dvbpujvmc sich befunden
habe, und zu dieser meinung wird man leicht dadurch verleitet, dasz
■^n dem oiKibtov heiszt tco fx^v xd fivo) TOic xaru). dagegen be-
R Rauchcnslein : anz.v. II. Frohbergors ausgäbe des Lysias. 2s buchen. 605
greift man nicht, wenn der Oberstock so gut wie der untere ein frauen-
gemach auszer dem gemach für männer enthielt, warum die frau um das
kind zu saugen jeweilen die treppe hinuntersteigeu muste. dazu kommt
dasz es nur ein oiKibtov war, demnach kaum auf jedem boden räum für
beide abteiiungen enthielt, also war woi unten die dvbpuivmc, die
YUvaiKüuviTic oben, wie schon Bremi angenommen hatte, darauf fuhren
denn auch die textesworte selbst, indem nach der richtigen bemerkung
F.s die Worte Karä Tf|V YuvaiKiuvmv und folgende mit biiiXoCv zu
verbinden sind : Zwiefach (in zwei Stockwerke geteilt) nach frauengemach
und mSnnergemach.' zur veranschaulichung, da nemlich auf jedem boden
ein biDjLidTtov hinzukam, ist eine Zeichnung eingedruckt und die einrieb-
tung des geb9udes, wie überhaupt bei F. alles sachliclie, gut erläutert.
S 16 hat er Tieuci) beibehalten, nicht mit Gobet und Herwerden 7r€UC€i
geschrieben, während er doch überall, wie z. b. 32 § 17 npoGu^ei,
(poßei, TTOiei schreibt, richtig aber 1 S ^^ i)i6UCr) bk. füTi^ev, weil es
aor. ist. % 22 iövTi vom ^zurückkehren' hat er mit beispieleu belegt,
so dasz die änderung dviöVTi nicht nötig ist. ebd. ist mit anführung von
lääos 3 S 14 gut bemerkt, dasz Euphiletos wegen an Wesenheit des gastes
oline die frau zum speisen ins uir€piI)ov hinaufgieng. $24: in der vulg.
dv€tuT|Li^vr|c Tfjc Güpac xal öttö iflc dvepumou irapecKCuacjidvric
wollte Francken öttÖ streichen; allein F. streicht, wie schon Taylor
wollte, Kai, so dasz Trap€CK6uac^^VT)C von der magd, die zum offen-
halten der tliür ^angestellt' war, den richtigen sinn gibt. % 27 ^Keivoc
toOtuiv Jtuxcv diVTiep o\ vö^oi KeXeüouci. Kai, welches vor oi
vö^oi noch Bremi beibehielt, ist allerdings, da es in den hss. fehlt und
entbehrlich ist, mit recht getilgt worden; aber an sich ist es nicht un-
richtig, da der von F. vermiszte begrilT der vergleicliung sich darin findet,
dasz dem Eratostheues gerade das widerfuhr, was auch die gesctze vor-
schreiben. S 30: gut wird über die vöfiiot qpoviKoi gehandelt mit der
bemerkung , dasz genau genommen die gesetze Drakons 6ec|iot hieszen,
wahrend die Solonischen vö^oi. dagegen zweifeln wir sehr, ob sich die
lisl. lesart dTTobtboTai halten lasse. F. übersetzt zwar: 'welchem es
(nemlich dem Areopag das richten über klagen wegen mord) in unsern
tagen überwiesen wird', das präsens mit rücksicht auf die jeweilen vor-
kommenden fälle, allein von wem überwiesen wird? von einer behörde,
die den einzelnen fall jeweilen dem Areopag zuwies, weisz man nichts,
sondern das geschah für alle fälle durch das gesetz, und hier ist wol
dtrob^boTat so notwendig wie S 2 f) aÖTf) Ti]ixu)pia . . dirob^boTai,
sei es dasz man an unserer stelle übersetzt Mn competenz gegeben ist',
oder dasz man mit rücksicht auf die factische Unterbrechung der Wirk-
samkeit des Areopags zur zeit der dreiszig , wie ref. philol. X s. 604 ff.
gcthan hat, erklärt ^zurückgegeben worden ist'. % 32 dürfte wol F. das
richtige getroffen haben , wenn er erstens mit Kayser fiv6pu)Trov dXeu-
G^pav zu schreiben, dann aber den ganzen seltsamen passus £dv hk
YuvaiKa . . tyixecßai zu tilgen räth. die fOr uns auffallende thcorie
des Solonischen Strafgesetzes, dasz Verführung durch Überredung härter
bestraft wird als gewaltsame Schändung, woran schon Plularch Solon
606 R. RauchensteiD : anz. v. H. Frolibergers ausgäbe desLysias. 2s Ldchen.
c. 23 anstosz nahm, erklärt F. zu S 33 befriedigend damit, dasz weniger
auf die privatrache des gescIiSdigten als auf Sicherung des allgemeinen
Wohles gezielt wurde, welches man durch iockerung der ö^övoia der
familie mehr gefährdet glaubte, damit stimmt überein die ratio legis,
wie sie $ 33 der redner selbst gibt. % AI: dringend scheint dem ref.
die einsetzung des tt'Iv vor oiKiav nicht, es kann ja auch gesagt we^
den : in ein haus eines der freunde in d^ nächsten £ähe. S 43 will der
Sprecher zeigen, dasz ihn einzig der wünsch den gesetzen gemäss den
an seiner familie begangeneu frevel zu rächen bewogen habe den Era-
tosthenes zu töten. oÖT6 Totp cuKoqpavTurv "xpoLt^Ac fi€ tfp6\^a:io,
oÖTe iKßdXXeiv Ik t^c TröXeuic ^irexefpncev , oöt€ iblac biKcjc ihx-
KdZcTO, oÖT€ cuvijbei KttKÖv oubfev 8 dtui bcbiibc \xr\ nc irtÖTiTai
dTTcGiJiüiouv auTÖv diroX^cm , oöre el raöra biaTTpaHai^nv, i^Xtrilöv
TToOev XQi\^aTa Xrjijieceoi • ^vioi fäp toioutui v irporindTwv Ivöcev
edvarov äXXrjXoic ^mßouXeuouciv. hier verdient die aufnähme der
Vermutung von Lipsius und Francken biairpoSai^Tiv für bl67Tpo^d^T]V
und des ttoO^v nach Emperius für das von den hss. hinter flXTTiZov gei>o
tene unmögliche [iiy beifall. aber auch so geben die werte keinen befrie-
digenden Zusammenhang, man hat daher locken angenommen , wie E. v.
Leutsch im philol. X s. 198 und Rayser ebd. XXV s. 316. dagegen meinl
F. dadurch zu helfen, dasz man die worle fvioi 'iäp . . ^mßouXeuouov
nicht nur auf den letzten satz oÖT6 . . XfiipecOai, sondern auf den iohalt
des ganzen % beziehe, damit ist aber nichts ausgerichtet: denn sie kön-
nen sich nur auf den ersten teil des $ von oÖT€ jap bis dnoX^cat be-
ziehen, wer sich vor anklagen und processcn uud vor entdeckung be-
gangener verbrechen zu fürchten hat, kann etwa versucht sein der
anklage oder entdeckung durch mord zuvorzukommen ; aber geld konnte
Euphiletos durch ermordung nicht erpressen, vielmehr nur dann wenn
er den Eratosthenes am leben liesz. tötete er ihn, so war kein lösegehl
mehr zu erwarten, das war so klar, dasz es keiner begröndung, am
deren willen man eine lücke annahm, weiter bedurfte, dagegen ist aller-
dings eine Umstellung vorzunehmen in folgender weise: oüxe fCLp . •
diToX^cm. fvtoi xdp . . ^mßouXeuouciv. oöb* ei TaOxa btanpa-
£at)ir)V usw. für oute ist dieses oitbi notwendig, weil es einen neuen
gedanken einfuhrt, wurde aber, nachdem die worte fviot tdp • • ^'^'
ßouXeuouciv hinuntergerückt waren, in odre verwandelt, um es mii
den vorigen o(rr€ in die gleiche flucht zu bringen, dagegen ist fiv, wel-
ches F. mit Francken nach ^TreOujLiouv einsetzt, so wenig nötig als mdi
fjXiTi2[ov. jenes ist ^deu wünsch haben konnte', dieses ^hoffen konnte',
gerade wie F. selbst g 46 dv nach i^c^ßouv zurückweist dagegen vcr-
«Jient seine conjectur § 46 nepi toutuiv statt toutuiv beifall, da cuv€i-
bdvai Tivi Tivoc wol ohne beispiel ist. auch steht § 47 Oerwerdcns
von F. angenommene einschiebung des KOivf|V vor önfep xfic 7r6X€U)C
dirdcric der rede sehr gut an wegen des gegensatzes zu ibtotv. auch di<*
'^me von Herwerdens rd vor TOtaöra verdient bitllgung.
RAu. RüDOi.p Rauchbnstbin.
R. Bergmann : fünr inscliriflen von stempeln thasischer Ihongefäsze. 607
85.
FÜNF INSCHRIFTEN VON STEMPELN THASISCHER
THONGEFÄSZE.
Die beschafligung mit den Leiden im jähre 1866 auf Thasos gefun-
denen griechischen reliefs , über die ich im Hermes III s. 233 ff. gespro-
chen habe , führte mich auf die folgenden inschriften von stempeln Iba-
sischer thongefSsze , welche bisher nicht ganz richtig gelesen sind :
1
2
3
APiXTc
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3
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3
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3
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jede von diesen inschriften bildet ein oblongum und umgibt die figur des
Heraides, der uns hier in gleicher gestalt (mit dem löwenfell beldeidet,
auf das rechte knie niedergelassen und den bogen spannend) cntgegentrit
wie auf den alteren thasischen münzen und in dem einen der oben be-
zeichneten reliefs. die drei ersten und die letzte sind henkeHnschriflen,
die vierte ist auf den hals einer amphora geprSgt.
Nr. 1 aus Kertsch, in der k. ermitage zu St. Petersburg, ist zuerst
von Sabatier in seinen * Souvenirs de Kertsch' (St. P^tersbourg 1849)
publiciert und daraus von P. Becker in den m^langes gr^co-romains tir^s
du bulletin hislorico-philologique de Tacademie imp. des sciences de
St. Petersbourg 1. 1 s. 434 unter nr. 2 mit der lesung 6adu)V 'ApiCTO-
(bd|üi)ac, nr. 2 aus Olbia, im sladtmuseum von Odessa, von demselben
gelehrten a. o. unter nr. 3 mil der lesung Oaciwv ^ApiCTobd|Lia(c),
nr. 3 unbekannten fundorts, im besitz des prof. Kumanudis in Athen,
in der revne arch^ologique 1861 pl. X n. 40 von G. Perrot veröflent-
licht, welcher (s. 286) 0a]ciU)V *ApiCTO|ülÄac liest, ohne das darauf
folgende A zu berücksichtigen, nr. 4 und 5 aus Olbia, beide im besitz
von P. Becker, sind von ihm im vierten supplementbande dieser Jahr-
bücher (1862) s. 458 f. unter nr. 3 und nr. 4 bekannt gemacht und
werden dort, die erslere 'ApiCTO|Li^v[ri]c Ci[^oc] oder Ci[fiU)v], öaciuiv,
die letztere *Apic[TO|ül^VT]c] , ©aciujv gelesen.
In nr. 1 hat man den namen 'AptCTObdfiac nur durch Änderung des
überlieferten gewinnen können und ebenso wenig wie in nr. 2 anstosz
daran genommen , dasz dann das sigma zweimal durch Z, einmal durch ^
ausgedrückt sein würde, gegen die dorische form 'AptCTOjLi^bac in nr. 3
608 R. BergmanD : fünf inschriflcn von stempeln thasischer Ihongeflszc.
spricht der auf Thasos herschende ionische dialekt in nr» 4 nimt Beciier
an , 'AptCTO^evoc sei irtömlich für 'AptCTOfH^vnc gesclirieben. dasz io
dieser inschrifl zwei pcrsonennamen enllialten sind, ist sicher; Iteide
stehen im nominalivus sing., wie uns die ähnliche henkelinschrilt aus
Niconium lehrt: 9]actujv TTaucaviri[c] OeoqpuiV, bei Becker a. o. s.4o9
nr. 7. ebenso gewis aber ist es , dasz kein irtum in der Schreibung vor-
liegt. APICTOME musz von den folgenden buchstaben getrennt werden
und kann abkürzung von 'ApiCTO)iidvr)C , 'AptCTOjidbii^) 'ApiCTO^^buiv
sein, die Wahrscheinlichkeit spricht fGr den namen 'AptCTOfi^vr]C, der
auf Thasos wie anderwärts häufig ist , während sich von 'ApiCTO^cbnc
und 'ApiCTOfX^buJV noch kein beispiel von dort nachweisen läszL zu
dem in der dritten aufläge von Papes Wörterbuch der griech. eigeoDamen
aus Vitruvius III pro. 2 angeführten Aristomenes, maier aus Thasos, sind
aus den von E. Miller in der revue archöol. 1865 veroiTcntlichlen thasi-
sehen theorenlisten, die der makedonischen zeit angehören, hinzuzufügen:
'ApiCTO|LidvT][c s. 145 nr. 9 col. IV 4; *ApiCTO^dvTic TTuOiuJVOC
s. 273 nr. 14 col. II 6; *ApiCTO|i^viic 'AGnvaTÖpou s. 370 nr. 16
col. li 9; Xatppiuv 'AptCTOfi^vou s. 376 nr. 20 col. I 2. in den huch-
staben NottJ erkennen wir den namen NocctKac, der in denselben
theorenlisten, und zwar kurz vor 'AplCTO^dVTi[c s. 145 nr. 9
col. IV 2 genannt wird (NocciKäc 'H ). die endsilbe KAC, für
welche der Stempel noch genügenden räum bietet, scJieint verwisclil
zu sein.
Zwei Personennamen im nom. sing, sind aber auch in nr. 1. 2. 3
und höchst wahrscheinlich auch in nr. 5 enthalten, der eine ist in nr. 1.
2. 3 unzweifelhaft derselbe wie in nr. 4 'ApiCTO|Li^(vr)C), und möglieber-
weise hat dies ebenso in nr. 5 gestanden, in nr. 1 ist das E , in nr. 2 ME
verwischt, der andere name ist in den drei ersten Aa|bidcn)c, abgekänt
in AAMAX = AAMA^, wovon in nr. 1 die beiden letzten buchstaben zer-
stört sind , in nr. 2 und 3 der letzte, wir begegnen ihm in zwei ähn-
lichen Ihasischen henkelinschriflen der k. ermitage, welche Stephaniim
compte-rendu de la commission imp. archeol. pour Tannöe 1859 (St.
P^tersbourg 1860) s. 241 unter nr. 7 und 8 herausgegeben hat; in nr. 8
steht er vollständig , in nr. 7 ist er daraus ergänzt die obigen füuf In-
schriften sind also zu lesen:
1 Gactujv *ApiCTO|ui[^l (vT]c) ? Aafi[cic](Tiic)
2 Gaciujv 'ApiCTo[|Lidj(vric)? Aa|id[cJ(Tf]c)
3 0a]ciujv 'ApiCTOjLi^(vTic)? Aa|Lid[c](TTic)
4 Gaciujv 'ApiCTO|x^{vnc)? Nocci[Käc]
5 9acCwv 'Apic[TO|ii^](VTic)? 6 beiva?
Brandenburq a. d. H. Richard Bergmann.
A. KiessÜDg: anz. v. Plaut! Truculentus ed. A. Spengel. 609
86.
T.MacciPlavtiTbvcvlbntvs cvm apparatv critico Gyii^blmi
StVDEMVND et EPISTVLA EIVSDEM DE C0DICI8 AUBROSIANI
RELiQViiBEDiDiTiLLVSTRAViT Andreas Spemgel. Vanden-
hoeck et Enprecbt snmtns fecerunt Goettingae MDCCCLXVIU.
XII u. 135 8. gr. 8.
Quam gaudehai hello suo Punico Naevius^ quam Truculenio
Plautus, quam Pseudolo! erzählt Cicero {Cato maior 14, 50) in jener
für die Chronologie des Plaulus so wichtigen stelle, und legt dadurch —
die richligkeit der thatsache vorausgesetzt — ein neues zeugnis für die
alte erfahrung ab, dasz vSter oft gar blind und nachsichtig gegen die
schwächen ihrer jüngstgeborenen zu sein pflegen, denn einen wie hohen
rang auch der Pseudolus in der reihe der uns erhaltenen Plautinischen
stücke einnimt, einen sehr niedrigen platz müssen wir dagegen dem
Truculenlus zuweisen, ohne den reiz auch nur mäszig spannender
erGndung, mit einer sehr schwachen dosis des körnigen humors,
durch welchen Plautus doch sonst die durchführung eines an sich
abstoszenden Stoffes reichlich zu würzen weisz, mit einem noch ge-
ringeren masz individueller und folgerecht durchgeführter*) charakte*
ristik der handelnden personen, schleppt uns das stück durch die
langweilige abwicklung dreier gleichzeitig abspielender und sich kreu-
zender Verhältnisse einer dirne niedrigsten Schlages, zugegeben dasz
viele von diesen schwächen auf rechnung des ausfalles ganzer partien
zu setzen seien, sticht dennoch auch an vielen stellen eine unverkenn-
bare senile breite und geschwätzigkeit des ausdrucks auf das schärfste
gegen die kräftige gedrungenheit der spräche in den besseren comödien
des Plautus, namentlich im Pseudolus ab. freilich wird uns aber auch
die ruhige und unbefangene lectüre des Truculentus durch eine ver-
derbtheit des textes erschwert, welche ihres gleichen suchen darf, der
umstand dasz das stück die vorletzte stelle in dem corpus der Plautini-
schen comödien einnahm, mag wol die Ursache gewesen sein, dasz die-
selbe äuszerliche verletzuug der urhandschrift unserer Palatini , weiche
die Vidularia bis auf den tilel vernichtete, ihre zerstörenden Wirkungen
auch auf den vorhergehenden Truculentus ausdehnte, wenigstens sind
die lücken in der mitte und am ende der verse, sowie die sinnlosen cor-
ruptelen so zahllos, dasz man notwendig annehmen musz, die Schreiber
der Palatini haben ein durch löcher, nässe, moder und gott weisz was
alles im höchsten grade zerstörtes original vor sich gehabt, diese ver-
derbllieit des textes erschwerte daher von vorn herein alle heil versuche
in solchem grade, dasz nur wenige der zahlreichen Plautuskritiker sich
an die lösung so schwieriger aufgaben gewagt haben, weder Gamerarius
noch Acidalius, diese beiden groszen sospilatoren des Plautus im sech-
*) der plötzliche Umschlag im Charakter des Stratullaz fiel schon
aUen kunstrichtern anangenehm auf: vgl. Donat zu Ter. atL Y 9, 29
bene in postremo dignitas penonae huius $ervata est, ui non perpetuo com-
nuitaia videretur^ ut TrucuUnti apud Plautum,
Jahrbncher för class. pWlol. 1868 hft 9. 40
610 A. Kiessling: anz. v. Plauti Truculentus ed. A. Speogel.
zehnten Jahrhundert, hahen für den Truculentus auch nur annähernd das-
selbe geleistet wie für den rest der Plautinischen comödien, und durch
die ganze gleichzeitige miscellaneenlitteratur, in welcher die weniger be-
gabten genossen die resultate ihrer kritischen arbeit am Plautus nieder-
legten, zieht sich in mehr oder minder geschraubten Wendungen und
bildern die klage, dasz der Schwierigkeiten und ungeheuerlichkeilendes
Truculentus menschliche kraft kaum herr zu werden vermöge, so blieb
denn unser slflck wol am meisten von allen Plautinischen im argen lie-
gen, bis in unserm Jahrhundert zuerst Göller in seiner ausgäbe (1824)
ihm aufzuhelfen versuchte: freilich mit mäszigem erfolge, da seine kriti-
sche begabung schwierigeren aufgaben nicht gewachsen war. etwas mehr
leistete Geppert (1863) dadurch dasz er uns zuerst mit den lesarten des
palimpsestes, wenn auch nach seiner eigenen ungenügenden vergleichung,
bekannt machte, endlich liegt uns jetzt eine neue, von einem kritisch-
eiegetischen commentar begleitete recension des lextes vor, veranstaltet
von den herren A. Spengel und W. Studemund. während letzterer
den kritischen apparat hergab, bestehend aus einer neuen vergleichung
von ABD — für G konnte er sich auf den diplomatisch genauen abdruck
K. E. Oh. Schneiders im Breslauer universiiatsprogramm von 1834 ver-
lassen — und auch sonst durch manche schöne und sichere emendation
den text förderte, hat ersterer sich der hauplarbeit, die in der methodi-
schen emendation des Stückes bestand, unterzogen, ref. steht nicht an
zu bekennen, dasz die neue ausgäbe in kritischer hinsieht der werth-
vollste beitrag ist der uns bisher für die emendation des Truculentus
geboten worden ist, während es ihm leid thut dasz er über den exege-
tischen teil das gleiche urteil nicht zu fällen vermag, eine menge stellen
sind jetzt zum ersten mal einigermaszen lesbar gemacht worden ; an man-
chen ist die ursprüngliche band des dichters durch ebenso kühne wie sichere
emendationen in unzweifelhafter weise hergestellt worden ; der erst jetzt
in authentischer gestalt vorliegende handschriftliche apparat, für dessen
Zuverlässigkeit hrn. Studemunds glänzende erfolge in der entzifferung
des Ambrosianus bürgschaft leisten, ermöglicht es endlich mitforschern
zum ersten male von einem sichern fundament aus an der Weiterförderung
der kritischen arbeit mitzuhelfen, doch wenden wir uns zur begründung
dieses allgemeinen urteils im einzelnen.
Der commentar eines Plautinischen Stückes kann natürlich verschie-
dene zwecke verfolgen : er kann sich auf die rechtfertigung der im text
vollzogenen kritischen Operationen beschränken, oder das Verständnis des
Stückes im ganzen durch darlegung seiner composition sowie in den ein-
zelheitcn durch erklärung der schwierigen stellen erleichtern wollen, oder
endlich es sich zur aufgäbe stellen , andere in die eigentümlichen gesetze
der Plautinischen spräche und kunstform einzuführen, jeder dieser drei
zwecke scheint hrn. Sp. vorgeschwebt zu haben, ohne dasz er nach einer
dieser richtungen hin irgendwie abschlieszendes und erschupfendes hätte
leisten wollen.
groszer teil seiner anmerkungen setzt offenbar leset voraus,
^'h kein stück des Plautus oder Terenz mit aufmerksamkeit ge-
A. Kiessliug: anz. y. Plauti Tniculentus ed. A. Spengel. 611
lesen haben — ob solche freüich ihr genaueres Studium der römischen
comödie mit dem Truculentus beginnen werden , mag billig bezweifelt
werden, aber nur für solche anfanger können fingerzeige berechnet sein
wie zu If 1 , 21 : ^düm habet et tum amei cum hlatu, ut proximo versu
qui habeni* oder I 2, 15: ^referimus s Gnale abiicit, ut mox furibus*
oder 12,52: * estis s finale abiicit'. wer soll gleich durch die erste
bemerkung zu proi. 1 'animadverte quintuplicem allitterationem «perpar-
vam partem postuIat Plautus», unde elegantissimum exordium Gt prologo
. . etlam proximo versu allllteratio est amoenis moenibus' belehrt wer-
den? wie viel eher wäre nicht am platze gewesen auf die ungewöhnliche
Sparsamkeit des gebrauchs der allitleration im Truculentus im Verhältnis
zu anderen Plautinischen stücken hinzuweisen? ebenso elementar sind
manche grammatische erklänmgen, wie zu III 1, 3 ^illoc^ illuc. cf. Brix
ad Capt. 477' vgl. auch zu IV 2, 7* ^istoc, istuc, sup. III 1, 3* — wäh-
rend wir dagegen zu den exquisiten formen volim IV 2, 10^ oder voU-
mus als indicativ I 2, 89 jede notiz vergeblich suchen und eine hin-
weisung auf Priscian IX 8 s. 456 H. nicht überflfissig gewesen sein
wurde, zu I 2, 67 lesen wir: *incolomis^ de qua forma cf. Schuchardt
Vulgärlatein 11 p. 149 sq.' wer lateinische handschriften des neunten
oder zehnten jh. in bänden gehabt oder einen guten kritischen apparat,
z. b. zu Virgil oder Horaz durchmustert hat, weisz dasz die Schreibung
incolomis in diesen hss. eine ziemlich häufige ist. wer aber nach hm.
Sp.s Weisung das cilat bei Schuchardt nachschlägt, sich glücklich von
Seite 149 bis auf sehe 156 durchwühlt und dort ineolomitatis nebst nur
dinem citat aus dem Bobienser sacramenlar s. 279 ^ 22 findet, musz über
die berechtigung dieser Schreibung offenbar eine ansieht gewinnen, welche
der hm. Sp.s entgegengesetzt ist. noch weniger nutzen bringt es, wenn
zu II 2, 35 purporissatas auf die note zu I 2, 67, also auf die samlun-
gen bei Schuchardt verwiesen wird , da sich bei letzterem für die Schrei-
bung purpora gar kein beispiel findet, hier war vielmehr auf Fleckeisen
in diesen jahrb. 1866 s. 11 zu verweisen, ebenso irrig wird zu I 2, 61
für die abwerfung des i in aput auf Gorssen ausspräche usw. II s. 90
verwiesen , statt auf die für diese ganze frage von der abwerfung der
endconsonanten epochemachende darlegung Ritschis im rhein. museum
XIV s. 394 ff. was fruchten wol ferner solche syntaktische bemerkungen
wie zu I 2, 28 UnceptaSj de indicativo — der in solchen Sätzen ganz
alltäglich bei den comikern ist — vide Holtze synt. II p. 110 sq.'? oder
lexicalische nachwelsungen wie zu I 1, 1 ^omnis aeias^ tota vita, Amph.
IV 2, 3. Asin. II 2, 18 al.' oder I 2, 30 ^quid iam? quam ob caussam?
Pers. I 1, 19. 1 1, 30. II 2, 51 et passim'? ref. vermag wahrlich
nicht einzusehen was und wem überhaupt dergleichen desultorisclie
nollzen nebst zwei oder drei rasch zusammengerafften belegstellen für
durchgehende oder doch sehr häufige sprachlfche erscheinungen nützen
sollen, entweder übergebe man das bekannte mit stillschweigen, oder
gebe auch für das alltägliche eine vollständige stellensamhing. diese
rein gelegentliche citierweise, wie sie hr. Sp. liebt, kann den an-
fänger nur verwirren und zu irrigen annahmen verleiten, wird nicht
40*
612 A. KiessHng: anz. v. Plaut! Truculentus ed. A. Spengd.
ein solcher aus der anmerkuag zu 11 2, 45 ^nemo homo Ampb. U 1,
16. Gas. II 4, 15' herauslesen müssen, dasz dieses die beiden ein-
zigen Piaulinischen belege für diesen Sprachgebrauch sind? für andere
aber als anßnger kann diese belehrung doch kaum beslimmt sein, neben
diesem zuviel nach der einen seile hin steht nach der andern ein zuwenig:
ZQ I 1 , 14 durfte die Wendung rete gut iaculum parat wol durch die
anfQhrung von asin. I 1, 87 erlflulert werden. I 1, 43 quos . . 5i/a-
ximus conscios . . faxim lenonum et scortorum posthac minus..
Hent ist dieser Übergang des nachsalzos von dem unbestimmten zam
bestimmten subject nichts so alltägliches, dasz nicht einige belege er-
wünscht w9ren. ref. wenigstens wQste augenblicklich aus Plautus kein
völlig entsprechendes beispiel anzuführen, da trin. 220 hoc itasifiat,
puhUco fiat hono: pauci sint faxim qui sciant ein loseres salzrer-
hflltnis vorliegt, es würde zu weit führen noch mehr derartige stellen
anzuführen; die angezogenen beispiele genügen wol um darzuthun, wes-
halb ref. diese ganze partie des Speugelschen commentars durchaus nicht
für <]ie glanzseite desselben ansehen kann; und wenn nicht hin und wie-
der einzelne feine und, soweit des ref. kenntnis reicht, neue bemerkon-
gen — z. b. zu II 1 , 13 über das unplautinische tnisereri — zeugnis
von langem und sorgfältigem Studium des dichters ablegten: aus der
mehrzahl der einschlägigen sprachlichen anmerkungen würde man es
nicht errathen können.
Besser sieht es mit der erklärung der stellen aus, welche wirklich
sachliche oder sprachliche Schwierigkeiten darbieten, obgleich hr. Sp.
auch nach dieser richtung hin ein festes princip vermissen iäszt, und
wir über manches, was zum Verständnis des Stückes notwendig ist und
worüber wir von einem erklärer des Truculentus aufschlusz zu verlangen
das recht haben , keine oder ungenügende auskunft erhalten, die fragen
welcher art das griechische original oder die griechischen originale
waren, welche Plautus bearbeitet, bezüglich verschmolzen hat; ferner
wie viel und was uns wol von dem ursprünglichen Truculentus verloren
gegangen sein mag; ob endlich die gestalt in der wir das stück jetzt be-
sitzen resultat einer frühzeitig für die bühne vorgenommenen bearbeitung
oder product zufällig in einander greifender Ursachen sei — fragen wel-
che doch für das Verständnis des uns vorliegenden lorso von mehr als
blosz untergeordneter bedeutung sind, hat hr. Sp. weder ernstlich zu
beantworten gesucht noch sich überhaupt gestellt, ganz beiläufig (s. V
gegen ende) äuszcrt er die meinung, es möchten uns vom dritten und
vierten act des ursprünglichen Stückes nur die beiden scenen III 1 und 2
erhalten, also über anderthalb acte verloren gegangen sein, über mög-
liclikeil, wahrscheinliche zeit, inhalt dieses Verlustes äuszert er aber nicht
die leiseste Vermutung, und doch haben diese fragen auch eine kritische
tragweite, insofern von ihrer beantworluog zum beispiel die entscheidung
unter den verschiedenen möglichkeilen bedingt ist, die bei der Unterbrin-
gung des von Priscian I s. 101 H. citierten und in unseren hss. nicht er-
- verses bona perdidi^ mala repperi: f actus sum extimus a vobi*
'^in wollen.
A. Kiessling: anz. v. Plauti Truculenlus ed. A. Speogel. 613
Auch in den einzelerklärungen hätte öfters noch etwas mehr ge-
geben werden können, die Gronovsche conjectur primumdum merces
annua: is primus holust (I 1, 10) wird durch die blosze Verweisung
^Bacch, fragni. (Non. p. 334) acciperes mercedem annuam* dem ver*
sländnis nicht näher gefQltrt; förderlicher wQrde die berufung auf
asiih 751 ff. gewesen sein, zu I 2, 68 konnte bei besprechung der ver-
gleichung amalor similisi oppidi hostilis gern etwas mehr als die notiz
^etiam meretrix cum oppido comparatur Cisl. 1 1, 82' gegeben und be-
merkt werden , %vic sehr bei Plautus die auf kriegerischen anschauungen
beruhenden metaphern und vergleichungen vorhersehen , und wie sich in
dieser eigentömlichkeit recht deutlich die kriegerische epoche der kämpfe
um die existenz der sladt abspiegelt. II 5, 27 hätte zu fer huc verbe"
nam mihi ins et hellaria statt der von Gronov entlehnten stelle aus Gu-
therius de veteri iure pontificio eine hinweisung auf Gellius XIII 11, 7
vina quoque dulciora est invenire in comoedüs antiquioribus hoc no-
mine (nemlich beUaria) appellata diciague esse ea Liberi bellaria nichts
geschadet, die schwerßllige epexegese (III 1, 10) ego pera minas^ oves
in crumina hac^ in urbem deiuli gewinnt erst leben und witz, wenn der
leser sich der doppelbedeutung von mina erinnert, zu welchem behuf auf
VaiTo de re rust. U 2, 6 pecus ovillum rede sanum est extra luscam^
surdamy minam zu verweisen war. nicht richtig ist es ferner, wenn die
drohung des alten Callicles (IV 3 , 8) nisi si ad tintinnaculos voltis vos
educi viros auf abföhrung *extra urbem ut in lautumnias' (so!) bezogen
wird, unter den tintinnacuU viri sind gewis nur die henker verstanden,
wie das voraufgehende ne ego bilinguis vos necem beweist, auch IV 3,
77 kann in den Worten des Diniarchus nihilist^ nam ipsa et ultro^ ut fac'
turnst^ fecit omnem rem palam nicht die Vermutung liegen, Phronesiura
habe dem alten die heimliche entbindung seiner tochter von einem knaben
und die beziehung, in welcher er selbst zu diesem kinde stehe, verrathen.
Diniarchus hat ja eben erst mit eignen obren vernommen, "wie Callicles
das geständnis dieser thatsachen der dienerin seiner tochter durch dro-
hungen abgepresst bat. vielmehr beziehen sich die worte ultro . . palam
darauf, dasz Phronesium ihm selbst vorher aus freien stücken den ganzen
liergang mit der Unterschiebung des kindes erzählt hat, es also maszlose
frechheit wäre, wollte sie ihm jetzt den knaben unter dem vorgeben,
er sei ihr eignes kind, vorenthalten, auf einer nachlässigkeit beruht es
wol, wenn in derselben scene (IV 3, 48) hr. Sp. in seiner anmerkung
die Astaphium, welche gar nicht zugegen ist, reden läszt, statt der die-
nerin des Callicles; und ein ähnliches versehen ist ihm begegnet in der
note zu II 2 , 2 , wo durch die ganze anmerkung hindurch die namen der
Astaphium und des Stratullax wechselsweise vertauscht sind, überhaupt
könnte die citierweise hm. Sp.s in vielen fällen weniger nachlässig sein
— auch abgesehen von den ungebührlich oft verdruckten zahlen, wes-
halb er es z. b. zu II 2, 16 vorgezogen hat den auszug des Paulus statt
des Festus auszuschreiben — eine Verwechselung die in der note zu
II 2 , 22 wiederkehrt — vermag ref. um so weniger einzusehen , als die
614 A. Kiessliog: anz. r. PUoü TruculeDKui ed. A. Speagd.
erörteruDg des Festos einen doch nicht zu Terachtendea zusatz in den
Worten quidam autem legunt in suaso bieteL
Weit glücklicher als in der ioterprelation ist far. Sp. in der einea-
dation unseres Stückes , zu der wir uns jetzt wenden, vor allem haben
wir anzuerkennen, dasz er das ingslliche anklammem an den toten buch-
Stäben der Überlieferung, welches in seinen früheren kritischen arbeiten
vurlierschte und sich allzu oft in unberechtigter polemik gegen das kühn
einschneidende verfahren Ritschis luft machte, jetzt, wie die vorliegende
bearlieitung des Truculentus zeigt, abgestreift zu haben scheint, vor der
aufgäbe den teit einer ganzen Piaulinischen comödie im zusammenhange
neu zu gestalten und die Überlieferung bis ins einzelne hinein kritisch zu
prüfen hielt der unberechtigte respect vor der macht liandschrifÜicber
tradition natürlich nicht stich: mit homöopathischen hausmittelcfaen ist
für die wunden und gebrechen unseres Stückes keine heilung möglich,
nur wo das fundament des paliuipsestes vorliegt hat hr. Sp. sich in der
rcgel eng an diesen angeschlossen und hätte es in manchen fallen noch
mehr Ihun können, leider sind uns aber in demselben nur auf sechs
blättern, abgesehen von einigen kleinen pergamenlfetzen , teile des Tni-
culentus erhallen, wie wir aus dem der vorrede beigefügten briefe Slutlc-
munds au den hg. des näheren erfahren.
Von diesen sechs blättern besaszen wir zwar schon eine collalion
von hrn. Geppert ; wie aber von vorn herein zu erwarten stand , bat die
neue vergleichung hm. Sludemunds sehr reichliche und wesentliche nach-
trage geliefert und an mehreren der verzweifellslen stellen zuerst licht ge-
schaffen, ref. verweist namenlhch auf die gelungenen hcrstellungen resp.
leaungen von I 2,39 an tu te Fe neris publicum aui Amoris alia lege.
II 2, 11 quia me iruncum lentum nominas, II 2,17 an eo belld's quia
c.epis tibi armillas aeneas — wo nur das letzte wort unsicher ist,
da die Plautinische form aenas lautet, und vielleicht in argenteas zu
ändern ist — ; ferner II 2, 20 pignus da^ ni ligneae hae sint
quas habes Victorias; II 2, 22 ti/ ego me ruri amplexari mavelim
patulam bovem^ was übrigens schon 0. Seyffert im philol. XKV s. 466
durch conjeclur gefunden; II 2, 47 ß^o istunc non novi adulescen-
iem vostrum und II 4, 29 verum iempesias quondam dum vivixifuiU
diese proben werden wol genügen um zu zeigen, dasz die Geppertsche
collation hinfort nicht mehr berücksichtigt zu werden braucht, und den
wünsch zu rechtfertigen, es möchte hrn. St. gelingen uns recht bald die
fruchte seiner auf die entzifferung des gesamten palimpsestes gerichteten
anslrengungen mitzuteilen, für den bei weitem gröslen teil des Stückes
bilden aber die hss. der Calliopischen recension die einzige basis der
emendalion: und in diesen parlien hat hr. Sp. seiner kritik nicht hem*
mende fesseln schlagen lassen , sondern verfährt meist mit entschlosse-
nem durchgreifen, und mit vollem recht: denn auch abgesehen von
den oben hervorgehobenen äuszerlichen beschfldigungen des Originals
unserer Palatini scheint schon Galliopius selbst, oder wer der gram-
roaliker war auf den diese recension zurückzuführen ist, ifi Truculentus
eine sehr entstellte handschrift vor sich gehabt zu haben, bereits
A. Kiessliog: anz. v. Plauti Truculenlus ed. A. Spengel. 615
Usener hat in diesen jabrb. 1865 s. 263 mit recht auf die ungeschickten
restaurationsversuche des Calliopius im Pseudolus aufmerksam gemacht
[vgl. ebd. 1867 s. 628] : der Truculentus liefert noch eine ganze reihe
schlagender belege für das Vorhandensein bewuster metrischer Interpola-
tion in den Palalini. I 2 , 85. 86 heiszt es im palimpsest völlig richtig:
per iSmpus subvenistis: sed quid ais^ Astaphium^ IT quid vis?
IT estne intus nunc Phronesium? ( uiut dliis^ tibi quidem intust,
im original des Calliopius, welches ich der kürze halber mit ß bezeichnen
will, war utut aliis ausgefallen, daher wurde nach subvenistis ein mihi
und nach Jstaphium ein tu {ut BCD) eingeschoben und nun daraus zwei
lendenlahme verskröppel geschaffen;
per tämpus subvenistis mihi. || sed quid ais , Asiaphiüm , tu T
If quid vis? IT estne intus nunc Phrone\\siüm? IT tibi quidem intust.
11 2, 35 quiaque bucculds tarn belle pürporissatds habes. in ß
hatte für bucculas das gewöhnlichere buccas eingang gefunden, und so
lesen wir in BCD mit wunderschönem spondeus: quiaque istas buccäs
tarn belle pürporissatds habes»
II 4, 23 plus pöllicere quam dbs te posco aut pöstulo, so A ; in ß
fiel posco aus ; BCD haben mit einem schönen hiatus : plus pöllicere qudm
ego a te pöstulo.
II 4, 29 verum tempestas quöndam dum vixi fuit, in ß fiel dum
vixi aus ; daher haben BCD : veriim tempestas memini quonddm fuit.
Bei dieser Sachlage musz also die kritik da, wo die controle des pa-
limpsesles fehlt, mit voller Freiheit innerhalb der gesetze gehandhabt wer-
den , welche Rilschl in der vorrede zum Miles glor. s. XXI (vgl. opusc 11
s. 191) in körniger Zusammenstellung dahin- bestimmt: ^modo quattuor
polissimum rerum observatio accedat acerrima. sunt autem eae integritas
linguae latinae, concinnitas numerorum , sententiae sanitas, consuetudo
Plaulina.' freilich ist es nun gerade einer dieser gesichtspuncte, die
Voncinnitas numerorum', in welcher hrn. Sp.s ansichten von den grund-
satzen Ritschis ziemlich weit sich entfernen, doch gibt ref. die hoffnung
nicht auf auch in dieser beziehung hrn. Sp.s kritik dermaleinst in andere
und richtigere pfade einlenken zu sehen, in einem cardinalpuncle wenig-
stens scheint er seine frühere irrige meinung bereits aufgegeben zu haben,
nemlich in betreff der Zulassung des hiatus nicht blosz in der diflresis der
langverse, sondern auch in der cäsur des senars. die berechtigung dieses
hiatus hat hr. Sp. bekanntlich in seiner 1865 erschienenen scbrifl *T.
Maccius Plautus' s. 178 — 203 mittels einer mühsamen induction darzu-
thun versucht und zu diesem behufe auch aus dem Truculentus sieben
vcrse angeführt, in denen der in der vulgata erscheinende hiatus bei
* redlicher benutzung der handschriften' als thatsache anzuerkennen sei.
in seiner ausgäbe läszt er selbst aber den hiatus nur noch in äinem die-
ser verse gelten (III 1, 10), und auch hier nicht ohne die bemerkung
hinzuzufügen: ^ceterum non placet hiatus in caesura versus, cum verba
arte cohaereant.'
Ehe wir jetzt zur besprechung der stellen übergehen, in bezug
auf deren behandlung ref. abweichender meinung ist, müssen noch zwei
616 A. Kiesslmg: anz. t. Plaati Tnicolenlus ed. A. Sp«o^cL
puncte herrorgehoben werden, dereo erledizung sich hr. Sp. d«:<h ^ar
zu leicht gemacht hat der erste betrifft die benotzun^ ucd anflbnxD*
d^ bereits toq früheren krilikem für die emendatioo des teites geieste-
{f.a, e% scheint hm. Sp.s princip zu sein absolut gar keine rerb«^^ruD2s>
«"ors^JiUge früherer, soweit sie nicht im texte platz gefunden haben,
anzuf «ihren, ein sulcties verfatiren setzt aber offenbar entweder ein ver-
trauen in die richtigkeit und unumstöszlichkeit der getroffenen entscheid
düngen voraus, welches hr. Sp. selbst gewis am weitesten entfernt bt
zu teilen, oder eine bequemlichkeit des hg., für welche der leser doppelt
büszen musz. denn statt einer abschlieszenden arbeit, welche das tod
früheren geleistete übersichtlich vorführte und uns somit das ewige zu-
rückgehen auf die ältere ausgaben- und miscellaneenlilteratur endlich
ersparte, erhalten wir nun nur noch eine ausgäbe mehr zu den früheren«
und müssen in jedem einzelnen falle, wo uns bedenken über die richlig-
keit des vom hg. gebotenen aufsteigen, die frühere litteratur nach wie vor
in extenso nachschlagen, bei der von jähr zu jähr in Zeitschriften und
Programmen steigenden flut von krilischen einzelleistungen , deren ge-
naues verfolgen und eintragen eine zeit in anspruch nehmen würde, die
nicht im Verhältnis zu dem werlhe des gewinnes steht, ist es doppelt
pflicht jedes herausgebers in angäbe des von seinen Vorgängern versuch-
ten und gewollten so vollständig wie möglich zu sein, fast noch leichter
aber in seiner art hat es sich hr. Sp. zweitens mit der ausbeutung
eines andern kritischen hülfsmiltels, nemlich der citate aus dem Trucu-
lentus bei den alten Icxicographcn und grammatikern gemaclit. nicht
dasz ihm etwas wesentliches geradezu entgangen wäre — denn die an-
führung bei Servius zur Jen, I 435 Plautus clurinum pecus shniam
dixii^ eine anffihrung welche sich auf iruc, 11 2, 14: pudendumsi vero
clurinum pecus bezieht, ist nicht von erheblicher %vichligkeit*) — aber
die art wie er von dem Inhalt der citate in seiner adnotatio rechenschafl
ablegt, oder vielmehr nicht ablegt, ist gelinde gesagt höchst nachlässig,
wie weit an den betreffenden stellen das citat reicht, erfahren wir in den
allerseltensten lallen; zu wissen um welcher form oder welcher Verbin-
dung willen 2. b. Nonius einen vers anführt, erscheint hrn. Sp. offenbarer
luxus; dasz Varro de l. lat IX 106 die beiden versc (II 3, 1. 2) piscis
ego credOy qui usque dum vivont lavant^ \ diu minus lavari^ quam haec
lavat Phronesium mit den Worten anführt: ad lavant lavari non
convenii^ ui I sii postremum^ sed E: ad lavaniur analogia lavari red-
dit. quod Piauli aul librarii mendum si esl^ non ideo analogia^
sed qui scripsil esl reprehendendus ^ dasz also Varro in seinen hand-
*) dieser Zuwachs wird zudem dadurch compensiert, dasz das citat
aus Servius zur Aen, II 367 Plautus ettam suum (sc. catuH): et ego te
coneuleabo, ut sues catulos suos unmöglich, wie hr. 6p. mit Bnrman
meint, eine Variante von truc, II 2, 13 tarn hercte ego hie te mulier qua$i
sue eatulos pedibus proieram sein kann, sondern gewis ans irgend einem
andern Plantinischen stücke entnommen ist. und ebenso wenig hat die
anftib"""» ^«? Festus u. nenia 8. 161: idem (Plautus) ^huic hom dtxit
dor '91 esio irgend etwas mit irue. II 1, 3 Ante homini amanti
fr neniam dixit de botäs zu schaffen.
A. Kiessiiog: anz. v. PlauU Truculentus ed. Ä. Spengel. 617
schriflen lavari vorfand und darüber stutzte, hält hr. Sp. für völlig über-
flussig seloen lesern mitzuteilen; natQrlich setzt er denn auch der analo-
gie zu liebe lavare bei Plaulus ein. von der confusion zwischen Festus
und Paulus war schon oben die rede; noch schlimmer ist es aber, wenn
hr. Sp. zu II 1,4 das citat aus Feslus s. 161 anführt, ohne zu merken
dasz er die Scaligerschen Supplemente vor sich hat. und am aller-
schlimmsten ist die faselei zu 1 2, 42, so arg dasz hr. Sp., um einen
sehr schlimmen verdacht abzuschneiden, wol daran gethan hätte einen
carlon drucken zu lassen, ganz besonders stiefmütterlich sind von dem
herausgeber die zahlreichen Noniuscitale behandelt, zu I 2, 36 war ego
expediho auch als lesart des Nonius anzuführen; II 2, 13 musle er-
wähnt werden dasz Nonius auf der seite der Palatini steht und gegen den
palimpsest die richtige Wortstellung mulier quasi sus caiulos schützt;
II 7, 15 wäre es doch für nicht völlig orientierte leser erwünscht zu
wissen dasz die ergänzung praeda nicht aus der princeps, sondern aus
Nonius s. 12 u. suppilare stammt; V 21 haben die hss. des letzteren
nicht perdidit sondern perdidi^ sowie V 72 nicht ex mea sententia son-
dern e mea sententia, ebenso sind aus Priscians cilaten manche Varian-
ten nicht angemerkt: so zu I 1, 3 (Prise. II s. 421, 20 H.) edocuit und
zu 1 2, 1 (Prise. II s. 425, 29 H.) aedes sowie zwei verse weiter I 2, 3
attulerit und sterilis. es sind das zum teil kleinigkeiten , aber kleinig-
keitcn deren Vernachlässigung sich manchmal empHndlich straft, so
schreibt hr. Sp. I 1, 32 aut periit aurum aut concissa pallulast mit
berufiing auf das citat dieses verses bei Porphyrion zu Hör. epist, I 17
(18 ist druckfehler), 55 und in den scholien des Cruquius. allein sowol
der IrefQiche Monacensis des Porplivrion hat nach Halms zeugnis con-
scissa^ als auch die scholiensamlung des Cruquius, wenigstens in der ref.
allein vorliegenden ausgäbe von 1578. sollte hr. Sp. in diesem falle ein
opfer der allerdings unglaublichen liederlichkeil der Paulyschen ausgäbe
geworden sein? diese hat wenigstens im texte das sinnlose concissa,
schlimmer ist ein anderer fall. III 1 , 13 bieten die Plautinischen hss.
folgenden unvers nunc ego istos mundulos urbanos amasios^ welchen
Geppert durch die änderung von mundulos in mundos zurechlzurenken
versucht hat, und hr. Sp. ist ihm darin unvorsichtiger weise gefolgt,
aus diesem verse werden aber auch von Diomedes s. 343 K. einige werte
angefOhrt, nur nicht mundulos istos amasios^ wie hr. Sp. auf treu und
glauben der vulgata nachschreibt, ohne die Kellsche ausgäbe nachzu-
schlagen, sondern mit beibehaltung der echten Wortfolge: stos mundulos
amasios. mundulos ist daher unbedingt festzuhalten und vielleicht zu
schreiben: ne ego stös urbanos mundulos amasios. ref. ist weit davon
entfernt zu meinen, dasz ein und das andere flüchtigkeitsverschen hin-
reichend sei, um über wissenschaftliche leistungen ein verdammendes
urteil zu ßllen — aber 'est modus in rebus', und es würde der trefflich-
keit dessen w*as hr. Sp. uns in der that zu bieten vermag keinen abbruch
thun, wenn er sich dazu entschlösse es uns in sauberer form und mit
gröszerer genauigkeit im einzelnen darzureichen.
Wir wenden uns nunmehr zur besprechung einzelner stellen, wobei
618 A« KiessÜDg: anz. v. Plauü Tmcolenlus ed. A. SpeogeL
ref. es sich nicht versagen kann zugläch auf das ihm durch Fleckeiseas
göte milgeteille treffliche programm von Julius Br ix ^epistula ad An-
dream Spengelium' (Liegnitz 1868) bezug zu nehmen, da dasselbe sich
ausschlieszlicb mit der kritik des Truculentus befaszt und die vorschlage
des auf diesem gebiete so rühmlich bewahrten Verfassers öfters mit denen
des ref. völlig übereinstimmen.
Gleich im personenverzeichnis stoszen wir auf eine gelungene
besserung hm. Sp.s: der bisher in demselben auf grund von II 7, 23
figurierende Geta ist beseitigt und an seine stelle Cyamus ab name des
Sklaven getreten, der die geschenke des Diniarchus zu fiberbringen haL
die finderung stützt sich auf die hsl. Überlieferung von 0 7, 28 und
IV 1 , 4 ; als dritten beleg mochte ref. hinzufügen II 7, 30. dort heiszt
es bei Sp.: Phr. inpudens mecdslor — Cy» quisnamsi? egone? Phr.
lu^ bona fide. da die hss. aber mecastor cuamesi egori bieten, so ist
offenbar zu schreiben: Phr. inpudens mecastor Cuame^s, Cy. egone?
Phr. iu , bona fide.
Im prolog ist v. 5 melior me quidem nobis ablaiurum sine mora
in heilloser weise verderbt, hr. Sp. schreibt credo equidem^ was sich
aber doch von der Überlieferung reichlich weit enlfeml und auszerdem
auch dem erforderlichen sinne nicht völlig entspricht, der Sprecher des
proIogs verlangt zuerst um seine bühne aufzuschlagen ein platzchen de
vostris • . moenibus^ also vom ÖlTentlichen eigentum. das gestehen die
Zuschauer wenn auch zögernd zu. würde er sie um etwas von ihrem
eigentum ersuchen — si de vostro quippiam orem — so schlagen sie
es augenblicklich ab. es ist also gerathen von dem ersten zugestindnis
so schnell wie möglich gebrauch zu madien (vobis me ablaiurum sine
morä) , ehe es die Zuschauer etwa gereut, in melior me musz also ein
begrilT liegen wie *ich halte es für rSthlich, mir scheint das beste', und
ref. würde unbedenklich meliust me vorschlagen, da meliusl an man-
chen Piaulinischen stellen seine comparativische natur ziemlich abgestreift
hat, wie Men. 1091. most. 1068, wenn nicht der iofinili\iis futuri sutt
des einfachen auferre bedenklich machte, vielleicht wissen andere besse-
res als den notbehelf reor, übrigens ist der prolog übel zugerichtet auf
uns gekommen, nicht nur fehlt ihm der schlusz , wie hr. Sp. mit recht
bemerkt, sondern auch der sprung zur erwShnung des miles in v. 18
und die nichterwäboung des Diniarchus und Strabaz weisen auf eine so
lückenhafte Überlieferung hin, dasz sich über die von hrn. Sp. sehr kühn
hergestellten verse 20 und 21 kaum ein sicheres urteil fällen I9szt
I 1 , 1 IT. non ömnis aetas ad perdiscendum sat est
amänii^ dum id perdiscai^ quot pereai modis.
neque edm ralionem eapse umquam ediscit Venus ^
quam penes amantum summa summarum redii ,
quot amdns exemplis ludificeiur usw.
hier bat hr. Sp. im dritten verse ediscü geschrieben, während die hss.
educet bieten, woraus Camerarius edocet herstellte, wozu aber Venus es
noch nötig haben soll selbst die kniffe und schliche der meretrices zu
, ^^ g|^ ^1^ göltln der liebe, quam penes amantum summa sum-
A. Kiessiing: anz. v. Plauli Truculentus ed. A. Spengel. 619
marum redit^ diese kniffe eingibt, iäsat sich nicht recht einsehen, wie
viel klarer und einfacher ist nicht der gedanke : ^weder das sluilium eines
ganzen lebens noch die beste lehrmeislerin, Venus selbst, kann einen \\e\y
haber mit allen ranken der dirnen bekannt machen'! nach modis ist da-
her schwächer zu interpungieren, und edocet^ was auch durch die lesung
Priscians edocuit gesichert wird, beizubehalten, vgl. anch irtn, 372 pol
ego istam volo me ratio nem edoceas.
In der verzweifelten stelle 11,8:
quoi ilÜc blanditiae^ quot iUic iracundiae
sunt^ quot sui perclamanda^ di vosiram fidem! — hui
hat hr. Sp. offenbar recht, wenn er gegen den bestechenden Vorschlag
von Brix quot sunt pericla damna einwendet, es könne in diesem zu-
sammenhange nicht von den leiden der llebhaher die rede sein , sondern
es mQsse in ^en corrupten worten entsprechend den blandiüae und ira-
cundiae eine heziehung auf irgend ein Ihun der amicae enthalten sein,
was er aber selbst vorschlägt, superba facta ^ deckt sich erstlich doch
wesentlich mit den im vorhergehenden satzglicde genannten iracundiae^
und sodann erwarten wir einen begriff der dem quot amans exemplis
ludificetur (I 1, 5) entspräche, ist etwa sui in der hsl. Oberlieferung als
Wiederholung des vorhergehenden sunt zu fassen, also quot sunt zu
schreiben, mx\A perclamanda zu bessern xu per\fi']d\iae'\ aman[t%]1
auch I 1, 19 — 29 kehrt in der Zeichnung der mereirices dieselbe Steige-
rung von bitten (19} zu leidenschaftlichen aufwallungen (25) und von
diesen bis zur treulosigkeit (27) wieder.
I 1, 13 IT. folgt dann die Plaulus so geläufige vergleichung des trei-
bens der dirnen mit dem handwerk der iischer:
templdt^ benignusne an bonae frugi sies,
quasi in piscinam rete qui iaculum parat —
15 quando dbüt rete pessum^ adducit lineam:
si iniddt rete^ piscis ne effugiat cavet:
dum huc dum illuc rete vortit , impedit
piscis usque adeo^ donicum eduxit foras —
itidemst amator.
lineam (15) und vortit (17) sind zwei schöne uud sichere Verbesserun-
gen von Studemund und Spengel; dagegen scheint dem ref. v. 16 mit
hrn. Sp.s si iniecit wenig geholfen, so wenig es auch von dem hsl. sinie-
cit oder sinietit abweicht, entweder enthält die vergleichung einen forl-
laufenden act, dessen einzelne stufen durch iaculum parat^ abiit pessum^
adducit lineam^ cavet ^ vortit j impedit^ eduxit bezeichnet werden: dann
sieht man nicht ein , weshalb der fortschritt der Schilderung durch das
völlig überflüssige ^i iniecit rete unterbrochen wird, oder aber es wer-
den zwei verschiedene acte geschildert, entsprechend der alternative
lemptat benignusne an bonae frugi sies^ auf welche auch in v« 20
atque est benignus potius quam frugi bonae aufs neue bezug genommen
wird: dann musz in iniecit rete ein gegensatz zu abiit rete pessum ent-
halten sein, nach dem soliden menschen wirA die meretrix ihr netz ver-
geblich aus und sie musz es wieder aus dem wasser heraufholen; den
620 A. KiessIiDg: aDz. v. Plaut! TruculeiiUis ed. A. Speogel.
uosoliden, benignus^ verstrickt sie dagegen, soll dieser gegensalz deut-
licli hervortreten, so musz erstlich das hsl. stn beibehalten werden, und
zweitens darf bei iecii eine den gegeusatz zu pessum markierende nähere
bestimmung nicht fehlen, erwägen wir nnn noch die hSrte der Tier-
maligen Wiederholung von reie in vier auf einander folgenden versen , so
möchte ref. sich dafür verbürgen, dasz Plautus in v. 16 geschrieben hat:
5t n iecii recie^ piscis ne effügiat cavei. vgl. übrigens trin» 183
haec si sunt rede seu pervorse facta sunt: Aemu pessum ist doch
wol mit Ddderlein aus pervorsum herzuleiten, wie prossum — prorsum
aus provorsum,
1 1 , 22 IT. si simel amoris poculum accepii tneri
eaque intra pectus se penetravit potio^
extämplo et ipsus periit et res et fides.
26 si irdtumst scortum forte amatori suo ,
Ins perit amatar ab re atque [ah] animo simuL
sin älter altri potior est^ idem perit,
si rdr<u noctes ducil^ ah animo perit:
sin crdbras ducit^ ipsus gaudet, res perit,
für idem iu v. 27 wird seit Camerarius allgemein itidem gelesen, so
leicht und ansprechend aber diese Änderung auf den ersten blick er-
scheinen mag, so steigen dem ref. bei wiederholter betrachtung dieser
stelle verschiedene zweifel an ihrer richtigkeit auf. erstlich ist es auf-
fallend dasz, wahrend in den übrigen fällen jedesmal die art des perire
näher angegeben wird, es in dem falle, dasz ein nebcnbuhler den lieb-
haber aussticht, einfach heiszt itidem perit, und soll ab re atque ah
animo ^ was unmittelbar vorhergeht, ergänzt werden, so wünle doch nur
das zweite , ah animo , recht passen, zweitens: während ipsus periit
et res aus v. 24 im folgenden näher begründet wird — denn ah animo
perit deckt sich mit ipsus perit — fehlt jede exempHGcation des fides
perit, drittens ist es doch auffallend, dasz IV 2, 17 Diniarchus, als
er erfährt dasz Strabax ihm vorgezogen ist , ausruft : perii hercle ego
idem^ was man ebenfalls in itidem hat ändern müssen, ref. hat zwar
eine auskunft auf diese bedenken bei der band; da sie ihn aber noch
nicht nach allen selten befriedigt, so zieht er es vor die lösung Ton
anderen zu erwarten.
Auch 1 1 , 34 hat ref. noch seine bedenken , ob das von allen hgg.
adoptierte aut lectus dapsilis — die hss. haben laptiles — wirklich
das richtige trifft, dapsiles dotes^ sumptuSy corollae^ luhentiae (?} kom-
men bei Plautus vor; lauter dinge deren reichliches Vorhandensein
das beiwort ausdrücken soll, daher immer im plural. ein lectus dapsilis
könnte aber nur ein kostbares ruhebett sein, in /ap/t/^s mag daher
wol eher etwas anderes stecken, ohne dasz ref. indessen einen ihm
selbst völlig sicher scheinenden Vorschlag zu machen im stände wäre,
möglichkeiten lassen sich mehrere denken, z. b. lectus sculptilis oder
lecto textile und dergleichen mehr.
I 1 5^Ä f. aut drmariola Graeca aut aliquid semper [est']
^uod pereat deheatque amans scorlo suo.
A. Kiessling : aoz. v. Piauli Truculentus ed. A. Spengel. 621
abgesehen von der härte der conslruclion — denn zu pereai die vorher-
gehenden noroinaUve als subjecl zu denken, wie Iir. Sp. will, geht doch
um des sinnes willen nicht gut an — scheint auch die fiberlieferung
petra für pereai auf etwas anderes hinzuweisen, ref. möchte quod
[ex]petat emaique amans scorto suo vorschlagen; vgl. glor, 686.
mosi. 284. in der urhandschrift stand wol expetademaique.
Gefällig und notwendig ist ein fernerer Vorschlag hrn. Sp.s zu 1 1, 41
gut nostrae aetaii iniempesHvae temperent^ eine 9nderung die sich auci)
ref. früher schon angemerkt halte, die vulgata liest iempestive (tempe-
stiuo BCD), was überhaupt kein Plaulinisches wort ist und wofür Plautus
vielmehr tempert geschrieben haben würde.
In der verwickelten stelle I 1, 45 IT. :
nam nunc lenonum et scortorum plus est fere
quam olim muscarumsty quam caletur maxume.
nam nüsquanh alihi si sunt circum argentarias
lenones scortaque adsident cottidie
hat br. Sp. recht ansprechend im letzten verse lenones scortaque adsident
aus der Überlieferung scorti lenones quasi sedent eruiert — jedenfalls
ist diese Snderung leichter als die von Ritschi opusc. II s. 386 befür-
wortete annähme einer Interpolation, ref. möchte aber noch weiter
gehen, da er auch im ersten verse an fere anstosz nlml. erstlich ist
doch in dem gedankengange ^jetzt gibt es fast mehr kuppler und
dimen als fliegen im sommer: denn wenn irgendwo, so sitzen sie bei
den wechslerbuden ' nicht die begrflnduug für eine zahl angäbe, son-
dern für eine Ortsbestimmung gegeben, zweitens erweisen stellen wie
capt, II 1 , 35 nam fere maxuma und Poen. IV 2 , 80 surplus fere
sexenniSy dasz Plautus wenigstens fere unmittelbar vor den zahlbegrilT
zu stellen liebt, ref. schlägt daher vor zu lesen : nam nunc lenonum et
scortorum st plus in foro. dagegen scheint /erß fünf verse weiter (I 1,
50} hergestellt werden zu müssen, wo die Überlieferung in B ist:
Fanimiast ratio ^ quippe qui certo scio
Er i plus scortorum esse iam quam ponderum,
weder Caroerarius triplo plus noch hrn. Sp.s foro plus^ welches
obendrein dem Piaulinischen Sprachgebrauch widerspricht, kommt hier
der Überlieferung so nahe wie fere plus.
l 1, 63 f. eadem postquam alium repperii qui plus darel
damn ösiorem ^ me exin exmovit loco,
so verbessert hr. Sp. die hsl. Überlieferung (exine immouit B. exinde im-
mouitC\ und diese lesung ist gewis viel passender als das exinde amovit
der vulgata; ob sie aber das richtige trifft, ist -ref. im hinblick auf das
fünf verse vorhergehende (59) nomen ex pectore exmovit zweifelhaft,
das in den Palatini so constanle im- scheint vielmehr auf die form ex im
hinzuführen, so dasz zu lesen ist me ex im demovit loco.
Auch 1 1, 75 kann ref. mit hrn. Sp.s lesung legdtus hinc quopublico
imperio fui [cum publica BCD) nicht übereinstimmen, die möglichkeit,
dasz in einem so festen technischen ausdruck die präposition ausgelassen
werden könne, müste doch erst durch beispiele belegt sein, cum scheint
622 A. Kitttliag: aaz. v. Pbuti Tinciilealss ed. A. SpcsfeL
durehaos noCwoidlg, ond wenn nun nicht kme streidwB «iD,
dorch die tod hrn. Sp. aDgefahrte stelle glor. 0 1, 22 U pMiot It^mims
Naupaetum hinc fuit keineswegs gestutzt wird, da dort hime j/cka hsL
gewibr eotbebrt, so wird man mit Bothe omsleUeB milsseB: legiUa qmß
hinc cum publico impcrio /W. weshalb abrigeas im scUaszrers dteser
sceae (1 1, 77) br. Sp. die feine emeodation 0. SejIRerts quam ergd
quoque etiam mihi fuit commercium [cum ergo die bss.) Terscbmäbt
hat, vennag ref. aaeh nicht einzusehen.
Sehr fibei Überliefert ist ans von der folgenden zweiten scene d;e
nicht im palimpsest erhaltene anfangspartie. ref. gesteht an die abweckse-
lang der baccheischen dimeter mit iamblschen Itatalehtischen dimetem in
den Versen 6 ff.
quinei aüi send adveniunt
ad scdrla congerrönes,
consülta sunt consiHa. {confäio BCO)
quando intro advendrunt usw.
nicht recht glauben zu können, da ihm auch erstlich der plaral seorta
nicht am platz erscheint, wo eine bestimmte exemplification gegelien wer^
den soll — die dislributiva quinei aut send beweisen dagegen nichts
— und zweitens das hsl. Qberlieferte consilio zu denken gibt schrieb
vielleicht Plaulns In regelrechten baccheischen tetrametem :
quinei aüi senei advSniunt ad scörium eongerrae:
consülto consilio quando intro advenerunt asw.?
Weiter lesen wir dann von vers 10 (12) an :
sin vident qudmpiam
se adsSrvare^ oblüdunt qui cüstodem ohlSctent.
per iöculum et ludüm de noströ saepe rdpiunt^
quod lipido ore fdciunt.
fit pöl hoc et pars spectätorum scitis pol vos me haud
mentiri.
hr. Sp. hat liier rapiunt für das von BCD Qberlieferte aeduni geschrie-
ben; sodann lepido ore beispielsweise fiir das von B gebotene feclorum
{fartores CD) vermutet und schlieszlich im letzten verse pol vos einge-
setzt für das hsl. pol ec (oder haec) uos, ohue jedoch selbst durch diese
Vermutungen die emendation dieser schwierigen stelle fflr abgeschlossen
zu halten, auch ref. vermag nur zum teil probables in Vorschlag zu brin-
gen und musz die völlige bersteilung der schwer verderbten worte andern
überlassen, um mit dem unsichersten anzufangen : vergleichen wir aus
unserm stücke IV 2, 29 meane ut inimici mei \ bona istic cedent^
sowie most, 65 este^ ecfercite vos^ saginam caedite^ so scheint es
doch nicht ganz unmöglich, dasz in der Umgangssprache caedere die be-
deutung von comedere^ eigentlich Mn stücke schneiden und verzehren'
haben konnte, ähnlich ist wenigstens caedere auch von Lucilius (bei
Nonlus s. 272) gebraucht, wenn er sagt: lanae opus omne perit: squah
lor^ tineae omnia caedunt. ist dies richtig, so kSme auch an unserer
stelle caedunt der Überlieferung am nächsten, und man könnte etwa
per iöculum et ludendo nostr u m saepe caedunt^ oder
A. Kiessling: anz. v. Plauti Truculentus ed. A. Speugel. 623
auch , wenn man die Verbindung per ioculutn et ludum nicht zerreiszen
will , per iöculum ei ludum dein nostrum saepe caedunt. im folgen-
den verse musz offenbar jeder hersleliungsversuch von B ansehen ; far-
tores, was CD haben , ist sichtlich ein alter ungeschickter restitutionsvcr-
such. zerlegen wir fectorum hi zwei hälflen , so lautet die Überlieferung
quodfecto rutn faciunty worin profecto rem faciuni unschwer zu er-
kennen Ist (vgl. IV 2, 25, wo hr. Sp. sehr ansprechend quod eures für
procures vermutet), natürlich fehlt dann am anfang ein atiribut zu rem :
die einfachste ergänzung scheint, indem man einen baccheischen trimeter
herstellt: [inlepidam^ profecto rem fäciunt, im letzten verse end-
lich weisz ref. auch nichts einigermaszen sicheres vorzuschlagen; nur so
viel scheint ihm möglich, dasz der schlusz lautete: aequömst me haud
mentiriy also der baccheische rythmus sich noch fortsetzt.
Für die folgende partie des canticums trit die hülfe des palimpsestes
ein, so dasz hier wenig zu ändern war. bedenken hat ref. v. 21 (27).
es heiszt hier, nachdem Diniarchus die Aslaphium vergeblich aufgefordert
stehen zu bleiben und sich umzusehen um ihn zu erkennen:
dato I si esse vis, Di. fäxo erunt: respice hüc modo, A. o/r,
enicas me miseram quisquis es.
wenn enicare nie hier bildlich gebraucht wird, so hat es in der regel
den ablativ des mittels bei sich: so asin, 921 pol me quidem miseram
odio enicavit. Pers» 48 a, odio me enicas. merc. 893 enicas me mise-
rum tua reticentia. rud, 944 iam quisquis es^ me odio enicas. dieser
ablativ fehlt fast nur in solchen stellen wie Cas. II 3, 17 nolo ames.
IT non potes impetrare. f enicas. merc. 915 quid^ manebo? l tempus
intro eundi non est. IT enicas u. a., wo dann aber stets auch in der zer-
hackten und eiligen rede das object me wegbleibt, da nun in der Trucu-
lentusstelle die Palalini für oh vielmehr io lesen, so möchte ref. vor-
schlagen: ödio me enicas \ miseram quisquis es^ also dieselbe Ver-
bindung zweier katalektischer troch9ischer tripodien wie vorher v. 20 (24)
qui revocail f scies: rispice huc. f quis est?
Auch V. 26 (35) kann ref. die kritik hrn. Sp.s nicht billigen, nach
drei anap9stischen dimetem folgen im palimpsest drei verse unsicherer
messung :
peregre quoniam advenis cena deiur.
Di. bene dicis benigneque vocas^ Aslaphium. A. amabo
sine me ire era quo iussit. Di. eas: sed quid ais? A. quid vis?
von diesen will hr. Sp. den ersten durch Änderung von deiur in daiur als
anapästischen dimeter herstellen und die beiden folgenden durch er-
gänzungen zu iambischen septenaren ausstrecken, allein daiur verslöszt
gegen die 'consuetudo Plautina' welche den conjunctiv oder doch minde-
stens das futurum ddbiiur heischt, und in den beiden folgenden versen
hat hr. Brix wo! richtiger baccheen erkannt, vergleichen wir nun Bacch.
536 salvos quom peregre advenis ^ cena detur. Stich. 471 quoniam
salvos advenis. most. 1129 salvos quom advenis . . peregre ^ gaudeo.
hie apud nos hodie cenes. Cure. 561 salvos quom advenis — hie ho-
die apud me numquam delinges salem u. a. die bei Lorenz zu most. 993
624 A. Kiessliog : aoz. t. Plauü Tracoleetas eiL K. SpeB»«L
zitsaiomengestellt siod , so werden wir loeb an imserer stelle «o/rof ob*
gern eoKbehreo und gewiooeo dorcb seioe einseUaog eiaee ladeDoses
baccbeischen tetramelcr: peregrc'saltos quomam ademis^ cena delur.
von den beiden fofgeodeii versen, die wie gesagt hr. Brii als loocfaefc
erkannt bat, fögt der zweite sieb ohne alle ändening diesem masze: rine
tne ire , era quo iüssit. f ^*^' *^d quid aisT \ quid vis? den zweiter
behandelt Brii gewaltsamer, indem er auf Gepperts falscher lesung dfs
paiimpsestes benigne quo eas fuszend schreibt: bene dieis benigneqhi.
heus^ 'Aiiaphium^ amdbo. da der paiioipsesl aber nach SlndeffliiBd>
Zeugnis benigneque vocas bat, so ist es weit leichter Asiaphhmi\i
personenbezeichnung zu fassen , die aus verseben in den teit gedroogec
ist (vgl. Pseud. 81), und zu lesen: Di. bene dids benigneque ror^:
[med]. Ast. amäbo.
Vers 28 (38) Di. die quo Her inceptas? quis est quem accertis:
Ast. Archilinen hatte hr. Sp. statt des unplautiniscben accosativs Jrchilr
nen wol die einzig mögliche form Archilinam^ auf welche die varuDi^
Archinam in BCD deutlich hinweist, schreiben dürfen, auch ist, (baii
die antwort passe, zu interpnngieren : dic^ quo iter inceptas^ quis est"
quem accersis? mit recht ist dagegen v. 32 die form jM^aeslngiatrU
statt praeiligiatrix aus dem palimpsest aufgenommen, dieselbe vrin!
auch durch die Schreibung praestrigiaior bei Frouto de oraL s. 136
(Naber) bestätigt.
In der vergleichung der meretrices mit den publicani 1 2, 39—^^
alles aufzuhellen wird wol erst möglich sein, wenn wir über das verhall*
nis der publicani zu den pächlern der allmenden , sowie über ihre Straf-
befugnisse diesen gegenüber genauer unterrichtet sein werden, vorlaut?
ist ein groszer schritt vorwärts gethan durch die evidente aus den spuno
des paiimpsestes von hrn. Studemund eruierte herstellung in v. 39 an tu
te Vener is publicum aut Amöris alia Uge^ eine so schlagende verl)e5-
serung , dasz ihr gegenüber auch hr. Drix wol seinen Vorschlag an tu ie
bene rem publicum aut amoris usw. zurückziehen wird, dagegen tsl
das Verständnis von v. 42 nam advorsum legem m€ (so A , amem BCD
ob meam scripturam pecudem cepil noch sehr unsicher, weder sieht
man, ob lex sich hier auf die lex der publicani oder die zwischen Dioi-
archus und Phronesium bestehende abrede (vgl. asin, 746 ff.) bezieht,
noch ob pecudem cepii die confiscation des verwirkten viehs oder die
annähme der weideanmeldung bezeichnen soll, endlich könnte sich in
pecudem auch eine anspielung auf das euböische silhergeld mit dem sti^r
verslecken , herflbergenommen aus dem griechischen original ; vgl. V 64-
Pers, 264.317. es musz daher völlig unentschieden bleiben, ob tne oder
a me die richtige lesung ist. v. 43 dagegen durfte hr. Sp. unbedeoklicli
aus den hss. idem . . faciunt rei male gerentis aufnehmen, was hin-
länglich durch II 1, 13, wo ebenfalls alle hss. den palimpsest eing^*-
sclilossen piaculumsi miserere nos hominum rei male gerentum lesen?
geschützt wird.
V. 49 haben die hss. hunc nos habemus publicum , Uli alii s pubU-
voraus hr. Sp. sine aliis publicanis macht, aber der gegensatz
A. Kiessling . anz. v. PlaiUi Truculcntus ed. A. Spengel. 625
in \vc1chcin liier der ager pascuos der tneretrices dem ager arvos der
pueri gegenübergeslelll wird, verlangt dasz mit weit gelinderer dnderung
geschrieben werde: hunc nös hahemus publicum: iltum ah'i publicant\
mit hiatus in der dtSresis.
I 2, 52 liSlle lir. Sp. nicht das völlig singulare />errt/no5i dulden
sollen, die Verbindung procdciores estis voSy sed Uli periuriosi erheischt
mit notwendigkeit einen comparaliv, also periuriores — eine Snderung
die auch lir. Brix als notwendig in Vorschlag bringt, derselbe scheint
auch V. 56 mit seiner Vermutung male quae in nos illosgue^ omnia
tibi dicis^ Diniarche | et nöslram ei illorum vicem eher recht zu haben,
da auf diese weise nur Ulis ea in illosque geändert zu werden braucht,
als hr. Sp. welcher an die stelle von Ulis vorzieht dicis zu setzen, denn
beide, die merelrices wie die pueri^ hat Diniarchus in den vorhergehen-
den versen geschmAht, daher denn auch Astaphium hinzu fügt et ttostram
et illorum vicem,
I 2, 58 stellt hr. Sp. aus dem verderbten sumpsit scniteri der Pala-
tini sehr ansprechend her: quia^qui dlterum incusat probri^ eiimpse
s apere oportet: denn %vcnn auch die verwandte Pseudolusstelle (61 2j
non soles respicere /e, quom dicis iniuste alteri't scheinbar fär die lesung
dor vulg. se ipsum iniueri spricht, so füllt doch der folgende vers ent-
scheidend in die wagschalc: tu a nöbis sapiens nihil habes^ nos ne-
quam abs ti habemus, nur durfte hier der hiatus vor habemus nicht
durch aufnähme des von Geppert vermuteten nichtssagenden abs tele ver-
mieden werden, sondern es war zu lesen: abs te [tua"] habemus* auch
hr. Brix verwirft die Gepperlschc conjectur; seine eigene Vermutung
[rem^ abs le habemus hat aber keine recht Qberzcugende kraft, vgl.
auch H 1, 7 quod habebat nos habemus.
1 2, 64 f. erwidert Astaphium auf die frage des Diniarchus an me
mortuom arbiträre ? folgendes :
qui pöiisi amabo pldnius ? qui antehdc amator st'tmmus
habitü's^ nunc ad amicdm meras querimönias referres,
habitu's nunc ist von hrn. Sp. mit recht statt des habilus si oder est
istunc der hss. gebessert werden ; dagegen hat er mit der Verbesserung
des zweiten versendes uerimonia referre in querimönias — so schon
Gamerarius — referres nicht das richtige gelroITcn. Diniarchus war frü-
her summus amator ^ d. h. erbrachte die reichlichsten geschenke dar;
jetzt würde er seiner geliebten nur querimönias schenken können, daher
wollen beide von ihm nichts wissen, schenken heiszt aber bei Plautus
ausnahmslos deferre — weshalb denn auch Studemund sehr richtig 11 4,
90 für perferri vielmehr deferri zu schreiben rUth — und demgemäsz ist
an unserer stelle querimönias deferres zu lesen, das falsche r ist
wahrscheinlich nur verschreihung des von querimönias abgesprengten
sclitusz-5. ganz der gleiche fall kehrt bald darauf 1 2, 69 wieder, wo hr.
Sp. aus dem hsl. quam primum expugnari potis est amit Optimum est
amicae schön herstellt: quam primum expugnari potist^ tarn id öptu-
mumst amicae, jenes vor amit fehlende t hat sich an das vorhergehende
JahrbQchcr für cioas. philol. 1868 htt. 9. 41
626 A. Kiessling: aoz. r. Plaoti Traculciilas ed. A. SpengeL
wori ugescblosfen <, ond hrn. Sp.s emcndalion erfailt ihnB absdüosz,
wenn wir potis lesen .
Die mit diesen Worten begonnene rergleidiimg des liebkabers mit
einer feindlichen stadt, welcbe so schnell als möglich ansgeplöndert wer-
den mflsse, pariert Dinlarchus damit dasz er einwirft (1 2, 70 — 72) :
ego fateor^ sed lange dliter est amicus aique amdior,
cerle hdrcle quam veUrrumust^ tarn homini öpiumusi awucus.
non hercle oecisa sunt mihi elidm[dum'j fundi et aedis,
PT sei kein amalor sondern ein amicus ^ und während der liebhaber so
schnell wie möglich ausgezogen werden mösse^ sei es pflicht den freund la
schonen : denn — und nun musz als betveis ein allgemeingültiger satz von
der beschaffeoheil des besten freundes folgen, welcher zuglelcli vermöge
der doppeldeutigkeit des hauplbegrifls eine unmittelbare anwendnng auf
das Verhältnis des Dinlarchus zu Phronesium gestaltet, dasz aber veier-
rumus einen solchen doppelsinn nicht hat, liegt auf der band, und die för
die specielle anwendung notwendige bedeutung 'geschont, unberührt'
läszl sich nur durch gezwungene erkldrung hineindeuten, wie viel schia-
gender und witziger ist es aber, wenn Plautus in einem und demselben
bilde fortfahrend schrieb: certe hSrcle quam integerrumust^ tarn
homini öptumust amicus. erst dadurch wird der Zusammenhang mit dem
folgenden verse klar, welchen hr. Brix durch die ergänzung von ego am-
nino vortrefÜich hergestellt hat: non hSrcle [ego omnino'\ occidi:
sunt mi etiam fundi et aedis.
Sehr unsicher ist nach hm. Sp.s eignem geständnis sein emenda-
tionsversuch zu I 2, 79. die beiden recensionen gehen hier weit ausein-
ander: die Palatini iiaben sinnlos, aber das melrum notdürftig festballend:
amantis siquit non danunt^ non didici fabulare ; der palimpsest dagegen
unmelrisch amanti si cuih quod dabo non est non didici fabulari. dar-
aus macht hr. Sp.: amdtiSy inquam^ quöd dafür: non didici fabularL
allein man sieht dann nicht recht ein, wie die groszen abweichungen der
hss. entstanden sein solleu, ganz abgesehen von dem völlig unverständ-
lichen fabulari^ welches bei Plautus stets mit loqui gleichbedeutend ist«
nicht aber wie hier notwendig sein würde falsches, ersonnenes erzähleu'
beiszen kann, da nun der folgende vers mit decuit te fabulari scblieszL,
so möchte ref. eher vermuten dasz non didici fabulari eine Überkleister le
anticipation dieses versschlusses ist, indem der Schreiber, auf welchen
die Verwirrung zurückgeführt werden musz, am ende von v. 79 mit den
äugen auf das ende von v. 80 abirrte, ist diese Vermutung richtig, so
ergibt sich sofort dasz jeder methodische heilversuch von der Überliefe-
rung des palimpsestes auszugehen hat. denn in diesem ist noch kein
versuch gemacht die durch den fülschen schlusz verursachte uhermäszige
ausdelinung des verses zu beseitigen, während in ßCI) offenbar der vers
so gut es gehen wollte wieder eingerenkt ist. der anfang des verses
lautete also demgemSsz wol: amantis^ sicui quod dabii non est w.w-^
und am ende ist ein eos exturbatis oder ähnliches ausgefallen, ebenso
hsffp hp Sp. sich näher an die Überlieferung des palimpsestes in 1 2, 90
es heiszt dort von den mereirices:
A. Kiessling: anz. v. Piauli Truciileolus ed. A- Spengel. 627
si illM quod volimus dicitur^ paläm quom mentiuntur^
verum dsse insciU credimus f neuiasuiamur ira,
so der palimpsest mit der bemerkung *quarla litlera forlasse e, octava t
füll'; ne uti neslwnutuamur ira BG; woraus hr. Sp. ne eas incendamus
ira maclil. allein wahrlich nicht deshalb glauben es verliebte, wenn ihnen
das was sie gern hören wollen vorgelogen wird , damit sie ihre liebste
nicht durch zweifei in leidenschaftlichen zorn versetzen , sondern die ei-
gene leidenschaft macht sie blind und leichtgläubig, hm. Sp.s conjectur
bringt also einen ganz schiefen und unwahren gedanken in die worie
des Diniarchus. vielmehr war aus der lesart des palimpsestes das rich-
tige durch zulhat eines einzigen buchstaben und Umstellung zweier an-
deren herzustellen, nemlich: ne[9]ti^ aestuamur ira, die Verwirrung
in den Palatini ist dann dadurch entstanden, dasz wahrscheinlich tumul-
ttiamur als Variante oder erklSrung über der zolle angemerkt wnr. wer
übrigens an dem sonst nicht belegten dcponens aesluari anstosz nimt,
mag auch aestuamus lesen; jedenfalls spricht es ftlr die cvidenz dieser
Änderung, dasz sowol Göller der aut inaestuamur^ als auch Brix welcher
utut aestuamus vorschlug, auf derselben fährte sich befanden.
I 2, 101 hat hr. Sp. die lesart der vulgata immo adeo ut nuntia-
Utmsty iam hie ddftiiurum aiunt cum beibehalten, obwol die Verbindung
immo adeo sonst nicht vorzukommen scheint und die besten Iiss. (ACD)
abeo^ B mit leichter corruptel (dfeac lesen, auch Bentley zu Ter. eun,
IV 6, 5 citiert immo ah eo ut nuniiatumst^ und ref. sieht keinen rechten
grumi, warum die Gberlieferung geändert werden soll.
In der folgenden scene U 1 konnte gleich im ersten verse hahahi
requievi quia irttro ahiit odiüm meum der von hm. Sp. für gestaltet
erachtete proceleusmaticus durch die einsetzung der contrahierten form
abit^ auf welche auch das introa uit in B hinweist, mit leichtigkeit be-
seitigt werden, doch da dies mit zu den puncten gehört, wo der hg.
sich in principiellera Widerspruch mit den durch die prolegomena festge-
stellten normen der Plautinischen metrik benndct, so würde es zu weit
führen, wollte ref. in jedem derartigen falle seinen dissensus constatie-
ren , und er nimt daher das recht in anspruch , derartige metrische diffe-
renzen, falls nicht noch ein anderes intcresse in frage kommt, uner-
örtert übergehen zu dürfen.
II 1, 14 — 16 sind im palimpsest in folgender weise überliefert:
bonis esse oportet dentibus lenam probam :
adridere ut quisque veniat blandeque adloqui: male cor de
consultare
bene lingua loqui, merelricem sentis similem esse dddecet.
vorher gehen iambischc und es folgen irochäische septenare. wie sollen
nun die beiden ersten der angezogenen verse gemessen werden? hr. Sp.
möchte sie durch Streichung von blandeque zu iambischen seplenaren
machen; ref. hält sie für iambische senare und liest:
bonis össe oportet dentibus lenam probam :
adridere ut quis veniat blandeque ddloqui^
41*
fö8 A. Eicssliag : »z. v. PUmi Trvedcilas ed. A. SftmgeL
male cor de censnUare^ bemt Urngmi Isftcr.
\nam\ mereiricem ttu naüJem semüs cimdeeeL
deuD diese Cusnag bieten för den lelzlea vers die Palatiai — ajlBriadi
ohne das fom ref. ergdozle nam, gaaz ebeaso bildea tob t. 30 — 35
!M?chs seoare den öhergaog ton den iambisdieo zn den trocküscfaen lan^-
versen : denn auch für v. 35 ist dem durch glosseme erweiterten sc^lcnar
des pal im losestes velut hie est adulescens qui kabüai kic agresiis
rüttieus die koappere fassoog der PaJatini vtlul kic agresiis est adu-
iescens qtä hie habet oflenbar Torzuziehen.
Uebrigeos ist dieser ganze monolog der Aslaphinm too crsdireckcB-
der breite: eine lang ausgesponnene Variante auf das gnindtbema unseres
ganzen stdckes, dasz die liebe der meretrix nur der klingenden niinzc
gelle, dieser satz kehrt immer wieder, so dasz ton einem eigentlichen
fortschrilt der gedanken kaum die rede sein kann , da dieselben sich be-
sUndig im kreise drehen, einiges mag dabei auch die beschaffenheil
unserer fiberlieferuog verschuldet haben: wie denn z. b. hr. Brix durch
Umstellung von v. 25 vor v. 21 (nach der allen Zahlung — hr. Sp. hat
die verse im anschlusz an die Ordnung des palimpsesles gewis mit na-
recht umgeslelll — ) einen erträgliclien Zusammenhang zu gewinnen
weisz - aber vieles isl offenbar auf rechnung des alternden dichlers zu
setzen.
II 2, 15 fahrt Stratullax die Astaphium an:
ddvenisti huc nos tentatum cum ixomatis össibus^
quia tibi suaso infecisti pröpudiosa pdüulam,
an eo beUa*s^ quia clepis tibi drmillas aeneas ?
so hr. Sp., dessen conjectur im ersten verse nos tentatum [te osientatum
A, sistentalum ßCD) zwar an uud für sich bestechend ist, aber doch wol
wegen der parallelstelle most, 594 venisti huc te extentatum ? abgewie-
sen werden niusz. ref. uiöchte auch in unserer steile te extentatum in
Vorschlag bringen und durch den hinweis auf die allitteration extenta-
tum — exornatis empfehlen, im zweiten verse, der nicht vom fulgen-
dcu loszureiszen war, hat gewis Acidalius das richtige gclroflen, wenn
er lesen wollte: quia tibin suaso, denn so erklärt sich auf das leicli-
teslc sowol die corruptel resuasu in den Palatini als auch das schwanken
der allen grammaliker darüber, ol) suaso oder in suaso zu lesen sei, wie
wir aus Fcstus s. 302 erfahren, dasz im dritten verse aeneas nicht rich-
tig sein kann und vielleicht argenieas zu lesen isl, ist schon oben be-
rührt worden, dafür dasz hier etwas nicht ganz in Ordnung ist spricht
die lesung des palimpsesles aneas^ zu welcher nocli eine randhemerkung,
von der leider nur die endung -as lesbar ist, hinzugefugt war.
11 2, 54 IT. schildert Stratullax seinen erus mator:
nön enim itte meretriculis
moinerandis r6m coegit^ verum parsimönia
düritiaque quae nunc ad vos dam exportantur, pes-
sumae.
ea vos estis dxungimini ebibilis. egone haec mitssitem ?
A. KiessÜDg: aox. v. Plaiiti Truculenlus ed. A. Spcngcl. 629
iäm quidem hercle ibo ad forum adque haec facta narrabö
senu
neque isiic in se gisiat^ iergo cöget examen mali,
hier sind zunSchst einige kleinig keiten zu bessern, indem wir die lesungen
der Palatini statt derer des palimpsestes in den text einsetzen, nemlicli
im dritten verse musz exportatur (so BCD) auf rem bezogen und demge-
müsz zu anfang des folgenden verses eam statt ea {em BCD) gelesen wer-
den, die haupl Verderbnis sitzt aber im letzten verse, den alle bss., auch
der palimpsest, also überliefern : neque isluc in se gestit ergo coget exa-
men malt, isiic und gestai hat hr. Sp., tergo bereits Acidalius gebessert,
da aber bei iergo das pronomen iuo oder vesiro nicht gut fehlen kann,
so vermutet schon hr. Sp. in seiner note mit recht, es möchte der vers
schwerer verderbt sein und ursprünglich beispielsweise neque is iuo
repercet iergo^ c. e» m. gelautet haben, hiervon ist iuo gewts sehr
rkihtig , repercei aber doch etwas zu gewaltsam ; auch der asyndetische
anscblusz liart. falsche worttrennung ist auch hier der erste anlasz zur
Verderbnis gewesen; denn tsegesiit ergo ist corrumpiert aus iscelesia
iergo mit vorschlagendem i vor der s impura. Plautus schrieb also wol:
ne isie tuo^ scelesta^ tergo cöget examän malt,
11 2, 63 sucht hr. Sp. den vers hldndimentis ^ hörtamentis ^ cSie*
ris meretricHs durch vergleichung von Bacch, 41 pol hau mereiri-
ciumsi zu vertlieidigen, und die muglichkeit das adjectivum substantivisch
zu fassen will ref. nicht leugnen, doch mag er auch nicht verbeten dasz
er jedesmal bei lectüre dieses verses auf eine sclion vor langer zeit ihm
nufgesloszcne Vermutung zurückgeführt wird, nemlich bländimentis,
hörtameniis^ inlecehris mereiriciis.
II 3, 8 f. schreibt hr. Sp.:
sed obsecro hercle^ Astaphium^ i intro ac nuntia
me adesse: propera et suade iam ut satis laverit.
die hss. haben adesse tui properel suatte. ref. kann diese änderungen
nicht für richtig halten, erstlich ist dabei tui völlig unberücksichtigt ge*
blieben, und zweitens ist die Verbindung propera et suade nicht die bei
Plautus übliche, zwei imperative stehen entweder asyndelisch*) neben
einander oder werden durch atque verbunden, höchst seilen wie es
scheint durch et, während z. b. tace atque sequere und ähnliches sich
findet ßacch. 137. 147. 169. 368. 714. 822. 903. Men, 220. 272. 405.
674. aul I 2, 3. 25. II 1, 23. 2, 60. 3, 3. 6. 5, 2. 6, 1. 8, 24, erscheint
in denselben drei stücken die Verbindung mit et, ein etwaiges übersehen
vorbehalten , nur zweimal : Bacch. 493 cave maium et conpesce , und
ebd. 592 non it: negat se ituram. abi et renuniia. \ alium illa amat^
non illum. duc ie ab aedibus. jedoch die hastige art, mit der Pistocie*
rus diese zornige abfertiguug hervorslöszt, macht an dieser stelle abei^
renuniia wahrscheinlicher ; wie denn auch Men, 435 das hsl. et quan-
tum poiest abduce gewis in ei quanlum potest^ abduce zu Sndern ist.
*) dasz dies namentlich nach i der fall ist, bat Fleckeisen erwienen
in diesen Jahrbüchern bd. LXI (1851) s. 18 f.
630 A. Kiesslinp: an/. \. IMatili Tniculeolus ed. A. Spengel.
jedeofalls isl es iiichl gcratlien durch coojoctttr diese al»soiiderliclikeit
deui U*il aufzudrängen, rcf. schlägt daher vor: nuntia me adesse: ut
propere L suade tarn ul satis laver iL das a Syndet on entsprich l auch
an dieser stelle hesser der Ungeduld des Diniarchus. vers 11 di me per-
duint I qui te revocavi: nön tibi dicebam: i modo mosx fibrigeos, wenn
man die letzten worte nicht als frage fassen will , notwendiger weise,
da auf tibi aller nachdruck liegt, gelesen wenlen: tibi non dicebam.
Den gleich darauf folgenden unvollständigen vers (U 3, 13) quae
tibi ^ mille passuum peperit moram hätte hr. Sp. nicht nach Gepperts
vorsclilag mit vox ergänzen sollen , sondern so wie er selbst in der nole
zu dieser stelle vermutet und auch ref. sich sdion früher angemerkt
hatte, nemlich qui tibimet mille passum peperisti moram, auch
II 3, 18 kann ref. sicli mit der von hrn. Sp. aufgenommenea conjectur der
italiänisclicn hss. illum inhiant omneSj iUest animus omnibus nicht ein-
verstanden erklären, als liebkosungswort kommt animus nur im vocativ
(anime mi) vor, und die Icsart der Palatini illisi läszl sich ganz gut ver-
stehen, der siun ist 'dort, hei ihm, sind alle ihre gedankeu', wie Pseud»
35 nam islic meus animus nunc est , non in pectore. dagegen ist 11 3,
22 sehr schön durch Postpartum specto qui antepartum perdidi emen-
diert die allitteration wird noch deutlicher hervortreten, wenn wir
uns enlschlieszcn pospartum zu schreiben, wie Plantus doch wol ge-
sprochen und geschrieben haben wird: vgl. Ritschi opusc. II s. 550. ver-
langt übrigens nicht auch die rücksicht auf den gleicbklang dasz man
antepertum lese? vgl. trin. 643 wo Fleckeisen nach Bergk z. f. d. aw.
1848 sp. UM ut . . anteperta per flagitium perderes hergestellt hat.
11 4, 7 : auf die begrfiszung dei Phronesium hat Diniarchus sich ab-
gcwaudt und bei seile die worte vah vapuläbo hercle ego nunc atque
adeo male gesprochen ; dadurch stutzig gewonlen fragt Phronesium quo
te auortisti? und nun erst erwidert er ihren grusz mit den worten sal-
va sis Phroneaium, hier erscheint ref. die vorhergehende frage der Phro-
nesium in dieser form rein unsinnig, so lange Diniarchus noch abgewen-
det ist und das ende seiner beweguug noch nicht abzusehen ist, kann sie
wol fragen: quo te avortis? Svohin wendest du dich?' aber nimmermehr
darf sie durch das perfectum eine handlung, deren ganzer verlauf sich
vor ihren augcn vollzogen hat, als fertig und abgeschlossen bezeichnen
und trotzdem nach der äuszeren beschaffcnheit dieser handlung fragen.
Phronesium kann nur nach dem motiv dieses abwendens fragen und
Plautus musz daher quor te auortisti? geschrieben haben, hr. Sp. sucht
zwar dieser naheliegenden änderung vorzubauen durch die berufung auf
merc. II 3, 97 und Amph, III 2, 18; aber die Nercatorstelle ist offenbar
lückenhaft und im Amphilruo hat Fleckeisen mit sehr richtigem gefühl
quor ted avortisti? gebessert.
Wie bald darauf II 4, 12 hrn. Sp.s accentuierung vellem sifieri posset.
IT cedo soleds puer ohne annähme eines der überaus zahlreichen druck-
fehler möglich gemacht werden soll, siebt ref. nicht ein. freilich wird
— -^h diesen druckfeliler auch der fehlerhafte proceleusmaticus be-
n sonst leicht durch die einfache Umstellung pelUm si fieri
1
A. Kiessling: aDz. v. Plauti Truculenlus ed. A. Spengcl. 631
pösseL Dl. soleas cedo puer^ welche schon frühere vorgeschlagen
haben, heizukommen war. dieselbe nachslellung von cedo bietet ja auch
Pseud, 891 ei^ convivas cedo»
11 4, 43 IT. nunc hüc retnisit nuper ad me epistülam^
sese e'xperiurum^ quanti sese penderem,
si quid peperissetn ^ id educarem ac tollerem:
bona sua me esse habituram omnia.
ref. zweifelt ntcbl dasz jeder unbefangene leser die worte bona bis omnia
als nachsatz zu si bis (ollerem auflassen und demgemäsz nach tollerem
ein bloszcs komma setzen wird, dann musz aber auch statt quid vielmehr
quod geschrieben werden — und so steht in D. ebenso wird in den
Worten (v. 50) quaerere \ puerum aut puellam qui supponantur mihi
jeder sofort den singuIar sitpponatur bessern , welchen denn auch schon
Acidalius in Vorschlag gebracht hat.
II 4, 51 ff. tonstricem Suram
novistin nostram, [^nostras'j quae erga aedis habet?
[T flow*. ^ haäc dat operam^ circuit per familias^
pueritm vesiigat usw.
trefflich ist hier hm. Sp. die herstellung des ersten verses durch ergänzimg^
des in den hss. fehlenden nostras gelungen ; dagegen kann ref. die in den
text aufgenommene conjectur Gepperts dat operam für das hsl. ut opcra
nicht sehr einleuchtend finden, bei Plautus scheint ein alleinstehendes
dat operam im sinne von ^gibt sich muhe, hilft' ohne den zusatz der
sache oder person für welche man sich mühe gibt oder sonst eine nähere
bestimmung zu operam sehr selten zu sein, im augenblick wüste ref.
nur Cas. III 5, 64 und merc. 620 anzuführen — denn Men. 1008 ist
immo operam dabo antwort auf das vorhergehende operam mi ut duis.
an unserer stelle scheint daher das una opera der vulgala, welches auch
RItschl opusc. II s. 654 angenommen hat, noch immer das rathlichstc
zu sein.
Mit recht hat hr. Sp. in II 4, 62 ein störendes einschiebsei aus asin.
I 3, 34 erkannt und den vers demgemäsz getilgt, bei dieser gelegenhcit
kann sich ref. nicht versagen auf eine ähnliche inlerpolation in den Captivi
«lufmerksam zu machen, dort passen uemlich v. 665 und 666 die worte
decet innocentem servom atque innoxium \ confidentem esse suum apud
erum potissumum nicht für die läge In der sich Tyndarus augenblicklich
als kriegsgefangener sklave befindet; dagegen ist es ganz am platze, wenn
Pseudoius seinem allen herrn erwidert (460. 461): decet innocentem
qui Sit atque innoxium | servom superbum esse apud erum potissumum^
wo übrigens vielleicht aus den Captivi confidentem statt superbum ein-
zusetzen ist: wenigstens scheinen darauf die vorhergehenden worte Calli-
phos bene confidenterque adstitisse intellego hinzuführen, apud
wäre dann in der oflenen form ape gesprochen; oder ist diese nur in
der arsis zulässig?
II 4, 71 bessert hr. Brix nach den spuren des Vetus in evidenter
weise, indem er schreibt: non aüdes aliquid ddre mihi munüsculi?
aler auch der folgende vers bedarf noch einer kleinen nachhülfe, indcn:
632 A. Kicssliii^;: :inz. v. Phiili Trucnlenlus cd. A. Spcugcl.
zu lesen isl: lucri hercle videor fdcere mihi^ voluptds mea^ da lucrum
facerb aliquid iiiclit Plaulinisch zu sein scheint. — II 4, 75 wo die hss.
bieten: sie facHo. quidquid ait uierii bona consulas^ freut es rcf. mit
lirn. Brix In derselben auf der band liegenden Verbesserung zusammenzu-
treffen, nemlich quidquid atiulerit honi consülas^ wovon honi schon
in der vulgala hcrgeslcUt war. brn. Sp.s quicquid aderit dona. Di. con-
sulam ist denn docb zu verzwickt und entfernt sieb zu weit von der Über-
lieferung, unsicherer ist ref. in betrelT einer andern stelle II 4, 80:
pro di immorlaliSy tion amanlis mulieris
sed soiie unanimaniis fideniis fuit^
officium facere^ quod modo haec fecii mihi,
das metrum ist zwar leicht durch die von Gulier vorgesdilagene und von
hm. Sp. angenommene Umstellung unanimaniis sociae hergestellt, aber
es scheint von muliBris zu sociae eine Steigerung statlGnden zu sollen,
so dasz Diniarchus sagen würde: ^das war nicht die bandlung eines lie-
benden weibes, sondern einer einmütigen, vertrauenden gattin.' dasz
dadurch ein fremdartiger, fast moderner zug, der zu der empGnduugs-
weisc der Plautinischen cumödie durchaus nicht stimmt, hineingebracht
wird, fühlt wol jeder, schrieb nicht vielleicht Plautus: sed söcienni
unanimaniis fideniis fuil — ? die letzten Imcbstaben von söcienni
konnten vor unanimaniis sehr leicht ausfallen, und wie passend das
letztere wort auf einen vertrauten freund bezogen werden darf, zeigen
stellen wie Stich, 729 ego lu sum^ lu*s ego: unanimi sumus^ Pacuvius
v. 109 R. wo Pylades spricht: perque nostram egregtum unanimilalem^
und Calull 30, 1 Alfene . . unanimis false sodalibus.
Sehr gewaltsam scheinen brn. Sp.s ändcrungen II 4, 91, wo er aus
praeter ea obsonari dumlaxat al mina macht : praelerea obsonium ob-
sonari una mina. das zahlwort ist doch entbehrlich, und dumlaxat
sieht wahrhaftig nicht nach einem abschreiberein fall aus. ref. möchte
eher vorschlagen : ^rae/erea ei obsonari dumlaxat mina, auch II 4,89
ist wol besser zu lesen: ego isli ul non munus millam? wenn man nicht
lieber die frage ganz fallen lassen will, indem mau schreibt: ego isli
nunc munus millam.
Zu ikn versen II 6, 12 — 17
male quod mulier facere incepil, nisi si ecficere perpelrai^
id Uli morbosly id Uli seniosl^ ea Uli miserae miseriast»
bene si facere incepil^ eius rei nimis cito odium percipit,
15 nimisque paucae sunt defessae^ male quae facere occeperunt:
nimisque paucae ecficiunt^ si quid facere occeperunt bene,
mülieri nimio male facere Icvius onus est quam bene
von denen v. 15 in B fehlt, macht hr. Sp. die bemerkung: ^noli de ioter-
pretamentis cogitare. immo satis Plautina est haec dictio copiosior.'
trotzdem aber wagt es ref. den von B ausgelassenen vers als offenbar un-
echt zu streichen, denn erst dadurch erlangen wir es, dasz die beiden
sich entgegengesetzten gedanken in entsprechenden perioden von je zwei
versen sich abspielen : male quod . . incepit . . miseriast und bene ii . .
incepil , , bene. v. 11 faszt dann das resultat der beiden sätse zusammen.
A. Kicssliiig: auz. v. Pliiuli Truculonlus cd. A. Spcngcl. 633
In der folgenden scene II 6, 7 haben dagegen sowol lir. Sp. wie
hr. Brix die un vertrag liclikeit der beiden verse
nön lauäandust^ quin plus eredunt qui audiunt quam qui
vident.
nön placet quem Uli plus laudant qui audiunt quam qui
vident
richtig erkannt, nur dasz Sp. den zweiten, Brix den ersten streichen
will , und letzterem möchte ref. wegen des unverständigen plus eredunt
eher beistimmen, unrecht hat aber hr. Brix, wenn er auch v. 4 ei Ho-
meronidam et post illam Uli memorari potis oiTenbar bloss wegen der
Schwierigkeit der emendation auswerfen will: denn beziehungen auf
Homer sind ja bei Plautus auch sonst nicht so selten, hr. Sp. schreibt:
ex Homero iam et post illum multi memorari potis — vielleicht richtig,
bis auf multi ^ wofür schon Iftngst das richtige mille gefunden war. aus
Nonius war ferner in v. 15 aufzunehmen: quae dlios conlaudäre^
eapse sese vero nön polest»
II 6, 26 f.
meus est: scio iam de ärgumentis, [f nimium quidem simUist,
i papae.
iam magnust? iam it ad legionem^ quaä iam spoUa rettulit?
hier hat hr. Sp. den zweiten vers im wesentlichen ins reine gebracht;
im ersten hat hr. Brix unzweifelhaft richtig gesehen dasz das hsl. quidui
nicht in quidem sondern in tui zu ändern ist: eine Änderung an die sowol
Bolhe mit seinem nimis quam tui anstreifte als auch 0. Seyflert, dessen
herstellung des verses (philol. XXV s. 467) im einzelnen aber viel zu
kunstlich und gesucht ist. eine kleine Verbesserung möchte aber ref.
noch im zweiten verse anbringen, so wie die worte jetzt lauten, fragt
Slratophanes : Mst er schon in eine legion eingetreten, die sich mit
kriegsruhm bedeckt und spolien aus dem feldzug zurückgebracht hat?'
aber it ad legionem soll nach lirn. Sp.s meinung nur bedeuten : * thut er
schon kriegsdienste?' gewis mit recht; dann kann sich aber doch keine
nähere bestimmung mehr an legionem anschlieszcn. nun haben die hss.
iam magnust iamnelectat legionem quae spoliaret uelit^ woraus sich
mit benutzung der emendationen Sp.s ergibt: iam magnust? iamne eit
ad legionem? ecquae spolia rättulit? so dasz Slratophanes sich stei-
gernd nach drei dingen fragt: ^ist er schon erwachsen? thut er kriegs-
dienste? hat er spolien heimgebracht?' für die Stellung der frageparlikel
vgl. glor. 628.
11 6, 37 ff. begrQszt Phroncsium den Soldaten mit den worlen:
sdlve^ qui me interfecisti paene vita et lümine
quique mihi magnös dolores per voluptatäm tuam
cöndidisti in corpus^ quo nunc etiam morbo misera sum,
hier hat sich hr. Sp. offenbar wieder durch Geppert irre fuhren lassen,
die Palatini haben im zweiten verse ibi magni doloris^ woraus das allein
richtige vim magni doloris schon seit dem 15n jh. hergestellt worden
war. nur die princeps und der berufene Parisinus des lurn. Geppert haben
die han<lgreifliche Interpolation mihi magnos dolores, von der es ref.
634 A. Kicssling: anz. v. Piauli Truculcnlus cd. A. Spengel.
nicht wundert sie bei Geppcrt im leite zu finden , wol aber dasz hr. Sp.
diesem schlechten beispiel folgen mochte.
II 6, 53 : nachdem Slratophanes die beiden gefangenen königinncD
der Phronesium mit pomphaften Worten überantwortet, erwidert diese
höchst prosaisch , nach den besten hss. :
painitetne ie quoi ancülas tarn
quin eiia men super adducas quae mihi cametineibum.
den schlusz des zweiten verses hat Camerarius mit comedini dbum^ den
des ersten Sp. und schon früher Brix mit ancillas alam in evidenter
weise bergestelit. dagegen entfernt sich für den anfang des zweiten ver-
ses sowol hrn. Sp.s Vorschlag qui etiam alienas als der des hrn. Bris
qui mi etiam nunc allzuweit von der Überlieferung, um recht einleuch-
tend zu sein, tüar ist zunächst so viel dasz in eiiä men auszer etiam auch
noch ein object zu superadducas stecken musz, und da iSge am nSchslen
agmen^ welches aber leider kein Plaulinisches wort ist. vielmehr 6ndPD
wir dafür bei unserm dichter stets das compositum examen. vergleichen
wir nun stellen wie Ter. eun. 1013 an paenitebat flagili . . ni miserum
insuper etiam patri indicaresf und Plautus rud, 579 eho an te paeni-
tet^ in mari quam hac nociu elavi^ ne (doch wol nit) hie in terra iterum
eluam^ so möchte ref. auch an unserer steile vorschlagen zu lesen: ni
etiam [ex] amen süperadducas quae mihi comedint cibum?
11 6, 60 dccipe hoc abduce hasce hinc e conspectu Suras — so
ist im wesenllichen, nur dasz für hinc die hss. ince oder in lesen, dieser
vers überliefert, in welchem Phronesium, welcher denselben hr. Sp. mii
recht zugewiesen hat, ihre Sklavinnen anweist die geschenke des sklaveo
nebst den beiden reginae ex Suria ins innere des bauses zu bringen,
um den hiatus in der erslen halfte zu vermeiden hat hr. Sp. Bollies con-
jeclur abducite istas angenommen , so dasz die befehle der Phronesium
erst einer Sklavin gellen, welche die perula mit den kleineren gaben in
empfang nehmen soll, und dann den übrigen Sklavinnen, welche die neueo
genossinnen abführen sollen, allein einen solchen gegensatz hätte Plau-
tus gewis nicht unterlassen durch ein hinzugefügtes vos zu markieren,
weit einfacher scheint es daher die befehle an ^ine und dieselbe dieuerin
gerichtet zu denken und mit hiatus in der diäresis zu schreilien: dccipi
hoc [atque] abduce hasce hinc e conspectu Suras. vgl. V 22 accipe
hoc atque auferto inlro.
Am Schlüsse der scene endlich, wo Stralophanes den Gyamus mit
den geschenken des Diniarchus ankommen sieht, ist in v. 67 sed guiä
illuc bonist? ganz gewis novist zu bessern, wie sowol iir. Sp. in <i^r
note vorschlagt als aach ref. schon früher vermutet liatte.
In der folgenden scene nun , wo Cyamus auflrit um die gescheuke
seines herrn zu überbringen , ist da» anfangscanticum greulich verderbl
und konnte von hrn. Sp. nur mit den schärfsten mittein einigermaszeo
lesbar gemacht werden, vieles wird davon der natur der sache nach un-
sicher bleiben müssen; in einigem glaubt ref. mit grund andere berstei-
lungen vertreten zu können, so lautet gleich der erste vers in baocfaeischeui
rythpiii« ii!.*»K ,|(;n hss. folgendermaszeu : ite ite hac simul muli^'^^*
A. KiessliDB : anz. v. PJauli Truculcnlus ed. A. Spciigcl. (535
damnigeruli, wo Sp. für muUerei vorschlägt zu lesen munifen. aJlcin ref.
njinl dann anslosz ao dem nackten damnigerulii man rausz doch wissen
wessen damna es sind, die hier angeschleppt werden, es scheint dalier
wahrscheinlich, dasz hier eine falsche Wortverbindung stattgefunden hat
und mulierei in muH— erei aufzulösen ist, so dasz der schlusz lautete eri
damnigeruii. das nun übrig bleibende muH kann füglich Wiederholung
fler letzten silbe von simul sein und das so gewonnene He He hac simul
eri damnigeruU fügt sich dem rythmus, wenn wir lesen: ite ite hoc
simitur eri damnigeruii. das folgende foras gesiatores ist eine
küline neubildung hm. Sp.s statt des hsl. foras gerronis. ist es nicht
leichter, freilich auch mit bildung eines neuen wortes zu schreiben:
foras egerrones — ?
II 7, 40: nachdem Plironesium den Soldaten dem Cyamus gezeigt,
antwortet dieser: növi hqminem nihiH: illic guaesosi? ?hr. ülesL
Cy. me ifituiiür gemens, iUic guaesosi hat Camerarius für das hsl. üHc
que est qehesscTi: zwar leicht, aber nicht recht Plautin isch, da in der-
artigen halb fragenden au&rufungen quaeso^ wenn es hinzugefügt wird,
in der regel voranzugehen scheint, wie Cure. 419 quaeso^ tune is es?
rud. 1005 quaesoy sanun es? u. a. sodann aber ist es doch das natür-
liche dasz Cyamus den Soldaten nicht kennt, ref. möchte daher mit
vergleichung von Pseud. 954 iUicinest? IT iUic ipsus est vorschlagen:
Cr. nön novi hominem nihiH, iUicinest? Phk. illest. Cy. me intui-
für gemens. non ist aus dem völlig corrupten schlusz des vorhergehen-
den noch nicht sicher omendierten verses, der in den hss. quem per
nam lautet und ßlschlich an die spitze unseres verses verschlagen i^,
heröhergenommen.
II 7,43—60 hat hr. Sp. wie die früheren ligg. samtlich als trochäi-
sche octonare gemessen, freilich nicht ohne manche grosze härten in
der hctonung zulassen zu müssen , z. b. v. 43 pectöre^ 45 istucine mihi^
oder metrische licenzen zu gestatten ^ wie v. 44 dicere als vollen tro-
cliäus gf'geu das Lachmannsche gesetz und v. 55 quorttm mihi als ausgang
des verses. da nun die mischung trochäischer und anapästischer vcrsc
im Pscudolus in der scene 230 — 242 sich kaum wird leugnen lassen
(vgl. Studemund de cant. s. 57) und in 574—594 wol von allen jetzt
anerkannt wird, so dürfte es nicht zu gewagt sein auch in dem gleich-
zeitigen Truculentus dieselbe mischung der beiden versarten an unserer
stelle anzunehmen, ganz unzweifelhafte anapästen sind wenigstens nach
des ref. meinung
43 nunc ego meos auimos violentos \ meamque iram ex pectore
idm promam,
48 holerum dtque escarum et pöscarum \ moechiim malacum ein-
cinnatum
49 umhrdticolam tympdnotribam amas | hominSm non nauci?
If quae haec rest?
55 siaequdm facias^ advdntores\meos nön inconcilies^ quorum
56 mihidöna accepta et grdta habeo \ tuaque ingrata ahs te
quae dccepi.
636 A. Kiessling: anz. v. Plauti Truculcntus ed. A. Sfieiigcl.
iD dem vorletzten versc ist mconcilies eine scböne Verbesserung von hrn.
Brix für das hsl. incuses^ und im letzten hat ref. das überlieferte qwu
abs ie accepi umgestellt, so ist auch wol v. 45 mit einffigung von tu zu
lesen: istücine mihi [tu] responsas^ | f hoc: nön ego te flocci fado^
und V. 58 mit benutzung von hrn. Sp.s gelungener emendalion confectis
Omnibus rebus tuis för das corruple confessus omnibus ieus^ und er-
gänzung von nobis: quid nunc ergo odiossü^s [nobis^ | confectis
Omnibus tuis rebus (odies sees B, odio es die vuigata). dagegen winl
v. 50 meöne ero tu inpröbe maiedicere aüdes , fons viti et peiuri ah
irochSischer oclouar beizubehalten sein, das metrum aber hergesleUt
werden können durch die Umstellung inprobe tu maiedicere^ auf welche
das hsi. improbe ^omale dicere (B) mit notwendigkeit hinweist wegeo
der Verkürzung von in in inprobe (richtiger vielleicht iprobe zu schrei-
ben, wie unten IV 2, 13 itegrum) verwdst ref. auf Bucheler in diesen
Jahrb. 1863 s. 342.
in 1,6 ir. quaerit patrem; dico esse in urbe, interrogo
quid eüm velit.
^ homö cruminam sibi de collo detrahit.
dasz diese iambiscbe clausel, die in ganz uuerhörlcr weise die senare
unierbricht, nicht belassen werden könne, hat hr. Sp. mit recht gesehen,
nur irrt er, wenn er es fflr möglich hllt quaerit patrem streichen zu
können : denn dann schwebt das folgende dico esse in urbe ganz in der
luft. vielmehr ist entweder ein versende ausgefallen, z. b. quid cum ve-
lit: [argen tum ut mihi det suaded]^ oder es sind mit annähme
leichterer Verderbnisse die worte in zwei versc in der weise zusammen-
zuziehen, wie es Rilschl proleg. s. GL vorgeschlagen hat, nemlich: quae-
rit patrem. dico esse in urbe: quid velit \ rogo: homo cruminam sibi de
collo detrahit. im weiteren verfolg dieser scene hat hr. Sp. noch ziemlich
uberflflssiger weise v. 15 corrigieren wollen, dort heiszl es: eradicarest
certum cum primis patrem^ und er will für cum primis vielmehr quam
primum lesen, allein das folgende postid locorum zeigt dasz ein wort vor-
hergeben musz, welches nicht 'so schnell wie raöglicli% sondern einfach
^zuerst' bedeutet, und da cum primis diese bedeutung bat — v;;!. Gellius
XVII 2 cumprimis dicebant pro eo quod e^t inprimis — so vermag ref.
durchaus keine nöllgung zu einer anderung zu erblicken, besser wäre
übrigens mit Rilschl opusc. II s. 269 eradicare certum st.
lieiUos verderbt ist in der folgenden scene (III 2) die stelle, wo der
gebändigte Slratullax beginnt der Astaphium die cour zu machen, v. 5 ff.
welche bei Sp. so lauten:
5 nimiö minus saevos iam sum^ Astaphium , quam fui.
[nam'\ iam non sum truculenius: noli metuere.
quin tu ad me accedis? exspecto osculum tuom,
Ast. die impera mihi quid tibi et quo vis modo.
Str. novos omnis mores habeo^ veteres perdidi.
nam hat hr. Sp. v. 6 wol richtig ergänzt, v. 7 aber lautet iu den hss.:
quid uis qui tuam expector osculentiam. die personenverteilung endlich
ist von hrn. Sp. gcneuerl: iu der vuigata ist auch v. 8 dem Stratullax
A. Kiessling : anz. v. Plauti Truculentus ed. A. Speagel. 637
zugeleill, und mit recht: denn er kommt als lebrling, bereit sich in alle
geheimnisse der tnerelrices einweihen zu lassen und in allem zu willen
zu sein, in seinem munde sind aiso die worte die impera mihi . . modo
weit passender als in dem der schnippischen Aslaphium welche dem frie-
den noch nicht recht traut, die hauptschwierigl&eit liegt in v. 7, dessen
ziemlich gewaltsame hersteilung der hg. selbst als eine zweifelhafte be-
zeichnet, am wenigsten will der schlusz expecto osculum iuom ge-
fallen, da man nicht einsieht wie Stralullax dazu kommt einen kusz zu
erwarten,, und hr. Sp. hat diese Änderung sehr unglücklich durch aufOh-
rung von stellen zu stützen gesucht, in denen sich nahe verwandte
durch einen kusz begrüszen. er erinnerte sich zur unzeit nicht an die
bemerkung Donats zu eun. ill 2, 3 oscula officiorum suitl . . savia
Uhidinum vel amorum, eine für Plautus durchaus zutreffende beobachtung
— nur darf man sie nicht auch auf das bei demselben ausschlieszllch
vorkommende verbum osculari ausdehnen wollen, es ist ref. daher auch
durchaus zweifelhaft, ob Gamerarius conjectur zu I 2, 10 osclum {oculum
nCD) amicae usque oggerity welche hr. Sp. adoptiert hat, richtig sei.
an unserer stelle dürfte der Überlieferung näher kommen und dem sinne
angemessener folgende Änderung sein: Abt. quidümf Str. quia am-
[oin] ex pectore iructdenliam. vgl. Pseud, 144 nisi somnum socor»
diamque ex pectore octdisque amoveiis,
IV 2,2 f. ama id quod decit^ rem iuam: istum exindni.
nunc dum subest^ dum habet ^ tempus ei rei secündumst.
subest hat hr. Sp. im wesentlichen richtig für das hsl. iusti iubet ver-
bessert, nur dasz doch unmöglich der dativ i5/f , der auch in iusti nicht
schwer zu erkennen war, dabei fehlen kann, damit gihl sich dann aber
auch sofort dum habet als erklärung dieses dum isti subest zu erkennen,
und der baccheische tetrameter lautet ohne alle harten , nach beseitigung
dieses glossems : nunc dum isti subest , tempus ei rei secündumst. auf
die Streichung von dum habet war auch schon Geppert verfallen, der
diese phrase übrigens im folgenden verse unterzubringen suchte, der-
selbe lautet als trochäischer septenar bei hrn. Sp. : pröme [omnem'] ve-
nustatem^ amanti tuo uti gaudia compares mit einem falschen dacty-
lus im sechsten fusz. da die hss. omne weglassen und tuam uti und
cumpereis für tuo uti und compares haben, so schrieb Plautus vielleicht:
pröme venustaiem [/ ti a m] amanti ^ tua uti gaudia inpetret, tua
gaudia: die genüsse die ihn bei dir erwarten und die er bei dir sucht:
vgl. V 30. 31.
IV 2, 10^— 13 miszt und schreibt hr. Sp. als senare mit unter-
mischten cretikern:
Abt. sed öbseero^ da mihi öperam^ ut narrem quae volim»
Di. ndm quid est? nüm mea rdfertT Abt. non müssito.
intüs bolos dat — Di. quid^ amator novos quispiam?
Ast. integrum et planum adortust thensaurüm, Di. quis est?
wenn mit quid oder quis est nach sacheo oder personen gefragt wird,
von denen im vorhergehenden gesprSch in unbestimmter weise schon die
rede gewesen ist, kann im Plautmischen dialog kaum das demonstrativ-
638 A. Kiessling : anz. v. Plaut! Truculentus eü. A. Speogel.
proDomen fehlen, demnach ist sowol im zweiten verse nam quid [id]
est? als im vierten quis [tf ] est? notwendig einzusetzen, im driltcD
verse endlich lautet die hsl. fiberlieferong: rii/ttf bolos quos dai, wjs,
werde es nun als ausrufong yerstanden oder als abh^n/pge frage , weil
einfacher und ungezwungener ist als die unmotiviert bastige Unterbre-
chung der rede, welche lir. Sp. anntmt. denn dasz ein neuer Itebhaber
im hause ist, ist nach r. 8 fQr Diniarchus keine Clberraschung mehr,
dies alles zusammen läszt ref. vermuten dasz diese verse eben so wie di«
vorhergehenden als bacchecn zu messen und mit geringen 2ndemngea
so zu schreiben sind :
sed da tni^ obsecro^ öperam, ui narrem [tibt] quae volo,
IT nam quid [id] est? nutn med refertf f non mussiidbo^
intüs quos bolds daL IT quid^ amäior novos quis quam?
r itegrum St plenum adörtust thensaürum. IT [nam] quis
[is] estr
den ersten vers freilich möchte man lieber akatalektisch sehen, und viel-
leicht gelingt es anderen ihu auf eine leichte weise zu ergänzen.
IV 2, 19 wünscht Diniarchus einlasz: nön ego nunc inlro ad ros
mittar? Ast. quidum quam mües magis? dieser gebrauch von quidum
ist bei Plautus unerhört , da es sonst, soviel ref. bekannt, immer für sidi
allein steht und nicht in die construclion einbezogen ist. man wird daher
besser lesen: nön ego nunc intro ad vos mittar^ ^ qui tu quam mües
magis? darauf antwortet Diniarchus (v. 20): quia enim pius dedi, Ast.
plus etiam es intro missus^ quom dabas, etiam es hat hr. Sp. für
enimse gebessert; der Überlieferung noch näherkäme: pius nimio's
intro missus^ quom dabas, vgl. II 5, 20 wo hr. Sp. aus dem hsl. enim
scito sehr ansprechend eius nimis cito eruiert hat.
IV 2, 27 ff.
Ast. idem istuc delaium sdo.
de eö nunc bene sum tua virtute, Di. meane ut inimici mei
bona istic comedint ? mortuom kercle me quam id patiar ma-
veUm,
Aslaphium, die vor der thQr mit Diniarchus spricht, kann doch unmög-
lich sagen: ^ich lasse mir jetzt deine geschenke, das oibsonium^ gut
schmecken.' vielmehr sind es Phronesium und Strabax, die es sicli drin*
nen gflllich sein lassen, und dasz Diniarchus ihre worte so versteht,
zeigt seine replik meane ut inimici mei bona istic — nach dem
iiinern des hauses weisend — comedint? also ist zu lesen: de eo nunc
bene sunt tua virtute^ wie auch hr. Brix vorschlägt, der im übrigen die
stelle ganz ebenso wie hr. Sp. herstellt, dasz aber das hsl. cedent viel-
leicht niclit in comedint geändert zu werden brauche, sondern einfach
caedent gelesen worden könne, ist schon oben zu I 2, 12 erwähnt
worden.
IV 2, 52 nee mihi adest ad hilum pensi iam quo capiam caiceos,
adillum BCD. so schön auch ad hilum von Acidalius ausgedadit ist, so
s.i A^^y^ yfQ\ dqqIi einfacher und wahrscheinlicher das bereits von Casau-
Vorschlag gebrachte tantillum.
A. Kiessling: anz. v. Piauli Truculentus ed. A. Spengel. 639
Gewis nicht richlig ist auch hm. Sp.s Schreibung von IV 3, 12.
Diniarchus sieht wie Callicles mit zwei Sklavinnen ein verhör anstellt,
und vermutet sofort, er mochte wol nach dem Verführer seiner toditer
inquirieren. und da er sich dfeser schuld bewust ist, so schwebt er in
der grösten angst:
Stiam nunc quid sit negotii falsus incertusque sum^
nisi quia iimeo tarnen negoiium ei quid peccavi scio.
stall negotium ^t hat B ego net, CDego nee. daraus wird gewöhnlich ego
nee gemacht und diese zweite vershälfte einer der inquisitinnen in den
round gelegt, das letztere ist aber ganz unpassend, da nach v. 4 comme-
mini^ quo quicque pacto sitis confessae: scio die Sklavinnen bereits ein
geständnis ihrer peecata abgelegt haben und es sich hier um eine fort-
Setzung des verhörs handelt, unmöglich kann also eine derselben sagen,
sie wisse gar nicht was sie schlimmes gethan haben solle, hr. Sp. hat
tiaher sehr richtig die worte dem Diniarchus gegeben, aber seine weitere
finderung negotium et ist auch abgesehen von der fehlerhaftigkeit des
nietrums ziemlich matt und schleppend , nachdem bereits quid sit negoti
vorausgegangen ist, und quid peccavi scio doch zu selbstverständlich,
ref. möchte daher vorschlagen: nisi quia timeö tamen egomet {ne']
quid peccavi sciat, zu nicht geringer besläligung dieser Vermutung
ma;; gelten , dasz auch hr. Brix fast auf genau demselben wege den vers
herzustellen sucht, indem er ego ne quid peccavi sciai vorschlügt —
freilich mit harter betonung im vierten versfusze.
Indem nun Callicles die beiden deliuquenlinnen abgesondert aufslellt
und einzeln ausfragt, wendet er sich zunächst an seine sklavin (v. 15}:
quid püero factumst , mia quem peperit filia ,
me6 nepote ? capita rerum expedile, IT islae dedi.
unverständlich ist hier nach dem vorausgegangenen der plural expedite:
Plautus schrieb vielmehr expedi tu wie v. 14. 22. 25 loquere tu,
IV 3, 40 f.
Ca. et tibi quidem hercle idem [isticl attulit magnum malum.
A. de istoc ipsa etsi tu taceas^ reapse experta inteUego,
die härte welche in dem hyperbaton de istoc . . etsi tu iaceas liegt,
während jeder unbefangene leser de istoc in sprachwidriger weise mit
intellego zu verbinden wünscht, fühlte wol hr. Sp. selbst, indem er in
der nole hinzufügte: 'non male Geppertus ne istuc pro de istoc.* leich-
ter war aber jedenfalls mit hinzufügung noch eines ^chstaben zu schrei-
ben: idem istuc ipsa . . intellego, vgl. für idem istuc die von Bitschl
opusc« II s. 418 beigebrachten stellen, eine kleinigkeit ist dann ferner
noch in vers 4G herzustellen, nemlich: meum üluc facinust^ mea
sluliitiast: iimeo quam mox nominer^ wo die hss. fadnus ohne est
bieten.
IV 3, 57 ff.
nön vinum hominibus moderari^ sed homines vino soleni^
qui quidem probi sunt: verum qui inprobusi^ siurnas bibit^
sive adeo caret temeto^ tamen ab ingenio inprobust.
640 A. Kiessling: anz. v. PIjqü Truculentus etl. A. Spengel.
dem sinne genugl gewis si umas bibii^ wie lir. Sp. für das comiple si
quam sibibii rerinutet bat ; dasz dies aber in den zagen der öberiiefe-
rung liege, wird er selbst kaam bebaupten wollen, diesen entspricht
es Welniehr, nenn wir lesen: qui quidetn probt suni^ verum qui ipro-
bust cu[ji\am si bibil. ganz ebenso ist culpam confers v. 55 in Cl>
in quipinam confer verderbt cupa ist das grosze bölzeme weinfasz:
mag also der tatigenichts den wein sanmweise trinken oder gar nicht, er
bleibt ein laugeniclils. ganz mit demselben bilde sagt noch Horaz saL
11 8, 39 inveriunt Mifanis vinaria iota Vibidius Balatroque.
Als dann Diniarchus sein vergehen eingestanden hat, die skbvianeo
aber noch in fesseln dastehen, mahnt eine derselben — doch wol die
iansirix der Phronesium — den Caliicles daran sie nun loszulassen
(v. 62):'
Cdüides , tnde quaeso insignem ne facias iniuriam :
rius solutus causam dieit^ iestis vinetos atiines.
quaeso insignem ne ist conjeclur von Geppert; die hss. Iiaben quaesamne
BD oder quae somneim C. noch naher käme vielleicht der fiberliefening
und jedenfalls Plaulinischer wäre: Caliicles^ tnde quaeso insonti ne
facias iniuriam, vgl. Men, 806 tu male facis^ quae insoniem in-
simules.
IV 4, 12 ff.
scio equidem sponsam tibi esse et filium ex sponsa tua
et tibi uxorem ducendam iam esse: \alibi iam animum tuom.
üt me quasi pro derelicta sis habiturus,
fär das corrupie alibi iam hat hr. Sp. novi geschrieben , und sicherlicb
kann vor animum tuom kaum etwas anderes als dieses wort gestanden
haben, aber ebenso sicher ist es wol, dasz alibi iam nicht aus nom'
verderbt sein kann, vielmehr scheint novi animum tuom ende eines
neuen verses zu sein, und der vorhergehende lautete, nach tilgung des
unuülzen einschiebsels iam esse: St tibi uxorem ducendam [Cjalliclai
[fiQiam,
IV 4, 24 factum cupio: nam aliter facere si velim^ non est
locus* Diniarchus wünscht, er hätte bereits zugestanden dasz Phrone-
sium den knabon noch drei tage behalten kdune, und hätte nicht mehr
nötig einen enlscblusz In dieser angelcgenheit zu fassen : denn abschlagen
könne er es ihr ja doch nicht, ffir aliter^ was von Geppert vermutet
worden ist, haben al^r die hss. blosz re. vergleichen wir nun mit unse-
rer stelle folgenden vers des Pseudolus (437): vetus nölo faciat, IT al
enim nequiquam nevis: \ vel tu ne faceres tale in adulescentia: so
kann ref. nicht umhin zu vermuten , dasz das alte Latein neben so vielen
anderen zum teil verschollenen und obsolet gewordenen verbalcompo-
sitionen mit ne oder nec^ von denen manche wie nescire nequeo und
neglegere sich bis in die classische zeit erhalten haben, auch ein ne facere
gleich non facere^ omittere gebildet habe, dies hier eingesetzt wörde
kaum merklicher änderung lauten: factum cupio: nam
^elim , non est locus.
A. Kiessling: anz. v. Piauli Truculeiitus ed. A. Spengd. '641
IV 4, 36 ff.
tta sunt gloriae meretricum, Ast. ah, tace. Phb. quid est^
obsecro?
Ast. ddesi [paier] puerü Phr. sine eumpse adire huc: sine^
si is esty modo,
viden eumpse adire ui coepit? ad me^recia se tenel.
im ersten vers hat Gepperl ah für das hsl. aha gebessert: er hätte vah
schreiben sollen, wie Pseud. 208 vah face. T quid est? T male mihi
morigeru^s. im dritten verse hat hr. Sp. viden eumpse für das sineum
ipse der hss. eingesetzt und dadurch die offenbare dittographie ver-
dunkelt, sine eumpse adire ist natflrlich als irrige Wiederholung aus
dem vorhergehenden verse auszuwerfen, und der verloren gegangene
versanfang etwa so zu ergänzen: [ad me pergit porro^ ut coepit: ad
me recta se tenet,
VlOff
puero opust cibo^ opus est autem matri quae puerum lavit,
öpusl nutrici^ lacte ut habeat^ veteris vini largiter,
üt dies noctesque polet.
Phronesium zählt auf, was alles zur erziehung des kindes nötig sei : der
junge will leben , ebenso die mater quae puerum lavit^ die amme will
wein haben usw. wer ist nun die mater quae puerum laviH hr. Sp.
verweist auf Men. prol. 19 wo die mater quae mammam dahat von der
echten mutter unterschieden werde, dasz die amme, die nutrix^ aucli
mater genannt wird ist nicht auffallend ; gerade sie kann aber an unserer
stelle nicht mit der mater quae puerum lavit gemeint sein , da sie erst
im folgenden ausdrücklich genannt wird, und was soll autem hier wo
alle glieder der aufzählung asyndetisch sich aneinanderreihen? warum
endlich nennt sich nicht auch Phronesium selbst unter denen die zu
leben nötig haben ? da nun die hss. matri aulS haben , so liegt die Ver-
mutung nahe malri auf die Phronesium zu beziehen und in autem einen
dativ zu suchen, an den sich die folgende relativbestimmung anschlieszt.
schrieb etwa Plautus mit hiatus in der diäresis: püero opust cibo^ opus
est matri ^ dnui quae puerum lavit — ? die weglassung von opus est
im dritten gliede wäre nicht auffallender als in v. 13 fasciis opus est^
pulvinis^ cunis incunäbulis: öleo opust usw.
V 15 nümquam uno hoc die ecficiatur opus quin opus semper
siet. erfordert nicht der gegensatz dasz man unum lese?
V 28: Strabax hat die Phronesium schon einmal angerufen, v. 25
heus amicoy quid agisT sie möge sich vom Soldaten losmachen und zu
ihm zurückliehren. darauf wiederholt er diese aufforderung :
Phr. cöndidi intro quod dedisii, Str. fadest^ amica^ te ad-
loquor,
Phr. dt ego ad te ibo, meae deliciae, Str. hercle vero serio.
für das corruple adest schreibt hr. Sp. wenig wahrscheinlich heus; eher
möchte in diesen zögen liegen: audisti^ amica? te adloquor.
V 62 übist quod tu das? solve zonas, provocator^ quid times?
nur ^ine zona trägt doch der vom land hereingekommene Strabax, also
Jahrbücher für'eUM. phUol. 1868 hft. 9. / 42
^42 A. Kiessting: ans. ▼. Plaoü TrocaieoliR ed. A. ^pengeL
ist tu lesen: solve ionam, auf diese aufTordenuig erwidert SCrdox mit
aofziUmig dessen wts er geben wofle aber nicht bei sich habe, d^L er ja
hier wohne (▼. 64 f.):
pecua ad hone edUo in erunUna ego ahUgata dtftro
q uid de du ui desirinxi homtnem! f immo ego vero gm dedL
ffir quid dedi will br. Sp. vide licet schreiben, da dieser Tersanfang nor
anticipation des Tersschlosses qui dedi sei. allein gerade dieser vers-
schlusz erfordert, um den nötigen gegensatz herzustellen, dasz nun Im
anfang lese qua^ dabo und dann entweder mit Umstellung vi homUmem
desirinxi oder ui desirinxi homonem, so gewinnt dann auch erst die
antwort der Pfaronesium (v. 68): iüdedisii^ [^] <^"* daiurusi:
istuc haheo^ hoc expeto ihre rechte bezlehung. übrigens ist fQr hie viel-
mehr isie , was nach dedisH so leicht ausfallen konnte , zu ergänzen.
V 73 f. lauten In den hss.:
meamque ui rem debere negesiam^ vosiram rursum bene
geram,
romabo. si quid animaiusi fadare faciam ui sciam.
hr. Sp. schreibt Im ersten verse dem sinne nach richtig aber gewaltsam
rem habeo bene ^., im zweiten aber gewis falsch iniro abeo. denn nach-
dem Phronesium v. 66 den Soldaten hineingeschlclct hat, der sich t. 70
brummend entfernt hat, ist Strabax noch auf der bühne, und sie musz
nun notwendiger weise an diesen die anfTorderung richten sich mit ihr
zusammen in das innere des hauses zu begeben, in iniro abeo würde
aber liegen, dasz sie selbst hineingeht und ihren liebhaber drauszen
stehen iSszt. ref. möchte daher lieber lesen:
meamque ui rem vide 6 bene gesiam^ vösiram rursum bine
geram.
i iniro^ amabo; quod animatu's facere fac iam uii
sctam.
animatü*s und fac iam uH war flbrtgens schon von Bolhe gefunden wor-
den , sowie amabo von Gamerarius. und nachtraglich bemerlie ich auch
dasz bereits Ritschi opusc. II s. 260 im ersten verse Video herstellen
wollte, wenn auch nach gesiam^ wodurch allerdings der rythmus gewinnt.
Noch manche unwichtigere stelle wSre zu erwähnen gewesen, In be-
treff deren ref. die ansieht hrn. Sp.s nicht zu teilen vermag; allein alles
im einzelnen zu erörtern würde den umfang dieser besprecimng Ins un-
mäszige ausdehnen, wir schlieszen mit dem wünsche, dasz sich jetzt, wo
der anfang gemacht ist, die aufmerksamkeit der Plauluskriliker wieder
in erhöhtem masze dem so lange vernachlSssfglen slficke zuwenden möge,
und in der hoffnung wenigstens einiges brauchbare zur heilung seiner
schaden in dem vorstehenden beigetragen zu haben.
Basel. Adolf Kibsslinq.
Gb. Cron : zu Cicero de oratore [II 62, 209]. 6tö
B7.
ZU CICERO DE ORATORE.
In dem zweiten bacbe der schrifl de oraiore^ fn welchem Antonias
das wort führt, wird vom 43ii capitel an von der einwirkung auf die ge-
rn flter der ztthörer gehandelt und besonders die invidia hervorgehoben,
die Antonius als die heftigste aller gemOtsbewegungen bezeichnen zu
dürfen glaubt, die unmittelbar folgenden worte (52, 209) lauten: inui-
deni auiem homines maxime paribus aui inferioribus ^ cum se reHctos
senltunt^ ittos auiem dolent evolasse; sed etiam superioribus invidetur
vehementer ei eo magis^ si tnioleranUus se iaeiant et aequabiliiaiem
communis iuris praestaniia dignitatis aui foriunae suae iranseuni.
quae si inflammanda suni^ maxime dicendum est non esse viriuie
parta^ deinde etiam tritiis atque peccatis^ tum^ si erunt honesiiora
atque graviora^ tarnen non esse tanii utta merita^ quania insolentia
hominis quantumque fasiidium. so lautet die stelle, soviel ich weisz,
auch in den neuesten ausgaben ohne eine Verschiedenheit der lesart. und
doch bietet ein ausdruck erhebliche Schwierigkeiten , wie wol jeder leser
fflhlen wird: ich meine das wort inflammanda, achtet man auf die
eigentliche bedeutung und den gewöhnlichen gebrauch, so würde man
darauf gewiesen sein als subjecl invidia zu denken, was das syntaktische
verbSltnis des satzes nicht gestattet, dieses nötigt uns das wort auf die
eben genannten vorzQge, dignilas und fortuna zu beziehen, aber was
soll das heiszen: dignitatem und fortunam inflammarel der neueste
erklarer, Plderit, umschreibt den ausdruck in folgender weise: 'will man
diese viel beneideten vorzflge durch die faces dicendi (§ 205) einer noch
gesteigerten invidia preisgeben , so dasz der funke in heller flamme auf-
lodert.' dasz aber durch diese erklärung dem worte inflammare viel,
sehr viel , leicht mehr als es tragen kann, aufgebflrdet wird, und zwar in
einer stelle wo weder dichterische IVeiheit noch rednerische kflhnheit,
sondern trockene erörterung wallet, dürfte kaum zu verkennen sein.
Plderit bringt allerdings eine parallelstelle bei, die ebenfalls mehr be-
achlung verdient, als sie bei den lexikographen gefunden hat. es ist die
stelle aas dem orator (28, 99) , wo Cicero von den verschiedenen arten
der redekunst spricht und die»verwerflichkeit des strebens derjenigen
darthut, die nur auf die höchsten kunstmittel ihr augenmerk richten.
qui enim sagt Cicero nihü potest iranquiUe^ nihil leniter, nihil partile
definite distincte faceie dicere^ praesertim cum causae partim totae
sint eo modo^ partim äliqua ex parte tractandae: si is non praeparatis
auribus inflammare rem coepit^ furere apud sanos et quasi inier
sobrios bacchari vinolentus videtur. allerdings sagt hier Cicero Inflam*
mare rem in dem sinne 'etwas in der eindringlichsten und wirksamsten
weise darstellen'; allein von diesem begriff bis zu dem an der andern
stelle geforderten ist doch noch ein weiter weg. dort ist dasjenige was
hier gar nicht ausgedrückt ist gerade die hauptsache. der Zusammenhang
verlangt offenbar einen ahnlichen begriff, wie er etwas weiter oben vor-
42*
644 Cb. Gron : za Cicero de oratore [II 52, 209].
kommt in den ausdrQclien odium strtiere und iracundiatn excüare^ nur
auf die innidia bezogen, dieser forderung würde aufs beste entsprocheo,
wenn man statt inflammanda läse infamanda. denn infamare d^m-
iatem kann man wo! unbestreitbar in dem sinne sagen , dasz man das
was als Vorzug gilt in ungflnstigem lichte darstellt und dadurch der
person, die diesen Vorzug besitzt, misgunst erweckt; und dasz dies
Cicero meint, zeigen die unmittelbar folgenden worle. man könnte viel-
leicht versucht sein, um inflammanda zu retten, för quae eine andere
beziehung zu ermitteln, und diese in den worten ii . . iranseuni zu finden
glauben, indem man zugleich auf die zweiteilige gliederung gewicht legte,
allein fürs erste enthalten die beideu durch el verbundenen glieder doch
nicht einen zwiefachen begrilT, sondern nur den ^inen der überhebung
über andere; dann wäre der fibergang zu einem andern subject bei paria
doch selir hart; und schlieszlicli, würde denn wirklich der ausdmck leich-
ter und natürlicher? gewis nidit in dem grade, dasz man um des willen
die anderen übelstände leichthin mit in den kauf nehmen mochte, liest
man infamanda^ so schreitet die rede wirklich ohne hindemis und he-
schwerde fort und steht mit der vorhergehenden erörterung in bestem
einklang..es ist von verschiedenen gemütsstimmungen , die der redner
hervorzubringen im stände ist, die rede; zuerst eiugehender von der
liebe, dann von hasz und zorn und zwar sowol von der erreg ung
als von derbeschwichtigung dieser emp6ndungen. fast nur erwähnt
werden furcht und hoffnung, freude und verdrusz; das haupl-
gewicht wird aber auf die misgunst gelegt, und aucli hier sowol die
erregung als die beschwichtig ung derselben ins äuge gefaazU von
ersterer wird in der oben ihrem Wortlaut nach dargelegten stelle ge-
handelt; von letzterer in dem sich unmittelbar daranschlieszenden satz,
welcher mit den worten ad sedandum beginnt, man könnte nun daran
anstosz nehmen, dasz der gegensatz nicht streng im ausdruck eingehalten
ist. das gälte aber gerade so gut bei der lesart inflammanda^ wie wenn
man infamanda dafür setzt, denn auch bei jenem wäre ja doch nicht
der begriff zu denken , auf den das absolut gebrauchte sedandum führt,
nemlich invidia oder animus^ und daher in der that sedare nicht als
reiner gegensatz von inflammare zu fassen, der gegensatz liegt eben
nicht in diesem gliede , sondern in dem ganzen satze von invideni bis
fastidium , dessen ausführung durch die Unterscheidung von pares und
inferiores und superiores bestimmt ist vielleicht aber hat gerade der
scheinbare gegensatz, auf welchen das wort sedare führt, das Verderbnis
veranlaszt, wobei auch die erinoerung an die faces dicendi^ die man ja
auch bei der erklärung des ausdrucks inflammanda zu hülfe nimt, mitge-
wirkt haben mag.
AuasfiüRQ. Chbistia» Cbon.
A« Eussner: aoz. v. W. S. Teuffei über Salluslius und Tacitu». 645
88.
ÜbBB SAUiUSTXUa und TaOITUS von DR. WlLH£LM SlQlfUND
Teüffei«. (nniversitätsprogramm.) Tübingen , gedruckt bei
li. F. Fues. 1868. 47 s. gr. 4.
Vor mehreren jähren hat in diesen Jahrbüchern hr. prof. Tenffel dar-
auf hingewiesen, der grandrisz der römischen litteratnr von Bemhardj
— ein werk das seit mehr als einem menschenalter geradesu allen deut-
schen Philologen lehrer geworden ist — werde von der leider nnyoll-
endeten bearbeitnng der griechischen litteratnr desselben gelehrten da-
durch fibertroffen, dass diese durchaus die exacteste specialforschnng^
erkennen lasse, die man in jenem bisweilen vermisse, diesen Vorzug
genauer detailarbeit scheint hr. TeufFel in seiner im erscheinen begriffe-
nen rSmischen litteraturgeschtchte besonders angestrebt zu haben, vor-
bereitet durch zahlreiche artikel desselben vf. in der von ihm geleiteten
realencjclopädie ist dieses bnch, wie man bereits nach der früher mit-
geteilten probe fiber Cicero urteilen konnte, durch volle beherschung
des Stoffes, seltene akribie der forschung und einfache klarheit der dar-
stellung ganz geeignet manche einzelschriften überflüssig zu machen,
ref. wenigstens gesteht dasz er, durch die jüngst veröffentlichte weitere
probe 'über Sallustins und Tacitus' veranlaszt, eine nahezu druckfertige
monographie über Sallustins zurückzuhalten gedenkt, er begnügt sich
zn Teuffels abhandlung ein paar anspruchslose bemerkungen nachzu-
tragen, für welche er wol, ohne misdentung fürchten zu müssen, statt
der bescheidenem die kürzere form wählen darf.
8allnstius. L leben und Charakter, s. 1 anm. 1 fehlt für den
Saturnier ierrd pestim tenito^ »dtua h(c manito bei Varro das citat de re
rust, I 2, 27. — 8. 2: die Schreibung Saütutiuf 'scheint auch der Medi-
ceus bei Tacitus zu haben\ wamm scheint,, da doch Bekkers, Bai-
ters und Ritters collationen ann, III 80 übereinstimmen? — 8. 2 anm. 3:
zur beschönigung seiner entfernung aus dem Senate spricht Sali, anch
lug, 4, 4 quae genera homiman in genatum pervenerint, — 8. 3 war Asco-
nius nach Halm zu citieren: in inoidiam eiiam de Cicerone und rediste in
gratiam. — 8. 3 anm. 4: Pseudocic. refp. c. 6 übt T. textkritik, indem
er in senatum per (statt poet) quaegturam reducttu est schreibt, er durfte
auch s. 2 ebd. c. 6 vendidii streichen, das zu venaie habuit glossem ist:
vgl. c. 6, 27. — 8. 4 anm. 6 (vgl. s. 19 anm. 6 und s. 20) ist die stelle
Suet. gr, 10 über Atejus endlich richtig interpretiert, die worte cobät
poitea famüiarissime C. Salbistium et eo defuncto Asiwtum PoUionem, quos
hiitoriam eomponere aggreuoa alterum hreviario rerum omnium Romanarum,
ex quibus quas vellet cKgeret, instruxit, alterum praeeepiis de rattone seri-
bendi halte nemlich Bemhardj röm. litt. (4) s. 666 und 252 so erklärt,
als habe Sali, nach Atejus seinen stil geformt und PoUio von demselben
anweisung zur historiographle erhalten, die unbefangene betrachtung
der stelle und der folgenden worte bei Sueton, besonders des von Ate-
jus an PoUio erteilten rathes vitet maanme obecuritatem Sallusti usw. lehrt,
dasz 8alL die Übersicht der römischen geschichte, PoUio den stilisti-
schen tractat empfangen haben musz.
II. Schriften, s. 6 anm. 1: Salhatius in Catilina citiert z. b. auch
GelUus (III 1, 1). VI 17, 7. IX 12, 9, XX 6, 14. — 8. 6 anm. 3: quelle
für den Catilina waren auszer den reden des consuls und eigner er-
innerung gewis auch aufzeichnungen von Bmtus (vgl. die s. 7 citierte
stelle Cic. ad Att, XII 21, 1), dessen Interesse für geschichte aus Cic.
ad Att. XII 6 und XIII 8 bekannt ist. — Ebd. werden sachliche unge-
nauigkeiten im Catilina angeführt: zu 31, 9 (nicht 19) war Cic. p, Mur,
26, 61 zu vergleichen, auszerdem finden sich ungenauigkeiten in ge-
legentlichen notizen: 9, 1 eoncordia maantma, miTtuma auaritia^ 51, 5 in*
646 Ä. Eossaer: aoz. v. W. S. Tcuffel über Sallustlus und Tacito^.
punUos eoi dimitere (sc. RhoeUot) Tgl. Momnuien röm. gesch. I^ s. 785;
61, 39 Graedae morem irnUati verberibus anSmadvortebant in ehns. — S. 7:
nicht nur 'die officiellen ehren- and dankesbezeigangen für Cicero^ ver-
schweigt Ball., sondern er gedenkt auch der zweiten und vierten Cati-
linarisehen rede gar nicht und begnügt sich beaügUch der dritten mit
der audeutung des im volke (durch die dritte rede) erregten enthusiasmiis
für den consul Cai. 48, 1. — S. 9: der titel lugurtha steht z. b. auch bei Gel-
lÄQS I %2, 16. IX 14, 26 nnd Suet. de poetü s. 22 Reiff. den titel kisimia Ivgur-
tJünahei Gellioa XVI 10, 16 hat T. übergangen. — S. 9 anm. 2: polemik
gegen die potenüa paucorum (nabäüas) findet sich auch aoszer den ange-
zogenen stellen noch Jug. 31, 2. 9. 19. 41, 10. 42, 4. or. Lep. 23. Maeri 27.
hUt. fr. I 10 (Dietsch); Cai. 23, 6. 38, 2. 43, 2. lug. 5, 1. 13, 5. 27. 2.
30, 3. 64| 1. 86, 37. — In dem citat Ferr. V 48, 126 mnste es heissen
pervetäre (statt venire), — T. sagt mit recht. Sali, stelle nicht die ange-
hörigen der nobilitttt (wie Metellus) oder den Sulla in schatten, als
beleg für Metellas vgl. lug. 43, 1 aeri viro et quamquam advorso popuU
parüum, fama tarnen aeguabiU et inviolata und 45 j 1 magnum et »apieniem
otrum fuiese comperior. für Sulla vgl. 95, 4 numguam super mAteiriam
fortuna fuit, tnuUique dubitaoere fortior an feHdor esset, — S. 10 anm. 4:
zu dem eacurs lug, 41 f. konnte der ähnliche Cai. 38 f. verglichen wer-
den. — Im Jag. 'sind viele gedanken und ausdrücke aas dem Catalina
wiederholt', auch im Cat. selbst finden sich auffallende Wiederholun-
gen, z. b. in den beiden reden c. 20 and 68. — S. 11: in der Charakte-
ristik der historien vermiszt man eine andeatong über die vorwaltende
rücksicht auf Iftnder- und Völkerkunde, wie sie auch bei Cäsar (6. g.
VI 11-28. V 12 ff.) und Tacitus (vgl. Biese in der Eos H s. 196 und
T. s. 32) sich findet. — S. 11 anm. 1: 'die geschichte Sullas nicht zu
beschreiben' dazu soll den historiker 'die Schwierigkeit diesem atoffe
gegenüber die geschichtliche Unparteilichkeit zu bewahren' bewogen
haben, unmöglich: wagte es ja doch SalL sogar zeitgenössische ge-
schichte wahrheitsgetreu (Jusi. prooem.) zu schreiben. — S. 12: 'der
zweite und dritte Vaticinus' waren genauer zu bezeichnen Urbinas 411
and Vat. 8416. — S. 12 anm. 3: das fragmentum Berolinense ist nicht
'von G. H. Pertz aufgefunden', sondern von Heine und nur von Perta
(Berlin 1848) zuerst euert. bezüglich dieses fragments und der schedae
Vaticanae war genaue und vollständige lltteraturangabe wünschen«-
werth: Heerwagens behandlung steht in Krejssigs angeführter ep. ad
Kritzium, dessen erste commentatio schon 1849 erschien, sonst waren za
nennen die aufsätze von Th. Mommsen her. d. sächs. ges. d. w. II (1860)
s. 196 und Huschke z. f. gesch. rechtswiss. XV s. 273; femer aus jüng-
ster zeit Jordan im Hermes II s. 81 ff. und Urlichs im rh. mos« XXUI
s. 93. — Die reliquiae Vaticanae hatte Kreyssig schon vor dem erschei-
nen der ausgäbe von Mai (class. auct. I) nach einer abschrift Niebahrs
behandelt (Meiszen 1828/29). übrigens waren dieselben schon längst aas
den schätzen des Petrus Daniel von Janas Douza: ad C. Sali. Crispi bist,
libros notae (Antwerpen 1680) ediert, durch D. Petavius an königin
Christine gelangt und von Freinsheim suppl. Liv. XCV 6 — 10 benutzt
(vgl. Dietschs ausgäbe 1869 II s. 84). — S. 13: ausser den nachtragen
zu den historien, welche Schmitz und Usener geliefert haben, war noch
das von F. Umpfenbach aus den scholien des codex Bembinas des Te-
rentius mitgeteilte fragment (Hermes II s. 375) anzuführen. — B. 14
werden die vorschlage in dem zweiten briefe an Cäsar angegeben, dar-
unter aus c. 8 'wähl der behörden durch die vom loose geordneten fünf
dassen'. das ist untenan: vielmehr sollen ohne rücksicht aaf die
classeneinteilung nach dem loose die centurien stimmen: plaeei lex
quam C. Chraechus in iribunaiu promulgaverai , ui ex eonfusis quinmie das-
sibus Sorte eeniuriae vocareniur, — Den Verfasser beider briere 'setzt
OrelU in die aeit des Fronte, wo Sali, in der mode war': vgl. Jordans
" "^g über die eutstehung der briefe im Hermes I s. 233 ond dessen de
A. Eussner: anz. v« W. S. Teaffel aber Salluslios und Tacitus. 647
BaaBoriis ad OaeBarem Benem de re publica inBcripÜB eommentatio (Berlin
1868). wünsebenswerth wäre die bemerkung geweBen, dasz die briefe
von den alten Grammatikern nicht erwähnt werden ; femer dasz anter den
neoern zaerst der um Sali, hochverdiente Carrio sie dem hiBtoriker abge-
sprochen hat, worin ihm Lipsius, Kortte, F. A.Wolf n. a. folgten, während
sie J. Douza für echt erklärte. — S. 14 anm. 2: bezüglich der inveetiva
in Cicwonem helszt es, Qnint. XI 1, 24 sei eine hindeutung auf diese
rede: die stelle ist c. 4 quem Minerva omnes artet edoeuil, — S. 16: für
die aus inv. 2, 1 angeführten worte fiHa mairis paelex war Cic. p, Cluentio
70, 199 zu vergleichen. — Das citat aus Diomedes I steht s. 382. 7 P.
=s 887, 6 K.: Didita aü de SaUuetio. danach denkt Oerlach an Didy-
mns(!) als Verfasser der responeio in SaUuetium^ vgl. Wölfflin im philol.
XVII s. 547 (nicht 347). — Die Übereinstimmung des Cassius Dion mit
der responsio könnte auch auf einer gleichen quelle beruhen und setzt
nicht notwendig eine benützung des rhetorischen kunststücks durch den
geschiehtBchreiber voraus. — Ueber die basis der kritik für die decla'
maäones liesz sich eine andeutung erwarten: von einer collation des
Leidensis (C bei Haverkamp) nr. 63 spricht Wölfflin a. o. — 6. 15
anm. 1: in der aufzählung der alten commentatoren vermiszt man eine
notiz über den 'anonymus ad Sali. Cat. ex membranis Pauli Stephani'
in Goldasti notae ad Eginhardum s. 175 (vgL Fabricii bibl. lat. I s. 240.
Saringar bist. crit. scholiastarum lat. I b. 254 — 259). — Hier war wol
auch der ort für erwähnung des Arusianus Messius: vgl. M. van der
Hoeven im anhange zum specimen de nonnulUs locis veterum scripto-
rum (Amsterdam 1845). — S. 16 rechnet der vf. zur zweiten, Jüngern
classe den 'Yaticanus 8325 saec. XII'; die hs. ist aber saec. XI und
gehört zur ersten classe, hat jedoch lug. 103, 2 — 112, 3 als nachtrag
von erster band: vgl. Jordan in seiner ausgäbe s. V und im Hermes
I s. 248. — Die collation eines Barcelonensis ist teilweise mitgeteilt
von £. Yolger im philol. XIV s. 759 f. — Bei anführung der Schrift von
J.C.Wirz de fide atque auctoritate cod. Paris. 1576 (Aarau 1867) war zu
bemerken dasz dieselbe gegen Jordan gerichtet ist, vgl. s. 4: 'non sensit
(lordanus) P ^ (1576) cum P (600) arta propinquitate ita coniunctum
esse, ut gemellos eos dizerim.' — S. 17 anm. 4: zu den kritischen und
exegetischen abhandlungen sind insbesondere naohzutracen £. W. Fabri
observ. in aliquot S. locos, Nürnberg 1828; C. Wex de difficilioribus
aliquot S. et Thucydidis dictis, Schwerin 1833; femer Th. Mommsen
im Hermes I s. 427 ff. Bitschi im rh. mus. XXI s. 316 ff.
IIL schriftstellerischer charakter. s. 18 anm. 1: nekrologe
widmet Sali. z. b. den Gracchen lug, 42,. den brüdern Philaenus ebd. 79.
— Ueber den aemulia Thucydidis vgl. auch C. C. Eberstein de.;^ Thu-
cjdidem imitante (Lund 1811) 18 s. 4. als naohahmer des DeraosM^enes
wird Sali, von T. Castricius getadelt bei Qellius II 27, 3; hIs nach-
ahmer des Eupolis erscheint er ebd. 1 15, 12. — S. 19 anm. 4 sagt Teuffei:
^von den bei Sali, vorkommenden briefen ist der des Lentulus an Cati-
lina (Cat. 44) historisch (vgl. Cic. in CaL lU 5, 12); und ähnlich scheint
es sich mit dem briefe des Catilina [an Catulus 36] und dem des Pom-
Eejus an den Senat [/ust, Ul 1 Kr, II 96 D.] zu verhalten.' das wort
is torisch könnte so gemeint sein, als ob man hier eine abschrift
des originalen briefes besitze; indessen will wol der vf. mit dem unbe-
stimmten ausdruck nur sagen, dasz wirklich ein brief geschrieben wor-
den sei, abgesehen davon ob er genau so gelautet habe, wie wir ihn
bei Sali, lesen, im ersten falle käme der vf. mit sich selbst in wider-
sprach, da er s. 11 von der einfiechtung 'ausgearbeiteter* briefe in den
historien spricht, während ihm hier der brief des Pompejus an den senat
auch historisch zu sein scheint vgl. über diese frage Kratz in diesen
Jahrb. 1865 s. 845 f. und richtiger Nipperdey spicileglum crit. in Cornelio
Nepote s. 87; Halm zu Cic. üi Cat, a. o. — S. 19 anm. 5 hat T. die urteile
des altertums über die spräche des Sali. gcBammelt. als novator verborum
648 A. Eussner: anz. v. W. S. Teuffei Ober Salliulius und Tacitus.
bezeichnet Gelliue den Sali, anszer den von T. notierten stellen noch X
21, 2, weil er ein novum et ünprobum verbum, VI IT, 8 weil er ein naobtsper-
vulgatiutque gebraucht habe, gelobt wird Sali, als proprietaium in verbu
reiinetUiMsimus X 20, 10 und als purignme locutus IX 14, 21. 26. — S. 20 sind
die angaben über die brachylogie , die grKcismen und archaismen zu-
sammengestellt, das citat bei Statins SaUuiti brevi» steht übrigens nicht
Tkeb,^ sondern tih. W 7, 56. — Aach über den poeüaa cotor gibt Gel
lins andentungen, wenigstens spricht er lU 1, 6 von einer etraadomtio
poetiea und stellt Sali, mit Yergilins, Piautas und Ennius ausammen
VI 17, 11 (allerdings bei sprachlichen erörterungen de tigm/icatione vo-
ciAfult). — Die susammenstellnng mit Cato findet sich nicht nur bei
Fronto, sondern auch bei dem Frontonianer Gellins II 17, 7. X 21, 1
— lieber Sulpicius Severus und Sali. vgl. J. Bemays imrh. mns. XVI
s. 817 ff. — Zu den nachahmem des Sali, gebort auch L. Septtmins:
vgl. Dederich an Dictys Cret. einl. s. XXXVI. spuren der nachahmimg
fand bei Vellejus Paterculus schon Ruhnken: vgl. Vell. I 12, 5 Bomm
imperti Carthago aenaUa mit Cot, 10, 1 Carthago aenutla imperü Romani, aadi
bei Florus finden sich reminiscenzen aus Sali., z. b. II 12, 1 vgl. mit
Cat, 16, 4; U 12, 12 vgl. mit Cat. 61, 1 ff.; I 47, 2 vgl. mit lug. 41, 8.
über Aurelias Victor als nachahmer des Sali. vgl. Jordan im Hermes I
8. 234. 236. — S. 21 anm. 8: bei den litteraturangaben vermiszt msn
andentungen über den standpunct einzelner werke, so über die apologe-
tische tendenz des buches von O. M. Müller und über die dagegen sn-
kSmpfende schrift von Löbell usw. — Endlich durfte man ein wort über
die von A. Schöne in diesen jahrb. 1866 s. 751—756 neu angeregte frage
nach dem Verhältnis einzelner fragmente zu den EmpedoeUa Saiitatü (Cie.
ad Quint, fr. U 9 [11], 4) erwarten.
Tacitus. I. lebensumstttnde. s. 23 anm. 3: von dem bei PÜ*
nius not. MeU YII 17, 76 erwähnten fitha ComeiU TaciH eqmtis R<mm
Belgieae GaUiae raüones proeurantU heiszt es, er 'könnte sehr leicht
der vater des geschichtschreibers sein\ den beweis für die mog-
lichkeit führt Urlichs ehrest. Plin. s. 50: nemlich die zeit stimmt ge-
nau, da ihn Plinius bei seinem aufenthalt in Gallien und Germanien
im j. 52 sah. — Es konnte bemerkt werden, dasz das 'angesehene hans^
des Tacitns — von den alten Cornelii natürlich verschieden — seinen
Ursprung wol auf die Sullanische zeit zurückführe. — Die fHiher mehr-
fach besprochene Inschrift Or. 1169 durfte hier wenigstens genannt wer-
den. — S. 24 folgt nach den erorterungen über das geburtijabr des
Tacitus sogleich eine Schilderung seiner politischen lauft>ahn. ref. ver-
miszt dazwischen andeutungen über den bildnngsgang des Tacitus. die-
ser beritihtet dUü, 2 selbst, dasz er sich an redner verschiedener rich-
tong, M. Aper und Jalias Secundus angeschlossen habe, für welche
richtung er sich entschied, beweist der dialogue (vgl. T. s. 27 anm. S)
und die von Nipperdey hierher bezogene stelle des Plinius ep. Yü 20, 4.
der umstand, oasz jener Julius Secundus der freund (Quint. X 3, 18)
des Ciceronianers (X 1, 125. XII 10, 46) Quintilian war, femer dass
Tacitus die gleiche bahn mit dem jungem Plinius, dem schüler Qain-
tilians (Plin. ep. II 14, 10), verfolgte, macht es wahrscheinlich (vgl.
Nipperdej einl. s, XXXI), dasz der im j. 68 aus seiner heimat wieder
nach Rom zurückgekehrte rhetor aach des Tacitus lehrer gewesen ist
dann würde sich z. b. die Übereinstimmung von Quint. X 5, 19 mit dtol. 34
aus persönlicher anregung des schülers durch den lehrer einfacher er-
klären als durch annähme einer reminiscenz des letztem von der lac*
türe des diaXogue her. freilich anders müste man sich das Verhältnis
der inMtUuäo oratoria zum dialogue denken, wenn dieser, wie Nipperdey
s. Vm will, um d. j. 97 verfaszt wäre. — S. 24, 5 wird mit recht ge-
sagt, dasz Ais/. I 1 auf das j. 54 als spätestes gebart^Jahr hinführe; es
*^doch des Zusatzes, dasz Haase auf das j. 58 kam, indem er
A. Eussner: anz. v. W. S. Teuffei über Sallustius und Tacitus. 649
Bchon den XXvirotut als incohaia tUgmim betrachtete, jetzt ist es von
Urlichs de Tita et honoribus Ägricolae (Würzbnrg 1868) s. 26 wahrschein-
lich gemacht worden, dasz sich incohaia digidta» auf den XVviratu$ bezieht,
— S. 24 anm. 6 konnte wol auch der yermntnng Haases gedacht werden,
dasz Tacitns den Agricola nach Aquitanien {Agr. 9) begleitet habe.
n. Schriften, s. 26 heiszt es, Plin. ep, IX 10, 2 dente 'ganz un-
yerkennbar' auf dial. 9. 12; aber doch haben Haase in seiner ausgäbe
s. XV nnd Steiner in der vom yf. angeführten schrift s. 12 jene stelle
anders bezogen. — Bei anfühmng der litteratur über die frage nach
dem Verfasser des dialogus waren diejenigen abhandlnngen , welche die
schrift dem Tacitns absprechen, also die von Gntmann, Eichstädt und
H. Sanppe zn kennzeichnen. — 8. 26 anm. 2 setzt T. die abfassung
des dialogus um das jähr 81 an, ohne dabei der oben angeführten
meinung Nipperdeys zn gedenken. — 8. 27 wird bemerkt, dasz das
fespräch nach c. 17 (vgl. 24) im jähre 75 gehalten gedacht werde,
aneben verdiente aber doch Sauppes mit ungewöhnlichem Scharfsinn
nnd groszer gelehrsamkeit vorgebrachte vermutnng (in dem vom vf.
s. 26 citierten anfsatze), dasz a. o. sextam (oder sex tarn) in novem tarn
KU emendieren sei, eine erwähnung. mag der positive beweis, dasz der
dialog erst im j. 78 gehalten sei, von Sanppe nicht unbestreitbar durch-
geführt sein: so ist doch das bedenken, dasz Eprins Marcellns im j. 75
in Asien abwesend war, noch nicht gelöst, vielleicht musz der Wider-
spruch bleiben nnd mit den chronologischen aporien bei den Platoni-
schen dialogen auf dine linie gestellt werden.*) — Das s. 28 angeführte
<^specimen emendationum in C. T.' von L. Spengel handelt nur s. 9 — 15
über den dialogus. — S. 29 wird das pleonastische im stile des Agri-
cola hervorgehoben; es ist dazu zu bemerken, dasz sich gerade solche
pleonasmen häufig finden, die auch dem dialogus (vgl. Classen in der
Eos I s. 3) eigen sind, z. b. häufig der Synonyma: vidi ac iupergresta
est 1, saeva et infesta 2, tu sinu indufgentiague i (vgl. dial. 28) oder das
an Cicero {de lege agr. TL 37, 102) erinnernde gtnet ei oiium, das nicht
nur zweimal (wie Hubner sagt), sondern dreimal 6. 21. 42 steht. — Zu
den reminiscenzen aus 8all. können nachgetragen werden die auch
früher von Wölfiflin übergangenen stellen: Agr. 10 vgl. mit lug. 5, 1;
Agr, 12 (Germ. 5) vgl. mit lug. 17, 5; Agr, 26 mit lug. 67, 2; Agr. 33 mit
Cai. 21, 1. — S. 30 war bezüglich der besten hs. des Agricola die bemer-
knng am platze, dasz Spengel a. o. s. 15 dem jd^ Wez in seiner ausgäbe
(prol. s. 7) dem F den Vorzug erteilt. — Ebd. spricht T. von der kritischen
verwerthung des 'cod. Ursini (T bei Wez)' und führt zur bestätl^ng
die aufsätze von Schenkl und Job. Müller an; allein gerade aus diesen
hätte der vf. ersehen können, dasz dieser 'codex Ursini' nie existiert
hat und demnach auch nicht 'für einzelne stellen in betracht gezogen
werden kann'. — S. 30 anm. 4: die angeführte ausgäbe von A. Schlegel
(Göttingen 1816) ist nur eine zweite, berichtigte aufläge der 1808 er-
schienenen ausgäbe von C. F. Benner und J. C. Fincke. die neueste
ausgäbe von A. Michaelis (Leipzig 1868). •— S. 31 anm. 1: der titel
der Germania im Vat. 1862 lautet nach Ritter Cornelius Taciiu* De
origine ei situ germanorum (nicht C. Comelii TacÜi usw., wie T. angibt)
und im apographum Pontani hat der titel noch den zusatz Über, —
S. 32 anm. 3 heiszt es: 'die Germania ist weder eine Idylle noch
ein roman noch eine politische tendenzschrift (z. b. um dem Trajan
von einem feldzuge gegen Germanien abzurathen).' hier war 4ie be-
merkung indidert, dasz das romanhafte in der Germania besonders von
Baumstark hervorgehoben worden ist, den Gerlach und E. Göbel be-
kämpften, und dasz namentlich F. Passow nnd Gerlach es waren, wel-
*) [neuerdings hat Urliehs in dem festgrusz der philolog. gesellschaft
zu Würzburg an die 26e philologenversamlung s. 1 ff. erwiesen dasz der
dialog im j. 76 gehalten worden ist.]
650 A. Eusraer: anz. v. W. S. TeulTel fiber SallusUiu und Tacitus.
che dem antor eine poliiUche tendexut unterlegten, die eigene ansieht
des vf. über den zweck der Qermania ist der yon Kritz (proleg. sn sei-
ner ausgäbe) ausgesprocbenen verwandt: danach soll die abfassuagTon
dem interesse, das sich beim publicum für die Germanen yoraussetzen
Uesz, veranlaszt gewesen sein; die mindestens unnötige fajpothese, dssz
der reiz einer auf autopsie gegründeten Schilderung als weiteres motiv
betrachtet werden könne, wird. hierbei nicht ausgeschlossen, gegen die
forschungen Rieses bringt der vf. manches, aber nichts stichhaltiges
Tor. es wird wol dabei bleiben, dasz die Germania in gewissem sinne
als eine Torarbeit für die historien gelten musz; freilich nicht ledig*
lieh als materialiensamlung, wie einst Luden glaubte, wogegen schon
das rhetorische gepräge der darstellung spricht; und auch nicht sls
vorläufige Separatausgabe eines in den historien mit denselben werten
enthaltenen ezcnrses, was Becker meinte, vielmehr hat man sich wol
das Verhältnis der Germania zur behandlung desselben Stoffes in den
historien entsprechend zu denken, wie das der historisch-topographischen
Studie über Britannien im Agricola zu der ansführung des nemlichen
gegenständes in den annalen (XIV 29 ff. vgl. T. s. 29). wenn nun der
vf. sagt, es sei nicht sehr glaublich dasz Tacitus den beginn der im
Agricola angekündigten historien durch diese einzelschrift verzögert
habe: so ist das allerdings wahr, allein von einer verzögerong kann
überhaupt kaum die rede sein, denn unter seinen anderen vorarbeiten
für die zur zeit der herausgäbe des Agricola gewis schon begonnenen
historien hatte Tacitus eben auch das material zur Schilderung der genns-
nischen Völker und ihres landes gesammelt, die weit spätere verwerthang
desselben in den historien läszt dann manche abkurzung, erweiterung nnd
berichtigung voraussetzen, wie der bericht der annalen über die feldxnge
in Britannien durchaus gereifter ist als der im Agricola. auch diesen stoff
hatte Tacitus offenbar nicht erst für eine rhetorisch gehaltene biogra-
phie zusammengetragen, sondern nur seine für spätere zwecke gemach-
ten collectaneen hier schon zum teil ausgeschüttet, warum aber der
schriftsteiler seine forschungen über die Germanen abgesondert ver-
öffentlicht hat, dafür liegt ^in grund vielleicht gerade darin, dass sein
bereits übermäszig angewachsenes material für die zeit, welche in den
historien geschildert wird, nicht von so 'überwiegender bedeutnng' war,
dasz ihm dort ein gröszerer räum gegönnt werden durfte, jedenfalls
bleibt es nur bei der annähme Rieses erklärlich, wie Tacitus in dem
97 nach Ch, verfaszten Agricola von seinen litterarischen planen spre-
chen konnte, ohne der Germania mit einem worte zu gedenken. —
8. 32 anm. 4: über sprachliches in der Germania hatte schon vor Halms
ausgezeichneter abhandlung Mützell (z. f. d. gw. I [1847] s. 86 ff.) ge-
schrieben. — S. 82 anm. 6: über die handschriften der Germania hat
vor Tagmann gehandelt Massmann (Berliner jahrb. 1841 nr. 87 ff.)- "
8. 33 fehlt die anführung von Massmanns ausgäbe der Germ. o. lect
omnium codd. Quedlinburg 1847; unter den Übersetzungen ist die von
A. Schierenberg (in dem buche ^die Römer im Cheruskerlande' Frank-
furt 1862) übergangen ; unter den abhandlungen zur textkritik wirdver-
miszt Selliug observ. crit. in G. accessit oollatio codicis Hununeliani
Augsburg 1830. 32 s. 4. ^ 8. 35 anm. 1 : der titel Mstariae hatte eio
Vorbild nicht nur an Sisenna und Sallust, wie der vf. sagt, sonders
wahrscheinlich auch an Asinius Pollio, vgl. Seneca suas, VI s. 33 Bo. "
8. 36 anm. 2 : bei der angäbe der bücherzahl , die auf die annalen nnd
die historien kommt, musten auch die abweichenden ansiohten von Ni6-
buhr und Ritter angemerkt werden. — Als teriptor hUioriae JuffUtUf
erscheint Tacitus bei Yopisous J'ac. 10. — Für die entstehung der histo-
rien unter Trajan ist auch das divus Nervo in dem vor der herausgah«
jenes werkes geschriebenen briefe des Plinius VII 33, 9 ein beleg. 7-
8. 36 anm. 4 ist von den interpolierten abschriften des Mediceus II die
rede bemerkt werden, dasz schon der text dieses Mediceas
A. Eussner: anz. v. W. S. Teuffei über SallasUus und Tacitus. 651
Bolbst vielfach interpoliert iat. — 8. 36 anm. 6: unter den kritischen
beiträten zu den historien sind dem vf. die emendationen von Urlicbs
(Eos I 8. 250 ff.) entgangen. — 8. 36 anm. 1 werden dem titel ab ex-
eeuu dxoi AuguMÜ die Überschriften des Livins nnd Anfidins Bassos zur
Seite gestellt, einen entsprechenden titel des Eutropins breviarhan ab
urbe eondita hat Mommsen aus dem codex Gothanus nachgewiesen (Her-
mes I 8. 468). Haase hSUt bei Tacitus für den vollständigen titel: an-
nalium ab exeessu äivi AugugÜ übri. — 8. 38 : unter den beitragen zur kritik
und erklämng der annalen musten auszer mehreren gy mnusialprogrammen
von Schäfer, Fröhlich, Roth aufgeführt werden die rec. der Nipperdey-
sehen ausgäbe von Urlichs in diesen jahrb. bd. 69 (1854) s. 52 ff. 154 ff.
300 ff. und die ahhandlungen von £. Wurm im philol. VIII s. 361—370.
IX s. 86—105. •— 8. 38, 6 ist es gewis richtig, wenn T. sagt, Tacitus
habe die geschichte des Augustus nicht mehr in angriff nehmen können;
aber es bedurfte wol der bemerkung , dasz man einst bei Orosius VII 3
ein fragment dieser geschichte zu sehen wähnte, über die reden bei
Tacitus war philol. XXIII s. 645 zu vergleichen, wo L. 8pengel die rede
des Seneca aim. XIV 53 für authentisch erklärt. — 8. 39 : abweisend wie
Lucian Müller urteilt über einen angeblichen Wfer faeeUarum des Tacitua
auch Hübner im Hermes I s. 440.
. m. Charakteristik des Tacitus. 8. 41: das politische glau-
bensbekenntnis des Tacitus wird nach seinen Vorzügen und schwächen
dargestellt, zu den angeführten belegen für die specifisoh römischen
Vorurteile konnten die werte über das verfahren gegen einen hüirio
XI *36 hinzukommen. — Weniger befriedigend als die darleg^ng des
politischen standpunctes des Tacitus ist die erörterung seiner ansieht
über gott und weit, ^ein philosophisches System' sagt der vf. 'hat Ta-
citus nicht; am häufigsten trifft er jedoch in seiner Weltanschauung mit
der ethik der stoa zusammen.' das bedurfte aber einiger ausführungen.
wenn nemUeh Tac. fem von dogmatischer gläubigkeit im sinne ^iner
schule war, so kannte er doch die verschiedenen philosophischen theo-
rien, wie er denn ann, VI 22 (28) die lehren der stoiker und der Epikureer
über fors und fotum, Mst IV 5 die stoische lehre de bonU et maiis aus-
einandersetzt, allzusehr aber darf sich nach seiner ansieht {Agr. 4) der
Römer von stand nicht in die philosophie vertiefen, als beleg für die
hinneigung des historikers zur stoischen ethik dienen mehrere von T,
angezogene stellen, aus denen erhellt dasz er an eine teilnähme der
gotter für die menschlichen angelegenheiten glaubte (aber freilich XIV 12
gine cura deum); zur ergänzung dient kui, IV 78 nee rine ope divina. *-
Wie sich Tac. in seinem politischen urteil über seine zeit stellt, aber
doch von nationaler beschränktheit uod Standesvorurteilen (vgl. T. s. 40 f.)
nicht frei ist: so schreitet er auch in seiner religiösen anschauung über
die den freien blick beengenden schranken hinweg, mit einem fusze
aber steht er noch auf dem boden seiner Umgebung, was nemlich T.
über die freisinnige ansieht des Tac. von prodigien angibt, ist nicht
ans einer vergleiohung aller in betracht kommenden stellen geschöpft
nnd darum leicht einer misdeutung unterworfen, zwar spricht sich Tac.
vrie in der von T. oitierten stelle über die prodigien auch büt 1 86
nnd rv 26 verwerfend aus, aber in weit zahlreicheren stellen (T. er-
innert nur an Mst. Hl 56 und weiter oben an I 3) z. b. Met. 1 18. V 13.
arm. XII 43. 64. XIV 32. XV 7. 47 führt er Vorzeichen ohne den ans-
druck irgend eines bedenkens an; ja er spricht sich sogar hUi. II 50
ansdröcklich für die fides eines prodigiums aus — von der erzählung
über die wunder Vespasians but, IV 81 ganz zu schweigen, man sieht,
auch hierin ist Tac. nicht philosoph, er hat sich nicht ein für allemal
seine ansieht über das genus der prodigia gebildet, um immer und überall
danach zu richten und zu messen; sondern er ist echter historiker, der
jeden fall einzeln zu begreifen sucht, prüft und beurteilt. — 8. 43 anm. 1 :
es ist ungenau, wenn der vf 'sagt: 'als quellen nennt Tac. die acta diuma.
662 W. SchmiU: Köliische TereDÜiurragiiieBU.
fenote»'; Tae. nennt diese Tielmehr nie einfach so, noadem be-
zeielmet mit seiner bekannten sehen Tor den termini techniei jene cn.
m 3 als dhaiM adonm triphera, XHI 31 dbrnm mHa mctm^ XYI SS
Smrma popmU Rommd; diese mm. Y 4 als patntm atta, XV 74 tuwiiifin'i
»emaiM». das qnellenyeneichnis ist übrigens nnroüstkndtg: es fehlt Cor-
bnlo ans amn. XY 16 nnd Tibern oraiUmes pertcripiae ans am. I 81. II 63.
— 8. 44 heiszt es, seinem yoraatse tme im et stmSo sn sehOdem sei
Tac., alles in aUem gerechnet, treu geblieben, dabei war anaaer Fecb-
ners abhandlnng noch anzumerken, was L. Spengel (abh. d. Mondiener
ak. 18&6] nber die phantasievolle manier der scnildening bei Tac ge-
lehrt hat, femer die nrteile über den i^rad seiner historlseken vnbe-
fangenheit bei Sierers (Tacitns nnd Tiberins, Hamburg 1850 f.)« A. Stahr
(Tiberins, Berlin 1863) nnd E. Pasch (snr kritik der geschichte des ksi-
sers Tiberins, Altenbnrg 1867). — 8. 45 anm. 1 weiden historische ex-
cnrse bei Tac. angefahrt: bemerkenswerth war ans der grossen xaU
noch jener aber Britannien Agr, 10 — 17; fiber das eapitoliom Mn, HI 72
nnd fiber die qnistnr aam. XI 2S. — Ebd. citiert T. tnm. YI 7, wo Tac
sich rnhmt froher Tergessenes znerst xn berichten: Ihnliche stellen sind
am. lY 53 n tcripioribuM amuUbim nan tradUwm repperi, nnd kuL lY 83
tumdum luntris auetcrSbuM eeUbraia,
Ref. ist am schlösse: nnr an einselheiten konnte er seine nachtrage
anknfipfen, denen er eine freondliche anfhahme bei dem rerehrten rer-
fasser wonscht.
W&BZBUBO. Adam Eusshxb«
89.
KÖLNISCHE TERENTIUSFKAGMENTE*
Früher der ^biblioth&qoe des croisiers' angehorig befinden sich
gegenwärtig in der lehrerbibliothek des hiesigen MarcellengTainasiBms
acht pergamentblätter in octavformat, welche, in einem ohne yersab-
teilnngen geschriebenen texte, teile der Andria ond der Adelpboe
enthalten, die keontnis der fragmente, welche ehemals ohne sweifel
einer vollständigen, in der zweiten hälfte des elften jh. geschriebenen
Terenxhandschrift angehört haben, verdanke ich der gute des bni.
bibliothekars prof. dr. Bontzer. ein blätterpaar enäält folgende
verse der Andria (ich eitlere nach Fleckeisens aosgabe):
8. 1: V. 33S--361 CHA, ReddidUH — hoe
s. 2: V. 351—373 me — tenis
s. 3: V. 643—665 vUH — d&ce
s. 4: V. 665—688 D-fac^ — mabm
die Varianten sind folgende: 335 dmS 386 hinter mideo ist ein
zweites uideo jetzt ausradiert aäus erde 337 idkil eeire
DAVOS] DAVVS UO LetuM nüdl U% querere 343 ^aerS
aüo^ 344 Habeo] abeo Mne homo e 345 quero euae
carine oportune 347 erde e uUa 348 sitAt Etn sdo] ^ id
800 optundis 350 Atqui] atq> rdchil pericH e 351 miteri
lihera 852 Sdo\ »des 353 tuus modo me apphendii 354
Hodie] sese hodie 355 dieam tibi haee] dien 357 Cirtnspitio wt
forte 358 tdduee] vddüse $e 359 mihi suepido 360 obsomi
361 eoherent Ego me] egom^ adcreme 362 Qttom] CB adttenio]
P' "dibi 365 nicMl omati . nikil ttmuni 368 crhemi»
^72 neeeeee 645 copladta e 646 Aci 647 fdptt
t tibi ee saÜs hoc eoKdü msü -^ 649 tfAa mener
W. Schmitz: Kölnische Terenliusfragmenle. 653
660 eonsüUs müd eanflmät] suis eonsüns mihi eonfecit 661 ndrm e
662 cognoueris 664 succens^ 666 guom] quo 666 ßaec] hf
apparabantur (das a vor b ans correctur; vorher e?) 669 te ee
660 cur enecas destituU 661 m« ie ducturu 662 «Suad^e]
(?iui <fe re 663 (?iitf] (?M(f von erster hand; d jetzt radiert, worfiber
von «p&terer hand s geBchrieben Pa, Dauos] P, daujs (t in rasor von
erster band) C. dauus, P, dmtus-intlurbat 664 saiis fuisse irutos] fuiue
iraios satis scio 666 dii exUu 668 hae consiHü 669 ai] ac
defatigatus 670 adgredUaa 671 JVih «j] ntn 672 hoc conuerti
malü 676 pedib>qi nocies 677 aiftVe perieulü 678 Tui ^
/irel euetd^ mihi 680 repperi 681 ^«m a me] tn^u« me
682 Si] hem sed crepuU Mnc] concrepuii hostiü 683 nihil quero
_ mmdn] nc me PÄMPHILVS . CHARINV8 . DAFOS] CHARIN
PAPHILVS ' DA WS 684 /am ubi ubi erii] lam ubi ubi 686 iuü
tu modo 686 ehern] hem opUme Quid id est] Quid e 688 to otf .
Die drei andern blätterpaare gehören zu einem qnaternio , zu dessen
Vollständigkeit das zweite und das siebente blatt fehlen, die erhalte-
nen verse der Adelphoe sind folgende:
8. 1: V. 442—470 uirtuie — adules
s. 2; V, 470—499 centia — respondes
s. 8: V. 643—666 SF^Quiniu — fortÜSr.
V. 666 — 690 pqua — abibo
V. 690— -611 atq> — agam
V. 611 — 636 eertü siet — Micio» Aeschin*
V. 636—662 Ita — iüam
V. 662—692 ni — inte
V. 692—720 fidt — ^««
10: V. 720—749 te iä — ament
11: V. 803^832 Mi-Non equu — sapim^
s. 12: V. 832—862 rectius -^ Id esse
Die collation ergibt folgende Varianten: 446 wuere[ uah untere
447 dii 448 Quod] qtd 449 eschine 462 eius nili pendit] is nihüi
pendtf- 468 adsit] adeet haec audiat] audir^ hee 464 equü «v
hüusiß 466 Sita e 468 perimus 461 Oh] 0 querebn 462 tuus
464 offitiü est 466. 466 Simulum Aequalem] simulü • aiqi aequaß
648 quid] quicquä 469 uere ferendü modost] iK e 471 ffumanü e
472 lacrimans 474 Ignotü e • /act7« ry • ereditü ro 476 grauida
facta S msis hie decimus 476 </tt« 477 deserat 478 ü<iec
479 iM^fto e 480 «encti/o^ 482 adduee quere 483 /ac^S ^v
484 (p«o 486 a^am neque] agam nee 488 t/^a quaeto] Uta infl queso
certe egio 489 liUc wram implorat 490 quod uos ius id]
id ut impetr^ 491 queso 492 uoster] ür 493 mortuü 494
parmdi 496 educati ndÜde 497 enitar
644 Aoc m^bim infeHcitatts] hoc infelicitatis 646 ferendis 647 «^^
662 <am fehlt ^u^tfftmü e 664 ^t uo//] ^ut«^ 666 uu// 667
^t6i e 668 Rogitas] Rogas tesipho 669 ^m] Aan 660 moiio] m
aiebas 662 niAtf 6^ Laudo] Laudo te 666 Laudas? ne] Laudasne
666 «enmiii 669 inueniam] querä 671 diminuetur iä quide
673 opv^ Aoc] Aoftc 676 cliuus uorsum] uersü 677 Qua nam]
qdnä ilii] üffte est,] est nostin 679 me hornne 681 neife«
688 apu/ lacum] locü 684 t6t e 686 iUgneis 686 6eite] rec/e
688 oeiose 689 omor« 0 690 abibo
qidcquid quod quidem] quodq* quod beltissimu 691 daihos sorbil-
lans 692 nihil repperio tantopere 693 offitiu fatio ortü ro
694 Nisi si] nisi 696 expostulent 696 accusent 697 mtnune /e
fehlt 698 9iie#o 601 equU 602 {//toj itfi releuabis 603 <»o
654 W. SduntU: Köfoiscbe TeratissIrafacBU.
offido C06 SMSpiewri €07 bu&er] mtgltgi iptC ipstM €10
•Mfi wdM €11 42r ««] ««
e^rlS tiet Yon erster hand^ jetzt cerfv n? €11 Mewbrm €13 <»^-
MUtpuU ml $üUre eonsifi qtäi] consistere mhU eonMÜn qmit paieMt ^ttxt^-
TtM wort TOD Später haod unterstrichen) €14 Aoe w»t\ wt£ er Imt
€15 nupicio €17 eredidU wäJd me] uühiwuf- ■>! ■ ^^9 ftU-
iriee tdäi ettm €19 ro^tto] ro^ €20 obUrttritk Ton erster lia»i.
jetsi dss erstere r pooctiert accertai esckime €21 afr^«* sef
utrba noirtM. »atU fruztraia e €23 reprendi mte] wu repAemdi S24
gamde €25 tmnime e €2€ efferri ut\ age €28 oMmriM e
€29 /Im falevr 631 kioic porroj iuc«c iS p<>rro escMme €32 jirmi
e«< tt/ purgem me\ me ut purge fort» €34 epo m eseJdmMM
€36 Af/.] feliU vor iia €36 /octTo Af« o^a €37 pmiMmmü
€38 uegoiü e fort» cur €40 siij a ' dicere] credere 641
i^iMI m €42 /ra] t/a puloirf von erster hsnd; letzteres wert jetst radiert
QAd ponctiert negotii C44 nÜ esi au] nüdl m €48 Aas]
eerie €50 orba e €51 genere e fixümus €53 yiAil
€55 suz/« e €5€ (^utef /p«e oiun/ Was] isUu fdJkä €57 Cosav»/tf]
edmenUUa ron erster haod; die beiden letzten bnchstaben jetzt radiert
€€1 Ak. Obsecro non] ES, Son ob$ecro
€€5 credit 666 qui] quic9 667 kaudscio aauf- 6€8 <?«>»^
CS pra€«ffii/«in] psen/j 671 Quoi] ad €72 (^lor] cmr €73 Ai'nr)
Aue 676 aequü 676 Riridicuii 677 oa 678 iio6uj iios 67i»
lacrimas €80 siMf fehlt 682 T/j Al von erster band; >< jeUt radiert,
darüber F in me fehlt suAt] me 683 luasi] um 684 n^O^eiu]
indulgens 686 non fi<#] iiM i €87 }mB magrm cd €88 sepe 690
mf fpfuiR puduit prologui] mihi puduU (Heere iptwn €92 PerdidiBä
693 <&/ Afc cfeos cfeeiuroe 695 Ao/ß von erster band; jetst dnnb
rasur und correctnr Noi ceterarvm rerum te socordem eodem w^do]
ceterarü te eoeorde m 696 Ae.] B Bona, inquam, mdmo es] bono
animo es inquä Aß,] £S 697 te mmo me] nc iutme 700 Ak,] B
eam] iäne Barn] tä As.] B potee AeJ] ES 701 ego felilt
702 Ae. — Ae.] ES, — ES, ubUi Milesius] ubi e müetuM 703
AbUt, periit, nauem aacendii] naue ascendit, abiii, periit qwtr] cur
704 eonpcare 706 Quam] quo optemperaturoe 706 eo] ibo 707
negotii 709 amandus] tanandue e /deine] Me me in eUtuMt] e in »nu
710 mihi iniecü 711 faciam] id faeiä 712 mara 713 De.] fehlt
vor Defessus eire 714 iupU 715 portU 716 fabrica erat neque]
fabrica utta erat nee 717 aiebat dom{] domo so schon von erster band
720 quere 722. 723 adoleecentie Mi. Ecce autem noua] If. ecce
aut DE, Capitalia] D, noua, CapitaUa Nescis] ah neseti eit] siet
724 0] oA me fehlt 725 uirginS e 72€ Oho] Bo 728 na-
tust] e natus dU nihil 729 indotaia e 730 fuiur% est 733
QM facias] quid facias rogitas 735 cöposita e 738 quom] cm
equo animo 739 uita e quom] cum 740 mtucime 742 suae
744 abiciunda € pretio, oratiis] pcio ^ grati» 74€ faciet] faeiee
746 diuom] dm 14tl una\ erit una 748 cur Sanmmne credit te]
sanü te credit 749 dii
803 Nam uetus tterbum] uerbU uetut quitß ett ^805 demum] dämm
(e von zweiter band) ittaec] itta hee oratio est 806 motettB est
807 fllU] filiH von erster band ; durch rasnr jetst /Uu 808 queso
faeito hoc 809 olim duos toUebas] toUerabas J311 hm] t§a von
erster band; a jetzt ausradiert 813 quere 815 pret 816 nihS
817 omne, haec] öma 819 mfAf 820 ren^ rem4- 823
sepe 924 ^oc] Aide Ati/«] Aoe 825 Hon quo] non qd
-I jj-^
Philologische gelegenheitsschnften. 655
sed quo] «> qd 826 inesse in Ulis] in Ulis ee 827 lia ut] qä in
Ulis {Ua ui von zweiter hand) eos] iUos 828 sdres] sctre 830 Red'
ducai\ reducoM
888 fert] affert 836 Mido] fehlt tmu aequos] equos (v von
zweiter hand) tvbuertant 888 daie ron zweiter hand über die
Zeile geschrieben 840 Faeiendu est 841 prima luee 842 fdtare
te fac 843 iUue] iüU von erster hand; von zweiter durch rasnr nnd
correctnr iUu^ 844 pror$u» Häe aüigariM 847 tit] ui sii preter
_ iuym
849 car6o e 860 e^viäiem /S&'tonj eqidde meü {meü von erster hand;
tuum von zweiter) 851 co^om] cogU von erster, copo« von zweiter hand
852 fortunaiu^t] foriunatus 854 quoi] aä esi] opus ry an
Y. 864 schlieszt v. 855 mit der entsprechenden personenbezeichnnng (/>.)
ohne weiteres noch in derselben zeile an 867 seire] scisse 859 mi] m
860 miio] omUto repptri] cöperi 861 nihU.
KÖLN. WiLHBLH SOHHITZ.
(31.)
PHILOLOGISCHE GELEGENHEITSSCHBIFTEN.
(fortsetznng von s. 440.)
Berlin (akad. d. wis^) £. HÜbner: bericht über seine epigraphische
reise nach England im j. 1867. ans dem monatsbericht 1868 (3 febr.)
a. 82—91. gr. 8. — (univ., lectionskatalog w. 1868—69) M. Haupt: de
Theocriti Adoniaznsamm versa 77. formis academicis. 11 s. gr. 4. —
(doetordissertationen) J. O. Carl Bnrmann: de poetis comoediae Ätticae
antiqnae qni eommemorantnr ab Aristophane. J. Drägers bachdruckerei
(▼erlag von S. Galvary n. comp.). 1868. 36 s. lex. 8. — Richard Engel-
mann: de lone commentatio archaeologioa. verlag von denselben. 1868.
47 8. 8.
Bonn (nniv., doetordissertationen) KodoIfPrinz (ans Hamm): de
Solonis Plntarchei fontibns. dmck von C. Georgi. 1867. 42 s. 8. —
Julius Stenp (aus Köln): quaestiones Thuejdideae. 1868. 51 s. gr. 8.
— - H. Nissen: über den gegenwärtigen stand der römischen kaiserge-
schichte, aus der historischen Zeitschrift bd. XIX (1868) s. 289—263. gr.8.—
A. Klette: Verzeichnis der von A. W. von Schlegel nachgelassenen brief-
samlung. nebst mitteilung ausgewählter proben des briefwechsels mit
den brüdern von Humboldt, F. Schleiermacher, B. Q. Niebuhr und J.
Grimm, druck von C. Georgi. 1868. XII u. 28 s. gr. 4.
Breslau (lectionskatalog s. 1868) M.Hertz: commendatio stipen-
diorum Wolfianorum et stipendii Haasiani. univ.- buchdruckerei von W.
Friedrich. 10 s. gr. 4. — (lectionskatalog w. 1868—69) M. Hertz: Auli
Ghellii quae ad ius pertinent capita quattuor (Hb. IV c. 1 — 4) emendata
et adnotata. 20 s. gr. 4. — (zur beglückwünschnn^ der univ. Bonn 8 aug.
1868) M. Hertz: ramentorum Qellianorum (I— V) mantissa. 22 s. gr. 4.
Coburg (gymn.) K. Weismann: kritische und exegetische erorte-
rungen zu Sophokles könig Oedipus. Dietzsche hofbuchdruckerei. 1868.
40 s. 4.
Gonstani (Ijoeum) F. Eiselein: composition der nomina in der
griechischen komödie. I. Stadlersche buchdruckerei. 1868. 27 s. gr. 8.
Erlangen (univ.) Iwan Müller: observationes criticae in Aeschyli *
Choephoros. verlag von A. Deichert. 1867. 81 s. gr. 8. — (Studienanstalt)
G. Autenrieth: syntazis comparativae particula: terminus in quem,
druck von Junge u. söhn. 1868. 20 s. gr. 4. [zu 56 s. erweitert im buch-
handel erschienen, verlag von A. Deichert.]
Gieszen (univ., zum h. Ludwigstage 25 aug. 1868) L. Lange:
codicis scholiorum Sophocleoram Lobkowiciani collationis specimen ter-
666 PUlologiscbe gdegcnbeitsichrincB.
tioiD. BrnUsdie imiy.-bochdnickereL 16 s. gr. 4. [cpecianaft I und II
erschienen bei derselben Gelegenheit 1866 o. 1867.]
Oottingen (oniv.) £. Cartias: festrede im namen der Geoxi^-
Angnsts-iiniyersität cor akademischen pretsyerieUnng mm lln joni 18^
gehalten [Born nnd die Dentschen]. IKeteiichsche nnir.-bnehdniekeni
21 B. gr. 4. — Yiram ill. Emestom Cnrtinm praeceptorem dilectiAsiiniin
fantorem benerolentissimam ab academia Georgia Angosta in Frideh-
eiam Gnilelmiam Berolinensem abitnmm yalere inbet societas philolo-
^ca Gottingensis. 46 s. gr. 8. [inhalt: 1 J. Strenge: de Philoebori
opemm eatalogo qoi exstat apnd Soidam qnaestio (s. 5 — 10). 11 J.
Wehr: de Romanonim nenia commentatio (s. 11 — 17). HI Tb. Mejer:
de origine Agiadanun et Earfpontidamm (s. 18 — ^21). IV F. Frieden
dorff: qoaestiones Polybianae (8.22—26). V H. Heinae: Plotjirehea
(k. 27-30). VI C. Fricke: de Phidooe Argivo (s. 31—38). Tn H.
Geiser: de eamm qnae in Graecomm eiyitatibos praeter Spartsm ta-
Teniantur diarchianim vestigiis (s. 39 — 16).]
Greifswald (nniv., lectionskaUlog w. 1868—69) F. Bacheler:
coniectanea latina. dmck yon F. W. Knnike. 20 s. gr. 4. — (doctor-
diss.) Emil Ballas: grammatica Plantina. spec. I: de particmlis co-
polativis. druck yon F. Hache. 1867. 60 s. gr. 8.
Hamburg (akad. gjmn., cur x weiten sScnlarfeier der amr. in
Land) Ch. Petersen: sparen des Steinalters, welche sieh bis in die
Zeiten der beglaubigten geschichte erhalten haben, druck yon TL G.
Meissner. 1868. 16 s. gr. 4. — (lectionskatolog 1868—69) Ch. Petersen:
das swölfgöttersjstem der Griechen und Römer. 2e abteilang. 56 i.
gr. 4. [die le abt. erschien 1853.]
Hof '(Stadienanstalt) G. Friedlein: beitrSIge zur geschichte der
mathematik. L Mintzelsche buchdruckerei. 1868. 20 s. gr. 4. mit einer
Steindrucktafel.
Köln (gymn. an der apostelkirche) J. M. Stahl: de Spurii Cissii
lege agraria, druck von J. P. Bachem. 1868. 36 s. gr. 4.
Marburg (univ., lectionskatalog w. 1868— 69) Leopold Schmidt'
de omissa apud optatiyum et coniunctiynm dv particula commenUtio.
druck von N. G. Elwert. 20 s. gr. 4.
Meiszen (landesschnle) O.Busch: qnaestiones Euripideae. part-I:
de morte obeunda quid senserit Euripides. druck yon C. £. Klinkicbt
u. söhn. 1868. 53 s. gr. 4.
München (akad. der wiss.) L. Spengel: Aristotelische Stadien.
III: zur Politik und Ökonomik, aus den abhandlungen der akad. I cl
XI bd. III abt. druck von F. Straub. 1868. 76 s. gr. 4. — W. Christ:
die metrische Überlieferung der Pindarischen öden, ein beitrag zur ge-
schichte der metrik. ebendaher. 1868. 64 s. gr. 4. — H. Brann: die
kuuBt bei Homer und ihr yerhältnis zu den anfangen der griechischen
kunstgeschichte. ebendaher. 1868. 52 s. gr. 4. — H. Brunn: troische
miscellen. I und IL ans den Sitzungsberichten 1868 1 2 s. 45 — 103. gr. S.
Paris (acad^mie des inscriptions et belles-lettres) C. Wen eher:
dtude sar le monoment bilingue de Delphes, suivie d^^daircissements
snr la d^courerte da mar oriental, ayec le texte de plnsieurs inncrip-
tions in^dites relatives k Thistolre des Amphictions, nn plan du tempi^
d'Apollon Pythien et nne carte du territoire sacr^ de Delphes. iiop'i'
merie imperiale (verlag von F. Yieweg, nachfolger von A. Fraoek).
1868. 224 8. gr. 4.
Plauen ^jmn. und realschale) E.Johnson: der sensualismiiB de^
Demokritos nnd seiner Vorgänger mit bezng auf verwandte erscheinnn-
gen der neuem philosophie. druck von M. Wieprecht. 1868. 28 s. gr. i-
Plön (gelenrtenscnule) J. Bendixen: der alte Staat des Aristo-
teles, eine replik. druck von 8. W. Hirt (vorlag von W. Mauke söhne
• ^' -nburg). 1868. 86 s. gr. 4.
ERSTE ABTEILUNG
FOR CLASSISCIIE PHILOLOGIE
HSRAUSOEOBBKN VON AlFBBD FlECKBISSH«
90.
ÜBER DIE QUELLEN DES PLÜTÄRCHI8CHEN PEBIKLES.
Die Deueriich erschienene abliandlung von Hermann Sauppe Mie
quellen Plularchs Tflr das leben des Perikles ' (Götlingen 1867) bat nicht
hlosz alle bislierigen resultate auf diesem gebiete vereinigt und in Zusam-
menhang gebracht, sowie in nicht wenigen punclen berichtigt, sondern sie
weist auch filr viele nachrichten Plutarcbs, deren quelle zu erforschen
bisher unmöglich schien, auf den zu gründe liegenden autor hin und hat
sow*ol eine richtigere beurteilung des Plutarch im allgemeinen als die kritilc
jener partie der griecliischen geschichte bedeutend gefördert, trotzdem
scheinen die Untersuchungen Sauppes die frage noch nicht völlig zum
abschlusz gebracht zu hdben und hie und da noch für berichtiguugen und
ergänzungen räum zu bieten, wie sie im folgenden versucht werden sollen.
Mit recht hat Sauppe hervorgehoben, dasz die biographie des Peri-
kles durchaus keinen einheitlichen charakler an sich trSgl, dasz die ein-
zelnen teile derselben sich vielmehr in manchen punclen geradezu wider-
sprechen, er hat dann gezeigt, wie dies darin seinen grund habe, dasz
Plutarch den berichten von Schriftstellern gefolgt ist, deren geist nicht
minder verschieden war als ihr polnischer parteistandpunct. vielleicht
würde jedoch dieses Verhältnis klarer hervorgetreten sein , wenn Sauppe
die verschiedenen relationen im ganzen ausgesondert hätte, anstatt die
einzelnen capilel auf ihre quellen zu untersuchen, wir wurden dadurch
sowol ein sichreres fundament zur kritik der von Plutarch flberlieferten
nachrichten erhalten als auch neues material zur beurteilung verlorener
historiker gewonnen haben, insbesondere würden sich auch verschiedene
Vermutungen Sauppes auf diesem wege besser haben begründen lassen.
Die verschiedenarligkeit der quellen im Perikles zeigt sich auf dop-
pelte art. einmal hat sich Plutarch nicht consequent ^inen schriflslcller,
sondern der reihe nach mehrere zu führern gewählt; dann aber bat er
eine sehr bedeutende anzahl einzelner daten aus autoren entnommen,
welche er nur gelegentlich heranzog und die auf die übrige darstellung
Jnhrbikcher Ar diit. phUoL 1868 hft. 10. 43
658 F. RQhl : aber die qaellen des Plutarchischen Perikles.
ganz ohne einflasz blieben, zu der lelzlern kategorie sind bis zum be-
weise des gegenteils nicht nur die stellen mit namentlichen cilaten zu
rechnen, sondern auch alle diejenigen welche mit qMxd, X^eroiusw.
eingefOhrl werden, notizen welche sich gewöhnlich schon durch ihren
ganzen Charakter wie durch ihre oberflächliche Verbindung mit dem vo^
hergehenden und folgenden als einschiebsei zu erkennen geben, kriül^ hat
Plutarch bei angaben dieser art im Perikles Suszerst wenig geübt: denn
gerade sie sind es hauptsächlich, welche mit der auflassnngsweise der
anderil teile der biographie nicht harmonieren und den Zusammenhang
der erzählung zerreiszen.
Scheiden wir also vorläufig alle jene einschiebsei aus und nnler-
suchen wir den rest der biographie genauer auf seine einzelnen bestand-
teile, da trit uns denn zunächst ^ine scharf abgeschlossene und einfaeii-
liche relation entgegen, sie besteht aus dem 7n capitel bis zu dem sali
ober Ephialles , setzt sich mit einer kleinen recapitulierenden zutbat Pia-
tarchs im 9n capitel mit dpx^ M^v T^P usw. genau fofrt und reicht dann
bis zum lln capitel einschlieszlich. daon wird sie mit dem letzten satze
des 14n capitels {likoc bi Tipöc TÖv Ooincubibnv usw.) wieder auf-
genommen, ein satz der in dem Zusammenhang, in welchem ersteht,
wenig passend erscheint, sich aber vortrefflich an das lle capitel aDfögt
Ob sich diese relation noch weiter fortsetzt oder schon bei einen
frühem capitel beginnt, werden wir später untersuchen müssen; jeden-
falls aber ist sie genau In sich zusammenhängend und von ein und der-
selben auffassung beherscht. in ruhiger Stetigkeit zeichnet sie den gang
der ereignisse, sie läszt nichts vermissen, und nichts läszt sich ohne
wesentliche Schädigung des gedankenganges aus ihr aussondern; sie er-
kennt die grosse des Perikles vollkommen an , ohne sicli jedoch auf sei-
neu standpunct zu stellen: denn sie ist dem demos durdiaas feindlich
gesinnt.') wir haben es oflenbar mit einem aristokratcn zu thnn, der
die geschichte dos hervorragendsten und grösten fährers der demokralie
schreibt, den aber ein echt historischer sinn vor allen filicrtreibungen
des partcieifers bewahrt, wollte man daraus einen schlusz auf den aoior
machen, so würde man auf Theopompos rathen müssen, welcher,
aristokrat durch uhd durch, doch einen empfänglichen sinn für alles
grosze besasz, so dasz wir trotz seiner ganz entgegengesetzten partei-
stellung nicht annehmen dürfen, dasz er allzu feindselig gegen Perikles
aufgetreten sei. in der tliat hat auch Sauppe dieses stück der biographie,
wenn auch nicht im groszen und ganzen, so doch den einzelnen partien
nach , auf Theoponip zurückgeführt, er scheint uns jedoch einerseits das
eigentum desselben nicht scharf genug ausgesondert , anderseits dem Plu-
tarch eine zu grosze Veränderung des von Theopomp überlieferten zuge-
schrieben zu haben.
1) itXoOtou bi Kttl T^vouc itpoc6vTOC aÖTf|i Xa^irpoO Kol q[>iXuiv, ^
irXclCTOv i^WvavTO, 9oßoOjüi€voc ^£ocTpaKic6f)vai c. 7, ferner c. 9.
16 oÖK^e* 6 auTÖc fjv oöb' dfioCiwc xcipo^ön^ tuj hr\\uu xai P<?-
liv Kai ciiv€v5i6övai rate ^TTteujiCöic dicirep irvoatc tiDv
F. Rfihl: Ober die quellen des Plutarchischen Perikles. 659
Auf den ersten blick nachweisen iSszl sich eine henutzung des Theo-
pomp nur an zwei stellen , c. 9 und c. 10, welclie dasselbe erzählen wie
Plut. Kimon c. 10 und c. 17, über die ich in meiner abhaudlung über die
quellen Plutarchs im leben des Kimon s. 11 f. gehandelt habe, hier will
nun Sauppe s. 17 dem Plutarch die benulzung noch anderer quellen vin-
dicieren, da die ausdrflcke Tiiiv x^^P^^v Touc q)paYM0uc äq)atp€Tv
(Kimon 10. Per. 9) und toTc KrjTTOic ouWva toO Kaptrou KaOicra q)u-
XaKa (Thcopomp bei Athen. XII 533') zu sehr von einander abwichen,
wahrscheinlich habe Plutarch diese selbständige notiz aus Aristoteles ge-
schöpft, indessen ist die abweichung von Theopomp, oder vielmehr von
der gestalt welche Aibenlos seinem berichte gegeben, so unbedeutend,
dasz sie bei einem aulor wie Plutarch , dessen ungenauigkeit in der be-
nutzung seiner quellen durch eine ganze reibe von stellen belegt werden
kann, gar nicht in betracht kommt; das citat aus Aristoteles beschränkt
sich aber doch wol nur auf die bemerkung aber die Lakiaden« es wAre
auszerst auffallend, wenn Plutarch hier mit bewuster absieht von seiner
hauptquelle abgewichen wUre, um eine solche kleinigkeit zu corrigieren,
Plutarch der zuweilen die wichtigsten dinge ohne controle aus einem
autor äbernimt, während ihm ganz entgegengesetzte berichte zur hand
waren, auch ist schwer abzusehen, nach welchen kriterien er sich fflr die
Wahrheit der einen oder der andern darstelinng entschieden haben sollte,
was ferner die stelle über die ostrakisierung des Kimon (Per. 9) betrifft,
so Ist sie, obwol kurz und oberfladilich , da Plutarcli schon im Kimun
darüber gehandelt hatte, doch gewisaus Tbeopomp geflossen, der die
Ursachen derselben nicht angegeben hatte.') auch wird wol mit Rose
Aristoteles pseud. s. 421 anzunehmen sein , dasz in dem offenbar Tliea-
pompischen bericht über die mittel, wodurch Perikles den einflusz dts
Kimon zu brechen suchte, nur die worte cu^ßouXeikavTOC aÖTtiu Ao-
^Uüvibou ToG "'OaGev auf Aristoteles zurückgehen, da Plutarch mit die
oder d)C . . kröpHKC nur ganz kurze notizen einzuführen pflegt, ebima
dürfte der bericht über die scblacht bei Tanagra (c 10) gänzlich aus Theo^
pomp entnommen sein, obwol Sauppe s. 19 auch hier die mitbeoutzung
einer andern quelle annehmen möchte, dazu scheint die Verschiedenheit
von der erzälilung im leben des Kimon wirklich zu unbedeutend und ge-
nügend dadurch zu erklaren, dasz das eine mal Kimon, das andere mal
Perikles der held der biographie ist. wir würden hier freilieh klarer
sehen , wenn wir eine andeutung besSszen , In welcher weise Theopomp
seine geschichle der attischen demagogen abgefaszt hat; es scheini fast
als ob er hier rein biographisch ve/fahren sei nnd dann , Wo kiölig^ auf
etwas schon früher behandeltes zurückverwiesen habe. i
Wenn nun gleich alles, was wir bisher erörtert haben, dazu boi<-
iragen könnte unsere behauptung, dasz dieses ganze stück der Plutar-
chischen biographie aus Theopomp stamme, mehr oder minder wahr-
scheinlich zu machen : zur cvidenz w9re sie dadurch noch nicht gebracht ;
2) vgl. meine abh. über die quellen Plutarchs im leben des Kimon
(Leipzig 1867) s. 19 f.
43*
660 F. Rflhl: über die qaellen des Plularcliischen Perikles.
das geschieht jedoch durch eine vergleichung des Valerias Haximus YUI 9
ext 2j eine slelle welche Oberhaupt sehr lehrreich isl und auf die wir
spMer nochmals werden zuröckkommen müssen, die erzlhluog des Vak-
rius ist nemlich eine kurze Zusammenstellung dessen was Piutarch berich-
tet, nur !n einem anekdotenhaften zuge etwas weitlSuftiger. offenbar hat
beiden autoren dieselbe quelle vorgelegen, nur dasz sie Platardi durcb-
glngig ausschrieb und durch anderes material erweiterte, wlhrend Valerios
sie zusammenzog und auf seine art stilisierte, es entspricht sich nemücb:
Val. Max. Vlll 9 ext 2 Plutarchs PeriUes
Pendes autem feUcis- c 7 tViv T€ q>uivf|v f|t>€iav odcav ouTOi-
simis usus naturae incre- (TTepucX^ouc) Kod rf^v T^uirrccv e&rpoxov
menÜM Iv T141 biaX^T€c6ai ical raxetav.
subAnaxagorapraeceptaresum^ c. 4. 5. 6.
mo studio perpoUius et instructus^
lüferisAthenarumeervicihushi' c. 15 ra ^^v iroXXä ßouXöfievov
gum sermtuHs mpotyii. egit enim ffft ireiGuiv Kai bibdacuiv rdv ön-
üiam urbem et versant arbürio fiov, fjv b* öre Kod \k6ka buqccpd-
suOy cumgue adversus voluntatem vovTaKaToreivujviccdiTpocpipälaiv
popuU loqueretur^ iucunda nihüo £xcipoUTOTi|ioifiq>^povTl, womit das
Mfiia et popularis eins vox erat, dort vorhei^hende zu TergieicheB.
itaqve veteris eomoediae die anfflhning der fielen kooiikerfrag-
audedicalmgua^ qutmtfis pO' meute liei Piutarch, besonders c 8: m
temümm viriperstringere cu- fi^ot KUifiifibiQi tuiv töt€ bibacxöXujv
pielml, ttmen in labris hami- ciroubQ T€ iroXXäc xai ^cTd T^tirroc
ms wülie dMiciorem leparem dq)€iKdTuiv qmivctc eic auröv tiA tut
fatebaiur habitare inque ani- XÖTtf MäXicra tP^v iTpocuivu|yiicrv t^W*
ans eortfM gm iüum audie- cOai bnXoOa, ßpovrov \iky aurov xm
rani quasi acuieos quasdam äcrpänretv, Srn, bfmnTOpoif), bctvov he
reUnqui praedicabat. K6pauvöv ly TXurrn} q>€p€iv XerdvTUJV.
feriur qmdam^ cum adatodum senex primae c 7 ol*c<pobpa
eontfoiM Periciis aduUscentuH interesset identque Tepovrec ^EcWXitt*
rKventa Pisistraium deerepüum tarn eomHomoRtem tovto irpoc ttiv
audissety mam temperasse sibi quo mimus exclaam- öpoiörnra (sc tui
ref eaweri iüum civem oporiere^ quod Pisistraii TTciocrpdTip).
oraiiomi siauOitma eius esset oraHo.
Die überelDstiiBBiiiBg liegt auf der band, von «nzelnen der aogezo-
genen stellen des Piutarch haben wir bereits tennnlet, dasz sie auf Theo-
ponp tüHIckgeheB; Valertnsaber mnsz seine ganze erzählung aus diesem
entlehnt haben, schon A. von Gntscfamid über die firagmenle des Pompejus
Trogns (im 2n snppl. bd. dieser jahrb.) s. 187 hat gegen Kempf dem VaJe-
riiis die benntinng des Theopomp vindiciert, nnd es scheinen in der that
nnwid^ ' "^iide dafdr tu sprechen, dtierl wird Theopomp Ton
Valer nd die art und weise wie es geschieht, besonders
fktk
F. RdhI: Ober die quellen des Plularchischon Perikles. 661
in der zweiten stelle, macht eine dirccle benutzung nicht unwahrschein-
lich, dann war Theopomp im allerlum eine sehr belieble fundgrube für
historische und sonstige anekdoten , merkwQrdige charaklerzflge und völ-
kersitten, sowie fQr alles was in das gebiet der *mirabilis auscullatio' ge-
hört, so dasz der annähme einer benutzung durch Valerius, insbesondere
wenn man die natur seiner übrigen quellen berücksichtigt, gar nichts
entgegensteht, und endlich gibt es verschiedene stellen, wo die berichte
des Valerius mit denen des Theopomp übereinstimmen.^] in unserm falle
ist aber kaum eine andere quelle für Valerius denkbar: denn aus Cicero
stammt diese erzShlung nicht, ebenso wenig aus Trogus, dessen werk
für derartige züge kaum platz hatte und überhaupt einen ganz andern
geist athmete^), und eben die Übereinstimmung mit Plutarch an stellen,
welche schon aus andern gründen wahrscheinlich auf Theopomp zurück-
gehen, weist auf diesen hin. dazu zeigt der zusatz bei Valerius: nee
hominem auf aesUmaUo eloquH auf morum augurium fefeUit, quid
enim inier Pisisiratum et Periclem mierfuit nisi quod ille armattu^
hie sine armis iyrannidem gessit? dasz er einem aristokratischen histo-
riker folgte, wenn auch die worte selbst sicherlich dem compilator an-
gehören.
Ist aber hier Theopomp die quelle des Valerius Maximus gewesen,
so werden wir annehmen müssen, dasz auch das vierte, fünfte und sechste
capitel des Plutarch, welche yon Anaxagoras und den übrigen lehrem des
Perikles handeln , aus diesem geflossen seien , eine schon an sich nicht
unglaubliche Vermutung, so dürfte namentlich die erz&hlung von dem
eiohörnigen widder (c. 6} fast mit notwendigkeit auf die hauptquell^
Plutarchs zurückzuführen sein , da er mit der von ihm selbst gegebenen
darstellung im gründe nichts weniger als einverstanden ist, vielmehr
durch eine ebenso *tiefe' und ^mystische' als alberne auseinandersetzunjg^
die betctbaijiOVta zu vertheidigen und sich das gewissen zu salvieren
sucht. Piaton kann für diese notizen kaum benutzt worden sein: denn
einmal bietet Plutarch viel mehr, und dann wird in Piatons ersUsm Alki-
biades (118') Pythokleides unter den lehrem des Perikles genannt, wäh-
rend Plutarch hierfür nur Aristoteles als autorität anführt, dagegen wer-
quem Theopampu» dicit Septem et quinquaginia et eentum annoi vixisse,
VIII 14 ext, 6 ac bene conmUuerant Ephesü decreto memoriam taetenind
komme {fferostraä) abolendo, nisi Theopompi magnae faamdiae ingerdum
hütorße eum suis comprehendiseet, 4) vgl. z. b. Val. Max. VI 9 ext. 3
Cimoräs incunabula opitdone stultitiae fuertmt referta mit Plnt. Kimon 4,
der Theopomp folgt (m. abh. s. 21) (K(^uiv) töv iTpO[>TOV f|b6€€i xpövov
ly tQ iiöX€i xal xaxdic fixoucv die dTOKTOc xal iroXuir6Tr)C xal t(|i irdirirqi
Kt^wvi irpoccoiKÜic T^iv qiOciv, 6v 6i* cönOcidv (paci KodXc^ov irpocaxo-
p€u6f)vai* ferner was Val. Max. VI 9, lo ext. 2 über die jagend des
Themistokles erzählt wird, was mit Plnt. Them. 3 übereinstimmt, dbez
dieser bericht auf Theopomp zurückgehe, hat schon M. Hang über die
qaellen Plutarchs in den biographien der Griechen s. 42 bemerkt und
gedenke ich bei einer andern gelegenheit ausführlicher nachzuweisen.
6) dasz Trogus übrigen^ unter die quellen des Valerius Maximus
zu rechnen sei, ist trotz der unhaltbaren gründe, die Kempf dafür an-
führt, ziemlich unzweifelhaft, vgl. z. b. Val. Max. V 3 ext, 3 mit Jus-
tinns II 16.
662 F. RQhl : Ober die quellen des PluUrchischen Pcrikles.
den, wie Saappe mit recht bemerkt, die kurzen notizen aber Anaxagoras
im 8n capilel ausschlieszlich auf Piatons Phädros 270* zurückgehen.
Wenn nun ein so bedeutendes slQck der biographie aus Theopomp
stammt, so wird sich die Untersuchung zunächst darauf ridilen mfissen,
was von den fibrigen teilen derselben ihm etwa noch angehöre. Sauppe
«chreibt ihm die ersten sStze des dritten capil^ls zu, und dies ist in der
Ihat sehr glaublich, da er die biographie des Kimon in derselben weise
begann und er jedenfalls von der abkunfl des Perikles reden rauste. ganz
unmöglich wäre es freilich nicht, dasz Plularch hier aus Herodol (Vi
125 ff.} geschöpft habe, da das unmittelbar folgende prodigium von diesem
ebenfalls erzlblt wird und Plutarch trotz seiner sonstigen abneigung gegen
diesen historiker ihm ein solches geschichtchen dennoch entlehnt haben
könnte, zumal auch im ausdruck eine ganz merkwürdige übereinsluniottog
stattfindet. ") doch sind auch ahwcichungen vorhanden und der zusalz
Plutarchs t& \ikv fiXXa Tf|v \biav toO cififiaxoc ä^efnrrov , 'npo\ir\m
bk Tf|V xecpaXfjv xal äcu^ijüteTpov läszt eher auf eine abgeleitete cpielle
schlieszen. die letzten zeilen des 5n cap. möchte man dagegen dem Theo-
pomp wol absprechen und auf Ion , aus dem das vorhergehende geflossea
ist, zurückführen, da sie schlecht in den Zusammenhang des Theopom-
pischen berichts passen und ihrer ganzen nalur nach in dem des Ion wol
ihre stelle finden konnten.
Gewis nicht Theopompisch ist die notiz über Ephialtes im 7n capitel,
da sie an ganz verkehrter stelle steht und zur Orientierung des lesen
etwas vorwegnimt, was nachher im richtigen zusammenhange ausführlich
erörtert wird, ähnlich steht es mit den im 8n cap. über ThukydidesHe-
lesias söhn mitgeteilten anekdoten,* abgesehen davon dasz wir über die
angäbe des scholions zu Aristophanes wespen 941 (Theop. fr. 98 Müller],
wonach Theopomp den vater des Thukydides Pantänos nannte, nicht so
leicht hinweggehen können, wie Sauppe s. 24 thut. im elften cap. e^
wähnt nemlich Plutarch den vater des Thukydides gar nicht, er nennt ihn
blosz douKubibnv TÖV 'AXujTreicfiGev , und das spricht vielleicht daf&r
dasz der scholiast nicht irrte. Plularch fand dann wahrscheinlich die an-
gäbe des Theopomp auffällig, wagte jedoch nicht sich für die gegen-
teilige ansieht zu entscheiden und liesz dalier den vatemamen fort.^ auch
der ausdruck bia^vimoveÖ€Tai bi Tic spricht für eine nebenquelle, viel-
leicht für die uirofiv/)fiaTa des Ion , aus denen auch die kurz darauf fol-
gende erzählung von Sophokles und dem schönen knaben entlehnt ist.
doch könnte man auch an Stesimbrotos denken, überhaupt scheint von
dem reste des capitels dem Theopomp nichts anzugehören; schon liogsi
ist von anderer seite auf Aristoteles und Ion hingewiesen worden, die
6) Plut. Per. 8 aÜTi) KaxA'Toöc üwvouc Ibo^t tcköv XioYta küI
fice* fifi^gac öXirac €t€K€ TTcpiKX^o. Herod. VI 131 CATapicni) cuvoiicn;
cacd T€ :^av8(triiui ti|i *Ap((ppovoc kqI ^pcuoc £oOca €To€ öyiv ^v t4»
öirvip' ^bÖKce b^ A^ovra tck^v, kqI |i€T* bXiyac i^^^pac xiicT« TTcpwXw
EavSitriTip. 7) zweifelhaft bleibt die sache freilich immer, nament-
V^^ i^gg ansdrucks Aa^uivlbou toO *0a6€V c. 9; das« man hie'
Damonides sehn zu denken und danach zn corrigiereo
mir scheint» noch nicht aasreichend bewiesen.
. F. RflhI : über die quellen des Plutarcbischen PerlUes. 663
Lemerkung üb^r die scbriflen des Perikles ist vielleicht von Plütarcb
selbst, da man lu seiner zeit über die unechlheit derselben einig gewesen
zu sein scheint "}; sie kann jedoch ebenso gut z. b. aus Ion stammen.
Auch den anfang des 9n capitels hat Sauppe s. 18 wol mit recht
dem Theopomp abgesprochen') und Piatons Gorgias 515' als quelle hin-
gestellt: denn was hier erzählt wird, hat keine weitere Verbindung mit
dem folgenden und grosze fthnlichkeit mit jener stelle des Piaton. dasz
dagegen aus Aristoteles nicht mehr als die kleine noliz über Damonides
entnommen sei , haben wir schon oben bemerkt im übrigen wird man
Sauppes ansichten über dieses und das folgende capitel zusUmmed müs-
sen; nur wäre es wol nicht unbedingt notwendig unter den ^lot c« 10
den Slesimbrotos zu verstehen ; die stelle im Kimon c. 14 beweist nuf
für den folgenden satz ^böxet usw., und die hier gegebene erzlhlung hat
die innere Wahrscheinlichkeit für sich. ^®)
Viel weniger überzeugend ist die ansieht Sauppes s. 23 ff. , dasz das
elfte capitel aus zwei verschiedenen relationen zusammengesetzt^sei, von
welchen die eine Perikles günstiger gewesen als die andere, auch was
von den Worten iif\KOVTa bt tptrjpeic an folgt, kann in einem für Peri-
kles nicht besonders günstigen sinne verstanden werden und verrSth den
aristokratischen parleislandpunct, wenn auch der Verfasser Perikles nicht
gerade zu den gemeinen demagogen rechnen will, man kann maszregeln
in mancher hinsieht für sehr nützlich zur erreichung eines gegebenen
zwecks halten und sie doch, sei es wegen ihrer beweggründe, sei es wegen
der art ihrer ausföhrung und ilirer späteren folgen , misbilllgen. in den
worien ÖrJKOVia bk Tpi^petc xaB' ^Kacrov dviaurdv dkTr^MTrtüV, tv
alc KoXXoi Tdjv TToXiTUJV frrXeov öktOj jLifjvac IjufitcGot
wird vom aristokratischen standpunct aus gewis nichts lobenswerlhes er-
zählt, alle aristokratien sind stets dagegen gewesen , dasz leule ohne be-
deutendes vermögen und ohne 'erlauchte' vorfahren sich viel um den
Staat bekümmern, und sind daher principielle gegner aller diätenzahlun-
gen , und dasz eine menge bürger acht monale hindurch zu Staatszwecken
ihrem geschäft entzogen wird, stimmt ebenso wenig mit ihren ansich-
ten üherein, es sei denn dasz die aristokraten selbst die geborenen be-
8) QnintiliBn III 1, 12. Cicero scbeiiit sich über diesen panct nlobt
ganz klar gewesen zn sein. 9) dagegen Rose Aristoteles pseud. s. 421 f.
10) anders steht es mit der ansieht Sauppes s. 20 ff. über die qaelle
der günstigen urteile über Ephialtes. wir glauben (über die quellen Flu-
tarchs im Kimon s. 23) Theopomp als solche erwiesen zu haben, was
Sauppe nur als möglieb hinstellt, so dasz es nicht nötig wird den Ver-
fasser der <fiT66€Cic zu Isokrates Areopagitikös des irtums zn bezieh-
tigen. auch die stellen des Aelian XI 9 und XIII 39 gehen vielleicht
auf Theopomp zurück, an unserer stelle freilich scheint blosz Aristo-
teles zu gründe zu liegen; wenn Theopomp den dritten messenisohen
krieg übergieng (meine abh. s. 19 f.)> so kann er leicht auch yon dem
morde des Ephialtes geschwiegen hahen. die stelle des Plutarch scheint
nicht danach ang^etban, als ob sie auf Theopomp zurückgienge ; Plu-
tarch wilMdomeneus widerlegen, und in solchen fällen pflegt er ausser
seiner hauptqaelle noch einen dritten autor zn rathe zu ziehen, gegen
eine benutzung des Ephoros scheint Diodor XI 77 zu sprechen.
664 F. Ruhl : Aber die qaeUen des PluUrchischen PeriklesL
reblshaber seien, es kommt hioza dasz die flotte von jeher die wahre
hochscbnle demokratischer gesinoung gewesen ist und sich deshilb bei
oligarchen niemals groszer beiieblheit erfreut hat") dies schliesst aber
nicht ans , dasz der autor der maszregel eine gewisse iweckmSszigkeit
nicht absprach, und die worte peXcTUfVTec fi^a Ktti fiavOdvovrcc Tfjv
vauTUcfiv dfiiretpiav sollen woi ein derartiges zngeslindnis aosdrficken.
Was dann im 16n capitel von dem hauswesen des Perlkles eraShh
wird, weist um so mehr auf Theopomp, als es mit bemeiiongeo fiber
Anazagoras und seine philosophie in Verbindung gebracht wird ; ans Sle-
simbrotos ist es schwerUch entnommen, da es für Pertkles wesentlich
gOnstiges enthält
Fflr die folgenden capitel 17 — 23 nimt Sauppe s. 35 nach dem Vor-
gänge von K. F. Hermann de fontibus Plutarchi in vita Periclls (Marborg
1836) s. V Thukydides und Epboros als queUen des Plntarch an. ca-
nSchst aber läszt sich eine benutzuog des Thokydides nirg^ids nach-
weisen, der bericht Plutarchs fiber die sclilacht bei Koroneia (Per. 18)
steht ganz unabhängig von dem des Thukydides da. abgesehen davon dasz
Plutarcb nicht den gang der ereignisse schildern, sondern lediglich die
besonnene vorsieht des Perikles ins hellste licht stellen will, erwilwi
auch Thukydides den tod des Tolmides mit keinem worte, und wir erfah*
reu aus Plntarch verschiedene andere schStzenswerthe notizen, deren
fiberlieferung wir nur ihm verdanken, bei dem zuge des Perlkles um den
Peloponnes (Plut. Per. 19. Thuk. I 111) sind die abweicfaungen b^er
Schriftsteller noch viel gröszer. Plutarch Ist bedeutend ausffihrUcher,
sagt aber nicht, wie viel hopliten an dem zuge teil nahmen, während
Thukydides ihre zahl auf tausend angibt. fOr die annähme aber, dasz
Plutarch hier die erzäUung des Thukydides mit der eines andern Schrift-
stellers verbunden habe, scheint kein anhaltspunct vorzuliegen, ebenso
wenig folgt Plutarch (Per. 21) fflr die geschichte des helligen krieges
dem Thukydides: denn er hebt die persönliche thätigkeit des Perikles her-
vor, während Thukydides (I 112) seiner gewohnheit gemäss nur von
den Athenern im allgemeinen redet, auch scheint das was Plutarch von
der monumentalen Verewigung der athenischen anspräche auf das recht
der ersten anfrage erzählt aus derselben quelle geflossen zu sein wie das
vorhergehende, was endlich die dem dreiszigjährigen vertrag unmittel-
bar vorangehenden ereignisse betrifft, so fibergeht Plutarch die schlacfat
bei Koroneia, von welcher er schon an einer frflheren stelle berichtet
11) es wird, um ein neueres beispiel anzufahren» genflgen auf die
vereinifften Niederlande hinzuweisen , wo die repablicaner üeh auf die
Seemacht, die Oranier auf das heer stützten, ebenso war im letiten
americanischen kriege die flotte der am meisten repablicanisoh gesinnte
teil der Streitmacht, wShrend sieh in der armee, sogar in den hSchsten
stellen, eine menge ' copperheads ' befanden, bei den Griechen war
es nicht anders, ich erinnere bloss an das verhalten der attischen flotte
der Oligarchie der vierhandert gegenüber, auch hat es seine guten
irründe, daas die woldisciplinierten spartanischen hopliten so oft mit
«e den ^faulen' und unbotmftszigen Athenern gegenübergestellt
F. Ruhl: Aber die quellen des Plutarcliischen Perikles. 665
hatte , ganz , ebenso auch die schlacht bei Oenophyta , und obwul er im
flbrigen nicht mit Thukydides in Widerspruch (rit, so beherscht seine
ganie darstellung doch ein völlig anderer geist, und seine erzühlung ist
voll von einzelheiten die Thukydides nicht erwähnt.
Ebenso lassen sich gegen die bcnutzung des Ephoros bestimmte
gründe geltend machen, man pflegt anzunehmen, dasz in Dlodor ein
ziemlich vollständiger auszug aus Ephoros vorliege, wahrscheinlich mit
recht, aber bewiesen ist es nicht, und eine neue Untersuchung der quel-
len Diodors wflrde eine sehr verdienstliche arbeit sein, auch wenn sie
lediglich die resultate Heynes begründen und hie und da prScisieren
sollte, das Perikleische Zeitalter freilich scheint er ganz und gar nach
Ephoros geschildert zu haben, die meisten Fragmente desselben finden
sich bei Diodor wieder, und von den übrigen trit keines mit ilim In
Widerspruch. Theopomp hat er fflr diesen teil seines Werkes nicht be-
nutzt"), dagegen die Perserkriege und alles was auf Rimon bezug hat
nach Ephoros berichtet , ebenso die Ursachen des peloponncsischen krie-
ges — was ist natürlicher als dasz er dessen darstellung auch für die
dazwischen liegenden erelgnisse gefolgt ist? ausschlieszlich aber scheint
er das nicht gethan zu haben, wenigstens Iflszt sich die Vermutung nicht
ganz abweisen, dasz er für gewisse abschnitte Thukydides mit herange-
zogen habe, bei den creignissen jedoch, welche das 18e bis 23e capilel
des Platarchischen Perikles schildern , zeigen die hSufigen abweichungen,
dasz er Thukydides nicht verglichen hat, ihm wenigstens nicht gefolgt ist.
Diodor und Plutarch aber können nicht aus derselben quelle ge-
schöpft haben, schon der bericht über die schlacht bei Koroneia weicht
ab; Diodor (XII 6) ist weit weniger ausführlich, berichtet aber doch eini-
ges was bei Plutarch fehlt ; dann stimmt zwar die angäbe des Plutarch
(Per. 19 vgl. 11), dasz Perikles tausend colonisten in den Chersones
gesandt, mit Diodor (XI 88), aber auch hier ist Plutarch viel weilUufti*
ger, und das was bei Diodor folgt (Sfia bk TOUTOic TrpaTTOji^voic ToX-
^ibiic ö (repoc crpomiTÖc eic Tf)v GCßotav irapeXOtbv . . . öXXoic
XiXioic iroXiTttic Tf|v twv NotSiu)v T^v bt^vetfie) steht mit Plutarch
(c. 11) in Widerspruch, der blosz von fünfhundert colonisten redet.
Indessen in beiden fftllen lieszen sich die abweichungen auch bei be-
notzung der nemlichen quelle allenfalls erklären; bei dem bericht über
die fahrt des Perikles um den Peloponnes ist das unmöglich.
Das 85e und 88e capitel des elften buchs des Diodor schlieszen sich
unmittelbar aneinander an und gehen auf denselben autor zurück; die
trennung des zusammengehörigen ist lediglich durch die annalistische an-
läge des ganzen Werkes herbeigeführt, diese relation weicht aber von
der des Plutarch nicht minder ab als von der des Thukydides. denn wäh-
rend nach Plutarch das geschwader des Perikles aus hundert trieren be-
stand , gibt ihm Diodor nur fünfzig , und auch die übrige erzählung ist
12) dies lehren n. a. die groszen ahweichnngen in der erzählung
der thaten Kimons, sowie der umstand dasz Diodor XV 30 die zahl
d^r nach Oreos gesandten colonisten anf tausend angibt, Theopomp
fr. 164 (Müller) auf zweitausend.
666 F. Rühlr aber die quellcii des Mularcliiscbeii PeriUes.
grundverscbiedeo. Piutarch berichtet dasz Perikles zuerst mit den Sikyo-
Diem gekämpft, dann in Akarnanien eingefallen sei und Oeniadae be*
lagert habe; nach Diodor geht die bebgening dieser sladt voran, im fol-
genden jähre zieht Perikles gegen die Sikyonier und verwüstet nochmals
das gebiet von Oeniadae, ohne jedoch die Stadt zu belagern, ebenso er-
wähnt Diodor , dasz die Lakedämonier Sikyon zu hülfe gekommen seien,
wovon Piutarch wie Thukydides schweigen.
Was endlich die von Piutarch im 22n und 23n capitel berichteten
Vorgänge betrifft , so zeigt sich auch hier eine Verschiedenheit: deno von
dem sieg der Athener über die Megarer (Oiod. XH 5) steht nichts bei Piu-
tarch. Sauppe versucht aus dem scholion zu Aristophanes wölken S5b^)
eine benutzung des Ephoros durch Piutarch zu erweisen; allein Epboros
spricht von fflnfzehn talenten, Piutarch nur von zehn, so dasz also auch
hier kaum Ephoros fflr Piutarch quelle gewesen sein wird ; und dasz noch
ein anderer älterer schriftsteiler die ohne zweifei sehr bekannte geschichte
erzählt habe , ist höchst wahrscheinlich.
Da nun Piutarch im vorhergehenden dem Theopomp gefolgt ist, so
liegt die Vermutung nahe, dasz er auch hier hauptsächlich aus ihm ge-
schöpft habe, zumal die anordnung des ganzen unchronologisch ist usd
einen rein biographischen Charakter an sich trägt, rsich zudem an fielen
stellen eine genaue rücksichtnahme auf die entwickelung der beziehongen
zwischen Athen und Sparta zeigt, wie sie Theopomp liebte, und das ganze
jenen panhellenischen geist athmet, der das eigentlich charakteristische
seiner auflassung ist. dazu kommen einige thatsächliche anhaltspuncte.
Was nemlich Plntarch (Pen 21) von dem ehernen wolfe erzählt, mel-
deten nach dem scholiasten zu Aristophanes vögeln 557 auch Eratoslhe-
nes und Theopomp, da an eine benutzung des Eratoslhenes durch Piu-
tarch hier natOdich nicht zu denken ist, so wird dieser sein bericht aus
Theopomp geschöpft sein.'^) ferner steht es fest, dasz Theopomp di<^
wiederunlerwerfung Euböas und speciell die Vertreibung der Histiäer er-
zählt hat (fr. 164 Möller bei Strabon X 683), und gewisse städtenamen
welche uns aus Theopomp erhalten sind , z. b. Brea mit dem beisatz dasi
dorthin attische kleruchen gesandt seien (fr. 157 M.), machen es sehr
wahrscheinlich dasz er hier dem Piutarch vorgelegen habe, freilich musi
dieser sein original nicht unbedeutend verkürzt haben : denn er erwähnt
weder, wie grosz die zahl der nachHistläa gesandten attischen klerochen
gewesen, noch dasz die Histiäer nach Makedonien ausgewandert seien,
auch hier also wird nicht sowol Thukydides und Ephoros als Theopomp
für die hauptquelle des Piutarch gelten dürfen und dann dieser auch als
gewährsmann für den sonst nirgends überlieferten plan des Perikles zur
Umformung des amphiklyonenbundes und seine fahrt ins schwarze meer
anzusehen sein. '^)
13) hier heiszt es: <pncl ö' 'Gipopoc (fr. 118 Müller) ÖTi ^CTä TCtöra
fiadövTcc ol Acnccbaijiiöviot KXcavöptbiiv }xiv ihi\\xe\}cay^ TTXcicTodvaKTO
hk x€ TaXdvToic ilr)niwcav öiroXaßövT€c öüjpoöoxificavTac aöTouc h\a^^
Ar^ä-t^x Tf\c Xoiirf|c 'Aönvaiuiv y^c i)-nö tiaiv ircpl töv TTcpiKXto. }*'
^eilt SinteniB zu Platarcbs Perikles (1835) s. 165. 15) es scheint
t9\£\mrl
F. RQhl: über die quellen des Plutarchischcn Perikles. 667
Auch iQr den samischon krieg läsn^t sich eine ausgedehnlere be«
nulzung des Ephoros kaum nachweisen, es ist gewis ganz richtig, dasz
Plutarch 'die allgemeinen grundzflge der expedilion' aus Thukydides ent-
nahm ; aber die hauplquelle für die vielen einzelheiten , die wir aus Thu-
kydides nicht erfahren, scheint weder Ephoros noch Aristoteles, sondern
Duris von Samos zu sein.
Auch Diodor(Xll 27. 28) hat möglicherweise Thukydides benutzt, doch
beweisen die zahlreichen abweichungen und zusetze, dasz er den bericht
eines andern autors mit in seine darstellung verarbeitet hat, wenn er nicht
gar hier ganz unabhüngig von Thukydides ist. jener andere histonker
aber ist Ephoros, wie die Übereinstimmung mit den citaten hei Plutarch
lehrt, im übrigen ist jedoch sein bericht so wesentlich von dem des Plu-
tarch verschieden, dasz beide nicht denselben autor zur ergSnzung des
Thukydides herangezogen haben können, dasz Ephoros zweimal von
Plutarch citiert wird, ist kein gegengrund; er wird nur für einzelheiten
angeführt, in ganz ähnlicher weise wie Im leben des Kimon für die
Schlacht am Eurymcdon, für welche, wie wir nachgewiesen haben (a. o.
s. 8 und 15 f.), Plutarch ebenfalls nicht Ephoros, sondern Theopomp
gefolgt ist. ebenso verhält es sich mit Aristoteles, ja die merkwürdige
art wie ihn Plutarch benutzt läszt es hier wie an manchen andern stellen
fast als zweifelhaft erscheinen , ob er wirklich direct aus ihm geschöpft
habe, jedenfalls zog er ihn, schon der ganzen anläge seines werkes
wegen , nur gelegentlich zur ergänzung und controle heran.
Dagegen weisen mehrere umstände auf einen samischen autor hin.
öinmal schon die weitläuftigkeit des ganzen berichtes selbst, während
die übrigen kriegsthaten des Perikles doch ziemlich kurz abgemacht wer-
den; dann die durchweg den Samiern freundliche gesinnung, die sich wie
im ganzen so auch in manchen einzelnen puncten zeigt; hie und da blickt
auch eine aristokratische und zwar samisch - aristokratische parteifärbung
durch, für den Samier Duris speciell sprechen verschiedene gründe, es
steht fest dasz die Piutarchische erzähl ung von der brandmarkung der
beiderseitigen gefangenen aus dem werke des Duris stammt; wahrschein-
lich ist dieses auch die quelle der irtümlichen noliz über die XeuKfi f)fi^pot,
ein irlum den man in der that eher einem späteren Samier als Aristoteles
oder Ephoros zutrauen kann (vgl. Sauppe s. 11 f.). diese nachrichten
werden von Plutarch ohne angäbe des gewährsmannes vorgebracht, die
erstere folgt unmittelbar nach einem citat aus Aristoteles, wie um den
dadurch unterbrochenen faden der erzählung wieder aufzunehmen, femer
ist nicht ohne gewicht, dasz Plutarch schlieszlich (c. 28) den Duris, den
er bis jetzt noch nicht genannt, obwol er ihn benutzt hat, citiert, um
ihn wegen einiger Übertreibungen zu tadeln, ein verfahren welches die
uns nicht ganz sicher, ob das 164e fra^ment des Theopomp wirklich
in das 24e bnch gehört und nicht vielmehr in das zehnte, auszumachen
ist die frage freilich nicht, so lange keine genauere Untersuchung über
den inhalt und die anordnung der einzelnen bücher angestellt worden
ist, ein unternehmen dessen grosze Schwierigkeiten freilich auf der band
liegen.
668 F. Ruhl : aber die quellen des PluUrchischen Periklas.
allen historiker gerade bei tliren hauptquellen lieben. **} Sauppe legt
groszen werlh darauf, dasz Plutarch dem Duris mistraue und ihn des-
halb, schwerlich zu gründe gelegt habe; aber abgesehen davon dasz ihn
dies an einer ziemlich häufigen benulzung desselben in anderen seiner
Schriften nicht hinderte, sind es nicht eigentlich Unwahrheiten die er ihm
vorwirft, sondern Übertreibungen, und man kann einen autor, der hie
und da öbertrcibt, aber sonst viele wichtige nachrichten enthält, recht
wol als quelle benutzen, wenn man ihn nur hinlänglich controlierL und
das hat Plutarch hier gethan. unwahrscheinlich ist auch R. F. Hermanns
mcinung (a. o. s. VIl), Plutarch habe aus Duris nur das benutzt, was ihm
zur ergänzung des von andern überlieferten passte, und deshalb werde
er so häufig citiert; man hätte dann erwarten sollen, dasz er für die bei-
den oben erwähnten stellen mit namen genannt wäre , und nicht hier wo
ihm Plutarch nicht folgen will.
Entscheidend aber für die benutzung des Duris ist der umstand
dasz Plutarch im 24n capitel eine episode über Aspasia einschiebt, an
einer stelle welche für eine biographie nicht unpassender gewählt sein
könnte. Aspasia wurde nemlich, wie wir aus Harpokration u. 'Aaracia
erfahren, gerade von Duris als Urheberin des samischen krieges hinge-
stellt, und auch die vorhergehende notiz des Harpokration, dasz sie die
lehrerin und geliebte des Perikles gewesen sei, wird auf diesen zurück-
gehen, dies macht es höchst wahrscheinlich, dasz Plutarch durch jene
behauptung des Duris, welche ganz wie eine erfindung der unterliegenden
partei aussieht, durch die Schilderung welche derselbe von dem Verhält-
nis zwischen Aspasia und Perikles gab, zu dieser abschweifuug veran-
laszt wurde, zu dem was er in seiner hauplquelle fand fügte er aus seinen
collectanecn noch eine anzahl anderer notizen über jene frau hinzu, dasz
für die notiz über Aspasia nicht etwa der Sokratiker Aeschines oder An-
tisthenes zu gründe liegen, bemerkt Sauppe s. 12 mit recht (vgl. Her-
mann a. 0. s. IV f.) ; an Stesimbrotos zu denken liegt kein grund vor,
und mit Sauppe eine der schriften Über die attischen hetären für die quelle
zu halten scheint ebenso wenig nötig.
Nicht geringe Schwierigkeiten bietet die ermittelung der quellen der
folgenden capitel, welche vom peloponnesischen kriege handeln. Her*
mann, Slnteois und Sauppe nehmen hier ein durchgängiges zugninde-
liegen des Thukydides an, und wirklich läszt sich ein gegenbeweis kaum
führen, trotzdem ist jene behauptung vielleicht zu zuversichtlich : denn
die Übereinstimmungen des Plutarch mit Thukydides beweisen nur wenig,
da der erstere im allgemeinen sehr kurz Über die von diesem ausffihrlidi
berichteten Vorgänge hinweggeht und es auch nicht an ganz beträcht-
lichen abweichungen fehlt, welche Sauppe s. 36 auf Plutarchs flüchtig-
keit schiebt, es bleibt daher immerhin die hypothese offen, dasz Plu-
tarch aus einem schriftsteiler geschöpft habe, der seinerseits wieder den
16) canz ebenso verfuhrt Livins, wenn er XXX 45 plötzlich den
P/^i«b|08, den er doch in dieser ganzen partie seines wcrkes stÜIschwei-
"•BBchreibt, citiert, um ihn wegen einer angenauigkeit za tadeln,
inaissancezeit kommt ähnliches vor.
F. Rühl: über die quellen des PlutarchischeD Perikles. 669
Tbukydides ausschrieb, aber aus andern quellen neuen sloff hinzufOgle.
da es jedoch vor der hand kaum möglich scheint hier ins klare zu kom-
men, und diese frage, so interessant sie für die restilulion gewisser für
uns verlorener geschichtschreiber sein mag , für historische Untersuchun-
gen von geringerem belang ist, so wird man sich wol bei den resul taten
Sauppes beruhigen können, nur einige einzelheiten bedQrfen noch einer
genauem besprechung.
1} die erzählung von dem herold Anlhemokritos möchte Sauppe einem
Schriftsteller wie Idomeneus oder Stesimbrolos zuschreiben, allein der
tod des herolds und der antrag des Charinos sind anderweitig sehr gut be-
glaubigt^^, und es ist daher natürlicher den Ephoros für Plutarchs quelle
zu halten, weil diese ganze partie der biographie, soweit sie nicht auf
Tbukydides zurQckgehen sollte , nach Sauppes eigner auseinandersetzung
wesentlich aus diesem geschöpft ist. dasz Diodor nichts von der sache
erwähnt, ist nicht zu verwundern: denn dessen berichtOber die Ursachen
des peloponnesischen krieges, aus Ephoros geschöpft und in eine wahr-
scheinlicli ausschliesziich , jedenfalls der hauplsache nach auf Tbukydides
beruhende relation eingeschoben*^, ist, wie deutliche spuren lehren,
nicht nur arg gekürzt , sondern auch aus verschiedenen stellen des Epho-
reischen geschichtswerkes zusammengeschrieben.
2) ebenso wird das 32e capitel auf Eplioros zurückgehen , da aucli
Diodor iJLll 39) von dem process des Anaiagoras redet und erzälilt wie
Perikles hineinverflochten worden sei. der schluszsalz des capilels*'}
scheint anzudeuten, dasz hier der bericht eines aulors zu ende gieng,
aus dem alles vorhergehende entlehnt war. die erwähnung des Aeschiues
beweist nicht, dasz dieser hier zu gründe liege; Plutarch scheint aus ihm
nur die notiz entlehnt zu haben , dasz Perikles bei der vertheidigung der
Aspasia viele thronen vergossen.
Ganz ähnlich verhält es sich mit den folgenden capileln; die Über-
einstimmung mit Tbukydides ist unleugbar, aber gewisse einzelheiten und
die ganze auffassungsweise lassen wenigstens die starke mitbenutzung
eines andern autors vermuten (vgl. Sauppe s. 36 f.), und zwar scheint
Plutarch hier wieder Theopomp zugezogen zu haben, dahin führt Einmal
die ganz eigentümliche Verknüpfung der ereignisse, welche der in den
andern Theopompisclien teilen der biographie ungemein gleicht, dann
der bericht über die vÖOot (c. 37): denn dieser weicht von dem des Aelian
(XIII 14. VI 10), der doch hier wol aus Tbeopomp schöpft, nicht ab.
ihn auf Philochoros zurückzuführen scheint nicht gut thunlich , da dieser
17) Suidas u. 'AvOCfiöxpiTOC. Paus. I 36, 3. Pseudophil. bei Demosth.
bd. V 8. 146 Bkk. Harpokration n. *Av8e^ÖKptToc. vgl. 8intenis zu Plu-
tarchs Perikles (1836) s. 208 f. 18) die abweichangen von Tbuky-
dides Bind äuszerst eeringfQgig und können ebenso gut auf flüchiigkeit
des Dlodo^ wie auf der mitbenutzung einer andern quelle beruhen, man
musz freilich zugeben, dasz einige eigentümliche Wendungen das letz-
tere nicht ganz unwahrscheinlich machen. 19) ai fx^ ouv alrfai, Öt'
Ac oÖK claccv ivboOvai AaK€bal^ov(olC töv &f\^ov, oOrai X^ovrai, t6 5*
äktfiic dbiiXov.
670 ' F. RGhl: über die quellen des Plotarchisclien Perikles.
sonst TOD PInttrdi iin Perilles gar nicht bmtst worden ist, ol»«rol er
ibm atidiente genug geliefert bJlte (vgl. ETerniadn a. o. s. V). n4»ch ml
weniger scheint es glaablich, dasz das was von den häuslichen leid des
Perikles erzählt wird (c. 36) aus dem sog. Stesimbrotos stannnefrgl. Saoppe
s. 37) : denn die aus diesem machweilL entlehnte notiz steht in sehr ge-
ringem zusammenhange mit dem Torhergehenden , und die art und weise
wie Stesimbrotos hier citlert wird zeigt, dasz Plularch neben dem bendbt
seiner hauplqnelle noch einen anderswoher entnommenen zusats anbrin-
gen wollte.
Noch eine allerdings sehr gewagte vemmtung will ich hier aoN-
sprechen. Plutarch hat im Kimon des PanUtios schrift 7r€pt irapifroptac
benutzt (s. Ekker zu Plut. Kimon s. 23); ist es nicht denkbar dasz aocb
die erzShIung ?on der standhafligkeit des Perikles Im schmerz ans dieser
abhandlung entnommen sei, da doch Plutarch früher ganz anderes dar-
über nach Protagoras berichtet hatte (cons. ad Apoll. 118*)?
Wir kommen nun zu der ebenso wichtigen als schwierigen frage,
wem Plutarch die nachrichten über die ausfOhrung der athenischen pracht-
bauten In den capiteln 12 — 14 verdanke, ich habe mir diesen abschnitt
der biographie absichtlich bis hierher aufgespart, sowol weil die ent-
Scheidung nach der Untersuchung der übrigen teile leichter ist, als auch
weil an eine benutzung des Theopomp nicht zu denken ist. zu den tod
Sauppe s. 28 f. hierfür angeführten gründen iSszt sicli noch hinzufügcB.
dasz der letzte satz des vierzehnten und der anfang des fflnfzehnten capi-
tels sich genau an das elfte capitel anschlieszen, und die worte ibc ouv
travTdTraci XuO€tcr)c rf^c btaq>opfic xal Tf)c iröX€U)C oTov 6ftaXnc
xal \ixac T€VOfi^vilC KOjiibr) (c. 15) sich offenbar auf die bemerkung im
lln capitel beziehen: fjv fi^v T&p ii dpxf^c biTrXör) nc (hroiiXoc,
ujCTTCp Iv cibrjpi)j, btaq)opdv örroaifiaivouca bimoTiKf)c xoA dpicro-
KpaTiKf]c Trpoatpdceiuc. sowol das elfte wie das fünfzehnte capitel sind
aber oben dem Theopomp vindicierl worden, ist dies riclilig, so ergibt
sich das dazwischen liegende als einschiebsei.
In Plutarchs darstellung in diesen capiteln selbst iSszt sich leicht
der von der hauptquelle entlehnte grundstock von verschiedenen zusetzen
aus anderen autoreu und von den eigenen betrachtungen des Plutarch
unterscheiden ; wer aber diese hauptquelle sei , dafür scheint auf den
ersten blick jede andeulung zu fehlen, allein schon Sauppe machte mit
recht darauf aufmerksam , dasz uns hier stücke aus den damals gehaltenen
reden aufbewahrt seien ; wenn er jedoch, namentlich auf dieser erkenntnis
fuszend, ohne freilich zu viel gewicht darauf zu legen, die Vermutung
ausspriclit, dasz das ganze stück aus den denkwürdigkelten Ions stamme,
so sprechen gewichtige gründe dagegen.
Zwar sind uns aus Ion viele werthvolle nachrichten über seine zeit
erhallen, und es Ist auch wol bloszer zufall, dasz diese uns erhaltenen
notizen sich meist auf dichter beziehen: denn das Studium der grie-
chischen litleratur wurde von den gelehrten in Alexaudrien und Per-
son , durch welche wir eben die meisten aus Ion gezogenen einzel*
^,n kennen, in unvergleichlich höherem grade gepflegt als das der
F. ROhl: über die quellen des Plutardiischen Pcrikles. 671
griechischen geschtchte; allein auf höhere politische erörterungen hat Ion
sich doch wol kaum eingelassen, in der poIitik scheinen den geistreichen
mann mehr die bonmols als der gang der geschSfte und das spiel der
intriguen interessiert zu haben, insbesondere waren solche uationalöko-
nomische faemerkungen, wie sie das vierzehnte cajiitel des Plutarchischen
Perikles enthslt, gewis nicht seine Sache, auch harmoniert die der Peri-
kleischen politik durchgangig günstige Schilderung wenig mit der sonst
bekannten gcsinnung des Ion, der sich specieil in dieser Trage sicherlich
auf den standpunct der bundesgenossen stellte, der ganze bericht des
Plutarch weist vielmehr auf einen pragmatischen historiker hin, der nicht
nur den gang der Suszeren politischen geschichte darstellte, sondern auch
die oullurhistorischo eutwickelung verfolgte, ein solcher autor aber ist
E p h 0 r 0 s. dies ist auch anderswoher bekannt ; gerade für diese periode
läszt es sich aus Diodor schlieszen. kümmerlich genug zwar sind die
reste welche Diodor uns von dieser partie des Ephoros aufbehalten hat;
aber die kurzen andentvngen über die enlwicklung der griechischen cuUur
nach den Perserkriegen, welche Dtodor im anfang des zwölften buches gibt,
lassen ahoen dasz er in seiner quelle über diese gegenstSnde, die sich in
eine annalistische darslellung nicht einfugen lassen, eine weitläuftige
auseinandersetzung fand, die er zum teil in die crörterung über die Ur-
sachen des peloponnesischen krieges , wie er sie nach Ephoros gibt, ver-
arbeitete, der grund, welchen Sauppe gegen die autorscliaft des Eplioros
anführt, ist nicht stichhaltig. Ephoros liebte es nach dem muster des
Thukydides in seine darstellung reden einzuffigen , und dasz , wie Sauppe
sagt, Mie fülle und lebendigkeit des ausdrucks , die sich zu dichterischer
farbung steigernde eigentümlichkeit der reden , um hier noch von dem
hauche begeisterter teilnähme und unmittelbarkeit, die uns in dem zwei-
te teile des capitels warm entgegenweht, gar nicht zu sprechen, wenig
mit der sonst bekannten weise des Ephoros zusammenstimme', ist docli
ein zu hartes urteil über den begrrinder der Universalgeschichte, abge-
sehen davon dasz die darstellung des Plutarch kaum so glänzend ist, wie
sie Sauppe erscheint, wenn aber auch das alles richtig w9re , die wun-
der des Perikieischen Athens waren sehr geeignet auch ein ziemlich pro-
saisches gemüt zu erwärmen, und wo sogar ein Plutarch fast zum dichter
wird, sollte da Ephoros kalt geblieben sein?
Es fehlt jedpch auch nicht an positiven anhaltspunclcn fQr unsere
ansieht, dasz Diodor das 38e bis 40e capitel seines zwölften huchs aus
verschiedenen teilen der geschichte des Ephoros ausgezogen und ziemlich
grob zusammengeschweiszt habe, liegt, wie wir schon zu bemerken gc-
legenheit halten, auf der band, aber selbst noch in dieser gestalt ersehen
wir daraus, dasz Ephoros weitiäuftig über die athenischen prachtbaulen
und kunstwerke gehandelt hatte, er hatte erzählt, wie Perikles der leitcr
von allem war (Diod. XII 39), wie Pboidias das Standbild der Athena er-
richtet und wie man dann Perikles durch einen process gegen seinen
freund zu vernichten suchte; er hatte berichtet, wie der dclische schätz
nach Athen geschafft wurde (Diod. XH 38 vgl. Plut.Per. 12), was Plutarch
plötzlich als bekannt voraussetzt, ohne es vorher auch nur mit einem werte
672 F. RfiU: fibcr die queUea des Piol«hbehca tanUes.
crwihBl n kabea. daher ist es im hMwtf gnde wihwhfiriiih, das
PlaUrcli hier wesenüich ans Ephoros geschö|ill haL
Voa den fihrigen schriftsleflera, welche Plalardb im Feriklcs b—niTt,
ziefaea vor allem die koniker UBsere anlaicrksaMkeii anf sich, die frag-
BMale siad ziemlich alle mit fiberzeageadea gniadca hestianriea sückcB
zogewiesea wordea, oad es wird aicht adtig seia daraher aocb etwas
zu sagea. kaom aofgeworfiea aber ist die frage, ob Plalarch diese dichter
selbst gelesea habe oder sie aar auf frenMle aatoriUt hia dtiere. dasi er
Oberhaupt Schriftsteller aaffihrt, derea weriie er aicht selbst geselwa hii.
ist bei ihm miadeslens ebenso wahrscheialich wie bd aadera altea Ustori-
kern und z« b« filr seine citate aus Arehelaos bewiesea. dass er ühcrhaapi
die dichter der altea komödie gelesea habe, ist, wcna wir voa eia^es
weaigen absdien , nicht eben sehr glaublich, einmal waren sie achoa n
seiner zeit zum teil nicht mehr erhallen **); sodann hUie mehr seit nai
Studium zu ihrer ausnutzung für die gesehichte gdiört, ab Plutardi wahr*
scheinlich ffir eine ganze biographie zu verwendoi last hatte, nad enflick
hätte er zuweilen viel bessere belegstellea und interessantere aotixea ans
ihnen entnehmen können, als er gelhan. dazu kommt nun daszEphoros nad
Theopomp selbst die komiker benutzt hatten, von Epboros liszt sich das
aus Diodor abnehmen , der offenbar aus jenem , wie poetische iaschriftes.
so auch komikerfragmente in verliältnismäszig nicht geringer zahl öbcrlie
fert und dem doch gewis niemand eine Forschung zu diesem zwecke za-
schreiben wird; für Theopomp, der auf solche dinge ein scharfes äuge hatte
(untersuchte er doch sogar die form der buchstaben auf dem deakm;il
des friedens mit den Persern), ist das ebenfalls bekannt und folgt ganz
deutlich aus der früher von uns angeführten stelle des Valerius Mnzimiu
(VIII 9 exi, 2, vgL oben s. 660), aus der hervorgeht dass Theopoop
nicht nur von den komtkern im allgemeinen sprach, sondern auch cilatc
aus denselben anbradite.
Eine nähere betracbtung zeigt nun, dasz Plutarch seine komikercitale
zum grösten teil aus andern Schriftstellern übernommen haL im lebes
des Themistokles c. 32 heiszt es: oieTai bi xai TTXdruiva TÖv xuifitKOV
paprupeTv Iv toutoic
ö cdc b^ Tu^ßoc ^v KoXqj kcxukm^voc
Toic dfiiröpoic npöcpncic ictm TrovraxoC,
Touc t' ^KTiX^ovrac eicnX^ovräc t' diperai,
XibirÖTav fifxtXXa tupv veuiv GeäceTai.
offenbar hat Diodoros Periegetes — denn dieser ist es dessen ansieht hier
mitgeteilt wird — auch die verse angeführt und Plutarch sie aus ihm
übernommen, wenn er femer sagt Alk. 20: TOUC bi privücccvTOC 6 piv
6ouKubibric övo^äcm irapfiKev, fiXXoi b ' övofxäZoua AioicXcibov
Kai TeuKpov, div xal 4>puvtx6c dcnv ö KuifitKÖc raurl TreTroiiiKiuc -
\b cpiXTaO' '€pMf)f ical cpuXdccou, ^f| necibv
auTÖv irapcucpoiiq) xai 7ropdq(i[|C bioßoXJtv
iiipui AioicXe(b<)i ßouXo^^vif) koköv ti bpav.
) Oalenos zu Hippokrates de nat. hom. I bd. Y s. 4 ed. Bas.
F. RQIil : Ober die quellen des Plularchischen Perikles. 673
xai* ,q>uXd£ofiar Te^Kpi)! fäp oöxl ßouXofioi
fit^vurpa boOvai jCj> TraXafivaiip {dvi)i *
so springt doch in die äugen, dasz er nicht alle möglichen Schriftsteller
verglichen, sondern blosz änen, wie äXXoi und Ivioi bei Plutarch ge-
wöhnlich zu verstehen sind'*), und dasz dieser, wahrscheinlich Ephoros,
den Phrynichos citiert habe, denn warum nennt Plutarch sonst seine an-
dern autoritaten nicht, und wie kommt gerade Phrynichos zu der ehre
hier ausdröcklich als gewUhrsmann angeführt zu werden? &hnlk:h steht
es mit den citaten aus Enpolis und Piaton Alk. 13, welche Nlkias 11 zum
teil wiederkehren, wo Plutarch dieselbe quelle ausschrieb, ebenso geht
wahrscheinlich im leben des Kimon c. 10 das citat aus Kratinos auf Theo-
pomp zuräck, an dessen darstellung es sich sehr gut anfügt, und ziemlidi
sicher die stelle des Eupolis im 15n capitel : denn die darauf folgende
phrase, womit die anschuldigung des komikers zurückgewiesen wird,
trägt ganz den Stempel des Theopomp, der, wie bekannt, das etwas
genial-lüderliche privaüeben seines beiden in möglichst günstigem lichte
darzustellen suchte.
Nicht anders steht es im Perikles. dasz die bemerkungen über den
urprung des beinamens des Perikles (ö 'OXufxmoc), welclie im 8n capitel
aus den komikern beigebracht werden, aus Theopomp stammen, zeigt die
Übereinstimmung mit Valerius Haiimus. sie schlieszen sich eng an die
vorhergehende Theopompische relation an, welche durch einen zusatz aus
Ephoros unterbrochen wird.
Dann ist das citat aus Aristophanes im 26n capitel: Cafi(uJV ö bf)-
fiöcicnv (bc iroXirrpäfifiaTOC entschieden aus einem andern Schriftsteller
entnommen: denn Plutarch führt selbst an, dasz es von einigen nüt der
samischen expedition des Perikles in Verbindung gebracht worden sei. ob
es auf Duris zurückgeht, mag dahingestellt bleiben, ist aber höchst wahr-
scheinlich, aus Duris scheinen ferner die komikerfragmente im 24n
capitel zu stammen: denn olTenbar hatte ein anderer Schriftsteller, der
Plutarch vorlag, von dem vöOoc gesprochen, dessen Eupolis erwAhnung
thut. auch schlieszen sie sich sehr wol an den bericht des Duris an, wel-
cher durch die aus anderer quelle stammende notiz, dasz Perikles Aspasia
Uglich zweimal geküszt habe, unterbrochen worden war. auch ist zu be-
denken, ob nicht die am ende des 30n capitels angeführten verse aus den
Acharnern des Aristophanes ebenfalls nur aus zweiter band angeführt
werden, da Plutarch sagt, dasz die Megarer sie benutzten, um die schuld
am ausbruch des peloponnesischen krieges von sich ab und auf die As-
pasia und Periiües zu wftlzen. dasz Plutarch die verse auch aus dem
original kennen konnte, ist freilich durch die unten anzuführende nach-
Weisung Grotes auszer frage gestellt.
Ganz klar endlich erscheint das von uns behauptete verh<nis bei
dem citat aus Hermippos im 33n capitel: denn das was Plutarch daraus
21) Tgl. H. Peter quellen Plutarchs in den biographien der Römer
8. 6. für die biographien der Griechen sind gleichfalls beispiele in
menge zur hand.
JahrblUher f&r claM. phUel. 1S68 hft. 10. 44
674 F. ROhl: Aber die qaeüen des nuUrciiischeo PeriUes.
schlieszt (direcpuero il ical KX^uiv f(bf\ biot Tf)c irpöc ixcTvov fTTcpt»
icX^a] öpT^c Tüuv noXiTuiv irop€uö|i€voc ivA iflv bfifiarurtiav} isszt
sich gar nidit daraus folgern , sondern bloss dasz Kleon derjenige war^
welclier der defensivpolkik des Perikles den heftigsten widerstand leistete
wir werden also annehmen dürfen, dasz Plnlarch den bericht des Theo-
pomp zosasmengezogen nnd die von diesem citierten anapiste des Her-
mippos nicht ganz genau mit seinem auszug in verbinduDg gebracht habe.
Ist das was wir bisher erörtert richtig, so ist es wol lieine allzu ob-
begrflndete i^muitong , auch die angaben aus komikcm im 16d capiteK
welche der darstellong des Thukydides entgegengestellt werden, auf Tbeo-
pomp aurflckzuffihren, aus dem das folgende stammt und dessen gedanken-
gang die betonung des misrerhiltnisses zwischen der reebilfdieii demo-
kralie und der factisohen alleinberschafl des Perikles sehr wol entspriehL
auch das citat aus Piaton im 4n capitel dOrfte aus diesem enlnommei
sein, wie es sich mit der am schlusz des 7n capilels angeführten stelle
▼erhalte, musz dahfaigestellt bleiben, da man nicht weisz auf wdebfa
autor die notiz fiber Ephialtes zurückgeht.
Mit diesen bemerkungen ist keineswegs geleugnet, dasz Plularch
einzelne komiker wirklich gelosen und selbstündig benutzt habe; von Ans-
tophanes z. b. hat es Grole bewiesen (history of Greece bd. Y s. 426,
vgl. meine abb. s. 4). in den meisten fällen jedoch hat er sie lediglich
auf fremde antoritSt bin angeführt.
Ion von Chios endlich wird im Perikles ziemlich hSufig dtiert,
scheint aber noch Öfter benutzt zu sein, um eine kleine nad^ese zu
Sauppe zu geben, so möchten whr ihm zuweisen, was im 5ii capilel ▼•■
dem benelunen des Perikles der beleidigung durch einen unwürdigen ge
genüber berichtet wird : denn es folgt eine allgemeine bemerlciing aus Ion,
die dieser sehr wol bei erzdhlung dieses factums gemacht haben kann,
dann stammen unter anderm auch wol die zwei boumots des Perikles
welche im 8n capitel mitgeteilt werden ebendaher, da Ion mehrere der-
artige notizen seiner schrift einreihte und sie einer aus ihm geschöpften
erzihlung vorangehen, dasz uns das eine derselben auch von Artstoteies
(rhet.flll 10) aufbewahrt worden ist, spricht nicht dagegen, ebenso gehört
hieriier auch wol der bericht über den ersten preiskampf im odeion, sowie
eine oder die andere notiz über Aspasia. ob wir den bericht über die
leichenfeler nach dem samischen kriege (c. 28) auf Ion oder auf Slesim-
brotos zurückführen sollen, kann zweifelhaft erscheinen; doch spricht die
dem Perikles günstige hallung des ganzen sowie das folgende dtat mehr
für das erstere. was dageged im 16n capilel von Anaxagoras erzählt
wird, kann sehr wol aus jenem sophistenfabricat entnommen sein.
In negativer beziebung bleibt nur noch zu bemerken , dasz Kritolaos
nicht als quelle des Plularch angesehen werden dal'f: es ist ein ganz ge-
legentliches citat, welches Plularch im 7n capitel in die feder linft, ebenso
wie der vers aus Euripides im 4n capitel des Kimon.
Mailand. Füanz Ruhl.
W. Fielitz : über anfang und ende der Menandrischen Adelphen. 675
91.
ÜBER ANFANG UND ENDE DER MENANDRISCHEN
ADELPHEN.
Die Suetonische vita des Terentius berichtet, Varro habe den Teren*
ziscben anfang der Adelphen dem Menandrischen vorgezogen, worin
diese Verschiedenheit des anfangs beider slQcke bestanden , Iiat man sich
in verschiedener weise su erlilSren gesucht, das gespr&cii des Micio und
Demca im ersten acte sowie eine stelle des monologs des Micio stehen
durch Donats zeugnis (zu I 2, 1. 1, 18) als Menandrisch fest, die sehr
coroplicierte und künstliche ansieht K.F.Hermanns (disp. de Terenti Adel-
phis, Marburg 1838} über die art jener Verschiedenheit, die überdies von
dem alten und vor Grauert (analekten s. 124 ff.) allgemeinen irtum aus-
gieng, als sei die ganze person des leno, also der ganze zweite act aus des
Diphllos CuvanoGvrjCKOVTec entlehnt, hat W. Ihne (quaestiones Terentia-
nae, Bonn 1843, s. 25 ff.) widerlegt, und ich kann sie daher bei seite lassen.
Ihne, welcher nachweist dasz wir die verse des prologs, welche die coii-
tamiuation betreffen , wörtlich zu verstehen , also nur den raub der psal-
tria d. h. II 1, 1 — 43 als dem Diphilos entnommen anzusehen haben (denn
schon V. 43 findet sich unter Menanders TViI'M^^l fiovöcrixcn [Hetneke
Men. s. 338, 59], und zu v. 45 ciliert Donat den entsprechenden griechi-
sclien vers aus Henander), nimt nach Grauerls vorgan^^«. o. s. 132} in
betreff jener abweichung des Terenz von Heuander an, dieselbe habe
darin bestanden , dasz der raub der psaltria , den Terenz auf die bülme
bringt, bei Menadder dem Mieio von seinem bruder erzSblt wurde, eine
genaue betrachtung des zweiten Menandrischen actes, wie er durch Ihnes
Untersuchung dargelegt ist, wird uns, wie ich glaube, über art und ort
jener Verschiedenheit richtigeres lehren.
Dasz Menander, wie Terenz, seinen zweiten act begonnen habe mit
der rflckkehr des Aeschinus in begleitung des mfidchens und unter vcr»
folgung des leno, diese ansieht Meinekes (Men. s. 1} hat Grauert gewis
mit recht bekämpft, warum sollte sich dann Terenz in dieser scene von
seinem original ab- und dem Diphilos zugewandt haben? wenn auch
der raub notwendig mit der Verwicklung des Stückes verknüpft ist , so
brauchte derselbe darum noch nicht auf die bühne gebracht zu werden.
Menanders act begann sicherlich damit, dasz der leno sich vor dem hause
des Aesehinus einCand, um die beiaiilung für das geraubte mädchen zu
erhalten. Aeschinus war also im hause, da er nun aber während des
ganzen ersten actes auszerhalb war, so würde nur die annähme übrig
bleiben, dasz er während des zwischenactes von seinem nächtlichen aben-
teuer zurückgekehrt sei. diese annähme, die in der that in diesem falle
von Ihne gemacht zu sein scheint, wie sie in andern (allen von andern
gemaclil Ist, beruht jedoch auf einer durch nichts begründeten Übertra-
gung unserer modernen anschauung vom zwischenact auf das antike
drama. wir sind allerdings gewöhnt am Schlüsse jedes actes durch den
Vorhang höchst unsanft aus der Illusion gerissen zu werden, die Griechen
44*
676 W. Fklilz: Ober aofaog und ende der Menandrischea AddiplieB.
haben diese klippe Termieden. dasz in der alten tragddie und konndie
die die pausen fällenden chöre bei offener bfibne sangen, verslAl sich
Ton selbst, bedenken wir nun , dasz während der ganzen neuen komödie
der chorgesang niemals ganz anfgebdrt hat') und dasz noch Honz") das
emporgehen des Vorhangs als gleichbedeutend setzt mit dem schlösse des
Stücks, so werden wir die annähme als gesichert betrachten, dasz die
bahne w^rend der zwischenacte offen blieb.') daraus folgt aber mii
natwendigkeit für die technik des drama die regel, dasz die haiidlaB;
im zwischenacte nur so weit fortgang nehme, als dies hinter der
scene möglich ist. es darf also auch dem zuschauer nicht zugemutet
werden dasz er eine person , die er am ende des einen actes auszeriulli
des hauses wusle, sich zu anfing des nächsten als zurückgekehrt und
drinneu im hause befindlich vorstelle, wenn sich dennoch in den sämt-
lichen stücken des Plautus und Terenz vier fälle der art finden^), dau
wir von der aus dem spätem verlauf des Stückes ersichtlichen rödLk^
einer person in ihr haus nichts sehen noch hören, so dürfen wir fik
diese rückkehr nicht die zwischenacte in anspruch nehmen, aonden
müssen einfach eine nachlässigkeit des dlchlers constalieren , düe sich,
von einem slficke abgesehen, durch die geringe Wichtigkeit der belreffea-
den personen hinlänglich entschuldigt, war nun Menanders Aeachinus
1) 6. Meineke bist, crit com. s. 441. vgl. auch den gesang der liacher
im Rndens v. 290 ff. 2) a, p. 164 speciaioris ege$ mdaeu mumemfii et
usque sesntri^ donee eantar ^vos plaudäe* dicat, ep» II 1, 189 quaiiuor mä
plures aulaea premuniur in horas. 3) daher sind auch nie an mnfan^
eines actes (natürlich abgesehen vom ersten) die personen achon auf
der bahne beschäftigt, sondern sie betreten dieselbe erst sogleich mit
ihren ersten Worten, bei gelagen (Aainaria, Persa) bietet der anfaa^
des actes nicht das fertige bild der beim mahle grelagerten gesellachaft,
sondern die gaste lagern sich erst {age decumbamMts) ^ die tische werden
herangerückt naw. 4) zwei grobe rerstöaze dieser art finden aich in
der Asinaria, die überhaupt in rücksicht anf composition die allerbe-
denkliohsten mängel zeigt. Argjrippos und Demaenetits befinden sieh
v. 591 nnd 741 im haase der Philaeniam, während sie y. 245 und 125
auf den markt giengen nnd wir seitdem von ihrer ruckkehr nichts ^-
hört haben, die beiden andern fälle beschrSnken sich auf so unbe-
deutende nebenpersonen, dass sie sich schon dadurch der wahmehmnng
der sQSchauer oder leser gänzlich entziehen, in den Baochidea geht
Nicobälas v. 348 aus um seinen söhn za suchen, noch ist seine rück-
kehr nicht ang^emeldet, als er v. 770 schon wieder aas seinem hanse
tritt schon Y. 626 (vgl. 630) scheint er so hause zu sein, io den
Adolphen wird Canthara y. 364 ansgeachickt die hebamme au holen,
und kommt nicht wieder, es kam eben dem dichter nicht anf daa her-
beiholen der hebamme an, sondern nur auf das ausgehen der Canthara
(vgl- V. 616). hierher scheint nar zu gehören ein fall ans dem Poe*
nnlns. Agorastocles geht III 6, 13 mit den werten tu tequere tme intrc
in sein haus nnd kommt erst V 2^ 1 wieder heraus, e wischen beiden
aeitpuncten sagt sein sklaYC lY 2, 107 nunc iniro ibo: dum erus adnemst
a foro^ opperiar dorn, dasz wir diesen offenbaren widersprach nicht
auf rechnnng des dichters, sondern des interpolators zu setzen haben,
ersehen wir ans den Yorsen, die derselbe sklave kurz Yorher spriebt,
Y. 98 f. ibo iniro, haee ui meo ero memarem: nam huc si ante aedU a«v9*
nuaeque audivistis modOf nunc ri eadem tue iterem, inscitiast.
W. Fielitz: über anfaog und ende der Blenandrischen Adelphen. 677
zu anfang des zweiten acles za hause, so musz er es auch im ganzen
ersten gewesen sein, damit ergibt sich die abwesenheit des Aeschinus,
also auch das gastmahl , von dem ihn sein vater so ungeduldig zurück-
erwartet, als eine zuthat des terenz, die notwendig geworden war zur
motivierung der zweiten zuthat , der rückkehrscene im zweiten acl;
Und suchen wir nun die einzelnen verse der Terenzischen zuthat
hiernach genauer zu bestimmen, so ergeben sich gerade die zehn bis
zwölf ersten und der letzte vers des ersten actes als die einzigen des
ganzen stQ(^s, in denen dieser abwesenheit des Aeschlnus erwähnuug
geschieht: sie sind also mit ihrem ganzen Inhalt efgentum des Terenz.
bei Menander war Aeschinus vom gastmahl zurfickgekehrt (oder wol gar
nicht da gewesen) und hatte seinen raub bereits in Sicherheit. Miclo,
welchem die saciie zu verhehnllchen kein gnind war, hatte das mädchen
gesehen, vielleicht auch schon von ihrer gewaltsamen entführung, aber
noch nicht von dem eigentlichen zweck derselben erfahren (diesen er-
fährt er erst auf dem markte von Syrus: vgl. v. 364), jedenfalls aber
nichts ungewöhnliches oder strafbares darin gefunden, die exposilion
dieser Sachlage mag der inhalt der ersten verse bei Menander gewesen
sein, die jetzt durch die Terenzischeu verdrängt sind, daher ist Hicio,
als er den Demea kommen und schon von weitem seinen Unwillen aus-
drficken sieht, auf eine scene gcfaszt: er ahnt dasz der bruder von der
Sache nachricht bekommen, daher das dixin hoc fore v. 83, aus dem
auch Hermann glaubte entnehmen zu ' können , dasz Micro schon um das
abenleuer des Aeschinus wisse. Micio gieng dann am ende des actes auf
den markt, nicht um Aeschinus zu suchen, wie bei Terenz, sondern ent-
weder um nähere erkundigungen Ober die sache einzuziehen, oder um den
fortgeeilten bruder einzuholen und zu besänftigen.
Somit liegt der ganze, vielbesprochene unterschied in den zehn bis
zwölf ersten versen. und die verse des Terenz :
profecto hoc vere dicuni: $i absis usptam
' [aui ihi si cesses] , evenire ea satius est ,
quae in ie uxor dicit [et quae in animo cogitai]
irata quam itta quae parentes propitii
führen allerdings einen so feinen und witzigen gedanken in so eleganter
weise aus, dasz das urteil Varros Aber diese verse im vergleich zu den
Menandrischen, welche die oben bezeichnete einfache exposition enthalten
haben werden, als ein hinreichend motiviertes und berechtigtes erscheint.
Wenn es mir in diesem falle gelungen ist das Verhältnis des Terenz
zu Menander in ein helles und für den erstem nicht eben ungQnstiges
licht zu setzen , so ist es mir bedörfnis an einer andern stelle den rühm
der Menandrischen poesie von einem flecken zu säubern, mit dem der
^dimidlatus Menander' den echten verunreinigt hat. mit dem ende des
vierten (Fleckeisenschen) actes ist die fabel unseres Stückes zum ab-
schlusz gekommen , die heirat des Aeschinus hat die Zustimmung beider
Väter gefunden, Demea ist besänftigt und wird am folgenden tage mit
dem frühesten sich mit seinem söhne und der psaltria aufs land zurück-
ziehen, und wenn nach dem letzten verse Micios: i ergo iniro^ et quoi rei
678 W. Fieliiz: über anfang und ende der Menandrischen Adelpbea.
^stj ei rei hunc sumamu$ diem der canlor mit dem plaudiie schldsae,
so könnten wir dieser auCTorderung im bewustsein, ein nach composition
und Zeichnung uns durchaus befriedigendes stflcli gesehen zu haben, aus
voller aberzeugung nachkommen, statt dessen werden wir noch einen
ganzen act hindurch mit allerlei kleinen und grossen gunstbezeagungen
unterhalten, die ganz naldrlich mit der heirat und der scfalteszIicheB all-
gemeinen ausaöbnung zusammenhiingen, die aber weit wirksamer der
ausmalenden phantasie des Zuschauers überlassen blieben und die um so
mehr unsere Verwunderung erregen, als sie gerade von dengenigen aus^
gehen, von dem man sie am wenigsten erwartet, von Demea. daaz diese
liberale anwandlung im sinne des dichters keine natörliche, sondern dne
erheuchelte sei, hat Lessing (Bamburgische dramaturgie^tCLck 71) gewis
mit recht behauptet, obgleich er zugibt dasz, wenn man Demeas worte
zu aufang des actes *so obeniiin nehme', es fast scheine 'als ob er vüliig
von seiner alten denkungsart abgehen und nach den grundsitzen des
Micio zu handeln anfangen wolle*, vollständig aufgeklärt Ober die ab-
sieht Demeas, seinem bruder auf dessen kosten eine gute lehre zu geben,
werden wir erst durch seine unten anzuführenden worte aus der letzten
scene. 30 spielt denn nun Demea plötzlich den nachsichtigen und ver-
schwenderischen und geht mit eigentum und person seines bruders auf
das freigebigste um: Ilegio bekommt ein stück acker, Sostrata einen
mann, Syrus die freiheit und geld dazu, und als Micio nach der Ursache
dieser plötzlichen Veränderung in der Sinnesart seines bruders forscht,
erhält er zur antwort :
ut id osienderemy quod ie isii facüem et fesUüom puianiy
id non fieri ex vera vita negue adeo ex aequo et b<mo^
sed ex adsentando^ indulgendo, largiendo^ Micio.
BUeio weisz darauf nichts zu seiner vertheidigung zu sagen, und so trigt
in unserm acte , und weil denn doch dieser das endresultat aus dem gan-
zen stficke ziehen soll, in unserm stücke die lebensanschauung und er-
ziehungsmethode des Demea einen unzweifelhaften sieg üt>er die des Micio
davon, das steht im Widerspruch mit der tendenz des gesamten übrigen
Stückes. Micio, das bild des freien, feinen, urbanen Atheners, ist durch-
weg der liebiing des dichlers. seine figur ist mit der grösten liebe, ja
Parteilichkeit gezeichnet, seine liberalen anticliten mit der wärmsten
Überzeugungskraft dem zuschauer dargelegt, er hat seinen söhn ge-
wöhnt, was andere hinter dem rücken der väter Ihun, quaefert adu-
lescentia^ ihm nicht zu verheimlichen, denn
pudore et liberalitate liberos
retinere salius esse credo quam metu.
denn wer durch strafe zur pflidit gezwungen wird, der scheut sich, so
lauge er entdeckung fürchtet; wo er aber unentdeckt zu bleiben glaubt,
gibt er seiner neigung nacli:
hoc pairium est^ potius consuefacere filium
sua sponte rede facere quam alieno metu.
und kann man von dieser wahrhaft edlen erziehungsweise bessere resul*
täte verlangen, als sie die durchweg edlCi offene und freie Sinnesart
W. Fielilz : über anCang udcI ende det* Menandrischeii Adelphen. 679
des Aeschinus zeigt? man lese doch nur die £e scene des 4n aotes» wo
Aescbinus, zu einem gesi&ndnis gegen seinen valer gezwungen, von die-
sem mit sanften und dooli so ernsten und vorwurfsvollen wollen wegen
der Verheimlichung der sache zurechtgewiesen wird , sehlieszUch aber die
Zustimmung zur heirat erhält und in Worte des heiszestcn dankes aus-
bricht! diese scene ^ das w&rmste und auch für uns rührendste, was uns
von der Menandrischen poesie flbrig ist, icann gar keinen zwei/el aufkom-
men lassen, Cfir wessen lebensanschauung der dichter selbst begeistert ist
und andere begeistern will, und von diesem manne sollen wir nun das
eudurteil mit nach hause nehmen , dasz er nicht geliebt werde ex vera
vita neque adto ex aequo ei bonol über so edle hvmanitfit soll doch
schlieszlich der mörrische philister Demea den sieg davontragen? einen
solchen Widerspruch gegen seine eignen tendenzen kann sich kein dichter
BU schulden kommen lassen, der überhaupt welche hat, am wenigsten ein
phtlosoph wie Menander; ein solcher Widerspruch ist nur möglich , wo
zwei mAnner nach einander an demselben werke arbeiteten , von denen
der sp&tere es nicht vermochte oder es versäumte sich ganz in die ten-
denzen des ersten hineinzudenken, ein solcher fall liegt aber in unserm
stocke vor, und der Verfasser jenes letzten actes kann kein anderer sein
als Terenz selbst diese ansieht wird unterstützt durch mancherlei lücken
und mllngel in composition und motivierung von einzelheiten unserea actes«
Syrus ist v. 785 aus furcht vor dem zorne des Demea, der in das
haus gegangen ist und nun seinen jüngsten söhn mit der psaltria beim
mahle entdecken wird, davongegangen, denn bei den Worten
itfSi, dum hae sileseuni turbee, inierea in anguium
aliquo abeam aique edormiteam hoc villi, sie agam
kann man sich doch unmöglich vorstellen, dasz Syrus in das haus hinein-
gehe, wo der sturtn, dem er entgehen will, zum ausbruch kommen musz«
und doch kommt Syhis v. 882 aus dem hause heraus und bringt dem
Demea vom bruder die bestellung, er solle sich nicht weit entfernen,
von dem rausche und dessen beiiung ist nicht mehr die rede, merk-
würdigerweise ist auch alle furcht vor Demea verschwunden, oder ist
Syrus während des zwischenactes drinnen von der lösung des eonflicts
nnterrichtet worden? was wäre dann aber natürlicher als dasz der so
nahe daran beteiligte sklave seine freude in einem Selbstgespräch aus-
drückte und dadurch zugleich die in dem Zuschauer aufsteigenden fragen
beantwortete? und warum hat der dichter sich die gelegenheit entgehen
lassen, die Wandlung der furcht des nichts ahnenden Syrus in freude
über die während seines schlafes vorgegangenen dinge auf die bühne zu
bringen und so die neue leutseligkeit des Demea in recht helles licht zu
setzen? so aber nimt Syrus die lobsprücbe hin, als mflste es so sein.
Nun tritt Geta aus dem nachbarhause und motiviert sein auftreten
mit den werten : era^ ego huc ad hos pr^viso^ quam mox virginem
arcessatU, also nur Ungeduld und neugier treiben ihn hinaus, aber
woher diese Ungeduld? wober diese Verzögerung, über die bald darauf
auch Aeschinus klagt? schon v. 719 sagt Micio: ibo^ Ulis dicam nullam
esse in nobis moram^ und v. 787 parata a nobis sunt, iia ui dixi^
680 W« FieliU: Ober anfang und ende der MeDandrischen Adelphen.
Sosiraiaj ubi vis. danach kann die venögemng ihren gnind nicht in
dem hause des Nicio , sondern nur in dem der Sostrala haben, da also
Gela durch ein so schwaches und mit dem vorhergehenden in Wider-
spruch stehendes motiv auf die höhne gesogen wird, so wird er da wol
eine wichtige rolle zu spielen haben? im gegenteü, er bat sich nur
einige Schmeicheleien Ton Demea sagen zu lassen und dann wieder zu
verschwinden.
Die folgende scene läszt die frage die sie anregt unl>eantwortel:
haben sich vater und söhn im laufe des slflcks schon gesehen? wenn
Aberhaupt, so kann diese begegnung und die damit verbundene Ver-
söhnung nur stattgefunden haben im letzten zwisdienacte. wamra blei-
ben wir auch hierüber unanterrichtet?
Nachdem Syrus weggeschickt ist, um den zäun zwischen den nach-
bargärten niederzureiszen, kommt Hicio aus dem hause, und es folgt eine
scene die an Ungeheuerlichkeit und man kann sagen Widerwärtigkeit alles
übertrifft und unter allen beurteilem nur wenige verlheidiger gefundeo
hat (z. b. Grauert).^} dem edlen allen Micio wird, trotz seines strSubens,
mit den nichtigsten gründen die alle Sostrata zur frau aufgeschwatzt,
und zwar nicht blosz von dem hämischen Demea, dessen plötzliche tolle
frelgebigkeit hier nicht mehr lachen, sondern Unwillen erregt, sondern
auch durch seinen söhn Aescbinus , der doch noch kurz vorher gesagt
hatte :
iiaque adeo magnam mi inieil sua commoditate curam^
ne forte inprudens faciam^ quod noUt; sdens cavebo*
Grobe im rhein. museum XXII s. 640 hat auf die Ungereimtheit des gnm-
des hingewiesen, mit dem Aescbinus seinen vater zu bereden sucht: fac^
promisi ego Ulis, ' wann hätte denn Aescbinus das gethan ? seit der enl*
deckung und dem darauf folgenden gest&ndnis hat Aescbinus das nachbar-
haus noch nicht betreten ; vorher wäre aber ein solches versprechen ge-
radezu wahnsinnig gewesen, oder sucht Aescbinus seinen vat^ durch
einen erdachten grund zu bereden ? woher aber dann die bereitwiliigkeit
und das einverslUndnis , womit er Demeas tollen einfall unterstfitzt?
wenn Grobe nun, durch diese und andere unzutriglichkeiten bewogen,
die ganze Unterredung Aber die heiral als Interpolation aus dem texte
ausscheiden will, so hatte er doch die anmerkung Donats zu v. 938 nicht
unbeachtet lassen dürfen: apud Menandrum senex de nupiOs fion gra-
valur^ ergo Terenlius eviffftiTuSg.
Die stelle hat eine doppelte auslegung erfahren^), nemlich entweder
5) selbst Lesslngf der sonst an dem 'spiel der Charaktere' in nn-
serm act viel zu rühmen weiss (a. o. st. 99) sagt hierüber st. 100: ^der
blosse einfall macht uns anfangs zu lachen; wenn wir aber endlich sehen
dasz es ernst damit wird, dasz sich Micio wirklich die schlinge über
den köpf werfen läszt, der er mit einer einzigen ernsthaften wendang
hätte ausweichen können : wahrlich, so wissen wir kaum mehr, anf wen
wir ungehaltener sein sollen, ob auf den Demea oder auf den Micio.^
6) Ihnes conjector non gravalur tantopere hat schon das gegen sieh,
dasz ein blosser gradunterschied des str&nbens schwerlich bezeichnet
konnte durch Terentiiu so^i^tiicco;.
W. FieliU: über anrang und ende der Menandrischen Adelphen. 681
die: *bei Menander sträubt sich der alle gegen die heirat nicht' (so die
ausleger vor Leasing, Grauert) oder, wie Lessing und nach ihm Heineke
will : *bei Meoander ßllt man dem alten mit (in betreff) der hochzeit nicht
beschwerlich.' von seilen der grammatlk ist gegen keine der beiden inter-
prelationen etwas za erinnern, desto mehr von seilen der Ssthetik gegen
die erslere. Micio sollte sich wirklich ohne kämpf dem albernen und
hinterlistig^ Demea gefangen geben? er der sich als hagestolz glücklich
pries (u& fioncdpiöv p€ , Tt^vaiKa ou Xa^ßavu) hiesz es bei Menander],
sollte sich ohne strSuben der iaune seines bruders der es anders will
fflgen? diese heirat des Micio kann ich mir nur unter ^iner bedingung
vorstellen, ohne meine teilnähme fflr Micios person auf das gröblichste
verletzt zu ffihlen, wenn nemlich Micio, durch das beisplel seines sohnes
bekehrt, den gedanken zu heiraten von selbst und ganz aus freien stücken
faszt. die auffassnng der Donatischen stelle aber, gegen die ich streile,
setzt unbedingt voraus, dasz bei Menander dem Micio der heiratsvor-
schlag gemacht worden sei. ich stimme daher unbedingt der Lessing-
schen auslegung bei , und halte nicht nur das sträuben des Micio , son-
dern die ganze heiralsangelegenheit fQr eine erfindung des Terenz. daher
die sachlichen widerspräche und Unmöglichkeiten dieser scene. aber sind
diese Widersprüche und unmöglichkeilen gröszer als die welche wir durch
den ganzen acl zerstreut finden? erkennen wir nicht überall dieselbe
sorglose, oberflächliche und ungeschickle hand, die sich nicht kümmert
um die ganze vorhergehende composilion , die sich nicht bemüht die aus
den früheren aclen herausragenden fäden aufzunehmen und weiter zu
weben, sondern mit rohen, ungeschickten knoten an das fertige gewebe
ein neues, fremdartiges anfügt?
Doch ich bin mit meiner analyse des actes noch nicht zu ende.
Syrus hat seinen auftrag ausgerichtet und kommt wieder; sofort bean-
tragt Demea seine freilassung und Syrus unterstützt den anlrag mit dem
auch von Demea anerkannten gründe:
ego istos vobis usque a pueris curavi ambos sedulo^
docui^ montn^ bene praecepi setnper quae potui omnia.
also auch den Glesipho, der doch auf dem lande nach einer ganz andern
melhode von seinem vater erzogen wurde?
Aber noch nicht genug der von Demea ausgebenden gnade: nun
musz zuguterletzt (denn bisher haben wir davon noch nichts erfahren)
Syrus auch noch eine frau haben , nur damit Demea auch sie frei bitten
kann, und was wird als grund für die freilassung angegeben? iuo ne-
poii^ huius filio^ hodie prima mammam dedit haec, auch das ist nur
für diesen zweck erfunden : denn wir haben weder davon gehört , noch
auch die person in das nachbarhaus gehen sehen.
So hat der ganze act mit allen einzelheiten nur den zweck, dem
Demea, dessen trockene strenge dem damaligen Römer allerdings wol
mehr zusagen mochte als die feine griechische humaniläl Micios, über
seinen bruder und dessen lebensphilosophie triumphieren zu lassen,
diesen zweck aber konnte nicht der Grieche Menandros, sondern nur der
Römer Terentlus haben.
682 H. Probst: zu TaciUis annalen [II 23].
Wenn man mich nun fragt, weshalb Donat in der oben besproche-
nen stelle nicht den ganzen act, sondern nur den einen teil desselben als
erfiudung des Terenz bezeichnet habe, so fragt man mich zu yiel. das
kann an der art und bcscbalFenheit der quelle li^en, der er die angäbe
verdankt, dasz aber der vers, den Pbotios s. 387 u. CKuGpöc aus Menaii-
der qhne angäbe des Stücks citiert: ijüj 5* dTpoiKOC, £pTäTi|€, CKU-
epöc, TitKpöc, qpeiöwXöc, und der äbercinsUmmt mit der 8|)bst5cbilde*
rung Demeas v. 866 ego ille agretiis^ saevos, iristiSy parcus, iruculenhu^
tenax — dasz dieser vers meiner hypothese schaden bringe, glaube ich
nicht: denn zu diesem ausdruck des gegensatases zu seinem bruder hatte
Demea bei Menander noch an verschiedenen andern stellen gelegenheil:
so z. b. konnte er gleich im ersten acte mit einer derartigen mfirritchen
Selbstbetrachtung die bühne betreten, oder der vers kann auch dem
Schlüsse des Stückes und einer Versicherung angehören, die Demea sei
es dem bruder sei es den zuschauem gab, der Versicherung einer wirk-
lichen, nicht, wie bei Terenz, erheuchelten sinnesAnderung.
Stralsund. Wilbelx Fibutz.
92.
Zu TACITUS ANNALEN.
II 23 ac primo placidum aequor mille navium remis strepere aui
velis inpelli: mox atro nubium globo effusa grando^ siinul varüs undi-
que procellis incerti fluctus prospectum adimere^ regimen inpedire.
es dürfte dies die einzige stelle sein , wo incerti fluctus vorkommt : denn
hist V 6, wo früher inceriae undae stand, liest man jetzt richtig inertes
undae, was kann man sich aber bei incerti fluctus denken , oder wie
sollen incerti fluctus die aussieht benehmen? mit erkläruugen wie ^dubii,
diversis ventis modo huc modo illuc acti' (Ruperti) ist offenbar nichts an-
zufangen, die Übersetzer machen sich die sache leicht, indem sie den
durch den Zusammenhang erforderten sinn in das wort hineinlegen, so
z. b. G. L. Roth: *dann aber sperrte der aus schwarzer wolkenmasse
geschüttete hagel und die durch wechselnden stürm von allen seilen
regellos gehobenen wogen den blick in die ferne', oder A. Stahr
römische kaiserfrauen s. 234: *dann aber plötzlich hemmte der aus
dichtgeballtem schwarzem gewölk niederströmende hagel und die durch
schnell wechselnde Sturmwinde von allen seiten regellos überein-
ander getürmten wogen jede aussieht.' incerti^ wenn es einen sinn
haben soll als attribut zu fluctus ^ heiszt eben nur 'regellos', und der
hauptbegriff den die Schilderung verlangt ^gehoben' oder ^übereinander
getürmt' liegt nicht darin, es ist statt incerti zu schreiben inversi
^umgekehrte, das unterste zu oberst gekehrte, aufgewühku, sich fiber-
stürzende wogen', vgl. Hör. epod. 10, 5 inverso tnari, aus welcher
stelle Tacitus den ausdruck entnommen haben wird.
^LEVE. HeBMAKN PbOBST.
0. Hirschfeld: das aerarium miliUre in der römischen kaiserzeit. 683
93.
DAS AERARIUM MILITARB UND DIE VERWALTUNG DER
HEERESGELDER IN DER RÖMISCHEN KAISERZEIT.
Unter den grossarligen anordnungen des Augustus nach der schlacbt
bei Aclium, die allmShiich den Abergang der republik zur absoluten mo-
narcbie zu wege brachten, war ohne zweifcl eine der wichtigsten die
IdluDg der Provinzen in senatorische und kaiserliche im jähre 727. sie
sicherte ihm und seinen nachfoJgern die unbeschränkte gewalt über das
beer und machte den senat wehrlos, dasz der kaiser damit zugleich die
Verpflichtung übernahm das stehende heer zu besolden und zu verpflegen,
bedarf keines beweises (vgl. die rede des M&cenas bei Dion LH 27 f.);
nicht so zweifellos ist es dagegen, aus welcher casse diese zaiilungen
gemacht wurden, es ist bekannt dasz Augustus im jähre 759 eine neue
casse einrichtete, die den uamen aerarium mQitare erhielt; ihren zweck
gibt er selbst folgendermaszen an (res gestae divi Augnsti DI 35 — 39
Hommsen): M. Lepido et L. ArrunUo cos. in aerarium miliiare^ quod
ex cotuüio meo constitutum est, ex quo praemia darentur militibus^
qui vicena plurave stipendia emeruissenty S&miUiens et septingeniiens
Tu Caesaris nomine et meo detuli, sie war demnach zur auazahlung der
gelder bestimmt, welche den Soldaten nach beendigung ihrer dienstzelt
entweder baar gezahlt oder zum ankauf von land verwandt wurden (vgl.
Mommsen a. o. s. 40 ff.), und diese summen waren grosz genug um die
errichtung einer eigenen casse zu reditfertigen. dagegen halt Huschke
(census der frühem römischen kaiserzeit s. 83 anm. 167) das aerarium
militare für *den eigentlichen öffentlichen schätz des kaiserlichen regi-
ments gegenüber dem aerarium populi JRomanP; andere wie Pucfata
(Institutionen I' s. 383) nehmen an, dasz aus ihm die kosten für die
Unterhaltung des heeres bestritten worden seien, hervorgerufen ist diese
ansieht durch die angaben des Suetonius und Dion , die auch nach Mar-
quardt (handbuch UI 2 s. 226) *dem aerarium müitare die allgemeine
bestimmung nicht nur für die Versorgung der entlassenen Soldaten, son*
dern auch für die Unterhaltung des stehenden heeres überhaupt geben'.
Da die Stellung des aerarium müHare für die ganze finanzver»
waltung der kaiserzeit von Wichtigkeit und, soviel ich weisz, nie einer
genauem prüfung unterzogen worden ist, so dürfte es nicht überflüssig
sem zu untersuchen, ob wirklich ein solcher Widerspruch in der Über-
lieferung vorliegt.
Die Worte des Suetonius (Aug. 49) lauten: quidquid autem ubigue
militum esset, ad certam stipendiorum praemiorumque formulam ad-
sirinxit, definitis pro gradu cuiusque et temporibus miliiiae ei com-
modis missionum, ne aut aetate aut inopia post missionem
soüicitari ad res novas possent utque perpetuo ac sine difficuUate
sumpius ad tuendos eos prosequendosque suppeteret, aerarium müi-
tare cum vectigdlihus novis constiiuit. dasz hier nur von den ausge-
dienten Soldaten die rede ist, zeigt der erste satz und besonders sein
684 0. HirscfafeU: 6ms aenriiia ndliUre in der rtoüdiai
•chlnsz, weBB allerdings aoch nichl gdengnel wcrdea kasa dan die
werte ad tuendes eos pratequendoique zwcideoüg sind« SaeliM , der
deo index rerum gestarum des Auguslos sehr wol gekannt nod bemlzt
hat (vgl. Mommsen a« o. s. V), wollte rielleicht aof 6\t renchiedeBe art
der abfindong anspielen: auf die landanweisung einerseits (ad tuendes
eos) nnd die geldzahlungen anderaeils {prouquetidosquey)^ jcdcafaUs
liegt kein gnind vor seine worte auf die besoldnng des stehenden beeres
za beziehen.
Aehnlich verhalt es sidi mit der stelle des Dion (LV 24, 9); er
spricht sich foigendermaszen über das aerarium mSitare ans: bi* ouv
raÖT* Ärropiifv xPHM^ituiv yviu^HV ic xftv ßouXftv dcnvefKC iröpov
Ttvd btofncn Koi äcivuiv dfro5etx€^vat, fiirux: fni^cvöc SiiiOev mi]^
XimouM^vou dqpOövujc ix, tcuv TeroTM^vuiv Kcd rf^v Tpoqyf|v jobbl t&
T^pa Xapßdvujct. Kcd ö piv iZriretto . . . pera b^ Toimz ha te
AifuXiou Aciribou xai im Aouxiou 'Appouvriou uirdruiv txxy-
V€TK€V ö AÖTOucTOC x{fi\iuna Kod ön^ touroC koI \mkp toG Tiße-
piou ic TÖ TOfitetov, 8 kgA crpanumKdv diruivÖMace usw. das motiv
zur Stiftung des aerarium ndUtare und der für dasselbe besUmBlen
zdlle Hegt in den Worten b\* oöv TaGr' Anopöiiy XPHM^^v, und dem
entsprechend musz auch die Verwendung der gdder gewesen sein, diese
worte beziehen sich nun offenbar nicht auf das zunächst vorber^hende:
denn dort gibt Dion nur eine statistische aofziblung der tmppen nnd
ihrer Stellungen zu Augustus zeit mit gelegentlichen angaben Ober die
spater stattgefundenen Veränderungen; aber es ist das auch nur ein
eicnrs (vgl. c 24, 1 direibfi bi &nai de töv irepl tuiv crparoir^bttiv
XÖTOV TrpoifJxOtiv), und mit 5i' odv raura kehrt er zu seinem thema
zurück, das er c. 23, 2 verlassen hat: x^iXcttuic bk bi\ tujv crportu)-
TUIV itpöc Tf)v Twv äOXun/ CMiKpÖTirra bi& rode noX^^ouc touc
TÖT€ dVCCTUKÖXaC OUX f^KICTtt ixOYtWV Kttl >XT]b€v6c Sui TOO TE-
TOTM^vou Ti^c crporeiac cqpfci xpdvoxi .SrrXa XaßcTv iWXovroc
dHniq>ic6ii TOic fi^v Ik toC bopuqpopiKoO TrevTaxicxi-
Xiac bpax^dc, dircib&v ^KKaibexa ^tti^ toic b^ dr^potc
TptcxtXiac, dircib&v cTkoci cTpaTCucwvTat, bibocSat
also auch hier, wie bei Suetonius, die deutliche beziehung auf die Ver-
sorgung der Veteranen, die den Augustus zur Stiftung des aerarium
miUiare veranlaszte, und darauf gehen ebenfalls die worte ^ribcvdc ßui-
6€V finb^V Ximoufidvou, die hinweisen auf die gewaltsame Vertreibung
der alten grundbesitzer , die besonders bei anweisung der Sullanischen
militärcolonien stattgefunden hatte, dasz Dion von Tpoq)f|') xai T^pa
spricht, dürfte ebenso zu erklären sein wie die Suetoniscben worte ad
tuendes eos prosequendosque.
Dürfen wir demnach behaupten dasz Suelon und Dion nicht mit den
Worten des Augustus im monumentum Ancyranum in widersprach stehen,
1) allerdings erhielten die Veteranen regelmässig nur eines von
-^I. Zampt comm. epigr. I s. 450 anm. 2) dasz übrigens
von geldzahlungen an die Soldaten gebraucht wurde, zeigt
krieg Y 9, 1.
0. Hirschfeld: das aerarium militare in der römischen kaiseneit. 685
so fallen damit die oben angeführten aufstellung^n über die bestimmung
des aerarium militare von selbst in sich zusammen ; dasz dieselben un-
haltbar sind , selbst wenn man die besprochenen Zeugnisse anders deutet
und annimt dasz Augustus selbst den hauptzweck dieser neuen casse, die
Unterhaltung des heeres, verschwiegen habe — das lUszt sich aber auch
auf anderem wege beweisen.
Für die ansieht von Huschke, dasz das aerarium militare identisch
sei mit dem fiscus und in dasselbe die abgaben der kaiserliclien provinzen
geflossen seien, findet sich in unseren quellen keine stütze; dagegen spre-
chen aber auf das entschiedenste die nachrichten über die fuodierung des
aerarium miülare^ das Augustus, wie Suelon ausdrücklich sagt, cum
vectigalibus novis canstituit; auch die worte Dions (LV 25, 4) übe 5*.
ouv TaOrd t€ (die gescheuke des Augoslus und anderer) dXdxtcra irpöc
TÖ TiXnOoc Tiliv dvaXiCKO^^viuv fjv Ka\ dOavdTou tivöc eöiroptac
ibeiTO usw. würden sinnlos sein, wenn die steuern der kaiserlichen pro-
vinzen in diese casse geflossen wären, noch entscheidender ist die notiz
bei Tacitus {ann, I 78) aus dem j. 15 nach Ch. : ceniesimam rerum
venalium post heüa civilia institutam deprecante populo edixit Tiberius
militare aerarium eo subsidio niti'}^ die nur dann verständlich
ist, wenn diese Steuer eine der haupteinnahroequellen war, während die-
selbe im vergleich mit den einkünften aus den provinzen kaum in be-
tracht kommen konnte, der umstand ferner, dasz die kaiserliche haupl-
casse von allen Schriftstellern stets fiscus genannt wird, obgleich das
aerarium militare nachweislich noch im dritten jh. unter seinem allen
namen fortbestanden hat, würde allein genügen die ansieht Huschkes zu
widerlegen«
Ist es demnach sicher, dasz das aerarium militare auf die steuern
angewiesen war, die bei seiner fundierung neu aufgelegt wurden^), so
springt die unmdgtichkeit in die äugen, mit diesen summen den unlerhall
des römischen heeres zu bestreiten, diese steuern bestanden aus der
allerdings sehr einträglichen erbschaflssteuer (vgl. Gibbon decline and
fall 1 c. 6 s. 265 [London 1788]), genannt trigesima hereditatium (vgl.
Dion LV 25), und der centesima rerum venalium (Tac. ann, \ 78), die
Tiberius auf die bälAe herabsetzte (ebd. 11 42)') und Caligula ganz er-
3) die folgenden worte 9imul imparem oneri rem publicam^ niii viee-
simo ndUiiae anno veterani dimiUerentur sprechen ebenfalls deutlich für
die bestimmang des aerarium müitare, 4) geschenke wie sie Augostus
in seinem und des Tiberiaa namen innerhalb neun jähren im betrag von
170 millionen seatertien und andere könige und Staaten an das aera-
rium militare machten (Mommsen a. o. s. 44 f.), werden später nie er^
wähnt and wahrscheinlich auch nicht vorgekommen sein. 5) regnum
{Cappadociä) in provindam redaetum ett, fruciibusque eius levari poste cen-
tesimae veeägal professus Caesar duceniesimam in posierum statuit. man
könnte daraus schlieszen dasz die einnahmen der provinz Cappadocien
anf das aerarium militare angewiesen worden seien; jedoch ist es wahr-
scheinlicher, dasz Tiberius ans dem ertrag der provinz geschenke nach
art des Augustas an diese casse machen wollte, nm den ausfall den
sie durch herabsetznng der centesima hatte zu decken, nach Dions be-
richt (LVIU 16, 2 und LIX 9, 6) müste Tiberius die ducentesima später
686 0. HInehfeld : das aenrium militare ia der römischen kataendt.
(Soeloo Co/. 16); ob dieselbe spMer wieder eingeführt worde, ist
nicbl sicher (vgl. Burman vecügalia p. R. s. 69 IT.). dasz die gfiter des
Agrippa Postomas nach seiner Terbannnng dem aerarimm wnHUtre ange-
wiesen wurden (Dion LV 32, 2 £= Zonaras I 37), war eine ansaahme und
gewissermaszen ein persdniiches geachenk des Augnstns, an den das oon-
fiscierle vermögen als an den grosxvater und adoptivraler gewis sorfickiel,
wihrend sonst die hwia damnaiorum unter Aoguslns in das aerarntm
Saiumi, seit Tiberins regelmässig in den fiscut flössen (vgl. Tac amn.
VI 2. Plin. paneg. 42). irtfimlidi dagegen liat man (vgl. t. b. Ntppcrdey
zu Tac. ann. XIII 31. Marquardt handbnch ill 2 s. 227) die anfangs
spiter vier procent betragende Steuer für den sklavenverkanf dem
rium miUlare zuweisen woHen und dies geschlossen aus den wortci
Dions (LV 31 , 4) irpocbcö^evoc Vi M| xPUM<i^Tiiiv £c t€ toöc iroX^-
^ouc Ktt) tc Tfjv TUfV vuKTcxpuXdKuiv Tpoq»f|v, t6 t€ tAoc to ific
iTCvniKOCTf^c inl tQ tuiv dtvbpomöötuv irpacci ddntrrc usw. da nua
aber, wie gezeigt ist, weder die besoldung der Uruppen noch die geldcr
ffir kriege in den etat des aerarium miUiare gehörten, so konnte auch
diese Steuer nicht fai dasselbe flieszen ; dasz aber nicht von der l>ereicfae-
rung einer bestimmten casse die rede ist, sondern dasz Auguslus iber-
haupt die einnahmen des Staates vergröszem wollte, um den gesteigerten
ausgaben genügen zu können, zeigt das unmittelbar folgende xal TÖ dp-
Yuptov TÖ ToTc CTpoTTiTotc ToTc xäc dnXoMaxioc iroioGciv ^k xoi)
brtfiociou 5tb6^€vov ^K^euce fiiiK^T'dvaXtCKecOat.
Andere steuern, die in das aerarium militare flieszen sollten, wer-
den nicht genannt und haben schwerlich existiert; dasz die angefOhrtea
unmöglich hinreichen konnten zum unterhall des römischen heeres, be-
darf kaum des beweises. die besoldung und Verpflegung der gemeinen
legionssoldalen, der prfttorianer und der stMtisdien cohorten betrug nach
Marquardls richtiger berechnung jährlich etwa 4671(ftX)0 denare; rech-
net man hierzu die besoldung der officiere, die flottengelder, die Unter-
haltung der hölfstruppen, die ausgaben für festungen und kriegsmaterial,
endlich die Versorgung der Veteranen, so wird man die summe von
30 millionen thaler jährlich, wie sie Hock (röm. gesch. I 2 s. 296) an-
nimt, kaum fflr zu hoch gegriffen halten.') dasz zur deckung dieser
wieder in eine eentesbna verwandelt haben; doch steht damit Saeton
{Cal 16) und die münzen (Eckhel doctr. nuram. VI s. 224) in wider>
spmch.
6) schon Domitian erhöhte den jährlichen sold von 225 auf 300
denare (Suet. Dom, 7 und 12. Zonaras XI 19). noch grösser waren die
kosten in der spüteren kaiserzeit, besonders unter Septiraias Sevems,
der nach Herodian (III 8, 4 f.) tö ctnip^ctov irpiZrroc i}öSr)C€v aÖTotc
nnd nach Spartian (o. Sev, 12) mUitUms tantum sUpendiomm quanium nemo
principum dedit^ nnd unter Caracalla, unter dem die jährlichen ansniben
^f das heer nm 70 millionen denare stiegen: Dion LXXVIU 36 Tgl.
Herodian lY 4, 7 irpocHOrict hk rCp aTT)pcc(i|i dXXo toO TcXoufi^u fijitcv.
'diesen regelmftBzigen zablnngen wuchsen die anszcxordentlichcn
9 der Isaiser an die Soldaten, besonders am ende des zweiten
■itten jh. zn einer colossalen höhe an. bekannt ist es, dasa
'anns nur durch enorme versprecfanngen auf den thron ge-
0. Hirschfeld: das aerarium mililare in der römischen kaiserzeit. 687
summen ein groszer teil der einkOnfte der provinzen verwendet werden
musle (Gibbon a. o. I s. 260 veranschlagt die jährlichen einnahmen aus
den provinzen unter Augustus auf 15 bis 20 milHonen pfuud Sterling;
vgl. auch Hock a. o. s. 295} , kann keinem zweifei unterliegen ; keines-
wegs aber konnten dafdr die einkfinfte des aerarium mililare ausreichen,
die, wie es scheint, kanm genügt haben den Verpflichtungen gegen die
Veteranen nachzukommen (vgl. Ilommsen a. o. s. 50).
Sehr dflrftig sind die nachrichtcn über das aerarium mililare in
späterer zeit, obgleich die Versorgung der Veteranen die kaiser stets be-
schäftigt hat (vgl. Rein in Paulys realencycl. VI s. 2526 f.}- Augustus
liesz es von drei gewesenen prätoren, die durch das loos gewählt wur-
den, verwalten, ihre amtsdauer betrug drei jähre ^); zuDions zeit wurden
dieselben vom kaiser ernannt (Dion LV 25, 2). auf Inschriften finden sich
diese praefecti aerarti mililaris noch im drillen jh. (vgl. Marquardt a. o.
s. 226 anm. 1278: der letzte aus der zeit des Severus Alexander bei
Uenzen 6504); von Schriftstellern wird diese casse auszer Tacitus ann.
V 8 mid den oben besprochenen stellen, soviel ich weisz, nie erwähnt,
diese reticenz ist besonders auffallend in dem panegyricus des Jüngern
Plinius, der selbst praefectus aerarii mililaris gewesen war (vgl. Sfomm-
sen im Hermes IH s. 89); aber so eingehend er über Trajans Verdienste
um die römischen finanzen spricht, nennt er stets nur das aerarium Sa-
türm «nd den kaiserlichen fiscus. man kann daher mil Sicherheit an-
nehmen, dasz das aerarium mililare in der spätem kaiserzeit keine
grosze bedeutung gehabt hat, sondern nur als eine Unterabteilung des
fiscus betrachtet wurde, wie dies auch aus Sueton {Aug. 101) erhellt:
breviartum tolius imperii^ quanlum militum sub signis ubique esset^
quanium pecuniae in aerario et fiscis et vecligäliorum residuis^
wo unter aerarium unzweifelhaft das aerarium Salurni zu verstehen
ist, das aerarium mililare dagegen zu den fisci gezählt wird, es ist das
nicht auffallend, wenn man bedenkt dasz zur zeit der gründung dieser
casse der name aerarium noch keineswegs die bedeutung als senatorische
casse im gegensatz zum fiscus hatte, ja es ist sogar wahrscheinlich dasz
unter Augustus der name fiscus als kaiserliche casse noch gar nicht ein-
geführt war.^ eine kaiserliche casse aher war das aerarium mililare
im eminentesten sinne, gegründet mit dem gelde des kaisers und neuen
von ihm ausgeschriebenen zollen , so dasz es unzweifelhaft ist dasz der
langte (o. IvUani 2 f. vgl. Herodian II 6, 10); von Septimius Sevems
sagt Dion (LXXVI 1, 1): Kai Y^P d*c dXTiOüüc oüöclc wUittotc tocoOtov
aÖTotc dOpöoic tö€&U)K€i' ic xAp Tf|v 6u)p€dv TaÜTt^v TrcvTQKicxiXia» )^\i-
pidb€C bpaxMtliv dvaXiiidricav. noch groszer waren die Bcheukuugen
Caracallas, der jedem Soldaten 2500 denare versprach und dadurch,
wie Herodian IT 4, 7 sagt, \xxtc iwiipac d(p€i6u)C ^KX^ac irdvra öca
grcciv ÖKTWKa{&€Ka ö Ccou^poc fiOpoiccv.
7) Borghesi (annali deir Inst. 1852 s. 38) gibt die dauer dieses
amtes auf zwei jähre an: worauf sich diese behaoptung stützt, ist mir
unbekannt. 8) zuerst findet er sich bei Seneca de benef. VII 6, 3;
dann bei Tacitus ann* II 47. 48. VI 2, der von der zeit des Tiberius
spricht.
688 0. Hirscbfeld: das aenrium müitare io der römischeD
kaiser volle disposiiion Aber dieselbe auch rechtlich (denn faeUach hatte
er sie auch Aber das aerarium Satumt) gehabt hat. dasz die oberror-
steher derselben Senatoren , nicht ritter waren , findet seine aaalogie io
anderen kaiserlichen Verwaltungen (vgl. Eichhorst quaestiones epigraphicae
s. 25); wahrscheinlich ist es freilich, dasz ihnen als unterbeamte zur Ver-
waltung der gelder kaiserliche procuratoren beigegeben waren , die mao
unter der groszen menge der procuraiores und proeuraiores Augusii
ohne weitem zusatz zu suchen hjitte.'}
Dürfen wir demnach als erwiesen annehmen, dasz die gelder fur
den unterhalt der truppen nicht aus dem aerarium müüare^ sondern aus
dem fisctis flössen, so luusz für diesen zweck eine eigene verwaliung
{ratio) mit dem zugehörigen beamtenpersonal existiert haben, wie die-
selben nachzuweisen sind für die mQnze, die erbschaften, die Wasser-
leitungen u. a. m. die summe dieser einzelnen rationes bildete eben den
kaiserlichen fiscus, und die Oberaufsicht über dieselben hatte ein kaiser-
licher beamter, der den titel a raiionibus führte.*^
Demgemäsz sagt Stalins in dem bekannten gedieht an Claudias
Etruscus, der das amt a raiionibuM wahrscheinlich von fiero etbiell
(Friedlander sitlengeschichle 1' s. 154), nachdem er seine stellimg' ia
bezug auf die einkünfte des römischen reiches charakterisiert hat (tat,
Ili 3, 98 IT.}: vigil isie animique sagacis | exäus {exciius Markland)
evolvii^ quanlum Romana sub omni \ pila die quantumque tri-
9) vgl. Dion LV 26, 2 xal tQ ö\\i} tin\p£ciq. r^ irpoaiKoOq] xpw-
fi^voic. es ist mir sehr denkbar, dass man sich scheute, nachdem aera-
rium die specifische bedentang der senatorisehen casse erhalten hatte,
kaiBerlichen freigelassenen oder rittem den titel proatraicr aermii muii-
iari» zu geben. 10) eine zosammenstellong derselben gplbt FriedlSnder
Bittengeschichte I* s. 162 ff. ob dieses amt schon Angastns eingesetzt
hat, ist zweifelhaft; der erste (Orelli 2931) ist ans Tiberins zeit, hänfi^
werden dieselben erst seit Clandins. im ersten jh. wird diese Stellung
ohne ausnähme von kaiserlichen freigelassenen eingenommen, und man
kann kaum zweifeln dasz dieselben anfangs keineswegs die befugnis
hatten eigenmächtig über die kaiserlichen gelder zu disponieren, son-
dern vielmehr nur als rechonngsbehörde znr controle der kaiserlichen
verwaltnngsbeamten eingesetzt 'waren, dasz darin die keime zn grosser
macht lagen, ist freilich klar, und sehr wahrscheinlich hat Clandins,
unter dem der bekannte Pallas a rationtbu* war, dieses amt zn so gro-
sser bedentung erhoben (vgl. Statins st/o. III 3, 86 ff.), aber es ist
doch im ersten jh. stets ein kaiserliches hansamt geblieben, nnd es
scheint mir nicht richtig dasselbe in dieser zeit unter die procnratnren
zu zählen: denn nie führen diese freigelassenen vor Hadrian den titel
procurator nnd werden ebenso wenig nach bekleidung anderer procn-
ratnren zn dieser Stellung befordert, erst nach Hadrian, der das ganze
Verwaltung swesen reformierte (vgl. Friedländer a. o. s. 68), verwandeln
sich diese Uberii a raHonibuM in procuraiores a rationibug aus dem ritter-
stande, und dieses amt nimt dann unter den procuraturen die erste
«*' " * '^asz in den ersten zelten nach dieser reform noch kaiser-
sene mit dem titel a rationtbut (Mommsen IRNL. 4916)
a rationibuM (Gniter 371, 2) vorkommen, ist naturlich
} analogie in dem amte ab episliäiä (vgl. Friedländer
0. Hirschfeld : das aerarium militare in der römischen kaiserzeit. 689
bus; quid iempia^ qtäd alli | undarum curstis^ quid propugnacula poS'
cani I aequoris aut lange series porrecta viarum usw. dasz die kosten
der militanrerwaUuiig an erster stelle genannt werden, ist wol kaum
zufällig: dorn sie hiideten ohne zweilel den wichtigsten teil des budgets.
während aber die kaiserlichen verwaltungsbeamten fär die gelreirlespen-
den, die bauten, die wasserleltiingen, die wege, die mönze und was sonst
noch unter dem decernat des Etruscus stand, häufig bei Schriftstellern
und in inscbriften erwähnt werden, sind die nachrichten über die ver-
waltangsbcamten der heeresgelder anscheinend so dürftig , dasz ihrer in
den handbflchern kaum erwäbnung geschieht nnd doch wurde offenbar
ein zahlreiches persona] beim beere selbst erfordert, um die gelder zur
Zahlung des soldes und das getreide fdr die Soldaten, das ihnen seit
Augustus wahrscheinlich gratis geliefert wurde (L. Lange hisloria muta-
tionum rei militaris Romanorum s. 39), u. ä. m. anzuweisen.
Kaiserliche procuratoren, die zu diesem zweck dem beere aitachiert
waren, erwU^nt schon Strabon, der bekanntlich unter Augustus und Tibe-
rius sein werk verfaszte. nachdem er die Standorte der römischen legio-
ncn in Spanien bezeichnet hat, fögt er hinzu (III 4, 20}: 6ici bk xal ^rri-
TpOTTOt ToO Kakapoc, iTnriKol ävbpcc, ol biav^MOvrec rdt xpilMorra
Tok CTpoTiuiraic cic tfiv bioixriciv toO ßiou. bestätigt wird diese notiz
des Strabon durch den bericht des losephos (jdd. krieg VI 4, 3) Über den
kriegsrath, den Tttus im j. 70 nach Ch. vor der Zerstörung von Jeru*
salem abhält, zu dem der praefecius praetorio Tiberius Alexander,
mehrere legionslegaten , der procurator von Judäa M. Antonius Julia-
nus als stimmfähige mitglieder zugezogen werden, auszerdem aber: xal
)i€Tä TOUTOUC dTTtTpönuiVKai x^^^^PX^v ä6poic6^VTUJV. der um-
stand dasz procuratoren zu einem kriegsrath und zwar zusammen mit
den tribunen versammelt werden, beweist dasz hier notwendig an pro-
curatoren beim beere , nicht etwa an andere kaiserliche procuratoren in
Judäa zu denken ist.
Mehr als hundert jähre später, wahrscheinlich im j. 184 nach Ch.
(vgl. Dion ep. LXXII 8) schreibt der kaiser Gommodus (Capitolinus v.
Clodii Alhini 2) an den spätem kronprätendenten Glodius Albinus , der
damals mit Pescennius Niger den krieg in Dacien und Germanien fahrte :
tibi do facuUaiem ti/, si necessiias fuerii, ad miUtes prodeas et tibi
Caesareamim nomen adsumas . . . habebis praeierea^ cum id feceris,
dandi sUpendü usque ad ires aureos liheram potestatem^ quin et
super hoc ad procuratores meos litteras misi, quas ipse
signatas accipies signo Amazoniae et^ cum opus fuerit^ ralionalibus
dabis^ ne te non audiant^ cum de aerario volueris im'
perare,") wir finden demnach diese procuratoren noch am ende des
11) aerariwn In der bedentang 'kaiserliche casse' = /?«cu« gebraucht
fällt in dieser zeit nicht mehr auf, um so weniger als es keineswegs
ausgemacht ist dasz wir es hier mit der genauen mitteilong eines briefes
des kaisers Commodus zn thnn haben: vgl. in den scr. hist. Aug.: M.
Anrelins 17. Avidias Cassins 7. Severus 12. Claudius 14. rationales nnd
procuratores sind in späterer zeit identisch: ygl. o. Alea:. Severi 45.
Jahrbücher PSlt class. philol. 1868 hft. 10. 45
690 0. Htrschfeld : das aerarium militare in der römischen kaiseneit.
zweiten jh. beim beere zur Verwaltung der kaiserlichen cassen, aus denen
der sold (s. oben dandi siipendii usque ad ires aureos) gezahlt warde.
für die exislenz dieser cassen heim heere bedarf es keines beweises ; aas-
drOcldich erwähnt werden dieselben z. b. für den krieg gegen die Marco-
mannen , wo freilich M. Aurelius und Gommodus selbst im lager waren,
von Herodian 16,6 ra^icid t6 xpr\\i6iT{ixy ßaciXiKiSv dvraOBa (d. k.
heim beere) Ttdvra
Diese dürftigen nachrichten der Schriftsteller werden auf erfreoliche
weise durch die inschriften ergänzt, in einer Inschrift, die wahrscheinlich
der zeit desAugustus angehört, heiszt es (Mommsen IIINL.5369): ires ex
eo superstites reliquid liberos, unum maximis municipi honarib{us) iu-
diciis Augusi{tj Caesaris usum^ alterum casiresibus eiusdem Cae-
saris August(i) summis fun[cium atque acceptis eques]iris or*
dinis honoribus eiiam superiori destinaium ordini. die ergänzungen sind
von Mommsen ; für acceptis würde ich lieber omaium schreiben : denn
ohne zweifei hatte der söhn schon vor bekleidung des kaiserlichen amtes
den ritlerrang. die namen Augusius Caesar und Caesar Augusius be-
zeichnen allerdings nicht notwendig Augustus selbst, sondern können
von jedem regierenden kaiser gebraucht werden ; doch weist die ganze
fassung der inschrift auf frühe zeit und besonders die amtsbezeicbnung
der söhne : iudicUs Augusti Caesaris usum , offenbar identisch mit der
adleciio in decurias (oder decuriis) iudicum (vgl. Henzens index s. 117)^
für die ebenfalls ritterrang erforderlich war (Puchta Institutionen I' s.
388 f.); und summis casfre{n)sibus functum^ was kaum anders gedeutet
werden kann als auf eine kaiserliclie procuratur für die heeresgelder^*),
identisch mit den von Slrabon erwähnten ^irlTporroi. dasz für alle diese
neu eingesetzten beamten zu Augustus zeit sich noch nicht die später
üblichen benennungen finden , ist nicht aufHÜlig.
Aus der zeit des M. Aurelius und Gommodus werden solche procu-
ratoren beim beer in militärischen dedicationsinschriften aus Spanien
(Hühner CIL. 11 2552 — 56, vgl. Muratori 335, 2 und 3} genannt, die ge-
setzt sind ch natalem aquilae vexillariorum legionis VII Geminae (nr.
2552. 2554) oder ob naiales signorum vexillariorum coh, III CeÜibe-
rorum (nr. 2553) u. a. m. ; unter der aufsieht {sub cura) eines centu-
rionen und anderer niederer officiere und je eines procurator: liberius
Augustorum (M. Aurelius und L. Verus). leider sind die steine sehr be-
schädigt und der name der procuratoren nur in nr. 2553 {Zoilus Augg,
Hb.) und nr. 2554 (Z. Aurelius Euiyckes Augg, lib.) sicher erhalten, ob
der fundort dieser inschriften, Castrum Scti Ghristophori in Gallaecia
(Hispania Tarraconensis), einem antiken lager entspricht, ist, da die läge
dieses ortes nicht sicher zu ermitteln ist, nicht festzustellen (vgl. Häbner
a. 0. s. 355).
Eine eingehendere besprechung erfordern die kaiserlichen beamten.
^*nsis steht sehr häufig ganz in dem sinne von miliiaris; ich
idrücke wie peculium castrensct castrentia iiipendia, bona
0. Hirschfeld: das aerarium mililare in der römischen kaiserzeil. 691
die in einer reihe von Inschriften unter dem tltei procuraior casirensis
vorkommen. Marini (atti s. 95) sagt von ihnen : ^proc, casirensis cioö
rationis^ siationis, numeri casirensis, che ö sempre ia medesima cosa';
eine ericlSrung des amles gibt er nicht, zusammengestellt sind sie von
Friedlander a. o. s. 169 bei besprechung der Inschrift des Ti. Claudius
Bucolas (Henzen 6337); doch fügt auch er hinzu: ^zuletzt wurde er pro-
curaior casirensis , ein amt dessen geschflftskreis , soviel ich weisz , bis
jetzt von niemand erklärt ist.' neuerdings hat Eichhorst in diesen Jahr-
büchern 1865 s. 207 S* über diese beamten eine Untersuchung ange-
stellt, in der er zu dem resultate gelangt, dasz dieselben die von Sueton
{Tib. 72) erwähnten ludi casirenses zu besorgen gehabt hätten, diese
annähme entbehrt jeder basis und musz als durchaus irrig Lezeichuet
werden : denn es ist offenbar dasz ein procuraior ludorum casirensium
ebenso wenig procuraior casirensis heiszen als etwa der procurator der
kaiserlichen gladiatorenschulen , des ludus magnus und maiuiinus, den
titel procuraior magnus resp. maiuiinus führen konnte. '")
Der name procuraior casirensis steht in der groszen zahl kaiser-
licher procuratoren, die uns überliefert sind, einzig in seiner art da.
während nemlich sonst das wort, das ihren geschäftskreis bezeichnet,
entweder im genetiv oder abhängig von den präpositionen ad und a
folgt, sind 6x^ procuraiwes casirenses 6\Q einzigen die ein adjectivum
zur näheren Charakterisierung bei sich führen, vergleichen liesze sich
nur der in einer Inschrift des dritten jb. genannte procurator in urbe
magisierXX(fieBzen66S0)y entsprechend der raiio urbica {Benzen 6627)
und procuraiio urbica {dig. IV 4, 11 S 2). wie hier der zusatz local zu
fassen ist, im gegensatz zu den procuratoren in Italien und den pro-
vinzen, ebenso nach meiner ansieht bei den procuraiores casirenses,
und ihr geschäftskreis ist dahin zu präcisieren, dasz sie als kaiserliche be-
amle im lager oder beim beere stehen behufs der Verwaltung der für den
unterhalt der truppen bestimmten kaiserlichen gelder, demnach identisch
sind mit den von Strabon, losephos und Capitolinus erwähnten procura-
toren, über die wir oben gesprochen haben.
Zu den von Friedländer und Eichhorst gesammelten Inschriften der
procuraiores casirenses sind hinzuzufügen: 1) Fabretti 689, 108: Jlf.
Aurel Sieriinius Carpus una cum Carpo proc{uraiore) k{asirense)
paire; bei Gruter 1066, 9 fehlt proc. Ar. dieselbe abkürzung bei
Orelli 4008 ist richtig aufgelöst von Henzen bd. lU s. 436; 2) Fabretti
196 XLIV: d{is) m{anibus) Primigenio Epagaiki Aug{usii) l{ibeno) pro-
c[uraiort) f[isci\ c{astrensis) delicio . . . ; 3) von Ligori gefälschte in-
13) die ludi ctuirenses erklärt Eichhorst nicht für ludi müitareSj mit
deoen sie offenbar identisch sind , sondern^ für kaiserliche spiele , und
daher den procuraior casirensis für einen kaiserlichen haosbeamten, und
beroft sich dafür auf den vir spectabiÜM casirensis saeri palatü in der
notitia dignitatnm , während diese bedentang von casirensis erst im drit-
ten Jh., nicht aber für Tiberius zeit nachweisbar ist. verleitet scheint
er za diesen irrigen annahmen dadurch zu sein, dasz er die oben citierte
stelle Marinxs falsch verstanden hat.
45*
692 0. Hirschfeld : das aerarium militare in der römischen kaiserzeiU
Schriften: Gudius 37, 1. 60, 10. 191, 5. die Inschrift bei Orelli 2972:
Paean Aug, proc. castrens, proc. volupiat proc. Alexand{riae) 9ihi
posterisque suis ist von Orelli für verdachtig, von Henzen (bd. III s. 246)
fflr unecht erklärt worden; Harini hat sie als echt benulxU sie findet
sich schon in den epigraphischen handschriflen des 15n jh. , wie ich bei
durchsieht der groszartigen samluugen fOr das corpus inscripüoDum Lau-
narum, die mir hr. prof. Henzen während meines aufenthaltes in Rom auf
das liberalste gestattete, ersehen habe, danach wird man sie für ecbt
halten mfissen, obgleich das fehlen von J{ibertus) nach Aug{usti) •— deoo
ein Sklave kann es unmöglich sein — der name selbst und die carrito
ganz Singular sind.
Acht Inschriften sind uns erhalten, die procuraiores casirensts
nennen : 1 aus der zeit des Claudius oder Nero : Henzen 6337 ; 1 aus der
zeit des Trajan: Murat. 991, 1; 5 aus der zeit des M. AureUns oder Goo-
modus: CIG. HI 3888. Orelli 4008. Henzen 7419 ^ Maffei M. V. 85, 2
Fabr. 689, 108; 1 aus unbestimmter zeit: Orelli 2972. es sind ohse
ausnähme kaiserliche freigelassene^^); wie man jedoch aus CIG. 38^
und Henzen 6337 ersieht, gehörte das amt keineswegs zu den niedrig-
sten procurationen (vgl. Friedlander a. o. s. 169). in der inschrift bei
Henzen 6344: M. Aurelio Augg, lib. Proseneit a cubicuio Aug, proc,
thesaurorum proc, patrimoni proc. tnunerum proc. vinorum ordi-
naio a divo Commodo in kastrense ist die amierreihe atistd-
gend, da der posten eines procurator palrimomi und thesaurorum
sicher höher war als der eines procurator vinorum, dasz Prosenes
nach bekleidung mehrerer nicht unbedeutender procuraturen schlieszUch
a cubicuio Augusti d. h. kaiserlicher oberkammerer wurde, ist nicht be-
fremdlich, wenn man bedenkt, eine wie grosze gewalt mit diesem amte
gerade zu Commodus zelten verbunden war: ich brauche dafür nur ao
den bekannten Cleander zu erinnern (vgl. Friedlander a. o. s. 95). dem-
nach beziehe ich die worte ordinato a divo Commodo in kastrense auf
eine untergeordnete Stellung in der ratio kastrensis*^) ; mit der Ober-
leitung dieser ratio war dagegen ein kaiserlicher procurator betraut, den
uns eine inschrift aus Interamna (Henzen 6529) nennt: M. Aurelio Ba-
sileo viro ducenario proc. rationis castrensis p{atrono) usw. von
den oben besprochenen procuratores castrenses unterscheidet sidi der-
selbe wesentlich durch seine auszere Stellung: er ist kein freigelassener,
obgleich er vielleicht von einem freigelassenen des M. Aurelius oder Com-
modus abstammt'*); femer heiszt er vir ducenarius^ musz also einen
gehalt von 200000 sestertien Imzogen haben, wie die procuratoren gro-
14) dasz Strabon diese proonratoren beim beere als römische ritter
bezeichnet, widerstreitet nicht der identität mit den prpeuratores casiren'
ses; auch in der oben beiiprochenen inschrift (Mommsen IRNL. 6369)
hatte der anonymns 9ttmm(s castrensibua funehu ritterrang, vrahnehein-
lich war es Claudios, der auch diese stellen, wie so viele andere, sn-
erst mit freigelassenen besetzte. 15) täneton Vesp, 28 gebraucht or-
T ernennung eines dispensator. 16) vgl. Henaen 6362
^asileo Aug, Hb. usw.
Ol Hirschfeld: das aerarium mültare in der römischen kaiserzeit. 693
sierer provinzen. ratio ist der stehende name fOr kaiserliche hauplver-
wallutigen^^, demnach der procurtUor rationis castrensis der in Rom
mit der Oberleitung der Verwaltung der heeresgelder betraute beamte,
nkht also, wie Marini annimt, identisch mit den procuraiores castrenses,
sondern vielmehr ihr unmittelbarer vorgesetzter.
Erwähnt wird diese ratio castrensit auch sonst; aus der zeit des
M. Aurelius findet sich ein M. Jur(elius) Augg. [l']ib{ertus) Aurelianus
ex comm{entariis) rat{ionis) kastr{ensis) im giornale Arcadico 1856,
144; aus dem j. 203 nach Ch. eine familia rafionis castrensis bei Renier
inscr. d'Alg. 69 = Benzen 7420a80; aus unbestimmter zeit Hertneros
Aug. Üb, praepositus iabular{ii) raUonis castrensis bei Orelli 2949.
dasz diese inscbriflen alle erst in das zweite and dritte jh. fallen , kann
zttfjJüi sein ; doch ist es mir sehr wahrscheinlich, dasz eine derartige con-
centraiion der Verwaltung in Rom nicht von anfang an existiert bat, son-
dern auch erst von Hadrian (s. oben anm. 10) geschaffen worden ist.
Zu dieser ratio castrensis gehörte eine eigene casse, die, wie alle
kaiserlichen cassen , den namen fiscus führte, die oben citierte inschrif t
Fabrettil96XLiV nennt als Vorsteher dieser casse ^nen üpagathus Aug.
h proc(urator) f[isct) c(astrensis) aus unbestimmter zeit ; möglidi dasz
derselbe identisch ist mit dem bekannten freigelassenen des Caracalla,
der im j. 228 wegen seiner beteiligung an der ermordung Uipians hinge-
richtet wurde (vgl. Dion ep. IXXVli 21 und LXXX 2).*^) auszerdem
werden in nicht datierbaren inscbriflen von dem bei diesem fiscus cas-
trensis angestellten niedern beamlenpersonal genannt: ein kaiserlicher
skiav als dispensator fisci castrensis bei Orelli 2920; zwei adiutores
tabuliarii) f{isci) c(astrensis) bei Gruter 589, 5. Furlanelto lapidi Pata-
vine nr. 256; ein adiuior tabul{aritj a rat{ionibus) m{ililaribusf)*^)
f(isci) c[astrensis) bei Maifei M. V. 319, 7. aus der zeit des Septimius
Severus und seiner söhne : Constantius Augg, et Caes, täbül{arius) s, c,
bei Fabretti 79, 93 , richtig von Marini (alti s. 553 und 626 nr. 368)
verbessert in f(isci) c{astrensisy^)
Bemerkt sei hier dasz nicht etwa die kaiserlichen procuratoren oder
ihre unterbeamten direct den sold an die trappen zahlten, die auszahlung
17) über ratio, staUo nnd ähnliche bezeichnungen vgl. Henzen an-
Qftli deir Inst. 1843 s. 340 f. sehr häufig sind die beispiele einer sol-
chen raiio in inschrif ten : so findet sich ratio omamentorum, vestittm^ mo-
netae, suntmi choragüy hereditatium, pairimonU^ purpuranan^ ferrariarum^
aedium saerarum et operum pubäeorum usw. auch Verwaltungen für be-
stimmte provinzen, Unterabteilungen einer grossem ratio y konnten die-
sen namen führen, wie ratio privatwnan prov. Bitkyniae Ponti Paphlago-
niae; ratio privatarum per Belgic. et duas Germanias, 18) jedoch ist
der name nicht selten: vgl. s. b. Mommsen IRNL. 2924. 4025. 4376.
Kellermanu vigiles nr. 199. 19) Maffei gibt keine ergänzong; wenn
die lesnng richtig ist, wüste ich keine andere als die im text vorge-
schlagene. 20) ganz verschieden von diesem fiseus castrensis sind die
fisd oder fblief der einzelnen cohorten, eine sparcasse der Soldaten, die
von ngräferi, welche den titel fteci curatore» hatten, verwaltet wurde
(s. die stellen bei Marquardt a. o. s. 429 anm. 2633 und Henzen annali
deir Inst. 1860 s. 48).
694 0. Hirschfeld: du aerariam miliUre in der römisdien kauerzeiL
seiiwl geschali durch die befdilsliaber, wie dies ausdrficklkh von losephos
(jäd. iLfieg V 9, 1) angegeben wird: ivCTOaic T^P '^C irpoOcqiioc
xoO ' fjy fbe\ btoboOvat Totc CTpcmilrratc Tpoqxic , ty diröimii toic
iroXc^iotc £kA€uc€ touc f|T€MÖvac dicrdEovroc xfjv tuvoMiv
änapt6^eTv ^KdcTUi räpnfupiov. die rechnungen solllen mit grösler
Sorgfalt geführt werden (Vegeüus II 19); es war dies das amt der Ubrarii
(ebd. II 7). auszerdem findet sich bei jeder legion ein comme$ttttrietud
(vgl. Harqaardt a. o. s. 419 anm. 2433) und ein tahularius (KeUermauB
Tigiles 1 4, 56 und s. 19. Renier inscr. d'Alg. 551 = Henzen 7420aXX\
die aufsieht und verantwortliclikeit hatten die tribnnen und prftfectca
(vgl. auch den militärischen salariorum curaior bei Orelli 3464); dasx
hier Unterschlagungen und nachlässigkeiten nicht selten waren , gibt der
jüngere Plinius {episi, VII 31, 2) an, der mit der revision dieser raikmes
alarum ei cohoriium von dem consularlegaten betraut worden war.
Ueber die flbrigen unterbeamten der iLaiserlichen heeresverwaltnng
ist wenig hinzuzufflgen ; durchgangig sind es kaiserliche sklaven, nur
wenige freigelassene; durch ihren stand unterscheiden sie sich von den
militärischen unterbeamten im beere, obgleich die titel ähnlich sind,
es wird, wie bei allen kaiserlichen Verwaltungen, ein tabularium en^hnt
mit tahularii katirenses und ihren adiuloret (Gruter 584, 1 ; Monunsen
IRNL. 2903; Muraton 899, 6. 900, 1; Fabretü 369, 131; rhein. jahrb.
1860 s. 122), die wol kaum von den oben genannten iähülarn fisci cos-
irensis zu unterscheiden sind ; ein pedisequus stationis casirensis (Hen*
zen 6335); ein iabeUarius casirensis (Orelli 3249); ein admior offen
commeniarn casirensis (Fabretti 369, 131 verbessert von Harini alti
s. 499), schliesziich ein pedisequus numeri casirensis (Fabretti 309,
327)^*): fast alle diese ämter kehren in ähnlicher weise l>ei den onttsten
kaiserlichen Verwaltungen wieder.
Kaiserliche sklaven als dispensatoren einer bestimmten legion , der
legio III Augusia in Numidien finden sich bei Renier inscr. d'Alg, nr. 493
und 191 (ebd. 192 ex disp{ensaiore) leg, III Aug.); em arkarius der-
selben legion bei Renier nr. 493 ; die arca legianis III Auguttae p{iae)
v{indicis) ebd. nr. 57 und 70.
Erwähnt sei noch die famiUa casirensis (Renier 2874) und der
praeco familiae casirensis^ ein freigelassener Trajans (MalTei M. V.
319, 2; vgl. auch das conJegium castr{i)ense bei Henzen 7189; Gruter
333, 5).
Der praeposiius velari{i)s casirensibus (Henzen 6370) , ein freige*
lassener Trajans, gehört dagegen ebenso wenig hierher als die servi and
liberti a vesie casirensi (Muratori 903, 2; Orelli - Henzen 2837. 6375,
vgl. Lampridius v. Diadumeni 3 und Marquardt handbucb Vis. 148
21) unter diesem numerus castrensis yerstehe ich das regiater, die
xnatrlkel, in welche die namen der Soldaten eingetragen wurden (rgL
«Hfl II 19 und Böcking notitia dign. II s. 274 f.); die entsprechen-
Härischen beamten heiszen ah indidbuMi Orelli-Henzen 3464. 6814.
'itequi vgl. Marini atti s. 96.
0. Hirscbfeld: das aerarium müitare in der römischen kaiserzeil. 695
anffl. 842) und a supelleciüe casttensi (Gruter 583, 10; vgl. Marquardt
a. 0. anm. 830).
Eine nähere betrachtung verdienen die kaiserlichen beamlen welche
den titel a coph's milüaribus fahren; es sind folgende: 1) Tu Claudius
Aug. Üb. Faustus a copns miUiaribus bei Fabretti 707, 209 ; 2) T.
Flavius Aug. L Epicietus ab episiulis a copi{i)s mil{iiaribus) lictor
üuriatus bei Orelli 2922 verbessert von Henzen bd. III s. 246; 3) Poe-
zon Caesaris a copis tnUitaris (so) bei Gruter 588, 6 ; 4) Polychrysus
Aug. lib. a copiis tniliiarib{us) bei Orelli 3505. von Ligori gefälscht
ist: Pelorus Aug. lib. a copiitjs casir{ensibus) bei Doni Vil 3 = Hura-
tori 902, 7. der geschaflskreiä dieser beamten ist nicht zweifelhaft : es
sind die provtantmeister des heeres*^), die sehr wahrscheinlrch unter dem
praefecius annanae standen, drei von ihnen sind kaiserliche freige-
lassene (nr. 1. 2. 4), einer (nr. 3) kaiserlicher sklav; nr. 4 ist aus un-
bestimmter zeit, die übrigen aus dem ersten jh. sehr wahrscheinlidi ist
€s mir , dasz diese beamten im zweiten jh. überhaupt abgeschaflTt sind :
denn es ist nicht zu verkennen dasz die getreidelieferungen für das beer
bereits im zweiten jh. unter der aufsieht des praefecius praetorio^) stan-
den und von militärischen beamten verwaltet wurden, so schreibt schon
M. Aurelius an den praefecius praeiorio: iu ianium fac adsini legioni-
bus abunde cammeaius**) (Vulcalius Gallicanus v. Avidü Cassii 5) und
etwa hundert jähre später der kaiser Valerian : commeatus a praefeciis
necessarius in omnibus casirts esi consiiiuius (Vopiscus v. AureUani 11,
vgl. Zosimos II 32). von dieser Scheidung der militärischen und civilen
annona zeugt auch die stelle des Paulus {dig. XLIX 5, 7) si res dilaüo-
nem non recipiai^ tum permiiHiur appellare^ veluti . . ne frutnen^
ium in usum miliium in annonae subsidia conirahaiur. bei
der Verteilung des getreides hatten die tribunen und die anderen befehls-
haber die aufsieht (dig. XLIX 16, 12 $ 2), und es wurde genaue rech-
nung über die res annonaria geführt (Vegetius U 19). auf diese annona
miliiaris ist femer ohne zweifei auch die in einer Inschrift (Henzen 6523)
aus Portus, dem heutigen Porto, erwähnte siaiio frumeniariorum*^) zu
beziehen, die nach dem paironus und den zwei curaiores zu sclilieszen
collegienartig organisiert war. es ist eine dedication an Alexander Seve-
rus und seine mutter Mammäa aus dem j. 224 nach Gh., in der es heiszt:
22) copiae = 'proviant für das beer' wird häufig gebraucht; beson-
ders bezeichnend sind stellen wie Tacitos kisi. II 32. Vegetius IIl 3;
andere s. bei Forcellini u. d. w. 23) auch ausserordentliche Zulagen,
welche der kaiser verdienten officieren machte, scheinen iu späterer zeit
durch den praefecius praeiorio angewiesen su sein (Vopiscns v, Probi 4.
Oapitolinus v. iClodii AWini 10). zuweilen gab der kaiser dieselben aus
seiner privatcasse (^de nostro privato aercrio*) and wies sie dann auf
den procurator der provinz an, in welcher der betreffende offioier sta-
tioniert war (Yopiscns v. ClmidH 14). 24) eommeaiu» in dieser bedeu-
tnng ist häufig, so schon in der bekannten inschrift aus dem theater in
Oubbio: in commeatum legionibus •SS- OOOOOOCCCL (vgl. Mommsen zu den
res gestae divi Augnsti s. 46 anm.). 25) über die frumentarU vgl. die
ausfährliehe auseinandersetzung von Salmasius zu Spartianns v, Hadriani
11 und Henzen annali deir Inst. 1851 s. 113—121.
696 0. Hinchfeld: das aerarium mlUtare in der rdmisdieD kaiserzciU
l^eus adsignatus ab Agricola Äug. Uh, proe. p{orius) u{irhtsque) ei
Petronio Maxsimo 7 (= centurUme) ann{onae) ei Fabio Maronae
(so) 7 operum.
Dasz unter dem eenturio annonae^ der fibrigens auch in den diges*
teD (XIII 7, 43 S I ndisus ex officio annonae eenturio) erwIhDt wiri,
ein officier zu verstehen ist, der in der Terwaltong der amuma verwandt
wurde, ist unzweifelhaft und entsprechend der militirischen Organisation
unter der Oberleitung des praefecius praetorio»^) singulär ist der in
einer Tridentiner inschrift (Orelli 2183 = 3905} erwJOinte adlectus
annon{ae) leg. III Iial(icae); die inschrift Icann nicht vor M. Aurelius
gesetzt sein, da dieser die legio III Italica gründete ; sie stand in Raetien
(Dion LV 24 , 4) , wozu lielcanntlich auch Tridentum geliörte. aas der
letzten zeit des römischen reiches liegen sehr ausföhrlicbe bestimmungen
über die annona müitaris und ihre Verwaltung im codex Theodosianus
(VII 4) und lustinianeus (XII 38) vor (vgl. Golhofredus paratitla zu cod.
Th. I. VII ed. Ritter II s. 255 IT.), die ebenfalls von einer durchaus mili-
tärischen Organisation zeugnis geben.
Neben den stehenden beamten werden auch auszerordentliche, für
einen bestimmten krieg ernannte erwAbnt. dahin gehört Tiberius Me*
xander^ inlustris eques Romanus ^ minister hello datus (Tacitns ann.
XV 28), der später praefecius Aegypii und unter Titus praefecius prae^
iorio war. häufig sind die beamten für die verproviantierung (copiae)
des heeres zu einem bestimmten feldzug: so Chaeronti Aug. n(ostri
servo) disp{ensaiori) rat(ionis) copfßarum) exped(itionum) fel{icium] LT
ei III Germ{anicarum) bei Orelli 2919 und aus der zeit des SepUmius
Sevenis: Tih. Cl{audius) Candidus (Orelli 798), der nach dem militir-
tribunat die stelle als praepositus copiarum expeditionis Germanieae
secundae bekleidete. '^ etwa in dieselbe zeit gehört die in den digesten
PCVI 3, 20) mitgeteilte stelle aus Papinian : ob negotium copiarum expe-
ditionis tempore mandatum curaiorem condemnatum usw. einen Skla-
ven des Nero nennt Plinius (n. h, VII $ 129) als dispensator belli Arme»
niaci^ der diese Stellung zu grossen Unterschlagungen benotzt zn haben
scheint.
Dasz auch die flottengelderaus dem /S5ct«5 gezahlt wurden, kann
keinem zweifei unterliegen; es spricht dafür ausser anderen gründen
schon der umstand, dasz die befehlsbaber (praefecti) der flotten regd-
mäszig gewesene procuratoren sind (s. das Verzeichnis bei Böcking not.
dign. II s. 99 1 f.), ja dasz selbst kaiserliche freigelassene zuweilen diesen
posten erhielten. ^^) ferner findet sich ein sklav Trajans als dispensator
26) über die verwendtuig von officieren bei kaiserlichen bergwerken
▼gl. Borghesi annali deir Inst. 1843 s. 343-^846. auch bei den bafen-
Zöllen wurden Soldaten verwandt: vgl. Benier inscr. d^Alg. 4111 lex
partus poat dUceuum cohorOs huiiiuia, 27) vgl. auch die ineokrift des
Timesttheas (Hensen 5630), des Schwiegervaters des kaiser Gordian:
vroc, sn'Oü. Syrtae PalaeHinaey tbi eaaeiori reUquorum amum(ae) sacrae
*». 28) vgl. Tacitus ann, XIV 3 Aniceiu» libertus, dagsi apud
%efectu9 (vgl. XIV 62 und 63); Ats<. I 87 euram naeium Mos-
retinebat. Plinius n. A. IX 62 Tiben'o Claudio ptineipe Op-
0. Hirschfeld: das aermum milttare in der römischen kaiserzeit. 697
classU (Misenensis) bei Henzen 6314 und aus unbestimmter zeit ein
kaiserlicher freigelassener als iabul{arius) c[/(a^m)] pr{aeioriae) \I(\a'
v{ennatis) bei Gruier 591 , 9 (so sicher richtig verbessert von Marcanova
aus tahtd, cypr, fav,). der tahularius clas8{is) Raven{naiis) bei Orelli
3636 ist von Ligori gefillscht.
Die Verwaltung der gelder fQr das beer und die flotte , getrennt und
unabhängig von der eigentlicb militärischen Organisation, war demnach,
wie wir gesehen haben, fast aussohlieszlich in die hftnde von kaiserlichen
freigelassenen und sklaven gelegt, es ist dies eine erscheinung die der
rdmischen kaiserzeit specifisch etgenlOmlich ist and för die man in älte-
rer und neuerer zeit vergeblich nach analogien suchen würde; sie ist
ciiarakteristisch ffir den absoluten Gäsarismus, wo der Staat mit der per-
son des kaisers und öffentliche gelder mit dem kaiserlichen privatver-
mögen fast identisch sind, wenn schon Seneea (de henef, VII 6, 3) sagen
konnte: Caesar omnia habet ^ fiscus ehis privata iantum ac sua, so
wird es nicht auffallen dasz die formen und #le beamten der Verwaltung
fiscalischer gelder und des kaiserlichen privatvermögens gleichartig sind,
und wenn auch nominell noch im dritten jh. das aerarium Satumi fflr
die casse des römischen Volkes und des Senates galt, so zeigen doch schon
die Worte des Tacitus (aitn. VI 2) bona Seiani ablaia aerario ut in fis*
cum cogerentur^ tamquam referrei^ dasz factisch der kaiser unbe-
schränkte disposition auch Aber diese gelder hatte. ^ aus dem umstände,
dasz in der Verwaltung der heeresgelder , abweichend von anderen admi-
nistrationen, auch die höheren stellen mit wenigen ausnahmen nicht mit
männem aus dem ritterstande besetzt worden sind, auf die geringe bedeu-
tung dieser poslen schlieszen zu wollen wäre irrig ; gerade die wichtig-
keil dieser Stellung, die sich auf geld und beer, die hauptstützen jeder
despotischen herschafk, bezog, mochte die kaiser bewegen die beamten aus
ihren freigelassenen zu wählen, denen sie unbedingt vertrauen konnten.
Bis ins dritte jh. läszt sich die oben dargestellte Organisation der
roilitärverwaltung nachweisen; auch sie wurde beseitigt durch die grosz-
artigen reformen Diocletians, deren resuHate in den späten quellen des
sinkenden Römerreiches uns vorliegen.
taiu» e Ubertif eha praefeetu» elaatis inter Osäentem et Campaniae oram.
auf denselben besient sich o^ffenbar die Inschrift bei Grater 423, 8 Ti,
lüUo Aug. l. Opiato Poräiano procuratori et praefec. clcusis. dieselbe ist
jedoch ^ex schedis Ursini' und nach meiner ansiebt sicher nach der
PlininssteUe gefälscht, der falscher verstand unter dem princepa Ti,
CUmdka den kaiser Tiberins (daher 7Y. IuIvm)^ wUhrend der kaiser Clan-
ditts gemeint ist.
29) ganx unverholen spricht dies Dion (LIU 16, 1) ans: X^iy ^^v
Yäp T^ 6im6cia dir6 tiS»v ^Kcivou direx^KpiTO, CpTM' ^ k^^ toOto irpöc
tV)v tviif^nv a<»ToO dvi^XicKeTo.
Königsberg. Otto Hirscqfeld.
698 A. Riese: zur lateioisdieB Ȇurfflgie.
ZUR LATEINISCHEN ANTHOLOGIE,
Zu einer groszen anzaiü der gedichte des codex Salmasianns fährt
BuniUD beltaimUich ausser diesem nocii die lesarten der schedae Difio-
neoses an, weichen er ein gleiclies, ja luufig ein noch höheres recht als
denen des uralten Salmasianns zngeslehL was es mil diesen hUUern tob
Dijon für eine bewanduüs liat, ist l^flrzlich ?on Ludan Malier (jalirb. 1867
s. 802 f.) richtig dargestellt: sie sind nichts anders als eine im siebzeha-
ten jh. gefertigte ahsclirifi des Salmasianns'), und zwar eine gleich zur
verölTenllichung durch den druck zuredit gemachte ahschrift, welche abo
alle die zahlreichen verderhnisse des archetypus stillschweigend zu heila
sucht, dahei wählt sie in den meisten fiülen die lesart, welche eiaige
Jahrzehnte früher, als Claudius Salmasius die in seinem besitze befindliche
hs. durchbesserte, von diesem vermutet worden war. besagte schedae
Divionenses nun befinden sich gegenwärtig als teil eines groszen fascÜLeb,
weicher den apparat Burmans zur anlhologie groszenteils enthält, seit ei-
nem jähr im besitz der hiesigen Universitätsbibliothek, und zwar, wie nicht
zu bezweifeln ist, nicht etwa eine abschrift derselben, wie L. Müllers frei-
lich etwas unklar ausgedrückte ansieht zu sein scheint, sondern eben das-
selbe ezemplar welches Burman so oft unter dem titel der ^schedae Divio
nenses' anführt.') über der ersten seite steht: Epigrammatum ei \ po^
maium veterum \ Liber primus | De DHs^ Heroihus \ eorumque Ico-
fUbus^ woran sich ein Liber secundus anschlieszt, der die Amaioria^ die
Moralia, ^De antd iempegiatibus ^ floribus eic,^, die Encamiastica, Po-
stulaioria. De anmaUbus^ ^De hominum $iudnSy operibus pubUcis ei
privatis\ De eduUis^ Viiuperaioria und Exerciiaiiones scholattkae ent-
hält, ein drittes buch mit den gedichten des Luzorius und ein viertes init
nur zehn christlichen gedichten, während das erste buch 75, das sweite
111 gedichte zählt, als nr. 11 des vierten bucbs folgt, von derselben
band, eine 'anno doT 1303' gefundene Inschrift *ex ms. cod. Peirescü^
und sodann von anderer band aber auch in französischen schriftzflgen,
wie das ganze heft, eine inschrift von Avignon Vepertum anno 1736'-
letztere ist also zwar nachtrag, jedenfalls ist aber das ganze nicht vor
1652 geschrieben, es süid nemlich hie und da, doch selten, von der
1) damit nicht jemand auf die meinung komme, das in HÜoeu
catologus mss. als nr. 288 der bibUothek zu D^'on verzeichnete 'corptu
poetaram veterom latinomm saec. XII membr. fol.' könne hier in he-
tracht kommen , so teile ich in folge einer von dem dortigen bibliotbeza''
hrn. Qnignard erhaltenen sehr gefälligen ansknnft mit, dasz jener codex
vielmehr eine samlnng von gedichten des Statins, Yergiliiui, ^^^^
Lncanus, Persins, Jnvenalia, Ovidius (wobei unechtes), Avianns» Cfl(^
'"-•"—-'-', Sedulius, Prosper, Pradentins, Theodnlos, Maximianw »»<»
pueris enthält — also ein wirkliches corpus poetarum "»
me. 2) Müller nennt es s. 803 'eine copie des Dino-
Is er da unter Divlonensis den Salmasianns ventebt, n*
A. Riese: zur lateinischen antiiologie. 699
band des sclireibers selbst einzelne vermutongen mit dem zusatz *Sal-
masius' oder ^Scriverias' am rande beigesetzt, welcbe aus gedruckten aus-
gal)en entlehnt sind : dasz die sämtlichen modernen correcturen im Salma-
sianus (wie es fflr uns wenigstens die höchste Wahrscheinlichkeit hat) ?on
Salmasius selbst herrühren'), wüste der schreiber des DiWonensis, obgleich
wie sich bald ergeben w^ird ein gebildeter phÜologe, nicht, er führt nem-
lieh zu den gedichten 1020 (Meyer) v. 3 und 9, sowie zu 1022, 7 des
Scriverius conjecturen an, welche in dessen 1638 erschienener samlung
erotischer gedichte stehen, und zu 221, 4 und 1026, 5 Vermutungen des
Salmasius, von denen erstere zwar schon 1620 in seinen scriptores bist
Aug. gegeben ist, die andere aber erst in der samlung der fragmente des
Ovid von Nie Heinsius, dessen Ovid in erster ausgäbe 1652, in letzter
1661 erschien, zu lesen ist: damit haben wir den zeitpunct gewonnen,
vor dem der Divionensis nicht geschrieben sein kann, in kritischer be-
Ziehung hat er also gar keinen werth , auszer dasz er neben der herflber-
nahme vieler Salmasianischer conjecturen noch einzelne eigene , zum teil
recht gute, aufzuweisen hat, z. b. 675, 1 de sorte^ am rand fügt er
hinzu M. dum forte', was richtig ist; 293, 5 gesiat hat er am rande 4.
hie stat', wo allerdings wie ich vermute extat zu lesen sein wird; 559,
32 hat nur er nodus modo (*c. comodus' steht am rande und so hat der
Salmasianus), und ebd. 127 ergänzt nur er am rande nidii^ u. dgl. wer
dieser aufmerksame schreiber war, konnte ich nicht ermitteln; jedenfaUs
schrieb er zwischen 1652 und dem jähre in weichem der Salmasianus von
Dijon nach Paris gebracht wurde, sein exemplar in Dijon ab. nach Paris
aber, in die königliche bibliothek, kam der Salm, zwar nach 1744, denn
in diesem jähre erschien der vierte band des groszen kataiogs, der auch
in der appendix noch keine erwühnung desselben Üiut, aber doch auch
einige zeit vor 1759, da Burman in seiner ^sexto Idus lanuar.' dieses Jahres
datierten vorrede zum ersten bände s. XL VII mitteilt, dasz ^tribus abhinc
annis' Rubnken die hs. in Paris durchgesehen und teilweise abgeschrieben
liabe. Ruhnken selbst aber, dessen betr. abschriit ebenfalls in dem schon
erwAhnten fascikel sich befindet, nennt daselbst den codex ^nuper ad-
modum a Salmasii heredibus in Burgundia emtus et in bibliothecam Re-
giam Hiatus', dies wüste er wol durch mündliche mitteiluug, ebenso wie
auch das folgende *plura de hoc cod. dicentur in supplemento catalogi
mss. regiorum', was freilich leider nie geschehen ist ; denn das vor eini-
gen Jahren in der biblioth^que de Tecole des chartes erschienene Supple-
ment ist auszergewöhnlich kurz abgefaszt. vom Salmasianus ist da nichts
gesagt als V10318. Anthologie latine. VllI s. Venture onciale', wäh*
rend die hs. noch viele andere scliriften enthält, die doch zum wenigsten
erwähnt werden musten.
Die absieht des Schreibers war, wie schon angedeutet, eine plan-
mäszig zusammengestellte und geordnete samlung zu liefern, in der an-
ordnung befolgt er, wie aus dem angeführten ersichtlich, durchaus das
3) auch Ruhnken sagt an der bald zu erwähnenden stelle: ^in mar-
gine passim Salmasios veterem scripturam emendayit.'
700 A. Riese: zur laleioischen anthologie.
von Scaliger und Pithoeus angewandte reale priscip. er wollte — kurz
gesagt — zu diesem einen nachlrag liefern^ worauf audi schon die den
Pilhoeanischen nachgebildeten titel hindeuten, dies hitte L. Mfiller, der
nach seiner eigenen angäbe unsem Divionensis eine Zeitlang in bänden
hatte, nicht entgehen dürfen, im Divionensis finden sich deshalb alle die
gedichle des Salm, nicht, welche in Scaligers und Pithoeus samlungen
bereits aus andern quellen, dem Vossianus nemlich ond Tfananeos, aufge-
nommen sind'), die andern aber, die nur im Salmasianus stehen und daher
durch seltsame fflgung des Schicksals bis weit ins siebzehnte, ja achtzehnte
jh. unbekannt blieben, hat er alle, nur dasz er die centonen, das gedieht
das man Oclavianus zuschreibt und einzelnes andere ausläszt: jene wol ans
princip, einiges andere dagegen indem er es übersah, was aber nur Mey. 893,
660, De incesto pariu (ed. L. Maller rh. mus. XVIII 436), 11 12, 248, 546,
In Mandriiem tnimum und Carmen Caionis (ed. derselbe ebd. XX 636)
betrifft nur sehr wenige bei Scaliger oder Pithoeus bereits gedruckte ge-
dichte (soviel ich sehe, nur Mey. 184 und 925) hat er, wol auch weil
ihm entgangen war dasz sie schon publiciert waren, neu abgeschrieben ;
alle andern schon publicierten iSszt er weg.
Indem ilieser unbekannte burgundische gelehrte einen nachtng zur
Anthologie liefern wollte (der übrigens in dieser form nie gedruckt wurde,
sondern ein werthvolles aber ungeschAtztes material verblieb, bis das ein*
trat , was Burman ' mit eigener haud auf die rückseite des Umschlags
schrieb: ^communicavit haec mecuni Gel. D'Orvillius, ad quem ex Gallia ea
misit^) vir Nob. losephus de Bimard la Bastie, Baro montis Seleuci'^),
4) danach ist Müllers angäbe s. 803 'die copie reprSsentiert durch-
ans die gedickte des Salmasianus* zu berichtigen. 5) und zwar aus-
drücklich ZQ dem swecke 'nt antbologiae haie inservirent' praef. tom. I
8. LI. dasz die samlong in dieser emendierten aber die handsehnft*
liebe gmndlage fast nirgends anfahrenden form nicht gedruckt wxurde,
kann uns nur freuen, für manche andere gedickte der anthologie sind
wir statt auf die jetzt fehlenden handschriften nur auf drucke des
sechzehnten jh. angewiesen: wie wenig sichere gewIUur für die echt-
heit der form diese oft bieten, dafür liefert eben dieser Divionensis ein
warnendes beispiel. 6) der titel auf der Vorderseite des Umschlags»
der aber, was wol zu merken ist, von Bnrmans eiraer band geschrie-
ben ist, lautet: 'Epigrammata | antiqua | ex | codice Divionensi | de-
scripta.' dieser Divionensis ist natürlich kein anderer als der damals
in Dijon befindliche Salmasianus, was Burman selbst auch anerkennt,
indem er sleich klein hinzufügt: 'hunc eundem esse codicem Divionen-
sem non dubito, atque eum, quem veiuatissimtim et auadraÜM litteris «xa-
ratum laudat Qudius ad Phaedrum pag. 89 et 41' (ygi. seine praef. s. U).
und dennoch musz es dieser, obgleich von seiner eignen band geschzie*
bene titel gewesen sein, der Burman später so manchmal äffte, so dass
er Divionensis und Salmasianus als zwei coordinierte quellen neben
einander stellte (es sind eben zwei verschiedene namen), und bis auf
den heutigen tag dadurch so oft die gröste Unklarheit veranlasste,
fügt er doch gleich selbst hinzu 'alterum ab altero dirersom esse, qnia
on/vii {q iioc codice [Salm.] exstat epigramma, in illo desideratur.' nun
'en schedae Dxvionenses fehlt jenes epigramm (M. 627); aber
X Divionensis hat es so gut wie der SaSmasianus, weil eben
iiseh sind, schedae und codex Divion. braucht Burman gleich«
, daher so oft die verwimmg.
A. Riese: zur lateinischen antiiologie. 701
war es in diesem nacbtrag also ebenso natürlich wie gerechtfertigt, dtss
die gröste menge der gedichle dem Salmasianus entlehnt wurde, aber
die einzige quelle bildete dieser nicht su dem 14n gedichle des zweiten
buches (dieses gedieht von 22 versen, beginnend Bis deni bimque dies
scribuniur in an$io, und übersclirieben I>e äielms Aegyjpiiacis ^ fehlt bei
Burman und Meyer) steht am rande die bemerkung *ex ms. cod. Peirescii.
sed editi sunt hi versus in opp. Bedae.' ans dem ms. cod. Peirescii ist, wie
schon erwähnt, IV 11 auch eine 1303 (?) gefundene inschrift beigegeben,
weiter aber nichts, auszerdem aber finden sich ohne jede randbemerkung
auch gedichte die im Salmasianus fehlen eingeschaltet, nemlich 11 De
Baccho vel ad Bacchum (so) s= Hey. 574; l d Be vinalibus =s M.
576; 1 14 Ad Mortem versus rhopaliaa »= M. 585 y. 1; II 8 i>e Cy-
ihera = M. 926; U 26 2>e Btddo = M. 1122; U 30 Ad Maximum
= H. 1121 ; II 34 Be hippopotamo »» M. 1082; 11 61 Be lavacro »=
M. 927; endlich II 79 Be cereo «= M. 1120. dasz diese allesamt nicht
etwa dem Salmasianus in einer zeit entlehnt wurden , als diese jetzt mit
dem zwölften quatemio beginnende hs. noch vollständiger war, ist sicher :
denn schon Salmasius, der seinen codex paginierte, kannte ihn, da er bei
der jetzt ersten seite mit der zahl 1 begann, nur in dem jetzigen unvoll-
ständigen zustand, dasz aber jene gedichte alle ^ner und derselben quelle
entstammen, musz jedem klar werden , welcher die von Th. Mommsen im
CIL. bd. I s. 412 gegebene, dann im Hermes 1 s. 133 f. näher ausgeführte
beschreibung eines im codex Vaticanus 9135,- einem 'apographum Pei-
rescianum' (CIL. a. o.), eingehefteten, aus der Barberinischen bibliothek
stammenden doppelblattes betrachtet, hier finden sich nemlich gerade
diese neun gedichte, sowie noch zwei andere, in folgender Ordnung: In-
certi auctoris. 1 Be Isidiae navigio (fehlt bei Burman und Meyer), 2 Be
lavacro, 3 Be vinalibus, 4 Be Cythera, 5 Be cereo, 6 Be aquila (*»
Bley. 1083) , 7 Be Marte [yel ad], S Be Baccho Ivel ad Bac,} , 9 Be
hyppopotamo, 10 Ad Maximum, 11 Be Bulcio; und zwar ist die Über-
einstimmung der lesarten mit denen des Divionensis eine so grosze , dasz
eine sehr nahe Verwandtschaft beider apographa (auch das Vaticanische
scheint sehr jung zu sein) angenommen werden musz. woher stammen
nun die beiden?
Die ältere, handschriftliche Überlieferung, soviel davon bekannt ist,
schlieszt diese gedichte den Claudianischen an. zunächst sind besonders
die nachrichlen des Ciaverius (ed. Glaudiani, Paris 1602) wichtig, er
spricht in seiner praefatio von zwei von ihm benutzten Claudianhss.,
beide Wetusta manu exarata' und beide im besitze des lacobus Cuiacius
gewesen ^}, die er benutzte, auf eine von diesen musz gehen , was Ciave-
rius fol. 1^ erzählt: ^Erant praeterea in vet codice et schedis Gnosianis
multa et varia opuscula neque bella satis neque genuina, meo iudicio,
qualia sunt haec praecipue: [1] Panegyricus amicorum. [2] De lavacro.
[3] De Dolcio. [4] Epithalamium Laurentii. [5] Laus Marlis. [6] De
7) Cniacias war der lehrer des Ciaverius; über letztem vgl. Bur-
mans ausgäbe des Clandian s. VI ff.
702 A. Biese: zur lateinischen anlhologie.
finalibas. [7] De Cithera. [8] De Isidae navigio. [9] De hirundine. [10]
De cereo. [11] De yitulis marinis. [12] De paupere singulari. [13] De
ape. .... Sed liaec non adeo cuivis dissona videantur aut aliena ab
hoc poeta: [14] De aquila. [15] Laus Liberi. [16] De hippopotamo cl
erocodilo (diese drei letzteren, die Claverius für echt Claudianisch hill,
. druckt er sogleich vollständig ab), plura non libuit addere, ul neque
Claudiani Mamerti Carmen contra vanos poetas.' das distichon Ad Ma-
ximum erwähnt Claverius nicht, da er es unter den echten epigrammen
des Glaudian fol. 267* stehen hat; es hat somit sein codex Cuiacianus
(ich nenne ihn icurz G) sämtliche gedichte des v (d. h. des Vaticanus 9135\
und zwar gibt v die gedichte desselben in folgender Ordnung, anders als
Claverius sie beschreibt: 8. 2. 6. 7. 10. 14. 5. 15. 16. Jd Maximum. 3.
man darf daher wol zweifeln, ob Claverius beabsichtigt hat seine gedichte
Oberhaupt in der hsL reihenfolge aufzuzählen.
Wohin dieser Cuiacianus nach dem tode seines besitzers 1590, als
dessen bibliothek zerstreut wurde, gelangte, weisz ich nicht, ander
scheint Oberhaupt jetzt verschollen zu sein.") aus ihm abgeschrieben sind
die ebenfalls verschollenen oben genannten schedae Gnosianae, welche
P. Gnosius, ein ^specialis vicarius praesidis Biturigum apud Issoduniuo\
von dem ein epigramm in Claverius ausgäbe steht, angefertigt hatte, ^e
quibus auctarium satis amplum repraesentare potui, ni temperies et de-
leclus suo iure obstitissent' , fügt der würdige herausgeber hinzu, es
wäre in der that zu wünschen dasz er sich nicht hätte abhalten lassen,
denn wenn auch v (Vaticanus 9135) und a (die schedae Divionenses) woi
beide, unmittelbar oder mittelbar, ebenfalls aus C stammen, wie sicli bald
ergeben wird, so sind sie doch keineswegs vollständig: v hat 11, a nur 9
Stücke; aus C aber nennt Claverius 16 titel, und wer bürgt dafür dasz
die hs. nicht noch mehr solche gedichte enthielt, da er hinzufügt 'plura
non libuit addere'?') wie die sache liegt, sind uns die gedichte Panegy-
ricus amicorum^ De hirundine^ De paupere singuiari^ De ape voll-
ständig verloren, und für Epithalamium Laurentü sind wir wenigstens
von dieser ^inen quelle, die eine sehr nützliche controle der andern bieten
könnte , abgeschnitten, zwar führt aus dem panegyricus Claverius die
Worte an Prindpio generis simili nos stirpe creatos Floreniis Florique
patr%s\ aber das ist irtümlich: die worte gehören vielmehr dem epitha-
8) nur möge man nicht (mit Müller s. 802) von einem 'einst dem
Coiacius gehörigen codex Divionensis lateinischer catalecten' reden:
denn sonst mischt man zwei verschiedene hss. durch einander und
bringt die ganze ziemlich einfache frage in arge Verwirrung. 9) ich
möchte z. b. vermuten, dasz das gedieht Marcus amatu puerum natttm
merUiiur amare (B. III 233. M. 998) dieser hs. entstammt, denn Binetos,
durch den es uns erhalten ist, sagt in seiner Petroniosausgabe (s. ISo
ed. Dousa): 'alia eins generis epigrammata Inci debeo, quae • . ona cum
qoibusdam Claudiani in publice deponam. verum huius, eredo, auctoris
adscribam et illud, quod ad manam fuerit ez v. c. Cuiaciano . . Marcus^
"BW. eine bekanntschaft mit dem codex C scheint nach dieser stelle
Binet jedenfalls anzunehmen, dem er wol auch jenes von Claverins
erwähnte gedieht vorläufig — und einzig — entnommen hat.
A. Riese: zur lateinischen anthologie. 703
Jamium (v. 7. 8) an und ist no$ wol druckfehler fflr vas^ Florentis da-
gegen (wie auch V hat, s. u.) die einzig richtige form anstatt des gewöhn-
lich gesetzten und auch Müller nicht aufgefallenen Florenii, denn wenn
der vater auch Florentius hiesz, ein dichter des vierten oder fflnften jh.
hätte doc|i davon einen genetiv Florenti nicht bilden können, schon dies
zeigt die Wichtigkeit dieser hs., aus welcher aber auszer den von Clave-
rius wahrscheinlich sehr wilikflrlich behandelten titeln der text nur för
die drei gedichte [14] [15] [16] bekannt ist: allerdings genug um zu
dem festen resultat zu kommen, dasz G das familienhaupt von v sowOl
wie von a ist. aber da diese beiden genau dieselben fflnf gedichte aus-
lassen, so wird ihre abstammung von C entweder beiderseits nur eine
mittelbare, schon durch em excerpt aus C vermittelte sein, oder man musz
annehmen dasz v aus C, a aber aus v abgeschrieben ist. wäre festgestellt,
dasz V (d. h. das doppelblatt) noch nach 1652 sich in Frankreich befand
und alt genug ist, um sich im siebzehnten jh. als *c(odex) p(riscus)' be-
zeichnen lassen zu können (s. u.), so möchte ich mich wol für letzteres
entscheiden, zumal da auch noch der umstand für unmittelbare abstam-
mung von a aus v zu sprechen scheint, dasz das gedieht Bedas Bis deni
binique dies scribuntur in anno (es wird Beda laut Mangearts katalog im
cod. 330 bis von Valenciennes, saeculi X, zugeschrieben), welches a nach
der randbemerkuDg ^ex ms. cod. Peirescii' entnahm, sich in v fol. 243 eben-
falls findet und zwar als Wersus de Aegyptiacis diebus ex v. c. biblioth.
v. iilustr. 1. A. Thuani', v selbst aber von Mommsen als 'apographum Pei-
rescianum' bezeichnet wird, die emendierende band zeigt sich übrigens
in a auch in diesen gedichten, s. u.
Die zweite quelle der Überlieferung bilden zwei hss. des Claudian,
für die wir ausschlieszlich auf die nachrichten des Nie. Heinsius ange-
wiesen sind: Vaticanus (V) und Ambrosianus (M). der erste gehört dem
zehnten oder elften, der zweite dem zwölften jh. an. dasz V ^ante annos
sexcentos, quantum apparebat, exaratus' sei, also dem elften jh. ange-
höre, sagt Heinsius praef. in Claud. s. 21 der Burmanschen ausgäbe und
referiert L. Müller zum epiihalamium Laureniii (rh. mus. XXIl s. 83). eine
recht unsorgfaltige arbeitsweise verräth es aber, dasz der letztgenannte
nur diese stelle anführt und nicht nur nicht angibt, dasz nach einer an-
dern stelle des Heinsius in demselben buche (s. 741 Burm.) der Vaticanus
(er trägt die nummer 2809) 'ante septingentos annos', also im zehnten
jh. geschrieben sei (das alter des Ambr. 'ante 600 annos scriptus' ist ebd.
s. 742 angegeben), sondern sogar 'eine collation dieses pergamens des-
halb sehr wünschenswerth' findet, 'weil dasselbe, wenn die angäbe genau
ist, 87 verse des epithalamiums bot, zwei mehr als sich im Ambrosianus
vorfinden', er war nemlich zu flüchtig um zu sehen dasz dies gedieht^
welches Burman allerdings in der anthologie (U s. 633 fl*.) als 'ineditum'
von 85 versen aus Hemsius abschrift des Ambrosianus publiciert hat, von
demselben bereitsvorher(in der von Müller selbst citierten ausgäbe des
Claudian s. 1007 f.) 'uti ab Heinsio descriptum exeodem Vaticano et
Ambrosiano codice' in 87 versen veröffen tlicht worden war. Burman
selbst, der gröste sammelsurius seiner zeit, hatte nemlich 1773 schon
704 A. Riese: zar lateinischen antbdogie.
vergessen, was er 1760 hatte drucken lassen, und auch die fiteren,
Wernsdorf und Meyer, kannten nur den abdruck in Bnnnans anlhi^ogie.
wir bai)en also eine coUation des VaL durch Heinsius bereits gedruckt vor-
liegen, die, wie alle ähnlichen arbeiten desselben, von ortliographischen
dingen abgesehen und die möglichkeit einiger druckfehler fugegeben,
ziemlich genau sein wird; das einzelne davon folgt unten, und eiastweüen
gebe ich nur die Versicherung, dasz von Müllers hoffnung a. o. s. 100 'dasL
wenn einmal eine collation des Vaticanus bekannt wird, dieser unsere resti-
tution gröstenteils bestätigen wird' durch dieselbe ungefähr das gegenteO
in erfOllung geht.
In diesen beiden hss. also steht, und zwar in Y nach den Ubri t»
Eutropium , in M nach der episiula ad Probmum^ zuerst das epühaU-
mium Laureniiij auf welches in V zunächst das echt Claudiaaiflche efi-
gramma in sphaeram Archimedis folgt, dann Be Liberalibus (M. 574
= Laus Liberi Clav.; De Baccho v a), Laus MarUs (M. 585; De Mark
oder Ad M, va; Clav, wie V), endlich ein gedieht De lunonalibus^ wel-
ches MGva nicht haben, Burman und Meyer nicht kennen, und ich als
ein ^quasi ineditum' hier aus Heinsius (s. 1008 Burman) wiederkole:
De lunonalibus.
'Magna'] poli domina^ cui uincla iugaiia curae^
'Aei]erni coeli regis caniuxque sarwque,
[Da re^ditum nobis. sie regnum transeat orbis.
die anfange der verse habe ich ergänzt ; überhaupt will ich gleich bemerkeD.
dasz V manche verse mehr bat als M, wenn auch die familie VM als solche
zusammen der familie Gva in hohem grade überlegen ist; z.b. 585 besteht
in (G)va aus 1, in M aus 10, in V aus 12 versen. auszer diesen vferen hat
V an andern stellen die gedichte De hippopotamo^^ (M. 1082) und D^
aquila (unter andeim titel ; M. 1083 ; diese beiden ^sub finem' der hs. Bur-
man s. 1005 f.) und De Dtdcio (M. 1122; Barman s. lOOS). auch in des
Heinsius copie von M folgen auf das epiihalamium (Müller s. 91) die ge-
dichte 574. 585. 1082. 1083.") es wird also in V und M die gleiche
Ordnung, und wie aus Heinsius silentium zu schlieszen ist, auch die gleiche
anzahl dieser gedichte in V und M zu finden, d. h. von den 16 aus C ge-
meldeten nur 6 (diese aber vollständiger) hier vorhanden sein, denn wenn
auch Heinsius (ed. min. s. 274) nach aufzählung von 1062. 1122. 1083.
den drei kleinsten (je 2 oder 3 verse enthaltend), fortfährt : ^qutlia plura
in illo [M] occurrebant non magnae rei', so können die gröszeren von C
wie De Iside (6 verse), De cereo (8 v.), De Cyihera (13 v.) damit keinen-
falls gemeint sein , da Heinsius sonst gewis diese anstatt der kleinsten
publiciert hätte, jede von beiden famllien hat somit ihre bedeutung für
uns hinsichtlich ihrer ausdehnung; dasz auch hinsichtlich der gute dtf
10) dies gedieht soll nach Müller a. o. s. 91 auch im Salmasi&niis
Btehen; jahrb. 1867 s. 802 läszt er wenigstens die möglichkeit noch
offen, ich kann versichern dasz es nicht darin steht. 11) von den
KAlden letzten wird in der ausgäbe allerdings nur erwähnt dasz sie in V
n.
A. Riese : zur lateinischen anlhologie. 705
lesarten die familie C nicht ganz ohne bedeutung ist, soll der nachfolgende
oberblick zeigen, in der ersten familie ist V älter, vollständiger und besser
als M, der einigemale (wenn da nicht Burman irt*t) sogar zur zweiten fa-
milie neigt '^); in dieser ist a sehr frei eoiendiert, v eine sichere, die be-
kannten teile von C die sicherste quelle.
Die in beiden familien erhaltenen gedichte sind fünf:
I M. 574. Be Liberalibus V, wie in M? Laus Liberi (C) Glaverius,
De Baccho uel ad Bacchum va 1 Lenaee V Lenee M Lenis Cva
Bromie Semeleie VM proles Semeleia Cva 2. 3 fehlen Cva; in M steht
nur das erste wort thirsitenens 4 riuis richtig V(M?) uerbis (M?)Cva
5 musta V(M?) mella (M?)Cva que cauis fehlt MCva, in Cva mit
unpassender (vgl. v. 4] ergänzung ioiis spumet,
II M. 585. Laus Mariis VC(M?) Be Marie uel ad M, v Ad Mar-
tern a uersus rhopalicus (rophalitus v) fugen (C?) va hinzu, sie haben nur
V. 1, V hat 12 verse, M v. 1 — 10 mit dem zeichen der lücke für weitere
vier verse, sein archetypus hatte also 14 verse (? Muller s. 84) 1 belli-
gerator \^ belligeranium {C^)vai Airibuaty tribuit M S exil ab
armis V, fehlt in M 9 pulsatum V pulsaii M
lli M. 1082. Be hippopotamo V (Burman Claud. s. 1005] va et
crocodilo wol eigener, aber richtiger zusatz von Claverius 1 Vlraque
richtig VM Vt quae Cva 2 uorat VM necat richtig Cva
IV M. 1083. Be aquila (M?)Cv Quae (Heinsius vermutet Aquila)
in mensa de sardonyche lapide V(M?}. das richtige ist die Vereinigung
beider titel. in a fehlt das gedieht 2 floris VM florum Cv similiS'
que VM similique Cv
V M. 1122. Be Bulcio VM (Burman s. 1003) Cva. Nectareo dulces
muro cinguntur arenae und nichts weiter VM, dagegen ganz anders
Suave tibi nomen usw. (2 verse) Cva.
So viel über die kritische gruudlage dieser gedichte; die blosz in
(G)va enthaltenen will icii hier nicht durchgehen und nur noch bemerken,
dasz das distichon Ad Maximum (M. 1121; unter Claudians epigrammen
nr. 32 Burm.)) obgleich in v und a stehend, dennoch nicht der anthologie^
sondern den echten epigrammen Claudians zugehört, in dessen sämtlichen
hss., ausgenommen nur V, selbst in den V ebenbürtigen excerpta Luceusia,
es sich vorfindet; auph in C stand es wol unter den gedichten Claudians,
und ist aus unbekannter Ursache in va unter unsere samlung von adesputa
gerathen. auszer diesem fehlen übrigens in V noch 13 Claudianische epi-
gramme, welche die exe. Lucensia und die andern hss. bieten (nr. 28 — 31.
33 — 37. 39 — 42 Burm.), welche also mit demselben recht wie jenes in
die anthologie gehören würden, im cod. Par. 8069 saec. X— Xi fand ich,
beiläufig bemerkt, fol. V jenes distichon in der sehr abweichenden form
(ohne titel) Bulcia mella mihi^ semper tu dulcia mandas , Et quicquid
dulce^ mella pulare decet. dagegen das epigramro 21 Burm. Be zona ab
12) keiueawegs kann M aus V abgeschrieben sein, da in V noch
im 17n jh. vieles lesbar war, was der Schreiber des M schon im 12n
in seinem archetypus nicht mehr lesen konnte, nnd wo er dann zeichen
der lücke setzte.
Jahrbücher für dass. philol. 1868 hft. 10. 46
706 A. Riese: zur lateinischen anthologie.
eadem (von Serena) missa Arcadio Aug. findet sich vpn allen dutzenden der
Claudianhss. nur in V und M, hat also dieselbe traditon wie Mey. 1082
und 1083, nur dasz letztere auch noch in C standen, dadurch in die sehe-
dae Divionenses resp. auf foh 1 des Claverius kamen und hierdurch eiogang
in die anthologie fanden ; ebenso ist dieselbe um dais genannte gedieht zu
bereichern , welches dem bei Burman vorhergehenden echten De zma
equi regit missa Honorio Aug, a Serena^ aber viel schwächer, nachge-
bildet ist, wenn auch natürlich von einem gleichzeitigen poeten. über-
haupt musz der umstand für die aufnähme eines epigramms entweder
in Giaudian oder in die anthologie maszgebend sein: die nicht nur in VM
sondern auch (nach Heinsius zeugnis) in den excerpta Lucensia und damit
auch in der groszen zahl der Claudianhss. stehenden gehören in dessen
ausgaben; nicht zwar als ob damit die echtheit garantiert sei, aber etwas
sicheres läszt sich gegen die echtheit keines derselben vorbriogea;
dagegen die n u r in VAl stehenden gehören in die anthologie.
Nur noch das epith'alamium Laurentü (M. 1143) will ich durch-
nehmen, um den dafür aus dem Vaticanus zu ziehenden gewinn zu zeigen.
alles orthographische übergehe ich. dasz der anfang fehlt, sah Burmao
schon in der Claudianausgabe. v. 2 Tuque] Teque richtig V. v. 6 lautet
dort Mariaeque licet plus quaerat, pauca loquemur^ ohne jedes zelGheo
einer lücke, aber auch ohne die bemerkung dasz die worte eque licet^ die
in M fehlen , durch Heinsius erst suppliert seien, dessen ergänzuugen an
andern stellen ausdrücklich als solche bezeicimet sind. Mariae mit langer
anfangssilbe kann natürlich in diesem gedieh le, dem keine prosodischeo
versehen zur last fallen , nicht den vers beginnen ; ein einsilbiges wort,
vielleicht nuncy ist vorzusetzen und Mariae — quaerat parenthetbch zq
fassen. Maria ist die mutter der braut und, so wird supponierl, sie möchte
gern ein längeres lob der verlobten hören, aber der dichter will kurz sein,
weil die brautleute selbst ihren sinn heute auf anderes als auf ein laoges
gedieht gerichtet haben (v. 3. 4. 30). Müller wollte ergänzen Mm nee
(oder nist) aut sponsusplus quaerat; er substituiert Maia für Maria we-
gen des (nun gehobenen) prosodischen fehlers v. 6 und wegen v. 10 nam
decuit Mariam sapientem fundere [natam ; dies fehlt auch in V], wo
aufilfata, die mutter des Hermes, angespielt sein müsse, aber warum
soll das überlieferte Maria nicht bleiben dürfen? der name war bereits
in Rom heimisch geworden , man denke nur an Glaudians epHhalamsum
Honorii et Mariae ^ und warum durfte ein zwar äuszerlich christlicher
aber nicht specifisch kirchlicher autor hier, wo die namen etwas gesuclit
verwendet werden, nicht mit dem gedanken an die Maria des neuen tesia-
ments sagen ^eine Maria, wenn sie eine tochter hat, kann nur eine weise,
sinnige tochter haben' (vgl. v. 38 — 40)? er denkt wol an den gern her-
vorgehobenen gegeusatz der sinnig liebevollen Maria und der lebhaft tb3-
tigen Martha. ^^ Maria also ist die mutter, wie aber heiszt die braut? das
ist noch immer unbekannt , auch Müller s. 99 f. hat diese frage nicht ge-
'^ bei y. 88 ff. eioquii scriptique tenax usw. kann man evang. Lnc
>1 vergleichen: i^ hk Mapia ndvra cuv€Tf)p€i xd ^/iMor« "^^"^
A. Riese: zur lateioischen anthologie. 707
fördert, in v. 6 ist ihr name also nicht zu suchen; wjo er aber steilen
masz, ergibt sich aus der anläge des gedichtes. auf die einleitung folgen
zunächst die verse 12 — 29 die an den bräutigam gerichtet, dann v. 30
—48 welche zu der braut gesprochen sind, ebenso wie in jenen der
brSutigam Laureniius v. 20 mit namen angeredet wird, ebenso musz in
dem zweiten abschnitt der name der braut vorkommen, und er steht auch
wirklich in folgenden versen (32 f.) : lilia ceu niteani (?) rutilis coti-
mixia roseiis , Sic ruhor et candor pingunt tibi florida vuUus. man
schreibe einfach pingunt tibi^ Florida^ vultus, und es erscheint Florida,
die tochter entweder des Florus oder Florens (v. 8} und der Maria , als
•braut des Laurentius, welcher der söhn der Calliope (v. 11) und nun ent-
weder des Florens oder des Florus (v. 8) ist. ob aus v. 7 f. principio
generis simili vo$ sUrpe creatos Florentis (so Burman s. 1007 wirklich
im text) Flarique patris (patrum Haupt im Hermes II s. 14) sat nomina
prodent (so Burman a. o.) geradezu auf Verwandtschaft oder nur auf glei-
chen rang der familien deuten, wage ich nicht zu entscheiden; wol aber
glaube ich dasz der Florens, der in einem andern dieser gedichte [de
lavacro v. 10) aufgefordert wird sich im bade der sorgen zu entschlagen,
mit dem hier v. 8 genannten identisch ist, wir also wenigstens für diese
beiden gedichte wol berechtigt sind den gleichen Verfasser anzunehmen,
die in dem gedichte de cereo genannte Flora dagegen ist die blumengöUin
selbst, welche Chloris dicta per arva fuit (v. 2).
Kehren wir nach diesem excurs zur ausnutzung des Vaticanus zu-
rück, die methode nach welcher wir denselben aus dem Burman-Hein-
siusschen drucke zu eruieren haben, ist folgende, da demselben keine
bemerkungen über die einzelnen lesarten in V und M beigefügt sind ; da
derselbe jedoch durch den umstand, dasz die conjecturen des Heinsius
als solche und zwar unter dem texte ausdrücklich bezeichnet sind,
sich als dine beabsichtigte treue wiedergäbe der beiden hss. charakteri-
siert; da ferner des Heinsius abschrift des V nicht, dagegen aber (durch
L. Müller) seine abschrift des M bekannt ist und diese an vielen stellen
teils durch schlechtere lesarten teils durch gröszere ausdehnuug der
lücken sich von dem druck unterscheidet; und da endlich V nach dem
Zeugnis des Heinsius nicht nur der älteste sondern auch ^optimus' aller
Claudiancodices ist: — aus allen diesen gründen, sage ich, haben wir
den von Burman gegebenen druck als den wirklichen abdruck des Vaticanus
zu betrachten (orthographische ungenauigkeit und etwaige druckfehler,
wie gesagt, zugegeben), dem er den M nur secundär d. h. hier ohne jeden
wirklichen einflusz auf die textgestaltung, zur seite stellte, ich erlaube
mir daher den Burmanschen text s. 1007 f. ohne, weiteres mit der sigle
V zu bezeichnen, jede Vermutung, dasz die gröszere gute und Vollständig-
keit dieses textes doch vielleicht der Überarbeitung des Heinsius zu danken
sei, musz gleich bei der zunächst zu besprechenden stelle schwinden : v. 11
Calliopenque simul (sc. decuii) iuvenem proferre . . . ; das ende fehlt
in M, Wernsdorf ergänzt disertum, aber V hat proferre io . , , das wird
denn doch kein zusatz des Heinsius sein? zu lesen ist wol togatum im
sinne von ^einen Sachwalter' (dies war Laurentius, vgl. v. 23 ff.); denn
46*
708 A. Riese: zur lateinischen anlhologie.
ein solcher brauoht heredsanikeit, welche als ein geschenk, wenn audi
nicht gerade der Calliope, so doch der Musen überhaupt angesehen wer-
den kann. v. 13 nach ienel ergänzte MOller iamque aptus amando; da-
für bietet V: nam nuper ... es mag etwa noch aduUus zu erg&nzen
sein. 17 et fade mores \ in V steht et fadem et mores ^ hier ßUt die
entscheidung wol für M aus. 26 hat V richtig tenuere^ nicht tribuere.
29 vir bonus es nimium . . . ergänzte Wernsdorf dem sinne nach roll-
ständig richtig mit dicendique arte peritus, V bietet nemlich noch den
ganzen vers vir bonus et (lies es) nimium^ fandi pariterque peritus,
32 lilia ceu niteant^ wie in N. 34 miramur quid . . . gestent; inV
' richtiger miramur quod . . . gestaut, v. 35 wird Wernsdorfs conjcctur
eburnis durch V bestätigt, welches wort zu t/m^m gezogen weit wir-
kungsvoller ist als phaleras {f aleras V) eburnasi *um deine schultern,
die glänzend sind wie elfenbein, hängst du ohne weitere Wirkung noch
andern glänzenden ^hmuck.' 36 non tibi nam gemmae V, schwerlicii
ri(;hlig ; auch 37 ist alias besser als des V alios. 38 . . . scriptique te-
fiax veloxque legendi. Müller ergänzte esque eadem scriptique; in V
steht aloqui scriptique, woraus schon Heinsius das richtige eloquii, iaul
anmerkung unter dem texte, hergestellt hat. ebenso in v. 39 f. . . . idis
fueris praesaga maritim . Musaea tuis insedit cura meduUis, MuUer
wollte hier et, puto, quod talis usw. weit feineren sinnes gibt V: tom-
quam talis usw. (Heinsius setzte noch et davor), v. 42 wird Wernsdorfs
iradare, 43 Burmans teretes durch V bestätigt. 45 frenarunt V,
Wernsdorf. 46 tum'] cum V, Müller. 48 araneo V, von Heinsius unter
dem text in Areuihneo verbessert, zu v. 56 macht Müller Burman den
ungerechten Vorwurf, dasz dieser des Sternchens in der abschrift des Hein-
sius nicht gedenke : das Sternchen ist ja in Burmans ausgäbe vorbanden,
es bezeichnet nicht den mangel eines verses, wie Müller annimt, sondern
die Verderbnis in den Worten cesoque pavinto, die übrigens auch in V
ebenso lauten, schon vorher v. 50 non sinit hoc tempus totas {totos M}
effundere vires lautet in V viel geeigneter nee sinit hoc tempus totas
nunc pandere laudes, nur dasz ich non statt nee vorziehen möchte, an
solchen stellen wäre eine kenntnis von der lesart des Cuiaclanus sehr er-
wünscht. 52 quos] quas V. 56 modulante VM. 57 compede M, aber
cum pede richtig V, welches mit v. 56 zu verbinden ist. zu v. 57 hal
Müller das richtige getroflen : longa steht auch in V. 59 vermutet Hein-
sius limina, 60 corda , 61 bambilium V. si V, von Heinsius zu sisirum
ergänzt, in v. 62 wird Haupts und Müllers emendationper aeratas durcli
' V bestätigt; weiterhin bat V voces, v. 63 humida {huia M), was ich, falls
die Wasserorgel sich humida organa nennen und mit der erwähnung der
f olles v. 64 vereinigen läszt, wol annehmen möchte; auch Lemaire hat
dasselbe vermutet, dann hat V folligeris wie M und votis wie Burman.
67 teque , . moneamus V, besser als tuque . . monearis. 71 cirrus V,
jedenfalls gewählter als crinis, ob aber auch besser? 72 iaceant'] ma-
fieant V. am ende des verses ist filo entweder schreib- oder druckfeliier.
^; mollia V ist aus mollibus v. 73 entstanden, v. 75 nee (ne
^ernsdorf) dum . . . atque oscula dulcia iadant die lücke io
A. Riese : zur lateinischen anthologie. 709
M ergänzte Burman mit mille iocos. in V aber stehen dafür die corrupten
Worte faro ludum^ für die ich, aber uur um etwas lesbares zu geben,
einstweilen vorschlage ne, dum ambo ludunt; möge es bald durch bes-
seres ersetzt werden, auf v. 80 mellea iunc roseis haerescant basia
labris folgen in V die oben erwähnten beiden in M vielleicht aus prQderie
ausgelassenen verse
ei conpressa suis insudeni pectora membris
per niveosgue humeros cultumque per 05 • . . .
den schJusz ergänzt Heinsius osgue genasque, 83 niveam] roseam V ;
obgleich der vergleich mit v. 35 niveam, was M bietet, mehr empfehlen
wQrde, so kann es wegen des gerade vorhergehenden niveosgue doch
nicht beibehalten werden. 84 siringentes M ist, obgleich in den ausga-
ben stehend, einfach Schreibfehler; schon V hat richtig turgentes, die
letzten verse endlich lauten in V: vivile concordes, donec premat una
senectus, Donec vesira habeant natorum vota nepotes: ^bis dasz eure
Urenkel sich eurer Segenswünsche erfreuen', wie viel feiner und gemüt-
voller als die adoptierte lesart von M muUorumgue onereni natorum iura
nepoies 'bis dasz eure enkel durch die rechte (die ansprüche) ihrer vielen
kinder belästigt werden' ! auch hier also bleiben wir bei V stehen, durch
dessen kenntnis das gedieht sehr viel gewonnen hat. auch ist es von in-
teresse zu sehen, in wie weit die Vermutungen der verschiedenen kritiker
durch diese entschieden bessere gestalt der Überlieferung bestätigt werden
oder nicht: als die besten erscheinen dabei die leistungen von Wernsdorf.
Oben habe ich auf die beziehung zwischen diesem gedieh te und dem
de lavacro hingewiesen, die sich in dem in beiden vorkommenden Florens
ausspricht, eine andere beziehung findet sich zwischen Mey. 574. 585
und dem oben publicierten de lunonalibus. alle drei schlieszen nemlich
mit der bitte (dort an Bacchus, dann an Mars, endlich an Juno gerichtet)
da reditum nobis {nobis reditum 585 v. 11). in 574 ist es die bitte des
kriegers im felde, patriam repetamus ovantes fährt er fort; in de lunon,
ist die beziehung undeutlich (es ist wol nur fragjpent). wenn das gebet
an Bacchus ebenfalls endigt da reditum nobis; sie (ein mit sie eingelei-
teter wünsch schlieszt sich in allen drei gedichten an) toiis dulcia rivis
Musia fluant spumetgue cavis vindemia labris, so läszt sich das nur als
parodie fassen — dort die glückliche heimkehr des kriegers, hier die
glückliche heimkehr des beirunkenen! noch einige Vermutungen seien
hier angefügt, in dem gedieht an Mars v. 7 hat man te thorax galeague
tegunt wegen des prosodischen fehlers angezweifelt, namentlich aber
heiszt es schon v. 5 tu crista galeague rubes , deshalb ist nochmals ga-
league sowie Meyers cassisgue falsch : ich schlage vor te thorax ocreae-
gue tegunt. — De vinalibus (M. 576) v. 2 f. nee mens est Thebana
tibi, licet aggere celso \ Dircaeae rupis dicas fiuxisse parentes wird statt
fluxisse zu schreiben sein fulsisse; jedenfalls ist nach parentes zu inter-
pungieren : *du bist kein wahrer Thebaner (d. h. kein freund des Bacchus,
des BaKxeuc BaKxäv jiaTpÖTcoXiv Gi^ßav vaieiÄv Soph. Ant. 1122),
obgleich du dich glänzenden Thebanischen Ursprungs rühmst.' — De Cy^
ihera (M. 926) v. 1 ff. :
710 A. Riese: zur lateinischen anliiologie.
forte erat Aurorae tempus Solisque quadriga
fecerat et ventum et sonilum per nobile marmor
adstantis pueri.
in V. 2 ist Schröders fecerat adventu nicht zu billigen, man erinnere sidi
vielmehr bei dem mit der morgen frühe sich erhebenden leisen winde der
feingefühilen verse Catulls 64, 269 ff. &eT adstans puer x^i Helios selbst,
der jugendliche wagenlenker; was aber soll per nobile marmorl nur
zögernd und provisorisch schlage ich vor per nobüe Carmen ; die erinne-
rung an die lehre vom harmonischen zusammenklang der Sphären, auf die
vielleicht auch sonitum hinweist, mag dem dichter vorgesciiwebt haben.
In prosodischer beziehung sind einige gedichle, wie z. b. das epitha-
latnium und de lavacro^ de Cythera und de cereo und cfinige der kleine-
ren, nach strengen gesetzen gebaut, in anderen dagegen finden sicli
licenzen, zum teil schlimmer art. So Mey. 574 v. 1 Lena^e (so V, viel-
leicht richtiger in M Len^e \ dem sinne wie der tradition nach ist dies
dem Lenis in Cva vorzuziehen], ebd. Bromie Semeleie (so VM ; prolei Se-
meleia Cva), v. 2 sogar ohne jede möglichkeit zu andern bimäter^ und
v. 3 Ariadnaeg cortatice, und ebenso in dem dritten der den redüta
erflehenden gedieh te {de lunon, 1) dominä als nominativ. allerdings fällt
in den zwei letzten föllen die silbe in die cäsur. auch in dem zweiten ge«
dicht (M. 585) findet sich v. 7 als nominativ galeäque (nach Burman s. 23,
aber s. 100^ steht galeaeque), dagegen bat de vin, (576) in v. 4 v per
nosträ rura^ in a ist es in per rura et nostra emendiert. de Isidis «ö-
vigio v. 1 ist Ist S fruge das in der thesis verkürzte o zu bemerken. —
Schon aus diesem gründe ist eine autorschafl Glaudians für diese gedichle
nicht anzunehmen, die auszerdem z. b. ffir das epithalamium auch wegen
der auffallenden nüchlernheit desselben in der spräche und besonders in
den gedanken undenkbar ist. allerdings sind auch unter Glaudians epi-
grammen manche , die sich in dieser beziehung sehr von den grösseren
gedieh ten desselben unterscheiden , über die aber Burman irgendwo auch
die mir sehr probabel scheinende ansieht ausspricht, dasz diese gedichte
Übersetzungen aus griechisch verfaszten epigrammen Glaudians seien ; be-
kanntlich enthält die griechische anthologie noch jetzt solche gedicbte des-
selben, anderseits aber ist auch sehr leicht denkbar dasz unsere gedichte,
vielleicht nebst noch anderen der ^Glaudianischen' epigramme, worfiber
sich jetzt nicht urteilen iSszt, den Glaudianischen mit unrecht angehängt
wurden, vielleicht erlaubt der schlusz von de vinalibus (7 IT. vatumque
sonoro Carmine Mindus et strepuit circumsita ripa Fluminis Etrusci^
quem non aequabit Orontes)^ namentlich die allerletzten panegyrischen
Worte, einen schlusz auf die abfassung wenigstens dieses gediclites in
der gegend des Blincius (wo Claudian wol niemals lebte) zu ziehen, in
den andern gedichten , auch dem epithalamium , fehlt jede derartige an-
deutung; nur scheint v. 22 des letztern jedenfalls nicht auf Rom hin*
zuweisen.
Heidelberg. Alexander Biese.
H. Hagen: eine antike komödie in distichischer naclibildung. 711
95.
EINE ANTIKE KOMÖDIE IN DISTICHISCHER NACH-
BILDUNG.
Im codex Bernensis nr. 568 findet sich auf fol. 15^ — 17^ ein, wie
€s scheint, bisher noch unbekannt geblie!>enes gedieht von 324 versen in
distichen, das um seines Inhalts willen die gröste beachtung verdient, da
wir darin die nachbildung einer antiken komödie erblicken.
Der codex ist beschrieben bei Sinner calalogus mscr. Bern. I s. 636
und II s. 241 f., doch ziemlich mangelhaH. er ist, aus 198 blättern be-
stehend, wol von verschiedenen hfindeu geschrieben, die aber sämtlich
kaum gar viel die grenzen des zwölften jh. überschreiten. Sinners datie-
rung in saec. XIII ist zu wenig liberal und IrifTt jedenfalls bei dem mitzu-
teilenden Carmen nicht zu , dessen schriftzflge , ziemlich verschieden von
ihrer Umgebung, ein klares und lesbares aussehen haben, wie man es dies-
seits des 12n jh. nur noch seilen antriflt. das erste Matt nennt als ehe-
malige besiizer des codex Petrus Daniel Aureiius, B. Brissonius und Bon-
garsius. Sinners bemerkung II s. 241 ^fuit olim Barn. Brissonii , d e i n
Pelri Dauielis, tandem Bongarsii' ist dahin zu berichtigen, dasz der
erste besitzer jedenfalls nicht Brissonius sondern Pierre Daniel war.
denn wenn von dessen band auf jener ersten selte (und ailth auf der
letzten, doch hier ausradiert bis auf die zahl) geschrieben steht: ^Ex libb.
Petri Danielis Aurelii 1564' und darunter, während dieses durchstrichen
ist, von Bongarsius band: ^Ex libb. B. Brissonii paratus', so ergibt sich
daraus dasz Pierre Daniel, der den codex im j. 1564 erworben, ihn dem
Barnabas Brissonius geschenkt haben musz, nach dessen tode (geb. 1531,
gestorben 1591} dann Bongarsius denselben an sich gebracht hat.
Auf fol. 1—17 incl. finden sich misccllen verschiedener art; zu-
nächst fol. 1* — 6** episcopalbriefe, z. b. f. 4* A. episcopus seruus ser-
uorum dei archiepiscopo Ehoracensi usw.; fol. 7*^ enthält leoninische
verse eines märtyrers; fol. 8*^ ebenfalls gereimte verse: Post dubiam
post nugatoriam fortunae gloriam post opes siculas conuertor anxius
frequeniius in uoces querulas^ schlieszt mit den Worten Carnoti gloria
lucerna Senonum^ tu lege praeuia stateira (sie) canonum^ libras iudi-
da prompius in examine iudicialis trutine dignitatis gemine culmine
mixio fuiges numine hämo sed plus homine\ fol. 8^ ist nur mit 4 zeilen
beschrieben, darauf 3 blätter herausgeschnitten; dann fol. 9* — 15^ ein
zusammenhängender tractat, beginnend (verstümmelt): lettius poterit re-
quirere dampnum itium. Item alius philosophus: Consüle amico iuo
in honum^ quanium poteris et si tibi credere noluerit. lustum est enim
ut sibi bene consulai^ licet rectum ut insulsus tuum non consequatur
consilium. Alius philosophus: Noli consilium tuum omni reuelare
homini. Qui enim consilium suum in corde suo retinet ^ sui iuris est
melius eligere usw. , lauter philosophische moralsätze, eingeführt jewei-
len durch ein Alius philosophus. das ganze ist ein gespräch zwischen
einem magister und dessen discipulus, nachdem ungeHihr auf der mitte
712 H. Hageo: eine anlike komödie in dislidiischer nachbildung.
von fol. 9^ der magisier gesagt: alius philosophtis. Sapieniia mortua
Corpora clarilale uiuificat^ uelui terra arida kumidiiaie pluuie uiresät^
heiszl CS weiter: Discipulus magisiro: Quömodo me habendo inier
sapienies discipülos compviahor? darauf antwortet ihm sein lehren
Magister. Serua Silentium^ donec tibi sit loqui necessarium usw.
allerlei hübsche anekdoten werden da mit praktischer natianweodung
erzählt, meist im munde arabischer weisen, den schlusz macht die
bekannte brunnengeschichte des von seiner jungen frau schmählich b^
trogenen ehemanns. das gespräch schlieszt der schOler mit den werten:
Discipulus. Qui miseretur^ misericordiam consequelur; si mulieris
misertus esset^ misericordiam consecutus fuisset.
Folgt fol. 15^—17^ das unten mitzuteilende distichiscbe gedieht
in je zwei columnen geschrieben; fol. 17^ stehen nach dessen scblasz
noch folgende verse, in denen der Verfasser Ober den schmählichen rer>
rath seines freundes klagt:
Cuius totus eram , cuius me cura regebai^
Qui pro uelle suo prorsus mea uota mouebai ,
Arrumpens (lies abrumpens) f{o)edus^ quod amoris erat^
Iniuriam passus taceo^ si forte rediret, \uiolauit.
Qui sie (lies si) diligeret^ nee sie nee talis abireU
die Seite ist noch ausgefüllt mit einer aufzählung britannisdier könige
vor und nach der incarnatio domini^ von einer hand des 14n jh.
Auf fol. 18* beginnt Gaufridus Monumetensis mit dem prologus:
Cum mecum multa et de mullis sepius animo reuoluens in hystoriam
regum britannie inciderem usw.; fol. 18^ zur hälfte leer; dann beginnl
das werk (die Überschrift Gaufridus Monumetensis von Bongarsius band)
fol. 19*: Eneas post troianum bellum excidium urbis cum ascam
filio suo diffugiens nauigio ilaliam adiuit usw. , schlieszl auf fol. 79 -
Reges auiem eorum qui ab illo tempore iugualiis successerunL Kar«-
doco lancarbanensi contemporaneo meo in materia scribendi permilt^
usw. — quem de hysioria eorum ueraciter editum in honore praedic-
forum principum hoc modo in latinum sermonem transferre curauL
das blatt zur hälfte leer."^) fol. 80*— 83' folgt eine kurze darstellung der
angelsächsischen geschichte von 409 bis 616, beginnend mit: Jnnoab
incamatione domini quadringenlesimo nono mauritianus cum ualtn-
tiniano quadragesimus sextus ab augusto regnum adeptus VII annis
tenuit^ schlieszend mit: Erat auiem idem aedelbertus filius yrminrici^
cuius paler otio^ cuius pater oreic cognomento oisc^ a quo reges can-
tuariorum solent oiscingas cognominare^ cuius pater hengest^ qui cum
filio suo oisc inuitalus a uartigerno britanniam primus intrauit ui
supra retulimus. daran schlieszt sich fol. 83^ das leben des heillgeo
Eduard: Incipit prologus in uitam Set Regis Edwardi ad gloriosum
*) über die eigentümliche fassong des G. M. in unserem codex, wo-
nach die Widmung nicht an den grafen Robert von Gloacester, sondern
an könig Stephan gerichtet ist, vgl. F. Madden Hhe historia Britonnm
of Geoffrey of Monmonth' in den abhandlnngen der brittischen archSo-
^. gesellschaft von 1862.
H. Hagen : eine antike komödie in distichischer nachbildung. 713;
Regem iuniorem Ifenricum; fol. 84*: Explicit prologus. Incipit epi-
stola Eilreäi (sie) abbatis Rieuallis (sie) ad abbatem Westmoncaterit
Laurentium mit inhaltsangabe der uita Eduardi confessoriSy welche
f. 85^ beginnt and f. 120' schlieszt mit der Unterschrift: sunt et alia
plurima ScT Edwardi miracula qup non ^nt in hoc libro scripta,
fol. 120^ ist leer gelassen; von fol. 121* an eine anzahl kanonischer
briefe : Incipiunt epie Jrh lex. ept edite ad egidium arch. Rot. , d. h.
epistolae Amulfi Lexouiensis episcopi editae ad Aegidium archidia-
conum Rothomagensem; sie schlieszen fol. 184* mit einer epistola ad
henricum abbatem fiscanni^ folgendermaszen : Quodsi quem fructus
trahit exterior^ is^ sicut ait sapiens ille^ non potest nisi similem materie
sperare sententiam^ quoniam fortuitis intentus non nisi fortuitos expe-
rieiur euentus.
Dann folgen fol. 184* — 188^ ohne besondere abteilung vom vor-
angehenden gedichte, in distichenform 12 titel:
I de natiuitate domini^ 32 verse:
Semper ab eterno nascens ex tempore ttascii
Sustinet humana conditione deus usw.
n Ad Henricum Wintonem episcopum^ 20 verse:
Quod per multipUces dispensat gratia forma ,
Hoc in te totum contulit illa simul usw.
III De induatione (lies innouatione) uemali^ 40 verse:
Quicquid hiemps tanquam ueteri deforme senecta
Absque decore diu fecerat esse suo.
Ter nouat atque nouo compubescentia flore
Imperat ad teneros cuncta redire dies usw.
IUI De alterna temporis successione, 20 verse:
Tempora circuitu ueteri reuoluta uicissim
Effectus uariant restituuntque suos.
Mater hyemps patris autumpni semina seruatj
Vere nouo stabili restituenda fide usw.
V Item idem ad poetam mendicum laudem et munus uersibur
posiulaniem^ 16 verse:
Versus mendicos et musae pauperis ausum
Compositasque odiy Caecüiane^ preces usw.
VI Versus eiusdem ad sceuam de anu non reformanda^ 12 verse:
Sceua senescentis dominae marcere decorem
Et teneros queritur consenuisse dies.
Ergo peregrinas explorat sedulus artes
Et species multo comparat aere nouas usw.
VII Item ad iuuenem et pueUam affectuosius se inuicem intuentes,
das ich zur freude von alt und jung ganz hersetzen will :
Occurrunt blando sibi lumina uestra fauore
Et uoto arrident intima corda pari,
Alterno fades sibi dant responsa rubere
Et tener affectum prodit utrinque pudor.
5 Mutua discurrens ultro citroque uoluntas
714 H. Hagen: eine antike komödie in dlslichischer nachbüdong.
Lascivum mentes f{o)€du8 inire faeii.
Altemis radiis oculorum flamma refidget
Perplexu$que oculos f{o)eder£U iniuUus,
Ips{a)e anim{ä)e proprio quasi permuiasse mdeniur
10 Sedes inque nouis degere eorporibus.
Complexus tacitos animorum gratia nectU
Corporeisque parat nexihus auspidum [auspicuwn cod).
Procedet feUx dupUcaio eopula nexu
Concurrentque suis corpara spiriiibus.
15 Viilis opiatos dabit expectatio fructus
Et l{a)etos parient anxia uota dies.
VIII Jtem ad iasciuos sodales^ 24 verse:
Mens mea uirtutum studiis a tempore primo
InstiUt^ infames docta cauere uias usw.
Villi Epitaphium regis henrici primi^ 12 verse:
Henrid^ cuius eelehrat uox pubUea namen^
ffoc*pro parte iacent membra sepulta loco usw.
X Quomodo pauperi uel diuiti Sit donandum^ 20 verse:
Res Simplex tripiici uicio dampnata datoris
Expressit mentem rupta pusilla uetus usw.
XI Epitaphium matildis imperairicis^ 16 verse:
Regia progenies stirps regia C{a)esaris uxor
Hie est magna breui clausa Matilda loco usw.
XII Versus landrid de anschitillo (sie) , 10 verse :
Porrum poriaui monacho^ quem semper amaui^
De Constantino^ porrum comedit sine uino usw.
Den schlusz der bandschrift machen f. 188^ bis zu ende episcopai-
briefe des Herveus und anderer.
Wir beginnen mit einer inhallsangabe des vorliegenden gedichls.
Eine kupplerin namens Baucis wendet alle möglichen mittel und
kfinste an, um ihre dirne Glycerium herauszuputzen, ihren grossen
muud macht sie kleiner, das breite gesteht wird ins ovale gezogen, die
ganze gestalt neugeformt, die stirn gewölbt und die locken in üppiger
fülle um das baupt gegossen, auf ihr machtworl — denn sie ist zauberin
des besten stils, wie aus dem ende des gedichls ersichtlich — stralt ihr
nacken in blendender weisze, die breiten plumpen schultern werden ins
schmale zusammengerQckt, die finger erhalten eine aristokratische länge
und die gewaltigen bände werden niedlich verkürzt; der allzugroszen
schmflchtigkeit der arme wird mit der na'del (d. h. wol durch wuIste und
polster) zurecht geholfen; der gürtel, fesler zusammengeschnürt, drdngt
den Unterleib zurück — schlieszlich wird dieses solchermaszen vervoU-
komnete wesen von seiner Schöpferin im gebrauch aller dieser reize unter-
wiesen, wer denkt bei dieser Schilderung nicht an die bekannte reizende
stelle in Alexis Isoslasion (Aleineke com. graec. III s. 422 f.) und die dort
aufgezählten medicamina faciei, von denen die kupplerinnen zu sagen
' H. Hagen: eine anlike komödie in distichischer nacbbildung. 715
aaf gewinn ist allererstens und der nächsten plUndernng
stets ihr sinn gerichtet, alles andre ist ja nebensachM
schmieden gegen alle ranke! geht es ihnen einmal gut,
werben rasch sie neue dlrnen, unerfahren in der kunst;
umgebildet werden schnell sie, dasz von ihrem wesen nichts
und auch nicht von ihrem aussehn irgend etwas gleich sich
bleibt,
ist sie klein, da wird in eile unter die schuh genagelt kork;
ist sie lang, dann macht man ihr die sohlen ganz verschwin-
dend dünn,
musz dazu den köpf ein wenig seitwärts neigen der Schulter zu:
das verringert dann die länge, wenn sie keine hfiften hat,
stopft man schnell ihr polster unter, so dasz alle die sie sehn
die pompöse tallle rühmen, ist wie ein bret die büste glatt,
gibts dafür bewegliche busen, wie man sie auf der bühne
braucht,
wenn sie die sich überschnallen, treiben wie mit Stangen sie
mit denselben sonder müh* den allzustarken leib zurück,
hat die fünfte rothe haare, färbt man sie mit tusch sogleich;
ist der sechsten teint zu schwärzlich , schnell ist bleiweisz bei
der band;
allzubläszlich ist die nächste, knabenkraut reibt man ihr ein.
hat sie hübsche runde formen, werden sie gleich nackt gezeig^.
sind die zahne schöngebildet, musz sie lachen wider will,
nur damit die gaste sehen, welch charmant gebisz sie schmückt,
wenn sie aber nicht will lachen, musz sie den ganzen lieben tag
drinnen bleiben und man steckt ihrzwischen die zahne myrrenbolz :
grinsen musz sie mit der zeit dann, mag sie wollen oder nicht.
Die fürsorgliche kupplerin macht sich nun auf den weg, um lieb-
liaber für ihren augapfel zu fangen, ailes verspricht sie den jungen
ieuten, und das gebotene ist ja nicht gering: stammt Glycerium doch
von Zeus geblQt selber ab. um aber in ihrem betrug nicht entlarvt zu
werden — denn sie hat nach verschiedenen selten hin bereits die prima
nox versagt — musz Glycerium unter verschiedenen namen auftreten,
bald als Glycerium, bald als Philumena, und richtig, die dadurch ge-
köderten Jünglinge reiszen sich um die doppelliebhaberin. bei einer neuen
ausfahrt begegnet nun Baucis dem kriegsmann Thraso, der bekann-
ten neuattischen komödienfigur , dem antiken vorbild des Falstaff Messen
rühm der trunk und dessen gott der bauch und dessen stete begleiierin
Venus selber', nicht schwer hält es den zu fangen; aber damit ihm auch
gehörig geld abgepresst werde, stellt sich Baucis auf einmal gar spröde,
thut so als woHe sie fortgehen, weisz dann, nachdem Thraso angstvoll
ihren arm umklammert, gar viel von der zarten natur des mddchens zu
erzählen , und wie sie gar fein müsse behandelt werden usw. natürlich
entflammt das den sinn unseres kriegshelden noch mehr; allmählich von
seinem maszlosen erstaunen zur besinnung zurückgekehrt greift er mit
schnellem entschlusz, als ob es ihn bald gereuen könnte, in den geld-
bcutel und reicht der alten ein paar goldslücke hin. diese scheint be-
friedigt: beide gehen weiter, über das forum hin. da werden denn aller-
hand leckere speisen eingekauft: das geld dazu wird natürlich vom
Soldaten geliehen. Mas soll Glycerium erfahren' meint die alte, Mas
wird sie dir ganz zu willen machen.' um mittagszeit erklärt plötzlich
716 H. Hagen: eine antike koroodie in dislicbiscber nacklrtldiuig.
die alte, um losxalLomineu, tiefen schmerz heuchelnd, sie habe ^eines
freund' versprochen bei ihm vorbeizukommen ; doch hUfl ihr das nichu.
denn Thraso weisz so bestimmt wie irgend etwas, dasz dieser freani
nicht zu hause ist; hat er ihn doch gerade vorhin noch über das forac
auf seine landgüter gehen sehen, aber schnell versetzt ihm Baacb ts<
mit dem Sprichwort: ^ja, leute die als buhen nichts gelernt hahen, pfl^^
grosze Propheten zu werden', eine äuszening welche den Thraso. de:
schnell den üblen eindruck seiner dummheit zu verwischen bemfibt ir.
zu einer neuen geldspende veranlaszL kaum hat Baucis diese empfang
als sie plötzlich in einer seilengasse spurlos verschwindet, sprachlos ««r
ärger bleibt Tbraso zurück ; mit den grösten , bittersten Verwünschung
und anklagen gegen das gesamte weibergeschle^ht musz er sich eM\:L
bequemen den heimweg anzutreten.
Teilnehmend tritt ihm Davus in den weg; natürlich, meint er, habe
ihn Baucis betrogen : dereu charakter sei ja stadtbekannt, der macht e
ja herzeusfreude , wenn sie einem schaden kann , und nichts schmerzt se
so sehr als wenn ihr das nicht gelingen will, schlleszlich verspncbt tf
ihm helfen zu wollen. Thraso kehrt bekümmert heim: seine sklaveo.
die er aufs härteste ausschimpft und aufs grausamste bestraft — deu
heute haben sie ihm wieder einmal gar nichts recht gemacht — mussa
den ärger des herrn ausbaden ; mit einer wahren befriedigung und inst
schwingt er über ihnen seine peitsche, doch lange hält er es allein nichi
aus: um drei uhr (115 circa nonam) läszt er Davus zu sich kommen^ <kr
ihm verspricht Baucis daheim aufsuchen zu wollen, gesagt gethas.
Baucis wird gehörig ausgeschimpft, und es kommt, da diese es iluv^
seits an ehrenrührigen repliken auch nicht fehlen läszt, endlich zu haad-
greulichen thätlichkeiten. auf ihr jammervolles Zetergeschrei stürzt die
ahnungslos in ihrer kammer sitzende Glycerium herein und stiflet end-
lich frieden, manierlich geworden richtet nun Davus die auftrage seine«
herrn aus; Baucis nimt raison an, und beide scheiden in der grösteL
entente cordiale. Thraso solle nur in der folgenden nacht komnien ^ da
würden ihm seine wünsche erfüllt werden.
Das alles hat aber ziemlich lange zeit in anspruch genommen , und
Davus fürchtet den zorn seines sanguinischen und gerade jetzt in seinen
abnormen seelenzusland doppelt hitzköpfigen herrn über sein unmotivier-
tes langes ausbleiben; doch wird derselbe bald versöhnt dadurch , dasz
Davus der Baucis antwort auf das schönste und gewinnendste ausmalt,
beide machen sich beim beginn der nacht auf den weg ; fürsorglich steckt
Davus noch brod zu sich, um die kläflenden hunde zum schweigen zu
bringen, in der nähe des hauses angelangt erbietet er sich zur recognos-
cierung des terrains voranzugehen und etwaige lästige besuche aus dem
haus zu vertreiben : unterdes solle Thraso sich in einem graben verbergen.
Davus geht also hinein ; der herr thut , was ihn der knecht geheiszen.
Aber beide bat Birria erblickt, ein abgefeimter bursche und erz-
feind des Davus ; der schleicht ihnen behend nach , und kaum hat er ge-
- Davus sich entfernt hat, so sucht er seine räche an Thraso
doch wie soll das geschehen? zuerst will er ihn steinigen.
H. Hagen: eine antike komödie in distichischer nachbildnng. 717
schon wiegt er die schwere der steine in der hand ab ; der eine ist zu
schwer und könnte den Thraso zu tode treffen, nein, das geht nicht: denn
ein mörder zu sein ist doch zu arg. der andere ist zu leicht, der thut
ihm gar nichts , und damit ist auch nicht geholfen, plötzlich durchzuckt
ihm ein geistreicher gedanke sein nichtsnutziges gebirn. ^der schimpf
wird genügen' (240). gesagt gethan: Thraso musz es ober sich ergehen
lassen; verwundert steckt er freilich sein antlitz zur höhle hinaus: noch
eben war es ja sternenheller himmel und jetzt soll es schon regnen?
aber das musz es doch sein; schnell wendet er in seiner geistesgegen-
wart häuslich sein kleid um, damit es nicht auf der rechten seite nasz
werde, da kehrt Oavus zurück: er kommt gerade noch zu rechter zeit,
um zu sehen wie Birria nach vollbrachter that sich zurückzieht, pfui,
was hat der gethan ! schnell eilt er ihm nach , Thraso schreit aus leibes-
kräfien, er solle ihn nur tüchtig abwalken, was denn auch ganz gehörig
geschieht, so dasz Birria dringend wünscht daheim geblieben zu sein,
darauf begibt sich Davus wieder zu seinem herrn: dort sei alles bereit
ilin zu empfangen, da ISszt sich Thraso in seiner Sehnsucht nicht mehr
halten; drinnen angelangt werden sie höflichst aufgenommen, und Baucis
credenzt ihnen in eigner person den willkommenstrunk. Glycerium tritt
ebenfalls bald zur thür herein, Thraso erhebt sich behend, küszt sie,
umarmt sie und schenkt ihr allerlei schöne dinge, die ein mädchenherz
gewinnen sollen, aber das scheint gar nichts zu helfen. Glyceriup) thut
gar zimpferlich; sie weisz jetzt gar nicht, was liebe ist; besser wSre es,
meint sie, für den Soldaten, drauszen vor der schwelle der liebe nachzu-
gehen; hier in dieses heiligtum solle er nicht eindringen, da entsinkt
dem armen FalstafT der mut : ein zweiter bittgang schlägt ebenfalls fehl.
inuli£ greift nun in diesem kritischen moment die mutler in die geschichte
ein : Glycerium solle Vernunft annehmen, das sei ja barbarisch, eine quäl
wie sie Tantalus ausgestanden, für den liebenden nicht erhört zu werden,
freudig über diese unerwartete hülfe greift Thraso wieder in seine börse.
die Jungfrau scheint allmählich sich besiegen zu lassen. Davus bei seite
stehend lacht sich unterdessen ins fäustchen: hat er doch alles das so
hübsch zu wege gebracht und um einen erklecklichen gewinnanteil mit
der alten accordiert. in der kommenden nacht soll nun dem Soldaten
sein wünsch gewährt werden ; bis dahin nemlich musz Baucis noch frist
haben , um die jungfrauschaft der Glycerium wieder herzustellen, dafür
bedarf es freilich gar merkwürdiger, andern menschenkindern unbekann-
ter und schwer zu beschaffender mittel : kräuter, salben, flflssigkeiten,
arzneien , Zauberformeln müssen da herbei geschaflt werden , ein weiszer
rabe , rauch, drei windeshauche, die äugen eines blinden, eine eule, eines
kahlköpfigen haare und eines eunuchen mannbarkeit, eines tauben ge-
hör , eines stummen stimme , und andere dinge , die schlieszlich noch mit
Kerberosgift (vt'rus Cerbereum) zusammengemischt werden, das alles hat
denn auch eine entsprechende, gar wunderbare Wirkung und den ge-
>vänschten erfolg, in der nächsteh nacht erscheint Thraso, die hochzeit
geht vor sich, und freund kriegsmann geht, nachdem er sich seiner beute
bemächtigt, froh wieder nach hause zurück.
718 H. Hagen : eine anlike komödie in disücbischer nachbildung.
BAVCIS GLICERIVM TKASO DAWS BIBRIA.
Baucis amica sibi, spe Incri sednia nntrix
Giicerium repelit, aptal, honorat, aiit;
Os artat, faciem ducit, formam noual arle,
Dat fronlem, crines luxuriare facit
Coila nilere iubet, humeros constringit in arlum, 5
Producil digitos abbreutatque manus.
Bracbia formal acu, zona subtiliat aiuum.
Cum quibus et quid agat, edocet atque modum.
Uque reditque uias, scrulalur, quaerit amantes:
His spem dat uerbis , spem sibi , fraude sua. 1
Admonet, inuitat, rogat ul sua lumina uisant,
Spondet amicitias, gaudia, uina, cibos,
Virginis alloquium, contactus, oscula, furtum.
Narrat progeniera uirginis esse louem.
Haue probat, hanc cuinis spondel, dat dantibus buius 15
Primos concubitus uirgineumque decus:
Huic primos, iili primos, quid plura referrem?
Tot spondet primos, quol sibi dona femnt.
Baaeit Ne sua fraus pereat , nymphae dat fictile nomen :
Nunc fit GlycerJum, nunc Philomena simul. i-
Cum libuit, dal Giycerium; cum uull, Pbiiomenam.
Nominis haec nouitas munera multiplicat.
Certat enim iuuenum coelus, quis qua poliatur:
Giicerium petit hie; huic Philomena placet.
Quam petit, hanc non uult: tantum uiget error amore, s:
In tantum fallit numinis umbra uiros.
Baucis Dum uerbis iuuenes pascit, dum spem dal inanem,
Limina scrutando dum sibi lucra parat,
Obuius exit ei Traso, cui gloria potus,
Cui venter deus est , cui Venus apla comes. x
Prospicil hunc Baucis; gaudens haec murmura rodit:
'Hunc Baucis fallet, si sapit, arte sua.'
Accedens ait haec: *0 miles, Arooris aiumne,
Miles, Amoris bonos, tu mihi causa uiac.
Quid sibi uult tua mens? quo lendis? quos alis ignes? &
Virgine si sit opus, est mihi uirgo domi.
Virgo, sed uirga, sed flos, sed fruclus amoris,
Lumen uirgineum , forma decore nitens.
Tnso Subridens Traso gaudet, rumoribus urit,
Vix lempus differt, quin sua tecta petal. ^
Anxius ul fiat, ut crescal flamma calenlis,'
Se uertit Baucis assimulalque gradum.
TUubis: Ba° eis || 12 amicicias |I 13 factum || 14 progenie Q 19 nimphe •
20 philomena, sie || 23 cetus |l 33 alompne || 34 Amoris] honoris | nie ]] 40
^*fert |] 42 assimulatqne graaum] id est simidat se abire uelle; an potius
>leratqiie gradam?||
H. Hagen : eine antike komddie in dislichischer nachbildang. 719
Detinel hanc Traso, suspiria ducit et inquit:
^0 Baucis, liceat uisere, quid sit ea.'
45 Baucis ad haec: ^Dormit nee eam licet euigilare.
Est mollis, möllern somnia longa fouent.
Si nimium uigilet , aegrotat : si male stertit ,
Languet; si friget, febricitare timet;
Si nimis inuita ieiunet, neglegit escas;
50 Ni des , cum uolult , pocula, spernit ea.'
Ritu femineo leril omnia dente auperbo,
Femina laeta malls , femina fraude nocens.
Trasonem nouus urit amor, noua poena cohercet;
Cogitat et Venerem, dum meditatur, alit.
55 Stat rationis inops, premit hunc Venus immoderata,
Qui solet esse modus , uelle carere modo.
Ad meutern rediit rupitque silenlia tandem ,
Ingeminat gemitus exiterando preces.
Arreptum dlgitis aunim dat rounera Bauci.
60 Accipit haec Baucis laeta dolore uiri.
Haec redit, hie sequitur et amoris inaestuat igne.
Fit uia longa sibi , quaelibet hora duae.
Per fora transit anus escasque uidens emit iilas
Et parcendo suo mutuat aes ab eo.
65 Traso dat aera libens , anus infert : 'Haec seiet illa
Et facilis 6et bis tibi Giicerium.'
Progreditur Baucis ^ escas uidet et probat illas:
Quae probat, haec emit hie, empta ministrat ei.
Orat ut ad nympham gerat haec, ut eis potiatur,
70 Et noua promittit, si sibi displiceanl.
lamque die medio Baucis simulata dolorem
Se conuertit ad hunc talibus orsa loqui :
*Vni spondebara me praeter eum redituram.
Traso, quid laudas? interea quid ages?'
75 'Interea moriar, quoniam par haec mora morti.
Bauci, progredere, fac adeamus eam.
Nempe dorn! non est, quem quaeris: uisitat arua,
Et uidi, memini, praeteriitque forum.'
Baucis ad. haec: 'Noui nee me prouerbia fallunt:
80 «Infans qui piger est, esse propheta solet.»'
Munera dans Traso rogat, ut non flectat ad illum.
Munere suscepto gaudet agitque gradum.
Nee mora : Trasonis oculis erepla latebat.
Stat Traso, miratur, paenituitque dati.
Anctor
Bauci»
Traso
Baueit
46 sompnia Q 47 egrotat |I 48 iuper ai friget scriptum est inter üne€m:
uel nijniam stertit , auam glossam patet ad v. 47 si male stertit pertinere |
49 negliffit || 52 leta [| 53 cohercet, sie \\ 56 Qua || 60 hec | leta Q 61 Hec
ine8taatl|62 qnelibet hora dae || 64 eBabeo|j65 era || 68 Qaod probat
84 penituitque dari [|
720 fl. Hages: eine antike komödie in
Tra«o
Daaas
Traso
Dauuf
Gliccriam
Stans dubitat, quid agat; nesciu si progredialiir;
Ignoral qua sil, qua sua tecta pelaL
ContrisUodo redit landemque silentia rumpens
Haec ait, haec uersat, haec meditando gemit:
'Femina flamma nocens, dolor intimus, lioslis
Femina summa mali , femina digna mori ;
Femina fetoris dal semina, femina mortem;
Femina, quid feci? me mihi subripuit
0 merelrixt monslri facie« et imago Chimaerae!
Cur me decepit fraus tna quoue modo?' —
Dum pcragrans querilur, stans quadam Danas in aede
Haec audit, stupet liis, obuius exit ei.
Vultu sub tristi quaerit, quae causa querelae.
Traso rem recitat et recitando gemit.
Dauus ad haec: 'Quid ais? quo le furor ultimus egil?
Num Baucim sequeris? num comitaris eam?
Transistine fora secom? loculosne tulisli?
Admiror saue, ni uacuauit eos.
Baucis sola nocens damnis laetatur amantis;
8i noceat, gaudel; si ncquil, inde dolet.
Haec dolor est, haec fraus et origo fraudts aroantum,
Haec haec, ut credo, fallere nata fuit.'
Solatur dominum tandem spondens medicinam.
Dat sibi se medicum consiliique ducem.
Traso domum rediens compensat opus famulomm:
Haec probat, haec culpat, haec male gesta refert.
Hos scutica caedil, hus punil poena flabclli,
Verberal hos uirgis, hos trahit unca manus.
Damna luunt domini famulorum sedula turba,
Et sie alterius crimine punit eos.
lam circa nonam Dauum tristis uocat ad se;
Consulit hunc, quaerit, quam sibi praeslet opero.
Dauus subridens: ^Et adhuc, miser, urerjs igne?
Ne sis ridiculus , desine damna queri.
Si tarnen haec pfaceant, Baucim quaeram studiose,
Aut, ut agam quae uis, huius adibo domum.'
Approbat hoc miles: surgit Dauus, petit illam,
Ingrediensque domum prospicit hanc et ait:
^Baucis si meruit, saluetur, et haec sua uirgo.'
Vlraque respondet; haec tarnen addit anus:
IL*
86 quo I quo || 88 Hcc ait | hec meditando || 93 chimere || 95 peragrans;;
malim pergens | edc || 96 Hec audit \\ 97 qaerit qua causa qaerele |1 !<>•
baucis sequeris {| 102 Admiror etc.] an admirer sane, ni uacaarit eos — *
"^^ dampnis letatur || 106 Haec hec || 110 male] mage, quod reieci^ ^viei
'3, J14 expresMÜ uerhit mies dicitur ob damna sua in seruos saemisse •
edit I pena || 113 Dampna || 118 Neu | dampna || 119 qaer«m
IC "
H. Hagen : eine anlike komödie in disticliisclier nachbildung. 721
125 *Quid male promerui? quid commisi tibi, Daue?
Cur, ut saepe solet, lingua canina sonat?'
Dauus: ^Lingua mihi dulcis, UM plena uenenis,
Mens, ut lingua, tibi perfida, uera mihi.
Tu dolus es uel origo doli, scelus aut sceleris fons,
ISO Suinma mall nobis omnibus, immo malum.
Cur dominum uitamque meam tua fraus spoliauil?
Di mihi dent omen, crimina morte lues/
Surgil anus subito formaque minax tremit ira;
Edidit horrificis haec sua uerba sonis:
185 ^Sperabam mores aetate tua uariari ;
Sed mores pueri sunt tibi, forma senis.
Aetati mores , non moribus imperat aetas.
0 miser! o furli filius, immo paterf
Dauus: *Quid dicis? oideor für, pessima, faliax?
140 Sic solet et didicit sie tua lingua loqui.
Annos quingentos uixisti nee sine rugis ;
Os tibi dente caret: falsa remiscet adhuc
Tu senii faex es : florent iuuenis quoque mores ,
Nee mihi lex uitae, dum iuuenesco, datur/
145 Baucis: *Adhuc puer es, credo, quod sis puer actu;
Viuendi uitium te negat esse senem.
Verbero furtiue, ui decipis, eripis, aufers,
Nee nisi committas crimina, laetus eris.
Pureifer, obmutis? caueas: tibi furca paralur.
150 Hercule sustollam brachia, si sit opus.'
Dauus : ^Furta mihi , meretrix annosa , quod inquis ,
Quae meruit tua fraus, obicis illa mihi.
Non herbis , ut tu , segetes subuertere noui ,
Vberiora tibi carmine rura dare ;
155 Non pueris orbare patres, matri dare partum;
Nuper enim uidi lecta uenena tibi.'
Substitit hie Baucis ; uox est compressa dolore ,
Ingemuit; tandem talibus orsa loqui:
^Non utinam segetes, sed te peruertere scirem!
160 Per superos , fieret mors tibi dura satis.
Et discam forsan et sentiet haec tua lingua.
Non inpune feres haec tua dicta latro.'
Prosiliens Dauus alt: *Vnde minae, furiosa?
Quod mihi promittis, hoc prius ipsa lues.
165 Impingam dextram malae laeuamque capillis.'
Hie ferit, haec clamat: uerberat hie, flet ea.
Bwcb
Baucis
DftUttt
B»ttcis
Dauos
Baacis
Oaaus
Banria
Danas
Daaut
126 sepe || 128 et | michi || 129 ael] et || 132 Dil || 135 etate || 137
Etati I etas || 141 sine] nisi codea \ mgis] nuffis eodese^ sed ef, v. seq.
an nisi nngaK ? || 143 fex | ianenisque mores |f 144 nite 1 146 nicium
147 Verbero] Yerbo codex (| 148 letos || 152 Qoe || 162 hec || 168 mlDe
164 hoc] sie codex || 165 male leuamqne ||
JahrbOdMr für dats. pkiloL 1868 hft 10. 47
722 EL Sagen: eine antike komödie in disüduseher nachbüdoiig.
Gliceriam
Daaas
Btads
Dsaus
ß.iucis
DauDs
Traso
Daaus
Traso
Dauus
Daous
Ictibas liaec aeqnal uoces, hie aocibas ictus:
Ni taceat, spondel se geminare minas.
Gliceriam thalamia consederat inscia lacli.
Aadito slrepitu pressa slupore saüL
Egrediens uidet hunc: dolet liis podilmnda parumper^y
Arguit huDc sceleris mulliplicalqae minas.
Hac mediante tarnen dant oscula mutoa tandem :
Concordes fiunt hac duce Baucis et hie.
Exoritur sermo, fit iustitlae «onus ingens,
Ira creait amor, dissicione bonom.
Haec item Dauus memorat praecepta Trasonis ,
BaucÜD secrelo coDuenit alloquio.
Narrat Trasonis ignes, quo ferueat aeslu,
Quam cupiat, quam sil immoderatus amaus.
Addit, quas poenas patitur, quae cura cor urat.
Subridens Baucis non negat auxilium.
Admonet, ut uenial ad se Traso nocte sequenti:
'flanc spectare dabit coiloquioque frui/
Dauus ouans remeat , dat ei tarnen haec raora curam ;
Nam domini metuil uerbera, damna fugae.
Dum redit, haec loquitur, his se solatur eundo;
Prouidus hac fraude consulit ante sibi :
^Quid limeo? Dauus dicor nil dans nisi uana:
Efficiar Dauus nee nisi uaoa dabo.'
Vt uidet hunc Traso, gaudens dolet; accipiens spem
Desperat: talis est in amante modus.
Inquit: *fle, heus Dauel cur te tenuit mora lauta?
Perfide, men metuis? furcifer, acta lues.
Diligis et procus es? sed quid? sie sie solel esse,
Quod seruus dominum moribus assimilet.'
Pallescens Dauus ueris falsissima miscet;
Narrat, quid fecit, quae sibi causa morae.
Verum multiplxcat, ignota refert quasi uota,
Protegit a poenis fabula prompta reum.
Spe Traso derisus tandem Daui miseretur,
Dat ueniam, laudat prouida facta uiri.
Noctis prineipio, dominum comitante ministro,
Vt Baucim repetant, exit ulerque tacens.
Pert panem Dauus, ut temperet ora latrantum,
Frustum, dum lalrat, proicit ante canem.
Emensa iam paene via stat Dauus et inquit:
^Praeuidi mirae callidilatis opus.
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167 hee eqnat || 174 Concordesque] que semierasum | 176 iosticie <
176 disBitione || 177 Hec item] an Huic itidemf an Hinc etiam ? | 179
estu 1 180 immoderatus] an immoderanter? cf. v. 272 || 181 penas | 184
dabit] maUm dabo || 186 dampna fn^^e |{ 191 grandens corr. gaudens |{ 195 sis
«: :^ gi^j 1 jgg ^^^ | ^^^^ || 200 peuis ) 207 pene 1 208 Preuidi mire 1
Q. Hagen: eine antike komödie in distichischer nacbbildung. 723
Ne te perturbet lenonum turba, uidebo.
810 Praecedam solus, euacuabo domuzn.
Siquis adest, fagiet forsan Oauo ueniente.
Hie Dauus rex est, hie habet imperium.
Tu fouea laleas.' — Fauit Traso, Dauus abiuil;
Hinc latet expectans , quid rediturus agaU
815 Birria seruorum faex pessima uirquc malignus Bima
Ad Baucis tendens limina uidit eos.
Vt uideat, quid agant, sequitur gradiens taciturne;
Nouit enim Dauam , cui uetua hostis erat.
Vt uidet bic absente Dauo dominum latitantem,
280 Haec indignando saepius ingeminat:
^Birria non dicor quasi uir derisor amantum.
Senietur proprium nominis ergo mei.
Deludetur amans. Num hello? Non: superaret
Et me deuictum caederet ense suo.
825 Bellum miiitis est: miles tamen esse solebam,
Sed me depressit debilitalis onus.
Ergo quid fiet? an stans procul hunc lapidabo?
Sic menti sedit, sie nocuisse placeL'
Inuentos sumit lapides sumptosque tenendo
230 Librat, quis grauior pondere quisue minor.
Dum manibus tenet hos, dum saepius inspicit, inquit:
*Hic nimium leuis est; bic grauis immodice.
Quo feriam subito? si senserit hunc, morietur:
Illo si feriam , non nociiurus erit.
835 Birria, dimittas ergo, ne sis homicida.
Peccabis, per te si morialur homo.
Peccabis? uirtus hoc peccato tibi cresceL
Si morialur , erit gloria magna tibi.
Absque tamen damno noceas, si uis nocuisse.
240 Permingatur enim: sufßcil iste pudor.'
Propositum peragit, palitur Traso; nescius huius
• Extulit OS antro , si plual experiens.
Riuus aquae saiiens os impiet suspicientis ;
Expuit hoc nee adhuc sensit adesse dolos.
245 Admirans pluuiam, pallam ne deterioret,
Vertit. Quid plura? luditur bic et ita. p^^^,
lam rediil Dauus, blanditur Baucis eunti, baucu
Spendet dimidium, si sibi lucra paret.
Si Sit opus, rogat ut dominum fallens noua fiiigat.
250 Spe lucri Dauus annuit illa libens.
Extractum uidet inguen adhuc Dauus remeando ;
210 Precedam g 213 fauet ) 214 Hie || 215 fex || 219 absente] maäm
abeunte J| 220 Hec | sepius || 221 nnm || 223 Declndetar, cf, o. 221 || 224
cederet || 226 honns || 231 sepins 1 239 dampno ||
47*
724 H. Hagen: eine antike koni6(lie in distichischer nachbildong.
Daaus
Trago
Baucig
Ghceriiun
Traso
Exciamat: 'Quid agis, Birria, senie neqaam?
Traso, Traso miser, derisit te miser iste.
Numquam per caeli numina miles eras.
Phil perminxit te: frangamas crura latronis.'
ßirria Hacc dicens sumit grandia saxa manu.
Danas Blrda discedit, sec^uitur Dauus fugientem.
Praecurrit, retinet, uerberat ob scelus hoc.
Egrediens antrum Traso clamat: ^Gemiua uini!
Ingemina! meruil: da meliora sibit'
Fuste manu caesus eflugit Birria tandem ,
Tecta subit: mallet nunc latuisse domi.
Ad dominum Dauus remeans audita reuelat :
Auditis urit dans alimenta malo.
Baucis tecta petit Traso festinans duce Dauo.
Vt uidet hos, tacite gaudia ducit anus.
Accipit hospitio, dat uina, propinat utrique.
Egrediens thalamis uirgo salutat eos.
Assurgit Traso uenienti , suscipit iliam
Ore, manu; donis laetus honorat eam.
' Praetemptans adilum uerbis insistit amantum.
Haec uelut ignara dissimulanter ait :
(iUceriam *Sum rudis in Venerem nee adhuc mea nubilis aetas ;
Intemerata manet dos mea uirginea.
Non noui, quid amor,^quid amoris sentiat ictum.
Officium Veneria horreo , siste preces.
Extra limen ames , tua spes hie fiet inanis.
Quaere peregrinas, quas tuus ardor agat.'
Traso Traso spe uacuus animo simul euacuatur
Dissimulans hominem: mortis imago sedet.
lam uisam uidisse pudet, iam nollet amasse.
Quid faciel? dubitat, an roget ulterius.
Admonuit reuocare preces dos uirginitalis;
Plos formae negat hoc debile principium.
Assumens animi uires haec saepe uoiutat:
Traso *Quid timeo? tuta prima repulsa mihi.'
Giicerium Eu iterum SO uertit ad hanc adilusqac retemptat.
Bauciü Obstilit haec precibus fallere cauta satis.
Aspiciens anus haec nympham castigat et addit:
*Quid Sit amor, discas nee rudis esse uelis.
Quid grauius, si non urens simul urilur ignc?
Nil grauius. Quid mors? nil nisi tale malum.
Tanlalus inter aquas et fruetus indiget Ulis:
Vnda negat potum, poma retracta cibos.
355
201
Sfö
270
275
sao
2S5
290
254 cell n 256 Hec || 258 Precurrit | 259 nim] fier codex 1 261 cesns '
262 iacaiBse n 270 letüs 11 272 Hec | dissimulatur Q 278 etas 1 277 ames]
amas codex || 278 Qaere || 284 forme || 285 hec sepe | 288 hec 1 289 nim-
II 291 nrens aimul] urentis ||
Trwo
.Dmiiw
Baucw
Banci«
H. Hagen: eine antike komödie in dislicliischer nachbilduog. 725
295 Sic amat, haut aliter, qui semper amat nee amatur.
Sic fugitiua petit , sie eget inter opes.'
Gauisus Traso laudat sua dicta frequenter,
Nummos largitur, cetera spondet ei.
Hoc uiso Dauus inquit secum procul aatans:
soo *Ha, bam! sie nooi fallere, si sit opus.
Emunxi nasum domini, crescunt mea lucra,
Fraus mihi dat censum , fraua mihi lucra paraL'^
Baucis laeta datis statuit sibi tempus et horam ,
Ventura nocte nirginitate frui.
905 Promissis gaudet, sed promissi mora iristis;
Sic dolet et gaudet: ape tamen actus abit.
Baucis uirgineum temptans reuocare pudorem
Prouida propositae coiligit apta rei :
Herbas, ungenta, potus, medicamina, canlus,
310 Quae uobis breuiter enumerare übet.
Corui candorem, fumum, tria flamina uenti,
Caeci cuiusdam lumina, noctis auem;
A calui fronte crines membrumque spadonis ,
Auditum surdi, uerba carentis eis;
315 Igniuomam glaciem defunctorumque calorem;
Insani sensum cum ralione bouis;
Duri mollitiem lapidis cum murroure stagni,
Quercns pomiferas , uimina plena piris ;
Praeterea rugas pueri, barbas uetularum,
880 Virus Gerbereum quaerit, ut addat eis.
HIs ibi confectis facit ex meretrice puellam.
Noxque sequens aderat. £n Traso laetus adest.
Secum promissa gerit hie et dans ea Bauci
Giicerio fruitnr atque potitus abit.
Explicit opus memoria dignum.
TrMO
Traso
GliemiiiiB
303 leta II 308 proposite; | 310 Qae ]| 312 Ceci | 317 molUciem ( 321
sibi g 322 letos (
Betrachten wir das gedieht, dessen inhalt wir oben in den wichtig-
sten einzelheiten wiederzugel>en versuchten, genauer, so springt vor
allem der antike geist in die äugen, der das ganze durchaieht. es ist
nicht zu kühn zu l>ehaupten, dasz von einem Christen dasselbe gewis
nicht verfaszt sein kann : vielmehr werden wir sogar für die distichische
nachbildung des komddienoriginals einen nichtchristlichen Verfasser anzu-
nehmen haben, auszer dem von Baucis angeführten Sprichwort v. 80
infans qui ptger est^ esse propheta seilet^ das als christliche remiuiscenz
erscheinen könnte , obwol es das nicht musz , deutet alles auf antike Vor-
stellungen, so z. b., um damit zu beginnen, nennt Baucis v. 14 die Gly-
cerium eine tochter des Juppiter; v. 132 ruft Oavus, um Baueis zu be-
726 U. Hageki: eine antike komödie in disüchischer nachbildung.
strafen, die götler an; cft mihi deni omeny crimina morte lues; y. 150
figuriert Hercules als scbwurgott; y. 160 wünscht ^bei den himmlischen',
per superos, Baucis den Dayus yerderben zu können, und ▼. 254 eodlicb
ruft Dayus dem Thraso zu, nachdem ihm Byrria den geistreichen schimpf
angethan : numquam , per caeli numina^ miles eras, dazu kommt
dasz mehrmals gestalten der antiken mylhologie erwähnt werden: so
heiszt y. 93 Baucis itnago C/nmaerae; y. 293 werden die quälen des
Tantalus, der hunger und durst zu leiden hat, verglichen mitderpeio
unerhörter liebe , und endlich wird y. 320 das gifl des Kerberos unter
den Ingredienzien des jungfrauscbaftwiederherstellungsmlttels aufgefubri
wenn es weiter y. 71 heiszt, um mittag {die media) habe Baucis yersuchi
sich von Thraso loszumachen, und hinwiederum der geteuschte kriegs-
held in seiner bekflmmemis y. 115 circa nonamy um die neunte stunde,
den Dayus zu sich bescheidet , so stimmt dies ja trefflich mit der antiken
tageseinteilung.
Antik ist es ferner, wenn Glycerium nympha heiszt y. 19. 69. 289
und ihr gemach ihälami genannt wird v. 169, 268; dann wenn Tom
forum die rede ist y. 63 (wo speisen zum gelage eingekauft werden),
y. 78 (da ist der freund aber das forum gegangen , sein landgut zu be-
suchen: uisiiat arua)^ y. 101; endlich Obt y. 153 ff. Baucis ihre zaube^
kOnste ganz in der nemllchen weise , wie es eine Ganidia verstand. Ican,
personen ebenso gut wie die yerhliltnisse passen aufs genaueste in die
alte zeit, und zwar sind es lauter motive der neuen attischen komö-
die, wie sie Plautus und Terentius nachgebildet haben: die kupplerin
Baucis , ihre dirne Glycerium , der unentbehrliche , immer verliebte und
hasenfflszige miles gloriosus Thraso , den schon der name als bramarbas
zeichnet, die beiden Sklaven Davus und Birria; Davus der gute verschla-
gene , welcher dem herrn aus der klemme hilft und dabei seinen eignen
profit nicht vergiszl, im Qbrigen sich treu und brauchbar erweist; Birrii
das schlechte element , der In seines mltsklaven plUne hinelnzupfusclien
sucht, aber den kurzem ziehen musz ~ wer denkt hier nicht an das
analoge verbültnis zwischen Palästrio und Sceledrus ? — ; dann die er
findung des Stoffes selbst von der art, dass nun eine einfach gescfaiirzie
attische komödie des Menander vor sich zu haben glaubt*}: die bekannten
kupplerkQnste, in deren garn der kriegsheld in seiner grandiosen ein-
bildung und unendlich hohen meinung von seiner unwiderstehlicbkeii
gefangen wird und dafür brav zahlen musz, wie der Plautinische miles
zum schlusz; Glycerium in ihrer doppclroUe als Glycerium *Ph]lumena
lebhaft, auch dem namen nach, an Philocomasium-Glycera erinnernd; die
schlaue Verschlagenheit des geistig seinem herrn weit flberlegenen .«l^Ia-
ven Davus, die nichtswürdige armselige Schurkerei des Birria — aU^
das weist unwiderleglich auf eine antike komödie hin.
Dieses urteil bestätigt sich vollends bei der betrachtung der komi-
schen motive und demente, die das gedieht in reichem fflaszeaof-
*) natürlich ist bei der amarbeitong manches verloren gegangen,
Me rolle des adiUetcens usw.
H. Hagen: eine antike komödtc in disticliischer nachbildung. 727
zuweisen bat. der überall klar und lustig hervorsprudelnde witz ist viel
zu plastisch und drastisch, als dasz er nicht echt antik sein müste. mit
welch gesundem humor, der gar sehr gegen die ddrftigkeit miitelalter-
licher oder spatialeinischer machwerke absticht, heiszt es z. b. von den
anpreisungen der Baucis zu gunsten der Glycerium v. 15 ff, : hanc pro-
baty hanc cuiuis spondei, dai dantibus huius \ pnmos eancubiius uir-
gineumque decus: | hwc primos^ iUi primos, quid piura referrem? \
tot spondet primos^ quoi sibi dona ferunt ferner knüpft sich an der
Baucis notbehelf , die Glycerium unter verschiedenen namen auftreten zu
lassen , um so den betrug zu verdecken , gar köstlich die trockene be-
merkung v. 21 AT.: cum libuit^ dat Glicerium; cum uult^ Philomenam, \
nominis haec nauitas munera mültipHicat. \ certat enim iuuenum coe-
tus^ quis qua potiatur: \ Glicerium petii hic^ huic Philomena piacet. \
quam petita hanc non uült: tantum uiget error amore; \ in tantum
faUit nominis umhra uiros, von welch prächtiger Wirkung sind die
kurzen, knappen worte, mit denen Thraso geschildert wird v. 29 f.: cui
gloria peius ^ cui Venier deus est^ cui Venus apia ccmes. den in der
komödie beliebten , wie es heiszt von Epicharmos erfundenen kettensatz,
den XÖTOC aöHavöjacvoc (AthenSos II 36*):
A. nach dem schmausen kam das trinken. B. ganz vortrefflich, wie mir
scheint.
A. nach dem trinken folgte spötteln, auf das spötteln ward man roh,
auf die rohheit setzt' es prügel , dann process und richterspruch ,
nach dem richterspruch am ende ketten, fuszblock, sübnegeld —
finden wir auch hier v. 45 IT.: dormit nee eam licet euigilare, \ est
moUis: mallem somnia longa fouent. \ si nimium uigilet^ aegrotat; si
male sieriit^ \ languet; si friget^ febricitare iimet usw. so noch viele
andere stellen, mit unnachahmlicher komik ist vor allem die soeue ge-
schildert , wo Byrria nach langem schwanken 'werfen oder nicht werfen,
das ist die frage' dem Thraso etwas menschliches begegnen lAszt v. 223 ff.
mit urwüchsiger heiterkeit malt der dichter die Wirkung v. 245 f.: ad-
mir ans pluuiam pdllam^ ne deterioret^ \ veriit, quid plura? luditur
hie ei ita. man lese ferner die stelle, wo Glycerium so unschuldig thut
und mit ihren in jungfräulicher schäm hervorgestoszenen werten doch
gar viel, nur zu viel verrflth v. 275 f.: non notit, quid amor^ quid amo-
ris sentiat ictum. [ officium Veneris horreo^ siste preces^ und v. 278
quaere peregrinas , quas tuus ardor agat. freilich Thraso hat ein
dickes feil und kann das wol vertragen , ' ohne den Widerspruch heraus-
zufflhien.
Und wieder die effectvolle maierei von Thrasos augenblicklicher
hasenfflszigkeit, nachdem die erste attake so gänzlich mislungen, v. 279 ff. :
Thraso spe uacuus animo simul euacuatur \ dissimulans hominem:
mortis imago sedet. | iam uisam uidisse pudei^ iam nollet amasse. und
dem entsprechend die heuchlerische Zuvorkommenheit und verstellte bon-
hommie der kupplerin in v. 290 ff. mit guter komik wird endlich die
gemütliche aufzählung (v. 300 quae uobis fireuiler enumerare lAet)
der zur herstellung der Jungfräulichkeit notwendigen Substanzen abge-
728 H. Hagen: eine aolike komödie in disUchisclier oachbilduag.
gddonea mit dem Yen 321 Ms ibi confeetis facU ex merttrkt
pueüamj wo man ja nicht etwa ein eoUeciis Tennaten darf: alles das
mosz vorher zosammen verarbeitet werden, che die gewünschie
wirkottg erddt werden kann.
Dan dem verlasser des gedichts noch onmitleliiar eine komödie
vorlag (wol von Piautas), zeigt der umstand dasz die namen der haodda-
den personen fiberall am rande verzeichnet sind (roth), wo sie handelod
oder redend auftreten; bezeichnend ist das zu v. 53 beigeachriebcoe
audor* zu v, 305 war Traso am rande vergessen worden, auch dasz
statt einer fiberschrift die in dem stück vorkommenden personen der
reihe nach aufgezählt werden, ist für die lösung dieser frage nicht olue
belang.
Wir haben bisher gesehen , dasz der stoff ein antiker und einer all-
römischen nachbildung einer neuattischen komödie entlehnt ist anders
freilich gestaltet sich die frage, wenn wir auf die gegenwärtige
form dieses Stoffes unser augenmerk ncblco. da dürfen wir kaum über
die letzten zelten der lateinischen litteratur (4s bis 6s Jahrhundert) za-
rflckgehen. dies zeigt schon der vielfache verstosz gegen den richligeD
gebrauch des refleiivums, das sehr häufig statt des geforderten demoo-
strativs steht, wie v. 11. 18. 40. 62. 70. 86. 101. 108. (123.) 269.
297. 303.
Ferner bietet der Sprachgebrauch manche eigentümlichkeiten der
späteren zeit dar. wenngleich v. 176 dissicio von dissecare gut g^
bildet ist (vgl. internicio — intemecare) und recht viel gute echte lau-
nismen sich finden, wie v. 11 sua lumma vou der Glycerium; v. 27 dum
uerbis tuuenes pasciiy dum spem dat inanem, vgl. Verg. Jen. 1 464;
V. 31 murmura rodii , vgl. Persius 3 , 81 murmura cum secum et ra-
biosa sikniia roduni; v. 30 Venus apia comes; v. 156 lecta uenena
iibi^ vgl. V. 321 his stbi confeetis; v. 301 emunxi nasum domim usw.,
80 läszt sich doch nicht leugnen dasz auf spätere zeit hinweisen formeD
wie V. 7 subtüiat^ v. 149 obmutis = obmussas; v. 173 mediante = t^
interponente; v. 245 deterioret (von Claudianus älamertus und Symma-
cbus, auch dem gromatiker Fronlin gebraucht), v. 315 igniuomam (wie
es scheint nur bei Lactantius de resurr, dom, 3 von der sonne gebraacht]
und anderes mehr.
Eigentümlich ist der im späten Latein häufige gebrauch des gerun-
diums für das participium: v. 28 scrutando^ v. 58 exiterandc^ v. 87
conirisiando^ v. 88 meditando^ v. 220 indignando^ v. 229 ienendo.
Auch die sonderbaren etymologien von Dauus = dans uana t. 189,
und Birria = vir derisor v. 221 werden dem überarbeiler, der die
komödie in disticbenform gebracht bat, zu überlassen sein, letzteres ist
übrigens deshalb wichtig, weil diese arl der etymoldgie ein gleichlauleo
des b und v voraussetzt: vgl. Corssen ausspräche usw. 1 s. 58 ff.
Zu dem nemliclien resullat führen neben den syntaktischeu(wie
in der Orestis Iragoedia hat auch hier die asyndetische satzfolg^
gegenüber conjunctionaler aneinanderschlieszung die oberband bebalten;
^ beachte auch die in späterer zeit so sehr beliebte cumidatioo io
Ludan Müller: zasatz. 729
V. 309 herbas^ ungenia, potus^ medicamina^ cantus) auch die proso-
discben Verhältnisse, beispielshalber führe ich ao y. 163 Bauüs ätt
wie Dauüs ui v. 205; 219 Dauo iambisch gebraucht, während sonst
immer die erste silbe lang erscheint; Traso bald spondeisch (v. 29. 39.
43. 53 usw.) bald trochaisch (v. 65), gar pyrrichisch v. 84. 183 usw.,
molossisch in Trasonis ocülis v. 83. ferner Verlängerung liurzer eud-
Silben, wie des Iturzen a v. 37 uirgo sed uirgä (dagegen wird der ablativ
der ersten nicht verliOrzt: denn in v. 111 hos punit poena ist poena
nominativ, vgl. v. 112 hos irahii unca mantif), v. 309 ungeniä; in der
pentamelercAsur v. 246. 286. im allgemeinen ist hierfür auch auf den
mangel der ellsionen aufmerlLsam zu machen, worüber die schönen he«
obachtungen Wölfflins im philologus XVU s. 341 zu vergleichen.
Sonst läszt sich nicht in abrede stelleois ^^^z eine gewisse gefällige
eleganz und schlaniie leichtiglieit form wie inhalt zur schau tragen , ent-
gegen dem belcanuten schwerfälligen schleppgewand spätlateinischer und
mittelalterlicher poesie. zu den beiden bisher beiiannten distichischen
nachbildungen antiker komddienstoffe, dem Querolus-Aulularia und dem
Amphitruo des Vitalis von Blois ist also in dem hier mitgeteilten stück
ein würdiges vorbild und damit eine nicht unwichtige ergänzung der
römischen komödienlitlcratur gefunden.
Bebn. He&manm Haqen.
ZUSATZ.
Auf den wünsch des herausgebers gestatte ich mir diesem aufsatz
einige bemerkungen anzuhängen.
Ohne zweifei wird jeder hm. dr. Hagen für die mitteilung der oben
abgedruckten komödie dankbar sein, es ist für den piiilologen erspriesz-
lich, ja notwendig, wenn er einen unbefangenen blick in die krilik römi-
scher autoren, heidnischer wie christlicher, haben will, auch die lateini-
sche litteratur des mitlelalters, die oft ihren stofT, sehr viel mehr aber
noch ihren Sprachschatz jenen Vorbildern entlehnte, in den kreis seiner
betrachtungen zu ziehen, ohne solche kenntnis bleibt die innigste Ver-
trautheit mit den Codices antiker denkmäler lückenhaft und ungenügend,
wenn wir die Interpolationen der abschreiber während des elAen und
zwölften jh. oder leider, wie ich einmal später durch die publicatiou des
mir von W. Wagner freundlichst verglichenen codex Etonensis der re-
media und der sieben ersten heroiden Ovids zu zeigen gedenke, schon
des zehnten und wol auch neunten — wenn wir diese interpolationen
richtig würdigen wollen , ist es nötig genau zu wissen , welche autoren
der classischeu zeiten am meisten gelesen und nachgeahmt wurden , mit
welchem glück ferner diese nachahmung durchgeführt worden ist. und
da eine geschichte der lateinischen spräche und philologie im mittelalter
nicht existiert, vielleicht auch noch lange auf sich warten läszt, so müs-
sen wir aus den Schriftstellern dieser epoche uns die wichtigsten data
zusammenlesen und combinieren. für diese erkenntnis, bezüglich für das
Interesse das Tcrenz jenen zeiten einflöszte, liefert die publication Hagens
einen ebenso dankenswerthen wie interessanten bei trag.
730 Lncian Müller: ziisatz.
Die meinung des verdienstlichen beransgebers, dasi wir es hier mit
einer arbeit des vierten bis sechsten jh. und der nachbildnng eines ver-
loren gegangenen antiken Originals zu tbun bitten , vermag ich freilid
nicht zu teilen , und es sei mir gestattet die gründe dafür kurz lu ent-
wickeln, ich will zunächst nicht davon sprechen dasz mir das lob, wel-
ches in dem vorhergehenden aufsatz der komödie gespendet wird, aller-
dings zu reichlich gemessen und teilweise von der sehr erklärlichen tot-
liebe für litterarische findelkinder eingegeben zu sein scheint mich we-
nigstens bedünkt dasz jenes stück in deutlicher, frischer und verhiltnis-
mäszig eleganter darstellung sich mit dem Amphitruo des Vitalis Biesefi-
SIS nicht messen kann, indessen der geschmack ist verschieden : ein je^r
möge fühlen wie es ihm beliebt, auch den schon von Hagen bemerktn
vers infans gut ptger est esSe propheta solet^ der doch wol in letzter
Instanz auf Matthäus 13, 54 IT. Marcus 6, 1 ff. zurückgeht, will ich hier
nicht berühren, mag auch das gedieht einen christlichen Verfasser babetu
derselbe könnte ja doch am ende des altertums gelebt haben, nur nrosi
ich dagegen protestieren, dasz Hagen aus der übrigens allerdings nirgeod
christliche reminiscenzen zeigenden darstellung auf einen heidnisch«!
Verfasser schlieszt. mit demselben rechte könnte man des Vitalis Bleses-
sis Amphitruo (bekanntlich keine paraphrase, sondern eine darcba«
freie bearbeitung der in dem Plautinischen stück wie so oft anderwöt
erzählten fabel), die comoedia Babionis , der gar kein antikes vorbild vor-
lag (bei Wright early mysteries usw., London 1844, s. 65 ff.), ander«
ebenfalls in distichen verfaszte lustpiele und eine menge sonstiger ^^
dichte des mittelalters für heidnisch ausgeben, da sie von christlicbefl
anschauungen keine spur, wol aber eine menge anrufungen dergöüer
und beziehungen auf heidnische mythologie und historie enthalten. ^
mittelalter war zwar streng rechtgläubig, aber es verstand eben leb^
und leben lassen, bei werken, die ihrer ganzen art nach die nachahmung
antiker muster bezeugten, die femer von gelehrten für gelehrte geschrie-
ben waren und in den umbraculis der schule blieben , hätte selbst der
strengste Inquisitor nichts ketzerisches in solchen harmlosen beschwö-
rungen der längst verschollenen, wie man damals meinte in der hötk
bratenden götter- und heidenweit des heidentums gefunden.
In bezug auf das sprachliche und prosodische hat das meiste schoo
Hagen vorweg genommen, ich erwähne hier in der eile nur noch den
gallicismus evigilare = eveitter in v. 45 und die Verkürzung der dritten
in serve nifquam v. 252. übrigens schlieszt auch in der comoedia Ba-
bionis ein pentameter (160) mit serve neguam,*) sonst verweile ich bö
dem sprachlichen und prosodischen nicht weiter, weil ich gern zugebe
*) ich benutze diese gelegenheit, um den omgekehrien prosodischeo
fehler in der vnlgata des Livias Andronicus zu rügen, dort wird nco*
lieh (bei Ribbeclc trag. lat. s. 4 v. 87, bei Mommsen röm. gesoh. I* 8. 89'
folgendermaszen scandiert: quem ego nifrendem abä läciemn iam»¥^
opem, ich sehe nicht wie nefrendU die erste lang haben könnte statt
' -% wie nefasy nefanduSj nequeo u. a. m.; man musz scandieren: f"^
Hfrendem abä Idcteam imnuägeru opem.
Lucjan Müller: zusatz. 731
dasz in dieser hinsieht ein zwingender grund die entstehung des gedieh-
tes über das fünfte oder sechste jh. herabzudrücken kaum vorliegen dürf-
te, so sehr auch übrigens die diction und die ganze baltung des Stückes
an den Amphitruo und die Aulularia des Vilalis Blesensis und ahnliche pro-
ducte seiner zeit erinnern, alle diese, wie unzählige andere dichtungen
des elften und zwölften jh. sind , um dies noch beizufügen , getränkt mit
Virgilischen und besonders Ovidischen reminiscenzen, wie denn die fabel-
hafte Verehrung, die Virgil und kaum in minderem grade Ovid, beide halb
zu mythen geworden, in jener zeit*des mittelalters genossen, eine merk-
würdige, für die culturgeschichte bedeutungsvolle, teilweise noch uner-
forschte erscbeinung bietet.
Die gründe aber, weshalb nach meiner ansieht die komödie nicht,
wie die tragödie von Orestes, aus dem altertum sein kann, sind metri-
scher art. es findet sich in dem ganzen gedichte von 324 versen nicht
eine einzige elision. nun ist es freilich bereits eine eigenheit der alt-
römischen poesie, dasz sie je länger je mehr, obwol modificiert je nacli-
dem Ovid oder Virgil mehr zum muster diente, sich der elisionen ent-
wöhnt hat, worüber man de re metr. s. 281 — 283 nachsehe, am meisten
ist dieselbe jedoch immer in heiametern und distichen geblieben, dasz
nun ein altrömisches gedieht in diesen metren (ich rede hier natürlich
nur von quantitierenden) im umfange von mehr als 300 versen ohne jede
spur einer elision existieren sollte , ist völlig ohne beispiel in der un-
zweifelhaft echten litteratur. denn wenn prof. Haupt de carminibus
bucolicis Galpurnii et Nemesiani (Berlin 1854) s. 3 behauptet, dasz Cal-
pumius in der vierten , sechsten und siebenten ecloge , in 345 versen,
nicht elidiere, so beweist dies zwar nichts für unsern fall, ist aber auch
nicht ganz richtig: Haupt hat im vierten gedieht (von 169 versen) zwei
elisionen die ganz sicher sind übersehen, z. 40 und 134:
ultima tnsuH irucihusque ohnoxia Mauris.
securus recübat placidoque in fönte lavatur,
hiernach musz man zugleich die behauptung desselben gelehrten, dasz
Galpurnius nie auszerhalb der ersten thesis , resp. der zweiten arsis eli-
diere , modificieren , worauf schon de re metr. s. 297 hiogewiesen wor-
den ist.
Dagegen gab es vom jähre 1000 bis 1300 dutzende, ja hunderte von
lateinischen gediehten, die mit bewahrung der quantitäten, abgesehen
von bestimmten freiheiten des mittelalters, jede elision vermieden, ohne
ülirigens deshalb als ersatz dieser beschränkung den hiatus zuzulassen,
leider sind meine collectaneen für diese zeit nicht so genau wie für die
in dem werk über die dichter des alten Rom behandelten autoren , und
ich habe im augenblick nicht musze genug für das sehr tädiose geschäfl
eine anzahl mittelalterlicher seribenten auf die elisionen bin durchzu-
lesen, deshalb begnüge ich mich mit zwei beispieien , da man übrigens
wol meiner Versicherung auch ohne beweis glauben wird, in dem neuen
Avianus von Alexander Neckam (gest. 1227) findet sich innerhalb seiner
134 verse, abgesehen von einer verunglückten conjeetur hm. Pröhners,
keine elision, ebenso wenig in dem von Kritz 1850 herausgegebenen poe-
732 Lucian Müller: zusatz*
nitentiarius derselben zeit, bestehend aus mehr denn vierhimderi versea
(das letzte distichon beiläufig gesagt ist unecht), das hciszt wenn man den
kritischen apparat der besagten ausgäbe gehörig zu hfilfe nimt. auch, uid
dies als coroUarium beizufügen , die comoedia ßabionis (in der beillufig
gesagt ebenso 256. 274 mit Babio — bovinus — bovis gespielt wird w
in unserer komödie mit Birria — vir derisor) dürfte der elisioneo eol-
hehren, v. 266 ist auch aus andern gründen zu schreiben igne voh td
aqua für aui aqua^ und ebenso werden 189 ludumque ibiy 22b law
ardua\ 370 vincere et zu emendieren sein wie unzahliges andere ifi
diesem gedichte, vielleicht aus den handschriften , über die bei den ärm-
lichen roitteilungen Wrights jetzt zu urteilen selten möglich ist. dagegeo
scheint der Amphitruo wirklich einige elisionen zu haben, jedenfalls aber
viel weniger als die ausgaben bieten.
Ehe wir den grund der eben besprochenen aufllilligen erscheinaog
betrachten , ist es nötig für die hexametrischen , bezüglich disticbiscbeo
gedichte des mittelalters eine Scheidung vorzunehmen und zwar in folgeo-
der weise.
Es gibt drei verschiedene arten, die erste hält sich streng an die
antiken Vorbilder , also ohne reim mit bestimmten , nach der gelehrsan-
keit der einzelnen dichter stark variierenden concessionen in der prosodit
meist im geiste der christlichen dichter Roms, über die ich gehörig»
ortes satis superque gehandelt habe, diese concessionen finden sich aud
bei nr. 2 und 3. bei dieser ersten classe kommt die elision unbedenklki
sogar bei einzelnen more Vergilii et Statu häufig vor. Verlängerung durdi
die cäsur sehr mäszig.
Seit dem zehnten jh. kommen die leoninischeu hexameter immer mehr
in Schwung mit allen arten und abarten des reimes. diese kennen «üe
elision nicht, und haben in der regel, schon bedingt durch den reim, die
penthemimeres , deren letzte silbe nach belieben , sie mag auf einen vocal
oder consonanten ausgehen, lang gebraucht wird.
Zugleich bildete sich seit dem zehnten jh. eine dritte sorte von bexa-
metern und pentametern, zu der unsere komödie gehört, diese liszt den
reim fallen , hat aber meist die schon im späten altertum weitaus ükf'
wiegende caesura semiquinaria und behandelt diese ganz wie nr. 2 mit
der freiheit des versendes, also dasz in der dritten arsis des hexameten
wie des pentameters auch bei einsilbigen werten (v. 180] beliebig die kürt«
stehen kann, dies ist in unserm gedichte viel häufiger der fall als Hag^D
oben s. 729 verzeichnet, in den ersten 114 versen ueunzehnmal. ^
nr. 2 und 3 dürfte sich auch kaum je ein sicheres beispiel der Verhärtung
von t und u zu consonanten finden, wie in parietibus^ genua u. a., ebenso
wenig synizesen wie in aiireo , ferreis u. ä. wo doch scheinbar i und «
consonantisch werden, musz man vielmehr eine Verkürzung der vorher-
gehenden, bezüglich folgenden silbe annehmen, wie bei christlichen dich-
tem Vespäsianus^ Maiorianus^ Adrianus, Claudiänus sich findet, schon
aus diesem gründe , um es beiläufig zu sagen , kann nr. 209 der lateini-
schen anthologie nicht vom kaiser Hadriauus sein. Hadrianus wird doch
seinen eignen namen zu messen gewust haben, zumal da er ihn so ieiclii
Lucian Malier: zusatz. 733
als dritten p9on in den vers bringen konnte. Ädriänus ist erst in viel
spätem Zeiten möglich.
Fragt man nach dem gründe jener abneigung gegen elisionen, so
ist es eben der dasz schon die spHtem römischen grammatiker und nach
ihnen die aus ihren handbflchern schöpfenden coUegen des mittelallers
mit der elision nichts anzufangen wüsten, teilweise gab nun die difTe-
renz zwischen theorie und präzis seltsame widerspräche und inconse-
quenzen^ anderseits kann es niemand befremden, dasz die dichter des
mittelalters, die groszenteils zugleich grammatiker waren , grammatiker
sein musten , sich einer ihnen unbegreiflichen und wenig sympathischen
erscheinung gern entledigten.
Nach den oben gegebenen ezpositionen wird man, wie mir scheint,
das gedieht am besten zwischen 1000 und 1200 ansetzen ; ich möchte
ins zwölfte jh., dem angeblich auch der codex angehört, weil alle Qbrigen
in distichischen maszen abgefaszten komödien des Vitalis und Guileimus
Blesensis, des Matthaeus Vindociuensis u. a. m. dieser oder der nSchst*
folgenden epoche anzuweisen sein dürften.*)
Hiemach meine ich auch dasz die ansieht Hagens, es habe dem autor
ein antikes original vorgeschwebt, nicht statthaft scheine, dasz vielmehr
eine eigene erflnduug unseres versificators vorliege, gehört derselbe der
von mir bezeichneten epoche an , so wird schon an sich die niögliehkeit,
dasz diesem ein antikes drama, das uns unbekannt wäre, vorgelegen hätte,
auf ein minimum herabgedräckt denn die erzählung des Guileimus Ble-
sensis, dasz ihm zu seiner Alda die Übersetzung eines Menandrischen
Stückes vorgelegen habe, wahrend Alda keine spur vom geiste Menanders
hat, beruht auf einer argen begrifisverwirrung. die richtige deulung
dieser angäbe hat, wie mir scheint, unzweifelhaft der französische ge-
lehrte gegeben, der in der histoire llttöraire de la France bd. XXII s. 52 f.
die Sache bespricht: ^il est plutöt k croire . . . que TEunnque de T^rence,
qui est celui de Menandre, n'^tait connu de Guillaume que par quelque
imitation en prose latine, comme celles qui avaient remplacö, dans le
cours des siöcles, m^me en changeant le titre, plusieurs comedies de
Tancicn th^Atre.' dasz damals ein uns unbekanntes lateinisches oder gar
griechisches lustspiel im occident hätte benutzt werden können , ist mir
um so weniger glaublich, als die vorhandenen nachbildungen übrigens
nicht einmal eine kenntnis der ersten acht, dem miltelalter doch sonst
nicht ganz unbekannten stücke des Plautus zeigen, denn die Aulularia
des Vitalis Blesensis ist nicht aus dem gleichnamigen drama jenes dich-
ters sondern aus dem Querulus gezogen; ebenso ist der Amphitruo so
ganz verändert, bezüglich modernisiert, dasz ich an eine benutzung des
Piaulinischen Originals für diese unzählige mal von antiken , miltelalter-
iichen und modernen scribenten behandelte erzählung nicht glauben kann,
dagegen spricht auch der umstand, dasz die sklavennamen Geta und Birria
dem Terenz entlehnt sind, endlich der mües gloriosus des Matthaeus
Vindociuensis hat mit dem Plautus nichts zu schaffen auszer dem titel,
*} dem autor des Babio war der Amphltmo ersichtlich bekannt.
734 Lucian MüHer: zusatz.
und selbst dieser kann sehr wol aus des Terenz prolog zum Eunuchos
V. 31 genoDunen sein, der von Joseph Klein herausgegebene eicerptor
des codex Cnsanus kennt von Plautus nur was Priscian cttiert; iobuaes
Saresberiensis blosz den ^Queroius*: vgl. Schaarsclunidls ich. Saresk.
s. 101. seine erwähnung der müües glorioti (pdicr. VI c. 3) Terdaokt
auch er dem Terenz.
Was unser drama angeht, so wird man bei betraditung Sholicfaer
stücke des zwölften und dreizehnten jh. sich aber die (wie mir scbeiot
nicht besonders ingeniöse , vielmehr der dramatischen intrigue entbehreo-
de) erfindung des dichters nicht weiter wundem können, dieffleinunf
Hagens, dasz sich die benutzung einer unmittelbar vorliegenden komodie,
wol des Plautus, daraus folgern lasse, weil am rande der Bemer ks. suu
die namen der handelnden notiert sind, entbehrt der begröndung. ib>-
liche notizen pQegen oft in mittelalterlichen handschriflen von dnmiti-
sehen bearbeitungen vorzukommen , solche scheinen sich auch, nach iniÜ*
den der ausgaben zu schlieszen, in den hss. anderer komödien des zwölfia
und dreizehnten jh. zu finden.
Auf den mangel eines antiken Originals weist auch der umstand dasi
die namen der personen sämtlich dem Terenz entlehnt sind (denn Philo*
mena hat nichts mit des Plautus Philocomasium zu schaffen, soDderoist
die Philumena der Hecyra) auszer der kupplerin Baucis, deren nameioit
dem der bekanntesten dame eines im mittelalter gleichfalls zerleseos
Schulbuches, der Ovidischen metamorphosen, identificiert isL
Die heimat des anonymus scheint dieselbe zu sein wie die der übri-
gen komödiendichter des mittelalters im elegischen versmasz, Frankreicii
woher auch der codex stammt.
Schlieszlich sei es gestattet an dieser stelle die oft ausgesproclieii|!
klage zu wiederholen , dasz uns noch immer eine nach kritischen prioo*
pien abgefaszte anthologle der lateinischen poesie des mittelalters, Bodi
weit mehr aber eine darstellung seiner metrik fehlL diese letztere wire
um so wichtiger, als ohne sie die erkenn inis der romanischen uodgff*
manischen versmasze des mittelalters stets lückenhaft bleiben musz.
Es fällt schwer von einem classischen phüologen diese arbeil zu b^
anspruchen — so lange wenigstens noch in den altrömischen dichtem
etwas zu thun ist; und in diesen ist noch so viel zu thun, laborifo^
ut desit^ non fabro labor, vor Vollendung des corpus poetarum Laüoo-
rum wenigstens werde ich meinerseits an eine bebandlung des in rede
stehenden themas nicht denken, werde mich aber stets freuen, wenn eio
tüchtiger gelehrter sich demselben widmen will , und in diesem fall gerfl
meine geringen erfahningen und coUectaneen zur disposition stellen, icb
sage, ein tüchtiger gelehrter: denn es ist ein arger, auch in der classi-
schen Philologie oft verhängnisvoll wirkender irturo, dasz man glaubt»'
bei dichtem deren metrik und prosodie manches zu wünschen übrig 1^^^
sei ein mit mangelhaften kenntnissen dieser disciplinen ausgestatielfif
editor besonders , wo nicht wünscbenswerth , doch möglich, gerade das
umgekehrte ist der fall, solche Ignoranten werden verbal tnlsmäszl^ ^
>8len schaden bei den gefeiltesten dichtem, weil bei einem Om
Zu F. Rflckerts gedichteo. 735
oder Martialis selbst ein Midasohr kaum die richtigen cadenzen über-
hören kann, wo aber die regel durch zahlreiche ausnahmen getrObt
wird, wo die regel überhaupt erst zu finden ist, da bedarf es feinen
geschmackes, sicheren gefühls, reicher belesenheit, schlieszlich wieder-
hole ich, womit ich angefangen habe, dasz wir dr. Hagen für seine publi-
cation sehr verpflichtet sind.
Bonn. Luoian Müller.
96.
ZU FRIEDRICH RÜCKERTS GEDICHTEN.
Im leben Rflckerts von G. Beyer in Coburg (Frankfurt a. M. 1868)
heiszt es s. 28 folgendermaszen : *auf diese auserwählte von F. Rückerts
erster Jugendneigung bezieht sich auch das älteste denkmal von der band
des knaben, welches von prof. Heinrich Rfickert aufbewahrt ist und 1801
— 1802 geschrieben wurde, es lautet wörtlich:
esse deos credamne^ fidem quum laeserii illa?
quam longos habuit nondum periura capillos^
tarn longos postquam numina laesit habet.
später erzeugte seine jugendliche phantasie tiefempfundene lieder, die
das glück nicht eher schalTen konnte als bis es verloren war' usw. usw.
diese darstellung musz bei jedem die meinung erwecken , dasz Rückerts
Liograph jene verse ak product der Rückertschen muse betrachtet habe,
obschon sie sich von den spätem tiefempfundenen' liebesliedern durch
den mangel jeder gemütlichkeit, dieser echt germanischen, bekanntlich
nicht ins Latein zu übersetzenden eigenschaft unterscheiden, so spricht
denn auch *der sehr eingehende recensent der Coburger zeitung' von
unseren versen als dem ^ältesten denkmal von der band des vierzehn-
jährigen Rückert' im gegensatz zu dem Motzten gedieht im langen leben
Rückerts: versöhnerin, beschönerin' usw. usw., und die Augsburger all-
gemeine Zeitung schreibt es nach in der beilage zu nr. 225 sp. 3417. zu
verwundern wäre es freilich bei einem mit so viel formtalent begabten
Ingenium wie Rfickert, dasz er zwischen vers 1 und 2 sich den penta-
meter erspart haben sollte, doch wozu viel worte? ein groszer dichter
hat jene zeilen doch geschrieben, wenn auch nicht gerade Rückert. sie
stehen bei Ovid am. 111 3, 1. 3. 4 und lauten mit hinzufügung des von
Rfickert weggelassenen ersten pentameters also :
esse deos i crede! fidem iurata fefellit^
ei fades Uli quae fuii ante manet
quam longos habuit nondum periura capillos^
tarn longos^ postquam numina laesit, habet.
hier bieten die schlechteren ausgaben aus interpolierten hss. esse deos
credamne^ wogegen Rurman, Merkel und L. Müller nach dem Puteaneus
undHeinsius die richtige lesart aufgenommen haben; fidem quum laeserii
illa ist einfacher gedächtnisfehler für fidem iurata fefellii, wie schon
das gleich folgende laesü zeigt, freilich hat sich Rfickert, wie aus seiner
biographie s. 29 erhellt, als knabe auch selbst mit lateinischer versifica-
736 Philologische gdegeoheitssdhriftiea.
tion beschifÜgU dasz er es aher doch noch nicht rar Ovidischcn elegurz
gehradit hatte — was auch etwas Tid reriangt wäre — xeigt deslüd
die Paraphrase der Aesopischen fabd Ugnator ei Mercurius a. o.
T. z.
(31.)
PHILOLOGISCHE GELEGENHEIT88CHBIFTEN.
(fortsetznng Ton s. 656 f.)
Bern (kantonsschale) £. Pf ander: die tragik des Euripidea. I ab^r
Eor. Bakchen. U heft. drnck Ton A« Fischer. 1868. 41 a. gj. 4.
Bonn (rerein rheinlindischer aliertnms&ennde , znr hegronsnng dn
internationalen congresses fnr altertnmsknnde nnd geeehiehte 14—^1
sept. 1868) F. Ritter: Bonn in den ersten swei jal^nnderten seints
hestehens. 20 s. gr. 4.
Donaneschingen (gymn.) K. Kappes: snm denisch-lateinischrs
Wörterbuch. A. WillibaldBcbe hofbnchdmckerei. 1868. 29 s. gr. 8.
Jens (aniT., lectionskatalog w. 1868 -69)K.Nipperde7: spicilecc
alterins in Comelio Nepote pars H. Bransche bnchbandlnng. 16 s. gr. 4.
Königsberg (FriedricnscoUegiam) Novns Avianns. hemongegebea
Ton Emil Grosse. Schoitcsche hofbuchdmckerei. 1868. 26 s. gr. 4.
München (Wilhelms-gymn.) B. Arnold: die tragische bahne in
alten Athen mit specieller beracksichtignng der Sophoklelschen Anü-
gone. drnck Ton J. Ootteswinter n. Mössl. 1868. 16 s. gr. 4. mit zwti
Steindruck tafeln.
Nordhansen (gymn., Taledictionsschrift für director K. A. Schi^
lits und conrector A« B. Rothmaler zum 4 april 1868, u. a. mit folgen-
den philologischen auf Sätzen) R. Goldschmidt: disputatio Platooio
(s. 16—22); Ad. Rothmaler: Ovidins in trist. I 8, 21 emendatiir (s. »
—32); W. Teil: in Thucydidem et Lysiam (s. 33—35); Schneide-
wind: de Polybio Cleomenis existimatore (s. 48—53). druck too J.
Pampel. gr. 8.
Posen (Mariengymn.) R. Enger: adnotationes ad poetaram Grae-
corum fragmenta. Deckersche hofbuohdmckerei. 1868. 19 s. gr. 4.
Regensbnrg (lyceum, gymu. u. lat. schule) A. Miller: Strabos
quellen über Gallien und Britannien, druck von J. Mayr in Stadtamhof.
1868. 31 s. gr. 4.
Würzburg (uniT., doetordissertationen) Adam Enssner: speci*
men criticum ad scriptores quosdam Latinos pertinens. verlaic yon A.
Stnber. 1868. VI u. 42 s. gr. 8. [inhalt: s. 1 — 15: obsenrationes cri-
ticae in Q. Curtium Rufum. s. 26— 42 miscellanea critica.] — P.Kar-
ciss Liebert: de doctrina TacitL druck von F. E. Thein (verlag vod
A. Stnber). 1868. 123 s. gr. 8. — (zur begrUssung der 26n philologen-
versamlung, im namen der Studienanstalt) R. KlUber: über die ^elleii
des Diodor von Sicilien im neunten buch. 1868. 40 s. gr. 4. — Fest
grusz der philologischen gesellschaft zu Würzburg an die XXVI ver-
samlung deutscher philologen nnd Schulmänner. 1868. 195 s. gr. 8. [in-
halt: L. Urlichs: kritisches zu Taeitus s. 1 — 8; L. Grasberger: im
kritik der römischen archäologie des Dionysios von Halikamasa s. 9—
37; W. Studemund: zur kritik des Plautns s. 38—76; A. Flasch (is
München): lason bringt dem Aietes das goldene vliesz s. 77 — 85; M.
Schanz: commentationes Platonicae s. 86 — 118; N. We ekle in (in
München) : über symmetrische anordnung des dlalogs und die sttchomy-
thie bei Sophokles s. 119 — 141; B. Arnold (ebd.): platte mit scenischeo
Vorstellungen im collegio Romano s. 142 — 157 mit einer steindrucktafel ;
Eussner: exercitationes Sallustianae s. 158 — 194.]
BESTE ABTEILIMa
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HEBAUSGEQEBEN VON ALFBED FlECKEISEK.
97.
ZUM VERSTÄNDNIS DES HOMERIDENHYMNOS AUF
HERMES.
I
Ueber das Zeitalter des Homerischen hymoos auf Hermes sind wir
jetzt, soweit die frage beantwortet werden kann, ziemlich im klaren.
G. Hermann hat das gedieht aus metrischen gründen unter die jüngsten
producte der epischen poesie gezählt Orph. s. 689'); Voss myth. briefe
XVII und XVIII hat sichere merkmale einer vorgerflcktien zeit entdeckt;
die neuesten Untersuchungen haben ergeben , dasz der Sprachschatz den
hymnos dem Zeitalter der dramatiker nahe rückt.') die kritik aber hat
noch vieles übrig gelassen, was noch zu heilen wSre oder auch nicht
geheilt werden kann, es sei mir jedoch hier erlaubt auch diese bei seite
zu lassen und mich mit dem eigentümlichen kunstcharakter des oft
gelobten, oft getadelten und doch nicht immer verstandenen epos zu be-
schäftigen, ich setze dabei mit Schneidewin im philol. III s. 692 ff. vor-
aus, dasz die verse von 507 bis zum schlusz nicht zum ursprünglichen
gedieht geboren.
Den grundgedanken hat Ilgen wol richtiger als Baumeister so an-
gegeben: ^dolus Mercurii in acquirendis honoribus' und s. 352 — 355
seiner ausgäbe besprochen, aber hauptsache ist uns, mit was für moti-
ven der epiker seine personen handeln Idszt, und wie er so den mythos
mit prodnctiver Selbständigkeit als dichter behandelt, auf ein solches
moment hat zuerst Welcker gr. gdtterlehre II s. 462 ff. aufmerksam ge-
macht, indem er behauptet, eine Ironie durchziehe das ganze gedieht,
so dasz Hermes unter dem schein und vorgeben ein beschützer der herden
1) hierza noch einiges in A. KoebnB quaestiones metricae et gram-
maticae de hymnis Homericia (Halle 1865). 2) Gerb. Greve de hjmno
in Mercuriam Homerico (Münster 1867) weist ausser vielen abweichnn-
gen vom Homerischen Sprachgebrauch über zwanzig Wörter nach, die
erst bei den dramatikern sich finden (§ 6 nnd 14), z&hlt gegen dreiszig
diraH €lpr)^^va aaf (§ 15) und etwa ein halbes dntzend ganz späte wt)rter,
auch einige nur bei prosaikern übliche.
Jahrbücher f&r class. philoI. 186S hfl. 11. 48
738 TIl Barckbardi: zum YerstiDduis des Homeridothymiios auf Bennes.
tu sein ab das gegenleü, als belrfiger und schldiger der menscbcB dar-
gestellt werde. *iii dem Homerischen hymnos , derdorchaasia iro-
nischem oder komischem (wenig Yerstandenem} ton gehalteo
ist, besteht der kern darin dasi die mehnmg der herde die haoptke
Stimmung und das listige stehlen die gr5ste kmut des Hermes sei.'
dies lasse sich besonders am scbhiss erkennen (denn Welcker beCracblet
T. 574 — 580 als zum gedieht gehörig, nach 506 ansul6gen): 'jener aber
geht mit allen sterblichen und unsterblichen , hilft zwar wenig (iroOpa
liiv oSv övtvfici, statt ein wahrer ^piouviOC, rielhelfer, zu sein, wi«
er y. 3. 28. 145 heiszt), betrügt aber ohne unterschied durch die dankk
nacht hin der sterblichen menschen geschlechler. in diesem unvergleidh
liehen schlusz wirft der hnmor die maske ab, der herdenmehrer wini
zuletzt nicht mehr begrfiszt , sondern der üblichen schlnszformel Koi cu
}Ay oÖTtt) X<x^P€ 9 ^(^ Kod Moadöoc \Ai geht allein das irOgcriscbe
voraus, hatte ja doch Hermes seiner mutter, die üi>er seinen erst»
diebstahl sehr erschrocken und redlich um ihn besorgt war und ibs
schalt, geantwortet, er wolle reich werden, er vermöge der hanplmann
der diebe zu sein, er wolle es noch ganz anders treiben und alle scbSlze
des pytbisclien tempels stehlen (175), und bei seines vaters haopldeiD
ApoÜon (275) und dem Zeus seihst falsch geschworen (384), und Apollos
ihm gesagt , das werde sein amt von Zeus sein, herscber der nichtlicbn
diebe zu heiszen (291).' zweideutige epilheta, als TroXurpoiroc, ol^
Xo^rJTTic u. a. seien darum in diesem tadelnden sinne zu verstehen.
An dieser kritik fftllt erstens auf, dasz Welcker bald von ironie,
bald von humor, bald allgemein von komik spricht. Ironie bat mei-
stens einen ernsthaften hintergrund, schlieszt einen tadel in sich, wihrod
das leichte spiel des humors sich ganz wol mit dem griechischen göUtf^
glauben vertrüge. Welcker scheint aber diesen ernst des tadeis in des
gedieht zu finden, wenn er s. 464 vom schlusz (507 — 573) sagt, das
er *in geist und ton mit dem dem Hermes nicht günstigen hym-
nos übereinstiumie', und I s. 334 anm. 3 nennt er den hymnos einen
'satyrlscben'. dann ist aber wieder (s. 466) von der 'scherzhaften dar-
Stellung' die rede *die bis auf die stelle wo das kind sich aus dem am
des Apollon los macht und den schlusz sehr gehalten' sei. es venith
dies, wie mir scheint, em schwanken der beurteilung, worüber man
sollte ins klare zu kommen suchen.*)
Setzen wir den fall, es solle wirklich der mythos vom rinderraub
und der Volksglaube in bezug auf Hermes ironisch dargestellt werdea,
so müste sich wenigstens in den hauptmomenten diese ironie deallici)
zeigen, wenn vielleicht auch, wie Welcker annimt, In nebensachen hio
8) natürlich denkt Welcker hier nicht an jene höhere ironie oder
dea weltveraehtenden humor^ dieses geflihl unterscheidet er dent]i<^
von dem hier gemeinten a. o. n s. 72 f. dort , wo er von dem nnter-
schied der götter im enltns nnd bei Homer handelt, charakterisiert er
^•in das scherzhafte in der dichterischen darstelhing der gStter nod
"^et darauf das wort ironie an. in diesem nneigeatlicheB sione
e ich es mir anch hier gefallen lassen.
Th. Burckhardt: zum versllndnis des HomerideDhymnos auf Hermes. 739
und wieder ein epilheloo übungsgemäsz ohne ironischen sinn geslaltet
wftre. nun sind aber die hauptmomenle nach Welcker selbst das mehren
der herde und die diebskunst, diese mfisten so in gegensatz trelen , dasz
das erslere das ausgesprochene, das letztere das gedachte wSre, jenes
schlieszlicb als schein, dieses als die wahre Wirklichkeit sich erwiese.
Ironie wäre es also, wenn durcli die ganze erzShlung Hermes als mebrer
des herdenreichtums geschildert und gepriesen würde, während er durch
seine listen denselben schädigte, der schlusz mflste dann etwa lauten:
*viel nfltzt er also, denn er hütet die herde und läszt riuder und schafe
umkommen, er ersinnt listen und bringt dadurch alles in schaden.' in-
dessen, wiU der dichter die ironie nicht bis zu ende festhalten, sondern
hier seine wahre roeinung aufdecken ^ so kann er auch mit Welcker
schlieszen: iraOpa ^^v otJV öviviici usw., obgleich das kein sonder-
liches zeichen davon Ist ^der dichter sei au gewis, dasz seine scherzhafte
darstellung nur als solche könne verstanden werden.' es musz aber
jedenfalls die ganze erzählung von dem ironischen tone durchdrungen
sein , nicht erst der schlusz denselben vermuten lassen , da ohnedies die
Zusammengehörigkeit der achluszverse 574 — 580 mit dem echten hym-
nos mindestens unbewiesen und nach meiner ansieht unstatthaft ist.
In der erzählung des hymnos zeigt sich nun folgendes. Hermes
haupteigenschaft ist in der that die herdenmehrung : er ist begierig sich
herdenreichtum zu verschalTen, darum raubt e^ApoIlons rinder, er voll-
bringt alle geschäfte des hirten mit emsicht und behagen, nimt mit freu-
den die geisel aus den bänden ApoUons, wird kuhhirt und verheiszt der
herde seinen segen (v. 492— -495).
Aber dieser auffassung des gottes scheint gerade zu widersprechen,
wie ApoUon seinen kleinen feind prädiciert als dpxoc qpriXr]T^UJV, der
den besitzern einst in die häuser einbreclien und die hirten bestehlen
werde, v. 282 ff. f\ c€ fidX' otui | noXXdKic ävTiTopoCvta böjiouc
eu vaierdovrac | ^vvuxov oux ^va ^oOvov ^tt ' ojibe'i <pwTa KaOic-
cai usw. noXXouc b ' drpaOXouc dKaxt^ceic jitriXoßoTf^pac | oöpeoc
Iv ßnccric , öirörav Kpetüuv IpavlM^v \ dvi^c ßouKoXiotct xd eipo-
nÖKOiC otecctV. wie reimt sich dies mit der fürsorge für die rinder und
ihre hirten?
Welcker vereinigt beides so , dasz er annimt , jenes sei nicht ernst,
sondern ironisch gemeint, allein das wäre eine schlechte ironie, die so
undeutlich den gegensatz des gesagten und des gedachten hervorhebt,
denn wer ironisch tadeln will, der musz entweder das schlechte so loben,
dasz jedermann die Unwahrheit des lobes erkennt, oder er musz dorn
tadelnswerthen die guten eigenschaften unterlegen, die es nicht hat/)
es geschieht aber hier weder das eine noch das andere, soll in Apollons
oben angeführten Worten die wahre meinung des dichters enthalten sein,
so würde er durch diesen offen ausgesprochenen tadei die ironie auf-
4) vgl. Vischer ästhetik I s. 437 Mie ironie ist eine scheinbar
lobende, in Wahrheit tadelnde darstellung eines in hSszlichkeit ver-
strickten, verirrten subjectes* usw.
48*
740 Tti. Burckhardt : zum verslSiidois des Homeridenhymnos auf Hermes.
heben, aber gerade die arl wie Apollon den trotz des kleiaen fetndes
aufnimt, und an einem andern orte die anlwort des Hermes auf ähnhcbe
vorwürfe der mutler (162 — 182} beweisen dasz der dichter gar nicht die
ihm von Welcker untergelegte absieht des tadeis hat. Apollon iSchell ja^
da er Hermes den dpxöc (pT]XT]T^U)V nennt, und mit offenbarem behagen
wird die Zuversicht geschildert, womit der ungezogene junge erkUrt
diebshauplmaiin werden zu wollen, ebenso lacht Zeus nachher laut auf
V. 389 ibibv KttKOMfibea iraiba | eS Ka\ dmcraji^vtuc &pv6uji€vov
ö^cpi ßöecciv. der dichter, der wol gar nicht darüber nachgedacht hat,
dasz der rinderdieb und der herdenbeschQtzer Hermes als widersprach
könnten aufgefaszt werden, wflrde uns auf unsere frage antworten: ^ier
liebste besitz ist ihm die herde; wie er für sich die kühe stiehlt, so wird
er auch andern zu diesem besitz helfen, geschähe es selbst durch stehla;
so bleibt er in der that ipiouvioc.^ allerdings wird er dabei zum gott
des gewinnes durch listige dieberei. es wurd dies aber hier als etwas so
JialQrliches, lustiges betrachtet, dasz ein tadel dieser eigenschaft gar
nicht laut wird.
Wenn somit von Ironie keine rede sein kann, so darf dodi das
humoristische in der auffassung des mythos nicht geleugnet werden,
denn eine gottheit, die zugleich den sogen des herdenreichtums spendet
und doch die denselben gefährdenden diebe beschützt, kann im ernsten
sinne des wortes nicht zugleich gedacht werden, wenn auch Welckers
erinneruug a. o. II s. 461 ganz triftig ist: 'gegen fremde oder auszer
der genossensciiaft stehende, gegen die unterdrückende classe, gegen den
feind geübt, war das entwenden, vervorteilen , überlisten nichts böses.
den Griechen lag die Wahrheit an sich so wenig am herzen, dasz selbst
Orestes bei Sophokles sagt, keine rede wobei gewinn sei scheine Am
schlecht (El. 62). der trügliche und diebische Hermes ist etwas mehr ais
das bild einer in der gesellschaft unter andern auch nicht zu übersehen-
den erscheinung, aus welchem nachteilige folgerungen zu ziehen masz
und gesunder sinn das volk hinlänglich abgehallen hätte: aber er sagte
nur zu sehr dem geisle des gewandten, bewegÜchen, versclilagenen voIkes
zu.' im ernst genommen ist also auch dies keine gottheit (wenn ihr
schon die Samier als dem Hermes Charidotes ein fest feierten, wo zu
stehlen erlaubt war, vgl. Welcker a. o.), sondern eine poetische figur
des voiksgeistes. so auch im hymnos. wäre religiöser oder moralischer
ernst der standpunct des. dichters oder iesers, so müsten stellen wie
V. 294 CUV b' fipa q>paccd|üievoc (?) tötc bf| xparuc 'ApTei9ÖVTTic ,
oliüvöv npo^iiKCV, deipöjievoc jiexd x^pct, | TXrjjuiova TCtcrpöc fpiBovi
diTdcBaXov äTT€XiU)TT)v oder v. 130 wo Hermes nach dem opferfleisch
lüstern ist, oder 274 und 384, wo er einen meineid schwört, nicht
spaszhaft, sondern anstöszig sein, der humor liegt aber gerade in der
freien, puetfschen art den gott als menschliches wesen, als kecken dleb
zu behandeln, ohne dasz dabei der gedanke an die macht des wirklich
geglaubten gotles aufkommt; um so weniger da Hermes als unmündiges
kind dargestellt und diese Vorstellung consequent gewahrt ist. darin
' der hymnos dem auf Aphrodite (IV) am nächsten, wo auch die
Th. Burckhardi: zum verstHndnis des HomeridenhymDOS auf Hermes. 741
göttio einen ganz weltlichen, wenn auch nichl humoristischen Charakter
angenommen hat
Folgen wir Welcker, so mflssen wir ein unsicheres schwanken zwi-
schen ernst und komik, zwischen oiTenem tadel und versteckter Ironie
annehmen nel>en allen gleichgültigen epitheta , die mit unterlaufen, es
fehlt dann alle einheit der behandlung, und doch spricht der hymnos
gerade durch einen hesiimmten eindruck des spaszhaften uns an. wir
müssen eben die Ursache dieses eindracks da suchen wo sie wirklich ist:
im rein komischen, das von allem lob oder tadel der Wirklichkeit
frei ist, sich auf dem rein poetischen Schauplatz der lebendigen epischen
plastik bewegt.
Betrachten wir zuerst die handelnde hauptperson : den kleinen Her-
mes und seinen Charakter, er ist durchaus als kind dargestellt und dies
bild durch viel feine züge genrebaft ausgemalt, so v. 150—153, wo
der knabe flink in die windeln schlüpft, behaglich sicli einwickelt und
das neue eigentum, die schiidkrötenlder im versteck hält; so verkriecht
er sich v. 237 ff. tief in die windeln und stellt sich schlafend wie ein
kind ; ja vor Zeus rkhterstnhl steht er in das leintuch gehüllt da v. 388
vgl. 305 , er beruft sich gegen ApoUon auf seine kindheit v. 265 ff. und
ebenso vor Zeus 376 ff., und Apollon wundert sich über Hermes kunst
im spielen, da er doch so klein sei v. 456.
Diese kleine person nun aber handelt nicht nur gleich einer erwach-
senen verständig, erfindungsreich , sondern behauptet auch die ansprüche
eines vollkommenen gottes zu haben, behauptet ihr göttliches recht auch
im lügen und betrügen und will mit ihrem zugestandenen unrecht, der
dieberei, zu den ehren und der macht eines Olympiers gelangen.
Das erhabene also, das diesem kleinen gegenübersteht, ist das in
der göttergesellschaft geltende recht, die Wahrheit, der anstand. Hermes
leugnet dies alles, indem er es ohne gewissensbisse verletzt und dazu
doch ein golt und in seinem vollen rechte zu sein behauptet, wir legen
ihm aber unter, dasz er sich seiner Unverschämtheit wol bewust sei;
dennoch übt er immer von neuem seine unart aus. so haben wir den
ganzen process des komischen vor uns. es sei erlaubt dies an der band
des gedichtes noch im einzelnen nachzuweisen.
Gleich beim auffinden der Schildkröte macht sich der humor geltend,
das tbier wackelt zierlieh einher, dem Hermes entgegen, sofort entsteht
iu diesem der gedanke der nutzbarkeit desselben und das begehren des
besitzes. er redet sie an'), indem er witzig X^^^c in dem doppelten
sinne von ^Schildkröte' und *leier* nimt : X^^9^ i <PW^V ^pöccca , xopoi-
TU1T6, baiTÖc iraipr], I daraciii rrpoqpoveica usw. die anrede laszt
uns das thier als belebt erscheinen, und so entsteht in uns bei dem lob,
das ihr gespendet wird aus dem munde ihres mörders, das gefubl, es
5) ich atiinme hier dnrobans nicht mit Hermann praef. s. XLYII
und Greve, welche die 'simplicitas' vermissen und von dem humor gar
nichts verstanden haben , auf den zuerst Schneidewin im philol. III s. 663
aufmerksam machte.
742 Tb. Burckliardt: zum renUndnis des HomerideiihjaiQM aaf Bermct.
müsse dem guten thiere dasselbe sehr sauersOsx klingen, spasiliaft isl es
auch dasz er ihr das Sprichwort zuroft ▼. 36 oIkoi ßä^TCpov dvat
iirel ßXaßepdv t6 6upT}<piV, als ob das einfältige thier sich bltle ror-
sehen können.
V. 54 IT.: Hermes singt es ist ein hymnos aaf seine eitern und seil
geschlecfat. aber das lob wird zum spasz durch die nnverachtnrtbeit, we-
mit der kaum geborene junge die iiebschaCI seiner eignen eitern an be-
spötteln wagt, also wieder der Widerspruch des komischen, neodich dasz
der anstand von naiver keckheit ungestört misachlet wird.
Aehnlicfa dem obigen ist die opferscene v. 130 IT^ wo Heraes, naeb-
dem er das opfer gesetz- und ordnuugsgemisz vollzogen (v. 129), suu
aller andJichligen gedanken nur das gelösten nach dem veraeimai d^ flei-
sches verspört und so wieder das natürliche hedörfnis sein recht Yerlangt
gegen die heilige Satzung (freilich bleibt es bei dem gelösten: ▼. 1^
dXX' oöb' die ol dircMcTO Oi^c^^hr^V^tup, | icaC t€ jyuiX' Ifidpova
TTCpav i€pf)c Kord b€ipf)c, aber irre ich nicht, so streift hier der 8i^iöc
drfjvuip an die parodie).
Den rinderdiebstalil vollbringt er nun wieder mit aller raffiaerie der
list und der Verachtung des göttlichen reclits, und es durchllult hier
dieselbe ihre verschiedenen Stadien: erst verheimliebong durch die nage-
wandten kunstraillel, dann der mutter gegeniber offenes bekenntn» und
rechtfertigung des ranbrechtes, ApoUnn und Zeus gegenüber ablengnung^
die allen beweisen ins gesiebt schlflgt und bis zum meineid gehe — mit
allen lügen eines durchtriebenen diebes, so dasz Zeus selbst laat auiachL
seine unschuldbetheurangen, seine erheuchelte entrAstung aber das ihm
zugemutete verbrechen sind köstlich naiv, er ist kein elgentiichnr böse
wicht, weil er sich im gründe seiner schuld selitat wol bewnst and
sogar in angst ist, als Apollon ihn aus seinem bettlein aufhebt v. 291,
wobei ihm eine derbe, natürliche angstSusiemng entfShrt, die er va^
geblich durch niesen zu verdecken suchL^}
Es folgt die scene der auffindung der rlnder; Apollon bemerkt dasz
zwei an der zahl fehlen, entbrennt in zorn auf Hermes der sie gesddach-
tet hat, und will ihn binden, zwar ist hier eine iQcke und ein teitver-
derbnis, und der Zusammenhang Ist gestört doch scheint auch kier eta
mittel der diebskunst oder ein neckischer streich dem Hermes herausge*
helfen zu haben (v. 413 '€p)i^(U KXei|nq>povoc}: denn wir sehen dm
stolzen Apollon plötzlich und spielend von Hermes Jbesinftigt (w. 417).
ja zumi lachen gebracht (420), so dasz er nacMier ganz geschmeidig.
6) Preller griech. m^th. I a. 245 ^Hermes legt sich aufs lügen, AjpoUoa
will ihn zwingen, aber Hermes entschlüpft mm: ein Wettstreit kiiidi-
scher list und bukolischer unversch&mtheit mit Apollinischer grnTitSt,
den die poesie and die bildende konst mit besonders glücklichem
humor weiter ausgeführt hat. 7) es gUt somit von diesem rftaber
' *Mbe wma Visoher äethetik I a. 3M von Falatoff sagt: «es erklirt
tn erst TöUig, warum es im komischen keine eigentliche «chnld
wer zn einem straszenrnub die nöüge gefährltcfakeit eo wenig
t wie Falfltaff, von dessen schuld iKszt sich absehen.'
Tb. Burdihardt: zum Verständnis des Homeridenhymnos auf Hermes. 743
zärtlich bittend wird v. 437 ff. somit wärde nun eigentlich Apollon zum
gegenständ des lachens ; denn ihn bringt nun seinerseits zuerst der zorn,
dann die begierde nach dem besitz der kithar zu der Verleugnung seiner
hoheit, dasz er sich dem jungem bnider, dem oeugebortnen unterwirft
und dessen wurde anerlcennt (458 ff.)- ^^^r such das HermesknSbleia
bleibt die neckische figur, die es von anfang an gewesen, denn während
der knabe den ernsten hymnos 425 ff. auf alle götter und besonders die
Mnemosyne singt, steigt uns unwillkürlich der gedanke auf, dasz ihm
•diese heiligen götler im gegebenen augenblick gleichgültig sind: er will
damit nur die begierde Apollons geCugen nehmen und dadurch die rinder
gewinneii. so nimt er auch , der altkluge junge, v. 463 ff« eine wahrhaft
väterlich belehrende miene gegen den hochgestellten bruder an, da er
ihm die kunst des kitharspielens mitteilt: iO^Xui b^ TOt fjirioc etvai |
ßouX^ Kai ^u6ot€l usw., ebenfalls deshalb weil ihn die begierde nach
den rindern dazu treibt.
Der ausgang v. 496 ff. entspricht ganz dem komisehen Charakter
des kleinen epos: der streit, der so ernst zu werden drohte, ist zu beider-
seitiger befrtedigung beigelegt: Apollon hat die leier erhalten, Hermes
die gewünschten rinder; jeder hat etwas daran geben müssen und seinen
wnnsoli damit erreicht, alles löst sich In Zufriedenheit auf.
Denn mit v. 506 musz der hymnos schlieszen.^) sind die versöhnten
im 01y»p angekommen, so hat Hermes sein streben den Olympiern eben-
bürtig zu sein erreicht, es ist poetisch undenkbar, dasz nun eine neue
Störung eintreten sollte, besonders da letztere unpassend durch die furcht
Apollons motiviert wird, der kleine dieb möchte Ihm die Kida|>tc und
die Ka^iruXa TÖ&t stehlen, das gespräch, das diesen scMusz füllt, hat
kein deutliches locai wo es gesdiiehl. und — die hauptsache — von
der neckischen komik sehe Ich hier keine spur mehr: der Hermes, der
vorhin keck einen meineid that, soU jetzt seinem gegner eidlich verspre-
chen ihn in ruhe zu lassen, und dieser soll ihm gutmütig glauben? mir
scheint, dem dichter dieser partie sei es anstöszig gewesen, dasz Apollon
im hymnos eine so demütige rolle spielte : er erinnert jetzt daran , dasz
ApoHon eigentlich das höchste, das orakd besitze, Hermes blosz eine ge-
ringe Unterart davon, die er von Apollon geschenkt erhalten, und um
den hohem gott wieder in seine ehre einzusetzen , führt er das nun aus,
indem er eine parallele zwischen der weissagekunst Apollons und der des
Hermes zieht seine ansichten von den ApoUinischen orakeln bringt er
dabei an (549), vieileicht nicht einmal ironisch, wie Baumeister bemerkt,
aber wenn auch •* so ist es ein herber, bitterer sarcasmus, nicht jene
heitere komik des ersten dichters. sein endresultat ist hiernach dem Her-
mes ungünstig: ▼. 577 icaOpa \ib^ o8v övivria usw.
Ueberiilidten whr nocfamdi die eben analysierten voi^gänge des kurni-
schen in unserm hymnos, so Ist es flberall das sinnliche, natürliehe, nn-
bewuste, das sieh an die sieUe der idee des erhiibeiien setzt, die sonst
8) die gründe zur absondenmg dieses Schlusses haben Schneide win
I. und Doeh besser Welek^r götterlthre II s. #6S f. aasgeführt.
744 Th. Burckhardt: zum rersUndnis des Homeridenhymnos auf Hennes.
der goU und die göllergemeinsciutft des Olymps verlangt: die diebskoosl
und raoblust, die leichtferügkeit womit Hermes den anstand verleibt,
stiehlt und Ifigl, seine Iflsternbeit nadi fleisch, und dies ist es was dem
gedieht den reiz des naiven in so hohem grade verleiht.
n
Allein nicht alle partien des gedichts haben den komischen vortraf
des mylhos vom rinderraub: so besonders die stellen wo von der leier
und der musik die rede ist. es scheint nicht mit dem Charakter des buko-
lischen herdengottes zu stimmen, dasz er (wenn auch hier das humoristi-
sche nicht ganz fehlt) v. 478 ff. so kundig und weise wie ein fachgenosse
einem laien gegenüber von der kunst der kitharodik redet, auch von
Apollon als meister darin bewundert wird (436 ff.), während doch im
cultus Hermes kein musischer golt ist. ebenso scheint die hesclireibung
von erßndung des Instrumentes v. 39 — 51 ausführlicher als nötig, und
wo sich gelegenheit dazu findet, nach Verfertigung des Instrumentes und
zur besänfligung ApoUons fibt der kleine Hermes diese kunst. Bemhardy
griech. litt P s. 348 erklärt dies so : die hymnen 'feiern auch (neben dem
mythologisch*gelehrten interesse) die hohe Stellung der leier und des ge-
sanges, weil sie den Stoffen der theogonie und der priester-
Weisheit sich weihten (hy. Merc. 427 — 433. 478 — 512).' das
letztere mag nun woi im allgemeinen auf die hymnen und besonders etwa
auf unsere Apolliniscbeo passen , von denen der auf den pythischen golt
hie und da priestereinfiusz verralhen dQrfte. auch auf unser gedieht
scheint die bemerkung zu passen, well darin zweimal ein hymnos vorge-
tragen wird; die verse 427 — 433 geben sogar als Inhalt eine ganze
theogonie durchaus im Hesiodischen sinne an. aber dasz unser hymnos
dadurch den geistlichen gebrauch der kithar erheben wolle, ist nicht
wahrscheinlich, denn erstlich hat er vom geistlichen so wenig als kaum
ein anderer unter den erhaltenen , und zweitens wird der weltliche ge-
brauch der kithar überall ausdrücklich hervorgehoben und so als haopt-
Sache ausgemalt, dasz man denken könnte, der dichter kenne den im
cultus gar nicht. Apollon selbst , dessen cultus doch die kithar beson-
ders eigen ist, denkt nur an die Unterhaltung beim mahle und setzt sie
gerade den chören und tanzen der Musen zur flöte entgegen : v. 450 ff.
Kai f&p tfib Moucqctv "OXu^Tridbecciv 6m)böc, | tQci xopoi t€ ^^-
Xouci Kai dtXaöc u^voc äoi5f|c | xal ^oXirfi TcOaXuTa xal l/bicpöcic
ßpöjioc aöXüüv I dXX* ofiirtu ri ^oi ilibe jierä <pp€clv fiXXo ^eXn-
cev 9 l ola vduiv OoXiqc dvb^Sta fpta Tr^ovTai. so ist das erste lied
das Hermes vorträgt mit den spottliedem verglichen, welche die Jüng-
linge bei tische singen v, 54 ff. Ocöc b' \ynö KaXöv äetbev | iE aöro*
cx€biT]c ireipui^evoc , i^ure KoOpoi | f|ßiiTal BaXiija irapatßöXa Kcp-
TO^^ouav. endlich vergleicht Hermes in der anweisung, die er dem
Apollon zum kitharspiel gibt, das Instrument mit ebier dTOipn v. 478^
die wol zu unterhalten weisz beim feiten mahl , im xopöc ifiepöeic (also
wol der weltliche tanz, da es zwischen gaslmahl und komos steht) und
^)^oc. sein hauplzweck sei Vertreibung der sorgen des aUtagslebens.
Th. Burckhardt: zum versUndnis des Homeridenhymnos auf Hermes. 745
war denn nicht ApoUon gegenüber zunScbst an die chöre des cullus zu
denken, wo die kithar recht eigentlich zu hause war? warum wird dies
nicht erwähnt?') offenbar weil das gar nicht das gebiet unseres dichters
ist, der am liebsten im geselligen kreise, in traulicher gemfltlichkeit bei
tische sich es wol sein läszt und den Vortrag der tischgenossen anhört,
dahin passt auch sein eigener gesang, eben unser hymnos, weit besser
als vor prlestergesellschaften oder religiöse volksversamlungen , und es
gilt hier gewis in vollem masze, was Bernhardy a. o. II' 3 s. 186 von den
Homerischen bymnen sagt: *nur in profanen, hörlustigen, wir dürfen
auch hinzusetzen gutgelaunten versamlungeu war ihr platz.'
Die feier des gesanges erkläre Ich mir daher Heber aus dem standes-
gefühl des aöden, der, wie er überhaupt den mythos frei behandelt, jeden
anlasz benutzte den erfinder der leier von ihren Vorzügen reden zu lassen,
auch auf die gefahr hin dasz dies zu der mythologischen Vorstellung , die
mau von dem gölte hatte, weniger passe, so Weicker gölterlehre II
s. 466: Mer dichter stellt durch den streit beider götter uicht blosz
ihre eigenschaften und unähnlichkeilen ins licht, wozu streit und vertrag,
zumal wenn dem verstand und der laune die mythen unterzogen werden,
die beste form hergeben, sondern mit behagen als aöde den stand der
freien bildung mit dem des erwerbs durch Viehzucht und handel, die
kitharls mit dem gemeinen leben in gegensatz/ nur dagegen möchte ich
mich hierbei verwahren , als ob der zweck des gedichtes sei *die eigen-
schaften und unähnlichkeiten beider götter ins licht zu setzen' und als
ob der ^sland des erwerbs durch Viehzucht und handeP geringschätzig
behandelt wäre, ersleres thut der dichter nur so viel als es gelegentlich
geschehen musz zur epischen Charakteristik: so in Hermes worten v. 468
—474, der dabei seinen gegner durch das lob sich geneigt machen will;
daher v. 463 jiOOoictv djueißCTO k € p b a X ^ o i c i v. nur der nachdichter
von v. 607 an verfolgt diesen zweck, letzteres aber, die geringschätzung
des hirlenstandes, finde ich gar nicht, vielmehr das gegenteil. die freude
an den Sitten des land- und weidelebens ist unverkennbar, so v. 103—
107 der feine zug , dasz der rindertreibende Hermes nach art der hirten
die thiere erst noch weiden läszt, ehe er sie in den stall treibt, und
diese noch behaglich kauend hinein gehen, und was soll die bereitung
des feuers v. 108 — 114 anders als eine scene des landlebens (s. Bau-
meister zu V. 108 und die von ihm angeführten stellen aus Seneca u. a.)
9) man könnte denken darum, weil unter K{6aptc eigentlich XOpa
(so steht T. 428^ Tcrbtanden sei, wie die ansleger annehmen; und dieses
instmment winl meist nur im priyatleben angewandt: vgl. Carl von Jan
de fidibns Graeconim (Berlin 1869) s. 22 ff. aber wie die werte, so wer-
den im hymnos offenbar auch die begriffe vermischt: denn der Vortrag
des liedes y. 427^433 veilan^t die xCOapic, nur auf diese passen die
andeutungen Ton der schwleiigkeit des Spiels; endlich soll ja der sinn
des tansches mitApolIon der sein, dasz letzterer daher das ihm eigen-
tümliche Instrument besitze; das ist atNr die kithar, nicht die leier.
will indessen jemand darauf beharren, der dichter habe nur die leSer im
äuge, so spricht das nur um so mehr für den weltlichen oharakter
der hier gemeinten 'musik.
746 Tb. Burckbardt: sum versländnis des Homerideohyomos a«f Hermes.
schilderD, die, ohne bedeutung für Hermes, nur das idylUsdie bäd
ergäazl?
So haben wir also auch hier die Zumutung einer bestimmten teo-
denz, eines tadeis gegen einen stand, dem der herdengott Hermes ja selbst
vorsteht, abzuweisen und dem hymnos die hohe, rein poetische stinunung
zu wahren, die ihn so lebendig und frisch macht, wie auf ^iser seite die
laune, die komik gilt, so auf der andern das idyllische, dem es auch
gemäsz ist dasz ein bild oft sorgfältiger ausgemalt wird als 4er fort-
schrill der erzählung verlangt, dahin rechnen wir jene gante aoeee auf
der weide mit dem anzünden des feuers und der oprersubereiiimg. be*
sonders lieblich wird das heimliche wesen der nymphengroUe und ihrer
Umgebung gezeichnet v. 828—251 vgl. 60 und 61^^}; so in wenigea
Zügen das heimliche, von niemand gesehene nftefalliche treibea des Ba-
rnes 142 fS, und gleich darauf 150—153 das knäblein in der wiege, wie
€s, die kithar unter dem arm, die finger mit den windeln spielen läszL
Wie nun diese verliebe für das ausmalen des kleinen zum gemOllicb
ansprechenden bilde zusammenhange mit dem oben besprochenen komi-
scheu Charakter des epos, ist leicht zu begreifen, da auch durch das ko-
mische eben das kleine, unbedeutende in sein recht eingesetzt wird gegen
ein erluibenes (Vischer astlietSk I S 168 anm. 1), auch der komiker jenes
^urch Schilderung beleben musz. nur wird das eine mal mehr das gc-
mül, das andere mal der verstand heiter berührt.
Da es im altertum noch verschiedene poetische bearbeitungen des-
iselben mythos gab, so wäre es zur beurteilung unseres dichters lehmidi
zu wissen, inwiefern er sich an seine vorg&nger angeschlossen habe,
oder seine nachfolger an ihn. und insbesoodere für uasern zweck wire
dies ersprieszlich , da sich daraus ergeben müste, ob die komische be-
handlung unserm dichter allein eigentümlich ist, oder ob dieser aug aocb
durch andere dichtungen gieng, ja vielleicht gar in der sage des volkes
selbst lag. nun sind aber die vom hymnos abweichenden erzlMungen
uns erat aus späten schriflstellem bekannt, wie besonders die beidea
f^tittänger, Hesiodos in den groszen eOen und Alkäos in einem hymnos
<leu\egenstand darstellten, davon vermögen wir nur einzelne spuren und
auch diese vielfach nur durch combinallon zu ericennen. indessen einiges
kann mit Sicherheit nachgewiesen werden, und zwar nicht ohne resaltat
für unsere frage, bei der allein wir auch stehen bleiben.
Stellt man die verschiedenen berichte über den mythos vom rinder-
raub zusammen, so ergeben sich dreierlei Varianten:
1) die des Homerischen hymnos; ihr folgt genau Apollodor HI 10, 2.
und zwar indem er die forlsetzung nach v. 506 mitbenutzt; was er tedert^
hat er schwerlich aus einer zweiten quelle, sondern aus eigner erfindong.
10) auf diesen ^idyMiscben d. h. anmutig beschreibendea' an^ des
•ohtes hat schon W. Waokemagel ^die epische noesie' im schweia-
im für bist wiss. II s. 266 aufmerksam gemaditi
Th« Burckhardt: zum versländois des Romertdenhymnos auf Hermes. 747
2) die erzäblung des A]käos, welche nach Porphyrion Horatius be-
nOltte carm. I 10, und der wahrscheinlich auch der scholiasl zur Ufas
O 256 sowie Phllostratos I 26 folgen, dasz der rinderdiebslahl darin
vorliam, sagt Pausanias VII 20, 4. das stehlen des köchers ist diesen
drei bericbterslaltern gemeinsam und ist nach Porphyrion auf Alkäos
zurückzuführen, dürfen wir demnach die Philostratische erzählung im
wesentlichen von Alkäos herleiten, so geschah die gebttrt des Hermes
und der wortstreii mit ApoUon auf dem Olymp, welche Vermutung durch
Menandros n. dTKUifiiun^ IX 149 (Walz) unterstützt wird , vgl. Bergk zu
AlkSos fr. 6.
3) die fabel des Antoninus Liberalis 23. er gibt als seine gewährs-
männer an: Nikandros, Hesiodos in den groszen eüen, die melamorphosen
eines Didymarchos, des Antigonoa (wahrscheinlich Karystios, vgl. Koclis
ausgäbe praef. s. 27) und Apollonios von Rhodos, i&c q>T)ci ITäjLiqpiXoc
iv a' (wahrscheinlich dessen commentar zu Nikandros, vgl. Koch a. o.
«. 39). aus dem letzten wird Antonin die namen der autoren, aus Nikan*
dros, den er auch sonst öfter benützt, die erz&hlung selbst haben, sowie
der Übereinstimmeode Ovid met. II 680 — 707. abweichend von den bei-
den abigen Versionen ist hier die erzählung von Battos, die für diese
metamorphosenschreiber die spitze und das ende ist. aber in verschiede-
nen puncten gleteht diese Überlieferung der des Homerischen hymnos:
der weg den der rindertreibende Hermes maclit ist derselbe, aus Thessa-
lien durch Lokris, Bootien, Megaris, den Peloponnes, und er verbirgt die
herde ^v Ti|i npriuivi irapä tö Kopuqxkiov, de tö cnfiXaiov eiceXd-
cac ävTiKpuc IroXiac KalCiKcXtac* dies ist aber gerade die tropfsiein-
hdhle, der ort den auch der hymnos meint, wie K. 0. Müller nachge-
wiesen hat in Gerhards hyperbor.-rüm. Studien I s. 310 — 316 *die
Herraesgrotte bei Pylos'. von der leier und dem streit mit Apollon
erfahren wir hier nichts, weil der bericht mit der Verwandlung des
Battos in den stein abbricht, was nun hiervon dem Hesiodos zukomme,
ob nur der anfang von Apollons llebschaft mit Hymenäos, dem söhne des
Magnes in Thessalien (Clöttllng zu Hes. fr. 37), oder das ganze — das
müssen wir auf sich beruhen lassen.
Es iäszt sich darum nicht bestimmen, ob schon bei Hesiodos Hermes
mit kenisclier färbung dargesteik war. aber gewis war das bei Alkäos
der fall, hier handelte er als neugeborener knabe, wie wir aus Horaz
und Porpfayrion wissen, der zu carm. I10,9--12le, boves oHm nisi
reddidisiei per delum amotas^ puerum tnmaei voce dum ierret^ vi-
duus phmretra risit ApoUo bemerkt: fabuia haec autem ab Alcaeoficta.
wie man sich die seene des kdcberdiebstaMs se^at ztt denken habe, sehen
wir aus Philostralos I 26, der sie, wie oben bemerkt, wahrscheinlich aue
Alkäos hat: ApoHon, dem die riiider von dem neugeborenen knaben ge-
stohlen sind , kommt auf den Olymp zur Maia und verlangt die rinder die
Hermes in die 4rde veiiiorgen habe, während sie nun nidits davon zu
wissen beiiaiiptet, Apollon aber mit seinem som droht, ist der kleine
aus dem bettehen gestiegen , springt seinem feinde von hinten leicht auf
den rflekiSB und lüst thm lautlos das geschosz (t& TÖEa) von der scholter;
748 Tb. Borckhardt: zum Verständnis des Homeridenhymnos auf Hermes.
als es Apollon bemerkt, nacbdem es geschehen, bricbt er in lachen aas
und vergiszt seinen groll: &iax€i, heiszt es vom maier, TÖv 'AttöXXu»
Kttl TTOici xoiipovTa' jicfieTpiiTai bk 6 t^Xiuc, oloc iqpiZdvujv rqi
npociüYrtfi OujLLÖv dicviKibcnc f|bovfic. also durch seine keckbeit weisz
der lustige knabe den groll des feindes zu besänftigen, es ist offenbar
dieselbe scene die Horaz vor äugen bat; und damit stimmt auch das
scbolion zu II. 0 256 direiXoOvTOC bk toO *AiröXXujvoc £icX€i|i€v
aÖToG Kai Td im tu>v djfiuiv töEcu )i€ibidcac bk b 6edc ^buncev
auT(|i Tf|v fiavTiKf)V ^dßbov . . SXaße bk nap" auToO Ti\v Xupav.
vielleicht haben wir hierin den schlusz des Alkäischen gedichtes erhalten,
der dann so zu denken wäre, dasz der friede durch einen doppelten tauscü
hergestellt wird : um die kfihe behalten zu dürfen, mosz Hermes die leier
abtreten, und um wieder zu seinem bogen zu gelangen, gibt Apollon den
Stab, wie dem aber auch sein mag , jedenfalls hat Alkäos dem Hermes
den Charakter des neckischen und humoristischen gegeben. Porphyrion
und Philostratos sagen dies auch ansdrQcklich; jener zu v. 7 und 8 ioeaso
furto: bene iocoso^ non enim iüo quod ad avarUiae fraudem spee-
tat; und dieser: <paci t6v '€p^fiv . . dpav ToO kX^ittciv Kai elb^vcu
toCto oÖTi YTUJ ToOra ireviqi bpuiv ö Oedc, dXX* €Ö<ppocuvTi
bibotjc Kai Trai2Iu)V. folgen beide, wie zu vermuten, dem Alkios,
so stammt auch diese fibereinstimmende bemerkung beider von dem ein*
druck des Alkäischen gedichtes.
Es ist gezeigt worden dasz ein rein komischer, nicht satirischer ton
den Homerischen hymnos f&rbt, dasz derselbe auch dem Alkäischen hym-
nos nicht fremd war. dies ist um so begreiflicher, da Hermes überhaupt
als gott der listigen diebskunst und vermöge seiner derbsinnlichen natiir
auch in anderen mythen eine komische rolle spielt, so in einer erzähiung
bei dem scholiasten zur II. Q 24 nach Eratosthenes : er stiehlt seiner
mutter Maia und ihren Schwestern beim baden die kleider, T^XujTa bk
biä TOUTOu TTOi/jcac dYr^bu)K€v aOraic Tdc dcOffrac über die diebs-
kunst vgl. Welcker götterlehre II s. 460 ff. Preller gr. myth. I s. 256;
über seine sinnliche natur Welcker I s. 335. Preller 1 s. 249. aber den*
noch bleibt in einem hymnos , der nach analogie der übrigen dichlungen
dieser art die religiüse feier eines gottes zum gegenständ haben sollte,
eine solche humoristik auffallend, wir finden sie auch in keinem der
andern Homerischen bymnen , selbst nicht in dem weltlichen auf Aphro-
dite (IV); höchstens in dem auf Pan (XIX) kann man etwas der art er-
kennen, wenn v. 37 der neugeborene gott so misgestaltet ist, dasz die
eigne mutter vor dem scheusal zurückschreckt, die götter aber ihn freudig
begrfiszen (v. 46 Uli <pp^va iräciv iTeptpe). aber weit entfernt dasz
die ganze Charakterzeichnung von humor gewürzt wäre, wird sonst
vielmehr mit andacht das walten des natuiigottes gepriesen.
Jedenfalls verrälh also die komik des Hermeshymnos einen Verfasser
aus einer zeit die aus der gewöhnlichen form und aus dem .übuugsmtszi-
gen ton dieser dichtungsart herauszutreten wagte, wie früh aber dies
geschah, wird nicht bestimmbar sein : denn etwas anderes ist es für den
Her weltlichen lyrik AlkSos als für den ernsten hexameter. es
F. Schultz: Dachtrag zu den Aeschinesscbolien. 749
würde' dies nicht genügen den bymnos in den anfang der attischen
komödie zu ruclien , wenn nicht die zu anfang erwähnten sprachlichen
eigenheiten ihn nahe an das Zeitalter der dramatiker wiesen, denn schon
die in die Odyssee eingeschobene erzählung von Ares und Aphrodite
(0 266 — 367) ist eine art götterkomödie und schlfigl einen mindestens
ebenso freien ton an. und dasz dichterische laune seit den ältesten zeilen
den scherz in den ernst der gdttergeschicliten zu mischen pflegte, hat
Welcker a. o. 0 s. 72 bemerkt, es genügt mir, wenn icli dem leser Ober-
zeugend nachgewiesen habe, dasz der dichter des besprochenen hymnos
den schon von Alkäos verstandenen, vielleicht ursprünglich im volks-
niythos ausgesprochenen humor mit Homerischer lebendigkeit, in freiem
geist , aber auch mit feinem tact aufgefaszt und wiedergegeben hat.
Basel. Theophil Burckhabdt.
98.
NACHTRAG ZU DEN AESCHINE8SCH0LIEN.
Als mich in diesem sommer neigung und früher angeknüpfte persön-
liche beziehungen wiederum nach Italien führten , konnte ich in Venedig
angekommen nicht unterlassen einen blick in die Aeschineshandschriften
der Marcusbibliothek zu thun. da sowol diese als die hss. der Ambrosiana
schon von Immanuel Bekker benutzt und, wie ich annehmen zu dürfen
glaubte, erschöpfend verwerthel waren, so halle ich bei einem frühem
längern aufenthalt in Italien dieselben auszer acht gelassen, um so mehr
als die ungewissen politischen Verhältnisse unmittelbar nach der schlaclit
bei Solferino den besuch der uorditaliänischen bibliotheken nicht rathsam
erscheinen lieszen. von meinem jetzigen einblick in die hss. erwartete
ich nnn auch nicht eigentlich gewinn für den text; vielmehr hoffte ich
nur den endlichen abschlusz der von mir aus verscliiedenen hss. mühsam
zusammengelesenen , doch immer noch nicht ganz vollständigen scholien-
samiung (vgl. s. 251 anm. 1 meiner ausgäbe) zu finden, und in dieser
hoffnung wurde ich nicht betrogen, ein Verzeichnis der dortigen nicht
benutzten texthss. des Aeschines zu geben unterlasse ich als gewinnlos,
zumal die bibliotheksverwaltung mit Unterstützung der italiänischen regie-
rung einen handschrlftenkatalog zum druck vorbereitet, die griechischen
hss. hat bei diesem unternehmen hr. prof. Giovanni Veludo übernommen,
ein mann dem ich für seine freundhche bereitwilligkeit mir die schätze
der Marcusbibliothek zu öffhen groszen dank schulde, die Vervollständi-
gung meiner scholiensamlung fand ich in der bekannten hs. append. class. 8
cod. 4 (nr. 18 meiner ausgäbe), sign. e. diese pergamenths. hatte einst
dem cardinal Bessarion gehört und ist mit ziemlicher Sorgfalt selbst in
dem die scholien enthallenden teile geschrieben, dies ist von Wichtigkeit :
denn gerade die scholien sind in den meisten übrigen hss. mil unglaub-
licher liederlichkeit geschrieben, ich war deshalb in meiner ausgäbe viel-
fach auf Vermutungen angewiesen gewesen, besonders da wo ich nur
auf die eine hs., den Laurentianus , beschräulit war. so erfüllt denn der
750 F. SchulU: naclUrag zu den Aescbinesscholieo.
llarcianus manigfaclie zwecke, er ist sowol eine controle der ^eDauig-
keit meiner früheren abschrift als der ricbtigkeil meiner vermuümgei.
er fallt die lacken inmitten der samlung aus und bietet den nock nmer
vermiszten schlusz.
So biete ich denn diese letzten baostelne denen dar, die sich fär
die auffinduug jenes historisch und cfaronologiaeh nicht iininieressanien
scholiencorpus seiner zeit interessiert haben, sollten dieselben für sie
auch weiter kein Interesse als das der berichtigung und vervollstlndigung
des in seinen faauptleilen vorhandenen haben. natOrlich gebe ich nur die
den text wirklicli berichligenden Varianten.
Zu III 19 z. 1 ist für irpocvfivcKTai zu lesen irpoevcKT^ov. —
III 21 zu iKiTOtiyrov findet sieh folgendes scbolion: tK toG iraTpiiiou
oTkou elc äXXov oIkov ^etacTrivai' dKiro&iTOv bt oiovd derdv ^xe-
pou [olov ficOcTÖv dr^pou cod.]: vielleicht olov cIcGctov ^T^pou. —
III 23 , 3 ist für ^fteXXev bairavfiv jetzt zu lesen : fjieXXov bairovih
ef)vai. — III 24, 2 ist meine Vermutung bpaxM^v far öpo^ujv be-
stntigt. — III 41 zu TtTVOfi^vuiv . • TpaTtfAuiv dveirfipuTTOv] bid
KTipuKOJV dqp^VTCC • dßöa Tctp 6 irfipuE • 6 beiva töv beiva ^XcuO^-
puiC€V. — III 62 zu Iva de iirobox^v] z. 2 lies cuvriTopoiri für cur-
Xujpoiii. — III 81 zu uirfep toutujv —1 dvri toO (mkp buipo^oidac
ebd. zu bi€V€x6flvai z. 1 lies dipi^axiav für dqjuxtav. -- ill 85 za
Mvricäpxou z. 10 liest e statt AeäTrirou vielmehr Ciudinrou, was der
richtigen lesart CuiciT€VOUC (vgl. meine abhandlung in diesen jahrb. 1866
s. 314) nJiher kommt als die Varianten der übrigen hss. — III 108 zu
'AGiiv^ npovoiq^ z. 5 hat e hinter TTuOoi bk das dem sinn wesent-
lich aufl&elfende irpovolac« was nur in Yrpovaiac geändert zu werden
braucht, um in Verbindung mit meiner Vermutung [irpö TOÖ], die hier-
durch auch bestätigt wird , das scbolion vollständig zu restituieren. —
111 113 zu drelxicav fagt der Marcianus dvrl toO oiKicGnvai dtroificav
hinzu. — III 150 zu KXeoqpOjVTOC z. 7 hatte ich aus dem unverstand-
lichen dp/jvTi T^WTiGi^ceTai des Laur. gemacht: dprjvnc Tcwirrnc
Icrai. unsere hs. gibt das richüge: dprjvric |ivr)c8i^C€Tai. ferner liest
sie ebd. far t€|1€IV richtig äTiOT€|i€T. — III 159 zu tjirÖTpofJiOc z. 3
liest e statt eTac€V richtig focov. — 111 171 zu NÜM<poitov statt röiroc
Tf)c TTÖXeuK lies töttoc kqI ttöXic. — lU 176 zu jn^^vricOc] dvreuOcv
Xomdv o\ dTiiXoTOi. — III 184 zu alOuDva z. 2 statt rroXcfiov lies
BdvaTOV. ebd. zu Tf^v crodv Tf|V iroiKiXiiv z. 5 hatte ich far das uu-
verständliche dvaiaoc vermutet TTciadvaKtoc e gibt ditö TTetadva-
KTOC. — Hl 187 ergänzt e die lacke des Laur. am ende des scholions zu
Mr]Tp(|ii{j durch hinzufagung von 'AOnvaiu>v. -*-* lll 189 zu Tf|V dpe-
Tf|v z. 2 fägt e hinter d)C hinzu: Kai — zu 111 202 und 203 a. a. finden
sich folgende glossen: TrpocMx^^^c] ^KCTactc. dpenQ] ^^tpx&rrjfTV
ftiov] TÖV tbiunriicdv. — III 207 zu biareTMnxÖTa ttiv iroXtrciav
läszt e TÖV X^TOVTa (touc Xctom^vouc) aus, gibt ncpiccTiixäTac sutt
diravecTiiKÖTac und läszt dann wieder aus: X^t^i Tdp Taura — III 210
ergänzt e die lacke am ende des scbolion zu ö b' dfuiv oök dri^üUiTOc]
tAm «%vooaT#|v, tva ibc dKivbOvou övtoc xoratiiriqplajüVTOi. — III
P. Schultz: nachtrag zu den Aeschinesscholien. 751
218 bat e zu äXoZoveuÖMevoc] Trpocrroioü^evoc dXTi6t&c X^y^iv. —
ni 22S zu 'AvaEivou z. 3 fügt e airröv ein vor airtacdficvoc — 111
234 TTpotccOe] toOtö 4cn tA iropoKivbuvcOctv. cutuxoOmcv] toOto
TÖ KaOopOoCv. auszerdem ist das scholion von F zu ön bi — wo! auf
den ganzen gedanken zu beziehen und mit e zu lesen : xaOÖ bei. — III
235 zu nplv rdc aiTiac dKoOcai z. 2 hat e bid t( für das einfache ti.
— in 238 hatte ich die hlclie des Laur. ergänzt: npccßciav iT^|i\|;av-
T€C e gibt TTpecßcuöfievoi. — 111 241 zu KXeoTrdTpav z. 6 liest e:
cuvaxO€c6r]CÖM€VOV KXcoTrdrpa — III 243 hatte ich die iQclce des
Laur. ergänzt: bi^Kpivov ydp töv hf\]xoy o\ AaK€bat|bi^vioi. dafQr
gibt e: biiJPnvTai hl o\ AaKebaijLiövioi. — III 252 dx^vcTÖ Tic]
ÖlfbOOC TOTTOC bi dpXfl fltv dVT€E€TaCTlKdC AT]|L10C9^V0UC Kttl Tl-
vujv TTpö MtxpoO KpiOevTUiV dbc ^TKaTaXeXoiTrÖTUiv ^v xaipt!^ c^jll-
q)opäc T#|v TTÖXiv, IcpeSflc bfe TraprrmTiKdc (?), t{ ttoioövtcc ou
bdEouci Trapaßaivciv Tf|v koiWJv dp/jvriv. — tJTrepuipicT' Sv] ou
Tdp dv T^ irarptoi ol irfwbÖTai dGdTrrovTO dXX* dv t^ örrcpopiqt. —
III 253 dTtOTr^m|i6T€] dv-ri tou dirobiOTrojinTCicOc. — dn' dvojLid-
Tujv — 1 olov btd TÖ TTCpiTtO^vm teuTijj <piXdv6pu)Tra övö^axa
JnovoMoZovTa feirrdv iroXiTeuÖMCVOV (dTrovojLidZeiv aöröv iroXi-
T€U€cGai cod., vgl. das folgende) Kai dx toutou Xgcteiiovia- ibccl
?X€T€ (p6€ipovTa Td ffiir\ dir* dvöjLiaTi cpiXococpCac dTTOVOMdZovxa
laurdv <ptX6coq)ov Kai im toCto X^tu^v bia<p6€(povTa. fj outujc
d)C XijCTfjv Tdjv TrpoTfidTUJv Trapiövra bid ific Tifiwpiac nmjüpri-
carc. — ni 255 KpivcTc] |Lif| elx^ (ei i^ cod.) xal dKpdujc x^pt-
ZccOc, tSjcrrep iv biavop^ d£(av naa biaipouviai* dXXd fierd Kpi-
C6UJC Kai dHexdccuJC Trepirrfic xouc dECouc q)iXoTi|Li€ic0€. — III 256
dXaZovctav — ] ^vatoc töttoc dvaipeciv ^x^JV xtliv boKOuvxixiv €Ö
TTCTToXixcOcOai ArijLiocG^vci. — TTeiGuj] olov auxf|v xf|v Oeöv xf|v
TTciOdi, KCtOö X^T€i 6 AiiMocGdvTic ndvxac treiGccGai xotc aiixoO
XÖTOtC (soweit ist dies scholion auch in B, woraus zu entnehmen dasz
nicht alle schollen dieser samlung modernen Ursprungs sind), aöxöc
YoOv (?) dlcTTCp Treireic^dvoc dbc ITetGif) xic dcxi xai cuKoq)dvxT]C. —
III 258 dTri xu^ xf^c btKaiocuvr)C irpoirriXaKiciiiXi] übe oö biKaiujc 6
Aii|LiocGdvT|C ^cxecpavoOxo. xoOxo TTpocunroiroiiav 'A\|;ivtic i\ xä
ncpl qcrmdxujv KaXet* fi ydp i^Goiroiia de irpöcwirov iroirixdv (so
conjiciere ich statt des unverstandlichen irepi 6v) dvaqp^pexat. —
"ApGjiiov] Ibiwc oöxoc Kai Trpö&vov cTvai xdv ^'ApGfiiöv q)iiciv
Kcei dmbriiLificavxa dKßcßXncGai* oi bfe fiXXoi oök cTttov ?ttovov
eTvai dXX* öxi Kai dTr&xeivav auxöv 'AGrivatoi Kai cxriXCxriv atkdv
Ka\ T^voc dvdTpa\|;av dv dKpoiröXei iTTpdM/avxcc dv xQ cxifjXij
TToXdfiiov cTvai xoO hi\\io\) 'AGiivaluJv. xd bi irap* oöb^v ciiiLiaWei
dvxi xoO irap' öXlrov, xö hl ÖCKt^puEav bid KTiptSTMOTOC dEdßaX-
Xov. — *QXdba] ArmocGdvTic de TTeXoTröwneov q)Tie(. — Hl 259
exevdHai] xoOxo nonixiKifrrcpov ?q)ii • f bei ydp aöxöv KoXdeai Kcd
dnciv • exebdv o{nc oleeGc. — III 260 dx^b f^^v oövl 6 b^Kaxoe x6-
TToe bta|Ltapxup{av ?x€t » ^c xoO Alcxivou Kaxd ßoüXrieiv Kai lex^v
xd biKaia KCixiiTop^cavxoc.
752 W. Teuffei: zu Sophokles könig Oedipus [v. 1305].
Noch ist es zur richtigen beurleilung des alien besUndes anserer
samlung ioleressant zu erfahren , dasz der Narcianus die beiden langen
schollen des Laur. zu III 90 ToC €upiirou. "AXXtuc und 195 zu 6pa-
cußouXov. "AXXtiic ausUszt.
Beblin. Ferdinand Schultz.
99.
ZU SOPHOKLES KÖNIG OEDIPUS.
Wie Oedipus, nachdem er sich selbst geblendet, wieder anf die
bühne trit, spricht der chor in einem anapästischen syslem sein entsetzen
Qber den anblick aus und fOgt dann hinzu:
dXX'oub'dabeiv
buva|iai C€ , O^uüv ttöXX ' dvep^cGai ,
iToXXd TruB^cGai , YroXXd b ' dGpficai ' 1305
Toiav ippiKnv Trap^x^ic fiot.
Nauck klammert die worte iröXX* dvep^cGm bis dGpiicai *als einen ab-
surden zusatz' ein und begründet dieses derbe urteil damit dasz man
jemand befragen könne auch ohne ihn anzusehen, und Men Oedlpns
vieles zu befragen hat der chor nicht den geringsten anlasz; vielmehr
wäre es im höchsten grade tactlos, wenn der chor den unglücklichen ge^
blendeten köoig mit vielen fragen bestürmte.' diese motivlerung ist gan2
unzureichend, der chor hat schon im vorhergebenden an Oedipus zwei
fragen gerichtet: Tic c', iS xXfi^ov, | npoc^ßr] jLiavia; Tic ö ini&ricac
usw., und richtet v. 1327 f. nocli weitere an ihn: ttüuc £tXt)C TOiaOxa
cdc I öipeic jLtapdvai; Tic c' ^rrfipe baijitövuiv; ohne dasz mao dann
irgend etwas unpassendes finden könnte, die Situation ist eine ähnliche
wie in Aeschylos Persern, wo nach dem erscheinen des eibuiiXov Aa*
peiou der chor die antwort auf dessen fragen ablehnt (v. 694 ff.):
c^ßofiai ixbf irpocibecGai,
c^ßojiai b ' dvTla \4ia\
c^G€v dpxai(|j irepi Tdpßci.
die vermilllung liegt in ovbi: Vährend ich so manche (weitere) frage
an dich richten möchte, finde ich vor grauen in mir nicht einmal den
mut dich anzusehen.' auch ist weuig wahrscheinlich dasz ein interpolalor,
wenn er ein object zu G^XuJV vermiszte, davon gleich drei eingefügt
hätte, gegründeteren anstosz bieten die worte TToXXd TTuOecGai, iroXXd
b' dGpf)cai. einmal enthält die dreimalige Wiederholung von iroXXd
einen ganz zwecklosen aufwand von rhetorik; sodann ist iruG^cGai lau-
tologisch mit dvep^cGai; endlich ist dGpf]cai scliief, teils in seinem
Verhältnis zu dcibeiv teils in seiner Stellung nach dvep^cGai und iruG^-
cGai. ich halte daher diese worte — aber nur diese, nicht auch ITÖXX'
dvep^cGai — für eine interpolalion, für eine aus weilung des G^XujvitöXX'
dvep^cGai, bei welcher ihr urhebcr offenbar keinen groszen aufwand
von geisl und kunsl zu machen brauchte und auch nicht gemacht hat.
Tübingen. Wilhelm Teufpel.
A. Nauck: zuc kritik griechischer dichter. 753
100.
ZUK KRITIK GBIECfflSCHEB DICHTER.
Hr. Th. Bergk beginnt seine recension meines Sophokles (oben
s. 361 — 391) mit den Worten : ^hätte ich eine neue ausgäbe des Sopho-
kles besorgt und hr. Nauck wäre der recensent, so wQrde er wahrschein-
lich sein urteil kurz in die worte zusammenfassen : «er habe nichts daraus
gelernt» (s. Euripideische Studien II s. 92). ich bin bescheidener und zu-
gleich* gerechter als der Petersburger akademiker.' will hr. Bergk für
seine vielHÜtigen iitterarischen niederlagen durch wolfeiles selbsliob sich
schadlos halten, so ist ihm dies kleine vergnügen zu gönnen; nur sollte
er nicht so unlogisch verfahren auf das , was ich seiner (vielleicht richti-
gen, vielleicht falschen) meinung nach unter gewissen umständen wahr-
scheinlich sagen wfirde, sein selbstlob zu gründen.
S. 361 heiszt es: *nur darf man von hm. N. nicht zu viel Schonung
-der eigentfimlichkelt des Schriftstellers erwarten.' hr. B. ist so glücklich
organisiert in jedem einzelnen falle mit untrüglicher Sicherheit sagen zu
können, was eigentümlichkeit des Schriftstellers, was fehler der abschrei-
ber sei : wir anderen haben nur zu lauschen was er decretiert. auf die
Eigentümlichkeiten des Sophokleischen genius versteht er sich so meister-
haft, dasz er Ant. 436 keinen anstand nimt dem Wächter die worte in
den mund zu legen: dXX' f)b^ujc ffi' fOtyc KdXTeivtifC fifio. andere
werden meinen , das sei ein ganz abscheuliches griechisch ; aber hr. B.
weisz dasz es die eigentümlichkeit der attischen Wächter war ein ab-
scheuliches griechisch zu reden, mit gewohntem tacte läszt hr. B. die
frauen bei Sophokles ganz exquisit sprechen , z. b. Deianeira Trach. 460
oöx^ X<if^pG(C TrXcfcrac ävfjpeic *HpaKXf\c lv\\^^ ^i^; ^^s überlieferte
dvf|p elc ist nemlich Mndignum Sophode^ dvf)peic dagegen *Bergkio
dignissimum'. höchst eigentümlich klingt auch was El. 363 und 567 die
heldin des Stückes stammeln soll, l]i(A T&p ^ctuj TOÖ|il fif) tvutttciv
jLiövov ßöcKTiMa, und Oeäc aUwv Kar" fiXcoc. das verbum TVUTrTcTv
hat die kühne Jungfrau Elektra aus dem lexikon des Hesychios hervorge-
holt, ohne zu merken dasz daselbst die Schreibung tvutttciv der alpha-
betischen folge widerstrebt und darum als höchst verdächtig erscheint;
nach welcher aualogie sie äiZuJV gebildet und was sie damit gemeint hat,
4las wissen die gölter und vielleicht hr. BergL
S. 375 : *wenn er (N.) zu seiner rechtfertigung den grundsatz auf-
stellt, dasz überall, wo sich etwas besseres als die überlieferte lesart
finden lasse, die stelle für verdorben zu erachten sei, so heiszt dies,
7umal der begriff des besseren ein sehr schwankender und von subjec-
tivem belieben abhängiger ist, den dichter selbst, nicht die abschreiber
korrigieren.' ob die überlieferte lesart oder ein besserungsvorschlag
besser sei, darüber werden an zahllosen stellen die stimmen der kritiker
geteilt sein; aber man braucht nur ein minimum von logik zu besitzen,
um einzusehen dasz dies hier nicht in'betracht kommt, ich rede nemlich
von dem falle wo sich etwas finden läszt was besser ist (nicht was
Jahrbttdur flkr d«tt. pUlol. 1868 hfU 11. 49
754 A. Nauck: zur kritik griechischer dichter.
diesem oder jenem besser scheint] als die überlieferte lesarL ^ubicnn-
que nobis reperire licet' so laaten meine worte *quod iradita lectione
melius sit, corruptam iudico librorum lecttonem; neque enim tarn in*
opem aut infantem arbitror Sophoclem quem nos ^mtovoi mellora pos-
simus edocere.' diese meine ansieht glaube ich auch jetzt noch aufrecht
erhalten zu müssen, urteilt hr. B. anders, so mag er den groszen philo-
logen nennen , der ein besserer kenner des griechischen und ein begab-
terer dichter ist als der kleine Sophokles, doch ich stelle eine unbillige
forderung : den berühmten kriliker, an welchem Sophokles seinen melster
endlich gefunden hat,'^kennt ja die gelehrte weit hinlänglich ; ihn im nen-
nen verbietet hm. Bergk seine bescheidenheit.
S. 379 f.: Hn der Elektra v. 87 habe ich den prosodischen fehler
\b q)äoc dtvöv Kai Tnc icö^otpoc äfip ganz einfach durch herstellung
der form Icö^opoc entfernt; wer handschriflen kennt, weisz dasz die
abschreiber regelmäszig in Zusammensetzungen -fioipoc statt -^opoc
schreiben, hr. N. zieht die conjectur von Porson IcöjiOip' vor, wo der
vocativ nicht passend an die stelle des nominativs tritt: nun das ist seine
sache; wenn derselbe aber (Eurip. Studien II s. 81) diese meine verbesse*
rung icö^Opoc als einen beweis «der übermütigen laune, mit welcher
Bergk im Sophokles schaltet» anführt und meint, ich hätte einen metri-
schen fehler hineingebracht, um einen prosodischen zu entfernen, so
verräth hr. N. eine so arge Unkenntnis in metrischen dingen , wie man
sie einem herausgeber der griechischen tragiker kaum zutrauen sollte:
denn dasz derselbe wenigstens die geselze der einfachen versmasze wie
der anapästen kenne, dürfte man billigerweise voraussetzen, dasz in
anapästischen versen der proceleusmaticus zulässig sei , lehren schon die
alten metriker; wo er statthaft ist, kann jetzt jeder aus Rossbachs und
Westphals metrik lernen.' auf diese lange dedamation kann meine ant-
wort kurz ausfallen, die anapästen El. 86 — 120 zeigen keine einzige
auflösung die nicht in strengen anapästischen Systemen zulässig wäre^
und soweit meine kenntnis reicht, hat sich in strengen anapästen kein
tragiker jemals den proceleusmaticus gestattet; bei Sophokles aber findet
sich die licenz des proceleusmaticus weder in strengen noch in freieren
anapästen. erst wenn hr. Bergk diese sätze widerlegt hat (widerlegt aber
können sie werden nur durch beispiele, nicht durch gesdiwätz), werde
ich die conjectur IcöfiOpoc zwar durchaus nicht für richtig, aber doch
in metrischer hinsieht für fehlerlos halten ; bis jetzt behaupte ich dasz es
von hrn. B. höchst unklug war so viel geschrel zu machen über ein tot-
geborenes kind.
Als beleg dafür dasz ich das metrum in rein mechanischer weise
corrlgiere, wird s. 380 angeführt dasz ich El. 100 schreibe:
Koöbek TOUTUiv oIktoc [dir" äXXiic
f{ VoC] 9^p€Tai, coO iTaT€p o&ru>c
älKUJC oiicTp«&c T€ OavövTOC.
durch tilgung der eingeklammerten worte wird nemlich eine responsioa
<ioq anapästischen Systems mit dem antisystem gewonnen, und eine
"ision zwischen System und antisystem herzustellen Ist in den angen
A. Nauck: zur kritik griechischer dichter. 7Ö5
des groszen melrikers ein reiner mechanismus. hinterher aber verrSlh
hr. B. , er selbst habe froher vermutet KOÖbelc [toütiuv] oIktpc &it '
Sk\r\c [f[ VoO] (p^perai, d. h. hr. Bergk klagt sich desselben mecha-
nismus an , den er mir zum schweren Vorwurf macht, weiter wird ge-
sagt: 'hr. N. nimt ohne allen grund an dir' SXXtic anstosz.' mögen nun
meine bedenken gegen dir' dXXiic gegründet oder ungegrQndet sein, so
beweg mich zur tilgung der worle dir' fiXXrjc f\ ^oG, wie hr. B. selbst
eingesteht, doch jedenfalls nicht ausschliesziich das bestreben einen glei-
chen umfang der beiden anapastischen Systeme zu gewinnen. Von der
mutter' sagt hr. B. im folgenden 'kann Elektra natürlich keine teilnähme
erwarten, aber auch die Schwester Chrysolhemis erscheint ihr lässig:
darauf zielt eben dieser ausdruck (dn' dXXr^c), und es heiszt liie inlen-
tionen des dichters geradezu vernichten, wenn man in dieser willkür-
lichen weise streicht.' also Sophokles setzte dir' fiXXiic, wo er nichts
weiter als dir' db€X(pf)c meinte? es heiszt sich gegen die vemunfi auf-
lehnen, wenn man in dieser willkürlichen weise interpretiert.
lieber Eur. Phoen. 323 sagt hr. Bergk s. 383 : 'hr. N. behauptet,
der vers müsse notwendig ein dochmischer sein, weil dochmien voraus-
gehen und folgen, diese leichtfertige behauptuug überschreitet das masz
des entschuldbaren irtums: ein herausgeber der tragiker sollte wenig-
stens so viel wissen , dasz unzählige mal iambische verse oder kola zwi-
schen dochmien vorkommen.' die worte über welche der grosze metriker
sich ereifert lauten (Eurip. Studien II s. 92): 'man meinte nemlich in
den Worten öaKpuöecc' dveica TrcvOf^pt] KÖjitov einen dochmischen
dimeter suchen zu müssen, zumal da an jener stelle dochmien vorauf-
gehen und nachfolgen.' wenn aus diesen meinen Worten gefolgert wird,
ich behaupte dasz nirgends in der tragödie iambische verse zwischen
dochmien vorkommen, so kann ich diese entstellung mit hm. Bergks
bekannter flüchtigkeit nicht entschuldigen, vielmehr fälscht hr. B. ge-
flissentlich meine worte, nur um hinterher seinem unmut luft zu machen.
In einer anm. aufs. 383 wird gesagt: 'die verfehlte änderung in
Soph. OK. 939 habe ich längst selbst als soldie erkannt; für irrige con-
jecturen anderer mich verantwortlich zu machen, wie hr. N. thut, ist ein
kläglicher kunstgrilf, den der würdige akademiker gewissenlosen calum-
nianten überlassen sollte.' die ersten worte dieses passus bezielien sich
darauf dasz hr. Bergk OK. 939 zu schreiben vorschlug: ifd) oüx* fivav-
bpov TVjvbc Tf)V iTÖXiv Stu^v, wie im Tauchnitzer Soph. s. LH zu lesen
ist. dasz hr. Bergk diese conjectur jetzt zurficknimt , ist mir eine sehr
angenehme Überraschung; schlimm genug freilich dasz ein herausgeber
des Sophokles einen so knabenhaften metrischen Schnitzer zu machen im
Stande war. was von den irrigen conjecturen anderer, dem kläglichen
kunstgriff und den gewissenlosen calumnianten geredet wird , geht auf
meine worte Eurip. Studien H s. 91 f. : 'unter andern will Bergk s. 8
den tragikem die licenz zueignen, im iambischen trimeter einen Choriam-
bus stellvertretend statt einer iambischen dtpodie anzuwenden, «sane
qui hos trimetros» lauten seine worte lad pervagata metricorum prae-
cepta rediget, is necesse est aegre ferat choriambum dipodiae iambicae
49»
756 A. Nauck: zur krittk griechischer dichter.
locum obtinere: at sunt baec ex rhythmicae artis legibus aestimanda :
est autem haec licentia ex lyricorum carminum modulatione repelenda.»
Bonitz ahnte wol nicht, als er in seinen beitragen zur erklärang des
Soph. II s. 4 die Vermutung von Buchholz xpilCTÖC ö OeToc zu anfaag
eines iambischen trimeters (Soph. AnU 24} fflr einen metrischen fehler
ausgab, dasz er sich unnütze scrupel machte oder vielmehr dtsz die ge-
setze der rhythmischen kunsl ihm gftnziich fremd waren.' wAre es rich-
tig, was hr. Bergk behauptet, dasz die tragiker im trimeter stau eloer
iambischen dipodie einen Choriambus anwenden dflrfen, so wflrde gegen
den trimeter xpilCTÖc 6 OeToc xal v6)yi(}i KaT& x^vöc von melracher
seite nichts zu erinnern sein (wie nach der zukunftsmetrik des hm. Bergk
in den Avorten baKpuöecc' dvetca Tr€v6f|pT) KÖfiav ein Untegerrimus
trimeter' vorliegt), d. h. Bonitz hatte unrecht, wenn er aus einem m^ri-
sehen gründe die conjectur xpilCTÖc ö Oeioc Ant. 24 ffir fehlerliafi hielt
wenn nun hr. Bergk mir vorwirft, ich hatte ihn verantwortlich gemacht
fQr die irrige conjectur von Buchholz , so bin ich nicht Im stände diese
entstellung der Wahrheit mit hm. Bergks mangel an logik zu unschul-
digen, vielmehr gestattet sich hr. Bergk auch hier eine faischung: ^ein
kläglicher kunslgriff, den der wQrdige professor gewissenlosen dlmn-
nianten flberlassen sollte.'
S. 387 anm. : <ebd. (Soph. El.) 681 führt er (N.) jetzt tö KOivöv
als lesart des Thomas Mag. an, wahrend er früher scturieb: «t6 KOivdv
'€XXdboc vermutete Schneidewin.» hr. N. darf sich natürlich dtes er-
lauben, wahrend er mir in den Euripideischen Studien 11 s. 81 zom Vor-
wurf macht lesarten des Triclinius als meine conjecturen bezeichnet n
haben.' sollte in hm. Bergks äugen wirklich das übersehen eines Sopho-
kleischen citates bei Thomas Mag. für einen herausgeber des Sophokles
ebenso compromittierend sein als die Unkenntnis von lesarten des Trkli-
nius? doch es kann uns gleichgilUg sein, wie hr. Bergk darüber urtdlt
die hauptsache ist die: was hr. B. von meinem übertragen einer lesart
des Thomas Mag. auf Schneidewin erzahlt, ist nicht mehr und nicht we-
niger als seine eigene erfindung. in der texlausgabe des Sophokles (Ber-
lin 1867), die hr. B. recensiert, sage ich s. 75 : *681 tö KOlVÖv Thomas
M. p. 286, 4' und s. 76 : *694 tö KOtvöv Schneidewinus'. entsprechad
im anhange zur vierten aufläge der Eiektra :
'681 KOIVÖV statt xXctvöv Thomas Mag. p. 286, 4.'
*694 TÖ KOIVÖV ^EXXdboc vermutete Schneidewin.'
etwas anderes habe ich niemals behauptet, wie kommt es nun dasz hr.
Bergk, der doch zu lesen versteht, meine angaben über zwei verschiedene
verse der Eiektra durch einander wirft und auf diese seine confusion den
Vorwurf gründet, ich sei ebenso leichtfertig wie er?
S. 386 : *hr. N. selbst aber eignet sich trotz seiner wiederholtes
Versicherung die prioritat anderer gelehrten gewissenhaft zu respecUereo
eine ganze anzahl fremder conjecturen an.' dazu die annt : ^einiges hat
er jetzt selbst beseitigt, z. b. OK. 145 hat er seine unglückliche co^jeclnr
irpuiTf^c statt Trp(j(iTT]C zwar aufrecht erhalten, legt sie aber jetsi Vau-
villers bei. El. 163 hatte er die coigectur veufUXTi früher als eigene
A. Nauck: zur krilik griechischer dichter. 757
TOrgelragen, jetzt nennt er Burges.' soll man wirklich aolchen ftusze-
rungen gegenflber noch ^in wort verlieren? nun wolan, es sei. bei dem
umfaag und der zersplittening der philologischen lilteratur ist das über-
sehen fremder conjeeturen kaum vermeidlich; auch wenn jemand nur
opera .posluma hiulerliesze, würde er trotz des redlichsten bestrebens
allen gerecht zu werden vielfach den Prioritätsrechten anderer zu nahe
treten , und eben darum wird kein verstandiger um der bloszen thatsache
willen dasz jemand eine fremde conjectur als die seinige vortragt ihn für
einen plagiarius halten, natürlich ist es auch mir in zahllosen fUlen be-
gegnet conjeeturen zu machen die von anderen mir vorweggenommen
waren ; nicht selten habe ich , wie es auch anderen ergangen ist und tag-
täglich vorkommt, derartige irtümer erst nach der Veröffentlichung einer
Vermutung erkannt, in solchen füllen bin ich stets bemüht gewesen mein
unrecht wieder gut zu machen , wie ich es für die pflicht jedes heraus-
gebers alter autoren halte den ersten urheber einer conjectur zu ermit-
teln und nur ihn zu nennen, habe ich also ehemals (1857 und 1858)
OK. 145 TTpUiTnc und El. 163 vetJ^art vermutet, ohne zu beachten dasz
Vauvillers und Burges dasselbe vermutet iiatlen, so sind diese meine
Unterlassungssünden nicht, wie hr. B. meint, erst im j. 1867, sondern
bereits 1861 und 1862 von mir selbst gesühnt worden, indem ich Vau-
villers und Burges in ihr recht einsetzte, wie begründet nun hr. B. seinen
Vorwurf dasz ich eine 'ganze anzahl fremder conjeeturen' mir 'aneigne'?
er führt an, OT. 890 habe ich im j. 1856 anerkannt, dasz er zuerst die
Interpolation eines ganzen verses wahrgenommen habe; elf jähre spiter
dagegen sage ich 'verba dc^nruiv {p&rai 1^ tiöv delenda suspicatur N.',
und in gleicher weise wolle ich auch die antistrophe zuerst von den stö-
renden Zusätzen gerehiigt habra. ich gebe zu, es wäre gerechter ge-
wesen, wenn ich in der teitausgabe des Sophokles neben meinen vor-
schlagen die früheren Bergkschen, zwar nicht gleichen aber doch ähnlichen
Vermutungen erwähnt hatte, und sollte meine teitausgabe einmal erneuert
werden , so wird dies geschehen ; der Bergkschen Vermutungen nicht be-
sonders zu gedenken veranlaszten mich zwei umstände, die meine schuld
mildern werden, einmal das streben nach kürze, sodann ganz besonders
der umstand dasz ich nicht nur im j. 1856, sondern auch 1861 und 1866
im anhange zur vierten und Tünften aufläge des Schneide winschen OT. die
detaillierten mitteilungen gegeben hatte, dazu kam dasz lange vor hrn.
Bergk schon Reiske die dittographie in OT. 890 wahrgenommen halte;
ich hatte also zuerst von Reiske, dann von hrn. Bergk, endlich von mir
reden müssen, weitere belege für die behauptung dasz ich eine ganze
anzahl fremder conjeeturen mir aneigne hat hr. B. nicht gegeben, ich
fordere dringend von hrn. B. weitere belege, und um ihn zu ermutigen,
mache ich mich anhelscliig für jede fremde conjectur, die ich in meinem
Sophokles mir angeeignet habe, zehn fremde conjeeturen namhaft zu
machen, die hr. B. in seinem Sophokles sich angeeignet hat. für jetzt
verweile Ich einige augenblfcke bei dem Universalmittel das hr. Bergk
anzuwenden liebt, um sogar mit nennung der urheber fremde conjee-
turen 'sich anzueignen', wie jedermann weisz, hat hr. B. die gewohnheit
758 A. Nauck: zur kritik griechischer dichter.
fremde conjecturen, die ihm zusagen, mit der stereotypen wendimg ein-
zuführen : ^scripsi' oder *malim' das und das, *quod etiam N. N. coniecit',
wo statt des *etiam', sogar, in seltenen f&Uen ein etivas bescheideneres
*quoque' ange%vendet wird: hie und da finden sich auch gewisse ?ani-
tionen des ausdrucks, die im wesentlichen dasselbe besagen, diese hm.
Bergk eigenlOmlicbe sitte oder unsitle ist so bekannt, dasz es genögea
wird, wenn ich einige beispiele anführe, wo er mich mit dieser citatioos-
weise beehrt. Soph. s. IX anm. 15 'bucceßeic] malim buqicveic, quod
etiam Nauck coniecit' s. L: ^1415 posi hunc v. inserendi videnlttr
V. 1424 — 1431, ita tamen, ut forlasse chori duo versus interciderint
similis est Nauckii suspicio ' (ich hatte behauptet dasz die verse 1424—
1431 unmittelbar zwischen v. 1415 und 1416 zu stellen seien, eine
änderung die ich später im texte vorgenommen habe, übrigens sind die
beiden angeführten stellen die einzigen im Tauchnltzer Sophokles, wo
meiner gedacht wird), lyr. s. 767 ed. alt. (1003 ed. tert.}: ^nunc malui
b * fiveui scribere , quemadmodum etiam Nauck conieciL' s. 910 ed. alt.
(1161 ed. tert.): ^Simonides fort. ä^iOpficat scripsit, quod etiam Naack
coui.' anlh. lyr. ed. alt. s.XV: *fr. 102 1oKäCT€U) scripsi — [dem Naud
et 0. Sclmeider commendaverunt.' s. XXXI: *fab. CX v. 4 conieci cu bi]*
Ouveic, quod Nauck quoque proposuil.' s. XLUl: 7ab. XIII v. 3 possis
iravoupTOiciv scribere, quod etiam Nauck commendavit/ was derartige
ausdrucksweisen zu bedeuten haben ^), darüber besteht in der philologi-
schen weit nicht der geringste zweifei, wie z. b. daraus hervorgebt dasz
Meineke, Herwerden, Dindorf u. a. von meiner Umstellung der verse OT.
1424 — 1431 notiz nehmen, ohne hm. Bergks beistimmende aosicbi
einer erwähnung zu würdigen, um so weniger begreift main wie hr. B.
nicht müde wird bei fremden Vermutungen, die er sich ^aneignet', hinle^
her in einem relativsatze des Urhebers der von ilim gebilligten Vermutung
zu gedenken, ebenso unnütz ist es, wenn hr. B. in der recension s. 386
anm. 25 uns erz&hlt, die von Herwerden im j. 1855 pubiiderte Verbesse-
rung fiövTic TÖb' ^ct' äbeXq)öv IcmVjviic Kdpa OK. 321 habe er
selbst ^schon vor vielen jähren' gemacht, aber diese conjectur ^wie viele
andere' gar nicht erwähnt, wir bewundern bei den vielen nicht erwähn-
ten conjecturen hrn. Bergks eigentümliche bescheidenheit, die ihn bewog
die besten Vermutungen zurückzuhalten und mit desto mehr schlechten
einßillen hervorzutreten; aber wir zweifeln ob seine Versicherung, dasz
er viele seiner conjecturen unterdrückt habe, ausreichen dürfte ihm das
Prioritätsrecht zu sichern für alle etwa künftig noch zu machenden con-
jecturen, die vor seinen äugen gnade finden sollten, bemerkenswerth
ist noch eine andere weise, wie hr. B. frühere leistungen benutzt in der
zweiten ausgäbe der lyriker s.545 versuchte er die beiHariusPlotiu8s.268
als beleg eines reinen iambiscben trimeters in fehlerhafter gestalt ange-
führten dichterworle herzustellen durch folgendes autoschediasma: iiri\yi
1) zu Simonides Amorg. fr. 10 wurde ehemals bemerkt s. 583: ^Nauck
nOiv bi& \6tu)v.' besser jetzt s. 745: 'scripsi )uiaKpdrv b\ä Xöywv,
ium etiam Naack conL'
A. Nauck: zur kritik griechischer dichter. 759
TX beir^i jLifk 'it' &X^viq rp^irctv. ich erinnerte dagegen dasz dies weder
«In reiner noch ein richtiger trimeter sei , darum well an der dritten und
an der vierten stelle ein spondeus stehe ; zugleich war es in folge ehier
privatmitteilung meines freundes H. Keil mir möglich das original des
llarius Plotius herzustellen, nemlich Aesch. fr. 139 id) KälK€ MiiciaC
T* dTTippoat. von meiner erörterung (bulletin de I'Acad. Imp. des sc. de
^t.-P^tersbourg II s. 335 f. »^ m^langes Gröco-Rom. II s. 265 f.) nfmt
hr. B. in der dritten ausgäbe der lyriker s. 731 notiz; aber wie? er sagt:
^ollm hie quoque Archilochl versum delitescere arbitratus teutavi iwi\\
Ti bctiij, iii\ *7r* dxTiviij rp^Trciv — sed videtur Plotius potius Aeschyli
versum: iib KdiVe Muctai t' ^TrippouC* ex Myrmidonibus sive potius
Hysls adhibulsse (fr. 139), quod si recle memini etiam alii coniecerunt.'
erinnerte sich br. B. wirklich nicht mehr dasz ich es gewesen war der
ihm die beiden falschen spondeen nachgewiesen hatte? äbrlgens brauche
4ch kaum zu sagen dasz hr. B. bei fremden conjecturen , die er 'sich an-
-eignet', den Urheber zu nennen mehrenteils uuterläszt; dies gänzliche
ignorieren fremder lelstungen wird am leichtesten , freilich nur vorüber-
gehend , andere teuschen.
S. 389 : *ich mache unter anderm darauf aufmerksam , dasz in der
altern tragödie sich mehrfache spuren des ionischen oder altattischen
<iialektes finden, die hr. N. entweder verdrSngt oder wenn sie in den
Varianten verborgen sind ganz übergeht, wie z. b. Aituirrtii bei Ion von
Chios ; darüber sagt hr. N. : «wie es eiii eigentümliches verhalten zu den
-l^esetzen der grammatik verräth , wenn Bergk p. 4 bei dem tragiker Ion
fr. 40 auf die form AItuitt(ii dringt» ; d. h. hr. N. sucht mich bei den
lesern seiner Studien , die meine abhandlung nicht kennen , zu verdäch-
tigen , als hätte ich einen grammatischen Schnitzer begangen, eine pole-
mik, die zu so kläglichen mittein ihre Zuflucht nimt, richtet sich selbst.'
<da hr. B. seine worte nicht anführt, so werde ich es thun; sie lauten:
^atque etiam apud lonem tragicum fr. 40 restituendum est AlTUTrriii ex
Athenaei llbris, quam varielatem scripturae Nauckius plane praetermisit.'
wer in einem tragischen trimeter AiTUTTTir) herstellen will, verletzt aller-
<lings die gesetze der grammatik; er begeht, wie hr. B. sagt, einen
grammatischen Schnitzer, ebenso halte ich es für einen grammatischen
Schnitzer, wenn bei Soph. El. 10 in einem trimeter die form TTcXoTTibäv
«mpfohlen wird (Soph. ed. Bergk s. XLV), was hr. B. vermutlich als
'^Schonung der eigenlümlichkeit des Schriftstellers' betrachtet.
In einem programm von 1859 sagt hr. Bergk s. 2 anm.: 'etiam
allae singulares vocabulorum formae apud Sophodem leguntur, velut in
Inacho fr. 260 ßoC genilivo casu dixit, qua forma etiam Aeschylus usus
-est, cum alii etiam ßoCc dixerint, velut est apud Hesychium: Kara ßoOc
«CEacGe* efix^cOe xara ßoöc, quod ex oraculo aliquo videtur petitum
-esse.' ich erinnerte Eurip. Studien II s. 92, dasz hr. B. durch einen
<lruckfeliler der Aldina sich habe verleiten lassen einen gen. ßoCc zu er-
dichten, darauf folgt in der recension s. 389 die Zurechtweisung: 'es
ist recht freundlich und wolwoUend von hrn. N. dasz er meine vermeint-
liche (?) mishandlung der grammatischen gesetze mit einem druckfehler
760 A. Nauck: zur kriük griechischer dichter.
der Aidina zu enlschuldigea (?) sucht; aher ich masz mir diese nnt£^
Stützung (?) verbitten : ich weisz und habe gewust, was im codex und
was in den ausgaben steht, da ich frfiher immer (?)Schow nachgeschlagen
habe. Hesychios hat freilich ßoöc genchriebeu, wie die reiheofolge der
artikel lehrt, aber dasz ßoOc zu sprechen oder zu schreiben sei, zeigt
der vers, denn die glosse stammt wahrsclieinlich aus einem orakel, und
die form ßoO, die ich aus Aescbylos und Sophokles anführe, setzt einen
genitiv ßoCc voraus, so gut wie NauciKubou, *AvTiq)dvou, *Apiao-
xX^ou aus NauciKubouc, *AvTiq)dvouc, 'ApiCTOKX^ouc entstanden siod,
nicht aus NauciKubcoc usw.' in den früheren ausgaben des Hesychios
las man, wie noch bei Alberti steht, Karä ßouc eCEacGe, was nur ein
druckfehler der Aidina war. der codex bietet KttTO ßooc €uEac6€, wie
Salmasius richtig vermutet hatte, hr. Bergk räumt ein dasz Hesychios
nicht Kard ßouc, sondern KQTd ßoöc geschrieben habe, hält aber den-
noch fest an dem gen. ßoCc hier drängen sich uns folgende fragen auf:
1) warum sagt hr. B. in dem programm nichts davon dasz bei Hesychios
KOTd ßoöc die allein verbürgte und aliein mögliche lesart ist? warum
führt er aus Hesychios etwas an was dieser nicht geschrieben hat?
2) würde er statt des von Hesychios geschriebenen KOrd ßooc sein
fehlerhaftes xard ßoöc auch dann gesetzt haben, wenn in den ausgaben
vor M. Schmidt nicht KttTd ßouc stände? — vermutlich wird er mit
einem kecken *ja' antworten: denn hr. B. besitzt die eigen tflmlichkeii
auch auf höchst seltsame fehler, die andere vor ihm gemacht haben, un-
abhängig von ihnen zu verfallen*); aber ich muste für das Bergksche
KttTd ßoöc den erklärungsgrund in dem KQTd ßoOc der Aidina suchen,
darum weil hr. B. in seinem programm die handschriftliche lesart des
Hesychios mit keinem Sterbenswörtchen erwähnt hatte; 3) wenn die
glosse des Hesychios wahrscheinlich aus einem orakel stammt, liefert
sie dann einen sichern beweis für die existenz einer unerhörten form?')
— doch *die form ßoO setzt einen gen. ßoöc voraus', wenn der grosze
heilenist dies im ernst behauptet, so müssen wir ihm die lectüre des
kleinen Buttmann empfehlen, der gen. ßoO setzt nichts weiter voraus
als den nom. ßoöc : denn es entspricht sich nom. ßouc und gen. ßoO,
wie ttXoöc ttXoO, Oibtirouc OibCrrou u. ä. in ähnlicher weise ist Nau-
ClKubou nicht aus dem gen. NauciKubouc gemacht, sondern aus den)
nom. NauciKu6r]C. diese Weisheit wird, denke ich, auf den Schulbänken
aller preuszischen gymnasien gelehrt.
S. 3904 'meine ausgäbe des Sophokles hat er (N.) von aufaog an
als eine völlig fiberflüssige und verunglückte arbeit zu beseitigen ver-
2) besonders merkwürdig ist in dieser hinsieht das was G. Hermaoo
zu £nr. Hei. s. 137 f. mitteilt (vgl. meine teztausgahe des Soph. b. V
anm.). 8) dasz die phrase xaTdi ßoöc eÜSacOai auf ein orakel sarfick-
geht ist wol möglich; für unrichtig aber halte ich die ganz willkär-
licbe voraussetznng dasz Hesychios den Wortlaut des orakels erbalten
' ^be. bei Suidas lesen wir ^i\ xrdvTa xard ßoöc Sctc, bei Diogenisn
&5 ixr\btv Kard ßoöc eOEq. vielleicht kamen in einem orakel die
e Tor: ^i^ irdvra xaral ßoöc eÜSq (so Meineke zu Tbeokr. s. 468).
A. Nauck: zur kritik griechischer dichter. 761
sucht, während freilich jetzt seine neueste ausgäbe zeigt, wie er selbst
wider willen mir in vielen puncten sich angesclilossen hat.' hr. Bergk,
der sich darüber beklagt dasz ich in den Schriften der Petersburger aka-
demie seinen Sophokles angegriffen habe, während ich jetzt ihm viel-
fach beistimme , scheint nicht zu wissen dasz ich wie vor , so auch nach
dem erscheinen seines Sophokles mit der fortsetzung der Schneidewin*
sehen ausgäbe beschäftigt gewesen bin. sollte er irgend eines der in den
jähren 1860 — 1866 erschienenen neun bändchen des Schneidewinschen
Sophokles zufällig einmal zu geeicht bekommen, so kann er aus dem»
selben lernen dasz ich seine ausgäbe des Sophokles nicht erst jetzt , son-
dern von jeher beachtet, dasz ich seine Vermutungen, soweit ich sie ffir
richtig oder wahrscheinlich hielt, von jeher dankbar acceptiert habe, es
ist eine kecke Unwahrheit, wenn hr. B. behauptet, ich habe seinen Sopho-
kles zu beseitigen versucht oder als eine flberflQssige arbeit bezeichnet,
wie früher, so meine ich noch jetzt dasz der Bergksche Sophokles eine
höchst leichtfertige und gewissenlose arbeit ist, in der wie vieles andere,
so^ namentlich ein gegen Schneidewin gerichteter ausfall^) den tiefsten
Unwillen hervorrufen musz, dasz aber eben diese ausgäbe des Sophokles
auch ansprechende, zum teil recht dankenswerthe textesverbesserungen
enthält , dasz sie also zwar bei weitem schärferen tadel verdient als ich
ihr bisher habe angedeihen lassen , aber keineswegs als eine überflüssige
arbeit zu betrachten oder zu beseitigen ist.
Alle irtümer oder unziemlichkeilen die hr. Bergk in seiner recension
vorbringt zu beleuchten habe ich weder zeit noch lust; um die manier
hm. Bergks zu charakterisieren glaube ich schon im vorstehenden eher
zu viel als zu wenig gethan zu haben : denn dem philologischen publicum
ist beides bekannt, die ars wie die aries des hm. Bergk. wer weiteres
begehrt, den verweise ich auf Ritschis upuscula phllologica bd. II, na-
mentlich s. 768—771. hrn. Bergks unglflck war sein dünkelhafter hoch-
mut, der ihn verleitete zu einer mit jedem jähre sich steigernden leicht-
fertigkeit und gewissen losigkell.
4) hr. Bergk behauptete einstmals (jahrb. LXI [1851] s. 243 f.), der
schlasz der Trachinierinneu sei unecht, und andeutungen oder bmch-
stücke des authentischen Schlusses fänden sich bei Lucian de morte
Peregrini, bei Dien Chrysostomos und Aristoteles, dieser Bergkschen
bebauptung, die sonst kaum von jemand auch nur beachtet worden ist^
erwies Schneidewin die sehr unverdiente ehre einer Widerlegung, dar-
auf breitete hr. Bergk über den früheren ganz haltlosen einfall ein
künstliches Zwielicht, seiner verletzten eitelkeit aber machte er luft
durch folgenden passus (Soph. s. XXXVI zu anfang): «Schneidewinus,
qui solus se iactavit Graecos poetas in teiligere et novam quasi inter-
pretandi artem sibi invenisse visus est, caeco aliis adversandi studio
abreptus frustra conatus est tuen hanc, quae nobis est in manibus,' tra>
goedxam.'
St. Petersbubo. August Nauck.
762 P. Holtfch : anz. v, Kicomachi introdacUo anüuneüea ed. B. Hoehe.
101.
ZUR LITTERATÜR DES NIKOMACHOS VON 6EKASA.
1) NlCOMAHI GrEKASEKI PttHAOOREI IHTRODUCTIOKIB AMSTBUSri'
CAS LIBRI II. KBCEH8UIT BiCARDUS HOCHE. ACCEDCKT
OODIOIB ClZEHSIS PROBLBM ATA ARITHMBTICA. Lipsiae in »edi-
boB B. O. Teabneri. MDCCCLXYI. XI ü. 199 s. 8.
2) IQANNOY rPAMMATIKOY AA€£ANAP€fiC TOY OlAOHONOY €IC
TO A€YT€PON THC NIKOMAXOY APISMHTIKHC ClCAröfHC
PRiMUM EDiDiT RiCABDüS HocHE. Borolini Rpud S. Cal-
yarj eiasque socimn. MDCCCXVII. VIII u. 38 s« gr. 4.
Die arithmetische einleitung des Nikomachos tod Gerasa lag bisher
in zwei ausgaben Yor, der Pariser aus der officio Christian Wechels vom
j. 1538 und der von F. Ast, welche im j. 1817 als anhang der ^Iheolo-
gumena arithmeticae' erschien, die edltio princeps fuszte auf einer Tor-
trefflichen quelle, welche, wenn wieder aufgefunden, der besten jetzt
bekannten liandschrifl ebenbürtig zur seite stehen wfirde. Ast bezweck-
te, wie er selbst bekennt, mit seiner ausgäbe hauptsachlich nur dem
mangel an exemplaren des Schriftstellers abzuhelfen ; dabei habe er jedoch
kurze kritische anmerkungen, wo es ihm nötig schien, hinzugefugt,
hierzu standen ihm drei MOnchener hss. zu geböte, von denen er aber
gerade die beste, weil sie mit der Pariser ausgäbe sich nahe verwandt
zeigte, fast ganz unbeachtet liesz, während die beiden anderen mit ihren
zahlreichen iuterpolatiunen und conjecturen ihm reichliche gelegenheit
boten bald hier bald dort nach subjectivem belieben eine bequemer schei-
nende lesart aufzunehmen, wie weit diese willkur gebt, möge ^In bei-
spiei statt vieler zeigen, für ^€Taßaiv€t s. 3, 18 ist bereits frObzeitlg das
ansdieinend elegantere ^erappei conjiciert worden und dies in einige
jüngere hss. übergegangen, soll man nun der angäbe Asts (s. 206) glau-
ben, so hätte die Mfinchener hs. 238 beide lesarten zu )ui€Tapp€i Kod
iiaßaivei verbunden; der neueste hg. dagegen schreibt diese combination
Asts eigener erfindung zu. wie dem auch sein mag, jedenfalls hat die
kritik gegen diese schlimmste sorte von schlechten lesarten , welche die
iuterpolation mit der echten Überlieferung zusammenflicken, entschieden
sich zu erklären, ein kurzes stück weiter, s. 5, 19, ist überliefert biio
^^Oobot dTTiXrjipovTai dmcni)uioviKal Kai bieuKpiviicouci. Ast schrieb
dafür a^i bieuKpivricouci, was der neueste hg. mit recht zurückgewiesen
hat. aber da die hsl. lesart jedenfalls dadurch anstosz erregt, dasz ein
verbum finitum folgt, wo man eine apposilive bestimmung zu |üi^tol>oi
erwartet, so scheint Kai bieuKpiv^jcGUcai das ursprüngliche zu sein.
Durch die vorliegende ausgäbe hat sich hr. Hoche das grosse ver-
dienst erworben den tezt des Schriftstellers auf die älteste, von absicht-
lichen entstellungen noch ziemlich verschonte Überlieferung zurückzu-
fuhren, diese ist uns erhalten in der Göttinger hs. des lOn jh. (6), deren
^"*nzung dem hg. durch Sauppes Vermittlung möglich wurde, wenn
^n hiernach hergestellten text mit den zahlreichen, häufig sehr weit
F. Huitsch: anz. y. Nicomachi introductio arithmelica ed. R. Hoche. 763
gehenden änderungen der jüngeren bss. vergleicht, so erh&ll man einen
überraschenden einblick in die ausdehnung und kfibnheil der interpolalo-
riscben thatigkeit, von welcher kein alter tezt, mochte er auch, wie der
vorliegende streng mathematische, der willkürlichen nmbildang noch so
wenig spielranm bieten, verschont geblieben ist. während nun einerseits
die treffliche Göltiuger hs. einen guten teil dieser fälschungen unmittel-
bar durch ihre autorität aufdeckt, so ist anderseits zu erwarten, dasz
auch diese verbal tnisrnSszig doch junge quelle der Überlieferung von dem-
selben übel nicht ganz verschont geblieben ist. aber der grosze vorzug
ist, dasz in G dergleichen glosseme noch leicht sich als solche erkennen
lassen, wahrend weitere interpolationen in den jungem hss. daraus eine
leidliche lesart zu stände gebracht haben, welche ohne kenntnis der
altern Überlieferung schwerlich als unecht entlarvt werden würde, dies
zeigt sich schon im kleinen, wie s. 5, 5, wo in der bisher üblichen lesart
at bi imcTf))uiai TrdvTUiC TrenepacM^vuiv eiclv £1ttcTfi^al das doppelte
i7TlCTf)^al jedem auffallen musz. sieht man nun dasz G a\ bk a\ diriCTf]-
^ai hat, 80 leuchtet sofort ein dasz Nikomachos al bi, irdvnjüc ttcttc-
pac^^vujv eiclv £incTf))uiat geschrieben und zu dem voranstehenden a\
bi, was undeutlich scheinen mochte, ein spaterer erklarer al iiriCTfifLiat
hinzugefügt hat. in gleicherweise ist die stelle s. 19,8 zu beurteilen, hier
gibt zwar die vulgau ^övou ToO ^^cou irpdc touröv iroXXairXacia-
Zofi^vou einen ertraglichen sinn ; aber in G fehlt das particip und G* hat
es an anderer stelle, ein selten trügendes zeichen jüngerer Interpolation,
ferner hat G nicht )uiövou ToO, sondern )uiövov. vergleichen wir nun
damit die vorhergehende auseinandersetzung des Nikomachos, so kann
schwerlich ein zweifei darfliier sein , dasz in G die worte )uiövov ^^cou
irpöc daurdv von einer randglosse herrühren, in welcher das unpassende
jLiövov und die falsche masculinform ^aurdv auf rechnung des interpo-
lators kommen, wahrend die worte jüidcou irpöc daUTÖ ausgeschrieben
waren von s. 19, 3. Nikomachos selbst gab in dem von ihm gewählten
beispiele einfach die Zahlenresultate, schlosz also mit vSj) ÖKTdKic f],
ohne die sachliche erklarung, die er eben vorher mitgeteilt hatte, hier
nochmals zu wiederholen.
Leichter kann man, wie schon angedeutet, die interpolatorische
thatigkeit da erkennen, wo G von derselben verschont gebUeben ist. in-
iles ist nicht auszer acht zu lassen, dasz dieselbe hs. mehrere kleine
lücken hat, welche die jüngere handschriftenfamilie nicht teilt, es kann
also der umstand allein, dasz ein oder mehrere worte in G fehlen, noch
nicht für deren Verurteilung entscheiden ; wol aber musz , wenn ander-
weitige gründe hinzukommen , eine solche abweichung sehr ins gewicht
fallen, so fehlt s. 6, 23 in dem citat aus ArchyUs Kai ccpaipiKfic auszer
in G* auch in der Pariser ausgaiie. vergleicht man nun noch dazu die
weit ausführlichere fassung dieses citales bei Porphyrios zu Ptolemaos
harmonika*), so wird sofort klar, dasz die schon an sich auffallige er-
*) Wallisii op. mathem. bd. III s. 236; Hartenstein de Archytae
TTarentini fragmentis (Leipzig 1833) s. 41.
764 F. HuItMh : anz, ▼. Nicomadii inlroductio aritbmelica cd. R. Boche.
wähDung der cqMnptKif| hinter t€Ui^€Tpticf| xal Äpi^irnKrj tm eiieo»
Interpolator herrQhrt, welcher sich durch die bei Nlkom. a. 6, 7 fo^fac^
gehende anfflbrttng der cqMXipiKrj dazu verleiten Uesz. offenbar leigi
sich auch als glossem s. 42, 1 der in 6 fehlende und w^en der umaiitd-
bar folgenden worte eöpiocui töv t äpiO^öv ganz uberfiOssige xusau
Tic äpiOjLiöc iciu die vom hg. angezogene vergleichung von Boetios
insi. ariihm. 1 20 (s. 42, 28 Friedlein) ist nicht enlseheidend, da üer
lateinische bearbeiter frei übersetzt; ja es kann vielleicht umgekebrl
daraus geschlossen werden dasz , wie Bo€lius numerus nur Einmal bat,
so auch bei Nikomacbos dpi6)uiöc mit G nur Einmal zu lesen sei. luim.
kann sich daher nicht damit einverstanden erklaren , dasz der hg. dieses
und manchen andern erklärenden oder erweiternden zusatz der arl, wei-
chen G nicht kennt, in den text aufgenommen hat. allerdings sied sokbe
abweichungen durch kleineren druck von der ältesten überliefeniDg un-
terschieden ; aber wenn sie einmal im leite stehen , erwecken sie onwill-
kflrlich die Vorstellung, dasz sie ebenso wie andere ergänzungen, wekbe
wirkliche lücken von G ausfüllen, als unentbehrlich gellen sollen, ws
die äuszere Unterscheidung durch den druck betrifft, so ist zu s. 63 die
kleine berichtigung nachzutragen, dasz nicht z. 2, sondern z. 7 irpu^TOV
durch Petitschrift zu geben war.
Es mögen nun zu einzelnen stellen des ersten buche« einige bemer-
kungen folgen, welche den zweck haben der guten Überlieferung, wo $ie
bisher noch nicht anerkannt ist, ihr recht zu verschaffen.
Unwesentlich mag es erscheinen, dasz s. 9, 19 in den worten dvm-
peö^VTOC tap TOÖ iäou dvatpeiTai Kai 6 äv6pu)Troc G den ariikel 6
weglSszt. überliest man die stelle im Zusammenhang, so ergibt sich dasx
der Schriftsteller den artikel niclit weggelassen haben kann; wol 9^
scheint aus der lesart von G hervorzugehen , dasz er xal fivOpuiffOC ge-
lesen und verstanden wissen wollte, beilftufig sei hier noch der druck*
fehler s. 42, 16 'cüv06TOC für dcüvOexoc erwähnt, weil es auf den
ersten blick scheinen könnte, als sei hier die krasis KdoJvOCTOC übe^
liefert, doch die Pariser ausgäbe zeigt keine spur davon , und in der
nähe steht mehrmals Kai dcuvOcTOC.
Was G s. 15, 1 bietet: t6 dpridKic dpriov Kai dpTtoir^pKCOVr
während die vulgata den artikel nach Kai wiederholt, scheint unanstöszig
nach dem beispiel anderer nachattischer Schriftsteller, ob etwa eine aoi*
logie bei Nikomacbos selbst sei es dafür oder dagegen spricht, vermag
unterz. nicht sich zu erinnern.
Warum s. 19, 19 näcav ^^pouc irocÖTnxa nach drei interpolier-
ten hss.? die teile des dprioir^pirroc dpiO^öc schweben bereits als
bekannt vor (wie es gleich nachher s. 20, 1 heiszt Tf|V büva|itv Tou
ji^pouc); also steht doch wol richtig näcav Tf|v toö ^i{iO\K nocö-
TT)Ta in G und genau so in der Pariser ausgäbe (nicht li^v, wie in dff
adnotatio gedruckt ist).
Mit unrecht ist s. 20, 4 die vulg. 6vO)uiaT07T€noiim^vov geg^^
die richtige Überlieferung in G d)VO^aT01r€1TOl1lfl^vov stehen gebüebeti-
'^TOireiTofaiTai führt £usUthios zu Od. a s. 6, 12 ed. Lips. tf«
F. Holtsch: aoz. v. Nicomachi introductio arithmetica ed. R. Hoche. 765
gestützt wird diese form auszerdem durch die attischen bildangen dibo-
7T€iro(f])uiai und lmroTeTpöq>TiKa (Krüger spr. S ^^^ l^i 3) sowie durch
|ie^€Xo7T€iTOirmdvoc bei Athen. 10 s. 453^ (und bei Eust. zu II. V 705
8. 318 9 25 ed. Lips.). dagegen kann nicht in betracht iLommen, dasz
^bbonciroiim^vii bei Xenopbon anab. 5, 3, 1 nicht sicher überliefert
und daher von L. Dindorf, dem Breitenbach in der neuesten ausgäbe folgt,
in (bboTTOirm^VTi geändert ist. denn wenn man auf diese weise Xeno-
pbon als gewUhrsmann beseitigt, so trit an dessen stelle Arrian anab.
1, 26, 1. 3, 13, 2 als vollgültiger zeuge für den entsprechenden ge-
brauch bei Nikomachos ein.
Fraglich kann es s. 24, 5 erscheinen, ob d7T0T€VVilC0VTai in der
bedeutung eines futurum passivi anzuerkennen ist. G hat übereinstim-
mend mit der Pariser ausgäbe änoTCVfjcovTai. warum soll der mathe-
matische Sprachgebrauch nicht ebenso dTTOTivecOoi als intransitiv zu
diroTCVVÖv, wie der allgemeine Sprachgebrauch titvecOat neben t€V-
vfiv verwendet haben? äiroTCVllO^V ist überliefert in den Heronischen
definitionen 84 , 1 (s. die bemerkung dazu im index).
Was die Verwendung von ^^xpi als conjunction betrifft , so bietet
die kurze schrift des Nikomachos im kleinen ein recht deutliches bild von
der manigfaltigkeit, welche hierin dem griechischen Sprachgebrauch durch
alle zelten eigeu war. die frage ist, was wir s. 31, 5 zu lesen haben,
wo in 6 liixpic oö irpoxuipeTv ^O^Kwfiev, in der Pariser ausgäbe
piixpxc oO irp. £O^Xofi€V, in den Jüngern hss. ^^XP^c oü dv np. iM-
Au))ui€V steht. Nikomachos gebraucht anderwärts 1) jüt^XP^ ßouXei s. 104,
21 (lui^XPtc 0(3 haben PGH): 2} M^XP^c oi3 ßoOXei s. 41, 4. 47, 3. 50,
18. 65, 25. 88, 7 u. ö., }x4.xp\c oö ßoOXcraf Tic npoxwpciv s. 100, 19,
fi^XPtc oi} buvQTÖv s. 14, 16; 3] ^^xpic &v npoxtupeiv IBlkrjc s. 20,
15, \xixp\c Sv cÖTOvfl TIC s. 43, 18. 63, 18, ^expic fiv KOTavT/jcij
s. 15, 9. nach dieser Übersicht könnte es an der obigen stelle zunächst
<als das gerathenste erscheinen iO^Xuijitev in 6 für einen leichten Schreib-
fehler anzusehen und mit der Pariser ausgäbe Ji^XP^^ ^^ TTpoxiupcTv
40^XojU€V zu lesen, der hg. zieht mit den jungem hss. ^^XPtC od &V
irp. dd^Xujjutev vor. da dieses hinzugefügte fiv sicher nicht auf alter
Überlieferung beruht, sondern einfach als conjectur zu betrachten ist, so
läszt sich noch über die ihm zugewiesene Stellung rechten. liixP^^ oiS
dv wird im thesaurus Steph. s. 953* aus Aristoteles, Theophrastos und
Athenäos angeführt; M^Xptc 6v oiS dagegen haben Polybios 5, 56, 2
und Diodoros 16, 60, 1. doch warum soll dem Nikomachos durchaus
die durch die Überlieferung beglaubigte und durch den frühem gebrauch
bestätigte stractur von M^XP^ ^^ (ohne dv) mit dem conjuncliv abge-
sprochen werden?- ich übergehe die fünf stellen ans Thukydides, welche
zuerst Poppo observ. s. 143 und nach ihm die hgg. zu 1, 137, 2 zu-
sammengestellt haben, sowie die belege aus Xenopbon und Theophrast
für M^XPic (o^n® oiS) und fixptc oiS mit einfachem conjunctiv, welche
Lobeek zu Phrynichos s. 15 anm. anführt, entscheidend ist der nach-
weis, dasz audi der spätem gräcität die stractur nicht fremd ist: vgl.
Polybios d, 93, 5, ferner die stellen aus der jüngtoi, nicht von Hippo-
766 F. HuJtsch: anz. ▼. Nicomachi iolrodaclio ariÜuneUci ed. R. Hocbe.
kraUs herrObrenden schrift über frauenkranUieUea , welche Lobeck a. o.
t. 14 citiert, woran sich die beispiele aus Plotarcb nod anderea ^teren
bei demselben s. 16 aom. anreihen.
Nicht ganz sicher ist s. 35, 20 KOTaXemerai , da sonst in diesem
sinne das einfache Xeiirecdai (wie hier auch jflngere bss. baben) sieb
findet, und überdies in G die auf eine comiptel hiadeatende form Korro*
XfirotTO steht, die prftp. xara- konnte leicht aas der vorliergeheBdei
zahl Ktt irtflmlich entstehen; der rest des Wortes scheint dann Xontä rd
gelesen werden zu müssen {v^L z. 12 XotirP| ^oväc, nicht ra gedenkoi
des sehr gewöhnlichen gleichartigen gebrauches bei Heron u. a.).
S. 42, 2 lautet die vuig. & iiV irpoOircbeixOn ^nach dem was
vorher gezeigt worden ist', allein die erste band in G schrieb irpoica-
TT)x6n 9 ^3s höchst wahrscheinlich aus einem ursprünglichen irpoKorn-
Xffit] 'nach dem was vorher gelehrt worden ist' seinen urspnmg hat
S. 66, 22 ist nach übereinstimmender hsl. Überlieferung der ein-
fache Optativ T^voiTO im potentialen sinne, gegen Ast welcher t^oito
T&p öv schrieb, wieder hergestellt, dann musz aber auch s. 27, 6 mit G
und der Pariser ausgäbe das im gleichen sinne stehende buvatvr' dXXoi
T€V^c6m (nicht btjvaivr' öv) als echt anerkannt werden.
Nicht recht ersichtlich ist es, aus welchem gründe bisweilen ein«
im text stehende lesart nochmals als Variante in der adnotatio erscheint,
so s. 28, 6 ^vdnp GP^ s. 34, 6 ^T^vero Gm. das soll doch wol heiszen,
dasz die übrigen hss. etwas anderes haben , und vermutungsweise kann
man annehmen , dasz diese abweichende lesart in der Astschen ausgäbe
zu finden sei , nemlicb an der ersten stelle ^vvdTtu, an der zweiten ix^-
vero. doch da diese ausgäbe nicht jedem zur band sein kann , so wire
zu wünschen gewesen diese Varianten anstatt der bestAtlgung der im
text stehenden lesart unten verzeichnet zu finden, ganz unverstlndlicfa
ist iu folge eines anderweit dazugekommenen Versehens die anmerkuag
zu s. 39, 9 geworden cjiieiZova om. Sff^ qui post diroq>. add. ^dccui.
Kai aie\ GP*. schlägt man die Pariser ausgäbe nach , so findet man ge-
nau dieselbe lesart wie im Hocheschen text, und das gleiche steht voraus-
sichtlich auch in 6. also ist «aiel GP» eine bemerkung für sieh und
zwar nach der eben gezeigten art eine bestätigung des lextes, wihrend
Ast und dem stillschweigen nach die Jüngern hss. dcl baben. was nun
in der von uns ausgeschriebenen anmerkung noch vorhergeht, sciieint
nur so einen sinn zu haben, dasz man annimt, die hss. SH fügen ^dccui
hinzu und haben dann Kai anstatt dXX*. auch in die anmerkung zu
s. 12, 6 hat sich einige Verwirrung eingeschlichen, welche nur zum teil
sich leicht beseitigt, denn ob G ti^ oder £k toö hat, bleibt zweifelhaft.
Die interpunctlon scheint geändert werden zu müssen an der scliwie-
rigen stelle s. 16 S 10, welche nach der vorliegenden ausgäbe noch
schwerer verständlich geworden ist zunächst musz z. 16 hinter aörou
wenigstens ein komma stehen (so bei Ast; ein kolon hat die Pariser aus-
gäbe), dann fängt z. 18 mit den werten Kard dvTtnepicraciv fi^vroi
ein neuer satz an; also davor nicht komma, sondern volle interpunctlon;
''"(Uich aber vor ji(a ^iv komma anstatt des kolon. der bau der periode
F. Hultsch: anz. v. Nicomacfai introductio arithmetica ed. R. Hoche. 767
£av liiv (Ziciv . ., ^ia pkv oux oTa re usw., wozu das gegenglied SU
in anderer form folgt, ist zu beurteilen nach dem was Kroger spr. % 69,
16) 2 und zu Xen. anab. 3, 1, 43 bemerkt.
Der hg. folgt in der griechischen Zahlenbezeichnung gewissen eigens
von ihm aufgestellten regeln, die frage ist noch eine durchaus offene,
und jeder weitere urkundliche beitrag dazu, wie das s. X der vorrede be-
merkte , sehr dankenswerth. die bezeichnungsweise ist eine verschiedene
in verschiedenen handschriftengruppen. was insbesondere die bruch-
zeichen betrifft, so hatte unterz. in seiner ausgäbe der Heronischen geo-
metrie sich nach dem Pariser codex 2013, aus welchem er den text
abschrieb, gerichtet, nur hatten mit rücksicht auf die typographische
herstellung die kleinen schleifen , welche an das Zahlzeichen angefügt zu
werden pflegen*), wegbleiben müssen, dazu kam in der vorrede zu den
metrol. Script. I s. 174 eine in möglichst kurze form gefaszte Vermutung
Ober die entstehung dieser bezeicbnung. dasz der doppelte nach links
gerichtete abkürzungsstrich in andern HÜlen -€iv bedeutet, und wieder
andere bedeutungen der nach rechts gewendete einfache oder doppelte
strich hat, das konnte und sollte an jener stelle nicht berührt werden,
nie aber auch ist es unterz. beigefallen in die theorie der bruchzahlen
das aufzunehmen was s. XI der vorrede zu lesen ist: <ß'' Hultschius vult
esse bcirrepov vel bOocrov» : denn das zeichen für Yj ^^^ ^ ^^^ heiszt
auf griechisch fifiicu, wie im Heron nicht gerade selten gedruckt steht,
für eine weitere behandlung der streitigen frage musz, so scheint es,
noch besonders darauf hingewiesen werden , dasz es sich zunSchst nicht
sowol darum handelt, wie überhaupt die Ordinalzahlen, sondern nur wie
die bruchzahlen in Verbindung mit ganzen zahlen bezeichnet worden sind,
man vergleiche die bnichrechnungen in der Heronischen geometrie c. 34
— 36. die doppelsetzung des nenners zur bezeicbnung der mehrheit,
z. b. € e = TT^^Ttra ist hsl. vollkommen gesichert, wie aus den seltenen
abweichungen, die in der adnotatio angemerkt sind, hervorgeht; dieselbe
wird daher schwerlich beseitigt werden können, selbst trotz des ana-
thema welches in der z. f. d. gymnasialwesen XX s. 129 darüber ausge*
sprochen wird: ^bei dieser verkehrten, ganz ungriechischen' — aber
leider handschriftlich überlieferten ^- 'bezeicbnung nehmen sich die
18 multiplicationsschemata der geometrie eigen aus und haben ihre
Übersichtlichkeit verloren.' wollte man nun mit hm. Hoche in jenen
rechnungen ni}mxa durch e^ und entsprechend die übrigen bruch-
zeichen geben, so ist klar dasz damit viel weiter von der gesicherten
Überlieferung abgewichen würde als durch die bezeicbnung e" e'\ bei
welcher nur die anwendung der striche, nicht aber das wesentliche,
*) anf die nachbildnngen dieser züge bei Montfaneon und Angelo
Mai ist metroL Script. I s. 174 verwiesen, die gleichen zeichen fand
auch Friedlein für die bräche V, V4 V5 Ve V» ^ seinen hss. des Pedia-
simos vor: vgl. s. 14 aam. 38 und fig. 130. dieselben erscheinen ferner
auch in der Wolfenbüttel er hs. des Pediasimos. wie jedoch bereits ans
den nachbildnngen bei Friedlein sich zeigt, dass die schleife, wo ihre
anfügnng unbequem war, weggelassen wurde, so fehlt sie auch in der
Wolfenbütteler hs., z. b. T k^V fol. 16»» => s. 28, 11 (Friedlein).
768 F. Hultsch : ans. ▼. If ioomadii introdiicüo ariümietiea ed. R. Hoche.
nemlich das doppelt gesetzte zahlzeichea streitig sein kann, denn den
einzigen Yorsddag, der noch denkbar wSre, €^ e^ zn schreiben, wird
wol niemand im ernst vertreten wollen.
Doch, wie gesagt, weitere forschongen werden wenigstois das ^ine
sicher ergeben, dasz nicht ^in allgemeines gesetz ffir griechische zahlen-
bezeichnung aufgestelit werden kann, sondern verschiedene methodai
derselben anzuerkennen sind, dazu mögen hier noch einige kleine ha-
trage folgen, entnommen aus dem cod. Vaticanus 1038 des elltea, viel-
leicht schon zehnten jh., welcher aof fol. 130 — 132 die Heroniscben
^eTpTJC€iC (s. 188 — 207 der ausgäbe) enthalt
Die Zahlzeichen a bis ^ erscheinen horizontal überstrichen, lediz-
lidi der willkfir des Schreibers ist es zuzurechnen, wenn anstatt des
geraden Striches eine schlangenförmige linie gezogen Ist. mehrere Zahl-
zeichen, welche zusammen ^e zalil bilden, haben einen gemeinsame
strich, auch die Zahlzeichen /a bis /9 = 1000 bis 9000 werden fliier-
strichen, und zwar, wenn mit kleineren zahlen verbunden, mit diesen
gemeinschaftlich; z. b. Jv^ s. 190, 1, /TCM 190,13, /TuiM 189, 23,
Jfi 190, 18. nur Einmal, s. 198, 2, findet sich /B B = 2002, also das
zeichen für die tausende gelrennt und nicht überstrichen, umgekehrt
/B ä s. 200, 20, also ebenfalls die tausende abgetrennt, aber diese Olier-
strichen, wahrend B =s 2 durch einen schrägen nach links gerichteten
strich, der über, nicht neben dem zahlbuchstaben steht, iKizeichnel ist.
dieser übergesetzte strich kommt auszerdem noch einige mal vor: t s.
197, 15, d 201, 21, Krj 203, 7; an anderen stellen ist er aber beräu
nach rechU zur seite gerückt: le' 198, 19, X' (sUtt '^') 202, 18. end-
lich erscheint derselbe schiefe strich auch combiniert mit dem horixontal-
strich, und zwar entweder darüber: i^, 6 194, 6, oder daneben: i&pov
a 194, 3, xg^ 198, 27. am allerseltensten ist der fall, dasz jedes bei-
zeichen fehlt , wie bei i) 202, 19, was lediglich als versehen des Schrei-
bers zu betrachten ist (ebenso bei der brndizahl xa 195, 16}.
Die zeichen für 1000 bis 9000 sind die der entsprechenden einer
mit einem vorn in gleicher linie stehenden, oft mit der zahl zusammen-
gezogenen schiefen strich, beispiele sind bereits im vorigen gegeben,
s. 190, 12 hat bei acQCT die erste hand den vordem strich weggelassen,
und erst eine jüngere ihn ergänzt.
Die zeichen für 10000 bis 90000 sind wiederum die der entspre-
chenden einer mit je zwei puncten. von den folgenden kldneren zahlen
stehen sie getrennt, wie auch in der gesprochenen rede die myriaden
besonders gruppiert werden, also ä /ec 192, 23, und so auch bei vor»
hergehender bezeichnung der myriaden: füiupiäbac B/&tk 193,3. als
richtiger musz es betrachtet werden, wenn in letzterem falle die buch-
Stäben für die myriaden als einheilen bezeichnet sind, wie (luptdbcc A
196, 12, A jLiupidbac 196, 13. ebenso EH ji /Aciff] und f ß yBHKK
205, 3. 4, wo ji und \x die abbrevialuren für jiupidbec shid.
Das zeichen der balfle, eigentlich 8^ ist gewöhnlich cursiv gezogen
zu S, häufig airch mit dem vorhergehenden Zahlzeichen In ^inen zug
F. Hultsch: anz. y. Nicomachi introductio arithmetica ed. R. Hoche. 769
^usammeDgeschrieben. irgend ein beizeichen gehört dem 8 ursprünglich
dicht zu, und so fehlt es auch in der ha. mehrmals, wie 191, 16« 195,
10. 11. 16. 198, 12 u. ö.; allein es ist nicht zu verwundem, wenn
iiiifch die unmittelbare nahe der beizeichen auf den ganzen und gebro-
chenen zahlen auch das halflenzeichen einen strich erhalten liat. am
häufigsten findet sich der schiefe strich darflber, seltener der horizontale
strich, vereinzelt ist il 197, 6.
Die eigentOmllche bezeichnung ur für Yj (metrol. script. I s. 174)
hat der Schreiber s. 194, 14. 16 das ^ine mal zu xal, das zweite mal zu
i cornunpiert die andere Schreibweise für denselben bruch, Reiche
metrol. script. a. o.^ erwähnt ist, findet sich in folgenden formen: /B 201,
15, /B 204, 15, 8 201, 20. 23 u. d.
Es kommen nun die brfiche Vsi V4 usw., welche im griechischen
•durch den einfachen zahlbuchstaben des nenners ausgedrüclit werden,
vielfach hat hier der Schreiber keinen unterschied von der bezeichnung
der ganzen zahlen gemacht, selbst da wo durch diese Unterlassung die
rechnung geradezu unverständlich wird: z. b. äpov TÖ S f 191, 23 soll
heiszen äpov TÖ T^rapTOV* jn^vouci TpiaKÖcioi. aber je mehr weiter
im texte die bruchzeichen sich hflufen , desto constanter trit die absieht
hervor dieselben von den ganzen zahlen zu unterscheiden, dies führt
deutlich darauf hin, dasz in dem original, welchem der Schreiber folgte,
die Unterscheidung noch besser durchgeführt war, dieselbe aber von
jenem anfangs als irrelevant nicht beachtet war. zuerst erscheint einige-
mal das dachförmige zeichen , welches auch andere hss. hin und wieder
bieten: t 192, 12, r 194, 7, oder dasselbe abgerundet: g 192, 12.
aber nach und nach wird der darOber oder an der seite hinzugefügte
schiefe slrlch immer häufiger, so dasz man diese bezeichnung getrost als
die regel betrachten kann , welcher der redacleur der samlung folgte, es
scheint passend als beispiel von s. 195, 9 an einige zellen im Zusammen-
hang zu geben , wobei nur zu bemerken , dasz C das oben beschriebene
cursive zeichen der hälfte ausdrücken soll, und dasz für A als zahl-
reichen b gesetzt ist: TtTvovrai Ä b H t? F gfC M 4 b H xal Z!f^ i*
€x€i d^ßaboöc £S/' OH C b'- tIvovtoi Ä SR i' F JIS' & C b' g^ Kai
iö^ KH- lx€» ^Mßabouc £^y H b' A'fiwYtax n f\i bF KH'^Cm-
4cai AV &. £x€i ^Mßttl^oiPC ä^yKÜf' Tivcrai Ä i' H' F ig m f usw.
in der weitem folge wird der schiefe strich noch regelmSsziger als in
dem eben gegebenen beispiele, immer jedoch hin und wieder verwechselt
mit dem horizontalen striche.
Auch die multiplicativen zahladverbia auf -dKic erscheinen nicht selten
durch Zahlzeichen gegeben; die beizeichen dazu wechseln aber so will-
kürlich, dasz es unmöglich ist^ irgend eine regel herauszufinden, man
vergleiche nur unter einander l la d. i. «^irrdiac Svb€Ka 194, 12, i p
d. i. beKÄKic iKaxöv 197, 14, g d. i. Ödwc 197, 14. 15, g 197, 15,
1 197, 14, t 197, 15, endlich Td 198, 7. vielleicht ist die letztere be-
zeichnung diejenige , welche der redacteur der samlung selbst angewen-
det hat.
Jfthrbacher für class. phUoU 1868 hfU 11. 50
770 F. Polle: zu Piatons apologit.
Nirgends findet sich za irgend einem Zahlzeichen die endsilbe des
"Wortes Iieigeschriebes, für welches jenes gesetzt ist.
Zum schfasz hat unterz. noch auf die zweite in der Oberscfarift an-
gefflhrte publicalion hm. Hoches hinzuweisen, die scboiieo des loannes
Philoponos zu dem ersten buche des Nikomachos waren bereits im j. 1864
erschienen, zu den drei hss. , welche dem hg. damals zu geböte standeo,
ist jetzt für die schollen zum zweiten buche noch der Mflnchener codex
482 geliommen , aus welchem auch (vorrede s. VII f.) einige nachtrige
zu dem ersten teile des Werkes mitgeteilt werden, dagegen sind die ab-
weicimngen der Zeizer hs., welche eine zum teil weit abweichende recen-
sion der schollen vertrit, in die adnotatio critica dieses zweiten teiles
nicht mit aufgenommen , sondern für eine spätere veröffentlicbuDg aufge-
spart worden, wer irgend in seinen Studien auf Nikomachos gefuhrt
wird , wird dem hg. für die nun voUslSndig vorliegende scholiensamlusg
nicht weniger als für die ausgäbe des autors selbst dank wissen.
Dresden. Friedrich Hui.t8Gb.
102.
ZU PLATONS APOLOGIE.
Je höher man den werth einer wissenschaftlichen leistung anschligL^
um so lebhafter pflegt der wünsch zu sein , dieselbe von all und jedem
makel 6ca TävGpidireta gereinigt zu sehen, von diesem gesichtspuncte
aus wolle man die folgenden zeiien beurteilen.
In Piatons apologie 26*0*. heiszt es: ToOra X^TU), d)C tö irapdrrav
oö vo^iZelC OeoOc — ^Q Oaujuäae MAiitc, Iva xi toOto X^€ic;
oiibk f(Kioy ovbi ceKr)Viiv fipa vojiiiZuj Oeoöc elvai, djcirep o\ äXXot
ävOpwTTOi; — Md Al\ \b ävöpec bucacrai, direl töv ^kv ^Xtov
Xi0ov q)f]dv elvm , ifjv bt ceXrjviiv fr\v. — *Ava£aTÖpou otci kotti-
Topeiv, iZi qpiXe MdXf]Te, xal outuj xaraqppoveTc Tuivb€ xal ofci
aurouc äncipouc TPOtMM^^uJV eTvai, diicTe oök eib^vai 6ti t& 'Avo-
SoTÖpou ßißXia ToO KXoZojuieviou T^)i€i toijtujv ti£»v Xötu>v; Kod
bf\ Kai ol v^oi raCra irap ' djucO jnavGdvouciv , & Secrtv £vioT€ , d
ndvu TToXXoO , bpaxfifjc ^k Tfic öpxrjcrpac irpia^^votc CtuKpdrouc
KttTatcXäv, töv irpoc7TOtf)Tai dauToO elvai, fiXXuiC t€ xal o(|tuic
firona dvra. hier gibt die treffliche ausgäbe Grons folgende anmerkan-
gen. zu bpaXMf)c: *der gewöhnliche eintrittspreis , der durch Perikles
Veranstaltung den Ärmeren bflrgem aus der slaatscasse verabreicht wurde
(biwßeXia), betrug nur den dritten teil, zwei obolen. man musz daher
annehmen, dasz entweder der eintrittspreis fQr drei tage — so lange
dauerten die theatralischen auffOhrungen — gemeint ist, oder, wofür die
Worte ei irdvu iroXXoO sprechen mochten , dasz die besseren platze von
dem pSchter (OearpiIiVTic , OcarpOTTiIiXiic) um einen hohem preis, bis
F. Polle: zu Platons apologie. 771
zu einer dracbme, vermietbet wurden.* und zu ^k Tf)c öpXH^^Tpac: in-
sofern sie von der orchestra aus, dem ort zwischen der bOhne und dem
Zuschauerraum , wo die cborlänze und die chorgesange ausgeführt wur-
den, dem Zuschauer dargeboten wurden, die tragödiendichter, besonders
Euripides, der ein schüler des Anaxagoras genannt wird, brachten philo-
sophische lehren , die sie teils den personen ihrer dramen in den mund
legten, teils in die chorgesAnge einflochten , auf die bühne. so soll Eur.
in der verloren gegangenen tragftdie <l>a^Gu)V die sonne xptiC^dv ßu)Kov
genannt haben, vgl Or. 983.' Shnlich erklären Stallbaum und Held diese
stelle, und mit dieser erlcUrung stimmt auch die Übersetzung von Hier.
Möller, ich kann dieselbe aus folgenden gründen nicht für richtig halten,
erstens würde Sokrates sehr unpassend auf die dilettantischen anhSnger
der Anaxagoreischen lehre verweisen, statt auf den Urheber selbst, es
kommt ihm ja hier alles darauf an, dasz die Jünglinge erfahren, wer
dieser urheber ist. im theater aber würde der betreffende dichter ihnen
ebenfalls fremde Weisheit unter eigenem namen auftischen und er könnte
diese weishelt ja auch von Sokrates geborgt haben: kurz die Jünglinge
würden hier durchaus nicht in den fall kommen Sokrates zu verlachen,
der niedrige satz des theatergeldes aber reicht nicht aus die Verweisung
des Sokrates an eine secundflre quelle zu entschuldigen, statt dessen
hätte er, wenn nötig, sicher vorgezogen zu sagen: man kann das buch
des Anaxagoras um zehn drachmen kaufen, zweitens kann Sokrates un-
möglich so ohne jede vermittelnde andeutung von Anaxagoras auf die
dramendichter , seine schüler, überspringen, müste die steile auf diese
bezogen werden, so wSre vorher eine lücke anzunehmen; es könnten
dann etwa hinter KXaZofieviou die worte eingesetzt werden : Kai iroX-
Xal TpaTqjblai tuiv Ma0iiTU>v auroO oder etwas ähnliches, drittens
kann kein leser oder hörer nach der vorausgegangenen erwähnung der
ßißXia 'AvoSoTÖpou das wort TrpiajLidvotc anders als im eigentlichen
sinne verstehen ; auch ist dx Tf)c öpxrjcTpac TrpiacOai in dem sinne,
den Cron diesen worten beilegt, ein höchst auffallender, der einfachen
Sokratischen spräche völlig unangemessener ausdruck. viertens hat
Sokrates nicht das mindeste interesse , den preis für alle drei tage oder
für die besseren platze anzugeben; in seinem interesse wäre es gewesen,
auch wenn wir seine Verachtung aller rhetorischen kunstgriffe mit in
rechnung bringen, von zwei obolen zu sprechen, statt von einer drachme.
endlich wird jeder unbefangene leser die stelle zunächst vom bücher-
kaufen verstehen, und nur der umstand dasz von einem buchhandel in
der orchestra des theaters sonst nichts bekannt ist , kann der grund sein
diese auffassung zu verwerfen, dennoch ist sie richtig und, von Dacier
abgesehen, schon längst, schon 1817, gegen die falsche vertheidigt wor-
den, in Böckhs Staatshaushaltung der Athener I' s. 68 (Slallbaum ver-
weist auf diese stelle, aber freilich erst in der vierten aufläge, und ohne
sich fiberzeugen zu lassen) heiszt es : 'die Hellenen hatten wie die Römer
gebildete haussklaven, welche sie zum abschreiben verwenden konnten ;
so war Philoxenos der dithyrambiker früher sklave bei Melanippides dem
Jüngern; Eukleides läszt zu Megara, nach Piatons Theätet, durch einen
50*
772 F. Polle: zu Platons apologie.
sklavcD ein philosophisches gesprtch vorlesen; Rhianos der dicfatff , to
weise Aesop waren erst sklaren. ich fibergehe anderes, indessea gib es
allerdings bindler mit bfichem; in Sokrales zeit moss in der orekestn
des Dionysischen theaters, natfirlich zur zeit wann nicht gespidt wank,
ein buchhandel gewesen sein, wo man des Anaxagoras bficher, weu
hoch, zu einer draclmie haiMsn konnte.' und in eino* anmerkaag fügt
er hinzu: *dies ist der sinn der meistenteils misrerstandenen sidledes
Piaton apol. s. 26**.' damit vergleiche man die verbesserungeo aDd
nachtrSge s. IV: *wenn man zu dem werthe des papiers noch den arkits-
lohn in anschlag bringt, ist es auf den ersten blick schwer iiegreUÜcfa,
wie bflcher des Anaxagoras , die man sich freilich nicht gross vontdia
darf, wenn tbeuer, um eine drachme zu haben waren; man kann versscbt
sein anzunehmen, dasz in Sakrales zeilen die schrifloi des Anaxagons
wenig gesucht und alle abschriflen bisweilen wolfeil ausgebolen wordo.
in der thal führt der ausdruck des Piaton & Sccnv £vtOT€, dnävii
iToXXoO , bpaxMfic £k tt^c öpxifjcrpac TrptofA^otc auf diese ansickt.
überdies sind die worte des Piaton so unbestimmt, dasz man aanefaioes
kann, der preis den er angibt beziehe sich auf ein einzelnes buch, nicht
auf mehre, vergleicht man aber die römischen preise der kaisennta
(Ad. Schmidt gesch. der denk- und glaubensfreiheit im ersten jL der
kaiserherschaft s. 136 f.), so ftllt Oberhaupt jener preis ffir schrilteD des
Anaxagoras nicht auf; man musz nur annehmen, dasz im PerikleLscbes
Zeitalter schon wie in der kaiserzeit die schreiiier die fertigkeit biiteo
sehr schnell zu schreiben/ weiteres Aber den buchhandel im griechi-
schen altertum s. in Beckers Gharikles II' s. 113 IT., wo es s. 117 u
bezug auf unsere slelle heiszt: *und wenn Böckh den preis einer einzigeo
drachme ffir das werk des Anaxagoras nicht zu niedrig findet, soseui
dieser jedenfalls einen regen verschleisz voraus.' die erkUruog, ^
Böckh von dviOTC gibt, hat allerdings einige wahrscfaeinlichkeil; ^
gewis aber kann sie nicht gelten, wir werden uns bescheiden mässes
etwas bestimmtes darfiber nidil feststellen zu können, da die erbaitcB^
lilleratur uns Ober diesen punct im stieb iXszl. jedenfalls aber passt das
ivioTC auch sehr übel zu Crons erkUrnng , da ja die ihealralischeo i^'
fahrungen regelmflszig wiederkehrten, was Piaton schwerlich durch
£viOT€ ausgedrückt haben dürfte.
Noch eine bemerkung Crons hat mir anslosz erregt. 25* schreibt
er zu den werten Ü5 npdc Aide M^Xf]Te: ^anrede mit belheueroog, die
auch ohne folgenden vocativ vorkommt vgl. 26 ^' es dürfte dies die
einzige anmerkung im ganzen buche sein , die überflüssig ist. überflüssig
aber ist sie — und zwar im günstigsten falle — denn sie enthält nid)t5
was der schüler nicht selbst sähe, ich musz sie aber auch für positiv
unrichtig hallen, irpöc Aiöc ist keineswegs eine betheuerungsforniel
(solche sind ji& Aia, vf| Aia), sondern eine ^obtestandi formula', ^
Held sagt, der sie zugleich richtig erklärt (vgl. Krüger gr. spr. 68, 37, 2).
Dresden. Friedrich Polle-
J. Jeep : anz. t. Q. Curtiiis Rufas ed. £. Hedicke. 773
108.
Q. CüRTI RUFI HISTORIARUM AlEZANDRI MAONI MaCEDONIS LIBRI
QÜI 8UPERSUNT. E. HeDICKE RECEK8ÜIT. ACCEDIT TABT7LA
GEOGRAPHICA. Berolini apnd Weidmannos HDCCCLXYII.
VI u. 266 8. 8.
Der neue herausgeber desCurlius dr. Hedicke folgt, wie es Aach
seinen ^quaestiones Curtianae' (Berlin 1862) nicht anders zu erwarten
war, dem Yon C. G. Zumpt angebahnten wege. er legt seiner recenslon
nicht die neueren, interpolierten, sondern die alteren handschriften zu
gründe und bat es sich zunächst angelegen sein lassen den aus diesen zu
entnehmenden kritischen apparat zu erweitem und fester zu begrflnden.
zu diesem zwecke bat er den Leidensis, Parisinus und Vossianus ver-
glichen, den Bemeusis I und Florentinus 1 aber hat er leider nicht selbst
vergleichen können, daher gibt er die iesarten dieser nach der gröszern
Zumptschen ausgäbe und der aaskunft welche er über einzelne stellen
der gefälligkeit anderer gelehrten verdankt, den Bern. 1 Flor. I Leid,
und Voss, bezeichnet er als sorgfältiger , den Par. als nachlässiger ge-
schrieben, mit letzterem glaubt er den Goloniensis des llodius, die Darm-
stadter, Würzburger und Wiener (S) fragmente in gleiche reihe stellen
zu dflrfen. beiläufig sei hier bemerkt, dasz auch die in der Wolfenbötl-
1er handschrift de oriu tnagni Alexandri Macedonis (ezlrao. 163} ent-
haltenen fragmente aus dem zehnten buche des Curtius, über welche ich
früher in diesen jahrb. 1855 s. 125 ff. berichtet habe, einem dem Par.
und den schedae Vindob. verwandten codex entnommen sind, zum beweise
führe ich die diesen hss. eigentümlichen Iesarten an : X 5, 9 optimissimum
P. aptissimum W. 5, 16 plerumque vano PW. 5, 17 cum caniugibus
PW. ac sueti PW. 5, 22 qui posi Alexandrum PW. 6, 16 piholofneo
PW. delegi W. diligi P. 7, 2 suo meriio PW. 7, 6 non aUum regem
se PW. passuras PW. periinacia et PW. 7, 9 in potesiätem PW.
7, 13 archideus PW. elanguerat PW. 7, 18 huc qui P. hw: qui W.
sequi qui P. seq qui W. eos qui PW. 10, 10 non alias quam SW.
regione SW. 10, 12 nondum destituerai SW. 10, 14 filium amairi S.
filium a maire W. Spartana victoria SW. bei dieser auffallenden Über-
einstimmung mit dem Par. und den seh. Vindob. gewinnen die Wolfen-
büttler fragmente auch för die stellen bedeutung, wo sie eine Vermutung
oder nicht zureichend sichere iesart bestätigen, zu berücksichtigen sind
in dieser hinsieht folgende Iesarten : X 5, 8 magnitudinem capere. 5, 20
ex nepiibus, 6, 3 ac primum. 6, 8 cogitandumque. 7, 3 vocandum esse»
10, 2 Laomedonii. 10, 16 ungulam.
In der Übereinstimmung der sorgfältiger oder naciilässiger vergli-
chenen älteren hss. erkennt H. die Iesart des codex archetypus ; weichen
sie von einander ab, so stellt er es reiflicher erwägung anheim, welche
Iesart aufzunehmen sei (^ubi diasentiunt Codices reputandum est quid se-
quendum videatur'}. mit dem über die beschaffenheit des Bern. I Flor. I
Leid, und Voss, und über die des Par. bemerkten , wie auch mit der an-
nalune dasz, wenn beide teile übereinstimmen, in dieser Übereinstimmung
774 J. Jeep: ani. t. Q. Cnrtios Bufus ed. E. Hedk^
die lesari des codex archetypus za cfteonen sei, biD ich eiBvcnUBdea;
weoiger damit dasz io deo fiJIeo, wo eine Terschiedenheil zwiscbei bd-
deo sUUfiodel, die wähl der einen oder andern letart allein dem sobjedi-
ven ermessen des heratisgebers fiberlassen sein soIL denn es mun skk
nach einer genauen prGfung der beiderseiügen lesarten enischeidea las-
sen, ob auf den Par. oder die anderen hss. mehr za geben Ist, ond ludi
dieser enischeidang entweder jener oder diese der recension zur gmad-
lage dienen, doch wird sich diese frage erst nach einer genauen ^tc
gleichung des Bern. I und Flor. 1 genfigend beantworten lassen.
Nach dem angegebenen grundsaUe sucht H. die'erste aufgäbe wdd«
er sich gestellt hat 'omissis slngulorum codicum erroribos totam codicrs
archetypi varietatem ezhibere' zu lösen, dies geschieht mit grosser um-
sicbt und Sorgfalt es sind nemlicb, damit jedem das eigne urteil iiabe-
nommen bleibe, an den stellen, an welchen seine recension entweder rot
sämtlichen guten hss. oder von einigen unter ihnen abweicht, die ver
worfenen lesarten In wenigen unter dem tezte befindlichen seilen genza
angegeben, die der interpolierten aber da, wo sie als wlridlche verfaesse
Hingen der Alteren in den text aufgenommen sind.
Die zweite absieht welche H. verfolgt ist seine ausgäbe *usiii disci*
pulorum accommodare'. um diese absiebt zu erreichen konnte er bei den
roanlgfachen Verderbnissen der liss. nicht umbin viele conjecturen, Slten
und neuere, eigene und fremde aufzunehmen, er sagt selbst dasz er,
um den lezt lesbar zu machen, sich nicht gescheut habe hie ond da,
namentlich bei ausffillnng von Ificken, Vermutungen die nicht darchaas
sicher seien zu verwenden, hätte er dies gethan, ohne zu den vennuluz'
gen unter dem tezte die handschrifüicben lesarten zu bemerken, so könnte
sein verfahren Irrungen veranlassen, da aber stets angegeben wird, was
Vermutung und was handschriftliche lesart ist, so kann die aufnähme
einer unsichem Vermutung nicht nachteilig sein, ja wol selbst ihre Zu-
sammenstellung mit der hsl. lesart zur auffindung des richtigen fahren,
nur würde ich zweifelhaften Vermutungen auszer der lesart der ilteren
hss. auch die auf den interpolierten beruhende vulgala beigegeben haben,
zu nutz und frommen derer welche diese vorziehen möchten, der hierzu
erforderliche räum konnte leicht eingebracht werden, wenn bei eigen-
namen wie Mazaeus, Ptolomaeus u. a. nicht überall die fehlerhalten
Schreibweisen angeführt wären, übrigens verdient die mühe welche fl-
sich gegeben hat die an verschiedenen orten zerstreuten conjecturen zu-
sammenzubringen, die brauchbaren von den verwerflichoi zu scheiden
und jene auf ihre wahren urheber zurückzuführen, anerkennung und
dank, wie viel hier zu ergänzen und zu berichtigen war, zeigt eine ober-
flächliche vergleichung der neuen ausgäbe mit den früheren, noch nach
abschlusz derselben gaben neue hüifsmittel zu mehreren nachtrigen in
dem Vorworte s. IV f. anlasz. ob IV 2, 6 die Vermutung dimissi tuos
mit recht Orelli , und VII 7, 28 iussii ewn confidere Mützell zugeschn^
ben wird , kann ich in diesem augenbllcke nicht sagen, beide habe icb
in meinen 'quaestiones criticae' vom jähre 1833 abdrucken lassen. —
Ein Verzeichnis der eigennameu ist der ausgäbe s. 264—265 beigegeben*
J. Jeep : anz. v. Q. Curtius Rufus ed. E. Hedicke. 775
Ehe ich nun zu genauerer besprechung einzelner stellen übergehe,
bemerke ich dasz es ebenso wenig meine absieht ist alle die Verderbnisse,
welche in der vorliegenden ausgäbe teils durch benulzung der älteren
hss. , teils durch aufnähme eigener und fremder Verbesserungen beseitigt
sind , als die stellen anzuführen , welche nach meiner ansieht der heilung
noch bedürfen, ich beschrünke mich vielmehr darauf zunächst einige
stellen hervorzuheben, an welchen sich mir, ehe ich H.s ausgäbe in bän-
den hatte, entweder dieselben Vermutungen, welche von ihm gemacht
und aufgenommen sind, oder doch ähnliche dargeboten haben, und an
•diese andere zu reihen, an welchen ich zu einem sichreren resultate als H.
gelangt zu sein glaube, mit ihm zusammengetroffen bin ich in folgenden
Vermutungen : HI 8, 25 ergo non mediocris omnium animorum formido
. • raptimque arma capiebant III 11, 20 cumque plus raperenl quam
'Caperent (vgl. V 6 , 4 e/ cum omnia quae rapiebant capere non pos-
^ni). III 11 , 22 omni plcmctu iumuliuque . . ccatra repleverant (vgl.
IV 1, 10 coloniasque . . omni clade vasiavii). IV 6, 12 ut erat non in-
iactae superslilione meniis (vgl. Livius V 15, 6 vir haud iniacU reli-
{fione animi. 11 36, 3 haud sane Über erat religione animus), VI 11, 20
legem se de supplicio coniunciorum sontibus remitiere edixit, VII 5, 42
^tiamsi forsitan . . minus admirabilis videri ars haec possit. VII 6, 21
diripiiussiL deleta eaMemacenishaudiniuria infesius. VIII 9,8 Ganges
4lecursurum lomanen (oder in mare lomanen) intercipit (vgl. Piinius n, h.
VI S 69 amnis lomanes in Gangem per PaUboihros decurrit). VIII 13, 4
Samaxus quoque . . adductus est. IX 4, 6 seque ac liberos . . cremant.
An folgenden stellen weiche ich von H. ab und lege ihm meine
Vermutungen zu gefälliger erwägung und zu beliebigem gebrauche vor.
ill 11, 15 equi pariter equiiesque Persarum serie lamnarum [ob id
•genus] graves, agmen^ quod celeritate maxme constat, aegre molie^
bantur, da die worte ob id genus sich in allen hss. finden und ein grund
sie einzuschalten nicht vorliegt, so ist es mir wahrscheinlich dasz Curtius
4terie lamnarum obsiii^ genus grave, agmen . . aegre moliebantur ge-
schrieben habe, mit genus gebildete appositionen kommen bei den ge-
schieh tschreibern häufig vor: vgl. VII 3, 6 Parapamisadae appellantur,
agreste hominum genus. Livius XXXIV 27, 9 caslellaniy agreste genus.
XXXVI 17, 4 f. exercitus hostium üle et numero maior et militum ge-
nere aliquanio melior: quippe illic Macedones erant^ hie Syri et Asia-
iid Graeci, vilissima gener a hominum. Florus I 19, 4 Ligures . . tuti
hcis et fuga^ durum atque velox genus. — III 13, 9 at tV/i, qui sub
oneribus erant^ omissis iis per metum capessunt fugam, H. hat mit
Acidalius Hs ohne not hinter omissis eingeschoben, illi bedarf des Zu-
satzes qui sub oneribus erant nicht , da es nur auf Gangabas . . onera
j>ortantes {$ 7) bezogen werden kann; omissis aber fordert eine nähere
bestimmung. daher ist at iüi^ quis sub oneribus erant omissis (d. i.
-oneribus^ sub quWus erant, omissis) zu lesen, vgl. V 7, 7 omissa igitur
quam poriaverant aqua mit Cic. acad. pr. II 11 , 33 quo enim omnia
Judicanlur sublato, und über quis sub Curtius VI 2, 10 quis e duodecim
MÜia in congiarium militum absumpta sunt.
776 J. Jeep : an^. v. Q. Cartius Rufus ed. E. Hedicke.
IV 1, 31 velut in medio positis bonis hoiiium cunda agdxatur,
Ale bsl. lesart posUis dis (patiiii edis L) fährt eher diuf posiüs utiis i\s^
auf positis bonis: vg]. Justinus XXIV 1,5 qui adunato exercitu vrbm
sataque in hi» campis posiia depopulatur, — IV 8, 6 fama est, cum
rex urbis futurae muros polenta . • desiinasset^ avium greges advo-
lasse et polenta esse pastas. H. hat die von Modius herrOhrende ver-
mutung urbis futurae muros aufgenommeo. da sich aber in den gnten
hss. urbem futuri muris und in einigen der interpolierten (Bern. B Fior.
CE6H) urbem futuris muris findet, so ist cum rex crbem futuris muris
polenta . . destinasset zu lesen : vgl. S 2 octoginta siadioruM muris
ambitum destinat mit Livius XXXIV 9 , 2 Graecum oppidum . . totum
orbem muri minus quadringentos passus patentem habebat. — IV U,
19 quae post Euphraten sunt liberaliier donat. ubi igitur me adeatiSy
\nempe'] obliti estis: nempe ultra Euphraten sum, UberaUtatem wn-
mam ! die aufnähme von adeatis für adfatis uud die ausstoszung des
Wortes nempe vor obliti heisze ich gut; aber mit dem ausrufe liberalHa-
tem summam! kann ich mich nicht befreunden, der susammenhang Te^
laugt den gedanken 'ich habe den Euphrat, die Suszerste grenze seioer
freigebigkeit, überschritten', und auf diesen weist auch die lesart der hss.
liberalitati summum {liberatis summum P) hin : denn es braucht nor
ultra Euphraten sum^ liberalitatis summum geschrieben zu werden«
vgl. Hör. epist. II 1 , 32 venimus ad summum fortunae. Shnliche «ppo-
sitionen finden sich bei Curtius häufig: vgl. Mützell zu III 9, 4. — i^
16, 3 refrenare equos iussi^ qui sequebantur^ agmenque ctmstitit. H.
schreibt mit Foss sequebantur statt vehebantur. da aber der Gol. oor
agmen hat und que zur Verbindung der beiden Satzglieder wenig ge-
eignet ist, so ziehe ich vor refrenare equos iussos^ qui vehebantur,
agmen constitit. es mag que eingeschaltet sein , nachdem iussis irtüm*
lieh von einigen mit iussi^ von anderen mit iussit vertauscht worden war.
V 6, 15 incolae^ qui sparsis tugurüs habitabant^ cum se cM^s
inviis saeptos esse credidissent usw. die hsl. lesart callibus ist mit cd-
libus vertauscht, es kann aber callibus den scbriftzflgen nach ebensowol
aus saltibus hervorgegangen sein, und dazu passt das beiwort ini^
besser als zu coUibus: vgl. Livius IX 11, 3 resiituat le^ones intrasal'
tum^ quo saepiae fuerunt mit IX 14, 10 non haec furculas nee Ce»'
dium nee saltus invios esse, auch IV 9, 22 empfiehlt sich weder das
aufgenommene callibus noch das bandschriftliche coUibus (coüig^^^ ^!^
sondern es wird, da von den Amanicae pylae die rede ist, entweder
convaUibus oder saltibus zu lesen sein, — V 7, 11 ipsum^ iif /r»w«*
gravatae ebrietate menti quies rediit^ paeniluisse constat. die hier auf-
genommene Vermutung A. Ilugs weiclit von der lesart der hss. gravot^
ebrietate mentem quies reddidit weiter ab als nötig ist. es genügt ^
primum gravato ebrietate mentem quies reddidit zu schreiben: ^''
VI 4, 28 Pino gravatus. IV 13, 17 tandem gravatum asmd ans^
corpus altior somnus oppressit. Scribonius Largus emnpos. medie* U
eadem herba ebrio data copiosa in crapula pinum diseutit men^^
restituit. dagegen würde ich IV 5, 3 die conjectur Hugs vereri ss^**
J. Jeep: asz. v. Q. Curlius Rufus ed. E. Hedieke. 777
inani ae puerili mente $e e/ferrei ohne bedenken aufgenommen haben,
ttur ist ad Mera nieht ratt agerety sondern mit se efferret zu Terbinden:
vgl. IV 10, 3 eaelum vanis cogiiationibus petere. Hör. carm. I 3, 38
caelum ipsum pelhnus itültUia, I 1 , 36 subKmi feriam sidera vertice.
— > V 8, 3 XZJT mäia peditum sequebaniur^ in quibus Graecorum
erant IUI tniUa , fide erga regem ad uUmum invicta. da die bss. fide-
liier haben, die letzten buchstahen dieses Wortes aber diltographie der
ersten des folgenden erga sein können, so ist es wahrscheinlich dasz
Cnrtius, um die Griechen Tor den übrigen auszuzeichnen, fide hi (oder it)
erga regem . . intncia sehrieb. — V 8, 14 #f hie animus omnibus esty
si haec lexy nullt non parta liberias est: nemo usw. der zusalz H.s
omnibus est ist, da nulK . . nemo . . nemo folgt, nicht unbedingt not-
wendig, jedenfalls wird die rede kraftiger, wenn wir, wie III 12, 19
sie .. sie statt si . , si aufgenommen werden muste , so hier Sit hie ani-
mus^ Sit haec lex lesen: vgl. Hör. epist I 10, 53 Sit spes fallendiy
miscebis sacra profanis. — V 9, 8 proinde si Bactra^ quod tutissimum
receptaeulum est^ petimus^ praefectum regionis eius Bessum regem
temporis gratia staiuamus: rebus compositis iusto regi tibi fiduciarium
restituet imperium. die bessern bss. kennen die worte statuamus und
rebus nicht , die jflngem aber schieben nach Zumpts angäbe statuamus
hinter gratia und rebus hinter compositis ein. hatten wir nur die aller-
dings verderbte lesart der altem hss., da wflrde heutiges tags schwerlich
jenes mittel ihr aufzuhelfen ergriffen werden, sondern eher meine Vermu-
tung praefectus regionis eius Bessus regni temporis gratia compos Sit:
is iusto regi tibi. . restituet imperium beifall finden, petimus mag dazu an-
lasz gegeben haben, dasz praefectus . . Bessus regni schon früh in prae--
fectum . . Bessum regem Clbergieng: vgl. Cic. p. Sestio 69, 146 an ego in
hac urbe essepossim his pülsis^ qui me huius urbis compotem fecerunt ?
VI 2, 9 miMe hi fuerunt: inier quos repertus est Oxathres Darei
f rater usw. sollen im folgenden S 11 die worte Oxydates erat^ nobifis
PerseSy gut usw. niclit ohne allen anhält und allen Zusammenhang mit
dem vorhergehenden sein, so müssen hinter repertus est die worte Oxy-
dates ety welche vor Oxathres leicht ausfallen konnten, eingeschaltet
werden, übrigens bemerkt Acidalius mit recht, dasz der satz Oxathres
erat nobüis Perses . . honore servato passender hinter quam indole
animi clarior seine stelle haben würde. — VI 5, 11 itaque rex indig*
naius , si una gens posset efficere^ ne invictus esset^ impedimentis cum
praesidio reUctis valida manu comüante procedit, H. hat mit Mülzell
valida statt des hsl. invicta geschrieben, andere haben mülta , reliqua^
expedita^ indicta^ delecta, electa vermutet, die menge dieser versuche
zeigt, wie schwer es ist ein einzelnes wort zu finden, weiches einerseits
den Zügen von invicta gleicht, anderseits einen in den Zusammenhang
passenden sinn gibt. Alexander ist in Hyrkanien ehigedrungen {$ 1 iam
ultima Byrcaniae intraverai): die halsstarrigkeit der Marder veranlaszt
ihn aber zu einer Seitenbewegung mit einem teile seines heeres. das
übrige beer nebst dem gepack bleibt auf der eingeschlagenen strasze, der
ndHiaris via (V 13, 23), und Alesander kehrt nach bestegung der Marder
778 J. Jeep: anz. ▼. Q. Curiius Rufos ed. £. Hadieke.
zu ihm zurück (S 22 quinio die in siativa reveriüur). diese Uge der dinge
macht es mir wabrscheiulich dasz reUciis in via ciia ptanu comHanie pro-
€edit zu leseo sei: vgl. Cflsar b. civ, I 1,15 reUctus in itinere cum pauäs
incidii in Vibtdlium Rufum. Curiius IV 4, 6 rex cUusem in divenm
partem agi iusserat XXX minoribus nauigiit reliciis tu lüore.
' VH 2, 9 nisij quae delala essent^ excussissem^ valde dissimukk
mea suspecia esse potuisset. sed satius est purgaios esse quam n-
spectos. die Veränderung des hsl. superare in suspeeta esse ist as »ch
keine leichte und wird durch die ganz verschiedene beziehuog tod «•
^pecta und suspectus noch auffallender, daher habe ich frOher dissm-
latio me asperare potuisset vorgeschlagen, jetzt ziehe ich dissimulatmi
asperari potuissent oder dissimulatio ea asperare potuisset ?or: v§L
Tac. ann, 11 27 mox libellos et auctores redtat Caesar y ita moderm
ne lenire neve asperare crimina videretur, diese steile kann hier ua
so eher verglichen werden, als interim Libonem omat praetura^ cor-
victibus adhibeiy non mdtu alienatuSy non verbis commotior (adeoin»
condiderat) vorhergehL — VII 3, 8 tuguria latere crudo struunt et .
usque ad summum aedificiorum fastigium eodem laierculo läuniur-
die hsl. lesart latere primo ist mit latere crudo verlauscht, da akr die
Worte usque ad summum . . fastigium eine bezeiclmung des uotero teib
der hauen voraussetzen, so dürfte latere per ima struunt sich mehr
empfehlen : vgl. % 9 structura latior ab imo . . ad ultimum in carui(K
maxime modum coit, — VII 5, 7 ergo quidquid vini oleique erat, an-
bus ingerebatur. den ausdruck oribuSy welchen Zumpt und Hedicke sutt
der hsl. lesart hominibus aufnehmen, hat nach Mfltzells gefilbl elva^
massives, dieser nicht unbegründete tadel wird wol am leichteslen ver-
mieden, wenn wir ab omnibus ingerebatur lesen. — VII 6, 12 Ber^
quendam misit ex amiciSy qui denuntiaret iiSy ne Tanaim amnem rt^A
iniussu \regis'\ transirent. mit reciit nimt H. an der lesart der hs- ^
Tanaim amnem regionis iniussu regis transirent anstosz : denn regia^
ist zu Tanaim amnem ein unpassender zusatz. er ändert aber zu willko^
lieh, nach meiner ansieht ist ne Tanaim amnem legiones iniussu rtfi
transirent zu schreiben, auch IX 2, 24 sero*hostium legiones numerar^
coepistis werden die schwärme der barbaren durch legiones bezeichnet.
VIII 4, 16 forte Macedo gregarius miles seque et arma vix susten-
tans^ tamen in castra pervenerat, es findet sich vix in den iiss. nicht
und tamen kann nur gewaltsam von susientans getrennt werden, daher
ziehe ich es vor forte Macedo^ gregarius mileSy aeger sed arma sutitn-
tans tamen zu schreiben, der erste buchstab von seque kann eine Wie-
derholung des vorhergehenden sein , der letzte das zu et erforderliche i
und das übrige equ das wort aeger enthalten: vgl IX 10, 1^ ^ ^
ietrius quidem aegri sequi poterant, — VIII 6, 19 data singuUs l^'
iertia conlaudatique quod . , perseverasseni, da die hss. conUtudoUt^
aufweisen, so wird wol conlaudatis quoque zu schreiben selo. — YIU 9.
13 nee cur inverterit se natura causa, eine Ursache cur mi»^<^' ^
natura kann Gurlius nicht in abrede stellen , sondern nur sagen dasz er
sie nicht kenne und sich nicht um sie kümmere, vgl. Tac. Agr* ^0 noi»-
J. Jeep : anz. v. Q. Curtios Rufus ed. E. Uedicke. 779
ram aceani atque aesius nee quaerere huius operis est et mulH rettu-
lere und als gegenleil Curtius IX 9, 26 unde iantum redisset subito
mare^ quo pridie refugisseiy quaenam esset eiusdem elementi natura
. . mirabundi requirebant, daher glaube ich dasz unter den verderbtea
Worten der hss. nee cur ubi se natura causa nichts weiter verborgen
ist als nee curo novisse naturae causam : vgl. IX 10, 3 naturam maris
noscerent. Cic. de re p,l 6^11 quod nee didicerint nee umquam scire
euraverint. Hör. sat. II 8, 19 sed quis cenantibus una^ Fundani^
pulcre fuerit tibi nosse laboro, epist, I 17, 5 quod eures proprium
fecisse, — VIIl 11 , 24 rex locorum magis quam hostium victor tarnen
magnae victoriae speciem sacriftcOs et culiu deum fecit, der Vermutung
Matzells, der speciem wider die hss. einschiebt, wärde ich die leichtere
Zumpis magnam victoriam . . fecit vorgezogen haben: vgl. Cic. p. Caelio
15, 36 verbis parvam rem magnam facis.
X 1, 26 Bagoae spadoni . • nullum honorem habuit admonitusque
a quibusdam nequam Alexandre cordi esse respondit^ amicos regis^
non scorta se colere, statt der gewöhnlichen lesart quam findet sich in
den hss. equam {aequa P). H. schreibt dafür nequam. die Änderung ist
leicht, aber nequam für sich allein von dem gewöhnlichen Sprachgebrauch
abweichend, soll die person bezeichnet werden, so nehme ich bei den
manigfacben imingen, welchen die eigennamen unlerllegen, keinen an-
stand Bagoan Jlexandro cordi esse zu lesen. — X 1 , 31 auro argen-
toque conditorium repletum esse crediderat. mit Heinsius condilorium
statt des hsL conditum zu lesen halte ich für bedenklich: denn dies sonst
von Curtius nicht gebrauchte wort ist hier, da sepulcrum vorhergeht,
uberflassig. eher möchte ich argentoque condilo cum rege schreiben.
rege konnte vor repletum leicht übersehen werden : vgl. $ 34 ex Dareo
ita accepi III miUa talentum condita esse cum Cyro, — X 7, 10 rur-
sus Philippum trahens secum inrupit regiam^ clamitans suffragari spei
de novo rege paulo ante conceptae robur aetatis. Tellier und Heinsius
Andern die hsl. lesart rei publicae in spei publicae ab ; H. schreibt spei.
da aber nach seiner angäbe publicae in den hss. nicht abgekürzt, son-
dern ausgeschrieben ist {rei publice W) , so darf es nicht auszer acht ge-
lassen werden, mir scheint es daher rathsamer im nächsten anschlusz an
die Überlieferung (W hat paulo ante concepte) suffragari rei publicae
de novo rege paulo ante conceptis robur aetatis zu lesen: vgl. Quin-
tilian Vi pr. 2 illum enim^ de quo summa conceperam et in quo spem
unicam senectutis reponebam . . amisi. — X 8, 6 atque ille seditione
provisa^ cum rex contionem adisset^ inierrogare eum coepit^ an Per*
diccam comprehendi ipse iussisset. die aufgenommene Vermutung Halms
cum rex contionem adisset weicht von dem hsl. cum regem adisset
weiter ab als nötig ist. es genügt , da Arridftus immer nur als ein Werk-
zeug in Meleagers banden erscheint , cum regem accisset zu schreiben :
vgl. V 12, 7 inter haec Dareus Artabazum acciri iubet. — X 9, 2 ^4
cum pluribus corpus^ quam capiebat^ onerasset^ cetera membra de*
ficere coeperunL ich bin allerdings der ansiebt, dasz pluribus hier
ebensowol durch capitibus ergänzt werden musz, wie X 6, 8 capite opus
780 G. Scheibe: in Ciceronis de oratore llbrain tertinm.
est: hocine und an pJuribus^ in vestra poiesiate est das in den hss.
fehlende pluribus aufgenommen ist. doch glaube ich dasz capUibusMi
mit Niebuhr an die stelle von quam capiebai zu setzen , sondern hiDter
capkhaty nach welchem worte es leicht ausfallen konnte, eiozufOgeobL
vgl. % 4 cum sine suo capite discordia membra trepidareni. W 9, 28
velut truncum corpus dempto capite . . ludibrium hostis fuiufos.
Zum schlusz dieser anzeige fasse ich mein urteil fiber die voiiiegenie
ausgäbe des Gurtius kurz zusammen, der hg. hat zwar das ziel , wdcb
er sieh gesteckt, nicht ganz erreichen Itönnen. es fehlte ihm dazu w
allem eine genaue vergleicliung der beiden zur feslslellung der lesarta
des codex archetypus so wichtigen handschriflen Bern. I und Flor. L
auch hat er an einzelnen stellen sowol handschriftliche lesarten als eigae
oder fremde Vermutungen in den text aufgenommen, welche ihres pbu
auf die dauer wol nicht behaupten werden, dies hindert mich aber tiM
es mit voller Überzeugung auszusprechen, dasz durch seine ausgal)e eä
wesentlicher fortschritt in der kritischen behandlung der schrift des Cr
tius gemacht ist. er hat den text durch vergleichung und benutzung ito
zuganglicher handschriflen fester begründet und oft berichtigt, ihn darcb
aufnähme nötiger emendatlonen verständlicher gemacht und die lesarta
der guten hss. auf beschranktem räume zuverlässiger verzeichnet und vkt-
sichtlicher geordnet, als es in weit umfangreicheren ausgaben der fall is^
WOLPBNBÜTTEL. JüSTUB JeK"«
(67.)
IN CICERONIS DE ORATORE LIBRUM TERTIUM
Coniuuctionem enim ut apud Ciceronem Tusc. disp. V 37 S
ferri non posse ostendi in bis annalibus 1867 p. 67, ila defendipo^
nego in interrogatione ad enumerationem continuaudam adhibita sp
eundem Ciceronem de oratore III 33 $135 haec fuii P. Ürassi il^
veteris^ haec Ti. Coruncanii^ haec proavi generi mei Sciponis pr^-
dentissimi hominis sapientia . . . quid enim M, Catoni praeter hs»c
politissimam doctrinam transmarinam atque adventiciam defuit^ b«"
causam superioris sententiae non adferri ex eo apparet, quod vucabuio
eidemque non compreheuduntur veteres nnfversl , sed soli ilü <iui ^^
nominati sunt indicantur. quae res etsi Baku acumen non fugit, ^^
quod uncis ille includendam censuit coniuuctionem enim ut intemp^s^'^^
insertam, cum non habeat unde eam quove casu buc irrepsisse diral«
intempestivum iudicium esse patet. immo vitium contraxisse illam voc«-
lam veri simile est, ut scribendum videatur aut quid autem M, Cot(f^'
nam confundi autem et enim perpetuum est (cf. Ellendtius ad Cic u^
orat. n 58 S 236) , aut quid denique M. Catoni. Catonis enim eiaa-
plum postremo adfertur, quo illos veteres non in una aliqua arie^
disclplina elaborasse et praestitisse, sed omnes esse complexos doclriB^^
earumque varietatem et copiam cum negotiis et publicis et privativ atfu^
cum rei publicae procuratione conitmxisse probetur.
Dbbsda£. Cabolus Schbi^'
B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 781
104.
L. Annabi Senbcae tbagoediae. aooedvnt inoebtab originib
TBAGOBOIAB TBBS. BECBNBYEBVNT RVDOLFVS PsiPEB BT
Gystavvb Bicbteb. Lipsiae in aedibns B. G. Tenbneri
MDCCCLXVn. XLVm u. 692 s. 8.
Eine neue ausgäbe der tragödien des Seneca war gewis an der zeit,
denn diese dramen , ehemals so hoch gefeiert und ton einer reihe zum
teil ausgezeichneter philologen bearbeitet, waren seit dem vorigen jahr-
htindert mehr und mehr vemachlaüssigt worden, und in Deutschland hatte
seit Bothe und Baden, d. h. seit nahezu fünfzig jähren, niemand wieder
«ine gesamtausgabe derselben veranstaltet.
Bekanntlich sind diese tragödien in zwei verschiedenen recensionen
auf uns gekommen, in einer besseren, welche in der neuen ausgäbe durch
E bezeichnet ist , und in einer schlechteren , A. von jener besitzen wir
«inen einzigen Vertreter, den im zwölften oder vielleicht schon im elften
jh. geschriebenen codex Florentiuus der Laurentianischen bibliothek (hSufig
auch Etruscus, Tuscus, Mediceus genannt), welchen im siebzehnten jh.
Job. F. Gronov entdeckte und zuerst für die kritik verwerthete. diese
hs. haben die herausgeber im j. 1863 durch Hermann Peter von neuem
vergleichen lassen ; für zwei chorgesänge des Oedipus und des Agamemnon
halte ihnen auszerdem 0. Ribbeck aus der von ihm gemachten, noch nicht
veröffentlichten collation derselben hs. excerpte mitgeteilt, auch die
schon von Bothe benutzten handschriftlichen bemerkungen Jacob Gronovs,
welche sich auf der k. bibliothek zu Berlin befinden und ein par nach-
trage zu den von seinem vater veröffentlichten mitteilungen aus dem Flo-
ren tinus enthalten, sind von den hgg. wieder durchgesehen worden, der-
selben recension wie der Florentiuus gehören auszerdem die excerpte
aus Senecas tragödien in dem bekannten miscellancodex des Thuanus
(ur. 8071 der kais. bibliothek zu Paris) an, welcher auch aus Gatull,
Martial und vielen anderen dichtem auszüge enthSlt. eine genaue ab-
schrift derselben erlangten die hgg. ^ durch die gefSlligkeit des nun ver-
storbenen F. Dflbner. diese excerpte sind zwar bedeutend 5lter als der
Flor. — nach Dflbner in Schwabes Catullausgabe praef. s. 1! ist jene hs.
des Thuanus zu ende des neunten oder am anfang des zehnten jh. ge-
schrieben — aber an umfang leider so gering, dasz sie für die kritik
nur sehr wenig in belracht kommen: sie enthalten den chorgesang in
den Troades v. 67 ff.') (nebst den drei vorausgehenden senaren), ferner
Medea 682 — 597, Oed. 110 — 137 und einiges wenige aus dem v. 407
beginnenden chorgesang desselben Stücks (s. praef. s. XXIV — XXVI, wo-
selbst diese fragmente so wie die Dübnersche abschnft sie bietet abge-
druckt sind).
Die andere schlechtere recension des textes dieser tragödien wird
repräsentiert durch alle übrigen uns bekannten hss., deren zahl sehr
1) es versteht sich dasz ich in dieser recension dorchaas nach der
verszählong der neuen ausgäbe citiere.
782 B. Schmidt: anz. v. Senecae Iragoediae edd. R. Peiper et G. Richter.
grosz ist, von welchen indessen keine einzige älter zn sem sdieislals
das vierzehnte jh. derselben recension gehörte auch schon derjenige co-
dex an , von welchem Ritschi in dem Amhrosianischen palimpsest de<
Plautus einige blütter aufgefunden hat. von den hss. dieser recensu
haben die hgg. mehrere teils selbst verglichen teils vergleicheo Iissa
nemlich ffinf hss. der Rehdigerschen bibliothek, welche simüich des
vierzehnten jh. angehören (und zwar zwei von ihnen, R oder R 11 imi
R 13, bestimmt dem ausgang desselben), ferner ^ine hs. der Rmlacer
Universitätsbibliothek aus dem ende des fünfzehnten , zwei Gothasche t
eine aus dem fünfzehnten jh., wie es scheint, die andere aus dem sed-
zehnien), ^ine hs. der kais. bibliothek zu Wien aus dem vienebDiei;t
(codex Vindobonensis, durch V bezeichnet), von welcher den hgg. für ^
ersten Hercules zwei collationen , eine von Vahlen und eine andere ^
J. Haupt gefertigte, zu geböte standen, für die Octavia, wo uns der Flor
im stich läszt, sind auszer den Rehdigerani , den Gothani uod dem Visde-
bonensis noch besonders benutzt worden die collationen einer Leidens
hs. des vierzehnten jh. und einer hs. des britischen museums, ^ ^^
demselben Zeitraum angehört.
Dasz die grosze menge der schlechteren hss. wirklich auf eioe be
sondere recension zurückgeht und nicht etwa dem Flor, oder demjeni^ö
codex aus welchem dieser abgeschrieben ist ihren Ursprung verda&ki
lehren folgende thatsachen auf das bestimmteste, die Octavia, weklie^
stück bekanntlich nicht von Seneca herrührt, fehlt im Flor, giozlid^
während sie in allen übrigen hss. enthalten ist. der FJor. hat im t^ol^
Hercules einige gröszere lücken, von welchen die schlechteren hs& (rf-
sind, die reihenfolge der tragödien ist in diesen eine andere als io jeoeQ*
auch die tiiel der stücke sind zum teil verschieden, im texte selbst ib^
weichen an vielen stellen der Flor, einerseits und die übrigen hss. ao«^'
seils in so erheblicher weise von einander ab, dasz die lesart der leUi^
ren unmöglich durch bloszes versehen der abschreiber aus der des ersttf«
entstanden sein kann (beispiele dafür unten), dies sind untrügliche \>^
weise für das Vorhandensein zweier besonderer recensionen, von welcba
freilich, wie wir noch näher sehen werden, die eine der andern ao veriii
sehr bedeutend nachsteht, dasz indessen auch diese schiechtere receosiod
in verhältnismäszig früher zeit entstanden ist, zeigen zwei vondeabg^
(praef. s. IV) mit recht hervorgehobene thatsachen , nemlich die eiisleoi
der oben erwähnten Ambrosianischen fragmente, welche in uncialen on
ohne Worttrennung geschrieben sind und gleichwol schon dieser rece^
sion angehören , und sodann die beschaffenheit eines citates aus Seoec^-
Thyestes bei Lactantius, dem commentator des Statius, welcher zur Tl^
hals IV 530 einige verse aus jener tragödie anführt und v. 347 Dieit'
fores liest , wie der Flor., sondern , was in allen übrigen hss. steht, iT^
bes^ woraus folgt dasz bereits dieser scholiast ein exemplar der scblec
tern recension vor sich hatte.
Es versteht sich aber von selbst, dasz diese beiden recensfoneo tro
aller Verschiedenheit zuletzt doch auf einen einzigen urcodex zaruckgC"
wie sollte man sich sonst gewisse beiden gemeinsame eigentümil^^^ ^^
B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 78S
derhnisse erklaren? wenn z. b. Thy. 1012 sowol E als A statt des von
mir hergestellten ienebrasque die unsinnige lesart le nosque haben, so
zwingt dieses zu dem schlösse , dasz jener fehler bereits der uns verlore-
nen, beiden recensionen zu gründe liegenden Urquelle anhaftete oder
wenigstens, dasz die mittleren buchstaben des wortes tenebbasqye in
derselben unleserlich waren.
Ueher diesen archetypus nun haben sich die hgg. praef. s. IV f. eine
sonderbare ansieht gebildet , welche schwerlich anhünger finden dflrfte :
sie identificieren denselben nemlich mit dem manuscripte des dich-
ter s selbst und behaupten alles ernstes, dasz die recensionen E und A
unmittelbar aus jenem hervorgegangen seien, auch die beschaffen-
heit dieses manuscriptes kennen die hgg.: es soll ungeordnet, eilfertig
geschrieben , mit zusetzen und zahlreichen Änderungen versehen und für
die herausgäbe nicht bestimmt gewesen sein.'} zur begröndung dieser
ansieht werden zunächst folgende stellen angeführt, an welchen E und A
mehr oder weniger stark von einander abweichen :
Phae. 831 deformis senii mon-
siret imaginem*)
Phae. 347 venere insiincius
suacipit audax grege pro Mo
beUa iuvencus*)
Herc 36 patrem probavi glo-
riae feci locum qua sol re-
ducens quaque reponens
diem^)
Herc. 627 leneone in auras
editum an vana fruor*)
Herc. 675 nocie sie mixta
solet ^)
Thy. 347 fores
— 610 expavescii
— 1048 detur via
Oed. fr. 327 scelus
Phoen. fr. 154 suspensae
Phae. 283 moderatur ")
d, 5. limina iranseat
V. instincti quam magna ge-
runt g.p, t. 6. iuvenci
patrem prohavii in de qua
lucem premit aperiique ihe-
tis qua ferens Titan diem
verumne cerno corpus an
fallor tua
tale non dubie solet
trabes
extimescit
demus viam
nefas
solUcitae
iaculatur
2) Seneca selbst soll nnr einzelne stücke veröffentlicht haben
(praef. s. Y anm.). 3) hier stimmen der Melissens nnd einige andere
hss. der schlechteren recension mit £ überein. über diese fälle später.
4) ebenso eine ganze reihe von hss. der recension A, was hr. Richter
in der adnotatio criüca nicht angeführt hat vgl. Gronov und Schröder
zTL d. st. 5) auch hier gehen ein par Codices der andern recension
mit £. 6) ebenso der Melissens nnd einige andere hss. der reo. A.
7] ebenso diner der Palatini Gmters nnd Y (nnr dasz dieser ndsta),
8) dieselbe lesart bieten die meisten hss. Delrios, was Richter
wieder unerwähnt läszt; sie ist auch schon lange vor Gronov in den
text aufgenommen worden.
784 B. Schmidt: au. t. Seoecae tngoediie edd. R. Peipcr et G. Rkkte.
hierzu bemeiien die hgg. (s. VI): *haec ei qiiae sunt similia appanl iu
non posse ezplicari, ot altera scriptura ex altera aut depravata aat Hknrii
Ubidioe mntata aut interpretandi caussa adacripta esse dicatur. imnom
est dubium qain utraque quodam modo ab ipso poeta profecta lit, mi
pugillaribus ntriusque generis auctorem usum esse diximus. qaosquds
codicillos cum poeta crebro correxisset, Induceudo nimirumsitpra-
scribcudo Tcrba versusque sive inter lineas si?e ad mar-
ginem adiciendo et ita quidem ut quid legi Teilet aotqis
quaeque pertinereot multis locis dob saiis aceuratesigBi'
ficaret: fieri non potuit quin duo illi librani qui diverso lenporepoe-
tae chirograpbo ad describendum uterentur dubitantes saepe qiiii
vel quo ordine describerent alter boc alter illod eligereL i!«^
alterum sequeretur versuum ordinem , haud raro uterque quae legi •£-
nino non poterant omittereL' sehen wir uns nun die oben angeffibKa
beispiele etwas näher an. zunftchst mOssen ans der zahl derselben so(<r
zwei als hier gar nicht in betracbt iLommend ausgeschieden werift
Thy. 1048 sind die lesarten in E und A keineswegs so verschieden, dai:
nicht die eine aus der andern durch bloszes versehen hStte talsitha
iLönnen. dasselbe gilt von dem beispiel aus Tlij. 610, wo wir flbrigea^
den nicht einzig dastehenden, unten nAher zu besprechenden fallhabs.
dasz A das richtige bewahrt hat , wShrend E eine corrupte lesart h«^
und bevor hr. Richter die letztere in den text aufnahm , hätte er f£t
billig flberlegen sollen, ob expavescere äliquid ab alt quo \Am^
sei. wahrscheinlich war in demjenigen codex , aus welchem der Hdr
direct abgesciirieben ist, der drille, vierte und fOnfle buchstab des v»^'
tes extimescü undeutlich, was aber die flbrigen stellen betrüR, «^"^
jeder der dieselben prüft sich dberzeugen, dasz an sftmtlichen ^^
E gebotene lesart unbedingt den vorzug verdient vor derii^
wie denn auch die hgg. selbst an allen diesen stellen der erstem gefoil*'
sind, überhaupt aber wüste ich von allen denjenigen stellen dieser tn-
gödien , an welchen die Verschiedenheit zwischen beiden receosiooefl d^
art ist, dasz dieselbe einem bloszen unwillliürlichen versehen dcf Ab-
schreiber nicht zugeschrieben werden kann — und es gibt dereo, "^
bereits oben bemerkt worden, eine grosse zahl — kaum zwei zu oeutefi.
an welchen A besseres oder auch nur ebenso gutes böte als E. als 2^
sich gleich passend können vielleicht Herc. 1025 die lesarten occü^
(so E nebst V) und auferam (A) bezeichnet werden. Oed. 343 bat ^^
einigen grund zu schwanken, ob vuUum solis aus E (mit wdcbesi 'ii<^
der Melisseus übereinstimmt) oder nicht vielmehr vultum obUquoi dSß ^
aufzunehmen sei: vgl. Gronov zu d. st. denn die beiden ausier diesem
letztern von den hgg. praef. s. XVlii hierfür angeführten beispiele köo»^
als solche durchaus nicht anerkannt werden : dasz Oed. 250 mit <^
Flor, zu lesen sei Sphinx ei nefandi carminis tristes minae^ kosD^^
die hgg. schon die von Gronov herangezogene parallelstelle aos Sop
OT. 130 lehren, welche uuserm tragiker vorgelegen hat, f| itoikiAuh)^
Cq)lTH TÖ TTpdc TTociv CKOireiv iiieO^VTac fjinäc Tdupayf] npooiT^Tö
die von A gebotene lesart prohibent nefandi c. /. m., weichest*
S. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 785
lirn. Peiper wieder in den text gesetsl wonlen ist, leidet, wie ebenfalls
«cbon Gronov bemerkt -liat, an dunkelheit (daher auch Famabius diese
Worte roisverstand), und wenn die hgg. von eider naohdrflcklichen wieder-
liolung des verbum prohibere reden, so ist dagegen zu bemerlcen dasz
hierzu an dieser stelle gar Icein gntnd vorlag, öbrigens in diesem falle
auch prohibusrunt hatte stehen müssen, nicht prohiheni, und ebenso
«icher ist Herc 965 Macetumque Tempe^ was E bietet, das richtige,
«loht was in A steht und von den hgg., nachdem es längst als ganz un-
passend beseitigt war, wieder aufgenommen worden ist, marcentque
Tempe. ich werde auf diese stelle später noch einmal zurQckkommen,
verweise aber gleich hier auf Gronovs bemerkung zu derselben.
Die eben besprochene thatsache nun reicht allein schon hin , um die
lialtlosigkeit der von den hgg. vorgebrachten hypothese darzuthun. denn
w5ren wirklich bereits in dem manuscrlple Senecas selbst an vielen stel-
len doppelte lesarlen vorhanden gewesen und hätte der dichter dieses
manuscript in Wahrheit in einem so äuszerst liederlichen zustande hinter-
lassen, wie die hgg. uns möchten glauben machen : so würde es unerklär-
lich sein, dasz von diesen doppelten lesarten die besseren (welche selbst-
Terständlich als die nachträglich von Seneca gemachten correcturen an-
gesehen werden mästen) fast ohne alle und jede ausnähme in E erscheinen,
die sclilechteren dagegen in A. dieser umstand beweist vielmehr, dasz
an allen stellen der bezeichneten artE allein die wahre band des
dichters wiedergibt, während das von A gebotene nichts ist als will-
kürliche änderung. dasz die hss. der letztern recension vielfach
interpoliert sind, steht unzweifelhaft fest und wird auch von den hgg.
keineswegs In abrede gestellt, welche selbst praef. s. XVI f. zahlreiche
heispiele dafür anführen, mit diesen beispielen nun stehen die oben
zusammengestellten abweichnngen in A, welche die hgg. aus der exislenz
doppelter lesarten im manuscript des dichters erklären zu müssen glau-
ben, auf vollkommen gleicher stufe, was nicht schwer ist im eih-
zelnen nachzuweisen, der Urheber der recension A, d. h. der Schreiber
des den schlechteren hss. zu gründe liegenden archetypus, ist bei seiner
arbeit sehr kühn und eigenmäditig verfahren, wo in dem ihm vorliegenden
originale lücken oder unleseriiche stellen waren, hat er statt deren eigene
einfalle in den text gesetzt ; corruptelen hat er , statt sie treu wiederzu-
geben, nach dem masze seiner Urteilskraft und seiner kenntnisse zu hei-
len versucht; worte, deren sinn er nicht begrifToder misverstand, oder
an welchen er aus Unkenntnis des Sprachgebrauchs des dichters anstosz
nahm, hat er ohne bedenken nach eignem gutdünken umgemodelt; wobei
-es ihn im allgemeinen wenig kümmerte, ob seine änderungen zu den
überlieferten buchslaben einigermaszen stimmten oder niclit, es genügte
ihm meist dasz sie sich den gesetzen des metrums, so weit ihm dieselben
bekannt waren, fügten, mitunter laufen die gewaltstreiche dieses inter-
polalors ungefähr auf denselben gedanken hinaus wie die echten worte
des dichters, wiewol sie, gegen diese gehalten, auszerordentlich matt,
schwächlich und unbeholfen erseheinen, man vergleiche z. b., um bei
den oben angeführten stellen stehen zu bleiben , Herc. 627, wo Seneca
JahrbQcher f&r class. philoL 1868 hft. 11. 51
786 B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter.
schrieb ieneone in auras editum an väna fruor deceptus umbraf jeaer
dagegen setzte verumne cemo corpus an fallor tua d. u.T welch ein
unterschied ! oft aber sind die eingeschwSrzten ioterpoIatioBen geradeta
absurd, so Herc. 675 iale non dubie solei^ welche Jesart schon Gmter
sehr richtig *tuta lutea* nannte, und es gehörte von seiten der hgg*
wahrlich eine blinde Verliebtheit in ihre hypothese dazu, um sie za dem
Wahne zu verleiten , dasz auch dieser schund 'quodam modo' tod Seneca
ausgegangen sei. nicht immer läszt sich ganz bestimmt erkeDnen , wel-
cher von den angegebenen gründen zur Interpolation den anlasz gegeben
hat, bisweilen mögen mehrere zusammengewirkt haben, an der zoletzt
angeführten stelle scheinen die worle nocte sie mixta im original onles-
bar gewesen zu sein, derselbe umstand hat oflenbar Thy. 347 obgewal-
tet, und wol auch Oed. fr. (d. i. Phoen.) 327 : wenigstens kann man sich
keinen grund denken, der den Schreiber bewogen haben konnte statt
eines deutlich dastehenden scelus das synonyme nefas zu setzen (er
mflste denn alberner weise an der Wiederholung Jenes Wortes anstosz
genommen haben) ; dasz vom dichter selbst aber wirklich nur scehts her-
rühren kann , geht mit evidenz hervor aus der die worte des boten auf*
nehmenden antwort des Oedipus: ego ille sunt qui scelera cottmitii
veiem usw. Herc. 627 scheint dem interpolator der sinn von teneo un-
verständlich gewesen zu sein (es könnte hier übrigens auch an das ein-
dringen einer erklärenden randbemerkung in die hss. der recension A ge-
dacht werden). Phoen. fr. 154 (516) änderte er suspensae in soiüciiae
oflenbar aus Unkenntnis des Sprachgebrauchs (vgl. Gronov z. d. st.\
Phae. 831 schrieb er deformis senii Hmina transeai statt d. s. monstret
imaginem ohne zweifei deswegen, weil er den Wunsch des chores, dasz
die jugendlich schöne gestall des Hippolytus seiner eignen sfdierheit
halber das häsziichc aussehen des greisenalters anndimen möchte, lh*>-
richter weise für unangemessen hielt : man vgl. Gronov in der anm. zu
d. st. und in der diatribe zu Statins silvae cap. 21 (bd. 1 s. 204 f. Hand\
übrigens ist nicht einmal anzunehmen, dasz gleich von dem urheber die-
ser immerhin in verhältnismäszig frühe zeit hinaufreichenden recension
die ganze grosze menge der Interpolationen ausgegangen sei , mit wel-
chen ihre uns erhaltenen Vertreter , lauter junge hss. , behaftet sind : ein
guter teil derselben ist jedenfalls erst später, in dem langen Zeitraum
welcher zwischen der entstehung der recension A und dem vierzehnten
jh. liegt, in den text hineingekommen, dies kann schon a priori als sicher
angenommen werden; es fehlt aber auch nicht an stellen, an welchen
sich die stufenreihe der allmählich fortschreitenden fälschung noch heute
deutlich erkennen läszt. so Agam. 282, wo zwischen der aus versehen
entstandenen corruptel euro ianium^ welche in E erscheint und die von
Gronov richtig in Euroian iuum corrigiert worden ist, und der in A ste-
henden Interpolation a tanto viro eine zeit lang ein der richtigen dber-
lieferung näher stehendes mittelglied a viro tanto existierte, eine lesart
i'^he Gronov in der that noch in einigen hss. vorfand, man vergleiche
ie Varianten zu Thy. 9. Ich werde unten gelegenbeit haben noch
f diesen punct zurückzukommen.
B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 787
Wenu ferner die hgg. zur stütze ihrer hehauptung auf solche fälle
sich berufen, wo im Flor, selbst oder auch in beiden handschriftenfami-
lien zugleich eine doppelte lesart sich vorfindet, so hält auch dieser
grund nicht stich, zunächst musz bemerkt werden, dasz dies keineswegs
häufig vorkommt und es sich dabei immer nur um ein einziges wort
handelt, die von den hgg. angefahrten beispiele sind folgende: Herc. 688
errat ludii E ludit A, 1157 cur en E (nach dem zeugnis Peters, während
Gronov schweigt) cur A, Oed. fr. 47 recipe admiite E recipe A, Phoon.
fr. 41 conciia cursu celerem gradum E (nach Peter) conc. celerem gr.
A, Med. 769 netnoris anliqui decus domus £ n. a. domus A, Herc. 19
veiera sero E und A. die prQfung dieser stellen ergibt dasz nur an
einer einzigen beide lesarten gleiche berechligung haben, so dasz man
nach belieben die eine oder die andere wählen kann , nemlich Herc. 688,
wo man Gronovs bemerkung nachsehe. Herc. 19 ist keine von beiden
lesarten dem sinne ganz angemessen, ich werde auf diesen vers später
zurfickkommen. an den übrigen stellen läszt sich unschwer nacliweisen,
dasz die eine von beiden lesarten entweder die allein richtige ist oder
wenigstens vor der andern einen entschiedenen vorzug hat. Herc. 1157
ist cur das einzig richtige ; en , was hr. Peiper in den text gesetzt hat,
unterbricht in sehr lästiger weise die reihe hastiger fragen, welche Her-
cules hervorstöszt, nachdem er aus seinem tiefen schlafe erwacht und
zur besinnung zurückgekehrt ist. Oed. fr. (Phoen.) 47 ist admiite schon
wegen des gleichklangs mit dem vorhergehenden omitte zurückzuweisen,
aus welchem, es auch durch versehen entstanden sein kann; übrigens
haben die hgg. zu bemerken unterlassen, dasz admitte (ohne recipe) im
Melisseus und in den Palatini steht, woraus folgt dasz auch A ursprüng-
lich beide lesarten darbot. Phoen. fr. 41 (403) sieht cursu wie eine
irtümlicher weise in den text gerathene randglosse aus, welche zur er-
klärung von concita beigeschrieben war. Med. 769 ist domus allein
statthaft: denn unter decus nemoris könnte nur das laub verstanden
werden (vgl. Med. 718), und wäre es nicht absurd von diesem zu sagen
amisit umbras'i wenn demnach für diese stellen feststeht dasz von den
doppelten lesarten immer nur die eine von Seneca herstammt, während
die andere im verlauf der textesgeschichte dieser tragödien durch irgend
einen derjenigen manigfaitigen zufalle entstanden sein musz, durch
welche überhaupt Varianten und corruptelen in den hss. herbeigeführt zu
werden pflegen , so dürfte wol auch von den par übrigen fällen der be-
zeichneten art ein gleiches gelten, an jenen beiden stellen Herc. 19 und
Oed. fr. (Phoen.) 47, an welchen die doppelten lesarten sowol in E als
auch in A erscheinen, musz die entstehung derselben allerdings weit zu-
rückreichen , jedenfalls noch über die zeit jenes archetypus hinaus , wel-
cher, wie oben bemerkt, als die gemeinsame quelle für beide recensionen
anzunehmen ist. möglich dasz auch diejenigen doppelten lesarten, welche
nur in E sich finden, bereits in demselben archetypus gestanden haben:
denn es ist leicht denkbar dasz der urheber der recension A, wie er denn
überhaupt viel weniger gewissenhaft war als derjenige welcher £ schuf,
da wo er doppelte lesarten vorfand in der regel nur die eine aufnahm,
51*
IbS B. SchffiMt : aoz. r. S^necae tragoediae edd. R. feper et G. HktUr,
die andere dagegen wegtiesz. dieselben köoooi iodesaem amdb ^terr.
Ursprungs sem.
Lebrigeos erstreckten sich nach der ansieht der bgg. die vercMsi:'.-
liciien zwiefachem lesarten nicht nur auf einzelne Wörter oder voriger-
hiudungen, sondern auch auf ganze, durch mehrere Tcrse sich faizidiirch-
ziehende gedanken; and bald sollen beide aus dem exemplar Senecae in
beide adscbriften fibergegangen sein, bald die eine in die, die andere iz
jene, für diesen letztem fall indessen, welcher allein too entscheiden der
Leweiskraft für die richtigkeit ihrer behauptung sein würde, wisaes &i
hgg. keine anderen beispiele anzuführen als eben jene abweichoageA ia
A., von denen ich oben nachgewiesen habe dasz sie nichts weiter sind aL<
iülerpolaüoaen.
Den unmittelbaren Ursprung der recensionen E und A aas deü
Itandexeniplar des dichters selbst sollen femer jene fragraente beweisec
welche im Flor, den namen Phoenissae fuhren, in denen aber jedeafaib
teile zweier tragödien uns vorliegen, eine ansieht die zuerst von mir «ie
emend. Senecae trag. rat. pros. et melr. s. 76} in einer thesis aufgestellt',
dann von Richter (de Seneca trag, auctore s. 20 f.) angenonimen und
ausgeführt worden ist, dessen bemerkungen übrigens, beiläufig gesagt.
sehr der erweiterung fähig sind, zum teil auch der berichtigung bedürfen,
wenn nun die hgg. (praef. s. VU) meinen dasz, falls Seneca selbst dte
veröfTentlichung seiner tragödien besorgt hätte, er diese fragmeiite nicht
mit publiciert, sondern zurückbehalten haben würde, so gehen sie dabei
von der Voraussetzung aus , dasz dieselben unausgeführt gelassene ent-
würfe des dichters seien, könnten sie aber nicht auch als die überbleibsei
zweier einst vollständiger, später verstümmelter Tragödien belrachiet
werden? es dürfte kaum möglich sein dies endgültig zu entscheidea.
der platz welchen diese fragmente in den hss. zwischen den übri£!€a
stücken einnehmen, und der umstand dasz die einzelnen scenea nicht
allein am ende unvollständig sind, sondern zum teil auch am anfang uini
in der mitte, sprechen mehr für die letztere als für die erslere annähme,
auf der andern seile ist zuzugeben, dasz man schwer begreift, was für eine
tragödie aus den beiden ersten bruehslücken (v. 1—319 und 320 — 362\
welche uns den blinden Oedipus vorführen, wie er an der band der Anti-
9) später habe ich gesehen dasz schon von ßwoboda (Senecas tra-
gödien bd. III, Wien 1830, s. 279) und Schöne (allg. Bchalaeitnng 1831
abt. II 8. 1029) auf die möglicbkeit dieses Sachverhalts, hingewiesen
worden ist, wiewol es sehr verkehrt war, wenn der erstere meinte
dasz das eine der beiden bmchstücke einem Oedipns auf Kolonos an-
gehört haben möge, eine auch von Richier a. o. a. 22 geäusierte, aber
schon von Schöne zurückgewiesene Vermutung, nenerdings hat W.
Braun im rhein. rnnseum }ÜC s. 272 ff. meine ansieht bestritten, aber
mit gründen die gar keine .berticksichtigung verdienen, überhaupt
sclieint sich derselbe, sicher nicht zu seinem vorteil, in etwas leichtfer-
tiger polemik zu gefallen, so macht er in demselben anfsatze s. 273
auch einwendungen gegen den von mir de emend. Sen. trag. s. 7 aaf
grund der besten Senecahss. und des Zeugnisses Priscians wiederher-
gestellten titel Phaedra und möchte wieder Hippolytus an deasen stelle
_ . X .. — .
B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 789
gone lebensmüde in den wäldern bei Theben umherirrt, sich habe ent-
wickeln und namentlich wie ein chor in derselben habe auftreten können ;
viel eher kann man sich eine Vorstellung von demjenigen stocke machen,
zu welchem die beiden andern , auf der nachahmuug d^r Euripideischen,
Phoenissen beruhenden scenen (v. 363 — 442 und 443—664) gehören,
wenngleich auch hier, da die einheit des ortes nicht gewahrt wird, in
betreff des chores einige Schwierigkeiten sich. ergeben muslen. wie dem
aber auch sei, so viel steht fest dasz die . beirufuug der hgg. auf diese
ziemlich räthselhaften brnchstücke ihrer hypotheae keinen halt verleihen
kann : denn selbst wenn dieselben wirklich blosze entwürfe sind, so kann
doch daraus wahrlich nicht gefolgert werden, dasz sämtliche tragödien
Senecas aus dessen unfertigem nachlasse pubUct^t worden seien, und
noch dazu von den Urhebern der beidep. uns vorliegenden texiesrecensio-
nen selbst.
JkVenn endlich die hgg. noch den ^eblusz eines chodiedes im Oedlpus
(v. 772 — 784), weldier das Schicksal ^ctaeons behandelt, für ihre hypo-
these verwerthen zu können meinen, indem sie behaupten dasz die be-
rührung dieses gegenständes weder a^ jener stelle nodi sonst wo im
stüdte angemessen sei, so ist dieses j^ollends ein.gans hinfälliges argu-
ment: denn bei gehöriger erwägung des zusanmiienhänges ergibt sich
dasz jene verse doch an ihrem platze sind, wie bereits Braun a. o. s. 286
anm. 15 richtig nachgewiesen hat
Hit den gründen also , auf welche die hgg. ihre hypothese aufge-
baut haben, ist es schlecht bestellt, und wie unwahrscheinlich ist diese
hypothese schon an sich ! die beiden in unseren hss. vorliegenden recen-
sionen der Senecaschen tragödien sind naturlich nicht zu einer und der-
selben zeit entstandtfi , sondern die eine von ihnen ist Alter , die andere
jönger. den Ursprung der schlechteren ^ A, setzen die hgg. ins vierte jh.
(praef. s. Xlll) ; die bessere , E , ist nach ihrer meinung schon etwa drei
Jahrhunderte vorher entstanden (praef. s. XV): das wäre also nicht gar
lange nach Senecas tode, jedenfalls noch im laufe des ersten jh. *^) wenn
sonach eine ganz bestimmte iraditioa des textes frühzeitig vorhanden
war und auf die nachfolgenden zelten sich forterbte, erscheint es da wol
glaublich dasz man trotzdem im vierten jh. das bedürfnis sollte gefühlt
haben, auf das — nach der annähme der hgg. — r eilfertig geschriebene,
ungeordnete, von correcturen wimmelnde manuscript Senecas selbst,
welches überdies durch sein hohes alter äuszerst unleserlich geworden
sein muste (die auch nicht gerade wahrscheinliche Voraussetzung , dasz
es damals überhaupt noch existierte, wollen wir hier auf sich beruhen
lassen) zurückzugehen und daraus eine neae recension zu schaiTen? und
wenn dieses manuscript von vom herein in einem dermaszen liederlichen
zustande sich befand , dasz bereits der Urheber der recension E oftmals
10) trotsdiBüi wird s. IX behauptet, daaz das mannscript des dich-
ters,' ehe es alv^eschrleben worden, in die bände mehrerer besitzer
übergegangen und von diesen stark interpoliert worden sei. auch aus
anderen anzeichen lüast sieh sehBeszen, dasz die hgg. bei obigem an*
Satz sioli ein wenig Terrecbnet haben.
790 B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Pelper et G. Rkhler.
in Zweifel darüber war, was eigentlich der Terfasser gelesen wissen
wolhe oder in welcher Ordnung (praef. s. VI): wamm nahm mau da oidii
fiberall, wo es möglich war, zu den von Seneca seihst besorgten einzel-
ausgaben , welche ja die hgg. für mehrere stücke zugestehen (praef. s. V
anm.), seine Zuflucht, die doch die beste norm abgeben mosten? *^)
Mit der so eben beurteilten ansieht der hgg. h2ngt nun audi die
schon von vielen mehr oder weniger ausfiihrlich , wenn auch noch von
keinem erschöpfend behandelte frage zusammen, ob sämtliche tragödia
(die Octavia nalfirlich ausgenommen) vom philosophen Seneca heiruhreo
oder nur ein teil derselben, die hgg. erklaren (praef. s. VBl) den Aga-
memnon und den zweiten Hercules für untergeschoben: es lasse sich
ganz sicher beweisen dasz diese beiden stucke weder den philosoph»
Seneca noch überhaupt einen Zeitgenossen desselben zum Verfasser hat-
ten. ") früher hatte Richter (de Sen. trag. aoct. s. 32} auch die echtfaeii
eines dritten Stückes, des Oedipus, angezweifelt, eine meinung weiche
hier ausdrücklich widerrufen wird, es würde mich viel zu weit föhreiu
wenn ich auf diese umfangreiche frage nSher eingehen wollte, und ich
darf mich in dieser sache um so kürzer fassen, da die hgg. selbst ihre
ansidit zwar gleich auf dem tilell)latt ihrer ausgäbe zur geltung gebracht,
übrigens aber auf einige wenige bemerkungen darüber sich beschriakt
habeu. bereits in meinen observ. crit. s. 13 ff. habe ich «inige belang-
reiche sprachliche eigen lümlichkeiten angeführt, welche der AgamemDOD
und der zweite Hercules mit den übrigen tragödien so wie mit des pro-
saischen Schriften Senecas gemein liaben, und an diesen beispielen ge-
zeigt, wie vorsichtig man bei erörterong dieser ganzen frage zu werte
zu gehen habe, dasz in jenen beiden stücken, wie die hgg. beiiaupteo.
ein ^dicendi genus ab Annaeano non modice differens' sich zeige, kaoo
ich nicht zugeben.'*} die aus der metrik zu gewinnenden thatsacbei
11) halten es doch die hgg, selbst für möglich, dasz die spätereo
grammatiker , welche verse aus Senecas tragödien anfuhren, ihre kejut*
nis derselben jenen 'fabnlae separatim editae' verdankten.
12) immerbin könnten dieselben dann nicht lange nach Senecai
tode geschrieben sein, da sie sieh schon in der recension £ Torfinden,
welche nach der annähme der hgg. noch im ersten jh. entstanden ist
aber gleichwol sollen sie weder demselben Verfasser noch anch der-
selben zeit angehören: der Verfasser des zweiten Hercules soll den des
Agamemnon erst wieder nachgeahmt haben (in diesen jahrbücheni 1^^
8. 264 bemerkt Richter, der Herc. Oet. scheine 'nicht lange vorder
zeit des Fronto* entstanden zu sein), übrigens ist nach der meinoog
der hgg. anch vom Agamemnon kein fertiges, sondern ein mit sshl-
reichen änderungen seines Verfassers versehenes ezemplar zu dem poe-
tischen nachlasz des Seneca von den besitzem des letzteren hinxnge-
füg^ worden, so wird hjpothese auf hypothese gehäuft.
13} vielmehr sind Stil und Sprachgebrauch in allen tragödien (die
Octavia ausgenommen) im wesentlichen gleich, die von Richter de
8en. trag. anct. s. 24 — 29 aus den einzelnen stücken Zusammengestell*
ten sprachlichen besonderheiten können zum teil als solche gar nicht
anerkannt werden, wie ich bereits observ. crit. s. 16 f. an einem hsnd-
-•hen beispiel gezeigt habe; zum andern teil sind sie weiugiteiu
^r art, dasz sie nicht von einem und demselben scixriftsteuer
(fi. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peipcr et G. Ricliter. 791
(von Richter de Sen. trag. auct. s. 18 ff. und s. 23 f. gröstenteils nach
meiner schrift de emend. Senecae trag. rat. pros. et inetr. zusammenge-
stellt) scheinen mir doch nicht so erheblich, um wirklich als beweise
.gegen die echtheit beider iragödien verwendet werden zu können, und
jedenfalls wäre dann auch die echtheit des Oedipus in frage gestellt,
welclie die hgg. nicht anfediten. wenn ferner heJiauptet wird , dasz in
jenen zwei stücken nachahmung der acht ersten tragödien unverkennbar
sei, so verliert dieses argument seine bedeutung durdi die thatsache,
Klasz Seneca in gedanken und. Wendungen sich häufig wiederholt, nicht
•nur in seinen dichtungen, sondern auch in den philosophischen Schriften ;
dasz im zweiten Hercules vieles besonders an das erste stück dieses na-
mens und im Agamemnon manches besonders an den Thycstes erinnert,
erklärt sicli obendrein aus der Verwandtschaft der behandelten Stoffe,
richtig ist dasz der Agamemnon und der zweite Hercules hinsichtlich der
«dramatischen Ökonomie von den übrigen stücken sich unterscheiden, in-
sofern in beiden je zwei chöre auftreten und in dem letztem auch die
einheit des ortes unterbrochen ist. allein auch das beweist nichts, denn
•ila Seneca bei abfassung seiner tragödien überhaupt mehr rhetorische
^Is dramatische zwecke im äuge halte und jedenfalls nicht für die bühne
schrieb ^^), so sehe ich nicht ab, warum er nicht da, wo der stoff ihm die
Icönaten ausgegangen sein, ganz dasselbe gilt von den in dem index
ortbographicns der neuen ausgäbe abschnitt III (s. 574 ff.) unter der
Überschrift 'singularia quaedam ad nominom et verborum flezionem
pertlnentxa' aas E notierten differenzen. Agam. 464 and 789 bietet E
-die form rate$ als nom. sing, für ratU^ and die bgg. haben dieselbe
ihrer lehre von dem spätem ursprang dieses Stücks sa liebe als eine
<dem Verfasser desselben schon zuzatrauende vulgilrfonn in den text
gesetzt, allein da haben sie einen Schreibfehler aufgenommen , der
aach Med. 631 in derselben hs. sich findet (voluere$ statt volucris); den
^umgekehrten fall haben wir Oed. fr. (Phoen.) 23, wo im Flor, jntpis für
rupes steht. — Im zweiten Hercules v. 762 toto iacet mundo gemendus
braucht toto nicht notwendig als dativus gefaszt za werden. — Wenn
in abschnitt I des index orthogr. (s. 569) bemerkt wird, das ursprüng-
liche 0 nach conaonantischem u biete der Flor, nur im zweiten Hercu-
les, und die beispiele dafür seien in diesem stücke so häufig, dasz der
-Verfasser desselben offenbar dieser Schreibweise sich bedient habe, so
wird man doch daraus nicht einen verschiedenen Ursprung folgern wol*
len. denn dasz auch Seneca in Wörtern wie volmts voltits und ähnlichen
o , nicht u schrieb, zeigen die hss. durch welche uns die philosophischen
Schriften desselben überliefert sind, zur genüge, wenn also der Flor,
nur im Herc. II beispiele solcher schreibang darbietet, so ist dies zu«
fall, d. h. während in den übrigen stücken der Schreiber dieser hs. con-
■sequent u setzte, hat er in der letzten tragödie o mehrmals unabsicht-
lich beibehalten.
14) denn hätte er dies gethan, so müste man ihn eines fast unbe-
greiflichen mangels an einsieht beschuldigen, wie sehr richtig von Ja-
cobs bemerkt worden ist in den nachtragen zu Sulzers allg. theorie der
schonen künste bd. IV s. 358, dessen vortrefflichen aufsatz ich jedem
zu lesen empfehlen möchte, dem es darum zu thun ist sich über den
ästhetischen werth dieser tragödien ein richtiges urteil zu bilden, selbst
eine aufführung derselben in vertrauten kreisen scheint mir nicht ge-
^rade wahrscheinlich, an welche Lucian Müller denkt in diesen jähr-
792 B. Schmidt: aiiz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter.
yeraDlassung dazu gab, von seinem sonst befolgten und im aligemeiBei»
den regeln der griechischen iragödie entsprechenden schema in der ange-
gebenen weise sollte abgewichen sein« übrigens ist zu erinaera, daax.
auch in dem bruchstflck der Phoenissen (ich meine hier eben nur dic^ai-
gen scenen, welche dem Euripideischen stücke dieses namens entsprecbea
und ohne zweifei einer und derselben tragödie angehörten oder wenig-
stens fQr eine und dieselbe bestimmt waren) Wechsel des ortes statt-
findet.'^) so lange also nicht scliwerer wiegende gründe ffir die ent-
gegengesetzte ansieht können gellend gemacht werden, halte ich an der
Überzeugung fest, dasz die im Flor, vereinigten tragödien simtlicb
vom Philosophen Seneca herstammen.'') man trifft im Agamemnon and
im zweiten Hercules dieselbe manier, dieselben fehler und vorzfige an
wie in den übrigen dramen, und besonders im Hercules spiegelt sich der
geist Senecas mit solcher treue ab, dasz, hätte dieses stück ein anderer
als Seneca verfaszt , er ganz die eigenart dieses merkwürdigen manaes in
sich aufgenommen haben müste, was ich für unmöglich halte.
Was die Octavia betrifft, welche nur in den hss. der recension A
sich vorfindet und die schon durch ihren Inhalt als ein von anderer hand
nach Senecas zeit verfasztes werk steh darstellt, so weisen die hgg. praef.
s. XII (s. auch Richter in diesen jahrb. 1867 s. 260 ff.) zuvörderst mit
gutem grund die abenteuerliche ansieht W. Brauns (die tragödie Octavia
und die zeit ihrer entslehung, Kiri 1863) zurück, welcher in diesem
stücke ein erzeugnis des roiltelallers erkennen wollte, so sicher es aber
ist dasz diese praetexta aus dem alterlum stammt, so schwierig scheint
es innerhalb desselben genau die zeit zu fixieren , welcher sie angehört,
doch ist sie nach meiner meinung entschieden ftHer als lias vierte jh., in
welclies die hgg. ihre entstehung seUen. und wenn dieselben vollends
die Vermutung aussprechen (praef. s. XIV), dasz der urheber der recension
A zugleich der Verfasser der Octavia sein möchte, so genügt hiergegen
die einzige bemerkung, dasz selbst eine dichtung wie diese unendlich viel
zu gut ist, um einem Schreiber zugetraut werden zu können, der sich
durch seine albernen Interpolationen als einen menschen von so geringen
fähigkeiten und kenntnissen verräth wie jener.
büchern 1864 b. 413, der übrigens ebenfalls sngibt dasz diese stücke-
vorzugsweise für die recitation und lectüre geschrieben waren, die-
neulich von H. Well (revne arch^ol. 1865 I s. 21 ff.) gemachte interes*
sante beobachtang, nach welcher noch von Seneca an der bekanntexk
regel der griechischen dramatiker von den drei schanspielem festge*
halten worden ist — woraus Tenffel gesch. der röm« litteratnr s. 17
schlieszen zn dürfen glaubt, dasz dieser dichter doch wol an aufflih-
rang seiner stücke gedacht habe — vermag mich in meiner ansieht
nicht irre zu machen: vgl. auch Luc. Müller m diesen jahrb. 1867 s. 6S.
15) dasz auch die Griechen nicht für nötig hielten die einheit dea
ortes unter allen umst&nden festzuhalten, lehren die Enmeniden des
Aeschylos. 16) zu der nemlichen ansieht bekennt sich Lncian Müller
in diesen jahrb. 1864 s. 411. erinnern möchte ich noch daran dasz,
was den Agamemnon anlangt, auch schon die stelle welche derselbe
in der besten hs. einnimt (als drittletztes stuck zwischen Oedipns and
Thjestes) gegen die annähme einer spStem hinznfügnng desselben spricht»
1
B. Schmidt: anz. v. Senecae iragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 793
Wir sahen oben dasz wir in dem Flor, die einzige quelle besitzen,
welche eine relativ unverl^lschte öberlieferung darbietet, gleichwol kön-
nen wir die hss. der andern recension nicht völlig entbehren, wennschon
dieselben vorzugsweise fflr die Octavia in betracht kommen, welelie, wie
mehrmals bemerkt worden, der besten hs. abgeht, so sind sie doch auch
für die krilik der übrigen stücke von einigem nutzen : denn abgesehen
von den an zahl geringen stellen , an welchen der Flor, lücken hat und
mithin die überlielening des textes auf ihnen allein beruht, bieten sie
auch öfters da wo jener corrupt Ist das richtige, beispieie hierfür sind
von den bgg. praef. s. XVIll zusammengestellt, man würde irren, wollte
mau annehmen dasz in allen diesen fällen die band des dichters vom Ur-
heber der riecension A oder von gelehrten des vierzehnten und fünfzehn-
ten jh. durch conjectur sei hergestellt worden, denn es ist gar nicht in
abrede zu stellen, dasz auch der Schreiber des Flor, seinerseits, wie sorg-
fältig und gewissenhaft er im allgemeinen auch war, doch beim copieren
des ihm vorliegenden, ohne Worttrennung geschriebenen (vgl. s. 576 der
neuen ausgäbe) und jedenfalls auch in folge seines alters an manchen
stellen unleserlich gewordenen exemplars ziemlich häufig sich versehen
und fehler begangen hat. der Ursprung derselben läszt sich in der reget
leicht erkennen, femer ist der Flor, mehreren correctoren anheimgefal-
len und an manchen stellen die erste band desselben bis zur Unkenntlich-
keit ausradiert: vgl. z. b. Gronov zu Herc« 86 und 223 (219 der Gronov-
schen ausgäbe), wenn wir arber nur von einigen der besseren hss. der
recension A genaue collationen besäszen, so würde dieses vollkommen
ausreichen , und die grosze menge der übrigen liönnten wir dann als un-
nützen ballast unbedenklich über bord werfen.
Als die besseren Codices dieser classe nun müssen notwendif^er
weise diejenigen angesehen werden, welche häufig gegen den consensus
der übrigen mit dem Flor, in der richtigen lesart übereinstimmen, zu
diesen gehört vor allen der ehemals von Justus Lipsius besessene und für
die kritik benutzte Meiisseus, von sämtlichen uns bekannten Codices der
recension A unbedingt der vorzüglichste '*), welcher aber leider spurlos
verschwunden zu sein scheint, ferner der von Gronov eingesehene ^Vos-
sianus melior' und ander«, die hgg. nehmen an (praef. s. XIX), dasz diese
hss. entweder selbst nach einem «lemplar der bessern recension corrigiert
worden oder aus einem in solcher weise corrigierten codex geflossen seien,
dies mag für die mehrzahl derselben zutrefTen. da indessen die recension
A, wenn sie auch von vorn herein der andern an werth bedeutend
nachgestanden haben m^UBz, doch nicht gleich anfangs so erbärmlich
17) wenn ^e bf^g. praef. s. XIX etwas verächtlich bemerken : ^Me-
lissens ille cni nimis [sie] tribnit Gronovins*, so weisz loh. nicht wie
Bie diese ttuszernng Verantworten wollen. Gronov hatte vollkommen
recht, n Heb st dem Flor, dieser bs. die meiste bedentung ztizasprecfaen.
man vergleiche, um nnr^intge wenige stellen anzuführen, an denen der
Melissens allein mit dem Flor, gebt, Thy. 1. 9. Med. 891. Pboen. 181.
320. Pha«. 291. 293. Oed. 275. wollen etwa die hg^. ihrem Rebdige-
ranas 11 oder dem einen Gothanns (g) gröszern werth eingeräumt wissen?
794 B. Schmidl: anz. v. Seuecae iragoediae edd. R. Peiper et G. Bichter.
schlecbt gewesen sein wird , nie der gröste teil ihrer reprisenUBlen aus
dem vierzehnten und fünfzehnten jh. (einige belehning gewahres in dieser
beziehung die leider sehr geringen Ambrosiaoischen fragmente, wddif
an drei stellen gegen die spSleni hss. mit E ubereiBstuameii : a. die bgg.
praef. s. XXXII), so ist es keineswegs unwahrscheinlicfa dasz, weo» nicht
auch einige andere hss., so %vcnigstens der Helisseus den arspräog-
liehen teit dieser recension mit mehr treue bewalirt hat als der irosz
der abrigen. alsdann sind diejenigen Interpolationen, von weldieB der
Melisseus frei ist, als erst spater in den teit der recension A eingedrun-
gen zu betrachten.
Eine besondere bewandtnis hat es mit dem von den hgg. zuerst fcr
die kritilt herangezogenen Vindobonensis. während derselbe in all»
Obrigen stocken meist mit den schlechtesten Codices der schlechtem recea-
sion band in band geht (praef. s. XX}, zeigt er in ^iner tragddie, dem erstea
Hercules^ auffallende Übereinstimmung mit dem FlorJ^ man vergleicht
z. b. folgende stellen, an welchen er in gememschaft mit diesem letzten
gegen alle übrigen hss. (so weit deren lesarten uns bekannt sind) da«
richtige hat: Herc. 374 sociemur animis {sociemus animos A), 594 cor-
mine [cantibus A), 601 archana d. i. arcana [secreia A), 919 Tu ^2>»
A), 953 ruU'lam [rutilat A}, 1025 occidat (auferam A), 1124 grvves
{leves A} 1316 fessam (quassam A). öfters ist der Melisseus der dritu
im bunde, z. b. Herc. 281 precor {iuis A), 366 geranl {agarU A), 44:2
sperai [penelrat A), 1037 senior \genUor A). aber nicht allein im rich-
tigen, sondern, was gleichfalls bemerkenswerth, auch in Schreibfehlers
18) die hgg. legen ansserdem noch grosses gewicht aaf den nic-
«tand, dasz in dieser hs. vor den Phoenissen die worte staken: Imcip^
jtecundus edtppi eiusdem anUgone (s. s. 56 und 103 ihrer aase.), nad habes
auf grund derselben dem ersten teile dieses brnchstUcke den titel OeS^
fraomentum gegeben, allein jene Überschrift hat nicht die ^erin^ste
bedeatnng. denn da dieselbe ausser dem namen des Oedipas auch des
der Antigene enthält, so ist es offenbar dasz hier die beiden in ätr
«raten scene der Phoenissen auftretenden personen genannt wserden.
und dasz vor diesen namen der titel des stÜcks ausgefallen ist (rgh
auch die in einem Lugdunensis am ende der zweiten tragödie stehen-
den Worte, welche praef. s. XXXIX mitgeteilt werden}, in demjenigen
codex welcher dem Schreiber des Vindob. vorlag werden die worte etwa
so gelautet baben: Incipit secundtu (nemlioh Uber^ denn vorhar geht in V:
MardJ Luc{j Annei Seneee cordubensi» iragediarum Hb er primic« kercu-
les Exptimt^ und die Phoenissen sind in dieser hs. das zweite stück i
€iu8dem P/toenUsae \ Oedipwt Antigone. auf dem titelblatt des Vindob., wo
die namen sämtlicher tragödien aufgeffihrt werden (s. praef. s. XXXUI'u
steht nur Pheniisa. — Bei dieser gelegenheit will ich nicht nnterlassen
darauf hinzuweisen, dasz aus dieser sitte der Schreiber, anmittelbar
hinter den titel des Stückes die namen der in der ersten scene dessel-
ben auftretenden personen zu setzen» ohne Zweifel auch die entstcdini^r
•der tragödientitel äippolgtus (statt Phaedra) nnd Heeuba (statt JVoades.
in einem teil der hss. der recension A zu erklären ist. denn zu anfan^
der Phaedra tritt Hippolytus, zu anfang der Troades Heeuba allein
auf. in dem Vindob. hat sich sogar der name lyno Yom anfang des
^n Hercules hinweg unter die namen der tragödien aaf dem titel-
verirrt.
B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 795
oder sonstigen verseilen gehen der Flor, und der Vindob. an manchen
stellen mit einander, so haben beide Herc. 351 ikalamis statt ihcdamis-
que^ 697 meiusque für metus^ 952 rapial für rapiei^ 968 recipi sed
für recipis ei^ 1247 furor recesiit statt furore cessiL allein auf der
andern seite ist der Vindob. auch in dieser ersten tragödie durch sehr
zahlreiche corruptelen entstellt (deren durchgängige anföhruug wir der
Vorliebe des hrn. Peiper ffir diese hs. verdanken), uud einen guten teil der-
selben hat er mit andern hss. der schlechtem recension gemein , so z. b.
Herc. 215 exeai für meat^ 233 menalum für maenalium^ 270 recipit
für recepit^ 285 Interque für iierque^ 439 virtus für viriutis^ 502 egisii
für Aegypti^ 519 rogem (ivoi aus rogus im vorhergehenden verse ent-
standen) für colam und anderes, das schlimmste aber ist, dasz an nicht
'wenigen stellen des ersten Hercules der text im Vindob. durch ganz
•dieselben handgreiflichen Interpolationen entstellt ist,
welche überhaupt den hss. der recension A oder einem teile derselben
anhaften, eines der schlagendsten beispiele hierfür liefert die schon frü-
her angeführte stelle Herc. 627, woselbst eine sehr starke interpolaüon
— sie erstreckt sich auf einen ganzen senar — dem Vindob. mit den
meisten hss. der recension A gemeinsam ist: hier haben vielmehr der
Melisseus und einige andere Codices dieser classc zusammen mit dem
Flor, die echte Überlieferung bewahrt, weiter vergleiche man v. 12 fera
4:oma 9\A\i ferro minaci^ 464 exese (d. i. exesae) für Idaeae^ 737 au-
ditur statt aditur^ 985 Marcenique statt Macetumque^ 1006 Procum-
hat statt perlucet^ 1016 feriei statt ferei^ 1023 Renwfli^v ieneo, 1203
nunc für non^ 1302 Bedite (d. i. reddite) für reddoi alles deutliclie bei-
piele der Interpolation, wovon jeder bei unbefangener prüfung dieser
stellen sich überzeugen wird.
Diese tliatsachen zwingen zu dem Schlüsse, dasz auch der Vindob.
durchaus aus einem codex der schlechtem recension geflossen ist, wel-
cher aber in der ersten tragödie nach einem exemplar der bessern recen-
sion durchcorrigiert war, jedoch nicht genau und vollständig, so dasz an
mehreren stellen die interpolierten lesarten stehen geblieben waren, aus
diesem exemplar der recension E stammt auch die aufschrifl auf dem
titelblatt des Vindob. her, wo die tragödien in derselben reihenfolge und
mit denselben namen aufgeführt werden wie im Flor., nur dasz noch
üctavia und luno (s. darüber oben anm. 18) am ende hinzugefügt sind ;
während in der hs. selbst die stücke in der vulgären Ordnung auf einan-
der folgen (mit der einzigen ausnähme dasz der Thyestes als vorletztes
stück zwischen der Octavia und dem zweiten Hercules steht) und auch
die namen derselben zum teil andere sind.
Wenn man nun auch nicht von vom herein die möglichkeit be-
streiten darf, dasz der so beschaffene V im ersten Hercules hie uml da ein-
mal aus Zufall allein das richtige darbieten könne, so wird doch ein
besonnener kritiker gegen diese nachweislich auOh in jenem stück von
interpolalionen keineswegs freie quelle stets mistrauen hegen und nur
unter ganz besonderen umständen sich entschlieszen eine von der über-
iieferung des Flor, abweichende lesart derselben aufzunehmen, den hgg.
796 B. Schmidt: ajiz. v. Seuecae tngoedUe edd. B. Peiper et G« Bichier.
kann man solche vorsieht nicht nachrühmen, vielmehr hat br. Peiper, der
bearbelter der ersten tragddie, m diesem stäel^e dem verdichtigeo ge-
sellen einen entschiedenen vorzug vor dem treu bewAhKeii Flor, einge-
räumt wid hinfig sogar solche Varianten desselben, in welcben ein onfie-
fan^ner hlicit sofort teils Schreibfehler teils interporlationen erkenoi, als
glAcklich aufgefundene goldkörner in den text gesetzt auch gewisse
längst beseitigte Interpolationen in den hss. der recension A Oberhau^
haben, weil sie vom Vindob. geschOtst werden, in den äugen hm. Peipers
tu neuem glänze sieh verkllri und sind von ihm wieder in den text eis*
geführt worden, ich gedenke dieses im einzelnen welter unten nachiv-
weisen, hier will Ich dagegen die sehr geringe anzahl deijenlgen beson-
deren lesartra des Vindob. zusammenstellen, welche sich mir necb sor^-
i^lllger Prüfung als der aufnähme allein würdig ergeben haben, vor alle
kommt hier eine stelle in betracht , an welcher die erste band des Flor,
nicht zu erkennen ist, nemlich Herc. 112 i(Wt odia (so der Flor, voa
zweiter band und A}^ wofür V voia gibt, was ohne zweifei das richtige
ist. wahrscheinlich ist auch v. 116 aus V aufzunehmen me vidi et se
tineai statt $ne panier ei te tfineai {pariier im Flor, von zweiler hand
in einer rasur). v. 1278 ist e/^er unbedingt besser als effler (so A und,
nach Gronovs und Peters seh wagen zu schlieszen, auch der Flor.}, t. 727
h^t V von erster band richtig speciem , was übrigens bereits nicht nur
her Gronov sieht, sondern auch in der ausgäbe des Scrhrerios vom j.
1651 (der Flor, und A fehlerhaft speeimen). v. 1026 wird wol passender
mit V dem Amphitryo zugeteilt als mit A der Vegara (im Flor, stdii vor
diesem verse ans versehen hbro.).- hierzu können endlich noch ein par
orthographische kleinigkeiten hinzugefügt wa*den : v. 1165 /*efv (/od»
£), 1187 inpotens {imp, E), 1304 inmisii {imm. £). ziemlich bedenklKh
ist dagegen v. 929 Uxboris {labores E und A).
Aber auch wo der Vindob. gar nicht in frage kommt, ist bei dea
hgg. ein unsicheres hin* und herschwanken zwischen den lesarlen der
beiden recensionen zu bemerken, und wenn sie auch im princip aner-
kennen, dass« die textesherstellung vorzugsweise vom Flor, eosgehen
müsse (vgl. praeC s. XIV und XVII), so haben sie doch bei bearbeiUug
der einaehien sifloke den von mir de eroend. Sen. trag. s. 4 ausgespro-
chenen gmndsatz, dasz man von dieser durch alter wie durch treue alle
anderen weit übertreffenden hs. nur notgedrungen abweichea dfirfe^
ausser äugen gelassen, die uichtbefolgung desselben aber musz notwen-
diger weise zu Willkür führen.
Wie nun die hgg. in vielen flilen von der Überlieferung des Flor,
mit unbegreiflichem leichtsinn und zum grösten schaden des textes abge-
gangen sind, so haben sie wiederum in anderen AUen dnrdi blosBe ver-
sehen des Schreibers dieser hs. oder ihres Originals sich wonderlick irre
leiten lassen, fireilich sind, um hier sicfaer zu gehen, umsiebt und kriti-
scher tact erforderlich , eigenschaften die den hgg. in geringem grade zu
geböte stehen, die beweise für alle diese behauptongen werde ich nicht
schuldig bleiben.
Bevor ich aber zur bespreefaung einzelner stellen übergehe, nrasz
B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et 6. Richter. 797
ich noitli einen gq^enatand berühren , welcher hauptsichllch der schlOssel
zur beurieiluJig des Verfahrens der bgg. auf dem gebiete der conjeetural-
kriük ist. sie glauben nemlich an ein von Seneca auf alle teile seiner tra-
gödien, die lyrischea wie die nichllyriacben, angewandtes strophisches
gesetz, und dier Wiederherstellung dieses vermeintlichen geaetzes ist ihre
kritische thätigkeit vorzugsweise gewidmet, wie ganz unwahrscheinlich
die annähme verborgener Strophen in den cantica dieses dichters schon
sn sich ist, iiat bereits Lucian MflUer hervorgehoben hi diesen jahrb.
1864 s. 497. nun soll Seneca vollends auch den dialog durchweg stro-
phisch gegliedert haben, es ist freilich nicht schwer hier wie dort eine
gewisse strophische gleicbmAszigkeit zu erzielen, wenn man mit der ober-
lieferung so beispiellos kühn umspringt wie die bgg. da werden, je nach
bedOrfnis, lücken statuiert und verse bald hinausgeworfen, bald an eine
andere stelle versetzt, um eine ungefähre Vorstellung zu geben von dem
masze. in welchem diese freilich sehr bequemen kunstgriffe zur anweu-
dung kommen , bemerke ich beispielsweise , dasz hr. Peiper in der ersten
tragödie allein nicht weniger als 45 verse gestrichen hat. es soll keines-
wegs geleugnet werden, dasz zuweilen in diesen tragddien ein vers oder
auch mehrere hinta* einander au unrichtige stellen gerathen, andere ganz
ausgefallen, noch andere untergeschoben worden sind, mitunter weist
die Überlieferung des Flor, selbst darauf hin. aber einmal bestreite ich
entschieden, dasz solches in so colossaler ausdehnung stattgefunden habe,
wie die ligg. uns einreden wollen, und zweitens versteht es sich von
selbst, dasz zur annähme des einen oder des andern dieser falle nur sehr
dringende innere gründe berethtigen. was insbesondere die annähme von
Interpolationen betriiTl, so kann man bei einem anerkannter maszen so
üppigen und schwülstigen dichter wie Seneca nicht vorsichtig genug sein,
gar manches, was bei einem maszvoUem autor uns nicht möglich er-
scheinen und zum streichen gerechten anlasz bieten würde, müssen wir
bei ihm geduldig hinnehmen, es ist ja eben einer der fehler, weiclie die-
sen Schriftsteller noch im altertum selbst und dann wieder in der neuern
zeit so sehr in miscredit gebracht haben, dasz er sich nicht zu behersohen
weisz, sondern seiner lebhaften, überreizten phanlasie die zügel schieszen
iSszt und des guten stets zu viel thut. es liegt in seiner manier, die ge-
danken nach allen selten zu drehen und in immer neuen formen vorzu-
führen , die darstellung mit Sentenzen und sonstigen milteln der rhetorik
zu überladen, die bilder und erzdhiungen bis zur ermfldung des lesers
auszuspinnen. der relchtum und die fruchtbarkeit seines geistes, denen
wir auf der einen seite grosze Schönheiten verdanken, haben ihm doch
auch den blick für das angemessene und schickliche geirflbt und ihn bis-
weilen sogar zu oiTenbaren Ungereimtheiten verführt* n^les eum suo
ingenio dixisse^ alieno tudido sagt sehr rtditig von ihm Quintilian. diese
fehler und schwächen des autors seihst machen allerdings die krrtik in
seinen werken zum teil schwierig und, ich gestehe es, vielfadi auch uner-
quicklich, es geht aber hieraus hervor, wie verkehrt es ist in diesen
tragödien verse tilgen zu wollen, welche in der bezeichneten eigentüm-
lichkeit Senecas ihre genügende erklSrung und relative rechtfertigung
1
I
798 B. Schmidt: anz. v. Seoecae iragoediae edd. R. Peiper et G. Richter.
finden, die hgg. haben in dieser hinsieht sehr hSufig gefehlt. aW auch
an sich völlig tadellose, ja schöne stellen, die jeder dichter sich gefallen
lassen könnte, sind von ihnen ohne bedenken ausgemerzt worden, es
entscheidet eben bei ihren athetesen sowol als bei ihren versversetiuzic»
und lückenanoahmen stets in erster linie und oft ausschliesslich ihr dcrcb
nichts bewiesenes, aus der lult gegrilTenes strophenprincip. ondda^f
ilinen selbst bedenklich vorkam alles, was in unserer fiberliefening •){*
erstrebten euryihmie entgegensteht, nur auf rechnung der zeit und <ifr
abschreiber zu bringen , so haben sie sich , um gleichwol die menge i}:^r
gcwaltmaszregeln zu rechtfertigen, noch etwas anderes ausgedacht ml-
dem sie ihre oben besprochene hypothese Ober den Ursprung der beiii^
unseren hss. zu gründe liegenden textesrecensionen und Ober die bescia'-
fenheit des Senecaschen manuscripts mitgeteilt, fahren sie praef. s. ^K
wörtlich also fort: *quae cum ita sint, ubi aut lacunas significaTimos 2b:
versus sive transponendos sive eiciendos censuimus, nemini prufectoet
videbimur omnia temporum vel librariorum iniuriae tribuisse. irnrn '
pro diltographiis roulta eorum quae exciusimus habenda sunt, iia nc^
paucos versus ambitum stropharum, quibus et in diverbüi
et in carminibus poeta orationem discripsit, supriiustos
modum augentes ab ipso poeta arbitramur profectosess-
(velut Herc. 552. 745. 791 alios], qui quidem sciibendi impelu abreptL«
eandem rem qua erat ingenii ubertate variando et alits verbis itenun ^'
saepius inlustrando non numquam legem illam quam ipse siii
scripserat strophicam violasse existiroandus est. quaemeDd);
tragoedias in emendatum exemplar et publico usui destinatum transcnf-
sisset, quin sublaturus fuerit vel resecando vel augendo orationem mmf
dubitandum arbitramur. quo tamen in genere num in el igendis versiU*
qui essent damnandi nobis contigerit ut verum semper invenireis!-'<
vehementerdubitamus.' man traut seinen äugen kaum , weoQ Q*'>
solch leichtfertige und kecke rede liest, die hgg. haben sich also acf^
roaszt Seneca selbst zu verbessern, gewissermaszen indes^tr-
fassers namen seinen nachgelassenen werken die letzte feile zu gel"^''
sie haben verse gestrichen , von denen sie sich selber sagen musten da>i
es keine Interpolationen sein könnten , und Ificken statuiert oder TP^
Setzungen vorgenommen, wo der Zusammenhang der gedanken nach ibrtr
eigenen ansieht nicht gestört war. statt im hinblick auf diese tbat»cb^^
an der richligkeit ihrer Strophenhypothese irre zu werden , mögen s;<
lieber dem dichter eine öftere Verletzung desjenigen gesetzes schuld g^^*^^*
welches er doch sich selbst ohne not, aus freiem antrieb soll vorgeschm-
ben haben, angenommen selbst dasz sie damit recht bitten, stunde <^'
ihnen dann zu diesem gesetze tiberall geltung zu verschalTen? miioH'^'
ten: denn so viel ich weisz, ist die aufgäbe der texikritik nur eio^c
Schriftsteller von den Verderbnissen der Überlieferung zu reinigen: df>
Schriftstellers eigene fehler und versehen zu corrigieren ist nicht ü*^
^ruf. welche verse sollte man denn auch in diesem falle als die eigesi-
äberschflssigen betrachten? die hgg. selbst hegen starke zweifeK ob
' der aus wähl (!) der zu beseitigenden verse immer (!) das HchD^^
B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 799
gelrofTen. was heiszt denn hier überliaupt das richtige treffSen? doch
nichts auderes als diejenigen verse streichen , welche Scneca selbst bei
veralTentlichung seiner stQcke T\'ärde gestrichen haben, ja freilich, da
konnten sie nicht immer sicher zu gehen hoffen , und hStte ilinen Zeu»
das Siegel der macht auf die stirne gedrOckt. man wird aber nun auch
erkennen , was eigentlich der treibende gjrund fdr die aufstellung jener
hypothese von dem unfertigen, zur publlcation nicht bestimmten nachlasz
des dichters gewesen ist: durch sie sollte der durch fOhrong der Strophen-
theorie die bahn geebnet werden, die Jigg. scheinen zu glauben , dasz
die von ihnen geschaffenen Strophen Ihre rechtfertigung In sich sellier
trflgen. aber auch da sind sie in arger leuschung befangen, durch den
gesperrten druck gewisser worte, die sich teils zufällig teils in folge
innerer notwendigkeit wiederholen , werden sie niemand fOr Ihre anficht
zu gewinnen vermögen, wie es um die strophische gliederung der dlrer-
bien steht, können stellen lehren wie Herc. 1219. 1294 (um aus einer
menge von beispielen nur diese zwei herauszuheben), wo die antistrophe
in der mitte nicht blosz des gedankens, sondern auch des verses anbebt,
oder wie Thy. 693, wo senare, deren enge Zusammengehörigkeit schon
Suszerlich durch fflnfmallge Wiederholung des Wortes ipse angedeutet isi^
durch den beginn einer neuen atrophe von einander getrennt werden,
gleich in der ersten scene des ersten Hercules hat die vermeintliche fünf"
zeilige stroplie a gar keine responsion. was die anapflstischen caotioi
betrifft, so werden monometer, welche Strophen schlieszen, nach der
theorie der hgg. nicht gezählt, so dasz also einer siebenzeiligen durch
einen dimeter geschlossenen Strophe eine achlzeilige durch einen mono-
meter geschlossene entsprechen kann, wie das z. b. Herc. 194 — 208 der
fall ist nirgends, weder im dialog noch in den lyrischen teilen , sehe ich
aus der strophischen gliederung einen vorteil erwachsen, welcher zu den
sich nötig machenden ungeheuren opfern auch nur einigermaszen in Ver-
hältnis stünde, die kröne haben die hgg. ihrer willkur aufgesetzt in den
vier Chorgesängen desOedipus 407 ff. 722 ff. und des Agamemnon 610 ff.
845 ff., wo sie zugleich mit strophischer gleichmäszigkeit auch einen
umgusz der freieren rythmen in die hergebrachten angestrebt haben,
man betrachte nur einmal die fetzen, in welche hier innerlich wol zusam-
menhängende gcdichte auseinandergerissen worden sind, und man wird
mir recht geben, wenn ich sage dasz kein Schriftsteller des allertums
jemals von seinen bearbeilern so kläglich zugerichtet worden ist wie
unser tragiker in dieser neuen ausgäbe.
Nach diesen allgemeineren bemerkungen Aber den kritischen stand-
punct der hgg., dessen vorbergängige erörterung mir notwendig erschien,
wende ich mich zur speciellen besprechung einzelner stellen, die hgg.
haben sich in ihr geschäft in der weise geteilt, dasz jeder von ihnen,
übrigens nach gleichen princlpien, fünf tragödien bearbeitet hat. und
zwar sind von hrn. Peiper die beiden Hercules, der Oedipus, die Troades
und der Agamemnon, von hrn. Richter die übrigen stücke Senecas nebst
der Oclavia übernommen worden, um nun dem Vorwurf zu entgehen, als
hätte ich , unter absichtlicher nichtachtung des guten und lobenswerthen
800 Philologische gelegenheiUschriften.
in dieser ausgäbe, Qherall nur nach beweisen f&r die oben von mir aus-
gesprochenen behauptungen gehascht, werde Ich, anslalt aus simüicbeii
tragödien eine anzah] stellen zu n&herer betrachlung beliebig aosxuwilikD.
vielmehr zwei ganze stficke, ein von Peiper und ein von Richter bearlKi-
tetes, und zwar gleich die beiden erslen, Hercules und Tbyestes, durch-
gehen und an ihnen die leistungen der hgg. prüfen.
(Der schlnaz folgt im nKchaten hefte.)
Jbna. Bebmbabd SoEafisT.
(81.)
PHILOLOGISCHE GELEGENHEITSSOHEIPTEN.
(fortsetsang von 8. 786.)
Gera (gynin., zur Sohtissler-feier 17 ootbr. 1868) A. Banmeister:
spicilegii cntici in scriptores Graeoos et Latinos pariicnla I. liofbncii
dmckerei. 8 b. gr. 4.
Jena (univ., doctordiasertationen) L. Schumacher: qnaeitionnc
criticamm Sophoclearom specimen I. drnck von Ratz. 1868. 60 s. S. -
H. Wessig: de aetate et anctore Philopatridia dialogi qai nn» cns
Lucianeis edi aolet. drack von H. Hildenbrandt in Cobleiia. 1869. S7 s
fr. 8. — F. C lausen: de Horaiii libri primi epistula nndaficeniu
ruck von Ratz. 1868. 82 8. ^ >- C. F. J. Nick: de Vergili caxmici
buB a Drydeno poeta in linguam Britannicam translatis. drack tod^
Stumpf in Bochum. 1868. 26 8. gr. 8. — E. Jung: gedanken über die
menschliche sprachaneignnng. eine sprachphilosophiache stndie. drsck
von Ratz. 1868. 84 8. 8.
Kiel (zur Jubelfeier der univ. Bonn) P. W. Forchhammer: die
gründung Roms, mit einer karte, druck von C. F. Mohr. 1868. VIc
60 8. gr. 8.
Leipzig (ges. der wies.) M. W. Drobiseh: weitere unteniuko
gen über die formen der hezam^ter des Virgil , Horaz Und Homer, ü^
den berichten der hist.-phil. classe 1868 f. 16—66. gr. 8. [fortsetxia!
einer frühem abhandluug 'ein statistiBch^r versuch über die formeo äi
lateinischen bezameters' ebd. 1866 s. 75—139.] — J. Overbeek: U^'
geschichtliche miscellen. erste reihe: zur archaischen kaust, ebeadtj
er 1868 s. 66—91. gr. 8. — (univ., zur Verkündigung der von mai Ido'
bis april 1868 creierten doctoren der pbil.) R. Klotz: emendatiooso
Plautinarum libellus. druck von A. Edelmann. 1868. 9 s. gr. i '
(doctordissertationen) A. Thierfelder: de Ghristianomm psaU <-
hymnis usque ad Ambrosii tempora. druck von B. G. Teubner. 1^-
41 s. gr. 8. — W. H. Roseber: de aspiratione vulgari apud Oraeco^'
druck von Melzer. 1868. 64 s. gr. 8.
Leitmeritz (obergymn.) W. KlouSek: zu Vergil und Hor&2
druck von H. Mercy in Prag. 1868. 11 s. gr. 4.
Upsala (univ.) J. F. Job an so n: de usu modorum in verbU<^f*
bere, posse sim. in primariis sententiis condicionalibus oommentati'
academica. druck von Edquist u. Berglund (verlag von S. Calrarf ^■
comp, in Berlin). 1868. 56 s. gr. 8. .^
Zürich (univ., zur Verkündigung der preisaufgaben für 1868-^^
lull Eznperanti opnsculum a G. Bursian reoogi£tam. druck von Zar*
eher und Furrer. VIII u. 5 8. 4. — (zur begrüszung der univ. Bonn 3 »«^^
1868) Ex Hygini genealogiis ezcerpta a G. Bursian, restitata. ^^
16 8. 4. — (kantonsschule) K. Thomann: der französische atlas i-
'läsars gallischem kriege. 1868. 18 s. gr. 4.
ERSTE ABTEILUNa
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE
HSBAUSGEGEBSN VON ALFRED FlECKBISEN.
105.
DIE ILIASSCHOLIEN DES CODEX VENETÜ8 B.
In den lliasscholien des codex Venelus 453 ^ glaubte Gobet zwei
bände zu erkennen'); dieser annähme widersprach Rose (AristoU pseudep.
s. 161), welcher glaubt, ein und derselbe Schreiber habe die 6ine classe
der schollen sorgfältiger, die andere nachlässiger geschrieben, zweifel-
liaft waren, wie es schont, Zanetli und Bongiovanni, die Verfasser des
kalalogs der Marciana. ') durch eine neue vergleichung der handschrift,
die durch die freundliche Vermittlung von hrn. prof. 0. Jahn ermöglicht
wurde , glaube ich im stände zu sein diese frage , welche für die feslstel-
lung der verschiedenen bestandteile der lliasscholien nicht unwichtig ist,
ihrer erledigung näher zu bringen.
Dasz wir bei den schollen zwei verschiedene dassen zu unterschei-
den haben, zeigt schon der flüchtigste anbllck der handschrift. die ^inen
sind in groszen schonen zögen von derselben band geschrieben wie der
teit und befinden sich in regelmäsziger weise ober, unter und neben dem-
selben, sie sind numeriert, so dasz immer dieselbe Ziffer über dem erklär-
ten Worte und vor dem scholion steht, und zwar wird auf der zweiten
Seite eines jeden blattes mit a begonnen, wie für den text, so sind auch
für diese schollen, die wir kurz als die älteren bezeichnen wollen,
linien gezogen, die scliolien der zweiten classe sind in weit kleineren
Zügen und mit mehr abkörzungen geschrieben, nicht mit Ziffern, sondern
mit verschiedenartigen zeichen versehen, und befinden sich teils an dem
für die anderen schollen bestimmten platze, wo derselbe frei geblieben
1) über diese handschrift (B bei Villoison und Bekker) im allge-
meinen vgl. Graeca D. Marci bibl. s. 243. Villoison proleg. asur Ilias
8. XLV. Kose Aristot. pseudep. s. 150 ff. Hoffmann 21b und 228 buch
der Ilias proleg. s. 22 ff. 2) Mehler im rhein. muB. YIII s. 144:
'später wurde aaf dem frei gebliebenen ranm des randes unser scholion
von einer späteren band geschrieben.' vgl. desselben ausgäbe von
Herakleitos alleg. s. 94 anm. 1. das betreffende scholion (zu C 468)
gehört zu der gleich zu erwähnenden zweiten classe. 3) Graeca D.
Marci bibl. s. 243: 'seeunda (sc. scholia) minori et fortasse recentlori
oharactere.*
Jahrbücher für elaM. philoL 1868 hft. 12. 52
802 E. HiUer: die Uiasscholien des codex Venetus ß.
ist , teils auf dem Suszern rande , selten , und nur wenn sie tod geriDgeo
umfange sind, zwisclien den alleren schollen und dem leite, aufdieüoiea
ist bei Ihnen keine rflcksicht genommen.
Dasz diese schollen von einer andern hand geschrieben sind als die
älteren , wird gewis ein jeder nach dem ersten einblick in die hs. anoeh-
men, und dies ist auch, wie gesagt, die ansieht Cobets. eine sichere
entscheidung liszt sich aber hier ans den zögen allein wol nicht ßllu.
wie schon der blosze umstand beweist, dasz ein haudschriftenkenDer wk
Rose das gegenteil annimt. und in der that kommen noch ganz andm
krilerien in betrachL zwei gründe bringt Rose fär seine meinuog bei,
zunächst die thatsache dasz öfter ein älteres scholion in der kleiDen
Schrift fortgesetzt wird, dabei fibersab er aber einen umstand, durth dea
die ganze beweiskraft seines argumentes vernichtet wird, sowol an des
von ihm angefahrten stellen nemlicb (fol. 78. 190^ 283^] als aoaüeo
anderen dahin gehörigen I9szt sich ganz deutlich erkennen, dasz am ende
der gröszeren schriftzOge ursprünglich das zeichen des Schlusses :^ ^•
banden war. dasselbe wurde von dem schreiher der fortsetzung eatweder
ganz ausradiert oder zum teil für das folgende wort verwertbet (oameoi-
lieb in der weise dasz der querstrich den obern strich eines t bildet!.
wenn also Rose von dem Schreiber der schollen sagt : 'cum vel priai
ordinis scholiis interdum finem imponat, mutata ut in secundis litteraruoi
magnitudine specieque', wonach das kleiner geschriebene scholioD io
unmittelbarem anschlusz an das vorhergehende und zu derselben zeit vm
dieses geschrieben w9re, so ist dies falsch ; die beiden stücke sind vieloeiir
zu verschiedenen zeiten geschrieben , und nichts berechtigt uns zu d^o
Schlüsse dasz sie von derselben hand seien. — Das zweite argument Roses
bezieht sich auf das scholion zu A 300 *cuius altera pars' wie h^i
sagt Mn scholia primI ordinis errore immergitur , eisdem ibi quibus bis
litteris scribitur/ dieser zweite mit groszer schrift geschriebene teil b^
ginnt mit den Worten \xi\ dKpaTp|c cTvai s. 27** 48 Bk. nun würde scbo«
an und für sich die thatsache, dasz der Schreiber anfangs klein und zienf
lieh flüchtig schrieb, dann aber mitten in einem satze plötzlich aas vcf'
sehen in eine grosze, sehr schöne schrift überspringt, daszerst seltsam
erscheinen, aber auch hier gibt uns eine genauere besichtiguog den
klarsten aufschlusz. die bemerkung zu A 299 s. 27^ 23—27 Bk. stehi
auf fol. 11* unten, die letzte zeile derselben reicht von crepou^^vip
(z. 25 Bk.) bis zum Schlüsse, hier befindet sich nicht das gewöbnlicbe
schluszzeicben , sondern ein anderes, auf dem reste der zeile aber (aoa
dies ist das entscheidende] war das scholion ursprünglich forlgC'
setzt: die rasur ist so deutlich wie nur möglich, die folgende seile be-
ginnt dann mit den worten ^f) dKpaTfjC elvai. der klein geschriebene ao*
fang des scholions zu A 300 steht neben dem scholion zu v. 299 auf dem
Auszeren rande; bei Siriuc, dem letzten dieser klein geschriebenen worie^
findet sich ein zeichen '\' welches sich vor \xi\ äxparfic wiederholt, ^
diese worte an öiriuc anzuschlieszen. die sache verhielt sich also folg^'
dermaszen. in den von der ersten hand geschriebenen scholien war das
• • n 27»» 23— 27 Bk. und die bemerkung des Porphyrios zu v. 300 io
E. Hiller: die Iliaascholien des codei Venetus B. 803
^in flcholion vereinigt, wie denn auch sonst Porpbyrios in dieser samlnng
benutzt ist (wenn auch selten wörtlich wie in den jflngeren schollen). *)
der fibergang durch welchen sie verbunden waren mochte etwa gelautet
haben: bf)Xov b' ÖTi ö 'AxiXXeuc tva pf| äxpaific usw. oder ähnlich;
denn so viel belrflgl etwa der räum der ausradierten worte. der scbreiber
der später eingetragenen schollen nun sah, dasz der zweite teil des ganzen
Stückes zu einer bemerkung des Porpbyrios gehöre, die er ▼ollslflndig vor
sich hatte. ^) er radierte also jene flbergangsworte aus und schrieb den voll-
ständigen anfang des Porphyrianischen scholions auf den Suszern rand.
So Hlllt also jeder grund für die ansieht Roses weg, der, wie bereits
bemerkt, der augenschein widerspricht, und auch abgesehen davon zeigt
noch ein anderer umstand ihre unwahrscheinlichkeit , ja Unmöglichkeit,
die zusammenhängenden blatter 68 und 69 nerolich, € 259—366 ent-
haltend, sind später eingefügt; der text ist von einer ganz andern band
(oder vielmehr wieder von zwei unter einander verschiedenen banden)
als wir sie sonst finden.') offenbar wurden die ursprünglich hier befind-
lichen blätter irgendwie beschädigt und musten durch die neuen ersetzt
werden: denn die nummern der alteren scbolien auf fol. 70* zeigen,
dasz auch fol. 69^ solche numerierte scbolien halte, auf den beiden
neu eingefügten blättern nun sind die scholien teils von denselben bänden
wie der text geschrieben, teils von der band der gewöhnlichen jüngeren
scholien. eines dieser letzteren (s. 167** 16 Bk.) beginnt auf fol. 69**
und wird auf fol. 70* fortgesetzt, nun müste nach der ansieht Roses
der Sachverhalt folgender sein, zuerst wird der text mit den älteren
scholien geschrieben, später werden fol. 68 und 69 beschädigt und
durch neue blatter ergänzt: die neu eingesetzten stücke aber sind nicht
von der altern band, sondern von einer andern, weit schlechtem; auch
werden die verloren gegangenen schollen nicht wiederholt, sondern einige
wenige ganz werthlose dem text beigeschrieben, und schlieszlich tragt
wieder der Schreiber der älteren scholien seine 'curas secun-
das") in die hs. ein. wie seltsam erscheint es dann, dasz jene erganzung
nicht ebenfalls von ihm herrührt, sondern in so schlechter weise ange-
fertigt ist! völlig klar und einfach erscheint dagegen das Verhältnis, wenn
wir annehmen dasz nach der erganzung der beiden blatterein neuer
Schreiber die mit kleinerer schrift geschriebenen scholien in die hs.
eingetragen hat
Bei diesen letztern aber lassen sich wieder zwei classen unterschei-
den, die zeichen nemlich , die das scholion und den zu erklärenden vers
auf einander beziehen, sind teils schwarz teils roth. die scholien mit
rotheu zeichen scheinen später eingetragen zu sein als die anderen ; we-
•4) 8. Rose a. o. s. 162. 5) einen ähnlichen fall finden wir in dem
ebenfalls von Porphyrios herrührenden scholion zu C 98, welches von der
ersten band geschrieben ist. die worte von bouXeOwv s. 490* 12 Bk. bis
Zffv z. 14 fernen, sind aber am rande von der zweiten band ans einem
vollständigen ezemplar nachgetragen, ebenso ein offenbar richtiges &t&
vor Möva z. 16. 6) das gleiche ist der fall mit fol. 146 (A 167—217);
die band ist hier dieselbe wie anf 68 ^ und 69. 7) Kose a. o. s. 161.
62*
804 E. Hiller: die Iliasscholien des codex Venelus B.
nlgstens ist die dinle meistens bedentand schwärzer, doch ist dies nicht
darcbgehend, und eine genaue Untersuchung der sache wQrde schwerlich
die darauf verwandte zeit lohnen, wichtig dagegen ist der unterschied
zwischen den beiden classen in bezug auf den Inhalt, durchmustern wir
nemlich zunächst die schölten mit schwarzen zeichen, so erlLennen wir
alsbald, dasz dieselben zum bei weitem grOsten teil einer samlung tob
scholien des Porphyrios (die in vollständiger fassung mitgeteilt waren}
entnommen sind, in diese samlung eingeschoben aber waren mehrere
Biüicke aus Herakleilos Homerischen allegorien, und daraus erklirt sieh
der umstand dasz in anderen scholienhandschriften , die auf denselben
Ursprung zurückgehen, solche stocke zuweilen mit der bezeichnung TTop-
qpuptou erscheinen; in dem titel der samlung war wol nur Porphyrlos
genannt, dasz sich öbrigens unter diesen scholien auch noch andere, meist
kleine und unbedeutende bemerkungen, sowie glossen befinden, wird
niemand wunder nehmen, der mit der scholienlitteralur bekannt ist.
jedenfalls darf behauptet werden, dasz bei einem scholion von Porphy-
rianischer färbung die Vermutung, dasz es von Porphyrios sei, wesentlich
dadurch verstärkt wird, dasz es sich unter diesen scholien mit schwarzen
zeichen befindet.
Bei den scholien mit rothen zeichen treten zwei hauptbestandleile
hervor: sprachliche, namentlich etymologische bemerkungen, die sich mit
gröszeren oder geringeren abweichungen im Etymologicum und in den
Homerischen epimerlsmen^) wiederfinden, und die bekanntlich einen wich-
tigen teil der Homerscholien bildenden IcTOpiai nebst verwandten sach-
lichen bemerkungen, die meist auch in den sogenannten scholia Didjml
stehen, ob diese zwei bestandleile aus zwei samlungen oder aus ^oer
entlehnt sind, musz dahingestellt bleiben, auch hier finden sich nalfirlkh
glossen und manche andere zulhaten , auch einige ganz wenige Porphy-
nana , die hier offenbar derselben samlung wie die lcTOp(ai , also einer
den scholia Didymi ähnlichen, entlehnt sind.
In denjenigen fällen , wo ein scholion der ersten band durch die
zweite ergänzt wird (s. oben s. 802) , läszt sich nicht immer mit Sicher-
heit feststellen, welcher von beiden classen die ergänzung angehOrt. ab-
gesehen von diesen fällen aber wird eine genaue ausgäbe der Iliasscholien
nicht nur, was bereits Rose a. o. s. 153 aussprach, die scholien der ersten
und die der zweiten band'}, sondern auch bei den letzteren die mit
schwarzen und die mit rothen zeichen zu unterscheiden haben.
8) in Cr&mers anecd. Oxon. bd, I nnd onecd. Paris. II s. 29i ff.
9) dazu kommt noch eine dritte hand, von der aber nur ftosserst we-
nige und meist ganz werthlose scholien herrühren, doch befindet sich
daranter aach das scholion s. 166*^ 61 Bk. bei dieser gelegenheit sei
bemerkt, dasz das citat in demselben Kai cöpf)C€tc toOto ffiirpocOev ^v
Tifi vO in dieser vollständigen form nicht nur im Lipsiensis, sondern
auch im Venetas B steht, in letzterer hs. aber hat es seine richti^keit
damit: denn zu N 296 ist dort das scholion s. 69* 28 Bk. wiederhole
dies als ergänzung zu Rose s. 166.
'^RANKFUBT AM MaIN. EdüABD Hn.TiBK.
L. Kayser: anz. v. Dionysi Hai. antlq. rom. rcc. A-Kiessling. vol. III. 805
106.
DiONTBi Halicabnasensis antiqvitatvm bomanarvm qvab sypBB-
8VNT BB0EN8VIT AdolphvbKibsslino. VOL. III. Lipsiae
in aedibufi B. G. Teubneri. MDCCCLXVn. XXXV u. 329 b. 8.
(vgl. jahrganjf 186a s. 1—11. 1866 s. 86-47.)
Etwas rascher als der zweite band auf den ersten ist der dritte (das
siebente, achte und neunte buch enthaltend) auf den zweiten gefolgt,
sonst aber mit anwenduag derselben maximen in der constiluieruug des
textes, für welcheo auch in diesen bfichern der codex Urbioas 105 (B)
bei weitem die wichtigste grundlage bildet: denn auch hier wird nur
eine mäszige anzahl von stellen aus dem Chisiauus (A) alleiu berichtigt,
sehr wenige aus dem Coislinianus (C), fast keine aus Ü (Regius), dem
original der editio princeps. zu den bereicherungen aus A darf man
20, 23 Töv bilMOV, 138, 12 6Xk\ 142, 28 cpuXdiuiv, 204, 26 oöt€
diTieava, 207, 1 KaxacreiXai, 237, 9 TrpocfJKev (für irpocniai), 270,
31 X€T6iv, 294, 29 dirdTCiv, 300, 17 öx^oc, 322, 22 i\br\ bi€CK6-
bacfi^voi (soll fahr] bieoceuocji^voi heiszen) wol zählen; auszerdem zu-
säUe wie 45, 1 und 186, 25 von fäp, 207, 4 und 296, 20 von piv,
101, 12 und 209, 26 von tc, 271, 26 und 316, 4 von bi, 300, 20
von Kai; dagegen fehlen Wörter die anderswo widersinnig stehen, wie
71, 7 bf|, 105, 1 auTÖc, 124, 2 d)c, 290, 2 {m\ 306, 29 bk; endlich
sind richtigere lesarten sonst oder wenigstens in B verschriebener Wörter
29, 31 dvoMoXoTrjceTe , 62, 25 öcpeirai, 125, 22 TCtxojbiaxiac (von
zweiter band], 143, 13 (ptXouc iroiou^EGa, 188, 6 odacTrjv, 240, 12
K^pac, 293, 11 dKKXiiciav, 309, 15 ^qpebpiaic. aus C und D war 45, 11
unbedenklich TiOevrai aufzunehmen ; sonst bietet G 31, 12 & t^iuc, 42, 20
diraiTwv, 50, 13 6<p' ujiTv, 63, 24 iKpOTuvexo, 206, 19 dv dcpavci
T^ böEij, und durch correctur am rande 53, 25 ^inTpTi|iai, 221, 29
äirob€iicvuTat trpdc auriDv pecoßaciXeuc, 276, 7 xai Tdc, 283, 23
f| trept Tf)c icXripouxicic CTdcic, 307, 32 ^dXiu; diese Verbesserungen
scheinen eher das werk eines gelehrten lesers als aus einer guten bs.
übertragen zu sein, die menge der blosz B angehörenden vorzüglichen
lesarten ist dagegen so grosz, dasz man darauf verzichten musz sie auf-
zuzählen, mit wenigen ausnahmen zieren sie jetzt den text Kiesslings;
Reiske wies ihnen noch allzu oft ihren platz in den noten au , wie unter
anderem 32, 23, wo er den echten werten ol ixiv im rate irepi tq cujii-
ßöXaia ßXdßaic, ol b' ^ttI t^ nepi Tdc Ttpdc ^Xarroicei eine ganz
ungeschickte interpolatton des cad. Rom. Tdc ^k toO brjjüiou dvaicxtJV-
riac (sc. ßapciuc qp^povrec) vorzog, besser verfulir er 225, 25, an
welcher stelle durch das homöoteleuton Ix^VTa — ^x^VTiuv zwei volle
Zeilen in den übrigen hss. ausgefallen sind; interessant ist es hier zu
sehen, wie geschickt Gelenius und Gasaubonus sich zu helfen wüsten,
während Lapus unsinniges übersetzt, Portus aber dem Appius eine sei-
nem rathe ganz widerstrebende behauptung in den mund legt, Sylburg
gar eine tautologie wahrnehmen will, was Gelenius in seiner version
806 L. Kayser: anz. v. Dtonysi Hai. antiq. rom. rec. A. Kiessling. vol. 111.
andeutete 'polestatem intercessoriam sacrosanctam et legibus confirmatam
uon posse nisi suismet dissolvi viribus', muste die spateren bearbeiter auf
den rechten weg leiten; doch nur Casaubonus bat, was unter diesen um-
ständen allein möglich war, den entsprechenden gedanken ergSnzl. K.
tränt 280, 18 als *casu non receptum' TpiqciXiujv T€ xai rptCKaibCKO
nach; ebenso war 77, 19 bixaiUJC Obc ohne weiteres aufzunehmen;
79, 27 bietet ebenfalls fi das richtige, da Coriolanus nur mit beziehung
auf sich selbst spricht , Tic also den sinn seiner worte ungehörig ver-
ander iVOrde; 108, 21 muste K. mit B Ik Tf)c nöXetiuc ö Tupawoc
dvaipei schreiben , weil dem bfj^oc in concreto die person des tyrannen
entgegengesetzt wird; 171, 5 hat B. den satz Kai ö brijüioc dncKupiucE
TaOra nicht, er kann recht wol von einem corrector herrflhren, der meinte
dasz auch ein solcher bescblusz des Senates noch der ausdrflckllchen be-
statigung des Volkes bedOrfe, wie späterhin allerdings über die crrichtung
des tempels der Fortuna muliebris die comitien berufen werden; aber
gerade daraus mag der interpolator den schlusz auf die notwendlgkeit
eines gleichen Zusatzes gezogen haben, noch einiges andere der ari,
was unserer ansieht nach aufnähme verdiente, werden wir unten be-
rühren, die bemerkung aber, welche der hg. zu 11, 16 macht «T€ kqi
iTOVTipOTdTiUV quae a Ba afuerant eicienda videnlur, siquidem hoc addi-
lamenlo sermonis aequabilitas corrumpilur» möchte auf sehr viele ähnliche
fälle auszudehnen, und die frage, ob was so vorzügliche hss. nicht haben
beizubehalten sei, lieber dahin zu beantworten sein, dasz dergleichen hin-
reichende berücksichtigung in den kritischen noten finde.
Einigemal trägt die adnotatio critica versäumtes nach, wie 36, 6
ä7TOCTpoq)f|V AB ^quod recipere debui% ähnlich 29, 31 dvo^oXorn-
ceT€, 39, 31 u^Tv, 48, 12 Aexiou nach Gelenius, 54, 16 Ujiiv, 59,24
itdvrec ye, 63, 11 dvTiirpdTTeiv, 76, 19 diovro bcTv cuvdrciv, 88, 6
Aorivie, 115, 5 ^aipeO^, 191, 4 cupireptXaiiißdvwv mit voller iuier-
punction erst nach fOvii, 258, 26 «TaCra quod om. AB delendum erat»,
vgl. was wir oben zu 11 , 16 äuszerteu. als bessere lesart wird aus A
noch 15, 18 dbeiav anzuführen sein und aus B 54, 1 i&v TrpoC€Tp(߀TO
T^ ßouX^, derselbe scheint 152, 11 nicht blosz KaOriM^^ac, sondern
wie Reiske berichtet f)jüiäc KaOrijüi^vac zu haben; 292, 32 muste ftui-
Kav (aus A) fortbleiben.
Wir verzeichnen nun zuerst die von K. selbst herrührenden vielen
berichtigungen des lextes in diesem bände, dahin gehört die richtige
Schreibung des eigennamens fdioc Oöic^XXioc Toutac, wofür bei
Reiske noch Kai louKiXXtoc T. steht (Pdtoc wollte schon Portus)
34, 6; xöXcp für 6xXuj 82, 27; dvpuejüiqj statt iy p\)B\iC^ 94, 17,
wodurch eine sinnlose Unterscheidung von Kiviicic und ^u6|iöc hervor-
gebracht wurde; iiii tt^c . . dpxf^c 101, 8 , wo in iK t. d. eine falsche
auffassung vom ausbruch des krieges läge (audi 105, 5 ist £Kq)€p€i das
richtige); öcomep dirdcaic für öcoi trapd trdcaic 132, 8; iviauTUj
b' öcrepov beuT^piu statt des vagen d. b' u. ^T^piu 171, 29, welches
niina t^Aifirefügten drtikcl nicht wol die bedeutung des lateinischen aller
^vs haben kann; äqji^axi<£)V , der übliche ausdnick für die
L. Kaiser: anz. v. Dionysi Hai. antiq. rom. rec. A. Kiessling. vol. IIL 807
leidenscbaflllche aliercatio^ statt des sonst nicht wiederkehrenden dvri^a-
Xrjceic 175, 9 (vgl. u. a. 286, 14); &ixa ndcac 177, 12 für fipa Ttdcac,
wie schon Suidas u. MäpKioc hat; 189, 15 bijurivouc mit Verweisung
auf 279, 31 und 313, 19 statt biot jitiivöc; eäijiuxuic statt des von
Reiske nicht glücklich vertheidiglen euTUXilfC 270, 14; Treptecnv für
irdpecTiv 274, 4; tQ biio} an stelle des genetivs 282, 9; XoTtCMÖc
an der von XÖTOC 289, 6; icx^rwv für akxiCTUiv 290, 26; diro-
Kpoöeiv für äirepuKeiv 321, 15 und 325, 20 Taßivuiv für Caßivujv,
woran selbst Reiske keinen anstosz nahm, vgl. alter Livius III 6 ; 329, 30
Tijüiia für Ta^€Ta. mehrmals ist der richtige gedanke durch ergänzung
6ines oder mehrerer worte gewonnen, wie 53, 30 von Xt^^i, 74, 25
vou fi^a, 99, 7 von 6v, 163, 3 von elc, 179, 23 von KaracnicdjLievov,
196, 22 von Tf)V bk (dies iiat übrigens schon Gelenius vorgeschlagen),
301, 13 von TtSj KOtvi^, 319, 32 von Kai; oder auch durch tilgung,
resp. einklammeruog ungehöriger zusAtze, dergleichen 68, 12 xp^cröv
ist, womit Sylburg und Reiske zu viele umstände machten; 141, 3 Otjo-
XouCKOic, 93, 30 und 252, 11 Kai, 313, 32 aurdc. die zahl dieser
art von emendationen des textes konnte K. noch belrSchtlich vermehren,
wenn er folgenden die unseres erachtens ihnen gebührende stelle im
texte anwies: 56, 5 irpoßouXeGcai , 54, 29 itujc ydp dv, 78, 6 dM-
Kim' dvbpöc, 123, 29 diravTiüci TrdvTCC TrpoTeivovxec kcTTipiac,
171, 2 CTTJXiic briMOciac d7nTpaq>Q, 176, 2 dvociou ?PT0U, 213, 6
dTatninac h' dv dTifiXOov, 246, 14 irpoKaOim^vuiV, 265, 24 dvrei-
XOV; wenn er die lucken 45, 15 durch auTÖv, 50, 29 durch irdci,
69, 25 durch }ir\Te Movapxiav, 94, 8 durch ö ji^v vor TrpujTOC, 295,
20 durch yäp wirklich ausfüllte und nicht blosz in der adn. crit.; wenn
er 6, 20 MaXaKÖc, 52, 21 ibc trpöc elböxac dnavTac, 91, 14 ötto-
Xaßetv, 140, 31 i^ Tijifiv, 245, 10 rfiv CTpaTidv mit klammern versah,
auch durch Umstellung war einigemal die sinngemSsze fassung zu er-
halten, wie wenn wir 240, 3 K^pac fvOa ö JVJdXXioc fjv verbinden,
261, 17 Tpo7Tf]c TToXXfic ?Ti, 287, 8 Trpocuxp^Xouv oöt€ T^xvil OÖT€
dXXo, 305, 21 T^iv ößpiv oure irepieibe, wo K. sich zu bescheiden
begnügte in den noten darauf hinzuweisen; nur 325, 14, wo die ver-
tauschung der platze von dTTOßaXövTCC und dTTOKT€ivavT€C mit den
davon abhängigen objecten durch die Situation geboten ist, hat er sie
im texte zugelassen, als absichtliches hyperbaton wird weniger iioXXf)c
d^irecouciic Trdvu 21, 1 anzusehen sein als 41, 2 ÖMOVOf)cou oiö^e-
voc Tf|V TTÖXiv, hier ist dem vorschlage oioficvoc ö^ovof\cai t. tt.
nicht zuzustimmen, treffend ist noch die bemerkung, dasz 111, 11 aus
'AXßavoi entweder Aartvoi oder Caßivot werden müsse und 103, 13
dircipOTroX^liOuc aus dtroX^iiiouc, 41, 3 olov aus öcov.
Belege für herstellung correcter syntax sind die teils aufgenomme-
nen, teils nur vorgeschlagenen lesarten , wie 13, 29 ol dvbiQTpißovTCC,
18, 12 Tf|v ciTOÖeiav, 91, 23 dvf|p, 167, 20 töv ßiov, 204, 15 ö . .
CTpaTTiTÄv, 230, 4 toiv dv dKji^, 237, 30 6 vö/ütoc, 245, 26 dv TOic
irdvu, 314, 3 ol dTrobcixOdvrcc, wie 63, 24 & AdKioc dKpaTt}v€TO,
64, 23 öjavuirdTüKi Tiva . . biKij, wie 18,' 15 dx^veTO, 23, 30
808 L. Kayser: anz. v. Dionysi Hai. aotiq. rom. rec. A. Riessling. toL m.
dEein, 36, 28 ferai, 58, 28 ircipdcoMai, 97, 28 imeevrec, 115, 5
d^aipee^, 137, 8 ^tUiVicdM^Ba, 148, 21 cir^crciXev, 151, 19 bi€-
Xucav, 178, 11 boO^, 189, 1 öencojidvac, 193, 18 Tevo^evnv, 237,
9 irpocr|K€i, 281, 31 KarnTOpricciv, 295, 30 dvT^X€iv, 327, 24 fiTn-
cerai, wie 22, 23 Kai ijjieTc hk, 38, 13 ti &v, 39, 7 oihc fiv dra-
vaKTTJcaiTe, 61, 22 ouk öv dtaTnicavTec (sonst ist die stelle nicht,
wie SinleDis meinte, verdorben), 80, 16 oirx fljitv, 134, 3 xai dbwd-
TOic, 1Ö7, 27 dfioi TC, endlich wie 3, 30 dTrcKaXeiTO, 47, 7 irpoeTircv
fm^pav, 112, 17 ^TTeppüücGiicav, 117, 20 Yrapaoceudcaceai, 122, 22
dcßlacd^evot , 188, 26 Tf)c xibpac uircpopov, 214, 1 dircxtupricav,
280, 26 KaToOopußoOvTec touc d1^oXoTOU^evouc, 303, 23 dvoiicei,
306, 4 irpociövTi, 48, 22 per' ou iroXu.
Auszer den conjecturen K.s sind in diesem bände besonders die ron
Sintenis hervorzuheben, von welchen der bg. in anerkennenswerther
weise gebrauch gemacht hat. unter den Verbesserungen, welche das Ver-
ständnis des historikers ermöglichen oder erleichtern, nennen wir 1,8
XapiecTepot, 19, 30 diroKeiji^vac, 51, 32 picobtiMordroic, 58, 2
irapiouct, 61, 2 iSjcirep ^XP^v, 66, 19 TroX^jiou be, 67, 30 raurnv
THV x<^piv, 77, 7 XP^icxv, 93, 21 biaq>uXdTTOVT€C, 130, 3 dXXa q>^p€
ci bk br\ (statt des frähern dqpaipdcet hk bfi), 294, 10 dirö<paciv, 214,
21 öpoiv dq>avüjc, 227, 9 eCvoiJV, 291, 20 irapioOca und 27 ncpiT-
TÖv dcnv, 315, 5 £v t^ irevia; ferner die ergjinzungen 87, 7 oute
bioiiqcdpevoc, 110, 23 Ixovct (schon Sylburg wollte KaT^xouci).
162, 1 CTioubdZeTC, 218, 26 diriKOupia, 315, 12 nXiipx] 6puiv; ge-
tilgt wird 252, 11 xal und 262, 19 troiiicdpcvou aufnähme verdieoce
übrigens noch 2, 30 cäpetv, 10, 6 bpöpoc iy^vcTO, 88, 16 xat beu-
T€pOV TÖ övap, 91, 16 €IT£ KOT* dXXllV cTtC KOT* ^KCivtiv, 105, 11
cuveXOeiv, 113, 9 ouk dbiKCicOc, 191, 4 cupircpiXapßdvujv, mit
forlsetzung des satzes hh fOvil, worauf das neue capitel mit ToOra be-
ginnen musz; 191, 11 direbuiKe, 196, 28 ß{a KaT^xofCt, 215, 22
-^Kovrec, 236, 11 Kai KaxaßaXövrcc, 260, 11 diniTaTC, 275, 9 crpa-
TTiTetv, 277, 9 q)UTÖVT€C, 278, 9 dTrilre, 289, 24 irap^ecav, 314, 22
iroiricdpevoc, dir^CTCiXav.
Von Cobels emendationen sind hier 166, 2 dveXet fflr dv€tX€,
262, 25 xpucöc für xpilCTÖc benutzt, das marginale 163, 24 Ikovov
£v YrapdbciYpa Kai oIkciov als solches nach Cobets Vorgang anerkannt,
74, 3 ^rerpdxuvTO statt ^rpaxuvero wenigstens angeführt, sonst
haben die neueren wenig beigesteuert, desto mehr Sylburg und Retske,
deren namcn so ziemlich auf jeder seite wiederkehren, wir übergehen
die zahlreichen steilen , worüber K. sich mit ihnen durch reception ihrer
berichtigungen einverstanden zeigt, wo unsere ansieht ebenfalls zustimmt,
und sprechen nur von den correcluren welche unverdient fibergangen
scheinen. 26, 22 ist wol Sylburgs dtrecTcpficGai passender als K.s
dnocTepecOai, 54, 21 irepl ^auröv dessen irap' iow^ vorzuziehen,
wie 62, 9 t6 kujXöcov irap ' upuiv der vulg. tö k. irop ' äpäc ; 66, 32
durfte K. ^iravacetcBeicac nicht stehen lassen, wo Reiske und Sinlanis
Sylbiirfl'« ^T^"^aTa6eicac gebilligt hatten; 89, 11 ist TrpovfTOupevoc,
L. Kayser: anz. y. Dionysi Hai. antiq. rom. rec Ä. KieasIlDg. fol. UI. 809
wofflr A weoigsteus 1rpoaTÖ^€VOC bietet, cu belegen mit 100, 4 töv
TrpofiTn^d^evov ttic iropTrfjc; 110, 3 verlaagt iroXeiüiiuiv ireipoG^VTEC
sclion der in tJ^a)v liegende gegensatx; 173, 25 ist ölToXl1TÖ^€VOC,
weil dem falgenden bu)pT)cdiLi€VOC entsprechend, notwendig; 175, 5
war irpobÖTOu statt des plurals anzunehmen und TTap€X6uiv fdr irpoeX-
eüiv ; 196, 9 xmapHi fflr uirdpxei ; auch 197, SO ist &OK€t das rich-
tigere lempus und nach Reiskes (Hudsons) angäbe lesart des cod. B;
199, 7 Tf|V KXnpouxtav der hier allein richtige casus; 211, 16 em-
pfiehlt sich sehr der verschlag ii {mtpheiiov ^TriT^vuiVTai X^^pi^^^
vgl. UI 64; 212, 7 darf dem Zusammenhang gemiaz nur Kai T^p xai
OUTOi stehen und das zweite Ka\ nicht fehlen; 219, 26 wird man lieber
den ausdruck absichtlichen enthaltens }xvibi.y iffii\x]C€^ ipx&cacQax im
texte sehen als ein einfaches }X. elpTacOTO ; 244 , 23 ist KivbuveuouciV
bedeutender als das futurum ; 267, 25 muste drroxfic unbedenklich ge-
schrieben werden für ^TTOxfic; s. 277 ist sowoi z. 9 q>UTÖVT€C als z. 26
£q>irrov richtiger; 278, 25 gibt diroptqi kaum einen erträglichen sinn,
imeipiq, dagegen einen sehr guten; 292, 19 verliert irpöc aÖToO durcli
die zu weite eulfemung seine beziehung, es konnte leicht aus irpöc
"Afmiou entstehen ; 309, 24 ist 6 pdXtcra fxajivev ungezwungener als
^ IX. ^Kapvov, auch hat B den Singular.
Neben Sylburg hat Portus sich durch eine schöne reihe von emen-
dationen um diese drei bOcher verdient gemacht, vgl. 58, 23. 71 , 24.
75, 6- 116, 10. 145, 32. 146, 18. 165, 1 und 3. 188, 27. 224, 6
und 12. 245, 31. 286, 6, welche alle, mit ausnähme des in der note
gebilligten aöraic 116, 10, bei K. aufnähme gefunden haben; er durfte
aber auch 50, 12 iroponcivbuveiiovTCC dem aorist vorziehen, und 126,
27 mit Portus rote xelxeci xdv TröX€^ov trpocdHovTOC lesen statt t.
T. ToG TroX^^ou n. , was die ganz ähnliche stelle 134 , 31 ci ToX^ric€lC
irpocäteiv xoic xeixcci töv iröXepov erweist. 164, 18 dagegen
scheint eher ^xovTac iniP^^i^^^c fivbpac den obelos zu verdienen als
die von K. approbierte änderung ^xovrac Kai irpoTeivovrac iripatouc
fivbpac beibehalten werden zu können, von Gelenlus war 160, 21 iroici
fQr liroici, 166, 24 ii oi3 statt ii d»v, vielleicht auch 181, 11 oTovrai
anzunehmen, wo alndiVTai nicht recht passen will; von Stephanus wol
57, 12 i^ für Kai, 132, 2 KaekTacOai, 174, 17 tevoM^voic.
Auch von Reiske muste der hg. bedeutend mehr verwenden als er
für gut befunden bat. zu den evidenten Verbesserungen gehören wol 6, 5
KOraXtiO^vroc, 13, 18 die ergänzung von KaTT)|LiAiiC6V , wo es wenig
hilft £k^€uc6 für KcXcucac zu lesen ; 17, 26 entspricht der Situation
nur dvoXojüißdveiv: denn dasz die colonie Velitrae den Römern gehörte,
versteht sich von selbst; 38, 11 erkannte Reiske in Iv und 12 in jüifj
störende zuthaten, die wenigstens in klammem einzuschlieszen waren;
50, 9 gilt von övtujv dasselbe; 59, 30 muste |ie^VT]M^voc als unver-
ständlich mit bebcTiM^voc vertauscht werden ; 63, 10 ist für ävTtTTpdr-
TCCOai, wie K. in der note bemerkt, ävTiTTpdTTCiv zu schreiben; wie
dieses, holt er zu 83, 1 dm<pav€(cnc cq>{ci nach statt des drolligen
q>ave(ciic ^iri cq>(civ ; 92 , 25 ist rä bi irepi Tf|v oibtii gewis dem tö
810 L. Kayser: ans. v. Dionysi Hai. aotiq. rom. rec. A. Kiesding. vol. 111.
bi TT. T. cc. vorzaziehen; 102, 24 wird man lieber dpp^i^^roc . « irei-
cofiai als £ppi|i^ai . . ireicöpevoc im teile sehen, die hss. haben ao
beiden stellen das participium ; 103, 16 können wir bticaiatc bei irpd-
Eeci durchaus nicht entbehren ; 108, 5 erHihrt der leser nicht dasa Reislie
U7rdpX€tv vorschlug; £x^iv mit B auszulassen ist darum nicht rathsam,
weil sonst der falsche gedanke enlstlnde, alle bflrger hätten die ihooi
gebührende freiheit als besondere begOnstigung erhalten ; auch litte dann
die conslruction an grosser hirte. 128, 28 darf irpöc vor TauTT]V
nicht fehlen; 139, 13 wird der satz undeutlich, wenn man nicht iirö
vor dvdTKnc einschiebt; 161, 22 bedarf die behauptung OuoXoCCKOi
b^ nökx) TÖ aöOabec ^x^uciv der restriction auf die gegenwart durch
vuv fibf ; weiterhin scheint eic rairetväc Kai qxxuXac (sc. Tuxac) selt-
sam ausgedrückt statt eic Taireiva Ka\ q>auXa; 163, 28 wird auric
ohne vorgestelltes Kai keinen rechten sinn haben; 167, 20 scheint töv
bei ßiov nicht fehlen zu können; 168, 21 ist an d^ richtigkeit von
7rpoafJK€i kein zweifei möglich; dieselbe Verwechslung kommt 237,9 Tor,
wo K. selbst das prisens für 7rpocf)K€V herstellt; 186, 3 ist der zusatz
von icdpiO^ov zu trXiiOct neben ÖTiXiCfiOic ö^oidrpoTrov wenigsteos
sehr ansprechend; 196, 21 musz, wenn der redner nicht mit sicii selbst
in Widerspruch gerathen soll, vor eTvai eine negalion stehen, freilich
nicht OUK, was Reiske vorschlug , sondern ^f) ; gleich darauf verlangt das
vorhergehende Yf)c die rflckbeziehung mit urräp aun]C, nicht iitip au-
TUJV; 197, 15 ist der satz ohne Reiskes Ikoctov eicq>^p€tv unvoUstio-
dig; desgleichen 208, 14 oubevl Ix* fiv zwischen ou6€|üi(a und (ppov-
tIc eine notwendige ergSnzung ; die emendalion ekrj 214 , 26 hat Sin-
tenis emend. 111 s. 18 noch einmal gemacht; sehr wahrscheinlich ist 238,
6 6coi bf) dTViuKare für öcot bi€TV(i)KaT€; 242, 12 passt zu Tocaun)
das von Reiske beigefügte buva^ic besser als dK^rj ; dem gedanken nach
suppliert er 269, 17 richtig böia\}xi rdp <öv ou> cöv biKq irdcxtiv:
wenn man den angeklagten ungehörl verurteilt, wird er immer als mir-
tyrer betrachtet werden; auch für npö ö(p6aX|iU)V ^x^vrec 271 , 20
statt TTpoeXövrec, für 8v xal auröv 287, 27, für KaOiiTai nach dpTÖc
300, 17 und ävaTKi) ebd. z. 24 vor i), für In nach bOKoOv vOv 302,
1 und TTpoiöv ebd. z. 5 nach fi^XPt TravTÖc, und irdvTUiv z. 27 vor
ßaciX^UJV müssen wir uns erklären; endlich als annehmliche correcturen
300, 24 oöb€vl euTUxf), 320, 16 ^KcpepÖMCVOC bezeichnen, wie 262, 11
TÖT£ lii bfi, 15, 14 Kai bi\ Kai toOto, 17, 17 xeXeuTujVTCC oöv;
weniger sicher scheint 59, 8 dq>^€i, vgl. 54, 26 ; und nicht völlig not-
wendig 1 70, 7 in beivöxepov, 194, 24 Gdxcpov MÖvov.
Rci aller Zurückhaltung des hg. in der aufnähme eigener und frem-
der correcturen sind doch einige zur geltung gekommen, denen man ihren
platz bestreiten kann, so ist zu bezweifeln , ob die parallelstelle VI 79
(306, 27) TOCoÖTUiV oöv Kai ttiXikoütoiv diniXXaTM^voi KaKWV . .
cpcÜTWiLiev zu der fassung trepl ttiXikoOtuiv Kal<TOCOUTUJV>X€T€iv49,
13 berechtige, wo nicht die zahl der gegenstände in anscblag zu briogeD
ist, sondern nur ihre Wichtigkeit, eher gienge daher Reiskes TrjXiKOt;-
TUJV Kai TOioÜTuiv , doch scheint Kai vor X^T^tv nur durch versehen
L. Kayser: anz. v. Dionysi Hai. aotiq. rom. rec. A. Kiessling. vol. III. 811
in den text geraüien zu sein, wenn 55, 12 AB ei Ka\ haben, die vulg.
aber elre , so war es vielleicht rathsamer jenes beizubehalten als dieses
einzuklammern. 70, 31 war es vielleicht nicht nötig dvOdbe mit dv-
6dvb€ zu vertausciien; Sylburg meint nur «possis etiam legere ivB^vbe».
warum soll 92, 22 kqi touc ä2[euKT0UC Tinrouc einer änderung in
Kat tTTYTOUC 6levYCX0vc bedOrfen? warum 118, 22 xuipioic fQr q>pou-
piotc gelesen werden, da doch, wie 307, 12 f. darthun kann, beide
Wörter synonym sind? kein grund liegt vor 124, 6 aÖTOiC in auTo\
zu verwandeln; unter auToTc ist das beer der Volsker zu verstehen,
eher könnte man aÖTijj schreiben, für das corrupte tcac in B 126, 15
hat Sintenis lb{ac vorgeschlagen und K. hat dies aufgenommen ; da aber
damit eine seibstanklage des gesamten senales bezeichnet wlre, so wird
man das wort, welches in ACD fehlt, lieber streichen. 127, 11 war
für lrpoblb6^evOl nicht nach Reiskes Vorgang das perfec^ zu setzen:
denn der verrath war mehr gearg wohnt als wirklich geschehen, die
Snderung paOÖVTCC bi\ 136, 24 konnte unterbleiben, da auch jiaBövTec
hi in den Zusammenhang passt. ebenso war 177, 17 i'tif\v als ausdruck
der mehr zu tage tretenden eigenschaflen nicht mit dvf)v zu vertauschen,
zu streichen ist 193, 17 toOto, welches wol Sylburg hat, aber Reiske
mit recht wegliesz. natOrlicher scheint auf den ersten blick 202, 23
oic oüb^v auTf)c M€Tfiv, doch könnte Dionysios mit absieht fjc oubiv
auToTc ^€Tf)v geschrieben haben, um auf das erste pronomen mehr ge-
wicht zu legen, weshalb soll 218, 26 otKo6€V an die stelle von noOev
treten, wenn die Römer auch von ihren bundesgenossen durch frische
truppen verstärkt werden konnten? 227, 20 ist ßXäßrjC 6ixa eine ge-
wähltere bezeichnung als ßXdßfic alria, man musz dabei an eine ab-
schauung des Schadens denken , vgl. 100, 9 ; 229, 30 kann diriKOupt-
KOO stdtt des nominativs stehen bleiben, kern unnützer zusatz ist 276,
21 iv ToSet, vgl. 311, 4; dagegen versteht sich das dafür eingesetzte
tv Täx6i von selbst, der eigentümliche ausdruck tÖ 7TavoupYU)C coq>öv
303, 29 brauchte nicht mit dem einfachen tö iravoOpTOV vertauscht
zu werden, der accusativ aÖTÖV musz 305, 5 bleiben , wenn nicht die
antithese an bedeutung verlieren soll.
Weit häufiger sind K.s vorschlage in der adnotatio critica stehen
geblieben, wie wir oben nachwiesen nicht immer zum vorteil des textes.
die fälle wo wir sie mehr als anregende fragen betrachten möchten,
weniger ihre benutzung für die diorthose räthlich finden , sind hier nicht
alle aufzuzählen : wir begnügen uns mit einer auswahl. unnötig scheint
es 18, 21 TTÖXei einzuschieben, wo iv tQ jiieXXouci] sich auf xwpocv
z. 19 zurückbezieht, etwas ezacter wäre wol 70, 15 oibiv fJTTOV
(|i€c6€ bcTv ditobeucvuvai als oiblv fJTTOv äTrobeiicvirrc , doch muste
das nicht ausgesprochen sein, dasz der senat neben den consuln fortbe-
stand; vielmehr enthält dirobeiKVUTe schon den ausdruck der constanten
ansieht der patricier , der senat müsse als controlierende behörde existie-
ren, die Verstärkungen dvrairoboOfivat und irpoopäv 77, 5 und 12
für dTrobo6f)vai und öpdv macht der Zusammenhang überflüssig, die
beziehung der zeit 83, 28 durch töte nach ^TtveTO anzugeben ist
812 L. lajser: att. v. OMMiysi HiL aatiq. ran. rec A. Kicsdiag^. id. DL
Biciit Mr «BBöUg; es «Ire sogar da störeader znsaU, da Ua lK^o^
gehoba wird dass die geridrtsiieffcMt der plebs dsr^ die voriadusg der
|iatncier seitens der tribmee gegroodet war. nach mt fehlt 103, o
nicht eucpTCciav, wie K. verawlet, die |>arlikel soll Taunpf TersUricn.
andere nicht notwendige snppleaiente sind 259, 1 |iovov, 324,21 eivoi;
selbsl 249, 28 kann |iiav neben injuipa^ fehlen, die worte 6fioce Tok
icoXc^iC 116, 30 mochte K. tilgen, aber sie sind wegen des folgendeii
iropcdUipelv nnentbehrlich. aoch qiOövov 190, 4 mit dem obpedsgcBeÜT
ToC . . q)pov€iv wollen wir stehen lassen, vgl. 298, 5 äroiouv Toura
96ovt|i ToO fire^iövoc der umsteUnng beiv auraic bedarf es 90, 16
nicht, da die XU 17, 23 nachgewiesene stereotype folge'otofiai betv (wes^
halb eben da ouk d|k>VTO betv confonn wire) bei der Terschiedenen be-
denlung des infinitivs hier keine anwendung findeL der InfinitiT mosz
67, 26, wie Casanbonns verlangte, hergestellt werden, ebd. will IL ohne
not Y^vijcorro schreiben, und 68, 14 Yiäcxctv, wo der indicativ mit
oIb€, nicht mit Ikeüy symmetrisch ist; 149, 23 wSre öireX^XaKCV
nicht passender als dnoXäluicev, vgl X 58; 163, 22 kann Xuiif)COUCi,
wofür XunoOa vorgeschlagen wird, mit besonderem bezog aof ^era-
Xofißdvouci gesagt sein: sie empfangen anderswo das bfirgerrecht, ohne
damit die absieht za hegen von dorther ihr Vaterland anzngreifen.
Durch eine interpretatioo, deren gang zu errathen bisweilen schwie-
rig ist, bestimmt rälh K. zu änderungen wie 17, 1 diropprj'^v ^"'^
äicoppiiTOtc, 55, 8 ßouXojüi^voic fOr beofüi^voic, 97, 8 CetXnvoC statt
'EX^vnc, 83, 22 M£TaXa|ißdvetv sutt Xo^ßccvetv, 107, 2 nXrieeciv
für fjOcciV , fOr dasselbe 303 , 23 cnfjOectv. anderswo kann man xu-
geben dasz z. b. 143, 4 6i|i€Uic mit q>uc€U)C, 241, 9 tou köitov mi
TÖ Xoiiröv vertauscht werden könnte, 171, 25 ävacraOfivat mit <iva-
TeOfivai, 151, 29 iciTiiccv öbupojüi^vuiv mit iciia cuvobupo^^vtuv,
189, 10 irpuiTOV mit irpdrepov seine stelle wechseln dürfe, ohne dasz
jedoch ein entschiedener gewinn dabei herauskäme, eher wird man 216.
2 bÖTMa 1tOlr|ca^^vnc t^c ßouXf]c der vulg. bÖTM<3t irotT)cäM€V0i ßou-
Xf)c (sc. ol uirarot) vorziehen, mit vergleichung von 229, 15; und 220,
19 aÖToTc mit aGOic verlauschen, da jenes kaum auf 'Pul^atot gedeutet
werden kann«
Hinsiehtlich des von K. bezweilellen Sprachgebrauchs macheo wir
zu 73, 27, wo bi€XOövT€C zu bieEeXGövrcc erweitert werden soll, ao^
98, 31 öXita bieXdeiv, zu 103, 31, wo ffir ilmaz^c das simples ver-
langt wird, auf Demosth. Lept. 98, wegen KOpu(pf]C=» K€(paXf)C auf
das lateinische veriex aufmerksam, nicht nötig ist es 88, 23 cuvapTia-
cO^vra durch dvoptracO^VTO zu ersetzen; icpoOeivai ebd. z. 31 fi^r
irpocOeivat stritte sogar gegen den Inhalt der erzfthlung, dasz zasi tede
des sobnes die krankhek des vatars hinzukam, wozu die conslruclioo
biKTiv äqp^EovTac vwö toO bVifiou in 5. ü. im t. b. abgeändert wurde;
warum 135, 1 ic rd äjioia (vgl. 190, 3) besser sein soll als k. to
oticeüa ; was gewonnen wird , wenn man 232 , 18 dniTeixicjita ttov^co-
Mevoi KOTÖt Tfjc ^xdpac liest für L iTOii)CÖ|ievot t. i, da die bezweckte
bezeicbnuflg schon in dTTiTeixtCfio liegt, vermögen wir nicht zu erkeo-
L. Kayser: anz. v. Dionysi Hai. antiq. rom. rec A. Kiessling. vol. III. 813
nen; 249, 6 war weder ao dem ausdruck ävGuTroTOC ^Souda statt
övOuirdTOU i. noch an der beziehung ebd. z. 11 von iXdrruj auf Tcrf-
juara zu zweifeln, wofür iXdrruJV ^t)va^lC allerdings eintreten könnte.
Von der bisher eingehaltenen teils zustimmenden teils dissentieren-
den relation wollen wir nun zur position übergehen und versuchen noch
einiges zur berichtigung dieses teiles der äpxatoXoTia beizutragen.
20, 19 liest man dasz die ansichlen der patricier Aber das gegen den
tribun Brutus und seine Parteigänger zu beobachtende verfahren sehr
verschieden waren: t&v \iky olo)biivu)v betv Gepaircueiv töv M|fiov
. . Ka\ Touc ffrcpövac ainov ^€TptulT^pouc irapacKeudZeiv, nO^vrac
elc \iicov T& irpäTUCtra Kai ixerä cq>a>v iiixkp toC KOtv^ cupcp^pov-
Toc (so corrigierl K. gut die vulg. koivoO c.) TTapcncaXoOvTac ckott€Tv,
Td)v bk [irfilv dvbibövai xal ^aXaidZccOm cufißouX€t>6vTUJV irpöc
[töv b^povl SxXov aöOdbn usw. hier hat A die werte töv bfjpov
vor irapaKaXoOvrac, wo sie auch hingehören. B läszt sie an beiden
stellen weg, Reiske versetzt sie vor dx^^V, wo sie jetzt K., aber in
klammern, beibehalt; xal vor fiaXaKi£€c6ai fehlt in AB, K. möchte dv-
bibövai einschlieszen ; eher dürfte Dionysios }xr\6iy ivbibövai |üiaXa-
KÖV, wie 113, 15 und an anderen stellen, geschrieben haben, um Stö-
rung der conlio zu verhüten, besprach sich Brutus mit den consuln:
(21, 30) TTpocXOdiv 6 BpoOxoc toöc öirdrouc ffiiov boefjvai Xötov
aÖT«^ , TTQtJceiv ömcxvoiJjüievoc Tf|V crdciv. schon Reiske schlug vor
öoOvat zu lesen und Sintenis, wie jetzt K., ist ihm gefolgt; vergleichen
wir aber 77, 5 dStdrv äTTOboOf^vai ^(av €Ö€pT€c(av ccpici und 104,
28 TTpoc^px^Tm Tok öndroic 6 . . ^tjvuttjc , so ergibt sich die rlcli-
tigkeit des passivs und die notwendigkeit dann TTpoceXOibv ToTc öird-
TOic zu corrigieren: denn weder irpoeXOübv noch irapeXOubv, was K.
will, passt zur Situation, corrupt ist 23, 17 das hsl. 6x\oc . . 5coc
oöirdiTTOT* ibÖKCt cuvf)X8€, doch ist schwerlich mit eiuiOet geholfen,
man wird am besten thun ^bÖKCi, was in A auch 18, 17 in störendster
weise vor Ti& brjjiip steht, geradezu zu tilgen, nicht 7raibeuö|i€V0i
wollen wir 25, 6 für 7ToXiT€u6|Lievoi lesen^ sondern, worauf Trpöc TOÖc
uloöc führt, dvTtiroXiT€UÖjüi€VOi, indem wolmeinende väter eine gewisse
diplomatie gegen ihre heranwachsenden söhne anwenden, als verfehlter
ergSnzungsversuch ist aviT6 bpoiciv 30, 25 zu beirachlen, weil der
interpolator nicht einsah dasz das verbum finitum erst f covrat und irpd-
iovci ist; es bedarf dann nicht der änderung TOirro b'. merkwürdig er-
scheint 32, 6 die Verschiedenheit der lesarten: A hat äXXa iroXXd ^bi-
icr)c6€, B dXXa Tivd i^biKf)c6ai. vielleicht genügte dem Verfasser die
bescheidenere form dXXa Tiv' d oder dXX' dtra d, dieses konnte
dann vom abschreiber in das ihm geläufigere dXXa TToXXd verludert
werden, nicht ipfac6\x€V0\ war 36, 31 für dptacd^evot zu lesen,
sondern umgekehrt Trotiicd|üi€VOi statt irotT]c6)üi€VOi : denn die ange-
kündigte Widerlegung aller vorwürfe musz sich auf vorausgegangene
wollhaten stützen, kurz vorher 36, 13 möchten wbr ävaYKa{t|» strei-
chen und z. 15 o\ jLiiv Tdp an die stelle von ol füi^v f€, setzen ; zugleich
würde die transposiüon von C(p6bpa vor iy Katp<|i rathsam sein, nur
814 L. Kayser: anz. v. Dionysi Hai. antiq. rom. rec. A. Riessling. vol. lU.
schwache loterpunction gehört 39, 29 nach ^Ea^apidvciv dann ist
TTopceqi^VTCC efaizuschiehen hinter KdSotev öjiiiiv: denn dtraof be-
zieht sich der redner offenbar in dem satze dvctTKa2IÖfi€8a b4 aürä
irapacp^peiv vuvt 40, 2 , und ßouXö^evoi 39, 30 ist nur mit xpt^ci-
^6^a zu construieren, Trapaq>^povT€C aber musz dem Irpo€x6^evol
z. 27 entsprechen, schwerlich ist die repetition von fipa in prolasis uod
apodosis 41, 31 f. ursprCIngltch ; nach beispielen wie 56, 14 zu urteilen,
wird die partiltel nur an zweiler stelle am platze sein. 45, 5 wird fär
öiraTtKÖv eher äiröbiKOV, wie sclion Gelenius wollte , als das von Syl-
bürg angegebene li^aiTiov passen, ilberflflssig erscheinen 46, 12 die
Worte Tipdc töv . . ß(ov, wenn man VI 79 (306, 15) f| tiSv kcxG' fm^-
pav ävctfKaiuiv cirdvic vergleicht, dasselbe gilt wol 48, 7 von koXöv
neben dpxatov, was nicht, wie K. meint, mit hülfe eines kcA zu cooser-
vieren ist, und von bk nach q>^pciv ebd. z. 22 , welches, statt q>. bi\ zo
schreiben , einfach zu tilgen ist. dagegen erscheint 48, 16 fjy oux olöv
T6 jif) b^EacSai toic dirdTOic offenbar defect, es musz heiszen oäx oföv
t' f)V. wieder 49, 28 ist bfifüiÖTaic wenigstens entbehrlich, es geoQgt
nicht 50, 16 ol, welches B nicht hat, zu streichen, auch TÖv bi^fiov x. 15
musz neben den participien dirtbeiSd^cvot . . irapacxÖMevot wegfallen;
auch ist schwer zu begreifen, wozu die worte ly xoOv T^ biKaiiji dienen
sollen, nachdem dTpdq>(|i bk . . q>tJC€uic biKaiifi vorhergegangen ist. noch
mehr: in B fehlt das scheinbar nötige xal z. 17 vor trepl Tf|V diraXXa-
Tf|V T(£rv TroX€|iiU)V' sieht man genauer auf den Inhalt des satzes noX-
\oi)C . . iroX^jiOuc, so stellt sich heraus dasz er nur eine ganz entbehr-
liche explication des folgenden enthält, die 52, 8 zuerst von K. mit
recht ausgeschiedenen worie etre Kord XoTic^dv T^TOve raOra öp6ov
Kai TÖ cujicp^pov CKOirouvra rfjc nöXcuic waren urspranglich wol so
gefaszt: xard XoTiQiöv öpOdv xd . . ttöXcujc und dienten als erkli-
rung von 52, 4 XoTiCMi|ii Trpoiböjiievoi. ist diese annähme richtig, so
beweist sie zugleich dasz an TTpoibö|Li€VOi, wofür K. TrpoeXöjLievot vor-
schlägt, nichts zu ändern ist ebd. z. 30 soll gewis tÄv br)MOTU^V nur
fj^div erklären, ist femer f| npdireiv unpassend, dagegen musz wol
KaO' fiMUJV zu eiTTcTv hinzugefflgt werden, weil sonst die antithese
mangelhaft wäre, auf derselben seite 52 Ist eine sehr Iflckenhafle perlode
z. 14 i\io\ iikv Tdp boK€^:€ rrcpl }xkv rdc bioXOcetc tviumq rq ߀X*
TiCTij K6Xpf)cGai . . . olc dvdtKTj cTkciv . . . ToO ß^ßaia tiipeiv tö
CUTKctjLieva. Sintenis glaubt emend. lU s. 9: ^qui ad sequentia atteode-
rit, in quibus iuris iurandi sanctitas praedicatur, quo rdc btoXuceic olini
confirmaverint (6, 89) . . partem scnlentiae intercidisse intelleget quae
continuerit illam tujv öpKUJV religionem quibus olim se obstrinxerinl:
oTc refertur ad toOc 6pK0UC quae exciderunt cum aliis quibusdam, quae
praestari nequeunt', worin wir ihm nicht beistimmen können; vielmehr
musz das dvönfKii €Ik€IV dem TViüMq tQ ßeXricTr) K€xpf)c6at anii-
thetisch entsprochen haben, und nach Kcxpficdat folgte etwa ^oub^
oiecOat Toiavrra eTvai dK€lva> (sc. td TreirpaTM^va z. 12) olc dvdT-
Kr| eiKeiv <oötuj cq>öbpa diri|i€Xoü^€voi5 toO ß^ßaia mpcW to
niYicedieva. das widersinnige Kol pfj TÖ KttO* teirrouc ?E€iv dc(pa-
L. Kayser: anz. v. Dionysi Hai. anliq. rom. reo. A. Kiessliog. vol III. 815
\C)C wird nicht sowol in fj ^^v TÖ K. L i. d. abzuändern als durch ein
particip wie icxvoVTOC nach |if| zu heilen sein, mit fucei, was K. für
unverständlich erklärt und durch cqpici ersetzen möchte, ist die verschie-
dene abstammung der plebejer und patricier bezeichnet das 60, 17 man-
gelnde verbum stellt K. mittels einer etwas gewaltsamen conjectur her:
KOTeTTTTixöav f||iiv in pfiXXov dv^KCtro" xal lepdv . . itpr] öciv diro-
5€ix0f)vai Tf|v dpxTJv eine leichtere abhfilfe wäre fOr k. f). ^TretTa
kpdv zu schreiben k. f|. diravTU&v kpdv oder k. f\. dTnivra xal kpdv,
vgl. 72, 14 TTOpd TV(l)|iT)V dTnfjvniTai jioi rd irop^u^ujv. dieselbe
coDStruetion wie in diesem citat wird man nach Sylburgs Vorgang 62, 9
einfahren dürfen: TÖ KUiXOcov Trap' i)\itjjv statt tö k. irap' äjiäc. die
corruptel b6bOKi^aC|üi^VT)V för bebucacji^Vriv 64 , 2 scheint den zusatz
£v T(fi v6|üit|j nach sich gezogen zu haben, daher Ist weder iiA Tip vö^iji
noch iy Till bi^|Li(|i , was nach biljüioctav auch sehr Qberflflssig wäre , an-
nehmbar, man tilge nur die unnützen worte. 66, 24 fragt es sich wie
das Ka\ ei bf| ireptbpdccTe zu behandeln sei, da K.s Kai eTircp bf) bpd-
C€Te schwerlich genügt; das einfachste wäre, wenn Appius fortführe mit
ei b^ xal bpdc€T€ Sfüioia olc X^t^tc. eine überflüssige prSposition ist
68, 5 auch in cuvoiceiv für oTceiv zu bemericen , und 74, 14 wird man
lieber ^vavnouju^vuüv mit ttlgung von b' schreiben als ein neues com-
positum bievavTiouji^vuiv bilden, unrichtiges tempus ist 68, 29 dtro-
Xuöjievov, aber das dafür empfohlene dTToXucö^evov nicht das richtige
genus, wie aus 73, 11 und 76, 16 erhellt, wo liirö TUiv ÖKTUi Kai £ve-
viiKOvra Xöxu)V dTroXud/jcccOat töv dvbpa auch für unsere stelle
maszgebend ist: denn 73, 11 dient dTroXucerai als medium, für iiA
b(icr)v 73, 6 will K. dnibiKOV, richtiger scheint äiröbtKOV. weder aÖTol
noch das blosz auf die tribuuen bezügliche oGtoi passt 76, 27, man
lasse daher die pronominale beziehung ganz fallen, ebd. z. 9 gab sich K.
wol unnötige mühe mit der Verwandlung von Yi^pac in T^pac , welclie
er nicht genügend aus IV 20 toOto b' f}v cirdvtov Kai oO Maxpdv
dn^XOV dbuvdTOU rechtfertigt; der satz fjv iZicirep tr^pac touto ist
nur eine höchst unnütze bemerkung , welche noch dazu die construction
zerreiszt: man verbinde &CT€ . . irpocXOeiv Kai cxtcO^VTUJV bixa tuiv
irpoTdpuiv . . Xöxiüv Tf|v TeXeirraiav t|rf|(pov iTrevexOeicav dKcivaic
alriav T^v^cOat Tfic ^iri Odrepa ^oytt^c. wie sollte Dionysios 80, 29
oCrroc \iky ouv ö MdpKioc geschrieben haben? eher wird man das irpuLi-
TOC Kai liövoc aus z. 30 heraufrücken und dXX' o\3toc npulTOC Kai ^6"
VOC [MdpKiOc] schreiben dürfen, oder, wenn der eigen name zu erhalten
wSre, dXX' oirroc ö M. irpuJTOC k. }X, wol nur durch versehen steht
82, 11 dEdtetv für iiiiexv. nicht sowol ist 86, 9 Kai vor btKaiuiv
einzureihen als TciüV zu tilgen, desgleichen wird man 91, 13 tiA T^
TTÖXet, was vielleicht eine teilweise dittographie aus £mTrib€U^dTU)V
z. 14 ist, streichen dürfen, und die Snderung iv t^ iröXei unterlassen,
die ergänzung 6 M^V irpdiTOC 94, 8 ist oben gebilligt worden, aber
leichter wäre es Kai rrpuiTOC zu schreiben. 98, 28 genügte Kai ßap-
ßdpouc Tivdc mit Versetzung von ßapßdpouc und Kai, wie verfiel K.
auf ß. Kai irXdvTiTac? warum R. in dem einschieben von 'OXujUTriaci
816 L. Kayser: aoz. r. Dionysi HaL antiq. rom. rec A. KiesaÜDg» toL DI.
99, 2 Rieiske gefolgt ist, erfahren wir nicht; der insati ist inrehans ent-
beiirllch. vom der Stadt Ecetra urteilten die zum kriege gegen Ron sich
verschwörenden Vobker: (106, 16) oStt) . . ^bÖKCt icaXXicTi| xeicBcn 6^
cuv<S5({i rate äXXotic f| iröXic K. berichtet in der adn. er. cKoUicTT)
K€ic6at a;vöbiu Ba, iy KaXXicrr) k. c ABh, quod correzi ; £v KoXXicnf;
K. cuvöbou maluerunt Reiske et Lobeck ad Pfaryn. pw 280». sollte aber
Dionysios hier nicht vor allem an Thukydides gedacht und nach 1 36
KdXXtcra k. cuvöbou geschrieben haben? für iroTC dvrec 109, 1% ist
irpdrcpöv t^ als selbstverständlich nicht die rechte Verbesserung, nd-
leicht iro6' äXövTCC. statt 111, 27 nach ^Trerp^Miare mit Reiske eisen
satz z» erganzen wie irepl 6' ^oC d£iu» öpäc die irepi qiiXou ßeßaiou
reicht es hin bi fflr yäp zu lesen, angemessener ab ivatäviUA^ scheial
115, 9 iirorTÖVTUJV zu sein, vgl. 117, 17. eine richtige erglnsuog ist
118, 6 äTTObciEat, aber die restUution der stelle ist nicht vollständig,
Dionysios muste fortfahren: ^Krr^pireiv ht ^ninii, {uic fivoÖTOiäc-
Tr^fiH'UJCi bövaptv. man tilge daselbst das komma nach ibtouc. 123,
21 ist Kai a&ni zu schreiben sUtt xai aÖTf|. 132, 36 wäre in&f&c
fflr ^Trdnfi] eine wahrscheinlichere änderung als z. 23 iircrröpcvoc für
^Trdruiv. glQcklich ist die transposition 164, 26 von uqi' div ^apoi-
v€Tai iräca öpiffl Kai dvrl toO piceTv töv cxBpöv dXeei nach Ikctt]-
piac Kai XiTdc, aber der satz koI tö KoroipirfEtv IfA touc ^biKi]-
^dvouc TÖ dtbiKoCv Tattcivöv musz als ganz ungehörige parenihese
entfernt werden, es hilft nichts ihn teilweise an dXcci anzuschliesieo
mittels der änderung Ikeü t6 dbiKOÖv xaTOupurdv im t. i^. [tö ra-
TTCivöv], da unter andern übeiständen tö dbiKOÖv als subject schJecbt
mit dem object TÖV ^X^pöv sich verträgt. 178, 26 will K. in bvo^i-
vouct fflr ivbiafi^voua lesen, lieber lasse man £v weg, weiches xu
CUijidTUJV nicht passt, aber sioli leicht einschlich, wenn Spurius Cassios
den plebejern die Latiner und Herniker als mitbesitzer des ager pubiicos
zugesellen und sie davon flberzeugen wollte , dasz dadurch ihr eigener
besitz gegen eingriffe der patricier gesichert werde, so bewies er nichts
mit der behauptung 194, 7 elvai . . dcqKxX^CTCpov TOic itoXXoic ^iKpa
XaßoOci ßeßaiU)C ^X^iv, weil sich so seine argumentation hi eiBem
Zirkel bewegte; ö|ioiuic fx^iv musz bleiben, aber, um jene sicherstelliuig
auszudrücken, ^Kcivoic, welches nach ^x^tv leicht ausfiel, hinzukommen,
weniger dTroKpivdb^cOd tc als d. bi\ scheint 198, 4 angemessen, ob
dbiKHIia der richtige ausdruck für das vergehen der Vestalin 220, 13
sei , darf bezweifelt werden ; eher gienge dpdpTTiJLia oder dc^TlMQ *°i
vermutlich begnflgte sich aber Dionysios mit der einfachen andeuiung
TÖ ^r]VUÖ|üi€VOV. wenig ansprechend ist K.s Vorschlag 227, 12 Tili
TTpdirovTi dmTp^TTOVTOC Kol xp*lc«|üi^vouc ßuji, Statt dessen wir an
<dv> Trp^TTOVTt <Kaip(|»> X* ß^ dachten; ähnlich wird 233, 11 KOta
TÖ ftKOTOV Tf\c irepl TÖV (JiraTOV Tiiiflc mil ergänzung eines parücips
wie dqpatpoOvTec oder d^€XoövTec zu helfen sein, dagegen ist 284, 1
das zu £pTOic tünepoipiac tc xal Kcrraqppovificcujc iroXXjic hinzöge-
fügte TCVO)X^vr|C lästiger überflusz, den weder Reiske mit fi^\K\y
noßh Sintenis mit x^voji^voic viel erträglicher gemacht haben. 244,
L. Kayser: anz. v. Dionysi Hai. antiq. rom. rec. A. Kiessling. vol. III. 817
16. 18 war TroXXd T€ von Reiske anzunehmen, aber auszerdem xivcrai
hk für f. T€ zu schreiben , so dasz T€ und bk ihre platze wechseln, da
246, 14 Tivujv zu allgemein und unbestimmt ist, mag öXitUJV oder
dviuiv ausgefallen sein, nicht CTpaTubraic, sondern cTpareuofi^voic
oder icTpaTCUji^volC wird 247, 20 die ursprüngliche lesart sein, zu
welcher jemand, um eine anüthese zu br]^öciOV zu gewinnen, das hier
sehr Abel angebrachte ibuirraic beifOgte. nicht ist ibc b€i 271, 2
zu tilgen, der gedanke verlangt dafür iLv bei, ci: ^es ist strafe ge-
nug, für thaten welche anerkennung verdienen nicht belobt zu wer-
den.' för ^K ToC äpicTOU, was K. ebd. z. 18 mit ix. ToO ^(jicTOU
vertauschen will, entspricht wol mehr äirö ToO KpaTfcrou der rede-
weise des Dionysios: vgl. 27B, 24, auch 84, 23. wie 234, 1 YCVOM^-
VOic, dOrfle dxo^^VT)C 286, 28 blosz eine vermeintliche stutze fOr Tf)c
iy ToTc i}iVjq>oic sein, die änderung dpxojüi^viic, die Sintenis emend. III
s. 28 verrilh, ist darum nicht zulässig, weil die abslimmung Über die lex
vorerst unterblieb. Ähnlich ist 294, 17 buvaii^VTi ungeschickte ergftn«
zung von jemandem, der nicht bemerkte dasz ^x^^^^ X^Xr)6€V zu er-
gänzen sei. die starke corruptel 313, 2 f\y b* oök dtdiv Ttaci TOlc
TToXXoTc Kai n^vfict Twfidujv f\ biavo^fj tt^c x^i^pac «bc dTrcXauvo-
l^dvoic Tf)c Ttorrpiboc hebt K. sdieinbar sehr ansprechend durch fjv b*
o{»K dY(Xtn£»ci, was gewis griechischer lautet als Reiskes fjy b' oök
&yay dciracnfj, nur passt der begriff des dYarrotv nicht ganz zu der
Stimmung der plebejer , welche nicht sowol mit dem unzufrieden waren,
was man ihnen zugedacht hatte, als überhaupt keine lust fühlten ihre
heimat zu verlassen; letzteres auszudrücken mag Dionysios geschrieben
haben fjv b* ouk ^dcM^voic^ dKOÖcact toTc iroXXoTc usw., d. h. als
sie von dem beschlusse des Senates hörten, bezeigten sie keineswegs
freude darüber; vgl. VI 96. XI 59 g. e. eine ergünzung sclieint auch
26, 17 erforderlich; ob aber K. recht hatte aöni irpoeXOoCca f| crpa-
Tid ixi%p\ TTÖXeuic *Avt(ou btxa <itövou> citou iroXXoC . . ^TKpaTfic
dx^VCTO in den text zu setzen, wird man bezweifeln dürfen; wir ver-
muten dasz von einer tellung dieses feldzugs die rede war, also etwa
bixci ^cxtcOcica^ ursprünglich gelesen wurde. 68, 26 aber ist, wie an-
dere stellen zeigen, £Xe€ivöv nur glosse zu cx^jia Taireivöv, vgl. 168,27.
Ob biax€ipiZo|iai auch Dionysios im sinne von biaxpwMOti an-
wandte und beides ihm gelSufig war, oder letzteres 13, 21 und 305, 11
aus 168, 11 corrigiert werden müsse, wollen wir dahin gestellt sein
lassen; aber gewis durfte 80, 25 d1^€^T^oX$ ohne bedenken (vgl. den
Pariser thesaurus u. d. w.) die vulg. direjiTroXct verdrängen, auffallend
ist 51, 25 £dv in laic airrak cujiqp^pujvrat Tuxaic, wo man i^ifi-
puivrai erwartete.
Die correctur iSszt manches zu wünschen übrig und die zahl der
corrtgenda künnle man noch um einige vermehren, wie 144, 29 oÖK Ica,
178, 10 TÖv oTkiiciv* zu 250, 19 ist die adn. crit. durch ein versehen
unverständlich , Reiske wollte iv tQ ^&xq.
HSIDELBBBG. LUDWIQ KaTSSK.
JihrbQcber fttr cIms. pbilol. 1868 hft. 12. 53
818 A. Schöne : anz. v. J. H. Scbneiderwirlh geschichte der Insel Rhodos.
107.
Gesohightb deb INSEL Rhodüs maoh den quellen beabbeitet
VON DR. JOH. HeRK. 8 OHNE ID ER WIRTH, GYMNASIALLEHRER.
Heiligenstadt, vorlag von B. Dunkelberg. 1868. 243 8. gr. 8.
Der Tf. gehört zu jener erfreulicherweise immer wachsenden zahl
von gymnasiallehrem, weiche ihre musze nicht nur mit wissenschaftlichen
arbeiten auszufallen , sondern hierbei auch Stoffe auszuwählen verslehea,
deren bearbeitung (IQr die Wissenschaft ein wirkliches bedOrfnis ist. aach
diese neue schrift zeugt wieder für den saromelfleisz und den versUodigen
sinn des bereits frflher durch mehrere verdienstliche arbeiten bekannl ge-
wordenen Verfassers: abgesehen von einigen alsbald zu erörternden aus-
Stellungen wird man gern zugestehen dasz sie leistet was sie versprichL
an der band der quellen, aus denen das material in wQnschenswerlber
Vollständigkeit ausgezogen ist, wird hier ein abrisz der geschichte von
Rhodos gegeben, einem der wichtigsten griechischen inselstaaten, dessen
wirtschaftliche und mercanlile bedeutung ihm auch eine längere lebeos-
dauer erhallen hat als der mehrzahl der Übrigen griechischen inselo, ganz
zu geschweigen von den hellenischen continentalslaaten. allerdings ist
an dem vf. das laudabunt aln claram Rhodon des Horaz zur wahrheil
geworden: es finden sich manche stellen, an denen ihn die Vorliebe fOr
seinen stoff zu einer flberschatzung der Rhodier gefölirl haL auch mdchie
der vf. ins künftige etwas mehr auf seine darstellungsweise achten, denn
abgesehen von manchen störenden nachlftssigkeiten des slils wünschte ich
aus einer so sorgfilltigen arbeit, die ohne zweifei mehr für fachgenosseo
als für Schüler bestimmt ist, eine nicht unbedeutende anzahl von — gerade
herausgesagt — trivialen bemerkungen entfernt, allgemeinen senieuen
von so unbestrittener Wahrheit , dasz sie nach dem bekannten ausspniche
nicht mehr gesagt zu werden brauchen, wenn es z. b. s. 33 heiszt: 'fes-
seln bleiben fesseln , wenn sie auch nicht von eisen , selbst wenn sie von
gold sind', oder s. 20: * wahre grösze, verdienter rühm ist noch nie
mühelos erreicht worden' , so sprechen die arbeiten des vf. zu deutlich
für seine allgemeine und wissenschaftliche bildung als dasz ich nicht an-
nehmen möchte, er werde gern bereit sein ins künftige derartigen billigen
schmuck seiner darstellung zu vermeiden.
Eine einleituog (s. 1 — 12) gibt das wissenswerthe über die geogra-
phische läge und beschaffenheit von Rhodos sowie die vorgescliichte der
insel. die eigentliche geschichte gliedert sich in drei hauptabschnitte:
1) von den zeiien der dorischen ansiedlung bis zum ausgang der belage-
rung des Uemetrios s. 13 — 62 ; 2) glanzperiode des rhodischen Staates
s. 52 — 122; 3) Rhodos in römischer clientel bis zur aufbebung seiner
freiheit durch Vespasian s. 122 — 148. daran reihen sich fünf capitel,
Seemacht und handel, Verfassung und volkscharakter, reiigion, litteratnr
und endlich die kunst behandelnd (s. 148—202). im anhang s. 202—
243 ist das quellenmaterial unter hinzufügung mehrerer interessanter
excurse mitgeteilL von den ausslellungen, zu denen einzelne stellen der
schrift aoiasz geben, führe ich nur einige beispiele an.
A. Schöne: anz. v. J. H. Schneiderwirth geschichte der insel Rhodus. 819
Auf 8. 8 vgl. 204. 209 wird die besiedelung der insel durch Karer
angenommen auf grund von Konon narr. 47. in der benutzung des Ro-
non ist vorsieht anzuempfehlen, so lange man nichts genaueres über seine
quellen erforscht hat. gewis ist, dasz sich in seinen 50 biT)Trjcetc neben
vielem guten auch sehr viel spreu findet, und so wird vorsieht insbeson-
dere da geralhen sein, wo er, wie hier, als alleiniger gewährsmann für
eine wenn auch an sich nicht unglaubhafte nachricht auftrit. — Wenn
der vf. s. 16 Ober Kleobulos von Llndos handelt und s. 217 anstosz daran
nimt dasz er bei Clemens von Alexandrien (s. 217 anm. 14 ist zu schrei-
ben üb. 4 cp. 125) und Plutarch als alleinherscher und tyrann bezeichnet
wird, so läszl sich schwer darüber mit ihm rechten, zumal wenn man
die glaubwürdigkeit der meisten derartigen die griechische Vorgeschichte
betreffenden nachrichten anzuzweifeln sich bereciitigt glaubt, ich halte
es für eine überaus schwere aufgäbe, den wirlilich historischen kern aus
dem wttst von fast ausnahmslos sehr späten berichten über diese frühen
Perioden der griechischen geschichte herauszuschälen, insbesondere hat
sich z. b. um die sieben weisen schon in früher zeit eine kritisch sehr
schwer zu sichtende, teils volkstümlich teils gelehrt sagenhafte Überliefe-
rung gelagert, für deren unhistorischen Charakter die aufßllige ähnlichkeit
der einzelnen berichte unter einander einen deutlichen fingerzeig gibt,
hier ist nur etwas zu leisten, wenn man, mehr als bisher geschehen, der
geschichte der Überlieferung nachgeht und sich vor allem die frage zu
beantworten sucht , woher alle diese nachrichten stammen, und ob es
überhaupt denkbar ist dasz man von jenen zeiten eine so bestimmte ge-
schichtliche künde gehabt haben sollte. — S. 21 sagt der vf.: 'eine frühere
erhebung gegen Athen, deren zeit wir nicht wissen, war mis-
glückt'. genau allerdings wissen wir die zeit niclit, aber einigermaszen an-
nähernd läszt sie sich doch bestimmen. Dorieus, der kraftvolle und tapfere
söhn des Diagoras , wird bei diesem aufstand von den Athenern zum tode
verurteilt und verläszt sein Vaterland, indem er sich nach Thurioi wendet,
von ihm sagt Pausanias 6, 7, 1 Atupieuc bk ö veturaTOC TraTKpaTtip
viKrjcac öXufiTTidciv ^q)€£f)c rpici. also in drei Olympiaden hinterein-
ander hat Dorieus gesiegt nun heiszt es femer bei Thukydides 3, 8 t\v
b' öXu^Trtdc ^ Aiüpieiic Töbtoc tö beurepov dviKa. nach der Chro-
nologie des Tliukydidcs wird hier die 88e Olympiade bezeichnet, also
428, und somit siegte Dorieus 432, 428 und 424. Thukydides aber nennt
ihn noch Rhodier, während Pausanias a. o. S ^ s^H^' ävilTOp€UOVTO
b^ piSröc (Dorieus) T€ Kai 6 TTeicipoboc Ooupiot, bttaxd^vrec örrö
Ttliv dvncTaciiüTÄv ^k ttIc Töbou xal ic IraXiav irapd ©oupiouc
^ncXBövTec. damit stimmt es dasz ihn Xeuophon Hell. 1, 5, 19 tto-
XiTeuovra irap' auroTc (toTc Ooupioic) nennt, wenn nun Dorieus
beim zweiten siege noch Rhodier heiszt, überhaupt aber einmal in Olym-
pia als Thurier verkündigt worden ist, so kann dies, falls wir den aus-
druck des Thukydides urgieren, nur bei seinem dritten siege, also 424
geschehen sein, und danach hat jener für die rhodische Eratidenfamilie
verhängnisvolle aufstand zwischen 428 und 424 stattgefunden. — Auf
8. 61 setzt der vf. das grosze erdbeben von Rhodos in das jähr 224
53*
820 A. Schüoe: anz. v. J. H. SchneiderwirLh geschiclite der insel Rhodus.
und rechtfertigt diese datierung s. 225 aDm. 47. ich bemeiie hierzu,
dasz sich die ooliz Caria et Rhodus Ha terrae motu concussae sunt^ ut
colossus magnus rueret bei Eusebios-Uieronymus (vgl. meine ausgäbe
bd. n s. 123] nicht zu o1. 139, 2 sondern zu dem ersten jähr dersell)eii
Olympiade gestellt findet, also nach der gewöhnlichen Zählung zu 224,
eine angäbe die, wie man sieht, der vom vf. vorgeschlagenen datierung zur
Unterstatzung gereicht, auch fflr die folgenden erdbeben vgl. Eusebios-
Hieronymus zu ol 145, 2; 168, 2; 206, 4. — S. 179 heiszt es bei
gelegenheit des rhodischen dichters Peisandros : *dasz Strabo seine auto^
Schaft hinsichtlich jener attribule (der l(eule und löwenhaut) des gotles
(Herakles) bezweifelt, hat nicht viel zu bedeuten; mehr aber sagt, dasx
Clemens von Alexandria ihn zu einem litterarischen dieb macht, der das
ganze gedieht dem Pisinos aus Lindos nach- oder abgeschrieben habe.'
der satz ist nicht recht verstand heb. bei Strabon 15, 688 steht: f| ToO
'HpaicX^ouc bk CToXf| f| toioutti . . irXdc^a tujv t#|v 'HpdicXciav
iroiricdvTUJV, etxe TTetcavbpoc ?iv cTt' fiXXoc nc. das besagt doch
nichts anderes als dasz auch Strabon es als zweifelhaft ansieht, ob die
Herakleia von Peisandros herrfilire. und aus der stelle des Clemens ström.
6, 2, 25 aÖTOTcXetc fäp rd dr^pu^v i&cpeXöjievot, wc ibia ^Erivencav,
KaOdircp . . TTeicavbpoc Kajiipeöc TTicCvou toO Aivbfow Tf|v *Hpd-
kXciqv ergibt sich dasz die im altertum vorhandene Herakleia als unecht
betrachtet wurde, nur wird man nicht daran glauben , dasz bereits Pei-
sandros litterarischen diebstahl geGbt habe, sondern man wird geneigt
sein auch von ihr das urteil gelten zu lassen, das Suidas u. TTeicavbpoc
über die Obrigen seinen namen tragenden gedichte ausspricht: Ta ö'
äXXa Tujv TTOirmdTUiV vö0a aöroO boH&crai , T^vöficva üirö t'
dXXujv Ka\ 'ApiCT^uiC toO ttoititoO. — S. 187 gedenkt der vf. der
rhodischen schule der beredsamkeit. sicher würde sein urleil über sie
minder günstig lauten, wenn er berücksichtigt hatte was F. Blass griech.
beredsamkeit von Alexander bis auf Augustus (Berlin 1865) s. 89 fT. Über
sie bemerkt, nach Blass ist auch zu verbessern , was der vf. über den
Charakter der rhodischen beredsamkeit im allgemeinen, über ihre angeb-
liche begründung durch Aeschines sagt, sowie ebd. s. 95 mit recht der
berühmte rhodische rhetor nicht Apollonios Molon, sondern nur Moloo
genannt wird. — S. 197: wenn Brunn künstlergesch. I s. 415 die nach-
richten des Pbilon von Byzanz über den koloss zu Bhodos als mSrcben
bezeichnet, so halte ihm der vf. beipflichten und sich nicht zum va*tbei-
diger einer so späten und unzuverlässigen compilation machen sollen,
[vgl. Jahrb. 1865 s. 644 IT.]
Schliesziich, um diese ausstellungen nicht zu lang auszudehnen, nur
noch die frage, warum denn der vf. seinen lesern die Unbequemlichkeit
bereitet, den Strabon nach den Seitenzahlen der Didotschen ausgäbe zu
eitleren (z. b. s. 212) und wie er auf den wunderlichen einfall geratben
ist, s. 240 eine stelle des Plutarch nicht nach dem urtext, sondern nach
der lateinischen Übersetzung kritisch und erklärend zu behandeln?
Leipzig. Alfred Schöne.
J. H. Ch. Schubart: Verschiebungen im Pausanias. 821
(73.)
VERSCHIEBUNGEN IM PAUSANIAS.
(naohtrag zu, b. 629 — 686.)
Bekanntlich gehört es zu den schwierigsten aufgaben , die beschrei-
bung Athens, wie Tansanias sie gibt, in einklang zu bringen mit den
topographischen thatsachen, und es scheint als ob alle in dieser beziehung
angestellten versuche von der lösung der Schwierigkeit fern geblieben
seien, der eine mehr, der andere weniger, hauptsächlich kommt hier die
excursiou nach dem liissos in betracht, die wol als unerklärlich bezeichnet
worden ist. mit einem neuen verschlag ist Gurt Wachs muth aufge-
treten in seinem schönen aufsatze ^bausteine zur topographie von Athen'
welcher im rhein. museum XXIII s. 1 — 65 abgedruckt ist. einleitend
sagt er, man habe immer zweierlei festzuhalten: erstens dasz Pausanias
die absieht habe, denen welche Griechenland bereisten einen leitfaden für
die sehenswerthen gegenstände an die band zu geben, wobei er jedoch
voraussetze dasz man sich an wichtigeren orten von den sich daselbst
aufhaltenden, zum teil unwissenden periegeten umherfQhren lasse, der
von diesen eingeführten Ordnung schliesze sich Pausanias an. wie ab-
hängig er von diesen fremdenf öhrern und ihrer Ordnung sei, habe auch
Gurtius Pelop. II s. 52 an einem auffallenden beispiele gezeigt, (hierüber
ausführlich zu sprechen wird sich weiter unten eine passende gelegenheit
finden.) zum andern , sagt Wachsmuth , dürfe man nicht vergessen dasz
wir in den Attika die erste, unvollkommenste arbeit des Pausanias besitzen,
und noch dazu für Athen blosz einen au szug aus seinem tagebuche,
den er angefertigt, um nur das wissenswürdigste von den zahlreichen
und zum teil allgemein bekannten merkwfirdigkeiten Athens zu bieten,
wozu man vergleichen müsse 3, 11, 1 5 £v tQ cuTTPCtq)^ MOi tQ *AT0t6i
£Travöp6u)|Lia (nicht inavdpQ^ixa) dr^vETO , \xi\ rd Trdvra ^6 dq>€£f]C,
Td hi MdXicra SExa [iyf\[ir\c ^TriX€£d|i€vov *) &n ' aÖToiv eipriK^vm,
briXdicuj hi\ Tipö ToC Xötou tou ic CnapTidTac. von anfang an, fährt
er dann fort, habe er den plan gehabt von den vielen und nicht der er-
wähnung werthen dingen, & iKacroi iropd ccpict X^TOUCiv^nur die merk-
würdigsten herauszuheben, d)c oOv eO ßeßouXeu^^voc oök Ictiv fiirou
1Tapaß1^co^al. es war erforderlich diese stelle in ihrem Zusammenhang
herzusetzen , um so mehr da sie auch sonst zu irriger auffassung anlasz
gegeben hat. zunächst mag nun bemerkt werden, dasz dieselbe streng
genommen eigentlich die vorliegende frage, nemlich die topographische
aufzählung der Sehenswürdigkeiten, gar nicht berührt. Paus, spricht hier
lediglich von einer auswahi unter den localen sagen, & iKacTOt irapd
cqpici X ^ T 0 u c i V ' indessen darf man wol unbedenklicii annehmen, dasz
wir hier , nach sinn oder worten , eine lücke haben , und dasz Pausanias
1) an dem unzulässigen ^mXcEd^cvov hat zuerst Zink anstotz ge-
nommen; er sohlftgt ixXeld^EVOv Yor; es ist aber wol d1roX€£d^evov su
schreiben.
822 J. H. Cb. Schubart: verscbiebungen im Pausanias.
an unserer stelle ganz dasselbe sagen wollte wie an der andern worauf
er sich bezieht, 1, 39, 3, er wolle eine Auswahl treffen unter dem was
am bemerkenswertbesten sei iv XÖTOtc KaiOeujptifiactv. ganz ab-
gesehen von 'allem andern Uszt sich aus unserer stelle durchaus nicht
folgern, dasz wir für Athen blosz einen auszug aus dem tagebuche des
Paus, haben ; nicht eine auswahl aus den von ihm aufgezeichneten notizen
verspricht Paus., sondern ganz zweifellos erklärt er, es sei gleich von
anfang an sein plan gewesen, nicht etwa alle Sehenswürdigkeiten und
sagen aufzuzeichnen, sondern unter diesen eine auswahl zu treffen und
nur die zu erwähnen, die ihm besonders merkwürdig erschienen, da wir
auch anderweitig nicht die leiseste andeutung finden , dasz wir nur einen
tagebuchsauszug besitzen, so wird es gerathen sein diesen grund auf sich
beruhen zu lassen und ihm keinerlei einflusz auf die vorlegende Unter-
suchung zu gestatten.
Fast darf man sich wundern dasz eine, wie mir scheint, so klare
stelle auch nach einer andern seite hin zu einem misverstSndnis anlasz
gegeben hat. Gurtius (Pelop. I s. 142 anm. 10) findet dasz Pausanias an
unserer stelle ^ganz deutlich von dem dTTav6p6u)jLia, der zweiten redac-
tion, spreche, welche er mit seiner Atthis vorgenommen habe; dasselbe
priucip, sage er, wolle er auch bei Sparta befolgen.' dieses wunder-
liche ^princip einer zweiten redaction', welches er sich nach 1, 39, 3
gleich von anfang an, H äpXTIc, vorgesteckt haben müste, hat man
lediglich aus dem worte dTTav6p6uj|Lia gefolgert, ohne daran anstosz zu
nehmen , dasz ein nur leidlichermaszen verständiger Schriftsteller doch
nicht leicht sagen wird, er habe sich gleich von anfang an vorgenommen
eine zweite redaction (eben das vorliegende buch) zu veranstalten, nem-
lich eine ganze reihe von notizen seines tagebuches zu streichen und diese
sonderbare Verbesserung nur bei Athen und Sparta in anwendung zu
bringen, das wort dnavöpdüDjLia scheint nicht zu den sehr gewöhnlichen
zu gehören; der Pariser Stephanus fahrt es aus Piaton, Aristoteles und
Demoslhenes an, und zwar in der bedeutung von Verbesserung, berich-
tigung'; eben dahin führt auch die etymologie. dasz aber diese bedeutuug
hier nicht stattfinden könne, ebenso wenig wie die der Vedaction', Iril
ja augenscheinlich hervor, sobald man die worte nur übersetzt. *was mir
In der beschreibung von Altika Verbesserung war' oder *was mir in der
beschreibung von Attika redaction war* — hat das einen sinn? nein,
trotz etymologie und trotz der im Stephanus angeführten stellen musz
das wort hier eine andere bedeutung haben, und dies kann keine andere
sein als die welche bisher alle ausleger des Pausanias darin gefunden
haben, die lateinische Übersetzung bis auf Diudorf herab bat 'quod in
Allica historia professus sum', Ciavier übersetzt, eben nicht glücklich,
^pr^caution', Goldhagen: Svas ich für gut befunden' , Siebeiis : *grund-
satz'; richtig erklärt er es durch öpOöv ßoüXeujüia* und unwillkürfich
beitcffnet es Gurtius selbst, dasz er es mit — ^princip' Übersetzt, damit
f|t dte ^deutliche zweite redaction' zusammen, und der *auszug
^tfcbes' den auch Gurtius (u. o. s. 123) darauf begründet ver-
unterläge, die stelle des dritten buches findet notwendig ihre
J, H. Ch. Schubart: Verschiebungen im Pausauias. 823
erklärung in der des ersten buches, und sie sagt nichts weiter aus als
dasz er sich von anfang an^ den grundsatz, den plan, das princip festge-
stellt habe, nicht alles zu beschreiben, sondern nur mit auswahl das
bemerkenswertheste, €0 ßeßouXeujüievoc.
Nach diesen Vorbemerkungen können wir zur sache selbst Übergehen.
*vor allem kommt es mir darauf an' sagt Wachsmuth s. 3 *die Überzeu-
gung zu erwecken, dasz auch hier die bescfareibung des Pausanias einen
einfachen und leidlich rationellen plan verfolgt, dasz sie in ihren einzelnen
teilen wol unter einander zusammenhängend die vielfachen klagen über
lose Verknüpfung, über mangel an übersichtlicher disposition, über will-
kürliches hin- und herspringen nicht eben verdient.' störend trit nun
hier die 'Kalliirhoö-tour' ein, welche wie eine episode die topographische
periegese durchbricht, zur Wiederherstellung einer sachgemlszen Ord-
nung schlägt daher Wachsmuth (s. 34} die Umstellung eines ganzen ab-
schnittes vor. *die beschreibung der gegend am Ilissos ist in zwei un«
gleiche teile aus einander gerissen, der gröszere teil findet sich in engem
Zusammenhang mit der Wanderung vom Olympieion und Pythion her
nach dem Kynosarges und Lykeion cap. 19 $ 5 bis 7; er hört mitten in
Agrä auf. der zweite teil, der den abgerissenen faden der beschreibung
von Agrä wieder aufnimt und zu ende führt, findet sich schon an einem
früheren ort, cap. 8 S 6 bis 14 $5, hier aber mitten in eine wolge-
fügteundauf das beste an einander scfalieszendetour hinein-
geworfen, scheidet man diesen zweiten teil an der stelle , wo er sich in
unseren handschriften findet, aus, so schlieszt sich das unmittelbar fol-
gende (cap. 14 S 6) direct an das unmittelbar vorausgehende (cap. 8 S 5}
an. setzt man die ausgeschiedene partie nach cap. 19 $ 7, also am ende
des hanptteiles der beschreibung der Uissosgegend ein , so ist auch hier
der natürliche gang der periegese wieder hergestellt.'
Ob eine solche, jedenfalls etwas gewaltsame Umstellung unumgäng-
lich notwendig ist, und oh durch die vorgeschlagene alle Schwierigkeiten
wirklich gehoben werden, musz ich der beurteilung kundiger überlassen.
SO beachtenswerth und ansprechend mir aber der Vorschlag scheint, so
hat er doch vom standpuncte der texteskritik seine groszen be-
denken, es kommt hierbei zunächst die so oft übersehene frage in betracht,
ob überhaupt und inwieweit thatsachen ein einflusz auf die texteagestal-
tung eingeräumt werden darf, oder wo die grenzlinie zwischen Interpre-
tation und kritik gezogen werden musz. fehlerlos ist auch der schrift-
steiler nicht, und bei einer schülerhaften arbeit ist nicht abzusehen,
warum man sich sehr gegen die annähme eines schülerhaften Versehens
sträuben sollte, unbillig ist es dabei stets nur die abschreiber verant-
wortlich zu machen, bei gestaltung des textes ist die wesentliche unter-
läge, gute oder schlechte, das diplomatische material ; wo dieses im 9tiohe
läszt, ist in bezug auf 'die form des textes der Vermutung freier räum
gelassen, ergeben sieh alsdann sachliche irtümer, so mag man unter-
suchen , ob diese durch die beschaffenheit des materials hervorgebracht
sein können, oder ob der Verfasser sie verschuldet haben möge, im
letzterti falle fällt die sache der Interpretation zu; im erstem darf man
824 J. H. Ch. Schubarl: ▼erschiebungen im Pausaoias.
schlagende gründe erwarten, dasz dabei ausdrücke wie 'tolle laune'
^baarster mutwille' ^jflmmerliche verhoDzuog' usw., so stark sie auch
sind, nur untergeordnete beweiskraft haben und einen prüfenden schwer*
lieh bestechen werden, kann wol ohne weiteres vorausgesetzt werden,
diplomatisch steht die aufeinanderfolge der periegese so fest, wie alle
handschriften und ausgaben sie bieten ; nicht das leiseste zeichen deutet
in dieser rücksicht eine Störung an. allerdings stammen unsere sämt-
lichen handschriften des Paus, in zweiter , höchstens dritter generaUon
von einem gemeinschaftlichen urcodez ab; dasz dieser einer guten zeit
angehört haben müsse, ergibt sich aus den formen einiger buchstaben,
wie ich sie in meinen ^bruchstücken zu einer diplomatischen krilik' nach-
gewiesen zu haben glaube, in ihm fand sich schon ganz die jetzt ge-
wöhnliche anordnung ; dasz er ebenfalls einem ebenso geformten codex
entflossen , können wir mit Sicherheit aus der abwesenbeit jeder andeo-
tnng schlieszen, welche eine solche Umstellung notwendig mit sich geführt
haben mflste. die gerechtigkeit erfordert es übrigens ausdrücklich zu
bemerken, dasz Wachsmuth die Umstellung nicht einem gewöhnlichen
abschreiber, sondern einem 'eifrigen leser' zuschreibt, *auf dessen exem-
plar direct oder durch Zwischenglieder der urcodex zurückgeht', wir
hätten also gewissermaszen einen diorthoten; Wachsmuth gibt dabei zu
bedenken , wie willkürlich spätere diorthoten z. b. mit dem arrangieren
und versetzen der verschiedenen partien der Aristotelischen politik gewirt-
schaflet haben, bei meiner unbekanntschaft mit der angeführten Sachlage
sollte ich mich eigentlich des Urteils enthalten; dennoch aber wird es
nicht als anmaszung gelten, wenn ich mich dahin ausspreche, dasz, so
begreiflich mir auch diorthosen bei Aristoteles sind , ich mich doch nicht
entscblieszen kann ein ähnliches verfahren bei einem so untergeordneten,
in der früheren zeit fast vergessenen Schriftsteller wie Paus, für wahr-
scheinlich zu halten, und zu welchem zwecke sollte der eifrige leser
eine Umstellung vorgenommen haben, durch welche die sachgemäsze
anordnung in eine verkehrte umgewandelt wurde? Wachsmuth versucht
dafür folgende erklärung : einleuchtend sei es , dasz ein derartiger leser
topographische Interessen nicht verfolgt habe, wol aber möglicherweise
historische, nun enthält das erste buch in zahlreichen excuraen auch
manigfaches schätzbares historisches material; einem leser, welcher den
Paus, zu historischen zwecken studierte, möge es leicht passend und
bequem erschienen sein, die hauptmassen an einander zu rücken, was er
so gethan habe, dasz er bei dem ersten möglichen abschnitte, d. h. am
ende des Umgangs um den südlichen teil der agora, die spätere masse ein-
schob, um die herum er eben nur so viel heraushob (?), als fest mit ihr
zusammengefügt war durch irXiiciov, imkp Tf|V KprivTiv und ixi ditu)-
T^pui. ein wunderlicher leser müste das doch gewesen sein, der sich
viel mühe gab, um einen kleinen zweck zu erreichen, las er den Paus.
in historischem Interesse und zogen ihn demnach die excurse über die
diadochen besonders an , so lag es ihm in der that näher , er schrieb sich
einfach dieselben ab , als dasz er seinen Schriftsteller auf unverantwort-
11.1. — ^ verunstaltete und noch dazu seinen zweck nur unvollkonunen
J. U. Ch, Schuhart: Verschiebungen im Pausanias. 825
crreiclile. nocli dazu war ein solches verfahren nur ausführbar, wenn der
diorthot zugleich der abschreiber war; eine Vereinigung dieser beiden
ihatigkeilen will mir aber bei Paus, eben nicht wahrscheinlich vorkom-
men, für Wachsmullis hypothese spricht also zwar die zweckmSszigkeil,
und man kann wünschen dasz Paus, so angeordnet hätte, wie er vor-
schlägt; anderseits aber leidet sie an so vieler diplomatischer Schwierig-
keit , dasz man ihr wenigstens auf die feststellung des textes keine eiu-
wirkung gestatten darf.
Auf andere weise sucht E. Curtius die nun einmal vorhandene
Schwierigkeit wenn auch nicht aus dem wege zu räumen , doch zu er-
klären, in dem ^erläuternden text der sieben karten zur topographie von
Athen' (Gotha 1868) wird, schon mit benulzung der Wachsmuthschen
bausteine, dieser gegenständ einer neuen eingehenden Untersuchung
unterzogen und dabei neben eigner kenntnis des grundes und bodens
hauptsächlich die periegese des Pausanias zu rathe gezogen. *} bei dem in-
teresse welches die sache hat wird es erforderlich sein die ansieht des
geistreichen mannes ausführlich darzulegen. 'Pausanias war kein mann
von schriftstellerischem lalent und selbständiger gelehrsamkeit. er hatte
für eine darstellung des griechischen landes kernen andern beruf als den
einer unermüdlichen lembegierde; er gab sich also den ortsgelehrleu
vollkommen hin und zeichnete in seinem tagebuche nichtmehrund
nicht weniger auf, als was ihm von ihren mitteilungen wichtig er-
schien, ohne das empfangene zu verarbeiten, daher lassen sich auch in
seiner beschreibung die absätze wahrnehmen, welchemitdem Wech-
sel der ortsführer zusammenhängen, und wir können in seiner
beschreibung Athens einen sechs- oder siebenfachen curs annehmen:
1) thorstrasze zum Kerameikos und ein teil des marktes bis zum burgauf-
gange; 2) KallirrhoS mit ihrer Umgebung; 3) restdes marktes mit Umge-
bung bis zum Prytaneion ; 4) Olympieion und Uissosgegend ; 5} tripoden
und theater bis zum aufgang der bürg; 6) akropolis. wahrscheinlich
kann man noch als besonderen giro die merkwürdigkeiten unter dem
burgaufgang, den Areopag und die alten blutgerichtshöfe hinzufügen. —
') seine abhängigkeit von den ortsführern war so grosz, dasz
auch diejenigen Wanderungen, welche nicht der topographischen Ordnung
folgten, in seiner schrift dieselbe stelle einnehmen; daher die Unter-
brechung der marktbeschreibung durch die KallirrhoS-wanderung, welche
aus zufälligen gründen eher vorgenommen wurde, als der zweite
Kerameikos-curs beginnen konnte, so erwähnt er das Eleusinion unter
der bürg bei gelegenheit der mysterienheiligtümer am llissos, weil die
mit diesen vertrauten führer zugleich über das verwandle heiligtum an
der akropolis auskunft gaben; endlich erwähnt er beim Olympieion
2) da mir diese eigne anschaaong fehlt, oder d« ich, mit einem
namhaften Berliner gelehrten zu reden, nicht ^antops' bin, lasse ich
alle topographischen fragen nnberührt; wo aber von Pausanias die
rede ist, glanbe ich dasselbe recht £n haben mitzusprechen, welches an-
dere für sich in ansprach nehmen. 3) die hypothese über eine zweite
redaction und aoszng aus dem .weitläufigeren tagebuche.
9iß J. H. €h. Schubart: Verschiebungen im Paosanias.
äiich äfüdei^, Mjgelegene bautet Hadrians, ohne zwei fei weil die dort
angestellteta fOfilrer audi ffir dieae mit angestdlt waren. soabhiDgi^
ist'die schriftstellerei dea Pausanias von den ortsfOhrero.
auf diese weise wird sich auch wol die Seltsamkeit erklären , dasz Paos.
erst Vom Phaleros her zum südlichen oder itonischen thore in die stadl
hereinkommt und dann plötzlich abbricht , um am westlichen thore einen
zWeit^n änfaug zu hiachen, von welchem aus er dann die ganze periegese
bis zu ende führt, er war nemlich von der kfiste auf dem nlchsten wege
hieraufgekommen und erst in der stadt darüber belehrt worden , wie nun
am zweckmflszigsteh eine systematische besichtignng der stadl vonn-
nehmen habe, ein pedantischer mann wie Paosanias muste darauf ein
besonderes gewicht legen , dasz seine periegese am rechten puncte an-
fieng. (?) am Dipylon war ohne zweifeM) eine hauptslatlon der
attischen ortsffihrer; von hier haben wir also auch ein gutes recht
Paiis. seine besichtigung der stadtischen merkwflrdigkeiteD beginnen lu
lassen.' (a. ö. s. 49 f.)
N^ehmen wir das wiederholte *ohne zweifeP als das was es in der
tliat rst (bei bewiesenen ding^ ist ja der zusatz überflüssig), ab ein
herausfordern zum zweifeln , so kann* Ich nicht In abrede stdlen , dasz
äowol der schriftstellerische charakter des Paus, als auch die daraus her-
geleit^en fölgerungcfn , wie sie hier dargestellt sind, schwerlich als cor-
rect zu betrachten ^in dürften, der mangei schriltstellerischen talenles
kann unbedenklich zugestanden werden; weniger schon der mangei selb-
ständiger Gelehrsamkeit, eines begriffes der sich ganz verschieden ge-
stäTtet, je nachdem man das Wort in antiker oder in moderner bedeutnng
n!mt. letztere vöft ihm zu verlangen wäre eine Unbilligkeit; erslere
ihm ohne weiteres abzusprechen eine Ungerechtigkeit, ein mann der mit
einem Solchen reichtum von kunstwerken bekanntschaft gemacht, der
mit so hohem Interesse die verschiedenen glaubensformen verfolgt und
in solchem umfange die zur erllnterung derselben dienende litteratur
studiert 'hat, darf wol eine anerkennung seiner gelehrsamkeit im antiken
sinne in äns^pfrudh nehmen; auch ist es nicht einleuchtend , warum wir
die selbätlndigkert derserben in abrede stelleti sollen, freilich wären wir
dazu vollkommen berecJhtig't, livdnn es i^hr wäre dasz er fn seinem tage*
budife nicht mehr und nicht ii^eniger aufgenommen habe, als was er von
den ihn völlfg beher^endeft ortsgdehrlen anzunehmen fQr wichtig
gentig gehalten habe, gert mochte ich ataViehmen dasz ich diese behanp-
tuhg irrfg ättfgefaszt habe; denn ein Irtum liegt vor. eine solche ab-
hängigfkeit Ist hicht nur iftklit bewegbar, sondern das gegenteil trit viel-
mehr auf i^eih blatte htstvdr, in der 'Ranken fceschreibung von Athen
beruft e^ sich Aicht kfhk eiozig^ tbüi auf das zeugnfe eines penegeten*),
und dann möchte man doch fragen , was er von den Sehenswürdigkeiten
Athetis bedeiiteitdes berichtet, was ihn nicht der blosze anblick und allen-
falls die befrägung des ersten besten begegnenden gelebrt haben würde?
4) die dtti^h den Üiiick hervorgehobenen stellen tßnä von mir
unterstrichen. '5) d^r 1, 13, 8 erwUhnte Lenkeas, 6 tÜTV iffi^wpCörv
(d. b. 'ApTctuiv) tEfiKitr^c, war ein buch und bezog sich «uf Argos.
J. H. Ch. Schabart: verscbiebun^en im Pausanias. 827
die historischeD iiolizen verdankte er gewis wahrscheinlicher seiner lec-
tfire als einem begleitenden lohnbedienten, doch Curtins soll ja (Pelop.
11 s. 52) an einem ^aufTalienden beispiele' die völlige abhüngigkelt des
Pausanlas von dem Systeme der fremdenführnng ^gezeigt' haben, gezeigt
eigetltlich nicht, wol aber behauptet, betrachten wir die stelle auf
welche ein solches gewicht gelegt wird (5, 14, 4—10 und cäp. 15)
etwas genauer, so Hillt alsbald in die äugen, dasz auch hier nicht die
leiseste andeutung von einem fremdenffihrer zu entdecken ist, dasz dieser
vielmehr nur vorausgesetzt und dann folgerungen gezogen werden, das
soll man nicht ^zeigen' nennen , sondern sich allenfalls mit ^vermuten'
begnügen, ist nun aber in der stelle die leitnng eines ortsführers nur
wahrscheinlich? Paus, sagt bei erwähnung des ßuijiiöc li^iCTOC In
Olympia, er wollte bei dieser gelegenbeit sogleich die übrigen altare
anfahren und zwar nicht in der Ordnung der topographischen läge, 8(on-
dem in der reihenfolge in welcher die Eleer auf denselben zu opfern
pflegten, um ja keine irrung zu verschulden, bringt er S 10 vermutlich
bei einem besonders auffallenden sprung nochmals in erinnerung, dasz
er die altflre nicht Kara croixov Tf]C tbpuceiuc aufgezahlt habe, sondern
T^i xdEei TüJV 'HXeiujv de xdc Oudac. mir scheint dies durchaus nicht
allein verständlich , sondern auch verständig, um nicht die periegese bei
jedem einzelnen altar durch angäbe der rangordnung beim opfern zu
unterbrechen, sagt er, er wolle ohne rücksicht auf die läge der altäre
die reihenfolge der opfer ein für alle mal angeben, wodurch er einen
liturgischen zweck vollständig erreichte und den beweis liefert, dasz er
es sehr wol verstand, wie ineinembuchedie sache vorgetragen wer-
den muste, während es meines erachtens fast undenkbar ist, dasz ein
fremdenführer , ohne alle rücksicht auf zwischenliegende Sehenswürdig-
keiten, einen ankömmling in die kreuz und quer herumgeführt haben
sollte, um ihm zu zeigen, in welcher reihenfolge die Eleer opferten,
wollte Pausanias überhaupt diese nicht unhiteressante notiz mitteilen,
so ist kaum abzusehen , wie er es anders hätte machen sollen als gerade
so wie er es gethan hat. soll also aus dieser stelle etwas gefolgert wer-
den, und die Versuchung liegt allerdings nahe, so wären es etwa folgende
beiden Sätze: 1) er führt die reihe der altäre auf unabhängig von jedem
einflusz der fremdenführer; und 2) in der übrigen darstellung folgt er
genau der topographischen Ordnung, wo demnach eine Übereinstimmung
zwischen einem etwaigen System und den angaben des Paus, nicht statt
findet, musz der Irtum zunächst im Systeme gesucht, ein fehler des perie-
geten aber nur da angenommen werden, wo ein solcher mit stichhaltigen
gründen bewiesen werden kann, die frage, woher Paus, die kenntnis von
der reihenfolge der Opferfeierlichkeiten entnommen habe, könnte eigentlich
ai^ sich beruhen , da wir sie nur durch eine mehr oder minder beliebige
Vermutung lösen können; soll aber einmal etwas versucht werden, so
läszt sich nicht absehen , warum er sie nicht aus einem buche geschöpft
haben könnte; ja es scheint nicht einmal allzu kühn, wenn wir die Ver-
mutung aufstellen, er möge wol selbst einer solchen opferprocession bei-
gewohnt haben.
828 J. H. Gh, Schubart: Terschiebungen im Paosanias.
Ehe wir weiter gehen, wird es wol förderlich sein, wenn wir kun
zusammenstellen, was sich aus Pausanias Aber die exegeten beweisen
I2szt.^ unberöcksichtigt können hier die Hybläer bleiben, von deaen
Phiüstos sagt, sie seien TepdruJV xaX ivuirviwv ^TiTn^ai (5, 23, 6).
die exegeten, auf welche es uns hier ankommt, kann man in folgende
drei dassen einteilen :
1. Pausanias beruft sich auf Schriften von exegeten: so in besog
auf den tod des Pyrrhos auf den Lenkeas, den imxujpiujv ^nTT]TT)C
in Argos, der £v Ittcciv geschrieben hat, 1, 13,8. von lophon aus
Knosos, Tuiv dErifTiTuiv, heiszt es, er habe xP^lCfiouc £v iia^ip^u
geliefert und gesagt, Amphiaraos habe den gegen Theben ziehenden Argi-
vern dieselben erteilt, 1, 34, 4. ob diese beiden metrischen schriltea
exegesen waren, darf bezweifelt werden ; wol konnte der argivische eie-
get Leukeas ein epos über die thalen des Pyrrhos oder ein kürzeres
gedieht auf den tod desselben gemacht haben ; und wenn bei gelegeaheil
von Oropos xpiicjitoi des lophon angeführt werden, so sind diese einem
gedieh te des Knosiers entlehnt, dessen reize Paus, ausdrücklich rühmt,
welches aber mit der exegese von Oropos nichts zu Ihun hat. demnach
gehören diese schriften oder schriflchen nur insofern hierher, als ihre
Verfasser zugleich auch exegeten waren.
2. Die natur der sache brachte es mit sich , dasz bei den gröszero
tempeln, thesauren usw. eigene personen angestellt waren, deueu die
bewahning der schätze und kunstwerke oblag, und welche dieselben den
fremden zeigten und erklärten, sich auch wol dadurch eine nebeoeio-
nähme verschafften, dasz sie bücheichen zum verkaufe verfaszlen, gerade
so wie es in gleichen Verhältnissen auch bei uns der fall ist; und wir
brauchen nicht zu zweifeln , dasz unter diesen katalogen manche waren,
die einen wissenschaftlichen werth hatten, ein solcher angestellter eie-
get wird allerdings nur 5, 15, 10 erwähnt, und noch dazu, wie es
scheint, nicht bei einem bestimmten tempel, sondern mit unbekannter
function bei den groszen eleischen opferzügen in Olympia, möglicher-
weise bekleidete der 5, 20, 4 erwähnte Aristarchos, ö tOuv 'OXu^iriaciv
ÜrWlf^A^ zu des Paus, zeiten diese stelle , der sich hier als exegel des
Heräons zeigL bei den opfern lag ihnen vielleicht die Währung des her-
kömmlichen riluals ob. unter den 5, 18, 6 in der mehrzahl genannten eie-
geten, welche über die öine darstellung an der Kypseloslade verschiedene
erklärungen gaben, möchte ich von solchen angestellten tempelbeamteo
verfaszte schriften verstehen, auf solche aufzeichnungen beziehe ich
nicht allein 5, 21, 8, sondern auch 5, 21, 9, wo die angäbe der eleischen
exegeten den amtlichen Verzeichnissen der Eleer entgegengesetzt wird.
bemerkenswerth ist die stelle 5, 10, 7. hier wird erzählt, die Trözenier
nennten den wagenlenker des Pelops Sphairos, während 6 ^nTn*^^^
^v 'OXujLiTriqi ihm an der darstellung im giebelfelde des olympischen Zeos
6) mehrere notizen, welche allerdings wahrscheinlich auf mündliche
mitteilnngen oder auf schriftliehe anfzeichnung xurüokznfÜhren sind,
müssen hier übergangen werden, da sich nicht nachweisen I&sst, oh
sie von exegeten dem stände nach herrühren.
J. H. Gl). Schubart: Verschiebungen im Pausanias. 829
den namen Killas gebe, darf man den singular pressen , so haben wir
hier den oben erwähnten Aristarchos wieder: denn Paus, beruft sich
ebenfalls auf dessen mündliche erkISrung. schriftliche notizeu dagegen
vermute ich 5 , 6 , 6 unter den eleischen exegeten , welche ein ereignis
aus Xenophons leben erzählten ; wie leicht aber solche dinge traditionell
wurden und sich in sage und schrift fortpflanzten , liegt auf der band,
alle jetzt genannten exegeten waren eleische, und ich denice bei ihnen an
angestellte beamte, weil solche hier bezeugt sind und alle angaben sich
ohne schwieriglieit auf sie zurQckfQhren lassen.
3. Auszer diesen exegeten, welche das geschäft amtlich betrieben,
gab es aller Wahrscheinlichkeit nach auch solche die ein gewerbe daraus
machten oder die sich aus liebliaberei der erforschung tujv ^mxujpiujv
widmeten und ihre kenntnisse in schriften niederlegten oder wol auch
die führer angesehener fremden machten, alles gerade so wie es zu unserer
zeit in Italien vorkommt, wenn ich die folgenden belege hier einreihe,
so geschieht dies nur, weil ich für die amtliche Stellung dieser exegeten
keinen beweis habe; immerhin bleibt es darum möglich, dasz der eine
oder der andere in die zweite classe gehörte, an schriftliche fuhrer haben
wir höchst wahrscheinlich 1, 42, 4 zu denken: Paus, erwähnt eines tem-
pels der Athena Aiantis mit der bemerkung Ta de ainö Metoipdiuv ira-
peiTai ToTc dEilTYl'rotTc, weshalb er seine meinung mitteilen wolle, auch
die 'ApT€iuJV iirwx^^i 2, 23, 6, welche nur als die organe der in Argos
herschenden meinung erscheinen (vgL % 5), mögen geschriebene
stadigescbichten gewesen sein , wie aus XdXT]6€V und X^TOUCi hervor-
geht, es ist vom Palladion die rede, und Paus, macht ihnen den Vorwurf,
dasz sie gegen besseres wissen die volksmeinung vortrügen. 2, 31, 4 ist
von einem tempel der Artemis Lykeia In Trözen die rede; da Paus, über
den beinamen von den exegeten nichts erfahren konnte, trägt er seine
meinung vor. dasz die Stadt Andania ihren nameu von einem weibe habe,
ist einstimmige ansieht der exegeten 4, 33, 6. der TiXrv dirtxuipiuiv TTa-
TpeOciv iirxxryiilC erzählte (ihm) etwas von dem Olympioniken Cheilon,
was er selbst 6 , 4, 7 unter anderm als Vermutung ausgesprochen hat,
nemlich dasz derselbe auf eigene band sich an dem kriege um Lamia
beteiligt habe und daselbst gefallen sei; eine in mehrfacher beziehung
interessante stelle. 9, 3, 3 widerspricht er dem was ö TUlv dTitxujpiuJV
dHrf(T)Tr]C über die periodischen Dädalafeste (ihm) mitgeteilt hat. über
eine gewisse bauart konnten ihm o\ CiKUUJviuJV dSliiniTai keine auskunft
geben 2, 9, 7.
Aus allen diesen stellen — denn 1 , 35, 8 den wunderlichen streit
mit Aubuüv dHriTn'^oi^c können wir als fernliegend übergehen — geht
hervor dasz sich Paus, zwar bei den exegeten nach manchem erkundigte,
darunter nach dingen deren kenntnis man nicht eben bei jedem lohnbe-
dienten voraussetzen darf; es geht ferner unbestreitbar daraus hervor,
dasz er die Unabhängigkeit seines Urteils sehr wol zu wahren wüste, dasz
er keineswegs blindlings seinen fflhrern folgte, dasz er nicht nur das auf-
zeichnete, was ihm von den mitteilungen derselben beachtenswerth er-
schien , nicht mehr nicht weniger ; es wird endlich daraus hervorgehen.
830 J. H. Ch. Schabart: verschiebungeD im Pausanias.
dasz alle diese exegelen auf einer höliereD stufe der bildang standen als
man denen zuzutrauen braucht, welche etwa am Dipylon ihre bauptstaiion
hatten, um die ankommenden fremden abzufangen, da alle die orte, wo
kunsl- oder andere schätze aufbewahrt wurden, gerade wie bei ans, ihre
eigenen custoden hatten, die fremden aber, ebenfalls wie bei uns, von
diesen ihre belehrung einholten, so blieb für die lohnbedienten am Dipylon
lediglich das geschäft den eiligen fremden an den verlangten platz hinzu-
führen, es darf allerdings nicht bezweifelt werden , weil es eine nator-
liche notwendigkeit ist, dasz es auch im altertum in den bedeulenderai
Städten leute gab, welche als führer oder Wegweiser den fremden dieoteO)
diesen auch an den besuchtesten orten ihre dienste anboten — die eio-
zige spur eines solchen bei Paus, haben wir 1,41,2, wo ihm zwar der
titei 0 tOjv imxuipiuiv iEiiTTlTfic gegeben wird, die mitgeteilte noiix
aber eine echte führernotiz ist — ; dasz sie aber zu diesem zweck eine
Stadt in gewisse regionen geteilt und dieselben unter sich verteilt bStteo,
so dasz der fremde beim eintritt in eine andere region den orisfobrer
wechselte, ist an sich schwer glaublich und entbehrt jedes beweises,
ja jeder analogie; es erscheint mir eine solche annähme wenig geeignet,
um dadurch eine schwierige frage zu erledigen.
Eine Schwierigkeit soll nicht durch eine gröszere Schwierigkeit be-
seitigt werden, betrachten wir einmal die sache ganz einfach, wie es
jetzt sein würde, wie es damals gewesen sein musz. Pausanias, ein erfah-
rener reisender und ein wolhabender mann — denn wie hätte er sonst
so grosze reisen machen können? — kam zur see an und gieng alsbald
von der küste nach der Stadt; sklaven trugen sein gepäck; am thor ao^e-
kommen, gleichgiltig an welchem, zog er nicht etwa seine schrdblafei
heraus und begann die aufzeichnung der nächsten gebäude und kunsl-
denkmäler, sondern er erkundigte sich nach einem Wirtshaus oder einem
gastfreunde, an empfehlungen wird es ihm ja nicht gefehlt haben, zu-
nächst suchte er sich nun in der Stadt zu orientieren in hegleilung eines
freundes oder, mag es sein, eines lohnbedienten, falls er es nicht vorzog
die eben nicht allzu grosze sladt allein zu durchwandern ; war er nur
einigermaszeu neugierig, so besuchte er zuerst die akropolis, dann wie
es der zufall, der lauf der straszen fügte, die anderen Stadtteile. *) dasi
er mit dem plane eine topographische beschreibung zu liefern schon ein-
getreten sei und gleich am eingangsthor damit begonnen habe, bis er erst
in der Stadt belehrt wurde, wie man am zweckmäszigsten eine syste-
matische besichtigung vorzunehmen habe, hat nur wenig Wahrscheinlich-
keit; mindestens ist die andere annähme, dasz erst nach besichtigung der
Stadt der reichtum an denkmälern in ihm den gedanken erweckte diesel-
ben aufzuzeichnen, ebenso berechtigt, über die dauer seines aufenlbaltes
wissen wir gar nichts ; sechs bis sieben tage anzunehmen ist ebenso will-
lieh als sechs bis sieben wochen; dennoch neige ich mich lieber der
7) hat man überall berücksichtigt, dasE nach dem strasseosii^
mancbe gebäude so lagen, dasK der besuoher andere, weit entfernte
eher erreichte aU die n&her gelegenen?
J. H. Cb. Schubart: verschiebungea im Pausanias. 831
Jelzteren amiabme zu, weil ich mir vorstelle, er habe seine Attika in Athen
geschrieben und (gerade wie ja auch unsere Romrahrer, wenn sie einige
Wochen in Rom gewesen sind , schnell über einen alten stein oder eine
bemalte scherbe etwas schreiben und drucken lassen, weil es doch eine
sflnde wäre die gelehrte weit länger in Spannung zu erhalten , und weil
es so hflbsch ist ein werk mit seinem namen in der ewigen Stadt gedruckt
zu sehen) — und alsbald herausgegeben, wobei er dann seine junge ge-
lelirsamkeit in den so ungehörigen episoden niederlegte, zeit war dazu
immerhin erforderlich, wenn auch nicht so viel als zur ausfüllung des
raumes zwischen der abfassung des ersten und zweiten buches notwendig
angenommen werden musz. wol aber konnte er nach herausgäbe des
ersten huches sich noch längere zeit in Athen aufhalten und ernstere
Studien betreiben, so dasz er mit gereifteren kennlnissen und fortge-
schrittener bildung seine weitere reise fortsetzen konnte und nun auch
seine mit sichererem plane ausgeführte arbeit nicht so übereilt in die
offen tliclikeit zu bringen brauchte, einen gesunden plan vermissen wir
aber im ersten buche leider nur zu sehr; die denk Würdigkeiten zeichne^
er auf in der Ordnung, wie er sich dieselben gleich anfänglich aufge-
schrieben halte, ohne durchgreifende Überarbeitung; dasz ihn, wieder-
hole ich, von vorn herein die absieht geleitet habe, eine
regelrechte topographische beschreibung Athens zu lie-
fe rn, sind wir durchaus nicht genötigt anzunehmen; springt
er also von der route ab , nach einer ganz andern gegend hin , nun so
mag ihn einer der hundert möglichen zufalle in der Wirklichkeit dahin
geführt haben; den absprung entweder ausdrücklich zu bemerken oder
bei der Überarbeitung auszugleichen hatte er nicht nötig, da er eben
keine topographie versprochen hatte, man kann sagen, diese hypothese
stehe in der luft; mag sein; sind die andern auf felsen gegründet?
Gern hätte ich den schriftsteiler, dem ich fast mein ganzes leben
gewidmet, in günstigerem lichte erscheinen lassen, um so mehr da in
neuester zeit die urteile über ihn immer schneidender werden, hat doch
ein, errathe ich den namen richtig, berühmter philolog ganz kürzlich
selbst die religiösen anschauungen des Pausanias für eitel heuchelei und
alberne nachäfifung der Herodotischen auszugeben den versuch gemacht.
ich weisz kaum einen schriAsteller, den man in gleichem masz0 benutzt
und mit ladel überschüttet, wie den Pausanias; ist das nicht eine art
von lob?
EIassel. Joh. Hbinbioh Ch. Sohubast.
832 A. Schaefer: ArisU>demos echt oder unecbt?
(35.)
AKISTODEMOS ECHT ODER UNECHT?
Seit ich gleichzeitig mit BQcheler in dieser zeitBchrift oben s. 81 ff.
das von C. Wescher herausgegebene bruchslOck des Arislodemos besprach,
erschien im rhein. museum XXIII s. 303 ff. ein aufsalz von Curt Wachs-
muth, in welchem die unechtheit des *neuen historikers' behauptet wird.
nach Bflchelers entgegnung oben s. 237 ff. hat Wachsmuth wiederum im
rh. mus. XXIII s. 582 ff. seine ansieht verlheidigt, endlich ebd. s. 673 ff. in
einem schluszworte einige puncte nochmals besprochen, veranlaszt durch
eine abhandlung von Hermann Hiecke, der in der haoptsache mit ihm ein-
verstanden den * unechten Aristodemos' in der z. f. d. gymnasiaiwesen
1868 s. 721 ff. beleuchtet hat. Ich geatelie dasz leb ungern auf den so
wenig ergibigen fund zurückkomme, aber ich mag nicht durch sliil-
schweigen den schein auf mich laden als flberhöbe ich mich der mühe
eine der meinigen entgegenstehende ansieht zu prüfen.
Allerdings bin ich keinen augenblick an der Überzeugung irre ge-
worden dasz wir es mit einem oberflächlich compilierten Schulbuch eines
alten grammatikers, und nidil mit einer modernen ßlschung zu thun
haben, was die beschaffenheit der handschrift betrifft , so kann ich den
gegen Dflbners (s. E. Hiller im Journal des savans 1868 niai s. 318 f.},
Weschers und Neynckes zeugnis ohne neue technische prüfung derselben
erhobenen bedenken kein gewicht beilegen ; ebenso wenig vermag ich io
den vielfaltigen Verderbnissen ein versteckenspielen des schlauen belrü-
gers zu erkennen , der sie eingeschwSrzt haben soll, am wenigsten fasse
ich wie die von Wachsmuth gesammelten und von Hiecke des weiteren
besprochenen parallelstellen aus anderen alten Schriftstellern den Verfasser
als ein kind unserer tage erweisen sollen, ein moderner bischer hStle
meines erachtens seineu leitfaden entweder aus einer neuem bearbeilung
der griechischen geschichte entnommen, oder aus einem alten schrid-
steller, und seine paraphrase mit da und dorther aufgelesenen läppen
ausgeputzt, deren risse und nähte überall durchscheinen würden, dagegen
halte ich einen heutigen Graeculus für unfähig eine so künstliche masiT-
arbeit , wie sie in der behaupteten fälschung vorausgesetzt wird, in einen
von anfang bis zu ende gleichmäszigen slil der erzählung einzukleiden,
es erscheint mir einfach ein unding zu behaupten, wie Hiecke thut(s.735
vgl. 731 — 733), dasz die zwölf zeilen über das ende des Themlslokles
s. 360, 6 — 18 ^aus Thukydldes, dem ersten und zweiten schollen zu
Aristophanes rittern (v. 84) und dann gar in den kleinsten Satzteilen ab-
wechselnd aus dem zweiten schollon und Diodor' zusammengetragen seien,
ich erkenne hierin nichts anderes als dasz wir eine aus der gleichen schnl-
tradition entnommene erzählung lesen, aus der auch die scholien Über-
reste haben, nicht anders verhält es sich mit der geschichte von der ve^
rätherei und dem tode des Pausanias s. 357, 7 bis 359, 4, welche in
dreizehn absätzen aus Plutarch, Pausanias, Thukydldes, DIodor, Suidas
zusammengestoppelt sein soll, ohne dasz die parailelstellen vöUig aus-
A. Schaefer: Aristodemos echt oder unecht? 83$
reicheo wollen, bemerkt doch Hiedce selbst s. 727: ^auffallend bleibt
aber, dasz sich Aristodemos nirgends an die von Plutarch und Pansanias
gebrauchten ausdrucke anlehnt, sollte es noch ehie andere quelle geben,
die er hAtte benutzen können?'
Besonderer nacbdruck is€ darauf gelegt dasz Aristodemos s. 362, 16
bis 363,18 aus denPh^iudeischen scholien zu Hermogenes (ir. eup^ccuic
II 5 8. 80 ÖTi Tdc TpiOKOvrouieic cirovbdc fXucav) V s. 388 (Walz)
abgeschrieben sei. dagegen scheint mir gleich aus dem ersten satze fOr
einen unbefangenen beurteiler so klar zu erhellen dasz Aristodemos das
original gibt welches den scholien zu gründe liegt, dasz ich nicht unter-
lassen mag ihn lodimab herzusetzen:
Nach dem kyprischen kriege und Schol. Hermug. : TpiaKOVTOiJT€tc
Kimons tode spricht Aristodemos von crrovbai aiSrai* juerä Td Mr)biKa
Kailias und fährt fort : fjbil E^pEou dfto96ap6rroc xal
^ApToS^pSou £iri6€)i6^TO<0 vioO
ceü0ic ToTc Kard tf\v *Adav'€XXii-
vtKotc irpdYMoa Ka\ btoupöpuic
odroc 6 KaXXiac ^crrelcaro npdc ditoKpoucWvroc ti|c iXiriöoc,
'ApToS^p&lv Kai Toöc Xonroic €?TacTrovbd&v*6XXTiciT€Vop^a)v
TT^pcac. if4voYTO bi. a\ arovbai xd ßapßdpoic , alc öpia direiri^-
iTx\ ToTcöe* ^9* & ÄVTÖc Kuav^uiv T€cov Kudveai ir^pai kgA wotq-
Kai N^ccou TrOTCtiüioO xal Oac/jXi- pöc N^ccoc koI 0dcr)Xi€
öoc, f\T\c dcrl TTÖXic TTajuicpiAtac, iröXic TTajLicpuXiac
xal XeXibov^ujV iii\ jiiaKpotc xal X€Xtbu)v^at dKpumfjpiov,
irXoiotc KaTaYrX^u)Ct TT^pcat, xal
ivrbc Tpiüöv f||üi€piöv 6bo() f\v fiv
tinroc dvucij biu)K6|ui€V0C jiifi Ka*
Tiujciv. KalcrrovbaloöviT^ovTO
TOiaOrot. |Li€Td bi töOtö *6XXii- 4t^v€to 'CXXitci btaf»opd Ü aU
viKÖc irdXe^oc tfivero HE aWac riac TOiaütiic.
TOiaUTTlC.
Ueber die Varianten in den folgenden fast gleichlautenden zeilen
habe ich nach dem was Bflcheler (oben s. 240) darüber gesagt bat nichts
weiter zu bemerken, übrigens erinnere ich dasz die handschrift des
Aristodemos in den vom schollasten übergangenen werten s. 363, 1
nicht dvucq sondern dvoicQ hat; nicht völlig entsprechen Diodor XII 4
Touc bfe Tiöv TTcpcÄv caipdiiac juifi KaTaßaiveiv ln\ OdXatrav Kaiu)-
T^pu) Tptüüv fifiepuiv öböv. Demoslheoes ti. TrapaTrp. 273 s. 428 sagt
TiTirou piv bpö^ov fui^pac neCrji ixi\ xaraßaCvetv in\ ii\y ddXarrav
ßaciX^a Plutarch Kimoa 13 Tutrou \xky bpö)üiov del ttIc '£XXriviKf)c
öniX^xyf GoXdcciic. Suidas u, KOmjjv * — \ir\bk Xnnox) bpöjiiov fm^pac
€VTÖc liii OdXarrav xaTaßaiveiv ßaciX^a. an andern stellen wird die
eotfernung auf 400 oder 500 Stadien angesetzt.
Französische gelehrte haben dem neugefuudenen fragmente unver-
diente lobsprüche gespendet, und die gesellschaA zur befdrderung der
griechischen sludien in Frankreich hat sich veranlaszt gesehen einen ab-
JahrbQcher fGür clats. philol. 18S8 hft. 12. 54
S34 G. Meyncke: über die bandschrift des Arislodemos.
drack desselben in ibren jahresbericbt aufiaoebmen (annuair* de Fasse-
cialion poor rencouragement des eludes Grecqaes en France. 2^ annee,
Paris 1868 , s. 53 — 78). nnler uns Deutschen lul niemand es rühmens-
werlh gefanden, dher als ein zengnis der getstesrerflacfaung in den schulen
griechischer granunaliker wird es denke ich seinen platz behaupten.
BoMH. Abhold Schaefbb.
108.
ÜBER DIE HANDSCHKIFT DES AMSTODEMOS.
Die beiden scharfsinnigen aufsitze von hm. C. Wachsmutb im rhefai.
museum XXII! s. 303 ff. und s. 582 ff. und die sorgßllige parallelstellen-
samlung von hrn. H. Blecke in der z. f. d. gjmnasialwesen 1868 s. 721 ff.
haben so sehr die allgemeine aufmerksamkelt auf die Pariser handscbrift
nr. 607 (des griechischen Supplementes) geriditel, dasz einige genauere
nolizen aber die blSlter, deren Inhalt excerpte aus Philostratos und Aris-
todemos sowie einige medicinische fragmente bilden, nicht ohne interesse
sein dOrflen.
Schon im verOossenen frfihling halle ich, um den anfragen der hm.
Bficheler und Wachsmutb über einzelne puncte nachzukommen , die hs.
<Ier griechischen poliorkeiiker eingesehen , jedoch nur fluchtig, da es mir
2u einer genauem pröfung an zeit fehlte und die kaiseriiche bibllotbek
plötzlich geschlossen wurde, einige meiner damak gemachten angaben
sind inzwischen von den genannten herren aus meinen briefen im rhein.
museum a. o. s. 585 und in diesen jabrbächem oben s. 237 veröffent-
licht worden, im allgemeinen und in allen wesentlichen puncten kann
ich meine frfiheren angaben, nachdem ich die hs. aufs neue durchgesehen,
nur besUtigeu ; einige bedürfen aber einer modification oder wenigstens
prScislerung ; andere sind nachzutragen.
Zuvor musz ich gestehen , dasz weniger die von hrn. Hiecke , von
dem man sagen kann 'qui nimium probat nihil probat' , als die von hm.
Wachsmutb namentlich in seinem zweiten aufsatze voi^ebrachten Ter-
daclitsgrOnde, von denen, einzeln betrachtet, keiner zwingend ist, in ihrer
gesamtheit ein solches gewicht ausüben, dasz ich durch dieselben wahr-
scheinlich selbst von der f^lscliung der Aristodemos-excerpte überzeugt
worden wäre — wenn ich die handschrift nicht gesehen hätte.
Im folgenden will idi nun durchaus nicht den beweis der echtheit
antreten, welcher der natur der sache nach unter keinen umstlnden weder
in diesem noch in einem andern falle geführt werden kann, noch weniger
die Unmöglichkeit der fälschung nachweisen, da ich nicht zu denen ge-
höre, welche die grenzen des möglichen eng zu stecken pflegen; son-
dem es kommt mir nur darauf an deu thatbestand nach einigen seilen
iiin festzustellen und manche puncte scharfer zu bestimmen.')
X) ich wiederhole hier von der allgemeinen beschreibong der band-
G. Meyncke: Ober die haodschrifl des Aristodemos. 835
Der kern der hs. (bekanntlich die griechischen poHurketiker und eine
mililärische beispielsamlung enthaltend) ist durch sechs bidtter unterbro-
chen, und zwar so dasz das erste (fol. 81 nach der neuen zAhlung) vor
ein einzelnes zum hanptteile gehöriges blatt (fol. 82) eingeschoben ist,
während sich die fQnf flbrigeu hinter einander vor der militärischen bei-
spielsamlung befinden, dem schriftcharakter nach scheint dieser ganze
teil der hs. , die erwähnten sechs blätter fremdartigen inhalls mit einbe-
griffen , dem zehnten oder elften jh. anzugehören, genaueres wage ich
über die zeit nicht zu versichern.
Die elf Aristodemos und Philostratos enthaltenden selten sind ein
wenig kleiner und enger geschrieben , als es meistens in dem hauptteile
der fall ist. übrigens sind in den poliorkelikern selbst drei bis vier ver-
schiedene bände zu unterscheiden , wie hr. Wescher bereits bemerkt hat
auch finden sich im ganzen kerne der hs., hin und wieder zerstreut,
namentlich aber zwischen fol. 19^ und 61^, Seiten die durchgängig
dem schriftcharakter nach von dem Aristodemos-Philostratos-teile kaum
abweichen, bisweilen selbst eine noch kleinere form der buchstaben auf-
weisen als die in den verdächtigten blättern durchschnittlich angewen-
dete, man könnte in dieser beziehung zur vergleichung auf fol. 46* bis
47 ^ oder fol. 51 hinweisen, welche von einer band geschrieben sind, die
überhaupt derjenigen, von welcher Philostratos und Aristodemos her-
rühren, sehr ähnlich ist, ohne ihr jedoch völlig zu gleichen.
Die betreffenden blätter waren mit dem kerne der hs. durch einen
frühern einband verbunden, den man natürlich verwerfen muste, als
man noch andere Schriften , Lysias usw., die sich alle zusammen in dem
jetzigen einbände befinden, damit verschmelzen wollte, auf diese an-
nähme führt die alte griechische paginierung , auf die ich später zurück-
kommen werde, wälirend im kerne der hs. durchgängig ziemlich breite
ränder an beiden selten sowie oben und unten leer gelassen sind, findet
man die elf besonders in betracht gezogenen seiten fast ganz beschrie-
ben, dasz nach auszen die buchstaben des teztes jetzt dicht an den
rand reichen, ist zum teil aus der starken beschneidung der blätter,
bevor sie dem jetzigen einbände einverleibt wurden , zu erklären ; nach
innen ist aber gleichfalls ein verhältnismäszig sehr schmaler räum frei
gelassen.
Hau möchte aus dem umstände, dasz die randbemerkungen auf den
Aristodemos -Philostratos-blättern so verstümmelt sind , dasz sie heute
gröstenteils nicht mehr entziffert werden können , zu schlieszen geneigt
sein , dasz das format der folien ursprünglich gröszer war als das im
üiirigen teile der hs. angewendete, diese annähme ist aber nicht nur an
sich sehr unsicher, sondern man könnte selbst gegen dieselbe anführen,
dasz auf fol. 83* d. h. der Vorderseite eines blattes dessen rückseite mit
Aristodemos beschrieben ist, die ränder fast ebenso breit sind. wie im
Schrift, welche von hm, Wescher mit musterhafter genauiskeit geliefert
worden ist, nur dasjenige was zur beurteilung der sechs blätter, welche
die oben angegebenen stücke enthalten, anentbehrlich ist.
54*
836 G. Heyncke: Ober die bandschrifl des Alistod
kerne der hs., gaox zn geachweigeB, dasz wir gar nichl wismb köoBcn
wie weit die rlBder im iLerse der hs. dorcfa die besciuMidoBg der bUuer
veri(firzt waren, da auch dort randliemerkiiogeB erster band voi der
sciiere nicht verschont gebKeiien sind. wttnscM flbrigens jemand die
▼erschiedenartiglteit des Inhrits der sedis bewnsten IdStter von dea po-
KoitetÜLem zur anterstatzung des beweises der fUschung hcranzBielMi,
so ist er dazu dnrch das ohen von mir fliier die lireite der rinder gesäte
noch melir bereclitigt als vor bervorhebong dieses nmstandes. dRe an-
nähme eines grdszem formales wSre dazu völlig iAcrllAssig.
BeilSufig hemeike ich, dasz weder die poliorfceliker noch, nad viel
weniger (wie sich zum teil schon aus der Sparsamkeit ndt dem petgamest
ergibt) die PhÜostratos-Aristodemos-partien als kalligrapliisclie sckrifl-
muster des zeluntea bis elften jh. betrachtet werden können, wie etira
die ungeßhr gleichzdlige Demostlienes-iiandsdtfifl (^, wekkt ich oiit
nr. 607 verglichen bal>e. vielmehr sind diese teile ebenso wie dk mili-
tlriscbe beispieisamlnng nüt einer gewissoi noncbalance geschrieben nad
weit entfant von der sorgCalt die auf prachtliaiidscIinfteB verwcadet xu
werden pflegte, die figuren z. b. in dem die poliorkeliker umEisieadeB
teil sind weder was zeidmung noch was maieiei betrilä gut aoagefihrt
und bieten der betrachtung nacht den geringsten genusz dar.
Auf die alte paginiemng mit griechischen zalden oder gar auf den
alten einband, fiber dessen bedeutong Ich ganz derselben ansiebt bin irie
hr. Wachsmuth, wäre natürlich nicht das geringste gewicht zu legen,
sobald die fiüscbuog aus anderen gründen bewiesen würde, ehe äts
aber geschehen ist, hat die alle paginieruag allerdings eia gewicht, ich
wlederliole dasz dieselbe sich nur auf die poliorkeliker, die sechs uns
beschäftigenden bUtter und die mlli lyrische beispiekamlang erstredU
d. b. 87 folia umüaszt sie ist inmer von derselben band geschridteB^
schwerlich nach dem 16n jlu auf foi. 81 Ist die alle zahl, wdche&E
hätte sein BaOssen, ganz weggeachnitten'), während das hiatt in die allge-
meine zfthiung eingeschlossen ist und sich also sdion an dieser stelle
liefand, als der frühere einband die poliorkeliker, Philoslratos, Anstode-
mos und die milüärische beispielsamlung umfaszte. hr. Wachsmath stellt
in seinem zweiten aufimtze den fall als möglich hin, dasz die elf setser
ansieht nach von einem modernen falscher herrührenden selten, nachdem
sie bereits durch den einband (den jetzt vorhandenen nemücfa) mil dem
ülirigen verbunden waren, aus irgend einem gründe leer geblieben sttd
später vom (tticber mil Philoslratos und Arlstodemos beschrieben worden
wären, in dieser annähme glaubte ich anfangs selbsi ein neues argomeni
für die HUschung zn erkennen, da ich bei geieganheit einer nachvergiei-
cbung iiemerkl halte^ dasz am ende von fol. 87 ^ die ahkflrzungen auaxer-
ordenlltch gehäuft sind, als ob der Schreiber das was ^m noch vorlag
2) beiläufig folgt aus diesem umstände, dasz die starke beschnei*
dnng der ränder zum teil demjenigen Kageschrieben werden muss, wel-
eher die übrigen hss. vorn and hinten mit dem kerne verband und den
heutigen einband um das ganze legen Hess.
G. Meyncke: Ober die handschrift des Aristodemos. 837
gerade auf diesen räum halle hinbringeo mQssen oder wollen.'} bei
n&herer beCrachiong zeigt sich aber die unmögUeUbeit, das« diese blätter
noeh unbeschrieben waren, nachdeo sie sich mhim in dem jeUlgen ein-
band be&nden. die sechs blltter wur.dcB nemlich ebepso wie die noXiop*
KTiTiKd gleichm&szig beschnitten, um mil dem übrigen ^iu corpus zu
bilden und zusammen eingebunden zu weisen, da lum «ber die randbe-
aerlcungen auf denselben durdi die beaelmeiduitg ider rSnder verstümmelt
worden sind, so müssen sie vor .dieser beachnAidjung geschrieben worden
sein, da ferner die raudbemerkungen von derselben band und ^leichzeitif;
mit dem texte, wenigstens nicht früher als der text selbst, geschrieben
sind, so musz der text um so mehr bereits vorhanden gewesen sein, bevor
die verschiedenen teile der hs. , so wie sie jetzt unter einband vor uns
liegt, zusammengebunden wurden, an eine den Jheutigeji einband nach-
folgende aosfOliung leergelassener selten ist ^so nicht zu denken.
Hiernach müste der falscher, wenn die elf selten gefälscht wSren,
folgendes verfahren beobachtet haben, zunächst brachte er die betreffenden
sechs bUtier, mögen sie nun danuüs leer gewesen sein um später be-
schrieben zu werden, oder teilweise oder ganz beschrieben, genau in die
läge welche sie jetzt zwischen den iroXiopKr]TtKd einnehmen, darauf
paj^ierte er das ganze mit den griechischen zahlen nach einem schrift-
muster des 15n bis 16n jh. und liesz es einbinden oder auch nicht,
jedenfalls, wenn er es schon eingebunden hatte, fand er sipMer dasz sein
betr^g auf diese weise noch niciit hlnlünglich vor enldeckung gesichert
sei. er nahm 4lso die übrigen hss. hinzu und beschnitt alles stark, die
50 erreichte grfiszere maniglaUigkeit des inhaltes liesz erwarten, dasz
die aufmerksamkeit nicht zu schnell auf die geHdschten seilen gerichtet
werde, jedenfalls erst nachdem durch den ehrwürdigen eindruck des
ganzen das urteil bestochen und jeder zweifei oder verdacht zurücl^e-
drängt wäre, zugleich durfte er hoffen dasz die durchschneidung der
randbemerkungen wenn nicht seinen blättern ein alleres ausseben ver-
leihea, so doch den gedanken an eine fälschung, namentlich eine nach-
trägliehe, ferner rücken würde.
Hr. Wachsmuth hebt in seinem zweiten aufsalze den umstand als
auffallend hervor, dasz der abscbreiber der Philostratos- und Aristodemos-
excerpte dreimal zusammengehAriges durch fremdartiges getrennt, sich
also dreimal in der reihenfolge geirrt haben sollte: das erste mal fol.
81^ wo Philostratos an anderer stelle fortgesetzt wird; zweitens 83^ wo
statt der fortsetzung des Philostratos Aristodemos geJiracbl wird; end-
lich 85* wo an stelle der spater (fol. ^6** bis 87**) folgenden fort-
.setzung des Aristodemos ein neues stück von Philostratos anßngt und
zwar zur ergänzung des ersten fol. 81^ oben unterbrochenen fragmentes.
w9re für dieses so eben auseinandergesetzte verfahren keine erklärung
3) denkbar ist übrigens wol, dasz diese sechs hltttter, bevor sie in
den jetzigen einband gebracht wurden, nachdem sie aber bereits alle
mit den poliorketikern und der militärischen beispielsamlnng ^in cor-
pus bildeten, leer geblieben und später erst, nm irgendwie ansge füllt
zu sein, mit Phüostratos und Aristodemos beschrieben worden wären.
838 G. Meyncke: fiber die handschrifl des Aristodemos.
möglich; wäre es wirklich notwendig anzunehmen, dasz dem Schreiber,
wie hr. Wachsmuth meint, die Zusammengehörigkeit der beiden brach-
stflcke des Aristodemos und Phllostratos bewust gewesen sei, dasz der-
selbe also absichtlich die bestehende Verwirrung angerichtet habe — so
wSre dieser ^ine umstand zum beweise der fUschung hinreichend, uner-
klarbar ist aber diese durcheinandermischung nicht, es ist immerhio
denkbar und nicht ohne beispiel, dasz dergleichen anweisungen, wie
z. b. die fol. 81^ oben stehende Zr\ TÖ Xttrdv TOtJTOU ontdev ty u)
ciipetov €cnv toioCtov o-h> von dem gelehrten, der die thatigkeit
der Schreiber öberwachte, zur berlchtigung eines irtums, sei es zwischen
die Zeilen, sei es an den rand geschrieben waren, darauf aber gedankenlos
und ohne rflcksicht auf ihren Inhalt vom abschreiber dem texte hlnzoge-
fQgt wurden, so dasz die alte Verwirrung dennoch fortbestehen blieb.
der anfängliche irtum aber, der durch die notiz des grammatikers berich-
tigt werden sollte, liesze sich vielleicht auf ursprüngliche rollenverUo-
schung oder bliktterversetzung zurflcklühren. da nemlich das erste Philo-
stratos-fragment nur unbedeutend länger ist als das zweite, das dritte
aber ungefihr so viel räum einnimt wie die beiden ersten zusammenge-
nommen , so könnte man annehmen dasz in einer altem Philostratoshand-
schrift das folium durchschnittlich so viel enthielt, wie jedes der beiden
ersten fragmente umfaszt. was die beiden Aristodemos •bruchslOcke
betrifft, so haben sie etwa den gleichen umfang.
Diese annähme ist aber nicht die allein mögliche und nicht die ein-
fachste, unter vielerlei denkbaren erkllrungen führe ich nur noch eine
an , die von der Voraussetzung ausgeht , dasz die sechs blätter aus irgend
einem gründe leer geblieben waren, sei es als sie teilweise noch zu einer
andern hs. gehörten, sei es als sie bereits oder selbst dasz sie immer alle
mit den poliorketilieru zusammenhiengen. angenommen dasz zur ausfül-
lung der leeren seilen die fönf vorliegenden slflcke aus Philostratos und
Aristodemos ausgewählt waren und sich auf ebenso viel blättern befanden,
so kann man sich deuken dasz der abschreiber, dem es hauptsachlich dar-
auf ankam das ihm vorliegende auf den auszufüllenden leeren räum zu brin-
gen, zuerst die beiden kürzesten fragmente zusammenschrieb, weil er eio
blatt dazu hinreichend fand; spater aber (fol. 85') das dritte stock des Phi-
lostratos vor die fortsetzung des Aristodemos setzte , sei es mit absiebt,
weil es ihm werthvoller schien und er ffirchlete dasz für beide zusammen
der Qbrige räum nicht mehr hinreichte , sei es weil er sich diesmal irrte,
man könnte sich als veranlassung zu diesem verfahren denken , dasz dk
betrelTeudcu sechs blatter ursprflnglich einen nachlrag zu einer hs. im
besitz derselben person bildeten, in der sich u. a. Philostratos und Aristo-
demos befanden , die nachgetragenen stocke aber an ihrer stelle ausge-
lassen waren.
Die medicinischen fragmente habe ich absichtlich unberücksichtigt
gelassen , weil sie von ganz anderer hand geschrieben sind und auch ihr
alter leicht um fünfzig oder mehr jähre von den Aristodemos-Philostratos-
stücken sowie einem teile der poliorketlker selbst verscideden sein
könnte.
E. Plew : zu einer griechisclien inschrift. 839
Die aufzälilung der verschiedenen möglichkeiten bedarf in diesem
falle , wo alles auf möglichkeil oder Wahrscheinlichkeit hinausläufl, wol
keiner eutschuldigung. eine bestimmte antwort auf die vorliegende frage
"Würde erst dann möglich sein , wenn jemand nach eigener anscbauung
41er hs. das entscheidende indicium der flilschung entdeckte, der dann zu
erwartende nachwels wörde um so interessanter sein , als er unfehlbar
das bisherige vertrauen der philologen auf alte pergamente bedeutend
«rschdltern mOste. den übrigens ziemlich zahlreichen philologen, die
hier bis jetzt die hs. selbst untersucht haben, ist es, soviel ich weisz,
noch nicht gelungen einen palHographischen verdachtsgrund ausfindig zu
machen, mir ist es immer so ergangen , dasz ich mit der Überzeugung,
es müsse sich die f^lschung irgendwo verrathen, die hs. öffnete, dasz aber
jedesmal meine zweifei und bedenken durch die autopsle wieder zerstreut
Avorden sind.
Paris. Gustav Metnckb.
109.
Zu EINER GRIECHISCHEN INSCHRIFT.
Im 38n bände der annali d. inst. arch. (1866) s. 139 ff. veröfTent-
licht Henzen eine 'iscrizione di Cheronea' aus dem ende des 2n oder dem
■anfang des 3n jh. nach Gh.: 0Xaßiav Aavekav . . . rfjv dTVordiriv
4€pa96pov Tt\c dxiac Efctboc , Upeiav bia ßiou Tf}c dnd Cetpidboc
€[ctboc. wer ist HATTOCElPlAAOCElCtC? wenn die lesung der einzeN
nen buchstaben keinem iweifel unterliegt, so wird man Henzen beistim*
<men, dasz es unmöglich ist in der angegebenen stelle den "'Ocetpic in
irgend einer Verbindung zu suchen, und mit ihm dirö Ccipidboc abteilen
müssen, dies erklärt Henzen so , dasz er in C€iptdc eine ableitung von
^Ceipioc sieht s. v. a. hundsstemperiode und das ganze also als *die Isis
von der hundsstemperiode' auffaszt. eine solche bezeichnung gibt doch
aber eigentlich keinen sinn, und namentlich ist das dirö so ganz undenk-
i)ar. vielmehr scheint das dirö eine locale bezeichnung nach sicli zu ver-
langen , und einer solchen Uszt sich vielleicht in folgender weise auf die
spur kommen. losephos jüd. alt. I 2, 3 sagt, Seth (wol eine judaisierung
von Thot) habe zwei seulen gebaut, eine von ziegeln, die andere vou
■steinen, und darauf seine erfindungen und entdeckungeu eingegraben, da-
mit, wenn etwa die flut die eine seule zerstören sollte, die andere noch
^brig bliebe , um den menschen seine entdeckungeu bekannt zu machen,
die Steinseule erhielt sich, fidv6t b' dxpt ToO b€Opo xard t^v Tf)V
Cipidba — oder nach Eustathios hexaöm. s. 27 etjp^dr) eic rd Ci^pt-
boc öpoc xal &Ttv Su)C dpTi. hiermit stimmt Synkellos chron. s. 72
Dind., wonach Manetho in dem buche ne(A Cu)0€oc gesagt haben soll,
^K Ttt»V iv Tq CtlptablK^ T? KClJl^VWV CTTlXlUV . . . K€XCtpaKTTlpiC|Ll^-
S40 E. Plew: zu einer griechitchen inscbrift
vulv imb 9u»6 . . . irpocq}Uivfi€at. besprochen sind diese MXStm lel
Jablonski panlh. AegypU 111 s. 174 — 184, Movers Pböniiier I s. 104 —
108, C. Maller fragm. bist gr. II s. 512. in diesem sinadischen oder
serladiscfaen lande sieht Jablonski a. o. wol mit recht eine beseichiHBig
ffir Aegyptien, ändert aber dazu das Ciifnobiicii bei Synkellos im anscbliias
an eine stelle des Ammianus Marcellinus, schon nach älterem vorgas^
in oipiTTtKtl d. h. das an cupiTTCC reiche land. dies ist aber ausserlidb
und Innerlich ganz umiöglich. vielmehr wird man das öberlieferte weH
acceptieren kftnnen, nur der autoritit des losephos als der bei weitem
ältesten quelle (denn die llaDelbooische scbrifl, ras derSyikelkis schöpf-
te , war wol nicht vor dem dritten jh. aadi Gh. auf den Banaes Maseth»«-
gefälscfaft) folgend Ctptdc als die «raprängüche schreihang iNeses Und-
namens annehmen missen, schon d^halb darf man an die Serer ^ die
Goar zu der stelle des Synkellos zur erkl3rung heranzieht, nicht (denken,
wir erfahren aber dasz der Nil in einem teile seines obem laufsGpic hiesz r
Stephanos Byz. Cufjvr), iröXtc p^cr) Aiuwrou Kai AlGioiiiac ivX iv^
NeiXi)), ficO' f\y dbvöfiacTOi Cipic 6 irora^öc. Dionysios perieg. 223
NeiXou öc . . Aißtirjecv in* dvToXiiiv iroXuc Spiruiv Opic <m* Al9i6-
iitjjv KtKXt'jcKeTai ' ol bi. Cufjviic dwa^rai €Tp€90^VTt ficr' oCvo^a
NeTXov £6€VT0. Plinius it. h, V 53 circa . . Meroän Astobores Jaevo
alveo dicius . . . dextra vero AstOMpes . . mc unteNihts quam se iotwn
aquis rursus concordibus iunxit: sie gvoque etiatn nunc Siris ante
nominatus per aliquot milia. C.Möller im coromentar zu Dionysios sagt:
*itaque Siris notnen nonnisi parti iuvji, iiiter Syekien etHeroCn Msulam
mediae, indebatur.' danach könnte Ctpfdtc (t^) sehr gut eilM hezeidinMig
fflr ein vom 'Siris' durchströutes gdiiel Aieihiopiens seht: da diese gegeed
gebirgig ist, köiwCe andi das Cciptboc ipoc des £ualathiM(» Mls e»
nicht auf reiner iiction iieruht, erkllrt werden; liier bitte man 3ioh:ala#
jene von TIrot geaetetcfn seiilen gedacht, zu letclerm umtotaftde ^rei^gleiohe
man auci), dasz nach Diodor I 27 grftber der göiter mid mit «odsbrlfteft
äher deren leben versehene sielen i&irdpxctv ^v Mud] Ttjc 'ApO^ioc;
db^^ fjc Kttl Nucatov rdv Aiövncov d^vofü&cOau öns Oberhaupt sehr
obenleu^iche und unbestimmte arabische Nysa vertrat Jiier wol die istelle
eines vraprünglichen äthiopischen Nysa (Eerod. -11 14€^2. JU d7,l. ^Xl\
das damals nelleicfat sehen der kenstnts zu naAte lag, als AwAi man jeM
Inschriften bSite dahin setzen können, wie ich hofle, Jftazt aioh das vor-
hergehende auch auf unsere inschrifl anwenden : wir erbalten in derael-
ben so «äine *isis irem siriscben lande' — iind mCLssen wol amiehneiH
dasz in €hfiroaea ans locaien, uns uidbekannten gründen wlffklioih ein ouU
ius der Isis unter dieser benennung neben einem endern oultus decaettien
göltin ohne besondern beinamen bestand, dasz mKn in spftltner seit !ge-
fllssentlich solche abgelegene aamen «nd anscba«ungen auch dem eultti»
einverleibte, kann mKer anderem d^ hasbyrnnos von Andros lehfen.
C. Fuhrmann: äk «crgleichMfi^ssHte bei Piautus. 841
110.
DIE VERGLEICHTJNGSSÄTZB BEI PLAUTU8.
Flcclieiten fiOirt in diesen jahrhOiDheni 1667 s. 6B0 Jbei der behand-
lang des Teraes atd. H 4, 1^, wo erMi itecbt da« ^tlqueAer 1ms. In ^am
veribesseit, noch swei otn^raüviitne ans PleuUis.an9 im wcd«hen sich
cttque als comparaüvpaitikel in den bas. nnd aiisgahen findet: mere, 8d7
ond Gas. V 1 , 6 — 8. cur erkiftmog dietts aifue m diesen beiden «flUeo
lOgt Fieckcisen hinra, daaz die negaüan den be^ilf der langleiohbeit auf-
hebe und deahalb atque ebenso iwie ^fumm in dem verse der aulularia^
wo die negaiion den begriff der snii ueque beiciichneten gleieU>eit auf-
hebt, nicht den mindesten anstosz gebe.
Es sind dies bei Piautus die beiden einzigen beispiele, wo in einen»
negativen comparativsatze sich atque als comparativpartikei findet, und
das rousz bei einem dichter "wie Piautus, dessen Sprachgebrauch nicht
nur Mn typiscl) gewordenen pfarasen bis auf die wortslelinng unvieffander-
lieh %u sein i^l^gt', sondern fler audh im gefaranch der partilieln und con^
junetionen mit der gröstl^n consequenz verfihrt, doch gewis einiges be-
denicen g^n die richtigkeit ifieses ^tique erregen, wie kommt es deoü
dasz unser diditer in kemem ttiiem negativen ooniMrati^reaUie ~ «vd
deren ftadet sich bd ihm ttodielne groaze anzahl -^ tUque gdiiraucht?
Bind etwa nm* diese beiden sitze, die 'schon vietfaöh>«inetirttx inierpretnm
gewesen, von der aberarbdtung spaterer grammatiker verschont gelilie-
ben, oder sind wir nicht vielmehr gerade bei Plautns zu dem entgegen-
gesetzten sdhlusse bei^chtf|ft, daaznemlleh diese beiden Meilen eomus-
plert sind?
Vm diese froge zu entscheiden, wollen wir einmei zusehen, in wel-
ciien sAtzen ^lavlus aique als sog. comparativpartikei gebraucht.
Wir fitaden atque nur ^in positiven sAlzen, und zwar dretOMil nach
aeque: Bacöh. 214 eUam Epidicwn^ quixm ego fabulam aeque ac me
ipsutn amo . . . mere. 760 f. nempe üxorruri esttua^ quam dudum
dixeras OdUse te aeque atque angues, irm, 491 ff. verwn nos kamuneuH
ßeimäiuia untmae^ quam quam extemplo emiiimus^ Aequ6 mendicus
iUque ^e 9pulenUs$iwms Cem^reeneu ad Jeheruntem moriu^e: — *
dreimal nadh aliue und aUter: ttem. flOd f. dUttm tmnc mi oratianem
de$poliato praedicas^ jäiam atque eHm quam inlidebas me adie blande
ac benediee. Pseuä, 1182 alio sunt ilii ingei^ atque tu. truc. 1 2, 70
ego fateor^ eed lange idäer est amicus aique arnaier; — Je einmal Mcii
par und pariter: ghr. 1251 f. si amdpii umquum nui Sparern hie
eapienüam habet Mcformam^ Per amörem si quid feeero ^ elemenii
ignoscet animo, Men. Ibl ecdsior patiter hoc aique alias res sdes;
— und enditch auch ^nn^l nach idem: mast. 220 f. eundem dnimum
oporiei nunc mihi esse gratum ui inpeiravi Atque otim^ prius quam id
eodudi^ quem üli subblandiebar.
Seilen wir uns nun diese beisplele etwas genauer an. ist hier
uique wirklich die sog. comparativpartikei, die von aeque ^ alius aiüer
842 C. Fahnnann: die vergleichoogssltze bei Plautus.
usiv. abbAogt? keineswegs, id allen diesen sitzen bat aique durchaus
seine eigentlicbe, ursprQnglicbe bedeulung bewabrt; es verbindet einfach
zwei gegenstände, deren gleich- oder anderssein dann durch aeque^ par
pariierj idem oder aUus aUler näher bezeichnet wird, so wird atüt.
^04 und mast 220 nunc und oUm; glor, 1251 sapienUa und forma:
Men, 752 hoc und aUae res; Pseud. 1132 üU und tu usw. durch aique
-verhunden , und wir können es in allen diesen fällen durch *nnd' Aber-
setzen, indem wir aus dem ersten satzgliede jedesmal das ganze pri-
dicat ergänzen: z. b. iruc, I 2, 70 'ganz anders ist ein freund und ein
liebhaber' sc. ist ganz anders; mere, 760 ^dein weih hassest du auf
gleiche weise und die schlangen' sc. hassest du auf gleiche weise, oder
'dein weih und 6ie^ schlangen hassest du auf gleiche weise*, und so in
allen angeführten beispielen.
Vergleichen wir nun hiermit die sStze in welchen nach aeque, alius
aUter die partikel quam steht.
Nach aeque finden wir quam viermal: Epid. II 3, 1 f. nuBum isse
opinor ego agrum in ^omnt} agro AlUco Aequä feracem quam hie e$t
noster Periphanes. glor, 464 f. nSque eques neque pedes prt^ectosi
quisquam tanta audacia^ Qui aeque faciat confidenter quiquam quam
quae mulieres. Such, 217 ridiculus aeque nuUust (jquam hic^ quando
esurit. ebd. 274 f. Mercürius^ loms qui nuniius perhibeiur^ numquam
aeque pairi Suo niMium lepidum aitulii^ quam ego nunc meae nun-
tiabo erae. alle diese beispiele sind negativ und in zweien derselben ha-
ben auch beide Satzteile ihr besonderes prädicat. aber gesetzt auch beide
Satzteile hätten nur ^in prädicat, was ja glor. 464 f. und Slich. 217
der fall ist, so konnte Plautus dennoch hier aique nicht gebrauchen; denn
ridiculus aeque nuUust aique hie kann bei ihm nur beiszen : ^keiner ist
auf gleiche weise lächerlich und dieser* sc. ist nicht auf gleiche weise
lächerlich ; womit wol eine Verschiedenheit des lächerlicliseins angegebeu
wörde, nicht aber auf welcher seile das mehr oder minder des lächerlich-
sefns liegt; um dieses zu bezeichnen konnte Plautus nur die partikel
quam gebrauchen.
Auszer dem verse auL II 4, 18, wo bereits Fleckeisen das aique der
hss. und ausgaben in quam verbessert hat, finden sich noch drei stellen bei
Plautus, wo die hss. und ausgaben in solchen mit aeque gebildeten nega-
tiven sätzeu atque bieten: capt, 999 f. verum enim vero nuüa adae-
quest Acheruns^ kique ubi ego fui in lapiddinis. Cas, I 1, 40 f. ntim-
quam edepol ieiunium leiünumsl aeque atque ego te ruri reddibo. glor.
668 tum ad saltandum non cinaedus malacus aequest atque ego. in
den beiden ersten beispielen ist atque einfach zu streichen und dal&r
quam zu setzen, in dem dritten, welches bis aequest auch von Nonius
s. 5 bezeugt wird, war jedenfalls am ende des verses ein sum wegge-
fallen und ist dann von einem späteren grammatiker, um das metrum
wieder in orünung zu bringen , aus quam ego das atque ego gemacht ;
denn der Plaullnische Sprachgebrauch erfordert , wenn ich anders recht
gesehen habe, auch in diesem salze durcliaus ein quam, der vers wQrde
C« Fubrmano: die vergleichungssäUe bei Plautus. 843
tdemnach lauten : tum . ad sallandum nön cinaedus mdlacui aequesi
^udm ego sum.
Von den mil alius aliter gebildeten salzen , in deren zweilem Satz-
teile qtMm steht, ist aar ^iner negativ: asin, 236 nie quemquam in-
ierea aHum admiiiat prorsus quam me ad se virum. dasz auch hier
Plaulus atque nicht gebrauchen i[onnte, ist nach obigem klar: denn aique
me wOrde heiszen ^und mich' sc. soll sie nicht bei sich aufnehmen, wie
schon gesagt, es musz nach atque stets das ganze prSdicat, also auch
•die negatfon wiederholt werden, die drei übrigen sAtze sind positir: Cas.
II 5 , 37 quid ei fors aliter quam volee evenerit? Pseud. 1239 f. nunc
mihi certumst alio pacta Peeudolo insidiae dare^ Quam in aliis comoe-
dOs fit. Stich. 43 f. et si Uli inprobi eint atque aliter nos fdciant^
Quam aequöm Sit .. . halten wir diese mit den oben angeführten beispie-
ien, in welchen atque steht, zusammen, so sehen wir leicht den unter-
schied, in diesen drei beispielen werden nicht wie in den obigen zwei
|[egensUlnde die ein gemeinsames prSdicat haben verbunden , sondern es
werden zwei prSdicate zusammengestellt, so wird z. b. Cae. H 5, 37
das fallen (cadere) des looses mit dem wünsche {velie) eines andern ver-
glichen und durch aliter ihre — möglicherweise eintretende — Verschie-
denheit bezeichnet eben dies ist auch der fall in den beiden anderen mit
quam gebildeten sfltzen. Plautus konnte hier atque nicht anwenden, weil
atque weder eine relative bedeutung hat noch auch die modalilSt eines
pradicats naher bestimmen kann.
Auszer den beiden oben angeführten beispielen mit par und pariier^
in welchen atque steht, finden sich bei Plautus noch zwei andere, in
welchen nach par und pariter die relative partikel ut gesetzt ist aus
4lemselben gründe, aus welchem nach aliter nicht atque sondern quam
steht: Bacch. 1108 igitür pari fortuna aetate ut sumus utimur. ohne
zweifei bitte hier Plaulus sagen können pari fortuna alque aetate uti-
mur \ sobald er aber ein zweites prädicat eintreten Iflszt und dieses mit
dem erstem vergleicht, kann er nicht mehr atque gebrauchen. Amph,
1019 pariter hoc fit atque ut alia facta sunt: feriam fores. dasz hier
ut allein die vergleichungspartikel ist, nicht alque uty oder noch weniger
atque allein und ut nur ^abundanter' hinzugefügt sei , leuchtet nach obi-
gem ein. atque kann nur die beiden salzteile pariter hoc fit und ut alia
facta sunt mit einander verbinden, was soll aber hier atque 1 'dies ge-
schieht auf gleiche weise und wie anderes gescliehen ist.' stände ut
allein , es würde doch wahrlich niemand ein atque vermissen, da nun
Plautus die Umgangssprache nachahmt, die ja oft den mund etwas voll
zu nehmen pflegt — man vergleiche Verbindungen wie trin. 931 nimium
mirimodis mirabües. Men. 119 aeque ambo pares und dgl. — so bin
ich fest überzeugt dasz Plautus hier nicht atque sondern aeque geschrie-
ben hat, so dasz aeque zur Wiederholung und zugleich Verstärkung aes
vorausgehenden pariter dient: vgl. Pseud. 678 f. proinde . . ita prae-
cellet. Cure. 690 ita . . itidem ut. Pseud. 382 simulier itidem ut. sind
doch auch in unserer Umgangssprache Verbindungen wie *ganz ebenso
wie' oder ^gerade ebenso wie' durchaus nicht ungewöhnlich.
844 C. Fährmann: die vergleicbaagssltze bei PUutus.
Nach idem seUl Plaulus gewoboHch das pron. relaL quu our xwci
beispiele fioden sich, wo nach der adverbialen besUmmaog eodempael»
(= itidem) die relative parükel ut steht: eapt, 778 f. nunc eerta res
estj eädem paeio ut comici servi solent Canieimm in eoüumpäOkm.
merc, 262 f. tum Ua amo ut sani soknt Hominis^ sed eodempocio
ut insani soieni (vgl. damit trin, 710 und Poen, IV 2, 72 L}. imd ein-
mal nach dem iocalen adverbium e^dem das demselben entspredMnde
relativadverbium unde: asin. 139 egc pol te redigam eodem unde orto'f :
Verbindungen die nicht nur dem Plautinischeo , sondern flbenbaupt den
lateinischen spracbgebrauche ilnrchaus entspredien.
Kehren wir nun lu dea beiden negativen comparativaüKen, vea
denen wir ausgegangen xurAok: C<u. V 1^ 6 L lautet in ^lA bss. und
ausgaben:
MC faUadam dstutidrem uüus feät
paita atque ut kaic est fabri faeia a wMs.
hebt hier die negation den comparativen begriff wirklich auf? ich glaal«
nicht. Plautus will doch sagen : *kein dichter hat eine soblauere list ge-
sponnen als diese.' die negation gehört also zu vXlus poeta feeit. da oun
atque bei Plautus nicht comparativpartikel sein kann, so fragt es sich
nur: gibt atque als copulalivpartikel hier einen passenden sinn! *und kein
diditer hat eine schlauere list gesponnen und wie diese ktlnstlich f<m uns
gesponnen ist.' ist hier nicht atque vollkommen OberflQssig , ja fär den
gedanken.gang sogar störend? Plautus hat ohne alten zwelfel nidbt atque
sondern aeque geschrieben , welches wir nocli dreimal bei ihm ebenfalls
in negativen Sätzen beim comparatlv finden'): capt. 700 nee gvis-
quamst mi (atter} aeque melius quoi velim (so Brix). ebd. 828 qm hO"
mine ^hominutn} adaeque nemo vivit fortunatior, merc, 335 homo mi
miseriör nullus ist aeque ^ opinor, die Verbindung von aeque ut kann
ebenso wenig wie die von pariter ut und itidem ut einen anstosz geben;
auszerdem sind uns auch noch zwei stellen bei Plautus erhalten, wo auf
aeque ein ut folgt: eist. 1 1, 57 neque münda adaeque es %d soles.
asin, 838 putem Sgo? quem videam aeque esse maestum^ ut quasi dies
si dicta Sit, an der zweiten stelle hat Fleckeisen tct weggelassen.^ ich
musz offen bekennen dasz mir die Verbindung von ut quasi bei Plautus an
dieser steile nicht den mindesten anstusz erregt: man vergleiche in un-
serer Umgangssprache *wie wenn ihm gleichsam' nsw. die Verbindung
von ut si in der hedeutung *wie wenn' oder *als ^enn' kennt aber die
Plautiniscbe spräche nicht , ebenso wenig wie ein atque si oder ac si,
sehe icli recht, so gehört ut zu aeque und quasi zu dem vorschwebenden
begriff maestum.
Der zweite negative comparativsatz lautet in den hss. und ausgaben
merc. 896 f. omnia Cönmostrabo, amicior mihi nullus vivit atque i$
1} hiermit erledigt sieh auch die meinang Lindenuiniis sn glor. 11 4, 4S
und Holtses in seiner syntaxis 11 s. 336 , dasz ut an diesen stellen 'abuo-
danter adiectnm esse'.
*} [nach dem Vorschlag von Lindemaan zu Jmg^. T 1, 26. A.F.]
G. Fährmann: die vergleich ungssfitze bei Piaulos. 845
est Qui ülam habet, hier liesze sich aique schon eher als copnlativpar-
tikd auffassen: *ich wiil dir alles zeigen, ich habe keiaeii gröszeren
freund und er ist es welcher jene liat' usw. aber auch hier ist ütque dem
f edankengange mehr hemtiend als förderlich : denn es erwartet doch ge-
wis ein jeder nach den werten atmcior mihi nuilus fnvit ein 'als' oder
'wie der ist welcher jene hat.' sicherlich hat wol auch Plastus so ge-
schrieben, nemlich aeque ut esi^ Qui iüam habet, das fehlen des pron.
der dritten person in aeque ut est bei unmittelbar darauf felgendeoi rela-
tivsatze ist auch bei Plautns durchaus nichts singulares : vgl. Poen. III 5,
19 itä mihi renuntiatumst quibus eredo satis. truc. I 2, 104 pr^pe e&t
profecta quo aum, IV 3, 38 piue potest qui plus valeU V 62 mM efT
quod tu das; und oft genug est qui usw.
Prüfen wir nun noch einige andere sStze, in welchen atque ab comi-
paratiTpartilLel aufgefaszt wird. Jmph. 443 lautet in den hss. und ans-
gaben: . . . tarn censimHitt atque ego, dasz atque nicht von consimiMs
4ibhängl, wie Holtze a. o. II s. 336 meint, leuchtet von seihst ein. wSre
atque richtig, so könnte ee nur die dem demonstrativum twn entspre-
-chende relatifvpartikel sein, denn als copulativpariikel läszt es sich wol
nicht gtft hier auffassen, wo hat aber atque bei Plantus je eine relative
bedeutung? die Verbindung von tarn . . atque wSre ein nnicum der Plau-
tinischen spräche, sicherlich ist aber unser dichter auch an dieser stelle
von seinem sprachgebrauche nicht abgewichen; und dieser ist der dasz
bei ihm auf ein tarn stets nur ein quam [quasi) folgt, ebenso wie auf
itidem stets ein ut oder quasi, ohne zweifcl verdanken wir dieses atque
einem spAtern corrector, der in seinem Plautustexte las : tarn consvmUst
quam ego , wo also das su, vielleicht in folge des zum ntchsten verse
gehörenden sura^ bereits ausgefallen war, und der nun, um das raelrum
wieder herzustellen, unbekümmert um den Plautinischen Sprachgebrauch
^as quam^ welches allein richtig ist, hi atque verwandelte.
An noch einer andern stelle wird atque als vergleichungspartikel
von similis abhängig aufgefaszt: glor, 400 f. ut ad id exempiwn aom-
fiium consimile somniatnt Atque üt tu suspieattts es ^tey eam vidisae
ausculantem.^ ist atque hier durchaus festzuhalten, so kann man es
sich so erklären, dasz der mit atque angeknüpfte setz ein zweites, spe-
cielleres moment anführt: *und dazu wie du vermutet hast.' denn dasz
Scelednis die Philocomaslum auseulantem cum altera gesehen halle v.
288, i«t ihm ja die haupisaohe, und Philocomaslum hebt dies soch selbst
V. 390 bei der erzahlung ihres ingierten traumes ganz besonders wieder
hervor, in diesen auaculari Hegt non aber nicht blosz eine ähnlicbkeit,
sondern vidmehr eine gleichheit des traumes der PMoeovnsium und
2) für consünüe haben die hss. quiu simüe oder quoii simüe. dasz
quam timUe^ wie bereits Camerarius geschrieben, dem Plantinischen
sprachgebraueh oioht widerspricht, zeigen beispiele wie oWn. 681 ut
Hdeimuiabat Sataream med esse quam facete. Stich. 670 gräphiettm mortalem
Antip/ionem: ut apolooum fecU quam fahre, in dem letateren beispiele
haben Ritschi und Fleckeisen, wie mir scheint mit unrecht, das quam
-der hss. getilgt.
846 C. Fuhrmaiin: die vergleicbiugssäUe bei Plautus.
dessen was Scelednis gesehen, und ich glaube dasz Plautos diese gleich-
heit hier auch ausgesprochen und aeque^ nicht aique geschrieben hat
Ein solches aeque steckt jedenfalls auch in dem atque welches nn»
die hss. und ausgaben bieten Cos, IV 4, 21 nebtda haud est moOis
atque huius est: der vers scheint wie der darauf folgende ein iambischer
senar zu sein und llszt sich bis auf den letzten fusz auch mit ziemlicher
Sicherheit wtederhersteilen : nebula haud est mcXHs aeque ut huius est
w - oder auch huiust - ^ ^ oder huius sunt ^ -.
Amph, 274 lautet in den hss. und ausgaben : n^que se luna quo-
quam mutat atque uti exortast semeL Holtze a. o. U s. 336 sagt ^mu-
tare ponitur pro aUud esse,* dasz aber hier mutare nicht für oMud esse
stehen kann , zeigt schon das localadverbium quoquam , welches bereits
Im vorhergehenden verse bei einem Yerbum der bewegung steht ich
sehe auch nicht ein wie der sklav Sosia hier von einer Wahrnehmung
der Veränderung des mondes selbst in einer nacht reden kann, mutare
ist doch ohne zweifei contrahiert aus movitare; seine spStere bedeutuog
Iftszt sich wenigstens sehr gut daraus erklären, ebenso wie die von mu-
ftifim, wofür nach Varro de LI. \ $ 119 die Siculer fioiTOV sagten, es
steht dann mutare hier in seiner ursprünglichen bedeutnng : *der mood
bewegt sich nicht von der stelle.' was soll aber dann atque uti exortast
semel bedeuten: ^und wie er einmal aufgegangen ist'? ich glaube nicht
dasz sich Plautus solclie aposiopesen gegen seine zuhörer erlaubt hal,
oder ihnen zugemutet aus v. 276 üa stathn stant Signa hier schon im
voraus sich ein stat zu ergänzen. Pylades hat hier jedenfalls schon das
richtige gesehen , der für atque geschrieben statque , und jeder der die
Worte des Sosia v. 271 — 276 unbefangen betrachtet, wird ihm hieria
beipflichten müssen.
glor. 1130 f. lauten in den hss.: numquid videtur demutare aui
utique Dixi esse vobis dudum hunc moechum miHtemf dasz in aut eine
corruptel stecke, haben mit recht alle hgg. angenommen. Plus schrieb
atque prout^ Camerarius atque uti ego^ Guyet atque ante ego^ Botbe
atque ut quidem^ dem auch Ritschi und Pleckeisen gefolgt sind, alle
stimmen darin überein, dasz in dem aut der hss. ein atque stecke, was
sie dann wie es scheint als vergleich ungsparlikel auffassen, dasz aber
Plautus ein solches atque nicht kennt, haben wir oben gesehen. Lach-
mann zu Lucr. IV 638 s. 250 hat hier wol richtiger gesehen , der nach
v. 1291 unseres Stückes oratio alio mihi demutandast mea in dem hsl>
aut ein alio vermutete, dasz er aber nach alio hier atque setzte, wo
nach Plautinischem sprachgebrauche durchaus nur quam richtig wäre,
kann ich nicht billigen, ich glaube, wir kommen der hsl. fiberlieferong
am nächsten und genfigen auch dem Plautinischen sprachgebrauche, wenn
wir schreiben :
numquid videtur demutare alio? Oi quidem
dixi isse vobis düdum hunc moechum miUtem,
Noch in einem andern verse glor. 764 haud centensumam Partetn
dixi atque otium rei si sit^ possum expromere wird atque als vergiei-
chungspartikel genommen, vergleicht man damit cap/. 421 Lpolisticfne
C. Fuhrmano: die verglcichungssälze bei Plaulus. 847
haud centensumam Pdrtem laudai^ quam ipse raeriiust ui laudetur
laudibus^ so kdunle man allerdings meinen atque stehe hier vollkommen
gleichbedeutend mit quam, erhalten wir denn aber keinen guten sinn,
wenn wir hier atque In seiner ursprünglichen bedeutung nehmen?
Endlich findet sich auch ein beispiel, wo aique nach einem positiv
die vergleichungspartikel sein soll. Bacch. 549 sicut est hie quem esse
amiicum raius sum aique ipsus sum mihi. w*elches der sinn dieser worte
sein soll, ist klar. Hnesilochus will sagen, er habe den Pistoclerus ebenso
geliebt wie sich selbst, liegt dies denn aber klar in den überlieferten
Worten? der gedanke scheint mir viel zu matt und unvollständig ausge-
drückt zu sein, als dasz er in dieser fassung von Plautus herrühren kann,
ich möchte deshalb vorschlagen den vers so zu schreiben : sie ui est hie
quem 6sse amicum rdtus sum aeque ut ipsus süm mihi,^) war einmal
das ut ausgefallen , so war von einem spätem corrector das aeque leicht
in aique verändert.
Hiermit möchte ich noch zwei andere fragen verbinden*
Wie kommt es dasz Plautus bei der groszen anzahl von comparatlv-
sätzen so selten die parlikel quam ausgelassen und den ablativ ge-
setzt hat?
Dasz Plautus in Sätzen wie most, 607 f. neque ego taeiriorem he-
luam Vidisse me umquam quemquam quam ie censeo. glor, 128 neque
p^ius quemquam odisse quam isium miiiiem, ebd. 803 f. nön potuil repe-
rire^ si ipsi Soli quaerundas dares^ Lepidiores duas ad hanc rem quam
egomei und ähnlichen den ablativ nicht anwendete, ist klar, seine zuhörer
— und für diese hat ja unser dichter ausschlleszlich seine stücke verfaszt
— würden nicht sogleich erkannt haben, was subject und was object sei ;
hier muste er also der leichtern Verständlichkeit wegen die partikel quam
gebrauchen, was bewog ihn aber nur in ganz bestimmten comparativsälzen
den sog. comparativablativ zu gebrauchen? ist nur die leichtere Verständ-
lichkeit die Ursache oder liegt dem noch etwas anderes zum gründe?
Ich will hier sämtliche cumparativsätze , in welchen sich mit aus*
lassung von quam der ablativ findet, anführen, die ich der leichteren
Übersicht wegen in folgende classen einteile; womit ich jedoch nicht be-
haupten will dasz diese einleilung die richtige sei, aus der sich möglicher-
weise noch ein tieferer grund als der der leichtern Verständlichkeit für
seine zuhÖrer auffinden lasse, der den dichter bewogen nur in diesen
Sätzen den ablativ zu gebrauchen.
3) da sie stets auf das vorhergehende, ut aber auf das folgende hin-
weist, Bo müssen, scheint mir, bei Plantus beide partikeln auch getrennt
geschrieben werden, auch das metmm, glaube ich, zwingt uns zu die-
ser getrennten Schreibung, most. 881 «fc ui ego adveniu patris nunc quaero^
quid fadam ndser. ebd. 416 Hc üt ego efficiamy quae facta Me turboüimus. glor,
518 sie üt eiiam nunc neecio quid viderim. Poen. Hl \, Z sie ut ego hos
duco advocaios, glor, 727 sie uti merd pretium staiuit. in dem letzten
beispiele könnte sicuH bei Plautus doch nur ein creticus sein.
848 C. Fahrmano: die Tergleichgngsiilte bei Plaatos.
Eb sind dies:
a) solche sätxe in welcheo eio pnmomen personale, reUUmm oder
demoMtraÜTQfli entweder allelo oder mit dnem nomen YorbunJe« ia ab-
lativ steht: Amph. 153 ^ me olUr est mudador 4wmo otcl fm eonfi-
denihrf 1046 qui me Thebis alter vivk mieerior? 1060 nee mS mise-
rhr feminast negue uUa videaiur magis. aeim, IIB non ee$e servos
peier hoc quiifuam poUst. 543 intro M: nam ie qmiem eäepei mkä
est inpudentms, 557 faettStmst: qui mest nr fo/rUor ad sufferendas
piagas? aul, II 2 , 29 näque illo quisquamst alter hodie ex pauperiate
pareior. ll( 2, 5 homo nüBust te seelesHor qui vioai hodie. V 2 L
quddrüibrem aulam (^haney auri otmstam habeo : quis mesi ditior T Qms
me Athenis nunc magis quisquamst homo^ quoi di sini propitüT^ eapl,
540 quis homost me haminum miseriorf Cas.Ul 1, 11 meminero. T hem^
nunc enim te demum nuUum seitum sciUuet. V 1, 10 L opiümse ore
nunc pervelim progrediri Senem^ quo senex nequür nuUus vivit.
Bacch. 87 f. quia isloc inlecebrosius Fieri nä patest^ nox, muüer^
vinum homini adulescentulo. 1180 vidi igo nequam hommes^ verum
te neminem deteriorem, most. 150 ff. quo neque indüstrior de iuven^
titie erat [Arte gxfmnattica] Disco ^ hastis^ pila^ oursu^ armiSj equoj
0 0 ^ ^ 1^ ^ victUalfdi vohtp.*) 1072 alter hae Athenis neaso
doctior dici potest, 909 nön equidem ullam in publice esse nudorem
hoc existumo. Men. 620 nihU hoc confidenOust. glor. 313 SeHedre^
Sceledre^ quis homo in terris alter leei audadorJ 1024 mdhtmst hoc
stoUdius saxum. merc, 335 homo mi mieeriör nuüus äst aeque opsnor.
700 mis^rior mulier me nee fietnec fuU. Pseud. 336 f. sie: qma^ Si
ego emortuos sim^ Athenis te sil nemo nequior. 541 f. quis me anda-
cior Sit^ si istuc faeinus audeamf Poen. V 2, 31 ntdlus mest hoOe
Poenus Poenior. Pers. 564 f. sihanc emeris^ Di inmortaleSy nuOus leno
4) auL V 2 lautet in den hsa. nnd ausgaben : guaäriUbrem atdom auro
onustam habeo: quis mest dittor? dass das metrmm hier nicht ia Ordnung
sei, ist klar, bei Wagner in seiner ausgäbe lantai dieser Ters: gumdri-
Hbrem mUam onmstam auro habeo: quis mest ditior ««t. er hat nach IV 2, 4
and 10 unseres Stuckes die Wörter auro onustam umgestellt und nimt
nach quis mest ditior eine lücke an. beides scheint mir nicht nötig su
sein, das metrum wird hergestellt, wenn wir das proa. hone einsetaen,
welches nach aulam von einem abscbr eiber leicht übersehen werden konnte
(ygl. ▼. 8 quin ego iUi me irmemsse dieo hanc praedam). statt des abl.
auro habe ich aber den gen. auri gesetzt, weil an beiaen oben citierten
stellen unseres Stückes fv 2, 4 und 10 der gen. auri bei onustus steht
und der dichter an zwei anderen stellen IV 8, 9 und V 13 deotlioh
zeigt, dasz ihm hier onustus und plenus, welches er nur mit dem genetiv
verbindet, Tollständig gleichbedeutend sind, wie leicht konnte nicht
auch der gen. otirt vor dem folgenden onustam in den abl. oaro ver-
schrieben werden! 6) wir vermissen in diesem sataa nicht nur das
zweite neque {nee)^ sondern auch das pron. qutsquam oder uilus mit einem
Substantiv, ohne sweifel ist nicht nur die eine hülfte von v. 158, wo
vielleicht das zweite necue (nee) stand, sondern auszerdom anoh noch
ein ganzer vers ausgefallen, in welchem das fehlende qmsquem oder
uUus mit einem substaaitiv stand, welches der sinn des saises sein soll,
kann nicht zweifelhaft sein, und das fehlende ist leicht zu eiigaaiseiu
C. Fuhrmann: die vergieichungssätze bei Plaulus. 849
ie alter erii opulentior. rud. 279 neque hoc quod vidSs ampliüs nobis
quicquamsi. 281 misericordiör nulla mist femindrum. 359 ne te dlea-
tor nuUus est sapientior. 520 eheü^ quis vivit me mortalis miserior?
1281 quis mest mortalis miserior qui vivat alter hodie? Stich» 367 f.
conspieatus sum interim Cercurum , quo ego me maiorem non vidisse=
censeo. trin. 692 quis me inprobior perhibeatur esse? 929 qui homost
me insipientior y qui ipse^ egomet ubi sim^ quaeritem? ebenso nach
aeque: Amph, 239 nMust hoc meticulosus aeque. Cure, 141 Pdlinure^
in terra qui me erit aeque fortunatus? Cas. III 5, 45 neque dst neque
fuit me senäx quisquam amdtor Adaeque miser, most, 39 ff. quo nSmo
adaeque iuventute ex omni Attica Antehdc est -habitus parcus nee
magis conlinens^ Is nunc in aliam partem palmam possidet. und ein*
mal aucli nach alter: asin. 492 f. neque me alter est Athenis hodie
quisquam^ Quoi credi rede aeque putent,
Amph. 279 ndque ego hac nocte longiorem me vidisse censeo.
446 nihü hoc similist similius, 818 quid illac inpudenti audaciust?
nsin. 704 ne te equo magis est equos nuUus sapiens, auL I 1 , 21 f.
scelistiorem me hac anu certe scio Vidisse numquam, III 6, 25 f. quo
quidem agno sat scio Magis cüriosam nusquam esse uUam beluam.
capL 644 certon? IT quin nihil^ inquam^ invenies magis hoc certo certius.
828 qui honUne (Jiominwny adaeque nemo vivit fortunatior, Cas. II 3, 28
quid tu sds ? ^ te sene senum omnium neminem esse ignaviorem. most,
256 vdh^ quid illa pole peius quicquam mülieri memorarier? 279 tit
perdocte cuncta caüet: nihü hac docta doctiust Men. 630 nihil hoc
homine audaciust» merc. 100 f. discübitum noctu ut imus , ecce ad me
advenit Muli^r^ qua mutiere alia nuUast pulcrior, Pseud, 938 neque
ego hoc homine quemquam vidi magis malum, Poen, II, 29 f. sed
lenone istoc Lyco , Illius domino , non lutumst lutulentius. Pers. 202
nüllus puero hoc peior esse hodie perhibetur, alle diese salze haben
etwas gemeinsames : sie sind negativ.
b) solche sitze in welchen der verglichene gegenständ und der mit
welchem er verglichen wird entweder durch dasselbe oder durch ein
gleichbedeutendes nomen bezeichnet wird. Amph, 906 f. cum ea tu
sermonem nee ioco nee serio Tibi hdbeas^ nisi sis stultior stultissumo,
asin. 614 o m^lle dulci dulcior tu's, 111 an quid oUm hominist Salute
melius? auL II 1, 19 alia alia peior ^ f rater ^ est. III 5, 20 f. ego fdxim
muli^ pretio qui superant equos ^ Sint viliores Gdllicis cantheriis, IV 1,
13 f. erile inperium ediscat^ ut quod frons velit^ oculi sciant^ Quöd
iubeat citis quadrigis citius properet persequi, capt. 150 tibi ille t/fit»
cust^ mi etiam unico magis unicus, Cure, 551 stultior stulto fuisti^
qui his tabellis crederes, eist, III 13 o salute mea Salus salubrior!
Epid, III 3, 44 niAf? h^mini amicost opportune amicius, III 4, 88 mal-
leum sapientiorem manubrio. Bacch, 123 t, stultior es barbaro Po'
Udo. 394 ndm pol meo quidem animo ingraio homine nihil inpensiust.
887 ff. si tibist machaera^ at nobis veruinast domi: Qua quidem te
fadam , si tu me inritaveris , Confössiorem soricina nenia, glor, 307
quid peiust mutiere aut audadus? Poen, I 2, 18 pöl id quidem haud
Jahrbacher fOr dass. philo!. 1S68 hfu 12. 55
850 C. Fuhrmann : die vergleich ungssäUe bei Piantos.
meniire: nam iu*$ lapide süice slültior, 1 2, 93 pülcrum omaium tur-
pes mores peius caeno conlinunl. 111 1 , 1 iardo amico nihil est quiC"
quam iniquius. 11! 6, 17 levior plumast graiia, V 4, 66 ita Ihdnc
canem faciam tibi oleo tranquiUiorem, rud. 675 morinsi par nee me--
liust mörte in miseriis. irin. 1154 tunica propior paüiosl. iruc. II
4, 20 heia^ hoc est meüe dulci dulcius. es sind dies^ wie mir scheint,
allgemein bekannte Sentenzen und besonders im mande des volkes lebende
redensarten. zu den letzteren gehören wol besonders asin. 717. Epid.
III 3, 43. Bacch, 394. glor. 307. Poen. III 1, 1. rud. 675, weiche,
wie die unter a angeführten betspiele, ebenfalls negativ sind.
c) ausier diesen finden sich bei Plautus nur noch wenige compara-
tivsälze, in welchen quam ausgelassen ist und der ablaüv steht: Cure.
14 plus iam anno scio, Bacch. 818 f. hunc si üllus deus amaret^ plus
4innis decem , Plus idm viginti mortuom esse oportuit. Men. 446 plus
triginta natus annis ego sum. in diesen Sätzen ist aber der abiativ keines*
wegs vom comparaliv abhSngig : denn aus beispielen wie Men. 205 quät-
tuor minis ego istanc emi anno uxori meae. Amph. 91 f. etiam his-
iriones anno quom in proscaenio hie Jovem invocarunt^ venit erhellt dasz
im älteren latein der abiativ gebraucht wurde nicht nur zur bezeicfanuog
des zeitpunctes in welchen eine handlung fsllt, sondern .auch zur bezeich*
nung des Zeitabschnittes vor welchem eine handlung eingetreten ist. auch
hat Plautus nach den comparativen plus und minus, sobald eine bestimmte
zahlangabe folgt, stets die partikel quam ausgelassen, ohne den casus zu
Terlndern: ygl Epid. III 4, 62. Men. 446. 894. glor. 1064. Stich. 160.
irin. 402. truc. V 21. hierher möchte ich auch die redensart p/t/5 satis
rechnen Poen. I 2, 17. 75.
Ferner gehören hierher sitze wie Amph. 545 prius ^enim^ tua
cpinione hie adero, auL Hl 6, 7 f. neque pöl, Megadore^ mihi nee
quoiquam pauperi Opinione meUus res struciast domi. Cas, U 5, 30
opinione melius res tibi habent tuae. glor, 1238 istüc curavi ut opinione
illius pulcrior sis. auch in diesen beispielen hängt der abiativ opinione
nicht vom comparatlv ab, sondern ist der sog. ablativus limitationis, der
sich auch sonst bei Plautus oft genug findet , z. b. mea , tua sententia :
meo, tuo, suo arbilrio; meo animo usw. im comparativsatze 6ndet sich
jedoch nur opinione als ablativus limitationis.
Endlich findet sicli auch ein beispiel , wo im comparativsatze beim
sog. ablativus temporis die partiliel quam weggelassen ist: mosi. 690
melius anno höc mihi nön fuit domi.
Erkennen wir nun an dasz Plautus nur in negativen comparativsätzen
ein pronomen entweder allein oder mit einem nomen verbunden in den
sog. comparationsablativ gesetzt hat — und die unter a angeführten
beispiele scheinen uns doch wol dazu zu zwingen — so kann der abl.
hoc in glor, 21 peiuriorem hoc hominem si quis viderit nicht von
Plautus geschrieben sein, die hss. haben fOr hoc entweder huc oder hae
oder lassen es ganz weg , ein beweis dasz die Überlieferung getrübt ist.
'Menfalls ist Bergks Vorschlag homonem zu lesen (philol. XVII s. 56) an*
C. Fuhrmann : die vergleichungssfltze Lei Plaulus. 851
zunehmen und die stelle so zu schreiben : peiüriorem homonem si quis
viderit Aul glöriarum pleniarem quam illic est, Me sibi kabeio usw.
Epid. 1 1, 24 lautel in den hss. und ausgaben: quem dkes dignio-
rem esse hominem hodie Athenis alterum, dasz hier das melrum nicht
in Ordnung ist , ist klar. Pareus hat zwischen quem und dices ein me
eingeschoben, dasz in dieser negativen frage das pronomen im ablaliv
stehen kann , zeigen uns die oben angeführten beispiele. um aber dann
einen irochäischen septenar zu erhalten, müssen wir esse streichen, was
hier allerdings auch fehlen kann, da aber die unmittelbar vorhergeheuden
und darauf folgenden verse iambische seplenare sind, so ist zunächst kein
grund vorhanden diesen vers in einen trochäiscben septenar umzuge-
stalten, viel leichter oder doch wenigstens ebenso leicht als nach quem
kann nach digniorem das me ausgefallen sein; der vers würde dann
lauten: quem dices digniorem me esse hominem ködie Athenis alterum f
wollen wir me nicht aufnehmen, also die frage allgemein fassen, so müs-
sen wir, um einen richtigen iambischen septenar zu erhalten, für hodie
schreiben hocedie, ganz abgesehen aber vom context, scheint mir nach
Plautinischem Sprachgebrauch ein me hier durchaus erforderlich zu sein.
Ein drittes beispiel, welches dem gebrauche i\es comparativablativs
bei Plautus widerspricht, findet sich Amph» 548. nachdem Jupiter sich
von Alcumena verabschiedet hat, gebietet er der nacht, die bisher will-
fährig auf ihn gewartet, dem tage zu weichen mit folgenden worten
(546 f.): nunc te, nox^ quae me mansisti^ mittOy ut concedas die, ^t
mortalis inlucescas luce clara et Candida, auf diese worte folgen nun
in den hss. und ausgaben noch folgende drei verse, in welchen sich der
erwähnte verstosz .gegen den Plautiniscben gebrauch findet: dtque
quanto, nox, fuisti longior ^hac proxuma, Tdnto brevior dies ut fiat
faciam , ut aeque disparet Ei dies e nocte accedai, ibo et Mercurium
subsequar. bis zu den worten ut fiat faciam sieht man, was der dichter
dieser verse hat sagen wollen, die folgenden worte aber ut aeque dis-
paret et dies e nocte accedat sind völlig unverständlich oder , wenn ver-
ständlich, ganz überflüssig, was soll hier cftsparare bedeuten? soll es
für disparascere stehen? dann hätten wir ja nur eine Wiederholung des
eben erst gesagten tanto brevior dies ut fiat, was soll femer die redens-
art heiszen et dies e nocte accedatt etwa 'der tag soll anbrechen'? dies
ist ja viel schdner und deutlicher v. 546 f. gesagt, auch klingt mir diese
redensart unlateinisch. Fleckeisen hat sich bemüht in diese höchst un-
klaren worte klarheit hineinzubringen, er schreibt die beiden letzten
verse folgendermaszen : tdnto brevior dies ut fiat, faciam, dispar ut dies
Aeque noctem accedat. ibo et Mercurium supsequar» jedenfalls will
Fleckeisen aeque mit dispar verbunden wissen, die Stellung aber, in der
wir aeque bei ihm finden, nötigt uns es auf accedere zu beziehen; was
aber dann aeque hier soll, begreife ich nicht, auch möchte ich bezwei-
feln dasz die redensart dies noctem accedit lateinisch sei; man weisz
nicht recht, soll man dies von dem anbrechenden oder von dem zu ende
gehenden tage verstehen, ich bin aber überzeugt dasz der dichter dieser
drei verse, die ich, auch abgesehen von dem onplautinischen comparaliv-
55*
852 C. Fuhrmann : die vergleicliungssälze bei Plautus.
ablaliv, entschieden für ein späteres machwerk halle, selbst Iceine klare
Vorstellung von diesen Worten gehabt hat, und wir wollen uns auch weiter
nicht bemühen durch irgend welche änd^ung einen sinn hineinzabringeo.
wir streichen diese drei verse und lassen diese scene schlieszen ^nill den
Worten nunc te, nox^ quae me mansisti^ mitio^ ui concedas die, Vt mor»
iaiis inlucescas luce clara et Candida, einen schöneren schlusz kann
ich mir wahrlich nicht denken und wird auch niemand hierauf noch irgend
etwas vermissen, am wenigsten aber eine so triviale erlSuterung, wie
uns die folgenden verse mdgl icherweise haben geben sollen.
n
Hat Plaulus die partikeln proin und proinde ohne unterschied ge-
braucht? nach den hss. und ausgaben sollte man dies fast meinen, wir
wollen untersuchen , in welchen slltzen sich proin und in welchen pro-
inde sich findet.
a) proin.
jmph, 311 proin tu isiam cenam largire, si sapis^ esurieniibus,
capt. 63 proin si quis pugnam expectat, Utes contrahat. 651 proin
tu ab isioc procul recedas. 855 proin tu tui cotidiani vieti ventrem
ad me adferas, Cas. 1 1, 25 mea praedast Uta, proin tu te in laqueum
induas. Epid. III 4, 19 proin tu dlium quaeras, quoi centones far-
das. Bacch. 739 f. nunc, pater mi, proin tu ah eo ut caveca tibi, Suco-
phantias componit. 1061 non iquidem accipiam: proin tu quaeras qui
ferat, Men, 327 proin tu ne quo abeas longius ab aedibus. 782 proin
tu me hinc ahducas. glor. 780 f. proin, Palaestrio, Quam potis tarn
verba confer maxume ad conpendrum. Pseud. 1197 f. proin tu Pseu-
dolo Nünties abduxisse alium praedam. rud. 1331 proin tu vel aias
vel neges. Stich. 670 proin tu lavare propera. trin. 977 proin tu te
ilidem ut charmidatu's, rursum (iey decharmida,
b) proinde.
Amph,ß3 faddm sit, proinde ut dixi, tragieomoedia. 516 f. m/m-
quam edepol quemquam mortalem credo ego uxorem suam Sie ecflictim
amare, proinde ut hie te ecfHctim deperit. 583 f. dt ego faciam, nequam,
hocedie, proinde ut meriiu's ut minus Vdteas et misere sis sahos . . .
973 rScte loquere et proinde diligentem ut uxorem decet. 982 fac sis
proinde adeo ut veüe med inlellegis. capt. 307 f. it quidem si proinde ut
ipse fui imperator familiae Hdbeam dominum, non verear ne . . .
314 is, uti tu me hie habueris, proinde Hlum Uli curaverit. 931 ff. fecisti
ut tibi, Philocrates, numquam referre gratiam possim satis, Proinde
ut tu promeritu's de me et filio. Cas. I 1 , 7 f. possisne necne dam
me sutelis tuis Praeripere Casinam uxorem, proinde ut postulas. U
1, 11 fddam uti, proinde ut est dignus, vitdm colat, most, 96 ff.
atque höc vosmei ipsi, sdö, proinde uti nunc Ego isse autumö, quando
dicta audietis Mea aut dliter id dicetis. Men. 953 proinde ut insanire
Video, quattuor, nihilo minus. Pseud. 679 f. prdnde ut quisque for-
tuna utitur , 'Ita praecellet alque exinde sapere eum omnes didmus.
Stich. 284 proinde üt decet virum amat suum et cupide expetit. 759
C. Fuhrmann: die vergleichungssaitze bei Phutus. 853
si hoc eduxeris^ proinde ut consuetu^s antehac^ celeriier, Irin. 65 ede-
pol proinde ut diu vivilur, bene vivitur. 659 et tibi nunc proinde ut
mereris habeo summam gratiam, ^11 f« dt^^ si eris nancius, proinde
ut corde amantes sunt caii^ Ne scintillam quidem reUngues. Poen, IV
2 , 23 proinde habet hie orationem, quasi ipse sit frugi bonae. Stich,
99 f. quom tarnen absentes viros Proinde habetis^ quasi praesentes sint,
truc. II 3, 3 f. M' proinde amentur mulieres diu quam iavant, Omnes
amantes balneatores sient.
Man sieht auf den ersten bliclt , welchen untersciiied Plautus im ge-
brauch dieser parlilieln macht: proin braucht er als aufTorderungspar-
tikel bei ermunter ungen und ermahnungen in Verbindung mit dem con-
junctiv oder imperativ; wobei er stets das erforderJiche pronomen der
zweiten und auch der dritten person hinzufügt, nur glor, 780 felilt das
tu und iunn fehlen, weil die person, an welche die aulforderung gerichtet
wird — nesilicb PalAstrio — sogleich genannt wird, proinde dagegen
ist bei Plautus das demonstrative adverbium similitudinis, welchem das
relative ut entspriciit, zweimal auch quasi (Poen. IV 2, 23. Stich. 99)
und Einmal quam {truc, II 3 , 3) , niemals aber ein ac (oder aique) , was
Fleckeisen jahrh. 1867 s. 637 Amph. 583 wegen des gleich darauf fol-
genden ut finale festhalten möchte, wihrend er in seiner ausgäbe das
überlieferte ac richtig in ut corrigiert liatte. denn ac und atque sind,
wie oben erwähnt, niclH ßihig die JDodalit&t eines prädicals näher zu be-
zeichnen und haben bei Plautus auch ebenso wenig eine relative bedeu-
tung. die beispiele aber, wo ut als modal itfttsadverbium und in finaler
bedeutung in einem satze, ja in einem verse sich finden, sind bei Plautus
durchaus nicht uoerhört: vgi. asin, 28. auL I 1, 38. Cas. II 3, 11. Pers,
616. rud. 411 und besonders Cas. U 1, 11 fdciam uti proinde ut est
dignus vHdm colat. ')
In den folgenden beispielen nun, die alle eine aufforderung enthal-
ten, finden wir aber nicht proin y sondern proinde in den hss. uml aus-
gaben, es fragt sich , sollen wir hier proinde in proin verwandeln, oder
sollen wir annehmen dasz unser dichter zyviv proin auf die aufforderungs-
sätze beschrftnlit, proinde aber als adverbium similitudinls und auffor-
derungspartikel gebraucht habe? ich entscheide mich unbedeukücli für
das erstere, zumal sich in einigen fsllen in den hss. noch spuren des, wie
mir scheint, allein richtigen proin finden.
Ich will hier zunächst die in frage stehenden beispiele anführen.
capt, 865 proinde tu deum hunc saturitate facias tranquillum tibi.
Cure. 298 proinde se domi contineant^ vilent infortunio. Amph. 558
proinde üt commodümst et lubet^ quicque facias. asin. 27 f. proinde
dciuium istuc quid sit quod scire expetis Elöquere: ul ipse scibo^ te
6) 80 scheint mir wenigstens dieser vers gelesen werden zu müssen,
obgleich die unmittelbar vorhergebendeD verse baccheiscbe sind:
ego (Hunt fcane^ ego iltum $iti
maledictii, male f actis amätorem täciscar.
ego ilbim probe incommodi» dtctis ängam,
fdciam uti proinde ut est dignus vitäm colat.
854 C. Fuhrmano : die rergleicliungssjitze bei PUuta«.
faciam ut scias,. 644 prainde iitud facias ipsfj quod faciamus nobis
suades, capU 292 proinde aUis ut credat vide. Amph. 214 f. prainde
uH Properi de finibus suis exerciius deducerenU 960 proinde eri ut
sint^ ipse item iit: voltum e voitu comparet. capt. 794 fdcere cer-
turnst, proinde ita omnes itinera iniistani sua, Pers, 570 proinde tu
tibi iubeas coneludi aedis foribus ferreis.
Sehen wir uns diese beispiele näher an: es sind grostenteils aafTor-
derungen an eine zweite person. hat nun aber unser dichter in sätzen wie
Epid. III 4, 19. rud. 1331. Stich. 670 und ähnlichen, wo der impe-
rativ oder conjuncliv fast unmittelbar z\xi proin folgt, das pronomen tu
gesetzt — wahrscheinlich doch um seine zuhÖrer schon im voraus auf
die person, an weiche die anfforderung ergehen soll, aufmerksam zu
machen — so hat er es sicherlich auch gethan in solchen beispielen wie
asin. 27 und Amph. 558 , wo das zu proin gehörende verbum ersl im
folgenden verse steht oder doch von der aufforderungspartikel durch
mehrere Wörter getrennt Ist. wie leicht konnte auch von einem ab-
schreiber proin tu in proinde geändert werden!
In den beiden zuerst angeführten beispielen haben nun die hss. das
proin auch noch erhalten, und bereits in der dritten von Gruter besorgten
Taubmannschen ausgäbe ist der vers capt, 865 dem Plautinischen sprach*
gebrauche geroSsz geschrieben (denn B hat nur proin, nicht proinde):
proin tu deum kunce sdturitate facias tranquillüm tibi. Cure. 298 lautet
in B : proin se dornt contineant, nitent infortunia, für infortunia haben
die hgg. wol mit recht infortunio geschrieben, dasz in diesem verse das
metrum nicht in Ordnung ist, ist klar, es fragt sich, was kann hier aus-
gefallen sein? jedenfalls das pronomen der dritten person, tÜi, jene die
Curculio vorher genannt hat. ich möchte deshalb vorschlagen, den vers
so zu schreiben : proin iüi se dömi contineant^ vitent infortunio, in den
beispielen Amph. 558. asin. 27. 644. capt. 292 ist proinde ohne wei-
tere Veränderung oder Umstellung der worte einfach in proin tu zu än-
dern, wofern nemlich meine behauptung richtig ist, dasz Plautus die Par-
tikeln proin und proinde streng geschieden und ersteres nur in aufforde*
rungssätzen , letzteres als adverbium similitudinis gebraucht hat. in den
vier letzten beispielen Amph. 214. 960. capt. 794. Pers. 570 wäre dann
nur die silbe de in proinde zu streichen und Pers. 570 iubeas und con-
eludi umzustellen, so dasz der vers lauten wilrde : proin tu tibi conciudi
iubeas aidis foribus ferreis.
Bonn. Carl Fvbsmaks.
B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. B. Peiper et G. Richter. 85&
(lOJ.)
L. AkBAEI SeNEOAE TBAGOEDIAE. ACCEDVNT IKCSRTAE ORIOIKI8
TRAGOEDIAE TRES. RE0EK8TERYNT KVDOLFVS PeIPGR ET
OvsTAVVs Richter. Lipsiae in aedibus B. 6. Teubneri
MDCCCLXVII. XLVm u. 692 s. 8.
(schluBZ von 8. 781—800.)
quO'
er in
HERCULES.»)
V. 12 war gar {(ein grund vorhanden das was der Flor, von erster
hand bietet, ferro minaci^ zu verschmähen und statt dessen ferro minax
zu setzen, was im Flor, von dritter hand an den rand geschrieben ist. —
V. 15 quibusque natis mobilis tellus sieiit hätte die conjectur Spanheims '°)
zu Kallimacbos s. 477, Delus (besser Delos) für iellut^ auf welche neuer-
dings Lucian Müller (in diesen jahrb. 1864 s. 423) aufmerksam gemacht
bat, wol verdient erwähnt zu werden. — - V. 19 ff. bietet die vulgata:
sed veiera (hinter welchem wurt die hss. noch sero einschieben) queri'-
tnur: una me dira ac fera\Thebana nurü>us sparsa tellus impiis
tiens novercam fecil? welche worte mir auch nach dem was L. Mül
diesen jahrb. 1867 s. 63 zu ihrer vertheidigung gegen die von mir oh-
serv. cril. s. 7 ausgesprocheneu bedenken vorgebracht hat, nicht ganz
ohne anstosz erscheinen wollen, allein die art, wie hr. P. die vielbespro-
chene stelle behandelt, kann ich eben so wenig billigen, er schreibt: sed
veiera [sero"] querimur. una me Dirce fera [Thebana tellus viribus
sparsa inpHs"] quotiens n. ff zunächst werden durch diese Schreibung
die von mir a. o. angeregten bedenken gar nicht beseitigt, denn da Dirce
aatarlich in dem sinne von tellus Thebana stehen würde (wie Oed. 238)>
so bliebe der sinn vollständig derselbe. P. hat aber offenbar auch aus
^anz andern gründen die stelle ändern zu müssen geglaubt, er bat wol
mit Withof (praemetium crucium criticarum, Lugd. Bat. 1749, s. 31) in
der Verbindung der worte dira ac fera ^- sparsa inpHs eine lästige tau-
tologie gesehen, indessen eine solche häufung ähnlicher begriffe hat bei
Seneca nichts aufßlliges und würde hier , wo Juno in grüster gemfltser-
regung diese worte spriclit, selbst bei einem weniger schwülstigen dichter
^u ertragen sein, oder sollte P. mit demselben Withof (a. o.) gemeint
haben *poUus inverso ordine ob emphasin ac dicendi regulas fera ac dira
19) beiläufig merke ich hier an, weil es für die mit Seneca sich
1)e8ohäfttgenden siebt ohne interesse sein dürfte» dasz von dem im j.
1866 verstorbenen, durch seine arbeiten über Petronioa bekannten nord-
americanischen gelehrten dr. Carl Beck eine specialaosgabe dieser
tragodie existiert, wie ich ans einer notiz in der (Augsburger) allg.
xeitunff, anszerord. beilage vom 4n mal 1866 ersehen habe, aber we-
der habe ich dieselbe je vor angen gehabt, noch weisz ich wann nnd
wo sie erschienen ist. 20] auch Paul de Lagarde hat, ohne die
prioritftt Spanheims zu kennen, dieselbe Vermutung neuerlich vorge-
bracht in einer schrift, in welcher man sicher nicht erwartet etwas
über Seneca zu finden, nemlich in den anmerkungen zur griechischea
Übersetzung der proverbien (Leipzig 1863) s. VII.
856 B. Schmidl: anz. v. Senecae iragoediae edd. B. Peiper et G. Richler.
dicenduQi fuisse'? wie unbegröndet dieses wäre, zeigt gleidi v. 32.
naclidem aber lir. P. eilimal dira ac in JOirce geändert, muste er naiflrlich
den folgenden vers, welclier nun nicht melir am platze war, als fremdes
einschiebsei ganz ausscheiden, allein dieser vers ist nicht nur an sich
ganz tadellos, sondern auch in dem zusammenhange, in welchem er mit
dem folgenden steht, gerade sehr passend, denn es sieht doch jeder, dasz
die Worte nuribus sparsa . . inpiis das folgende quoiiens vorbereiten und
die erklflrung dazu geben: ^Theben ist besonders reich an unzuch-
tigen frauen, daher hat dieses allein schon so oft den Jupiter zur untreue
verleitet und mich zur Stiefmutter gemacht.' ich kann diese stelle nicht
verlassen, ohne noch eines hinzuzufügen, die hss. weichen in v. 20
in der Stellung der worte von einander ab: der Flor, bietet Thebana
iellus nuribus sparsa impiis^ gegen das melrum; die übrigen hss., V
nicht ausgenommen, haben richtig Thebana nuribus sparsa tellus im-
piis, obwoFnun P. sonst so sehr geneigt ist im Hercules dem V vor dem
Flor, den vorzug zu geben, hall er sich doch hier an die von dem letztem
gebotene Wortfolge , schreibt aber viribus statt des in dieser Stellung
unmöglichen nuribus. ich balle es für ein ziemlich unnützes beginnen^
in einem als unecht bezeichneten verse docli noch conjecturen vorzuneh-
men, was übrigens die hgg. mehrfach thun. so setzt hr. P. auch v. 54
eine 9nderung Wiiliofs in den text, wiewol er diesen vers zugleich mit
den vier vorhergehenden — wieder ohne triftige gründe — einklammert
sodann aber wünschte ich zu erfahren, was denn eigentlich viribus sparsa
inpiis heiszen soll, denn ich gestehe, dasz es mir nicht gelungen ist
einen irgend statthaften sinn aus dieser Vermutung herauszubringen,
auch andere conjecturen P.8 zeichnen sich durch ihre dunkelheit aus. man
Vgl. z. b. seine Vermutung in Thy. v. 3«
V. 38 heiszt es von der sonne : binos propinqua tingii Aethiopas
face, hier wird aus V und zwei andern schlechten hss. gegen die bessere
Überlieferung tangii aufgenommen, dasz dies falsch ist, zeigen die worte
propinqua . , face, — V.43, wo die vulgata lautet: quae fera iyranm
iussa violenio queani nocere iuvemf hat P. für quae aus V und einigen
andern scidechten hss. quo aufgenommen, was ofTenbar nichts ist als
corruplel. die betrachtung des Zusammenhangs zeigt ganz deutlich, dasz
quae das einzig ridilige ist. Juno klagt dasz alle ihre besirebungen Her-
cules zu verderben vereitelt worden sind, ja dem verhaszteo Stiefsohn nur
noch mehr rühm und ehre eingetragen haben, auf dem ganzen erdkreis,
sagt sie, preist man ihn als einen gott. schon gebricht es mir an Unge-
heuern , um sie ihm entgegenzustellen , und mit geringerer mühe führt
Hercules die ihm gegebenen befehle aus, als ich dieselben ersinne,
welche befehle des Eurystheus, ruft sie nun aus, könnten ihm noch
schaden bringen? keine, ist der sinn, denn selbst die schwersten hat er
ja mit leichtigkeit volibraclit. in derselben weise hat sie v. 30 gefragt:
quae belia? dagegen würde die frage: 'wodurch oder inwiefern {quo)
könnten ihm des Eurystheus befehle schaden?' gar nicht In den Zusam-
menhang passen. — V. 62 hat P. aus V aufgenommen ieira monstri colla
devicia iniuens^ während alle übrigen hss. depicii bieten, allerdings sieht
B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper el G. Richter. 857
im Flor, nach Peter das letzte t in einer rasur. aber selbst wenn die
beste ha. deutlich devicta gäbe, dürften wir darin doch nur einen Schreib-
fehler erblicken, deon dasselbe schwächt den begrifT/oe/ra ab, auf welchen
es hier besonders ankommt, wie das folgende zeigt {iimui hnperasse), —
V. 65 durfte P. nicht praeripiat aus V fOr praeripiei aufnehmen und die
Worte sceptra praeripiat pairi mit dem vorhergehenden, durch ne ein-
geleiteten nebensatze verbinden, denn hierdurch entsteht ein selbst bei
diesem dichter sehr lästiges asyndeton.*^) d^z praeripiei die allein rich-
tige lesart ist, zeigen auch die folgenden worte nee in astra lenta ve-
niet ut Bacchus via, > — V. 84 schreibt P. mit V: sed tidt otnnes, ist
denn aber der so entstehende gedanke mit dem was in den unmUtell>ar
vorhergehenden versen gesagt ist, besonders mit den worten subiimis
alias luna concipiat feras^ irgendwie vereinbar? kann Juno wirklich
sagen, Hercules habe alle, auch die neu vom moude zu schaffenden
ungeheuer und wilden thiere schon besiegt? mau mäste, wollte man das-
omnes lies V aufrecht erhalten, wenigstens sed vincei schreiben, aber
aller anstosz wird beseitigt, wenn man so liest, wie sämtliche hss. auszer
V die stelle bieten: sed vicii isia. dieses neutrale ista bezieht sich ia
seiner allgemeinheit gar nicht auf die einzelheiten der vorhergehenden
Sätze, sondern besagt nur, dasz Hercules dergleichen gefahren, wie
sie von Titanen, Gigant^ und nie zuvor gesehenen Ungetümen drohen^
bereits siegreicli bestanden habe, es drückt geringschätzung aus, wie
V. 253 quid ista prosuni? übrigens sind die worte sed vicit ista ab
nachsatz eiues v. 79 beginnenden mehrgliedrigen hypothetiscliea Vorder-
satzes zu betrachten, denn wenn sich auch der dichter in dieser ganzen
ersten scene des Hercules mehr als einmal in widrigen schwulst verliert^
so kann doch Juno, nachdem sie v. 77 gesagt: quid tanta mandas odia
(d. i. quid alOs exequenda commiiiis)^ nicht trotzdem unmittelbar darauf
wieder anderen personen die ausfübrung der räche übertragen, der
sinn der ganzen stelle ist vielmehr dieser*, ^wenn ich auch die Titanen
und die rieseu gegen ihn loslasse, wenn auch der mond für ihn neue
ungeheuer hervorbringt, ich werde dadurch doch nichts erreichen, denn
solche gegner hat er bereits besiegt' wer bei dieser — wie mir scheint^
einzig möglichen — auffassung der stelle in v. 84 etwa an sed anslosi
nimt, der schreibe devicii ista, zur construclion ist unten v. 507 zu
vergleichen. — V. 95 wird von P. getilgt, jedenfalls als Wiederholung
von V. 92k allein wenn man denselben, wie in den früheren ausgaben
geschieht, mit den folgenden worten quidquid relictum est verbindet und
hinter dieselben ein punctum setzt, so dasz dann veniat zu scelus usw.
21) aSTodetische Bneinanderreibtiiig kurzer hatiptsätze ist aller-
dings eine charakteristische elgentSmlicfakeit der diotion Senecas, ood
Lucian Müller (in diesen jahrb. 1867 s. 64) hätte gegen die von mir
obsery. crit. s. 11 vertheidigte lesart Herc. II 1203 tucem recepi^ Ditie
evici moras nicht einwenden sollen, dasz ihm daran das asjndeton mis-
falle, denn beispxele solcher art finden sich bei Seneca sowol in den
tragödien als in den prosaischen Schriften anaühlige. aber anders ver-
hält es sich in den nebensätzen.
858 B. Schmidt: anz. t. Senecae Iragoediae edd. R. Peiper et G. Richter.
prädieat wird, so gewährt er keinen anslosz. freilich verletzt er das
gesetz der eurythmie, welches die hgg. im Seneca entdeckt zu haben
meinen : denn er ist der siebente vers einer sechszeiligen anlistrophe.
V. 116 f. werden die worte et cupiat tnori ab inferis reversus wie-
der beseitigt: dieselben sollen, wie es praef. s. X heiszt, zar erklSrung
des vorausgehenden gedankens te vincat von anderer band beigescbrieben
-worden sein, allein dieser gedanke ist in der that an sich gar nicht so
verstflndlich, dasz wir einer nahern erläuterung desselben gut entbehren
könnten, und wer sieht ferner nicht ein, dasz der vom dichter gemaelite
lusalz eben so schön als notwendig ist? enthSlt er doch eine pointe, die
wahrlich nicht an einen interpolator erinnert, sondern vielmehr den ech-
ten Seneca verräth, dessen geist man freilich kennen musz, ehe man sich
anmaszt in seinen Schriften kritik zu Oben : ^Hercules soll sich selbst besie-
gen und, nachdem er ruhmreich aus dem lande der toten zurQck-
gekehrt, sich den tod wQnschen' nemlich in seinem schmerz über
die von ihm in der raserei gemordeten sein igen. — Nach v. 146 nimt
P. eine lucke von öinem verse an. die rede Ist uutadelhafl und berechtigt
zu solcher annähme durchaus nicht allein br. P. bedurfte noch eines
verses, um eine siebenzeillge anlistrophe zu gewinnen. — V. 153 haben
die hss. einstimmig folgendes : carhasa ventis credit duhiui navita vitae^
woran gewis nichts auszusetzen ist. es mQste denn jemand daran anstosz
nehmen, dasz der schilTer hier dubius vitae bebzt, wahrend er unten (v.
160 ff.) mit zu denjenigen gezahlt wird, innocuae quibus est vitae trän-
quilla gutes usw. dies wäre aber verkehrt, denn unter der tranquiUa
quies ist nicht das freisein von gefahren zu verstehen, sondern von
wilden leidenschaften. allein für hm. P. waren hier ein par worte
überschfissig, denn die von ihm geschaffene epode sollte nur sieben verse
haben, daher streicht er die worte carhasa und vitae als 'interpreta-
menta' und stellt dann so um: credit dubius navita ventis, was erbalten
wir da für einen gedanken? *der schiffer traut zweifelnd den winden.'
es sieht doch jeder dasz dubius ohne ein näheres object unmittelbar
neben dem intransitiven credit unsinnig ist: zwei unvereinbare begriffe
wQrden hier mit einander verbunden werden, also auch an dieser stelle
hat hr. P. trefflichen sinn durch seine gewaltmaszregeln geradezu zer-
stört, freilich erhalten wir zum ersatz fQr diese einbusze eine Strophe.
— V. 163 f.: diese stelle ist von mir de emend. Sen. trag. s. 62 f.
behandelt worden, worauf ich hier verweise (vgl. auch meine observ. crit.
s. 8). P- hat meine Vermutung spes inmanes (so, nicht immanes^ hatte icli
geschrieben) in den text aufgenommen (nur mit der endung is des adjec-
tivs), zugleich aber auch die erste halfle des in den besten hss. fehlenden
und schon von Gronov mit recht fflr unecht erklarten dimeters turbine
magno spes soUicitae , so dasz in der neuen ausgäbe die stelle lautet :
turbine magno spes inmanis urbibus errant trepidique metus, ich kann
dieses verfahren nicht billigen, denn dadurch dasz nun spes inmanis
nicht mehr die erste stelle des neuen salzes einnlmt, verliert der in dem-
selben ausgesprochene gegensatz zum vorhergehenden sehr an kraft, aucli
begreift man so die genesis der Verderbnis und Interpolation in den hss«
B. Schmidt: anz. v. Scnccae Iragoediae edd. R. Peiper et 6. Richter. 839
Tiel weniger, r— V. 167 hat P. nicht gut daran gethan die alte emenda-
iion hic^ weiche seil Hieronymus Avantius in allen ausgaben steht, wieder
zu verdrSngen und an deren stelle ac zu setzen, welches allerdings ducch
tlie hss. überiiefert, aber hier unmöglich ist, weil es zwei ganz verschiedene
thatigkeiten , welche einander entgegengesetzt werden musten, verbindet,
wie dem illum in v. 170 ein hie in v. 173 entspricht (welchen vers frei-
lich P. wieder ausgeworfen hat, worüber nachher}, so musz auch dem
nie in V. 165 ein solches hie entsprechen, und dieses kann nur in v. 167
gestanden haben, es werden in der ganzen stelle v. 165 — 175 behufs
der Charakteristik des unruhigen , masziosen treibens in den stüdten , im
gegensatz zu dem stillen frieden Undlicher beschafti^ungen, oflenbar vier
typen aufgestellt: der eine, sagt der dichter, buhlt um die huld der
groszen; der andere scharrt unermesziiche schätze zusammen; wieder
ein anderer iSszt sich durch die gunst der menge blenden; ein vierter
endlich verdingt sich den streitenden als rechtsanwalt. — In v. 172 hat
übrigens P. — der bei Seneca sehr fraglichen synaphie der anapSsten we-
gen — das hsl. aura in cura geändert, was dem sinne nichts weniger als
angemessen ist. der hierauf folgende monometer hie clamosi wird ge-
strichen, wofdr wieder kein anderer grund abzusehen ist als der, stro-
phische responsion zu gewinnen, sicher ist aber, dasz durch dieses ver-
fahren der Zusammenhang ebensowoi wie die in der abwechslung der
pronomina iUe und hie bestehende Symmetrie der rede zerstört werden.
V. 220 ff, las man in den früheren ausgaben seil Gronov: gemina
cristati eaput | angues ferebant ora^ quos contra obvius \ reptavit
infans, igneos serpeniium | oculos remisso lutnine ac placido iniuens \
artos serenis vuUibus nodos iulit^ \ et tumida tenera guttura elidens
manu \ prolusit hydrae. hier hat P. in v. 222 für reptavit oder — was
im Flor, steht und noch besser ist — repiabat aus V und dem Pulaviensis
raptavit aufgenommen, was er sich darunter gedacht hat, ist mir unklar;
raptavit könnte doch nichts anderes bedeuten als *er risz die schlangen
-weg', ein gedanke der zu der hier gegebenen beschreibung des bekannten
abenteuers, welches Hercules in der wiege zu bestehen hatte, in keiner
weise stimmt, und wie will hr. P. bei dieser lesart die worie contra
obvius erklären? wir wollen darüber kein worl weiler verlieren: jeder
der die stelle unbefangen betrachtet wird sich sofort davon überzeugen,
dasz raptavit unmöglich und weiter nichts als corruptel ist. — Wunderbar
ist auch P.s verfahren in dem unmittelbar folgenden verse (223). hier
las man bisher lutnine nach dem Helisseus, mit welchem auch eine Pariser
hs. übereinstimmt, im Flor, ist die erste band ausradiert und von zweiter
band vultu geschrieben, gegen das metrum: nach J. F. Gronovs zeugnis
weisen indessen die spuren der ersten band ziemlich deutlich auf lumina
hin, während Peter das wegradierte worl aus acht buchstaben bestanden
zu haben schien, von den übrigen hss. haben die meisten pectore, einige
pectore und vultu neben einander, jenes scheint aus Phoen. 187 remisso
pectore ac placido feras hierher gezogen worden zu sein, um dem verse
genüge zu leisten, wie schon Gronov vermutete, nichts desto weniger
hat lir. P. diese sehr verdächtige lesart, welche auch für den sinn keines-
860 B. Schmidt : anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper ei G. Richter.
wegs angemessen ist (es folgt iniuens)^ wieder aufgenommen, zugleich
aber vorher vullus an stelle des gut bezeugten oculos gesetzt, und zwar^
wje es scheint, deswegen, well dieses letztere wort in eiuigen der schlech-
tem hss. fehlt und in einer andern von Baden eingesehenen hs. desselben
Schlags vuHu remisso steht, dasz vultus hier nicht am platze sei, konnte
gleich der folgende vers (224) zeigen, welcher lautet: artos serenis vui-
tibus nodos tulit. allein dieser vers wird freilich von P. wieder ausge-
worfen ^nach dem vorgange Withofs' wie er sagt, was indessen unrichtig
ist: denn jener (a. o. s. 45 f.) wollte nur einige worte in dem verse
ändern, keineswegs denselben ganz beseitigen, aber auch einer ändening
liedarf der vers nicht, der smn desselben ist ganz klar: 'Hercules ertrug
mit heiterer miene die festen knoten, in welchen die schlangen sich um
seinen leib gewunden.' auch ist serenis vultibus nach remisso lumine
ac placido gar nicht auffällig : denn erstlich ist beides nicht völlig das-
selbe, und sodann liegt häufung verwandter begriffe durchaus in Senecas
manier. die behandlung dieser ganzen stelle von selten P.s zeigt den
mangel an melhode iu besonders grellem lichte. — Nach v. 234 nimt P.,
bewogen durch seinen mitarbeiter, wieder eine lücke an, ohne allen
grund. — Nach v. 271 werden wieder sechs senare hinter einander ein-
geklammert, auch hier ist ein triftiger grund zu dieser maszregel nicht
vorhanden, allerdings enthalten dieselben nichts wesentlich neues, zum
teil variieren sie nur den in den vorhergehenden versen ausgesprochenen
gedanken; allein nach dem frQher bemerkten berechtigt dies keineswegs
zu ihrer beseiligung. selbst die zweimalige bezeichnung des Lycus durch
exul nach kurzem Zwischenraum (273 und 278) darf bei Seneca nicJit
auffallen , ich werde auf derartige Wiederholungen unten noch näher zu
sprechen kommen, es wird aber einem aufmerksamen leser nicht ent-
gehen, dasz der v. 273 mit iremiiis beginnende satz, welcher nicht als
verwundernde frage, sondern als ausruf zu fassen ist, auf die worte
v. 263 quem dominum iremis? die antwort gibt, und so hat die eine
stelle an der andern ihre feste stütze. — In dem einen der in klammern
eingeschlossenen verse (273) schreibt übrigens P. statt quo decidisiisT
nach den spuren in V quorsum excidistis? was ja an sich ganz gut wäre,
wiewol zu erinnern ist , dasz der sonstige gebrauch Senecas für die vul-
gata spricht (s. die von Baden aus den philosophischen Schriften Senecas
zu unserer stelle angeführten parallelen), unbegreiflich aber ist, wie P.
in demselben verse statt der einzig richtigen lesart ignavum den dem
Flor, mit ein par schlechten hss. gemeinsamen Schreibfehler ignarum in
den text hat setzen können.
V. 332 quem saepe transit casus y aliguando invenit (so die hss.)
wird gestrichen, weil derselbe sich unter den sentenzen des Publilius
Syrus befindet , wo er (s. Ribbeck com. lat. rel. s. 266 v. 84) mit verän-
derter Wortstellung, so dasz der spondeus in die zweite stelle kommt,,
lautet: c€tsus quem saepe transit^ a, i. es ist bekannt, was es mit jener
spruchsamlung für eine bewandlnis hat : dasz sie durchweg mit fremden
elementen versetzt ist und nur äuszerst wenige der in ihr vereinigten
verse mit Sicherheit auf jenen mimendichter als auf ihren Urheber sich
B. Schmidi: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 861
2urGckfflhren lassen, gerade die sentenzenreichen Schriften des jüngerti
Seneca aber sind für die fälsclier eine ergibige quelle gewesen, wie ver-
kehrt ist es daher, einen Senecaschen vers aus keinem andern gründe zu
alhelieren, als weil er auch unter den sogenannten Sentenzen des Syrus
vorkommt! allein die hgg. haben eine ganze reihe von versen (s. praef.
s. IX f.) als ^syrianae [sie] senlentiae vel earum similes' getilgt. — Die
beiden verse 339 und 340 werden als Interpolation gestrichen, hinsicht-
lich des letztem bin ich damit vollkommen einverstanden , da zu Isthmos
unmöglich videi prädicat sein kann ; noch unpassender wäre derselbe vor
v. 339 , welche stelle ihm der Flor, und Vind. anweisen, eben daraus
aber scheint hervorzugehen, dasz dieser y&ts vom rande irtamlicii in den
text zuerst zwischen v. 336 und 339 hineingerathen und dann von einem
«orrector hint«r den letztem gestellt worden ist. — Dagegen wüste ich
nicht was an v. 339 auszusetzen w9re. in hrn. P.s text, welcher hier
;ius seinem liebling V veriice celso videi aufgenommen hat statt vertice
excelso t?., was alle übrigen hss. bieten, ist derselbe freilich ein mon-
strum. ich weisz nicht zu sagen, ob der hg. den metrischen Schnitzer
gar nicht erkannt oder ob er geglaubt hat denselben zur Unterstützung
seiner athetese verwerthen zu können, natürlich ist celso in V für excelso
.fifichtigkeitsfehler des Schreibers, wie in derselben hs. v. 457 dedit statt
sdidit und v. 665 loqui statt eloqui steht. — V. 357 ist im Flor., Vind.
und andern hss. ein einsilbiges wort zwischen posse und invidiam aus-
gefallen, die übrigen hss. fügen te ein, was ohne bedenken aufzunehmen
war, wie es denn auch in den früheren ausgaben steht, denn es ist für
<len sinn sehr passend, und wie leicht es nach posse ausfallen konnte,
begreift sich, die von P. in der adn. crit. vorgebrachte Vermutung pon-
4us invidiae paii ist verfehlt, schon deshalb weil dadurch posse beseitigt
wird, welches hier mit nachdruck steht und nicht verdrangt werden darf.
— V. 381 und 382 werden wieder als interpolation ausgeworfen, dasz
Avir dieselben recht gut entbehren könnten, wird niemand bestreiten,
aber das ist noch kein grund sie zu streichen. — V. 383 f. haben die
fass. : patrem dbslulisti regna germanos larem \ palriam. P. schreibt :
patria a. r. g, /. patrem^ ofTenbar deswegen weil im folgenden , wo Me-
;gara das was ihr Lycus geraubt recapituliert, das vaterland nicht
wieder erwähnt wird, während sonst patrem xin^ parente^ germanos
und fratre^ regna und regno, larem und lare sich genau entsprechen,
ich halte indessen diesen grand nicht für triftig genug, um hier eine
jnderang vorzunehmen: von den aufgezählten fünf Verlusten werden die
-vier schwersten wiederholt, durch weglassung des fünften wird nach
meiner ansieht der harmonie der rede kein abbruch gethan. specieü gegen
hm. P.s Vermutung habe ich noch einzuwenden , dasz dieselbe dasjenige
wort, worauf offenbar das meiste gewicht liegt und welches nach der
überliefemng ganz richtig den anfang des satzes einnimt, patrem^ ans
ende stellt ; ferner dasz sie larem patrem auf einander folgen läszt und
dadurch einen dem obre nicht angenehmen gleichklang erzeugt. — V. 396
. — 398 werden wieder gestrichen, praef. s. XI wird gesagt, dieselben seien
•«ine ganz alberne, mit dem vom dichter behandelten gegenstände in keiner
862 B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper el G. Richter.
-weise zusammenhaiDgende inlerpolalion. trotz der bestimrotheil, mit der
diese behaupluog ausgesprochen wird , erlaube ich mir an der richtigkeil
derselben zu zweifeln, warum soll denn Cadmus, der zur strafe fOr seine
vermessenheit von den gittern in eine schlänge verwandelte, nicht mit
unter denjenigen aufgezählt werden, an welchen sich der v. 389 gelhane
ausspruch sequitur superbos ultor a (ergo deus bewahrheitet habe?
V. 444 beginnt ein zum teil in stichischer responsion sich ab-
wickelndes Wortgefecht zwischen Amphilryo und Lycus, welcher letztere
die von jenem behauptete göttliche abstammung des Hercules mit ver-
schiedenen gründen bestreiteL auf die bemerkung des Lycus v. 458,
dasz es eines gottes unwürdig sei sich wie Hercules mit Ungeheuern und
wilden thieren herumzubalgen (über den von mancher seite misverstan-
denen sinn dieses verses habe ich in diesen jahrb. 1866 s. 553 gespro-
chen , worauf ich hier verweise) , führt Amphilryo v. 459 das beispiel
Apollos an , welcher einst einen kämpf mit einem drachen zu bestehe»
gehabt habe, nun heiszt es, nach der personenverteilung und inter-
punction der früheren ausgaben seit Gronov, welter also:
Lto. quam gravia parvus tulerit ignoras mala ? 460
Amph. e mairis utero f ulmine eiecius puer
mox fulminanti proximus patri stetit.
quid qui guhernai aslra , qui nubes quatit^
non laiuit infam rupis Idaeae specu?
in den hss. sind alle diese verse dem Amphitryo zugeteilt, und in alten aus-
gaben findet man demgemäsz die beiden ersten (460 und 461) zu Einern
satze verbunden und hinter puer interpungiert. indessen schon Gruter war
der ansieht, welche dann Gronov und alle folgenden hgg. angenommen
haben, dasz v. 460 dem Lycus gehöre, und in der that ist nichts gewisser
als dieses, denn gehörten diese worte dem Amphitryo, so würden sie
zusammen mit den folgenden versen immer noch antwort sein auf den
V. 458 von Lycus gemachten einwand, diese antwort würe aber höchst
absurd, kann denn Amphilryo die bemerkung des Lycus, dasz kämpfe mit
bestien, wie sie Hercules zu bestehen gehabt, keinem gölte beschieden
seien, vernünftiger weise dadurdi widerlegen wollen, dasz er die dorcb
einen blitzscblag erfolgte gehurt des Bacchus und das versteck des Jupi-
terkindes in der höhle des Fda anführt? diese belsplele passen doch auf
Lycus einwand in keiner weise, man kann dem ferner hinzufügen , dasz
bei der Verbindung der verse 460 und 461 zu ^inem satze parvus vor
puer nicht nur überQüssig, sondern sogar abgeschmackt Ist, sowie dasi
dann v. 462 den halt verliert, dagegen ist jeder anstosz beseitigt, sobald
man v. 460 dem Lycus in den mund legt: derselbe macht hiermit einen
neuen grund gegen die behauptete göttliche abkunft des Hercules geltend,,
nemlich dessen leid volle klndheit, die keinem göttersohne zu teil werde;
er deutet hin auf das allbekannte abenteuer des Hercules in der wiege,
zu diesem einwände stimmen dann die zwei im folgenden von Amphi-
tryo angeführten belspiele des Bacchus und des Jupiter ganz vortrefflich,
allein hr. P. hat ^^ man sollte es kaum für möglich hallen — diese stelle,,
welche die krilik bereits vor mehr als drillhalbhundert jähren vollstlndig
B. Schmidl: anz. v. Senecae Iragoediae edü. R. Peiper et G. Richter. 863^
abgelhan, wieder verdorben dadurch, dasz er v. 460 dem Amphilrya
zurückgibt und mit dem folgenden verse zu Einern satze verbindet, v. 462,
der nun freilich ziemlich zusammenhanglos dasteht , wird dann wieder in
der so beliebten weise behandelt, d. h. geslrichen.
V. 528 ff. lauten nach der vulgata : o Fortuna viris invida forti"
bvs^ I quam non aequa bonis praemia dividis! \ Eurysiheus facili
regnet in oiio : \ Jlctnena genilus bella per omnia \ monstris exagiiet
caeliferam manutn usw. Bothe hat richtig erkannt dasz v. 530 — 536
Worte der hier redend eingeführten Fortuna seien. P., dadurch nicht
befriedigt, hat es vorgezogen v. 630 aus V und zwei hss. der Rehdiger-
sehen bibliolhek regnat in den lext zu setzen und hierauf ausfall dreier
verse anzunelimen. was hierdurch erreicht werden soll, sehe ich nicht
ab; die annähme einer lOcke hat jedenfalls nur den zweck strophische
gleichmäszigkeit zu erreichen, übrigens benutze ich diese gelegenheit,
um eine in v. 529 von mir (obs. crit. s. 16) vorgebrachte conjectur gegen
Lucian Hüller (in diesen jahrb. 1867 s. 64 f.) zu vertheidigen oder we-
nigstens zu zeigen, dasz ich nicht ohne grund an jener stelle anstosz.
genommen, ich schlug vor statt bonis zu schreiben komini: denn ich
hielt es und halte es noch für unlogisch zu sagen: Tortuna verteilt ihre
gaben ungerecht unter die braven: den Eurystheus läszt sie in ruhe
herschen, dem Hercules dagegen legt sie mühsale aller art auf.' entweder
durfte Eurystheus gar nicht erwähnt werden, oder es muste im vorher*
gehenden gesagt sein: Tortuna verteilt ihre gaben ungerecht (wider
verdienst) unter die menschen.' dazu kommt dasz es eine auch bei
Seneca unerträgliche taulologie ist, wenn von Fortuna, die bereits als
viris invida fortibus bezeichnet worden, noch in demselben satze gesagt
wird: non aequa bonis praemia dividis. dasz aequa hier ^gleich' bedeute,,
habe ich nicht behauptet, und dasz es ^gerecht' bedeuten könne, war mir
nicht unbekannt. — V. 552, ganz tadellos, wird wieder gestrichen, es ist
dies einer von denjenigen versen, welche nach der hgg. eigenem gesländnis
nicht von einem interpolator, sondern von Seneca selbst herrühren, aus-
drückli<5h als solche bezeichnet werden (praef. s. Vll) auszerdem v. 745^
und 791 uuserer tragödie. namentlich die lilgung dieses letzten bewirkt
eine unverantwortliche Verstümmelung der rede. — V. 562 f. evincas
utinam iura ferae Slygis \ Parcarumque colos non revocabiles werden
hinter v. 593 gesetzt, allerdings stehen dieselben in den hss. schwerlich
an ihrem richtigen platze, es scheint mir aber einfacher und passender
sie unmittelbar vor v. 570 zu stellen.
V. 651 schreibt P. statt pande viriutum ordinem^ woran schoa
Withof a. 0. s. 56 anslosz genommen hatte, ziemlich kühn/>. fatorum o.
allein dasz vom dichter wirklich virtutum ausgegangen und nicht fato-
rum oder etwas dem ähnliches, zeigt acta in v. 654. die verse 652 und
653 stehen jener lesart nicht entgegen: wenn man mehr ihren sinn im.
allgemeinen (höllenfahrt und besiegung des Cerberus) als den strengen
Wortlaut ins äuge faszt, so können sie recht wol als eine ausführung des>
begriffs virtutes angesehen werden, dasz dann Theseus, der virtutum
ordinem und casus horridos (v. 661) erzählen soll, zunächst hierum.
864 B. Schmidt: aoz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter.
unbekfimmeK ein breites gemllde der Unterwelt entvrirfl, wird niemand
befremden der Senecas manier J^ennt. übrigens wOrde dieser aastosz,
wenn es einer wire, auch durch die änderung faiarum nicht beseitigt
werden. — V. 663 f. hat P. die vulg. tfuam tota inriia quaesivk Aeina
maier ^ welche sich nach meiner Überzeugung darch keine kunst der
Interpretation halten liszt, unverändert stehen lassen, indem ich in betreff
dieser lesart auf das obs. crit. s. 17 f. von mir bemerkte verweise, füge
ich hier noch folgendes hinzu, was hoffentlich jedermann von der unhalt-
barkeit derselben überzeugen wird, bevor Theseus seine erzählong be-
ginnt, ruft er auszer dem fas omne mundi Pluto und Proserpina an und
bittet sie es nicht ahnden zu wollen, wenn er die geheimnisse ihres
reiches verrathe. er nennt jedoch diese beiden gulter nicht mit namen.
sondern Pluto bezeichnet er durch die worle dominantem regno capaci
in einer jedem verstindlichen weise als beherscher der Unterwelt, nun,
meine ich, musle der dichter auch von Proserpina, deren namen er gleich-
falls unterdrückt, notwendig einen ausdruck gebrauchen, durch welchen
diese gdtlin in bestimmter weise eben als die herscherin In der nn ter-
weit bezeichnet wird, das ist aber bei der vulg. keineswegs der fall,
denn wenn ich sage: 'du, welche die mutter auf dem ganzen Aetna Ter-
geblich gesucht', so ist das — ganz abgesehen davon dasz dieser ge-
danke mit dem allbekannten mythus in Widerspruch steht — jedenfalls
kein ausdruck, der den begriff der unterirdischen göttin ausliillte
und demjenigen entspriche, durch welchen Plutos name umsdirieben
worden ist. aus ganz demselben gründe musz ich mich auch gegen die von
Lucian Müller jüngst (in diesen jahrb. 1867 s. 65) vorgeschlagene con-
jeclur iuia . . Henna (oder Enna^ welches letztere bereits in der editio
Aldina vom j. 1517 sieht) erklären, ich bin daher auch jetzt noch der festen
Überzeugung, dasz Seneca in Übereinstimmung mit der mythischen tradl-
tion quam ioto inrita q, orbe m, geschrieben hat. hierdurch wird der
oben ausgesprochenen forderung vollkommen genüge geleistet, die
worle Mu, welche die mutter vergeblich auf dem ganzen erd-
kreise gesucht' bezeichnen in der rechten weise die unterirdische
gdttin: denn das suchen der mutter nach der tochter auf der ganzen
erde ist ja eben darum ein vergebliches gewesen, weil diese sich nicht
mehr auf der erde, sondern bereits unter der erde befand, dasz orbe
ziemlich weil von der Überlieferung sich entfernt , habe ich selber einge-
standen, uud ich weisz recht gut dasz eine solche conjectur nicht leicht
überzeugt, allein wenn, wie es hier der fall ist, durch keine leichtere
Änderung dasjenige gewonnen werden kann, was der sinn gebieterisch
fordert, und alle erwägungen auf ein bestimmtes, wenn auch den über-
lieferten buchstaben ziemlich fem stehendes wort hinweisen, so kann die
kühnheit der conjectur ihrer probabilitai keinen abbruch thnn. niemand
wird Herc. 1236 die richtigkett der emendation Witbofs arcum für en-
tern bezweifeln, wiewol jenes w^ort diesem auch nicht eben nahe stehu
übrigens will ich gar nicht behaupten dasz orbe durch bloszes mecha-
nisches versehen der abschreiber in Aetna corrumpiert worden sei; icfa
halle es für wahrscheinlicher, dasz dieses wort aus einer randglosse zu
B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 865
unserer stelle, welche etwa besagte dasz Ceres auf dem Aetna die
fackeln für ihre weite Wanderung angezQndet habe, in den text ge-
rathen ist.
V. 788 schreibt P. statt capita sehr unglücklich latera. offenbar
hat er mit Withof a. o. s. 64 f. daran anstosz genommen, dasz im folgen-
den verse caput steht, nachdem capita schon v. 785 vorausgegangen,
allein solche Wiederholungen desselben wertes in nächster nahe, welche
allerdings nicht schön sind und von den meisten dichtem vermieden wer-
den (einige aber waren in dieser beziehung nicht eben sehr sorgfältig,
worüber man Haupt obs. crit. s. 30 vergleiche} , finden sich in den tra-
gddien Senecas in solcher menge **), dasz es thöricht sein würde aus
ihnen ohne weiteres auf corruptelen des textes schlieszen zu wollen, viel-
mehr musz der gröste teil derselben auf rechnung des dichters selbst
22) dafür mögen hier einige beispiele stehen, die sämtlich dem
«rsten Hercules entnommen sind: v. 798 terret und 801 exterretj nach-
dem bereits ▼. 787 terrüat yoransgegangen ; 791 and 798 sibilai; 807
summisit und 815 iummiMo; 827 and 830 terram; 944 und 946 diem (in
dem ersteren dieser verse schreibt P. statt diem nach eigener vermutang'
polum); 969 iralio and 978 trakam (wenigstens bietet dies statt feram
Aaszer anderen hss. nach Qronovs Zeugnis auch der Flor., eine lesart
die wunderbarer weise von P. gar nicht angeführt wird); 1010 furens
und 1014 furenii; 1110 vasios und 1112 vastUgue; 1123 fortis und 1126
fortes] 1260 fruciu» und 1264 fructum; 1261 timui und 1263 iimetur; 1297
üer8a und 1301 vertam, auf ganz gleicher stufe mit anserer obigen stelle
steht endlich v. 747 f. longa permenms diu \ felicis aevi spatia vel caelum
petii I vel laeia felix nemoris elytii loca , worte welche von P. nicht an-
gefochten worden sind, wiewol hier ebenfalls die Wiederholung ^ines
und desselben wortes innerhalb zweier unmittelbar auf einander folgen-
der verse stattfindet, indessen gerade auf dieses beispiel möchte ich
selbst nicht zu viel gewicht legen, da die ganze stelle v. 743 von quia-
qvi» est an bis zu den Worten iudex futurus in y. 749 aus anderen grün-
den verdacht erregt, lästig ist schon v. 746 die tautologie longa — diu,
«odann ist petit in v. 747 sehr unpassend, wofür man, da hier von strafen
und belohnungen die rede ist, vielmehr tuhU erwartet, auffällig ist
überhaupt in dieser beschreibung der unterweit die erwähnung des
himmels als lohnes für milde herscher neben dem elysium, noch auf-
fälliger die erwähnung des vorausgehenden langen und glücklichen
erdenlebens derselben, femer erregt anstosz dasz, nachdem v. 741 — 743
von den strafen grausamer herscher in der unterweit gesprochen und
hierauf zu den belohnungen übergegangen worden ist, welche den milden
herscher erwarten (v. 743—749), ooch die rede noch einmal (v. 749 ff.)
auf die dem tyrannen bevorstehenden strafen zurückspringt, es ist
klar dasz hierdurch der Zusammenhang gestört wird; die worte «an^tntf
humano . . maiore veMtra (749 — 751) schlieszen sich offenbar viel besser
unmittelbar an scindi tyranni in v. 743 an. man könnte nun allerding^s
bessern Zusammenhang dadurch herbeiführen, dasz man den satz quii'
quis est . . iudex fltturuM hinter die worte maiore ventra in v. 751 stellte,
aber dann würde sich wieder die frage des Amphitryo v. 751 ff. nicht
mehr so passend anschlieszen. und da durch diese Umstellung ohnehin
nicht jeder anstosz beseitigt würde, so halte ich es für wahrscheinlicher
dasz jener ganze satz ein fremdes einschiebsei ist. da die vorausgehen-
den und die nachfolgenden worte Senecas eine unverkennbare beziehung
auf die römische kaiserzeit enthalten, so lag die Versuchung nahe die-
selben in solcher weise zu erweitem.
Jahrbaeher f&r cUtt. phUoL 1SG8 hfl. IS. 56
866 B. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter.
gesetzt werden , und wenn G. Hermann elem. doctr. metr. mehrmals (s.
387. 431) die Vermutung Suszert, dasz diese tragödien der letzten hand
nicht teilhaftig geworden sein möchten, so haben ihn hierzu wol vor-
zugsweise diese Wiederholungen bestimmt, welche Qbrigens zum teil auch
durch die dem Seneca eigentümliche breite in den gedanken bedingt sind,
ihretwegen allein also Änderungen des textes vorzunehmen ist iiöchst
bedenklich, und so wird denn auch unsere stelle nicht dürfen angetastet
werden, denn wollte etwa jemand einen weitem verdachlsgrund gegen
die vulgata aus dem Wechsel des numerus herleiten , indem erst von den
capita und gleich darauf von dem caput des bdllenhundes die rede ist,
so wäre darauf zu erwidern, dasz zuerst Cerberus durch erwähnung der
drei häupter cliaraklerisiert und dann, bei weiterer beschreibung seines
aussehens , singularisch von seinem haupte im gegensatz zu anderen kör-
perteilen desselben gesprochen wird.
V. 801 schreibt P. für a laeva sehr kühn JlcideSy woi weil er
meinte dasz die deullichkeit dieses wort hier erfordere: denn dasz er
nicht Withofs (a. o. s. 67} ansieht über unsere stelle teilt, zeigt die art
wie er geändert haL allein der Wechsel des subjects ist genügend be-
zeichnet durch ipse in v. 802 , welches dagegen ziemlich fiberflüssig sein
würde, wenn Alcides vorausgienge. übrigens findet, was l>el dieser gele-
genheit bemerkt werden mag, in diesen tragödien subjectwechsel dflers
statt, ohne dasz derselbe äuszerlich irgend wie angedeutet wird, z. b.
Herc. 780. 811. 1010. 1200 (wo Amphitryo subject ist zu refugit). ~
V. 804 wird ganz verkehrt zu den vorhergehenden werten gezogen , er
gehört offenbar zu den folgenden. — V. 826 wird ohne allen grund
gestrichen. — Etwas gerechtfertigter ist dagegen die athetese des v. 854,
welcher insofern einigen verdacht erregt, als v. 861 von allen ausser den
kindem gesagt wird: vaduni per opaca tristes, auch wird durch ihn
die Symmetrie der rede verletzt, wie dem aber auch sei , jedenfalls hStte
P. die lesart des Flor, nicht Übersehen sollen, welcher nach dem zeugnis
Jacob Gronovs in dem Dietzischen manuscript (s. Botlie zu unserer st. in
der ausg. v. 1819) statt des ganz unpassenden et longa s. v. dem sinne
viel angemessener haut l s. v. bietet. — V. 869 f. haben die hss. : nemo
ad id sero venit unde numquaniy \ cum semel venit^ potuit reverti,
hier hätte P. nicht Bothes poterit aufnehmen sollen , was einen matten
schwächlichen gedanken erzeugt, die worle sind so, wie die Überliefe-
rung sie bietet, vortrefilich und bedürfen nicht der geringsten änderung.
zu potuit reverti ist quisquam als subject zu ergänzen, was bei dem vor-
ausgehenden nemo keine härte ist; potuit aber Ist zu erklären nach dem
bekannten dichterischen Sprachgebrauch, n.ich welchem bisweilen das
perfectum statt des praesens gesetzt wird von etwas das zu geschehen
pflegt: vgl. in unserm stück v. 1194. 1245. Seneca liebt diesen
Sprachgebrauch und hat ihn, beiläufig bemerkt, auch in seinen pro-
saischen Schriften angewandt, wo er in beigeordneten Sätzen gern das
perf. mit dem praesens wechseln läszl: vgl z. b. dial. II 11^ 2 H. nam et
pueri OS parentum feriunt et crines malris turbavit laceravitque infans
usw. — V. 871 hat P. sehr übel daran gethan an stelle des gut bezeug-
B. Schmidt : anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 867
teD und sehr passenden durum aus dem Yind. und den beiden Turouenscs
dirum aufzunehmen. — Auch v. 933 passt die aus V aufgenommene les-
art serena zu dem wünsche dasz die gestirne inoffensos agant cursus
weniger gut als das von allen übrigen hss. gebotene aeterna. — V. 985
wird die treffliche lesart des Flor. Maceiumque (über welche s. Gronov
z. d. St.) verschmäht und die langst beseitigte corruptel marcentque wie-
der In den text gesetzt, weil auch V im bunde mit den übrigen hss. der
schlechtem recension dioselbe bietet, meint etwa hr. P. dasz ein unsin-
niges wort im munde eines rasend werdenden besonders schön und ange-
messen sei?
Ganz dasselbe verfahren beobachtet P. in v. 1006 , wo er die inter-
polierte lesart procupibai^ welche seit Gronovs zeiten glücklich aus
den ausgaben verschwunden war, wieder in den text gesetzt hat statt
des vom Flor, gebotenen einzig richtigen perluceL die ganze, zum
teil corrupt überlieferte und mehrfach misverstandene stelle v. 1000
— 1006 ist von mir obs. crit. s. 19 ff. ausführlich behandelt worden,
worauf ich, um nicht bereits gesagtes zu wiederliolcn , verweise, hier
nur noch wenige worte über ein par einzelheiten. v. 1001 hat P. die
Überlieferung der hss. omnisque laiebras unverändert beibehalten, die-
selbe hat neulich auch Lucian Müller (jahrb. 1867 s. 66) vertheidigt, aber
ohne mich zu überzeugen (ich gestehe nicht einzusehen, wie es möglich
sei prolem et laiebras als Sv bid buoTv zu fassen , oder wie eruere in
der bedeutung von patefacere auch prolem als object zu sich nehmen
könne), v. 1005, wo die hss. haben rumpatque posteSy schreibt P. ruanU
queposies. ich selbst hatte vorgeschlagen ruptoque poste. welche von
diesen beiden conjecturen die bessere sei , will ich hier dahingestellt sein
lassen: sie kommen beide auf denselben sinn hinaus, und P. selbst hat in
der z. f. d. gw. 1866 s. 280 gegen die meinige nichts anderes einzu-
wenden gewust als dies , man zerbreche sich ihn köpf (!) , um zu finden
wie sich statt eines ursprünglichen ruptoque poste die corruptel rumpai'
que postes habe einschleichen können, aber wenn auch P. meine con-
jectur nicht billigen zu können glaubte , wäre es nicht seine pflichi ge-
wesen dieselbe anzuführen, da Ich zuerst auf den fehler der Überlie-
ferung aufmerksam gemacht habe? hinterher eine andere conjectur
auszusinnen ist freilich nicht eben schwer. — V.1055 lautet die vulgata:
reciprocos Spiritus motus agit^ mit welcher sich P. hätte begnügen sollen,
denn sie gibt einen guten ^inn : unter den reciproci motus sind natürlich
die bewegungen der brüst beim ein- und ausathmen der luft zu verstehen,
wir haben hier einen der l^lle, wo die geringeren hss. das richtige be-
wahrt haben, während der Flor, statt motus corrupt in ortus bietet, was
übrigens auf jenes deutlich genug hinweist, der Vind. aber in vultus.
P. schreibt virtus und schlägt auszerdem noch fluctus vor, was acc plur.
sein müste: das eine wie das andere ist mir in diesem zusammenhange
unverständlich. — V. 1085 wird aus V linquas aufgenommen, was nicht
angehL denn dann würde die apostrophe »an den schlaf durch v. 1084
sopor indomitos adliget artus in höchst lästiger weise unterbrochen
werden, dieselbe hat vielmehr schon v. 1083 ihr ende erreicht, und
56*
868 B. Schmidt : aoz. ▼. Senecae tragoediae edd. H Peiper et G. Richler
?. 1085 ist linqual^ die lesart aller Qbrigen hss«, beizubdialten, wozu
natfirlicb sopor subject Ist
V. 1102 wird wieder gestrichen, jedenfalls nur um slraphiscbe
responsiou zu gewinnen, denn was ist an diesem verse auszusetzen?
nachdem der cbor den wünsch ausgesprociien , dasz Hercules zur besin-
nnng zurflclKliebren möge, kommt ihm plötziich der gedanke, dasz es für
den unglücklichen beiden doch eigentlich am besten sei, wenn sein Wahn-
sinn fortdauere, als welcher seine Schuldlosigkeit bezeuge und ihm die
erkenntnis seiner schrecklichen ihat erspare, daher corrigiert er sich
selbst und sagt: vel sit potius mens vesano conciia molu^ d. i. *oder es
sei (bleibe) vielmehr sein verstand vom Wahnsinn er.schötterL' dieser
(;edankc wird nun, ganz in Senecas weise, variiert durch die worte error
caecus qua coepit eal {eat »« duret) , und darauf folgt die begrunduug
dieses Wunsches. — Wenn nun unmittelbar nach dieser ausführang
V. 1106 ff. der chor den Hercules zur trauer und bethStigung seines
Schmerzes durch schlagen der brüst usw. auffordert , so steht dies offen-
bar mit dem vorhergehenden in keinem Zusammenhang , und hier bitte
P. mit weit besserem grund als sonst eine lOcke annehmen können, in
der that glaube ich dasz nach v. 1105 ein par verse ausgefallen sind, und
dasz ursprOnglicli der Übergang von jenem wünsche zu dieser aufforde-
rung etwa in folgender weise vermittelt war: Mer Unschuld am nächsten
steht die Unkenntnis der begangenen unthat. allein auch tief empfundene
und in ernster weise bethatigte reue vermag dieselbe zu sühnen, also
zerschlage sich jetzt Hercules in seinem schmerze die brüst' usw. — Das
nun folgende (v. 1108—1121—1116) hat P. durch die willkürlichsten
Umstellungen verunstaltet, die von den hss. gebotene aufeinanderfolge der
verse zu andern ist gar kein grund. dagegen sind die worte el qui me-
lius iua tela tarnen senserat air (so lauten sie nach der besten überlie-
Terung, P. hat auch hier wieder seinem V vor dem Flor, den vorzug ge-
geben) ganz zu streichen: denn sie stehen im offenbaren Widerspruch
zur übrigen rede, es darf hier nur vom himmel (aelher) , von der unter-
weit (bezeichnet durch atri regio popuUy Cerberus und chaos) und vom
meere {unda profundi) die rede sein, das zeigen im folgenden die recapi-
tulierenden worte uno planctu tria regna sonent ganz deutlich, hierzu
lieszen sich, wenn es nötig wflre, noch andere gründe fügen, ^ie z. b.
die Stellung von tarnen , welches nur zu melius gehören kann , ebenfalls
den interpolator verräth. — Wie nun P. diesen worteu nach v. 1109 einen
platz hat anweisen können , woselbst sie völlig zusammenhangslos da-
stehen, so dasz er selbst wieder zu der annähme genötigt ist, dasz hinter
ihnen einige worte ausgefallen seien, ist ganz unbegreiflich, das aber bt
klar, dasz der schriftsteiler durch ein derartiges verfahren kUglich zuge-
richtet wird. — V. 1132 f. und 1137 werden wieder ohne allen grund
hinausgeworfen, wie jeder sich überzeugen wird , der die stellen ansieht ;
ebenso grundlos wird nach v. 1142 der ausfall eines dimeters statuiert,
bezeichnend ist hier die art der begründung ^excidisse unum versiculum
stropha docet', als wenn etwas, was selbst nicht bewiesen ist, als beweis
für etwas anderes dienen könnte. — V. 1154 f. liszt der dichter den
B. Schmidt: aoz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et 6. Richter. 869
Hercules, der aus seinem tiefen sclilafe erwacht ist und allmählich wieder
zur hesinnung kommt, aher noch nicht weisz dasz die blutigen leiclien,
welche er vor sich sieht, die seiner gattin und kinder sind, und dasz ^r
dieselben gemordet hat, gewis recht schön folgendes sagen : paveo^ nescio
quod tnihi^ | nescio guod anitnus grande praesagit malum, da v. 1155
im zweiten Hercules v. 749 wörtlich wiederkehrt, so hat P. geglaubt ihn
an unserer stelle streichen zu müssen, wenn ein solches verrahren
schon an und für sich höchst ungerechtfertigt erscheint — denn warum
soll der dichter in verschiedenen stücken bei ähnlichem anlasz nicht einen
vers wiederholen dürfen? — so musz man sich In unserem falle um so
mehr darüber wundern, als ja der zweite Hercules von den hgg. dem Sc-
neca abgesprochen wird, folglich es ihnen am nächsten lag eine wörtliche
herflbernahme jenes verses aus dem Hercules des Seneca von selten des
vermeintlichen nachahmers anzunehmen, was bleibt aber denn nun an
unserer stelle nach Streichung des v. 1155 übrig? die worte paveo ne-
scio guod tnihu hier nun schreibt P. statt quod^ was nach der Verstüm-
melung des Satzes freilich unhaltbar ist, aus einigen schlechten hss. quid^
und hiermit halt er alles für abgethan. hat er sich denn aber auch
die frage vorgelegt, ob eine solche redeweise wirklich dem Seneca
zuzutrauen sei? wenn Terentios (Phormio v. 187} mihi paveo sagt, so
folgt doch daraus noch lange nicht dasz auch ein tragiker aus der
kaiserzeit ebenso gesagt habe oder gesagt haben könne, geschweige
denn mihi paveo aliquid. — V. 1182 kann die vulgata diffcrte fleius
unmöglich richtig sein, denn wie schon Witbof a. o. s. 105 erkannt hat,
aus V. 1186 geht hervor dasz erst wahrend der anspräche des Hercules
an Amphitryo und Tbeseus diese beiden letzteren thrflnen vergieszen, und
zwar suchen sie dieselben dem Hercules zu verbergen, folglich kann
dieser nicht schon v. 1182 sagen: *spart auf euer weinen.' dasz hier
ein fehler stecke, zeigt auch die corniptel im Flor, defer teilus (so nach
Gronovs zeugnis, nach Peter bietet freilich diese hs. der vulgata viel ähn-
licher deferte fletus)^ welche auf etwas ganz anderes hinweist, es ist mir
jedoch nicht gelungen dieses herauszufinden. Withofs conjectur resisie vel
iu und die des Nie, Heinsius referie iussi wollen mich nicht befriedigen,
y. 1213 ff. ist eine sehr schwierige stelle, die vulgata lautet: rupes
ligatum Caspiae corpus trahant \ atque ales avida, cur Promethei
vacani \ scopuli? pareiur (dafür der Flor, und V vageiur^ was gar kei-
nen sinn gibt und jedenfalls aus jenem verschrieben ist, wozu das voraus-
gegangene vacant den anlasz gegeben haben mag) vertice inmenso fe-
ras I volucresque pascens Caucasi abruptum latus \ nudumgue silvis,
Hercules hat so eben erfahren , dasz er selbst in der raserei seine gattin
und kinder getötet habe, und nun bricht er in wilden schmerz lilcrüber
aus und nennt eine ganze reihe der furchtbarsten strafen, die ihn, den
mörder, treffen sollen, in solchen und ähnlichen scenen verfällt Seneca,
von der wuchernden Üppigkeit seines geistes und dem verdorbenen ge-
schmack seiner zeit irre geleitet , immer in schwulst , und man darf sich
nicht wundern dasz vieles gesuchte, unpassende, ja Ucherliche in seine
Worte mit unterlauft, allein dasz er so unsinnig geredet haben sollte,
870 B. Sclimidl: anz. v. Seoecae iragoediae edd. IL Pdper et 6. Itichter.
wie Qberliefert und oben angegeben bt, kann man ibni doch auf keinen
fall zutrauen, um anderes zu (ibergehen, so kann unmöglich trahant
priidicat zu rupes und zu alet zugleich sein, und die erwibnung der äUs
avida musle mit der des Caucasus, nicht mit der der caspiscben fdsen
in Verbindung gebracht werden. P., welchem diese Qbebtlnde nicht ent-
gangen zu sein scheinen, hat sich durch Streichung der verse 1214 und
1215 zu helfen gesucht allein dadurch werden keineswegs alle Schwie-
rigkeiten beseitigt, denn znn9chst wfirde trahani von den caspiscben
felsen und dem Caucasus immerhin sehr sonderbar geugt sein, sodann
wäre es gewis aufHlllig, wenn ein Seneca hier, wo doch ?on strafen die
rede ist, bei erwähnung des Caucasus nicht auch auf den die eingeweide
des Prometheus zerfressenden geier gekommen sein sollte, denn in den
Worten volucres pascens könnte man kaum eine schwache andeutnng
jener begebenheit erblicken: vgl. Herc II 1381 f. endlich steht die frage
cur Promethei vacant tcopuU? dem Seneca sehr wol an und wdst nicht
auf einen schwachköpfigen Interpolator hin , wie man ihn in erwSgung
anderer umstände hier annehmen mflste. difeie gründe veranlassen mich
vielmehr zu glauben, dasz die ganze stelle an einer schwereren, auf mdi-
rere verse sich erstreckenden teztesverderbnis leidet ; auszerdem mag sie
auch noch durch ein fremdes einschiebsei verunstaltet sehi: denn ich
gestehe dasz die werte verlice inmen$o bis $Üin$ oder wenigstens bis
pascens in mir starke zweifei bezfiglicii ihrer echtheit erregen, es ist
mir indessen trotz langen und wiederholten nachdenkens ober diese stelle
nicht gelungen einen Vorschlag ausfindig zu machen, welcher mich selbst
befriedigen könnte. — Die verse 1223 — 1225, in welchen Hercules die
absieht ausspricht einen mächtigen Scheiterhaufen aufzutflrmen und sich
darauf zu verbrennen , sind von ihrem richtigen platze entfernt und an
eine stelle versetzt worden , wo sie, wie jeder auf den ersten blick sich
überzeugen wird, den Zusammenhang vollständig zerstören, nemlich
hinter v. 1241. dort weiht Hercules seine waffen, den bogen, die keule
und die pfeile mit dem köcher den manen der von ihm gemordeten, hat
denn nun hr. P. nicht gesehen , dasz unmittelbar hieran die werte dent
arma poenas in v. 1242 sich anreihen und notwendig sich anreihen
müssen, indem dieselben den in v. 1238 — 1241 enthaltenen gedanken zum
abschlusz bringen? und hat er ferner nicht gesehen dasz, wenn Hercules
hier sagen würde: ^ch will meinen von ruchlosem mord befleckten
körper verbrennen', derselbe doch nicht gleich darauf (v. 1242 f.) sagen
könnte: ^auch euch, ihr hände, die ihr meine wafTen so unglücklich ge-
führt"), will ich (zugleich mit den waffen) verbrennen'? — V. 1291 hat
P. pavidamque matrem , was seit den zelten des Commelinus der einaig
23) dies ist der sinn der werte infauMtas meis teliSf an denen man
ohne grund anvtosz genommen hat. die waffen des Hercnles sollen
strafe erleiden und mit ihnen seine hKnde, die doch an dem nnglfick,
d. h. der entehmng jener, schuld sind. P. schreibt statt ieli$ mit Bothe
und Baden in der ausgäbe des Hercules von 1798 nach einer der vom
letztern eingesehenen schlechten hss. (aedis, was ganz and gar nicht
""aast.
8. Schmidt: anz. v. Senecae Iragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 871
fichUgen \e:i9rl pavidasque matres gewichen war, wieder aufgenoiumen
und damit, ohne es zu merken, einen hialus in den vers gebracht, wei-
•chen sich Seneca nie verstaltet jene fehlerhafte iesarl, welclie sich
übrigens nur in wenigen ganz schlechten hss. finden kann (die Palaliiii
•haben sSmtlich patidasque maires und so ohne zweifei auch der Flor.,
über welchen weder Gronov noch Peter etwas bemerken) rührt offenbar
von einem unwissenden corrector her, welcher sich den pluralis niclit zu
•erklären vermochte, wie derselbe zu verstehen sei, mdge hr. P. aus den
bemerkungen des Famabius und Gommelinus entnehmen ; besonders bitte
ich ihn die völlig analoge stelle Med. 1015 f., auf welche von dem er-
steren auch verwiesen wird, nachzusehen. — V. 1292 ff. sind zum teil
offenbare fehler im texte stellen geblieben: man sehe meine obs. crit.
s. 26 f.
In bezug auf die stelle v. 1302 — 1309 verweise ich auf Gronovs
bemerkungen zu derselben und auf meine obs. crit. a, 27 L hr. P. ist
von der einzig richtigen personenverteilung des Flor, an ^iner stelle wie-
^derum abgewichen, indem er v. 1308, seinem V folgend, dem Hercules
zuteilt, hiernach würde also Amphitryo zu seinem söhne, der im begriff
Ist band an sich zu legen, weiter nichts sagen als: ^sieh, jetzt wirst du
«in verbrechen begehen', was äuszerst matt wäre, und Hercules darauf
erwidern: *ja, mit meinem willen und wissen', was albern wäre, denn
Einmal wflrde da Hercules seinen vater zugeben , dasz der von ihm beab-
sichtigte Selbstmord wirklich ein verbrechen sei, wihrend er doch in dem-
selben vielmehr eine notwendige sflhnung für die an den seinigen verüble
unlhat erblickt; und zweitens würde er durch jene werte indirect die
Ermordung seiner gattin und kinder entschuldigen , denn der gegensatz
-dazu wäre offenbar: 'jene andere tliat verübte ich wider willen und
wissen.' nichts aber liegt Hercules ferner als eine solche absieht, ihm
<]er sich ja für die wenngleich in der raserei begangene tliat allein ver-
antwortlich macht und die von Amphitryo angefahrten entschuldigungs-
gründe nicht gelten lassen will, wie vortrefflich ist dagegen der sinn der
stelle bei der personenverteilung des Flor, und der übrigen hss. da sagt
Amph.: *sieh, jetzt wirst du ein verbrechen begehen mit deinem willen
und wissen', d. h. wihrend du vorher im wahnwitz ein verbrechen ver-
übtest, das eben darum diesen namen nicht verdient und wofür jedenfalls
-dich kein Vorwurf treffen kann, begehst du jetzt ein solches bei klarem
verstände, lädst also jetzt eine wirkliche schwere schuld auf dich. vgl.
unten v. 1320. — V. 1312 miserum haut potes me facere^ felicem
jwtes streicht P. mit hinweis auf v. 517 miserum veta perire^ felicem
iube^ nimt also jedenfalls an dasz derselbe nacli diesem muster von einem
interpolator zusammengeschweiszt sei. was haben denn aber beide verse
mit einander gemein auszer den werten miserum und felicem^ gar
nichts, der gedenke selbst ist total verschieden, v. 517 spricht Lycus
^ie tyrannenmaiime aus: einen unglQcklichen , fQr walchen das leben
geringen oder gar keinen werth habe, dürfe man nicht tüten, ihn mOsse
«lan zu seiner eigenen quäl leben lassen; dem glücklichen dagegen, dem
<Ias leben mit seinen gütern und reizen tiieuer sei, solle man das leben
8 72 B. Schmidt : anz. v. Seuecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter^
nehnien. an unserer stelle dagegen sagt Amphitr)'o zu seinem söhne:
'unglOcklich kannst du mich dadurch, dasz du dich lötest, nicht macLes,.
denn in diesem falle töte ich mich auch (und numquam est iüe miser
cui facile est mor t Herc. II 111), wol aber kannst du mich glticklich
machen dadurch dasz du mir den söhn erh2iltst.' beide verse aUimen
ganz den geist des philosophen Seneca ; hr. P. freilich scheint weder de»
einen lioch des andern sinn hegriffen zu halien. — V. 1319 lautet nach
dem Flor, und andern hss. so : letale ferro pectus inpresso mduam^ und
man hat diese lesart mit Berufung auf die Vorliebe unseres dichters für
die figur der hypallage vertheidigen wollen, aber schon Withof a. o.
s. 127 verwarf dieselbe mit vollem rechte. P. nun schreibt vulnus für
pecius. allein diese conjectur Ist, abgesehen von ihrer köhnheit, schon
dcium zurückzuweisen, weil vulnus induere notwendig ein beziehungs-
object erfordern würde, welches hier fehlt, weit mehr empfiehlt sich der
Vorschlag Withofs letale in senile zu andern, es ist mir aber denn dock
wahrscheinlicher, dasz Seneca schrieb letale ferro pectori inpressum tu-
duam^ was nicht nur in alten ausgalien steht, sondern auch in dreien der
freilich geringen hss. Badens sich fiudet und worauf auch mehrere andere
hss. hinweisen (die mehrzahl der hss. Gruters hat impressum^ der codex
des Caietanus auch ferrum), hr. P. kennt diese Varianten gar nichL zu
der Verbindung ferrum pectori induere vgl. Phoen. 180 manum cerebro-
indue, zu dem pleonasmus inpressum induam unten v. 1345 ff. redde
me infemis precor umbris reductum meque subiectum tuis re-
slitue vinclis. — V. 1347 f. werden wiederum zwei halbverse, die noch
dazu einen trefilichen gedanken enthalten, ausgeworfen, besser hätte hr»
P. gelhan v. 1339 f. die worte astra transversos agunt obUqua cursus
zu beanstanden, welche ein interpolator mit benutzung von v. 932 f. hier
eingeschwSrzt haben dürfte, denn die Sterne können doch auch in der
Vorstellung des Hercules nicht zu gleicher zeit mit dem sonnengotte
ihr entsetzen vor dem mörder bekunden.
Ich komme nunmehr zu der von hm. Richter bearbeiteten tragödie
THYEßTES.
V. 15 rührt die emendation addi nicht von Bothe her, wie R. ai»-
gibt, sondern von Gronov, welcher auch die ganze stelle zuerst richtig
abgeteilt hat. — Die stelle v. 32 — 36 ist sehr willkürlich behandelt, sie
lautete seit Gronov so : superbis fratribus regna exddani \ repetanique
profugos: dubia violentae domus \ fortuna reges inter incertos labet \
miser ex potente fiat^ ex misero potens^ \ fluctugue regnum casvs
assiduo ferat; woran, wer Senecas manier kennt, gewis nichts auszo»
setzen haben wird, "wie repeiantque ^ was der Flor, nebst andern hss.
bietet, aufzufassen sei, hat bereits Gronov richtig auseinandergesetzL.
R. nun, damit nicht zufrieden, ist zu der llngst beseitigten lesart der
schlechten hss. repetatque zurückgekehrt und verbindet demgemtsz rfpe-
tatque profugos dubia v, d. fortuna. hierauf streicht er den ganze»
V. 35 als eine den Zusammenhang zerreiszende Interpolation, es heiszl
darüber praef. s. XI: Mnculcato versu 35 labet in proximo (?) versu om*
B. Schmidt: ans. v. Senecae Iragoediae edd. R. Peiper el G. Richter. 873
nino nun habet unde pendeat, nam qiiae vos antecedit fortuna ad eam
nequaquam polest referri.' ich möchte doch wissen , warum label nicht
prSdical zu foriuna sein könne , sondern notwendig auf casus in v. 36
bezogen werden mflsse. -— V. 57 ff. las man bisher dexira cur pairui
vacat? I nondutn Thyesles liberos deflet suosf (ohne frage Bothe) |
ecquando tollet ? nach den hss, , nur dasz diese et guando bieten. R. hat
umgesieWi liberos deflet suos \ nondum Thyesiesf dexira cur patrui
vacat? I ecquando tollet f worauf ihn wol zunächst die bemerkung
Schröders geführt hat. dann ist entweder dextra liberos zu tollet zu
erganzen, wie Schröder wollte, oder, was mir besser scheint, patruus
dextram^ in dem sinne: *wann wird Atreus die band zum morde der
kinder seines bruders erheben?' ich gebe zu dasz diese Umstellung
etwas fflr sich hat, als notwendig kann ich sie jedoch nicht ansehen, die
erklfirung Gronuvs, weicher die worte ecquando tollet f auf den nachmals
aus blutschänderischem Umgang entsprossenen söhn des Thyestes, Aegis-
thus, bezieht, ist doch nicht so künstlich oder w*eit hergeholt, wie
Schröder und Bothe meinen, v. 42 wird auf dasselbe factum angespielt,
wie schon Baden hen^orgehoben , und bei dem bekannten haschen Sene-
cas nach pointen ist die annähme, dasz es auch hier geschehen, keines-
wegs unstatthaft, dazu kommt dasz bei der Gronovschen erklArung die
hsl. Überlieferung et quando ganz unverändert beibehalten werden kann.
— V. 68 hat R. statt ad stagna et amnes et recedentes aquas geschrie-
ben ad stagna et amnis ad r. a., eine leichte und sich empfehlende Ände-
rung, durch welche das tautologische der rede um ein betrSchtliches ver-
mindert wird. — V. 100 darf das von den hss. gebotene sequor nicht
beseitigt werden : Tanialus, von der furie bis zur Verzweiflung geschreckt
und gequält, spricht nach langer Weigerung mit diesem worte endlich
seine bereitwilligkeit aus, den an Ihm haftenden fluch in seiner enkel
haus zu tragen, nach sequor sind mehrere worte ausgefallen, wie auszer
dem roetrum auch kunc hunc furorem in v. 101 zeigt , worte welche
zum vorhergehenden eigentlich in keiner beziehung stehen.
V. 130 f. hat R. eingeklammert, nachdem schon vor ihm Goebel
(z. f. d. gw. 1862 s. 741) nicht nur diese, sondern — ohne jeden trif-
tigen grund — auch die vier vorhergehenden verse hatte ausscheiden
wollen, diese athetese ist gerechtfertigt, hauptsächlich deswegen, well
jene beiden verse die grammatische construction in einer hei der son-
stigen groszen correclheit der Senecaschen diction auffilligen weise
unterbrechen. — Dagegen v. 222 f. thut R. sehr übel daran seinem mit-
herausgeber zu folgen , welcher hier wieder einmal durch Streichung der
Worte coniugem stupro abstulit regnumque furto den teit verpfuscht,
davon wird sich jeder leicht überzeugen, der die stelle betrachtet; mir
aber wird man, nachdem ich hrn. Peiper bereits auf seinen irfahrten im
Hercules mit möglichster geduld begleitet habe, gewis nicht zumuten ein
gleiches auch in diesem stücke zu thun.*^) — V. 336—338 werden mit
24) ebeoao nnbegründet sind andere von K. angenommene athete-
aen P.8 in dieser traglSdie. so z. b. die streichnng des v. 416 (vgl. das
EU Herc. 382 von mir bemerkte), der verse 778*^^782', der worte latus
S74 B. Schmidt: ans. ▼. S^oecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter.
gutem recht als an dieser stelle ganz ungehörig beseitigt einige wahr-
scheinliclikeit hat auch die weitere Vermutung R.s, dasz der echte anfang
dieses chorgesangs verloren gegangen sei; wiewol derselbe allenfalls auch
mit V. 839 beginnen Icann. — Dagegen mit den Itühnen versversetzungen,
welche R. weiter in diesem gesange, fast ganz nach dem Vorgang Swo-
bodas (111 s. 268 ff.) 9 vorgenommen hat, liann ich mich durchaus nicht
emverstanden eriülren. die fiberiieferte reihenfolge der versa ist nicht
nur nicht anstöszig, sondern in der that viel besser als die von Swoboda
hergestellte, so folgen die verse 353—357 weit passender auf die worte
^uem non ambitio inpotens . . vulgi praecijntis movety indem auch sie
€ine ausführung der mala pectoris (v. 349) enthalten (^liönig ist wer von
den leidenschaften des ehrgeizes und der babsuclit unberührt bleibt'), als
auf V. 347 , wohin jener sie versetzt und wo sie nichts weiter sind als
«ine Iftstige Wiederholung des schon v. 344 durch opes ausgedrfldclen.
auch wäre es gewis eine sonderbare Verbindung, wenn Seneca gesagt
hüte, wie er nach Swoboda und Richter gesagt haben mOste: regem
non facti guidquid ieril area. nach der Überlieferung sagt der dichter
vielmehr: rex est quem non movet guidquid ierü area, ich aoUte mei-
4ien, das sei doch wol eiu besserer gedanke. — V. 353 — 355 fehlen im
Flor, nach Peters zeugnis und sind deshalb von R. gestrichen worden.
es fragt sich aber doch, ob wir in ihnen wiridicli eine Interpolation zu
erkennen haben, da sie an sich so wol als in dem Zusammenhang, in wel-
chem die Überlieferung sie bietet, tadellos sind (dort, wohin sie Swoboda
und Richter bringen, sind sie freilich unbequem) und da der Flor, be-
kanntlich auch an einigen anderen stellen lückenhaft ist. — V. 388 hätte
R. schon, um den lästigen gleichklang mit dem folgenden cupiei zu ver-
meiden, statt meiuit nicht schreiben sollen meluei» woran übrigens schon
andere vor ihm gedacht hatten.
V. 450 f. wirft R. die worte capere securai dapes humi imcenUm
als 'conflala ex eis quae secuntur' aus. praef. s. X indessen zweifeln
-die ligg. selbst, ob sie statt derselben niclit vielmehr v. 452 hätten
streichen sollen, wer sich des oben über Senecas stil von mir bemerkten
erinnert, wird zugeben dasz weder das eine noch das andere geboten er*
scheint — V. 529 wird von R. als aus den Sentenzen des Puhliliua Syrus
hier eingeschmuggelt (praef. s. X) beseitigt : vgl. das zu Herc. 332 (oben
s. 860 f.) gesagte. — Nach v. 572 wird eine lücke von ^em verse ange*
nommen, nur der vermeintlichen atrophe halber, ebenso nach v. 585. —
V. 586 und 587 werden mit P. als einschiebsel eines albernen interpo-
iators (vgl. praef. s. XI) gestrichen, anstdszig ist die erwähnuag Itfaacas
allerdings aus dem gründe, weil bisher nur von einem stürm auf dem
^^bruttischen' d. i. sicilischen meere und dessen folgen die rede war. aber
noch weit anstösziger ist doch wol die von den hgg. sonderbarer weise
nicht beanstandete erwähnung der Gyeladen in v. 595: eine stelle die
gleich jener über bord zu werfen selbst hm. P. unmöglich schdnen
^xpUeuit in t. 809. gans unnötig sind femer anch mehrere von P. im
Thjrestes vorgenommene nnd von B. gebilligte vemveraetsnngen, ao die
amstelliuig von v. 689 nach 692, von v. 798 hinter 801, und andere.
S. Schmidt: anz. v. Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 875
4Qrflc. diese wahrnelimung führt zu dem unabweisbaren Schlüsse, dasz
•der dichter im vorhergebenden nicht von einem besondern, sondern
vom meere im allgemeinen geredet haL demnach ist BruUium in
V. 578 falsch, welches aus Herc. 11 654 Bruitia coro puUante fretum
■lenior unda est hier eingedrungen sein kann, statt dessen wird ursprOng-
lich ein eine eigenschaft des meeres bezeichnendes beiwort gestanden
haben; welches, lüszt sich freilich nicht entsclieiden : denn der möglich-
Iceilen sind hier viele, sicher aber ist, dasz durch Änderung jenes ^inen
Wortes aller anstosz beseitigt wird und mithin jede tilgung unnötig ist.
— V. 590 f. liest man a//a, quae navis titnuit secare \ hinc et hinc
ftisis spatiasa velis, der Flor, hat spetiosa d. i. speciosa, das sieht mir
nicht wie ein bloszer Schreibfehler fQr spatiosa aus, vielmehr halte ich
tpeciosa für die richtige lesart. der begriff des groszen fahrzeugs im
gegensatz zum nachen ist bereits durch das wort navis so wie durch die
hinc et hinc fusa vela hinreichend ausgedrückt, und speciosa passt
offenbar besser zu velis als spatiosa. auch Tro. 830 ist wol zu lesen
urbibits centum speciosa Crete^ worauf wieder der Flor, hinweist, der
^paciosa bietet (spatiosa die übrigen hss.). man vergleiche stellen wie
Hör. epist. I 16, 45 speciosum pelle decora^ Tac. ann. 111 55 opihus
domo paratu speciosus, an der stelle der Troades hat, wie ich nach-
iräglich sehe, schon Peiper (addenda s. XL VII) an speciosa gedacht.
V. 632 quis hie nefandi est conseius monstri locus? wird in der
besten hs. noch dem boten in den mund gelegt , einzig richtig , denn er
ist offenbar der abschlusz des ganzen, v. 627 — 631 durch eine reihe
speciellerer fragen {Argos . . Scythaef) ausgedrückten gedankens: *bin
ich iu einem civiüsierlen lande oder unter barbaren?' und nimt die erste
frage quaenam isla regio est? wieder auf, dieselbe bestimmter fassend,
selir verkehrt gibt R. , den schlechteren hss. folgend , diesen vers dem
chore, welcher vernünftiger weise nur fragen könnte cuius hie nefandi
est c. m. /. Y denn dasz die schandthat von welcher der voller entsetzen
aus Atreus bürg herausgeeilte hole spricht, in Mycenae verübt worden
und nicht etwa im lande der Scythen oder gott weisz wo, darüber konnte
iler chor doch siclierlich nicht in zweifei sein. — V. 788 hätte R. nicht
patefiant aus dem Flor, aufnehmen sollen , was nichts als Schreibfehler
ist. der sinn der ganzen stelle fordert gebieterisch das von A gebotene
futurum: vgl. v. 784. -^ V. 893 f. können die worte pergam et inpleho
patrem funere suorum unmöglich richtig sein, da ja Thyestes bereits
bei dem grausigen mahle sitzt, etwas anderes ist es, wenn Atreus
V. 983, bevor er dem bruder seine that enthüllt, auf dieselbe anspielt
mit den zweideutigen Worten totumque turba iam sua inplebo patrem.
auf diese worle wird sich bei gehöriger Überlegung niemand berufen
wollen, um die lesart der hss. an unserer stelle zu vertheidigen. es
Würfle a]>er allerdings sehr schwierig sein hier eine emeudation ausfindig
zu machen, welche den fiberlieferten buchstaben nahe sUnde. dem
sinne würde entsprechen p. e. i. p. sanguine suorum d. i. ^wie ich
Thyestes das fleisch seiner kinder zum mahle vorgesetzt habe, so will ich
ihm nun auch ihr blut zu trinken geben', wie es in der that nachher ge-
876 B. Schmidt: aoz. ▼. Senecac tragoediae edd. R. Peiper el G. BIcfaler.
schiehl. — V. 915 sclireibl R. stall regumque regem nach dem Flor-
regum atque regem ^ wasjch nicht hilligen kann, denn erstens scheint
mir que nach den vorausgehenden Worten caeKtum excelsisiimum dem
jiinne nach angemessener, und sodann ist es höchst unwahrsdieinlicb
dasz Seneca, der aique wie auch ac sonst niemals nachstellt (s. meine
obs. criL 8. 11 und dazu Lucian Müller jahrb. 1667 s. 64), sich bler^
wo es so leicht zu vermeiden war, die Umstellung dieser partlkel ge-
stattet haben sollte, ich glaube dasz atque im Flor, versehen des Schrei-
bers ist. — Zu v. 919 wird hoc haec mensa cludalur scypho als les-
arl des Flor. angefOhrt, wfthrend doch J. F. Gronov ausdrficklicb bemerkt
dasz diese hs. hoc hoc biete, doch ist jenes allerdings das richtige, wie
schon Gronov gezeigt hat.
Das anapSstische lied v, 923—973, welches wir bisher gewohnt
waren als ein von Thyestes allein gesungenes anzusehen , hat br. R.
zwischen diesem und dem chore geleilt , und zwar in der weise dasz eia
von dem letztern eröffneter strophischer wechselgesang entsteht, bewo-
gen hat ihn hierzu zunächst der umstand dasz der Flor, niclit nur in der
Überschrift dieser scene die worte chosvs. thtebtes bietet, sondern
auch in dem canlicum selbst an vier stellen eine personenbezeichnung
hat, nemlich thy. vor v. 942 und 969, und cho. oder cbob. vor 946
und 965. nach der Richlerschen anordnung der scene indessen wfirde
im ganzen ein zehnmaliger Wechsel der person stattfinden, wie völlig
verkehrt diese neuerung ist, liegt so offen auf der band, dasz ich kein
wort weiter darüber verlieren würde , kdme es mir nicht darauf an auch
an diesem beispiel zu zeigen , in welche abgründe eine kritik geräth, der
es viel mehr auf herstellung einer eingebildeten formalen harmonie an-
kommt als auf sinn, Zusammenhang und innere Übereinstimmung, der
chor also , welcher in der vorausgegangenen langen scene v. 623 — 788
durch einen boten von der schrecklichen ihat des Atreus die ausführ-
lichste künde erhallen hat, der nicht nur weisz dasz die söhne des
Thyestes grausam ermordet sind, sondern auch dasz deren fleisch den
unglücklichen vater zum mahle vorgesetzt worden, derselbe chor soll
hier den Thyestes auffurdern sorglos der freude sich hinzugeben und
seinem bruder mit vertrauen entgegen zu kommen ! wie reimt sich das
zusammen? oder hat jemals der chor in einer antiken tragudie eine so
heuchlerische rolle gespielt? nur andeuten will ich, wie unpassend
V. 966 dement im muude mycenischer unlerthanen sein würde, ist denn
aber nach der einrichlung des ganzen Stückes ein auftreten des chors in
dieser scene überhaupt möglich? wie kann dieser, der so eben noch
auszcrhalb der königsburg des herausgeeilten boten bericht anhörte,
mit einem male im Innern des saales erscheinen, in welchem Thyestes
einsam bei tafel sitzt und den Atreus jetzt erst (v. 905), um sein äuge
an dem anblick des unglücklichen zu weiden, hat öffnen lassen? zum
überflusz lehren endlich die unserer scene unmittelbar vorausgehenden
und auf dieselbe vorbereitenden worle des Atreus v. 921 f. ecce , iam
canius ciei fesiasque voces^ dasz nur Thyestes es ist welcher das cantt«
cum singt, wie diesen klaren Worten gleichsam zum höhne hr. R. den
B. Schmidt: anz. ?• Senecae tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 877
x:hor das canticum sogar hat beginnen lassen l^önnen, das ist Tollends
unbegreiflich. — Die erwShnung des chors in der Überschrift dieser scene
im Flor, und der in demselben codex viermal staltfindende personen*
Wechsel verlieren dem gewichte solcher grflnde gegenüber natürlich alle
und jede bedeulung : das sind blosze versehen des Schreibers dieser hs.
oder des Ihr zu. gründe liegenden Originals, hat sich doch R. selbst ge-
nötigt gesehen die verse 946 IT., welche die hs. dem chore gibt, vielmehr
dem Thyestes zuzuweisen, an ^iner der angegebenen vier stellen, an
welchen der Flor, personenbezeichnung hat, Iflszt sich die entslehung des
fehlers noch heute deutlich erkennen : vor v. 942 hat sich thy. dadurch
eingeschlichen , dasz Thyesten unmittelbar vorhergeht. — V. 1008 wird
ganz falsch zwischen amplexus und pater iuterpungiert: pater ist nicht
vocativ, sondern nominativ. — V. 1023 muste unbedingt die vortreflllche
emendalion Gronovs exilia aufgenommen werden, welche R. nicht einmal
erwähnt: vgl. Herc. 1230. das hsl. exttia ist unsinnig; wenn Baden
meint, dies sei gesagt für nos exitiosos^ pemiciosos^ so ist diese erkl3-
rung unmöglich wegen des dabei stehenden nosira^ statt dessen etwa
haec stehen moste. — Im folgenden verse hftlte der Schreibfehler des
Flor, iacei für iaces nicht in den text gesetzt werden dürfen. — Nach
Y. 1057 wird ohne allen grund eine Ificke von ^inem verse angenommen.
Die gegebenen proben genügen, denke ich, vollauf, um das kritische
-verfahren der hgg. nach den verschiedenen selten hin zu beleuchten und
meine oben ausgesprochenen behauplungen zu rechtfertigen, es wird die
erste aufgäbe des kÜnAigen herausgebers dieser tragödien sein müssen,
^en text von den massenhaften willkürlichkeiten und Verunstaltungen
wieder zu befreien , welche eine bodenlose kritik in denselben eingeführt
liaL der groszen menge dieser Interpolationen gegenüber ist die zahl
der annehmbaren Vermutungen eine sehr geringe.
Mehr verdienst haben sich die hgg. durch den beigebrachten kriti-
schen apparat erworben, sehr willkommen sind besonders die von ihnen
zuerst veröffentlichten excerpte im Thuaneus und die in ihrer ausgäbe
vorliegende neue collalion des Florentinus. wir ersehen aus dieser letz-
teren — und es war dies bei dem standpuncte, auf welchem die philo-
logische Wissenschaft zu J. F. Gronovs zelten stand , nicht anders zu er-
warten -^ dasz dieser gelehrte eine ziemlich grosze anzahl von Varianten
der von ihm aufgefundenen hs. unerwähnt gelassen hat, oflenbar weil sie
ihm ohne belang zu sein schienen , darunter auch viele durch versehen des
Schreibers entstandene corruptelen (vgl. z. b. Thy. 496. 498. 507. 544.
564. 566 usw.). übrigens sind wir auch durch Peters obwol dankens-
werthe vergleichnng über den text des Flor, doch noch lange nicht so
genau unterrichtet als notwendig wäre ; sogar in manchen wichtigeren
iSlien iSszt uns dieselbe im stich, es steht zu hoffen dasz durch die
ToUstflndige verölTentlichung der von 0. Ribbeck angefertigten collation,
von welcher bis jetzt nur sehr weniges bekannt geworden , die übrig ge*
'bliebenen zweifei gehoben werden , wie denn diese collation auch da den
Ausschlag geben wird , wo die angaben Gronovs und Peters sich wider-
878 D. Schmidt: anz. v. Senecae iragoediae edd. R. Peiper et G. Richter*
sprechen, z. b. Herc. 527. 1182. Thy. 616. 658. Herc 11 1799; TgL
auch Thy. 1109. -- Am meisten ist die von den hgg. benutzte coUation
der Orthographie zu gute gekommen , welche von Gronov fast nirgends
berücksichtigt worden war und sich in arger Verwahrlosung befand ; hier
haben die hgg. in der that viel gesäubert, reclit verdienstlich Ist der
index orlhographicus am ende der ausgäbe, durch welchen wir über die
Schreibung der Wörter im l^lor. meist genaue mitteilungen erlialten. die
treraichkeit dieser handschrift zeigt sich auch auf diesem gebiete, ich
hebe nur einiges wenige daraus hervor, besonders auch um ein par bemer-
kungen daran anzuknüpfen, so hat der Flor, immer harena und harundo,
fast Immer umerus und umor; immer cetera ^ cena^ paelex oder pelex^
auiumnus^ arius^ quotiens, lotiens^ conubia. ferner steht im Flor, (ebeosa
In öinem Rehdig. und in dem einen der beiden Gothani) (ütenWClytemeslra:
s. s. 323 (im Index orth. Ist das wort nicht verzeichnet) ; vgl. über diese
latinisierte form Fleckelsen fünfzig artikel s. 13 und Ritschi opuscuia II s.
497 f. 517 f. an drei stellen bietet der Flor, die durch die hss. des Plau-
tus, Lucretius, Vergilius und anderer gesicherte Schreibung bracchiumy,
welche mit recht aufgenommen worden ist. derselbe codex hat stet»
richtig quicquam, aber auch immer fehlerhaft quicquidi dasz diese
falsche Schreibung des relativpronomens durchgängig im texte der neuen
ausgäbe erscheint, ist sehr zu verwundem; man hätte erwarten dürfen
dasz den hgg. eines lateinischen Schriftstellers Lachmanns bemerkung zu
Lucr. s. 286 nicht unbekannt sei. die bei Plautus vorkommende form
surrupere oder vielmehr subrupere für surripere^ welche der Flor.
Agam. 299 bietet, haben die hgg. nicht aufzunehmen gewagt, ich glaube
indessen dasz man dieselbe getrost dem Seneca vindicieren darf, da die
ganz analoge form exsulire noch bei Vergilius (georg. 111 433} vorkommt
und das in der Zusammensetzung durch Schwächung aus a entstandene u
bekanntlich in vielen Wörtern, wie aucupor conaäio usw. für alle Zei-
ten sich erhalten hat (Fleckeisen In diesen jahrb. bd. 60 [1850] s. 252
undCorssen ausspräche usw. I s. 314). die abgestumpfte form^o^, welche
neuerdings auf grund der hss. auch in den texl des Vergilius eingeführt
worden ist, bietet der Flor, vor Wörtern welche mit / anlauten, mehrfach,
nemlich Phoen. 215 (577), Phae. 945, Med. 303, Oed. 1077; und Tro.
160 weist der Thuaneus darauf hin , indem er poierga hat (über den
Flor, fehlt hier eine bestimmte angäbe), nur an den beiden letzten stellen
steht die kürzere form im texte der ausgäbe (und zwar in einem worte
posierga geschrieben, was unnötig), an den drei übrigen Ist post aus
versehen beibehalten worden (s. addenda s. XL VI f.). die bei Seneca häufig
vorkommenden contrahierten perfectformen auf t und t7, wlepeii^ redi,
petita redit und andere, sind im Flor, meist richtig geschrieben, dieselben
stehen bei Seneca in der regel am. schlusz der verse , besonders der se*
nare, viel seltener Inmitten des verses vor consonanten (s. de emend.
Sen. trag. s. 9 f.). für die frage, ob sich Seneca der kürzeren formen
auch vor vocalen bedient habe, kommen nur drei stellen In betracht;
Herc. 248. 325. Tro. 816. an der ersten stelle bietet der Flor, nach
Peter die contrahierte form petit ab ipsis^ und Peiper hat dieselbe auf*
B. Schmidt: anz. v. Senecac tragoediae edd. R. Peiper et G. Richter. 879
genommen, an der zweiten bat die hs. die lungere form abnt^ und so P.
im text. an der letzten stelle endlich hat P. ebenfalls die form mit dop-
peltem i in den text gesetzt: hier sciieint er über das was im Flor, steht
nicht unterrichtet gewesen zu sein, allein diese ungleichheil in der be-
handlung dieser drei völlig analogen ßlle will mir nicht gefallen, und icl>
meine dasz fiberall entweder die formen mit doppeltem t beizubehallea
oder die contrahierten herzustellen waren, dies letztere aber möchte vor*
'zuziehen sein, nicht blosz darum well an der ^inen stelle in der besten
hs. wirklich peiit steht, sondern auch deshalb weil Seneca, der, wie be-
merkt, die contrahierten formen überhaupt hSufig braucht und zwar auch-
vor consonanten, gar keinen grund haben konnte dieselben vor folgendem
vocal zu vermeiden , woselbst ihr vorkommen am natürlichsten ist. was-
das verbum desse betrifft, so steht im Flor, an zwei stellen (s. iudex orth.
s. 570) richtig derat. die fehlerhaften formen mit doppeltem e sind von
den hgg. mitunter stehen gelassen worden, so Herc. 504. Thy. 717.
was die aphaeresis des stammvocals von est und es anbelangt, so weisen
noch im Flor, vereinzelte spuren darauf hin: so Tro. 1072 die corruptet
Hecuba ext für Hecübae est, entstanden durch falsche auflösung von
Becuhaest; Herc. Oet. 1260 cruoris für cruore es, eine genaue durch»
forschung der hs. nach dieser seite hin würde wol noch mehr belege
dafür zu tage fördern.
Das allenthalben zerstreute kritische material der früheren in ^iner
ausgäbe vereinigt zu finden war ein iSngst gefühltes bedürfnis. die hgg.
sind demselben zwar entgegengekommen , aber leider nicht mit solcher
genauigkeit und sorgfall, dasz wir uns unbedingt auf sie verlassen könn-
ten, man vermiszt in ihrer adn. crit. gar manche Varianten, selbst de»
Flor., und auch an irlümlichen angaben fehlt es nicht, für beides habe
ich schon oben gelegentlich mehrere beispiele angeführt, und die zahl
derselben liesze sich leicht vermehren, mitunter stuszt man auch auf
abweichungen von dem früheren texte, ohne dasz darüber etwas mitgeteilt
würde, so z. b. steht Thy. 123 dotnus im texte , während die früheren
ausgaben domos haben; ebd. 227 wird über das aufgenommene huiuSy
was, so viel ich weisz, nur alte conjectur für cuius ist (vgl. Bothe
zu d. St.}, nichts bemerkt, dasz die hgg. nicht die ganze menge der von
den versdiledenstea seiten vorgebrachten coujecturen unter dem texte
zusammengestellt haben, wird ihnen niemand verargen, die auswahl aber
hStte eine bessere sein sollen, hierbei will ich nicht unterlassen auf eine
dem eingeweiheten leicht erklärliche inconsequenz der hgg. hinzuweisen,
dieselben pflegen , wo zwei gelehrte die nemliche Vermutung vorgebracht
haben, beide zu nennen : vgl. z. b. Herc. II 540. 1838. Thy. 1088. sich
selbst nehmen sie von dieser regel keineswegs aus : so wird Oct. 297
eine conjectur Lucian Müllers auch als Vermutung Peipers angeführt ; ebd»
V. 585 sagt hr. R.: ^fidesque conieci cum Nie. Heinsio', und ahnlich
far. P. Herc Oet. 49: *scripsi cum Ascensio.' dagegen wird in den par
fallen, wo ich mit einem andern unwissentlich zusammengetroffen bin^
mein name totgeschwiegen, nun, nicht mir haben die herren damit ge-
schadet, sondern nur sich selbst, an ^iner stelle übrigens , Herc. Oet.
SSO B. Schmidt: anz. v. Senecae Iragoediae edd. B. Peiper el 6. Richter.
1275, wo die im texte der neuen ausgäbe stehende emendation dem Nie.
Heinsius zugeschrieben wird, mOchte ich mir doch erlauben meinen an-
Spruch auf dieselbe (de emend. Seu. trag. s. 25) so lange aufrecht zu
erhalten, bis hr. Peiper nachweist dasz prima tu ante omnes dasselbe ist
yrie prima tu, prima hunc, was, wie ich jetzt sehe, der holländische
gelehrte (advers. II 10 s. 277) schreiben wollte.
Ein groszer übelstand sind die druckfehler, von denen nur ein selir
kleiner teil hinter der praefatio berichtigt wird, besonders hSufig sind
dieselben in den Variantenangaben und verszahlen, ich will im inter-
esse derer welche die ausgäbe benutzen wollen hier einige nachtrage zu
dem Verzeichnis der corrigenda liefern, praef. s, V z. 2 v. u. L : ^exti-
mescitA expauescit E' — ebd. letzte z, fehlt 'cf.' vor *327' — s. VI z. 12
v. u. I. ^errat ludit E» — s. VU z. 7 v. u. I. 0 772—784 — s. 91 vorl.
z. der adn. crit. 1. ^vocät A vacat E t. Gr.' — s. 573 z. 22 v. o. l. Tr.
688 — ebd. z. 5 v. o. I. H II 1492 (?) sL U II 1510 (wol versehen der
hgg. selbst) — s. 575 z. 22 v. o. 1. U II 1449. auch der text des dich-
ters selbst ist von druckfehlern keineswegs frei: Herc. 2401. quae^i,
qui, Thy. 315 1. dire st. dure^ ebd. 975 1. celebremus, Oct. 452 L niM
in. nicht selten fehlen auch die nötigen interpunctionen , so z. b. Thy.
981 nach eruntque.
Die brauchbarkeit des buches wird endlich auch dadurch nicht we-
nig beeinträchtigt, dasz die hgg. bald nach der verszShlung ihrer eigenen
ausgäbe, bald nach der der älteren citieren. so z. b. praef. s. X z. 17
V. u. und in der anm. zu Herc. 1155 bezieht sich das citat HO. 745 auf
die früheren ausgaben (nach der neuen mflste 749 stehen); ebenso wer-
den zu Herc 639 citiert HO. 816 und 1455 statt 820 und 1459;
ebenso hätte es zu Herc II 1417 statt Herc I 1079 heiszen müssen
1084. von Übereilung und flüchtigkeiten sind demnach die hgg. keines-
wegs ganz frei zu sprechen.
Soll ich nun , am Schlüsse dieser anzeige, mein urteil Aber die neue
ausgäbe kurz zusammenfassen , so kann ich nicht umhin dieselbe als eine
zwar in einzelnen dingen verdienstliche , im ganzen aber verfehlte zu be-
zeichnen, durch welche der dichter einesteils wenig gewonnen hat, an-
dernteils in der erheblichsten weise geschädigt worden ist.
Jena. Bernhard Schmidt.
REGISTER
DER IM JAHRGANG 1868 BEURTEILTEN SCHRIFTEN UND
ABHANDLUNGEN.
seile
E. Benoist: les oeuvres de Virgile. les bucoliques et les georgiques
(Paris 1867) U5
J. Si. Blockte: Homer aud the Iliad. vol. 1—4 (Londou 1866) . . 577
J. Classen: Thukydides. 3r band (Berlin 1867) 105
A. ü.Cohausen: Cäsars Rheinbrücken philologisch, militärisch und
technisch untersucht (Leipzig 1867) 249
L. Dindorf: Diodori bibliotheca historica. vol. I et II (Leipzig
1866. 67) 37
C, Freytag: coniecturarum in Theocriti Carmen I lusus otiosi
(Meiszen 1864) 137
G, Friedfein: die geometrie des Pediasimus (Ansbach 1866) ... 65
H. Frohhergev: ausgewählte reden des Lyslas. 2s bdchen (Leipzig
1868) 600
/'. Godefroy: notice sur J, Fr. Dübuer (Paris 1867} 80
E. /ledivke: Q. Curti Rufi historiarum Alexandri M. libri qui super-
sunt (Berlin 1867) 773
L. Herb$l: über dv beim fatur im Thukydides (Hamburg 1867) . 181
H. van Herwerden: Sophoclis Oedipus rez. editio maior (Utrecht
1867) 593
R. Hocke: Nicomachi Geraseni introductionis arithmeticae libri II
(Leipzig 1866) 762
— 'luidvvou tpofilüiaTiKou 'AXcHavbpduic elc tö öeuTcpov thc Niko-
Mdxou dpie^TiTiKHC €lcaTUiTf\c (Berlin 1867) 762
JV. ,/. B. Kappeyne van de Coppetlo: Aristophanis Plutus (Amster-
dam 1867) 473
j4, Kiessling: Dionysi Hai. antiquitatum romanarum quae supersunt.
vol. III (Leipzig 1867) 805
F, Matz: de Philostratorom in describendis imaginibus üde (Bonn
1867) 59
A. Nauck: Sophoclis tragoediao (Berlin 1867) 361
J. Ooerbeck: die antiken schriftquellen zur geschichte der bilden-
den künste bei den Griechen (Leipzig 1868) 153
R. Peiper und G, Richter: L. Annaei Senecae tragoediae (Leipzig
1867) 781. 866
Jabrbftchcr für clas5. phUoL 1868 hfU 12. 57
882 Register der lieiiileiltco Schriften und abhandlungen.
ftcHe
E. h\ Poppo: TbucydidU de bello Pelopoooesiaco Ubri octo. vol. I
6cct. I et II. ed. altera (Leipzigs 1866) 169
M. Schanz: beitrage zur vorsokratischen philosophie aas Plato.
l8 heft (Göttingen 1867) 503
./. H. Schneiderwirth: geschichte der insel RhoduB (Heiligenstadt
1868) 818
J. Spengel: Planti Truculentus (Göttingen 1868) 609
ff\ S. Teuffei: über 8allastins und Tacitus (Tübingen 186S) . . 646
H\ Wackernagel: voces variae animantiuoi (Basel 1867) .... 326
N, H'eeklein: die sapbisten und die 8ophi«tik nach den angaben
Piatos (Würzburg 1865) 513
E. H'under: Sophoelis trag^oediae. vol. I sect. III cont. Oedipum
Coloneum. ed. quarta (Leipzig 1867) 441
SACH- REGISTER.
Accius 428 ff. 434. 439
Adonius versus M)2 f.
aerarluni militare 683 ff.
Aetichiues, scholien 749 ff.
Aeschylos (hik.) 25 f.
Afranius 428. 431 f.
aipecOai uud aipelcOai 373
Alcäische verse 499 ff.
Alkäos 747
dv beim futurnm 181 ff.
aniuti locativ? 150
anthologie, lat. 575 f. 698 ff.
diroTclveiv 482 f.
archäologisches 59 ff. 123 ff. 153 ff.
Aristodemos 81 ff. 237 ff. 397 ff. 832
ff. 834 ff.
Aristopbanes 395 ff. 402 f. (Pluios)
473 ff. 481
Aristoteles (pseudo-) irepi Oaujiaciujv
dKouc^dT()üv 217 ff.
aique bei Plautus 841 ff.
Aurelias Victor 571 f.
Babrios 390
Babyka 9
Bion 344
Cäsars Rheiuübergänge 249 ff.
Calpurnius 731
Casaubonus, Isaak 510 ff.
Catullus 384
CensoriDus (pseudo ) 432 ff.
Chancer, Q. 65
Cicero {de oraL) 488. 643 f. 780. {p.
S, Rotcio) 207 ff. 485 ff. (de imp.
Cn. Pomp.) 487 f. (p. Setlio) 351 ff.
{epi»L) 354 ff. (de re p.) 540 ff.
Claudianus 703 ff.
Commodianas 435
Curtius Rufus 773 ff.
Demophilos 214 f.
Demosthenes (9) 139 ff. (18. 19)
588 ff.
Diitrephes 158 f.
Diodoros 37 ff. 395 f.
Diomedes (grarom.) 435 f.
Dionysios v. Ual. 805 ff.
Donaius («u Ter.) 472. 675 ff.
dorische Wanderung 3 ff.
Dübner. J. F. 80
Duris von i^anios 667 ff.
9\ und f\y (imperf.) 364 ff.
-et und -q in der zweiten sing, per-
8on praes. 362 ff.
Ennius 437 f. 557 f.
Ephoros 665 ff.
Etymologicum Flor. 399 ff.
Knripides 363. 399 f. 403 ff. (Ion)
412 ff.
Eurystheus-Eurysthenes 4 ff.
Euthydemos 526 f.
formale bildung 10 ff.
fuUca fulca 574
Gellius 415 f. 572 f. 573 f.
gemmae littcratae 123 ff.
gigantomachie in Athen 163 ff.
Gorgias 522 ff.
grammatisches 10 ff. (griech.) 181 ff.
362 ff. (lat.) 841 ff.
griechische altertiimer 49 ff. ge>
schichte 1 ff. 81 ff.
handschriftliches 329 ff. 331 ff. 391.
576. 652 ff. 711 ff.
Heinsius, Daniel 72 ff.
Hermogenes-scholien 239 ff.
Herodotos 507 ff.
hexameter 492 ff. 501 ff.
Hippias der Sophist 516. 520 f.
Homeros 101 ff. 577 ff. 586 ff. (hy.
a. Hermes) 737 ff. (Iliasscholien)
801 ff.
Horatins 382. 506. 571. (epi$t.) 185 ff.
269 ff. (a. p.) 544. verskunst 497 ff.
inschriftliches (griech.) 123 ff. 607 f.
839 f. (lat.) 214
Ion von Chios 670 ff.
irritare 428
Isidorus 438
Jungermann, Q. 69 ff. 510
Juvenalis (sat. 6) 63 ff. scholien 438
Kallimachos 36. 231
klosterbibliothekcn 66 ff.
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