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Full text of "Neuer nekrolog der Deutschen .."

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HOoCGHT WITH 


THE GIFT OF 


Sl wıLrLıam Gray, 
St 4 7 


F BOBTON, MAER. 


(Class of 1338). 





Digitized by Google 











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Neid Me Mang, 
Ih VOR le us —— 


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Wener 
Wekhrolog 
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Deutfden 


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Funfzehnter Jahrgang, 1837. 





Erfter Theil 





Mit eineni Porträt. 





Weimar 1839. 
Dreud unb Verlag von Bernh. Friedr. Voigt. 


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| Der 
preufsifchen Armee. 


„. 


Niqt einem Herrſcherthron, nein Maͤcht'ge, Dir 
Gilt dieſesmal die Huldigung des Welt, 
Das dir vertrauend in den Arm ſich wirft 
Und Anſpruch macht auch auf Dein Wohlgefallen. 
Denn treulich hat es Deinem Ruhm gedient 
Und aufgezeichnet iſt darin von Tauſenden, 

Die Dir gehörten, hoher Thaten Glanz; 

‚ Entrifien find fie. dadurch der Vergeſſenheit 
und fur die Ewigkeit find fie gerettet: . 

Denn eingetragen num auf Klivs Zafeln | 
Kann der Geſchichte fie Fein Gott entreigen 
Und wo von andern: tapfern Voͤlkerſtaͤmmen 
Kaum Hunderte nr diefen Ruhm verdient, 

DA glänzen Zaufende von Dir im Ka 
Des Ruhmes zu der feruſten Nachwelt Kunde, 
. Zum hoben Borbild edler Volkestreu' 
Zur ihren König ‚und ihr Baterland, 


[2 


Denn wen des Kampfes Wuth noch übrig ließ, 
Ber nach ihm feiner Lorbeern ſich erfreut 
Und, ‚frei vom fremden Joche, new begründet 
Des Vaterlands Erblühen noch erlebt, . 


Der Ruh’ fi) freuend auf ‚dem Siegeslagetr, 


Doc endlich den. Geſetzen der Natur, 

Dem Staub, verfiel, von Kindern und von Lieben, 
Die ihm die Augen zugedruͤckt, beweint: 

Von Dieſen gibt der Nekrolog Euch Kunde 
Und zeigt, daß ihre Thaten nicht vergeſſen: 
Er führt Euch ein in beige Todtenhallen 
So vieler Tugenden und Ideale :  . : 7 
Und gibt Euch den begeifternden Beweis, . . 


Zn welcher Zahl der Preußen Volk behauptet 


Von Deutſchlands Edelften den erften Rang: 


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Borrede 


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Wenn der vorher de 14te des 


Be nicht umgeben, daß noch häufiger aid 


deffen Abdruck noch nicht eingegangen find, dem 
Bert Jahrgang als Nachtrag zum Vorhergehen⸗ 


wo ge wel 


den vorbruden zu laſſen; eine Einfichtung, die von 


allem Anfang an — zuweilen nur in geringerem 


. Verhältnig — ftattgefunden hat und die Vollftäns 


digkeit eben fo beguͤnſtigt, als bie Zeitbefchränktung ' 


der Mitarbeiter weniger beengend macht und wos 
durch dennoch bie angenonfimene Ordnung, die im: 
mer wieber burch die alle 10 Jahre erfcheinenden 


Generalvegifter im Gleiſe bleibt, nur wenig beein: 


trägptigt wird, | Ä 
| . Auch biefed Mal befindet fich ber Herausgeber 
Indem Falle, mehreren. einfichtövollen und. beifälligen 
Herren Recenfenten für die Ehre und . Gerechtigkeit 
feinen Dank zu ſagen, die fie dem lebten (14.) 
Sahrgange haben widerfahren laflen und er findet 
darin fortwährend einen. Theil der Aufmunterung, 
" welche ibm zur ferneren beharrlichen Ausdauer bei 
dieſem ſo mübevollen, koſtſpieligen und lukrativ⸗ 
undankbaren Unternehmen in der. That fo noͤthig iſt. 
Anerkennungen dieſer Art waren ihm beſonders von 
Werth in den Goͤttingiſchen Anzeigen 1837, Nr. 108 
amd in den Blättern für literarifche Unterhaltung 1838, 
Mr: 197. Der letztere hochachtbare Herr Necenfent 
iſt dem Herausgeber fchon feit-vielen Jahren ein wah> 
ver Leitfteen geweien und. wie. ihm defien Anerkennung 


F gu beften Lohn gedient,. fo bat er auch feinen ' 


inken ſtets willig eine, forgfältige Beachtung gewid⸗ 
"met. Derfelbe bewährt in jeder. neuen Beurtheilung, 


wie tief und gründlich er ſich in. dad Weſen des 


Nekrologs bineingebacht, wie, wohl er defien Auf⸗ 
gabe. verflanden und wie einſichtsvoll er dad Pro 
und Contra divergirender Anfichten gegen einander 
abgewogen hat. Vertraut mit der ganzen Reihen⸗ 
folge ber Jahrgaͤnge / mit Gen Qudflionen, die bis 
jetzt in. Diökuffion gewelen und mit den Verheſſe⸗ 
< zungen ‚bie allmdlig als folche erfannt und angenoms 
men worden find, haben feine fortgefegten Anſichten 


| 
J 


— .mdlih als Ergebniß hiervon angenommen 
und als befeitigt zu betrachten iſt, eben fo =. 
Kenntniß haben, ald von dem, was bis j 
anerkannte Aufopferung und Ausdauer ich ges- 
kiftet. "und welche Srundfäge dabei als Nor ımb 
Motive angenommen worden find. Diefe Gattung 
der Kritiker nimmt den erſten beftn Jahrgamg zus 
* findet Biographieen von Leuten, von denen 
e niemals etwas gehört, ober die auch wirklich nie 
Eelebrität erlangt (aber dennoch denkwuͤrdig find 
Keſt nicht, prüft ‚nicht felbft, ſondern vergleicht 
Aeußerungen, die wohl etwa in Konbitersien, 
baufern und gefeligen Cirkeln aufgefaßt worden 
und glaubt ſich nun befugt, friſchweg abzuſprechen, 
neue Einrichtungen anzuempfehlen und ın ihrem Babe 
über längft dageweſene und abgemachte Dinge das 
eifte Wort zu fprechen und ſich mit neuen heilfamen 
Borichlägen zu brüften. Solche Recenfenten bedenken 
nicht, daß ein ſtabiles Werk wie der Nekrolog, das num 
ſchon feit 15 Iahren feinen feſten und ruhigen Gang 
eht, nicht mit jedem Jahtgange neue Principien und 
* annehmen und in ein charakterloſes inkonſe⸗ 
quentes Schwanken und Allerlei verfallen darf, ſon⸗ 
dern Daß es diejenigen Normen, die bereits von vie⸗ 
len fehr zu berüdfichtigenden Seiten her als zweck⸗ 
mäßig, dauernd. und befriedigend erkannt wurden, 
feft im Auge behalten muß. ; 
Und wie es denn eine wahre Erbſiimde der 
mehrſten Menfchen tft, daß ihr erſtes Bed 
wenn man fie vor ein mühfames Menſchenwerk | 
nicht Anerkennung, ſondern eifriges Suchen a noch 


pt 


2 


vs Pr» 

fern liegendem Tadel iſt, fe haltın fie es für daB 
equemfie, dem Rekrologe vorzuwerfen, er fei im 
der Auswahl feiner Gegenflände nicht ſtreng genug, 
nehme alles auf, was man ihm. zufchide und liefere 
fehr oft Eebenäbeichreibungen von gleichgültigen und 
obfluren Perfonen, die füglich hätten wegbleiben 
koͤnnen. Dieſes haben Hunderte behauptet, Die dem 
Nekrolng blos vom Hözenfagen kennen und nie einem 


Band defielben vor Augen gehabt, gefchweige denn 


bie frühern Vorreden defjelben gelefen haben, in wel: 
chen die, Motive für die in ihm geltenden Grundſaͤtze 
von allen Seiten beleuchtet, nachgewiefen und durch 
bie vollgüiltigften. Stimmen der größten Kritifer ald die 
einzig richtigen beflätigt worben find. 

Es iſt nicht möglich, diefe Grundfäge, die num 
bereitö in 14 meiſt fehr langen Vorreden zur Gnüge 
befprocyen worden find, einem jeden neuen Sahrgange 
wiederholt vorzudrucken, fo. wie e8 ſchon an fich em 


wibdriges Gefchäft iſt, das fchen. fo oft ba geweſene, 


iramer wieber von Neuem zu berühren. Der Her 
audgeber würbe baher von dergleichen Oberflächlichs 
keiten auch weiter Leine Notiz nehmen, allein da er 
fich biöher fo. oft des Beifalls fo vieler höchft ruͤhm⸗ 
licher Kritifen erfreut hat, fo glaube er auch feine Leſer 
wit. zwei minder guͤnſtigen befannt machen zu müffen, 

Die eine derfelben befpricht in Nr. 117 der 


Brlaͤtier für literarifche Unterhaltung dad Nekrologs 


werk in feinem ganzen Kompler überhaupt und fein 
Verfafler gibt Hd im Allgemeinen, befonders was 
Zweck und Abficht betrifft, ald einen großen Freund, 
ja fogar als einen unbefannten Mitarbeiter deſſelben 
Dun 
| er Beit von 
f ee an nr Sebi : e der Mens 
en die Erinnerung verwifche, fo fei ed natürlich, daß 
wir und theuere Namen uns und Andere retten 
wollten, Klio nenne die Ghorführer, aber fie nenne 


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nicht die Mäuner des — ie viele i 
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en, bie mit ? MBie viele von 
—— — —RXRX 
ſpont uͤberſchritten? Wie viele von ‚ die von 
Karl XII., von Fried 1. und Rapoleon ih die 


md we Dadurch 
ewigen Andenfens wurd er And 


beherrſchen, wir leben mehr für die Heimath 
— die Aufgabe des Lebens iſt für une, 


Betten. Andy diefed naturkräftige, freie, treue, das 
ſtrebeüde Bolt der Deutfchen, wie —— 
vom Geſchick fein tragiſches Leben beguͤnſtigt? Wie 
bat vom Anfange feiner Geſchichte fletö fremde Ueber: 
macht ein geiftiged und Leibliches Sg ‚über feinen 
edlen Raden zu werfen verfuht! Wie gewaltfam 
t man's oft hindern wollen, daB es feine — 
che, eigenthuͤniliche Weiſe und Ratur frei und fro 
lich — ** im Leben. Und doch hat es das Schido⸗ 
leth, woran der Deutſche den Deutſchen erkennt, nicht 
gegeben und nicht verloren! Allein, damit daſſelbe 
nie aufgegeben, nie verloren werde, deßhalb muß der 
Deutſche ſich an [eine Geſchichte halten, damit ihm 
immer vor Augen fei, was ihm zieme,. was er bewahs 
ven, erfämpfen, De einen, von ſich weifen müffe; 
damit ihm immer vor Augen fei, was er als Deut: 
fiher vermöge. Wie nun die Geſchichte umfers Volks 
den Sinn für dad Ganze uns lebendig und rege er 
Hält, To ift das Leben der einzelnen, braven Männer 
und zu dem Edelften eine Ermuthigung, ein Borbild, 
ein Ideal; und fomit ift es ganz im Sinne des treuen 
dentfejen Volks gedacht, wenn wir das Leben feiner 
braven Männer, ohne Rüdficht auf Barhältuiffe, blos 
nach box Maasſtabe der Tuͤchtigkeit, der Treue, des 


N 


-. 


fuͤr dad Andenken ber 


vıu > , 
energiſchen Willens zuſammengeſtellt finden In einem 
großen empel des en Er ‘ nm. daß 

ie Idee des „Nekrologs der Deutſchen“ Leine andere 
if als die eben angedeutete, 

Der Herausgeber hat fich erlaubt, diefe ganze 
fchöne Stelle hier, vofftändig abdruden zu laffen, 
weil er felbft kaum im Stande fein möchte, fowohl 
feinen Zweck und feine Abficht bei Herausgabe des - 
Nefrologs treffender und berebter vorzutragen, ald 
die Nothwendigfeit —— darzuſtellen, nicht nur 

horfuͤhrer, ſondern auch füc 
das der Maͤnner des Chors zu ſorgen. Er dankt 


dem Herrn Kritiker, daß er ſeinen Ideen und Em⸗ 


pfindungen hier den rechten Ausdruck durch Worte 
egeben hat, muß aber bedauern, wenn er mit den 
im Widerſpruch gegen ſeinen eben aufgeſtellten Grund⸗ 
ſatz weiter ausgeſprochenen Wuͤnſchen nicht ganz ein⸗ 
verſtanden ſein kann, naͤmlich: 

„daß die Idee des Nekrologs concentrirter gefaßt und 

blos ſolche zugelaſſen wuͤrden, in deren Leben nicht 

ein egoiſtiſches Streben, ſondern ein Streben fuͤr das 

Ganze und fuͤr das Heil des vaterlaͤndiſchen Lebens 

fich effektvoll geltend gemacht hat.“ 

Die Graͤnze zwiſchen dem Streben fuͤr ſich ſelbſt 
und für dad Ganze und Allgemeine verlangt ſehr oft 
tiefere Blicke, als es für -unfere Augen Tag if, 
Beiderlei Streben ift aber fehr oft, ja in ber Regel 
in dem Menfchen fo in einander eingreifend, daß es 


‚von einander gar nicht gefrennt werden kann. Aber 


felbft angenommen, man fönnte ed, fo hat es nicht 
nur ſehr Viele gegeben, die troß ihrer Selbſtſucht 
oder ihres egoiſtiſchen Strebend dennoch einen fehr 
großen, ja oft fogar wohlthätigen Einfluß auf bie 
Mitwelt gehabt, fondern aud durch ihren Geifl, 
Scarffinn und, Größe eine Celebrität erlangt haben, 
daß ihnen ein Gedaͤchtniß auf Kliod ehernen Zafeln 
nicht wohl verfagt werden kann, wozu biefe faſt auf 


3 At x 
jeder Seite die ſchlagendſten Belege Uefetn. Weiter 
fährt der Herr Kritiker (Nr. 75) fort: 

Eine oberflädliche(l!!) Betrachtung des Merle 
zeigt, daß a angegebene Konten (Zuläffigkeit nur 
exer, in deren Leben ſich ein Streben für das Banze 
geltend gemacht hat) zwar aufgeitellt, doch nicht com= 

— feſtgehalten ſei. Leicht mirde ſich aber bie: 

elbe durcchfi | 


i den alten Xeguptern Iemand geſtorben 
war, fich alsbald 40 Richter verfammelten, welche über 
Das Leben des Berftorbenen zu Gericht ſaßen. Nur 


"Was erftlich die Konfequenz anbetrifft, fo hat 
dieſe bei dem Nekrolog, wie in ben vorhergehenden 
Vorreden fehr oft von dem Herausgeber felbft bes 
merkt worden ift, ihre fehr großen Schwierigkeiten; 
Streng genommen würde fie verlangen, daß aus 
allen deutſchen Kändern verhältnigmäßig gleich zahls 
reiche Sure geliefert, daB die Länge oder Kürze 
einer Lebensbefchreibung der Maasſtab des Ruhms 
und der Verdienftlichkeit fei, daß Fein ausgezeichneter 
Verſtorbener in die zweite, kein Minderwichtiger in 
‚bie erfte Abtheilung kaͤme u. f. w. — Ständen dem - 
Nekrolog über feine Stoffe die Materialien in folcher 
Auswahl und Menge zu Gebote, ald einem inmitten 
einer großen Bibliothek befchäftigten Lexikographen, 
fo koͤnnte man allerdingd größere Anforderung von 
Konfequenz an ihn machen, aber man bedenke, daß 
bier von feinem Pantheon die Rebe iſt, zu dem man 
fih feine Helden aus laͤngſt zahlreich vorhandenen 
Merken auswählen Tann, fondern von einer Todten⸗ 
chronik, deren Aufgabe darin befteht, daß diejenigen 
Dentwürdigern geſchildert werben follen, die eben 
Zufällig geftorben find, deren Wahl’ aber nicht von 
dem Herausgeber abhängt, fondern bie ihm vom 


— X F 

Schickſal, wie es eben trifft, vorgeſchrieben werden 

Man kann durchſchnittlich annehmen, daß jeder neue 

Tag dem Derauögeber die Sorge für das Andenken 

von 5 während befielben Berftorbenen auferlegt und 

dann ift erft die Frage, ob Notizen uͤber fie herbei- 

zufchaffen- find,” ohne daß ed in feiner Macht fteht, 

+ thre ar an X beflimmen, fo wenig, als in 

allen Provinzen Deutfchlands gleih aufmerkſame, 

gleich thätige und gleich fähige Mitarbeiter zu erlans 

0 gem Sehr oft tritt der Fall ein, Daß der Tod ei: 

ned ſehr denfwürdigen Mannes in große Verlegen 

beit 65, wenn er bei —— ehrenvollen 

und glänzenden Ruf im Nekrologe nicht wohl fehlen 

darf und doch gleichwohl Uber ihn Feine Materialien 

zu erlangen find, worüber von unzähligen Beifpielen 

nur der 1857 verftorbene koͤnigl. preußiiche Krieges 

minifter und. Generallieutenant v. Wigleben ange: 

führt werden fol. Ueber ihn, wie über viele andere 

7 die oͤffentlichen Blaͤtter, ſelbſt die preußiſche 

taatszeitung nichts her und die Korreſpondenz dar⸗ 

uͤber mit ſeinen verehrlichen Hinterbliebenen konnte, 

wie nachzuweiſen iſt, bei ſehr zu entſchuldigenden 

Verhinderungen, zu keinem Ziele führen. Ein 

Zuſammentreffen zufaͤlliger Umſtaͤnde verhinderte es. 

In ſolchen Faͤllen muß der Nekrolog die ihm ge⸗ 

machten Vorwuͤrfe fiber Mangel einer konſequenten 

Durchfuͤhrung und Behandlung ſtill ertragen und 

fi) mit feinem Bewußtſein troͤſten. Ä 

Daß der Herr Ne. 75 dem Nekrologsheraus⸗ 

ge bad Zodtengericht der 40 alten Aegypter zum 

ufter empfiehlt, zeugt zwar von einer ſehr idealen 

Phantafie, aber nicht von einer Kenntniß der Vers 

haͤltniſſe des wirklichen Lebens, Lebterer ehrt die 

uten Sefinnungen, Ans und Abfichten beffelben zu 
—* „als daß ihn dieſer Paſſus zu einer Verfiflage 

verleiten koͤnnte. Aber es iſt ibm wohl felbft nicht . 


‘ 


xI 


anz Far bewußt, wie es der Nekrolog anfa 
— ein ſolches Todtengericht zu —— To 
ſchoͤn es auch wäre, wenn dieſer Gedanke im mos 
dernen Geſchmacke realiſirt werden und der Nekrolog 
unter die Direktion dieſer grauſigen Behoͤrde geſtelũ 
werden koͤnnte. Da der — nicht die An⸗ 
maßung beſitzt, dieſes aus 40 aͤgyptiſchen Patriciern 
beſtandene Gericht in unſern Tagen durch ſeine al⸗ 
leinige Perſon repraͤſentiren zu wollen, ſo hat er in 
den vorhergehenden Vorreden bereits wiederholt die 
hohen Staatsregierungen Deutſchlands aufgefordert, 
ihm bie Anſtrengungen und die Geldopfer, die ee ' 
dem Nekrologswerke bringen muß, abzunehmen und 
in einer Hauptſtadt oder an einer Univerfität eine . 
Societät daflır zu bilden, bie ganz andere Mittel 
und Kräfte flr einen fo hochwichtigen Zweck bieten 
‚ würde, als die einem weitläufigen Berlagögefchäfte 
mühfelig abgerungenen Nebenflunden eines Buchs 
Händlers, den das Publikum bei feinen ihm gebrach⸗ 
ten unſaͤglichen Opfern noch obendrein fo gänzlich im 
Stiche läßt, daß er ſchon Tauſende dabei zugefeßt 
bat, Mehr als einmal hat er oͤffentlich erflärt und 
aufgefordert, daß er bereit ifl, dad Verlags: und Forts 
ſetzungsrecht unentgeldlich an denjenigen abzulaffen, 
der ihm bie Kraft und Ausdauer zu haben fcheint, 
es auch nur in feiner biöherigen Mangelhaftigfeit 
fortzufegen und er wiederholt diefes Anerbieten biers 
Durch nochmals, da er fehr zweifelt, ob eö ihm von. 
den Parzen verftattet fein wird, ed noch fo lange, 
als bereit3 gefchehen, fortzuführen und es eine feiner 
forgenvoliften Befürchtungen ift, daß es alddann liegen 
bleiben koͤnnte, und er alsdann durch eine vielleicht 
äwanzigjährige beharrliche Ausdauer und Treue doch 
nur ein Zragment zur deutfchen Perfonengefchichte 
des 19. Jahrhunderts geliefert haben würde. — Aber 
nicht eher, als bis das Nekrologswerk aufgehört hat, 


- 


Hr 
a) 
* * 


xu: | 
nicht eher, als man es hat untergehen laſſen, wird 


‚man: deffen hohe Bedeutung in dem Gefammtargiv 


des deutſchen Vaterlandes erkennen und dann wird - 
man begreifen, daß manche monographifche. Zweige 
der Archäologie, der Naturgefchihte, Sprachkunde 
u: ſ. w., wofür jetzt ganze gelehrte Gefellfchaften thaͤtig 


ſind und welche mam mit dem größten Aufiwande ul: 
tivirt, Ihm an Wichtigkeit weit nachgeftanden haben. . . 


Ich Lehre zu dem Kritiker Nr. 75 zuruͤck, ber 


nun auch auf die Ausſcheidung manches Ungehörigen 


und auf die zu große voluminöfe Ausdehnung des 
Werks zu fprechen kommt. In den nämlichen Blaͤt⸗ 


"term für literarifche Unterhaltung, worin dieſe Kritik 


flebt, nur einige Monate früher, läßt der bereit 
oben rühmlichft erwähnte und fehr gediegene Herr 
Hecenfent den auögefprochenen Grundfägen des Herz 
auögeberd volllommen Gerechtigkeit widerfahren und 
erflärt fih mit denfelben ganz einverflanden, indem _ 
er felbft fagt ; - 
„Wollte der Nekralog auf die mehrfach ausgefproches 
nen MWünfche, nur die bedeutendern Verſtorbenen aufs 
unehmen eingehen, fo würde er gerade ben Zweck vers 
{ee in deſſen Erreichung de fein größtes, 
+ Werdienft gefacht hat, nämlich die Gefchichte ſolcher 
Perſonen, die zwar in aller Stille lebten, aber dabei 
ı doch große Verdienfte und oft fehr intereflante Eigen⸗ 
thümlichkeiten hatten, einer völligen Vergeſſenheit 
entreißen. Um den Weltlauf der Sterne erjter Sröbe 
aufzubewahren, bedarf es nicht des Nekrologs. Ueber 
‚einen Goethe, Gneifenau, Schleieemacher, Hufeland, 
Matthiffon, Cotta 2c. find, fo viele befondere Denk⸗ 
ſchriften, Auffäge, Notizen in Beitfchriften vorhanden, 
- Daß ihre Gefchichte auch ohne den Nekrolog hinlaͤng⸗ 
Uch aufgezeichnet gewefen wäre, wodurch eben eine 
Sichtung, Prüfung und Zufammenfaffung aller diefer 
Quellen dem Herauögeber fehr erleichtert wird. Weit 
mühfamer, wohl auch weit verdienftlichee war e&, ſich 
auch über Solche, über die noch keine öffentlichen Nach: 
richten vorliegen, auf privatlichem Wege welche zu 
verſchaffen und nur anf dieſem iſt es möglich gewes 


« 
. + 


Rekrolog dab Indenken an ende zu ers 
bel, die, obgleich fie in ſtiller —— 
en oder der Natur ihres Berufs nach es nie 
- einer allgemeineren Gelebrität bringen konnten, 
doch werth find und um deren Dafeln, 
und Wirken ed ewig fchade fein würde, wenn es mit 
ihrem Zode aus dem Strom des Lebens flumm und 
purlos im Meere der a Bergangenheit und Ber⸗ 
geffenheit auf immer verklungen wäre," 
Was aber für die Verminderung der Bogens 
-zahl durch fachlidye und ſtyliſtiſche Abkürzungen des 
vorliegenden Materiald und der eingegangenen Mas 
nuſkripte gefieht, davon wimfchte ich wohl den 
Herrn 75 durch den Augenfchein zu Überzeugen. Er 
würde dann felbft fehen, daß oft nicht 4 der Vor⸗ 
lagen zum Drude kommt, weldes fchon oft zu bit 
ten Klagen der Einfender. und Mitarbeiter Anlaß 
gegeben bat, die aber dadurch entkräftet werden, daß 
man niemald ein erwaͤhnenswerthes Faktum wegläßt, 
fondern nur mit fürzern Worten wiedergibt und nur 
Dinge, wie z. B. die Natur Iangwieriger Krank: 
heitsgeſchichten u. dgl. ganz übergeht. Endlich klagt 
- der Herr 75, daß durch die große Zahl der Mits 
arbeiter eine Verfchiedenheit, der Darftellung entſtehe, 
welche die Einheit des Ganzen durchaus ſtoͤre. — 
Ueber diefen Punkt find andere Kritiker ganz ent 
gegengefegter Meinung geweſen. So z. B. fagt die 
ſehr geachtete Leipziger Kıteraturzeitg. 1828. Nr. 119. 
„Die Mannichfaltigkeit und der Reichthum diefer bios 
aphiſchen Gemälde find im Zunehmen. Die Bers 
Fhiedenpeit der Anfichten fo vieler Mitarbeiter geben 
ihnen einen eigenthümlichen Werth. 
Die nämlichen Blätter für literarifche Unterhals 
tung 1831. Nr. 16: . - 
„Berftorbene aus den verſchiedenſten Ständen find hier 
in größter Mannicyfaltigkeit bunt unter einander ges 
mifce und auch die fiyliftifche Darftellung bietet wes 
ir „der Berfchiedenheit ihrer Ginfender die mannich⸗ 
altigfte Abwechfelung und vieles Intereffe 


L 








—— 


des Nekrologswerks beigetragen bat und der ihm | 


XIV 


die gerade dad Gegentheil, wie der Kritiker Nr. 75 


behaupten, wollen wir, obfchon wir es Pönnten, nicht - 
anführen, fondern zum Ueberfluß nur noch erwaͤh⸗ 


nen, daß ed eins von den Hauptverdienſten ımfers 


Mitherausgeberd, Herm F. A. Reimann if per in 


Noch mehrere Stellen der Art aus Recnfionen, 


ni; 


den legten 4 Sahren fo vieles zum befjern Gelingen . ' 


noch lange erhalten bleiben möge), daß er jeden ein- 
gen forgfältig revidirt und wo es irgend 

oth thut, abfürzt und ftyliftifch verbeffert, vor allem 
aber durch Abrundung, Durchführung angenommener 
Normen und Einheit in Rechtſchreibung und Ber: 
haͤltniß gewiß nicht ohne den fichtbariten Erfolg 
möglichften Einklang und Harmonie in das Ganze 


zu bringen fucht. 


Diefer ficherlich fehr wohlbenfende Herr Kritiker 


Nr. 75 fchließt mit den Worten: 


— „Indem wir diefe Ideen dieſem Blatte anvertraut has 


ben 2c., verfichern wir zugleich, daß in dem legt? erfchies 


nenen Theile (fol wohl heißen: Jahrgang) des Werks 
ein jeder Deutfche viele Namen finden wird, die ihm und 
deni deutfchen Vaterlande theuer und unvergeßlich find.“ 
Eine zweite zwar zum Zheil, aber ebenfalld nicht 


durchaus Kritik von einem Hrn. H. Fitzau 


iſt enthalten in Nr. 48 des Berliner Konverſations⸗ 
blatts 1838. Sie hat bei weitem nicht einmal den 
Werth der erſteren, ſondern gehoͤrt zu den ganz ab⸗ 
forechenden ‚, oberflächlichen Raͤſonnements, die mehr 


‚auf Hörenfagen ald auf der eignen Durchlefung bed 
. Buchs beruhen. Das. Urtheil diefes Kritilerd chas 


rakteriſirt fich in Kürze dadurch, daß er die Aufs 


“nahme eines Drefch, Ruperti, Daub, Grotes. 
fend, Tauchnitz, Nägeli, Benda, Eberd, 
Bieth ald gehörig motivirt erflärt, weniger ‘aber 


die eines Rehberg, v. Brandenftein, Grafen 
Mellin, v. Bud, Graf Gyulai, v. Braufe, 


— * 
— 


xy 


von. Raglovich, Landgraf Karl von Deffen, 
Freiherr v. Muͤnchhauſen, Müller v. Fried⸗ 
berg, Graf Choteck, Biſchof Hommer, zur: 
deider, v. Stifft, Weiſſer u. f. w. — Diefes 
ift genug, um den Standpunkt des Herm Figau zu 
bezeichnen, der fich durch, ein fo merfwürdiges Abs 
voregungstalent fein Urtheil gleich ſelbſt gefprochen 
hat und zwar fhon um fo mehr genug, als in dies 
fem feichten Räfonnement, nichts enthalten ift, was 
nicht bereitd durch das früher Geſagte auf das Voll⸗ 
fommenfte widerlegt und befeitigt wäre, 

Die Kritit hat den Nekrolog bisher faft uͤber 
fein Berdienft -hochgeftellt und die neuefte Literatur 
wird wenig Produkte aufweifen, die durch Recenfios 


nen in folhem Grab eine rühmliche Anerkennung 


gefunden haben, als gerade er. Ihre Anzahl geht 
bereitö in die Hunderte und deßhalb hätte man fügs 
lich über diefe eben gebachten zwei hinweggehen koͤn⸗ 
nen, wenn der auögefprochene Tadel nicht infofen . 


ſelbſt willkommen ware, daß er DVeranlaffung gab, 


manches bisher noch Unberührte zur Sprache zu 
bringen und fo aus diefer kleinen Reibung felbf 
Nutzen zu ziehen. 

Die Anfichten und Grundfäge des Herausgebers 
beruhen auf einem funfzehnjährigen Nachdenken, Er⸗ 


fahrung, Prüfung eigner. und fremder Anfichten und 


Abwägung des Rechten und Iwedmäßigen. Sie 


. werben auch ferner bie ar bleiben und von 
ihnen geleitet, wird er aud 


Unftig die biöherige 
Bahn feſt und ruhig verfolgen. Sein Werk fol 
eine Todtenchronik, ein Familienbuch deuts 
fher Nation bleiben, nicht aber eine ges 
wählte 3ufammenftellung der größten 

Seifter, Helden, Dichter, Fürften, Gelehr⸗ 
ten, Staatömänner und. anderer hervors 
ragenden Menfhen. aus allen Ständen, 


xvi 


Zeiten und Nationen. Dieſe ſeine Natur, Ei⸗ 


genthuͤmlichkeit und Beſtimmung legt ihm ſowohl in 
der Wahl : feines Stoffes, als auch in der Herbei⸗ 
ſchaffung des "Materiald eine viel größere Befchräns 
tung auf, alö diejenigen ihr unterworfen find, welche 
Walhallas, Weftmüniterabteien und. Pantheond kom⸗ 
piliven, mit einem Worte ſich nach ihrer Bequemlichs 
feit die leichteften und dankbarften Stoffe felbft aus: 
fuchen. Solchen wird aber. der Nekrolog oft noch 
fehr gute. Dienfte leiften. — Diefen Unterfchied eines 
£urrenten‘ Sammelwerks, einer fteten Chronik, wie 
fie eben der Zufall und die Nothwendigkeit will und 
ohne Wahl vorfchreibt, zwifchen einem auf dem 
ganzen großen Selbe des Ruhms zuſammengeſuchten 


Olymp bittet man mit einiger Billigfeit zu berüde, 


ſichtigen. Er iſt es, auf welchem meift die Klagen 
beruhen, daß viele der Perſonen, deren Geſchichte der 


Nekrolog ſeine Blaͤtter widmet, nicht mit der gehoͤ⸗ 


tigen Kritik gewählt würden. Der „gegenwärtige 
Jahrgang liefert übrigens von Neuem den Beweis, 
daß es deſſen ohngeachtet auch bei diefen engern 
Graͤnzen an intereffanten Perfonen und Biographieen 
keineswegs mangelt und Daß fich bei einer forgfältigen 


Redaltion beide Swede einigermaßen vereinigen laſſen. 


Da der Herauögeber fehr oft Zufendungen ers 
hält, wovon er feinen Gebrauch machen Tann, ent: 


weder weil fie dem Kreife, dem ſich der Nekrolog 


widmet, fremd find, ober weil fie zu fpdt, kommen, 
fo bemerkt ex in legterer Hinficht, daß als folche alle 
Beiträge zuruͤckgelegt werden müffen, die 6 Monate 
nach Ablauf des betreffenden Jahrs nicht eingegangen 
find, ſo daß z. B. fuͤr Beiträge zum Jahrgang 1838 
Ende Juni 1839 der lebte Termin if. Was -den 
Laͤnderumfang anbettifft, für welchen fich der Nekrolog 


befchäftigt, fo begreift derfelbe nicht nur alle zum 


deutſchen Bunde gehörenden Staaten, fondern auch 


x 


" xvı 


rg Länder, in denen beutfche Sprache, Deuts 
ſche Wiſſenſchaft und Literatur die herrſchende iſt, 
ſolglich die ganze deutſche Schweiz, das Elſaß, 
Schleswig, Sorflein und auenburg , die ruſſiſchen 
Dftfeeproninzen und dad Königreich Böhmen, endlich _ 
auch diejenigen denkwuͤrdigen Perfonen, welche deut⸗ 
ſchen Urſprungs im Auslande gelebt haben und bort 
geförben find, wie fich diefes befonders häufig in 
ßland ereignet, 

MNachſtehendes iſt das Refumed ded gegenwaͤrtigen 
Jahrgangs: Derſelbe ſorgt für das Andenken von 
1348 Berftorbenen, wovon 420 *) Biographien in 
der erften Abtheitung fanden, 928 in der zweiten. aber 
nur kurz angedeutet werdet konnten. n erſteren 
420 find 265 als Originalarbeiten zu betrachten und 
bei den, Weberfchriftert mit einem * bejeichnet, ‚ba 
biefe Biographien entweder bis jegt noch gar Nicht 
oder Doch nicht in der Weife, wie bier, im Drude 
veröffentlicht worden find. Das Andenken diefer 
265 würde alſo ohne den Nekrolog nirgends aufges 
zeichnet und der Gefchichte erhalten worden (ein; 158 
dagegen find mit, Angabe det Quellen au Öffentlis 
chen Blättern, Zeitfehriften und einzelnen Gebächtnißs 
ſchriften für den Nekrolog mühfam gefammelt worden 
und in denſelben übergegangen. 

. Nach den Landsmannſchaften gehören die 420, 
welche ausführlihe Biographien ‚fanden, folgenden 
deutfcheri Staaten ar. 2 Anhalt, 4 Baden, S6 
Baiern (davon 8 München, 7 Augsburg und 4 Bam⸗ 
berg), 2 Braunſchweig, 33 ben daͤniſch⸗ deutſchen 
Staaten (davon 6 Altona; 5 Kiel), 183 den freie 
Städten (3 Bremen, 3 Frankfurt a. M., 12 Hams 
burg), 25 Hanover (wovon 10 Göttingen, 2 Has 


* Are 99 miche, wie I Horigen Jahrgange. 
2*9 


xvmi | - 


nover), 8 Kurbeffen (wovon 4 Kaffe); 6 Großher⸗ 


zogthum Heffen (2 Darmftadt, 2 Gießen), 2 Heſſen⸗ 


Homburg, 27 den beiden Medlenburgen (6 Schwes 
‚ rin, 6 Roflod, 4 Neuſtrelitz), 1 Naffau, 8 Oeſter⸗ 
reich (wovon 5 Wien), 14 Dldenburg (wovon 5 in 


der Hauptftadt), 134 der preußifchen Monarchie 
(davon 27: Berlin, 13 Provinz Brandenburg, 7 


Oſt- und Weftpreußen, 4 Pommern, 1 Pofen, 15 
Nheinpreußen, 12 der preußifchen Provinz Sachſen, 34 
Schleſien, 21 Weltphalen), 2 den reußifchen Landen, 
38 dem Königreih Sachſen (15 Dresden, 10 Leip⸗ 
ig), 4 Sachfen - Altenburg (fämmtlich in der Haupt⸗ 
Bo, 6 Koburg=- Gotha (3: Koburg, 2 Gotha), 7 

Sadhfens Meiningen (3 in der Hauptftadt), 19 Sach⸗ 
. fen: WeimarsEifenach (9 Weimar, 4 Sena), 7 den 
beiden Schwarzburgen (3 der Refidenz Sonderdhaus 
fen), 5 der Schweiz, 6 dem Königreiche Würtemberg 
und 6 dem Auslande, nämlich dort verftorbene 


Deutfche (2 Paris, 1 Krakau, 1 Mailand, 1 Rom, 
1 Straßburg. Wenn auch aus diefer Ueberficht 


nicht durchgängig eine richtige Proportion zur Eins 


* 


wohnerzahl reſultirt, ſo fieht man doch, daß der 


Nekrolog alle Staaten. ſeines Wirkungskeriſes nach 


Kräften beruͤckſichtigt hat, daß er ſich in allen mehr 
oder minder thätiger und aufmerkfamer Korrefpon- 
‚ denten erfreut. Das hie und da fichtbare Mißver⸗ 
hältnig beruht theild im der Zufälligkeit der Sterblichs 
- Leit felbft (ſo lieferte München. im Cholerajahr 1836 
dem Nekrolog allein 14 ausführliche Biographieen), 
theild in der Ungleichheit der Korrefpondenten, deren 
der Nekrolog in einem Staate mehr, im andem 
weniger har, theild in der Verſchiedenheit derje⸗ 


nigen Stufen, welche. die intellektuellen Kräfte der . 


bier Tonkurrivenden Staaten höher oder niedriger er⸗ 
reicht haben, wie es denn z B. Niemanden auffals 


7 N) e 2 xıx 


lend fein kann, daß in biefer Beziehung die Provinz 
Poſen auch diefesmal nur 1, dagegen das Koͤnigreich 
Sachſen 38 und die fächfifchen —— 36 Ne⸗ 
krologiſirte aufzuweiſen haben, obſchon die beiden letzte⸗ 
ren an Flaͤcheninhalt der erſteren kaum gleichkommen. 

Nach Stand, Beruf und Lebensverhaͤltniß zer⸗ 
fallen die dieſesmal biographiſirten 420 Verſtorbenen 
in folgende Klaſſen: 9 gehören dem Fürftenfland 
an, wovon einer Schriftfiellee war, 31 waren Mis 
nifter, Geſandte, Hofleute, Staatöräthe, Prafidens 
ten ıc. und davon ‚haben 13 Bücher gefchrieben, 59 
Davon waren Juriſten, Beamtete und Staatöbiener, 
wovon 15. geichrieben; — 80 Kriegshelden und 
Militärperfonen, von denen 5 Schriftfleller, 7 Praͤ⸗ 
laten und Domherren, wovon 5 Schriftfteller; — 
66 Seiftliche evangel. Konfeffion, wovon 27 Schrifts 
fteller, 14 Geiftliche der katholiſchen Kirche, wovon 
4 Schriftftelee ; — 29 akademiſche Lehrer, weldye mit 
Ausnahme eined einzigen fämmtlich gefchrieben; — 
23 Gymnafial⸗ und Seminarlehrer, wovon 16 Schrifts 
ſtelle; — 8 Volköfchullehrer, wovon Feiner, und 37 
Aerzte, wovon 14 Schriftfleler waren; — 11 Buch⸗ 
händler, von denen 2 und 1 Buchdrucker der nichts 
gefchrieben hatz — 12 Privatgelehrte und Redak⸗ 


- teure, von denen nur 2 nichtö, 6 Aftronomen, Ches 


miker, Naturforſcher und Bergleute, die alle, 5 Land: 
räthe, von denen Feiner, 3 Profeffioniften und Gaſt⸗ 
eber, wovon einer gefchriebenz ein Apotheker, der 

chriftfleller und 9 Damen, von denen eine Schrift: 
ftellerin war; — 11 Bürgermeifter und Magiftratö: 
perfonen, wovon 8, 10 Kaufleute und Fabrıkanten, 
wovon 1 gefchrieben hat; — 11 Komponiften und 
Tonkünftler, von denen 3 ihre Kompofitionen ber: 
ausgegeben haben; 1 Sartikulier, der nichts und 
4 Bibliothefare, von denen 3 gefchrieben haben; — 


5 b 


10 dramatifche Künftter und Sänger, wovon 3 und 
6 Gutöbefißer und Dekonomen, wovon 1, 5 Mes 
chaniker und Inftrumentmacher, wovon Feiner Schrift: 
fleller wars — 3 Dichter,- deren Porfieen im Drud 


erfebienen finds, — 4Forſt⸗ und Jagdbeamtete, 


wovon 1, 5 Baumeifter, wovon 3, 3 zeichnende 
Künftler, 2 Antiquare, 1 Schriftgießer, 4 Rabbiner, 
1 Poftbeamter und 1 .Stallmeifter, wovon Feiner etz 
was geichrieben hat, 

Benn wir und nun erlauben wollen, verſuchs⸗ 
weife den Mafiftab der Celebrität an die hier Ges 
fchilderten zu legen, fo nennen wir ald Sterne erfitr 
Größe den Minifter Ancillon und den Kapellmeis 
fter Hummel, So yerſchieden ihre Stellung iſt, 
fo gleich ſtark ift die Bewunderung, die und ibre 
Größe abnöthigt, Unter den fürftlichen Perfonen 
fteht der edle Greid Friedrich Franz von Med: 
lenburg: Schwerin in vieljähriger hoher Wirk: 


ſamkeit und edlem Streben oben an. Ihm folgen 


bie Herzöge Wilhelm und Pius in Baiern 
und ber ‚Held, Staatömann und Dichter Herzog 
Karl von Medlenburg:Strelig, der würs 


dige Bruder der unvergeßlichen Königin Louife, An 


berühmten Miniftern von großem Einfluß nennen wir 
bie $reiferen von Pleffen und von Dergen in 
Schwerin und Neuftrelig, den Grafen v. Brühl 
in Berlin und den franzöfifchen Diplomaten, Gras 
fen von Reinhard, einen gebomen Würtember: 
ger. — An Generalen und Kriegshelden die preußi⸗ 


v, Carlowiß, u, Werber, v. Rothenburg, 
v. Wienskowsky und v. Auer, bie beiden au 

gezeichneten wirtembergiichen Generale -v, Stod: 
mapen und v. Theobald, ben kuͤhnen baierifchen 
General und Partifan Grafen v. Rechberg und 


— % 


* 


Nothloͤwen, den großen faͤchſtſchen Arti 
ral Raabe, den durch heldenmuͤthige Hi g 
denkwuͤrdigen ſaͤchſiſchen Major v. Z3ychlinsky 
und den tapfern weimariſchen Obriſten v. Ger⸗ 
mar; — von den bemerkenswerthen Staatsmaͤn⸗ 
nern einen Frie ſe, Koppe, Pomowitz, v. Stuͤlp⸗ 
nagel in Berlin, von Shüg in Koͤln, 
von Lüsow in Gorkau; — einen Sidel in 
geipzig, Kohlſchütter in Dresden, von ‚Hoff 
in Gotha, Geutebrüd im- Atenburgg — einen 
von Sutner, von Mann und Stärzer im 
Muͤnchen; — einen Klüber in Frankfurt a. M., 
v. Dorbed in Kafle. An namhaften Theologen 
heben wir heraus: den Generalfuperintendent Rom: 
mel in Kaffel, die Superintndentn Wunfter in 
Breslau, Grotefend in Clausthal, bie Konfiſto⸗ 
rialraͤthe Emmrich in Meiningen und Matthias 
in Magdeburg, die Delane Lehmus in Ansbach 
und Münch in Zübingen, ben hochverdienten Päs 
dagogen, Kirchenratb Schwarz in Heidelberg, dan 
patriarchalifchen Paftor Woltersdorff in Sale 
wedel und feinen unglüdlichen Amtöbruder, Pfarrer 
Weidig aus Ober: Stleen, der ald ein Opfer feines 
Patriotisêmus im Kerker endigte. An alademifchen 
£ehrern erwähnen wir der Profeſſoren Wendt, 
Diffen, Goͤſchen in Göttingen, Normann in 
Roſtock, Steudel in Tübingen, fo wie der > 
Dhilologen. Döring in Gotha, Hirt m iin, 
Ramshorn in Altenburg, Koͤpke in Berlin. — 
Die quögezeichnetften Aerzte, die wir dieſesmal brins 
EN Vogel im Roſtock, Stard m Ina, 
Zreviranus in Bremen, Himly in Göttingen 
und v. Orff.in Münden. Auch berühmte Schrifts 
ſteller und Dichter hat diefer Jahrgang aufzuweiſen 
ar Börne, Weikel in Wiesbaden, Wächter m 


7 


xxn 
et A Weber), Sreiberrn v. Gerning 
in Frankf. a. M., v. Maltig in Dresden, Franz 
en in Berlin, den genialen Naturdichter Hilz 
her (öfterreichifcher Fourier in Mailand) und den 
allwifjenden, berühmten Zeitungöfchreiber Stegmann 
in Augsburg, der ed allen Partheien recht zu machen 
verfiand. — Unter den Chemikern und Botanikern 
find. höchft. beachtenswerth Tromsdorff in Erfurt, 
Nees von Efenbed in. Bonn und Zenker in 
Sena. - Außerdem "glauben wir aufmerffam machen 
gu muͤſſen auf den großen Mathematiker und Aftros 
nom Dr. Tiarks, den Freund Sir Joſeph Banks, 
welcher fich viele Sahre mit der Regulirung der engs 
lichen Gränziinien in Amerika befchäftigte; — ferner ' 
auf den hochverdienten -Geographen und SKartenzeichs 
net Reihard in Lobenftein, hochverbient um bie 
Bereicherung der alten und neuen graphifchen Erd⸗ 
Funde, ‚auf den in feiner großartigen bergmännis 
ſchen Wirkſamkeit fo hochwichtigen Oberbergdirektor 
v. Eversmann in Berlin, auf den Koncertmeiſter 
Rolla in Dresden und die Schauſpieler Schmelka 
in Berlin und Coſtenoble in Wien. Unter den 
ausgezeichnetern Technikern ſind von großer Bedeu⸗ 
tung der erfinderiſche Inſtrumentmacher Streits 
wolff in Göttingen und der bewunderungswuͤrdige 


Autodidakt Uhlhorn in Grevenbroich, der fih durch 


eigned Studium von einem oldenburgifchen Zifchlers 
burfchen zu einem der erften Mechaniker und Mas 
fchinenbauer Deutfchlands herauffchwang, ingleichen 
der weimarifche Schriftgießer Wallbaunr der Ael⸗ 
tere, der ebenfalls ohne alle Anleitung und nur - 
durch eignes Forfchen fich- zu einem der erften Schrift: 
gießer heranbildete und durch beffere Form, elegans 
tern Schnitt und größere Haltbarkeit der Lettern fehr 


große Verdienfle um die deutfche Typographie erwarb, 


\ 


-AXIH 


3 — nn —X — — uͤber die 
uͤglicheren Rotabilitaͤten dieſes Jahrgangs ⸗ 
ben haben, fo bliebe und eigentlich noch übrige Die 
zahlreichen Beftandtheile defjelben auch nach ihrem 
Darftellungs= " und Schriftftellerwerthe zu rangiren. 
Wir wollen aber diefed den Herren Kritikern übers 
Iaffen, koͤnnen aber nicht verfchweigen, daß wir ums 

‚auf die Biographieen 

Nr. 278 Reichard, 
= "868 Nees von Efenbed, 
s 404 Ziarfs, 


fo wie auf einige andere in ber That etwas einbils 
den, nicht allein, weil wir fie ald Originalarbeiten 
aus fehr guten Händen erhielten und fie in ihrer Art 
fir wahre Monographieen halten, fondern auch, weil 
wir ihnen großen Werth für die Bereicherung ber 
Biffenfchaften 1) der graphifchen Erdkunde, 2) ber 
Botanik und 3) der Mathematil und Aftronomie, 
beimeſſen. 

Indem wir ſolche Zierden bed gegenwärtigen 
Jahrgangs gern bemerklich machen, ſo wollen wir 
auch ſeine Schwaͤchen und Maͤngel nicht verbergen. 
Billig waͤre naͤmlich zu erwarten geweſen, daß auch von 
den Dahingeſchiedenen, derenin der zweiten Abtheilung 
unter den Nummern 450, 532, 552, 613, 648, 
698, 703, 722, 734, 741, 764, 777, 801, 828, 
"831, 847, 856, 859, 915, 955, 991, 997, 100%, 
.1038, 1050, 1061, 1126, 1139, 1145, 1188, 
1199, 1248, 1257,. 1819, 1344 nur kuͤrzlich 
Erwähnung gethan werden Eonnte, ausführlichere 
Notizen in der erften Abtheilung mitgetheilt, wor⸗ 

wären, einer Ehre, deren wir fie fo würdig 
erfennen muͤſſen. Es bat auch von unferer Seite 
nicht an vielfachen -Werfuchen, und Nachrichten über 


„fie zu verfchaffen, gefehlt, ja es find zu dieſem 
Behuf alle Mittel angewendet worden. Wir kom⸗ 
men daher auf dad ultra posse Nemo tenetur und 
auf das zuruͤck, wad wir oben über eine gleichfühls: 
bare Luͤcke in Betreff des verewigten! Generallieute: 


nant und Kriegsminifter von MWigleben gefagt haben 


und empfehlen dieſe und andere Mängel- der fchonen: 
den Nachficht der Leſer. | 


Weimar, den 28. December 1838, 


Bernd. Friedr. Voigt. 


Außer bat vielen hinterlaffenen Familie engliebern, 


welche auch zu dem biesmaligen Fahrgange = 
Nekrologs zahlreiche Notizen eingefendet 
verdankt derfelbe feine — R nal 
folgenden 


geehrten Herren Mitarbeitern: 


(In alphabetiſcher 


 Rajor a Kammerherr A eig, v. Boineburg 


— nt von Borſtell in Brieg. 


nn u 


Idlı 1 1 


tr. Brandes, Lehrer am Gymnaſium In KRoſtock. 
u Brehme in Seiner, 
Dr. 2. en Brüffow in Schwerin, 
EN eofeffor und Doktor ber 
Medicin in Wien, 

Gerichtödireftor Arthur Buddens in Leipzi 
ve oe Chalpbäus in Dresden. eine: 

ofraty Erull in Roſtock. e 
Oberhofgerichtsaſſeſſor D’ 20 in Liegnig. 
Dr. Heinrich a n Ina. 
ar Biol de — in KRudolſtadt. 


— Eck in Leipzig. 
> mmeiiie 
ER und —S Falkenſtein ei 


Rektor Gimmerthal in Sondershauſen. \ 

Dito Goͤſchen, Doktor der — und Prlvatlo⸗ 
cent an der Univerfität in Bert 

Günther, hodhwürdigfter Beihlifgef und a 
thumöverwefer in T 

Geheimfekretär H& ndel ie Weimar. 


Lazarethinſpektor G eo g Harrys in Hanover. 


alter Baumann in Grpflörner, 

raf Hendelvon Donnersmard,. — NRe⸗ 

gierungsrath und Kammerherr in M erſeburg. 
Oberbibliothekar Sad in Bamberg. 


XXVI- 
GHerrn Hofrath und Oberbibliothekar Jacobs in Gotha. 


It 


— 
— 


1—114 


1—1 341411 


1111111111 


Juſtizrath Jang in Schweidnitz 

Bein Dr. Shling in Meiningen. en 
offchaufpieler F. W. von Kawaczinski m 
Koburg. 

Kammerfekretaͤr Keßler in Weimar, 

Domaͤnenrath Keſtner in Hanover. 

Profeſſor G. E. Klaufen in Altona, 

Stadtrath und Ritter Klein in Dresden. 

— ——— Knorz in Fulda. 

E. B. Kohlfchuͤtter, Prediger an ber reformirten 


* 


Gemeinde in Dresden, | 
Superintendent Koethe in Allftedt, 
Profeffor M. Krenffig in Meißen. 
gsjeee Anton Krüger in Dredden. 
rüger, Kandidat der Theologie in Göttingen. 
Hoffchaufpieler Kruͤger aus Berlin, ER 
Dr. Luͤbker, Konrektor der Domfchule in Schleöwig. 
Kommerzien » und Admiralitaͤtsrath Marquardt 
in Danzig. & 
Auguft Matthay in Dreöden, , j 
Landfchaftsmaler Heinrich Matthäy in Dredden. 
Profeſſor Sornelius Müller in Denburg. : 
. £. Müller Kirchenrath u. Oberpfarrer in Kom: 
burg vor der Höhe. & | 
Paſtor Müller in — ⸗Lepsdorf bei Juͤterbogk. 
aſtor Dr. Müller in Berka. | 
ammerjunfer Sreiherr von Neven in Offenbach. 
Diakonus Niefe in Lorgau — 
Diakonus Peſcheck in Zittau. —— 
wer .Peters zu St, Peter und Paul im 
jenie. , | 
Metropolitan Petri in Zulde. Ä 
Rentamtmann Preusker in Großenhait, 
Diakonus Rauch in Arnſtadt. | 
tiedrich Auguft Reimann in Weimar, 
egationsrath Neu in Stuttgart. 
Sehter Robolsty in Neuhaldensleben, 
Paſtor Saal in Oberweimar. 


Dr. Sachs in Berli 


n. 
Hofrath Scharenberg in Roſtock. FOR 
Dr. und. M. Schmidthammer, Praͤdikant und 
Lehrer zu Alsleben. 3 | 


XIVH 


Herrn Privatgelehrien Dr. Dand Schröder auf. Kremps 


5 * eb —F —*— are * 
at 442: n an * 
50 er Etraderjan in anbauen * 
Ban von S —— in ——— . 
ge H. Ehiem bei St. Marien in 
ambe 

Sepeimerat) und — 

* Freiherr v. Binde 


in Münfter 
Ritter utöbefißer Dr. Be en in Wi 
— t Hans * N vun 
enierlieutenant Hand von d 
Aduokat mrtühd Ar in Osnabruͤ * AR m. Bentgen, 
aftor Winkler in Lohme. 
erlieutenant und Adjutant Benno von Wig⸗ 
er * —— FR 
a olkenhaar in Draden 
SH Beer. burg bei Nienburg | 
Dr. "Behmen in Leipzig. 


— Dr. enter in Jena. 


Frau Ssulievon 3erzo ' geb, Freiin v. EhonsDits 


mar in 


Herr ——— —X Bibliothekar Dr, & 3ober in 


4 


_ Berühtigungen und Etzaingungen zu dem 1. 


Jahrgange. 


eite 120 Zeile und R von unten für im Schleöw, el N 
— 3 in ben Schlebw. Holft. Anzeigen Selft, Angeiger Us: 


— 68 — Mo. o. für Dtteniee L Dttenfen. 
— 73 — 8 5. u. — Mülners I Schillers. 
— 9 — 19 0.u. — Bügumtlofier I. Zügumflofter, 
— — ln. — FJeverſen I Inverſen. 
— 1 — 16%: 0. — Sohrdang I. Rohrbanß. 3 
— 19 — 6. 0. — Nimborf I. Miendorf. 
— 1942 — Beo. u. — Kaltmann 1. Koltmann, 
— 103 — Too, — Loille l. DBile, 
— 11 — 61.10. — Mianz I. Miang, s 
Berictigungen und Ergänzungen zu dem 16. - 


Jahrgange. £ ei 
9». 0. lies: Stab iderd ( Zuftitlarii dei t 
On be BR 0. lie —I e eig — e im Etedtuhe) 
— .o. — 


— urſt en 
— 820. — at Rift nſchaft 
— — 87 — 30.0 - Bearbeitern der Karten für die alte Geo⸗ 
graphie J Bearbeitern der alten Bee: 


Wilhelm, Herzog in, zu Bamberg 33. 


Regifter zum -15. Jahrgang (1837). 


4 . Die mit größeren deutſchen Bablen 
ent rt rſten —— und haben Kt 
eibungen. 


in der e 
theild Türzere Lebensdeſchr Die mit Heinen deut 


Bablen gehören der zweiten Adtheilung an, weiche felten mehr 
ald Se Bjahrt, Sterbetag und Literatur nachwein und ald eine’ 
bloße zungsliſte der erfien Abtheilung zu betrachten If. 


(Rad) der Nummer, nicht nach der Pagina zu ſuchen.) 
Mag. Adermann, Dberpfarrer zu Berga 111. dam, 
Amtmann zu Altkranz sis Alberti. Kaufmann zu Neus 
eißenftein 30, Allmer, praktiſcher Arzt zu Sden 
1. Alt, Pfarrer zu Närnberg 107. Altmann, Lands 


ſchaftsgaͤrtner zu Bremen. v. Ambad, Oberliente⸗ 


nant zu Leipzig cos. Ammann, Biſchof zu Limburg 791. 
Antony, Profeffor zu Muͤnſter 81. Ancilon, Gedelmes, 
rath zu -Berlin 153. Undrd, Doktor der Medicin zu 
Sdmmerdg a0. Mag. Andrei, Pfarrer zu — 
35. von Andalt, Generalmajor zu Pretzlow se. _ Uns 
nede, Berginfpektor zu Eremmen 115. Appubn, Kapi⸗ 
tön zu Danover 4. Arndt, Hauptmann zu Berlin ısı. 
Arnold, Obriſtlieuten. zu Mitiel-Stradam 1006 Brnold, 
Direktor zu BurgsBrandenburg ıs21. Artaud, Profeſſor 
—— 401. v. Auer, Generalmajor zu Koͤnigb⸗ 
239. u. Organiſt zu —— 1009: Baars, 
—*2* zu iefelſtede 407. ackbaus, Kaufmann 
zu Göttingen 320. von Baczko, Sekondelieutenant zu 
Herrnfhdt 10. Bading, Gebeimer Obderfinanzrath zu 
Berlin so. Bähr, undarzt zu Alt⸗Doͤbern 136, 
Baiern, Pius Auguſi, Derzog in, zu San Ba: Balern, 
alf, Paſtor zu 
Gteindork z60. Bandbauer, Baurath zu Roßlau 129, 
Barby , Profeſſor zu Berlin 134. v. Bareire, Major zu 
Zorgau 54. Bargum, Advokat zu Led 20, aron, 
Superintendent zu Michelau 215. Barteldes, Paſtor zu 
Tündern ı207. Bartels, Kreisthierarzt zu Hamm 1000 
Graf von Baflemig, Gebeime Kammerrarh zu Roſto 
345. von Baflewig, Lieutenant zu Hoben »Spreng 1032. 
Baum, Hoftard zu. Spandau sıe. Baumann, Paſtor 
zu &rter 305: Baumann, Kapitän zu Reval sos. Baum⸗ 
ch, Pofrath Rn Gotha 1235: von Baumgarten, Garde» 
lieutenant zu Keval ser, Dr: Bauer, praftifcher Arzt 3% 
mburg ss: Bauermeifter, Pafor zu Wehrkedt 0. 
ur, Dekan zu. Waiblingen ss. Baurſchmidt, Super⸗ 
insendent zu Ofterode 08. Bechthoid, Geb. Ooftath zu 


Ä 


xxx 5 


Berlin 226. von der Bed,  Oberfilieutenant zu Celle 
1258. : Beder, Pfarrer zu Bodland ı2%. Dr. Beder, 
praftifher Arzt zu Bredſtedt O. Mag. Beder, Pfarrer . 
iu Sleinbrembad 348. Dr. Beder, praktifher Arzt zu 
eipzia 2086. Becker, Buchhändler zu. Quedlinburg 
419. Beder, Prediger zu Rittermannshagen 51. Becker, 
Kommiflionsrath zu Teterow 1172. von Beerfelde, Jo⸗ 
banniterritter zu Yiebenau 107. von Behr, Kammer⸗ 
berr auf Bebrenbof 7:0. Behrmann, Slanzleirath zu Als 
sona 22, Beigel, Oberbibliothekar zu Dresden 58. v. 
Belen, Alofterdomine zu Malchow 827. Benede, Kaufs 
mann zu Heidelberg 703. v. Bentheim⸗Tecklenburg⸗Rheda, 
Für Emil Sriedrid zu Rheda 400 u. sis, M. Bercht, 
Dfr. zu Annaberg 1059. Berendes, Pfarr-Senior zu Heffta 
639. Berg, Domfapitular zu Breslau 242. Berger, 
Steuerraih zu Breslau 1137. Berger, Scaufpielerin zu : 
. Bremen 314. Berger, Buchhändler zu Leipzig os. Ber 
ger, Schrififteler zu Straßburg 276. Bergmann, Genas 
or zu-£öwenberg 1225. Bergemann, Medicinalrath zu Bers 
fin 1003. Bergt, Organift zu Baugen 73. Bernau, Rek⸗ 
tor zu Perleberg se. Bernbardi, Doktor d. Med.. zu 
Altenburg 79. Bernftein, Paltor zu Nahrendorf ig. Frei⸗ 
berr von Berftedt, Staatdminilter. zu Slarlörude cı3. 
Berthold, Hauptmann zu Schandau 1300. Bertram, 
Geifenfiedermeifter zu Sonderöhaufen 335. Beſche⸗ 
rer, Jufiisfommiffarius zu Siemerddorf 10967. Dr. Beur« 
mann, Landpbpfifus zu Stolgenau cos._ Beutler, Mus 
fifdireftor zu Müblbaufen 223. von Berille, Major 
zu Züger #6. Beyer, Prediger zu Burkall 206, 
v, Biberftein, Dauptm. zu Charlottenburg 575. v. Biber 
ftein, Landrath zu Oppeln 825. Biedermann, Defan 
zu Spaichingen nı. Biener, Lieutenant zu Bledede 
1106. Bilterling, Doktor d. Med. zu Libau 62. Birett, 
Antiquar zu Augsburg 170. Bleph, Zollbeamter zu 
Riga sıs. Blod, Rathsherr zu Dorpat r2s. v. Bläder, 
Dhrift zu Schleöwig 19. Dr. Bluff, praftifder Arzt zu 
Aachen 207. Blünner, Hofrath zu Breslau 85. Bod, 
Upoibefer zu Sriedland 117. Bol, Obriftlieutenant zu 
Sagan 1983, dv. Bodenhaufen, Prälat zu Merfeburg ses. 
Bodmer, Direktor zu Zäricy 224. Böddinghaus, Kaufe ' 
mann zu Elberfeld 101. ; Bölike, Pred. zu Neu⸗Levin 
62. von Bölgig, Major zu Bunzlau 5%. Dr. Bönig, 
— zu —2 78. Frhr. v. Boͤnninghauſen, 

oftor d. Med. zu Hamburg 288. Boͤrne, Schriftſteller 
zu Paris 79. Freiin v. Boineburg⸗Lengsͤfeld zu Wei 


N 
D 


xxxı 
lar 2. v. Boltenttern, Obrik zu Oeltſchan me. v. 


Bor 
nin, Major zu Berlin 476. 9. Bord, DOberflieur 
Erfurt Er * Borcke, Major zu Berlin 2 9 = 


fiede, Lieut. zu Stettin 1000. Borrmann, Gculledrer 


u Sägerndorf 1173. Boſe, Nittmeifter zu Dberfronk 
eben iıss, von Bofe, Premierlieutenant zu Meiningen 
“6 Dr. Bothe, Regierungsrath zu Frankenſtein 353, 


Graf von Borbmer, Gebeimeratb zu Dffenburg sır.- 


». Bothmer, Hanptm. zu Zelle 6ss. Botta, Geſchichts⸗ 
ee su Hamburg 132. Baron Bourgignon, Ober 
leut. zu Prag cos. Brande, Apotheker zu Benneden, 
Rein) 647. Brand, Dechant zu Ruwer cs» Brandl, Mio 
Hldirefsor zu Karlörude 200. v. Braunfhweig, Major 
zu Neuwied 1168. Brecht, Dberjufizkanzlit zu EUwan⸗ 
en si» von Bredow, Dauptmann zu Birabaum ae«. 
rebme, Doktor der Died. zu Jena 293. Bremi, Yros 
feſſor zu 2 182. Breth, Major zu Mänden son 
Breuer, Botenmeiher zu Danover 771. von Brewern, 
ckenrichter zu St. Deteröburg 576. Brinkdopke, Pas 
or zu Herford 1004. 9. Brockes, Oberflieut. zu Ihe⸗ 
boe 3, Dr. Brodmann, Domprobk gu Muͤnſter 
Brodmann, Schaufpieler gu Wien ons. von Bröfide, 
Dberfilieur. zu Breslau ai. v. Broſigke. Delchdaupt⸗ 
mann Fin Havelberg 697. Dr. Srhr. v. Brad, Prieker 
u Münden 381. Dr. Brüdner, Hofrath zu Neue 
randenburg 161. Bräger, Jufizomtmann zu Nieder 
roßla 186. Graf von Brühl, Gebeimerath zu Berlin 
. Bruͤning, Hberbärgermeifter zu Elberfeld 102% 
Brunswig, Doktor zu Roſtock 70. Dr, Büchner, Redak⸗ 
teur zu Berlin 343. Br. Dächner, Privatdotent gm 
Bürid 90. von Buchwald, Konferenzrath gu Neudorf 
412. Buley, Premierlieutenant zu Schweinrich were 
v. Bhlom, Hauptmann zu Teffin 134. v. Bünau, Daupts 
mann zu Deliefb er. d. Bhnau, Geheimerath zu Dres⸗ 
den 1117. v. Bhnau, Major zu Dredden 131. v. Bis 
nau, Lieut. zu Magbeburs 127» Baͤnemann, Rath zu 
anover 11m. Dr. Bunſen, Profeſſor zu Goͤttingen 132. 
urckdart, Paſtor zu Bienentättel i02ö8. Burkhart, Hofe 
rath zu Breslau sis. Burrmann, — su Sprotten 
1163. Duſch, Paftor zu Nordheim uſch, Juſtizrath 
zu Prenzlow 119. Dr. Süſch, prakt. Arzt zu Hamburg 
872. Buſe, Maler zu “Madrid 108. Buſſe, Lieut. zu 
Mitiefd. ıerı. Burdorff, Rittmeiker zu Pofen 102 
Bütemeitter, Oberamtmann zu —— 140. Büttner, 
Doktor der Medicin zu Salzwedel zo. Graf v. Dux⸗ 
döwden, Aammerberr zu Reväl 72. Cammerer, Miſſio⸗ 





J 
I 


. XXX 


nör zu Tranguebar sa. Galmberg, Hofgerichtsadvokat 
u Fauterbacb ıs10. Mag. Camenz, Superintendent zu 
Gepda 1110, Cammerer, Rektor zu Neuburg 886-. Canz⸗ 
Ier, Konful zu Paris ss. Caphes, Sgöͤff zu Frank⸗ 


furt aJM. aus. ©, Carlomig, Generallieut. zu Bres⸗ 
‚lau 54. Euftendpf, Doktor der Rechte zu Bremen 


1335. Gbladenius, WBürgemeilter zu Broßendain 198, 
v, Ghlingeniperg, Gerichtsberr auf Berg eso Cbriftian. 
fen, gebrer zu Kiga ass. lauf, Dberförker zu Weniels 
burg sis. Kleve, Bofrathb zu Verden 87. v. Cloudt, 
fieutenant zu Bonn 5. Cockerill, SBabrikpefiger au . 
Haben es. GCörmann, Zandratb zu Bergborft 357. 
Goldip, Marrer zu Dorfbemnip 639. Sreiberr v. Eos 
fonge, Generallieutenant zu Münden 5:2. Conrad, Ju⸗ 
fizrasb zu Marienmerder gez. Dr. Consbruch, Hofrath 
zu Bielefeld 307. Conſtenoble, Hoficanfpieler zu Wien 
265. Goudrap, DOberfilieut. au Dreeden eg. Cramer, 
Rechnungkeſteller zu Jever 416. Cramer, Amtmann zu 
Wäfede 493, Cramer v. Glautbrud, Amtmann zu Döna- 
brüd 105. Gramm, Dberpofmeilter zu Lüneburg 717. 


' Grelinger, Geb. Kriegsrath zu Berlin 116. Cuborft, Amt 
. mann zu Liebenzell 776. Gulmann, Advofat zu Münden 


939. Gunradi, Advofat zu Camenz 109. Dadtler, Geb. 
Kanzlift zu Stuttgart 753. Dahms, Santor zu Munz sg 
Damed, Rath zu Frankfurt a/D. ssı. Damm, General 


zu Berlin sı1. Dann, Ötadipfarrer zu Stuttgart 128. 


Dannemarf, Stadtmufifus zu Riga 739. v. Daflel,’ Forſt⸗ 
meifter zu Hoppenfen soo. Deabna, Kammerfonfulent zu 
einingen 751. - Debean, Spradlehrer zu Koͤnigsberg 27. 
v. d. Deden, Landrath auf Laak 85. Dr. Dedmann, 
Profeſſor zu Kiel 105. Degener, DOberamtmann zu Br. 
rabow sog. Deichmann, Notar zu Hildesheim see. Dels 
eskamp. Superintendent. zu Holte 1832. Demiani, Pas 
or zu Lindenrode sas. Derenbach, Pfarrer zu Hindorf 
772. Deubner, Buchhändler zu Riga co. von Demwiß, 
Fieut, zu Berlin 1247. v. Dewitz, Gutöbefiger zu Koͤl⸗ 
pin 85. Demora, Domfapitular gu Trier 112%. Died, 
Bucbindermeifter zu Altona 324. BDiebl, Witwe zu 
Dürkpeim sa. Diel, Advofat zu Dieg 5 v. Dieskau, 
Major zu Berlin 731. Dieterſch, Buchdaͤndler zu Goͤt— 
tingen ien. Dieterle, Kriegsminiſterialſekretäͤr zu Stutt⸗ 
gart 597. Dr. Dietlein, Oberhaumſpektor zu Berlin 1108. 
Dierrid, Juſtizkommiſſaͤr zu Goͤrlitz yes. Dieg, Direktor 
zu Horldrube er. Dinnigee, Arzt zu Wismar ass. von. 
Dippel, Bergratb zu Königéhütte 906, Diſſen, Hofrath 
zu Adttingen 280. Dittmer, Pafor zu Wollin ass. Döbl, 


. 
\ 


Stadtgericht8direktor zu Belzig ae. Döring, Oberfon. 
— iu Gotha 854. D. Dobihoff, Superintenden 
u Halle soo. eichs⸗ und Burggraf zu Dobne ’ 
oßenau 384. BDrepner, Pfarrer zu Burg ss. © f 
n, Profeflor zu Emmerich 1a. De. Driver, Hofmebdi, 
ud zu Schwerin 240, Dfeenfilg, Neferendar zu le: 
au 1124. 9. Düring,. Dberk zu Oranienburg 1085. von 
bring, Drok zu Rethem gs. v. Dustenbofer, Dberk 
zu Stuttgart 1307. Duvernoy, Doft. d. Med. zu Stuti 
gen 536. Epverbard, Profehor zu Münden 11. @bert, 
Stedifpnditus zu Northeim 1000, Ebner, Bubbändier 
p Ulm gsi. Dr. Edermann, Profeſſor zu Kiel 177. 
er, Superinsendent zu Nienburg 12. von Eggert, 
Etatsrath zu Kopenhagen 4. Eggers, Oofapoibeler u 
Rene 72. Ehmann, Pfarrer zu Gobengebren sw. 
v. Ehrenfeld, Oberſilieut. zu Bruͤnn ası. @iger, Ober 
sabbiner zu Poſen 312, v. Einfiedel, Bergkommiſſtons⸗ 
satd zu Iſchopau ses Elbe, Paſtor gu Kirdenrode 15. 
v. Eiderhoft, Domänenratd zu Kriwig gs. _ Eierholz, 
Dott. d. Med. zu Wied or. Elterbork, Major zu Has 
nover 960. v. Elterlein, Premierlieut. zu Driefhnig ae. 
Emmrich, Dberbofprediger zu Meiningen 188. Engel, 
Pfarrer zu — 10%. Engel, Gedeimeratd zu St 
eteröburg 765. Dr. Engelbart, Profeffor — b 
ngelmann, Pfarrer zu Türchau 409 Dr. Epplin, 
Bataill onsarzt zu Ansbach si. Dr. von Erdelpi, Pre 
feflor zu Wien 154. Dr. Erdmann, aroiedd: su Luͤttich 
119. Erdfiet, Paftor zu Hartum 222. Erbardt, Ap⸗ 
— zu Dresden see. Erichſon, Ma⸗ 
or zu Muͤnſterberg 663. Ernſt, Oberamtmann zu Grott⸗ 
au 1148. Erpibropel, Paſtor zu Eimbeckhauſen rss. Dr. 
Erpibropel, Medicinalrath zu Stade 288. Eßken, Pakor 
zu Uvendöhaufen 212. Eßmüller, Bürgermeifter zu 
©teyerberg so. Etlinger, Buchbaͤndler zu —— 1% 
Endorf, Superinsendent zu Dilfen 114. Euler, Notar 
su Düffeldort 454. Eulbard, Paſtor zu Haimar 1299, 
Evers, Archidiakonus zu Hamburg 765: ©. Everdmann, 
Dberbergdirektor zu Berlin 336. Everth, Paftor zu Dor⸗ 
pat 556. Ewerbed, Profeflor "zu Danzig 330. Mag. Fa⸗ 
ber, Pfarrer zu Semnatb 793. Dr. v. Fechttig, Gtaatde 
u. Konferenzminifter zu Wien 297. v. Sehrenzdeil, Mas 
jor zu Schwierſe ı1s9. Mag. Selbinger, G&tadtpfarrer 
in Langenzenn 13. Zeldmann, Pfarrer zu Sulzfeld 
3235. Seller, Advokat zu Baugen gı- Seller, Hofe 
baurath zu Breblau 108 Feld, Zukisfommillir zu . 
Danzig 248. Feſſer, Sekretär. zu Hanoner en Ficht⸗ 


i x a 1 


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ner, Major zu Wormditt ser. Fickeniſcher, Wärgermei- 

Ra de Redwißß sos. Fickert, Kammerdirektor zu Oels 1125. 
ind, 

zu Linz 753. Dr. Finke, Profeffor zu Lingen ur. Finken⸗ 

tddt, Hauptſchullehrer zu Dfen 11es. Firnhaber, Doktor 

d. Rechte jur Hanover: 712. Fiſcher, Doft. d. Med. zu 


Göttingen * Fiſcher, Prediger zu Hohenfinow 49 
Diaf 


M. Fiſcher, onus zu Neumark eng. Dr. Klebbe, Ges 


deimer Kammerrarb zu Hanover 195. Fleiſcher, Stadt- 


fondifus zu Pernau 677. Fleiſchmann, Inſpektor zu Koͤ⸗ 
nigöberg 1133. v. Slemming, Landmarſchall zu Boͤck 1156. 
mming, Regierungdfanzlift zu Schwerin 108. Soc, 


bergerihtdadvofat zu Kiel 8 Dr. Bode, u iu 


Srottan 1. Foͤrſter, Paftor zu: Dabrun ses. rer, 


Oberlehrer zu Halle 208% Follenius, Obergerichts⸗ 


anwalt zu Fulda 704. Fontanes, Negimentdarzt zu Bres⸗ 


Sau 1193. Forberg, Doft. d. Med. zu Erfurt soo. v. 50» 


reftier, Premierlieut. zu Niesky 1086. von Sranf, Ober 
dergratb zu Dortmund 125. Sranke, Hofratb zu Berlin 
7. Sranfe, Sprachlehrer zu Breslau rer. Dr. Sranfe, 
proftifher Arzt zu Dredden 178. Franz, Gtadts 


gerichisratd zu Eibing 953. Franzen, Paftor zu Soͤ⸗ 


up 334. Srebfe-Hinte, Ritterfdaftdadminiftrator zu 


geltend zu P 


Hanover 64. Frertichs. Hofprediger zu Oldenburg 
42, Dr. Freter, Medicinaltath zu Poſen 10. 
v. —— Major zu Augsburg 1280. Freudenberg, 
eß 1001. Sreudenthal, DOberftlieutenant zu 

remen 910. Sreuöberg, Landrath zu Dipe 394. Frigz⸗ 
fe, Paſtor zu Großdrebnig 1333. Freytag, Stadtgerichts⸗ 
ratb zu Memel ss. v. Sreymwald, Premierlieutenant zu 
Dresden 1185. Frieſe, Staatöfefretär zu Berlin 9. 
Srodien, Gutöbefiger zu Neubrandenburg 1184. Bro» 
pam Bırhhändler-in Jena 212. Fubrich, Lebrer zu 
reölau 1008. Sund, SKanzleidirektor zu Bentheim 794 
ürft, Kaufm. zu Schwerin 338. v. Gabain, Major zu 
erlin ses. Gabriel, Hofmundarzt zu Berlin ss. Gad⸗ 
dum, Major zu Bredlau ss. Gade, Godgräfe zu Nies 
dernfiöden ı762. Gaͤdicke, Buchhändler zu Berlin 327. 
Särtner, Bir. zu Arnddorf 71. Ganguin, Geh. Regie⸗ 


rungsrath zu Danzig 308. Ganſel, Schullehrer zu Zang- 


nalrath zu Hedingen cos. Geißler, Pfr. zu Wittgendorf 


beimigsdorf seı- dv. Gantzkow, DOberftlieut. gu Schweid- 
nit 1223, Gehring, Landtagbdeputirter zu Hanau 1002. 
Beife, Pfr. zu Wilhelmöberg ons. Dr. Geifeler, Medis 
cinafrath zu Danzig 142. Dr. Geißler, Hofs u. Medici» 


"70. Baron von Geißlern, Doflanzler zu. Wien 1344 


€ 
| 


Daftor zu. Sattenbaufen 1291. Fink, Buchhändler. 


v 
— mr — mar BF Bi 


; / j ı KEXV 
Sellern, — — ‘gu Hausberge 136. Georgi, 
Des arkersbach . Gerike, Gtaabbarıt 
Auppin — von Gerlach, Lieutenant zu Parſow = 


©erlig,. £ieuten. zu Bredlau ars. 9». Germar, Obrik zu 


Weimar 46. Grhr. v. Gerning, Gedeimerath zu Grant 
furt o/M. 94. v. Gerddorff, Hauptm, zu Dreßden air. 
v. Gersdorff, Hauptm. zu Görlig 564. dv. Gerftenbergf, 
Hofrath zu Tena 1015. Geutebräd, Geheimerratb zu 
Altenburg 315. Gever, Pfr. zu Banı 39. Dr. Genfer, 
praftifher Arzt zu Kiel 5. Giersberg, Stadtdirektor zu 
Morplewo 1142, Gies, Bifarius zu Abrmeiler ers. Gilde, 
meiſter, Senator zu Bremen s7. Gilling, Rendant zu 
Breslau oe. Bimmertbal, Konfitorialrary zu Greußen 
437. "Dr. Blafer, Superintendent zu Neuftrelig 138. 
Dr. Glafewald, Tuftizearb zu Naumburg 45. Gleiß, 
Major zu Neufladt in Holltein 6, Glan, Bürgermeiher 
u GSolotburn sr, Göbel, Richter zu Dfelöhoff as. 


odecke, Rekor zu Nordbeim oo, GBöppıngen, DOberfts - 


Sieuten. iu Oppeln sis. Göfhen, Dofratb zu Göttingen 
294. Göffel, Ratb zu Stade sıs. Bötihmann, Geb. 
Rechnungkrath zu Berlin 11. Gbth, Lederbändler zu 
Dredden 1208. Golta, Pfr. zu Gternalit sis. Golde, 
Advofat zu Leipzig 1030. Goldmann, Dberamtmann zu 
Gerode as5. v. Goldner, Gebeimerath zu Frankf. a / M. 
tzas. Sreiin v. Goldſtein zu Breslau 53. Baron v, ber 
Goltz, Major zu Berlin ra. v. Golgbeim, General. 
"major zu Sreienmalde a, d. D. is. Grabenftein, Doftor 
d. Medic. gu Göttingen 47. M. Bräter, Pfr, zu Tarts 
baufen 73. Graupner, Dberregierungsrath zu Som 
Deröbaufen 347. Dr. Greßmann, prakt, Arzt zu Schwer 
xin 252. Greu, Notar zu Widmer 1075. v. Griedheim, 

Dberlieutenant zu: Gotha ası. ‚Grimm, Prediger zu 
Cammin 399. Mag. Grimm, Pfr. zu Wildenhain sa. 
Griſebach, Generalauditeur zu Hanover su. . Grobe, 
Dberpfr. zu Thann 1319. Eros, Zandbaumeifter zu Lud⸗ 
‚wigsluft 331. “Großmann , Slantor zu Seelze g20. Gro⸗ 


tefend, Seneralfuperintendent zu Clausthal 59. 9. Grund, 


berr, QAppellatiogsrard zu Nürnberg ı07s. Grundmann, 
Kantor zu Langwaltersdorf 67. Gruner, Kammerrath 


“ 


8 Leipzig 36. Grunwald, Regimentsarzt zu Glatz 12 _ 


aron v. Gruttſchreiber, Lieut. zu Dirſchel oso. v. Gund⸗ 
lach, Gutsbeſizer zu Rumpshagen 1070. Guͤnther, Buch⸗ 
hbaͤndler zu Sroß-Glogau: sr. Guͤnther, Diakonus zu 
kandshut gos. Dr. Güntz, Geheimerath zu Dresden 1244. 
Sättel, Pakor zu Bändorf 110. Guincke, Thierarzt zu 
Sferlohn 1238: von Gusmann, Etaisrath zu Altona 18. 
Dr. Haar, prakt, Arzt zu Bremen as. van Daar, Rekt⸗ 


nu u Sams urn 00. D, Safe; Yrofefoe 3 

au Saliderbeiden um, — Prorektor zu Bresfau 244. 
änte, Prof. za Weilburg rız. M. Haͤrtel, Pfr. zu Lin⸗ 
— 1180. dler, Direktor zu ugöburg 91. Hage⸗ 
„Paſtor au Borflel 1225. Hagemann, Major zu 
} Bromberg 6%. agen, Landrath zu Mäpipaufen Be 

Hagen, —X arrer zu Windsheim as. v. 
Hofrath zu Ilmenau 9 Hahn, Kapitän zu Berta me 
ahn, Kommerzienratd zu Hanover ses. Dr. zu 
raßburg 1150. , Haller, Subkuftoß zu une ne 
lbach, d Medicinetaffefor zu Berlin 1005. 
— der Philoſ. zu Wiesbaden si. Hamach Br ee 


30 Keffeni ses Dr. Dameaur , —— zu Gießen 


.Dr. Hammer, Prof; zu vIngerẽ bof 1444. Hanſing, 
Eee] su Harburg 1056. Hanſing, Prediger 
Barel 40. Harbord, Apotheker zu artom 697. 

. rt von Hardenberg, Bedeimeratd ju Berlin 355 
dung, Regierungsſekretaͤr zu Düfleldorf see. Dr. 

erfei Mfarrer zu Lententbal 148. von Harten, 
erichtsadvokat Oldenburg 101. Hartmann, 
— zu er 1146. Hartung, Landtagsdepu⸗ 

med zu fl, Prediger zu Gadebuſch 274. 
ub, rien u Mainz 281. Haufchild, Hofrath zu 
eöden ‘108. Dr. Hapner, Direktor zu Coldig 134. 
‚a 9 —— ratb su Potsdam 197. Hecker, 


een Iderg 1er. Hedden, Kandidar zu Strück. 


Hedden, Pakor zu GSträdhaufen 41% 
eb de P — 9. eilenbed, 
aufmann zu Heilenbeck 287. Hellmann, Dichter zu 
in 264. von Deine, Generalmajor zu Cunerds 

dorf 1066 —— Oberlehrer zu tn 398. 
Heinzelmann, Pred. zu Wubkenzin 117. . Pro 
mierlieutenent zu Danover 101% - Helferich, —— 
sular zu Bamberg 383.  Helfriht, Bäcfenfäfters 
meifter zu Zelle a6. von der Hellen, Lieutenant zu 
Wellen sis. Helling, Notar zu Riga 505. —— 
Pfr. zu Heinrichau 11. Helm, Stalimeißer m önad 
Br. pel, Stadirichter zu Altenburg: 125% 

er — ———— 

med, Hand. d. Theol. zu Reufalden 72. Hennig, Oder⸗ 


—* zu Ullersdorf 66b0. Hennig, Wundarzt zu N 


"I. nniög, Pred. zu peſ 750. sidel, 

iu Ga — 1264. v. Herda, ge Denia zu 

s66 . Hering, Hauptm. zu Dresden Rt Dr. Hering, 
praft. Arzt zu Hadmersleben 1345 ermann, Pfr. 
zu acadlugen KB von LIE: "Res Kai Be Köln 122% 


Häberlin, N eiber 


ent zu Breslau 339. ee 


ne a ee > 





RE VIE 


Herr, geiſtl. Gebeimerart zu Lidhrentbal so. Mag. Der 
mann, Poltor au Marker&dorf 6, Graf vom Herzberg, 
Major zu Breslau so. Ders, Paſtor gu Dermödorf sı8. 
HeB, Dbrrbaurarb zu Darmftadı 221. D. Herb, Amts 
— u Stadtlengsfeld 364. Hefe, Ammsaffeffor zw 
erfenbrüdf ss. D. Bei praftifher Arzt zu Schkeubig 
171. Seſſelbach, Hoforganiſt zu Hoburg 375.  Heflen» 
Phillppstpal, Ferdinand, Prinz von 153. Heſſen⸗Phe⸗ 
lippsthal, Viftorie, Prinzefin von 411. eufinger, 
Prof. zu Dresden 149. Heufinger, Pfr. zu Heina au. 
Heuzenröder, Reichsſekretdr zu Duderfadt 1200. Hildes 
brand, Doktor d. Med, zu Beutben su. Hiller, Stabi 
pfarrer zu Dollfeld 285. Hilſcher, Fourier zu Mailand 
415. Himip, Prof. zu Göttingen 130. Hirkd, Pfr. ıu 
Niberfadt si, Dr. Hirſchel, Arzt zu Gr̃. Glogau 67. 
rt, —— zu Berlin 230. Höferle, Pfr. zu Franf⸗ 
furt a/d. 95, Höffner, Juftizratd zu Görlig 7. Höhne, 
Pfr. zu Ragemig sıe. Dr. Hoff, Sollaboraror zu Aurich 
82, von Hoff, Geb. Konferenzratb zu Gotha 196, Dr. 
Hoffmann, prafk Arzt zu Berlin 95. Hoffmann, Ober» 
büttenmeifter zu Sreiberg_ 5. Hoffmann, Buperintem 
dent zu Waldheim 500. Mofiud, Prediger zu Camen 7m- 
Hofmann, Gebeimerarb Mi Koburg 75. Hofmann, Umte: - 
odoofar ‚u Georgenthal 321, Hofmann, Paflor zu 
Sirafau 256. Hoſmann, Dberpfr. zu Lichtenſtein as. 
v. Hollp, Major zu Reichenbach 11m. Graf v. Holſtein, 
Kammerberr di Holfteinburg 13. _ Hommen Dom. 
fapitular zu Köln 540. Hreiin_ von Hopffgarten, Ober - 
bofmeifterim zu Weimar 232. Horn, Präpofirus zu Alt» 
Rdbelich u: Horn, Doktor der Philof. zu Berlin 248. 
Horvath, Buchhändler zur Potsdam ass. Hoßfeld, Forſt⸗ 
rath zu Dreißigeder 193. v. Houwald, Amtshauptinann 
zu Toͤplitz 10085. Howithz, ſommerzienrath zu Roſtock sa. 
Huber, Pfr. zu St. Gallen 25. von Hüene, Praͤſident 
zu Riga 71. ©. Hügel, Senerallieut. zu Stuttgart 110 _ 
Hünedeh, Paſtor zü Brodum ses. Huͤpeden, Juſtiſfom⸗ 
mifför zu Alberſtedt s765. v. Huifeldoven, Kaufmann zu. 
Kiga er. Hummel, Kapellmeikter zu Weimar 322. Dr. 
—* er, Prof. zu Erlangen 1166. Huſchke, Hofrath zu 
erlin 767. Dr. Huſchky prakt. Arzt zu Berka a. d. x 
388. Huth, Doktor d. Med. zu Chemnitz 1206. Jacobi, - 
Geh. Oberfinanzrath zu Berlin 213. Dr. Jacobi, Kreis⸗ 
—59 zu Warendorf 110 u. sto. Jaͤger, Dohtor der 
echte zu Zeven 1195. v. Jagow, Hauptm. zu Berlin 
6”. Gab, Oberpoſtſekretaͤr zu Bielefeld soo. Jahow, 
— Pr Berlin soo. aid, Pfr. zu Pforzbeim 
466. eblen ; Konrektor zu Gluͤckſtadt 7. von Zenit, . 


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am. | | ; 


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unten, Defonomiefommifld r un ——————— 34 
afor zu Piuingédorf 457. able, Dechant zu Frelen⸗ 
walde gro. von Hamefe, Beneralieut. zu Stettin 317% 
u, Kappelois,. Danpin- zu Merleberg 1177- Dr. Slarde, 
Drof. zu — sg, Dr. Karlien, praft. Advofat au 
amburg Dr. von Kaftellig, Doktor der Mebiein 
zu Wien Kaufmann, Doktor der Med. zu Huͤbſtadt 
sur. Graf IE stapferling, Aifeffor so. Dr- elermann, 
Beh kan zu Rom 270. ARRBe per zu ** 


em 650. _Nierf (fe, Paltor * ae Ti Nie 
efan zu Bb Penn 


Banas 634. ndel, Paſtor iu an om Kin d, Schuls 
x bier zu Do dir n 1397. _ Kindt, ofaporhefer zu Eutin 
D. findt, Prinarbosent in Kiel 14, , Kirfe, Obere 


piarrer, Do Belgern ass» Slinler, afor zu Kermöborf 


6x, Klambe f, £ieut. zu Eoppenbrugge 1400 v. Kleiſt 
Maſor zu 1 Stolp ogg. Alien, Pit. aM St. Bauen, 106. 
—— — 5* zu spälften 1133. Klingenberg, © Öriter 

Fuhrber Alintdard, Advofat A erzberg 906. 


Knauer, Apotheker zu Heldburg 


dort, Dremierlieutenant zu Sagan 10r1«- 


1 norring, Molizeiafeilor auf ee sir. D. Anorz, 
Geh. Negierumgeratd zu Fulda obbe, Juſthzrath 
> ans amar 39. ‚ Sörfter zu_Celle 606. Dr. Koch⸗ 
uper —8 au "Target 371. adberleim, Pfarrer zu 
Kill, Orr pler, Rittmeifter zu Hftran 9508 
der fat zu Stepferöbaufen ZUL. Köbler, 
witegiereborf 1965.  Köbler, Piare 

ver zu "Dit 2: von Köliden, Major zu Brede 


HR. Vs —— -Hberft eu, u D Dresden 189. König, 


ultlzrarb ruben 101, ' SO ig8bo 
er EB u — ke, En tor in 228 3 


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ne - — er Reigenbac u au 9 toatsrath 





erlin. 228° 
*— air ar zu HRathenom B574 Störner, 


— —zü — — 


| gationdrait zu Dresden 1157. Sreiderr v. un u 
u 


Direktor zu Oels 277.” D. Kobffehtter, Geh. Kabinett. 


son Kopp, Staatöminifter zu Kaflel 1126. Dr. Koppe, 
Geh. Regierungsratd zu Berlin 151. Korn, Buhbänds 
Breslau 202, 


Stadigerihtödireftor zu Breblau ae. Dr. Krug, 8 
u Werfen 348. Krummacher, Paſtor j 


—A 641. Kruſchwit, Rathskaͤmmerer 


ler, Stadtforſtrath 
fin 125. Kuipper, Advokat zu Zeige 


arzt zu Dppeln sız. von Lampi, Maler zu 1846» 
Sandmann, Lehrer zu Zei 1240. Landvoigt, Doftor der 
Medic. zu Graudenz 1237. Dr. fang, Prof. zu Erlangen 
89. Lange, Etatdrath zu Altona 829. Lange, Pfr. zu 
Poͤtewitz 636. Lange, dr. zu Saara 3. Lanz, Nee 
nungdrath zu Berlin cor. v. Lariſch, Major zu Bredlau 
ses. Laubinger, Amtsaſſeſſ. zu Hodelpeim 1158: Laude, 
Schullehrer zu Goldbeck 61. Lauenftein, Paftor zu 
Berzen 1105. Zauffer, Stadtpfarrer zu Katſcher 597. Dr. 
Laumayer, Regimentdarzt zu Sreiburg osı. Lauterbach, 


- Student zu. Berlin 1184. v. Lebbin, Oberftlieut. gu Alte 


Damm 1068. dv. Leeb, Bärgernifir. Fin Wien 360. Lefflot, 
Appellationdgerihtdadvofat zu Nürnd, 1107. Lehmann, 
ufizrath zu Berlin sıs. Lehmann, Kautm. zu Srank 
urt a/D. 190. M. Lehmann, Direktor zu Luckau 208. 


“ Dr. Lehmus, Kirchenrath zu Ansbachh 258. Ledndoff, 


Dokt. d. Med. zu Camen ses. Leibnig, Rath zu Dorpat 
«27. Leißnig, Dragonerlieuten. zu Deld Lejeune⸗ 
Derichlei, Poſidirektor zu Aachen ssr. Lemm, Hofſchau⸗ 


eo 


"zu: Leobſch 


"XL | | ' 
N fpieler au Berlin 216. Lentz von Höfften, Kammerrath 


au Dinkloge 418. Leondardt, Lehrer zu Ebemnig sis, 


- feopold, Privargeledrrer zu Dresden 670. v. un 


Müngdireftor zu München s28. v. Lerber, Altſchülidei 
zu Bern soo. Leske, Hofbuchbaͤnd ler zu Darmſtadt 342, 
Dr. £efoinne, praft, Arzt zu Aachen 117. v. VERDdeH, 
Gen. Maj. zu Berlin s23. Leuchs Redakteur su Närnb, 
318. Levien, Kapitän zu Ofterode ss D. Levo, praft, 
Arzt zu Altona 16. von Lemigfy, Gen. Mai. zu Reval 
9. Xenfer, Advofgt zu Pirna cs. M. Liebe, Pfr, ji 
Dberpöllnig so, Liebe, Advofar zu Gtrebla si. Piebelt, 


Juſtizrath zu Querfurt 405, £iebesfind, Paftor zu Loderd, . 


[eben 1019. v. Liebhaber, Dderförft, zu Wingenburg iscg, 
v. Lilienfeld, Lieuten. zu Waift ro. Linde, Mufiklebrer 
u Danover 1299. Lindemann, Doft, d. Rechte zu Luͤne— 
ur 517. FZindenhan, Tuftizrath zu Hadersleben 28, 
v. Lingen, Doftor Der Rechte zu Bremen sm. findner, 
Pfr. zu Möndsdeggingen 341. Dr. fippert, Gpmnafial. 


prof. zu. Hof 144. Dr. focerer, Prof. zu Gießen 108, _ 


öble, Hoffänger zu München s34. Dr. öf, Superins, 
tendent zu Dammerftein 1135. Dr. von Yöhner, Fanded» 
at zu Prag 406. Löſcher, Hofrath zu Neuftadr 402, 
Lörfd, Superintendent zu Schmarfom gez. Low, Ober 
landrabbiner zu Karlärube 246, foreng, $orftfefrer, zu 


Neuftreliß 715. Korengen, Doft, d. Philoſ. zu Dfdesioe ' 


24. Lob, Pfr. zu Lipperdorf us. Lop, Geb, egierungss 
Tarh zu Homburg 263. Kopal, Lieur. zu Königöberg 329, 
£udemig, Juſtiztath zu Neu-Ruppin 55. von Füttmip, 
Kegierungächefpräfident zu.Gorfau 268, Ludolff, Dbers 
£. ©. Rath zu Stettin 1305. Ludwig, Pfr. zu u 


ſied 1025. Mackenſen, Oberappellationsraih zu Wolfen- 


büttel 414. Märfi, Defan zu Landshut 1051. Märker, 


Kandbauinfpeftor zu Danzig 1237. Magenböfer, Oberſt.. 
—9* Berlin ar. Mäaͤgold, Stadipfr. zu Landspur 


abnefe, Senat, zu Schwerin og7. Maier, Ctadts 
pfarrer zu Griedrichbaven 733, von Majer, Kitter zu 
Padua 233, Frhr, v. Maltig, Schriftſteler zu Dredden 


209%, ©. Maltig, Obrift zu Magdeburg 983. Sreiherr 


v. Maltzahn, Obermarfchall zu Berlin os, v. Maltzan, 
Grafin Augufte, zu Wien 744. Mangold,. Buchhändler 
zu Blaubeuren sso. dv. Mann, Stagaisrath zu Münden 
131. v. Mannteuffel, Primus zu Reval 79. Marbad), 
Shaufpielerin zu Leipzig 313. de Mareed, Profeſſ. zu 
Berlin i1sz. ‚Mg. Martendorf, Paſtor zu —z388 
v. d. Marwig, Gen. Lieut. gu Sriedersdorf 861. art, 
Gaſtwirth j Hamburg 382. Matthes, Dokt. d. Medir. 

ar. Mattbefiuß,. Advokot zu Buddilfin an. 


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8 un I CE en Aa 2 DE ne 


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Mattbiaß, Kapitän zu Damig 1000. D. Matihias, Kon. 
kRorial» u. Schulrath — 1099. Mauritius, 
Kriminalaffefl. zu Bütow 11. Mavors Apoideter zu 
— 116. Maper, Rabbiner zu Juereichen 6. 
ayer, Forſunſpekt. zu Dettingen 1390. Dr. Maperhoff, 
un zu Berlin 1997. von Mediend. .Echmerin, 
rang, Großherzog 62. Medienb. »Strelig, Karl Sried. 
rich Auguſt, Herzog A General u. Staatsratdöpräfident 
zu Berlin 290. v. Medienburg , Freiderr zu *— 691. 
9. Meding, Sorfimftr. z. Borſtel 110. dv. Meding, Erbe 
landmarſchall z. Fhneburg «0. Medlin, Prob $ Prag 
617. M. Mebnert, ——— z. Leipzig Mebr, 
Dr. RN Wacieldorf zo. Mebren, Lehrer 5. Köln 1 
Dr. Meier, Rarböbudruder 3. Bremen sus. Meinete, 
Pohvermalter 3. Harburg au. Srdr. v. Mein, Erbfäger 
3. Ufele orı. Srhr. von Mengen, General 3. Prag 1215. 
D. Merklein, Ehirurgienmajor 3. Arembelang 1012. Mepig, 
Maj- 3. Schweidnitz o87. Metzler, Schöff zu Iranff. a/D, 
23. Meurer, Pred. 3. Grünberg 72. ut, Amtmanı 
3. Bledede 1285. Meyer, Kamerarius 3. Yurtehude go. 
Meyer, DOberlieut. zu Dreöden 111. Weyer, Oberfaktor 
. Hanover 52. Dr. Meyer, Kreiöphpfifuß 3. Nauen gg. 
——2 Kammerkaſſirer 3. Didenburg gs. Mever, Amt, 
aſſeſſ. 3. Verden.aor. Meyer, Kantor 3. Bolmerdingfen 
00. Meyer v. Schauenfee 5. Luzern 1217. D. v. Meyers 
feld, Prof. 3. Marburg 107, Melzer, Pfr. 3. Glas 1817. 
Michséel, Sekret. z. Schwerin soe._ Michels, Großbänds 
ler z. Roſtock sig. Mielke, Geb. Regierungsrath 3. Kb, 
nigeberg 1190. Mies, Pfr. 3. Beulich — illies Pris 
vatlebrer z Boitzendurg gElbe 247. Nirus, Unverſi⸗ 
tͤtsſekret. z. Leipzig 48. Mitſchelen, Finanzkammerfekrei. 
Reutlingen 2812. Dr. Mötlentdiel, Appellationsrath j. 
Antbah 408. Möltgen, Doktor d. Medie. 4. Kbln eos. 
Mobrmann, Rheder z. Hamburg 1050. Mokroß, Bir. 
Zublinig m. v. Molke, Konferenzrath zu Walde 17, 
. Monomwäli, Pred. 3. Hobenbruc 570. Moriz, Reg. Sekrer. 
3. Hönigöberg se. Mori. Eihborn, Geh. Kommerzien 
rath z. Breslau 234. Moser, Subrekt. 3. Schwerin 167. 
Mrongowiud, Apothek. z. Lauenburg sis. Müble, Schul- 
Iedr. 3 Heidersdorf se. Müblendodr, Drganık zu Dies 
lingen 99. Mübler, Lehrer zu von 40. Müller, Gen. 
Superintendent z. Auri oe. Mäller, Major J. Bartenz 
ftein 1270, Müller, ——— z. Elausthal 108. 
Mäller, Pred. 3. Dobberzin 1208. Muͤller, Pfr. 3. Durche 
baufen 75. Muͤller, Amtsadjunktus 3. Frantenbauſen eae.- 
Mäller,, Dokt. d. Med. z. Hadersleben 164. M. Müller, 
Superintendent zu Kirchhayn 291. Müller, Hofrath zu 


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"Leipzig 1109. Müller, Organiſt 5. Leipzig m. D. Müller, 
Kebe teur.s. Münden 1031. —E 3. Oberglogau 
uoe. Muͤller, Pfr. z. Oberzell ses. Muͤller, Subrett. 
Stendal ss. Müller, Stallmeiſt. z. Weimar 887. Mul⸗ 
fer, Maler z. Wunftorf ıra. Dr. Munch, Prof. z. Tuͤ⸗ 
-bingen 250. v. Münd:Bellingbaufen, Geh, Hofrath r 
Wien ars, Mlındımener,, Landratb 3. Verden ss0. Müpel, 
Geh. Sekretär 4. Berlin 139. Mulert, Amtsafleffor 3 
. Zingen 1005: v. Muffinan, Gebeimeratb z. Münden sı5. 
Segel Direkt. 3. Danzig 304. Nasfi, Palt. 3. Wingen» 
Dorf 356. Waffe, Buchdrudereibefiger j. Soeſt ru. Dr. 
Derberg, Major z. Lanbegaft 12. Neidbardt, Kanzlei: 
rath 3. Schleitz ss. D. Neftler, Hofratb 3. Ingermann« 
fand or. v. Netwitz, Reg. Sefret. J. Gumbinnen 123, 
‚ Nettmann, Kaufmann 3. Müblendorf 1255. Neuendorff, 
Archidiakonus ;. Brandenburg ses, Neubaus, Mentmeilt. 
4. Offelten 165. Neumann, Paltor 3. Borin 957. Neus 
mann, Pred. z. Neufadt:Eberöwalde sis. Irhr. v. Ne 
veu, Dberforftmeift. z. Offenburg 92. Niedlich, Profefl. 
. Berlin 255. Niefd, Prof. z. Halle ıor. Noad, Pfr. 3. 
iederleuterödorf 419. Nölting, Major zu Bremen su. 
‚ Nolte, Dokt. d. Med. f Nordheim 204. D. Norrmann, 
Hofraih z. Roſtock 41. Nosky, Pakt. z. Wingendorf 1258. 
v. Oedheim, Gen. Maj, 3. Münden 73. Debler, Paſt. 
3 Dippoldiſswalde s. dbiers Reg. Sekret. z. Bred» 
au £6: Delöner, Stadtricht. z. Schömberg 488. v. Oertzen, 
Landrat 3. Brunn 187. v. Dergen, Gtaatöminifer z. 
Neuftrelig 138. von Dergen, Domina 3. Rıbnig 60. 
Dffenhäufer, Operat. 3. Berlin goo. Dr. 9. Orff, Dber⸗⸗ 
medicınalrath 3. Münden 269. Dertling, Pred. 3. Born. 
bövd 390. Pabſt, Hauptmann 3. Zibin 12%. äno. 
rem. Lieut. 3. Laͤhn 1033. Palm, Buchhaͤndl. z. Erlan⸗ 
en 337. Pambuch, Pfarrer z. Prausnitz 1097. v. Pape, 
Konfitorialdirektor 3. Danover s7.. Pappenheimer, Ges 
meindevoritand z. Münden 1129. vd. Paſchwitz, Grenadiers 
bauptm. in Griebenland 1108. Paſſow, Pred. z. Krafom 
235. Dr. Pauder, Oberarzt 3. Gatſchina 41. Paudert, 
Dberamtmann z. Oppeln un. Peterd, Superintendent 
ij. Zrebnig 257. Pererfen, Dberalter: 3. Hamburg 299. 
Öererfen, Bürgermeift. 3. Heiligenbafen 27, M. Megelt 
, Warthau a2. Petzold, Oberlehrer z. Schoͤnau ax 
Freiherr v. Pfeil» Schharfenftein, Major J. Münden sr. 
Dienninger, Altfedelmeifter 5. Stäfa gg. Pfiſter, preuß, 
Konfulsy, Malta 13: Marquis Piatti, Obriſt A} Schönau 
“os. Mieafa, Pfr. 3. Lubom 7. Pilasky, Regierungs⸗ 
rat) zu Liegnin soo. Pillmann, Konrekt. z. Memel ses. 


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v. Pirch, Sek.Lieuten. x —X .Plahn, Stade 
ſekret. z. Plau so. Plaßmann, Pfr. z. Afſeln 2. Pia 
tenauer, Doktor d. Medic. zu Reuſtadt 661. v. Pleſſen, 
Sqadtzrath 3. Buͤſtedt 46. v. Pleſſen, Gebeimerathöprä 
ſident 3. Schwerin 158. Dr. Pleßer, Pred. zu Bremen 
241. Pleuger, Lehrer z. Meinertöbagen 1290. Plinte, 
Drganik z. Winſen ssı. von PlöR, Landidaftsrath 2. 
Stargard 108. Ploß, Kunftbändier 2. eeipsig 216. Sl 
. Privatgelehrter 3. Altona 302. Pölhl, Weltpriekter 


Wien 1246. Pohrt, Kalkulator z. Riga ss. Pomomwiß, 


Geh. Dberfinanzrath 3. Berlin 267. 9. Ponilau, Kane 
merdireft. 3. Zeig 1230. Dr. 0. Popp, Dberappellationde 
gerichtödireft. 3. Münden sıs. v. Porbeck, Vicepräfident 
. Kaflel 295. 9. Poremböfy, Lieuten. 3. Nybnid 1. 
Gragner. Prof. z. Münden ui. Preuß, Militärpenfion. 
. Hamburg 47. Prefler, Oberamtm. 3. Dirföberg om. 
Brietipp, ubreft. z. Anclam 109. Priem, SKeiegsrath 
. Berlins. v. Prob, Prem. Lieut. & Schwedt russ. 
Äsrudto, Dpverlehrer 3. Bredlau 260. Gr 

Kanonikus 3. Bredlau 10m. Duaglio, Oofmaler 3. Ho⸗ 
benfwangau a. Queitſch, Rektor 5. Freiburg zus 


of v. Pädler, 


v. Duitrow, Oberflieut. 3. Geverin os. Raabe, Gen.- - 


Maj. 3. Dreöden 145. Rabe, Maler 8. Rom 1256. Rüs 
bin, Organiſt 3. Bredlau 323. Nadel, Yufizkanzellikt $ 
üfrom so. von Kadzivill, Zürft Andreas Balentin, 
z. Dredden 1061. Raͤgener, Generalfuperint. z. Hof 
minden 661. Rampf, Pfr. 3. Bredlau 551. Dr. Ram 
dorn, Schulrath z. Altenburg 340. v. Random, Haupte 
mann 4 Berlin 74. Graf 3. Rantzau⸗Breitenburg, Gen. 
Kriegskommiſſ. z. Hamburg 11. Rapps, Pfr. di Erlen 
bad 76. Rauch, Pfr. 3. Alferdleben 180. Ka 
Pred. 3. Radun sos. Nedderfen, Senator z. Nordheim 
1160. Graf v. Rebberg u. Rothlöwen, Gen. Lieuten. g. 
nen 386. de Rege, Guperintendent 3. Potsdam sı9. 
Reich, Paſt. 3. Wangten 1009. Reichard, Hofrath 3. £0s 
benftein 278, von Reihe, Oberamtm. 3. Liehenburg sos. 
Reſchel, Kreisſuſtiztath z. Kaſſel 129%. eichenbach, 
Bibliothekar z. Stuttgart 786. Reichert, Bürgermeiſt. $. 
kandsberg 1051. Reimann, Major z. Schwemſal 1157. 
Rein, Schullehrer 3. Cloppenburg 413. Keinede, Pred. 
3. Bilder 430. D. Reiner ‚‚Landgerichtäarzt 3. Münden 
100. Reinbard, Pir. z. Hilbeck 392. Reindard, Hofe 
fdaufpieler 3. Müncdey 377. Graf v. NReindard, Staatß, 
raid und Pair von’ Sranfreich Rn} Paris 379. Reinhard, 
fr. 3. Städtfeld 141. Dr. Reinhardt, praft. Arzt r 
Dreöden scH, Reinhold, Staatörätdin z. Kiel 1m. Reis 
ter, Oberſtudienrath z. Mainz sss. Schr. v. Reigenftein 


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XLLIV | — 
z. Schmweidnik 1218. Nenner, Prem. Lient. 5. Forſt 1167. 
Kenner. Oberamtm. 3. Lorenzberg sıo. Reuling, Stadt: 

rarh 3. Stuttgart oo. Neuß, verwittw. Fürftin 3. Greig 

1186. Nenter, — z. Berlin soo. v. Reuß, Dbers 

vdibliothekar 3. Göttingen 369. Reutzel, Kataſtergeometer 

8 Gießen srı. Reymann, Hauptmann 3. Berlin 826. 
beinbott , Gen. Superintendent 3. ©t. Fetersbur 121. 

Rdeinwald, Doft. d. Chir. 3. Braunfhmeig 70, Nbein- 

wald, Pfr. 3. Neckarems 735. Ribbentrop, Amtsaſſeſſ. . ' 

- Münden ınt. Richarz, Gymnaſ. Lehrer 3. Aachen 1306. 
Richter, Privatgeleberer 3. Dresden 1248. Dr. Richter, 

auf. 3. Erlangen 1270. Richter, Kaufm. 4 Sranft, a/D. 55. 
ihrer, Negierungsrarh zu Minden 68. Richter, Bas 

taillonsarzt zu Prettin 1007. Richter, Berichtödireftor zu 

Stolpen 1322. Riedel, Landesdirektlonsrath zu Weimar 13%. 

Ningelhardt, Landrichter zu Oſtrau os3_ Ringeltaube, 

DHaupım. zu Bretlau 146. D.’Rinna u. Garenbad, Hof 

arzt zu Wien oe. Riſch gu Neifferfcheid, Hüttenbe⸗ 

Äger zu Schleiden 34. Rodde, Paſtor zu Bargftedt 
8 von Rode, Geheimerath zu Deſſau 95. Dr. 

Rödiger, Diafonus zu Halle 113. Nöller, —— zu 
Woͤlffersdotf se. Roͤſenberg, Magiftratör. zu Libau 600. 
oͤſſſe, Schauſpieler zu Didenburg 214 Dr. Roͤßler, 

Superintendent zu Merfeburg 1073. Römer, Buchbind» 

ler zu Göttingen 359. Roland, Legationdrath zu Ber: 

lin 108. NRola, Konzertmeiſter zu Dresden 191. Dr. 

Rommel, Generalfuperintendent zu Kaffel 271. Rooß, 

Dberfilieut. zu Görlik 1m. Roos, Major zu Reichers⸗ 

dorf 06. Dr. Roſcher, Kreisphyſikus zu Genthin 40% 

Dr. Rofen, Profeffor zu London 1139. Baron v. Nofen, 

- Kollegienratd zu Reval rss. v. Rofenberg, Pfarrer zu 

Neiße 102. Roß, Kaufmann zu Duidburg 1993. Dr. 

Roßbach, prakt. Sur Bramhbach 55%» Roibe, Generals 

accidinfpeftor zu Leipzig 65. v. Rottenburg, General 

lieutenant zu Weſel 261. Dr. Rudolph, praft, Arzt zu 

Sangerbaufen 126. v. Rudolphi, Öenerckient. zu Glos 

gau 720. v. Rudolphi, Generallieut. zu Wefendabl 795 


üder, Buchhändler zu Berlin 20%. Rüdenburg, Paftor ' 


u Minken 656. Ruhland, Stabsarzt zu Riga ze. Dr. 

ulmann, Medicinalrasd zu Wiesbaden cıa. Rumann, 
Dberflieut. zu Hanover 1000. Rump, Profeſſor zu Bre⸗ 
men 701. Rupe, Ratböherr zu Minden 352. Ruft, Kan⸗ 
tor zu Berlin ıs1. Br. Rutta, Domfapitular su Wärjs 
burg 286. Saage, Geminardireftor zu Paradied ar 
Saal, Superintendent zu Großrudettett 344. D. Sadſe. 
Kunterachker zu Chemnig 1087. Sachſen » Meiningen, 
Souife Eleonore, Herzogin zu 172. v. Bad, Major zu 


X.V 


Breslau 107. sum Sande, Dberamimann gu Oi. 


Bander, Major zu Hardurg 121. v. Ghrtori, Kirtmels 
Ber gu Serfhnig zu. Sattler, Paftor zu Barrel 190. 
Sauer, Amtedirurg zu Steimbfe 917. Sapı- Wittgen. 


ReinYobenfein, Fuürſt Karl, zu Wirtgenkein gao. Shaafs, - 


Örfter zu Dberode gm. Schäffer, Profeffor zu Duͤſſel⸗ 
of 292. Schäffer, Kommerzienrath Zu Königsberg ses. 
Scharnagel, Maler zu Bamberg 150, ©carnagel, Kob⸗ 
erator zu Portenfein 194. Schatz, Jumzr. zu Garz 1387. 
baumann, Doft. d. Rechte zu Danover soo Scheffler 
Dberlandgeritsratp zu Magdeburg 979. Gcheibe, Hof. 
ratb zu Berlin 120. Sceibler, Seidenmanufafturi zu 
Krefeld 349. Schein, Pfarrer En Bobeck 41. Scelble, 
Mufikdirektor zu Srankiurt a / M. 109. vreiv. v. Scele, 
Regierungefefretär au Oldenburg 133. Dr. Scheller, 
Landphyſtkus zu Gelle 1. Dr. Scheller, Proteflor zu 
Eee 316. Schenler, Pfarrer zu Groß. IBeißond 176. 
Scherber, Pfarrer za Berg 05. Scherrer, Doftorin zu 
Sdhmerikon 11% Dr, Scherzer, praft. Arzt zu Schön» 
heyde 10. ©. Scheve, Dräfident zu Berlin 100. ©de- 
ven, Yandrath zu Hennef 120. Gcidora, Paſtor gu 
Sriedri@ägräg 1206. Dr. dv. Sciferli, Leibarzi zu Elfenan 
ss 9. Ediller, Dbrift zu Srankiurt a/M. 0. Baron 
Schilling v. Canſtadt, Ctaatdrath zu Gt. Peterburg 10c0. 
v. Schimpff, —— gu Dresden 12. Schinkel, 
rediger zu Neu:Ruppin soo. ©. Schlegel, Dberft zu 
ale ;ı0. Freih. v. —— Geheimerath zu Braun 
Dmeig 59. Solidthorſt, Kapitän zu Hudfeld 109. 
Sodlichter, Pfarrer zu Unterboilingen 157. ». Shlieden, 
aupimann gu Dderin 657._ Zchmelke, Schaufpieler zu 
erlin 162. Dr. &&meiffer, Arzt zu Damburg 69, 
Dmiedel, Spmnafialdireftor zu Lomfpnsk ei. von 
Schmieder, Kommandant auf Königfein 1018. 9. Schmidi, 
Beneralmajor zu Wien 874. Schmidt, Kaufmann zu Bit 
terfeld 1097. Dr. Schmidt, Gebeimer Finenzrath Pr Gie⸗ 
en 310. Schmidt, Pfarrer Zu Iſerode 12. Echmidt. 
farrer zu Mariafirdy go. Dr. Schmidt, praft. Arge zu 
renzlau a6. Schmidt, Premierlieut. zu Epandau a7. 
Schmidt, Zußlgtan; ieiadvofet zu Schwerin 96. Schmidt, 
Dberamimann zu Klof. Bepra su. Schmidt, Privatmann 
u Wien 121. Schmidt, Schullehrer zu Schweinhaus 497, 
Ir. Shmold, Profeſſor zu Berlin 103. Schnädelbad), 
Apoiheker zu Yiebenthal 12. Gcneider, Rektor gu 
Grünberg 32. Dr. Ehneider, Hofrath zu Krefeld 58, 
Shneider, Pfarrer zu Rybnid os. Schnelle, Hoffantor 


— 105% Schnepel, Advokat zu Guſtrow 197. 


nieber, Kreisjuſtizrath zu. Schweidnig 300. Gchnig- 


®% 





. XLVI 


enberg, Hanptmann zu Srauffurt a/D. «oe. Sonor⸗ 
feil, Amisrath p Brleslau 125%: Dr. Schön, Arzt zu 
eiffe ce. Schöne, Kantor zu Bärenflein ss. von 
Goönfeldt, Dberforkmeitter zu Merfeburg 5:0. Schöne 
berr, Doft. d. Med. zu WBeimar 1512. Schoͤps, Bataile 
fonsarzt zu Bredlau 117» Dr. Scholz, Profeflor zu Bres⸗ 
iau 48.. Scholz, Paſtor zu Karften 1289. Schorr, Pfars 
rer zu Süchfen 143. ©. Schoß, Dberfilieut. zu Gr. Glos 
aau 1085. M. Schett, Pfarrer zu Foffenau b66. Schra⸗ 
der, Apotheker zu Berlin 4. v. Schramm, Lieutenant 
zu Bredlau 109. Schreiber, Schullebrer zu Koͤnigswalde 
1325. Schreiner, Pfarrer zu Xraben 403. Shröder, 
Garnifonauditeur zu Hameln 1257. Schröder, Apotheker 
zu Hanover sig. Schröder, Amtmann zu Münden 1203. 
Schröder, Zollbeamter zu Riga sor, Gehröder, Konzleis 
‚ zath zu Schwerin 1255. P- Schroͤter, Amtshauptmann 
u Helmsdorf ız19. Dr. Schubart, — zu 
Hamburg 311. Dr. Schuderoff, Geb. Hofrath zu Alten⸗ 
burg 330. Schüler, Rath zu Hildburgbaufen sos. von 
Shüs, Geb. Oberfinanzrath zu Köln 179. Schuͤtzendorff, 
Pfarrer zu Horrhauſen ass, Scuknecht. Kreisbaumeiſter 
su Mainz 78. Graf v. Schulenburg zu Fondon 865 v. 
d. Schulenburg, NRittmeifter zu Neufladtsia. Dr. Schuttz, 
Hofrath zu — — 227, Schulg, Platzmajor 
| an Braunfchmeig 249. Schulge, Paſtor zu Sevenftedt 391. 
Sulz, Negierungsrarh zu _Merfeburg 127 Sgulz. 


- Sientenant zu Wefel us. Schulze, Oberſteuerratd zu 


inden ısm. ». Sculzenbeim, Generallieut. zu Stock. 
bolm 1033. Schumacher, Scrififteller zu Danzig 106. 
Shufter, Domänenrath zu Kirchberg 75: Sgwarts, Pas 


ftor zu Stroppen 370. Schwarz, Dokt. d. Med. zu Er⸗ 


furt gi3. Dr. Schwarz, Gebeim. Kirchenrath zu eidels 
berg 139, von Bomarzburn: Bpnberäbeien. Guͤnther 
Friedrich Carl, Fürft 155. Schweigerd, Buchhändler zu 
Wien 79. Mag. Schweitzer, fehrer zu Leipzig 1316. 
Schwyrer, Statthalter zu Luzern ass. Stel, Revifionde 
rarh zu Niederfelterd soo, Scelmayr, Profeflor gu Dils 
fingen v. Geelfttang, Rittmeifter zu. Striene 1200. 
Graf dv. Seher:Thoß zu Bitſchin 1079. Seifert, Schul⸗ 
lehrer zu Neudorf sis. Seiler, Rendant zu Kdnigöberg 
36. Geipel, Senior zu Neumalterödorf 128. Semper, 
. Doerfdrfter zu Conradswaldau 1192. Dr. Sengebuſch, Ju⸗ 


fligfanzleiadvofat zu Rapeburg 35. Seyer, Dbertörfter . 


au Montaut 1119, Sevin, Lehrer zu Weibenflein ee. Dr. 
. Sibert, Dekan zu Auerbach 1045. Dr. Sidel, Hofrath 
u Leipzig 113. Dr. v. Giedbmogrodzfi, Profeſſor zu 

offen 431», Mag. Gieghard, Veöperprediger zu Leip⸗ 


® — mu — — 


— — 
— — — — —— 


ILVII 


"glg 88. Dr. Siewerlitgg, prakt. Arzt zu Stralſund 245. 
ga 9. Bienen, S ndihe su Hamburg 48. bi ; 
Buchbändler gi agen . Bir. Simon, zu Medem ' 
bad 173. D. Simon, Reg. Arzt zu Rieſenburg a. Sin⸗ 
tenid, Pfarrer zu Großſcöbnau 87T. Baron von Sul ju 
ungferndorf 101. Söffner, Vicedirektor zu Neiſſe 66, 
Söhnen, Zrbrer zu Mählheim 102. v. Solmb Braun. 
feld, Fürt Wildelm zu Braunfels 76._ Sommer, Paſtor 
su Doigtsdorf 707. Sonderöhaufen, Hand. d. Theol. zu 
Zarnewan; 595. Dr. Spangenberg, Prof. zu Albano oo. 
Spener, Pfarrer zu Derren » Quljbad 3066. Graf von 
Spiegel zum Diefenberg- Hanzieden, Befandter zu Mäns 
&en sor. Dr. Spiro, Adöokat zu Frankfurt a / M. 275. 
v. Sporken, Priorin 3. Kloſter Lne ses. Springer, Pro⸗ 
feſſor z3. Mergentheim 61. v. Stackelberg, Freih. z. St. 
Petersburg 777. v. Stadl⸗Pfeilhalten, Apotheker duo ⸗ 
Bur 146. Gtadr, Pokor zu Pawellau 101. M. Gtange, 
MM iarrer 3. Weißig 127. Stark, Landlommiffdr z. But 
selkädt 319. Dr. Stark, Geh. Hofrarb u: Profeſſor z. 
Siena 378. Grarß, SHaufmenn z. Aachen se. Dr. Gt 
venbagen, praft. Arzt 3 Zhllihau 1017. Stegmann, Pri⸗ 
patgelebrter 4. Augsburg 115. Stegemann, Dberlands 
erihtöaffeffor 3. Swinemünde 1005. Stein, Curatus % 
Rotbenburg a. d. T. 168. Sreid. v. Stein, Kemmerd, 
4. Großkochberg en. », Steiner, Bangquier z. Wien sie. 
Steinfopff, Amtsrath zu Bernburg 100. Gteinmann, 
Gtabdtratböpräfident zu St. Gallen 13. v. Gteinmep, 
Generallieut. 3. Poredam rag. "Dr. Stellmacher. Rath & 
Heldburg 905. v. Stephani, ————— 4. Ratibor 1187. 


Tieut. 3. Riga 573. M. Gtieber, a Ad z. Ansbach 606. 
Würzburg 1110. Stier, 
Eine zu Neifen s22. Stock, Mejor zu Urolfen a v. 


g20. Dr. 
rath 3. Schleiz 159. Streitwolf, Mufifer z3. ingen8t. 
ttelom, Hatböherr 4. Riga see. —*2 — a 
fer 3. Lingen ssı. Fiqu dv, Struve z. Hamburg . Stu⸗ 
enrauch, kandraub 3. Ders a3; Stuber, Ho 84. 
: Fudmigefu t > In ui, — — —* ur 
tin 87. Etümner Regierunger. 3. — aj D. ace. 
— a * 


/ 
x 


‚Lv 


v. Stuͤrzer, Staatsrath in Muͤnchen 284. v. Stumpe, 


Oberſt z. Heilbronn 40. Sturm, Paſtor z. Stein: Kun: 
endorf 837. Sudendorf, Dekor 4. Badbergen 1046. v. 
 @ufzer, Generalmajor zu Alcbaffenburg as. Suſemihl, 
Nosariud 3. Roͤbel 113. v. Sudner, Reichs⸗ u. Staatds 
rath 3. an den 57. von Sydow, Major 3. Brieg 365. 
Dr. de Taillez, Lehrer z. Münden 473. Tannenberg, Ors 


ganift z. Groitkau 468. Teichert, Doft. d. Med. 3. Stols ' 


en 73. KTeichgräber, Dberammmann 3. :Warmbrunn 1098, 
eihmann, Probſt zu Oels 1161. Dr. Temler, Privatdos 
cent z. Jena 1336. Dr. Thär, prakt. Arzt 3. Beriin 394. 
v. Tdanffen, Etatdrath 3. Hamburg 373. v. Theobald, 
Seneralmajor 3. Stustgart 126. Tieb, Saktor zu Schwes 
rin sıs. Dr. Thilow, Medicinalrarh zu Erfurt 516. Thies 
mann, £eftor 3. Breölau 97. Thieme, Kapitän 3. Grüns 
berg 1013. Thieme, Schaufpieler z. Neuftrelig 211. Thier⸗ 
. mann, ®eneralaceißinfpeftor 3. Dresden 251. Thierbach, 
——— 3. Breslau ass. ©. Thieſendauſen, Major z. 
erlin as3. Thomas, Geheimer Juſtizrath 3. Kaflel 175. 
Thome, Maler 3. Breslau 737. Dr. Thormeyer, Gymna⸗ 
fialdireftor 4, Neu:Ruppin 66, Thulemeier, Doft. d. 
Med, z. Iferlobn coı. Dr. Tiarks, Aſtronom 3. Jever 404, 
Fieftrunf, Profeſſor zu Halle 306. v. Ziling, Major ' 
Burgmerben 130. Timm, Paftor z. Neufirden seo. Kreis 
berr v. Zigenhofer, Geheimerath 3. Homburg 483. To⸗ 
biad, Pfarrer 3. Altzülz ags. Töpelmann, Kreidamtmann 
Kgrelburg 1054. Graf v. Töring:Seefeld, NeichEratd -3. 
nen 432. von Trampe, Hofratb_3. Oldenburg 396. 

v. Tranſche, Zandratb z. Niga ss. Trautmann, Kantor 
3. Neuftadt asa. dv. Zrautvetter, Butsbefiger z. Wolhp⸗ 
nien 543. Trentin, Anitöratb 3. Luſchwit er. Treviras 
nus, Prof, 3. Bremen 84. Triebel, Pfarrer 3. Tylda css. 
. Dr. Trommsdorff, Geb, Hofratb 3. Erfurt 118. Tucker⸗ 
mann, Amtsaſſeſſor 3. Gr. Schneen 86. Türcke, Duins 
tus 3. Cottbus 1338. - Türk, Hauptmann 3. Gleiwig 9%. 
Twele 3. Duedlinburg om. Fa chmann, Paſtor z. Sa⸗ 
gan ses, Uhlhorn, Mechanikus z. Grevenbroich 308. v. 
‚Mir, Lieut. zu Koͤnigsberg 1293. Unzer, Makler zu 
Danzig 1116. _Ufener, Urditiafonus 3. Marburg 272, 
Dr. Väth, prakt. Arzt z. Külsheim 3. Wahl, Hofſchau⸗ 
fpielerin 3. Neuftrelig 44. Balfenberg,_ Bärgermeißter, 3. 
Wormd si, Dr. Varjeb, | z. Hemmendorf 
10866. Bater, Juſtiztommiſſarius 4. Bredlau 181. Vateri, 
Major 5. Mebwiß 114. Beitd, Prof. 5. Dredden 217. 
Freſh. ©. Vequel, Oberappellationgrard- z. Münden 1080. 
Deöpermann, Schaufpieler 3. Münden 40, Dr. Bettien, 


% 
“ 


m" 


ZLIX 


Regierungdr. 3. Stettin 12io. Dr. Dein, Konflkoriak 


räth 3. D6nabräd 410. v. Vietingboff, Aſſeſſor 3. Mer⸗ 
feburg 674. Graf Vitzthum v. Edftddt, Gebeimerath zu 
Dreöden 1133: Dölder, Kriegsrath 5. Berlin 77. BdlE 
fen, Steuerinfpektor 3. Münden 130% M. Vogel, Yator 
u Cdriſtianſtadt 397. 9. Vogel, Major ;. Berlin 11% 
Bogel, Regierungdr. z. Frankfurt a/D. 116. Bogel 
£ebrer 3. Langerfeld oo. Dr. v. Vogel, Geh. Medicina 
rath 3. Roftod 53. Vogt, Palor 5. Halver 127. Voit, 
Sabrifbefiger 3. Hildburgbaufen as. Volger, Major 
Hanover 56. Voos, Zebrer 3. Wohlshahn rı. Wäch⸗ 
ter, Privatgelehrter 4. Damburg 76. Dr. Wagner, Pros 
fellor 3. Sreyfing sıo. aaner, Kandidat 3. Halle 1331. 
Wagner, Domfapitular ch Rottenburg ar 205, Wale 
baum, Schriftgießer 3. Weimar 218. aldraff, Ratd 2. 
Haigerloh ca. Walter, Stadtfhulreftor 3. Tarnowig 
1. Dr. Walg, Regimentdarzt } Potsdam 682. v. Wan⸗ 
genheim, Kammerh. z. Siebleben Hs. v. Warnſtedt, 
Kammerb. & Traventdal 26. Warttig, Pfarrer z. Steflt 
‚88. Dr. Weber, Quftigfanzleiadvolat zu Roftod 266. 
Weber, Doft. d. Medic, z. Spmeidnig 174. Dr. We 
defind, Praͤſident 3. Mannheim ses. Wedigen, Kriegs⸗ 


rath zu Düffeldorf ass. von Weech, Haupfmann zu 
i. 
r. 


⸗ 


Athen 10413. Wegener, Superintendent z. Züllichau 417. 
v. Wegierski, Mojor z. Breslau gos. D eidig. Pfar⸗ 
rer z. Obergleen 103. Weidig, Hauptmann 3. Sauger⸗ 
baujen zus. Weidinger, Kaufmann z. Hamburg 1224. 
Weidler, Pfarrer z. Gr. Doͤbern se. Dr. Weigend, Eis 
fterzienfer 3. Ebrach 192. Dr. Weigel, Duartud zu 
Leipzig 50 und eo. __M. Weigenmajer, Gtadipfarrer 
zu Dornfetten 780. Weinfauf, Hoffbaufpieler zu Co⸗ 
durg 219. Weinfig, Paſtor 3. Sallingboftel 102 9. Weis 
rad, Major z. Bunzlau 72. eife, Lehrer 4. Schmiedes 
berg 1251. Weiß, Schullehrer zu Liegnig 1. Dr. 
Weißbrod, ‚praftifcher Arzt zu Münden 11. Weifle, 
Diafonud zu Sommerfeld 106 Dr. Weiterödaufen, 
Harrer zu Großenbufed mr. Weihtzel frath zu 
Wiesbaden 37. Welgien Advofat 4. Roſtock 395. Wene 
DEU, Buchdruckereibeſizer z. Rendsburg 23. Wendt, Hofe 
rath u. Prof. 3. Göttingen 21. v. d. Wenſe, Haupt⸗ 
mann 3. Kneſebeck 10. v. d. Wenfe, Forſtjunker 3. 


. „Eelle 160. Wengel, Gebeim. Tufigeard 3. Breblau m. - 


Wenzel, Major 3. Geankfurt a/D. 152. Werdüdagen, 
farter 3, Valbert 747. 9. Werder, Genralliemenant 3. 
logau 26. Werkmeiker, Landrentmeiſter 4. Minden 233. 

Werner, Major 3. Dannenberg sis Werner, Dolt. d. 


« 


\ 


h- I .7 * 
ed. 3: Plauen 1205. Werner, Kanonifüud z. Stade 1295. 


| Befemann, Kaufmann 3. Nienburg or, Weſthoff, Pas 


fo j. Herne 1119. Widmann, Senator zu Noftod ss. 
Binprendabl, Generalkaſſeſchreiber I Darm 7. Wis 
burn, Juſtizrath 3. Natibor 944. ieffermann, Pfarrer 
4. Lengerih 122. Wieland, Magifter 7, Dresden sei. 


1. Wienskowsky, Generalmajor 3. Bredlau 104. Wie— 


ator 3. Altenbagen 1131. v. Wilamomwik, Major z. Ga: 


Bil Gpmnafialprofell. ;- Feobfhüß 1153. - Wiggert, 


lich, Premierlieut..z. üben 5%. 
— 723. indprecht, Blcerantiguar zu Auge» 


0m 1320. Wild, Doft. d. Med, En 1282, — 
gmann, Major 3, 


urg 229, zBippergt, Rektor z. Adorf 1226. Witting, 
ofbaurath 3. Hanover 573. Witendorf, Kaffirer 3. Leip- 
zig 775. v. Wipleben, Dberlieutenant z. Dresden 367. 
v. Wigleden, Staaröminilter i Berlin os. Mohlfart, 
tediger 3. Gehren 7a. Wohlleben, Neferendar 3. Ber 
in 68- oife, Gurdbefiger auf NReimanndfelde ex. 
Moldenbaar, Hauptmann 3. Hameln 107, Dr. Wolff, 
Kreiöpbnfifus J. Trebnif 971. Dr. Molterftorff, Paitor. 
z. a 273. Woltmann, Baubdireftor z. Hamburg 
858. SpEaametT, ande 3. Breöl, 1014. v. Wrede, 
Fhrkin opbie, z. Ellingen 72. v. Wrodem, Nirrmei- 
‚fer 3. Zaleſchen oz. MWühr, Mufiflebrer 3. — 374, 

Mnſch, — 2 Berlin 160. Wärger, 
aftor 3. Brofdorf 20, Wülbof, Ammann 3. Id: 
edit 755 Wunfter, Superintendent z. Breblau. 232, 






"on rg Amtöbauptm. 3. Großen: $urra 341. von 


-Babueönig, Oberin 4. Augsburg 279. Zebe, Juſtizdirek 
tor zu Lieanig cor._ Zeeſe, Oberförfter zu Wriezen ser. 
ea, Doft. d, Med. zu Eibenfiod 1253. Dr. Zenker, 
Dofraih u. Peof. zu Jena 333. Zerbft, Generalfuperint. 
zu Ganderöbeim 654. Zieger, Pachtamtm. zu Dueblin- 

urg 77. v. Ziegler u. Klipphaufen, Hauptm z. Onas 
denberg 57. Zimmermann. zen: zu Rofiß 1109. Zim⸗ 
mermann, Kammerrath zu Gtuttgart 738. iefemeier, 
Meof. zu Berlin 336. Zinkeifen, Hauptm Ri Ultenb 111, 
Zobel, Kapitular zu Fiecht 163. v. Zur» Müplen, DOberii- 

int. 4. Wierfall sam. ©. Soclinski. Maj, 3. Dresbden 99. 





“ie ar 


Erfte Abtheilung. 


zpeils vollfländigere, theils ſtizzirte 
Lebensbeſchreibungen. 


N, Rekrolog 15, Jahia. 1 





Nachtrag 
einiges im Jahr 1836 Verſtorbenen. 


EEE TEN 


*1. Hans Heine. Rudolph Focke, 
Dr. med. u. außübender Arzt zu Trittau, in Holftein; 
Beb. den 15. Aug. 17735 gef. den 17. San. 1836. 
A war zu Eee im ——— en geboren, ⸗ 
ir —— — Bier — die Pa 
Ber t, um ſich Ben. gi 1 Ohm 
widmen und wurde 


ribus. Goettingae 1798. 


Erempdorf. D. 9. Schröder. 


* 2, Charlotte Philippine Eleonora Augufte 
Freiin von BoineburgsLengöfeld, geborene 
b, 


v. 


Vattin des kurhefſ. Geh. Bepierungsratpb, Shen. v. Boineburg : 
Lengsfeid in Weiler im Weimar.) ; 
geb. am 11. Aug» 1767, Heft. am 1. San, 1836, 
Sie war zu Emen in der Grafſchaft Schammburg. 
E e, auf —* Kinergun ihred Daterd geboren und die 
— von Albredt Ehrikt. von Dheimb, Erdherr auf 
r#, Helpenfen ımd Rinteln, de Senerailieutenam 


' 4 Freiin v. Boineburg⸗ Lengsfeld. 


der Cavallerie, Gonverneur der Feſtung Rinteln, Cura⸗ 
tor der daſigen Univerſitaͤt und Ritter der deſſ. Orden, 
und von Sophie Friederike Henriette Gräfin von Mellin 
aus der Herrſchaft Fahnerow in preuß. Pommern, Erbin 
des Ritterguts Suͤdhemmern ohnweit preußiſch Minden, 
Ibrem Vater, der ſich durch feine dervorſtechenden mis 
litärifden Eigenſchaften, vereint mit ben edelſten Ge 
finnungen, die Kiebe und Achtung feines Särften, feiner 
&ameraden und aller, die ibn Fannten, in dem Grade 
erworben batte, daß fein Andenken noch lange nach feie 
nem Tode fortiebte, und der 66 Sabre in den Kriegen 
von 1734 bis 41763 dem Haufe Heflen gegen Frankreich 
diente, worin er fieben ebrenvolle Wunden erbieft, war 


fie an Berenägbte und moralifcher Characterſtaͤrke hoͤchſt 


äbnlid. bon ald Kind war Wohlthun ihr ein 


befeligended Gefühl, daher verwandte fie ibr erfpars _ 


teö Taſchengeld, um vermailte Kinder in die Schule 
su ſchicken, und fie fühlte ih glücklich, wenn fie eis 
nen Ebeil ibrer Sreiftunden Dazu verwenden Eonnte, um 


für arme Kinder Kleidungsſtücke zu verfertigen. Wie 
fi an geiftiger Schönheit zunahm, fo tbeilte fich diefer 


balanz ihrem Körper mit, fo Daß der berühmte Maler 
Tiſchbein, ber ihre Eltern porträtirte, von ihrer Geſſchts— 
bildung fo ergriffen wurde, daß er im 12, Jahre ihres 
WUlterd fie malte, um bei einem allegorifhen Gemälde 
ald Bild der Sanftmuth fie darzuſtelſen. Sie verlebte 


. Ihre Zugendzeit bis zum I. 1783 mit ibren drei Schwer 
fiern im elterliden Haufe, mo das glücklichſte Familien, _ 


leben herrſchte, unter der forafältigiten Erziehung einer 
—V— Mutter. Im 16. Jahr ihres Alters vers 
mäblte fie ſich mit Dem Freiherrn Earl v. Hanſtein, heſſ. 


bie 
von ibrer Geite riß. — Nah 14 jäbrigem Witmenftand 
vermäblte fie ib am 25. Febr. 1785 mit dem beff. Juftizs 
rath, dem Reichöfreiberrn Chriſtoph Ernſt Albrecht Ubr, 
v. Boineburg, Mitherr zu —— Herda, Attenburg 
und Selöberg, In ibrer glückſichen Ehe, in welcher fie 
ihrem Gemahl 16 Kinder gebar, morunter 12 Söhne 
und 4 Töchter waren, aenoß fie das feltene Glck, 8 
Söhne und 4 Töchter erwachlen zu ſehen. Ihr Gläd 


war vollfommen, ald alle Söhne in Staatöbienften ſich 


befanden und fieben davon aud Neigung und ihrem 
Wunſche 49— die militaͤrſſche Laufbahn ergriffen, ehren» 
- voll Die Sriege vom J. 1806 bid 1815 mitmacten und 


ae in Rinteln; aber nur vier Wochen follte 
e glüdlibe Ehe dauern, indem ein Nerverfchlag ibn 


— — u u ⏑. 





Zrelin v. Boineburg⸗ Lengofeld. 5 
Einer bis zum PR. k. Generalmajor und Brigadier ga 
worin fie fid befanden, von ihren Büren mit Dem 


rathet, wodurch fie Grogmutter von 20 Enfeln und En. 
£elinnen ward. Am _25. Febr. 1835 feierte fie im Millen 


und eine Dazu ram fungenentzündung ibr Leben 
* klarer Verſtand, ſittliches Zarr⸗ 


der ſo oft der weiblichen —3 Eintrag t — fie 


Anſtand, wie ihr Senn len ja streuberziged Wefen, 
n 


zablreihe Familie allen Freunden der. Welt, auch den 


und befonnenem Urtheil —B naoaracterfefigkei 


engel aller Zroftbedürftigen, die Zierde bred Haufed, 


der Stolz ihrer Samilie. Ihre srömmigfeit mar ädt, 


nie in frömmelndes oder mpfti 
| ſtiſches 
wovor ihr beraus beiler und ee Derftand fie 


die Erz Ir bad Haudmwefen, fo wie fü 
Zögter ed Mufeisigrte Sifpung ihrer Sonne und 


3 r, in Derb 
— — vielberegten Febens und wer ad Haupt: 
Nöde und Gerne qarenvolften Verbäftniffen, aus Die 


Grauenvereine und nduftriefaufen none Sdmmelich 
ereine und Induftriefchul * 
berlandes, in Verbindung * einen bewäbrten G6e 


nicht | 
—— viele Umſicht und Geduld erfordernde 


[de — u b g8 
me mit folder Liebe zur Sade, mit 0 Kerle 


baß ibr 
Beichägerin aller Diefer woblib tigen Anhalter dötten 


Eebe ale em au bie sufrichtigfte a eennung und 
t 


| Ameden theils mitwirkten, tbeil 
e een Mmenf@tiches Wohl . oa nid Dei 
"8 verwahrlofter Kinder ic. ıc. zu — ——— 


Le Tr un A ame 22 u: ur u. A SE u“ —⏑— Tr Tr — 


ee EN - Er  annn 


— 


* 3. C. W. v. Brockes, 
3. dän. Hberiieutenant a. D. su Itzedoe; 
im Bebr. 1756, get. den 81. San. 1836. 


Hamburg iR wahrideinlich der Geburtdert unfers 
v. Brodes, wenighend war er ein Enkel des gu fe fe Di 
eit berä * —— > ter6 Berthold Heinr. 
rockes (Rarb 1747). Wann er in Dänifche —E 
treten, iR uns nicht bekannt. Er braͤchte es in den. 
De „ Ah Dberfilieutenant, nahm aber bald nachher 
feine € Er lebte dann zuerſt eine Reihe von 
Jahren mn und nachher in Igehoe, von mo er eie 
nige Jahre vor feinem Kode 2 dem naden Mänfter 
Dorf zog. In der — eit war er jedoch wieder bei 
feinem Schmiegerfohn zu 1 wo er einige Tage 
vor vollendetem 80. Leben job re farb. Er wer biö zu 
feinen legten Tagen ein überaus rÄfiger Greis und 
mus: ati einen —— — von einigen Stunden 
nn er fi finden follte. Dabei war 
ihm das Wetter — und er pflegte af immer 
einen Regenfchirm unter Dem Arm zu tragen, worin micht 
feiten Bäder lagen, damit er ſich bei f&daem und . 
een Wetter unterwegd an paflenden Etellen 
ausruhen und unterhalten Ebnne. Denn auch fein Geiſt 
war bis zulett fehr thätig, fo Daß er fi foger wenige 
abre vor feinem Ende entf&loß, die bekannten „Stun⸗ 
en der Andacht“ nad feineni_ Sinn gu bearbeiten und . 
Beteneie EB. Da er indeflen die Trudfoften nie 
fo ſuchte er um die Erlaubniß an, die 
A der Königin von Dänemark äberreiden zu 
Dürfen, was ibm auch gewährt wurde. Kür feinen Landes. 
berrn hegie er ſtets die größte Anhaͤnglichkeit und Die 
Geburtötage deſſelben, fo wie andere denfelben breireis 
fende Feſte, beging er Immer feierlih und trug dann 
feine flattliche Uniform, Geine beiden Töchter wurden 
an zwei Gebrüder Schumader verbeiratbet, von denen 
- der ditere al der Schlebwigſchen Domfhale angeftellt, der 
jüngere aber Rector der Stadifaule zu Gueboe if in 
— ur — — mit koͤnigl. Erlaubniß auf den 
Bu Sroßvaterd den Namen Schumacher⸗Beockes. 
Bon — attin lebte v. Br. in den legten abren 
a e überlebte ihn. — Er war groß und ſtattlich 
von Perſon unp in feinen. Bewegungen febr raid. — 
Im Drod erſchien von ibm: eſebug für dad weibliche 


‘ 


8 | | v. Eggers. 


t. — Beſcreib. d. gräfl. yolf en Gute Eck 
jet. An d. Die Deine. = Di — religiöfe 

en. — o e 
semp ort, s D. 9. Schröder, 


* 4, Heinrich Peter v. Eggers *), 
2. daͤn. Etatsrath zw Kopenbagen ; 
sed. den 29. Dec. 1751, geft. den 19. März 1856. 
Der 1793 auf dem Schloffe Rangau in der gleich» 


namigen Graffcbaft ald koͤnigl. dän. Eonferenzratb und 


t 


Adminiftrator verftorbene Heinrich Sriedrid von Eggers 
binterließ vier Söhne, melde alle anſehnliche Aemter im 
Baterlande bekleider haben und auch ald Schriftſteller 
befannt geworden find. Der berübmtefte wurde ber 1813 


verftorbene, in den Freiberrnftand erhobene Dberpräfident: 


von Kiel, Ebrifian Ulrih Detlev von Eggerd, Der auch 
ald Polvgrapb glönie. Der ältefte von den 4 Brüdern 
und der am laͤngſten lebende war aber unfer Dolfele 
Meter von Egaerd, melder zu Segeberg in Holftein 
eboren wurde. Er ftubirte die Rechte und wurde 1776 
Dolontär im deutſchen Departement bed Generalpoftamtd 
zu Kopenhagen, 1779 Ganzleifecretär und 1781 aud 
Ganzlift im Erpeditionseomptoir dafelbft, 1794 wirklicher 
Ganzeleirath und Gecretär, 1801 fupernumerärer Director 
des Generalpoftamts, 1802 wirklicher Juſtizrath, bald 
Darauf dritter Director und 1809 daͤniſcher Pofmeifter in 

amburg. Nach mehreren Tahren warb er Etatdrath, 


egte aber wegen Alterſchwache endlich fein Amt nieder ‘ 


und privatifirte Dann erft in Kiel, in der legten Zeit 
zu Slopenbagen, mo er in bem boben Alter von mehr 
old 84 Tabren aus dem Leben ging. Er binterließ. eine 


Witwe und fünf Kinder, von denen 4 Toͤchter. — Er 


war ein guter Mathematiker und feine ſchriftſtelleriſchen 
Arbeiten find folgende: *Forklaring af den Schulziske 
Methode, at finde Längden til Söes, ı Sammenligning med 
den nu brugelige Distaucemaaling mellem Maane og Stier- 
ner.: In der Din. Minerva. 1789. Der, — On Grön- 
lands Oesterbygds sande Beliggenhed. Diefe Abhandlung. 


wurde 4792 von der dDänifhen landwirthſchaftlichen Ge⸗ 


feufchaft mit ihrer 3. goldenen Medaille belohnt und im 
4. Bande ihrer Preisſchriften (Kopenh. 1794) abgedrudt, 


°, @ine ne Notiz über ihn f. im vorig. Jahrg. d. M. Nekr. 


©. 1006, Nr. 6 


— 


u zZ WS 


Geyſer. — Gleiß. 9 


er Vf. gab fie nachher auch deutſch heraus unter dem . 
At : a mabre Lage ln Oſtaroͤnlands. 
Kiel 1704. m. 2 Karten. 


.&rempdorf. D. 9. &hrdder. 
* 5, Andreas Johann Juſtus Geyfer, 


Dr. med. et chir. u. pract. Arit zu Kiel; 
geb. den 14. Sun. 1779, geft. den 21. März 1836. 

Genfer war der einzige den Dater Überlebende So 
erfter Ehe ded 1818 verflorbenen koͤn. din. Kirchenratos 
und erfien ordentliden Profeflord der Theologie zu Kiel, 
S. G. Geyſer. Da der Vater diefen feinen Sohn von Kind» 
beit an fehr Areng zum Lernen anbielt, fo nahm berfelbe 
Dadurch) ein menſchenſcheues Welen an, das fi nachber 
nie wieder gan verlor. Er wählte an feinen Univerfs 
tätöftudien die Medirin und Chirurgie und ward 1804 
Doctor derfelben zu Kiel. Da e8 ihm jedod mit der 
Prarid nicht recht glücken wollte, fo befchloß er, id dem 
academiſchen Zehrfach zu widmen und trat Michaelid 4806 
zu Kiel ald Privardocent. auf. Aber auch feine Vor⸗ 
lejungen wurden Paärlich beſucht und fo lad er nur bis 
Digaelid 1807. Er j0g nun als Arzt nah dem unweit 
Kiel belegenen Kirchdorfe Borkau, nach einigen Yabren 
aber wiederum nach Kiel. Erfi einige Jahre vor ſeinem 
Tode heirathete er und hinterließ ald Witwe Mariane 
Tugendreih, geb. Trappe. — Außer feiner Inaugural 
differtation: De Digitalis purpureae usa in pectoris prae- . 
cipue morbis. Kiliae 1804 bat er, fo viel und befannt, 
niatd druden laſſen. 

Erempdorf. D. H. Schröder. 


* 6, Kaspar Dieterich Gleiß, 

Eön. daͤn. Major u. Zollverwalter zu Neuftadt in Holſtein; 

geb. den 80. Apr. 1776, geft. den 80. März 186. , 
Gleiß wurde zu Cismar im Herzogthum Holſtein 
—— Er widmete ſich dem Militäritande, ward als 
remierlieutenant angeftellt, ward hierauf Eapitän, 1816 
mit dem Character ald Major verabfchiedet und Iebte 
Dann in Reinfeld. Im 3. 1824 wurde er zum Raths⸗ 
verwandten in Plön beftellt und endlich im Mai 4831 zum 
Zoliverwalter in Neuftadt. Hier verlor er am 22. Sept, 
1832 feine Battin, Sophia Wilhelmine, geb. Garlieb. 
Er überlebte fie nur 3: Jahr und hinterließ fieben vers 
waiſte Kinder, — Er hat druden laffen: *Geographi⸗ 


J 


e 


10 - Jebſen. — FW 


Befhreibung de dän. Staats, von Theodor Blie: " 


Een Srei Überfegt aud dem Dänifchen. 1. Bd, 1818. 
Altona. — Seine von ihm 1834 auf Subfeription ane 
—A „Daͤnemarks Geſchichte im 19. Jahrhundert“ 


a _ Dr. 9. Sardder. 
* 7. Chriftoph Heinrich Jebſen, 


Gonrector der Gelehrtenſchule zu Gluͤckſtadt; 
Beboren den 18, Dec, 1777, geftorben den 50, März 1836, 


Als Sohn unbemittelter Eltern ward Jebſen zu | 


Huſum im Herzogthum Scleömig geboren. Auf Der 


dDortigen Gelehrtenſchule vorgebildet, ftudirte er feit 1796 


u Kiel Theologie und war bier unter andern auch Ge: 
hlfe des rübmlichit befannten Bibliotbefard und Pros 
feffor& Berend Storded *), deſſen Fe Weſen auf 
Jebſen Einfluß gebabt zu haben ſcheint. Er wurde 18041 
u Gluckſtadt eraminirt und noch im felbigen Tabr an 
er daſigen Gelehrtenſchule ald Eollaborator angeftellt, 
Schon 1302 mard er Eonrector und Diefed it er bis an 
ein Ende geblieben. Zmar ſuchte er häufig um eine 
redigerftelle an, allein niemald glückte ed ibm, zur Wahl 


u fomımen oder vom Kinig angeftellt zu werden, Biel 


hulb daran mögen wohl feine ſehr freien Religionds 
anſichten gemefen fein. Als Lehrer batte J. einen ange» 
"nehmen Vortrag; aber feine Kenntniffe gingen nicht tief, 
Dabei befaß er eine ungemeine Fertigkeit im Schimpfen 
und eritfrembete fib dadurch mandem feiner Schüler, 
Als ein Vorzug feiner Lehrmethode aber muß gerühmt 

werden, daß er Immer auf einen rein» deutiden Styl 
. drang ımd es durchaus nicht leiden Fonnte, daß derfelbe 
durd aus fremden Spraden entlebnte Wörter entftellt 
“wurde. &o durfte man 3. B. nicht Armee fagen, fon: 
dern Heer, nicht EColonift, fondern Pflanzbürger. Daber 
werden auch Die menigen Ueberfegungsproben aus dem 
Lateiniſchen, die J. bat druden laffen, als treffli ges 
ragt. — Bon Character war 3. felt, ja Nörrifh und 
ein Feind jeder hoͤfiſchen Gefchmeidigkeit; dabei aber ein 
munterer Geſellſchafter. Seine Gefundbeit war nicht die 
feftefte und _befonderd in den letzten Jahren mußte er 
bisweilen Dierteljabre lang feine Stunden ausfegen. 
Er Fam daher auch 1833 um feine Entlaffung ein, aber 


°) Deflen Biographie ſ. Im M, Tekrolog Jahrg. 1 S. 788. 





v 


. 


Bod. 11 


ned feiner Genefung nabım er Schu rad, 0% 
(don das ——— ſehr 2 daß er abgeben 
möge. Dadurch entllanden Denn manche Mißhelligkeiten 
pe den Demfelben und Jebſen, die erſt mit feinem Tode, 
er endlid an der Brußwaflerfuht erfolgte, beendigt 
wurden. Er binterließ_eine Witwe und vier elta u 
Därftigen Umſtaͤnden. Don den Soͤhnen if der aͤlteſte 
jetzt Tiſchler, der zweite ae der Dritte Apotheker 
gebülfe und der vierte lernt die Gemärzbandlung. 
war von angenehmer Geſtalt und in jünsern zuuren 

zu nennen. — Beine Scriften find: Was IR Freund⸗ 
ſhdaft und welchen Werth bat ſie? Probe einer Leber 
egung von Eicero’d Dialog Ab. die Freundſchaft. Glaͤck⸗ 
adt 1809. — Vorrede ded Tit. Livius zu feiner roͤm. 
Geſchichte und Tacitus Unnalen 1. Buß, Cap. 1 —5; 
berfegt. In den Glückſtaädter Schulprogrammen von 
1811 u, 1812, — Jebſen wider Bebregs, ein Derwar- 
nungd» und Berwabrungsfcreiben an "die Schleswig⸗ 
Holfteiner. Glüdit. 1318. — Don der Anwendung der 
gefunden Vernunft auf Die Erflärung der beil. Schrift 
u. auf die Religion. €. Rede v, D. 4 P. Etmard. 
Yus Dem Latein. überf. u. mit einer Beilage geg. 
Ludewigs vorläufige Bemerf. begleitet, Ebend. 1818. — 
Die Aebrenlefe oder Claus Harms Lutherthum und meis 
Heidentbum. Teeboe 1820. — Dffened Schreiben au 
den Derf. des Worichens liber den Religiondunterricht 
in den Gelebrtenidulen. Schlesw. 1833. — Die vier 
fetten Schriften gebören dem befannten Thefenfreit an 
— 8* ſich durch Derbheit aus. — Jebſen war 
auch Dichter. 

Erempborf, Dr. 9. Schröder. 


* 8. Johann Frievrih Zod *), - 
Dvergerihtdaduocat u. Actuarius zu Kiel; 
geb. I. 3. 1787, geft. d. 17. Apr. 1836. 


Zu Wien, wo fein 4835 au Kiel als Fön. dänifcher 
Conſiſtorialrath verftorbener Dater Job, Georg Tod ** 
damals Superintendent des protekantifhen Gonfitorium 

war, wurde unfer Tod. Sr. Soc geboren. Im 3. 1796 

fam er mit dem Vater nad Kiel und wählte in der 

Solge, durch forgfähtige Schulbildung vorbereitet, auf 


9) Eine kurze Notiz über ihn ſ. im vorig. Jahrg. d. N. Rekr. 
S. 1014. Nr. 78. \ 
=) Deflen Biographie f im MR. Nekrolog Jahrg. 19. ©. 720, 
N — 
/ 
\ 


— 


2a 0. Becker. 
dortiger Univerfität die Rechte zu feinem Studium. Naq 


gut beflandenem Amtderamen ward er Untergerichtös 


advocat und bald darauf Obergerichtsadvocat zu Kiel. 
Er erlangte in kurzer Zeit eine bedeutende Praris und ftand 
bei feinen Mitbärgern ald ein rechtfchaffener und ‚Datiger 
Mann in vieler Achtung, mweöhalb er au, nad) ent⸗ 
ſtandener Vacanz, einige Jahre vor feinem Tode zum 

etuariud der Stadt Kiel ermablt und ibm Dabei erlaubt 
wurde, feine Advocaturgefchäfte fürtzufegen. Allein er 
ſollte dieſem Amte nicht lange vorfteben ,. indem er ſchon 


im 49. Zebendjahre von Tode — wurde und. | 


‘ feinem Vater noch innerhalb eines Jahres nachfolgte, 
r Dinterließ als Witwe Wilhelmine, geb. Sörfter und 
vier Töchter. — | 


! ‚Erempborf, Dr. 9. Schröder, 
* 9, Hans Zacob Bader, . 


Doctor der Mebicin und audübender Arzt zu Bredftedt, im 
Schleswigſchen; u 
geb. den 7. Febr. 1782, geft. ben 19. Apr. 1836. 


Beer wurde in dem Flecken Bredftedt, im Derioß, | 
ohn fi 


thum Schleswig geboren und war der einzige S ner 
Itern, Weil er früd feltene Sähigkeiten zeigte, ward 
er für den Gelehrtenftand befimmt. Nachdem er num 
auf der Hufumer Gelebrtenfule forgfältig vorbereitet 
worden war, wählte er auf der Univerfität zu Kiel das 
medicinifhe Sach zu feinem Studium und zwar mit fole 


dem Erfolg, daß er bereitd 1305 dafeloft zum Doctor 


der Medicin creirt werden Eonnte, Im folgenden Jahr, 
4806, ließ er ſich ald ausübender Arzt in feinem Geburts 
orte nieder und widmete bier fein ganzes Leben bindurd 
den Bewohnern deflelben und der nächſten Umgegend 
Dad Ergebniß feiner Kenntniffe und feiner Studien. Er 
ftarb nach furzer Krankheit am oben —— Tag 
und dinterließ eine alte Mutter, eine W 

Kinder, von denen Die meiſten noch unerwachſen waren. — 
©eine Snauguraldiffertation bat den Titel: Adversaria 
quaedam physiologica. Kiliao 1805. 4. 


Erempdorf. D. 9, Schroͤder. 


tme und vier 


13 


* 10. Sriebrih Wilhelm v. Ketelhodt *), 
firkl. Shwarzd.:Rudolft, Geheimerath, Ganzler, Gteuerdirsctor 
und Gonfifiorialpräfident, Erbſchenk der gefärfteten Sraffchaft 
Henneberg, Ritter des koͤnial. preuß. rothen Adlerordend Zr Glaffe, 
Sroftreuz des großherzoglich dadenſchen Drdend der Treue, der 

lateiniſchen Geſellſchaft zu Jena Ehrenmitglied zc. Excellenz; 
geboren den 24. Bebr. 1766, geſt. den 20, Apr. 1836 zu RNudolſtadt. 


Die Familie von Ketelbodt, welcher der Verſtorbene 
angebörte, iR ſchon feit einer geraumen Zeit eine der 
angefebentten des Fürſtenthums warzburg und aus 
ihr empfing dDiefed Land mehrere einer vorzüglicdfiten 
Männer. Unfer Berftorbener war der Sohn Earl Gerds 
v. Ketelhodt, welcher gen diefelben hoben Yemter und - 

Würden bekleidete, ald deren Befiger oben der Sohn 
benannt ift, und zwar war er der Reide nach der Dritte 
Sohn unter den dreisehn Kindern, melde diefer fein 
Vater in feiner ebelichen Berbindung mis Augufte Friede» 
site, gebornen Freiin Bachoff von Echt aus dem Yaufe 
Schlenwein erzeugte. Schon von der früheſten Jugend an 
hatte unfer K. der forafamften Erziehung ſich au erfreuen. 
Seinen erſten Unterricht erbielt er durch einen Haußs 
lehrer, worauf er das Gymnaſium zu Rudolftadt befuchte, 
Dafelbit aber fo raſche Kortichriste machte, dab er (dom 
in dem Ulter von 15 Tabren zum Beſuch der Univerfitdt 

befädigt mar. Zu Jena und Göttingen ſtudirte er vier 
"Sapre, während welcher Zeit er fid mit dem Studium 
Der Elaffifer, der Geſchichte und der Rechtsgelehrſamkeit 
mit dem gluͤcklichſten Erfolge befhäftigte und 4785 bei 
feinem Abgange von Göttingen eine von ibm ſelbſt ver⸗ 
abfaßte Dilfertation: — De agnato in feudo citra con- 
sensum obligato unter dem Präfdium ded damaligen 
Br und Profefford Mödert wit dem entfchiedenften 

eifalie vertbeidigte. Nach feiner Rädkehr_von der 
Univerfitdt trat er ſofort feine Laufbahn im Hof» und 
Staats dienſt an und zwar, nachdem ibm der Character 
eined Hofjunkers und die Zuficherung der Anftellung- bes 
reits Durch ein Decret vom 19, une. 1778 zuertheilt war, 

in der Art, daß er vermitteld Decresd vom 26. März 1785 
zum Kammerjunfer und Regierungsaſſeſſor beſtellt, den 
15. Apr. 1780 zum Regierungsrath befördert, den 21. Zuli 


Eine ? | r R ong ded NRekr. 
eR NE ” une Rot J über ihn ſ. Im voris Jahrg 8 | 


° 


\ 


[) 


‚ feiner Dienfiwirkfamfeit war alfo von 1785 bis 41836 und . 


46° Ketelhodt. 


1790 zum Hof. und — erhoben wurde, Durch 
ochſte Entihließung vor 21: Märy 1792 ftatt feines 
aterd das Vicedirectorium der Regierung und damit 

verbundenen Collegien zu Frankendauſen, durch Decret 

vom 411. Apr. 1792 Die dortige Amtöhauptmannfcaft mit 


: Dem Character eines Landeshauptmanns, durch Deeret 
vom 18. Mai 1793 dad wirklide Directorium der Res . 


ierung ⁊. u Sranfenbaufen mit dem Titel eined Vice 
anzlerd und Viceconfiftorialpräfidenten und (24. Juni) 
4805 den Character eines Kanzler und Gonfiftorialprds 


fidenten zu Sranfendaufen und endlib (19. Dec.) 1827 


den Titel des Geheimeraths mit dem Prädicate Excellenz 
und dad Dirertorium der Regierung nebft dazu gehörigen 
Collegien zu Rudolſtadt übertragen erbielt. Die Zeit 


man braucht nur die Länge und die gefchichtlihe Wich⸗ 
tigkeit diefer ewig denfwürdigen Zeitperiede zu erwägen, 


um ſchon abnen zu koͤnnen, auf welche welthiſtoriſch bes 


Deutenden Ereigniffe derfelbe feiner hoben Stellung und 
feinem tätigen Geifte nach einfiugreich mitgewirkt bat. 
Sa, ed ift gewiß, daß in dieſem ganzen Zeitraum nichts 
Don nur einiger Bedeutung dad rudolfddter Land bes 
troffen, woran er nicht den lebbafteften Antheil ar und 
daß ſich während diefer Zeit Aberbaupt nichts Er 

ereignet, woran er nicht wenigſtens ein wiffenſchaftliches 
oder fonft geiftige& Intereffe nahm. In das Detail: feis 
ner vaterländifhen Wirkfamfeit hier näber einzugeben, 
ift für Die Freunde nicht notbwendig, für dDiefes Werf 


auch nicht wohl paſſend. Wir wollen und daber bier 


ſich feine geiftige Thärigkeit am rubmvoliften gez 


_ auf der Bibliothe 


vielmehr nur auf dad Wichtigſte beſchraͤnken, Bendurd 
e 
das bleibendfte Denkmal geftiftet bat. Im Jahr 1807 


vermittelte er den Beitritt des Fürftenthumd Schwarze 


burg zum rbeinifhen Bund in Warfhau — vielleicht 
fein größted Meiſterſtuͤck, weil ed Dabei einer ganz be 
onderen diplomatifchen Geſchicklichkeit bedurfte und ed 
ch um die — —— und Souveränität des Fuͤr⸗ 
enhauſes handelte. Es ſoll naͤmlich jenes Mal nicht 
ie Abficht Frankreichs geweſen fein, das Fürſtenthum 


Schwarzburg mit zum rbeinifden Bunde zuguziehen, und 


deshalb wollte ed unferm Abgefandten auch anfangs 
nicht gelingen, die Zulaffung au erlangen. Allein er hatte 
erfahren, Daß der franzöf. eſchaͤftstraͤger ein eifriger 
Sreund der- ctafflen ‚iteratur und. Deöbalb alltd 

zu treffen fei. Deshalb fand au 


ebliches 


gt und ° 


Ketelhodt. 16 


regelmäßig dort ein und Durd feine Ichhafte Theil. 
a die er daſelbſt ebenfalld an der ciefüfden 
titeratur, namentlid an Horaz je erfennen gab, er 
reichte er endlich feinen Zweck, nämlich die Aufmerkſam⸗ 
keit des franz. ‚Abgeordneten auf Ad zu lenten und das 
durch den ea Ratigten Zutritt zu erlangen *). Ueber 
baupt iR gewiß, daß ſowohl feine perfönliden Anlagen 
als au die große Schule der Erfahrung, Die ibm bie 
wichtige Zeit feines Lebens bot, gerade im Fade der 
böbern Diplomatie demfelben eine usbilbung gewinnen 
liegen, wie im unferen befcränftern Berbältniflen fi 
nie leigt eine jmeite Gelegenheit darbieten möchte, 
Und fo auch bier gleich zu gedenken, welches un: 
endliche Verdienft er ſich namentlich während der langen 
Jahre des Kriegs um Rudolftade, Stadt und Xand, ers 
worben, indem er fomobl Dur große Gewandtheit als 
auch durch zeitgemäße Entſchloſſenheit große Gefahren 
und Nagtheile von ihm abmwendere. Diefes allein idon 
Be dm ein ewig dankbares Andenken bei feinem 
ürften wie bei dem Niedrigften feiner Mitbürger. Ein 
fernerer Ölanpunft war fein feltened Talent der Be, 
rebtfamfeit; feine Reden, deren er bei fo verſchiedenen 
@elegenbeiten fo re! bielt, waren allezeit fomobl 
hinſichtlich ihres Gebaltd als Ihrer Form mabdrbafte 
Meiftertüde der Eloquem. Sie frokten von Geikt, 
Kraft und Schärfe und immer mar er Herr des bezeich⸗ 
nenden Ausdrucks. Man erinnert hier nur unter Anderen 
an die Rede beim Jubiläum des Gebeimerath v. Beufe 
wiß. Mebrigens war dieſe Babe großen Theils ein Erb» 
tbeil feines Vaters, denn auch diefer war in dieſer Hin» 
fipt berübmt, mie aus Deifen Lebensbeſchreibung, weſche 
ber nachmalige Kammerpräfident Schwarz **) 1301 ber: 
‚ausgegeben, zu erfeben ik. Im Innern ded rudol. 
ſtaͤdier Landes mirkte der Merftorbene vor üglich für die 
Unterberrf&aft Frankenhaufen fehr nüglid, für melde 
er eine aan befondere Affection batte, da diefe fo ges 
Taume Zeit vorzugsweiſe feiner höcften Färforge über. 


-) Der deöfalld jener Seit mit Napoleon einerfeitd und ben 
ürftenthämern Schwarzburg- Rubolffabt und Sondershauſen an: 
bernfeits into jene Staaiövertrag ift von Seiten — — 
burd den Füriten Zalleprand, von Seiten Schwarzburge durd) uns 
ern Berftorbenen abgefchlofjen worden und e& befindet fich unterbem 
in deffen Nachlaffe vorgefunbenen Utdrud folgende Bemerfung: 
relingtamur aliquid, quo nos vixisse testemur (1507) — Risum 
teueatis amiei 1813) 
Deſſen Biogn f, im 11. Jahrg. bed M. Nett, S. 666 


16 Ketelhodt. 


iefen war. Ein zweiter Hauptacrt feiner diplomatiſchen 
Tdaͤtigkeit war der Beitritt zur großen Wlliance gegen 
Sranfreih zu Srankfurt a/M. 41813 und die Admiſſion 
“zum deutfhen Bunde bei dem Eongreß in Wien 1816. 

Bei diefen Gelegenheiten war unfer Verſtorbener der 
Abgeordnete des rudolfädter Fürſtenthums und die welt 
bifiorifihe Wichtigkeit jener VWerbandlung ift wohl der 
befte Beweis, mas derfelbe vermochte und welches Ders 
trauen er genoß, dab gerade ihm Diefe Geichäfte über: 
tragen wurden. Ebenfo bemerfftelligte er 1816 Die Bes 
freiung von dem vormaligen fühl. Hobeitöverhältniffen 


in Berlin. Seine bedeutende Schbpfung für das Ins 


land aber it wohl unfireitig die landſchaftliche Ders 
faffung, welche ganz fein Werk und welcher, wenn fie 
auch anderen neuerlichen dergleichen Inftituten nicht ganz 
zur Seite zu fielen fein folte, doch unbedingt das zum 
vorzüglihen Ruhme bereit, daß fie eine von denjenigen 
-mwar, welbe am Früheſten und unferes Wilfend Die erfte 
nad der großberz. meimarifchen ind Leben getreten find, 


Außerdem ift falt Alles entweder unmittelbar oder doch 


mittelbar von ibm ausgegangen, was feit 1785 in dem 
rudolfiädter Fuͤrſtenthum in Rüdfiht auf Legiölationd s, 
—Finanz⸗, Adminifirationd-, Tuftiz» und Polizeimefen ır, 


geibeben, und fo ift er in der That mehr oder meniger . 


vorzugömeife der eigentliche Schöpfer der während diejer 
Zeit in diefer Beziehung in jenem Fürſtenthum flattgefuns 
denen Berbältnifle und zwar theils allein, theild unter der 


Autorität feines Daterd und theild unter Mitwirkung des _ 


Geheimenraths v. Beulwig. Noch ift zu gedenken, daß 
er während dieſer Zeit auch mit dem fürfil, Hofe meh« 
rere bedeutende Reifen machte, wie namentlih mit dem 
Sürften Ludwig Friedrich in die Schweiz, nach Frankrei 
und Italien. Dinfictlich feiner Famikienverh 

noch ‚Ip grmablen. daß er 4702 ſich mit Fräulein Caro» 
line Ulrike v. Kockebuſch, einer Tochter ded Hofmarfball 
0. Ryckebuſch zu Homburg vermäblte, in welcher ehelichen 
Derbindung er fib zwar Feiner Defcendenz zu erfreuen 


batte, Dagegen aber durch Den edlen Geift und dad Ges. 


müth feiner Gattin in Gemeinſchaft feiner Pflegetochter, 
des Fraͤulein Kouife von Imhoff, nabmald vereblichte 
v. Holleben, das größtmöglichite bäuslibe Gluͤck genoß, 


fo daß man fagen Fann, daß mit dem Tode Diefer vor: | 


Een Zebendgefährtin auch feine Kraft wie mit einem 
Shlage gelähmt war. In feinen leßten Tagen war 


aͤltniſſe iſt 


mitbin feine einzige Erbeiterung die iebevolle Theile. 


ee BE AU" u EEE 


\ 


Hans Graf zu Rantzau⸗Breitenburg. 17 


einer re Verwandten und die Freude. 
in Yes — indern feine würdigen Naglolaer au 


ertennen. Gewiß, durch den Verftorbenen dat Zärk und 

Doterland einen Mann verloren, wie Zeit und Talente 

nicht leicht einen zweiten und zu bieten vermögen!‘ 
Rudolſtadt. Julius Eberwein. 


* 11. Band Graf zu Rantzau-⸗-Breitenburg, 
Zön. dan. Generalkriegs eommiffaͤr; 
geboren i. 3. 1765, gefl. Yen 24. Apr. 1896, 


Graf Hand war der ditefte Sohn des Reichtgrafen 
Friedrich * Rantzau und wurde auf dem Schloſſe Grei⸗ 
tenburg in der Herrſchaft gleiches Namens in Holkein 

eboren. Nach dem am 24. Juli 1806 erfolgten Tode 
eined Vaters haͤtte er, als der aͤlteſte feiner Brüder, 
auch Befiger der Herrſchaft werden follen; allein in Ver⸗ 
anlaffung von Berhältniffen, worüber dad Nädere uns 
unbekannt if, wurde gerade der jängfie Bruder, der 
jegige Ton. dan. geheime Staatöminifter und Oberſchenk. 

raf Konrad zu Rantzau, Indaber der Herrfhaft Brei⸗ 
tenburg. Notürlid mußte Graf Hand ſich dadurch fehr _ 
beleidigt fühlen und er fol aud einen Schwur geihan 
baden, nie wieder dad Schloß Breitenburg zu betreten, 
einen Schwur, dener aub, fo viel wir wiflen, gebalten 
bat. Er waͤhlte den reizend gelegenen Lande Luifens 
berg in der Naͤhe des bolfteinifden Fleckens Kelling⸗ 
dufen zu feiner Wohnung und verlebte bier die beiten 
Jahte feines Lebend. Am 12. Dechr. 1815 ernannte ihn 
der König von Dänemark zum General» Kriegscommilfär. 
31 den leuten Jahren ſeines Lebens wohnte. er in der 

dhe von Hamburg und in biefer Stadt flarb_er am 
oben genannten Tage, in einem Alter von 741 Jahren. 
Seine Gemahlin, ausgezeichnet durch ea und 
Liebenswürdigkeit, war eine Tochter des edemal. Eönigl.- 
din. Staatöminiflerd von Scheel. Sie Harb lange vor 
ihrem Gemahl, nachdem fie ihm drei Töchter gefhenft 
hatte, melde ihren Vater Überleben. Die ditefe, Enife, 
ift Eonventualin im proteftantifchen adlihen Sräuleinkift 
zu Weterfen in Holftein, die zweite, Erneftine, ift mit 
dem Dichter Theodor von Kobbe, die juͤngſte, Sophie, 
mir einem Bruder deffelben vermaͤhlt. — Seine Leiche 
— —— ne NT gefährt und in der 
ortigen. oßfapelle beigeſetzt. 

—— a D. H. Edroͤder. 
M. Nekrolog. 18. Jabra ee et 


N 


18 an. | ; 
* 12. Detlev v. Buchwald *), 


8, dän. gedeimer Conferenzratb, Befiger des adl. Gutes Neudorf 
| in Holfleins . 
. geb. 1. 3. 1767, geft. den 7. Mai 186; . 
Entſoroſſen aus einem der älteften adlichen Geſchlech⸗ 
ter Holfteind, wurde Detlev v. Buchwaldt, nachdem er 
‚ fi auf der Univerfität würdig Dazu vorbereitet batte, 
i. %. 1799 ald Amtmann des Amtes Ciömar in Holftein 
mit dem Titel eined Fön. dan. Kammerberrn angeftellt, 
Nachdem er diefed Amt einige Jahre zur Zufriedendeit 
feines Zandesherrn verwaltet batte, erbielt er eine eins 
träglichere Stelle, indem er zum Amtmann Der bolfteinis 
ien Aemter Kiel und Borbesbelm ernannt wurde, naͤm⸗ 
fi i. 3. 1802. Nach einer Reihe von Jahren ward er 
endlih Amtmann der bolkeinifwen Aemter Plön und 
Abrensboef und als folder erbielt er am 1. Aug. 1820, 


bei. der Dermäblung der älteften Tochter feines Königd, 
den Titel eined gebeimen Conſerenzraths. Nachdem er 


früber dad abliche Gut Seedorf in Holitein beſeſſen und 
dDiefed an den Fürſten von 

fauft hatte, Fam er in den Belig der adlichen Güter 
‚Srolau und Neudorf in Holftein. Einige Jahre vor 
feinem Tode z0g er fih von ben Geſchaͤſten zuräd und 
- widmete nun feine ganze Zeit der, Verſchönerung feines 
Gutes Neudorf, fo daß felbiged, bereits von der Natur 
reichlich audgeftattet, durch, bes Befigerd verfchönernde 


Hand bervorgeboben, eines der fieblichften und anmus _ 


tbigften Pläge Holiteind wurde, Befonderd ausgezeichnet 
iſt Der im 34 und ſchöͤnen Styl angelegte Park Neu— 


dorie. v. B. ſiarb als Witwer im 69, Lebensſahre und 


“hinterließ Kinder und Sqwiegerkinder. 
Grempborf. D. 9. Schröber. 


Schwarzburg⸗Rudolſtadt ver 


— 


+ 13; Friedrich, Adolph Graf von Holftein 


su Holfteinburg **), 


en. dönifcher Kammerherr u, Mitglied der Rotbfehlider Ständer 


verſammlung, zu ‚Dolfteinburg in Daͤnemarkz 
geb... I... Heft. d. 21. Mol 1886, 


‚Don den gebendumfänden dieſes für alles. Wahre | 


und Gute begeifterten Manneß iſt und nur bekannt, daß 
‚er am 28. Januar 1812 vom . dnig von Dänemark zum 


Re Eine Eurze Notiz über ihn f. im vorig. Jahrgange d. Nelr. 


S. 1023. Rr. 808. 
* Gino Burzt 1C. ©. 1038. Ne. 860. 


4 


WE, Be ae, a SE, WET ———— 


‘ 


5 Kindt. \ 19 
Kammerderrn und 1834 zum Mirgtted der Kothſchilder 
tändeverfammlung ernannt wurde. In der Blätbe 
ner Tahre wurde er durch ein Nervenfeber hingerafft. 
on betrauerten Vaterland und König nit minder, als 
. feine Witwe, Wilhelmine, geb. Gräfin v.Reventlom, feine 
Öhne und feine Pfiegeföhne. Er war auögezeidiner dur 
edfe fromme Gefinnung und gemeinnägige Wirkſamkeit. — 
Seine forififtellerifhen Arbeiten find, fo viel uns be 
kannt geworden , folgende: Weber die Mittel u. Wege. 
eine verfhmwundene Volksvertretung wieder herzuſtellen. 
In den Kieler Blättern Bd. 5. 9.2, (1817). — Be 
merfungen zu Ar. 16 im erfien Bande: Sollte e8 wirk⸗ 
lich gut fein, Ratt der Geldabgaben Kornlieferungen ein» 
‚treten zu laffen? In Sald’d Banröbärgerlihem Magazin 
Bd. % (1829). — Gräkernes a Danmark. Kıöbh. 
1827. — Bidrag til Danmarks Krönike for 1828. Slagelse 
1829. — Svar til Mönster paa Hans Spörgsmaal ; Skalde 
de virkelig hos os väre gjört for meget for den inb. Un- 
dervisning. Slagelse 1829. — Om de Dansko raadgivende 
Provindsialständers Väsen og Värd. Slagelse 1881. 
Eremptorf. D. 9. Sdroͤder. 


* 14. Ferdinand Ludwig Friedrih Kindt *), 


Doctor d. Died. u, Privatdocent derſelden zu Kiels 
geb. i. 3. 181 ., gefl. den 28. Mai 1836. 

Eutin war Kindts Geburtsort und fein Dater, Dein» 
id Hugo, Hofapotheker daſelbſt. Er befuchte die daſige 
Beledrienfchule und widmete ſich auf der Univerfität den 
medicinifhen Wiflenfchaften. Im I. 18933 ward er zu 
Kiel Doctor der Medicin und faßte den Entfhluß, fi 
Dem afademifhen Lehrfache zu widmen. Er bielt daber 
ſeit Michaelis ſ. 3. auf achter Univerfirdt Vorleſun⸗ 

en, die nicht ohne Beifall blieben, Aber St. war von 

indbeit an ſchwaͤchlich und a bald. den wiſſenſchaft⸗ 
lichen Anftrengungen. Bald nach Anfang des J. 1836 
unbeilbar erfranfend, ließ ..er ſich nah Eutin in das 
Vaterdaus bringen, wo er am oben genannten Tage 
verfchied. Zwei Monate vorber, nömlie am 26. März, ‘ 
hatte ihm feine geliebte Gattin, Karoline Amalie, eine 
Tochter des 1851 verftorbenen, in gefegnetem Andenken 
ſtehenden Kieler Profeſſors der Medicin Adolph Zriedr. 
Lüders **), einen Sohn geboren, der aber noch vor dem 


*) Eine burze Notiz über ihn f. im vorig. Jahrgange d. Nekr. 
©. 1880. Sr. Ei. 2 DI 
*.) Deſſen Biogr. ſ. im N. Nekr. Zabre. 9. ©. ie 





— 


—W Steinmann. 


Vater wieder aus dem Leben ging. Seiner Mütter ging 
der Tod des theuren Lebendgetährten fo fehr zu Serien, 
daß auch fie bald in eine Krankheit verfiel und bereitd 
am 14. Aug. 1836 ihm ind Grab folgte. Auch fie ftarb 


- zu Eutin, betrauert von Schwiegereltern und den Ge 


fchwiftern des Gatten. — Außer feiner Inauguraldiſſer⸗ 


.tation baben wir von ibm eine Abbandlung in Pfaff’ 


Mitideilungen, Jahrg. 8 (4835). 9.1u.2. ©. 58— 72: 
„Das erfte Athmen ° 
Erempdorf. ' D. H. Schröder. 


* 15. ‚Hanns Joachim Steinmann, - 
| geweſener Stadtrathöpräfident zu St. Gallen; 
. geboren den 11. März 1769, geftorben den 5. Juni 1836. 


Sein Großvater, gleibed Namens, war Bürger 


meifter der vormaligen Republif der Stadt St. Gallen 
und ftarb i. J. 1792 als der aͤlteſte Mann in der Bürgers 
fcbaft feiner Zeit. Der mittlere feiner drei Söhne, Kaspar, ' 


der Vater des Unfrigen, erreichte ebenfalls ein fehr hohes 
Alter und farb 4. J. 4823. Unfer Hanns Joachim war 
das zweite von neun Kindern derfelben und feiner erſten 
Gattin, Clara Ehrenzeller. Als aͤlteſter Sohn widmere 
er fih den Berufe feined Vaters, der. Sabrifation *). 


Er war eben ſo geſchickt ald fleißig und pünktlich in ſei⸗ 


nen Geſchaͤften und erwarb fi ein huͤbſches Vermögen, 
lebte aber übrigend lange Zeit fHHU und unbemerft dahin. 
Um fo geräufchlofer waren feine Tage, da feine i. I. 1794 
mit ihm verbundene Gattin ihm Feine Kinder gebar. In 
feinen mittlern Lebensjahren war feine Gefundbeit bids 


weilen wanfend. und dies, verbunden mit dem natüre 


liden Ernfie feines Gemüths, fo wie mit regem Bes 
Dürfniß für eine beffere Ausbildung feiner Anlagen, als 
ihm der genoflene Schulunterricht geboten batte, ließ 
ihn ſich am liebften in ſich felbft zuruͤckziehen und in den 
Stunden der Muße, während Andere fih im Geraͤuſche 
der Welt verloren, den Geift und dad Herz durch aus⸗ 
gewaͤhlte Lectäre nähren. Einzig der Genuß der fdönen 
Natur auf einfamen Spagiergängen Eonnte Js bäufiger 
feinen Studien entloden. Seine Tiebfte Lectuͤre war die 





” 


*, Fabrik nt heißt in der oͤſtlichen weiz derjenige, der Bau 
kai und ahnt e Waaren Re ne Heraus anfertigen I Bt, 


um ſolche an Kaufleute zw verhandeln. Die Sarne dazu werden 
e 


von ihm felvft anpetauft, die Detfeins 2c. den Webern anee 


ordnet 
und überbaupt iſt die Werfertigung gleichſam von ibm beauffihtigt. 


Steinmann. 21 


religiöfe. Nachgerade wurden feine Talente und Kennt. 
niffe auch) feinen Mitbärgern bemerkbar und diefe fingen 
an, ihn mit Öffentliden Aemtern zu bekleiden. Kann es 
nit geldugnet werden, Daß zu folden in Republiken 
mitunter auch blos der Begäterte und Muͤſſige gelangt, 
Dem die wahren Eigenſchaften eined Staatsdieners übri⸗ 

nd abgeben, fo it Died Doch wenigßens bei unferm 

t. nit der Fall geweſen. eine dußere Lage war 
allerdingd der Annahme Öffentlicher Stellen afinflig, aber 
noch mehr befäbigten ihn dazu Talente, Bildung und 
fein ganzer Charakter, Er befaß eine vorzüglide ‘Ber: 
ftandesftärfe, Daber ein klares, beſtimmtes, gruͤndliches. 
tiefgebended Urtheil, zugleich auch ein trefflihes Ge⸗ 
daͤchtniß. Sein Willen war Eräftig und durchaus für 
Wahrheit und Regqt entſchieden; fein Charakter bieder, 
offen, frei, wahr und ernft, für Manche allzuernſt; fein 
Reden und Than befonnen und grundfäglich, fein ganze 
Weſen anſpruchslos, doch von —— Kraft Durd- 
drungen; ſein umgens fein, gefällig und freundlich, Do 
immer auf der Grundlage tiefen Ernfted. Scin Leben 
mar unbefcolten und zeigte in Allem den Chriften, dem 
die Bervollfommmun feiner felbft die erfie Angelegenbeit 
war. Sein Aeußeres — daß wir den Umriß noch volls 
enden — mar bingegen nicht befonderd anfpredend und 
machte blos den Eindrud von fliller, innerer Würde. 
Wie Melanchthon trug er den Kopf nah der einen 
Schulter hin geneigt. Sein Körperbau war, bei gebd» 
riger Länge, zart und ließ Fein bobed Alter erwarten. 
Schon i. J. 1803 ernannte der damalige Gemeinderatd 
feiner Vaterkadt ihn zum Mitgliede der Bürger Armen: 
commiffion, fodann I. 3. 1808 an die Stelle feines eben 
verfVorbenen Schwiegervaterd zum Verwalter des Breiten» 
amtes (der bärgerliben Krankenanſtalt). Im folgenden 
Gahre berief ihn die Bürgerverfammiung St. Gallens in 
den Gemeinderarh und damit begann feine Wirkſamkeit 
als Magifirat feiner Daterftadt, worin er nabe an 25 Jahre 
ununterbrochen audgebalten bat. Er fing dabei gar bald 
an, nicht blos die Stelle eined Gemeinderathsmitglieds 
einfach zu befleiden, fondern ließ ſich auch in die man» 
nichfaltigften Geſchaftscommiſſionen und zu bedeutenden 
Nebenſtellen erwäblen. So Üübernabm er i. 3. 1810 die 
damals geſchaffene Stelle eined Adminiftratord des neuen 
Walſenbauſes, trat 1812 der Gemeindefirhenvoriteber: 
(daft bei, ward 1814 Mitglied des großen Raths des 
Tantond St, Gallen, i, J. 41815 Infpector der vadiani⸗ 


4 


2 Steinmann. 


ſchen Bihliothek und in gleichem Jahre Steuereinnedmer 


für den Bezirk St. Gallen. Sein Anſehen wuchs, weil 


nit durch dußern Glanz bewirkt, langfam, aber defto 


fiderer. — Bei der Einführung der neuen Verfaſſung 


- im Ganton &t. Ballen i. J. 1816 ward er abermald in 


den Cantonsrath gemäblt. Auch die Hauptftadt erhielt 
Damald eine veränderte Einrichtung, zum Theil — auß 
Ruͤckſicht auf die, freilid vor bald geari Decennien er⸗ 
folgte Einbuße früherer Selbfiftändigfeit — mit einigen 
Vorrechten vor den Äbrigen Santondtheilen. An die Stelle 
- bes bisherigen Gemeinderaths trat ein Stadtrath. St. 


wurde Mitglied deſſelben und mit großer Mehrheit übers . 


trugen ibm den 17. Mai 1816 feine Mitbärger die Stelle 
bed erſten Präfidenten. Sn diefer Eigenfhaft ward er 
nachher mehrere Male beftätigt und verbarrte in_ihr, 
jäbrlib mit einem Collegen abwechfelnd, bis zum Spaͤt⸗ 
jabr 1831, d. b. bis zu einer abermaligen Verfaſſungs⸗ 
. reform. Nebenbei äbernahbm er auch noch dad Prafidium 
ber Bibliothek, ließ ib im J. 1817 zum Mitgliede des 
Schulraths erwaͤhlen, deffen Prafivium ihm im J. 1828 
übertragen wurde, und trat im J. 4829 in Ren _evanges 
lifchen Gentral» und Kirchenrath ded Cantons. Sin allen 
diefen Beamtungen, die begreiflih fat alle feine Zeit 
in Anſpruch nabmen, mirfte er mit der uneigennägigften 
Hingebung, Dem uenbantigfeit, Pünktlichkeit und Treue — 
untertäügt von der Kraft feiner religiöfen Grundfäge, 
Seinen Mitbürgern land er mit Rath und That un⸗ 
ermäber bei und wo ibm noch ein Moment übrig blieb, 
da mwidmere er ibn am liebſten einem gemeinnägigen 
Zwecke. Sp übernahm er das Präfidium in einer bärgers 
lichen Alterdcaffe, dad Caffieramt der Bibelgeſellſchaft 
und manch’ andered von untergeordnetem Belang. Gern 
mwobnte er auch den Verſammlungen der Gefanggefells 
f&aft bei. Ergab fich bei irgend einem Anlaffe die Ges 
legenpeit gu einem Öffentlichen näglihen Worte, fo vers 
- fand er es befonderd, diefe aufs trefflichfte zu benugen. 
. Seine Reden obſchon nicht Durch ſchoͤnen Vortrag aus⸗ 
ezeichnet, geelen überaus wohl und drangen tief, weil 
e fo ganz ihn gaben, feinen patriotiſchen und religidfen 
inn zeigten und febr förnig und gedankenreich waren, 
mitunter aud) poetiſches Element enthielten. Goldene 
Worte ſprach er bei Eröffnung des neuen Waiſendauſes 
und der reorganifirten Maͤdchenſchulen. Als im Spät 
jahr 1830 ein Verfaſſungsrath für den Eagton St, Gallen 
gewählt wurde, tras St. aud in denfelben ein, zog fi 


⸗ 


F über ſich, wohl aber feine Kraft etwas wanken 


Levy. 28 


bann aber von wintigen Öffentliden Beamtungen zuräd, 
weil er, zwar noch mit Die Dieinung feiner Mit arger 
i | ob. Auch 
darin jeigte er ſich ald der Gewiſſenhaſte. gar einige 
mweniger bedeutende Stellen batte er noch beibebalten. 

m Gpätjahr 1835 entwidelte fib dann bei ibm Die 

ruſtwaſſerſucht und bald fab er fi nur noch auf feine 
Stube beſchraͤnkt. Im Mai 1836 mußte er wegen Eng 
brüftigfeit drei volle Wochen im Kranfenfefiel binbringen, 
Geine Leiden endeten am oben aenannten Tage In einem 
fanften Hinfibergange, den er durch Winfen gen Simmel 
ben Seinen andeutere. Seine Mitbürger bezeigten ibre 
Ebeilnabme in zablreihem Keibenbegleite und der Dekan 
Scheitlin ihrieb: „Drei Worte an den veremiaten 
2 T. Steinmann, geweſenen Gemeindevorfieber. Eme 

srlefung. Et, Ballen 1337. 8." — mit ©. Bildniß 
ald Vignette. 
Berner, 


® 16. Salomon Jakob Ley, 
Doctor der Med. und Chirurgie und Arzt in Altona; 
geb. d. 31. Jan. 179, gel. d. 22. Junt 1836, 


Levy War der Sohn ifraelitifher Eltern und 
Sriedrihkadt im Herzogthume Solebwig geboren. 
Audirte ſeit 1820 zu Kiel Medicin_und Ehirurgie und 
ward 1832 dort Doctor derfelben. Er übte nun ie Ale 
tona die medicinifhhe Prarid aus und wurde befonders 
feinen Staubendgenoflen, vorzüglid den minder Wohle 
babenden ein duͤlfreicher Engel, da feine Dermögend: 
umftände es ihm erlaubten, letztere unentgeldlich zu beo 
bandeln. Er war ein Killer, zur Schwermuth geneigter 
Mann und blieb daher unverbeirathet. Seine Mutter 
Emilie, Arborene Mever , führte feine Hausbaltung und 
mußte leider zu bald feinen Verluſt betrauern. Er farb 
plöglid in der Naht ded oben ermähnten Tags. — 
Seihe Gnauguraldiffertation bat den Titel: Introductio 
in commentationem de asphyzia, sive morte apparente. 


D 


Kiliae 1822. | 
Erempdorf. D. 9. Schröder. 


. ‘ fi 


17. Friedrich v. Moltte *), 

Mn. dan. Seh. Conferenzrath u. Ritter vom Elephanten » Orden, 
Bu zu Walde auf Seeland; 

r geb. 1. 3. 1758, geft. Anfangs Julius 1886 **); 


v. Moltke war feit 1782 Amtmann über dad Amt 
Dratöbers, in Norwegen, feit 1789 GStiftgamtmann. zu 

‚ Ehrifiansfand, feit 1790 zu Aggerhuus⸗Stift, fpäter 
erfier Deputirter in der Generalzollkammer, ward 1800 
räfident der daͤn. Ganzelei zu Kopenhagen, 1804 Präs 
dent der Generalzollkammer, 1810 Gebeimer Staatds 
minifter, 1811 Ritter vom Elephantenorden, Er trat 1814 
außer Sunction, ward jedoch Director bei der Derefund« 
Zollkammer und nahm feinen Aufenthalt in Tütland,, mo 


er 1816 Stiftgamtmann von Walborg wurde, welches 
Amt er, Kraͤnklichkeit halber, mebrere Tahre vor feinem 


Tode niederlegte, fo wie fpäter au das Directorat der 


Sund»Zolfammer. — Er mar febr gebildet und im - 


iberalität aus. 


Umgang angenehm und. zeichnete fi in amtlider Be 
ziehung durch Dienkmwilligteit und { ; 


* 18. Georg Ludw. Br. v. Gusmann +4), 


Fön. dän. Etatsrath, Syndicus u. erfier Stadtfecretär zu Altona, 
Abgeordneter für den holfteinifchen Landtag; 


geb, 1. 8. 1771, geft. d. 18. Juli 1886. 


Ueber Die einzelnen Zebensverbältniffe dieſes qus⸗ 
ezeihneten Mannes if und nichts Näberes bekannt. 
Nurdas wiſſen wir, daß er 1884 von Altona zum Abe 
gerne tür den holfteinifchen Landtag erwählt wurde, 
‚Er ftarb im 65. Lebensjahre plöglich und unerwartet. Er 
war audgezeichnet durch unerfchütterlihe Reqtſchaffenheit, 
raftlofe Thätigfeit und Arbeitdliebe, verbunden mit gründs 
licher Kenntniß aller Forderungen feines Amtes und einer 
ganze Stadt betrauerte feinen Verluſt, wie feine Samilie, 
. Er mar der erfte, der von den 1835 zu einem Landtage 
verfammelt gewefenen holſteiniſchen Stände-Abgeordneten 
durch den Tod abgerufen wurde. Ein Sreund, gleiche 


6. ») Gin Turge Motiz über ihn ſ. im vorigen Jadrgang d. Nekr. 
00 eine kurge Wohg über ihn 1 Im borigen Badrg d. Diekr 
1048. Nr. 1056, — 


# 


liebendwärdigen Humanität in ibrer Anwendung. Die. 


Pina. U 5 WIE 


$ 


“ ” [1 


v. Bluͤcher. — Bargum. | 25 


- 08 ein Mitglied jener Derfammliung, fagt unter an» 


derm in einem Nachruf, Den er ibm widmete *), Yon 
unferm ©.: „Auch er (wie Heim **) in Berlin), hatte kei⸗ 
nen Feind. Wie auch feine Anfichten fein mochten, das 
N 1 an — nie ? ‘ ‚Er FAuat, mar fein Ziel, 
echtſchaffenhe r Stempel feiner Handiungen. 
Erempdorf. $ H. A oder. 


* 19. Cuno Wolfrath v. Bluͤcher, 


koͤn. daͤn. Oberſt zu Schleswig; 
geb. den 16. Sept. 1778, geſt. den 22. Jull 1886. 
Die Familie der von Blücher ſtammt aus dem Med» 

lenburgiſchen und bat Ah in viele Linien und Häufer 
0 Aus mehreren Häufern find_Sprößlinge in 

änifhe Kriegädienfte getreten. Zu diefen gehörte auch 
unfer v. B., welcher aus dem Haufe Schim ftammte, 
Er war ein Sohn des hanoverſchen Rittmeiſters Ebrif. 
Wilpelm v. BI. auf Klein Gotteßgabe und mag {dom 
gegen Ende des 18. Jahrhunderts in dem ſchleswigſchen 
snfanteriesKegiment, welches in der Stadt Schlebwi 
garnifonirt, angeftelt worden fein. Im Jahr 
ward er Staabs⸗Capitaͤn, 1831 Major in demfelben und 
einige Jahre vor feinem Tode Oberß. Er binterließ alb 
Witwe Karoline Dorothea, nebf 2 Kindern. 

Erempdorf. D. 9. Schröder. 


* 20. Chriflian Thomas Bargum, 
Untergerichts advocat u. Notariuß zu Led im ſchleswigſchen Amte 
Tondern; 
geb. i. J. 190%, geſt. Anfangs Auguſt 1856. 


„Sein Bater, Chriſtian Thomas, war zuerft feit 1792 
5— zu Enge in der Probſtei Tondern im Schledwig- 
hen und lebt noch jegt ald Paſtor zu Raepftedt in der⸗ 
felben Probftei. Unfer Chriftion Thomas, fein jüngfier 
Sohn und überhaupt dad jüngfie feiner vier Kinder, 
befuchte, um fi dem Gelehrtenſtande zu widmen, die 
Flensburger Schule und fludirte_ dann 5 ahre in Kiel 
die Rechte, wo er fi die Liebe feiner Eommilitonen in 
bodem Grade erwarb. Nach beilandenem Anıtderamen 
murde er zum Untergerichtöadvocaten ernannt, und erbielt 
bald darauf auch die Erlaubnig, Notariatögefbäfte zu 


°), Im Ipchder Wochenblatt 1886. Nr. Si. 
”) Defes Biogr. ſ. N. Nekr. 12, Babıg. S. WI. 


— 


26 | Wendt. 


treiben. Anfangs wohnte er in der ſchleßwigſchen Stabr 
ulm, einige Jahre vor feinem Tode aber 309 er nad 

em Kirchdorfe Leck. Schon in Flensburg hatte er ſich 
mit einer Demoifelle Adami, die ibm an Jahren meit 
überlegen war, berfaroden, und diefe beirathete er auch, 
fobald es feine Umftände erlaubten. Gie mußte ibn nur 
u bald verlieren, indem er ſchon im 32. Lebensjahr an 


er Schmwindfudt farb, nahdem er erſt Vater eimed 


Kindes geworden war. — Er war ein durchaus rechtſchaf⸗ 


fener Mann und wegen gefelliger Tugenden febr beliebt. 
gen gefellig a0 FA * u 


‚ Erempdorf. . 9. Schröder. 


* 21. Johann Amadens Wendt *), 


Dofrath u. Profeſſor der Aeſthetik und Geſchichte der Philoſophie, 


wie auch Mitgl. d. Societät d. Wiſſenſchaften zu Göttingen; 


— geb. den 29. Sept. 1788, geſt. den 15. Dct. 1836, | 
— W. war ein Mann, der den Ruf einer, nach viel 


fachen Seiten gerichteten Thätigkeit in vollem Maafe 
verdient, und wenn ibm Dabei vorgeworfen wird, er 
babe überhaupt nur die Beſchaͤftigung, Fein feſtes Ziel 
berielben vor Augen gebabt, fo foll Das menge: ge⸗ 
laͤugnet, als durch eine Hinweiſung auf feine Lebend, 
verhaͤltniſſe erlaͤutert und in das rechte Licht geſtellt 
werden. Seine Lernbegierde führte ibn fdon_fräh den 
Wiſſenſchaften zu, aber Die Dürftigkeit feiner Eitern Tieß 
ibn obne — Unterſtühung, er mußte meht den 
Verhaͤltniſſen ald feinen Neigungen folgen. „Er beſuchte 
als Ertraneusd die Thomadfhule feiner Baterſtadt —7 — 
und empfing bier von Roſt und Reichenbach philologiſche 
Bildung, von dem Mufikdirector ded Gemandhauds 


concertes unentgeldlich Unterriht in der practifden und 


&. 


tbeorerifhen Mufit. Schon bierdburd murde die Hits : 


neigung zur Aeſthetik begründet und ed märe zu wänfden 
eweſen, Daß er fib Liefer Richtung ganz überlaffen 
dire. Allein feine Eltern und ſeine Verhältniſſe riethen 
um Gtudiun der Theologie und ie begann er 
iefe Laufbahn 1801. Daß er dabei nicht über dad Ge» 
möhnliche hinauskam, läßt fich leicht ermeſſen, und einige 
Verſuche zu predigen befundeten, wie die Canzel ni 

fo er der Drt feiner Beruförbätigkeit fei. Mit 
ungleich größerm Eifer hatte er Dagegen den Vorlefungen 





eis Eine kurze Notlg üben iha (. fun vorigen Sodrg. de Met, 


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1 


Wendt. 27 


des Sologen — zugehoͤrt, und der Um mis 
a nachmallgen Schwager — fuͤdrte ihn 
vouends der Pbi ofoppie und Ku promovirte 
in der philoſophiſchen Seal un efloß nun, gamp 
Ar Phdiloſophie leben. Allein jegt wurde ibm eine 
wöledrerftelle in einer adligen Samilie angeboten und 
— mußte er den draͤngenden Umſtaͤnden Er 
geden. Die 553 Poilofopdie trat nl un. 
in den Sintergrund und nur verwandte Dikel les 
fonnte er cuftiviren, — bei ſeinem Winter⸗ 
aufenthalt in Dresden, Muſit und Poeſie. Dann bezo 
er mit ſeinem Zoͤglinge die Univerftät und fab fi no 
einmal zu einer ibm fern liegenden Thätigkeit, zum 
Studium der — — genoͤtdigt. Sein 
ins datte dieſe Wiſſenſchaft zum Beruf erwaͤhlt un 
mußte dabei die Sepeitionen leiten. Im 9.1 
gab er dieſe Stellung auf, bereitete fih von nun am 
zubig die academiſche Faufbahn vor und babilitirte 
1 u Leipzig. Außerordentlicher Profeffor wurde 
er 151. Niet vorzfiglid DVorlefungen über Religion“ _ 
Bear und Ypdilofopdifde NRechtölehre und von 
hpfte damit mannichfache andere Arbeiten. So wurde 
er Praſes einer pfi Sole ifden Soclerät, arbeitete aͤſthe⸗ 
tifde und pi orife Art fel für dad Gonverfationslericen 
aub und firebte alfo nach doͤchſt abweichenden Richtungen, 
Die entweder nit volkommen oder nur in ach enialen 
Seife vereinigt werden können. Auch die 1816 
‚erlangte ordentfide Profeſſur Tenfte feine" x tigkeit - 
nit auf biefen einen Punct. Er wurde Redacteur des 
einziger Annfblatıd von 1817 — 18, ferner des —— 
5 zum geſelligen Dergnägen, auch erſchienen Auffäge 
von idm im — in der Zeitun 0 die elegante 
Welt, in der Leipziger und Berliner muflfalifchen Zeitu 1 
Dabei bieft er Vorlefungen über # onlage, os Lost 
Aeſtdetik und Religionsphi — — ja e ar 
tel, Gegenwart und Zufunft Her 
J. 1825 erhielt er den Zitel AG Sroßberiogt, we 
Barmftädtifchen Hofraths. Nach dem Tode Bouterweks **) 
murde_er 1829 zu der durch Diefen ge: ee 
rat ffur berufen und verpflichtete Vortr en 
ber Aeſthetik und Gef ide er nn kifo 55 — 
vᷣdiloſophie, die nur Wenige mit einander verein * 





*) Deffen Biogr. im, gedis — e. EN 


de) 


28 Wendt. 
und noch Wergere mit Gluͤck. Bouterwek datte die 
rbalihkeit gezeigt und W. mar Ihm darin nachgefolgt, 
allein nah Wendt’d Tode find diefe beiden Disciplinen, 
wie es nöthig war, wieder getrennt. Der Ruf, welcer 
RB. voraufgegangen war, 309 ibm mehr Zuhörer berbei, 
ald feine Vorträge felbft und es Ponnte darım nur 
betrübend für ihn, nicht auffallend erf&einen , wenn fi) 
Die Anzahl feiner Zuhdrer bald verminderte. Aus der 
Berne datte man nur fein Geiftiged kennen gelernt und 
ſchaͤtzen mäffen, weil ed ſchaͤhenswerih war; jegt fab 
‚ man feine Aeußerlichkeit und vergaß darüber dad Wahre. 
Er war Eleiner, ſchwaͤchlicher Statur, zetgte bei feinen 
Vorträgen mehr Unruhe als Zebhaftigkeit und ſpraqh 
mit allzu fihtbarer Anftrengung. Solche Aeußerlichkeiten 
olten nun zwar bei der ernten Wiſſenſchaft gar nicht in 
etracht gezogen werden, allein ed bleibt beim Sollen 
" fo lange der Menfch_ein ſinnliches Wefen bleibt. Dazu 
Tom dann no, daß W. keiner Schule angebörte und 
‚nipt Rube und Muße fand, oder auch zu mild Dachte, um 
ein eigened Syſtem aufzubauen. Er koͤnnte daher weder 
Die Anhänger fremder Schulen anzieben,, noch einen Kreis 
eigner Schüler um ſich verfammeln. Die Zeit war zu 
bewegt und dur jene Gegenfäge zu Aue als 
Daß ein Eklekticizmus hätte Anklang finden fünnen. Wo 


Aues aufgeregt iR, hört man nicht gern die rubigen . 


Stimmen. Im dußern und Innern Kriege gilt leider 
nur 2 oft Neutralität den ftreitenden Parteien ald Feind» 
feligkeit, immer wenigftend ais ein Zeichen von Schwäche. 
Er datte es fih zum Zielpunet feines Strebens gemadt, 
Das Leben mit der Schule zu vermitteln, weil er fab, mie 
weit beide fich in neuerer Zeit von einander entfernten. 
Die Schule von den lebendigern Geiſtern, meinte er, 

unterliegt dem Vorwurfe, daß fie ficb ſelbſt vernebelt 
und verkfümmert in mefenlofen Abftractionen, während 
dem bemegten Leben mit vollem Rechte Zerriffenbeit und 
Speenfofigkeit vorgeworfen wird. Darum fonnten fi 
denn auch, feiner Anſicht nad, beide nicht eber vereinigen, 


als bis aus beiden das feindfihe Element audgefhieden. 


fei und es verdient Anerkennung und Dank, daß er 
Diefe Ausſcheidung ſtets befdrderte, Daß er Dabei fremdes 


Spfiemen bervorzutreten fuchte, begreift fib und es 


Leben und Denken mehr 1 (ort, ftrebte, ald mit eignen. 


iſt nur zu bedauern, daß dies nicht immer von feinen 
Beurtheilern berädfiptigt it. — Als Schriftfteller war er 
außerordentlich thötig und ed erfhienen von ihm, außer 


- 


' 


I . ———— — — 


EIS EI LOZER 


Wendt. 29 
einer Menge groͤßerer und kleinerer Auffäfe: De fun- 
damento et origine dominii 1808. Durch Beripeibigung 
diefer Abdandiung babilitirte er fib in Leipzjig. — De 
confinio po&seos epicar atque historiae 1811, Programy 
gu dem Antritt der außerordentlicen Profefur in Leips 
jig. — Grundzüge der phil. Rechtslehte; zum Gebrauch 
bei Vorlefungen. Leipzig 1811. Auch in Diefem Werte 
lebt man, wie forgiam W. Feben und Schule zu vers 
einigen Rrebte. Die practiſche Anſicht ſchien ihm ums - 
wiſſenſchaftlich, die wiſſenſchaftliche unfruchthar und darum 
Verſchmelzung nbhig, Die Idee des Rechts entwidelt 
er philoſophiſch, um für Die Rechtswiſſenſchaft ein Grunde 
princip zu gewinnen und bleibt bei diefer Abſtraction 
doch Immer auf praciihem Boden fteben oder kehrt 
wenigſtens fletd dahin zurſick. Hätte er nur die dee 
ded Rechts fhärfer umgrängt, waͤre er mit dem Licht 
der Philofopbie bis zu den legten, noch immer dunklen 
Gründen diefer Idee binabgefiegen, fo mÄßte man 
lagen, daß Died Buch nicht allgemeiner benugt wird. — 
Ueber den Gebrauch der pipofogie bei der Bibel» 
erklärung 1816. Diefe Abbandlung fchrieb er ald einen 
Beitrag zu der Laufiger Predigergeſeliſchaft. — De re» 
rum principiis secundum Pythagoraegs 1827. Ein Antritts- 
programm zu der ordentlichen Profeffur, melde er 1816 
erbielt. Weber Den Gegenftand, erfolgte ein Auffag 
in den Berl. Jahrbuͤchern 1828. Stüd 38 f. Doc bar 
er dieſen ſchwierigen Gegenftand nicht mit Glüd 
arbeitet. Neinbold in Zena gab eine befondere Sarift: 
Beiträge zur Erläuterung der Pytbagor. Metapbyfß, 
Jena 1827, gegen die Anfihten W.'s heraus. Zugleid 
traten die Schriften berühmter Zeitgenoflen hervor, melde 
die Aufmerkſamkeit auf ſich berüberzogen. Vorzuͤglich 
find bier zu nennen, Ritter, Diffin, Brandid. — Taſchen⸗ 
buch zum gefeligen Vergnügen 1821—25. Die geadhtets 
fen Scrififieller unterflügten ihn bei diefen Unternebs 
mungen und traten Dadurch mit ihm in näbere Beruͤh⸗ 
rung. — Roffini’d Zeben und Arbeiten. Leipzig 1824. 
n dieſer Schrift bewährte er feine tiefern Kenntniffe 
er Mufif, da er dad Innere der Roffinifhen Werke 
darzulegen ſtrebt. — Ueber Zwei, Mittel, Gegenwart 
und Zufunft der Maurerei. Leipzig 483. — Tenne⸗ 
mannd Grundriß der Geſgichte der Philofopbie. 3. Aufl. 
4820. 4. Aufl. 1825. Dieſe hoͤchſt Ihäfbare Arbeit ver» 
dient die dankbarfte Beachtung und dat fie mirklich ges 
funden. Sie bat nicht allein in kurzer Zeit mehrere 


es 


⁊ 


80 we... = Wendt. ; : 2 


Auflagen erlebe, fordern it durch Heberfegungen in die - 


meiften neuern Sprachen Äbergegangen, namentlih in 
Das Franzoͤſiſche, Englifde und Stalienfge. Das zum 
Grunde liegende Tennemannſche Werk bat zwar großen: 
theils den Stoff geliefert, allein ed bedurfte Berichtis 
gungen und einer bequemern Form. Beided hat W. 
geleiftet. Die Beurtbeilung der neuern Syſteme genügt 
mar nicht überall, allein fie fanden dem Derfaffer no 
n der Zeit zu nahe, ald daß er ſie hatte klar uͤberblicken 
‚Bönnen. Einige, wie 3. B. das Herbartfde, lagen ihm 
Dagegen in der Richtung zu fern und er Fonnte daber 
nit mit Der. nörbigen Sicerbeit ihren Gang zeichnen. 
Abver wer die Schwierigkeiten fennt, die mit der Ges 
ſchichte der Pbilofopbie verknüpft find, wird dies nicht 
gu hoch anſchlagen. Mit Herausgabe der größern Tennes 
mannſchen Geſchichte der Philoſophie beſchaͤftigte er fi) 
gleichfalls. — De rationé, quae inter religionem et 
“ philosophiam intercedit 1829. Programm beim Antrits 
her Profeſſur zu Göttingen. — Ueber die Haupt 


erioden der ſchoͤnen Kunſt oder die Kunft im Laufe der _ 


eltgef&ichte Dargeftellt. Leipzig 1831. Die Idee des 
Werts it ſchoͤn und groß; mit der Ausführung, weil ed 
ihm noch an Vorarbeiten gemangelt habe, wollte Wendt 
elbſt nicht recht zufrieden fein. Dod fand es ‚vielfeitig 
nElang. Eine Meberfegung in das Schwediſche (Be- 
traktelser öfver den skönua Konstens Huüfwud 'perioder. 
Defversätning af C. A. Bagge. Stockholm 1885.) zeugt 
davon. — Neuer deutfcher Muſenalmanach. In Leipzig 
grponnen, fortgefegt in Göttingen, Dann aber unter der 
eitung Chamiſſo's und G. Schwab’d. - Wendt bat nur 
wenig eighe Productionen geliefert, allein die Auswahl 
Der aufgenommenen Gedichte zeugt von einem feinen 
Geſchmack und rihtigem Tact. Bei der nit ganz uns 
egründerten Klage, mit Schiller und Goͤthe *) fei die 
oefie zu Grabe gegangen, mußte eine ſolche Erſcheinung 
Doppelt erfreuen. er in die Klage unbedingt ein» 
ſtimmte, fhlage nur WE Mufenalmanah auf und er 
wird feine Meinung modificiren. Daß übrigend auch in 
Diefem Werke die allgemeine Tendenz Wendt’, zu Vers 
föhnen, erkannt werden Bann, davon überzeugt der erfte 
Blick. Das Iprifche Element tritt in neuerer Zeit aus 
unferer Ziteratur faft ganz zurüf und man. fiebt mit 
Bedauern die entftandene Kluft. W. trägt ein Werkſtück 


Deſſen Biopr. f. Int 10. Jahrg. des N. Nekr. ©. 197. 


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Behrmann. 81 

derbei, Her 
etban. — ienten Sapren feines ae 
—5 ſich . mit Ausarbeitung einer allgemeinen 
eſthetik, die aber unvollendes geblieben und deren 
PR faum zu boffen if. In — haͤuslichen 
erdaͤliniſſen erſchien Wendt als ein durchaus achtungs⸗ 
weriher und liebendwärdiger Mann. Ein — — > 

in der Schule der Erfahrung gereifter Sinn 

überall nl Dermäblt war er a un N & 
der Tochter eined Beamten zu Leipzig, welde ned 
egenwärtig zu Göttingen wohnhaft it. Die einzige, 
interlaffene Tochter mit einem em; lifden Schriſt⸗ 
er, John Kemble, vermählt und ledt in London. 


| Sie iR Erbin von ded Vaterd feinem, gebildeten Geike. 
8 


Wendt Rarb an einer Rervenlähmung. — Außer de 
enannten Werken a“ er noch beraus: WWeipgefchent 
be ——— u eeimig bei ihrer 4. Säcularfeier den 
rgebradt * der aͤſthet. Geſellſch. ꝛc. 

ni 100. — Die Religion an N und in ihrem 
pi Isniffe für ABiffe Fenfdaft, Kunft, Leben und zu * 


—— — Formen derfelden. Sulzbach 1813. — 


framger, der Mönd vom Eibanon, ein dramati de 
Dicht. S. fehr verdnd. Aufl. mit e. Vorrede. Lei 
1817, — Ueber den gegenne rtigen Zuftand der Beil, 
befonder8 in Deutſchland. Göttingen 1886. — 
viele Beitr. zu Jonrnalen- m. andern re 


* 22, Heinrich Behrmann, 
tin. din. Ganzleiratd zu Altona; 
aan den 5. Apr. 1770, geſt. den 23. Det. 1886. 


em Dorfe Garftedt, Kirchſpiels Quickborn, in 
der — erefaft Pinnebe rg. erblidte B. da 
ide der W wurde zum Gelehrten gebildet auf 
ale Gymnaſium zu Altong und — 
dann 3 Fahre zu Jena Theologie. Im I. 1802 kam er 
nach Kopenhagen und wurde zarten an dem Erziehu : 
inftitutd von C. J. R. Chrifiani au Veſter “ 
Kopenhagen. auf Kate er 1806 Abjunct u 
Dberlehrer an der Katbedraifhufe zu rg 
aber Ardivarius bei der Schledw. «Hof.» Zauenb. ME fer 
B Kopenhagen mit dem Titel Canzleirath. Da er Hb 
88 due Sale — 
ere ur riften als tre 
go bewäprs hatte, ſo ward er auch von der koͤnigl. 


x 


2 Wendell. 


Geſellſchaft für vaterlaͤndiſche Gefchichte und Sprache 
und von der ſkandinav. Titeraturgefeliihant in Kopendagen 
zum Mitglied erwählt, wie er denn ſchon zu Jena Mit 

lied der dortigen lateinifchen Geſellſchaft geworden war: 
ri berannahendem Alter erbielt er auf, Anſuchen am 
40. November 1829 die Entlaffung von feinem Amt in 
Kopendagen und begab fib nun ald Privatgelehrter 
nah Altona, wo er am oben genannten Tage an der 
Waflerfucht verfbied. Er binterließ ein Kind. — Seine 
Schriften find: Geſchichte König Chriſtian des Zweiten, 
4r Th. SKopenb. und Leipz. 1805. — Haandbog i den 
tydske prosa: iske Litteratur. Kjöbenh. 1808. — An 
den sidste pavelige Legats. Joh. Aug. Arcemboldi Ophold 
. og Forhold i Danmark under Kong Christian II. In den 
chriften der ffandin. Literaturgefellfhatt von 1810. — 


Udsigt af den almiudige Verdens Historie i 5 Tabeller. 
Kjöbenh: 1811. — Christian den andens fängsels-og Be 


frielses-Historie, efter Documenter udarheidet. Kjöbenh. 
1812. Erſchien zuerſt als Schulprogr.) — Om nogle 
fremmede Troppers Ophold her i Danmark under Kong 
Christian Il., og derer og Kongens Forhold mod hin» 
anden, efter Documenter udarbeidet, som et Indbydel, 
seskrift til den oflentlige September - Examen, Kjöbenh. 
1812. — Kurze Darftellung des politifden Verhaltend 
Daͤnemarks in den legten Jahren. SKopenh, und Altona 


41813. Dänifh 1814. —  Gefhichte Epriflian IT. und 


feined Gefaͤngniſſes. Kopenh. 1813 u. 14. 2 Thle. — 
Grandris til Roeskilde Domkirkes og dens Monumenters 
Historie og Beskrivelse, med Kobbere. Kjöbh. 1815. — 
Kong Christian If. Historie. 2 Del. Med Kongens Portrait. 
Kjöbh. 1817. Außerdem lieferte er Beiträge zum Neuen 
daͤniſchen Magazin und zu dem Archiv für Staatds und 
Kirchengeſchichte. Sein im Novbr. 1834 angefündigter; 
Berigt über die Berbandlungen der legten Schlesw.⸗ 
Holſt. Eandtagscommiffion in den Jahren 1711 u, 1712, 
a Originalurkunden, it nicht erfchienen. 
empdorf. D. 9. Schroͤder. 


* 23. Johann Georg Friedrich Wendel, 
Buchdrudereibefiger u. Stadthauptmann zu Rendsburg in Holftein; 
geb. i. 3. 1773, geft. d. 29. Oct. 1836. 

Der Geburtsort, fo wie die frühern Lebensverhaͤlt⸗ 


niffe dieſes Mannes, der ih um Rensdburg febr vers - 


dient gemacht bat und alfo hier wohl einen Fleinen 


| Zum 
k 


— — — — 


— — — — 


8 


Lorentzen. 88 


Denkſtein erhalten kann, ſind uns nicht bekannt. Er 
war, der Erſte, der zu Rendsburg in Holſtein eine Bud» 
druderei anlegte. Denn obſchon bereitd im 17. Jahre 
hunderte, zur Zeit ald der vielfchreibende_ Generals 
fuperintendent Dr. Chriftian von Stödfen in Rendsburg 
wohnte, dort fib ein Buchdrucker niedergelaflen hatte, 
fo fonnte derfelbe ſich doch nur einige Jahre dort halten 
und Kendöburg bar eigentlich nur feit 1806 eine eigents 
liche Buhbdruderei beſeſſen. Wendel begann mit 1807 
au ein „Rendsburger Wochenblatt“ — —— das 
ſich bis jetzt erhalten bat und eben fo gemeinnägig als 
unterbaltend it. . Da er die übrigen Eommundmter der 
Stadt zur Zufriedenheit feiner Mitbürger verwaltet hatte, 
fo warb er ungefähr vor 16 Jahren zum Stadtbhaupts- 
mann erwäblt, melde Würde er gleihfall8 zur größten 
Zufriedenbeit befleidete. Er ftarb_ nad) furgem Kranken⸗ 
lager im 63, Alterdjahre, binterlaffend als Witwe Anna 
Diargaretba, geborne Mumm, Kinder und Schwieger 
finder. — Auch ald Scriftfteller fuhte W. zu nügen 
und bewied ſich als folder ald ein Sreund der vater 
laͤndiſchen Altertbämer. Denn außer dem Rendöburger 
Wochenblatte, deffen Redacteur er bid zu feinem Tode 
war, gab er noch heraus: Befchreibung der inhalt 
reichen Altſtaͤdter St. Marienkirde in Rendöburg. Zum. 
goojaͤhrigen Reformationdfefte verfaßt. Rendsb, 1817. — 
Kurze Nachricht von dem, mad in Beziehung auf die 
Feier des dritten _bundertjäbrigen Jubelfeſtes der Res 
formation in der Altnädter St. Marienkirhe durch freis 
' willige Beiträge verbeffert worden. Rendsb. 1818. 
Crempdorf. Dr. H. Schroͤder. 


+ 24. Caͤſar Eduard Rudolph Lorentzen, 
Doctor der Philofophie zu Oldesloe in Holfteinz 
geb. i. J. 1807, geft. den 10. Nov, 1886. 


. Diefer für die Wiſſenſchaften zu fruͤh verkorbene - 


junge Gelehrte war ein Sohn des Juſtizraihs, Dr. med. 
und Apothekers Sriedrid Auguſt £orengen in der bob 
ſteinſchen Stadt Oldesloe. Da er frühzeitig viele Ta 
fente zeigte und feine Eltern ſehr vermögend waren, 
» wurde er dem Gelehrtenftande gewidmer. Auf der 
chule gewann er die Philologie lieb und feßte auf 
der Univerfität die Bel äftigung mit derſelben fort. 
Zu Anfang des % 41834 ward er zu Göttingen. Doctor 
der Philoſophie. Aber fdwächlich von Tugend auf, erlag 
N. Rekrolog. 15. Jahrg. u 8 — 


‘ 


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J 


34 | Huber. | en 


er, ind Vaterbaus zurückgekehrt, am oben genannten 
Tage der Schwindfuht. — Seine Snauguraldiffertation 
(Göttingae. 1834.) handelt: De rebus Atheniensium Pericle _ 
potissimum duce gestis. 


Grempbdorf. * D. H. Scroͤder. 
* 25., David Chriſtoph Huber, 


Pfarrer zu St. Leonhard, Buchthaudprediger und Schulrath in 
St. Sallen, Mitglied des wiflenfchaftl. Wereind, bed Bibliotheks 
tollegiumd und der Huͤlfsgeſellſchaft daſelbſt, fo wie der Predigers 
F witwencaſſe der evangel. Cantonsgeiſtlichkeit; 
geboren den 8. März 1777, geſtorben den 5. Dec. 1886. 


Er wurde in ©. Gallen geboren, dad dritte der 
Finder in der zablreihen Zamilie des fanctgauifchen 
Predigerd Ehriftian Huber, In den Schulen zeichnete 

er fid nicht aud; blös im Singen zeigte auch er das 
althergebrachte Talent feiner Familie. ach vollendeten 
Schulſahren wollte er ſich dem Buchbinderhandwerke 
widmen; allein fein Obeim, Der angefebene Stadtpfarrer 
G. 8. Scherrer, wänfte, daß er fih dem geiftlichen 
Stande zumenden möchte, in welchem er in ununters 
brochener Reihe fünf Ahnen zählte, Nah dem i, 3. 1794 
erfolgten Hinſcheiden feines Waterd nahm genannter 
- Dbeim ibn in fein Haus auf. einen Studiencurd 
‚ madte er ganz; in dem academifchen Gymnafium feiner 
- Daterftadt, welches damald auch einen Lehrſtuhl für 
Die Theologie hatte, Da er aber nie Neigung für 
feinen Beruf gemanı, fo leiftete er in den Studien nur 
-das Nötdigfte, doc dieſes gewiſſenhaft. Daneben gab 
er fib mit Mufit ab, bildete ein Eleined Studenten». 
conzert für Serenaden und vicarirte einige Zeit in den 
Gefangfaufen des Gpmmafiumd, Auch nahm er zu Ans 
fang 1793 die Stelle eined Cantord in der franzöfifhen 
Hirhe, etwas fpäter zugleich Diejenige in der deutſchen 
Hauptkirche (©. Yaurenz) an. Am 26. Apr. 1709 beftand 
er fein theologiſches Eramen und ward bieraufamg. Mat 
um geiſtlichen Stand eingeweiht, Unterm 29. Juni 
eſſelben Jahrs erhielt er die Bergpfarre Tegerſchen 
im Tofenburg, drei bis vier Stunden von feiner Vater, 
ſtaht entfernt, Das Predigen machte ihm anfaͤnglich 
Mühe, ward ibm Aber bald ſehr geläufig und er pflegte 
von da an Immer nur nach bloßen Schematiömen vor 
zutragen. Seiner Gemeine gebörte er mit aller Treue 
und fteter Dienftfertigkeit an. Wergeblich war feine 


- 


- EEE — — — — — — 


. Yuber. 35 

Bemuädung, das neue Krchengeſanghuch S. Gallens 
auch in Tegerſchen einzufübren. Gegen Ende 1799 hatte 
er ſich mis Elifaberhb Zollikoſfer von Altenklingen, von 
S. Gallen, verehelidt. Im Januar 1801 Rarb ihm 
diefe feine Gattin und er verebelidte ſich um eiten 
Mal, im Sept. 1801, mit Maria Barbara, einer Tochter 
des Rathöherrn Kaltſchmidt Yon LKındau In gleichem 
Monat berief ihn der Schulrath von S. Ballen in feine 
Daterftadt zuruck, indem er ihm Die Zebrerfielle an der 
fünften Claſſe des Gymnaſiums (eigentlih eine Neal 
ſchule) übertrug, womit auch ein Antheil an der Pfarre 
Zinfebähl 9) verbunden war. ” Zugleid ward er zum 
Katechet in ©. Leonhard gewählt und bald Darauf 
auch zum Geſanglehrer. Zu Anfang des Jahrs 1804 
vertauſchte er die Katechiſafion zu &. Leonhard mit der⸗ 
jenigen am Yinfebäbl. Ftçiwillig trat er bei der neuen 
Schuleinrihtung im Sräbjahr 1805 aus feiner Aealſchule 
und ließ Ad die zweite Primarſchule gefallen. Doch im 
naͤmlichen Jahre verlieg_er mit einigen feiner Eollegen 
die Vaterſtadt wieder. Die Cantonsregierung hatte ihn, 
auf das Geſuch der Gemeine hin, am 40. Juni zum 
Vfarrer zu Bernang im Rdeinthal, ermählt. In ber 
fdönen, fruchtbaren Gegend verlebte er angenedine Jahre 
im Schooße feiner anwachſenden 5 und der ibn 
um feiner Rechtlichkeit, Dienftbefliffenbeit und AUmtötreue 
willen ebrenden Gemeine. Seine Amtögenoifen wählten 
ibn im Aug. 1809 zum Actuar des Eapiteld Rheintbal; 
auch mar er je Einführung ded er Geſang⸗ 
buchs ſehr thaͤtig. Gleichwohl ließ er ſich, auf Betrieb 
ſeines Odeims, Decan Scherrer, gern wieder nach 
S. Gallen — namentlich um der ſich medren⸗ 
den Bedürfniffe feiner Familie willen, Der Gemeinde⸗ 
rath übertrug ibm unterm 25. Mai 1818 die zweite Pfarrs 
elle zu ©. Leonhard. Den 6. Juli ward er Mitglied 

ded Eraminationcollegiumd und folgenden Tags Artnar 
derfelden. Webrere Fleinere Stellen übergehen . wir. 
Den 31. Auguft 1815 übertrug der Schulraib ibm die 
dritte und vierte Primarfhule am (fogenannten) Gym⸗ 


= 


nofium. Dabei blieb er gfeihwohi in feiner Pfarrfelle,. 


AS treuer und tüchtiger Geſchaͤftsmann ſad er Ab noch 
obenein bald zu diefer, bald zu jener Eleinern Beamtung 


.. 9 Fitiatkicchlein In b ntüelle S. Gallend, feit 1084 
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36 — Huber. 


evangel. Cantons-Kirchenraths und bes Cäpitels 

. Ballen. Gm Mai 1820 ward er Katechet in der 
S. Magnudfirde, im März 1822 Negiftrator in der Stadts 
bibliothek und Mitglied der Stadikirchenvorſteherſchaft. 
Um 2, Juli gleihen Jahres beehrte die Cantonsſynode 
ihn mit einer Stelle im Kirchenrath. Seine Genauigkeit 
im Sübren von Protocollen war auögezeihnet; fein 
Verſſand und feine reng: Rechtlichkeit machten ibn den 
Bebörden fehr nüßlich, Bei-der im Spätiahr 1823 aber; 


gegooen — fo im 3. 1816 zum Vetuariat der Synode, 
£ a 
© 


-mald vorgenommenen Umgeftaltung der Öffentliben Lehr⸗ 


anftalten ©. Gallend erhielt er am 20. Dec, die Stelle 
eined Vorſtehers ſaͤmmtlicher Primarfhulen und eines 
Lehrers der oberften Claſſe derfelben. Auch jest noch 
blieb er daneben in feiner Pfarrftele. Dagegen legte er 
vor und nach einige andere der obgenannten und nicht: 
genannten kleinern Beamtungen nieder. m uni 1824 
ward er Negifirator primarius und Actuarius an ber 
Stadtbibliothek. Di blieb er bis 1828, in weldem 
Jahr er auf neue ſechs Jahre bin ald Kirchenrath beſtaͤ⸗ 
tigt wurde. Die bärgerlide Umgefaltung des Canton 

. Ballen_ war auch von kirchlichen Veränderungen 
begleitet. Sin der Hauptftadt wurde der Grundfag Der 
dufchgaͤngiſen Trennung der Marr» von den Squl⸗ 
ftellen durdgeführt. Die Hälfte der Predigerpoflen ward 


- eingezogen, um Die noch beftebenden beijer einrichten 


und bejolden zu Fönnen. Auch die Kirche ©. Leondard 
verlor den einen ihrer Pfarrer. Huber blieb ibr allein 
fibrig, nachdem er fdon vor der Nefignation feines 
Gollegen dur die am 2. März 1334 verfammelte Gemeine 
ald deren eigentliher Dauptpfarrer bezeichnet worden 
war. Nun trat er aus feiner Schulſtelle aus, ließ fi 
In feinem Kirchſprengel nieder und befchäftigte ſich emfig 


mit allen ibm obliegenden neuen Einrihtungen. Im 


Sommer des letztgenannten Jahrs ward er von der 
Stadtbürgerverfammlung auch zum Mitgliede ded Schul 
rathö ernannt, Geit einigen Jahren batten feine Kräfte 
ein wenig zu wanken angefangen und er hatte namentlich 
mit rbeumatifden Webeln zu fämpfen. Gegen Ende 
Mov. 1836 ward er von der Zungenentzändung befallen 


“und die Entleerung eined Zungengeibwürd bradte ihn 


in große Gefabr; auch entfräftete ihn Sieber, Nah einem 
gerinsen Anfdein von Beflerwerden fübrte der Ausbruch 
eined zmeiten Sungenae [Dart in der Nacht vom 4; auf 
den 5, Deebr, einen ft 


dtlichen Stidfiuf berbri, Sein | 


- u u on _ 


v. Barnftebt. 87 


Ende war ibm und jedermann unermartet, ba er, ums 
eachtet mwiederbolter Störungen in feiner Gefundbeir, 
mmerbin ein Mann zu fein nefhienen, der noch eine 
Reihe von Tabren bätte ausdauern fünnen. — Geſchid. 
lihfeit und Genauigkeit in Gefhäften, puͤnctliche Amts. 
treue, unbeſtechliche Rechtlichkeit, WAufrichtigkeit und 
Wahrhensliebe, einfaches, aller Ziererei völlig fremdes 
Weſen waren die Eigenfcaften und Vorzüge, die ibm 
befonder& auseichneten; auch mar er bienftfertig, freis 
gebig und gaftireundihaftlid. Sein Wandel war uns 
befholten. Seine Kühnbeit gegen alles, was ibm au 
Andern, auch den Angefebeniten, als unrecht erfcien, 
feine Strenge im Wortbalten, feine Unnabfictigfeit In 
der Erziehung Fonnte bis zur Path geben. Diels 
leiht war er der zuverläfligte Mann feiner Zeit Im 
©. ®allen. Dad ideale Gebiet war ibm fremd, Geine 
a Anſichten ermangelten der Tiefe und waren, 
mie Alles in ibm, unveränderlih abgeſchloſen. Er 
ftudirte nur aöferifhe und Pafloralliteratur. 3 feiner 
Predigermirffamkeit war er nicht befonders glüädliid — 
etwa Cafualreden ausgenommen, Darum mar ibm auch 
das Predigen um fo weniger lieb, Der geitvole Decan 
Scıeitlin, durch mehr als acht Jahre fein College an 
: der ©, Leonhardskirche, fagte von beider Predigtmweife 
vergleihend, daß feine eigne „idealer Rationalidmus, “ 
diejenige Hubers „moraliſcher Empirismus“ gemwefen fei. 
Webrigend war Huber weit mebr ald Sceitlin Rationalift 
im gewöhnlichen Ginne des Worts. H. binterläßt einen 
Sohn, der unter Die fchätendmertheiten jüngern Geiſt— 
lihen im Canton S. Gallen gehört. | 
j Bernet. 


* 26. Briedr. Aemil Georg v. Warnſtedt *), 

Zön. dän. Kammerherr, Oberlandiweges Infpector in Holftein und 

Ritter vom Dannebrog, zu Traventhal; ' 

geboren i. 3. 179. , geftorben d. 10. Dec. 1836. 

Ueber den Geburtdort und die an endverdaͤltniſſe 

dieſes fuͤr Holſtein zu fruͤh in der Bluͤthe feiner Jahre 
verſtorbenen Manne 

wurde bald nach vollendeten Studien zum koͤn. Yantigen 

| Kammerjunfer ernannt und erhielt i. 3. 1824 dad Amt 





Eine tur 7 vorig. Ja ed. Nekr. 
; ö 28 ne urge 1 Rotis über ihn f. Im vorig. I — 


= 


find wir nit unterrichtet. Er .. 


zer 38 ' Deterfen. 


eined Dberlandwegeinfpertord im Herzogthum Holſtein, 


welchem er mit vielem Eifer vorftand. Daher wurde 
er bereitö.den 22. Mai 1826 Eön. Dänifcher Kammerberr 


und nad einigen Jahren auch Ritter vom Dannebrog. 


. Sein Wohnort war die Stadt Ploͤn; er flarb aber, 

nach fangen und ſchweren koͤrperlichen feiden, auf dem 
Schloſſe Traventhal. Verdeirathet iR er nicht geweſen. 
Er hinterließ einen zu Ploͤn wohnenden Bruder, H. A. 
p. Warnſtedt, Forſt⸗ und Jaͤgermeiſter im Herzogthum 
Holſtein und Ritter vom Dannebrog. Unſer v. Warnftedt 
war ein febr Eenntnißreiher Mann, inebefondere aud 
als Vorſtandsmitglied Der einige Jahre vor feinem Tode 
an Kiel gefifteren Gefellichaft für Sammlung und Ers 
baltung vaterlaͤndiſcher Alterthümer fehr tbätig und fuchte 
aub ald Schriftſteller zu nüßen. — Er ließ nämlid 
dDruden: Die Inſel Föhr und dad MWilhelminenfeebad, 
Mir 2 Karten u. 5 Zeichnungen. Schledm. » Holft. » Inf. 
(Hamb. b. Perthes u. Beffer in_ Comm.) 1824. — Ueber 


das Macadamifiren 1824. — Einige Notizen Über bie 


Ausführung einer Steinfhlagftraßenanlage auf der Lands» 
ſtraße von Plön nah Lübek, angelegt auf allerhöchſten 
Befehl i. J. 1825 — 26 in einer Länge von 234 zwanzig⸗ 
füßigen Rurben oder 355 Duadratrutben. In Sald'd 
Roatöbürgerlibem Magazin Band 7. Heft 2 (IST). — 
Weber die im Studirzimmer abgeftohene Wegeölinie von 
Rendsburg nah Neumünfter. Hamburg 1832. — Die 


Travenfalzer Saline bei Oldesloe und Nadridten über 


die in den J. 1831 und 1832 Dafelbft gemachten Bohr- 
verfuche, Manufeript für Sreunde des Vaterlands. — 
Ueber Alterthumsgegenſtaͤnde, auf melde die Geſellſchaft 
für zenmlang und Erbaltung vaterländifcher Alters 
sbümer Die Aufmerffamfeir ibrer Mitglieder u. fonftiger 
Sreunde u, Befdrderer ber Forſchungen üb. den frübeiten 
Zultand d. Vaterlands u. feiner Bemobnung binzuleiten 
minfht.. Eine Anfprache, entw. u, ausgearb. Stiel 1835, 
Erempdorf. D. 9. Schroͤder. 


* 27, Chriſt. Hermann Theodor Peterfen *), 
Bürgermeifter der Stadt Heiligenhafen in Holftein; 
In Yebengumfänden Diefeß edlen Mannes. iR 
on den Lebengumftänden dieſes edlen Manne 
uns Mn bekannt, daß er bald nach vollendeten Univerfitätd. 


ur — * er über ihn f. im vorig, Jahrgange d. Mekr. 


\ 


— ne — — — — 


j Eindenhan. 89 


abren die Bärgermeifterwärde zu Heiligendafen in Hol⸗ 
ein erlangte und am oben genannten Tage pi 
- dur einen Nervenſchlag feiner Gattin und feinen Kin 
bern entriffen wurde, ‚rüber war er auch Juſtitiar 
mebrerer adligen Güter, Seine Gemeine widmete ihm 
im Altonaer Mercuriud folgenden ehrenvollen Nachruf: 
„Länger ald 30 Tabre mar er der Vater unferer Beinen 
Stadt und obgleich in fpätern Zahren feine Wirkfamkeit 
durch körperliche Schwdchen oft gehemmt war, können 
mir ibm doc den Ruhm nicht verfagen, daß er in aller 
Zeit Das Gute gewollt, geſucht und nad feinen Kräften 
. Unter und gefördert bat. Geine Dfiten und Geſchaͤfte 
waren ibm beilig; zu Rath und That war er Jedem 
‚ingänglid; Arme, Derlaffene, Unterdrädte fanden be 
ihm eine Zuflucht und felbit die Schlechten mochte er 
nicht finfen laſſen. Vermöge feiner befondern Richtung, 
nad feinen Kenntnifen und Hähigfeiten und megen 
feiner ausdauernden feltenen Xhätigkeit wäre der Ver⸗ 
ftorbene ald Beamter in einem hödern Collegium wodl 
mehr an feinem Plage geweſen; doch hat er auch um 
bie biefige Eommune feine ſehr großen, vielleicht nicht 
genug anerkannten Verdienſte. Und wenn wir dazu 
erwägen, wie bob er als Menſch und ald Chrif In 
einem fittlid reinen frommen Leben unter und da fand, fo 
: wird fein Andenken gewiß noch lange in Segen bleiben.” 
Erempodorf. D. 9. Schroͤder. 


* 28. Andreas Chriftoph Lindenhan, 
koͤnigl. daͤniſcher Juſtizrath und Bürgermeifter zu Daberbleben, im 
Schleswigſchen; 
geb. den 17. Febr. 1776, geſt. den 81. Dee, 1886. 


Lindenhan wurde zu Hadersleben im Herzogthum 
Shleöwig geboren, ſtuditie die Rechte iu Kiel und 
wurde 1793 auf dem Sgloſſe Gottorf bei Ber Stadt 
— examinirt. Bald darauf erdielt er die Be⸗ 
ſtallung als Untergerichtsadvocat und erlangte eine bedeus 
tende Praxis. Im J. 1814 wurde fi zum Bürgermeifter 
in feiner DBaterftads_ ernannt. Daß er dieſes Amt zur 
Zufriedenheit feines Landesherrn verwaltes habe, leuchtet 
. daraus hervor, daß er 1825 zum Lönigl. daͤn. Juſtizrath 
ernannt wurde. — Lindenhan war ein fehr gebildeter 
und gelebrter Mann und ein eben fo grändlier Philo⸗ 
ſoph als geifreiher Dieter. In feinen legten Lebens⸗ 
jahren beihäftigte er ſich hauptſaͤchlich mit ber vater: 


EG 
= 
— 


* 


40 rieſe. 


landiſchen Geſchlate. Er farb im 68. Altersjadre und 
binterließ von 10 Kindern drei Söhne. Einer derſelben 
lebt in Schmeden, ein zweiter, Guſtav Adolph mit 
Namen, it Auditeur beim Zeibregiment der Königin von 
Dänemark, welches in Glüdftadt garniſonirt. — 2.8 
ſchriftſtelleriſche Zeitungen find folgende: Adelaide, Ein 
Gedicht in 7 Befängen. Gotha 1815. — Dichtungen. 
Schleömig 1322. — Unfterblihkeit. Ein Gedicht in 
2 Gefängen. Altona 1823. — Das gerettete Malta. 

- Ein epifbed Gedicht in 22 Befängen. 2 Thle; Altona 
1829. (Brucftüde aus dieſem Gedichte ſtehen in Wins 
friedd Nordalbingifchen Blättern [Yamb, 1820.) und in 
ben Driginalien von G. Lot von 1826 bis 1828.) — 


- Diele Beiträge, äftbetifhen und hiſtoriſchen Indalts zu 


W. ®, Bederd Erbolungen, ©. 208 Hriginalien, feit 
41820, Halems Irene, zum Morgenblatt, zum Taſchen⸗ 


buch Eidora, zu Winfrieds Nordifdem Mufenalmanad, 


deſſen Ruinen und Blütben, zu Niemannd Baterlandds 
kunde zu Zoh Taſchenbuch „Wintergrün“ u, den Schl. 
Holſt. Lauenb. Provinzialberichren, 

Erempdorf, D. 9. Schröder, 





1837 


29. Carl Ferdinand Friefe, 
Otaatöferretär u. Chefs Präfident der koͤnigl. Bank zu Berlin; 
geb. den 23, Juli 1770, geſt. den 5. (4.) Jan. 1837 °). 
Sein Vater, der Amtörarh und a des 
i. ® 1707. 


koͤnigl. Domänenamtd Riefenburg war, Rarb 
Frieſe's Geburtsort if jedoch nicht ——— ſondern 


‘ 


s adlige But Kanten, wo feine Mutter ihre Eltern, 
deren Eigenthum Died war, damals eben be 
3. genoß nie Schulunterricht, fondern wurde mit feinen 
jüngern Bruder ganı im elterliden paufe ene en und von 
Hauslehrern gebildet und es iſt ein ruͤhm ides Zeugniß 


| Nach ders Preuß. Stoatszeitung 1887. Mr. 89 u. 40. 





% 


— 


ucht hatte. 


—— ——— — — — — — — — 


Briefe. \ 4 


für die Kenntniſſe, ben Fleiß und die Treue des lehten 
Diefer Lehrer, daß Briefe, der fih feiner oft dankbar 
erinnerte, ſchon nach Faum vollendetem 16. Lebensjahre 
mit gluͤcklichem Erfolge zur Univerfität übergeben konnte, 
Da im J. 1750 die Turiftenfacultät zu Hönigöberg nur 
mit einem einzigen Profeffor, Dem D. Holgbauer beſeht 
war, der zwar den Ruf eines ſehr achtbaren Zebrers 
batte, aber doch nicht allen Dbliegenbeiten diefer Facıtls 
tät genügen fonnte, fo bezog Frieſe die ———— 
Frankfurt a /O., um daſelbſt Die Rechte zu fludiren. Er 
blieb dort anderthalb Jahre und ging dann, Oſtern 1788, 
‚mit einer befondern Empfeblung ſeines vorzüglich ge» 
achteten Lehrers Madibn nach Halle, mofelbit er zunddft 
unter Weſtphals Anleitung feine Univerfitätsttudien bes 
endete, Gie maren zwar weſentlich nur auf Außbildung 
zum Gefhäftemann in der Juſtizverwaltung gerichter: 
aber der Geiſt Diefer beiden Lehrer bewahrte ihn glücklich 
vor dem oberflählichen Treiben, welches eben Damals 
in der academiſchen Dorbereitung zur Mechteprarid an 
der Zagsorbnung mer. Die flaatdmwirtbicaftliden Une 
fihten, melde F. ſchon am Anfange feined Gefhäftd« 
lebens auffaßte und bis zum Ende deſſelben feſthielt, 
wurden nicht durch academiſche Vortraͤge in ibm erzeugt, 
fondern entftanden durch freie Aneignung der Ideen, 
welche zu jener Zeit in Umlauf Famen. Er nabm daraus 
in fib auf, was ibn durch einleudhtende Wabrbeit anzo 
und was ihm en en im Xeben ſelb 
beflätigte. Im November 1790 trat Sriefe, wenig über 
20 Sadre alt, in den Staatsdienſt, ald Audcultator bei 
Der damaligen Regierung, jegt dem Oberlandesgericht 
in Darienwerder. Er entwidelte bier fräb.eine gewiſſe 
Gewandtheit und gemwiffenhafte Treue im Geſchaͤfts⸗ 
betrieb und wurde deshalb bereitd mitteld Be ellung 
vom 10. Auguft 41793 im Bezirke ded gemanıen ande 
juftiscolegiumd als Juſtizcommiſſarius und Notariuß 
angeſtellt. Faſt gleichzeitig Damit (14. September 1709) 
eſchah feine Ernennung zum Affitenzratde bei der Zuftiz» 
eputation der Kriegs⸗ und Domänenfammer zu Marien⸗ 
werder. Diefe Zuftizdeputationen befanden aus einigen 
befonderd zur Zuftiz vereidigten Mitgliedern der Sriegbe 
und Domänenfammern und aus einigen nicht bei bem 
Kameralgefhäften betbeiligten Perfonen unter der Bee 
nennung Alfitenzräthe, die gewöhnlich aus der Zahl der 
UML gewählt wurden. Ihnen lag diejenige 
echispfiege ob, welche damals nod den Kriegs⸗ und 


+42 - i Frieſe. 


. Domönenkammern vorbehalten war. Die Berbältnifie 
ener Zeit waren der Beförderung räpiger junger änner 
efonders günfig, In den großen Erwerbungen, welde 

dem preußifhen Staate in den Jahren 1798 und 1795 
äufielen, einer Bodenflädhe von 1842 geogr. Duadrats 
meilen, von mehr ald 2 Millionen Menfchen bewohnt, 
mußte Sufipolige‘ und Finanzverwaltung gem neu ges 
fchaffen. und dad Perfonal Dazu aus den Beamten der 
alten Provinzen entnommen werden, wodurch überall 
Stellen erledigt wurden, Die Geſchaͤftskenntniß und 
Dienfttreue des Aſſiſtenzraths F. konnten hierbei nicht 
äberfeben werden und er wurde deshalb fdon im 
26. Zebendjahre 1796 7 Kriegs- und Domaͤnenrath 
und zweiten Juſtitigrius bei der weftpreuß. Kammer zu 
Marienmwerder befördert. Schon um diefe Zeit begannen 
in den oͤſtlichen Provinzen des preußifchen Staats Der» 
Önderungen in der Verwaltung bervorzutreten, welchen 
mwefentlih diefelben Anfihten und Ueberzeugungen zum 
Grunde lagen, die nad dem Srieden zu Tilſit einen 
aͤnzlichen Umſchwung der Polizeis und Sinanzgefeägebung 
m-preuß. Staate bewirften. Der Sreiberr v. Schrötter, 
entfproflen aus einer Samilie, die im Before beträdtlicher 
Samiliengäter war, hatte ficb von frübefter Jugend an 

. dem Militärdienfte gewidmet, war darin durch alle Grade 

bis zum Staböofficier geftiegen und fand zuletzt ald 

Mitglied in der Abtbeilung des Oberkriegscollegiums 

für die Gavallerie, als er plöglich zur Kameralvermaltun 

überging, als Oberpräfident nach Preußen gefandt un 
wenige Sabre nahder zum Staatöminifter im Generals 
directorium und Chef der fechd Kriegs⸗ und Domänens 
fammern zu Königeberg, @umbinnen, Marienwerder, 

Bromberg, Plozk und Bialiſtock befördert wurde. Schröte 

ter ermaad die Bedärfniffe dieſer großen Landestheile 

nad dem, was ein auögebreiteter Umgang mit den ans 

Befetennen —— boͤhern Militär» und Civil 

eamten und eigne Anficht ibn gelehrt batten und er 
fühlte in fid den Muth und die Kraft, dieſen Bedärfe 
niſſen a LA abzubelfen. Seine Gehülfen 
erin waren Männer and den Samilien theils der ans» 
ehnlichſten Gutsbeſitzer, tbeild der Generalpächter der 
weitſchichtigen Domänen der Provinz, größtentheild in 
derfelben ſelbſt gebilpet und wenn auch jünger an Tabs 
ren, doch durch ihre Lebendverbältniffe mit dem Zuftande 
der Landwirtbfchaft und der Landleute aus eigener Anſicht 
bekannt. Noch im letzten Jahrzehend des achtzebnten 





Frieſe. 43. 


bröundertd war faum im Entfieben, ige n 
rt einmal ein Wehfelplad. Der nen —X 
en den Carpathen, dem Dneper, der alten Grenze 
olend laͤngs Kurland und Däpreufen bi6_äber d 
Weichſel dinaus, konnte Diejenigen Erzeugniffe, welche 
den weitern Zandtrandport nach Bredlau, Frankfurt a/D. 
und Leipzig nicht _vertrugen,, nur an den Mändungen deb 
-  Niemen und der Weichfel abfegen. Hier holten fie früher 
Die Holländer, Ipäter die Briten ab und leiſteten da⸗ 
gegen Zablung in” Überfeeifden Waaren und baarem 
3elde. Der preußiſche Kaufman war der Vermittler in 
Diefem Handel und nÄägte das narürlide Monopol feiner 
fage zu einem bequemen und einträglihen Belchäfte. 
Der preußifche Landwirth batte vor dem polniſchen vor 
aud den Vortdeil des FKürzeren Tranſporis und ber 
Möglichkeit in der Näde den guͤnfligſten Zeitpunct zum 
. Wbfon abzuwarten. Hierin lag ein großer Reiz dur 
fleißigern Anbau mebr für die Ausfuhr zu erzeugen un 
ed (dien um fo geratbener, Die ganze Kraft der Provinz 
auf die Benugung ihres Bodens zu wenden. Dem 
greubifeen aufmann entging Dagegen nicht, daß die 
ucaten, welde bie Een von ihm empfingen, auf 
die yeipyger Mefle wanderten, um dort Fabrikwaaren 
einzufauren. Auch Dielen Handel konnte er fi aneignen, 
wenn er engliſche Zabricate in eben der Auswahl und 
zu gleihen Preifen anbieten durfte. Daran binderten 
ibn aber die Einfuhrverbote,. welche zu Gunſten der 
Sabrifen in den deutfchen Provinzen des preuß. Staats 
befanden. Dedhalb ward dad Verlangen nad Handels» 
freipeit in dieſer Beziedung febr lebhaft. Salz, Eifen 
und Heringe fielen zu ſehr ind Gewicht, um aus Deutſch⸗ 
land bezogen zu werden und einem großen Tbeil von . 
ofen lagen auch die Karpatden zu fern, um Salz und 
ifen aus ibren Bergwerken zu beziehen; diefe ſehr alle 
gadıe Bedärfniffe mußten demnach großentbeild aus 
en Dftfeebäfen entnommen werden; aber auch bier tra, 
ten der vortbeilbaftelen Verſorgung der kaufmaͤnniſchen 
Wanrenlager dad Salzmonopol ded Staats und die 
Auflagen auf ſchwediſches Eifen zu Gunften des obers 
ſchleſiſcen und auf nordifhen Hering \ Gunſten des 
Emder entgegen. Auch Zuder, Kaffee und Taback unter⸗ 
lagen fo boben Einfubrabgaben oder doch wenigſtens p 
läfigen Controfen für die Durchfuhr, daß au darin 
die preußifhe Staufmannfdhaft die Mitbewerbung der 
von der Natur fonk wenig begänftigten curifhen Häfen 


⸗ 


44 ur: Frieſe. 


ſcheute. So ſtanden die Intereſſen der Provinzen DR-- 


und Weltpreußen, ald der Freiherr von Schrötter fein 
Miniterun antrat und deshalb mußte ein ftaatöwirtbs 
ſchaftliches Spitem feinen vollen Beifall finden, nah 
welchem das Steigen ber Bodenrente das ſicherſte Senn: 
Ag der Öffentlichen — und der freie Verkehr 
as kraͤftigſte Foͤrderungsmittel deſſelben, jeder Schuß 
von Gewerben, melde ſich nicht durch eigene Kraft 
gegen freie Mitwerbung zu balten vermögen, aber ein 
verderbliches Unternehmen if. Ed mar demnach Das 


Bebürfniß des Orts und der Zeit, mas Adam SGmitbs 


Lehren ſchon Damald, im zweiten Jahrzehend nach ihrem 
erſten Hervortreten, den allgemeinften Beifall der ges 
bifderften Zandwirthe, Kaufleute und Gefchäftmänner 
in Oft: und Weſtpreußen und den befonderen u des 
Prodinzialminifterd verſchaffte. Ed fand nicht in feiner 
Macht, dem Handel vorerit die Befchränfungen abzus 
nebmen, mwordber die Kaufmannſchaft fi beflagte, doc 
gewann Die Meinung, daß mit Bebutfamkeit dabin ge⸗ 


wirkt werden mülle, gehoben durch fein Anfehn und - 


er durch feine Umgebungen, aud in dem reife 
er Staatödiener immer mehr Eingang. räftiger Eonnte 
Dagegen ſchon damald die Vermehrung des Ertragd 
Der Kändereien gefördert werden. Zunddft ward in der 
Schroͤtter ſden Dermaltung der Heberzeugung Raum ges 
eben, mie verderblih aller Frohndienſt dadurch mwirke, 


aß er die Völker an träges gedanfenlofed Treiben und ü 


an Zeitverfhwendung gewöhnt. Demzufolge ward die 
Ablöiung des Schaarwerfö gegen eine Abgabe auf die 
tbeiten Domänenländereien eingeleitet und großer Schwies 
rigkeiten ungeachtet, melde die Neubeit des Unter 
nebnienö aufregte, glüdlih durchgeführt. Gleſchfaus 
ward erkannt, daß auch der einfihtövolle, betriebfame 
und vermögende Zeitpäcter dem Boden nicht den Ertrag 
abjunewinnen Berti. der mit gleicher Einfibt, Betrieb» 
‘ famfeit und Gapitalfraft von dem erblichen Eigenthimer 
erzeugt merben Fann, meil jenem ftetö die gleiche Kreis 
beit in der Bewirtbfchaftung und Die gleihe Sicherheit 
beö Genuffes der fpäteften aber widptigiten Srüchte einer 
Durch langjährige, folgerechte Arbeit erzeugten Beredlung 
bed Bodens mangelt. Demgemdß ward auf DVererb. 
paatling der Domänenländereien, ald Annäherung auf 
ie Eigenthumsverleſhung, möglichft hingewirft, da des 
ren volfiändige Veräußerung damald noc unitatthaft 
war, Endlid ward au erkannt, wie gemeinfbädlic 
alle Bannrechte dadurch werden, baf Der Iwang zwiſchen 


N 


a mn 


BI — 


—— — 


RE 4 


—— 


Frieſe. 46 
Berechtigten und Verpflichteten das Maas für die Leis 
Rungen aufhebt, Die beide Theile mir Biligkeit von 
einander fordern _fönnen; eig Maas, das dauernd nur 
allein Durch die Sreibeit der Mitbewerbung fo feftgefellt 
werden kann, daß jedermann die Nothmendigkeit ans 
erkennt, fi dabei zu beraubigen. Demgemäß konnte auch 
die Ablöfung ded Mabl« und Getränfejwangs in den 
Domänen zwar in jener Zeit noch nicht allgemein durch 
geführt, doch durch Begünfligung in einzelnen Fällen 
eihgeleitet werden. Die gemwerbliben DVerbältniffe der 
Sabre 1796 bis 1805 beglinftigten Ablöfungen und Wer: 
erbpadtungen fehr. Die Bodenrente flieg ſchnell und 
beträchtlich: der Handel ging lebhaft. England entnahm 
jäbrli große Beträge von Weizen, Baus» und Nupboly 
aus der Dfifee und bezahlte dafür bobe Preife, Holland 
und Schweden braudten no jäbrlid Roggen, das 
füdblide Spanien Bauholz. Die Zufubr aud den vor 
mal3 polnifden Provinzen war anſehnlich: nach der Auf; 
Iöfung des polnifchen Reichs trat in allen Tbeilen def: 
elben eine größere Regſamkeit zu mirtbicaftliben Ders 
efferungen ein und es wurden große Capitale darin 
angelegt, In Preußen ward oft ausgefproden: wir 
fabriciren Weizen für England, England Baummollen- 
euge für und. Tedermann war von der Fortdauer dieſes 
Bu andes überzeugt: man überbor fib in Einkaufsgeld 
auf Erbpacten nach hoben Anfhlägen und fibernabm 
mit Leichtigkeit anfebnliche Geldrenten zur Ablöjung von 
Naruralleiftungen und Dienften. Leberall zeigte fih Dem: 
nad auch machferided Einkommen bei diefen Verdnde— 
rungen. — Es bedurfte Befer Ueberſicht des damaligen 
Zuſtandes von Oſt⸗ und We breußen, um die Richtung 
zu bezeichnen, in weldyer auch der Kriegd» und Domänen: 
rad F. thätig mitzumirken veranlagt war. Er that dies 
mit ſolcher Auszeichnung, daß er fi bald Das befondere 
Bertrauen ded Prafidenten v. Aueroͤwald *) erwarb, der 
auch aud dem Militärdienft zur Bewirthſchaftung feines 
Ritterguts, dann zur Landratpfielle, ferner zur Direction 
der Rändifhen Fenerfocietät und endlich zur Kameral-, 
verwaltung äbergegangen,, ald Präfident erft der Kriegs⸗ 
und Domänenfammer zu Marienwerder, dann als ges 
meinfchaftliher Präfident der Kammern zu Koͤnigsbe 
und Gumbinnen, der ıhätigfte Befürderer der vorftehen 
beſchriebenen Unternehmungen war. Frieſe's Zeiftungen 
ald Mitglied der weftpreußifchen Kammer erwarben ıhnı 


2) S. N. Nekr. 11. Jahrg. ©. 922, 


k 


46 ’ | äriefe. 
endlich auch den Beifall ded Staatöminifters v. Schrötter 
in foldem Maafe, daß er ihn unter feiner unmittelbaren 
Zeitung nach Berlin berief und ibm Derträge im preuß. 
Departement des Generaldirectoriums übertrug. Hier 
empfing er unterm 26. Sepibr. 1805 Die Beftalung ald 
Geheimer Sriegd+ und Domaͤnenrath. Als der Minifter 
von Schroͤtter in Folge der Unfälle im Spätherbfte des 
Jahres 1806 Berlin verließ, erhielt 8. Befehl, ihn nach 
Dreußen zu begleiten. Er blieb. dort lets in der Näbe - 
feines Chefs und barte den wefentlichiten Antbeil an. den 
Anordnungen, melde während der-nädflfolgenden hoͤchſt 
fdwierigen Zeit von Demfelden ausgingen. Der Sriede 
zu Tilfit vom 9. Tuli 1807 traf die große Mafle der 
. Marion um fo (omerzlicer, als fie bis dahin in dem 
Vorrücken der franzbfifhen Heere nur vorübergebende 
Erfolge gefeben, dauernde Folgen defelben von ſolchem 
Umfange jedoch) keineswegs geabnet hatte. In der großen 
Mehrzahl lehnte fortan das Gefübl: es mülle jede noch 
vorbandene Kraft aufgeboten werden, um die wefentliche 
verlorene Selbſtſtaͤndigkeit wiederum zu erringen und 
fein Opfer fei zu tbeuer, Fein Mittel zu bedenklich. 
menn es zu dieſem Zmwede führe. Hiermit ſchwanden 
Die Hinderniffe, melde bitder noch einer vollſtaͤndigeren 
Anwendung der Meberzeugungen entgegenftanden, die. 
fhon feit einem Tabrzebend in dem Wirkungskreiſe des 
Minifterd von Sörötter leitende waren. Es trat_binzu, 
Daß Oſtpreußen unmittelbar nad dem Tilſiter Srieden 
vereinzelt hand, weil die franzdf. Verwaltung weſtwaͤrts 
der Meichfel vorerſt noch fortdauerte: die befondern 
Bedhrfnifle Diefer Provinz traten Daher überwiegend vor 
und ihr Zuftand erleichterte wichtige Fortſchritte. In 
Dfipreußen machte nie, wie vormals größtentheild in 
Deutfchland, die Luft erbunterthänig: das ift, Niemand 
ward dafelbit Erbuntertban ded Grundherrn, weil er fi 
auf feiner Befigung niederließ._ Nur allein durch Geburt 
ward Die Erbuntertbänigfeit —— und da die 
pen von 1710 die Dörfer befonderd entvölfert hatte und 
n febr großer Theil der jegigen Landbewohner aus 
Abkömmlingen fremder und einheimiſcher Anzöglinge bes 
ftebt, fo befanden fich überall viel freie Leute unter den 
Erbuntertbanen, Weberoll hatte ſchon Friedrich Wilhelm I. 
im %. 1722 die Erbunterthänigkeit auf feinen_oftpreuß, 
- Domänengütern aufgeboben, wozu faſt drei Viertheile 
- Littbauend und auch ſehr beträchtliche Ländereien in den 
übrigen Theilen Oftpreußend gehörten. Der Unterſchied 


Frieſe. 47 


peifden freien and erbunterthänigen Zandbewohnern trat 
eöbalb bier um fo fdhärfer vor und die Nachtheil⸗ 
weidde dem Grundherrn felbſt aus diefem Derhältmid 
erwuchlen, waren fo einleuchtend, daß ſchon bei Bes 
arbeitung des afpreugifchen Provinzialrechtö die Stimme 
für Aufdebung der Erbunterthänigkeit fat uͤberwiegend 
wurde. Dfipreußen batte feine Sabrifen von einiger 
Erdheblichkeit: es befand Daber kein Propinzialinterehe, 
den Eingang fremder Sabrifate zu befchränfen und volle 
Handelsfreibeit erſchien daher hier unbedenklider, al 
in irgend einem andern Theile des preußifhen Siaats. 
Daber ward aud wirklich ſchon in gan trüben Zeit die 
Einfuhr aller fremden Fabrikate ofmwärtd der Weichſel 
gegen eine Steuer von nur einem Zmdlftheile des Werths 
attet, während fie weſtwaͤrts der Weichſel erft mit 
em Anfange des Jahres 1819 in Zolge des Geſetzes 
vom %. Mai 1818 erlaubt werden konnte. So bes 
gänftigie der Zuftand von Dfipreußen in Ddiefen zwei 
wichtigen Beziehungen und wohl 29 in vielen minder 
Plar dervortretenden die neue !Kegierung der Geſetz⸗ 
gebung,_ melde fib von dort aus ſeit 1807 über den 
Ganzen Staat verbreitete. So nn der Sig der Re 
gierung deſſelben in DOftpreußen verblie 
ered Provinziafminifterium befand, war der Zreiberr 
v. Schroͤtter hierbei fehr weſentlich thätig und Zriefen 
übertrug fein Vertrauen eine fehr wirfiame Theilnadme, 
In Dfipreußen ward ſchon I. J. 1808 der Müblenzwang 
egen eine angemellene Entfhddigung aufgehoben, den 
aindabern der Bauergäter auf den Domänen das volle 
igenthum ihrer Höfe verliehen, der Zunftzwang in dem 
Gewerbe der Bäder und Sclaͤchter ebgelelt und der 
Derkehr auf den Wocenmärkten der Städte von den 
biſsberigen Beſchraͤnkungen befreit. Beſonders verdienſtlich 
erſcheint Frieſe's Antheil an den wichtigen organiſchen 
Geſetzen, welche in den beiden letzten Monaten des 
Fahres 1808 den Haushalt der Städte und die Ders 
bältniffe der oberfien Verwaltungsbehoͤrden ganz neu 
gefaltet baden: namentlich alfo an der Städteordnung 
vom 19. Itovember, dem Publicandum wegen veränderter 
Verfaſſung der oberften Staatöbehörde vom 16. Dechr., 
der Inſtrüction für die Dberpräfidenten vom 23., Der 
Verordnung wegen veränderter Einrichtung der Provinzials 
polizei und Finanzbehoͤrden vom 26. und der Geſcaͤfts⸗ 
infruction, gleichfaU8 vom 26. des vorbenannten Monatd, 
In Folge diefer Gefege wurden für Die innere Verwaltung 


b und ein befons - 





. erbie | 
: Kinanzratb im Departement des Staat 


46 Jrieſe. 


des ganzen Staats drei Miniſterien, bed Innern, der 
Ju) und der Binanzen errichtet. Das erite derfelben 
t der Graf — —— früher Gebeimer 

| minifterd v. Schröts 

ter, :cö enthielt 4 Abtbeilungen, für Polizei, Gemerbe, 
Unterricht und Gefeggebung; bei ber erften, welcher der 
Minitter felbft unmittelbar vorftand, ward 5. ald erfter 
vortragender Rath mit Dem Character ald Staatsrath 


‚unterm 6. Dec. 1808 angefielt. Im Decbr, 1809 ward 


der Sih der Regierung wieder nah Berlin verlegt und 
Frieſe Eebrte nun auch dahin zurüd. Beſonders wichtig 
[oienen damals zwet organifche Gefege, modurd die 
erfoffung der ländliden Gemeinen feitgeftelt und eine 
allgemeine Verpflichtung zum Militärdientt eingeführt 
werden follte. Zum eriten entwarf 5. im Auftrage des 
Grafen zu Dobna eine laͤndliche Communalordnung ; die 
Schwierigkeit, ein ſelbſtſtaͤndigesßs Gemeinmefen mit der 
Beachtung ber grundberrliden Rechte zu vereinigen, ift 
Indeß vielfach wiederholter Verſuche ungegchtet bis jept 
nauffösfich geblieben. Auch bie Verbandlungen wegen 
Einführung der allgemeinen Militärpflibtigfeit, woran 
Griefe, als Abgeordneter ded Minifteriums des Innern, 
einen ebrenbaften Antheil nahm, gedieben erft fpdter 
ur Reife und ed trat Diefelbe erft durch das Geſetz vom 
3. Gept, 1814 Er ins £eben, Weberbaupt [dien 
das Bedürfniß dieſer düftern Zeit eine größere Einheit 
Der Anfihten und enti&iednere Richtung der Berwaltung 
zu fordern, alö die für einen rubigern Zeitraum berech— 
nete Vertbeilung der Geſchaͤfte vorerft gewähren Fonnte. 
Der König fellte daher mitteld Eabinetsordre vom 6. Juni 
4810 den Sreiberrn, nachmals Fürtten von Hardenberg 
ald Staatdfanzler an die Spitze der Dermaltüng. Die 
Minifterien der_Sinanzen und bald nachher auch des 
Innern löften ſich nun in ihre einzelnen Abtheilungen 
auf, melden Geheſme Staatörätbe unter der oberften 
Feitung ded Staatskanzlers vorftanden. Briefe ‚blieb in 


- feiner Stellung bei der Abtbeilung für die allgemeine 


— 


Polizei und zeichnete ſich ſtets dürch folgerechtes Bes 
harren auf den Grundſ, Den aus, in deren Entwidelung 
Die Verwaltung mit wecfelndem Erfolge fortſchritt. In 
Anerkennung feiner Zuverläffigkeit und Thätigfeit ward 
8. von dem Stagtskanzler unterm 22, Der, 1813 beaufs 
tragt, der Behörde ald Mitglied beizutreten, welche 


0 Deſſen Biogr. ſ. im 9. Jahrg. des N. Nekr. ©, 264 





F 


7 . Briefe. | 4 


nach den: Siege beifeipjig zur gemeinfamen ltung 
der von den verbändeten Heeren eroberten Länder uns 
ter der Zeitung des Staatöminifterd Freiherrn v. Stein *) 
beftellt wurde. Diele Bebörde begleitete Die vorrädenden 
Heere nach Sranfreih und bis Parid. Dafelbfi erfolgte 
zwar nah dem Abfchluffe Des Friedens vom 80. Mai 
1814 wegen der Derwaltung der eroberten Provinzen 
weſtwaͤrts des Rheins eine Vereinbarung, vermöge mel» 
er zwifben dem Meere und der Maas Örofbritannien, 
ifhden der Maad und Mofel Preußen, zwiſchen der 
ofel_ und dem Rhein Oeſtreich die befondere Dermals 
tung ÄAbernabm, waͤhrend Sadfen indbefondere unter 
uff. Verwaltung Nand: bis über dad Schickſal diefer 
Länder auf dem Congreß entſchieden fein würde. In. 
deſſen konnte die vollſfaͤndige Aufloͤſung der gemein chaſt⸗ 
lichen Verwaltungsbehoͤrde auch erſt in Wien vollogen 
werden, wodin daher auch F. den Freiherrn von Stein 
begleitete. Rußland üͤberwies die Verwaltung von Sach⸗ 
fen an Preußen, in Solge der Verhandlungen über die 
Entf&hädigung deffeiden für den bei meitem größten 
Keil feiner in den Jahren 1793 und 1205 erworbenen 
Provinzen, welcher jegt unter ruff. Herrſchaft blieb und 
mit den Erwerbungen Oeſtreichs i. 3. 1783 zur Bildun 
des neuen Koͤnigreichs Polen verwendet wurde. Briefe 
erbielt nun bereitd am 28. Det. 1814 den Auftrag, fi 
von Wien nad Dresden zu begeben und bei der —5— 
Verwaltung, welcher der Generallieutenant von 
als Gouverneur vorſtand, die Leitung der Finanzgeſchaͤfte 
zu übernehmen. Nachdem am 18. Mat 1815 ein Vertrag 
gwifhen Preußen und Sachſen abgeicloffen und die 
Önigl. ſaͤchſ. Regierung im uni wieder in den Beſitz 
des ihr verbliebenen Gebiets gefegt worden war, trat 
eine Sriedendvollziehungdcommillien in Dredden zufams 
men, deren fehr fchwieriged Geſchaͤſt es war, auszu⸗ 
‘ fondern, wad an Rechten und Pflibten, Vermögen und 
Schulden des Staats, ber einzelnen Kreife und der 
verfiedenen Öffentlichen Anftalten mit den abgetretenen 
ächſ. Kandestheilen an Preußen übergegangen, und von 
emfelben beziehungsweiſe zu Fr und gu vertreten ' 
wäre. Frieſe, welcher die Verhältniffe des Landes durch 
feinen vorerwähnten Untheil an der Verwaltung, defs 
felben Eennen gelernt hatte, nahm in Auftrag des Särften 
Son Hardenberg einen vorzäglih wirkſamen Antheil an 





) Defien Biographie f. im N. Nekrelog Jabra. 9. ©. 52% 
NR, Ketrolog 15. Jahrg, 4 


ee Zrieſe. 
den Berhandlungen dieſer Sommifflon und verließ Dresden 


erſt ſpaͤt i. 3. 1817, nachdem die Grundſaͤtze feſtgeſtellt 


waren, wonach die Auseinanderſezung auch für Dies 
enigen Gegenftände bemirft werden ſollte, worüber bis 
abin noch Fein volländiger Abſchluß “u erlangen war. 
Die Hauptconvention iſt erſt am 28. Au 

efchloffen und ald Andang zu der Geſetzſammlung für 
ie königl. preußifchen Staaten amtlich befannt gemacht 
worden. Während F. folchergeftalt außer Berlin mit 


befondern Aufträgen befchäftige war, hatten fi die 


innern Berwaltungdverbältniffe fehr weſentlich verändert. 


Durd den am 30. Mai in Paris abgeichloffenen Frieden, - 
war die Wiederberfielung des preuß. Staatd in den 


Zuſtand vor dem ariege vom SGabr 1806 außer Zweifel 
gefent. Die Minifter bedurften um fo mebr einer, dem⸗ 
emäßen Ausdehnung und Belegung, ald die aͤußern 

erbältniffe den Staatskanzler vorerft noch überwiegend 
befchäftigten. Der König erließ daher bierauf gerichtete 

Unordnungen bereitd unterm 3. Juni 4814 und ernannte 

namentlih wieder einen Minifter des an unter 

deffen Zeitung, nach einer_fernern Beſtimmung von 

14. Det. deffelben Jabres, Frieſe der erften und dritten 

Abrheilung dieſes Minikeriumd als Director vorfteben 

folte. Allein er trat niemald wirklid in dieſes Geſchaͤfts⸗ 

verhaͤltniß, indem ihm bei der Zurädkunft aus Dredden 
ein ganz anderer MWirfungdfreis, unmittelbar dem Staats⸗ 

Fanzler untergeordnet anaemwiefen murbe. Durch die 


Merordnung vom 4. Decbr. 1817 ward die Auffiht über ' 


den Handel, die Fabrifen und das Baumefen von dem 
Finanzminifterium getrennt und ald ein felbfiftändiges 
Minifterium Dem Grafen von Bülow *), bisher Finanz⸗ 
minifter, übertragen. Der Gtantsminifter von Klewig 
erhielt Dagegen die Leitung der Sinanzangelegenpeiten, 
rorin Die Nothwendigkeit, ein den Staatsbedärfniffen 
nenligended Steuerſpſtem aufzsuftellen, damals gebietend 
bervortrat. Die von ibm biöher verwalteten Gefdäfte, 
dad Gtaatöfecretariat, mit dem Vorſihze bei der Ober 
eraminationscommiffion für die Finanz und Polizei⸗ 
verwaltung und das Präfidium bei der föniglien Bank 
und im Minifterium des Schatzes gingen dagegen an 8. 
über, Allein auch in diefem Wirfungsfreife ward im 
3, 1819 eine fernere Trennuna der Geſchaͤfte nothwendig. 

as Miniterium ded Schated batre zu jener Zeit eine 





9 Deſſen Biograpdie f. im ve. Mekrotog Jahrg. 8. S. BTt. 


guſt 1819 ab 


E24 27 Zr PR pr 


Frieſie. 61 


ch⸗ 
tungen vollſtaͤndig zu genuͤgen vermbae. 
Fi n p * genägen vermoͤge. Dieſe wichtigen 


olchen Zeiten mit ganzer Kraft i 
io aa acht a. ganze saft auf einen Gegenſtand 


ſtanden, wurden jedoch nicht gleih den Zorderungen au 
dalten auf den allgemeinen Schulden⸗ 


- und endlih aud die Rh 


» 


"Er Frieſe. 


ihbren Glaͤubigern aus dem aͤltern —20 gerecht zu 
werden, beftanden zunaͤchſt in dem Einzieden Ihrer aus⸗ 
ſtehenden Forderungen aus jenem Zeitraume; ſodann aus 
dem Gewinne, welchen ſie jaͤhrlich durch ihre laufenden 
Gefchäfte machte und der jetzt nicht wie vormeis, als 
Ueberſchuß Staatskaſſe eingezogen, ſondern zur Til⸗ 
gung der dlteren Schulden verwendet werden mußte; 
endlih aus Zufchäffen des Staats, melder vermöge 
feiner Gewaͤhrleiſtung für die Der Bank anvertrauten 
Slapitale_den etwa nod bleibenden Audfall zu Deden 
darte. Es kann bier nicht erörtert werden, in welchem 
Umfange von jedem einzelnen _diefer Mittel Gebrauch 
emadt wurde. Dffenfundige Thatfache ift jedoch, Daß, 
o mie nach und nad die Mittel Dazu gemonnen werden 


fonnten, auch für die ditern Einlagen erft die laufende 


Verzinfung , ‚dann Die geblung der rüdftändigen Zinfen 
gabe der Kapitale felbit auf Ver⸗ 
langen der Gläubiger eintrat. — Obwodl 3. nicht, wie 
fein Vorgänger im Staatöfecretariate zum Staatsminiſter 
erklärt worden mar; fo batte er doch dieſem glei Si 


"und Stimme im Staatöminifterium und fchied erft au 


demfelben, ald er von dem Präfidium ded Schapminiftes 
riums entbunden wurde. Geitdem beſchraͤnkten ſich feine 
Gefchäfte ald Gtaatöfeeretär auf den Staatsrath und 
die Obereraminationscommillion. Wohl ift ein Protokoll 


nur Darftellung des Geſchehenen und ed fcheint daber 


zur glüdlichen Führung eines Protokolls nur die Gabe 
au gebören, ſchnell und treu aufzufaſſen. Wber dev 


Mrotofollfübrer in einer berarbenden Verfammiung ſoll 


und kann auch nicht einerfeits jede vorgeflommene Aeuße⸗ 


‘rung woͤrtlich niederſchreiben: andererfeitd genägt es aber 


aud nicht, daß blos bie gefaßten Beſqluͤſſe forgfältig 
aufgezeichnet werden. Es kommt vielmehr darauf an, 


vollEommen Elar und überfihtliid darzuftelen, welde . 


Grinde wefentlih im Falle der Meinungsverfciedenpeit 


dieſe veranlaßt baben. Wer von diefem Weſentlichen 


alled Zufällige ſcharf abfondern und im bleibenden 


. färiftliben Ausdrucke beitimmt wiedergeben will, was 


im mündliben dem finde des Augenblicks nicht leicht: 


in gleiber Bollendung erſcheint; der bedarf feld einer 
fehr gründlichen Kenniniß der Sachen und dad wahrlich 


nicht gemeine Vermögen, jeden Begriff mit Worten rein 


und Flar darzuſtellen. Es ift eine Stimme darüber, da 
5. beide Eigenfbatten in bobem Maaſe befaß und ed i 


dur die ebrenbafteften Zeugniſſe anerfannt, wad er 


— 


Frieſe. 68 


damit gelelſtet dat. Frieſe bat neben der Ahtung und 
dem Dertranen, welche der natürliche Lohn bewährter 
Verdienſte find, auch der dußern Auszeihnungen nicht 


entbebrt, welche die landesherrliche Gnade verleipe. WE - | 


am Tage des Abſchluſſes des erften Pariſer Sriedend, am 
SO. Mai 1814, zuerit eiferne Kreuze am weißen Bande 
vertheilt wurden, war 3. unter der Anzahl derer, welche 
Diefed Andenken an jenem glorreihen Tag empfingen. 
Nach dem Adfchluffe ded zweiten Parifer Friedens und 
der Ruͤcktehr na Berlin erhielt er am 17. Jan. 1916 
den rothen Adlerorden dritter Klaſſe. Hierauf folgte 
nad Beendigung feiner Theilnahme an den Geſchaͤften der 
Auseinanderfegungdcommifflon zu Dresden am 17. Jam. 
1813 die Derleibung der 2. Klaffe diefed Ordens und 
endlib empfing er Den Stern dazu am 48. Tan. 1831. 
In Folge ber Tbeilnabme an den Berdandlüngen mit 
" Nußland und Polen ward $. auch i. J. 1819 der Eaiferl. 
ruf. St. Unnenorden er Klaffe und I. 3. 1830 der kön. 
polnifde St. Gtanidlausorden Ar Klaſſe verlieben. — 
In glüklider Thätigfeit, freundliden Amts⸗ und daͤus⸗ 
lıhen Derbältniffen lebend, geehrt und geliebt, batte 
5. Das 66. Lebensjahr in Geſundheit und ohne andere 
Anzeichen der herannabenden Wlteröfhwäde, ald einiger 
Abnabme des Gehörs —— * und noch im Herbſte 
des J. 1836 eine genußreiche Reife an den Rhein und 

—durch MWefipbalen unternommen. Niemand ahnte feinen 
ſchnellen Verluſt, ald er im November Öfter und ſtaͤrker 
als früher wohl zuweilen über Kopffchmerzen klagte. 
Diefed Uebel nahm im December ſchnell zu und war mit 
“ einer Abfpannung und Entkräftung verbunden, melde 
ibn bemog, ‚feine Entloffung von den Geſchaͤften als 
Staats ſecretaͤr und VBorfigender bei der DObereraminationde 
commiffion nadzufuchen, die der König ihm unterm 18. 
und 24. December unter huldreicher Anerkennung feiner 
treuen und wirkfamen Dienſtleiſtungen bemilligte. Die 
rübrenden Beweiſe der hoben Achtung und Theilnahme, 
melde 8. bei dieſem Anlaß erhielt, erheiterten zwar die 
legten Tage feined Lebens, konnten aber doch nicht 
die ſchnellen Fortſchritte des Uebels hemmen, dad fi 
raͤthſelhaft verborgen in ihm entwidelte und am Abende 
des oben genannten Tags feinen Tod berbeiführte. Die 
keibenöffuung ergab, Daß ein heil des großen Ges 
birnd an der untern innern Flaͤche in eine Male von 
Blut und Eiter audgeartet war und_durd den Drud, 
weichen fie audäbte, dieſe heftigen Kopffhmerzen und 


, 


7 9 Alberti. 


Betäubung verurſecht datte. | ©eit dem 9. Januar 
Stiefe’ö Rerbliche Hülle auf dem Dreifaltiofeittirppoke 
neben dem. Grab einer vorangegangenen Tochter, unter 
freundlichen Umgebungen. Er war feit dem 2, Sebruar 


- 4796 ſehr glüdlich verbeiratbet: die trauernde Witwe 
- drei bereitd im Staatsdienk angeftelte Söhne und imei 
TKoͤchter haben ihn überlebt. Die Enkel, welche aus der 


‚Ehe einer zu Berlin verbeiratbeten Tochter bervorgingen, 
erhöhten _ befonderö ‚die Sreuden feiner letzten Lebens⸗ 
jabre. Sriefe verdiente glädlih zu fein und war eb 
mit (0 wenigem Zufage von Widermwärtigkeiten, ald der -. 
Menſch immer bedarf, um dem Genuſſe der Sreuden 
des Lebens feine Neuheit und Friſche zu bewahren. 


30. Joh. G. W. Alberti, 


Kaufmann zu Neu⸗-Weißenſtein in Sclefiens _ 
peboren den A. Det. 1757, geſt. den 7. San. 1887 *); 

Er mar aud Hamburg gebärtig, ein Schhler deb 
beräbmten 9. ©. Büſch. Auf einer Gef@dftöreife durch 
Schleſien erfannte U., mie bedeutend und eifträglich 
der dortige Leinwandbandel werden mäfle, wenn er aus 
den Seffeln alter Vorurtheile, befreit wuͤrde. Er unter 
nahm es, diefe Aufgabe zu löfen, indem er fi 1783 zu 
Neu» Weibenftein miederlieh und feiner raſtloſen Thätig- 
Feit iſt es gelungen, nicht nur auf beffern Anbau un 
Bearbeitung des Flachſes und auf feinere dußere Zus 
bereitung der Leinwand mit großem Erfolg einzumirfen, 
fondern auch dem fchlefifchen Leinwandhandel feld neue 
Babnıen nab fremden Welttheilen zu brechen. Gem 
orößted Merdienft aber beftebt in der ihm eigenthüms 
lipen Erfindung der Flachemaſchinenſpinnerei, melde 
er, troß langwieriger vergebliben Verſuche und uns * 
uͤberſteiglich ſcheinender Hinderniffe fo großartig durch⸗ 


führte, daß feine, von rüfligen Söhnen fortgefegte Spinn⸗ 


fabrif nit etwa, wie man fonft von dergleichen Unter 
nebmungen wäbnte, vielen dad Brod raubt, fondern 
underte von Arbeitern täglich befchäftigt und mittelbar 
aufenden Unterbalt verfhaftt. — Der Verewigte war 
dabei ein gottesfürchtiger, böchſt unterrichteter Mann, 
der ih mitt Spraden und Wiſſenſchaften bis in fein 
dobes Alter eifrig befchäftigte, ein treffliher Familien» 
Vater, ein wahrhaft edler Mann, Dem insbefondere viele 
feiner Verwandten ihr Glück zu danken baden. - ' 


e) Fügem, Anseig. 1837, Nr. 66, 


55 


31. Franz .Bofepb Aloys Antony, . 


Profeflor u. Domorganik su Mänfter; 
geb. ». 1. Febr. 1790, geſt. ®. 7. San. 1837 ®, 


Antony ‚wurde zu Mänfter geboren. Seine Eltern 
waren, der im J. 183% verflorbene als theoretifher und 
ausübender Tonkuͤnſtler rudmlichkt bekannte Domorganik 
Joſeph Antony und die bereitd im J. 1826 verftorbene 
Bernardina, geb. Moͤllers, beide durch Rechtſcaffendeit 
und frommen gottesfürchtigen Wandel ausgezeichnet, 
Nachdem der Sinabe früh den gewöhnlichen Elementar. 
unterricht genoflen batte, Fam er zur weitern Ausbildun 
in die damalige unter Leitung des tüchtigen Rekto 
Dliva blühende Lamberti: Trivielfdule und bierauf sim 
dad Paulinifde Gpmnafium. Schon ſehr früh zeigte er 
entfiedene Talente, nicht nur Für die Muſik, worin 
er nacver fo fehr fib auszeichnete, fondern auch für 
jeden Zweig der Schulwiſſenſchaften und in alen machte 
er, obgleich bei nur mäßigem Sleiße, recht glaͤckliche 
Fortſchritte. Ale feine Lehrer erkannten ihn «ld einen 
Sinaben von univerfellen Zalenten an, der in Allem, 
was er mit Ernft ergreifen werde, ih wärde auszeichnen 
können. Mit sorjbaliger flebe ergab er ib von Kinds 
beit an der Mufif und fein natürlihed Zalent in Ber 
bindung mit der trefflihen Anleitung feined gründlich 
gebilderen Vaters ließen ihn ſchon in den Anabenjabren 
eine böhft bedeutende ſowohl tbeoretifhe ald praftifche 
Ausbildung bierin gewinnen. Namentlich brachte er es 
- auf dem Klavier und der Drgel zu einer vollendeten 
Sertigfeit, während er faft jeded andere nennenswerthe 
Zink umen u behandeln mußte. Im J. 1808 trat er 
die Hilo bifhe Sakultär der Univerfität zu Muͤnſter, 
im folgenden Jahr in die theologiſche Über, erhielt im 
ehr 41813 die prieferliben Weihen und trat dann die 
erwaltung einer ibm als Beneficium fchon fräber ver» 
liedenen Vikarie der Lambertipfarrfirhe an. Zugleid - 
“ übernapm er für einige Sabre einen Theil des Unterrihtd 
in der £ambertisZrivialfhule, Hier wußte er ald Geiſt⸗ 
licher durd Wort und That Öffentlih und im Stillen, 
vorzüglich ald Beichtvater, die Sittlichkeit und Religid⸗ 
tät u fördern, ald Lehrer mußte er durd eine ders 
nünftige mit Liebe gepaarte Strenge, die zwiſchen altem 


”) Weftppät. Merkur 1837, Mr. 38. 


eo 


56 5» Antony: 


‘ S % 
Schuldespotismus und dächerlichem Liberalismus die 


angemeſſene Mitte hielt, fo wie durch gediegenen Unter 
richt, den dohen Zweck der Paͤdagogik zu erreichen und 
ſich die Liebe feiner Zoͤglinge zu erwerben. Im J. 1316 


wurde er mit Wahrnehmung einer der Höhenprieſter- 


flellen in der Domkirche beauftragt. Ungeachtet Diefer 
verſchſedenen Aemter fegte er feine muſikaliſchen Studien, 
vorzüglid in tbeoretifcher Hinſicht, umaußgefegt fort, 
ohne fi der Theologie zu entfremden, in welcher er 
durchaus zu Haufe war und den liturgiſchen Theil ders 
felben, wie wenige, Fannte. Weberhaupt forgte_er forte 
während für feine allfeitige Ausbildung. Dem Studium 
der läteinifhen Sprache, wozu er bauptfählid unter 
dem trefflihen Dliva einen tüchtigen Grund gelegt hatte, 
widmete er vorzuͤgliche Aufmerkſamkeit und die bedeus 
tende Außbildung, die er in diefer Sprache erlangte 
und die u. a, in feinen Werken ſich ausſpricht, befundere 
durch den darin ſich zeigenden Sinn für Klaſſicitaͤt fein 
fprablides Talent, welches übrigens auch in feiner 
felbft. erworbenen Vollendung des deutfben Ausdruds 
Deutlich bervortritt, Auch mit der fehönen Literatur der 
Dentfhen war er vertraut und während er in den Naturs 
wiſſenſchaften ſich redr_gute Stenntniffe erwarb, ließ er 
die übrige für einen Bebildeten unferer Zeit nothwen⸗ 
dige Zagedleftlire nicht außer Adırz indbefondere blieb 
feine merfmürdige literaͤriſche Erſcheinung in feinen 
Zieblingefächern von ihm ungefannt. Allgemein genoß 
er bei einer folden Lebensrichtung in feinen näcften 
Umgebungen und im Bublifum die ungetheiltefte Achtung, 
ald fein mufikalifber Ruf, den er unter andern durch 
zablreiche ſehr gefcbägte Gutachten, durch häufiges Ap⸗ 
. probiren von Orgeln, Sloden u. f. w. jetzt fo wie fpäters 
bin bewährte, dad Minifterium der Geiltliden:, Unter 
richts, und alle endeiten zu Berlin verans 
late, ihn den Sommer des J. 1819 dorthin zu berufen, 
wo er im_perfönlichen Umgange mit den Tonkünftlern 
der Dauptfiadt feine Ausbildung vervollfommmen follte, 
fid aber diefen in wenigen Nüdfihten untergeordnet, 
in vielen glei, in einigen — eigte und nament⸗ 
lich von dem berühmten Tonkuͤnſtler 

eine glänzende fhriftlihe Anerkennung feiner Sähigkeiten 


erbielt. Dur Die ebrenvoliften Beweife der Achtung 


des Minifteriums ausgezeichuet, kehrte er im Herbie 
*) Deffen Diogr. ſ. N. Nekr. 10. Jades. ©. 59. 


- 


2 


rofeſſor Zelter ° 


Antony. | - 8 


d. J. nach Mänfer zurä und übernadm dein Anfange 


des neuen Schuljahrs, mit Dem Charakter eined Prö⸗ 
feffor&, den Gefangunterricht am dafigen neuorganifirten 
Gomnaſium und dielt zugleich Vorlefungen über Kirchen⸗ 
mufit an der Akademie. Ungefähr um dieſelbe Zeit er⸗ 
dieit er, an der Stelle des verkorbenen Chordirektors 
Varro, dad Chordireftorat der dafigen Domkirche, bei 
welcher Selegenfeit er feine bisderige Vikarie, mit wel⸗ 
cher die Seelforge verbunden war, gegen eine andere, 
ebenfalld in der Zambertipfarrkirde, vertaufhte. Wie 
viel er in diefem neuen Wirfungdfreife leiftete, melde 
nroße Derdienfte er-fib indbefondere um den ganz gefune 
kenen —— erwarb und mit welchem Eifer er 
der muſikaliſchen Ausbildung talenwoller junger Leute 

ſich widmete, wiſſen alle diejenigen, die 0 Unter⸗ 
richt zu genießen dad Glück batten. Don feinen treff⸗ 
liden Gompofitionen find, außer einigen Fleinern Liedern 
und Ziederfammlungen, vier Eboralmeflen durch den 
Drud befannt geworden; viel treffliches jener Art aber; 
r D- dad i. J. 1820 componirte Lied „Die-Mufe,” ſind 
eider nicht zum Drud gefommen, — freilid eine Ders 
-Öffentlibung, Die der Derfaffer felbft nicht ſuchte. — 
Als Kefultat feiner großen Kenntniffe und Belefenbeit 
in ber Eirhliden und muſikaliſchen Literatur erſchien im 
abr 1828 ein „Archaͤologiſch⸗Liturgiſches Lehrbuch des 
Gregorianifhen Kirchengeſangs, mit vorzäigliher Nüds 
fidt auf die Romifben, Münfterfden und Eriflift» 
Koͤlniſchen Geſangweiſen,“ ferner i. G. 1831: „Praxis 
55. Rituam ac Ceremoniarum, quibus in augustissimo 
Missae Sacrificio caeterisgue per annum festivitatibus 
solemnioribus Ecclesia utitar, attendendo ad Ritum Ro- 
manum et Monasteriensem etc. Beide Werke erfbienen 
su Mäniter in der Coppenrathſchen Buch.» u. Kunſthand⸗ 
lung. Ebendafelbft gab er im 3. 1892 heraus: „Ge⸗ 
ſchichtliche Darftelung der Entftedung u. Vervollkomm⸗ 
nung der Orgel, nebit einigen fpecielen Nachrichten üb, 
einige berühmte Orgelwerke.“. — Wir erwähnen nod, 
dab er i. J. 1825 ald er biſchoͤflicher Commiſſarius zwei⸗ 
mal eine Keife nach Köln zur Umerſuchung des dortigen 
Stirbengefangd und zur Anordnung der Snftällationde 
feierlichkeiten unternabm und im Fruühjahr 1833 eine 
Neife nah Trier, um im Wuftrage des Domtapiteld 
dafelbt die Reparatur reip. den Neubau der dortigen 
Domorgel anzuordnen ; denn in der Kenntniß der Orgel 
und des Orgelbaues war er ganz vorzäglich ausgezeichnet. 


<q 


. 


+; 


7% ‚Antony. 


| Kuh übernabe er die. Beforgung, einer neuen Auflage | 


ded Breviarinm Monasteriense. ider zeigten Ab bei 
"ihm ſchon vor dem dreißigken Jahre die Vorboten jener 
forfen Korpulenz, die mit den Jahren zunahm, befon- 
Ders da er die ibm fo nötbige Bewegung verabfäumte 
und die ibn, der fonft nichts weniger ald untbätig-war, 
ſelbſt dann nicht, wenn er au ruben ſchien, im Srübjahr 
4833, Futz nad feiner Rädfehr von Trier, aufs Kranken» 
Jager wart, von dem er, geringere Unterbrechungen abe 

erechnet,, nicht wieder erftand. Daffelbe Uebel batte ihn 
bon im vorbergepenten Sabre bewogen, den Geſang⸗ 
unterricht im Gpmnafium aufzugeben und feine feitheris 

en Aemter im Dome mit der dur feined Vaters Ab⸗ 
eben erfedigten Organiſtenſtele zu vertaufhen. Sein 
Vebeibefinden dußerte fi ald eine ernfthafte Unterleibs⸗ 
krankheit mit binzuiretender Waſſerſucht; doch erirug er 
mit der größten Standbaftigfeit-die Ihmerzlichiten Leiden, 
fat vier Jabre bindurch und beforgte fogar in dieſer 
Zeit die Herausgabe eines lateinifden Gebetbuchs und 

Ined Eleinern liturgifhen für das größere Publikum be⸗ 
Kimmeen Werks, fo wie eine neue verbeflerte Auflage 

ed Dafigen Miffale, ein Unternehmen, dad, fo wie. Die 
neue Ausgabe des Breviariumd, nur von Unmwiflenden 
für eine geringe Arbeit gebalten werden Tann. Aucd 
einiged Handicrifilide von großem Werthe vollendete 
er, welches boffentlih dem Drude. wird übergeben wers 
den, wenn aud) feine übrigen Werfe noch nit die vers 
diente Verbreitung gefunden haben. Die Krankheit er⸗ 
reichte in der Sn Hälfte des Jahrs 1836 ihre Höhe; 
der ganz geſchwaͤchte Korper vermochte nicht mehr zu 
widerfieden und der Zod erfolgte am oben genannten 


Rage. — Wer den Verewigten Eannte, wird ıbn achten - 


und lieben, Laſſen fib an ibm Schw icht 

kennen, die er hatte, wie jeder fie Br era 9 1a 
mentlih eine gewiffe Heftigkeit des Charakters und ein 
bid zum Eigenfinn oft ausartended Beheben auf dem 


einmal gefaßten Entfchluffe nicht verfennen, fo müflen _ 


euf_ Der andern Seite auch fein edler Charakter, Di 
Be und zarten Seiten feines —6 Gemüter 
eine zablreihen, dem Intereſſe Anderer gebrachten 
Opfer, feine vielen im Stillen erzeigten Wopltbaten, 
ferner der Umftand , daß feine NHeftigkeis oft aus Ge. 

seit gkeltbliebe und inniger Weberzgeugung von der Rich» 
ugkeit feiner Anfihten entfprang, feine Waprbeitöliebe, 

vor Allem aber feine eutfciedene Feindſchaft gegen alle 


* 


* 
ee ae ee A en 7 ehe Wk 





Schneider. “s 


Sıtfahelt, Heuchelei, Verſtellung Schmeichelei, fo 
‚wie gegen ie Scheinwirken, — leider bei fo manden 

ein Die Grundprincipien ded Handelns — die ver 
diente Anerkennung finden. — Außer den genannten 
Werken erfhien noch von ibm: Hülfsbuch flr den Geſang⸗ 
unterricht, zundcfi für Spmnafen. Münfer 1922. — 
Manuale devetionis catholicae. Monasterii 1836. — Eye 
bolif der kathol. Kirchengebraͤuche und Ceremonien mit 
selhidtl. Anmerkungen. Ebd. 1836. 


32. Franz Joſeph Schneider, 
Rector an der kathol. Schule u. Kirche in Gruͤnderg (Schleſten); 
j geb. den 8. Jan. 1776, gef. am 7. Ian. 1837 °). 


Er war der Sohn eines Kunſtgaͤrtners zu Schlawe, 
wurde von feiner tugendhaften Mutter in Gottesfurcht 
erzogen, Tür welche er bis zu deren Tode eine befonderg 
ana: Neigung bethätigte, und empfing 8 Sabre alt 
einen erfien Elementarunterricht in Naumburg am Boben 
Dbglei feine Eltern in dem + Meile entfernten Reichenan 
wobnten, fo befuchte er dennoch, nicht fheuend ſchlechtes 
Wetter and den veſchwerlichen Weg durch den Wald 
taͤglich Schule und Kirche. Später wurde fein Dater alt 
Kloitergärtner an dad Auguſtinerſtift nad Sagan berufen, 
Neigung und Öelegendeit zum Studiren beRimmten bier 
feine Eltern, ihn dortige Gymnafium, weiches da 
mals einen bedeutenden Ruf hatte, befuhen zu laffen. 
Dur Fleiß, Beſcheidenheit und gutes Betragen erwarb 
er fich die allgemeine Liebe und feine Eitern wie auch Die 


‚ gebrer, welche mit Freuden feine Fortſchritte bemerkten, 


bewogen den Knaben Ab dem geifliden Stande zu. 
widmen. Schon batte er faſt feine Gymnaſialſtudien 
vollendet und follte in kurzem fein Noviziat in einen 
entfernten Kloſter antreten, ald eine dem Jüngling von 
einem feiner Lehrer unverfhulder zugefügte Beleid sung 
den erſteren veranlofte, eine andere Laufbahn zu wählen. 
Derfelbe verließ daher dad Gymnafum und widmete 
fih dem ˖ Schutfach. In jeder Beziehung wobl vor 
bereitet und felbft in der Muſik mit guten Kenntniffen 
verfeben, wozu er im GConvictorium des Gymnaſiums 
binreidende Gelegenbeit gehabt batte, trar unfer ©. 
i. 3. 1793 in dad Seminarium zu Sagan ein und madte 
unter Anleitung waderer Lehrer ſolche Fortſchritte, daß 


*) Shlef. Provinz. Blätter. 1887. Bebr. Det. 





e 
: —8 ung 


.62 Wilhelm, Herzog in Baiern. 


dem zſterreichiſchen General Elenau verband, um gegen 


das franzdf. Korps unter Augereau zu operiren. Wach 


wiederbergeftelltem Srieden ging. er mit feiner Familie 
nah Münden und lebte daſelbſt als treuer Sreund und 
old weiſer Rarhgeber feines Furfürkliden Schwagers, 
bis der Appanagialvertrag vom 12. Dft. 1803 ihm Das 
rzogthum ‚Bei, unter baierifcher Oberbobeit, als eine 
für die im Luneviller Frieden erlittenen 

Derfufe überließ. Als aber i. 3. 1806 DE eiferne Arm 


des damaligen Gewaithabers von Srankrei das Herzog 


thum Berg dem baier. Scepter entriß, um damit feinen 
Schwager, Prinzen Müret, zu dotiren, wurde Herzog 
Wilhelm durch eine angewiefene jährlide-Nemme ent» 
ſchaͤdigt und ließ ficb hierauf. in: Bamberg nieder, "Dort. 
wurde ibm die Freude, Daß iym am 4. Dec. 1808, aus 
der Ehe feined Sohnes, Pins Auguf, mir der Prinzefin 
Umalie Louife Julie von Uremberg, der Enkel Maris 
milian geboren wurde. Auch wurde ihm Hier das feltene 
Gluͤck, ed noch zu erleben, daß feine Nachkommenſchaft 
durch die Dermäblung feines Enkels mir der koͤniglichen 
Mrinzeffin Louife Wilhelmine von Baiern und dur die 
aus dieſer Ebe entfproffenen Kinder, Ludwig Wilhelm 
und Thereſe Helene Marvoline gefichert war. Getroſt ſad 
er feinem Tod’ entgegen und datte ſchon vald nach Zu⸗ 
rüdlegung bes ſechgſten Lebensjahre Die Voranſtalten zu 
feinenn Tode getroffen. Mit der größten Srbnung „ mit 
melcher er alled beforate, ſchrieb er eigendandig die 
Anordnungen im Betreff —— nieder. Von 

urieflegung des achtzigſten Levensjabreß an befeſtigte 
ch bei ibm der Entſchluß, die derzogl. Vorrechte, mit 


- Einftimmung ded Herzogs Pius, in die Hände feined 


Enfeldö niederzulegen. Don nun.an wollte er nur fi 
und feinem religidfen Sinne leben. Als ibm beim An- 
tritt des Jahrs 1837 Olli gewuͤnſcht wurde, entgegnete 
er: „MWlnfhen fie mir nicht ein fängered Leben: ich 
wünfche ed mir ſelbſt nicht; ih fühle, daß ich ein alter 


Greis gersorden bin, meine Sinne werden ſchwaͤcher und 
mein Geiſt verlangt wieder zu Gott zurück.“ — Nicht 


fange barrte er auf. Erfüllung. diefes feines Wunfhes: 
Die. Alteröfhmäche nahm zu und nad Empfangung der 
beit. Sterbefaframente verſchied er am oben genannten 
Tage. — Sein Leihenbegängnig fand am 13. aunır 
mit den ibm Ren DrenEen Seierlipkeiten flatt. In der 
Sebaftiandfapelle blieb der von dem Domprobft Sreiderr 


- 9. Leichenfeld eingefegnete Leichnam bis 10 Uhr Nachts 


Riſch zu Reifferſcheid. 68 
und wurde dann, begleitet von einem der äftern Hof 
favaliere, einem Kanzleirath und Dem Dompfarrer Spon⸗ 
fel, nah Schloß Reg! abgeführt, wo des andern Tags 
die Beifegung in der erzögl, Samiliengruft erfolgte, — - 
Mit frommer Wachſamkeit für Ad verband der Herzog 
Milpelm die größte Schonung für Undere und vereinte 
mit der böchften Anf nahe die größte Humanität. 
Geredt in feinem Derzen und in feinen Unfichten, ge⸗ 
redt in feinen Urtheilen und in feinen Handlungen, fah 
der Derblidene bebarrlih auf die Gerechtigkeit feiner 
Beamten und feiner Diener. 


34. Karl Theodor Riſch zu Keifferfcheid, 
Guts⸗ u. Hüttenbefiger zu Schleiden (Rheinpreußen); 
geb. i. J. ..⸗ geſt. d. 8. Ban. 187 °). 


n diefem Manne bat die Eifel einen ihrer wacker— 
Ren Biedermänner, die landwirthſchaftliche Indufrie einen 
idrer thätigfen Foͤrderer, der Eifelyerein eine feiner fetten 
Stuͤtzen verloren. Die Vereinsblaͤtter befunden es, mit 
welchem —— mit welch’ einer warmen Liebe er die 
ste Sade und den Zortgang der landwirthſchaftlichen 
nduftrie in der Eifel gefördert und mit welcher Ges 
miffenbaftigfeit und Genauigkeit er feine zur Bereiches 
rung der Agronomie unternommenen Verſuche und Ar 
beiten ausgeführt gar Im Beſitze bedeutender Mittel, 
war er bemäbt, rings um ſich ber den Fortſchritt des 
Garten» und Obſtbaues im einer blübenden Schöpfung 
ind Leben zu rufen. Daber fand man in feinen ac 
Blumen und Srüdte, die man vergeblich in den Kun 
gärten gluͤcklierer Himmelöftride fuchte. Diele Mes 
tboden übte er bereitd aus, wenn fte in oͤffentlichen 
Blättern erft empfodlen wurden. Er mar ein lebendes 
Mufterbild für feine Landsleute, deren Kräfte er au 
jede Weife zu wecken und zu entwideln firebie. Dab 
war er befheiden und anſpruchslos und duldete gern 
fremde Meinungen und Unfichten, wiewobl er feinen 
Schatz von Senn allen nur durch Selbfibelebrung ges 
wonnen batte und daber im eigentliden Sinne Autos 
didaft war. Seit der Wirkſamkeit des Eifelvereins 
datten feine gemeinnägigen Kulturbemähungen vorzägfi 
die Richtung auf Ader» und Wiefenbau genommen un 
dier ſchien ſich ibm ein bedeutendes Feid eröffnen zu 


‚7 „Römer Zeitung 1697, Nr. 9. 


64 Andreaͤ. — 


daben. Der Umfang und die Mannichfaltigkeir feiner 
im Sihne ded Dereind gemachten Unternehmungen bats 
ten im Bezug auf Areal» und Arbeitenausdehnung kaſt 
ale Bemüdungen gleicher Art in der ganzen Provinz 
überboten und fie laſſen fih nur mit jenen des Vereins⸗ 
präfidenten Freiherrn v. Carnap, am Niederrhein, vers 
gleihen. Die Sutterkräuter, namentlib: Luzerne, Eds 
parfette, italienifhed Raigrad, dann auch die Lupine 
und mehrere andere waren ed, womit er viele Aeder 
auf feinem funfzehnhundert Morgen großen Gute zu 
gerhelt beſtellt batte. Die Befdäftigung mit dieſen 

ulturanlagen und ſpaͤter, ald ihm bie Krankheit ben 
Befuch derfelben nit mehr gefattete, die Nadrichten 
über den Sortgang derfeiben machten dad Gluͤck feiner 
Tage aud. Als er felbit feinen Garten und-den nahen 


. Wiefenpark nicht mehr zu Fuß befuchen durfte, ließ er 


fo, n einem Eleinen Wagen umberfahren, um des As 


8 der ihm theuern felbf ep ten Pflanzen genießen _ 


prünglich feſten Körperbau untergraben und den Tod 
“ feit Langem vorbereitet, welcher daher auch ohne Kampf 
am. oben genannten Tage erfolgte. Ein Gattin weint 
an feinem Grabe und zwei hoffnungdvolle Söhne treten 
in die Sußtapfen des wackern Vaters. gs 


* 35. M. Paul Chriſtian Andres, 
Dforrer zu Ihalbürgel (im Weimarifchen) 3 
geboren den 7. Nov. 1766, geft. am ©. San. 1837. 


Andred war zu Leipzig geboren, wo fein Vater Lehrer 
an der Thomasſchule war und er nebft feinem Bruder *), 
dem nachmaligen Profeffor der Rechte und Dberappellas 
tiondrarhe zu Gena, von dem Vater den erften Unterricht 
empfing. Ein zarter Sinabe ward er den Schüͤlern der 
CThomasſchule zugefelit, welche er nach Verlauf von beis 
nahe 14 Jahren 1787 mit der dortigen Univerfität vers 
— um dem Studium der Theologie ſich zu widmen, 
. Außer andern. befuchte er Die Vorlefungen eined Morus, 
Rein, Rofenmüller, Keil, Bed und Burfcher. Nah Voll⸗ 
endung des Trienniumd, im Jahr 1790, befland er iu 
Dreöden, unter Reinhard Das Kandidateneramen; ein 
Jahr fpäter nad feines Vaters Ableben begab er ſich 
nad Deſſau ald Lehrer an dem Baſedow'ſchen Inſtitut 


- 9, Deſſen Biogr. f. im N, Nekr. 8, Jabrg. ©: 1177, 


I fönnen. Endlich hatte aber die Krankheit den ure 


J 
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und nah € 
Dreöden als 


Android. 6b 
inend zweilährigen Aufenthalt Dafel 

Hauslehrer zu dem damaligen Grant 
von Särtner. Im Jadr 1798 ward er als Pfarrer 
nach Tautenburg mit Steudnig berufen, wo er am 
8. Septbr. 1799 mit Dorotdea Eupdrofpne uͤbſch aus 
Köfen verehelichte und mit Diefer, einer fantten, liebes 
vollen, treuen Gefaͤhrtin, einer treffliden Hausfrau und 
Mutter, zufrieden und glüdlich lebte; i. J. 1805 ward 
er nach Broßbheringen befördert und 1819 nad Thalbürgel 
verfegt. Hier legte er die Laſt des Amts i. J. 1892 auf 


"die Schultern des einzigen von 4 Kindern ihm gebliches 


nen Sodnd; hier beihloß er, mit dem Gedanken des 
Todes nicht minder vertraut, ald Die Hoffnung der - 
Wiedergenefung feftdaltend und feine gewohnte beitere 
Stimmung bi zum lehten Augenblide bebauptend, an 
Bruſtwaſſerſucht und endlich erfolgtem Nervenſchlage 
nach einem kurzen Krankenlager am oben genannten Tage 
feine irdiſche Laufbahn. Waͤhrſcheinlich würde er ſchön 
früher deren Ziel erreicht und der Erde feine Schuld 
bezahlt haben, da feine Bruſt ſchwach und fein Körper, 
der doch aub die Anſtrengung mander Reife ertru 

etmad zart war, bätte er nicht an eine einfache Lebens— 


weiſe und ſtrenge Didt Da gewöons und überbaups auf 
un 


die Erhaltung feiner Ge eit forgtälrig Bedacht ge 
nommen. Ein bervorfiechender au9 n feinem Eharafter 
war Aufrichtigkeit und Freundlichkeit gepaart mit Ges 


Faͤlligkeit und Liebe zum Frieden mit Jedermann und 


Verſoͤhnlichkeit. Die Lectuͤre der Bücher und Zournale 
verfwiedenen Inbalıd befcäftigte ihn im eigentlichen 
Sinne ded Wortd fat ununterbrochen, beſonders Die 
roͤmiſchen und franzöhfhen Schriftfteler. Wie lebendiges 

nterefle an alten Eriheinungen auf dem Gebiete der 

iſſenſchaft, ſo degte er eine befondere Dorliebe für 
Seſchichte. Dad Studium derfelden wurd ibm durd ein 
fehr treued Gedaͤchtniß, welches er bis in Die legten 
Zage feines Lebens berab Durch —5 Memoriren zu 
ſtaͤrken bemüht war, ungemein erleichtert und mad irgend 
ihm merfwärdig erſchien, von ihm excerpirt. Eine große 
Belefendeit und fhägbare Summe von Keuntniflen, feine 
pünctlide Abmartung feiner amtliden Geſchaͤfte wird 
Keiner von denen, Die ihn näder Fannten, ibm ab» 
fpreben. — Dem Publicum machte er fi bekannt durch 
die Schriften: De Jacobo Andrese Theologo saecu 
XVI celeberrimo, periculum historico-ecclesiasticum. Jenas 
1799. — De viris quibusdam dostis, a principibus maghi 
M. Netrolog. 15. Jahrg. 6 


66 Gruner. 

factis, Ibid. 1799. — Epistola gratul. locorem quotundam 
Homero-Virgilianoram, Specimtn primum. Ibid. 1804: — 
Specimen secandum. Jbid. 1814. — Morud, Gott als 
Geiſt überfegt und gemeinfaßlich dargeſtellt mit -Anmerf. 
g. Aufl. 1817. — Cicero de amicitia überfegt mit An« 
merkungen, fo wie durch einige auf die — der 
Leſer berechnete kleine Aufſaͤthe in mehreren Zeitſchriften. 


36. Karl Friedrich Gerhard Gruner, 


e. fühl. Kammerrath x Ritter des kaiſerl. ruf. Wladimirorden 
3% Leipzig; 
geb. den 10, Maͤrz 1768, geſt. deu 9. San. 1837 *).. 


Er mar der Sohn ded Doktor und Profeffor der 
Theologie, Johann Friedrich Gruner in Halte, erbielt 
. den eriten Unterricht durch MPrivatiehrer und befuchte 
dann dad Profeffor Semmlerſche, nachder vom Profeflor 
Trappe Üibernommene Inſtitut. Seinen Vater, welder 
vorber Reftor ded Gymnaſiums zu Koburg geweſen, 
dann ald Profeffor nach Jena’ befördert: und von da nad 

alle berufen wurde, verlor er bereits 1728. Er ent 
bloß fib nun zur Kaufmannicdaft, erlernte diefe im 
Leipzig in dem Haufe Marc Antoine Dufour, konditio⸗ 
nirte dann in zwei daflgen Häufern, erlangte aber im _ 
Bar 1795 das Buͤrgerrecht daſelbſt und eröffnete mit 
einem Treunde Sommer, unter der Firma: Sommer 
und Gruner, eine eigene Handlung zu Leipzig, welde 
er nad Sommers Tode Karl Gruner firmirte, Bereits 
im 5. 1798 widmete er feine erfolgreichen Dienfte der 
Stadt Leipzig, indem er ald Deputirter bei dem Almoſen⸗ 
‘amt eintrat und übernabm im Jahr 41803 bei der neu 
errichteten Armenanftalt das Kaflireramt. In eben Die 
em Sabre (1809) wurde er zum Mitgliede des Raths⸗ 
ollegiumsd, 1807 zum Stadidauptmann, alfe zur Mit 
beforgung der damals eben fo Drängenden ald befchwer; 
lichen Geſchaͤfte des Quartieramts, zugleich aber zum 
zweiten Deputirten bei der Einnahmeſtube und 1818 
um Baumeifter und erften Deputirten bei der CEinnahme⸗ 
Anbe ermäblt. Den Rechnungswefen der Einnabmeftube 
gab er nun eine andere, eine Elarere und fchnellere 

eberficht — —— i datte biernähk 
41807 an die Vorſteherſchaft des/Arbeitshauſes für Frei⸗ 
‚willige mit Übernommen, welche er, wie die vorerwähnten 


'©) Leipz. Tageblatt 1857. Nr. 12, 





Er den Blide gelingen, diefe Bebör 
a 


n. Beigel. 67 
im J. 1813 ibm Äbertragenen Aemter, biß zum J. 1890 
sermaltete. Nach feinem im 3. 1830 erklärten Austrirt 
aud dem Gtadtratbe waͤdite ibn das Kollegium der 
Handiungsdeputirten zum Mitglied und die Wähler 
der Stadt deln als Deputirten zu dem für 1833 aus⸗ 

(&riebenen Landtage. Nur ferne i. I. 1836 nekiegene 

raͤuklichkeit konnte ihn vermögen, um Enziehung von‘ 
der Landſtandſchaft zu bitten, Die ihm aucd in Diefer 
Ben vom Minifterium ded Innern gemährt wurde. 

om Monat Dftober 1806 an, wo die Geſchafte beim 
Rarhbaufe fa unerträglih ſich bäuften, aug durch bie 
vielen an die Stadt Leipzig gebraten Requiſttionen und 
— — ſich taͤglich vermehren mußten, wurde 
feine Thätigfeit gan; beionders, auch ge pnlih mit 
dem beſten — ür die Stadt Le Bi in Auſpruch 
ommen und bei den. manderlei Getahren und viel 
igen Derdrießlichleiten, denen er, zum Behen ber 
Stadt feine Perfon ohne Furcht und Schonung feiner 


ſelbſt ausſetzte, konnte ed bei den ibm ununterbrochen‘ 


aufgetragenen Verdandlungen mit den in Diefer Stadt 
vom dis 1815 wechſelnden fremden Behörden 
nur feiner Ein» und Umſicht, feinem a A 
en 10 zu Des 

ndein, daß, wenn von Liefer Stadt die Uebel nicht 
gan; abzuwenden waren, folde doch möglihft gemildert 
wurden. Auch der Fönigl: Samilie widmete er immer 
bis an feinen Tod, insbefondere aber dem. verKorbenen 
König Friedrich Auguft *) in den J. 1813 bis 1815 die 
unverbrücdlichke furchtloſe Pflichttreue und Alle, die ibm 


- näber ſtanden, ihn naͤher Eannten, werden feinen Ver⸗ 


dienten um Leipzig, feiner Bereitwilligkeit, Sreunden 
werfihätig zu dienen, gewiß ein gerechtes, freundliche® - 
Undenfen bewahren. Ä 24 


37. Johannes Weitzel, 
Hofrath und Bibliothekar zu Wiesdaden; 
geb. den 24. Oktober 1771, Heft. den 10. Januar 1887 9"), 
n der Mitte des fchönen Rheingaues erbebt 
ein — uͤgel, le E * zur he he 
anf reich mit Reben bepflanzt und. von den flolzen Ges 
bäuden eines fuͤrſtlichen Pauaſtes gekrönt. Naͤhern ſich 


*) Deffen Biogr. f. Im 14. Jabra. des N. Nett. S. 878 
R —2 a ER a e zur Xügemeinen Beitung, 
% 67 m 73. — Gonverf. sEerilon N: 8. 3* e. a. A. 


⸗ 


⸗ 


6s Weitzel. 


n m die Rheinſchiffe auf ihrer Fahrt zwiſt en Main 
In Ben HER u ftetd oe Fleines 


. Bevdlkerung eine freudige Bewegung und. alle Blicke 


nd auf die fonnige. Höhe, hingerichtet. Der fröhliche 
uf: „dad iſt der Jobannisberg“ geht von Mund zu 


. Mund. Hier wurde Johannes Weigel, einziger Sohn 
‚rechtlicher aber mittellofer Eltern, geboren, Den Vater, - 


einen armen Winzer, der. ohne alle Leitung und willen, 
ſchaftliche Bildung die Mufif und die Dichtkunſt lieb ger 
wonnen batte und fie übte, verlor. der Sinabe, ats er 
faum vier Jahre feined Alterd zählte und die Mutter 
mußte mit ibm auch die Erziehung feiner drei Schwe⸗ 
fierm-übernebmen. Neben der Meigenden Laſt verminder⸗ 
ten ſich die. Hälfdquellen und es wurde für Die gute 
Srau eine ſchwierige Aufgabe die Fleine Wirtbfhatt. in 


. einiger. Ordnung zu erbalten. Dad Kleine Beſigztſhſum 
war durch betrügerifde Verwandte und dur die Habs . . 


ſucht kurmainziſcher Beamten zu Grunde gerichtet und 
Die Familie fam oft in harte Noth und mußte Mangel 
leiden an den erften Bedärfniffen deö Lebens. So lernte 


der Knabe von der Wiege an Noth und Entbehrungen ' 
- Tennen. Braiciie entwidelte fi unter Diefen berben 


Verhäftnillen eine gewiſſe Feſtigkeit des Willens, die bei 
der voranfohreitenden Reife des Geiſtes ſich zu jener Cha⸗ 
rakterſtaͤrke ausbildete, die wir in fpäteren Tagen. als 
eine befondere Zierde an Diefen Manne bewundern muß 
ten. Durch manderlei Vorfälle, wie fie ſich auch im 
barmlofen Dafein der Tugend ereignen, wurde dem juns 

en W. ſchon Stoff und DBeranlaffung gegeben, über 

Inge Betrachtungen anzuftellen, die dDiefem Alter fonft 
fremd find. „Die ungen,“ fagt er in feinen Denfwürs 
Digfeiten, „die nicht mit mir auf freundfchaftlidem Zuße 


Kanben; neckten und. verfolgten mid und Die Alten tries 


end gerade wie die Jungen, wenn auch nicht auf Dies 
felbe Weile. Die Merbode mat oft den ganzen Unters 
fbied zwifdden dem Dummen and dem Klugen, dem 

oben und Gebildeten, dem Vornehmen und Geneinen. 
Drei Sinaben waren vor andern meine geſchwornen Feinde. 
Unglücklicher Weile befaßen fie mehr Eörperlihe Kraft 
und ich Fonnte mid weder vertheidigen noch räcen. 


Das Tonderbare Net ging mir gewaltig durch den Kopf. 
. Sragte id meine Mutter, warum wir fo arm feien, dann 


befriedigte mich ihre Antwort ——— Wollte ich 
wiffen, warum man die Därftigen und Schwachen hudle, 
quaͤle und veraqte, dann mollte es mir auch Dura die 


— 


⸗ 


ER DEE ui u EEE OLE = 


Weitzel. 69 
umſtaͤnd lichſte Ergäblung nicht deutlid werden. Die er. 
fien marternden Zweifel, die meine Seele zerriffen, die 
erften peinigenden Gefühle, die meine Bruf zuſammen⸗ 
drüdten, bezogen fi auf die Ordnung der Dinge, im 
welcher ed nad’ Vernunft und Recht unverdienter Reich⸗ 
thum, unverdiente Ebre und Audzeihnung und unver⸗ 
fduldete Armuth, Schande und Erniedrigung geben 
fann. Ib muß gehen, daß mich VBetradtungen Aber 
Diefen mißlichen Gegenſtand faR an der Wiege empfans 
gen -baben und mich wahrſcheinlich bhis zum Grabe bes 
gleiten werden. Sebr früh fon fühlte id dunkel, was 
I® fpdier Elar erkannte.” Diele Stelle liefert. einen 
intereflanten Beitrag, wie jene Denkweife fhon in früs 
deſtem Alter angeregt war, die ihn durch dad ganze Le 
ben begleitete und auf der fein ganzes Wirken rubte. 
Was das junendlid reine und frifde Gemüth in feiner 
Tiefe für recht und wabr erfannte, das land mit dem 
äußern Erſcheinungen oft im ſchneidendſten Widerfprud. 
. Mit finftern Zweifeln und mit unaufldslihen Rätbfeln 
kaͤmpfend, fab er ſich dem Fleinen Kreid gegenüber über 
ben binaus er feine Blicke kühn zu erheben fuhte. Der 


Zwieſpalt zwifhen Kopf und Herz, der Kampf mit ent - 


gegengefebten Empfindungen, die fi mechfelfeitig dem 
Semütrhe fat fpielend zumarfen, bereitete ibm manche 
bittere Stunde. „Dur die Zeit und dad Alter,“ ſagt 
DB. in feinen Denfmürdiafeiten an einer andern Stelle, 
„bin id in diefer Hinſicht mie in mander andern Fils 
ger und befonnener im Urtbeilen, aber nicht viel geſchei⸗ 
er im Handeln geworden! Mag die Kultur noch fo 
eifrig an und waſchen und foloriren, in entfbeidenden 
QYugenbliden, wo die angeborne Natur die Schranken 
der angelernten Kunſt durchbricht, tritt die Grundfarbe 
des Charafterö, wenn namlich eine vorhanden iſt, ges 

woͤbnlich hervor. Wie die äußern Zuftände ſich dem ju⸗ 
gendlihen Gemütbe hoͤchſt feindfelig gegenüderftellten, 
fo mußte auch Vieles erdulder werden unter dem Drude 
der haͤuslichen Verhältniffe. Die Mutter war von Nas 
tur. aus beftig, ihres Willens gewiß und neben großer 
Srömmigfeit ſtreng bis zur ? rte. Nur die Religion 
datte Gewalt über fie und aus diefer Duelle (döpfte fie 
Troſt und Stärkung in ihrem leidenvollen Leben, indem 
fie faft Uebermenſchliches BT und gelitten hat. Don 
der guten Erziehung batte fie überaus Nrenge Begriffe 
und in der Wadl der Mittel fannte fie Feine aͤngſtlichen 
Rüdfihten. Die unangenehmen Beräbrungen in und. 


70 Weitzel. 


außer dem Haufe. vermehrten in der Bruſt des Kuaden | 


eine gemwifle Sebnfuht nad Unabhängigkeit. Der Bes 
- -fuch der Dorffhule wurde häufig umgangen und in den 
ſchattigen Wäldern träumte er am liebiten von freien 
Wilden. W. war zehn Jahr alt geworden und ed wurde 
ent zur Nede gebracht, mad .einft aus ihm werden follte, 

ad wollt ihr aus dem ſchwachgliederigen Bübchen 
macen? fagte ein verfiändiger Nachbar; nur zum Schneis 

der ift ed gur und fonft zu nichtd. Dad war fo ziemlich 


die Meinung Aller, nur nit die feinige. „In der Zeit,- 


mo meine Fünftige Beſtimmung zum Schneider oft zur 
Sprache kam,“ erzählt W. von fi feld, „ward meine 
aͤlteſte Schweſter nad Mainz gefickt. 30 — 
ibr auf dem Wege dadin in der Näbe des Dorfes und 
bot mich ihr fogleid zur Begleitung an, Sie wollte eb 
nit zugeben, weil die Mutter nichts davon mußte und 


befonders, weil id barfuß war, Um diefe Hinderniffe 


aus Dem Wege zu räumen, eilte id nad Haus. Die 
. Mutter fand id nit. Zum Ueberlegen war indeß feine 

Bein; ih nahm alfo meine Schuhe, eilte meiner Schwes 
ſer nad), bolte fie glücklich ein und folgte. ihr aller Bes 
denklicpfeiten und Widerfprähen ungeachtet die Schube 
in der Hand nah Mainz, Mein Anzug war nicht ſtaͤd⸗ 


fh und meine Schwefter mochte ſich maͤdchendaft des 
Bruders ein wenig fhdmen. Sie ließ mi darum beis. 
nabe am Eingange der Stadt, an dem Slarmeliterklofter - 


Neben, wo ich fie erwarten follse. Aus Neugierde und 
Fangerweile ging ich in die Klofterfirhe, wo gerade ein, 
feierlides Höchamt gehalten wurde. Eine _folde Pracht 
batte ich nie gefeben. Die Muſik, der Aufzug, der Geiſt⸗ 
- lien, die reigezierte ‚Kirde, wo im wohlriechenden 

Dufte Des Weihrauch taufend Kerzen brannten und die 
(bon gepußte Welt, Alles fegte mich in ein freudiges 


Erflaunen. Ib fonnte mi nicht fatt feben und hören 


und mar in einer Art Rauſch vor Heberrafhung und Ente 

den. Gar wunderbare Ahnungen und Gefühle durchzo⸗ 
gen meine Bruf. Cine unbefimmte Sebnfucht erfüllte 
ie. a der Kirche fonnte ich nicht beiden, fo bis ins 
innerite mar ich aufgeregt. Ich ſchlich mic leife fort 
nd legte mich der ganzen Länge na auf die fteinerne 
Zreppe vor Der Kirtbär, wo ich den Geſang, die Dre 
gel uud die übrigen Inſtrumente hörte, aber Niemand 
fab und von Niemand gefeden ward. Seltfame freunds 


liche Bilder zogen an meiner träymenden Seele vorüber. 
Der Gedanke an meine Zudunft erfälte mich mit Web 


‚ 


re AH Hu ==> a FT ar Lo 


E 


Beikel. - 71 


mutd. Meine ungen und. Wänfche richteten 

an dem ok in feierliben Uugenbli in die Sobeı 
ein Blid auf meine audgefredten nadten Süße und Die 
Erinnerung an die Därftigkeit in der Heimarb jagen fie 
aber wieder tief herab. in dem fhmerzlich füßen Kampfe 
flegte das kindliche Gemürh voll unverfiegbarer Hoffnun⸗ 
gen. Mein Gedaͤchtniß vergegenwärtigte mir, was i 
öon Paͤpſten gelefen oder gebört batte, die von der tiefe 
fien Gsafe des geſellſchaftlichen Lebens bis zur höchken 
. Würde eines Statthalter Gottes auf Erden emporges 
fliegen waren. Stand nit einmal ein Erdftiger Den 
an der Spitze der chriſtlichen Welt, der. früber Schweine 
gebüter Haste? Ich dachte an den ſchwediſchen Karl 
und Die Helden, deren Namen mir in den alten Büchern 
meined Vaters vorgefommen waren. Und dem berrlis 


Preis werden und bei der erfien Belegenbeit (pra® er 
der Mutter den kühnen Wunf® aus, zu Audiren. Die 
Bitte fand zwar kein geneigted Gebör, aber den Schul . 
meifßer des Dorfed gemann er für diefe Abſicht. Dur 
die Zufage des unentgeldlichen Unterriht6 ward da 
rößte Hinderniß binweggerdumt und der gelehrie Mann 
egann fein frommed der. Zwei andere Knaben vers . 
mögender Eltern hatten ſich angefloflen und wenn für - 
die drei Schäler irgend ein Vortdeil aus diefem gelehr⸗ 
ten Unterridt hervorging für ibre Ausbildung, dann 
batten fie ibn blos dem g enfeitigen Wetteifer zu vers 
danken. Ad W. im jm iften Jahre dad Bpmnafium 
bezog, war er in allen Dingen ded Willens noch weit 
. wuröd. An deutfhe Sprache, Rechtſchreibung, Geſchichte, 
dbefchreibung, Naturgefhichte und andere Dinge der 
rs hatte man bei dem feitherigen Unterrichte gar nicht 
gedacht. Es möge genügen, nur mit flüchtigen Zügen 
anzudeuten, welde Hinderniffe au dem Wege gerdwmt 
werden mußten, wenn die vielfach unterdrädte Kraft - 
fh mutig ihre Bahn Öffnen follte. In Bezug auf . 
einen swedasdßigen Unterricht war W. überaus ungläde - 
lid gewefen. Er hatte faſt nie eigene Bücher oder taug- 
lide Lehrer und entbehrse überhaupt aller Hälfsmittel, 


® 


— 


lich find. Hatte W.'s wiſſenſchaftli 


72 Weitzel. 


die dem Talente zu ſeiner —— immer unentbehr⸗ 

ft auch nur geringe Sortfäritte genadt 
u diefer Zeit auch nur geringe Fortſchritte gemacht, 
Dann INA: doch feine geifigen Kraͤfte pielfeitt anges 
regt und geübt. Der Säule in Kreuznach, mo Karma 


liter den Unterricht ertbeilten, wurde der Vorzug geges . 
- .ben vor der Mainzer Schule, weil fie im Rufe alter 


Rechtglaͤubigkeit Hand. Auch bier war der Unterricht in 
Debantifce Sormen ebällt und er befchränkte ſich auf 
einen reinen Mechanismus, der mehr geeignet war, ben 
Geiſt zu tödten, ald ihn zu ermeden. Gin volled Jahr 

ing vorüber mit unglücklichen Verſuchen, ein ſchlechtes 
Dei in ein noch fchlehtered Latein gu Übertragen, 
aber der unermädliche Fleiß fab ſich nicht viel weiter ges 
fördert. Funfzig Gulden hatte die fromme Mutter beo 


 "reitd zum Opfer gebracht und dies äberftiieg ihre Mittel. 


Gie mußte, wie meit fie zu geben batte und daher ers 
Elärte fie mis Beſtimmtheit, an der felten etwas zu des 
bern war, daß auf ihren Beiftand ferner nicht a dt 
zäblt werden dürfte. Mit den ſchmerzlichſten Gefühlen 
mußte der Dreisebmjährige Knabe ſich am Scluffe feie 
ner Furzen Zaufbchn feben, auf die er fo große und je 


— Hoffnung gebaut hatte. Den Eniſchluß in 


jeſem ſchweren Augenblick gänzlich aufzugeben, das 


ware der Entfogung wegen ſchon ſchwer geweſen, wie 


aber ſollten die bereitd verwendeten Koſten ju verſchmer⸗ 
gen fein? Die äußere Noth und oauetanglen wirkten 
erade jeßt in entgegengefehter Weife. d reifte der 
ehe Vorfaß, Die einmal betretene Bahn - weiter zu ver⸗ 
folgen, dem guten Glüd und der eigenen Kraft zu vers 
trauen. Der junge Wanderer fab die fteile Anpäde, die 
erflommen werden follte und fein Muth bebte vor den 


Schwierigkeiten nicht zurid. Der —57 — dem er ſich 
en 


mit Eindlihem Gehorſam ſeither unterworfen hatte, hörte 


mit der kaͤrglichen — auf und der junge W. 
fühlte die Wonne, volle 


je Freiheit zu daben über feine 
Entmlrfe. Der Unterricht in Kreüznach taugte nicht, 
Das war ıbm Elar geworden und feine Blicke richteten 
fid jet nach dem berübmten Mainz, das damals in feie 
nem böciten Flor ftand und von deſſen Schulanſtalten 
fib ein vortbeilbafter Ruf verbreitet hatte. Dbne eines 
Menſchen Mitwiffen, ohne eined Menfben Rath und 
Beiftand führte W. die erſte und entfheidende Hand» 
lung ber. frübzeitig: erlangten Selbſtſtaͤndigkeit aus, ob⸗ 


mohl er in Mainz Feine befreundete Seele kannte, auf 
= ; \ 


EEE A u Em 


Wecihel. 


Die er auch mur eine ſchwache Hoffnung hätte hauen 
. fen; 5 der Keinernen ee in Karmelitertion 
war ihm Alles dort fremd und unbekannt. Mit fe 
Freuzern in der Taſche und mit dem froͤhlichſten M 
in der Bruſt, tras W., binten auf der Kutſche ein 
reihen Manned, der ibm dieſe Gunſt zugeſtanden da 
Die Neife na en) an Seine Yu 5 








seugung, dag der aufs Nothwendigſte beihränfte A 
wand Du 







v 
fleine erworbene Kapital, um nicht fange nie zu bi 


mfän 
nothdärftig gearänder, als W. nah dem Johbannisbe 


ibm öfter noch viele Jahre ſpaͤter, wo ihr die kindliche 
je ar ——— Brut mit Be: 


der Bruſt gewedt werden. gl ender Zug den W. in 
— mehrerwaͤhnten Denkwuͤrdigkeiten mittheilt, m 


7% | Meigel. T 


antwortete ib. Der Lehrer ſah mich ſcharf an. Solrens, 


- fprach er, ift einer, der begablt. Der bin ich, erwiederte- . 
ich, mit erzwungener Seftigfeit und feßte mi. Die Aus 


Wwißbegierigen 


gen des Profeſſors lagen lange forſchend und tadelnd 


“auf mir. Der Mann war ein barter Roͤnch und vers 


fand mi nicht. Was mir feine Neigung hätte gewin⸗ 
nen follen, zog mir feinen Haß zu!“ Dad Silentium' 
wurde vier Jahre lang redli bezahlt, obwohl es oft 
ſchwer gebalten bat, die Mittel dazu aufzubringen. Auf 
Die Lektüre wurde jene Zeit verwendet, welde die Schuls 
arbeiten übrig ließen, obwohl nad Art der Jugend alles 


in bunter Menge dem Beifte vorgeführt ward. Durd 


Urberfegungen machte er auf dieſe Art nähere Bekannte 
Schaft mit Rouffeau und Helvetius, mit Hume und Bol» . 
taire und Spinoza. Dadurd bereiteten fich folgenreiche 
Erſchütterungen in dem jugendliden Gemüthe vor, Die 
ben frommen Glauben zu zerftören drobten, den die ſorg⸗ 
ſame Mutter zuerft gemedt und den der frübelte Unter 
richt befefliat batte. Der Skeptizismus ſchlug feine 
Wurzeln und breitete fib aus. Uber, „menn lich der. 
Geiſt im wilden Zerftören gefiel, dann trat dad Gemäth : 


. erbaltend und befänftigend ind Mittel,“ Fünf Jahre 


waren auf Diefe Weife unter Studien und Webungen 
für den: künftigen Beruf dahin gegangen, ald W. vom 


Gymnaſium zur boben Schule in Mainz; Übertrat. Ein. 


Theil der fteilen Anhöbe mar rüftig erfliegen und der. 
Murb nicht abgefüblt, Der Geſſchiskreis hatte fi Dem 

Sünaling um Vieles ermeitert, aber er- 
mußte böber binauf, wollte er dad Entzlidende der vol» 
fen Ausſicht genießen. Alles berechtigte zu den ſchönſten 
Hoffnungen für die Fünftigen Tage. Mit vielen. trefflis 
den Jünglingen ſoloß W. damals den Bund der Freund» 
(hatt. Die meiften baben die Stürme der Zeit mit 
fortgenommen und nur Wenige, mit denen er auf dem. 


. Jangen Lebensweg vertrauten Umgang pflegte, baben feis 
nen Stern erblühen feben. Als W. Die Univerfität zu 


Mainz bezog, fand Diefe Anftalt in ihrem höchſten Glanze 
und unter küchtigen Lehrern fegte er bier feine Studien 
fort. Damals bereiteten ſich in der Haupſtadt Frank⸗ 
reichs bie Ereigniffe vor, melde die Aufmerkffamfeit je: s 
des Denkenden fejleln mußten. Mit dem Ausbruche der 
erſten Gaͤhrung nabm aub W, einen warmen Antheil 
an der Sade der franzöfifiben Nation und es rg 
tigte fi bobe Begeifterung feines offenen Gemüths, fo 
lang die Taͤuſchung dauerte, daß Die Bewegung im Sinn 


Weitzel. 7. 


der Tugend und des ewigen Rechte —— Des Ein 
räden der Sranzofen in Mainz unter Eufine 1792 un 
terbrad die Studien de6 zwanzigjahrigen Tänglingt 
der fi jezt in den Rheingau zurüdgog, von da abe 
auf das linfe Rheinufer entfliehen mußte, um den Bei 
folgungen der Preußen zu entgehen, die er Ach dur 
‚jugendlide Unvorfidtigkeit zugezogen bette. Rab maı 
&erlei Hin» und Herzägen wurde befdloflen, die St 
Dien auf einer deutf Univerfität fortzufegen. 9 
Spaͤtjahr 1705 trat W. die —— nad “Jena aı 
wo er Schiller, Wieland, Goethe *) und Herder in de 
Naͤde zu fehen hoffte, ein Gedanke, der ihn mit der gar 
vn Begeifterung der Tugend erfüllte. Dem Studiut 
er Eritifden-Pbilofopdie follte dort fein vorzäglichfte 
Beltreben gewidmet fein, da er zu einer fogenannte 
Brodmiffenidaft Feine innere Luſt fühlte. Mit heiter 
Dffenberzigkeit geſteht er ſelbſt, daß, troh der auddauerı 
den Geduld und der verdoppelten Unfrengungen, nı 
langfame Fertſchritte in der goͤttlich gepriefenen Wei 
heit gemacht wurden. Da die kritiſche Philofopbie dei 
“ emporfirebenden Geiſt nicht zu feſſeln vermochte, fo war 
der Wunſch in ibm laut nad der Erwerbung poßtiv« 
Kenntniffe und kein Ort [bien ihm dazu geeigneter a 
Göttingen. Hier nahm er an den Dorträgen von Schl 
kr und Spittler Theil, Doc folgte er auch damald mei 
einer Neigung: ald den dringenden Erforderniffen ein 
künftigen Beſſimmung. Mitten im Sige der Willen 
ſchaften, umringt von allen Hülfdmisteln, gab Kb U 
Der Ueberzeugung bin, daß er zum eigentliden Geleh 
ten nicht geboren fei, einem Gefuͤhle, das er ſtets in ſi 
Piragea zu baben bebaupiet. Mit einem raihen En 
lu wurde die Laufbahn aufgegeben und fchon in de 
Herbfiferien von 1796. die Reife nach der geliebten De 
math angetreten, wo die Kampfbeere ſich noch kampfg 
räftet BLDen BU Tannen Die unglädliden Borbede: 
tungen für dad Vaterland erflliten fein Herz mit ſchw 
ren Sorgen. Gm Sommer des Jahrs 1797 trat U 
eine Wanderung nah der Schweiz an. Er wollte Erbi 
fung fuben in einer großen Natur, dort den Schme 
getaͤuſchter Sofnung beſchwichtigen, eine unbeſtimm 
Sebnfuht mildern, die feine ganze Gefauͤblsweiſe maͤc 
sig beberrfchte. "Aber auch in dem Alpenlande fand ı 
nit, was er fuchte ‚und unbefriedige Lehrte er zuruͤ 


°) Defien Biograpbie f. N. Retr. 10. Jabrg. ©. 197. 





⸗ 


der Sprache die Wunden des 


gen 
Stelle ald Comissaire du directoire ewecutif de 


76 Weitzel. 


nach der Heimat. Unter der gänzlich veränderten Lage 
der Dinge fühlte der junge, damals ann man igjaͤh⸗ 
rige Mann lebhaft den Wunſch und das Bed Pink, Dem 
Leben eine thaͤtige Richtung zu geben und Antheil zu 
nehmen an den Ereigniffen, welche die Zeit ſtuͤrmiſch bes 
mwegten. Die eroberten Länder: auf dem linfen Rhein» 
ufer wurden gerade zu Diefer Zeit von der franzdfifchen 
Biealerung nad ihrem Syſtem organifirt und bei dieſer 
Gelegenheit erbielt W. durch Empfehlung des vormalis 

ainzer Profeſſors Hoffmann Ende 1798 AL eine 

Kantons 
Diterberg bei Kaiferdlautern und Anfangs 1799 ward 
ibm die vakante Stelle eined Komiſſaͤrs bei der Munis 
zipaldermaltung des Kantons Germersheim Übertragen. 
Eine innere Zuft und eine Freudigkeit des Gefühle, wie 


fie fonft felten fein mögen, begleiteten den jungen Bes 
amten beim Eintritt in Den neuen Wirfungdfreid,' wo er. 


Dad Gute zu erfireben fuchte, fo weit ed die eigene Stel» 
‚Jung und die äußeren Verhaͤltniſſe erlaubten. Jedt aber 
fah er das Bild in der Nähe, das in der Serne fo viele 


Blicke täufhte. Ruhige und aufmerkffame Beobachtun⸗ 


gen fühlten alUmälig den Enthuſiasmus feined Herzens, 


enn er erblickte auch bier unter gleißnerifdem Gemwande - - 


Die Willfür und den Ehrgeiz, die Habſucht und die ro 
ben Zeidenfchaften unter he im engften Bunde. Der 


Druck und der Jammer, der auf den unglädlihen Bes . 
- wohnern des Landes faftete, das er fannte und in dem 


er wirfen ſollte, erfäute feine Seele mit Abſcheu und 
- Unmillen. Es Hat ſich aus jenen Tagen ein Aktenſtuͤck 
in feinem Nachlaß erhalten, das darum merkwuͤrdig ers» 
cheint, weil ed Zeugniß gibt, daß er auf gene Gefahr 

en Mutb hatte, für die Unterdrückten dad Wort zu fü 
ren. In dieſem Schreiben an. den Regierungscomiffar 
in den vier Departementen 7} er es mit eindringen 
anded zu fehildern. Es 

it undefannt, welche Wirkung dieſe Vorſteilun gebe 


bt 
- babe; gewiß it ed, daß fie ihrem Verfaſſer feindfelige 


Sefinnungen erwedte unter einer jebireiden Kloffe von. 


Menſchen, die fi nicht frei fühlen fonnten in ihrer 
Handlungsmweife. Mitten unter den fi bäufenden Bes 


rufdarbeiten,, mitten unter den Widerwärtigfeiten, die 


von allen. Seiten bereinkärmten, fuchte W. den oft ges 
forten Seelenfrieden in Iparliden ergäftigungen wies 

er berzuftelen. Seine Sefinnungen, Grundfäge und 
Anfihten ſchrieb er in freien Stunden nieder, wo dem 


—4 





Weitzel. 77 
umdüfterten Gewüthe Troſt und Erdeiternun 
dürfniß ward. Schon auf dem © — na * 
rend der Univerſitaͤtsjahre hatte ſich in Bleinen ſchri 
Rellerifchen Arbeiten verfucht, denen er die Ehre des 
Drudd nicht zuerkannte. Wenn dieſe ſchriftſielleriſche 
Tdaͤtigkeit fräber eine artiſtiſhe Richtung genommen 
batte, um Scaufpiele und Tragödien, um ingfpiele 
oder Romane hervorzubringen, dann veränderte fe 

ahr 1791 und die raſche Entwidelung_ der franzöf 
tevolntion fpdter in rein publiziſtiſche Tendenzen. Don 
Diefer Zeit an fonnte nichts mehr einen vorberrſcheuden 
Einfluß gewinnen auf diefen feltenen Geiſt, der jegt nur 
einem großen Gegenflande zugewendet blieb: dem Welt 
.ereigniffe, von dem die Gocialverbältinifle der Menſchen 
abhängig find. Mit Mäßigung und edler Selbſtbeherr⸗ 
dung, mit Begeiſterung und innerer Ueberzeugung bat 
er ſich einer mißlichen Sache gewidmet, an der Diele 
geſcheidert find, Die nit von gleichem Talent und glei⸗ 
der GSharafterkärfe unterfiägt maren. Seine erſte jetzt 
elien gewordene Schrift „Äber Die Beſimmang ded Mens 
ben und Bürgers“ blieh bei ihrem Erſcheinen unbeads 
ter, obgleich Bruchſtücke, die in fpdtere Arbeiten des 
Verfaſſers hbergingen, mit Beifall begräßt worden find. 
Bei der neuen Drganifation des Landes im Jahr 1800 
verlor W. feine Stelle als Öffentliber Beamter. Sie 
datte ihm vielen Verdruß und mancden Kummer bereis 
tet und er = von dieſen Derbältniffen obne Bar 
lie Gefühle Abfhied genommen baben. Es war die 
dröckendſte Periode feines Lebens, in der er ſich dem 
meiſten Zwang und den größten Aufopferungen unters 
werfen mußte, ohne Das Gute in dem Umfange bewirs 
gen zu Eönnen, wie ed in feinem Willen und ın feines 
Abfinten lag. Don der Außenwelt. war er wieder in 
fih ſelbſt zurückgedraͤngt, aber die bittere Erfahrung batte 
die ſchoͤnen Hoffnungen zerſtoͤrt, indem er in den Pris 
vatſtand zurädtrat. Das Öffentlie Leben voll Schein 
und Trug hatte fein forfchended Auge in der Näbe Be 
ſehen; feine Herrlidhkeiten Eonnten Ihn nicht verloden, 
während er Die Armfeligfeiten und den Jammer befeufs 
en mußte. Diefe zwei verlornen Jahre zäblte er unter 
ie Opfer, die er einer guten Sache gebracht, der er 
font neben beffern Ausfihten fein Leben geweiht bätte, 
Eine ungeträbte Heiterfeit und die Ruhe des wahren 
Philoſophen erhielten ibn unter den damaligen Umftäns 
den aufrecht und er verlor Leinen Augenblid das ſichere 


Ds 


. 


Vertrauen auf die Zukunft. Um ihn: zu entſchadigen, 
sielleiht um ibn klaglos zu ftellen, wurden ibm andere 


Anerbietungen gemadt, die er offen abzulehnen für gut fand. 
Mit feiner jungen. Srau Fehrte_bierauf W. am Scluffe - 


ded Jabrs 1800 nad dem Johannisberge zu feiner 
Mutter und dann na feinem geliebten Mainz zuruͤck, 
der Wiege feiner Tugendhoffnungen. Die Bahn war 
verlaffen, auf der Taufende von befpränften Säbigfeiten 
ohne Mübe und Anftrengung zum glüflihen Ziele ges 
langen. : Der frifhe ungebeugte Muid und dad Selbſt⸗ 


-pertrauen, die fehon fo manches Hinderniß befeitigen bal« 


fen, follten auch jeht die einzigen Stügen fein, um der 
nädften Zufunft freudigen Herzens entgegenzugeben. 


Nom Tabr 1801 an feben wir W.’E ſchriftſtelleriſche 


Thätigkeit ſich durch bedeutſame Leitungen entwickeln. 
Zuerft redigirte er die Zeitſchrift „Egeria,” in der er einen 
umfaifenden Auffag ber die Urfachen großer Staatöre- 
volutionen niederlegte. Zu gleicher Zeit übernahm er 
Die Nedaftion einer Zeitung, die Eigentbum des Mains 
er Waifenbaufes war und Die fpäter unter dem Namen 
er Mainzer Zeitung erf&ien. Bald lenkte fid. Die Aufs 
merffamfeit auf Diefed biöder wenig beachtete Blatt; der 
Abfab vermehrte ſich im kurzer Zeit und mit ibm flieg 


‚ der Kuf des freimüthigen Redakteurd. Dieſes war die 


Meriode einer Wirkfamteit, die mehr mit feinen Ans 
fibten ind Meinungen Üübereinfimmte und er fühlte 


: fi glücklich in diefer Zeit deitern Lebensgenuſſes. An 


4 


den Öffentliven Ereigniffen_ nahm. er fortwährend den. 


febendigiten Antbeil. Das Kaiſerreich erhob fid auf.den 
Erlimmern der Republif" und Mainz erbielt. unter den 
veränderten Umftänden ein kaiſerliches Lyceum, deſſen 


- „ Zebreritellen meiſt mit tüchtigen Männern befegt wur⸗ 


den. Durd feine dortigen Freunde dringend aufgefor- 
dert, Üibernabm auch W.. eine Profeflur bei der neuen 
Anfalt, obgleich er dem Ruf ungern folgte. Diefe Stelle 
erforderte indeß manderlei Anftrengungen und Vorbe⸗ 
reitungen, beſonders da die Vorträge nah dem Lehr: 
plan in frangöfifher Sprache abgehalten werten muß 
ten, was eine befondere_Webung verlangte. Doch ge⸗ 


wann W. zu dem nenen Berufe bald Neigung und Bor 


fiebe, wobei er ſich die Anbänglichfeit der Schüler zu 
'erwerben wußte. Es mochte um das Jahr 1806 gewe⸗ 
fen fein, al& ihn Savary, nachmaliger Derzog von Ro» 
Yigo, bei feinem damaligen Aufenthalt in Mainz zu ſich 


einladen ließ. Der Guͤnſtiing des Kaiſers verlangse, 


| Meike. 79 
feine Mitei um die Stimmungen usd die Gefies 
nungen in Deutiland zu erforfhen. Glänzende Ber. 
fpredungen* und dringende Vorſteluungen wurden nicht 
gefpart, aber der Mann, der fein Vaterland liebre, konnte 
es nicht über ſich gewinnen, ald Werfjeug gu dienen bei 
den Eutmwärfen, die zu feinem lintergange bereitet wur. 
den. Der General zeigte idm den günftigen Augenblick 
ſich der Sonne zu näbern, aber er vermochte feinen Zwei 
nicht zu erreichen; vous ötes trop allemand, fagte Savary 
beim Abfchied. Es mochte dieſe deutſche Biederkeit den 
Faiferliden Zeldherrn doͤchlich befremdet daben, der an 
folde Erſcheinungen allerdings nit —5 war. Don 
m Jadhr 1807 an erweiterte fich fein literarifher Wir⸗ 
kungsktreis durch den Beitritt zu der Redaktion der eurs⸗ 
päilden Gtaatbrelationen, Die Nit. Dogt, fein ebamalis 
ger Kebrer an der Mainzer Univerktät, zu Frankfurt a. 
M. feit 1804 herausgab. Den guten Ruf, den viele 
Beiiankı batte, verdankte fie zum “Theil der gewandten 
Feder Wes, der fie von Diefem Augenblick an Eräftig 
unterſtühte. Manche Artikel der Mainzer Zeitung date 
- ten vereits von Parid aus Reklamationen veranlaßt. 
Winke und Warnungen, die auf den rechten Weg len⸗ 
ken foäten, wurden nit in dem Umfang beachtet, wie 
man. ed dringend wÄänfhte und Jean⸗Bon⸗St. Undre 
mußte endlich die.fdügende Hand zuruͤckziehen. Weigel 
verför die Redaktion des Blattes, fo fehr hm aud Der 
Praͤfekt durch freundliche Belinnungen “gewogen, war. 
Die VBerhältniffe der Zeit wurden von jest an däferer 
und trüber, eine ernfte Stimme zog durch die Gemäther, 
die von finftern Abnungen tief ergriffen waren. Die 
Gegenfäge wurden ſchaͤrfer und fchneidender, je weniger 
fie ofen bervortraten. Mit dem Jahr 1810 verwandels 
ten fi Die europäifhen Staatörelationen in dad rheis 
niſche Archiv, dad als Monaröfchrift für Geſchichte uud 
fiteratur beftimmt fein folte. Mit Nik. Bogt blieb W. 
an der Spige der Redaktion und von feinem ausdauern- 
den Sleiß und feiner regen Theilnadme liefern die Hefte 
diefer mir großen Beifall aufgenommenen Zeitfchrift 
binlänglihe Belege. - Meiftend waren es Aufläge über 
die Geſchichte der Zeit, die fo rei an großen Ereigniß, 
‚ fen war, die W. bier niederlegte, wovon Manches in_d 
(päter -gefammelten Schriften überging. Mit der Een 
ie mußte freitid mancher Kampf beftanden werden, 
effen Ausgang bei den damaligen Zufländen nicht zwe 
felhaft ſein konnte, da alles ſtrens beauffctigt- ward, 


/ 


’ 


wr 


80 Weitzel. 
was mit politiſchen Tendenzen im Zufammenhang ſtand. 


‚Unter dieſen Beſchaͤftigungen nabte das Jahr 4813 und 


das ungluͤck der franzöffben Waffen verkündete den 
änzlichen.. Umſturz der feitberigen Verdaͤltniſſe. Die 
—* zum Vaterland hatte ſich lebendig erhalten bei dem 
Manne, der einen ſchoͤnen Theil feines Lebens unter der 
Fremdhberrſchaft verlebe hatte und er begrüßte jegt auf 
richtig die neue Ordnung der Dinge, Während ber pro» 
wiforifchen Regierung erdielt er Die Mainzer Zeitung als 
Eigenrbum und er Eonnte jegt wieder in der gewohnten 
Reife wirken. Dad Lpeeum hatte ſich während Diefer 
Ereigniſſe aufgelöft, aber das zufriedene. Gemüth mochte 
fid au über dieſen Verluſt getröfter baden. In die 
damalige Epoche fallen mehrere geifreihe und gediegene 
literarifche Produktionen: die Betrachtungen Über einige 
der wichtigſten Begebenheiten unferer Tage. — Deuftſch⸗ 
lands Hoffnungen und die Denkſchrift von Napoleon 
Bonaparte, Auch bier zeigte der Verfafler, daß er für 


fein Daterland und die Menfchdeit dad Gute aufrichtig | 


boffte und wünſchte. Das meiſte Aufſehen machte die 
Denkſchrift, von der In Kurzem zwei Auflagen vergrifs 
fen waren. Mit dem Erzherzog Karl hatte W. während 
deſſen Aufenbalt in Mainz mehrere Untersedungen, wo⸗ 
bei er fib die Achtung und die perfönlihe Gewogendeit 


dieſes ausgezeichneten Fürften erwarb. Bei dem neu ers - 
richteten Gmmnafium trat hierauf W. wieder in der Eis 


genſchaft als Proſeſſor ein und fo ſchien über feinen 
Derbälmifen von Neuem ein guter Stern aufzugeben. 
Diefer Zeit verdankt die Novelle: Augun und Wildels 


mine ihre Entfiebung. No, einmal foltte ein Wechſel 


in feinen öffentlichen und häͤuslichen Verbältniffen ein« 
treten, Diesmal aber na eigenem Wunſch und nad ei⸗ 
gener Zuftimmung, modurd er zugleich in einen Staat 
verfegt wurde, der durch Die Begebenbeiten fein Vaters 
land geworden war. Es vereinigten ſich damals febr 
vortheilhafte Umfände, welche die Gründung eines oͤf⸗ 
fentliben Blarted in der Haupiftadt des —— 
Naſſau begünſtigten. W. gute Belegendeit, 
die ſich darbot und vertauſchte feinen bisherigen Aufent⸗ 
baltsort mit dem freundlichen Wiesbaden, wo er jetzt 
Die. von ihm neu gegründeten rheinifhen Blätter redis 


I Die Heraudgabe diefer Zeitung hatte für Die ers 


en Wugenblide mit: manderlei. Schwierigkeiten zu 
daspfen, die indeB durch Ausdauer und Gemandtpeit 


aus dem Wege gerdumt wurden. Dhne- bedeutende 


[4 


un MB DE DE EEE EEE En me an 


Woeitzel. 81 


— Sieb IR. allein Die Gele De6 Unternehmen, 
elingen mußte, 10 lan reier n 9% 
— —3 Schon u dem Anfange des adrd 


4818 verbreiteten fich die rheiniſchen Blaͤtter in weiteren. 


Kreifen und es mar gearändete Hoffnung vorbanden, 
daß fie bald die allgemeine Aufmerkſamkeit auf ſich len⸗ 
Een würden. Nah den Karlsbader Befchläffen legte W. 
die Redaktion nieder, weil er voraudjufehen glaubte, 
daß dad Blatt fih unter den in Deutſchland eingetretes 
nen Befhränfungen Der Preife nit mehr würde balten 
fünnen. Mit Diefem Blatt börte für W. eine Einnadme 
auf, die ihm bereitd ein ſorgenfreies Dafein gefichere 
hatte. Im Jahr 1820 erbielt er die Stelle eined Biblio. 
thefard bei der öÖffentliben Bibliothek a Wiedbaden 
mit dem Hofrarbötitel, Im Tahr 1819 eridien von ihm 
bie kleine freimärdige Schrift: Hat Deutfhlend eine 
Revolution zu fürdien? Die Muße, die ihm die neue 
Stelle gewährte, verwendete er zuerft auf die Sammlung 
feiner zerfireuten Schriften, die in drei Bänden erfcies 


nen (A820, 1821). W. onnte nie unthätig fein. Auf 


einfamen Spaziergängen zeichnete er gewösntie in das 
Notizbuch was er Dachte und fo find die meiſten Schrif⸗ 
ten entitanden, die wir von ihm befiten. So erihien 
„dad Merfwürdigftie aus meinem Leben und meiner Zeit“ 
in den el, 1824 und 1822. Es iſt ein reicher Schat 
von Anſichten, Bemerkungen und Lebenserfahrungen bier 
niedergefegt, obwohl dieſe Schrift nicht als vouſtaͤndig 
und geſchloſſen betrachtet werden kann. Einige Jahre 
Be beſchenkte feine tbätige Feder die publiziſtiſche 
iteratur mit der gehaltvollen Schrift: Europa in ſei⸗ 
nem gegenwärtigen Zuftande. In Diefer Zeit nahm W. 
einen fehr tbätigen Antbeil an vielen Öffentlihen Blaͤt⸗ 
tern. Die allgemeine Zeitung, die Blätter für literari⸗ 
ide Unterhaltung, bie allgemeinen politifden -Anna« 
len u. f. w. entbalten (bie erften bis zu den leuten Ta- 


- gen feined Lebens) Die zahlreichen Srücte feines uner- 


müdliden Fleißes. Won 1825 bi 1830 erfchienen Die 
Nheinreife, die, unvollender geblieben it; — Was fol 
man lernen? — Betrachtungen über Deutfhland; — 
Napoleon durch ſich ſelbſt gerichtet und Scherz und 
Ernſt. Auch den Tabrbüchern von gpötie ſchloß er ſich 
- bereitwillig_an. Die Briefe vom Rhein und die Ge⸗ 
chichte d. Staatöwiflenfhaft (2 Bde.) bilden die Schluß 
eine ſeiner literarifhen Wirkſamkeit. Unter alen feis 
nen Schriften legie erauf die zulegt genannte 3 meiſten 


R. Rekrolog. 16. Jahrg. 


x 


* 


82 Weitzel. 


Werth. „Leber dreißig Jahre,“ ſagt er im. Vorwort 
„bat fie mich befchäftigt in guten und böfen Tagen. Ic - 
- babe ihr- die feierlichiten Stunden meines Lebens ge⸗ 
meibt, in denen ich mich den ernften Betrachtungen über 
die Vergangenheit bingab, die mid) mit Troſt, oft aber 
auch mit Beforgniffen für Die Gegenwart und die Zus 
kunft erfüllten.” — Schon feit mehreren Jabren war Die 
font hberauß fräftige Natur durch wiederholte "Krank 
eitdanfälle geſwaͤcht worden. Bon einem drohenden 
Augenuͤbel rettete ihn Die geübte Hand eined berühmten 
Arztes, aber von einem fchleichenden Sieber vermochte ihn 
die ärztliche Kunſt nicht zu befreien. Der Zuftand war bes 
denflid, ohne daß eine nahe Gefahr zu befürchten Rand. 
Es war an dem lehten Tage des Jahrs 1836 als W. 
ih von Neuem unmobl fühlte. Kurz vorder batte er 
mancherlei Abnungen ausgeſprochen, die darauf hinden- 
teten, daß feine Seele ſſch mit dem Gedanken an dad 
diefer Welt zu fagende Lebewohl befdhäftige. Die Leis 
den des Slörpers trug er ſtets mit heiterer Rube, um 
nicht angſtliche Beforgniffe zu wecken im Herzen Derer, 
bie ihn mit Liebe und Verehrung umgaben. Auch mäd- 
rend der legten Euren Sirankbeit blieb er dem aften 
—6 treu, fo lange der Wille die gewohnte Herr⸗ 
ſchaft übte, Wenige Zage reichten hin, die Gefahr bis 
zu ibrem böchtten Grade zu Neigern und jede Hoffnung 
u vernidten, Am Ubend des 10. Januars fenkte fi 
er Engel ded Friedens zu ibm berab, aber den legten 
Seufjer vernabm Niemand von den Umftebenden. Der 
Abfchied vom Feben war leicht und ſchmerzlos. — Er 
hatte nur ein einziges Kind, eine Zochter, vermählt an 
den bergogl, Naſſauiſchen Major von Ablefeldt. — W. 
mar ein hochſt gebildeter Mann; om fiebften, fo wie am 
geiftreichften und Fräftigften ſprach er ſich auf Spazier⸗ 
gängen mit Sreunden aus. Er batte grändlihe Kennte 
niß Der Sprache der Römer; über den Ausdrud in der 
franzöfifihen Sprade gebot er in allen ihren Schattirun 
gen: als Bibliothefar verband er Kenntniſſe und Ges 
dlligkeit mit — Takt in der Behandlung der 
vielen Sremden, melde — befonderd in der Rund — 
bie Bibliothek zu MWiedbaden beſuchten. In polltiſcher 
Hinſicht bekannte er fih zum Syſtem des Fortfchrittes, 
junaͤchſt 7 Syſtem der Reformen; doch nicht ohne 
einige Anklänge des Tiers-parti, doch erffärte er ſich 
ungemein Erdftig gegen Hambadiaden. Er war für Ord⸗ 


nung und Gefegmäßigkeit und flarb zur rechten Zeit; 


i A - \ 
* 


Sengebufch. 85 


denn er bat ſich nicht überlebt, vielmehr werden mehrere 
einer Werke ihn Überleben, Auf feinem- Grabe aber 
profle dad Immergrün der Hoffnung, der Achtung der 
treuen Freundſchaft. — Außer den genannten Werfen 
nd von ibm noch im Drud erfdienen: Lindan oder 
er unfihtbare Bund. Frankf. a/M. 1305. — Eugen 
oder die Seindfcaft aus Liebe. Mainz 1809. — Der 
beilige Bund. Wiesbaden 13833. — Europa in feinem 
gegenwärtigen Zuftande. Ebend. 1824. 


* 38. Chrift. Joh. Andreas Sengebuſch, 


Doktor der Rechte u. vormaliger medienburg : ſchwerinſcher Juſiz⸗ 
kanzleiadvokat zu Ratzeburg; 


geb. i. 3. 1776, geſt. d. 11. Ian. 1837. 


Ä Er mar geboren zu Widmer und unter 6 Geſchwi⸗ 
ſern der ältefie Sohn des 1. 3. 4804 verftorbenen Eon. 
ſchwediſchen Juſttzraths und dafigen Tribunafgerite., 
advofaten Gengebufch, eines dur umfaffende Gelehr⸗ 
amkeit eben fo fehr, als durch ausgebrefiete und gläd, 
ide qurſſtiſche Praris zu feiner Zeit rühmlichht bekannten 
Kechtögelebrten; feine Mutter, Sophie Marie, war eine 
geborne Brodmann. Seine wiflenfdaftlice Borbildung 
erbielt er tbeild von mebreren Privatledrern, tbeild in 
ber großen Stadtſchule feiner Vaterſtadi unter der Leis 
tung Des Profeſſors und Rektors J. D. Denfo und’ 
Konreftord G. €. O. Plagemann, morauf er ſich auf den 
Afademien zu Leipzig, Kiel und Göttingen dem Studium 
der Rechte widmete und ſich nach vollendeten Univerfitäts. 
sabren und Demnächktiger Annahme des juriifchen Doktor⸗ 
5 auf letzterer Hocfchule zuerſt einige Zeit in 
übe aufbielt, um dort als Jurik die praftifhe Lauf 
bahn zu beitreten. Im 3. 4811, wo er unterm 1. Febr. 
bei dem vormaligen Hof» und Landgericht in Bhfleom - 
ald Advofat_ in -Causis Wismariensibus vereidet worden 
war, vertauſchte er jedoch nun Lübel mit Wismar und 
foft gleichzeitig trat er au feine ebelide Verbindung 
mit Saroline v. Bdrenfeld an, einer Tochter des Haupte 
mannd v. B auf Ruſtow in Vorpommern, die ihn mit 
mebdreren Kindern überlebt bat. In Wismar erwarb er 
fid bald einen fo allgemeinen Ruf als Geſchaͤftsmann, 
daß man ſicdd von allen Seiten und ſelbſt von weit ent 
legnern Orten der an feine Gefchicklichkeit und Thätigs 
keit wandte. Aber bei Auem dem war ibm das Schidfal 
nichts weniger als Hold und nachdem er ——— 


84 ie Geyer. 


Urſachen im 2: 4824. ab offcio adrocati et procuratoris 7” 
durch richter Entſcheidung removirt woͤrden war, 
verließ er den Aufenthalt im Mecklenburg und zog nad 
DBorpommern, mo er bald bier, bald dort lebte, zuletz 
. in Demmin bis er fi endlich vor einigen Jahren nach 
Raheburg mandte und bier auch feine irdifche Zaufbahn 
in einem Alter von 60 Jahren beſchloß. — Der Bers 
ewigte mar von der Natur mit vorzügliben Anlagen 
audgeftattet und befaß eine nicht gewoͤhnliche Faſſungs⸗ 
und Gedähtniffraft, fo Daß er nict allein das Lateini⸗ 
{de und Sranzöfifhe, fondern aub bad Griechiſche, Ita⸗ 
lienifhe, Enaliide und Schwediſche mit Geläufigkeit 
fpra und fchrieb. Er hatte vieler Herrn Länder befucht, 
Da er bei jeder Gelegenbeit feine Reifeluft zu befriedigen 
trachtete. Zweimal bereiftte er Schweden, Dänemart, 
England, Frankreich und die Niederlande und jmar mit 
Mugen, mad daber feine Unterhaltung febr belebte und 
ibn in allen gefelligen Cirkeln beliebt madte. — In 
den frübern Jahren find von ibm einige Auffäge in vers 
ſchiedenen belletriſtiſchen Zeitforiften erſchienen, auch 
gab er in der jünaften Zeit noch beſonders heraus: Adel 
und Natur, Ein Nationalroman. Zmei Theile. Hamburg 
13%. — Hiſtoriſch⸗rechtliche Würdigung d. — dung ; 
Friedrich des Großen in Die befannte Nechtsfade bed - 
‚ Müllerd Arnold; auch für Nibtjuriften. Altona 1838. — 
Herz und Welt, Eine Sammlung von Dichtungen. 
2 Theile. Widmer 1333 — 1834, = 
Schwerin. Sr. Bruͤſſow. 


* 39. Auguſtin Andreas Geyer, 3 
Pfarrer in Banz im Herrſchaftsgerichte Banz; 
geboren den 17. Auguft 1774, gef. den 12. San. 1837, 


Er war. der Sohn eines fuͤrſtlich bambergifben Be⸗ 
amten zu Marft-Schorgaft und befucte in “Bamberg, 
um fib den Studien zu widmen, die Öffentlihen Schus, 
len, Noch vor Dollendung derfelben trat er am 14. Juli 
1793 in Die Benediktiner- Abtei Banz, wo fib Männer 
befanden, die von regem Eifer, fid allfeitig audzubilden 
oder in einem Fache ſich auszuzeihnen, befeelt waren. 
Ihr Beifpiel wirkte vortrefflid auf unfern G. Der am 
22. September 1798 zum Priefter geweiht ward und im 
J. 1802 das Amt eines Stanzleiaffeffore und Gafriftand 
erbielt. Schon in den erfien Jahren us Aufentdaltd 
im Kloſter befchäftigte er id in den Nebenkunden mit der 


’ 


Geyer. 88 
Naturwiſſenſchaft und indbefondere mit der 
funde und legte eine Perrefaftenfammiung an, wozu der 
ode Berg und feine näbfte Umgebung reihlihe Aus 
eute lieferte. Nab der Aufhebung des Klofers kam 
diefe Sammlung in dad Naturalienfabinet zu Bamberg, 
Nah feinem Außtritt aus dem Kloſter arbeitete ©. # 
der Geelforge und ward auf feine eng ja 
fentliden Zebrer an der ſechniſchen Schule in Bambe 
ernannt. Allein da diefe Schule nit lange befand, fo 
ward ibm i. 3. 41815 auf fein Anſuchen die Pfarrei Bang 
u Theil. Gent war ibm mieder die fang gewänfcte 
elegendeit gegeben, feinem Lıeblingshudium, der Yes 
trefaftenfunde, eifrig obzuliegen. Geber Mühe no 
Kofen fdeuend, fuhte er nun eine große Sammlung 
antediluvianifder Ueberreſte auß der NE, grün 
ben, mas ibm auch unter Beibülfe des herzogl. Kabinett⸗ 
fefretärd Theodore aelang. Diefe Sammlung ſoute aber 
nur auf die nächite Umgebung von Bany fi beichräufen. 
Außerdem, daß zu diefem Iwecke die Umgegend genau 
durchſucht wurde, um Das offen Daliegende zu fammdin, 
wurden Öfterd große Felſen gefpalten, mean fi von 
außen Spuren von folden Berfteinerungen jeioten und 
mas auf Diefe Weile tdeils in größeren, theild in lei» 
neren Stücken im Sommer aefammelt war, wurde wäh 
rend ded Winters durch den Meifel auß der harten Sejfen- 
mafle ausgearbeitet und zulegt fo fein ugd zart mit der 
Nadel aufgeſtochen, dab man felbR die Eleinken Zähne 
der fofiilen Thiere genau betrachten Eonnte. Das meilte 
Verdienſt um die Petrefaktentunde bat ſich aber Geyer 
durch die Auffindung- des Ichthpoſaurus eined aroßen 
Thiered der DVormelt erworben. Nad dem Seugnife 
ine 





* 


nr 


Familie, mit der Beſtimmun 


86 RR: Hanfing. 


* daß dieſelbe zum all⸗ 
gemeinen Nugen der Naturforſcher fortwährend auf dem 
Hloffe Banz aufbewahrt werde. Aber fein edles Stres 
ben wurde aud anerfannt. &o ſchmückte ihn der ‚Deriog 

es 


Wilhelm in Baiern *) mit einer großen goldenen 


daille und eben fo Die narurforfdende Geſellſchaft zu 
Sranffurt_ mit einer folden. Aus nahen und fernen 


- ändern famen Naturforſcher zahlreich nad Banz, um 


ihre bisber gemachten Erfobrungen an der treitlichen 
durh ©. angelegten Naturalienfammlung zu prüfen und 


beftätigt zu finden oder um fi daſelbſt neue Auffhlüfe 


zu verfcaffen und den Kreis ihrer Stenntniffe zu ermeis 
tern. Allen mar Geyer ein —— Sübhrer. Un⸗ 
tadelbaft in feinem prieſterlichen Wandel, benahm er 
fi offen und gerade, anſpruchslos und liebevoll gegen 
Jedermann. Er binterließ febr wenig; denu feine Wohl _ 
thätigfeit und Die Liebe zur Wiſſenſchaft nahmen fein 
gaanes Wiofteinfonsmnen in Anſpruch. Als Diſtrikts⸗ 
uleninſpektor war er nicht an feinem Platz und er 
ſuchte darum bei der £. Regiegierung um Entbebung von 
biefer Erelle nad. Innig liebte er feine Sreunde; fein 
Hausweſen führten feine nächften Anverwandten und viel 
verdanft ibm fein Neffe Geyer, der fi zur Zeit auf der 
Univerfirät in Münden befindet. Wenige Monate vor 
feinem Tode bat er den Deriog Marimilian um die 
Entbindung von der Pfarrei, welcher Bunf® ibm mit 
Zufiherung von freier Wohnung und Hol; aus dem 
berzogt. Walde gewährt wurde. G. wollte jedoch ind 
nabe Eridihen Graffelftein ziehen und da feine alten 


Tage in Ruhe zubringen. Ede aber die Beftätigung 
. fam, erfranfte er und war troß aller örztlihen Bemü« 


bungen bed D. Kirchner gu Bamberg nicht zu retten. 
Bamberg. — — G. A. Thiem. 


* 40. Bernhard Heinrich Karl Hanſing, 


erſter Prediger in Varel im Herzogthum Oldenburg, Mitvorſteher 


deo dortigen Waiſenhauſes u. Mitglied des geiſtlichen Kollegiums 


der Herrſchaft Varel; 
geb, d. 14. Maͤrz 1765, geft, d.-12. San. 1837, 


Er wurde zu Varel in der erſten Pfarrwohnung ge- 
horen, in demſelben Haufe, morin er geftorben if. Sein 


‘ 


‚Vater, Karl Heinrio Yanfing, welcher als Konfiftoriale 


") Deffen Biogr. f. in diefem Jahrg. des N. Rekr. ©. 61. | 


Hanſing. 87 


afeffor und erſter Yrehiger zu Sengmarden Im ber 
(daft Kuipdaufen geftorben ik, war damals Hulfs⸗ 
prediger des erften Predigers in Varel und mit Magdal. 
Eleonore, geborenen Spille 'verheiratbet. Schon früh 
entdedte diefer mehr ald gewöhnliche Anlagen in feinen 
einzigen Sohne (der Thchter datte er mehrere) und Übers 
gab denfelben daber zeitig feinem Schwiegervater, Deus 
Damaligen Screibmeifter Spille an der latein. Schule 
zu Oldenburg. Hier in dem Haufe feiner Großeltern 
erbielt er, während er dieſe Schule beſuchte, nit nur 
feine wiſſenſchaſtliche Bnung. fondern ed wurde auch 
in ibm ber Grund zu jenem trommen ®inne gelegt, der - 
ibn fein ganzes Leben bindurd auszeichnete und ihn 
ſpaͤterhin wohl befonders beflimmte, ſich dem tbeologis 
{den Studium zu widmen. Im 3. 1783 bezog er Die 
Hochſchule zu Halle, mo er die berühmten Theologen 
Semler, Nöfelt, Knapp, Niemeyer u. a. m. und den 
Mbilofopben Eberhard börte und wurde, nachdem er, 
nach feiner Rickkehr ins Vaterland fein Eramen ehren⸗ 
voll beftanden batte, i. 3. 1787 zum Kantor und erſten 
Lehrer an der Schule zu Varel ernannt. Hier lernte 
er unter feinen Schülerinnen die kennen, mit welder er 
fpdter, am 25. Oft, 1792, den Bund der Ehe einging, 
Epriftine Sopbie v. Harten, älteRe Tochter eines Wein 
pändlerd in Barel, Weil der ar erſte Prediger 
in Varel häufig kraͤnkelte und der Hülfe bedurfte, pres 
digte er für denfelben unaudgefegt ein ganzes Jahr lang. 
indem er dabei fein Kantoratdgefhäft wahrnabm , theils 
zu eigner Uebung, tbeild aus Gefäligfeit \ en dieſen 
“von ibm geachteten Mann und erwarb fi dadurch fols 
den Beifall, daß er, ald derfelbe ftarb und Der zweite 
Prediger die ibm angeirentne Stelle des erften Predis 
gers ag: am 2. Juli 1792 von dem letztverſtorbe⸗ 
nen Grafen Bentind *) zum erften. Prediger in Varel 
berufen wurde, welcher Stelle er feirdem treulich vors 
fand, did Förperlihe Schwäde und Kraͤnklichkeit es ibm 
unmögtid machten, fie länger zu Verwalten und er Tas 
der mebdrere Jahre lang ſich der Hülfe eines jüngeren 
Predigerd bedienen mußıe. Es Foftete aber viel Ueber⸗ 
redimg von Seiten feiner Sreunde und anderer ehren. 
wertber Männer, mit welden er in beRändiger wiflen. 
fdaftliben Verbindung lebte, ihn zur Annahme dieſes 
Rufd zu bewegen, da er mit einer hoben Idee von ber 


. 





*) Defien Biographie f Im N. Metrolog Jahrs. 13. ©. 88. - 


+ 


Br Hanfing. 


ürde und Vortrefflichkeit des geiftlihen Standes ers 
füut war und fi einer Stelle in einer fo anfehnliden 
Gemeinde, die fo vielfeitig feine Kräfte in. Anfprud 
nabm, noch nicht gemacfen glaubte. Er gab, ihrem 
Andringen endlid nad) und wurde darauf noch in dem 
nämliden Jahre zum ag ded geiſtlichen Kolle— 
giums für die Herrſchaft Varel und zum Mitvorſteher 
de dortigen Waifenbaufed ernannt, Er arbeitete nun 
mit verboppelten Siräften, um ſich des in ihn gefetten 
ehrenvollen Vertrauend würdig zu machen, indem er 
allen feinen Arbeiten die böchfimbglichfte Vollendung zu 
eben ſuchte, legte aber auch dadürch wohl hauptfächli 
en Grund zu einer Kraͤnklichkeit, welche ibn bis ind 
oͤchſte Alter nicht verließ, fondern vielmehr mit den 
ahren zunabm und die, wenn fie auch die Sreudigfeit 
eined Geifted und feinen Muth nit unterdrädte, ibm 
ob oft bei feinen Geſchaͤften binderlid war. Dazu 
fam noch, Daß gerade zu der. Zeit, wie er fein Amt 
antrat, der Königöberger Weltweife, Immanuel Sant, 
dem pbilofopbifhen Denfen des Jahrhunderts eine ganz 
neue Richtung gegeben batte. Hanjing wurde mit den 
Schriften dieſes ſcharfſinnigen Denkerd bekannt und er» 
Fannte bald das Ungenügende feines frühern pbilofophis 
ſchen Studiums, befonderd rüdfibtlid des —— — 
keilsprincips in der Moral, Er fab aber auch ein, mels 
ben wichtigen Einfluß die Schriften Kants, befonders 
bie Wiederberftellung des Sittengeſetzes in feiner Würde, 
auf die Auslegung des Chriftenthums genjonen mußten 
-umd von der ger war fein eifrigfted Bemüben, den 
orifiliven Glauben, den er begte, rationell zu begrüns 
den und fich fein eigned Spftem zu bilden. Es Foflete 
ibm indeß anfangd nit wenig Mühe, die damald ganz 
neue Lehrweiſe Kants zu fallen und noch größere Mübe, . 
die Anwendung davon auf Dad Ehriftentbum zu machen,‘ 
Eben dieſes Studium der Santifhen Schriften trug 
aber unftreitig zu der Gruͤndlichkeit bei, die felbft feinen 
populären Vorträgen eigen war, fo wie fie feinem Nade 
denfen Über das Chriſtenthum felbft eine eigenthümlide 
- Richtung gab, fo daß man ibn in allen feinen Vortraͤgen 
rofort wieder erfannte, Zu diefer Grändlichkeit im Den, 
fen,-Die bewirkte, daß man ſiq x dem Anhoͤren feiert 
Vortraͤge völlig befriedigt und gänzlid Werzeugt fühlte 
von der Wabrbeit, melde zu empfehlen er id vor 
gefegt batte, fam noch feine Genialität hinzu, um allen 
feinen Reden ein böhered Intereſſe gu acben; denn es 


Hanfing. | 89 
waren jederzeit die Intereffanteken Materien, die er 
Gege Mi ‘der Erbauung wählte und eben fo Inter. 
efiant war_die Art und Weile, wie er Re behandelte und 
vortrug. Er concipirte, obwohl er frei redete, eine jede 
feiner Reden, auch die SGelegenbeitöreden, vbrtlie) und 
dielt fie aud fo, wobei ihm fein guted Gedaͤchtniß zu 
Hälfe tam und bei dem Vortrage hriklider Wahrheiten 
nüsten ihm auch feine gewiß nicht gewöhnlichen dußern 
sınd innern Rednertalente, denn mit einem Aeußern, 
Durch welches ſchon fein Wuftreten ebrwärdig erſchien 
mit einem ausdrucksvollen Gefichte, welches jedesmal 
den Gedanken feiner Seele entſprach, verband er eine 
gen. wohlklingende Stimme, eine große Rude und 

emefiendeit in der Aktion, eine rintige Geberden⸗ 
Prache, ein aͤnßerſt feines Gefüͤhl für dad jedesmal 
Schickliche und Zeitgemäße, eine «außerordentliche Ge⸗ 
mwandıbeit im der Sprade und einen bläbenden Styl, 
wie idm denn auch eine große Kenntnig des menſch⸗ 
ichen Herzens und die Geſchicklichkeit eigen war, ſei⸗ 
ner Rede nicht alein Säle und Lieblichkeit, fonders 
auch, ſo oft er wollte und es Noth that, Kraft und 
Nabdrud zu geben. Was aber infonderbeit Dazu beiten 
feinen Reden die außerordentlihe Aufmerkfamfeit un 
Das faſt ungetbeifte Intereſſe de jeher: fo daß in der 
ſpaͤtern Zeit feined amtlihen Wirkens, wo er nur felten 
mehr die Kanzel betreten Eonnte, man ed gewiflermaafen 
ald ein Feft betradtete, wenn man ibn bören konnte, 
das war wohl der Umftand, daß der Slaube, den er Ans 
dern verkündigte, in den Innerſten feiner frommen Seele 
wohnte und daß die Wahrheit, Die er feinen Anvertrauten. 
empfabl, das Princip feines eignen Denkens und Handelns 
war. Denn unftreitig war er dur feinen fittliden Cha» 
zafter und feine ungebeuchelte Gotiesfurcht noch weit ebre 
ewürbiger al& Durch feine Kenutniſſe und fein Rednertalent. 
Er war ein frommer Diener Gottes in Wort und Wans 
def, ein aufrichtiger Verehrer feined Derrn. Eifer für 
feinem Beruf, ſtrenge Rechtſchaffendeit und ſelbſt Libe⸗ 
ralitaͤt der — Wohlmollen und Menſchenfreund⸗ 
lipfeit, feine Berhdfihtigung und Vermeidung deſſen, 
was Andern unangenehm fein und fie Eränfen konnte, 
rtes Gefühl für Ehre, aber auch fittlider Ernft und 
enge Wadrheitsliebe zeichneten ihn in ſehr dodem 
Grad aus umd nod Mancher der Jetzlebenden wird ſich 
mit Rührung des freundlichen Greiſes erinnern, der, um 
Andern angenehm zu fein, gern die eigene Noth ver- 


oo. Hanfing. 


geb, der nod im hoben Alter an den Sreuden und Leis 
en feiner Nebenmenfhen fo innigen Antheil nahm, der 
gegen Jeden, aud dem Geringſten freundlich und gefällig 
war und ihn Durch feine gute Laune und ſcherzhaften 
.Geſpraͤche zu erbeitern ſuchte. Wir baben geglaubt, in - 
der Schilderung der Perföntichkeis dieſes Verſtorbenen 
ausführlich fein zu müffen, um unfere Leſer in den Stand 
au fegen,, die ———— zu würdigen, die feine 
egten Lebensjahre getrübt haben und noch jetzt nit 
ruben, fein Andenken zu befleden und feine Nacgebliee 
benen zu kraͤnken. Eıne von ibm im J. 1826 audges 
ſtelte Beſcheinigung über die ebelichen Verbältniffe ded_ 
legiverkorbenen Grafen Bentind hat nämlid in der obe 
ſchwebenden Bentindfden Succeſſionsſtreitſache Aeuße⸗ 
rungen veranlaßt, die nicht blos in den gerichtlichen Vers 
bandlungen geblieben, die in öffentlide “Blätter und 
Drudisriften übergegangen find und wodurdh man Die 
Wahrheit Diefer Befheinigung. dat anfechten und. ver⸗ 
daͤchtig machen mollen. Uber der Derftorbene war, wie 
unfere Leſer bier feben, nicht der Mann, der Etwas be⸗ 
zeugen konnte, wozu nicht fein Gewiſſen feine Beiſtim⸗ 
mung gab und er bätte gewiß durch Nichts in der Welt . 
bempgen werden fönnen, Died Zeugniß audzuftellen, wenn 
‘er ſolches nice feinem Amte ſchüldüg zu fein geglaubt 
bätte. Denn lieb fonnte es ihm nätuͤrlich nit fein, 
ed auöftellen zu müſſen, da er Elug genug war, zu be 
. greiten, Daß er Deshalb, obwohl unverdienter Weife, 
vielfod würde in Unfpruch genommen werden; aber er 
og ed vor, fich lieber auch Dem zu unterwerfen, aͤls feiner 
Nicht Eimas zu vergeben, Er ſelbſt bat ſich darüber 
längit bei dem großberzjl. Confiftorium in Didenburg ge» 
rechtfertigt. Wenn gleibmwohl Diejenigen, deren ne 
.. ‚terejlen Die Wahrbeit jener Beſcheimgung entgegenftebt, - 
fortfabren, ſolche durch alle mögliche Mittel zu befreie 
ten, wenn dabei auch fogar Nichts unverfucht bleibt, den 
Ebarafter des Verſtorbenen in ein ſchlechtes Licht zu ſtel⸗ 
len, nah dem Grundfaß der Verlöumder; „verläumde 
nur dreift, ed wird doc immer Etwas hängen bleiben, “ 
fo Fann man nur Mitleid mit denen fühlen, die ſich Feiner 
Denen Warten bedienen Eönnen und fie ihrer felbft ges 
mäblten und mwoblverdienten Schmach Äberlaflen, Jene 
Beibeinigung wäre in Dem von ihnen angenommenen 
all ya ein Derbreben geweſen; aber ein Mann, der 
ein Leben lang, obwohl im Gefäp! feiner Schwachbeit, 
dem Guten nachgeſtrebt bat, der wird nicht fo leicht nod 


> 


— — —— — 


‚fondern ſah auch no 


am Abend ſeines Lebens zu einem Verbrechen bingerif 
Ir und am wenigiten iR Died anzunedmen, wenn gar 
ein denkbarer Grund zur Begehung eines ſolchen Vers 
bredend nachgewieſen werden kann. Denn der Verſtor⸗ 
bene war weder in dem Grad abbängtg von dem letzt⸗ 
verkorbenen Srafen, daß er deſſen Bunk, geſetzt, ſolches 
wäre gefordert, auf Koften feined Gewiſſens bätte er. 
faufen mäflen, noch war er überall dem Ehrgeiz oder 
dem Eigennug fo zugänglich, dag man vpn dieſer ©eite 
ibn hätte locken und Lirren können, wenn man ed auch 
bätte verfuchen wollen und wenn überdies feine Lage fo 
Rails daß er eine Verbeflerung derfelben bätte wäns- 
ben müflen. Er hat vielmehr bei vielen Gelegendeis 
ten Durch Die That bewielen, daß er feine Stellung als 
gebrer und Seelſorger aud Mitgliedern der gräflichen 
Samilie gegenüber fehr wohl erkannte und zu bebaupten 
mußte und gewiß bat er die Achtung diefer Samilie mit 
fib ind Grab genomnien. Manche heitere aber aud 


. mande beiräbende Schickſale bat er in feinem Leben ere 
fahren. Er erreichte ein Alter von 72 Tabren und blieb 


bis an fein Ende im vollen Befig feiner Geiſteskraͤfte; 
er fab nicht nur alle fin noch lebenden Kinder verforgt 
Kinder jener Kinder. Von dre 

Söhnen, welde ihm blieben, iR der eine Prediger, der 
andere Kaufmann, der dritte Landwirth; Die einzige Toch⸗ 
ter iR einem Prediger verdeirathet. Uber auch des Bes 
trübenden traf ihn viel, denn feiner Kränklihkeit, bie 
ibm fein Amt erfchwerge und ihn fremder Hülfe bedärfe 
tig machte, nicht zu erwähnen, verlor er feine erfie Gate 
tin am 12. Mai 1810 auf eine fo plögliche ald unerwars 
sete Weife, begrub drei feiner Kinder und aud feine 
parte Gattin, Epriftine Friederife, geb. Beder, Witwe 
ed Kaufmanns Harkfen in Rodenfirhen, mit welder 

er am 24. Auguft 1818 ſich verehlicht batte, ging ihm 
im Tod voran. Diefe zweite Ehe war Einderlod. Uber 
fo wie Niemand fi belle Darauf verftand, auch bei den 
erfhütterndften Zrauerfällen feine Standbhaftigkeit und 
feinen chriſtlichen Sinn zu bewähren und ſich über die 
Unfechtungen der Erde auf den Slügeln des Glaubens 
au erheben, fo bat gewiß Niemand die Wohltbaten des 
Hoͤchſten mit einem danfbarern Einn Bingengeunen. als 
er. Es war Grundfak bei ibm, dad Unabänderlide mit 
Seftigkeit und Würde zu tregen und die unfduldigen 
Sreuden, die ibm am Lebenswege bläbten, mit erfennt» 
licher Seele zu plüden und zu genießen, in keiner Lage 


92 Norrmann. 


den Muth zu verlieren und auch unter beſchwerlichen 
Leiden und Seftigen Samenensfätlen den Does 
preifen. — So friedlid wie fein Leben, war auch fein 
Ende, denn die Ruhe und Sreudigkeit der Seele, ja die 
heitre Jaune verließ ihn auch in den legten Augenbliden 
nicht. So kann der nicht fierben, deſſen Seele dad Vers 
brechen eines falfden Zeugnifles belaftet. 


* 41. Gerhard Philipp Heinrich Norrmann, 

großberzogi. mecklenb⸗ ſchwer. Hofrato, Dr. der Philofopbie und 

Profeſſor der Geſchichte u. Staatswiſſenſchaften an der Univerfität 
zu Roſtock; 


geb. den U. Febr. 1753, geft. ben 13. San. 18373 


Sein Vater, welder aud Schweden ftammte, mar 
einer Profeffion nad ein Buchbinder, ein in feinem 
ache ſehr geſchickter, nicht ungebildeter Mann und mes 
n feined jovialen Sinnes und feiner großen Rechtlich⸗ 
eit in Hamburg allgemein. beliebt und gegchtet. Er 
batte eine zablreide Samilie und von at Geſchwiſtern 
war Philipp der aͤlteſte, der ſchon alt Fleiner Knabe, 
obgleich von zarter Körperbildung und ſchwaͤchlicher Ge⸗ 
undbeit, Durch große Lebbaftigfeit des Geiſtes, unerfätt: 
ice era Re und ein flarked Gedaͤchtniß fib aus⸗ 
eichnete. Unter den Büchern, welchen den zebnjäbrigen . 
naben befonderd anzogen, nahmen Reifebeichreibungen, 

9 wie. die Geſchichte Yon Robinfon Kruſos den erfen 
lag ein, die er mit großer Emfigkeit durchlas und wo⸗ 
Dur vielleicht ſhon früd der erfte Keim der Neigung 
für (pätere Hiforifde und geographiſche Studien m die 
junae Seele gepflanzt wurde. Dem Dater entgingen 
ie Anlagen und Neigungen feines Sobneß nit und 
wenn er gleich früher ihn für fein Geſchaͤft beſtimmt 
batte, fo. wurde ed doch jetzt fein ſehnlichſter Wunſch, 
- ihn Theologie Audiren zu faffen und er dachte ed fich 
ald das größte Stüf, feinen Sohn dereinſt, vielleicht als 
reslacr in Hamburg, die Kanzel befleigen zu feden. 
enn er gegen die Mutter, eine fanfte und gefcheide 
au, feine Wänfhe und Hoffnungen laut werden ließ, 

o pflegte dieſe freilich zu lächeln und ihm entgegen zu 
een: ob es nicht befer ei, den Stnaben bei gereiften 
adren ſelbſt wählen zu laſſen. Dod der Bater ließ 
nit irre machen und befchloß, feinen Sobn_dem 
obanneum zu Äbergeben, wo er in die unterfie Klaſſe 
aufgenommen wurde. Diele Ankait, weiche ſich in neue- 


Norrmann. 93 
ser Zeit eines großen Rufes erfreut, befand ſich damals 
ee a einer fo guten Verfaſſung. ihre er bier 
mit allem Eifer eines Iernbegierigen Knaben in den als 
“sen Sprachen , welde nad der Sitte der damaligen Zeit 
den größten Theil des Gpmnafialunterrichtd ausmadten, 
fi auszubilden firebte, fo wurde Doc dadurch wie feine 
fon früh erwachte Neigung für Geſchichte und Ges 
graphie zurückgedraͤngt und er benugte jede Gelegenheit 
und jede freie Stunde. zum Leſen geſchichtlicher, geogra⸗ 
phifher und naturbiftorifder Schriften, verwandte *leine 
Erfparniffe, fib Bücher in diefen Fächern eigenthuͤmlich 
anzufbaften und oft wurden Werfe diefer Art ungebune 
den aud des Daterd Werffatf genommen und des Nachts 
durchgeleſen. So wuchs der Knabe zur Frende feiner 
Eltern heran und machte in Epraben und —— —— 
raſche Fortſchritte; doc ſchon fräb ſollte er durch haͤus⸗ 
liche Leiden und darte Unglücksfaͤlle, welche feine Eltern 
trafen und wodurch fie außer Stand geſetzt wurden, die 
Koften feiner mweitern Ausbildung zu befreiten, ſchwer 
epräft werden. Died alled Eonnte jedoch jetzt nicht mehr 
Keinen Entſchluß, ſich den Willenidaften zu widmen, 
wanfend machen und er fuhte nun durch eigne Anftrene 
gung zu erwerben, was feine Eltern ibm nicht mehr- 
geben Fonnten. Mit feinem funfzebnten Jahre begang 
er Unterricht zu ertbeilen und e® gelang idm; Ab dur 
feine Gewiſſenhaftigkeit, feinen klaren 
gefitteted Betragen fo beliebt zu machen, daß er bald in 
einige der erſten Däufer Hamburgs, theild um kleinere 
tbeild um fie bei ihren ne 


pi in die Nacht, wobei er ch durch Den Genuß ſtarken 
@ 


ein 
aulichted Nervenfieber, woran der thätige zün ling in 
einem achtzehnten Lebensjahre gefäbrlid erkrankte und 
wovon er erfi nach einem halben Jahre genas, herbei 


4 


ortrag und fein ' 


* 


94 | Morrmann. — 


geführt. Der Verluſt aller Haupthaare, melde er nie 
volftändig wieder erbielt, war die Solge diefer ſchweren 
Krankheit und er mußte als Schüler, wenn gleih von 
Der Mode begänftigt, eine Perlide tragen, die er in den 
festen zehn Lebensjahren mit einem ſchwar En Suppen 
vertaufchte. Endlich hergeftellt, batte — 28 iches 
Streben neuen Reiz für ihm und er ſetzte nicht nur feine 
Vorbereitung für Dad afabemifhe Studium Mit aller 
Lebendigkeit feined Geifted fort, fondern unterzog fich 
auch mit unverdroffenem Eifer den Verpflichtungen, die 
er ald Lehrer oder Auffeber jüngerer Sähhler übernoms 
men batte, um fich fcbon jeht einige Mittel für feine 
künftige GSubfiften; auf der Univerfität zu erfparen, da 
er auf bedeutende Unterftügung von Seiten feiner Eltern 
nicht rechnen durfte. Je näber er aber feinem Ziele 
rüdte, deſto größere Abneigung erwachte in ibm gegen 
den Beruf, wofür ibn fein Water beftimmt hatte. Biel» 
leiht mochte der Tüngling ſich felbft der Brände diefer 
Abneigung nicht klär bewußt fein, vielleicht aber wurde 
fie dur den Zwang, melden der Vater ibm _auflegte, 
eben Gonntag Vor» und ge die Kirche zu 
eſuchen, bervorgerufen ; doch die leifeite Andeutung dere . 
felben machte den Vater höchſt unmillig und fo ſchwieg 
er für den Augenblid. Gm J. 1774 verließ er die erfte 
. Hlaffe des Tobanneumd, um noch ein Jahr dad füge 
nannte Gymnaſium in Hamburg, eine Zwiſchenanſtält 
wiſchen Schule und Univerfität, zu beſuchen. Um diefe 
Bei mar ed, ald er die Befanntichaft des Prof. Büſch, 
des Gtifterd Der berühmten Handlungsafademie machte, 
eined Manned, der von großem Einfluß auf den Bildungs— 
gan ‚bed Jungen Norrmann wurde und der ihn vielleicht 
n feinem Eniſchluſſe, das Studium der Theologie mit 
dem der uriöprudenz und Geſchichte zu vertaufcen, 
beſtaͤrkte, jeden Falls aber feiner MVorliebe für Gerichte 
und Geograpbie nit wenig Vorſchub feiftere dur die 
Ausfiht, melde er ibm eröffnete, ibm nah Vollendung 
feiner afademifhen Studien fofort ald Lehrer bei der 
Deudlungsatademie anzuftellen. Wortmann batte noch 
einen harten Kampf mit dem Dater zu befteben; endlich _ 
gelang es ibm, deffen Einwilligung zu dem veränderten 
eberröplane zu erbalten und fo ging er Micaelid 1775 
freudigen Muths zur Univerfität nach Göttingen ab. — 
ar offen dem Tünglinge reihlide Quellen, feinen 
urſt nab Wiſſenſchaft zu fillen und er lag mit_regem 
Eifer dem Studium der Jurisprudenz, der Staats- 


- 


Noremann. 05 


wiſſenſchaften und Geſchichte ob. Seine ˖ vorzaͤglichſten 
Lehrer waren Böhmer, Meiſter, die Gebrüder en 
Puͤtter, Schläger und andere ausgezeichnete Männer, 
dur weiche damald die Hochſchule blähte. Mit Der 
grügen pflegte er auch des Nutzens p gedenken, den er 
in Kückſicht auf feine äfberifde Bildung aus dem Ums» 
gang und der Sreundicaft ded liebenswärdigen Hölty 
& ogen. Schon im J. 1777 erinnerte ibn der Profeſſor 
fd an die Ausfährung des früher befprodenen Plans 
und wünfchte [don damald feinen Eintritt als Lehrer in 
die Handlungsakademie; N. jedoch lehnte diefen ehren» 
volen Antrag noch ab, weil er feine Studien nicht 
unterbreden wollte und erſt nah Beendigung feines 
dreijährigen afademifhen Kurfus folgte er den wieder» 
bolten Aufforderungen. So verließ er Midaelid 1778 
Görtingen, kebrte nah Hamburg juräd und wurde fofort 
al& zweiter Lehrer bei der Danblungsafademie angeſtellt. 
Died Inſtitut fand damals in feiner ſchoͤnſten Blürbe 
und wurde von den Söhnen ber erfien Handlungdbäufer 
aller Nationen befucht. Junge Engländer, Portugiefen, 
Spanier, Srangofen und namentlid Schweizer empfingen 
bier ihre Bildung und ſo batte N. — Gelegenheit, 
nicht nur Die neueren Sprachen täglich zu üben, ſondern 
auch manche Tünglinge aus fernen Ländern ſich enger zu 
verbinden, Die aud in fpätern Jahren mit großer Ans 
bänglifeit ibm zugethan waren. Namentlib mögen 
bier die Schweiger von Bonfterten *) und die Gebrüder 
v, Salid **) genannt werden, mit denen er noch lange 
nacber im freundfhaftlidem Briefwechſel ſtand. Bor 
allem aber wurde das innige Verbältniß zu dem Prof. 
Suͤſch, der in Hamburg die hoͤchſte Achtung genoß, von 
großer Bedeutung für N. Durd ibn murde er nicht 
nur in feinen Studien, die ſich jeht fait ausſchließlich 
zur Geſchichte und Staätiſtik binneigten, angeregt und 
etördert, fondern er batte auch das Glüdf, in feinem 
Sau die Befanntichaft der ausgezeihneiten Gelebrten 
euiſchlands AL, machen und mit Männern, wie Flops» 
tod, I. D. Doß ***) cder durch Buͤſch's Empfeblung 
ald Rektor nad Dtterndorf Fam), Claudius und Andern 
fat täglich zu verkehren. N. fühlte fid in feiner Zage 
hf gluͤcklich und nur die Sebnſucht, eine Samilie zu 


begründen, welches ihm in derfelben nicht möglich war, 


EEE SEIT ER 


°) Die Blogr. 8.8. v. 2 Nm N. Nekr. Jahrg. 10. ©. 76. 
Die 35 — 3.9.0. i 
ve) Deilen Wiogr. f. im 4. Sabrg. ded R. Nett. ©, 111. 


ali f. im ® Nekr. ahrg. 12. 5%: 


94 | Morrmam. 


geführt. Der Verluſt aller Haupthaare, melde er nie 
vollftändig wieder erbielt, war die Solge Diefer ſchweren 
Kranfpeit und er mußte als Schuler, wenn gleih von 
der Mode begünftigt, eine Peräde tragen, die er in den 
legten zehn Lebensjahren mit einem en pen 
vertauſchte. Endlich hergeſtellt, batte wiſſenſchaftliches 
‚Streben neuen Reiz für ihn und er ſetzte nicht nur feine 
Dorbereitung für das akademiſche Studium Mit aller 
Lebendigkeit feined Geiftes fort, fondern unterzog fi 
auch mit unverdroflenen Eifer den Verpflichtungen, Die 
er als Lehrer oder Auffeber, jüngerer Schuͤler übernoms 
men batte, um fib fon jeht einige Mittel für feine 
- künftige Subſiſtenz auf der Univerfität zu erfparen, da 
er auf bedeutende Hatertügung von Seiten feiner Eltern 
nicht rechnen durfte, je näher er aber feinem Ziele 
rüdte, deſto größere Abneigung erwachte in ibm gegen 
den Beruf, wofür ibn fein Vater beftimmt hatte. Viel⸗ 
leicht mochte der Tängling fi felbft der Brände dieſer 
Abneigung nicht Flar bewußt fein, vielleicht aber ‚wurde 
fie durb ben Zwang, melden der Vater ihm _auflegte, 
jeden Sonntag Bor» und Nachmittags Die Kirche zu 
beſuchen, bervorgerufen; doch die feifeke Andeutung dere 


ſelben machte den Bater Höhft unmwillig und fo ſchwieg 


er für den Augenblid. Im J. 1774 verließ er die erſte 
Alaſſe des Johanneums, um noch ein Jahr das ſoge⸗ 
nannte Gymnaſium in Hamburg, eine Zwiſchenanſtalt 
wiſchen Schule und Univerfität, zu befuhen. Um diefe 
Zeit war es, ald er die Bekanntſchaft des Prof. Büuͤſch, 
Des Gtifterd der berüdmten Handlungdatademie machte, 
eined Mannes, der von großem Einfluß auf den Bildungs» 
gen bed jungen Norrmann wurde und: der ibn vielleicht 
n feinem Eniſchluſſe, das Studium der Theologie mit 
dem der Sjuriöprudenz und Geſcichte zu vertaufden, 
beftärfte, jeden Falls aber feiner Vorliebe für Gerichte 
und Geograpbie nicht zn Vorſchub leiſtete dur die 
Ausſicht, melde er ihm eröffnete, ihn nach Vollendung 
feiner akademiſchen Studien fofort als Lehrer bei der 
Dandlungsafademie anzuftelen. Norrmann hatte noch 
einen barten Kampf mit dem Dater zu befteben; endlich 


gelan ed ibm, deifen Einwilligung zu dem veränderten 


eberröplane zu erbalten und ſo ging er Michaelis 1775 
freudigen Muths zur Univerfitdt nah Göttingen ab. — 
ier floffen dem Tünglinge reichlide Quellen, feinen 
urft nad Wiſſenſchaft zu ſtillen und er lag mit_regem 
Eifer dem Studium der Jurisprudenz, der Staats⸗ 


\ 


Noremann. Ä 95 


wiflenfchaften und Geſchichte ob. Geine- vorsäglihken 
Zedrer waren Böhmer, Meifer, die Gebrüder —* 
Puͤtter, Schlaͤger und andere A Männer, 
dur welche damald die Hochſcule blähte. Mit Der 
gnügen pflegte er auch des Nutzens p gedenken, den er 
in Ruͤckſidt auf ſeine aAſthetiſche Bildung aus dem Ums 
gang und ber Zreundiaaft des liedenswärdigen gott 
gezogen. Schon im 9. 1777 erinnerte ibn der Mro eſſor 
Bufp an bie Ausführung des früber befprodenen Plans 
und wunſchte ſchon damals feinen Eintritt al$ Lehrer in 
die Handlungsafademie; N. jedod) lebnte dieſen ebren 
vollen Antrag noch ab, meil er feine Studien nicht 
unterbreden wollte und erft nad Beendigung feines 
dreijährigen afademifhen Kurſus folgte er den wieder. 
bolten Aufforderungen. So verlief er Micaelid 1778 
Göttingen, Febrte nah Hamburg zurüd und wurde fofort 
ala pas Lehrer bei der Handlungsafademie angefellt. 
Died Inſtitut fand damals in feiner (hönften Blätbe 
und wurde von den Söhnen der erften Handlung&bäufer 
" alier- Nationen beſucht. Junge Engländer, Portugiefen, 
Spanier, Sranzofen und namentlid Schweiger empfingen 
bier ihre Bildung und fo batte N. ilänfg @elegenbeit, 
nidt nur bie neueren Sprachen täglicp zu üben, fondern 
auch mande TJünglinge aus fernen Ländern ſich enger zu 
verbinden, Die au in fpätern Jahren mit großer Ans 
. bänglikeit ibm zugeiban waren. Namentlich mögen 
dier die Schweiger von Bonjtetten *) und Die Gebrüder 
», Salis **) genannt werden, mit denen er noch lange 
nachher in freundfhaftlidem Briefwechſel fand. Bor 
allem aber wurde das innige Derbältniß zu dem Prof. 
Bild, der in Hamburg die böcite Achtung genof, von 
großer Bedeutung für N. Durd ihn wurde er nicht 
nur in feinen Studien, Die fich jent fait ausſchließlich 
sur Geſchichte und Statiſtik binneigten, angeregt und 
‚gefördert, fondern er batte auch das Gl, in feinem 
Haufe die Befanntfchaft der ausgezeihnerften Gelehrten 
eutfchlandd zu machen und mit Männern, wie Klop- 
Rod, I. 9. Voß ***) (der durd Bülh’s Empfehlung 
ald Rektor nad Dtterndorf kam), Claudius und Andern 
faſt täglid zu verkehren. N. fühlte fi in feiner Zage 
ÖHR glüdlid und nur Die Gebnfucht, eine Samilie ju 
gründen, welches ihm in derfelben nicht möglich war, 





°) Die Blogr. ©. ®. dv. 8 D im N. Nekr. — 10. &, 76. 
”)Die Biogr. 3. ©, ea EN. Rekr. Zahrg. 12. S 
*i Deffen — J im 6. — ER. Nekr. S, 177. 


4 


. 
- 


— 


96 Norrmann. 


konnte ihn beftimmen, fie im Jahr 1782 mit der Stelle 


eined Subfonreftord am Johanneum zu vertauſchen. — 
Schon am 33. März. verbeirathete er fib mit Betty 
Dennenberg (+ 1827) aus Hamburg: — Der neue Wirs 


kungskreis, in welchen N. getreten war, nahm faft alle. 


Kraft in Anſpruch, fo daß er nur wenig Zeit für eigne 
Studien ‚Äbrig bebielt; durch Anftrengung jedoch und 
weife Benugung feiner Zeit, ward es ibm möglich, ſich 
auch ald Shrififteller bekannt zu maden und es folgte 
bald der fon I. 3, 4782 erfhienenen Schrift: „Kurze 
Geſchichte der älteſten teut. Nationalverfaffung u. f. m.,“ 


das bedeutende Werk: „Geographiſch-hiſtor. Handbud 
e x 


der Länder», DVölfer- u. Staatenfunde u, ſ. w. . 
1785 —88. Died Werk, welches feinen literarifhden Ruf 
begründete, deilen er fib bis and Ende feines Lebens 
erfreute, lenkte auch die Aufmerkſamkeit ded damaligen 
Herzogs von Medlenburg:- Schwerin, Sriedrid Franz *), 
auf ihn, ald berfelbe im J. 1789 die Reftauration der 
- Wniverfität zu Roſtock befchloffen hatte und nad tüchti⸗ 


gen Lehrern ſich umfab. Noch in demſelben Jahr erging: 


an N. der eben fo anerfennende , ald ebrenvole Ruf zu 
einer Profeſſur der Geſchichte und Staatswiſſenſchaften 
- an der Univerfitdt zu Noftod, mit Verleihung ded Dof 
rarbtiteld. So ſchwer ibm auch die Trennung von 
der geliebten Bateıfladbt wurde, wo er zu fo vielen 
Jugend- und Univerfitätöfreunden und gelehrIen Maͤn⸗ 

nern aller Faͤcher in den glüdlichiten Beziehungen ſtand, 
o gebot bo die Rüdficht auf feine Samilie, die ſchon 
rei Töchter zäblte, den Ruf anzunehmen, da mit feiner 


bisherigen Stelle nur eine beiränfte Einnahme ver 


bunden war und er dur Privatunterricht viele Zeit 
feinen Studien entzieben mußte. Seine Liebe und Ans 
aͤnglichkeit an feine Vaterſtadt dauerte aber bid an fein 
£ebendende fort und er war nicht glaͤcklicher, ald wenn er 
felbR eine Reife dadin machen Eonnte oder alte Freunde 
Yon dort ibn in Roſtock beſuchten. Der Schmerz der 
Trennung wurde jedoch gelindert Dur) die freundlichen 
Derbältniffe, welche ſich bald für ihn in Roftod geſtal⸗ 
teten. NE Wirkſamkeit dafelbft befchränfte fi „0: 
auf das Lefen geſchichtlicher, geographiſcher und ſtaats⸗ 
wiſſenſchaftlicher Kolegia, fondern er war auch als 
Schriftſteller ſehr thätig, und bei feiner DIEHUNS und 
Pünktlichkeit in allen fiuen Geſchaͤften ward es ihm 


moͤglich, mehrere kleinere Schriften und umfaſſendere 





*) Deſſen Biogr. ſ. in dieſem Jahrg. des N. Nekr. unterm 1. Febr. 


—* 


Werke raſch hinter einander folgen zu laſſen. Außerdem 
mar er .tbeild wirkliches, tbeild Forrefpondirendes oder 
Enrenmitglied mehrerer gelebrien Geſellſchaften, fo wie 
anderer Vereine, welche mehr einen praktiſchen Zweck 


verfolgen, mie j. B. ded medTenb. patrlotiſchen Vereins. 


Henn er fib auf dieſe Weife in weiteren Kreifen als 
tüchtigen Gelehrten befannt machte, fo wurde ihm nie 
minder eine ebrende Anerfennung feiner Derdienfte bb» 
bern Orts zu Theil; denn als i. I. 1704 der derzeitige 
Erbpriny Friedrich Ludwig von Medlenburg - Schwerin 
die Univerfität zu Roſtock befuchte, fo wurde er zum 
Zebrer deffelben mit ernannt und bielt Demfelben, fo wie 


einige Jahre Darauf dem damaligen Erbprinzgen Georg, 


eßigen Broßberjog von Medlenburg : Strelig privatissime 
orlefungen über Geſchichte und Staatöwilfenfbaften. 
Eined gleichen Dertrauend hatte er fich zu erfreuen, al 
im Jahr 1819 der jenige Großherzog von Medlenburg» 
Gdmerin, Paul Sriedrid, Lie Umiverfität bezog. In 
ſolcher Wirkfamfeit fühlte N. ſich böchſt alüdlih, niwt 
etma meil feiner Eitelfeit dadurch geſchmeichelt murde, 
fondern weil er die bobe Bedeutung derfelben für ba$ 
Bob! des Gtaatd erkannte, Wußerdem murde feine 
umfihtige Thätigfeit nicht felten von der großderiogt. 
Regierung, den Ständen Medienburgs, von verfchledes 
nen Korporätionen und Privatperfonen in ee rud ge 
nommen, infofern Gutachten von ibm in ſtaatswiſſenſchaäft⸗ 
lien und Handlungsangelegenbeiten gefordert wurden, 
von denen dad „Über die Sreiheit des Getreidehandels“ 
‚umgearbeiter. 1802 im Drud erfhien. — Wurden ibm 
fo die ſchoͤnſten Beweiſe der Gnade feines Füͤrſten und 
Der Adytung feiner Mitbürger gegeben, fo batte er gleiche 
falls in_feiner langen Wirkfamkeit die Sreude, mehrere 
feiner fräbern Schuüͤler in Die erfien Staatsaͤmter aufs 
räden zu feben und von, ihnen unzweideutige Beweiſe 
idrer Liebe und Anbänglikeit zu empfangen. Unter 
ſolchen Berhältniffen verfloffen R.’8 Zabre in fleter Thaͤ⸗ 
tigkeit und gemiffenbafter Erfüllung der Pflichten feines 
Berufs und wir wenden jest noch einen Blid auf ihn 
ald Gatten und Familienvater und auf die Ereignifle, 
welche ihn in feinem daͤuslichen Kreiſe freudig oder 
traurig berährten. — N. war der treufte Batte und ber 
liebevoüfte Vater feiner Kinder. Außer den drei Thch⸗ 
tern, welche er aus Hamburg mitbrachte, wurden ibas 


in Roſtock nod zwei. Töchter geboren; Söhne hat er nie 


gebabt. Mit dem Unfange dieſes Jahrhunderts wurde 
MR. Nekrolog. 15. Jabrn. 7 


v 


S 


° . * 


.98 i Norrmann. 


dad Gluͤck, das er In feiner Familie genoß, durd mande 
darte Schidfalöfhläge gerräbt. Er verlor zuerſt die 
‚vierte Tochter im 12. Jahre und dann die dritte im 
47. Jahre ihres Alter. Dazu Fam, daß feine ältefte- 


Toter von einer hartnädigen Augenkrankheit befallen 

wurde, wovon ſie erſt nad jahrelanger forgfältiger Pflege 

gene m 9. 1825 farb feine feit 1824 an den Sohn 

eined Jugendfreunded und nachhberigen Schwagerd, den 

Saufmann 9. Donnenberg In Hamburg verheiratbete 
g 


Heiterkeit ſchien ihm zu verfaffen. Dazu kam noch, daß 
er, Der von Tugend auf Furzlichtig gewefen war und 


mehr ſchwinden fab und midt mehr nach — 


ber feine 


meder mübfam felbft lad oder fi) vorlefen ließ und 308 


burcb eine ziemlich audgebreitete Eorrefpondenz Erfune 


ort und fab dem 
ode, beilen Annäberung er erkannte, unverwandten 





Norrmann. 99 


und —— Scharenberg zu Roſtock verdeirathet 
in. — N. war von kleiner und magerer Körpergekalt; 
die Züge feines Geſichts waren durch eine dode Gira 
und eine Rark-gebogene Nafe fcharf außgeprägt und ver⸗ 
rietben einen entfciedenen und feſten Charakıer, der fi 
auch in feinen raſchen und fideren Bewegungen kun 
ab. In dem unfceinbaren Körper wohnte aber ein 
febendiger Geiſt, der von keiner Schwierigkeit zurück⸗ 
ſchrak und fi dur eigne Kraft Badn zu brechen mußte. 
Die Brundzäge feined Eharafterd waren Wahrheitsliebe, 
offene Sreimätbigkeit und unerſchütterliche Feſtigkeit bei 
Dem, was er ald recht und gut erkannt datie. Doc er: 
baben Über Parteilichkeit und DVorurtheile war fein Ur 
theil ſtets mild, aber doch, ſcharf uud richtig. Sein rei⸗ 
ber Schaf von Kenntniſſen Rand ibm ſteis zu Gebot 
- und in all feinem Wilfen, dad er immer in Beziehung 
auf dad Zeben jente, mar er bei, Elar und ſtets eigen. 
thümlich. In feinem Berufe galt ihm die pänftlikte 
und treufte Erfüllung feiner Pflichten für dad Hochſte und 
er konnte nicht unmilliger werden, als wenn er jüngere 
"Leute ibre Dbliegenpeiten leicht nehmen ſah. So treu 
er in feinem Berufe war, ein eben fo treuer Gatte und 
‚liebevoller Vater war er bid an dad Ende feines Lebens. 
Geſellige Kreife wußte er durch fröblien Scherz zu er 
beitern und befonder® liebte er die Unterhaltung mit 
jüngern Zeuten-, die ibn gern faben, meil er in ibre 
Scherze einging und die Unterhaltung durch treffenden 
Wis und faunige Anekdoten zu beleben verftand. Don 
£euten feined Alters nfeate er wobl a fagen: Die 
Alten mag ib nicht, fie find fo praͤmlich. — 
fegendvolle Wirkfamkeit ald Lehrer lebt in einer großen 
Anzadl rüchtiger Schuler fort und was er als Gcrifte 
eller für die Wilfenfchaft geleifter, davon geen außer 
en ſchon oben genannten nachliebende Werke das befte 
aeuaniß: Geographiſch⸗ſtatiſt. Darftelung d. Schweizer⸗ 
anded, in beftidnd, Rüdficht auf popfikal. Beſchaffenheit, 
rodukte, Induſtrie, Handel und Staatswirihſchafi. 
amb. 1795. — Geograpbife; farififhe Veberfiht der 
mmtliben hollaͤndiſchen Beflgungen in DON: und Welt 
‚Indien, nad den beften Duellen. NRoftod 1796. — Er 
fahrungen von Tod. Georg Bhf, vormals Profeffor in 
amburg. 5r Bd. beraudg. ı2c. Damb. 1802. — Anton 
r. Buͤſching's Purzgefaßte Vorbereitung zur europdiſchen 
Länder» u. Staatenfunde, nebft einer ſtatiſtiſchen Ueber» 
dt des jegigen Europa. Sehe, nad er „Vertaflerd 


2 
No — 


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. 100 Frerichs. J * 


Tode völlig umgeardeltete Ausgahe. Herausgegeben ıc. 
Ebend. 1802. — Ueber Wismartß Handeldlage-und deren 


Benugung in ältern Zeiten, ein Beitrag zur medien. 


Sn Neftoratöprogramm. 3 Ubtbeilungen. 


oftof 1803 —1804, — Bolfändiged Wörterbud der 


Produkten» u. Waarenkunde‘od.: Gottir. Ehrift. Bohn’d 
- mwoblerfabrner Kaufnionn, neu ausgearbeitet von ©. P. 
‚ Norrmann. 2 Bd. Hamburg 1805 — 1807. — J 


- Bf’ tbeoretifh-praftifhe Darftelung der Handlung | 


in ihren mannichfaltigen Gefchäften. 3. vorm, und verb. 
 Aufl., mit Einfhaltungen und Nachtraͤgen v. G. P. 9 
Norrmann. 2 Bd. Hamb. 1808. — Borrede zu I. 9. 
Meuendorf'd- Gefchichte der Gtiftöländer des —— 
Biötdums Rahtjebürg. Roſtock 1832. — Mehrere Auff 
u. Recenfionen in der deutfhen allgemeinen Bibliothek, 
nr —— gelehrten Anzeigen, der Jeyaiſchen Litztg. 
u. ſ. m. 


fider auch vor den „allgemeinen geographifhen Ephes 
meriden, ” 1811. Aug. Deft. —— 
* 42. Johann Heinrich Friedrich Frerichs, 
Hof und Garniſonprediger und Conſiſtorialaſſeſſor zu Oldenburg; 
2 geb. den I. Februar 1805, geſt. den 14. San. 1887. 
Sein Vater, Diedrich Anton Frerichs, war zweiter 


ein Bildniß befindet fib_vor dem 51. Bde. ' 
der „neuen deut. allgem. Bibliothek” und etwad aͤhn- 


Nrediger zu Schortend in der Herrſchaft Jever, ald Dies - 


fer Sohn ihm geboren wurde und wurde im Jahr 1808 
als einziger Prediger nad Heppend in derſelben Herr⸗ 
ſchaft verfeht, wo er im J. 1813 ſtarb. Er hatte in dem 
Sobne die Luſt zum geiftlihen Beruf fon damals ges 
medt, denn in müßigen Stunden pflegte er dem 5 biß 
Gjährigen Sinaben bibliihe Geſchichten zu erzäbfen und 
ihn lehrreihe Sprüche nacfpreden zu laſſen, welde 
berfelbe leicht bebielt und nahber oftmals im Spiele 
— vieler Erwachſenen in Form einer 
ede 


pathetiſch gottrug: Ge Me Mutter, eine Tochter 


des verfiorbenen Paſtors Reuter zu Sulenftade zog nad 
Beradigbem Gnadenjahr mit ihrem einzigen Sohn und 
einer jüngern Tochter nach ever, wo er nun die Öffent- 
lihe Schule befuchte und nah dem im elterlihen Haufe 
bereitd erbaltenen Elementarunterridt in Die Provin⸗ 


welipule a — wurde, in deren verfhiedenen 
B 


laffen er bid zum Abgang gi Univerfität den Unter 
riht im den gemwöhnliden Vorbereitungswiſſenſchaften 


⁊ 


— 


| Frericho. 101 
genoß. Nedendei tried er indeß auch manche andere Ge⸗ 
—5 ‚in welchen an jener mit Lehrmitteln nur 
Där tig audgefatteten Unftalt Bein Unterricht ertbeilt 
wird. in gehörte dad Zeichnen und die englifche, 
befonderd aber die franzoͤſiſche Sprade, die er unter 
Leitung feines Dbeimd Reuter, Damals Lehrer an ber 
vierten Klaſſe diefer Schule, fräd zu lernen begann und 
bald mit ziemlicher. Sertigkeit ſprach. '&n den legten 
ahren fernte er mit einigen Mitſchülern auch die ita⸗ 

Neniſche Sprache ohne Hülfe eines Lehrers. Vor ſitt⸗ 
lichen Verirrungen bewahrten ibn die mürterliche Erzie⸗ 
bung und feine edleren Neigungen; ge Streben 
nach Ausbildung und gleiches Setühl für Sittenreinpeit 

verband ihn mit einigen Wenigen Durch vertrauteren 

Umgang. Unter allen Mitſchülern galt er für ausgezeich⸗ 
net durch feinen been Kopf und feinen regen Eifer; 

beſonders befaß er die Gabe und den Drang, alles Ge» 
lernte und Gedachte lebendig und eindringlih mit Wor⸗ 
ten darzuftellen. . Aus diefem Grund gab er fon als 

Sekundaner mit glücklichem Erfolg oft 10 uud mehr 
Schülern Privartunterriht und Fürzte fi Dadurch freis 
lich Die zur Erbofungen nötbige Zeit allzuſehr ab, er⸗ 
feichterte aber Doch feiner Mutter die — der 
durch ihn mit den Jahren Ad mehrenden häuslichen 
Beduͤrfniſſe. Zur Beſtreitung der Koſten des Univerfl- 
taͤtsſtudiums würden ibm aber dennoch die Mittel ges 
febit haben, wären fie nit durch Hälfe freundlicher 
Goͤnner berbeigefchaft worden. Beſonders garig bezeugte 
ſich gegen ihn ein Freund feined Vaters, Der nun au 
verfiorbene Paſtor Minffen gu Wadmwarden, damald mb 
u Sandel. Gründlid und vielfeitig vorbereitet, konnte 
aber F. im Sräbiahr 1824 zur Univerfität abgeben, zus 
naͤchſt nad Halle und nad Verlauf eined Jahrs von da 
nach Jena. Wie er fpäter ſelbſt urtbeilte, brachte der 

Aufenthalt in Halle ibm für Wiffenfchaft und Leben kei⸗ 

nen bedeutenden Gewinn. Der Rationalismus  ftand 

noch recht in feiner Sonnenhöhe; F. war fein myſtiſcher 

Sonderling und hörte daber bei Gefenius, Wegiheider 

und Gerlach; die beiden legteren ſchaͤtzte er befonder, 

obne jedoch mit ihnen in nähere er ad ng zu treten. 

Die demagogiſch gewordene Burfchenfhaft bäßte ſchon 

für ihre tiranifhen Entwürfe auf den Feſtungen, Die 

Ueberrefte derſelben maren DEIDEERD, oder bielten ſich 

fon im: Verborgenen, F. blieb Daber akademiſchen 

Verbindungen fern, trieb nur mit einigen näher Be: 





— 


102 Frerichs. 


freundeten dad Studium der engl. und ital. Sprache (las 
Milton, Taſſo ꝛc.) und —* r ſich das Studium der 
franzöfifden und der Gewichte fort. Anders ward dies 
in Jena, wo die Örtlihen Umgebungen, Die Lebensfor⸗ 
men der Studenten und die Vorträge der Lehrer mehr 
beiebend und befriedigend auf ibn einwirften. Durd 
Ludens geiftreihe Darltelung gereizt, ließ er Feine von 
deffen arfhiatliden Vorlefungen unbenutzt. Sür feine 
tbeologiide Yusbildung war ihm die Theilnabme an 
einer vom damaligen Privatdocenten Gebſer geleiteten 
theologiſchen Belellfgaft, "deren 8 bid 10 Mitglieder 
fi durch Ausarbeitungen und Beurtheilungen meiſtens 
eregetiicher, Dob auch praktiſcher Arbeiten, tbeild in 
lateſniſcher, theild in deutſcher Sprache übten, von gro» 
ßem Gewinn, Einen entfhiedenen Einfluß auf feine 
tbeologiibe Anſicht, und Geiftedrihtung gewann indes 
Baumgarten: Grufiuß. Unter den Aufpicien dieſes geifte 
vollen, aelebrten und treffliben Mannes, welder dad 
— —— Talent und das Höhere Streben bei F. 
fhägen gelernt hatte, verfuchte er fi aa den gruͤnd⸗ 
lichſten Borftudien an der Beantwortung der von der 
——6 Fakultaͤt aufgeſtellten —2 „über die 
Lehre Ubdlardö" und feine Arbeit wurde rübmlich ges 
Frönt. Die Preisfchrift erfhien zu Jena im Winter 1837 
gedrudt unter dem Xitel: Commentatio theologico - cri- 
tica de P, Abaelardi doctrina dogmatica et moruli und 
ift ben Mantn feines im Sommer 1826 verftorbenen Goͤn⸗ 
nerd Minffen als Erflingsgabe der Dankbarkeit gemide 
met, Außer dem Gewinn an wifjenfhaftlider Bildung, 
on Ehre und Freude, verfhaffte ibm dieſe Arbeit auch 
die Mittel zu einer Neife durch Thüringen und Frans 
ken, auf welder er unter andern auch in Baireuth, kurz 
‚ vor deſſen Ende J. Paul *) befuchte, Auch die Freuden 
des Tepe Studentenlebend verfhmähte er nicht und" 
fein Umgang war auch von denen gefucht, die feines 
Grobfinnd und barmiofen Wiged ſich gern erfreuten. 
Ganz im Kontraft mit diefem beitern Jugendleben Hand 
die Einfacbeit und Zurädgezogenbeit, in welcher er die 
beiden folgenden Jahre von Oſtern 1827 an als Candi⸗ 
dat in Jever bei feiner Muster und feiner Schwefter 
verlebte. Nah ruͤhmlich beflandenem Eramen mußte er 
vor allen Dingen auf eine Verforgung denken. Zu ei⸗ 
“ner Lehrerſtelle an einer Öffentlihen Schule war weder 


. 


°) Deffen Biographie ſ. N, Nekr. 8. Jahrg. S. 1085. 





£ | ° Sreriche, 103 
ia Dfdenburg no In Jever Ausſicht, da mehrere ältere 
Eandidaten 7 waren und er fuchte daher daldmoͤglicht 
durch Privatunterricht in Epenigfeit su fommen. Seine 
"Hoffnung bewährte ih vollkommen, denn er befam beaid 
d viele Schüler, daß er für den Bedarf im Haufe feis 
ner Mutter binlänglide Mittel erwarb. Im gefelligen 
Leben beſchraͤnkte er fi freilich fehr, aber deſto mannich 
faltiger und reger war feine Geiſtesthaͤtigkeit. Außer 
dem Studium der alten ind neueren Spraden der Ge 
chichte und der neuen Literatur, wozu fein Unterride 
hm Anlaß gab, trieb er immerfors Die tbeologifchen Wiſſen⸗ 
fwaften und machte ſich mit den Schriften mancher neuern 
Theologen genauer befannt. %Zür die geiflide Praris 
batte er fib nod wenig vorbereiten Eönnen, alb er ſchon 
im Mär; 1829 zur zweiten Prüfung nad Dldenburg bes 
rufen und bald darauf zum Paſtor auf der Infel Wan⸗ 
geroge ernannt wurde. Am Sonntag Cantate trat er 
un erfien Mal vor feiner Eleinen Gemeinde mit dem 
orfag auf, Chriſtum ald Grund der Kirche und Mittels 
punkt des Lebens in allen Verhältniffen darzufellen und 
in feiner ——— und der Steilung zu ſeiner Ge⸗ 
meinde feinem Vorbilde Minſſen nachzäſtreben. Man 
muß geſtehen, daß ihm dies auf — e in den 5 
Jahren, die er dort verlebte, fo weit die Umftände es 
zuließen, gelang. Nur wenige Uebelmollende und Uns 
verſtaͤndige daben ibm. Verdruß gemacht: im Ganzen ges 
noß er die größte Liebe und das unbedingtefle Vertrauen. 
Es dielt bei vielen Infulanern 5— und bei einigen 
war es gar unmöglich, fie von groben Vorurtheilen und 
falfden Rechtsvorſtellungen in Betreff des gemeinfchafts 
liden Grundeigenthums ihrer Inſel und ded Strandes 
gu beilen; die Autoritdt der Kirche kann da nicht durch⸗ 
. dringen, wo das irdifche Intereffe die Seelen ganz ers 
füllt, wenn ed auch an Außerlichen Beweifen der Ehrfurdt 
- vor Bott und feinem Wort, wie bei diefem Inſelbewob⸗ 
nern, keineswegs fehlt. Durch umge Rath fand er- 
ihnen in Verlegenheiten bei, durch Särbitten und Ges 
008 bei den Bebdrden ſuchte er ihnen Schonung und 
achfiht zu bewirken, übernabm die Geſchͤftsführung 
und Verwaltung einer Nachlaffenfhaft für Unmändige 
und fuchte drüdende Armuth durch eigene Unterſtützun⸗ 
gen und durch Sürfprade und Verwendung bei Bemit⸗ 
telten in und außer.der Gemeinde von dem Eilande ab- 
sumenden. So war er nicht nur in geiklichen, fondern 
auch in weltlichen Dingen ein Vermittler bei Dielen. 


' 


‚10% j Frerichs. 


Die meiſte Hoffnung übrigens, Menſchen für dad beflt 
Leben zu gewinnen, ſetzte F., wie wohl Ag 
die Zugend. Daber nahm er fi, mit Eifer und Vor⸗ 
liebe des Jugendunterrichts an, befuchte far taͤglich die 
Schule und unterrichtete oder gab Anleitung zum Uns 
terriht. Auch in feinem Haufe forgte er für die Erzies 
ung und den Unterricht mehrerer, ibm übergebener 


inder, bäufig folder, für welche man diefen abgeſon- 
derten Aufenthalt wählte, um fie den Zerftreuungen-zu. 


entzieben, welche in der Heimath fie dem Sleiße abwens 
dig machten. Diefer häusliche Unterricht nöthigte ihn, 
das Studium der alten Sprachen, fortzufegen, er drang 
in den Geift der alten Mlaffifer immer tiefer ein, aber 
er vermißte in ibnen den einzig wabren Grund alled Le⸗ 
bens und die erlöfende und erſeuchtende Kraft des evan⸗ 
pelifhen Wortd. Zu ciner immer völligeren Hingabe 
an den Inhalt des Chriftenthums trug befonderd die 
Befhhäftigung mit Schleiermacyer *) bei. Der Beift Dies 
fe8 tiefen und fcarfen Denferd, deflen Schriften er 


außer denen von Herder und Goethe **) befonders eifs - 


rig lad, batte ibn gemwaltig ergriffen und obwohl er nicht 
in alle Glaubendanficten deſſelben einzugeben vermochte, 
fo blieb derfelbe doch nicht obne Einfluß auf feine Denke 


. und vielleibt aub auf feine Predigtweife. Seine Pre 


bigten blieben nämlich nicht fo allgemein faßlich und 
auf Dad praftifche Leben anwendbar, wie anfangs. Haupts 
ſaͤchlich war dies der Fall, wenn er in der Badezeit feine 
eigne Gemeinde fait ganz verlor under vor Babdegditen 
aus verfaiedenen Ländern und größern Städten pres 


Digte. Unwillkürlich wurde dann fein Geiſt durch die 


Umgebung in einen böbern Schwung geſetzt. — Es kann 
nicht auffallen, Daß die Unmefenbeit der Sremden wäh» 
rend der jäbrliden zmweimonatliden Badezeit auf der 
infel den Prediger Derfelben in eine anregende und 
unterbaltende — mit der Welt ſetzt, wie ſie 
den Wohlftand und die dußere Bildung»der Inſulaner 
erböbt; zugleich aber treten dadurch auch mande fremde 
artige Neigungen in das barmlofe Nachbarleben ftörend 
ein und erſchweren die Wirkfamkeit des Predigerd, Mit 
ber altfriefifiden Gitte verliert ſich auch die altfriefifche 
Sprade immer mehr von der SInfel.. Wad davon fi 
noch erhalten hatte, fuchte 3. aufammenzutragen, um es 


°) Deffen Bi raphie ſ. N. Nekr. 12. Sabr «©. 125, 
v0) Deflen —E ſ. N. Nekr. 10, — S. 1m, 


re 
uf 


| Frerichs. 405 
. in-elmem Idiotikon herauszugeben. Zugleich gedachte 

er ſprachlihe Bergleihungen mit den Reſten des Wis 
frieſſſchen im Saterlande und in Weſtfriesland nebſt ei⸗ 
ner geſchichtlichen Nachweiſung der Veränderungen N 
der Zeit des Afegbabuhs Damit zu verbinden und ſtu⸗ 
Dirte zu Diefem Zwed frieffche Literatur und Geſchichte. 
Leider war Ddiefer Plan für Die ihm vergbnnte Muße 
viel zu weit greifend und die Arbeit iR kaum als den 
gonnen anzufeben; aus den ungeordneten Materialien 
wird ein Sreund des Verewigten and Licht fördern, mas 
baraud zu. gewinnen möglich fein wird. 8. quite (don 
auf Wangeroge die Arbeit gänzlich ruhen laflen, da er 
in dem festen Jahr dort von einem andauernden fürs 
perliden Uebel geplagt murde. Das Seebad, Undern 
ein Born neuer Lebenskraft, batte, wadrſcheinlich durch 
zu lange fortgefehten Gebrauch, ohne daß Dabei die 
ndtbige Ruhe genoffen wurde, fein ganzes Nervenfpftens 
geſchwaͤcht; bei der geringften geiſtigen — quäle 
ten ibm die beitigten Kopfidmerzen und, der böfe Däs 
mon ber Hypocbondrie verfolgte ihn furdtbar einen gan» 
gen Winter bindurd. Früher ſchon hatte man dad Kon⸗ 
reftorat in ever ibm übertragen wollen. und durch die 


in der Badezeit gewonnenen Bekanntſchaften hatten ih 


ihm Ausſichten zu einer mwärdigeren Stellung in einen 
fremden Staat eröffnet; jept mußte er ſehnlichſt eine 
Derfegung wünſchen und glücklicherweiſe hatte er zwi⸗ 
fhen jwei Stellen zu wählen: Dem erledigten Konrektos 
rat an der Schule zu Jever und der Pfarre zu Oftern- 
burg, einer Dorftadt von Oldenburg. Weil jene Stelle 
viele Arbeit und geringe Befoldung verhieß und F. lieo 
ber in einem geiltliden Umte zu bleiben wünfdte, fo 
wurde er im juli 1834 Paftor zu Ofternburg. Das 
jweite Studium lat oͤffentlichen Wirkſamkeit begann, 
ein kürzeres und für ihn minder erfreuliches: er. trat in 
eine ganz andere Lebensſtellung, eine reichere Sülle von 
—— * und Thaͤtigkeit bot ſich ihm dar, aber auch 
eine, bisbder ibm unbekannte Schwierigkeit. Oſternburg 
iſt eine Gemeinde, in der ſchwerlich Jemand, der nicht 
an Körper und Geiſt im doͤchſten Grade fer if, feinem 

farramte volled Genuͤge leiften fan und wird. Eins 
ade, ſchlichte Landbauern,: Dorfbewopner, zum Theil 
Handwerker mit Kädtifhen Neigungen und Sitten, feine 
gebildete Hof: und Staatdbeamte bilden eine Gemeinde; 
wie fol er die dur Predigen und Beſache für bie 
Kirche gewinnen, wie um den Altar erhalten? Wie in 


- 


106 Frerichs. 


der Verwaltung kirchlicher Ingelegendeiten die idm ob⸗ 
e 


Tiegt und zugleich im gefelligen Leben allen Anfoß ver 
meiden? Bor allen Dingen tab Sr. die Nothwendigkeit 
ein, daß vor dem Geiſtigen und Höberen, vor der 
reinen Lehre ded Evangeliums fi nod mehr Ehrfurdt 
verbreiten müille. Die Mittel zu Diefem Zwecke befaß er 
wohl: inniged Gefühl und hohe Begeiſterung, Tiefe und 


Reichthum der Gedanken, Lebendigkeit der Phantafie und 
Kraft und, feurigen Glanz der Rede — alled dieſes 


mußte er jederzeit aufjubieten fuchen, um auf dem 
Hödenpunfte zu bleiben, auf dem er viele modern 


“ Dentende Aufgellärte einmal gewonnen batte und an 
den Duell des evangeliſchen Worts wieder heranzuziehen ' 
boffte und das Eoflete ibm manchmal. große Anftrengung. 


Zeit und Kraͤfte wurden nicht minder in Anſpruch genoms 


men Durch die Üibergroße Anzahl verarmter und dürftiger . 


Zeute;, allerlei Beſuche und langgefponnene Vorfteluns 
gen zerriffen ibm oft feine Morgenftunden und am Nach⸗ 
mittage riefen amtliche Verrichtungen ibn vom Haufe ab. 
Sollte er, aber an der Prüfung der Kandidaten Theil 
nebmen, welches Geſchaͤft ibm für die Folge auch übers 
tragen war, fo durfte er feine Fortbildung in theologis 

er Erkenntniß nicht verfäumen. Bei feinem Intereſſe 


2 
für vie £iteratur konnte er die Gelegenheit micht uns 


« 


\ 


enupt laffen, Durch die Näde einer SuQbenplung und 
Kbeilnabme an mehreren Lefecirkeln ſich mit den literas 
riſchen Erfheinungen der Gegenwart bekannt zu machen. 


Schriften von Tbolud, Harmd u. a. nahmen ihn in 


Anſpruch; Strauß und Moͤhler fegten ibn in Bewegung, 
aber er ergriff ihre Entſtehung und Tendenz und fürchtete 


. nichts, fondern bielt fe für Srritamente des Glaubens 
in unferer Kirche. Zu einem Hauptſtudium gebörten bei 


ibm die katechetiſchen Lehrbücher und Leitfaden für den 
Meligiondunterriht. Auf Wangeroge batte er nach dem 


hannoverſchen Landeskatechismus unterrichtet, im Herjüge 


tbum Oldenburg if feit 1798 ein Lehrbuch eindefäprt, 


welches ibm Durdaus nit zufagte,; darum nabm er. 


u feinem Sonfirmandenunterrichte blos Luthers kleinen 
atebismus Zu einer Nectfertigung feines vielleicht 
gu abſprechenden Urtheild von feinen Amtsbrüdern aufs 


peierbenn. hatte er eine durchgehende Kritik des olden⸗ 


urgifchen Lehrbuchs und die Einrichtung eined andern 
Entwurfs verfproden, aber fein Studium aller Schrifs 


ten liber Diefen Gegenſtand führte ibn dabin, Daß ihm 
keins diefer Bücher zu einem allgemeinen Landeskatechis⸗ 


® 


Frerichs. J 107 
mus genügte. Sein reges Intereſſe am Unterrichts⸗ 
weſen ward von der Bebörde anerkannt, darum wurde 
er zum Mitglied einer gu Derbeflerung des Volktſchal⸗ 
weſens niedergefegten Kommiſſion ernannt und die übris 
en Mitglieder derfelben willen fein treifendes Urtbeif, 
feinen lebendigen Eifer und feine wnverdroffene Mäpe 
Doch zu rübmen. Bei folchen Gelegenheiten und faft nur 
in amtliben Berbältniflen trat er in Verbindung mit 
der Stadt; geſellſchaftliche Anfprüche mußte er dort, wie 
zu Dfiernburg faſt ganz unbefriedigt laffen, da e6_ ihm 
an Zeit und Neigung dazu fehlte. Das daͤusliche Leben 
in einem kleinen Kreife mit feiner Mutter und feiner 
Schwefter ſchaͤtzte er Über alle Gefelfchaften und feinen 
einfaden, geraden Sinne fagte der Eonventionelle Zwan 
größerer Geſellſchaften nicht zu. Dabei war er jedoch feine 
wegs gleihaältig gegen menſchliche Zufdnde außer feinen 
Haufe und gegen feine Gemeinde; vielmehr beobachtete 
er — den Hoͤheſtand — und —— 
Kultur im Großen, wie im Kleinen. Insbeſondere aber 
dielt er ſich auch für verbunden, auf die religiöfe Bil⸗ 

Dung der böderen Stände den Einfluß auszuüben, zw 
Dem man feine Säbigkeit und feine Thärigkeit in Ye 
fprud nahm. Er erfonnte wohl, mie gerade den böber 
Gebilderen ein chriſtlich⸗religioͤſer und Firdlider Sims 
North tbue, da alle geifine Veredſung ded Volks von 
oben ausgeben müfle.. Darum batte er ſchon in den 
erfien Tahren Kindern einiger Glieder feiner Gemeinde 
aus höheren Ständen Privatſtunden in der Religion 
ertbeilt und trug fein Bedenken, auch an der um 
Michaelis 1835 für Coͤchter ange[ebener Samilien neu⸗ 
‚ esribteten Caͤcilienſchule den Religiondunterricht_ zu übero 

nedmen. Hieraus erwuchs ibm jedo& bitterer Verdruß. 
Weil er nämli wegen feiner je zuweilen wiederfehsens 
den körperlichen Plage und der großen Anftrengung mit 
welder. er immer auf den Sonntag ficd vorbereitete, 
manchmal, freilich jeut nicht dfterer als auch im vorigen 
Jahre, Predigt und Kinderlehre in der Kirche audfegen 
mußte, fo. gab jener Unterricht Anlaß zur Unzufriedenbeit 
eines Theils feiner Gemeinde, Die ed zur fürmliden 
Erklärung fommeg ließ. Ungeachtet nun ein urſachlichet 
Aufammenbang zwiſchen feiner Arbeit außer der Gemeinde 
- und feiner Gefchaͤftsunfaͤhigkeit in derſelben durchaus 
nicht flattfand, fo wurde doc, ſelbſt von einzelnen ges 
achteten Männern feine — gemißdeutet, 
Zals wenn er feinen Kindern dad Brod naͤdme.“ Miß—⸗ 
a “ 


⸗ 
—* 


BB Ma 
deutung und Neid trafen ihn nicht minder, als er um 


Michaelid 1836 dem an ihn ergangenen ehrenvollen Ruf 


u einer böbern Stellung und angemefleneren Wirkſam⸗ 
eir folgte. Er fhied von Ofternburg mit dem „Schmer 
im Unvollendeten“ und trat in der Eigenfchaft eine 


of» und Barnifonpredigerd und Affefford beim Konſi⸗ 
—5 zu Oldenburg in eine Stelle ein, die er nach ſei⸗ 


nem Alter in feiner Weife hätte fuben Eönnen, die er 
aber einzunehmen berufen und genöthigt war. Beinen 


fegensreiben Unterricht an der Cgeilienſchule, wozu au 


der Religiondunterrict in den doͤhern Klaſſen des Gym⸗ 


daſiumse gefommen war, fetzte er fort und begann mit 


Greudigfeir feine Gefchäfte, aber noch hatte er nicht old 
- Hofprediger die Kanzel betreten, als er im Dechr. 1836 
von einem beftigen Blutduften befallen wurde und nad 
einer Krankheit von einigen Wochen verfhied, für feine 
Angehörigen und Sreunde, feine Schüler und DVerebrer, 
ia für dad Kollegium, deffen Mitglied er kaum gemors 


.. ben war und für dad ganze Land ein tief betrauerter 


Verluſt. Ein ebrendes Gefolge zeigte die große Theil 
nahme, alö man am 20, San. ihn zu Grabe trug und in 
“wenigen aber aebaltvollen Worten ſprach der Gebeime 
Kirchenrath D. Bödel ſolche am Grabe aus, Cine Aus» 
wahl aus feinen Predigten befindet ſich unter der Preffe. 


* 43, Chriftian Ernft Mirus, 
Univerfitätöfetretär zu Leipzig; 
deb. den 22. Suli 1781, geft. den 14. Ian, 1897. 


- Er war zu Schneeberg im Rönigreig Sadfen ge. 
‚ boren, bezog 19 Jahr alt die Univerfität Le 

Jura fiudirte und fodann einige Zeit_ald Notar lebte. 
Gm Jahr, 1808 (den 5. Apr.) befam er bei dem dortigen 
Univerfitätsgeridt eine Anftelung als Regiftrator, einige 
Zeit fpdter wurde er Aftuar und den 5. April 1833 
Gefretär der Univerfität, — Mirud war ein freundlicher 


mine Mann von mehr großem Körperbau und- 


bönen regelmäßigen Gefihtejigen, er verband eine 
reine Humanitdät, Rechtlichkeit und Thätigkeit mit ges 
- Diegenen Kenntniffen und ward mit dem ſchmeichelhafte⸗ 
. Men Zutrauen von Hoben und Niedern beehrt. Daß er 
fie in jedem fchmierigen Falle Diefes Zutrauens würdig 


ewied und es fi auch zu erhalten wußte, darüber . | 


herrſcht aur eine Stimme, _ Dr. 3. 


* 


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ipzig, wo er 


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* 44, Wilhelmine Vahl, 
grohherzogl. medienburgs ſchwerinſche Hofſchauſplelerin; 
geb. den 27. Apr. 1818, geſt. zu Neuſtrelit den 14. Januar 1897, 


Sie war zu Naumburg an der Saale geboren, im 
November 1884 zur Geſellſchaft nah Ludwigsluſt ges 
fommen und am 8. Decbr. deflelben Jahrs zum erflen 
Mal dafelbft aufgetreten. Ihre Gefundbeit war (dom 
feit dem Winter 1835 febr leidend und um ungefört die 
völlige Genefung abzumarten, batte fie fib nad Neus . 
firelig zur Mutter begeben, wo fie leider in dem noch 
fehr jugendlichen Alter von 19 Tabren verſchled. — Die 
Deremwigte befaß eine rihtige Unfiht von der Wichtigkeit 
der Kunft, welcher fie ibr Leben gewidmet hatte; fie 
fiudirte unermäder und mit reger Lüſt, nahm ſtets germ 
Belehrung und Zurehtmeilung auf der Bahn, die fe 
in Thaliend Gebiete wandelte, an und ermedte ſchoön 
gleich als Unfängerin Die beiten Hoffnungen von ihrem 
(&bönen, aufftrebenden Talente, Zweite und dritte Liebe 
baberinnen, fo mie Soubretten fpielte fie bereits mit 
eben fo vieler Einfiht ald Gemwandtbeit und Liebens⸗ 
möärdigfeit; im Geſange machte fie erfreuliche Fortſchritte 
und namentlih würde fie als Sängerin einſt eine gewi 
nicht unbedeutende Kunftiiufe erreicht baben; denn mis 


- großer Vorliebe und raftlofem Sleiße lan fie gerade dem 


Studium der Gelangäfunft ob und die Vlaturgabe einer 

biegfamen, bellen und angenehmen Stimme bejeugte 

durchaus ihren Beruf dazu. 
Schwerin. ör. Bruͤſſow. 


‚45. Dr. Gotthilf Glaſewald, 
Suftizratd u. Juſtizkommiſſär zu Naumburg a. d. Saale; 
"geboren d. 9. San. 1778, geſt. d. 16. Jan. 1837 °). 


Er wurde zu Wiederau bei Herzberg, wo fein Dater 
Mrediger war, geboren und ob er glei von Jugend 
auf feinen fehr fetten Körper batte, fo konnte er doch 
Durch feine regelmäßige Lebensart das höhere Alter er⸗ 
reichen. Seine erfie wiflenfchaftliche — er 
auf dem Gymnaſium zu Torgau und bezog J. 1798 
die Umverſitt Wittenberg, wo er ſich dem Studium 
der Rechtswiſſenſchaft mit ſolchem Eifer und Erfolge 


*) Naumburger Kreißblatt 1897, Mr; & 





* 





10 Glaſewald. 


widmete, daß er, als er Wittenderg 1. I. 1796 verließ, 


- yon der dafigen Juriſtenfakultaͤt bei feiner Prüfung die 
damalige erfte Cenfur, maximg diguus, erhielt. Nachdem 
er ald fähf. Advofat immatrifulirt worden war, übers 
nahm er die Gtadifchreiberfielle zu Dahme. Hier (dom 

haus, er ſich durch feine Kenntniſſe und Rechtlichkeit 


d aus, daß ibm die Verwaltung mebrerer Gerichtsſtellen 


n der dafigen Gegend Übertragen wurde und er eine 
bedeutende Prarid befam. Bei dem Jubilaͤum der Unis 
verfitär Wittenberg i. I. 1802 murde ihm Die juriftifche 
MDoftormürde ertheilt. Uber Der Wirkungskreis zu Dahme 
war für fein Willen und feine Talente zu Flein und er 
fieß fi daher bei dem nach der Theilung Sachſens im 
3: 1816 errichteten Dberlandesgerite zu Naumburg. ald 

uſtizkommiſſaͤr anftellen, Auch bier erwarb er ih alle 
gemeined Zutrauen und den Beifall feiner Vorgefegten, 
weshalb er im %. 1823 zum Quftigrath ernannt wurde. 
m Drud find nur einige wenige, mit dem Buchſtaben 

„ begeichnete Aufſaͤne in der juriſtiſchen Zeitung von 
ibm erſchlenen; in den Aften fiber die dur ihn gefähr- 


“gem Mrozeffe findet fid aber eine Menge Mufterfgriften 


- yon ibm, welche feine innige Kenntniß ſowodl des preuß. 
als fähfifden Rechts, feinen praktiſchen Blick und fein 
Talent der lichtvollen Darfielung befunden. Sein Sinn 
für Recht war fo ſtark und [ebbaft, daß er, wenn er 
einmal in der Ueberzeugung von ber Redhttlichkeit des 
Anſpruchs die Ausführung deffelben übernommen batte, 
. feine Mübe und felbft eigne Koften nicht fcheute, um 
ibn geltend zu maden und die ibm vorſchwebende Idee 
ded Rechts zu realifiren. Zugleſch war er ein frommer 
Menfch, ein aͤchter Chriſt. Auch uͤbte er die Tugend 
der Wopitbätigfeit, wie Alles, was er that, im Stillen 
und ohne Gerdufe, infonderheit gegen ſtudirende Juͤng⸗ 
finge und für Mancen forgte er wie ein leiblicher Das 
ter. Er batte feinen eigentliden Feind, wohl aber Dur 
feine Unſpruchsloſigkeit und dadurch, daß er ſelbſt feine 
größte Freude darin fand, Andern eine Sreude zu Mas 


ben, überall ſich Sreunde erworben. An feinen genauern 
reunden aber ding er mit feltener Treue und Innigkeit. 


m g1. Mai 1803 hatte er ſich mit der dritten Tochter 
ded Diakonus Beck zu Liebenmerba verheiratbet, melde 
er er ald Witwe, mit & Kindern, 8 Töchtern und 
1 ne, binterläßt. Ä 


— 








111 


* 46. Friedrich Ernft v. Germar, 
großd. f. weimariſcher Oberſt und Kammerberr ıc. zu Weimar; 
geb. den 28. DE. 1778, geh. am 17. Jan. 1837. 


Wenn wahre Herzendgäte, Liebe und Aufopferung 
für die Selnigen, unbefledte Freue wu Zürft und Vaters 
land während einer mehr denn 40jährigen ehrenvollen 
Dienfteir, in melde die für dad weimarifde Militär 
hoͤchſte Glanzepoche fällt, große Menidenfreundlichkeit 
und Kürforge für feine Untergebenen nebft ausgezeichneter 
Bravbeit als Soldat und. rubige Ergebung bei einer 
Menge Unfällen, Bitterfeiten und den für ein Vaterherz 
wohl bärteften Prüfungen auf ein ehrenwerthes Andenfen 
gerecbte Anſprüche haben, fo verdient ſolches in vollem 
Maofe der Dberft von Germar. Er war zu Weimar 
geboren, einziger Sohn Bed in weimariſchen Dienften 
gefenberen Oberſtlieutenants und Kammerberrn v. G. 

us geruſtet mit einer damals ſorgfaͤltigen Erziedung kam 
er ſchon fruͤh in dad Pageninſtitut zu Weimar und Ternte 
Dann die. Tägerei zu Berfa a/5. Er trat hierauf im 
J. 1790 ald Fahndrich in das derzoglich weimar. Jägers 
batalllon, avancirte am 15. Quni 1792 Ju Seconds 
lieusenant und wohnte mit diefem Korps im Jadr 1706 
dem Feldzug am Niederrhein gegen die Sranzofen und 
dabei dem biutigen Gefecht bei Weglar, an welchem 
dies Bataillon bei der u a des Dorfed Altenbur 
und der Befegung der Höhe von Alttädten den mwirk 
famften, Antheil nahm, bei. Während der Darauf für 
Das weimar. Militär folgenden Sriedensjahre wurde ibm 
41801 ald Kapitän der bobe Auftrag zu Theil, den Erb» 
Bingen Karl Sriedrid von Sadfen- Weimar, jegigen 

roßberzog , zu den ſechswoͤchentlichen militaͤriſchen 


' 


Uebungen des in Halberftadt garnifonirenden preußifchen - 


nfanterieregiments zu begleiten. Beim Ausbruche des 


riegs zwifhen Preußen und Sranfreih im Jahr 1808 


maricirte er mit dem mweimar. Scarffhägenbataillon 
ind Seld, avancirte Eurz hierauf zum Major und wohnte 
dann mit gedachtem Bataillon in dem in diefem Tabre 
zwiſchen Preußen und Sranfrei begonnenen Krieg am 
44. Dftober der Schlacht bei Auerktädt, fo wie auf dem 
darauf erfolgten fchwierigen Rüdzuge der preußifcen 
Armeereſte unter den Befehlen des Generallieutenante 
von Blächer am 16. dieſes Monard dem Gefechte bei 
Greußen und am 17. dem bei Nordhaufen bei. Er Aber 


> 
Sn 


r4 


112. v. Germar. 


nahm bierauf in Magdeburg, In Folge der Krankheit 
al bung * —— Staböofficiere, das 
- Kommando über das durch Unfaͤlle mancherlei Art bes. 
reits geſchwaͤchte Bataillon, dedte, ald der Arriergarde 
ugetbeilt, unaudgefegt den eben fo unbeilvollen als 
bentiwürbigen Ruͤckzug der von mehreren franzöf. Armee⸗ 
korps verfolgten preuß. Armee bis unweit Lübed mit 
und beftand_ mit feinem Bataillon am 28, die Gefechte 
bei Zuchen, fo wie am 4. Novbr. bei Waren, in welchem 
fegtern er mit erfterem Durch die Wegnahme eines von 
den Sranzofen an einem See gelegenen befegten Dorfs 
noch mefentlide Dienfte leiftete. Endlich mit demfelben 
auf böchften Befehl, unter ruͤhmlichſter Anerfennung der 
eleitteten Dienfte ſowohl von Seiten ded Generals 
» fieutenantd von Blücher, ald auch feiner preuß. Waffen 
"gefädrten, in dad Vaterland zurückkehrend, rettete er 
noch auf dem Ruͤckmarſch durch einen rafchen Entf tu 
das Bataillon von der von Seiten des Marſchall Souft 
om 5. Nov. vorhabenden fhimpfliden Entwaffnung und 
- Sehrte fo, nah den fo ſchweren und damald fo Vieles 
auflöfenden Verhaͤngniſſen, mit Ehren nebft den nod 
aud 8 Dfficieren und 239 Unterofficieren und Gemeinen 
beftebenden Trümmern feined Bataillond am 17. Novbr, 
nah Weimar zuräd. In Folge ded im December 1808 
von den geſammten Herzogthuͤmern zu Sachfen erfolgten 
Beitrittd zum Nbeinbunde und der gemeinfcaftliden. 
— — Stellung eines 2,800 Mann ſtarken Infan⸗ 
terieregſments marſchirte er mit feinem‘ Bataillon‘ am 
5. März 1807 von Weimar ab, um nun an den Ufern 
der Dfiiee an dem fo biutigen Kampfe Tbeil zu nehmen, 
wohnte bierauf vom 23. Apr. bid zum 3. Zuli der Blodis 
rung und Belagerung der durch den Major, nachmali⸗ 
gen Seldmarfhall von Gneifenau *), fo beldenmüthig . 
vertheidigten Seftung Eolberg bei und 5 nach einem 
Drei und ein dalbmonatlichen Lager vor dieſer Veſte mis 
einem Bataillon, der befürchteten ſcowed. und englifchen 
- andungen wegen, die Inſel Ufedom, wo in Solge der 
außdgeftandenen langwierigen Strapazen und Entbehrun⸗ 
. gen Nervenfieber und Rubrfranfheiten unter feinem Ba» 
taillon und eine nicht unbedeutende Anzahl 
der Mannſchaft — So kehrte er mit dem⸗ 
ſelben, welches durch des Kriegs Unfälle ſehr geſchwaͤcht 
worden war, am 8. December 1807 wieder nad Weimar 


ODeſſen Biogr. ſ. Im N. Reken, 9. Jadıg. ©. 746 


' . 
e 





' Bohnnig o&tenden 


0 Gama. 118 


ruck. Obaleich ibm das I. 1808 id Frieden zu 
—** mar, fo rief ibn Doc bereitt fm Monat är 
4809 der Krieg gegen Delterreib von neuem ins Feld, 
Um 14. Diefed Monats marſchirte er mit feinem Bataillon 
nad Würzburg, wo ſich die gefammten berzoglid fädhf, 
Kontingente bei der Divifion Rouver vereinigten, von 
da mig Der großen franzdf. Armee über Regensburg nad 
Palau und fand daſelbſt vom 4. Mai bid zum 23. Tuli 
ur DIEURG biefes fo wichtigen Plaged gegen bie an 
er naben boͤhmiſchen Grenze aufgeltelten Defterreicher 
im fager, mit welden eine Übtheilung feines Bataillond 
egen eine weir überlegene Zahl derfelben bei dem Flecken 
—* ein ſehr rühmliches Gefecht beſtand. Von hier 
rief ibn ein neuer Befſehl zum Kampf gegen die bod« 
berzigen tapfern Tproler und er bra& deshalb am 23, Tuli 
nab einem mebr denn eilfmöchentlihen Lager von Pafı 
fau nah Salzburg auf, wo er am 26. diefed Monat 
eintraf. Hier wurde ibm nebit feinem Bataillon von 
Geiten bed Marfchall Lefebre, Herzogs von Dany, bie 
eben ſo ebremvolle ald fchmierige Beltimmung zu Theil, 
bie Avantgarben » Eete feines aus Baiern und der Divi— 
fion I iufammengeießten Hauptkorps bei einer nun 
mwiederbolten Expedition nab Tyrol zu bilden, Hier 
fand er an der Epige feines braven Bataillond Gele 
genbeit, bei allen Entbehrungen Murb und Ausdauer 
su bemeiien. Nabdem ndmlib dad Hauptkorps obne 
edeutenden Widerfland zu finden, von Galjburg nad 
nnöbrud und von bier blod die ſchwache Divifion 
ouyer über den wichtigen Brennerpaß nad Gterjing 
vorgerädt war und felbige am 4. an dur die na 
führenden füurdibaren Engpälle vorzudringen im 
Besrif fand, fand man Diefelben durch eine bedeutende 
Uinzadi verwegener und gehbter Tyroler Sokten befegt. 
Der Kampf begann; ron ungeachtet daß die mit Der: 
roler durch dad Terrain fo febe 
gänftigt waren, wurden. fie Doc von dem das leichte 
tailion Weimar befepligenden Daier ®. Germar aus 
allen idren fo fehlen Stellungen biß Dberau geworfen, 
wo aber die über den tobenden Eiſackiuß führende und 
von den Torolern au ihrer Rettung in Ar gr geiegte 
Bräde die von Seiten des Majorb won G. unter dem 
geftigRen feindliben Zugelregen und trog ber von den 
ergen berabgefchleuderten efenmalien ortwährend 
unternommenen Ungriffe und die unaufbaltiamen Sorte 
ſchritte feines vom Morgen bid gegen Übend unter 

W. Wekzolog. 15. Zahız. 8 


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114 _ 5 Germar. 


Während hämlid ein Theil des am 5, Auguft vom 
—— bis zum Mittag gegen eine mehr denn dreifache 
feindlihe Weberzahf im ampf geftandenen Regiments, 
Das troß dem, Daß es völlig umringt und von feiner 
wohl vierfiändigen Nüdzugslinie abgef&nitten war, außer, 
dem noch bereits feit anderthalb Tagen feine Zebens, 
mittel und nur noch wen e Zafbenmunition hatte und 
die verfprodyene ülfe nicht erbielt, feine —— 

eg 


ur feine Feinde zu babnen genoͤthigt 6 waren die 


Oberau efnbligen und mit DBermundeten angefüllten 
Haͤuſer befe 


ten allein über affenen, zulegt wob! von 5000 Tyrolern 


Mittage biß zum päten Abend, mo fie y: endlich 
beim Eintreten von Munitionsmangel und Da di 


trapazen große ämeitägige Entbehrung aller Nabrungsde F 


mittel enttraffete Mann daft umd zufept ſelbſt ohne 


Be dung zuletzt. Nach mebrmonatlicper —— 
in Tyro cembers 


| e, Vie vollidändig zu erlangen, gegeben. Ein 
Bohn: Theil der Dffieiere Die jenem Seldiuge bei» 
nten 


eiht ber Mühe nicht werth geachtet, ihre rfahrun— 
gen dem Dapır anjuvertrauen, ———— behäfr 
eine Gehe 


x 


v. Germar. 115 


Bas wir bier wittdeilen, find die einfachen Erzählungen 
noch lebender Bubordinirter, — Wir finden unfern 
v. Germar, nachdem er am 15. Gebr. 1810 zum Oberſt 
ernannt worden und am 25. Sebr. aus Weimar marſchirt 
war, am 29. April d. I. mit einer Erfagmannfchaft von 
"800 Mann in Girona angelangt 9. Am 10. Juli 1810 
mohnte er dem Gefecht bei Granollerd bei und jog ſich 
päter mit den Trümmern des Regiments, das bei 
Manrefa einen betraͤchtlichen Verluſt erlitten batte, wie— 
der nad Girona zurüd, wo er in Folge ber vielen 
Gtrapazen beftig erfranfte. Dad 3. Bataillon beftand 
am 15. Dftober noch aus 4 Dfficieren, 2 Feldwebeln, 
3 Sourieren, 1 Korporal und 16 Gemeinen. Am 20. Jan. 
4811 erfhien endlid von Paris Die Ordre der Auräd: 
berufung fämmtlicher deutſchen Truppen in ihr Bater: 
land und unfer v. ©. marſchirte am 23. Tau. mit feinem 
Bataillon von Girona nach dem füdlichen Frankreſch 
zur Mitbewachung der Hüfte ab. Er befand ſich auf 
dem Marſch noch immer ſehr leidend und batte feine 
MWiederberftellung nähft Gott dem mwadern Dr, Mirus, 
Chirurg Rüdiger und der treuen Pflege feined Dienerd 
Alberts zu Danfen, was er auch immer danfbar an. 
erfannte, Dad Bataillon war indeb durch die Zurids 
£unft mebrerer Rekfonvalescenten auß den Spitälern 
- wieder um einige Mann verftärft worden und zählte bei 
feiner Ankunft in Weimar, melde durch mancherlei 
Berzögerungen erft am 29. Juni erfolgte, 12 Dfficiere, 
89 Unterofficiere und Gemeine. Weimard Einwohner 
begräüßten die treuen Srieger aufs herzlichſte und fie 
wurden auf Koften der Bürgerfchaft mit einem glänzenden 
Mittagemahl im Schiefhaufe bemwirthet. Die Beſchwer⸗ 
den eined traurigen, unglädlichen Feldzugs und bie 
Mühen eined 200 Meilen weiten Marſches maren nun 
überwunden und unfer Obrift rubte in den Armen der 
Geinigen. — Aber diefe Ruhe follte nit von langer 
Dauer fein, denn im Anfange des Jahrs 1812 rief eine 
Drdre des Majorgenerald der kaiſerl. franzöfifben Urmee, 
Prinzen von ren, die Weimtaraner von Neuem ind 
Geld, Den 19. Sebr. marfcirte dad Bataillon ab und 
gelangte am 7. März in Hamburg an. Der Dberfi 9. ©. 
ı war wieder ganz bergekellt und trieb während des Mar» 
fded Scherz und Spaß mit feinen Umgebungen. Seine 
deitere Laune verließ ihn nie, wenn er nur fein Pfeifchen 


2) Das Regiment war fdhon früher dahin — 





— 
* J 


f j & £ 
116 v. Germar. 


Stadt begleiteten ed Stunden weit. Der Marfch ging 
von Hamburg tt. f. m. nad Gtralfund, me e& biß zum 
10. Sept. garmfonirte und in Bereinigung mit beflen« 
darmftädtifben Truppen der Bewachung der Oftfeeküflen 


Dberft war der erſte zu Pferd md an feiner Seite wurde 
‚ein Selöwebel rödtli verwundet. Nach einigen Chargen 
eilten bie Stofafen im Galopp davon. Beide Theile 
hiten mehrere Dermundere, doc nur wenige Tode. 
er Rüdzug auf Wilna wurde nun angetreten. Die 


.  retirirenden Solonnen ereilten den 9. December Abends 


Wilna. Ale Ordnung mar aufgelöft. Hunger, Kälte 
und Sroft batte auch die Hälfte des 3, Bataillons waffen - 
unfähig gemacht. Den 40. Decbr., nachdem die Stadt 


! ⸗ 





. dv. Sermar. 117 


on von feindliben Brandgranaten bearäft Wurde, er 
tulgte der Ausmarih. Neberall Brand, Mord, Ylln 
berung. Der Marihall Ney hatte Das Kommando äber 
immiliche retirirende Truppen übernommen. Die Kos 
onne murbe vom Thor aus auf Schußmeite von Kofaken: 
ſchwarmen begleitet und am Kownder Berge wurden 
auf des Marſchaus Befehl fAmmtlihe Wagen verbrannt, 
Auch Die Eauipage ded 3. Bataillond ging in Glammen 
auf und die Kriegöfafle wurde geplündert. Das 4. Mes 
iment, bei feinem Ausmarſch aus Wilna nur nad 900 
- Mann flarf, murde von rulfiiher Kavallerie attaquirt 
und dad 2. Bataillon theild miedergebauen, tyeils ges 
fangen; Dad 4. und 3. Bataillon fchlug bi6 vor 
bie Zhore von Komno durd, wo unferm DObrik des 
ferd unter dem Leibe getödter wurde. Unter einem 
ugelregen balfen ibm feine treuen Kameraden dd der 
ameren Laſt des Roſſes entledigen und fo ereilten 
ie Meberrefte des aufgelöften Baraillond Kowno. Der 
Augefrerene Niemen wurde überfchritten und am 8. Dee. 
nigäberg erreibt. Das 3. Bataillon beftand nod auß 
8 Dfficieren und 185 Soldaten. Der Marfd von Königb 
berg auf Danzig, wo die retirirende Kolonne am 14, Ian. 
1815 einrädte, war mit einer Menge Bangnen ver pft 
und felbt einige bedeutende Gefechie, . 3. bei Grauen 
burg und Braunsberg fielen vor. Hunger, Kälte, 
Mangel an Bekleidung, die Ründlichen Vedereien ber 
rufl. leidten Truppen rafften viele Opfer dahin und das 
3. Bataillon beftand nur no aus 4 DOfficieren Ba 100 
——— * ——————— G. ——— * 
e Equipage und Pferde verloren. In dieſer Zeit der 
North Fand das welmariſche Bataillon in dem Kaufmann 
 Srangois le Goullon, einem gebornen Weimaraner, aber 
. anfd g au Danzig, einen wahren Wohltbäter. Entblößt 
von Allen, felbit von den Notbwendigtten machte unſer 
Dorift Die Bekanntſchaft diefed Edlen, der ibn fel 
nicht allein reihlih unterftügte, fondern aud, währen 
alle 7 Truppen Mangel an Gold litten, dem 
Uederbleibfeln des weimariſchen Bataillong eg 
‚Ihre bbnupg vorfiredie. Der Brave it dafür, außer da 
dm das auögezahlte Geld zurldgegeben ‘ wurde, Un. 


belohnt geblieben, aber im Herzen der Wenigen, Die . 


jene ünge dort verleben mußten, wohnt fein ndenken 
in dankbarer Erinnerung und auch v. G. gedadte auf 
dem Gterbebette noch feiner [eonend, — Die Rehe des 
Betaillond wurden nun nachdem bie ungebeuere Sterb⸗ 


Sn 


118 v. Germar. 


lihfeit noch eine Menge wadere Streiter aufgerieben 
‘ batte, mit Den Reſten anderer Truppen zu einen Regis 
ment vereinigt, Der Dbrift verließ die Geinigen nie 
und obne daß er ein Kommando batte, begleitete er bei 
jedem Ausfall die wenigen Waffenfäbigen, wie ein Vater 
eine Kinder, Nach einer Aimonatliben Belagerung 
ab fi endlih der General Rapp, Gouverneur von 
anzig, in Solge des drüdenditen Mangeld an Lebende 
 bedürfniffen jeder Urt ) und da die Beſatzung durch 
Hunger Stranfheiten und Gefechte beinahe auf bem 
ritten Theil ibres frübern Beltanded berabgefhmolzen 
war, gezwungen eine Kapitulation einzugeben und da 
an Ratififation der Kaifer von Rußland verweigerte, 
ih mit feiner Garnifon auf Gnade und Ungnade zu ers 
geben, Am 42. December zogen laut getroffener Webers 
einkfunft mit den Siegern alle deutfden Truppen aus 
Danzig: ihren Ruͤckmaͤrſch in Die Sen fonnten fie 
jedoch erſt am 30, Tan. 1814 aus den ihnen biflang alte 
—— Kantonnements in Caſſuben und im Marien 
Jurger Werder antreten. Das weimarifbe Kontingent, 
befiebend aud 4 Dfficieren (dem verftorbenen Generals 
- major v. Egloffitein **), unferm Obrift v. ©. und dem 
‚Lieutenants v. Steuben und v, Schweidnit) und 19 Unter 
officieren und Gemeinen, fam am 14, Febr. deff. 3. im 
Weimar an. — Doch nad allen diefen Mübfeligfeiten 
und Strapagen war unferm Obriſt feine Ruhe A 
benn ſchon einige Wochen nab feiner Rüdkehr in die 
Dame mußte er von Neuem aufbreden und gegen 
ranfreich marſchiren. ber es war ibm nicht vergönnt, 
diesmal auf Dem Selde der Ehre rüftig und mutbvoll 
‚ mitjumirfen, denn bei feinera Einmarſch in Lüttich brach 
er durch einen Gturz vom Pferde dad Bein und mußte 
nun bier eine lange —* als unthaͤtiger Zuſchauer ber 
Kriegbegebenheiten zubringen, mad ibn oft, der immer 
gern. tbaifräftig war und fich ſtets auf dem Punfte seigte, 
ed galt, mit dem bitteren Unmutb erfüllte. Tach 
einer Genefung begab er fib nad Engbienne, dem 
Danpiauarkier des Herzogs von Weimar. Der Fur; dar⸗ 
auf erfolgte Parifer Griede rief Die thüringer Brigade 


*) Nach ven Mittheilungen ded Hauptmanns v. Düring (fieße 
ffen Tagebuch der Belagerung von anal 1. 3. 1818, Berl. 1817, 
opaen bis zu 53 Rthl. 
nd der Scheffel Frodne Srbfen —— DER bi en 
zu € . . 
°s " des — — & 


—X 


v, Sermar. 119 


nach yaud. hr folgte der Obrift, welcher am 3. Juli 


- feine beimatbligen Sluren wieder begrüßte. ber no 


/ 


4 


don feierlid mit allen militärifden Chrenbegeugunge 


einmal ſollte er fein Schwert zieben, denn Napoleo 
Rüdkehr von der Inſel Elba Cim März 1815) und feine 
Kriegeräftungen riefen aufs Neue die deutfden Streiter 
ind Seld und der Obrift begleitete die beiden beroalih 
. pr 


: weimar. Bataillone ald Renimentöhef. Am :! 


marf&irten_Diefe Truppen von Weimar ab und trafen 
am 15. d. M. in der Gegend von Koblenz; und Neumied 
ein, wo fie vor dem preuß. General Graf Kleiſt von 
Nolendorf % deſſen Armeeforps fie zuaeibeilt mwurben, 
fogleih Die Kevhe paffiren mußten. Am 11. Mai über: 
Daten fie den Rhein und die 1bhringer Brigade erbielt 
ür einige Zeit auf dem niederländifpen Gebiete Hans 
sonnementd. Später finden mir die mweimar. Truppen 
bei Derennung der Feſtung Bouillon, fo wie bei ber 
Belagerung und Einnahme von Sedan, Montmedp, 
Meziered und Ebarleville und tbeilweife. bei Der nddt- 


" Lien Erfiirmung der Stadt Medobas tbätig mitwirkend, 


n Gemäßbeit eined vom Kürten Blüher gegebenen 

rmeebefepld wurde am 4. November die thäringifde 
Brigade in ihre Heimath entlaffen und der Stab und 
das erfie Bataillon langten den 1. Dec. in Weimar an. 
Einige Tage vor Dem Einmarfh batte G. die Militärs 
verdienfimedaille erhalten, der am 30, Jan. 1816 das 
Ritterkreuz des Galfenordens binzugefügt wurde. v. ©, 
lebte nun zu Weimar ald Dbrift und Kegimentschef ber 
Zinientruppen, murde bei Erridtung des Landſturms 
Feldobriſt und ſpater Stadtkommandant, weldden Poften 
er bis zu feiner legten Krankheit treuiſch verwaltere, — 
Schon mehrere Zabre vor feinem Tode fing der fonft 
rüfige Mann zu Fränfeln an, Die dritlihe Hülfe deö 
Rathd Dr. Mirus, verbunden mit treuer Pflege feiner 
Angehörigen, ftellte. ihn zwar von Zeit au Zeit wieder 
ber, ‚aber ſichtbar nabmen feine Lebensgeifter, befonderd 
ein Gedachtniß ab, bis endlich nad einem Amonatliden 
arten Kranfenlager am oben genannten Tage der Tod 
feinen Zeiden ein Ende machte, Gein Begräbniß wurde 


n 
egangen und dad Zuſirdmen der Menfchen, vorzüglich 
vieler Zandleute, * ee ihm Se bewies, mie 
fehr er geliebt worden fei. Der von weimar. Mufk 
direftor Theuß zur Zeichenfeier des Großberzogs Karl_ 
*) Deifen Biogr. € im 1. Jahrg. bed N. Nele. ©. 185. 


[4 
- 


\ 


120 | Preus. 


durch fein Bei 


Buguf *, fomponirte Todtenmarfch geleitete auch unfern 
v. ©. zur Gruft, an welcher der Diafonus Kraufe und 
der Obriſt v. Beulmiß, früber v. G.s Adjutant, Worte 
ded Troſtes und Gedächtniffes fpraben. — Verheirathet 
wor v. G. mit einem Sräulein v. Wagner aus Wien, 


aus welder Ede ibm zwei Kinder wurden, 1 Sobn und 
4 Tochter; der Sohn, weimariſcher Premierlieutenant 


und Abjutant, endete einige Ber vor feined Daterd 
Tode freiwillig, die Toter ıt an den weimar, Jagd⸗ 


‚ junfer v. Häßler verbeirarber. — v. G.s Ueupered war 
‚nicht einnehmend und etwas fhmerfäll ig, 
nern aber barg er eine Fülle der fdbönften Eigenſchaſſen, 


in feinem ne 


die ſaͤmmtlich auf große Güte und Menſchenfreundlichkelt 
bafirt waren. am Felde war er ganz Soldat und mußte 

\ ipiel die Soldaten in jeder Lage zu ers 
mutbigen und ie ibre_unbegrenzte Liebe zu erwerben. 
Ober nicht allein die Gefühle des Kriegers lebten in 
feiner Bruſt, aud die eined_ treuen zärtliden Vaters 
und ed gewährte einen genufreiben Anblid, ben er 
grauten Soldaten von feinen Enfeln umringt zu_feben 
wie er dann in ibre Spiele einaing und fie zu ſich au 
die Siniee nahm und ibnen au jeinem vielbemegten 
Leben erzäblte. Heuchelei, Speichelleckerei und wie Diefe 
Künfte beißen mögen, fannte er nicht, er war offen, 
mwabr und bieder und verbarg nie feine Meinung unter 
einem Wulf von fbönen täufbenden Phrafen. Mit 
intriguen und Unfeindungen, die gegen ibn gerichtet 
waren, batte er viel und mancherlei zu Eämpfen; ver 
mundeten fie auch fein Inneres, fo bat er doch nie das 
Vergeltungsrecht zu üben gefuat. Der einzige Daun 
a 

Weimar. — fr. A. Reimann. 


47. Friedrich Johann Martin Preus, 
Militaͤrvenſionaͤr zu Hamburg; 

gedoren den 10, Dec. 1784, geſt. den 17. San, 1897 9). 

Er war gu Potsdam geboren, war anfänglich Schrei⸗ 
ber, Diente — im Onietdenfcen Sufarenegiment, 
wurde im fiebenjährigen Kriege von den Schweden ge» 
fangen und nad Scweden transportirt, rangionirte Ka 





ji D Bi i . D . Vs e 65: 
RS ER. Merle Ja. 6. on. 








Preus. | 1231 


eibft, begab ſich auf ein Schiff, litt Schiffhruch und 
u bem Wrad deilelben fo lange un bis 
er Die Definnung verlor; als er ermadte, fand er fi 
an die daͤniſche Hüfte geworfen, unter Menfhen, Die 
ibn ins Leben pe ir bemübt waren, Nach feis 
ner a nabm er Dienfle unter der daͤniſchen Ars 
zillerie, Rand bei_Derfelben feben Jahre und avaneirte 
zum Gelbwebel. Er verbeiratbere fi® und warb Vater 
eined Sohnes und zweier Töchter. Die Frau und eine 
Zocter find lange verfiorben, aud Die zweite Tochter 
in wahrſcheinlich nit mehr am Leben. Er nahm feinen 
Abſchied aud daͤniſchen Dienften und begab nad 
Hamburg, mo er unter die Dragoner trat, bei Denen er 
23. Jabre und 5 Monate diente. Bei der Uuflöfung dies 
ſes Bu fam er unter das 123. franzdfifhe Regiment, 
mit weldem er nab Kußland marfairte.. Bon dort 
urückgekehrt, lebte er in Hamburg ald Dollmetfcer. 
5m abr 1813 meldete er fih zur Aufnabme unter bie 
teimilligen Nämpfer der banfeatifden Yegion, wurde 
aber obgemiefen, da er damals {dom 79 Jahr alt war, 
Died Fonnte ihn jedod nit abhalten und er meldete 
ch aufs Neue und zwar unter der reitenden Artillerie, 
ndbem er nur 80 Tabr alt zu fein vorgab, morauf er 
dann aufgenommen wurde. Auch fein Sobn folgte feinen 


Beifpiel, blieb aber im Felde. Nab feiner Heimkehr 


arbeitete er am Baubofe, ſpaͤter wurde er Pfdrtner am 
Walſenhauſe, entfagte aber dieſer Stelle, meil fie ibm 
je runis mar und lebte feitdem von feiner Penfion und 

— — braver Bürger. or zwei Jahren 
feierte ber y ee König von England, Marr, fein 
bundertjäbriges Geburtöjubildum, Bor 12 Tabren ver» 
beirathete er ſich zum jweiten Mal und vor 5 Tabren 
nabm er noch eine Urenkelin zu fidhı und — 
dieſes Kind, welches nunmehr dad achte Jahr feines 
Alters erreicht bat. Er ſtarb, wie oben ermäbnt, in 


Ser ein und bradte fein Alter auf bundert und jmei 
a 


b 
Reſte dieſes alten preußifhen Heldenfohnd, fein Vater 
war Dreier in Sriebrin6 des Pre Heeren, der Erde 
8 








122 


48. Dr. Franz Paul Scholz, 
penſ. Profeffor In Bredlau ; 
ged. den 8. Auguft 1772, geſt. den 17. San, 1837). 


Scholz, geboren zu Roͤhrsdorf bei Liebenthal, bes 
ſuchte vom 5. 1786 das kath. Gymn. in Glogau und 
- von 1791 an 3 Jabre die ebemal. Zeopoldina in Bres 

lau. Nah erfolgter Promotion ftudirte er bis 1797 
Tbeologie und mar darauf bid zum J. 1810 Mitglied 
des fürltl. Stifteö zu St. Dincenz dafelbft. Seit diefer Zeit 
lebte er, fib einer alüdliben Ehe erfreuend, bis zu fei- 
nem Tod ald penfionirter Profeffor in Bredlau, indem er, 
wie ſchon früber, fortdauernd ald Privatlebrer und Scärifts 
fteller zu wirken ſuchte. Schon in der frübeften Jugend 
: hatte er einen großen Trieb zur Naturkunde und Mes 
danik gezeigt und ſich auf der Univerfität unter Jung⸗ 

niß, Thaul und Heyde in diefen Wiſſenſchaften treiflich 
 außgebildet. ‚Später lernte er auch meteorologifbe ne 

j — anfertigen, die fo ausgezeichnet waren, daß fie 
elbft im Yuslande viel gekauft wurden. Auch bat er 
mit einem feiner beiten Heber⸗Barometer mehrere Reis. 
fen unternommen und an vielen Orten Schlefiend die 
| I8 über der Meeresflaͤche ausgemeſſen, welche Weigel 

n feiner Beſchreibung von Schleſſen benußte. [d 
Schrifiſteller bat er 16 namentlich um die Popularifis . 
rung der Naturwiſſenſchaften verdient gemacht. — eine 
Shriften find: Gefpräde üb. die Naturlebre f. Schu—⸗ 
fen, Bredlau 1800. — Briefe e. Fatb. Kloſtergeiſtlichen 
üb, Aberglauben, Ebend. 1802. — Dad Nuͤhlichſte aus 
d. Naturgefdichte. Ebend. 1806. — Wohlf. U. 1816. — 
Gemeinnüßige u. unterbaltende naturbitorifhe Auffäge 
f. d. Bürger und Landmann. 4 Bdochn. Ebend. 1806 un 
1807. — Nüplihe und zwedmäßige Materialien zum - 
Diktiren. Ebend. 1807. 2te Audg. 1816. — Lebens: und 
‚@ittenregeln f, Kinder. Ebend. 1807. — Mit Sr. Gottl, 
"Erdler: Der Schleſiſche Naturfreund. 114 Bde, Ebend. 
41809 — 24. — Stleined_naturbiftorifhed Taſchenb. Ebd, 

4310. N. U. 1818. — Kurzer Entwurf e, Naturgefb. f. 
Dad weibliche Gefchlecht. Ebend, 1818. — *Unterhaltun: 
‚gen aus der Länder» und Bölkerfunde. 8 Hfte. Hirſch— 





Sn 


) Schleſ. Prov. Bi. 1887, 6. Heft, 








von Sienen. 128 


berg 1819 — 25. — Der beichrende gm 4 Bike. 
Breslau und Leipgig 182 — — Werke der 
Allmacht oder Wunder der Natur (Zeitſchrift)y. Bres⸗ 


* 49. Jakob Albrecht von Sienen, 


Doktor der Rechte und erſter Syndikus in Hamburg; 
geb. db. B. Juni. 1768, ge: d. 17. Jan. 1837, 


Das Geſchlecht der von Gienen ift eind der ausge⸗ 
eichnetſten in Dem Freiſtaate Hamburgd; feit Jabhrbuns 
erten baben an deffelben Die bedeutenditen 
Ebrenftellen in demfelben befleidet. Der Vater unfers 
v. ©. hieß gleichfalls Tafob Albrecht, war Genator in 

Hamburg und ald * dieſer Sohn geboren ward, Amt: 
mann in Rigebüttel; die Mutter bie Paulina Conra. 
dine Stedelmann. Als die Zeit Der Rigebättler Der: 
maltung abgelaufen war, Febrte der Vater nah Ham» 
burg zuräd und forgte eifrig für die Bildung des Sobus. 
Diefer ward zuerfi der St. Michaelisſchule anvertraut, 
dann dem Tobanneum, von mweldem er 1737 zum afas 
demiiden Gymnaſium überoing, wo er in den Profeſſo— 
ren Buͤſch, Nölting, Ebeling Xebrer fand, Die ibn, den 
mit guten Anlagen Begabten, trefflid für die Univerfi 
tät vorbereiteten. Im Jahr 1739 begab er ſich nad 

eng, um Zuriöpruden; zu fludiren: Edbard, Schmidt, 

cnaubert, Tuft. Ehrift. Loder murben feine Xebrer, 
deren Unterricht er zwei Jahr genoß; von dort ging er 
nad Göttingen, wo er im September des Tabrs 1791 
zum Doftor der Rechte unter ©. £. Bohmer's Defanate 
promppirt ward, Geine Diöputation bandelte über 
lex. VIL. Codic. de fide instrumentorum. Noch in dem— 
felben Jahre kehtte er nach einer Eurgen Reiſe über 
Dreöden und Berlin rei an Kenntniflen in feine Da, 
terſtadt zuräd und ward unter die Zahl der Advokaten 
aufgenommen. Um feine Dienfchenfenntnig und Erfah⸗ 
rung zu erweitern, unternahm er im folgenden jahre in 
Begleitung feines Bruders, Johannes, eined geadhteten 
Kaufmannd, eine größere Reife durch Deutſchland und 
fab im Juli die Krönung Franz II. *), die legte eines 


*) Deflen Biographie ſ. N. Rekr. 14. Sahrg. ©: 827. 


x 
+ 


124 | v. Sienen. u 
deutſchen Kaiferd. Nicht lange nad feiner Rädkehr, 


ward ihm ein frühes und feltenes Gluͤck zu Theil: er 
ward an Nikolaus Matſens Stelle im Jahr 1794 in 


einem Alter von 26 Jahren zum Hambingifhen Spndie 
kus erwaͤhlt. ee ©: et Im Jahr 1781 


zur Bürgermeiſterswürde erboben morden und Fonnte 
nun, mit Dem Sohn aud amtlid verbunden, demfelben 
durch Rath und Beifpiel Führer fein. Der trefflide 
Dater farb im Jahr 1800 und unfer v. ©. blieb im 
Haufe der Mutter, Denn erft fpdr Dachte er an Verhei⸗ 
ratbung, nämlich im Jahr 1820, wo er die Tochter Paul 
Amfinds, Eliſabeth A., ebelihte, die ibn nah 2 Tab» 
ren Durd Die Geburt einer Zochter erfreute. ein 
amtliches Leben war ein für den Staat ſegensreiches 
und für Die innere Verwaltung fomobl, alö bei den 
mwichtigften Miſſionen nah außen mar er tbdtig. Seit 


4819 macte Die Cenſur der politifhen Blätter eine fe . 


ner Hauptbefhäftigungen aus und mer bie zug des 
Hamburgiſchen Sreiftaates kennt, der wird die Vorſicht, 
mit der er dabei verfuhr, nicht tadeln, ſondern den 
Mann ehten, der mit der größten Gemillenbaftigfeit 
Allem zu wehren fuchte, mas der Eleinen glüdliden Re— 
zen Nachtheil bitte bringen Fönnen, aber das mit 
orficht ausgefprodene freie Wort nit hemmte. Raſt⸗ 
Iofe Thätigfeit, die puͤnktlichſte Abwartung —* Pflich⸗ 
ten war ibm eigen; er muthete ſich Die größten Anſtren⸗ 
gungen in der Arbeit zu bis tief in Die Nacht binein 
und ertrug fie, Er war in bobem Grade mäßig in allen 
Genüfen;, Die reich befente Tafel, an der er oft feine 
Sreunde bemwirtbete, hatte für ibm felbft Feinen Reiz; 
der Glanz, in Dem er, feiner Stellung gemäß, lebte, 
blieb von feinem Arbeitszimmer, in welchem er bie 
meitte Zeit zubracte, fern; bobe Rechtlichkeit, liebends 
mürdige Sreundlichfeit, Die aber der amtliben Strenge 
feinen Abbruch that, bezeichnete fein Wefen. Er ers 
freute fi, troß aller Anfirengungen, einer treffliben 
Gefundbeit, bis fib am Scluffe ded Jahre 1836 hef- 
tiged, unleidliches Kopfweh einftellte; dennoch verfah er 
feine Anusgeſchäfte bid zum Tag vor feinem Tod; ein 
Schlagfluß endete fein Leben. " 


= 


125 


* 50. Dr. Joh. David Weigel, 
Duartud emeritud au ver Thomasſsſchule zu Leipzig: 
ged. den 26. Nov. 178, gefl. den 17. Januar 1837. 


Er wurde zu Zſchocken, obnmeit Schneeberg im ſaäͤchſ. 


Ersgebirge geboren, mo fein Dater gleices Namend un 
feine Mutter, Tobanne Neubert, fid vom Feldbau nddr- 
ten, mit dem ſich aud ibr Sohn von Sugend auf bes 
(&äftigen und nachber, troß feiner großen Nei ung kun 
Grudiren, dad Schneiderbandwerf erlernen nl a 
überfiandenen Zebrjabren und nachdem er bereits 
neunzebnte Lebensjahr erreiht batte, zeigte ev oläd. 
licherweiſe zur a ont lebhaften Wunſches 
offnung, indem einer feiner Verwandten, der als 
iafonus zu Dartenftein verftorbene Schubert, ihm nicht 
nur Unterricht ertbeilte, fondern aud an feinem weiteren 
Bortfommen thätig arbeitete. Auf dem Lyceum zu Schnee: 
berg fehte er mit dem angefirengteften Sleiße, fo daß ihn 
oft feine Zehrer Davon abhalten mußten, feine s 
bildung fort und ging im Jahr 1793 auf die Univerfitäs 
zeipni ‚wo er an Dem damaligen Rektor Magnificus, 
eſſor Edfar, der ibm das afademifhe Bärgerrecht 
——— ertbeilte, einen vorzüglichen Goͤnner fand. 
Nah geendigter afademifher Laufbahn widmete er ſich 
dem Unterrihte der Tugend mit ſehr glcklicem Erfolg, 
unter anderm im Tabr 1800 bei Dem Guperintendenten 
Magifter Unger in Borne, ward 1801 Doftor der Ppis 
lofopbie, wozu ibm von dem großen Fürſtenkoleglum 
dad böbmifdhe Stipendium ertbeilt wurde, und ward 


im December 1801 von dem Leipziger Stadtratde dem i 


Duartus an der Thomasſchule, M. Chriſtian Auguſt 

Siriegel, fublituirt, nach deſſen Tode er als vierter 

ordentlicher Lehrer an dieſer ule eingefährt wurde. 

ier wirfte er “ur lange Heide von Jahren, ließ Ach 
ren un 


lebte nun den Wiſſenſchaften, 


. %. 1825 emer 

namentlich pbilologifchen Arbeiten. — Arm aut dieſe 

Belt gekommen, verließ er fie, in Solge feined Fleiße 

woblhabend und farb mit dem Bewußtfein, feine ibm 

apriepenen Kräfte und Sähigkeiten zum en und 
ugen der Jugend gebraucht zu haben. 


-L.— ⸗ : - J. B. E. — 


126 = 
* 51. Albrecht Johann Friedrich Veder, 


Prediger zu Rittermannddagen, bei Malin, im Großherzogthum 
; - Medlenburg » Schwerin; 


geb. im 3.1778, gef. den 19, Januar 1837. 


Er wurde zu a per geboren und war. 
e 


der Aelteſte von den Kindern, me ein, am 23. Aug. 
1307, 67 Jahr alt, verftorbener Vater, der dafige Paftor 
Joh. Sried. Chriſtoph Beder in feiner Ede mit der ſchon 
im 55. Zebensjahr (den 22. März 1799) ibm im Tode 
‚vorangegangenen Wilhelmine, geb. Wilke, erzeugte und 
von denen nur eine einzige Schweſter unfern B. über» 
lebt bat. Srübzeitig Dur den Willen feiner Eltern und 
eigene Neigung ji Studium der Theologie beftimmt, 
genoß er ** ich den Unterricht ſeines Vaters und 
am dann auf die nahe belegene Stadtſchule zu Malchin, 
bis er im 5. 1785 die Domſchule in Güllrom bezog, wo 
indbefondere der damalige Nektor derfelben, Profellor 
. G. Gried, Konreftor J. N. —— Subrektor 
E. F. Bardom u. ſ. w. feine Lehrer waren. Seine 
Univerſitaͤtsſtudien machte er waͤhrend 3 Jahren zu Ro— 
ſtock und Jena und nach Vollendung derſelben brachte 
er nur eine kurze Zeit als Hauslehrer in der Famille 
eined adeligen Gutsbefißerd zu, indem er ſchon im J. 
1793 feinem alt und ſchwach gewordenen Vater ald Ges 
“ bülfe und Ddereinftiger Nachfolger beigegeben wurde, — 
in den Eheftand trat er zuerft den 18. Sept. 1810 mit 
Marie Wilbelmine Springborn, einer Tochter des verſt. 
—— zu Treptow und nach deren frübzeitigem 
bleben verband er ſich zum zweiten Mal mit ſeiner jetzt 


binterlaſſenen Witwe, Wilhelmine, geb. Wadtpaul, welche 


beide Eben aber kinderlos blieben. Er verſchied nach 
einem achttägigen Siranfenlager, nabdem er beinabe 
38 Jahre lang mit mufterhafter Sorgfalt und Pünktlis 
feit im Pfarramte daſelbſt gewirkt hatte. Im Drud ers 
vg von ihm: Drei Predigten um dritten Zubelfefte 
mach: für feine Gemeinde abgedrudt. ©&- 
ro . 


\ 





127 


* 52. 6 A. Plaßmann, 
Pfarrer in Affeln, Didzes Paderborn; 
geb. den 24. Mal 1789, geſt. den 19. Januar 1887. 


Sein Oheim, der Pfarrer zu Affeln war, unterrich» 
tete ibn fo lange, bis er die n thige Bildung, die Unis 
verfitär zu befucben, batte. In Würzburg fudirte er 
Theologie, wo unter Andern Dbertbir und Onpmußd feine 
£ebrer waren und kehrte 1811 von da ald Prieker nach 
Affeln zuräd, um feinen Dbeim im Amte zu unterfiäßen. 
1824 ward ibm nah dem Tode feines Dbeimd die Pfarre 
ftelle zu Theil. is an fein Lebensende. findirte und 
las derfelbe unermüdet, nicht nur die Zweige feined Be 
rufs, fondern auch die aͤlteſte, ältere und neuere Der, 
faffung und Gefeßgebung des Landes und Reichs. Das 
Durch ward er ein fehr tächtiger Geelforger, ein wahr, 
dafter Water feiner Gemeinde und die Srühte feine 
Fleißes und Eiferd zeigten fich in feinem Wirkungdkreife . 
befonderd unter der Schul» und heranwachſenden us 
gend und den Lehrern. 


Bamberg. G. 9. Thiem. 


* 53. Dr. Samuel Gottlieb von Vogel, 


großherzogl. medienburgs ſchweriniſcher Geh. Medicinalratb, Leib⸗ 
arzt und Profeflor der Medicin zu Roſtock, Ritter einiger Orden 
und Mitglied und Ehrenmitglied vieler gelehrten Vereine; 


. geb. den 14. März 1750, geſt. den 19. Ian. 1837. 


. Dogel ward zu Erfurt, woſelbſt fein Dater, ver 
deirather mit Martha Sophia Kirchmann, .ein wenig bes 
mittelter praftizirender Arzt und Vater von 5 Kindern : 
war. Bald nad) feiner Geburt befam der Dater den 
Ruf ald Profeffor der Akademie zu Göttingen. Er zo 
mit feiner Samilie dahin und auf der dortigen Schule 
wär der Knabe für die Wiſſenſchaften ausgebildet. Er 
erfaßte fie mit dem regften Sleiße und gedieh fo fehnell, 
Daß er [bon unterm 11. Julius 1764, volglia im 13ten 
- Sabre, unter dem Prorektorat feines Vaters ald Student 

auf der Univerfität Göttingen immatrifulirt werden 
konnte. Nach einem 7ijährigen Studium erbielt_er, 
unter Murrays Prorektorat und dem Dekanat feined Da: 
ters, unterm 80. Dechr. 1774 die medicinifde Doktor 
würde auf derfeiden Afademie und ging jegt nach Ratze⸗ 
burg, wo er fib mit Aushbung der mediciniſchen Pras 


u .' 


‘ N 


128 j v. Vogel. 
rid beichäftigte. Unterm 4. Auguſt 1780 mard er zum 
Sandpdpfifus des Fürftenrbums ahnung vom Herzog 
Adolph Sriedrid von Medlenburg-Strelig_ beitellt und 
-unterm 20, Tan. 1783 verlieh ibm der Kurfürft von 
Hannover auch das Landphyſikat Des Herzogthums Lauen, 
burg. Im Jahr 1784 ward er berufen, an der Univers 
fität zu Darid den Lehrſtuhl der Medicin einzunehmen, 
welcher Dur den Tod des berühmten Tiſſot erledigt 
war; er lebnte aber aus Baterlandöliebe dieſen Ruf ab 
"und empfing dafür von dem König von England den 
Ebarafter eines Hofmedifud unterm 30. Novbr, 1734. 
Unterm 5. Jan. 1789 ließ ibm der im J. 1837 verfiors. 
bene Großberzog*) dad Hofratböpatent zufertigen und 
berief ibn ald zweiten ordentliden Profeflor der Arznei⸗ 
gelahrtheit an Die damals jüngft erft refiaurirte Unis 
verfität zu Roſtock. Er nahm den Ruf an und verband 
mit feinem Lehrſtuhl auch bier bis zu feinem Tode die - 
Ausübung der medicinifden Praxis. Am 24. Jun. 1796 
verbeiratbeie er fih mit Dorotbea Catharina, einer Tod» 
er des Kammerherrn von Baffewig zu Gültrom, melde 
Ehe Einderlod blieb und dürch ben Tod ber Gattin 
am 14. Tan. 1829 getrennt murde. Unterm 26. Tulius 
. 4797 ernannte ibn der oder zum Zeibmebifus und 
-  fellte ibn ald Badearzt in Dem Seebade zu Doberan an 
und DB. bat ib in biefer Stellung um dieſe hochwich⸗ 
tige Anſtalt bis auf die leßte Zeit die größten Verdienfte 
erworben, „Unterm 10, Dechr. 1815 empfing er vom 
Großherzog dad Patent ald Geheimer Medicinalratb und- 
unterm 18. Sebr. 1830 ward er von demielben zum or—⸗ 
bentlihen Mitgliede der Dafigen Medicinalcommiffion 
-befiellt. Die audgezeihneten Berdienfte, welche er ſich 
in Diefer geraumen Zeit um die Willenfdaft und um 
die Menſchheit erwarb, verfchafften ibm einen ausgebreis 
teten Ruf und in und außer Europa, in der ganzen ges 
‘ Tebrten Welt fannte man feinen Namen, erfannte fein 
x Derdient und erkannte ed durch wohlverdlente Ebrens 
—5 en an, die zu gleige Zeit den Zmed hatten, 
| ‚ fein 9 in unußen. &o ward er nad und nad) Eb- 
renmitglied Der Roſtocker medlenburgifden landwirth⸗ 
(haftlinen Gefelfbaft, odentlihes Mitglied ber cor⸗ 
refpondirenden GeſeUſchaft der Pharmazie und Arztliben 
Naturkunde zu Koflel, ordentlided Mitglied der Ro— 
order medlenburgifgen Gocietär der Phÿſik, correfpon- 


*) Deffen Biogr. f. in dief. Jahrg. d. R. Rıkı. unterm 1. Bebr. 





— A u u nt rn A rm Lo 


v. Dogel. — 129 


dirended Mitglied der Societdten der Pharmazie, fo 
wie der medieinifden Schule zu Paris, Ehrenmitglied 
der phnfiih»medicinifchen Socierät ju Erlangen, cor- 
reipondirended Mitglied der literarifden Comitdr der 
kaiferliben menfhenliebenden Geſellſchaft zu St. Peterk 
burg, odemtlihed Mitglied des Kofoder, patriotifchen 
Dereins, correfpondirendes Mitglied der Akademie der 
Miffenihaften zu Münden, correfpondirendes Mitglied - 
der iehleinijQ = hirurgiiiden Gocierdt zu Berlin, Ehren 
mitglied bed Upotbefervereind im nördlichen Deutſch⸗ 
lond, ordentlibed Mitglied der Ednigl. oclerät der 
Wiſſenſchaften zu Göttingen und Ehrenmitglied des Der 
eins für die Heilfunde in Preußen. Die audgezeichnerfte 
Unerfennung feines Derdienfte erhielt er aber von der 
Faif. Geſellſchaft der Naturforſcher zu Erlangen durch 
die Worte des ihm am 1. Dft. 1808 eingefandten Mit 
gliedöbiplomd: Eruditio Tua in perscratandis naturae 
operibus admirandis, studium, et praeclara 'Tua de exco- 
lenda et amplificanda mecdicina, tam theoretica quam 
practica, merila, non nobis solum sed toti orbi literario 
cognita perspectague jam exsistunt. Esto igitur ex me- 
sitO nanc quoque noster! Esto academiae caesareae na- 
turae curiosorum decus et augmentum, macte virtute Taa 
et industria! Am 90. Dec. 1821 begingen feine Kolle⸗ 
gen in Roſtock feierlich fein SOjäbriges Doktorjubiläum. 
- Er empfing zu diefem feſtlichen Tage, unter Bergmanns 
Proreftorat und Blumenbachs Dekanat, die Blüdwänide 
ber Univerfität zu Göttingen und ein erneuerted Doftor- 
Diplom und fein Landesherr fehrieb ihm: „Ich bin “ds 
nen aufrichtig 5 Sie haben während der langen 
Zeit, daß Sie in Medlienburg wohnen, mir und dem 
Daterlande, die erſprießlichſten Dienſte geleitet. Ems 
pfangen Sie meinen. aufrichtigen und treu gemeinten 
Stü ung zum morgenden Jubeltag. Gott erhalte 
Sie noch ferner zum allgemeinen Nußen fo vieler Leis 
denden. Erhalten Sie mir ferner Ihre Freundſchaft 
und fein Sie fer überzeugt, daß ich mit der unmwandel- 
baren Werthſchaͤtzung ftetd Ihr getreuer Freund fein 
werde.” Unterm 4. Det. 1823 erdielt er vom König 
a von Preußen ein eigenpändiget Hand». 
reiben, welches ihm den rothen Adlerorden Dritter 
Klaſſe brachte, im Auguſt des Jahrs 1832 aber ward er -. 
vom König von Baiern in den Ädelſtand erhoben und. 
die Königin feld Idmädte ibn mit den Iinfignien des 
Eivilverdienkorden® der baleriſchen Krone. Seine Kor⸗ 
RM, Nekrolog. 15. Jabra | 9 


N 


— * 
x * 


4 


130 * v. Vogel. | ' 


refpondenz mar die audgebreitetfte, die man ſich denken 
kann und rährend find die Beweiſe der Liebe und der. - 
Dankbarkeit, melde er von allen Geiten empfing und. 
die fein ſchriftlicher Nachlaß ergibt, In welchem fi viel 
fache ‘Briefe der ausgezeichnetften, zum Theil fuͤrſtlicher 
Nerfonen, hamentlib aud fämmtfider Mitglieder 
feined Fürftenbaufed, vor allen aber des verftorbenen 
Großberzogs finden, voll ber freundfichften Huld und 
ded feiteften Bertrauend. Der ebrmürdige Greis ers 
eranfte im Unfang des Tabr& 1837 an der Grippe und 
(eine Körperfräfte reiten nicht mehr zu, um diefer 
ranfbeit zu widerfiehen. Er fab dad ein, ing gefaßt 
den Tod entgegen und bebielt, dad volle Bewu tfein 
bid fat Ar Sterbeftunde, die nad einem Furzen 
Kampfe am oben genannten Tage eintraß. — U. war 
ein redlicher Mann, ein liebendmwürdiger Breiß, ein treuer 
Freund und feinem Kürten und Vaterland ergeben bi® 
in den Tod. Eingedrungen in Die innerften Tiefen feie 
ner Wiffenfoaft, leitete er Ausgezeichneted ald Arzt, als 
‚ Zebhrer und ald Schrifiſteller; verfichmäbete aber nie, von 
Undern zu lernen und mitmete der Wiſſenſchaft feine 
Anfirengungen mit jugendlicher Geiſteskraft bid an das 
Ende. Uneigennügig balf er gern dem feidenden, mo 
er ihn aud fand. — Bildniffe von ihm find: Bor 9. 
&. Maflus’d medic. Kalender f. erste und Nichtaͤrzte 
(Moftod 1813). — Vor Ruſt's Mag. für Heilk, BP. 2. 
1821. — Auch einzeln in Duariformat, Fec. A. A. Tisch- 
bein 1881, Berlin bei Reimer. — Im Drud erſchienen 
von ibm folgende Schriften:? Diss, jnaug. de litophago 
et polyphago Ilfeldae nuper mortuo de disserto. Getting. 
1771. (Daifelbe deutſch Berl. 1781.) — Derfuc einiger 
medicinifcb »praftifden Beobachtungen. Goͤtt. 1777. — 
Handbuch d. prakt. Arznrimiflenfeaft. 6 Tbl. Stendal 
1731 — 1816. N. Aufl. 1816 — 21, — Unterricht für 
Eltern u. Erzieber, wie das unglaublich gemeine after 
der zerftörenden Selbfibefefung am fiderften zu entdef- 
fen, zu verbüten und zu beilen. Ebend. 4786. 2te verm. 
Yufl. 1789. (Wurde ind Holländifhe u. Daͤniſche über» 
fegt.) — Diatribe modico -politica de causis, quare tot 
submersi in vitam non revocentur. Hamb. 1790. (Erfdien 
daf. 1791 auch deutfch u. wurde ins —— * über 
feßt.) — Kurze Anleitung zum gründlichen Studium d. 
arsmeiiolfienfaaft Stendal 1791, — Ueb. d. Nugen u. 
Bebraud d. Grebäder, Ebend. 1794. — Das Kranken, 
Eramen. Ebend. 1796. — Zur Nachricht und Belehrung 


v. Garlowip. 131 


Ueber die Seekuren in Doberan im 9%. 1798, für Fünf 
tige Badegäfte. Ebend. 1799 — Unnulen des Seebades 
u Doberan vom Sommer 1709 Ebend. 1800. — Neue 

nnalen d. Seebaded zu Doberan v. 1WI — 12. Ebd. 
1804 — 13. — Einige antbropologiide und medic. Er 
fahrungen. Ebd. 1805. — Sleine Schriften zur poluld 
ren Medicin. 3 Bdchn. Berlin 1814. — Baderegeln ıc. 
@tendal 1817. N.Q. 1822. — Handb. y. ridrigen Kennt 
niß und Benugung d. Geebadeanftalt ju Doberen. Be 
1819, — Allgem. diagnoſt. Unterfuhungen 2 The. Ebd. 
1824 u. 1831, — Ein Beitrag 3. Lebre von d. geridtb. 
ärztliben Zurehnungsfäbiafeir. 2te verb. Aufl, Ebend. 
4825. — Bemeid d. unfhddliben u. beilfamen Wirkuns 
gen des Babend im Winter, Berlin 138. — Summe 
rifhe Zufammenftelungen d. fämmtliden Gefihtspuntte, 
morauf d. Phyſiker in ihrem Wirkungskreiſe Ihr Augens 
mer zu richten haben. Roſtock und Bllrom 1832. — 
Medicinifhe Beobachtungen und Memorabilien aus der 
Erfabrung. Stendal 1831. — Ueberfegte: R. A. Vogel 
Kleine med. Schriften; a. d. Fatein m, Anmerf, 2 Thie. 
femao 1778, — Tac. Eurtid Reiſe nach der Barbarei im 
J. 1801; a. d. Engl. m. Anm. Roit. 1804. — Gab der 
aus: U, F. Löffler Vermiſchte Auffäige u, f. w. Mit 
Dorrede, Zufägen u. Bemerf, Stendal 1801. — Hatte 
Untheil an einer Jnauguraldifferration von A. F. Zeller 
u. lieferte Beiträge zu Baldingers N. Magaz. f. Aerzte, 
um Hannov. Magaz., zur Berliner Monatsſchrift, gi 

ichters chir. Bibliothek, zu d. Mecklenb⸗Schwerin. Ka 
lender ꝛc. ıc. und ſchrieb Die Vorrede zu Jod. Herm. 
Beder Verſuch einer Nahrungsmittelkunde (Stend. 1810 
u. 1822) u. zu Sof. Roffi, Ueber die Art und Weiſe d. 
Todes d. Hof. Kronprinzen v. Schweden. 

Roftod. Crull. 


54. Karl Adolph v. Carlowitz, 


Sönigl. preußifcher Generallieutenant u. Gouverneur von Breslau, 
Nitter mehrerer Drdens - 


"geboren den 21. Juli 1774, geft. am 20. Jan. 1887 9. 


v. — ſtammt aus einem alten ſaͤchſ. Geſchlecht 
und wurde auf dem vaͤterlichen Gute Groß⸗Hartmenns⸗ 


dorf bei Sreiberg im ſaͤchſ. Erigebirge geboren. Gein 





*) WBredl, Beit. 1837. Ne. 27. — 2⸗ 


132. v. Carlowitz. 


ater mar kurfuͤrſtl. ſaͤchſ. Oberſtlieutenant und Kreis⸗ 
——ãX des erzgebirgiſchen Kreiſes; feine Mutter 
eine geborne 9. d. Saul aus dem Haufe Zeibnig. 
Er war der ältefte von ſechs Geſchwiſtern — vier Br 
dern und zwei Schweftern — von denen zwei Brüder 
noch jegt die hoͤchſten Staatsaͤmter im Königreih Sad» 
fen und im Herzogthum Sachſen⸗-Koburg Gotha bes 
Eleiden. Im elterliden Haufe erzogen, genoß er feine 
erfte Bildung durch Privatunterricht, bis er, zu viel 
feitigerem Unterrit und zur Vorbereitung zu militäri« 
fen Studien, einem fächl. Artillerieofficier in Freiberg 
in Penfion gegeben wurde, Won dort trat er i. J. 1786, 
-vierzebn Gabr alt, ald Kornet in das rg Kurfürft 
Küraffiere, welches damals In der Nähe des väterlichen 
MWobhnfiged in Marienberg in Garnifon fand, Gpäter 
wurde er zu der Garde Du Korps nad Dreöden verfegr, 
machte in diefer die Belagerung von Mainz i. 5. 1793 
und mehrere Fleinere Gefechte jenes Feldzugs mit und 
diente in Demfelben Regiment bis zum Rittmeiſter. — 
Durch den Tod feines Vater, um das J. 1797, kam 
G, in den Beſih eined Familienmajoratd mit den bedeu- 
tenden Grundbefigungen Groß: Hartmannedorf, Liebftadt, 
Schönau ıc. Die Rube des Friedens, deſſen Damals 
das nördliche Deutfchland inmitten der Siriege ſaſt aller 
übrigen europdifhen Staaten genoß, bewog ibn, bdus. 
liched Gluͤck in Ländlicher Zurüdgezogenbeit auf dem Erbe 


feiner Väter k ſuchen. Er vermäblre fib im J. 1707 
raͤfin 


mit einer G v. Pätting und Perfing aus Böhmen, 
‚nabm den Abfcied und zug fich auf feine Ghter zuräd, 
Mebr ald fandwirtbihaftliden Beſchaͤftigungen, die ibn 
weniger zuſagten, lebte er bier Den Wiffenfchaften und- 
wußte nicht allein durch Bücerfudium, fondern auch 
durd lebendigen Umgang mit ausgezeichneten Gelehrten, 
welche er in feine Näbe zog, fi Die vielfeitige, gedie— 

ene Bildung zu erwerben, melde noch im fpdten Alter 
einen Umgang fo lebrreih und intereffant machte, Er 


- jammelte eine auserlefene Bibliothek und fein Landfig. 


war ber beliebte Sammelplag für Männer, welche Gei 

und Gemüth oder Kenntniffe und Kunffertigkeiten über 
das Alltägliche erbeben, Diefe, nur geifliger Thätigkeit 
gewidmete Muſe wurde Dur die große Ummälzung, 
weiche Dad J. 1808 and über Sachſen brasdte, unters 
broden und Die kriegeriſchen Zeiten, melde berfelben 
folgten, reizten auch v. E., damals in der Blüthe der 
männliden Kraft, fid von Neuem dem Siriegädienfte zu 


- 


4. 


v. Carlowid. 133 


:widmen. @r trat 1909 als Rittmeißer toieder in Dienk, 
wurde Adjutant ded Senerallieutenantd von Zefhwih, 


welcher die Kavallerie des ſaͤchſ. Kontingents Fommans 
dirte, mad zur franzöf. Armee ftieß und machte in dieſem 
Verdaͤltniß den Krieg 1809 gegen Oeſterreich wit. Die 
fühl. Truppen, dem Korps des Marſchalls Bernadotte 
einverkeibt, nahmen Theil an den Gefechten von Lin 
Amfädten und an der Schlacht von Wagram. — 


v. C. 
.erbieft für Auszeichnung in dieſer Schlacht den ſaͤchſ. 


einrichsorden Sr Klaſſe und batte ſich das befondere 


Zutrauen des franzoͤſ. —— jegigen Koͤnigs von 


Schweden, erworben. In dad Daterland zurädgefedrt 
und zum Major befördert, gab ihm fein König einen 
roßen Beweis des Mertrauens in feine die gemöhn 
ihen Formen des Dienftes Gberfchreitende militärifch 
Bildung, indem er dem ebemaligen Kavalleriften, die 
Formation des Damals zuerſt in Sachen errichteten Jägers 
batailons übertrug. Nachdem er fib dieſes Auftrags 
eutledigt, erhielt er das Kommando Aber daffelbe, wel⸗ 
ches er,. mittlerweile zum Oberſten avancirt, noch im 
J. 1813 führte, wo er mit dem Bataillon in Torgau in 
Garnifon Rand, ald der unerwartete Ausgang ded denk» 


würdigen Feldzugs in Rußland Sachſen zum Kriegds 


fhauplag für die Befreiung Deutfhlands machte. — Die 
elliirten Heere zogen in Sresden ein, überſchritten Die 


- Elbe und befegten fa ganz Sehfen. v. ©. gebärte zu 
die Be 


denjenigen Sachſen, deren deutſches Her freiung 
ibres Vaterlands von der glaͤnzenden, an Knecht⸗ 
(daft herbeiwuͤnſchte und welche glaubten, die Stunde 
Der Sreibeit nabe beran. — In Dresden batte Kaifer 
Alerander bald den für alled Gute und Edle empfäng- 
lien, tiefgebildeten Mann erkannt, er beehrte ibn mit 
feinem Bertrauen und fendete ibn mit Aufträgen an den 
König von Sachſen nah Prag, welche dad Anfchließen 
deffelben an die gemeinfame Sache bezweden follten. - 
Als aber die traurige Wendung der Dinge nach der 
Schlacht bei Züßen, den Beitritt Sachfend verhinderte, - 
bat v. C., Fompromittirs in den Augen des franzöfifden 
Gewalthabers, feinen moblmollenden König um den 
Abſchied. Er begab fib bierauf, anfangd in das oͤſter⸗ 
reichiſche, dann in dad Verbündete Hauptquartier und 
machte dort in der Nähe des Kaiſers Ulerander, Der 
feine auögebreiteten HLulH Stenntniffe zu benußen 
verſtand, die Schlacht von Baugen mit. Er trat nun. 
old General in ruf. Dienfte und als nad, der Sclacht 


⸗ 


% . 


154 dv. Carlowitz. 


von Leipzig In Dresden ein ruf, Gouvernement für das 
Königreih Sachſen unter dem Fuͤrſten Repnin errichtet 
- wurde, trat er in daffelde ald Gouvernementörath und 
Chef des Siriegödepartements. Als fölcer leitete ‚er die 
"Srrihrung des Banners der freimilligen Sadfen, an 
deffen Spitze als kaiferl. rufl. Generalmajor er fodann 
u dem 5. deutfhen Bundeskorps, unter dem Kommando 
ed Herzogs von Sachſen⸗Koburg, ftieß, mit welchem er 
der Blofade von Mainz i. 3. 1814 beimohnte. — Nace 
dem dur den Parifer Srieden auch Mainz getallen, 
wurde er von dem Staifer Alerander nad Paris berufen 
und folgte demſelben aud zum Kongreb nad Wien. 
. Sein intimed DVerbältnig mit dem Minifter v. Stein *), 
„der v. ©. fehr ſchaͤhte, haue mefentlich dazu beigetragen, 
ibm dad Vertrauen ded ruf. Monarden zu geminnen, 
Als fi ibm aber im Laufe des Wiener Stongrefles bie 
Belegenbeit dazu darbot, verließ er, mit dem Faiferlid 
ruf. St. Annenorden ir Klafle gefbmüdt, den ruſſiſchen 
Dient und trat mit, befonderer Vorliebe in preußiſche 
Militärdienfte. — Die plögliche Ruͤckkehr Napoleons nad 
Sranfreich befchleunigte das Ende bed Kongreffes und 
v, E, ging ald Bevollmäctigter feines neuen Herrn in 
dad Hauptquartier der Faiferl. Öfterr. Armee, melde fi 
‚unter dem General Grafen Srimont **) in Stalien zur - 
fammenzog. In diefem Derbältniß machte er den Feld» 
J von 1815 im füblichen Frankreich mit. Nach ber - 
Müctenr des Öfterr. Heerd aus Sranfreih wurde er 1315 
im Dftober jnfpefteur der Landwehr in einem Theile 
der neu ermorbenen fächfiiden Provinzen und batte fein 
Standguartier anfangs in Halle, fpäter in Merfeburg, 
Er genoß dad befondere Dertrauen und Wohlmollen des 
fommandirenden Generald Grafen Kleiſt v Nollendorf *) 
und der Aufenthalt in Halle verſchaffte ihm durg den 
Eipiden Verkehr mit den ausgezeichnetſten Gelebrten der 
niverfität eine feinen Meinungen entfprecende Be— 
nugung feiner Mufelunden, 1821 wurde er zum eriten 
- Kommandanten von Magdeburg, in melder Stellung - 
er den 30. März 1822 zum Generallieutenant avancırıe 
und 1924 zum Vicegouverneur von Mainz ernannt. 
beiden Derhältniffen erwarb er ſich nicht nur die Zufries 
denbeit feines ibm ſtets gemogenen Königd, fondern au 





°) Deffen Diogt. f. WR; Netr, 9. Sadız. ©, F | 
es Yu Rn _ 1. — 188. 


v. Carlowitz. 135 
De Liebe nud Andanglichkeit der Truppen und die Do 
achtung und Verebrung der Civilbebörden und ee 
wohner in den vielfeingen Berührungen mit ihnen. Als 
Daber i. 3. 1829 Dad Bouvernement von Mainy.vertragbe 
mäßig an Defterreich Überging und Damit fen Berbältmiß 
ald Vicegouverneur aufhörte, ernannte ibn der König, in 


inerkennung feiner treuen und würdigen Dienfte zu dem 
. Eprenpoften ald Gouverneur der Haupt» und Refidenz 


adt Breslau, — waͤhrend die Verleibung des Gro 
reuzes des kaiſerlich Öfterr. Ordens der eiſernen Krone 
und des großbergogl, heſſ. Ludwigordens, die ibm von 
den auswärtigen Mächten, zu welchen er in jener Stel⸗ 
lung in Berbältniffen gehanden hatte, gezollte Anerken⸗ 
nung bezeichnete. Der König belobnte feine Verdienſte 
mit dem rothen Adlerorden Ar Klaſſe. Die mwürbdige 
Mufe, welde v. C. in feinem neuen Derbältniffe fand, 
benugte er zur Ruͤckkehr zu_feinen Lieblingsbefhäftigune - 
gen, den Wiſſenſchaften. Mit aufmerkfamen und erfab⸗ 
renem Blide verfolgte er die, gefdichtlihen Entwicke⸗ 
lungen der Zeit, Feine beachtenswertbe Erſcheinung in 
irgend einem Gebier der menſchlichen Thärigkeis ging 
unbemerkt und ungemwärdigt. an ihm vorüber und mer 
Das Glüd harte, in irgend einem geiſtigen Verkehr mit 
ibm zu fteben, wird ſelten ibn verlaflen baben, obne 
von ibm neue intereflante Bemerfungen ald Ausbeute 
Davon zu tragen und die vielfeitige gelebrte Bildung 
des anfprudslofen Mannes zu bewundern. Schon gegen 
dad Ende ded Sommers 1836 wurde €. von Der er⸗ 
ſucht befallen, welche Anfangs ſchneller ſeinem Leben ein 
Ende zu machen drohte, ſpaͤter aber durch den Anfchein 
der — viele ſeiner Freunde mit der Hoffnun 
dauernder Wiederderſtellung erfüllte. Dieſelbe Haff⸗ 
nung ſchien auch ihn zu taͤuſchen, der im Anfange der 
Kranñfheit mit mwürdevoller Faſſung ſich auf fein Lebens⸗ 
ende vorbereitet batte. Noch am Abend des 20. Jan. 
war er beiter und gefprächig und empfing den Beſuch 
mebrerer Sreunde,, mit denen er * auf gewohnte Weiſe 
unterhielt. Nach 10 Uhr in der Nacht wurde er ploͤtzlich 
unmwohl und ungeachtet aller durch den Waͤchter ſo⸗ 
herbeigeſchafften Hülfe war er im Zeitraum einer 

iertelftunde fanft entilafen. Seine irdifden Ueber. 
refte wurden am 24. Morgens auf dem daſigen Sarnifon- 
fircbbofe mit allen militärischen Ehrenbezeugungen_ feier- 
lich beigefegt , dann aber auf Anordnung feined Sohns. 
de& berzogl. fachfen-koburg. Kammerderrn und Gefwäftd. . 


\ 


*—— ww 
> 


- 


186 - ’ - Richter: a: 
zraͤgees am k. ſaͤchſ. Hofe, nad der Samillengruft In Groß⸗ 
Hartmannöderf abgeführt. — Die Grundilge feines Cha⸗ 
rakters waren Biederfeit, Milde, dobe Uneigennügigkeit - 
und eine aud der Seele Fommende Freundlichkeit gegen. 
edermann. Wer je in feiner Hingebung gelebt, — denn 
- feine große Anfprucslofigfeit erforderte zu feiner vollen 
ürdigung mebr ald eine blos konventionell⸗geſellſchaft⸗ 
tie Berührung — wird ebenfowohl von dem Reihtbum 
und der Fuͤlle feined Gemuͤths als von der Tiefe feiner 
Rinfichten und feines ſcharf beobachtenden Geiſtes ergriffen 


worden fein. 


35. Carl Ludwig Richter, 
‚Kaufmann zu Frankfurt a. d. O. F 
ged. den 4. Zul. 1764, geft. den 20. Jan. 18897 % 


Er war der Sohn eines armen Landpredigerd in 
Wellmitz bei NeusZelle. In filer Iändlier Einſam⸗ 
Feit unter großen Entbebrungen, durch den frommen 
Sinn des Haufed erzogen, bildete ſich in ihm fruͤh die 
Liebe zu einem einfamen, naturgemäßen und religiöfen 
geben. Der BDater, parrierdaliih in Sitte und Leben, 
ernft und ſtreng, unterrichtere die Kinder ſelbſt, deren er 
eilf hatte. Bei feinem Tod lebten ihrer noch fieben, 5 Kings 
ben und 2 Mädchen; unfer R. gehörte zu den jüngften 
Kindern. Einer der diteren Söhne, Samuel Friedrid R., 
erbielt dad Pfarramt des Vaters und wurde dadurd Die 
Stüne der Mutter und Der Verſorger feiner jüngeren 
Geſchwiſter. Nachdem unfer R. noch eine Zeit lang im 
elterliben Haufe von feinem 10 Jahre älteren Bruder 
Unterridt und Unterhalt erhalten hatte, wurde er mit 
feinem Bruder Wilhelm, Der ald penf. Rektor und Gym» 
nafialprofeffor in Guben febt, aufs Gnmnafium nad 
Guben gebracht. Hier fand er, ein armer Sinabe und 

—— ald Stoftgänger feinen Tiſch bei wohlthaͤti⸗ 
gen Menfden und fang vor den Thhren. Diefem Edor⸗ 
gefang verdankte er feine große Liebe zur Muſik, die ibn 
urh das nanze Leben begfeitete und ihm eine Duelle 
reihen Benuffes wurde. Er fpielte die Gelge, auf wels 
der er ſich noch einige Tage vor feinem Tod, ald er 
nicht mehr fingen Fonnte, die Melodie eined alten Cho⸗ 
ral& vorfpielte, Er fehlte nicht leicht in einen Konzert 
und war bad Berter irgend erträglich, fo verfäumte er 


, W Bronkfarter vatriotiſches Wochenblati. 1857. Ru. & 





Kichter. 187 


keine Wachparade, der Muflt wegen. den Konzer⸗ 
ten fuchte er fi die emo oder, ſprach mis 
Seinem und war ganz Ohr. Gern hätte er Theologie 
Bubirk aber megen feiner großen Armuth gab er auf den 

ath feines Älteren Bruders dieſen Entfchluß auf und 
ing in feinem 15ten Jahr als —— in die Eckholdt⸗ 
de Handlung zu Frankfurt a. d. D., in das Haus, das 
59 jahr lang der Schauplatz feined Wirkens geweſen 
it. Bei der beſchraͤnkten Lage, in welcher fi die Hand» 
lung befand, baste der junge Richter ald Zebrling eine 
fehr beſchwerliche und fpdterbin als Diener keine glaͤn⸗ 
sende Stellung. Nah dem Tod feined Principald, der 
. den 1. Sebruar 1706 Rarb, führte R. dad Gefhätt der 

Witwe zwei Jahr dindurch mit großer Treue und felte 
ner Uneigennügigfeit fort, bi fich Diefelbe mit dem 
Kaufmann Albrecht wieder ebelid verband. Diefer 
ſchenkte dem bewaͤhrten und treu erfundenen Diener fein 
volled Vertrauen und überließ ibm Die Leitung des gan⸗ 
sen Geſchaͤfis, Dad fich bid zu Albrechis Tode, der nad 
5 Jahren einer slädlihen Ehe erfolgte, bedeutend per 
doben hatte. R. verdeirathete fig nun am 13. Oktober 
41805 mit der Witwe und ward ein gemiflenbafter Vater 
der Kinder, die fie ibm zuführte. Sie batte aud der 
erden Ede einen Sohn, der jegt noch im Haufe lebt, 
und aus der zweiten Ehe eine Tochter, die an den Kaufe 
mann Schmugler verheirathet, und einen Sohn, der Com⸗ 
miffiondrath und Kaufmann in Berlin if. Ihrem drit⸗ 
ten Gatten gebar fie zwei Söhne, von welden der dis» 
seRe nunmehr der Handlung vorftebt und Der jüngere 
Kandidat ded Predigtamis ik. Nah einer fehr glüͤckli⸗ 
den und zufriedenen Ede von 214 Jahren ſtarb ibm feine 
Srau den 23. April und eu Leben ward feit der Zeit 
noch einfamer und Riller, bis er ſelbſt ſein muͤdes Haupt 
zur Nube legte und nach einem kurzen — ſtill 
und ſanft verfhied. — Wenn man das Leben des Men⸗ 
ſchen nach un äußern een beurtbeilen will, 
fo würde R.’8 Leben als fehr unbedeutend und freuden⸗ 
leer erfcheinen: denn er batte fib von der Welt und 
allen gefellfcaftlicyen Kreifen ganz zurädgezogen und 
war nur Wenigen befannt. Die Stille war das Ele 
ment feines Lebend. Er hat außer Buben und Muͤnche⸗ 
berg nie eine Stadt gefeben und wie lieb er die erftere 
auch batte, fo bat er fie doc feit feinen Schuljabren 
nicht wieder befucht, obgleich dort zwei feiner Brüder 
wohnten. Nur dreimal bat er feir 4779 kleine Landrei⸗ 


[dd 


’ 


188°: F Schneider. 


ſen und zwar nach ſeinem Geburtsort — aus Die 
tät gemacht. Dabei war er dog in feiner Einfamkeit 
und im bäudlihen Leben ſehr gluͤcklich und (prad ern 
mit gleichgefinnten Sreunden, Die ihn in den Abendſtun⸗ 
den befuchten, über die Erfcheinungen Ded Tages. Seine 
gektüre war immer ernften Inhalt, am liebfien Ers 
bauungsbächer. Der Sonntag war ibm ein, beiliger 
Sag und nicht nur in der Kirche, fondern au im Haufe 
- und Herzen mar ihm fonntäglid zu Muthe. Wie ver - 
borgen und einfach auch fein Zeven war, fo bat er doch 
im Stillen, fehr viel Gutes gewirkt. Er war wohlthäs 
tig genen die Armen, bälfreich für milde Stiftungen 
unterftägte arme Schüler und Studirende und mie 
feine Bitte für wirkliche Notb zuruck. Aber von dem 

len durfte Niemand reden und der Dank machte ihn 
ngftlih. Untreue Leute entließ er aus feinem Dienft 
ohne Geraͤuſch und feibft wo der Betrug arg und offen. 
fundig war, £lagte er nicht. — Ald Kaufmann warı er 
von entfchiedener Rechtſchaffenbeit, Zuverläffigfeit und 
Erfahrung, ald Bürger treu und pänftlich in feinen Vers 

Karunaen, nicht ohne Theilnabme für die Öffentliche 

oblfahrt. 


56, Dr. Zohann Chriſtian Jakob Schneider, 
EOfrath und Kreisphyfikus zu Grefeld;, 
. geb. den 7. Nov. 1967, geft. den 2. San. 1887 9. 


Er war zu Dinslacken, woſelbſt fein Vater koͤnigl. 
preuß. Lanbjäger und Sorfifaffenrendant war, geboren, 
eo im 5. 1786, durch eine tuchtige Schulbildung, vor» 
bereitet, Die Univerfirät Duisburg und fpdterhin Goͤttin⸗ 
en und widmete fi mit Eifer und Luk dem Studium 
er Mebdicin. - Nachdem er 1790 zum Doftor promopirt ' 
und am 7. September 1791 zu Berlin ald prafti * 
Arzt — worden war, begann er in Crefeld ſeine 
thaͤtige Laufbahn und erwarb ſich bald durch ſeine aus⸗ 
gezeichneten Kenntniſſe, dur feinen. ſcharfen und rich⸗ 
tigen Blick, fo wie durch feinen umgängliden Charakter 
das allgemeine Zutrauen und die Liebe und Achtung feis 
ner ae Im zadr 1806 zum Arrondiffementsarzt 
ernannt, erkannte das damalige franzöfifche Gouverne⸗ 
ment außerdem feine Verdienſte um die gluͤckliche Bes 
bandlung des im Jahr 4808 und 4810 in Erefeld und 


*) Rad) Zeitungsnachrichten. 


- 





+ 


d. Summe. 189 


der Umgegend herrſchenden bößartigen Tnpbus und um 
die Einführung und Derbreitung der ugblatterime 
pfung durch die Verleihung einer Medaille au. Nach 
der Wiedereroberung der dießfeitigen Provinzen beflde 
sigte- das Seneralgouvernement ihn in feinem Amt, wor⸗ 
auf er im Mai 1817 zum Kreisphpſikus ernannt und im 
November deſſelben Jahrs von dem König den Eharak 
ter als Hofrath erbielt. Seitdem wirkte er in feiner 
fehr ausgedehnten Praxis, Die Kb meilenweit über die 
ganze Umgegend erfiredie, umaußgefegt shätig, pflichttrem 
und mit dem gluͤcklichſten Erfolg. tetö uneigennägig 
und anfopfernd für dad allgemeine Wohl, nahm er au⸗ 
ger feinen vielen Berufsgeſchäften während einer langen _ 
Heide von Jahren als beigeordneter Bürgermeiſter und 
fpäter als Stadtrath an der Verwaltung Der Gemeinte 
angelegenheiten Crefelds unmittelvaren Antheil und Rife 
tere fi befonderd auch dadurch ein unvergängliced Ans 
denken, daß er im Jahr 1828 an der neuerrichteten Hand» 
werferfranfenanfalt Die Arztlihe Behandlung unentgeld« 
lid übernahm, wodurch das Zortbefieben und die wohl 
thaͤtige Wirkfamfeit derfelben erſt begründer wurde. Nach 
und nad füblte er jedoch nach einem Leben voller Muͤ— 
er und Arbeit dad beranannadende Alter und er (a 
& nad einer Stüße um, die er au an feinem bo 
-nungsvollen Sohn, dem Dr. Friedrid Schneider. fand. 
Aber leider wurden feine legten Lebensjahre durch eine 
Unterfuhung geträbt, Die Aber jenen wegen Theilnahme 
an burſchenſchaftlichen ee I perbängt wurde 
und befümmert um das ungemiffe Fed ded Sohn, 
dem er die Sorge -für feine zahlreiche Samilie anver⸗ 
trauen mußte, beihloß er fein Zeben, Dad er in Heiter 
keit und Ruhe hätte enden mögen. : 


57. Georg Karl von Sutner, 
Reidyds und Staatdratb, Vorſtand der Staatsſchuldentilgungb⸗ 
commiſſion in Münden; 
geb. ben 30. (31.) Dätcher 1763, geft. den 23. Sanuar 1837 *). 
Er war der Sohn eines bürgerlichen Bortenmachers. 
Eorbinian Sutner zu Münden: Nach vollendetem 
Rechtsſtudium auf der Univerfität zu Ingolftadt, mo ibm 
mit größter Auszeichnung dad Diplom ald fie 
centiat der Rechte d. 21. Julius 1785 zugetertigt wurbe, 


*) Rack einer gedrudten Rede. 


8% 


140 \ v. Sutner. [) 


trat er nach zurückgelegter Praris bei dem kurfarſtlichen 
Landgericht in Dachau im Jahr 4788 als innerer Rath 
de Münchner Magiftratd in das Öffentliche Geſchaͤftsle⸗ 


ben. Im folgenden Jahr erbob ihn Kurfürft Karl Theos- 
dor ve ne (om Ir —— in den —2 


Fruͤhzeitig traf ©. als innern Stadtrath ein trauriges 
Ereigniß, das —— ſehr fuͤhlbar auf ihn einwirkte: 
es war die Ungnade des Kurfürſten Karl Theodor gegen 
den Magiſtrat; aber bald wurde S. durch erneute Huld 
des Kurfürſten erfreut, indem er durch Dekret vom 21. 
Mai 1792 dem Stadiſpndikus von Barth als ſtaͤdtiſcher 
Archivar, dann am 21. April 1797 als Mitſyndikus beigege⸗ 
ben wurde, naddem er fruͤder durch Diplom vom 15. Juni 
. 4792 zum kaiſ. Notar ernannt worden war. Beine ım 
ahr 1804 erfolgte Ernennung zum Bürgermeifter der 
aupt⸗ und Nefidenzftadt München erwarb ihm ein fol’ 
ehrenvolled Vertrauen, daß er von den Verordneten der 
Damaligen Landfchaft in Baiern am 6. Juli 1804 zum 
ſechſten außerordentlichen Verordneten des Bürgerftands 
mwäblt und zu den von der Staatöregierung angeord» 
en Vorbereitungen zu einem Landtag ald berathendes 
lied zugezogen wurde. In feinem Wirfungdfreis 


it 
als Innere Magiftratdrard, Syndikus und Bürgermeis . 


fier batte derſelbe ſich fo ausgezeichnete Verdienſte um 
Das Wohl der Bürgerfcaft ersörben; Daß er der Ge 


 " fammtbeit unbegrenztes Vertrauen genoß und jeder ein« 
seine Bürger in Ibm minder den frengen Richter. 


. und Vorgeſetzten, als den freundliden theilnehmenden 
Ratbgeber, Den forgfamen mobhlmollenden Water, von 
welchem in jedem Bedraͤngniß Rath und Hälfte zu er 
warten war, ehrte. Im Jahr 41805 wurde ©, landſchaft⸗ 
Sicher Dberauffhlagdeinnebmer und trat fodann nach der 
im Jahr 1806 erfolgten Auflöfung der frähern Municis 
palverfaffungen im Fahr 1807 als Oberauffläger in den 
unmittelbaren Eönigl. Staatsdienſt. Noch fehneller als 
wie früber ald magiſtratiſches Mitglied war fein Empor 
ſchwingen in diefem neuen Gefchäftsfreife yon Stufe 
gi Stufe. Den 1. September 1808 wurde er * Rath 

er Steuer⸗ und Domaͤnenſektion im koͤnigl. Staatsmi⸗ 


nifterium Der Finanzen, den 17. September 1814 zum 


Vorſtand der Staatsſchuldentilgungscommiſſion, den 12. 


April 1817 zum Miniſterialrath und den 15. Oft. 1819- 


zum Staatsrath im ordentlichen Dienft, mit Beibebal- 
tung der Steue ald Vorfkand der Schuld 
miſſion, befördert und den.16. Mai 1828 zum 


eine = 
e 


e 2 v, Sutner. 141 
rath ernannt. — ©. befaß dad Vertrauen des verſtorbe⸗ 
nen a Marimilian Zofep ”) und des jent regies 
renden Koͤnigs in fo bobem Grade, daß die aenannten 
Befdrderungedefrete Sutnerd befondere Geſchicklichkeit, 
Sachkenntniß, Treue und Unbänglicfeit für König und 
Borerland ald Hauptmotive feiner fo rafben und gläns 
zenden Laufbahn ausfprechen. Im Jahr 18310 wurde er 
ald Mitglied der zur Uebernabme des Landes Galjburg 
beſtimmien Hofcommiffion dahin abgeordnet und am 
3. December 1834 ernannte ihn der König zum Spruch⸗ 
mann bei dem Bundesſchiedsgericht von Seite ber Krone 
Baiern. Schon am 20. Auguft 1811 erbielt er das Rit— 
terfreug des Eivilverdienftordend und am 16. Oft. 1820 
bie EommanDenr nRünien deffelben. — Der Krieg ift die - 
furdtbarfte Geißel der Vdlfer, Seit dem Tabr 1796 

mar Boiern der Tummelplag von Hundertraufenden der _ 
verbündeten und feindliben Deere. Der Zudtlofigfeit 

der eriteren, fo mie Der Race Der letzteren wurde Baiern, 
dieſes fonft fo gluͤckliche mit reiwer Segenöfülle von der 
Natur begünftigte Land mit nicht zu erihmingenden For— 
derungen unter Plünderungen, Berbeerungen und Greueln 
aller Art ng Diefe Unglüfsperiode für Baierm, 
waͤhrte unter kurzen Zwifhbenrdumen bid zum Jahr 1809 
— — fort. Da warf die Staatsregierung 
ihren Bid auf S., nabm deſſen gefhäfttgewandte Er» 
fabrungen zur thätigen Theilnabme in Anfpruc und er» 
nannte ibn zum Borftande der Requifitionsconmiffion, 
welcher Aufforderung derfelbe in der Art entfpracb, Daß 
der verſtorhene König unter dem 11. März 1510 fih bes 
mogen fand, demfelben insbefondere über Die bei Diefer 
Eommilfion, bewiefene außerordentliche Thätigfeit und 
deſſen zwedmäßiges Benehmen unter Vorbebalr befons 
derer Belohnung die allerhoͤchſte Zufriedenbeit zu erfen- 
nen zu geben. Die Akademie der Willenfhaften batte 
durch Diplom vom 15. December 1795 S. ald außeror: 
dentlihes Mitglied der hiſtoriſchen Klaſſe in diefen Ge» 
lehrtenverein aufgenommen, Vermoͤge erneuerten Dis 
ploms vom 1. Mai 1807 wurde er in dieſer Eigenſchaft 
don dem verforbenen König Marimilian Iofepp und 
den 9. Juni 1827 von dem jest regierenden König be» 
ſtaͤtigt. Der baierifhe Geſchichiſchrelber Zſchokke, indem 
er von den —— gelehrten und vorürtdeilsfreien 
Männern ſpricht, welche aus der gluͤcklichen Regierungb⸗ 


.) Defien Biographie ſ. R. Nekr. 8. Jabra. ©. 068. 





142 / 


periode ded Su 
des Kurfürften 


wirften, ſagt über 


ed Denfmür 
zu Theil gemer 


\ 


rfärft 
Karl 


ige, ba 


v. Sutner. 


en Marimillen Joſeph IL. noch zu 


Theodors Zeiten FU 


unmittelbaren Staatödienite, —— 


der Sapuldentilgungscommiftten 
war € 


& vorbebalten, ben 


hmmürbig fort 


Sutner: „De rettete Georg Sut⸗ 
ners, bed Shrgermeiten? von Münden freier Blid man- 

em Moder der Vergeſſenheit 
den waͤre.“ Deffelben Leiſtungen in dem 


ald Vorſtand 


bertrafen ale Ermar» 


Beweis zu lie 


m 
fern, daß ein Mann von Kenntniffen , ſeſſem unerfchüt- 


terlichen Charakter der Mann von mi 


erwarb fi Dad unbegrenzte Vertrauen 
der ganzen Nation g“ 


von 600,000 .. 
fteuer batte gerilg 


. ala ein berzoglihed 


ein unter fandf 


und De Audlanded. 
tm Jahr 1543 mit 


jonen fei, Er 
feines Könige, 
Das 
einem Anlehen 


nnen, welches mittelſt einer Trank—⸗ 


werden follen, die aber in Det Rolge 


Kammergut, jedoch ſmmerhin als 


| Adminifration Aebender File 
ul 


den mebrten 
che Baiern und 


Ferwickelt wurden, befonderd waͤhrend 


BE behandelt wurde. Die © 
\ 


eine ® 

es dreißigiähri 
niffen unter Ku 
Karl Albrecht, 


den Theurungdj 
ſhaltſam ſchwer und verbar 
immer 


Schickſals unau 
Baiern maltete. 


Marimilian Emanuel und Kurfürt 


nacmaligem Kaifer Karl 
ahren 1771 und 1772, wo bie Hand des 


viL., dann in 


ung und Perinfung audgemittelt, fo daß nad dem 
od des Kurfüriien 


NER TFE d 


Marimilian zofent 


y11. deffen Ne 


arl Theodor Don 


er Pfalz aus der Rudodiphiſchen Linie, nebſt den Landen 
| eine Schuldenmaſſe von 15,034,382 1. 
ala Erbrheil mit anbeimfiel. Bemerkenswertb if bierbei 


Baierns zuglei® 


v 
Schwaben, Nürnberg, Ne 
erhob fi. did zum 1. Di 


* 


— 


auch 


daß alle Bläubiger dieſer Staatsſchuld 

ls Baiern im Sahr it 

ben wurde, beirug die ganze &uldene 
| n 


den barauffol» 


en wurde Balern neuerdings ber Tumme 


a 8 Salzburg und Toro 


ganze baieriibe 


v. Sutner. 143 


Staatsſchuld zu einer Geſammtſumme von 118,290,604 fi. 
43 fr. Und doch hatte fi, ald in den Jahren 1813 und 
4814 ſich das fo lange unter ſich felbft entzmeite Deutfche 
land nad fo vichjährigen gemachten Erfahrungen zum 
vereinten Kampf erbob, ungeachtet der ungeheuerſten 
Anforderungen für Schaffung einer neuen Armee mit 
allem Kriegsmaterſal, bis Ende September 1514 bie 
Gtaardipuld im Adminiftratiowege um 9,314,303 fl. ver 
mindert. &egenbringend und alles belebend beglüdte 
König Marimilian Tofepb T. frin Volk mit der Verfaf 
fungsurfunde und ein neues politifches Leben begann 
für Baiern, ſchnell und überall mohlthätig wirkend, fo 
auch für die baierifhe Staarsfhuld,. Im Tahr 1819 
murde Über Die Größe derſelben zum erſſen Mal bffent 
liche Nachmeifung aegeben und die Srände det Reis 
erfannten einen Schuldenftand on von 98,899,152 A. 1A Er. 
i 2 an Kapital, von 2,051,430 fl. 20 fr. 1 9. an Zind 
rhdftänden, von 3,719,664 fl, 64 £r. jaͤhrlichen Zinsbedarf, 
Nah dem Budget für Die zweite Finanzperſode batte 
fi binnegen bad Bedürfniß um 9,881,013 f böber ge» 
ftellt, da an Penfionen des Civil: und Militäretatd, dann 
der Gefularifirung, neuerdings beildufig 3: Millionen 
Gulden zur Uebermeifung vorbebalten waren. Ingead» 
tet ber vielen und mefentliben DBerbefferungen mar das 
Schickſal Der baierifhen Staatsſchuld nichts weniger al 
erfreulih. Brei ſchwere Unbilden in smei verf&iedenen 
Zeltperioden baben auf den Fortgang des Staatsſchul— 
denweſens drüdend eingemirft und Daifelbe empfindlich 
berädrt: die Kreditoren von 16 Millionen, Die Amor: 
firationdfafle von Penfionen von mehr ald 5 Millionen und 
die nad ſchiedsrichterlichem Erkenntniß des Aufträgalges 
richts von Celle in Danoverfden an Baiern Überbärs 
dete rheinpfälsiide Staatsihuld Lit. D von beildufig 
vier Millionen Gulden. Die alten baierifhen Finanz 
übel follten genefen an der fräftigen unverdorbenen Tas 
tur Des Staatsſchuldenwerks und faſt unüberſteigliche 
Arbeit wie Die Vermehrung des Pajlivftandes um 
o viele Millionen, lagerten fih an den Weg, melden 
die Anſtalt nun fi ſelbſt zu bahnen batte. Und doc 
behauptete fie fi auf einem fo hoben Standpunfte, ge 
. Kant auf das allgemeine Öffentliche Vertrauen in Mitte 
aljer jener dringenden außerordenslihen Bedärfniffe und 
Anforderungen. Unglaublich if es, Daß die Kraͤfte Die 
fer Anftalt. den Anftrengungen nicht nur nicht unterla 
- gen, föndern Daß fie noch mehr zu leiſten im Stande 


maren, ald die überfpannteften Wuͤnſche je erweckt hät, 
ten. Im Glanz ihres eigenen und ded Staates Siredits 

—— fie in ihrem eigenen Kreiſe ſelbſtthaͤtig und felbft; - 

wirkend, da ed ſich um Die Ausführung böberer über den. - 
gewoͤhnlichen mechaniſchen Vermaltungdorganidmus bin, 
ausſtrebender Mlane handelte. Die Erdfinung von baas 
sen Anlehen (bündbarer Schuld) machte Die Zurhdbe, 
. tablung von vielen Millionen ſchwer verzinslicher Kapis 

talien möglid. Anfangs „pegen 5 Prozent, dann gegen 

4, jeßt nur noch zu 35 Prozent wurde dad Vertrauen 
ded Publikums in fo bobem Grade gewonnen, daf def. 
. fen Anerbierungen zulegt vielfältig nicht mehr angenom. 
men werden fonnten. Durd Umſchreibung der ältern 
Schuld wurden die Gläubiger für die Liquidät ihrer 
- Sorderungen fiber geftellt und durch die faft ganz Durch» 
- geführte Mobilifirung der gefammten Staatsſchüld Fam 

bie roͤßtmoͤglichſte Einfachheit in Die Verwaltung. Das - 
dur wurde die Aufbebung von vier Spesialfalfen, fo - 
wie Die Verminderung, ded Perfonald in allen eigen 
ber Ubminiftration möglih., Die Öffentlihen Blätter 
haben die Bernidtung von vielen Millionen der Staatd, 


Papiere von Zeit zu Zeit angekündigt; Dad allgemeine 


nleben, Das zuletzt geswungene Fotterieanleben find mir 
mebrerern andern bedeutenden Schuldenlaften auß der£ifte 
bed Budgers verſchwunden. Das Rebnungsmefen, ab» 
meichend von dem übrigen finanziellen, gewann eine folde _ 
are daß felbit das Fritifche Auge einer Rrengen Res 
vifion wenig zu erinnern vermag und wie ein Rädermerk 
‚in einander greifend, controlirt ed fih von fich felbft, 
pedt feſt und felbfitändig da. Ungetheilt war immer, 
in die Unerfennung der Stände des Reichs und des 
 Sinangminifteriums und die Staatdfauldentilgungdcom, 
miſſion ‚erntete auf eine glänzende Weife den f&önften 
Lohn für alle edle Streben und Wirfen. Es Fan bier. 
bei nicht verfhwiegen werden, daß Männer von Geif 
und Gemandtheit S. x Untertügung gedient haben, 
wie er dieſes felbft beider feierlichen Belegenbeit feie 
ned flebenzigidbrigen Geburtötagd ausgeſprochen bat,-als 
ihn feine Untergebenen dur eine ſchöne rührende Denk 
fhrift zu ebren fuchten, welde mit den Unterfhriften des 
eſammten Perſonals der —— —— 
fon in Münden der Haupt» und Penfionsamortifationg, 
ale, dann der Spezialfaffen von Augsburg, Nürnberg, 
Sambern, Regeneburg und Würzburg verfeben mar, 
Diefe Staatödiener liebten ihren Vorgefegten wie ihren 


— 


4 


+  » Sutner. 146 


Bater und fegten Retö vertrauungſvoll idr Sqchichal in 
feine Hände, Dielen, febr Vielen det er das zeitli 
Glück begründer und feine legten Anfrengungen für fe, 
vier Ausſchreibungen von Anſtelungen waren feine leßte 
Beibäftigung. — ©. «ld Staatsrath im ordentliden 
Dienf trat aud Den 18. November 1825 in den für ge 
miſchte Rechtsſachen angeordneten. Staatsrathausſchuß 
als Mitglied ein und wurde als ſolches auch zur naͤm⸗ 
lichen Zeit für das koͤnigliche Staatsraihscomite ernannt, 
Ulle Diefe Stellen bekleidete er zur yolfommenften aller 
böcften Zufriedenbeit bis an fein Lebensende. Wie 
in Veinen übrigen Stellungen, fo hat ſich v. S. nicht 
minder auch als Neichörard "des von feinem König in 
idm gefenten Zutrauens in gleich hohem Grade wärdig 
bewiefen. Als gewählter Sekretär dat er an den im 
Jahr 1831 im Drud erfchienenen Protofollen, worin wis 
eglafflung der Namen der Reichsraͤtde ihre abgegebe- 
sen Stimmen in indirefter Rede aufgeführt find, dem 
größten und tbätigken Untdeil genommen und nod 


.. : nebenbei in dem Ausfhuffe gearbeitet. — Als Gelehr 


ser fhon frühzeitig bei der Akademie der Wiflenfdheften 

zum ordentlihen Mitgliede gewählt, hatte ©. fein lite 

rariſches Wirken dur mebrere. hiſtoriſche Abhandlun⸗ 

gen beurfunder, aus welchen ſich die Geſchichte Mäne 

end während des. breißigjäbrigen Kriegs, Dann die Ge 
e 


‚mein anerfannte Geſchicklikeit, Erfahrung und He 

lichkeit Anſpruch machte, auch Privaten nadmen zu idw 

ihre Zuflucht. Das derzogliche Leuchtenbergiſche Haus 

erfor ihn zum Rathgeber und Spezialvormünd bei der 

dochwichtigen Angelegenheit über die nachgelaflenen 
N. Rekrolog. 15. Jabra = 10 


„A 
8 


\ 


⸗ 


— 


⸗ 


110 vBeiget. 


Prinzen und Prinzefſfinnen des erzogs von Leuchten 
berg 9). Der Veteran des baieriiben Adeld, Marimi- 
fian Graf von Preifing fegte auf S.'s Rechtskenntniſſe 
und Biederkeit unbedingted Vertrauen und ernannte ihn 
_ zum Erefutor feined legten Willens; ein Geſchaͤft von 
yrößter Wichtigkeit, da es Die Ausſcheidung des Allo⸗ 
bit von dem Fibeicommiß eines großen Vermogends 
und bedeutender Guͤter mit vielen Tauſenden von Ein 
Rünften galt. Am 26. December 1836 batte ©. fein 
funfziates Dienſtjahr erfüllt. In ſtiller Seier im engen 
Kreife feiner weuern Lieben wollte S. dieſen feſtlichen 
Tag begehen, Eonnte jedoch nicht dindern. daß ibm von 
allen Eeiten Beweife der ebrendßen Theilnahme wur⸗ 
den. Der Ruͤckblick auf eine vormurföfreie Dergangens 
beit, das beruhigende Bemußtfein ſtets treu erfüllter 
Piicht ſchien feinem beſcheidenen Gemürbe belohnender 
und mürdiger, als jede geräufchvole, Auffeben erre ende 
Zageöfeier. Mit feiner hoben Stellung im Staatödienfte 
mußte ©. alle Tugenden des Privatlebens in Einflang 
zu bringen. Wohlmwollended Entgegenfommen gegen Jes 
dermann gehörte unter Die a ine Tugenden ſei⸗ 
ne$ edelmütbigen Cbarakterd. Er dinterläßt als Wit - 
wer eine liebensmürdige- Tochter, Crefcentia und einen 
Sohn, dermolen Reglerungsrath bei der Fönigl. Kreide 
regierung in Münden, mit zwei Enten. 


58. Georg Wild. Siegmund Beige, 
Dberbibtiothefar. und Gebeimer Legationdrath zu Dreöden; 
„geb. den 26. Sept. 1768, geft. den 26. San. 1837 **). 


Er war zu Ippersheim bei Windöheim in Sranfen 
eboren und harte dur den Rektor der Schule zu 
Windsheim, Dieg, einen fo tüchtigen und anregenden 
Unterriidt erbalten, daß er noch bis in fein Greifenalter 
mit Dankbarkeit feiner gedachte. Er hatte zu Altorf und 
zu zeipnio ſtudirt, in Leipzig 1779 promovirt und war 
1786 als Legationdfefretär in ſaͤchſiſche Dienfte getrefen. 
Der königl. fächl. Geſandtſchaft in Münden zu erdeilt 
erfreute er dort fid ſe unbedingten Vertrauen fines 
Geſandten, daß er be peen bäufigen und langen Ente 
fernungen als Gefhäftöträger für ibn eintrat... Durch 

‚ die Thätigkeit der Ukademie der Wiſſenſchaften, au. der 





. tographie f. N. Nee. ©. 
re Br ER a 6 


21 


ö Beigel, 467 


damals Rum Art wurde B. In feiner i 
den exakten den halten beſtaͤrkt und felbR d en i 
die er liebte, wurde bei ibm, einem fchulgeredhten Kontra 


punkliſten, eine Wufgabe matbematifder Berehnung 


Sein Nahlaß muß manderlei Proben davon enthalten, 
Deren eine durch einen Muſikfreund in Warfhau, nad 
langer Weigerung Beigel's, 1808 zum Drude befördert 
ward. 41802 fehrte B., den die Mimchner Akademie zu 
ibrem Mitgliede gewählt batte, als Legationsrath nad 
Dresden zurüd, ward 1504 gebeimer erpedirender Se: 
Eretär im Departement des Auswärtigen und folgte Das 
ber dem König auf feinen durch die Zeitumftände ber 
beigeführten Reifen; ward 1310 gebeimer Legationsrath 
und noch vor dem Auöbruce ber großen —— 
om 13. Januar 1813, nach des erſten Bibllothe are 
Daßdorf Tode, Dberbibliordefar. Sowohl in Münden 
old in Dreöden erfegte ibn 4802 und 1813 Zubmig 
Breuer, ber bis zu feinem Tode mit der berzliciten 
Pierdt ibm ergeben blieb. Der Kommiffion für Maas 
- und Gemwidte zugerbeilt, fand er auch in feinem neuen 
Berufe vielfabe Deranlaflung, die in Münden mit Ers 
folg und Eifer betriebenen matbematifhen Unterfuhuns 
gen wieder aufjunchmen und fein Apparat für die ge 
rauchen Belimmungen ber Standardaewichte und Maafe 
dürfte Die Aufmerkjamkeit der Freunde der Wiſſenſchaft 
in vorzüglidem Grade verdienen, fo mie auch feine 
Bibliorbef durch erlefene Werke, befonderd im Driens 


aliſchen, fi audzeichnete. Hbehſt gemiffenbaft in feinem 


Berufe, ſah er dur eine früh eintretende Schmäde des 
Gedaͤchiniſſes ſchon ſeit 1824 fid vielfältig gebindert, 
Da fie dadurch ſich dußerte, daß Ihm mitten im Ges 
ſpraͤche der beabfichtigte Ausdruck ſich verfagte, fo vers 
mied er lieber alles Geſpraͤch, bejonder& mit Fremden, 
und flüchtete ſich wohl, menn er ibre Abſichten ahnere, 
in Die entfernteren Säle, wo er, in Zedlerd Univerfal 
lerifon umberfuchend,, dem drüdenden Uebel neue Rab» 
rung gab. Diefe Krankheit der aeifligen Organe bei el» 
nem fonft nie geftörten Wohlbefinden der blod Eörpers 
lien, machte die DVerfegung in den Ruheſtand am 
41. Nov. 1826 nötbig, da bei Dem fleigenden Zudrange 
zur Bibliothek jugendliche Kräfte zu ibrer Leitung notd» 
wendig waren. Doch aud die ebrenvoll zugeflandene 
Mufe mar feiner Herftelung nicht förderlib. Das Uebel 
nebm zu und felbit die aaa Pflege einer nad 
Sachſen gefommenen Schweſter, welche 2 der War 





ßBseigell. 


sung bed nie verdeirathet geweſenen — unterzog, 
dermochte nichts der die um ſich greifende Lähmung 
aller geiſtigen Organe. Die Dinar war längft entwichen, 
als am oben genannten Tage früb um 2 Uhr ein © Ing» 
fuß auch den legten Anzeigen Eörperlicher Thaͤtigken 
Siillſtand gebot, An danfbarer Erinnerung an eine 
- (döne Zeit feiner Wirkfamkeit folgten ſaͤmmtliche bei 
den Sammlungen im Sapanifden Pallaſt Angeftellte 
Innen geidenzug und wünfchten,- daß dem einft ſo harm⸗ 
68 wohlwollenden Manne die Erde leichter fein möge, . 
ol3 das Scickſal, welches feiner beſſern Sträfte legte 
Regungen trübte. — Beigel bat-geforgt, daß fein Name 
von den Freunden der Wiſſenſchaft nit vergeflen werde. 
‚ Beine einzelnen Abdandlungen in Bode’ äftronomifchen 
Tabrbücern, namentlid Die fo gelehrte Befwreibun 
ind Erklärung einer arabifhen Himmeldkugel mit Fufe 
{der Schrift im matbemat. Salon zu Dresden (Jahrg. 
4808,), feine durch die mufterbafte Genauigkeit "berühmt 
gewordenen metronomiſchen Abbandlüngen in v. Zach's 
- monatlicher Storrefpondenz; feine orientalifche Sprache 
-und Literatur angehenden Unterfuchungen in. Adelungd. 
mMitbridated, in den —— — des Orients, in der 
Hall, U. 2. Z., deſonders Die fo ausgezeichnete von ©. 
d. Hammers eneyclop. Ueberfiht der Wiſſenſchaften des 
Hrients (Tahrg. 1804), find bleibende Zeugniſſe für bie 
Gründlichfeit und Klarheit des Willend dieſes ſo aus— 
nezeichneten Gelehrten.” Die hydroſtatiſche und ſtereo⸗ 
metrifhe Beſtimmung des farnefifhen Congius in Der 
Untifenfammlung zu Dresden, welche 1824 der Fönigl. 
preuf. Akademie der Wiffenfchaften, mitgetbeilt und von 
idr zum Drude befördert ward, möchte die legte Arbeit 
fein, fomit er vor Dee OEL Publifum auftrat, 
denn zunehmender Mangel ded SGedächtnifles. und eine 
Damit verbundene Schwierigkeit im Spreden, die, wie 
dei Kant, der völligen Geiftesfhmärhe veraußging, piele 
Teicht zum Theil eine Solge übertriebener Redenübungen, 
- wangen ihn bald darauf allen geiftigen Beichäftigungen 

w entfagen. ei hatte in den legten Jahren feiner Tdäs 
tigkeit. die Archimedeifhe Sandrebnung zweimal Bürche 
emacht und doch Foftete ihm beinabe Die Leipz. Zeitung . 
ß iefen die Binfirengung eines ganzen Morgens. 


— 


142 
* 59, 8. ©, Gtotefend, 


Generalfugerintentend at Glaudthal am Harzez 
geboren den 5. Maͤrz 1766, geftorben den 28. Ian, 1887. 


Grotefend wurde zu Münden geboren und erdiels 


feine erfte Bildung auf dem dortigen Opmnafium. Auf feine 
@rziebung konnte nur wenig Fleiß verwandt werden, da 
ein Vater, ein umbemittelter —— nur mit 

nfrengung für die noͤtdigſten Beduͤrfniſſe feiner vier 
Kinder zu forgen im Stande war. Der größte Schaß, 
melden ‚ihm feine Eltern zu geben ve ten, war 
Anieitung zu einem frommen, tbätigen Leben. Allein 
gerade dierdurch ward feine ganze Kraft angeregt und 
e mebr er ich Ihrer bewußt wurde, deſto Tehbafter Rieg 
In ihm der Gedanke auf, in Göttingen eine weitere 
Ausbildung zu ſuchen. Zwar ſchien die Ausführung ei⸗ 
nes ſolchen Wunſches anfangs unmöglid, allein Beharr⸗ 
lichkeit Reste und fehon I. J. 1787 bejo er die Univer⸗ 
fität. Je geringer dad Maas feiner dulbidung war, 
weiches er bei der ſchlechten Beichaffenbeit ded Gymna⸗ 
fiums feiner Vaterſtadt hatte erwerben können, deſto ge⸗ 


wilfenbafter benugte er feine Zeit. Er war ein eifriger- 


‘ Schüler Plancks und des Abts Port und fand einen 


vaterlichen Sreund an dem Geheimen Juſtizra ne, 
dem feine Mirtellofgfeit nicht verborgen de 


. bei mehrfachen Belegendeiten fär ihn forgte. Im 3. 1790 


‚ wirkte er bi 


€ 


verließ er die Univerfitär und trat fogleih eine Colla⸗ 


boratur zu Ilfeld an, welche ibm burh Heyners Vers - 


mirtlung ——— war. Hier, am koͤn. Paͤdagogium 


£ebrfiunden, Anlaß und Gelegenbeit, ib in m."reren 

äcern der Schulwiflenfchaften , namentlich in der Ma⸗ 
sbematit und den Naturwiſſenſchaften zu vervollfonmmen. 
Nebenbei .befchäftigte er Ach mit allerlei Kuüͤnſten umd 


Handwerken, um fi ſtets mit dem praktifhen Leben in 


genauer Verbindung zu erbalten und zog felbft die Land⸗ 
wirthſchaft in den Kreis feiner Thätigkeit, was ibm 


4802 und fand, durch die ibm übertragenen - 


dter von dem nambafteften Nußen wurde. Auc die . 


beologie vernachlaͤſſigte er nicht, fondern trieb Eregefe 
ded U. und N. Teſtaments, Srhengeibicte, Kirchen⸗ 
recht, Dogmatik, Moral, kurz alle Di 


Beſchaͤftigung nad innen. und außen erzeugte er in th 


jenen glüdlihen Berein von Theorie und Praxis, wels 
Der den Geſchaͤftsmaͤnnern fo unentbehrlich iR und den 


, 


{ : ciplinen der Theo⸗ 
fogie mit unaudgefegtem. Eifer: Durch dieſe vielfache 


160 | Grotefend. . 
wir doch fo oft bei ihnen vermiffen. Ein größerer Wir. 


kungskreis wurde ibm i. I. dur einen Rufnah 


Lengleen, in der Göttinger Inſpektion, wo er fortan 
ald Pfarrer fungirtre. Hier tand er Gelegenbeit, die 

efammelten Schaͤtze tbeologifben Willend und Glau⸗ 

end anzumenden und mit welchem guten Erfolg er dies 
dat, davon wiſſen die Mitglieder feiner Gemeine noch 
jegt rübmlich zu reden. Dur felbfitändiged Forſchen 
war die Theologie Zeven in ibm geworden und dieſes 
Keben, wie ed in feinen Predigten bervortrat, ging über 
in dad Gemärh der Hörer. Doch fchon im Jahr 1806 
murde er nach Clausthal verfent, mo er ald Arcidiafos 
nud bid 1819 thätig war, Auch bier erfüllte er Die . 
Pflichten des Predigerd und Seelſorgers mir gewiſſen, 
bafter Treue, allein nebenbei nabm er auch einen frühern 
Dh rien wieder auf, Er übernabm nämlich an’ 


Direftord am Eönigl, Pädagogium zu Ilſeld, Meißner 
und lebte mit ibr in einer glüdliben Ebe. Er felb 
genob einer ununterbrodenen ®efundbeit, fo mie feiner 
asin daſſelhe Glüd zu Theil wurde und Dad auch auf 
die Kinder Überging. Bamilienleiden kannte er Daber 
faum; nur in der letgten Zeit feines Zebens follte er fie 
erfahren. Sein ältefter Sohn *), ein Schwiegerfohn und - 


9% Deflen Biogas, f. im 14. Sabrg- Med W. Metz. ©. 198, 





‘ 


-anftaltete er eine Sammlung rel 


* 


Meyer. 161 


eine Gattin wurden in Furzer Zen von feiner Seite 
ur Den Tod dinmeggenommen. und wie rubie und 
chriſtlich er auch dieſe barten Schläge des SEcickſals 
Duldere, fo unterlag er idnen doch 14 Wochen nach dem 
Tode der Lebensgefährtin. — An Scriften pinterlaffen 
bat er, außer jenem oben erwähnten Werke, nur einige 


grebiten. die in Zimmermannd ————— Theil 4, 
406 ff 


. und Tb. 2, ©. 446 kr finden. Ferner vers 

gidfer Lieder zu einem 
neuen Harzgeſangbuche, wobei ihn der &uperintendent 
Dr. Dfann unterkägte. 


Böttingen. . W. Eride. . 
* 60, Heinrich Meyer, 


Kantor, Drganif, Käfer und Schullehrer zu Bolmerdingfen bei 
- Minden, Inbaber des alig. Ghrenzeihend; 
geb. I. 3. 1798, geſt. d, 80. Yan, 1837, 


Er war der Sohn ehrlicher Landleute, Die ibn zum 
Guten anbielten und drikti erzogen. Im festen Frei⸗ 
beitöfriege focht cr als Zandmehrmann mır, bildete Ad 
dann zum Scullebrer in dem Schullehrerſemingr zu 
Petershagen und ward i. J. 1829 Scullehrer zu Maabe 
lingen, Kirchſpiel Peteröbagen, Mit oler Treue lag er 
feinem Beruf_ob und bildere Ab noch immer fort. Er 
verbeirarbete ſich bier mit der Tochter des Drtövorkteberd 
Kruſe. Als er daſelbſt 8 Jahr fegendreich gemirft, verſetzte 
ibn die Fönigl. Regierung ald Kantor und Edullebrer 
nah Bolmerdingfen. Auch in Diefer feiner neuen Stel . 
lung erwarb er ſich bald die Liebe der Schuljugend und 
der Gemeine, von raflofem Eifer für feine weitere Aus⸗ 
bildung beforgt. Noch vor einigen Jahren befuchte er 


‘den methodolvogifchen Kurſus in Soeſt. Die Achtung 


feiner Vorgeſetzten ſprach ſich deutlic dadurd aus, daß 
ihm beim legten Ordensfeſte das allgemeine Ehrenzeichen 
derlieden wurde, doch erbielt er ſolches in Lieſem Leben 
nicht mehr, denn er farb plöglih am Tauftage feines 
jünskten. (6.) Kindes an einem Lungenſchlage. An ihm 
verlor feine Familie einen braven Ehegatten und Vater 
und die Gemeine einen dußerf treuen und thätigen Zebrer. 


Dielingen. Arndt. 


% 
. 


61. Ferdinand Laube, 
Schullehrer zu Goldbeck bei Bublig (Pommern)! 
geboren den 25. Febr. 1806, geftorben den 1. Febr. 1837 *) 


Er wurde zu Goldbeck geboren und genoß den Ele⸗ 
‚mentarunterricht bei feinem Vater, dem dafigen Süfter 


und Schullehrer. Schon in feiner zarten Kindheit fühlte 


er den Zrieb zum Lebrfad. Er blieb dDiefem Gedanken 
immer treu und fuchte jede Belegendeit zu benugen fich 
zum Dienft im Lehrfache vorzubereiten. Im Jahr 1823 
tras er in das Fönigl. Seminar zu Ködlin, wo er fib 


durch feinen Fleiß und fein Bertagen die Liebe und 


— aller ſeiner Lehrer erwarb, ſo daß ihm bei ſeiner 
ntlaſſung Oſtern 1825 dad Zeugniß Nr. 1 ertheilt were 


Den Fonnte. Als Wirkungsfreit wurde ibm nun die _- 


Säule feined Vaters überwiefen. Er wirkte ald Lehrer 
mit unermüderem Eifer und fein großer Fleiß und feine 


} 


Sresndlichkeit erwarben ibm die Xiebe der Kinder und ' 


- . 2ur& dieſe wurde ihm Die Liebe der Eltern. Aber 


ud von der Obrigkeit und feinen naͤchſten Vorgeſetzten 
wurde fein Fleiß anerkannt. Seinen alten Eltern war 


‚er eine trete Stüße und blieb unverheirathet, um dieſe 


und feine Geſchwiſter unterflügen.. zu Fönnen. einen 
Sreunden war_er ein treuer Freund und Fam jedem feis 
ner Amtögenoffen mit Liebe entgegen. Aber feine Ans 
Arengungen fanden nicht im Einflang mit feinem. ſchwa⸗ 
&en Koͤrder und nachdem fein Vater kurze Zeit vor ibm 

eftorben war, erlag er am oben genannten Tage einens 


erdenfieber. Der Pfarrer Brenning bielt die Leichenrede. 


— 62. Friedrich Franz, 
Großherzog von Mecklenburg-Schwerin; 
geb.d. 10. Dee. 1766, geſt. 8. 1. Febr. 1837 **), 


Das Haus Mecklenburg verliert die -glaubwürdigen 
Spuren feiner erlauchten Abkunft viel ſpaͤter, als irgend 
ein anderes der deuiſchen, ja der eurorndiſchen Fürſten⸗ 


bäufer. Zu dieſem, ſchon an ſich merkwuͤrdigen grauen 


Alterthume tritt ein Umſtand hinzu, der ihm ein noch 





®) Monatöblatt für Pommernd Wolksfullehrer. 1837, 


) Nah dem deut. Regentenalmanadh 1. dem Gonverfationde | 


lexriton der neueften Beit u, Eiteratat. 


* 


4 


u 


sv 


Fr. Franz, Großherz. d. Mecklenb.⸗Schwerin. 163 


weit hoͤheres Intereſſe leiht. So weit namlich die Ge⸗ 
ſchichte binaufreicht, bis zu den Tagen des großen Karls, 
finder fie.den edien Stamm auf Demfelben Boden, feſt⸗ 
sgemurzelt in der Liebe derfelden Völker und dieſe mit 
demfe ben guten Rechte beberrfhend; das achte Bild 
der mwahrften jungfräulicden Legitimität. Aus dem koͤnig⸗ 
tigen Blute der Obotritenderrfcher entfprungen, bat 
— jener Stamm nie_und nirgends die Anforderungen ver⸗ 
Löugnet, welche fein altflavifher Urfprung (Slama bes 
Deuter Ruhm) zu machen berechtigt war. In die Reibe 
Der deutfhen Sürftenhäufer eingetreten (feit 1170), if 
er durch. die Jabrbunderte fortgewacfen, gefrgnet und 
Segnungen verbreitend und die volle Bıhrde, in wekkber 
er noch beute Daftebt, ‚gewährt den fpäten Enkeln bie 
“ freudige und gerewtiertigte Zufunftsausfit ihrer Väter, 
Drei und dreißig Gefchlediörolgen, alle geſchichtlich, die 
meiften auch urkundlich belegt, waren vorhbergegangen, 
ald in der vier und dreißigften Sriedrich Franz geboren . 
wurde. Seine Eitern waren der Herzog Zudmig, (geb. 
Den 6. Auguſt 1725," gell. den 42. Gept. 1778), einziger 
Bruder des damald regierenden Herzogs Friedrich, und 
Charlotte Sopbie, Tochter ded Herzogs vın Sachſen⸗ 
Koburg Saalfeld (ned. den 24. &eptbr. 17315 geft. den 
‘2. QAug. 1810). Friedrich Sranz blieb Der einzige Schn 
und fomit rubten bei der Kinderloſigkeit feincd Oheims 
von der Jatiehen Jugend an Hoffnungen feines Haufes 
wie feined Landes auf ihm, die nicht getäufht worden 
find. Früd entmwidelten fih in dem lebendigen, jedem 
ide und fdönen Eindrude zugänglichen Prinzen ſchoͤne 
igenſchaften des Kopfes und des Deriend und auf eine 
forgfame , vorbereitende Gruebung unter den Augen der 
fuͤrſtl. Eltern folgte ein faſt fünfjäbriger Aufenthalt in 
der Schweiz, wo er von 1766— 1768 in Zaufanne, dann 
bis 1771 in Genf, unter der Führung des Kammerderrn 
v. Ufedom, feine wiſſenſchaͤftliche — fortſetzte 
und vollendete. Im September 1771 nach Mecklenburg 
urückgekehrt, lebte er an dem flilen und einfachen Hofe 
deines Oheims, wurde fehr früh zu den Geſchaͤften ero 
zogen und unter Anleitung des Herzogs Sriedsich bald 
mit ihrem eigenthümlichen Gange und zugleich mit. der 
Geſchichte und Verfaſſung des Landes aufs Innigſte 
vertraut, welches er dereinſt zu beberrſchen beitimmt war. 
Schon aus jenen Jünglingdtagen ſchreibt Rh die feltene, 
_ regelmäßige Thätigfeit ber, die nie auffdob, nie von 
einem Tage für den andern borgie, wo es das Wodl 


154 Fr. Branz, Großherz. d. Medlenb.⸗Schwerin. 


des Ganzen oder die Beduüͤrftigkeit des Einzelnen galt. 
Die Bermäblung des Prinzen mit Zuife, Herzogin von 
Sachſen-Gotha-Roda, am 1. Juni 1775, änderte in 
Diefem Leben, dad mit Recht eine praftiihe Fürſten, 
fhule beißen durfte, nichts anderes, ale daß fie in den 
erlaubten Gatten, Die fib bald von bläbenden Kindem 
umgeben faben, den Untertbanen das Bild einer glüd. 
lien Ebe auf dem Throne darſtellte. Jedoch unters 
nahmen dieſe mehrere Reifen nah Holland, Frankreich, 
England u. f. w. Neue reihe Schäße an Slenntniffen, 
Erinnerungen, Welt» und Menfcenerfabrung maren 
ber Gemwinn diefer Reifen, während das fürftliche Paar 
überall dad ſchoͤnſte Andenfen, das an fich felbit zurüͤck— 
ließ. _Den fo vollendeten Mann rief der Tod ded Her 
5098 FSriedrib in der Morgenftunde des 24. Aprild 1785 
auf den Fürftenfubl feiner Abnberren. Eine Menge ebenfo 
mwobltbätiger eld weifer Verordnungen und Einrichtungen 
beibätigten alöbald dieſe Gefinnungen für das “innere, 
mäbrend zugleich die dußern Verbältniffe mit aller der 
Sorgfalt und Umſicht behandelt wurden, welche Die erften 
Vorboten mebr als dreißigjäbriger politifher Stürme 


‘ 


erbeifhten, Im mwohlverftandenen —5* feiner Stels ' 
eines 


lung wie der geograpbifiben Lage andes trat der 
Herzog daher dem deutſchen Würftenbunde, der legten 
Bolitilcen Schöpfung des großen Friedrichs bei (16. Tan. 
1786) und bereitete eben Dadurd ein Ereigniß von der 
größten Wichtinfeit für Mecklenburg vor. Geit dem 
det 1734 befanden ſich die Domänen der vier Aemter 

dena, Plau, Marnig und Wrebenbagen an Preußen 
verpfänder, für Die Koſten einer ‚gegen ben damaligen 
Herzog Karl Leopold ausgerichteten Eaiferlihen Erecution, 
Quer Dem beträchtlichen Verluſte, welcher bieraus für 
Die berzogl. und Kandesfaffen erwüchs, murden fie von 
beftändiger preußiſchen Einquartirung ungemein gedrüdt. 
Mebr als ein Mal batte ber grand Friedrich Derfuche 
ur Einldfung gemacht, aber Sriedri IT. hatte fich nie zur 
MWiederabtretung verfteben wollen, Gleich nah feinem 
Tode begann Friedrich Franz Adern Unterbandlungen 
mit dem Koͤnig Friebrich Wilhelm U., der günflige 
Augenblick war erfchienen, des 0 Scharfblid mußte 
ibn zu ergreifen, Dur eine Reiſe nach Berlin (Dechr, 
1786) en und bie fi ——— — inder⸗ 
niſſe, auf bie leichteſte zul zu _befeitigen, Auf, dieſe 
Meife kam [don am 13. März 1787 eine Konvention ju 
Stande, welche gegen rin Dpfer von 172,000 Thalern 


Fr. Branz, Großherz. d. Mecklenb.⸗Schwerin. 165 


in Gotd eine der ſchmerzlichſſen Wunden des Landes 
heilte. Zugleich wurden mebrere Grenzirrungen beis 
geltegt, die uralte Erbverhrüderung wit dem preußiſchen 
Haufe erneuert und beitätige und im Juni deſſelben 
Jahrs erfolgte die Zurückgabe der Aemter nebft ihrer 
völligen Räumung von den preuß. Truppen. Als eine 
mittelbare Folge dieſes glücklichen Ereigniſſes war es zu 
beraten, dab Fricdrich Franz Ad 1788 entſchloß, mit 
den Generalftaaten der vereinigten Niederlande oder im 
Grunde mit dem Erbitattbater, Schwager des Königs 
von Preußen, einen Eubfidientraftat abzufpließen. 

verließ anfangs auf drei Jahr, Die fpdter auf eben. fo 
viele verlängert wurden, dem niederländifhen Dienkte 
‚ein Infanterierrgiment gegen eine jäbrlige Subſidie von 
30,000 Tbalern bulländ, Courant. Als die Sranzofen 
unter Pichearu im Tabr 1794 in die Niederlande ein⸗ 
drangen, bildete das Megiment, vom Generalmajoe 
von Glher befebligt, cinen Theil: der Delanung, von 
Maftrict, murde, als die Feſtung fapitulirte (3. Nov.), 
in die ebrenvolle Kapitulation eingeſchloſſen und kebrte 
im San. 1796 nad Medlenburg zurück. Die Ueberſchüſſe 
und Erfparnifle, melde Diefer politiſch unabweislich ger 
‚machte Subjidientraftat abmarf, wurden außer andern 
mobltbätigen Verwendungen zum Beſten des Landes dazu 
gebraucht, um die urſprünglicen Domänen des füurfil. 
Haufed mir einbeimifhen neuen Ermerbungen zu ver 
mebren, in das Jahr feines Abſcluſſes fiel eine andere 
Begebenheit von hohem nterefle für alle innern Der 
bältnife Medlenburgd, der Erbvergleich mit Roſtock. 


. Diefe erfte und michtigfte Stadt des Landes war ſeit 


den älteften Zeiten von idren Landeöherren mit einer 
Gülle von Privilegien und Sreibeiten begnadigt worden, 
welche bei beitimmterer Entwidiung der Landesdoheit 
vom Ende des funtzehnten Jahrdunderts an mit Dem 


nothwendigſten Bedingungen derfelben nur zu oft ie 


Widerſtreit geriethen. Wiederholte ee batten die 
Daraus erwachſenden Irrungen und Mißverftändniffe wohl 
auf eine Eurze Friſt aus Dem Geſichtskreiſe gerät, aber 
nie gründlich geboben. innere Zwifigkeiten der Stadt, 
dad Eınfhreiten der Landesherrſchaft derbeiführend, wa⸗ 
sen dann von beiden: Theilen auf eine Weife benutgt 
worden, die ſelbſt nach ſcheinbarer Beilegung in diefer - 
felbR im Boraud den Samen neuer &treitigleiten bes 


. wahren ließ. So eriengte id auf die Länge ein gegen» 


feisiged Wißtrauen, ba 


\ 


Ab uur au ofs nicht blos für 


⸗ 


® 


156 Fr. Fran; Großherz. v. Medienb, » Schwerin. 


Diefe fpeciellen Verhaͤltniſſe, fondern fär das ganze Land 
als verderblich oder mindeftend ald ftörend ermiefen hatte, 
Auch unter der Regierung ded Herzogs Friedrich maren 
aus mehreren Veranlaſſungen ſolche Trrungen entitanden.. 
Zum Theil die Akademie betreffend, deren. Patronat feit 
ihrer Stiftung 1419 die Stadt mit den Herzögen theilte, 
baste Herzog Sriedrich diefe nach Buͤtzow verlegt (1760) 
und. da die Stadt gleihwohl auch fortfuhr, ihre Pros 
feffuren zu befegen, gab es feitdem, wenn glei nicht 
sehtlib, doch faftifh, zwei Univerfitäten im Lande. 
Herzog Sriedrich Karb, obne den Ausgang der viele Jahre 
hindurch gepflogenen fommiflarifchen Unterfuchungen und 
Derbandlungen zu erleben. Allein cd mar eine der erften 
Regentenbandlungen . feined Nachfolgerd gemefen, den 
abgebrodenen Faden derfelben wieder aufzunehmen, . Bon 
beiden Seiten wurde jegt nachgelaſſen, — am 
meiſten und willigſten von Seiten des edlen Surfen, 
den nach dem Augenblicke verlangte, wo eine aufrichtige 
Derfübnung die letzten Spuren innerer langlaſtender 
Zwietracht verwifhen ſollte. Das J. 1788 bradte ihn 
Dur den Abſchluß des grundgefenlihen neuen Erb» 
vergleichs herbei. Die Seele diefed Vertrags war Die 
von Seiten der Stadt zum erfien Mal überall und reis 
erfolgende Anerkennung der Landeshobeit in allen ihrem - 
Ausfhffen. Wo diefe.niht im Wege flanden, wurden 


-- die dltern Derträge, Privilegien und Sreiheiten nicht 


allein beftätigt, fondern ſelbſt durch mehrere befondere 
Gnadenerweiſungen noch vermehrt, unter melden die 
verſprochene —— der Univerſitaͤt einen vor⸗ 
züglichen Satz einnahm. Nachdem die Stadt dierdurch 
von den aufrichtigen landesvaͤterlichen Gefinnungen gegen 
ß aufs —— —— fein konnte, beſchloß 

r. Franz das fegen reiche Werf in Ihren —95 Mauern 
zu vollenden. Von ſeiner a begleitet, bielt er 
am 8. Mai 1788 feinen feierliben Einzug in ihre Mauern . 
und am 12, erfolgte die eben fo feierfide Vollziehung und 
Auswechslung des Erbvergleihd. Erft am 23. Mal bes 
endigte die berzoglide Abreiſe eine Reihe von Feſten 
und Srenbenbeienaungen über eine fo außerordentliche und 
Sangerfehnte Begebenheit und es bat wahrlich nit in 
Den woblmollenden, gerechten und gütigen Abfichten des 
Sperzoos gelegen, fondern in dem fpdtern gewaltigen 

mſchwung aller beſtehenden Verbältniffe, wie in der 
ſchon damald vorausgeſehenen Natur der meilten Der, 
träge, wenn in ber Folge zumeilen neue Schatten über 


Zr. Franz, Großherz. v. Medienb.: Schwerin. 15T 


ein fo gluͤcklich geordnetes Einverſtaͤndniß dingezogen And. 
Die Aufhebung der Uninerfitöt zu Bbtrzow ee — 
rädverfegung nah Roſtock erfolgte 17899. Während es 
"Dem Herzog gelang, auf dieſe Weiſe alle innern Ders 
bältniffe ‚hefriedigend zu ordnen, ſchritt die Revolution 
ipren rafden blutigen Gang fchneller und fehneller vor. 
Auf der einen Seite nahm Mecklenburgs Wohlkaud 
mittelbar durch fie in einem dohen Grade zu. Der von 
ihr perbein tar. Seekrieg, die dadurch zumeilen auch 
durch wirklichen Bande, unerbört gefteigerten Preiſe aller 
ländlichen Produfte 
gaben feinem Handel und feiner Schifffahrt eine neue und 
glänzende Schmungfraft. Die Beldvermehrung wuchs 
in fleigenden Progreſſonen, der Werth des Grundeigen⸗ 
thums verdreifadte fi binnen kurzer Zeit und batte 
einen fo rafden Wechſel der Befiger je Solge, daß die 
- Schnelligkeit deflelden_faR der ded Geldumlaufs gleich 
Fam. Auf der andern Seite empfand doch auch Medie 
burg (don frähe weniger erfreulihe Folgen jener denk» 
wür 


es fa nur aderbauenden Landes 


igen Ummälzung. Schüßte feine Lage es gleich nd 
e 


ange vor der unmittelbaren Berührung des Kriegs; 
entzog der Herzog durch eine Geldbehandlüng des Reichs⸗ 
Contingentd noch lange feine Landedfinder Dem Looſe der 
Schlachten: fo forderte Doc der Reichöfrieg feit 1798, 
noch mehr aber die Demarkationdlinie, Dur welche 
(17. Mai 1795) im Gefolge des Basler Sriedend das 
noͤrdliche Deutfhland vor der Theilnahme am Kriege 
aefihert ward, bereits fehr fchwere Geldopfer. Auf dem 
Raſtatter Kongrefle (1797 — 99) ſuchte Der Herzog durch 
einen Geſandten nicht allein nach allen Kräften bie 
ierbeit und Selbſtſtaͤndigkeit des deutſchen Reichs zu 
unterſtuͤgen, ſondern zugleich auch die Anfpräce feines 
„Hauſes auf zwei Straßburger Kanonikate geltend zu 
en. Das berzoglihe Haus hatte fie 1648 Durch den 


- mad 
weſtyp haͤliſchen Srieden erbalten, war durd die berüchtig. 
. sen Keunionen Ludwig XIV. aus ihren Befige verdrängt 


und man. fuchte jegt wenigſtens eine angemeflene Ent. 
fnädigun dafür zu. erwirken. Allein die Auflöfung' des 
ongreffed nach Erneuerung des stehe zwiſchen Frank⸗ 
reich und Oeſterreich (April 1799) ſchob dieſe Angelegen⸗ 
beit abermals weiter dinaus. Die trotz einer geſegneten 
Ernte und der mehrſaͤhrigen zweckmaͤßigen Vorkehrun⸗ 
gen —— hberaus boch geſtiegenen Preiſe aller 
bendmittel RKörten im folgenden Sabre auf eine kurze 
Zeit, die innere Ruhe des Landes. Große Beſtellungen 


158 Fr. Franz, Großherz. v.-Medienb. » Schwerin. 
aus Enaland erre Anfangd Befürchtungen unter den 
- niedern Volfäflafen und führten endlich in den Städten 
Roſtock (29. Detober 1800), Guͤſtrow und Schmerin zu, 

Bewegungen, die in ben beiden erfiern in Gewalt‘ 
thätigkeiten ausarteten und namentlih in Guͤſtrow nur 
durch Bluwergießen gedämpft werden Fonnten. Die 
edmäßigen Maasregeln des Herzogs ſtellten jedoch 
chnell die gefeglide Ordnung ber; bie Aufrährer wurden 
betraft und zum Beten Der wirklich Huͤlisbeduͤrftigen 
in den Landſtaͤdten wurden Magsztne angelegt, aus 
welchen dad Korn theils unentgeldlic, tbeild zu vedeu⸗ 
tend berabgefegten Preifen verkauft, ward. Aehnliche 
Maastegein der landeöväterlihen Sürforge fanden auch 
in den nstern tbeuern Jahren bid 1805 Ntatt. Das erſte 
Tabr des neuen Jahthũnderts drachte freilich. zunaͤchſt 
durch die gänzliche Abtretung des linken NhHeinuterd an 
Srankreich, im Luneviller Srieden (9. Gebr. 1801), für 
Medienburg den Berluf aller Anfprüce auf die Straß 
. burgifren Kanonifate mit id. Allein der Neichöfriedende . 
-erefurionöbanptreceß (28. Nov. 1802), wie der Reichs⸗ 
deputationöreceß (25. Febr. 1803) entfhädigten dafür auf 
eine binreidende Weiſe. Der Herzog trat die Halbinfel 
rimall an Lübecf ab und erbielt dagegen die Lüdedifben 
Hofpitaldörfer in ben Aemtern Budow und Grevis⸗ 
müdlen, wie auf der Inſel Poel, nebft einer immer. 
währenden Rente aus der Kheinfhifffartböoktroi von 
40,000 fi. Außerdem wurden ihm nod Die ſaͤmmtlichen 
- Güter der im Lande belegenen mittelbaren Klöfter, Augs⸗ 
burgifder Konfellion, zu freier- Verfuͤgung überlaſſen. 
Micriger als diefe Entfhädigung und wanche frühere 
Grenzausgleihungen mit den Nacbbarftaaten war Die 
bald darauf erfolgende unterpfändlide Ermwerbung_ der 
Stadt und Herrſchaft Wiöntar, die feit Dem Dönadrüder - 
Frieden (1648) im eigentbümlihen Beſitze der Krone 
Schweden geweſen und gebörte, obgleih in feinem 
andel nur noch ein Schatten feiner hanſeatiſchen 
tüthe fortlebte, unftreitig zu den edelſten verloren 
egangenen Steinen aus edlenburgs Sürftenfrone. 
&n eben diefem Jahre (5. Mai 1803) ge aben von Sei⸗ 
ten ded Kaiſers von Rußland und der damaligen fran⸗ 
zöfifden Regierung Anträge:bei der Reichsverfammlung 
zu Neger *surg, die — der Kurmärde und der 

- Damit verbundenen orsüge auf das Haus Medienbur 
Schwerin betreffend. Allein erft einer ſpaͤteren gluͤck. 
uũcheren Zeit war ed aufbebalten, demfelben unter einer 


* 


x 


- 


Ir. Franz, Großderz. v. Medimb. ‚ Schwerin, 169 


andern Benennung feine angeſtammten Rechte auf einen 
föniglihen Rang wirklich purücäugeben. Naͤher rädten 
indefien_ auch für Mecklenburg Veraͤnderungen, welde 
einen allgemeinen Umſturz drobten, Der Hompf gie 
fen Frankreich und der dritten Covalition, 1805, führte 


durch dad abermalige Erliegen Oeſtreſchs den Anflug 


bed Rheinbundes berbei (12. Juli 1806) und diefer die 
völlige Auflöfung der deutſchen Reichsberfaſſung. Am 
6. Auguft legte der Kaifer Franz *) die uralte Krone nie 
der und der Herzog fand fi, durch die Damit verfnäpfte 


Entbindung von allen bisherigen Reihepfliten in die 


Keibe der fouveränen Fürſten zurüdgeftellt, Er haste 
freilid an dem legten Kriege keinen Antbeil genommen, 


‚allein 15,000 Ruffen, die unter Tolftoi in Pen ger 
8 


landet waren und ſchwediſche Truppen, von ihrem 


- nige Guftao Adolph IV. angefübrt, waren im Herbit 1808 


durch Medlenburg ind Hanoveriſche gerogen und die 
lestern rüdten noch einmal im Auguf 1806 gegen dad 
Zauenburgifde vor. Ihre Verpflegung murde fomohf 
von ruſſiſcher ald ſchwediſcher Geite bejablt, fie zu ver 


‚meigern fand nicht in der Macht des Herjogd, leide 


mob! mußten diefe Vorgänge demnaͤchſt ald Vorwand Dies 
nen, um Medlenburg in die Stataftropbe des Jahrs 1808 
‚su verwideln. Seit dem Antritt feiner Kegierung war 
Friedrich Fram unabläffig auf die Dervolfommnung 
aller Zuftände feines Fandes bedacht gemefen. Ganz bee 
fonders befhäftigte ibn der leibliche und geiftige Zus 
and eined großen Theild feiner Untertbanen, melder 
ihn befonderd nahe berührte, nämlid der bäuerlidden 
Bevölkerung auf den großen Domänen feines Hauſes. 
Bür diefen forgte er Dur die verbeiferte Einrichtun 

des von Schwerin nad Ludwigsluſt verlegten Landſchu 

lehrerſeminars und durch beftimmte Vorſchriften für einen 


. unaudgefegten Schulbeſuch: für jenen durch unentgeld« 


fie Unterrihtdanftalten für Hebammen zu Roſtock und 
Schwerin; durch Aufmunterung der Beamten zur Anlg 
gung von Arbeitsſchulen; durq —— beträglie 
er Koloniftenwerbungen. fürs entfernte Ausland; vor 
allem aber Durch Aufhebung aller fogenannten Hofdienfte, 
Stobnden, die mit Hand und Anfpann bisder geleiftet 
und jegt in ein mäßiged Pachtgeld umgewandelt wur⸗ 


den, zu unendlicher Verbefferung des Loofes diefer Land» 


Ieute, Auch Hatte der Herzog die Genugtbuung, daß 
fedr bald die Ammetigen Köker und ſelbſt manche Guts⸗ 


9 Defſen Diographie ſ. N. Nekr. 18. Jahrg. ©. BT 





—* 


4 


160 Fr. Franz, Großherz. v. Medienb.: Schwerin. 


beſitzer unaufgefordert dieſe Einrichtung Auf. ihren Be 
figungen einführten, wodurd eine fpätere gaͤnzliche Um⸗ 
geftaltung aller bäuerlichen Verhaͤltniſſe vorbereitet ward. 
Die infändifhe Induftrie, befonderd in Berarbeitung 


der Wolle, eined der mictigften einheimifchen Landes,” 


produfte,, zu-deren Veredlung der Herzog ſchon 1792 
alle Domanialpaͤchter aufgemuntert batte, crbielt niche 
allein Steuer. und Zollbefreiungen, fondern felbit bes 
deutende baare "Unterflügungen aus. einem dafür auf 
ausgehende rode Wolle gelegten Impoſte. Aehnliches 
wurde einer Menge von andern Sabrifunternebmungen 
bewilligt, der Beförderung der Bienenzucht, der Eintäds 
rung der Hundtichen feuerfeften und wohlfeilen Baumes 
methode .u. f. mw. Bedeutende DVerbeilerungen erhielt 
die Rechtsverfaſſung; ſeit 1785 waren alle Gerichte ano 
emwiefen, über-die Anzahl und den Stand aller Inqui—⸗ 
" tionen monatlich einzuberichten, eine Verordnung von 
4802 ſchaͤrfte Menſchlichkeit und Mäßigung bei den Zuͤch⸗ 
tigungen von DVerbredern ein. Dad Duellmandat und 
die Notariatsordnung von 1786; die Konftitution gegen 
die Ungebährlichfeiten unter Sachmaltern und Gcrifts 
ftellern 1792; ein neues Kriegsrecht und die vorgefchries 


dene ſtrenge Prüfung ſaͤmmtlicher Juftizbeamsen vor einem 


der doͤhern Landesgerichte, 1796; endlich eine Deklarator- 
verordnung über die Lehndverbältniffe, bei dem ftarfen 


Ed 


Guͤterhandel nothwendig geworden, waren gründliche Ab» 


bülfen von eben fo vielen, zum Theil vergäbrten Mißs 


bräuden nnd Uebelftänden. Daneben beftätigte und bes 
förderte der Herzog eine Menge scgeinnupi er und 
wohlthaͤtiger Anfalten, 3. B. fdon 1785 eine ftädtifche 
’ Brandverfiderungßgefellf aft; Die Armenordnungen zu 
Schwerin, Grabom und Roftod; eine Stiftung zur Er 


ziehung unbemittelter Töchter landesberrlicher Bedienten,- 


aud dem Teltamente der verfiorbenen Herzogin Louiſe 
Sriederife, Gemahlin feines Odeims, 1793, einen Aktien⸗ 
plan zur Schiffbarmachung der Elde und Senfung des 
‘ großen Muͤritzſees in demfelben Jahre, welder Die Vers 
bindung durch, die Elbe, mit, der Dftfee bezweckte; ein 
boͤchſt wichtiges, noch jegt beachtenswerthes Unterned» 
men, deſſen Ausführung leider durch die Zeitumftände 
binaudgefeboben if. Kür die Witmen der berzogl. Die 
nerſchaft forget feit 1797 eine eigne trefflid berechnete 
Witwenkaſſe, deren etwaiged Deſicit der Herzog unbe 


ſchadet eines jährlichen beträchtlichen Zuſchuſſes groß 


mütbig Übertragen mollte. Die Anlegung des Seebades 
su Doberan, feit 1793, des erſten in Deutfhland, ver 


— — — — Tr | — 


‘ * 


Br. Franz, Großherz. d. Medienb.: Schwerin, 161 


Dient um fo mehr bier genannt zu werden, da dieſe 
Lieblingsſchöpfung des Derzogs feitdvem nicht allein Taus 
fenden Die verlorne Gefundpeit zurückgegeben bat, forte 
dern auch für den Wohiſtand und die iIdung Medien, 
burgd von den entf&iedeniten solgen gemwefen if. Eine 
beiondere wachſame Aufmerkfamfeit midmete Friedrich 
Franz von jeber dem geſammten Kircen und Untere 
richtsweſen, der wiſſenſchaftlichen Bildung, den religiös 
en En eNgengen und dem ſittlichen Wandel der ie 
ipfeit der Zebrer. Schon 1790 ftiftete er für fie ein 
theologiſch / paͤdagogiſches Seminar zu Roſtock und es 
verging Fein Fahr, obne die beilfamften, ſeis won ibm 
unmittelbar ausgehenden, auf alle jene Gegenfände bes 
zuͤglichen Erlaffe und Verfügungen, Diefe mwahrbaft 
oberbifhöflihe Fürforge umfaßte nit blos die herrfcende 
Kirche, fondern ebenmäßig und mit der äcteften Tolles ' 
ranz aud die Äbrigen ariftliden Eonfefionen; ja fie 

bloß ſeibſt die mofaifhen Glaubensgenoffen nit aus, 
Was namentlih, die Fatbolifde Confeffion betrifft, fo 
bat fie in ihrer ſchoͤnen vom Herzog erbauten und Dos 
sirten Kirde zu Ludwigsluſt den ſprechendſten Bemeis 
für das Gefägte. Die Anführung eines merfwürdigen 
Ediktes, Dur welches 1305 das gefammte Slredit 
meien Deö berzogliben Hauſes geordnet ward, mag 
biefe gedrängte Sfisje der treiflichen innern Ders 
maltung des Herzogs in der ‚friedgefegneten Zeit Medi 
Ienburgs befließen. Der Krieg zwifden Frankreich und 
Preußen war erklärt, die verbängnißvollen Schlachten 
von Jena und Auerftädt hatten das Loos der legtern 
Monarchie für fieben trauerpolle Sabre entichieden; aber 
no Fonute man die Größe des Unbeild aus Den ſich 
widerſprechenden Nachrichten nicht vollſtaͤndig berausfins 
ben, als ſeit dem 19. Oftober 1306 flüchtende Fuͤrſten 
und Fuͤrſtinnen, unter jenen der Aeriog von Weimar *), 
nad) einander in Medlenburg eine leider kurze Freis 
fätte füchten und nun eine ſchreckliche Gemißbeit an die 


. Stelle der ſchwankenden Gerüchte trat, Bald erfchies 


nen auch verfprengte preußische zaufen, unordentlidy . 
aus Dem Hanoveriihen durch Med lenburg in die Mars 
fen flücbtend; umfonft wurden die Grenzen eilig mit 
* tralitärspfäblen bezeichnet. Weimariſche Hufaren 
radten über Havelberg in Schwerin ein (31. DOftober, 


2, November); fat zu gleicher Zeit drangen dad Bl 





4) Deſſen Biographie HR. Ren. 6. Zahrg. ©. 465, 
M. Werroleg 15, Zabıy, - 11 


- 


- 


- 


168 Fr. Franz, Großherz. v. Mediend. «Schwerin. 


qerſche, ein Theil des Leſtocgſchen Korpß und Truppen 


unter v. Winning. und dem Herzog von Braunſchweig⸗ 


Dels von verfbiedenen Seiten ber über die Neutrali⸗ 


raͤtslinie. Ihnen auf dem Zuße rädte der Marſchall, 
Prinz von PontesEorvo über Feutn Waren und Mal 
chow nach (1. November); ein Gefedt bei dem Dorfe 


Silz fiel zum Nachtheil der Preußen aus; Die Kavalle⸗ 


rie unter dem Großberzog von Berg (Murat), dad 4, Ar⸗ 


meekorps unter Soult folgten in Eilmärfhen. Verge⸗ 


bens fuchte Bläher ſich zwiſchen der Stör und Sude 
bei Schwerin zu ſetzen, ein zweites ungänftiged Gefecht 
an der Schweriner Fähre zwang ibn ſchon am 4. Novem- 
ber diefe Stadt zu räumen und nach vergeblichen Ver⸗ 
ſuchen, die vom Seinde fon befegte. Cibe gu gewinnen, 


ſich auf Lübeck zu ziehen, mo er am 6. angegriffen, nad 


der tapferſten Gegenwebr gefhlagen und am folgenden 
Tage bei Rathkau gefangen gemacht wurde. Schon 


nad wenig Tagen ſtroͤmten die drei franzoͤſiſchen dere. 


reßabtheilungen mit den Kriegsgefangenen aus der Luͤ⸗ 
beder Schlacht untermifht nad Stettin und Berlin durch 
Medienburg zuräd. Was Diefes und befonderd das 
platte Land auf dem Hin- und Herzuge von Freunden 


"und Seinden gelitten, von welchen die leßteren ein foͤrm⸗ 


lied, planmäßig -umfaffendes Pländerungsfoftem ent 
widelten, if unbefcreiblid und fat unſchaͤhbar. Nach 
den amtlihen Angaben beliefen ſich die Kriegsſchaͤden 
und Koften, in der furzen Zeit vom Dftober 1806 bis 
um Februar 1807 auf Die ungeheure Summe von 


‚217,917 Thalern. In einzelnen, größeren und kleine 


ren Abteilungen drangen die Plünderer felbft in die 
fleinfte und entlegenfte Hütte und glücklich wer durch 
williges Hingeben aller Habe fh und Die Geinen vor 
Mißhandlung und Mord zu fhüpen verftand. Erſt feit 
dem 11. November ſtellte ein Tagsbefehl des Marſchallß 
Soult allmälig diefen Zufand ab, den man bis dahin 
als eine noͤthige Erbolung, ald Anreizung für den Sol» 
Daten zu neuen Siegen betrachtet hatte. Was dad Herz 
Friedrich Sranzend empfand bei diefen Leiden feiner Un» 
tertbanen , aber zugleih auch mie flark eines deutichen 
Fürſten Daterliebe tär feine Kinder macht, laͤßt ſich aus 
Dem Opfer fließen, welches ſchon am 10. November 
der Erbprinz Sriedri Ludwig durch feine Reife nah Ber 
fin bringen mußte, dem fein Bater am 29, ſelbſt nachfolgte, 
um die Neutralität Mecklendurgs anerfannt zu erhalten. 
Allein auch diefe Dpfer waren vergebend; am 28. No⸗ 


” ” - 


” = 
v 


4 


* 


\ 


Fr. Franz, Großherz. v. Medienb.: Schwerin, 163 


vernber erfolgte dard, den Divifiondgenerai Michaud Die 
förmliche Befigergreifung und der Gefandte Bourienge. 
zu Damburg erklärte Dabei Öffentlich: „Diefe Manßregei fei 
eine natärliche Solge der Neutralitätgnerlegung von 1808; 
Medienburgd Fünftiged und endliches Scidfal werde 
übrigend ganz von dem Verfahren abbängen, welches 
Rußland gegen die Moldau und- Wallahei: beobacten 
wärde.“ Der Brigedegeneral Laval erfhien ais Genus 
verneur des Lande zu Schwerin und Äbernabm, nebR 
dem Intendanten Brimond, die oberfte Leitung der Ders 
waltung, das berüctigte Dekret von- Berlin (21. No 
venber) wurde Äberall, befonderd in den beiden Gee 

bien publicirt und mit Härte vollzogen... Dabei dauer. 
sen unaufbörliche Durcghge fort und zugleid wuchE die 
Menge der in_Medienburg bleibenden Truppen, bo 
Rimmt, einen -Theil des Beobachtungsbeeres zu bilden, 
welches theils eine- Bine englifhe Diverfion an der. 
Eibe Vverbindern, theild Die Schweden aus Deutſchland 
drängen ſoute. Unter dieſen Umfdänden blieb dem Her, 


doge freilich nicht Anderes übrig, als fid ‚dem Anblie 


‘ 


rdigkeiten, denen abzubelfen er fi außer 


Stitand fah, zu entjieben und er begab fich Daber mit 


feiner. Samilie einkmweilen nad Yltona (den 8. Januar 
» Zu den bisherigen Erduldungen famen jegt- Die 
drädenditen Requifitionen aller Art, deren Ertrag im 
weite Sernen, ſelbſt bis nach Thorn und Danzig gelie⸗ 
t werden mußte, Umfonft ping eine Deputation der 
ände ihrentwegen zum Maridal Mortier nad) Greifks 
walde und über Berlin in das Baiferlice. Hauptquartier 
nad Polen und Warfhau ab.. Um fie a m gänze 
lich erſchoͤpften Lande Kberhaupt nur aufbringen zu koͤn⸗ 
nen, wurde am 4. Tanuar zu Schwerin eine allgemeine 


en Kammer und Deputirten der. Stände, zu He 


| ke aus Mitgliedern der ee 
&a 


er: om 185: April vom Mariell: Brune 
a Waffenßiulſtand dieſen Streitereien. und . 
den durch fie geweckten Befürchtungen bald ein Ende. 

Inzwiſchen <rfolgte der: Wafenkilfingd: Le. und 


164 Br Franz, Großherz. d. Mediend.s Schwerin, 


dei der perfönlichen Zuſammenkunft der beiden Kaiſer 
auf dem Niemen (27. Qunius) wurde die Wiederherftek, 
"fung des Herzogd als Präliminarbedingung des wirkli⸗ 
en Sriedend verabredet. Ein ruffifider Kourier übers 
brachte bereitd am 5. Julius ein Schreiben ſeines Mo⸗ 
narchen mit diefer froben Kunde nad. Altona. Die. 
franzöfifche Dead wurde aufgeföR und am 11. Zus 
lius dielt der Herzog fe 

rin. Die Durdzäge dauerten freilich noch fort; ganz 


inen feierliden Einzug in Schwe⸗ 


Mecklenburg wurde -felbft noch einmal auf eine, kurze _ 


Zeit befegt; den Handel drüdte fortwährend die Sperre 
gegen England und Schweden, die immer mebr ſinken⸗ 
en Preife der Produkte bei den fleigenden Laſten ver 
derbten große und Eleine Grundeigenthümer und bereis 
tere einen voͤlligen — aller, leider auf die Spitze 
etriebenen Vermoͤgensverhaͤltniſſe vor, welcher die Ein⸗ 
rung eined mebrmals modificirten Indultes noͤthig 
machte. Der unvermeidlich gewordene Beitritt zum 
Rdeindunde, vom Erbprinzen, den der Minifter von 
Brandenftein *) begleitete, perfönli unterbandelt (Paris, 
22. Mär; 1808), forderte dennoch neue Opfer, (don dur) 
Das auf 1900 Mann befimmte Contingent und nur ins 
fofern trat eine Erleichterung ein, daß die Ba u 
ruppen_im Anfange des Junius Medienburg gänzlich 
räumten und Die jr und Schließung feiner Küs 
Ken dem einheimifhen. Militär üderlaffen blieb. Eine 
grnsline Herfiellung der Finanzen und ded Staatöfres 


itö war dem folgenden Jahre 1809 aufbebalten, eine — 


. allgemeine Landesrecepturfafle wurde damals zu Koftod, 
eine Schuldentilgungsfalle zu Schwerin mit einem bins 
reidenden Fonds eingerichtet, nicht allein um ſaͤmmtliche 
der alice und Landesfhulden gu verzinfen, fondern fie 
u innen mindeftiend 80 Jahren nad Ordnung einer 
Öffentliden Verlooſung alimälig abzutragen. Die dat 
auf bezuͤglichen Vereinbarungen mit den Ständen vo 

og außer dem derung‘ auch der Erbprinz mit binzuge- 

gtem Verſprechen, daß bis zu gaͤnzlichem Abiren aller 
fürklicyen Rentereiſchulden Feine neuen auf die Domds 
nen gebracht werden ſollten. Diefe Mandregeln find von 
folchem gnfigen Erfolge gemefen, daß ungeadtet des 
niedrigen Zindfußed und der nachfolgenden noch ſchwe⸗ 


reren Zeiten, welche vom März 1813 bis Oktober 4818 


eine Siſtirung der Kapitalzadlungen unabiwendbar made 
) Deiien Biogtapdie ſ. M, Mete, 18, Jadrg. S. Eh 


» 


Sr. Franz, Großhetz. d. Mediend.sCchwerin. 168 


ten, die Mecklenburgiſchen Staatöpapiere ſich falt immer, 
wie noch heute, zum Pari erbalten baben, Aber au 
in diefem Sabre wurde Die friedlihe Ruhe Medien, 
burgs, das ſeit den: März von Truppen entblöft mar, 
indem dad Mecklenburgiſche Kontingent in Schwediſd 
Pommern Ffantonniren mußte, weil die Dortigen franzöfls 
fden Belagungen zum neuen Kampf gegen Defterreich 
aufgebrochen waren, ſchon wieder Dur Die LUnternebs 
ung des ritterlihen, unglädlihen Schill, obgleid nur 
vorübergehend, geflört. & batte dieſer Morgang für 
Medlenburg keine weiteren Folgen ald eine gegen andre 
Erleidungen unbedeutende Lak von Truppendürchzügen. 
Dad berzoglibe Militär kehrte nah dem Srieden jmwis 
fchen Sranfreid_ und Schmeden (6. Januar 1810) aub 
Pommern zurüd und uͤbernahm aufd Neue die Bewas 
ung der inländifden Küften. Allein fon im Augup 
arsmöhnte Napoleon, daß aus Schmwedild Pommern 
englifhe Waaren durch Medienburg eingeführt wärden 
und die ganze Medienburgifche Oftfeefühe mit Roſtock und 
Widmer wurde abermald von franzöfifchen Truppen bes 
fegt. Der Tarif für Kolonialmaaren vom 5. Auguſt 1810 
mußte eingeführt werden; franzöffche Donanen, eine Li⸗ 
nie von Ribnitz bis Lübel, laͤngs der DAFüfte ziehend, 
erhoben ihn; von den Seeſtaͤdten wurden wiederholte 
. Matrofenftellungen verlangt und alle Grenzkädte und 
Aemter mit Meiterei —— Unter ſolchen täglich uner⸗ 
traͤglicher und uͤbermuͤthiger vorſchreitenden Bedrückun⸗ 
gen fonnte der neue Gewaltſtreich, die naͤchſten Nachbar⸗ 
änder und Städte Mecklenburgs dem fogenannten gros 
Gen Reiche. einzuverleiben (8. December), nur zu ben 
niederfchlagendften Betrachtungen über die Zukunft füh⸗ 
ren. In diefen trüben Tagen mochte nur Bertrauen 
auf den Himmel den edlen Sürften und feine leidenden 
Unterthanen aufrecht erhalten. Die dt: religidfe Zeite 
anſicht des Erfiern ſprach ſich im Tahr 1814 wiederholt 
in Verordnungen Aber. die Heiliahältung der Sonn» und 
Feſttage aus: in. Aufforderungen an alle GStaatödiener 
durch fleißigen Kirchenbefub und den Genuß ded Nacht 
mals nicht nur das Öffentliche Bekenntniß eigner Neli« 
iofirät abzulegen, fondern auch durch ihr Beifpiel Die 
‚übrigen Zandedeinwohner zu aͤhnlichen Gefinnungen zu 
ermuntern; endlich durch Circulare an die Superintene 
denten, ihre Prediger vor Entfernung von den pofitiven 
ehren: des geoffenbarten Chriſtenthums zu warnen und 
fie aufaufordern, durch einen erbaulichen, muſterhaften 


. 
. * 


—2 


\ 


a 00 * 
466 Hr. Franz, Sroßherz. v. Medlenbe⸗Schwerin. 
Wandel idren Gemeindegliedern zur Nachfolge vorz 


feuchten und Ab eine praktiſch⸗ religidfe Amtöfäbrung 
angelegen fein au (affen. _ Der Sinn, welder aud. dies 


in und andern unmittelbaren Grläffen des Herzog 


prach, wurde in feiner ‚goflnung auf Huͤlfe von oben 
wohl noch eine u Weile geprüft, 

Mocte ein franzoͤſiſches Lager der Dipifion Sriant vor 
Koftof (6. September bid 15. December 1811) die La⸗ 
ten des Landes noch drüdender machen, eine neue Doug» 
nenfette längs der fchwediſch pommerſchen und preußi⸗ 
ſden Grenze von Ribnig bis Domih (23. Dftober) dem 


Handel die legten Saugadern abfhneiden; modten die 


no immer finfenden Preife die Guͤterßtzer, ſelbſt die 


wohlbabendften ber Verzweiflung nabe bringen, welche 


alte meife und milde Keitungsverſuche ber Regierun 
abzumenden nicht im Stande waren, nahmen endli 
die Körkiten fremden Durbmärfde feit dem März 1812 
das iepte Mark des Landes dahin und mußte dad daͤr⸗ 
deſſe oller Opfer, der Aussug Des berzogliden Kontin 
gentd zum Deere. melces Rußland bedrohte, noch erſt 
ebracht werden (12. März) — die Morgenröthe der Bee 
reiung zog unerwartet nabe berauf. Das große Trauer 
ipiel des ruſſiſchen Feldzugs war beendigt; dad Med 
(enburgifche_ Kontingent, daß bei mehreren —— — 
ten mit großer Auszeichnung gefochten batte, ſchlief bis 
auf wenige Gerettere in dem falten Norden, der zu 
einem großen Grabe gemorden fdien. Seit dem 


nuar 1813 zeigten ſich auch in Mecklenburg einzelne balde 


erftarrte Schatten ald Zeugen ded gehaltenen göttlichen 
Gerichts; im Februar bie erfien Sofaden als Vorboten 
einer neuen Zeit. Die legten franzöfifhen und ſaͤchſi⸗ 


ſchen Truppen, geſolgt von den sitternden, einſt ſo fre⸗ 


chen Douaniers, brachen aus Roͤſtock auf und am 10. 


März wurden die Reſte des heimgekehrten Kontin ents 
der herzoglichen Verfügung suricaegeben. Auch Ham⸗ 


burg wurde geräumt, die rufliicbe Boͤrhut unter Tetten⸗ 


born drang von Berlin aus durch Mecklenburg an die - 


Stbe und nur mfhfam entfam Morand mir den Garni⸗ 


ten. wie furchtbar dad noch immer moͤgliche Miplingen 
geräht fein wärde. Er fandte den Minifter Sreidern 
von Pleffen om 16. März nad Berlin, von da in dad 
ruffifhe Hauptquartier du Kaliih ab, die Seheln des 


1 


— 


aber nicht getaͤuſcht. 





Br. Ganz, Oroßferz. v. Meltend. + Ccserkn 167 


Sentinentalfpfiemd wurden zerfprenst und. fi am 
25. März erfolgte die feierlide Losſagung RE 
bunde. Die anerfennende Geſchichte wird nie vergeflen, 
daß Friedrich Franz der legte dentſche Fuͤrſt Bar, der 
& dem verhaßten Joche beugte, der erfie, der, als poch 
led auf dem Spiele fand, ibm Kol; und muthig ent 
fagte.. An jenem denfwürdigen Tage rief er feine ln 
terthanen in Eräftigen, vertrauenden Worten zu den Wake 
. fen, theild zu der Linie, theils um * freiwillige Jaͤ⸗ 
— zu Pferd und zu Fuß zu bilden. Doro 
aͤufig zog bereitö am 27. März die Grenadiergarde uns 
ter dem damaligen Major, nachherigen Generalmajor 


von Both aus Ludwigdlun nah Hamburg, wo diefe aude - 


erlefene Truppe ſich namentlich am 11. und 18. Mai 
auf der Inſel Wildelmöburg in den glänzendfen Ge 
fechten der Ehre würdig zeigte, die Leibhut ihres Zär- 
Ren zu bilden. Dem Vertrauen deſſelben entſprach aber 
auch ein treued, begeifterted Volk; Tänglinge aus allen 
Ständen eilten, fi unter die freien Fahnen zu ſtellen, 
am 1. Mai (dwuren die beiden vollzaͤbligen Jaͤgerregi⸗ 
menter zu ihnen, am 8. konnte dad nfanterieregimens 
zum Heere des Brafen v. Walmoden an der Elbe abgehen. 
Die Prigjen des derzogl. Hauſes leuchteten vor; ſchon 
diente Prinz Karl ald ruſſiſcher Generallieutenant in den 
verbändeten Heeren, Prinz Adolph ging als Dolontär 


zu Walmoden, Prinz Yufav, aus Neapel berbeigeeilt, _ 


trat bei den Jaͤgern zu Pferd ein. ud an vater⸗ 
laͤndiſchen andern Dpfern fehlte es nicht, das eigne 
derzogl. Silbergeraͤthe ward in die Münze geſchickt und 


u Guldenſtuͤcken ausgeprägt, mit der Inſchrift: Dem- 


aterlande. Leider entſprachen die anfängliden Reſul⸗ 
state des Feldzugs auch an der Niederelbe nicht den eriien 
—— Aus der Umgegend des wieder geraͤumten 
mburgs mußten die mecklenburg. Truppen ſich mit 


ihren Verbündeten auf den vaterländifhen Boden zu⸗ 


rüdzjieden (29. Mai) und der NBaffenftillftand vom 5. Juni 


bis 16. Auguft brachte eine den Tapfern unmillflommene _ 


und doch in ihren Folgen fo heilbringende Ruhe au 
bier bervor. Während derfelben wurde der ſchon fruͤder 


angekündigte Landſturm völlig orgenifirt, die medlenburg, . 


Truppen ſtießen zu den Schweden unter Vegeſack und 
der Kronprinz von Schweden übernahm den Dberbefehl der 
verbändeten Heere zur Dertbeidigung des deutfchen 
Nordens. Den aͤußerſten redten Siägel diefer Nord 
armee befebligte unter ibm. Walmoden, da aber ber 


g 4 Fe >; j 
168 Fr. Franz, Großherz. v. Medktend,: Schwerin. 


Arerdanfen deffeiben nach Auffändigung des Baffen» 
iURandes kaum aus 20,000 Mann beiland, während der 


\ ‚gegenäberftebende Davouft mit den Dänen faft 50,000 


äblte, fo mußte ſich Walmoden feit dem 17. Auguſt 
gurädjieden, freilid unter beſtaͤndigen Gefechten und 
chriit für Schritt dem Feinde ſtreitig machend. So 
konnte Davouft am 19. a Boizenburg, am 22, zu Witten⸗ 
burg und am 23. Auguft zu Sawerih einzieben, wo er 
Ab in kurzſichtigem Uebekmuthe, wie ein andrer Wald⸗ 
kein, fofort als gebietenden Herrn verfändigte und. an 
Den dortigen See gelehnt eine fee Stellung bezog. Zu 
feiner Beobachtung blieb, da aud Girard aus Magdes 
‘ burg _vorgebroden und Walmoden diefem mit dem größs 
sen Theile feiner Truppen entgegengegogen war, nur 
Kettenborn mit etwa 5000 Mann zurüd. Da ihm aber die 
Koſacken von aller Verbindung abfchnitten und Mecklen⸗ 
burg feinen Verrätber fannte, fo verbarrte er, ohne die 
wahre Lage der Dinge zu ahnden, rudig in feiner Stel⸗ 
Iung und begnügte ſich den General Loiſon nad Widmer 
u fenden. Diefed wurde freilid nad wiederholten Ge» 
echten mit Vegeſack am 24. Aug. befegt, allein die von 
Moftod vorruͤckenden Schweden und Mecklenburger hiel⸗ 
gen dur ein glänzendes Gefecht bei Retſchow, unmeit 
röpdin, Die Sranzofen und Dänen vom Eindringen in 
etztere Stadt gluͤcklich zuruͤck (28. Aug.) Auch Walmo⸗ 
ben war indeſſen zurückgekehrt und bereitete fi vor, 
angriffsweiſe zu Werfe zu geben, unterKügt von der am 
29. Aug., unter perfönlichem Oberbefehl des Erbprinzen, 
kom aftiven Dienft aufgerufenen erften Klaſſe des Lands 
urms, ald plöglid Davouft auf die Hunde vom Schei⸗ 
tern aller andern Unternehmungen gegen Berlin_und von 
den Unfällen feines Kaiferd m Schleflen von Schwerin 
aufbrad (2. Sept.) und Aber Gadedufh an die Gtednig 
urdgeilte, Der een und Die berzoal. Familie, die_ 
he während dieſer Dorgdnge mit der Zandedregierung 
zusk nach Roſtock, dann nach Stralfund begeben batten 
{27. Aug), kehrten am 8. Geptbr. nad erjlerer Stadt, 
im December nah Schwerin zuräd, Der permanente 
Stamm bed Fandfiurmd erfter Klaſſe, 4000 Mann ftark, 
in eine Landwehr von ſechs Batraillonen umgebildet, 
diente unter Dem Erbpringen im Felde fort und vers 
folgte, ald die Sranzofen (12. Nov.) aud die Stellung 
+ der Etednit verließen, fie mit den Äbrigen Truppen 
Aber Die Grenzen Mecklenbürgs binaus. Auch an dem 
jegt- folgenden Feldzug in Holftein und Schledwig gegen 


- Die Danfbare 


Br. Sranz, Großherz. v. Mecklenb.⸗Schwerin. 169 


Dänemark nahmen die Mecklenburger den rühmlichſten 
Anideil. Beſonders entſchieden die beiden Jaͤgerregi⸗ 
menter durch ihre tapfern Angriffe den tbeuer erfauften 
©ieg bei Sedeſtedt am 10. Dechr. Der Prinz Guſtau 
felpit fiel dabei, ſchwer an der linken Hand vermunde 

in dänifche Gefangenſchaft, wurde jedoch ſogleich wied 

ausgewechſelt und am 11. lautete Die Parole der gamen 
Armee: Die braven medlenburgifden Jager! Nah dem 
Srieden mit Dänemark, 15. Jan. 1844, 309 die mecklen⸗ 
buraifbe Brigade, den Erbpringen an ibrer Spike, mit 


Der Armee des Kronprinzen von Schweden an den Niebers 


rbein. Weber dDiefen glücklichen Ereigniſſen vergaß die 
GStantöflugheit des Herzogs keineswegs die noͤthige Ers 
altung der übrigen politiſchen Beziebungen. Er fandte 


don am 12. Januar den Minifter von Pleflen in das 


große Hauptquartier der Drei verbündeten Monarden 
ab und ließ Dur ibn zu Zroned mit den Miniftern 
derfelben, zu Gbatillon jur Seine einen Allianztraftat 


ſchließen (Februar 22—24,), in welchem die herzoglichen 
- Befigungen und die Gouveränität Darüber garantirt 


wurden. Der Parifer Frieden vom 30. Mai fübrte Den 
Rückmarſch ded fchmed. Heereh, fo wie die Heimkehr 
Der —— Truppen aus Belgien berbei (8. Juli). 

Unerfennung ibrer Tbaren im Laufe des 
nun beendigten Feldzugs ſprach der Herzog durch Aus— 
sheilung einer nur für dieſen gekifteten Militärverdienfte 
mebaille aus, An einem belblauen Bande mit einer 
gelben und rotben Einfallung, im Knopfloche aetragen, 
zeigt fie auf ber Vorderfeire ein aufgerichteted antifes 
Schwert von einem Xorbeerfran; umſchlungen und die 
Jahrszahl 1813; auf der Nüdfeite die Inſchrift: Medlen 
burg& Ötreitern, mit dem berzogl. Namensjuge FF; die 
Dffieiere erbielten fie in Gold, die übrigen Krieger in 


Silber. Der Srieden ſchien durchaus get dert, nur die 
u 


Karten Durchmaͤrſche rädkehrender Ruſſen erinnerten 
noch in Medienburg an den überflandenen Krieg; Sr. 
* war daheim mit der Heilung der tiefen Wunden 
eines. Volks veſchaͤftigt und ließ durch den Sreiberra 
v. Dleffen feit dem Sept. 1814 auf dem Kongrefle zu 
Wien die Intereſſen feines Hauſes, wie die allgemeinen 
von ganz Deutſchland eben fo thätig ald fe und in 
fhönem Sinne vortreten. Er gebörte zu den Füuͤrſten 
und freien Städten, die zu Anfang des Kongrefied auf 
die Herftellung der deutſchen Kaiferwärde in der Perfon 
des Koiferd von Defterreih, wiewohl vergebli drangen 


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» ; es 


170 ° Fr. Franz, Großherz. v. Mediend. » Schwerin. 


und die ed endlich durd ihre entfehloffene Vereinigung 
Dabin brachten, daß die übrigen Staaten, frühere An» - 
fprüäde aufgebend, mit ihnen ald einer Macht zu unter 
andeln fi bequemen mußten, Allein deflenungeachtes 
and der Kongreß auf dem Punkte, fi obne ein gün- 
iged Refultar aufzulöfen, ald die Nachricht von der 
andung Napoleons (22. März 1815) zur Befinnung und 
— Erledigung der wichtigſten Differenzen den Ans 
trieb gab. Der Herzog trat alsbald Dem von den vier 
roßen Mächten erneuerten Bündniffe von Ehdumont bei 
Wien, 27. April) und dem Haufe Medienburg wurde 
son diefen durch die Juerfennung der großberzoglichen 
Würde (27. Mai) der böbere, koͤnigl. Rang verliehen, 
der dem uralten — 7 unter Deutſchlands Fuͤr⸗ 
ſten gebährte. Die Annahme dieſer Würde erfolgte von 
Seiten des nunmehrigen Oropbetlone am 17. uni, fo 
wie om 30. die großherzogi. Ratifikation der deutfchen 
Bundesafte. Inzwiſchen batte aud er feine neuen Rs 
ungen vollender und abermals zogen, vom Erbgroße 
erzoge geführt, ſechs mecklendurgiſche Bataillone dem 
Rheine zu nah Frankreich, wo fie fi dem preußiſchen 
Armeekorps des General von Kleiſt ) und zwar der. 
Dieifion Heflen» Homburg anfdloflen (8. Juli), Sie 
kehrten erit im December ind Baterland zuruͤck, mit ih⸗ 
nen die früher weggefuͤhrten und jeg reklamirten Ge⸗ 
maͤlde und andere Hunftichäge aus Schwerin und Lud⸗ 
wigéluſt. Noch in demſelben Jahre traf Fr. Franz eine - 
Dereinbarung mit dem Großherzoge von Strelitz Aber 
Die Derbäliniffe .ibrer Fünftigen, gemeinfamen Theil 
nahme am deuiſchen Bundestage. Auch mit den Bde 
wahren nterefien feines Volfs fid anbaltend beſchäfti. 
tigen zu koönnen, batte Sr. Franz durch den dauernden 
Sriedensftand jegt die von feinem Herzen langerfehnte. 
Moͤglichkeit erlangt. Die längk von ihm angeregte und 
vorbereitete Aufpebung der. Leibeigenſchaft und Guts⸗ 
untertbänigfeit (18. Januar 4820) wird ihre Wirfungen 
auf ſpaͤte Taprbunderte erfireden und den Namen ihred 
Urbeberd in ihnen unvergeßlich theuer erhalten. IA. 
glei der endliche Zweck derfelben, die Bildung eines 
nicht blos nadı.freien, fondern auch mit Grundeigen⸗ 
thum angefeflenen Bauernflandes in den Gütern der 
Nitterfdaft zur Stunde immer nod nicht erreicht, fo * 
bat doch der Großherzog durch die Verpachtungen im 


hg) Deſſen Biogr, ſ. im N. Wer. 1, Jabrg. ©. 186, 


—N— 


— 


\ 


Fr. Franz, Großherʒ. v. Mecklend.⸗Schwerin. 171 


en Domänen den Weg vorgezseichnet, auf welchen 


äder oder fpäter feine menſchenfreundlichen und ſtaats⸗ 
weifen Abfihten ibre Verwirklidung finden mäflen. Die 
Rectspflege Medienburgs erbielt in dieſer Zeit dur 
ibn eine zeitgemäße, von Umgefaltung. Schon 1812 
war ein eigened Kriminalfollegium zu Bauͤtow gegründet, 
ſeit 1818 ſindet bei dem großderz. Negierungdfolleginm 
keine Gericht6verwaltung meiter flatt; Degen wurde 
das Land in Drei große Jurisdiktionsbezirke tür die Juſtiz⸗ 
kenzleien zu Schwerin, Rokod und Guͤſtrow —*8 — 
von denen die letztere, nad Aufhebung des dortigen 
Hormaligen Hof⸗ und Landgerichts, neu errichtet ward; 
Die feierlihe Eröffnung des beiden großberzogl. zum 
semeinfchaftliden Dberappellationdgerichtd zu rim 
erfolgte am 1. Dftober 18318 und 1821 vollendete eine 
verbeſſerte Einrichtung ſaͤmmtlicher Patrimoniagigerichte 
den Kreis dieſer Wiedergeburt. Don andern gemein⸗ 


sügigen Einrichtungen erwähnen wir nur der — 
e 


“einer berittienen Gensd'armerie 1812; der — 
ner Domanialbrandkaſſe 1815; des Steuer: und Po 
tollegiumd zu Guͤſtrow 1816; des Landarbeitsdauſes 


ſchaftsgeſelſchaft, auf Veredlung der Produkte und auf 
firtlihe Bildung der Arbeiter ded Landbaued gerichtet 
1817; der Anordnung eines jährliden Wollmarkts im 
Güfrom, eine Einridtung, die Kb bald fo wichtig 
und folgenreih ermied, daß fpdter auch Boigenburg 
und Gräbow zwei Buttermaͤrkte erbielten; ferner: die 
landesherrliche ——— des ritterſchaftlichen Credit⸗ 
vereind 1818, Die Derordnung wegen Anlegung von 
Hpporbefenbüchern für jeded Hauptgut des Landes 1819; 
die Fonfirmirten Sparfaflen zu Schwerin und RMod 
und endlich eine durchgreifende Verbeſſerung des Land» 
ſchulweſens in den Domänen 18383 Schmerzlich ge 
troffen wurde das Materherz ded Großderzogs durch den 
Derluft smeier Soͤhne binnen kurzer Friſt. Der Erb» 
großbergog Sriedrid Ludwig, Dater der Herzogin von 


rleans, farb am 29. November 1819, Der Derpg- 


&dolyb am 8 Mai 41821. Zunaͤchſt wobl in Ddiefen 
Krauerfällen lag die Deranlaflung, daß der Großberzog 
um 23. Tuni 1821 (an eben dem Tage, an welchem 


zu Dredden die Elbiwifffabrisafte in feinem Namen 


Yollzogen ward) ein doͤchſi umfichtiged Hausgeſetz für alle 
künftigen Succeffionsfälle erließ, unter Beſtimmungen 
für die Doujäprigkeit, wie für die Abhadung und Be 


Ile 
felbR 1817; der Beſtaͤtigung des patriotifhen Vereins 
nad dem ermeiterten Zwecke der vormaligen Landwirth⸗ 


Doc wegen der Abblı 


herzog fein 


N 


172 Fr. Franz, Großherz. v. Medienb, „Schwerin. 


” die in Gegenwart des Größherzogs am 25, Mai 1822 fu | 


Berlin vollgogen wurde. Michtin wurde dad J. 1823 
noc insbefondere dadurd, dab der Großherzog - fi 


Bundesfontingents war nämlich feit mehreren Jahren 


" der Gegenſtand febbafter Berbandlungen des großbersen!. 
{Ne 


Minifteriumd mit den Ständen gemefen,  welde 
elegenbeit jebod bei gegenfeitiger Nachgiebigkeit im 
&. 4827 befeitigt wurde. Die Ausbrüd des Unmuths. 


die fi 1830 aud in Mecklenburg jeigten, waren meiſt 


gegen drtlide Beſchwerden, befonders gegen die Ges 
breden Der Bemeindeverfaffung gerichtet. Wie viel au 
feit 50 Jahren fic —— baben mochte, fo wurde 
| fe folder Beſchwerden gegen Orts⸗ 
obrigfeiten auf ein Gefen von 1777 verwieſen; aber. 
während Schwerin nad dem Aufftand im — | 
4850 nur durd die Abfhaffung des Thorfperrge des für 
Spayiergän er eine Befbwictigung erbielt, wurden die 
ernſtlichern Froifi feiten wiſchen den Bürgern und dem 
GStadtratbe zu Wigmar 1891 durch eine neue Verfaſſungs⸗ 
form — Am 24. April 4835 feierte der Große 
egierungejubildum und endete am oben 
enannten Tage zu Ludwigsluſt an den Folgen eines 
ungenf&lagd. — Der Großberzog Sr. Franz mar von 
mittlerer Größe, aber von einer vollendeten Leichtigkeit 


und Unmurb in feiner Haltung und allen feinen Bes 


\ 


wegungen; ‚nie batte ein Auge zugleich die größte Guͤte 


“und den ſchaͤrfſten Verſtand unzweideutiger ausgeſprochen, 


als das feinige. Gemöhnlid refidirte er zu Lüdwigsluſt, 
aber jeder Krübling führte ihn dem fdönen Doberan zur‘ 


. Er liebte und beichlite die Känfte und Willenfhaften, 


er kannte die Gefbichte feined Landes in einem bewun⸗ 
dernewerthen Detail und die bedeutende Sammlung ine 


- Jöndifher Grabalterthlmer zu Ludwissluſt verdankt nur 


ibm felbit ihr Dafein und vieljährigen von ibm weiſt 
unmittelbar geleiteten Naigrabungen Allein fein ſqoͤn⸗ 
fter Schmud mar feine erechtigkeitöliebe, Diele ere. 
dabenfte aller Shrftentugenden; einem Bittenden war der 


Sieghard. 173 


Zutritt I ihm verfchloffen und jeder feiner Untertbanen 
trug das berubigende Gefühl in der Bruſt, ed könne 
ibm Fein Unrecht gefdeben, dem der gätige, menſchliche 
‚ Kandesvater, auf erhobene Klage, nit abdelfen werde, 
Darum aber war der Großderzog aub.-von feinem Volke 
eliebt und angebetet, mis einer Allgemeindeit und 
abrdeit, die felten gefunden werden mag und von 
welcher die rührendften Beweiſe vorhanden find.. 


* 63. M. Karl Auguft Benjamin Sieghard, 
Wefperprediger an der Univerfitätötiche zu Leipzig; 
geb. d. 14. DEE. 179, geft. d. 1. Febr. 1837, 


Er war zu Sreiberg im Königreih Sachſen, wo fein 
Vater Zeichenicehrer und Maler bei der Bergakademie 
war, geboren, genoß feine Bildung auf der daſigen 
Schule und bezog im Jadr 1821 die Univerfität Leipzig, 
um, nac dem nie feiner Eltern, Theologie zu 
Audiren. Nach Beendigung feiner mit Fleiß Und Borg. 
falt betriebenen Studien ward er Magifter, 18% Veſper⸗ 
un er zu Leipzig und eiwas fpdter Prediger in Dem 

athsͤdorfe Gohliß bei Leipzig und Er des Prediger 
vereind an der Nifolaifirde legterer Stadt. Da jedoch 
bierdurd weder feine Bedärfniffe no& fein Sinn für 
Topätigkeit vollkommen befriedigt wurden, fo uͤbernahm 
er überdied noch die Lehrerſtelle gn mehreren nambaften 
Inſtituten und ließ fo Feine Gelegenheit vorüber, mo 
er mit feinen Kräften nften Eonnte. Im Jahr 1835 
- (27. Sept.) verbeirathete er fid mit der zweiten Tochter 
des Pafor Georg Benjamin Jentzſch zu Studenbain bei 
Torgau. Aber nicht lange follte er fein neubegrändetes 
baͤusliches Glück genießen: er erfranfte in Folge einer 
— und am oben genannten Tage wurde er ſeiner 
Gattin, die einige Wochen nach ſeinem Tode ein Maͤd⸗ 
chen gebar, entriſſen. — Sieghard war ein Mann von 
angenehmen Aeußern und batte einen ſchmaͤchtigen lan⸗ 
gen Körper, eine ſonore Stimme und ſchoͤne Augen und 
verband mit diefen dußerliden Vorzügen einen tindlich 
frommen und ſtets 90 Sinn für alles Wahre und 
Schöne. Als Prediger leiftete er feinen Pflichten treulich 
Benäge und erwarb ſich dadurd die Liebe feiner Ge - 
meinen und die Achtung feiner Vorgeſetzten. Seine Mufes 

unden wande er der Malerei, für die er ein, ſchoͤnes 

alent und Begeifterung befaß, zu und er würde ſich 


— 


41716 | "Korn. 


dieſer Kun der nz ergeben baben, wäre ihm frei 
wei! —* Beru jugeftanden orten. a % * 
r. 


64. Julius Korn, 
Buchhändler zu Breslau: 
ged. den 80. März 1799, gefl. den 8. Februar 1837 °). _ 


Er war in Bredlau geboren und feinem Bater, Job. 
Gottli. Korn **), welcger die unter der Firma des Groß 
varerd, Wild. Gottl. Korn, befebende Handlung mit 
ausgedehnter Druderei in: den blübendfien Zufland ges 
bracht hatte, lag Alled daran, in feinem Sohn einen 
würdigen Bemwahrer und Erbalter des fo ſchoͤn Begrun⸗ 
Beten zu. erziehen. Er gab ibm deshalb eine fehr forg« 
fältige Erziebung, nach deren Vollendung unfer K. Mn 
feinem: 15. Jahre in Die Handlung feines Vaters ein. 
trat. Zu feiner weitern Ausbildung ging er nach 3 ade 
ren nad) Bon EN aM. und arbeitete Dort in der -Ane 
Drediben Buchhandlung, deren gegenwärtiger Mitbefiger 
Krebs einige Jahre in der Korn’fhen Buchhandlung ges 
Randen und’ fib mit dem Verſtorbenen eng verbunden 

atte. Dors verlebte er zwei Zabre und benugte die fi 
m Darbietende Gelegenheit, Bekanntſchaften mit den 
Gelebrten und Kuͤnſtlern, melde der Bundestag nad 
diefem Sit deutſcher Wiſſenſchaft herbeizog, anzuknüpfen. 
ierauf keoͤrte er nah Breslau zuräd, diente fein Mili—⸗ 
rjabr ab, befand fein Dfficiereramen und trat dann, 
um den Gang der franzöfifden Buchhändlergefchäfte fen, 


‚nen zu lernen, in die — Son Boflange in Paris 


ein, wo er ein Jahr blieb. trat ihm fein Vater, 
Ber fi der Leitung und Beauffitigung feiner bedeuten« 
den Grundbefigungen ausſchließlich hingeben mußte, die 


Buchdandlung und Druderei ab, Kine der erften Uns 


ternebmungen ded neuen Handlungschefs war die Er» 
werbung des Eigenthums . der ſchleſiſchen Provinzial. 
biätter und ded damit verbundenen fchlefifchen Literature 
blattd, auch unternabm er faft gleichzeitig Die Heraus, 
gabe der vom Profeſſor Gedeimen Hofratb Dr. Weber 


redigirten ſchleſiſchen landwirthſchaftlichen Monatsſchrift, 


welderdrei Jahre lang in feinem Verlage blieb. Durch 
beide periodiſche Blätter fuchte er die ſtabile Beſchaͤf⸗ 


BSoͤrſenbl. f. d. Buchhdl. 87. Nr. 81. 
e Defen wlonrapbiet, in diefem Jahrs. unterm 88. Aug. 


— — ⏑— 





‘er ibn bald ald Re 
"Bädern gebrauchen konnte und ibm Zeir zu wiſſenſchaft⸗ 
licher Ausbildung ließ. Ein vorzäglider Humaniſt, der 


Rothe. | 178 


| tigung feiner Druderei zu erweitern, machte aber auch 


viele andere Verlagsunternehmungen und bewahrte durch 


eine Reihe polniſcher Schriften, durch manche wiſſen⸗ 


ſchaftliche Werke in deutſcher Sprache, ſo wie durch die 


Pflege und Erweiterung der auf Schleſien berechneten 


Unternebmungen dem väterliden Verlage den wohlbe 
gründeten Ruf, Auch der vom Großvater und er 
treu gepflegten, zu dem aͤlteſten politiſchen Blättern ges 
dörigen ſchleſiſchen Zeitumg widmete er 5 Sorg⸗ 
falt, obſchon ihm dieſes Inſtitut nicht als Eigenthum 
hberfoffen worden war. Um 4. Dftober 1826 batte er 
Ad mit Cecille Bertha Freiin von Kospoth verdeirathet. 
aus welder Ehe ibm 5 en und eine: Tochter gebe, 
ren wurden, die ibn alle überlebten. Im Jahr 1885 
wurde er zum unbefolderen Stadtrath ermählt und lei⸗ 
flete-ald folder der Stadtgemeinde, welcher er ange 
dörte, uneigennägige Dienfte. Eine vernachlaͤſſigte Er 
tältung 108 ihm nad einem 6tägigen Aranfenlager am 
oben genanten Tage den Tod zu. Am 6. deſſelben Mo⸗ 
nard wurde feine Hülle in die Samiliengruft des väter 
lichen Landſthes Osſwitz beigefent. 


* 65. Theophilus Friedrich Rothe, 


königl ſaͤchſ. Generalaccisinſpektor und juriſtiſcher Specialabld⸗ 


ſungs kommiſſaͤr, Gerichtsdirektor und Rechtskonſulent zu Leipzigz 
geb. den 7. Februar 1786, geſt. den 8. Februar 1837. 


In der Dorfſchule ſeines Geburtsorts Erbmannd 
dorf, im koͤnigl. ſaͤchſ. Amtobezirk Auguſtusburg, empfing 
R. den erſten Unterricht und ward ſchon damals we 
hervorſtechender vorzuͤglicher Faͤdigkeiten von feinem Va⸗ 
ter, einem geachteten Bauergutsſiger und Dorfrichter, 


dem gelehrten Stande beſtimmt, auch aus dieſem Grunde 


von demſelben in ſeinem 12. Jahre auf das Lyceum nach 
Chemnitz gebracht. Der Tod des Vaters griff aber bald 
ſtoͤrend in dieſe Laufbahn ein. Aus Abneigung fe en 
die Landwirthſchaft übernahm naͤmlich R., obwoh “der 
ältere Sohn, das väterlide But nit, fondern zog es 
vor, Schreiber bei dem damald in YAuguftußburg prafti- 
eirenden, Jenigen ee ifher in Meißen 
zu werden. iefem entging R.'s ſchneule Auffaflungd- 
gabe und Neigung zu geiliger Sortbildung nicht, daber 

gifrator und Gebälfe in manden 


16 Rothe 


VPaſtor Kippmann in Erdmannddorf, dereitete Mn wab⸗ 
rend derfelben zur Univerfitdt vor. Und in der That 
fonnte R. ſchon in feinem 21. Jahre, ohne andermweiten 


Unterricht zu bedürfen, dieſelbe in Leipzig bezieben, tüch⸗ 


tig vorbereitet in Gymngſialwiſſenſchaſten und, in feinem 
eifrigen Studium der Rechtswiſſenſchaft bedeutend bes 
vorzugt. durch Die bereits erlangte praftifhe Mebung. 
Der Ordinarius Biener und Profeffor Edrbard, in deie 
fen Relatorium er fid auszeichnete, übten unter feinen. 
Lehrern damald und für die Solgezeit den bedeutendfien 
Einfluß auf ibn aus. Don äußeren Mitteln war R. als 
Student fehr entblößt und häufig fchrieb er in der Nacht 
Kouegiendefte für Andere ab, um fi nur zu erbalten, 
fungirte auch längere Zeit ald Hülfsſekretaͤr bei der 
Kreisdeputation in Leipzig, wo er Gelegenbeit hatte, 
eine vorzüglie praktiſche Befäbigung zu zeigen und 
adurdy mehrere auögezeichnete Männer für. fi zu ge⸗ 


winnen. Dem fdum datte er zu Oſtern 1808 fein Abis 


turienteneramen bei der Juriſtenfakultaͤt befanden, ſo 


"wurde er.auch fhon zur Fertigung der Probefchriften zur 
e 


I} 


Erlangung der Advofatur admittirt und w can deren 
vorzüglider Anfertigung vier Wochen nach Einreichung 
derselben ald Advokat immatrifulirt- Zwei Jahre arbeis 
tete R. nun bei dem Accidinfpektor Hafe, einem damals 
berühmten Praftifer in Leipzig und libernahm nad deſ⸗ 
fen Tode den größten Theil der Geſchaͤfte und Gerichts⸗ 
verwaltungen deſſelben. Jetzt ſchwang er. fid bald zu 
einem ber geſuchteſten Anwälte Leipzigs empor und 
um dad Jahr 4817 ward er-Honfulent der dafigen Kom 
munrepräfentanten und erlangte fo ſelbſt Einfluß bei 
Raͤth und — als Gerichtsdirektor verwal⸗ 
tete er iheils turzere Zeit, theils bis zu feinem Tode bie 
Gerichte zu Stditeritz, Gautzſch, Großpößna, Baups und 
Züafcbena, naddem er bereit& im Jahr 1811 zum fönigl. 
Generafaceidinfgeftor in Marfrannftädt ernannt worden 
war, weichem Poſten er jedoch von feipzig aus vorftand. 
Ununterbrocden der Ausübung der Rediswiſſenſchaft id 


_wweibend, wurde bierin eine Veränderung blos dur ba 


Aufpören feines Derbältniffed zur Kommun Leipzig, in 


br 1830 genelaeienn und nad Erlaſſung des Ges 

tzes über biöfungen und Gemeinbeitdiheilungen im 
Jaͤhr 1832_durd feine Ernennung zum jurſſtiſhen Spe— 
cialeommiffsr in mebr ald 20 Auseinanderfegungdges 


Sa der Aufhebung der Communrepräfentantichaft, Am 
{ 


ſchaͤften. Eine durchdringende Schärfe der Urtheilöfraft, 


+‘ 


Rothe. 7 


.welde im Moment fi Der verwideltken Verdältnife 


bemächtigte und felten den wahren Gefihtöpunft. ver. 
febite, verbunden mit großer Gediegenpeit der Kennt 
niffe, Geifteßgewandiheit und rafchem Arbeitätafent zeich⸗ 
nete R. ald Geſchaäftsmann aus. Daber bewegte ſich 
feine Thätigkeit als Anwalt au befonders in der (hmies 
‚rigen Dandelöprari® und feine tiefe Kenntnif des Febnds 
rectd mar fo anerfannt, daß die bedeutendften Kamilien 
des Landes Lehnsgutachten bei ibm einbolten und in 


. berartigen Gtreitigfeiten ihn zum Sciedärichter ermäbls 


[ 


ten. Seine Bekanntſchaft mit den bäuerlichen Verbälte 
niffen von feiner Tugendzeit ber, der Nabdruf feiner 
Rede und eine imponirende Figur unterftügten ibn bei 
feiner Stellung als Gerihtödireftor und Abloͤſungscom⸗ 
miffär und noch nad feinem Tode rührıte ein Depus 


Urter des Magiitrats in Öffentliber DVerfammlun der 


Stadtverordneten, wie der Abflug mehrerer Vergleide 
in Ablöfungsfaben namentlich der eigenthämliben Babe 
R.8, mit dem Bauer zu verbandeln, zu verdanken fet, 
Bei folder praktiſchen Thätigkeit verfehlte er doch nicht, 
treu in Wiſſenſchaft und fiteratur rortzugeben und bes 
trieb no außerdem Bencalogie, Geſchichte und Eraatds 
recht als Lieblingsftudien. Auc liebte er es, junge Leute 
in feinem Beruf auszubilden und mehrere außgezeich“ 


nete Mitglieder der Appellationsgerichte find feine Schuͤ⸗ 


ler geweſen. Kraft und Jovialifät bildeten die Grund» 


lage Pins Charafterd, melde fammt einer genialen Sreis 
mütbigkeit und Win ibn zu einem dußerft lebhaften und 
beliebten Gefelfwaiter machten. Allein bei einer gro« 
gen Quimäthigfeit, welche in Geldverlegenbeiten Andes 
rer oft fogar mißbraucht wurde, Fonnte R. von großer 
eiterfeit leicht zu Weichheit und Näbrung übergeben. 
ur feine Geſchaͤftsthaͤtigkelt und Perfönlichkeit hatte 
R. einen großen gejelligen Sreid und namentlich auch 
unter den höheren Ständen viele Befreundere. Gern 
aber Pre A er feined Emporarbeitend aus geringern 
Berbältniffen und feinen Bruder, einen fhlihten Bauers. 
mann, führte er bei deſſen Anmefenheit in feine Eirfel 
und Gefeufchaften ein. In feinem Wohnort fei ‚ig, 
erfreute R. fi allgemeiner Anerkennung und dur feine 
Gattin, eine Tochter, des SKommerzienrarpd Zalke in 
DHobenfein, mit welcher er bis zu feinem Tode eine 
aeclide Ebe führte, war er in mannifade verwandt, 
ftlive Verhaͤltniſſe daſelbſt getreten. Seine feite . 
Aörperfraft unterlag, wodl in Zolge der fleten. nament- 
N, Kekzolog. 15. Jahre. 12 


178 | | Söffner. 


Krankheit. 


. 


(id geifigen Aufregung einer galbjäprigen jebrenden 


* 66. Karl Söffner, 
Bicedirektor bed Fuͤrſtenthumgerichts zu Neffe: 
geboren ben 25. Dec. 1773, geſtorben den 8. Bebr, 1857. 


Shfner, geboren zu Seitſch im Guhrauer Streife | 


Tiederfchlefiend, war der Sohn des daſigen fürftlichen 


Stiftsnergaͤriners Berndard Soͤffner. In der Elementar⸗ 


fhule feines Geburtdorts empfing er den erſten Unters 
richt und wurde von jeinen Eltern im 11. Jahre auf 
das katholiſche Gymnaſium nad Groß: Glogau gebracht, 
von wo er die Hohfhule der Zeopoldina zu Breslau 
bezog. Don Tugend auf Die Muſik leidenſchaftlich lie⸗ 
bend, fand er dort Gelegenheit, ur muſikaliſches Talent 
fo vortbeilbaft auszubilden, daB er ſelbſt in jener Zeit 


auf der Violine fid in Koncerten hören laſſen konnte. 


" Kebbaft regte fich in ibm der Wunfd, die Rectöwiffen- 


{haft zu ftudiren, obwohl feine Eltern wünfcten, daß 
- er den geiftlihen Stand erwählen möchte, ‚indem ihre 

Permögendverhältniffe bei mehreren Kindern ed nicht 
geftatteten, ibn in einer andern. Berufswahl gebörig zu 
unterfiüßen. Unfer ©. batte fi jedoch durch fein ſchoͤnes 
Hiolinfpiel und freundliches befeidenes Wefen ſchon 
fo. viele Freunde erworben, daß ed ihm durch deren 
Unterftüßung möglid wurde, nach einem zweijährigen 
Aufenthalt in Breslau, faſt ohne Unterlüßung von 
einen Eltern, die Friedrid8sUniverfitdt zu Halle bee 
ucen au fönnen. Hier verlebte er. eine (ehr an enehme 
Zeit, da feine Bildung und muſikaliſche Sertigkeit ihm 
Eingang in den angefebenten Samilien verſchaffte und 
er fih dad Zuträuen feiner Profefforen in fo hohem 
Grade erwarb, daß man ihm dad Amt ald Bibliothekar 
übertrud. Saft Ir Ende feiner Studienzeit reifte er nach 
“ Sauchitädt, um fich Dem Fuͤrſtbiſchof Sofepp au Hohenlohe⸗ 
HBaldenburg und Bartenftein, welcher ſich dort als Bades 
aft befand, vorzuftellen, welche Aufmerkfamfeit derſelbe 
eundlich aufnabm und für ihn in der Folge zu forgen 
verfprad, S. machte hierauf binnen ſechs Woden in 
Breslau das YAudfultatoreramen und- wurde ald Aus 


£ultator dem A von Haugwig zur 


Ausbildung Übergeben, welcher fi mit vieler Liebe und 
befonderer Güte feiner annahm. Als v. Haugwitz bald 
darauf zum fürbifchöfl. Generaldirektor ernannt wurde, 


= 


Soͤffner. 179 


. batte Soͤffner Gelegenbeit, wieder mit dem Kürftbifchof 


jufammenzutreffen, mobei diefer ibn auf Die großmfithigfte 
Weiſe unterflüßte und feiner fernern Sürforge verficherte, 
fobald er ſich für das Richteram fäbig gemadt haben 
würde, ©, legte binnen 14 Jahre ein zweites Eramen 
zurück und der Fürft ftellte ibn 1798 in feiner Refidenzs 
ſtadt Neiffe ald Senator bei dem Magiftratöfollegium tm 

als Aſſeſſor bei ber Juftigdeputation an. Im %. 1804 
wurde er zum Rath ernannt, jo wie au zum itglied 
und Mitdirigenten bei dem Hofrichteramte, A809 vor 
beiratbere er fib mit Antonie, Tochter des F, f, Haupt 
mann von Richter zu Preßburg, mit welder er beinabe 
21 Jabr im einer böhR glüdlihen Ede verlebte, aug 
welcher ibm nur eine einzige Tochter geboren wurde, 
Als 1310 Die fämmtlihen Stiftögliter fäfularifirt und 
die geiftlihen Behörden unter die unmittelbare fönigl, 
Derwaltung geſteüt wurden, befam ©. die Stelle eines 
erien Affeflorö bei dem neu gebildeten Fönigl, Gtadt. 
BR 1513 wurde ihm das Direktorium diefes Gerichtg 
abertragen, 1813 murde er zum föniglichen Juſtiztath 


und Commissarius perpetuus für die reife Neiſſe und 


Grottfau ernannt und 1822 bei ber Bildung des jegigen 
fönigl. Bürftenthumgerihts zu Neilfe ‚als DBicedireftor 
angeſtellt. Bei der bäufigen Kraͤnklichkeit des erſten 
Direktor des Eönigl, Süritenthumgerihts vermaltere er 
auch deſſen Poften mit und ftand, ale derfelbe fip im 
Mai 1835 von allen Geſchaften jurüdjog, dem genannten 
Gerichte bis April 1836 ganz allein vor, Durd feine 
auf Diefe Weife fo überbäuften Gefhäfte, da er noch 
außerdem 2-Gerihtsämter verwaltete und im uni 1836 
sum Präfed Der Dberbofpitalfommiffion ernannt morden 
war, litt feine Gefundbeit bedeutend, Gtetd bereit, 
Andern zu belfen, fat täglich von Rathſuchenden, mels 
Ken er ohne Unterfchied Der Perfon auf die freundlicite 
Art nicht nur Rath ertbeilte, fondern auch ibnen fonit 
no auf die uneigennüßigfte Weife zu nügen fuchte, in 
——* Geſchaͤften geſtoört und daher genoͤthigt zu dieſen 
ie Nachtſtunden zu Hülfe zu nehmen, wurden feine 
Siräfte adnzlih aufgerieben. Er entfhlummerte nad 
einem 6wöchentlichen Stranfenlager, die Gefahr feiner 


- Xage nit abnend, rubig und fanft und wurde am 
- 6. Sebr. feinem Wunſche gemäß an der Geite feiner ibm 


vor fieben Jahren vorangegangenen Gattin beerdigt. — 
Chriſtlich frommer Glaube, ein —— aſſes 


— 


rend 


"10. Hirſchel. - 
er Sinn, aufopfernde thätige Menfchenliebe und 
He Hergendgüte maren die Hauptzuͤge feines Charakters. 


* 67. Dr. Joſeph Hirfchel, 
Arzt zu Groß⸗Glogau; 
geboren den 21. Dit. 1758, gefl. den 4. Gebr. 1897. 
Der Berewigte war in Sranffurt a. d. D. geboren. 


Unbegänftigt von allen äußern — batte er ſi 
—32— feinem bedharrlichen Fleiß Alles, was — 


war, zu danken. In feinem 13. Jahre en er nah Ber. . 


-Iin, wo er fih während der 7 Jahre feines dortigen 
Aufentpaltd mit Eifer dem Studium der Alten ergab und 
Stundeg, die er unter Anderm. in der franz. 
Dear DENE: mübfam feinen Unterhalt erwarb. 
zn be Jahr alt, Fam er nach Hanover, mo er wäh 
5 Jahre eine Hauslehrerſtelle bekleidete. Sein 
ch, in den Wiſſenſchaften —— wurde 
eh lebendiger rege, doch würde ibm bei feinen 
befchränften Mitteln Die Ausführung. kaum möglich 
geworden fein, bätte nicht_ein glüdliher Zufall. ihn 
in dad Haus, tineh ſehr menſchenfreundlichen Mannes in 
Konigsberg in Preußen geführt, durch deſſen Unter⸗ 
ſtuͤzung es ihm gelang, bei dem Magiſter Wlochatius den 
Unterricht in der lateiniſchen Sprache und in den phi⸗ 
Lofopbifchen an mathematiſchen Willenfchhaften zu er. 
en. Auf Ddiefer feften Grundlage erbaute er dad 
& dude feiner mebicinifden Kenntniffe und ward unter 
dem Rektorat des Prof. Bod er medicinifher Bürger 
eingefhrieben.. Bei dem berühmten Sant, der ibn 
Dt befondern Aufmerkſamkeit werth hielt und deſſen 
ndenfen dem Verſtorbenen bis in die ſpaͤteſten Jahre 
gs Lebens theuer blieb, hörte er Pbilofophie, Logik, 
etaphyſik und matdematifche und pbpflkalifhe Dors 
fefungen bei den Prof. Reufd und Bud. Mit großem. 
Eifer befuchte er- die —— Metzger's über Ana 
tomie, anboRofog! ie, Pathologie u. ſ. mw. und gedachte 
namentlich Bi befonberer Fiebe febr oft feine Gedrers 
und Freundes ded Prof. Dagen und deffen Vorleſungen 
über — Experimentalcbemie, Mineralo ie 
Botanik, Zoologie ꝛc. Den 1 4787 war der 
feiner Promotion und er berlie 55— mit rühe 
renden Beweiſen .der Liebe und U tung Die ibm die 
N und BBahrbaftigtei (eines barafter (don 


— | | — — — — — - = 


Hirſchel. 181 


damals bei Allen erwarben, die ihn kannten, um ſich zu 
Wilna niederzulaffen, wo er fih, ebenfo wie fpdter 
in Zedejic mehrere Jahre aufbielt.. Doc maren ibm in 
beiden Städten Die Zeitumftände nicht günftig und fo 
entichloß er fi, den Bitten mebrerer angefebener Sreunde 
naczugeben und feinen Wohnort nad Gnefen im nad» 
maligen Südpreußen zu verlegen, in weldem Drt er 


. vom Jahr 1794 bis 1814, die erften drei Jahr ald reis 


bofifus und fpäter ald Arzt bei Dem dortigen geiftlichen 
Kapitel, in einer febr ausgebreiteten, mübevollen Praris 
Iebre, bei der ibm feine große Fertigkeit in der deuiſchen, 
franzöfifhen, lateiniſchen und polnifhen Sprade fehr 
zu fiatten fam, Seine raftloje Thätigfeit, Die gewiſſen— 


"Dafte Ausübung feiner Berufspfiihten, feine berzlice 


Theilnahme an jedem Leiden, Die große Menſchen— 
freunblichfeit, die ihn nie einen Unterfchied des Standes 
beachten ließ und dad Wohlwollen, dad ſchon aus feinen 
fanften gaütigen Zügen fprab und dem Kranken Troft 
und Hoffnung einflößte, gewannen ibm nad vielen 
gelungenen alüidlihen Kuren dad Dertrauen, Die Ach— 
tung der böberen Stände und Die Liebe der Armen, 
deren unermübliher Helfer und Woblthäter er mar. 


Durch vielfache Erkältungen, die bei feiner anftrengenden 


fandpraris häufig vorkfamen, batte fi bei unferm 9., 
deffen Sörper ſchon feit der Kindheit ſehr ſchwaͤchſich 
war, eine Kraͤnklichkeit eingeftellr, die er im Drange, 
fremde Leiden zu mildern, mehrere Jahre nicht achtete; 
als fie jedoch überhand nahm, entſchloß er ih das nuns 
mebrige Großherzogthum Pofen zu verlaflen und mad 
Shlefien zu sieben, um Dort, wie er boffte, fein böbes 
red Alter in Ruhe zu verleben. Diefed Vorhaben führte 
er denn auch aus, obgleih es ihm durch. Die mannich⸗ 
faben Bitten und Anerbietungen der Bewohner der 
Stadt und Umgegend, die den treuen, umfichtigen Arzt 
und Freund noch mac Jahren ſchwer vermißten, febr 
erfchwert wurde. — Nah einem Eurzen Aufenthalt in 
Eprottau, der dazu diente, die Herſtellung der Vers 


wüftungen abzumarten, welche der Krieg in der Seftung 


ongerichtet, nahm H. mit feiner Samilie im März 1816 
feinen Wohnſitz in Groß-⸗Glogau, wo_er bis zu Teinem 
Tode blieb. War fein medicinifher Wirkungskreis bier 
gleih nur gering, fo bat fi dennoch der Verſtorbene 


‚Dur®d feine mufterhafte Nechtlichfeit, durch fein ats 


fpruchdlofes Wefen.die allgemeine Liebe und Achtung in 
Glogau erworben. Seine geifige Tbätigkeit blieb ſich 


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182 Riichter. 
99 Er intereſſirte ſich bis in den letzten Beiten ſeine 
afeind lebhaft für Alles, was die Zeit in ihrem Fort⸗ 
f&reiten in den verfciedenen Zweigen der Kunſt und 
Wiſſenſchaft dervorbradte und troßd dem, daß feine 
förperlien Leiden mit jedem Sabre zunabmen und ihm 
nur zu oft den Lehensgenuß verfümmerten, wären und 
blieben wiſſenſchaftliche Studien und Arbeiten feine 
lLebſte —7 wovon mebrere Hunderte von 
Bogen, die, von feiner Hand beichrieben, un ents 
dalten, was ihm in der langen Zeit feined Wirfend bes 
 merfensmwertb, erſchien, zeugen. Fünnen. Nachdem ber 
 VBeremwigte feit langer Zeit mit mancherlei Webeln ges 
5 worunter namentlich ein fortwaͤhrendes Ohren⸗ 
auſen und Klingen geboͤrte. dag ibm 1320 befiel und 
nicht wieder verließ, an dag er fich jedoch gewöhnt hatte, 
Behte id im Jan. 1833 ein inneres Bruſt⸗ und Magens 
bei ein, dad ihn in den Wintermonaten unaufhörlich 
nälte, in der wärmeren Jahreszeit zwar etwas nachließ,. 
n dem — Winter aber mit verdoppelter 
Hartnackigkeit wiederkam, bis das Uebel am 13. Sept. 
886 nach einer Erkaͤltung fo bo Nieg, Daß er Dad Bett 
duͤten mußte und nad einem St woͤchentlichen Kranken 
fager, wo ihn die färchterlichſten Schmerzen quälten, 
am oben genannten Tage verfhied. — Der Berltorbene 
war 2 Mal verbeiratdet. Seine erite Grau und 4 Kinder 
aus diefer Ehe verlor er in ganz furzer Zeit nach eins 
ander am Nervenfieber. Seine jet noch lebende zweite - 
Gattin und eine Tocier beweinen in ibm den treuelten, 
liebevoüften, trefflihften Gatten und Dater, deſſen ganzeö 
‚Streben ed. war, die Seinigen zu beglüden! 


68, Wilhelm Eduard Richter, 
2, preuß. Regierungdrath in Minden; 
geb. ben 26. Juli 1806, geſt. am 4. Febr. 1887 *). 


Er wurde in Poſen, wo fein Vater damald Mitglied 
der fübpreuß. Regierung CLandesjufizfollegium) war, " 
geboren, folgte nach der großen Kataſtrophe vom J. 1806 
im folgenden Jahr feinem Dater nad Potddam, wohin 
leßterer ald Stadtgerichtödireftor verſetzt, ward. Eine ihn 

dort in feinem 5. Altersjahre befallene febendgefährliche 

‚Krankheit, melde 9 Monate anbielt, legte den Grund 
iu feiner nabmaligen Bruſtſcwache, wie zu dem noch 


7) Nach Zeitungsnachrichten. 


Richter. 188 
foridauernden krankhaften Leiden feiner Mutter, geb. 
—Wilke, Deren mit beifpiellofer Aufopferung ibm gemid» 

mete forgfältige Pflege er damals feine Febenderhaltum, 
verbdanfte. Der große Wechſel der politiſchen Ereigniffe 
der 3. 1813 bis 1816 veranlaßte, daß er nad einander 
in ben verfbiedenen Unftalten zu Potsdam, Prenzlau 
und Halberfadt feine Gpmnafialbildung empfangen mußte, 
bis der Beruf feinen Bater ald Negierungedireftor nad 
Breslau führte, wo er feine Bildung auf dem Friedrichs 
geutın vollendete. Mit dem Zeugniß der unbedingten 

eife Ar. 1, bejog er am 1. Dft. 1322 die Univerfität 
zu Bredlau und ftudirte die Nechte drei Tahre lang mit 
raftlofem Fleiß. Am 14, Gept. 1825, beim Eönigihhben 
Dberlandeögerichte zu Breslau für den Juſtizdienſt ges 

rüft, ging er, nach der Ernennung feined Daterd zum 
Dräfibenten der Regierung zu Minden, zum Oberlandess 
gericht nach Paderborn über, arbeitete dann vom 25. Nov. 
1825 bis April 1827 bei Dem Eönigl. Land» und Stadt 
geriht in Minden und ward fodanı an dad fin. Dbers 
landesgericht zu Halberftadt verfegt. Dort am 23, Oft, 
41827 um Neferendariud ernannt, beftand er Ende 1830 
dad dritte Eramen mit Auszeichnung, wurde auf Furze 
Zeit ald Kammergerichtsaffeffor anaeftellt und am 17. Apr, 
1831 der Eönigl, Regierung zu Minden Behufs feines 
Ueberganad zum Dermaltungsdienft überwieſen. Um 
419. September 1831 ward er zum Regierungdaffeffor 
und am 22, Tanuar 1834 zum PRegierungsratb bei 
diefem Kollegium von dem König ernannt. Schon 
am 14. Februar 1892 hatte er fib mit Emma Ganger 
ebelich verbunden, bie ihm zwei Töchter ſcheukte, mo» 
don die ältere ihm fieben Monate vor feinem Tode (am 
4. Juli 1836) in die Ewigkeit voranging. — Jeder, der 
ihn näher kannte, weiß, was er als liebender Sohn, 
ald treuer Gatte und Vater den Seinigen war, iſt Zeuge 
gewefen von der Zärtlichkeit, Die er gegen feine Mutter, 
von der liebevolen Ehrerbietung, die er gegen feinen 
Vater hegte und zugleidy von der achtungswerthen Feſtig⸗ 
feit im Kollegium, wenn 28 galt, feine Ueberzeugung 
auszuſprechen; Beuge der feltenen bingebenden Liebe, 
womit er Srau und Kinder, Freunde und Mitbräder 
nmfing. Sein Umt vermaltete er mit gemiflenbafter 
Treue und unermüdetem Fleiße bi6 noch wenige Tage 
vor feinem Tode; wahre Keligiöfität befeelte ihn, mit 
unermüdeter Wohltbätigfeit bat er die Thränen der 
Urmen getrodner und redlich gebolfen, wo er Fonnte.. 


f n 
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184 Schmeiſſer. 

ie Grippe machte nach kaum dreitagiger Krankhen 
fine rad ein Ende, Bei der Beerdigung ae 
‚ deutli ‘die allgemeine Liebe und Achtung, Die er ges 
noffen, aus: ein Chor der Buͤrgerſchule und ein Männere 

or fangen freiwillig am Grabe und die an 
und die Eivile und Militärbehdrden ſchloſſen fi dem 
Leichenzug an. 


* 69. Johann Gottfried Schmeiffer, 
Doktor der Medicin zu Hamburg; 
geb. den 24. Juni 1767, geft. den 5, Febr. 1837 °). 


Er mar der Sohn eined Predigerd und Rektors zu 
Andreasberg am Harz, erlernte die Pharmacie und übte 
. fie in Braunſchweſg, Hamburg und £ondon, mohin er, 
mit. Kenntniffen in der Phyſik, Chemie, Anatomie, Phy⸗ 

‚fiologie, Mineralogie und Botanik auögerüftet, von 
Hamburg mit Empfehlungen an Sir Joſeph Bank 
reifte. Dur ibn madte er die perfönliche Bekanntſchaft 
- verfhhiedener englifher Naturforſcher, genoß in ber 

Botanif ben Unterridt von Dr. J. 5. Emitb, in 
ber Anatomie von 5. Hunter, befuchte Die wiſſenſchaft⸗ 
lichen Inſtitute Londond, warb auf Banfs und bes 
Herzog von Leedd Empfehlung zum Sellow ‚der royal 
Society erwählt, dann Mitglied Der Linnean und Medi- 
eal Society, befhäftigte ſich mit chemiſchen Unterfuhuns 
gen, io wie mit biltorifgen Arbeiten und bielt Vor⸗ 
lefungen über Mineralogie und Ehemie in engliſcher 
Sprache. Er lernte den berühmten jenigen Sreiberrn) 
Ksp. v. Dogbt Fennen, bereifte in deſſen Geſellſchaft die 
merfmwäürdigiten Gegenden Englands, Schottlands und 
Irlands und widmete fi in Edinburg dem Studium 
einer Lieblingswiſſenſchaften, wurde Mitglied der dor⸗ 
tigen royal Society und befam dad Bürgerredt_ von 
Montrofe, Er verlebte darauf bei dem Sreiheren v. Voght 
guf deſſen Landſtelle Flottbek an der Elbe, woſelbſt Dies 
fer ein cemiſches Laboratorium bauen ließ, einige Jahre 
‚und ubte die Chemie_und befonders Wgrikulturdemie. 
- Später reifte er mit Sievefing nad ak ‚eine. Reife, 
die für ihn in wiſſenſchaftlicher Hinſicht reih an Auße 
beute war. Er wurde Mitglied der Parifer Societe phi- 
lomatigne. Mit Voght durchreiſte er Deutfchland, dan 
gun 


) N ri d * 
ee rungen und Luͤdrers — sholfeis 


Schmeifer. 185 


wit. Bäfd den Gary, Hanover, Göttingen und Braun. 
mei Medrere geledrte naturmilfenibaftlihe und atı- 
dere Geſellſchaften ernannten -ibn_ zum Ehrenmitglied, 
das ©. 2. Sanitätöfolegium in Siel zum Adjunkten; 
von Helmfäde erbielt er nah außgeftellter Dilfertation 
das Diplom ald Dr. medicine. Im Befig einer Apos 
tbefe lebte er mehrere Jahre in Altona und befcäftinte 
fid mit den Naturwiſſenſchaſten, der Chemie ıc,, worin 
er auch Unterricht ertdeilte. Bei feiner Zurüdfunft von 
einer Reife na Kopendagen wählte er Hamburg zum 
Aufentdaltsorte prakticirte dort und bielt Vorlefungen 
über dad im allgemeinen Leben Unmendbare der Mbofik 
„und Chemie. Er farb nah längerer Kränklihkeit und 
Mbnabme der Kräfte am oben genannten Tage. — Seine 
Sdriften und Auffäge find: Einige Derfuce mit des 
pblogiRifirter Salzfäure. gi Erell’d chemiſchen Anna 
n 1789. Bd. 2. St. 7. r. 5. &, 30 — 44 Is &t. 8 
Nr. 6. ©. 1335 — 139. — Analysis of the Angustara 
bark für 9. 5. Brande in London. In Experimental 
and observations on the Angustura bark. London 1791. 
2. edit, 1798. — Description of Killburn wells, and 
. analysis of their water. In Philosophical Transactions 
“ for the year 1792. Vol. 82. Part. 1. p. 115—27. — De- 
scription of an Instrument for ascertaining the specific 
— of fluids (Araeometer). In denfelben für 1798. 
ol. 88. Part. 2. p. 164—67. M. 1 8. Aud befonderd 
edrudt, London 1708; deutſch im Magazin für daß 
euehe aus der Popfif und Naturgeſchichte Band 9. 
t.2. S. 97— 102. — Experiments on, and analysis of 
the magnetic sand, found in country of Cornwall, and 
called by Wr. Gregor: Wenakanite (Ktanium). In Crells 
chemical Journal trausl. from the German with occasional 
additions. Vol. 8. London 1798. p. 252 —59. — Account 
of a mineral substance, called strontionite , in which are 
'exhibited its external, physical and chemical characters. - 
In Philosophical transactions für 4794. Vol. 84. Part. 2. 
p- 418 — 25. — Syllabus of lectures on mineralogy. Lond. 
1794. — A system of mineralogy, formed chiefly on the 
plan of. Cronstedt. Vol. 2. Zondon 1794 u. 95. Mit 
3 Apfrn. — Chemico-physiolögical observations on plants 
by (J. Jac.) v. Usslar; transl. from the German- with ad- 
ditions. Edinburgh 1795. — New chemical and mineralo» 
ical Journal for 1796. Nr. 1 u. 2. London 1797. — 
eiträge zur nähern Kenntniß des gegenwärtigen Zus 
ſtandes der Wiſſenſchaften in Frankreich. 2 Thle. Hamb. 


7 
N 


186 Brundwig. 

4797 u. 08. — . Handbuch zu feinen Vorlefungen über 
Die im allgemeinen‘ Leben anmendbaren Stenntniffe und 
Erfahrungen aud der Phyſik u. Chemie. 1. Tb. Hamb. 
1834. M. 3 lithograpd. Blättern. — Verſchiedene Kleine 
Yuffäge in Zeitſchriften. = 


* 70, Friedrich Franz Wilhelm Brunswig, 
Doktor der Veterinärkunde zu Roflod'; 2 
geb. im Jahr 180% , geft. den 7. Bebruar 1837. 


Es war fein Wohnort Roftod auch der Drt feiner 
Geburt und er auf der großen Stabdtſchule diefer feiner 
‚ Baterftadbt für die fpdtere Laufbahn gebildet worden. 
Kassen er auf den Beterinäranftalten zu Schwerin und 

erlin fih ber Tbierbeilfunde gewidmet hatte, begann 
er zu Rofod die Ausübung feiner Kunſt und machte ſich 
bald durch Geſchicklichkeit und Gelingen der Kuren in 
berfelben ſowohl in der Stadt, wie in der Umgegendb 
befannt, fo daß er immer febr geſucht ward und ſich nur 
felten ‚der Rube und Erholung bingeben fonnte. Den 
‚48. Tuli_1831_promovirte er Darauf bei der Roſtockſchen 
medicinifben Bafultdt, unter des Geheimen Medicinals 
ratbs und Proreftord ©. ©. von Bogel *) Defanat ald 
Doktor der Deterindrfunde und mward fat aleichzeitig 
auch von der pbilomariihen Geſellſchaft datelbft und 
dem mecklenb. patriorifden Verein ald ordentliches Mits 
glied aufgenommen. Der Verewigte zeigte ſich ſtets ald 
ein anſprüchsloſer, rebliber Mann. Er ftarb an einem hef— 
tigen Nervenfieber am oben genannten Tage, im eben 
_ erit vollendeten 33. Xebensjabre. Auß feiner im J. 1830 
geſchloſſenen Ebe mit Friederide, geb. Krey, einer Toch⸗ 
ter des am 6. Dft. 18% in Roſtock verſtorhenen Doftord 
der Theologie und Pallord am St. Petri Tob. Bern, 
barb Krey **) baben ibn, außer feiner Gattin, drei Kin— 
Der überlebt, — Seine fohriftfiellerifchen Arbeiten, foviel 
fie und befannt geworden, befchränfen fih auf folgende, 
einen und denfelben Gegenftand betreffende Ubbandluns 
en: Weber Die fibere Heilung der Kolik des Pferdes, 
oftof 1831. (ft auch feine Tnauguraldiffertation.) — 
Berichtigung, in Betreff ded in Ir. 612 empfohlenen 
Mitteld zur Heilung der Kolit oder Darmgidt ber 
Pferde, im Schwerinſch. Fr. Abenbblatte 1831, Nr. 614. 
Schwerin. ör. Brüffom. 
j Deſſen Bio ie f. in diefem Sahrg.d. N. Nekr. ©. 127. 
el) —2 —E N, dert Vin ©, 1014. N 


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> u TR oe ET er IE Sit BE a er ET EEE = ER: ME nn rt FE IT Eee ee 


187 


* 71. Dr. Karl Chriftian Kohlſchuͤtter, 


koͤnigl. ſaͤchſ. Geheimer Kabinetörath, auch Hofs und Juſtizrath, 
Ritter des koͤnigl. ſaͤchſ. Civilverdienſtordens und des Ordens der 
baieriſchen Krone zu Dredden; 


geb, den 14. Zuni 1763, geft. den 9. Bebruar 1837. 


Er ward au Dresden geboren. Sein Vater Karl 
Ehriftian Kobliärter, Aber deffen Herkunft nichts Si⸗ 
Deres bekannt ift, war Kaufmann, Beſitzer einer Hands 
lung zu Dresden und Warfhau und führte den Titel 
eines kurfürſtlichen ſächſiſchen Hofkommiſſarius. Diefer . 
farb zu früh, als daß er auf feined Sohnes Erziehung 
und Bildung einen wefentlihen Einfluß bätte aushben 
können. Die Mutter, Chriſtiane Dorotdee, Toter. des 
Kammerraths und Kaufmanns Lippold, der anfangs der 
‚Principal, ipäter der Kompagnon von K.'s Vater war, 
verbeirathete fid im Jabr 1769 zum zweiten Mal mit 
Friedrich Ernſt Mylius, kurfüſtl. fühl. Floßkommiſſarius 
in Prehſch, einem kleinen Städten an der Elbe zwi⸗ 
ſchen Torgau und MWittenderg, wodurd K. in Wahrheit 
einen zmeiten Dater erhielt. Den erften Unterricht ver⸗ 
Danfte K. einem gewiſſen Böhm und dem Pfarrer Klau 
niger in Pretzſch, unter deren Zeitung er ſehr gute Sorte 
ſchritte machte, fo daß er im Frühjahr ded Jahrs 1778 
auf Die Fürſtenſchule nah Grimma gebradt werden 
fonnte. Mußte er glei anfangs einen ziemlich tiefen 
Play einnehmen, fo zeichnete er fib doch bald fo auß, 
daß er immer ſchon nah Derlauf eined Jahrs in eine 
böbere Klaſſe und alfo nad der Frühlingsprüfung des 
Jahrs 1731 nad Prima verfege wurde. Nachdem er 
bei der eier des Schulfeſtes im %. 1783, am 300. Jahre 
nah Luthers Geburt, eine lateinifhe Nede über das 
Thema: summa omnia fuisse in Luthero, — ab 
eo requiras, qui sive in religione, sive in literarum stu- 
diis nonnulla emendandi provinciam suscipere audeat, . 
gehalten und Dabei die zur Univerfitdt abgebenden Mite 
hüler im Namen der. Zuradbleibenden beglädwänfcht 
atte, folgte er im Bebruar 1784 den vorangegangenen 
reunden auf die Univerfitdt nah, nachdem ibm feine 
febrer mit großem Lobe und der beften Hoffnung ent 
laſſen hatten. Er bezog nun die Univerfität Wittenberg, 
nam ſich dem Studium der Jurisprudenz zu midmen, 
‚Neben den rechtswiſſenſchaftlichen Borlefüngen von Beide - 
ler, Wiefand, Klügel, Hommel und Franke defuchte er 


18  Rohlfchütter, 


auch die hiftorifhen Vorleſungen Schröd'd und die pbi. 
Joſopdiſchen Gottl. Ernſt Schulze’d und mit befonderer 
WVorliebe die Reindard's, wie er au an den von letz⸗ 
terem geleiteten Diöputiräbungen eifrigen Antheil nahm. 
Hier fnüpfte ſich zuerfi die engere — mit dem 
großen Theologen, welcher auf K.s ganze Zukunft, auf 
fi aͤußeres, aber auch auf fein geiftiged und insbeſon⸗ 
ere auf fein religidfes Leben den bedeutendften und fee 
gensreichften Einfluß audgehbt hat. Im I. 1787 ſchrieb 
er feine erfte in dad Staatsrecht einihlagende Abhand⸗ 
Jung: de jure standi in comitiis provincialibus. Viteberg. 
1787, die er feinem Stiefvater widmete und unter dem 
Präfidium des Dr. J. Chr. Sranfe am 9. Dftober vertheie 
Digte. Am 17. April des folgenden Jahrs beftand er 
das examen pro candidatura und die darüber audgeftells 
ten Zeugnifle bewiefen, Daß auch feine akademiſchen Stus 
dien keine unfructbaren geweſen waren. Kine Frucht 
feiner philoſophiſchen Studien. war Die Abhandlung: de 
jure jurando’ credulitatis secuudum praecepta philosopho- 
rum de prehabili judicium, die er im Juli deflelben 
Jabrs zur erften Sjabredfeier der unter Schulze's Leis 
sung beftehenden Geſellſchaft herausgab und Durd welche 
er zugleich von diefer Geſellſchaft Abſchied nahm. Dur 
Verleidung eined Eurfürkliden Stipendiumd ward e 
Dem jungen Mann möglich, die naͤchſtfolgenden Jahre aus⸗ 
chließlich zur®Borbereitung auf dad alademifche Lehramt zu 
enugen. Nach hberfiandenem Rigoroseum vertheidigte 
‘er zur Erlangung der juriftifhen Doktorwürde am 9. 
Juni 1791 feine ® nauguraldiffertation: de effectu prin- 
‘cipii jurfs naturalis in jure_civili und zwar obne Praͤſes. 
Nachdem er auch feine zur Erlangung Der advofatorifchen 
Praxis noͤthigen Probearbeiten. gefertigt hatte, welche 
nad Reffript vom 29. Aug. 1792 für gut und tuͤchtig 
befunden wurden, begann er nun fein Wirken ald akds 
demifcher Lehrer, zundhft ald Privatdocent der Rechts⸗ 
wiffenfhaft. Er la&-über Propddeutif und Encyclopde 
die. der Rechtswiſſenſchaft, über Naturrecht, ſaͤchſiſches 
rivatrecht und römifched Recht. Außerdem Reue er 
zaminatoria über verfcbiedene Theile Der Rechtswiſſen⸗ 
ſchaft an. Endlich bildete fi unter feiner Le J die 
societas jaris humanioris, deren Zweck Uebung im Latei⸗ 
niſchſchreiben und Disputiren über mannichfache Gegens 
ande aud dem Gebiet der Rechtögelehrfamkeit mar. 
Zu ihren Mitgliedern georı auch der Sraf von Einſie⸗ 


el, welcher fpäter ald SKabinetäminifier 8.8 unmittel⸗ 





RKoolſchuͤtter. 189 


barer Dorgefeßter ward. Bei der oͤffentlichen Vertheis 
Digung ihrer Tdefen und Differtationen wählten ibn die 
Stutirenden oft zu ihrem Praͤſes Zumellen verfaßte 
er auch felbft Die unter feinem Präfidium von Reſponden⸗ 
ten zu vertbeidigenden Schriften: fo im Jahr 1792: de 
causis contemti juris jurandi und im Jahr 4703 com- 
mentatio juris publici universalis de fine societatis civi- 
lis. Endlich ik wohl auch feine Abhandlung de inter- 
pretatione dubia legis saxonicae, qua hypothecarum taei- 
taram valor anno hujus saeculi tricesimo quarto restitu- 
tus est unter einem fremden Namen erihienen. Im 
rübjebr 1795 gab er ald Programm zu feinen DBorles 
ungen über ſaͤchſiſches Recht eine Kleine Schrift unter 


"dem Titel berauß: Ad auditores: De Pandectis juris. 


eivilis-privati, quo in Saxonia utimur, commentatio, qna 
suas Pandectarum scholas indicit etc. Yllmälig batte fich 


8.8 akademiſcher Wirfungöfreis immer mebr erweitert 


und er übte einen in vieler Hinſicht mwohlthätigen Ein» 
dus auf feine Zubdrer aus. In Anerkenntniß feiner 

erdienſte warb er Dur Reffript vom 7. Dftober 1795 
„wegen feiner gründlichen Rechtswiſſenſchaft und in Schrif⸗ 
sen und Vorleſungen erwieſenen Geſchicklihkeit“ zum 
Supernumeraraſſeſſor bei der Juriſtenfakultät und unter 
dem 29. Juli des folgenden Jahrs zum Profeffor des 
fäbfiiben Rechts ernannt. Seine ſchriftſtelleriſche This 
tiafeit in Diefer Zeit bezeichnen zwei Eleine Schriften: 


 „Wropädeutif, Encnflopädie und Metbhodologie der poſi— 


tiven Rechtswiſſenſchafi. Für feine Zuhörer beraudgege- 
ben. Leipzig 1797” und „Worlefungen über den Begriff 
der Rechtswiſſenſchaft. Leipzig 1798.“ Für die von dem 
Sinanzsprofurator Weinart Damald begonnenen „Annalen 
der Rechtẽwiſſenſchaft“ lieferte er mehrere Recenfionen. 
Auch hatte er die Ausarbeitung eined größeren Werks 
begonnen, welches unter dem Titel jus civile privatum, 
1. in Saxonia Electorali utimur, in formam artis re- 
actum erſcheinen folte. Aber die nunmehr eintretende 
Deränderung feined Wohnort und feiner ganzen Der» 
paltaiffe machten ihm die Vollendung diefed mit großer 


- £iebe begonnenen Werks as Und und nur der erfte 


Theil erfbien im Fahr 1800 zu einig: Das. in allen: 
feinen Arbeiten Grändlicpkeit und Sediegenheit des In⸗ 
dalts mit. einer geſchmackvollen klaſſiſchen Darſtellung 
u verbinden wußte, fo mußten diefelben für die wiſſen⸗ 
thaftlihe Ausbildung der Studirenden fehr förderlich 
fein. Daflelbe gilt Yon feinen Dorlefungen und von 


— 


190 Kohffchütter. 
feinem geſammten Einfluß auf die akademiſche Jugend. 


Denn durb die Angemeflenpeit. feiner DVorlefungen zu 


den Bedärfniffen der Zeit und den Kortfchritten der 
MWiffeniwaft, Dur die Erbauung derfelben auf philoſo⸗ 
poifbem Grunde, dur die Lebendigkeit feined freien 

ortragd, der fih an furze Diktase anſchloß, aber au 
durh die Yumanität_feiner dußeren und gefelligen Era 
fdeinung zog er Die Beilter und die Herzen feiner zabls 
reiben Subörer an und machte Dad, was man Damald 
noch groͤßtentheils trodne Wiſſenſchaft nannte, zu einer 
Duelle der lauterfien Senntniffe und Genuͤſſe. Das 
däuslihe Gluͤck feined ganzen fpäteren Lebens begrün» 
dere F._ in dieſer Zeit dur feine am 12. Oftober 1796 
gef@loiene ebelide Verbindung mit Chrifiane Louiſe 

repfig, der jüngfien Tochter ded Dr. Kreyſig, Arztes 
und Befigerd_der Apotheke zu Eilenburg. Zwei Jahre - 
nad feiner Verheirathung ging er in ganz neue Be 
ruföverbältnifle über, indem er am Ende des Jahrs 1798 
Wittenberg mit feinem Geburtöort vertaufhte. Bon 
Reinhard im Auftrag des Dberkonfiftoriumd befragt, ob 
er fib wohl entfchließen werde, ald Supernumerarrath 
diefed Kollegiums nad Dresden zu geben und von eben 
demfelben auf die Ausfichten aufmerkffam gemaat, melde 
ſich durch die Annabme diefer Stelle für ibn eröffnen 
wärden, enfchloß er ſich, um dieſelbe anzubalten. Dur 
Kabinetörefkript vom 30. Aug._erfolgte feine Ernennung 
zur 2ten Supernumeraroberfonfitorialrathöftelle. Gleich⸗ 
eitig ergingen an ihn aus Dem Wppellationdgericht ans 
angd indirekte, fpäter Direkte und dringende Auffordes 
tungen, um eine in dieſem Kollegium erledigte wirkliche 
Narhöftelle anzubalten, Denen er aber, da er ſich nicht 
um jwei verfdiedene Stellen zugleich bewerben wollte 
und fih von der Untbunlichfeit einer Kombination beis 
der Aemter überzeugt hatte, nicht nahfommen zu Dürfen 
glaubte. Nachdem feine für das Dberfonfiltorium gefers 
tigten Probefchriften approbirt worden waren und den 
Beifall dieſes Kollegiums in bobem Grad erhalten hats 
ten, ging K. von Wittenberg nah Dredden ab, mo er 
am 18. December eintraf und im Januar 1799 fein neues 
Amt um fo freudiger antrat, da e8 ibn, wie er felbn bei 
feiner Einfübrung in daſſelbe fagte, in das enge Verhaͤltniß 
eine ——6 Wirkungskreiſes mit dem Manne 
ftellte, dem er die Bildung feined Geiſtes faft einzig verdankte 
und deffen Vorlefungen, die er drei Jahre tang täglich 
beſucht, der den erſten Strahl eined helleren Lichts in‘ . 


* 


\+ 


Kohlfchutter. i91 


feiner Seele hervorgerufen hatte. Don der ihm aelaf. 
fenen Sreibeit, neben feinem Amte juriſtiſche Droste % 
treiben, machte er Gebrauch; zu literarifden Arbeiten 
blieb ihm aber von jegt an wenig Zeit. Doc frieß 
er Damald eine Abhandlung Über die Zrage: „nam ex 
jare Protestantium ecclesiastico ii, qui adulterii commissi 
-convicti-sunt, novarum nuptiarum veniam impetrare sem- 
pe necesse habeant ?“ ur furze Zeit bekleidete K. 
iefed_ Umt, denn ſchon am 24. Mai 1800 wurde ibm 
die Stelle eined Hof» und Juſtizraths auf dem ges 
lebrien Xatere der Landesregierung verliehen, nachdem 
er von dieſem Kollegium primo loco zu derfelben denos 
minirt worden war, Wäre dieſe Unftelung in der Lan» 
Deöregierung nicht erfolgt, fo würde K. wahrſcheinlich 
” Dresden wieder verlaffen und Die afademifhe Laufbahn 
von Neuem betreten baben. Man fuchte nämlich für 
die Univerfität Tena einen Professor juris ord., wobel 
bad bauptfählide Augenmerk auf einen tüchtigen. Ur⸗ 
tbeilöfprecher gerichtet war, der praftifhe Kolegia lehre 
und in Die Proreftoratsreihe mit eintreten, vorzüglich 
aber für die Difafterien Hofgeriht, Schdppenkubl und 
Safultdt, arbeiten follte. Der Geheime Kath Voigt in 
2Beimar, deſſen Aufmerffamkeit auf $. gelenkt morden 
mar, batte bemirkt, Daß er von der Univerfität primo 
loco denominirt wurde, nachdem ficb aud der Gothais 
fe Hof mit Diefer Wahl einverllanden erflärt hatte. 
Da ſich aber bald darauf Ke's Verfepung in die Zanded» 
regierung entſchied, fo blieb Die Sache ohne weitere Fol» 
gen. In dem Kollegium derLandesregierung bearbeitete 
8. im Zahr 41801 einen. „Entwurf zu einem wegen Bea 
- Rrafung aller Einbruͤche, gefährlicher Angriffe und Ges 
Waltthätigkeiten, die in der Abfiht zu fieblen und zu 
rauben begangen werden, zu publicirenden Mandate,“ 
durch welches der Ungemwißheit ein Ende gemacht wer, 
Den follte, vermöge welcher Diele DBerbreden von ver 
iedenen Dikafterien ganz verfchieden beurtdeilt wur: 
en. 8.8 Entwurf flug mildere Strafen vor, welche 
nach der Anficht des Kollegiumd verfaärft. wurden. Er 
Drang auf Einfchränfung der Todeöftrafe — nur dur 
ad Schwert — auf wenige Fälle und verlangte'die ger 
ſetzliche Feſtſtellung folder Strafen, welche wirklich zur 
Erecution kaͤmen, waͤhrend durch die Androhung haͤrte, 
ger nicht in Anwendung kommenden Strafen dad Ans 
feben der Geſetze leide. Auch erklärte. er ſich bierbei 
‚ gegen lebendlänglihe Zuchthauöftrafe und für einen ers 


192 Kohlſchuͤtter. 


fien und zweiten Grad derſelben. Im Jahr 1804 ward 


-ihm die Ausarbeitung einer verbefferten Sefindeordnun 


übertragen. Dad Shidfal fo vieler legidlativen Arber - 


.. ten aus jener Zeit tbeilend, find beide Entmärfe nicht 
wirklich ind Leben garen wenn fie au, namentlicy 
der letztere, bei fpäteren Bearbeitungen derfelden Ges 

enftände die verdiente —— —— gefunden haben. 
nter dem 20. Juni 1805 wurde LK. zum Mitglied einer 

Kommiffion ernannt, welche die zweckmaͤßigen und wirk⸗ 

fomen Mittel zur Verminderung ‘der damaligen außers 

ordentlichen Theuerung und zu —3 es bereits 
eingetretenen und noch zu Be Inrgenben otbftands in 

. Berathung nehmen, die tür dienlih erachteten Vorkeh⸗ 


rungen veranlaffen und bei dem geb. Konfilio beantra - 


gen folte. Als Mitglied diefer Kommiffion gab K. ein 
„ohnmandgeblihed Gutachten über die Urfachen der Diese 
ährigen außerordentlihen Getreidetheuerung und über 
ie Mittel, aͤhnlichen Vorfallenheiten für die Zukunft 
möglich a ab, welches bei dem Bericht 
an dad geb. Konflium zu Grunde gelegt ward. K. ers 
fannte jedoch, daß die Aufgabe, melde der Kommiſſton 
geftellt. war, biermit noch keineswegs gelöft fei: indens 
. nit bloß die in jenem Jahr eingetretene außerordent» 
liche Kalamität, fondern hauptfächlich die beunrubigende 


- Tpatfache, Daß die Setreidepreife feit obngefähr 6 Jah⸗ 


ren immer Bon geftiegen waren, zu den ernfteften Uns 
terſuchungen über die Urfachen Diefer Erfcheinung und 
über die Mittel, ihr zu begegnen, aufforderten. An der 
Vollendung diefer zweiten umfaffenderen Unterfucbung 
wurde er jedoch durch feine nun erfolgende Berufung 
in das geh. Kabinet verhindert. Dur diefe Berufdars 
beiten war K. auf den Gedanken gefäbrt worden, Die 
Nefultate feined Nachdenfend über diefe Angelegenheit 
auch dem größern Publikum mitzutheilen. Er legte Dies 


felben zwar in einer im December 1805 in Sorm eines 


©endfcreibend an den Juſtizkommiſſarius Walſtorff in 
Halle — deffen „Scerflein zur Berminderung der Brod⸗ 
noth meiner Mitbürger Halle 1805” ihn vorzugdweife 
angefprochen hatte — verfaßten Schrift nieder, eñtſchloß 
& aber alddann nicht, fie dem Drud zu übergeben. 

ie Derdienfte, welche fih K. ald Mitglied der erwähn, 
ten Kommiffion erworben batte, erkannte die „Gefell» 
fchaft der Volksfreunde in Marienberg zur Borbeugung 
Der Noth und Derminderung gemeinfbädlider Vörur⸗ 
theile“ Dadurd an, daß fie ihn „aus inniger Dankbar⸗ 


m „ 


Kohlſchuͤtter. 18 


keit und Derebrung” am 10. Mai 1806 zu ihren Ehren 
mitglied ernannte. Als Mitglied der Landesregierun 
erhielt 8. auch den Auftrag, neben dem Appellation® 
rath Dr. Fleck die Redaktion Der im Jahr 1805 erfchies 
nenen zweiten Sortfegung des Codicis Augustei ju bes 
forgen, an der er au) thätigen und wirffamen Untbeil 
nabm. Endlih wurde er durch Kefkript vom 21. Juli 
1803, nebſt dem Appelationdrath Dr. Zriedri Albert 


Echmidt, der damaligen Gefegfommiffon zum Behuf. 


uftizfollegien und Difafterien, auch fonf zu erwarten» 
en Erinnerungen Über den im Jahr 1803 erfdienenen 
Entwurf einer neuen DIE n Un und zu der end» 
lichen Einridtung Der leßteren ald Referent zugegeben. 
Als folder hatte er zwar „Monita über den Entwurf 
einer neuen Gerihtsordnung für die kurſaͤchſ. Lande « 
auögearbeitetz der Entwurf blieb aber fpäter auf fi bes 
subend. Auch in _diefer durch Die mannicfaltigften Bes 
rufearbeiten In Anſpruch, genommenen Zeit febrte K. 
gern und mit der alten Liebe zu rein wiſſenſchaftlichen 
Beſchaͤftigungen zuruͤck. Daber ſchrieb er im I. 1802 
eine Abbandlung: „ex quibus principiis controversiae 


Su fünftigen Arbeiten bei Durdgehung Der von den 


miatrimoniales Catholicorum in Consistoriis evangelicis 


decidendae sint,““ melde bei der Saͤkularfeier der Mits 
tenberger Univerfität im Jahr 1802 ald Tnauguraldilfers 
tation von Chr. Sr. Kretzſomar erf&bienen it. Auch lies 
ferte er als Mitarbeiter der im Jahr 1803 begründeten 
„neuen Leipziger Ziteraturzeitung in den Jahren 1809 

8 1806_eine Reibe von Necenlionen Über wichtige ju— 
ritifhe Werfe._ Gegen dad Ende des Tahrd IB0G ers 
dftnete ſich für 8. ein neuer, umfaffenderer und einfluß» 
reiherer Wirkungskreis, indem er Durch Nefkript vom 
5. December zum Geheimen Kabinetöfefretär im Domes 
fifdepartement des ge Kabinets, welchem damals der 
Kabinetöminifter Graf von Hopfgarten vorſtand, ernannt 
ward, fo jedoch, daß ihm fein Play und die Anciennes 
tät bei der Landeßregierung verblieb. Diefer Pofen 


‚war bei der damaligen Verfaſſung, mach welchet alle 


Faͤden, au der inneren Staatöverwaltung im geb. Sa» 
binet des Königs zufammen liefen und alle Zweige der. 


felben von dort aus den oberſten Impuls erhielten, von 


nicht geringer Wichtigkeit. Sührte er auch — weil der 


Dortrag bei dem König dur den Kabinetöminifter ge 


ſchad — im regelmäßigen Geſchaͤftsgange, von welchem 


bei der in diefem Punkte fehr ſtrengen De nadmife 


MM, Nekrolog. 18. Zobt 


. #0. 


— — 


1 Kohlſchinter. 


des Stönigs Friedrich Aagum*) nur ſeiten Ausnahmen 
- gemacht wurden, nit oft zur perfönfien Berührung 
mit Legterem, fo gelangte docd Feine Ungelegenbeit zur. 
Entfaliegung des Königs, die nit von dem betreffen ' 
den Kabinetsfekretär vouftändig vorbereitet und gutadts 
{id bearbeitet worden wäre und eben die pänftlide Ges 
wilfenhaftigkeit, mit der, der König auf. die beftedenden 


. Befärtsformen bielt, befimmte ihn auch, den Arbeiten - 


feines Kabinets ſtets die forgfältige Beachtung zu wid⸗ 
men. Es fam daher in der That nicht wenig darauf 
an, daß die Stellen der erpedirenden Kabinetsſekretaͤre 
ſich in den Händen von Männern befanden, welge mit 
rindlier Rechts- und Gefepfenntnig und gediegner 
efhäftsbildung fo viel Unabhängigkeit des Charakters 
und Sreimätbigkeit der Geſinnung verbanden,, Daß ihre 
Arbeiten nicht der bloße Rachdal fremder Eingebun 
werden Eonnten, fondern fi dem König ald das Refuls 
“tat einer ſelbſtſtaͤndigen, auf eignem Grunde berubenden 
Anfiht darftelten. Bon diefer Seite batte K. die Be⸗ 
fiimmung des ihm Üübertragnen Amtes aufgefaßt, er hatte, 
wie er Ab bei einer fpäteren Gelegendeit felbft_ auds 
drüdte, bei deffen Wntritte fi angelobt, mit feſtem 
Sinn darüber zu wachen, daß ed nicht dur feine Schuld 
- unter die Würde feiner verfaſſungsmaͤßigen Beſtimmung 
herabfinfe: und daß es ihm mit_diefem Vorfa beiliger 
Ernft war, daß feine amtlibe Stellung tür ihn nur fo 
lange Werth hatte, ald er fie in feinem Sinn mit Eh⸗ 
ren bebaupten zu Eönnen glaubte, dafür bat er feitdem 
unter ſchwierigen — überzeugende Beweiſe 
egeben. K.'s Geſchaͤftskreis im geheimen Kabinet um⸗ 
agte die geſammte Juſtiz⸗- und Polizeiverwaltung, mit 
nbegriff der Ungelegenbeiten der Univerfitdten upd 
schulen und der Derfaffungähobeits. und Gemerbelae 
den, die wichtigſten Geſchaͤfte der innern Verwaltung 
gingen daber durd feine Hände; doppelt dichtig in 
jener ſturmbewegten Zeit, die allen Verbältniffen ihr 
Gepräge aufdrüdte und auf die inneren an gelegenpeken 
der deutſchen Staaten, des Koͤnigreichs nen ganz 
befonderd, fo vielfach nnd erf&ütternd zurückwirkte. Be⸗ 
tannilich war ed der aufangeborner Geiſtesrichtung eben⸗ 
fomohl,, wie auf felbft gewonnener Ueberzeugung berus 
bende Grundfag des Königs Friedrich Auguſt, ſich von 
dem Strudel der Zeit nicht fortreißen zu laflen, fondern . ' 





9 Deſſen Biographie f. NR. Nekr. 5. Jahrg. ©. 49. 


7 r 





4 


Kohlſchuͤtter. 106 
dem andringenden Strome der Neuerungen, auch wenn 


er, mie in der Zeit von 1806 — 1812 zumeik, auf Bes’ 


grändung rose Augewalt binmwieß, ein Opfem 
— ebarrlichfeit und Aufrechthaltung de Bee 
Rebenden entgegenzufegen und die, in feiner Anſicht, 


- durd Erfahrung bewährten Sormen der Landesverfaß 


fung in ihren Grundlagen unverfehrt zu erbalten. Wenn 
ed ibm aber gelang, Diefe® Syſtem mit Konfeatienz durch⸗ 
zufübren, wenn in einer Zeit, wo Gewalt das Loofungs. 
wort fo vieler Regierungen ward, doch in der ſächſiſchen 
Etaatöverwaltung, fo großen Derfuhungen gegenüber, 
der Geifi der Gerechtigkeit, der Weisbeit und Mäßigung 
vorberrfbend_ blieb, fo nebäbrt FK., dem der Habinetd« 
minifter Graf von Hopffgarten fein unbedingtes Ders 
trauen ſchenkte und dem auch dad des Königs in vollem 
Maafe zu Theil ward, dad Dierdienft, Die Abſicht Ded 
leßteren —* verſtanden und zu ihrer Verwirklichung 
in feiner Spbäre werkthaͤtig und aus innerer Ueberzeu— 
gung mitgewirkt zu baden. Dafür zeugt die bobe Ach» 
tung, mit der fein Name im ganzen Lande genannt 


wurde und die Öffentlibe Meinung, welde ibm einen 


febr bedeutenden Einfluß auf die Gefcäfte beimans, 
Der rubige Gang feines Yebend wurde in dieſer Periode 
durch den Ausbruch des öͤſtreichiſchen Kriegs i. J. 1809 
unterbrochen, welder bie Entfernung des Königs Friedrich 
Auguſt onfangd nab Leipzig und fpäter nad Kranke 
urt a. M. zur Folge batte, wohin ihn K. mit einem 
Theile der gebeimen Kabinetscanzlei_ begleitete, Mit 
dem Jahr 1813 begann für Sachſen jene Reibe politis 
jger nolüdsfälle, welche das Land biß in das innerfte 


ebenömarf verwundeten. K. mußte nicht nur feiner 
Aamtlichen Gtellung nab von dieſen Ereigniffen unmits 


telbarer ald Andere beräbrt werden, feine Anhänglichfeit 
an König und Vaterland war au fo warm und innig, 
fie hatte fid fo feit und unauflöslih mit feinem ganzen 
Weſen verfhmiftert, daß fie ibn das Öffentlide Unglüd, 
mie das eigne, ja tiefer, als dieſes, fühlen lief. Die 
trübe Zeit von 1813 — 1815 bezeichnete daher einen 


Wendepunkt in K.'s Zeben; feine guten Tage lagen von _ 


da an binter ibm. Schon im Februar des Jahrs 1813 
mußte St. bei’ der Annäherung der verbündeten Deere 
dem König na Plauen, von da nach Negendburg und 
Prag folgen und die Seinigeu mitten unter den Gefah⸗ 
ren ded Kriegs in Dredden zurüclaflen. Fi Sreiberg 
ftarb der Kabinetsminiſter Graf von Honfigarten, ein 


& 


’ 


196. Mohlſchuͤtter. — | 
großer Verluſt Für. den König und das Land, gerade in 
; do 


einem kritiſchen Zeitpunfte: ppelt kbmerzlicy ffir 





fe 

den ſah. Die A 
telbaren „Nachfolgerg, des Grafen Senft von Pilſach, 
über‘ innere Verwaltung maren NiÖt Die feinigen und 
feine Stellung unter ihm würde ſchwerlich eine dauernde. 


bon nach wenig Wochen den Yusırir des Grafen yon 
Senft aus ſaͤchſiſchen Dienften. berbeigefährt bätte.und 
der Graf von Einfiedel an feiner Stelle sum Kabinets. 
minifter ernannt worden märe. ie Be edenbeiten, 
melde den Hana, Friedrich AYuguf im Mai 1813 nad) 


ment ibm hätte anmeifen mögen, fo ‚blieb feine ganze 
Thätigkeit darauf gerichtet, fo viel.an ihm war, das Un: 
gewitter befhmören zu beifen, welches ‚nuh über das . 
Vaterland bereinzubrechen drohte. K. bildete Yamalg 


einen der Mittelpunfte jener -Eleinen Phalanx Patrioti« 


tinge Zahl der Abtrännigen befhämten, die Wanfelmü. 
rer 2 Dort und Scrift jr 
Der Nation. dag Gefühl ihrer Selbfikändigkeit und deg 
ihr angethanen Unrectß rege su erhalten fuchten. Das 
ahr 1814, befonderg die Sommermonate, die er, u 
eine dur Anftrengungen angegriffene Gefundbeit ber 
- zuftellen, in einem zablreichen Kreiſe gleichgeſſinnter 
Maͤnñer in laͤnd licher Zurückgezogenben in Tharandt zus 
brachte, war hauptfählih diefen nicht gefahrloſen Bes 


Fin i 5 
ſatz war dazu beftimmt, den König Frie 


Auguft gegen Die DVormfirfe einer unbezwingbaren 


Bi Kohlſchuͤtter. 197 


Andaͤnglichkeit an den gemeinſamen Feind, einer be⸗ 
barrliden Feindſchaft gegen die wider Napoleon ver⸗ 


vbuͤndeten Maͤchte und des Verraths an der deutſchen 


Sache zu vertheidigen, gegen Vorwuͤrfe, welche demſel⸗ 
ben von dem Fürſten Repnin in der Anrede an die ſaäͤchſ. 
Behoͤrde in Dreöden vom 10. December 1813 und i 


n 
- der Schrift: „ein Wort über dad Verbältniß des ſaͤchſ. 


Kabinerd zu den boben verbändeten Mächten im Früh⸗ 
jehr und Sommer 1313" aemact morden maren. - Im 
uli 1814 befhloß der König, durch eine Dertbeidigun 
eines bisberigen politiihen Benehmens Das Tinterefle 
Europas für die Erbaltung feiner beiliaen Nedte und 
-für die gegründeten Anfprüche feines Dolfs in Anſpruch 
zu nebmen. K. wurde mit der Abfaflung Diefer Denks 
fohrift beauftragt, melde in franzbſiſcher Weberfegung 
unter dem Titel: „Expose de la maärche politigue da 
Roi de Saxe‘‘ den vier verbündeten Mäcdten und meh⸗ 
reren andern Höfen mitgerbeilt wurde. St. fuchte darin 
Dur eine trene und vollitändige Darlegung des Gans 
ned und der Gruͤnde des von dem Könige beit dem %. 
4807 und namentlid im Srübjahr und Sommer 1813 
beobachteten politifhden Benehmend und feines Verhaͤlt⸗ 
niffeö gegen die verbündeten Maͤchte die Ueberzeugung 
dervorzurufen, daß er nie DBergrößerungds oder Unters 
druͤckungsabſichten gebegt babe, nie von der Bahn des 
Rechté und der reblichen Dfenbeit abgewichen fei, und 
dab die Schritte, die man ibm zum Dormurfe made, 
durch eine unabmweisliche Nothwendigkelt geboten gewe⸗ 
fen feien. Die Hoffnung, melde K. in einer andern klei⸗ 
nen Schrift *) ausfprad, daß jene Nechtfertigung des 
Königs den Augen der Welt zu feiner Zeit werde vor 
gelegt werden, damit die Wahrbeit des dort Gefagten 
iber allen Zweifel erhoben werden fünne, ıft dadurch in 
Erfuühung gegangen, daß das franzöfifde Eremplar in _ 
Klübers Acten des Wiener Kongrefled Bd. VII. ©. 201 
ff. abgedrudt morden if. Auch if ein Theil ihred ne 
halts wörtlich in eine bald zu ermähnende fleine Schrift 
8.5 „acten⸗ und tbntenmäßige Widerlegung ꝛc.“ über; 
egangen. Im Spätberbfi deſſelben Jahrs wurde K., 
er fon früber bei dem ruffifhen Gouvernement vers 
geblid um die Erlaubniß angefucht batte, fih zum Kö⸗ 
nige begeben zu dürfen, ſelbſt nah Berlin beſchieden, 
AR. „Sat der König von Sachſen dieſem Londe entſagt?“ f. 


N 


198 * Kohlfcpätter. i 


am fi in der Nähe von Sriedrihäfelde aufzubalten. 
Selbſt in Berlin ſcheuete er die Gefahr nicht, zwei Schrif⸗ 
ten in die Wagſchale der ſaͤchſiſchen Sache zu legen, 
um den Gerüchten und Derl, UMDUnden su begegnen, 
durch welde man die Öffentlihe Meinung in Deutfchs 
land _und befonderd in Sachſen zu bearbeiten und gegen 
den König einzunehmen ſuchte. Die erfte derfelben führt 
den Titel: „Dat der König von Sachſen Diefem Lande 
entſagt?“ Die ondere dient zur Widerlegung der einzis 
gen gesen Sadfen und deſſen König gerichteten Flug⸗ 

Ari t, die einen Sachſen zum Berfafler batte und uns 
ter dem Titel: „Blicke auf Sachſen, feinen König und - 
fein Bolt und d 

bienen war. Gegen Diele Sluaihrift richtete K. eine: 
„acten» und tharmäßige Widerlegung einiger der gröbs 


eren beiderfeitiged DVerbältniß 10.“ ero 


ften Unwabrbeiten und Derläumdungen, melde in der _ ' 


‚Schrift: Blicke 20.” entbalten find, St. mußte natärli 
- Diefe Schrift — die nie in den Buchhandel fam — ohne 
feinen Namen heraußgeben. Aber er konnte dies in der- 
Hoffnung thun, daß man es _der Arbeit ſelbſt anfeben 
werde, daß der Verfaſſer in Derbältniflen Rebe, wo er, 
von dem, worüber er ſchrieb, dad Wahre wiſſen fonnte 
und obne Scheu fagen durfte. Diele Eleine Schrift if 
für die Geſchichte Sachfend während der Regierung 
Sriedrid Auguſts 1. und namentlich des Jahrs 1813 von 
großer- Wichtigkeit, wie ſie denn von Manfo *) in feis - 
“ner Geſchichte des -preuß. Staated Bd. 3. ©. 224 und 
315 ff., ais Duelle benupt, von Heeren in der 4. Aufl. . 
feiner Geſchichte des europdiihen Stoatenfpflemd bei . 
der Milderung feine in der 3. Aufl. Diefed Werks über 
Sachſens Politik ausgeſprochenen Urtheild gebraucht, 
von Poͤlitz aber nicht bloß Für fein im Jahr 1817 er 
ſchienenes Taſchenbuch der fühl. Geſchichte und in feis 
ner; „Megierung Friedrich Auguſts“ vielfad benugt und 
dier (Bd. II. ©. 173 Anm.) an die Spitze der in jener 
Zeit für Sachſen erfhienenen wichtigſten Flugſchriften 
gerellt, fondern auch in dad von ihm fortgefegte diplo⸗ 
matiſche Archiv von Lüderd aufgenommen worden if. 
8.8 übrige Thötigkeis in Berlin .war dauptſaͤchlich dar⸗ 
“u geritet. die Gegenvorſtellungen vorzubereiten, 
welchẽ dem Kongreſſe zu Wien, megen der Dem König 
von Sachſen angefonnenen Kerritorialceifion_ gemacht 
werden könnten. WIS ih der König auf die Einladung 


” Deffen Biographie f. N, Nekr. 4. Jahrg. ©. 478. 


% 





Fr 


[3 


Kohlſchuͤtter. 199 


des Kaiſers von Oeſtreich von Berlin ud Preßbur be 


gab, folgte ihm auch K. dahin. Dieſer verließ Berlin 


om 22. Februar und traf, über Frankfurt a. d. O., Bres⸗ 


lau, Dlmäög, Brünn und Wien gehend, am 5. März in 
Preßburg eın. Die Kataflropde, die über Sachſen vers 
hängt war, näbezte fi jegt ihrer Entwidelung; die von 


Dem Kongrefle wegen der Theilung des Landes gefaßten - 


Beinlüffe wurden dem Sönige bald nad feiner Ankunft 
in Prefburg zur Annahme vorgelegt. Es ift nidr unbe 
kannt geblieben, daß fi unter den Umgebungen des Kb» 
nigd von Sachſen üder dad Derfahren, welded von ibm 
dem Kongreffe gegenüber zu beobachten fei, Damals -zwei 
entgegengefegte Anſichten gebilder hatten. Während die 
Einen Ah zu der Meinung bekannten, daß, um aus dem 


x 


Schiffbruch des Staatd zu reiten, wad ſich noch retten . 


loffe und um wenigſtens im Einzelnen erträglide Bes 
dingungen zu erhalten, Nacgiebigfeit gegen die geſtell⸗ 
sen Korderungen im Ganzen zuträglich Bi: daß man fich 
dur allzu bebarrliched und unbeugſames Widerftreben 
in einen ungleiden und Daber unmeifen Kampf mit der 
Uebermadt der Verbältniffe einlaffen merde, blieben die 
Andern der Anſicht treu, daß unerſchütterliches Feſthal⸗ 
ten an feinem guten Recht die weifere, jeden Falls die 
des Königs würdigere Politik fei; fei ed, daß fie auf 
den Wechſel der Ereigniffe redneten oder Daß fie glaub» 
ten, der Kongreß werde, ebe er zu offenbarer Gemalt 
ſchreite, zu vermittelnden Bedingungen fi berbeilaffen 
oder daß fi endli mit Franz I. tröfßen wollten: nous 
avons tout perdu hors l’honneur. K. gebörte für feine 
Merfon auf dad Entfdiedenfte der letzteren Anfiht an 
und wenn er fi befdeiden mußte und gern befcied, 
. daß er dem Mittelpuntte der Verbondlungen, die ſich 
nur immerhalb der böheren dipfomatifchen Kreiſe beweg⸗ 
ten, zu fern ftebe, um die eigentliche Lage der Verbält: 
niſſe und mas hiesnab zu boffen und zu fürcten fei, 
ganz zu Überfeben, fo hielt er fi wenigſtens für ver 
pflichter, dem Syſtem, das er vertrat, fo weit feine uns 
tergeordnete Stellung es ibm verfattete, au alle in 
feinem Bereihe liegende Mittel und obne -Rüdfiht auf 
Die für ibn damit verbundenen perfönliden Sinconveniens 
a gehörige Drtögeltung zu verſchaffen. Der Gan 
er Ereignifie bat Darüber anderd eniſchieden und e 

mußte vielleicht fo fein. Allein auch diejenigen, die in 
der Anſicht, zu der K. ſich befannte, nur die Selbſttaͤu⸗ 
(hung eines patriotifhen Gemärdd erbliden, werden 


\ . 


200 | Kohlſchuͤtter. 


wenigſtens der Ehrendaftigkeit der Motive, die ihn lei» 
teten, ihre Anerkennung nicht verfagen koͤnnen. Uebri⸗ 
gend war 8.8 Tätigkeit in Ddiefer Zeit durch Vorbe⸗ 
reitung der dur die Zerſtückelung Sachſens in der Lan⸗ 
deöverwaltung noͤthig werdenden Beränderungen und 
durch Vorarbeiten für den Wiener Srieden vom 18. Mai 
al in Anſpruch genommen und der Abſchluß der 
Verdandlungen üherrafbte ibn, noch ehe er den Plan 
eined Ausflugd nach Peftb_batte austähren können; die 
legte Woche wurde der Belihtigung Wiend gewidmet. 
Dad Patent, durch meideb der am 7. Juri nah Sad 
fen zurüdkebrende König feine Sachſen begrüßte, dat K. 
jum Derfafler: doc wurde in dem Abdrud defelben 
die Stelle binmeggelaffen, in welcher K. genauer auf 
die Rechtfertigung ded Königs wegen feines Verhaltens 
in den legten Tahren eingegangen war. Die Verdienfte, 
melde fib K. in der Zeit des Unglücks um König und 
Doterland erworben batte, wurden dadurch anerkannt, 
daß ihm der mit einem bhöberen Rang verbundene Titel 
eined Geheimen Kabinetsratdd und dur Dekret vom 
23. December 1815 dad Ritterkreuz ded nach der Rüde 
fehr_ des Königs neu geftifteten Tivilordens für Ders 
dient und Treue, zu deffen Sekretär er ernannt morden 
mar, verlieben wurden. (Zum Ritter ded Verdienſtor⸗ 
dens der baierifhen Krone wurde er im Jahr 4821 bei 
Gelegendeit der Vermaͤdlung ded Prinzen Jobann mit 
der Prinzeffin Amalie von Baiern ernannt.) 8.8 Ge 
ſchaͤfiskreis blieb aud von da an ein fehr außnebreite: 
ter und inöbefondere batte die Heilung der 2Bunden, 
melde durch den Krieg dem Zande geſchlagen worden 
waren, die in Solge der. Landestheilung nothwendig ges 
.wordene Auseinanderfegung mit Preußen, fo wie die 
eben dadurch bedingte Reorganifation der meilten Ber 
dörden und oͤffentlichen Inſtitute für dad geheime Kabi⸗ 
net eine Mafle der umfaflendfien Arbeiten zur Folge, 
- denen nur durch die angeftrengtefte Thätigkeit *6 
werden Eonnte, doppelt anſtrengend für Ke, da er fi 
idr nicht mehr mit_der alten Seudigfeit zu widmen 
vermochte. Sein Gefundbeitözuftand war ſchon feit 
dem Jahr 1825 leidend, doch blieb er in ununter 
brodener Wirkſamkeit bid au dem am 3. Mai 1877 
‚erfolgten Tode des Koͤnigs Griedrid Auguſt. Da 
un —— 9; als a en feines ur 
pers und Geifted nur ange audzudauern vermg 
haͤtte, als beides dem Dienfe des Yon ibm Aber Alles 


» J Kohlſchuͤtter. | 20 


verehrten Sürkten angehörte. Es zeigte fi bald, de 
das Maas feiner Kräfte erfchöpft fei und wenn er aud 
ewohnt, der Erfüllung feines Berufs jede perfönlid 
ödfiht bintanzufegen, den Geſchaͤften feines Amte« 
auch jegt noch mit der aͤußerſten Anftrengung vorzuſtehe 
ſich deftrebte , fo konnte es doch nur mit längern Unte 
brechungen geftbeben, die tbeild durch den Befuh di 
- Bäder, theild durch beftigere Srankdeitäfälle derbe 
geführt waren. Schon felt dem J. 1828 war er dabı 
eined Theils feiner Arbeiten entboben worden; voı 
Winter 1829 — 1880 an mußte für die interimikifd 
Verwaltung feined Amted Sorge getragen werden un 
als nah Eintritt der Verfaffungsurfunde vom 4. Sep 
41831, bei Einrihtung der Minifterialdenartements da 
glei Kabinet am 1. Dechr. 1831 aufgelöft ward un 
“8.8 Funktionen füb hiermit erfedigten, wurde ibm dur: 
Refeript vom 13. November 1831 in Anerkennung fein: 
roßen und vielfaden DBerdienfte ein feinem biöherige 
edafte gleihfommendes Wartegeld, welches fpäter i 
Penſion verwandelt ward, mit dem Vorbehalte bemillig 
von feinen gründlichen Stenntniffen und feiner bewäbrte 
Geſchaͤftserſahrung in vorfommenden Sälen auch ferne 
Gebrauch zu machen. Und. biermit fließt ſich denn K. 
Öffentliche, dem Wodle des Könige und feiner Mi 
bürger ausfchlieglid gewidmete, an Mühe und Arbe 
‚reihe, aber eben darum Eöfliche Laufbahn. Bon den 
was er während derfelben gearbeiter und geleiftet bat, m« 
durch feine unmittelbare oder mittelbare Einwirkung ir 
Merk geſetzt, getban-oder verbütet wurde, bat bier nı 
der Fleinfte Theil ermähnt werden können. Iſt e& übe 
baupt dad Loos der meiften Gtaatödiener, daß böͤchſter 
nur ihre nächften Vorgeſetzten und Kollegen den Maa 
ftab ihrer Zeitungen und ihres Verdienſtes befigen, di 
fie aber auch auf fihtbare, bleibende Nefultate ihr: 
Wirkens nur in feltenen Sällen rechnen därfen und fü 
Darauf gefoßt. haften mäflen, das, was fie getban ur 
gewirkt daben, fon unter ihrem naͤchſten Nachfolg 
verwiſcht und vergeffen zu feben: fo entging K. diefe 
2008 um fo weniger, ald der Abend feines Lebens 
eine Zeit des plögliden Umſchwungs aller VBerbältnil 
und Anfichten fiel, die für die Beurtbeilung der zundd 
vorangegangenen Periode der ſaͤchſiſchen Geſchichte nich 
weniger, ald günftig war. Vielleicht ift indeflen die Ze 
nicht mehr fo fern, wo man ſich überzeugen wird, di 
man der neuen-Drdnung der Dinge, die über den Zrür 


D 


- den erfien Jadren der franzöfifhen Revolution zu 
und, wie alle edieren und freieren Gemürber, wurde, - 


202 Kohlſchuͤtter. 


J 
‘ 
- | 


mern der alten Derbäftniffe emporgeſtiegen iR, mit Auf 
rihtigfeit und aus Weberzeugung zugetban fein kann, 
obne über alled dasjenige den Stab zu vbrechen, was in 
einer früberen und fo fange fegendreihen Regierung, 
wenn auch unter Dem Banner anderer politifhen Une 


ſichten und Grundfäge, geideben it; ja, daß der Geiſt 
r Serectigfeit und Mäßigung, die Adtung für bie 


Rorifded Recht und der Sinn für Gefeglihkeit, Ord⸗ 
nung und Sparfamfeit, womit die Regierung Friedrich 
Auguns die ſaͤchſ. Verwaltung durchdrungen bat, unter 
Den Sütern, die Das ſaͤchſ. Volk aus den Stuͤrmen der 
Zeit gerettet bat, nicht die legte Stelle einnimmt und 


ein Erbtbeil bilder, dad auch wir unferen Söhnen uns - 


verfehrt überliefern follten. Wer ſich aber zu diefer An⸗ 


ſicht defennt, der wird unter den Männern, Die in den 


erſten Decennien dieſes Jahrhunderts in Sahſen in oͤf⸗ 
———— Aemtern wirkten, auch K.'s Gedaͤchtniß in 
bren balten. K.'s Eintritt ins praktiſche Leben - mis 
ammen 


auch er anfangd mächtig von der geiftigen Bewegung 
ergriffen, die jenes Ereigniß und die daran ſich Enüpfens 
den Hoffnungen einer:befleren Zukunft auch in Deutſch⸗ 


. land dervorriefen. Mehrere feiner damaligen literariſchen 


Erzeugnifle, fo wie Aeußerungen in Privarbriefen legen 


für diefe Geiſtesrichtung Zeugniß ad. Wenn aber feine 


Segeiſterung dur die Ausartung des franzöf. Sreiheitds 
cowindels ſehr bald_umgekimmt wurde, fo führte ibn 
ein Eintritt in die Öffentliden Befchäfte und die nähere 

efanntfchaft mir den wirklichen Lebendverbäftniffen nach 
und nach einer entgegengefegten politifhen Anfiht zu 
in deren Folge er ſich immer enger Dem Grundfage de 
biſtoriſchen Rechts anſchloß, ohne ihm jedoch mit ſtarrer 
Einſeitigkeit anzubängen. Sein politiſches Glaubens⸗ 


bekenntniß faßte er bisweilen in den bekannten Worten 


Pope's zuſammen: „let fools contend on forms of go- 
vernment; the best administred i the best,“ dad er 


namentlich auf die ſaͤchſ. VBerbältniffe anmendete und 


aus feinem Standpunft auch um fo eber anmenden 
Eonnte, als er fi bewußt war, nad beften Kräften dazu 
beigetragen zu baben, daß Sachſen, wie es der Wille 
des Königs Sriedrid Auguf war, nah unmandelbaren 
Grundfägen der Gerechtigkeit und des Woplmollend 
regiert wärde, die in ihren praktifhen Solgen die lns 
volltommenbeiten der befiebenden Verfaſſung bis zu 


L 4 


; u Kohlfchüttr. - 203 


einem gemiffen Punkt oudgleihen und ntgenen mader 
konnten *) Jedoch wer feine Unbänglicpkeit an dieft 
- Verfaflung weit entfernt, in’ einen trägen Optimismut 
auszuarten; vielmehr waren ibm die den Offentliyer 
uftänden Sadfend ankledenden Gebrechen nur zu gui 
ekannt und Niemand bas es tiefer und ſchmerzliche! 
empfunden ald er, daß fi eben in Folge jener Gebrechen 
dad Land in den entiheidenden Zeitpunften nidt au 
die Höhe moralifher Energie und Spannkraft zu erheben 
vermochte, Durch melde im Voͤlkerlehen, wie in den 
der Einzelnen Hülfe und — in kritiſchen Momen 
ten allein bedingt ‚if. Unter ſolchen Umſtaͤnden konnt 
freilib der durch das Jabr 1830 namentlih aub in 
Sachſen 'berbeigefübrte Wechfel der Dinge, in deffer 
Solge er ald Greid fo vieled wieder zerfören fab, zı 
deflen Aufbau er ald Mann ſeldſt mitgewirkt hatte, feine: 
Denk, und Sinnesweiſe nit zufagen und was von den 
©reifenalter überbaups gilt: „aedepol senectus multa 
quae non valt, videt,* dad mußte er an dem feiniger 
vorzugsweiſe erfahren. Wenn er fi aber über die neue: 
Derbältniffe oft wis Härte und Bitterkeit dußerte, fi 
lag doc der Grund zum großen Tdeil in der durd 
£örperlihe Leiden veranlaßten Derfimmung des Ge 
muͤths, die ihm Manches In einem andern und ſchwaͤr 
zeren Licht erſcheinen ließ, als eö der Fall geweſen ſeit 
würde, wenn er ſelbſt noch mit voller Rüftigkeit dei 
Geiſtes in die Geſchaͤfte bätte eingreifen können. Dai 
Weſen und Thun K.'s als Geſchaͤftsmann und Staats 
diener, felbft ‘der Bildungsgang, den er eingefchlagen 
batte, um ſich für die Geſchaͤfte vorzubereiten, wa 
von folder Art, daß er wohl verdient, dem jüngeren 
Geſchlechte bierin ald Vorbild bingefelle zu werden 
-Don feinen Schuljahren her von dem Geiſte der klaſſi 
porn Schriftſteller des Alterthums durchdrungen, derei 
ektuͤre er noch in ſpaͤtern Jadren als die Wuͤrze feine 
Muſeſtunden betrachtete, datten ernſte philoſopbiſch 
Studien auf der Univerſitaͤt den Blick ſeines Geiſte 
geſchaͤrft, ſeine Lebensanſichten gelaͤutert. Seine un 
mittelbare Vorbereitung tür das Geſcaͤftsleben beruht 


- Dean fshe die. Vorrede iu der Sarif: ‚‚Gräpel, len 
ainz 1814.” Ein im Jahr 1814 gelßiriebener Yuttas, i 


* 


⸗ 


204 Kcooölſchütter. 


auf der Grundlage einer gediegnen und umfaſſenden 
juriſtiſch⸗civiliſtiſthen Bildung, die er, in Ermangelung 
eined bepeutenderen Anbaltepunftes unter feinen £ebrern, 
fat allein fi felbft verdanfte und durch mehrjährige 
Theilnabme, an den Arbeiten eined Sprudkollegiumd 
und ſelbſt eine Zeit lang dur fochwalterifhe Thätigkeit 
zur praftifden Anfchauung erhoben hatte. Nichtsdeſto⸗ 
meniger war feine Ridtung Feine einfeitig juriftifche. 
Vielmehr betrachtete er, feit ihm Durch feine Anftelung 


in der £andedregierung und im Kabinet ein ermeiterter _.' 


Wirfungsfreid eröffnet war, das Studium der politie 
u Wiſſenſchaften im weiteften Sinne und deren nutz⸗ 

are Anwendung auf dad wirkliche Leben ald feine haupte 
ſaͤchlichſte Aufgave und wie ed fein Grundſatz war, Daß 
der wiſſenſchaftlich gebildere Geſchaͤſtsmann in der Fort 
bildung feines Geiftes nie Mill fteben dürfe und wie er 
Daher überhaupt mit den geiftigen Fortſchritten der Zeit 
in fleter Derbindung bfieb, fo entging ibm namentlich 
auf jenem Gebiete Feine der wichtigern Erſcheinungen. 
Alle -feine Arbeiten trugen daher, nddit juriſtiſcher 
Schärfe und Gründlicfeit, das Gepräge 'einer freien. 
und felpfiftändigen Behandungs⸗ und Anſchauungsweiſe 
an fih; dabei war fein Styl rein und fließend, aber 
eräftig und gedrängt, ſchneli auf dad Wefentlihe der 
Sachen zueilend. Seine Arbeitfamfeit mar unermüdlich 
und nur durch die firengfte Regeimäßigkeit feiner Lebende 
ordnung und Zeiteintheilung wurde ed ibm möglich, fo 
lange feine Kraft noch ungeſchwaͤcht war, allen auch den 
gesteigerten Anforderungen an feine Geſchaͤftsthaͤtigkeit 

ie Wage u balten. Die Tugend. der perfönliden Une 
eigennügigkeit und firengen Pflihttreue if zum Gluͤck 
anter den Beamten deuiſcher Staaten Feine ſo feltne 
Erfheinung, daß fie bier befonders. — zu 
werden verdiente, aber nicht überall begegnet man, 
zumal in unferer den dußeren Dingen vorderrſchend 
An aka Zeit und in einer Stellung, die dem 

brgeig und der Eitelkeit manche Nahrung bieten konnte, 
jener Befcheidenheit und Anſpruchsloſigkeit, jener über 
allen äußeren Schein erhabenen Einfachheit der Geſin⸗ 
nung, die K. fein ganzes Leben bindurd gegen Vor⸗ 

efeßte, wie gegen Untergebene behauptete Und die um 
- fo anerfennungöwertber ik, ald fie ihn niemats obbielt, 
- auh dem höher Gelellten gegenüber da mit Nahdrud- 

und Beltimmtheit aufzusreten, wo ihn Ehre und Berufs⸗ 

pflicht dazu auffordersen. Hier befonderd zeigte IN der 


s 
« 


5, 
= 


s Kohlſchuͤtter. 205 


Einfluß der tief religidfen, vor aller Srömmelei und 
Scheindheiligkeit freien Gefinnung, die K. won Kindheit 
“an in fib aufgenommen, die er Dur den vertrauten 
Umgang mit Reinhard und die flete Beihäftigung mit 
deſſen Schriften "befeftigt hatte und Die feinem ganzem . 
Werfen, wie feiner dußeren Wirffamfeit die böbere Weide 
gab. Diefen — Tugenden entſprach die Wuͤrde 
und Haltung ſeines Privatlebens. Die Gewiſſenhaftig⸗ 
keit und Strenge pe en fib ſelbſt, die Rechtlichkeit und 
Freue in jeder Rüdliht, die Willendfeftigkeit und dad 
Wodlwollen, welches er dort bewährte, drüdte auch 
- feinem gefammten äbrigen Verhalten Das Gepräge des 
Edeln und Würdevollen auf, Abgeſehen davon, Daß er 
feit einer Jangen Reide von Jabren Mitglied der Ges 
feufchaft zu Rath und That und fpäter des Mendelfohns 
vereins war und überhaupt Die Wobdichätigkeitsanftalten 
. ded Landes und Dresdens nah feinen Kräften unters 
Büste, fo wärde des Buten, das er gerban, vieles ges 
ruͤhmt werden müflen, wenn bier der Ort fein könnte, 
das an das Licht zu sieben, was er im Stillen gewirkt 
os. Einfach in feiner äußeren Erfheinung „mehr wort 
arg ald mittheilend und überhaupt zum Ernite gefimmt, _ 
war er doc ein Freund ungezwungener Geſelligkeit und 
mußte ſich in den Jadren der Kraft und Gefundpeit in 
dem Kreiſe von Sreunden oder in dem feiner Samilie 
auch unter dem Drude der Befchäfte heiter zu erbalten 
und Durch feine Gegenwart einen mohlthiienden Einfluß 
auf feine Umgebungen auszuüben. Seine befte Erholung . 
- fand er in dem Schooße der ſchoͤnen Natur, der er Al 
enthufiaftifder Sreund zugetban war und in dem Kreife 
feiner - Samilie. Hier waltere er als liebevoller, aber - 
firenger Haudvater und ließ fih die Erziehung feiner 
Kinder, die er fortmährend ſelbſt leitete und auf dad 
forgfamfte beäuffichtigte, mit unermüdlichem Eifer an⸗ 
gelegen fein. So mwuchfen ibm zwei Töchter und vier 
Soͤhne beran, von denen er die erfteren glüdlidy vers 
. beirathet, die letzteren aber und zwar den aͤlteſten als 
Regierungsrath bei der Eön. Kreispdireftion zu Zwidau, 
den zweiten ald praftifhen Arzt, den dritten als Cafe 
Didaten der Rechte, den vierten ald Prediger bei der 
reformirten Gemeinde in Dresden zurüdließ, Seit ſei⸗ 
nem Zurädtritte von den öffentlichen Geſchaͤften lebte 
.er — da au die meilten feiner engeren Sreunde ihm 
Yorangegangen waren — in ſtiller Burudaegogenbeit, auf 
den Kreis feiner Samilie und näderen ermandten bes 


206 | ; u Meurer. 


ſchraͤnkt, Gewoͤhnt an rege Tdaͤtigkeit Eonnte er ſich mit 
der ibm auf ebrenvolle Weile zu Theil gemwordnen und. 
idm fo nötbigen Ruhe nie ganz Befreunden und diefer 
Zwiefpalt feiner Wünfbe und feiner Kräfte veranlaßte 
nicht felten eine bittre und ungufriedne Gemtüthöftimmung, 
die den Abend feines Lebens auf unerfreulide Weile 
trübte. Wenn glei in den legten Jahren immer. fhlimme 
Tage mit befleren weclelten, ja bisweilen ſogar die 
alte Kraft und Munterfeig wiederfebren zu wollen fdien, 
(0 ließ ih doch wohl nicht verfennen, daß dies nur die 
legten freundlichen Blicke einer hinter Wolfen untere 
. gebenden Sonne waren. Die am Unfange des J. 1837 
in Dresden berrfdende Grippe ergriff auch ihn und warf 
ibn am 4. Sebruar auf dad Kranfenlager. Sein Körper 
mar zu (wach, um die Krankheit zu überfieden. Das 
Bewußtſein ſchwand, er ſchlief aumdlig ein und verfdied 
am oben genannten Tage. Am Morgen des 13, Zebr, 
wurde er auf dem Eliaskirchhofe in der Gruft feiner 
Väter in der Stille beigefegt. Außer den Söhnen und 
Derwandten, Die feinem Sarge gefolgt waren, hatten , 
ſich die dankbaren Mitglieder der ehemaligen Kabinerd. 
Fanzlei on feiner Rubeftätte eingefunden, um ihrem alten 
Vorgefegten die legte Ehre zu erweilen. Sein Neffe, 
der Oofprediger Dr. Srande ſprach an feinem Grabe. 


72.  Chriftian Friedrich) Meurer, 
+ erſter Prediger zu Grünberg in Schlefien; 
geboren d. 12. San. 17°0, geft. d. 9. Febr. 1837 *). 


Meurer, geboren zu Goͤßnitz im Herzogthum Alten, 
bürg, zeiate früh einen regen Geiſt, der leicht die Seffeln 
äußeren Druds ertrug und vollendete unter demfelben 
feine Gymnofialbildung zu Altenburg. Auf der Univers 
fitdt Jena Audirte er- Theologie, worauf er in einem 
Alter von. 21 Jahren in Solge der Empfehlung des Prof. 
Schubert zu Münden Haudlehrer in Schönhaide ward. 
Später (1815) übernabm er eine Hauslehrerflelle bei dem 
Grafen zu Dobne in Malmig bei Sprottau, an deflen 

Familie er fib fo innig gebunden füblte, daß er ver 
f&iedene Berufungen ins Pfarranıt ausfplug und au 
einen glänzenden Antrag nad Breslau ablehnte. “Im 
a 1819 nahm er den Ruf als zweiter Prediger in 

rünberg an, wo er in der Folge zum erflen Prediger 


d 





N Scqleſ. Provinzialblätter 1837. 


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be 
me 


\ Bergt. 207 


eben wurde und Die befondere Liebe feiner Ge - 
nde genoß. Tiefer Scharffinn, Ruhe und Befonnen 
beit, Efare Auffaffung alled Geiſtigen und Menſchlichen 
war das Charafterififde feined ganzen Lebens. Aus 
ezeichnete Baden batte er empfangen; aber immer und 
era war die Derberrlibung des Namens Jeſu Gegen» 
fand feiner Sebnfuht und feined Strebend. Im Monet 
Auguſt 1836 verfiel er in fhwere Krankheit, von der er 


Nnicht mehr genas. — Gedruckt befigen wir außer einzels 


nen Predigten von ihm: YUusmwahl aus meinen Predigten. 
41. Lieferung. Blogau 1824. — Die Lehre v. d. Wieder 
febn in der Ewigkeit, aus der Schrift entwidelr und 
Dargeftellt in vier Predigten. Glogau 1835. — Unter 
dem Namen Paul Muretus veröffentlichte er: Noth⸗ 
und Freudenſchüſſe eines Theologen, den Theologen des 
419. Zahrd. gewidmet. 1L—2. Salve. Glogan 1822—23. — 


Anonym erſchien von ihm: der Verirte ıc. Glogau 1824. 


73. Chriftian Gottlob Auguft Bergt, 
Organiſt in Bauten; 

geboren den 17. Junt 1772, geftorben den 10. Febr. 1897 °). 

Er wurde zu. Dederan im fächf. Erzgebirge geboren, 
wo fein Vater Stadimufifus war. Gebr fräd zeigten 
fd in ihm große Talente ſowohl zur Tonkunſt als zu 
Spraden. Der Vater beflimmte ihn daber zum Theb⸗ 
logen, wozu der Sinabe. auch ſehr viel Neigung offen» 


. barte. 1784 wurde er auf die Kreuzſchule nah Dresden 


eſchickt, mo er unter dem Rektor Olpe und dem Kantor 
einlig fi Tebr fleißig erwies, doch mehr in den Wifs 
fenichaften als in der Konfunft, in welcher er fi mehr 
Bat old Klavier. und Diolinfpieler bervortbat. 1794 
ezog er Die Univerfitdt zu Leipzig, blieb dem Studium 
der Theologie fo treu, daß er ſich 1794 eraminiren laflen . 


fonnte, worauf er eine Haußlehrerftelle beim Paſtor 


Schmidt in Schönfeld bei Leipzig befam. Unterdeflen 
mar feine Liebe zur Tonkunſt mädtiger in ibm erwacht; 
Schicht **) und Mütter, Die beiden Kantoren an der 
Thomasſchule, balfen ihm in der Kompoſition auf, ein 
fleißiged Beſuchen der Leipziger Koncerte und Opern, 
auch fein freundfchaftlider Umgang mit 8. Schulz **") 


) Aug, muſikaliſche Zeitung 1837. Nr. 8._ | 
ö ie Deffen Be t ri F ahrg. des N. Nekr. ©. = 


reoten verfchiedenartige Kompofitiondverfuche auf, in 


Dehen man bald einem ſehr boffnungsvollen Tonfeker - 


erfannte , fo daß er fich der Muſik ausfchließlich widmete, 
ohne dabei die Wiſſenſchaften ganz zu vernachldffigen. 
Unter andern batte er ſich im Orgelfpiel Vo fehr gebildet, 
ald in der Seßfunft. Schon 4801 murden von ibn eis 


nige SKlavierfonaten, Lieder, dad erfte-Heft feiner Ter⸗ 


ette und ein kleines Intermezzo für eine Perfon, Das 

taͤndchen, gedrudt und meiſt wohl aufgenommen. — 
1802 erhielt er_bereitd. einen Ruf nad Budiſſin als Or. 
ganift an die Etele Stallmannd. Hier machte er fi 
bald’ durch fein vortreftlided Drgelipiel, durch Sleiß, 
al Gefaͤlligkeit, gebildetes&, angenehmes, gee 
ſelliges Betragen fo beliebt, daß er auch als Muſik⸗ 
ledhrer am dortigen Seminar angeſtellt wurde. Treu und 
- unermüdlie bat er bier außerordentlich-viel Gutes, auch 
ald Privaslebrer gewirkt. Die frübeften Morgenftunden 
waren der Kompoſition gewidmet, die übrigen feinem 
Unterricht bid zum Mittagdmabl, dad er in der Regel 
in den Häufern feiner Sreunde einnahm. Die ganze 


Stadt und Umgegend war ibm befreundet und die Kiebe 


feiner Schüler. au ibm war fo groß, als der Gegen feis 
ned Wirfend. Den größten Theil des Nachmittags brachte 
“er. in der Natur und fait jeden Abend auf dem Ratd8s 
feller mit gefeligem- Kartenfpiel beiter und launig zu 
biö an fein Ende. Sein Leben batte alfo nichts, hervor, 
Kedendes und war vielmehr fo bürgerlich einfach und 
rechtlich, wie dad Leben Der meiften deutfhen Gelehrten 
und Stünftler, aber auch fo nugreich und freundlich, ale 
wünfchenswertd. Er ftarb am Schlage. Als Komponiſt 
bat er fib in früberen Zeiten in einigen Konzerten und 
Spmpbonien verfuht, mar aber im Ganzen doc mehr 
für Gefangwerfe, eiwa einige Sonaten u. dal. für daß 
Pianoforte ausgenommen. In feinen Symphonien hing 
er hu feſt am Alteinfaben, ohne die Sortfaritte der 
Zeit a beachten, die er für Uebertreibung bielt. Diefe 
Art Werfe machten daher auch wenig Gläf. Mehr 
“ fon griff er ald Theaterfomponift in feinen früberen 
‚Zeiten ein. — Außer dem angegebenen Intermeno 

chrieb er: „Der Geburtötag ded Dichters,“ Liederfpiel 
von Treitzſchke, in der Dichtung zu bürgerlih und zu 
audgedehnt, in der Muſik oftınicht innig genug. — „Laura 


“und Feryando,“ Dperette von Bretzner; die Muſik bat_- 


manches Treffliche,, If nur nicht- darafteriftifch und leichte 
fertig genug, wie die meilten feiner Theaterarbeiten. — 


/ . 


— 


Haller. 29 


„Liſt gegen Liſt,“ von Bretzner Dperette, zeichnet ſich 
Dadurd aus, daß Alles gefungen wird, alfo ohne allen 
eſprochnen Dialog; Vieles if ſehr bumoriftiich, doch 


= 


im Ganzen noch weniger daraftervoll, alö die vorige 


Oper. — Sein „Rübezahl,“ Erwin und Elmira,” „dad 
Mitgefühl“ cLiederfpiel), „die Wunderfur“ enthalten 
fämmtlih viel Schönes, ohne daß dieſes Fa fein Vor— 
zuͤgliches genannt werden kann. Weit mehr beichäftigte 
er fib mit Kirdenfompofitionen, tbeild ſeines Umtes, 
tbeild der häufigen Anregungen benachbarter Kantoren 
megen, denen er ſtets uneigennüßig zu Dienften mar, 
Es if ot wie viel Kiechenwerke der ver 
wiedeniten Art B. komponirte. Diele dieſer Arbeiten 
nd fehr beliebt, leider aber die meilten nicht gedrudt: 
4332 gab er noch eine kleine Schrift beraud: Etwas 
zum Choral und deſſen Zubehör. Ein aphoriſtiſch-obial 
gebaltened Lehrbuch für feine Scminariiten. Unter fein 
Borzäglichited gebören feine Terzetten mit Begleitung des 
Mianoforte, von denen 8 Hefte eridhienen find. Gind 
fie guch nicht alle im meiſterlich Dollendeten völlig gleich, 
was nirgends gefunden wird, fo find fie doch alle vor« 
trefflid Ubend und gefellig unterhaltend. — Ein von ibm 
binrerlaflened Werk unter dem Titel: „Briefwechſe 
eined alten und jungen Sculmeifterd über allerband 


-Muſikaliſches“ erfchien bei Birr in Zittau, deffen Her 


ausgabe M. Hering dafelbft beforgt bat. 
* 74. Joſeph Hailer, 


Subkuſtos und Benefiziat zu St. Lorenz in Augsburg; TE 
geb; den 4. Juli 1779, geftorben den 10. Febr. 1887. 


Frühzeitig entwicelten ſich bei ihm Einlagen zur Muſik, 
die Durch forgfältige Sortbildung fo auögebildet wurden 
Daß er Mariauer und Rektor beim vorigen Domfapite 
ward. Den alten und kraͤnklichen Subkuod Bod unters 
Kägte er thätig in feinen Amt und gab ſich dabei alle 
Muͤhe, fib mit den Vorſchriften des Ritus gründlich 


bekannt zu machen, die Abweichungen von demielben 


Die ſich während der legten langen Nichtbeſetzung de 
Bisthums langfam und fat unbemerft eingeſchlichen 
hatten, zu erfpäben und fie,. fo viel feine Stellung er 
Taubte, zu befeitigen. — Ein befonderer ihn auszeich⸗ 
nender Zug feines Charakterd war feine Wohlthätigkeit 
nicht nur gegen die Seinigen, fondern auch gegen Ans 
dere. Beſonders bemerkenswerth ift, daß er den Öferr: 
MR. Nekrolog. 16. Jahrg. 14 


210 Hofmann. 

Grfangenen,, die In die größte Notd verfegt waren, bes 
traͤchtliche Unterftügungen zufließen ließ. Sehr ofr fegte 
er bei der Rettung der unglüdlien Opfer des Kriegs 
ſich ſelbſt augenfcheinlicher Lebendgefabr aud. — Geine 
Mufeftunden brachte er mit Betrachtung der Natur, mit 
poufitalifchen Verſuchen und fogar mit Verfertigung der 
2 erforderliden Inftrumente zu, fo wie mit frommer 
£eftäre. Im Umgange war er fehr gemüͤthlich und im⸗ 
mer befcheiden. —— 

Bamberg. — G. A. Thiem. 


* 75. Albrecht Anton Adolph "Hofmann, 

- berzogl, Toburg. wirklicher Geheimerath, des herzogl. fächfifchen 
Erneftinifhen Haudordens Komthur, gu Koburg; 

geboren den 24. Sept. 1758, geflorben den 11. Febr. 1887. 


Zu Meiningen geboren und der juͤngſte Sohn des 
wirklichen Gebeimenraths Johann Heinr. Hofmann und 
feiner Gattin Jeanette Chriftiane Karoline geb. Freiin 
von Stein, erdielt er die erforderlihe wiſſenſchaftliche 
Borbildung auf dem Gymnaſium zu Koburg, ftudirte in 
den Jahren 1778 — 1780 die Rectswiſſenſchaft auf den 


Uyiverfitäten zu Jena und —— und wurde im Ans 


fange des J. 1781 zum Hofadvofaten ernannt. Noch in 
demfelden Sabre trat er in berzögliche Dienfte ald Hofe 
fefretär bei dem berzogl. Hofamte, wurde im folgenden 
Sabre zum Natd und Amtsadjunktus in Soburg, 1784 
sur herzoglichen Geheimen Sanzlei in Saalfeld mit Sitz 
und Stimme und dem Prädifat Legationsrath befürdert. 
Gm gab 1788 murde ibm megen feiner mit vieler Ge— 
Mae ichkeit und Treue geleiſteten Dienſte die Expektanz 
auf die erſte Rathsſtelle bei der gedachten Gebeimen 
Kanzlei verlieben. Im J. 1791 wurde er zum Sofratb, 
41796 zum wirklichen Geheimen Hofratb ernannt und im 
J. 179 ihm mittelit eined böcft ebrenvollen Handbillers 
des Landesherrn Das Geheimerarhöpatent ertheilt. Bei 
der Organiſation der Staatdeinrichtungen im Herzogtbum 
Koburg> Saalfeld zu Anfang dieſes Jahrhunderts wurde 
ihm die Landeshauptmannfchaft im Fürftentbum Saalfeld 
übertragen. Im J. 1808 erbielt er den Ruf ald Kanıler 


und Chef der Zuiiigdeputation der bergoglichen Kandes. 


regierund nad Koburg, 1806. die. Ernennung zum Praͤ⸗ 
fidenten des damals errichteten Dberappellationsgerichtd, 
nach deſſen Wiederaufhedung im Jahr 1808 aber zum 


Praͤſſdenten der herzogl. Landesregierung, in welden 





7 


 Hofmam. 2 


richtigen ‘und in der damaligen Zeit beſonders fdmeren. 
Amt Tr dis zum Tahr 1822 verblieb, wo Ihn das Vers 
trauen feined Zürken auf feine befondere Anbänglicpkeit, 
ouf feine- umfaftende Geſchaͤſtskenntniß und erprobte 
Dienfttrene zur Zeitung der Geſchaͤfte und zum Pr& 
fivium bei dem Landesminiſterium berief: Er war fo 
läcklich, den ihn fo hoch ebrenden Erwartungen in die 
er Stellung vollfonimen zu entfpreden und wurde im 
„1823 ya wirklichen und vorfigenden Seheimenratd 
im Landesminiſterium beftärigt, im Qadr 1825 mit dem 


Edrenpraͤdikat Ercelenz; und im J. 1833 mit dem Kom⸗ 


tburfreuz des neu errichteten berzogliden Erneſtiniſchen 
Hausordens gefhmädt. Dom J. 1828 an nötbigten ihn 
zunehmendes Alter und Kraͤnklichkeit, ſich Yon der tbd» 
tigen Theilnahme an den Staatsäefdäften mebr und 


medr zuräcdhnzieben, aber er erfreute ficb forımäbrend - 
des vollſten Vertrauens feines Sürften und aller mit feis- 


ner boden. Stellung verbundenen Vorzüge, — Solche 
Lebendnmftände, folde raſche Erfolge deuten unabmeiss 
lid auf ausgezeichnete Anlagen und deren trefflihe Vers 
wendung bin. Uber e8 find in dem Wefen diejed Mans 
ned einige Züge, melde fein ganzes Leben durchdrangen 
und die wir deshalb anfſſdren müflen: möglichite Freis 


haltung von Partheilichkeit und Leſdenſchaft, reinfte 


umanität, dieſes waren Die Hauptizüge feined edlen 

barakterd. Dad edle Herz, das ibm befeelte, ſtellte ſich 
mittelft der feinen Sitte, die feine Verfönlichkeit Jerte, 
durch ungemeine Milde in Gebehrde und Sprade in 
alien Berdältniffen auf eine fo wohlthuende Weife dar, 
daß ed. ald ein Stud erfien, ibm anzugebören, ibm 
nabe zu fteden, jal Untergeben zu fein. Dom Geſchick 
begünftigt, fchon in den erſten Mannsjabren im böberen 
Amr und Vorgeſetzter, gab er dem Befehle ſtets die 
Sorm des Wunfches, der freundliden Bitte und wirkte 


auf-diefe Weife erfölgreicher,, als durch Sirenge. Ihm 


u Liebe ward auch Der Unfteißige emfig und keiner mar 


fo verbärtet, daß er idm känger hörte mißfallen 


Mm zen. 
An der Spitze der Dberadminifratiubehörde des Bande 


in den Jahren des Kriegs und. jeglider Bedraͤngniß 


eigte er, neben dem Mitgefäbl des Menſchenfreundes, 
ie Nude und die Klugheit des erfabrnen Mannes, ers 
dielt und ſtaͤrkte das Öffentliche Vertrauen und beiebre 


die. Hoffnung. anf. beifere: Zeit. Im Karte trug er die . 


bewährte Meinung mit eben fo großer Klarheit als Bes 
ſcheidendeit vor. und mußte. Durch Mäpigang ‚und Klugs 


= 
J 


% 


212 | Wächter. 


eit au mwiderfrebende. Elemente zum guten Zwecke zu 
ach Zu den boͤchſten Ehren befördert, die * Der 
dient im Daterland blühen, bethätigte er fortwährend 
die liebendmwärdigfte Anſpruchsloſigkeit und liebte nicht 
mehr, ald die Verdienfte Anderer anzuerkennen und zu 
ehren. Unvergleichlich gätig und liebevoll in dem Der 
bältniß des Kamilienvaterd, ded Dermandten, des Freun— 
des und Beratherd, batte er herzliche Theilnahme für 
jeden, wie fern er ibm auch ſtehen mochte und Bereits 
milligfeit zu unterftügen und nüglid zu fein. Im de 
felligen Umgange liebte er Wig und heiteren Scherz, ließ 
aber beide nur mit Anmuth walten und mit der zartes 
fen Rüdfiht auf die Gefühle derer, mit denen er ums 
ging. Uber fein fo nüglihed Streben und Wirken fand- 
.aud die reichfte Anerkennung. Drei aufeinander fols 
ende Landes⸗ und Dienſtherrn hegten gleide huldvolle 
Suneigung zu 9., mwürdigten ihn ihred beglüdenden 
Dertrauend und Um ng und Hohe und Niedere ver 
einigten ih in dem Gefühl der Achtung, der Verehrung 
und Liebe zu ibm, | 


* 76. Georg Philipp Lubwig Bernhard 
| Wächter (genannt Veit Weber), 
Privatgelehrter zu Damburd; 
geb. den 28. November 1762, geft. den 11. Februar 1897. _ 
Sein Bater, Johann Leonhard Wächter, war Dias 
Eonus in Velgen und ein febr geachteter Neliondlebrer; 


feine Mutter, ‚Henriette Eleonore Sriderife, geb. Oeſte⸗ 
reich. Unfer W. — von vier Kindern dad dritte — era 


- bielt außer dem Unterricht des Vaters feine erfte Bil. 


dung auf der Uelgner Stadtfchule und ward zum Sol—⸗ 
datenſtand beftimmt, ba der Vater, bei geringem amtli- 
sen Einkommen, nit die Mittel befaß, den Sohn ſtu⸗ 
Diren zu laflen, und deſſen Patbe, ein höherer DOfficier, 
in der Hanoverfchen Armee, verſprochen batte, ibm fort 
geben. Ald aber der Vater im Jahr 1776 zum Dias 

onus an der Michaeldkirpe zu Hamburg ermählt ward, 
.Eonnte der Wunſch, daß. der Sohn ſich den Studien 
widmen möge, erfüllt werden, und unfer W. betrat als 
achtzehniaͤhriger üngling die Sekunde ded Hamburgis» 
‚fen Zohanneumd un DT 21 Jahr alt, mit ehrenden 

gnlilen entlaffen, die Göttinger Hochſchule, wo er 

ch theologifchen Studien widmete, ſich aber außer⸗ 


I. 


Wächter. | 213 


dem mit befonderer Vorliebe mit altdeutfcher Zunft und 
£iteratur befchäftigte. Dort brachte er drei Jahr zu, 
die ibm bis in dad fpätefe Alter Die angenebmften und 
ungetrübteflen Erinnerungen gewährten, ſchrieb aud 
Manches unter dem Namen Daining. Hier war ed, mo 
er Bürger, Meyer Cin Brebmftädt), Hudtwalder, Bars 
tel$ (in Hamburg) und fo nielen andern berühmt gewor⸗ 


denen Männern befannt und befreundet murde. Büro 


er, der deutſche Dichter, war ed, der dad alfleimende 
alent W.'s pflegte und ermunterte. Auf fein Zureden 
wurden die erſten „Sagen der Vorzeit“ nah Berlin an 
Maurer gefandt und anonym herausgegeben. Wad W. 


mit ihnen bezwecken wollte, if keinem Kenner deutfcher 


£iteratur zweifelbaft: dem. Unweſen der empfindfamen, 
fentimentalen Romane follte gefteuert werden. Dad Uns 
ternehmen erregte verdiented Auffeben und erlanate aros 
Ben Beifall; 1787 erſchien unter dem VPfeudonamen Veit 
Weber, den er von jenem alten Dichter ded 15. Tabrs 
bundert8, der in den Reiben der Schweizer focht und 
fie dur feine Schlahtgefänge anfeuerte, entlebnte, der 
„erſte Band der Sagen der Vorzeit,” dem bis 1798 ſechs 
andere Bände folgten. Don Böttingen im Tabr 1786 
—— und ald Kandidat des Predigtamts in Ham⸗ 
urg_eraminirt, gab er Unterriht in ber Religion und 
den Schulwiſſenſchaften, predigte auch oft, und zwar mit 
Beifall, ohne daß es ihm gelang, ein geiftliched Amt zu 
erhalten, mas fi vielleiht auß der zu offenen Gerab— 
heit feines Charakters erklären läßt, war bei feinen Schü« 
lern und bei Sreunden fehr beliebt und führte im Haufe 
des Vaterd ein glücliched Leben, das Durch feine Ver— 
lobung mit einem liebendwürdigaen Mädchen, Marie 


- Meyer (geb. 9771) noch mehr an Reiz gewann, Eben. 


Rand er im Begriff, feinen Beruf zu ändern und ſich 
der SRTIDDEUN Eng AMIUISERDEN. als ibn der harte Schlag 
traf, feine geliebte Braut duürch den Tod zu verlieren. 
Nur das Zureden feines Vaters und feines treuen Freun— 
des Sahrenfrüger vermochte diefe Wunde, obmobl lang» 
fam und ſchwer, zu beifen, Lebensfriſche und Lebenslult 
gewann er erft wieder durch einen längern Aufenthalt 
auf der Yumühle in dem lieblichen Sachſenwalde bei, 
feinem Sreunde Bätde. Er folgte nunmehr einer Eins 
fadung nah Berlin, wo ihm Ausficht zu einer Profejlur 
am Grauenflofter eröffnet war. Aber ed war die bes 
rächtigte Wöllnerfde Periode; man wollte au ibn für 
Myſticismus und Pietismus gewinnen. W. durchſchaute 


bald -den Plan; feinem klaren Geiſte widerſtrebte feine 
finftere. Tendenz und fo flug er vortbeilbafte pecunidre 
Seo nanlapen aud,. wodurd er fi freilich Die Ungnade 

der Sinfterlinge zugog, mas ihm aber menig zu Derzen 
ging. Mittlerweile waren die Werbältnilfe des Kandis 
Datenlebend in Hamburg auch geitört und jo Fam unferm 
W. die franzöfifche Revolution nicht ungelegen, um feis 
‚nem Sinn für Sreideit und Recht zu genügen. Bruch 


x 


Rüde aus jener Lebensperiode finden fich im „Nactbos _ 


gen” und in den „Audflügen nad dem Rhein“ von Wils 
delmi. W. ward als Kapitän in einem Negiment uns 
- ser dem Dberbefehl des General Dümourie; angeftellt und 
machte Die Schladt von Gemappes mit, in welcer er 
eine Kopfwunde- erhielt. Dad Regiment ward aber bald 
Darauf aufgelök und W. Fehrte nad Hamburg zurüd, 
In diefe Zeit fällt Die Erſcheinung der. „Holzichnitte 


' erfier Theil, enthaltend „die Betfahrt des Bruderd Grat» 


falbus“ (1703), und der .„Hiftorien,“ deren erfter Theil 
„Orändung der Bürgerfreipeit Hamburgs“ Hell N 
haͤlt. Dies ift auch die Zeit, .wo er feine eifen 


nad ber Schweiz, nah Wien und nad Eondon unters 


nabm. Geine Eltern verlor er in den Zabren 4797 und 
1798. Der Profefor Voigt, W.’8 Univerfitätäfreund, 
erritete ungefähr um jene Zeit eine Erziebungsanftalt 
in Damburg. Gern übernebm W. auf heilen Aufforde⸗ 
rung einige Etunden in derfelben und angezogen von 
dem glücklichen Erfolg feines Unterrichts, von der Liebe, 
die er bei den Zöglingen fand, die er aber freilich auch 

In reihem Maafe gab, -theilte-er bald die Gorge der 
Zeitung der Anftalt mit feinem Voigt und ward deſſen 

ausgenoffe, wie denn von nun an auch fein Entfchluß 
et Nand, Hamburg und den. Beruf des ‚erziebenden 

"Lehrers nicht mehr zu verfaffen. „Ich din im Lüneburs 
- giiben geboren,“ ſchreibt er in einer eigenhändigen bins 


terlaffenen Notiz, „aber Hamburg ift mein DBarerland. 


Dgs Land ift ed dem Zängling, weldes ihm Mittel ges 
‚währt, ald Mann nüben zu.fönnen. Wäre mein Dater 
länger im Lüneburgifchen geblieben, ich würde dem Kalb» 
fell. gefolat fein. Der anfprucfgfen Wodlthaͤtigkeit 


amburgs verdanke ih, was ich weiß; ich mußte ibm 


eine Dankbarkeit nicht beffer au zeigen, ald dadurd, 
Daß ich Die Sinaben, melde meinem Unterricht anver- 
traut wurden, mit der Geſchichte und Verkaflung des - 


Staatd befannt machte, welcher durch Buͤrgergluͤck für 
jede Erdenleipen ensfhädigt." „Zu foriftftelerifhen 


: ‚Wächter. 215 


Leitungen blieb ibm jeht zwar menig Muße, doch ſchrieb 
er 4804 feinen „Wilbelm Zell,“ ber früher als der Schl⸗ 
lerſche beraudfam, doc von DB, gleich aniangs nicht für 
die Bühne beſtimmt murde, Hamburgs Unglüd, durch 
den Ufurpator Sranfreihö berbeigeführt, begann 4806 . 
und erreichte den höchſten Gipfel 1813 und 1914. W.’s 
Antheil an den Zeitereignilfen Eonnte nur im Ginn ber 
Sreibeit fein.» Als die Nullen unter dem Fühn vordrims 


. genden Tettenborn im Srübjabr 41813 in Oamburg ein 


zogen, übernahm W. fogleib das Kommando einer Noms 
pagnie, der er einen Theil feiner Schüler „von der 


Schulbank,“ wie er faate, zuführte und ward unter bem 


..® 


damaligen Chef des Bürgermilitärd, dem Dr, von Heh, 
Major. Nah Aufdfung der Bürgergarde trennte ſich 
W. zulegt von feinen Kampfgenoilen, flüchtete vor ben 
surädtehrenden Sranzofen nah Altona und kehrte fur 


vor Beginn der eigentliben Belagerung nach Boigt 


aufe zurüd. Jetz begann fein imniges und genaues 
gerbältnig zu Repſold *), dem um Hamburg bocvers 
dienten Oberfprigenmeilter, Bei ihm übernabm er mähs 


‚rend der Belagerung eine Adjutantenftelle und bewirkte 


in jener trüben Zeit Viel des Guten und Erfprießliden 


‚zur Belebung de& Bürgerfinnd und des aelunfenen Ders 


trauend auf eine beilere Aufunft. Und Die Erinnerung 


‚an jene unbeilvolle Zeit gebörte zu den liebften, die W. 
ſich zurädrief, da er nie Die Hofinung der endliben Er 
a 


reitung aufgab und fo viel an ihm lag, dieſelbe berbeis 
führen balf. Einen Theil feiner Erinnerung batte er in 
feinen Papieren niedergelegt, die fpärer die Materialien 


"zu den von ihm tiederbolt vor zablreiben Zubdrern 


gehaltenen DBorlefungen über Hamburgifhe Geſchichte 


- wurden. Ald bald nachber Voigt durch den General 


Berg eine Anftelung ald Profeffor in Riga erbielt, übers 


nabm W. die bisher mit_ ibm gemeinfchaftlich geleitete 
Lehranktalt allein und erfüllte feinen Beruf mit gemife 
fendafter Treue zum Gegen für Diele, ‚oft mit großen 


-Aufopferungen, bei denen fein uneigennügiger Sinn ihn 


nie auf pecunidren Vortheil fehen ließ, den er ji eige 
nem Schaden nur zu ſebr vernadläffigte. Als fein 
Freund ihn verlaffen, fühlte er erft recht, daß er einſam 
im Leben daſtehe; nicht die angeftrengtefte Arbeit — er . 
gab in der Woche 42 Stunden Unterricht — vermochte 
ibm fiber Die Leere, die er im häuslichen Leben-Fühlte, 


— - 2 
·Deſſen Biographie ſ. N. Nekr. & Jahrg. ©. 64. 





- . (2 


216 Woachter. 


dinwegzubelfen. Da faßte er noch in feinem 59. “Jahre 
den Entſchluß, fi zu verheiratben. Im Jahr 1821 vere 
-  @belichte. er fih mit der Witwe Sriberife Moltrecht, geb. 
Vreller und fand fo Gelegendeit, der Berforger, der 
zweite Vater der Slinder einer feiner geliebtelten Sreunde 
zu werden. Denn feine Gattin führte ihm aus ihrer 
. erften Ehe fünf Kinder ‘zu, deren treuer. Vater und 
- Sreund er ward und bid an fein Ende blieb. Er. felbft 
ward noch Vater von drei Kindern, in denen er fein 
Lebenögläd fand. Aber bald ftellten ſich, bei abnehmen» 
der Srequenz feiner Schule, drüdende Sorgen ein; ja, 
nad einigen be ſah er ſich genoͤthigt, die Lehrans 
ftalt zu Ichließen und durch Privatunterricht und gehal⸗ 
tene DBorlefungen fib und Die Seinigen zu ernähren, 
wozu no in den legten Jahren ein Tleined Amt an der 
Stadtbibliothek, das ihm übertragen mard, beitrug. Go 
führte er fein mübevolled Leben. fort, zwar Fräftig und 
ungeſchwaͤcht am Geift, geftärft und erquidt dur bäuds 
lides Släd, durch die Sreundfhaft feiner Freunde und 
Bundesbrüder — er gebörte dem Bunde der Sreimaus 
rer an — , aber niedergebeugt Durch den Kampf mit aͤu— 
 sern Berbältniffen, bid der Todedengel ibn im ein befs 
ſeres Jenſeits binäberführte. Was W.es Eharafter ans 
betrifft, fo zeichnete ibn vor Allem Die hoͤchſte Rechtlich— 
keit im beden und fbönfen Sinn dieſes Worts aus. 
Ihr lebte und flarb er, ihr verdankte er feine höchſten 
Innern Sreuden, für fie war ibm fein Opfer zu tbeuer. 
Eine große Zahl von einzelnen Zügen aus feinem Leben 
ließen_fid anführen, um diefen Grundton feines Cha⸗ 
. rafterd zu ermweifen. Die bödhfte Redtlichkeit war eb, 
ivenn. er, als er nod im vorgerücdteren Alter um eine 
Öffentliche Lehrſtelle ſich zu bewerben ermuntert ward, 
unter fiderer Ausſicht Diefelbe zu erlangen, zurüdtrat und 
often geftand, feine Stenntniffe in den alten Sprachen 
reihen nicht mehr bin; die boͤchſte Rechtlichkeit war es 
wenn er die ihm angetragene einträglie Redaktion einet 
pellfgen Blattd ablehnte, weil er ſich nicht fähig fühle 
n einem ©inn zu fchreiben, der feinen Anfichten gewiß 
oft widerfprehen mäffe. Diefed Pflichigefuͤhl, dieſe Ebr- 
fichfeit des deutſchen Mannes leitete ihn ſiberall. Oft 
‚ bat er fih durch die Geradbeit feined Sinns und ſei⸗ 
ner Rede Feinde gemadt; oft ward für Schroffbeit und 
.  &igenfinn gehalten und Ausgegeben, was im Grunde 
| zautbeit des Getübld, Beſcheidendeit und Minderach 
— fung feines Werths ware Nie wollte er ſich und feine 


u x 





! Wächter. ’ 217 


Anficht geltend machen; die Sache ſelbſt follte für Ad 
fpreden. Gtrenge gegen fib, war er dennoch mild 
und wohlwollend gegen Andere und der Verkannte, der 
Derfolgte fand gemih in ibm einen DBertheidiger. Dad 
‚gewöhnliche Leben mit feinen taufendfaden Anſpruͤchen 
würdigte er wenig, zu wenig aud dann noch, ald er für 
Weib und Kinder zu forgen hatte. Dabder die Noth und 
Sorge für leiblichen Unterhalt; daher zumeilen die aus» 
enblidlih gedrüdte Stimmung, die aber auch eben fo 
chnell ſhwand, wenn ein Sreund, ein Bruder ihm nabte 
oder wenn er in feine Sorfchungen vertieft, durch irgend 
ein biforifhed Dokument, durch ein Buch wieder ind 
ideale Leben binein gehoben ward. — Als Schrififteller 
dat W. einen bedeutenden Einfluß auf die deutſche is 
teratur gebabt. Als Goethe *) dem dur die fentimen- 
talen Romane, — den Siegwart, erſchlafften Zeit⸗ 
‚alter durch feinen Goͤt von Berlichingen eine neue Wen⸗ 
Dung gegeben batte, da betrat W. fühn, nad einem fol. 
hen Vorgaͤnger, Diefelbe Laufbahn und wahrlich mit 
Gluͤck. Seine „Sagen der Vorzeit“ trugen zur Kraͤfti⸗ 
gung des Sinn, zur Wiedergeburt des deutfden Sinne 
ei. Seine Schuld war ed nicht, wenn eine Fluth von 
Nitterromanen, deren Derfafler ihr Vorbild verkehrt aufs 
geiaht batten, von nun an Deutfchland uͤberſchwemmte. 
WB. datte tiefe Kenntniß der deutſchen Borzeit aus gründ⸗ 
lichen Studien Be er wendete fie mit Erfolg an; 
aber zur Steuer der Wahrheit muß gefagt werden, dag ü 
er in Einer, immer wiederkehrenden Manier befangen 
war und daß die vier legten Bände feiner Sagen au 
ermüdender Trodenbeit leiden. In den „Holzſchnitten“ 
findet fi Die grändlichfte Zeichnung der Sormen und 
Gebräuche jener Zeit; aber fie leiden an Härte und Uns - 
ebenbeiten und intereffren nicht fortwährend bei ber 
ſtets wiederholten Darftellung der Frevel und Nieder, 
träctigfeiten der Mönde. Sein „Wilhelm Tell” in ein 
mwadered Werk durch gediegene Chdarakteriſtik der «hans» 
deinden Perfonen; aber weder it dad Versmaas rein 
and eben behandelt, noch eignet ed ſich bei feinen rhe⸗ 
torifhen Auswuͤchſen je tür die Bühne, für die ed auch 
von W. felbft, mie ſchon erwähnt, nie beſtimmt war. - 
offentlich bat fid noch manches Treffliche in feinem 
Iiterarifden Nachlaſſe gefunden und wird dem Publi⸗ 
kum nicht vorenthalten werden. 


») Deſſen Biograpbie ſ. N. Nekr. 10. Jahrg. ©. 157, 





. 


a, „@ye 


* 77. Sohann Chriſtian Bieger, 
Pachtamtmann zu Quedlinburg; 
geb. im Jahr 1760, geſt. den 11. Bebruar 1837. 


Don früher Jugend an betrieb er feinen Beruf in 
feiner Baterſiadt Duedlinburg mit ber größten — 
und Thätigfeit, wodurch er im doͤhern Alter eine ſo 
ausgezeichnete Geſchaͤftskenntniß und Gewandtheit ſich 
erworben batte, daf er durch beides nicht nur. ſeinen 

„ Standeögenoflen, fondern felbit feinen Mitbärgern mans. 
nichfaltige nüglihe Dienite leiften Eonnte. Srüber war 
er Eönigl: Pachter Der Domäne Münzenberg; fpdter bes 

- .grieb er wieder fein eigenes Gefchäft, welches der bes 
jahrte Greis nachder feinen. Kindern übergab und ſich 
‚zur Ruhe ſetzte. Von da am lebte er nur feiner Gattin, 

einen Kindern, Verwandten und Freunden und ben 
Uebungen der Religion, an welcher er bis Eurz vor feis 
nem Tode den bleibendfien Antheil nahm. Hauptzüge 
feined Sharakterd waren Gottvertrauen und Demuth ge 
‚ gen Gott, erworben dur menche Prüfungen des tes 
‘bens und Dankbarkeit für fo vieled empfangene Bute. 
 Anfpruchölofe Freundlichkeit und Gefaͤlligkeit gegen feine 
Mitbräder, treue Liebe gegen bie Seinigen und gegen 
feine Sreunde machte ihn Dielen wertd, die fein Anden- 
Een fegnen. Seine. Gattin, Juliane Margarethe geborhe 

- Dautbendig, mit welcher er 23 Jahr eine gluͤckliche Ehe 
führte „ folgte ipm, ais fein Leichnam noch nit einmal 
der. Erde übergeben: war. — 

rendi. 


* 78. Dr. Joh. Fr. Boͤnig, 
Yönigl. Hanoverſcher Hofmedikus, auch Berg⸗ und Stadtphoſikus 
‚+30 Bellerfeld; 
geb. im J. 1761," geft, den 12. Sebruar 1837. 


Boͤnig war zu Sieverdhaufen im Hildesheimfchen 
geboren, mofelbft fein Vater als Forſimann lebte. Nad⸗ 

em er auf dem Gymnafium zu Göttingen und DOfterode 
‚die nöthige Schulbildung erbalten, begab .er ſid Im I. 
4782 nach Bdttingen, um Theologie zu ſtudiren. Neun 
Sabre lang batte er dieſem Fach ſich gewidmet und zu⸗ 
legt eine Kektorftelle in. üdlar bekleidet, als bie ungün 
figen Audfibten für fein fernered Sortfommen ihn vers 
anlagten - dem von Jugend auf genährten Wunſch zum. 


* — — — 4 


f Bönig. 0 219 


Studium der Naturwiſſenſchaften zu willfahren. Er 
begab ſich Daher im Jahr 1791 abermals nad der Unis» 
verfität Goͤttingen und erlangte 4793 bafelbit die medis 
ciniſche Doftorwärde. Nachdem er darauf in ——“ 


ſeine praktiſche Lanfbahn begonnen und ſodann währen 


eined einjährigen Aufentbaltd in London feine vielfeitie 
en gediegenen Kenntniffe weientlih bereichert batte, 
and er in Eibingerode einen neuen ärztlichen Birtungde 
kreis. Von dort fam er im Jahr 1803 nach Zellerfeld,_ 
mofelb er dad Bergphyſikat 34 Jabr lang mit großer 
Umſicht und Gewiſſendaftigkeit bekleidete und im Jahr 
1335 zum Hofmedikus ernannt wurde. Sein Eräftiger 
Körper erlag einer feit Jahren langſam entwidelten 


Bruſtwaſſerſücht und fein reger Geiſt und unlermüdlicher 


Eifer bewährte fib bi an fein Ende; denn noch am 


‚age vor feinem Tode fab man ihn umringt von Kran⸗ 


fen, denen er Derordnungen gab. — Bönig war ein 
Mann voll Geiſt und Gemürh und von einer feltenen 
Charafterfefigkeit. Er gebörte zu den menigen Mens 
ſchen. die in einem geraͤuſchloſen, ftilen Wirken ihr gans 
zes Lebendgläd finden. Fern von aller Rubmfuht und 
andern niedrigen Abfichten, war ibm das eigne Bemußt: 
fein der einzig genägende Lohn, für die vielen und 
roßen Opfer, die fein mübevoller Beruf täglib von 

forderte. „Esse non videri“ mar fein Wählſpruch, 
deflen er in feinem praktiſchen Wirken ſtets eingedenf 
klied. Wen Freundſchaftsbande an ihn Ferteten, der fand 


in ibm Den vaͤterlichen Rathgeber, den hingebenden 


Sreund, der mit eigener Selbfiverleugnung dem Freunde 


Alles brachte. Wer als Leidender ſich ihm nabie, der 


fand in idm den forgfamen unermüdlich 'thätigen Arzt, 
den voll wohlwollender Theilnahme ſtets bereitwilligen 
aeller in der North, dem, wo ed dad Oute galt, Fein 
pfer zu groß fhien. Wer ald Kollege ipm nabe ftand, 
der bemwunderte in ihm den ſcharfen Diagnofiker, der 
fand in ibm den Arzt und Menſchen ugleih der, frei 
von- allen feibkifhen Rüdfichten, dad Edle und Wahre 
niemald aus den Augen verlor. — Er ſchrieb: Etwas 
zur Empfeblung der Kubpodenimpfung, im N. Hano⸗ 
Ben Magazin. Jahrgang 10. 1800. St, 43. ©. 809 


\ 


20 * 4 Boͤrne. 


Bu 79. Dr. Ludwig Börne, 
Shriftfieler zu Parid; 
r - gedelı J. 1784, geft. den 12. (13.) Febr. 1837 9, 


Er war zu Sranffurt a / M. geboren, wo fein Vater, 
afob Baruch, Banquiergefchäfte ieh: Zu einer willen» 
chaftlichen Laufbahn befimmt, erbielt er den vorbereis 

senden Unterriht in der Penfiondanftalt des Profeflor 
Hezel **) zu_Gießen, nach .deflen Abgang zur Univerfität 
orpat der Statiftifer Crome***) ihn ald Penfiondr zu ſich 
nahm. Als Bekenner ded mofaifden Glaubend vom 
Staatödienft ausgeſchloſſen, folte B. ſich der Arznei⸗ 
wiffenf&baft widmen. Nachdem er etwa ein Jahr unter 
den Yugen des ausgezeichneten Arzted Markus Herz in 
Berlin tudirt hatte, bezog er die Univerfitdt Halle, mo 
er feine medicinifchen Studien fortfegte. Doc aller fein 
Sortichreiten auf der betretenen Laufbahn begünftigenden - 
Umftände ungeachtet trat B. von derfelben, wieder ab, 
fei es, weil er der Medicin Aberbaupt feinen_rechten 
Geſchmack abjugewinnen vermochte, oder weil ſich ihm 
um Diefe Zeit (1807) neue Wusfichten in Folge, ber 
olitifhen Veränderungen darboten, die auch auf Die 
. Stellung der Juden, in mehreren deutfhen Staaten 
—A einen bedeutenden Einfluß hatten. B. bezog 
‚die Hochſchule zu Heidelberg, wo. er vornehmlich den 
Stagiswiſſenſchaften oblag. Don hier ging er 1808 na 
Gießen und fehte —8 jenes Studium mit aus⸗ 
gezeichnetem Erfolge fort. In feine Vaterſtadt Frankfurt 
jurücdgefebrt, ward 8. von dem damaligen Großbersoge 
von Frankfurt im Verwaltungsfach angefellt und verfad 
mehrere Jahre bindurdp die freilich feinem eigentblme 
lichen Streben wohl nur wenig entſprechenden Gefhäfte 
eines Aftuariud: bei der Policeidirektin. Die großen 
Ereignife der Jahre 1813 und 4814 ferten nicpt_blod 
dem fernern Fortſchreiten B.’8 auf der betretenen Bahn 
bed praftifchen Staatslebens ploͤtzlich ein Ziel, fondern 
er ward auch von den neuen Behörden des F ſeiner alten 
Freideit wieder gelangten Srankfurt von feiner Stelle. 
mit einem Rupegehals entlaflen, Don nun an erft Fonnte 


—2 dem Konverſ.-VLexikon der neueſten Zeit u. Literatur; 
der Mitternachtszeitung 1837. Nr. 83, 86 u. 885 Unſer Planet 1837, 
Nr. 613 den liter. u. krit. Blättern der Boͤrſenhalle 1837. Nr. 13575, 





dem — Telegraph 1887. Ar. 24; Ludwig — in ſeinem 
liter irken ꝛc. von Ferd. Tr Bittau u. Lpzg. 1 san. a. A. 


>) Deflen Biogr. f. IB: 


4 ahrsg. Bee a Re de 


Boͤrne, 1 


B.3 Geiſt, alter daßern Feſſeln entledigt, jenen hoben 
Auffhmung nehmen, der ibn ald politifhen Schriftkeller 
auszeichnet. Er machte ſich der Titerarifhen Welt als 


- Redakteur ded Frankfurter „Staats- Riſtretto,“ durch 


die Herausgabe der „Zeitfhwingen“ und ſpaͤterhin der 
„Wage” bekannt. Sanden aber diefe Erzeugniffe eines 
nur Sreibeit im edelſten Sinne des Worts erfirebenden 
Geifted viel Beifall, fo zogen ihm diefelben auch mans 
cherlei Unannehmlichkeiten von Seiten derjenigen zu, 
die darin nur Ummälzungspläne zu einer Zeit gemwabren 
wollten, wo ohnehin der demagogifhe Unbold feinen 
Spuf in fo vielen Köpfen trieb. So entjog ibm die 

roßberzoglich deſſiſhe Regierung, auf Betrieb des bei 
Derfelben angeftellten Gefandten einer großen deutſchen 
Macht, das für die zu Offenbach gedrudten „Zeit 
ſchwingen“ ertheilte Privilegtum; nicht lange darauf aber 
ward ©. fogar, auf Erfuden eben diefed Sefandten, in 
feiner DBarerftadt Sranffurt verbafter und megen ans 
geſchuldigter Theilnabme an Verbreitung einer demago⸗ 

fen Flugſchrift in peinlide Unterfudung gezogen, 
Deren Ergebnif jedoch feine vollkommene Unſchuld erwies. 
ie faft jeder junge Schriftfteller, übte er zuerft_feine 
Kraft an Tpeaterkritifen und feine Zeitfchrift „die Wage“ 
machte ibn den Schauipielern furdibar. Er fchrieb fie 
fo gewandt, feine Appersud waren fo neu, der .Wig 
Darin fo glänzend und natürlich und die Schreibart fo 
Forreft und originell, daß er bald damit großed Auffehen 
erregte, Es war etwas Neued zu damaliger Zeit und 
würde ed auch wohl noch in der unfrigen fein, auf diefe 
Weiſe übers Theater zu ſchreiben. Dabei befaß er den 
Muth, feine oft fhneidenden Behauptungen gebbrig zu 
unsernügen. Einf beim Nachbaufegeben aus dem Theater. 
wurde er von einem eiteln Kunſtjünger angefallen, der 
fi durch einen Ausſpruch in feiner Zeitſchrift verlegt 
glaubte, Er hatte einen Regenſchirm in der Hand und 
machte Miene, ihn auf Kopf und Rüden des Fleinen 
ſchwaͤchlichen Kerenfenten mit berfulifcher Kraft tanzen 
zu laffen; dieſer aber 309 Falsblätig ein geladened Piſtol 
aud der Taſche und fagte: „Wenn Sie fi nicht fo» 
gleid aus dem Staube maden, fo :.+..* Weiter 
batte er nicht noͤthig zu ſprechen, denn fein Angreifer 
war fon im vollen Lauf und lädelnd konnte unfer 
Necenfent feine Waffe einfteden und des Weges fürbaß 
sieben. — Einft kommt ein fremder Schaufpieler nad) 


Frankfurt; er macht dem gefürchteten Thenterfritifer eine 


eedeee Bcrne. 


Bifte und bittet Ihn, über fein und feiner Bran Ba e 
iel Doch lieber au weigen, wenn er nicht 'nftiges 
agen fönne. Das Gaſtſpiel beginnt und in der na 


ummer der Wage erzäblt B., um mas ipn.der Schaus - - 


 fpieler gebeten babe -und. fegt Hinzu: „Ich ſchwweige 
Kenn alte. biermit.“ Diefe Perfönliekeir ie nit, 

Ben dazu bei, den Schanfpielern Ubtung vor feinen 
ritike 


echt zu zerfleiſchen. So entſchuldigte er ſelbſt fein reis. 


r 
ben. Später als die Zeiten fid geändert batten, vers  - - 


Mandelte er fein Ziel; viele Pfeile feines Geſchoſſes aber 
Prallten ab. und verwundeten ibn felbft tief, — fein 
tung. — m J. 1817 verlieh 8, mit dem Mofaismus 
feinen fräbern Namen Baruch und nabm den evangelis. 
ſchen Glauben und fpätern Namen Börne an. Deffen. 


verfanat und verläumdet. Died made feinen Griffel: 

fpißig, feine Worte fhneidend und feine Sprade biß. 

weilen fo fahelnd, Seit dem I. 1822.Iebte B. fat in 

gönzlicer Zurüdgezogendeit von allem literarifden Ber 
e 


bis er endlich durch die — — feiner „ Oefamme 
Lebenszeichen von fi gab. Tritt (don in den frähern 


; Börne. i f 228 


Bänden diefer Sammlung 3.8 Tudividualitdt und fein 
fubjektived Streben in kraͤftigen 20 en unverkennbar 
bervor, fd liefern die „Briete au ris“ (2 Bände, 
zumbort 1831), Die aud den 9. und 40. Band der 
ammilung bilden, ein vollendeted Bild ded- Mannes. 
Im September 1830 ging er wieder nad Paris, um nie 
nach Deutſchland zurädzufehren. Aber er börte nicht auf 
ein Deutſcher zu fein, er war ed dur und durch. Wenn 
er Sranfreich verehrte, fo baste da? nur den Brund, 
daß er Frankreichs bedurfte, fein großes Herz mußte ſich 
an dem Ruhm, ber Thatfraft und ber vorangefchrittenen 
Gipilifation, bie dort weniger im Zufammenbang, al 
in großen Sränitbruchftücden anjutreifen find, erbolen. 
Börne ſog neue Lebenskraft aus den unbedeutenbiten 
Detaild der neuften frampöf. eibichte, er verfolgte die 
Cdronik des Tags in den Zeitichriften mit forgfamen 
Augen, ließ fi die alltäglihen Vorfälle der Hauptitadt 
erszäblen — Alled aus dem Grund, um felbit in feiner 
Zurüdgezögendeit Inmitten jener raltlofen Thdtigfeit von 
Paris zu bleiben und umter dem großen Echutt bei 
Volksgewuͤhls mwenigkend ein Körnchen Bolköcarakter 
und Volföwürde zu finden. Boͤrne verehrte Frankreich, 
aber er liebte Deutſchland, er liebte es mie feine Braut; 
fein ſchoͤnes dunkles Auge eralänite in ſehnſüchtigen 
Erinnerungen, lenkte fi Dad Gcipräch auf den Taunus 
und die Ndeingegenden. Srankreib mar B, eine Werks 
art feines Geiſtes, Deutfchland mar ibm eine Erbolung: 
man fonnte ihm nicht genug von Frankfurt erzäblen und 
wie Diefer oder Jener lebe, ob noch Alles beim Alten 
ſei u. f. wm. Sam er doch einft mir einer Frankfur— 
ter Semmel narb Haufe. „Da dab? ich mir ein Srankfurter 
Broͤdchen geholt.” Frankfurt aber Eonnte ihm feine 
— bleiben, Frankreich hatte ibm eine Stelle in 
einem Herzen eingerdumt. Die literariſche Richtung 
Deutſchlands verfolgte er mit forgfamen Blicken, er war 
in ſtetem Rapport mit ihr, aber er bedauerte nur, daß 
er alled fo ſpaͤt erbalte und zur Einfiht nichts. Er 
begann nun auch eine Zeitfchrift „Balance,“ in der er 
eine DVermittelung franzöfifder und deutſcher Zuftände 
einleiten wollte. Aber das Unternehmen fceiterte, weil 
‘er zu ſtolz war, um es mit dem gehörigen franzöfiichen 
Don? anzufhndigen, durchaus aber nicht an dem Mangel 
ranzöf. Intereffen. Denn B. war vielleicht der einzige 
Deutſche, der den Geif der franzdf. Literatur in feiner 
-- Tiefe erfaßte, obne ſich von der momentanen zufälligen 


228. 5 Börne. ER > 
Oberflaͤche irre führen zu laffen. Raspail, ein geißrelcher 


Sranzofe, der auch in der wiſſenſchaftlichen Welt eine 
Stelle einnimmt, druͤckte an B.'s Grabe fein Erfiaunen 


aus, daß ein. Ausländer wie Börne in der franzöfifchen 


. 


Sprache babe Arbeiten liefern können, die nicht nur in 


- Bezug auf den Inhalt, fondern auch in Bezug auf die 


Form Meiftermerke der franzöf. Literatur feien. Er vers 
glich ihn mit P. £. Eourrier und fagte, daß, wenn er 
in Derfen gefchrieben, er der Beranger feined Volkes 
eweſen fein würde. — In den legten Gahren wuchs 
fein Groll immer mehr und mehr, der Groll über eine 
Welt, die nicht na feinem Sinne frei fein wollte, und 
nagte ibm an der Leber wie jener alte Geier, von dem 


die Griechen erzählten, und. tödtete ihn. B. war von 
Haus aus ſchwaͤchlich und litt am Unterleibe und von da 


aus an gereizten Nerven; zur Sommerzeit mußte er 


. Bäder beſuchen und lebte zufegt in Auteuil bei Paris 


einfam und zurädgezogen, noch mehr vereinfamt Durch 
feine Schwerbörigfeit. Sein langed Unmohlfein batte 
ibn zum Hypochonder gemacht und feine Bibliothek bes 
— zum Ben medicinifhen Werfen. Unter allen 
eilarten der Medicin, die .er nach und nad Durch» 
bagetzen, war er der Waſſerkur am laͤngſten treu ge⸗ 
lieben. Ob es ihm gemußt oder gefchadet haben mag, 


wenn das ſchwaͤchliche, gebrechliche Männchen, dad fi), 


bevor es zu dieſer Kur uͤberging durch Flanell vor jedem 


Luftchen ſchuͤtzte, auf einmal nun Waſſer trank, ſich den 


ihn bewegen, ärztlichen Rath anzunehmen. D. Sidef; 


ganzen Leib Sommer und Winter nur mit Ealtem Wafler 
wuſch und Abends beim IL ſich ein naſſes 
Tuch auf den Kopf legte, moͤgen die Aerzte entſcheiden. 
Erſt in den letzten drei Wochen konnten B.'s Freunde 


der mit ihm ſeit lange in freundſchaftlichen Verbindun⸗ 
gen ſtand, behandelte ihn von da an bis zu feinem Ende 
und in den leßten Tagen murden noch mehrere andere 
Yerzte zur Sonfultation binzugerufen. - B. fcbeint. jedoch 
hierin mebr feinen Sreunden nachgegeben , als feine Ans 
ſichten über die Medicin und ihre Ädepten geändert. zu 
baben, denn er fprach bis zum legten Augenblide fehr 
oft die Ueberzeugung aus, Daß er fterben werde. Mit 
der hoͤchſten Seelenrube, mit foifder Ergebenheit ſah 
er feinem Tod entgegen. Bid auf die legten Augenblide 
war er Herr und Meifter feined Elaren DBerftanded und 


noch in den legten Tagen zeigte er, daß ihn felbft feine 


kecke Satpre nicht verlaſſen. Um Tage vor feinem Tode 


— —— 


Boͤrne. 295 


fragte ibn fein Arzt Sidel: ob er etwa einen ſchlechten 
mad babe? und feine Antwort war: en 
wie die deutfche Literatur!“ -— B.8 Landsmann, der 
junge Arzt Dr. Hoͤrle aus Srankfurt, wachte die leßte 
Naht bei ihm. B. fpra in Diefer Nacht noch fehr viel 
und alled, was er fagte, befundere die ungerräbte Klar— 
beit feined Geiles. Am andern Morgen, dem Tage, an 
welchem er um 10 Ubr Abends farb, ſtellten fi Seläfte 
bei ihm ein, wie fig oft die Vorboten ded Todes find. 
Er wurde nun immer ſchwaͤcher, zwei Stunden vor feis 
nem Tode wurde er endlich wieder beſſer, fühlte id auf 
der Bruft erleichtert, aber das Licht fladerte nur no 
- einmal auf, um dann ill und langſam zu verlöfden. 
Strauß und feine Gattin, bei welden Börne wohnte, 
D. Hörle und fein Diener, der ehrliche Konrad (Ulri), 
von dem DB. oft in feinen Briefen und in feinen legten 
Werken ſprach, fanden um den Hinſchlummernden und 
bielten jeden Athemzug zuräd, um nicht einen von dem 
legten ibred Sreundes zu verlieren. In diefem Augen 
blide fiel der Zihtfhirm, den man, um dem Sterbenden 
Schatten zu geben, vord Licht geftellt, ohne dab Temand 
fih in der Stube gerührt hätte, um und vom Kamin 
berab und ed durchfuhr alle Anweſende ein innerer 
Schauer. Sein Zeihenbegängniß dad bei ſchlechtem 
Wetter, was gar traurig paßte gu einem traurig aus⸗ 
gerungenen Leben, Ratifand, war würdig und feierlih. . 
Ein Paar Hundert Deutfhe und mehrere franz. Schrift⸗ 
ſteller Hatten fich in feiner Wohnung verfammelt und 
von bier aud ging der Zug über die Boulevarbd dem 
ere Lachaiſe zu. Ruͤhrend mar ed, den alten treuen - 
Konrad *) allein vor allen andern dem Zeichenmagen 
jolgen zu feben. Der folgende Zug beftand zum Theil 
aus Schrififtellern, Kaufleuten und vielleicht 100 Urs 
beitern: Börne war immer ein bülfreicber Freund aller 
Armuth gemwefen. Un feinen Grabe fprachen Venedy, 

. Börli aus Sranffurt und Raspail, früher Redakteur des 
Reformatuer. — B. ruht auf franzof. Boden, mie der 
gefallene Held auf feinem Schild, denn er hat Sranks 
reichs Größe und Rechte bis an feinen Tod vertheibigt. 
Seine legte Schrift, fein ZTeltament, mie es feine 
_ Sreunde nannten, „Menzel, der Sramgofenfreffer“ iſt 
gegen Menzel- gerichtet, der miederbolt auf ibm lod« 
‚getreten war; er hatte ibn für Frank erflärt, für einen 


*), ©. Briefe Bd.I. ©. 80. 
N, Nekrolog 15. Jahrg. 15 . 


groben Samatiker, für einen demofratifden Cyniker; er 
batte ihn mit dem Kürften Püdler parallelifirt und den 
Sürften Über den Juden gefegt; er batte ibn vor der 
Sront des deutſchen Volkes den Degen ded Schrift 
fellers zu zerbrechen gefuht und ibm Dad Recht abs 
geſprochen, noch ferner der Gato«Genfor jenes Volkes 
zu fein. Dafür gab ibm Börne bier die Antwort. Das 
ganze Schriftchen it im Gefühl oder aud nur in der 
unerfannten Ahnung, Daß ed fein legted fein werde, 
gefwrieben; denn fo fagt er unter andern: „Es komme 


ein waderer Mann, der mic ablöfe und für mein Bater. 


land dad Wort führe, ich-werde ihn ald meinen Erretter, 
ald meinen Woblthäter begrüßen. Ic bin müde wie 
ein Jagdpund — — —.“ Er bat in Demfelben mit feinen 
Gegnern und der ganzen Welt abgerechnet. und die 
Rechnung geſchloſſen. Es hberrſcht in- ibm, wenn aud 
B.'s Eigenihumlichkeiten bervortreten, ein ganz anderes 
Weſen, ald in allem, was er fon gefchrieben bat. Er 
it ernfter, rubiger und feine Satyre ift meift eher web» 
muͤthig ald bitter au nennen. Dann aber bat er in dem» 
ſelben Elarer ald fonit je gefagt, mad er gewollt, oder 
beſſer, was er nicht mill und warum er eben mit dieſem 
. negativen Refultate deffen, was er nicht will, zufrieden 
und nur Dies verlangt. — B. war klein von Geflalt und. 
dager, fein Gefiht durchaus nicht einnebmend. Es 
prägten fi Leiden darin aus und die Doltung des 
Koͤrpers —— dieſe Vorausſetzung. Die Farbe war 
fadl, erdig; Die Lippen entfaͤrbt; die Haare duͤnn, 
ſchwarz; das ſchoͤne dunkle Auge ſchwimmend; die Naſe 
nicht groß, doch etwas geſenkt und zu beiden Seiten 
der eingefallenen Wangen fproßte ein fpärlier Baden: 
bart- in perpendifulärer Richtung. Seine Kleidung war 
- von feinem Stoffe, wurde aber nachläffig getragen und 
Inder That war diefer verttodnete, gekrimmte Körper 
auch nicht dazu sun: die Kunſt des Schneider ber 
auszuſordern. Sei of war gewoͤhnlich zur Erde ges 
buͤckt, ald wenn er etwas Verlornes ſuche, fein Beneb- 
men ſchuͤchtern, verlegen. — B. iſt derjenige Schrift 
fteller, der die Dinge richtiger einfab, ald er fie fchrieb, 
der alle in und neben ſich verläugnete, um eElatant 
nad einem Punkt dinzumirfen. Seit dem Jahr 1830 
ſchrieb er nur, um für jeden Preis die Revolution zum 
—— ruͤckſichts loſeſten Handeln aufzuſtacheln, 
die Schriftſtellerei an, ſich als literariſche Beſchaͤftigung 
war ihm ganz gleichguͤltig, es aͤrgerte ihn, wenn ſein 


Borne. 287 
Styi, fein Talent gelobt wurde, er mollte Feine e 
foreiben, fondern Thaten. Darin berupte fein tt 


egen Deine und Aehnlide, welche ſich außer fü 
— unter * Feder war, auch Kür w Mer 


. fen Reiz deflelben, des Ausdrudd, der Form inter. 


efirten und Die zunächk und am Ende Literaten fein 
mollten. Er verlangte, daß Jeder Tribun fei, wie ei, 
dag er nicht mit Rüdficht auf Die Literatur ſchreibe, fon« 
dern nur mit Rüdfihr auf den Krieg. Nicdctt das Bud, 
fondern der Auffaß mar feine Form und er ſchrieb den 
beiten und wirkſamſten, den wir vielleicht in der deut: 
ſchen Literatur befeffen haben. Er bornirte fi und -feis 
nen Stoff gemaltfam und abfihtlid zu "einem Seil, um 
„das Sntereite auf einen einzigen Punft, auf den Haß, 
auf Die That zufanimenzudrängen, den Umfan den 
breiten Bereich des Gedankenganges, welcher Rüdfihten, 
Einſchraͤnkungen mit fich brachte, ignorirte er abfichtlicy, 
um Die ſchlagende Wirfung nit zu fdmwäden nur eine 
Eleine naive Einfchaltung oder fo etwas Aehnliches gab 
er bisweilen dazu, um tür feine eingeweibten Pefer an. 
subeuten, daß er wohl eine größere Ausdehnung des 


S 


angedeuteten Feldes kenne, daß er es aber gar nicht für 


nöthig balte, Died zu beachten. Er wollte den Sirieg 
gewinnen in der begonnenen Gonfenuenz des Feldzugs, 
aud um den Preis der Wahrbeit, melde ſich während 
ded Kampfes anders geftellt baben moͤchte. Diefe Ba 
ſchraͤnkung feiner ſelbſt. Dies abfiptlide Borniren könnte 
unter feinem Namensausdrude „Börnen “ ein eigens 
barafterifirended Wort abgeben. — Unermeßlich ift der 
Einfluß, den B. auf die deutiche Jugend ausgeübt bat, 
Seit Schiller it wohl fein Autor mit ſolchem Enthus 
ſiasmus gelefen worden, als Börne mit feinem Haß und 
Spott und feiner (bfagenden Profa, Alles Sntereffe, 
alle Entwidelung war Der gereizten Jugend von Heut 
J Morgen geſteüt, was nicht dabin Dafte, wurde vers 
Öbnt oder ignorirt, die ganze Welt mit ibren taufend 
Möglichkeiten ward in wenig Sormeln gedrängt, Schiller 
fogar mit feinem Gedanfenliberalismus ward als Deo: 
loge ‚überfprungen,. Götbe *) als breit, furchtſam, als 
Sklave der Ruͤckſichten und des Herfommend gefhmäht, 
der abfolute, ſhnell handelnde Ultraliberaligmus über. 
ritt wie eine SKavaleriecharge der Weltgefchichte alles 
Uebrige und Börne mit feiner ſcharfen Vrofa und be: 





*) Deffen Biogr. f. im 10, Jahrs. des N. um. S; 197, 


ES . 


\ 
% 


BB Boͤrne. 


ſtechenden Natürlichkeit war der eigentliche Held deſſel⸗ 


ben. Wäre er damals geſtorben, die kraͤnkhaft aufs 

eregte Jugend hätte feine Leiche ſo entſetzlich feiern 
Eönnen, wie ed die franzöfifche mit Zamarque gethan. 
Aber die Zeit wollte nicht auf einem einzelnen Füßwege 
erfuͤllt ſein, die Geſchichte machte ihren breiten Umfang 
wieder geltend. B., der Died vielleicht fehr wohl einfad, 
‘ denn er war ein fcharflinniger Mann, wollte von feinem 

ſchmalen Zugang in die Weltentmidelung durchaus nit 
faffen, meil er ibn Deutlich eine Eurze Weile in Wahrheit 
offen gefehen hatte, er rıef Daffelbe Striegögefchrei immer 


fort, ſtets ingrimmiger, je weniger Erfolg fich zeigte,. 


und fo fam’d, daß feine fpätern Briefe aus Parid ges 
ringe Theilnahme fanden, daß feine lehten kaum von 
feinen wärmften Sreunden aufgeſucht wurden, ja daß die 
Literatur nicht einmal Notiz davon nahm. Daß ift nicht 
blod anf dad Verbot zu ſchieben, denn auch die frübern 
Bände waren verboten, es liegt in Dem Gebeimniffe der 
hiſtoriſchen Entwidelung, welche fib nit auf einen 
einzigen Pfad befchränken läßt. Auf einen einzigen Pfad 
batte Börne aber feinen Willen und leider auch fein 
Talent geſtellt. Er bornirte fi darauf, daß die Zeit 
eine akute Krankheit fei, die eine gewaltfame Kur heilen 
müffe, alles Andere gab er gegen ſich und gegen andere 
für Zeitverfuf aus und fo unterdrädte er ſich felbft, fo 
fchrieb er tief in den Srieden binein_nur mit der be: 
ſchraͤnkenden Rüdfiht auf eine große Schlacht und ver: 
lor. darüber die Welt und die Welt verlor ihn. Gein 
Geiſt an ſich war keineswegs fo befhränft, er hatte die 
Nude und Klarheit, jede einzelne Richtung forgfältig 
und mit Bezug aufs Allgemeine zu würdigen, er bat juft 
in diefer Eigenfchaft den kleinen bedaglichen Artikel, den 
fleinen Sat in unfrer Ziteratur Fultivirt, er verfchloß 


a 


& unglädlich ſelbſt die mannichfaltige Entwickelung der 


elt, weil er ſich durch Geburt und Verhältniß zur 


Uebernahme eines Umtes beſtimmen ließ, was ihn toͤdtete. 
Denn ſeit ſieben Jahren wollte er nichts weiter ſein, 
als Volkstrihun und wenn er über ein Gedicht ſchrieb, 


that er's in dieſer Eigenſchaft, und wenn ihn eiwas 


davon Unabdaͤngiges freute, fo bat er ſich ſelbſt um 
Entſchuldigung. Er mar ald Jude geboren, der Paria⸗ 
ftempel ward auf eine Bruft gedrüdt. in welcher daß 
feinft fühlende Herz flug, mas Empfindung und Ein» 
druck bis aufd Haͤrchen zu fpalten mußte. Emancipation, 
.: Schonung und alled ähnliche Zugeftändniß war ibm, wie 


« 








. 


* 


Boͤrne. 229 


jedem kraͤftigen Semäth eine Beleidigung, ein ſolches 
will dad nicht geſchenkt haben, was fi von An: a 
ftebt; fo Fam der Widerfpruh gegen eine Welt früh 
in fein Herz, welde die Anſprüche der Einzelnen nur in 
großen, groben Zügen befriedigen fann, melde der 
menfchiichen Unvolfommenheit gemäß das, Einzelne oft 
verlegen muß, um das Ganze zu halten. Die Juden: 
gaffe in Sranffurt, die Geringſchaͤtzung, mit welcer 
alles mit Zuden Zufammenbängende dort behandelt wird, 
vergaß er nie und Frankfurt mit feinem Kaſino und 
feinen Patriziern bat den Grundftoff alles Gifted in 2. 
gelegt, wad ibn verzehrte. Denn wenn er nicht von 
ne auf die Nothwendigkeit empfunden Härte, mit 
Hab und Kampf fi geltend: zu machen, fo wäre er 
vielleicht nicht Dabei geblieben, die Sragen der Welt auf 
eine Spige gewaltfam zu drängen und Frampfhaft mit 
Derläugnung ded eignen Dranges darauf feſt zu balten. 
Denn feine Seele war wei, er war einer der beften, 
edelften Menſchen, die gelebt haben. Schmerjlid war 
ed zusufeben, wie er fich abfichtlih verarmte, um ſtets 
auf dem Standpunfte der augenblidiihen Schlacht zu 
bleiben, und die Art wie er in den legten Jahren febte, 
trug noch viel Dazu bei, daß er nicht mehr aus feis 
nem verzauberten Streife beraud konnte. Es war nicht 
“mehr zu boffen, daB er fib auf ein rein. fiteraris 
ſches Geld retten, das lediglich Politifhe auf fi bes 
ruben faflen und ſolchergeſtalt feinem Scarflinn und 
Talent eine neue unbefangene Bahn geminnen werde. 
Er hatte fib zu fehr mit Herz und Kraft in den , 
Gegner feftgefhlungen und da ihm des Gegnerd Herz 
entichliipfte und er in der biftorifch » veriteinernden 
Form Elammern blieb, fo Fonnte er nur fiegen oder 
fterben. Wer ſiegt gegen die Geſchichte? Er_ farb.‘ 
Er binterläßt eine große Anzahl Sreunde und Feinde, 
denn wer ibn aus feinen Schriften Fannte, modte ſich 
nicht gleichgültig gegen ihn verhalten; er it wie Marie 
Stuart viel gehaßi und viel geliebt worden, weil ers in 
au feinen Abſichten auf Tod und Leben abgefeben hatte 
und jede Bermittelung toͤdtete. Es waͤre thöricht, von 
den Vertheidigern des Beftebenden ein anderes ald ein 
fireng feindlied Verhaͤltniß erwarten zu wollen, obwohl 
zu erwarten ftand, daß er im Sal eines wirklichen Kriegs 
und Siegs mit den eigentliben Radifalen nit in Har⸗ 
monie geblieben wäre; er fagt vieles blos, um einen 
Ausbruch zu zeitigen und war im Yintergrunde viel 


u r 
. 


= 


230 Birne 


rlickſihtsvoller, ald fein Wort. Dbmwohl-jegt in Ihm der 
auptführer des deutſchen Radikalismus verftorben ift, - 
nA ätte er doch wahrſcheinlich bei einer wirklich. aus⸗ 


brechenden Revolution dad 2008 eined Birondiften ges 


abt und wäre keineswegs ein Marat geworden, mie - 
iele fagen, nicht einmal ein Robedpierre, mit dem _er 
auf_den erfien Anblid Die meifte Aebnlichfeit hatte. Nie 
a“ ein Soriftiteler Ddergeftalt einem Kriegsplan zu 
ienften fein eigentliche Weſen geopfert, wie B., er 
bat uns oft an die Sage erinnert, daß Robespierre ges 


weint babe. Über die vielen Opfer, die er unter die . | 


Guillotine fdiden muͤſſe. Freilich läßt ih darüber nichts 
vermutben, Fein Menfc ift fo berechenbar, B. daͤtte viel 
leicht auch — und unter Thraͤnen zur Guillotine 
—— ie Freunde, welche er binterläßt, zerfallen 


‚in drei Abtbeilungen. Diejenigen, welche auf feine 


Worte ſchwoͤren, find theild aus der Heimat geflüchtet, 
tbeild dur die Verbältniffe niedergebalten, theild übers -- 
bolt, verwirrt Durch Die neuen Sulturmendungen, eine 
Macht find fie in feiner Weile mehr und die, melden 
nicht eigene ſchoͤpferiſche Macht zu Hülfe kommt, eben 
fid ab und werden alte Puppen, wie einft die Deutſch⸗ 
tbümler. Serner diejenigen, welche ihn mit Einſchraͤn⸗ 
£ung hiſtoriſch⸗wechſelnder Nothwendigkeit würdigen; die 
ahl ift klein und vermeidet ed mteift über ibn zu reden. 
ndlid diejenigen, welde fein Talent obne Rüdficht 
auf feine Politit (hängen; die Zadl derer ift febr groß, 
aber die meiften diefer Art find nicht eben auf Gründe 
an Unterfuhung bedacht, noch weniger ſchreiben fie 
ſelbſt. Das eigentlich literarifhe Talent ift vor den Leis 
denfchaften nod immer wenig in Stage gefommen. Das 
fiterarifhe Talent B.'s war —* groß: er bat die Nais 
verät ded Gedankens und Ausdrucks fo geltend gemacht 
und 1. reizend gefaßt, wie fein Schriftfieler vor und 
nah ibm. “Der eigentliche Auffag iſt durd ihn zur größ- 
ten Mannichfaltigkeit gefaltet und ausgebildet worden: 
aus einer natürli ermachfenen Bildung, aus einer innis 


- gen Theilnahme an der Seele Jean Pauls *) vor Allem, 


am Herzen Scillerd, am einfachen Ausdrucke Goethes, 
aus einem regen Verkehr mit der ſchnellen Sprade und 
Baffung Frankreichs, in deſſen Entwicelung er früdzeis 
eig bineinwuchd, bildete ſich leicht und obne Anftrengung 
feine Säriftftellerei und fein Styl. Die naive Dare 


°) Deſſen Biograpdie ſ. N. Nekr. 8. Sadıg. ©. 188, 





Eu 


Birne. 231 


Rellung, welche nichts beim Leſer vorausſegt, ald Auf 
merffamfeit, weile mit dem leichteiten UAnbaub von 
Humor gefärbe,. welche mit bem treffenden Win eines 
im Hintergrunde fe rubenden Lirtbeild aeichärft If und 
Öfter6 noch mit einer Wendung des raffinirenden Ge— 
danfend in die unbefangene, uriprünglibe Auſchauung 
des einfaben Menfchenverftandes Überrafcht, fie in fein 
Merk in unferer Literatur und fie märe ſcherlich entbus 
ſiaſtiſch geprieſen worden, bätte fie fi nit meiſtens 
an der febendfrage unferer Zeit gezeigt und gelibt. Dies 
fümmert und indeflen bier bei der literarıfben Frage 
nicht, feine Politik, die fo erichüirtterlidb in unfere Meis 
nung geſchlagen bat und an der er geliorben ift, dürfte 
und bierbei nicht Fümmern, auch wenn fie nit alö hifos 
rifhed Moment voriber wäre, feine Berunglimpfungen 
Deutſchlands, melde aud dem Irrthum Rammten, eine 
organiide Entwidelung nicht zu verfennen und die ver: 
ſchiedenſten Völker nah einem allgemeinen ˖ Schema zu 
modeln und zu richten, feine Schimpfworte haben die 
Verſtaͤndigern nie abfolut verftanden, fie waren immer 
nur Mittel, die Schlacht um jeden Preid zu entzänden. 
Man rechne fie mit andern Fehlern feiner gewaltſamen 
politifchen Stellung zu, man werfe de mit in fein Grab; 
ber Zod verföbnt ja und mir wollen äber ihn binaug 
nur den innerliben Menſchen und bad Talent reiten, 
was und obne Nüdfiht auf Politit von B. gebfieben 
it. Ein fo eigentbämlic —— Talent für die 
ſchriftliche Darftelung bat weder Deutſchland, noch Franke 
reib, noch Enaland gebabt, Sieht man von der polls. 
tiſchen Abſicht D’Eonelider Reden ab und betrachtet fie 
als reine Produfte eines Talents, was durch dad bloße 
Wort zin Ziel erreihen will, ‘fo wird_man darin am er: 
fien ein Seitenftüf zu B.’d Talent finden und D’Con 
yel bat no Das lebendiger wirkende gefprodene Wort 
voraus, er bat ein ganzes Land zum NHintergrunde, der 
Augenblick mar fein; der Schrififteller aber, welcher 
mit einmal im Joürnale von Heute dad Geftrige bes 
fpricht, muß das Intereſſe erft wieder intereflant maden. 
Dies verſtand B. am beften. Dafür _batte er ein Kom: 
pofitionstafent;. in diefer Richtung muß ibm ſtets Würs ' 
digung bleiben. Ob es dafür ausreichte, eine größere 
Sorm zu erfüllen, eine eigentlide Kunſtform zu erreichen 
im Dollen und Weiteren, das bat er nie gezeigt, viel⸗ 
leicht nicht gekannt, vielleicht auch nur darum nicht ge 
kannt, weil ihn das Nächte zu leidenſchaftlich bethei⸗ 


2ss. KAcrepßig. 

ligte, vielleicht weil idm die groͤßere Erſindung gebra 
oder die poetifhe Senugfamfeit abging, fich — 
teten Zuſtaͤnden und Verhaͤltniſſen zu erfüllen. Er ſelbſt 


fagte darüber: „ich Fann Fein Buch machen, nur Blaͤi— 
ter fchreiden und auf einander legen. ” 


* 80. Dr. Carl Traugott Kreyfig, 
weil. koͤnigl. fächfifcher Suftizrath zu Dresden; 
geb, den 21. Oktober 1786, geft. den 12, Februar 1837, 


Krepfigd Geburtsort iſt Chemnitz, wo fein Vater; 


Johann Gottlieb Kreyßig, Arhidiafonus an der Jako⸗ 
bifirde war. Bid zum Jadr 1795 genoß er den. Unter⸗ 
richt des fpäterhin ald Lehrer und zulegt ald Rektor an 
der Landeöfchule zu Meißen angeftellten Profeſſors Koͤ⸗ 
nig, nachber auf kurze Zeit des Paſtors Claus in Schön 
mwelfe und befuchte dann 4 Tahre lang dad Lyceum zu 
Cheimnig unter Rothe und Leſſing. Da aber daffelbe 
- bei dem zunehmenden Alter diefer Lehrer in Derfall ges 
rietb, fo bezog er fhon im Juni 1800, wo er noch nicht 
volle 14 Jahr alt war, auf Anrathen feined Bruders, 
des jegigen zweiten Profefford an der Landesſchule zu 
Meißen, —— der damals feine philologifchen 
und antiquarifhen Studien in Leipzig fortſetzte, die das 


% + 


I 


ſige Univerfinät, wohnte Dort 3 Jahr lang mit diefem . 


einen Bruder zufammen und betrieb unter feiner Zeis 
tung die alten Sprachen, mit dem Borbaben, ſich der 
Rechtswiſſenſchaft zu widmen. Seine Lehrer waren in 
der Philologie Raabe, Be und Hermann, in der Phi 
Iofophie Seidlig, Carus, Gutjahr und Plattner, in der 
Geſchichte Weife und Wieland, in der Jurisprudenz ges 
nannter Weife, Rau, Müller, Erhard, Biener, Kees und 
Junghans, vorzügli aber. Haubold und Hübner, mit 
- welden er in eine engere Verbindung getreten mar. 

Unter Junghans disputirte er im Jahr 1805 hber fireis 
tige Recbtöfäge, worauf er ſich bei der Zuriftenfafultät 
zu Leipzig dem Examen pro praxi et candidatura Unter 
warf. Nachdem er Notariud geworden war, kehrte er 
in feine Vaterſtadt zuruͤck, wo er im Stadtgerict feine 
praftifhe Laufbahn begann. Im Fahr 1807 ward er 
zur juriftifchen Praxis zugelaſſen und ald Aftuarius bei 
den Gerichten zu Neufirden bei Chemnitz angeftellt; ein. 
Amt, welches er bis zu Ende des Jahrs 1816 bekleidete, 
Um 22. Mai 1817 erlangte er nad Vertheidigung feis 
ner Disputation: de auctorum et commentatorum verbis 


\ 


— 


Kreyßig. 235 
in Digestorum interpretatione distinguendis Obserrationes 
auf ber Univerfität Leipzig die jurikifde Doktorwuͤrde. 
Hier_war ed, wo er zuerft eine Fülle von Gelehrſamkeit, 
die ſich indbeſondere auf dad von ihm mit unabläffigens 
Fifer "betriebene Studium der alten Sprachen gründete 
und einen ungemeinen Scharfſinn Öffenslid an den Ta 
legte, Nicr genug, daß er feine neben feinen praftis 
ſchen Geſchäften ausgearbeitete Didputation ohne Präs 
je vertbeidigte, ſo zog auch deren Indalt und deffen 
Wichtigkeit für Die RN die Aufmerkfamfeit der 
vorzügſichſten Giviliften unſeres deutſchen Vaterlands 
auf ſſch. Auch in dem Rigorosum zeichnete er ſich doͤchſt 
ehrenvoll aus. Don diefer Zeit an ſetzte er feine advo⸗ 
fatorifhe Praxis in Chemnitz fort, bis er vermöge Re⸗ 
ſtripts vom 17. Tuni 4820 als Mitglied des Föniglihen 
Uppellationdgeribisd nad Dresden berufen wurde. Waͤh⸗ 
rend er bei der Theilnahme an den Arbeiten dieſes Kol⸗ 
legiums unermüdere Thätigfeit_ und die gewiſſenhafteſte 
Berufötreue bewies und don feinen erworbenen Kennts 
niffen den gemeinnägigten Gebrauch made, unterließ 
er nicht, dad liebgewonnene Studium der gelehrten Ju⸗ 
riöprudenz;, befonderd im Sache des römifhen Rects, 


milt Eifer zu ‚betreiben. Als er vermoͤge Defretd vom 


418. November 1826 einer Deputation zur — 
eines Die bei dem bisherigen Prozeßverfadren in Eivile 
fachen bemerften Mängel und in daſſelbe eingefchliches 
nen Mißbraͤuche abftellenden, indbefondere zu Verhütung 
des Verſchleifs der Prozefle geeigneren Geſetzes beige- 
geben wurde, wendete er, wiewohl obne feinen Berutds 
arbeiten im Appellationdgeriht Abbruch zu thun, feine 
eifligen Anftrengungen dem legidlativen Sad in Dies 
em “Theile der praktiſchen Rechtswiſſenſchaft zu. Er 


‚wurde im Jahr 181 in den zu Folge der Verfaſſungs⸗ 


urkunde errichteten Staatsrath berufen und blieb thätis 
ged Mitglied des Appellationsgerichtd, bis er durch Mis 
nifterialverordnung vom 9. April 1835 bei der zu Ende 
des gedachten Monatd erfolgten Auflüfung diefes Kolle⸗ 
giumd mit Dem Charakter und Prädikat eines Gebeis 
men Juſtizraths für die Gefeggebung in dad Juſtizmi⸗ 


niſterium verfegt wurde. Mit dem innigften Bedauern 


faben ihn damals feine Kollegen, deren Liebe und Hoch⸗ 
achtung er ſich durd feine Humanitdt und Biederkeit, 
der alle Anmaafung fremd war, aud Dem Kreiſe ſchei⸗ 
den, worin er biöher mit ibnen gemeinfhaftlid gewirkt 
hatte und zu welchem fie bei der Organifation des Ober⸗ 


234 EStreitwolf. 

appellations gerichts wieder vereinigt werden ſollten. Seit⸗ 
dem arbeitete er im Juſtizminiſterium hauptſaͤchlich an 
der Reviſion der Erl. Proc. Ordn. und mehrern einzelnen 


in den Civilproceß einſchlagenden Geſetzen; auch nahm er 
an den Geſchaͤften der ——— thaͤtigen An⸗ 


theil und noch kurz vor feinem Ende wurde er zur Be⸗ 


rathung der Kammern Über ein neues Geſetz wegen des 
Derfahrend in Civilſachen, Die nit Über 20 Thaler bes 
tragen, ald föniglider Kommiſſar berufen. Doc die 
538 Thaͤtigkeit, womit er fein Amt verwaltete, 
an 
Untertägung, indem er feit einigen jahren mit einer 
fteten SiränflichEeit zu kaͤmpfen batte, welche ibn in den 


"Sommermonaten der .beiden leßten Jahre in — Ze 


die Herftellung feiner Gefundbeit zu fuchen Nötbigte. 
Die Kur blieb zwar nicht ohne Erfolg, Doc) fanken feine 


ponfifhen Sträfte im Kaufe ded Winters 1836 immer ' 


mehr, fo daß er zulegt auf das Krankenlager geworfen 


ward und am obengenannten Tage an der Bruftwafler, ' 


fucht verſchied, deweint von feiner Gattin und vier 
Kindern. 


* 81 Johann Heinrich Gottlieb Streitwolf, 


Muſiker und Inſtrumentmacher zu Goͤttingen; 
ged. den 7. November 1779, geſt. den 14. Februar 1837. 


Geboren zu Göttingen und unter dürftigen DVerbälte 
niffen erzogen, wurde ihm’ zu feiner geiftigen. Ausbil 
dung nichts geboten, als der fehr beſchraͤnkte Unterricht 
in der Pfarrichule feiner Vaterſtadt und ſogleich nad 
- der Konfirmation, im 15. Jahre, Eam er zu dem Stadt 
muſikus Jaͤger in die Lehre, mo_er ſich mit den verſchie⸗ 
denartigften Inſtrumenten befchäftigen mußte; mit Vor—⸗ 
liebe aber behandelte er dad Violoncell. Rach vollen- 
deter Lehrzeit erhielt er die Stelle eined Celliſten in 


dem afademifhen Orcheſter und fing sugleih an, Mus 


unterricht zu ertheilen, namentlich auf der Damald dus 
erfi beliebt gewordenen Quitarre, wodurch er fich feis 
nen Unterhalt erwarb. Wie denkend und ſelbſtthaͤtig er 


aber war, jeigte fih (bon in dDiefer Zeit. Niemand datte'- 


ibm Anmweifung im Ouitarrefpielen gegeben, wie über 
baupt, Ddiefer Zweig des Muſikunterrichts damals in 
Deutſchland noch fehr mangelhaft war; dennoch leiftete 
er Tuͤchtiges darin und verbeflerte durch Nachdenken und 
Hebung den gemwöhnliden Fingerſag. Als Guitar 


in feiner koͤrperlichen Kraft nur eine mangelbafte . 


Streitwoll. 235 


und Gefanglehrer war er allgemein gefumt, Aber in 
idm mohnte eine eigenthämlicye, ſchoͤpferiſche Kraft, Die: 
ibn niemald bei dem Hergebrachten fteben ließ. Was 
feinem Blick dargeboten wurde, betrachtete er mit dem 
Auge eined Denferd und wo er Mangel fand, fühlte er 
einen unwiderfteblihen Drang zu beifern und zu ver 
vollfommnen. So waren denn ſtets die muſikaliſchen 
Sinftrumente Begenftand feiner Betrachtung und im J. 
1809 fam er auf den Gedanken, eine Klöte zu verfer- 
tigen. Dad Werf gelang gleichfalls ohne Anweifung 
und St. befdäftigte id nun 3 Jahre hindurdh unermäs- 
dert mir Derfertigung von Flöten. Et blieb die 
erfte Floͤte unverfauft; allein er vergaß die Öfonomifchen 
Derhältniffe, mo die Kunſt ihm erieh gab und bald 
glädte ed ibm auch in der erfiern Rückſicht befler. Er 
verfertigte von neuem zwei Sföten und verkaufte fie nad 
Elberfeld für den nachher feftfiebenden Preis von 15 Tha⸗ 


. fern. Die Senauigfeit in der Arbeit und die Reindeit 


im Tone machte feine Flöten, fo nie fie befannt wur⸗ 


den, beliebt und gefuht. Mit den Korsfchritten in feis 


ner Kunſt wuchs nun aber die Einſicht in die Schwies 
rigfeiten und die Webergeugung, daß Nachdenken odne 


Wiffenfbaft nirgends völlig ausreiche. Darım, obgleich 


ſchon Samilienvater, nahm er 1814 eine Matrikel und 
befuchte die Univerfitäs feiner Vaterſtadt, um ſich wife 
fenfnaftlid auszubilden. Er hörte Mathematik, Che⸗ 
mie und alles, was fonft nur irgend einen Deug auf 
feine Kunſt datte und lernte noch mit jugendlicher Leich⸗ 
tigkeit und mit dem Eifer des gereiften und einfichts⸗ 
vollen Mannes. Dabei vernachläffigte er fein Geſchaͤft 
durchaus nicht, fondern begann nun aud Klarinetten zu 
verfertigen und vervollfommnete dieſes Inſtrument nad) 
dem Mufter der man Müllerfchen in mander Rüdficht. 
Nachdem ihm dieſes geglüdt hatte, entfchloß er fich, fein 


Geſchaͤft weiter auszudehnen und alle nur mögliche Blas⸗ 


inftrumente von Hol; zu verfertigen. Auch bierin fand 
er bedeutenden Abſah, da fie von Allen, wegen ihrer 
leidten Anſprache umd ihrer Reinheit gefucht wurden. 
Wegen de& nroßen Ubfaged mußte er jent viele Arbeis 
ter ſowohl in ald außer dem Daule beſchaͤftigen, ver» 
fäumte aber bei aller. Geſchicklickeit einzelner ndivie 
duen nie, die Hauptarbeiten, wie 3. & das Bohren, felbft 
gu beforgen. Schon jeßt nahm er unter den Inſtrument⸗ 
macern einen ebrenvollen Platz ein; allein böber be» 
ben ihn bald. einige mit Scarffinn ausgefonnene und 


— 


286 Streitwolf. 


dabei nuͤtzliche Erſindungen. Hierbin gehoͤrt 4. B. das 
im Sahr 1820 erfundene gromatiſche Baßborn, welges 
als "eine willfommene Erfheinnung, beſonders für Mi⸗ 
Iitärmufif begrüßt und von dem damald in Hildesheim 
ſiedenden Intanterieregiment angekauft wurde. In den 
naͤchſten Jahren beſchaͤftigte er ſich noch immer mit Vers. 
beſſerungen dieſes Inſtruments, dann aber mit einer 
neuen Erſindung, welche 1828 an das Licht trat und die 
unter dem Namen Baßklarinette bekannt geworden iſt. 


Zas erfte Eremplar wurde an den verſtorbenen Fuͤrſten 


von Sondersbauſen *), den Goͤnner unſeres St. vers 
kauft, der es gleichfalls zur Militaͤrmuſik beſtimmte. Im 
Fahr 1835 endlich glaubte er feine Erfindung zu ber 
Dm mögliben Vollkommenheit gebracht zu haben und 
fandte ein vorzuͤglich ſchoͤnes Exemplar auf die Kunſt⸗ 
ausſtellung nach Hanover. An einem ſolchen Orte konnte 
er am leichteften doffen, das richtig würdigende Kenner⸗ 
auge zu finden und täufchte fid bierin aud nict. Die 
Baßklarinette wurde zu einem nicht unbebeutenden Preiſe 
für dad Muſikchor des berzogl. Braunfhmeigifchen Gre—⸗ 
nadierbataillond angefauft und der Gewerbverein des 


Konigreichs Hanover Überfandte ibm für Die Erfindung 


eine filberne Preiömedaille. Au für Orcheſtermuſt 


‚wurde dad Bahhorn wie die Baßklarinette bald ange⸗ 


mwandt und diefe doppelte Anwendung rettet St.'s Er⸗ 
findungen aus der Klaſſe der Infrumente, melde in 
neuerer Zeit erfunden, aber mehr eine ©pielerei ald 


Snftrumente für die Deffentlicfeit zu nennen find. So 


far fein öffentliches Wirken doͤchſt naglich und ein Zeugs 
niß für feinen denfenden Geil; aber Gleiches darf von . 
feinem Wirken in Dem engern Sreife des Samilienlebens 

gerühmt werden. Schon früh, im Jahr 1804, verheira. 
tbete er fib mit der Tochter eined Göttinger Bürgers, 
Kapfer, und fah im Laufe der-Zeit dieſe Ede durb 2. 
Söhne und 2 Töwter verſchoͤnert. Mit der größten . 


Filebe hing er an den Seinen, mit unermübeter Thaͤtig⸗ 


feit forgte er für fie und fuchte — andere Freuden 
als die dauslichen. Die Söhne in feine. mußkaltſche 

Weli hineinzuzieden, gewährte ibm fletö neue Sreuden 
und auch andere junge Leute mochte er gern in ihren 


‚ mufitalifhen Beftrebungen unterftügen. So verfammelte 


er wöcbentli in feinem Haufe ein Eleines Quartet, an 
dem die Söhne bald mitwirfend Theil ‚nahmen und. 


9) Deffen Blogs. ſ. in diel. Jabrs. d. Mr Nett, unterm 22. Apr, 


Streitwolf. 287 


zeigte ſich auch ſonſt gefaͤllig. Seine Stelle im akade⸗ 
miſchen Orcheſter aber gub er 1821 wegen zunehmender 
Schwaͤchlichkeit auf; er litt ſchon fruͤh an Bruſtbeſchwer⸗ 
den, welche ibm dad. Handhaben der Blasinſtrumente 
ungemein erſchwerten. In feinen Mußeflunden unters 
bielt er ficd gewöhnlich niit Ausſinnen und Hervorbringen 
von Verbeflerungen an allerlei Segenftänden. Er konnte 
nit ein Spielzeug in die Hand nehmen, ohne ed mit 
feiner Betrachtung zu durchdringen und zu verbefiern. 
a Umgange war er freundlid und zuvorkommend, im 
eſpraͤch ſedt lebhaft und ſteis mit Gegenitänden be 
fdäftigt, melde in der gemöhnlihen Autagdkonverfas 
tion felterier berührt zu werden pflegen. Vorzuͤglich gern 
ſprach er Über theologifche Gegenſtaͤnde und zeigte hier 
durd Ausdrud und Urtdeil eine Bekanntfhaft mit_der 
Wiſſenſchaft, Die man on nur: bei Leuten von Fa 
antrifft. Ja, noch in feinem legten Lebensjahre beſchaͤf⸗ 
tigte er ſich mit Aftronomie fo eifrig und gründlid, ald 
ob er fie zu feinem Beruf machen wollte. Die Bewe⸗ 
gung der &eftirne war ibm ein Gegenftand der größten 
Bewunderung und die Berechnung Ddiefer Bewe S- 
immer neue Sreude. Man mußte ihn in feiner Be t 
betrachten und man hatte ihn liebgewonnen. Auch ſein 
Aeußeres machte einen vortheilhaften Eindruck; denn, 
mochte er auch gebeugt eindergeben von dem Druck der 
Sorgen und Grübeleien und des koͤrperlichen Unwohls 
feind, fo machte Doch der Geiſt, welcher vorzüglich aus 
dem Auge ſcharf und glänzend bervorblidte, feine Er» 
fheinung intereffant. Er war das Bild eined denken⸗ 
den Künftlerd. Wie aber dad Glück feltener dem zu⸗ 
laͤchelt, welcher ſchon ein hohes, geiſtiges Erbtbeil davon 
getragen bat, fo war ed auch nicht ſehr freigiebig gegen 
unfern St. In feinen jüngern Jahren batte er mit 
mannichfachen dußern Hinderniſſen zu kämpfen; in der 
VER, Zeit drüdte ihn faft beſtaͤndiges Unmopffein zu 
oden. Sa, e8 war ihm noch ber berbe Schmerz he 
fimmt, feinen aͤlteſten, boffnungsvollen Sohn *) vor ſich 
Dadinfheiden zu ſehn. Der juͤngſte Sohn, Sriedrid St., 
bat des Vaters Geſchaft fortgefegt. Er ift unter der 
Leitung ſeines Vaters gebildet und hatte fon längere 
Zeit die Verwaltung der Gefhhäfte Übernehmen müſſen. 
Die wiederholten Beftelungen, welche von der Eaifers 
(iden Kapelle zu Peteröburg, ferner aus Holland, aus - 


“) Deffen Biograpdie ſ. N. Netr. 14. Jahrg. S. 873. 


5 238 ; Hoff. — Kluͤber. 


der Schweiz, aus Jerſeh u. ſ. w. bei dem juͤngern St. 
emacht ſind und die auf die eingelieferten Arbeiten ers 
. folgten belobenden Schreiben zengen von der Tuͤchtig⸗ 
feit des Sohns und machen den Verluſt ded Vaters für 
die mufifalifhde Welt weniger fühlbar. . 
Goͤttingen. Dr. Fricke. 


* 82. Johaun Heinrich Hoff, 
Dr. phil. und Kollaborator am Gymnafium zu Aurich; 
geb. den 6. December 1806, geſt. den 16. Februar 1837. 


Hoff wurde zu Lauterberg am Harze deboren, mo 
fein Vater Suhrmann war. In der Schule zeigte er 
noch) wenig Anlagen, fpäter aber, ald der jegige Paſtor 
Primarius Schläger in Hameln, damals Paftor in Laus 
terg, fich feiner annahm und er, um (ich zum Sculleb» 

- rer zu bilden, fid Privatunterricht in Sprachen von dem 
Rektor Winßel ertbeilen ließ, entfaltete fib fein Geiſt 
aufs Schönfte. Nach vollendetem 15. Jahre befuchte er 
dad Gpmnafium in Nordbaufen und bezog dann die 
Univerfirdt Göttingen, um Philologie au fludiren. Dar: 

- auf Sebte er eine Zeitlang zu Hameln in dem Haufe fei- 

nes Bönnerd Schläger, bid er als Kollaborator an daß 
Opmnafium nad Aurich Fam. Kaum zum Dr. phil. von 
‚Tübingen aus ernannt, flarb_er nach Ztägiger Krankheit. 
Mit m, der über Sleinafien feit längerer Zeit ſam— 
melte, find für die Philologie viele Erwartungen verlos 

“ gegangen. H. war von Perfon fehr Elein und zart 

gebaut. 
Dielingen. Urendt. 


83. Sohann Ludwig Klüber, 
koͤnigl. preuß. Staat: u. Kabinetdrath in Frankfurt a. M.; 
geb. am 10. Nov. 1762, geft. d. 16. Febr. 1837 *) 


Klüber war, zu Thann bei Fulda geboren, begann 
feine Laufbahn 1786 ald Profeffor der Rechte zu Erlan- 
gen und wendete fich früb der Bearbeitung des deutſchen 
Staatsrechts zu. Als geheimer Neferendar nad Karls⸗ 
rube berufen, ward er ſeit 1804 auch in das praktiſch⸗ 
politiſche Geſchaͤftsleben eingeführt, wurde zwar 1807 


1} 


*) Nach dem SKonverfationdleriton der neueſten Seit und Lite: 
ratur, den literarifhen u. Eritifhen Blättern der Börfenhalle 1837. - 
Wr, 1868— 69 u. der Hamburg. Abendaeitung 1837. Nr. 769. 


8 


x 


Kluͤber. 239 


als erſter Profeſſor der Rechte in Heidelberg angeſtellt, 
kam aber ſchon 1808 als Staatd, und NRabinetsrath mie» 
der nah Karlsrude. Seitdem ließ er feinen frübern 
rechtswiſſenſchaftlichen Schriften andere Leſſtungen folgen, 
welche verdiente Anerkennung fanden, mie fein „Tebrs 
begriff der Referixkunſt.“ Erlangen 1308, — „Lebrbuc 
der Kryptographik.“ Ebd: 1809 und „das Poſtweſen im 
Deutfhland, wie ed war, if und fein künnte,* Ebend, 
1811. Bei der Eröffnung ded Wiener Kongreſſes erbielt 
er Urlaub vor feinem Der und lebte während der gans 
sen Dauer deflelben in Wien, mo er dur Ältere und 
neuere freundf&aftlide, literariſche und politifhe Ders 
“ bindungen Selegenbdeit erhielt, Vieles zu beobadten, zu 
befpreden, zu beratben und zu fammeln. Als er zu 
Anfang 1815 fi in dem Beſitz eines anichnliben, bios 
für feinen Privatgebrauch gefammelten Vorrathé lab, 
ward, er ji dem Entſchluſſe, die Derbandlungen Des 
Kongrefled zu fammeln, dur die Erwägung geilibrt, 
daß ſchwerlich ein Privatmann fo viele und fo wenig 
mangeldafte Mittheilungen dem Publifum vorzulegen 
im Stande fein und wohl fein Hof je eine gedrudte 
Sammlung der Kongreßakten veranfalten werde, zumal 
da feiner, den Wiener Hof ausgenommen, im Beſitze fo 


vieler Urkunden fei, «ld er. So entftand die für die “ 


Geſchichte eines denfwärdigen Zeitabſchnitts bochwichtige 
und reihhaltige Sammlung: „Aften ded Wiener Sons 


greſſes in den 3. 1814 und 1815,“ movon noch in den. 


legten Monaten der Verſammlung die erften drei Hefte 
(Erlangen 1815) erſchienen; doc hielten ihn Gründe der 
Alugbeit ab, in diefen Heften Protokolle mitzutbeilen 
und ſchon damals fh ald Heraudgeber zu nennen, um 
nicht eine vielleicht nachtbeilige Aufımerklamfeit auf den 
Urbeber einer folden mäbrend der Dauer ded Sons 
greiied gedrudten Sammlung zu ziehen. Sein Beftreben 


ei der Herausgabe der Aktenflüde war darauf gerichtet, -- 


‚einen „richtigen Tert zu liefern und zu diefem Zwecke 
murden mehrere Abfchriften forgfältig verglichen. Als 
die Sammlung mit dem achten Bande (1819) ſchloß, 
gab er die DVerfiberung, daß fie nicht ein Akrenſtück 
enthalte, dad feine Amtöverbältniffe ibm verfchafft daͤt⸗ 


ten, feines, dad nit auf redlibem Weg in feinen. 


Beliß gefommen, nichts, wodurch er Vertrauen ges 


- taufht oder eine Amtöpflicht len: aber au nicht _ 


eine Urfunde, die irgend ein Hof ibm zur Befannt 
machung mitgetheilt hätte, obgleich ihm von hochgeſtell⸗ 


— 


240 Rüben. 


‚ten Staatömännern die Mittbeilung fehlender Wftens 
nice: namentlich derjenigen, die zu den Verhandlungen 
iber die polnifch-fähfiide Trage gebören‘, war ver, 

- fproden worden. Don Den beiden wichtigften Akten» 

ftücfen, dem „Acte final du congres de Vienne“ und der 


‚deutfden Bundesakte veranfaltete er einen befondern 


Abdrud (2. Auft., Erlangen 1818), der fowopl durd 
eritifche Berichtigung des Terted, ald durch eigne Aus 
gaben vor dem in den „Alten“ befindlichen Abdrud ſich 
audzeichnet und durch Nachweiſung der Verhandlungen 
über die einzelnen Beſtimmungen der Bundesafte für 
die Eniſtehungsgeſchichte derſelben wichtig if. In der 
„Ueberſicht der dipſomatiſchen Verbandlurgen ded Wie: 

ner Kongreſſes“ (3 Abtheil., Sranff. af. 1816) gab 
er eine Gefchichte des Ganges der Verhandlungen und 
mebrere Abhandlungen und Berichte fiber einzelne die 
deutfchen Angelegenbeiten betreffende Gegenftände. Durch 
feine vielfältigen Erfahrungen ‚und ald Augenzeuge der 
Entftebung des neuen Foͤderativſyſtems mar Klüber vor 
Andern berufen, dad Bundesſtaatsrecht ſyſtematiſch dar⸗ 
zuſtellen, wie es fein „ Oeffeniliches Recht des deutſchen 
Bundes und der Bundesſtaaten“ (Frankf. a/M. 1817) 
ge naıı dat, dad 1822 in der zweiten und 1831 in der 
- dritten vielfach verbefferten Ausgabe erfbienen if. Dies 
- ed trefflihe Werk iß eben (0 fehr durch gute Ans 

- prdnung, gründliche Erörterung und erläuternde Rüd» 
pliefe auf die ſaaisrechilichen Verhältniffe des deutſchen 
Neid und dag ehemalige Texritorialſtaatsrecht, als 
durch freimütbige Unerfennung der Nechte der Voͤlker 
ausgezeichnet. Klüber ftand an der Spige der deutſchen 
Staatärewtölebrer, aber er war fein Hofpublicifi und ver: 
band mit den DBorzligen der alten publiciſtiſchen Schule 
sin Flared Verftändnig der Zeitforderungen. An dieſes 
Merk fchlof fid feine „Quelſenſammlung für das oͤffent⸗ 
fie Necht des deutſhen Bundes” G. Aufl, Erlangen 
1850), während er zugleid dad europaͤiſche Voͤlkerrecht 
in feinem „Droit des gens modernes de l Kurope“ (2 Bde., 
Stuttgart 1819, deütſch ebendafelbft 1821) bearbeitete. 
5, batte bereitö feit 1814 Einladungen zum Eintritt in 
den preuß. Staatödienft erbalten und trat endlich 1817 
ald acheimer Zegationdratb unter dem Gtaatöfanzler 
von Hardenberg, deffen Gunft und Freundſchaft er_feit 
vielen Jahren genoffen batte, in das Minifterium ber 
auswärtigen Angelegenbeiten. Er war feitdbem bei meb⸗ 
reren polisifden WBerbandlungen in Frankfurt a / M., 


t 


> 
. 
\ 
[2 


» 


side. 241 


ersburg und zu bei dem Kongre 
es aber mar Die zweite Ausgabe —— 
a 


Es erfolgten offene und verdeckte Angriffe zuerſt von 
‚ der eine foͤrm⸗ 
lide Denunciation, wiewohl damals ohne Erfolg, in 


durchgaͤngig Die entidiedentte Vorliebe für die gem 
ten Kegierungsverfaflungen einiger Bundesländer, 
gieio Die neuere Eefeügebung des deutſchen Bundes 
ekanntlich unter der thätigſten Mitwirkung Preußens 
dahin gerichtet geweſen fei, ‚den demokratiſchen Prin- 
cipien entgegenzumirfen, welche man den in einer noch 
lange zu beflagenden Epoche fat allgemeiner politiſchen 
Berwirrung mit fo großer Webereilung gerieten er⸗ 
ſſungen zum Grunde gelegt habe. in Dem minikeriels 
en Ausſpruche wurden K.'s angeblide Verfhuldungen 
nur einer Verkehrtheit feiner publiciſtiſchen Urtiheilskraft 


qur Laſt gelegt; wer ibn Eenne, bieß es, werde nicht 


einer Ueberzeugung zu Werke gegangen fei, aber der 

ichtkenner inülfe eben in Der Managelbaftigkeit. feiner 
Einſicht eine böfe Abſicht erkennen. Klüber fand das ihn 
verdammende Urtdeil ſowohl für feine amtliche, ald 


finer dag er in der Darftellung feines Syſtems nad 


publiciſtiſch⸗ literariſche Stellung zu demätbigend, ald dat 
- er einen FR enblick gezoͤgert 9* 


te, feine Entlaffung au! 
dem preußiſchen Staatödienfte zu ſuchen, die ibm endlich 
nah vier. Monaten auf wiederholte Bitten gemäbrt 
wurde. Seit diefer Zeit lebte er beinahe fortmährend 
in Srankfurt a / M., immmer fammelnd, arbeitend, bes 
lebrend. Eine preußifde Verordnung von 1323, welche 


*) Deffen Bidgraphie fe N. Nekr. 1%. Jahrg. ©. 62. 
R, Rekrolog. 15. Jahrg. (6 


⸗ ö ' 


77 er.’ 


das Reqt der Entſcheidung aller Streitfragen über-den 


Sinn, die Anwendbarkeit und Gültigkeit. von Staats. 


verträgen dem Richteramt entzieht und dem Minifterium 
der audwärtigen Angelegenheiten quelonet, veranlaßte 
-ibn, in feiner Schrift: „Die Selbfitändigkeit des Richters 
amts und Die — ſeiner Urtheile im Recht⸗ 
fprechen“ (Frankfurt a / M. 1832), den Grundſatz jener 
Verordnung freimüthig zu prüfen. Dieſer folgten dann 
noch mehrere Monographien, auch gefammelte Abhand— 
[ungen u. f. w. Silüber ftand im 75 Jahre ald er ftarb. 
Dob ſchrieb er noch bid in dieſes hohe Alter eine ju— 
gendlide und fchöne Handſchrift. Ungeachtet des von 
ibm geopferten Gehalis, floffen ibm noch binreidhende 


‚ Mittel eines forgenfreien und bequemen Lebens. Wiſ— 


fenſchaftlich inmitten der Parteien ftebend, mwärdigte ibn 
jede nad feinem Verdienſt und ſo ſehr er fid Den libe— 
ralen Intereſſen, namentlih der Sache der Prepfreibeit 
mit Hand und Mund alınftig zeigte, fo theilte Doch auch 
diefelde Hand und derſelbe Mund bifterif gliedernd 
- und obne die Eleinite Untreue an jenen en 
namentlich feines finfenden Lebens Reſponſa 
ceffiondfragen und andere pofitive Dinge an durchlauch—⸗ 
tige Häufer mit. Seine legte Kranfheit dauerte nur 
furz._Der Tod näberte ſich ibm leiht und fill. Der 
von Karlörube auf die Nadridt von dem bedenklichen 
Unmwohlfein ded Vaters berbeieilende Sobn fand ‚ibn 
nicht mebr am Leben. — Unfireitig war K. der tlichtigfte 
und ebrlichfie unferer gegenwärtigen Publiciſten, obne 
"darum zu den fogenannten politifhen Ideologen zu ges 
bören, welche für die öffentliche Meinung nur gemille 
Sieblingdanfichten der Zeit oder gemiller Kreiſe oder 
ihrer ſelbſt, wo nit ald recht und nothwendig, doch 
ald bewegende Thatſachen hinſtellen und verkünden. Er 
ehörte noch meniger zu denjenigen Rehts- und Ge 
dihtökundigen, die aud dem Gewirre ded Tages fi 
urüdzogen” unter die Denkmäler und Ueberreſte der ges 
Teufcaftlicen Seftaltungen früherer Zeit und an deren 
Wiederaufbau arbeiten oder daran verzmeifelnd, Fluch 
den Beltehenden und Geißelung dem anders denkenden 
Geſchlechte droben. Das eigenthämliche Feld 8.8 war 
zunaͤchſt dad diplomatiſche Recht, worunter wir bier das 
urkundliche oder EM mmlihe, durch Urkunden, Ders 
"dandlungen und lebendige Zeugen fireng erweisliche 
Recht verſtehen. Ed mar vor Allem die Elare nadte 
Thatfache des befiebenden Rechts, deren biftorifhe Weis - 
fung ibn befaäftigte. Inſofern gehörte er mit einigen 


ber Sun 


Kiüber. 243 


Wenigen nod zum Stamm der äftern, vormald auch 
nur allein fogenannten Publiciſten Deutſchlands und 
ſchloß ſich an Mofer und Pütter an; Beide übertraf er 
jedoch ‚unftreitig durch größere Kritik und Schärfe des 


Wiſſens; befonderd war er weit entferns von allen bike» 


riſchen Phantadmen und Nebelgeftalten, denen fi) Pütter 
fo bäufig hingab. Aufgenommen batte er dagegen in 
fid noch die von Sriedrid Karl v. Mofer und Schlözer 
- eingefhlagene Richtung einer politifhen Verwaltungs- 
kritik und er war Dabei den neuen Ideen nicht unzus 
änglicy geblieben; doc verkündete er fie nur da als 

edt, wo fie bereitd diplomatiſch dafür anerkannt wa⸗ 
ren; nur .etwa ein Säftenfahrer war er auf dem jept fo 
. Iuftig befahrenen Meere der potitifiben Ideen, deren 
praktiſche SKonfequenzen ibn wohl zuweiſen ſchaudern 
machten und er wollte fi darum noch nicht zu weit von 
dem Ufer entfernen, auf weichem er immer fo ficher ges 
fanden. Einer philofopdifden Grundanfdauung von 
Staat und Recht jenfeit oder unterhalb der . Nebels 
bupotbefe des Stantövertragd und außer einigen Negas 
tionen begegnen wir nirgends in den Kläberfhen Schrifs 
ten. — Außer den genannten Werken find noch von ihm 
. erfdienen: Diss. I et II de Arimannia. Erlang. 1785, 
(Diefe beiden Differtationen erfhienen auch unter dem 
gemeinfamen Titel: De Arimannia Commentatio juris 
feudalis Longobardici. Erlang. 1785.) — Verſuch über die 
Geſchichte d. Gerichtslehen. Ebd. 1785. — Kleine jurift. 
Bibliothek. 8 St. Ebd. 1785 — 94. (6 St. maden einen 
Band aus). — Progr. de jure nobilum feuda militaria 
eonstituendi. Gottingae 1786. — Das Nitterweien des 
Mittelalterd nach feiner polit. und militdr. Verfaflung. 
. d. Franz. des Hrn. de la Eurne de Sainte :Palaye; 
mit Anmerf., Zufägen und Vorrede. 3 Bde. Nürnberg 
1786 - 91. — Progr. de pictura contumeliosa. Erlang, 
1737. — D. de nobilitate codicillari. Ibid, 1788. — Gub . 
mit einer Vorrede berauß: Jo. Theophili Segeri — 
Opuscula juris universi et historiae. Vol. L. Ibid, 1788. — 
Sopſtemat. Entwurf d. kaiſerlichen Wanlkapitulation, mit 
Dufägen u. Veränderungen. Ebendaf. 1790. — Neueſte 
iteratur d. deutſchen Staatsrechts, ald Sortfegung der 
Pütterifhen. Ebendaſ. 1791. (Auch unter dem Titel: 
fiteratur d. deut. Staatsrechtd von Pärter; fortgef. und 
ergänzt von SU. Ar Th.) — Alten zum Gebrauch feines 
proftifhen Kollegiums. Ebd. 1791. — * Die Folpjalpen; 
1792. Eine Sätpre auf Dad Angamelen In‘ egends 


— 
* 
v 


⸗ 


lid. 1798. — *Das neue Licht, od. 


Mu Kluͤhber. | 
durg nachgedrudi und Genz fälte damit einen ganzen 
Komitialberidht.) — Isagoge. in elementa juris publici, 
uo utuntur nobiles immediati in ne Rom. Germ. 
aftatter Friedens⸗ 


kongreßausſichten. Raſtatt Ceigentl.-Närnberg) im Januar | 
41798. — Einleitung zu einem neuen Zebrbegriff d. deut, 


Staatsrechts. Erlang. 1803. — Ueb. Einführung, Rang, 


Erzämter, Titel, Wappenzeihen u. Wartſchilde d. neuen 
Kurfürken. Ebend. 1803. — * Das Dffupationsrecht des 
landesherrl. Fiskus, im Verbhaͤltniß au den Befigungen, 
Renten u. Rechten, welde den fekularifirten, ald Ents 
jichaͤdigung gegebenen geiftliden Stiftungen in fremdem 
Gebiete zugeftanden, rechtlich geprüft von Dr... 8. K. 
Ebd. 1804. — Kompendium der Mnemonik od. Erinne: 
rungswiſſenſchaft aus dem Unfange des 17. Jahrh., von 
Lompredt Schenkel u. Martin Sommer; aus d. Latein. 
mit Dorrede und Anmerf. Ebend. 1804. — Ebrerbietige 
“ VBorftelung an die bodlöbl. unmittelbare Reichsritter⸗ 
fdaft, von einem Mitgliede derfelben. Tanuar 1805. 
(Ohne Drudort). — Ueber den ſtaatswirthſchaftl. Werth 
d. Bapiergeibet in deut. Reichöländern. Tübingen 41805. 
(Auch) in den europdiſch. Annalen 1805. 9. 3.) — Mein 
Kontingent zur Geſchite d. Gedächtnigäbungen in den 
ertten Jahren ded 16. Saͤkulums für die Befiger von 
Schenkels und Sommerd Kompendium der Mnemonik. 
Ptürnd. 1805. — *Essai sur ’Ordre de Malte ou de St. 
Jean et sur ses rapports avec l’Allemagne en gendral et 
. avec le Brisgau en particulier. Basle 1806. — Baden bei 
Raſtatt. Mit 4 Kpfrtaf. Tübi ge 1807_N. U, 1811. — 
Staatsrecht d. Rheinbundes. Lehrbegriff. Ebd. 1808. — 
Die Sternwarte zu Mannbeim, beſchrieben von ihrem 
Kurator, dem Sigats- und Kabinersrath Klüber. Mit 
- einer DD DER, der Sternwarte in Steindrud, Mannb. 

4811. — *Das Lehnfolgerecht d. Familie von dem Sinefes 
bed zu Tylſen auf Die Grafſch. Hoorn. Frankf. u. Lpig. 
41815. — Staatsarchiv d. Deut. Bundes, 2 Bode. Erlang. 
41816— 17. — Bab heraus: C. ©, Arndt üb. d. Urfprung 
u. die verfhiedenartige Verwandtſchaft der europdiiden 
Spraden u. f. w. Frankf. a/M. 1818. — * Unmeifung 
wur Froauung aBE Bebandlung ruf. Stubenöfen u. zu 

rwärmung ber Menſchenwohnungen auf ruf), Art, Mit 

eichnungen in Gteindrud,. Ebd, 1819. — Europdifches 

Öfferredht. 2 Bde. Stuttgart 1321 —22, — *Neuelte 
Einrichtung des Fathol. Kirchenweſens in ben k. preuf. 
©taaten oder paͤpſti. Bulle v. 16. Juli 1821 uw, Fönigls 


. 


7 Zeeland. 245 


Srauff. 1830 — 34. — Sortfegung der Duellenfammlung 

.zu dem Öffentlinden Rechte de 

833. — — Staatshandbuch 66. Ju. 2 Abth. 
834. hichte der 


84. Gottfried Reinhold Treviranus, 


praktiſcher Arzt und Profeſſor der Medicin und Mathemathik am 
Lyceum in Bremen; 


geb. den 4. Februar, 1776. geſt. ben 16. Februar 1837 *). 


Treviranus war zu Bremen geboren. Seine Vor⸗ 
fahren vaͤterlicherſeits hatten ſich iheils dem ſuden 
theils dem Kaufmannsſtande gewidmet und frädber am 
. Rbein, jet etwa einem Jahrhundert aber im noͤrdlichen 

Deutfdland gelebt. Er war daB Ältefte von acht Ge⸗ 
&miltern, Deren nur drei ibn überlebt haben, naͤmlich 
udolf Chriſtian, jent Profeffor der Botanik zu Bonn, 
feinem Bruder auf dem Wege der Naturforfhung vers 
trauter Begleiter, —— eorg, Dirigent einer Ma⸗ 
ſchinenfabrik zu Blansko in Mähren und eine unverbeis 
rathete Schweſter. Unſer T. befuchte vous Jahr 178% , 
bis 1791_ dad Gymnaſium zu Bremen. Schon von us 
gend auf zeigte er große Bebarrlichkeit in feinen Stu 
dien. Der Kaufmanndttand, dem er fib, der Eltern 
Wunſch gemäß, bätte widmen follen, war für ihn obne 
Reiz, Dagegen waren Phypſik und Mathematik die Faͤcher, 


») Nach d rordent B allgem. Zeitung 1837. 
PR ach se außerordentlichen — 3. allgem. Zeitung 


4 


246 Zreviranud. 


welde feiner Neigung am meiften entfprachen und in 
der Mathematik batte er ed, bevor er dad Gymnaſium 
verließ,-fo weit gebracht, daß feine Lehrer ihn auf gleiche 
Stufe mit ſich fellten. - Die vorderrfhende Richtung 
‚auf realed Willen war ed, was ihn beftimmte, fich der 
Medicin zu widmen. In Göttingen betrieb er diefe - 
Studien in den Jahren 1793 bis 1796 mit jenem Ernfte, 
jener. Treue, die alle feine Unternehmungen, fein ganzes . 
wiſſenſchaftliches Leben bezeichneten. Schon auf der Unis 
verfität fühlte er fib zur Phyſiologie — der Lehre von - 


dem Leben und feinem Erfheinungöwefen in Raum und 


Zeit — mädtig bingezogen ; er ergab ſich diefem Stu 
dium, um ed für die ganze Dauer feines arbeitövollen 
Lebens fletd am Herzen zu tragen. Noch ald Student 
&rieb_er, im Auguft des Jahrs 1795, eine Abhandlung 
‚ uber „Nervenkraft und ihre Wirfungdart,” melde, ohne 
des DVerfaflerd Namen, in Reils Archiv für die Pbofio- 
logie (Band 41. Heft 2.) gedrudt ward. Am 24. Sept. 
41706 vertheidigte T. feine Inauguralſchrift: de emen- 
dauda physiologin und kehrte dann nab Bremen jurüd, 
um in feiner Baterftadt fih Der ausübenden Mediein zu 
midmen. ber er liebte dies Geſchaͤft nicht, wegen ber 
Beſchwerlichkeiten, die ed mit fib bringt und der da— 
durch nothwendigen Zerfplitterung der Zeit, welche er 
lieber ausfchließlih feinen Lieblingsfiudien würde zuger _ 
mendet haben. Seine Leibeskonſtitution war zwar im 
Ganzen ſtark, doch hatte er eine ſchwache Bruft, ein, 
- Grund mehr für ibn, fib won den Müpieligkeiten der. 
aͤrztlichen Praxis einigermaafen frei zu balten. Auf der 
andern Seite bing bie ausfbende Medicin mit feinen . 
Studien zu genau zufammen, weshalb er felbit im fpd» 
teren Jahren nicht zu bewegen war, fie aufgugeben. Er 
widmete daber gemöhnlid einen Theil ded Vormittags 
feinen Krankenbeſuchen, ben andern bradte er bei Zers 
gliederungen und Unterfuhungen am Mikroskope zus. 
Die freien Stunden des Nachmittag waren der Lek- 
türe, die des Abends dem Ausarbeiten feiner Schriften 
gewidmet. So lebte er, in pbilofophifder Stille, befe: 
ligt von feiner Wiffenfchaft, vierzig Jahre lang und noch 
sehn Tage vor feinem Tode machte er Krankenbeſuche 
und beforgte die Korrektur einer phpſiologiſchen Schrift, 
welche Ibm zu beendigen nicht mehr vergönnt war, Bald 
nah feiner SHeimfebr von Göttingen, im Jahr 1797, - 
wurde T. Profeffor der Medicin und Mathematik an 
dem Lyoceum zu Bremen, melde Unterrichtsanſtalt Das 


. ° 


Treviranus. 247 


mals noch beßand. In eben dieſem er gab er den 
erften und im Jahr 1799 den zweiten Theil feiner „Phys 
fiofogifcben Fragmente“ beraus. Man erkennt aus dies. 
fer rift, daß ibn Damald die durch Die Entdedungen 
ded Galvanidmus und durd Humboldtd Forſchungen 
angeregten Unterfuchungen Über die allgemeine Reizbar⸗ 
£eit fehr befhäftigten. Im Zufammenhang damit ſtellte 
er eine Reibe_von Derfuden an über den Einfluß des 
alvanifchen Agend und einiger demifhen Mittel_ auf 
ad vegetabilifche Leben, fo wie über die Einwirkung 
des Opiums und der Belladonna auf die Zungen der 
Umppibien. (Vom Erfolge dieſer Verſuche berichtete 
er im Jahr 1800 in dem von Pfaff und Scheel beraußs 
Jeaebenta nordifchen Archis für Natur» und Arzneiwi 
enfchaft, Band 4, Stuͤck 2.) Inzwiſchen batte er (hof _ 
von feiner afademifhen Studienzeit an fihb mit der 
dee eined ara Werks getragen, das, von Hallerd 
Elementen der Phyſiologie au ebene, den Gewinn und 
die veränderte Geſtali, welche die Wiflenfbaft vom Les 
ben angenommen batte, darſtellen follte. Died war die 
„Biologie oder Philoſophie der lebenden Natur” — ein 
Bert, eſſen Werth von den geitgenofien ebrenvoll an⸗ 
erkannt wurde und welches auf die Geftalt der Willen- 
haft in mannichfaltiger Weiſe eingemwirkt bat. - Die 
ubarbeitung des Werks 309 ihn in mande Damit ver 
Enüpfte Unterfubungen, deren NRefultate von ihm in 


verſchiedenen era Sr niedergelegt worden find. 


Hierder gebdren feine ſchaͤhbaren Arbeiten, die Phyſio⸗ 
logie der. Infekten und Fiſche betreffend (welche anfäng- 
fi in den Annalen der Wetterauer Geſellſchaft ‚für bie 
Naturkunde, Band 3, dann vermehrt in Dem zweiten 
Bande der vermifhten Schriften anatomiſchen und phy⸗ 
ologiſchen Indalts aufgenommen wurden, die er vom 

ahr 1816 an mit feinem Bruder berausjugeben anges 
angen bat). Seine ſGoͤnen Unterjnugun en über den. 
innern Bau der Arachniden wurden im Sjabr 1812 dur) 
Die phoſikaliſch⸗mediciniſche Sefellichaft zu Erlangen zum 
Drud befördert. In der oben erwähnten Sammlung 
von Abhandlungen anatomifhen und phyfiologiſchen Ins 
halts, melde im Jahr 1824 mit dem vierten Sen de 


248 Treviranus. 


* 


, Soc hen: scient. gotting.) find Die Zeichnungen und der 
vortreffl 


zur Anatomie und Aophoiogte a z 


f 
bältnißzablen Aber die Refraftion der ee Theile 


eren Borläufer geiten, andrerfeitö Die im rafchen Sorts 
reiten begriffene Wilfenfdaft bis auf Die neueften Zeis 
ten fortfähren follte, da feit Erfpeinung des erſten 


° 
[4 


v 
1] "ri S 


Zreviranıd. ‘249 


md des erfteren dreißig Sabre verfloffen waren. Hier 
wurde’ denn auch nit bIo8 Die Lehre von den ©innen, 
denen er den legten Band der Biologie gewidmet batte, 
fondern auch die fhmwierigen Kapitel vom-Nervenfpftem 
und feinem Verhaͤltniß zum phnlifchen Leben überbaupt, 
vom geiftigen Leben in feinen eziebungen zum koͤrper⸗ 
lien in der Sinnenwelt, fo wie die Lehren von der 
zeusung, vom perisdifden Wechſel in den Lebensers 
beinungen (Wehen und Schlaf), von Konftitution, 
Temperament, Gefundbeit, Krankdeit — abgebandelt. 
Was aber dem Entwurf des Werkö gemäß bier nur 
Fur; betrachtet werden Ffonnte, daß beabfihtigte er in 
einer beftweife unter dem Titel von „Beiträgen zur Yufe 
Flärung ber Geſetſe und Erfdeinungen des organiſchen 
Lebens” erfheinenden Schrift weiter zu entwickein. Des 
son erfcbienen jedoch nur ei Hefte. Don dem drite 
ten biefer Hefte erlebte er den vollendeten Abdruck nicht 
mebr, Eine nervöfe Denßtenthändung machte feinem 
thätigen Leben fanft und fehmerzloß ein Ende. Bei einer 
großen Neibarfeit der Fungen, welche durch jeden Wits 


- terungömechfel leicht afficirt wurden, fad T. feinen Tod 


feit Jahren ald nadbe an; doch blieb die Th tigkeit feis 
ned Geiſtes während dieſer Eranfdaften Stimmung ſtets 
die ndmlice. Als er einige Wochen vor feinem Ende 
ein Ausfegen des Pulfed um den vierten und flebenten 
Sthlag, verbunden mit Erſchwerung ded Athems, wahr. 
nabım, fchrieb er ed auf Rechnung der Unftrengung beins 
Kupferſtechen Cer hatte eben noch zu dem unvollendeten 


„Dette feiner Beiträge vier Tafeln eigenhändig geftoden)' 
- and glaubte durch ruhiges Verhalten dab Uebel befeitis 


gen zu Können. Doch leider war die Stunde gekom— 
men, da Deutfchland einen feiner trefflidften Naturfors 
fiber ſollte ſcheſden feben! — X, batte die Bildung und 


. Ridtung feines Geifted von den Alten empfangen, de⸗ 


ren er viele gelefen. Er liebte die Natur in ihren fl 


‚ len Wirkungen und das, wozu der Umgang mit ihr an» 


regt, Die Unabhängigkeit, fiber Alles. In der Räde von 
Bremen befaß er ein Eleines Landgut, wohin er fi) ger 
meiniglih für einen der Sommermonate zuräd;og, um 
ganz Der Wiſſenſchaft zu leben. Hier war ed aud, wo 
er gern die Dichter und Philoſophen lad, von denen er 
Heiterkeit und Berudigung ald Lohn für angefrengte 
willenf@aftlice Thaͤtigkeit empin: T. war in einem 
mäßigen Wirkungskreis ein glüdliher Arzt, der eines 
unbedingten Vertrauend genoß; er war ein treuer, äue 


. 


250° Treviranus. | 


verläffiger Sreund, ein — und beſorgter Haus, 
vater, ein achtungswuͤrdiger Buͤrger. Er war ein Mann 
des deutſchen Herzens, des offenen, Elaren Auges und 
ehörte pi denjenigen Köpfen, die nicht von der Ober⸗ 
Aöde, ie vielmehr aud der Tiefe fchöpften. Geine 
Schriften fegen, um richtig gefaßt und volftändig bes. 
nugt zu werden, einen tüchtigen Verftand, eine vielfeitige 
Borbildung und eine Ruhe und Stiue des Gemüths 
voraus, mie fie in unferen Zeiten, unter dem Drange - 
großer Ereigniffe, eben nicht leiht gewonnen und erbals 
sen werden. Dennod dat T. in feinem Vaterland einen 
— — gehabt. Er bat, obgleich niemals 
niverfitätölebrer und in einer Handelöftadt anfällig (die 
zwar Durch reiche milfenfchaftlide Bildung ibrer Bewoh—⸗ 
ner ausgezeichnet ift, aber außerhalb der Mittelpunfte 
fiterarifcpen Verkehrs liegt), dennoch Diele belehrt! Es 
gibt wohl feinen Gau des deutſchen Baterlands, in mels 
- em man nicht irgend eine feiner gewichtigen Schriften zu 
bem literariiden Schatz eines Arzted, eined Pharmaceus 
: ten oder Landwirths zaͤhlte, wo fie nicht in Stunden ru» 
biger Muße mit Vorliebe und Erfolg gelefen mwürbe, 
ir finden in diefem Schriftſteller einen Ernft, eine Ums 
fiht der Betrachtung, eine Ausdehnung von Kenntniſſen 
na jeder Geite hin, Daß wir ibn nie aus der Dand 
legen, obne die Ueberzeugung, eine tüchtige Natur, ein 
klaſſiſch gebildeter, moblgefinnter Mann, ein Mann, dem 
ed vor Alem um Wahrbeit zu tbun fei, babe zu und 


geredet, ier it fein Scillern, fein Schmwanfen der 


Begriffe, fein Hafben nad Weberredung durch ſchöͤne 
Worte, fondern Alles gemillenbaft, treu, ungeſchminkt, 
der Willenfchaft zu Liebe. T. war einer von jenen Nas . 
turforſchern, denen ed nicht ſowohl um ein Spyſtem, ald 
. um die möglihfte Näberung an die Wahrheit zu thun 
it. Seine Unterfubung gebt meiſtens den analytiſchen 
Meg; von allgemeinen Begriffen, von Ideen fteigt fie 
um einzelnen Sall berab; fie bringt dad Licht einer hd» 
bern, eifligen Anſchauung mit fi in dad Helldunkel, 

ı bad bunte Sarbenfpiel der Erfheinungen und erleuch— 
tet dadurch die verwirrende Mannicfaltigkeit. Dielen 
Gang nabm T. ſowohl, wenn ed ibm, mie in feiner. 
„Biologie,“ um Bewältigung und Gliederung des ge» 
fammten Materiald zu ıbun war, ald wenn er, Dad Meis _ 
fer in der Hand, ganz Eonfrete Bildungen unferfuchte, _ 
um fie fodann dire ben Pinfel mit nit gemeiner Kunſt⸗ 
fertigfeit au firiren. Wir glauben Damit Die Keibe von - 


- 





Treviranus. 251 


Naturforſchern bezeichnet zu daben, zu der er zu zaͤhlen war 
und in welcher er einen boben Rang einnabm. Er gebörte 
zu den besriRigenken Naturforfchern, zu denen, melde 

mit einer gluͤcklichen Divinitionsgabe ausgerüftet, jenes 

Divinum herauszufuͤhlen verſtehen, worin die Bedeutung, 

die Seele jeded Naturweſens wirkſam erfheint. Dies 

fen Naturforfbern if Die Natur nit ſinnlos, nicht 
automasiih; ihnen gibt ed Kein Leben, das nicht befeelt 
wäre. Sie erkennen, daß die Angeln, um welche fi) 

. die Tharhandlungen, die Geſchichten des Lebend Drehen 

— weit entfernt, in irgend einer Weife mit einem Mes 

- &anismus verglichen werden zu Eönnen — vielmehr jede 

Analogie diefer Arı von fih weifen. T. bolte überdies 

die Begeiſtigung der Natur nit von einer Weltfeele 

her. Eben fo wie Zeibnig, Newton und Kant glaubte 

- er nit daran, daß die Dinge in der Natur etwa gleich: 
fam von dem Hauch diefer durch die Schöpfung binfad» 

renden Weltfeele in Ddem und Bewegung, verießt wärs 

den. „Mit der Boraudfegung einer NBeltfeele, (agt 
er ſelbſt, „iR entweder alles individuelle geifige Dafein 
aufgehoben oder man ift gezwungen, außer diefem Prin⸗ 
cip noch ein befonderes für jedes einzelne Leben ann. 
nebmen. In beiden Faͤllen gibt jene Hypotheſe Feine. 
leichtere Erklärung, als die Annahme deſſen, der in jes 
dem individuellen Leben Wirkungen eines für’ ch beftes 
benden Principe ſiedt.“ Er war vielmehr von der innis 
gen Veberzeugung durchdrungen, daß die richtige Nature 
etradhtung, die wahre Forſchung immer auf Die Notds 
wendigfeit binfähre, ein individuelles geiſtiges Sein, ſo⸗ 
mit. unfterblide Befonderbeiten, anzunehmen. Cr vers 
einigte Diefe Ueberzeugung mit der andern, daß „alle 

. febende Wefen in einer nicht durch Sinnedeindräde ver» 

mittelten — gegen einander und gegen die 

übrige Natur ſtehen.“ iR Bar, daß Studien, welche 
olche — — begränden, auch einen fittliden 
barafter entwickeln, dab fie eine beruhigende, befelis 
gende Kraft äußern mußten, ſowohl auf den Mann feilbft, 
ald auf diejenigen, welche fie unter des Schrififtellerd 

Anleitung wiederholten. Don diefem Befichtöpunft aus 

syn wir fagen zu bfrfen, daß die Lektüre von X. 

chriften feinem Publitum nit blos in der Sphaͤre 
des Verſtandes, fondern auch in der böbern ded Gemüths 

‚genußt habe; und da Ideen und philofopbifche Webers 

ierannaen obfchon unmerklich, Doch febr bald in weitere 

reife bindurchdringen, auch dort noch thaͤtig find, wo 
® 


⸗— 


252 Treviranus. | 


fie dur das Medium mannichfacber Perfönlichfeit mo⸗ 
difieirt worden, fo eben mir nit an, Diefen Schrift⸗ 
fteller wegen es: allgemein mohltbätigen Wirkfamkeit - 
zu preifen. er verſucht bat das große Material in ſich 
aufzunehmen und zu verarbeiten, weldes T. in den ſechs 
Bänden feiner „Biologie“ mit volpbiftorifcher: Gelebrs 
famfeit niedergelegt bat, wird und bierin beiftimmen, 
Und diefer Odem einer böbern, geiftigen und begeiftis 
genden Naturanficht, der gleidmäßi durch alle Schrifse 
ten dieſes ausgezeichneten Forſcherg webt, macht die 
Mängel im Einzelnen vergeſſen, welde Sqriften diefer 
Art, befonders wenn fie (wie es mit Denen T. Der Fall. 
war) langfam erſcheinen. in unfern Zeiten an fi tragen 
müffen, jegt, wo alle Zweige der Naturwiſſenſchaft mit 
\ großem Eifer, mit fo gewaltigen Hülf&mitteln und fo 
‚überrafpenden un ultivirt werden. Dad erwähnte 
Streben, jede Unterjubung auf eine böbere Einbeit zus 
rädzufübren, it ein Verdienſt der Schriften T., melded 
e mit den beften äbnlichen in unferer Literatur theilen. 
In Rüdficht auf den gemäßigten, ungeſchminkten “Ton, 
auf die Die Phantafie zligelnde, ruhige Haltung laſſen 
fe ſich mit manden verwandten Erfcbeinungen der eng» 
ifchen Literatur a Man fühlt, daß diefer 
riftfteller die Vorfchriften eines Baco kannte, Daß er 
emübt mar, ihnen zu folgen. SE. hatte fi eine bobe - 
Aufgabe gefegt: „die Geſchichte des organifchen Lebens“ 
nach feinen Erfcheinungen und Gefegen Darzuftellen. Es 
beißt dies mr weniger, ald Unfang_ und Ende unferd 
menfelichen Wiffend von natürliden Dingen. Die feins 
ften Fäden der Pbilofopbie, wie die fl rkſten Zeitfeile 
‚ der Erfahrung follten bier in Einer Hand gebalten, dad 
Mykerium ded Centrumd und Die jinnermübende Uns 
endlichfeit an der Peripherie aller Erſcheinungen ſollten 
glei mächtig und Daß gefaßt und dargeftellt werden. 
or T. lag die Phyſiologie, feit Hallers unfterblichen 
Arbeiten zu dem Rang einer Wiſſenſchaft erboben, mie 
fie. nun, durch die Entdekungen in der antſphlogiſtiſchen 
Themie feit Lavoiſter, in der Phyſik, —— durch 
-Galvani und Volta, in der Botanik feit Année und Juſ⸗ 
fieu, in der Zoologie feit Buffon, Bid, ya und Huns 
ter, in ber Mineralogie und Geolgie heit erner bereia 
dert, eine neue Geftalt erbalten follte. Das Beftreben,. 
alle diefe Fächer in Beziebung auf ihren oberfien Ges 
oenftand, den Menfchen und auf da Leben, dad biefer . 
-Meffer ber irdifepen Schöpfung von fid aus abwärts 
k — 


Treviranus. ‚283. 


u erfennen und zu begreifen bat, zu .wereinen, fie in. 
ein organifhed Ganze zu bringen: dies war eb, was vor 
. Bei ſcwebte; ein Unternehmen, eben fo kühn ats 
bei glüdlihem Erfolg lobnend. Gerade ald T. auf den 
Schauplag trat, war in Deutſchland jene Richtung, Über 
die Natur zu fpeluliren, lebendig geworden, welche man, 
‚ mit einem ziemlich unbeftimmten Begriffe die Naturpbis 
Sofopdie zu nennen pflegt. Es iR charakteriſtiſch für T. 
Geittedanlage und Thätigfeit, Daß er ſich der naturpbilos 
foppifden Schule eben fo wenig zugefellte, als A. v. 
Humboldt, mit dem er in mander Beziehung, befonders 
auf Univerfalitdt und Forſchungsweiſe, verglihen wers 
den mag, den er auch in feinen Schriften gern als Ges 
mwährömann antührt. Er blieb ſtets dem Empirismus 
augeidan, biele ed aber für Pflicht, die Erfabrung in 
brer zo te vollen Ausdehnung zur Bafid zu nehmen. 
Eben deöbalb war es ibm, wie allen denen, die viel 
wiffen, nicht leicht, in irgend einem Gegenſtand der Nas 
turforfchung zu einem Abfcbluß zu kommen, ſich ald bes 
friedigt zu erklären. Mit den bier angedeuteten Geſin⸗ 
nungen unternahm er fein größted Werk „die Biologie.“ 
Gerade dedbalb aber mar es natürlich, Daß er den weit 
‚und breit gefaßten Plan (der unter Underm aud Die 
Geſetze der Derbreitung der organiihen Wefen auf der 
‚ Erbe umfaßt), bei der täglich ind Ungebeure gefeigerten 
Aunabme unferer Erfahrungen über die Erſcheinungen 
des organifhben Lebens in allen Kreifen der Schöpfung, - 
ald die Kräfte des Einzelnen fiberfteigend, nicht auszü⸗ 
führen vermochte. Davon ftand er alfo ab, indem er 
jenes Werk nur in Beziehung auf das phyffce Leben _ 
ausfübrte. Teboc bat er in dem ſpaätern, Werk („die 
Erfheinungen und Geſethze des organifden Lebens) auch 
viele Blicke auf Das andere, geiſtige Gebiet niedergelegt. 
Diefed Bud, die ausgezeitigte Frücht eines vierzigjährie 

en redlichen Naturfiudiums, aibt feinem Verfaſſer einen 
Mas unter den trefflihften Phyſſiologen unferd Volks. 


Doc ift ed nur ein geringer Theil Deflen, mad der Mann . 


geleiftet bat! T. war fo glücklich organifirt, daß ed ibm 
- eben jo leicht ward, fib aus der Fülle ungeordneter 
Thdatſachen zu allgemeinen Begriffen zu erbeben, fi mis 
den ſchwierigſten Problemen des fondernden und ale: 
dernden Verſtands in der Unterfuhung unferer geiſtigen 
Sunftionen oder in verwidelten Rechnungen zu beſchaͤf⸗ 
tigen, als der feinen DOrganifätion eined Tbierd nachzu⸗ 
fpüren und mit Meſſer und Mikroftop Sorfhungen über 


x 


2: Blinner. 


tbierifde Gewebe, über Nerven⸗ und Aderverlauf oder 
über die Entwidelung eines kaum fichtbaren Eies anzu, 
ſtellen. Diefe Vielfeitigkeit it eine feltne Gabe! Nur 
zu oft bemerken wir, daß ein Naturforfcher, gewandt und 
erfahren in der Auffaffung eines fonfreten, wenn auch 
noch fo ſchwer wahrnehmbaren Faktums, aller Weide ent- 
behrt, um Die aufgefundene Bluͤthe auch durch die Wärme 
einer höhern Stenntniß, einer generalifirenden Geifted- 
thätigfeit zu befruchten, zur Reife zu bringen. Noch 
- häufiger aber erfheinen in unferer fpitemreihen und des— 
bald an unbefangener Erkenntniß armen Zeit jene Na» 
turfundigen, Die es niemald mit Forſchen zu thun haben 
wollen, Die, obne nur einmal den Sinn mit irgend einer 
bedeutfamen Fonfreten Naturanfdauung.erfällt zu baben, 
recht vieled aus Büchern miffen, aber nichts aus dem 
ewig wahren Buch der Natur. Solche Kundige Eennen 
die Freuden und die Schmerzen des Naturforſchers, 
melde eben in der Schwierigkeit des Forſchungsgeſchaͤfts 
liegen, nur vom Hörenfagen; aber fie werden nur um 
deſto leiter und ficherer mit Allem fertig, fie entfiegeln 
mit Salomo’d Ring jeded Geheimniß und bringen ein 
- Spftem zur Welt, das, in feiner anmaßlichen Selbſtde⸗ 
friedigung, die Menſchenweisdeit mit der des Schöpfers 
elbſt verwechfelt. T. gebörte zu feiner von diefen beis 
en Klaflen; er war ein Naturforfcher im wahren Sinn 
des Worts, er war es mit ganzer Seele und ganzem 
Gemuͤth und eben weil ein ganzer Menſch in feinen 
Studien lebendig war, brachte er ed zu einer rühmlihen -: 
Wirkfamkeit. — Außer den genannten felufiftiändigen Wer, 
eu — T. noch viele Beiträge zu periodiſchen 
r en. “ 


* 85. Sohann Gottlieb Blümner, 
k. preuß. Hofrath u. Salarienkaffenrendant am Dberlandesgeriht 
zu Breslau; 


geboren den 10. Mai 1768, geft. den 17. Febr. 1837. 
Er mar der Sohn des Stadtwundarztes Bluͤmner 


in Strehlen, der nachher wegen mehrfacher Unannehm⸗ 


lichkeiten im Betreff ſeines Hauſes die Stelle eines 
Acciſeeinnehmers in Muͤnſterberg annahm, woſelbſt auch 
fein Sohn in der dafigen Stadtſchule den erſten Unter 
richt _genoß.. Nachdem' er die erfien Anfangsgründe in 
der Iateinifchen Sprache erlernt hatte, wurde er zu feis 
nem Großvater na Streblen gegeben, um an dem 


- 
m 


Blümner. 255 
Unterricht eined Kandidaten der Theologie Theil. zu 
‚nehmen. Bon feinem 12. Jahr an befuchte er 4 Jahre 
hindurch das Gymnaſium zu Dirfhberg und gelangte bis 
- in die zweite Klaſſe deilelben. Leider mußte er wegen 
Mangel an nötbiger Unterflügung die dee zu fludiren 
‚aufgeben, da fein Vater außer ibm noch 5 Kinder von 
- feinem geringen Gehalte zu ernähren hatte. Selbſt 
während jener 4 Jahre batte Ab B. durch Unterrichts 
geben, befonderd in der franzdf. Sprade, fortbeifen 
müffen. Er fab fi daher gendthigt nach einem baldigen 
Unterfommen zu fireben und fo wurde er 1779 Super⸗ 
numerariud bei dem Accifeamt in Münfterberg nnd nad 
43 Sahr Accifefommis in Kartfhen in Dberfclefien. In 
dem jahr 1783 wurden viele Beamte, weil fie nicht im 
‚ Militär gedient hatten, von Sriedric II. aus dem Etat 
geſtrichen. Daſſelbe Schidfal erfupr auch B., mad ihn 
um fo mebr ſchmerzte, da kaum 14 Tage vorber der 
„Generalinfpeftor de Roux und ber Provinzialinfpektor 
Schmieder bei der Reviſion des Accifeamtd ibn wegen 
feiner Dienftführung viele Lobeerhebungen und Hofe 
. nung zu. einer baldigen Berbeflerung feiner Lage gemacht 
baten. Er ließ ſich ein Atteſt von der Accifedirektion 
zu Neiffe über feine Dienſtführung und den Grund feiner 
Entlaffung geben und reifte dann mit feinem Vater zu 
dem damaligen Tuftizminifter Sreiherrn v. Danfelmann *), 
welchen fein Vater aus den Stinderjahren ber kannte. 
Don diefem wurde er bald ald Hanzfeiaffitent angeftellt, 
.nabdem er feine Wiederanftelung bei der Acciſe ab» 
gelehnt hatte. Die Acciſedirektion batte ihm nämlich In 
einem Schreiben befannt gemacht, daß in Dinficht feiner 
ein Derfeben vorgefallen fei. Er fei ein Officiantenſohn 
und ded Königs Wille fei, diefe beizubehalten und mög» 
lichſt in Die Stellen ihrer Väter einrüden zu lalfen. Im 
J. 1790 wurde er Minifterialregiftrator und verlor durch 
den bald nachher erfolgten Austritt des Juſtizminiſters 
aus feinem Amt einen gemwichtigen Gönner. m J. 1793 
verbeirathete er ſich mit der Tochter des Bäderälteften 
Rübl zu Bredlau, mit welcher er bid an fein Lebendende - 
eine —* gluͤckliche Ehe führte. Im J, 1800 wurde er 
Obexramtsregierungsvorſchußrendant, welche Stelle er bis 
1809 bekleidete, mo ihm bie Stelle eines Rendanten Der 
mit der Vorſchußkaſſe zu Eombinirenden Galarienfajle 
übertragen wurde. In Diefer Stellung blieb er nun big 


*, Defien Biogr. f. im N. Nekr. 8. Sabre. ©. 88. 


- 


256 Blümner, | 
4899 , geachtet ſowohl von feinen Vorgeſetzten, ald auch 
von allen übrigen Umtögenoflen. Ohne jemald nad) Aus⸗ 
eichnungen zu fireben, wurde ibm Doc im J. 1824 auf 
en Vorſchlag des damaligen Ehefpräfidenten v. -Salfene 
baufen *) von dem Könige der Ebarafter als Föniglicher 
ofratb verlieben. Die sasen Jahre feiner amilichen 
tellung ſollten aber nicht fo ungetrübt vorübergehen. 
Der neue Kaſſenkurator, der damalige Oberlandes—⸗ 
gerichtsrath Starke, ſchien ibm fehr feindlich gefinnt zu 
ein, was ibm feinen Poften, dem er früher mit fo vieler 
Liebe vorgeftanden batte, fehr verbitterte, bis er endlich, 
nad Erduldung mander Unannebmilichfeit im %. 1829, 
nachdem er 49 Jahre Beamter gewefen war, penfionirt 
wurde. So fehr ihn aud die Härte, womit man ibn 
auf feine alten Tage von Dben berab bebandelte . bes 


trübte, fo genoß er Doch die Benugtbuung, daß fein ' 


Nachfolger bewies, daß nicht Jeder bei einer fo großen 
Verantwortlichkeit fo viele Jahre hindurch wie er einem 


folden Polen vorfleden Tonne. Nachdem fein erfter | 


Schmerz vorüber, lebte er im Kreiſe feiner Familie 


ollig wieder auf. Er wurde immer beiterer und fühlte. 


fid im haͤuslichen Leben viel glädlier, als ed früber 
ber Gall gemefen war. Don feinen 6 Kindern waren ihm 
nur 2 übrig geblieben, die 4: andern waren ibm ſchon 
- frübzeitig durch den Tod entriffen worden. Uber auch 
feine einzige nod am Leben gebliebene, Tochter, feit 
1333 mit den Gymnaſiallehrer Dr. Wagner verbeiratbet, 
ſchied vor ihm aud diefem Leben und nur fein Sohn, 


approbirter Arzt zu Bredlau, und feine Gattin überleben. - 


ipn. — Der Hauptzug feined Charafterd war Ernſt und 
Nude, dabei war er freundlid und Teutfelig gegen 
SGedermann, gegen Jeden gefällig, ſelbſt wenn es die 
rößten Opfer koſtete. Trotz feines Ernſtes ſcherzte er 
Behr gern und entfaltete dabei vielen Wit, obne zu vers 
legen. Er (bloß ſich fhmer an Jemanden an, Dar aber 
- für Geden zugänglid und wußte .in den ſchrecklichſten 
- Momenten beine affung zu behaupten. Er: 


°) Defien Biographie ſ. N. Nekr. 1% Sadrg. ©. 853. 


4 








i 257 


86. M. Benjamin Ferdinand Herrmann, 
Paftor jubil, u. Ritter des rothen Adlerordens , zu Markeräporf in 
der Oberlaufiß; 


geboren d. 4. Mat 1757, gefi. d, 17. Febr. 1897 *), 


rboren zu Biſchoffswerda in Sachſen, wo fein Va⸗ 
ter Prediger war, bereitete er fih ‘auf dem kyceum zu 
Löbau, wo fein Bater (päter Dad NMrimariat übernahm, 
für dfe Hochſchule vor, die er 1777 in Wittenberg bejog. 
Nachdem er nur wenige Jahre ald Haudlehrer gemirft 
batte, erhielt er 1783 Den Nuf als Katechet und Diako» 
nus nad) Löbau. Beinen Bemühungen bauptfählic ver 
Dankt Die (früber, nad Lobau eingepfarrte) Gemeinde 
Nieder» Kunersdorf die Begründung eines eigenen Kirchen⸗ 
 foftemd, welchem er zugleich als Seelforger vorftand, 
Died war freilip für ib mit großen Befhmerden vers 
fnüpft, die auch, nachdem er fie lange Zeit mit großer 
Gelbfiverläugnung ertragen hatte, endlih den Wunſch 
nad einem rubigen Wirkungekreis im ibm ermedten, , 
welcher ihm 1804 in Markersdorf zu Theil ward, Dier 
an ber großen Deerfiraße,, die aus Sachfend Hauptiadt 
durch Markerödorf in Das Her; Schlefiens führte, batte 
er unter den Drangfalen Des Befreiungäfriegs viel zu 
dulden, ja fein Name bat ſelbſt auf den Blättern der 
Geſchichte diefed Kriegs eine Stelle gefunden, da 2. 
Der Drtöprediger war, Der am 18. Aug. 1313 zu Görlig 
aus Napoleond Hand die Summe von 1000 Tbalern 
in Gold empfing, mit dem Auftrag, an der Stelle in 
Markerödorf, „wo die drei franzdf. Generale: Düroe, 
Kirchner und La Bruyere Durch eine ruf. Nanonenfugel 
tödtlich verwundert wurden, dem Erfterem (duc de Friaul) 
ein fteinerned Monument errichten zu laffen **), ‚Am 
1. ‚Januar 1833 feierte 9. im ftillen trauten Kreife der 
Seinen fein 50 jähriges Amtsjubildum, bei welcher Ges 
legenheit er manche erfreuliche Bemeife verdienter Ans 
 erfennung erhielt. Der König verlieh Ihm den rotden 
Adlerorden Ar Kaffe. Er hatte das feltene Gläd, bis 





1832 Sp. 18 ff., wo ; 
behandelnder und aus D.’3 Feder felbft geflofiener Auffag unter der 
Aufſchrift: —— nl fi befinden. f 3 

R. Rekrolog. 15. Jahra. 17 


— 


2868 ESGSintenis. 


an feinem Tod eine ununterbrochene man, möchte ſagen — 
“ eiferne Gefundheit au genießen und fein Pfarramt faſt 

bis zu dem legten Athemzuge kraft: und fegensvoll zu 
verwalten. Noch am 10. Zebruar bielt er die Waffions- 
predigt. Mit dieſem Tage fing er an au Fränkeln, obne 

ob dadurd gen) außer Thätigkeit gelegt zu fein. Am 
46. Febr. verfpärte er eine größere Abnahme der Kiäfte, 

legte ſich aber mit gewohnter Heiterkeit zu Bette. Fruͤh 
8 Uhr — am oben genannten a. — erbob er fi ſelbſt⸗ 
ftändig und ohne Stuͤtze vom Lager und trat in fein 
Wohnzimmer ein, wo ein Zungenfchlag fein Leben ſchneü 
und ‚fanft beendigte. Zur Erfüllung feined 80. Jahre 


fehlten nur nod 24 Monate. Die innigfte Zuneigung ' 


einer nicht unbedeutenden Gemeinde, die ihn wie einen 

ater Tiebte, folgte ihm ins Grab. — Herrmann war 
allen pietiſtiſchen Unweſen vom ganzen Herzen entſchie⸗ 
den abhold und ein Sreund des rationellen Bibelcriften» 
thums. Er war unbeflsitten einer der gediegenften und 
verdienteften laufigifchen Geiftliben. Bon allem Erfcheis 
nungen auf theologifhem und kirchlichen Gebiete nahm 
er Notiz und furhte noch in feinem böchften Alter mit 
der Zeit fortzufchreiten. Sein Hauptfireben war dahin 
gran die Ihm anvertraute Gemeinde vor allem ftarren 


2) 


ogmatiömus zu bewahren und zur wahren Glaubend 


einigkeit emporzuheben. 


87. Karl Friedrich Sintnis, 


Pfarrer zu Großſchoͤnau (Laufig)s - 
geb. ben 23. Sept. 1767, gefl. am 17. Febr. 1887 °). 


Er war in Torgau geboren, wo fein Vater M. Karl 
Heinrid Gintenid, bamald Konrektor (nachher Direktor 
in Zittau) war, Seine Mutter hieß Sophie Sriederife 
geborene Werner. Auf dem Lyceum in Torgau und von 
1782 an auf dem Zittauer Gymnaſium unterrichter bezog 


er 1738 bie Univerfität Wittenberg, mo Neindard, Zitte 


mann, Shrödh, Hiller, Jäbniden und Dresde feine 
Lehrer waren, Nach feiner Rückkehr von der Univerfitds 
lebte er ald Hauslehrer In Zittau längere Zeit Im Haufe 
ded damaligen Stadtrichterd Geiffert, bis er 1799 den 
Ruf ind Pfarramt nad Spitzkunnersdörf erhielt, von wo 
- er 1809 nad Broßfbönau berufen wurde. Verheirathet 


bat er ih im Jahr 1799 mit Johanna Charlotte, einer - 





AR; Lauf. Magaß Bft, 2 1897. | 


‘ 


4 


« 


(4 
3 


Auguſta Freiin v. Goldſteii. _ 259 
Tochter Traugott Wilkommd, damaligen Zucht und 


- Baifenbausverwalters in Zittau, melde 1818 Rarb. Sein 


Sohn aus diefer Ede, Buftan Eduard, geb. 1800, Karb 
1832 ald ſachſ. Artillerielieutenant. Im Herbfte 1818 
verbeiratbete er ſich wieder mit Frau Henriette Wildels 
mine, der Wittwe deö Diafonud Schlinzige in öde . 
und Tochter des Paftor prim. Scheele.in Camenz, weiche 
er ald Wittwe binterläst. Seinen 3 Stieflindern wer er, 
wie feinen eigenen 3 Kindern ein liebender Vater und 
in feinem Umte war er bid wenige Wochen vor feinem 
Tode tätig. Brukleiden und Geſchwulf dinderten ibn, 
feit November 1836, an der gewohnten Thärigfeit und 


führten am oben -genannten Tage fein Lebensende herbei, 


® 


| v. Wallenrodt, 
Bi Schriftſtellerin zu Breslau; 
geb. den 20. Gebr. 17604, geſt. den 18. Febr. 1887 *). 

Sie war zu Bredlau geboren, mo ibr Vater, Gott 
fried Ernſt v. Wallenrodt, ald Fönigl. preuß. Major bei 
dem Küraffierregiment, damals v. Schlabrendorf, Rand, 
Ihre Mutter, Tobanne Tiabelle Eleonore v. Wallenrodt 


88. Augufla Freiin v. Goldſtein, geborene 


| gr Sreiin von Koppy, ift ald Scriftſtellerin bekannt, 


ie verlor ihren Dater im noch nicht vollendeten 12, 
Sabre und. mit diefem Derlufte börte der grändlichite 
Bee: in allen miffenf&aftliben Dingen, die nicht 
die weiblihe Faſſungskraft Überfteigen, auf. Im I. 1791 
verdeirathete fie fib zwar mit einem redliben Mann, 
aber unter fo ungünftigen Derbältniffen, daß fie ibn 


ſelbſt zur Scheidung bewegte. Durch fonderbare Ereige 


niſſe geleitet, nabm fie dann auf kurze Zeit den Namen . 
diſch an. Im J. 1803 verbeirathete fie ſich mit dem 


‚Sreiberrn von Goldſtein in Sahfen. Der Berluf alles 


ermögend mar die Klippe, an der die bauliche Zus 
friedendeit ſcheiterte. Beide Ehegatten lebten nr mede 
teren Jahren ſchon getrennt, er. in Sacfen, fie im 
zieanioer Staate, von einer Penfion, die fie von der 
nade des Koͤnigs erbielt und zwar erſt zu Ziebenfelde _ 


-bei Soldin in der Neumark, wo fie die Eriiedung der 


weibliden Jugend in einer ihr Dur Sreundfcaft fehr 
9) Rady Schindeld Seiftfellerinnentesiton. * 


- bildungdfraft, dad 
Gefuͤhlen ein wäfted Feld darbot, ſich mit Der erdichteten 


es - 
J 
U 


260 , Auguſta Frein v. Golbflein. 
ertben Familie übernahm, zuletzt zu Breslau. — Aug. 
* X verdankte ihre träbere Bildung allein ve 


Triebe, die Kultur ihres Geiſtes, unerachter_der uns 
unterbrochenen Kerte den Geiſt eindrädender Ereigniffe 


des Lebend von ihrer früheiten Tugend an, menigftend. ' 


nit wieder gurhetgeben zu laſſen. Eine lebhafte Eins 
edürfnig, da die Wirklichkeit ihren 


zu bef&äftigen, machte fie aud einer Romanleferin zu 
einer Shriftftelerin in Diefem Fache. Kollmar und Klaire 
it idr erfter ſchriftſtelleriſcher Verſuch, mit Dem fie 1791 


auftrat, dem einige andere folgten. Srüber gab fie in eis 


\ 
— 


nem Taſchenbuch einige Aufſaͤthe deraus. In einer der ver⸗ 
worrenſten Perioden und einem druͤckenden Zeitraum ihres 


Eehens murden ihr einige Manuffripte entwendet, deren 


Heflamation ihr durch zarte VBerbältniffe unterfagt wurde. 
Sie enthielten abgeriffene Gedanken, Erzählungen, No⸗ 
vellen u. dergl. Die Verf. fand fie einige Jahre fpärer 
in fremden Büchern aufgenommen, jedoch ‚nit unter 


‚ihrem Samen und die ſchon demerkten Verbältniffe biels 


sen fie ab, die Sache näher zu unterſuchen. Seit dem’ 
Tod ihrer einzigen Tochter ift, außer ihrer Vorrede zu 
deren Gedichten, nur ein Werk noch von ihr im Drud ers 
fdienen. Zwar batte fie fpäterhin, um ihren Geiſt wieder 
an andere Belhäftigungen, als dad Nahhängen feiner 
Schwermuth zu * einige ihr aufgetragene Ueber⸗ 
fegungen frambſ. drawatiſcher Werke übernommen, aber 
als Kleinigkeiten, da es nur Luſtſpiele in einem Afte 
waren, fi micbt oͤffentlich als — —* genannt. 
Schon früber hatte fie für Die ſtaͤndiſche Buͤhne in Prag, 

die Slhdöritter, ein Luſtſpiel in vier Aufzügen und der 
todte Nebenbuhler, ein Zufifpiel in einem Aufzuge, ges 
fdrieben; das lente wurde auch, noch während ihrer 
Anmefenbeit, 1806 in Prag gegeben. Pur bei ihrem 
erften literarifben Verſuch, Kolmar und Klaire, fegte 


fie ihren Namen vor, bei den Äbrigen nannte fie 35 
2Noll⸗ 


Verfaſſerin jenes Werks. — Ihre Schriften find 

mar ı. Slloire, eine vaterländifhe Geſch. 2 Bde. zig. 
1791 — 1793. — *Weihnachtskoͤrbchen für die Jugend. 
Hamburg 1794. — Eine Sammlung tbeild dialogifirter 


Geſchichten, theild Erzählungen. Roſtock 41798. — *Dab 


Mädchen Wunderbold. Verl. 1808. — Der Traum und 
dad Erwachen, ein Sragment aus d. wirkl. Welt. (anon. 
in e, Samml. poet u. biſtoriſcher Auff. mehr. beliebter 


Bang. 2461 


Sdrifuũ. Ebd. 1809.) — Farben d. dunten Erdenlebens. 
*— — v. Erzaͤhl. u. fragment. Familiengem. 
egnitz 1827. 


* 89, Dr. Alexander Lang, 
ord. Profeffor der Rechte an der Univerfität Erlangen; 
geboren d. 6. März 1806, gefiorben d. 18. Febr, 1837. 


Er war der aͤlteſte Sohn des fürklid Thurn und 
Taxiſchen Hof, Juſtiz⸗ und Domdnenrathb8 Lang in 
Negendburg, erbielt auf dem Gpmnafium feiner Vater⸗ 
fladt feine Schulbildung, bezog im J. 1824 die Univer 
firät Erlangen und begab fi Yon da im %. 1826 nach 

einelbetp, wo er ein Jahr verweilte. Nachdem er fi 
ein halbes Jahr in Münden auf feine Disputation vor 
bereitet hatte, habilitirte er id im J. 1828 in Erlangen 
und murde 1882 außerordentlier und 1834 ordentlicher 
Profeſſor der Rechte daſelbſt. Als foldem war ibm das 
Fach des Proceffed Übertragen. Bit batte er mit 
großer Liebe auch Kirchenrecht gelefen und war dadurd 
veranlaßt worden, eine Weberfegung des Corpus juris car 
nonici zu beginnen, Deren ah durch feinen Tod 
unterbrochen wurde. Mit dem ei gen ©treben in feio 
ner Fachwiſſenſchaft vereinigte er ein ungemeined mufls 
kaliſches Talent, welches er dur viele Kompofitionen 
von denen ein Theil auh ind Publiflum gekommen i 
und als ausäbender Künftler auf dem Klaviere bethd» 
tigte._ Die Auspildung diefed Talents fand Die günfige 
ſten Berbäftniffe in feinem "elterlihen Daufe; denn der 
noch lebende Vater ift einer der feinften Kenner der Muſik 
und leitete die mufifalifhe Erziehung feiner drei Kinder. 
Ein Hausfreund, Anton Braig, früher der Prämon» 

rotenferabtei Marchtall angehdrig, in Negendburg al 

ufifledrer lebend, beforgte den Klavierunterricht mit 
einem Geiſte, wie ed von einem tiefen Kenner der 
Muſik, einem enthuflafifchen Sreunde derfelden und 
einem vielfeitig gebildeten Manne voraudzufehen if. 
Braig fand an der Spige eined damald durch eminente 
Talente blühenden Mufitvereind in Regendburg und der 
junge 2. wurde bald zur thärigen Theilnabme an dent: 
felben befädigt. Dad große mufifalifde Talent, eine: 
feine geſellſchaftliche Bildung und eiferner Fleiß in fei- 
nem Fach erwarben ibm in Deidelderg den Zutritt in 
Thibauts Haufe und dad beiondere Vertrauen dieſes 
großen Juriſten. In Erlangen fiiftete er dann i. J. 1835 


AN 


‘ 


22. Bde. 


einen muſikaliſchen Verein, der den Namen Cacilia an 
nabm und deffen Zeitungen bald fehr bedeutend wurden. 
Die Liebe für die Muſik beeinträchtigte feinen brennen» 
den Eifer für dad Studium der Jurisprudenz, daß. er 
mit Leidenfcaft liebte, nicht im geringken. — Er war 
der treuſte, eifrigfte Zehrer, einer der thätigken Res 
ferenten beim Sprudfollegium und arbeitete mit einer 
Undaltfamfeit und einem Drange, der feiner ſchwachen 
Konftitution bald ſchaͤdlich werden mußte. Ein Lehrbuch 
des fummarifden Proceſſes, feine legte Arbeit, Tiegt 
foft zum Druck vollender vor und verdient nach dem Urs 
tbeil fompetenter Richter bald der Deflentlichkeit äber- 
geben zu werden. — 


90. Dr. Georg Buͤchner, 
Privatdocent der Naturwiſſenſchaften zu Zuͤrich; 
geboren den 17. Okt. 1813, geſtorben den 19. Febr. 1887 °). 


Büchner, der Sohn eined angefebenen Arzted zu 
Darmiiadt, wurde zu Goddelau bei Darmftadt geboren. 
Nachdem er Das Gymnaſium diefer Stadt beſucht, wid— 
mere er fih zu Straßburg vom Herbft 1851 bis zum 
Auguſt 1832, fodann vom Dftober dieſes Jahrs bis zur 
Mitte des J. 1833 dem Studium Der Naturwiſſenſchäft, 
befonderd Der Zoologie und veraleidenden Anatomie, 
In dDiefer Zeit von einer Unpäßlichkeit befallen, fand 
er ſorgſame Pflege im Haufe feines Dermandten, des 
Pfarrers Jaͤgle zu Straßburg. Während dieſer Krank. 
beit verlobte er fih mit der Tochter Diefed würdigen 
Geiſtlichen, melde durch Geift und Herz in jeder Ber 
siebung feiner würdig war. Die Geſetge feines Heimarb- 


landes riefen ibn im Herbſt 1833 auf die Univerfität- 


Gießen, wo er fein Etubium Der Naturwiſſenſchaften 
fortfegte und zugleih nach dem Wunſche feines Baterd 
mit der praftiiden Medicin fi befaßte. Durb eine 
Hirnentzändung im Srüdjabr 1894 erlitten diefe Studien 
einige Unterbrechung; doch kehrte er nach Furgem Auf⸗ 
enthalt in Darmftadt nah Gießen zurüd, wo er bis 
sum Herbſt 1834 vermeilte. Don da begab er fid aber» 
mald in fein. elterliched — nab Darmſtadt, mo er 
fortwährend mir Naturmiflenfcaften, fo wie mit Pbilo- 
fopbie ſich beſchaͤftigte und zugleid im Uuftrage feined 





.9 Ray ver Zuͤricher Beitung 1837. 


. ’ 
Se 
N 


“ee R Buͤchner. 268 
Vorlefungen hielt. der legtes 


Baterd anatomifde Vor | 
Zeit feined Aufenthalts in en wurde DB. mit vielen 
andern Sünglingen feines Sinns und Alters, in* die 


1835 egann er Die Vorarbeiten für feine Abbandlung s 

ur. 

Ernennung um Eorrefpondirenden Mitgliede der naturo 
n 


würde. Bon den — — Kennern der Natur⸗ 


N, 
wobin er ib am 18. Dftbr. des 3. 1836 zu bieibendene 
Aufſfenthalte begeben hatte. Aber nicht blos die Natur, 


\ 
ı B 
a 


* 


— 


264 r Büchner. . - ; * 
Der beiden Dramen Viktor Hugo’s Lukrezia Borgia und 
Maria Tudor beraud. In derfelden Zeit und fpdter zu 
Sr vollendete er ein im Manuffript_ vorliegendes 
uffpiel, Leonce und Lena, voll Geiſt, Wig und kecker 
Laune. Außerdem finder ſich unter feinen binterlaffenen 
Gcdriften ein beinabe volendetes Drama, fo wie daß 
Fragment einer Novelle, welche die leuten Lebendtage 
des fo bedeutenden ald unglücklichen Dichters Ten; zum 
Begenftande bat. Der fo rei begabte junge Mann war 
mit zu viel Thateraft außgeräftet, ald daß er bei der- 
jüngften Bewegung im Völferfeben, die eine _beffere Zus _ 
kunft zu verbeißen ſchien, in ſelbſtſüchtiger Ruhe bätte 
verharren follen. Durch feinen frühe gereiften Geift auf 
eine beitere Höhe geftellt, blieb er indeſſen in feinen 
politifhen Anſichten von manden Taͤuſchungen frei, 
welchen fib die Tugend willig hinzugeben pflegt. Ein 
. Beind jeder tböricht unbefonnenen Handlung, die zu 
feinem günftigen Erfolge führen konnte, bafte er doc 
jenen thatenlofen Ziberafiemug,' der ſich mit feinem Ges 
wiſſen und feinem Volke durd leere ——— 
ſucht und mar zu jedem Schritt bereit, den Ihm die 
uckſicht auf dad Wohl feines Volks zu gebieten ſchien. 
o haben denn in gleicher Weiſe die Wiſſenſchaft, die 
Kunſt und dad Vaterland feinen frühzeitigen Verluſt zu 
beklagen. Diefed Daterland hat er verlaffen mäffen, aber 
ber Genius ift berall zu’ Haufe. In Zürich bätte er 
. eine zweite Heimath gefunden; dafür bürgte die An 
erfennung, die ibm feine Talente erwarben, daflir Die 
Theilnabme, die von fo vielen Bewohnern diefer Stadt 
ginn Andenken am Zage der Beerdigung bezeigt wurde. 
einer feiner Freunde batte Dielen Tag noch wenige 
Wochen zuvor nahe geglaubt. Außer einigen leichten Uns 
ßlichfeiten war Büchner während feined Aufenthalts in 
Büri ftetö gefund geblieben. Sein Aeußeres ſchien mit 
einem Innern in Darmonie zu fteben und die breit ge 
wölbte Stirn ſchien noch lange feinen umfaſſenden Geiſt 
. eine fibere Stätte zu fein. Doch mochte er felbk ein 
Vorgefühl feines früheren Ended haben. Wenigſtens 
vergleiht er in einem binterlaffenen Tagebuche den Zus 
and feiner Seele mit einem Herbfiabend und fließt 
eine Bemerkung mit den- Worten: „Ich fühle Eeinen 
Eckel, keinen Veberdruß; aber ib bin müde, fehr müde, 
. Der Herr fhenfe mir Ruhe!“ — Um 2. Gebr. mußte er 
fi zw Bette legen, das er von jeßt an nur für weni 
Augenblide verließ, Trotz der- Sorgfalt ber Aerzte un 


2* 


Haͤusler. | 266 
Der Pflege feiner Sreunde machte die Krankheit unauf⸗ 


yeitsare Sortichritte und bildete Ach bald zum beftigen 
ervenfieber aus, dem er erlag. 


91. Ernſt Häusler, 
Direktor des evangelifhen Muſikchors in Augbburg; 
geb. ums I. 1760, geft. am 20. Febr. 1887 °). 


Er wurde in Stuttgart geboren und if ein Zöglin 
der ebemaligen — Karlsſchule daſelbſt. Um 
.1784 verließ er fein Vaterland, um: eine muſikaliſche 
eife au maden, auf welcher er fi nicht obne Beifall 
an mebrern Sürfenböfen und felbit an denen in Wien 
und Berlin hören ließ. Endlih Fam er auch nad) Donate 
efdingen, wo er vom Färften von. Fürftenberg eine An⸗ 
fielung ald Hofmufifus erhielt und einige Jahre in defs 
fen Dienften verweilte, bis er 1791 durch glänzende Der 


ſprechungen nad Zärih in der Schweiz gelodt wurde. 


Hier glänzte er nun nie nur ald Virtuos auf Dem 
Dioloncell, fondern auch als ana und ausdrucks⸗ 
voller Sopranfänger in den daligen Eoncerten und ob» 
giei® er ald Sänger dad Beſondere batte, daß er glei 
en fpanifhen Sängern, welche vor länger ald 200 
Jahren den Sopran in der päpftliden Kapelle zu bes 
Teen pflegten, durchaus fiftulirte, fo hatte er es do 
durch angewandten Fleiß fo weit gebraht, daß er au 
dierin durch feine Kunſt Auffeben erregte. Der Mangel 
einer guten Stimme zwang ibn, zu dieſem Nothbehelfe 
feine Zuflucht zu nehmen. Zugleich zog er für dad dafige 


- Koncert drei brauchbare Sängerinnen. Im' Jahr 1797 


kehrte er wieder in fein Daterland zuräd und ließ fi 
vor dem berzogl. Hof in Stuttgart, ſowohl ald Sänger 
wie als Bioloncelift, mit vielem Beifall hören? Don 


‚da wandte er ſich als Muſiklehrer nach Augdburg, wo 


er um 1802 die Stelle ald Direftor des evangelifchen 
Mufitcbord erbielt. — Don feinen Kompofitionen für die 
Stammer und dad Koncert, fat ſaͤmmtlich in einem ans 
enebmen, leichten und fließenden Style gerieben, 
nd die bedeutendfien: 4 Koncert, 2 Koncertino’s und 
4 Divertiffement, „Echo“ betitelt, für das Violoncell; 
4 Koncertino für die Violine; 4 Koncert für die Floͤte; 
4 koncertirendes Sertett- für 2 Biolinen, 2 Hörner, 


* Bratfhe und Violoncell; Schillers Todtenfeier (Kan: 


*) Schiling’8 Univ. : Leriton der Tonkunſt ꝛc. III. ©. 515. - 


266 | von Neven. 


tate, 1807 im Klavierauszuge geroaem; 6 Duette 

für 2 Soprankimmen mit Begleitung ded Piarfoforte; 
6 Sammlungen von Sanzonetten mit Begleitung ded 
Pianoforte oder. der Guitarre; 8 Arien für den Sopran 
mit Begleitung des Orcheſters oder Pianoforte , 6 Samm⸗ 
* Iungen ieder mit Begleitung des Pianoforte ; Huldigungs⸗ 
lied zum Regierungsjubelteke des Königs Marimilian 
ofepd.*) von Baiern. Alle Diefe Werke find meiſtens 
‚dei Sombart in Augsburg und bei Andre in Offenbach 
beraudgefomnien. | 


* 92. Franz Anton Freiherr von Neven, 


nroßherzogtich badifher Kammerherr und Oberforfimeifter, Ritter 
des Zaͤhringer Löwenorbens ıc., Srundherr in Windfchleg, Bafller, . 
Dietenbady und Rain, zu Offenburg;. 
geb. den 8. April 1781, neft. den 20. Februar 1887. 

Dffenburg in_der zu dem ehemaligen, Border Defl- 

- reich gehörenden £andvogtei Ortenau, welche jegt einen. 
Theil des Großberzogtbumd Baden ausmacht, war der 
Geburtdort des Verewigten. Seine Familie, aus Frank⸗ 
ei ſtammend, war Ian feit mehrern Jahrhunderten 
n Suͤddeutſchland anfälfig und die Mitglieder derfels 
ben gebörten bid zur aufbfung ded deütſchen Reichs 
der unmittelbaren freien Reichsritterſchaft Kanton Orte- 
nau an. Sein Vater, Franz Konrad Sreiberr von Nes 
ven, kurfuͤrſtlich Mainziſcher Kammerberr ıc., obgleid 
der jüngere von 4 Brüdern, hatte Die Güter, melde theils 
im Breisgau, theild in der Ortenau lagen, übernommen, 
da feine Altern Brüder böbere geiftlide Würden beklei⸗ 
deten oder dem Nirterorden der Jodanniter angebörten. 
Die Mutier des Hingeſchiedenen war Elifaberha Augufta, 
eiin yon Eberliein, Toter der Eurpfälzifhen Geheimen 
aths; Zreiberrn von Eberftein. Unfer v. N. war der 
ältefte von 3 Geſchwiſtern; fein Bruder trat im Laufe der 
Eine in bie öftreiifhe Diplomatie und flarb im 87. 9. 


v 


eine® Lebend, alö Eaif. Eönigl. Botſchafter in Brafilien. 
eine noch lebende Schmefter iſt an den großberz. badis 
ben Kammerberrn Grafen von Hennin vermäblt. Der 
Verewigte erbielt den erflen Unterricht durch Privatleh⸗ 

rer im elterliben Haus. Im et 1792 wurde er un⸗ 
- ser die Zahl der Edelfnaben des damaligen Kurfürften 
von Mainz aufgenommen, wo er feine ralebung und 
— Bildung erhalten ſollte und in dieſer 
Eigenſchaft wohnte er der Kroͤnung des letzten deutſchen 


°) Deiten Biographie f. R. Nekr. 8. Jahrg. ©. DR. 


von Neven. 27 


Kaiferd bei. Bald nacber warf Fraufreichs Hevekution 
die Brandfadel in die glücklichen Gefllde des Ryein⸗ 

ws und föfte alle feit Jahrhunderten erben Ders 
Bältniffe auf; auch die kurmainziſchen Edelfnaben kehr⸗ 
ten zu ihren Samilien zuräd und fo vereinigte ſich v.N. 
wieder mit den Seinen, welde durd die — 5 des 
Kriegs nah Mannheim, Konſtanz und Münden geſchleu⸗ 
dert wurden. Waͤhrend dieſer ganzen Zeit erdielt er ge 
meinſchaftlich mit feinem Bruder die ſorgfaͤltigtte Erzies 
bung und miflenfbaftlide Bildung durch -Privatuntere 
riht und feine Eltern und Lehrer machten ed ſich zur 
fliht, die gluͤcklichen Anlagen des beranwachlenden 
naben auszubilden. Vor Allem - zogen ibn die Nature . 
wiſſenſchaften. Geſchichte und Erbbefchreibung an, wobei 
ihm fein trefflided Gedaͤchtniß fehr gut zu Statten fam. 
Als die Samilie ih im Jahr 1798 nah Münden bes 
gab, befuchte der Verewigte dad dortige Lyceum und 
die eben errichtete Sorfifchule, wo er Den Grund zu dem 
Beruf legte, dem er in der Folge mit fo viel Liebe und 
Eifer zugerban war. Im Dftober 1798 verlor er feinen 
‚ DBater. Seine Mutter, melde ſich nun in der Fremde _ 
einfam fühlte, verließ im Sommer 1799 mit ihren Kin 
dern Baierns Hauptſtadt und wählte Heidelberg zu Ihe 
rem Aufenthalt, wo ibr ein Bruder lebte und wo die 
Söhne nun reif zur Univerfität_ihre Studien fortfegen 
konnten. Unfer 9. NR. widmete fib nun feinens Lieblings⸗ 
Audium, der Sorfmilenf@aft und hörte auf der dortigen 

ochſchule alle dabin einfchlagenden Fächer und deren. 

ilfswiſſenſchaften mit unermüdetem Eifer und ſolchem 
. Bleiß, daß er (don im Spätjahr 1800 im Stand mar, 

in dem Damald mit Recht geribmten Forſtinſtitut des 
Dberforfimeifter Sreiberen von Drais in Pforzheim feine 
: fowohl theoretifhe als praftifhe Ausbildung zu erbals 
ten; er ging auch aus diefem Inſtitut, dem dad In⸗ und 
Ausland fo manchen wadern Forſtmann verdanft, mit ſo 
ediegenen, gründlichen Kenniniffen bervor, daß ibm 
(ton im Jahr 1802 unter der damaligen erzberzoglich 
ſtreichiſchen Regierung das. Sorflamt Offenburg provis 
forifd anvertraut wurde. Im Jahr 1807 wurde ibm 
unter der großherzoglid badiſchen Regierung das Forſt⸗ 
amt Waldfird, jedoch auch nur proviforifch Abertragen, 
gegen das Ende dieſes Jahrs wurde er zum großderz. 
adifhen Forſtmeiſter in Offendurg und zum Kammer, 
Junfer, im Jahr 1808 aber zum Kammerberrn ernannt. 
Im Sebruar 1809 vermaͤhlte er ſich mit der Freiin Ma⸗ 


— 
268 von Neveu. 


ria von: Toggenbach, Tochter des großberzoglichen badis 
ſchen —— Freiherrn von Toggenbach 9, aus 
welcher Ede zwei Soͤhne und vier Töchter erblähten. 
Der Verewigte lebte nun fortan mit feiner Familie in 
Dffenburg, welche der Näbe feiner Befigungen wegen 
für ibn der paſſendſte Aufenthalt war, auch hatte er dies 
freundlide Städten, an das ibn ſo viele Bande, fo 
viele Tugenderinnerungen Enüpften,, lieb gewonnen , bes 
fonders da auch feine Mıittter feit einer Heide von Tabs 
sen daſelbſt wohnte. Er verwaltete dad dortige Forſt⸗ 
amt bi8 zu feinem Tod mit einer fid ſelbſt aufopfern- 
den Berufötreue umd fol’ unausgeſetzter Anftrengung, 
daß feine obnedied nicht fehr fette Gefundbeit augen» 
fbeinlid darunter litt... So wie er aber ein eifriger, 
. unermüdeter Sorftmann war, fo war er auch einer der 
Eenntnigreichiten des dadiſchen Vaterlands und gewiß ift 
.. In feinem Geſchaͤftskreis Darüber nur eine Stimme: daß 
er ſich in feinem Fach, um Staat und Bürger große 
Derdienfte erworben bat, was auch von allen Seiten 
anerfannt wurde. Im Jahr 1820 wurde er zum Ritter 
bes Zäbringer Lömenordens und im I. 1838 zum Obere 
forftmeifter ernannt, Beine audgezeichneten Kenntniſſe 
in feinem Berufsfad, die genaue Kunde aller Walduns 
gen in feinem Bezirf, fo mie dad Vertrauen, welches 
man von allen Geiten in feine Unparteilichkeit und ſtrenge 
Gewiſſenhaftigkelt ſetzte, machte ed ibm möglich, gemein, 
ſchaftlich mit den dortigen verdienftvollen Beamten einen 
feit mebrern Jahrhunderten andauernden Nechtöftreit, 
wifhen der Stadt Dffenburg. und einer benacbbarten 
Gemeinde, eine bedeutende Waldftrede betreffend, auf 
friedlidem Wege zu ſchlichten, wofür ihm die Stadt 
Dffenburg durch Ertheilung des Ebhrenbärgerredtd ihren 
Dank zu bemeifen ſuchte. Doch nicht allein ald kennt⸗ 
nißreicher, eifriger Korfibeamter, nicht allein durch feine 
re im Kreis feiner Familie und feiner 
reunde batte ih v. N. Derdienft erworben: er diente 
und nüpte auch feinem Vaterland, als Mitglied der 
I, Sammer auf den Zandiagen von 1825 — 1828, 1831 - 
bis 33 und 35, wo er theild von Dem Großherzog, theils 
von den Örundberren zum Deputirten ermäblt wurde, 
Er war der. feften MEDErIEBaND, daß dad Gute nur all» 
möälig reife, doch fab er wohl ein, daß Fein Stillftand 
möglich fei und Daß deshalb der Adel auf manche wohl 


” 8. N. Nekr. 8. Jahrg. S. 1%, 


J 


von Zychlinski. 2609 


erworbene Anſpruͤche verzichten muͤſſe, um das noch Br 
liche erhalten zu können. Demnach gebörte er der fo 
“oft verböhnten ridtigen Mitte an, die am Ende dennoch 
über jede HERRN bang den Sieg davon trägt. In dies 
fem Sinn war ftetö fein Wirken in der I. Kammer. In 
‚ Allem aber, was die neue Drganifation des Forſtweſchs 
und die nöthig gewordenen meucn Koritgefene betrifft, 
war er ganz beſonders thätig und dag Dertrauen, mels 
ches fomobl die Regierung als die Mitglieder der Kam— 
mer in feine Kenntniffe feßten, gab ibm aroßen Einfuf 
in diefen Angelegendeiten, melden er fterd zum TRobl 
des Ganzen und zur Sörderung der guten Sache benußte, 
m September 1836 ftarb feine hochbetagte Mutter nad 
angen Leiden. Diefer Verluſt, obgleih er ibn länaft 
befürchten mußte, war für ibn fo fmerzlich, fo ergreis 
fend, daß feine fhon feit laͤngerer Zeit fhmanfende Ges 
‚funddeit Dadurch neuerdings erſchüttert wurde; tänlich 
- wurde die Abnahme feiner Siräfte mehr und mehr fihts 
bar und eine binzugefommene ſchwere Kraufheit brawte 
ihn zu Ende des Jahrs 1836 an den Rand des Grabes, 
ald er wieder zu genefen ſchien. Allein leider war diefe 
eg nung nur Taͤuſchung, ein Nervenfchlag machte 
plöglid und unerwartet in menigen gen feinem this 
figen Leben ein Ende. Nicht nur feine Kinder und Ver 
wandten geleiteten feine irdifchen Weberrefte zur leuten 
Aubeftätte, fondern von nad und fern ſchloſſen ſich Men- 
fhen aus allen Ständen dem Trauerjug an. Die jun» 
gen Sorfimänner der‘ Umgegend, denen er Zebrer und 
atbgeber war, ließen es ſich nicht nehmen, feine ſterb⸗ 
liche Hülle feld zu Grabe zu he — Er war ein - 
treuer Sreund, ein freng gemiffenbafter, thätiger Beam⸗ 
ter, ein gütiger freundlicher Vorgeſehzter. F 


*93. Leopold Ferdinand von Zychlinski *), 
Eönigl. ſaͤchſ. Major und Bataillonskommandant im Leibinfante: 
zieregiment, Ritter des koͤnigl. ſaͤchf. Militär St. Heinrichsordens 

und des Franzöfiichen Drdend der Ehrenlegion zu Dreddens 

geb. den 7. September 1790, geft. den 9. Bebruar 1837. 


Der Geburtsort des Verewigten ik Goͤrlitz in der 
Dberlaufig, wo fein Vater, ein — Pole, ald Haupt⸗ 
mann in Garniſon ſtand. Seine Mutter war eine ge⸗ 
borne von Ehrenſtein. Die Familie J.s gehoͤrt zu den dlte- 


) Wird Schychlinski geſprochen. 





⸗ 


e 


4 


270 von Zychlinski. 


ſten und angeſehenſten Polens und ihre Verwandtſchaft 
mit den Piaſten, ſo wie mit dem Hauſe — iſt 
durch vorhandene Stammtafeln unzweifelhaft erwieſen. 
Unſer v. Z. wurde im Jahr 1802 im Kadettendauſe zu 
Dresden aufgenommen, wo ſich feine geiſtigen und för. 
perfiben Eigenfchaften trefflich entwidelten und im 9%. 
1307 trat er, in einer für den jungen Srieger HÖR güns 
ftigen tbatenreiben Zeit, ald Gouslieutenant in dad da 
malige Iinfanterieregiment „Prinz Friedrich Auguſt.“ Une 


geachtet feiner großen Jugend wurde er bald in nicht - 


unwichtigen Ungeleaenbeiten verwendet und war bereite 
im Tabr 1508 Plakfommandant zu Torgau, gewiß für 
einen jungen Öfficier im Alter von 18 Jahren eine große 
Auszeihnung. Als nun während des Marſches der Ars 
mee nad Deftreid (1809) felbfitändige Schuͤtzenbatail⸗ 
lone gebilder wurden, trat v. 3. in eine derfelben und 
gleich im Unfang dieſes Feldzugs betraf ihn ein fehr uns 
angenebmes Ereigniß, das, Da fein Benehmen dabei ihn 
cbarakterifirt, bier Ermäbnung verdient. Bei dem de 
fannten mangelbaften Berpflegungsfufiem der Sranzofen, 
trat oft Die Notbwendigfeit ein, Neguifiiiondtommandos 
aus den Lagern zu fenden, um Den Bedarf der Truppen, 
biöweilen nicht obne Anwendung von Gewalt, berbeizus 
haften. Diefe Aufträge gebörten, insbeſondere für den 
eutſchen Dfficier in Deutſchland, zu den unangenehm» 
en. Dft Fam ed dabei zu den übelſten Auftritten, durch 


iderfeglichfeit der Bewohner und ab its der Soldas - 


ten herbeigeführt, indem bie letztern bei diefen Gelegen⸗ 
beiten zuweilen vereinzelt nad) den forgfältig verborgenen 
Vorraͤthen ſuchen mußten und es kam oft vor, daß ſolche 


⸗ 


Einzelne, der Aufſicht ihrer Obern entzogen, der Verſu— 


ung nicht widerftanden, fi auch andere Gegenflände, 
namentlid der Bekleidung anzueignen, welche zu ned» 
men fireng unterfagt war. Aus dem Lager von Sieg⸗ 
dardskirchen unweit Wien führte v. 3. ein ſolches Kom» 
mando. Ed mar eine zumeilen beobachtet Diaaöregel, 

er 


- daß bei der Rüdkehr in dab Lager die Zornifter 


- ned war um ſo ſchreckli 


Mannſchaft unterſucht wurden; e6 geſchah auch diesmal 
und mehrere geraubte Gegenſtaͤnde wurden gefunden. 
War nun auch v. 3. nicht die geringke Schuld beizu⸗ 
meſſen, fo Eonnte es doch nicht fehlen, daß er für den 
Srevel feiner Soldaten büßen mußte. Er murde arres 
tirs und fein Benehmen follte einer Unterfuhhung unters 
mworfen.werden. Die gt des jungen ebrliebenden Man» 

er, ald unmittelbar nach jenem: 
Ereigniß der Marſch nah Wien angetreten wurde und 


4 . 


von Zychlinski. 271 


man für die naͤchſten Tage einer Schlacht emgegen ſah. 
Sein Bataillondfommandant hatte ſich bereitd vergeblich 
-demäbt, für die Dauer der Schladt die Entlaffung aus 
dem Arreſt für v. 3 zu bewirken, als diefer Dur einen 
rafden Entſchluß fi % beifen wußte. Als Arreſtant 
feinem auf dem Marſch nach der Inſel Lobau begriffe 
‚nen Bataillon folgend, benugte er naͤmlich den Augens 
bi, wo der Dberbefehlähaber des Korps, Prinz von 

ontekorvo, der gegenwärtige König-von Schweden, mit 
einem Stabe am Bataillone vorüberritt. v. 3. drängte 

ch bi6 zu dem Chef des Generalſtabs, dem damaligen 
Hberſt von Gersdorf *), durch und beſchwor diefen, feine, 
Entlaſſung zu ermitteln. Ponteforvo, in deflen Näbde 
Died vorging, wurde felb darauf aufmerffam und bes. 
willigte, ald er von dem Gegenftand des Geſuchs untere 
richtet war, daſſelbe ſogleich unter den ſchmeichelhafte⸗ 
ſten Ausdrüden. Dad Bataillon „Metzſch,“ in welchem 
v. 3. ſtand, war einer franzöffeden Divifion unter dem 
General Dupad zugetbeilt und focht darauf in Der 
Schlacht bei Wagram, getrennt von den übrigen (ds: 
fen Korpd. Dad genannte Bataillon zeichnete fib an 
‚beiden Schlachttagen rühmlichſt aus und verlor an Tod» 
ten und Derwundeten über die Hälfte feines Beftandes, 
Auch unfer v. 3. befand fid unter den lettern, indens 
er am 6. Tuli Mittags, nachdem die feindlichen Linien 
bei Aderkſaa erkärmt waren, einen Flintenſchuß in das 
linke Schienbein erbalten hatte und mürde, da in dem 
felben Augenblid die ganze Linie raſch zurädging, uns 
febibar gefangen worden fein, wenn ibm nicht ein ſaͤch⸗ 
(der Kavalleriſt fein Pferd Äberlaflen hätte. So ent 


am er der Gefangenfchaft und langte glüdli in Wien 


- an, wo_er in einem franzöfifhen Hofpital Aufnahme: 
fand. Wie bekannt, waren die franzbfiiben Wundärzte 
febr geneigt, die Verwundeten au ohne Noth zu ain⸗ 
utiren. Auch 9. 3. follte Dieler Operation unterwors 
en-werden und verdankte nur feiner entfchiedenen Wei⸗ 
gerung die Erhaltung feines Beind. Später wuͤrhete 
er Topbusd in diefem Hofpital; v. 3.8 beide Nachbarn 
eg daran und wahrſcheinlich wäre auch. er von demſel⸗ 
en dabingerafft worden, hätte er nicht den Entfchluß ges 
taft. dad Hofpital zu verlaffen, Ach eine Wohnung zu 
miethen und von einem Privatarzt behandeln zu fen. 
was ibn rettete. So genad er und fonnte nad einigen 
Wochen zu feinem Bataillon abgeben, dad er in Pre 


*)Deſſen Biographie f. N. Nekr. 7. Jahrg. ©. 666. 


272 _ von Zychlinski. 


burg antraf. Im Dftober deſſelben Jahrs ee Premier: 
fieutenant ernannt, kehrte er zu Anfang des Jahrs 1810 
in dad Vaterland zurück und murde bei der Furz darauf 
eintretenden Umgeftaltung des ſaͤchſiſchen Heerd in das 
2, leichte Sinfanterieregiment verfeßt, mit dem er im 9. 
4812 nad Rußland marfchirte. Dort erbielt er in der 
Schlacht von Podobna am 12. Auguft einen ziemlich bes 
deutenden Streiffhuß am Hald, verließ aber ungeachtet 
beftiger Schmerzen fein Regiment nicht. Seine von ibm 
an diefem Tag bemwiefene Tapferkeit fand auch Die gen 
bührende Anerkennung und wurde dur den ibm er» 
tbeiften Militär St. Heinrichsorden belohnt. Befon, 
derd glänzend, aber in feinen Folgen doͤchſt ungluͤcklid 
für ibn war dad Gefecht bei Binla am 18. Dftober, wo 
er ſich bei einer Abtheilung befand, melde die rechte 
Slanfe der Ruſſen zu umgeben beftimmt war. Diefer 
‚Abrdeilung mit wenigen Schützen vorauseilend, erblidte 
er ganz unerwartet indem er am Rand eined Geboͤlzes 
dinging, in feiner Nähe eine ruffifhe zmölfpfündige Kar 
none, welche eben abgeprogt batte, um auf die jenfeits 
eines Sumpfs anfgeltellte ſaͤchſiſche Neiterei zu feuern. 
Ein rafher Angriff brachte fie in Die Gewalt der braven 
Schuͤtzen, die fie mit der ganzen Befpannung und Bes 
dienung glüdlicy zurückſchafften. Es ift merkwürdig, daß 
dieſes Geſchuͤtz von allen denen, die im Lauf dieſes Feld 
zugd Seiten der Berbündeten genommen wurden, das 
einzige mar, weldes beim Rüdzug nicht zurüdgelaffen 
werden mußte. Es gelangte nah Sacfen und fiel erft 
im Jahr 1814 bei ——— der gend Torgau wieder 
in ruffifde Hände. Dad Gefecht war faft beendigt, als 
v. 3. von einer Slintenkugel in das linke Auge getrof— 
fen wurde. Außer der de Zerſtoͤrung deflelben 
batte Diefe Verwundung für ihn unendfiche Leiden und 
einen früben Tod zur Folge. Er Fam in das Hofpital 
zu Warſchau, mo er längere Zeit im Zuftand gänzlicher 
Erblindung zubringen mußte, da. auch das rechte Auge 
deftig angegriffen und fehr leidend mar. Dennoch fa 
er fih gegen Ende December fo weit bergeftellt, daß er’ 
‚wieder zum Regiment abgeben wollte, als ihn, vermuth⸗ 
li in Solge feiner erhaltenen Bermundung, erfi Gehim 
‚ entzändung und darauf Nervenfieber, beides in febr bo» 
dem Grade, defiel. Ende Jauuar des Fahre 1813 raͤum⸗ 
ten die Verbündeten Warſchau; nur die ſchwerſten Ber 
mwundeten und Siranfen blieben zurüd und auch v. 2. 
‚folte nah dem Ausfpruch der Verzte diefed Schickſal 








von Zychlinski. 278 


teilen. Das ſaͤchſiſche Korps mar bereitd abmarfdirt 
und die Ruſſen folten Tags Darauf einräden, als v. 2. 
der nicht immer feiner ganz bewußt war, in einem lid» 
ten Augenbli erfuhr, mas ihm bevorktebe und er mar 
unbedingt entſchloſſen, Warfhau zu verlaffen und dem 
fähfifden Korps zu folgen, wovon er fi auch durd 
‚Reine Vorftelungen zurädhalten ließ. Ein Kamerad, der 
fiber einen offenen Schlitten verfügen Eonnte, gab feinen 
Bitten Gebdr_und nahm den ſchwerkranken v. 3., defs 
fen baldigen Tod die Aerzte ald ganz gewiß erklärten, 
mit ſich. Gegen alle Erwartung wirkte die Kälte wohl 
tbätig auf feinen Zuftand, welcher id während einer 
mebrtägigen mübe» und gefahrvollen Reife fehr verbefs 
erte, v. 3. erreichte glücklich in der Nähe von Kaliſch 
das fählifhe Hauptquartier, wo feine Ankunft eben fo - 
aroße Freude ald Verwunderung erregte. Der Generaf 
von Zangenau überließ ibm nun feinen Wagen und fo ge⸗ 
langte er völlig hergeſtellt nad Sadfen. Er befand ſich 
hierauf mehrere Monate in der Feſtung Torgau und zog 
bei der Revue, welche Napoleon am 10. Juli 1813 Aber 
die dafigen Truppen hielt, durch feine ſcwarze Binde 
über dem linken Auge die Aufmerkfamkeit des Kaiſers 
auf ſich, welcher ihn Aber den Verluſt des Auges fragte 
und ibm, nahdem er den Hergang der Sache erfahren, 
fofort den Drden der Ehrenlegion ertbeilte. Als nad 
dem Waffenſtillſtand die Zeindfeligfeiten wieder ausbra⸗ 
"en, erbielt v. 3. dad Kommando des aus gelernten Jde 
gern beftebenden Seldjägerkorpd. Er führte es mit ges 
mohnter Auszeihnung in den unglüdliben Schlachten 
‘von Broßbeeren, Dennewig und Leipzig, fo wie in meh» 
teren bigigen Gefechten, welche nad dem Webergang der 
Sachſen vor Torgau gegen die Sranzofen flatt fanden. 
Als zu’ Ende ded Tabr6 1813 dad Jagerkorps zu einem 
Bataillon vermehrt wurde, fand ©. 3. gerechte Anerken⸗ 
nung feined wahrbaft ausgezeichneten Benehmend in den 
verfloflenen geldahoen durch die Ernennung zum Haupte 
mann in jenem Bataillon. Er batte zwar eben erſt dad 
23. Lebensjahr zurüdgelegt, aber er mar Älter an Tha⸗ 
ten und Erfahrungen ald an Tabren. Trotz feiner ſchwe⸗ 
ren Wunden und Kberftandenen Strankheiten war v. 3. 
zu diefer Zeit ein Eräftig fhöner Mann, allgemein ges 
liebt und geachtet mißgönnte ihm Niemand fein ungee 
woͤhnlich fchnelled Avancement. In den Seldzägen der. 
ahre 4814 und 1815 in den Niederlanden und im El⸗ 
aß zeichnete er fi dur fein entfchloffenes und tapfes 

N, Rekrolog 15. Jahrg. 18 


7 
— 


RE . 

274 von Iychlindki. 

red Benehmen wieder vortheilhaft aus, doch hatte "dies 
£eine befonderen Folgen für ihn. Leider hatte er in dem 
letztern Jadre das Unglüd mit dem Pferd zu ſtürzjen und 
fid am Kopf zu verlegen. Seitdem vermebrte fi der 
Kopffhmerz, der ibm von feiner Kopfwunde geblieben 
war, auf beunrubigende Weile. Das Jaͤgerbataillon, in 
welchem er noch immer fand, erbielt die Beſtimmung, 
bei der Decupationdarmee in Frankreich zu bleiben und 
marfchirte demzufolge zu Ende ded Jahrs 1815 in das 
Norddepartement. v. 3. bing mit ganzer Seele an feis 
ner Truppe, mit welcher er in mebreren blutigen $eld» 

ügen fo Vieles geleifter und erfahren batte. Als jedoch 
fein bejabrter Vater, der feit 1809 in den Rudeſtand ges 
tretene Oberſt v. 3., immer binfäliger wurde und den 
Wunſch auddrädte, in feinen legten Tagen den Sohn 
unm ſich zu baben, entſchloß ſich dieſer ſoß eich, das große 
Opfer zu bringen, feine Stelle in der leichten Infante⸗ 


‚nie aufzugeben und um eine andermeite Unftelung in 


Sadfen anzubalten, die er auch erdielt. Noch einige 
Monate konnte er die Pflibten ded Sohnes treu erfül 
Ien, bis fein DBater Ende des Dadrs 1816 farb. Die 
Mutter verlor er. durd den Tod im Jahr 1818. Im 
dem Zufland des Friedens Br v. 3. tortwäbrend mit 
dem beiten Erfolg bemüht, in allen Dienftzweigen nägli 
u werden und ließ ſich davon auch nicht abhalten, alı 
ie immer beftiger werdenden Kopfſchmerzen und an⸗ 
dere Beſchwerden ibm die Erfüllung feiner Pflichten ſehr 
erfhwerten. Befondere Erwähnung verdient, daß er es 
war, der in Auftrag des gleich ibm raſtlos thätigen Ge⸗ 
nerald von Le Eog *) im Jahr 1848 die erfie Abtheilung 
- Baipnettechter audbildete. zZ Jahr 1821 verbeirasbete 
er ko mit der Tochter des Oberfien und Unterkomman- 
Banten der Setung Königfein, v. Zeſchau **). — Ald Gatte 
und Dater bewies er fi eben fo mufterbaft ald in allen 
andern Zebendverbältniffen. Seine Ernennung zum Mas 
or erfolgte im Jahr 1825. Geige bereitd erwähnten. 
koͤrperlichen Leiden fleigerten fid aber nun immer mehr 
‘und’ zwar hauptſaͤchlich durch eine Lähmung des rechten 
Schenkels die er im Jahr 18%8 im Reiten bei einer 
Mebung befam und wodurd die frübern Uebel noch mehr 
aufgeregt wurden. Von da an ging ed ſichtbar rüd» 
waͤrts mit feinem £örperliben Zuftand. Auch die Seh» 
kraft des rechten Auges ſchwand; heftige oft wiederkeb- 


2, Deffen Biograpbie f. N. Nekr. 6, Sadıg, ©. 88. 








von Zychlinski. 275 


rende Kongeftionen nad ruft und Kopf traten ein, die 
Kopfſchmerzen wurden immer flärfer und verließen ibn 
nur felten. -. Dennoch mollte er fortwährend thaͤtig fein 
und verfiel, ald er zulegt auf jede Beſchaͤftigung verzich⸗ 
ten müßte, in tiefe Schwermuth. Alles ließ auf gr 
‚innere Zerftörung „der Kopforgane fließen, die Kräfte 
des Geiſtes fingen an zu ſchwinden; mit ſchlagaͤhnlichen 
Zufaͤlen, Augenentzändungen und andern Leiden batte 
er beinahe unaudgefegt zu Eämpfen. Er war dem Er» 
blinden nab, als ein Nervenſchlag am oben genannten 
Tage feinen Zeiden ein Ziel fegte. Die Section wurde 
vorgenommen, um die Weberzeuaung zu gewinnen, ob 
jene Kugel, die vor beinade 25 Jahren dad linke Auge 
jerRörie, ſich im Kopf befinde. "Sie fand fi nidt und. 
ft, wie au der Verſtorbene bemerkt baben wollte, jee 
denfalld abgepralit. Aber fie batte fehr zerflürend ger 
wirft; man fand bei Abrigend Erankbafter Beſchaffenheit 
des Sedirns and faft gänzlicher DIENEN der Seh» 
nerven mehrere große durch jenen Schuß losgeprellte 
©plitter der Hirnfchale, der größte Aber Kr lang, in . 
eine bäutige Maffe gehlillt im Gehirn. Die Hirnſchale 
ſelbſt zeigte keine Spur von Verlegung und batte ſich 
sedenfalld wieder ergänzt. Es war unerklärlid, wie en 
nah jener Verwundung datte genefen und nod fak 25 J. 
anfangs im Zuftand beinah völliger Geſunddeit leben 
können. Er binterließ eine Witwe wit drei Söhnen; 
von feinen Geſchwiſtern ift nur eine Schweſter am Le⸗ 
‚ ben, die ihn wenige Jahre vor feinem Tode durch ibre 
Berbindung mit einem würdigen Mann erfreute. — v. 3. 
war von der Natur Eörperlid und geiltig vorzüglich be» 
günftigt und dad, mad man einen gebornen Soldaten 
nennt. Maftlofe Tbätigkeit, bobe Begeilterung für den 
Siriegerftand, ächted Ehrgefübl, Unternebmungsgeift, Ener» 
gie, verbunden mit einem edlen, ritterliben und dabei 
wahrhaft religiöfen Sinn, mit der größten Uneigennügig- 
feit und aufopfernder, bingebender Sorge für feine Un, 
> tergebenen bildeten Die Hauptzäge feines Weſens. Er 
batte in einem ungemöbnlid boben Grade mit dem ibn 
raftlod verfolgenden, widrigen Geſchick zu Fämpfen, mußte 
fi jedoch ſtets durch rafchen dad Gewoͤhnliche überfprins 
—— Eniſchluß aus den übelſten Lagen zu zieben. Die 
iebe und Achtung, deren er fi fomobl von feinen Dors 
gefegten und Slameraden ald von feinen Untergebenen 
erfreute, betbätigte ſich aufd alänzendfte bei feiner Beer 
digung. Die —88 Staböoffziere, ſo Ai Difniere, 





2726 von Gerning. | 
-Unteroffiziere und Gemeine von den verfeiedenften Frups. 


enkorps und dohe Beamte und andelevene Männer des | 

ivif, begleiteten, feine irdifhe Hülle in größter eniabl 

zur Ruhe. An feinem Grabe wurden von Kriegögefährs 

. ten und Andern Reden zu feinem Gedaͤchtniß gebalten 
-und ein Bataillon a Regiments gab. während der 
Einfenfung eine dreimalige Ehrenfalve. 

Bi resden. 


94. Johann Iſaak Freiherr von Gerning, 
heſſ. Homburg. Geheimer Kath zu Frankfurt a, M.; 
geb. den 14. November 1767, geſt. den 21. Februar 1837 °). 


Gerning, Sohn des Entomologen Hofratb ©. in 
Srankfurt a. M., wo fein Großvater und Odeim müts 
terliher Seits sen waren, ftudirte am 
Gymnaſium daſelbſt, hierauf zu Jena und widmete fid 
befonderd_ der Gefhichte und der Staatswiſſenſchaft. Er 
verKand fieden Sprachen; au batten die Sammlungen 
eined Vaters in ibm fon früb den regen Sinn für 

atur und Kunſt erwedt. Entſcheidend für den Gang 
feiner Bildung und feined Lebens wurde dad J. 1790. 
‚Ed waren naͤmlich Damals bei der Kaifermahl und Krös 
nung Leopolds II. der König und die Königin von Nea⸗ 
‚ pel gegenwärtig und wohnten im ©. Haufe. Der leb⸗ 
daft auffirebende, fdon mannichfach gebildete Tüngling . 
gewann die Zuumeigung des Monarden und feiner geile 
reiben Gemahlin; fie Iuden ibn nad Neapel ein, wohin 
‚er den Weg, von Goerhe **) dazu veranlaßt, dem er 
enthuſiaſtiſch anhing und deſſen Sreundfchaft er erwors . 
ben hatte, über Weimar nahm, nachdem er fhon vorber 
die Schweiz, Holland, England und grankreich durch⸗ 
wandert hatte. Während. feines Aufenthaltd in Italien 
erwarb er ſich eine vertraute Bekanniſchaft mit den klaſ⸗ 
. fifden Werken der bildenden Kunft, fo wie er .in Nea⸗ 
pel bald das volle Vertrauen des Königd und der A 
nigin gewann, welche mit ihm in fortgefeßtem Briefwech⸗ 
ſel fand. Als 1794 ſich bei der Königin beurlaubte, 
äußerte fie ſich über ihn im Kreife ihrer Samilie mit den 
Worten: E come mio ſiglio. Auch Ycton war ihm gemos 
. gen und fagte von ibm: EZ pieno di spirito, peino di 
. talenti! Die Erſchutterungen der Tranzöfifhen Revolu⸗ 


1) — 


1} “- 


x 





.) Gonverfationd : Lericon N. Folge. 
”, Deffn Biographie ſ. N. — * 10. Sahrg. ©. 197, 
A 


von Gerning. .. an 


tion batten Damals Ihre Schwingungen aud Aber beide 
©icilien verbreitet; Leider ginaen Acton und N 
welche den Einfluß auf die Staatdangelegendeiten theils 
ten, von verfhiedenen Anfichten aus. v. ©, erbielt die 
Genugthuung, daß er den Erfolg Pati vorausgeſagt 
batte, fo mie denn auch der neapolitaniſche Friede von 
41798 zum Theil nad feinen Ideen gefdloffen wurde, 
morauf 1707 Neapefd ehrenvolle Mitwirkfung an weitern 
friedlichen Verbältniffen erfolgte. Im Jahr 1798 wurde 
er von Neapel auf den Kongreß nah Naftadt gefandt. 
Die Revolution machte aber immer weitere Sortichritte, 
an eine Außgleichung der politifchen Intereſſen und Mei» 
nungen war nit mehr zu denken und v. ©. 08 ro 
ganz in die Stile, ded Privatleben zuräd, wo Kun 

und Wiſſenſchaft ihn vielfach befchäftigten. Er wurde 
nad Weimar bingezogen und eingeladen und brachte 
daſelbſt bis 1802 jedeömal die Wintermonate zu. Dort 
ſchrieb er auf Anratden Goethes und Herderd feine bes 


kannte „Reife durch Deftreih und SGtalien (3 Th. 1809), 


das Werk mannichfaher Bildung, ausgebreiteter Kennts 
niffe und reifen Urtheild. Auf diefe folgte fein Elaffis 
ſches „Säfulargedicht” (Leipg. 1800 u. 1802). Nah dem 
Tode feines Daterd mohnte er meift in Frankfurt, zum 
Theil aub in Homburg und Kronburg am Taunus. Im 


Jadr 1806 ernannte ibn der Landgraf von Helfen» Homs 


burg, der ibn feined befondern Dertrauend miürbigte, zw 
feinem Gebeimen Rath und 1809 ertbeilte ibm der Großs 
derzog von Heflen diefelbe Würde, morauf er ibn auch 


1818 in den Sreiberrnftand erbob, Schon früher batte_ 


er vom Kaifer das Reichſadelsdiplom erbalten, Im J. 
4816 ernannte ibm Der Landgraf von Heflen- Homburg 
zu feinem Bundestagsaefandten in Frankfurt und 1818. 
ging er ald homburgifcher Gefandter nad Zondon, mo 
er vom König von Großbritannien den Guelpbenorden 
erbiet. Seine politifden Befhäftigungen aber baben 
ibn niemald der Kunſt und der Wiſſenſchaft entfremdet. 
Außer einzelnen treffliben Gedichten in Zeitblättern, er: 
ſchienen von ibm: „Die Heilquellen am Taunus” (Zeipz. 
41813 u. 4814 mit Sipfrn.), ein Gedicht, Das in der Dis 
daktiſch⸗Ipriſch⸗ malerifhen Gattung eine der erfien Stel⸗ 
len bebauptet und Ab eben fomobl durch die Zülle der 
Gedanken und den Re der Darftellung, ald durch tech⸗ 
niſche Vollendung auszeichnet; „Dvids exotiſche Gedichte‘ 
(1815), deren Verdienſt von mehreren kritiſchen Blättern 
anerkannt wurde; „Die Rheingenden,“ ein zu London 


‘ 


Guten immer mit Ratb und That fr 


278 ; Höferle. 


4821 erfchienened Prachtwerf, mit Boforirten Kupfern 
nad Seihnungen von Schüß, deutſch und von Jodn 
Blake ind Engl. uͤberſetzt; „Die Lahn» und Maingegen, 
den“ (Wiedbaden 1821). Beide Werke enthalten nidt 


- nur eine getreue Schilderung der berrlichfien Gegenden 
unfer& „Vaterlands, fondern auch einen reihen Schatz 
: —7 diſtoriſcher — aus den Quellen. 


ande feiner Poeſien find noch ungedrudt, wie feine 
Ueberfegung der Dden des Horaz und verdienten wohl 
die Öffentlide Bekanntmachung. v. G.'s Talent, das 
uerft Goethe, dann Herder wedte und ermunterte, ge» 
hörte befonderd dem Iprifhen und didaktiſchen Fach an. 
Ueberbaupt bat v. ©. zur Sörberung Des Schönen und 
aͤftig gewirkt. Seine 
bedeutenden Sammlungen von Gemälden, Handzeichnun⸗ 
en, Kupferſtichen, Majolicas, Antiken aller Art“ und 
auptfächlich griedifher Münzen ıc. waren jedem Ges 
bildeten zugänglid. Seiner Vaterftadt, zu deren politi⸗ 
ſchem Wiederherſtellung er 18143 tdätig "mitwirfte, war 
er getteuer Bürger, feinen „Sreunden erprobter Sreund 
und in einem vielfach thaͤligen Leben, in mandyerlei oft 
Der nngenen Derbältniffen, bat ſich ſtets fein richtiger 
Blick, feine Welterfahrung, fein rechtlicher Sinn und 
fein tbeilnebmended Gemuͤth bewäprf. — Außer den ges 
nannten Werfen find, von ibm noch erfhbienen: Der 
Sriede Neapeld; Ode von Afton (Ohne Drudort und 
Drudjahr). — Frankfurts Erhaltung u. Rettung Sranff. 
1795. — Siegeshymne. Ebend. 1796. — Kantate zur - 
Dermäblungsfeier Ihrer Eönigl. Hoheiten, des Kronprin⸗ 
en beider Sicilien u, d. Erzderzogin Klementine von 
Deftreic, im Gabr 1797 Dffend. 1797. — *Skizze von 
Frankfurt a. M. (Frantf.) 1800. — Lieferte viele Beitr. 


zu Archenholz Minerva, Dem Genius der Zeit, zur Zei 


tung f. d. elegante Welt, zum N. deutſchen Merkur, 
dem Götting. Mufenalmanad, Böttigerd Gried. Vaſen⸗ 
gemälden u. ſ. w. 


95. Placidus Höferle, 


katholiſcher Pfarrer zu Frankfurt a. d. O.3 
deb. den 27. Bebrud® 1781, gef. ben 21. Februar 1897 9). 


Er war zu Friedland in Böhmen geboren, der Sohn 
eined Zeinwandhändierd, kam in feinem zwölften Jahre 


*) Frantfurter patriotiſches Wochenblatt 1837. Nr. 9. 


Hoͤferre.279 


als abe in das Cißerzienſerkloſter zu Nenzelle und 
erbiefe feine wiſſenſchaftliche Bildung in dem dortigen 
tbeologifben Seminar. Im Jadr 1805 Tegte er na 
‚ebrenvoll Äberftandenem Noviziat fein Moͤnchsgeluͤbde 
eb und erbielt wegen feines feißigen Studiums der 
tdeologiſchen Wiſſenſchaften und wegen feines Eifer 
für feinen Beruf _bereitd im Jahr 1807 zu Bautzen von 
dem dortigen Biſchof die Priekermeibe. In demfelben 
Jahr ward er au Profeflor an dem geiftliden Semi⸗ 
nar und zeigte feinen Schülern bei aller väterlichen 
Liebe einen ernſten und firengen Sinn. Nach Aufhebun 
des Kloſters widmete ſich DH. in fliller Zurädgezogenbeit 
ausſchließend den theologiſchen Studien und dem Kir⸗ 
endienft zu Neuzelle, bi8 ibm im Jahr 1818 nach dem 
- Eod des Piarrerd Tietz von der Srankfurter Regierung 
dad Pfarramt bei der katholiſchen Kirche anvertraut 
wurde. Er bat Died Amt mit großer Treue und Gewife 
fenbaftigfeit verwaltet und für dad Wohl der Kirche wie 
- tür dad Heil der Gemeinde beftend geforge. Ald Mit 
lied der Armendeputation bewies er eine väterliche Fürs 
ge für die Armen und fehlte doͤchſt ſelten und gewiß 
nur dann bei den Berfammilungen, wenn er dur Bee 
rufögef&häfte verhindert wurde. Eben fo thätig war er 
als Mitvorſteher der Induftriefhule, wie er überhaupt 
jede Gelegenheit, die ibm zu nuͤtzlicher Wirkſamkeit dar⸗ 
‚geboten wurde, freudig ergriff. Der Verſtorhene lebte 
il und daͤuslich, obne die Sreuden eined gefelligen 
Umgangs zu verſchmaͤhen. Mit den Geiſtlichen der evane 
geliſchen Kirche lebte er in Sreundihaft und gutem Ders 
nebmen und mar fern von einem enobsche ‚_profelys 
tenfüchtigen Konfeſſionsgeiſt. Seine liebe Erholun 
war die Befchäftigung mit dem NBeinbau, den er in fe 
nem fleinen Garten mit Einfiht und Gluͤck trieb. ie 
fehr er geliebt und geachtet war, zeigte fein Begraͤbniß. 
Der Pater Abundus aus Neuzelle, der Pater Dtto aus 
©eitwann und der Kaplan Suchp aus Neuzelle, ein 
Schüler ded Verfiorbenen, waren Dazu nach Frankfurt ges 
fommen. Nabdem an der Gruft die Brabliturgie ges 
halten und eine Motette unter Zeitung des Drganift 
Siegert gefungen war, redete der Kaplan Suchy von 
den Derdienken des DVerftorbenen und der Superinten⸗ 
Des Spieler beſchloß die Seierlichkeit mit einer Grab» 
rede. : 


20. ©. | 2 
* 96, Friedrich Karl Peter Schmidt, 


Sufklätanzleiadvotat u. Notar zu Schwerin; 
geb. ie 3. 1808, geft. d. 21. Febr. 1837. 


Er wurde. zu Schwerin geboren und war unter drei 
Brüdern der ältefte Sohn des daſelbſt am 13. Apr. 1834, 
‚50 Jahr alt, verftorbenen großherzoglichen Hausvoigts 
- Sriedrid Wilhelm Schmidt und der Chriſtine Ehriftiane 
Dorothea, geb, Mörder, Geine Eltern forgten ſchon 
früh aufd Gorgfältigfte für feine Bildung und während 
der Bater noch ald Feldwebel bei dem Gardegrenadier- 
bataillon zu Lüdwigsluſt and, genoß er im großeltere 
lichen Haufe feine erfte Erziebung, fo wie feine wiſſen⸗ 


ſchaftliche Bildung auf den Gymnaſium Sriedericlanum, 


wo Gdren,, Schumacher, Löber, Mozer u. f. w. feine 
£ebrer in den obern Slaffen waren. Um Oſtern 1829 - 
verließ er die Schule zu Schwerin und bezog, um fi 
den Rechtöfiudien zu widmen, wozu er ſchon fruͤh ent⸗ 
fbiedene Neigung gezeigt, batte, Die Univerfität Jena, 
die er zu Ditern 4331 mit der zu Roftod vertauſchte. 
Auf beiden bereitete er ſich mit treuem Eifer für feinen 
Fünftinen Beruf vor und benußte befonderg in Jena die 
Borlefungen eines von Schröter über die Infitutionen 
und Pandelten, eines Martin über die Theorie des 
Civilproceſſes und das Kriminalrecht, Ortloff über Kirchen⸗ 
recht, Scheidler über Naturreqht, Luden über Geſchichte ꝛc., 
ſo wie er in Roſtock das Erbrecht bei Kaͤmmerer, den 
Kriminalproceß bei Rasſspe u. ſ. w. börte. Um Oſtern 
1832 abſolvirte er darauf feine Studien und wurde noch 
in demfelden Jahre, nah einem ruhmlichſt beſtandenen 
Eramen, unterm 26. Nov. als Advokat und. Notar bei 
der großherzogl. Juſtizkanzlei feiner Vaterſtadt vereidet. 
Aber dieie Laufbahn follte nur kurz fein; vier Sabre und 
. einige Monate nur war ed ibm verflattet zu wirken; 
doch fein Fleiß, feine Geſchicklichkeit und fein durchaus 
rechtlicher biederer Sinn hatten ibm fchon in Diefer kur— 
zen Zeit großed Qutrauen erworben und vielfeitig wurde 
er daber in Anfprud genommen. Er entſchlief am Mor: 
gen des oben genannten Tages an der Grippe und bin 
zugetretenen Strämpfen. Mit ibm ningen ichöne Heff: 
nungen zu Grabe. — Was feinen Charakter anberrifit, 
fo war Herzendgäte bei ihm vorberrfbend und fein mo» 
raliſcher Wandel untadelhaft. Die Grabrede bielt der 
under Beutler. | 
Schwerin | Fr Brüfom. 


— 


281 


97. Karl Gottlieb Thiemann, 


Lektor der italieniſchen Sprache an der Unwerſitaͤt und Lehrer an 
der Wilhelmsſchule zu Breslau; 
geb. den 18. December 1787, geſt. den 24. Bebruar 1887 *). - 


Thbiemann, geboren zu Liebenau, beſuchte bis zu ſei⸗ 
sem 47. Jahre die Dorfſchule zu MWabikatt, fodann dad 
vormalige um zu Jauer, wo er von 1804 bis 1808 
ſich namentlid dem Sprachſtudium widmete und durch 
ben Umgang mit gebildeten Sranzofen und Italienern 
ſchon damald_eine Zertigkeit in der franzoͤſiſchen und 
italieniſchen Sprache gewann. Im Jahr 1809 beſuchte 
er durch 2 Monate das evangeliſche Schullehrerſeminar 
zu Breslau und trat dann in derſelben Stadt als Pri⸗ 
datlehrer auf, in welcher Eigenfcaft er dis an feinen 
Tod verblieb. Seit 1819 leitete er eine in Verbindung 
mit feiner Gattin eingerichtete Privatfchule für Thchter 
ebildeter Samilien; feit 1821 ertheilte er auch den ges 
—8WB und geographiſchen Unterricht in den obern 
Pa der k. Wildelmöfchule au Bredlau, fo wie er. 
eit 4822 bei der Univerfität Lektor der italieniſchen 
Sprache war. Seine Stellung batte ihn zur Abfaffung 
nachfolgend genannter Schulbächer veranlaßt, nämlihs 
eittafeln der Weltgefchichte. 2. Aufl. Bredlau 1826. — ' 
orübungen zur Erlernung der franz. Eprade f. Ans 
fänger Ebend. 18%. 93. Aufl. Ebend. 1835. — Stal. 
Blumenlefe ıc. Ebend. 4826. — Ital. Ehreflomatie ꝛc. 
Ehend. 1827. — Cours de langue oder franz. u. deutſche 
Uebungsſtuͤcke ıc. Ebend. 1835. — Außerdem noch einige - 
Eleinere Schriften und Mitteilungen in Zeitfchriften. 


* 98, Karl Chriſtian Daniel Baurfchmibt, 
 Superintendent u. Schloßprediger zu Ofterode a. H.; 
geb, den 27. San. 1762, geft. den 22. Febr. 1887. 


| Noch waren die Stürme ded fiebenjährigen Kriegs 

nicht vorüber, als B. zu Schleufingen, der Hauptftadt 
des kurſaͤchſ. Anıheild von Henneberg, das Licht der 
Welt erblickte. Sein Vater, Johann Siegmund Baurs 
fhmidt, war damald Diafonud zu Schleufingen und feit 
1767 Paftor zu Benshaufen und Ebertöhaufen, feine 





y Sgleßiſche Provinciälblätter 1887. 


— 


* 


Noch inniger, wo e 


D 


bei Hammel. Den — E 


- 282 Baurſchmidt. 


Mutter, eine geborne Herman, die einzige Tochter eines 
angefebenen Beamten zu Koburg und Durch fie Rammte 
Baurfbmidt von den ehemals aus Salzhurg vertriebenen , 
Emigranten ab, Unter der eben fo liebevollen als ums» 
fihtigen Pflege feiner Eltern entwidelte ſich frühe in 
dem Knaben der Keim alled Guten und jened fromme - 


und liebreibe Gemüth, wodurd fein ganzes £ehen eben -  - 


fo reich für ihm felbft, ald reich für Andere werden ſollte. 
zu Chriftentbum und in den Anfongsgründen der Ges 
ebrfamkeit unterwied ibn fein Vater ſelbſt, kurze Zeit 
mit Hülfe eines Haudlebrerd, den er bald fo liebgemann, 
daß er ibm nod auf £ Jahr in feine neue Pfarrwohnung 


folgte, Es war dies feine erfte Auöflucht aus: dem elter⸗ 


liden Haufe. Bald darauf bezog er das vaterlaͤndiſche 
Gymnaſium f Shleufingen. Hier waren der gelehrte 
Rektor Wald und ber Wrofeffor der Phyſik Dr. Schad 
feine vorzhglichhen kehrer und namentlich verbanfte er 
5*— feine erfte Liebe zu aͤhnlichen Wiſſenſchaften. 
Glückliche Anlagen Famen dem angefirengteften Fleiße zu 
ülfe. Schon in feinem 17. Jahre war er Primus des 
Schleufinger Gomnaſiums. Vorzüglich in den älteren 
Spraden legte er bier einen fo guten Grund, daß ed 
ibm fpäterbin noch einem Zeitraume von 20 Tabren, wo 
ibn andere Befhäftigungen gan vom Studium der als 
ten Sprachen abgezogen batten, noch möglich mar," mit 
der größten Geläufigfeit lateinifh zu ſprechen. Oſtern 
4780 bezog er die Univerfität zu Leipzig, noc in tiefer 
Trauer um ben kurz gun! erfolgten Tod feiner Mutter. 
möglih war, ſchloß er fid feit 
jener zeit an feinen Vater an und eben diefed innige 
Derbältniß, an dem Feine Entfernung jemald wieder et» 
— ibſen vermochte, bewahrte ibn glücklich vor al’ . 
den Berſuchungen feines akademiſchen Lebens. Auf dem 
Gebiete der Willenfbaften waren in der Theologie Mo» 
rud und Datbe feine bauptfäblihiten Sübrer; in ber 
Philoſophie Plattner und Caͤſar; in der Philologie Erneſti 
und Reiß. Deutſche Reigkbiſſorie hörte er bei Böhme, 
die Staatenbiftorie bei Hilſcher, Naturrecht bei Sammt, 
deutfches Staatöreht bei Seeger, dad kanoniſche Recht 
| e hörte er über gelebrte 
Gefhihte und Dibtfunt. Gprif lernte er bei dem 


"M. Hempel, wie er ed auch nit unterließ, in Der frans 


bilgen und englifchen Sprade fi fortzuüben, Später 


erlernte er aud noch die italienifhe Sprade. So er 


warb er fi in Zeipsig nicht allein ſehr vielfeitige, fon: 


‘ 


Baurfchmidt. 283 


dern aud in dem meiſten Foͤchern, morin er unterrichtet 
war, fo gruͤndliche Kenntuiffe, dab er beinade in allen 
fpdterhin feld mit dem glüdliciten Erfolg Unter 


richt ertbeilen Eonnte. Dem binfitlie feines ‚Chba- 


rakters nice minder ausgezeichnet empfohlenen jungen 
. Manne konnte nad Beend gung feiner afademifhen Stus 


dien eine gemünfchte we edrerftelle nicht feblen. Im 
Herb 1782 Rand ibm die Wahl frei, durch Empfehlun 

De6 D. Plattner nad Rußland oder durch Empfeblung de. 
Streiöfeuereinnehmer Weiße, des beliebten Schriftftellerd, 
nad Ziegenberg in der Werterau ald Hofmeiſter der 
drei Töchter des Barons v. Diebe, Föniglid dänifcen 
Geheimenraths und ehemaligen Gefandten in Berlin und 
£ondon ji geben. Er wählte das lentere, tbeild um in 
Deutſchland zu bleiben, tbeild und bauptfächlich, weil 
ein mehrjähriger Aufenthalt in Gorha Dabei beitimmt 
war, der die Öftere Ausfiht, feinen Vater beſuchen zu 
Eönnen, ibm darbot. Hier trat er in Die angenehmiten 
Verbältniffe und vielfahe Reifen mit der Diedeſchen 


“ 


Familie auf deren weit entlegene Ghter, Dazu ein oft 


“mehrjähriger Aufenthalt in den glänzendken Städten 


Deutſchlands und der Zutritt in die boͤchſten Eirkef 
der ibm in Anerkennung feine perſoͤnlichen Werrhe 
überall gern geflattet wurde, vermehrten feine Welt, und 
Menſchenkenntniß. Doch lernte er in folden Verbin— 
dungen den Menfchen zumeil nur von feiner edleren 


und befleren Seite Eennen und um fo tiefer Daher 


ſchmerzten und empörten* ihn entgegengefeßte Erfahrun. 
en, die. feinem fpäteren Leben genugfam aufbehalten - 


p 
blieben. Den on Theil des J. 1784 brachte. er in 


Sranffurt a ©päter wohnte er in Derfelben 


. iu. 
. Stadt ame Kaiferkrönungen bei, Leopold's IL und 


Franz II. *), erfterer ald Ehrenfekretär unter hanoverſcher 
Protektion. 1786 vermweilte er ſehs Monate in Wien, 
wohnte bier der — Kaiſer Joſeph's IT. bei, 
arbeitete vielfach auf der kaiſerl. Bibliotbek und unters 
nahm von bier aus eine hoͤchſt intereffante Reife durch 
Ungarn bis beinahe an die tärkifhe Grenze. Den Wins 
ser 1791 bradte_er in Darmfadt zu. „Taf täglich „+ 
fagt er in. der Skizze feined Zebendlaufd, „war ib in . 
diefer Zeit mit meinen Efevinnen im Palafte bei der 
Prinzefiin Georg, wo dann auch die Prinzeffin Louiſe von 
Medienburg. Strelig, nachberige Königin von Preußen 


— un nn 


°) Deflen Biogr. ſ. Im 18. Jahrg. bed N. Nele. ©. 227. 


284 Baurſchmidt. 

und deren Schweſter ſammt ihrem Bruder an unſeren 
Abendſpielen Theil nahmen.“ Von Darmſtadt aus folgte 
er im Januar 1792 mit dem hollaͤndiſchen General Gras 
fen Eurt von Ealenberg, “Bruder: der Srau von Diede, 
feinem Prineipale nad Negendburg, der inzwiſchen einen 
Geſandtſchaftspoſten feines Hofd am dortigen Reichs⸗ 
tag übernommen hatte. Im Jahr 1789 war auch fein 
Dater nad einem Aljährigen ſchmerzhaften Srankenlager 
—— und unfer B. murde ſchon während deſſen 
Krankheit vom_Stonfiftorium die Möglichkeit eröffnet, 
feined Daterd Stelle zu erhalten, Allein _er 309 ed vor, 
die Erziebung fämmtlicber Kinder der Diedeichen $as 


- milie zu vollenden. Diele Aufgabe follte er auch im 


vollten Sinne, wenn gleich mit fehr entgegengefegten 
Gefhblen, löfen, Die Eine feiner Elevinnen wurde von 
ihm zum Tode, Die beiden anderen zur Stonfirmation 
vorbereitet, wobei es ihm vergoͤnnt wurde, auch den 
kirchlichen Akt der Konfirmation feld verrichten zu duͤr⸗ 
‚ven. Die bei dieſer Gelegenheit gehaltenen kirchlichen 
‚Reden waren die erften von ibm, die dem Druck übers 
geben wurden. Bon diefem Zeitpunkt an leiftere er ſei⸗ 
‚nem Principale , gewiffermaafen mehr in der Eigenfcaft 
eined Privatfekretärd, als der eines Hauslehrers, ſehr 
eigene Dienfte. und jene früheren Studien in Leipzig 
in den, Hörfälen eines Böhme, Sammt und Seeger 
kamen ihm hierbei trefflich zu Statten. Im Srübjabr 1794 
bediente man ſich feiner, mit dem damaligen Etanded» 
berren v. Muskau, Grafen v. Püdler, die fehr wichtigen 
Erbicaftdangelegenbeiten der Frau v. Diede, einer ges 
bornen Reichsgräfin v. Calenberg, in Ordnung zu_brins 
en und im Herbſte deffelben Jahrs reilte er, als Ses 
Pretär der rbeinifhen Keiheritterfhaft mit dem Herrn 
v. Diede, ald Deputirter derfelben, nah Bonn, um dort 
mit dem Eaiferl. Gefandten zu negociiren. Bei der im 
Juli 4796 für Regensburg berannabenden Gefahr durch 
die Framoſen befand er ſich ganz allein im dänifchen 
Geſandtſchaftshotel und Alles Juchte, wegen der damali⸗ 
en Neutralität Dänemarks, feine Schaͤtze bei ihm in. 

icherbeit au bringen. &o groß mar felbt dad Öffents 
libe Vertrauen, deſſen er genoß. Ueber alles das ver 
gaß er feinen fpäteren Beruf nicht, obwohl ibm zu 
wiederboltenmalen mit der Hoffnung geſchmeichelt wurde, 
im diplomatiſchen Fach eine fefte Anftelung zu finden. 
Häufig predigte er zu Negendburg und allezeit in Gegen» 
wart der meilten und felbft Fatbolifpen” Reichstags⸗ 


. Baurſchmidt. 285 


efandten, wie er ein Gleiches auf) bei feiner Anweſen⸗ 
eit in Wien, in der Stapelle des ſchwediſchen Geſandten 
gethan hatte. So groß auch der Beifall war, der feinen 

Borträgen ezollt wurde, fo galt ibm jedoch ſchon da» 
mals der Nugen ungleihd mehr, Den er durch felbige 
ſtiftete. Durch fie babnte er fi den Weg zu mehreren 
Kranken» und Sterbebeiten, mo fein Zufprud verlangt 
wurde. Auch die Negendburger Be ihn zu ihrem 
Mforrer. Ganz eigene Ruͤck ten indeg, fo wie dad all» 
zugeringe Einkommen der ibm angetragenen Pfarrftelle, 
verwebrten ed ibm, diefelbe anzunehmen. o nabete 
die Zeit,_wo er, um doc endlich eine gewiſſe Verſor⸗ 
gung zu finden, fein geliebted Regensburg und den Kreis 
dm dort fo theuer gemwordener Sreunde und das Diebes 
fde Haus, in dem er 144 Jabr glüdli gelebt hatte, 
verlaffen mußte. Er ging im Frübjahr 1799 nad Hano⸗ 
ver wohin er auf Antrag des Hofmarfchalld v. Löw als 
Lehrer an dem new zu errichtenden Eönigl. Georgianums 
berufen worden war. Ein ganz veränderter und nicht 
fehr angenehmer Wirkungskreis erwartete ihn bier; denn 
er fand meiſt ſehr verwilderte Gemätber unter den Zoͤg⸗ 


fingen ded Georgianumd, an denen lange Zeit aller Fleiß 


und alle Liebe verſchwendet ſchienen. Medrere Zöglinge 

waren feiner ganz befonderen Zeitung anvertraut, wie 

auch außerbalb ded Georgianums fein Unterricht gleich 

gerwönt als gefuht wurde. So waren unter Anderen 
ie Sräfinnen von Lippe-Büdeburg feine Schälerinnen 

. und * Bruder, dem — bielt er beſondere 
Borletungen über Moral, Poli 


tie und Staatöredt. Uns ° 


ter übermäßigen Anftrengungen' des Geifted, von denen - 


oft erft die ſpaͤte Mitternacht ihn abrief, erlag fein Koͤr⸗ 
er. Eine ſchwere Krankheit befiel ihn. Pprmont war 
eine Retterin. Sonſt war feine einzige und feine liebte 
Erholung der Umgang in dem gratıo Wallmodenfhen, 
£ippefhen, Loͤwſchen und Steinbergſchen Haufe. Dank 
bar nannte er folde Auszeichnung oft noch in fpäteren 
Sahren das legte Erbtdeil feiner Regensburger Freunde 
und Gönner. Während eines Purzen — 8 auf 
dem graͤflich Wallmodenſchen Gute Heinde im rad 
jahr 1798 fah er zum erftienmale feine Eünftige Lebens⸗ 
gefährtin, eine Pflegetochter des dortigen Dberamtmannd 
Gericke, die ihm im Jahr 41801, ald er Pfarrer zu Done 
wurde, Dabin folgte. Hone iſt vielleidt der —* 
und ablegenſte Ort in Der ganzen großen Geller Sand⸗ 
Haide- und Moorwäle., Im ganzen Dorfe, ja bis auf 


l 
8 


- 





286 — Baurſchmidt. 


zwei, drei Stunden Wegs kein gebildeter Umgang und 
elbft dieſer die laͤngſte Zeit des Jahrs wegen Moor 
und Ueberfhmemmungen nicht einmal erreigddr. Dazu 
Bam eine Damals fo verwilderte Gemeinde, Daß ed z. B. 
- unter ihr gar nichtd Unerbörtes war, in der Kirche Kars 
ten zu fpiefen und die Branntmeinflafde umgeben zu 
laffen. Dahin fab ſich B., mitten aus der großen Belt, 
in. der er fo lange gelebt, nun, mit einemmale verfegt. 
Fange Zeit mußte er jede Predigt, deren er mit den 
Seihenpredigten oft über 200 in einem Tabre zu balten 
batte, nachdem er fie viedergeſchrieben, völlig noch eins 
“ mal umarbeiten, um fie nur feinen Bauern verſtaͤndlich 
au madben. Dazu, wie fchon angedeutet, gab es Each: 
ih viel Unkraut auszjuraufen, was denn oft anfangd, 
bei aller angewandten Bebutfamfeit, Die roben Gemütder 
nicht wenig in Aufruhr brachte. So entitand bei Ges 
legenbeit, als er die erſten Sommerfhulen einführen 
wollte, ein förmliched Komplot der ganzen ‘Gemeinde 
egen ibn, ber er lieb fib durch alle ungünftigen Um⸗ 
Rände nicht entmutbigen, fette mit raſtloſem Eifer und 
Liebe fein mutbig begonnened Werk fort und batte Die 
Genuatbuung, daß nad 10 Jahren feine Gemeinde durch 
feine Bemühungen wie umgewandelt war und ber ans 
fangd fo Verhaßte hatte eine Liebe getanben, die noch 
bis in die ſpaͤteſte Zeit auf die ruͤhrendſte Welfe fi) 
Bund gab. WIE er im December 1810 vom Konfiftorium 
auf die 4 Stunden entlegene Pfarre zu Leiferde verfegt 
wurde, folgte die ganze Gemeinde, jung und alt, mie 
in einem langen Trauerzuge feinem Wagen nad. In 
geiferde fiftete er nicht weniger Gegen und aud dieſe 
roße Gemeinde gehörte bald zu den audgezeichnetiten 
n der ganzen Gegend. So entfernt er fi immer von 
dem eigentli gelelligen Verkehr mit feinen Gemeindes 
edern bielt, fo nabe fand er jedem Einzelnen unter 
ihnen, wo es darauf anfam, mit Rath und That beisus 
Reben. Er war ganz'derfelbe auf feinem Studirzimmer 
und im-tägliden Leben, der er auf der Kanzel war. 
Der Geiſt der lauterften und innigften Religiofitat durch⸗ 
Drang, regelte und weihte fein ganzed Leben. Weit ent 
- fernt, einem blinden Glauben zu duldigen, fand viels 
mebr der, an den und um deöwillen er glaubte, in eie 
ner Klarbeit vor feiner Seele, daß man es in Wahrheit 
nur ein Glaubenslicht nennen konnte, dad ihn erfüllte 
und womit er wieder Andern vorleuchtete. Fehlte doc 
au feinem Glauben die Bewährung nicht, die. aus der 


ur 
1} 





Baurfchmidt. ; 287 


| Anfebtung kommt. Eine vielbewegte Zeit und ein viek 
bewegtes Leben hatten alle Erfheinungen des Unglaubens 
an ibm voräbergefährt, er hatte fie ale ſcharf ins Auge 
gefaßt und jeden Zweifel der 5* Pruͤfung unter. 
worfen. Die Stunden, die fein Amt ibm frei ließ, 
widmete er den Wiflenfchaften, der erlebung feiner drei 
Kinder und ald Cioplungsfunden feinen ® 
Denen er weit und breit die fhönfte &lora hatte. Uns» 
beſchaͤftigt war er feinen Augenblid des Tags. Werte 
son jeder Wiſſenſchaft maren in feiner Bibliothek zu 
finden, die nad und nad auf 2000 Bäpde anwuchs 
Auch widmete er feine Thätigkeit dem 1819 größtentbeits 
auf feine Anregung geftifteten Predigerverein und unter 
feiner thaͤtigſten Antheilnabme wurde auch der Grund sm 
einer Predigerwitwentafle der Inſpektion gelcat, die er 
ſchon die erfreufihken Refultate aufzumweifen bat. s 
ner Gattin und feinen Kindern war_er der liebevollſte 
Gatte, der zaͤrtlichſte Vater. Seine Erziehung mar Liebe 
und zwedte nur auf Liebe ab. Als feine beiden Söhne 
auf ausmärtige Schulen gegangen maren und’ nur feine 
einzige Tochter zu Haufe zuridblieb, widmete er mit 
dem gluͤcklichſten Erfolge Die früher jenen geſchenkte Zeit 
im DBereine mit feiner Gattin der Bildung Junger Srauens 
ummer. Im Jahr 1826 erbielt er den Ruf ald Super 
intendent und Schloßprediger zu Oſterode am Harz, 
. den er nur aud Rüdfihren auf feine Samilie annahm. 
Sonnte er au nicht mehr durch feurige Kraft, wie in 
- früberen Tabren, in feiner jegigen neuen Stellung wir» 
Een und mußte er ed aud anfangs erfahren, wie viel 
fhmerer dem bejabrtern Prediger Die Herzen der Ge⸗ 
meinde fib zumenden, fo’ mirfte er deſto mehr durch den 
Geift der Sanftmuth, Demuth und Liebe, mit dem er 
wiſchen manche fräber ſehr zerriffene Derbältniffe ver» 
Üöhnend eintrat, durd feine gereiften Erfahrungen, wo⸗ 
mit er jüngeren Amtsbrüdern zu nügen ſuchte, durch fein 
fchonendes erfahren, womit er Irrende zurechtwies, 
Dur feine Bereitwilligkeit, nach Kräften, wo er nur 
irgend Eonnte, Jedem zu beiten, durch feine Berufötreue, 
worin er für Alle ein Muſter war und gelang es ihm 
auch fo nicht allenthalben, Liebe um Liebe zu ernten, fo 
Bonnte doch bald die hoͤchſte Achtung, e von Seiten 
‚ derer, die ihm nicht woblwollten, ihm nicht verfagt 
werden. So fange fein Alter ed obne zu große Bes 
ſchwerden für ihn zuließ, vermweilte er auch in Oſterode 


gern noch in geſelligen Cirkeln, die bald an fein Haus, 


4 
4 


umen, von - 


28 Mühlendohr, 
dad immer ein fo gaſtfreies geweſen war, fi anknäpften 
und man fab ibn dann immer ald den feinften und liebens 
wuͤrdigſten Geſellſchafter, der ed gleich. verftand, Läftigen 
Zwans aus feiner Näbe zu_verbannen, als sn und 
rode Zaune in den Schranken des wahrhaft Schicklichen 
zu erbalten. Schon im Sommer 1831 befiel ihn indeß 
ein dußerft ſchmerzhaftes Hebel, mad immer mehr und 
mehr ihn an fein Zimmer band und er fühlte, wie alle 
- mälig ‚unter den oft unerträglihen Schmerzen deſſelben 
feine Kräfte fchwanden. Sür ibn, der immer fein Anıt 


mit ſolcher Gemiffenbaftigfeit verfeben, war ed das bärs 


tefte Gefuͤhl, nicht mehr fo zu Finnen, wie er wollte. 
Zur — ſeines Amtes wurde ihm nun ſein 
jüngerer Sohn als Gebülfe beigegeben, in deſſen Hände 
er ſpaͤter, als die Krankheit immer mehr zunabm, feine 
ſaͤmmtlichen Geſgaͤfte niederlegte. Er fühlte aber täglich 
mehr und mebr feine Siräfte fchmwinden ‚ bis ibn am oben 
Erler Tage der Tod von feinen langen und ſchweren 

eiden befreite. Sein älterer Sohn it Aſſeffor supern. 
beim Amte zu Ofterode, feine Tochter an den Pfarrer 
Schrader in Sranffurt a / M. verheirathet. Seine Gattin 

uͤberlebte ihn. 5. 


+ 99, Johann Friedrich Muͤhlendohr, 
Organiſt, Kuͤſter u. Schullehrer zu Dielingen; 
geb. den 8. Aug. 1773, geſtorben den 22. Febr. 1887. 


Don rechtlichen Landleuten zu Spradow, Kirchſpiel 
Bünde, geboren, befuchte er die dortige Schule und 
enoß fpäter Privatunterricht, war ‚mehrere Jahre Be⸗ 
Biente und bildete fich dann in dem Schullehrerfeminar zu 
Minden zum Jugendiehrer. Im J. 1802 ward er Schul» 
ichrer zu Mölbergen, Hirchfpiel Holzhaufen, von mo er 
im Jahr 1819 nad Dielingen ald Organiſt, Kuͤſter und 
Schüllehrer der 2. Klaſſe verfegt wurde. Im J. 
verbeiratbete er ſich mit Marie Louife Tangemann ans 
Sublingen, Grafſchaft Diepholz. Er hatte viele harte 
Shidfalöfhläge zu erdulden. So verlor er durch einen 
Brand foft feine ganze Habe, Sein dltefter Sohn ging 
nad Amerifa und ftarb gleich nach feiner Ankunft an der 
Eholera im Staate Milfouri. Das ihm mitgegebene 
Dermögen ging verloren, Der 2. Sohn hat Theologie 
ſtudirt. Gutmäthigkeit, Ebrfihfeit und Rechtſchaffenheit 
— auptzuge ſeines Charakters. Dabei war er von 
chter Religioſuaͤt befeelt, anſpruchslos und beſcheiden. 


— — — — 





v. Shoe 2. 
e dbeit war ſchon fange gerrättet und er be 
San 5% alb ZH al See ven he 


- Da überfiel ihn bie Grippe und er erlag ihr. 
Dielingen. Arendt. 


* 100. Wolf Friedrih v. Scheve, 
SDräfident des koͤnigl. kurmaͤrk. Pupiilentollegiums zu Berlin; 
ged. den 7. Mai 1752, gefl. den 22. Febr. 1897. 


Er mar zu Strelig geboren und der aͤlteſte Sohn 
des mecklenb.⸗ſtrel. Geheimen SNALDEDICIDCNIER 4. 8. 
v. Sch. Nah beendigtem Gymnaſialkurſus begann er 
dad Studium der Rechte zu Greifswalde und ſetzte es 
in Göttingen fort. Um in den preuß. Staatödienk treten 
u fönnen, machte er zu Berlin fein Eramen und kam 
bierauf ald Referendar nah Coͤslin, von wo er nad eis 
nem Jahre nad Cuͤſtrin und hierauf von da nach Stettin 
verfegt wurde. Im 3. 1782 wurde er Affitenzrath beims 
Dberlandesgericht zu Streblen und verbeiratdete ti Im 
ahr 4785 mit der Tochter des Oberflieutenantd und 
Iügeladjutanten Sriedrid des Großen v. Lekow, nad: 
dem er wohl 2 Jahr vorber zum Dberamtörarh ernannt 
worden war. Im J. 1786 ing er ald Kammergerichtzg⸗ 
rath nad Berlin und mard bierauf * dent des Ober⸗ 
Eonfikoriums und Oberſchulkollegiums, ſo wie auch des 
Armendireftoriumd. Im T. 1807, bei der erften Gräne 
dung des Friedrichftifts, einer mwohlthätigen Anſtalt zur 
Verpflegung und Erziebung armer verlaffener Kinder, 
ftellte fein menf&enfreundlide® Herz ihn an die Spike 
berer, die dDamald, in der Zeit der Noth, zur Rertu 
einer Zahl dem Elende Preis seen naben un 
Mädchen zufammentraten und die Geneigtheit ihrer Mit ' 
bürger zu Mitleid und Erbarmen mit fegendreidem Ers 
fol aut diefen Gegenftand dinleiteten. Dreißig Jabr 
hindurch hat er fih mit Ketd gleich gebliebener Ausdauer 
Der, obern Fuͤhrung der. Geſchaͤfte unterzogen, au deren 
Beforgung Menfchenfreunde, unter dem Namen einer 


"- Direktion des Friedrichſtifts, ſich verbunden batten und 


indem er den mübevolliten und verantwortlichſten Theil 
des gemeinfamen Wirkens über fid nahm, befriedigte er 
nur ein Bedürfniß feined edlen Herzens. Als 1815 alle 
Beboͤrden eine Reform erlitten und das Urmendireftos 
rium aufbörte, eine Pula e Anftalt zu fein, wurde er . 
zum Prifident des Eurmärkifchen ———— er⸗ 
nannt, welcher Stelle er bis zu ſeinem Tode vorſtand. 
N, Nekrolog. 15. Jahrg. 19°, . 


\ 


u. v. Hart. 
a watiges Wirken fand auch die Unerfennung 
— —x m I. 4815 erhielt er.dad eiferne Kreuz - 
- ‚am Bande des Eivilverdivnftordend, fpdterbin den rothen 
-  Nblerorden Ir Kaffe und am 21. December 1824, bei 
der eier feined 30 jaͤhrigen Amts jubilaͤums den rotben 
Adlerorden Zr Klaſſe mir. Eichenlaub und der Miniſter 
KRotber überbracbte ibm 1000 Rthlr. zur beliebigen Ver⸗ 
wendung, von Denen er 500 Rthlir. dem furm. Pupillen- 
gollegium zum Fond der Erziehung armer Maifen und 
500 Gthfr. dem Sriedrihöttifte gab. Dad Kammergericht 
und Pupillenfollegium ließen zur Geier dieſes Sage feine 
Bäfte von —3 Wichmann aus korariſchem Marmor 
- anfertigen, das Sriedrihöftift ihm zu Ehren eine eiferne 
Gedenktafel in ihrem Lokale aufitelen und Freunde und 
Bekannte brachten ihm viele Beweiſe der Achtung und Er 
* gebenbeit dar. — Sch. war der liebevollſte Gatte, ber 
Pepreicke Dorgefette feiner Untergebenen, der Wohl» 
tbaͤter — Gutsinſaſſen und den unbemittelten Kin⸗ 
dern ſeines Bruders ein zweiter Vater. | 


* 101. Friedrich Rudolph v. Harten, 
Odergerichtsadvokat und geweſenes Mitglied bes Stadtgerichts 
(Senator) zu Oldenburg; * 
deb. d. 7. Sept. 1776, geſt. d. 28. Febr. 1837. 
Sein Vater war der am 23. November 1880 als 
-Rommerzienrath und zweiter Bhrgermeifter zu Divenburg 
verftorbene Kaufmann Todann Wilhelm v. D., feine 


* 


it dem Ru 


1 | 
der Univerfitäs zu gene die Rechte in Nſudiren. Um 

Oſtern ned er don -Fena nad Göttingen, um dort 

- que in prafiifden Arbeiten eh auszubilden und kehrte 

| Dem 1798 in feine Daterftadt zurüd. Nachdem er bie 
18 ge iche Probearbeit mit Beifall geliefert, 


zuen Verluſts feiner 








v. Harten. 291 


wurde ihm die Aboohatur beiden Untergerichten 
und er im Sommer 1708 beim Stadtmagifirete wie beim 
Landgerihte zu Didenburg ald Anwalt aufgenommen. 
Seine Drdnungdliebe und Thärtigkeit verſchäfften Ida 
daid dad Zutrauen der Rechtſuchenden und er befaß be 
"reird eine nicht unbedeutende Praxis, als er im Derbk 
1801 die vorgeſchriebene firengere Prüfung beitand, welche 
ibm den Eintritt in den Staatsdienſt erffnet bätıe, wenn 
er ed nicht vorgezogen, Dem ebrenvollen Berufe des Ad» 
vofaten getreu zu bleiben. wurde am 28. Septbr. 
gedachten Tabrd auch zum Advokaten bei der Kanzlei 
und dem Konfitorium ernannt und «ld im 5. 1814 die 
franzbf. Dffupation mande Andere veranlaßte, fi um 
die einträglideren Notrariate zu bewerben, fuchte er Eeine 
ändere Stelle, ald die eines Advolaten beim Tribunal 
erfter Inſtanz in Oldenburg. Bei der im Jahr 1844 ere 
. folgten Wiederberftellung der äftern Derfaffung trat er 
‚nit nur in feine frübern Stehen als Advokat bei der 
Juſthkamlei und dem SKonfiftorium, wie bei dem Land» 
erihr und dem Magiftrate gu Oldenburg wieder ein, 





ondern wurde auch noch bei_dem neuerrichteten Dbers 


appellationsgericht als Advokat angeſtellt. Dieſem feis 
nem Berufe widmete er ſich aber aüch mit ſeltnem Eifer 
und unerſchütterlicher Treue und ed war ibm meniger 
darum zu an eine ausgedehnte Praxjs zu haben, ald 
nur ſoſche Satben zu verhandeln, von deren Gerech⸗ 
tigkeit er ſich überzeugt bielt. Beine Recqtlichkeit und 
Ordnungsliebe gaben Daher auch DVeranlaflung , daß ibm 
anſehnliche Geſchaͤftsſuhrungen und Büteradminikratios 
‚nen aufgetragen wurden, denen er mis derfelben T 
tigkeit und dDemfelben Eifer ſich unterzog, wie feiner ju 
sitifhen Praxis, ohne Diefe jedod deshalb zurädzufegen. 
m 5. 1824 _murde er zum Beiflger des Stadigerichtß 
er zum peiehteen Karhsderrn (Senator) erwäblt und 
dieſe Wahl erbielt am 47. März die Beſtaͤtigung des 
Landeöherrn. Er hätte dieſe Stelle nicht angenommen, 
wenn er Ab nicht durch das in Diefer Wahl ausgefpros 
chene Zutrauen geehrt gefäblt und zugleich die Erlaubs 
niß erbalten hätte, feine Praris_bei den Obergerichten, 
mit Ausnahme Der vorher beim Stadtgerichte verhandel⸗ 
sen Sachen, fo wie beim Landgerihte beibehalten zu 
dürfen. Auch in diefem Amte gab er Beweife der Recht 
lichkeit, Thätigkeit und Ordnungsliede, die ihn ale un. 
malt befeelten und er bekleidete es fo lange, bid vor 
Einführung der neuen Stabtordnung — Ott. 41838 


— 


4 
x 


| die Etadt: ihrer Gerlchtsbarkeit mit Ausnahme der amt» 


fichen Kompetenz entfagte und dad Stadigericht mit Dem 
Zandgerichte vereinigt wurde. Von da an widmete er 


fi wieder ganz feinen Advofatur» und Dermwaltungde 
— 53 worin er jedoch leider oft. durc Unpaͤßlich⸗ 


eiten unterbrochen wurde, bis endlid ‚eine ernftlice 


Krankheit ihn aufs Lager warf, von dem er nicht wieder 


⸗ 


erſiand. Don Tugend auf hatte er nur eine ſchwaͤchliche 
Sefundben, genoflen, aber früh dur manderlei Leibes⸗ 

ungen feinen Körper zu färken gefucht und durch fort 
Danernde Anwendung berfelben hatte er ed dadin ges 
bract, daß er felbit bei jeinem, ibn manchmal anhaltend 
an den Urbeitstiich feſſelnden Fleiß zu einem Altet 
gelangte, weine? die Hoffnung feiner frädern Bekannten 

bertraf. — Am 25. Febr. 1806 batte er fih mit Wil 
beimine Eliſabeth Tobanne Erdmann verbeiratbet, die 
ion ald Wittwe überlebt bat; aber von mebreren Kin⸗ 
dern iñ ihm nur eine Tochter geblieben, indem andere 


bei. den fdönften Hoffnungen, vielleicht in Folge einer-. 


erblihen Diöpofition, frühe dahin welklten. 
102. Daniel Söhnchen, f 


gehrer an der evangel. Schule zu Mühlhelm a, Rhein; 
geb. i. J...., geſt. zu Köln d. 2. Febr. 1837 ). 
Söhnden war der Sohn geringer, aber tugend⸗ 
bafter Eltern, die noch leben, und zu Ründeroth im Ober, 
bergifcben wohnen. Im vaͤterlichen Haufe und in’ der 
Schule feines Geburtsortd empfing. er. feine Erziehung 


und feinen erften Unterrigt. Nachdem er fi hinreichend 


worbereitet hatte, trat er In dad Seminar zu Neu +2Bied 
ein und lernte dort fo fleißig, lebte aud fo untadelbaft; 
daß ibm beim Austritt aud der Anftalt ein ſehr gutes 


- Beugniß ertheilt wurde. Alsbald ward er an Di Schule 


nab NRaählheim berufen und widmete fid mit allem Ei⸗ 


fer feinem Beruf. Ein gaſtriſches Fieber warf ihn im 
Yuguft des I. 1836 auf Dad Krankenlager; Die Krankheit 


ward bald nervös und endete in der Schwindfadt, an 
der er amı oben genannten Tage verfpied. — ©. befaß 
einen von Natur fehr gefunden, ja fcarffinnigen Der 
ftand, den er, befonderd dur mathematifche Studien, 
trefflich ausgebildet hatte. Seine Senntniffe waren ges 
rade nicht die umfangreihften und fie konnten es and 


*) Nach dem Sorecher oder Ab. Werphäl, Anz. 1897, Nr. 1. 
% 





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29% | s Soͤhnchen. ‚© 


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x 2) 








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- 


ESbhnchen. 293 


noch nicht fein, da er ſich eben erft and dem Drude feis 
ner frübern Verdaͤltniſſe heraus⸗ und emporgearbeitet 
und die edien Früchte zu fammeln begonnen hatte; aldi 
fie erfiredften fi doch Aber Den ganzen Kreis deffen, was 
von einem Elementarlehrer gefordert wird und fie waren 
Dabei fo geordnet und fo gruͤndlich, daß er fie beim 
Unterribte mit voller Sicherheit und mit dem beften 
Erfolg anmenden Fonnte, In der Lehrmethode hatte er 
faft die Meifterfchaft erreidt. Weife ward von ihm der 
Lehrſtoff nad den verfhiedenen Klaffen gewählt und 
vertbeilt; lüdenlos ſchritt fein Unterriht von Stufe zu 
Gtufe fort; Alles entwidelte fi nad einem mohlübers 
dachten Plane und in feRer Ordnung und niemald machte 
er ſich des unſeligen Treibens derer ſchuldig, die fi bei 
ihrem Unterrichte geben faflen, bald dies bald jened 
umfaflen, um e8 wieder fortzumerfen und die, wenn fie 


. am Morgen in die Schule geben, nicht willen, bid wo⸗ 


bin fie am Abend mit ibren Schülern gefommen fein 
werden. Daber bingen denn auch die Kinder mit ges 
fpannter Aufmerkfamteit an feinen Zippen, daher lernten 
fie viel und Alles recht und daber, dies if das Wi 

tigfte, war. der Gewinn -an formaler Geiftedbildung für 
fie, fo auögezeichnet: groß. Der Fleiß und der Bexrufs⸗ 
eifer ©. kannte faum Gränzen. Der wadere Mann 
war immer puͤnktlich auf feinem Poften, er lehrte mit 
feuriger Lebend le mit unermäderer Anfrengung; 
er ließ ed die Schüler Durch jeden Blick, durch jedes 
Wort und durch fein ganzes Wefen empfinden, wie fer: 
ibm fein Werk mit ihnen am Herzen liege. Un der 
Dafigen höhern Buͤrgerſchule ertheilte er, obgleih die 
Lektionen, die ihm in der Elementarfchule oblagen, an 
ſich ſchon ſchwierig waren und ihn um fo mehr angriffen, 
je ſchwaͤcher feine Bruſt mar, unentgeldlichen Unterricht 
und er that Died mit derſelben Aufopferungdfreudigkeis, 
mit der er an der Schule arbeitete, Die ihn befoldete. 
Seine freie Zeit wandte er zur Sortfegung feiner Stu⸗ 
Dien und zur Erweiterung feiner wiſſenſchaftlichen Kennt⸗ 


niffe an, wobei er immer fein Amt und Das, was für 


dieſes wichtig war, zunaͤchſt im Auge hatte und nad der 
Regel verfubr: Non multa sed multum. Nur ſpaͤrliche, 
vielleiht nur alzu fpärliche Erhokungen gönnte er 

und ftetö nur ſolche, die eines Zehrerd würdig find. Ein 
kindlicher, unſchuldiger und genägfamer Sinn war ihm 


‘in feltenem Grad eigen; er war aufrihtig und wahr, 
redlid und treu in. Wort. und That; für feine Ueber 


y 


2 Weidig. = Ä 


s 


- 


\ 


wong, für Mes, mas it und Zupud dei, 


muck 
—— und feinen Eltern gab er dad Beiſpiel der 
rährendfien Pietät. 


4103. Dr. Friedrich Ludwig Weidig, 
Pfarrer in Obergleen (Deflens Darmfladt); 
geb. 1. 3. 1791, endete freitoillig zu Darmſtadt am 28 Bebr. 18979). . 
Weidig war zu Butzbach in der Wetterau geboren, 
udirte Theologie und midmete fib dem Schulfach. 
rüb fand er eine Wnftellung aldö_Sonreftor an ber 
Stadtfehule feined Geburtsortd. Mit Umfiht, Thdtig- 
feit und Liebe lehrte er bier und fireute reiben Sa— 


mien ber Kenniniß und männliben Gefinnung in die Her» 


zen feiner Schüler. Eine Denunciation gegen WB.’ polis 
iſſches Derbalten ums yabr 1319 gerichtet, batte Feine 
für ibn nachtbeiligen Folgen, vielmehr ging er ganz ger _ 
rechtfertigt bervor. Der damals regierende Großberzo 

Yudrig I, **) verlangte ihn Fennen zu lernen und fa 

ibn —— bei ſich. In jener Zeit foine W. zum Refe 
tor befördert werden. Das Minifterium war gegen eine 
Beidrderung W.’3, aber Ludwig 3. fegte feinen Willen 
fräftig durb: W. ward Nektor und Fonnte nun endlich 
feine Braut zum Altar führen. Er ward Dater. Freun⸗ 
dedliebe, ebelide Zärtlichkeit und die Achtung feiner 
Söller, deren älteffe nun {don zu Männern erwachſen 
waren, umgaben ihn. Dabei ein gefunder Körper, ein 
fräftiger Geift und bei gemeflenem Auskommen heitere 
Senögfamfeit — dad Loos war beneidenswertd. Da 
famen die Zulitage 1830 und dad Eco ibrer Thaten 
zitterte über die erflaunte Welt bin. In Deutſchland 
gab ed wieder Konftitutionemertbeilungen, befonders das 
nabe Heſſen-Kaſſel Jog die Öffentlide Aufmerkfamkeit . 
auf id. In Heflen-Darmftadt, wo bereits ein verfafs 


_fungsmäßiged Leben gegründet war und ein gerade vers 


fammelter Tandtag in ‚Sinangjaen fräftig einfchritt, 
eigte ſich das Volk heiter und vertrauend, Blos vor 
bergehend 308 eine Ealte Hagelmolfe über dad boffnung« 


ee —— 


.Litdrariſche und kritiſche MWiätter der Voͤrſenhalle We. 1960 


1 BR — 
— BSiogr. ſ. im N. Metz 8. Sadrg. ©. 500. 


- 


einde e: die fi nte ektion in 

eſſen. Me 5, dur die Aufregung in en 
unternommen, fortgeleitet von armen Grenzlern und 
Bauern im flandesverrliden Gebiet, ohne Haupt, ohne 
Sinn, blos ein zappelnder Taufendfuß, zornyoU gegen 
Öffentlihe Beamte, deren mebreren laut die Öffentl 
Stimme Härte und (deußlide Immoralitaͤt vorwarf, 
würbend gegen die Hegiftraturen, bald vom Landmanü 
felbkt bet u und vom Militär bedroht, ging die Sache 
aus nicht wie ein Licht, fondern wie ein wäher läwerli- . 
her Traum, bei dem nur dad als bedeutſam und ſelbſt 
als bedenklich erfcheinen. mochte, daß anfehnlihe Städt 
den der Werterau, z. B. Nidda, Drtenberg, Schotten 
u. a. dem Rebellenhaufen nicht den mindeften Wider⸗ 
and entgegenfegten. Sreibeit_oder Gleichgöltigkeit — 
de S er waren auffallend genug! Jene ober 
beffifde niurreftion hatte einen traurigen Incidentpunkt 
gebabt: Die Tötung und Derwundung medrerer Eins 
wohner oberbefl. Dörfer Durch einziebendes deſſ. Militär, 
welches im Wahne Kand, Meuterer bier vor fid zu ba» 
ben, während die Männer friedlih obne Wahlen dem 
Einun zufhauten, oder auf der Landftraße, oder am 
Aepfelbrechen in ihren Gärten waren und fogar tbeile 
weis am Tage vorber einen -Rebelleneinfal wir Gluͤck 
bekaͤmpft hatten. Dad Ereigniß machte viel Aufſehen 
und erregte Zom und Mitleid. Die Witwen und Kins - 
der der Gerödteten, die Verwundeten erbielten reiche 
Spenden. Auch W., deffen Wohnort nur wenige Stun, 
den vom Schauplag jener trauervollen Scenen entfernt 
lag, Srug fein Scherflein Dazu bei. Er unternahm fein _ 
„deutſchẽes Geſangbuch“ zum Beften ber am 1. Dftober 
1830 unglüdlid gewordenen Familien in Wölteröbeim 
-.und Shbdel auf Subſcription und tbeilte ed in Tugend» 
lieder, DBolkölieder, Vaterlandölieder und geiftliche Lie— 
der. Einige ber Lieder rübren von ibm felbft ber; ſo 
„der Heflengruß,“ „Baterlandsliebe,“ „Dermanns Lied“ - 
u.a. Sie find Haft intereffant als Ausdruck freier 
deutſcher Gefinnung, aber zugleich auc ‚einer folden, 
welche die gegenwärtigen ſtaatsrechtlichen und territorias o 
len Berbältniffe Deutſchlands zu Überfpringen, Feined« 
wegs beabfichtigte. Die Zeiten wurden indeflen bemeg«- 
ter und unrubiger. Das Volk oder die Bolföpartei 
nabm mehr in Anfpruc, al der Thron geben wollte; 
dad Volk berief ſich auf das Recht und die Dernunft, 
der Thron auf dad Recht und Die Macht. Warſchau 


'296 u Weidig. | 
war unterdefien gefaln: die Regierung des Julius in 
Frankreich batte von den Prineipien, welde fie ges 
&baffen, getrennt: überall Untergang der Volkspartei in 
dren kühnſten oder Leiten Dorfechtern. Die Macht 
orte. Das Geſes fand ihr bereitö fertig zur Hand oder 
- fe Eonnte es veranlaffen. W. fab nicht unthätig dabei 
zu: er betrieb die Sendung eines Pokals an den kraͤf⸗ 
. tigen Sörderer der Preßfreideit Weller in Karlsrud und 
foried viel in oͤffentliche Blätter, in&befondere nadm 
man dies von der Hanauer Zeitung an. Und Alles uns 
ensgeldlid. Der Mann in feinem Eifer dachte. nicht 
‚, Daran, eine Sache, melde ibm an fi fo lieb und werih 
war, noch außerdem fi) nugbar au machen. Umgekehrt 
wandte er, der aan an fich feldf, der frugale Mann, 
noch bedeutende Summen “auf Anfcaffungen von Zei⸗ 
tungen und befonders die Unterfiägung der damals beis 
mathlos dDurhwandernden Polen. Während des Lande 


tags 1832 — waren auf die Anzeige einer ausmärtie 


gen Behoͤrde und ergangenen Minifter le W.'s 
Papiere polizeilich unterfudt und er ſelbſt in, polizei⸗ 
iche Haft genommen worden. Seine Gattin überreichte 
bei der zweiten Kammer eine Vorſtellung, die rechtwi⸗ 
drige Verdaftung ihres Ehegatten betreffend und die 
Abgeordneten von Gagern, Hallwachs, Helmrich und von 
Buſſeck ſtellten in Bezug auf Diefe Sache einen Antrag 
„auf ——— gegen Mißbrauch der Amtsge⸗ 
walt und Verletzung des Art. 88 der Verfaſſungsür⸗ 
kunde *).” Zwei Tage lang (1. und 2. Auguſt 1833) 
dauerte die Diskuſſion in der zweiten Kammer. Ebe 
aber noch Die Sache erledigt, war W. nah _5Otägiger. 
Haft durch das Gericht freigelaffen worden. Seine Ent 
laffung aus der Haft und Die nachher erfolgende des 
ebenfalld gen lich eingesogen gemefenen Äpothekers 
Trapp aud Friedberg erregien damals viele Sreude in 
Der Provinz Oberheſſen, der fie zunaͤchſt angehoͤrten: mas. 
veranftaltete Feſte, Mädchen Äberreihten Kränze. An⸗ 
fangd November 1833 wurde der in Darmftadt verfans 
melte Landtag aufgelöft und mehrere Penfionirungen von 
Staatsdienern, welche zur Oppofition gehört batten, ers 
folgten. Andere, fo nal man an, Thlßte nur ihre Ei⸗ 
genltan: eis Mitglieder von Richterkollegien. W., Der 
ein politifches Creigniß in feinens größern oder Pleiner . 





‘. Kei eſſe darf anders als in den durch das Recht und 
—— — — Bonen arbeit obez — 
se i " 








% 


Weidig. 297 


Daterland obne Aufmerkſamkeit emließ, wandte ge = 
r 


Diefem mit Eifer zu, indem er eine Senfeier 
rhäfehrenden Dppofitionddeputirten von Buſſeck veran⸗ 
Rolten balf und ih für ein Medaillengefchent an die 
Mitglieder des aufgelönen Landtags intereffirte. Eben 
fo lagen ibm auch wobl die neuen Wahlen am Herzen. 
Diefe fanden unterdeflen im ganzen Lande flatt; 14 ge- 
wählte freifianige Staatödiener — alfo beinade dad Dritts 
tbeil der Kammer — erhielten feinen Urlaub; demunge⸗ 
achtet war die große Mehrheit der neuen Abgeosdnieten 
wieder liberal ausgefallen. Ende April 1834 trat der 
neue Landtag zufammen, bid dann am 25. Dftober 1834 
auch feine Aufldfung erfolgte. Während diefer Zeit was 
ren die Verbältniffe der Prefie im Großherzogthum Hefe 
fen um Vieles ſchwwieriger geworden. Schon im Laufe 
des Jahrs 4833 hatte die Gtaatöregierung die einzigen 
Dppofitiondblätter des Landes: Den deutſchen Volksbo⸗ 
ten, den Beobachter in Heſſen bei Rhein und dad neue 
deſſiſche Volksblatt, obgleich alle drei'unter Eenfur 'ges 
ſtanden, durch Entziehung der Eonceffion unterdrädt; 
— cenfirte auswaͤrtige Blätter, welche viel über dad 
roßderzogthum braten: das in Speier erſcheinende 
alse heſſiſche Volksblatt und die Hanauer Zeitung, wa⸗ 
ren verboten worden.  Diefe Hemmungen nahmen im. 
ae der Zeit noch mehrfach zu, während Meinungen, 
weihe der Dppofition entgegengefegt waren, obne 
Schwierigkeit und in grellen Sarben ſich Luft maden 
Eonnten. Anfangs 1834 erfhienen auch bereitd mehrere 


Erzeugniſſe der geheimen Preſſe, wohl mit durch jene 


Derbältniffe veranlagt, da und dort im Publikum, drin⸗ 
gend.auf Wahlen im liberalen Sinn m. dergl. Auch 
noch nachher lad man biömweilen in ben Zeitungen, daß 
ſolche geheime Drude erfhienen feien. Die Polizei fabne 
dete darauf und verbieß Preife an den Entbeder. W. 
lehrte unterdeflen nach wie vor rubia im Städten Buß« | 


bad an feiner Schule. Nicht im Beſih des erforderlis 


en Cenſus, um Deputirter zu werben, würde ſonſt bei 
feiner großen Popularitaͤt nichts leichter als dieſes ger 
seien fein. Die ganze jüngere Bevölkerung Butzbachs 
gehörte zur Zahl einer Schüler und was aleich bedeus 
tend war, achtete und liebte ihn. Was Wunder alfo, 
daß W. zu_jener Zeit, wie ed ſcheint, Die Lebereinftims 
mung der Sefinnung, namentlich der politiſchen für ums 
foffender hielt, als de wirklich war, indem er den Maads . 
tab Butzbachs, von. ihm ſelbſe gefchnigt und gebildet, 


RB...» Weidig. 


zum Maadkab größerer Strecken machte. Was Wunder 
aber auch. daß er an einem Orte gern wohnte und wirkte, 
wo ihm Liebe und vielfach gleide Stimmung begegnes 
ten. Da erfolgte im Sräbjahr 1834, — von 
W., feine Verſetzung als Pfarrer nach Obergleen, einem: 
. armen und —— oberbeſſiſchen Doͤrfchen. W. 
te wohl gern fpäterhin den Schuldienſt mit einer 
farrſtelle vertaufcht, aber: vorerk war dies noch nicht. 
‚ feine Abſicht. Zugleich Rand er zwar als Schulmann 
aber nicht mehr ald Pfarrer unter dem Schuß der Dienſt⸗ 
——— konnte vielmehr als Pfarrer willküͤrlich eut⸗ 
affen werden. Alſo ein wichtiges Motiv, in einer ſiche⸗ 
: rern Stellung zu bleiben. Dazu die neuen Dienftemo- 
fumente! Nur etwa 36 fl. firen Gebalt ſollten ibm als 
Pfarrer jährlich werden; Dann der Pacht einiger ausge⸗ 
mergelter Pfarräder, die Gafualien und Die in Geld an» 
gef@lagene Wohnung. W. Fam bei der Staatsbedoͤrde 
um Rüdnabme jener Verſetzung ein; er berief ſich auf 
feinen vielsäbrigen tadellofen Dient im Schulfach; er 
that ed fchrifelid, mündlid. Umfonk! Was W. erbielt, 
mar die Zufage, daß fein neuer Gehalt bis zum Betra 
des biöberigen verbeffert werden follte und 4 
mußte er nad Dbergleen überzieben, _ Indeflen fand er 
ſich bald in feine Einfamfeit und in feinen neuen Wirs 
ungöfreid. Eben fo bingen bald feine Pfarrfinder mit 
ber innigften Berebrung an ibm. Bis dadin hatte Obere 
—— im Ruf geftanden, daß es ſchlechte Prediger habe; 
. vernichtete dirfen Ruf; zu feinem gotteödienklichen 
Vorträgen drängten ſich reichlichſt Zuhörer, auch von 
entferntern Gemeinden. In Obergleen gab es bis da⸗ 
bin viele Spieler und Branntmeintrinker, W. gewoͤhnte 
diefe Unart ihnen ab. Auch viele arme Leute gab ed in - 
Dbergleen, die oft um den Gulden oder den Thaler oder 
um einige Thaler verlegen waren; W. borgte ihnen. 
Später bielt man für auffallend, daß ein mistellofer 
Mann Geld an Bauern borgen fünnte, doch offenbar 
mit der Gefahr, es nit wieder zu erbaften. Uber die 
armen Leute zahlten wirklich wieder und der Dekan des 
Bezirks, Über jenen Umfand zum Bericht gefordert, 
‚ führte aus, wie die Einfachheit und firenge Ordnung des _ 
Weidigſchen Haushalts allerdings die Dispofition über 
. folge Mittel erfiärten. Während fo der Mann in fel- 
nem Kreiſe wirkſam war und den Aermern bereitwillig 
"Die Gafualien.fwentte, fammielte die Srau die Mädchen 
des Dorfs zu. weidlichen Urbeisen um fi. Ein heiteres 


. 


\ 








Weidig. | 299 ° 
Stillleben umfing die beiden Eheleute, an deren Seite 
der Sohn, ein. frif&aufblühender 12jäpriger Anabe, ſtaud 
und weiche die Ausſicht hatten, ihren Familienkreis bald 
mit einem neuen Sproͤßling vermehrt gu feben. Da, im 
April 1835, erfolgte W.’6 abermalige Derhaftung. Er 
war in der Zeit vorher politifd nicht ganz, unangefoch⸗ 
ten geblieben, vielmehr batte die Gerichtsbedoͤrde we⸗ 
en Abfaſſung und beimlicher Verbreitung von Slugs 
Poriften gegen ihn inguirirt. Doc fchlug er Died wer . 
nig an. e nunmebr erfolgte Verhaftung, polizeilich 
und unverfebend in der Nacht unternommen, ſchien bie 
Solge neuer Indicien zu fein... Map brachte W. Kark 
bewacht nad äriedberg ind Gefaͤngniß. Ungefähr ums 
Diefelbe Zeit, da W. arrerirt ward, erfolgte auch die Ges 
ugennebmung mebrerer Bekannten Und Freunde dei 
Iden, wie man allgemein damals im Publifum annahm, 
n Solge der Denunciation eine& jungen Mannes, der 
‚bereit in vertraulicher Kommunikation nach andern Sei— 
ten bin ſich befunden haben foll, ald er nod feinen bid« 
gerioen Bertrauten gegenüber den enragirten Sreibeitse 
eund ſpielte. Wirklich ward auch diefer junge Menſch,. 
nachdem er mehrere Monate ebenfalld in Haft gemeien, 
derfelben entlaſſen. Um Mfinaften 1885 erfolgte W.'d 
und feines- Schidiolögenoffen Berfehung aus den Ger 
oniffen in Friedberg in das Provinzialarrefibaus im 
Darmitads, welches mehr Sicerbeit der Bemahbung bot 
und dem auch die höchſten Staatsbehörden näher waren, 
gie wurde feine Haft um vieles firenger. Ein vom 
ießner und Dann auch Darmftädter Hofgericht hierzu, 
Somittirter Unterfubungdfommilfär mard nun in ben 
verfchiedenen Sachen tbätig; ibm gefellte fib bald ein 
zweiter und in neuerer Zeit ein dritter hinzu. Aus Dem 
srlaffenen Etedbriefen erfab man, Daß es fi bier meil 
um Derfertigung oder Derbreitung revolutiondrer Druds 
fehriften (der Betreff der Dekrete in der Weidigiben 
Unterfuchung lautete: „megen engeioufkigter Abfaſſung 
und Verbreitung revolutiondrer Drudidriften“) oder 
um das Srankfurter Aprilattentat handele. Aus der ſtar⸗ 
Ten Genddarmeriebededung, welche W. beim Transport 
son Sriedberg nah Darmitadt beigegeben mär, ließ ſich 
annehmen, dab er befonderd gravirt fei oder dab doch 
die Bepörde feiner Habhafthaltung ein befondered Ges ⸗ 
wicht beilege. Leber Inhalt und Gang der Unterſuchung 
vernabm man außer dem Bemerften wenig im Dublifum, 
Dop- verlautete, W, feien, weil er fid der Gefaͤngnißa 


SR ; 





4 


300 Meidig, 


ditciplin nit gedoͤrig füge und namentlich einmal aus 
feinem Fenſter binabgerufen babe, Iängere Seit Ketten 
angelegt worden. Dann war au die Rede davon, die 


Aerzte, zum Gutachten aufgefordert, 0b W. Schläge ver 


tragen könne, bätten fich gegen diefe Möglichkeit ausge⸗ 
fproden; andere Aerjte, das Gutachten begutachtend, 
“ hätten zwar jene Möglichkeit in dem Sinn zugegeben, 
Waß W. phyſiſch ſtark genug ſei, Schläge auszuhalten, 
‘aber bedenkliche Folgen für feinen Geiſt von einer Pros 
cedur dieſer Art befürchtet. - Endlich erfubr man, W. 

be bei diefer Kommiffion, welche vierteljährig Die Ges 

naniffe befucht, große Beihwerden gegen den Unters 


ngefommiffär zu Protokoll zu geben angefangen, 
Ober (0 Ausrähriie a ne 


‚ weile aber fo aus ch geworden feien, daß der Bifl- 
ntationskommiſſaͤr mir Genehmigung des Gießner Hofges 
richts einen Aeceſſiſten mit deren Hähnel beauftragt 
" e: eine Einrichtung. melde anderwärtd Anftand ges 

nden und fogar nicht ind Leben getreten fei. Alle 
dieſe Mittbeilungen und Erzäblungen, welche noch in 
den Lauf ded Jahrs 1885 fallen, ſchienen .beglaubigt. 
Im Bezug auf das Letztere wurde Dann fpäterhin be» 
Sannt, daß die Vifitationdtommiffion zwar noch immer 
‚die politifiden Gefangenen befuche, aber nit mehr ihre 
etwaigen Beihwerden, in fofern fie I: auf die gegen fie 
. anbängigen Unterfuhungen bezögen, fondern nur in fü» 
weit fie die Koſt u. dergl. beträfen, zu Protokoll: nehmen 
Därfe. Bei den Übrigen Gefangenen behielt man dage⸗ 


‚gen die bieberige Einrichtung bei. Im, Laufe des Jahrs 


6 maren mebrere ‚Berborteöceeggelue und Ed 
noch eine von W.’d Anwalt eingereihte Bitte, W. ges 
en Kaution freizulaffen, von den Gerichten in den ver⸗ 
iedenen Inſtanzen abaefchlagen worden. Da und dort 


Lande hatte Die Auffindung perſteckter Papiere neuers, 


Dinge fatt gehabt und am 15. Gebr. 1837 waren wieder 
einige Arretirungen erfolgt. So kam der 28. Februar 
4837 berbei. Da verbreitete fi mit Blitzesſchnelle das 
Gerät, W. fei am Morgen dieſes Tages vom Gefan- 
—— in ſeinem Gefaͤngniß verwundet gefunden wor⸗ 

en und wirklich nachher geſtorben. Die Scherben einer 
erſchlagenen Waſſerflaſche hätten ibm zur Deffnung der 
rterien an feinen Arm⸗ und Zußgelenken und zur Durch⸗ 

— des Halſes gedient. Die Nachricht beſtaͤtigte ſich. 
Aus welchem Beweggrunde er dieſe That vollbracht, Darüber 
werden wir ſtets im Dunkel bleiben, da uns alle Auf⸗ 
falhlfe von ſeiner Seite fehlen, Tinte und Feder zum 


\ 


\ 








von Wienskowsky. 801 


Shreiben fehlte ihm, er hatte nur Blut und den Finger. 
Nicht dad Bewußtſein der Schuld braucht der Beweg⸗ 
grund gewefen zu fein, edlere Motive fönnen und wer⸗ 
en ibn geleitet haben *). Um 25. Sebruar fräb Mor 
get 6 Udr wurde We's Leiche auf einem ankändigen 
eihenwagen und in Begleitung einiger Polizeiofficians 
ten dem neuen Sriedbof in Darmſtadt zugeführt. In der 
langen Sargreibe, wie der Tag fie bringt, fand aud der 
inige feine Stelle. Das Bater unfer der Tobdtengräs . 
er lifpelte um die Gruft, Wiel Theilnahme batte W.s 
Cod überall, erregt. LZäcerli wäre ed behaupten zu 
‚ wollen, daß nicht auch gemeine, beitig ſchmaͤdende Stim⸗ 
men bei diefer Belegenbeit laut geworden; Stimmen, 
welche das Ziſchen der Daun: und der leichenhungri⸗ 
en Hpaͤne auch noch Äber Bräbern bören laflen. Aber 
* Beurkundung menſchlicher Gefuüͤhle fehlt eben⸗ 
aus nicht. In Bupbad, dem Geburts, und früberen 
Wohnort W.’d, 16 Stunden von Darmfladt gelegen, war 
die Nachricht in einem Moment bekannt; allerwaͤrts er 
ſcholl darüber Tammer. Zwei Männer, ein diterer und 
ein jüngerer, Beide ebemalige Schüler W.s, machten 
ch auf, um dem Leichenbegaͤngniſſe des verfiorbenen 
ebrerd und Sreundes beizumohnen; aber er ruhte ſchon 
in dem treuen Mutterfhooß der Erde, als fie ankamen. 


104. Guflav Anton von Wienskowsky, 


\ Generalmajor a. D. zu Bredlau; 
ged. den 11. April 1766, geft. den 23. Febtuar 1837 **). 


Er war zu Vangerow bei Neu» Stettin in Hinter 
pommern geboren und begann feine militdrifhe Lauf 
bahn durch den im Jahr 4781 erfolgten Eintritt in das 
u Bredlau garnifonirende Regiment Anhalt. In die 
em zum Lieutenant ernannt, machte er in demſelben Re⸗ 

ment die erfte franzöfifhe Kampagne mit und zeichnete 
& in mehreren Gefechten aus. In diefen Feldzügen 
ernte er in Frankfurt q / M. feine binterlaffene Gattin, 
eine geborne dv. Frank kennen, mit welcher er feir dem 
Jadr 1796 in der eis Ehe lebte. In dem Zeits 
raum von 1807 bid zum Ausbruch des Befreiungskriegs 
im Jahr 1813 fand v. W. nicht in aktiven Militärvers 





*) Bergt. über derlei Situationen Silvio Pellicos Gefaͤngniſſe 
S. of. der geipn. Heberfegung- 5 Sulvie Pe eföngnifie 
er) Breslauer Beitung 1837. Nr, 68 . 


FE 
‘ 


‘ 


502 von Wienskowsky. i 
uölmiffen; in dieſem Jahr aber trat er wieder in die 


Beipe feiner alten Waffeubräder und führte als Koms'. 
mande 


ur eines Bataillons des 7. Reſerveregiments (jegi» 
achten des Feldzügs von 1818 auf eine fo ausgezeichnete 


en 19. Infanterieregimentd) dieſes in den Gefechten und 
5 Es dag Darüber der hochgeachtete Heerführer, unter deffen 


Kommando er fand, fib Ipäter gegen idn dahin aus⸗ 


F Bug: „Ich werde niemald Ihr Benehmen im großen 


6 


nicht eder, als 


deſſen Be 


rten (bei Dreöden), ferner am Tage der Kulmer 


Sclacht vergeffen, mo Ihr Bataillon rechtd von der 


Ghauſſee im Stollenvorfer Walde aufgeftelt, den reis 
ßenden Strome von Feind und Freund „Halt“ gebot 


and die Rube meiner Bataillone aufrecht SINE, als 
Führer deffelden Bataillond aber mar er e 
am Tage des 14. Zebruard 1814 in dem Gefecht bei 
Ehampeaubert allen Preußen ein Mufter des Muths, der 
Treue und Aufopferung für König und Vaterland vor 
Augen ftellte. Denn ald DaB zweite preußifhe Armee 
korps von der Uebermacht Napoleons aufs bärtefte be 
Drängt und beinab eingeichloffen war, erbielt der Bene 
ral v. W. den Befehl, die Ferme von- Ehampeaubert zu 
beſetzen und den Feind, es koſte, wad ed wolle, aufsubal» 
ten, damit die Truppen Zeit gewönnen, den Wald von 
Etoged zu erreihen. Rudmvoll und glänzend erfhllte 
er diefen arte. Der Seind ee Durchmarſch 
v. W. mit den Lehten ſeines braven 
Bataillons an drei ſchweren Kopfwunden blutend gefal⸗ 
len, den Sieg nicht mehr ſtreitig machen konnte. Mit 
Bewunderung erkannte ſelbſt der Feind die Heldenthat 


ı on. Der franzoͤſiſche Bericht enthielt über dieſes Ge⸗ 


feht die Worte, welche fich auf den Verewigten bee 
gen: ,‚Nons crumes qu’an woins, il y avoit plusieurs 
milles hommes daus la ferme, tandis qu’un faible batail- 
lon avoſßt soutenu cette defense vigoureuse. Le Comman- 


‘ dant est le brave des braves.“ Ded Deremigten wahre 


Verdienſte um den Staat blieben auch nicht unbeachtet; 
on im Jahr 1813 zum Major ernannt, fchmüdten feine 
ruft die Orden des eifernen Kreuzes eriter und zwei— 


ter Klaffe und der St. Annenorden; im Gabr 1815 avan⸗ 


eirte er zum Oberftlieutenant im Kaifer ran; Grenadier. 


regiment und erbielt bald. Darauf das Kommando des 


23. nf Kata welches er in der Schlacht von 
Des AUiance führte und auch ald Dberft bi zu feiner 
nennung Am zweiten Kommandanten von Neiffe Cbei 

a 


auch, als er, 


* 


gerung Im Jahr 1806 er ſich ſchon ausgezeich. 


Diecmann. 808 
net hatte). behielt. Seit dem Jahr 4829 von 


dem Rs 
nig als Genralmajor in den mwoblverdienten Rubeßand 
verfegt, verlebte er feine Tage Kill und surddocogen 
r 


Am Kteife feiner Samilie, für die Erziebung feine 


wiſſenſchaftlich 


den Söhne wirkend, in Breslau. Eben fo dochachtungs⸗ 
werih wie als Krieger war er ald Menſch, ald Gatıe 
und Bater, ein treuer, redlicher, zum Helfen fletö bereis 
-ter Sreund; voll dchter Menfhenfreundlichkeit und Hus 
manität, geliebt und. dodgeihägt von allen, die ibn 
tannten. Unter zablreicher Begleitung, der tapfere Heer⸗ 
führer, unter deflen Kommando er feine glänzendften 
Frakentbaten verrichtete, an der Spitze, wurde feine ir. 

if Dar am 26. Gebruar zu ihrer legten Ruheſtaͤtte 
geleite 


* 105, Chriſtian Gottlieb Dedmann, 


Doktor der Medicin u. Chirurgie, ordentliher Profeflor der SH: 2 
rurgie und Anatomie zu Klel; 


geb. den 8. April 1798, Heft. den 24. Bebruar 1837,° 


Deckmann ward in dem Städten Rendöburg ges 
boren.. Sein Dater, ein rechtſchaffener aber eben nit 
bemittelter Schneidtermeilter, fonnte dem Sobne, der von 
“ frübfter Kindheit an große Xu —*F Ehirurgie und Me⸗ 

dicin äußerte, feine im Verbaͤltniß zu feinen zahlreichen 
Geſchwiſßern ausgezeichnete Erziehung oder nur eine‘ mehr 
- ald gemöhnlide Schulbildung zu KCheil werden faffen, 
‘fo daß dieſer, Faum dem Sinabenalter entwachſen, ſich 
um eine unterfte Ebirurgenttee bei dem in feiner Ba 
terftadt liegenden Militär bewerben mußte und auch 
glucklich genug war, jene zu erlangen. . Unter der Geis . 
, tung eines ausgezeichneten — — und durch 
eigened Talent, mit unermädlichem Eifer verbunden, 
brachte er ed bald dahin, daß ihm die Erfaubniß: fein 
Regiment zu verlaffen und mit beibehaltenem Gehalt 
feine birurgifben Studien auf‘der Landeduniverfitär zu 
vollenden, ertbeilt wurde, worauf er, nach kurzem Aufs 
entbalt in Kiel, vom Jahr 1820 an die chirurgische Aka⸗ 
‚bemie in Kopenhagen bejuchte und. nad) wenigen abs 
ren in dem dortigen chirurgiſchen Examen den erften - ° 
Charakter davontrug. Doc hatte er ſich nicht ausſchlie 
lid der Chirurgie gewidmet, fondern die ganze Mediein 
Rudirt und gleichzeitig dur großen Fleiß 
in den früber verfäumten Schulmwiffenfchaften ed fo, meit 
gebracht, daß ihm kurze Zeit nach dem eriten Examen 


N 


sc Demi. 
auch das mediciniſche Amtöeramen vor der Sakultät in ı 


Kopenhagen zu beiteben möglich wurde und zwar nicht 


‚minder rühmlich als das frübere, indem er auch bier den 


erſten Charakter erlangte. Nachdem die müde» und for 
genvollen Studienjahre fo glücklich überfianden waren, 
verließ D. Kopenhagen und erwarb ſich in Kiel dur 


Öffentlibe Dertbeidigung feiner Differtation „Notae - 


quaedam chemici praecipue argumenti in aquas oph- 
thalmicas“- dad Doktordiplom. Faſt von diefem Augen» 
blick an begann dad Schickſal ihm freundlichere Blicke 
zu zu werfen und er, der noch vor Kurzem nicht felten 
geamungen war, um die noͤthigſten Beduͤrfniſſe fdwer- zu 
ämpfen,: erwarb fid von nun an obne eamierigielt 
feinen reichlichen Unterbalt. ——— von 
ezeichneten Arzte Suadicani *), der wegen hohen Alters 
Peiner andgebreiteten Prarid nicht mehr vorſtehen fonnte, 
ing Dedmann im Frühling des Jahrs 1824 al 
rzt nach Schleswig und erlangte bier, obgleich fein 
Gönner Suadicani nach Furzer Zeit ftarb, bald eine febr 
eintraͤgliche Praxis, die Zuneigung feiner Mitbürger und 
Achtung der übrigen Aerzte Schleswigs, Überdied aber 
die Liebe eined allgemein hochgeachteten Maͤdchens, ges 
borne Sranfe, Dad ibn bald zum glädlihen Ehemanne 
machte. Vorzuͤglich auf den Rath des rühmlichſt befann» 


sen Profeffors Küders *) wurde nach fünfiäbriger Pris 


-vatprarid D. ald außerordentliber VDrofeffor der Anatos 


— 


mie und Chirurgie bei der Univerfitäf Kiel angeſtellt und 


betrat im Oktober 1829 dieſe ehrenvolle Laufbahn mit 
dem Eifer und der Energie, die von je in allen feinen 


Alnternebmungen ibn ausgezeichnet batten, Außer den 
anatomiſchen Uebungen, Die feiner Zeitung (als Profek 
tor) anvertraut waren, bielt er Vorlefungen über Una⸗ 
tomie und Chirurgie, namentlich aber fuchte er auch dad 
fat ganz erlofhene allgemginere Studium der Anthros 


‚nologie wieder zu beleben und gab zu dem Ende eine 


leine Brofchäre. „Studium anatomiae et physiologiae 
omnibus singularum artium cultoribus probat et ad prae- 
leotiones anthrophologicas invitat Dr. Deckmann.“ (Kil, 


.1880.) beraus. Vorzüglich gefuht und gefdägt waren 


jedoch fortwährend nur feine anatomifchen und chirurgis 


fhen Vorleſungen. Daß die übrigen Died weniger war . 
ren, lag vielleiht. an feinem zu ſehr fürd Praktifche 
geeigneten Talente, was freilich für jene Wiſſenſchaften 


— — ⸗ . 
09 Deſſen Biographie f. N. Nele. & Zabrg, S. 408. 
m 0. "0" =" 108. 


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Dedmanı. 305 


aur doͤchſt glädlih ausſiel, aber zugleich eine gewiſſe 
‚Strenge und Ernfidaftigkeit erzeugte, die ihn gegen Alles, 
was nicht gen in den Grenzen jener lag, gleichgültig 
und achtlos machte. Aus dem Grunde waren feine Nor: 
träge nur für folde Zuhörer recht nüglich, die ähnlichen 
wiſſenſchaftlichen Eifer, wie er felbft, dafür mitbrachten, 
vermochten aber nit durch befondere Annehmlichkeiten 
der Sprache und aͤhnliche Mittel, Die andere Lehrer ſich 
gern (und mit Recht) erlauben, laue Schüler zu feſſeln 
‚und für die Wiflenfchaft zu_ gewinnen. Größer und fes 
— wurde aber der Kreis feiner Thaͤtigkeit, nad» 
‚dem er, zum ordentlichen Profeflor im December 1833 
ernannt, die unabhängige Zeitung des Sriedriäbofpitals 
erhalten, welches nach feinem Vorfchlage von da am allein 
tür chirurgiſche Kranke beſtimmt wurde und mo unter 
einer tbeilnehmenden Direktion zablreihe Unglückliche 
den koͤſtlichen Befig der Gefundbeit wieder erlangten. 
Bis jetzt hatte D. fi einer trefilihen Gefundheit er. 
freut, aber mwahrfceinlih durch übermäßige geifige An⸗ 
firengungen aller Art (wohin außer manchem. Yerger und - 
Derdruß, den fein vielfeitiger Beruf ibm zugog, befons 
ders der frübe Tod feiner Sattin, die ibm zwei Maͤd⸗ 
chen zuräcdtieß, zu rechnen) feinen faſt robuften Körper 
bau ſchon untergraben und den’Hteim. zu einer Krankheit 
gelegt, die in wenigen Tabren ibn dem fihern Tod zus 
führte. Schon im Frühjahr 18983 wurde er von einem 
Lungenblutſturz befallen, der im folgenden Sabre von 
Neuem ſich einftellte und (aon damals durc feine Fol 
. geauflände ihn dem Grabe fo nahe brachte, daß die Aerzte 
an feinem Aufkommen zweifelten. Sehr ſchwaͤch fhleppte 
er ſich noch bis naͤchſten Sommer bin, obgleich er, 
ſo weit ed möglich war, der Ausuͤbun jeiner Pflidten 
oblag und reifte dann, befürchtend, daB der Winter ins 
rauben Vaterland ihm tödtlih werden möge, im Herb 
4835 dem milderen Himmel Stalien® zu, Eehrte aber von 
dort im folgenden Sommer ungenefen zuruͤck. Trotz der 
augenfälligiten Schwäde ſugte er noch jeßt feinen Ge⸗ 
ſchaͤften vorzufteben, hielt Vorleſungen und leitete die 
irurgiſche Klinik, in welcher noch haͤufig die alte Vor⸗ 
liebe für Die praktiſche Chirurgie hervorleuchtete, wid» 
mete aber feine-übrige Zeit allein der Erziehung feiner 
zärtlich. geliebten Töchter und flarb, nachdem er nochmals 
einen Blutſturz erlitten, am oben genannten Tage. Seine 
Leiche wurde von Kollegen und Studirenden, feierlich 
sur Erde ‚beftattet und. der Senat widmete ihm eine 
RM. Rekrolog. 15. Jahrg. 20 


% 
! 


300 Klin | u 
fateintfde Denkſchrift. — Des ausgezeichnetes Verdienft 
war, daß er ganz — Berufe lebte und daß er die⸗ 
ji Beruf ganz befonderd in der praktiſchen Unfeitung 


einer Schüler fuchte. Er hätte dem Lande ohne Zwei, 
el manden brauchbaren Chirurgen geliefert. Wenn er 


"uch nicht durch Genialität alänzte, fo war er Doch Dur 
Gruͤndlichkeit in feiner Wiſſenſchaft, praktifche Leichtig⸗ 


Eeit und die Höchfte Treue in der Erfüßung feiner Pflich 
ten ausgezeichnet. in unabhängiges, freied Werfolgen 
feines Zwecks, Standbaftigfeit und auddauernder Muth, 
Strenge geaen ſich und Andere, nur gegen Dad hin⸗ 
[amin ende Ende feined Lebens durch Milde und Ge, 
Duld befchränft, waren die, bervorfiedenden Eigenſchaf⸗ 
ten feines Chargkters; Durch fid war er gemorden, mad 
er war und dieſes Gefühl begleitete ihn ſtets, ohne daß 
er ſich je uͤberſchaͤtzt hätte. — Außer -den genannten Werr 
en I? erte er noch Auffäge zu verfiedenen periodifchen 
Schriften. * 


106. Samuel Gotthelf Klien, 
Pfarrer zu Klein⸗Bautzen (Lauſitz); 
geb. im J. 1764, geſt. den 26. Februar 1837 *). 


Klien wurde au Geieröwalde in der NiedersLaufig,. 
no fein Water Mfarrer war, geboren. Nachdem legte: 
rer Die Pfarre zu Klein: Baugen erbalten, Fam er eben-_ 
falls mit demfelben Dabin, genoß den nötbigen Privat: 
unterricht und Fam 1779 auf dad Gymnaſtum zu Budif: 
fin, wo er den Unterriht Demutb's, Petris, Baber’s, 
Cobers und Roſt's benußte, Im Jahr 1787 bezog er Die 
Univerfität Wittenberg, von welder er nah drei Jahren 
wieder in die Heimath zurüdfebrte, ald Hanslehrer an 
mebreren Orten feine Thätigkeit zeigte, dann in Wil. 
then ald Hilföprediger angeſtellt und im Jahr 1808 fei- 
nem Dater unter Zuſichekung der Nachfolge adjumgirt 
wurde, dem er nach feinem im Jahr 1807 erfolgten Tod 
im Amte firccedirte. Im Tabr 1810 verheirathete er ſich 
mit Der Tochter des Defonomieinfpektord Goltſch, zu 
Nottwig bei Budiffin, mit welcher er in Einderlofer Ehe 
lebte und Die ihm der Tod 1816 entriß, Beine jmeite 
Frau, die ihn Überlebende Witwe, iſt Die Tochter des 
Dr. Fiſcher zu Stolpen, mit welcher er eine noch lebende 
Tochter erzeugte, — Der Verftörbene genoß eine dauer 





IR Lauſ. Magaz. Heft 2, 1897. ' 
2 “ i 


\ 








Wolckenhaar. 307 


hafte Geſunddeit; nut eine kutze Zeit vor feinem Hin⸗ 
fcheiden Überfiel ihn Koͤrperſchwaͤche, woran er am oben 
‚genannten Tage ſtarb. Er dinterlaͤßt den Ruhm eines 
iedern, wackern Mannes, guten Gatten und treuen 
Freundes. 


* 107. Otto Ludw. Friedr. Wolckenhaar, 


k. hannovy. Daupimann u. Kreiseinnehmer Ju Hameln; 
‚geb. d. 12. San. 1757, geſt. d. 25. Febr. 1837» 


Zu Oldenſtaͤdt, einem Dorfe bei Uelzen im Läne 
burgifhen, wo fein Dater ©. GE. WB. Prediger mar, 
wurde er geboren; feine Mutter_ war Gertrude Marie 
Dallmeier. Fruͤh neigte ſich fein Sinn zum Kriegerſtande 
und bald nad feiner Konfirmation trat er 1772 ald Ka 
Det in _die Reiben der Daterlandövertbeidiger zu Hameln 
ein. Nah einigen Jahren wurde er Sreiforporal, dann 
Sergeant;, 1780 Schndri, 1785 Lieutenant und 1794 
Hauptmann; darnach wurde ihm die Leibfompagnie des 
7. Infanterieregimentd anvertraut. Nachdem dad Vaters 
land in die —— der Franzoſen gefallen war, erhielt 
er 1806 dad Amt eined Schaf» oder Kreiseinnehmers im 
—— welches er bis zu feinem Tode verwaltet hat. 
B. war ein deutſcher Mann, wir vielen Tugenden ge⸗ 
iomüdt, fein Leben ſegensvoll. Volle 65 Jahre, auch 
noch in der Echmadhheıt eined feltenen Alterd, bat er 
feinem König und feinem DVaterlande mit unermädetem 
Eifer gedient, Als Soldat erwarb er ſich durch große 
Pünktlichkeit im Dienft und durch milde Sreundlichkeit 
gegen feine Untergebenen fowohl die größte Liebe bei 
iefen, ald das volle Vertrauen feiner Obern, befonde 
> Ded tapfern Generald von dem Buſche, der im franzdf. 
Revolutiondkriege. fiel. Als DVorfteder einer Leſege 
fchaft für Dfficiere, in welcher befohders wichtige bio» 
rifhe Werfe gelefen wurden, forgte er.für feine eigene 
und für die Fortbildung feiner Kameraden, die ihm von 
ganzem Ben ergeben waren. .Der Sal des Vaterlande 
n Kant. emalt verwundete tief fein Herz; groß war 
fein Kummer, da er Durch dringende Gründe behindert 
wurde, in den fieggefrönten Schaaren der deutſchen 
Zegion feines Könige den Feind & befämpfen; aber 
freudig fandte er feinen älteften n: Stan: 
j uud. warn heimlich viele räftige Männer für die heilige 
e de 


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0 


ohn in den: Kampf 


aterlands. Das brachte ibm Todesgefahr; 
„er wurde derrathen, muhte mehrere Bogen, ein daries 


308 Locherer. 


Gefaͤngniß erdulden und nur die treue Liebe feiner klu⸗ 
en und muthigen Ehefrau, die ſtandhafte Fuͤrſprache 
einer angefebenen Sreunde In Hanover und die Milde 


des damaligen franzöf. Generalgouverneurs , des, jeigen 


Könige der Schweden, retteten ihm dad Leben. Sein 
treuer Eifer blieb nicht unbelohnt. Bald nachher erhielt 

‚er eine einträglie DBerforgung im Civildienſt und in 
den Zeiten der wiedererrungenen Freiheit vom fremden 
Joch genoß er ald Oberfter des Hamelnſchen Landſturms 
noch einmal die langentbehrte Freude, dem Daterlande 
für die Zeit der Gefahr Schuß zu bereiten. Sein Herz _ 
war vol Menfcenfreumdlichkeit und groß if die Zahl 
derer, denen er Dur Rath und That wichtige Dienfte 
leitete. Eben fo freundlich ermwied er ih auch in feinen 
bäusliden Berbältniffen. Er mar 2 Mal verbeirathet; 
zuerft mit Gara £ouife Harding, gebärtig aus Harburg; 
dann mit Tobanne Henriette Degener, gebärtig aus 
Braunfhrmeig. Bier Kinder gingen ipm fdon erwachſen 
in die Emigfeit voran, Mit der zweiten Ehefrau über» 
leben ibn 6 Kinder, 3 Söhne im Dienfte des Staats 
und der Kirche und 3 verbeirathete Töchter, mit 14 Groß» 
Eindern. Er felbit batte von feiner Kindheit an bis 
in fein hohes Greifenalter mit manderlei Zeiden und 
ſchweren Sorgen zu kämpfen; aber auch, in den bängften 
Gtunden feines Febens fand er Ruhé im Glauben an 
die väterlihe Rürforge Gottes, Der feine ganze Seele 
erfüllte und im Bertrauen zu den Seinigen und zu fei- 
nen Sreunden und meder diefed Vertrauen noch jener 
Blauben haben ibn betrogen, 


108. Johann Nepomuk Locherer, ' 
Doktor der Theologie, Senior und orbentl, öffentlicher Profeffor 
- an der kathol.⸗ theolog. Fakultät zu Gießen; 
geb. den 21. Aug. 1773, geft. am 26. Febr. 1837 *). 


Locherer war zu Sreiburg im Breiögau geboren. Der 
Umftand, daß er in einer der dlteften deutſchen Muſen⸗ 
Nädte dad Licht der Welt erblidte, ließ ihn den geringen 

"Stand feiner unbemittelten Eltern, in Beziehung auf 
wiſſenſchaftliche Ausbildung, nicht fo hart fühlen und 
fügte ihn gegen Gefahren, unter welden fchon- fo 
mancher hoffnungsvolle Süngling vor feiner Entwidelung 
untergegangen it; denn obgleid unter einem ärmlichen 





Nach: „Trauerrede auf Eodherer, Mainz 





Locherer. 809 


Dache, Sebte er doch ſtets unter väterlicher Aufficht und 
der Wunſch, denen im Alter eine Eräge u die 
jegt fo liebevoll für ibn das Wenige autopferten, war 
ibm ein Eräftiger Sporn, die fi Darbietende Belegen» 
beit zu einer aMfeitigen Bildung in ihrem ganzen Une. 
fange mit Liebe zu nügen. Dennoch hatte er bei jedem 
Schritte zu feiner Dervollfommnung mit manchen Uns 
beguemlichkeiten und — *— su. kaͤmpfen, welche 

in der Armuth und Dürftigkeit unzertrennlich verbunden 
nd; aber weit davon ‚entfernt, ihn niederzudrücken, 
- trugen biefelben zu feiner fchneleren Entwidelung för 
dernd bei. Ohne Zreunde, ohne Empfehlung, ohne An» 
feben mußte er aud ſich felbft, Durch eigene Kraft wer 
den, was er zu werden firebte; Achtung und Liebe wußte 
der talentvolle Juͤngling, Eönne er fih nur durch ans 
geitrengten Fleiß, durch Befcheidenpeit, Sanftmuth und 
anfprucdlofes Welen erwerben und es gelang ibm bald - 
in einem fo boben Grade, daß diejenigen, die er als 
Xebrer verehrte und bodfcägte, ihn ihrer Sreundfcaft 
mürdigsen und bei jeder Gelegenheit ſich beeilten, ihm 
die rührendften Beweife davon zu geben. Sein untadels 
bafter Wandel, fein unermädeted Streben, das bald 
mit dem derrlichſten Erfolge gekrönt ward, fand von 
vielen Seiten Anerkennung und erwarb ibm ſchon fehr 
frübe und ſicherte ihm für die Zukunft — aft 
und Liebe mancher dochgeſtellten Perſonen. Schon in 
der erſten Zeit ſeines oͤffentlichen Auftretens durfte er 
den edlen Freiherrn v. Weflenderg unter feine. Freunde 
zählen und datte ſich der wohlwollenden Geſinnung An 
Zuneigung deſſelben unvermindert bid zu feinem Tode 
u erfreuen und vor allen war ed der ald Biſchof von 

ainz verftorbene Burg *), der ihn bis zu feinem Ende 
als Priefter, ald Gelehrter, ald Freund bochſchaͤtzte und 
ſebte. Es wäre mir Recht zu erwarten geweſen, daß 
er Derftorbene, unter fo einflußreihen Gönnern bald zu 
angefebenen Stellen gelangte. Aber was begehrenöwerth 
it in den Augen der Welt, mas diefe nad ihren Bes 
riffen groß nennt, war nicht das Ziel feined Strebend: 
eine pfarramtlichen und wiflenf&aftliden Bemühungen 
um Befen der Religion und der Kirche batten ibm 
reunde erworben; aber ihm ſchien ed unedel, dieſe zu 
eigennügigen Zwecken zu mißbrauden und fie, einen fo 
edlen Charakter nach Gebühr würdigend, wollten ibm nicht 
durch Empfehlungen, die er nie fuchte, eine fo feltene 


*) Defien Biograpdie'f.. N. Nekr. 11. Sadeg. ©. 878. 


x 


810 | Locherer. 


* 


Tugend verfümmern. Was der junge Prieſter einzig 
anſtrebte, war ein eigener Wirkungskreis, war eine Ges 
meinde, deren Wohl er fih ausſchließlich midmen Fonnte. 
Kaum war er darum ein halbes Jahr in Grüningen als 
Pfarrvikar thaͤtig, ald er die Pfarrei Wendelsheim über: 
nabm, aus deren Ertrag er faum dad Norhdürftigke er» 
ſchwingen fonnte. Aber diefer Umftand, der den ges 
woͤhnlichen Menſchen zur gaͤnzlichen Thatlofigfeit herab» 
druͤckt, erböbte nur feinen Muth, entflammte feinen Eis 
fer, verdoppelte feine Thaͤtigkeit. Ja in feiner Armuth 
erübrigte er immer noch fo viel, daß er die Därftigkeit- 
reichlich unterftüßen Fonnte. Hierauf erbielt er die Pfar⸗ 
rei Seebronn und wurde von bier nad beinahe 7 Jab⸗ 
ren eined unermübdlichen und fegendreihen Wirfend nad 
ons en, einem angefebenen Dorf am Dberrbein, ver 
etzt. as ihn zu dieſem neuen Wechſel bewog, war 


‚zum Theil der Wunſch, in feinem geliebten Breisgau zu 


wirken und mehreren feiner vertrauteften Jugendfreunde 
nabe zu fein, vorzüglich aber die Rüͤckſicht, die noth⸗ 
wendigen Hülfömittek zu feinen wiſſenſchaftlichen Bes 
firebungen bequemer fi aneignen zu Eönnen, was ſo⸗ 
wohl durch Die Nähe von Sreiburg, als auch Durch Die 
befferen Einkünfte der Pfarrei nur möglih war. Die 
ebrenvolle Ernennung als Stadtpfarrer nad Rottenbur 
am Nedar lehnte er entfchieden ub, nahm aber den fpde 
ser (nad 2öjähriger Wirkfamkeit zu Jechtingen) an ihn 
ergangenen Ruf ald Profeffor nab Gießen an, wo er. 
üftig auf dem Gebiete der Wiſſenſchaft bid an feinen 
od wirkte. — Als einen Hauptzweig feines priefterlichen 
Berufd betrachtete und bebandelte er das fchramt; ers 
fült von dem göttlichen Geiſte, der in den veiligen 


Schriften weht, felbft genäbrt an dem Urquell des Les 


bens, -innigft vertraut mit dem Geifte der Kirche und 
ihrer berrliben Inſtitutionen, war Die Lehre Jeſu in 


ihm zu einem lebendigen Strome geworden, melwer den, . 


Boden aller Herzen, die er berübrte, beilfam befruchtere 
und überall eine vielverforebende Ernte vorbereitete, 
Nicht ohne die gemillfenbaftene Vorbereitung beftieg er 
den chriſtlichen Rednerſtuhl; die Gefühle, melde die er— 
babenen Wahrbeiten in ibm felbft bervorgebradt, erweckte 
er mit Wärme und Straft der Rede, durch apoftolifche 
Salbung und Nabdruf in den Herzen feiner Zubörer, 
Befonders waren die Schulen feiner Bemeinden für ibn 
ein berrliher Wirkungskreis; er erachtete einen Tag nicht , 
würdig beſchloſſen, wenn er nicht, cinige Stunden bei 
feinen geliebten Kleinen augebracht hätte. In ihrer 





4 


> 
| 


4 


mat, nun der legten St 


— geſchahen. — Seine Schriften find: 


Gunradi. 311 


Mitte wurde er feldR ein Kind und er beguemte ſich 
gonz ihrer SaffungBfähigkeit. Mit gleichem Eifer lag er 


den Pflidten old Priefter-und als Ausfpender der g 


lihen Gedeimniſſe ob. An Das Lager der Kranken brachte 
er Troſt und Beruhigung und der flerbende Vater ſah 
mit Ruhe auf feine weinenden Kinder, denn er mußte 
fie unter der Aufſicht eined_guten treubeforgten Hirten; 
die arme Wittwe marterte ſich nicht mit dem Gedanken, 

age beraubt, aud ihren uns 
gluͤcklichen Waifen werden fofte: fie empfabl fie dem 
edlen Prieſter — doch, er hatte fie ſchon längk in fein 


‚Herz aufgenommen, er detrachtete ſich als Vater aller 


Unglädliden. Hierin aber liegt erſt dad Verdieſtliche 
feiner Handlungen, daB fie, fern von jeder unlautern 
Anficht, fern von Eigennug und Ehrgeiz oder anders 
geidenfchaften, welche den Glanz aud ber fdönften 
Handlungen verdunfeln, jm Geilte ur reinfen Liebe 

| er Stand des 
Seelſorgers, feine Zreuden und Leiden, für Die viger- 
Aneerburg 1805. — Homilien über die ſonn⸗ und feſt⸗ 
tägliden Evangelien d. katholiſchen Kirchenjahrs. 2 Tb. 
Augdb. 1811. — Geſciqte d. drifif. ehainn u. Kirqe. 
9 Th. Ravendb. 1824 — 33. — Kurze Predigten äb, die 
fonn⸗ und feſttaͤgl. Evangelien des kathol. Kirchenjahrs. 
M. einem Bochn. Gelegendeitsreden. 3 Bdoqhn. Ebendaſ. 
1628 - 20. — Lehrbuch der qriſtlich⸗kirchl. Archaͤologie. 
Frankf. a / M. 1832. — Lehrb. d. Patrologie, f. akadem. 
Vorleſungen beſtimmt. Mainz 1836. — Hatte Antheil am 
Konftanzer Archiv für Paſtoralkonferenzen. : 


109. Karl Gottfried Cunradi, 


Abdvokat zu Camenz; 
geb. I. 3. 1783, geſt. am 27. Febr. 1887 ). 


Er wurde zu Samenz geboren, wo fein Vater Bär 

r und Nabdlermeifter war, ftudirte auf — ceum 
feiner Vaterſtadt, wie auf dem Oymnafium zu Bubiffin, 
trat ald Artilleriſt in Fönigli ſaͤchſ. Dienke und ba_er 
aus diefen feinen Abſchied genommen, verbeirathete er fi 
und betrieb einen Weißkramhandel, kehrte aber dann 
wiederum zu den Wiflenfchaften zuräd und vollendete feine 
Studien auf der Univerlität zu Zeipgig, nad deren Bes 


endigung .er fi) ald Advokat in feiner Vaterſtadt niederließ, 


RR. Lauf, Magaz. Dit. 2. 1897, ’ 


— 


. Die mannidfaltigen Arbeiten, me 


312 = 


110. ‚Franz Adolph Jacobi, 
Doktor des Medicin, Kreisphufituß und Armenarzt zu Warendorf 
(Weftpbalen); | ö 

geb. t. 3. 1765, geft. d. 27. Febr. 1887 °). 


u Warendorf geboren, genoß er den erften Gym». 


nafialunterricht in feiner DVaterftadt, bezog dann, um 
die Pharmacie und Arzneikunde zu ftudiren , die Univers 
fitdt Münfter, darauf das damals blühende Helmftädt 


und zuletzt dad durch feine großartigen Heilanftalten: 
. berühmte Wien. Nicht allein mit auögezeichneten tbeos 
retifhen Kenntniffen gerüftet, fondern auch zum prakti- 


(den Arzt in den Spitdiern der Kaiſerſtadt gebildet, 


ließ er ſich im Jahr 1790 ald Doktor der Medicin und : 


Chirurgie in feiner Heimath nieder und erbielt i. J. 1817, 
obſchon mehrere ausgezeichnete Aerzte mit ibm konkur⸗ 
rirten, die Anftelung ald — — in Warendorf. 

| he ſich ihm in dieſem 
neuen MWirfungdfreife darboten, leiftete er zur völligen 


‚Zufriedenheit der vorgefeßten Bebörden mit der unerfchüit: 
terlichſten Rechtlichkeſt und mit feltener Einfachheit und 
doch wiſſenſchaftlicher Klarheit in feinen Auffägen. Außer 


einigen zerfireuten Abbandlungen in Gilberts Annalen 
der Chemie und in, den Jahresberichten Des k. Medicinal« 
follegiums hat der Verftorbene der gelehrten Welt Feine 
literarifeben Arbeiten geliefert; woran ihn cine beſchwer— 
liche Zanbprarid und Das Beſtreben, durd die Lektüre 
der beften neuern Schriften mit den Bortfchritten ber 
Chemie und Medicin Schritt zu balten, wohl gehindert 
baben. Bei einer regen Beifteötbdtigfeit befaß Tacobi 


einen geſunden Elaren Berftand, richtige Urtbeilgfraft - 


und Beobadtungsgabe. Ohne irgend einem der zahl» 
Iofen medicinifhen Syſteme, Die er auf feiner nicht 


| kurzen aͤrztlichen Laufbahn entfichen und verſchwinden 
fab, zu buldigen, wußte er bei der Ausübung feiner 


Kunft die Heilkraft der Natur zu würdigen und nahm 


anfpruchölos und obne Unmaafung, ein Feind des Ehar:: 


latanismus und der Arkanenkraͤmerei, Die Beobachtungen 
und das Derfahren der ausgezeichnetiten Aerzte alter 
Nationen zur Richtſchunr feines Handelns. Unermüder 
in der Ausübung feiner Beruföpflichten, echter Ehrift im 


Glauben und Wirken, war er der Wohlthaͤter der Armen. 


*) Weſtyb. Merkur. 187. Nr. . 


yo 





.. Joa 


Zinkeiſen. | 318 


- und bei Naht mie bei Tage ſtets bereit, dieſen eben fo 
wie den Bemittelten die verlangte Hälfe a leiten. Er 
war uneigennögig und beiaß im boden Grade die dem 
Arzte fo unentbebrlide Geduld, den Undank, womit 
auch er fo oft gelohnt wurde, zu verfchmerzen. Er wär 
freundfid und leutfelig gegen Jeden, getällig, dienſt⸗ 
— und vertraͤglich gegen ſeine Kollegen, deren Freund⸗ 

t und Liebe ibm nicht fehlte. Als guter Gatte und 
- Vater, ald Mann von wenigen Bedärfniffen lebte er 
zufrieden und glüklid im Kleinen Kreife der Seinigen. 
zus — einer ſtrengen Didt und Mäßig- 
keit in allen Genüffen bradte er bei einem ſwachen 
Körperbau, troß Öfterer, in feinen Berufögefchäften ſich 
zugezogener Gichtleiden, fein Leben bdis zum 72. Tahre 
und farb obne vorheriges Unwodlſein plöglich am Nerven⸗ 
ſchlage. Was er ald Arzt bei vielen Epidemien und 
namentlich in ber legten Zeit geleilter, darüber fpricht 
die einmütbige Stimme feiner ganzen Vaterſtadt, die 
Zahl der Armen, :die noch vor der Beerdigung feine 
irdifhe Hüle befudten, die Menge, die feiner Leiche 
. folgte, die Thraͤnen des Danks und der Rührung, die 
feinem Andenken Hoffen. 


* 111. Eduard Zinkeifen, 
herzogl. fachf. altenburg. Hauptmann, Auditeur und Hofadvokat; 
‚geboren d. 14. Sept, 1796, geflorben d. 8. Febr. 1837. 


Zinfeifen war der 3. Sobn des ehemal. Geheimen 
Kammerrathd Karl Rudolph Zinkeifen zu Altenburg, ges 
noß feinen erften Unterricht dürch Privatiehrer, Dann auf 
dem Gymnaſium zu Altenburg unter. der Zeitung des 
treffliben Kirchen» und Schulraths Mattbid *) und ſei⸗ 
ner achtungswerthen Gebülfen; folgte dann dem Aufrufe 
zur Vertheidigung ded Vaterlands 1814 und 1815, mo 
er unter der Landwehr ald Lieutenant eintrat und die 
Seldzüge nad Frankreich mitmachte, ging nah Beendi⸗ 
gung derfelben auf die Univerfität Jena und fpdter Zeipe 
sig (von Dfiern 1816 bid Michaelid 1818), wo er fi dem 
juriftifden Studium widmete, wurde 4819 unter die Ads 
vofaten des Zanded aufgenommen, befam 1828 die Stelle 
eines Auditeurd beim Zinienbataillon ©. Altenburg und 
wugleich dad Prädikat ald Premierlieutenant, fo wie 1836 

nd eined Hauptmannd, gewaun bald eine anſehnliche 


*) Deien Blograpbie f- Mı Rekz. 19. Jade. ©, 48 - 


814 a Dewora. 


jerikifche Praxis und. aberkam mehrere anſednliche Ger 
tichtöpaltereien. Er verbeiratbete ſich mit der einzigen 
Tochter, des Geheimenraths Geutebrüd in, Altenburg, 
Rgrb pilöglih an den Folgen der nicht gehörig abgemars 
teten Grippe und hinterließ 7 unverforgte Kinder. 


* 112. Viktor Joſeph Dewora, 
Domtkaritular, Tompfarrer u. Stadtdechant, Ritter des k. preuß, 
rotden Udlerordend Ir Klaffe, Direktor ded k. preuß. Tatholifchen 
Ochullebrerfeminartumd für den Regterungsbezirk Trier, fo wie, 
gorrefpondirended und Ehrenmitglied ded großherzoglid, badifchen 

ö landwiribfchaftl, Vereins zu Ettlingen, zu Trier; 
— geb. den 21. Juni 1794, geſt. 8. Maͤrz 1837; 


‚Er war zu Hadamar geboren, erhielt feine frübere 
Bildung von feinem Dbeim, dem Erjefuiten Franz Clar, 
ſtudirte nachher gu Koblenz und erhielt im Herbit 1794 
ald Primud der oberen philoſophiſchen Klaffe von dem 
Surfürken und Erzbifchofe Klemens Wenzeblaus eine 
Sreiftele in dem Priefterfeminar zu Trier. Weil aber 
gerade Damals dad linke Rheinufer von den Franzoſen 
erobert wurde, fo Eonnte er feine Hy zum geiſt⸗ 
lichen Etande, wozu er die größte Vorliebe hatte, in 
Frier nicht erbaften. Er sing aber nad Mainz und da 

b auch bier unter dem Getümmel der Kriegsvoͤlker 

eine rubigen Stunden zum Studiren erwarten ließen, 
begab er 19 nah Würzburg, wo er unter den Profefe 
oren Wielener, Dberthär, Onymus, Berg und Seiler 

beologie Audirte, bei dem Profeffor Andres zur Homi⸗ 
letikt. Katechetik und Pädagogik angeleitet und unter den 
Regenten Leibe und Zirkel im Priefterfeminar zur Seel, 
forge vorgehbt wurde. Der erzbiſchoͤfi. Trieriſche Generale 

“ ‚wifar Bel *) ‚befand fi damals gerade ald Emigrant 
in Fulda ımd batte den Wunſch geäußert, daß die era 
fift» trierifhen Kandidaten ber Theologie unter feiner 
Aufſicht in Fulda ihre Studien vollenden und die bödes 
ren Weiben empfangen möchten, als D. im Herbſt 1706. 
ſich in das daſige Priefterfeminarium begab, wo er unter 
den Regenten Echmitt und Kamp feine Ausbildung - 
zum Geelforgeramte und am 23. Geptember 1797 von 

- Dem Fürſtbiſchof Adelbert I. die Prieſterweihe ers 
bielt. Er mard zuerft Geblülfe_in der großen Pfarrei 
Frickhofen, zwei Stunden von Hadamar, dam su ©t. 


+) Deffen Biogr. fı N. Rebr. 5. Jadıy. ©. 268. 


= 


Dexwora. 315 


Goarbhdauſen am Rdein, fpdter zu Perl, 0 Stunden 
von Trier und zuletzt in der Vorſtadt St. Mathias bei 
Trier, mo der beinahe SO jährige Prior des aufgelößen 
- Benedifrinerordens und Pfarrer Beder ibm im J. 1807 
die Pfarrei refignirte und der Bifchof — idn biete 
auf am 1. Mai 1808 als Pfarrer ernannte. a in dem 
ara Negierungddepartement Beine Bildungsanftalt 
angebende Squllehrer eriftifte, fo begann D. im 
Herbie des J. 1810 in feinem geräumigen Pfarrbaufe 
eine Menge religiös gefinnster und untadelbafter Juͤng⸗ 
linge und Männer um fi der zu ſammeln und dieſelben 
durch Belehrung und Beifpiel für das wichtige Schuls 
lehreramt vorzubereiten. Seine ruhm⸗ und fegenvollen 
Bemühungen fanden bald ungerbeilten Beifall und er 
datte bei dem übernommenen ſchweren Geſchaͤfte ſowohl 
von Seite der ehemaligen franzoͤſ., als auch der jetzigen 
koͤnigl. preuß. Regierung ſich der kraͤftigſten Unterftägung- 
u erfreuen. Hierdurch gelang es ihm bei raßletem Ei- 
er, der auch dann nicht ermüdete, wenn täglich 10 biß 
4° Stunden Unterricht gu geben war, vom Jahr A340 
bis 1821 ungefähr 700 Scullebrer zu bilden, die bei 
ihren geiftliden und weltliden Oberen ein garı beſon⸗ 
deres 8 ‚genoſſen und denen nun nicht allein im 
Trieriſchen an he fondern auch in manden 
Städten und vielen Dörtern benachbarter Provinzen das 
wichtige Gefchaͤft der Erziehung und des Unterrichtö der 
Kinder anvertraut il. D. war nicht minder wmachſam 
und immer bemübt für den Fortbeſtand dieſer Anſtalt im 
Regierungsbezirke Trier, denn ald das preuß. Gouver⸗ 
nement mit dem Gedanken umging, diefelbe aufzuheben 
und andermärts Se a oder fie mit dem Schul⸗ 
Iehrerfeminar zu Brühl zu vereinigen, arbeitete er un⸗ 
ermädet, um fie in der Stadt Trier zu erhalten AM 
i. 3. 18234 dab Trierifhe Domkapitel in Solge der Bulle 
„de Salute animarum“ neu srganifirt wurde, erbiels 
D. ein Domfanonitar und werde von dem Bilchofe 
v. Hommer *) zum Domprediger und bifchöfl. geſſtiichen 
Rathe befiellt, welchem Amt er unermuͤdet biö zum J. 1834 
vorftend. Die Zeit melde er von feinen DBeruftgefade 
‚ten erübrigte, verwendete er bis in feine legten Lebens⸗ 
tage zur Abfaſſung nuͤtzlicher Schriften und reichte jedem 
guten Unternehmen mit einer feltenen Uneigennügigkeit 
wohlmollend seine duͤlfreiche Hand. Im Zahr 4836 


— u m 


*) Defien Biearapbie f im N. Nekrolog Jadrg. 14. ©: 716. v 





16 2: Derem 


fühlte er feine Kräfte mehr und mehr ſchwinden, bis die 
ppe ihn aufd Krankenlager warf und ein £ungenfchlag 
ein thätiged Leben endete. Der Pfarrfirde St. Matdiad 
i Trier bat er 400 Thaler zum Behuf einer Kaplandı 
Biftang vermacht. Als feine Leibe am 6. März auf dem 
irhdofe zu St. Matbind beerdigt wurde, begleiteten 
ine chemaligen Pfarrfinder Yon St. Mathias, die 
andidaten des Scullebrerfeminariums und eine große 
Menge Hürger der Stadt. —— Grabe. — Ein 
ungemeined Talent mit gleichem Fleiße gepaart, zeichnete - 
D. nit nur in feiner Kirche, fondern in der ganzen 
Umgegend aus. Sehr Fundig im geiſtlichen und welt: 
lichen Wiſſen, wie e8 feine Schriften beweiſen, ein 
Medner, wie ed deren wenige gibt, ragte er im Xande 
bervor und genoß allgemein einer ausgezeichneten Ach⸗ 
tung. Auch in den Tagen der Noth galt er für einen 
Merfechter der guten und heiligen Sache der Religion. 
Er mar vielen ein treuer Zührer auf der Bahn des Heils, 
ein wohlthaͤtiger Menfhenfreund in allen Anliegen. — 
Geine Schriften find: Sreuzmegsandachten‘ od. Betrach⸗ 
“sungen Über dad Leiden und Sterben unfered Herrn 
efu Chriſti nach den —— 15 Stationen. 2. Aufl. 
adamar 1805. — Andachten zum heil. Saktament des 
ltars. Ebend. 1805. — Andachten von der Todesangſt 
eſu Chriſti od. üb, d. legten Worte unſeres am Streuze 
erbenden Heilands. Ebd. 1805. — Predigten and Fathol. 
Landvolk gehalten. Ebd. 1806. — Neued Gebetbuch für 
kathol. Landleute nad dem Geifte des reinen Chriftens 
thums verfaßt. Ebd. 1807. — Evangelienbug, worin nit 
nur d. Evangelien, Epifteln u. £eftionen auf alle Sonn» 
u, Sefttage d. Jahrs, fondern auch auf d. Feſte befondes 
rer Kirdenpatronen enthalten find. Zum Nugen und 
Gebrauche für Fathol. Kirden u. Schulen. 2, Aufl. Ebd. 
4808, — Undachtöbud für d. Derebrer d, heil. Mathias. 
Trier 1808, — Bruderfdaftöbüclein für d. Verehrer d. 
beil. Matbiad. Ebd. 1808. — Dad Wichtigſte für kathol. 
Ehriften, melde z. Grabe des beil. Matbias wallfahrten. 
Ebend. 1808. — Anmütdige Züge aus den Leben edler 
Menfden. Koblenz, 4310, — Predigt am hoben Namends 
tage Er. Mai. des Kaiferd Franz v. Defterreih, Königs 
9. Ungarn u. Böbmen am 4, Dft. 4814 in der Domtirde 
au Trier an das F, F. Hufarenregiment Erzherzog Jofep 2 
an dad 9. k. k. Tägerbataillon, an die geiftl. und weltl. 
Dbrigkeiten d. Trieriſchen Yandes u. an die vornehmften 
Einwohner, wie aub an die Bürger ber Stadt Trier 


7 ⁊ 


Dewora. 3127 


geh ften. Trier 1814. — Rüdblid auf die Jahre d. 
trümmerung und. Audfiht auf Die beflere Zukunft. ine 
Predigt i. 8 1814 am feierl. le für d. Befreiun 
v beil. Vaters Pius_VIT. aus der Sjähr. Gefangenidatt 
in d. Kirche d. beit, re Mathias bei Trier gebalten. 
—— 1815. — Edle Züge von gefangenen Ruſſen zu 
43 im 3 1808. Ebd. 1815. — Monatl,. VBerrihtungen 
bei eld. u. Wiefenmwirthfaft, für die fleißigen und 
biedern Zandleute in deut. Provinzen des linken Rheine 
a s d. 1815. Neu entworf. 1816. — Bemeinfcaftl. 
G. Bruch: Wird ed nägli fein, die — 
— — an d. ſtaͤndiſch. d. linken Rhein, 
uferd Theil nebmen zu laflen ? 1815. 
Perrichtungen bei der aaa für ‚die fleißigen ıc. 
. Hadamar 1815. 2. Aufl. 1821. — Vollſtaͤnd. Darfellungen 
der monatl. Beſchaͤftigungen in d. Gemüße- u. Küchen 
arten, den fleißigen und biedern Zandleuten des preuß. 
—28 — Nieder⸗ und Mittelrhein —— Hadamar 
* oblenz 1816. — Briefe u. Geſpraͤche veranlaßt dur 
die Entfädrung u. an —— * beil. Vater 
Pius VII. v. Rom nach Sawona. € AA dl Ignaz 
©. Lojola u. Franz v. Zavier, od. ro wahre Dent) und 
—— der Sefuiten. Ebd. 1816. — * Ländliche 
ieder nach ſchon befannten Melodien v. einem kathol. 
Seelforger für Jung und Alt im Volke herausgegeben, 
um die vielen ſchmutzigen, Geiſt und Herz vergiftenden. 
Gaffenlieder zu verdrängen. Ebd. 1816. — LZektiondylan 
des Eönigl. Schullebrerfemindriumd zu St. Mathias bei 
Trier 1816. — Anleitung sur Rechenkunſt f. Stadt» und 
gandfQulen. u 1817. verb. Aufl. 1821. 5. Aufl. 
rlich waͤhrt am “Tanshen, ein Shrikenkehr- u. 
Dräfung een, die fieißige u. gefittete Jugend, Ebd. 
— Die meiften glei und aͤhnlich 
an, er jr Bedeutung und Abflammung nad) _ 
verſchiedenen Wörter d. deut. ade, zum Gebrauche 
bei dem Siftirfereiben in Schulen und an die Kinder 
leichte Säge u. Perioden bilden zu lehren. Ebd, 1817. — 
ame Reden bei der feierliden Vereidung * aus dem 
egierungsbezirke von Trier in k. preuß. Militaͤrdienſte 
—— Erſatzmannſchaft im Jahr 1817 unter min 
Himmel in Trier gehalten. Trier 1817, — Die M 
er kindl. Liebe. Ein Ghriftenlehr » u. ‚prüfungdgef dent 
Lob. heise u. aut eſinnte Jugend. Hadamar u. Koblenz 
er —I— die Barmherzigen. 
en Epriiten edrgefihent. Srier 1817, — Der vage 


[) — 
ig ® 


— Monatl. . 


818 ie # Dewora. 


Sotverenfreun. Ein Leſebuch für bie nieberrhelnift 
männlide Jugend. Hadamar und Koblenz; 4818, — 
Abhandlung über die zweckmaͤßigſten Strafen und Be 
——— in Elementarſchulen. Ebendaſ. 1318, 2. Aufl. - 
8231. — Gaamenförner für die Emigfeit: * voll 
Rändiged Geberbuch für kathol. Chriſten. Ebd. 1818, — 
Erörterung d, beil. Pflichten an d. Soldaten. kathotifder 
Religion im Dienfte d. fiebenden Fönigl. preuß. Heeres: 
Eine Predigt bei der feierliben Vereidung der aus Dem 
Dgierung Ru Trier berufenen Erfagmannfhaften den . 
1818, — Die fittlide Erziebung in Elementar- 
Lou Ebend: 1819. — Die gewiflendaften Menden. 
En lebrrreicheö u. unterbaltended SDiRorlene. f. d. fat. 
un Ebend. 1820, 2, Aufl. 1827. — Hälfsbuc zum 
‚Erklären in katholiſch. Glementarfeulen. Ebd. 1820. — 
Der Schuhgeift —8 zen Sayohlungeh, f, Elementar; 
ſchulen. € Ebend. 1 — Die Fraft der Religion. _ Ein. 
Ehrinenlehr» und Dräfungdg eſchenk. Ebd. 1821, 3. Aufl. 
Beifpiel der werttbärigen Nächitenliebe. Ein 
Ehriftenfebr» und Prüfmgögeidenk, © Ebd. 1321. 2: Aufl. 
4828, — Naturbeforeib. d, menſchl. Leibed f.d. Jugend: 
Koblen; 1821. — Naturbe(chreibung der Tbiere für Die 
ugend. 4 Hfte, Ebend, 1821—22, — Die Be le —* 
* unfered am Kreußze fterbenden Erlöferd 
Predigt-am Charfreitage. Hadam, 1822, — Die geinde 
und Funde unferes am . ten 5 u. ſterbenden 
Crloͤſers in Neden an dad Ehr tenvolf, Ebend. 1833. — 


ebungen. Ein ‚eprreich ‚unerbaltened Hiftor enb. für 
. farpol. 1824, 2 «Auf. 1 1333, — * 


nun * —— u. Kob vl —* 
ciſß 0d.: Was. 


riften. hend, 1824. — Kern der "briftl. Andacht. Ein h 
Re u. hun —J f. —* Chriſten. Ebd. 1824. — , 
<rauerrede auf d. würd, Hrn. Karl BABuAd. 
früberbin Biſchof zu Le nadher zu Nennes in Fran 
reich, am 22, —— 1824 in der Domkirche M Erier. 

ebalten. Koblen — Der Rh ———— Er; 

atholifen — —* Aen oe cein gan Jebr 
iſt erſchienen) — Mit To, Brunner: Neueſte Beitr. 

2 sur DE für Pred A “und Katecheten. 18 Bin. 


% 


Dewora. 319 


Hadem. 1825. — Betradtangen, Gebete u. Litaneien b. 
dem 7 taͤgigen Befude d. Stastonen in den Kirchen des 
Bisrhums Trier, um uhelablaf zu gewinnen. Koblenz 
418%. — Beifpiele d. innebänderang, Zebenöbeflerung 
u. Belehrung. Ebd. 1828. — Liebliche Bilder v. Süte, 


Freundſchaft, Treue u. Danfberfeit. Ebd. 1828. — Fehr: 


reiche Etzäblingen von d. rechten Verhalten gegen * 


ſelbſt. Ebd. 188. — Die ſanftmüthigen Menſchen. Ebd 


4188. — Kleiner perl des a Verdaltens gegen 
die Thiere. In Erzählungen für Kinder. Ebd. 1823. — 
Sittenfpiegel für 5 aben und Tlnglinge. Ehendafelbk 
29. — Gittenfpiegel für. Bürger und Landmann. 
Er. 1829..— Trauerrede auf d. Tod Er. Deili keit d. 
Papſtes Leo XIT., gehalten im Dom zu Trier. Ebendaf. 
41829. — Dad tägl. Breviergeber, wozu alle katholiſchen 
Geiſtlichen verpflichter find, ald eine uralte und re 
mäßige Einrichtung befchrieben. Ebendaf. 1832. — 
weicher Sprade haben d. erſten Ölaubensprediger u. 


- erften — Biſchoͤfe das heil. Meßopfer verrichtet 


u. in welcher fol ed noch jeßt verrichtet werden? Ein 
katechet. Unterricht für d. —58 Glaubensgenoſſen des 
Bisſstdums Trier. Ebd. 1838. — Die v. d. kathol. Kirche 
vorgaſchriebenen Geremenien und le bei der feierl. 
Einweihung einer Kitche. Ebd. — Zarte Tugend» 
bluͤthen, ein Lefeb. f. Eleine Dänen in kath. Elementare 
faulen.” Ebd. 1833. — Freundliche Bilder aud d. Leben 


‚ edler Srauen und Mätter. Ebendaf. 1834. — Leuchtenbe 


©terne auf d. Pilgermege zum himml. Daterlande. Ebd. 


1835. — Des ebrwürd. Johannes Gueng, Priekerö den 


Geſellſch. Jeſu u. edem. Dompredigerd: zu Trier hintere 
Iefpene Homilien üb. die ſonn⸗ und feguaer Evangelien 
ganzen kath. Kirchenjahrs, herau W. J. Dewora. 
Ebendaſ. 1834 und Ir btin dtheil 1836. — 
Etementarb. zum Befenlernen f. kathol. fart⸗ u. Silo‘ 
faulen. Ir urfus. 29. Aufl. Trier ſſelb 
ar Rurf. 14. Aufl. Ebd. 1 — Namenbädlein für die 
nen Kleinen in karholifch. Elementarfhulen. 32. Auf. 
. 4837. — Eine Rede and Volk auf die — 
ve rrers Sgaͤfer, welche in Steinbecks Miſſetdaͤter⸗ 
eſch din. f. — u, Jung im Volk, 1 Sen. abgedrufs 
feln 3. Lefenlernen. — Bier Bilder, dab 
er N der — 2 Mathias predigt den Mohren; d. zweite, 
x 2 Y nun — das Bine, hr pe 
aleriud predigt da, wo je t. Mathias ſteht, 
chriſtl. Glauben, das vierte, d hell, Eupatin qufet 





. Mebrere kleine Auffäge in d. 


fchoͤn früber verbeiratheten Sohn in eine 


320 Sickel. | 
da, wo jetzt St. Matbind ftebt, die erften Deuiſchen. _ 


f ‚Nationazeit. d. Deutfchen, 
im Frankf. Staatdriftretto u. In d. zu Gotha erſchienenen 


Reid sanzeiger. In letzterm war von ibm 1804 eine frei- 


muͤthige gründl. 2Biderlegung eines in d. pöbelbaftelten . 
Ausdrücen gegen die ganze Fatbol. Geiſtlichkeit Deutſch⸗ 

fonds gerichteten Aufſatzes, dem mit Demwora zugleich d. 
proteftant. Dr. Steinbed in Sagſen [0 heftig wider: 
fprah, daß jener Auffag auf Befebl deö Reſchehofraths 
vernichtet und an deſſen Stelle ein anderes Gtüd des - 
Keichdanzeigerd berauögeg. wurde. — Prüfungdanzeigen 

v. d. J. 1812, 1816 —R0. Be 3* 


113. Dr. Johann Konrad Sickel, 
toͤnigl. ſaͤchſ. Hofrath, Ritter d. koͤnigl. ſaͤchſ. Civilverdienſtordens⸗ 
Appeuationsgerichtspraͤſident, Mitglied d. k. ſaͤchf. Staatsgerichts⸗ 
nofes u. der deutſchen Geſellſchaft für Erforſchung vaterländifcher 
Syrache und Alterthümer in Leipzig; . 
‚geb. den 6. Juni 1769, geft. den 3. März 1837 °). 
Er mar zu. Leipzig geboren und der Sohn eined an⸗ 
aefebenen und bemittelten, doch nicht unter die Reihen 


- »erften Rangs an feinem Wohnort gezäblten Kaufmann, 


der aber in den X vorgerüdt, nach dem od ſei⸗ 
ned —6 en und Ghmagerd Adolph Richter. 
ala die Konkurrenz größer, der Gewinn geringer. un 
unfiderer ward, das Gefchäft nieberlegte ‚mit feinem 
gamilie zu⸗ 
fammenlebte und 80 Jahre alt ftarb, ein Alter, dad auch 
die zulent gänzlich erblindete Mutter, eine Tochter des 


im Jahr 1743, verftorbenen Profefford Dr. Weiß, um vie⸗ 
fed jünger als ihr Benrabl, im Haufe ibred Sohns er⸗ 


reichte, Ad feiner Eltern einziged Find entbehrte: er 


von feinen früheiten Lebensjahren an nichtd, was nicht . 


nur feine Vorbereitung zu nachmaliger wiffenfchaftlider 


4 


- Dr. Wei 


Bildung, an der au wohl fein muͤnerlicher Obeim, der 
zu Leipzig ald Arhidiafonud zu St. Nifolal verfiorbene 

$ einigen beratbenden Antheil gehabt haben mag, 
fördern, fondern aud zum . bequemen eben gemänfche 


werden Eonnte. Doch bat Died bei ibm mehr ein Ben 


reben, abzubärten und Bequemlichkeiten entbehren. 
n —5 ri den Drang, fie zu fuchen und fi ihnen 


jemals hinzugeben, zur Solge gehabt, wovon fogar, ums 





) Nach wehreren gedructen Artikeln. | 


—8 








Sickel. 821 


feiner Gefundpeit willen, zumeilen das Wegentpeil gu 
wählen geweſen wäre. Vom zarten Alter an tvar M. 
: Zunge *), geftorben vor mebreren Jahren ald emeritirter 
“ Konreftos an der Nikolaiſchule zu Leipzig, fein Zübrer 
und Zehrer, ein Mann von nicht glänzenden Beiftedgas 
en, aber Yon ernflem abgemeflenen und doc fanflen 
efen und grammatifh doͤchſt taktfeſt, deffen Unterricht 
. er weiter herangewachſen mit feinem Sreunde Dr. Batle 
.. wann (auf Trebfen und Steinbad) mente Jahre bin» 
durch gemeinfpaftlid genoffen bat und durqh den er 

auf die Nikolaifhule, wo ihm zur felbigen Zeit Zorbis 

gerd Unterricht (und wohl allein) trefflih zu Ratten kom— 
men Eonnte, gut vorbereitet worden if. Im 3,1786 verließ 
er die Nikoldiſchule und bezog die Univerfirät feiner Was 
terfiadt, mo er fih in den erftien Jahren Welegepun 
mit dem Studium des roͤmiſchen Rechts, unter Zeitung 
des Dr. Ehr. ©. Richters, eines in der Elaffifihen Lite 
ratur und Den jurififhen Untiqwitdten mit feltener 
- Gründlihkeit bemanderten Lehrers, beſchaftigte, ohne (io 
mie diefer durch einfeitige Xiebbaberei dafür der praftis 


ſchen Braubarkeit entfremden zu laffen. Während eines . 


-P 


einjabrigen Aufenthalt in, Göttingen maren in Der 
Rechtswiſſenſchaft Pütter, Böhmer, Kunde und Mertens 
feine_Tebrer; ganz befondern Fleiß widmete er aber un» 
ter ea und Spittler dem dort fo vorzägli biä- 
benden Studium der Geſchihte, nabm Theil an Heps 
nens Borlefungen über römiſche und griechiſche Antlqyis 
täten und Arhäologie und verfdumte auch nicht außer 
"den — von Blumenbach über Naturgeſchichte 
Achtenbergs eben fo ergoͤtzliden ald nugbaren Unierricht 
in der Phyſik zu benußen. Mit der gründlichſten wiſ— 
ſenſchaftlichen Borbildung My febrte er nad 
mujterbaft angewandten lniverfitätöjahren in feine Ba— 
terjtadt zurüd, mehr fait noch, ſich dem afademifchen als 
‚- dem praftifhen Berufe zu widmen, entfhloffen, weswe⸗ 
gen er fih der damaligen Univerfitdtdfonjtitution gemäß, 
nachdem er fon 1785, um einft der juriſtiſchen Fakul⸗ 
‚rät anzugehoͤren, unter Richters Profidium eine von ihm 
ſelbſt verfaßte Differtation de Neratio Prisco yerrheidigt 


hatte, zuerſt in der philoſophiſchen Fakultaͤt zum Magi- 


ster legens habilitirte, bald hernach aber die juriftifche 
——— erwarb und unter andern über mehrere 
er der Geſchichte, in welcher er die umfaſſendſten 
*) Deflen Biograpdie f. N. Nekr. a. Sabre. ©. 83. 
N. Mekrolog 25. Jahrs. Fe j 21 


502 Sickel. 


und weitlaufigſten Werke ſelbſt beſaß und mit raſtloſem 
Fleiße durchſtüdirt hatte, mit vielem Beifall Borlefun- 
en bielt. So wahrſcheinlich aber auch die Ausficht war, 
- Daß er an atademifcher Stätte von mehreren Seiten 
einft unter den erfien glänzen werde und fo ganz auch 
eine vielfältig an Muttern in Diefem Berufe gebildete 
erfönlichfeit, die zum rubigen, gründliden und interefs 
anten Xebrer recht eigentlich gefcbaften ſchien, dieſe 
usficht rechtfertigte: fo mar ihm Doch ein ‘Beruf weit 
anderer Art befchieden. Fiferfüctig Darauf, unter den 
jungen Rechtsgelehrten Teipzigd die an Kenntniffen, Tuͤch⸗ 
tigkeit und gutem Ruf ausgezeichnetften in das Raths 
follegium zu zieben, Eonnte der verftorbene Bed. Kriegs. 
-rath Müller, der ald ältefier Bürgermeifter Damals Die 
Angelegenheiten der Stadt Leipzig mit überwiegenden 

Öinfeden [eitete, dem Dr. ©, feine QYufmerffamfeit nicht 
entgeben laſſen. Einmüthig ward diefer im Jahr 1799 
um Ratheberrn gewählt, Don Anbeginn feiner jurifis 
hen Yaufbabn und namentlich auch ald Natbömitglied, 
elbft, nachdem er 1805 Stadtrihter gemorden war, bat 
ib num, wie ed die damalige Derfaflung geftattete und 
fo fange feine andermeitige Stellung niet binderte, der 
Verewigte mit befonderem Fleiß und Liebe der Sad- 
mwalterproxid vor niedern und böbern Gerichten, nas 
mentlich ald DOberbofgerihtd» und Konfiftorialadvofat ge- 
widmet und micht leicht hat jemand in diefem Berufe 
mehr Ruhm und Zutrauem geerntet, bid ihn der Eins 
tritt in dad Spruchkollegium des Schoͤppenſtuhlt im G. 
4812 und nachher ind Konfiftorium Davon abrief, Das 
Amt eined Siadtrichters, Das er zuvor abwechſelnd in 
mebrerlei Abtheilungen verfeben hatte, hat er zuletzt aus⸗ 
ſchleßlich bei, Dem Handelögerichte verwaltet und nie 
bat er aufgebört, mit_der größten Offenheit zu_gefteben, 
haß er ſich in Feiner Stellung beifer ald in dieſer, neben 
- melder er auch mach des Hofrarhs Tunghannd Tode dem 
orfig im Konſiſtorſum zu führen batte, befunden babe, 
Doch nicht immer follte Ibm das Gefallen daran bleiben. 
ls su Ende ded Jahrs 1823 der verbienftvolle Bürger- 
meifter Hofratb Einert*) ftarb, Fonnte er, der Dazu noch 
nicot an der Keihe fand, mie ungern er es auch fab, es 
- nicht abwenden, fib in dieſes Amt eingefegt zu feben 


md mit dem verftorbenen_Oberbofgeribtöratd Gieg- 


. mann **) von nun an ein Jahr umd andere dad Regi⸗ 
i ADeffen Biographie [, R.. Nelr.i. Jabhrg. ©..820.: 
pen Nographie [. R. WeRr.i, Seit Tutor 








Sch 823 


su führen, u Stadt er 
nat Die Sie bebehtenbfen Derdie e, — 76 ge 


net ensllaen —— an der Begründung ihrer ve en 
liberale Unterkügu ung ber lee 





* wie + t 8 der durch gr Mildeän et 
— At hat um 


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RR a Bir 
euer chen e und au ide 
ee wie; namenslich Busch Auflcht auf Den Bir 

» und Sorge für erböbten- ball, ER Sedrer ers 
werben fortfudr. wenn aber der E und er 


geworbener miänderung einer’ von er 
— als: fee — * — 


nicht nr konnte, zu überlegen, was er fi u um 
Die alte Derfetlung u Bonnlarißren, gehen ia einges 
un und wie er füdrung. 

den willfürliden,. durch gebeime 7— — 
Maaſsregeln, Die namentlich an ——— ulturkaud 


= gearbeitet hatte, das ga * Spſtemn —æ 
unter al en Unbefangenen jetzt ein e Oil 


F ne Ent v 
* feine — ne zu * —— 


auf 6 öffent —X eben zu — ſeinen —5 — 


t, a 
terung oder — beit un oem 
ke ihm: anvertraute Stelle e al verlaflen, fons 
afl Bemußte 


tigfien Diri ten 9 
— die — man Im verwaltenden Fache, 


‚muß, —— * ern Zei ne an 


sen mit vorlduß ragen nauß re Topf werben, 


am“ 





p 
N j * 


& 


324 Silkel. 


wohl ſchwerlich erwarten und verlangen kann. Entfernt 


aus dem Magiſtratskollegium behielt S. noch ben Si 
im © openftubl und den Vorfig im Konfifterium, bi 
er nach der von der Regierung und den ftändifcen , 
Kammern befchloffenen Aurföfun beider Kollegien, auch 


"mannichfaltiger Veränderung in der Juſtizverfaſſung bes 


Zandes, zum Präfidenten des geipäiger ppellationdges 
richtd ernannt ward, Bon Zeit zu Zeit Eränfelnd, endete 


- tr am oben genannten Tage in Folge eines _aufgebrode- 


- fo offenkundig, fo ohne alled Wortge 
"m elbſt ſich aus ꝙ 


nen Zungengefbwürd. "Un feinem Grabe ſchilderte Der 
Stabtgerichtärath Hänfel, einſt ©.’d geachteter Gehülfe - 
in den Handeldgerihten, mo er unter ibm Aftuarius 
mar, in Eernbafter Rede die Verdienſte deſſelben. Aus 
feiner Eye mit Anna "Sophie "geb. Kanne murden ihm 
3 Söhne ımd 2 Töchter, don denen letere ihm im frü-. 
ben Alter vorangegangen find. — ©. war ein fefter, auß» 
geprägter und in sich ſelhſt abgeſchloſſener ganz unbefan» 
gen und Ingehmnngen fid fund gebender Charakter, fein 

anzes Wefen, fo meit ed die, die ihn Fannten, bis zu 
feinen frühern Lebensjahren binauf du verfolgen willen, 
linge und über ficb 
[preßenbe Phraſen, fo anfpruchslos, fo 


ans, ald ob ed fi gar nicht anderd von felbit verſtaͤnde, 


dem Guten und Rechten geweiht, daß es nicht zu viel | 


efagt war, wenn einer feiner vertrauteften Sreunde und 
Öiltersgenoflen über ihn den zwar gemeinklingenden aber 
etwas Gemeined nicht ausfagenden ausipruc that, „auf 
einer Nechtfchaffenbeit fünne man Hol; baden.“ öl: 
ig entfernt von allem Anſpruch an Originalität und 
Genialität, von aller dußerlicp überfprudeinden Lebhaf— 
tiofeit der Bewegungen und Beftrebungen, nie anderd 
10 darftellend ald im Lichte des Gewöhnlichen und All. 


: . tsaliben, ging bei ibm alles von dem einzigen Beginnen 


aus, den fittlich richtigen Weg au wandeln. Aber für 
alles Mögliche, was er auf diefem Weg und im Ber 
mußtfein, es tbun zu follen oder thun zu Dürfen, vornabm, 
and ibm eine große Fülle und Bielfeitigfeit nit ge 
meiner Talente zu Gebote; und auch wo er auf eigene 
Leitungen Verzicht that oder fid in der Folge davon 
oanzlidy zuräcjog, mie mit der ausübenden Mufik der 
Set war, feblte ed ihm Feineömegd dergleichen an 
mpfänglihfeit und an einem fehr gebildeten Geſchmack. 
Seine Arbeitfamkeit war faſt übermäßig zu nennen und 
die größte Sreude war ed ibm, ald er es als Appella- 
tionsgerichtöpräfident endlich dahin gebracht. hatte, Feine 


* Sickel. * | 325 


Reſte zu baden. Mit viel Luſt, Liebe und Geſchickli 
keit beſchaͤftigte er ſich auf feinem laͤndlichen Wohnfis 
£indenau, von dem er früh jur Stadt eilte, um da feine 
— ohne Unter — abzuthun und. müs 
in er Abends zurückkehrte, mit Zubereiten von Natura 
ien, Ausſtopfen einer nicht unanfehnliden Sammlung 
von Vögeln und Aufſtellen von Inſekten. Im Wins 
ter diente ihm dad Drecfeln, in dem er fi) früher bes 
deutende Zertigkeit erworben batte, noch bei weiter vor⸗ 
; gerädten Jahbren zur Erbolung und\au einiger körper 
iden — uͤr die verſchiedenartigſten Gegen⸗ 
ſtaͤnde war ihm Emipfänglicpfeit verlieben, nach den ver⸗ 
ſchiedenartigſten Richtungen bin war ed ibm gegeben, 
‚feine Kräfte zu —— und allenthalben, mo es ge 
ſchad, mir eben fo bebarrlihem. Eifer als Gläd zu ver 
ſuchen; aber fern von ibm, mar das Verlangen, dies 
kenntlich und geltend zu machen und nod weniger der 
‚nit felten vorkommende Sebler, damit Die widtigeren 
Dingen gebörende Zeit zu_verfplittern. Sein Beruf au 
jeder ibm angemwielenen Stelle blieb immer dad Gen 
trum, worin und von mo aus fi) bei ibm alled —— 
und jede momentane Ausbeugung von Dort war nur bes 
flimmt, ibn Durch wohlthätige Zerfireuung zur. baldigen 


Rückkehr dahin zu ſtaͤrken. Befonnenbeit und fefte ru . 


dige Haltung ſprach fib in feinem ganzen Weſen aus, 
obne doch jemald in Steifbeit und vornehmes Zurüd- 
dalten auszuarten. Seine Urtheile über Menfhen und 
Dinge aus der Nähe und Serne waren nie ſchneidend, 
bitter und leidenfchaftlid, fondern immer gemäßiat, ru- 
big und fo abgegeben, daß daraus die Kille Ueberzeugung, 
ald ob wohl Faum anderd geurtheilt werden Fünne, bers 
vorleuchtete. Rubig und Ealıblütig bat er aus der ihm 
fo geläufigen Menſchen⸗ und Voͤlkergeſchichte und aus 
eigener uneingenommen Beobahsung Dad Thun und 
Treiben der Menfchen anfeben lernen; fo ernft und ges 
meffen, er ſelbſt fein Leben ger eit, fo wenig vermochte 
‘er fich über unendlich viel Regelwidriges, wad. in Andes 
rer Zeben und Weſen vorkam, ſonderlich befremder und 
beunrubigt zu fühlen. Ser und nicht leicht zu einiger 
Abaͤnderung zu bewegen,. befand er aber auf den von 
ibm aus Gründen gelafien Entfbeidungen, Beſcluͤſſen 
und Magdregein. Gewiß wäre ed ein Wunder zu nelle - 
nen gewefen, wenn er damit immer Zuflimmung und 
Billigung nicht nur derer, die die Sache anging (ad 
da, wo es freitenden Parteien galt, obnedem. unmöglich 


396 F Sickel. 2 ’ 
war), fondern ſelbſt unparteiiſcher Beurtbeiler gefunden 
on I ein fa eben fo großed Wunder, Senn das 
‚son Ihm ald unwiderruflich Beſchloſſene immer das Rich 
tige — was Überbatipt der Ertofg erſt kenntlich macht — 
gewefen wäre. Aber ©. beftand weder aud Eitelkeit, 
. nod and Herrſchſucht, Eigenfinn und Selbfiverbärtung 
gegen eine richtigere Anſicht, fondern aus yo ung, 
amit Dad Rechie ımd den Umſtaͤnden nah “Belle, ja 
einig Sulöffige zu thun, auf dem von ihm Beſchloſſenen 
‘und Angeordneten, auch mo er ſich darin geirrt haben 
mochte. So entfbieden Äbrigensd in Amtdangelegenbei- 
ten und da, mo er dafür die Verantwortung batte, fein 
Beſcheid und Beihluß mar, fo wenig machte er in der 
Unterbaltung über irgend eine Art von Gegenftänden 
feine Meinung auf eine abfpredende Art geltend, fo 
gern gellattete er Andern eine freie Yeußerung ber ibris 
gen. Und wo Geſeh und einmal feftftebende DVerord» 
nung auch feiner eigenen Anſicht nicht entfprad, da bielt 
er ſich doch fireng an jene, davon überzeugt, daß der 
Richter nit Geſetzgeber, fondern nad Drm-gegebenen 
—28 zu ſprechen, angewieſen ſei. Führte fein Amt 
die Veranlaſſung mit ſich, oͤffentlich ſprechen zu müſſen, 
. fo wurde dad von ibm Aufgeſetzte nicht abgeleſen, ſon— 
dern mörtlid treu mit folder Ungesmwungenbeit, daß 
man ed für einen vom Moment eingegebenen freien Ers 
guß bätte halten mögen, gefproden — dem dußern Vor⸗ 
trage nad) fo unmanirt und prunfloß, wie ed ein geldus 
terter Geſchmack von dem geübteften Kanzelredner zu 
erwarten vermochte, nur fo, daß eine gewiſſe befceibene 
Schuͤchternheit fih darin nicht verläugnete — dem In— 
balt nach fo gediegen und bündig, dab ed für volltän- 
Dig überzeugend und zum Handeln bemegend geachtet 
werden mußte — der Spradabfaffung nad, wie unter 
andern eine gedrudte Rede, die zur fortgefegten Unter: 
ſtühung der Armenanftalt ermunterte, bemeifen Eann, fo 
untadelbaft, fo entfernt von langmeilender Breite und 
erzwungener Gedrängtbeit, daß fie für ein Mufter des guten 
Styls gelten konnte. Die Unterhaltung mit ibm, fomohl 
unter vier Augen, ald in größerm Geſellſchaftökreiſe, war 
eine ungemein mohltbuende darum, weil Darin ber freieſte 
Gedankenaustauſch ftatt fand und von ihm eben fo millig, 
Wwas Qindere gaben, aufgenommen, ald mad feinerfeitd ent» 
agnet werden fonnte, ohne vornebme oder ftillaufchende 
Suriefhaltung gegeben warb. Nicht in mindeften bar, 
auf ausgehend, Mo ſelbſt mit ſchimmernden Einfälen 


Sid, 827 


Itend zu maden, verwies er Do@ 3 Ri 
ern auf efrab und wißig von en | 
Areng feine Zeit eingerdeils war und fo angelegent 
li fie von ibm benußt ward, fo gern nabm er. 
zuweilen an efelligen Der nägungen Theil und fü 
nicht felten bei Ah Geſellſchaft. Eine wahrhaft dnigmas 
uſche Kunf der Zeiteintheilung, damit aber aud eine 
ausnehmende Leichtigkeit und Sicerbeit in juriſtiſchen 
Arbeiten, gekligt auf tiefe wiſſenſchaftliche, aber nie bi 
Pr praftifiden Sfepticidmus fi verirrende Grändlich« 
eit bar ed ibm allein mÖöglid machen koͤnnen, dad und 
noch manded andere, mas theild fchon berührt, theild 
noch zu berühren übrig ift, mit feiner eben fo bewun— 
bernöwertben ald ber höchſten Achtung mürdigen Ges 
(däftsıhärigkeit zu vereinigen. Die Liberalität, Die fich 
da und in feiner ganzen Lebensweiſe bervoribat, die vom 
prunfenden Luxus entfernte, aber dem Anſtand und ge— 
läuterten Geſchmack durchaus entipredende ar. eit 
- feiner bäusliben Einrichtung, die freigebige Wohlt 
tigkeit, Die fib eben in folden Zeiten, melde Jedem 
das bäuslihe Leben am meilten vertbeuerten, Öffentlich 
und in der Stile am mwenigften verleugnete und bie 
meife id immer gleiche Hausbältigkeit, Die Damit uns 


u unterbrochen vereinigt blieb — Das Alles zuſammen war bie 


bin 


Frucht derrubigen Abgemeſſenheit, Die fein anne Wefen bes 


berrfchte, ſich ſelbſt in feinen Geſichtszugen, in feinem Gang, 

in feiner gefammten Eörperlichen Haltung Fund that und die 

ihn zeitihes Gut nicht geringidägen, finnliden Genuß 

nicht verſchmaͤhen, beiden aber nur in fo fern einen Werth 

aufchreiben ließ, ald ernfte Berufstbärigkeit und innere 

— dadurch gefördert wurde, als Damit 
r 


eude bereiter und ihren Bedürfniffen bültreih eniges 
genaetommen, ald damit dem gemeinen Beten gedient, 


‚ber Eifer, für gemeined Wohl umfdtig zu wirken, bes 

lebt werden Tonne. Das ſittliche Princip war in Ibn 
zum Naturleben geworden: darum in feinem ganzen Sein 
und Thun nichts Angenommened, nichts Gemachtes, eben 
Darum nichts Zournalieres und nichts Meränderliched und 


eben deswegen alles ganz einfach, wie denn unter andernauch , 


bei aller irengen Ordnung, melder bei ibm Ulled unterwors 
fen war und an die ihn namentlich fein Berufsgefhäft band, 
nie der Ordnungépedant, der Eleinlibe Mann nad d 


er 
uhr dervortrat. Licberall war ed der Menſch, der 10 ; 


ſeibſt gebildes hatte und in anfpruchslofer Stile an 
in Buße fortfuht, der an * ohne ſich im mindeſten 


4 


— 


⸗ 


328 | Siel. 


zelgen au wollen, zur Erfheinung Fam. Aeußerllch kalt 
nd bei ftetd nüchterner Befonnenbeit mobl nie fo leicht 
Nürmifben Affekten bingegeben, war er, mo berber Ders 
luft, betrübende Erinnerungen oder Theilnabme und Et⸗ 
Fenntlichkeit bei ihm Dergleihen beroorriefen, der tiefe 
fen Empfindungen fäbige. Begleiten wir ©. in dab 
nnerfte Heiligebum feines Samilienlebend , fo erſcheim 
- er am ebr» und liebenömärbdiaften. Er richtete auf die 
wiſſenſchaftlichen Anlagen, Een und Fortfchritte 
: feiner Söhne won ihrem frübeiten Lebensalter an, obne 
im mindeften ihre phyſiſchen Kräfte außer Acht au laffen, - 
Die umſichtigſte und bebarrlihfte Aufmerkfamfeit und 
ließ fi ihre Zeitung bi6 zu den Schul» und Univerfie 
tätsjahren hoͤchſt angelegen fein, ja mit dem einen ‚dere 
felben ſtellte er im Zaufe ber akademischen Studien, wit 
ten im Gedränge von eigenen hoͤchſt mannichfaltigen und 
anftrengenden Berufögefcäften bis tief in Die Nacht din⸗ 
ein, Mepetitionen über juriftifche Dißciplinen an. Und 
Dennoch war feine Zeit Dur jene Berufdarbeiten, Die 
größtentbeild außer Dem Haufe feine periönliche Gegen» 
wart in Unſpruch nahmen, fo karg befdnitten, daß er an - 


. ben meiften Wocentagen, auch mährend des Winters, 


auf dad Zufammenfpeifen mit feiner. Familie ded Mite 
tags Derzit leiten mußte und nur das ſich felten ned» 
‘men ließ, Den fpätern Abend ber ar rar und einer 
aufbeiternden Unterhaltung mit den Geinigen zu wide 
men. Weit entfernt aber davon, nur ernſt und angeles . 
gentlich für feiner Kinder Bildung zu einer audgegeih» 
neten Berufötächtigkeit beforgt zu fein, war er es aub - - 
nicht minder für ibren unſchuldig froben Lebendgenuß,: 
fuhte und mußte er biejen für fe sum Eporn des ans 
geftrengten und jedes vorgenommene ®efhäft mit Liebe 
anfallenden Fleißes, zur Schupmehr' gegen die Vergnü⸗ 
ung®.- und Zerjireuungsfucdt, bei welder der zn end 
‚jo viele Gefahren für ihre fittlide Unbeſcholtenheit dro⸗ 
en, zu machen. Nicht nur, daß ibnen mit der größten 
beralität Mittel und Erlaubniß zu anftändigen Ders - 
‚ ghügungen an Ort und Gtelle und zu gefelligen Reifen 
in fremde Gegenden von ibm gewährt wurden ; auf ale 
Welfe begünfligte er auch ihren freundfaftlihen Unw 
gan mit jungen Leuten, die er ſelit feines Wonlgefale 
end würdig fand. Zu feiner Lebensordnung gehörte 
au, dag er jeden Sonntag Vormittag den Gottesdienſt 
befuchte. — Als Schriftfteller thaͤtig pu fein, erlaubten 
- Ihm feine ausgebreiteten Gefchdfte nicht ; doch beweifen 


” 





% 


Stegmam. 329 


feine: afabemifden Gtreitfihriften: „De. Märatio Prisco 
Javoleno.‘ Lips. 1788 und „Diss. I. II. Diocletianus et 
Maximinianus sive de vita et constitutionibus C. Aurelii 
‘Valerü Diocletiani et M. Aurelli Valerii Maximiani.‘ 
- Ibid. 1792 — 98, die, noch jetzt ihren Werth behaupten, 
* er auch auf dieſem Felde ſich ausgezeichnet haben 
würde. Außer dieſen — Streiiſchriften bat er 
anonym ein Buch Aber die Verfaffung der Zeipziger Ar 
menanftalt herausgegeben. 


- 115. Karl Joſeph Stegmann, 
Drivatgelchrter u. Redakteur d. allgemeinen Beitung zu Augsburg; 
geb. im Jahr 1767, geſt. den 4. März 1837). 


Am 5. März d, 3. erſchien die — eitung 
zum erſtenmal ohne die Unterſchrift des Mannes, der vor 
32 Jahren ihre Leitungen uͤbernonmmen und dieſe auf 
eine Weiſe geführt hatte, daß ibr Ruf eind geworden 
war mit feinem Namen. Karl of. Stegmann war ge⸗ 
ſtorben. Während er ermattet eingefhlummert mar, 
legte ein leichter, fchmerzlofer Tod feine beruhigend Id» 
ende Hand auf das Leben, dad feit Jahren mit den Ges _ 
rechen des Alterd und langer Kränklichkeit ſchwer ge⸗ 
—— hatte und nur durch die rege, den zuſammenbre⸗ 
genden Körper — unablaͤſſig erfriſchende Thaͤtig⸗ 
keit des Geiſtes zurückgehalten zu werden ſchien. End» 
lich aber mußte dieſer Geiſt dem immer ungleicher wer⸗ 
denden Kampfe unterliegen und er konnte hinübergehen 
mit dem Bemußtfein, auf Dem weit umfaflenden Selbe, 
auf dem er fo lange zu wirken berufen war, aud jeden 
- andern Kampf. mit gleiber Seelenruhe aufgenommen, 
mit gleicher Befonnenheit und. Klarbeit durhgefämpie 
1 Mid Wer einen Augenblid zweifeln E£önnte, wie 
wer die Aufgabe geweſen, im furmvollen Wechſel 
diefer 32 Jahre derſelbe zu bleiben, der fchaue zurüd, 
wie viele in diefer Zeit am eigenen Thun gefdeitert 
And, wie bundertfach der Ruf der Parteien und ihre 
Stellung fi geändert hat, um nad Eurzer Hexrſchaft 
sufammen zu fallen und zu verſchwinden, ald waͤren ſie⸗ 
nie gewefen. Und dieſe Parteien fab der Hingefhiedane 
ale an ſich vorübergeben mit den großen Weltereignif- 
fen, deren lärmende Begleiter fie waren. Diefe Begleir 





& ®) Allgemeine eitung 1837. Nr. 64 und 67 und Eonverfationd« 
Lericon 3 Beige" —— 


sw. | Siegmann· 


ger, fie —— ihm bald, bald fi —— fie —* 
Aber von den Einen nicht geſchreckt von den ndern 
ic me Di € —* mit lödeinden Ernft binaus in Die 


dabinrele 

en {a en mio däufiger er gefeben Hatte, wie fu e 
Dauer jeder — Oder uebereilung gegeben fei, 
. glei viel ob u * 

- eine unredliche ibr au runde gelegen babe, — St. ger 
boren in Schlefien, it zu Bredlau und Rerlin auf Schu⸗ 
fen gemefen und bat du Halle Audirt. Bein Dater ver» 
for in dem Ki oßen Depperfben Bankerort zu Warſchau 


ung 
.., 
u 
— 
23 
32 
— 
2 
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Eu) 
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- 
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Eu 


' 


eine A tang bei Er Rentlinen — 
Dann macie € r eine Reife nad) talien, Hier 


feinen di er und obne Bu die noch jeßt it 


dien 1798. 
Literaturgeitung IN u Jena un r die au Ban: * 
nbu J 


Kr ein Garte i 
Zeit lang Bebülte, übernahm er endlich im Jahr —* 
on des verſtorbenen Kandesdirektiondrath® von Huber 
Stelle, —2 Redaktion ber Allgemeinen eitung, zue 
in Ulm U nd feir 1810 im Augsburg. feit — 
dren feine Geſchaͤfte zunahmen und 9* Krankhei 
- .  Feiden ſich vermebrten, fab er fi von einem Kreid 9 
| nnter Freunde unterküßt: in deren * er, be * 
J eigenden Gefühle körperlicher Schwäche die Arbeit (ig 
5 heB Lebens mit Dertrauen niederlegen konnte. St. 
\ me Berwente BEN m hat Drden abgelehnt und F 
— wurden ſeine irdiſchen 
enleiter von allen Freuns 





3 m 
Ueberreite jur "Eee beftattet, 

f enoffen und Arbeitern ded audgedebnten 
Gortafhen Inſtituis deffen Veteran und Rubm er mar. 


Hl, Nur Arankſein in ber eigenen Samilie, verbunden mit 

2 | dringenden — harte den Freiherrn 

N ' a in art abha — —*— ne Belattung 
dem Tode D 


| —A Ne und fo a 


Hogadtung, en Danf und Die — ubabrbden, bie | 








; EStegmann. ss 





fi 
and an der Gruft fcilderte der Geiktihe mit ergrei 
den Worten den Charakter und die Gtellung de6 Da» 
gegangenen. — Wenn Goethe **) einmal ı te, feine 
rfe würden nie, wad men fo nenne, populär werden 

und wenn ed erlaubt it, Nleinered mit jenem Großen 
zu vergleiben, fo läßt ſich daſſelde Wort auf dab von 
©&t. geleitete Blatt anwenden. Schon feine Perſoͤnlich⸗ 
feit gab die Richtung hierzu. Er war ein Mann vo 
ſcharſen Berftands, felten mittheilfem, meiſt wortfarg, 
befonderd gegen folde, die immer Ueberfluß an Wortes 
haben, Jedem Schwahen in den Tag binein, alfo au 
jedem Hannegiehern von Grund der Seele abgeneigt, wie 
jedem eitlen Prunf bielt er alle jene Dinge, die Einens 
oft die Politik fo entleiden koͤnnen, von ko tern, fei’6 
mit der ibm eignen fchnell aufleuchtenden Sronie, fei’d 
mit plöglih abbredbendem Schweigen. Uebrigens bes. 
faß er für den gefelligen Umgang die gebilderken Formen 
und fchloß, mo er irgend böheren Anklang oder gebeir 
mered Derkändniß fand, mit Behaglichkeit die reihen 
Fundgruben feined Wiſſens und feiner vielgepräften 
MWelterfabrung auf. Diefelbe Stellung wuͤnſchte er auch 
dem Blatte, deffen Zeitung er übernommen batte. Nie 
follte ed einfeitigen Chorus machen mit irgend einer rafı 
‚auftaudbenden Erfheinung der Gegenwert, fondern 
follte die Begebniffe der Länder und Volker in leiden 
ſchaftsloſer Betrabtung begleiten, wie der Ehor der grie⸗ 
hifden Tragödie. So im voraus verzichtend auf die 
fennung aller blind vorwärts, aller blind rädwärtd Streben⸗ 
ben, appellirte er mit Refignation an die Zufunft,- wenn die 
Darteien der Gegenwart ibm ihren Beifall verfagten. Und 
felten bat er eine dieſer —— verloren, mit Denen 
er id freilich nie an Die Dienge und ihr Scherbengeriche 

ewendes datte. Ye mehr Blätter in. Deutfchland er⸗ 
.. Randen, deko mebr wuͤnſchte er ſich blos den Kreis der 

Gebildeten und Befonnenen zu erbalten, die au ein 
balb angedeutetes Wort, die auch die Beredtſamkeit des 
Schmweigend verfieben. Und er hatte mit den ibm zur 
Seite Rebenden Zrennden und Geſchaͤftsgenoſſen die 


ME Biogropdie ſ. N. Rekr. 10. Sabrg. ©. 849. 





— 197. 


0) ; : ne“ 


32. x Kiefhaber. 
Freude, jenen gebildeten Kreis ib fo erweitern gu ſehen, 
pop un Pedrer die Zahl der —X Blaͤtter ao 

euten Sahren um mehr ald das Zehnfache flieg, do 
Die Lefer Der Allgemeinen Zeitung Ab um dad Doppelt 
ja Dreifache der Abonnentenzadl der früberen Jahre 
vermehrte. Diefer belohnende Rüdblid auf das ge 
wert gewährte ihm Freude und Berubigung bis in Di 
legten Stunden, in denen er, ein beginnender Sieben 
ger, von feinem reichbewegten Leben Abfchied nahm, fol⸗ 
‚gend den Steunden und Mitarbeitern, Die in den letzten 
Sabren ibm vorangegangen, einem Geng*), Böttiger*"), 

luͤber *), Weigel 1) und andern Ehrennamen der 
deutſchen Publiciſtik. Als Die Freunde an das Bett des 
Derblichenen traten, fanden fie eine Karte des flillek 
Meered vor ihm aufgef@lagen. Er hatte fie noch furz 
vorher in der Hand, ehe dad Hille Meer der Unendlich⸗ 
feit ibn aufgenommen. — Außer den Sragmenten über 
Stalien gab er noch einige anonyme Schriften und 
Veberfegungen berauß. — 


116. Johann Karl Sigmund Kiefhaber, 
e. daier. wird. Rath, Doktor der Philoſ., Prof. honorar. an der 
koͤn⸗ baieriſcher — Wasimflnd «nord zu München, 
"mehrerer gelehrten Geſellſch. u. hiſtor. Vereine Mitglied; 
geb. am 24. Apr. 1762, gef. d. 6. Wärz 1837 +4). ı 


Er war in der vormaligen kaiſerl. freien Reichsſtadt 
‚Nhrnberg geboren. Seine Eitern waren: oh. Konrad 
Stiefhaber, Gegenſchreiber der zur Zeit der Reformation 
——— Reichsſtadt-Nuͤrnbergiſchen Kloſteraͤmter St. 

lara und .Pillenreutd, und Suſanna Barbara, auch von 
Geburt eine. Kiefdaber. Nah grundlichem Elementar⸗ 
unterricht von einigen Privatlehrern beſuchte er vom 

. 1773 — 1779 die drei oberſten Klaſſen des trefflichen 
Gpmnaſiums feiner Vaterſtadt; börte hierauf 14 Tahr 
lang die Öffentlichen Vorlefungen der am dortigen egi- 
dianifhen Auditorium (einer Zycealanftalt) oberberriich - 
angeftellten —— zugleich den Unterricht 
geſchickter Privatlehrer im Ze chnen, in der Geometrie 


Aa Deflen Biogr. f. im 10. Jahrg. des N. Nekt. ©. 187. 
2) Deſſen Biographie f. in dief. Jahrg. d. N. Netz, ©. = 
+) Rad) dem gelehrten Muͤnchen im, Jahr 1834, von Adolph. 
v. Schaden w, dem Korrefvondent von u. für Deutfchl. 1897. Nr, 101. 


un 


\ 


\ 


Kiefhaber. 983. 


und in der franzoͤſtſchen Sprache und erhielt von feinem 
ater Anleitung in Amtirungsgeſchaften. So vorbereitet. 
bezog. et am 27. DE. 1780 Die vaterlaͤndiſche Univerfitdt 
Altdorf, wo er bid zum 22. Sept. 1783 mit erwäntdtem 
Erfolge dem Rechtsſtudium oblag und j eih dem 
Studium der Literatur, Geſchichte und Diplomatik mit 
‚ vieler Liebe anbing; worin er den Unterridt des Pros 
feffor Will und des zu Nürnberg ‘febenden Hofraths und 
Nitter v. Siebenkees benutzte. Nach feinem Abgang von 
- Der Univerfitdt befuchte er verfchiedene deutſche Univer⸗ 
gem, als Wärzburg, Mainz, Gießen, Marburg und 
- Böttingen und machte überall ſchaͤzbare Bekanntſchaften 
- mis berübmten Gelehrten und Staatsmännern, befonders 
. auch in Srankfurt a/M., wo er während feined zwei⸗ 
monatlichen Aufenthalts bei feiner Mutter Bruder die 
dortige — tadtbibliothek fleißig beſuchte. Nach 
der Jurückkunft in feine Vaterſtadt war er ein Jahr lang 
Prakiikant in der Amtsſtube feined Vaters, worauf er 
vom 26. Dec. 1784 bis Lichtmeh 1790 bei einer Zinie der 
Freiherrl. 9. Stromerifhen Familie in Nürnberg Sekre⸗ 
är war. Der am 14. April 1790 erfolgte Tod feines 
Baterd veranlaßte, daß er, da deflen Eollege, welcher 
wie er 30 Jahre zählte, in feine Stelle vorrüdte, am 
25. gedachten Monats die dritte Amtsſtelle bei den oben 
-" erwähnten Klofterämtern erbielt, welde er bis zum 
3. 1803 bekleidete, wo ibm vermöge Subdeleg.⸗Kom⸗ 
miffionsdefreid die Einrihtung der waldamtlichen Re⸗ 
- ‚giftratur und nad einem von Demfelben vorgefhriebenen 
ane die proviforifde Verſehung der vogteiliden Ge» 
richtsbarkeit der beiden Waldämter übertragen wurde. 
Sn: der Eigenfdaft eined waldamulichen Lehenſekretaͤrs 
ging er dann bei der am 45. Sept. 1806 erfolgten Ueber» 
gabe der freien Reichsſtadt Nürnberg an die Eönigliche 
‚Krone Baiernd über, wobei er, in der Eigenfchaft ald 
Mitglied vom Ausſchuß des Beamsenflandes im Kolle⸗ 
yo des größern Ratbs, ald Mitzeuge anweſend war. 
‚Bon der niedergefenten kön. Regierungebehörte ward 
er dann bis zum 8. 1812 u —— ehr vielfeitigen, 
größtentheild HiRorifhen, diplomatiſchen Reberdirungs- 
geſchaͤften verwendet; ibm auch zugleich i. J. 1809 die 
Stelle eined Sefretärd der königl. baier. proteftantifcyen, 
‚shevlogifen und philologiſchen Prufungskommiſſion über. 
sragen. Im J. 1812 aber ward er Ne: koniglich baier. 
‚allgemeinen Reichsarchiv ald erfter Adjunkt ermannt.. Er 
ging daber, nachdem er in feiner Vaterſtadt 50 Jahre 


— 


534 . Kiefhaber.. 

ne& Zebend unter mancherlei freud und traurigen 
run mruͤckgelegt hatte, am Er uni —* 
Fahrd nad Wänden ab und trat mit Freude und Zur 
derficht feinen. neuen Wirkungskreis an, oben ed auch 
bier.nidı an manderfei Prüfungen feblte. Denn nad. 
- nipt vollen zwet Jahren verlor er feine erſte Gattin, 
welche die. zweite Tochter des Reftord und Profeſſors 
SR. Leondard Schenk am egid. Gymnaſium in Nürnberg 
war, mit welcher er 24 Iehre fang. in glüdlider aber 
 Einderlöfer Ehe lebte; i. I. 1829 verlor er feine dere ; 


war. x 0 
018 ordentliches Mitglied in den dortigen Pegneſiſcen 
Blumenorden, als der aͤlteſten unter allen dermalen ber 
fiebenden deuiſchen Geſellſchaften und biftorifhen Ver⸗ 
einen für deusiche Sprache, vaterlaͤndiſche Geſchichte und: 
Sichtkunſt, aufgenommen wurde, warb er im 5. 

mit einer ausgeinchten Anzahl feiner Mitbünger Mite 
After der. ebenfall6: noch bafelbft beftebenden „Befells 
fpaft zur Belörderung waterländiiher Indufrie,“ bei 
melder nach und nach er bie Lektors, und Gekretärd« 
fielle und 4 Fadre fang die Direftoräftelle bekleidete, 
ach verfibiedenen Komitden verkand. Im Jahr 1308 








_ 


‚Die er gegen Sremde und Befannte bewies, wird Jem, 


Bohn 36 


— 
Sehen Safe 


Vafgen 


fönigl. Ludwigs: Marimiliang » Univerfirät als norar⸗ 





gebalten batte. — K. war ein Mann von an pen 


"zu Haufe, ſchritt mit dem Zeitgeifte fort und ſtudirte 


nod im Alter die alten Kaſſtter, ias die n 
Schriften der Dichter und dur fein außgeacihnsteß 
Gedähtniß mußte er über alles Gefragte bie klarſte 


eben. BUS 
ken @tufe,; 


nicht finden. Selb auch da wurde Kie baber nis 
müde, Die Verſuche um Hälfe für Bedraͤngte fortzufe — 


on zufrieden. Seine Gañ- 
freumdf@aft und Überhaupt die Aufnahme in feinem Haus, 


fein. 


Wochen vor ſeinem Tode erkrankte er an der Cholera, . | 


& 


N‘ 


836 Kiefhäber. 
ger Der er wieder genaf. ber feine’ Stunde mar ge- 
mmen, — er: endete am oben genannten Tage. — 


Sie Schriften find: Ich. d, Urfprung d. Gewohnbeit' 
—— am Neuenjahr Geſchenke mitzutheilen. Ein 


Verſuch bei dem Wechſel des Jahrs. Alıdborf 17. — 


Cbronoſlog. Verzeichniß Perlen Herren von Stromer; 
welche feit d. 13. Jahrh. in d. Reichsſtadt Nürnberg bis 
auf gegenmärtige Zeit zu Kath gingen ic. Nürnberg am 
41. Apr. 1737. — Denfmal d. Freundicaft b. d. .früben - 
Grabe Wolfgang var ifgbergerd, —— u. Rechen⸗ 
meiſters in — —6 40. Dec. 1788. — Der Beilagen 
“ der —— * uͤrnb. —E 1. Samml. Wr. 1. . 
bis XI]. 1793. 2. Samml. (XIII— XIV). 1794. — *Dem 
Andenken Kaifer keopolds II. gebeiligt, am Tage feiner 
Eodedfeier in Nürnberg. net beigefügter Beſchreib. d. 
Zrauerceremonien, weſche auf Abſterben eines jedesmal, 
Kaiſers in ber Haupıftadt Nürnber rg veranitaltet worden. . 
Nürnberg 1792. mit d. Bilde ded Kailerd. — Hiſtoriſch⸗ 
Dronol. Berzeihniß der feit dem Anfang dieſes Jahrd. 
bis jeßt in Der Reichsſtadt Nürnberg - beren Gebiet ' 
herrſchend geweſenen Epibemien — Menſchen und 
Thieren. Ebd. 1796. — Ueberſicht v. D . Beränderungen, 
welche ſich feit 50 ar ner d. biefigen Medicinalanftalten 
ereignet baben, Ebd Hiftor.» Diplom. Befchreib, 
. Nürnb. Sioßerfege, wit Verſuch Be Beitrags zur 


deut. Sphragiftif, m. 2 Sipfrtaf. Ebd. 1 — Monatl, 


biftor. + literar. » artift. Anzeigen 3. ditern —— Geſch. 
NMuͤrnbergs, 6 Tabre. v. J. 1797— 1802. Ebd, — Leben 
u. Berdienite — Andr. Wild, Eaiferl, Hof» u. Pfalz⸗ 
rafen, der Weltweisheit Doftord u. derfelben ordentl. 
entl. — ıc. Mit dem Bildniß des Derftorbenen. 
bd. 1799. — Fragmente aus —F Geſch. Des Patriziatö 
"ind. — Reichöſt. Nürndb, Ebd. 1799. — *»Inſtruktion 
fd. Beſuchung d. Willifh: Rorifcen Biblioibet. Ebd. 
4800. — Repertorium d. Nürnb. Gelb. u. Münzkunde. 
Al einem Hauptregifter üb. d. Nürnb, Münzbeluftigungen, 
dem noch ein Eleined Nebenreg. über .die Sprüche oder _ 
 Motti auf d. befehrieb. u. angeführten Münzen beigefligt 
wird, von d. Verfaſſer eben diefer Münzbeluftigun en. 
Nah Deffen Tode beraudgegeben. Ebend. 1800, — Rede 
9:9. Nupen u. der zweckmäß. Einrichtung einer Öffentl. - 
Bibliotbe 38 die befondere Landesgeſch. game bei 
erden illiſch-Noriſchen Bibliotbef. 
an Ei sihreiben an Hrn. Georg Wilh. $riedr. 
eörrelpol; won Colberg, als derfelbe mit 9 sräulein Elife 


(4 








Kiefhaber. 837 


von Königsthai „ns vermäblte, 2 eipem 
eh 5. für Freunde. Nürm 1 asgunbe. * 
ahl der Freundſchaft Yun veremigıen — Karl 
*tiener, Rektor d. Schule zu St. Sebald in Närnb. 
u. Mäitgtien, u I Iumenorbens dafeibk im ' 
Namen d. © Negifter über a. 
Verordnung ir Dereinigung aller Dr u. wohl» 
thätigen Armen» und Stranfenanfalten unter einer all 
semenen Direktion v. I. 1803. — Nachrichten 3. ditern 
u. neuern Geſchichte d. freien Reichon enberg. Ein 
— 3. Geſch. d. Reichsſtaͤdte in Deutſchland. 3 Bde. 
1808 — 7. — Dentmahl der Sreundfcaft d. verem. 
ru. U. Michael Spranger, Diakon an d. Stadtkirche 
us ‚Serra, im Namen d —— pu en Blumenordens. 
— Drdnung des rnberg. Zeidelgerichtd zu 
Feu ee a J. 1478. Ein Beitrag zu d. deut. Kedtbs 
— Ebd. Tr — Nachricht von der 50} br. 
Amtöjubelfeier d. Hrn. M. Leond. Schenk, vormaligen 
Rektors u. Profeflor an d. "ägidianifden Spmnafum- in 
Nürnberg nebft d. dabei gebaltenen Rede. Ebd. 1809. — 
N d. Lehrplans f. d. Volksſchule in Baiern 3. ep 
ni gen Gebrauch Für Volksſchulledrer und Yuffictd 
rden ıc. Ebd. 1812. — * Vollſtaͤnd. Regifter üb. das 
—— f. d. Konigr. Baiern. Münden 1818. — 
‚Ueber das Todesjahr Kaiſer Otto I. Ebendaſ. 4816. — 
Bibliograph. Nachrichten von Hanns Gerle, Dem Altern, 
— Lauteniſen zu Ruͤrnberg im 16. dJahrd. Ebd. 
. M. Luthers Sendſchreiben an Lüdw. Senftl, 
ber. "baier. Hofmuſikus in Münden ıc. Ebd. 1517. — 
‚Entwurf. einer Anleitung zur Begikraturwineniaft | zum - 
Gebrauch bei den ——— hber dieſelbe im koͤnigl. 
‚allgem. Reichsarchiv in Münden. Ebd. im April 1823, — 
Morrede 3. Regensb. Chronik, Ar u. lenter Band — don 
Karl Tbeod. Gemeiner, eönigl. baier. —— EN! 
u. Arhivar, mit einem bio. u. bibliograpd. Abriſſe d 
‚verftorb. Verf. © I—LV!lI: Regendb. 1824. — Grunde 
linien einer — z. Archivs⸗ u. Reoifraturmiflen 
‚(Bat um Gebrauch dei d. Dorlefungen ü — an 
koͤn glich baier. Ludwigs⸗ — ———— t in 
neben - Münden 41827. — Unterfuhung der 8 Tage : 
Iſt Bean die Diplomatif 173 eine bikor. — b. 
oder behauptet fie ihren "Einfluß auch noch auf andere 
Wiſſenſchafien? — Eine Antrittörede ge alten it Sigungb, 
foale d. Eön. baier. Afademie d. Wiſſenſch. d. 29. N 
150. Sulzbach 187, — Dißer, biplomat, Srörerun 
R Berta 15, Sabre. 


% 


i ⁊ 


338 N, Kiefhaber. 
der Srage: Was IN: von dem von Waldeckiſchen Erb» 
tbeilungdbrief v. 3. 1170 als d. aͤlteſt. Privaturkunde in 
deutfcher Sprache zu halten? Ebd. 187. — Turnierbuch 
‚Herzogs Wildelm IV. von Baiern von 1510—45. Nach 
einem gleichzeitigen Manuffript d. Fönigl. Bibliothek 1 
ündyen treu im Steindruck nachgebifder von Theobald 
Klemens Senefelder mit Erklärung begleitet von Sr. 
Sortfegung u. Vollendung von Kir. 6—8. Heft. Ebend. 
1827. — Die Spruͤche der fieben Weifen Griechenlands. 
Auf d. Neue derausgegeben u. mit einigen Anmerf. u. 
Erläuterungen begleitet. Münden u. Nauplia 1839. — - 
In drı Siebenkeefifden Materialien zur Närnb. Gef. 
rühren mehrere Auffäge von ibm ber. Das Regifter üb. 
die 6 Bde. d. Journ. von u. für Franken verfertigte er 
—0 Ebenſo bat er zu den 4 Supplementbanden 
ed Willifhen Nürnberg. gelebrten Lexikons, zur Rotbi« 
ſchen Geſchichte d. Reichsſt. Nuͤrnberg. Handelsgeſchichte, 
au Martini’d neuen, ganz umgearb. Aufl. der hiſtoriſch⸗ 
geograpd. Slate: d. Srauentloferd Engelthal. Nürnb. 
1798 u. zu ©. U. Neuboferd Taſchenbuch Klio u. Euterpe 
Beiträge geliefert. Zu: dem in Nürnberg derausgekom⸗ 
menen Derkfündiger; zu dem Kammeralkorreſpondenten; 
zum Journ. f. Baker u. die angrenzenden Länder vom 
Br. v. Reiſach; jum Archiv d. Geſellſch. f. d. Geſchichts⸗ 
kunde; zu dem Leipz. allgem. literar. unse u. deſſen 
Sortfeßungen, als: zu den literarifchen Vlättern u. zum 
‚neuen literar. Anzeiger machte er gleichfalls Mittheilun⸗ 
gen. And. Erlanger, gallifhen, £eipziger, Muͤnchner, 
berdeutfhen und Würzburger Ziteraturzeitungen fleben 
tbeils Recenfionen, theild Eleinere Notizen, Anfragen, - 
Beantwortungen u. Berihtigungen von ibm. Auch batte 
‚er Antdeil an d. Beiträgen zur Literaͤrgeſch. und Biblio⸗ 
gropdie. Münden 18231839. — In 
ih und Gruber'ſchen Encyklopaͤdie finden fib nicht 
minder einige Artikel von ibm; Deögleihen im Anzeiger 
für Hunde des deutſchen Mittelalterd ꝛc. vom greiberrn 
= Beh: Ebd. 1832 und 4893 und in den Baieriſchen 


dem 1. Bd. der - 





380 


117. Dr. Johannes Leſoinne, 


praßtifcher Arzt in Aachen und Ehrenmitglied medrerer gelehrten | 


Akademien u. Sefellfchaften ; 
ged. den.11. Apr. 1757, geft. den 8. März 1837 °). 


Zefoinne ward zu Aachen geboren. Gein Vater, 
Thomas Leſoinne, war ebenfalld Arzt und hatte, befom- 
ders bei den die Bäder Aachens beſuchenden Sremden, 
eine Berühmtheit erlangt, welche man heut zu Tage eine 
europatioe nennen würde. Unfer Zefoinne machte in den, 

ementarwiffenſchaften und alten Sprachen fo rafche Fort 
chritte, daß er ſchon im 9. Jahre nad Duitburg ges 
(dicht wurde, um dad dortige damals berübmte Gym— 
nafium zu befuchen, in welchem er gleich in einer der 
oberen Klaffen feine Studien mit foldem Erfolge fort 
: fegte, daß er bereitd am 2. Novbr. 1771, alfo in einen 
Alter von 144 Tabren, bei der J Univerſitaͤt unter 
dem Rektorate von Chriſt. Arend Scherer als Stadiosus 
medicinae immatrifulirt wurde. Er war eifriger Schäfer 
des berühmten Leidenfroſt, der ihn bald lieb gewann um 
ich feine weitere Ausbildung befonderd angelegen fein 
ed. Demnähft ſtudirte er einige Jahre in Leyden, bes 
fuchte mehrere Städte in den Niederlanden, kehrte dann 
nad Duisburg zurüd und promovirte Dafelb am 24. Jul 
4781, nachdem er eine Differtation: „De thermis aquis- 
granensibus earumgae usa salubri vel noxio“ gefdrieben 
* Die praktiſche Laufbahn degann er in ſeiner Ge⸗ 
burtsſtadt unter Leitung ſeines trefflichen Vaters und 
erwarb ſich in kurzer Zeit durch feine Geſchicklichkei 
und unermüdete Sorgfalt eine ſehr ausgedehnte Prariß,; 
durch feine Uneigennhgigkeit, feinen wahrbaft tugends 


baften Wandel, edle Sefinnungen und Menſchenfreund⸗ 


Kichfeit aber die innige Liebe und bhobe Achtung Aller 
die fich ibm nÄäberten. — Lange Zeit hindurch war er 

der einzige Armenarzt Aachens und bid geoen 1818 ſuch⸗ 
ren wenigftend drei Viertel der Kurgdfte bei ibm Arzt 
lihe Huͤlfe. ine folde — Praxis mußte ihm 
bei berannahendem Alter um ſo beſchwerlicher fallen, als 
er ſich nie entſchließen konnte, ſeine Patienten anders, 
old zu Fuß zu beſuchen; von 1812 an dezog er regel⸗ 
mäßig mit dem eintretenden Srüblinge fein ſchoͤnes Lands. 
gut Melin bei Herve und kehrte erft mit ber rauben 


Rach der Aachener Seitung 1887. Mr. 61. 


[2 





22 * 


[2 


340 7 Refoinne, 


Ä - 7 


Jahrebzeit nad) der Stadt zuruͤck. Nach und nad pas 
fultes 


er die aͤrztliche Prarid auf, fie noch bei Kon 
. tionen und befcränfte feine Hülfe auf wenige ihm be⸗ 
ſonders befreundete Samilien und diejenigen Leidenden, 
weiche feinen Rath in feiner Wohnung nadfuchten. — 
Aber fein Geift war keineswegs, wie der Körper, in den 
uhraan verfegt. Er war gründlier Mathematiker, 
fronom, Poyſter; er trieb mit beſonderer Liebe Bo⸗ 

zanit, Mineralogie und ——— und zu ſeiner Erholung 
SGSeographie und Geſchichte. Seine reichhaltige Biblib⸗ 
-tdek ſtand nicht zur Schau; feine bedeutenden Samm⸗ 
»Sungen Cunter welden die Mineralien⸗ und Petrefaktens 
ſammlung einen boden Werth bat) fludirte er fleißig und 
fuchte fie Res zu mehren. Sogenannte Unterhaltungb- 
ſchriften liebte er nicht, Romane waren: ibm ein Graͤuel. 
Dagegen: lad er gern bei 
weichen er eine bedeutende Sammlung binterläht. Sein 
außerordentliches Gedaͤchtniß und. fein Urtheilsvermögen 
ri n > BE Bewunderung bin. Er batte einen fo 
großen 

m unter den Gelehrten feiner Zeit eine fehr bode Stufe 
einräumen kann, obgleih er, außer der erwähnten Diſ⸗ 
fertation, lediglich aus Befcheidenbeit, nie etwas druden 
ließ... Mebrere gelebrte Akademien und Geſellſchaften 
batten ihn * Ehrenmitglied ernannt. Die Fortſchritte 
in feinen Berufswiſſenſchaften, fo wie in den oben ges 
. nannten Sächern verfolgte er mit befonderm Intereſſe 
bi6 zu feiner legten Krankheit. In jüngern. a: prob 
er gern und mit Seläufigkeit Latein; im Sranzöfiihen, 
Engliſchen, Stalienifhen und Hollaͤndiſchen mußte er fi) 
elegant auszudrüden und mit feinen Gutsnachbarn unters 
ya er fi in wallonifher Mundart. Bei der Behand» 
ung feiner Kranken vertraute er- viel auf Die Selbſiduͤlfe 
der Natur, welche a unterſtuͤtzen ſuchte; von berois 
ſchen Mitteln und be 


en Doftrin. Fuͤr Verbreitung der Vaccine wirkte 
er zur. Zeit mit: befonderer Borliebe und raftlofer Ans 
Krengung. Am 24. ae! 1831 war er 50 Jahre Doftor der 
edicin. Seine zadlreihen Sreunde und viele Medicinal⸗ 


perfonen aus Aachen und der Umgegend hatten eine aus - 


Kun Seier dieſes Taged veranftaltet; allein feine 
efheidenheit erlaubte ihm nicht, die ibm dargebrachten 
Huldigungen perfönlich anzunehmen und um. den Gläd 


wänfden und Ehrenbezeugungen -su : entgehen, d08 ger . 


ehrende Reifebefchreibungen, von | 


ag von Kenntnilfen angefammelt, Daß man 


onderd von Giften war er fein . 
eund und ein —— Gegner "der Hahnemann⸗ 
e 





Zrommöborff. 841 


id auf fein Landgut zuräd. Zwei feiner dertrauteſten 
Freunde wurden daber erſucht, dem ehrwürdigen Veteran 


‚einen ſchoͤnen Pokal, begleitet von einem Gedichte, zu 


übergeben. Die Univerfität zu Bonn fandte ihm zu dem 
ubelfefte das erneuerte Doftordiplom und die Gefell 
haft der Phyſiker des Düffeldorfer -Regierungdbezirks 
ließ ein Gratulationdgediht überreihen. Diele andere 


Gedihte und Ungebinde waren aus der Nähe und 
Ferne eingegangen und am Abende dieſes Tags vers 


einigte ein Semah! die Sreunde und Veredrer des Ge 
feierten. Ein großer Sreund von Kindern, war dem 
Derewigten dad Gluͤck verfagt, ſig in ſeinen Nachkom⸗ 


men verjängt zu ſehen; er war.nidht vermaͤhlt. Mit 
zärtlicher Liebe feinen Verwandten zugetban, lebte er- 
mit zwei Schweltern, die ihm bereit$ vor mehr ale: 
‚80 Tabhren vorangingen, feitdem aber allein, von: zwei 


eben io body geachteten Kamilien mit zarter Aufmerkſam⸗ 
feit forgfam gepflegt; in Melin leifteten ihm Geſchwiſter⸗ 
finder Gefellihaft und fuchten ibm die Befchwerden des 
Alterd zu erleichtern und fein Leben zu verfüßen. — 
Wahrhaft fromm und tugendbaft hatte er feine Tugend 


in. jegt ungefannter Soliditdt verlebt, obne pedantiſch 
ſich unfhuldige Vergnägungen zu verfagen; daher feine. 


ungeſchwaͤchte Kraft, fein — * Geiſt, feine um 
gegwungene Heiterkeit. im boben Alter. 


*.118. ° Dr. Joh. Bartholomäus Trommsdorff, | 


koͤnigl. preuß, Geheime Hofrath und Doktor der Akademie gemein, 
nuͤtiger Wiffenfhaften und wirklich Eorrefpondirendes Ehrenmit⸗ 
glied vieler Akad. u. Societäten des In: u. Audlanded zu Erfurt; 


geb. den 8. Mai 1770, gefl. den 8. März 1887. 


| ‚Sein Vater, ordentlicher Arofetor der Medicin an 


der ebemaligen Hochſchule zu Erfurt und zugleich Apo⸗ 
shefenbefiger, lie feinen drei Söhnen, woran der Eine 
der. Pharmacie, der Andere der Theologie und der 
üngfte, beim Tode des Vaters noch ſehr jung, anfangs 
ebenfalls der. Pharmacie, fpäter aber der Medicin fi 
widmete, eine vorzäglide Erziehung ertheifen und gab 
den Pharmaceuten, deflen Leben wir bier zu ſchildern 


daben, nach geböriger Vorbereitung zum Hofapotheker 
WB. H. ©. Buchholz in Weimar in die Lehre. Schon. 
old Juͤngling zeigte unfer T. deutfih, mad aud ibm 


einft werben würde; denn feine Lieblingöunterbaltungen 
waren wiſſenſchaftliche, beſonders hemiſche Arbeiten und 


⸗ 


—3 





— 


342 J rommsdorff. 


Briefwechſel mit gelehrten Maͤnnern. Er brannts Dor 
Eifer, fein Sad, welches damals im Allgemeinen noch fehr 
getrieben wurde, auf eine höhere Etufe 

von Wiſſenſcha tlichkeit su heben und (don als Aporbe: 
fergebülfe fchrieb er feine „Zabelle über die big jeht be, 
fannten Gasarten ,“ welde er zu Weimar 1790, dann 
noch zweimal in verbefferten Auflagen, ndmlich 1799 und 
berausgab; und fein „ ſpſtematiſches Lehrbuch der 
Moarmacie,⸗ welches 1792 zu Erfurt berausfam (4, Aufl, 

nach de 


£efern feines Journals, ohne deshalb feiner ferneren wife 
fenf&aftlichen Thätigfeir Örenjen zu fegen. Im abr 
De er zum 9 


Iiplome; im Jahr 1809 wurde er zum Medicinalrart) 
und 1811 zum fuͤrſtl. N bmwarzburgs rudolfddtijcen Hof: 
ratd ernannt und nachdem Erfurt wieder den £, preußis 
ben Staaten einverleibt worden mar, ebrte der Kön 
die großen und zahlreichen DVerdienfte 5.8 im J. 182 


D 


- 


n 


Trommsdorff. 345 


dusch Uederſe des Ritterkreuzes des rotben Adler 
orden dritter vom Em dr 1588 wurde er Direktor 


der koͤnigl. preußifden Akademie gemeinnügiger Wiffen» 
ſaaften zu Erfurt und als endlich am 1. Dftober 1834 
das Jubelfeſt feines funfjigjäbrigen Wirken als Ayo» 
sbefer von den zablreichen — Berebrern und 
Schülern des Zubelkreifes auf_eine hoͤchſt wuͤrdige Weife 
u Erfurt gefeiert wurde, empfing er von feinem Könige 
. dad Ernennungddekret zum Eönigl. preuß. Gebeimen Hof» 

ratd. — Die bemifhe und pharmaceutiſche Literatur ift 
ebr rei an Werfen, die aus Trommsdorffs fruchtbarer 
eder floffen. Er beſaß die Gabe eined Elaren, wodlge⸗ 
ordnneten und leichtverſtaͤndlichen — in ausgezeich⸗ 
netem Grade, fo daß feine Schriften immer und auch 
noch jegt überall gern gelefen find und er hat durch fie 
sur Derbreitung näglider Kenntniffe und befonders zur 
‚wiffenf&aftliben Beförderung der Pbarmacie ungemein 
viel beigetragen. Man follte nun meinen, ein. fo unges 


mein frudtbarer Echriftfteller, deffen Werke eine Biblio⸗ 


tbet von 160 Bänden ausmachen, wenn mir auch Die 
vielen neuen — nicht in — bringen, mäffe 
geriäioflen, unug ngli und dem praftifhen Leben und 
orſchen abgewender geweſen fein; allein Died war X. - 
n3 und gar nit; im Gegentbeil war er den’ größten 
— des Tages mit dem Lehramt in feinem Juſtitut, 
wo er Logik, Phyfit, Chemie und Pharmacie, alſo wenig» 
ftend 3 Stunden täglich docirte, dann mit analptifchen 
Urbeiten in feinem Zaboratorium, mworfiber die ſebr yanle 
- reichen cemifchen Analpſen verfdiedener Mineralien, 
Mineralwaͤſſer und Arzneikoͤrper, J wie auch Verbeſſe⸗ 
rungen der. Bereitungsmethoden chemiſch⸗pharmaceuti⸗ 
cher — —— welche in ſeinem Journale niedergelegt 
ind, den klarſten Beweis ablegen, ferner mit der Ders 
maltung feiner Apotheke, fo mie aud mit mannichfalti« 
gen Staatd> und Magiftratsämtern beſchaͤftigt; er mar 
auch ‚außerdem fehr wugdnglie und mittheilend, fo daß 
feine ale e, die bei ibm im Haufe wohnten und in. 
deren Geſellſchaft er yon Zeit zu Zeit botanifche Erfurs 
fionen und ſelbſt größere Ausfläge ind Thäringer: und gar . 
gebirge machte, ftetd bei ihm ſich Ratds erholen Fonn« 
ten; auch widmete er feiner zabfreihen Familie und ſei⸗ 
nen Sreunden mande Stunden. Es war daher in der 
That unbegreiflid, wo er die Zeit zu. feinen vielen lite, 
rariſchen Arbeiten bernahm, denn er war inzwiſchen auch 
Mitarbeiter an Literaturgeitungen und. ſelbſt Dichter, 


x 


344 Trommsdorff. 


wenigſtens gad er im Jahr 1821 zu Erfurt unter deun 


Namen Olympiodorus „Wilihald, Mirandens Schuͤ 

ling.” Ein Feenmaͤhrchen in acht Gefängen, heraus. . 
bat auf die nachahmungswuͤrdige Weife gezeigt, wie viel 
ein Mann zu leiften im Stande ift, wenn er mit feiner 
geit recht hausbälterifch umzugehen verſteht. Er Hatte 
Die gluͤckliche Gabe alled mit —— aufzufaſſen und 
zu durchblicken und war an raſches Handeln gewoͤhnt; 
was er fchrieb, floß ihm eben fo leicht aus der Feder 
als feine Schreibart Elar und bündig war. Den Mile 
ſenſchaften brachte er unglaublich viele und große Opfer; 


man mußte, befonderd in den legten Jahren, fein Labo— 


ratorium, feine chemifchen und pbofikalifhen Apparate, 


feine Bibliotbef gefeben haben, um fagen zu Eönnen, 


daß manche Staateregierung in ibren öffentlichen Lehr⸗ 
anſtalten Davon beſchaͤmt werden koͤnnte. Dabei war er 
ein Mufter von Biederkeit, Klugheit und Thätigfeit, 
-Hergendgüte und Befheidenbeit des Eharafterd, — Die 
geliebte Gattin ging ıbm im Mai 1836 in die Ewigkeit 


voran und fo mar ed faum anders zu ermarten, ald daß 


T. den Schmerz ihred Verluſtes nicht fange mehr ertras, 
gen und ihr, mit ber er 5 Töchter, die ſchon glücklich 
verbeiratber find und einen Sohn, der in feine Fußta—⸗ 
‚pen tritt, grieugt, bald nachfolgen werde. Was er Das 
mals laut voraus verkfündere it nur leider allzubald im 


% 


Erfüllung gegangen. — Der Naturforfeer von Martiuß 


bat ein Genus der WUmarantaceen nach ibn Tromms- 


dorfka benannt, — Bildniffe von ibm findet man sc. 9, 
5: Krethlow 98, vor Berlin. Jahrb. f. Pharm. Jahrb. 


pinz. J. Oechs, sc. Nodmädler Lips. 1802, vor 


ER Taken. ſ. Aerzte a, d. 7. 1803. Gteindr, 
del, Jagemann, lirdogr. Müller jun. Erfurt, 1820. Steindr. 


vor Ur, des Upothekervereins Bd. 11. Lemgo 1885. - 
. Gteindr, lityugr. R. Schlicht, vor Geiger Magaz. für - 


Pharm. Bd. 27, 1829. — Seine Schriften find: Allge 
- meine Ueberſicht d. einfachen u. zuſammengeſehten Sale, 
Gotha u. Weimar 1789. — Chemifche Zergliederung d. 
ſtinkenden Afands oder fogenannten Teufelsdrecks. Ers 
. tur 1789. — *Kutzes Handbuch d. Apothekerkunſt zum 
Gebrauch f. Lernende. Stettin 1790. — Carl Aug. Hoff⸗ 
mann Ueber d. Hopfen ꝛc. u. J. B. Trommsdorff Ches 
miſche Unterfuhung eined Quellwaſſers aus dem foges 


nannten Dreien » Brunnen bei Erfurt. Erfurt 1792. — 


Veberficht der wichtigſten Entdedungen in der Chemie 


vo Anfange des 17. bid zu Ende d. 48. Jahrhunderte. - 





Brimar 1792. — Lehrb. d. pharmarentif 


Experimen. 
talchemie, nach dem neuen Spſtem, ——— für 


Aerzte u. praktifche Apotheker u. als Leitfaden zu Vor⸗ 
lefungen. Altona 1796. — Zweite Aufl. en d. Spſtem 
Lavoitier’d, Chaptal's ıc., mit den neueften Entdedungen 


- vermehrt. Hamburg 1803. — Dritte verb. Aufl. Hamb. 


4 


und Altona 1811. — Chemiſche Receptirkunſt oder Tas: 
— f. praktiſche Aerzte, welche deim Verordnen d. 
rzneien Fedler in pharmaceutiſcher u. chemiſcher Hin⸗ 
ſicht vermeiden wollen. Erfurt 1797. — Zweite verm. u. 
verb. Aufl. Ebend. 4799. — Dritte verm. u. umgearb.. 
Aufl: Ebend. 1802. — Vierte verm. u. verb. Aufl. Ebd, 
4807. — Bünfte neu bearbeitete Aufl. Ebend. 1526. — 
Handbuch der pharmaceutifhen Waarenkunde, zum Ges 
brauch f. Aerzte, Apotheker u. Droguiften. Ebd. 1799.— 
weite verb. Aufl. nebſt einer Bulekung zur Juſues d. 
cotheit der ſaͤmmtlichen pharmaceutifhen Präparate. 
Ebend. 1806. — Abdrud. Ebend. 1815. — Dritte verb. 
Auflage. Gotha 1822. — Handbuch der — — 
—— für. den Buͤrger u. Landmann. 2 Bde. 
u. Hamburg 1799. — Darkellung der Säuren, Altalien, 
Erden und Metalle; ihrer Verbindungen zu Salzen und 
ihrer Wadlverwandtſchaften. Erfurt u. Gotha 1800. — 
weite Aufl. Edend. 1806. — Gpftematifches Zubsus 
. gefammten Chemie, zur Erleichterung d. Gelbfiftus 
di dieſer Wiffenfhaft. (Auch unter d. Titel: Die 
weite verm. Aufl: Ebend. 1805 — 20. — Mit CEdr. 
r. Buchbolz: Zwei chemiſche Abhandlungen, als, chemis 


| Cdemie im Selde “ Erfahrung.) 8 Bde. Erf. 1800 — 1807. 


ſche Unterfuhung einiger Soffllien ıc. und Werfuche jur 


endlichen Beritigung der Bereitung des Zinnobers auf 
dem naflen Wege. (Auch mit den befonderen Titeln: 
Chemiſche Unterjuhung einiger Soffllien von Dr. J. B. 
Erommödorff, und Verſuche zur endliden Deriatigung 
der DBereitung des Zinnoberd auf dem naflen Wege 
v. Ehr. Sr. Buchholz. Ebd. 1801. — Chemiſches Probier⸗ 
kabiner oder Nachricht von dem Gebrauche und den Eis 
ge malıen d. Reagentien.) Ebd. 1801. — Zweite verb. 
ufl. Ebend. 1806. — Dritte voͤllig umgearbeitete -Aufl.. 
Ebend. 1818. — Geſchichte des. Galvanismus ꝛc. Ebend. 
4808. — Zweite Aufl. Ebend. 1808. — Zufäge, Erldus 
terungen und VBerbeflerungen zu dem pharmacologiichen. ' 
Zeriton, oder mediciniſch⸗ ruralipen Heilmittellebre, f. 
Aerzte, Wundaͤrzte, Apotheker, Defonomen u. Thierärste. 
Sür die Befiger der erſten Aufl. des erſten und zweiten 


- 


N 


BU: Krommsbarff. 


Bandes befonderd gedrudt. Mainz u. Hamb. 1808. 
—— * Lexicon ſelbſt iſt nicht Yon —— 
deſſen gouen d. Pharm. Bd. 10. ©t.1. 1802, S. 264. — 
Allgemein verftändliche Anleitung zu einer einfaden u. 
leichten Art, Salpeter zu. bereiten ohne befondere Appas 
sate und mit. den gewöhnlichen Hausgerärbfhaften, 
Sür den Bürger und Landmann. Ebendafelbft 1802. — 
Die Apothekerſchule oder Verſ. einer tabellarifchen Dars 
elung d. geſammten Pharmacie, zum Gebraude b. d. 
Unterridt u. 3. Vorbereitung f. Diejenigen, welce. ih 
emem Examen unterwerfen wollen. Erfurt und Gotha 
41808. Zweite ganz umgearbeitete fehr vermebrte Aufl. 
Ebend. 1810. (Der Verfaſſer erbielt vom Kaifer von 
ußlend für dieſe Schrift einen Eoftbaren Brillant» 
ing.) — Pharmaceutifhe Nomenclaturtafel, nad der 
neuen preußifchen Pharmacopde, zur leichtern Verwand⸗ 
lung d. neuern Namen in die ditern u. umgefebrt, f. d. 
Apotheker u. Aerzte der fämmtlichen k. preuß. Staaten. 
"Erfurt 1808. — Abdrud (9. Ebd. 1806. — Taſchenb. f. 
Verzte, Ebemifer u. Pharmaceuten a. d. J. 1808. 4. 5. 
Ebend. 1803 — 5. — Chemiſche Unterſuchung einiger 
Soffitien ıc. Ebd. 1804. — Mit Ehr. 8. Buchholz: Chem. 
erfuche ib. d. Gewinnungsart d. leichten Galzdthers. 
Ebend, 1804, — Verſuch einer allgemeinen Geſchichte d. 
Chemie. Ebend, 1806, (Stand (don im vorbergebenden 
Kafchenb., Tabrg. 1— 3.) — Ueber die Darfiellung d. rei⸗ 
nen Gallusfäure aus den Galläpfeln, mit Hinſicht auf 
die Richterſche Sheidungsmerhode, Ebd. 1804. — Kals 
lopiftria oder bie Kunſt d. Zoilette f. die elegante Welt. 
Eine Anleitung zur Berfertigung unſchaͤdlicher Parfüms 
u. Schönbeitdmittel, Pulver, Pomaden, Schminken, Pas 
fen, aromatifber Bäder u. aller bierber gebörigen Mite 
tel, melde dazu dienen, d. Schönbeit zu erhöhen, zu ers 
balten od. berzuftelen Ebd, 1805. — Allgemeines phar⸗ 
maceutiſch ·/ emiſches Wörterbub od, Entwidelung aller 
in d. Pbarmacie u. Chemie vorfommenden Lehren, Bes. 
griffe, Beſchreibung d. Gerdibf&aften u. .f. w.; f. Aerzte, 
porbefer und Chemiker. (Auch unter dem Zitel: Die 
Mpotbeferfunft in ibrem ganzen Umfange, in alpbabeti» 
ſcher Ordnung.) 4 Bde, Ebend. 1805. — Supplemente 
u dem allgemeinen pbarmaceutifh-chemifden Wörter» 
buche, 2 Bde. Gotha 1821, 22. — Neue Pharmacopde, 
dem gegenwärtigen Zuftande der Arzneifunde u. Phars - 
macie. angemeflen. Nebſt einem Unbange, welder die 
franzöfifhe Militär-Pharmacopde enthält. Erf. u. Gotha. 


De 7 


Ki 
/ 


7 


Trommsdocff. 4347 


808. een Aufl. Ebd. 1811. Abdruck (2). @bp. 1815. -—— 
Sarten 


ud f. Aerzte u. Apotheker, zum Nugen u. Ber, 


gnügen. Zweite verm, u. verb. Aufl, Ebend. 1809. a 
ie zweite Ausgabe des zweiten Bandes von J. B. ©ids 


ler's Deutſcher Landwirihſchaft oder Deutfhlands Bars 


tenfchade, bearbeitet von Trommédorff. Erfurt 1808.) 
Abdrud (9 Ebend. 1815. R. Aufl. (2) Edend. 1819. — 
Die neuentdedten falinifhden Schwefelbäder zu Langens 
falza u. Tennſtadt, im Könige. Sachſen, demifc) unters 
Nut. Erfurt 1812. — Allgemeines tbeoretifed u. prak⸗ 
tiſdes Handbuch der Farberkunſt oder Anleitung zur 
ruͤndlichen Ausäbung d. Wollens, Seiden:, Baummols 
en. und Zeinfärberei, fo.wie der Kunft, Zeuge zu drut⸗ 
ken und ji bleiben. Zum Unterricht für Kattunfabrie 
Eanten, Särber.und Bleicher. 5 Bde. Erfurt und Gotha 
4814. — Mit 5. Volfm. Sickier u. I. C. Weife: Deko 
nomifchtechnologifhes Wörterbud oder Unterrit in d. 


Dekonomie, Öfonomifden Technologie u. dkonomifchen 2 


Baufunft, mach alphabetifher Ordnung. 7 Bde. nebf 
Spfrn, Ebend. 1317 — 27. — Anfangdgrände der Agrie 
fulturdemie (aus dem Öfonomifhstechnol. Worterbud 
befonderd abgedr.) Gotha 1817. — Grundriß der Phys 
if, nach den neueften Entdeckungen; als Dorbereitung 


. Jim Studium der Chemie, nebft Kpfrn. Erfurt und. Gos 


iha 1817. — Ponfikalifchhemife Unterfudung d. Mies 
neralmaflerd des Kaiſer⸗Franzenbades, bei Euer in Boͤh⸗ 
men. Angeſtellt bei den Quellen im Aug. 4819. (Abs 

edr, aus dem N. Tourn, d. Pharmacie Bd. 4. ©t. 1.) 

eipj. 1820, — Die Mineralquellen von Kaifer- Srans 
zenöbad bei Eger, Hſſtoriſch-mediciniſch dargeſtellt von 
E. Dfann und phnlifalifh-chemifh unterfuht von: 9. 
5. Erommödorf. Berlin 1822. Zweite vermehrte Aufl. 
4323, — Die Heilguelle zu Goldbach bei Afchaffenburg, 
wiſſenſchaftlich unterfubt; herausgegeben vun fr. Se 
rapd. Gjibad. Aſchaffend. 1823. — Geo. Zriedr. Hänle 
Lehrbuch der Apotbekerfunft ıc. BP. 2, Abth. 3. Schluß 
der praktiſchen Pharmacie und vollſt. Regifter über das 
geme Werf. Leipzig 1826. — Weber die Bereitung des 

leimeißes im Großen, Erfurt 4827. — Die Grund faͤtze 
ber Chemie mit befonderer Rüdfidt ihrer techniſchen An» 
mendung in einer Reihe allgemeinsfaßliher Vorleſun⸗ 
—F entwickelt und durch viele Verſuche erläutert; für 

abritanten, Kuͤnſtler u. Gemwerbtreidende. Ebd. 1829. — 
Cdemiſche Unterfuhung des Alerisbrunnens, eines neu 
entdedten ſaliniſch⸗ Eohienfauren eifenbaltigen Minerals 


‘ 


- 


* 


Pr Trommsdorff. 


waflerd Im Enitagaie am Harze und eine nene Anal 
2: Mineral des Alexisbades. Nebft. einigen d 

en — en zu dieſen Analyſen, von Sure. 
— 1830. ebensbefchreibung gr. Heinrich Bilges 


TE ad: urnal d. Pharmacie. 265 Bde. Leipzig 1798- 


t So 
bi 1817. — Al an egung: N. Journal d. Pbarmadie.. 
nn — Ei 


Site t. in 5 Bde. Erfurt 18905 — 9. — 


. furt-1807 — 10. (Die erften- 41 Sad gänge find von & 


3 


gegranarigen Zuftande; aus dem Sranzöf. mit 


ro 0 — Taſchenb. f pen nfler. Jahrg. 
— 5. Weimar Pe 29. ( gt — 
ber waren Goͤttling bid 1808 —8 bi 
Brandes: für 1819.) — Auld Mitberaus eber: ee Te 
allg. Journ. der Ehemie, feit 1803 und des Journ. für 
ag Mdyfit und alone, el feit 4806,. d. Annalen 
Der Pharmacie, feit d. Jahrg —_ Außerdem gab 
er noch heraus: of. help — tbeoret. und praft. 


gemiſche Abdandiu ae anz. nebſt 1 Kpf. 
Erfurt 1803. — ufländiges — 


ed prakt. 


Handbuch der ER, Bee vn Bf, Ebend.. 


1818. — Veberfegungen: 3 — 
Arzneibuch, aus De Franzoͤſ. mit —— =. 
Erfurt 481. d, 1802. Bergl.. N Sour. 
ber Pharm. . St. 1. 1802. 08 (Bemerkung. 
von Göldern). — Wil. F nry Chemie — — en xc. 


dem Engf. mit oa 4 Bde. Ehend. 41804 bis 

Sal: sreihifhe Pharmacopde; aus dem Latein. 
mit —— Uinmert, Ebend. 1814. Zweite umgearb. Aufl. Er 
furt, Gotha und Wien 1818. Auch Latein. Ebd. 1818: 
Dritte verb. Aufl. Ebd. 41821. nid: edit. alterna 


‚emendata. Ihid. 1821. — 2. 3. Zhenard Anleitung zur 


dem. Analyfe; aus dem Sranzdf. mit Anmerk. Erfurt 
4818. — Branthome Weberblid der. Chemie na hen 
um 

. Chevreul eg us ‚Analyfe ots 

Gone — Körper; aus dem ranzöf. mit einigen. Anm. 
otha 1826. — Samuel Parkes — Catechismus. 8. 
Aufl. nach der 10. und 11. engl. Aufl. revidirt u. * 
Theil umgearbeit. Weimar 1826. (Die 2. Auf. it nicht 
von Erommedorf) — Zuſaͤtze * Vorreden: Zu Carl 


1° Beden 549 


‚wi. Juch —— —V Typ. 1. Erfurt 1008. 


Vorrede zu . Rüde Vbharmaceut. Erfabtungen. Leip⸗ 
sig 1815. Zweite Aufl. 1819. — Anmerkungen zu Par 
mentier Mittel, den Zuder zu ergänzen; ads d. Franz. 
von St. Trommsdorff. Erfurt 1809 und zu A. P. Orts 
fila Handbuch der medic. Chemie; aus dem Franzoͤſ. von 
Sr. Trommsdorff. 2 Bde. Ebd. 1819. 20. — Dorrede zu 
$. Sr. Bley Taſchend. f. Aerzte u. Badereifende. Leip⸗ 
gie. 1831. — Vorrede zu Briffomd Anfangögränden der. 
aturgefhichte und Chemie der Mineralien . überf. von 
Drechſsler. — Vorrede zu Menfing, Leichtfaßliche Au⸗ 
leitung zu fiödiometrifhen Rechnungen Erfurt 1819. — 
Lieferte viele Beiträge zu periodifhen Schriften. 


119.- Theodor Albert Becker, 
Buchhändler in Quedlinburg: 
ged..den 17. Sanuar 1807, geſt. den 12. März 1837 *). 


Er war der. einzige Sohn ded noch lebenden Paſtors 
©t. Aegidii in Quendlinburg, Dr. Albert Gerdard 


Beder und wurde den Eltern einige Jahre fpäter, nach» 


dem zmei andere Söhne gleich nach ihrer Geburt ver⸗ 
Rorben waren, geboren. Bon den erften Zebendtagen. an 
war er Elein und ſchwach und feine Erhaltung verlaugte 
desdalb wine umfichtige Pflege und Erziebung. Bid zu 
feiner Konfirmation . befuchte er die Öffentlichen Schulen 
und das Gymnaſium feiner Baterfiadt, wobei fein Vater 
ibm neben andern Kindern häuslichen Unterricht ertbeilte. 
In der Hoffnung, Daß durch Veränderung des Wohns 


ortd umd der Lehranftalt dad koͤrperliche und geiſtige Le⸗ 


ben B.'s beffer gedeihen werde, bradhe man ibn: nad 
Halle auf er — — ur Schule. Aber ed war 
ein ungluͤcklicher Mi ci aß die Eltern ihn ald Den. 


ivathaufe freundlicher geleitet und in gefchloffenem, 
tilichen Kreiſe einer folden Samilie daß ftile Vaters 
daus weniger vermißt haben würde. Unter diefen Um⸗ 
Bonn nahmen die Eltern. ihn nach: einem Jahre wies 

r zu fi und gaben ibn der fräbern Lehranftalt zurück, 
auf weiber er. durch wadere Lehrer und unter Nachhülfe 
feines Vaters eine allgemeine literarifhe Bildung er 


| Drive auf die anal) felbſt brachten, während er in: einem 


: bielt, auf Erlernung der alten und neuern Sprachen und 


biſtoriſche und literariſche Kenntniffe begründen . Wär 





"MR der Harzzeitung Mr. 18, 1898, 


Li 


S 


/ 


J 


860 Beoecker. 


“send dieſer Zen reiſte ſein Entſchluß Ab dem Buchan⸗ 


del zu. widmen. Er erlernte ibn zu Helmſtedt in der 

Stedeifenfchen N IH vervollfommnete fih dann mei: 

ter in der. Geſchaͤftsſuͤhrung in der Heinrichshofenſchen 

Buchhandlung Mogdeburg, worauf er noch eine Zeit 

lang in Braunſchweig lebte und fi fodann im di 1830 
it 


‚old Buchhaͤndler zu Quedlinburg etablirte. der 


Sortimenis⸗ und Verlagsbuchdandlung verband er im _ 


abr 4831, unter der Le ung lieb Sreundeß, der die 
ucdruderei erlernt batte, Die Unlegung einer nduen 
Buhdruderei. Vom Anfang feines Erebliffementd als 
Verlagsbuchdaͤndler an machte er ed fi zum Grundfag, 
haus ahlih Werke zu verlegen, durch weldie die Wiſ⸗ 
enſchaft auf irgend eine Weife gefdrdert werden möchte. . 
Dagegen wieß er jeden Antrag _zuräd, Schriften zu ver⸗ 
legen, in welchen Religion, Sittlichkeit und Liebe zum 
Vaterlande verlegt oder das Eigenthum Anderer gefähr⸗ 
der zu fein ſchien. Hierbei hatte er das für einen jun⸗ 
gen Geſchaͤftsmann feltene Gluͤck, daß er gleich Anfangs 
des Raths und der vertrauendvollen Mitwirkung an« 
erkannt wärdiger und in der gelehrten Welt bereits 
rähmlichit befannter Männer erfreuen konnte. Seine 
legte Unternehmung, welche er bereit Eränkelnd einleh 
tete, war die Zeitſchrift „Hercynia“ oder „Harzzeitung.“ 
gu deren Herausgabe er Fur; zuvor von der Regierung 
u Magdeburg die Erlaubniß erhalten hatte. Die Sorge 
hr den Beſtand und die Vervollkommnung eines fo ge» 
meinnügigen Unternehmens, das ibm vielfahen Nugen: 


dh verfpreden ſchien, die Opfer, melde er demfelben ges 


racht und die Anftrengungen, welde mit der pünftliden 
Erfdeinung und Verfendung der erften Städe der neuen 
Beitung für idn verbunden waren, vermehrten feine (don 
egen den Schluß ded Jahrs bin bedeutende Kränklich-. 
eit und fo flarb er ungeachtet der treueften Bemuͤhun⸗ 
gen feines Arztes, des ihm von Kindheit an befreundeten 
r. Schwalbe und der forgfamften Pilege der Seinigen 
am oben genannten Tage an der Lungenſchwindſucht. — 
B. hatte einen edlen Charafter, Jeder der ihn .näber 


-  Eennen lernte, gewann ibn lieb, während auch er Allen 
mit aufrichtiger Gegenliebe ergeben geblieben it und ſich 


Badur ihre Liebe zu erhalten gefuht bat. Dad größte 
Blh des Lebend fand er jedoch ın feiner. Gattin, Louife 
geb. Kragenftein. Sie war ed, die den’fchon feit einis - 
en Jahren Fränfelnden Gatten ermutbigte, einen Theil 
einer Gefchäfte und Sorgen ibm abnahm und in Deren Uns 


% 


Scheven — Schmidt. 351 


ang, mie in’ den Befchäftigungen mit feinen Kin 
ua der Freude an ihnen, ei auch da nod fein G 
fand, als er geraͤuſchvollern Sefellfchaften zu er 
genoͤthigt war und fi allein auf den Umgang mit ſei⸗ 
er nl feinen Eltern und Verwandten beſchraͤnken 
mu te. 5 - 


120, F. 3. Scheven, 


Sandratd ded Siegkreiſes, Amtöjubilar u. Nitter d. rothen Adler» 
ordend in Hennef (Rheinpreußen); 


geb. den 14. Sept. 1766, geſt. den 13, März 1837 9). 


Scheven in Dennef geboren, gelangte nach vollen⸗ 
deten Studien reNBgejN! zu feiner erſten Anftelung als 
kurfuͤrſtlich pfalz⸗baleriſcher Schagfchultbeiß. Unter die 
während 52 Jahren in ununterbrochener Reihenfolge von 
ihm befleideten Aemter des Staatsdienſtes gebören fer. 
ner jene: als Iandesherrliher Advokat im ebemaligen 
Amte —— ald Lokalverwalter, Domänen » und 
Forſtrath und zuleht feit 1816 al6 kön. preuß. Landrath. 
Durch feine vieljäprigen Erfabrungen und anhaltenden 
Studien in den verfchiedenen Sächern der höhern Willen» 


ſchaften, befonderd der Gefhichte und Mathematik, hatte 


fh der Verſtorbene einen reihen Schatz von Kenntniffen 
erworben, melde er in der größten Einfachbeit, Anz 
fprubd, und Prunklofigkeit nur zum Wohl feiner Vers 
‚walterten und aller deren, die feines Raths und Bei- 


+ RKands bedurften, anmwendete. — Er mar in der That ein 


Doter feines Kreiſes, ein fanfter, guter und muſterhafter 
Vorgeſetzter, ein biederer, rechtſchaffener Geſchaͤfisfreund. 


* 121. Gabriel Schmidt, 


Privatmann zu Wien; 
geb. 1. 3. 1762, geft. d. 16. Maͤrz 1837. 


Zu Wormd geboren, war er der Sohn unbemittelter 
Eltern. Er widmete fib der Handlung und bradte ei» 
nen Theil feiner- Tugend in Paris zu, wo er mit vielen 
Perſonen, welche in der Revolution eine Rolle fpielten, 
in Berührung kam. Auch mar er Mitglied mehrerer 
Geſchwornengerichte. Auf feinen vielen Geſcaͤftsreiſen 
lernte er in Wien die Tochter aus dem angefehenen 
Handlungspaufe Frank kennen und heirathete fe. In 


*) Kölnifge Beifung 1851. Wr. &. 


x 


« 


352 Bieffermann 

ris war: er dereits Muglied eine bedeutenden Ge⸗ 
fact, welches jedoch durch unglückliche Verhäftniffe 
bm nur Kummer: bereitete, fo daß er aus demfelben 


rat und ed feinem Kompagnon überließ. Er errichtete 
bierauf in Wien eine Geidenftofffabrif, in welcher er 


wirklich fehr viel leitete, fo daß feine Seidenftoffe den 


ranzöf. febr aͤhnlich waren. Nach dem erfolgten Tode 
einer Srau fieß.er jedoch auch dieſen von ibm ergriffes 
nen Induſtriezweig ruhen und lebte ald Privammann in 
Mien. Seine Srau batte ihm drei Kinder binterlaffen, 


Roſine, verheirathet an Herren v. Kalchberg und bereits 


1. 3. 1835 geftorben, Eduard, bei der £. k. Hoffammer in 
Wien angeftelt und Adolph, dermalen in Baiern anfdffig, 
in den Adelftand erhoben und mit Amalje Srelin v. Habers ° 


mann, der Tochter des verſt. Generald v. Habermann *) 


vermäblt. Schmerzlih_niedergedrädt von dem Tode _ 
feiner Tochter bradte Schmidt den Spaͤtherbſt feines 


. - Zebend auf verfbiedenen Reifen zu und unerwartet ergriff 


ihn am 11. März 1837 in Wien die Grippe und nabm, 
nachdem er ſtets der beten Geſundheit genoffen,. einen 
drobenden Charakter an, fo daß er ſchon am oben ge» 
nannten Tage in den Armen der Geinigen rubig ver 
fdied, — Er mar ein fehr verftändiger.und von der en 
uter Mann; ungläücklicherweiſe hatte-er fi in die Wlte 
ungen der Politik verirrt, aus welchen er unbefriedige 
zurſſckkehrte und nunmehr allem Beſtehenden den Krieg 
erklärte. Dadurch verlor er nah und nach die. richtige 
rubige Anſicht der Welt und feste fid in einen Wider. 
fpruch mit ibr, welchem fein geiwäftslofes Leben etwas 
GSrörriged verlieh, -fo daß er bei vielem Derfland und 


‚reblibem Herzen fi wenig Sreunde erwarb. Eine in 


unferer Zeit feltene Sreimätbigkeit verdient an ibm je, 
doch hochgeachtet zu werden, fo wie die Rrenge Rechte 
lichkeit feines Charakters. e 


* 122. Zohann Philipp Wieffermann, 
kathol. Pfarrer zu Lengerich (Weftpbalen); 
geboren d. 18. Sept. 1749, geſtorben d. 16. März 1837. 


5 zu Rede in der Obergrafſchaft Lingen erblidte er 
a 


icht der Belt, ward den 24. Juni 4774-in Rom 


‚zum Priefter geweidt; war 2 Jabr 6 Monate Miffondr 


7 SR, Nekr. 8. Jahrg. S. AAO, 


“- 


Weiffermann. 3608 


J Pedum in der Provinz Groͤningen, 7 Iäpr 6 Monate. 


ann 6 Mo» 


Balder zu Doltlage im Osnabrückſchen 
— in ſeinem Geburtsort und 


nate Adjunkt des 


"wurde den 10. Auguſt 1787 zum zweiten Miffiondr, als 


Kaplan in Lengerich beftellt. In diefer großen Gemeine 
von 6000 Seelen war er, ein Mann von feltenen Geiſtes⸗ 
und Herzensgaben, von gediegener Gelebrfamkeit, ein 
roßer Diodclo ‚ vortrefflider Redner, Meifter in Dar⸗ 
Relung und Schilderung, eifriger Lehrer und Verthei⸗ 
Diger der Wahrheit, feuriger Hafer aler Unterdrüdung, 
apoftelfübn und frei in Wort und Wandel, ganz an 
feinem Plage. Er verwaltete das Pfarramt in fchwierie 


gen Fällen mit Genehmigung des Paftord mit, algemeis 
gleich der juͤngſte Geiſtliche, in 


nem Beifall und war, o 
kritiſchen a nl bei Erledigung der Nuncia 
tur, ded Erzprieſterthums ꝛc., obne Titel, wirkl. geift. 


Rath und Konzipient der an das Berliner Kabiner und ‘ 
an den heiligen Stuhl zu dringenden Vorftelungen. — 


Bon feinem Mitfchüler und Sreund Dverberg *) unterftägt, 
brachte er zu Stande, daß die Schulen, melde früber 
mit abgedankten Soldaten und Beamtendienern befent 
waren, katholiſche Lehrer erhielten. Er war der gefuchte 
Beichtvater, ſelbſt aud der Ferne, ja noch auf feinem 


Oterbebette. Er war _der tüctige Lehrer, ——— | 


Katechet, eur und Rubriziſt, wie ed wohl wenige in 
c 


der ganzen Di 


 trübten, der Bedrängten, der Verfolgten. Nab dem 


Tode: feines Paftord rüdte er 4823 in deſſen Gtelle,. 


Wenn gleich er früber ſchon die Hauptkämpfe für Melis 
ion, Sreiheit und Menſchenthum ritterlich beitanden, fo 


‚ Mloffen doch die 17 Jadre feiner Pfarrei nicht fo ſauft 
und freundlich bin, wie man ed ibm münicte. Wie 
überall in der Welt das Licht mit der Kinfterniß, der 
Große mit dem Sleinen, der Starfe mit dem Edmas . 


ben, die Tugend mit dem Lafter zu Eimpfen bat, fo 
fämpfte diefer große, gute, Harfe Mann bis zum on 
Lebenshauche befonnen „ Eräftig, mutbig und mit 


digung nad erkrankten Pfarrkindern. A. 


— IE 


. ) Deiien Biograpbie 1. M Netr. 4 Jabra S. 682. 


2. Rekrolog. 16. Jahrg. 28 


es gibt, Freund der Armen, der Ber 


( 
uße 
‚dauer. Sein ſchoͤnes Pfarrleben endete mit der Erfuns 


. 
SM Do... — = 


334 \ 


123. Chriſtoph Adam Dann, 
Stobtyfarzre und erſter Prediger bei St, Leonhard in Stuttgart ; 
geb. den. 24. Dec. 1758, geft. am 19. März 1897 °). 


Er war zu Tübingen geboren, mo fein Vater, 9. 
Fokob Dann, Hofgerihtöafleffor und erſter Bärgermeifter 
war; ſeine Mutter war Sophie Eliſabeth, eine geborne 
Mögling. Den_erften Unterriht erhielt er bei dem 
M. Stlemm in Balingen und von- feinem, 14. Jahr an 
in der Kloſterſchule zu Blaubeuren. Im J. 1777 Fam 

- er in dad Stipendium,nad Tübingen, ward 1783 Kloſter⸗ 
Ad he u Babendaufen und 1785 NRepetent . 
es HE eminariums zu Tübingen, welche 
Stelle er fünf Jahre lang befleidere. Im Anfang des 
1793 wurde er ald zweiter Diakonus nad Göppingen: 
befördert, von wo er nach nicht vollen zwei Jadren nach 
Stuttgart ald ..... bei St. Leonbard verfept wurde. 
Durd die Undefangenbeit ‚aber, womit er feine Ueber, 
seugung auszjufpreden gewohnt war und dur den Ein-- 
fiuß den er alö Prediger und Geelforger auf einen großen’ 
Ebeil des dafigen Publifumd gewonnen batte, wurde er 
ber Feine freie Bewegung duldenden Regierung des S0- 
nigs Kriedrih unbequem und fo erhielt er im J. 1812 _ 
FIRE ——— der kleinen Landpfarre Oeſchingen 
| 








m Dekanate Tübingen und' 1819 in dem größern Kirch» 
fpiele Möffingen, aus dem er 4824 ald Diafonud an 
der Gtiftsfirde wieder in die Hauptftadt zurückgerufen 
wurde, Im Jahr 1825 murde er Stadtpfarrer zu ©t. 
Leonhard. Seit feiner Zurietberufung nad Stuttgart 
dat er in dem ihm angewiefenen DBeruföfreife eine in 
ihren Erfolgen und in ihrer Audbreitung feltene Wirks 
. famkeit behauptet und fle ungehindert durch Die alternde | 
Kraft dis an das Ende feined Lebens mit raftlofem Eifer’ 
fortgefegt. Zwar fand dieſe Wirkfamfeit bauptfächlich 
gan in dem Kreiſe ded die Religion in der pietiftifchen 
orm aliffaffenden Theild des Publifumd, das in ibm 
den eigentlichen Nepräfentanten diefer Denkart und den 
Eräftigiten und Elarften Ausleger derfelben erkannte ; aber 
da man in feinen DBorträgen nicht die leeren hohlen . 
Klänge .eined in dunkeln Gefühlen fi verlierenden und 
in dem bunten Bilderfpiele einer ſchwaͤrmenden Phan⸗ 


Nach der AU rchenzeitung 1837. ®r, 27. u. einem. 
ee ae akdemeinen Kirchenzeitung 





% 


Denn. 365 


tafie (dmeizenden Pietömms vernadm, da im Begentbeil 

— elnen — die das Dogma bie und 
. —8 — iſſenſchaftlichkeit der aͤlteren Th 
binger Schule nicht unbemerkbar blieb, mancher leuch⸗ 
tende und tiefe Geiſtesblick in der oft in der Flaͤche Ach 
verbreitenden Darftellung aufbligte und Alles aus der 
ütte und Innigkeit eined kebendigen und tiefen religiös 
en Gemuͤths, ohne Beibälfe von Kunft und Manier 
bervorzuquellen fhien — fo verfammelten fi auch ſolche 
Erbauung fuchende Zubdrer, die nicht der Partei ans 
eDDTIN: die in ihm ibr Haupt erfannte, zahlreich ums 


n und feine Kirche blieb gefällt bid an feinen Tod. - 


Man überfah es um fo leichter, daß feine Predigten in 
iprer Fotm den fchulgerehten Maasſtab nicht ertrugen 
und daß ed ihnen bei mannichfaltigen, oft dad Thema 

gänzlich verlierenden Abſchweifungen in ihrem Baue um 

in ihrer Ausführung an innerer Einheit und Ebenmaa 


feblte, da bei ihm auch das Unzufammenbängende und - 


rriſſene immer als Erguß eined vollen, von_dem Ges 
üble des Da Durchdrungenen ‚Deren erfhien und 
durch die Lebe preis des Vortrags, fo wie durd eine 
reine gewandte Sprache auch ein Außered Intereſſe ges 
wann. Indeſſen fanf er nicht felten, wenn er, was in 
feiner feiner Predigten unterlaflen wurde, dad Strafe 
amt gegen die moralifhen Derderbniffe und die fallen 
Richtungen der Zeit fibte, in Sormen und Ausdrüden 
. in dad Gemeine, ja in dad Polternde berab; der Volks— 
klaſſe aber, welche den bei weitem größten Theil feines 
Yuditoriumd audmachte, mißflel es nicht, wenn ed den 
von ibm fo bochgeehrten Mann in feiner eignen Sprache 
* börte, zumal in dieſen Augenblicken moraliſcher 

weg 


ung fein zuͤrnender Eifer. meiſtens gegen die Ge⸗ 
wohnheiten und Sitten derjenigen Stände losbrach, die 


Dem beneideten Herrentbum angehörten. Am frucht⸗ 
barften und einflußreichſten aber ward feine Wirkſamkeit 
durch den unermüdeten, auch bei binfinfender Börpere 
lihen Kraft, immer mit_gleicher AnBrengubg und Uns. 
verdroffendeit bewährten Fleiß, mit dem er Die. fpecielle 
Seelforge übte und im Jugendunterrichte, in Erbauungßs 
fiunden, die er in feinem Haufe gab und in der mit 
dohem Ernſte betriebenen Vorbereitung der Konfirmans 
den das von ibm Öffentlich gepredigte_ Wort den Ein» 
zelnen nahe zu bringen und In ihren Herzen au befeftis 
gen und zu vefruchten firebte. Dabei (ad man idm‘, eine 
bobe, ebrwärdige Geſtalt, mit ERAHNEN: DARDIE, in 


+ 


’ 


alterthuͤmllchem Roftähe:, mit :Hod -aufgekremptem- drei⸗ 
fpigigem Hut umd einem langen Rohrſiab In der Hand, 
u alen. Stunden ded Tags. durch die Straßen - von. 
Enut gart fchreiten, Trof und Hoffnung an den Betten. 
der Kranken und Sterbenden und Rath, — —— 
.Warnung und Verſoͤhnung in ten Familien ſpendend, 
Niemand ſich aufdringend, aber überall willkommen und 
feine Gaben dem Verlaſſenen und. Armen fomobl, als 
dem Wohlhabenden und Blüdlichen darbietend. So er⸗ 
wies er fi namehtlih in diefem Kreiſe feines in feiner 
vollen Bedeutung, und in feinem bödften Sinn aufs. 
efaßten und gefühlten Berufs als einen wahrbaften. 
Geiflicen, lediglich feiner Beſtimmung für das ideale 
Leben, außer dem ibm alled Andere fremd war, ſich 
weihend und in der Erfüllung diefer Beſtimmung feine . 
Muͤhe, keine Koſten und. feinen Zeitaufwand ſcheuend. 
Erinnert man fih no, wie viele Einzelne fih ibm taͤg⸗ 
ſich nabeten, um für ihre geiftigen Bedürfniſſe die fonft 
entbebrte Genüge zu finden; wie er aud Audmärtigen 
den erbetenen Rath und Troſt in häufigen. brieffihen 
Mittpeilungen_gemährte .und ‚wie er ih einer Menge. 
Eleiner, zum Theil .nur aus wenigen Blättern beſtehen⸗ 
den Schriften feinen Zubdrern, zumal feinen. Konfir⸗ 
manden bleibende Denkmahle der ertheilten Lehre und. 
Ermahnung darbot — fo erfcpeint er ald ein treuer Ar 
beiter von feltener Kraft und Thätigfeit auf dem Acker 
der Kirche und der Anblick feined Bildes wird Jedem, der. 
den Werth eined auf diefe Weile angewendeten Lebend: 
lebendig anerferint, die Gefüble_der Achtung und im 
mandem auch wohl das der Beſchaͤmung erregen. .: Und 
ieie: Eindrud wird aud in den Betrachtern ſeines 
Bildes, Die feine Dogmatifchen Anſichten nit ald die 
ihrigen erkannten und manced Unbefriedigende und Tas. 
deihafte in feiner Weife ihrer Darftellung fanden, doch 
derſelbe bleiben, da ed ja ‚überall der lebendige, von 
der. Didharmonie der Theorien unabhängige Geiſt des 
Chriſtenthums mar, der ſich durch ibn to fräftig und . 
gefühlvoll ausſprach und Die Blätben diefes Geifes, 
Slauben, Hoffnung und Liebe fi Jedem feiner Zubdrer 
‚ergeben fonnten, wenn er nur der Saat einen empfäng- 
lichen Boden darbot. ihre fhönfte Beſtaͤtigung fanden 
aber feine Lehren und Ermabnungen in feinem Zeben, 
durch das er ein leuchtende Beiſpiel jeder chriſtlichen 
‚ Tugend, eye der —— — Ueberzeugungstreue, der 
anſpruchloſeſten Demuth, der gleichguͤltigſteñ Entfagung. 


. Dann. 3357 


"ler ſinnlichen Genäffe, der ſtillen Srgedung in die idm 
“auch oft Dunkeln en bornigten Wege Gottes und der 
aufopferndften, alles Zeitliche gering achtenden Wohl: 
'tdätigkeit für die Seinen gemorden iſt. Mitten in 
feiner Thaͤtigkeit uͤberfiel ihm feine legte Krankheit, die 
als Satarrhalfieber anfänglid nicht bedeutend fhien, 
body bedenklicyer wurde, ald ſchmerzliche Harnbefchwer: 
.den fib dazu — Unter abwechſelnden Beforg- 
niffen und Hoffnungen fanf die Hülle des edlen Geiftes 
aufammen und er entflod, nachdem D. die legten zwei 
Tage an einem Haldübel ſprachlos zugebradht hatte, am 
. oben genannten Tage aus feiner irdifhen Behauſung. — 
Im Jahr 1798 verbeirathete er ſich mit Ehriftiiane Marie 
ouife Sinner (+ 1817), melde ihm 2 Kinder gebar, von 
‚Denen nur no& ein Sohn, der dem Berufe ded Vaters 
‚fh gewidmet hat, lebt. — Seine Schriften find: Anfeit. 
4. hrifl. Nachdenken f. junge Leute. Tüb. 18... 2. Aufl. 
1822. — Meine Bekenntniffe u. meine Verpflichtungen. 
Erd. 1808. 3. Aufl. 1828. — Daß Noͤthigſte für Dienk 
‚Boten. Stuttg. 1809. — —— und Kommunionbuch. 
Stuttgart 1810. 2. Aufl. 1815. 3. Aufl. 1824. — Das 
Denkwuͤrdigſte aus d. frübern Gefch. Jefu. Ebd. 1811. — 
"Heil mir! ich bin ein Ehrift! Epd. 1811. 2. Aufl. 1818. 
8. Aufl. 1830. — *Winfe zur würdigen Abendfeier des 
Kommuniontaged f. Chriften von Nachdenken u. Gefühl. 
Edd. 1812. — Die ſGoͤnſte Morgenftunde. 2. zen Ebd. 
4813. — Bibliſche Spruͤche u Begründung des erften 
Religiondunterrihtd u. 3. Auswendiglernen in Schulen. 
2. Aufl. Ebend. 1814. — Epriftl. Sonntagsblätter eines 
Kanbürenigens an feine Gemeinde. 3 Blätter. Ebd. 1816, 
1819 u. 1836. — Die Elemente, ein- hrifl. Witterungds 
blaıt, Ebd. 1816. — Glaube, Liebe, Hoffnung: Ebend. 
41816. — Der Menfd Jeſus Chriſtus, meine Weidpeir, 
"meine Gerechtigkeit ıc. Ebend. 1816. — Werder wahre 
ganze Menfchen. Werdet wahre Ehriften. Ebd. 1816. — 
Dad alteſte Glaubensbekenntniß, das dltefte Geber und 
das ältefte Gefeg der Ehriften, od. Luthers Katechismus 
nach den Hauptpunften dargeltellt. Ebd. 1817. 2. Aufl. 
41856. — Dur Leiden zur Herrlichkeit. Ebend. 1817. — 
Die felige Hoffnung des Wiederfebnd in jenem Leben. 
‘ Ebd. 1817. — Evangel.:hrifl. Blätter. Zum weiten . \ 
Mal auf d. Hoffnung ausgeſtreut. 5 Hfte. Ebd. 1818 dis 
1830. —- Die Abendmahlöfeier junger Chriften. 3. Aufl. 
Küb. 1822. 5. Aufl. 1834. — Nachruf an meine jüngere \ 
Reiſegeſelſchaft beim Beginnen eines neuen Jabrs. Cor. 


0 


— 





sss Krauß. | 
1822, — Frhchte meines Nachdenkens, beſtedend aus 


Denkſpruüchen, Wahrnehmungen ꝛe. Stuttgart 1822. — 


Die ſchoͤnſten Geſchichten und Zebren für Chriſtenkinder. 
8. Aufl. Tübing. 182%. — Saatkoͤrner auf Hoffnung und 
Ernte ausgefireut. Ebd. 18288. — Die jungen Pilger beim 


4826, — Die legten Tage d. Menſchenſohnes. Ebd. 1826. — 


.0d. d. wieder geöffnete Weg 3. Sottedgemeinfchaft dur 


efud Ehriftus. Ebd. 18%. — Auswahl meift dit. geil. 
ieber z. Gebr. bei Singäbungen, 3. Beförderung eines 
fanften, einftimmigen Slirdengefanged. 2 Samml. Ebd. 


‚beil. Bundesaltar m. Bundesmahl! Ebd. 1824. — Meine 
- Konfirmationöfeier, Ebend. 1825. — Mittheilungen zar 
Erweck. und Nährung eined «hriftl. Sinned, 3 Bl, Ebd. 


Fur meine Schulkinder. Ebd. 1823 — Die Hanf Burg 


1829 — 32. — Eimad zum Nachdenfen u. Angedenfen f. 


Kinder, die d. Katechismus lernen u. ſprechen. 2. Aufl. 
Ebd, 1329. — Ueb. d. gottesdienftl. Gefang. Ebd. 1829. — 
Jeſus Chriſtus d. Weg, d. Wahrbeit u. d, Keben. Ebd. 
1330. — Würdige Nachfeier d. Konfirmation. Ebd. 1830.— 
Dad Reid Jeſu Chriſti, d. doͤchſte Ziel unferer Wuͤnſche. 
Ebd. 1830, — Der aͤchte Konfirmationsſchmuck. Ebend. 
41332. — Miſſionslieder. Ebd. 1832. — Nothgedrungener 


Aufruf an alle Menſchen von Nachdenken u. Gefühl, zu 
Bei Beberzigung u. £inderung der unfäglichen- 


‚Leiden der in unferer Umgebung lebenden Thiere. ‚Ebd. 
4888. — Der wichtige Bundestag. Ebd. 1833. — Jeſus 


EChbriſtus unfere Hoffnung. Ebd. 1833. — Worte erniier 


‚Worbereitung auf d. Konfirmation für die Konfirmanden 
u. ihre Eltern, ja f. d. ganze Gemeinde. 2. Audg. Ebd, 


4 — Die auderlefenfkten Zöglinge Gottes. Ebd. 1834. — 


orte, d. Lehre u. Liebe 3. e. Kleinen —— 
gewidm. Den Kindern a. meiner bibl. Abendſtunde. Ebd. 
1835. — Welches Glaubens bit du? Ebd. 1835. — Die 


Liebe Chrifti dringet und. Ebend. 1835. — Die jungen 


Wanderer am Scheidemege. 4. Aufl. Ebd, — Ermabnuns 


. gen an ‚meine Konfirmanden beim Schlluſſe d. Unterrichts, 


bd. — Noch. einige Schriften adcetifhen Inhalte: 
* 124. Andreas Daniel Krauß, 


Baufnfpettor und Lehrer des Beichnend und Steinſchnitts on ber 
» Akademie der bildenden Künfte in Kaffelz 
geb. d. 25. Febr. 1788, geft. d. 19. März 1837. 


F Bu Hameln von niht wohlhabenden Eltern geboren — 
die Dune ı ⸗ 


r lebt noch und naͤhrt ſich redlich vom Spinnen 


1 s 


J 











einem kleinen rhandel — befuchte er e 
Bone und lernte Tpäter dad Daunen e% 
‘rend der Sremdpherrfhaft trat er ald Steinhauer und 

Maurergefell in Arbeit bei dem Steinhauer Loiſon zu 

Kaſſel. Bad datte der weſtphaͤliſche Baumeifter Gran 
jean fein bervorragended Talent erkannt, ed wurden ihm 
.  felbftftändige wichtige Bauten anvertraut und er ward als 
Bauinſpektor angeftellt. Nach: wiederhergeftellter vater 
laͤn diſchen Verfallung war er Maurer» und Steinhauer 
meiſter zu Kaflel an Es ward ibm die ehrend«e 
Binerfennung, daß man ihm die Stelle eines Lehrers des 
Beinen und Steinſchnitts an der Akademie der bil 
denden Künfte übertrug. Dabei erfüllte er die Gefchäfte 
feines Berufd mit einer Bertrauen erwedenden Hin⸗ 
gebung, raftlofer Tätigkeit, Elarer Umfiht und großer 
Beiaidugten er wirkte bei den wictigften Bauten Der 
efidenz und der Umgegend. Unter feinem bildenden 
Meißel ward die Verbindung eines Flügels des kurfuͤrſtl. 

Reſidenzſloſſes zu Wilbelmshöhe geſchaffen, er erbaut 
die fchöne, den Elementen Troß bietende Diemelbräde . 
i & Karlöhafen und viele der Ihönften Gebäude der Re 
denz find fein Werk. Aber nicht blos ald Maurer und 
" Steinhauer war der Verewigte bei feinen Werken be 
Soäftigt, er leitete viele Bauunternebmungen in ihrem 
sollen Umfang, entwarf oder verbefferte die denſelben 
| Ä ur an uns dienenden Niffe und bewährte fo- die 
3 ned Architekten. Neben dieſer nützlichen 
Beru — welche vielen Einwohnern a 300 
enſchen) Beſchaͤftigung und Nahrung. gab, bat ber 
erewigte alle Pflidten ald Menſch, Gatte, Bater und 
Bürger auf dad treuefte erfüllt und ſich dadurch ein bleis 
bendes Denfmapl in den gergen aller derjenigen geſetzt, 

2 welche ihn fannten. Gegen Die ihm untergebene arbe 
tende Klaſſe ernft, aber liebevoll, rechtlicy gegen ale 
Ritmenfchen, mwoblthdtig den Bedürftigen gegenüber, 
war er der järtlichfte Gatte und beſte Vater, gegen feine 
Mutter ein fehr dankvarer Sohn. Treu dem Vater⸗ 
londe, geborfom dem Gefege, war ihm Feine Bürgers 
sugend unbekannt. No tenige Tage vor feinem Tode 
mwaltete der ſchoͤne, Eräftige Mann nützlich. in Us 
glüdliches Geſchick hat ihn früh dieſer Erde entnommen. 
; 18. Kr. nämlich) mit feiner Grau, feinem Schwager und 
- beflen Gattin aus dem Theater kamen, fuchte ein Offi⸗ 
eier, Ramens Darapffi, Sohn eined. in dem, Bureau 
- ded Staatsminißeriums angekellten Beamten, Streit 


ssoo Audhtohl. 

nzufangen; Ar. wollte demſelben anß-dem Wege geden, 
eier ‚verwundete ibn mit dem ae 
daß er glei darauf feinen Geift aufgab. Arendi. 


125. Otto Chriflian Friedrich Kubfahl, 
Bibliothekar u. Prof. am Kadetteninftitut in Berlin; 
geb. d. 10. Aug. 1468, geft. d. 19. März 1887 *), 
Kuhfahl wurde ald das dritte Kind der zweiten :Che 


eined Daterd Joh. Adam K. in Stolpe, einem Dorfe 
ei Dramienburg, geboren, wo erflerer Prediger mar. 


8.8 erfte Xebrer. Als fid eine Ausſicht zu Stipendien /- 


j 


Der Vater und der recht gebildete Küfter Nikolai waren f. 


eröffnete, brachten ihn Die Eitern 1781 in die Realfchule 
nab Berlin. Hier hatte er feinem Oheim Chriſt viel zu 
verdanken, Aus der erften Klaffe der Realſchule fam er 
in die dritte Klaſſe des Padagogiumd. Als aber die - 
„Ausſichten zu einem Stipendium immer mehr verſchwaän— 


. ben, ging 8. 1755 zum grauen SKlofter über, wo ibm - 
- der Arhidiafonus Augufin, der ru (Superinten⸗ 


dent) feines Vaters, fpäter den Schindlerſchen Freitiſch 
und nachher ein Schindlerſches Stipendium verſchaffte. 
Us im Tabr 1782 befoplen wurde, Die Abiturienten der 
Gnmnafien zu prüfen, gehörte 8. zu den erften, melde 
Das Zeugniß der Reife erhielten und bezog nun 1789 
Die Univerfität Hale. Auf der Univerfität, mo Nöffelt, 
Knapp, Maaß und Eberhard feine Lehrer waren und er 
mit der Kirchengeſchichte ſich am liebſten befchäftigte, 
enoß er die ungetbeilte Achtung feiner Kommilitonen. 
(6 er 1791 feine Studien beendigt batte, fand er fels 
nen Vater, welcher 53 Fahre fegensreich gewirft hatte, 
ald Paftor emeritus. Er farb noch in demfelben Jahre 
‚plögli im 82, Tahre feines Alters. Nachdem Kubfabl 
wenige Wochen im elterliben Haufe zugebracht, auch 


- mebrmald in des Vaters Gemeinen gepredigt batte 


wurde er auf Furge Zeit Hauslehrer in der Samilie dei 
Dberforftmeifterd von Burgsdorf, ald aber noch in dem⸗ 
felben Jahre feine Efeven ind Kadettenkorps traten, ers 
pie er felbft, auf Berwenden feined Principald, am 
6. Dee. 1791, eine Gouverneurftelle bei diefer Anftalt und 


- wurde bierin Der Nachfolger feines noch lebenden Kolle⸗ 


gen Ziefemer. Nachdem K. 40 Jahre Gouverneur gemefen 
war, wurde für den ihm während dieſer Zeit Übertragenen - 


Erſte Beilage zu den Werl. Nachrichten 1837, Me 


— 


* 
J 
x s 














I 
[4 


Kuhſahl. 361 


Unterricht in der Militärencyhklopaͤdie eine Profeffur ein. 


geriatet und er 1801 vom Koͤnige zum Profeffor ernannt. 


raten, wurde. 
X. Sekretär dieſer Geſeliſchaft. Er batte bier die ge⸗ 


teurd der von der Geſeliſchaft erfcheinenden Memoiren 
mit sen. Der unglüdliche Krieg von 1306 löfte die 
? fen ihrer Mitglieder 


zum Mitglied derfelben erriannt und ihm die Präfung 


Chef derfelben, Senerallieutenant von el I 





. | 9. ©. 572, 
„aDefen Biographie f. I. Met. 2, Jabrs. ©. 872, 


... — — — — 190. — — 668. 


der au Tivilperfonen, wie der nacberige Minifter v. 


. in der deutſchen Sprache, fpdterhin-in der Gefdicte, | 


- 
— 


ee Audfahl. 


‚von Branfe *), die Geſchaͤfte des Bibllothekart Aber⸗ 
tragen, wie er ſeit Wippels Tode, vom November 1834 
‘an, dieſes Amt ſelbſt verwaltete, zu Jadr 1835 wurde 
er auf fein Anfuchen, nachdem er tünfundzwanzig Jahre 
lang Das Sefretariat der Studiendireftion bei der allger 
meinen renault: verwaltet batte, dieſes Amts ent 
bunden. Als der Generalmajor v. Braufe auf fein Ans 
uchen vom Sadettenforps ald Direftor der allgemeinen 
Kriegsſchule verfegt murde, batte K. noch Die Freude, 
in. feinem neuen Chef, dem Generalmajor von Belom, 
einen frübern ibm immer Danfbar ergeben gebliebenen 
Zögling zu feben, wie unter feine zablreiben Schüler 
auch der Generalfeldmarfhall von Diebitfch **) gehörte, 
welcher fi bei feiner legten Anmefenbeit in Berlin feis 
ned vormaligen Lehrers freundlich erinnerte, So ſah 
R. in einem rüfigen Greifenalter getroft den legten Tabs 
ren des Lebens entgegen. In vier Jahren mürde_er fein 
funfzigjäbriged Dienitjubildum gefeiert haben, Er batte 
ch daſſelbe eine eigenthümlich fcböne Feier außer: 
eben, indem er naͤmlich das £ünigl. Konſiſtorium bitten 
wollte, ibm ald ehemaligen Kandidaten der Theologie 
au erlauben, an jenem Tage noch einmal dad Wort Gots 
te8 in der Gemeinde feines Geburtödorfes zu verfündis 
gen, wo feine Väter über zmweibundert Jahre lang das 
angelium gepredigt hatten. Sein und aller feiner 
Breunde Wunſch ift ihm nicht erfüllt, worden, Mitten 
in feiner Thätigkeit Üüberrafchte ihn die rödtlidhe Kranke 
beit. Immer ein neues Uebel Fam zu dem durch aͤrgt⸗ 
live Hülfe zum Weichen gebraten binzu, daß alle 
Gorgfalt und Pflege das Leben in dem geſchwächten 
Körper nicht zurücdzubalten vermochte. So enticlief er 
nach dreiwöchentlichem fchmerzlichen Sranfenlager, fa 
immer freundlichen Pbantafien bingegeben, ohne (me 
“ zen Kampf, am Morgen des Palmfonntagd, am Geburtd- 
tage feiner Gattin, Das Kadettenforps, die boben Vor— 
ejehten des Entichlafenen und viele feiner Kollegen und 
Sreunde begleiteten die Keiche zu Grabe, welche auf dem 
Rikolaikirhbof ihre legte Nuhefätte fand. — Er war 
ein gewiflenbafter, ernfter und milder Lehrer, ein lieben» 
der Sreund, ein uneigennäüßiger Arbeiter, ein Dienftfertis 
ger Amtögenojfe, ein liebender Gatte. 





2 S. N. Nekr. 14. Jahrg. ©, 1012. DI 
”) Deilen Biograpbie |. N. Betz. 9, Jahrg. ©. 616. 





2 . 868 


‚126. Joſeph Apollinar Honorat v. Theobald, 
Generalmajor in Stuttgart, Kommandeur 1. Klaſſe des Militärs 
verdienſtordens ıc. 


sed. den 8. April 1772, geſt. den 19. Maͤrz 1887 °), 


I Sin v. Theobald verlor dab deutfche Vaterland einen 
Der.grändlih gebildeten Männer; einen der Wenigen, 
Denen nicht blos eine Sphäre des menfchlihen Wiſfenẽ 
: und Wirkens in ihrer ganzen Ausdehnung offen ſteht, 
: fondern melde fh mit Beige Gewandtheit und gleis 
er Tiefe in den verfchiedenften Streifen der Wiſſenſcha 
wie des Lebens Durch Kath und That zu erproben vermös 
gen; einen Theoretifer, bei melden der lebendigſte Sinn 
ür Die Praxis mit der Theorie an in Hand ging, 
freilich nicht für jene fogenannte Praxis, die undermö> 
‚. gend über 12 Monate_binaus ji eben, die ewige Zer⸗ 
"Hörerin ipred eigenen Wirfend ift, fondern für jene großes 
artige Drientirung in dem_notbwendigen Weltgange, 
melde Menfchenalter und Jahrhunderte mit in ihren 
Bereich zieht, zugleih einen der eigenthämlichfien und 
dem oberflaͤchlichſten Blick am ſchwerſten erfaßbaren Men» 
ſchen, ſo daß ſelbſt unter den Vielen, die ſich ſeines 
naͤheren Umgangs erfreuten, nur eine fehr geringe Zahl 
‚fein Därfte, Die bebanpten Fann, ihn von Grund aus ge 
Eannt gu baben und gewiß kein Einziger, der über die 
Sefanmmtheit der Woſ verſchie denartigen Leiſtungen ſei⸗ 
nes Geiſtes, die in der Regel ohne feinen Namen der 
Welt —— wurden, je eine befriedigende Andeu⸗ 
tung von ibm erhalten bätte. Doc, wie er ſelbſt noch 
vor wenigen Jahren am Grabe eined ausgezeichneten 
Waffengefährten die Verſammlung anredete: „Den Tod» 
“ten, die nit hören, gebührt Dad Recht der lauten An⸗ 
erkennung.” — 9. E., geboren zu Raſtadt im Großher⸗ 
gsehum den, flammte aus einer angefebenen ee 
Familie, aus welder fein diterer Bruder, der badiſche 
Geheimerath v. Theobald, noch am Leben if. Während 
der erftien Jugend unter den YUugen feined Vaters, der 
als Dbrik bei dem damaligen ſchwaͤbiſchen Kreiskontin⸗ 
gente fand, forgfältig erzogen und fofort auf dem om 
naſium zu Strabburg nad einem ſehr umfaffenden Plan, 
yoranlio aber in der Matbematif und den römiihen 
Klaſſikern, in deren Sprache er ih bis zu feinen Tode 


*) Allgemeine Beitung 1827. Her. .108, 104, 106. - 





.364 don Theobald. 
mit Teltener Gewandtheit und Reinheit audzudräden der, 
‚mochte, weiter berangebildet, bezog er, noch ziemlich jung. 
‚die damalige hohe Karlöfchule in Stuttgart, wo er bald 
die Auszeihnung eines fogenannten Chevalierd_erhielt 
und die beſondere Aufmerkfamfeit des Herzogs Karl auf 
ſich lenkte. Nach dem Austritt aus diefer Anftalt, wo. 
ser fi den verihiedenften Studienzweigen, vor Allem 
aber feiner Kieblingäwiffenichaft, der Mat ehatif, gewid⸗ 
met hatte, ſtand er einen Augenblidt im Degeifi als Pros 
feſſor der Geometrie eine Stelle in Graubünden anzu⸗ 
nehmen, die fofort durch ihre Verleihung an den jeßls 
gen König der Srangofen eine Art geſchichtlicher Bedeu⸗ 
sung erhalten bat; allein die Neigung für den vom Va⸗ 
‚ser ber ererbten Beruf übermog in dem Süngling und 
2. %., trat 21 Jahr alt, ald fogenannter Städjunfer In 
Das Artillerieforpd des ſchwabiſchen Kreifed, in welcher 
Eigenfhaft er die Feldzuͤge von 4794, 95 und H6 gegen 
die junge franzöfifhe Republik mitmachte. Aus Den 
Dientten ded ſcwaͤbiſchen Kreiſes trat er im Jahr 1800 
als Lieutenant des Generalftebd in würtembergifche über 
. und bethätigte feine Brauchbarkeit unvermweilt in dem 
‚geldzug Des genannten Zahrd. Nah Beendigung des 
Kriegs avancirte er zum Hauptmann in dem eben er⸗ 
mähnten Korps, worin er überhaupt die ganje Zeit ſei⸗ 
ned aktiven Dienfted bindurdh verlieb und für welches 
feine Natur im eigentlihen Sinne geſchaffen war. Als 
Wärtemberg ſich im Jahr 1805 in Solge Der eingetrete⸗ 
nen Ereigniffe gendtbigt fad, fein Kontingent zur fran⸗ 
‚offen Armee zu fielen, machte er die kurze glorreiche 
Rampagne jened Fahre mit und ward noch während ders 
felben zum Major befördert. Nach dem Frieden wurde 
er ald Generallandeskommiſſaͤr in das große franzöfifche 
‚Hauptquartier beordert, von mo er furz vor Ausbruch 
- - bed preußifhen Kriegs wieder einberufen, ald Adjutant 
‚ded damaligen wuͤrtembergiſchen Kriegsminiſters Herzogs 
Wilhelm *) Bruder des verftorbenen Königs Sriedrid), 
fungirte, Im Feldzug gegen Preüßen in den Jahren 
4806 und 1807 war er Enef des wuͤrtembergiſchen Ger 
neralſtabs, ftieg zum Obriftlieutenant und Hbrit auf, und 
‚erhielt dad Ritterkreuz des mwürtembergifhen Militärvers 
dienſtordens, das noch während des Kaufd des Area 
in rafcher Folge mit dem Kommandeurfreuz zweiter Klaſſe 
vertaufht wurde. Nach dem Feldzug ward ihm aufge 


HS. N. Nekr. & Jahrg. ©. Th 


% 





’ 











k ⸗ 
J 


von Theobald. | 365 


tragen, ein Felddienſtreglement für die wuͤrtemdergiſchen 
Truppen, auf. deffen Kothwendigkeit er zuerft aufmerk 
fam gemadt hatte, zu entwerfen, welches, von der .bierzu 
niedergefegten Sommiffion in allen Teilen genehmigt, - 
alsbald geſetzlice Kraft erhielt. Im Jahr 1808, wo das 
wuͤrtembergiſche Armeekorps abermald mobil gemacht 
ward, avancirte er zum Generalmajor und Generalquar⸗ 
tiermeiſter, wie auch zum Chef des corps des guides. 
Doch am bedeutendſten ſollte für ibn der Feldzüg von 
4809 werden. Neben Beibebaltung feiner übrigen Char⸗ 
en hatte er, kaum über 36 Jahr alt und der Mehrzahl 
einer Mitgenerale in der Dauer der Dienſtzeit bedeus 
tend untergeordnet, ald Generaladjutant und unmittels 
barer Kommiſſaͤr feines wenige bei dem Kommandanten 
des wärtembergifden Armeekorps, die ſchwierige Pflicht, 
die Selbfiftändigfeit diefed Korps und die Autonomie. 
feined Souveränd in deflen Innern Ungelegenveiten den 
franzöfifhen Seldherrn gegenüber zu wahren und bier _ 
über mit dem König eine unmittelbare ausſchließliche 
SKorrefpondenz zu unterbalten. Gleich beim Ausmarſch 
war diefe Stellung v. 8.5 von dem Fommandirenden 
franzöfifden General Vandamme fehr übel vermerkt, 
eine diesfalls ——— Remonſtration jedoch von Rd: 
nig Friedrich mit Seftigkeit zurädgewiefen worden. Auch 
Napoleon ſelbſt enthielt fi nicht, bei einer fpätern Ges 
legenheit ſein Mißfallen über ein folched Amt eines wärs 
tembergiſchen Offiziers durch ein paar zornige Worte 
deutlih zu erkennen zu geben, dachte jedoch Flug oder 
gran gerrug , das Derdienf an demjenigen, der das 
mt bekleidete, anzuerkennen und ernannte 9. T. noch 
im Lauf des Kriegs zum Mitglied der Ehrenlegion. 
Ueberhaupt entledigte no diefer feiner Obliegenbeit, die 
der mwärtember ifden eneralität gegenüber vielleicht 
eben ſo viel Klugheit und Zartfinn erforderte, als, in 
. Bezug auf den franzöfifhen Machthaber mit ausgezeich⸗ 
netem Taft.und zur vollfommenen Zufriedenheit feines 
Monarchen, der ibn nad der Schlacht bei ein mit einem 
— belohnte, und bald darauf zum Kommandeur 
erſter Klaſſe des Militärverbienfiordend ernannte, Nach 
dem Feldzug erhielt v. T. neben feinen bisher bekleide⸗ 
ten Stellen noch das Praͤſidium des Straßen» und Bruͤk⸗ 
kenbaudepartements in Wuͤrtemberg und ward einige 
Zeit fpäter zum wirkliden Staatsrath erhoben. Ueber⸗ 
dies fungirte er, feiner ausgezeichneten mathematifchen 
Kenntniffe wegen, in den Jahren 1810 und 4811: ald 8. 


7 


« 





 jogen, zum Seldzeugmeifter Colloredo, zum Fürften von 
. Schwarzenberg, 7 Fürſten v. Wolkonsky u. ſ. w. zu 
paͤter 


momentanen Aufiraͤgen der Regierung a — 
wie er ſich z. B. im Jahr 1815 in Angelegenheiten, die 


366 von Aeobald. 


Kommiffär dei der mit der Krone Baiernd vorzunehmen. . 


den Grenzberidtigung und brachte dieſes Gefchäft mir 
dem baieriiden Geheimerath v. Gravenreuth *) glädlich 
zu Ende. Kurz vor Eröffnung des ruffifhen Kriegs enw 
warf er eine Inſtruktion für den Belddienft des würtem. 
bergifchen Generalquartiermeifterfiabd, Die ſofort ald Res 
— — wurde. In dem Jeldiug von 1812 
iente er ald erfier Generaladjutant des Kronprinzen, 
jegigen Königs von Würtemberg, deſſen Gunſt er fi im 
gleihen Brad, wie derjenigen feines erlauchten Vaters 
erfreute und batte neben andern gelegentlichen Geſchaͤf⸗ 
ten die offizielle Korrefpondenz ſeines boben Begleiters 
mit dem ‚stönig u deforgen. Schon ın Preußen und 
Polen war v. T.'s Scharfblid der bevorfiehende ungläd 
liche Ausgang der riefenbaften Expedition nidt verbor- 
gen geblieben und er hatte nicht verfäumt, feinen Sou⸗ 
verän darauf aufmerffam zu machen. Als der Kronprinz 
in Littdauen tödtlich erkrankte, erhielt fein Generaladjus 
tant DOrdre, bei ihm zurädzubleiden und wurde, als ihn 


ſofort das gleiche Uebel aufs gefährlichiie ergriff, von 


ihm nach beider Wiedergenefung ins Vaterland mit zur 
rödgenommen, mad vorübergehende Mißdeutungen ver 
anlaßte, denen zufolge er, ohne an den naͤchſten Seldzfis 
gen Antheil zu nebmen, eine Reihe von Jahren in laͤnd⸗ 
scher Zurüdgezogendeit lebte, aus welder er nur in 
bberufen nourde, 


ſich auf die Verpflegung der durchziehenden Armeen bes 


’ 


verfügen batte. befam er auf Antrag des Fürs 
ftien Schwarzenberg den Befebl, fib nah dem Schwarz⸗ 
wald zu begeben, um einen Plan zur Bertbeidigung Dies- 
fer Gebirgögegend vorzulegen. Aus eigner Veranlaflung: 
entwarf er um jene Zeit eine Denffchrift über die Une 
legung von Bundesfeftungen im fädlihen Deutfchland, 
die von dem verftorbenen König Friedrich fehr gut auf 
genen wurde und diefelbe dee enthielt, zu _deren- 

usführung fofort die militärifhe Bundescommiffion in 

ankfurt zufammentrat. Reicher als für die praktiſche 

bätigfeit ergaben fid jene Jahre der laͤndlichen Muße 
für das rein geiſtige Wirken und. vielleicht wird ed über« 


raſchen, wenn man veruimmt, weiche Faͤcher der Mann, bei 


°*) Deſſen Biogvapdie f. N. Nekr. 6. Jahra. S. HR . - ° 


von Theobald. 367 


welchem nad der biöher Bere Ledensſtizze kaum 

für eine andere Wiſſenſchaft, als diejenige des Kriegs, 
bedeutende Ausbildung voraudgefeßt werden Dürfte, neben 
Diefer did zum Tode mit raftlofem Eifer Bere gten Scienz 
zu feinem Lieblingsſtudium ernaͤhlte. Nichts zu fagen 
von der Mathematik, dem eigentlichen Brennpunkt ſei⸗ 
nes Geiſtes, deren er ſich auf ihren —5 Sphaͤren, 
wie der Analyſe des Unendlichen m. ſ. w., im gleichen 
Grade wie auf ihren niedrigen Etufen hemeiſtert haite, 
bilderen Staatöwirtbfchaftälebre, Staatsrecht, Philofo- 
pbie, Theologie und Medicin die Fächer feines eigent 
iden Studiums, während Geſchichte und Poefle zu feis 
ner Erbolung dienten. Fuͤr die beiden fegtern fand ibm 
neben der deutſchen die altrömiſche, die englifde und 
franzöf. Literatur in ihrem vollen Umfang offen, wobei 
ipm_ fein außerordentlihed Gedaͤchtniß, vermöge deſſen 
er Horaz, Virgil, Voltaire, Racine, Pope, Thomſon 
noch im Greiſenalter beinade ausmendig wußte, trefflich 
gu flatten fam. In der Philofopbie mar Spinoza fein 
Aral, von welchem er mit einer fat religiöfen Ver 

e zung ſprach und wirtklich le te feine eigene Geiſtesart 
mit dieſem ſtillen milden eifen, der, unbefümmert um 
Menfhenfekten und Menſchenanſichten, nur feinem Gott 
lebte, eine auffalende Aehnlichkeit. In der Medicin 
batte er ed fo meit gebradt, daß er 5. B. während je 
nes Sandaufenthaltd bei einer plöglip eingetretenen ner. 
vöfen Hirnentzürfdung feines jungen Sohnes fo med: 
mäßige Vorkehrungen traf, daß der fpäter angefommene 
Arzt erklärte, dad Kind verdanfe lediglich dieſen mit 


ebenſovbiel Umſicht ald Gefhicklicfeit angewandten Mit 


teln das Leben. In der Staatswirthſchaftslehre oder 
richtiger ausgedrädt in der Theorie ded Geldumlaufs 
wurden feine tiefen yoeen von den gerichtigften Autos 
ritdten anerfannt und ihm unter Anderm von dem be> 
kannten franzdf. Minifterpräfidenten Villele für ein zus 
geſandtes Memoire uͤber Vereinfachung ded Penfiond- 
weſens ein fehr fchmeichelbafted Schreiben augerbeilt. 
In Bezug auf feine allgemeine Denkweiſe fei bier nur 
noch bemerft, Daß er, der während Napoleond Macht 
der unverblendere und unbeſtechliche Durchſchauer feiner 
Die Sreiheit Europas gefährdenden Herrſchſucht geweſen, 
der erflärtefte Bemunderer des gefallenen Helden murde, 
edoch blos der Bemwunderer feiner Kraft und feined 
eldderrngenied, dad er fe Caͤſar unvergleichbar. in der 
Geſchichte erklärte, nicht- feines Geifted im allgemeinen. 


‘ 





[1 


3868 von Thetobald. 
Napoleons Mangel an Idealitaͤt, fein, wenn auch groß⸗ 


.— 


x 


artiger und Durch eine fHöpferifhe Phantaſie überkleis 
deter Materialismus fanden in v. X. ftetd einen erklaͤr⸗ 
ten Gegner. Alſo varbereiter betrat v. T. im Jahr 1819 
von der Stadt Eßlingen zu ‚ihrem Abgeordneten, bei der 
Eonfiituirenden Verſammlung Wärtembergd- gewählt, die 
Laufbahn und wurde fofort von den 
Landſtaͤnden zu einem der ſieben Kommiffäre ernannt, 


‚ welde mit dem Deputirten der Regierung in unmittels 


: gufepen, ein Projekt, das der Nändifhe Ausſchuß 
in: 


‘ 


bare DBerbandlung zu treten hatten. Nach Beendigung 
Diefed Landtags ward v. T. von der Stadt Eßlingen 
für fib und feine Nachkommen mit dem Bürgerrecht be> 
ehrt’ und für die folgende Landtagsperiode, 1820 bis 1926, . 
abermald zum Abgeordneten erwählt. Auf diefem wie 
auf dem folgenden Landtag (1826 — 1832), auf welchem 
er ald Abgeordneter ded Dberamtd Tettnang eridien, 
bethätigte er ſich ald eined der eifrigſten und vielfeitigft 
gebilderen Mitglieder. Seine Bemühungen, eine Verſor⸗ 
gungsanftalt für die Hinterbliebenen fämmtlityer Staats⸗ 
Diener durch die Hälfte der beimfallenden Penfionen zu 
begründen, feine ol für eine von Staatdiwegen 
u errihtende Verfiherungdfaffe, Über die Verminderung 
ed Staatsaufwands, über eine Modififation des Refrus 
sirungögefehed zeigten ihn als eben fo gemwandten Red» 
ner, wie als dachten Sreund ded Volks. Eben fo anges 


| au verwendete fih v. T. auf jenen Landtag, feinem 


nn für allgemeine Humanitdt gemäß, fir Die Emancipas 
tion der Juden und ermarb ſich dadurch von Seite der 
achtbarſten in Stuttgart anfdfligen Befenner des Moſais⸗ 
mus die. angelegenften Danfbezeugungen. leider Dank 
wurde ihm auf feriftliden Wege von einigen Geneins 
devorfiehern zu Theil, ald er den DBorichlag gemacht 
batte, die Zinfen der Staatöfhuld auf 4 Procent —— 
päter 
irtfamfeit brachte. Auch Hs, er beftig gegen die 
Todesſtrafe. Neben jener parlamentariſchen Thätigkeit 
und ſchon vor derſelben dußerte ſich die literariſche 
Wirkſamkeit v. T.'s fo vielſeitig und vielfach, daß und 
hier nur geſtattet fein kann, dieſelbe nach ihren dußer- 
ften Umrilfen anzudeuten. — Geine meiſten Schriften 
find anonym erfhienen und wir nennen von ihnen: His. 


Rorifher Gedanke üb. d. Vertheidigungdfrieg, im 7. St. . -- 


d. Europ. Annal. von 48115 an dieſe Abhandlung erin- 
nerse ſich der Verftorbene mit befonderer Befriedigung, 
indem der Aufſatz ganz .diefelbe Principien -auffielte, - 





% 


N 


von Zheobald. 7% 


Die fpdter Rogniat im 13. und 14» Kapitel der conside- 
ration sur l’art de guerre ausſprach. — Der Bolt. 
krieg, ein frategiiher Verſuch im November, oder Des 
cemberbeft der europaͤiſchen Annalen von 4813. — Milis 
taͤriſche Beſchreibung ded Schwarzwaldes aus d. Franz. 
des Generals v. Guelleminot, mit einem von v. X. un⸗ 
mittelbar herruüͤhrenden Anbang über die Vertheidigung 


von Schwaben. Stuttg. 1815. — Strategifhe Studien. 
Ebend. 1817. — Bemerkungen über d. Seldzug v. 1706 


in Deutfchland im A., 3. u. 6. ©t. d. europaͤiſchen Ans. 


nalen von 1817, eine Schrift, d. unter dem militärifhen 
Publikum bedeutende Aufmerkſamkeit erregte; aud fie . 
iſt den dem Derf. damals noch nicht befannten Grund: 


fägen Rogniats ganz entfpredend. — Entwurf ‚einer 
Xriegborbnung f. d. Königr. Würtemb. Stuntg. 1817. — 
Die Legion in Deutſchland. Ebend. 1818. — Die rechte 
Webrverfaffung. 1819, ein Verſ. d. Zegion Rogniatd mit 
den Landwehrſyſtem in Einklang zu bringen. — Weber 
d. Bedeutung von Mannheim u. Ulm in dem Verthei⸗ 
digungsſyſtem v. Deutfchland. Ebend. 18109. — Die fons 
Ritutionele Staatövermaltung od. Spftem d. brittifchen 
Staatöverwaltung v. Karl Dupin; aus d. Sranzöf. mit 
zahlreichen Anmerkungen. 1823, obne Drudort. — Ge 
—** Napoleons u. d. großen Armee von Seguͤr aus 
dem Franzoͤſ. Ebd. 1825; „„c’etait ä moi & vous traduire" 
fchrieb ibm der Verf. Diefer Ueberfegung, „vos couleurs 
sont plus rives, vos expressions plus nerveuses que les 
miennes. De nos deux ouvrages c’est & present le-mien 
qui est la copie, le votre est devenu le modele.“ Wenn 
diefe Worte au nur Auddrud der Höflichkeit ſind und 
Die etwa zu Grunde liegende Wahrbeit mehr dem 

rafter tnferer Sprade an fid, ald der Kunft des Ueber» 
fegerd zu Gute Fommt, fo bemweifen fie wenigftend, mit 


welchem Danf der geiftreiche Segär Die Arbeit des ihm 


feelenverwandten Deutſchen aufnahm. — Weber die naͤch⸗ 
ten Urfachen der materiellen Erſcheinungen des Univer 
fumd von Sir Ridard Philipps. Nah dem Engl. bes 
arbeiter von Theobald u. Profellor Lebret. ” . 1826. — 
Vouftändiged Handb. der prakt. Nationaldfonomie von 


s Say; aus dem Franzoͤſ. Ebend. 1829. — Zahlreiche Ars 


tikel in das feit einigen Fahren unter d. Redaktion von 

Rotteck und Welfer eriheinende Staatölerifon, bald 

militärifcben, bald fiaatsöfonomilhen Inhalts, wie + D. 

Aſſekuranzen, Kongreveſche Raketen u. f. w. Noͤthig 
N. Metrolog. 15. Jahrg. 24 


370 von Theobald. * 
\ 5 es, dier noch zu demerken, daß eine unter dem Ramen 
v. Tas erſchienene Ueberſetzung von Walter Scotts 
Napoleon, die wegen mehrfacher Verſtoͤße gegen den 
Sinn ded Drigmald getadelt wurde, mit geringer Aubs 
nahme nicht von Theobald felbft, fondern von einem ſchon 
- vor Jahren -gerforbenen jungen Mann berrährt, welchem 
‘jener im Drange parlamentarifder Gefwätte die Faum 
begonnene Arbeit_übergeben hatte und fofort durch Die 
eben genannten Grlinde verhindert blieb, Die Uebertra— 
gung mit der Urfoprift genau zu vergleiden. — Die auß: 
geze ichnetſten militärifhen Schriftfteler unferer Zeit, der 
ranpöfife General Pelet, der ruffiide General Jomini, 
anden mit dem Derftorbenen in fortmährender Korre⸗ 
onden; und beedrten ihn mit en ihrer verſchie⸗ 
im Sapr 1804 mit 


a. vermieden, die Verſtorbene nur zu nennen, allein Die 


rt 


- dauernde Ser lERDSTOBFENG mit derfelben glaubte. Ueber: 
gab mar die dem oberfl 


jemand, pabte auf ihn das treffinnige Wort Scillerd: 
Welche elig 
“ fair nennft! Und warum feine? Aus Religion!“ Eben 


r 


⸗w⸗ 


’ 


Daunon; a.:d. Sranı. u. f. m. v. 


von Zheohald. | 3%] { 


richtlide Notorisät erhalten. Er bielt eine fol 
antöverfaffung bei dem gegenwärtigen Zuftand Euro» 


—— d. Kriegskunſt, nah Ventürinis — 


nach d. beiten Quellen frei bearbeitet. Ebend. 1820. — 
"Ueber Militärfpkeme, von J. Th. Ebend. 1822, — 
Ded Baron von Rogniat ae aötungen üb, d. Kriegs. 
tunft ıc. äberfegt v. Generalmaj. v. Theobaid, vermehrt - 
non MS... . Ebend. 18233. — * Was mollen die: 
foren, Dder zer —— 7 ee 
— J. zb. ehr. 1828, — 


Die Eehre von den Zeitrenten, Leidrenten und Wirmens 
renten. Ebend. 1823. — Peiet Feldzuͤge d. Kaif. Napo» 
er ‚aeutfaland, alien u. Dolen I J. pen 
2. Ditionen von Neapef u. - m. Aus d. J. 
Aberf. 1.50, Ebend. 18. . 


Eee, 


BE 0. rn 


*. 127. M. Chriftian Friedrich Stange, 
Dfarrer su Weißig bei Dresden; 
ned. den 9. Dec. 1768, geft. den 20. März 1837. 


.. Er war u Hoyerswerda in der jet Königlich preis 
Eifnen Dberlanfig_aeboren. Seinen Vater, den Rektor 
an. der dortigen Stadtſchule, Joh. Fr. Ehrift. Stange, 
verlor. er im December 1800 durch den Tod; feine Muts 
ser wer eine geborne Meflerfchmide, Poftmeifterd Toch⸗ 
ser. aus Stolberg am. Harz. Als actjähriger Knabe 
wurde St. von feinem Dater nad Dresden gebracht 
und mar nun daſelbſt 6 Jahre fang Slapellfnabe in der 
evangelifhen Hoffapelle. Roch in ipäten Jahren genoß 
er die berrlichften Srücte dieſer frühen und treffliden 
. Gefanigübungen, indem er oft von feinen zahlreichen 
Kirhfindern megen feines ausgezeichneten Gelangd ber 
wundert wurde. Bon Dresden aus begab fib St. auf 
Die Furſtenſchule Pforte bei Naumburg, wurde am 7. Mai 
-4790 auf der Univerfität Leipzig inferibirt und nachdem 


„er daſelbſt 4 Jahre und 2 Monate Theologie ſtudirt barte, 


befand er am 1. Dftoder 4704 vor dem Oberfonkfiorium 
m Dresden dad Sandidateneramen und ertheilte nun 
dunqaͤchſt den Kindern des Major von Sperl und anderer 
adeligen Familien in Eilenburg Unterricht. Doc ſchon 
im Jadr 1800 wendete er fi, verfeben mit einem em⸗ 
‚pfeblenden Zeugnig ded damaligen Superinzendent M. 
C. G. Heinrich in Eilenburg, nachdem er 1798 die Mas 
‚gikerwärde erlangt batte, wiederum nad) Dresden, wo 
er zunaͤchſt in vornehmen ‚Häufern Unterricht ‚ersheilte, 
am. 28. März 1803 aber ſchon die Stelle eines Aſſiſtenz⸗ 
lebrerd bei dem adeligen Kadettenkorps und im Tan. 
4804 zu.der Würde eines Adjunfts bei gedachtem Korps - 
‚erhoben. wurde, weldes Lehreramt er mit gemwiflenbafter 
Pünktlichkeit verwaltete, bis er im September 1806 als 
gene zu Weißig bei Dresden vocirt wurde und. dieſes 

mt noch im November deſſelben Tabrö antrat. Im 
Fahr 1808 verheirathete fihb St. mit der jüngften Toch⸗ 
ter des aräfl. ſtollbergiſchen Geſandtſchaftsſekretaͤr Stein 
bad zu Dresden. Dad durch umfihtige Wahl einer 
edien und liebevollen Lebendgefäbrtin begründete Gluͤck 
. feiner Ehe wurde aber nur allzubald getrübt, indem er 
den frübzeitigen Tod zweier Söhne und einer Tochter 
zu betrauern hatte und der juͤngſte Sohn (jegt Stud. theol. 
‚au Leipzig), auf den nun die Eltern ihre einzige Hof 














Stange. . 878 


feßten, durch andaftende und bedemtende Kraukden 
—A — Bee 


indbeit fehr viel leiden mußte. Sragen wir 


sun auch nach den Sreuden, die ibm in feinem Samiliens. 


leben zu Theil wurden, fo nimmt unter andern die Aus 
bildung feines einzigen Sohns, der er ih mit allem Eifer 
ganz allein unterzog,, wohl eine der erſten Stellen ein und 
außerdem gerefbte es ibm auch zur innigſten Sreude, 
daß er die Erziehung des aͤlteſſen Sodns Genigen Pa 
Korb zu Schwarzrollen und Taͤtſchwitz bei over werda) 
feines einzigen, noch zu Hoperswerda als 
lebenden Bruders von der zarteften Kindheit an über⸗ 
nedmen und ihn für die gelehrte Schule ebenfalls felbk 
vorbereiten konnte. Binden wir alfo den Verewigten 
auf der einen Seite in feinem Familienleben ſtets thätig 
und beforgt für dad Wohl feiner Verwandien, (of 
nen wir ibn auch auf der andern in feinem amtliden 
Wirkungdkreife ganz in eben diefer Art beobachten und 
ırttellen. Denn wie er Ab im Allgemeinen, im r 
Eifer fürd Chriſtenthum, ald einer der gemiffenbaftenen 
Lehrer in Kırde und Schule durch feinen Acht proteſtan⸗ 
sifhen Unterricht, bei dem ibm vorzuglich Reinbard als 
Mufter vorſchwebte, vor Vielen feiner Zeitgenofien aus⸗ 
geichnete, fo bat er fib auch durch feine unermädere 
tigkeit noch manches befondere Derdienft und man 


ed dankbare Herz erworben. Denn _er balf fe gern, - 


wo er nur die Noth Leidender und Bedrüdter in der 
Nähe und Gerne irgendwie erleichtern Eonnte. So batte 
er denn aud, um wenigſtens ein Beifpiel anzuführen, 
. Die große Sreude,, nach den ſchweren Kriegsjahren, als 
von allen Geiten ber Hülterufe und befonderd aus dem 
Erjgebirge Bitten der Ungluͤcklichen gehört wurden, durch 

f Wort nicht nur in einem fehr großen Theile Sach⸗ 
end, fondern ſelbſt in einigen Städten Preußens, Die 
Herzen der vom Geſchick weniger hart Betroffenen für 
Ungläd jener armen Gebirgsbewohner zu gewinnen 
und durch febr bedeutende Summen, die cr an die vers 
f&diedenen bülfdbedärftigen Ortſchaften einfandte, ihre 
Roth bedeutend zu mildern. Und wie gern fanımelte er 
noch in feinen fetten Jahren für Dad Dresdner Taub⸗ 
frummeninflitur, wie war er bemüht und felten obne 
gänfigen- Erfolg, Sreunde für die Miffiond» und Bibel 


fellicbaft und abnliche mwohltbätige Zwecke zu gewin⸗ 


ge 
nen! Auch im engern Kreife zeigte ſich diefer fein edler 
a 1 an obwohl. er nie Bermögen befaß, fo unter 


oͤn. Beamter. 


doch manches bülfübsbürftige Glie ‚feiner, 


ST . Glaſer. 


Kirchengemeinde und zeigte ſich ſtets für gemeinhägige 
—*— Audi Aber auch mußte mit Tauſenden — 
ruͤder das adeilen, ‚in ſeinen redlichen Beſtrebun⸗ 
en ſehr oft und mannichfach verkannt u werden. 

ben legten Jadren lebte er mehr nur in feinen amtlichen 
- and bausliiden Kreid zurückgezogen, wozu er fib auch 
noch dur gunchmende Koͤrperſchwaͤche veranlaßt fühlte, 
wiewdhl fein Körper and Geiſt außer im Jahr 1828 nie 
durch eine Krankheit geſchwaͤcht worden iſt. Sein Ende, 
erfolgte HÖR unerwartet am oben genannten Tage durch 
einen Nervenſchlag. — Seine Schriften find: Unter 
redungen eines Vaters mit feinen Kindern-üb. d. menſchl. 
Seele. Leipzig 1801. — Wag haben wir zu thun, wenw . 

mir bei d. fortwährenden Tpeurung der. Zukunft mutbig: 
und getroft entgegen feben wollen? Eine Predigt fer 
Zur, 16, 19— 1. Oſchatz 1805. — Diefe Predigt erlebte 
Getzt gewiß etwas Seltenes!) in d. Sabre ihres Erfcheis 
nens d. 2. Aufl. u. bemweift hinlaͤnglich, wie fehr ih St. 
auch als geitliher Redner auszeichnete. — Ferner ließ er 
‘ druden: Der Diebflabl; eine Predigt mit Bezie⸗ 
Wing anf die-viefen, feit einigen Jahren im Königreich 
Sachſen u. angtängend. Ländern al Ace Feuers⸗ 
brunſte. Dresden u. Lpzg. 1833. — Außerdem lieferte er 
noch einen kurzen Aufag zur Vertheidig. d. Todesſtrafe 
in Die polizeil. Mittheil. Sachſens. — Endlich beſihen 
wir auch noch einige deiter⸗ernſte, wohlgel. Gelegendeſts⸗ 
gedichte von ihm m. einiges aus d. Franzoͤſ. Ueberſetzte. 


* 128. Andreas Friedr. Gottlieb Glaſer, 
Dottor der Theologie u. Magiſter der Philoſophie, großherzogiich 
medlenburg⸗ſtrelitzſcher Konſiſtorialrath, Superintendent und Hof⸗ 
prediger zu Neuſtrelig; 
geb. den 11. März 1702, geſt. ben 21. Maͤrz 1897. 


. Er war geboren gu Schwäbifh Hall, einem wärtens 
‚bergifhen Städtchen am Kocherfluß wo, wie vertautet, 
- fein Vater Derzeitig im geiftliden Amte geſtanden haben 
ſoll. Daſelbſt auch theilweife vorgebitdet und zum Dienſte 
der Kirche beftimmt, bezog er im 19. Jahre Die Univen 
ſitaͤt TAbingen und lag bier in dem theologifhen Stifte 
während einer geraumen Zeit dem theologiſchen und 
pbiloſophiſchen Studium od, Nah Zurücklegung der: 
adademifchen Jahre begab er ſich nah, Holland, woſelbſt 
er namentlich zu Hang. längere Zeit lebte und fon da⸗ 
mald dur mehrere fiterarifche Arbeiten ſich bervorsfat 


‘ N 








Safer: 6 


ad Autmerkfamleit In der Schrififtelermels erregte. 

» 1708 zum Magilter der Poilofopbie promovirt, mandie 
ſich fodann nad Helmftädt und übernahm daſelbſt im 
dr 1800 dad Diafonat am St. Stepban, wurde aber 
on Daneben 1804, bei feiner Vorliebe für ein afade» 
wilne Lehramt, auch zum vierten ordentliden Profeflor 
er Theologie an der Dafigen Univerfitär berufen und im 
Sftober 1806, ald am Gtiftungdfete dieſer Hochſchule. 
honoris causa zum Doktor der Gottesgelahrtheit Ereirt. 
Den 3. Mai 1809, nah dem Tode des Konfiftorialrarhs 
D.4. ©. Maſch, erbielt er endlich von dem verfiorbenen 
Großherzoge Karl den Ruf ald Konſiſtorialratd, Super ' 
. intendent. und Hofprediger nah Neuftrelig und wurde 
in diefen Aemtern dort den 14. Mai deſſelben Jahrs 
feiertihft inſtallirt. In allen denfelden diente der Hin— 
ne Staat und der Kirche mit großer Treue, 
9: chicklichkeit und reichem Erfolge beinahe 29 Jahre 
lang. Er war überhaupt, fo vielfach er aucd verbannt 
worden if, ein Mann von ausgezeichneter Gelehrſamkeit 
ynd ein dümaner Eraminator. Bon ibm konnte man in 
einem — immer gründliden — Examen wohl mebr fer 
nen, ald in einem: balbjährigen Vortrage fo mancher 
Blonde” der Theologie. Indem wir bier nur DaB 






ibtigfte von allen dem, was er ald Dirigent des 
onfitoriumd und des Oberſchulkolegiums, Superintene ° 


dent ıc. ‚geleitet, dervorbeben wollen, maden wir zus 


nächſt auf den Antbeil aufmerkſam, den er auf die befe 
ere und zweckmaͤßigere Einrichtung der großberzoglihen 
ifdungsanftalt für Käfer und Landſchallehrer und bes. 
ren bernac im I: 1819 erfolgten Verlegung von Reus 
relig nad dem Schloſſe zu Mirom, fo wie der vers. 
effesten Schuleinridtung des ganzen Landed gehabt bat. 
Even fo beachtungswerth iR das, was er in geikliben - 
und Eirhliden Ungelegenbeiten gethan; was er als Afas 
demifer genügt bat, * beſchraͤnken wir und blos anzu⸗ 
äaͤhren, daß die theologiſchen Disciplinen, über welche 
er Vorleſungen gebalten, dauptſaͤchlich find die Exegeſe 
des N. Teſtaments, Kirchengeſchichte, Dogmatik u. f. m. 
Neben feinen theologiſchen Kenntniſſen befaß er eine 
vielfeitige Bildung, melde er fib auf feinen weiten 
Neifen und durch feine vielfaden De nnungen mit 
gelehrten Männern erworben batte. Er fprach und ſchrieb 
- Holldndifb und Enaliid eben fo fertig und korrekt 
und befaß nicht gewöhnliche Kenntniffe in der Natur - und 
Erdkunde, — Gein Eod erfolgte nad langen Körper. 


J 


- 


376° Glaſer. 


% 
leiden. Seine daͤuélichen Berbältniffe anlangend, fe 
war er zweimal auf das glädlichfe. verheiratbet, juerk 
(feit 4805) mit Ehriftiane Zuftine Sriederife Cappel aus 
elmſtaͤdt und nach deren am 43. April 4818 an einer 
ungenentzüändung in ihrem 48. Lebensjahr erfolgten 
Ableben verband er fi zum andern Male zu Podewall 
Den 29. Dec. 1819 mit 3. 3. H., geb. Binder, welche 
ihn überlebt hat. Nur aus der erften Ehe hinterläßt er 
wei Töchter, von denen die dltefte, Henriette Wilbelm. 
aroline,, feit dem 26. Sept. 1825 an den Waftor J. €, 
£. Thiele zu Triepkendorf vereblicht und die jüngſte, 
Dorothea Louife Augufte, feit dem 18. Tan. 1834 die 
Gartin des Predigerd Wild. Kracht in Woldegk iſt. — 
Als Scrififieller gab_er beraud: Verſuche im Predig» 
sen für gebildete Zuhörer. Lingen 1790. — Rechenſcha 
eined chriftl. Zebrerd vor feiner Gemeinde, 3. Bemeife, 
Daß er feine beilige Pit, ibren Wachsthum in ber 
Erkenntniß unferd Herrn und Heilands Jeſu Chriſti zu 
befördern, treu u. fleißig erfüllt babe : in einer Predigt - 
üb. d. 3. Artikel_der Augsburg. Konfeflon, abgelegt zu 
Amſterdam am Sonntag Abend den 26. Fan. 1791. von - 
od. Ehr. Baum. Aus dem Hollaͤnd. uͤberſ. Eine Beis 
age 3. Geſch. d. jetzigen Spaltung in d. luth. Gemeinde 
au Amfterdam. Ebd. 1791. — Konpnenburg’d Unterſuch. 
b. die Natur der altteſtamentl. nee ungen aud dem 
Meffiad. Eine aus d. Holländ. uͤberſ. Dreistorift. dd. 
4791. — Homilien, Betrachtungen u. Charaftergemälde 
5. Beförderung curiftl. Weisheit u. Tugend, mit befon- 
derer Hinſicht auf gebildete Zefer u. auf die gegenmärt. 
Beitbedärfniffe. 2 Ch. Ebd. 1796— 1808. (Der 2. Theil 
auch unter dem Titel: Auszüge aus einigen Predigten 
üb. wichtige Gegenſt. der riftl. Bittenlehre, mit befons 
derer Hinſicht auf d. Geik und die Gebrechen des Zeite 
alterd.) — "Wie gut ed fei, wenn dur Gottes Dors 
ſehung Menfchen v. Menfchen getrennt werden. Brauns 
ſoweig 1799. — *Der Herr it nabe; eine Predigt bei 
der Seiler des neuen Jabrh. Helmft. 1801. — Dissertatio 
exegetico-historica de Joanne Apostolo, Evangelii, quod 
rjus nomen praese fert, vero auctore ‚ respectu recentio- 
ram quarundam dubitationam atque criminationum. Helm- 
»tädt 1806. — feben u. Regierung des Papfted Leo X., 
von Wild. Roscoe. Aus d. Engl. überf. Mit Anmerk. 
v. H. 8. T. Dende. 3 Bde. Leipzig 1806-8. — febte 
Konfirmationdrede und Apdfcbiedöpredigt ꝛc. Helmſtaͤdt 
1809. — Antrittspredigt in Neußrelig über Job. 4, SU 


Bandhauer. "897 


4. Ä Ä 
in d. Hofkirche am erfi. Vfingſttage 4809 gedalten. Neur 
—2— 1809. — Gedähtniäpred. auf dad am 19. Zul 
1810 zu Hobenzierig, erfolgte ee Abſterben Ihro 
Majeſi. d. regier. Koͤn. Louiſe v. Preußen, am 6. Sonn⸗ 
sage nach Trinit. üb. Job. 14, 3—29, in der Schloßs 
"firde zu Neuftrelig gebalten. Neuftrelig 1810. — Eins 
weibungöpredigt bei d. Wiedereröffnung d. Marienkircho 
zu $riedland üb. 1. B. d. Kön. 8, 7—30, d. 14. Jan; 
1810 gehalten. Neubrandenb. 1810. — De Joanne Baptista, 
insigni virtutum, quao doctarem evangelii ornant exem- 
lari, quale imprimis Jöaunis cap. 1, 19 —2%8 delineatur. 
eastrelitz 1811. — Gedaͤchtnißpredigt auf d. hochbetrübte 
‚ Ubleben Sr. Ein. H. des allerdurdl. Großherzogs Karl, 
Ludw, Sriedr. v. Medlend. » Strelig. Neuftrelig 1817. — 
Mebrere Auffäge in Hende’d Archiv f. d. neue Kirchen 
ſchichte, Band 4, 5 u. 6, in den Rintelſchen theolog. 
nnalen u. f. w. 


Schwerin. Sr. Bruͤffow. 
* 129, Gottfried Bandhauer, 


Daurath außer Dienſt, in Roßlau (Anhalts Köthen)g 
geb. d. 22. März 1791, geft. d. 38. März 1837. 


“ Er flammte von geringen Eltern, lernte dad Zimmer 
mannshandwerk und zeichnete ſich fchon früb durch viele 
Anlagen, namentlich ſolche aus, welche in Beriebung‘ 
auf Das nachher von ihm gewählte Berufdgeichäft ſtam 
den. Im Jahr 1809 ging er ald Geſell feines erlernten: 
Dandwerkd auf die Wanderfbaft und feine Reifen ver⸗ 
mebrten und erweiterten die vielfah von ihm erworbes 
nen Kenntniſſe. Don 4814 an fludirte B. unter dem 
Oberbaurathe Moller in Darmſtadt Architektur, wurde. 
bier für die J. 1816, 1817 und zum Theil 1818 interimis 
ſtiſch und als Lehrer an der Baufchule angeftellt und 1818 
Diätariud zu Düffeldorf, wo er die große Kavallerie⸗ 
Foferne in der Neuftadt audgeführt bat. In Diefer feie 
ner Stellung ward er Dem nun verewigten Herzog von’ 
Köthen *), dem Vorgaͤnger des jet regierenden Dergonß, 
befannt und jener ftellte ihn 1820 ald Baufondufteur 
in feinen Dienften an. Im 3. 1822 ward er zum Baus» 
infpeftor und 1824 aum Baurath befördert. Den meilten 
Ruf ſchien B. anfänglih durh den Bau der Ketten. 
brüde bei Nienburg an der Saale zu gewinnen. Man 


e) Deffen Biograpdie f. W. Nele. 6. Jahrg. ©. 634 


r 978 Brandhauer. 


— 


- 


% 
war geſpannt auf dieſe im nöordlichen Deutſchland disber 
unbefannte_ Erfrinung. : Viele line jedo& 9m 

luͤcklichen Erfolg; man beforgte und man fpöttelte. Nah 
Seendigung des Baued fieß 3. eine große Laft, weicher 

r voranritt, über die Brüde fahren. Die damalige, 
gt verwittwete, Herzogin von Anbalts Köthen ‚befand 
in dem anmutbig gelegenen und ſchoͤn 


zum Befud 
geihmädten derzogl. Schloffe zu Nienburg a. d. Saale, - 


o fie oͤfters mit ihrem berzogl. Bemable weilte. Der - 

Beni ‚erfreute an jenem verbängnißvollen Tage feine 
emablin dur einen Beſuch. Die Buͤrgerſchaft hatte 

beſchloſſen einen Beweis ihrer unbängligteit an das 


regierende Haus zu geben und brachte 


e Ber g und. 
der Herzogin in einem Fackelaufzug ihr Lebe 6. Der 
Aktuarius Nagel in Nienburg batte den Gedanken, ed 
muͤſſe einen ſchoͤnen Anblid gewähren, wenn man fich 
auf die Kettenbruͤcke begebe und von dort. die Sadeln in 
gi Saale lcuchteten. Der Rath “ward angenommen. 

ine fehr große Menge Menſchen eilte auf die Brüde, 
die nun völlig angerällt war und. mebrere Mufici bes 
gennen auf derfelben zu fpielen. Bald darauf, alö die - 
rüde betreten wurde, brach plöglih bie linfe Hälfte 
und alle, die auf dieſer Aanden, Itürzten in den Fluß, . 
a alle, die auf der rechten Hälfte ſich befanden, 
fogleih fi retteten. Der erite berabitürzende Balfen zer— 
fchmetterte den Kopf des Aftuariud Nagel, welcher un. 
bewußt den Kath zu den Umſtaͤnden feined Todes ge 
eben hatte. Die Muflei ftürsten noch blafend in Die 
ale. . Dad Hraden der zuſammenſtürzenden balben 
Brücke dröhnte durch zen Nienburg, womit fi. in denw 
felben Augenblide das _gränzenlofe Wehe» und Tammers 
geiarei der Verunglädten verband. Ed mar ein dunkler 
bend und die Sadeln verleihen theils im Strom theils 
leuchteten ſie nicht poͤllig binein in dad unüberfehbare 
Elend. Vierzig und einige Leiden wurden nach und 
nad aus dem Stuffe gezogen. Die Zahl der Verſtum⸗ 
melten war noch weit größer. Wenige Samilien waren 
ganz von dem Ungläd verſchont; Alle fuchten die Ihri⸗ 
gen. Sehr dirle von den Herabgeflüriten wurden ges 
zettet, zum Theil von_fremden Schiffern, zum Theil 
von Eindeimifcben, 3. B. dem Kaufmann Pichier, ein 
anderer Tbeil fdwammı auf Bretern bis nah dem. eine 
tunde Aromabmwärtd entfernten Wedlig. Un einem 
age wurden naher die Ertrunfenen begraben und nur 
einige waren damals noch nis aufgefunden, B. befand 








HSimly. 879 


‚ Mb zu jene® Zeit It Korhen. Ueber die Aouttruftion 
Des Baues bat er ſich nachder in einer Schrift zu ver⸗ 
tbeidigen gefuht: dem nit bihreihend guten Eifen 
iR Die Schuld des Bruchs beizumeflen ‚geftrebt- worden. 
Spöterbin erbauete B. in Köthen die katholiſche Kirche 

. und bei diefem Baue verloren dur den Einkurz eine 
Geruͤſtes mebrere Arbeiter ihr Leben. Seine Bertbeidis 
gung sing’ dahin, daß er nicht die Eingelndeiten dieſes 

’ aued zu leiten gehabt habe. Seit geraumer Zeit mar er 
außer Dienſt und privatifirte in Roßlau. Einige Jahre 
vor feinem Tode gerieth er weden eined von ihm in den 
— Anzeiger der Deutſchen gelieferten Aufſates, 
in dem beleidigende Perſoͤnlichkeit angetroffen ward, In 
einen Proceß, welden er verlor. Bein. Wunid, in eine 
erneute Anſtellung zu treten, welcher vom Legationdrath 
Dr. Hennide zu Gotha wohlwollend im Allgemeinen 
Uinzeiger der Deutſchen mit Beziehung auf die willen 

ſchaͤftüiche Tüchtigkeit ded Mannes unterkänt ward, iR 
richt in Erfüllung gegangen. — Seine Werke And: Drei 
laͤne von verfdiedenen Baumeiftern m e. Baue, Dem. 

8 79 z. beil. Geiſt, mit dazu gehür. Dekonomichofe 

oͤthen. rip: 1826. — Ein Beitrag zur bürgerl. und 
Landbautunf. Ed. 13%. - Verbandi. üb. d. artiſtiſche 
Umterfuchung ded Baues der Hängebrädfe &b. Die Saale 
Bei Mönden, Nienburg. Ebd. 1827. — Kupfertafeln und 
Erläterungen. zu dieſem Werke. Ebd. 1838. — *ipeorie 
der Ofwälde und Kettenlinien. Ebd. 1831. 

‘ i Dr. M. Schmidthammer. 

2 130. Karl Guſtav Himly, | 

Hofraih ordenti. Hrofeſſor der Heilkunſt u. Direktor des akadem. 

Fersen auf der Liniverfität Göttingen; Nittel deB Guelphens 


ordend; prdentliched Mitglied vieler gelebrten Sorietäten und 
Akademien; 


geb. ben 80. Apr. MR, geft. 22. März 18375 . 


idm geſtatteten, Alles zu erlernen, was er au feiner Ant 
nicht gen 2: 
lovende Anita nude zur Borbiidung der M 


t dem J. 1790 unter ihre Schälw., we 
meijährigen Aufenthalts it derfelden waren be 


v 
t 


"380 00 Hin. 


| üging und nide allein (eine Komilitonen, fondern auch 
e xe 


brer besten Urfache, feine wirklih auffallenden 
Stenntnifie gu ‚bewundern. Auf dad Trefflichſte aus⸗ 
gerüftet: besog er im T 1792 die Univerfität Göttingen, 
wobin ihm der Ruf feiner nicht — Kenntniſſe 
ſMon vorangeeilt war. Mit Wodlwollen, jaſelbſt mit 
Zuvorkommendeit wurde er bier von den ausgezeich⸗ 
nerften Mamern aufgenommen, unter denen wir nur, 
Richter, Blumenbach,, Wriöberg, Beckmann, Lichtenberg. . 
nennen wollen. Dorzägliden Einfiuß uͤbte jedoch Richter 
auf H., welcher ald Direktor des alademifchen Hofpitals 


"ibn ſchon am Ende ded J. 1795 zum DObergebülfen an 


demfelben befteilte. naͤchſtfolgenden 3. 1794 wurde 
Di 4. uni von er mediciniſchen — der Preis 


ber feine Schrift: „Commentatio praemio regio ornata: 


mortis historiam, causas et signa sistens“ zuerfannt. Nach 
einem glänzenden Eramen ward er zum Doktor der 
Medicin und  Ebirurgie ernannt und feine Dissert. in- - 
augural. Observationes circa epidemiam huius anni dysen- 
tericam mit Beifall von der gelehrien Welt aufgenoms 
men. Wenige Wochen nad feiner Promotion: verließ er 
Göttingen, um fi während Des Herbſtes bei den preuß. 
Armeen am Rhein aufzubalten. Tem Winter ging er na 
Wöärzburg, um die perfönlihe Bekanntſchaft der au 
gezeichneten Aerzte von Siebold Water und Sohn zu 
machen. Während feiner Anweſendeit in der leßteren 
Stadt erbielt_er den ebrenvollen Antrag, nad Brauns 
ſchweig zurückzukehren und Die mediciniſch⸗chirurgiſche 
rofeſſur an dem Kollegium Karolinum zu übernehmen. 
ie fat alle junge Männer reiste ibn Die Ausficht, recht 
fräb eine Anftellung zu erbalten, fo, daß er fi ſofort 
dahin begab und nod im I. 1795 das ihm angetragene 
Amt übernahm. Später bereute er dieſen Schritt, aber 
nicht etwa deswegen, weil ihm die Stelle felbft nicht ange⸗ 


meſſen ſchien oder weil ihm Widerwärtigkeiten begegnet 
.. wären, fondern nur aus dem Grunde, weil ibm dadürch 


feine Zeit zu fparfam zugemeflen wurde und ihm die Gele 
genbeit abgeſchnitten war, Reiſen ins Ausland zu unters 
nebmen und die großen Anftalten , wie die außgezeichnes 
sen Männer fremder Länder in Perſon kennen und wärs 
digen zu lernen. Seine Sehnfuht nad möglichfter Voll⸗ 
kommenheit in feinem Bade, fo wie feine angefirengte- 
Ken Bemühungen, immer Neues zu dem ſchon bedeuten» 


den Schage feiner Kenntniffe hinzufügen zu Eünnen, hielten 


ihn jedod nicht ab, ald praktiſcher Arzi aufzutreten und 


| Hirily. s81 
aud andern jungen Männern dad Studiam der Arzuei 
‚wiffenfchaft zu erleidtern. Seine Bemähungen gingen * 
daber vorzüglich darauf dinaus, an dem großen Kranken⸗ 
hauſe feiner Vaterſtadt eine mediciniſch⸗chirurgiſche Kli⸗ 
nit einzurichten, was ihm auch endlich nad mandyen nicht 
gu überwinden fcdheinenden Hinderniffen gelang. Bis 
m 93. 1801 blieb er in diefer feiner ereling beſtaͤn⸗ 
ig. Darauf bedacht der leidenden Menſchdeit aüverhaupt, 
2 auch insbeſondere feinem Vaterlande fo viel zu nügen, 
als nur irgend in feinen Kräften ſtand. Fuͤr letzteres zu 
forgen, war ibm noch befonderd ald Mitglied des ber. 
ss ichen Dderfanitätöfollegiumd moͤglich. Etwas vers 
I eden von dem in Braunſchweig war fein Wirkungs⸗ 
Frei in Jena, wo in dem genannten J. 1801 die durch 
Hnfelands$*) Abgeno erledigte Stelle dur. ibn wiederum 
erfegt wurde, Als Brofeffor der Arzneifunde und Mit 
direftor der Klinik mußte ndmli feine Thätigkeit de- 
fonderd auf die Medicin und die theoretiihen. Studien 
gerichtet fein, da fein früberer Wirkungskreis ſich mehr 
auf die Prarid und die Chirurgie bezog. Durch feine 
Derfegung nach Jena wurde indeß feine ſchon früher in 
Goͤttingen und Braunfhweig begonnene literarifhe Th 
tigkeit keineswegs aufgehoben, ja nit einmal unters -. 
broden, vielmehr vollendete er bier das wichtige und 
befonderd beachtungswerthe Werk, welches zu Bremen 
i. 3. 1801 unter folgendem Titel herausfam: Dpbidale 
mologifbe Beobachtungen und Unterfuhungen oder Beis 
träge zur richtigen Kenntniß und Behandlung der Augen 
im gefunden und kranken Zuſtande. Nicht allein in 
Deutihland, fondern auch im Audland erregte dieſe 
Schrift Auffeben und überall börte man den Wunſch, 
Daß fie Doc recht bald den Nichtdeutſchen dur eine 
Allen verftändlide Weberfegung zugaͤnglicher gemacht 
würde. Schon i. 3. 1802 wurde dieſer Wunfch erfüllt, 
‚indem ein gewiffer Ehlerd einen Theil ded Werks üben» 
fegte und unter dem Titel: Himly de la paralysie de 
Piris occasionnde par une application locale de la bella- 
donna zu Paris herausgab. Mißbitiigen mußte 9. frei» 
fi, daß der Ueberſetzer bier ald Heilmittel die Belle 
donna empfahl, da er doch das extractum hyoscyAmi all» 
geraten, weil erflered Mittel unficherer und manche 
ebeittände mit ſich führend, Ratt des von ihm vorzu 
weife empfohlenen und angewandten Hposcpamusextra 


9 Defien Biograpbie f. im M. Nebrolog Iobrg.1&. ©, 690 


1 — F— 
— 


Durch nachtheilige Wirkung auf die retina Die Entdediung 


die und da -unverfhulder in Miskredit gebracht hatte; 


Während der Zeit feined Aufenthalts in Braunſchweig 


waren von ibm mehrere, vorzüglich Fleinere Abbandlum _ 


Intereſſe behalten, andere. dagegen, da fie einen Gegen, 

nd beireffen , von dem die Behauptung des Gegentheus 
egenmwärtig als laͤcherlich erſheinen würde, nur noc 
—* die Geſchichte der Medicin gebraͤuchlich find. Zu 
den erfteren find zu rechnen: Abhandlung Aber die Wir; 


Im erf&ienen, von denen einige immer allgemeines 


fung der Kenakheirbeeige auf den menfaliden Körper 


und die etwas größere Abhandlung über den Brand- der 
weichen und barten- Theile nebft einigen Grundzügen ber 
medicinifden Theorie. H.s bisheriger Wirkungskreis, 


ſowohl in Jena, wie in Braunſchweig ſchien aber nur 


eine Vorſchule für feine ungemein vergrößerte Thaͤtigken 
in Goͤttingen zu fein. Obgleich er auch in Jena alle 
nur mögliche Ehre genoflen hatte (ed. war ibm bier fo 


glei dei feiner Ankunft der Charakter eined herzoglich 


mweimarifhen Hofretbd verliehen and ihm aud nad Ni— 
eolai’d. Tode «in. ertraordinäred. Affeflorat in der Pros 
motiondfatulsdt übertragen worden), ſo zog er tod vor, 
(don nach zwei. Zabren alle feine biefigen Aemter aufs 
gugeben und dem Rufe nad Göttingen zu folgen. Er 
wurde in legterer Stadt in demfelben Range wiederum 
angeRelit, nur mit Dem Unterſchiede, daß er bier fofors 
ordentlicher Direktor des akademiſchen Hofpitald wurde. 
‚Mit großen Erwartungen wurde er ‚auf der Georgia 
Augufta empfangen. Alle fegten unbedingted Vertrauen 
in feine Kenntniffe und feinen Eifer. Sein Auftreten 

igte auch: gleich, daß er die Hoffnungen und Wuͤnſche 

iefer- realifiren werde. Bor 9.8 Ankunft in Bine 


“rung mit demfelben vorzunebmen. Zu dem Ende wurde 


Me biſher van dem ital getreant gemeſene ſo⸗ 


es, u 








Himilp. 883 


genannte Stadtklinik, Die Ach von demfelben vorzäglid) 
dadurch unterfhied, daß zwar jeder Kranke, einheimis 
ſche und fremde, zugelaffen ward, aber nur in feiner 
Wohnung von den Praktikanten befucht: wurde und freie 
Medicin und umnentgeltlide Behandlung erbielte mit 
demfelben vereinigt und die Zahl der Berten auf acht 
und zwanzig vermebrt, da es fräber nur fechözehen 
enthalten batte. Bei H.’8 anerkannter Sröße.und befon» 
ders dervorſtehendem Talente dinſichtlich Der eigentlichen 
Medicin Duldere er nur ungern eine von der feinigen 


"abweidende Meinung und gerietb deshalb bei der eben 
‚angegebenen Einridtung des akademiſchen Hofpitals 


fehr bald mit dem bei Demfelben angeftellten Wundarzte, 


jetzigen Hofratb und Profeffor der Anatomie und Ebir 


rurgie, Langenbeck, der bereitd 1804 zum Profeflor er» 
nannt murde, in Zermürfniffe, die zu manden Un 
annehmlichkeiten führten. Langenbeck, ald Anatom und 
Chirurg gleich ausgezeichnet und mit Recht den erſten 


. und größten Männern Europad, wenn auch nicht gerade 
: unbedingt bevorzugt, doch obne Widerrede an die Seite 


gefegt, Fonnte und wollte fib den Anordnungen 9.8 
nit fügen. Um daber beide Männer nicht zu fehr zu 
entzweien und au den Anforderungen der Zeit gebör 


: = entfpreien, murde Das Hofpital in das vormal 


oͤdmerſche Haus verlegt und Langenbeck bald erlaubt, 
neben feinem Wohnbaufe ein für Mb beftebendes dis 
rurgiſches Hofpital einzurichten. Das Hofpital in Dem 
Böhmerfhen Haufe war zwar nicht ausdrüdlih und ab 
lein nur für die medicinifden Kranken beftimmt und den 


chirurgiſchen Patienten Die Aufnahme verfagt, aber es fans» 


den fi wenige der Letztern, welche die Hilfe datin fuchten, 
die fie befler dei Langended finden Eonnten. Indeß war 


. dennod dad Haus immer ſo gefüllt, daß nicht felten der 


all eintrat, Daß Leidenden aller Art- Die Aufnahme in 
affelbe verfagt werden mußte. Was Himly ald Arzt 
und ſowohl in feiner Privarprarid, wie auch in dem 

ofpitale mirfte, wird ewig unvergeßlich bleiben und 
ein Name noch lange fortleben. Die Zahl feiner Schüler 
und-Zubörer war zu allen Zeiten fehr groß und feine Bors 
lefungen bis zu den legten Stunden feined Lebens gleich 
lebrreic), da er nicht auf dem Kreiſe feiner früheren Kennt⸗ 
niffe und Erfahrungen fteben blieb und fi gegen die neue» 
ren Forſchungen in dem ‘Gebiete feiner Wiſſenſchaft abs 
ſchloß, fondern mit der Zeit fortfchritt. Beſonders LIE 


[4 


rei wurde er-auch Dadurd feinen Schülern, daß er ihr 


J 


* ® 


lbſidenken anregte und ihrer eigenen Forſchung Aber» 
ieß. mad wodl mancher Andere für ſich adgemachit bätte. 
eine Borirdge am Krarkenbette un —— Ein⸗ 

- neben in jeden einzelnen Fall wird als vorzüglich inter⸗ 
eſſant und lehrreich von allen geſchildert, welche das 
luͤck hatten, ihnen beiwohnen zu können, Die Zadl 
feiner Schüler war, wie ſchon bemerkt, immer ſehr be⸗ 
pdeutend und nahm ſelbſt in den Jahren, wo die Unis 
erſitaͤt Goͤttingen am wenigften befucht war, wie in den 
iegerifhen Jahren von 1809, und 1810 nicht viel ab, 
denn ed wurden nocd immer über hundert Klinifer ges 
bt. In den Zeiten des Friedens und der Blütbe 
Böttingen® ftieg jedoch diefe Zabf auf dad Doppelte und 
Dreifache. Viele, weiche ſich rübmen, feine Schuͤler ge: 
wefen zu fein, baben. fid ald Aerzte und Scriftfieler 
der Mit» und Nachwelt befannt gemacht, von denen 
mir unter vielen Andern nur einen Chelius, v. Soͤm⸗ 
mering,. Pander, Pukhard, Dfianter, Spangenberg. 
edemeier, Pott, Holſcher, Heufinger, Stiebel und, 
erfon nennen wollen. Nicht minder verdient machte 
Kb 2 aud um die Yugenbeilfunde, in ‚welder fein 
Auf fo aroß war, daß an Augenübeln Zeidende aus den 
———— Gegenden Deutſchlands, ja ſelbſt aus Polen und 
Rußland na Goͤttingen eilten, feine Hülfe zu ſuchen, 
-gud machten die in dem Hofpitol behandelten Augen⸗ 
ranfen im Vergleich mit denen am andern Uebeln Lei⸗ 
denden, immer die Mehrzahl aus. Diefer fein Ruf 
wurde nicht allein durch viele der fhwierigiten aber Den. 
noch gluͤcklich vollendeten Kuren, fondern auch Durch feine 
Schritten über Augenbeilfunde hervorgerufen. Unter 
denfelben find befonders folgende zu, bemerken: Oph⸗ 
thalmologiſche Bibliotbek, im Vereine mit J. A. Schmidt 
in den J. 1808 bis 1807 berausgegeben. Aus derſelben 
murden Drei Abhandlungen befonderd abgedrudt und als 
eine Einleitung in die Augenheiltunde angehenden Aerzten 
- empfoblen, In den Jahren 1809 bid 1814 gab 9. diefe 
Bibliothek mis Hufeland unter dem Titel: Bibliothek 
der praftifhen Heilfunde heraus und zulegt i. J. 1820 
eine Einleitung in die Augenheilkunde, welches letztere 
Werk aber nur ausſchließlich für feine Zuhörer ald Hand⸗ 
bu® bei feinen Vorlefungen beftimmt war. Außerdem 
it. das ‚Lehrbuch der praftifden Heilfunde, allgemeinen 
ofologie, Heilmitsellehre und therapie, welches auch 
ald Handbuch bei feinen Vorlefungen gebraucht wurde, 
zu feinem groͤßern Arbeiten zu aäblen. Mit 9.8 Rufe 


Br 486 


von ‚eiper Geſcdicklichteit gieg and: natuͤrlicher: Weiſe 
fein Anſehen dei der Gtaatöregierung, zumal ba er 
immer äls eifriger Patriot und ald treuer Anhänger de 


>. &uelpbenbaufed gezeigt hatte. Seine Verdienfte erhiels 


ten deshalb zu wiederholten Malen Öffentliche Anerken⸗ 
nung. So murde er unter. andern 1814 ald erfied Mit 


glied der Univerfität_bei der koͤnigl. Polizeitommifflon 


ernannt und ihm i. J. 1820 vom König Georg IV. der 
Quelphenorden verlieben. Hoͤchſt ehrenvol und edel 
betrug er fi während jener unglädliden den Goͤttingern 
ewig .unvergeßlihen Tage im Srübjahr von 1831. Fern 
bielt er ſich von jeder nur möglichen Theilnahme an den 
Unruhen, mit tiefem Schmerze febend, mie fo mancher, 
Süngling und Mann dur trügerifhe Hoffnung berhört 
‚ und bingeriffen durch die Lockungen einiger Schwindel. 
koͤpfe, fid auf die unbedachtſamſte Weiſe in Haͤndel 
miſchten, von denen fie weder Begriff noch Einſicht bat» 


ten. Erft als fi die Kataſtrophe ihrem Ende nahte und 
bei einigen nichtömürdigen Menſchen der Gedanke aufs 


eftiegen war, Göttingen und der ganzen gelehrten Welt 
en Schag zu rauben, der immer den Ruhm der Uni⸗ 
verfität erhalten wird, — erft bier trat er öffentlich auf, 


* 


Jedem augenblicklichen Tod drohdend, der es wagen würde 


ie — nah dem Heiligthume der Wiſſen⸗ 
ſchaft, nach der Bibliothek audzuftreden. Enthuſiasmus 
rregte fein Beifpiel. Hunderte von Studirenden und 
Bürgern drängten ih um das Gebäude, jeden Theil, 
ja jedes Fenſter mit aͤngſtlicher Sorgfalt beobadtend. 
Die Unmöglichkeit des Erfolgs und ‚vielleicht auch das 
wieder erwachte Gewiſſen ſchreckte jeßt Jeden zuräd, der 


+ 


“nur irgend einen folden Gedanken gehabt haben mochte 


und es wurde nicht Der geringite Verſuch gewagt, mels 

&er jenes Gerücht beftätigt harte. Manche wollten dader 
9. tadeln, indem fie ibm den Vorwurf der Voreiligkeit 
machten. Doch wer kann Diefes mit einigem Rechte! 
Beſſer der_ That vorgebeugt und den Gedanken daran 
(don im Keime erftidt, ald. fie zur wirfliden Voll⸗ 
jebung kommen laflen, was jedesmal unberechenbare 
Nachtheile mit fich bringe. — H. erfreute fich anſcheinend 


immer der beiten Gefundheit und war bis an fein Ende : 
N deiter und froh. Umgeben von einer zahlreichen. 
lüde 


nden Samilie, die dem Vater aͤhnlich ſchon fruͤh 
anfingen, dem Staate ihre. Dienftle zu widmen; aude 
geſtatiet mit ſo viel Glücksgütern, daß er vollfommen 
unabhängig von der Welt. und ihren a Ya war; 


R, Nekrolog. 15. Jahra. 


‚15 


geachtet und deebrt von Iedermänn, ein mährer Water 
der Armen, mußten ihn alle nur als glücklich preifen. 
Und dennoch fcheint'er ed nicht ganz, wenigfend in der - 
[enten Zeit feines Lebens gemefen zu_fein. Sein Tod 
: beftdtigt diefe Meinung binlänglid. Die mahre Urfache: 
laͤht ib nicht mir Beftimmtheit angeben." Vielleicht hatte: 
das plönlide Hinſcheiden einer, langjährig erprobten 
Freundin ibn zu fehr auf die Nichtigkeit des Lebens und 
aller irdifcben Größe aufmerkfam gemacht und fein Ges 
fühl gu fehr erariffen oder fein Geift war durch irgend - 
eine in demfelben wohl motivirte, aber dem. Sremiden 

ſchwer zu entdedende Urſache auf ſolche Abmege geführt, 
mo er bie Herrfchaft Über Gedanken und Vorſtellungen 
verloren hatte oder ed mar irgend ein anderer Grund- 
dazu vorhanden; Gewißheit wird und nie daräber mer. 
den, da alle Nachrichten mangeln. An dem falten nebelis 
en Morgen ded oben genannten Tags hören Arbeiter 
n ber Näbe der Zeine einen bumpfen Sal ind Waſſer, 
eilen darauf binzu und erbliden einen Menſchen, der 
obne Bemußtfein noch einmal auftaucht und dann ver. 
ſchwindet. Beine Rettung ift bald vollbracht, ein barts 
bersiger Weggelderbeber will ibn nicht in fein Haus aufs 
nehmen, erſt nach längerer Zeit, geſchieht dieſes von eis 
ner armen aber biedern Familie, die in Der Nähe ein 
Häuschen bewohnt, Die berbeigerufenen Aerzte erken⸗ 
nen fogleib in dem Verunglückten ihren großen Zebrer. 
Einige Spuren Des Lebens maren zwar noch vorhanden, 
indeß alle Bemühungen, ibn den Seinigen und der Wis 


21 


fenfchaft zu erhalten, blieben fruchtlos. Auch Langendeck 


vermochte es nicht, dem Todesengel zu beſchwoͤren; zu 
ſeſt hielt er feine Beute umarmt. ur noch wenige 
Tage und feine fterblide Hülle wurde nach einem feier⸗ 
lihen und feinen Verdienſten angemeffenem Zeichens 
begängniß, auf immer den Bliden feiner traurenden- 
Sreunde entrüdt. — Außer Den oben genannten Schrik 
ten find von ibm noch erſchienen: *J. £ongd See» und 
Zandreifen. Aus d. Engl. ek ‚von Ebh. A. W. 
v. Zimmermann. Damd. 1791. — Ueber d. Impfen der 
Kubblattern. Frankf. 1801. — Ueber d. Zufammenkugeln 
d. “geld. Braunſchw. 1801. — Weber. einige wahre und 
‚fcheinbare Verſchiedenheiten des Altern u. neuern Heil 
verfahrens. Ein Antrittöprogr. Ebd. 1801. — Verfaſſung 

der öffentl. mediein. chirurg. Klinik zu Göttingen. Goͤti. 

4808. —.De Gaoutchouk ejusque Productis o destillationo- 
sicca inter quae praecipue 'de Caoutchino noro quodam 


x \ ' ® 
\ 


’ 


' 


v. Mann. ET '887 


"corpore® ex hydrogenio et carboneo composito. | Ihidem 
1835 — Gab beraud mit Zufägen vermehrt: T. G. 4. 


- Roofe, Taſchenb. f. geritl. Aerzte; 4. verb. A. Frankf. 


. 18115 5. Eat Ebd. 1819. — Vorrede und Unmerk. ; 
J. Mare hir. Beobachtungen üb. d. Augen; a. d. Eng 
‚von I. ©. Runde (2 Bde. Goͤtt. 1809.) — Lieferte Bei 

träge zu vielen Tournalen. 


131. Karl Chriſtian v. Mann, gen. Tücher, 


k. baierifcher Kämmerer u. Staotdrath, Kommandeur des Civil⸗ 

verdienftordend der baier. Krone, Mitglied der k. bater. Akademie 

der Wiffenfhaften, Derr auf Theuern, Salzburg, Querbad, 

Kempfenbaufen, Haarkirchen u. Mannthal, zu Münden 
geb. den 9. Dec. 1773, geft. den 2. März 1897 *). 


Zu Suljbab geboren, genoß er eine mufterbafte 
. Erziehung. Der firenge Ernft feines Vaters und Das 
fanfte Wefen der Mutter verfeblten nicht, an feinem 
jugendlichen Geiſte und Herzen, bie gluͤcklichſten Wirkun— 
gen bervorzubringen und Da er überdies mit Talenten, 
ie ibn vor Dielen auszeichneten, begabt war, jo war 
ed nicht anderd zu erwarten, ald Daß er, nachdem er 
fd an verſchiedenen Anftalten den Studien gemidmet 
arte, alänzende Fortfchritte in ben Wilfenfchaften ma» 
en würde: — eine Erwartung, die der Erfolg in einem 
febr boben Grade rechtfertigte und wofür feine vielen 
Studienpreife die ſpredendſten Zeugen find. Als Der 
doffnungsvolle Tüngling_Faum feine Studien vollendet 
und das 20, Jahr feines Lebens zurücdgelegt batte, wurde 
er (bon, im befondern Bertrauen auf feine grünblice 
wiſſenſchaftliche Bildung und feine treue Anhänglichkeit 
an den Kürten und das Materland, im Dienite des 
Staats angeftellt. Sein unermübdlicher Fleiß, fein tiefe 
ruͤndliches Urtbeil, feine unbeſtechliche Gerechtigfeit, 
eine erfprießlihen Dienſte maren Die Urſache, baß er 
von Stufe zu Stufe ſchnell —— und ſchon in 
jungen Jahren zum Juſtizreferendar befördert wurde. 
n biefer Gigenicaft wurde er im Jahr 4808 Der zur 
erathung über das einzuführende Strafgeſetzbuch nies 
dergefegten Kommiffion ald Mitglied beigegeben. Am 


26; Dft. 1812 verbeiratbete er ſich mit fufretie v. Lochner - 


auf Hüttenbach. Im J. 1816 wurde er, in Anerfennung 





Herrn Karl Ehriſt. v. Mann ıc., von Kaspar 


e) Naqh der Trauerr de am Grabe Sr. Er den Bapmohtgeh, 
25% L ® 


J 


⸗ 


"388 Bunfen. Be 


‘ feiner tren und eifrig. geleifteten Dienfte, zum .Präfiden- 
ten des Appellationdgerichtd für den Iſarkreis befördert, _ . 
Ais im Jahr 1826 dad —— fuͤr den Iſar⸗ 
kreis von Münden nad Landshut verfegt wurde, ſollte 
er ald :Präfident dahin folgen, aber feiner Bitte ent» 
—* ernannte ihn der König, mit —— 
eines biöherigen Rangs, zum zweiten Praͤſidenten des 
Oberappellationsgerichis. In dieſer Stellung wurde er 
auch zum Staatsrath im außerordentlichen Dienſt er⸗ 
nannt und ihm der Titel „Exrellenz“ verliehen. Doch — 
es war ihm noch eine andere Stufe der Ehre und deb 
Rangs vorbehalten, indem er zum Staatsrath im or- 
dentlihen Dienft ernannt murde, welde Stelle er bis 

zu feinem Tode bekleidete. Schon vor vielen Jahren 
hatte der König ihn mit dem Nitterfreuze des baierifchen 
Givilverdienftordend 5 und fügte ſpaͤter das 

Kommandeurkreuz dieſes Ordens binzu. In der letzten 
Zeit berief ibn dad Vertrauen der adeligen Gutsbeſttzer 
mit Gerichtöbarfeit, im Iſarkreis in die Deputirtens 
kammer der Ständeverfammiung. Aber nicht lange mehr 
ollte er wirken: feinem tbärigen Leben machte ein 
Zungenleiden ein Ende. Act Tage darauf wurde fein 
Leihnam auf dem ihm gehörigen Gute Theuern beis 
gefegt. Er binterläßt nebit feiner Gattin einen Sobi, 
udmwig, Lieutenant im k. baier. Küraffierregimente Prinz 

Johann von Sachſen. — Seine Samilie hat in ihm ei 
nen treuen Gatten und Vater, feine Untergebenen einen 
menſchenfreundlichen Borgefegten, feine Grundbolden 
den beiten Herrn und die Künfte und Wiſſenſchaften 
einen ihrer wärmfen Verehrer verloren. Er befaß eine 
wertpvolle Gemäldefammlung und war ein eifriged Mit— 
glied und’ zufegt Vorſtand des polptehnifhen Vereins, 
fo wie Mitglied ‘der vaier. Akademie der Wiffenfchafs 
ten. — Seine Schriften find: Archiv f. d. Staatöfunde 
in Baiern. Münden 1804. — Saifer Marimilian IV, 
genannt d. Baier u. Marimilian I., Kurfärft v. Baiern; 
'eine. biftor, Parallele. Ebd. 1806. — E08, Zeitſchr. a 
"Baiern. Ebd. 1818. — 


* 132. Dr. Chriſtian Bunfen, 
Profefſor der Philoſophie u. Unterdidliothekar in Göttingen; 
geb. den-L. Apr. 1770, geſt. den A. (26.) März 1887. 
Zu Frankfurt a / M. erblickte Bunſen das Licht der 


72 Welt, Nachdem ei den erſten Unterricht in den Lehr 


4 


v 


Freiherr d. Schele. - 39 


anſtalten ſeiner Vaterſtadt erhalten und dur raſtloſen 
Fleiß ſchnelle Fortſchritte in feiner wiſſenſchaftlichen Bil, 
dung gemacht batte, eroͤffnete er 1787 feine akademiſche 
Laufbahn in Goͤttingen. Dort widmete er ſich bis zum 
J. 1791 theologiſchen und philologiſchen Studien. Ein 

eiſtliches Amt zu befleiden, lag nit in dem Bereiche 


einer Wünſche; er hielt Daber, nachdem er. 1795 Sekre⸗ 


tär und zwei Jahre fpäter Kuſtos der Göttinger Univer- 
firdtöbibliothef geworden mar (an der Bearbeitung des 
wiſſeͤnſchaftlichen Katalogs dieſer Bibliothek nahm er 
thaͤtigen Antheil), Dort als Privatdocent Vorleſungen 

hber Aeſthetik und über die Kulturgeſchichte der Deuts 


ſchen bid zur Reformation, —— auch über phpfiſche 
r 


Seographie, über Die Theorie des deutſchen Styls und 
des mündlichen Vortrag und über Die italienifche 
und fpanifhe Sprade. Durch Bertbeidigung feiner 


“ Differtation: De eo, quod ad veterum Scandinaviorum 


= 


poesin et mythologiam efingendam formendamque efhice- 


zit coelo terraeque natura (Gotting. 1798.) erwarb er ſich 
den Grad eined Doftord der Philofopdie. Außerordents 
licher Profeſſor derſelben ward er 4805 und 1814 or⸗ 


Dentlicher groteier der philofophifhen Fakultaͤt. In ˖ 


dieſem Wirkungskreiſe bewegte er ſich mit raftlofer Thaͤ⸗ 
tigkeit bis zu ſeinem Tode, die Muße, welche ihm ſein 
akademiſches Lehramt gönnte, zu einigen literariſchen 
Arbeiten benutzend, beſonders zu Weberfegungen aus 
neuen Spraden. Naͤhere Angaben hierüber findet man 
weder bei. Meufel, noch bei irgend einem andern fiterator. 
Dr. Heinrich Döring. 


* 133, Auguft Georg Freiherr v. Schele, 
großherzogl. oldenburg. Kammerjunter und Regierungsſekretaͤr gu 
u Dldenburg; 
"geboren den 27. Okt. 1807, geltorben den 24. März 1887. 


v. Schele wurde in — wo ſein Vater 


kudwig Auguſt Werner Ernſt Albrecht Freiherr v. F 

damals Schloßhauptmann war. Seine Mutter iſt Die 

noch lebende Dberbofmeifterin am aroßberaol; oldenb, 
ote, Frau Charlotte v. ©.,.geb. Graͤfi 

is zum fiebenten Jahre blieb er im vÄterlihen Haufe 


und Fam dann zu einem Odeim in Weftphalen, mit deſ⸗ 


n v. Vothmer. 


fen Sobne zugleich er auf eine,fo liebevolle als lehrs 


reiche MWeife erzogen wurde... Im Herbfi 1819 bezog .er 
dad Gyninafium zu Rinteln und ging nach zwei Fahren 
} 


% 


390 Freiherr d. Schele. 
nad Buckedurg, wo er gleichfalls zwei Jahre die erſte 
Klaſſe des dortigen Gymnaſiums beſuchte. Hier wurde 
er Fonfirmirt und ging Darauf nad Halle, um vom 

.- Herbft 1823 bis 1825 auf dem dortigen Päda oglum 

. feine — zu vollenden. it vorsreßl en 
Vorfenntniffen audgeräfter. bezog er um Michaelid 1825 . 
> die Univerfitäs Goͤttingen, um fib durd dad jurififche 
‚und ſtaatswirthſchaftliche Studium zum Gtaatödienite 
Yorzubereiten und auch bier frebte er durch eifrigen und 
anhaltenden Fleiß nach der Erreihung feined Zwecks. 
Nachdem er beinahe einer beftigen Entzuindungdfranfheit 
erlegen wäre, nach welcher feine früher Eräftige Gefunde 
beit, nie ganz wieder hergeſtellt worden ift, begab er fi 
im Herb 1828 nad Dfdenburg, mo damals fſchon feit 
mehreren Jahren feine Mutter lebte. In der erften 
Prüfung, der er i. J. 1829 fih unterzog, befam er ben, 
. zweiten Charakter mit Auszeichnung umd erbielt_ darauf - 
einem Gefuche gemäß die Erlaubniß, ald Acceffit beim 
Umte Löningen fib in den Gefhäften zu üben. Am 
9. Januar 1830 wurde er zum Amtsauditor bei dieſem 
Umt ernannt und am 20. Juli 1831 in Derfelben Dualls 
tat zum Amte Ganderfefee verfegt, auch fpäter auf, 
Eurze Zeit Dem Amte —— beigeordnet. Im J. 1832 
unterwarf er ſich der Hauptprüfung, wodurch ihm aber⸗ 
mald der zweite Charakter mit Pig zu Theil 
murde und am 18. Tanuar 1835 wurde er Darauf zum 
zweiten Gefretär bei der Regierung zu Oldenburg und 
zum Gefretär des Militärfolegiums daſelbſt ernannt, 
Um 4. Okt. 1834 wurde der Titel eined Hammerjunfers' 
ibm beigelegt. Durch anbaltende Geiftedanfrengungen 
. und einen Sleiß, welder die Bedürfniffe ded Körpers 
zu menig beactete, mar fein Gefundbeitözuftend nad 
er Erfoütterung, melde derfelbe (don in Göttingen :- 
- erlitten batte, immer mebr verfchlimmert und obmohl 
v.©. von dem Gebrauce der Bäder zu Ems in ben 
5. 1834 und 1855 feine Herfielung gebofft hatte, fab er 
ih doch Darin getäufht. Es hatte fi Die Auszehrung 
gebildet, indeß (dien fi fein Zuftand durch andere ans, 
gewandte Mittel merklich zu beſſern, ald im Febr. 1837 
ibn Die Grippe befiel, der zu miderfteben fein Sörper- 
nicht mehr Straft genug batte und der er unterlag, näch⸗ 
dem er noch Die Sreude gebabt batte, am 3. Gebr. zum 
erien Degierungefeßretär befördert zu werden. — Sein 
liebenswärdiger Cbarafter hatte ihm viele Sreumde, ers 
worben und eine Vorgeſetzten, fehr zufrieden mit feinen 








Barby. j 34 


£eikungen , wurden durch ‚Diefelben gu den Befteh s 5 | 
nungen von Dem berechtigt, fein &iter und feine a 

. sigfeit img Dienfte des Staats bätten wirken können, wenn 
nicht fo früh feine Laufbahn abgefchnitten worden märe, 


.* 134. Johann Heinrich Chriftian Barby, 
Profeſſor am Friedrich⸗ Wilhelms : Symnaflum zu Berlin; 
geb. deu 19. Mov. 1765, geftorben den 25. Maͤrz 1897, 


- : Ermeleben ins Särftentbun Halberftadt war der Ge ' 
burtdort Barby's. Den Lebranftalten feiner Vaterßadt 
verdantte er feine wiſſenſchaftliche Bildung. Neben dem 
$ortgefegten Studium der Altern Sprachen batte Die 
Erziehungswiſſenſchaft viel Reiz für ibn, Bereits im 

« 1290 war er zu Berlin Mitglied des Seminars für 
elehrte Schulen geworden. In den 9. 1794 — 1797 
ebleidete er die Stelle eined Dberlebrerd an dem Fön. 
.Paͤdagogium der Realfchule und das J. 1797 erhob ihn 
dum Profeffor_an dem £öniglichen Sriedrid «Wilbelms« 
gymnaſium In Diefem Wirfungöfreife blieb er raftlos 
thaͤtig bis j feinem Tode, den Ruhm eine tüchtigen 
ulmannd und geachteten Pbilologen binterlaffend. 
Außer einer Audgabe von Plutarchs Lebensbefhreibungen 
Plutarchi vitae parallelae Themistoclis et Camilli, Alexan- 
ri et Caesaris. (Berol. 1797.) bie blos ein vom Derleger 
veranſtalteter Abdrud der von Joͤrdens beforgten Yuds 
gabe ift, zu welcher Barbv einen lateinifhen Inder bin» 
zufügte, um die Brauchbarkeit bed Werks für Schulen 
u erböben, bar er nachfolgende Schriften geliefert: 
dm. Anthologie oder Samml. einiger latein. Gedichte, 
die gewöhnt. nit in d. Schulen gelefen werden. Zum 
Gebrauche für Schulen. Berlin 1797. — — 
Gabeln u. Lieder, zum Gebrauche für die — bd. 
178. — Encptiopdbie u. Metbodologie d. humoriſtiſchen 
Studiums oder die Philologie der Griechen u. Römer. 
4r Th. Ebd. 1805. — Sophoclis Philoctetös, cum com- 
mentario perpetuo. Ibid, 1805. — Sophoclis Autigona cum 
commentario perpetuo Ibid. 1806. — Sophoclis Oedipus 
Rex, cum commentario perpetuo. Ibid. 1807. — Ovids 
Metamorpbofen im — U Schulen , von ©. K. I. 
Seidel, nen beforgt von Barby. Ebd. 1814. (Died 14 
bat ald Schuld. blo8 d. Namen d. frübern Herausgebers. 
behalten; der Auszug iſt nach einem ganz andern Plane 
gemacht.) — Aurelius Victor, de.viris illustribus urbia 





2: Cellen — Bahr. 


‚Bomae. Zum Gebrauch für Squlen, mit einen. volſ. 
Zörter» u. Namensverzeichniſſe verfehen. Ebd. 1819. 


f 
Jena. Dr. Heinrich Doͤring. 


8, preuß. Hauptmann u. Kantonbeamter zu Hausberge bei Minden, 
ae  NRitter bed rothen Adlerordens; 


geb. i. J. 04 geſt. d. 77. März 1887. 


Gellern war der Sohn ded Schullehrers Gellern. zu 
Todtenhauſen bei Minden , trat am 30. an. 1786 al 
emeiner Soldat in dad Regiment von Waldel und 
fomang fih dur feine perfönlichen Verdienfte endlich 
i8 zum Hauptmann empor. Am 30. jan. 1836 feierte 
er fein 50 jäbriged Dienftjubildum und erhielt viele Bes 
weiſe Der allgemeinen Liebe und Achtung. Durch eine 
langjährige ausdauernde Amtsführung im Civil zeihnete _ 
er ſich nicht weniger aus. Auf feinem, oft nicht dornen⸗ 
lofen Wege leitete ihn fein Vertrauen auf Gott. Ob⸗ 
gleih G. nad feiner imponirenden Geſtalt und feinem 
efunden Ausſehen ein Eräftiger Greid zu nennen wat, 
jo ließ er ſich Dennod einige Sabre vor feinem Tode 
von feinen Dienftgefchdften entbinden,, um ruhiger leben 
u fünnen. Er flarb in der Kirde während des Gotteds 
-  bienfies am Sclagfluffe. Ein Sohn iſt Gerichtsamtmann 
zw Peteröhagen. ° —— Arendt. 


* 136. Gottfried Heinrich Baͤhr, 
Wundarzt zu Alt⸗Doͤbern (Regbz. Frankf.); 
geboren den 22. Sept. 1756, geſtorben im März 1887. 


Babr ward ‚geboren zu Radeberg bei Dreöden, mo 
fein _ Vater Kantor und zweiter Lehrer an der Stadt⸗ 
ſchule war und dad dltefte unter 10 Kindern. Nach 

- feiner Konfirmation ward er (1772) zu "einem Stadt⸗ 
- Sirurgus in Dredden in die Lehre geihan und i. I. 1775 
lo&geiprochen, blieb: jedoch in Diem Verbältnifte noch 

2 Jahre, um den Lehrſtunden im damaligen kurfuͤrſtlich 
fächf. Collegio medico&chirurgico beigumohnen. In dem 
darauf folgenden Jahre nahm er, nach pörbergenangener 
rüfung bei jenem Kollegium‘, im Eurfürklic ſächſſſchen 

> Kavallerieregimente Prinz Albrecht ald Kompagniechirur⸗ 
gs Dienfte und batte feine Garnifon in der Stade 
kübbenau. Daſelbſt verbeiratbete er ſich mit Johanne 


— 








er ärtli, obne alle Entſch 


Grunmerthal. 86 
Karoline Sehnke, des Licentiaten Behdnke in Talau die 
teſten Tochter, weiche ihm nur ein Kind, einen Sohn 
gebar,, der ihnen nach einem Jahre don durch den Tod 


wieder entriffen ward. Nachdem er 95 Jahre, während 
welcher Zeit er abermald auf ein Jahr im medicinifh« 


chirurgiſchen Kollegium in Dresden feine Kenntniſſe er 


weiterse, gedient und einen ebrenvollen Abſchied vom 
Regiment —— datte, wurde er durch Beguͤnſtigun 
der mediciniſchen Fakultät in Wittenberg von dem Krei 
pbofifus D. Mever in Luckau als Wundarzt geprüft und 
lieg ſich im 5. 1786 zu Altdöbern nieder, Im J. 170 
beftand er na fleißiger Vorbereitung in Wittenberg vor 
der medicinifchen Safultät ein Eramen für die innere 


- Mraris und betrieb nun ſolche auch mit Glück. Mit der- 
—— Gemiffenbaftigfeit und Treue erfüllte er ſeinen 


seruf und bebandelte unzählige Arme und Norhleidende 
nicht nur unentgeltlih, Tondern verfab fie auch, troß 
bed Mangeld an eignem Vermögen, mit den nöthigen 
Arzneimitteln. In den — — pflegte und wartete 
digung, verwundete ſaͤchſ., 


franzoͤſ. und preuß. Militärd und bei Dem herrſchenden 


‚MNervenfieber i. J. 1813 leiftete er viele Dienfte und ließ. 


fid ſelbſt durch die fchmerzlichiten Erfahrungen des rose 


. beften Undanfs in feiner Pflibt- und Berufdtreue niet : 
ſtdren. Sein verdienſtliches Wirfen blieb auch den ho⸗ 


ben Gtaatöbehörden nicht unbefannt, Im J. 1830, bei 
Belegenbeit feines Amtsjubildumd, das unter berzlicher 
Zbeilnahme vieler dankbarer Verehrer des. Jubelpaars 


Uirchlich aefeiert ward, lieg ihm der König das allgemeine 


Ehrenzeihen Üiberreihen. Nachdem feine Zebensgefähre 
tin am 22. uni 1833 gejtorben mar, folgte er ipr, nachdem 


‚er mit der größten Geelenrube fein Haus beftellt Hatte, 
‚am oben genannten Tage in Solge eines Brufitrampfd. 


* 137. Benjamin Chriftoph Gimmerthal, 
Konfiftorialrath u. Dberpfarrer zu Greußen; | 

.. ‚geboren den 10. DE. 1769, geflorben den 8. Apr. 1837... . 
Er mar geboren zu Clingen, einem Marfıfleden bei 


Greußen, wo fein Vater ald Kantor und Knabenſchul⸗ 
. lehrer angeftellt war, aber ein Paar Jahre nad der Ge⸗ 


burt feines Sohns als Prediger nach Jecha bei Sonders⸗ 


hauſen beſhrdert wurde. Erzögen wurde er in dem Haufe 


feiner Großmutter und Tante mütterlicher Seite, die ihn 
särtlih liebte und ihm den Verluſt der Mutter, Die 


x \ 


SM BGimmerthal. 
lei :felmer Geburt an den Solgen der. Riederkunft 
en, zu erfegen ſuchte. Den erften Unterrie 
fr den Unfangögränden der. deutſchen und —— 
Sprache, in Der Religion, im Rechnen und Schreiben 
ertbeilte ibm der Zebrer an der Anabenſchule in Elingen 
und von feinem 12. Jahre an beſuchte er von Elingen aus 
die Stadtſchule zu Greußen, m Jahr 4787 bezog 
er die Univerfität Tena, um Theoſogie zu ſtudiren. Hier 
beſuchte er fleißig Die theologifhen Vorleſungen eines 
Döderleind, Eichhorns, Griesbach, die philoſophiſchen 
und pbilologifcpen eines Ulrihd, Schützes und anderer 
berühmter Lehrer der Univerfität, um fich die für feinen 
künftigen Beruf erforderliden Kenntniſſe ——— 
und ſich auf einen böberen Grad der wiſſenſchaftlichen 
Ausbildung zu erheben. Nah einem ameliährigen Aufe 
enthalt in Jena bezog er die Akademie zu Göttingen, 
um feine auf eriterer Univerfttär eingefammelten Kennt 
niſſe theild noch mehr zu erweitern, tbeild fefter zu bes 
rünben und wohnte auch bier, mie zu Tena, mit glei» 
Sem Eifer und Fleiße ben Borlefungen eined Plants, 
ſchtenbergis, Heyne's und anderer berübmter Zebrer -- 
Diefer Univerfität bei. Nah Beendigung feiner afades 
miſchen Studien kehrte er in fein Vaterland zuräd und 
‚murde bald darauf, nad rühmlichſt beftandenem Eramen, 
unter Die Zahl der Kandidaten ber Theologie aufgenom 
men. Don Diefer Zeit an nahm er feinen Aufenthalt In 
Gonderdbaufen, mo er ſich einige Jahre mit Private 
unterricht befchäftigte und fpäter ald Haudlebrer im ' 
bie Samilie des Geheimenrarbd v. Weife aufgenommen 
wurde. Als Kandidat ſetzte er feine theologiſchen Stus 
dien eifrig und fleißig fort und machte fi mit Den bes 
en und vorzägliften Schriften in dieſem Zmeige ber 
Wiſſenſchaft befannt. Zu feiner Hebung arbeitete er oft 
Predigten aus und ed fehlte ibm auch nicht an Gelegens 
beit, fie Öffentlib vorjutragen, Sie fanden auch bald 


‚; allgemeinen Beifall, denn fie waren gründlich gearbeitet, - 
acht criſtlich, praftifh und Der Faſſungskraft der Zus 


drer engesuetfen, Dabei befaß er Die Gabe eined ges 
älligen Vortrags; feine Aktion mar lebbaft , obne Übers 
trieben zu fein und feine Stimme verftänblich und —* 
Uls daher im Jahr 1801 durch den Tod des Diakonus - 
- Zörpe zu Sondersbanfen die dritte Predigerftelle an der ' 
Dafigen Kirche erledigt worden war, fiel die Wahl bes 
Magiftratd und der Bürgerfhaft faft einftimmig auf ibn, 
welche Wahl aud vom Fuͤrſten genehmigt und befldtigt 


J 





| Gimmerthal 396 
murde. Nachdem er 4 Jahre lang ſegenſreich und zur völ⸗ 
ligen Zufriedenheit der Gemeinde — diefer Stelle geryirkt 
batte, wurde er i. J. 1805 ald Dberpfarrer nad Greußen 
verfegt und ibm enlge Fahre ſpaͤter, in Anerkenuiniß 
feiner Verdienſte, das Prädikat eines Konſiſtorialraths 
ertdeilt. Auch in diefer Stellung erwarb er fib bald 
Durch treue gewiſſendafte Erfüllung feiner Bexufsgeſchaͤfte, 
vorzüglih durch feine Reli — — ſo wie dur 
feinen biedern Charakter, feine Rechtligkeit, Mildih 
tigkeit und freundliches Berragen im mgange die all⸗ 
gemeine Liebe und Achtung feiner neuen Gemeindes 
lieder. Wohlgemuth lebte er feiner Pflicht und ber 
ifenfhaft und nabm an dem Schickſal eined jer 
ben feiner Gemeindeglieder den lebhaftelten, innigften 
Untbeil, Heller Geiſtebblick, Wahrbeitsliebe, firenge 
Rechtſchaffenheit, zuvorkommende Gefälligkeit, Beſchei⸗ 
denheit, raftlofe Thdtigkeit, ſtille Heiterkeit und aͤchte 
Religioſitaͤt waren unverfennbare Eigßenſchaften des Ders 
ſtorbenen. Mit dieſem Charakter verband er zugleih bie 
ſeltene Gabe großer Leurfeligkeit und der freundlichiiem 
und gefälligien Mittbeilung. Er war ein Freund ber 
Gefelligkeit und feıne Gaftfreundfhaft in Der gamen 
Umgegend befannt. Auch als Prediger widmete er, obs 
leich —* Amtöaefhäfte einen großen Theil feiner Zeit. 
n Anſpruch nabmen, feine Muſeſtunden der Bekannt» 


»ſchaft mit Den neueſten und fhöägbarfien Werfen im Ge- 


biete der Ebeologie und anderer Wiſſenſchaften. Als 
Theolog ding er nicht fteif an dem alten Lebrfufleme, 
buldiate aber nicht ſogleich jeder neu auftauchenden Lehre 
und Meinung; er pflegte vielmehr jede neue Unſicht eis 
‚ner genauen und ſcharfen Prüfung zu unterwerfen und 
aus Der fteten Füße deſſen, mad die Zeit bringt, nur’ 
dad zu entnebmen, mad mit feinem gefunden Berflande, 
mit den Ausſprüchen der Schrift übereinfliimmte und mad 
er ald wahr, gut und nuͤthlich erkannt hatte. Er kannte 
den boden Werth und Nugen des Austauſches ‘der Ideen - 
und Anſichten und deöhalb unterredete er ſich gem mit 
wiſſenſchaftlich gebildeten Maͤnnern uͤber Gegenſtaͤnde aus 
‚ der Theologie und andern Wiſſenſchaften, Aber merk 
rohrdi e literarifhe Erfheinungen und über Die wichtige . 
en Ungelegenbeiten und Ereignife feiner Zeit. Von 
tur zur Delete und Fröhlichkeit geſtimmt, nahm 

er gern Antheil an der Unterhaltung jüngerer, gutgeſit⸗ 
‚seter, wenn auch nicht eben wiſſenſchaftlich gebildeter 
Derfonen und wußte Durch feine beitere Laune, durch, 


\ 


. 
n 


— 


. 


596 ee oe, 
isige Einfälle, treffende Bemerkungen und intereſſante 


Eralun en und Wnefdoten die Geſellſchaft auf eine 


bon ergögliche Weife zu unterhalten, obne jedoch je 
mals die Gränzen des Anftandd zu überfchreiten oder 
das Zartgefühl zu verlegen und der Wärde feined Stan« 
Ded das Beringtte zu vergeben. Mit feiner Stelle ald 
Dberpfarrer war auch die Aufficht über die Schulen in 
Der Stadt Sreußen verknüpft. Auch diefem wichtigen 
heile feines Berufs fuchte er nach Kräften zu genügen 


and feine Befrebungen für Volksbildung und Verbeſſe⸗ 


⸗ 


rung des Schulweſens wurden ſowohl von der Ober⸗ 
Behörde, als auch der Gemeinde dankbar anerkannt. — 
Sein däuslihed Gilck wurde durch mehrfache traurige 
Ereigniſſe, durch ſchwere Leiden und Krankheiten oft 
getrübt und fein Muth und feine Standhaftigfeit bart 
gepräft. - Won 6 Kindern mußte er 4 — unter biefen 
einen fon erwachfenen Sohn ımd eine ebenfalls ſchon 
ann Tochter — in der Blüthe ihrer Jahre ind 
Brab fenfen feben. Auch feine Gattin, die treue Ge⸗ 
Fährtin feines Lebens, mit welder er eine Reihe. von 

abren hindurch in glüädliher Ehe gelebt batte, wurde 

plögfid und unvermutbhet durch den Tod entriffen. 
it Ergebung und Standbaftigkeit_ertruger die fo 


-  Wannichtachen und harten Schläge deß Schickſals, bis er 


am oben genannten Tage der Natur feinen Tribut zahlte. 
* 138, Auguft Otto Ernft v. Derben, 


..@roßherzogl. medlenb. :firelisfher Staatöminifter u. Kegierungss 


und Kammerpröfident gu Neufirelig, Ritter des k. preuß. rothen 
Aolerordend Ir Klaſſe u. Großkreuz des Eurheffiihen Drdend vom 
goldenen Löwen, Ehrenmitglied ded mecklenb. patriot. Vereins, 
des Vereins für mediend. Geſchichte u. Alterthumskunde 20.5 
„geb. d-11. Sept. 1777, geft. zu Berlin d. 8. Apr. 1887. 


-9. Dergen ſtammte aus einem fehr alten adeligen 
bat *). Sn 


Gecſchlechte, welches Urkunden vom J. 1260 





⸗ 


+) Der Name ift wahrſcheinlich von dem altwendiſchen Worte 
Dert, Derb, rin King, abzuleiten. Darauf führt audı bas Waps 
pen bin, wie fhon 150 (f. E. J. Westphaleu monument, ineditor, 
Tom. IV. Tab, 18.) Thetwich de Oritz e8 gebrauchte: ein rother 
Schild, worin zwei blaue geharniſchte Arme einen goldenen, mit 
einem Edelfteine aezierten Ring tn die Söbe halten. Auch erinnert 
Diefer Familienname an den Fluß Ders im Lüneburgifchen, welder 
zwi hen Winfen und Steben in die Aller fällt, Wit dem Gefdhichtdr 
orſcher Latomus ben Urſptung ber v. Deren in Ungarn zu fuchen, 
dazu fehlen alle hiſtoriſchen Bemeife. 














Guͤſtrow. Er 


P tern ſchon früh f 


— 


v. Derpen. 397 


Wedlendurg theilte ſich daſſelbe in zwei Hauptfinten, In. 


die ſchwerinſche, au — und in dle Rargardifche, 
auf Helpte. Aus der letztern, welche. im 18. Jahr⸗ 
bunderte die graͤfl. Wuͤrde erlangte, wozu der daiſche 
Geheimerath Friedrich v. Oertzen CH zu Kiel i. J. 1780 
von dem Könige Chriſtian IV. erboben ward, Die aber 
auch mit demfelben wieder verloren ging, da der Stamm 
erloſch, war unfer Verewigte hervorgegangen. Sein 


Urgroßvater, Georg Henning v. D., war Beſitzer de 


Büter Xeppin, Horn, — und Lauchſtorf, ſtand zue 

nad einander in daͤniſchen, ſchwediſchen und kurbranden⸗ 
burgifden Militärdienften biß 1678, wohnte fodann eine 
Beit lang auf Lauchſtorf, follte Obriſt und Chef Der 
mecklenb. Garde zu Pferde in Güfrom werden, ſchlug 
ed aber aus und giis ald Dolontair nach Ungarn, we 
er 1686 bei der Belagerung von Dfen ſich rühmlichk 


außgeihnete und ſchwere Wunden davon trug, bierauf 


in fähfifde Dienke trat und Generaladintant, Obri 
und, zulen: Generalmajor. ward. Dad Zehn von Leppi 
ſchenkte ibm eri0g Guſtav Adolph von Medlenburgg 
arb den 17. Auguft 1715, 62 Fahr alt, 
Deſſen Sohn, Arend Heinrih v. D., geb. den 10. Dec, 
4695 und gefiorben 1773, lebte dagegen ohne Öffentliche 
Anftelung und befaß die Güter Kotelow, Klockow und 
Lübberfiorf, melde. noch jegt auf die Samilie vererbt 
find. Des Unfrigen Eltern, Adolph Friedrich Theodor 
v. Dergen, Vicelandmarſchall des ftargardifchen Kreiſes. 
Erbherr auf. Klockow, Korelom, Zübberftorf und Witters 
born und Ida Margareide v. Dewig aud dem Haufe 
Br. Milgom, hatten acht Kinder, nämlich fieben Söhne 
und eine- Tochter, in Deren Reibefolge er das vierte 
war. und auf dem Gute Klockow bei Sriediand geboren 
ward, Sein Vater farb zu Neubrandenburg den 13. DEt. 
4796, die Mutter aber erft fpäterhin. Er benimmte fi 
durch eigene Neigung und durch den Willen feiner Eis 
r eine. wiſſenſchaftliche Ausbildung, uns 
ſich durch ſie für den Dienft des Vaterlands tächtig zu 
machen. Nachdem er die Tage der Kindheit und Ju⸗ 
end im Daterhaufe verlebt ‚hatte, bezog er, mit Bor 
enntniffen wodl verfeden, die Univerfitdt ———— wo 
auch vormals ſein Vater den Rechtsſtudien obgelegen 
hatte. Hier beſchaͤftigte er fi von mit den Stu⸗ 
dien des allgemeinen und vaterlaͤndiſchen Rechts und 


der Geſchichte und Staatöverfaffung, worin er 


ſchon in der Heimath ‚einen guten Grund gelegt hatte. 


- 


8 v. Deiken. | 
Tach Mblauf der afademifhen Fähre berele er einen 


roßen Theil Deurfhlands u. f. m. und trat demnäßft, 
bei feiner Rüdkehr ind Vaterland, in einem Alter von . 


| faum erft 21 Jahren, den 23. Nov. 1798 ald Kammer 


junfer und Auditor bei der Tuftizkanzfei au Neuftrelig, 
n die Dienfte deffeldben, Schon den 4. Juli 4800 rückte 


‚ er Dafelbit zum wirklichen Kanzleirath auf und wurde 


gleichzeitig au zum Referendar bei der herzogl. Landes» 


- regierung ernannt, Bm J. 1804 ward er zum jängften 
efdrde 


Megierungsratbe b rt und im Okt. 1507 auch zum 
Zehnrarhe bei der Lehnfammer berufen. Endlich den 
24, Januar 1810 erfolgte feine Erhebung zum wirkliden 
Gtaaröminifter und Regierungdpräfidenten, mit BBeis 
legung des Prädifard „Excellenz.“ fo wie Daneben im Mat 
4851, nad dem Ableben des Geheimenratbe v. Scheve*), 
zum Präfidenten des Sammer» und Forfifollegiumd., In 
allen diefen Dienfiverbältniffen bewährte ſich nun jeder 


Zeit des Derewiaten Warerlandtliebe, Eifer und [eb 
bafter Eräftiger Geil. Er gebdrte zu den edlen und . 


hochbegabten Männern, deren jeded Tahrhundert nur 
wenige yäblt. Mit einer eben fo imponirenden, «ld 
fiebendmürdigen Perſonlichkeit verband er eine feltene, 
olled Grohe und Schöne umfaffende Beiftesbifdung. Sein 


ſcharfer Blick durchſchaute leicht alle Derbältniffe und er - 


kannte mis Gicherbeit, mas zu thun fei. Jede Seldfl- 


\ 


Aberbebung und eitle Anmaafung mar ibm in der Seele 


zumider; er mußte ibr meiſtens glüdlih zu begegnen, 


‚ nämlid en vereiteln, Lebendige Eigenthämlichfei- 


ten ließ er | 
Auch mußte er den Anfang jedes tächtigen 
als folden zu ebren und bar ibn — ſelbſt bei vor 
kommenden Mißgriffen — nie veradhtet oder verdrängt, 
weil er. noch nit dad Ende (die Vollendung) war. In 


gegen mit freundlider Milde —— 
eginnen 


der Erfüllung feines hohen und —— erufs zeich⸗ 
nete ihn befonderd aus eine unvergleichliche, treue Er 
gebung an feinen Sürften ſowohl, ald an das £and, Heid 


ider Wohl wahrhaft und weſentlich fördernd. Und 
nicht in Die engen Graͤnzen dieſes Landes war fein Blick 
gebannt: ein achter Staatömann, erfannte er die göttliche 


Ordnung in dem großen, wie in dem fleinen Staat . 


und ed genügte ihm dennoch, mährend er für jede 
eit und für jeden. Staat eine feltene Zierde geweſen 
väre, in einem kleinen zu verwirklichen, was ihm alt 


°) Deffen Biogr. ſ. N. Meie. 0. Jaheg. ©. 881. 


. Dertzen. 899 


das Beſen und DIE Wahrheit dedlbtn jom Bew ein 
gekommen mar. Gerede in unferer Zeit aber bewähtte 
‚er feine Tiefe und Orändlicpkeit als erfter Diener und 
aid erfter Beamter auf dad Blänzendfie. Mit weifen 
Umficht, mir doͤchſt liberaler Gefinnung, mit eſtigkeir 
und Treue bewahrte er die wohl erworbenen Güter des 
rften und der Stände; mit tiefer Einfiht in die ge» 
chidtliche Grundlage des Beftedenden beförderte er deſ⸗ 
n gold Entfaltung; mit wachem Geik und Elarer 
Vorſicht trieb er aus dem gefunden und fehgewurzelten . 
Stamm in allen.-Richtungen fröhlich ſich verbreitende 
friſche Zweige. So viel an ibm war, bracte er Daber 
auch Alles, dem er angehörte, zu Ehren: — . feinen 
-Stand (einem folden Edelmamme mochte jeder ih unters 
ordnen), fein Amt Ceine fo ſichere und förderlihe Leis 
tung erweckte Bertrauen und willigen Geborfan) , feim. 
Haus, feine Freunde, den Hof jenes Särften, ja das. 
ganze Land, Denn weſſen Mecklen —— ſeit etwa 
80 Jahren ſich zu rühmen bat — und e8 seigen fi im 
der That glänzende Lorbeeren aus den Befreiungäfriegen, 
wahrhaft vernünftige Fortſchritte in der Sefeßgebung, 
gedeiblide Pflanzungen in der Adminikration, — daran’ 
“bat Diefed Land eben fo viele dauernde Mahnungen der’ 
Danfbarfeit gegen den nun Verſtorbenen, deflen leitende 
Einfiht, deſſen belebender Wille in allen jenen Ergeb« 
niften fräftig bervorleuchtet und zum Fortwirken in glei⸗ 
chem Geiſt ernſt und dringend auffordert. — Wie er 
endlich dad religiös.Eirhlie Leben mir lebte, davon- 
finden fi in dem neuen mecklenburg⸗ſtrelitzſchen Gefang- 
buche beachtenswerthe Spuren. Die beiden Lieder Nr. 392 
‚und 621 find in ihrer jegigen verbeflerten Geſtalt von 
ibm gedichtet. — Eine fo erfolgreiche Wirkfamkeit ers 
kannte daber auch lebbaft ſelbſt das Ausland an , indem 
unter andern der König von Preußen ihm den rotben 
Udlerorden erfter Klaſſe und der Kurfürk von Heffen 
das Großfreuz feined Hausordend vom goldenen Fonen: 
ertbeilt batte. Eine außerordentliche Theilnahme genoß 
er nicht: minder bei Der Feier feines Räjdhrigen Miniſter- 
95 am 24. San. 1885, an welhem (ſ. Äbend⸗ 
latt, Nr. 841) alle Stände ſich beeiferten, ibm ibre 
Yuldigung und aufrichtigen Glüdwmänfde een. 
Aber -leider war auch — vielleiht durch Abermäßige 
Anftrengung — feine Geſundheit inzwifchen ſehr wan- 
Send geworden und er ſab fi, da fein Zurand fih Bald. 
wu verihlimmern anfing, zu einer Reife nad Berlin 


* 


en; 


ö 08 e v. Dertzen. 


—X bit, um Dort Durch die ärstliche Behandlung des 
röfidenten D. Ruft und fpäter in einem 1 a Aa 
derfiellung zu finden. Man hatte dazu allgemein volle 
Hoffnung, ald dur ein hoͤchſt beklagenswerthes Ereigniß 
Diefelbe vereitelt und fein Tod befchleunigt ward. Er 
hatte ndmlich dort das Unglück, ſich durch ein: Koblen 
becken, das zu Einräöucerungen gebraucht worden war 
und deſſen Flammen, während er fid in diefem Augen⸗ 
blick eben ohne Bedienung befand, feine Kleidungsftüde 
ergriffen, auf dad empfindlichte am ganzen Slörper zu 
verbrennen, Hierzu gefellte fi bald. die Hautwaſſerſucht 
und fo. verfdied er Denn am oben genannten Tag in 
. einem Alter von noch nicht vollendeten 60 Jahren. Seine 
Leiche wurde von Berlin nad Neuftrelig gebracht und 
am 7. April dafelbft unter großen Seierlichkeiten beie 
gefegt 9. — Ausgezeichnet, wie er ald Staatödiener . 
. und Menſch war, zeigte er ſich auch in feinen häuslichen 
Berbältniffen. Schon am 8. Mai 1800 hatte er fi 
vermählt mit Charlotte Sophie Albertine 9. Jasmund 
(geb. zu Kaffel am 20. Aug. 1780), der einzigen Tochter 
des edemaligen kurheſſ. Appellasiondgerichtöpräfidenten, 
Geheimenranhe und Kammerherrn Ludw. Hellmuth Heinr. 
v. Jasmund **), der i. J. 41806 ald Staatsminiſter in 
fönigl. mürtemb. Dienſte trat und. im F 1825 mit Tod 
abgegangen iſt. Vertrauen und Liebe bezeichnete. Diefen 
Bund, der au dur die. Geburt eined Sohnes beglädt 
murde. : Die Oattin felbft verlor er jedoch Leider ſchon 
‚ am 12. Tan. 4818 am Nervenfleber „ Derfelben Krankheit, 
in welcher fie wenige Wochen zuvor ibren einzigen fie 


PR 


.. beſuchenden Bruder (den Fönigl. preußiſcher Major des 


mittenberger Kreiſes, Karl v. Sasmund) treu gepflegt 
batte, die aber für fie tödtlich wurde, in einem Alter 
von erſt 88. Jahren. Ihr Verluf war unferm v. D. 
zu ſchmerzlich, ald daß er je hätte verfuchen follen, durch 
eine zweite Gattin denfelben zu erfegen.. Aber fie nadm 
au unter den Srauen ihrer Zeit in jeder Hinficht einen 
audgezeichneten Plag ein, ſowohl an bober geiftiger Bil 
dung, wie an edler Herzendbildung und gendß Deshalb 


S. Neden am Sarge bed Sri. Staatsminiſters v. Derken, 
Ereellenz , in der Stadtkirche zu Iruftrelig gehalten am 7. April 
1837 von dem Konfiftorialrathe Kämpfer und dem Hülfäprediger 
Ohl, Weulirelis 1437_und Zodtenfeier an der Gruit Sr, Exc. deö 
Stagtöminiſters v.D. ıc.., gedihtet von J. #. Bahrdt und in 
Mufit gefist von @; 5. M., Sreiheren v, Dittiner, großderzogl. 
Doffapellmeifter zu Neuftrelis u. ſ. mw. 

6, RN, Nelr 8. Jahrg. S. 1620. 





[2 


Schwarz.‘ . 401 


“in: der. doppelten Glöenfdaft, die ihr fowedl Ihr eigenes 


‚Derdienft ald auch die Stellung ihres Mannes gaben, 
die Sreundfchaft und Das befondere und theilnehmende 
oblmwollen der Königin £öuife von Preußen. So ge— 
börte fie Denn unter andern auch zu den engern Um— 
gebungen der Königin, als diefe idren legten Beſuch 
ei ihrem Dater abflattete, von welchem fie (nach idrems 
am 19. Tuli 4810 zu Hobenzierig, dem berzogl. Luſt⸗ 
ſchloſſe bei Neuftrelig, erfolgtem Ableben) nun als Leiche 
gu ihren tranernden Unterthanen zurückkehren follte und 
ed war ein befondered Zeichen der Hochachtung, dad ihr 
der Fönigl. Witwer ſowodl als der tiefbeträbte Vater 
bewies, daß fie von beiden den Auftrag erbielt, die 
koͤnigl. Leibe am 25. Juli bid an Die preuß. Graͤnze zu 
begleiten und fie dort dem Eönigl. — — zu über 
geben *). Spaͤterdin (1814) folgte fie. auch ihrem Ges 
adle nad Wien zu dem dortigen Kongreß und fab bier 
ebenfalld einen Cirkel um fi verfammelt, in welchem 
ſich die zum Theil angefehenften und audgezeichneiften 
Männer jened Vereins gefieln. * | 
Schwerin. Sr. Bruͤſſow. 


139. Dr. Friedr. Heinr. Chriſt. Schwarz, 
Geh. Kirchenrath u. Profeſſor der Theologie an der Univerfität zu 
Deidelderg, Kommandeur bed großherzogl. badiſchen Ordens vom 
Zaͤbringer Löwen und Ritter des preußiſchen rothen Adlerordens 

= ’ 8r Klaſſe; j — 

.geboren den 80. Mat 1766, geſt. den 8. Apr. 1887 *°). 


Er war der Sohn ded 1788 ald Inſpektor (Super 
intendent) in Alsfeld im Heſſiſchen verftorbenen ©., der 
ſich früder in Gießen, wo er Profeſſor war, als eifriger 
Mertheidiger der DOrtbodorie gegen feinen damaligen 
Kollegen Bahrdt bekannt gemadt bat. Des Vaters 
firenger SKirhenglaube und der Mütter Froͤmmigkeit 





*\ 5, ben bon ihr verfaßten und im „Wlorgenblatte,* Fahr» 
ang 1811, Pr, 105 u. 106 abgebrudten Auffag: Die legten Lebens» 
tage der Königin Eouife von Preußen bei ihrem durchlauchtigſten 
Water zu Neufirelis und Gohenzierig in Medienburg, vom 25. Junt 
bis 19. Zuli 1810, an mweldem legten 19. Juli fie aud) in Sobens 
sieris endete, Auch bejonders in mehreren Auflagen abgebrudt 
und ald Beilage der von ber Kammerherrin d, Berg; geb. Gräfin 
v. Höfeler, berausgearbenen Schrift: Die Königin Xouife, ber 
preuß. Nation gewidmet. Berlin 1314. " 

*) Nach dem Konverfat.: Lerikon b neueften Zeit u, Uteratur 
und ber Kirdyengeitung 1337. Nr. 56. 


R. Rettolog, 15. Jabrs. 26 


weckten fon fräßzeltig den religidfen Sinn des em⸗ 
. NN RN: Knaben und lockten ihn zur Vorliebe für 
die alten Formen des Glaubens hin. Den erften Unter 
richt erbielt er abwechſelnd in den Trivialihulen zu 
Alsfeld, wohin er in feinem fiebenten Jahre mit feinen 
Eltern gezogen war und zu Nidda, mo er fich häufig 
. bei feinen Großeltern von muͤtterlicher Seite aufbielt. 


Die damald fehr ſchlechte Beſchaffenheit dieſer Schulen . 


ließ ihn wenig vorruͤcken, groͤßern Einfluß auf ibn batte 


feine verftändig geleitete Privatlektüre, befonderd von 


Gellert's Schriften, die ihn bo begeifterten. Später 
erbielt er einige Jahre hindurch cinen mehr fördernden 
Privatunterricht, an dem auch fein Vater Antbeil nahm 
und in feinem 16. Jahre beſuchte er auf ein Jahr dad 
Gpmnafium zu Heröfeld. Die lebhaft anregende Ge, 
meinfbaft mit feinen_ lernbegierigen Schulgenoſſen be 
glinftigte die ſchnelle Entwickelung der glücklichen Gaben 
des Jünglings, (0 daß er ſchon im 17. Tabre, im $rüb» 
jahr 1783, Die Univerfitdt zu Geben beziehen Fonnte, 
Entſchiedene eigne Neigung und der Wunfc feiner EI. 
tern und Bermandten beſtimmten ihn zum Studium der 
Theologie, dad er bauptfählib unter Nofenmäller’s 
Anleitung mit Eifer betrieb. Daneben aber befhäftigte 
er fi ſehr viel, eined Theils aus innerm Trieb, andern 
Ebeild um ded Erwerbs willen, mit Unterrichtgeben. 


Seb Studienzeit feel gerade im jene Zeit des lebhaften: 


Strebens nad Aufklaͤrung und des neuen Erwacend 
‚ bes pbilofopbifchen Geifted, der durch die fo eben bes 
ginnende Bekanntſchaft mit Kant's Lehre angeregt ward 
und au er wurde von diefer Richtung eine Zeit lang 
ergriffen. Seine Abſicht war auf die atademiſche Fehr 
ehdtigfeit erihtet, alein da fein Vater eines Gehülfen 
im Amte bedurfte, fp begab er ſich 1786 nach Beendis 
‚gung feiner Studien nach Aldfeld in das väterliche Haus 
und wurde Dafelbft 1788 ald Sreiprediger ordinirt. mn 
demfelben Jahre ftarb fein Dater. ©. dachte wieder an 
die Ausführung ſeines Plans, akademifcher Lehrer zu 
werden, allein, um feine Mutter und Schmefter unter, 
: a au können, nahm er 1789 eine Pfarrftiele in Der 

bach bei Marburg an. Er wurde 1795 als zweiter Pre- 
diger nad Echzen in der Wetterau und 1798 ald Pfarrer 
nah Münfter bei Gießen verſetzt. Neben feinem Prediger: 
berufe widmete ©. einen großen Theil feiner Thärigkeit 
einem Erziehungeinfitute, das er fon in Derbad) ers 
richtet hatte, in Münfter aber vervollommnete und 








Schwarz. 408 


erweitene. ‚ausle batte er ich durch mehrere theolo- 
giſche und poͤ all: Schriften befannt a ul 
Karl Sriedrih von Baden Die Univerfität zu Heidelberg 
neu organifirte, wurde er, bei feiner befannten Vorliebe 
für ortbodore Theologen, leicht für ©. eingenommen, 
fo daß diefer als ordentlider Profeflor der Theologie 
1804 dabin berufen wurde, nachdem kurz zuvor fein 
Bun Friedrich Creuzer ald Profeſſor der Philologie 

aſelbſt angeKellt worden und fein Schwiegervater Jungs 
Stilling ſchon fräder nach Heidelberg gejogen war und 
dad Dertrauen Karl Friedrich's erworben batte. In Dies 
fer Stellung wirkte ©. feitdem als alademifcher Lehrer 
wnd als Vorſteher des pädagogifhen Seminard. Er 
wurde 41807 von der tbeologiihen Safultät zu Heidels 
berg zum Doktor der Theologie ernannt. Zu der 1824 
in Baden eingeführten kirchlichen Union der beiden pros 
teftantifhen Konfeffionen wirkte er mit, indem er dis 
lutheriſcher Abgeordneter neben Daub *) ald reformirten 
Ubgeordneten der Univerfität zuerft der vorbereitenden 


(ode in Karl in Sinsheim und dann der Generals. 


pnode in Starlörube brimohnte. Seine fchriftſtelleriſche 
haͤtigkeit bar ſich hauptſaͤchlich nad zwei Seiten bin 

gerianen, nach der tbeologifden und Bfdagsgifen. Ju 
em Gebiete der Theologie bat ſich ©. 

Ente der eigemlich gelehrten und wiflenfchaftlichen, 

als vielmehr in der populär philofopdirenden und praßs 

sifchen Theologie beme 


wahren Religion“ (Marburg 4791); „Neligiofität, was 
fie fein fol und mwodurd fie berördert wird“ (Gießen 
799) und mehrere Predigten und Gelegenbeitöfchriften, 
er Hauptgegenftand der theologifhen Schriftftellerei 
®©.’8 if die Moral, über die er zu verfdiedenen Zeiten 
Berfiedened gefchrieben bat. Schon 1793 gab er „Die 
moraliſchen Wiffenfhaften “ (2 Bde., £pzg. 1798. R. A 
1797) beraud und bier ſpricht ſich noch freier Die Ans» 
bänglihkeit an die Kantiſche Philsfopdie aus. Später 
trat Diefe Anſicht mebr und mebr geoen ine refigidßs 
myſtiſche Denkart zuräcd und dieſe ift in feiner r tern 
Bearbeitung der Moral „Evangeliſch⸗criſtliche Ethik“ 
(2 Bde., Heidelberg 1821, 3. Ausg. 1836), nicht ebe 
* Vortheil fuͤr die — Waprbeit Di 
erftelung, ziemlich ſtark bervorgetreten. In dieſem 
dessen mn N 


4 a 2 
Deſſen Biogr. f. im 14. Zadrg. bed R. 7 781. 


weniger in der. 


t. Debin gehören einige feiner.‘ 
erfien Schriften acetithen Inhalis: eiſt der 


n B 
eſer 


WM, Schwan 


Sinn eines mpflifden Supernaturalismus find auch eis 
nige ——n Schriften gearbeitet: „Die Lehre des 
Evangeliums aus den Urkunden dargeſtelt“ (Heidelberg 
A808); „Sciagraphia dogmatices christianae“ (Ebd, 1808 
und, deren deutfebe Bearbeitung: „Grundriß der chriſtl.⸗ 
“ proteftant. Dogmatik“ (Ebd. 1816). Als eifriger Ders 
fechter einer myſtiſch⸗pietiſtiſchen Religionsanſicht bemied 
fid ©. außerdem durch die in den Si. 1324— 1827 von 
ibm beraußgegebenen „Sahrbüder Der Theologie und 
theol. Nachrichten,” welche ald Fortſetzung der Wachler— 
ſchen theologiſchen Annalen erfwienen. Zu feinen theo— 
logiſchen Schriften, ebenfalld von praftiichem Inhalte, 
‚gebören außerdem: „Der chriftlibe Neligionslebrer im 
einem moralifhen Dafein u. Wirken“ (2 Bde., Gichen 
4793 — 1800), „Die Kirde in dDiefer Zeit" (3 Defte,, 
5 Sgidelberg 1817); „Katechetit oder Anleitung zu dem 
Unterricht der Tugend im Ehriftenthum “(Gießen 1818). 
Bedentender ald_ in der Theologie war ©.8 ſchrift⸗ 
ſtelleriſche Thätigkeit in der Pädagogik. Hier ‚wird er 
unbeftritten zu Den beiten Schriftfiellern gezählt und - 
offenbar dat er auch dieſem Gegenſtande ſchon von feiner 
Tugend an feine befien Kräfte gewidmer. Er ift bier 
nit blos Theoretiker und wiſſenſchaftlicher Forſcher 
ſondern er bat ſelbſt lange Zeit praktiſch gewirkt burg 
feine Erziehungsanftalten. Sein Hauptwerk iſt die größere 
„Erziehüngslehre“ (4 Bde., rag: 1804 —13, 2. Ausg. 
3 Bde., 1829-30, 3 Aufl. 1835). Außerdem bat er in zabls 
reihen Schriften paͤdagogiſche Gegenftände abgebandelt: 
„Grundriß einer Theorie der Mädchenerziehung“ (Jena 
1792); „*Briefe, dad Prediger: u. Erziehungsgefcäft bes 
treffend“ (Gießen 1793); „Die Beſtimmung d. Menſchen, 
in Briefen an erziehende Srauen“ (pie. 1802); „Lehrbuch 
der Pädagogik u. Didaktik“ (Heidelb. 1805) ;- Nachtrag 
dazu: „Grundriß der Lehre von dem Schulmefen“ (Ebd. 
4807). Die 2. Aufl. erſchien unter dem Titel: „Lehrbuch 
der Erziehungs. u. Unterrichtölehre” (Ebd. 1817); „Die 
Säulen“ (Epzg. 1832); „Darftellungen aus Dem Gebiete 
der Erziehung“ (£pig. 1833). — Er mar ein Mann voU 
-aufrichtiger, gemüthlicher. Theilnapme. am Wohl. und 
Weh Anderer, ein Chriſt in Geflnnung und That. War - 
auch feine theologiſche Richtung Feine ſtreng wiſſenſchaft⸗ 
liche, ſondern mehr eine diſtoriſch⸗gemüthliche, auf das 
Erweckliche und Erbauliche gerichtete, ſo wirkte er damit 
doch, eben als praktiſcher Theolog, viel Segen; denn - 
©&.-meinte es redlich und ernft und feine Perſoͤnlichkeit 








7: 


— — 


Schwarz. 40 


mar Liede and Wodlwollen. Cr gehörte, wenn man 
will, zu den Pietiſten im edelften Sinne des Worte, 
die da fromm find aus Wahrbeit oder weil fie ed wirf- 


lich inwendig find, die, fern von Verketzerungsſucht und 


gelotifidem Eifer, auch in Andersdenkenden den Chriften 
und Bruder anerkennen, die, nit eingerannt in Lieblings⸗ 


-meinungen, ein Ohr für den Wiederfprud und abmei- 


en nfihten baben, Die ihren Glauben an die vers 
föhnende Kraft_ded Erloͤſertodes Durch Liebe und That 
beurfunden, Sein Leben war von vielen harten Prös 
fungen heimgeſucht. Aber er Eämpfte im Glauben und 
war treu bis in den Tod. — Außer den genannten 
Werken find von ibm mod erfhienen: Predigt über 
Eprühmörter 14, 32. Biedenkopf 1790. — Rede bei. D. 
Grabe d. M: 9. D. Müller, Gießen 1797. — Rede bei 
dem Grabe und d. Feihname d. Hrn. R. T. Brodreid, 


. Pfarrers zu Zeidbeden. Burg Friedberg 1797. — Peſta⸗ 


oz 8 Merbode und ibre Unmendung in Volksſchulen. 
Bremen 1803. — Gebrauch d. Peftal, Lehrbücher b. dem 


- bäuel, Unterrichte u. in Volkéſchulen. Gießen 1804. — 


Erfter Unterridt in der Gottfeligfeit,, oder Elementar⸗ 
unterribt d. Ehriftentbums für alle chriſtl. Konfeffionen. - 
Ebd, 1804. — Einribtung des paͤdagog. Seminariumd 


"auf der Univerfität zu Heidelberg. Heidelberg 1807. — 


Verſuch e. zweckmaͤßigen Berfaffung f. d. proteftantifchen 
Prediger: und Schullehrerſtand zu entwerfen. 2 Theile 
Düfeldorf 1807. — Pr. Commentatio de Rabano Mauro, 

rimo Germaniao praeceptore. Heidelb. 1811. — Die 
Ghrißfreude, ald Hoffnung, befferer Zeiten. Predigt. Ebd. 
41818. — Gemeinfbattl. mit 5. £. Wagner, U. 3. dD’Autel 
u. C. A. Schellenderg: Sreimüth. Gabrbücher d. allgem. 


deutſch. Volksſchulen ıc. 10 Bde. Darmfl. 1819 — 30. — 


Unfere Nationalbildung. Leipzig 1834. (Aud den Dars 
Rellungen ıc. 2, Bd. befonderd abgedrudt.) — Grunds ' 
fäge d. Töchtererziebung f. d. Gebildeten. Jena 1836. — 
Das Leben in feiner Blüthe, oder Sittlichkeit, Chriftens 
thum und Erziehung in ihrer Einheit. Leipzig 1836. — 

ausb, f. gebildete Chriſten. Heidelb. 1886. (Befondere 

bdr. a. d. evangel.schriftl. Ethik.) — Haudb. f. drifl. 
Lebendweispeit. 3. Aufl. Ebd. 1837. Außerdem lieferte 
ne Kecenfionen und Abhandlungen zu periodiſchen 

riſten. 


- 


- fernen, allein ſchon 
Neigung zur Kunſt, zeichnete alled ab, was ihm vorkam 


406 


* 140. Chriftian Ernſt Stölzel,. 
Kupferſtecher u. Lehrer an der Kunftatademte zu Dreddeni 
geb. d. 10, Bebr. 172, geſt. d. &. Apr. 1837. 


Er war der Sohn des Kupferkecherd und Profeſſors 
Chrifian Friedrich Stoͤlzel zu Dresden. Sein Bater 
ertbeilte ibm fo wie feinem Bruder und feiner Schwes 
fter den erfien Schulunterricht; feine Geſchwiſter fasten 
ſchneill, -er jedoch batte mehr Ernſt und Eifer. Diefer 
Unterricht war ziemli unregelmäßig, weil ded Vaters 
Urbeiten ibm nicht genug Zeit zur ernften Betreibung 
deffelben ließen, —* lernte er leidlich ſchreiben, rede 
nen, Geograpbie, etwas Geometrie, etwas Franzoͤſiſch 


und ziemlich Gefhichte der Griechen und Römer, vers 


bunden mit allgemeiner Weltgefhichte und Religion. 
n feinem 15. Jadre eier er nun das Tifchlerhandwerf 
eit dem 10. Jahre zeigte er große 


und malte aled an, was fih anmalen ließ; Stupfers 
ide und Bilderbücher waren feine größte Sreude, dann 
erwachte Die Neigung, ſelbſt etwad zu fchaffen, er zeich⸗ 
nete viel, malte es aud, am liebften Soldaten und 
Kriegsſcenen, wodurch er nad und nah eine ziemliche 
Uebung in Handhabung der Waflerfarben erlangte. Auch 
jwang ihn die Nord, ſchon damald um wenig Geld für - 

ud, und Kunſthaͤndler zu koloriren. Im 16. Jadr 
endlich faßte er den Entſchluß Kupferſtecher zu werben 
Dad Mechaniſche der Kunft kannte er genau, braudte € 
alfo blos zu üben und lernte es fhnel. Zuerſt flach er 
eine Venus nah Galzius, dann eine Frau mit eines 
Kinde nah Preißler, Dann nah Seifert eine Statue 
eine todte Tleopatra, fpäter eine halbe Sigur nad Bervic, 
Die Dejanira, noch fpäter eine Vignette nach einem 
Engländer. Died iſt fa Alles, mad er nach Kupfern Eos 
* bat. Nun arbeitete er mancherlei, Vignetten, kleine 

orträtd in punktirter Manier, Umriffe verſchiedener 
Gegenftände, Münzen und Sortifitationen, ſpaͤter Situa⸗ 
tionsplaͤne ıc. und zwiſchen Durch wurde auch wohl noch 
Eolorirt. Zu Anfang feined 16. Jahrs fam er zuerſt auf 
'die Akademie und zwar zum Hofbaumeiſter Hölzer. der 
Ihm Unterricht in der Perfpektive errheilte. Im 17. Fahre 
befudte er. die Winterabende den Gypsſaal und im 
13. Sabre die Antifenkabinete. Bid dahin haste er (dom 
vielerlei geſtochen, vielerlei gezeichnet, zum Theil auch 


* 














Stölzel. | .407 


komponitt und viel no Eolorirt. Eine ſcwere Krank⸗ 
beit im J. 1812— 1813, djie damaligen ſchweren Zeiten 
und der Bannerzug, welden er i. J. 1813 und 1814 mit. 
made, koſteten ibm beinahe 3 Jahre, welde der Kunſt 
faſt ganz verloren ann Bald Darauf zeichnete er die 
deil, Edcifia nad Carlo Dolce in der Dreddner Gallerie, 
mit, der yorgı, diefed Bild zu fliehen. Diefe Arbeit 
mußte jedoch liegen bleiben, weil Sertigung von Bücher 
Zupfern feine ganze Zeit in Anſpruch nahmen, auch flad 
er einige Situationsplatten zu Lehmanns Werke, welche 
unter Die auögezeichnetfien Arbeiten diefer Art gebören. 
In diefer Zeit überfiel den jungen Künftler eine ſchwere 

vpodondrie und Augenfranfdeit. Zwar wurde Das 

ugenübel bald geboben, allein fein Gemäth blieb dü- 
Her. bis er am 25. Auguft 1822 eine Reife zu Fuß nad 
Rom antrat und geftärft an Geiſt und Körper dort ans 
tom, eine erfte Beibäftiaung mar eine Phatte zu 
Seilerd Naturlebre des Menſchen, melde Arbeit er noch 
in Dresden übernommen hatte. Die damalıge Richtung 
der neuen deutſchen Kunſt in Rom fprac * S. an; 
gr ſtudirte mit Eifer die alten Meiſter und gab, nachdem 
feine anatomifde Platte beendigt war, in diefer neuen 
Richtung vier Platten heraus: Ein Eleined Porträt nad 
Dräger, eine beil. Katharine nach Fieſole, ein Basrelief 
nah Thorwaldfen und einen Evangeliit Tohannes nach 
Giefole. Inzwiſchen richtete er auch fein Augenmerk auf 
ein größere® Ziel: er begann die Zeihnung nad Ras 
pbaeld Krönung der Maria im Datifan und ſtach Ddiefe 
Zeichnung im Auftrage feines vodterliden Sreundes, des 
Buchhaͤndler Arnold in Dresden, in Kupfer. In Rom 
und der Umgegend fertigte er eine Menge landſchaft⸗ 
licher Studien, Fomponirte hiftorifhe Gegenftände und 
ipte dabei den Stich feiner großen Platte raftlod fort, 
bis er i. 3. 4828 (den 15. Mai) Nom verließ, nachdem 
er vorher zum Mitgliede der Akademie der bildenden 
‚Künfte zu Perugia ernannt worden war. Nah Dresden 
zurüdgekebrt, Mach er nun zwar fleißig an der Krönung, 
jedoch oft unterbroden Durch Fleine Arbeiten für den 
ſaͤchſiſchen Kunfverein zur Bilderhronif. Im J. 1830 
- wurde er bei der Dreödner Akademie der bildenden 
Künſte als Zeichneniehrer angeftellt und vermwaltete dieſes 
‚Amt mit der größten Sorgfalt, beendigte endlich im 
Herbſt 1832 zur vollen Zufriedendeit der Kenner feine 

roße Platte nach Raphael und widmete die folgenden 

ahre nur Eleinen Platten, meiſt für den ſaͤchſ. Kunſt⸗ 

2 - i a 


— 


408 Silotlzʒel. | 
verein, morunter ſich befonderd die heil. Eliſabenn nad 
* Nike auszeichnet, Indeſſen nahmen die körperlichen 

räfte inimer mebr und mehr ab, eine nah Prag, 
fpäter nad Münden zur Wiederberftelung feiner ges 


ſchwaͤchten Gefundbeit unternommene Reife blieb ohne 


Erfolg, bid endlich ein Anfall von Grippe fein Ende bes 
ſchleunigte und er am oben genannten Tage verfhied. — 
&. mar einer der redlichften Künftler und unabläffig bes 
mübt, fich zu veroolfommnen. Seine Arbeiten auf Kupfer 
belaufen fid auf 100 Blätter. Die einzige faft volltändige 
Gammflung davon befindet ih im Befige des k. hanover. 


chaftlich arbeitete er viel und bat eine große Anzahl 
Tagebhbcher und Notizen binterlafen, welche zum <heil 


F V 409 
* 141. Johann Heinrich Reinhard, 


evangel. Pfarrer zu Staͤdtfeld bei Eiſenachz 
geboren db. 18. (19.) Dt. 1753, gefiorben d. 5. Apr. 1897. 


FR Ra * an ner rege Er Ä 
Kirchſpiel Ifta, zum Fürſtenthum Eifenach gehörig. In 
Diefen Doͤrfchen berrichte ein ſtilles, faſt pairiarchaliſches 
Leben und ein religidfer Sinn. Dies hatte auf den 
stalentvollen Knaben einen fegnenden Einfluß. Schon in 
einem 5. Sabre, ald er an der Blatterntrankpeit ges 
, täbrli darniedergelegen, batte er eine Verwandte an 

fein Bett gerufen und leife ihr geklagt: „Ach, liebe 
MPathe, ih wollte ein Pfarrer werden und muß nun 
fterben!” Aber er farb nicht und erreichte fein Ziel, - 
nachdem er auf dem Gymnaſium zu Eifenah und au 


der Univerfitär zu Jena — wo er durch den damaligen 


Direktor Walh zum Mitgliede der latein. Geſellſchaft 
ernannt wurde — und fpäter zu Leipzig mit bebarrlihem 
Eifer demfelben zugeftrebt, denn im Jahr 1731 wurde 
er vom Generalfuperintendent Küchler zu Eifenach al 
Diarrer im Städtfeld eingeführt. . Dort verlebte er freus 
Dige und traurige Tage, geliebt von den Seinen, denen 
er ein redlider -DVerforger, geachtet von den Sreunden, 
Denen er wegen feiner hoben Bildung und freundlichen 
Biederkeit ſtets tbeuer, verehrt von der Gemeinde, mels 
“er er länger als ein balbed Säkulum nicht bios Pres 
diger und Geelforger, der er Vater und Helfer mar. 
Mit den drei Sattinnen, die er nach einander geebelicht 
und die vor ibm geftorben find, batte er zehn Slinder . 
geweugt, Deren Erziedung ibm Gelegenheit gab, ſich mit 

em Unterrichte junger Engländer zu beicäftigen, bie 
Jahre lang in feinem Haufe reiche Geiſtes- und Herzens— 
nabrung gefunden haben. Im Jahr 1831 genoß er Das 
jun Gluͤck, fein Amtöjubildum zu feiern und wurde 

ei diefer Gelegenheit mit der filbernen Verdienſtmedaille 
des großderzogl. Haufed geſchmuͤckt. Erſt 1836 fing er 
merflih an zu kraͤnkeln und entfchlief endlih am oben 
genannten Tag in dem feltenen Alter von 84 Fahren. 


* 142%. Eduard Zerdinand Geifeler, 
Doktor der Medicin u. kön. preuß. Medicinalrath zu Danzig; 
geb. in Stettin am .20. Sept. 1784, geft. d. 6. Apr. 1837, 


Er war von 5 Geſchwiſtern der dritte in der Reihe- 
| folge und der Vater, Theodor Geifeler, ein angefebener 


L 


410 J | Beifeler. 


Ze ia ‚mwobihabender Kaufmann in Stettin, ver» 
fänmte nichts, feinen Kindern einen guten Unterricht und 
eine anftändige Erziebung geben zu laffen. Er fand eb, 
aus Gründen, die nicht Dierber gehören, angemeffen, 
unfern ©. nam den zurücgelegten eriten Slinderjabren ind 
roßmuͤtterliche Haus väterlider Seite nad Pommern» 
targardt zur weiteren Erziehung zu bringen, woſelbſt 
er die Schule und das dortige Gymnaſium befucbte und 
nach zurückgelegtem 14. Tabre nab Stettin zurückkehrte. 
G ®. follte nun nad dem Wunſche feines Vaters fib dem 
Baufache widmen, allein feine Neigung für Bbarmacie 
mar Überwiegend und cr Fam deshalb Dftern 1797 in die 
Bitelmann’ihe Apotheke zu Stettin ald Lehrling. Er 
ergriff feine Wiſſenſchaft mit foldem Eifer, daß er fehon 
in feinem 4. Lebtjahre Defeftarius wurde, Eonditionirte 
feit DOftern 1802 in der Hofapotbefe feiner Waterftadt 
und ging im September deſſelben Jahrs ald Gehülfe in 
-bie Dofapothefe nad Kopenbagen. Uber er fand bier 
einen großen Gewinn für Bereicherung feiner Kennt— 
niſſe; zwar vermebrte er fein bereitd mit vielem Fleiß 
angelegted Herbarium virum mit ſchönen nordifhen Pflans 
en und Cryptogamien, aber ſonſt ſprach ihn Das Ges 
ſchaͤft zu wenig_on, weil ed mehr fabrif» und bandeld» 
ertig als wiſſenſchaftlich betrieben murde, indem 3. DB. 
mehr denn 100,000 Flaſchen Eau d'Cologne, Raucher⸗ 
und Zahnpulver, Reglife ıc verpadt und an die Indiens 
fabrer abgeſetzt wurden. Er faßte daber den Entichluf, 
Die Pharmacie zu verlaffen und die Arjneimiffenfhaften' 
| Kudiren. Zu dieſem Behufe vervolfommnete er feine 





ereitd gründlich erworbenen Senntniffe in der lateini- 
den Sprade noch mehr, mas —— war, da da⸗ 
mals noch alle Kollegia in Kopenhagen in dieſer Sprache 
eleſen wurden. Er beſuchte nun die Vorleſüngen eines 
alifen, Vahl, Hornemann und Steffens. Kür fein 
tudium der Botanik fand er bier viel Nahrung bei 
. Babl, der eine auögefuchte und fehr reichhaltige Pflanzen: 
femmlung befaß. zu Herbft 1804 verließ er Kopenhagen 
und ſetzte feine Studien in Göttingen bei TWriöberg, 
Richter, Strobmeyer, Gmelin und Blumenbad fort. 
Der um dieſe Zeit durch feine Fieberlehre und pbofiolos- 
gifgen Schriften in. fo hoben Ruf gefommene Profeffor | 
eil zog ibn im Herbft 1805 nah Halle. Hier fehloß er 
ch febr bald an Curt Sprengel an, wozu die gemein - 
" dame Liebbaberei der BosaniE Veranlaffung mar. Er 
te Kollegia bei Medel, Gren und Keil. und befuchte 





t 


Beifeler. 41 


das unter des Lentern Zeitung ftebende Klinſtum fehr 
eißio und mit großem Nugen. Als nad der Schlacht 
ei Jena auch Halle (18. Dt. 1806) an die Sranzofen 
äberging,, in Folge deſſen die Univerfität aufgehoben 
wurde und fämmtlide Studirende in 48 Stunden die 
Stadt verlaffen mußten, reifte ©. über Leipzig und Dres⸗ 
den zu feiner Altern Schweſter nad Berlin. Da er bier 
‚Mufe hatte und Hülfömirtel fand; fo entſchloß er Ad, 
‚ bier fein Specimen inaugurale, unser dem Titel: „Cro- 
tonis monographia” zu ſchreiben, eine Arbeit, die er mis 
großer Liebe und vielem Fleiß unternahm und ausfährte 
und welche auch ein ihr gebührendes, rühmliches Ans 
erfenntniß fand. Nah Beendigung derfelden Eebrte er 
im Anfange des Monats März 1807 nah Halle’ zurüd, 
um bier zu promoviren; denn menn gleich Die Univerf» 
tät in fo fern nicht mehr eriftirte, als feit Dem Oktobet 
4806 feine Studenten geduldet wurden, fo waren do 
noch beinahe fämmtliche Profefforen dort anweſend, 
eine Reorganifation der Univerfität doffend, welche fo 
während afademifhe Würden ertbeilten. Nahdem er 
nun am 20. März 1807 das Doftordiplom erlangt batte,. 
begab er ih nad Goͤttingen, verbeimlichte feine bereith 
erbaltene Doktorwürde und lie id am 2, Mai 1807 
aufs Neue daſelbſt immatrikuliren, um noch Kollegia zu 
bören und dad Klinifum 2a befuhen. Im Oktober 1807 
ging er nach Berlin zuräd, um bier die große Staat 
prüfung zu maden. Am 7. Apr. 1808 beendigte er ben 
anotomifchen Kurſus unter Knape und am 27. Aprik 
machte er Dad große Eramen unter Serwen, Rudolphi 
und Hecker. Noch ohne Entſchluß, wo er ſich als prak⸗ 
tiſcher Arzt künftig niederlaſſen wollte, beſuchte er feine 
Eltern und Verwandte in Stettin, Swinemünde und 
Pomm.⸗Stargardt und fam dann auch am 14. Geptbr, 
4808 nad Danzig, um bier feinen Altern Bruder und 
feine ilingere vwerbeiratbete SchweRer zu beſuchen. Sehr 
ald nach feiner Ankunft dafelbft wurde er. von einem 
bösartigen Nervenfieber befallen und genoß dur‘ Die 
“gute Pflege im brüderlichen Haufe, doch nur fehr langſam. 
Bielleicht gab Died Deranlaffung, in Danıig, da die 
Berbältniffe, in denen fein Bruder und fein Schwager, 
die bier eine gemeinfhaftlide Handlung batien und sg 
ſehr enger —— mit den damals hier anweſenden 
fränzoͤſ. Eivil» und Militaärbehoͤrden ſtanden, länger zu 
verweilen, da er unter ſolchen Umftänden fehr bald eine 
recht gute Praxis erbielt, Als fein Schwager Uubsieut 


4 


412 Geiſelet. 


im J. 1841 nach Parid zog (fein Bruder datto Damig 
(den früher verlaffen), fo machte derfelbe zuvor eine 
Schenkung von 20,000 Franken an das dafige Stadt» 
lazareth, mit der Bedingung, daß unfer ©. nad dem 
Kode des damald noch lebenden Oberarztes an demfelben, 
Profeſſor D. Blech, welcher im Sommer 1812 farb, in 
Der nämliden Qualität und mit. e erböheten Ge⸗ 
rg angeftelt werden follte. Nun war fein Entſchluß 
ef, für immer in Danzig zu bleiben und dies um fo 
mehr, als er feit vier Jabren ald jüngfter Arzt gemein 
foatelic mit Dr. Bleh das Gtadtlazareth beforgt und 
tebgewonnen batte, indem er bier Belegenbeit fand, id 
Der nicht unbedeutenden Anftalt, in welcher jährlich ges 
gen 8000 Kranke aufgenommen werden, feine praktiſchen 
enntniffe zu erweitern. Auch wurde er i. 3. 1811 als 
Hülfsarıt bei den franzdf. Militaͤrlazarethen angeftellt, 
wobei er did zur Wiedereinnahme von Danzig durch 
Preußen am 2. Januar 1814 thätig war. gIn dem Be⸗ 
lagerungsjahr 1813 erwarb er ſich viel Ruf und eine 
Bere Praris dur feine Behandlungsweife der das 


‚wald bier derrſchenden Nerven» oder eigentlich Lazareth⸗ 
: Weberepidemie, an welcher allein 3500 Menfden aus 


em Eivilftande farben. Da’ die meiſten diefer Kranken 
mis reizenden und flimulirenden Medikamenten bebandelt 
murden, er aber die Bebandlungsmeife von Marcus 
anmandte, jo madte er febr viel glüdlide Kuren. — 
Gebr bald nah feinem Hierfein befchdftigte ib ®. aufs 
Eifrigfte mit Dem Studium und der Anwendung des 
thierſſchen Magnetiömus ald Heilmittel und leiftete darin 
manches Auffallende und ntereffante. Er fegte die 
magnetiihen Kuren mebrere Jahre fort, gab fie. aber 
au auf, nicht aus Ueberzeugung vom Mangel ihrer 
Heilkräfte, fondern vorzüglid, weil fie bei feiner fehr 
——— Praxis zu zeitraubend waren und er ſeit 

em Jahr 1815 an gichtiſchen Anfälen zu leiden anfing, 


welche immer häufiger und beftiger miederfehrten. — 


Im Zahr 1812 fam ihm zufällig Hahnemanns Organon 
und deſſen praktiſche Urzmeimirtellehre zu Gefidt; er 
ind und fand darin Grundjäge aufgeftellt, die ibm fo 
sufogten, Daß er fid bewogen fühlte, dem Studium der 
Homdopatbie einen Theil feiner Zeit gu widmen. 

105 alled Darüber Erſchienene, forſchte und Dachte dar⸗ 
über nad und erft nad einem 40—12jdhrigen Studium 
dieſes Syſtems machte er Die erften Verſuche hombopa⸗ 


whiſcher Kuren, welche gelaugen. Er blieb ein Anhänger. 


x 











| Geifeter, 418 
dieſes Spſtems dis an fein Ende, wandte es aber nur 
tbeilweife an,’ denn er war —75 genug, wohl 
“ einzufeben, daß dad Ganze noch nicht tefifiebe, daher er 

dieſe Kurart nit überall, und unbedingt anwandte. — 
As im Juli 1816 die Eönigliche Regierung von Weite 
preußen zu Danzig ihren Sig nabm, wurde er bei dem 
damit in Verbindung ſtehenden Medicinatkollegium zum 
weiten Medicinalrarh erwählt, in welder Eigenfcaft 
er auch ſpaͤter, ald daſſelbe im Januar 4831 in eine 
Medicinaleraminationdfommiffion umgefchaffen wurde, 
bis an fein Ende fehr thätig mitwirkie. Das aͤrztliche 
Geſchaͤft im Stadtlazareth trieb er dabei immerfort, wie 
von Anfang an, mit großer Vorliebe und regem Eifer, 
indem er dadurch einen.Schag von Erfahrungen zu fams 
meln befliffen war und meinte, daß man nur in Kranken, 
bäufern reine medicinifhe Erfahrungen und Beobadtun - 
en zu machen im Stande fei. Seine Öfteren gichtiſchen 

efhmwerden, die fich fo fehr erweiternde Privarpraris, 
die, weite Entfernung dieſer Kranfenankalt von. dems- 
jenigen Theile der Stadt, wo er feine-meiften Kranken: 
u ‘beforgen hatte und endlich ein gewiffer Verdruß, daß 
Feiner feiner Anträge und Wuͤnſche zur Verbeſſerung 
und Erweiterung der ibm anvertrausen Anftalt von Den . 


Behörden beachtet wurde, Eonnten ibn nur bewegen, - 


im Gahr 1826 von derfelben ganz abzutreten und feine 
ganze Zeit der Privatprarid zu widmen. — Als am 
29. Mai 1831 in einem benachbarten Dorfe von. Danzig 
Die afiatifide Cholera audbrah, wurde er mis dem Kreid« 
pbyfitus und noch ein Paar Aerzten deputirt, Diefe 
Krankheit zu unterfuhen. und zu begutadten und al6 
dieſelbe ſehr ſchnell um fie griff, bielt man für noth- 

wendig, eine befondere Eholerafanitätstommiffion zu or⸗ 

ganifiren, von der er ebenfald Mitglied wurde. Ein 
im J. 1832 nad Berlin zu feinen Zugendfreunden und- 
Bekannten v. Gräfe, Wagner, Biebler, Hufeland *t 
Ruf, Horn, Wolfart **) u. m. A. unternommene Reife 
hatte tür feine Gefundbeit die erfprießlichken Folgen. 
Doc nad einigen Jahren fanden ſich feine Leiden mies 
‚der ein und warfen ihn am 19. Nov. 1836 auf ein bars 
tes Siranfenlager, daß er erft na fait 2 Monaten wies 
der verließ, bergeftellt durch treue Pflege und die forg- - 
fame Behandlung des Negimentdarsted Dr. Sinogomwiß. 








. 9) Deffen Biographie f. N. Nekr. 14. Jahdtg. ©. 690. 
nn grand S Ne 14. Sabo. ©. 6. 


Lv — J J 


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D 2 


MM Gecielen 


Uber feine Gemefung mar nur in; fein giner Hu⸗ 
wor mar verloren gegangen und kligte nur jelten auf, 
Herd ermüder und verdrüßlid, nicht wie fonft wirken zu: 
Eöunen, Mangel der Theilnahwe an dem, was ibn fonk 
fepr interefürte, Bevennung und Unfähigkeit, irgend et- 
mad fein Fach Betreffendes vorzunehmen, oft Mangel 
an Worten oder verfehrter Ausdrud für Dad, mas er ſa⸗ 
sen wollte, Mangel an Gedaͤchtniß. fogar zuweilen eine 
auffallende Art ſich zu denehmen, ließen feine Bekannten 
nur zu fehr fürchten, daß ein naher Sturm kevorftände, 
welcher denn auch am 17. März 1837 bei einem feiner 
atienten wirklich eintrat; wo er flarr und beſinnungs 
los finen blieb. Nachdem er fi erholt Hatte, war er 
doch im Stande nad Haufe zu geben. Don nun aber 
klagte er befonders Aber den Kopf, die Schmerzen in 
demfelben Ategen bis zur größten Heftigkeit und er ‚erlag, 
nachdem ſich noch andere Leiden hinzugeſellt batten, am 
- oben genannten Tage. Bei der Sektion fand man große 
Unomalien im. Gehirn und Hirnſchaͤdel: eine bedeutende 
Bermahfung des erftern mit dem leßtern, Auftreibung 
dels nad innen, die aufd Gehirn gedtädt das 

ben mußten, Anfammlungen von Wafler. und bin und 
wieder etwad Eiter und fiellenweife Verbärsung der Ge 
Diamant ſelbſt. Seine Leiche wurde nab 6 Tagen obne 
epränge, unter Begleitung fämmtlicher Medicinalperfos 
nen, aler derer, die ihn als Arzt benupt batten und 
vielen mweinenden Armen, denen er unentgeldlih Hülfe 
geleitet hatte, zur Erde beſtattet. — Als Arzt war ©. 
wahrhaft audgezeichnet und genoß allgemeines Bertrauen 
und Achtung. Er befaß einen fcharfen Berftand, ſchnelle 
Auffaſſungsgabe, ein vortrefflided Gedaͤchtniß und eine 
feltene Beobachtungsgabe, dieſe Eigenfhaften, vereint 
mit feiner Rude und großen Befonnenbeit, machten ihn 
u einem ſebr gluͤcklichen und vorzägliden Diagnoſtiker; 
er war in feinen Prognofen ficher, in feinem Heilverfah⸗ 
sen einfach, gab wenig Medicin und feine Necepte wa⸗ 
ren Burj, aber fräftig.. Er war ſehr 1 tig, und fleißig, 
lad fehr viel und fchrieb viel nieder, theils eigene Beobach 
tungen und Erfahrungen, theils Rotizen aus dem Gele⸗ 
fenen, tbeils eigene Anſichten uͤber die aufgeſtellten Theo-· 
rieen und Bekaͤnntmachungen. Den Beweis dafür lies 
tert die große Maſſe der binterlaffenen Papiere. Außer 
dem Studium der Medicin befchäftigte er fih noch viel 
mit den Naturwiſſenſchaften, vorzugsweife mit Chemie 
und Botanik. Rebenher ſtand er noch in.einem großen 











Sen 41h1 


Briefwechſel, ſowodl mit feinen Verwandten, a8 wit ſei. 
nen auswärtigen Sreunden. — Als Schrifiteller iR er nie 


. dffentlid aufgetreten, jedoch geht aus den Konzepten feiner 


t 


Briefe, wie aus den an ihn gerichteten Berichten hervor, 
daß er — Mittpeilungen in die mediciniſchen Zeit⸗ 
ſchriften an Ruſt, v. Gräfe, Horn, Wagner und Wolfart im 
Berlin, an Radius in Leipzig, an Hartlaub in Brauns 
ſchweig und an Stapf in Naumburg gemacht bat, immer 
mit der Bemerkung, Daß er ed den Deraußgebern anheim⸗ 
flelle, davon zu benußen, was und wie fle ed für gera⸗ 
tpen bielten, dabei ihn aber nie zu nennen, allenfaus 
dad Benugte mit der Chiffer: G....r_ zw bezeichnen. ° 
Audgearbeitete Auffäge find nicht unter feinen Papieren 
vorgefunden worden, nur Entwürfe, Sragmente, einzelne 
Gedanken, melde vorzugömeife den Magnetismus, den 
Weichſelzopf und die trochomatifhen Krankheiten über.. 

Baupt, auf deren Studium er viel Fleiß verwandte, die 
Cholera, den Geſichtsſchmerz und die Homdopatbie bes 


treffen. Auch außer feinen vielen Senntniffen in den 


medizinifhen und naturhiſtoriſchen Wiſſenſchaften war 
er kein Sremdling in andern Zweigen des Willens, nur 
mußte alled rein ſcientiviſch ſein. In das Gebiet der 
Phantafie verftieg er fie felten;_für Poeſie und Muft 
war er wenig empfänglich; das Theater befuchte er nur 
auf Stunden, blos zu feiner Erholung, weniger die Bor _ 
zuüge des Stüfd und der Spielenden beachtend. Kür 
Malerei und Skulptur hatte er zwar mehr Liebbaberei, 
doch ohne Kenner zu fein; bei den Delgemälden und 
Kupferfliden, Die er befaß oder ſich anſchaffte, ſah er 
immer mehr auf den Gegenſtand, als auf die kuͤnſlleri⸗ 
fe Ausführung derfelben. Alles, womit er fi beſchaͤf⸗ 
tigte, mußte feine Jutelligenz in UAnfpruh nehmen — 
Ais Menid war ©. — von feſtem 
Charakter, in hohem Grade rechtlich und aufrichtig, konnte 
er feine Ungerechtigkeit oder Zweizüngigkeit leiden und 
ſprach ſich darüber frei und often, ganz ruͤckſichtslos, oft 


- fögar derb aus. Er war treu und yuverläffig; was er 


verſprach, hielt er unter allen Umftänden, forderte daſ⸗ 
felde aber au von Andern, befonderd von feinen Pa- 
tienten firenge Befolgung ‚feiner Vorſchriften; Famen fie 
denen nicht nad, fo gab ed wohl manden Zank und ſo⸗ 
aar völlige Entzweiung. Er erfüllte feine Pflichten ſehr 


Ä 5 und war in allen feinen Geſchaͤften, zuweilen 


ogar bid zur Peinlichkeit, ordeutlih. Sehr Drdnu 
(iebend war auch fein ganzes Leben, ſtets fehr geregelt 


ri \ 
416 Ofen 
‚und abgemefien. — ©. mar nie verbeiratbet, aber fein 
eind von Frauen, mit denen er ſich gern unterbielt. 
in Haus zu machen und Samilienvater zu werden, bätte. 
feine Rube und Orbnungsliebe gefört; Überdied befaß 
er mande Eigenheiten, von denen er fib loszumachen 
ſchwer daͤtte überwinden können und die dann doch ſtoͤ⸗ 
rend geworden wären. Zu diefen feinen - Eigenheiten 
ebdrte es unter andern, Daß er nur fehr ungern außer 
"feinem Haufe bei guten Sreunden und Befannten irgend 
etwad genoß, wohl aber mar er dabei, wenn auf gemein» 
ſchaftliche Koſten in Gaftbäufern zc. gezehrt wurde. Auf. 
merkfamfeiten, die ibm ermwiefen wurden, nahm er in der 
Regel kalt auf, ignorirte fie entweder ganz oder fuchte 
fobald als möglib fi der dadurch entftebenden Ver. 
bindlichkeit auf itgend eine Weife an neigen; er 
mußte fordern und bezahlen fünnen. Das Haus des Re⸗ 
ferenten war beinabe das einzige, mo er woͤchentlich, oft 
mebrmald, ein» und audging; er konnte fommen und ges 
ben, wenn er wollte, forderte er etwas, fo wurde es ihm 
nereict, angeboten mußte nichts werden und fo war es 
m rebt. Er war von Natur freundlich, batte ſtets 
eine beitere Miene, guten ag und oft einen ſehr 
treffenden Win und obwohl felten ganz obne Schmerzen, 
ß war es doch auffallend, daß er bis an fein Ende ein 
iſches, geſundes rothes Ausſehen. ein lebhaftes dunkles 
Auge ‚und eine gebörige Koͤrperfuͤlle behielt. Als ein 
. Ebarafterzug verdient noch bemerkt zu werden, daß er 
mitleidig gegen Arme war und gern und reichlich aab 
an. folcbe, DIE ed verdienten, dagegen bart gegen dieſe— 
nigen fich zeigte, die ihn befürmten oder gar getäufcht 
batten. Er war oft mehr freigebig, als es angebracht mar. 
Er liebte in feiner Kleidung ‚wie in feinem Hausgeräte 
Die Reinlichfeit und Sauberfeit beinahe bis zu Eleganz und 
alled, was angefchafft wurde, mußte fehr gur fein, ohne da⸗ 
bei auf den Preid zu feben. Auch feine Hausleute und alle 
: Diejenigen, deren Dienfte er in Anſpruch nahm, befobnte 
er reihlid, Dertangtt Dagegen aber auch eine fehr treue 
und pänftlibe Erfüllung ihrer Obliegenheiten. Wie 
mwobl er fehr einfam und frugaf lebte, zwar gern und 
gut aß, Dagegen aber’ beinahe nichts ald Waller und 
Mil trank, fo brauchte er Doch für feine ganze Lebens, ' 
weife verbältnißmäßig fehr viel. — Außer einer fehr gu 
ten und zum Theil Fotbaren Bücherfammlung, mehreren 
phpfifalifchen Inftrumenten, einer Gemälde » und Kupfer» 
fammlung u. ſ. w. bat, er noch ein baares Vermögen 
binterlaffen, wovon er noͤthigenfalls hätte ganz unabhän« 





0 Scene. 97 


gig leben können! Seine Erben find ein jüngerer Bru— 
der, der Gutöbefiger von Zoßen iſt, eine dltere Schwe⸗ 
fier, die Witwe Haager, welche, im Crädichen Zoßen bei 
- Berlin wohnt und mehrere Geſchwiſter Kinder, Yon des 
nen einige in. der Umgegend von Berlin und Potsdam 
wohnen, andere weit ab, in Neu: Drleans, Montpellier 
und Köln. Dr. 9. 


* 143. Sohann Andreas Schorr, 
Pfarrer zu Jühfen und Neubrunn dei Meiningen: _ 
geb. d& 19. Febr. 1:61, geſt. d. 6. April 1887. 


Sein Vater, Johann Kaspar Schorr, war perge lich 
ſaͤchſ. koburg. Kommercienrath, Freiſaſſe und einer 
des Schrickels- oder Doftorbofed, wie auch Mitnachbar 
zu Jüchfen; feine Mutter, Maria Elifaberde, eine geb. 
Haad, Schon in den erften Jabren feines Lebens zog 
er mit feinen Eliten nah Bundorf in den Haßbergen, 
wo fein Vater dad Rittergut des Freiherrn von Trud» 
ſeß gepadtet battle. Dort beſuchte er die Schule bis 
zur Konfirmation, worauf ihm fein Vater in der Mufif, 
der lateiniſchen Sprache und andern zu einer willen 
ſchaftlichen Laufbahn vorbereitenden Gegenſtaͤnden Pris 
vatunterricht ertheilen ließ, bis er das Lyceum zu Mei— 
ningen beſuchen konnte. Mit den zum Studium der 
Theologie noͤrhigen Vorkenntniſſen ausgeruͤſtet, bezog er 
die Univerfität Erlangen in den Jahren 1779 bis 1782, . 
worauf er nad dem vor dem berzoglihen Konſiſtorium 
u Meiningen mwoblbeftandenen Eramen unter die Zahl - 
er MOL EDIDEEEIS Fan each aufgenommen wurde. Cr 
verlebte ſodann einige Zeit bei feinen Eltern, biß er die 
Stelle eines Haudlebrerd bei dem damaligen Amtmann 
Petri zu Schwarza antrat. In diefen angenehmen Der 
dältniffen blieb er, bid er am 11. Mai 1787 den Antrag 
ald Subfitur des Pfarrerd Chriftian Nathanael Wagner 
zu Juͤchfen erbielt und bald darauf fein Amt daſelbſt 
antrat. Nah dem Eurze-Zeit Darauf erfolgten Tode ſei— 
ned Vorfahren wurde er. auf Anfuchen der beiden Ge 
meinden Juͤchſen und Neubrunn ald wirkliher Pfarrer 
beftätigt und eingeführt. Im Jahr 1791 (2. Gebr.) ver 
beirathete er fih mit Johanne Juſtine Sondermann 


(5 18939, der zweiten Tochter zweiter Ehe des vormalis 


gen Syndikus der reihöfreien Ritterſchaft an der Bau—⸗ 

nach, Jodann Priupe Sondermann zu Ruͤgheim in Fran⸗ 

ken. Aus dieſer Ede entſproßten ihm 4 Töchter und 
N, Rekxrolog. 16. Jahrg. ——27 | 


N \ 


418 ee 1.171 


2 Söhne, von denen der ältere als Student der Theo⸗ 
fogle im Januar 1814 zu Jena ſtarb. Im Jabdr 1818, 
ale ihm die Superintendentenftelle zu Waſungen ange» 


tragen wurde, beide Pfarrgemeinden aber Dringend | 


wünfcten,, daß er fie nicht verlaflen möchte, benuste er 
dieſe Belegenbeit, das ihm und auch vielen Gemeinde 
gliedern laͤngſt verhaßte Beichtgeld in eine fire Abgabe 
aud den Gemeindekaflen zu verwandeln. Die Abnahme 
feiner Strärte fldlend, bemog ibn feine Liebe zu den ihm 
und feiner Führung Unvertrauten, ſich auf eigene Koften 
feinen Sohn Franz Gottfried als Amtögehälfen zu er 
bitten, damit fein vorgerhdted Alter keine Vernadlaͤſſi⸗ 
. gung in feinem ihm ftetd wichtigen und beiligen Beruf 
verurfachen möchte; in den leiten drei Jahren aber Übers 
‘“ fieß er die Verwaltung des Pfarramts feinem Sohn 
ganz. Obgleich in feinem Wirkungöfreife ald Prediger 
- und Seelforger bei zwei Gemeinden vielfach beſchaͤftigt, 
ing er doch in wiſſenſchaftlicher Bildung mit der Zeit 
ort, befonderd in der theoloaifchen Literatur. ‚Aber auch 
außer feinen geiſtlichen Beruföverrichtungen fland er ſei⸗ 
- nen Pfarrfindern in den mannichfal igten Lebensverdaͤlt⸗ 
niſſen ſtets mit Rath und That zur Seite und fie ſchaͤtz⸗ 
ten und ehrten ibn ald ihren treueften Sreund, jo mie 
einen liebenden Vater. Die Stunden feiner ländlichen 
Muße benugte er auf eine fehr würdige und gemeinnuͤtz⸗ 
- Tide Weife. Eine von ibm verfaßte Dorfbefchreibung 
und Dorfhronit von Züchfen und Neubrunn, nach) der 
Anordnung des damaligen berzogliden Konſiſtoriums 
“ (befonderd nad der Idee des ausgezeichnet gelehrten 
und raſtlos thätigen Präfidenten Ludwig Heim) ausge 
arbeitet, beftebt in zwei Solianten und iſt eine Mufter 
arbeit, weshalb er aud ein befondered Belobungsdekret 
erhielt. Den größten Fleiß und die gemiflenhaftefte Sorg⸗ 
falt verwendete er auf den Unterricht der Konfirmanden; 
aus wirfte er Durch fein eigened-Beifpiel viel auf dad 
ußere gefittete, woblanftändige Betragen feiner Gemein. 
deglieder. Schon fein anfehnlier, aroßer und flarfer 
- Körperbau fiößten Achtung ein. Am 5. April 1837, al 
er eben fein Berte verlaflen hatte, fanf er, von einem 
Nervenfhlag an der Iinfen Seite gelähmt, bewußtlos 
nieder und obgleich die aͤrztlichen Vorkehrungen einen 
gemun (GUN Erfolg zu haben ſchienen, Eonnten fie doch 
ie Genefung nicht bewirken. Er unterlag der erlitte- 
nen Erfhhtterung am folgenden Tage. 
Meiningen. 2 Dr. I. @. Ipling. 


> 


p} x 








144. Dr. Johann Georg Lippert, 
Gymnafialprofeflor zu Dof; 
geb. ben 18. Juli 1801, geft. den 8. April 1887”). 


Lippert war zu Wunfiedel geboren, wo er auch Lie 
erfie Schulbildung erbielt. Er ging darauf an die Stu. 
dienanftalt zu Regensburg und bezog nach ſechsſaͤbrigem 
Aufenthalt Die Univerfidt Leipzig. Hier befuchte er neben: 
tbeologifhen und andern wiflenidaftlihen Borlefungen ' 
auch die pbilologifden Kollegien Hermann’d, Beck's und 
Spohn's und verließerft nach drei Jahren Leipzig, um 
feine Studien in Erlangen fortzufegen. Nah vollendes 
ten Univerfitdtöfudien wurde er im Jahr 1823 Vffarius 
bei dem Ptarrer Züflel in Gefreed, blieb aber nit langt 
in diefer Stelle, weil er, nachdem er in se e eines in 
Münden beftandenen Examens unter die Zahl der Kan 
Didaten für dad bödere Lehramt aufgenommen wörbden 
war, zum Verweſer der unteren Progpmnaflalichrkelie 
in Nürnber im Juni 1824 berufen wurde. Gm 3.1823 
batte er au die theologifche. Aufnabmöprüfung in Ans 
bad rühmlich befanden. Bon der Zehrftelle in Nürns 
berg wurde er nad einigen Monaten abgerufen und zum 
grofeiier der V. Gpmnafialklaffe in Augsburg befördert, 

ab einigen Woden_fchon. rüdte er in die Profeſſur 
der IV, Gpmmnofialflofle dafelbſt vor. Diefes Lehramt 
verwaltete er vier Sabre lang. Am Anfang des Stu— 
dienjahrs 1828 bis 1829 trat er in die damals durch 
Derfegung ded Profefford Selling erledigte Lehrſtelle 
der III. Klaffe des Gymnaſiums zu Hof ein. Als nach 
der Trennung der lateinifhen Schulen von dem Gym⸗ 
nafium befondere Subreftorate für die erfteren beftells 


“wurden, wurde ibn das — — in Hof und die 


Ledtiſtelle der IV. Klaſſe an dieſer Anſtalt unter Vorbe⸗ 


dalt feiner bisherigen Dienſteigenſchaft als Gymnaſial⸗ 


— 0 Übertragen. In diefem Ledraͤmt wirkie er mit 
bätigfeit und Segen, auch nabdem vie Subreftorate 
wieder aufgehoben und mir den Gymnaſialrektoraten vers 
bunden worden waren. Im Jabr 1826 hatte er fih bei 
der Univerfträt Erlangen die Würde eined Doktors der 
Ppilofophie erworben. — Die Stunden, melde er von 
feinen Amtsarbeiten erübrigen konnte, verwendete, er eif⸗ 


. Nach den Ja esberi v. d. koͤnigl. Sy neſſum u. d. la⸗ 
teinifäjen en of im Studieniahr ——— 


® 


— 


2 - Raabe. 


fangb Februar 4814 war fie durch feine Bemuͤhungen in 
den Stand geſetzt, in ſclagfertigem Zuſtand den Marſch 
nach Sranfreih antreten zu. koͤnnen. Fuͤr feine Leiſtun⸗ 
FREE VERTRAT RAS 
und Beſchießung der Feſtung wickelte, 
war er mit dem Kai. ruff. St. Annenorden 2. Klaſſe 


belohnt. Auch an dem’ zweiten gelbaug gegen Stanfe 


reich im Jahr 1815 nabm er The 08 war und das 
feiftete der Verewigte ald Militär in den Zeiten, wo ihn 


‚fein Beruf auf das biutgedüngte Geld der Schlachten 


rief. Allein auch in der Zeit des Friedens raflete er 
wit und mit unerfchätterlicher Thätigkeit verwendete 
er feine ganze Kraft auf die Vervollkommnung der ibm 
anyertrauten Ware. Noc Eur; vor feinem Ende fand 


“er dafür die erfreuliche Anerkennung dur Die ihm 


von dem Kaifer von Rußland ertheilte Deforation des 
St. Stanislausordend 2. Klaſſe. Betrachten wir ibn 
nım als Menſch, fo finden wir, daß dohe Biederfeit, 
Arenge Gerechtigkeitsliebe und unermüdliche Sorgfalt 
far. dad Won! feier Untergebenen ibn zierten. Hohe 
Kugenden von Ibm waren unverbrücliche Treue gegen 
feinen König und unausloͤſchbare Liebe zu feinem Bas 
terlande,,-die er namentlich in “ für die ſaͤchſ. Armee 
fo verdaͤngnißvollen Jahr 1814 ruͤhmlichſt an den Tag 
legte. Blängende Anerbietungen wurden ibm vor der 


. Teilung der fächf, Armee von mehreren Seiten gemacht. 


aber ofen erklärte er, daß er feinem König und Herrn 
mir dem Eide der Treue verpflictet fei und nur dann 
in fremde Dienfte zu treten ficd entfchließen könnte, wenn 
fein önig idm zu erkennen geben follte, daß er feiner 
Dientte nicht weiter bedürfe. Darum ward ibm aber 


auch die Achtung und dad unbedingte Vertrauen feiner 


Untergebenen im böchften Grade zu Theil. Wie gro 
die Meredrung war, die fib der Verewigte — 


. erworben hatte, bewies ſich bei ſeiner Beerdigung. Der 


von. dem Brigadier Generalmajor von Haufen geführte 


eichenco nducr befand aus 4 Gefhügen und 3 Linienba⸗ 


. tai Uonen, außerdem folgte noch eine zablreihe Menge. 


MR. dinter laͤßt nebf feiner Gattin 6 zum Theil no ün⸗ 
verfo rate een ra s ! “ 9 | 











+‘ 


- 


* 146. Sans Ernſt Bütemeifter, 
Oberamtmann zu Diepholz im Königreih Danover, Ritter detß 
Quelphenordend und Doktor der Rechte; j 
geb. den 24. Auguſt 1750, geft. den 10. April 1837. 


‚ Der Bater des Manned, deffen Leben mir bier zu 
ffizziren beabfichtigen, war Prediger in dem hanoverſchen 
Dorfe Wulften unweit Noriheim, hatte früber der gräfs 
li v. Hardenbergſchen Zamilie feine Dienfte ald Haus 
lehrer gewidmet und flarb bereits wenige Jahre nad) der 
Geburt Hand Ernſt's, diefen und deflen jüngere Schwe— 
fer der Pflege einer forgfamen Mutter binterlajfend. 
Die Mutier, geb. von Hattorff, wohnte darauf mit 
den beiden Kindern zwei Jadre in dem benacbarten 
Sleden Nörten, worauf fie der Bruder des Daters, dere | 
zeitiger Prediger in dem naben Dorf Bühle, in fein 


J 


gaſtliches Haus aufnahm, wo dieſer treffliche und mild« 


efinnte Mann den Unterricht der Kinder perfünlich bes 
orate (1756). Der fiebenjäprige Krieg fiel in dieſe Zeit 
und früh lernte der Sinabe einfeden, was es beißt, mir. 
Seinden des Vaterlands umgeben zu fein. 1766 bezog 
unfer B. die lateinifihe Schule zu Zellerfeld am Harz 
und lernte eifrig unter der Anleitung des dortigen Rek— 
tors Reiberg. Da während dep fein Oheim von Büple 
nach Derzber — murde, fo konnte ſich dieſer des 
mit edlem Ehrgei; vriftrebenden Juͤnglings noch Erdfs 
— ‚und Letzterer bezog denn auch 1769 Die 
Söttingfhe Akademie, woſelbſt er unter den Auipicien 
von Selchow, Böhmer, Pütter, Schlöger, Beckmann ıc. 
bie 1773 die Rechte ſtudirte und aud die Hörfäle Hols 
mannd, Ayrers und Beckmanns (des Defonomen) fleißig 
beſuchte. Er ſchloß bier innige Sreundfchaft mit dem 
Dichter Hölty, welcher ibn in die Geſellſchaft jener Dich» 
terverbrüderung, feiner Kommilitonen einführte, welche 
Ipdter ihre Namen in unferer Literatur hinreichend mas 
nifeftire haben. SH diefer hochbegabten Juͤnglinge 

ing zwar im Fruͤhlingsſonnenſchein der akademiſchen 
Sreident feinen eigenen Weg, aber Ale waren in der 
Verehrung für Klopſtock und für den hoben Geift, den 
idealen Schwung der Klopſtockſchen Poeſie herzlich in 


enthuſiaſtiſch verginigt und infofern bier von Schule die 


Rede fein kann, bildeten fie gewiffermaafen den Foyer 
der Klopſtockſchen Schule, mwelder auh B. getreulich 


und immerdar zugethan blieb, fo daß fein gutes Ge⸗ 


424 Buͤtemeiſter. 


die er mit Feuer und Salbung manchmal recitirte. Nach 
abſolvirten Studien und einem Aufenthalt im Hauſe 
des Onkels wurde B. im Jahr 1774 eyaminirt und bei 


dem Amt Brunftein als Auditor angeſtellt, woſelbſt er 


ch dad Wodlwollen des dortigen erſten Beamten, 
eichshofratys v. Hugo nachbaltig erwarb. 1779 ward 
er zum Titularamtofchreiber ebendafelbft und 1780 zum. 
Supernumeraramtöfchreiber für das Amt Uslar ernannt, 
wo er denn bei wenig Gehalt und, viel Arbeit einige 
Jahre zubradte. 1783 ging er in voriger Eigenfhaft 


und zugleich ald Hofkornſchreiber nad Gele, wo fih der 


Kreis feiner Bekannten und Sreunde fehr vermehrte und 
wo er auch noch in den Nebenftunden mit ber —J* 
ſchen und italieniſchen — ſich beſchaͤftigte. Auch 
wurde er bier zum Zuchthauskommiſſaͤr ad interim be⸗ 
ſellt und man mußte nun ſchon, daß man in B. einen 


thßdtigen, grundredliden und unermüdlichen Arbeiter. 


befaß. 1786 wurde er ald zweiter Beamter an dad. Amt 
ova verfeßt, verheirathete fi mit Sriederide Luiſe 
odemann, der Tochter des Amtmannd £. zu Oldenſtadt 


‚und diefe feine Gattin, mit welcher er 20 Sabre in zu⸗ 


o 


ſechs Töchter, welche 
genoß die Vaterfreude, vier feiner Kinder — ver⸗ 


friedener Ehe lebte, pebar ihm im Laufe diefer Jahre 
dn fämmtlich überlebt haben. Er 


deirarbet zu ſehen; einer der unvermählten Töchter aber 


“ wurde die fihöne Beſtimmung zu Theil, die forgfame 


Pflegerin des Vaters am Spätabend feiner Tage zu Were 
den. In Doya nun nerlebte B, file, glückliche und ars 
beitvolle SGahre. 4792 wurde er nach Diepbolz ald zwei⸗ 
ter Beamter berufen und 1797, daſelbſt zum Amtmann 
ernannt, Hier entwidelte er jene Thätigkeit, melde 
eigentlid den Kern feined Dienftberufd bildete und die 
gan der Art war, wie feine Redlichkeit und Milde ſich 
iefelbe in einem durch langen Srieden begiädten Lande 
nur wänfchen mochte. Aber ſchon Elang daß — der 
Band, Revolution, wie dad rollen eines fernen furcht⸗ 
aren Donnerd, herüber in_ die norddentfche Frieden⸗ 
file. Die zeit der. franzöf. Invaſion von 1803 bis 1813 
war vorzüglid Drangvoll für dad Grenzamt Diepbol 
fo daß wodl ſchwerlich ein Ort des hanoverſchen Lande 
mebr unter diefen Berbältniffen gelitten bat, als diefer 


F ——— über 20,000 Einwohner zaͤhlende Bezirk. 


Anfangs befürchtete man, auf dDiefen weiten Sandebenen 
ein Dacapo der Schlachtentheater zu erbliden, die ſchon 


l 


daͤcmiß ihm lange Stellen aus der Meſſtade auſbewahrte, 


» 


? Bouͤtemeiſter. 46 


foot in der Vorzeit auf diefen unabfehbaren e⸗ 

recken Verderben ünd Schrecken verbreitet hatten. D 
einrückenden Franzoſen brandſchatzten und marodirten 
und bezeichneten ihren Eintritt in dad Hanoverſche da⸗ 
durch, daß fie ein Bauernbaus anftedten. Unfer B. batte 
weder Tag noch Naht Ruhe. Die Generdle Mortier, 
Berthier und Bernadotte — fo wie früher Feldmarſchall 
Graf Walmoden — lagen längere Zeit bei ibm im 
Quartier; fein Haus war Jahre bindurd der Sammel» 


Krieg von dortber in Bewegung feßte und mancher 
ftorifde Name wäre zu nennen, wollten wir die Kriege 
machthaber Alle DEREIOU EN, welche Damald in das zur 
Beamtenwohnung dienende alte Diephölzer Grafenſchloß 
den Einzug des für jegt ohne Blutvergießen nabenden 
Siegers bielten und einquartierungsmweife oft längere 
Zeit bei dem ſtets fopalen und zu jeder Aufopferum 
willigen Hauswirthe verweilten. Daß von Seiten de 
gestern große Opfer von Zeit, Rube und Vermoͤgen gu 
bringen waren, verftebt ſich von feld. 1804 betrauerte 
B. den Tod feiner einzigen Schwefter Eleonore, der 
Gattin ded auch ald Shhrififteler und Dichter bekannten 
Amtmannd J. A. Weppen zu Wickershauſen. Da 8. 
fid durch ein wärdevelled, uneinennüßiged und, wo «8, 
„wie bei faft allen franzoͤſiſchen Offizieren, anwendbar war, 
auch feines Daran die Achtung und Zuneigung der 
‚ fremden Armeechefs zu erwerben mußte, fo gelang ed 
ibm fat immer, die Letztern für dad Wohl von Diep» 
Holz günftig zu ſtimmen und unzählige Male wandte er 
Durch mutdige. Fuͤrſprache von den feiner Sorge anver 
trauten Amtdeinwohnern unberechenbaren Schaden und 
roßes Kriegswehe ab, ein Hauptzug feiner amtlichen 
irkſamkeit, welcher auch fpäter nach _der Reftauration 
von feinen Vorgeſetzten in ehrenden Ausdruͤcken aner⸗ 
tannt wurde. Aber nicht nur eine Schule der That und 
amtlicher Energie und Ausdauer, fondern auch mannich- 
fader Leiden und gen wurden Die Tage der 
“  franzöfifhen Occupation für B. Seine Liebe fürd Da- 
terland und feine aͤchtdeutſche treue Anbänglichkeit für 
das angeftammid Fuͤrſtenhaus mußte harte Prüfungen bes 
. Reden! Die auf eine Militärdefpotie abzmedenden fran⸗ 
zoͤfiſchen Einrichtungen und Verordnungen verlegten tief 
ie Milde feines Wefend, die ſchamloſe geheime Polis 
zei befümmerte den gerad» und edeldenkenden alten 
Staatsdiener unfägli und bier befonders fühlte er zu» 


J 


ꝓlas faſt aller militärifhen Notabilitaͤten, weiche der 


426 Butemeiſtet. 0 


„gleich mit fo mandem deutfcben Herzen in tiefem Schme 
wie empörend ed fei, wenn geldgierige Renegaten un 
ebrlofe Schurken und Horder, Denen feile Schergen 
auf dem Fuße nachfolgten, felbit in die Penetralien der 
Höufer eindrangen und den deutſchen Mann, der unter 

- Dem Schug der Zaren der befümmerten Bruft Luft madte, 
vor die (donungslofen ZTribunale der Zwangsherriher 
ſchleppten. Dennod war andrerfeits B. auch nicht der 
"Mann, der einfeitig und pbhiliſterhaft verfannt bätte, 
daß manches Ulte als morſch und verjährt vor dem dröhs 
nenden Zußtritie der mächtig bewegten neuen Zeit von 
felb in Ab zufammenfinfen mußte. Geleiter Dur Ers 
Fabrung, belehrt durg vieljäbrige Geſcaͤftsroutine er. 
Eannte fein richtiger Verſtand ſogleich, daß jeut der Zeit 
geiſt mit eiferner Stimme ein unabmeisbar Neues diktire 
und. mit eben fo fiderer als feiner Diſtinktionsgabe ſah 
der vielgeprüfte Mann deutlich ein, daß unter den juns 

en politifden Ideen und Inſtitutionen ſich manches 

BGute dbervortbue, welches unberedenbar in die ferneren 
Sabre fortwirken und auch Das foriale Leben nachhaltig 
umgeftalten müfle_ und werde. — Bekanntlich war die 

Grafſchaft Diepholz Dazumal ein Theil des fogenannten 

Koͤntgreichs Weſtphalen, erfuhr aber bald daranf die lei» 
dige Standederhöbung, zu einer Provinz des franzöfifden 
Kaiferreih8 umgemodelt zu werden. 3. verlor in Solge 

deffen 1810 alle feine früheren Bedienungen, wurde aber 
zur Dankbarkeit — weſtpbaͤliſcher Maire ohne Gebalt. 
Es war Napolconifches Princip, die Staatsdiener, ans 
ftatt mit Geld, mit Ehre zu falariren. Die ſchlaueren 
Beamten uͤberſetzien fi dieie Ehre durch: Bedrüdung, . 
Einfluß, Prunkſucht und dadurch, daß fie kriechend gegen 
Dornebme und Vorgeſetzte, bart und unmenfhlid ges 
gen Untergebene un) Wiedere, dad Recht an den Meiſt— 
bretenden verkauften: und dieſe Theorie rentirte fid 
„famoͤsgut“ für fie, folten wir denken! ©. verftand - 
diefe Kunſt nicht und nur die innere Ehre, dad reine 
Bewußtfein des Ehrenmannd mar ibm unverdußerlih - 
und heilig. Bei ſolchen Grundfägen Fonnte es nicht 
fepfen, Daß damals die Bekümmerniß um dad Notdwen 
dige und die trübe Srage, wie er für fib und für Die 
Seinigen Dad Erfprießlihfte beforgen möge, feine altern» 
den Tage verdäftern mußte, denn von jeher. gehörte er 
u denen, melde ſichs in der Welt batten fauer werden 
offen. 1811 wurde er kaiſerlicher Maire, 1812 Perceps 
seur, legte aber no vor dem Schluß der Ufurpation 


® 


/ 





= Buͤtemeiſter. a427 
auch dieſe 'ipätern Aemter nieder. Nun erſchien Der 


. deiberfebnte Tag der Befreiung aus jahrelangen Kertem 


dur Die deutihen, englifben und ruſſiſchen Waifen 
und erfüllte B., welder in feine vorige Stelle als er 
fier Beamter zu Diepholz wieder eingefegt wurde, mit 
der hoͤchſten Sreude des Patrioten. Auch begannen von 
jegt en flr ihn wieder ſchoͤne Zeiten froh⸗getroſter Bes 
rufsthätigfeit. 4821 ward er zum Dberamtmann ernannt 
und feierte -1822 fein SOjähriged Jubelſeſt alb Diephol⸗ 
zer Beamter. 1824 beging er, unter berzlider Theil 
nahme Der Amtseinwohner (die ibn ihren Dater nann» 
ten) fein funfzigjähriged Dienftjubildum und wurde mit 
dem Ritterfreuge des Guelphenordens beehrt, wie ihm 
‘denn auch gleichzeitig von Der Univerfität Göttingen dab 
Eprendiplom ald Doktor der Rechte übermittelt wurde, 
Und noch 43 Jabre lebte er, in jüngfter Zeit Senior der 
banoverfden Beamten, allverehrt, Nil und raſtlos thaͤ⸗ 
tig, täglih 6 bis 8 Stunden feinen Berufdarbeiten ob» 
liegend, in voller Geifteöfraft und auch "törperlicy nur 
wenig geftört, bid ins_bobe Alter, ein gefegneter Greis 
im vollen Sinn des Worts. — B. war von bober, ba 
gerer, aber fräftiger Geftalt, feine Erfheinung war ehr⸗ 
würdig und in gebildeten Kreifen indbefondere carakte⸗ 
rifirte ibn eine gewifle anmuthige Beweglichkeit, Die feis 
ner Gegenwart etwas Bebagliches und Jugendliches mits 
theilte. Wo er war, da verbreitete er Sried’ und Sreude 
um fih ber und fein 40 Jahre von ihm bewohntes Zim⸗ 
mer mochte feinen Lieben als ein filler Tempel, ein vom 
guten Geiſt gedeiligter Dre erfdeinen. Sein Her; mar 
ewig offen für jeden reinmenſchlichen Eindrud, fein eds 
. Ier Wille ſtets auf das Gute, Schöne und Beglädende 
erichtet: und wenn man von diefem feltenen Menfchen 
agen kann, daß er in feinem langen Leben willentlid 
gewiß niemald irgend einem athmenden und fühlenden 
efen webe.gerban bat, fo gebörte er dafür auch zu den 
Wenigen, über deren aͤchten Werth ed nur Eine Stimme 


gab und gibt. Sein fhöner, fanfter Tod war der eined \ 


von Gott Begnadigten. Und wäre darin nice ſchon bie 
nieden hoher Segen für hohe Treue und Güte zu erfen- 
nen? Mit Nachdenken wollen wir diefe Betrachtung 
verfolgen; eingedent wollen mir fein des fhönen Ge 
mürhs, welches in der Sreude Anderer die eigene hoͤchſte 
ſuchte und fand. — Der ernfie Genius nahte leife dem 
kaum kraͤnkelnden reife; es fchien, der Tod felbft babe 
Edrfurcht vor dem reinen Sterbenden, über deflen Aut 


« 


U. 0. Ienifch. 2 
litz ſich beiteres Lächeln ergoß, als wolle er fagen: «8 


our vollbracht! Und fo wurde ihm die Auflöfung im - 


hößften Lebensalter zu Theil, die einzige, die nihtö Ge» 
waltfames bat. Die Lebensuhr ftand fill, weil ihre Ges 
wichte rein abgelaufen waren. Aber der Derklärte 


mmerte nur: er war, — er ift nit todt. 
ara Ä Dr. Friedrich Weppen 


* 147. Karl Friedrich v. Jeniſch, 
Beſitzer der v. Senifh=u. Stage’fchen Verlagdhandlung zu Xugdburg; 
geb. d. 29. Juni 1771, geft. d. 11. Apr. 1837. 

Er war zu Winterbah im Koͤnigreich Wärtemberg 


auf dem Gute feines Vaters, Franz Karl v. entf, . 
Eönigl. Oberfoͤrſters daſelbſt, geboren. Seine Mutter ', 


war eine geborne v. Ebendberger aus Waiblingen. Im 
Genuß einer tüctigen Erziehung im elterliden Haufe, 
‚fo wie des vorbereitenden Unterrichts durch einen Hof⸗ 
meifter, erreichte er daß ſechſte Jahr und bezog fodann 
mit: feinem dltern Bruder Serdinand dad Gymnmaſium 
zu Schorndorf. Unermüdlicher Fleiß, von treffliden na⸗ 
thrliden Anlagen unterküßt, bob in mebrern Klaffen ibn 
auf den erften Plag. Aus befonderer Vorliebe für den 
Wirkungskreis eines’ Buchhaͤndlers, trat er in einem 
Alter von 14 Jahren in die C. 9. Stage'ſche Buch⸗ 
bandlung in Augsburg in die Lehre und bewährte nun 
die Weile feined innern Berufs dur eine fo raftlofe, 
——— umſichtige Thaͤtigkeit, daß er nach 
era ausdruͤcklichen Willen ſeines ſie wohlwollend ans 
erkennenden Prinzipals nach deſſen Tode, mit Ums 
gehung aͤlterer Gehuͤlfen und ungeachtet der erſt vor ei⸗ 
nigen Jahren beendigten Lehrzeit, Gefhäftdführer der 
Handlung wurde. Ein fo auszeichnendes Vertrauen 
ſuchte er, von dem edlen Ehrgeize befeelt, ſich deſſelben 
‚wärdig zu zeigen, Durch "die dankbarſte Hingebung zu 
vergelten und dad Gluͤck Ernte auch feine Mühen in 
einer viel fchwierigeren Zeit, wo dem Buchhandel die 
ahlreichen Betriebsquellen unferer Tage noch nicht ges 
* waren, mit dem guͤnſtigſten Erfolge, fo zwar, Daß 

e von ihm geleitete Buchhandlung, namentlih auch 
durch feine perfönlihe Rechtlichkeit, ſich bald in die 


Reibe derjenigen emporſchwang, die den erften Rang 


in Deutichland behaupten. Er war ed auc, , der zuerſt in 
Deutfhland die ſchoͤnen Tafchenwörterbächer in mehreren 
praden einfährte, welche auch jegt noch, nach ſieg⸗ 

dem Kampfe mit vielfahen Nachdräden und Nach⸗ 


[ . f 


. 


* 








v. Jeniſch. 499 


ehmungen, einen ebrenvollen Platz in der deutſchen Lis 
teratur einnebmen. Dad: Tahr 18086 bedrobte ihn mit 


einem ſchrecklichen Geſchicke. Der Buchhändler Johann . 


Ppilipp Palm in. Nürnberg verfendete im Srübjahr 1806 

eine an fi gebaltlofe Slugfhrift unter dem Titel: 
„Deutiſchland in feiner tiefften Erniedrigung,* die aber 
Napoleons Tprannei und dad drüdende Schalten und 
Walten der franzöf. Truppen in Baiern mit der Wahre 
beit eined empoͤrten Herzens fchilderte, an die Stageſche 
Buchhandlung in Augsburg, jedoch, nad Palms Bes 
thenerung bis zum legten Hauche feines Lebens, nur als 
einen Speditiondartikel, deſſen Inhalt er nicht kannte. 


Don der Stage'ſchen Buchbandiung wurde jene Flug 


ſchrift einem Geiſtlichen ald Neuigkeit zugekellt, in defs 


fen Haufe die franzöfifbe Dffietere, welche deutſch ver⸗ 


fanden, zufällig zu eben befamen und fie ald hoch⸗ 
verraͤtheriſch mahrfcbeinlih der Franzöfiihen Regierung 
anzeigten. Angeklaͤgt der Verbreitung diefer Flugſchrift, 
wurde dv. J. von franzöf. Gensd’armen verhaftet, — 
wie Palnı in Nürnberg — und in einem wohlvermahrten 
Wagen, unter militärifcher Bedeckung von ſechs Mann, 
nab Braunau geführt, um von der £aiferl. franzoͤſiſchen 
außerordentliden MilitdrEommiffion dafelbft gerichtet zu 


werden. Da fügte es fi, daß der Zug auf dem Wege - 


von Augsburg dabin dem eben von Münden zuräds 
kehrenden damaligen koͤnigl. Polizeidireftor von Augd« 
burg, Freiherrn von Andrian begegnete, einem der 
achtungswuͤrdigſten Staatsbeamten und bochberzigften 


Menſchenfreunde, zur Zeit Generalfommilfär und Res . 
— vom Pbermainkreis. Er kannte den 


efangenen, ſtellte ihn als Bürger von Augsburg unter 
ſeinen Schutz und zwang die Bedeckung durch die Ge⸗ 
walt des Worts und des perſoͤnlichen Muthé, ihn nach 
Münden, anſtatt nach Braunau zu führen. Nur das 
durch wurde er vom Tode, der Aber ihn außgefproden 
war, gerettet, indem der König Marimilian Tofeyb *) 
‚feine QAußlieferung fandhaft verweigerte. Von ſechs 
auderfebenen Opfern fiel nur der unglädliche Palm zu 
Braunau. v. I. brachte im J. 1813, nad dem Tode 
- der Stage'ſchen Witwe, die Buchhandlung und das 
paue eigentbämlid an ſich und fügte der alten Zirma 
einen Namen bei. Sein Verlag umfaßte deutfche, 


‘ 


franzoͤſiſche, italienifhe und englifhe Werke und zwar 





) Deflen Biograpbie f. im N. Rekrolog Jahrg. 3. S. 98. 





438 0 Harfeim. | 


nicht inmer Artikel, die auf bedeutenden- zweifel loßen 
Abſatz berechnet waren, fondern auch Werke, die er zus 
naͤchſt in patriotiſchem Sinne verlegte, obgleich er nur ein 
Heined Publikum erwarten durfte Er war zweimal 
verheirätdet und binterließ- drei Söhne und zwei Toͤch⸗ 
‚ter. Bereits im Jahr 1830 übergab er: feinem dlteften 
Sohne Karl einen Theil feined Geſchaͤfis und hebielt 
nur den Verlag für ſich, welchen er unter der Firma: 
v. Jeniſch⸗ und Stage'ſche Verlagshandlung“ bis an 
ein Ende fortfährte und jdbrlih mis einigen neuen 
Werfen vermebrte. Auch dieſe Verlagsbandlung if erb⸗ 
. eigentbümlid übergegangen auf Den eben genannten dis 
sehen Sohn nach Dem am oben genannten Tage ſchnetl 
und unvermutbet erfolgten Tode unferd v. J. — Dekan 
Geuder bielt die Grabrede. 


* 148. Dr. Auguſt Rinaldo Harfeim, 
Pfarrer in Leutenthal (im Weimarifchen)z; - 
geb. den 26. Sunf 1804 , geft. den 12, Apr. 1837. 


Seine Eltern waren der im. Jahr 1821 zu Stadt⸗ 
Buͤrgel im Weimariſchen verſtorbene Pfarrer und Ads 
junkt Wildelm Auguft Gottfried Harfeim und Johanna 
‚Elifaberd Wilhelmine, geborne Hochdanz aus Weimar. 
Das Licht der Welt erblidte er in enapriednig, unmeit 

ena und hatte 6 Geſchwiſter. Seine Sinabenbildung, 
0 wie den erftien Unterricht, empfing er im Baterbaufe, 
aus welchem. er nad der Konfirmation auf die Schule 
‚u Eifenberg äberging, melde er, 16 Jahre alt, mit 
dem Gymnaſium zu Weimar vertaufchte, fogleih in die 
erſte Klaſſe deflelben eintretend, Hier erwarb er ſich 
durch feinen regen wiflenfchaftliben Eifer, durch fein 
unbeſcholtenes Leben und durch feine Befcheidenbeit bei 
Lehrern und Spälern gleide Achtung und Lıebe und 
zeichnete fich fo auß, dab er niet allein dad vom Herzog 
MWildelm Erntt für die 12 fleißigſten, faͤdigſten und ges 
ſittetſten Primaner geftiftete Stipendium, fondern au 
eine der Prämien erbielt, welche jaͤhrlich an die 3 vors 
lichſten derfelben vertbeilt zu werden pflegen. Gründe 

lich vorbereitet gina er ald Primus des Gpmnafiums auf 
die Univerfität Tena ab, fudirte bier mit größten Fleiße 
Tdeologie und Philologie und befand fein ‚Kandidaten 
eramen mit Auszeichnung. Da Uneniſchloſſenheit einer 
feiner bervorkebenden Charakterzüge war, fo konnte er 
ſitd lange nicht entfcheiden, ob er Geiſtlicher oder Kchrer 


L 





[4 


i 
werden wollte, bis endlich feine überwmiegente Neigung 
zur Philologie und günftige Ausfihten, welche er im 
Hanoverfden zu baben glaubte, ibn für das Lehramt 
entsieden. Sein ernſtes Bemüben um ein ſolches be 
Mimmte ihn, fib den Grad eined Doftors der Philos 
- fopbie zu erwerben. Allein da fomohl jene Außfichten 
Im Hanoverſchen, ald auch die von ihm gehegten Hof» 
nungen auf Erlangung einer: Stelle am Gymnafium u 
Weimar fehlſchlugen, fo kehrte er zur Theologie zurüd 
.. undergriff, um eine Anftellung in einem geiftlichen Amte 
abzuwarten, dad Hauslehtergeſchaͤft, weiches ihm aber, 
weil er ein beflerer Lehrer als Erzieder war, nicht zu— 
fagfe und bald wieder von ihm aufgegeben murde. Niere 
‚our privatifirte er einige Zeit in Zena, bis er i. J. 1895 _ 
ald Pfarrer in Leutenthal, unweit Weimar, angefellt 
wurde, wo er fib nicht allein dur feine religidfen 
. Vorträge, fondern auch durch feine fpeciele Geelforge, 
fo mie durch feinen muſterbaften Wandel die unge 
theilte Achtung und Liebe feiner Gemeinde erwarb. Hier 
verbeirarhete er lich im folgenden Zabre mit einer Tod» 
ter des ehemaligen Jufigratdbd Große in Naumburg und 
fünrte mir ihr eine böchft gluͤckliche Ehe, welche aber 
kaum nach Tahresfrift dur Den Tod ſchon wieder ges 
trennt wurde. Obgleih ndmlid 9. bei allem Mange 
an einem Eräftigen Ausſehyn und bei feiner mehr al 
mittelmäßigen, ziemlich bagern Statur von der Natur ° 
mit einer guten Geſundheit begabt war, fo hatte diese 
Doch durch feinen Aufenthalt als Hauslehrer an den 
feudten Ufern der Weſer merflich gelitten. Denn er 
wurde bdufig vom falten Fieber befallen, welches auf 
fein Nervenſyſtem den nadtbeiligften Einfluß aͤußerte. 
Eine empfindliche Erfältung ſchlug ſich dahin und ging 
in ein Schleimfieber über, welches am oben genannten 
Tage fein Leben endete, Das viele Gute, welches er 
während feiner kurzen Amtörflibrung als Geiſtlichdr ſtif⸗ 
tete, macht feinen frühen Tod zwiefach bedauerlich. Aber 
auch die Wiſſenſchaft verlor an ihm einen eifrigen Vers 
ebrer und fähigen Kopf, wie er ſelbſt ſchon im 3. 1829 
durch eine zu Jena im Drude von ihm erfchienene Ab⸗ 
dandlung über Die Frage: „Qaid concilium Spirense ad 
Sacrorum emendationem valuerit?” auf dad Deutlichſte 
beurfunder bat. — H..befaß cinen Flarem und durch⸗ 
dringenden Verſtand, welcher das Gefühl volltändig bes 
berrihte. Daper war au feine religidfe Denkart die . 
rationaliſtiſche im edeln Sinne des Wortd. Im prakti⸗ 


432 -  Heufinger. F 


ſchen geben ober erſchien er ſtets als ei „gemsbunder. 
edler 


und fiebenswärdiger Menfch, der alled Gute mit 
Begeikerung ergriff und daher in jedem Kreiſe, in wel⸗ 
dem er lebte und wirkte, ſchmerzlich vermißt wird. 

2 e — ! — C Th. C. Saul, 


Pfarrer in Oberweimar, 


* 149, Sohann Heinrich Gottlieb KHeufinger, 
ehemal. Profeffor am Kadettenhaufe zu Dredven; 
geb. d. 1. Aug. 1766, geft. d. 13. Apr. 1837 *). 
Er war zu Römpild im Hennebergifchen Meiningen 
geboren, wo fein Vater Diakonus war. Nachdem er 
e“ den. Schulen zu Meiningen und Koburg einen folis 
en Grund für weitere Ausbildung geist batte, bezog 
er im Jahr 1787 die Univerfität zu Siena, um fi dem 
Siudium der Theologie zu weihen. Bald aber ‚verließ 


"er diefe Fakultät und widmete ſich audfchließfich dem- 


Studium der Philofophie. Im Jahr 1789 nahm er Die 
Stelle eined Hauslehrers bei einem Handelsherrn Salo⸗ 
mon in Ronneburg an. Von da wendete er fi 1798 
nah Dresden, mo er Privatunterricht ertheilte und fi 
auch verheirathete, begab fich aber alddann 1797. n 

Eiſenach und leitete daſelbſt im Vereine mit Andre **) ein 
Erziehungsinſtitut. Dredden zog ihn jedoch Thon im 
folgenden“ Jahre wieder an fib und er verließ es auch 
feitdem nicht wieder. Als privatrifirender Selehrter bier 
lebend, arbeitete er mehrere Schriften für Schule und 
Leben auß, bielt vor gebildeten Streifen. viel befuchte 
a a Mbitofopbie und befchäftigte fid mit 
Erziehung and Unterricht von Sinaben geachteter Fami— 


lien. Sp wirkte er eben fo nüglih als anſpruchslos 


und verbeirarbete fi nach dem Ableben feiner eriten 
Gattin im J. 1800 zum zweiten Mal. Eine Anftellung 
als Bücerauftionator von 1801 bid 1807 fagte ibm wer 
niger "zu, Er gab dieſe Stelle auf und trat im letzt— 


e genanaıen Jahre als Lehrer beim Kadettenkorps, 1808 | 
eim Pagenhaufe und 4810 in die Militärafademie ein. 


Für den Unterricht ſowohl an letzterm Inſtitute, wo er 


Gefhichte, Geographie, Encnklopddie und deutſche 
Sprache lehrte, ald auch bei dem Sadettenkorps, wo . 


ihm fpäter der Titel als Profeffor ertheilt ward und als _ 


- Religionslehrer beim Pagenkorps thätig, außerdem. noch 


*) Nach der Leipz. Seituna 1837 u. Privatmitthellungen. _ 
1) Deilen Biographie ſ. st. Nekr. San 67 


| ' * 
Deufinger. _ 433 
in feinem Haufe bei Penfioniren und andern Knabe 
wirffam, ward ibm Dad Lob rined zweckmaͤßigen Unter, 
richts ſowodl, als einer Ächt paͤdagogiſchen Haltung zu 
Theil und nur feinen immer mehr vorrüdenden Jahren 
war es zuzuſchreiben, Daß er im Jahr 1831 ehrenvoll 
emeritirt wurde. Er mar ein treuer Anbänger feines 
Königs und in den verbängnißvollen Jahren 1813 und 
41814 nährte er feiner Schüler Liebe zu idrem recht» 
mäßigen Herrn auf alle mögliche Weile. Beine zweite 
Gattin war ihm bereisd voraudgegangen, ale er in den 
Armen feiner beiden ihn treupflegenden Toͤchter fanft 
entfchlief. Das Gebier, dad er ald Schriftſteller ums 
faßte, war reich. Denn er behandelte in feinen Schrife 
ten Aeſthetik, Erziebungsfunde, Geographie, Mathema: 
tif und Geſchichte und zeigte in allen einen eben fg ges 
übten Blick ald geiammelte Stenntniffe.. Beſonders as 
ren es aber Geographie und Encpflopädie, womit er 
ſich am liebften beihdftigte und die er auch in den vor⸗ 
genannten koͤnigl, Inftituten nebft der deutſchen Sprache 
yortrug. Seine legte, für praktifche Anmwendbarfeit fep 
fhäßbare Arbeit war „Die Algemeine Geſchichte, ein 
Lehrbuch für Jeden, welcher diefe Wiſſenſchaft in ihrer 
Allgemeindeit und ihren Hauptrheilen Kennen fernen will, 
befonderd aber für Dad Beduͤrfniß der Lehrer und Lehre— 
rinnen eingerichtet.“ (3 Abtbeil. Dresden und Leipzig.) 

ann war er no und bis zu feinem Ende, mit einer 

ncyklopaͤdie der Wiſſenſchaften, nah einer von idm 
eigenthämlichen Anordnung, beſchaͤftigt. Seine Schrife 
ten find: Mir E. K. Andre: Ulrih Flaming; ein lehr 
reiches Leſebuch f. Kinder, welche gern d. Geſchichte er: 
lernen möchten. Braunſchw. 1790. — Gutwilld Spazier⸗ 
gänge mit feinem Wilhelm, für junge Lefer beraus» 
gegeben. Zittau u. Lpzg. 1792. — Beitr. 5. Berichtigung 
einiger Begriffe über Erziehung, und Etziehungskunſt. 
Halle 1794. — Derfuh eined Lehrbuch der zinebongk: 
£unft. Lpzg. 1704. — Verſuch e. EncyElopädie d. Philos 
fopbie, verbunden mit einer prakt. Anleitung 3. d. Stu⸗ 
dium d. krit. Philof., vorzügl. auf Univerfitdeen. 2 Thle. r 
Weimar 1796. — Rouffeaus Glaubensbekenntniß. Neus 
firelig 1796. — *Erzählungen in Stillend Manier und 
- Abfiht. Tena 1796. — Handb. d. Aeſthetik, od. Grund» 
füge u. Beurteilung d. Werke e. jeden Ichönen Kunſt. 
2 Bde. Gotha 1797— 1800. — Ueber d. Benugung des 
bei Kindern fo thaͤtigen Triebes befchäftigt zu fein. Ebd. 
, 1797. 2. unverdnd. Ausg. Ebend. 1799. — Die. Samilie 

N. Nekzolog. 15. Jahrg. 28 


I) 


TE Heufinger. ‘ 


Wertbbeim; e. tbeoret.» praftifche Anleit. 3. einer regel. 
mäß. Erziebung der Kinder, vorzägl. von dem 6. bid in 
das 14. Jadr. 5 Bde. Ebd. 1788— 1809. — Die Kreuz⸗ 
züge; ein angenehme® u. nuntidee Leſeb. f. d. Jugend. 
Dorimund 1799. — Ueb. das ideal. ,atbeiftifhe Syſtem 
d. Hrn. Prof. Fichte in Jena. Dresd. u. Gotha 1799. — 
Meine Antwort auf Herrn Fichte's Ermiederung meiner 
Einwätfe gegen feine —n—— Gotha 1800. — 
Sodann Traugott Planıd Handb. e. bollſt. Erdbeſchreib. 
u. Geſchichte Polynefiend od. d. flinften Erdibeild; fort: 
gefent von Th. Sr. Edrmann und J. H. ©. Heulinger, 
2r u. legter Bd.: Mittel» u. Oftpolynefien. Leipzig und 
Gera 17899. — Handatlad über alle bekannte Länder des 
Erdbodend. Gotha 1810. — *Beleuhtung e. aegenmwärtig 
in Dresden cirfulirenden Schreibens. Oſchatz 1815. Nads 
gedr. zu Wien 1815. (Ward in Sadien vom General: 
“gouvernement bei 100 Rıhlr. Strafe verboten.) — *Uufs- 
ruf e. Teutſchen an d. Sachſen. 1815. — Die Geſchichte 
d. Europäer, aus dem weltbürgeri. Geſichtspunkte dar— 
geheilt. Gotha 1825. — Die Elementargeograpbie, oder 
. Topographie d. Erdbodens, ald Grundlage jeder bes 
fondern Geograpbie dargeſt. u. zum Schul, und Seldft- 
ebraude eingerichtet. Nebſt Atlas. Dresd. 1826. 2. Aufl. 
pig. 1834. — Beſuche bei Todten u. £ebenden. Leipzig 
1834. — Bildungsbuch f. junge Männer bei ihrem Ein— 
tritt in die Welt. Verfaßt von J. ©, Wenzel. 9. verb. 
u. verm. Aufl. v. Heufinger, 2 Bde. Ebd. 1834. Noch 
“einige andere Schriften. Zur allgem. biftor. Tafchen» 
bibliothek für Jedermann lieferte er (1826) dad 8, und 
4. Bdchn. (die Geſchichte Englands von F. Bodin), fo 
wie dad 17. u. 18. Bdchn. (die Geſchichte d. Kreuzzüge. 
Nach dem Franz. d. Hrn. v. Saint; Maurice), In der 
Teuiſchen Monatöfhrift, Schmid’ Magazin f. Vſycho⸗ 
Iogie u. deffen Journal f. Moralität, dem Allgemeinen 
Anzeiger, dem Allgemeinen Jadhrb. der Univerfitdten, 
Den von 9. Hennings beranse: ebenen Refultaten, Be 
merkungen, Niethammers ppi Ofopbifcem Journal, der 
& Leipziger gelebrten Zeitung ıc. finden fi Aufſaͤze und 
Recenfionen von ihm, 2 


N 


* 150. Sebaſtian Scharnagel, 
Maler u. Beichnenlehrer an der k. Stubienanftalt, der landwirth⸗ 
fhaftlihen und Gewerbsſchule, an dem E. Scyullehrerfeminar und 
dem englifcyen Sräuleininfitute zu Bamberg, Mitglied mehrerer 
: Vereine; 

geboren den 4. Mai 1751, geftorben den 13. Apr. 1837, 

In feiner Tugend beſuchte Sch. die Zeichnung: 
fAule in Bamberg und zeichnete ſich fo put aus, Br 
der damalige Generallommifldr v. Stengel *), der nicht 


alein ein febr großer Kunſtkenner und una ler 


ondern auch ausübender Künfller war, ein befondere 
ugenmert auf ihn richtete. Er bradte ed Dabin, Daß 
unferm Sch. von dem Zeichnungslebrer Beibel die hd. 
bere Ausbildung in der freien Dandzeidnung ertheilt 
murde. Hierauf widmete ſich Sch. unter 4. Dorn’d 
Anleitung mit großem Eifer der Malerei und brachte es 
darin innerbalb eined Jadrs fo beit, daß er fi fon 
4811 nah Münden auf die Akademie begeben konnte, 
mo der damalige Direftor Dillis und Prof. Schwab ihn 
durch befondered Wohlmollen ehrten. Als Hiforienmaler 
batte er eine befundere Vorliebe für Bataitennäde; darum 
ftudirte er au mit bewunderungswärdiger Beharrlichkeit 
die Anatomie der Pferde und die Temperamente der vers 
fhiedenen Rasen. König Marimilian von Baiern **), 
aufmertfam auf den Bleiß und das Talent Schis, über. 
trug ibm 1818 die gertigung eined Gemäldes, dad den 
Moment enthält, wie die Jungfrau von Drieand, aus 
der Gefangenſchaft entfprungen, dad Kommando der 
Sranzofen in der Schlacht übernimmt. Diefed Gemälde 
hatte fih mit Recht deſſelben Beifalls zu erfreuen, wie 
andere feiner Scplahtenftüde, und Scenen aus dem Le⸗ 
ben der Tungfrau von Drleand. 1815 kehrte Eh. nad 
- Bamberg zurück und erbielt bald nad feiner Nüdkehr 
vom verfiorbenen Herzog Wilbelm ***) den ehrenvouen 
Auftrag, mehrere Gemälde für fein Schloß Ben zu 
fertigen. Beſondern Beifoll erhielt das Bild, weiches 


den Herzog mit feinem Stallmeiſter und Gefolge au 


Herde, im Hintergrunde Banz, darſtellt. Er fertigte 
auch einige große Altarblätter und mehrere andere Ge 
mälde ſowohl für Kirchen als Kunfliebhaber. Au find 


2) Deflen Blog. f. im 2, Jabra. des R. Netr. ©. 675. v 


— — 8. — — — — 
ee) Deſſen Biograpbie’f. in dieſ. Jahrg. d. a Mel. ©. 61. 


488 


436 | Koppe. 


mehrere Lithographien, Gegenden um Bamberg dars 
ſtellend, von ihm. Da fein er im Zeichnen gluͤck⸗ 
lichen Erfolg batte, fo widmete er fi dem Lehrfach und 
. war hierin unverdroffen_ und unermädet thätig bis zu 
feinem Tode. In den gerienzeiten machte er meiltend 
Reifen, befudite Defterreib, Böhmen, Sachſen, die 
‚Schweiz, um die Kunſtſchaͤtze Diefer Länder näher fen 
nen zu lernen. Er legte eine a — an und 
war bemüht, die Bamberger und Würzburger Münzen 
zur ziemlichen Vollſtändigkeit zu bringen. — Er blieb une 
verbeirarbet;-fein nicht unbeträchtliched Vermögen wollte 
er den milden Stiftungen zuwenden und feine Münzen 
fammiung zum allgemeinen Gebrauce für Kunſtkenner, 
beſtimmen: allein leider traf ihn ein — wel⸗ 
cher gaͤnzliche Beſinnungsloſigkeit zur Folge batte. Alle 
Vorſchriften, welche Hufeland in ſeiner Makrobiotik gab, 
beobachtete er aufs Genaueſte. So legte er nie, zuräc. 
kehrend von Befuhen oder von Dienſtgeſchäften, den 
Rock ab, bevor er ihn mit mit Papier abgerieben hatte; 
denn- er glaubte, es hänge fib an demfelben immer ein 
Miasma. — Er mar fireng religiös und durch feinen in 
jeder Besiehung außgezeichneten Charakter nicht nur bei 
feinen Zöglingen, jondern auch allgemein beliebt. 
‚Bamberg. G. 4. Thiem. 


151. Dr. Karl Wilhelm Koppe, 


Sr. Regierungdrath ‚ ebem. preuß. Generalconful - in Merito, 


Mitgl. d. Minifterlumd d. audwärt. Angelegenheiten zu Berling 


geb. den 6. Juli 1777, geft. den 17. April 1837 *). 


Geboren zu Göttingen, hatte er das Ungläd, in eis 
nem Alter von 13 Jahren feinen Vater zu verlieren — 
einen allgemein geachteten Geiſtlichen, welcher 1790 als 
Hanoverſcher Generalfuperintendent und Konſiſtorialrath 
zu Hanover flarb. Mit ungemeinen Faͤhigkeiten ausgeſtat⸗ 
- tet, hatte der Juͤngling fon in einem Alter: von 16 Jade 
ren feine Schulftudien beendigt und nachdem er aud 
die Univerfitätölaufbahn zurädgelegr hatte, ernannte die 
Univerfität zu Helmftädt ihn in einem Alter von 20 Jade 
ren zum Doktor der Rechte. Als ſolcher fand er feine 
erfte Anftelung im Staatödienft ald Garnifondauditeur 
zu Hameln und in Diefer Eigenfchaft verband er fi 
mit feiner noch lebenden Gattin, die feitdem alle feine 


°) Algens‘ preuß. Staatszeitung. . ” 


— 





ar Kopp. . 487 


Schickſale redlich getheilt hat. Diefe hoben mis der 
Decupation des damaligen Kurfuͤrſtenthums genger 
durch die Sranzofen an. Sette jedoch die gaͤnzliche Auf; 
loͤſung des banoverfhen Militärd, die eine nothwendige 
Folge Diefer Decupation war, den jungen Samilienvater 
in eine nicht geringe Derlegenbeit, fo wurde dieſe 'einis 
germeatra dadurch gemildert, Daß der Feldmarſchall von 
almoden ibn zunddhf als feinen Privarfefretär mit 
fid auf feine Guͤter und, nicht lange darauf, nach Büde- 
burg nabm, wo der Seldmarfhall,. ald Vormund, des 
— — Die Angelegenheiten des Landes leitete. 
In Buͤckeburg machte K. die erſte Bekanntſchaft des nad 
dem Hintritt des Herrn von Struenſee zum preußiſchen 
Staatsminiſter und Chef des Acciſe-, Zoll» und Fabri⸗ 
kende partements ernannten Freiherrn vom Stein *), der 
bekanntlich ein Schwiegerſohn des Feldmarſchalls Wall⸗ 
moden war. Durchdrungen von der Brauchbarkeit K.'s, 
gewann der neue Minifter ihn für den Eintritt in den 
reußifchen Staatödientt und nah Verlauf von wenigen 
onaten fungirte K. zu Berlin als Affeffor bei der Eds 
nigliden Bank und Seehandlung, nicht ohne von feinem 
Dorgefegten für andere eben fo wichtige Dienfte in Ans» 
fprud genommen zu werden. Died geſchah in dem ver« 
bängnißvollen Tahr 1806. Im Jahr 4807 verließ Herr. 
- 90m Gtein den preußifhben Dienft und K. faßte auch 
diefen Entſchluß, weil ibm Alles daran’ gelegen war, 
nicht in dem Licht eined nur mit fich ſelbſt befhäftigten 
"Beamten zu erſcheinen. Der Sriede von Zilfit beendigte 
dieſe peinliche Lage. Als Premierminifter nach Koͤnigs⸗ 
berg (dem damaligen Wohnſitz der Regierung) berufen, 
begab Herr vom Stein ſich dorthin; ibm folgte K., in 
deſſen Klugheit der Minifter- ein unbedingted Vertrauen 
zu fegen begonnen hatte. Diefed Vertrauen war au 
die Veranlaſſung, daß K. bald darauf mir geheimen Aufs 
trägen nad Deutfhland abgefertigt wurde. Gleich nach 
feiner Ankunft in Berlin aber wurde er auf Unordnung 
der franzöfifden Polizei gefangen genommen und nad 
Sranfreicy geführt, mo er ein Jahr fang auf Dem Fort 
de Tour an der Grenze der Schweiz unter Entbehrun« 
gen alter Art in firengfiem Gemahrfam gehalten wurde; 
i8 nad der Vermäblung des franzöfifden Kaiferd mit 
Maria Louife feine Verfegung nad Dijon erfolgte, wo 
er dad nächte Jahr (1810) unser minder harten Bedin⸗ 


”) Deifen Biographie N. Nekr. 9. Sarg. ©. 512. v 


488 | Koppe. 


gungen verlebte und im Umgang mit gefangenen Spa⸗ 
-niern, fo wie in der ihm geſtatteten Wiedervereinigung 
mit feiner Samilie allen Troft fand, der fih für einen 
‚zum Handeln berufenen Mann mit dem Verluſt der Sreis 

eit verträgt. Am. 10. November 1810 erfolgte endlich 
8.8 Sreilaffung, on die fib jedoch die Bedingung knüpfte, 
Daß der Beireite nad Hanover zurädfehren folte, um 
in diefer Provinz ne Koͤnigreichs Weſtphalen, — denn 
‚dazu war dad Kurfürſtenthum feit einigen Monaten ges 
macht worden — fern von feinen früberen Berbinduns 
gen u leben. Angelangt in feinem Vaterland, tüblte 
X. nur allzu tief, daß er, ald Untertban ded Königs 
—— mit ſich ſelbſt in Widerſpruch geſetzt war. 

m ſich gegen dies Gefühl zu betaͤuben, blieb ihm kein 
anderes Mittel, als ſich in Studien zu vertiefen, welde 
ihm in beflern Verdaͤlmiſſen fremd geblieben fein wuͤr⸗ 
den. Dadin gebörte das Studium der ſpaniſchen Lite⸗ 
ratur, die er zu Dijon im Umgang mit feinen ſpaniſchen 
Mitgefangenen lieb gewonnen batte. So verſtrich für 
idn dos Jahr 1811 auf eine erträglihe Weile. _ Das 
nädfifofgende verlebte er wie unter anbaltender Gewit⸗ 
serfhmwäle, fobald Der Sirieg mit Rußland feinen Anfang 
. genommen batıe. Im Allgemeinen war ibm. der Aus⸗ 
ang deflelben keineswegs zweifelhaft, nur daß die gro⸗ 
sen Begebenheiten, die diefem Ausgang ibr Geproͤge 
.aufdrüdten, fi nicht vorberfehen ließen. Eobald nun 
der Rüdzug der Franzoſen und ihrer Verbündeten ent 
fhieden war, fühlte ſich K. von einer Unrude befallen, 
die für ihn zu einer um. fo ärgern Marter wurde, je bes 
-immter er wußte, daß man ibn mit Argusaugen bes 
wahte. Schwierigkeiten aller Art mußten überwunden 
werden, ebe ed ibm gelang, Äber die Elbe zu Fommen 
und das Hauptquartier des Generald Tettenborn zu er⸗ 
reiben, von wo er nach Berlin ging, um fi zu equipi⸗ 
ren und den Seldzug ald freiwilliger Jäger mitzumachen. 
Als folder wohnte er den Schladten bei Großbeeren 
und Dennewiß dei und wurde den 17. Dftober auf dem 
Sdlachtfeld vor Leipzig zum Dffizier ernannt. Zwei 
Tage darauf war feine militärifche Laufbahn beendigt: 
Benn während des Sturms auf Leipzig erbielt er einen 
fo zerſchmetternden Schuß Durch den rechten Arm, daß 
er mebr ald einmal in Gefahr war, denfelben Durch Am⸗ 
putation gänzlich ‚u verlieren. Zwar unterblieb die Am⸗ 
putation, doch die Lähmung war nicht zu bintertreiben 
und wollte er. nicht für Den ganzen Ueberreſt feines Leo 


' 


’ 


⸗ 


« 


bens unbraudbar fein, fo mußte er mit der linken Hand 
ſchreiben lernen: eine Eigenfhaft, welde in eine Als 
ter von 87 Jahren gewiß nicht ohne große "Anftrenaun 
und ungemeine Willendfraft zu erwerben iſt. Er blie 


in Leipzig bis zum Sebruar 1814. Seinen nädfien Wir 


kungskreis fand er als J——— in Halberſtadt: 
doch ſab er ſich, wenige Monate Darauf, durch den Mis 
niſter vom Stein aus demſelben abberufen, um zu Aachen 


‚ ald Gouvernementsrath zu fungiren. Dieſen Poſten vers 


taufhte er im Jahr 1816’ gegen den eined Regierungs⸗ 


raths in Minden, wo er big ja Jahr 1828 blieb, viel 


fach mit eußerordentliben Aufträgen beehrt, unter wel⸗ 
den die Weferfiftiahrisfommif on ihn anhaltend und 
lebhaft beſchaͤftigte. Im Sommer des Jahrs 1828 nad) 
Berlin berufen, erbielt er zunaͤchſt die Bellimmung, die 
Elbſchifffahrtskommiſſion in Dredden zu übernehmen, doc 
wurde dies Sefchäft aus mancherlei Grunden verſchoben. 
Sehr bald nun fand fi für den Unbeſchaͤftigten eine 
zweite Beſtimmung, für deren Erfüllung es nicht leicht 
einen Nebenbuhler gab, weil dieſelbe Kenntniß der ſpa⸗ 
nifden Sprache vorausſetzte. So wie die übrigen 


Maͤchte Europaß Handelöverbindungen mit den frei und 


‚ unabhängig gewordenen Bewohnern des fpanifchen Ame⸗ 


ritad anzufnäpfen fuchten, fo wollte aud Preußen in Dies 
fer Beziedbung nicht zurüdbleiben. Zür ein fo wichtiges 
Beraält war ſchwerlich irgend on mebr geeignet, 
ald K., fomwohl. in feiner Eigenſchaft ald Staatswirth, 


als wegen feiner baupifählid in Dijon erworbenen 


Kenntniß der ſpaniſchen Sprache. Mit Sreuden übers 


nahm er daſſelbe und da ihm drei Jahre zu feinem Aufe 


enthalt in Amerika bemilligt waren, fo trat er obne Zeit 


verluft Die große Reife an. Weber den Erfolg derſelben 


baben wir bier nichts weiter zu bemerken, als daß er für 
Preußen nicht anderd ausgefallen if, als für Die Übrigen 


- Mänte Europad. Den 1. Auguft 183% kehrte K. in feine 


Heimath zurüd, dod mit tief erſchütterter Gefundpeit, 
der. natärliden Wirfung nicht gewohnter Lebenmeife. 


Nude war von diefer Zeit an fein größtes Bedürfniß. _ 


Amar wurde fein Wunſch erfüllt, doch an völlige Wie 
derherſtellung war ſchwerlich mehr zu denfen. Im Herb 
des Jahrs 1835 zeigten ſich nad aitbmarifhen Beſchwer⸗ 
den und beftigen Bruftfrämpfen ale Symptome einer 
auögebildeten Bruftwaflerfuht. Dad Uebel zu beben, 
thaten die Aerzte, mad in ihren Kräften ftand, obne dar 
durch ein anhaltendes Nervenfieber abwenden zu können. 


Kopphe. 4690 


1} \ 
\ ‘ 


440 ee Wenzel. 


Dieſes wich erſt im Juli des. Jahrs 1836, doch war die 
Ausfiht, welche hierdurch auf völlige Wiederherſtellung 
- gewonnen wurde, nur-allzu_fchnen vorübergehend; denn 
bon im November traten Rüdfälle ein und nach einem 
fünfmonatliben Leiden endigte er feine mübfelige Lauf 
bahn mit einer Standpaftigfeit und Ergebung, die 
Bewunderung verdient. _ Die Tugend dieſes achtbas 
ren Manned offenbarte fi aber au darin, Daß er, 
ſelbſt in Der Periode feines zunehmenden Berfalld, nicht 
aufbörte, fi nühlich zu machen; dies geſchah durch eine 
Reſhe lebrreicher Auffäge in der Staatsjeitung, worin. 
er Auffhluß gab Aber die Fortſchritte des Handels in 
ſaͤmmtlichen europäifhen und nicht: europdiiden Gtaas 
ten. Nie verfannt, wird fein Verdienſt unftreitig um 
fo allgemeiner gerübmt werden, je mehr die nächlte Zus 
- funft, der Wirklichkeit nad, den Wuͤnſchen entſpricht, 
die er bis zum letzten Atdemzug Für Preußen genäbrt 
bat. — Seine Schriften find: Die Stimme eines preuf. 





Staatöblrgerd in d, wictigften Angelegenbeiten unſerer - 


Zeit. Köln 1815, — Bemerkungen üb. Derfaffung. Hamm 
1816. — Briefe in d. Heimath geichrieben, zwiſchen Of— 
ober 1329 u. 1830 waͤhrend einer Neife über Srankreich, 
England u. d. vereinigten Staaten v. Nordamerifa nad 
Merifo. Etuttg. 1835. — Mexikaniſche Zuftinde in den 
Jahren 1830 — 1832..2 Bde. Evend. 1536 — 1837. — 
- Außerdem finden ſich mehrere Yuffäge von ibm im har 
noverſchen Magazin. f 


152. Johann Samuel Wenzel, 
koͤniglich preußifher Mgjor zu Frankfurt an der Ober; 
geb. den 24. Dec. 1789, get. den 17. April 1887 *). 


Wenzel wurde zu Züllihau geboren und verlebte 


auch bier feine erften Jugendjahre. Kaum 15 Tahre alt, 


trat er am 16. Sebruar 1774 in dad dort garnifonirende 
Sinfanterieregiment v. Arnftedt (nachher v. Natalis) ein, 
 adancirte nach einiger Zeit zum Gefreiten, fpäter zum 


»Korporal und wurde 1781 zum wirklichen Käbnri er⸗ 


nannt. Bald nach dem Renierungsantritt Friedrich Wils 
Dee IH. (1787) wurde dad Regiment von Natalid nach 

urg verfeßt, dort aufgeläft und an die Regimenter der 
Magdeburger nfpektion zur Bildung der dritten Ba» 
taittone vertheilt. Ein günftiges Geſchick führte W. 


-Sranffurter patriotiſches Wocheublatt 1837. Nr. 17. 





v 
J 





Ba. 4.4 


um dritten Bataillon des Regiments 2 v. Braun⸗ 
Oweig. Im folgenden Jahr 1788 zum —88* 
nant befoͤrdert, erhielt er nad wenigen Jadren den 18. 
Februar 1794 dad Patent als Premierlieutenant und 
“wurde noch im Laufe deſſelben Jahrs (den 8. Juli) als 
Kapitän von der Armee und Plagmajor nah Magdes 
burg verfegt. Mit gewohnter Pflichttreue fland er dies 
fem Pollen bid Ende ded Jahrs 1801 vor und wurde, 
nabdem er zum Major von der Urmee avancirt war 
von dem König ald Kommandeur und Kompagniechef 
ins dritte Bataillon des Sjnfanterieregimentd Alt» von 
Lariſch nad Eroffen verſeht. Im Ungläddjahr 1806 be⸗ 
fand fh W. bei dem Beſatzungskorps der Feſtung Stets 
tin und ald dieſe Feſte in Feindes Hand gerieth, traf 
auch ihn das berbe Schickſal, franzoͤſiſcher Gefangener 
au werben. Auf fein Ehrenwort entlaſſen, begab er ſih 
nach -Sranffurt a. d. DO. und lebte dort ald —— 
bis er in Folge des Tilſiter Friedens als Etappenkom⸗ 
mandant nad Ziebingen berufen wurde. Vier Jahre 
fand er diefem ſchwierigen Umt vor, aber Krankheit 
nötbigte id, auf Entbindung von feinen Gefhäften an 
zutragen. Nach feiner Ablöfung, Ende Auguft des Jahre 
4809, kehrte er nach Sranffurt zurätf und füblte fid Dur 
Die gewonnene Nude bald wieder fo gefräftigt, dag er 
aufs Neue feine Dienfte dem Staate widmen Fonnte und 
fo am 14. September 1810 die Stelle eines Waſſer⸗ und 
ollinfpektord übernabm. Als indeß im Jahr 1843 Preu, 
en Sranfreich den Krieg erklärte, erhielt er vom Milie 
tärgouvernement zu Berlin den Befehl, fein Civilamt 
niederzulegen, um die Militär» und Oberlazarethkom⸗ 
mandantür in Srankfurt zu übernebmen. Nach Abſchlie⸗ 
fung des erften Parifer Sriedend kehrte er in feine früs 
bdere Stellung zuräd, wurde alddann 1816 ald Zolldirek- 
tor nah Neubaus am Friedrich⸗Wilhelmsgraben verfegt 
und verwaltete, obgleich ſchon in vorgerädtem Alter, 
mit jugendlicher Kraft diefed Amt, bis ihn im J. 1827 
ein Alter nöthigte, ind Privatleben zurückzukehren. Drei 
ahre früber, im Zabr 4824, beging der Bollendete feine 
unfzigjäbrige Dienftjubelfeier, die von Seiten ded Koͤ⸗ 
nigs durch Nerleibung ded rothen Adlerordens dritter 
Klaffe ihm verfhönert wurde. In größter Stille und 
Eingezogenheit verfioffen ihm die wenigen Jahre, die er 
in Srantfurt, geliebt und geachtet von Allen, jubractr, 
sid ihn wenige Monde vor feinem Hintritt 
Schlag traf, feinen hofinungsvollen Enkel, den Lieute: 


er barte . - 


PP Ancillo. 


nant W., auf eine jedes Gemuͤth tief verfegende und 
empörende Weile zu verlieren *). Mit welder Erge⸗ 
bung er auch die bittere Erfahrung trug, fo wirkte doch 
diefer ‚Unfall auf feinen durch vieljäbriged Wirken ange 
griffenen Körper doͤſt nachtheilig ein. Er Eränkelte feit 
. jener Zeit mehr. ald fonft und verſchied am oben genanns 
ten Tage. Er batte alle feine naͤchſten Angehörigen übers 
febt. . Seine rau, eine Tochter des Majord v. Jeeger, 
im Arnftedifden Regiment,. wär 1825 zu Neubaus ges 
porben. Der einzige Sohn aus diefer Ehe, Hauptmann 
“Im Ingenieurforps, folgte nach einigen Jaͤhren feiner 
Mutser. — Die geupnüge feined Charakters waren Bie⸗ 
derfeit, fittlider Ernk, Beſcheidenheit, große Pflichttreue 
und ein beiterer Sinn. 


153. Sean Pierre Frederic Ancillon, 
wirklicher Geheimer Bath, Staatsſekretaͤr für die auswärtigen 
' Angelegenheiten und Chef des Lönigl. Departementd für die Anges 
legenbeiten des Fuͤrſtenthums Neufchatel und Valangin, Ritter 
des rothen Adlerordens ir Klaſſe mit Eichenlaub, Lr Klafle mit 
Stern und Eichenlaud und Ir Klaſſe, Ritter des eiſernen Kreuzes 
ge Klaffe am weißen Bande, ded ruf. St. Annenordend Ir Klaſſe, 
Kommandeur des koͤnigl. ſchwed. Nordſternordens u. des kurfuͤrſtl. 
heſſ. Loͤwenordens, Großkreuz des Civilverdienſtordens der baier. 
Krone, Ritter des koͤnigl. Poin. Stanislausordens. Mitglied meh⸗ 
rerer gelehrten Geſellſchaften, zu Berlin; 


geb. den 80. April 1707, geſt. den 19. April 1887 ), 


Ancillon ward geboren zu Berlin, wo fein Vater 
(Louis Frederic Ancillon) Prediger bei der franzöfifhen 
Kolonie war. Deſſen Vater (Eharled Ancillon), ein 
Kecptögelehrier, der in Meg, zur Zeit des Widerrufs 
des Edikts von Nanted, lebte, war feinem Vater, Dem 
Ministre du Saint Evangile, David Ancillon, nad Berlin 
gefolgt und bier zuerſt mit der Zeitung der Koloniege⸗ 
sichte beauftragt, dann zum Ambafladerath und Hiftorio» 
grapden des -Königd ernannt und zum Chef der franzoͤ⸗ 


*) Der — —— Emil Otto Friedr. Aler. v. Arne 
ſtedt aus Ballenſtedt glaubte ungegründeter Weiſe, von ihm eine 
unverdiente Be erfahren zu haben und tödtete ihn des⸗ 











Macht und unbefümmert 


— Anden 0. 443 


ſiſchen Erziedungsanſtalten befdrdert worden. . Alle dieſe 
Mitglieder der Familie haben ſich durch ſchriftſtelleriſche 


Arbeiten und eine ſeltene Wirkſamkeit in ihren Amts⸗ 


verbältniffen ausgezeichnet. Unter den Augen ſeines 
geikreinen Vaters audgebilder, gewann A. eine befon- 
ere Borliebe für hiſtoriſche Forſchungen und dieſe ſtei⸗ 
erte ſich nod mehr, ald er nach einer Damald zur tbeo» 
ogifden Ausbildung ald unerläßlich angefebenen Reiſe 
na Genf, Paris befuchte, wo die Revolution im Aus» 
brechen begriffen war. 9. wohnte den erflen Scenen 
dieſes ungebeuern Dramas bei, dad nah 45 Jahren, 
Ueberraſchungen und Kataſtrophen aller Urt, der eigentlichen 
Löfung noch entgegenfiebt. In Dem durchaus Ddeutfchen, 
d. d. tiefen Gemäth des jungen Reifenden konnten dieſe 
Belehrungen durch den ewigen Uebergang in die Extreme 


nichts anders, ald einen tiefen Eindrud binterlaflen und 


gerade fie-find hoͤchſt wahrſcheinlich die Veranlaflung ges 
wefen, daß A. fih mit allem Eifer daran machte, die 
Wurzeln des Uebeld zu erfpäben, an dem ibm augen. 
febeinlih die menſchliche Geſellſchaft zu leiden ſchien. 
Verdaͤltniſſe brachten ihn mit Maler du Pan zufammen 
und durch ihn wurde dem Verblichenen ein Blid in das 
innere Treiben der Parteien gefattet, der ibn ganz die 
Sache erkennen lehrte, welche jene gleisneriſchen Mens 
fen, unter dem Deckmantel der Menſchenliebe und dem 
Köder der unausführbaren „Menfchenrechte, ” eigentlich 
verfodten. Sein Elarer- Geift mußte den Abgrund ers 
kennen, dem ſolches Treiben nur zufübren konnte, zu« 
gieih aber, dag mit Gewalt gegen daffelbe nit anzu 

mpfen ift und daß man nur durch Sefthaltung des 
Rechts und unbeugfame Feſtigkeit gegen alle Ankaͤmpfe 
Des Böfen dem Uebel entgegenzumirken — & . 
feitete ibg_die Erfabeung in Die Bahn der Mäbßigung 
und einer feltenen Gleichheit, die man oft ald Willen: 
Iofigkeit und Schwäche verfärien hat, ohne zu ‚berüds, 
fibtigen, daß mehr. Charaferftärfe Dazu gebört, um, troß- 
aller Anreisungen, mäßig und feft zu bleiben und durch 
Auddauer Dad vorgeftedte ziel zu erreichen, ald mit der 


Unverftand anzufämpfen, 9. wurde bei feiner Rüdkebr 
als Ministre du St. Evangile bei der Friedrichs-Werder⸗ 
fchen Kirche angeſteut und. bald darauf, im Jahr 1791, 
zur Einfeanung des ehelihen Bundes des Herrn v. 9. 
und der gran v. 8. nad Rdeinsberg beſchieden, ein 
Umfand, der bervorgehoben werden muß, weil -feine 


\ s j A \ 
— 


ber die Folgen, gegen den 


444 Ancillon. 


nze Laufbahn, vielleicht, dur denſelben beſtimmt 
Se Bis dDabin batte er. ſich naͤmlich nur den Ruf 
eines beredten Stanzelrednerd erworben, doc bätte e6 
lange dauern fbnnen, ehe diefe Rednergabe, welche der 
WVerſtorbene in fo hohem Grade befuß, döberen Orts bes 
kannt geworden wäre, der Einfegnungdrede wohnte aber 
der Prinz Heinrich, Bruder Friedrich ded Großen, bei, 
nad wenigen Minuten fand fi der ergraute Held fo 
innig bewegt, daß er, zu dem jungen Redner himezo⸗ 
gen, ibm nicht allein mwoblmollender Gönner ward, fon» 

ern ibm. fogar in feine, intimfte Geſellſchaft zuließ. A. 
vereinte nämlich in feiner Sanzelberedtfamkeit Eigen ' 
fbaften, die ibn vielleicht böber ftellen, als die berühms 
iteſten franzöfifhen Kanzelredner, Bourdafoue und Mafe 
ſillon, ja Boffuer niht ausgenommen. Seine Sprache 
‘war Höhft gemäblt, fein Vortrag wodklingend und er: 
peeiiend, feine Art der Darftellung ſcheinbar ganz unges 
ünftelt, daher ungemein.Elar; was aber alles übertraf, 
war das rege Gemüth, Das den Zuhörer bis ins ante 
ergriff, ihn fortriß und eine Ueberzeugung medte, die 
nur durch innere Klarheit und Uebergeugung des Red» 
ners felbft erzielt werden Fann. Died, unterftägt von 
feiner würdigen und Im Don itendEn Perföntichkeit, fo wie 
von den gemäthlichen Zügen feined Antlitzes, das, leben: 

. - dig fpredende Augen noch auddrudsvoller machten, 
. konnte die Wirfung nicht verfedlen. Auch iſt ed nicht 
. ii feugnen, daß feine Wirkfamkeit ald Seelforger vom 
„boͤchſten Segen begleitet war und Diele noch beute dan» 
fend fo mander Rede fi erinnern, die ihrem Streben 
jan Buten die Richtung gab. So oft er fprad, war 
ie freilich an fid niot große Kirche fo übermäßig ge» 
fallt, daß man aus Vorſicdt Nothträger einzuzieben 45 
veranlaßt ſah. Doch genügte dieſer Thaͤtigkeitskreis mes 
der dem Staate, der ihn nun kennen gelernt, noch ibm 
felbft und fo wurde ihm der ebrenvole Auftrag, in der 
Academie militaireg einer Schule, aus welder Preußen 
feine gefoberin und Diplomaten bervorgeben laſſen 
molite, einen Lehrſtuhl ald Profeffor der Geſchichte ein» 
zunebmen. gene mehr drängten fich inzwiſchen über 
Europa die Ereigniffe, immer Elarer traten bervor die 
konſequenten Solgen der großen in Srankreih von ibm . 
Audirten Ummälzung. A. fühlte nun auch dad Bedärf 
niß, auch mit der Seder dem Böfen zu begegnen und 
im Jahr 1794 trat er daher als Schriftfteller in eine 
neue Laufbahn, die ihm fo große Erfolge, zugleich aber 


L 





Ancillon. | 445 


auch die Dornenkrone bringen ſollte, welche Re nur de 
‚nen bietet, deren Beſtrebungen beilfem und auf die 
Dauer der Zeit berechnet find. Sein blüpender Styl 
erregte eine allgemeine Aufmerkfamfeit,. die Gründlich⸗ 
keit feiner Auseinanderfegungen überzeugte und fomit 
war jedes Werk, das er der Deffentlihfeit übergab, der, 
Gegenſtand vielfacher Präfungen, Die der Wahrbeit immer 
‚mehr Bahn braben. Der Baron Dacier in Paris fiebt 
ſich in feinem Bericht Über die Sortfehritte der Geſchichte 
und der Literatur feit 1789 an den Kaiſer der Sranzofen 
4808 (20, Febr.) zu folgendem Eingekändniß gezwungen: 
„Ancillon fegt die Kette fort, deſſen erſter Ring Zeibnig 
war. Ein würdiger Erbe eines fo großen Namens, eigt 
er durch) fein Beifpiel, DaB der Zweck der wahren m ⸗ 
loſophie dahin geht, die Wahrheiten zu vervielfaͤltigen, 
nicht ſie zu —— daß ſie ihre Hauptkraft aus dem 
Verein des Gemuͤths mit den Grundfägen ſchoͤpft und 
daß fie gern ihre erften Eingemeibten unter den erbabene 


fien Geiſtern ſucht.“ So fanden A.'s Beftrebungen die ' 


ihnen nicht allein zufommende, fondern die der Menfche 
beit fo heilfame allgemeine Anerkennung. . Eine fo merk 


wuürdige Erfheinung mußte befondern Grund haben und 


diefer ift nicht fdwer aufzufinden, wenn man weiß, daß 
Dem bewährten Manne nie die Perfon, immer nur die 
Sache bei allen feinen Außeinanderfegungen vorſchwebte; 
daß daher eine eigene Milde, auch wo er tabeln mußte, 
obwaltete; daß Niemand bereitwilliger, auch in dem, was 
er allgemein verwarf, dad Gute anerkannte, daB er, Une 
eigennügig im böcften Grade, 9 in feinen Anfid» 
ten die unbefdränftefte Selbntä digkeit bemabrte und 
daß ibm daher nie der bitterfte Neid einen unedlen Bes 
mweggrund unterzufieben vermochte. Wo ed Dennoch 
verfucht wurde, bat oftmals dad Schidfal e6 gewollt, 
Daß gleich si That feine Vertbeidigung uͤbernahm und 
wenige Menichen baben Daher wie er nur ihren Verdien⸗ 
fen Die Auszeichnungen zu verdanken gebabt, welche ihn 
aufſuchten. Schon feit dem Jahr 1803 war er zum 
Hiftoriographen des preuß. Staats ernannt worden und 
im Jahr 1804 ermählte ihn die Akademie zu ihrem Mit⸗ 
glied in der pbilofophifhen Klaſſe, deren Sekretär er 
von 4804 bid 1814 war, wo ihn uͤberdaͤufte Geſcaͤſte, 
wie gleich erfichtlich werden foll, zum Niederlegen letz⸗ 
terer Stelle nöthigten: Don 1803 bid 1805 gab er in 
Berlin fein großed Werk heraus: „Tableau des revolu- 
tions du Systèmo politigue de l’Europe depuis la fin du 





446 Arndcillon. 


geissiime siccle,““ daß unbedenklich eine der bedeutend. 


en Emanationen der Zeit_ift, an welcher mehrfache, un. 
ter den Augen des Verfaſſers nötbig gewordene Audgas 
ben die Theilnabme der Mitwelt befundeten, dad aber 
Acillons Namen auf die ſpaͤteſte Nachwelt bringen wird. 
Merkmürdig genug batten die zu dem Werke nötbigen 
Studien in Ancillon die, auch in der tiefiten Unglücks⸗ 
periode Preußens, nie ſchwankend gewordene Ueber» 


zeugung geweckt, ed mäfle und werde dereinſt anders 


werden. Er bewied aber in demfelben einen fo ricti- 
gen und tief eindringenden Blick in die Gebrechen der 
menſchlichen Geſellſchaft, eine fo Flare Einſicht in Alles, 
was _Notb thut, um Die ihr gefchlagenen Wunden zu 
deilen,, eine fo innige Ueberzeugung,, auf Thatſachen ges 
rundet, daß nicht Inſtitutionen die Wohlfahrt der Voͤl⸗ 
er gründen können, fondern allein die zum Handeln 
berutenen Menſchen, deren lebendes Eingreifen daß beil« 
fame Zortfopreiten auf der Bahn der Erfenntniß und des 
Reid zu alten Zeiten feſtſtellte, daß das Staatsober⸗ 
daupt, den überall nur das Wohl feiner Völker befeelt 
und der fterd mit bewundernewärdigem Takt das Richtige 


zu erfennen meiß, aus freiem "Untrieb und auf Ber: 


onlaffung der bochfeligen Slönigin, ihn für den Mann 
erfannte, der allein die Erziehung des Thronerben zum 
eil feiner Ungerthanen_ leiten Fönne,-zu der. er daber 
Ancilon im Jahr 1810 verief und der Ddiefer bis zum 
Fahr 1818 vorfand. Hier tritt ein Abſchnitt in feinem 
eben ein, der und den Verewigten in ganz neuen Bere 
dältmiffen zeigt und feine Bene Tat, in Anfpruch nabm, 
weshalb er denn au aus ſeiner Nilen und ſegens⸗ 
reihen Wirkſamkeit bdexrvortrat, um die Weltbübne zu 
befcpreiten. Ancillon fühlte ganz die Wichtigkeit feines 
neuen Berufd und die ungedeure Verantwortung, die er 
übernabm. Der Berfafler des Emil war in der Praris 
efcpeitert; A. lag ob, dur&b die That zu beweiſen, daß 
eine Theorie auf richtigen Prämiffen ruhete und daß feine 
Lehren nicht Ieere Hirngefpinnfte, wie die ded berühmten 
Genfers, waren. Er fühlte zugleich, daß die Folgen 
feines Wirkens für Milionen noch in die ſpateſte Nach- 
welt binausreiben würden und daber die Ergebniffe der 
{gegeit von der Entwidelung der Regententugenden 
eineb erbabenen Zöglingd ungertrennlich waren. Ancillon 
umfaßte den ibm anvertrauten Koͤnigsſohn mit der gan» 
en Liebe, deren fein Herz in fo unerihmwingliddem Grade - 
ädig war, er lehrte ihn den Menſchen lieben und ach⸗ 








Ancillon. | 447 


ten und fand einen empfängliden Boden für den aus. 
geitreuten Samen. Die natärlide Folge Ponnte nicht 
ausbleiden, daß nämlich das Herz feines Zoͤgings fi 
Dem befonderd zumendete, der ibn für die Liebe zum 
Menden fo empfängli gemadt batte. Auch geftaltere 
fd die Zuneigung und dad DBertrauen des hbälers 
bald zur Sreundfdaft ded Mannes und. wahrlich ebrend 
für beide fo innig verwandte Gemütder war ed, den 
Thronerben Preußens feinen bejahrten Erzieber auf dem 


Sterbebette pflegen, der legten Rude übergeben und mit - 
verweintem Angeſichte die erfie 2 vou Fühler Erde 
€ 


auf den Verblichenen werfen zu feben. Die durch dies 
Verdaͤltniß natuͤrlich eingeleitete nähere Berüdrung mit 
dem Könige mußte dazu beitragen, die vielfeitige 


 Braubbarfeit und die Grändlichkeit der Anfihten des 


Derblienen um fo mehr erkennen zu laffen, als fie in 
ber Mäßigung des Monarden Anklang fanden; daher 
feden mir aud fon 1814, während feine Stellung zum 


Thronerben fortdauert, 4. sum  wirfliden Geheimen 


Xegationsratbe bei dem Minifterium der auswärtigen 
Angelegenheiten ernennen, wo er bald einen großen @in. 
Auf ausübte, der mit jeder Stunde um fo -medr zunahm, 
ald ihn, bei feiner feltenen Uneigennügigfeit und Frei⸗ 
muthigkeit, das allgemeinſte Vertrauen umgab, wenn 
gleich jene Zeit gerade die war, wo er am meiſten den 
Angriffen der zügellofen Preffe ausgefegt war, denen 
er jedoch, mie fon gefagt, nur Thaten entgegenfegte. 
Der Deriiorbene Staatskanzler Fürſt Hardenverg . hatte 
den ‚ganzen Werth U.’ erkannt und diefem beionders 
wurde daber die Aufficht ber dad Treiden der Zeit an 
‚vertrout. Don U. ging, nad) der boden. Einfiht des 
Monarden, die weife gachſichtige Milde theilmeile aus, 
die die auswärtigen Derbditnife Preußens leitete und 
dad Verföhnende aller Maasregeln, welche die allmidlige 
Berubigung der Gemltber zum Refultate hatte. Eben 
o war er eö, deſſen viel benupte Feder, die unter den 
wierigſten Derbältniffen, alle Reibungen und Opal 
tungen durch richtige Vermittlung zu befeitigen wußte. 
Die fpäter eingetretene Krankheit des Minifterd Grafen 
v. Bernftorff *) erweiterte A.'s foktifhe Befugniffe, ohne 
im Bande der Politik etwas zu Ändern, eben weil der 
Ehef mit vollten Vertrauen feinen Rath beedrie und 
“ mithin in allen Maasregeln die größte Einheit berrfchte. 


») Deflen Biographie ſ. im N. Nekrolog Jahrg. 18, ©. 820. 


⸗ 


v⸗ 


24 


448 Ancillon. 


So wurde denn. der definitive — des Porte⸗ 
feuilles in die Hände des nunmehrigen Miniſters U. fo 
natürlich eingeleitet, daß jener nicht in den Geſchaften 
bemerkbar war, Aber auch bierbei bewährte der Der. 
blicene feine feltene Unfprucslofigkeit, feine Gewiſſen⸗ 
baftigfeit und feine Uneigennägigkeit. Was Andere als 
eing ebrende Auszeichnung für den Minilter mit Eifer zu 
erfireben fuchen, Dad lehnte A., ald mit feiner jegigen : 
Stellung nicht, mehr vereinbar, ob. Er legte nämlich 
fein wilfenfbafttimes Amt, ald wirkliches Mitglied der 
Akademie, nieder, um nunmehr ganz und ausfchließlich 
ſich der praktifhen Wirkfamkeit zu widmen. Auch waren 
die Ereigniffe allerdings von der Art, feine große Thaͤ⸗ 
- tigkeit in Anfpruch zu nebmen. Welchen Untkeil er an 
. ber Sührung der europäifhen Angelegenbeiten genom⸗ 
men, wie fehr feine feften und doc milden Anfichten, 
feine ſtets weiſe Mäßigung zur Erbaltung des europäis 
ſchen Sriedend beitrugen, gehört der Geſchichte an und 
muß Daher bier Übergangen werden. Doc darf nicht 
verfhmiegen bleiben, daß die ehrende Anerkennung feje 
ner Derdienfte, welche U. von feinem verehrten Könige, 
wie von allen Seiten zu Theil wurde, durchaus den 
Menfhen in ibm nie veränderte und Daß er, troß feiner 
hoben Würden, troß feines großen Einfluffed, trog aller 
Amftände, Die font wohl auf Die Stimmung ded Mans 
ned Einfluß haben, ſtets der warme, theilnehmende, an» 
ſpruhsloſe Freund feiner Sreunde blieb, fletd ein nach⸗ 
fichtövoller,, gerechter Vorgefegter, mweßwegen auch die 
Thraͤnen, die an feinem Grabe floffen, Die des auf 
sidtigen Schmerjed um feinen Berluſt gepeien find. 
Mie wenig er aber auch feine Anfichten zu ändern ver⸗ 
anlaßt wurde, wie bebarrlih er feine Ueberzeugung feſt⸗ 
bielt, beweiſen feine leßten Werfe, die er, fo zu fagen, 
als ein Vermaͤchtniß und als Reſultat feiner Lebens» 
erfahrung der Nachwelt wenige Fahre vorber und gleich» 
fam ald Schluß feiner literariſchen Thätigfeit übergab, 
nämlich die „Pensdes“ und das in 2 Bänden, der legte 
4881 (2. Aufl. 2 Bde. 1838.), erſchienene größere Werk: 
„Meber die Vermittelung der Extreme in den Meinun: 
gen,” womit er den Schlüſſel zu feinen Behrebungen 
niedergelegt bat und worin er entwidelt, wie er Das 
verföhnende Prinzip mit dem nötigen Kampfe gegen 
208. Böfe zu vereinen bemüht war. — U.’8 Privatleben 
bietet nod ein höheres Bild der innigften Gemütb- 
‚dichkeit, Die ſich ſchon in fo boben Grade in feinem 


» e 


IV 5 Rn j U 


öffentlichen Leben, wie in feinen Schriften, außfpricht, dar. 
di ibm in der fluͤchtigſten Unterhaltung, im y ften 
ttederfchreiben von feib und ungeſucht die tre 
anziehendften Antithefen entfielen, eben fo bildete aud 
fein nur von Wenigen richtig gemwürdigter perſoͤnlicher 
Charakter äbnlihe Begenfäge. Mit einem unerfoätter: 
lihen, man möchte fagen, eifernen Willen verband er 
die Weichbeit des Herzend eines Kindes. Er mußte fib 
Zwang anthun, um bei der Erzählung irgend eines Uns 
glüde der Schilderung der Lage irgend eined hart Bes 
rängten feine Thränen zurädzudalten; wogegen man, 
wenn etwa von einer Pflihtverlegung die Rede war, 
oft von der Strenge feines Urtheils Übercafcht wurde. 
Bei feinem Achtung gebietenden Aeußeren, feiner hoben 
fat athletiſchen Geſtalt, feinem wärdevollen Benehmen 
eridien er Manchen .ald ftolz und hochmüthig. Gene 
eltung galt indeflen blos feiner amtlichen Stelung. 
m beitern Kreife feiner Sreunde oder bei den ihnen 
degegnenden Widerwärtigfeiten zeigte er ſich ganz anders 
und Sremde, die nur den Staatsmann in ibm kennen 
lernten, wärden fib gewiß nit wenig gewundert haben, 
wenn fie ihm bier in trauliden Geſpraͤchen zugehört 
aͤtten. Bei dem Äberwiegenden Hang feiner Seele zum 
ohlthun und ihrer nie verfiegenden Empfaͤnglichkeit 
für die Drangfale Anderer, bei der großartigen Einfach» 


beit der in feinen politifhen, gefhihtliben und philo⸗ 
fopbifhen Schriften niedergelegten Anfichten, bei dem ' 


Ernft und der boden Wichtigfeit feiner täglihen Bes 
fhältigungen hätte man meinen follen, daß er auch 
wohl nur an äbnlichen Unterbhaltungen gern Theil nehme. 
Und dod bat ed vielleicht wenige Männer grehen. des 
nen in folwdem Maafe wie ihm die glücklichſten Zus 
fammenftelunge®_die ſcharfſinnigſten Unterfdeidungen, 
die ſinnreichſten Einfälle, kurz ale Waffen des anzie 
bendften, treffendften Wiged augenbliflih zu Gebote 
anden. Bei dem Allen har A. nicht ein einzige Mal 


in feinem Xeben von diefen Waffen gegen die Tadler 


feiner Schriften, wie feiht auch ſolches Ihm geweſen 
wäre, Gebrauch gemacht. Dies bing mit einem anderen 
Gegenſatz in A.'s Charafter zufammen. Er liebte es 
nit, von ſich reden zu laflen und Andere mit fich zu 
befhäftigen und wenn er auch, aus Grundfag, in feinen 
Schriften feinen Namen niet verſchwieg, fo vermied er 


es doch ſtets, für feine Perfon Aufſehen zu erregen und . 


die Öffentliche. Aufmerkfamkeit auf fih zu ziehen. Auch 
. Mekrolog. 15. Jahrg. , 29 


z Ancillon. — 449 


ell 
endſten, 


40 — Ancillon. J 


hat er niemals eine Befoͤrderung oder: Audzeichnung 
tür ſich nadgefuht; mebrere aber bat er abgelebnt und 
wo er ibnen nicht ausweichen Fonnte, da ſchien er jedes⸗ 
mal in ibnen weniger eine dußere Ehrenbezeugung, als 
die Anerkennung einer Prlichterfüilung zu erblidden. Nie 
war eine Spur von Gral, noh weniger von Haß in 
feiner Seele zu finden, Dagegen mar Die Freundſchaft 
ihm ſtets und unter allen Umfänden deilig. Er war 
für feine Uniergebenen ein zugleich milder und gerechter 
Chef, mwelder don ihnen Die gewiſſendafteſte Erfülung 
ihrer Pflichten verlangte, der aber auch die Treue, den 
- Dienferfer, den guten Willen fomwohl in den unteren, 
old in den böheren Stufen zu erfennen und zu erhalten 
mußte. Der Nepotismus war ihm bis in die tieflte Seele 
zuwider, fo daß feine Verwandten und Freunde niemals 
amtlih von ihm bevorzuge wurden. In den Staatl: 
audgaben vefleißigte er ſich der Sparfantfeit, mas feinen 

eringen Gegenfaß zu feiner perfönliden Freigebigkeit 
Bildete. Aud diefe Erſcheinung findet ibre Yöfung in 
-dem bereits getbanen Ausfpruche, daß er nicht ih, ſon— 
dern Anderen lebte. Obgleich er Eeinen Luxus meiter 
kannte, als denjenigen, ben feine Mildebätigfeit ihm 
zuzog, fo bielt er do auf Eleganz, bei welcher indeſſen 
meniger der innere Wertb, als der Geihmaf vorberr: 
fen follte und aud wirklich vorberrichte. sur Die ıbm 
von der arbeitenden Klaffe, geleilteren Dienite zablte er 
immer mehr, ald den gewöhnlien oder verlangten Inba 
und das von ibm ererbte_ beiceidene Vermögen, dad 
man bei feiner amtliben Einnahme, bei der grundſaͤtz⸗ 
lien Beſchraͤnkung feiner perſoͤnlichen Aufgaben, noch 
mehr aber bei den vielen Unterflügungen, die er den 
Empfängern oft unbemußt gewährte, füs bedeutend bal« 
sen mußte, bat ſich nach feinem Tode, eben in Solge 
feiner großen Sreigebigfeit, vermindert Belande Puͤnkt⸗ 
ücher Geborſam genen die Staatsbehoͤrde und genaue 
Befolgung der geſetzlichen Ordnung, andererfeitd aber 
Eräftige Dertbeidigung derfefben, wo fie irgend ‚bedrobt 
fein möchte, betractere A. ald durdaus unerläßlide 
Maihrten, meßbalb denn auch feine politifden Anfibten, 
befonders in früberer. Zeit, oft gemißdeuter und falſch 
aubgelegi worden find. Wenn A. der feſte unerſchuͤt⸗ 
terliche , entfchiedene Verfechter der beſtehenden Drdnung 
- war, fo erwied er fib nit minder als der feſte, un- 
. erf@ätterlihe , entſchiedene Sreund und Befürderer der 
Sreibeis, wenn fie nur auf gefeglihem Wege nachgeſucht 

. ; I 








‚Ancidon. - 451 


wurde. Das Eraebniß diefer Gegenfäge und Charakter. 
züge, denen fid noch leicht andere Dinzufägen ließen, 
mußte in dem hochgeſtellten Mann ein Gleichgewicht der 
Anfihten und Oefinnungen bervorbringen,, welches kaum 
erflärlich fein würde, dätten ſich feine fo fehr über das 
gewöhnlide Maas erbebenden geiftigen Säbigkeiten ein- 
deln in ibm vorgefunden. Eines blieb indeflen in ibm 
dis zu feinem legten Lebenshauche vorwaltend, nämlich 
das feltene pen über den feltenen Geil. Was aber 
fein Herz füllte und leitete, war das religiöfe Gefühl, 
der lebendige, ergreifende Gedanke, daß jeder Menfc, 
fo gering er in der großen geſellſchaftlichen DVerfettung. 
au) erfheinen mag, immer ald ein.von der Borfebung 
in allgftiger Abſicht der Erde anvertrauted Wefen bes 
trachtet werden müfle, deflen Seele einer böyeren Zu 
kunft entgegengebt, in welcher ein jeder von und Re 
chenſchaft über feine Thaten ablegen wird. Auch in feis 
nen legtwilligen Verfügungen if fih_ 4. treu geblieben: 
anſpruchslos und fill follte feine Hüle, zu den Süßen 
feiner Eltern, der Erde übergeben werden. Sein Wille 
it gefheben, doch durfte da die Liebe nicht zurückbleiben 
und fie bat auf dem Kirchhofe diejenigen zufammenge- 
führt, die im Gepränge der Welt nit fo frei ihren 
Toränen bätten den Lauf laſſen können. — U. war dreis 
mal vermählt, dad erfie Mal mit Marie Henriette Bau» 
douin, dad zweite Mal mit Louiſe Serdinandine Molierd 
und feit dent 3. 1836 mit Marie Flora, Marquife von 
Verquignieul, Hofdame im Haag, die ihn überlebt hat. 
Eine Nachkommenſchaft ſollte ibm nit zu Theil werden, 
was ihn oft auf dad Schmerzlifte berübrte. — Beine 
Scriften find: Discours prononcd à Rheinsberg en pre- 
sence de S. A. R. Mgr. le Prince Henri, pour la béné- 
diction du mariage de Mr. d’A... et de Mme deK... 
Berlin 1791. — Sermons sur l’amour de la patrie, pro- 
nonces dans le Temple du Werder, ä l’occasion des 
evenemens politiques actuels. Ibid. 1798. (Bon diefen 
Predigten, welche zwei an der Zabl waren, betraf Die 
eine den Sieg bei Pirmafend und die andere: Sur les 
caracteres de l’amour de la patrie, ift in den weiter uns 
ten angeführten, i. 3. 1818 erfdienenen 2 Bänden Pres 
Digten wieder abgedrudt worden.) — Oraisou fundbre 
de S. A. R. le Prince Louis de Prusse. Ibid. 1797. — 
Melanges de Politique et de Philosophie morale. Ente 
baltend: Aphorismes de droit naturel et de politigue, 
und: Pensdes détachées sur toutes sortes u. sujets de 


& 


452 Ancillon. 


- 
Philosophie morale. Ibid. 1804. — Considerations gend- 
rales sur PHistoire, ou Introduction & P’Histoire des rd- 
volutions da Systeme politigue de l’Earope pendaut les. 
‚trois derniers siecles. Ibid. 1801. — Sermon sur le Jubil& 


[4 


söculaire de la Monarchie prussienne, prononce dans le | 
temple du Werder. le 1er Janvier. Ibid. 1801. — Dis- 
eoars prononce à P’occasion de Jubil& de Mr. Erman, 
Conseiller jotime au .Consistoire superieur et Pasteur de 
PEglise da Werder. Ibid. 1804. — Discours prononced aa 
Chäteau de Belle-Vae devant lears Altesses Royales le 
Prince et la Princesse Ferdinand de Prusse, à l’occasion 
de leur Jubile de cinquante uns de mariage, le 27 Sep- 
tembre. Jbid. 1805. — Essai sur les grands Caractöres, 
La ä la seance publique de l’Academie Royale des Scien- 
ces et Belles-Lettres de Presse, le 7 Aoüt. 1806. Ibid. 
13806. — Melanges de LittErature et äe Philosophie. Paris 
1809. 2 Bände. — Oraison {unebre de Louise, Reine de 
Prusse. Berlin 1810. — Eloge historique de J. B. Merian, 
Secretaire perpstuel de l’Academie des Soiences de Prusse. 
La dans Passemblde publique du 24 Janvier 1810.: Et 
Precis de ses Me&moires. Ibid. 1810. — Einige akadem. 
Gelegendeitsſchriften: Denkſchrift auf Ernſt Ferdinand 
Flein, vorgelefen am 3. Juli 1812 ind. öffentl. Sitzung 
der £. Akademie der iffenfgaften. — Eiwas über die 
bilofophie d. Geſetzgebung, in derfelben Akademie bei 
‚Gelegenheit der Aufnahme d. Hrn. v. Savigny in Dies 
-felbe vorgelefen. — Ueber wahre Größe, vorgelefen in 
der öffentl. Sigung dv. benannten Akademie am 24. an. 
4812, 3. Geier d. Geburtstags Sriedrich 11. Ebd. 1815. —. 
Ein Bd. — Ueber Souveränität und Staarsverfafl. Ein 
Verſuch ur Berichtigung einiger .polit. Grundbegriffe. 
End. 1815. 2. Aufl. 1816. — Essais philosophiques, ou 
nouveaux Melanges de Litterature et de Philosophie, Damit 
verbunden find: Elemens de Philosophie, ou Tablcan 
analytique des developpemens du moi humain. Paris et 
Genöve 1847. 2 Bde. — Sermons de Frederic Ancillon, 
prononces daus l’Eglise refugiee de Berlin. Berlin 1818. 

2 Bde. — Web; d. Staatswiſſenſchaft. Enthaltend: der 
au d. Staats; die Form d. Staats; die bewegenden 
rincipien des Staats Ebendaf. 1820. — Ueber Glau⸗ 

den u. Willen in d. Philofopbie. Ebend. 1824. — Nou- 
veaux Essais de Politique et de Philosophie. Ungehängt: 
Principes de droit politigae sar le but, les former et les 

.. ressorts da gouvernement. Paris 1824. 2 Bde. — Ueb. d. 
Geiſt ber Staatsverfaſſungen und deflen Einfluß auf die 


1 





1 


dv. Erdelyi. ı 453 


Gefeßgebung. Berlin 1825. — Essals de Philosophie, de 
Politique et de Litterature. 4 Vol. Paris 1832. (Entbals 
ten die in den Melänges de Littdrature et de Philosophie, 
den Essais philosophiques und den Nouveaux Essais de 
Politique et de Philosophie befindf. Auffäge von Neuen 
Durdgefeben und verbeflert.) — Die zwe fi ten amt» 
liden Reifen, die er in —— ſeines ehemaligen 
Zoͤglings unternahm, waren Die Feldzuͤge von 1818 und 
. 4814. Am 20. Septbhr. 1828 trat er ald Begleiter de 

Kronprinzen die Reife nach Italien bis Neapel an.. Er 
datte eine ausfuͤhrliche Beſchreibung diefer leßteren ans 
etangen. wurde aber an der Fortſehung berfelben durch 
berhäufte Geſchaͤfte gehindert. Die Befchreibung feiner 
Reiſen in den J. 1813 umd 1814 fand fi bingegen im 
feinem Nachlaß in einem höcit anziebenden und lehr— 
reihen Briefwechfel mit feiner erften Gattin vor, Die 
fer für die Geſchichte jener bewegten denkwürdigen Zeit 
fo koſthare Schag bat aber leider, fo mie feine ganze 
Privatkorreſpondenz nah des Veremigten ausdrüdlidhen 
Willen den Slammen geopfert werden müffen. Außer: 
dem lieferte er Beiträge zum Journal litteraire de Berlin. 


* 154, Dr. Michael v. Erdelyi, 


der Arzneitunde Doktor, ordentl. Prof. der Anatomie u. Phyflo⸗ 
logie am ©. 2, Ihierarzneiinflitute zu Wien, Mitglied der medicin. 
Bakuität daf. u. mebrerer gelehrten Geſellſchaften: 


geb. d. 9. Juni 1782, geft. & 21. Apr. 1837. 


Wien ift fein Geburtdort. Sein Vater Franz Joſ. 
9. Erdelyi war Doftor der Heilkunde und dem ungari- 
fden Adel einverleibt, feine Mutter, Maria Anna, eine 
gerorene Permittinger. Den erften Unterricht erbielt er 
. J. 1792 in der Joſephſtaͤdter Hauptfchule, vollendete 
in den J. 1793 — 1795 feinen Gymnaſialkurſus und bes 
genn. doc Studium der Philofopdie im 3. 1798 an der 
. E. Univerfirdt zu Wien, wo er von dem Prof. Franz. 
- Döttler und v. Metzburg den Unterricht in der Mathe: 
matik und Phyſik, von X. ©. Larpe in der theoretifcen 
und praftifden Pbilofopbie, von Joſeph Mayer in der 
Noaturgefbidte und von Sr. Hammer in’der Pbilologie 
erbielt. Nah glücklich zurückgelegten oͤffentlichen Prüs 
fungen und erhaltenen guten Sortgangezeugniffen begann , 
er 1. 3. 1801 das Arztlihe Studium, das er i. J. 1811 
beendigte und am 3. Quni 1813 die medicinifde Doktor 
würde ſich erwarb. Durd die oberften medicinifch 


N . Erdelyi. 


dirurgiihen Studienbehörden hatte der Kaiſer ſchon im 
J. 1842 verordnet, daß das Erf. a mit 
a vereinigt werde und Diefed fo wichtige und 
r das Studium der Thierheilfunde in der Öfterreicht» 
(den Monarbie boͤchſt gänftige Ereigniß ließ eine bedeu- 
tende Erweiterung Diefer Xebranftalt hoffen. Da nun 
eben zu diefer Zeit der Profeſſor 9. 5. B. Dieg, E.“s 
Lebrer der medicinifhen Polizeis und gerichtlichen Arznei⸗ 
kunde, Direktor diefes Infiturd war, fo faßte E. den 
Entſchluß, fib mit allem Eifer auf Diefe in alle oͤko⸗ 
nomifden Staatsverbältuille eingreifende Wiſſenſchaft zu 
‚ legen und erbielt auch i. J. 1811 die Stelle eined F k. 
Penſtonaͤrs. Durch volle drei Jahre unterzog er. fid dem 
angeftrengteften Etudien diefer weit umfaflenden Wiffen- 
(daft und zwar mit foldem Erfolge, daß ihm i. 3 1814 
Die Eorreperitionen über Die Anatomie und Phpfiologie 
übertragen wurden. Nun betrieb er mit noch erböhterem | 
Eifer dieſes Studium und insbefondere die Zootomie 
und Zoopbhfiologie, daher er auch i. J. 1818 die Lehrs 
Fanzel der Anatomie und Phyſiologie der Hausthiere er 
bielt, welcher Stelle er bis zu feinem am oben genann» 
ten Tag erfolgten Tode vorſtand. Sein Gang jur Due 
lichen Rube und Ordnung bewog ihm, fi im Jahr 1828 . 
eine Gattin, geborene Dion zu wählen. — Als Schrift⸗ 
Reler finden wir ihn fon feit dem J. 1813 thdtig, wo 
er feine Schrift: „Weber d. Drüfenfranfdeit, den Rot 
u. Wurm des Pferdes“ heraudgab, von der i. J. 
eine 2. Auflage erſchien. Im I. 1819 erfhien: „Grund⸗ 
linien der Knochenlehre d. Pferdes mit Berädfihtigung 
der. Abweichungen bei Den übrigen a 
Mit 3 Kupfertaf., das Zahnalter darftellend ; davon ers 
fien i. 3. 1834 eine 2. Auflage. In den J. 1819—20 
gab er feine „Örundlinien der Eingeweidelebre, Gefäß. 
und Nervenlebre der Hausſaͤugethiere u. befonderd des 
ferdes heraus. Eine 2. Aufl. i. 3. 1831. Sodann ers 
bien „Verſuch einer Zoopbpfiologie des Pferdes u. der 
übrigen Hausſfaͤugethiere“ i. 3. 1820 und eine 2. Aufl. 
im Jahr 1830. Diefed Werf wurde befonderd von den 
meiften größern Tbierbeils und Unterrihtsanftalten des 
Auslandes als Ledrbuch benugt. Im 2 1827 erſchien 
feine „Beſchreibung der einzelnen Gelläte des öfterr. 
Saiferftaates, nebſt Bemerkungen über Hornviebzudht, 
Scafzucht und Oekonomie.“ Gm Jahr 1829 folgte „Die 
Muskellehre“ und auch biervon wurde eine 2 Aufl im 
3. 1837 nötbig. Im I. 4831 erfyienen feine „Beiträge 











. 


Gumther, Fürfl v. Schwarzburg + Sonberäaufen, 455 


r Beurtbeilung d. dußeren Umriffe_oder des fogenann. 
fen xterieurs beim Pferde, nebit Berädfi un der 
Racen deſſelben. Dann Aber die Haut, Haare, Farben 
und Abweichungen beim Pferde, mit einer Eolorirten 
Kupfertafel; dann eine Skizze des f. k. Thierarzneis 
inſtituts in Wien und mit einer litbograph. Tafel, die 
Doberifde Beſchlagsmaſchine darftelend.” Hierauf er 
(dien'i. 3. 1832 die von ihm veranfaltete „Umarbeitung 
der Pathologie u. Therapie” von Waldinger in 2 Bdn. 

ndlid i. I. 1835 „Anleitung zur Pflanzenkenntnig od. 
Botanik für.den Landwirth und Tbierarit, Aerzte und 
Wundärzte,“ 2 Theile mit 2 Steindrudtafeln. Außer 
dem lieferte er zahlreiche aufläge zu den mebdicin Jahr. 
büdern des k. k. Öfterr. Staats. Einen großen 4 theil 


. endlih nahm der Abgeſchiedene noch uͤberdies an der 


F zeſſin von Anhdalt-Bernbur 


Bereicherung des über 3000 Nummern ſtarken anatomiſch 
phpfiologifhs und pathologiſchen Mufeumd an bieſer 
£ebronftalt, welches von jedem Kenner theils der Reiche 
baltigfeis, theils der Seltenbeit wegen der daſeibſt aufe 
geftelten Präparate mit größter Autmerkfamkeit befeben 
wird. Endlid murde ihm aud im Jahr 1828 die Außs 
seihnung zu Theil, fid zum Mitgliede des landwirid⸗ 
[Haftligen Vereins des Großberzogtbumd Baden und 

ahr 1829 zum Mitgliede der ſchweizeriſchen Eid» 


‚Im 
enoſſenſchaft ernannt zu feben. | 
s i s a 9. 2. Buchmuͤller. 
Doktor der Medicin u. Prof. 


* 155. Günther Friedrich Carl, _ 
Fuͤrſt von Schwarzburg = Sonderöhaufens 


‚geb: den 5. Dec. 1760, geft. auf dem Sagdfihloß „, zum Poffen‘- bei 
Sonderöhaufen den W. April 1837 *).. 


. Er war der alteſte Sohn des Fürken Chriftian Guͤn⸗ 
ther und feiner Gemablin Charlotte Wilbelmine, Prin 
8. Sein Körper war Eräfe 
tig aber feine geifiigen Anlagen wurden ganz vernadh» 
läffigt, denn feine Erziehung geſchad — gelinde audges 
drüdt — ohne alle Sorgfalt. In jenen Tagen hielt 
man es freilich für hinreichend, menn ein Prinz, befon. 
derd der Erfigeborne, deſſen Karriere fid von ſelbſt 
— — WR 
= egentenalmanadh, bem Gonverfationdlericon ber 
— Pr an * en Beitung. Ver. Sg 


4 


ı 
x 


N 


456 Guͤnther, Fuͤrſt v. Schwargburg s Sonderöftiufen. | 


machte, in den gemöhnliden Dingen unterrichtet war; 
denn dad Regieren war damals, wo Staatöfonkitutios 
nen, VBolfövertretung, Budget, Eivilliften und dergleichen 
aud neuerer Zeit bervorgegangene Wörter und Begriffe 
unbekannte Laute waren, Eein fchwered Gefhäft. Der 
Prinz wuchs auf, fi meiſtens felbft überlaffen, umgeben 
von bperfonen, die eben nicht geeignet waren, feine Aus⸗ 
bildung zu fördern, feiner Denfungsart eine gute Rich⸗ 
tung zu geben. Nur in ſich ſelbſt gebildeten und eben 
nit gebildeten Cirfeln bewegte er fib, was fein gane- 
zes Leben hindurch ihm anding. Denn unter böbern, 
unter geißigen Menſchen gefiel ed ibm nie, wenn es 
ipm auch an rihtigem Blick und ſcharfer Urtbeilsfraft 
nicht fehite, welche berrlihe Naturgaben bei forgfältiger 
Yusbildung ibn hoͤchſt anziedend hätten machen fünnen. . 
Außerbalb Landed gefiel er fih eben fo menig, daher er 
fid auch niemald meiter ald bis Yeipzig entfernt bat. 
Nur im Umgang mit Einwohnern feines Wohnfiges fühlte 
er ſich behaglich, dutzte Zeden und genirte ſich Dabei eben 
. fo wenig, al$ er verlangte, daß Andere fih geniren fol 
ten. Ein ſolches Benebmen eines Erbprinzen mußte in 
“jener Zeit dem großen Haufen gefallen, um fo mehr, Da 
- der Dater fireng auf Etiquette und fürſtliche Hobeit hielt,’ 
- Herablaffend benahm fid dieſer zwar immer, wie man 
damals freundlich ertbeilte Blicke gegen Niedere nannte, 
Dabei aber fetd fehr gemeflen. Sein Hof umgab Glanz, 
erhöht durch eine zablreihe Samilie, von drei Prinzen, . 
drei Prinzeffinnen und der Familie feines Bruderd, Die, , 
fat eben fo ſtark, aud in Sonderöhaufen febte. Aber 
Aled das fagte dem Erbprinzen nit zu. Er entfernte 
fid gern von dem Hofe deö Vaters, der mißtrauifh und 
eingenommen gegen ihn war und lebte mehr für fid. 
Bald nach feiner Konfirmation mäblte er zu feiner Wob⸗ 
nung ein in der Nähe des Schloſſes liegended Gartens 
baus und zog nachher auf ein Eleined Landgut in der 
Naͤhe von Sonderdhaufen, Scherſen genannt, deflen 
laͤndliche Einfachheit und Einfamfeit freilid einem am 
Glanz und Weihlichfeit gewöhnten Prinzen nicht ge⸗ 
nügt haben würde, dem unfrigen aber eben deswegen 
zufagte, da er daſelbſt, von den väterlichen Kritiken ent» 
fernt, Spielraum für feine aus Geſcaͤftsloſigkeit ent 
fpringenden Neigungen fand. Bei dem fpärliden Jabr- 
ebalte, der ihm von feinem Öfonomifhen Vater ausge⸗ 
est worden war, geriethb er oft in DBerlegenheit und 
wurde dadurch mit den Sorgen befannt, die einen Prie 
Pe 3 = | 


[4 








x 


‘ 


Ganther, Fürft v. Schwarzburg ⸗Sonderkhauſen. 467- 


vatmann oft drucken, wenn die Einnabme nicht zur Dek⸗ 
tung der mirtbfaftlihen Bedärfniffe zureichen mit, 
So— ehelos und ungenirt ind beſte Mannsalter eingerädt, 
Lam er zur Zeglerung im 3. 1794. Seine erfien Maas⸗ 
segeln erwedten günitige Erwartungen, da er die Mißs 
bräude, die unter der vorigen Regierung fo viele Be⸗ 
fowerden veranlaßt hatten, fogleih aufbob. Während 
früher dur den Hofjuden Herz offenkundig der ſchamlo⸗ 
fette Aemterhandel'war getrieben worden, zeigte der Fürſt 
gleih beim Antritt feiner Regierung, daß er nur dem 
erdientt Anſpruch auf Beförderung zugefteben wollte. 
aa Vebrigen bewirkte der Regierungsantritt Beine Ver⸗ 
nderung bei ihm, wie dies gemöpnlid in Hoffällen ges 
ſchieht. Dad gewohnte Leben wurde Portgetadnt und den 
sugetbanenen Neigungen in größerer Ausdehnung, gebuls 
digt. ein liberaled, obne Zmang und zutraulich fich 
bingebended Benehmen blieb dad biöderige und gewann 
idm die Herzen aller Bürger. - Weniger bebagte dies 
dem boben Adel, der fi unter des Vaters Regierung 
bebaglid in den Strablen der ihn befebenden Hoffonne 
gefühlt haste und jegt, wo es eigentlicy gar keinen Hof 
mebr gab, feine ganze Unbedeutendheit obne Hof bitter 
fühlte. Bon den Regierungsgeſcaͤften ließ der Junge Fuͤrſt 
ſich nit drüden. Einige gute Köpfe beforgten daß, 
Es war ja überhaupt vor einem balben Jahrhundert we⸗ 
nig dazu noͤthig, ſolch Eleined Land zu regieren, dad nur 
— zu werden brauchte mie eine Udr, um im ale 
ten Sleife ruhig fortzugeben. Als der Fırft zur Regie - 
rımg kam, waren no zwei Brüder und ein Vetter von 
ibm da. Bon den Erften febt noch jeßt, in Arns 
ftadt, der Jüngere, ein Prinz, der ſich unter feinen Bruͤ⸗ 
dern von jeder durch Bildung, feined und fittiged Be⸗ 
nehmen audzeihnete. Der Stamm des Hauſes hatte 
Daber noch drei fräftige Nebenzweige. Deſſenungeach⸗ 
tet drangen Gutgeſinnte in den Sürften, fid zu vermaͤb⸗ 
.Ien und nah dem Wunſch des Landes die ſcheinbare 
Sreibeit des ebelofen Standes mir dem des glücklichen 
Haudvaters zu vertaufben. Longe vergebens, benugten 
diefe endlich ein Schisma, das in feinen bisherigen daͤus⸗ 
lien Verhältniffen entfianden war und der gürft wurde 
durch Zureden erftarkt, fi plöglib und in größter 
Schnelle diefen zu entreißen und feine Bereitwilligkeit 
zu einer fegitimen Vermäblung zu erklären. Mit mög« 
lichfter Eile wurde die Ausführung diefed hochſt erwunſch⸗ 
ten Entſchluſſes betrieben und kaum waren acht Tage 
⸗ % 


z 


A408 Günther, Finſt v. Schwarzbusg-KEonderähaufen, 
verfioffen, fo fuͤhrte der Fuͤrſ, als feine Gemablin. eine 


inzeſſin von Rudolſtadt dem hocherfreuten, jubelnden 


f 
— a zu. Der Zubel des Landes verdoppelte 
fid, ald dem Fürſten eine Tochter — die jegige Fuͤrſtin 
zur Lippe — und fleigerte ſich zur höchſten Sreude, als 
ım September 1801 ein Sohn — der jenige Fuͤrſt — 
ibm geboren musden. iermit fchloß ſich aber leider 
au das ſo ſehnlich herbeigemünfgte und glücklich bes 
gonnene Samilienleben des Kürten. Die Mutter beider 
Kinder verließ mit dieſen Sonderdhaufen, nabm ihren 
Wobnſitz zuerk bei ihren Verwandten in Ruldolfadt, 
feit 1816 jedoch in dem zu diefem Bebufe neu eingerich⸗ 
teten Schloſſe zu Arnſtadt, kam nie mehr na) Soñders⸗ 
baufen zurüd und lebt noch jetzt in Arnſtadts Mauern, 
geliebt und hochgeachtet von Jedem. Zu diefer Tren⸗ 
nung gaben wiederkehrende frühere Verbältniffe, die den 
Fuürßen von Neuem umgarnten, mit denen zarte Weib» 
ſichkeit ſ— aber nicht einen konnte, die Veranlaſſung 
und der ſchoͤne Traum einer neuen ſitigen Aera, der 
Dem QJubeleinguge der Fürſtin wie eine Lichtwolke übers 
fdmwebte, zerrann. Der Krieg demmte feit 1806 vielfach 
Die Sortfchritte der angefangenen Berbeflerungen der 
Berwaltung. Das Land hatte gleih nad der Schlacht 
bei Jena ſchwere Drangfale zu erdulden und nad dem 
Beitritte zum Rheinbunde mußte feit‘ 1808 der Zürf, 
mie mebrere Eleinere Bundesfürften, fein Sontingent, 
dad zuerft nah Spanien geſchickt wurde, mebrmald er: 
“ogänzen. Im November 1813 entfagte er dem Rheinbund 
und nabm alsbald Theil an dem Kampfe gegen Trank» 
. reid. Nah der Stiftung des deutſchen Bundes gela 
ed. dem Sürften, die lättigen Lehensverdaͤltniſſe, in we 
„hen dad Land früber mit den fähfifden Häufern fand, 


r 


durch einen .DBerglei mit Preußen, das durd die Er⸗ 
werbungen von Thüringen in die Rechte des Königreihe 


Sachſen getreten war, völlig zu Idfen. Fuͤr die innere 
Derwaltung wurde, befonders feit dem Srieden, durd 
‚die perfönlide Mitwirfung des Zürftens viel Erfreufis 
cdes geleitet. Die Verbeſſerungen der kirchlichen Ange 
legenbeiten, bei melden vorzäglid der Superintendent 
Cannabich wirfte, wurden mehr durch vorbereitende Ber 
lebrung eingeführt, ald dur Verordnungen befohlen 
und fie haben viele woblthaͤtige Früchte für das kirch⸗ 
+ lie Leben in dem Bleinen Lande getragen, Mie 1821 
aus dem Kirchengebete die berfömmlichen Titel de& Fuͤr⸗ 

Ken und alle belobenden Beiwoͤrter entfernt wurden, fo 


) 
’ .: 


[4 


Süntber, Fleſt v. Shwarzburg: Sonderähuufen. 459 ° 
ward aud der Wortfhwall des -fteifen K leiſtyls ver 


. bannt und die Sprade der Gerichte gereinigt. Die 


Rechtspflege wurde verbeflert, Die Finanzverwaltung ſtren⸗ 
ger Auflicht unterworfen und der Staatshaus halt » u 
geostach das die Landedfchulden, die fid (mit Au —V 

er Kammerſchulden). 1815 auf mehr als 273,000 Kıbl. 
beliefen, nach zehn Jahren dis auf ungefähr 45,000 Rthl. 
getilgt waren. Auf die Verbeſſerung der Landmwirtbicaft 
wirkte Dad Beifpiel der mufterbaften Bewirthſchaftung 
der Kammergüter. Die Geſchlechtsvormundſchaft der 
Srauen wurde 1826 aufgebnben. Die neue Gefindeord» 
nung zeichnete fid vor den Sefeßen vieler andern Lin 
der aus. Für die Verbefferung der Schulen, die ſchon 
vor dem Kriege begonnen hatte, murde in neuern Zeis 
ten durch die Erridtung einer Schulfommiffion geforgt. 
Die Armenpflege wurde feit 1820 durch Anlegung von 


Armenkaſſen in allen Gemeinden erleichtert. Die Wai⸗ 


fen wurden den Waifendäufern entnommen und in Gas 
milien untergebradt. Wie der Kür fon in jängern. 


Jadren gern an Volksfeſten Theil nahm, fo verlor ſich 


such nad) feinem Regierungdantrits dieſe Nei — 

m Genuſſe dieſer und der Freuden der % des 

chießens nach Zielen und fpäter des Theaters durch⸗ 
lebte er nun ſeine Zeit. Das Vogelſchießen in Sonders⸗ 
hauſen erbob er mit großer Freigebigkeit zu bobem 
Glanz und Fefte für die ganze Umgegend. Die muſfika⸗ 
fiſchen Unterbaltungen in einem unter dem Sclofle lie 
genden Walde, Loh genannt, waren beräbmt, denn felbk 
grober Mufikfreund, feld Audübender auf mebreren 

lasinfirumenten,, batte er ein trefflided Muſikkorps. 


Aus nah und fern zog diefer Öffentliche, FoRenfreie Mus 


fifgenuß vielen Beſuch berbei und fröhlidy war der Fürf, - 
wenn die Menſchenmaſſe recht groß war, unter der er 
fih, fein Pfeifhen dampfend, ſtets ungenirend und une 
genirt bewegte, Eben fo liberal jpendete er den Genuß 

ed Theaterd. Der Eintritt war frei für jeden Bewob« 
ner des Landes. Sein Liberalidmud geftatterte Anfangs 
fogar Zedem, die Sreuden. des Theaters rauchend zu ge⸗ 
nießen, was jedoch ſpaͤterhin, wegen zu großen Miß⸗ 
brauchs, wegfiel. Leider wurde der Genuß des Theaters, 
den er ſich kluͤglich für dad Alter aufgeſpart, in den uns 
ruhigen Fieberanfaͤllen neueſter geit, die Das Laͤndchen 
auch mitmadte, ibm bitter zerſtoͤrt. Er war genötbigt, 
ed aufjulöfen. Die Haupturfahe der Unzufriedendeit 
lag in dem Mangel einer landſtaͤndiſchen Ueberwachung 


+ 
[1 ' 


"460 Gunther, Furſt v. Schwarzdurge Sondershauſen. 


des Staatöhaudpaltd und ed waren die Bürger zu Art 
ftadt, die im September 1880 jener Unzufriedenheit 
Worte gaben. Der gürf machte darauf befannt, daß 
‚ er, eingedenE feines färflliden Wort und feinen bei 
dem Eintritt in den deutſchen Bund übernommenen Der, 

ichtungen, befchloffen babe, Landftände zu bilden und 
‚ alöbald zufammenzuberufen. Sim November 4830 ver. 
fügte eine Verordnung die Ausarbeitung ded Entwurfß 
einer Verfaffungsurkunde; doch genägte der dargebotene 
Entwurf nidt den Erwartungen, die jene Erinnerung an 
Die 15 Sabre fräber übernommenen Verpflichtungen er. 
weden mußte, da den Ständen keineswegs die Rechte ge 
währt wurden, welde die damaligen Verhandlungen als 
dad Mindene bezeichneten, dad Landitänden gewährt 
werden follte. In Solge einer erneuerten unrubigen 
Bewegung inSonderöbaufen trat der Fürft (1835) ab vom 
Schauplaß und überfieß die Regierung feinem Sohn. Tie⸗ 
fer in die Geſchichte dieſer Tage der Leidenſchaften und des 
aufgeregten Intereſſes einzugeben, möchte hier der Ort nicht 
fein. ob allen dabei Thätigen, wenn fein innerer Vor⸗ 
wurf am Sarge des Erblichenen fie drüdte, wenn nicht leife 
eine Stimme ibnen zurief, Pflichten ganz bei Geite ges 
fegt zu haben, welche dem auten Menſchen die heiligſten 
fein folen und mäffen, „fo lange er. lebt auf Erden.“ 
Ueberhaupt ward dem VFuͤrſten in feinen legten Lebens⸗ 
jahren Fein Dank für die großen Wohlthaten, mit denen 
er Diele, fehr Diele, man kann fagen: überfhättete; 
nicht wurde er ihm für Förderung, für Emporheben, für 
Bemeife von Herzendgäte und Gnade, mie er es erwar⸗ 
ten fonnte. Es ging ibm, wie allen gutmüthigen Ders 
zensmenſchen, die gern geben, gern erfreuen, lieber für 
zu gut ald für zu ſchlecht die Mitmenſchen balten und 
om Ende fi getaͤuſcht fehen und nur Undank erbalten. 
Er zog fi zuräd auf ein kleines Schloß, drei Stunden 
von Sondershanfen, bei dem Drte Ebeleben gelegen, wo 
er früher ſchon ſtets gern meilte. In ftiller, ja, wohl 
einfamer Abgeſchiedenheit, lebte er bier, von einigen 
-Dienern nur umgeben, kraͤnkelnd an Alteröfhwäde und _ 
fühlend, daß Alles eitel fei und Undank nur am Abend 
feined Lebens ihm werde. Wer möchte ed ibm verden⸗ 
fen, daß er nun niemald wieder nah Sonderdhaufen 
fam, nie wieder den Ort, wo er dad Lebenslicht erblickte, 
wo er der Freuden Viele gefpendet hatte, feben mollte, 
felbft wenn er audy überzeugt war, Daß Darst Mancher 
noch im Stillen treu und ergebeh ihm blieb, fehnfäche 





\ 


v 
— 


Sumthen, Fürft v. Scwatzburg Sondershauſen. 461. 


tig ihn zurückwuͤnſchte. Auch niqtt fei 
Bier Punch bei den Ahnen des ETW ee (ehe 


Sondershauſen nicht wiederfehen, fo beſchloß er in jenen | 


. unrubigen Tagen und nahm dem. Sodne dad Wort ab 
ibn Dereint in der Gruft unter der Kirde Ebelebent 

. nieder zu legen, wie aud eſchah. Won allen Genüffen 
und Sreuden des Lebend egleiten allein die geifigen, 
die, melde wiſſenſchaftliche Ausbildung verfhaften, den 
Menſchen bid and Grab, während Andere früber (don 
ihn verlaffen und wohl dem Manne, der im Laufe beis 
terer Tage für die fpätern oft fehr umträübten olchen 
Nahrungsſtoff ſammelie. Leider konnte der Fuͤrſt ſich ſol⸗ 
er Genuͤſſe nicht erfreuen, denn nie hatte man ſie ihn 


in der Zeit der Bildung kennen gelehrt und ein günfis 


ger Umftand mar ed nog für ibn, nit zu willen, was 
er an ihnen entbehrte. Seine Zeit verbrachte er in Ein 
foͤrmigkeit, machte nur Fleine Zagdpartieen um Eheleben 
und ſad zumeilen feine drei Fleinen Enkel bei fi, was 
Abm immer große Sreude war. Im Jahr 1897 begab er 
Ab von da weg nad dem Tagddaufe „sim Poffen,“ das 
eine Stunde von Ebeleben mitten im einfamen Walde 
liegt und bei welchen fi der in weiter Ferne fidtbare 
Poflenthurm erhebt. Hier erreichte er das Ziel feiner 
Tage. Sonnabendd am 22. April, frah um 2 Uhr, ent. 
f&lummerte er ganz rudig im Beifein des Arztes und 
eined Kammerdienerd. Schon Tags darauf wurde die 
Zeihe nad Ebeleben abgeführt, begleitet von Gendars 
merie, drei Stallmeiftern und einigen Herrn des Hofs. 
In, den Dörfern, dur deren Sluren der Weg führte, 
ertönten die Sloden von den Thürmen und Landmilij 
war aufgeſtellt. Mittags war der Zug in Ebeleben. 
Ueber die Zugbräde wurde der Garg von zwölf Grena— 
bieren in das Sdloß getragen und hier in dem dazu 
deforirten Zimmer auf einem Katafalk niedergefeht, den 
ein Baldagin mit ded Erblidenen Bild Aberragte. Mons 
tags Abends war es Dem Publifum einige Stunden lang 
vergönnt, die Leiche zu feben, der zur Seite die Ober 
ofchargen ftanden. Auch noch Dienſtags Morgens ges 
hab dies. Don Sondershauſen hatten ſich indeſſen die 
Mitglieder des Miniſteriums, die aller Dberbehörden, 
einige Dafallen, der Stadtrath, der Bürgervorftand, der 
ganze Hoſſtaat, die Bürgergarde und die Hofjägerei ein« 
gefunden. Als um 10 Uhr aud der regierende Fürft 
angelommen war, erfolgte die Beifegung. Dem Garge 
voran gingen die Mitglieder der Siollegien und die obe⸗ 


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ven Hofchargen. Den arg n, fo hatte ed der Ent 
Fee feibft gewollt, 24 Srenädlere. Zur Seite gingen 
der Arzt, der Magiltrat und die Gtadtverordneten von 
Sondershaufen. Das Minifterium, die Vaſallen, Oft: 
ziere der-Bürgergarde, die Forſtbedienten und die Hofs 


dienerfchaft folgte dem Sarge. Gendarmerie_ und die- 
Landmiliz von Ebeleben mar aufgeftelt. Am Hnuptein- 


ang des Schloſſes trat der tief trauernde Sohn, dem 
18 unmittelbar folgend, in den Zug, der ſich nun 
durch dad im aͤußern Schioßdof aufgeſteilte Linlenmili— 


“wär unter Tranermufit und dem Gelaͤute der Glocken 


nach der Kirche des Orts bewegte. An ber Xhür des 
Goiteshauſes geleitete Die Geiftlichkeit den Sarg auf den da 
aufgerichteten Katafalf. Ein Lied ward gefungen, dann 
vom Prediger des Drid Worte ‚der Liebe und des Ans 
denkens Aber den Erblihenen gefproden und nun bei 


fanfter Begleitung der Drgel der Sarg in die Btuft 


binabgeleitet. Ziefe Stille ruhte auf den von Schmerz 
und Trauer ergriffenen Gegenmwärtigen, deren Gefühfe 
Thraͤnen nur Fund gaben, Thränen um den, der bei allen 


Shmäden doch ein guter, braver und ins Andenken Tau⸗ 


fender fortlebender Regent war. | 


156. Chriftian Friedrich) Kuffler, 
Stadtforfizath, Inſtrumentmacher und Meflerfhimedemeifter zu 
rankfurt an der Dder; . 
geb. den 1. Zuli 1778, geft. den 24. April 1837 *). . 


Er war in Sranffurt an der Dder geboren, wo fein 
Vater Mefleribmiedemeifter war. Seine Bildung erbieft 
er in der dafigen Oberſchule und fam in feinem vier- 
un ahre zu einem Buchbindermeifter in Die Lehre. 

od als nah einem Jahre fein dlterer Bruder farb, 
batte er demſelben auf dem Sterbebette verfprechen müfs 
fen. ded Dater& Handmerf zu erlernen, um demſelben 
ei deranrüfendem Alter Erleichterung und Hälfte lei- 
fien zu können. So trat er denn nun an der Gtelle 
feined Bruders in das Gefhäft ded Vaters. In feinem 
achtzehnten Jabre reifte er nach Berlin, um fid in der 
Werkſtatt des Hofmeſſerſchmiedemeiſters für feinen Beruf 
noch mebr zu befäbigen. Bon bier ging er nach Dres⸗ 
den, wo er jedoch nicht lange verweilen konnte, weil 
eine ſchwere Krankheit ded Vaters ihn zur fchleunigen 


) Braritfurter patriotifches Wochendlatt 1837. Nr. 18. 


\ 





+‘ 


Käckkehr nach Frankfurt nörbigte. Bier ſtellte er Ab an 
die Spige des Geſchaͤfts u —X— ſeines Va⸗ 
ters, der noch einige Jahre lebte. Von 10 Kindern war 
unfer X. dad Einzige, dad den Vater überlebte, Im J. 
4801 verbeiratbete er fi mit Sopbie Büttner, Tochter 
des dafigen Bhrgerd und Handſchuhmechermeiſters Buͤtt⸗ 


ner, die ibm vier Kinder gebar, welde aber alle im zar· 


ten Alter geftorben find. Sie folgte jmweien ihrer Kin⸗ 
der im Jahr 1805 in die Emigkeit. Da ibm fein Ges 
ſchaͤft, das ſich durch Fleiß und Betriebſamkeit fehr ausge⸗ 
breiter batte, nicht geflattete, dad Hausweſen mit der 
ebörigen Sorgfalt zu leiten, fo verbeirathete er ſich im 

abr 1808 zum zweiten Mal mit Charlotte Sommer, 
der Tochter, des Maurermeifterd Sommer zu Zielenzig. 
In diefer Ehe wurden ibm 9 Kinder geboren, von wel» 


chen noch fünf am Leben find, ein Sohn, der ded Das 


terd Geſchäft fortient und 4 Töchter, von welden die 
älteRe an den Juſtizaktuarius Schul; in Küftrin und die 
weite mit dem Gubreftor Kurichbah zu Landöberg a. 
. W. verbeirarber it. &. zeigte fich bei einem innigen 
und tiefen Gefäbl in allen Lagen feined Lebens rudig, 
gelaft und voll Eindlider Ergebung in Gottes Wiuen. 

a8 bemied er befonderd im Jahr 1805, das für ibn 
ein böfed Jahr wurde, denn in demfelben ftarben ibm 
fein Vater, feine Battin und die beiden einzigen Kin⸗ 
der, welde die Mutter Überlebt batten. Dann Fam die 
traurige Zeit der franzoͤſiſchen Invalion, in mwelder er 
alle Laften, Sorgen und Bedrängniffe einer verbängniß 
vollen Zeit mannhaft trug. Sein biederer, rechtlicher 
Sinn, fein deller Verſtand und fein praftiiched Talent 
batıen ihm Dad Vertrauen und Die Achtung feiner Mitbürger 
erworben und feine Thätigkeit wurde fon fruͤh bei verfchies 
denen Rädtifhen Angelegenbeiten in Anfprud genommen, 
Nach der Einführung der Städteordnung ward er 3 Tabre 
lang Armenpfleger, dann Stadtverordneter, Mitglied der 
Schuldeputation, 12 Fahre lang Sorfideputirter und feit 
41830 ſtaͤdtiſcher Forſtrath. Diefer Stelle widmete er faſt 
ale Zeit und Kräfte mit einer Treue und Hingebung, 
Die auf Die eigene Wohlfahrt gar feine Rüͤckſicht nahm. 
Als feine Sefundbeit fon fehr angegriffen war und 
ein verdaͤchtiger Huften auf fein Brunäbel bindeutete, 
verweilte er doch noch Tagelang in den Sorften, auch 
bei nafler, alter und ſtürmiſcher Witterung. Dadurch 
ward die Schwindfuht beſchieunigt, die fo früh feinen 
Tod herbeiführte. ze 


4 


\ 


“ 
157. Gottfried Konrad Hecht, 


Geh. Regierungsrath in Potsdam; 
geb. den 12. Juni 1771, gef. den 25. Apr. 1887 *). 


In Selberkabı geboren, genoß er den Unterricht des 
damals Icon berühmten Gymnaſiums; feine Erziedung 
wurde jedoch erft. in Hamburg vollendet, wo er einen 
Dpeim , den Fönigl. preuß. Geheimenrath und Refidenten 
». Hecht beerbte. Ihm waren die Schranken einer eins 
feitigen, zunaͤchſt auf einen befiimmten Berufskreis ge 
richteten Ausbildung zu enge. Aber fo fehr ibn aud 
feine gmlige Lage und die Drganifation feined Geiftes 
und Körpers in den Stand feßte, feinen Durft nad . 
— zu befriedigen und die Freuden der Ju⸗ 

end und des Lebens zu genießen, fo war ihm Kenntniß 

er Natur, der geſellſchaftliden Inſtitutionen der Böl« 
fer und ihrer Zeiltungen in Wiſſenſchaft und Kunſt doc 
immer ernfer und döberer Zweck, nad welchem er trade 
tete. Ein freied und beiteres dahin gerichtetes Streben 
it bis an feinen Tod die Grundlage feines Lebend ges 
blieben. Nach Beendigung der Univerfitätöftudien in 
Hole und Bdttingen begann 8: feine geſchaͤftliche Laufe 
bahn im November 1794 ald Keferendarius bei der das» 
maligen kurmaͤrkiſchen Kriegs- und Domdnenfammer in 
Berlin. Seine Senntniffe, die er unablälfig zu ver. 
mebren bemübt mar und fein ſqhnell ſich entmidelndes 
praftifched Talent würden ibm in dieſer Laufbahn den- 
Weg zu fchnelleren Fortſchritten gebabnt haben, wäre ed 
idm mehr darum zu thun gemwefen und hätte er fich nicht, 
mit 'feltener Nefignation und Uneigennägigfeit eine 
freiere Stellung und einen größeren Spielraum der Bes 
wegung zu erbalten gefuht. Seine Neigung, fremde 
Länder und Völker zu beſuchen, vermochte ibn fon als 
Neferendarius, daß er fib im J. 1802 dem damaligen 
Sandratbe, jeßigen Dberpräfidenten v. Vincke, auf Defs . 
fen Sefchäftöreile nad Spanien, um die dortige Schafe 
zucht fennen zu lernen und die inländifde dürch Ver⸗ 
edlung fpenifher Schafe zu verbeflern, als Sreiwilliger 
anfbloß, wo er nichtsdeſtoweniger fih für den amtlichen 


Reiſezweck, dem die preußifhe Landwirthſchaft einen fo 
großen Impuls und fo wohlthätige Folgen verdankt, auf 


ad Eifrigfe intereffirte und nüglich machte. Im I. 1804 
°) Außerord. Beilage zur Allgem. Beitung. 1887. Nr. 886, 88%. 





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- * N 
* ' 
— Hecht. 465 


wurde er nach beftandener Prüfung als Afſeſſor bei der 
turmärkifhen Kammer angeflellt und im Jahr 1809 bei 
der neuen Organifation diefer Behörde, ald Regierung, 
in Porbdam zum Rath und alien derfelben befdrs 
‚dert. Bon nun an war ed fein Wunſch und Wille, nur 
dieſem Kollegium, welches ibm ald Schule feiner Ent. 
widelung und durch engere freundfcdaftliche Berbältniffe 
-zu vielen feiner Mitglieder lieb geworden .war, ferner 
anzugehören und diefer Wille bewaͤhrte ſich dadurch, Daß 
er i. 3. 1816 bei der damald errichteten, fpäterbin mie, 
der .aufgelöften Regierung in Berlin zum_erften Rath 
ernannt, ſchon in demfelben Jahre diefe Stellung und 
eine damit verbundene Gehaltöverbefferung aufgab, um 
wieder in die frübere zuräctreten zu Eönnen. Was er 


in feinen Amtöverhältniffen durch firenge Gewiſſenhaf⸗ - 


tigkeit und Ordnung, dur unerſchütterliche Rechtſchaf⸗ 


fenheit und Gerechtigkeit, durch fördernde Arbeitfamfeit. 


und überhaupt durch den Einfluß. feines bellen Geiſtes, 
feiner vielfeitigen Bildung und feines wohlmollenden 
Herzens gewirkt bat, berubt in der Erinnerung derer, 
Die ihm nahe geftanden haben, ift aber auch böberen 
Drtd gemärdigt und danfend anerfannt worden, indens 
er 1825 von dem Könige zum Geheimen Regierungsrath 
ernannt und ibm im Jahr 1832 der rothe Adlerorden 
- gr Klaffe verlieben wurde. Angeregt durch jede neue 
Entdedung und Erweiterung ded menfhliden Wiſſens, 
Durch jede. größere Erſcheinung des fittlihen und politis 
ſchen Febend, für feine intellektuellen Bedürfniffe und 
Erbholungen Fein Opfer. ſcheuend und die Kunft ver 
ftebend, felbft meite Reifen mit Hülfe der zugenommes 
nen Erleichterung der Kommunifationsmittel in Das Fürs 
geſte Zeitmaad zufammenzudrängen, wußte er ed ohne 
Hintanfegunga feiner Dienſtpflichten möglid zu maden, 
daß er falt jäbrli einen Ausflug in das Ausland unter 
nebmen Fonnte, von dem er mit Erfadrungen und Bes 
obachtungen bereichert und neu geftärft wieder zuruͤck⸗ 
tam. ©o if von Spanien bis zu den flavifhen Län 
. dern, von Sicilten bis nach Lappland und den Orkney⸗ 
infeln bin fein europdifhes Land ihm fremd geblieben, 
viele bat er mebrmald beſucht und fih au die Haupt⸗ 
pragen derfelben zu eigen gemacht. Diefen Reiſen, 
eren Ausbeute noch durch eine umfaflende Beleſenheit 
vermehrt wurde und feinen SKenntniflen, befonderd in 


der Botanik, verdankt er eine audgebreitete Bekannte 


ſchaft mit Den bedeutenden Repräfentanten dieſes Fachs 
N, Nekrolog. 18. Zahrg. 30 


x 


* 


\ 


466 1:1) 
und andern nambaften Männern, nicht bloß in Deutfch- 
lead, fondern auch in England, Frankreich und andern 
Xändern. Seine Vorliebe für die Botanik ſchrieb fich 
fon von Hamburg ber. Ohne je darin Unterricht ge: 
noffen zu daben, erlernte‘ er dieſe Willenicaft dur 
Selbſtſtüdium aus Büchern, vorzüglih aber durch den’ 
Umgang mit Botanifern und durch Naturanſchauung. 
Wenn er auf feinen Reiſen in eine Stadt Fam, war die 
erſte Stage: vb ein botaniſcher Garten vorbanden fei 
und wenn, died der Gall mar, richtete er feinen erſten 
Gang dadin. Kein botanifder Barten, meinte er, fei 
fo unbedeutend, daß man. nicht etwad Daraus lernen 
könnte. Sein offened, beiteres, freundlihed Weſen 
machte ibn, nebft feiner Sachkunde, bei allen Botanifern, 
. die ibn Eennen- lernten, beliebt und. erwarb ibm Hochs ' 
achtung und Tdeilnabme, ſelbſt bei Männern vom erfen 
Nang in der Wiſſenſchaft, wie Rob. Bromn und Hoofer. 
Obne auf botaniſche Gelehrfamfeit Anfpräde zu maden, 
hatte er id doch einen treffenden Blick erworben, er- 
kannte rafch und ſchnell eine Menge Pflanzen. Der Dr. 
Klotſch har ihm zu Ehren eine Pflanzengattung aus der 
natürliden Drdnung der Bromeliaceen Hechtia genannt 
und fagt im Unfang ihrer Beſchreibung (Otto's und 
Dietrid’d Gartenzeitung, 3. Jabrg. 1835. p. 401.): „er 
widme dieſe Pflanze dem Gebeimen Regierungsrath H., 
einem Wanne, der feine Mufeltunden lediglich der Bo- 
tanik gemeibt, eine. Unzahl botaniſcher Erpeditionen uns 
terſtützt, ſelbſt fait ganz Europa aus Liebe zur Botanik 
bereit babe und dadurch zu einem —— er⸗ 
‚barium gelangt ſei, aus welchem er mit der größten 
£iberalität mittdeile und fo indirekt mehr für die Bota⸗ 
nie thue, ald Diele auf Direftem Wege vermögen.“ 
Mehrere ins und auslaͤndiſche Gefelfwatten und Ber 
eine hatten ihn ald Mitglied gufgenommen und bis zum 
‚legten Jabre feines Lebens nahm er, wenn es der Zus 
fand feiner Geſundheit irgend veritattere, Theil an den 
jäbrlihen Verſammlungen der Naturforfber. Was er 
müßte, gab er einem Jeden der, welchem Damit gedient 
war; die Beobadtungen und Ergebniffe feiner Reifen 
legte er in den Briefen an feine Sreunde nieder oder 
fparte fie tür Die mündliche Unterhaltung auf, die mit - 
ihm Dadurch um fo anziehewder murde. Daß er durch 
. Geil, Gewalt über die Sprade und Stoffreichthum 
gleih dazu befähigt, dennod nie ald Scriftiteller auf 
getreren it, liegt in der großen Beſcheidenheit, mit der 





v. Plefien. 467 


er fih ſelbſt und feine Leitungen beurtheilte und daß 
ibm alle Sudt, fi vorzudrängen und zu glänzen, auch 
im U Bi von ganzer Seele zuwider 
war. Der vormwaltende Charakter feiner Ratur beftand 
in beiterer behaglider Empfaͤnglichkeit für alled wahre 
Gute und Schöne, wie fie nur aud dem glüuͤcklichen 
Gleichhgewigte bedeutender inteleftueller Kräfte und Def 
reichften Gemüths hervorgeden könnte. Gelbft unter 
dem Drude körperlicher Leiden, bei anfeinender Ber 
— — Abſpannung erloſch dieſe Empfaͤnglichkeit 
nicht. ie bürgerte ibn, wenn er aub ben ebelofen 
Stand für fid ſelbſt vorzog, in die Familien feiner Ans 
“gehörigen und Freunde ein mit der märmiten Theil— 
nahme für Alt und Jung und benabm ibn jene Schroffs 
beit, die den Einzelnttebenden im Alter bäufig abiloßens - 
der zu machen pflegt. Bei einem fo feltenen Bereine 
von Eigenſchaften ded Berflanbes und Herzens, die ihn 
old Beamten und Menſchen gleib adbtungömertb mad 
ten, war er eine Zierde des Kollegiums, Dem er ange 
börte und ein Kleinod für feine Sreunde. { 


158. Leopold Engelke. Hartwig *) v. Pleffen, 

großherzogl. medienbura =fchwerinfher Geheimerathöpräfident und 

Staatöminifter zu Schwerin, des kaiſerl. Öfterr. Leopold: u. des 

tönigl. daͤn. Danebrogordens Großkreuz, Ritter des koͤnigl. preuß, 
zothen Adlerordend 17 Ki. in Diamanten !c.5 


geb. den 21. San. 1769, geſt. den 25. Apr: 1837 *®). 


v. Pleſſen ward geboren zu Raden unweit Güfrom, 
einem der Guͤter feined Vaters, Hauptmann v⸗ Pleſſen. 
Seine Mutter (fpäter in zweiter Ede dem Landrathe 
v. Dieregg auf Steinhaufen vermäblr) war gleichfalls 
eine geborne v. Pleſſen und fomis gehörte er von mäts 
terlider wie von väterliher Seite einer eben fo alten, 
als verdienftreiden Samilie an, deren namentlih die 
medlenburgifde Geſchichte ſchon auf ihren fräbeften 
Blättern oft und ebrenvoll Erwähnung tbut. Mit ſei⸗ 
nen Geſchwiſtern (drei Brädern und Drei Schweſtern, 
unter welden er der dritte an Alter war) empfing er 
feine erfte Bildung durch Hauslehrer und Fonnte ſchon 
in einem Wlter von 463 Jahren unmittelbar aud dem 


J 
) Gewoͤhnlich bediente fi) der Verſtorbene nur bed erſten und 
des dritten diefer Vornamen. | 
eey Sreimäthiged Abendblatt 1838. Nr. 1008. 


— 80* 


L 


468 v. Pleſſe. 


. Baterbaufe um akademiſchen Studium übergeben. Es 
ne * — Roſtock, auf welcher er 385. be⸗ 


gann und wo er, der bilofopdifßen Fakultaͤt durch des 
ten. Dekan 9. V. Becker als „bonaram artinm et lin- 
aram stadiosns“ zugeſchrieben, von Michaelis 1785 bis 
tern 1737 die geeigneten Vorlefungen befucte. Hier— 
auf begab er ih Cim April 1787) nach Göttingen. Dort 
börte er unter andern bei A. £&. Schlözer Statifif, Pos 
fitit und ein Zeitungsfollegium; bei G. F. v, Martend 
europdifches Voͤlkerrecht, Staatörebt der europaäiſchen 
Reiche und praftifhe, mit Lieferung von Auffägen vers _ 
bundene Vorleſungen Über dad Völferrebt; bei J. ©. 
Mütter Reichſsgeſchichte und deutiched Staatsrecht, mie 
er au an den praftifcen Lehrſtunden deffelben durch 
Uebung in mündlichen Vorträgen und fariftliden Re— 
lationen Ebeil nabm. Gab fib einerfeits in der Wahl 
biefer Lehrer und Lektionen ſchon Damals feine Neigun 
für die publicififche und dipfomatifhe Laufbahn, au 
welcher er fpäter einen fo großen Ruhm ernten follte, 
mit Entfebiedenbeit zu erkennen, fa bezeugen auch andes 
rerfeitö die Zeugniſſe jener berühmten Docenten, daß er 


"ein nicht minder entfchiedened Talent für diefelbe ſchon 


I) 


damals beurkundet und mit dem rüſtigſten Sleiße, mit 
dem glinftigften Erfolge die nöthigen — 9 
ſtudien betrieben babe. Nach Vollendung eines vierjaͤh⸗ 
rigen Univerſttaͤtskurſas ſuchte er eine Anſtellung bei der 
fönigl. kurmärkiſchen Kriegs- und Domänenfammer in 
Berlin nad. Diefelbe erfolgte unterm 5. Januar 1790 
und ed feblt nit an Zeugniffen, daß der junge Refes 
rendarius feinem Titel durch mannichtacdhe Arbeiten Ehre 
zu macen mußte. Indeſſen, modte nun doc die fpe- 
ciele Befhaffenheit Diefed Wirkungskreiſes ipm bei nie 
berer Bekanntſchaft nicht zufagen oder trieb es ihn, noch 
meitere, freiere Bildungdwege gu durchmeſſen, ebe er 


- überbaupt innerhalb fefter, beſtimmter Verbälmiffe fi 


begränzen ließe; oder richtete vielleicht die Lebe zur 
eimath den Blick feiner Wänfhe auf den vaterländis 


ſchen Staatödienft: genug, mir feben unmittelbar von 


ankfurt aus, wohin er, mie mehrere andere junge 
Männer von Stande, im Gefolge der preuß. Gefandt- 
—J zur Kroͤnung Kaiſer Leopold'es IT. (im Herbſt 1790) 
begeben hatte, feine Entlaſſung aus preuß. Dienſten 
erbitten und erwirken. Nachdem er fodann einige Zeit 
auf Reifen zugebradt batte, ließ ibn fein Eifer, im 
deutſchen Staatörecht und für bie Diplomatie fi aus⸗ 


" % 


t 


| ‚ deigte, weshalb er feinen färftlichen 


dv. Pleſſen. 469 | 


zubitden, ehren längeren Aufenthalt im Regens ma⸗ 
chen, welches zu der Zeit für dieſe Art von Bildung 
eine treffliche, viel beſuchte Schule war. Das J.1 
aber führte ihn in den Dienſt ſeines Heimathlandes ein, 
indem er unterm 41. März von dem Herzoge Friedrich 
Stanz *) als Auditor bei der Kammer mit dem Charakı’ 
ter eimed Droſten angeftellt ward. Diefer Anftellung 
folgte am 10. Sept. 1796 die Ernennung zum beriogl. 
Kammerherrn, nachdem er in demfelben Jahre bei der 
Theilung des. värerliden Nachlaſſes das Gut Bogelfang 
erworben batte, welches er jedoch verpachtete und auch 
fpäter immer in Pacht ließ, bis er fur; vor feinem Tod 
ed verkaufte. Gleich nah Empfang ded Kammerberrn-- 
patents trat er eine größere Reife durch England, Frank⸗ 
reich, dad ſtuͤrmiſch bewegte, und Defterrei an. e 
Ruͤckkehr erfolgte im Jahr 1798 und nunmehr dielt fi 
v. P. meiftentdeild am erben! Hoflager auf, weil (don 
Damald der Herzog eine befondere Suneigung für ihn 
) Önner auch auf 
mebreren Reifen, 3. B. nach Schlefien , begleiten mußte : 
eine Zuneigung, welche allmälig zu einer wahren, zwi⸗ 
ſchen Herribern und Dienern fo feltenen, alle Wechfel« 
fälle der Zeiten treu Überdauernden Freundſchaft fi 
entmideln ſollte. Allein diefen, wenn gleich angeneb- 
men und freundliden, doch engen und befcräntten 
Derhältniffen mard er zu einer umfaflendern, großarti- 
ern Wirkfamkeit durch dad Tahr 4802 entführt. Das 
Dertrauen feined Särften berief ibn ndmlid unterm 
415. Mai zu dem eine Zeit lang unbefegt — Po⸗ 
ſten eines bergool. Tomitialgefandten bei der Reichsver⸗ 
fammlung zu Regensburg, eine Stelle, melde bei der. 
ra pr politiſchen Konftellation mehr als je nicht 
blos T 20 und Zuverlaͤſſigkeit des Charakters, fon. 
dern auch klare Einſichten und beſonnene Umſicht drin - 
end in Anſpruch nadm. Zugleich ward ibm vom fire 
Tieifoen Hote deffen Vertretung bei der Reichsverſamm⸗ 
Iung übertragen. Ehe er aber den neuen Sacıyiae 
feiner Thaͤtigkeit betrat, gründete er ſich ein bAuslich 
Gluͤck durch feine am 24. Mai deffelben Jahrs voll 
zogene Vermädlung mit der Baroneffe Sophie v. Eam: 
penhaufen, einer Kochter des kaiſerl. ruff. Civilgouver⸗ 
neurd von Liefland, melde ald Hofdame der Großfuͤrſtin 
Helena Paulowna mit diefer nah Medienburg gefoms 


._ 9) Deifen Biographie f. in dieſem Jahrg. d. Rekr. ©, 180. 
, \ 


_ 





470 Men 5 


men.war. Zu Unfang ded Auguſtmonats ward der neue 
Geſandte in die Verſammlung der deutſchen Eraatens 
Vertreter feierlich introducirt. Als Legationsfefretär der 
mecklenburgiſchen Geſandiſchaft fand derfelbe den NRegies . 
rungdratd Beder und den Hofratd Gumpelzhaimer, nebft 
einem Legationskanzelliſten Keller, - in Regendburg vor. 
Don dem Eifer, womit er nun nicht 'blod den eigents 
lihften und naͤchſten Pflibten feiner gegenwärtigen Stel» 
Jung fib widmete, fondern auc ferner liegende Inter 
effen in den Streid feiner Beſtrebungen zog, iſt mebr 
ald ein Zeugniß vorbanden. So gab er zwei für dad 
Staatsrecht und die Geſchichte Medlenburgd wichtige. 
Aktenſtücke in Drud, welde die Entfbädigungsanfprüde 
des herzogl. Haufes Mecklenburg⸗Schwerin wegen der 
durch den weſſphaͤliſchen Srieden ibm zu Theil gemordes 
nen, durch Ludwig's XIV. Gewalt und die rechtloſen 
Rechtsſprüche der berüchtigten Meuniondfammer von 
Breiſach ibm mieder ensriffenen zwei Kanonikate zu 
Eirafburg, jo mir Die vom ftreligiiben Hof in Uns 
ſpruch grnommene Theilnahme an folder Entfbädigung, 
betreffen: das eine batte er al$ ſtrelitziſcher, Das andere 
als ſchwerinſcher Geſandte der Reichsdeputation libers 
geben *). Eben fo wird feine anderweitige, über bie 
Grdnzen des vaterländifaen Partikulärintereffes binauds 
reihende Fräaftige Ebeilnabme an den Derbandlungen 
der Reichsverſammlung dur ein Danffagungsfcreiben 
(d. d. Nürnberg am 14, Apr. 1808) beurfunder, welches 
dad Direftorium Der „unmittelbar freien MNeichärittere- 
ſchaft in Sranfen, Orts am Steigerwald,“ an den „Eräfs . 
tigen und patriotifhen“ Sprecer für deren Rechte, bei 
den Deliberationen in der Reicksfriedensſache, ergehen 
ließ. Ein boͤchſt ebrenvoller Auftrag feined Hofes ent 
fernte ihn auf einige Zeit von Regensburg: er ward 
nämlid unterm 12. Mai 1808 angewiefen, als außer 
ordentlicher Geſandte mit einer fpecielen Miffion (Unter: 
handlungen wegen Erlangung der Kurwuͤrde für Med 
lenburg: Schwerin) nach Wien an das kaiſerl. Hoflager 
u geben. Im Auguft deflelben Jahrs nah dem Sitze 
er Reichöverfammlung zurhdgekehrt, widmete er ſich 
wieder mit gewohnter. Thätigfeit. den Öffentlichen Ans 


*) ä Aktenſtuͤcke auß dog Deputationsprotokollen vom Jahr 
1808 diker 307_und 308), die bergo l. Dee ienburgilden Domberrne 
Hier ot aasbrudr brfnuate abaruene nah el 

ifhen Staatsre eſonders abgedrudt und mit einer te 
Ten Zabelle vermehrt. (Hegensburg) 1808. J geneslee 


eitrag zum mecklenbur⸗ 





ı 


v. Plefſen. u 


eiten in ihrer zunehmenden Verdaͤſterung und 
| rofrrung. Als aber im Fruͤdjahr 1808 die wichtigeren 
Berathungsg 
Monate Feine neuen zu erwarten ſtanden, begab er ſich 
mit Urlaub feined Hofes für den Sommer nah Medien: 
burg. Dier ward er mittelft Patents vom 25. uni 1805 


: von feinem Landeöberrn zum Gebeimenrath ernannt und 


su diefer Beförderung fam mit dem Anfange des fol 
enden Tabrö eine Gebaltözulage. Nachdem v. P. auf 
feinem often wieder angelangt war, feßte er, neben 
feinen übrigen Gefchäften, mit befonderem Eifer auch 
die fchriftKellerifden Arbeiten fort. Namentlich lieferte 
der Anfang des Jahrs 1806 das Werk „Ueber die reelle 
Grundlage eined nothwendigen Papiergelded,“ wofür 
ibm, mie für die (don 1805 vollendete Schrift vers. 
wandten Indalts, „Ueber die Girkfulation des Papier: 
geldes,“ "Durch den damald in Wien anwefenden Frei— 


derrn F. 9. v. Hügel*) im Namen des Eaiferl. Kabinets 
Die Komeihelbattete: 


nerfennung bezeugt ward. Die 
probibitiven Maadregeln, welche damald von mebreren 
Seiten auf die Audichließung oder doch moͤglichſte Be: 


- ſchraͤnkung ded englifden Handels gerichtet wurden und 


die Häufig dabei an den Tag gelegten falſchen oder un- 
flaren und verworrenen Begriffe veranlaßten in demfel» 
ben Tadre die Herausgabe der Denkfärift „Ueber das 
natuͤrliche Verhaͤltnuß und die Beſchraͤnkungen des Dan- 
dels ıc.,” bei deren Ueberſendung an den Herzog Srieds 


rich Sranz der Verfaſſer unter anderm fchrieb: „Was 


bleibt in Diefen Zeiten der Gewalt dem Einjelnen zu 
thun uͤbrig, als menigftend für Wahrdeit und Recht 
u fprechen 2” Wohl empfand aud feine Bruft fo tief, 
ho lebbaft, wie nur eine, jene patriotiſche Trauer über 
Des deutſchen Reichs derzeitige Zerrütfung, Entkräftung 
und Entwürdigung ‚s jene trübe Stimmung, welde von 
der fideren Erwartung herannabenden noch größern Un, 
beild und von dem Bemußtfein des Unvermögeng, dem⸗ 
felven zu webren, über alle Baterlandöfreunde audge 
goflen ward; allein weit entfernt, ſich durch diefe Stim⸗ 
mung in eine verzagte Unthätigkeit, in ein hoffnungs⸗ 
loſes Schweigen verfenfen zu laſſen, ſtand v. P. auf 
der Seite der energifderen Männer, welche ed für beis 


raft und Treue, mit 


lige Pflicht erkannten, den ne und umpdäfterten 


irkungskreis mit deſto arößerer 


deſto größerer eigenen Klarheit in Wiffen und Wollen 


,9.N. Mekr. 8. Jahrg. S. 1688. - 


j} 


egenftände erledige waren und für einige : 


472. v . Pleſſen. J 
andzufhllen und dem Unrechte, welches man zu dindern 


- wenig Ausſicht hatte, mindeſtens doch Die Proteftation 
.eined freimütdigen Wortes, die unentmurbigte Stimme 


des Rechts zu dören zu geben, Er ließ fie bören, als 
fon der Boden feiner biöherigen Stellung unter feinen 
Sägen ſchwankte. Bald ſollte dieſelbe gaͤnzlich verändert 
werden. Denn nachdem durch die Stiftung des Rdein⸗ 
bundes der deutſche Reichsverband faktiſch aufgehoben 
und durch die bekannte Erklärung des bisherigen Reiche» 
oberhaupies (4. Aug. 1806) der Reibötag förmlich auf 
gelöft worden war, erlofden natärlih aud v. P.’8 Ko⸗ 
mitialfunftionen. Dier Jahre batte er, an dem Tenten 
deutſchen Reichstage Der legte meckenbürgiſche Geſandte, 


auf dieſem wichtigen Poſten feine Kräfte geübt; als er 


von demſelben abtrat, begleiteten ibn unverkennbare 
Zeihben und Zeugniffe der allgemeinen Hochachtung. 
welche er durd unermüdlichen Eifer für die Nechte und 
Nortbeile feined Kürften und Landed,: wie durch höch— 
berzige Hingebung an dad gemeinfame Wohl des ganzen 


deutſchen Reichs, Durch bervorragende Fähigkeit, Ein⸗ 


fibt und Gewandtheit in feiner oͤffentlichen Wirkfamfeit, 
wie durch Die Tugenden und anziebenden en rare 
feines Privatcharakters fi, erworben hatte un 

flige Meinung, welche er fih bier in Regensburg unter 


den Diplomaten begründete, bereitete ibm ohne Zweifel 


weſentlich die ehrenvolle Aufnahme, das freundliche 
Entgegenfommen, die auögezeichneren Erfolge vor, des 
ren er fpäter in Frankfurt, in Wien, an allen Punkten 
feiner nachherigen diplomatifhen Laufbahn fib zu ers 
freuen baden ſollte. Indeſſen vermweilte er noch einige 
Zeit-nach der Auflöfung der Reichöverfammlung an feis 
nem biöberigen Aufentbaltsorte: er blieb nämlich bei 
dem ebemaligen Sturerzkanzler, nachberigem Zürft Pri⸗ 
mad, mir welchem der medlenburgiiche ger wegen der 
auf die Rheinoftrop ihm angewiefenen Rente in forte 


‚ Dauernder Verbindung fand, accreditirt und ed ward 


% 


(durch Refkript vom 2. Sept. 1806) ihm freigeftellt,, mit 
Beibehaltung feined bisderigen Gebalts in jener Eigen 
ſchaft vor der Hand und bid dadin in Regensburg zu 
verbleiben, daß „Serenissimus Gelegenheit finden wärs 
den, von feinen ausgezeichneten Talenten und bemwiefes 


nem Dienfteifer auf. andere Art Gebrauch zu machen. 


Solche Belegenheit aber, auf ‘andere Weife feine treue 


Anhaͤnglichkeit an die Perfon feines Särften zu bee 


weifen und in, anderer ———— ſeine Faͤhigkeiten zum 
Beſten ſeines Vaterlands in Aushbung zu bringen, fand 


die güns - 





: ernannt babe, wobei ich ihm für jetzt die Direktion meio .. 
ned Kabinets anvertrauen werde. — Meine Hauptabfiht. _ 


v. Pleſſen. 475° 


fi bald. WIE im Winter 1306 Medienbürg von den 
Sranzofen offupirt ward, eilte v. P. auf den bheimifchen 


Boden zuruͤck, um in unmittelbarer Nähe feinem be 


drängten ul fid nüßlib zu machen. Dem folgte er 
ou, ald die unrechtmaͤßigſte Gewalt Dem Nachkommen 


Adolph Friedrichs ein gleihed Loos wie dieſem bereis 
‚tete, nad Altona. Und welche Dienfte er bier demfel- 
: ben leiftete, dad fagen am beften des dankbaren Herzogs 


eigene Worte: „Auch eröffne ich,“ fo ſchrieb diefer am 


9. Zuli 1807 von Altona aus, „daß ich bei der froben | 


-Oelegendeit, mo ich in mein geliebted Vaterland wieder 
“zurüdkehre, den Gebeimenrath von: Pleffen, melder 


mir feitber-fo treufih in meiner unglüdlihen Lage mit 
Rath und dem angefirengteften Dienfteifer beigeftanden 
bat, zum wirklichen Geheimenratb und dritten Minifter 


bei diefer Ernennung it, mir die Gefchäfte zu erleich⸗ 
tern end um obgedadtem Geheimenrath von Pleſſen eis 
nen Bemeid der Dankbarkeit für Die mir bewiefene Ans 
bänglicEeit zugeben.” Die Beftallung ward unterm 
43. Julius, mädrend der Anwelendeit des Herzogs im 


. Schwerin, vollzogen. So fab fi denn v. P. in einen 


Alter von 33 Jahren auf einen fehr boben, ehrenvollen 
und einflußreihen, aber auch vielfach ſchwierigen Stand» 
punft, in die unmittelbare Nähe des Throns, in den 


- Mittelpunkt der öffentlichen Angelegenheiten und gleich» 


fam ar dad Herz feined Vaterlands geftellt, eine Stel 


lung, welche Durch fein im Jahr 1808 erfolgted Aufrhife 


fen in die Würde eines zweiten Minifterd keine wefent⸗ 
liche Veränderung erlitt, da er nach mie vor Chef de 
berzoglihen Kabinets blieb und in welche er auch nach 
kürzeren oder Sängeren Entfernungen immer wieder als 
in eine Eaum dadurch unterbrodene, mwenigftens „nicht 
aufgebobene oder anderweitig unterdeflen befegte w 
rucktehrte. Was er aber auf dDiefem Standpunfte waͤh⸗ 
rend eined Zeitraums von fat 3O Jahren erfirebt und. 


Bee; mie er einerfeitd die inneren Angelegendeiten . 


es Fuͤrſtenhdauſes und des Landes in fetiger, gedeihli⸗ 
cher Thaͤtigkeit mitgeleitet, andrerſeits beider Beziehun⸗ 
gen nach außen ruͤhmlich vertreten und von 9 zu Zeit 
in die allgemeinen deutſchen, ja in die europaiſchen Ver⸗ 
daͤltniſſe Fräftig,. mit dem Lohn allgemeiner deutfcer, ja 
europdifher Anerkennung eingegriffen hat: davon laffen 


fid dier nur einzelne hervortretendſte Momente erfaſſen 


f ® i 


x 


- 


_v / 8% Pleſſen. | 
und zur-Darkeiung bringen. Als mit dem Anfang des 
Saba 1813 von Norden her über das lange gefnechtet 
gewefene Europa dad Morgenrorb der Sreiheit beraufs 
309; ald die Nachricht von dem ſiegreichen Vorrücken 
der ruffifhen Heere und von dem Anſchluſſe Preußens 
“an diefe Macht den Glauben an die Möglichkeit einer 
Wiedergeburt Deutſchlands zu ermeden begann: da war 
Sriedrib Sranz von’ Medlenburg der erfie Rheinbunds⸗ 
fürft, melwer dad Tod, dad feine Schmach und Schwere 
unter Tem Namen eined Bunded allzuwenig verbarg, 
Kühn abzufbütteln, mit Rußland und Preußen gemeine 
ſchaftliche Sache zu maden und aled an die WVieders 
— eines ehrwürdigen, ſelbſtſtaͤndigen Vereins 
aͤmmtlicher deutſchen Staaten zu ſetzen beſchloß. Noch 
erſchien jene Moͤglichkeit nur als ein ſchwacher Schim⸗ 
mer und viel ſicherer, viel näher die Gefahr, welcher das 
kleine Land durch. feinen Abfall von dem immer noch 
gewaltigen Napoleon ſich ausſetzte; eben erfi (28. Sebr.) 
war dad Schutz⸗ und Trugbändnig zwiſchen Rußland 
und Preußen geſchloſſen, des Letztern Striegderflärung 
gen Sranfreih aber, fo mie der Faliide Aufruf an 
ie deutſche Nation noch nicht erlaffen: da ging fon 
- (am 15. März), nahdem unter dem Oberſten Teitenborn - 
die erften Slofafen, die erfien Herolde der berannaben« 
den Befreiung, nah Ludwigslüſt gefommen waren, v. 
9. als derzoglicher Bevollmädtigte zur Verdandlung 
und Abfchliefung des Bündniffes mir. jenen beiden 
Maͤchten von diefem Drte ab: Denn ibm, der gewiß 
vicht obne Einfluß auf Die bochderzige re, ſei⸗ 
ned furſtlichen Herrn geweſen war, übertrug derſelbe nun 
auch deren Audführung und wie er dem Derfcheiden und 
der Srablegung des .alten deutſchen Reichs beigemwohnt 
batte, fo mar ihm auch bei der Wiedererwedung und 
Erneuerung deffelben eine bedeutende Role zugedadıt. 
Zuerft alfo begab er fib nad Berlin zu dem Öenerai 
Grafen Wittgenftein und von bier aud weiter nach Has 
ſüſch in das Hauptquartier des ruſſiſchen Kaifers, dem 
er in befonderer Audienz am 1. April ein Schreiben ſei⸗ 
nes Herzogs übergab; die Rüdreife machte er wieder 
über Berlin und beſchloß diefelbe am 9. April, wo er 
in Ludwigsluſt eintraf. Aber fhon am 24. deſſelben 
Monats ward er — ſich aufs neue in das Haupt⸗ 
quartier des Kaiſers von Rußland und des Koͤnigs von 
Preußen zu verfügen. Der Zweck dieſer Reife beſtand 
in näheren Unterbandfungen mit den beiden alliirten 





! s 


\ » Pieffen, Br: 75 


häbten , Die theils Medienburnd Stellung und ls 
baͤltniß zu. Dem jegigen Kriegsbunde und gu dem kuͤnf⸗ 
tigen Reiböbunde, dem letzien Ziel aller Wuünſche und 
Beltrebungen des hochſinnigen Herzog, theils Die von 
——* * leitende Beibülfe für den großen Kampf 

etrafen. 
auf „feine Treue, feine Umfichtigkeit ind. feinen geraden 
Sinn“ bafirte, andrerfeits von dem großartigen Gefichtd« 
punft,. unter weldem fein Sürft die nanze Angelegens 
beit betrachtete, ruͤhmlichſt zeugende Vollmachten. Und 
in beider Hinficht wußte er den Zweck feiner Miffion 
auf’d Vollftändigke zu genügen, indem er für Medien» 
burg nicht bloß eine wärdige, ſelbſtſtaͤndige Stellung in 
dem gegenwärtigen Bunde und die Zufiderung einer 
nit minder ebrenvollen in dem fFünftigen deutſchen 
Reiche erwirke, fondern auch die Anfangs fehr hoch ge» 
teten Korderungen von Truppen und andern Lieferuns 
gen bedeutend berunterzutimmen verftand. Dad: Jahr 
1814 brachte ibm eine fernere wichtige Miffion in ders 
felben großen Angelegenheit. Unterm 2. Januar ward 
er devollmaͤchtigt, zur Abſchließung von Allianztraktaten 
mit den Kaifern von Rußland und von Defireid und 
dem König von Preußen, bebufß einer gemeinſchaftlichen 
Verfechtung der allgemeinen Sade, mit Oarantirung 
der Souveränetät und der Befidungen des Herzogs, im 
dad Hauptquartier der Drei Monarchen Ach zu begeben; 
zum Begleiter erbielt er den Legationsrath — 
haimer. Am 15. Januar in Frankfurt a. M. eingetrofs 


fen, gebt d. P. bald darauf nach Bafel, trife bier mit 


dem Minifter v. Dergen *) aus Strelig zufammen, folgt 
mit diefem dem großen a der Verbuͤndeten 
nad Frankreich und fliegt dort, mit Oeſtreich zu Troyes 
den 22. Februar, .mit Preußen zu Cdatillon sur Seine den 
23. und mit Rußland ebendaſelbſt den 24. Februar, Die 


ewünfchten Traftaten ab, worauf er fofort nad Med . 


‚lenburg zurüdkebrt. Wie günftig diefe Unterbandlungen 
auöfielen und welcher bedeutende Antbeil an dieſem 

lüdliden Erfolge der Geſchiicklichkeit des Unterbändlers 
eizumeffen mar, darüber fpraden id Fuͤrſt und Land 
mit einftimmiger Entfciedenbeit aus. Erſterer fagt in 
dem Reſkripte (d. d. 26. März), in deſſen Begleitung 
jene Zraftaten dem engeren AÄusſchuß zugefandt wur⸗ 
den: „ſolche find durch die gefhicten und eifrigen Bes 
mübungen des ıc. v. Pleffen nad den obwaltenden Um⸗ 


—— ne 





» Deflen Biogr. f. in dief. Jahrg. d. N. Nekr. ©. 8%. 


n beider Hinfiht empfing v. P. ausgedehnte . 


476 v. Mieſſen. 


ſtanden ußerſt vortheitdaft far Uns und Unfere Lande 


ausgefallen.“ Der engere Ausſchuß aber, in dem an 
Serenissimum gerichteten Dankſagungsſchreiben vom 5. 
April, erklärt es für eine „angenehme Pflicht, das große 
Verdienſt des abgeordneten verhandelnden Minifterd ans 
nerfennen, der in der That die treue Anbänglichkeit an 
einen Fürſten und an fein angeborenes Vaterfand nit 


beffer beurfunden Eonnte, als durch dieſe fo febr geluns . 


genen Bemühungen,” diefelbe Anertennung wird in ei 
nem an v. P. ertaflenen Schreiben des E. U. ausgefpros 


en, welches ihm am Sdcluſſe dad edelfte Lob beilegt, 


das ein Öffentlicher Beamter erftreben und erreichen mag: 


„Wodl dem Land, wo der vaterländifch gefinnte Minis 
fter mit dem Zutrauen feines gnädigften Fuͤrſten auch die 
Liebe und dad Dertrauen aller Einwohner vereinige!“ 


Nah dem flegreiben Ausgang ded Befreiungskampfß 


und nachdem mit dem erfirittenen Srieden und mit der 
Entfernung des großen Sriedenftörerd die Möglichkeit 
und Nothwendigfeit - einer Regeneration Deutſchlands, 
fo wie einer Dun On eenben Regelung der flark verwirr⸗ 
ten europaͤiſchen Der 

P. unterm 45. Junius 1814 den Auftrag, dem Wiener 
Kongreß, welcher die Loͤſung dieſer Aufgabe verſuchen 


daͤltniſſe gegeben war, erbielt v. 


[ 2 


2 als mecklenburg⸗ſchwerinſcher Bevollmaͤchtigter 


eizuwohnen, um bei den dortigen Verhandlungen ſei⸗ 
ned Sürkten und Vaterlands Sintereffe oprunspun, 
‚ befonderd_aber dazu beizutragen, „daß dad gefammte 
deutſche Neich :ein einziges und unzertrennliches Ganze 
bleibe.” Da jedoch die Eröffnung ded Kongreſſes Ach 
verzögerte, ging v. P. zundchſt zum Gebrauch einer Bas 
dekur nad Karlöbad, worauf er am 7. September in 
Wien eintraf. Hier nahm er den’ lebhafteſten, wirkſam⸗ 

en, anerfannteiten Antheil an den Berathungen und 

efhläffen jener Verſammlung von europäifchen Derrs 
jan und Miniftern, indem feine Perfönlichfeit dad Ans 
eben feiner Stimme weit Aber dad Mans derjenigen 
Autorität hinaus erbödte, welche nah Größe und Rang 
des von ihm'vertretenen Landes ibn zuzufommen ſchien. 


nöbefondere übte er auf dad Zuftandefommen der deut- 


ben Bundesakte und auf deren inhalt einen febr be⸗ 
deutenden Einfluß. (auch die Schrift: „Grundzüge zu 
einem Fänftigen deutfhen Gefammtwefen und einer Nas 


tionaleinheis”“ ſtammt aud dieſer Zeit) Mir foldem - 


Antheil an den Verdienften jened großen Sriedend, und 
Dr pen IaHDDER EINE, welches, wenn ed auch manche 
Waͤnſche unerfält ließ, immer doc ein fehr heilfames 


v. Pieſſen. MIT 


„und wohlthaͤtiges geuaunt werden darf (dem es ge 
> wöhrte dad dringenft Nothwendige), ein glorreides (8 
gar und bewundernswerthes (denn es leiſtete, in Bes 
ruͤckſichtigung der zu befiegenden ungebeuern Schwierig. 
. keiten, das Moͤgliche), kehrte v. P. zu Ende des ZJunius 
4815 in fein Vaterland zuräd, welchem er in Folge des 
Artikels 35. der Wiener Kongreßafte die großberzogliche 
Würde mitbrachte. Auch diesmal fanden feine Dienfte 
die ehrendfte ‚Anerkennung, wie Dort, wo fie geleiftet 
waren, fo in dem Lande, welchem fie zu Gute kamen. 
Da nun wohl niemand geeigneter erſcheinen Eonnte, von 
Seiten Medlenburgd den neuen DOrganidmuß des deut—⸗ 
foen Reihe in Bewegung fegen und feine erſten £es 
enddußerungen vermitteln zu belfen, ald_derjenige, wel 
wer, fo wirkfam bei der Schöpfung deſſelben, eine fo 
enaue Kenntniß von deſſen innerer Beſchaffenheit und 
Aufammenfegung, von den Bedingungen und den Tene 
denzen feiner Thätigkeit Haben mußte: fo ward unterm 
7. Dftober 1815 9. P. zum Gefandten und bevollmaͤch⸗ 
tigten Minifter bei Der deutſchen Bundesverfammlung, 
gemeinfchaftlih für beide Medlenburg, ernannt. m 
April 1816 kam er nad Srankfurt. Auch bier wußte er, 
wie einft in Regensburg und jüngft in Wien, eine ans 
fehnliche, einflußreiche Stellung unter den Vertretern 
der deutſchen Staaten einzunehmen und Die Achrung 
immer mehr zu.fteigern, welde er in_der diplomatifchen 
Welt bereits fi erworben batte. Namentlich au ges 
‚wann ibm feine befondere Neigung und Geſgqicklichkeit, 
überall freundlich vermittelnd aufzutreten, viel Bewunz . 
derung und Dank und ald er Sranffurt verließ, war ed 
das HYinwegfallen feiner „Conciliation,“ was feine dor⸗ 
tigen Kollegen feinen Abgang vorzüͤalich ſchmerzlich em⸗ 
pfinden (ieh. Doch nicht auf die unmittelbaren Arbeis 
ten. und DBerbältniffe des Bundestags befhränfte ſich 
während der Dauer diefer feiner Geſandtſchaft v. 9.6 
— Als im Sommer 1819 zu Karlsbad Mini⸗ 
ſlerialkonſerenzen gehalten wutden, veranlaßt durch die 
Beſorgniſſe vor den demagogiſchen Verbindungen und 
revolutionaͤren Umtrieben, wohnte auch er dieſen Bera⸗ 
thungen bei. Und old der Bundestag beſchloſſen batte, 
Daß über die AngemENen: Auslegung und Erläuterung 
des 13. Artikels der Bundesafte, die Einführung land» 
- Nändifher Verfaſſungen in allen Bundeöftanten betrefs 
fend, im Sinn des monagrchiſchen Princips und zur Aufe 
rechtbaltung des Bundes weitere Verhandlungen gepflos 


478 78 Pleffen. 


gen werden follten (wobei indeffen, auf v. 9.8 Vorftel- 
ung, ausdruͤcklich erflärt ward, daß die auf Verträgen, 
beftebenden Einridtungen und Rechten berubende land« 
ſtaͤndiſcde Verfaſſung Mecklenburgs von Bundes wegen. 
eine Abänderung in Bezug auf ihre Brundfdge oder 
idren Beſtand nicht zu gemärtigen baben Eönne): ward 
v. P. der eben auf Urlaub in Ludwigluſt fib befand, 
vom ſchwerinſchen (27. Dftober 1819) und vom fireligi- 
fen Hof (30. Oktober) berufen, an diefem Minifterfon» 
reß in ihrem Namen Theil zu mwehmen. Auf die vom 
iener Kabiner gemachte Anzeige, daß der Beginn des 
Kongreſſes, für melden „auf v. P.'s perfönlide Mit: 
wirkung vertrauensvolle Ausficht gebegt werde,” auf den 
20. November angefegt fei, langte derfelbe am 19. No; 
vember in, Wien an. ier ward er an die Spige der 
mit der Füͤhrung des Protokolls beauftragten Kommiſ⸗ 
fion geſtellt, in welcher ſich außer ibm der preußiſche und 
der baierifhe Geſandte befanden. So Fam unter feiner 
mefentliben Mitwirkung die „Schlußakte der über Aus 
bildung und Befefligung des deutſchen Bundes gebaltes 
nen Minifterialtonferengen, d. d. Wien den 15. Mal 
1820," zu Stande, worauf er fon am 16. deſſelben 
Monats Wien verließ, am 26. nad) Ludwiqgsluſt und bald 
darauf nach Sranffurt zurückkehrte. Zür wie verdienft. 
lid und außgezeihner aber feine Theilnabme an diefem 
Kongreß, namentlid von dem Öftreibifhen Hof erkannt _ 
murde, bejeugte das unterm 20. Junius deſſelben Jahre 
ibm verliedene Großkreuz des Faiferliden Leopoldor⸗ 
dend; eben fo erdielt_er gleih nah dem Schluſſe und 
wohl nicht minder in Solge der Wiener Konferenzen den 
koͤnigl. preuß. rosden Adlerorden erfter Klaſſe. (Das . 
Großfreus des Danebrogordend war ihm bereitd'früber, 
bei Selegenheit der DVermäplung der Prinzeffin Char. 
fotte mit dem Prinzen von Dänemark im Jahr 1806, 
verlieben worden.) Eine andere Auszeichnuñg empfing 
er einige Zeit vorber von der vaterländifchen Univerfi- 
tät, welche bei Selegenbeit ihrer vierten Säfularfeier 
idn honoris causa zum Doftor der Redte creirte; faft 
gleichzeitig batte der medlenburgifhe patriotifhe Der: 
ein ihn zu feinem Ehrenmitglied ernannt *). Indeſſen 
°) In fpäterer Beit trat v. 9. 
für RE U Pine Aiterehumbkunde 9 en RE 
ed und dem Verein für medlenburaifihbe Geſchechte und Altıre 
thumskunde, um welchen er fih vielfach verdient machte, ald ; 
renmitglied bei, 








Na 8% Pleſſen. 479. 


mochte fein Landeöberr den bewährten Ratbgeber und 
Diener nis fänger in feiner Naͤhe vermiſſen und be 
ſcloß deshalb, v. P. vom Bundestag zurückzurufen. 

bon unterm 8. Sebruar 1820 ward eine bierauf bes 
Balige Berfügung erlaffen, indem allerhöchften Orts bes 
oblen ward, daß dem biöherigen Bundedragsgefandten, 
zum Beweis der Erfenntlichfeit Serenissimi „für alle 

emfelben aufgetragenen und fo treu und eifrig betries 
benen Geſchaͤfte,“ von dem Zeitpunft feiner Zurückkunft 
auf feinen Minifterpoften an, fein fräberer Gebalt von 
jaͤhrlich 2000 Rthl. verdoppelt werden folle. Kaum aber 
war diefe beabfichtigte Zurüdberufung in Sranffurt und 
Wien Fund geworden, fo richtere der Prafidialgefandse 
im Auftrag des oͤſtreichiſchen Kabinetd an den Großbers 
09: die dringende Bitte, Daß v. P. noch länger, minde 

end noch ein Jadr, in feinem biöberigen Wirkungs⸗ 
kreiſe gelaffen werden möge, „weil er in dem gegenwärs 


tigen entfheidenden Momente gar nicht erfept werden . 


könne.“ Allein diefer Wunſch ward nit erflült und 
nah einer mit Etrelig dahin getroffenen Vereinbarung, 


daß der dortige Minifter v. Pens v. Pleſſen's Stelle am. 


Bundestag einnehmen folle, Febrte dieſer, auf glänzende 
"von andern Seiten ber ihm gemachte Anerbietungen: vers 
zicbtend, im November 1820 nah Medlenburg zuräd. 
Wenn gleid ed nun nicht gelungen war, v. P.’8 uns 


mittelbare Theilnahme dem Bundestage zu erbalıen, . 


ward doch feine Mitwirkung für die Konfolidirung der 
. Bundesverbältniffe auch ferner noch in Anſpruch genom⸗ 
men. Namentlih ald die Bundesverſammlung am 5. 
December 1822 did zum 1. Februar ſich vertagt batte, 
melde Serienzeit dad Öftreihifche Habiner zu Beſprechun⸗ 
gen über den fünftigen geregelteren Bang der deutfchen 
Angelegenheiten zu benußen mänfcte, empfing er in eis 
nem - Schreiben ded Fürften Metternich, d. d. Venedig 
den 20. December 1822, die Dringende Einfodung, den 
a diefem Zmed Yür den Januar 1823 anberaumten ons 
erenzen feine Unmefenheit zu ſchenken. In Folge deſ—⸗ 
fen begab er ſich am 8. Tan. auf die Reife nah Wien, 


4 


von wo er in der Mitte des Märzmonatd mir einem. 


Schreiben des Kaiſers Franz *) an den Großherzog Fried⸗ 


rich Franz zuruͤckkehrte, welches dieſem „den lebbafteften 
Dank für die Bereitwilligkeit ausdrüdt, womit derſelbe 
dem Miniſter v. Pleffen die Reife nah Wien zu geftar, 


= Doffen Biograpbie f. N. Netr. 13. Jahrg. S. 227. 
N 


480 - v. Dürfen. 
sen beliebt habe. Dieſer babe dem ıc. Metternich neuer: 
lid die überzeugenden Beweife von feinen tiefen Ein- 
fibten und vortreffliden OeAnnunnen gegeben; die fe- 
ſtere Begründung der Bundesverhältniffe in Deutſchland 
werde zuverläffig diefe gemeinihaftlihen Bemühungen 
Erönen.” Während feiner diesmaligen Anwefendeit in 
Wien erneuerten fib verſtaͤrkt die ſcoon früher gemach⸗ 
ten Verſuche, ibn, für ‚den Dienft anderer Staaten ” 
gewinnen. So ward ibm gleich in der eriten Konfe⸗ 
renz, welde er mit dem Zürften Metternich und dem 
— * Miniſter Grafen von Bernftorff *) batte, von 
eiden vorgekellt, daß mir der Präfidialgefandtfchaft am 
Bundedtage eine Veränderung vorgenommen werden 
olle und daß man diefen Poften nicht befler wieder zu 
feßen wife, ald indem man ibm denfelben antrage. 
Allein v. P. erklärte fer und entfhieden, wie er ich ge: 
gen feinen Landesherrn perfönlid anheiſchig gemacht 
babe, ein Dienftverbäftniß, in welchem derfelbe ihn mit 
feinem näbern_DBertrauen und feiner Gnade beolüde, z 
auch für die Dauer feined Lebens nicht gu verlaflen. 
- Ein fpäterer Verſuch des Zürften Metternich, ihn umzus . 
Rimmen, batte feinen andern Erfolg; eben fo lehnte er 
den wiederbolt gemachten Antrag, die Stelle eined preu⸗ 
Piiöen ea nn zu übernehmen, mit derſel⸗ 
en ebrenwertben Entſchloſſendeit ab. Doch ward ibm 
vor feiner Abreiſe von dem Fuͤrſten Meiternich erklärt, 
daß man immer noch auf die Erfüllung der in Bezug 
auf ihn gebegten Abfichten rechnen werde, zumal für den 
Sall, daß die Berbältniffe ſich ändern und-er dur Feine 
zufage weiter ſich gebunden fühlen follte. Eine. fo treue, 
o ſtarken DBerfuchungen gegenüber fiegreih gebliebene 
Andänglichfeit an die Perfon feines Zürften mußte ihm 
denn auch wohl die Sreundfcaft,.die Erfenntlichfeit def- 
felben in immer bhöberen Grade zuwenden. Bald nad 
gines Rückkunft wurden ihm bievon ‚die ſprechendſten 
eweife gegeben. Ein Kabinetsſchreiben vom 418. Juli 
bezeugte_ ibm- dad „innigite Wodlgefallen über die An» 
bänglichkeit, mit welcher er Serenissimo zugetban fei und 
die ibn die vortheilhafteſten Anträgg, in kaiſerliche und 
koͤnigliche Dienke zu treten, babe ablehnen laflen: Sere- 
nissimus fei Durch Diefed Benehmen aͤußerſt gerährt wor⸗ 
den und werde noch Gelegenbeit nehmen, ihm befondere 
Beweiſe Seiner Achtung und Dankbarkeit zu geben. 


x 


“) Deffen Blograpdie f. N. Nekr. 18. Jahrg. ©. 30. 


— 





\ 


; v Pleſſen. a: 481° 


Septere Andeutung fand ihre nähere Erflärung und ihre 
Erfüllung in einem ſchon unterm 22. deffelben Monats 
'ersheilten „Anwartſchaftsbrief für den wirklichen Gebeis 
menrath und Minifter v. Pleffen auf das zuerk eröffnet 
werdende Lehn,“ mit. welchem fein fürklider Gönner ihn 
überrafchte und der von einem hoͤchſt huldvolen Hands 
(reiben deflelben begleitet war. Doch follte er die 
wirkliche Erdffnung eines Lebnd, welche ihm bierdurd 
‚in Ausſicht geitelli war, nicht erleben. Dagegen nahm 
er um Sobannıd 1824, nah getroffener Vereinbarung 
mit feinen Brüdern, dad Gyr Dolgen an, welches er zu 
einem unverdußerlihen. und unverf&äldbaren v. Pleffen! 
fen Sideifammiß erhob. Hier bradte. er von diefer 
Zeit an alljährlich einen Theil des Sommers zu, ges 
wöhnlih von dem nicht fernen Doberan aus und bier 
fab man ten bocgeftellten Mann, den Träger fo vieler 
Geſchaͤfte und Sorgen, im Kreiſe feiner Samilie, im Ges 
auffe der Natur, in der Verſchoͤnerung feines Gartens, 
in allen den Fleinen und doc fo lohnenden Verrichtun⸗ 
gen des Landlebens freundlich und anſpruchslos walten, 
ohne doh auch bier den öffentlihen Pflichten die nötbige 
Zeit. und Thärigkeit zu entzieden. Won jegt an durfte 
2. P. fid längere Zeit hindurch ausſchließlich Den inne 
ren Angelegenheiten des Landes widmen. Nur, einmal - 
noch 55* dieſe heimische Wirkſamkeit eine bedeutendere 
Unterbredung. Als ndmlih Im Herbft 1833 Oeſtreich 
und. Preußen die Aufforderung zu einer Bereinigung 
fämmtlicher deutſchen Kabinetschefs in Wien batten er» 
geben laffen,.um über die Gefahren, von welchen man 
einzelne .dentihe Staaten ſowohl, ald den Bund in ſei⸗ 
ner Gefammtdeit durch die revolutionären Tendenzen 
bedroht glaubte, in nähere, forgfältigere Berathung zu 
treten, ging v. P., für beide Mecklenburg bevoumäctigt, 
am 18. December Über Sırelig und Berlin nah Wien 
ab. In den am 13. Januar beginnenden Konferenzen 
ward derfelbe wieder mit dem preußifcben und daierſchen 
Gefandten zur Protokollführung ermäblt, nad ihrer - 
Beendigung fehrie er ungefdumt ind Vaterland zurüd, 
wö er am 21. Junius wieder anlangte. Weber den wer 
fentliden Antheil, welchen er aud an den and biefen . 


Minitterialfonferenzen bervorgegangenen Befchlälfen batte, .. 


ſpricht fib_ ein bald Darauf ibm zugefertigted Schreiben . 
feines perſoͤnlichen Bönnerd und Freundes, des Zürften 
Metiernich, in den unzweideutigſten Worsen aus. Rache 
dem ſomit in ununterbrocdenem Zufanmenbang die haupte 
®. Nekrolog 15. Jahrg, — 31 


* 


482 7.09% Pleſſen. 


(ähliahen Momente aus 9.'6 Dipfomatifider, vorzuge- 
weife nad außen und auf Allgemeinered gerichteter, wenn 
au Smmer wieder auf die innern und fpeciellen Ver⸗ 
dältniffe Mecklenburgs einflußreich zuruͤckwirkender Thaͤ⸗ 
tigkeit angedeutet worden find, wäre ed an der Zeit, auch 
feiner unmittelbaren Wirkfamfeit für diefe inneren An. 
gelegendeiten feines Vaterlands feit feiner Erbebung 
um Minifter und. befonders feit der Heimkehr aus Srank- 
durt, die Betrachtung zusumenden. Allein bier it nit 
piod eine Darfellung, ded Ganzen dieſer Wirkfamfeit 
unmöglich, weil eine foldemict viel weniger als eine 
Sefwihte der gefammten Entwidelung Mecklenburgs 
während eines langen Zeitraums fein müßte, fondern 
ouch, bei der großen Mafle des leid Bedeutenden und 
bei Dem genauen Ineinandergreiten der einzelnen Theile, 
ein Auszeichnen und Hervordeben des Wichtigſten weit 
febwieriger, ald auf jenem andern Gebiete. Wir begnũ⸗ 
gen uns deshalb mit dem gewiß von niemand beſtritte⸗ 
nen Zeugniß, daß v. P. auf diefem Felde dieſelbe An⸗ 
dänglichfeit an die Perfon und das Haus feines Fuͤrſten. 
diefelbe treue Liebe zum Vaterland, mit derfelben Ge⸗ 
fbilichfeit, mit demfelben raflofen Eifer und mit bem- 
feiben glüclicben Erfolg, welde in den Zürftenkongrefe 
fen und Minifterverfammfungen fo gerechte Auszeichnung 
ibm erwarben, an den Tag gelegt dat. Nichts von allem, 
was in den verfchiedenen Tbeilen der Staatövermaltung 
angeordnet und gemwirft, zeitgemäß verändert oder neu 


. . gelchaffen werden follte, konnte die Berührung mit ibm, 


ald näcftem, dad volle Vertrauen des Regenzen befigen 
Dem Natbgeber, umgeben; feine Regfamkeit, feine Un« 
verdroffendeit und fein guter Wille ließen ihn folder 
Theilnabme auch nie fi entziehen, feine allgemeine Ein 
fihten, feine reihen Erfahrungen und feine genaue Kennt⸗ 
niß der vaterländifhen Verbältniffe waren wohl geeig» 
- net, diefe immer geforderte und nie a hei ⸗ 
nabme auch zu einer wirkſamen und erſprießlichen iu 
* geftalten. Und fo zeigen alle die zabfreichen, beträctlis 
hen Kortfchritte, welche Mediendurg in neuerer Zeit im 
Bezug auf materielle wie auf geiſtige Intereſſen emacht 
bat, mehr oder minder far, immer aber unver ennbar 
-Die Spuren von dem Flaren Geiſt und dem patriotifchen 
Sinn v. P.’d und von dem_gerechten Dank, welden das 
fand Friedrich Franzens gefeaneter Regierung zollt, ges. - 
bäbrt ein mit geringer Antbeil Ihm. Einen vorzüglich 
‘ widtigen und frucptreihen Zweig biefer Wirkfamfeis v. 


[2 


x 





v. Pleſſen. 483 


9.8 Im Land für das Land bilder (damit wir wenigſtend 
doch ein Einzeines hervorheben) feine Thätigfeit bei den 


Derfammiungen der vaterländifden Stände. Einer 


Menge derfeiben hat er aid ſchwerinſcher fandeöherrlicher 
Kommiſſaͤr beigewohnt, nämlich den Landtagen im Herb 


4818, im Fruͤbdjahr und im Herbſt 1821, im Herbft 1822, 
‚ 1825, 1826, im Srübjahr und Herbft 188, - 


1823, 1824 
im Herbſt 1829, 1830, 1832, 1834 und 1835; beim Kon« 
vofationdtage gi Schwerin im Mai 1823_maren beide 
Miniſter (0. Brandenftein *) und v. Pleflen) großber 
goal e Kommiflarien, bei dem zu Roftod im Septem⸗ 
er 1827 v. P. allein. Und wenn irgendwo, ift gewiß 
ask in diefer Stellung feine Individualität von ente 
chieden günſtigem KFinfluß geweſen: dad Vertrauen 


der Staͤnde, welches er unter alten und neuen Titeln 


fortwährend befaß, feine ausgezeichnete Geſchaͤftsgewandt⸗ 
beit und Verdandlungskunſt, fo viele inteleftuelle-und 


moraliſche Gaben, die fib in ihm vereinigt fanden, muß⸗ 
ten nicht allein Die Ausübung diefer eben fo wichtigen 


als in mander Beziehung fchwierigen Zunftionen ihm 
fehr erleichtern, fondern konnten auch auf deren Erfolg, 


auf die Erbaltung der Einträchtigkeit zwifhen Regie. . 
rung und Ständen, auf die —— Dif⸗ 


ferenzen, auf die Förderung gemeinſchaftlicher Maasre⸗ 


geln zum Beten des Landes nicht anders ald wohlthaͤ⸗ 


tig einwirken. &o lebte und ſtrebte v. P. kräftig, hei 
ter, in Segen fort. Da ring feinem Gluͤck der am 
21. September 1835 erfolgte Tod feiner Gattin eine 
ſchwere, unheildare Wunde. Sie flarb in Doberan, mo 


fie Hülfe gegen eine mebrjäbriges Webel gefucht hatte. 


Auf dem freundlichen Gottedader unmeit der ſchoͤnen 
Kirche daſelbſt if ihr Grad, neben weldem der trauernde 
Gatte zugleich daß feinige fi bereiten ließ. Bald dars 
auf griff ein anderer Todesfall auf andere Weife verän- 
dernd in feine biöberigen Verbältniffe ein: am 12. Aprif 
1836 verloren Fuͤrſt und Land den hoßverdienten erften 
Minifter ꝛe. v. Brandenftein und an feiner Statt ward 
nun v. P. unterm 5. Mai zum Gedeimenraths, und Res 
ierungspräfidenten, fo wie unterm 4. Junius zum Pra⸗ 

denten der Schuldentilgungdfommiffion ernannt. Bon 


jent an sheilte er, mit wechſelndem Aufenthalt in Lude . 


wigsluf und in Schwerin, eine Thätigkeit zwiſchen den 


Geſchaͤften der neuen Aemter und zwiſchen denjenigen, 





°)’Deflen Biographie (. N. Nekr. 14. Jabra. rg 


E 





7 v. Dleffen. 


melde ihm ald Chef des großderzoglichen Kabinets zu 
befor en yerslicben, Don nur noch kurze Zeit follte 
das legte Verbältniß dauern. Die fon lange gebegten, 
durch anbaltende Krankheit nur allzu ſtark genäprten 
Beſorgniſſe um das Leben des Landesvaters fanden am 
4. Februar 1837 ihre traurige Erfülung: Mecklenburg 
weinte um feinen Friedrig Franz. Zu denen aber, welche 
em unmittelbarken, am ſchmerzlichſten von Dielen To» 
dedfall berährt wurden, gebdrte in vorderfier Reihe v. 
P. Was der BVerblidhene ibm und was er jenem gemes 
fen während einer langen Reihe von Jebren. Dapen gab 
ein. nachgelaſſenes Schreiben feines fürſtlichen Sreundes 
an deffen Enfel und Nachfolger daß beredtefte, rührendfte 
Zeugniß. Der bierber gebörige Abſchnitt dieſer fhönen 
Reliquie lauter alfo: „Meine pelammten Diener bös 
dern und niedern Standed empfeble ich angelegenslich 
Deiner weitern Sürforge;  bierunter vorzüglich diejeni⸗ 
gen, welche mir durch vieliährige treue oder ausgezeich⸗ 
nete Dienfte ihre Andänglichfeit bewiefen, fie baden ſich 
: Dadurch gerechte Anfprühe erworben auf angemeflene 
DMerforgung und Penfion, wenn fie nicht länger dienen 
gu Eönnen glauben. Ich made Dir biebei indbefondere 
meinen Freund den Minifter von Pleffen nambaft; Dir 
find die Derbältniffe befannt, worin derfelde zu mir ge⸗ 
ftanden und welde vortbeildafte Anerbietungen, Die ibn 
wiederholt von medreren Seiten gemacht find, er obne 
Vergeltung ausgeſchlagen, um mich nicht zu. verlaflen. 
& glaube es ihm dader noch vor andern ſchuldig zu 
ein, bierdurch_feftzufegen und Did um die Erfüllung 
u erfucen, DaB Du denfelben in einen ſolchen Geſchaͤfts⸗ 
reid und in ein Dienſtverhaͤltniß ſetzeſt, wie er es ſelbſt 
für na angemeflen finden wird. &olite er aber früher 
. oder fpäter ed geratben finden, ſich zuruͤckzuziehen und 
den Dienſt zu verlaffen, fo Habe ich ſchon auf dieſen 
Sal ihm fein -jegiges fire Gehalt, obne Emolumente, 
von ag Rıpi.NF. ald lebenslängliche Penfion beſtimmt 
und Du wirft diefe Enıfdddigung noch von meinetwe⸗ 
en zu leiften baben und gemit übernebmen.“ Indeſſen 
edurfte es nicht erft einer fo ebrenvollen, warmen Em⸗ 
pfedlung von ©eiten eined Todien, um den bochverdiene- 


ten Minifter auch den Weberledenden theuer zu machen: 


fein Werth war laͤngſt zu allgemein anerkannt, ald daß 
feine Dienſte nit au der neuen Regierung doͤchſt ers 
wänfht hätten erfheinen follen. Und v. P. feinerfeitd, 
wie tief auch erſchüttert Durch den Verluſt feines viel» 


| v. Plefien. 485 
jährigen Herrn und Greundes, fühlte doch noch zu viel 
rüftige Kraft in id, empfand noch I fehr dad Fedürt. 
niß zu wirken und befaß eine zu lebbafte Liebe zum Das 
terland, eine zu innige, auch auf den neuen Regenten 
willig übertrogene Anbängfichkeit an Das Herrfherbauß, 
ald daß er ſchon jent von den Geſchäften ſich bätte zus 
rüdzieben mögen. So blieben denn feine Stellung und 
feine DVerböltniffe im Wefentlicden Diefelben, nur Daß er 
jegt feinen bleibenden Aufenthalt in Schwetin nahm. 
Und fo durfte der durch feine kraͤftige Gefundheit vers 
färften, durch feine Jahre nicht geſchwächten Hoffnung 
Raum gegeben werden, daß Fürft und Kand no lange 
feiner bewährten Thätigkeit fi zu erfreuen baben wärs 
den. Andere aber wor es im Rathe Der Dorfehung be» 
ſchloſſen. Eine Unpdglichfeit, die anfang6 gar keinen 
Grund zu ernftliden Beforgniffen bot, gefaltete ſich nad) 
vier Tagen plöglin zur Todesquelle: am oben genannten 
Bags machte eine fungenläbmung dieſem ſcoͤnen Leben 
ſanft und ſchmerzlos ein Ende. Je allgemeiner und aufe 
richtiger die ——— das Vertrauen, die Zuneis 
. gung war, welche man dem Lebenden zollte; je uner⸗ 


. warteter, unvorbereiteter die Nachricht feines Todes fam: - 


deſto ungetbeifter, defto lebhafter war auch der Schmerz, 
welchen Diefelbe durch das ganze Land, am Throne wie 
im Volk, erwedte und felten mag auf eined Miniſters 
Sarg ein reicherer Franz von unbeflodenem Lobe, von 
ungedeucdyeltem Danf, von warmen Thränen niederges 
legt fein, als auf den feinigen. Schön und feierlich 


ſprach fi diefe Stimmung befonderd auch bei dem am 8. 


April flattfindenden Leihenbegängniß aus: nicht blos die 


Koullegien und Bebdrden, alle Stände ſahen fi dur 


eine zablreiche, freiwillige Theilnabme an dem Gefolge 
reprdfentirt, an deffen Epige, fi felber nicht minder 
als den Geftorbenen ebrend, der DASEDErIER, EIRDETIGLLNE 
‚ und welches dem Leihenwagen bid zur Biſchofsmühle, 
der Grenze ded Stadtgebiets, dad Geleite gab. Bon 
bier aud fegte dieſer auf derfelben Straße, welche die 
kaum noch vermifchten Spuren jene& andern Trauerwa⸗ 
gend mit der Fürſtenleiche trug, feine einfarhere Sabrs 
fort: denn nad) Doberan, nad eben dem Drt, wo der 
geliebte Herr vor zwei Monaten feine legte Nubeftätte 
gefunden, folgte jegt der treue Diener feines Herrn und 
zur Seite der vorandgegangenen Lebensgefährtin fenfte 
man feinen Zeihnam in die fon bereitete Gruft, an 
welder drei Kinder (eine Tochter und zwei Söhne), 


\ 


- I. 


486 J v. Pleſſen. 


aber nict-allein, um den zu fruͤh Verlornen trauern. — 
v. P. beſaß alle Eigenfchatten eined vollendeten Staats⸗ 
manned: fein ongeborned Talent harte er auf den Kon. 
grefien, der dohen Schule der Diplomatie, vortrefflig 
auögebilder. Diefe ausgezeichnete Durchdildung war in 


. jedet Geihäftöberährung mit ibm nicht zu verfennen. 


Er verſtand die ſchwere Kunft gut zu bören, d. h., er 
börte aufmerkffam und obne Ungeduld an, maß ihm vor⸗ 
etragen wurde, wenn ed auch mit feinen Anſichten nicht 


Übere nflimmte. In der Diskuffion ging er auf die Meie 


‘ 


nungen des Gegners ein, ſuchte denfelben aus deſſen 
eigenen Anführungen zu widerlegen und trug zum Schluß 
die Gegengrände tlar und einfach vor. Auch ging er in 
der Verhandlung nicht weiter, ald die Sache gerade ers 
forderte, vermied forgfältig ale Abfchweifungen und 
wußte mit gluͤcklichem Scyartblid und Takt dad Wefent- 
lide von dem Unmefentlihen zu fondern. Selb wenn 
ibm der Gegenſtand der Verbandlungen etwas fremd 
war, fand er mit großer Geifteögewandtdeit und mit eie 
entbämlidem Scartfinn bald Die weſentlichen Punkte 
Beraus, gab in den Nebenſachen leiht nach und erreichte - 


- fo oft Allen unermarter daß Ziel. Er war im Befig der 
“nicht minder großen Kunſt, guten Rath von Andern an 


zunehmen. Daber fprad er viel und gern mit Leuten 
aus allen Klaſſen, wodurd er ſich vor einfeitigen Anfide 
ten bewahrte und zu einer umfangreichen Kenntniß der 
Merfonen und Sachen gelangte, die ibm eine richtige 
Anſchauung und Weberficht aller Verhaͤltniſſe gewährte. 
Eigener bober Verſtand, mannichfache Kenntniffe und 


langjährige Erfabrung bemwirkten ed, daß er aus den ibm 


vorgetragenen Anfihten dad Wahre und Angemeffene 
beraudzufinden wußte, fo daß fremde Meinungen nicht 
nabtbeilig auf ihn einmirkten. Allen Ertremen abge 
neigt, bielt er id im Staatdleben an dad praktiſche Be— 
därtniß, ehrte dad hiſtoriſche Recht, ſuchte das Beſtehende 


a verbeflern und auszubilden, nicht umzuſtoßen, und 


rebte nur nad dem erreichbaren Guten, das Beſſere 
fommenden Zeiten überlaffend. — In feinem Gemlütb8e 
arakter And moralifden Wefen bildete einen der Grunde 


. 


ge ein echt religiöfer Sinn, um fo ebrenwertber, tie 


* und aufrichtiger, als derſelbe nicht in einem bloßen 


unbewußten Nachhall empfangener Jugendeindrücke und 


früberer Erziehung beſtand, fondern ein erſt ſpaͤter er⸗ 


woͤrbenes, ſeldſtbewußt und ſelbſtthaͤtig errungenes Gut 
war, da feine Jugend in die Zeit einer kalten Aufklä⸗ 


» 
N 


⸗ 


v. Straud). 487 


rungsſucht flel und vorzüglid. erſt aud dem frommen Ge⸗ 
mtb feiner Gattin der warme, belebende Strahl des 
Glaubens in feine Seele drang. Hiermit verband fi 
‚ eine dode Uneigennüßigfeit und unverbrüählide Recht⸗ 
lichkeit, eine Milde, Die in jedem Urtbeile über Men 
fden und Thaten ih Fund gab; eine Humanitdt, die 
allem Schroffen und Harten, aller Luſt, dad Gewicht 
einer böbern Autorität Dem Untergeorbneten obne — 
drückend, fühlbar zu machen, aufs aͤußerſte feind un 
fremd war, wie forgfältig auch andrerſeits v. P. auf die 
begründeten Rechte und Attribute feiner Stellung zu. 
'balten wußte, endlich .eine Herzendghte und Menſchen⸗ 
treundlichfeit, die ein Dbr datte für jede Noth, die je 
dem Hülfefuchenden, auch dem niedrigfien und geringe 
fen, zugänglih war, die theilnebmend mit Hören wie 
mit Sragen in die Erinlihken Verhälsniffe einging und 
die feld dann herzgewinnend blieb, wenn fie, um nie 
mand ohne Troft und Sufnung binweggeben zu laflen, 
wobl zumeilen günftigere Erwartungen in Bezug auf den 
Gegenſtand Des Geſuchs erwecken mode, old die Um. 
Kände au erfüllen — Seine dußere Erſcheinung 
war voll einfader Würde, dad Auge ein. Spiegel der 
‚Geelengüte, dad Benebmen offen, derzlich und bieder, . 
dad Ganze eben fo anziebend und ermutbigend für den 
Nadenden, al$ gewinnend und woblthuend für den Ge⸗ 
nabten. — Außer den genannten Schriften erſchien noch 
von idm: * Grundzüge 3. Verbeflerung des Kreditweſens 
—— auf riiterſchaftlichen Guͤtern in ‚Medien 
urg. 1804. 


* 159. D. Guſtav Heinr. Wolf v. Strauch, 
fürßl. veußifdher Kammerrath u. Kabinetsſekretaͤr zu Schleiz 
geb. d. 5. Mai 1806, geft. d. 25. Apr. 1837. 


Er war zu Sqgleiz geboren, mo fein Vater Ober. 
forftmeifter war; feine Mutter war die Tochter, ded 1814 
‚iu Dreöden verforbenen “fönigl. ſaͤchſ. Gebeimenrath und 
Hofmarſchall v. Tuͤmpling. Nab dem Tode der Legtern 
wurde er im Haufe feines Großvaterd väterlider Seit 
erzogen, wo er Privatunterricht erbielt und“ den Grund 
zu feiner fpätern wiſſenſchaftlichen Bildung legte. Don 
1821 an beſuchte er die Landesſchule in Gera unter dem 
Direktor Rhein und damaligen Profeffor, jegigen Sue 
perintendent und Konſiſtorialrath Dr. Bebr, bezog im 


* 


80 1824 die Akademie Leipzig und ſpaͤter Jena und 


Öttingen, machte auf letzter Univerfität im Sräbling 





’ 


488 vvon der Wenſe. 


4823 fein Eramen, in dem er die erfie Cenſur erdielt. 


erwarb fi die jurififhe Doktormürde und Tehrte im 
Herbſt 488 in fein Vaterland zurüd, wo er ald Ad» 
vofat und ald Kammeraffeffor und Stabinetöfckretär ans 
eſtelt wurde, während er zugleid feinen Oheim den 
Bemeligen Chef der Kammer und ded Kabinets, Gebeis 


men Kath v. Strauh*), bis zu deſſen am 11. Juni 183$ 


erfolgtem Tod affitirte. Zum Stammerrath ernannt, fand 
er den Kabinets- und Gera'ſchen gemeinfcaftliden Ans 
nelegenbeiten vor und wohnie ald Abgeordneter den 
Erfurtfden Dandelövereinsfonferenzen bei. Im Sehr. 
4837 febrte er krank von dort zuräd- und flarb an einem 
prganifchen Fehler des Herzens am oben genannten Tage. 


* 160. Ludwig Auguft von: der Wenfe, 
koͤnigl. hanov. Forſtiunker zu Celle; _ 
; geb. den 7. Aug. 1803, geft. 25. Apr. 1837; 
- "Er’war der jüngfte Sohn des Staatöminifterd und Pra⸗ 
u des Dperappellationtgerihtd von der Wenfe **) 


n Gele und ward. bis zu feinem 17. Jahre durd Haus— 


lebrer und nähftdem durch die hohe Schule in Celle 
ausgebildet; Dann erlernte er bei zwei febr geſchickten 
Sorftmännern in Yautenthal und Erjen am Harz und in 
der Umgegend die Sorftmiffenfchaft, feßte dies Studium 
auf.der damaligen Sorfifhule in Fulda und nachher zu 
Göttingen fort und trat im Winter 1823 nad wohl 
zurücgelegtem Examen ald Sberforftamtsauditor beim 
Ceuleſchen Dberforflamt in fönigl. Dienfte, ward nad 
einem jmeiten Eramen zum. Sorftjunfer ernannt und 


widmete fi in Celle mit unermüdetem Fleiß und beftem- 


Erfolge der praktiſchen Ausübung feiner in feinem Fach 
erworbenen. ausgezeichneten Kenntniffe und Erfahrungen. 





Erſt am 8. Dechr. 1834 verließ er Celle, um zu Lam . 


‚fpringe im Hildesheimſchen in einen noch bedeutendern 
Wirfungsfreid einzutreten. Die blübendfte Gefundbeit 
ließ langes Leben boffen. Doc die Vorfehung rief ihn 
nad dreimonatlicher Kranfbeit am oben genannten Tage 
im mätterliben Haufe in Celle an einen Lungenäbef 
zum beflern £eben ab. Gein Wirfungsfreid mar. vor 
züglih die Natur. Viele audgedepnte wichtige Fönigl. 
orften im Fuͤrſtenthume Lüneburg und mande Privat 
orften befunden fon jegt durch ihren fhönen Beſtand 
den zweckmaͤßigen von ihm eingeleiteten Betrieb und 


4 





” Deſſen Biograpdie f. N. Nekr. 11. Jahrg. ©. 939, 
N) — — — — 10. — — 458. 








* N 


Brüdner. 489 


mit vollem Rechte kann ihm nachgerühmt werden, daß 
er ſich durd die, praktifhe Ausübung feiner audgezeich- 
neten forfiwiffenf&aftliden Stenntniffe wichtige Berdienfte 
um fein Vatekland erworben hat. Die raftlofe Thds .. 
tigkeit ‚und fein bobes DIN ſelbſt eine 
Hintanfegung feirrer Befundbeit nit achten und die . 
großen förperliden Anftrengungen , denen er fi in den 


bergigen Gegenden feines lepten Wirfungefreifed unters 


309, mögen in Verbindung mit einer im Jahr 1828 bei 
Gelegenbeit der mit eigener Lebensgefahr auögeführten 

Rettung eined in dem bocangefhwollenen Allerfirome 
verfunfenen' jungen Mannes ſich zugesonenen ſchweren 
Erfältung den Grund zu dem Lungenübel gelegt haben, 
welches feinem Leben ein fo frübed Ende brachte. 


* 161. Ernſt Fried. Chriftoph Bruͤckner, 


Doktor der Rechte, großherzogl. mecklenburg⸗ſchwerinſcher Hofrath 
und Juſtizkanzleiadvokat zu Neubrandenburg; 


geboren i. J. 177., geſtorben d. 26. (16.) Apr. 1837. 


Der Berewigte gehörte zu den audgezeichnetften 
mecklenburgiſchen Rechtögelehrten und Geſchaͤftsmaͤnnern 
und batte ſich während einer langen Reihe von Jahren, 
die er im Tempel der Themid gearbeitet, durch Die . 
Shlle feiner tbeoretifch praftifden Kenntniſſe in der Ju⸗ 
riöpruden; und andern Wiſſenſchaften einen bedeutenden 
Namen erworben. — Bon feinem äußern Leben iſt und 
jedoc nur befannt, daß er zu Neubrandenburg geboren, 
daſeloöſt auch feine Schulbildung erbalten, bierauf im’ 
Böttingen, mo er feine Studien als Juriſt vollendete, 
dad Doftorat in diefer Wiffenfhaft angenommen und 
im naͤchſtfolgenden Jahre (1794) von der Zuftizfanzlei zu 
Neuftrelig fi ald Advofat und Prokurator hat imma⸗ 
trikuliren laffen, bernach feine Praris in der Vaterſtadt 
nnaudgefet besrieben bat und in der Solge mit dem 
Charakter eined mecklenburg-ſchwerinſchen Hofratbd bes. 
gnadigt worden fei. Er flarb nad) einer Furzen Krank⸗ 
beit und hinterließ eine Wittwe, Johanne, geborene 
Funk und zwei Söhne, wovon der Altefte, Dr. Friedrich 
Guſtav B., gegenwärtig die zweite Buͤrgermeiſterſtelle 
in Neubrandenburg bekleidet. — Als Scrififteller bat 
er bios ‚geliefert: Commentatio inangural. jurid. ad 
Art. XfI. J. P. O. de compensatione Ducibaus Megapoli- 
tanis facta. Göttingae 1793. ; 


Schwerin. I Sr. Brüfom. 


% 


. 


ae = 


40° N | & 


162. Johann Heinrich ‚Ludwig Schmella, 
Mitglied des Koͤnigsſtaͤdtſchen Theaters zu Berlin; 
geb. d. 1. Dec. 1777, gef. zu Bankow d. 27. Apr. 1897 °. 


Wenige Scaufpieler verdienen wohl eine fo origie 
nelle Grabfarift, wie fie ein Sranzofe dem deutſchen 
Buͤhnenkuͤnſtler Fleck ſege als er auf die Nachricht von 
deſſen Tode ausrief; dad is ewif ſchade, daß der 
Inhif Mann ſein Tod — unfer lieber Errgott wird ſich 
fein taufend, Spas mit ihm babe!“ Zu den wenigen 
aber gehört unftreitig S., deſſen originelle und natür- 
line Komik viele Taufende feiner Landsleute erbeiterte 
und .den Deuftſchland mit Recht zu feinen beliebteften 
Kuͤnſtlern zählte. Geboren zu Schwedt, ift er der Sohn 
einer Sängerin des ehemaligen markgraͤflichen Hofthea⸗ 
ters daſelbſt, Nanette Büttner und eines Herrn H. 
©... , der als Officier bei dem Haak'ſchen Ju⸗ 
fonterieregiment in Stettin fand. Nach feiner Geburt 
beiratere feine Mutter den Theatermaler Schmelta, 
welcher dad Kind adoptirre. Seine frübefe Kindheit 
verlebte ©. bei feinen Eltern, theild in Dresden, theil® 
in Prag und Leipzig, welde beiden legten Drie die 
Dreddner Hofibearergefelfchaft ebentallß befuchte. Im 
J. 1784 folgte er feinen Eltern nad Riga zur Theatere 


Direktion Meprer und Koch, wo er fib, nachdem er 


an den erfigenannten Orten bereit in Kinderrollen die 
Bühne beireren hatte, unter Anleitung feines Vaters 
nur_der Theatermalerei widmete, auf deren Erlernung 
er fieben Jabre feines Lebend verwandte. Seine Mutter 
batte während diefer Zeit einen vorteilhaften Ruf zum 


. Eönigf. Hoftheater nad Dredden erbalten, wohin fie A 


allein begab und den Sobn bei feinem Vater zuruͤckließ. 
Sn feinem 419. Jahre wurde plöglic die Luft zum Thea 
ter in ibm fo ſtark, Daß er Riga verließ und zu Fuße 
nad Dresden zu feiner Mutter ging, um fie zu bitten, 
idın bei irgend einer Bühne eine Anſtellung zu verſchaf⸗ 
fen. Die Mutter, mit der Veränderung feiner Laufbadn 
durchaus unzufrieden, gab ibm 10 Thaler und den Rath, 
nah Gefallen ib felbit ein Unterfommen zu fucen; 
mozu der lebensfrohe Juͤngling au unverzüglid Anſtal⸗ 


*) Vach der Abendzeitung 1887. Nr. 181, dem Morgendlatt 1887. 
Nr. 10 und einem audern Gedrudten QAuffage. = 


« 








nn A ee u it ee 
. 


Sqhmelka. 49i 


ten traf. Daß er ein ſolches jedoch nicht fogleih und 
obne Echwierigfeiten fand, bedarf wohl Feiner Verſiche⸗ 
rung und nicht unwahrſcheinlich iſt, mad hie und da be 
bauptet wurde, daß er in dieſer Periode feined Lebens 
‚von der er felbR nicht gern fprach, ein Engagement bei 
einer Kunftreitergefelfaft angenommen, vielleiht nur 
um feine Eriftenz zu friten. Wir dürfen diefer Be 
bauptung um fo mebr Blauben ſoenken, ald ©. auf 
feiner ipdtern Laufbahn bis in fein Alter eine_ merk 
mwärdige Geſchmeidigkeit des Körper, in feinen Leiſtun⸗ 
gen oft fogor eine equilibrikifhe Geſchicklichkeit und 

raft offenbarte., Dad erfte Engagement, welches er bei 
einem Theater fand, wurde ibm von einem Scaufpiels 
direftor, Namend Lode, der mehrere Kleine Städte in 


Sachſen bereifte, angeboten. Nach einem kurzen Auf 


enthalte bei demfelben ging er nah Gera zur Gefells 
f&aft des Direftord Medor, wo er einige Jahre blieb. 
Mehrere Bekannte feiner Mutter, welche ihn hier fpielen - 
aefeden hatten und feines Lobes voll waren, verfiderten 
diefelbe, Daß ihr Sobn werth fei, auf einem befleren, 
Theater zu agiren. Gie ließ ihn auf diefe nahdrädlihe 
Empfehlung zu fid kommen und verihaffte ibm, ein 
Engagement in Drag. Der damalige, jegt verftorbeng 
Direktor der Prager Bühne: Liebich, holte ihn perfönlih _ 
von Dreöden ab, nicht vermuthend, Daß fein Debätent 
ieh bald ein Liebling des Prager Publitumb werden 
würde, welded ©. 13 jahre lang ununterbroden blieb. 
Eine Vebereilung veran nach diefer Zeit feinen Ab» 
ang: er batte einen Kollegen während der Vorſtellun 
Binter der Scene eim Paar Dhrfeigen gegeben und we 
gerte ſich deshalb Abbitte zu thun. Nicht ohne Webe 
muth verließ er Drag, wo er fo viele frobe Tage verlebt 
uud begab ſich h em Baron v. Zienick, welcher mit 
feiner Geſellſchait in Baden bei Wien ſpielte. Sein 


- Ruf ald Komiker fand bereits feſt, als er von bier aus 


auch Wien vefuchte, wo er Hafenhut fab, der von num 
an fein Vorbild wurde. Nührend ift die wahre Anek⸗ 


dote melde man von Beiden erzaͤhlt. Als naͤmlich D@ | 


fendut in fpätern Zeiten als Gaſt auf dem Eönigl. Thea⸗ 
ter in Berlın fpielte und audgepfiffen wurde, weil das 


Publikum die Späße ded Wiener Lofaltomiterd nicht 


⸗ 


verſtand, befand ſich ©. im Parterre, welches er wei⸗ 
nend verließ. Eine genaue Kenntniß des Wiener Dia⸗ 
lekts, welche er ſich während feines Aufenthalts in Ba ' 


| den erworben hatte, kam ibm bei feinem Rollenfach fehr 


— 
$ 


492 Ä Schmelka. 
. zu ftatten, namentlich in der Glanzparthie des welt. 
befannten Staberl, den er gern und immer mit dem 
koͤſtlichſten Humor fpielte. Nah zwei Jahren erbielt ©. 
einen Ruf nad Breslau, wo man ibm beim Stadtthea⸗ 
ter ein fehr vortbeilhafted Engagement mit Penfion an⸗ 
bot. Jene Zeit war offenbar die Eräftigfte und ſchoͤnſte 
Periode des Schmelka'ſchen Künſtlerlebens. Zehn Gabre 
blieb Sch., bis er dem ehrenvollen Rufe nach Berlin 
folgte, in Breslau und noch auf ſeinem Sterbebette 
dachte er nur mit inniger Rübrung an den Aufenthalt 
in jener Stadt zurüd. Er glänzte bier nicht allein als 
Komiker, fondern trat auch in der Tragödie auf, indem 
er unter andern den Franz Moor und den Meppiftopbes 
les, felbit Hamlet mit Beifall fpielte. Solche Rolien 
fagten ihm freilich nicht fo gut zu als komiſche, aber er 
bewährte fid in ihrer Darftellung ftetö als einen vers 
ftändigen, feine Aufgabe durchdringenden Künftler. Aus» 
geaeicnet gelang ihm auch die Daritelung treuberziger 

aturfühne. Ein Lieblingsrolle von ibm, in welcher ihn 
dad Breslauer Publiftum nicht oft genug feben Fonnte, 
war der Schneider Crispin in dem Fomifhen Singfpiel 
„der Schweſtern von Prag ;“ naͤchſt dieſer genel er außers 
ordentlih als Rochus mpernikel, als Truffaldino 
in „der Diener zweier Herren,“ als Schneider Ka⸗ 
kadu oder als Tiſchlerjunge in dem Singſpiele: „die 
muſikaliſche Tiſchlerfamilie“ und man” mußte ihn in 
diefen Stüden gefehen baben, um: zu begreifen wie: 
weit die Laune, der Mutbwille, die Sraft und Aus 
Dauer eines Menſchen reihen fünnen; da mar feine 
Safer, Feine Fiber an feinem ganzen Leibe, die night 
mit gearbeitet, nicht mit gemirft hätte, nicht Durch dem 

anzen Abend in der beftigften Aufregung gemefen wäre. 
Als Beweis, daß fein Eifer, feine Luſt auf der Bühne 
feine Schranken, feine Gränzen fannten, daß er durd 
nichts geftört, durch nichts aus der Faſſung und auß feis 
ner Rolle eur werden fonnte, "mag die Erzählung 
eines tragiich » Fomifcben Ereigniffes dienen, welches ſich 
in Bredlau begab. Er fpielte den Rochus Pumpernikel. 
Als er die mit Tanz begleitete Arie fang, tanıte er mit ‘ 
foldem euer, mit ſolher Wuth, daß er die Berechnung 
des Terraind der Breslauer Bühne vergaß, ſich zu weit 


. "in den Vordergrund wagte und endlich durch einen faux 


— zus unter einem lauten Angftruf des überfüllten Haufes 
n dad Drcefter Klirite, Die Sace bätte febr. tragifch 
‘ enden Fönnen, fie endete aber komiſch und mit lauten 


+ 


1 














* - v 


— Schmelka. Fe 493 


Beitallönärmen, denn einige Mufifer und andere Were 
nen, die ſich im Orcheſter befanden, empfingen den 
Stuͤrzenden mit, geöffneten. Armen und fpedirten ihn, 
mittelfi eines glädliben Wurfed, even fo ſonell, ald er 
gekommen war, auf die Bühne zurüd, wofeldft er, ohne 
aus dem Takte zu kommen und fo, ald ob gar nichts 
vorgefallen wäre, den ‚unterbrodenen Tanz fortfegte. 
. Deg Jubel, welder ſich erbob, als man den Verſchwun⸗ 
denen und Zodtgeglaubten friſch und munter auf der 
Bühne erblidte, beichreibt Feine Feder. In eben diefem ‘ 
Stüd ereignete fi einft ein anderer fehr komiſcher Auf 
tritt. Am Schluſſe des erften Akts, wo die vorgebfiche 
grau des Rochus Pumpernikel ihm 12 Sinaben, alle als 
Pumpernifel_gefleidet und einer immer größer als der 
andere, als feine Kinder voriteut, die er aber nicht ans 
erfennen wi, hatte Sch. ſich einen Spaß arrangirt, der 
nie feine Wirkung verfehlte. Er ſtieß naͤmlich, als die 
Knaben wie die Orgelpfeifen der Größe nah vor ihm 
aufgeftellt waren, den kleinſten an,. daß diefer auf den 
nachſten und fofort einer auf den andern fallen mußte, 
bid Die ganze Reihe in einem Haufen auf dem Boden 
lag, dann ſtellte er fib auf den größten, den gewoͤhnlich 
ein dortiger Hausſtatiſt, Namend Wißmann, fpielte und 
indem er von oben berab triumpbirend auf die Befiegten 
blickte, mußte der Vorhang fallen. Das Shidfal wollte, 
daß Wißmann eined Tags kurz vor der Vorfteuung des. 
Pumpernifel erfrankte und feine Role ein eben auf der 
Bühne gegenmärtiger Fürzlich. erft angeftellter Statiſt 
übernehmen mußte. Die Zeit war zu kurz, um den Stelle 
vertreier, welder Dad Stüd noch nie gefeben hatte, von 
Allen zu unterridten, man vergaß fogar Sch. mit dem 
Neuling, einem ehemaligen Zärbergefellen, befannt zu 
machen. Die Schlußfcene kam und Sch. wollte wie gen 
woͤhnlich fib auf den größten der Pumpernidelfnaben 
ſchwingen, aber der Särbergefelle ein vierſchroͤiger Kerl, 
der gewohnt war, in allen Sauftfämpfen Sieger zu blei⸗ 
ben, fete fi tapfer zur Wehre. Sch. gerierh in Wut, 
doch vergeblih, denn nad langem Ringen fah er fi 
überwunden; er unterlag der Kraft des Statiften, wel⸗ 
cher zur Vermunderung des Publitumd diesmal den 
—— zu Boden ſtreckte, Als der Vorhang ges 
allen war und der Zärbergefelle fein Opfer lodließ, 
wiederholte fi) der Kanipf binter den Kouliſſen, doc 
das Blatt hatte fi gewendet, denn jetzt prägelte Sch. 
den Statiften derb Dur, der verbläftt und erſchrocken 


\ 


494 Schmelka. 


daſtand, Indem er glaubte, feine Sache recht gut gemacht 


\ 


u baden. Wenige Minuten fpäter, ald er in feiner 

arderobe war, legte Ad Schmelfa‘d Wuth, er mußte 
jegt felpft Aber das Borgefallene laden, ſuchte feinen 
Gegner auf, bat ihn um Verzeihung und ſchenkte ibm 
für die empiaugehen Prägel eineh Thaler. Dergleichen 
Vebereilungen kamen binter den Kouliffen bei Sch. oft 
vor, aber fein Zorn währte nie lange, fon nad 5 Mi: 
auten war er der freundlichfie, herzlichſte Menſch, der 
Alles that, um feinen Fehler, felb gegen den geringften 
Untergebenen wieder gut zu machen. Eben fo Eonnte er 
leicht drgerlid werden, wenn einer feiner Kollegen in 
einer Scene wit ibm applaudirt wurde. Der Neid, an 
dem leider fo viele Künftler laboriren, war auch ibm 
niot fremd; nur kam er ſchnell wieder zur Vernunft. 
mähdrend Andere in ihrem Dünkel diefelbe gemöhntich 
ganz verlieren. Hatte er in irgend einer Fomifden Scene 
einen Nebenbubler gefunden, fo überbäufte er diefen, fo» 
bald fig die Bühne verlaffen, mit Tadel und Vorwürfen, 
bis ihn plöglich fein Berragen reuete und er nun feinem 
Kival aufrichtig Glück wuͤnſchte, ihn zuletzt fogar freund⸗ 
lich beledrte, wie er, wenn er die Scene wieder ſpielen 
würde, es noch befler machen und Died und Jenes zus 
fegen könne, um den Effekt noch zu_fteigern. Bon mans 
hen feiner Kollegen it er auch bäufig getadelt und ibm 
zum Vorwurfe gemacht worden, daß er zu gern fpielte, 
Daß er rolenfüchtig fei und man dar ibm dad ald eine 
— —— auch als ein Verbrechen angerechnet, 
ch. aber dadurch in den Augen der Verſtaͤndigen und 
Unbefangenen lacherlich und veraͤchtlich gemacht. Iſt es 
ſchon Jemand eingefallen, iu tadeln, daß er 
den ganzen Tag die Violine in den Händen hält oder 
der unäübertreffliden Klara Wiek übel zu nehmen, daß 
fie Stunden am Piano figt? Kann ein Virtuos gedacht 
werden, der nicht fein Inſtrument über Alles liebt und 
fann man Virtuos werden, obne raftlos mit Feuer 
und ganzer Seele fein Anftrument vom Morgen bi ie 
Abend zu bearbeiten? Sollte ein Schauſpieler ein Künft- 
ler werden können, ohne fein Inftrument, die Breter, 
nicht aud voller Seele zu lieben und ſoute dad „A forge 
de forger on devient forgeron,“ nit auch dem Schaue 


ſpieler gelten? Das Sch., in deſſen Bruf alle Leiden» 


ſchaften deftiger tobten, der da lichterloh brannte, wo 
andere ib gemätblid wärmten, auc in feiner Kunk- . 
liebe in der Zaͤrtlichkeit für fein Zufkrument weiter go 


- 


\ 








Schmelka. 496 


ben mußte als Andere und zuverlaͤſig nicht gefiagt ba; 


ben würde, wenn man von ibm agererben bätte, Täglich 
‘drei der Närkiten angreifendften Rollen zu fpielen, it zu 
begreifen; die Bühne war feine Welt, Alled außer ihr 

Nebenſache, keiner Beadytung werth. Sch.'s Triumphe 
auf der Breslauer Bühne konnten natürlich in der deut 
F Theaterwelt nicht unbekannt bleiben. Man hatte 

In Berlin, wo fruͤber ſchon Sch. ald Gaſt mit Beifall 

" aufgetreten war, viel von den Sortfchritten des talent 
vollen Komikers gehört und der damalige Generalinten- 

Dant der koͤn. Bühne, der Punftfinnige rat v. Brühl *) 

verfuchte es zuerft, i. 3. 4817 Sch. na Berlin zu zie 
en. Im Nahlafle des verftorbenen Künftler6 tanden 
& 12 Briefe des Grafen v. Bruͤhl, aus denen fänmt, 

. Sid bersorgebt, mie ſehr man Sch.’ Engagement in 
Berlin wänfcte. —— war es der Direktion des 

von einem Aftienverein i. J. 1822 neu begründeten und 

am 4. Aug. 1824 eröffneten Koͤnigsſtaͤdtiſchen Theaters 
gelungen, Sch. nah Berlin za ziehen, wo er 13 Jahre 
bis zu feinem Tode blieb: Sch. war der erfte Künfler 
der die neue Bühne betrat, auf welcher er feit jenem 

Tage viele Taufende erbeiterte, die alle in ibm ibren 

fiebling verloren. Am 26. Tuni 1824 nahm Sch. vom 

Bredlauer Publikum Abfwied. Die Direktion batte ihm 

die legte Vorſtellung zur Benekzeinnayme befimmt. 

trat an diefem Abend in zwei von ibm felbft geſchriebe⸗ 

nen £ufifpielen auf: „Die — 9 — nach einer Oper 

von Goͤthe **) bearbeitet — n Dettingerd dra, 
matifhen Deflertd) und: „ 

(gedrudt in Holtei’d Jahrbuch deutfher Nacſpiele) 
wifhen beiden Städen gab er eine von ibm arrangirte 
omiſche Scene und am Schlufle der Vorſtellung erſchien 

er im Koſtüm des Schneidergefellen Crispin, aus „die 

Schweſtern von Prag” und fang nach der Melodie: Ich 

bin der Schneider Kakadu einige Abſchiedsverſe. Als 

&d. Bredlau verließ, trennte er Ab auch, nach ihrem 

Wunſche, von feiner Srau, einer Schweſter des kuͤrzlich 

in Prag verfiorbenen Schauſpielers Alram, welche ein 

Engagement beim Stadttheater in Leipzig annabm und 

mit der er ſich unglädlichermeife fon in feinem 20. 

ahre , verbeiratbet hatte. Unbekannt, ohne Ruf, feine 

wveatraliſche Laufbahn eben beginnend, machte er ihre 


2 Deſſen Biogr. f. in dief. Jahrg. d. N. Nekr. unterm 9. Aug. 


) Deffen Biegr. 1. im 10 Zahrg. deö N. Nelr. ©. 1. 


De 


enn nur der Rechte kommt!“ 


496 Sthmelka. 


Sekanntſchaft und wurde durch den eben genannten 
Bruder ‚derfelben, der dad, was zwiſchen feiner Schwe⸗ 
ſter und dem jungen Manne vorläufig ſich begeben batte, 
durchaus nicht biligte und dad gewoͤhnliche Mittel, der 
gleichen Begebenbeiten in Ordnung zu bringen, vorfchlug, 
an den Traualtar aebradt. Die tur batte der Des 
moifelle Alram an Geiſtesgaben erſetzt; was fie idr an 
andern Gaben verfagt batte,; Madame Schmelka war 
eine verftändige, gebildese Frau, Eränkelte aber bäufig 
und war dDaber verblübt, ald ihr Gatte in das Eräf 
tige und begehrlihe Mannedalter trat. In dieſem Alter, 
am Theater, wo die Gelegenheiten, Dad. Derz. zu be⸗ 
f&däftigen, vulgo Seiteniprünge au machen, Loc, häufiger 
und: lockender find, ald in dem gewöhnlichen Leden, mıt 
feinem Seuer in der Bruft — qui sine pectato est, pri- 
mum lapidem in illum mittat. Doch trog feiner. Rad» 
abmungen ded guten Koͤnigs, welcher feinen Bauern am 
Sonntage ein Jun in den Topf fteden wollte, war ex 
ein treffliber Haus- und: Samilienvater, mandte. feine 
ganze Sorge auf die Erziehung feines Sohnes, welcher 
aber in feinem 42. Jahre farb und brachte die bedeus 
tenden Opfer, welche die Krankheiten feiner Ftau erfor 
derten, gern und ohne Klagen. Ein Sreund begegnete 
ibm eink in Breslau, als er, mit einer großen Arzneis 
feihe in der Hand nah Haufe eilte. Da jener mußte, 

aß feine Srau eben von einer ſchweren Krankheit gene 
1% fei, fo fragte er, wie ed zu Haufe ginge. „Meine 
Frau,“ rief er mit trodnem Tone, mwelder auf und 

außer der Bühne von. unfehlbarer Wirkung war, „iR 
deraus, aber ih Hlede darin.“ Seine Frau fiarb 4 Jadre 
nad feinem Sobne. Sch: würde feinen Abfchied von 
Bredlau, mo ibm fo außerordentlide Bemweife von Huld 
und Liebe zu Theil geworden, nicht fo leicht verfchmerzt 
baden, wenn er in Berlin nibt fofort Befhäftigung 
und pine hderaud glänzende Theilnahme nefunden bätte. 
Während feined Aufenthalts in Berlin lebte Schmelfa 
ehr eingezogen und mäßig. Man fand ihn nur auf_der 

übne, auf der Jagd oder in feiner Bebaufung. Kein 
Sreund gefellfhaftliher Vereine, flug er jede Ein: 
ladung zu irgend einem Feſte beicheiden aus und Nie—⸗ 
mand fonnte ibn bewegen, in einem froden Cirkel zu ers - 
feinen, noch weniger in- demfelben den Luſtigmacher 
zu fpielen. Kein Jahr verfloß, wo er nicht zu Gaftrollen 
von auömärtigen bedeutenden Bühnen eingeladen wurde, 
allein er ging nicht auf die ehrenvollen Unerbietungen 











I 


\ Schmelfe. . 497 


ein, weil Reifen nicht feine Sache mar und er fih im 
Berlin vollkommen glädlich fühlte. Nur zwei Mal ga 
ftirte er von bier aus und zmar in Prag und Breslau, 
‚ wobin ihn wohl hauprfählich die Erinnerung an mande 
frope Stunde rief. Im gefeligen Leben erfhien Sc. 
menſchenſcheu, kalt und abfloßend, nur in der Nähe von 
zwei oder drei Sreunden wurde er warm und dann mar 
er der jovialfte, herzlichſte Menſch. Befondere Neigung 
batte er, wie fon erwähnt, zur Jagd, welcher er jede 
"müßige Stunde widmete und der zur Liebe er fib aud 
| Haba und Wagen bielt, um täglich, befonderd während 
e 
i gnägen nachgeben oder nachtohren zu fönnen. Unter 
iefen Umftdnden konnte auch ploͤtzlich ſchlehtes Weiter 
eintreten, Sch. war dennoch puͤnktlich um 5 Uhr im 
Theater, kleidete fib an und fpielte die anftrengendfte 
Role, ohne daß er nur eine Spur von Müdigkeit oder 
Anftrengung bliden ließ. Man erinnert fi nicht eines 
als, wo er zu ſpaͤt ins Theater gefommen wäre oder 
einetwegen bätte gemenet werden müſſen, denn — die 
übne war feine Welt. — Auch erinnert fi Feiner feis 
ner $reunde, ibn jemald in einem Zuſtande gefehen zu 


baben, der einen übermäßigen Genuß geiftiger Getränfe 


verratben bitte. Er lebte böchft einfad und mäßig, aß 


- 


ined zebnjährigen Aufenthaltd zu Bredlau, feinem Bere 


oft, aber immer nur wenig und erfreute fi deshalb dis 


kurz vor feinem Zode der beften Gefundbeit. — Sch. 
mar ſchlank gewachſen und in feinen Bewegungen außer> 
- ordentlich gewandt und bebende, weßhalb er gern als 
ein Mann von großer Sörperfraft gelten wollte, von 
: der er nicht felten bei feiner augenblicklichen Heftigkeit 
Gebrauch machte und auch wirklich meiftend den Gieg 


Davon trug. Alles, was er that, geſchah mit einer ge= 


wiflen Hettigkeit, feine Unternedmungen mußten ſtets 

fhneu ausgeführt werden, er bandelte, ohne fich lange 

& bedenfen und Daher gar oft zu feinem Nadıpeil, — 
n 


föner Zug feined Charakters war die Bereitwillige‘ 


‚ keit, mit welcder er Ungluͤcklichen beiftand; obgleich fonft 
nit freigebig. fdenfte er oft verfhmwenderifh, wenn 
er ſich perfönlih von der North feined Mitmenſchen übers 


‚geugt hatte. Er war ſtets der Erfte, wenn ed galt, einen 
bedeutenden Beitrag zur Kollekte für einen armen Koller 


en. zu fpenden. — Auch feine Pferde und Hunde be 
Bandelte er mit großer Sorgfalt; fobald ein-Pferd im 
Dienft unbraucbar wurde, verkaufte er. ed nicht, fons 
dern lich eö lieber tödten, damit das Pferd von feinem 

N. Rekrolog. 15. Jahrg. 32 


° 


BG 


498 — Schmelka. 


fünftigen Herrn im Alter nicht noch gemartert werden 
(otte. Er war ein durchaus rechtlicher Mann mit dem 


genen Herzen. Wiſſenſchaftliche Bildung batte er wicht, 


onnse er nicht haben, Da er ſich fon in früdelter Tugend 
der Bühne gewidmet und durch mebrere Jahre ein Pos 
madenfeben geiübrt hatte. Indeß befaß er einen geſun— 
den Derfland, ein richtiges Urrbeilövermögen, er la 

gera und viel und mußte dad Gelefene auch zu ver 
dauen. Kine feiner fchönften und in unfern glädlichen 
Tagen feltenfien Eigenfdaften war, daß er Leuten, 


weiche mebr mußten, ald er, Gerechtigkeit widerfahren 


ließ, ibnen unsmeideutige Beweife feiner Achtung gab. 
ean in unferer Zeit jeder flade Menſch es ſich jun 
eſchaͤfte macht, jeden mebr Wiſſenden, jeden böber 
Srehenden zu mißdandeln, zu begeifern, ſo börte man 


"aus dem Munde Sch.'s. der freilih ſelbſt auch etwas 


war und daber auch Gefübl für den Werih Anderer 
baste, die Worte: „Es it ein verfludter Kerl!“ dur 
welche er feine Bewunderung, feine Achtung an den 
Tag legte und melde aus feinem Munde, bon einem 
Blicke des fprecdenden Auges,” von feinem belebten- 
Mienenfpiel begleitet, Eräftiger wirkten, als die zierlichſte 
Lobhudelei eines verfhrobenen, modernen Genies. Doc 
freinebig mar er mit feinen Tobfprücen keineswegs; der 
Mann, welchem „ein verfluchter Kerl“ zugetheilt werden 
olite, mußte wirklich eine feltene, ungemwöbnlide Ers 
deinung fein. Wenn er von Ludwig Devrient *), vor 


welchem er die größte Ehtfurdt batte, ſprach, eine fei« 


ner Darſtellungen analyßrte, fo fchloß Die feurige Rede, 


De wie ein reißender Bergkrom von feinen Lippen 


braufte,, ſtets mit dem Eräftigen: „Es ift ein verflucter 
Kert!“ Führe Jemand eine Stelle Scillerd an, fo 
blieb „der verfluchte Kerl“ nicht aus und ed if zu glau⸗ 
ben, daß Schiller ſelbſt, wenn er fonft feinen Manıt 
gekannt bätte, dieſes Lob nit Übel genommen haben 


würde. Wollte man gerade bebaupten, daß fib auch 


andere Dhrafen finden ließen, um Bewunderung und 
Ehrfurcht auszudrücken, fo kann dad nit in Abrede ges 
ſtellt, doch bemerkt werden, dag Sch. nun einmal zu 
den kräftigen Naturen gebörte, daß er fräftig war in 
Alem, wah er that und fprad und daß, was bier wohl 
die Hauptſache fein dürfte, Worte, die in dem Mund 
eines Andern durchaus nicht angenehm gelautet hätten, . 


e) Defien Biogr. f. im 10. Sabre. de N. Nekr. ©. 810, 


b 














Schnecke 499: 


in feinem Munde mit des ermähnten Begleitung recht 
wohl fi bören ließen. Merfmürvdig it fein Widerwillen 
gegen Zöpfe, er eiferte gegen dieſes Requifit vieler Kos 
mifer, mo er nur fonnte, felbfi wenn der Zopf durdaug 
zur Rolle gebörte, entſchloß er fid nur nah langem 
Widerfireben , einen folden ju tragen. In dem Grade, 
wie er die Zönfe bapte, liebte er feltene Tabadsdofen 
und alte Taſchenuhren, deren letztern Konftruftion je 
fünfiliwer fie‘ war, je mehr ihn erfreute. Es gewährte 
ibm ein großed Vergnügen, alte Uhrwerke aud einander 


zu nehmen, um fie dann wieder zufammen zu fegen. . 


Died war auch feine legte Beichäftigung, bevor die Uhr 
feined Lebens abgelaufen. — Mit einer feltenen Rüftige 
feit und Kraft gebörte Sch. noch in feinem 60. Jahre 
der Bühne an; erft Furze Zeit vor feinem, Tode bemerkte 
er eine Abnabme feiner Kräfte, welche jedoch fein im 
mer reger, faft jugendlicher Geiſt zu erfeßen firebte. Ein 
Magenübel, das fi erft im Alter bemerkbar machte, 
war der Heim feines Todes. — Am 2. April_1837 trat 
er alö Herr. 9. Papendedel in dem komifchen Singfpiel: 
Die Schweſtern von Prag“ zum legtenmal auf. Er 


fpielte diefe Role noch mit Dem beiten Erfolg und zur‘ 


rößten Zufriedendeit des Publifums, nur feinen Kol 
egen entging nicht, Daß ſich feiner eine ganz befondere 
innere Aufregung bemächtigt batte. Bei einer Furz dar 
auf angefegten Wiederholung des Stüds meldete er 
fib unmwobl, erbot ſich jedoch — fall feinetwegen die 
Borftelung abgeändert werden follte — feine Role zu 
fpıelen. Hätte fein Direktor, der Kommiflignsrarh Eerf, 


dem Sch.’5 krankhafter Zuftand befannt mar, bei fchrifte - 


licher Berfiberung, daß für feine Zufunft geforgt fei 
idn nicht auf zwei Monate zur Stärkung feiner Gefund» 


beit beurlaubt, er würde fi gewiß halb todı zum Thea» 


ter geſchleppt und auf der Bühne. feinen Geift ausge⸗ 


baut baben. Zwei Tage -vor feinem Tode bat er: 


"man möge ibm nur feine Rollen nidt nehmen! — Am 


- 27. April, Abends gegen 7 Wr, alfo kaum 4 Woden - 


nad feinem legten Auftreten farb Sch. nah einem fur, 
en aber fhmerzbaften Stranfenlager zu Pankow bei Ber—⸗ 
lin, wo er fich vor einigen Jahren angefauft, treu gepflegt 
: von einer Sreundin, der jungen Gattin des vor einigen 
Jahren verftorbenen berühmten Shaufpieler Sol; *), 


7 S.N. Nekr. 12. Jahrg. ©. 110. . 





32 * 


? 


600 Schnmella. 


den er in feiner bülflofen Urmutb unterhalten und 
epflegt hatte. Die feierlibe Beerdigung feiner Leiche 
fand am 4. Mai früb um 9 Ubr in Pankow flatt, 
Das gefanımte Perfonal des Königekädeifhen Theaters, 
mit Inbegriff der Orcheftermitglieder, bis zu den, unter 
ftien Somparjen und Zbürftebern berab, barte ſich einges 
funden, dem Dabingefwiedenen die leßte Ehre zu er. 
meifen. Seinen, fpeciellen Kollegen hatten fi einige 
Mitglieder der fönigl. Bühne und eine fo große Menge 
von Freunden und Verehrern angeſchloſſen, daß das 
Trauerbaud fie nicht alle aufzunehmen vermodte. Der 
mit Sränzen gefhmüdte Sarg wurde dader auf dem 
lage vor dem Haufe, welcher mit Zaufenden von Zus 
bauern angefüllt war, aufgeitelt und bier war cd, wo 
ber Regiffeur Sende Dem Undenfen feines Sreundes und 
Kollegen einige tief ergreifende Worte widmete, in mel. 
chem er befonders Des Verluſtes gedachte, den Die Kunft 
durch fein Dabinjweiden erlitten. Zmdlf Mitglieder Der 
Hönigstädtifben Bühne trugen bierauf den Sarg nad 
dem Kirhbofe, mo der Geilllibe. des Orts die Leiche 
empfing, um ibr den Gegen der Kirche zu ertbeilen. 
Mac diefer Geierlichkeit ertönte eine von dem Sapell«“ 
meiter Fran; Gläfer Fomponirte und vom Drcheiter und 
dem Chore des Theaterd audgefübrte ZTrauerfantate, bei 
deren Schlußvers der Sarg in die Erde gefenft wurde. 
Die meibliden Mitglieder der Bühne warfen ihm Stränge 
. and Blumen in die Gruft. Eine ZTodtenfeier ganz eis 
gene wahrbaft rührender Art war dem enitfclafenen 
inftler durch Rott (Mitglied ded Staͤndiſchen Theaters 

zu Peſth) am Tage vor der Beerdigung im Koͤnigsſtaͤd⸗ 


. tifden Theater bereitet. Als das zahlreich verfammelte 


Bublifun dad von ihm im Raimundfhen „DVerfämwen- 
Der“ vortrefflich vorgetragene Hobellied da Capo Vers 
Tangte, fang. er auf jene tief ergreifende Melodie fols 
gende zwei vom Herrn v. Holtei gedichtete Verſe: 
| ‚.. Da rufen I’ mich auf's Land binanß, 

Ja Pankow heißt der Ort; 

Da tret ich in ein Zrauerhauß, 

Ein’n Sarg, den brauden f’ dort; 

Ein Sarg fhredt fonft den Tiſchler nicht, . 
Doch dieämal thut mir’d mwebe; 

Und ſchwer wird mir die ernfle Pflicht, 

‚ . Wenn ich den Toden febe. 


' u 


⁊ 








« 


— gobel. 401 


Er war in dieſem Beit'ren Haus 
So lange gern geſehen; 
Halb ſterbend erſt ging er hinaus, 
Run iſtes um ihn geſchehen. 
Tod wär’ nun, der fo oft erſtrebt, 
Was Ihre Sunft ihm bot 9 
Nein, wer in Ihrem Herzen Icbt, 
Nein, nein, der tft nicht todt. 


*16863. 9. Eberhard Zobel, 
Kapitular u. Senior des Denediktinerſtifts zu Biecht in Ayrol; 
geb. su Schwat den 14. Apr. 1767, geft. den 27. Apr. 1881. 


‚ Sein Bater war ein.allgemein _gefcbägter Arzt, der 
feinen 3 Söhnen eine forgfame Erziehung angedeiben 
ließ; er ſelbſt untersichtere fie auch in den Anfangdgrän« 
den der lateiniſchen Sprache. Alle 3 widmeten fich dem 
geiſtlichen Stande; der eine farb als kaiſerl. Hofpredi⸗ 
ger in Wien; der andere war Domprediger in Briren, 
zuleyt Regierungsrath in Linz. Eberb, 3. trat 14773 in 
das Benediftinerfift zu Fiecht, wurde dort am, 19. Febr. 
4780 zum‘ Priefler geweibt und dann auf Gtiftöpfarreien 
in der Seelforge und einige Zeis auch im Lehrfach als 
Drofeffor am Gymnaſium zu Dieran verwendet. — Bon. 
Augend auf zeigte er eine große Vorliebe und ein fehr 
gluͤckliches Talent für zeihnende Künfte und verwendete 
einen großen Theil feiner freien Stunden zur Uebung 
im Zeihnen und auch im Malen; dabei war er, fo weit 
“ed feine beſchraͤnkten Sträfte zuließen, ein febr fleißiger 
Sammler von Kupferſtichen, — und Ge⸗ 
maͤlden. Aber er ſuchte nur Erholung und reines Ver⸗ 
gnuͤgen, ohne den mindeſten Anſpruch auf den Namen 
eined Künftlerd zu machen. Dafür hat er ſich aber durch 
-fortgefegted Studium und Durch forgfältiges Beobachten : 
und Dergkeihen zu einem fehr gründlichen Kenner und 
Beurtbeiler in Kunſtſachen gebilder. — Als unter der 
baier.. Regierung nebft andern auch dad Stift Fiecht aufe 

eboben wurde, Äbertrug er einen großen Theil feiner 
Tankfemmlungen nah Schwatz, wo fie bei dem großen 
Brande diefed Marktes 1809 verbrannten. So tief ibn 
Died ſchmerzte, bielt ed ihn doch nicht ab, wieder von 
- vorn anzufangen und fein Sammeln, fo viel er es vers 
mochte, fortzufegen. Als nah dem erfebnten Wieder⸗ 
eintritte der Öfterr. Regierung das Stift wieder berge« 
ftellt wurde , trat er in daſſelbe zurück und widmete fü 


* 


502 Ei, ‚Müller. 


dann neuerlid und zwar bis 1820 auf dem Lande der 
©eelforge, worauf .er in demſelben Jabre wegen feis 
ned vorgerückten Alterd und feiner Öftern podagraifcen 
Krankdeitsanfaͤlle in dad Stift zurüdberufen wurde, das 
er dann bid zu feinem Tode nicht wieder verlaffen bat. 
Was und Diefen Mann befonderd merkwürdig macht, 
iR der Unterricht und die Anleitung, Die er mebreren 
Jünglingen unentgeltlich gab, bei Denen’er gute Anlagen 
u unft entdedte. So batte ihm der rübmlıch befannte 
ildſchnitzer Joſeph Hell die erften Begriffe von Kunſt 
und den erften Unterricht zu verdanken, er war der erſte 
Lehrer des aligemein geihägten Hiflorienmalerd Joſeph 
Arnold. Zu feinen Schülern gebörten ferner der Maler 
Johann Arnold zu Stans, der Maler Johann Ehtfelder 
u Schwatz, der Landſchaftszeichner 2 . Gentner nun au 
‚Wien, der Mater Joſeph Hobened, dermalen an der 
en zu Münden, der boffnungsvolle, leider zu 
inden noch kurzem dortigen Aufentbalte verftorbene 
de Pırkl und der Bildbauer Yuber zu Kuefſtein — 
iefe feine Schüler unterrichtete er auch in der Art, 
alte und befhätigte Gemälde mit gebbriger Vorſicht zu 
EINIBER. worin er fehr erfahren und alüklib war und 
womit er fib zum Zeitvertreibe gern befcäftigte. Sein 
nun im Stifte Fiecht aufbemwahrter Kunſtnachlaß beftebt 
aus einer Fleinen Anzabl von Gemälden, unter Denen 
befonder8 einige altdeutſche und altitalienifbe Städe 
ch auszeichnen. Yuc find darin einige frühere Stüde von 
einem Lieblingsſchüler Joſeph Arnold. Dozu kommt 
eine Sammlung von. Kupferftiiden, von Holzſtichen Al 
brecht Dürerd, mebrere Handzeichnungen und eine Samm⸗ 
fung von verf&iedenartigften Gipsabgüͤſſen. 

? ®. 2. Thiem. 


* 164. Andreas Chriſtian Müller, 
Doktor dee Medicin und Chirurgie zu Hadersleben; 
geb im Jahr 1811, geft. den 28. April 1837. 


In _der ſchleswigſchen Stadt Haderöfeben erblickte 
unfer M. das Licht der Welt. Zrüb einen nad willen 
ſchaftliger Ausbildung ſtrebenden Geiſt zeigend, ward 
er dem Gelebrtenftande beſtimmt und befuchte Daher Die 
Gelehrtenſchule feiner Vaterſtadt. Auf der Univerfität 
zu Kiel widmete er fih der Medicin und Chirurgie und 
“ War mit ſolchem Eifer, daß er dadurd feine Gefund» 

heit ſchwaͤchte. Im Jahr 1836 ward er dort mit vielem 


i * 


‚® [2 


4 








Neuhaus — Schumacher. 505 


Lobe zum Doktor creirt und Febrte nun nad Hadersle⸗ 
ben zurhid. Aber feider wurde er bier batd ein Opfer 
feiner übermäßigen Anftrengung. Er verſchied fon am 
oben genannten Tage, umgeben von feinen Eltern und 
einer liebenden Braut, wenig über 26 Jahre alt, Der 
Titel Jjeiuen Sjnauguraldifputation iſt uns nicht befannt 
geworden. ; 
Crempdorf. | Dr. 9. Sdroͤder. 


* 165. Karl Ludwig Neuhaus, 
Rentmeiſter in Dffelten bei Oldendorf (Weftpbalen); 
geb. d. 30. Ian. 1762, geft. d. 28. April 1887. 


- N. haste fib der Defonomie gewidmet und nachdem 
er medrere Jahre Verwalter gemefen mar, verbeirathete 
er ib am 28. Febr. 1783 mit Sophie Wilbelmine Ab 
baufen aus Hova. Nun verwaltete er mehrere adelige 
 Büter in dem Regierungdbezirt Minden und wer zuleßt 
Rentmeifter zu Waghorſt. Vor mebreren Jahren gab er 
indeffen dad Gut ab und zog zu ſeinem Sohn, der Rent 
meifter zu Dffelten bei Didendorf if. Hier: beſchloß er 
auch rubig fein Leben. Seine Gattin, mit der er in einer 
wahrhaft glücklichen Ehe lebte, und welcer fat 10 Jahre - 
ölter als er, mußte ihn ſcheiden feben. — N. war trog 

feined Alters noch immer thätig und unterſtuͤtzte feinen 
Sobn auf jede Weife,. fo daß er noch am Tage vor ſei⸗ 
nem Siranfenlager für denfelben die Butsrednung an—⸗ 
fertigte. Der andere noch lebende Sohn if Oberbauin⸗ 
(peftor in Stargard und leitet jegt vo:zügli den Bau 
der Eifenbahn von Potsdam. Die einzige an den Kreide 
fetrerär Heidſick zu Luͤbbecke verbeirathete Tochter ſtarb 
.. einige Jahre vor unferm Neuhaus. Arendt. 


166. Wilhelm Schumacher, 
Schriftſteller und Redakteur des Dampfboots zu Danzig; 
‚geb. den 3. Jan. 1800, geſt. den 28. April 1887 *). 


Schumacher lehrt und durch fein Beifpiel, mad der 
Menſch unter Den widrigfien Lebensverhaͤltniſſen odne 
Beipülfe aus fi ſelbſt und Durch fich ſelbſt werden kann; 
infofern iſt er eine hoͤchſt merkwürdige Erf&einung. Er 
war zu Danzig geboren und der Vater, damals ein Fuhr⸗ 
mann, lebt noch jegt ald Regierungsbote und wird wer 





v 


- 9) Danzigee Dompfboot 1887. Nr. 5R, 


- 








gen-feiner Treue und Unverdrofienbeit won feinen Bpr 
efenten geliebt. Leider fonnte ibm derfelbe nicpt die 
Aushildung geben, welcher feinem Geiſte zuſegte; bätte 
unfer ©. einen zeitigen und ee igen Schulunters 
sicht genoffen und dad Schickſal ihn in feinem Juͤng⸗ 
lingdalter zum Studium die Gorgenfreiheit verliehen, 
wie fie die Entwidelung feiner Pbantafie, fein Gedaͤcht⸗ 
nis und feine Auffaſſungsgabe heiſchten, fo würde er 
vielleicht einen europäifmen Namen zu Grabe tragen. 
©ein Bater lehrte ihn lefen, einiger Privatunterricht 
bat ibm etwas Franzoͤſiſch, Polniſch und Landcharte beis 
gebracht, ein-halbed Jadt bat er eine Freiſchule befucht, 
Diefes iR fein ganzer Unterricht gewefen, Unter Pferden 
und Straßenjungen wuchs er auf; _ald Dreizebnjäbriger 
Knabe zwang ihn die Noth der Belagerung aud Der 
Stadt und er trieb fid bis zu_deren Einnahme unter 
Bauern und Sofaten umber. In diefem der Entwide 
Iung feiner Talente nicht günftigen Jugendleben leuchtete 
doch feine Phantaſie und fein warmes Gefühl oft bero 
vor; ald Kind machte er ſchon Derfe, erfand -wunderlide 
Gefchichten und erzählte Mähren aus dem Gtegreif. 
Seine Kinderjabre bezeichnen viele Linfälle, die feinem 
Leben Gefahr drobten. Er kam mit einem ungeflalteten 
Kopf und Gefiht zur Welt, welches erſt mübfam nad 
und nad in eine ovale Form gedrüdt ward; im. fechften 
Sabre zerfhmetterte ein Fall auf eine ſcharfe Wagenaxe 
ihm den vordern Theil des Schädels, die Narbe — 
nahm er mit ind Grab, im achten Jahre fiel er drei Stod 
bob aus dem Fenſter, bald Darauf verfank er in einen 
riefenhaften Heudaufen und ward nur mit Mübe geret- 
tet, ebe er erfticfte und zmeimal ward er wunderbar aus 
den Wogen der Oftfee gerettet. Die Lektüre der Bis 
bei und der trefflihe Religionsunterricht des Superin⸗ 
tendenten Chmalt legten bei ibm den Grund zu dem 
reinen religiöfen Sinn, welder ibn befeligte und ihn 
ser den Anhauch der Zeit, die Giftnebel der Lüfte und 
ie Stürme des Schickſals in fpdterr Jabren fiegen 
ließ. Bon feiner Mutter if wahrſcheinlich der himm⸗ 
liſche Funke des Genies auf ihn vererbt, denn fie mar 
‚nad ihrem Stande belefen, liebte dad Theater und pflegte 
bei ©. dad auffladernde Laͤmpchen der Poeſie. Nah 
ihren Wünfden ſollte er nid die Belagerung beendigt 
war, den verfäumten Elementarunterribt nachdolen un 
foäterbin Theologie ſtudiren, aber fie farb, die Vermoͤ⸗ 
gensumfiände des Vaters hatten fi verringert und ©. 


504 A 





Schumader. 505 
mußte u einem Sattler in die Lehre. Um 8 Udr an den 
Näpkloben, Öffnere fi erſt Abends 10 Uhr feine Schlaf: 
fammer;' dennoch beflegte der Geiſtestrieb, weicher jetzt 
erwacdhte, feine Müdigkeit. Wo er ein Bub badda 
werden fonnte, foleppte er es in feine Zelle, lad bis 
tief in die Nacht hinein und verwandte nicht felten fein 
geringes Srübftädögeld zum Ankauf ded Lichtd. Nah 
Beendigung der Lehrjahre diente er bis zum 21. Jahre 
als Soldat und befuchte die fo doͤchſt woblihaͤtigen Sol⸗ 
datenfchulen, feine Dienftfreien Stunden widmete er dem 
Selbſtſtudium. Dad Morgenroih fand ibn pft bei dene 
ſelben Bud, mo dad Abendroth ihn- verlaffen hatte; er 
las viel, beſonders Geſchichte und vaterländifhe Dice 
ter. Hierauf ging er als Sattlergefell auf die Wande⸗ 
rung. Als Soldat erwadte feine poetifhe Ader und 
auf feiner Wanderung erwarb er fib in Breslau dur 
ein Gelegendeitsgedicht dad Wohlmollen des Färften P.. 
in deffen Gefolge er die oͤſtreichiſchen Staaten durchreiſte 
‚und dabei den Unterricht und die Belehrung feined por 
meiſters genoß. Nach zwei Jahren kehrte er zu feiner 
Daterftadt zurüd, wo j glei eine Nachricht empfing, 
die den tiefften Eindrud auf fein Gemuͤth ntachte: einer 
ſeiner Brüder batte go Tags vorber ın einem Anfall 

von Wahnfinn eine Kugel dur den Kopf gejagt. Es 
war unfrm &. unmoͤglich, zum Näbfloben zurüdzufede . 
ren, fein Geiſt batte ſich ſchon zu fehr audgebilder; er 


ſchrieb daher Gelegenheitögedichte, die ihm oft mit 5° 


bis 10 Sgr., oft au wohl mit einem Thaler und eins 
. mal fogar mit dreittbalern bonorirt wurden. Noch eine 
mal faßte er den Entfchluß, dem Wunfd feiner verftore 
benen Mutter nachzukommen und Theologie zu ſtudiren, 
aber der Mangel an allen Mitteln und fein vorgerüdtes 
Alter hielten ibn davon zurüd, doch erfaltete fein Stre⸗ 
ben nad Erweiterung feined Willens nit und dankbar 
erkannte er oft die Güte des Direktor Löfhin an, der 
einen Durft nach Belehrung aus den Schägen feiner 
ibliothek ſtillte. Mit einem unfäglichen Fleiß machte 
er Auszuͤge, ſchrieb Bemerkungswerthes ab und eignete 
ſich aus allen Faͤchern des Wiſſens ſo viel an, wie er 
vermochte. Ohne Mittel, ohne kenntnißreiche Natdger 
ber, ohne verſtaͤndigen Freund ſchritt er vorwaͤrts, erml« 
dete oft, verzmeifelte und ward wieder durch eine innere 
Stimme gefräftigt und angetrieben, fortzuarbeiten, düte 
ten Umftände fein Studium begünftigt, bätte er £ehrer 
gehabt, hätte er auch nur in Berlin, Wien oder Paris 


elebt, wer Hr ju welcher Stufe Ihe fein eiferker 
leiß, feine Au affungs. und Erfindungdgabe, fein Ges 
daͤchtniß und feine Pdantafie erhoben hätten. Er beira 
ibere im 23. GTahre, aber mit der Ebe traten auch bie 
Nadrungsforgen ein, er Eonnte durch literarifche Arbei- 
ten nicht fo viel erſchwingen, wie er bedurfte, ließ Ach 
daber in kleine Handelsſpekulationen ein, verlor, von 
Sreunden geräufcht, Alled und mußte zulegt fogar auf 
dreiviertel Jahr in den Schuldthurm, mo er denn freis 
lid Muße genug batte, zu Audiren; Kant, Herder, Leſ⸗ 
fing, Seumg, Voltaire leiſteten ibm freundlich Geſeuſchaft 
und feine Sreundin, die Bibel, Hüfterte ihm ſtillen Tron 
- und Seftnung iu. Die Ankunft der Dem. Sontag gab 
ibm Gelegenbeit zu einigen dumoriſch⸗ſatyriſchen Schrift⸗ 
den und Gedichten. Hierdurch und dur die Deraud- 
gebe ea Adreßbuchs (letzteres freilid eine troflofe 
rbeit für einen Dichter) befreite, er ſich aud dem Ges 
fängniß._ Jetzt geſtalteten fi feime pefunidren Berhälte 
niffe befler, er arbeitete für fremde Zeitfchriften und gab 
. einige Romane berauß; dabei war er a Belegen 
beitöpoet, ſchried (wie er ſelbſt ſagt): 
£iebeöbriefe,, Bitt: und mpertinenzichreiben, Vermaͤb⸗ 
lungd+ und Empfeblungdgedidte, Stammbuddaufläge, 
NAundgefänge und Trauerklänge, kein Konditor fabrizirge 
fo verfdiedenartige Waare. Doc bald trat die Cholera. 
keit ein und mis ihr die Zeit des Mangeld und- der 
Notd, denn Niemand Pak jegt an Gedichte und Ma- 
nuftripte Fonnten undurchloͤchert nit verfandt werden: 
da ſchrieb er feine witzigen Eholerafatfren, welche in Tau⸗ 
fenden von Eremplaren vervielfältigt und ind Engliſche 
und Daͤniſche Überfegt wurden und fo mußte ibm die 
böfe Krankheit Mittel geben, fi zu erhalten; denn er 
ſelbſt gab den Gewinn durch dieſe Satyren auf 600 Tha« 
ker an. Noch größer war der Gewinn für die Menſchheit, 
indem er.der Gabe eine beflere Geite abzugewinnen 
‚wußte, die Gemuͤther beruhigte, der Furcht entgegenwirkte 
und das Moto feiner Satyre: „Nur nit aͤngſtlich“ 
- ward der allgemeine Seldruf gegen. die Krankheit. Nach 
dem Abzug derfelben frieb er 'den Fleinen bifloriichen 
. Roman! „Zahariad Zappio,“ zum Beſten der Samilie 
eined enticlafenen Freundes und Beiträge zu Taſchen⸗ 
büchern und Zeitichriften, wozu, er vielfache Aufträge er⸗ 
bielt. Im Jahr 1831 gründete er DRS „Danziger Danıpfe 
008.” Er verfprab: daß es eine Zeitfchrift für Geiſt, 
Yumor, Satypre, Poefie, Wels. und Volksleben, Korte 


—⸗ 








evatter⸗ und 





[3 ! j 


- 


Schhumachert. 807 


fpondens, R, Literatur und Theater fein fellte und 
bat redlıh Wort gehalten; fein Geiſt und fein Humor 
waren unerichöpflih zu nennen, wenn man bedenkt, Taf 
er ed fech8 Sabre leitete, fa ſtets mit eigenen Auffänen 
füllte und. nur felten einen Mitarbeiter fand. Das Pur 
blifum bat dieſes anerkannt, denn mit 300 Subffriben« 
ten lief eö vom Stapel und mit mehr ald 900 ward dab 
Verlagsrecht deſſelben am Schluß des Jahrs 1836 an 
die Gerhardſche Buchhandlung übertragen. Uber ed bat 
nicht blos unterhalten, fondern aud genügt. Manches 
Edlen, Nügliben und Vaterlaͤndiſchen ftand ed ald Der 
feter vor, es war ein Feind des Schlechten und Urs 
en, die Muder und Zinfterlinge Nöberte e6 aus ihren 
ulenneftern ohne alles Erbarmen hervor, ed war ein 
35 Richterſtuhl im Dienſte des Lichts. der Redlich⸗ 
eit und der Moral; el Schurken Jieß eb zittern, 
mancdem Thoren zeigte es fein Bild und führte ihn zur 
Erkenntniß, mander dumme und mander ſchlechte Streich 
N: unterblieben, weil man S.'s Öffentlide Stimme rıchr 
fürhiete, wie Dirjenige der Juſtiz. — ©. mar ein gee 
muͤthlicher Menſch. ein treuer Sreund feiner Sreunde, er 
konnte mit ibnen oft fehr beiter fein, er liebte und bes 
Örderte dad Gute, wo er wußte und Fonnte, er war ein 
eind Des Schlechten, mogegen er mit aller Macht Kb - 


 äuffehnte, er war, mie ihn -ein Epigramm benannte, „ein 


Ritter des Lichts“ und Feind der Zinfterlinge ; feine 
Kämpfe mit Delsnig, mit Woife, feine „Sinfterlinge im 
Reihe des Lichts“ find befannt genug. Er war ein _ 
ensbuflaftifder Verehrer feines Königd, des königlihen 
Haufes und ein aͤchter Preuße. Der Monard das feine 


Treue, aber auch fein Taleyt Durch die Derleibung der 


Medaille für Kunſt und Wiſſenſchaft und der Kronprinz 
und deffen Gemahlin dürch gnädige Handſchreiben aners 
fannt. Er war religidd im wahren Sinn ded Wortd, 
dieſes zeigen feine Gedichte, die nicht einen bloßen Kling» 
Elang enthalten, fondern ſichtbar aus dem Innern des 
Gemliths hervorgegangen find. Als Dichter bob er ih 
doch uͤber das Gewoͤhnliche; es iſt auch nicht das Eleinfte 
Gelegendeitsgedicht von ihm anzutreffen, welches nicht 
ein neuer Gedanke oder eine bübfche Wendung auszeich⸗ 
nete und wir koͤnnen viele Gedichte von bober portifcher 
doͤnheit von ihm aufzeigen. Seine Erfindungsgabe, 
ein Wig, fein Humor find oft trefflich, die Geifel feie - 
ner Satpre ſcharf, aber auch hierbei feuchtet immer eine 
gewiſſe Bemuͤthlichkeit hervor. Gern bereute er und 


sos Mon 


nrachte ed dFentlich wieder aut, wenn er unwiſſend und 
ſelbſt getäufcht Jemand verlegt harte. Das Vorgefühl 
eined trüben Todes begleitete ibn ſtets und fpriat fi. 
in vielen Gedichten aus. Die unendlichen Anftrenguns 
gen des Geiſtes, dad Nachtwachen hatten die Maſchine 
aufgerieben, er befam im Winter die Grippe, welche in 
eine foͤrmliche Schwindfugt Äberging. In dem erften 
Stadium feiner Krankheit propbezeit er: „daß er fallen 
würde, wenn die Bäume audzugränen anfingen“ und er 
dar Wort gehalten. Er ſchilderte fein Aeußeres felbft: 
„ich bin groß 5 Fuß 34 Zoll Berliner Maas, Hehe mit 
meinem Gemüth zwiſchen Schaf und Löwe, neige mic 
ober mir meiner Phyſiognomie mehr dem erfiern u; 
mein Angefiht gebört.zu denen, welche überall gleich bes 


. kannt werden und Eingang finden und ald ein Empfeh⸗ 


lungsbrief der Natur zu betrachten find, ich bin gerade 
gewachſen, gebe aber etwas krumm, doch weiß ich nicht 
was mi) dräadt.“ — Außer den oben genannten Wer⸗ 
ten find von ibm noch erfhienen: Die Erftlinge. Eine 
Sammlung Erzählungen, Gedihte und Charaden. Dans 
sig 1826. — Weibl. Scham u. Entartung od. d. Urſa⸗ 
den d. gegenw. Mangels an brauchb. weibl. Dienſtbo⸗ 
ten, fo wie Bemerf, üb. d. Mißbrauch mit D. weiſen Ge⸗ 
fen, welches d. Vater e. unebel. Kindes verurtheilt, d. 
Derpfleaungdgelder f. daſſelbe an d. Stlägerin zu zah⸗ 
len ıc. Ebd. 1826. — Schellenklaͤnge. Scherze, Schwaͤnke, 
Gloffen und Satyren. Graudenz 188. — Momud. Tas 


ſchenbuch f. Sreunde d. Scherzes u. d. Satyre Ebend.. 


41828. — £uftgedränge u. Harfenflänge. Eine Samml. 
rzählungen, Balladen u. Gedichte, Ebd. 1828. — Die 


Eroberung v. Barna durch d. Rufen im 3. 18%. Geo 


legenbeitöfchaufpiel in Verſen, mit Prolog, Gefechten u. 
Evolutionen ıc. Danzig 1829. — Maiblumen u. Berg» 


früchte oder vermifgte Spriften in Poefie und Profa, 


Evend. 1836. 
* 167. Friedrich Ludwig. Otto Mozer, 


vormal. Subrettor am Gymnaſium Friebericianum zu Schwerint 
‚geb, den 4. Junius 1764, geſt. den 29, April 1837. 

... Er war geboren zu Sulz, einem Ealinenftäbtchen 

im Großderzogtbum Medienburg » Schwerin, wo, fein 

laͤngſt verftorbener Vater, Tobann Mozer,; die Bürgers 

meifterftelle .befleidete. Seinen erften Unterricht geno 

er bier theils in der kleinen Stadtſchule, theild von e 








‘ 


ML 970509 


nem Privatlebrer, bid er im Jahr 1777 auf das. Gym⸗ 
nafium zu Greifswald Fam und dann, binreichend vorbe, 
reitet. feinen theologiſchen Kurſus in Roftod made. 
‘ Mnmittelbar nach den Univerfitätsjahren Fonditionirte er 
ald Hauslehrer an verfbiedenen Orten, zuletzt bei dem 
Wmtöverwalter Evers zu Hirſchburg, won wo aus er den 
28. November 1790, in weldem Jabr er fi auch pro 
licentia concionandi batte eraminiren laſſen, auf aut 
Gluͤck über Berlin nad Böhmen ging und, nad manden 
auf der Reife gebabten Drangfalen, ſchon 1791 daſelbſt 
von der deutfch» evangelifhen Gemeinde im Dorie Ha— 
ber, bei Lietesſchütz, im leibmeriger Kreiſe zum Predi— 
ger erwäblt ward. Da gerade ed fi fo traf, daß Deren 
isberiger Geelforger eben, zu einer andern- Pfarrei 
. abgegangen war, Sehr Iäflig, und drüdend war jedoc 
dier feine Lage, da die Gemeindeglieder, weiche lich zu 
einem Berhaufe dielten, auf medrere Dörfer zerſtreut 
waren und aud den katholiſchen Ortspfarrern Gebühren 
bezahlen mußten. Wiewohl er fih nun bier in Furker 
Zeit die größten Verdienſte erwarb und auch feine Ges 
meinde fehr mit ibm zufrieden war, fo gefiel er ih doch 
in dieſem Derbältnifle keineswegs und er gab daher die 
Stelle im Jadr 1793, freimiuig wieder auf und kehrte 
nach Mecklenburg zurüd. Nach vielen, ‚auch im Vaters 
‚ land verlebren trüben Jahren, während er, ungeactet 

medrfacher Anforderungen, immer obne eine Wiederver. 

forgung AeblIebEn, wie man fagt aus dem Grund, weil 
er fich gleih anfangs die Ungunft eined Mannes, von 
dem damals die Befegung falt aller Pfarr, und Schul⸗ 

ellen im Lande weſentlich abbing, zugezogen babe, ers 

ielt er endlich, da er ald Privatlehrer zu Wittenberg 
lebte, die Vokation zu einer olaboratur an der Doms 
faule, dem jegigen Gymnaſium Sriedericianum, in Schwes 
rin, woſelbſt feine Einführung im November 1809 er. 
folgte und er den 20. April 1814 ind Gubreftorat aufs 
rüdte. Neujahr 1832 beftimmten nicht allein böbere Jahre, 
fondern auch eingetretene Kraͤnklichkeit ihn, mit Geneds 
. migung des Scholarchats durch Vereinbarung mit einem 
Gedälten, den er der Schulbehörde ſtellte, die notdwen⸗ 
Dige Ruhe zur Wiederberfielung einftweilen zu gemin« 
‚nen. Die mittelbare Verbindung, in welder dur dieſe 
Snrigtung der Dergmwigte einftweilen mit der, Anftalt 
blieb, an der er 23 Jahre bindurh mit eigenthümlicher 
und um auögefegter Lebendigkeit des Geiſtes, befonderd die 
neuern fremden Spraden In den obern Klaffen, fo wie 


- 516 Sein. 


Das Kateinifche und die Geſchichte in den mittiern Klaſ⸗ 


. fen gelebri hatte, warb jedoch Jobannis 1833 gänzlich 


aufgehoben, da ihm die erbetene völlige Ruhe bewilligt 
ward, worauf er am oben genannten Tage nad) einem 
dreiwoͤchentlichen Krankenlager verfhied. — Der Vers 
ewigte mar ein febr vielfeitia gebildeter Mann und ein 
großer Schau von Kenntniſſen und Lebenderfahrungen 
machten ibn zu einem guten Gefellfchafter, der durch 
Wis und imnier gute Xaune, felbft durch darmloſe Sa⸗ 
ipre, jedermann anzog. Auch zeichnete er fib durch 
wande andere — — durch ſtrenge 
Rectlichkeit. Wodlihaͤtigkeit, Biederſinn und eine ſcharfe 
geſunde Urthdeilskraft aus. Von früheſter Zeit an jedoch 
gewohnt; feinen Umgang auf Wenige zu beſchraͤnken, fab 
wan ihn nie an Öffentliben Geſellſchaften Theil nehmen, 
wogegen er zu Haufe gern Befube annahm und Dann 
im bödften Grade gaftfrei war. Zu Schwerin beſchaͤf⸗ 
tigte er ich, außer feinem eigentlichen Berufe, mit Pri⸗ 
varunterricht, befonderd im Franzoͤſiſchen und Englifchen, 
welche beide Sprachen er gan inne batte; aus nobm 
er oft Spmnaflaften in feine haͤusliche Auffiht. — Vers 
beirather batte er ſich ſchon ald Privatlehrer zu Witten» 
burg mit Henriette Schaller, einer Tochter des daſelbſt 
am 26. Januar 1772 verftorbenen Predigerd Tod. Heinr. 
©cdaller,. mit. welcher er biß an fein Ende doͤchſt glüds 
lich, jedoch kinderlos lebte. — Bedrudt hat man von 
ibm: Ueber feine Sührung nad Böhmen zu einer evan- 
gelifhslutberifden Gemeinde, über feine vormal. dorti⸗ 
gen Berhältnifle u. Lagen als Prediger, nebit d. Grün 


. den feiner Ruͤckkebr in fein Baterfand u. einigen in dem» 


felden nachder gemachten Erfabrungen, in d. neuen Mo⸗ 
re und für Medienburg. 1800, 9. 9 und 


Ener. Fr. Brüffow. 
* 168. Karl Joſeph Stein, 


- Guratuß zu Rothenburg an der Zauber ; 
geb. den 28. Sanuar 1806, geſt. den 29. April 1887. 


& 


Stein wurde am %8. Jan. 1806 zu Bamberg auf 


einem Stein gefunden, von dem er auch. feinen Namen 
bat und einer armen, aber febr braven Witwe zur Er- 


ziedung gegeben. Frühe fon entmidelten fi in ihm - 


vortrefflide Unlagen. Mienfhenireunde nabmen ſich 
darum feiner ıhätig an und ließen ihn ſtudiren. In al- 


— 


Eos 





Wuͤnſh. 312 


len Schulen erbielt er faſt immer die erſten Preiſe. 
Waͤhrend ſeiner Studienjahre lebte er wieder von den 
Wohlthaten, Die ibm reihlic zufloſſen und von Stipen, 
bien. Nah feiner Aufnahme in dad Slerikalfeminar 
- ward er am‘25. Sebruar 1833 zum Prieſter geweiht und 
fam bald darauf nad Pottenfein als Kooperator, biers 
auf nach Priefendorf ald Pfartverweſer, dann na Kiens. 
: berg als Lofalfaplan und endlid nad Rothenburg al 
.Curatus. Er ſuchte auf diefen Pollen Allen Alles zu 
werden und bat fib dad Lob eines tüchtigen Hatechten, 
eines guten Predigerd, eines theilnebmenden Zreunded 
und die Achtung der Karholifen und Proteflanten in 
gleid großem Grade erworben. Seine hochbetagte Muts 
ter pflegte er bis an feinen Tod. Er farb, als Dpfer 
feines Berufs, an den Blattern und binzugetretenem 
neroöfen Sieber; denn die Providirung eined Blatter 
Branfen war die naͤchſte Veranlaflung feiner tödelihen 
Krankheit. | 
Bamberg. ®. a. Thiem. 


169. Karl Wuͤnſch, 


 Kammergerihhtörath in Berlin; 
geb. den 4. März 1798, geft. den 29. April 1837 °), 


, WBünfb wurde zu Grankfurt a. d. D. geboren, wo⸗ 
felbft fein Water an der damaligen dortigen Univerfitdt 
die Stelle eines Profefford der Mathematik und Aſtro⸗ 
nomie bekleidete. Er befuchte das, daſige Gymnaſium 
und ging im Jabr 1810 mit dem vortheildafteften Zeuge 
niß zur Univerfität feiner Vaterſtadt uͤber, doch ſchon im 
folgenden Jahre zog ihn der größere Glanz der neuges 
gründeten: Univerlitdt Berlin an. Hier leate er baup% 
ſaͤhlich den Grund des lebhaften Intereiled fr Wiſſen⸗ 
ſchaft und Kunft, dad ihn, ald ein unumaängliches Le 
bendelement, neben den Arbeiten feined Berüfs beglei« 
tet bat. Im Tabr 1813 wurde er Ausfultator zu Fank⸗ 
furt, 1816 Reterendarius am Kammergericht zu Berlin, _ 
41819 Aſſeſſor daſebſt. 1822 Dperlandägerichtörath zu Naum⸗ 
‚burg und 1825 wurde er in gleicher Dualitdt nach Frank⸗ 
furt verfegt. Diefe Stelle dat er aber nicht angetreten, 
denn auf der Durcreife durch Berlin erbielt er den eb» 


renvollen Beruf, an der Kommiffion zur Revifion der 





*) Allgem. ypreuß. Staatszeitung. 1837. Nr. 142. u. Frankfur⸗ 
ter patriotiſches Wochenblatt. 1837. Nr. 25. 


\ 


4 


512 | Manfch. 


Geſergebung Theil zu nedmen; fpäter (1828) trat er zu 
gleid als Hhlfdarbeiter bei dem Geheimen Dbertribunal 
ein. Aber Taum batte er daS ihm autgettagene Penſum 
für die künftige Geſetzgebung votlendet, als auch feine 
Sefundbeit ſchon fo weit gelitten hatte, daß die Aerzte 
eine längere Rube von Gefchdften und eine Reife in 
dlihere Gegenden für dringend noͤthig eradteten. Mit. 
übe riß er ſich von einem Geſchaͤftökreis los, deſſen 
Wichtigkeit er erfannte, deito leichter aber wurde ed ibm, 
auf Ausfihten Verzicht zu leiften, die fid ibm gerade 
Damals eröffnen wollten. Nachdem ibm zuvor die Be» 
ſtaluung als Kammergerichtsrath geworden, richtete er 
einen Weg nach Italien, wohin ihn zugleich ſeine Liebe 
r klaſſiſche Literatur und Kunſt, fo wie auch für alte 
Kirchenmuſik z0g. Aber weder die Erfüllung eined lang 
ſehnlichſt gedegten Wunſches, noch auch das mildere Klima 
konnten ibn mehr heilen; nah einer Abwefenbeit von 
44 Monaten trat er, wiewobhl wenig geftärft, feinen neuen 
Wirkungskreis an; fein verdoppelter Eifer konnte ans 
fangs die ſchwindende Kraft erfegen, mußte fie aber nur. 
nod ſcdneller aufzebren. In feinen vorlegten Lebens⸗ 
jahre fungirte er zugleich noch als Vorfigender der Kom⸗ 
miffion ded Dberappellationdfenate für das mündliche 
Verfahren. In allen diefen Stellungen bewies er Sleiß, 
Treue und Tuͤchtigkeit. Neben gründlicher Rechtßkennt⸗ 
niß war ibm ein feltener Scharfblick und die noc felte- 
nere Gabe eigen, verwidelte und verworrene Sälle von 
Grund aus ind Klare zu bringen und fie zugleich licht. 
voll, einfach und anziehend darzuftelen. Den Stoff gei⸗ 
fig behderrſchend, mit Ausſcheidung alled Unweſentligen 
den Streitpunft Hinzuftellen, mit logifher Schärfe Alles 
bequem um denfelben zu ordnen und zu gruppiren und 
Diefe Didnung auch in dem fpracliden Ausdrud durch⸗ 
tig und leicht bervortreten zu laffen, dies war die 
ufgabe,; auf die er ein unermüdliched Studium der 
wandte und worin er ſich nie genug zu tbun glaubte, 
wie ſehr auch der Erfolg bereits anerfannt wurde. Eeine 
Darftelungen pflegten die Aufmerkianrfeit zu feſſeln und 
ewäbrten immer eine ſchnell überfichtliche, fidere Grund⸗ 
age Für die Entfheidung; von feinen jüngeren Kolle: 
gen find fie Deshalb ald Mufter der Behandlung gefucht 
und gelefen worden; aber aud über den Gefcäftöfreis 
binaus hätten fie in den fi innerlihft durchdringenden 
Vorzügen der Enappen und oft fühnen Stürze, der geift- 
reihen Klarbeit und einer: fat architektoniſchen Schön- 


\ . 





Wuͤnſch. 418 


beit ibrer Anlage als Kunſtwerke gelten können. Was 
den Werth feiner Arbeiten bei der Revifion der Geſetze 
betrifft, wo ihm das Ederecht und die Gefindeordnung 
pge gein war, fo laͤßt ſich bier nichts andeuten, weil 
die Berathungen darüber im Schooß der hoben Behoͤr- 
den noch nicht geſchloſſen ſind. Nur kurz, aber ausge⸗ 
eichnet war feine Leitung des ſummariſchen Prozefſes. 
enn bier dad Amt des Richters in unmittelbare Bes 
siehung zu den rechtenden Parteien tritt, fo erbielt W.’8 
roßartige Weife, zu denfen und zu fein, in Diefen muͤnd⸗ 
‘ lien Verhandlungen reihe Gelegenheit, gegenüber den 
Parteien, Sachwaltern und Zubörern, fid zu entfalten 
und geltend zu maden. Durbdrungen von dem Zwed 
und Geiſt diefed neuen Rechtsinſtituts, wußte er die 


idm anvertraute Sunktion mit feltenem Gefdid zu bands» 


haben und fie zugleich mit der ESchönbeit richterlicher 
und menſchlicher Würde zu umgeben. Wenn er feinen 
Vortrag geſchloſſen datte, ſchien nichts unentſchieden des 
laſſen und man konnte zweifeln, was mehr zu bewundern. 
ſei, 0b der durchdringende, Alles zurechtlegende Vers 
Rand oder, bei oft widerſtrebendem Gegenſtand, Die edle, 
beinabe Fünftlerifde Sorm. — Denen, die den Hinges. 
ſchiedenen naͤher Fannten, wird er noch unvergeblicher 
fein durch die Charaktereigenſchaften, in denen feine $&+ 
higkeit murzelte und dur Das Herz, aus dem fein Geiſt 
Nadrung zog. Ueberall gewiflenbaft und fireng gegen 

ch felbk, war er deſto nacfichtiger gegen Andere; er 
traute Anderen ſtets mehr zu, ald fi und feine Webers 
legenbeit füblte er felbft dm wenigfen. „Nicht gewoͤhn⸗ 
‚ lid in der That ift der Derein fo trefflider Gaben mit 
fo großer und fo aufrichtiger Beſcheidendeit und mit fo 
Killer, völlig neidlofer Zufriedenheit. Bei feinem jus 
sendliden Feuer im Ergreifen eines Gegenſtands heſaß 
er zugleich ein reichliches Maas von maͤnnlichem Gleich⸗ 
in der Durchführung und bei feinem zerſetzen⸗ 
en Verſtande war er von einer überfließenden -Herzend» 
güte, die den weichſten Rührungen offen Rand. So for« 
genvol er feine eigenen Arbeiten begte, die ibm Tag 
und Naht nicht Rühe ließen, fo nahm er, eifrigk fürs 
dernd, zugleich an denen feiner Sreunde Theil und ſuchte 
ri mit Dingebung in diefelben bineinzuleben. Wech⸗ 
el der Beihäftigung war die einzige Erholung, die fein 
taftlofer Geiſt kannte. Diefe fand er vornehmlich in 
Kunk und Wiſſenſchaft. In den’ legten Jahren feines 
Lebens trat eine alte, von feinem Vater ererbte Liebe 
_R. Rekrolog. 15. Jahrs. 33 


= 


614 | Bett. 

ur Aſtronomie berwor ukd er ergriff diefe ein 
Hit um fo größerem Eifer, als m wobt fühlte, fei 
Geiſt ſich bald zu doͤheren Welten auffhmwingen werde. 
Auf feiner letzten Reife hatte er mehrere Siernwarten 
befuhr und aus Münden ſich einen fdönen Frauendo⸗ 
fer und viele andere aftronomifche Inſtrumente mitge⸗ 
bracht. Aug die Mufit wurde wieder fehr fleißig geübt 


‚mad mande ſchoͤne Abende im reife Funftliebender 


» Sreunde gar angenebm-verleht. Händel, Gluck, Mozart 
mad Eberubini waren die Meiſter, deren unfterbliche 
Werke feinem gediegenen Kunſtgeſchmack am meiften zu» 
fagten. Doc vermochte fein Durd zunebmendes Pers 
venleiden geſchwaͤchter Geiſt bald bie. —— groͤ⸗ 
Gerer Muſikſtuͤcke nicht mehr zu fafſen. Roc an feinem 
Todestage mußte ibm fein Sreund Buſold eine Arie aus 
GSlucks Iphigenie unter Klavierbegleitung fingen. Unter 
fhönen Harmonieen und mnter den freudigen Oeffaungen 
einer glaͤubigen Seele ſchied er von feinen trauernden 
eunden. Am St. März 1821 batte er fi mir Caro 
ine Louife Raabe, Tochter des zu Düfleldorf verſtorbe⸗ 
nen Stallmeiſter Auguft Raabe, verbeirathet. Die Ede 
blieb Einderlod. — Deffentlih bekannt geworden iſt nur 
eine feiner literariſchen Arbeiten, die Ueberfegung bed 
„Sophokleiſchen Ppilofter” (Berlin 1839). Es ſchwebte 
-Idm dabei der Gedanke vor, den reinen dichterifden Ge⸗ 
beit, abgefeben von buchſtaͤblicher Wörtlichfeie und ſpe⸗ 
vieler Färbung, dem Deutfhen frei anzueignen in der 
I der Soerbefhen Dramen und dab Stück zugleich 
den Bedingungen der neusren Bühne anzupaflen. Wenn 
ſich auch über das Princip. Rreiten läßt, fo werden bil» 
lige Urtbeiler doc die eigenthümlichen Vorzüge der 
Meberfegung nicht verkennen, namentlich wo es den Aus⸗ 
Drud von. Seele und Gemüt gilt. Im Nachlaß finder 
fih noch Elektra vollendet und Antigone ift begonnen. : 


* 170. Wilhelm Birett, 
Antiquar zu Augsburg; 
geb. d. 7. Juli 1798, geft. d. 80. Apr. 187. 

Birett, geboren zu Amberg, Gohn eines koͤniglich 
beier. Raths und Advokaten am Appellationshofe des 
Regenkreiſes, befuchte in feiner Geburtöftadt Das dortige 
Gpmnafiam bis zum, 3. 1808 und beredtigte feine El⸗ 
tern zu den erfreulichfien Hoffnungen. . Über ein mwidris 
ges Ereignig, wobei er der Sehkraft feines rechten Aus 


e 


* 
* 














liebe belohnt und lebte der froben 


Birett. 915 


ed beraubt wurde, befiimmte feine Eltern, ibn dem 
GrerEantiig e ga widmen. Mit den beten Zeuaniffen 
feines Ledrhaufes zu Ansbach verfeben, begab er fi 
nad Münden und von da nah Augsburg. In beiden 
©tädten widmete er fi mit der bebarrlichiten Ausdauer 
und unermädetem Fleiß allen in feinen Handelszweig 
einſchlagenden Gefchäften. Im Jahr 1825 indeflen be. 
flimmte ibn feine vorzugeweile Neigung für die Willens 
ſchaften unter thaͤtiger Aufmunterung des Direftord- und 
Bibliothekars Dr. 9. Beyſchlag *) zur Gründung einer 
ale Branchen der Titerasur umtaflenden Antiquariatds 


bandlung. Seine Erfahrung und feine reichen Kennts . 
niffe in allen Gegenſtaͤnden des: menſchlichen Willens, 


je raſtloſer Fleiß und feine faſt unglaublicde Tpätigkeit, 
eine Umſicht und richtige Wärdigung der Bedürtnifle 
der Zeit in litereriſcher Beziedung, fo wie feine uners 
jener Rechtlichkeit fenten ibn in den Stand, feine 
ntiquariatöbandlung In dem kurzen Zeitraume von 42 
abren zu den geachtetſten Deutſchlands zu erheben, ja 


elbſt in Amerika die Achtung der berühmteſten rad Vi 


Buchhandlungen fi iv erwerben. Es ward ibm 
Durch das feltene Gluͤ 


ſtellten Sreunden der Wiffenfchaft in Retem und freund« 


Thbartliden Briefwechfel zu fieben. Jedoch nicht allein . 


fein Beruf erwarb ihm Sreunde und Goͤnner, aub von 
feinen Mitbärgern ward ibm Dertrauen und Liebe zu 
Theil: ie ehrien Ihn mit dem ehrenvollen, aber mühe⸗ 
reihen Amt eined Armenpflegſchaftsraths und Gemeindes 
bevofimädtigten und er genügte auch bier feinen Pflich⸗ 
ten aufs Beſte. Im J. 1830 murde er, in Anerkennung 
feiner Verdienſte um geſchichtliche Literatur, Mitglied 


und am 12. Nov. 1835 Ausſchußmitglied des bifteriiden - 


Vereins des Oberdonaukreiſes des Königsreichd Baiern. 
So ſah er alfo vielfach feine Thätigfeit und. Menſchen⸗ 

Sofuung einer gluͤck⸗ 
lichen Zufunft; allein ein bedenklibes Brufleiden — 
- mohl die Folge feiner raklofen Anftrengungen — überfiel 
idn und ein Zungenblutfluß entriß ihn plöglib und une 
vermuthet feiner trauernden Samilie, feinen Mitbärgern 
und feinem Berufe. | 


. 





%) Defſen Biographie ſ. im N. Nekrolog Jahrg. 18. S. 146, 


% 


35 * 


j 


ja Theil, mit den erfien Ge - 
lehrten der meilten civilifirten Länder, fo wie mit hoch⸗ 


416 | 
* 171." Chriſtian Friedrich Gotthold Heſſe, 


Ooktor der Medicin u. Chirurgie, praktiſcher Arzt und Geburts⸗ 
helfer zu. Schkeuditz (Sachſen): | 
geb. den 7. Dec. 1776, gell. den 30. Apr. 1837. 


Der Berftorbene genoß feinen erftien Unterriht von 
feinem DBater, der ein geachteter Landprediger zu Neus 
tirden war und kam nach zuridgelegtem 14. Lebens. 
japre nah Berlin, um dafelbft die Apothekerkunſt zu er» 
lernen. Hier jedoch zog er fib dur eine gefige rfäls 
tung die Gicht in fo bobem Grade zu, daß er als une 
bPrauchbar wieder entlaffen werden mußte. Ob nun gleich 
die unermüdliche Pflege feiner Eltern und der fpätere 
Gebraud der Bäder Lauhfädt, Töplig und Karlsbad 
den wohlthätigken Einfluß auf feine Geſunddelt aͤußer⸗ 
ten, fo wurde bie Krankheit dDod nicht vollſtaͤndig gebo- 
Ben und Bictanfälle, oft fehr fhmerzbaft und langwie⸗ 
rig, daben ihn im Leben nie verlaffen. Nah Wieder: 
derfielung feiner Geſunddeit wurde er von feinem Va⸗ 
ter zum Studiren befimmt. Die noͤthigen Schulkennt⸗ 
niffe erwarb er fib auf dem damals in großem Rufe fte- 








benden Waifenhaufe zu Halle, bezog nad überſtandenet 


Maturitätspräfung die dortige Univerfität, um fi den 
mediciniſchen Willenfchaften zu widmen, melde Damald 
Dur) die Profefforen Neil, Sprengel, Medel u. A. 
1 gen befonders blühten und für melde er von je eine 
efondere Vorliebe geäußert hatte. Durch feinen vor 
säglihen Fleiß wurde er auch dieſen drei berühmten 
Männern bald befahnt, .von ihnen bevorzugt und upter- 
Rügt und hatte bierbei die befte Gelegenheit, fi‘ auch in 
praktiſcher Hinfiht auszubilden. Im Jahr 1800 promo⸗ 
irte er als Doftor, blieb iniir Zeit bei Medel als 
Famulus, prafticirte fodann bis 4802 in Merfeburg 
ald Arzt, von wo er mehrfacher Aufforberungen zufolge 
fd nad Schkeuditz begab, wo damals ein geſchickter 
Arzt fehlte und bat diefen Wirfungsfreis bis a feinen 
Tod nie vertaffen. Beſcheiden in feinen Anfpräden und 
ſtets zufrieden mit dem oft Färgliden Loofe, was ihm 
a Theil geworden, ſuchte und fand er fein Lebensglück 
n der gemiffenbaften Ausübung feiner Kunf und im 


. : Kreife feiner Samilie_ und ob er gleich _oft bittere Krän- 


5 — erfuhr, ſo konnten doch dieſe, weder feinen 
lauben an die Menſchen, noch, feinen Eifer, dem 
Wohle derfelben feine ganzen Kräfte zu widmen, im 


N 





‘ ' 
, 


Lonife, verw. Herzogin zu S. Meiningen, 517 


Geringften wankend machen. Zwar bat er nie verfu 
dur literariſche Arbeiten feinem Namen allgemeiner 
Anſehen zu verſchaffen, die verdiente Anerfennung kan 
ibm aber nicht feblen, daß er ald vielfeitig und prattife 
ebildeter Arzt, durch Die gewiſſendafteſte Erfüllung ‚feiner 
flidten, ſegensreich auf feine Umgebungen gewirkt bat. 


* 172. Louife Eleonore, 
vermwittwete Herzogin 3. Sachfen: Meiningen, ‚geborene 
Prinzeffin von Hohenlohe: Langenburg; 

geb. d. 11. Aug.. 1763, geft. d. 80. Apr. 1837, 


. Kouife Eleonore, unter 7 fürfiliden Kindern das 
zweite und zwar Die aͤlteſte Tochter des am 4. Juli 1789 
verfkorbenen Zürkten Chriſtian Albrecht — von Ho⸗ 
denlode-⸗angenburg und deſſen am 28. Mai 1796 vers 
ewigten Gemahlin Karoline, einer Prinzeffin von Stols 
berg» edern, war. geboren zu Langenburg und wurde 
in aͤchter Srömmigkeit zur Religion und Tugend erzogen. 
Außer den am Hofe für die fürftliben Kinder eigens bes 
fimmten Lehrern ertbeilten ihr au die beiden damalis 
gen Geiſtlichen zu Langenburg den gründlidfien und 
umfaflendften Unterricht, obne Rückſicht auf Schöngeiſte— 
rei und Prunk mit geledtten Kenntnillen. Borzäglic 
aber erfreute fie fi der forgfältigiten Pflege und Erzies 
bung ibrer edlen Mutter, welde in der Beſchraͤnkung 
einer Eleinen Refidenz im Kreife.ibrer fürftliben Famſ— 
lienglieder, befonderd aber in der Umgebung ibrer boffs 
nungsvollen Kinder das fhönke und bdöchſte Erdenallid 
fand. So verlebte Louiſe Eleonore die Tage ihrer Kinds 
deit und Tugend fern vom Gerduſche der großen Welt 
in dem freundlichen Zangenburg und den reizenden Na⸗ 
turumgebungen an der Jaxt und bemahrte und nährte 
im Heiligtbum ibrer Seele die Keime jener berrlicen 
Eigenfbaften und vortreffliden Charafterzüge, welche 
ſich nhachher zu bewundernswürdiger Anmutd entfaltes 

ten. — Es war i. J 1782, als Herzog Georg zu Sach⸗ 

— —— nad dem fo fhnell zu Sonnenberg ers 
olgten Tode feines für — und Religioſitat eif⸗ 
rigſt beſorgten Bruders Karl *) Alleinregent geworden 


*) Ihm verdankt die Loge zu den drei Nelken in Meiningen 
vorzägli Ihre Exiſtenz, fo wie das lange Beit damit in nabır 
Aue (aon8 ee — — — — — und die Waiſend —F 


* 


518 Louiſe, verw. Herzogin zu S. Meiningen. 


il and Im Spatderbße deſſelden Jahrs, wo er eine 
eife in das ſAdliche Demtfohland antrat, fi mit Der 
(teten Prinzeſſin des Fürſtendauſes zu Langenburg ver 
be. Um 27. Nov, fand dafelbit Die Vermählungefeier 
Rott und in den-Ehepakten mar zugleich die doͤchſtwich⸗ 
tige, Für: das Land fo wohltbätige und gleigſam Die Zus 
Bunft vorberfebende Beſtimmung getroffen, daß die den 
Herzog, Überlebende SGenmblin auf den Fall daſeiender 
Biinderjöbriger. fürftlider Kinder Dbervormänderin und 
andedregentin werden folte. Herzog Georg ftand das 
male in feinem 21. Lebensjahre und feine junge Gemabe 
lin datte dad 19, angetreten. Innig war die Sreude der 
Bewohner des meiningifhen Landes Über Diefe glore 
reihe Derbindung und überall Fam man der Landes» 
regentin mit Edrfurcht und Fiebe entgegen. ber deB 
LandeB Hoffnung auf einen Erben und Nachkommen blieb 
lange wmnerfült, bis ſie endlich nah 9 “Tabren am 
43. Aug. 179% dur die Geburt der Prinzeffin Adelbaid, 
jeginen Königin: Wittwe von Großbritannien, aufs neue 
erglänzte, am 25. Juni 1794 Durch die Geburt ber 
al effin Ida, jegigen Herzogin Bernbard von Gab» 
n: Weimar. Eifenach,, veritärft und zulent am 417, Der, 
4800 dburch die Geburt des Erbpringen, jegigen Landes 
berrn, Berndard Erich Freund, zur berrlihiten Wirks 
lichkeit entfaltet wurde. Diele hin Tage wurden 
von Stade und Land wit dem Höchften Jubel begräßt 
und drei Aberaus beitere Sabre ſowanden nun den 
hochbegluͤckten Fürklihen Eltern im Streife_ibrer erbiäs 
benden,, bpffnungsvollen Kinder dabin. Mit innisfter 
Zaͤrtlichkeit neigte io Georg's Herz feiner Gemadlin zu, 
eren Geburtsfeſt tür ihn immer ein wahrer Srendentag 
mar. Doch mitten im Genuffe der edelſten Lebendftente 
den, unter den mannicfaltigften Hoffnungen, Entwörfen 
und Wünfhen der glüdlih Bermäditen für eine, fange, 
fegenbringende Zukunft ereilte am 24. Decbr. 1808 den 
Herzog der Tod. Umübertrefflid war die Sorgfalt, wit 
welcher feine ®emablin an feinem Sterbebetre faß und 
‚die Befhmwerden und Müben der Krankenpflege jedem 
Lebendgenuffe mit Aufopferung der eigenen Sefundbeit 
vorzog. Beräubend traf Die Nachricht von dem Tode 
Georg’d fein Volk, doch eine Mutter trat au des Va⸗ 
terd Stelle. Don jegt an führte Zouife Eleonore. ned . 
der Diöpofition in den Ebepaften vom 24. — 30. apar. 
1782 die Dbervormundfcaft über Den Erbprinzen Bern⸗ 
bard und fegte Die Erziehung deffelden,, ſo wie die der 


Zouife, verw. Herzegin zu S. Meiningen. 519 | 


beiden. Pringefionen Töchter Adelheid und Ida, gamj 
im Geiſt ihres verkorbesien Gemabid fort. dr war Die 
erbabene, aber ſhwere Bekimmung befdieden, gerade 
in den gefahrvollſten Zeiten, die Europa erfhätterten 
und insbeſondere Aber Deutfdland verhaͤngnißvoll bers 
einbrachen, dad Nuder der Regierung zu führen und 
während 18 dur Krieg, Senden, Mißwachs, Hungers⸗ 
notd und: Sheuerung bezeichneter Jahre für das Wohl 
des Zürftendaufes und des ihr anvertrauten Landes ju 
forgen. So fbauerlih. der auch der Weltſturm unter 
‚übrer Regierung war , fo ging fie doc) amd. jeder dunklen 
Beitperiode als aͤchte Landesmutter hervor und nabm 
na® votlendeter Obervormundſchaft den allgemeinen Danf 
und die innigfte Liebe und Derebrung ihres treuen Volks 
. mit dinäber in die Tabre Der wohlverdienten Rube und 
noch bis jenfeitd der Gruft. Idr feſter Grundſatz war: 
alles Gute und Schöne, was ihr verewigter Gemaͤhl ins 
Werk geſetzt hatte, zu erhalten und zu üͤtzen, fo wie 
Die noch ungusgeführten Plane und Unternehmungen 
deſſelben zur bekmöglichften Vollendung zu bringen. Aber 
fie ergriff and mit Sreuden jede Gelegenheit und Ders 
anlaffung, für die Untertbanen äberbaupt und für male 
wen Zweig der Staatöverwaltung, für mande gemeins 
näglide und wodlthaͤtige Anftalt in&befondere fo viel 
beizutragen, als es ihre eigenen, fo wie bed Landes 
Kräfte und Hülfsmittel nur irgend erlauben mochten 
. wobei ihre fonft befannte, weile Sparfemfeit durchau 
nit in Betracht fam. Unter ihrer umfichtigen und‘ forgs 
men Zeitung murden die derzogl. Dausangelegendeiten 
ets auf Dad Befte verwaltet, in der Tuftiz und Innern 
Landesverwaltung traten zeit» und zweckmaͤßige Geſetze 
und Berordnungen an das Lit und fo viele für das 
se Land und einzelne Stände insbeſondere beilfaihe 
—— en und Verbeſſerungen wurden getroffen, 
Deren men io noch in der ſpaͤteſten Zukunft erfreuen 
wird. Die große Aufgabe ihres Regentenberufs beſtand 
Louiſe mit unerf&htterihem Gottvertrauen, mit feflen 
Grundfägen, Muth und feltener Bebarrlichkeit, mit tie 
Fem Gerechtigkeinsgefähl, mit regem Sinn und Eifer für 
alles Gute und Heilbringende und mit der größten Hin⸗ 
gebung für das Wohl: ihrer Untertbanen und brachte für 
efen heiligen Zwei oft die Nabe ihrer Zebendtage und 
manchen Sreudengenuß zum Opfer. Selbſt anſcheinenden 
‚Kleinigkeiten und Gegenkänden, welche wohl zumeilen 
hope Haͤupter für zu geringfügig halten mögen, verfagte 


820. Louiſe, verw. Herzogin zu ©. Meiningen. 


‚fe 
dabei.behauptete fie ſtets die Sürftenwärde, jedod ohne 
Stolz, wie gewiß nur Wenige unter den Herricherinnen 
auf Erden. ‚Den von Herzog Georg begonnenen vers - 
beflerten Wege» und Straßenbau: fegte fie fort. dem 
ſchaͤdlichen Kottofpiele ſtellte He Schranken, den Verun⸗ 
glüdten ſchaffte fie ſchleunige Hälfe, der Getreidebandel 
murde befördert und auch fonk die Lage und der Ver» 
kehr des bürgerlihen Lebens, der Geſchaͤfts⸗ und Rechts⸗ 
gang ꝛc. durch die gemeſſenſten Mansregeln erleichtert; 
‚die iſraelitiſchen Unterthanen erbielsen eine bumanere 
Berbdfidtigung; der Obſtkultur wurde aufgebolfen, dem 
Baumfrevel gefeuert ıc. Bei dem Herannoden der Kriegs⸗ 
ſtürme (1806 — 1813) verließ fie, gleich einer treuen 
Mutter, ihr Land nicht, fondern tbeilte Trübſal und 
Gefahr mit ihren Unterthanen. Allen boden und bödften 
Gaͤſten von den verſchiedenſten Nationen, befonders bei 
Dem großen rufl. — im Oktober 1813, welche 
im herzogl. Schloſſe logirten, flößte die erhabene Fuͤrſtin 
durch ihre Würde und geiſtreiche Humanitaͤt Ehrfurcht 
und Bewunderung ein. Der nothgedrungene Beitritt 
zum MRbeinbunde berurfahte der Edlen neue Sorgen 
und ihren Unterthanen mannichfade, zum Theil ſchmerz⸗ 
liche Opfer durch Lieferungen aller Art für nahe und 
ferne Kriegsvoͤlker, durch Ausruͤſtung und Erbaltung eis 
ned bedeutenden Bundedfontingentd 2. Daneben wurde 
gleid nad dem ſchrecklichen Rüdzuge der Sranzofen aus 
ußland Stadt und Land von dem fürdterlichen Laza⸗ 
retbfieber beimgefuht, aber auch da blieb die treue 
Herzogin in ihrer Refidenz und forgte für ſchnelle Hülfe 
und Linderung der darnieder liegenden Leidenden und 
für Unterſtützung der verlaffenen Samilien, deren: Vers 
orger ein Opfer der Seuche geworden waren. In den 
abren des Mißwachſes und ter Ueberfhwenmungen 
‚4816 und 1817 erbarmte ſich £ouife ibred geängfigten und 
vom nagendften Hunger gequälten Volks und ließ Ges - 
treidevorräthe berbeifdaften, nidt blos fär den erften 
Norbbedarf, ——— ‚auf mehrere Jadre ausreichend. 
Waͤhrend dieſer Schickſalsſtürme war fie gleichwobl ſtets 
bemübt, theils nöthige und Heilfame Verbeſſerungen ans 
zuordnen, theils zweckmäßige Anftalten zu gründen und 
zu befördern. Vorzügli hatten id die Schulen und de» 
ren £ebrer ihrer wobltbätigen Berückſichtigung und Milde 
au erfreuen. Bei der Geier des dritten Reformationds 
jubiläums. 1817 ließ fie den meiften Stadt⸗ nnd. Zand- 


ihre aufmerkfame Fuͤrſorge und Beachtung niht und 


Zu den Erbo 


J 
— J 


Louiſe, verw. Herzogin zu. S. Meiningen. AL 


ſchullehrern eine erhöhte Befoldungsdotativn zu Theil 
werden. Ein unvergaͤngliches Denkmal hat ſie ſich aber 
nebſt ihrem unvergeßlichen Gemahl durch die Begrüf⸗ 
dung und Erbauung des bei der Geburt des Erbprinzen 
Berndard beſchloſſenen neuen Schulgebdudes, Gymna- 
siam Bernhardinum, in der Refidenz geſtiftet, welches 
bei dem Regierungsantritte des jeßigen Herzogs am 
42. Dec. 1821 feierlich eingeweiht wurde. Eben fo uns 
terftügte fie no während und nad) ihrer -Regentfchaft 
bis zu ihrem Tode viele wärdige und daͤrftige Juͤnglinge 
bei Erlernung irgend einer Wiſſenſchaft oder Kun auf 
die menſchenfreundlichſte Weiſe. Der fo tief berabges 
untenen Tuchfabrikation in eningen widmete fie ibre 

ufmerkſamkeit und berädflichtigte Die von Herzog Georg 


im. Waifenhaus erribtete Spinnanflalt. Nach ihrer Bes 


Aimmung wurde ze Maßfeld 1813 eine neue Zucht⸗ und 
Brbeitdanftalt ind Werk gefeht und. unter idrer Mite 
wirkung dad gemeinſchaftliche Dberappellationsgeriht zu 
ena angeordnes. Eine Menge von Domänen und fa 
chaftsangelegenheiten, Receſſe, Verträge u. dergl. mit 
beuachbarten Särftenbäufern und Rittergutsbeſihern ka 
men unter ihrer obervormundfhaftliden Zeitung zur 


Ausfuͤhrung; aud wurden mehrere Anfäufe.von anfe 


lien Realitdren gemadt und eine Huͤlfskaſſe zur Be⸗ 
freitung der angebäuften Kriegskoſten ausgemittelt. Des⸗ 
gelten nahmen die auswärtigen Angelegenheiten ihre 
bätigkeit und Sorge vielfah in Anſpruch. Ganz. bes 
ſonders wohlthätig zeigte ſich Ihr Walten für die Refi⸗ 
Denzftadt Meiningen; denn fie weilte nicht blos mit bes 
fonderer Vorliebe dafelbft,, fondern verfchönerte auch. die 
Stadt und deren —— — mit mehreren neuen Ge⸗ 
bäuden und Anlagen. Sie begänftigte ferner die ſtaͤdti⸗ 
fen Nadrungszweige, —3 den Unbemittelten Ar⸗ 
beit und Brod und ließ den Armen mannichfaltige Un⸗ 
terſtützung an Geld, Lebensmitteln, Kleidern und Holz 
angedeihen. Liebenſteins Heilquell und Altenſteins ro⸗ 
mantiſche Walddoͤhen datten an der für Naturſchoͤndeiten 
fo empfaͤnglichen Füͤrſtin, die treueſte Beichügerin und 
wenn fie auch zu den von Herzog Georg daſelbſt bes 
gronbeien Anlagen feine neuen binzufügte, fo forgte fie 
och für. die Ausflidrung bed Unvollendeten und Erbals 
tung ded Beftebenden, ‚trug durch dad im Anfang ibrer 
Hegentfhaft erbaute Palaid zur Verſchoͤnerung Lieben» 
fteind bei und erböhte den Flor der dafigen Badeanftalt 
Dur ihren jibrligen Sommeraufentpalt_ ungemein. — 
lungen, welche ſich Kouife Eleonore, befon- 


x 


822 Lonife, verw. Herzogin zu S. Meiningen. 
in den fydtern Jahren ibreb Lebens 


ders | 
vergoͤnnte, gehörten vorzuͤglich ‚mebrere 


, weiße 

e nad Tyrol, der Schweiz, Ialien, Frankreich und 
größtentbeild auf eigene Koſten und mit wenis 

em Gefolge machte, wobei Re zur Stärfung ihrer Ge⸗ 
unbe auch Die Keilden Bergböben nicht ſcheute. — 
ichts lag aber in ihrem Wintwenſtande ihrem. Mutter⸗ 
le näber, als die Ersiebung ibrer innigſt gelichten 
inder. Sie ging ihnen ſelbſt ſtets in allem ren, 
Buten und. Schönen ald ‚mwürdiged Mufer voran und 
geb ihnen die ausgezeichnetſten Lehrer und Führer: Une 
ter wechfelvollen und HÖR bedeutenden Ereigniflen nd« 
derte fib ihre. obervormundſchafiliche Regierung idrem 
Ende und am 17. Dec: 18321 trat Berndard Erid Freund 


- im 21. Sabre feines Lebens die Regierung on. Aber 


auch jetgt noch fand Die Herzogin ihrem Sehne: mütter⸗ 
lich rathend zur Seite. Unter den Sreuden „ die ibr am 
Spaͤtabend ihres Lebens blühten, verdient dauptſaͤchlich 
dad goldene Jubiläum erwähnt zu werden, weldes 
Der Auperehrten im Kreife ihrer fürſtlichen Familie und 
treuen Zandedfinder zu feiern befchieden war, nachdem 
am 11. Dec. 1832 uni Jahre feit ihres Einzugd als 
aeuvermäblte Gattin .Georg’d in Meiningen verfioflen 
woren. Don allen Seiten und Behörden bradten De 
putationen Slkdmänfhe dar. und durch Seite und ges 
meinnügige Stiftungen murde diefer Tag gefeiert. BIiR. 
ten wir nun: auf dad Stittleben der boben Entfclafenen, 
fo finden wir fie ald theures Haupt in der Mitte einer 
würdigen Sürftenfamilie, von den Banden. der zärtlich 
en Sanchang, umſchlungen, fo innig beforgt bei der 
chwankenden Sefundheit Der verehrten Herzogin a, 
ſteter mrütterlih treuer Verbindung mit ihren tugend⸗ 
reihen Töchtern Adelheid umd Ida in der Gerne, Te 
bochbeglüdt durch das bolde. Emporbluͤhen threr Enkel 
und Enkelinnen, von denen no& 7 ihren Lebendabend 
wit erbeiterten, nur fetten unangenehm berährt durch 
koͤrperliches Unwoblſein und Boſchwerden des vorräden» 
Den Alters. Einigen Erfag bei der Trennung von dem 
geliebten Töchtern fand fie in der Umgebung der Yrin» 
zeffin Amalie von Earolath, welche viele Jahre am meis 
ningifchen Hofe verweilte und: ſich der befonderen, Leis 
tung und Dbbut Louiſens zu erfreuen batıe 9. Man⸗ 


*, Die Yeinzeffin Amalia von Garelath wurde vermäßlt in 
Arelningen an R Sa un: A la —— Srer 
sen, Bemlin, Bteinberg Freus. ammerer, Herrn zu Föngam 





i 
J 


| St, und Tebenderbeiterumg ,. 
Whn —— rperfamäße in — legten. 


en ewwädrte ihr auch die Gefelifhaft Der bochaebildeten, 
enfreundliden Hofdame Karoline v. Oſterdauſen 
und die forgfame Pfiege ihrer Kammerfrau Noͤtblich 
beide idre treuen Bepteiterinmen “ zur Gruft. Nach 
einem SKranfenlager von menigen Tagen fdied file ven. 
binnen. — Den ausgezeichneten ———— der Herzogin 
zu der Oboerkonſiſtoriairath Moſongeil an der Fürſten⸗ 
gruft 84 wit in fol Igenben Worten geſchildert; „Schoͤn 
und erqui iR das Bild einer edlen, Bm ON 
—— ran, derrlicher und fhbner noch dad Bild 
einer liebevollen Gattin und treuen Mutter; ehrwuͤrd 
und erbaben das Bild einer weiſen, ein ganıed Te 
mit — umfaſſenden Regentin, — der Be— 
Gügerin des Necdtb, der Helterin der Bedrüdten, der 
ohltdäterin der Armen; aber die Krone weibliber 
"Lugend. frabit noch im reinften ‚Slanze Aber dem Witt, 
wenföleier na frommen Greifin, welche die Güter 
md © dieſer Erde fhäßen lernte, obne fie zu 
(odnen. — wege, odwodl oft geräuft‘, doch ivre 
Menf&enlicbe und idr Vertrauen miemald aufgegeben 
und eu unter den Ontfagungen und re des 
doden Alters einen feflen, beitern, einfachen 
unmwandelbar in ihren Grundfäßen und — —E 
zeugungen, in mußterhafter, nie unterbrodener Zebends 
srtnun n balten, — ein warm füͤhlendeß, hoffnungs⸗ 
frohes A er allen Stärmen eines demegten ebene 
arm and rein bewahrt hat ei and 
iningen. Prof. D. 5 ö. pling. 


* 173. Philipp Daniel Simon *), 
Plarrer zu Meckendach (Heſſen⸗ Homburg); 
geb. im 3. 1768 (). geſt. den 20. Apr. 1837 °®). 


Behr ungefähr 59 Jahren war er protekantifcher 
arrer zu Meckenbach, ein Acht tugendhafter, frommer 
ann, ein beiterer XBeifer, einer der edelſten, liebens⸗ 

wärdigften Menfden, eine ea ierde des geiklichen 
Standes, welcher durch fein ganı Geiſtesgepraͤge, ſei⸗ 
nen Bandel und feine Dandiungen den fegensreiäken 


nee war Dee i. J. ee Gun: unter 


Deren Kouft ae rich Simon, ein d obe 
er uud vo —2 — aut —— — * 





62 ESimon. 


AMnſiuß eines Ehrigentpumß: f et 
a an Lehe, anti en 
‚Sinne des Worts, beſcheiden und anſpruchs los im böch- 


‚Ken Stade, war er der edeiſte, wärmfe, uneigennägigke 
d, voll Zartgefübl, fanft, obne Leidenſchaft, nicht 
aus Temperament, fondern durch Selbſtheherrſchung; 
ſchonend, liebevoll, verzeihend, im Umgange beiter, anu⸗ 
ym. fo daß feine jüngeren Sreunde den linterfchied 
‚ber Jahre nicht fühlten, ſehr beiebrend für dieſe durch 
‚reiche Amtserfahrung, Menſchenkenntniß und feinen Takt. 
Men fühlte ſich immer gluͤcklich in feiner wohlthuenden 
Naͤde und Iernte erſt durch einen längeren Umgang feine 
Vortreffligkeit recht kennen, weil er fo befpeiden war. 
Einfach in feinen Bedärfniffen und fparfam, Üibre er bei 
‚einer geringen Beloldung die liebdevoüſte Gaffreundfchaft 
and war im Stillen fehr wodlthaͤtig. Als Geiſtlicher 
war er ein Ädter treuer Diener ded Evangeliums, weils 
ches er ſteis auf Herz und Leben feiner Zubdrer, recht 
eingreifend in ibre Berhältniffe, onzumwenden wußte, 
Dadurch wirkte er in der fangen Reibe von Jahren un» 
—3 fegendreich in feiner Gemeinde, Deren Glieder 
n allen Angelegenheiten Rath und Troſt bei ibm fuchten 
und fanden. Freund des edemals in feiner Naͤde leben» 
Den verdienten Arztes Paulitzky (des Verfaſſers der An 
Jeitung zu einer vernänftigen Gefundbeitspflege) batte er 
. € ſich zum Berufe gemacht, auch durd arziliche Hülfe 

Der Wohlthäter feiner Gemeinde zu fein, indem er uns 
enigehtli die Kranken nicht nur bebandelte, fondern 
auch mit Den von ibm bereiteten einfachen Arzneimitteln 

verforate. Er kannte aber genau die Gränze, wo der 
eigentlihe Arzt einfhreiten mußte, den er dann zuzog 
und durch Krankenberichte In feinem Wirken unterftügte. 
Dur den ſchoͤnen Verein diefer Eigenfhaften gewann 
er die ungetbeilte Liede und Dodadtung Aller, die ihn 
Tannten. Im J. 1828 feterte er im Streife einer kleinen 
Anzahl alter Sreunde fein Amtsjubildum; zu einer Öfe 
fentlichen Feier konnte feine Befheidendeit / ſich nicht 
verſtehen. Erft feit zwei Jahren mußte er wegen Alters⸗ 
ſchwaͤche die fämmtliden Amtsverrichtungen feinem Bis 
Ear übertragen, ber fie ſchon mehrere Jahre ber auf dem 
hefawerlichen Siliale verfehen hatte. z" den jängern 

abren war er bäufig kraͤnklich. Dur Mäkigfeit und 
reng geregelte Zebensordnung ftärkte er feine Geſunddeit 
und bradte es zu einem fo hoben Alter, Er lebte uns 
verheirathet, war aber voll Herzensguͤte gegen die Kinder. 





| 
3 = * — 77 4 
* 174. Chriftian Adolph Otto Weber, 
Doktor der Medicin und Kiofter-, Kommunal u. Armenarzt zu 
Schweidnitz in Schlefien; : 
aeboren ben 26. Apr. 1806, geilorben den 80. Apr. 18397, 


Sein Vater war Apotheker zu Oels. In den erften 
infangegränden durd einen Privatlehrer unserrichter, 
trat er in feinem 9. Lebensjahre, unter dem ald Schul⸗ 
mann fo hoch verdienten damaligen Direktor K. E. 
Günther *), als Schüler in die unterfte Klaſſe des Gym» 
nafiumd feiner Vaterſtadt ein. Seine Zäbigfeiten, noch 
mehr aber fein eiferner Fleiß zeichnete ibn bald fehr 
vortbeilhaft auß und fiberte ihm durch alle Klaſſen 
Des Gymnaſiums die ungerheilte Zufriedenheit und daß 
Woplwolen feiner Lehrer. Dem Wunſche des Vaters 
emaͤß und auch aus eigenem Antrieb entſchloß fi der 
vhn zum Studium der Arzneiwiſſenſchaft. Nachdem 
er die oben bezeichnete Anftalt durch einen Zeitraum von’ 
410 Jahren befuct batte, verließ er dieſelbe, Oſtern 1823 
und bezog im April deſſelben Jahrs die Univerfität 
Bredlau. Nachdem er zwei Jahre dindurch mit vielem 
Sleiß und Augen die Vorlefüngen beſucht und auf diefe 
Weife den Schag feines Willens dur neue Kenntniffe 
bereichert batte, bezog er im April 1825 die Univerfirdt 
Berlin und vertheidigte am 21. Sebr. 1826 feine dem 
Kreisphyſikus D. Fiſcher zu Oels, feinem wodlwollenden 
-Sreunde und Gönner dedicirte Diſſertation de angina 
ectoris. Mit der Vorbereitung zu feinem Eramen bes 
äftigt, den er zu Oſtern 1827 ablegte,- berührte ihn 
fedr ſomerzlich die Nachricht von dem nad mehrjäbris- 
‚ger Kränklifeit an der Lungenſchwindſucht erfolgten 
ode feines Vaters. Im April 1827 kehrte er, mit den 
glaͤnzendſten Zeugniflen feiner Tuͤhtigkeit verſeden, als 
- ansübender Arzt in feine Vaterftadt, zu feiner noch le⸗ 
benden Mutter, geborene Schneider und feinen drei 
jüngern Geſchwiſtern juräd. Nur wenige Tage widmete 
er der Ruhe und Den Samilienleben und folgte einer 
Aufforderung, fib ald ausübender Arzt in Echmeidnig 
niederzulaffen. Durch Geſgicklichkeit und Gluͤck nicht 
weniger, als durch feine — und Biederkeit, 
pogne es ibm ſehr bald, ſich die Gunſt und das Ver⸗ 
auen des Publikums in einem hoben Grade zu eigen 
gu maden. Er ward nach kuͤrzem Aufenthalt in Schweids 


*) Deflen Biographie T. N. Nekr. 4. Sadra. ©. 840. 





nig zum bdafigen Klofterarpt, fo mie fpäter um Armen- 
und Kommunalarzte gewählt. Mit eigener Aufopfe⸗ 
rung und feltener Ausdauer mwirfte er auf Die uneigen» 
nügiafte Weife ie Wohle feiner Mirbärger und fand in 
der Ausübung feiner Berufsgefhäfte die höhe Freude. 
Am 15. Aug. 1830 verbeiratbete er fib mit der eimigen 
Tochter des dafigen Rathöherrn und Apotheker Pachalp. 
Don ſchwaͤchlicher Körperkonftitution hatte er Durch feis 
nen angeftrengten Fleiß (don frübzeitig feiner Bruft ge⸗ 
chadet und nur fein geregelted Leben batte biö bierber 
jeden Ausbruch einer Zungenfranfbeit, gu melden Die 
Dispofition vom Vater auf ihn übergegangen fein mochte, 
um Schmeigen gebradt. Gm Spätherbſt 1885 fanden 
ih ein bößartiger Hufen, " wie Öfter wiederkehrendes 
Blutſpucken bei ibm ein, die er Dur einen mebrs 
woͤchentlichen Befub von Keiner; im Gommer 1838 
nicht zu befeitigen vermochte; feine Srdfte nabmen von 
Tag zu Tag medr ab und ed bildete fi eine tuberkulbfe 
vkungenſchwindſucht aus, Der er am oben genannten 
Tag erlag. Er binterläßt nebf feiner Gattin 3 Söhne, 


* 175. Anton Thomas, 
penfionirtee Geheimer Iuftizratb zu Kaffel 5 
geb. den 2. Februar 1778, get. den 4. Mai 1837. 


Er war in dem Fulda'ſchen Pfarrdorfe Haſelſtein 
gun und der Sohn eined wohldabenden, era 
andwirths. Koͤrperliche Schwaͤchlichkeit und fräb bes 
zeigte Geiſtesſtaͤrke des Anaben befimmten feine Eitern, 
idren Liebling Die niederen und böberen Schulen zu 
Sulda beſuchen zu laſſen, in denen er ſich auszeichnete. 
‚Bier begonnenes Studium der Rechtswiſſenſcaft wurde 
von dem rüftig emporfirebenden Züngling au Gießen fort 
efegt, wo derfelbe befonderd die Dorlefungen eines . 

solmannd *) beſuchte und von diefem räbmlihk bes 
kannten Mectögelebrten, der feine Laufbahn als in dem 
Adelſtand erbobener großberzoglih deſſiſcher Juſtizmi⸗ 
niſter zu Darmſtadt endete, eined näbern Umgangs ges 
würdigt wurde. Nach Fulda zurßdgekehrt, wurde Ch. 

fon im I. 1800, mithin erft 22 Zahr alt, ald Öffentlicher 
Zebrer der Rechtswiſſenſchaft an der damald nod Das 
felbft beſtehenden Univerfität (Adolphine) deſtellt. Nachdemn 
aber diefe nur zu gering dotirte und nur zu fehr von der 
Gunſt des jededmaligen, Särkbifhofd, Deren lange Reihe 


*) Deflen Biogr. f. im N. Neke. 7. Jahrg. ©. 171. 





"dem Titel eined Gebeinten 3 


a in gefeligen Kreiſen eigen. 
⸗ a. 


le 
q. 


Durch. Die im Jahr 1802 erfolgte Saͤtular 

ſtifts aufgelöft worden war, ernannte der neue Lande 
Erbprin; von Dranien, damaliger König der Niederlande, 
Den dur geſuchte Vorträge, fo wie durch ein Lehrbuch 
des Raturrechts im Kantiſchen Geiſte feined vorgenann⸗ 


daldert von Harſtall beſchloß, abhängige : 
u arſtal beſchloß een bet — 
tr, 


sen Lehrers rühmlichſt beksant gewordenen, doch nur 


w gering: befoldeten Profeſſor Thomas zum befler bes 
— Stadirichter son Sulde, Selen eb feinen 


vielen Amsögelbäften die Gorifegung pbilofopbifcher und: 


juriifder Studien nicht aufgab. Unter der nur au bald 
eintretenden franzoͤſiſchen Landeönerwaltung und. Miße 
handlung, fo wie der nachwaligen primatifchen oder 


ofberzogfich- frankfurtifchen Regierung hatte der von : 
ee Buouen Kart von Dalberg —— Huld 


ewürdigte- Thomas als Maire des zu vielfältig von 
Kriegern verſchiedener Volker heimgeſuchten Houptorts 
nur zu viel zu beforgen und. zu erdulden. Angeſtrengte, 
wielfache Th np möchte damals fo wie unter nach⸗ 
maliger faif. £ 


Deövermaltung den zarte Körperbau des ſchlank und 


ſchoͤn gebauten Manned: Unter der im Jahr 1816 einge» 


tretenen: Eurbefifchen Negierung erfolgte im Jadr 121 
Trennung. der Rechtspflege von der Bermwaltung und der 
zeitderigen Stadtdireftion. T. murde zum Landrichter 
ernannt, ald weicher er fortfubr, id um Außbildung der 
Landgeritspraftitanten. verdient zu machen. Dune 
mende SKörperfhmäde bemmte jedoch die Wirkſamkeit 


feines regen Geiſtes, fo daß er nah manchem barten- 
- Sranfenlager fi gedrungen ſad, Berfegung in den Rus 


deftand zu wuͤnſchen, welche ibm aud im Jabr 4835 mit 

uſtizraths gewährt wude. 
Die ſorgſamſte Pflege ſeiner —*6 Sabina Weils 
fard, einer Nichte ded beräbmten E. ruffifden Staates 
raths und pbilofophifchen Arztes, fo wie feiner erwach⸗ 
fenen Töchter konnte nit verhindern, daß der Entkräfs 
tete feinem S6jährigen Vater in die Ewigkeit vorans 
ing *). — Dem Entfchlafenen mar dobe Gaftfreundlich- 
eit und die feltene Gabe gefälliger und erbeiternder 


® 
— |, 





” Ein Öffentliche Dentmal der Freundſchaft und Liebe fekte 


ihm fein Freund Peier Aloyb Schultheie, Oberappellationdgerihtes 
zath zu a Blue —2 —— emeinen Zeitung 


Nr. Fer vom 30. Mat. 


. 


nigl. oͤſtreichiſche und koͤnigl. Breuß, kan ' 


« 
RB’ 


en, — Et j . — 

176. Auguſt Carl Alexander Schettler, 

Pfarrer und Hoflaplan zu Groß⸗Weißand (Anhalt: Köthen); 
geb. den 14. Ditober 1756, geft. ben 5. Mai 1837 9. 


Er war zu Proſigk geboren, beſuchte von 1765 die 
reformirte Siadtſchule in Koͤthen und ſtudirte von 1778 
in Halle. Nach feinen Univerfitätsjahren ſtand er (feit 
- 4781) eine Zeitlang ald Lehrer an der Friedrichsſchule 
in Breölau, mit welcher Stele zugleid das Amt eines 
Schulpredigers an der reformirten Kirde daſelbſt ver 
bunden war, bi6 er im Jahr = als Inſpektor des 
Waiſendauſes zu Koͤthen in fein Vaterland zuruͤckgeru⸗ 
. fen wurde. In diefer Sieden gründete er das refor⸗ 

mirte Landfchullebrerfeminar, welches, obgleich ed mande 

eitgemäße Abänderungen erfahren bat, noch immer beftebt, 
ı wie eine Leſebiblioidek für Zandfchullehrer in Köthen. 
Im 3..1786 bereite er auswärtige Schulen und bielt ſich 
eine Zeitlang in Rekahn auf, um die Lehrmethode des 
Damals berühmten Kantors Brunn Eennen zu lernen, 
wurde im Jabr 1791 zu dem Pfarramt in Wedlich berus 
fen und: nad Groß: Weißand befördert. Durch feinen 
Commentar "über den eingeführten Landeskatechismus 
unter dem Titel: „Dr. H. Hering's kurzer Unterrigt in 
der chriſtlichen Lehre,“ durchaus zergliedert und erläu«- 
tert für Schullehrer und angebende Katecheten. Breslau 
4796 wirkte er fegendreih tür die Schulen feined Lan⸗ 
Des und war bid ın fein bobes Alter ein fleißiger Mits 
orbeiter an dem zu Halle. erfheinenden Journale für 
Prediger. — Außerdem erfhien nod von ibm: ABEs, 
BSuchſtabir⸗ u Leſebuch F. d. Landfchulen. Hörd. 1788. — 
Wuͤnſche und Vorſchlaͤge zur Beherzigung für Prediger. 


.* 177. Jacob Chriftoph Rudolph Eckermann, 

der Theologie Doktor u. Profeffor primarus, Senior der Univer⸗ 

fität zu Kiel, koͤnigl. dänifcher Kirchenrath, deB Danebrogorden® 
"Kommandeur und Danebrogdmann; 


geb. den 6. September 1756, geft. ben 6. Mai 1837. 


Ä Sein Geburtsort it Wederdorf, ein gräflid Bern⸗ 
korffſches Sur In Mediendurg- Schwerin, wo fein Vater 





Augemel 1897. Rr. | Ä 
füe8 Shriftfieherieritm en — — Schmidts Andalt⸗ 


+ 
- 
/ ; R 








. Eckermann. 629 

berinfpektor über dreizehn Bernſtorffiche Güter war. 

ine Mutter, Anna Amalie, eine geborne Nordmann 
aus Segeberg, legte [don in den beiden erflen Jahren 
feines Lebend durch forafältige Erziebung und Üebung 
im Leſen, wie in der Erlernung der beiten geiſtlichen 
Lieder, den Grund zur Ausbildung feines Geiſtes, fo 
dag er, Faum drittehalb Jahre alt, unter der Zeitung 
eined guten Hauslehrers Latein zu lernen anfangen Eonnte. 
Deffentlihen Unterricht genoß er vom Jahr 1761 an auf 
der Gelehrtenſchule zu ae: an welcher Edlers 
ſeit 1760 als Rektor Rand und hatte das Gluͤck, durch 
dieſen neun Jahre lang zu allen Sprach⸗ und Sach⸗ 
kenntniſſin, welche die tüchtige Vorbereitung zu ‚den 
akademifhen Studien fordert, angeführt und duo fein 
Beifpiel, wie dur feinen Unterricht, zu einer dt relis 


giöfen und tugendbaften Gefinnung ermuntert zu were 


en. Don 1768 bis 1770 ſtudirte er auf dem Gpmna⸗ 
fium zu Oldenburg, mwobin er feinem Lehrer bei deflen 
Derfegung an daflelbe folgte. Don diefem entfaflen, 
ging er. nad Göttingen, durch befondere Verbälmiffe 


) Kam); die Rechte zu ſtudiren und hörte auch wirklich 


be 
Böhmer und Selchow im erften Gabre. Da aber. (dom 


. 4774_die Urſachen wegfielen, warum er dad Studium 
‚ der Rechte wählen follte, durfte er nun feiner Neigung 


folgen und midmete fi der Theplogie. Feder war in 
der Philoſophie fein Lehrer; Heynes ſaͤmmtliche philo⸗ 
logiſche Vorleſungen, benugte er mit vorzüglichem Ver⸗ 

nügen; Kaͤſtner und Beckmann waren in der Mathematik 
(eine Führer; bei Soloͤzer börte er Geſchichte, bei Erxleben 
aturlehre und Naturgeſchichte, bei Wrisberg Anatomie 
und Phyſiologie; bei Michaelis lernte er Die arabifhe und 
forifde Sprache und die Auslegung ded A. und N €. und 
die eigentlihe Theologie in ihrem ganzen Umfang bei 
Wald, Miller, Leß, und Zaharid. Dankbar erinnerte er 


fih der Beweiſe befonderer Güte und Freundſchaft, die 


er von feinen Lehrern empfing. Heynes Gemogenbeit 
verdanfte er .einen freieren Gebraub der Schahe der 
Goͤtting'ſchen Bibliothek und Leß deffen praktifh.doama» 
tifhe und moralifhe Vorlefungen ibn den hoben Werth 
des praktiſchen Chriſtenthums recht einleuchtend und ibn 
auf den Unterſchied zwiſchen Theologie und Religion 
aufmerffam made, erlaubte ihm auch Öfter, in Der Unis 


verſitaͤtskirche für ihn Ay Beige und ſich hernach feine 


Belehrung uͤber Die Mängel 


N, Nekrolog 15. Jahrg. " 


einer Predigt zu erbitten. 
1774 nöthigte ihn die Krankheit ſeines Rue Goͤttin - 


⸗ 


e 8 Im 


630  ‚&dermant. 


gen, wo er zu bleiben wuͤnſchte, zu verlaffeh: Noch in 
demfelben Jahre fam er zu feinem Be getiehten 
ehrer Ehlers, der 1771 ats Profeffor und’Rektor an das 
atademifde Gpmnafium in Altona berufen worden war 
and leitete ibm in der Privatunsermeifung feiner Koſt⸗ 
änger und Zöglinge Hälfe, wobei er öfter für den Kon⸗ 

_ Aftorialrard und Kirdenpropk Ablemann, der, mie Ch 
lerd, ihn ſchaͤte, in der (utberifchen Hauptkirche pre 
digte. Don dier berief ibn der Herzog von Didenburg 
um Micaelid 1775 zum Rektor an der Gelehrtenſchule 
zu Eutin, wo er Im folgenden Qahre das Band einer 
glädliben und fegensreiben Ebe mit der aͤlteſten Toch⸗ 
ter des dortigen Superintendenten und Konſitorialraths 
Wolff Enüpfte und feine Lehrertuͤchtigkeit an der ihm 
betramsen Sqcuie mit foldem Erfolg bemäbrte, daß fie, 
durch ibn emporgeboben, fieben Jadre fpdter an feinen - 
Nachfolger, Johann Heinrib Voß *), in fhöner Btürhe 
übergeben Eonnte. Im Januar bed Jadrs 1782 erbielt 
er dur Permittelung des damaligen Kanzlere, Sodann 
Andreas Gramer, den Ruf zu einer ordentlihen Profef- 
fur auf der Univerfität zu Kiel an die Stelle ded 1780 
verftorbenen -Profeflord Subrmann. Im Jahr 1789 ward 
er dafelbſt von der philoſophiſhen Fatulıdt zum Doktor 
der Dbilofopbie, 1784 von feiner Safulrär zum Doktor 
der Theologie promovirt und 1788, nad dem Tode des 
Kanzierd Sramer Nachfolger deffelden in. dem für dad 
rzogthum Schleswig zur Prüfung der Kandidaten bed 
redigtamtd angeordneten eraminirenden Oberkonſiſto⸗ 
rialfollegiums auf Gottorf. Nachdem er 4805 den Schmern 
erlebt batte, feine Gattin durch den Tod zu verlieren, 
flog er 1807 den Bund einer zweiten gtüdlihen Ehe 
mit der gefchaͤrten Augendfreundin, einer gebornen Ran 
niger, feiner damald ſchon mit dem Referenten verhei⸗ 
ratheten Alteften Tochter. Nach Genfer’d 1808 erfolgtem 
. Tode war er Profeffor primarius der Safuftät, im Jahr 
4816-tönial. dänifher Kirchenrath mit Etatdrathbd Rang 
und erhielt 1824 dad Ritterkreuz des Danebrogordene. 
Am 10. Auguft 1825 feierte E. nad funfgigiähriger Amts⸗ 
führung das erſte Jubilaͤum feiner irkſamkeit im 
Otaasödienk. _Da er längft dur feine —8 
dieigeleſenen Schriften als ſcharffinniger, helldenkender 
Cheolog in gen Deutfcoland anerkannt war und in fe 
sendreihem Wirken da fand ald freimäthiger öffentlis 


— — — “ 
4) Deffen Biographie ſ. N. Rekr. 4. Jahrg. ©. 171. 





Edermann. 631 


Wer Lehret, der zuerſt mit Andern Ffäftig die Bahn ber. 
trat, die immer mehr als die am ſicherſten zum Ziele 
führende erfannt werden wird, den Glauben auf eine 
tidtige Bibelerklaͤrung zu gründen und dad Eindrängen 
alter Zeitpbilofopbieen, fie mögen Auguftinus oder —* 
ſelmus, Kant oder Hegel als Urheber nennen, abzuweh⸗ 
ren; der mit der größten Nude immer nur nach Wahr 
beit forfchte und ſich durch Feine Ertreme, durch fein 
Geſchrei aus feinem Beleife bringen oder jemals zu eis 
nem dem Wohlftand unangemeflenen Ton verleiten lieh, , 
ohne der Wahrdeit im geringiten Etwas zu vergeben, 
ſo wurden die berzlichftien Wünfhe aller feiner Schüler, 
wozu die meiften in den Deraoaiäimern sale und 
olſtein — Prediger gehören, fo weit die Kunde 
iefed Feſtes verbreiten war, dem innigft verehrten und 
allgemein geliebten Greife gemwidmer und jeder Nabe 
wohnende beeiferte ſich, perſoͤnlich Diefelben Geſinnun⸗ 
gen dem Hochgefeierten außzudrüden. Die Lehrer der 
niverfität, wie die Studirenden, verfäumten nicht, auf 
die. einem ſolchen Verdienſt gebührende Weife durch Des 

putationen und Anreden ibm Adbtung und Verehrun 
—— * Seit dem Tod des Konferenzraths | 
Jahr 1828 war E. Senlor der ganzen Univerfirdg 
umd wärde 1829 von dem. König zum Danebrogämann 
ernannt. Ibm, dem unermäder Sortwirkenden, der waͤh⸗ 
rend des zurädgelegten Zeitraumd fieben Mal das afa» 
demiſche Rektorat verwaltet hatte, war es aber noch vers 
- gönnt, fieben Jahre nach der eriten Jubelfeier eine mit 





no größerer Serlidfeit vweranftaltete zweite, die akades 


miſche, zu erfeden **). Die zu die ſem Tage von dem bes 
tüpmten Loos in Berlin gefertigte, in Gold und in Sil⸗ 
ber ausgeprägte Denkmuͤnze liefert auf der Dorderfeite 
Das ahnliche Brufbild des Jubilars, nad einem, von 
dem Maler Hanfen verfertigten Portrait und in der Um- 
ſchrift feinen Namen und Titel. Die Rüdfeite enthält 
in einem dichten Kionge von Eichenlaub und unter den 
Symbolen des Kreuzes, der gedfineten Bibel und einer 
Yolme, die lateiniſche, die Veranlaffung andeutende In⸗ 
ſchrift. Darunter erinnert Pfalm 1, B. 1 — 3 an den 


°) € en Bio x f. NR. Nekr. 6. Jahr 9 G. 842. | TREE e 
8 1 Bergen diefer erzählten zunaͤchſt die Sole wis ⸗Hol⸗ 
Ein s Sauendburgifhen Provinziatberichte und dann eine eigene 
chrift des derzeitigen, Nektord der Univerfität, Etatsraths von 
Berger, betitelt: ‚, Die atademifche Jupdelfeier ded Herrn Kirchene 
raths Doktor Edermann, Kommendeur ded Danebrogordend und 
Danebrogänidnnd, zu Kiel, am 20. April 1832. 54 * 


682 | Edermann. 


Mann, „der feine Zu bat am Geſez ded Herrn und ba». 
der wie ein Baum if, gepflanzt an den Waſſerbͤchen.“ 
Ein anderes daͤusliches Zeit Enfipfte fih an Diefe Jubel» 
feier, ndämli das filberne — des Jubelgreſſes 
und der zweiten Gattin deſſelben. Aus ber eriten Ebe 
des Derewigten waren neun Kinder, nämlich ſechs Göbne 
und drei Töchter, hervorgegangen, vier in Eutin und 
fünf in Kiel geborne, von denen zwei, ein Sohn und 
eine Tochter, zart und jung farben. Bon den Söhnen 
lebt der Ältefte ald Paſtor zu Natfau, der ;meite ald 
fönial. Landihreiber in Garding, Der dritte *) flarb als 
Prediger (Arhidiafonnd) an Der Nikolaikirche in Hams 
burg, ber vierte ald Profeffor am Gpmnalium ia Dans.. 
ig, der fünfte ald Rektor in Ubler. Die aͤlteſte Tochter 
lebt in alüdlider Ede mit dem DVerf., die jüngere ftarb 
ald Gattin deö Predigerd Hanfen zu Jordkirch bei Apen⸗ 
rade. Aus der die fpäteren Lebendjahre des Vollende⸗ 
ten beglüdenden Ehe lebt eine Tochter; der früber ge- 
borne Sohn farb im ſechzehnten Jahre. — Wie E. im 
amtlihen Leben, Gelehrſamkeit, Rechtſchaffendeit und 
wahre Humanität vereinigte, ſo verband er auch im 
däusliden liebevolle Schonung Anderer mit Strenge 
egen fich ſelbſt, Freundlichkeit und Milde mit Ernſt und 
5 rde. Bei dem weiten Umfang ſeines Willens, der 
roßen Klarbeit, feiner Anſchauung, der feltenen Treue 
eined Gedaͤchtniſſes war fein Geſpraͤch immer belehrend, 
geiftreih, lebendig und mit mandem Scherze gewuͤrzi 
und Diefe anziedende uenaan verblieb ibm bis an daB 
Ende feines Lebend. Bier Jahre nad der letzten us 
beifreier war er nob im Stande, feine Vorleſungen 
fortzufegen. - Dabei befiel ihn jedoch von Zeit zu Zeit 
ein Gefühl von Schwäde und Ermattung, modurd er 
ſid zulegt genoͤthigt fab, fie einzuftellen, ſich aber doch 
nicht gbbalten ließ, an. den Verhandlungen des Konfiko 
eiumd perfönli und ald er Died nit medr vermochte, 
ſchriftlich, Dein Antheil zu nehmen. Als überhand- 
nehmende Entträftung allem ferneren Wirken in feinem 
Beruf Grenzen fegte, fand er, unter Öfteren Beſuchen 
tbeilnehmender Sreunde, in der liebevollen Pflege feiner 
Gattin und Tochter Erleichterung und in ihrem Vorle⸗ 
kr unterbaltender Schriften a le Nee fein 
Örper fo, obne an ein ſchmerzliches Krankenlager ges 
feſſelt zu fein, von immer größerer Ermattung aͤberwaͤl⸗ 


Deſſen Biograpbie ſ. N. Nekr. 6. Jahrg. S. 460: 


Eckermam. 88 


tigt, endlich erlag, dob ſich ſein Geiſt mit vollem Be⸗ 
wußtſein, feine theuren Nachbleibenden im Scheiden ſeg⸗ 
nend, über irdiſches Streben und Ringen zu böberer 
Bollendung empor. — Seine Schriften find: Befoͤrde⸗ 
sung d. Tugend ift ein Dauptined aller Schularbeiten. 
Eutin 1775. — Gedanken üb. d. Unzufriedendeit. Lübed 
41777. — Die gemwöhnlihen Fehler, welche bei d. Wahl 
des — Standes begangen werden. Ebd. 1777. — 
Verſuch einer neuen poet. Meberfegung d. Buchs Hiob, 
nebft einigen Borerinnerungen und einer nachſtehenden 
erläuternden Umfcpreibung. Leipz. u. Lüb. 1778: — Ani- 
madversiones criticae in librum Job. ib. 1779. — Ueber 
d. Erjiedung d. Kinder, in Beziehung a. d. Wahl ihres 
Standes. Ebend. 1779. — Ueber die Verbeflerung böfer 
Neigungen u. Gemohnbeiten. Ebd, 1780. — Weber die 
Nutzbarkeit der Unterricht in Spraden. Eut. 1781. — 
De vaticiniis libri duo, Hamb. et Kil. 1784. — Die Pflich⸗ 
ten derjenigen, welche voran — baben ihre 
Erfenntniß zu verbeflern. Eine Predigt. Kiel 1785. — 
Joel merrifh überfegt, mit einer neuen Erklärung. Züb. 
». Leipz. 1786. — Un dad DBaterland, Als die Ankunft 
©r. königl. Hoheit des Kronprinzen Sriedrih in Stiel 
erwartet wurde. Kiel 1787. — Tbveologiſche Beiträge. 
6 Bände jeder von 3 Städen). Alt. 1790 — 1790. — . 
. Compendium theologiae christignae theoreticae biblioco- 
historicae ib. 1791. Editio 2 ib. 1792. — (Döderlein’s), 
Edermannd (u. Loͤfflers) Gutachten Über einige wichtige . 
Religiondgegenftände; in Beziebung auf den Religiond» 
prozeß d. redigers Saul; in Gielkdorf. Goͤrl. 1794. — 
Kleine vermifchte Schriften, verbeflert u. gefammelt ber. 
ausgegeb. Ebd. 1799, Ir Bd.; 2r Bd. m. d. T.: Stleine 
vermiſchte Schriften moralif&päbagogilcen u. theolog. 
Indalts. Ebd. 1800, — Handb. f. d. ſpſtematifche Stü⸗ 
Dium der chriſti. Glaubenslehre. 4 Bde. Ebd. 1801 bis 
-4808. — Erklär. aller. dunfeln Stellen d. N. €. theils 
in einem zufammenbängenden Commentar über einzelne 
Bäder, tbeild in einer treuen Weberfegung mit einge« 
ſchalteten Erklärungen. 3 Bde. Kiel 1806 — 1808. — 
Kurze u. faßlide Anmweifung, d. Bibel ald Gottes Wort 
recht zu ebren u. erbaulih zu leſen. Stiel 1816. — Er 
innerungen an d. unvergängliden u. unfhägbaren Werth. 
der Reformation Zutberd. Zum Andenken u. 3. Beföre 
derung d. froben dritten Saͤkularfeier derfelben auf der- 
Univerfitdt zu Kiel am 31. Dft. 1817. Alt. 1817. — De 
excellentibus Martini Lutheri virtutibas oratio singularis, 


= ! 





554 | Francke. 


am ipsis Cat. Nor. a. 1817, quibus Academia Christiang 
lbertina meritorum Lutheri memoriam pie redintegravis 
in Academiae C. A. Kiliensis, in sacris saecularibus ter 
tüls Actis solemnibus habuit. Alt. et Lips. 1818 — Eine 
deutſche Dde zum 1. Nov. 1828. Kiel. (Auch abgedr. im 
Staatsuͤbrg. Mag. B. 8.3 — Recenfionen von * Reben 
dem Kieliſchen Literaturjournal u. d. Kielifchen ges 
ebrten Zeitung (fo lange Profeflor Heinze fie berauss 
gab); in d. Annalen d. neueften theol. £it.. u. Kirchen 
geſch. u. d. neuen theol. Annalen; in d. allgem. u. neuen 
augem. deutſchen Bibliotbek; in d, Erfurtſchen Nachrich⸗ 
ten von gelebrten Sachen. 1802. — Aufföge im gemeine 
nügigen Magazin. Leipz. 1787 — 1790, und in Eggers 
Beut/oen Mag. Hamb. 1791, m. Alt. feit 1792, und im 
deutſchen Mufeum. — Sein Bildnig, von Wunderlich 
in Kiel gezeichnet u. v. % ®. on, 1794 in: Kupfer 
eyer 


geroden, det ſich vor Magalin. für Prediger, 
.9, ©t. di (weniger ähnlich) vor d. neuen 'allgem. 
Biblioihek Bd. 25 (1796), von W. Arendt geflohen u. 


fein Schattenriß vor dem 1. Quartalband der tbeolog. 
Annalen; ein größered Bildniß in Steindrud, gezeichnet 
yon dem Maler Buͤnſow in Kiel, : 


; Dr. G. €, 
BI eek Teac, 


« 178. Dr. Stanz Frande, 
praßtifcher Arzt au Dreöden; 
geb. d. 14. Gept. 1796, gell. d. 6. Mat 1887, 


Er wurde zu Eilenburg. an der Mulde geboren, wo 
fein Bater, Ehrißian Gottlob Srande, praktiſcher Arzt, 


‚ Geburiöpelfer und Amtsphpſikus mar. Hatte unfer $. 


Don Demfelben bei außgezeihnetem Talente für den 
ärztliden Beruf eine gleich große Bebarrlidfeit und 
Lebdaftigkeit des Naturellö geerbt, fo ward ibm von, 
feiner no& in Dresden lebenden Mutter, Karoline Wils 
. belmine, geborene Kreyßig, die ibn vorzugsweiſe charake 
terifirende Milde und Silarbeit des Gemüths zum bes 
neidenswerthen Anıbeil. Leider traf ibn ſchon als Kna⸗ 
ben das berbe Geſchick, feinen Vater zu verlieren, der 
als ein Opfer feined Berufs im 49. Lebensjahre von 
dem in der Umgegend berrfhenden Typhus 1809 binge- 
rafft wurde, Unfer F., eined der jüngften von den noch 
ent ihn ‘überlebenden ſechs Geſchwiſtern, war bereitd ein, 
abr früber von Eilenburg, wo die Stadefule. feinem. 





eiße nur unvallfommae Nahrung bot, nad Leipzig auf 
Be yüfola dule und unter die * je Geltung feines 
Damald in Leipzig Müdirenden Älteren Bruders gebracht 
“worden. Seht, wo fein Obeim, der Hof: und Medici» 
nalratd_Dr. Kreyſig und. deßen Gattin fi als Pflege: 


eltern feiner liebevoll annahmen, aber nit damii bes -_ 
gnügten, den Neffen aud der Ferne zu imterügen, fons 


rn in feiner aufolühenden Jugend Erfag flr den ih 
nen verſagten Befig eigner Kinder fuchten und fanden; 
berief: der Oheim den „Dreizehnjährigen Knaben: zu fich 
Hab Dresden und lie —9— dafelbft Die Kreuzfchule unter 
Paufler und Bräuniger beſuchen. Diefem Aufenthalt 
und einen zweckmaͤßig geleiteten Privarfleiße verdankte 
r.ed, daß er fchon zu Öftern 1811 ald Alumnus in. der’ 
Bürtenfaute St. Afta zu Meißen aufgenommen und da 
elbft. fogleih in die dritte Klaſſe geſetzt werden: tonnte, 
ein gal, der auf diefem Infitute zu den ſeltneren ger 
dort. Oſtern 1816 kehrte er, mit den abzencoBhen eũg⸗ 
niſſen audgefattet, —2 nach Dresden in das Haus 
Onkels zurück, um ein balbed Zadr: ‚fang; auf 
er medicinifh. dirurgifchen Akademie dafelbft under 14, 
“ fpeciellen Zeitung feined Pflegevaters fi zum eigent 

en, akademiſchen geben vorzubereiten, wozu dieſe 


Inſtitut indbefondere 3 6 weiches erft da» 
n 


mals nad der Rüdfehr de 95 Friedrich Auguft *), 

bauptfählih auf Kreyßigs Rath und Betrieb, nach er. 

weitertem Maasſtabe reorganifirt und mit mebreren aus⸗ 

— Lehrern verſorgt worden war, unter welchen 
e 


r genannte Veteran ſelbſt noch als Leibarzt und Men 


dicinalrath aus eigner Vorliebe tbätig war. Unſer F 


benugte daſelbſt die Vorträge Seilers, Treutlers, dici. 
nud u. A., fo weit fie ihm zum Anfang erſprießlich wa⸗ 


ren. So aufd Gruͤndlichſte vorbereitet, bezog er im 


Herbfte deſſelben Jahrs Die Univerſitaͤt Leipzig, Feinede . 


wegs binter feinen Schulfreunden, die ibm dahin groͤß⸗ 


sentbeild voraudgeeilt waren, zurückgeblieben. Hierbhörte  - 


er Pbilofophie bei Platner und Krug, bei Poͤlitz Ge 


chichte, Phnfif und Chemie dei Gilbert, Botanik und .. 


ologie bei Schwaͤgrichen, Anatomie bei Rofenmüller, 
Phyfiologie bei Planer, Heinrotd und Weber, Patho⸗ 
Iogie bei Kühn, Pharmaceutik bei, Eſchenbach, Entbins 
dungskunſt bei Törg und Diöputirübungen hatte er_bei 
Ducelt. Nachdem er das theoretifhe Examen im März 


*) Deffen Bioar. (. im 6. Jahrg. des B. Nee. S. Mi. . 





, 


J 


; 
586 Stande, - 
2818 radmlichſt befanden, „begab er ſich auf den Rath 
feines Obeimd und nach eignem Wunſche nah Goͤttin⸗ 
en, um dafelbft Strohmeper in der Edemie, Schul; in 
er Anthropologie, Himiy in der Therapie, Pathologie 
und Ophthalmologie, vorzüglich aber Langenbed in der 
Ehirurgie und praktiſch am Kranfenbett zu bören und 
Y benugen. Leider murde der rubige Bang feiner Stu⸗ 
ien nod, vor dem völligen Abſchluſſe des erſten Kurſus 
durch die damaligen Unruhen unter den Studenten und 
- den bekannten Auszug derfelben nah Wigenbaufen ins 
zei 1818 unterbrochen. Srande, Der ſich jedes thätigen 
ntbeild an diefen Händeln enthalten und vor der 
and Leine Ausſicht auf eine wänfchendwertbe Fort⸗ 
eßung feiner Studien in Böttingen hatte, benugte mit 
einigen gleihgefinnten Sreunden diefe Unterbredung zu 
einem Ausflug in das thüringer Waldgebirg und kehrte 
im September nach Dredden zurück, woſelbſt er zum 
jerlien Mal und zwar ein volles Jahr, unter fpecieller 
eitung und Belehrung feines vielerfahrnen — 
foriſtudirte, deſſen patbologif «therapeutifhen Vorträge 
und die Klinik befuchte, außerdem aber auch Seilers 
Vorlefungen über die gerichtliche Prarid, fo mie die 
feines ſchon erwähnten dttern Bruder, des Profeſſors 
und nächmaligen Hof» und Medicinalratbd,: fuwie Leibe 
medifuß Dr. Leopold Srande, in der Pathologie, allge 
meinen Therapie und Polyklinik, die von Carus in .der 
Entbindungdfunft, Die von Oble in der Chirurgie börte . 
und die praftifden Vorträge des letztern in der, irurs, 
giſchen Klinik benutzte. Da ſich inzwiſchen Oöttingen 
noch immer nicht wieder zu der vorigen Frequenz erdo⸗ 
ben, fib auch fonft noch nicht Alles günfig daſelbſt ge⸗ 
ſtaltet zu haben ſchien, fo zog es Srande vor, die Völl⸗ 
endung ſeinet mediciniſchen Studien in Berlin zu ſu⸗ 
gen, wo er nicht nur Die ausgezeichnetſten Lehrer, ſon⸗ 
dern, auch die vorzüglichſten Krankenanſtalten, welche 
ibm nun für feine praftiſche Ausbildung beſonders wich⸗ 
tig waren, näher kennen zu lernen, die beſte Gelegen⸗ 
beit batte. Hier Audirte er nun in den J. 4819 und 
4820 unter Gräfe Akiurgie, unter Horn Seelendeilfunde 
und die Klinif, welche fortan fein Hauptaugenmerk 
blieb, frequentirte er unter der Leitung Huteland’s, 
Sräte’d, Behrend’d, Ruſt's und Wolfarth's. So in je 
der Hinſicht vortrefflih ausgebildet, Lehrte er 1821 auf 
Ehrie Zeit nach Leipzig zurüd, um ‚fein Kolloquium im 
koͤnigl. Klinikum unter Wendler und-darauf daS zweite . 


= 





Francke. 387 


Examen, das ſogenannte rigorosum, zu beſtehen. € 
beitand ed, mie zu erwarten, mit dem ausgezeichnetfte 
Erfolg; eben fo_vertheidigte er den 18. Mai deffelben 
- "Sahrö feine zu Leipzig gedrudte Differtation: de sede 
et causis vesaniae und erhielt hierauf an gedachtem Tage 
die medicinifhe Doktorwuͤrde. In jener Differtation 
wird zwar der dualiſtiſche Standpunft, unbefangen fefts 
gehalten, doch ſieht man dad Ganze auf die Kategorie 
er Wehfelwirfung zurädgeführt. umd nicht nur die 
Wahl diefed Gegenftanded, von dem fon Damals der 
Süngling nad kaum vollendeten Lehrkurfus ſich angejoe 
en fühlte, fondern auch die Ausführung und ganze Bes 
Bandlung defielben beurfunden eine fo glüdlide Kom⸗ 
bination von empirifder Beobachtung mit philoſophi⸗ 
ar Scharffinn, fo viel Ruhe und Gruͤndlichkeit des 

erfahrens, Daß in dieſer Hinſicht der angebende Arzt 
fine £aufdahn gewiß nicht hoffnungermedender antreten ' 
konnte *). Bei Diefer erlangten Reife blieb nun nichts 

. mehr zu wünfden übrig, ald die Schäge des Audlandes 
mit Dem zu vergleiden, mad das deutihe Vaterland an 
‚audgezeihneten Bildungsmitteln dargeboten hatte. Und 
auch diefed Glück wurde ihm durch die liveraffte Unter 
ftügung feines Pflegevaterd zu Theil. Mit welcher Ges 
wiſſendaftigkeit er daſſelbe benugt, wie ibn bierbei fein 
richtiger Blick, feine altfeitige Bildung, Spradfenntniß 
und anfprerhende Perfönlichkeit nit minder, al3 die, 
ewichtigſten Empfehlungen. überall unteritügt, davon 
And feine forgfältigen und intereflanten Fagebücer der 
Beregende Bemweid. Am 17. Juli 1821 verließ er in 
Begleitung. feined Couſins, Dr. Hasper (jest Profeflor 
in Zeipzig), Dredden, um vornehmlich in Parid, Lon⸗ 
don, York, Edinburgh, Glasgow, Amfterdam und Leys 
den alted Audgezeichnete zu feben und zu prüfen, maß 
fb auf dieſem Wege dem mwißbegierigen Heifflnftler 
arbietet. Sein Hauptaugenmerk waren die berühmten 
ren» und Stranfenanftalten, Dad Verfahren in den 
finifen aller Art, in Paris vorzüglih die Operationd« 
kunſt unter der Meifterband eines Dupuytren, Recas 
mier u. A. Dabei ließ er fih jedob an Ort und Stelle 
keineswegs blos von den berühmten Namen der Mäns 
- ner und der Größe der Inſtitute verleiten, fib auss 


”) Später ift dieſe Diſſertation, vielfach erweitert und näher 
— — tung e- den ——— — — 
e ahnſinns, in Raſſe eitſchrift auf Aufſorde 
- ved Herausgebere erfihienen. — * — — 


⸗ 


538 Zrande. 
——— auf dad Befanntefte und in die Augen Fal⸗ 
endfte zu beſchraͤnken, fondern fuchte auch naͤchſt dieſem 
Die minder berübmten aber oft im Einzelnen febr_belob- 
nenden und infiruftiven Eleineren Anftalten und Privat- 
infisute auf. Im Herbſt 1822 kehrte er bereichert an 
Dei und Erfadrung, in biäbender Gefundpeit, heiter 
nd Eräftig nach Dresden zurüd und babilitirte ſich das 
elbſt als praktiſcher Arzt. Hätte unter allen Umftänden 
einer Täctigkeit und eingebmenden Bildung der glück⸗ 
ihfte Erfolg nicht entgeben Fönnen, fo war Diefer um 
0 ficherer, da’ er unter den Augen feines berühmten 
Dflegevaters auftrat und dem Rathe deflelben in ſchwie— 
rigen Faͤllen eben fo viel zu verdanfen forıfubr, als er 
auch feinerfeits einen großen Theil feiner Zeit und 
a fte dem Oheim bei deſſen Überbäufien Geſchäften 
ankbar widmen zu Fönnen, fib zur unverbräclichiten 
Pflicht machte. Seine Prarid mebrte fib aleib in Den 
eriten Jahren fo bedeutend, daß er daran denken Eonnte, 
& eine Braut zu ſuchen und ſich Der Gefundenen, 
ouife, geborenen Zenfer aus Dreöden, den 7, Tuli 1324 
8 Gatte zu verbinden. Diefe gluͤcklice Ehe wurde 
Durch zwei nod iebende Finder, Edmund und Elife, 
geſegnet; bei der dritten Niederfunft mit einem tod» 
ten Kinde Bug Jeboa Bir Gattin an zu Fränkeln und 
ber beforgte Dater Eonnte ald Arzt in Kurzem fich 
ſelbſt nicht mehr verhedlen, daß ibr Zufiand in eine ün— 
deilbare Phthyſis ausartete, — der die trefflibe Frau 
nad langem Leiden endlih den 10. Sept. 1830 erlag. 
Wie viel während diefer traurigen Periode auch F. Förs 
perlih und gemütblich gelitten, offenbarte fich Leider nur 
x bald. Ein dartnaͤckiger Huſten und andere bedenkliche 
ymptome erregten ernſtliche Beforgnille für feine un. 
verkennbar hinwelkende Gefundbeit, Um ſich wenigſtens 
u erbeitern, unternahm er in den Sommermonaten des 
olgenden Jahrs 1831 mit feinem Sreunde, dem Major 
v. Heinz, eine Erbofungsreife durd Böhmen nad Linz, 
Salzburg, Gaftein, Steiermart und Defterreih uud 
£ebrte von dieſer Neife allerdingd nit ohne fheinbaren 
ACH geſtaͤrkt und mit frober Hoffnung zu feinen Ge⸗ 
häften zurüd, Die ſich von Zadr zu Jahr vermehrten 
und feine Kräfte oft bis zum UWebermand in Anfprud 
nabmen, Erfältungen auf diefen Berufswegen, bei des 
nen er ſich aus reiner Gewiffenbaftigkeit die nöthige 
Nädfihe auf ſich ſelbſt verfagte, namentlich aber. der für 
den Geſchaͤftsmann - in Dresden nur zu beſchwerliche 


Francke. 339 


Weg fiber die Elbbräfe, mochten das Meiſte dazu bei⸗ 
getragen baben, daß ihn im Winter 1831 — 188 ein 
beftiger Bichranfall auf dad Krankenbett warf. Beine 

vie. Natur uberfiand auch dieſen und er füblte ſich im 


ommer 1832 fo weit bergeftelt, daß er in Geſellſchaft 


des unterzeichneten Sreundes nach Karlsbad geben Eonnte, 
wo er bei mäßiger Benußung der Trinfquellen, vors 
äglich viel von den Eprudeldädern verfprad. Und 
wirflih that. die Heilkraft der Notur auch bier dad 3p- 
rige an dem im Ganzen no immer Eräftigen'und les 
bendnollen Kranken. So geftärft und mit neuer Hoff; 


nung erfüllt, kehrte er zurüd., Daß er pun auch an die’ 


‚Erledigung der nädhften Sprge, die ibm auf dem Herzen 
N fonnte, ſich für feine Kinder eine. liebende 


er and für fein Herz eine tbeilnebmende Verttaute 
— Er fand fie in einer ihm Pt und’ 


früheren Zahren bewährten Zreundin, Allmpne, der- 
aͤlteſten Tochter des 1821 verforbenen Prof 
praftifhen Arzted Eidfeld zu. Leipzig und ſchloß diefe 
Verbindung am 23. Noy. 1838. Auch diefe Ehe blieb 
nicht obne Kinder, das 

Knabe und fpäter noch eine Tochtet geboren. Allein 
die Sreyde Yu Eltern war leider Dura 8.5 allmälig. 
und immer ſtaͤrker wieder eintretenden Bruftbefchmwerden 


nicht wenig verbittert. Raͤthſelhaft in ihrem Urfprung. 


und Verlauüf erſchwerten fie dem Leidenden unſaͤglich die 
Aobwartung ſeines Berufs, jg machten zulegt dad Trep⸗ 
penſteigen faſt unmoͤglich. Vergebens brauchte er im 


Sommer 1835 die Toͤplitzer Bäder und ſuchte nachher. 


durch eine vorfihtig ausgeführte Eleine Reife über Prag,, 


Adersbach, Salzbrunnen, Warmbrunnen und einen Theil 


des Niefengebirgs fih auf Diefe, ibm früher fo wodl⸗ 
thuende Weife zu erquicken; allein er fand nur febr uns, 
vollkommene Linderung feiner Leiden und der wieder 
eintretende Winter mebrte mit der Erſchwerung der 
Prarid auch fein Brufäbel, welches, wie fi fpöter ers 
wies, in einem fehr komplicirten Drüfenleiden befand, 
fo daß er fim endlih Doc zu der Siſtirung feiner Ge: 
(däfte, infoweit Riefe nit in Konfultationen auf der 
Stube beftanden, entſchließen mußte. Er ſelbſt, der auch 
feinen eignen Zuitand mit drztlihem Scarfblide beurs 
tbeilte, taͤuſchie ſich bereitd nicht mebr mit vergeblichen 
Hoffnungen und gab nur den Bitten der Seinigen nad, 
indem er noh im Sommer 1886 zum leiten Verſug 
eine Reife nach Ems unternahm. Obſchon er auch dieſe 


ors und, 


Jahr darauf wurde ibm ein 


50 | Francke. — 


noch vertrug und unter der ſorgſamſten Pflege ſeiner idn 
— attin anfangs einige gen Dee zu finden 
ſchien, fo jeigte ſich dod, wie er voraudgefagt, nur zu 
Deutlich die gänzlihe Erfolgiofigkeit auch dieſes Der 
Gi — 5. war einer jener feltenen Menſchen, deren 

erfönlichfeit und dußerlihe Ankündigung *) nur der 
ungeträübte Ausdrud eined vollkommen dDurdgebilderen 
Geiſtes und Herzens it, deren Bildung aber Aberbaupt 
auch nur die eigne ungeswungene Güte in natürlicher 
Entfaltung darftellt. Obſchon er fräb gendtbigt mar, ſich 
in reihe Derhältnifle einzufeben, welche nicht die ans 
ſpruchsloſen feiner Heimath und erften Kindheit maren, 
odfehon er mit einem Aufwand erzogen und ausgebildet 
wurde, der wodl oft mehr nad) der Liebe feiner Pfleg— 
eltern, als nad feinen eignen Anfprücen abgemeſſen 
wurde, Eonnte doch unter allen Verbältniffen nie das 
. Gewicht der Babe, fondern nur der Drud der liebenden 

and, womit fie begleitet ward, in fein edles Gemüth 
eindringen und nie bat ein Menſch in feinem ganzen 
Weſen weniger von den fogenannten Kindern des SiS, 
nie dagegen einer im doͤbern Grade die Weihe der Dank. 
barkeit gehabt, ald er, der durchaus anſpruchſslos und 
beſcheiden, auch dann, wenn feine Verdienfte und Ab» 
ten ohne rechtmaͤßige Anerkennung blieben, ed natuͤr⸗ 
id fand, fid in die rubige Klarbeit feined Innern zus 
ruͤckzuziehen, die bei ibm die Stelle einer mäbfam er⸗ 
rungenen Selbſtbeberrſchung vertrat. Diefe ‚reine und 
Mare Tiefe feined Innern war es, Die feine jugendliche 
Lebdaftigkeit fo dürchaus Tiebensmwärdig, feine ganze, 
oft angeftrengte Thätigkeit fo erfolgreich, feinen Eintritt 
- in dad Sranfenzimmer auf den erfien Anbfic vertrauen» 
erwedend, feinen Scherz; im Freundeskreiſe fo heiter 
und feine legten Lebensmomente fo ebrmärdig madte. 
Er war im edelften Sinne der Freund feiner Kranken 
und der Arge feiner Freunde; denn auch dieſe ſuch⸗ 
ten und fanden bei ihm ftetd Heilung in trüben Stun⸗ 
Den; er fprach nit Troft zu, obne ſich völlig unterrich⸗ 
ter zu baben, aber fprad er Troft ju, fo tüblte man 
auch die Wahrheit und Beredtigung feined Ausſpruchs; 
aber aub, — mad gemandter Freundlichkeit allein nicht 
gelingt — obne Derlegung zu tadeln, dab‘ war ibm, 


*) Gin mwohlgelungener Steindrud von Danfftengel nad dem 

—— — HR ae 2 — Siane Sic 
P zzirten Porsrait vergegenmär 

‚ bie. geiftreihen und wohlwollenden Büge des —— Nat 





v. Schük. 51 


- dem durchaus wahren Manne, natärlid und leicht; auch 
(te man fib dem Sreunde nur um fo inniger verbuns 

en, denn ſtets fand man bei ihm nur Liebe und Wahre 
beit. Sein praktifher Beruf, dem er fi ganz bingab, 
nderte ihn nicht, auch noch in den legten Jahren, 
dem Gange der raſtlos fortfchreitenden Auumilenioen, 
beſonders aber der neuer Philofopbie das lebbafteſte 
Intereſſe zu widmen und ein enger Kreis yon Sreunden, 
die mit ibm diefelben Zwede verfolgten, batte in man⸗ 
der unvergeßlichen Abendftunde Selegenbeit, auch bierin 
fein befonnen ausgeſprochenes oft entſcheidendes Urtbeif 
zu bewundern. Weniger ge Ratıete ibm fein praftifcher 
Beruf, ald Schriftfteller bedeutend befvorzutreten; meb⸗ 
rere Abbandlungen von ihm find anonym in medicinis 
fen Zeitfchriften zerſtreut; außer jenem oben erwähnten 
Aufſat in Naſſe's Zeitichrift gab er Joſeph Swan's ges 
Erönte Preisſchrift über Die Bebandlung der £ofalfranks 
heiten der Nerven in deutſcher Meberfegung als Zr Bd. 
der Bibliothek der auslaͤndiſchen Literatur fär pr. Med. 
Leipzig 1824 deraus; von Krepſigs Werk über die Kranke 
° heiten des Deren batte er bereits den erſten Theil ing 
Lateiniſche überfegt, als die Arbeit ind Stoden gerieth 
und bis zu einer neuen Auflage verſchoben wurde; vie⸗ 
led Undere wurde entworfen a THeil au audges 
führt, reifte aber unter Gefchafien und Kränkligkeit 
nicht dis zum Drude, ' 
Dredden. | 9. M. Chalpbaͤus. 


179. Karl Auguſt v. Schüg, 


ednigl. wirkl. Geheime — u. Provinzialſtenerdirektor 
zu Koͤln; 


geb. den 24. Apr. 1777, geſt. den 6. Mai 1837 *). 


v. Schüß war in Berlin geboren. Seine Eltern 
waren der Geheime Oberfinamratb 3 9. Schäüg und 
deffen Gattin E. de Vrient. In früher Jugend waren 
feine Geiſteskraͤfte in Solge einer Krankheit ſehr juröes 

- geblieben und er vermochte, troß der unglaublichiien 
nfirengungen, wie er oft felbf erzählte, nur febr weni 

u begreifen, fo daß der Vater über die Zukunft feine 
Bopnrt beforgt wurde und nur in dem glänzenden 
vie berfprechen en Auffireben des dltehen einigen Erfag 
fand. Als diefer im 46. Jahre Die Univerfitäs bezog, 


Nach den rheiniſch. Provinʒialbi. 1887. 





52 v. Schirz. 
war unfer ©. noch In Mein Tertia, bereitd ſeit 3 Jahren, 
und feine Lehrer, Die ihn feines großen Fleißes und be> 
ſcheidenen Wefend wegen liebten, vermochten ibm bis 
dahin nicht Dad Zeugniß der Reife jur böberen Klaſſe 
m geben: Der Bater beſchloß dader, ibn die fogenannte 
leine Karriere machen zu laffen, damit er bei feinem 
großen Fleiß in. einer untergeordneten Stelle nützlich 
wirfen könne. “Im 9. 1793 verließ v. ©. aud Sefunda 
abgepend das värerlibe Haus, um ald Supernumerar 
nad Ruppin zu geben. ort aber begann eine wefent: 
lide Berdnderung in feinem Innern ſich zu bilden, die 
frübere Dumpfbeir ded Geiſtes fhwand, und fo — — 
daß es ihm geweſen waͤre — ſo erzaͤhlte er ſpaͤter oͤfters 
im Familienkreiſe — als waͤren Schuppen von ſeinen 
Augen gefallen, denn alles das, mad er früher gar nicht 
oder nur mit großer Anftrengung babe begreifen können, 
fet ibm est leicht and klar gewefen. Jedt fühlte er je 
doch auch ſchmerzlich, wie weit Ihn dieſer krankhafte an » 
fland in Ermwerbung der feinem Alter und Stand ange 
meflenen Senntniffe zurädgehalten habe und er beſchlöß, 
nichts eu zu laffen, um nadzubolen, was feine 
Neu erwachten Kräfte irgend vermoͤchten. Ale auf Dem 
Gymnafium abgebrodenen Studien wurden wieder ber. 
vorgehoft, eifrig befefligt, ergänzt und meiter fortge⸗ 
fuͤder, beſonders ſolche, die durch Leſen wiffenf&aftlicher 
Werke odne mündlichen Unterricht getrieben werden für 
nen: vor Allem Nazurwiſſenſchaften, Geſchichte, Laͤnder⸗ 
und Voͤlkerkunde. ie Vorliebe zu dieſen Wiſſenſchaf⸗ 
ten blieb fein ganzes Leben bindürch gleich rege; ale 
‚außerdienfttihe Lektuͤre war faft nur aus ibrene reife 
anal ‚Da die freien Tagesſtunden — der größte 
beit agtielden war den Dienflarbeiten gewidmet — zu 
Gen tudien nicht hinreichend waren, fo mußten die 
tunden der Nat u Hülfe genommen werden. Um . 
Mm ihnen bei feinen Studien vom Schlafe nicht unter 
brochen zu werden, fegte er die Süße in Eimer voll tab 
ten Waſſers und wenn democh Die fo durchwachten 
Nächte der Schlaf unterhrach, fo mar died nur kur 
eit und der erſte Augenblid des Erwachens war au 
er, in welchem er das feiner Hand entfunfene B 
wieder ergriff, um feine Arbeit wieder friſch zu des 
ginnen. on Brandendurg, wohin er von uppin 
verfent worden war, ging 9. Schüß 1794 na dem Da» 
mals der Krone Preußen unterworfenen Warſchan, blieb 
dort einige Zwit, bei der Jollparthie ardeitend, fam dann 


+ 
[4 


nad Szezuczyn im preußiſchen Polen, mo er 1004 Kanz⸗ 
leidireftor bei der Accife» und Zolldireftion ward und 
von dort als Kriegs- und Domänenrath nad Byaliſtock. 
So hatte er denn eine Stellung gefunden, in der ein 
audgebreitetered Wirken ihm eröffnet mar und der We 
auf dem er fie erreicht,. batte ibm jenen fcharfen, praks 
tiſchen Blick gegeben, der ibn auch fpäter ſtets fo ſicher 
geführt bat. Uber wieder erhoben ſich neue Stürme, 
Die ibn von der eben betrerenen feinen Säbigfeiten ans 
gemeflenen Laufbahn ſcheinbar entfernten, in der Wirk, 
lidkeit freilih ibn derfelben. zufübrten. In dem uns 
gluͤcklichen Frieden zu Tilſit ward Byaliſtock an Rußland 
abgetreten und: da der Kaiſer Alerander ſich erboten 
barte, alle preußiſchen Raͤthe bei der dortigen Kriegs⸗ 
und Domänenfammer in feinen Dienſten zu bebalten, 
um aus ihnen eine Pflanzfchufe für die ruffifde Beams 
tenflaffe zu bilden, fo Eonnte der damals fo febr ges 
ſchwaͤchte preußiſche Staat dieſes Anerbieten nicht anders 
als Kia: annehmen, um die geringen von den harten 
Scickſalsſchlaͤgen noch verſchonten Kräfte für feine völlig 
— ten Diener zu verwenden. Glaͤnzende Ausfid» . 
ten fneten fid jegt dv. S.; allein ed war Died ein 
Glanz, dem er die tiefte Dunkelheit 201108. Denn in 
vollfommeniter Dffenbeit derrfhte damals in der ruff. 
. ZoUverwaltung dad Beſtechungsſyſtem und wenn er die 
‚damaligen ruflifhen ZoUudireftoren mit mehreren Sechs⸗ 
fpännern ihre Revifiongreifen durch die Provinz machen 
fab, fo war dies fein Bild, dad feinem Sinn entſprach; 
er lehnte daber eine folde ibm angebotene Stelle ab 
und beſchtoß, die dortigen Dienfiverhältniffe ganz zu ver⸗ 
laſſen. Diefer VBorfag ward durch Zamilienverhältniffe 
beftärft; er nahm. feine Entlaffung und eilte, nachdem 
vorher eine im J. 1799 mit Henriette Lepden, Tochter 
des Dberzolldireftord Leyden zu Szczuczyn gef@loflene 
Epeverbindung aufgelöft worden, nah Berlin zurüd, 
nicht nur ohne alle Ausfiht auf Anftellung, fondern viel⸗ 
ehr mit mehrfachen Berfiherungen, daß er unter den 
obmaltenden Derbältniffen auf eine folde unmöglid 
rechnen könne. Ein Jahr lang wartete er vergeblich, je 
eifrig er auch im Gefühle der Kraft fib bemühte, ein 
Feld für feine Thätigkeit zu erringen und um ſo mebr, 
da auch die Vermögendverbältniffe durch den Krieg und 
des Vaters Tod die frühere Anfige Geftalt verloren dat⸗ 
ten. Im 9. 1309 jedoch erbielt er eine gerade eröffnete 
Stelle ald Regierungdrarh in Potsdam, befonderd durch 


44 9 Schuͤtz. 


die warihg und Eräftige Verwendung de koͤrigl. Ne 
rungätireftorg von Ladenberg daſelbſt ey en wirkt. 
Ged. Staatsminifterd), deffen Adtung und Freundſchaft 
er in Bvaliftod, wo leßterer Direktor der Kriegd- und, 
Domänenfammer war, erworben batte und die er bie zu 
einem Tod unter den verfhiedenften Verbältniffen id 
ewahrte. In Potsdam trat er zuerf mit dem Damali. 
gen Regierüngsdirektor Maafen *) in Ddienftlide und 
freundſchaftliche Beziehungen, die ebenfalls ſich durch 
eine bis in-die legten Er fortgeführte Korrefpondenz 
ſtets wach erhielten. it ibm zufammen ward er 1810 
nah Berlin zur Landeörepräfentation berufen und war 
kaum von dort in feine früheren Dienftverbältniffe nad 
Potsdam zurücgefebrt, als ein neuer Ruf ibm folgte 
und ihn in dad Finanzminiſterum führte, in welches er 
im Mai 1812, eben 35 ZJabre_ alt, ald Geb. Dberfteuer- 
. rath (bei der bald darauf erfolgenden allgemeinen Bere 
änderung der Titel in den gleihbezeihnenden: Gebeis 
men Oberfinanzrath umgeändert) eintrat. Unmittelbar 
darauf, am 9. Mai 1812, vermäblte er fi mit Henriette, 
‘ der Tochter des Regimentsatztes Mäder, mit der er bis 
- on feinen Tod in der gluͤcklichſten ungerrübteften Ede 
ebte, Im Srüdling des Jahrs 1813 erdielt er mit dem 
inzwifchen zum mwirfliden Geb. Oberfinanzrath befoͤrder⸗ 
ten Herrn v. Ladenberg und den Bed. Oberfinanzräthen 
9%. Beguelin **) und Xoffler ***) dad Kommiſſorium, 
bei der befſirchteten Annäderung ber franzöfifhen Heere 
mit den wichtigſten Dienftpapieren Berlin zu _verlaffen 
und in die nördlien Provinzen zu geben. Saum zus 
rädgefebrt, ernannte eine allerb. Kabinetsordre ihn und 
wei feiner Kollegen zu koͤnigl. Specialfommiffarien, um 
ie Staatöverwaltung in „allen Abtheilungen, im aus 
gedehnteften Sinne ded Worts“ in den Provinzen Weſt⸗ 
und Dftpreußen und Litthauen zu revidiren. Während 
der dadurch berbeigeführten Abmefenheit war der Graf 
‚von Bülow }) Finanzminifter geworden, dem er pers 
fönli durdaus unbekannt war, nichts deftoweniger er 
bielt er bei der erften Aufmwartung, die er demfelben 
machte, dad unerwartete, ebrenvolle Anerbieten, ihn nad 
Paris zu begleiten, von mo die Finanzangelegendeiten 
geleitet werden follten.. So machte. er bei dem Haupt 


2) Defien Biographie f. N. Nekr. 12, Jahrg. ©. 938. 
v.) ©. R. ekr. 6. a @. “ 951. 
2) Deſſen Biographie f. N. Nekr. 2 Jahrg. ©. 2 


—mm— 


v. Schütz. 545 


quartier den ganzen Seldzug nad Frankreich mit. und 
‚ verlebte bier in der engſten und zum Theil freundfchaft. 
lichſten Berührung und Verbindung mit jenen Männern, 


die das Vaterland mit Stolz, Europa mit Bewunderung 
nennt, eine der intereflanteiten Zeiten feines Lebens, 
Seine folgereichſte Thärigfeit begann jedoch nad feiner 
Rückkehr aus Frankreich, ald die neue DOrganifation ded 
indirekten Abgabeweſens im — Staate vor ſich 
ging. Eine Keibe von hierauf bezüglihen Kommifforien 


erging an ibn; in allen Kommiffionen, die zur Entwers 


fung der dahin gebdrigen Geſetze niedergelegt wurden 
und die fletd nur aus wenigen Sliedern beftanden, ward 


aud er — und die Akten jener Zeiten zeigen, wie 


kraͤftig er wirkte, wie weſentlich er fi an den Vorzügen 
der neuen SOrganifation betbeiligte. Daneben erhielt 
er theild unmittelbar durch Ullerb. Kabinetsordre, theils 
durch in Solge folder erlaffenen Minitterialreffripte man 
nichfache andere Aufträge, 3. B. in Betreff der Entſcha— 
Digung der Beamten in Süd, und Neuoflprenfen, in 
Betreff des mit Rußland geſchloſſenen Handelövertrags ıc,, 
je daß die früh angemöhnte unermüdliche Thätigkeit ibm 
m mäctigen Drange der Gefchäfte wohl zu Gtatten 
kam. Die Veränderung, die in ber Perfon feines Chefs 


dadurch ſtatt fand, dab an die Stelle des Grafen von 


Bülow der Herr von Klewih dad Finanzminifterium ers 
bielt, batte auf feine Wirffamkeit Feinen Einfluß; daſ— 
felbe Woblwollen, daſſelbe Vertrauen auf feinen redlis 


chen Willen, feine Kraft und feine Einfiht, das jener . 


ibm hatte zu Theil werden laffen, ſchenkte ibm auch Dies 
fer und zwar in noch böberem Grade. Bei den Öfteren 


Revifionsreifen, die v. ©. ald Minifteriallommiffarius 


in-den verfhbiedenen Provinzen des Reichs machte, batte 
er dad Leben in diefen lieb gewonnen und fib allmdlig 
der Wunfd in ibn gebildet, in eine folde fich überzuis 


fiedeln. Schon batte er geſchwankt, ob er eine ibm ane 


etragene erledigte Regierungspräfidentenftelle annebmen 
folle, ſich aber entfchloffen, noch eine Zeitlang im Minis 
fierium zu bleiben. Als er aber im J. 18% die Rhein 


provinzen bereifte, um die Einleitungen zu treffen wegen - 


der beabfidtigten Trennung der indirekten Steuervers 


waltung von den Regierungen, eine Einrihtung,_an de 


ren Entfteben er fo wefentlich betdeiligt_ war, gehel ide 
die Provinz felbft, alle Derbältniffe und der Geſchaͤfts⸗ 
kreis der neu zu creirenden Stelle des Provinzialſteuer⸗ 
Direktors fo wohl, daß er bei feiner Rüdkunft nach Bere’ 

N. Nekrolog. 15. Jahrg. 85 


‚o 


= 


546 v. Schutz. 


lin diefelbe für Ach nachſuchte, worauf der König noch 
mit — — A a ihm diefelbe übertrug. 
Alle Einwendungen feiner Sreunde, die. es für unrecht 
erklärten, dab er fo alte Ausfihten auf eine vielleicht 
glänzendere Laufbahn fi verbaue, wieß er mit dem Ent» 

egnen zurüd, „Daß ed nur we Dinge feien, wonach er 

ebe, Gutes zu wirken und ſich gluͤcklich zu fühlen, zu 

nem biete ibm feine neue Stellung Einfluß genug und 

iefeö boffe er in den künftigen Berbältniffen zu finden.“ 
Ueber 13 Jahre bat er die Verwaltung der indireften 
©teuern in den Rheinprovinzen geleitet und (dom nach 
einigen Jahren durch die gluͤcklichen Refultate, die er 
erzielte, fehr viel dazu beigetragen, mie dies aus noch 
vorbandenen freundfchaftliden Korrefpondenzen mit den 
Damald an der Spige der Steuerverwaltung fiebenden 
Männern bervorgedt, daß das Inſtitut der Provinzial 
fieuerdirefsionen in mebreren der übrigen Provinzen des 
preuß. Staats eingeführt wurde. Daßjenige, mad v. ©. 
mäbhrend feiner Verwaltung ſtets ald Leitſtern feines 
Handels vorleuchtere, bat er felbft in einem Dankſchrei⸗ 
ben an den König fär eine ibm gewordene Auszeichnung 
mit wenigen Worten DENELNO AL JeIproWen: Dann nur 

laube er, fo beißt ed in demfelben, den Willen Gr. 


Mai. am treueften zu erfüllen, wenn ed fein eifriges 


Beltreben ‚wäre, daB die dem Staate nötbigen Einnah⸗ 
mequelen zwar reichlich Nöffen, fo jedoch, daß die Unter. 
tbanen Dadurch fo wenig, wie es die Natur der Sache 
nur irgend geftatte, edrüidt und beläftigt würden. Ob 
ed ibm ‚aeknngen it, dieſen Druck, der mehr oder weni» 
er in jeder Abgabe liegen muß, möglich leicht zu ma⸗ 

en, muß die oͤffentliche Stimme entieiden; noch befs 
er werden aber diejenigen dazu im Stande fein, die in 
ienſtlicher Berührung mit ihm ſtanden und fo Gelegen⸗ 
deit Hatten, die Motive, feined Handelns Eennen zu ler 
nen. So verſchieden die Anfichten Über dergleichen Ges 
genftände auch fein mögen, rein haben fie diefe Motive 
gewiß ftetd gefunden und Daß da, wo er feft beftand auf 
die Erfüllung einer lätigen Sorm, dies nit aus Fis⸗ 
Falität geſchad, nicht um der Staatskaſſe einen vielleicht 
o unbedeutenden Ertrag zu fibern, Daß im gerade vor» 
iegenden Kalle derſelbe mit der Beldfiigung in Eeinem 


.Berbältniß Rand, vielmehr nur um der daraus bergeleis 


teten -Konfequenzen willen, davon baben fie gewiß die. 


feſte Veberzeugung gemonnen. Daß die Einnahmequellen' 


seichlich unter feiner Verwaltung offen, weit reichlicher 


v. Schuͤtz. 847 


als früber, iR befannt und vielftiche Miniſterlalreſkripte 
erfennen es an, wie viel neben dem fteigenden Reich» 
thum und andern begünftigenden Umftänden feine „mus 


‚ Kerbafte Zeitung, feine raftlofe Thätigfeir” zu dieſem Ne 


ſultate beigetragen haben. Als Hauptmittel, unnöthigen 
Drud zu ermeiben und dabei ar reichliche Einnahme 


zu erzielen, erkannte er tüdtige Drgane, eine adtunge. 
n ng 


wertbe Beamtenklaffe und fe eifrigfe® Streben 9 

deshalb dahin, redliche, Erafivolle und intelligente Maͤn⸗ 
ner in die indirekte Eteuerparrie berüber zu ziehen; mo 
er das Derdienft fand, Belobnung und Auszeichnung 
für daſſelbe zu erwirken; entdedte Schuld aber unnach⸗ 
ſichtig der Beſtrafung zu überliefern. Um aber eben 
an die feinen Faͤhlgkeiten angemeflenfte Stelle fegen zu - 
£önnen, ſuchte er fih die ausgedehntefte Lokal» und Pers 
fonalfenntniß zu erwerben und durd die vielfältigiten 
Reifen dur alle Theile der Provinz, felbft Die unweg⸗ 
famften, durd Inſpektion der Unterbebörden, zumeilen 
bis ind Fleinfte Detail eingebend, batte er diefe Kennt⸗ 
niß bald in bobem, fedr dobem Grade erworben, Ein 
rafder Beſchaͤftsgang, Beſcheid unmittelbar der Eine 
gabe folgend, unbeſchadet jedoch der Bründlichkeit, war 
ein fernered Mittel, das er für weſentlich bieft, um den 
Verkehr zu begänftigen, ein Mittel, auf deflen Anwen⸗ 
Dung er. daber forgfam machte, in deffen Anwendung er 
felbft ftet8 voranging. Die Geſchaͤfte, Die ihm unmittel- 
bar aus feiner Dieniiftelung zufloffen, waren, befonders - 
Da eine neue Drganifatien. ftattfond, gewiß binreichend, 


“um die volle Kraft eines thaͤtigen Mannes in Anſpruch 


zu nebmien, dennod wurden ibm außerdem viele und 
war großen Zeit. und Kraftaufmand fordernde zu Theil; 
ie Audführung der Zollvereinsverträge mit dem Gro 
berzogtbum Heflen, mit Oldenburg went Birkenfeld, 
mit dem Surfärftentdum Heflen, mit Naffau und mit 
Srankfurt ward idm übertragen, von denen befonders 
der zuerft in mit dem Großberzogthum Heſſen, 
als der erſte überhaupt abgefchloffene mit einem groͤße⸗ 
ren Lande wichtig if, da er nad Ueberwindung großer 
und mannichfacher Schwierigkeiten, die aus den neuen 
Derdältniffen fi ergeben, eine weitere Ausdehnung fol 
der Verträge ald praktiſch moͤglich zeigte und -fo die 
‚Bahn brach zum großen deutſchen Zollverein; der zulene, 
genannte aber deömegen, weil viele eigentbämlihe Vers 
daltnifle. Dabei zu beräckfihtigen waren. Wie fehr man 
auch hoͤheren Orts feine Kenntniß und an der Ver 


' 648 v. Schüß. 


einsverdaͤuniſſe ſchaͤtzte, ergiht (don der Umftand, daß 
Preußen faſt feinen Vereinsbevollmaͤchtigten ernannte 
der nicht eine Zeit unter v. S. gearbeitet hatte, fo da 
das rheinifhe Direfioras gleihfam bie Pflanzſchule der 
Dereinspevolmädtigten ward. Außer diefen und mans 
cherlei anderen Kommifforien ward dv. ©. nad dem Tod 
des Negierungdpräfidenten Delius ) an deflen Stelle 
zum preuß. Bevollmädtigten bei der, Rdeinf&iftfabrtd 
centraltommiffion_ ernannt. Alle diefe und manderlei 
andere Aufträge führte er mit gleider Kraft und Sach⸗ 
Funde aus, um fo mebr, da er auf feinen vielen Keifen 
nicht nur die Keuerlihen Verbältniffe der Provinz, fons 
dern diefelbe in allen ihren verfhiedenen Beziebungen, 
alle ihre mannichfaltigen Intereſſen kennen gelernt hatte 
und ed ſich eifrig angelegen fein ließ, fo weit es in feis 
ner Madt fand und fo weit fie mit Denen des Ganzen 
nicht cotlidirten, diefelben Eräftig zu fördern. Daß er 
dierbei perſonlichen Vortheil niemals walten ließ, dürfte 
‚der Umflend zur Genäge ergeben, daß er währen‘ mebr 
als 41 Jahren, die er im Staatödienft zubrachte, nicht 
nur fein väterlies Erbtheil nit vermehrte, fondern 
vielmehr trog des geregeftften Haushalis nur die Hälfte 
deffelden bei feinem Tode zurüdlieg. Nicht dlos ein 
kräftiger Geift, ein ſtarker Körper auch gehörte dazu, 
die anbaltende Anftrengung zu ertragen und lange freute 
er fi in der That einer eifernen Gefundbeit; das funfs 
zige Jabr hatte er bereitd zurlickgelegt, obne jemalß, 
Eine Rinderkrankheit abgerechnet, einen Tag Über im 
Bert zugebracht zu haben. Erft nach diefer Zeit zeigten‘ 
fid die Kolgen zu großer Anfpannung, die ſich dadurch 
noch mehrten und flärften, Daß der Geift, ſteis gewohnt, 
dab der Körper ibm folge, auch jegt während manches def⸗ 
tigen Sichtanfalld demſelben nicht nachgeben wollte und v. 
&. unter den größten Schmerzen mit zitternder Hand die 
röndlichten, ausfuͤhrlichſten Berichte niederſchrieb oder 
LA die ſchwierigſten Gegenftände entwickelte. Ver⸗ 
gt end waren die ärztlichen Gebote, die Arbeiten zu mei⸗ 
en oder wenn ja Die Gefhäftsarbeiten auf ganz Eur 
Zeit in Folge derſelben bei Seite gelegt wurden, 10 
, ward die an Die Stelle derfelben tretende gewöhnlide 
wiſſenſchaftliche Lektüre mit gleidem Eifer betrieben. 
Selbſi bei längerer Abmefendeit, nicht nur in’ Dienftgte 
f&häften, fondern felbft bei Badereifen, wurden alle eini⸗ 


NS, RM: Merr. 10. Jadra. ©. con. 














r — ——— — — — — — — — = 


te v. Schuͤtz. 849 
germaaſen erhebliche Sachen nacgefendet und fo au 
eite 


Aue en die Verwaltung fletd ge . Bei diefer fo 
ebr in Anſpruch BE nen Zeit konnte v. ©. natärs 
id nur wenige Stunden täglid in der Mitte feiner 
Samilie zubringen; diefe wenigen Stunden war er aber 
fo gan bei Derfelben, fühlte er fih fo wohl und dußerte 
Died nit blos durch Worte, fondern in feinem gan en 
Weſen, daß die Kürze derfelben Durch die liebevolle ans 


nigfeit reihlich aufgewogen wurde. Wenn die Aften 


einmal fortgelegt waren, wenn er von einer Geſchaͤfts 
reife fpät Abends zuruͤckkehrend ale inzwiſchen einaeg ⸗ 
grsen wichtigen Sachen mit ſcharfem, eifrigen. Blick 


durchflogen, wenn er alle mitgenommenen Akten, Zitera« 
‚lien ıc. ausgepackt und fo wieder — — batte, daß 


mit dem frübehen Morgen er die Arbeit wieder begin, 
nen fonnte, dann gehörte er ganz feiner Samilie und Die 


ſo beiter verlebten Stunden waren feine glücklichſten, 


die er jedem raufchenden Vergnügen weit vorzog. Aber 
auch in diefen, der Erholung gemidmeren Stunden zeigte 


Hang zur Selbfithätigkeit und — ſo ſehr 


EN die Leftäre liebte, fo war fie ibm hauptſaͤchlich wertb 
als — des Geſpraͤchs; blos leſen hoͤren, 
odne dabei zu ſprechen, mar ihm peinlich. So knüpften 
ſich oft an wenige geleſene Seiten ſtundenlange Ges 
ſpraͤche und wenn in dieſen irgend ein Punkt berfiprt 
wurde, der ihm nicht völlig befannt war, fo mußte der⸗ 
ſelbe fogleih, ohne Aufſchub, erörtert und volftändig 
aufgeklärt werden, das beitere Geſpraͤch ward ernk und 
erit wenn Die berbeigeführten Quellen erfchöpft waren, 


- erbielt ed den früberen Eharafter wieder und jegt erſt 


bemerkte er lächelnd, daß der Theetifch mit Buͤchern und 


Charten bedeckt war. Schon feit mebreren Jabren hatte 


er manchen beftigen Gichtanfall befanden, im Anfang 
des Jahrs 1837 aber dußerte ſich die Gicht in den edle 
ren inneren Organen; erft leife auftretend, wurden idre 
Wirkungen immer fichtbarer; ed bildete ſich eine Ablas 


erung im Schlunde, die Ddenfelben verengerte und ane , 


angs das Schluden kompakter Speifen, fpäter aller 
Speifen ÄAberbaupt unmöglid machte. So mußten die 
Kräfte des Körpers, dem Feine neue Lebensſaͤfte dauernd 
jugefähre mwerden fonnten, ollmälig verfiegen, der Geiſt 
aber blieb klar. Mit Widerfreden nur gab v. ©. 13 


Tage vor feinem Tod auf die Airenge Vorſchrift der 


erste die Gefchäfte ab, einen Tag vor feinem Tode 
100 epielte er mehrere Partieen Schach, ohne daß fi 


- 


\ 


‚550 | » Raub. 


im Mindepen eine geringere Schärfe des Geiſtes, eine 
‚geringere Aufmerkſamkeit auf dad Spiel, als fon bitte 
wahrnehmen laffen. Nur etwas über 12 Stunden bradte _ 
er im Bett zu und hdauchte dann in BER: fanften 
Athemzügen den Geiſt aut. — Wenn v. ©. nad dem 
‚ Vorftedenden fein ganzes Leben hindurch alle feine Kräfte 
dem Staate widmete, mit reinem, feurigen Eifer deſſen 
Beſtes zu erfireben, fern von jeder Perfönligkeit, von 
jedem Wunſche, ſich beliebt zu yaden, fondern immer 
nur fireng der Sache ſelbſt wegen bandelnd und kaͤm⸗ 
pfend und fid nur um deswillen freuend, etwas erruns 
en zu baben, weil er es für recht bielt, ſo iſt biefer Eis 
ter, \ find dieſe Verdienſte allerdoͤchſten und hoben Orts 
vielfad anerkannt worden. Brdeneverleibungen, Rang» 
erböhungen und andere Deo und Auszeich⸗ 
nungen wurden ibm zu Theil und immer zu einer zeit, 
wo diefelben für die Dienftlategorie, der er angehörte, 
‚ etwad Seltenes, Ungewoͤhnliches waren. Lebbafte Freude 
machten ibm diefe Außzeihnungen im Gefühl, fie vers 
Dient zu baben, doch that er nie den geringiten Schritt, 
e zu erlangen; eben fo menu die günitige Stimme 
ed Publifumd, von der er oft Bemweile erbielt, febr 
— dennoch verließ er nie feinen Grundſah, 
möglihtt ſcower im Verſprechen zu fein, lieber mehr zu 
tbun, als zu verfprechen und eher zumeilen den Schein 
Der Strenge zu baben, ald den, mit leeren Hoffnungen 
binzubalten.. Außer der binterlaffenen Witwe betrauern 
ne aber erfter und drei Kinder zweiter Ede fein Hin⸗ 
eiden. 


* 180. Johann Nikolaus Rauch, 


Aaonſiſtorialaſſefſor und Pfarrer zu Alkersleben und Ettiſchleben 
im Sürftenthbum Schwarzburg s Sonderähaufen; j 
sed. den 11. Februar 1769, geft. den 7. Mat 1837. 


. Er wurde zu Arnfladt geboren. Beine Eltern wa 
ren ſchlichte Bürgersleute, die ih durch kluge Thätig» 
keit und durch fparfames Haushalten ein für idre Vers 
bältniffe anfehnlihe® Vermögen erworben hatten, wel⸗ 
es fie in Stand fegte, ihren drei Kindern, von denen 
unfer R. dad zweite war, eine zeitgemäße und verſtaͤn⸗ 
dige Erziebung zu geben. . Jobann Nikolaus fahte, einem 
natärliben Triebe folgend, früh den Entſchluß, fi den 
Wiſſenſchaften zu widmen und da Das Lyceum feiner 
Darerfiadt damals eind der beffern war und Ach unter 


\ 


Rauch. | 551 


der Leitung des wegen Seiner. Belchrfamfeit: auch im 


Auslande gefhägten Rektors Lindner immer mehr bob, 


fo ließen ibn, feine Eltern jene Schule fleißig vefucen. 


r rüdte dur die untern Klaſſen ſchnett fort und in 
en obern lernte er tüchtig Latein, Griehilid, Sranzöfife 
und Hebrdiſch, bebielt, was man ibm als allgemeine 
Weltgeſcdichte yortrug, treu im Gedaͤchtniß und. ſchrieb 


eine Außer ſchoͤne Hand, Er fludirte privatim feibig 


den_Cicero und Zenopbon, die aub neben dem Homer 
feine Zieblingsfchriftfteler bis ind ‚Alter. blieben und be 
reitete fich fo würdig flr Die Univerfität vor, zu: welder 
er Dftern 1789 überging. - Er befuchte zuerſt Jena und 
börte dort Eregetifa und Kirchengeſchichte bei Griesbach, 
Dogmatik und Moral bei Döderlein und außerdem Pbis 
lofopbifa bei Ulrid und Reinhold. Da er aud bier mit 
vielem Fleiß Kudirte und fid Die ſchoͤnſten Zeugniffe ers 
mworben hatte, fo wurde er feinem Zürften empfohlen 


‚and erhielt von diefem eine Sreitifhftelle in Göttingen, . 


wohin er ſich zu Dftern 1791 begab. Dort glänzte als 
Stern erfter Groͤße Henne und das Verlangen, diefen 
berübmten Humaniften zu bören, war fo groß, baß-er. 


fofort alle feine. Borlefungen beſuchte. Außerdem börte 


er nur noch Michaelid und Eichhorn über dad U. T., 
Lichtenberg aber in der Phyſik und Schloͤzer in der Welt 


geſchichte. Auch benugte er feinen Autenthalt in Göte 


fingen, um die engliſche und italienifbe Sprache zu er 
fernen. Aber faft täglich befuchte er die Öffentlihe Bis 
bliothef und erwarb fib durch eigenes Anſchauen eine 
folde Bücherfenntniß, daß er fh darin lebenslaͤnglich 
auszeichnete. Nachdem er 414 Tabr zu Göttingen zuges 
bracht batte, wurde er in Arnſtadt Kandidat des Pre 
digtamts. Kine Haudlehrerftele anzunehmen, batte er 
nie Luſt, weil ed ſchon Damald ganz gegen feine Neis 
gung war, allzuſehr abbängig und gebunden zu fein; 
Do gab er in feiner DBaterftadt einige Tabre bindurd 
in guten Däufern Unterricht als Privarlehrer, lebte au⸗ 


. Berdem den Wiflenfchaften, indem er befonderd der Sans 


tifhen Philoſophie feinen ganzen Fleiß zuwendete und. 


redigte zumeilen in den Stabdtfirden und immer mit 
br großem Beifall. Mit dem Jadr 4800 aber gebt 
ein neuer Zeitabſchnitt feines Lebend an. Rauch wurde 


Landprediger in Alkeröleben und Ettiſchleben. Diefe 


- ©telle war an und für fid die eintraͤglichſte in der gan⸗ 


en Herrfcaft, aber er barte das Unglüd, beinabe 7 Jahre 
lang Subkitut eined fehr alten und ſehr wunderliden 


x 
\ 


> 


t 


.. Gemein 


2. Rauch. | 
Emeritus fein zu müſſen, der ihm viel Kreuz auflegte, 


weil er ſich einbildete, Zion gebe unter, wenn der Sub 


part in Kirbe oder Schule etwas Neues. einführte oder 
ebrte. Am Jahr 1801 hatte er ſich aud verbeirathet, 
die Familie vermebrte fih, die Hälfte der Befoldung 


wmußte fortwährend an den Emerituß abgegeben werde 


und zu arbeiten gab e8 viel, denn die Gemeinden mas 
ren verwildert, die Schulen in dem elendeken Zuftand 


und dad Parrgut durchaus ‚deteriorirt. Darum hat ee . 


auch in Alfersleben neben viel Sreude viel Leid erfah⸗ 
ren, Während es ihm gelang, in feinen Gemeinden 
Durch feine. begeifterte Rede und durch dad Beiſpiel 
‚feiner eigenen ungebeudelten und erleuchteten Srönmige 
Feit einen ſchönen religidfen Sinn und wahre Aufkld« 
rung zu befördern; während er mit 5 Erfolg 
für die Schulen that, was ſich mit den Schullehrern, 
wie er fie fand, tbun ließ; während er die Defonomie 
feined großen Pfarrguts zur höchſten Kultur erhob und 
auch ald Defonom, befonders im Anbau der Sutterfräus 
ter, feinen Pfarrkindern ein Vorbild wurde, Fam der 
Arieg mit feinen langdauernden, verwüſtenden Durchzü⸗ 

en, mit feinen vft wiederholten Anforderungen von 

reund und Feind und mit feinen barten Derluften, die 
er und feine Gemeinden befonderd ſchwer tragen muß« 


. ten; Fam das Lazarerhfieber, welches einen großen Theil 


feiner Pfarrfinder binraffte; fam endlich das Jahr 1816, 
in welchem er mit feinen Gemeinden eine totale Miß—⸗ 
ernte batte. In diefen Jahren des Unglüfd und der 


Noth zeigte aber R. recht, was ein gebildeter und treuer 


Selterger thun kann und die Derzen feiner danfbaren 
eglieder bewahren ed, was er damald rathend 
und beifend wirklich gethan hat. Seitdem ging e8 ibm 
faft ununterbrochen wohl; von feinen fünf Kindern, die 
er zum Theil biß in ibr 16. Jahr felbft für Die Schule 

und Univerfität vorbereitete, wurden zwei glädlih und 
gut verjorgt. Die Gemeinden bingen mit großer Liebe 
und Derebrung an ibm, was fie auch dadurch an den 
Tag legten, daß fie ibn für die Kirche porträtiten lies 


Ben; von feinen Vorgeſetzten wurde er bochgeachtet und 
fein $ürft gab ibm im Jahr 1828 in Anerkennung feiner 


Derdienite den Eharafter eined Konfiftorialafleflors, eine 
für einen Sandprediger feltene Auszeichnung. So lebte 
und wirkte er ſegensreich unter feinen Gemeinden bis 
zum oben genannten Tage, wo er nad einem kurzen 
Kranfenlager an dem Nervenfieber farb, beweint und 


( 











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RKauch. 6s 


detrauert von Allen, die ihn kannten. Aber auch Als ge. 
lehrter Theolog bat er ſich ausgezeſchnet und außerdem, 
was er ungenannt und unerfannt für Licht und Recht in 
der Theologie ſchrieb, find feine aelehrten Abbandlun 
en „über den Logos des Johannes“ in Zimmermann 
onatöfchrift Bd. 6 und „über das lehnte Paſchamahl 
die Zeitberimmüng deflelben, des Leidens und Todes 
efa“ in den Studien und Sritifen 1832 befannt und 
aben ibm unter den größten Gottesgelehrren viele 
Freunde und bieibendes Andenken erworben. Weber der 
Ausarbeitung einer SRUN in welcher er „das Leben 
Jeſu von Strauß“ in der Wurzel angreifen wollte, er 
eilte idn_ der Tod. — In feinem Aeußeren war er groß 
und ſtark, ‚wohlgebildes und Fräftig und erinnerte fi 
nit, krank gewefen zu fein; daher fland er noch kurz 
vor feinem Tode rüfig und in voller Kraft Da in der 
fidern Erwartung eined boden Alters, das ibm aber 
nicht wurde. Daß er in Ruͤckſicht feines Willens zu den 
— eeee —3 — zeigt ſchon Der ganze 
ang feiner Bildung. Er war unabläflig thätig in feie 
ner Wiſſenſchaft, nahm an jeder neuen Forſchung in_dere 
felben lebdaften Antheil und mar einer gemwillen Ride 
sung, welde die Theologie in den lehtern Jahren die - 
und da ruͤckwaͤrts nabm, von Herzen eben fo gram, als 
einer. gewiffen Art des Nationalismus, die er nur das 
Produkt eines flahen Willens nannte. Als Kanzelreds 
ner war er ſchlicht und a predigte aber mit großer 
Begeifterung und mit dem fihtbaren Gefühle des Glücks, 
ein Prediger des Evangeliums zu fein, dad er klar und 
wahr, aber auch warm und herzlich und in Fräftiger 
Sprache vortrug. Er wurde nicht nur von feinen Ge⸗ 
meinden feßr gern gebört, obgleich er oft auch) ſcharf pres 
Digte, was mit zunehmendem Alter au — 
ſchien, ſondern auch von den Bewohnern der Stadt und 
der benachbarten Doͤrfer, daber vielleidt an keinem 
Sonntag - die Sremden in feiner Kirche ganz fehlten. 
Wohl Batte er au feine Sehler; er war zuweilen befe 
- tig nd aufbraufend, ſehr oft auch in Amtsſachen alliue - 
rhtfihtslos gegen Höbere und nicht gern geborfam ge» 
en Befehle von oben, von denen er keinen Nuten und 
einen Grund fab und fegte feine Anficht gern durch; 
aber feine Güte des Dergens, fein warmes, theilnehmen⸗ 
des Gefuͤdl, auf weiches jeder Leidende ſicher rechnen 
konnte, feine Herz gewinnende Freundlichkeit und ſeine 
Bereitwilligkeit, binzugeben, was ihm gehörte, um aus 


J 


\ 


554 . Bat 


rN beiten, be onders aber feine. e Recht⸗ 
Berenten, dfe — als dt AH Pets 
n 


den wurde und feine tiefgefäblte erleuchtere Religios. 
fität, mir welcher er wie ein rechter -Priefter des Herrn 
da fand und die er ſtets durch Wort und That pres 
digte, — dad war ed, was ibn audzeichnete und wodurd 
er ſich auch eigentlich auszeichnen wollte; dad war ed 
waß feine Gemeinden im tiefen Gerähle des Sameneh 
über feinen Derluft. laut ruͤhmen und worin fein Ges 
daͤchtniß unter ihnen lange in Segen bleiben wird. 


7 


* 181. Karl Friedrich Wilhelm Aug. Vater, 
JZuſtizlommifſarius u. Notarius bei dem koͤn. preuß. Obexlandes⸗ 
gerichte zu Breslauz 
geb. d. 81. März 1765, geſt. d. 8. Mai 1837 ”). 


ESein Bater, ein Derwandter des ruͤhmlichſt hekann- 


ten Drientaliten Severin Vater, lebte als Zollinfpek. 
tor und Kreiskalkulator der Grafſchaft Glatz zu Dabels 
hwerdt. Wiffenfaftlid auf dem Magdalendum in 
reölau vorgebilder, widmete er fi dem Rechtsſtudium 
ın Sraonffurt a. d. D. und wollte dort die akademiſche 
Laufbahn verfolgen; allein DVerhältniffe nöthigten ihn, 
41778 nach, Bfedlau jurädiufehren, ier trat er im die 
Qureaus der Kriegd. und Domänenfammer ein, arbeis 
tete im Erpeditiond, und Rechnungsfache, fuchte 
jedoch auch bei dem ſchleſiſchen Generalſiskalate Kennte 
niſſe in der Rechtgpraxis zu erwerben. Aus dieſer viel⸗ 
ſeitigen Arbeitsthaͤtigkeit bei der Finanz⸗ und Juſtizver⸗ 
waltung ſchreibt ſich feine für einen Juriſten feltene und 
enaue Kenntniß dieſer fonft fo ſcharf getrennten Zweige 
er Staatöverwaltung ber. Im Jahr 1781 ward er als 
Referendariud bei der gedachten Bebörde angenommen 
und nach einiger Zeit zum Juſtizkommiſſarius und Juſtiz⸗ 
'.fefretär in Glag ernannt. Da die Gefäfte bei der Das 
maligen Kammerjaftizdeputation in Breslau nad der 
erweiterten Organifation, welche ſolche im 3. 1788 er⸗ 
balten hatte, ſedr ungewachfen waren und da Vater fi) 
dem Provinzialminifter Grafen von Hopm ald ein täcs 
tiger, mit dem Adminiſtrationsweſen vertrauter Turik 
befannt gemacht batte, ward er den 4. uni 4787 al 
Mitglied. der gedachten Deputation mis dem Charakter 


®) Schleſ. Provinz.s Blätter 1837, 


N 
r 





‚ preuß. fchlef. — (2 Bde. 


Vater. 6665 


in welwer Stellung ibm nicht bloß die B 

feiner Juſtizkommiſſariatspraxis, fondern aud Die. 
nadme des Juſtitiariats bei dem koͤniglich ſchleſiſche 
Oberproviantamt und bei dem koͤnigl. preuß. Breslauer 
Coll. med. et san., wie der Tuftisvermwaltung auf den 
‚Sütern der Maltheferordengfommende. ad Corpus Christi 
verſtattet wurde. Bei den im %. 1810 und 1816 eins 
tretenden veränderten Organifationen der Juftig: und 
Sinanzveraltungsbebörden hörte feine Wirkſamkeit in 
Diefen verfchledenen Aemtern auf; er blieb jedoch in dem 
Benuß eined Wartegeldd von 1053 Rıdir. und trat in 
Die Reide der bei Obergetichten thaͤtigen koͤnigl. Tuftig 
fommiflarien und Notarien, in welcher amtliden Bezies 
dung er al& Fiskal der Fönigliben Regierung in Bredlau 


eines £önigf, Kammeraſſiſtenzraths nad örchlan berufen, 
eibebaltung 


mehrere wichtige Prozefle für felbige führte. — N, mar 


ein tüchtiger Gefhärtöntann, ein gründlicher Gelebrter . 
und fleißig fammelnder Schriftſteller. Als folder fuchte 
er fib befonderd um die Erhaltung aller, die Landes 
verfaflfung und Verwaltung Schlefiend betreffenden Nach— 


‚richten verdient zu machen und wird dad von ihm unter 
Dem befcheidenen Titel: Privatentwurf eines vorzüglich 


für Sefbäftsmänner beftimmten fgtemat. Reperi. der 
re&l. 1300) beraußs 
gegebene Werk feinen Namen erbalten, wenn daſſelbe 
leich bei der inzwifchen völlig veränderten Gefeggebung 
und Derwaltungdform gegenmärtig fa nur biftorifchen 
Werth dat. Der Beifall, den dieſes Werk fand, mins 
terte ibn zu der Herausgabe ähnlicher Darftelungen auf 
und es erfhien von ihm: Etwas Gb. Die weibl. Bürgs 
ſchaften in Soleſien und der Grafſchaft Glag (Breslau 
4800, 3. Aufl. 1827); preuß. ſchlaſ. Civil», Medicinals 
und Sanitätöverfaffung (2 Thle. in 3 Bde. Ebd. Kai 
Ueberfiht des gemeinpreuß., befonderd aber des preu 


ſchleſ. Sriminalmefend (2 Hälften. Ebd. 1802); Grund» 


nderd in Schlefien betreffend (Ebd. 1810); Ueber die 
eutige Gränze des alten Sahſenrechts (Ebend. 1818); 
ie Gefege des preuß. Staots gegen d. eigenmädhtigen 
Auswand. f. Staatäbärger (Ebd. 1822), Der Pflictrdeil 
der Kinder nah dem ſchleſ. Wenceslaiſchen Kirchenrechte 
vom %. 1416 (Ebd. 1826. 2. Aufl, 1829); Etwas üb. Die 
fortdauernde Gültigkeit d. alten fchlef. Provinz.⸗Rechts⸗ 
— (Ebend. 4827); Ueber die fogen. Zaͤblgelder b. 
Käufen d. Grundfüde u. Erbſchaften in Schlefien (2. 9. 


= und Meinungen, d. preuß. Medicinaltarwelen, ber 
0 


\ 





56 Bremi. 


d. 1830). Mehrere Nachrichten von dem ſchleſ. Me⸗ 
hat. und Sanitätözuftande lieferte er Ay ſchleſ. 
Prov.⸗Bl. von 1805 —- 1809. 


182. Johann Heinrich Bremi, 
weil. Chorherr u. Profeſſor am Karolinum in Zuͤrich; 
ged. su Zuͤrich den 4. Dec. 1772, geſt. den 10. Mai 1837 *). 


SBremis Bildungdperivde fiel in die beften Jahre 3 
3; Hottinger’d, der den entſchiedenſten Einfluß auf die 

idtung und Urt feined Studiums ausübte und in 
Dielem fein Borbild ward: mit dem ſchon aͤltern Stein- 
bräcdel fam er weniger in Berührung und es ſcheint 
eine fdmwächere Amiehung wwifchen Beiden flattgefunden 
zu haben. Nachdem ſich feine Neigung für die Pbilolos 


iceronianifde Sragment de fato; Lips. 1795; nach der 
Heimfunft die erfte Ausgabe von Cornelius Nepos; Zür. 
1796, denen bald Cicero de finibus, Lib. 1. Il. Tur. 1798, 
nachfolgte. Leider ward dieſe immer noch ihren Werth 
bebhauptende Ausgabe nie vollendet; aber was B. auch 
an den zwei legten Büchern bei etwas mehr Beharrlich⸗ 
feit zu leiten vermocht hätte, zeigen die an Belang ges 
singen, aber .inbaltreihen Bemerkungen, welche Goͤrenz 
in den Addendis zu feiner Ausgabe mitgetheilt bat. Von 
Corn. Nepos erfwienen noch drei Auflagen 1812, 1820 
und 1827; jede Derfelben. beurfunder B.’8 unermüdetes 
Beftreben, dem vielgebraudten Schulbuche die moͤg⸗ 
lichſte Vollendung zu geben und. feine aͤchte Humanitdt 
in Anerkennung fremden Verdienſtes, den bedeutendften 
Fortſchritt zeigt aber, wie ed auch der lange Zwiſchen⸗ 
saum erklaͤrlich macht, die zweite Auflage mit trefligen 
Beiträgen von J. J. Döner, die aub in die fpätern 
übergingen. Nicht ganı diefelbe Sorgfalt und Gründ⸗ 
lichkeit ward dem Suetonius in feiner erfien Ausgabe, 
Zür. 1800 zu Theil, wozu wohl die damaligen politis 
fden Unruhen dad Meifte beisrugen; aber fehr vortheile 


°) Hallefie Eitztg. 1857. Int. BL Re. 


— 





» 


Brenn. 6587 


haft unterfcheider fid auch bier, namentlich in Hinficht 
auf Grammatik und a die 34 Aus⸗ 
gabe, Zür. 1820. Mittlerweile hatte ſich B., der allge 
meinen. Richtung deutſcher Philologie folgend, mehr 
dem Studium der griechiſchen Literatur zugewandt, na 
mentlih Plato, den Tragikern und Rednern. Werth⸗ 
volle Fruͤchte dieſer Studien zeigen ſchon die I. J. 1819 
Dee mit £. Döderlein_derausgegebenen phi⸗ 
ologiſchen Beiträge aud der ed die auch in 
Deutſchland eine ihrem Gebalt entfprechende Aufnahme 
fanden und nur bedauern laffen, daß fie durch Mangel 


“an Unternebmungdgeift von Seite des Verlegers ſchon 


mit dem erften Band ind Stoden gerietben. Neben 
Slleinerem folgte im 3. 1823 ff. Die Ausgabe ded Rede 
ners Aeſchines mit latein. Anm.; von 1826 bis 1834 in 
der von Jacobs und Roſt beforgten Bibliotheca Graeca 
die Bearbeitung auderlefener Reden des Lyfiad und 
Aeſchines, Demoſthenes, Iſokrates, endlich ein erneuers 


ter und vermebrter Abdrud der Wolfien Außgabe von 


Demosthenes in Leptinem, bei melden legten Arbeiten 
es freilich nicht an Spuren der ſchwindenden Kraft und, 
Rübrigkeit fehlt. Endlich gebdren auch dierher mehrere 
Beiträge zu Jahns Jahrbuͤchern und Zimmermanns all⸗ 
gemeiner Schulzeitung. pupem wir feine vielfeitige 
anderweitige Thaͤtigkeit ald Mitglied des Zürcher Erzies _ 
bungsrarhd, als politifher und pädagogiider Sqrift⸗ 
feler in einigen Stugforiften (gegen P. Ufteri u. K. €. 
Niederer), ald Vorſteher des Zürcher Griechenvereins — 
woher auch das hellenifhe Bürgerredt — nur im Vor⸗ 
beigang erwähnen, können wir nicht anders, als dem 
Drange ded Herzens folgend, noch etwas laͤnger bei 
feinem Verdienſt als Lehrer verweilen. B. war ein im 
eder Beriehung audgezeichneter Schulmann,, der jedens 
ache, das er übernahm — und er hatte. nach Bamaliger 


Einrichtung der Zürderifhen Schulen mehrere fehr un 


haffte, fondern es au wie Wenige verfland, Ddaffelbe 


leichartige zu ledren — nicht nur äußere Geltung vers 
10 die ganze wiſſenſchaftliche und moralifhe Bildung 


feiner Shüler wirkfam zu machen. Dom Jahr 1797 an 


is and Ende feined Öffentlihen Wirkend ftand_er in 
verſchiedenen Berbältniffen :an der damaligen Zateins, 
fpäter Gelehrtenſhule und ward allgemein ald der Mits 
telpunft, ja als die Seele der Ankalt anerfannt. Gpäs» 
ser erfiredte fi feine Wirkfamkeit auch auf dad foge . 
nannte Collegiam Humanitatis, al Professor Cathegheti- _ 





558 Bremi. 


ces, in welcher Eigenſchaft er die Zöglinge zum erſten 
Abendmehlgenuß vorzubereiten hatte und ſich Diefer Auf⸗ 
abe jedesmal mit ‚ungenieiner Herzlichfeit, Tiefe und - 
ärme entledigte und auf daß Colleg. Carolinum als 
"Professor pro veritate religionis Christianae, mo er vor 
nebmiid apologerifhe und eregetiihe Vorträge bielt *). 
Ein ganz neues Leben aber brachte er vom J. 1809 an 
in dad Studium der griehifden Sprache, die er von 
den erftien Elementen an.in drei auf einander folgenden 
adredfourfen zu lehren batte und zumal in der erſten 
älfte feiner Amtöführung mit mahrer Begeifterung 
und dem glänzendften Erfolge lebrte. Ohne eigentliche 
Strenge mußte er fib eine überwiegende Gemalt über. 
die jugendlichen Semätber zu ‚verfdaffen; nur Wenige 
Dermocten zu widerfteden und diefe bielten ed dann in 
feiner Raͤhe audy nicht lange aud. Sein Scharfblid er 
kannte’ und würdigte mit der größten Leichtigkeit jedes 
Zalent und mo cine Kraft auch noch im Verborgenen 
ſchlummerte, fpürte er fie auf und rief fie ind Leben. 
Aber außerdem zog er immer noch die beffern feiner 
Shäler in ein näheres perſoͤnliches Verhaͤltniß zu fid und 
fparte weder Zeit noch Mübe, ihnen Dur gemeinfame 
Lektüre und freundliden Rath nüglih, ja Vielen der 
Begründer des Lebensglüds zu werden. — Am 8. Mai 
4837 hatte er fi, wie er feit medreren Jahren gemwobnt . 
war, in die 4 Stunden von Züri entferuten ‚Bäder 
von Baden im Yargau begeben und auf einer Spazier⸗ 
fahrt am Abend des oben — Tags üͤberraſchte 
ibn der Tod fo ſanft und mild, daß ſelbſt feine Begleis 


- . ter in der Dämmerung wähnten, er Tchlafe. Zwar bat- 


ten don mäbrend — Zeit, ungefaͤhr ſeit dem 
. 1818, vielfache Koͤrperbeſchwerden — Engbrüſtigkeit, 
chwindel und angegriffene Kopfnerven — ibn gend» 
thigt, fi für Uebernabme eines Theils feiner Lehrſtun⸗ 
den um fremde Hülfe umzufeben; vollends mar er feit 
dem Sebruar 1829 durch die Folgen eines Schlanfluffed, 
der die rechte Seite laͤhmte und ibm die Sprache beis 
nobe ganz raubte, feinem Öffentlihen Wirken entzogen, 
% duf er bei der neueften Keorganifation des Zurderis 
den Schulweſens in Rudeſtand verfent ward. Dennoch 
war in den legten Jahren fein geiftiged Leben Feines 
mwegd, wie mande ferner Stebende beforgten, erſtor⸗ 
ben; noch mehrere Jahre nah dem Schlagfluffe fegte er 
®) Ueber deren Vorzuͤge wird fehr richtig geurtheilt in 
Neuen Kicchenzeitung für die —— an Nr. ne 


Emmrich. | 859 
ſelbſt feine Titerarifde Thätigkeit fort und bis an fein 


Ende bemahrte er die regſte Theilnabme befonderd für 
die Slinderwelt und die völlige Selbſtſtaͤndigkeit feines 


kräftigen Willend. Die Erziehung eigner Slinder bat 


ipm dad Geſchick verfagt; aber in vielen Herzen alübt 
die Slamme Findlider Dankbarkeit gegen den Edlen, 
der ihrer dülflofen oder unberatbenen Jugend ein liebes 
voller Führer und Vater geworden. — Außer den ge» 
nannten Werfen find von ibm noc erfhienen: (Einige 
Abhandlungen üb. d. Lehnrecht. Züri 1798. — Ueb. d. 
Schrift: Peſtalozzis Erglebungsunternebmung im Ders - 
baltniß zur Zeitkultur,, träber genannt das Peſtalozziſche 
Inſtitut, an das Publifum. 1. Abtd. Beleuchtung der 
efhuldigungen ded K. T. Niedererd gegen den Ders 
fafler. Ebd. 1812. — Der Geiſt d. Glaubendverbeflerer; 
e. Rede. Ebd. 1819. — Ermunterung an Zuͤrichs fudis 
rende Jugend; e. Rede. Ebd. 1819. — M. Tull. Cicero 
von d. Pflibten, a. d. Urſchrift äberf., m. krit. Anmerk. 
y. 3. Jak. Hottinger 2. durchgef. Audg. Ebd, 1820. — 
Denfrede auf Hrn. J. Taf. Hottinger. Ebend. 1829. — . 
Neli, der Kannengießer. Eine wahre Sefhtäte. Ebd. 
41822, — Beitt. zu Höpfners helvet. Monatöfchrift. 


* 183. Georg Karl Friedrich Emmeih, 
herzogl. S. Meiningifher Oderhofprebiger u. Konfiftorialrath zu 
Meiningen; 


geb. den 25. Yan. 1778, geft. ben 10. Mat 1837. 


Sein Dater war der infpeftor und Archidiakonus 
Johann Adam Emmrid zu Meiningen, ein um Schule 
und Kirche febr verdienter Mann, der fib durch Recht⸗ 
ſchaffenheit, Pünktlichkeit, unermüdlichen Fleiß und fireng» 
religiöfen Wandel auszeichnete und die allgemeine Ads 
tung und Ziebe feiner Mitbirger genoß; feine Mutter 
Elifaberh srieberife Erdmuthe, geb. Erd, war eine frau - 
von dem vortrefflichften Herzen, voll Liebe, Güte, Sanft- 
mutb und Gelaffenheit. Don 10 Kindern, nämlich 

5 Söbnen und 5 Töchtern, waren ihnen nur 4 Söhne 
und eine Tochter am Leben geblieben, von denen unfer 
' €. der dritte war. Glückliche Anlagen und ein eiferner 
Fleiß zeichneten ibn (bon frübe aus. Im 9. Jahre Fam 
er in Die Schule und bereitete fi unter der unmittels 


baren Auffiht feined Daterd und mit Hülfe der würdi- 


gen Lehrer Otto, Haberland, Buzer gebörig auf bie 
Univerfität vor, welche er ald 18jähriger Jüngling ben 


m 


vielen Beifall fanden und fein 


860 Emmrich. 
47. Oft. 1701 berog. “Im legten Jadre genoß er noch den 
Unterricht des * — Sr nt na beh 


ratd8 Schaubach. Seine Abfhiedörede handelte „vom 
Augen der Mathematik für alle Stände,“ wobei er zuletzt 


in deutſchen Berfen von der Säule Abſchied nabm. Er 


war in der Mathematik fo audgezeichner, daß ibm geras 
then wurde, blos Mathematik zu fudiren. In feinen 
fpätern Jadren datte er zwar Die ganze Matbematil ver: 
effen, doch war died Studium beſtimmt von großem 
info auf fein konſequentes, fdarfed, beſtimmtes, Ela- 
red Denfen, welches ibn immer auszeihnete. Seine 
Neigung war der Medicin zugewendet, aber da das 
Studium derfelben zu Eoffpielig, 'fein Vater fon den 
älteen Sohn, welcher jegt ald Appelatiunsgeritärath 
u Ansbach lebt, Jura haste Rudiren und Doftor der 
echte werden laflen, der zweite (gef. den 11. Juni 
4796) aber noch in Göttingen Theologie ftudirte, fo 
blieb ihm bei den geringen Hülfömitteln nichtd anderes 
hbrig, al& daß Wohlfeilfe, naͤmlich gleichfals Theologie 
u wöbten. Ergriff er aber auch nicht das Studium der 
aturwiſſenſchaften, fo befaß er Doch den kindlich-from⸗ 
men Sinn und die reine Empfänglichkeit für die Freu⸗ 
den der Natur, welche den aͤchten, mabren Sorfcber und 
Prieſter derfeiben immer bezeichnen. In Göttingen börte 
er die Borlefungen, der beräbmten Profeſſoren Planf, 
Schleußner, Stäudlin, Spittler, Eihborn, Boutermef, 
Seder, Heyne, Marezoll und Käftner ıc. Da die Unter« 
Kügung von Haufe fehr Klein war, fo mußte er ih aufs 
Nothwendigſtẽ befhränfen und durch fiterarifhe Arbeiten 
und Stundengeben fi nebenbei verdienen, menn er auße 
kommen wollte. Vaͤterlich nahm fi) feiner Hofrat Heyne 
an und er erinnerte fi immer deffelben mit dankbarer 
Rührung. Theils um den menſchlichen Körper kennen 
u lernen, tbeild um fi felbft an das Widermärtigfte, 
den Leichengeruch, zu gewöhnen, damit ihn einf in feie 
nem geifliden Amte Eein Ekel vom Krankenbeſuch abe 
balte, frequentirte er_auc die anatomiſchen Kollegien 
des alten Profeffor Wrisberg, welcher feine Freude 
Daran datte und es ihm unenigeltlich geſtattete. Wah⸗ 
rend feines Aufenthalts in Göttingen übte er ſich in der 
Etadt und auf dem Land Öfter im Predigen und da auch 
in feiner Vaterſtadt und den benadpbarten Dörfern, wo 
er mwäbrend Der Serien prebigte. feine Kanzelvortraͤge 
ein Vater auch feinen geringen 

Unterhalt nit mehr befreiten konnte, fo mußte er, was 


L 


für ibn fehr niederfiplagend war, fon nach 2 Sabren, 
im Herbſt 1798, die Univerfität verlaffen. are Daten 
meinte: „das Mredigen ginge gut und dad Vebrige 


- Enid, 661 


fönnte er dur Privatfiudien nachholen. “ Nah wodl . 


beſtandenem Eramen wurde er den 16. Mai 1794 unter 
Die Zabl der Kandidaten aufgenommen. Er hielt fi 
no ein Jahr bei feinen Eltern auf, fudirte eifrig un 
übte fib fleißig im Predigen, da er mit Recht von 
dem Grundfag ausging, dag Uebung den Meifter made.” 
Sein Blick aber auf Derforgung verlor fi in die weite 
Serne, denn er mar der 51. Kandidat, von denen 
manche, ſchon 40 Jahre alt, noch auf Anſtellung barrten 
und er nabm deshalb, müde, ohne eigentliche Befims 
mung länger in feiner Vaterſtadt zu verweilen, eine 
Hofmeifterftelle zu Langen im Heffen» Darmftddtifhen 


bei 
dem Rentmeiſter Heym an, wobin er den 22. Dft. 1795 . 


abreifte. Hier verlebte er, mitten unter den Krie emirs 
sen, eind der glüdlichiten Jahre feines Lebens. Meben 
feinen vielen Geſchaͤften predigte er bäufig in Fangen 
und den benacbbarten Orten und mußte mandmal, ba 
feinen Principal oft die Gicht and Lager feſſelte, an 


deſſen Stelle mit Sauvegarden bald da, bald dorthin . 


reiten, wo die Sanskuͤlotten plünderten und raubten, ' 


wobei er ‚mitunter in_große Lebensgefahr Fam. Seine 
‚Predigten fanden großen Beifall und er hatte bei den 
damaligen DVerdältniffen, wo es an guten Predigern 
dort fehlte, die ſchoͤnſten Außfihten, eine Pfarrktele in 
- den pe ingegenden zu erhalten. Wein ibn ward eine 
andere Beilimmung. Binnen einem Bierteljahre verlor 
er feinen Bruder und feinen Vater und 6 Woden nad- 
des Letzteren Tode wurde er von feinem Särken al 
Tertius an die Stadifchule feiner Vaterſtadt „berufen. 
Nachdem er am 8. Nov. 1796 in Tertia eingeführt und 
den 5. Mai 1797 zugleich zum Kollaborator am Lpceum, 
wo er in allen 3 Klaſſen den Unterript in der deutichen 
Sprade, Poeſie, Geſchichte und Geographie gab, ers 
nannt worden war, wurde er am 6. Gept. 1799 zum 
Konrector am Lyceum befördert. Als Sculmann jeiche 
nete er fib durch firenge Unpartpeilichfeit und gewiſſen⸗ 


bafte Erfuͤllung feiner Pflichten aus; er verband Liebe 


und Strenge fo mit einander, daß immer erſtere vor⸗ 


‚ waltete, weswegen ihm auch feine Schüler bid an feinen . 


Tod die innigfte Andänglichkeit bewiefen. Den 9. Dec. 
1801 übertrug ihm der Bes Georg den Unterricht feis 


En. 


ner beiden Prinzeffinnen Adelhaid und Ide a ber Res 


N. Nekrolog. 15. Sahre. 








Fi 


ision, Geographie und Im deutfchen Style, welden er 
IR abre mit der größten Gewiſſendaftigkeit ertbeilte 
id zu den legten Tagen feined Lebens erfreute er fi 
der böken nade dieſer beiden edlen Sürftentöcter 
und oft, befonderd am MmieDerLEVEenBEn Sale ihrer Kon⸗ 
Armation, om Palmfonntage, beglüdten Beide ipn mit 
uldreiden Briefen und andern dboͤchſten, Gnadenbewei⸗ 
en. Tachdem er 5 Jabre Schulmann geweſen war, Fam 
er ind geiftlide Amt und wurde den 17. Tan. 1802 als 
oftirchenfollaborator verpflichtet. Obgleich lange feine 
efoldung gering war und mehrere Land» und Stadt⸗ 
emeinden zu verfhiedenen Zeiten um ihn anbielten: 
0 fonnte — doch nie von der ihm iheuern Ge⸗ 
meinde trennen Ind nur der Tod löfte das fhöne Band, 
mad den treuen Seelforger mit ibr vereinte. Den 
19. Jan. 1804 wurde er Hoffoplan, den 21. April 1816 
Hofprediger, den 27. Januar 1827 Konfifterialratb und 
den 2. April 1830 Dberbofprediger. Den 7. Juni 1804 
verbeirarbete er ſich mit Chriftiane Elifaberb (geb. den 
27. Februar 1779), älteften Tochter des Senator und 
Kaufmanns Adam Georg Amtbor (+ d. 17. Aug. 1818). 
Häuslichkeit, ſtrenge Rechtſchaffendeit und frommer Sinn 
un fi von den Eltern, welde ein patriarchaliſches 
en fübrten, auf die ‘Tochter vererbt und es war Die 
—— Ehe, welche man ſich denken konnte. Der 
eine Einklang und die innige Darmonıe dieſer beiden 
Seelen wurde nie geträbt- und Emmrid fand in ihr eine 
treue Pflegerin bei feiner Siränklichfeit. Bon 8 Kindern 
(4 Töchtern und 4 Söhnen) leben nur noch 3 Söhne, 
namlich: Jobann Dear Bridiie, geb. den 11. Novbr. 
4805, Doftor der Medicin und praftifher Arzt in feiner 
aterſtadt; Sriedrid Hermann, geb. den 7. Febr. 1815, 
rurwiſſenſchaften in Berlin fudirend und Georg An⸗ 
son Eduard Friedrich, geb. den 8. Kebr. 1820, welcher 
vis jene noch dad Gymnaſium zu Meiningen befuct. 
Unendlih groß war feine Wirkfamfeit ald Prediger, 
Lehrer und Seelforger. Bid zu feinem Tode war er 
ale Kanzelredner allgemein ‚geliebt und geſchaͤtzt und 
wirkte duͤrch die Würde und Kraft feiner Rede, welche 
durch eine ſchoͤne, moblElingende, volle Stimme gebos 
ben wurde. Er war fein Sreund von fogenannten nad» 


£ morälifchen Predigten, fondern verband in feinen Bor» 


trägen gewöhnlich die Glaubens, und Gittenlehren. In 
der Borrede zu der (Meiningen 1816) von ibm heraus⸗ 


. gegebenen Predigtfammlung, ſagt er: „Indeſſen bin 


N 











[ &0 


— — — — — — — — — 


mad den T 


Eee: 


Emmrid. er 565 


ib mir dei allen Schwähen, die diefe Predigten" viel. 


feiht an fi tragen mögen, doch tief im Innerſten meis 
ned Gemüͤths bemußt, daß ich bei der Ausarbeitung und 


"bei dem Vortrage Dderfelben von dem großen Einen . 
durddrungen war, was North thut, Daß ich nur einzig 
‚ Damit dad Gute wollte und daß mir nichts böber galt, ' 


als dad Wort der Bibel, Gotted Wahrheit und ein beis 


liges Leben. Zu_erbauen im vollen ſchoͤnen Sinne die . | 
fed apoſtoliſchen Wortes; mich zu befceiden, daß ib an  . 


beiliger Stätte nichts wiſſe, ohne allein Jeſum Ehriftum, 
den Gekreuzigten; mit fanfter Gewalt dur die file 
Straft der Wabrbeit mich_der Herzen zu bemädtigen, fie 
warm zu macen für Jeſum und aus dem irdiſchen Ges 
wäbl in die höhere Heimath hinaufzuziehen, damit daß 
innere Leben ſich in ihnen entfalte und freier fi rege; 
dad war mein Wunfd und mein Gebet, mit dem i 
jede diefer Predigten ausarbeitete und bielt.“ In feis 
nem Charafter zeigte fid eine aufs innigfte verbundene 
Gottes⸗ und Mönicyenliebe. Ueberall ſuchte er zu dels 
fen, zu erfreuen, Segen zu fliften und Recht, Zufrieden 
Beit und Glückſeligkeit zu verbreiten. Niemand fonnte 
eifriger. fein, Kranke zu beſuchen, welche DBerlangen 
röftungen der Religion datten; auch die ans. 
ſteckendſte Krankheit konnte idn nit von diefer beiligen 
Pit abhalten und in der verheerenden Nervenfiebers 
epidemie von 1813 machte er oft an einem Tage über 
30 Beſuche. Liebreich nabm er fih der Armen an und 


fuchte ihre North zu mildern, fo viel er fonnte. Bon 


4802 bi 1827 war er Armenpfleger und von letzterem 
Jahr an bis den 1. April 1829, wo das Konſiſtorium 
nab Hildburghaufen verlegt wurde, als Koſiſtorialrath 
Referent in den gefammten Armenangelegendeiten. Bis 
zu feinem Tode: nabm man feine Kenniniſſe und Erfab» 


‘rungen in den Geiftfihen» und Sculangelegenbeiten, 
. befonderd der Altmeininaifcben Fande, immer in An— 


forud. In al? feinen Verhältniſſen war er gerade und 


> offen, ohne Winfelgüge, acht Deutfchen Sinns und that 


nichts, mad er nicht als Recht und als feine Pflicht ere 
fannte. Genau kannte er die milden. Stiftungen feines 
Vaterlands, war vom 29 März 1802 — 1834 Adminis . 
firator der Henfliziſchen Stiftung und erhöhte dur 


eine weife, vÄterliche Adminiftration den SHapitaftod - 


von 6418 Fl. rhein. auf 9946 -Fl. rbein., fo daß zu den 


- 7 ©telken für arme Schüler noch 2 neue hinzugefügt 


werden konnten., Die Zeit, melde feine Amtöge äfte 
| 56 | 


x 
A 


2 — 


[4 


— 


widmete er dem Studium der vater 


rig ii 
de Fe befonderd. der vor ibm nod gan 


unbearbeiteten Staats⸗ und Regentengeſchichte feine 

Kürftendaufes. Seine Sorfoungen find niedergelegt in 
den Sarnen des Meiningifbeu gemeinnägigen Ta⸗ 
ſchenduchs von 1801, 1802, 4803 , 1804, 1805 und 1807 
(von 1803 — 1807 war er Redakteur defjelben), in Den. 
Beiträgen zur allgemeinen Encpklopädie der Wiffenf‘ # 
u. &. von Erſch u. Gruber bi6 zum 20. 2. incl. und in 
dem feir 1834 von ibm beraudgegebinen Archiv für Die 
derzogliden S. Meiningifhen ande,.von dem bis jetzt 
© Bände erfdienen find. In den deutfhen Regentens 
almanad ded Jahres 1827 lieferte er die_Biograpbie 
feines docdpverebrten Fuͤrſten Bernhard U., Herzogs von 
©. Meiningen (©. 374 — 410). Auch an der Heraus⸗. 
gabe, der Sortfedung der „Chronik der Stadt Meiningen 
von 1676— 1834. Meiningen 1834 — 35. 2 B., melde 
der bennebergifcde „alterthumdforfebende Derein, deſſen 
Ehrenmitglied er war, beſorgte, batte er Anıheil. Eden 
fo find in dem Neuen Nekrolog der Deutſchen und der 
praktiſchen Predigerzeitung viele Beiträge von ihm. Bei 
der allgemeinen deutiden Bibliothet war er von 1802 . 
dis zu ihrem Schluſſe Recenfent im Gebiete der deuts 


> (den Sprache bochdeutſcher Mundart. Auch die Mufe 
der Dichtkunſt reichte ibm ihre Blüthen. 1807 gab er 
bei Haniſch in Meiningen eine Sammlung von Gedich⸗ 


ten heraus und lieferte außerdem Beiträge zu Wismeyers 
tFJof.) Blüthe und Früchte. Salzburg 1708, zum Muſa⸗ 
rion; zu Aſchenberg's Taſchenbuch für. Die Gegenden am 
Niederrbein auf die Jahre 1801, 1802, 1803, 1804 und 
4806 und zu den Liedern zur Erhöbung geſeuſchaftlicher 

reuden, vorzäglih im Bade Liebenftein. Meiningen u. 

eipzig 1802. Aus feinen Gedichten ſoricht ein gebildes 
ter Derftand, eine warme Pbantafie und ein für dab 
Schöne und Gute empfänglier und edler Sinn. Keine 
frobe oder traurige Veranlaſſung gab ed im Vaterlande, 


. weiche nit feine Mufe ———— und oft wurde er 
"yon Privaten in dieſer Hinſi 
gutes Herz Niemanden fo leicht etwas abſchlagen Fonnte 


hr gemißbraudt, da feim 


und er als ein fehr gemandter Gelegenbeitsbichter bes 
kannt war. In Hinficht der Poefle und deusfhen Sprache 
war-der gelebrte Oberbibliothekar Reinwald fein literae 
rifher Freund und im Gebiete der vaterländifden Ges 
ſchichte der Superintendent E. I. Wald in Salzungen. 
In feinem bäuslihen Leben war er der treufte, liebes 








| Emmrich. 565 
vollſte Vater. "Im Haufe, im Kreife feiner Familie und 


‚guter Sreunde befand er fih am woblften. Eine heitere, 


joviale Semätplichkeit, ein reines Wohlmwollen gegen 
ale Menſchen erfüllte fein ganzed Wefen und fein le⸗ 
bendiger Geiſt konnte eine ganze —X munter 
ſtimmen, da ihn Witz und Laune auch unter den größten 
Schmerzen nie verließen. Bei al’ feiner Empfänglich- 


” feit für Freundſchaft mar er doc febhr vorfichtig in der 


Wahl feiner Sreunde, batte er aber einen probebalti 
efunden, fo bing er mit ganzer Seele an ihm. Au 
ji Wort und feine Sreundfchaft konnte man feſt bauen. 


Alles liebte ibn, er. hatte einen Seind und lebte mit 
alien in der ſchoͤnſten Harmonie. da fein Herz voller 


Liebe gegen feine Nebenmenfden war. In all’ feinen 
finnfiben Sreuden, in Speife und Trank war er mäßig. 
Selten madte er größere Erkurfionen aufs Zand, um 
gute Sreunde zu beſuchen. Wollte er fich zerfireuen, fo 
ging er im Sommer in feinen Berggarten, den er felbfk 
angelegt und wo die meiften Bäume von ibm aud dem 
Sterne geiogen und veredelt worden waren. Diel tbat 
er für Verbreitung guter Dbftforten in feiner Gegend 
und hatte früäber felbft eine bedeutende Baumſchule. 


I" den legten —* ſeines Lebens hatte er viel mit 


rankheit zu Fämpfen und von neuem an der Gripye, 


"zu der Bruſtwaſſerſucht trat, erfranft, machte eine £uns 


enläbmung feinem Leben ein Ende. Bei feinem Bes 


Srdbniffe iprag fih die allgemeine. Theilnabme auf die 


rührendfte Weife aus: der Hof, dad Militär. die Koks 

fegien, der Stadtrath, Die. Schule, die Konfirmanden 

und ein langer 3 

der Nachbarorte folgte feinem Sarge. Der Hoffaplan 
Öfling bielt die Gedaͤchtnißpredigt und der Diafonus 
üller ſprach ergreifende Worte am Grabe. — Außer 

den oben erwähnten Schriften find noch folgende geifte 


Nliche Reden von ibm einzeln im Drud erfhienen: Eis 


nige Worte d. Adtung u. d. Liebe am Sarge des Hrn. 
M. ar Chriſt. Raſche, geweſenen Adiunftus, Pfr. u. 
Veifigers im geiftl. Untergerichte zu Untermaßfeld, ges 
ſprochen den 24. Apr. 1805. Meiningen. — CEinfegnung 
der — NAENET ded Herzogtbumd S. Meiningen 
3. beil. Kampfe f. deut, Sreiheit u. Vaterland, geſpro⸗ 


Shen am Altare der. Hoffirhe in Meiningen ıc. Zum - 


Beten der Landmehrmänner. Ebend. 1814. — Weldes 
find die Hauptzäge im Gemälde eined glüdl. Landes? 
Eine Predige bei Eröffnung des Landragd am 21. Sonn, 


“ 
. * % 
3 


.. 


N’; * 


ug von Einwohnern Meiningens und 


— 


EP Hayner. 


| Crinitatis 1830 in der derzogl. Haflirche ; 
De chen ıc. Zum Bellen d. — 
Erd. 18830. — Rede am Grabe meined theuren Gatten, 
des berzogl. ©. M. Kammerraths Philipp Heinr. Darts 


mann, gehalten vom Oberdofpred. und Konfiftorialrath 


mrid. Ebend. d. 6. uni 1832. — Rede am Grabe 
r: Erc..d. Hrn. Staatöminift. Frorn. v. König; geb. 
auf Jeruſalem. Ebd. 1832. — Konfirmationdrede v. ©. 
€. Zr. Emmrid. Aus den binterlaffegen Papieren des 
Derewigten. Zu einem gemeinnägigen Zwecke. Ebend. 
41837. — Sein Nachlaß enthielt noch viel Schägbares u. 
fein Sohn Dr. Sr. Emmri hat fhon einen Jahrg. der 
auderlefenk. Prebigt, ins Bdn. auf Subffript. angezeigt, _ 
Meiningen. Be 


484, Dr. Chriſtian Fücchtegott Hayner, 
Direktos und Arzt der koͤnigl. ſaͤchſ. Landesverforgungsanftait zu 
Goldig, Ritter des Ordens für Werdienk und Irene, auch Inha⸗ 

der der größeren goldnen Civilverdienſtmedallle; Zr 


geb, d. 22, Dec. 1775, geft. d. 10. Dial 1857 *). 


Er mar zu Beucha **) bei Borna geboren, Rudirte, 
nad dem Beſuche der Nitolaiſchule ge £eipzig, Dafeloft 
* Jahre lang Theologie, dann zu Erlangen, Jena und 

eipzig Medicin und erlangte am 4. Oktober 1798 zu. 
. Erfurt *%*) die Doftorwärde. Seine Laufbahn als prafe 
tifder Arzt begann er zu Mitweida, wohin er nad) eis 
nem nicht langen Aufenthalt zu Eidleben, wo er eine 
Apotheke gekauft hatte, auf den Ruf ‘des Dafigen Sadt⸗ 
raths, der ibm das Stadtphyſikat Übertrug und einiger 
Samilien, die ibm ein fired — zuſicherten, im J. 
4801 zurückkehrte. Im Jahr 1806 wurde er zum Arzt 
. . des Zucht⸗,, Armen: und Waifendaufes zu Waldheim er⸗ 
nannt, mit welcher damals noch eine Jrrenanflalt ver⸗ 
‚ bunden war. Auf diefen neuen Wirkungskreis bereitete 
‚er ſich durch eine nach dem Wunſch und mit Unterflägung 
der Regierung unternommene wiſſenſchaftliche Reife und 
den Beſuch der beten aͤhnlichen Anftalten des Auslands 
. vor. Vorzuglich benugte er gleichzeitig mit Dr. Pienig, 
dem jegigen Direktor der Sonnenſteiner Heilanftalt, den 


% 





®) Leipziger Zeitung, 12%. Ne.18. 
dei Slifeanainiden w. Wochendbl. 1887, Nr. 21 zu Strohwalde 
“ee, Nad) vorgenannten Blatt zu Jene. 


. . 


— Hayner. > Zu 
belehrenden Umgang mis Pinel und Esquirol zu Yarid. 


Um 1. Januar 1807 trat er fein Amt an und vermaltere 
e feitdem neben den im Jahr 1824 dazu gefommenen 
ärztlichen Geſchaͤften, der neuerrichteten Waiſenerzie 
hungsanſtalt zu Braͤunsdorf bis zum Jahr 1820. Im 
dieſem Jahre wurde, nachdem ſchon füher (4811 und 
1812) mit ſeinem Beirath die Irrenheilanſtalt zu Son⸗ 
nenftein errichtet worden war, hauptſaͤchlich auf feinen 
Betrieb die bis Dabin noch gebliebene unzweckmaͤßige 

erbindung einer für —9— 
Kranke berechnete Anftalt mit einem Zuchihqus aufgebos 
ben und für dieſen Zweck eine befondere Landesanſtalt 
n Colditz errichtet, er aber zum oberften Beamten und 

tzte derfelben und im Jahr 1834 mit einer Erweiterung 
- feined amtlichen Wirfungsfreifes, zum Direktor diefer 
Anſtalt ernannt. In dieſem feinen, der leidenden Menſch⸗ 
beit gewidmeten Wirken erwarb und erhielt fih H. fort 
während durd Einſicht, eifrige — und feltene 
—— und Gewiſſendaftigkelt, fo wie durch 
eine mit Anſpruchloſigkeit und Klugheit geſellte Huma⸗ 
nitaͤt, den Beifall und dad Vertrauen feiner Vorgeſetz⸗ 
ten und erbielt dafuͤr wiederholte Beweife der Anerkens 
nung, infonderheit auch Durd die ihm im Jahr 1816 er⸗ 


eilbare Lörperlihe und geiftige . 


s 


theilte größere . goldene Medaille und im Jahr 188 


dur das Nitterfreuz des Civilverdienſtordens. Mebe 
rere gelebrte Geſellſchaften ernannten ihn zu ihrem Mite 
ale und die medicinifde Fakultäͤt auf der waterländie 
ben Univerfität ertbeilte ibm bei der Eiweihung des 
Yugußeums am 3. Auguft 1836 dad Doftordiplom,. € 

genoß dabei eined ausgezeichneten Rufs ald Arzt um 

efonderd als Irrenarzt und bebandelte, obngeactet er 
eigentlich nur Borfteber einer für unbeilbare Geiſteskranke 
berechneten Anſialt war, die in einzelnen Faͤllen der Heilung 
balber ipm anvertrauten Kranken oft mit berraſchendem Ers 


folg. Daher hat das fähfifde und deutſche Daterland an _ 


idm einen feiner ausgezeichnetften pſychiſchen Aerzte und 
die unter feiner Zeitung geflandene Anftalt ibren erſten 
und unvergeßfihen Vorſtand verloren und glei febr 
verdiensg er ald Staatöbeamter wie ald Bürger und 
Menſch in dem dankbar ehrenden Andenken feiner Zeite 
genoffen und. der Nachwelt fortzuleben. Befonders Tanz 
- er al$ ein hauptfaͤchlicher Begründer einer. verbeflerten 
Sürforge für die Geiſteskranken durch fein Wirken als 
Beamter, Arzt und Schriftfteller gelten und was in Die 
fem Zweig der Dermaltung mit befonderer Worliebe 


- 


J 


t 


668 * Kuipper. | | 
on dem verewigten Konferenzminiker Noſtig und Jaͤn⸗ 
Lendorf *) geleiſtet wurde, wurde groͤßtentheils nach ſei⸗ 
nem Rath und durch ihn vollbracht. Er ſtarb an einem 
Unterleipsleiden, welches' mit Darmentzändung endete. 
©eine Sattin war einige Jahre vor ibm geftorben. — 
Außer einigen Abhandlungen in Naſſe's Zeitichrift für 
- pfoch. Aerzie find von ibm erfhienen: Aufforderung an 
enierungen, Obrigkeiten und Vorſteher d. Irrendaͤuſer, 
. Abhellung einiger fhmeren Gebrechen in Bebandlung 
b, irren. Zeipy. 1817. — Nachricht v. d. SerPAegungEe 
anflalt zu Waldheim in Sachſen. Ebend. 1822. — Ueber 
D. Derlegung d. vorzägl. 3. Aufnahme geiſteskranker Per⸗ 
fonen befimmten, Eönigl. ſaͤchſ. Zandeöverforgungsanktalt 
u Waldheim in d. Gebäude d. Schlofles zu Eofdig. 
reöden 1829. Ä 


* 185. Paul Heinrich Kuipper, 
. Advokat und Notar zu Leipzig; 
geb. ben 8. April 1796, geft. den 11. Mai 1897. 


Des Verftorbenen Vater, der, ebenfalls Advokat, erſt 
kürzlich auf feinem Landſitz zu Croſtewitz, einem anges 
enehm gelegenen Dorf obnweit Leipzig farb, ließ Dies 
m feinem Sohn eine tuͤchtige wiſſenſchaftliche Bildung 
eben. Nach vollendeten Univerſitaͤtsſtudien beſtand er 
fin Sramen ald Kandidat der Rechte und erbielt fpäter 
* Die, Advokatur und Notariatöpraris im koͤnigl. fächl. 
Landen. Auf den Gerictöhaltereien, denen der Gerichts⸗ 
direktor Neubert (ſtarb 41822 in Zeipjig) vorkand, wurde ' 
er ald Aftuariud in Pflide genommen und hatte fo die 
—35 — Gelegenbeit, viele Erfahrungen und Kenntniſſe 
‚im Gange Rechtens zu ſammeln. Nach Neuberts Tode 
ward er Gerichtshalter zu Seegeriz und Schönefeld, - 
Mber fon nach einigen Sabren verlor er beide Gerichtös ' 
beftallungen: die von Seegeritz wurde dem koͤnigl. ſaͤchſ. 
Kreisamt in Leipzig mit einverleibt, die. von Schönefeld 
an Burckhard, jegigem Aftuar bei der Sicherbeitsbehörde 
u Leipzig und dierauf an Dr. Pilwig vergeben. K. 
ebte von nun an ald Advokat, hatte aber auch mit feis 
ner Praxis kein Gluͤck. — Er binterläßt außer einer Witwe, 
die in Leipzig lebt, ein Sind, fo wie noch feine Mutter 
und eine Schwefter, Die Hauptmann von Schlegel, welche 
ihren Landfig zu Eroftemig bewohnen. 





°) Deflen Biographie ſ. N. Nele. 14. Jahrg. ©. 616. ) 
f } & 





daſelbſt im 





— — — — — 


I} 
! 


NE 669 
* 186. Johann Carl Chriſtian Brüger, 


Juſtizamtmann zu Nieberroßla (Weimar); 4 

geb. den 25. September 1784, geft. den 14. Maj 1837. 
Er war zu Stadtſulza geboren, mo fein 1814 ver 
ſtorbener Dater Amtskommiſſaͤr, Bürgermeifter und Stadt - 
fehreiber war. Seinen erften Unterricht genoß er in fei« 


„. 


ner Daterfiadt, kam nach feiner Konfirmation (Oſtern 


1798) auf dad Gymnaſium in Weimar und bezog im 
März 1804 die Univerfirät Jena, wo er die Rechtöwife 
fenfchaften ſtudirte. Don Michaelis 1806 an aber blieb 
er ein ‚halbes Jahr im väterliben Haufe, indem es feie 


nen Eltern wegen der im. Dftober 4806 erlittenen Plüne 


derung und Drangfale aller Art an Mitteln zu feiner 


Unterſtuͤtzung auf der Univerfität fehlte. Nachdem er 


von Dftern bis Michaelid 1807 feine Studien in Jena 
beendigt und fein Eramen gut beftanden batte, ließ er 
fib in feiner Vaterſtadt ald Amtsadvokat nieder und 
unterKägte feinen kraͤnklichen Vater Eräftig in der Amts⸗ 
führung. Im Jadr 1813 wurde er mit Beibehaltung 
der advokatoriſchen Praxis ald Bärgermeifter und Stadt» . 
jorenet J Stadtbürgel verſetzt und verheirathete ſich 

Jahr 1815 mit Agnes, der aͤlteſten Tochter 
des in Weimar verfiorbenen Legationsraths Schmidt, mit. 
weicher er bis an fein Lebensende die glüdlichfte Ehe ' 


gern! bat. Im Dftober 1817 wurde er erfier Aktuar 


ei dem Stadtgericht zu Tena, wo er bid zum Juli 1829 
blieb und von da ald Juſtizamtmann nad Niederroßla 
berufen wurde: — 3. war einer der geactetften Ges 
sichtöbeamten des Großderzogtbumd, ein Mann von eds 
fen Sefinnungen, ein liebevoller Bater feiner zablreiden - 
Familie (er dinterläßt 9 noch unverforgte Kinder). In 


‚allen feinen Öffentlichen Gefchäften, die ibm feit dem Bes 


ginn feiner amtlichen Laufbahn in Stadtfulza, Bürgel 


- und Jena übertragen waren, rechifertigte er dad von fels 


nen Vorgeſehten in ibn gefente Vertrauen und bewies 
in feinem wichtigen Wirkungskreis zu Niederrofla die 
größte Thaͤtigkeit, Umfiht, Würde und Biederkeit. 


0 —— | 
* 187. Carl Ernft Friedrich, Heinrich Hell⸗ 


muth von Dergen, - 
Eandrath bed Herzogthums Gtargardt, Mitdirektor ded Krebitvers 
eind der medienburgifchen Ritterfchaft, Erb s und Gerichtäherr auf 
Brunn. Wittenborn, Alt, und Neuvorwerk ıc., Mitglied des meck⸗ 
Ienburgifchen patriotifhen Vereins, ded Vereins für mediendburs 
gifhe Geſchichte und Alterthbumdtunde 2c. zu Brunn (Medienburgs 
Strelitz); 
geb. i. J....., geſt. den 15. Mai 1887. 

Er war zu Klodomw, bei Friedland, geboren und uns. 
ser 6 Sindern der fünfte. Sohn des am 13. Dftober 1796 
u Neubrandenburg verftorbenen Dice » Landmarfhalls 
dolpb Friedr. Theod. v. Dergen und Klodom » Kotelomıe.. 
Tab vollendeten afademifchen Jahren, in welden er ſich 
der Juriſprudenz gemwidmer batte, fam er aldbad in den 
Befig der ibm vom Vater binterlaffenen Güter und wurde 
in der Folge zum Landrath des Herzogthums Stargardt - 
ermäblt. Daneben erhielt er die Mitgliedfhaft der Haupts 
Direktion des Krediwereins der medlenhurgifden Kits 
. terihaft und übernahm fpäterhin nod gar mande ans. 
bere wichtige Nebendmter, wozu ihn dad Vertrauen der 
Stände berufen batte. Im Jahr 1831 bekleidete er auch 
ben Pollen eined Bezirkskommiſſars zur Abwehrung der 
Cholera. Er endete am Nervenfieber zu Brunn, feinens 
Hauptgute. Geine binterlaffene Gattin, Wilhelmine, 

mit welcher er fid den 11. Auguſt 1812 zu Neuftrel 

verdunden batte und 14 noch lebende Kinder geugte, i 
eine geborne von Dewiß, Tochter des verfiorbenen meck⸗ 
lenburg⸗ſtreligſchen Geheimenraths und Praͤſidenten v. 
Dewig. — Wer den gediegenen, thaͤtigen, umſichtigen 
und bewährten Dann näher zu kennen Dad Gluͤck hatte, 
fühlt, welde große Lüde fein Hingang in Beziehung 
auf dad Land, wie auf feine fo zablreihe Familie ge= 
macht bat. Audgeräftet mit einem jedes Verbältniß klar 
durhdringenden Veiſtande, mit einer feltenen wiflen« 
chaftlichen Ausbildung, alle Intereſſen des Landes durch⸗ 
chauend und mürdigend, wüßte er bei raſtloſer Thaͤtig⸗ 
eit Dad Rechte und Beſte ſtets zu fördern, ſich den Bei— 
fall aller verſchiedenen Intereſfen zu erwerben. Als 
- Gutöberr wahrer Vater feiner Untergebenen, zeichnete ihn 
eine fo liebevolle Nahficht aus, daß er auch den Unwuͤr— 
Digen erſt nad allen Verſuchen, ihn zu beflern aus 

- feinem Kreife entließ. DE : 

Schwerin. 2 Fr. Brüffom. . 


* 


[4 








| — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — 


871 


+ 188. Ferdinand, Prinz zu Heſſen-Phi⸗ 
lippsthal, 

kaiſ. önigt., oͤſtreichiſcher Oberſt bei Wimpfens Infanterie, Große 
kreuz und Ritter der kurheſſiſchen Orden; 

geb. d.15. Dit. 1799, geſt. zu Schloß: Philippäthal d. 17. Mai 1897. 


Der Deremigte wurde zu Schloß⸗Philippsthal an 
der Werra im Nurfürftentbum Heflen geboren. Sein 


‚Bater war der Landgraf Ernft Konitantin von Heffen» 


Poiftppsidal und feine Mutter die Prinzeffin Chriftiana 
£uife von Schwarzburg⸗Rudolſtadt. Bon Jugend auf 
zum Militär veſtimmt, ward feine Erziehung in Wien 


. vollendet, wo er die E. k. Ingenieur: Akademie befuchte. 


Im Jadr 1814 zum Offizier ernannt, trat er 1819 feinen 
effeftiven Dienft_ beim Regiment Deutfchmeifter an, ruͤckte 
als Drdonanzoffizier beim F. k. Seldmarfchal s Lieutenant 
Graf Bubna *) mit ibm 1821_in Aleffandria ein und. 
Hand fpäter größtentheild in Galizien und Ungarn in 


Garniſon. Bon Kindheit an zum Ernft beftimmt, ſuchte 


er fi ſtets in allen militdrifden Wiſſenſchaften fort zu 
Bilden und befchäftigte fih außerdem mit Zeichnen und 
Delmalerei. — Sein gerader, rechtlicher Sinn, fen ' 
freundliches, offenes, gutmütbiged Berragen gegen Je⸗ 


dermann, fo:mwie feine Kenntniſſe und Talente erwarben 


ihm das Wohlmollen feined Kaiſers, Die Achtung feiner 
ameraden und Die wahre Liebe und Anbänglichfeit feie 


"ner Uintergebenen. Er farb zu Schloß» Philippsthal, mo 


er fih eben auf Urlaub befand, an den Folgen eines 
u mit dem Pferde in den Armen feiner Anges 
rigen. 


* 189. Ferdinand von Könnerik, 
önigl. ſaͤchſ. Overfilieutenant zu Dredden; 

geb. den 28. März 1774, geft. ben 17. Mai 1897. 

Zu Saarborn bei Wegmar geboren, betrat derfelbe, 

naddem er in den Jahren 1786 bid 1789 feine, militd- 

rifde Vorbildung im Sladertenhaufe zu Dredden erhal⸗ 

ten harte, im Jahr 1794 ald Soudlieutenant im damalis 

gen nfanterieregiment von Lind die Laufbahn ald Dffie 

zier und rückte dis zum Zabr 1813 zu dem Grad eines 


'*) Deffen Biogr. ſ. N. Nekr. 5. Jehrg. S. 68. 


. 


572 v. Koͤnneritz. 


Hauptmanns vor. Die Feldzuge 1794, 1806, 1812, 1818 
und 1814 gaben ihm vielfältige Gelegenheit, feinen bo: 
‚den Werd als DOffiiier an den Tag zu Segen und ſich 
Die Achtung feiner Borgefegten, fo wie die Liebe feiner 
Kameraden und Untergebenen_zu erwerben, da er mit 
einem edlen Charakter alle Eigenfcaften eined ausge⸗ 
Flle Dffizierd verband. Schon in der Schlacht bei 

ena ward ihm der rechte Arm durch einen Schuß Der 
peRalt jerfchmettert, daß er Diefen nie wieder völlig ges 

rauhen fonnte. Kaum von diefer Verwundung berge 

ellt, eilte er wieder zu feinem, unterdeflen zur Befagung 

ed Großherzogthums Warfhau, fpäter zur Garnifon 
von Danzig beflimmten Regiment. Zum Hauptmann 
. befördert, ward ibm 1811 dad Kommando einer Kom: 
pagnie im Grenadierbataillon von Spiegel anvertraut. 
Mit demfelben wohnte er 1812 dem Feldzug in Rußland 
bei und fand in den Gefechten und Schlachten dieſer 
Dentwärdigen Kampagne mehrfache Gelenenbeit, ſich aud- 
nzeihnen. Durch Vertheidigung ded Schloſſes und 
bares von Turisk, welche ihm in dem Gefechte am 26, 

ept. übertragen war und vermadge welcher er mit feiner 
Kompagnie den Rädzug ded vereinigten öftreidhifchen 
ſaͤchſiſchen Korps zu decken hatte, fo wie dur fein Ders 
dalten bei dem Angriff der Ruflen auf Wolfomice und 
Die demfelben den 16. und 17. Nov. folgenden Gefechte, 
erwarb er fich den moblverdienten vaterländifchen milis 
taͤriſchen St. Heinrihdorden. Obſchon in dem Gefecht 
bei Kalifd durch einen Schuß in die rechte Geite zum 
zweiten Mal verwundet, leitete er dennoch, von 4 Gre— 
nadieren getragen, die Dertheidigung eines Theild der 
Die Stadt umgebenden Gartenheden, die er befegt zu 
halten hatte. Don diefer Wunde genefen und inzwiſchen 
gm Major befördert, ward ibm, naddem er den franz. 

rden der Ehrenlegion erbalten, im Juli 1813 das Kom» 
mando eined während des Waffenftiliftandd neu formir- 
ten Bataillons Ch. Mar.) übertragen, mit diefem aber 
der Auftrag, Zudau befegt zu halten, während das 7. Ars 
meekorps unter Reynier durch die Niederlaufig gegen Ber⸗ 
Iin vorrädte. Er erhielt dieſe Beftimmung fo überrafhend, 
daß er weder Die Equipage ded Bataillond an ih sieben, 
au eine ſpecielle Inſtruktion einbolen, felbR nit einmal 
ber die Lage der Dinge ſich näher unterridten konnte. 
— Stabsoffizſere bildeten die Kommandant: 
chaft des Orts, der durch dad Ungemach des Kriegs bes 
deutend gelitten hatte und deſſen Gefeſtigung höchſt man⸗ 








v. Könnerig. 613 


gelhaft war. Die age Luckaus mochte in ſtrategiſcher 
Diner wichtig erfcheinen, allein dieſer offene, in einer 
umpfigen Gegend gelegene, einige 100 Häufer zählende 
Drt war keineswegs zu einer Befeſtigung befonders ges 
eignet, fein Umfang aber auch viel zu bedeutend, um idn 
mit 4 Bataillon zu halten. Diefer Umftand fomwohl, als 
der niederſchlagende Eindrud, melden es auf das er 
neu formirte Bataillon machte, ſich unerwartet von der ° 
Armee getrennt zu feben, erfchwerte dem Mai. v. K. die 
Kommandofährung ungemein. Nichtsdeſtoweniger ere 
foßte der Friegerfabrne Anführer feine Aufgabe in vollem - 
Maafe, denn er war fi ihrer'Elar bewußt und ſcheute 
die DVerantwortlichkeit nicht, welde ihn, megen feined . 
Derbaltend in einer vaterländifhen Stadt unter frenis 
der Oberherrſchaft, in fo verbängnißvoller Zeit früber. 
oder fpäter treffen fonnte. Sieben Tage waren vergan⸗ 
gen, ald die Nachricht Über die großen Verluſte einging, 
welche nit nur dad fächl. Korps, fondern aud die frans 
zöfiide Armee_bei dem Vorräden gegen Berlin erlitten 
batte. Dem —— des Feindes vor Luckau war taͤg⸗ 
lich entgegen zu ſehen, es konnten daher nur die noths 
wendigften Vorkehrungen getroffen werden. Kaum mar 
am 28. Auguft die Annäherung ftarfer feindlicher Abtbeis 
lungen gemeldet, fo erfdienen auch ſchon deren Blänke 
fer am Rande ded trodnen Grabens vor den Erdwerken 
am Dabmerthor, wo eine Bruͤckung zur gewoͤhnlichen 
Paſſage noch feſſttand. erfönlich ale v. K. die 
Zimmerleute zu deren Abbrechung im Angeſicht des Fein⸗ 
des. In ſehr kurzer Zeit gelang ed dieſem unter den 
Befeblen ded preuß. General von Wobfer, durch feine 
Veberlegenbeit, den Drt von allen Seiten zu umringen 
und mit alen. Waffen nahdrädiich anzugreifen. Das 
Eindringen in felbige Eonnte auf einigen Punkten den 
Semden nicht ſchwer werden, denn wegen Mangel an - 
Mannſchaft mußte die Enceinte undefegt bleiben, obfchon 
eingetroffene Derfprengte, leicdte Kranke, ja ſelbſt die 
Arreſtanten mit zur Verteidigung verwendet wurden. 
Die gaͤnzlich ermangelnde Referve ward nur allein 
durch dad Vertrauen der Truppen zu dem wadern und 
erprobten Sührer erfeßt. Er eilte von Poften zu Poften, 
gab Befeble an die verfhiedenen Kommandanten Ders 
elben, ermiutbigte die jungen Soldäten, fchaftte, fo viel 
die Umfände verftatteten, was ihnen fehlte und dalf, mo’ 
er Eonnte. Die augen Aller maren auf ihn gerichtet, er 
und nur er war die Seele. deö Ganzen. In ſolchem 


! 
% « 


’ 


Drange, bei immer wachlender Gefahr für die Behaup, 


rung des Orts, bei immer fib mindernder Mäct dazu, 


fiel auch er, von einer feindlihen Kugel in Bruft und 
Arm zugleich getroffen, unter dem Dabmertbor. Die 
Pflichttreue und Entf&loflendeit des v. K. blieb aber 
aud bier unerfhättert. Seinem Nabfolger im Kom 
.  mando, einem Hauptmann ded Bataillond, übertrug er 
- Die Anordyung der dringlichſten Beſtimmungen für den 
Sall, daß der Feind mit Einbruch der Naht den Angriff 
forıfege. Am Abend wiederdölte der feindliche Dberbes 
feplöhaber (don früher getbane Kapitulationdvorichläge 
u Gunſten des bereitd theilweis in Flammen Rebenden 
‚ Drtd und ed wurden endlih die Kapitulationspunfte 
feſtgeſtellt. Es befagten dieſelben ausdrücklich: „Da 
die Einwohner von Luckau bei dem durch die Bombar⸗ 
dirung ibrer Stadt entflandenen Brande in Gädrung 
geranden und zu revoftiren im Begriff feben, die Artil 
eriften größtensbeild gerödter und 2 Stuck unferer Ge 
büge unbrauchbar gemacht und von den in Batterie 
findfiden 5 Kanonen 2 derfelben nicht, nad) den anges 
riffenen Punften bingerichtet werden koͤnnen, auch der 
Kapitän vom Ingenieurforps gmeigs daß die Verſchan⸗ 
zungen nicht länger Widerſtand leilten koͤnnen, dad Bas 
tailon Prinz Mar. viel Leute verloren und deffen Kom⸗ 
- mandeur ſchwer verwunder ift, fo if in Erwägung aller 
diefer Umftände nahflebende Kapitulation abgefchloß 
fen 20.” Zufolge Ddiefer Uebereinfunft marfchirte_ den 
29. Auguft des Morgend die Befagung, ehrenvodl mit 
den Waffen und Gepäd aus, ſtreckte vor dem Thor das 
Gewehr und ward kriegdgefangen. Die Dffiziere bes 
Bielten ihren Degen. Der brave v. K., der dur feine - 
fchweren Wunden für mebrere Tage in.einem ganz bes 
, wußtlofen Zuftand serien! worden und nicht tranöpgrt» 
fähig war, mußte in Zudau zurüdgelaffen werden. Als 
zu Anfang des Jahrs 1814 der Maj. v. St. fi fo weit - 
wieder bergeftelt fab, daß er das Kommando eine® neu 
. zu formirenden Landmwehrbataillong übernebmen und mit 
emfelben zur Armee in die Niederlande marſchlren 
fonnte, ward er dem Thielmanfben Korps zugetheilt; 
mrit dDiefem wohnte er dem Gefecht bei Kourtray gegen 
Maiſon bei. Einer Aufgabe, wie fie bier fein Beraillon 
gu loͤſen befam, tiraillırend gegen franzöfifde Garden 
en Rüdzug zu decken, Eonnte diefe Truppe nit ges 
wochen fein, da fie mit Ausnahme einiger wenigen, aus 
dem Penftonszuftand wieder zum Dienſt berufenen, hoch» 


t 


‘ 








Theilnahme und Sürforge, welche diefer fein 


X 


00 Koͤnneritz. 5765 


ejahrten Offiziere, nur aus ganz jungen in den Wech⸗ 


elfällen de& Kriegs noch unerfährenen Offizieren, Unters 
vffizieren und Soldaten zuſammengeſetzt war. Der brave 
v. K. eingeben! defien, was fein Beifpiel bei Luckau 
bewirkte, wollte aud bier im Gefühl der Pflicht und 
Ehre den Seinigen wieder zum Vorbild dienen, fiel aber 
von einer Kugel in den Schenkel abermals ſchwer vers 
munder ald der Legte auf dem Kampfplatz in Feindes 
and und ward deffen Mißdandlungen nur erſt durch 
a8 perfönlide Hinzufommen Maifon’s Enlilor Herr 
ide Heer⸗ 

führer ihm angedeiben ließ, rübmte er oft’noc in den 
legten Tagen feines Lebens. Diefe legtere Derwundung 
war es, welde ihn für den ferneren Dienit in der Linie 
unfähig machte, denn faft alljäprlich brach fie wieder. auf 


und fegte Kinochenfplitter ab. Nichts deſtoweniger vers - 


mochte er, bei feiner Liebe für den Kriegerftand, es nit 


. ever den aktiven Dienft zu verlaffen, als zu Ende des 


abrö 1826, bid wohin er dad Kommando der 1822 neu 


‚formirten Infanteriegarnifon der Feſtung Königfein ges 


führt und ungegchtet er wegen feiner Verwundung nur 
mit einer Krüde geben Eonnte, dieſe neue Truppe ins 


Seinem Anſuchen gemäß, verfegte ihn der König in An- 
erfennung feiner vorzäglichen geleiteten Dienfte,. unter 
‚deren Vorbehalt mit Belaffung feiner Anciennetät und 
feine vollen Gehalts, ä la suite Der Armee. Daß der 
verftorbene Generallieutenant v. Le Coq *) den biedern 
v. K. unter die Eleine Zahl feiner vertrauten Freunde 
gate und deffen hohen Werth als Menfc und ald Sol⸗ 

at in vollem Maafe erkannte, fprach ſich noch in einem 
Brief aus, den er dem Verforbenen bei feinem Schei⸗ 


den aus dem aktiven Dienit fchrieb und der erft in feis 


nem Nachlaß vorgefunden ward, da Befweidenheit ihn 
nicht erlaubt hatte, denfelben auch nur feinem vertraus 
teften Sreunde mitzutheilen. Le Coqeſchrieb nämlich: 
„Das, was ic für Sie getyan habe, geſchah in dem Bes 
wußtfein einer heiligen Pflicht gegen den ftetd mit Aus—⸗ 
zeichnung nedienten Offizier und gegen den vieljäbrig 


erprobten Freund; Sie find nicht aüs unferer Mitte ges 


ſchieden; nein, lieber Sreund, ich betrachte Sie fort noch 
ats ein ehrenvolled Mitglied der Armee und als ‚treuer 


») Deffen Wiograpdie ſ. N. Retr. 8. Jahrg: ©. RE ‘ 


* 


‚ nerbalb weniger Jahre zu einer der vorzüglihften Abs 
theilungen der ſaͤchſiſchen Infanterie berangebilder hatte. ' 


= 


[— 


fi x 


6876 $ J Lehmann. 
fengefährte.” Die Hoffnung, daß einige I e-der 


ube feine durch —— rwundung fo febr er⸗ 
— Geſundheit wenigſtens zum Theil wieder der⸗ 
ellen könnten, mußte er aufgeben, und dies bewog ibn, 
da er inmittelft zum Oberſtlieutenant avancirt war, im J. 
41831 um gänzlide Berfegung in den Penfiondzuftand 
nachzuſuchen. König Anton *) fowobl, als der damalige 
Prinz Mitregent, jegige König Friedrich Auguſt, welger 
iehiete während der mehrjährigen Sührung eines Bri⸗ 
adefommando’s ebenfalld Gelegenheit gehabt batte, den 
Werth v. 8.85 naͤher Eennen zu lernen, gewährten ihm 
diefe Bitte und beſtimmten ibm feinen Dienſtgehalt als 
Pennen. Seit feinem Austritt aud dem aktiven Dienk 
ebte er in Dreöden und nahm den regften Theil an allen 
veränderten Einrichtungen, melde in dem vaterländis 
fden Heere getroffen wurden und obſchon er feinen Um 
ang nur auf einen Kleinen Kreid vertrauter Sreunde bes 
ehr n£te, fo Hand er doch auch mandem jüngern Offizier, 
‚ der fib Raths bei ibm erbolte, gern bei. In den let 
ten Tagen feined Lebens batte er mit unendliden Zeis 
den zu kaͤmpfen; Brufiwaflerfuht machte ihnen ein 
Ende, Seine Befattung erfolgte mit allen. militäris 
{den Ehren und eine zablreihe Begleitung feiner 
Sreunde und Waflengefährten brachte dem Verſtorbenen 
noch. den ‚legten Tribut der im Leben ihm fletd gewids 
meten Achtung und Anerfennung feiner Verdienſte. Einer 
feiner Kampfgenoſſen aus dem Feldzug 4812 ſprach in 
furzen, aber fehr gediegenen Worten am Grabe die Ges 
fühle Aller aus. A ee, 


190. Johann Gottlob Lehmann, 


Kaufmann und Stabtrath zu Frankfurt an der Ober; 
geb. den 8. Dec. 1781, gelt. den 19. Mai 1837 **). 


Er war der Sohn des Bärgerd und Sleifchermeis 

fierd Tohenn Gottlob Lehmann zu Eroffen und erhielt 
feine wiſſenſchaftliche Bildung in der dortigen Bärgers 
faule. In feinem 14. Jahre Fam er (Weihnachten 1794) 
in die Handlung des Kaufmanns Gengfe zu Frankfurt 
a. d. D. und.blieb nach beendigten Zehrjahren (im Jabr 
41800) noch ein Jabr ald Diener in dieſer Handlung. 
Dann trat er in das Geſchaft des Kaufmanns Adam 





Defſen Biographie ſ. N. Nekr. 14. Jahrg. ©. 878. 
=") Grankfuzter patriotiſches Wochenblatt Dir. Nr. 22. 


f 1. 











Rolla. 357 


Oeſtereich, in welchem er. 8 Jahre lang verblieb und 
wegen feiner Rechttlichkeit, Treue und kaufmaͤnniſchen 
Tüchtigkeit dad volle Vertrauen ſeines Prinzipals ges 
noß. Im September. ded Jahrs 1809 Faufte er fi an 


und etablirte ein Jahr ſpaͤter das jegt noch beftehende, . 


von feinem Schwiegerſohn Kneiß fortgeführte Materials 
‚ woarengefchäft. Sin demfelben Jahre verbeirathete er 
ih mit Henriette Wilhelmine, zweiten Tochter des da 
gen Weißgerberd Hartmann. Diele gebar ihm 5 Kin⸗ 
er, die aber alle bis auf die aͤlteſte jetzt noch lebende 
Tochter bald nach ihrer Geburt farben. Bei der Orgas 
nifation der Bürgergarde im Jahr 1812 wurde £. zum 
Kapitän gewählt und bekleidete diefe Würde bis zur 
Aufldfung jenes Inſtituts. In den Jahren 1813, 18186 
und 1824 wurde er zum Gtadtverordneten und. 1827 
um Stadtrath erwäblt, ein Amt, dad er vis zu feinem 

od ehrenvoll verwaltet hat. — Der Verſtorbene gehörte 
% den Männern, die nit viel Geraͤuſch von fih machen, 


ie aber, treu in ibrem Beruf, redlich in ihrer Gefins- 


nung, tüchtig in ihrem Amt, im Stillen viel Gutes thun, 
Er war auerläffig in Bort und That, liebte dad Rechte 
und hielt feſt an Dem, was ſich als gut und tüctig bes 
. währt batte. Umfichtig und befonnen ließ er ſich durch 


dad Neue nicht reizen und irre führen und nahm an der . 


Wodlfahrt feiner Mitbürger und an dem Bellen der 
Stadt —* lebhafteſten Antheil. 


* 191. Anton Maria Joſeph Rolle, 


ednigl. ſaͤchſ. Konzertmeiftee und Mitglied mehrerer muſikaliſchen 
Gefeufchaften, zu Dresden; 


geb. den 18. April 1798, geft. den 19. Mai 1837. 


Einer der jüngern von zehn Söhnen des noch leben⸗ 


den berühmten Virtuoſen auf der Violine, Alerander 
Rolla, Direktor ded Orcheſters am Theater della Scala 
In Mailand, wurde er zu Parma, wo fein Vater zu jes 
ner Zeit Direktor des berzogliden Hoflonzertö war, ges 


boren. Don, feinem Bater zum ingenieur beftimmt, in _ 


welcher Wiſſenſchaft fih auch einer feiner Bräder fehr 
ausgezeichnet hat, begann er, nachdem fein Vater in Maie 
fand aͤngeſtellt worden war, ſein Studium auf dem dor, 
tigen Kollegium. Doch ſchon in fehr früher Jugend zeigte 
fa m ler si Talent zur Muſik in ibm und da er 


in derfelben unterrichtet wurde, war fie ſeine Lieblings⸗ 
MR. Nekxolog 15. Jahrg. r 37 


neben feiner eigentlichen Beltimmung von feinem Vater 


-/ 


578 ' Rolle. | 
befäftigung In Mufehunden, der er mit euer und 
—A anbing. Er brachte e jebr bald fo weit, 
Daß er als Dilettant in Konzerten mitipielte, welches auch 
die Veranfaffung zur Wenderung feine Lebensplans 
wurde. In feinem 16. Jadre fpielte er nämlich in einem 
Konzerte mit, Dad die berühmte Catalani im Theater 
‚della Scala gab, wo er fib gan vorüglie außzeichnete 
‚und die topr Sängerin, fogleid das befondere muſtka— 
liſche —** in ihm erkennend, bewog 9 ibre Fuͤr⸗ 
ſprache bald feinen Vater, ibn ganz der Muſik ſich wid» 
men zu laffen. Schon ald Sinabe ließ er ein ungemein 
fideres Serühl für die Richtigkeit der Töne bliden und 
nichts war ihm unerträglicher als ein falfher Ton, wel: 
&er, mwiederdolt, ibn zum Zorn reizen fonnte. So batte 
ibm fein Dater einſt auf feine Violine abfihtli eine 
falfhe Saite —I — als er anfing zu ſpielen, bemerkte 
er ſogleich die taliden Töne und bat feinen Vater, es 
u ändern, diefer bebauptete aber, die Saite fei gut, 
Unfer R. ging darauf mit feiner Violine in ein Neben» 
immer, wo er gerade feined Bruderd Raſirmeſſer fand, 
—* nebmend, ſchnitt er augenblicklich die falfche Saite - 
“ feiner Violine durch, war jedoch fo in der Hiße des 
ornd, daß ihm dad Raſirmeſſer ausglitt und feine Nafe 
do gefährlich traf, Daß er dieſe beinahe verloren hätte. 
Die Narbe trug er bid an fein Ende. Außer feinen in. 
firumentalifd » mufifalifden Uebungen bei feinem Bater, 
Audirte er Kompofition auf der Akademie zu Mailand 
und zeichnete fid nun bald ald bedeutender- Muſiker aus. 
daB er ſchon im Jahr 1818 zum: Mitglied. der ppil; 
armonifhen Geſellſchaft zu Eremona ermäblt wurde. 
‚ Im Jahr 1830 genügte er einem Ruf nad Bolpgna, um 
dort Konzerte zu geben und feine mufikalifhen Leiftun- 
‚gen fanden fo vollkommenen Beifal und Anerkennung, 
aß man ihn ald Konzertmeilter engagirte, worauf er im 
Jabr 1821 ebenfald zum Mitglied des dortigen phifbar; 
onifchen Vereins ernannt wurde. R.'s Ruf verbreitete 
ſich nun ungeachtet feiner beinade zu großen Befceiden- 
beit, und Anfprucslöfigkeit immer mehr. Mit alen Bir 
tuofen feiner Zeit, die entweder in Italien lebten oder 
Daflelbe Dereiften, Ipielte er zufammen, befonders viel 
mit Paganini und Spohr und murde von allen gefiebt 
und geachtet. In Bologna lernte ibn der ſaͤchſ. Genes 
ral von Wardorf,' der damals die Prinzen von Sachfen 
auf ihren Reifen begleitete, fennen und wurde die Der. 
anlaffung zu R.’8 im Jahr 1823 erfolgter Berufung nad 


\ ; = 





Bo 679. 


Oresden ald Komzertmeifter der Hoffanelle, an die Stell 

des vormaligen Konzertmeifterd Polledro, blieb auch de 

fen mwabrbafter Sreund bid zu feinem Tode. In Dress 
den führte R. ein ſtilles anfpruhslofes Leben ‚und erk‘ 
im $rübjahbr 1838 benugte er feinen Urlaub zu einer 
Reife nad Italien, wo er beim Beſuch feiner. Geburtd« 
ſtadt von der Dafigen philharmonifchen Akademie zum Mits 
glied ernannt wurde. Eine zweite Reife. nad Stalien 
machte er im Jahr 1833 feinem alten Vater zu Liebe, 


den das Direftorium des Theaterd della Scala ohne 


Penfion in den Ruheſtand verfegen wollte; er reifte des⸗ 
bald über Wien, wo er beim Fürſt Metternich die Pen—⸗ 
fion auch auswirkte. —— die er ſich auf der 
Rückreiſe zuzog, mar leider die Ürſache ſeines einige 


Jahre nachher erfolgten Todes. Er litt ſeit dieſer ar Ä 


an einem fehr bartnddigen Wecfelfieber, zu deſſen Heis 
fung er vergeblid einige Sommer die Badefur in Karls⸗ 
bad brauchte und feine Sträfte ſchwanden immer mehr, 
befonderd da er auch mäÄhrend feiner Kraukdeit feis 
nen Dienft eifrig erfülte. Wegen hberbandnebmender 
Schwaͤche mußte er fih zu Anfang des Jahrs 1837 legen 


und Eonnte auch dad Bert nicht wieder verlaſſen. Er— 


binterläßt eine Sattin, Therefe, geborne Pieri, mit der 
er fib im Jahr 1821 zu Bologna vermähdlt hatte und 
eine glüdlihe, wenn auch Einderlofe Ehe führte. — Al 
Konzertmeifter der Hoffapelle in Dresden wirkte er mit 
der vollfommenften Anerkennung ded Hofs wie auch des 


Publifumd und erwarb ſich dabei allgemeine Achtung 


und Liebe. Bein Styl mar ein’ durchaus grandiofer, 


jegt leider immer feltener werdender; fein Ton Erdftig 


und voll, dabei aber vom tiefften Gefühl durdhdrungen. 
und daber zum Herzen fprebend, nicht bloße Tändelei 
und oberflädliche Bnlanterie und doc hatte er früber 
-eigentlih fo wenig Uebung auf der Violine gehabt. Als 
Vorſpieler und eriter Violiniſt befaß er eine folde au« 
ferordentlihe Kraft, daß der Strih ſeines Bogens vor 
allen andern zu bören war, dabei war er unermüdlich in 


Ausübung feiner Kun, worin er fein boͤchſtes Gluͤck 


fand. Oft fpielte er mit einigen feiner Kollegen und 


Sreunde ganze Tage und in die Nacht binein, ohne an - 


die Nothwendigkeit einer phyſiſchen Erbolung zu. Denken. 
Auch mit der Prinzeffin Amalie von Saqſen fpielte er 


oft. Um au für die deutfche Oper wirkfam fein zu 


£önnen, erlernte er in den legtern SJabren die deutſche 
Sprache grändlid und dirigirte ——— ſo vor⸗ 


I) 


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60. Weigand — Boßfelb. 


trefflich in der Veſtalin, Fidello und andern deutſchen 
Opern das Orcheſter, als s früber bei italienifchen ge» 
faeben war. Wie fein Fünitlerifhes fo mar auch fein 
Auslihes Leben mufterhaft und die Bereitwilligkeit zu 
Dienen und zu erfreuen, mit Rath und Tbat zu belfen 
wie zu lehren, einer der fcbönften Züge feine in jeder 
infiht edlen Eharafterd. Noch kurz vor feinem Tode 
prach er den Wunſch aus, daß der König ein in feinem 
eng befindliches vortreffliches Guarneriſches BiolonceHo 
für den Inftrumentenfhaß der königl. Kapelle ald Um: 
Denten des Scheidenden annehmen möge, welche Bitte 
auch wohlmollende Genehmigung fand. 
Dresden. Auguſt Matthaey. 


* 192. Dr. Georg Heinrich Weigand, 
vormaliger Ciſterzienſer des Kloſters zu Ebrach; 
geb. zu Bamberg d. 13. Juni 1749. geſt. zu Würzburg d. 20. Mai 1887. 


Weigand erlangte den 15. Juli 1767 die zweite 
©telle des philofopdifhen Primats, am 18. Sept. 1773 
erhielt er die Prieſterweihe im Klofter zu Ebrach und 
fpäter murde ihm die Stelle eined Kanzleidireftorg 
und Amtmannd im befagten Klofter übertragen. - Bis 

r Auflöfung deffelben befleidere er diefe Würden und 

atte Hoffnung Prälat zu werden. Nach der Auflöfung 
des Kloſters lebte er blos in Würzburg. 

Bamberg. G. 4. Thiem. 


193. Johann Wilhelm Hoßfeld, 


herzogl. S. Meiningiſcher Forſtrath und Lehrer der Mathematik 
an der Forſtakademie zu Dreißigader; 


geb. den 19. Aug. 1768, geſtorben den 25. Mai 1887 *). 


Er murde in Depferöbaufen im berzoglid &. Mei» 
ningifden Amt Wafungen geboren, wo fein Bater 
Schullehrer war. Im 12. Tahr verlor er feine Mutter 
und mußte nun bis zum 18. feinem Vater alle häusliche 

Geſchaͤfte beforgen und außer einigen lateinifhen Stun» 
den, welche ibm vom 14. bid zum 18. Jahre der Pfarrer 
Müller in Unterkag gab, war er ganz auf ſich beſchraͤnkt. 
Der Zufall wedte feinen fchlummernden Genius und 
Sieß ihn unter den wenigen Büchern feines Vaters ein 


—R8 dem unterhaltenden u. gemeinnuͤtigen Wolköblatt 1338, 











Hoßfelde - 61 


Paar veraltete mathematiſche ſinden, welche einen wun⸗ 
derbaren Eindruck auf ihn machten und deren Inhalt er 
bald erfaßt hatte. Er lebte nun ganz der Mathematik 
und träumte von lauter Erfindungen, da fein lebendiger 
Geiſt mir dem fpärlid Gegebenen weiter forſchte und 
an erfand, was ſchon von Andern, ibm unbekannter⸗ 
weile, erfunden war. Die Art und Weiſe, die Höbe 
eined Baumed, ohne ihn zu erfleigen, auszumeſſen, 
rach ibn fon damals, wie er ſpaͤter ſich oft dußerte 
efonderd an und befiimmte die Hauptrichtung eineb 
Lebens. Er machte fih endlih vom Haufe los und bes 
og das Optenaflum zu Meiningen, wo er feiner Vor⸗ 
jenntniffe wegen in die Klaffe Selekta geient wurde. 
Da er zu keinem eigentlichen Fakultaͤtsſtudſum Luft hatte, 
fo ließ er fib von feinem Vater leicht bereden, da6 
Gymnaſium mit dem Scullebrerfeminar zu vertauſchen. 
Auch lehteres beſuchte er, da es ibn nicht befriedigte 
nur kurze Zeit, In feinem 22. Jahre wurde er a 
Geometer beim Ebauffeebau angeſtellt, melde Stelle er 
aber widriger Derbältniffe wegen bald aufgab und feine 
eignen Studien bei feinem Dater in Depferöbaufen und 
ter 3 Monate lang beim Pfarrer Heim in Gumpels 
ade fortfente. Letgterer weckte in ihm zuerft bie Liebe 
u Naturmillenfchaften, befonderd zur Botanik und gab 
dm treflihe Anleitung zum meitern Studium derſelben. 
Gegen das J. 1791 finden mir Hoßfeld ald Lehrer der 
Mathematik in dem Eaufmännifhen Lehrinſtitute Heim⸗ 
reich's für Engländer in der Zilbab. Er war bier Lebe 
rer und Schuͤler zugleih; von feinem Kollegen, einen 
emigrirten franzdf. Grafen, lernte er franzöfifh und von 
feinen Schülern englifh. Sein Borgefegter war ihm ein 
vaͤterlicher Freund und Hoßfeld folgte deshalb ibm auch, 
als derfelbe 1795 ald Pfarrer in Neuftadt bei —— 
im Eiſenachiſchen angeſtellt wurde. Hier lernte er ſeine 
treue Lebensgefährtin kennen, mit welcher er ſich 1796 
verheirathete. Sein Vater, den dad Alter ſehr drädte 
und dem ed ſchwer fiel, fein Amt zu verwalten, drängte 
ihn, fib ibm fubftituiren zu laffen, mad aber feiner 
Geiftesrichtung gan; widerſtrebte. Er zog ed vor, 1798 
die Stelle als Febrer der Mathematik bei dem Forſtlehr⸗ 
inftitufe Cottang in ber Zilbah anzunehmen, den er 
auch in feinen literariiden Arbeiten vielfab unterftägte. 
ier blieb er biö 1800, wo die immer Dringlichern Eins 
adungen feined alterſchwahen und aller Stüge entbehe 
renden Daterd ihn endlich doch beftimmten, nachzugeben 


' 


‘ 
v 


582 Boßßeld. 


und ſich ihm ſubſtituiren zu laſſen. Kaum hatte er aber 
die Sielle angetreten, ald Herzog Georg ihn unterm 
19. Mai 1801 zum Lehrer der Matbematif bei der Forſt⸗ 
afademie zu Dreißigader,berief. Kurze Zeit darauf farb 
fein Vater und_er folgte diefem Rufe mit dem Titel 
eined berzogl. Forſtkommiſſaͤrs. Bechflein und Hoßfeld 
mweren die erften Lehrer an der neu begründeten Forſt 
afademie, melde lange Zeit Deuti@landd_befuchtefte 
und berühmtefte war. Sin den J. 1815 bis 1818 befchäts 
tigten H. viele Aufträge der herzoglichen Regierung zu 
Baldtarationen. und am 23. April 1822 wurde ibm ale 
eichen der eg feiner vielen Berdienfte der 
barafter eines berzogl. Forſtraths ertheilt. Bis zu ſei⸗ 
"nem Tode widmete. er feine Kräfte mit rafllofem Eifer 
der Anftelt, welde Herzog Georg ind Leben gerufen 
batte. Er Rarb am oben genannten Tage an den Solgen 
der Grippe, nachdem er einige Tage zuvor noch fein 
Lehramt derfeben batte. In feinen Sieberphantaflen, ei» 
nige Stunden vor feinem Tode, befchäftigte er ſich noch 
viel mit Botanik. Seine legten Studien und Arbeiten 
waren dadin gerichtet gewefen, ein neues Spſtem der 
Dunn: aufzunellen. Als Menſch mar H. durch 
ine Geraddeit, Dffenbeit, fein warmes Gefühl für all 
pm: Woptfahrt und für Recht, fo wie durch freund» 
ide Willigfeit zu reellen Dienften auögezeichnet. Er 
war der ſiets bereite Ratbgeber der Armen und Be 
Drängten und ſuchte überall zu belfen, fo weit ed nur 
in feinen Kräften ſtand. Ohne Rückhalt und ohne Rück. 
t ſprach er feine An⸗ und Abſichten aus und machte 

ch dadurch Manchen zum Feind. a er konventionelle 
erdaͤltniſſe nicht ſonderlich beachhttete, fo ſtieß er bei 
denen, welche feinen trefflichen Cdarakter und feine uns 
begrängte Herzendgäte nicht Fannten, oft an. Er war 
ein guter Gatte und Samilienvater, die innigfte Harmo⸗ 
nie vereinte ihn mit feiner vortreffliben Battin, einer 
ebornen Lorenz von Neuſtadt. on vielen Kindern 
beriebten ihn nur folgende; Helene, verbeiratber an 
den Baron Mor von. Löw zu Steinfurt bei Sriedberg; 
Emil, Aſſeſſor beim Sinanzfenate der berzogl. Zanded- 
‚regierung, Sopbie, verbeiratbet an-den berzogl. Amtös 
vermwoalter Köhler zu Salzungen; Wilhelm, Defonom. 
zn feinem Sache der Matdematif war 9. fremd; in al⸗ 
en beſeß er grändfide Kenntniſſe, in beinabe allen 
machte er eigenthuͤmliche Korfaungen, 3. 3, felbfi in 
der Aſtronomie, worin feinem Abbandiung über den Ring 


’ / 


* 





Doßfle 6 , 


des Saturn von der Akademie zu Slopenhagen preis— 
"UA befunden wurde, Dod mar er nicht einfeitiger 

athematifer und befaß außerdem mannichfache Kennt 
niffe, befonderd in den Raturwiſſenſchaften. Zebbaft ins 
tereflirten ibn alle Fortſchritte des menſchlichen Geiſtes 


wenn ibn gleich feine eignen Forſchungen und Schöpfuns 


gen binderten, die Schaͤhe der Literatur gebörig zu bes 
nugen Er war Autodidaftos und verdankte fait Alles 
feinem Genius und feinem Fleiße. Er dachte zu viel 
ſelbſt, als daß er fich mir dem von Andern Gegebenen, 

rfundenen und Gedachten viel hätte befaffen Eönnen, 


dtte er die Erfabrungen Anderer und daß bereitd Ge 


aebene gebörig benugt, fo würde er bei feinem großen 
Scharfblid, bei feinem vielfeitig gebildeten Beilt und 
bei jeinem flarfen Gedactniffe noch viel mehr geleiftet 
baben. Seine Driginalitdt und Nichtbeachtung Anderer 
verleitete ibm oft zu Ertravaganzen und ungemöhnliden 


deengängen und bracten ibn mitunter in nicht erfreus | 


lide Oppoſition mit Der Tagesliteratur. In Geſellſchaft 
machte ed ibm viele Freude, wenn fein Geift fi mit 
andern mitunter im Gtreite über wiſſenſchaftliche Ges 
genftände bewegen und Iogifhe Kombinationen und 


Sprünge machen fonnte, “Te paradorer etwad war, 


Deito lieber vertbeidigte er ed und man mußte feine Ge 


andtheit und Geiltesftärfe, welche überall Mittel und 


‚Wege fand, bewundern. Er didputirte gern zur Uebung 
feined Geifled und um Gründe. und Gegengrände einer 
Sache gebörig zu prüfen, nit aus einem böfen Yang, 
nur reiten und widerſprechen zu wollen. Unter feine Lie 

lingöludien gehörte auch Die Stantöwirtbfchaft, nament⸗ 
lid dad Steuermefen. Kür die mathematifhe Begrün- 
dung der Forſtwiſſenſchaft bat Hoßfeld unter Allen durch 


Wort und Schrift das Meilte gerdan und kann mit Yols - 
lem Recht einer der Gründer und Stifter der neuern - 


Forſtwiſſenſchaft genannt werden. Er trat überall als 
Schöpfer auf und begründete dur feine Lehren die 
Reformen und großen Kortfcritte in der Anwendun 
der Mathematik auf das Forſtweſen, inddefondere au 


die Forfttaration._ Seine akademifden Vorträge bielt. 
er ganz frei; gewöhnlich hatte er nur ein Zettelchen bei- 


fi, worauf mit wenig Worten der Anfang und die 
Hauptpunfte, des —— angedeutet maren, Klar, 
such und in logifher Ordnung entwidelte er feine 
Lehren. Er war ein mwohlmollender, Tiebevoller Lehrer 


und außer den Stunden jederzeit bereit, Anfragen zu Pr 


I} 


R— 


684 F Scharnagel. 


beantworten und Erläuterungen zu ertheilen. Seine 
beften Vortraͤge waren außer der reinen Mathematik und 
Analpfiß diejenigen über forſtliche Stereometrie, Walde 
wertböberedhnung, forftlihe Produktionslehre, Betriebs⸗ 
segulirung, Rechnungsvortheile, praktifpe Geometrie 
"und Theilung der Ziguren. Die erften ſchriftſtelleriſchen 
Berfude von ihm erfhienen in Bedfteind Diana. Sie 
- find die felbfigefchaffenen Grundlagen feiner weitern 
Sorfhungen und waren Quellen, aud weichen viele An- 
dere, obne fie zu erwähnen, fo&dpften. Sie find Fund⸗ 
ruben, auf welche zuräd zu geben, ungeadtet der 
enge der feitdem erfchienenen Schriften, fib immer 
noch verlohnt, Die i. 3. 1813 erfbienene Stereometrie 
ft 9.8 Meifterwerk und wuͤrde ihn allein ſchon in Die 
erfte Reide unferer Forſtſchriftſteller ſezen. Alle feine 
Schriften, welche folgende find, gewähren vielfabe An⸗ 
regungen zu neuen Sorfhungen: Niedere allgem. Mas - 
thematif für alle Stände ꝛc. 4 Bde. Gotha 1818— 25, 
(Auch unt. d. E.: Bechſtein, die Kork» u. Jagdwiſſen- 
f&aft nad allen ihren Theilen 2. Thls. 1. u. 2. Abth. u. 
Hr Th.) — Reformation d. Forſtwiſſenſchaft u. d. fanos 
niſchen Lehren derfelben. Hildburgh. 1820. — Triumph 
e. abgelebten Dorfſchulmeſſters &d. e. rüftigen Oberforſt⸗ 
profeſſor, in d. Sortwiflenfchaft Davon getragen. Ebend. 
41822. — Die Forſitaxation in ihrem ganzen Umfange. 
2 Bde. Ebd, 1823— 25. - (A. u. d. E.: Bedſtein, Die 
Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſchaft 6r Thl. Sorfttaration Sr und 
ar Bd.) — Werthsbeſtimmung der einzelnen Waldpro» 
dukte, ‚ganze Wälder u. d. Waldfervituten, nebſt Aus- 
gleidung der legten. Ebd. 1825. — Belehrungsicriften 
. Bolfömopffahrt, oder patriot. Vorſchlaͤge 3. Abbülfe 
des Nothſtandes und Aufbülfe des Wohlſtandes in den 
deut, Bundeöftaaten. Schmalkalden 1837. 


* 194. Johann Baptift Scharnagel, 
| Kooperator zu Pottenftein bei Bamberg; 
geb. zu Bamberg d. 22. Nov. 1810, geft. d. 23. Mai 1837. 


Mir Liebe widmete er ſich dem geifklihen Stande 
und fuchte moͤglichſt allen Anfoderungen zu entſprechen. 
Nebenbei war ibm das Studium der Gefhihte und 
Geograpbie Lieblingöbefhdftigung und eben fo las er 
die deuütſchen Dichter außerordentlih gern. Was ibm 
bei der Leftäre gefiel, das ercerpirte er fih., — Da 
freudiger Wille ihn zum geiftlihen Stande bewog, fo 





⸗ 


Zubbbe. | Ä x85 


ließ fi alles Gute von feinen Beſtrebungen erwarten 
und er berechtigte wirklich gleich Anfangs zu ſchoͤnen 
Hoffnungen in feinem Berufe. Nur war er am Kranken⸗ 
"Bette zu ſchüchtern und furchtſam; daher, was auch ein» 
traf, zu befürchten war, daß er leicht angeſteckt werden 
Eonnte. Er farb an den Blattern, die er in Solge deb 
Edeld bei einer Provifur in Höfen (der Pfarrei Aurach 
bei Bamberg) befommen batte. - Ä 
Bamberg: G. 4. Thiem. 


* 195. Dr. Wilh. Dietrich Hermann Flebbe, 

Geheime Kammersath, Kommandeur des Tönigl. Guelphenordend, 

ordentl. Mitglied der Celerfhen landwirthſchaftl. Geſellſchaft zu 
. Danoder; 


geb. ben 18. Juni 1755, geft. den 24: Mai 1837; | 


Zu Neuhaus im Lauenburgiſchen, woſelbſt fein Va⸗ 
ser und fein Großvater mütterlicher Seite , erſte Beamte 
‚gewefen find, geboren, trat er am 9. Tanuar 2779 als 
Amtdauditor iin Fönigl. Dienfte, wurde am 8. Mai 1782 

upernumerdrer Amsgöfchreiber zu Harburg und noch in 
emfelben Monat an dad Amt Hitzacker verſetzt. Am 
10. Mai 1783 wurde er ald Referent bei dem Kammers 
Eollegium zu Hanover mit dem Titel eined Kammererpes 
dienten angeſtellt und. verbeirathete fich in demfelden 
Jahre mis der Tochter des Domprediger Vogt in Bre⸗ 
“men, mit welder er, obngeadtet deren faft vierzigjdhris 
gen Kraͤnklichkeit, bid im J. 1829, in welchem fie ibm, 
gleich nach der Seier feines funfzigiäprigen Jubildums, 
durch den Tod entriffen wurde, in glüdliher, wenn 
gleih_Finderiofer Ehe lebte... Im Tahr 1785 wurde er 
zum Sammerfekretär und im Mai 1796 zum Kämmerer- 
oder Vorſtand der Hauptfanımerfafle ernannt, moneben 
ihm fpäterbin auch die neu errichtete Generalfaffe ans 
vertraut wurde, in welcher Dienfiftelung er bi6 zum . 

. 4817 blieb und in Zolge deren fucceflive den Titel 

— und Hofrath erdielt. Auch war ibm die 
Direktion ded Muͤnzbetriebs, mit Audfchluß des Harzes 
übertragen. Im J. 4808 mußte er, wegen der anzöf. 
Sinvafion, mit den ihm anvertrauten Kaffen fein Voters 
land verlaffen und bielt ſich bis 1805 in Schwerin auf, 
von wo er dann, bei der damals fattfindenden Eurzen 
- Reofkupation, nah Hanover zurüdkehrte. Bei wieders 
eintretender feindliher Dffupation blieb er auf feinem 
Poſten und fam.dadur in Beziehung mit den verſchie⸗ 


# 


686 v. Hoff. 


auf einander den feindlichen Regierungen 

und Behoͤrden, welches ibm Gelegenheit gab, Der Sade 
zus rechtmaͤßigen Sürfen auf mannichfache Weiſe zu 
ienen. Unter der wehpbälifden Regierung war er Ge⸗ 
neraleinnebmer des Wllerdepartementd. Bei der Res 
sfkupation i. 3. 1813 trat er in feine alte Dienſtſtellung 
wieder ein, wurde im %. 1816 Kammerrath, in Solge 
beflen er im J. 1817 aufbörte, Ebef der Hauptkammer⸗ 
und Generalfefle zu fein und fand feitden bid an feis 


-nen Tod dem gefammten Domanialrechnungdwelen ald 


Departementöchet vor, moneben er jedoch ald Referenz 
in Finanzſachen beim koͤnigl. Kabinetsminifterium arbeis 
tete und die Rechnungdführung der koͤnigl. Chatoulkaſſe 
mwadrzunebmen batte. Im J. 1824 wurde er Geheime 
Kammerrath und am 9. San. 1829 Fonnte er fein funfs 
gigjäbriged Dienftjubildum, auch i. J. 1833 fein funfzig⸗ 
driged Jubiläum als Wngeftellter bei der Kammer 
feiern. Nachdem er fhon früher Dad Nitterfreuz des 
koͤnigl. Guelphenordens erhalten, wurde er im J. 1829 
Kommandeur dieſes Hrdens ernannt und bei Gele⸗ 
enbeit feined Dienftjubildumd von der philoſophiſchen 
fultät der Univertität Göttingen mit dem, Doktor 
Diplom beehrt. — Er war ein wohlmollender, billigden⸗ 
kender Borgefegter und überbaupt anerkannt ald ein 
eng rechtlicher Mann. ald ein ausgezeichneter Ge⸗ 
ſchaͤfismann und vor Allem als ein treuer Untertban 
und Diener feiner Zärken, deren und des Landes In⸗ 
tereffe zu fördern, Das unausgefente Beſtreben feined 
fangen und thätigen Lebens geweſen ift. 


* 196. Karl-Eruft Adolph v. Hoff, 
koburg⸗ gothaiſcher Geh. Konferenzrarh und Direktor des herzogk. 
Dberkonfiftoriumd zu Gotha, Kurator der Erneftinifhen Sterns 
watte, erfter Direktor der wiffenfchaftlichen und Kunftfammlungen 
auf Friedenfteln, des aroßherzogl. Kalten: und ded Erneftinifchen 
Hausordens Ritter, Mitplied der Akademie von Münden und 
Erfurt, Ver Societät der Wiffenfheften zu Göttingen. der-Aca- 


"demis Naturae Curiosorum Caesareo - Leopoldina Carolina unb 


vieler andern gelehrten Vereine; 
geboren d. 1. Nov. 1771, geftorben d. M. Mai 1837. 
- ein Bater_war der Geheime Aſſiſtenzrath Johann 
Edhriſtian v. Hoff, der in dritter Ehe eine Kodter des 
Gebeimenratb8 v. Avemann beiratbete. Bon 6 Kindern 


war d. daß. Ältefte. Unser den Augen feiner Eltern von 


1] x 
t ‘ 8* 











Dresden, die iyn vom Sebruar bis zum 


® [} h) ! 


v. Hoff. 587 


Vrivatl rern unterrichtet beſuchte er vom J. 1785 bis 


1788 dad Gymnaſium zu Gotha, dann die Univerfitäten 
ena und Böttingen, wo er fib dem Studium der 
echtswiſſenſchaft in ihrem ganzen Umfange widmete, 

In Göttingen faßte er zuerfi durch Blumenbach Neigung 

zur Naturgeſchichte, die dur eine Sußreife auf den 

Harz i. 3. 1794 vorzägli auf Mineralogie und Geolos 

gie gerichtet wurde. Bleib nach feiner Rüdfehr nad 
otda wurde er als Legationdfekretär bei der Geheim⸗ 

anzlei und dem Archiv angeftelit und legte den 2. Tan, 

1792 den Dienfteid in die Hände feined Vaters ab, 

Schon am Schluſſe diefed Jahrs wurde er dem Minifter 

v. Thümmel bei einer Sendung nab Frankfurt a / M. 

beigegeben, um daſelbſt wegen des zu ftellenden Kontim 

ents mit den preuß. Bebörden in unterbandeln. Gm, . 
. 1806 war er bei einer Sefandticaft, die dem Haupts 
artiere Napoleons nad Berlin, Königsberg und ofen 
olgte, an weldem legten Drie Die Akte des Beittitts 

sum Rbeinbund unterzeihnet wurde. Im I. 1807 bes 

gleitete er eine zweite Geſandiſchaft nd N un aan 
nde des Ju 
entfernt bielt und 1808 eine andere an den Koͤnig vo 

MWeppalen. Im Jahr 1808 wohnte er dem Kongre 

von Erfurt bei. Im Januar 41813 wurde er zum Gebei— 

men Alfitenzrath ernannt und im November defleiden 

Jahrs ald Bevollmaͤchtigter nad Frankfurt a/M. geſchickt. 


‘wo mit den dort verfammelten Monarchen ein Vertra 


gefhloffen wurde, der den Traftat yon Pofen aufbo 
und den Beitritt des Herzogs zum deutſchen Bunde feft« 
ftelte. — Im Innern wurde er zu den mühfamften und 
derwickeltſten Gefchäften des fürfil. Haufed_beigezogen, 
wie im 3. 1801 zur Regulirung ded Nadlafles der Ge⸗ 
mahlin des Erbprinzen; zur Bertbeilung des gemeinfas 
men fühl. Archivs zu Wittenberg; zur Ordnung und 
Tpeilung des Privatnachlaſſes Ernft IT. i. 3. 1804, wors 
auf ſpaͤter die Auseinanderfegung der Söhne deſſelben 
folgte, Geſchaͤfte, Die bei dem body gefliegenen Alter ° 
des Geheimen Aſſiſtenzrath Lichtenberg, weicher Don? 
Dater (+ d. 22. Dec, 1801) im Amte gefolgt war, fall . ' 
anz in feine Hände fielen. Im Jahr 1822 führte der 
Eod des Herzogs Auguſt und 4825 der feined Brus 
derd *), fo wie bei dem Erloͤſchen der gotdaiſchen Linie, 
die Erbſchaftsverhandlungen der fürftl. Agnaten mannich⸗ 
*) Defien Biogr. ſ. im N. Nekr. 8. Jahrg. ©. 261. 


[4 





® % 
5 


. 588 v. Hoff: 


e und mäbfame Geſchaͤſte berbei, während denen 


falti 
HR in einer befondern Schrift (Gotha bei J. Pertbes 


4825) die in dem herzogl. ſaͤchſ. Haufe bei der Erbfolge 
der Seitenvermandten beftedenden Grundfäge entwidelte. 
Srüber fhon (i. I. 1817) mar Hoff bei der Reform der 
Gefammtuniverfität Tena, nebit dem großberzogl. Mei 
marifchen ZTegationdratb von Cotta zum Sommiffarius 
ernannt worden, was wiederholten Aufenthalt in Jena 
nach ſich zog *). Als bei der Erbvertbeilung dad go— 
tbaifbe Land dem Herzog von Koburg zufiel, wurde er ' 
als Gebeimer Sonferenzratb dem gebeimen Minifterium 
zugelellt und bierdurh verpflichtet, Dem Hofe nad KO» 

urg au folgen, wo er indeß nur ein Jähr vermeilte, 
Nah feinem freiwilligen Audtritt dus dem Minifterium 
wurde er zum DBorftand des DOberfonfiftoriums zu Gotha 
und nah dem Tode des Geheimenrath v. Schlotheim **) 
im Jahr 1832 nebft dem Gebeimen Hofrath 8. Jacobs, 
zum Direftor der miffenfhaftliden und KHunftfammluns 
gen ernannt. Beide Stellen bat er bid an feinen Tod 
mit mufterbafter Umficht, Gemiffenbaftigkeit und Thär 
tigkeit verwaltet und ſich bei der leßtern indbefondere 
burd die zweckmaͤßigſten Einrichtungen um das ibm an 
vertraute Inſtitut, verdient gemacht. Unter den mans 


“nichfaltigen Geſchaften feined Amts vernachläſſigte er zu 


z 


keiner Zeit feine wilfenf&haftlihe Bildung. Seine Neis 
gung war früh auf Mineralogie und Geologie gerichtet; 
aber während er dieſe anziebenden Wiſſenſchäften mit 
allem Eifer des Maturforfherd und Literators betrieb, 
fegte er ihnen nie irgend ein Geſchäft feines Amtes 
nad. Tenen find die meilten feiner Schriften gemidmet, 
Eine Schilderung des rhüringer Waldes nah allen ſei— 
nen Beziehungen, bie von dem Jahr 1307 bis 1812 im 
4 Abıb. (2 Bdn.) erſchienen if, war die Frucht zadfreis 
&er Wanderungen, die er von dem J. 1792 an, mei 
in Gefeufchaft von Wilpelm Jacobs, welcher den bofas 
nifhen und tednologifden Theil der Arbeit Übernahme 
und einiger andern wiflenfchaftlihen Sreunde gemacht 


») lieber die Wirkfamkeit der herzogl. Kommiſſarien fchreibe 
der Geheime Hofrath Eihftädt in den Annal. Acad. Jeneneis p. 104. 
Ita nobiscum egerunt viri optimi, tum benevole res nostras eu- 
rarınt, et tania mobis tamque velut domestica necessitudine com- 
juncti sunt, ut, quamguam nunc per temporum vicissitudines illo-, 
ram consuetudine careamus, tamen memoriam grata mente serve- 
mus, neque ulla unguam tam eximiae benevolentise laudes ob- 
scuratura sit oblivio. 
) Deſſen Blogr. ſ. im 10. Jahrg. ded R. Nekr. ©. 266. 





v . Hoff. 689 


fhaften veranlaßte Werk gezeigt, deſſen 1. Theil 1822, 


‚der Dritte 1834 unter dem Titel: Geſchichte der durch 
Meberlieferung nacgemiefenen natürliden DBeränderuns 


Werk, durch das fein Name zuerſt ebdrenvoll bekannt 
wurde, war durch die Ereigniſſe der Zeit veranlaßt und 
erfdien am 80. Geburtötage feined Baterg unter dem 
Titel: Dad Deutfche Reich vor der franzöfs Kevolutiog 
und nah dem Srieden von Lüneville in 2 Bdn. (Gotha 


‚auögezeichneter Geftalt, fräftigem Wuchs, dei reiben 
md prebenden Zügen und wuͤrdiger —* — 


ung. Mit 


/ 


N 


— 


— 


s00 Sschnepel. 


einem gluͤcklichen Gedaͤchtniſſe verband er Die Gabe Teich: 
ter Auftoffung und eine feltene Gewandtheit in ſchrift⸗ 
licher Mitrbeilung._ Alle feine Gefchäfte beforgte er mit 
der puͤnktlichſten Genauigkeit und der muferbafteften 
Drdnung. Er mar ein liebevoller Hausvater, ein treuer 
Ereund, ein gefäliger Kollege und in dem Verdaͤltniſſe 
u feinen Untergebenen fo nachfichtig und billig, "als Die 
Bef@äftsordnung nur immer geflattete. Er war "zweis 
mal verheirathet. Seine erfte Srau, eine geborene 
ertuch, Rarb i. J. 1812 und vor ihr ſechs Kinder; mit 
der zweiten, Sräulein Sylvie v. Ende, verheiratete er 
Ad im April 1814 und erhielt von ihr 2 Söhne, von 
denen fi der Ältere dem Bergbau, der jüngere dem 
Militärkkande gewidmet. bat. 2. Eräftige Konſtitution 
ab ihm Hoffnung zu einem boden Alter, wie denn auch 
‚fein Vater dad 30. Jadr erreicht date. Aber nicht fange 
vor feinem Tode fühlte er feine Bruſt ungewöhnlich ans 
rien; ein Borgefübl nicht fernen Todes ˖ſtellte ſich 
be ihm ein und einige ſchriftlich binterlaflene Anords 
nungen geben die Beſorgniſſe zu erkennen, die er im 
. Stillen degte. In der Mitte des Maid wurde er durch 
Unpäßlichkeit einige Tage zu Haufe gehalten; den 24. 
ober fühlte er fi wieder wohl genug, um den naͤchſten 
Tag ausgeben zu können. Gegen Abend überfiel ibn 
ein Schlagfluß, der fein Leben augenblidlid endigte. 
Eine beftimmte Urſache des Todes bat fi bei der Sek. 
tion nicht ergeben. — Außer den genannten Werfen ik 
von ibm noch erfhienen: Magazin f. d. geſammte Miis 
nerafogie, Geognofie u. mineral. Erdbefchreibung. Lpzg. 
4800. — Gemälde der phyſiſchen Beſchaffenheit, insbes 
fondere der Gebiradformationen von Thüringen. Erfurt 
„4812. — Geognoſtiſche Bemerkungen über Karlöbad. 
Gotha 1825. — *Hilor. Entwidfelung der im herzogt. 
. Haufe Sachen besbachteten Brundfäge d. Erbfolge un. 
ter Seitenvermandten. Ebend. 1836. — Höbenneflungen 
in u. um Thhringen. Ebd. 1833. — Gab den Gothaifch. 
offalender von 1801 — 1816 beraus und lieferte viele 
eitr. zu verfchiedenen Zeitfahriften. 


* 197. Ernſt Wilhelm Schnepel, 
Juſtizkanzleiadvokat zu Guͤſtrow; 
geb. i. 3. 1783, geſt. den M. Mai 1897. 


Der Verſtorbene, zu Guͤſtrow geboren und ein Sobn 
des ebendafelbft am 10: März 1823 ‚verfiorbenen Notars 


% 


* 3 ! 





\ 


S | CEhladenius. 601 
od. Joachim Ernſt Schnepel, hane feine wiſſenſchaft. 


ide Bildung auf der vaterſtaͤdtſchen Domfaule feit 
1797 genoſſen und fi auf der Univerſitaͤt zu Roſtock zu 
feinem fpärern Berufögefchäft audgebildet. Im J. 1807 
wurde er darauf ald Advofat und Profurator bei dem 
vormaligen Hofs und Landgerichte vereider und den 
3. Zuli 1823 zum Juſtitiar auf ritterſchaftlichen Guͤtern 
ernannt. Dieiem Wirkungdfreife wurde er jedoch ſchon 
frübzeitig in einem Alter von erft 52 Japren entriflen, 
Er ftarb plöglih in feinem Berufsgeſchaͤfte, während 
Abdaltung eines Termind, am Nervenfchlage. Berheis 
rathet war er ſeit dem 4. Decdr. 1812 mit Gulie, gebo> 
.rene Hartmann. Wenn ed Geifter gibt, welde die Na- 
tur vorzugemweife zu Genies ſtempelt, fo gebörte der 
Verewigte in der That zu ibnen; denn außer feinem 
trodnen Brodfiudium, weldes er wie Wenige gründlich 
inne batte und mit philoſophiſchem Geifte bandbabte, 


 batten ihn auch die Mufen. der Dichtkunſt und Mufik . 


‚ ‚mit ihren ſchoͤnen Sränzen geihmüdt. Liebenswärdig 

im Umgange vermochte er dur feine heitere Laune, 
feine vielverbreiteten art und Achte Humanitaͤi 
eine ganze Gefellſchaft zu feſſeln und in die frobefte 


Stimmung zu verlegen. Wie, alle geniale Geifter ver— 


ſchmaͤhte au er die gewöhnlichen Formen des Lebens 
und ſchwang fich lieber zu demjenigen Standpunkt em» 
por, von wo er die Dinge aus einem doͤbern Geſichts 
punkt überfdauen Fonnte. — In jeder Beziebung war 
er menfcenfreundlich, edel gefinnt und unterkägte jeden 
Nothleidenden nah Kräften. — Dad Ichmwerinide frei» 
mütbige Abendblatt verliert an ibm einen vieljährigen, 
tbätigen Mitarbeiter, wie er denn auch mande gedies 
gene Aufläge zum Guͤſtrowſchen gemeinnügigen Woͤchen⸗ 
blatt und zu andern Zeitkhriften geliefert bat. 
Schwerin. Fr. Brüffom. 


* 198, Karl Gottfried Theodor Chladenius, 


emerit, koͤniglich ſaͤchf. Generalaccisinſpektor und Vuͤrgermeiſter zu 
Großenhain (Sachſen); 


‘geboren den 22. Juli 1759, geſt. den 25. Mai 1837. 


1 


Er war aud einer berühmten ſaͤchſ. Gelebrtenfamilie 


entfproflen; feine Urabnen,. der Iutherifche. mrebige 
Dean Edladny zu Eremnig in Ungarn, ſah fi 1663 bei 
den damaligen Religiondverfolgungen genoͤthigt, mit 
feiner Samilie nah Sachſen auszuwandern. Nah Bes 


# 


592 Chladenius. 


ſuch der Stadtſchule zu Großenbain, der Füͤrſtenſchule 
u Meißen und der Univerlität Leipsia erlangte er die 
nfellung als Acceſſiſt und fpäter als Aftuar in den 
koͤniglichen Aemtern zu Weißenfeld und zu Nofen und 
trat 1782 die Advofatenprarid in feiner Vaterſtadt an, 
Schon 1784 wurde Derjelbe ald Foniglicher Generalaccißs 
infpektor angeftellt und 1759 zum Narbömitgliede, fpäter 


. 018 Bärgermeifter gewählt. Nach langjährigem verdiens 


ten Wirken trat er auf ehrenvolle Art und mit Penfion: 
aus feinem Wirfungdfreife und zwar feit 1831 ald Accißs 
infpektor und ſchon 4821 ald Bürgermeifter, als letzterer 

doch den fortmährenden Beifig in den Rathsverſamm⸗ 
ungen bis an feinen Tod behaltend. Neben den Amts— 
sefhäften war er auch fleißig und geſgickt in der ſtets 
gern’ übernommenen Fertigung von Defenfionen für Ans 
geflagte ,. Deren er mebrere Hunderte und ſehr oft mit 
vielen Glücke für die legten abgefaßt hatte. Außerdem 
beſchaͤftigte er fib mit Audarbeitungen mehrerer Schrifs 
ten über Rechtsgegenſtaͤnde und ftädtifhe Verwaltungs—⸗ 


. verbältniffe und indbefondere über dad, was nicht rechtß: 


kundigen Ratbömitgliedern, Dorfrichtern und Schöppen 
fo wie dem Bürger und Landmann überhaupt von jenen 
Derdältniffen zu willen nörbig if. Daß von feiner 
Schrift „Anmeifung für_Doriridter und Schöppen“ 
drei Auflagen, von ſ. „Vorſichtigen Bürger in Stadt: 
und Handwerköfaden” fo wie von f. „Vorſichtigen Erb» 
ſchaftsnehmer ⁊c.“ zwei Auflagen erſchienen, beweift den 
Wertb und die praftifche Brauchbarfeit derſelben; ebenfo 


"lieferte er mehrere wiſſenſchaftlich-juriſtiſche Beiträge 


in Zeitſchriften, welches Alles ibm einen günftigen 
Shriftktellerruf erwarb. Naͤchſt dieſem war Sammlung 
biftorifcher Nachrichten von feiner Vaterftadt eine eifrige 
Lieblingsbeſchaͤftigung in Mufeftunden, naddem er fidy 
ſchon in Noffen mit Aehnlichem befchäftigt und dadurch 
Veranlaſſung gegeben batte, daß der merfwärdigen Klo— 
ferruine Alt» Zelle die fpdtere vermehrte Aufmerkſamkeit 


geſchenkt wurde, die fie. längit verdient hatte. Ungeach⸗ 
tet der dur) den Stadibrand 1744 gefchebenen Ver⸗ 


nichtung der ſtaͤdtiſchen und Firdliden Archive ges 
AH ed ibm, obmohl mit Orößter DRühe und unabläf- 


| figen Nahforfhungen, dennoch zablreide Nachrichten zur 


ammeln und dem Publitum in den „Materialien zur 


Großenhainer Stadtchronif“ (Pirna 1783) mitzutheilen. 


Auch ſeitdem fuchte er durch fortgefegte Bemühungen 
diefe Nachrichten zu vermehren und fie in den Jahr⸗ 


4 











Ghladenind. 693 


gängen 1833 — 1826 des Örtlihen Wocenblattö (deren 
erfied Erfheinen 1806 durd ibn begründet murde) bes 
Sannt zu machen. Außerdem fertigte er mehrere bands 
ſchriftliche Eremplare einer nob ausführlibern Stadt 
a&ronif, wovon fib eines in dem Katböarchiv, ein ars 
deres in der 18 neu gegründeten Gtadtbibliorhek be: 
findet, die auch von ihm mehrere andere feiner bands 
foriftliden von ſeltner Bebarrlichkeit in vorgenomme— 
nen Plänen und von faſt unglaublicen Fleiße zeigenden 
Solianten, mit gefammelten biftorif » geograpbiichen No— 
sizen und anderen zum Theil ibn perfönlib betreffen. 
Den Segenftänden, a Geſchenk erdielr. If auch nicht 
su läugnen, daß allen dieſen Arbeiten eine genägende 
Kritik, (in —— Auswahl und Prüfung ꝛc.) abging 
und ein raflofed Streben jie ſtets bald beendigt zu fes 
en, vorderrfhte, fo muß doch dankbar anerfannt werz 
en, daß er jene annalififhen Notizen fammelte, die. 
fonft nicht vorhanden fein würden und manded Inter⸗ 


effante.der Nachwelt überliefern. Mit Sertigung latei. 


niſcher und deutſcher Gedichte war er ebenfalid bei jeder 
geeigneten Gelegenheit gern bei der Hand und ed fehlte 
nicht an leiter Der ifeation und —— auch nicht 
on Erfindungsgabe, obwodl, zumal in ſpaͤterer Zeit, an 
Geſchmack, wie die neuere Zeit ihn verlangt; au ſchien 
der Derfland zumeilen vor dem Gefuͤhle mehr vorzuberr. 
ſchen, ald_bei Dichtungen wünfchenswertb if; Deöbalb 
erfreuten fib auch einige von ibm verfaßte Schauſpiele 
nit des gebofften Beifalls. Als Redner und Pros 
rammatift bei feſtlichen Gelegendeiten war er eben fo 
Bereitmitlig und ibm ward in früberer Zeit gern bie 
Meranftaltung dazu überlaffen, fo wie er auch meilt au 
Deputationen der Behörden mit gewählt wurde und des⸗ 
bald Öfterd: an den Landtagdverfammlungen ald Raths⸗ 
abgeordneter Antbeil nahm. Die Umgeftaltung ” eines 
seinen zu einer mit manden Spmbolen gezierten 
artenanlage zur Benugung Seiten der Rathsmitglie⸗ 
Der und Anderer if ebenfaus ein Beweid feiner gemein. 
nägigen Thätigfeit. Don feinen Vorzügen muß nod 
fein febr glückliches Gedaͤchtniß erwähnt werden, wel . 
des ibm felbft im Breifenalter ed noch moͤglich machte, 
die in der Jugend erlernten deutfhen und lateinischen 
Gedichte zu Fecitiren, To mie zahlreiche Anekdoten von 
Gelehrten und feltne felbfterlebte Vorfaͤlle mit lebbafter, 
ausfhmüdender Einbildungsfraft vorzutragen, felbit bei 
feinen Hiftorifchen Sorfchungen kennen gelernte beſonders 
N. Rekrolog. 15. Jahrg. ZZ 838 . 


n 


N ¶hlabenius. 

intereffante fürff. Reſkripte, Redhtöurtbei_ und abnliche, 
eben * zur vollſtaͤndigen wörtliden Einprägung in 
dad Geſdaͤchiniß geeigneten Gegenſtoͤnde vom Anfange 
bid zum Ende mitzutbeilen, welches ibn zu einem ange, 
nebmen, gern gefebenen Geſellſchafter mahte, wozu 
aber au feine Elaffiibe Bildung wie feine gern gegen 
eben geübte Gefdlligkeit und ein anftändiged (obwohl 
etwas formliches) Benehmen zugleich mit — Mur 
in den lehtern Jahren mar oft eine zu geringe Rüdficht 
auf dad Aeußere zu bemerken, wozu theild Das Alter, 
tbeild die Folgen einer bupocbondrifden, — durch Hds 
morrboidalleiden bervorgegangenen Mißſtimmung Das 
Idrige beitrugen, melde iehtere aud den Geinigen ' 
manche traurige Tage bereitet hatte. Seine Gattin Rarb 
fange Jahre vor ibm und eben fo verlor er au eine, 
an den ebenfalld in Hayn angeftellten, ald beliebten 
Kanzelredner, mie durch bobe bumaniftfce Bildung und 
Belefendeit ausgezeichneten Archidiakonus M. Geudinen 
verbeirasthete Toter, das einzige Kind. Die Liebe zu 
ibr trug er auf feine Enkel über. Ein Lichtpuntt feines 
kebens mar dad Jubildum feiner SOjährigen Udvofaten, 
prarid, am 15. Dftbr. 1832, an welcdem Tag ihm nicht 
nur ein gefeliger Verein, mit Ruͤckſicht auf feine Lich. 
lingsneigungen, einen feſtlichen Tag bereitete, fondern 
as im Wuftrage des boben Tuflizminikeriumd ein koͤn. 
Ouadengeident — ein Brillantring — als Anerken⸗ 
Kung ie ner Derdienfte Äberreiht wurde. Dem Einfens 
der 4 gelang es dabei, dem Jubilar, den er wegen 
fo vieltaden Zeiftungen und mancher bewiefenen Getäls 
ligkeit febr hoch ſchätzte, durch ein Dazu verfaßted. Geh. 
rogramm eine befondere Sreude zu bereiten, die von 
Im bei jedem Zufammentreffen mit erftern dankbar er. 
wahnt wurde; denn der Tubiler liebte überbaupt folche 
BZeſtſchriften und hatte manchen Sreund dadurch früher 
geedrt. Jene Jubelſchrift machte auf ibn zumal Deöbalb 


"einen fe unvergeßlien Eindruck, weil darin fein ſchrift⸗ 


ſtelleriſdes und übriges Verdienſt, fein ganzer Lebens⸗ 
* ind Licht geſtellt und der feſtliche Tag FeIoR ſchon 

&ildert war, da der Abdruck fo vorbereitet murde, 
8* er kurz vor dem geſelligen von Mahl er. 
folgte und noch während defleiben Die Eremplare dem 
Inbilar und feinen um ibm verfammelten Sreunden aus 
dem Gelehrten: und Bärgerfiand übergeben werden 
tonnten. Als ein Beweis feiner Liebe zum Sammeln 
und Aufbemahren dhiſtoriſcher Nachrichten mag bier noch 


+ 


GHlobenin 00 


‘ 


erwähnt werden, daß er über dieſe Feſtlichkeit einen 


beſondern Solioband mit Aufnahme der erbaltenen. Gra: 
sulgtionegedichte und Briefe, wie andere Beilagen, ans 


| legte und der Stadtbibliothek zur Aufbewahrung über 
ga 


- Durch die Jadre des Alters edrüdt, medr und 

saebr auf fich jelbit befchränkt, wünfe | 
lichſt zu feinen ibm dorangegangenen Lieben berfommelt 
au werden. Er ftarb als Äcter Eorift, nabdem er noch 
Die Neigung, feine Verdienfte erwähnt zu feben — eine 
übrigens ehr verbreitete menſchliche Shwäde — abaes 
legt und felbft_eine fehr anfpruchsfofe kirchliche Abel » 
digung feines Todes Fur; vor demfelben verfaßt hatte 
Betrachtet man fein ganzes £eben im Ueberbfic, fo wer 


| Den befouders einige M: ngel fühlbar, die ibn verbinders 


ten, noch mehr zu leiften, als geſchah. Die Derfandes. - 


Her an feinem Lebensweg nehmen fonnte. Außer den 


laſſiſchen, und nad fo oft gewöhnlicher Art nur auf die 

bilolegie bezogen, und dem juriſtiſchen Studium bat 
er fib wenig andern genfgend gewidmet, daher mar er 
im Gebiet der Naturfunde, der Geſchichte, infofern Be 


 pragmatif betrieben, in den fchönen Künften und an 


ern allgemeinen Bildungdfäcern wenig eingedrungen; 
od bat er bei auem Diefem fich den Ruf eines redlis ' 
hen und biedern Mannes, jeder Ungerechtigkeir Seind, 
im boden Grade erworben. Geine erm bnten fürs 
ee rogeobl Oft auch in bypocondrifher Einbi. 
ung vergrößerten Hämorrhoidalleiden, die er ſelbſt in 
einem arten $olioband befcrichen bat, maren in fpds ' 
terer Zeit, Die Deranlaflung rap und in frübefter eine 
u Strenge Ersiedung Seiten feines Maters, wenn 45 
urch Die deſto liebevollere der Mutter fehr gemildert. 
ine plädtioßen Jabre waren allerdings Die ald Fürs 
Renfhäler und Student und im frübern Manndalter, mo 


| Hi feiner ſchon erwähnten geielligen Talente und feines 


Pr 


ebbaften und immer au anitdudigen Benebmens we⸗ 

gen von Jedem in geieben, in Die Kreife gelehrter 

ab gebildeter Männer gesogen murde. uf die 

nlage zur — im fpdtern Alter wirkte viel 

leiht quch die im rath berrlihen Ume erfolgte öftere 

unangenehme Berührung mit einigen ungebildeten, für 
55 *# 


ſenſchaftlichkeit und Gemeinnügigfeit völlig unem- 
gAnbiigen Salon 8* — —* * —5— nicht 
ram 1) Mann in mat 
hen beilbringenden Wirken förendes Verhaͤltniß. Ein 


von geringem Spnterefle — der binzugeſigten 

Kupferſtiche ıc,, im Neußern o 
Bert, wie auch viele feiner Gratulationdfarten ıc. aller 
ings weniger, aber —J andſchriftliches und 
eit, feiner raftlofen, ibn begſücken⸗ 


er diefer Nachrichten Dennoch nur feiner Pflicht ald Bes 
richterftatter zu genügen, ohne A hr verehrten 


v ' 


, 





Shlabentus. 697 


Zn 


Derblipenen dadurch im ein nachtheiliged Licht ftelleni zu 


wollen, er glaubt nötbig zu baben, möglichft zu zeigen, 


nie auf einen fo vielfeitig talentvollen und achtungds. 


- wertben Mann, theild Die Umgebungen und £örperlicye 
Mängel, aber au die Unterlaflung einer allfeitigern bar 
Soniſchen Ausbildung aller geiftigen und gemütblichen 
‚Anlagen und die. nit fortgefeßte Fortbildung in fo 
fern —— einwirkte, als er nicht noch Höheres 
leiſtete, als (don geſchad, wodurch er zahlreiche Gleiche 


geſtellte und —— bereitd übertraf. Daß er 


aber ein Mann war, Dem Geſetz- und Kechtlichfeit, wie 
* Oemeinnägigfeit am gerien lag, daß er, fern von Eigen- 

nug und Gebeimnißfrämerei, für zweckdientiche Deffent- 
lichkeit und fortfchreitende Bervollfommnung der ftädtis 
fen Verfaffung und Verwaltung zu mwirfen fuchte, bes 
. weil auch die ſchon 1784 herausgegebenen (früber faft 

als Gebeimniß betrachteten) „Dayner Stadterbredhte und 
Statuten” und die Schrift: „Ueber Abftellung von 
Siadtgebrechen. 17895” beides von Dielen ald ein Vers 
sgeden gegen die damalige obrigfeitlihe BVerwaltungsart 
ln dafür vielfach angefeinder und verläumbdet, 
we 


es zu der oben erwähnten Öftern Mikftimmung und . 


au wohl dem Stebenbleiben in wiſſenſchaftlicher Hin. 
Acht Vieled beigetragen haben mag. Wäre des mlrdis 
gen Manned Tugend und amtliches Wirken in die jegige 
deiperide gefallen, wo ſolche Dorfchläge ſelbſt höbern 
rtö begüinfligt und belobt werden, er würde des Guten 
weit mehr geleiftet haben, als ibm bei vielfeitigem Ent 
egenwirken in, nächfter Umgebung möglich wurde. Zu 
feinem Ruhm fei aber noch ſchließlich erwähnt, daß er 
auch felbft no in den fegten ‚iehren feines Lebens von 
jenen Geiſt befeelt mar, wie feine 1835 herausgegebene 
Scchrift beweift: „Ueber Die Nothwendigkeit, durch fräbe 
zeitigen Schulunterriht Verbrechen und Strafen, mehr 
ald zeither gefcheben, vorzubeugen. Als Aufforderung, 


 . tin barauf ſweckendes Schulbuch gu bearbeiten.“ JR. 
". aud auf die darin mit entbaltenen anthropologiſchen 


Bingaben nicht viel Werth zu legen, fo verdient die Ans 


regung, bei dem Schulunterricht au) auf Warnung vor - 


Verbrechen und Strafen ıc. Rüdfiht zu ‚nehmen, in 
weiche die Tugend, ungewarnt fo oft verfällt, den Dank 
der Zeitgenoffen, mie in mebreren kritiſchen Blättern 
— erwaͤhnt wurde, Möge auch dieſes fein Te» 


des gemeinnhgiged - Streben reiche erbte tragen. —- 


Außer den oben genannten Werken find von ihm noch 
2 > i i 


598 Matthias. 
ſchienen: eib. der kLurferſtl rar, 8 ganbeöf@afe 
ei. Afra in . —12 Meißen. Dresden 1 
temata super doctrinam juris canonici —— de 
divortio. Ibia. 1788. — Verſuch üb. d. Einrichtung einer 
Dorfordnung. Leipz. 1 121. — —— Reperto⸗ 
Aum des Redts a ur 2 kurſaͤchſ. Landebgeſetz⸗ m. 
Gerichtsverfaffung. Großend. 1802. — Worte D. innig 
Ale ya d. —2 Stiftungsfeier der 
iverſität Leipz. am 4. Der. 1809 im Saale d. J. Gros 
de beftebenben Socierär geiprocen. Neuf. a. d. D. 
9810. — * Handb. für Rathöherren deutſcher Provinzials 
Mittelhädte, befonders in Abfiht reitäunerfabrener Mer 
en ıc. Reuf. a. 9. D. 41810. — Umanda Deut ober: 
e un in unnräflider Doppelche. Ein Schaufpiel 
in 5 Uufzügen. Zeipz. 1814. — Tbalto u, Nautbold oder 
Die drei Ar Proben d. Sebeſtreue, ein Schaufpiel. 
Jena 1812. (Anch defonderd abgedrudt im 15. Bd. d. 
neuen Teut. Schaudbhbne. Augsb. und Leipz. 1842.) — 
Martin Luthers Kraftſpruch: wenn man d. Schulen 
en haͤßt, fo nimmt d. Finſterniß —— u. d. 
—2— Bert aber Hand ic, Leipz. 18 
Oroßenhayn. g . Preuster 
entamtmanz. 


199. Dr. Johann Andreas — 
konigi. preuß. Konſiſtotial⸗ und Schulrath in Wagdeburgs 
ged. den 9. var 1761, geft. den 25. Mai 1887 *). 


im Bewerb TI a & der San indeß bald wi 
Blog und mit Unter —— eines Perwandten auf va 


ahr 1783 in feine Daterkadt zunüd 
— Anſtalt, ‚der er kein IT on ver⸗ 


9 —— Preußiſche Staatẽzeitung 1839. Nr. 175 





,‚ Abertrug ihm Der Reftor Zunf 
gi Beh ge t dem Doip ek verbundenen 
Seutiebrerfeminard, in welcher — er ſich um die 
Bildung geſchickter and dienſteifriger fuͤr Eu 
sad Stadt entfchiedene Verdienſte erworben bet. 

5 verwalsete er bis zur Erribtung des — 
u die Stelle eined A ange ars. 
eftor kam 18. Juni 1814 ſtarb, wurde 


ſtellen. M. hat — 5 mit Gluͤck geloͤſt; denn er 


verfiand 
—3*— —* einen Sitten zu zeigen und neben der ſtreng⸗ 
den‘ üb 


echtlichkeit immer mit einer Dumandat su verfa 
ren, die ibn ut liebenswerth wma er 
biäbten die — en unter ſeiner vaͤter isen Einkt 
und reihen Erfabrung. Wo M. auf feinen Dienftreifen 
— freute man fich aufrichtig ihn zu fehen, denn er 
sänzlich frei von Falter Vornehmheit und ging im 
—8 mit der groͤßten Leutſeligkeit auf jedes Be⸗ 
duͤrfniß des Einzelnen“ oder der Anſtalt ein, war zu Opfern 
‚gern bereits und wußte fo felbft da zu verfühnen, wo fein 
guter Wille mit der Unmöglichfeit der —— nicht 
ın Einklang gebracht werden konnte. Sehr viel bat er 
im Stillen gewirkt und Dielen wohlgethan. a Vor⸗ 


eber — Gymnafiums bat er nad b Eins’ 


ot, unerm auch, obne Selbafunt. ja mit Aufopfermme 
gen. gemirft, den guten Willen Anderer ſtets freundlich 
anerfaunt, immer mebr bereit zum Loben als zum 
‚bein. Er war eine von den aturen, auf die man &- 
cerod Worie anwenden fann: ut quisquo est vir optimas, 
‚ ita difficilime alios improbos esse suspicatur. Die To» 


Matibiad 599 


- 


desanzeige der (ämmtliden Mitglieder des tönigl. Kon 


- : ; 


auf vortrefflichen 


ae — — — — — 
= - 


600 Maatthiat 
oriums und Provinzialſchulkollectauns in der Pegde- 
ya Act. aut ald einen fleißigen, ſachkun⸗ 
digen, zuverläffigen und gefhäftöpänftliden Mitarbeis 
ter und in allen feinen Werken die jugendlihe Räftigs 
keit, mit welcher er fat immer der Erfte auf dem P 
fein mußte. Bei einem fo regen Dienfteifer und einem 
fo mwoblidätigen Einfluß auf Die feiner Zeitung anver⸗ 


‚ ‚trauten Gymnaſfien Eonnte ed dem Derewigten nit au 


mancerlei Auszeihnungen fehlen. Wir erwähnen bier 
nur die ibm gewordene Verleihung des rothen Adlerors 
dens dritter Klaffe, dem nach wenigen Jahren auch die 
Schleife hinzugefügt wurde. I Anerkennung fo vieler 
Derdienfe ernannte ihn die Univerfitdt Jena bei der 
Geier des Augsburgiſchen Konfeffionsjubildums im Dad 
ae zum Doktor der Theologie. Sein ET Die 
jubildum, welches in das Jahr 4833 fiel, würde ihm no 
manche Außzeichnung gebracht haben, - wenn der befche 


- dene Mann ed nit vorgezogen bätte, daſſelbe blos im 


Sreife der Seinigen zu feiern. Nod drei Sabre nad 
demfelben wirkte er in gewohnter Thätigkeit, da beftel 
ihn gegen Ende des Sabre 1836 die Grippe und ward 
um fo bartnädiger, je weniger er bei feiner von Tugend 

Natur dad Uebel adtete. ‚Eine Dienf- 
reife nah "Dale im Zebruar 41837 verfchlimmerte fein 
Befinden im ‚hoben Grade, fo Daß er von jetzt an nur 
in den märmften Tagen ded Mai eine Eleine Ausfahrt 
wagen durfte. Körperli verfiel er ſichtlich, aber fein 
Seit blieb noch thätig bid in die letten Tage, ja fak 
biö zu feiner legten Stunde. Endlich entfhlummerte 


er an gänzlicher Entkraͤftung fanft und ſchmerzlos, auch 


darin ein glädlider Greis, daß er die far nicht mehr 
u bezweifelnde Nothwendigkeit eined Zurädtretend von 
einer langjährigen Wirkfamkeit fi nit bewußt gewor⸗ 
den ift. — Als Schriftfteller hat ſich M. 5. im %.1799 
dur einen Auszug aus Simſons lateinifcher und eng» 
lifher Ueberfegung mehrere Bücyer des Euclided bekanñt 
gemacht: in einem weit böberen Grade dur‘ den fo 
weit verbreiteten Leitfaden für den neuen heuriſtiſchen 


Schulunterricht in der Matbematif,. von deffen unges 


meiner Brauchbarkeit ſechs rafch hinter einander folgende 
Auflagen (von 1814 — 1834) zeugen, nebft den für die 


Lehrer HöhR wichtigen Erläuterungen zu dem Leitfaden, 
in. drei Abtheilungen. Magvdebur‘ m — 1828.) — 


Seinen Schülern bat er in den Worten der Liebe des 


Glaubens u. d. Hoffnung, einer Sammlung von Schul 


* 


1 


‘ 
‘ > 


Brandi. 601 


reden (Magdeburg 1834) ein nicht minder werthes An— 
denken binterlaffen, als die geſammelten Schriften feis - 
ned Amtövorgängerd Funk für Die Schüler deffelben ger ' 
worden find. Fuͤr fchriftitellerifhe Leiftungen Underer - 
war M. immer bödft empfänglib. Eine jede Bereihes 
sung der Wiſſenſchaft betrachtete er als die Bereicherung 
feined eigenen Wiſſens und danfte in feinem anfprucde - 
“Infen, beiheidenen Gemüth dem Geber für die neue Gabe. 
Es war ibm ftetö eine große Freude mit gelebrten Man— 
nern au verfebren und die befondere Werthſchaͤtjung, 
weile die Mitglieder der Univerfität Halle gegen ihn 
mebr als einmal an den Tag legten, zeigt binlänglidy 
daß fie den Werth des Mannes vollkommen erfannten — 
Außer den genannten Werken fchrieb er no: Anleitung: 
z. Erfindung u. Ausführung elementargeomesrifcher Bes 
weile u. Auflöfungen f. d. —— Studium d. Geo · 
metrie auf Schulen, Magdeb, 1811. 


200, Sohann Brandl, 
aroßderzogl. badenſcher Muſikdirektor zu Karlörudes 
geb. den 14. November 1760, geſt. den 26. Dial 1887 ). 


Er war im Klofter Rode bei Regendburg geboren, 
wo fein Bater QTäger war. In feinem 6. Sabre. ſchon 
kam er ald Singtnabe ind Klofter und Iernte hier wit. 
vieler Luſt Violine fpielen und fingen; nur das. Klavier 
batte nichts Anziehendes für ibn und ed dürfte wohl 
mebrmal vorgefommen fein, Daß er durch Strenge, ja 
. fogar körperliche Zuchtigung zu_deflen Uebung gezwun⸗ 
: ger werden mußte. Nichts deſto weniger maͤchte er in 
der Mufit überhaupt die erfreulihkten ‚Sortfchritte, fo 
- Daß er, ald 1770 der Kanonikus Gelafius ihn nah Muͤn⸗ 
chen in dad Kloſter brachte, auch fogleich als Kapellknabe 
am Hof daſelbſt angeſtellt wurde. Der freundſchaftliche 
Umgang mit dem damaligen erften Zenoriften am dor . 
tigen Hoftheater, Namend Valeſi, trug viel zu. feiner 
ferneren Bildung bei; er. ward mit im Chor der italie⸗ 
nifben Dper verwendet, erwarb ſich die Gunſt des da» 
maligen Kapellmeiſters Bernadconi und, befonderd durch 
fein geſchmackvolles fertiges Solinfalel, auch des nach⸗ 
berigen Doftord der Mediein Schubauer, der durc feine 
„Dorfdeputirten” und mehrere Meffen zuerſt den Wunſch 
in ihm rege machte, fich vorzugsweiſe der Tonkunſt wid⸗ 


+‘ 


i % 
e) Schillings Univerfal Lerikon der Tonkunſt. Bd. II. 


—— 


| 002 , Brandl. 


men zu koͤmen. 1774 verlelteten feine vielserſprechen⸗ 
Den Talente einen Erjefuiten, ibn mit nad Neuburg an 
der Donau zu nehmen, wo er fi ald Seminarik unter 
Der Zeitung eined gemiflen Selbmaier nen weiter in Der 
Muſik a auch dad Studium der Kompo⸗ 
ing: 1778 kam er auf Veranlaflung und Ko⸗ 
de Drälaten vom DenebiEnmefeinße: N enfreuz 
zu Donauwerth, in welches er * Be — rt fpäter eg 
en verfproden hatte, nah € 
dellineiſter Schlecht, um dad m 5 Le: 
ser defien Zeitung no grändlicder fortzufegen und trat 
8779 «lb Novize in das Kloſter. Die abgeſchloſſene ſtrenge 
Lebentweife des neuen Standes aber war dem muntern, 
lebendigen Charakter, beiterm Temperamente des jungen 
®. durdans un angemeflen; er verfiel in Melandhos 
He, "wurde voͤll 9 sieffnni und defhald von dem Praoͤ⸗ 
faten aldbald ie an Rn. Mehr zur Kur ald Kunſt⸗ 
bildung machte B. nun einige Eleinere Reifen; traf auf 
nfelben mit dem Violinvirtnoſen * Hofe de Fürkbie 
oſs zu Eichſtaͤdt, ——— zuſammen, deſſen fer⸗ 
re Begleitung idn von Neuem fleißiger Hebung im 
olinfpielen anreizte. ine Keile die —— 





er nach dem allein unternahm, war vom be 9; 
ompoſitionen, die er auf —— A — —— 
n Öfentli vortrug, brachten ihm Ruf; er wurde 

no gürfk von SE la Sn als Kapell⸗ 

eſtellt und 1780 erhielt er den ehrenwollen 
Kur a u: Rau ( — — Speierſcher) 
Hofmu kror nach uchſal. Hier unterzog er ih 
unaͤchſt * — mübevolen eine, die Mozartiſchen und 

— Duart» und Duintette alle in Partitur 
wodurd er freilich Die befte Gelegendeit ce 
‚Diefelben mia durdzuftudiren; auch gab er Damals’ 
(1990) fein erſtes Werf: „12 durdausß fomponirte Ge 
dichte von E. Schneider,” in den Drod. Die gute Auf 
nahme, welche diefeiben bei Känftlern und Difettanten 
fanden, machte ibm Muth zu fernerer und ee 
— keit ſeiner Muſe und ſo verließen denn nach un 

on TO Werke die 0 welche B. zu einem ar 

ö bedeutendhen en Ne ertdeften Komponiften um: 
| aa Seit erheben, deßhalb aber auch und mehrentbeils 
in den verfhiedenften Ausgaben die rege Theilnahme 
sıregten. Nah Karlörube Fam B. von Bruchſal im Rx 

Eine feiner Sousen bi Han it aud "die Für - 
Rengrufe von Schubert, Die Amen in Heilbronn „ aber 


Köhler, W 608 
it: der Birma “ druckte und Die troß ihres deißen 
den Tertes eine Me Derdreitung erbielt. Nachher 
erfhienen von ihm bei Bodter in Speier mehrere vor 
trefflide Lieder, auch eine Sinfonie in D; bei Amon ig 


Heilbronn eine — Serenade für Orcheſter und 
eEbenſalls mehrete Kiederwerfe; bei Gambart in Auges 


— 8 — Quartetre; bei Andre in Offenbach 
6 Quintette für B ninftsererente; eine Sinfonie in Ey 
ein 5* fir Vſoline und Cetlo mit Orcheſter, ein 


t für Fagote, 2 Ouverturen, 2 Quariette für 
für Fiöte; dann bei Simrod in Bonn, 
der in Karlörupe, Richault in se u. a. Verlegern 

noch viele rk — A — Ine Inſtrumente, wie 
fuͤr ganzes Orcheſter nn e und GoloRimme, 
die «tie zu den — 758 gerechnet werden 
muͤſſen; namentlich ſteden dis Quarterte unter allen aus 
ven den Mozart iden wohl am 


Im, erb verfaßte Meilen; uwch Die 
Dart errmann“ u. m. Oratorien 9m B. touponit 

—X nd davon im Druck — „von. dem Mo⸗ 
none „Hero wurde bei Velt a X risrube der Ki 
vieraudgng — 


piareet zu ——— und Seba bei Meiningen; 
geb. den 25. Ayeil 1765, geſt. den 3. Mai 1889, .. 


Er war der dritte Sohn. des Scullebrers ‚Sodann 

— — zu Vachdorf; feine Mutter, Katbarina 

e geborne Steiner Dafelbft. adden er 

ie ir ———— die Schule ſeines Geburtdorts be⸗ 

ne at.hatte, — er A ae auf das — nach Schles⸗ 

8 Direktion in ſcho⸗ 

ner — ſtand. Dort ae er fib mit andaiten⸗ 

dem Fleiße den Sprachen und anderen nuͤtzlichen Kenab 

niffen, erıwarb a den ge sun Lehrer und wobb⸗ 

or Minen t —ã — um ee Y url 
e . eotogie zu 
diren. Im Jabr 1789 verlieh er Jena und. wurde 


wohlbeflandenem Eramen unter die Zabl der —2 


amtotandidaten aufgenommen. Hierauf übernaben — 
eine rend en bei dem Dberförfter na 
Troſtadt unmeit Themar, wo gr 5 Tahre verblieb: 
gletcge Stelle fand er bel dem Wiarser Gerber in — * 


naͤchſten. Beſonders 
efinden u darunter, viele ſchaͤgenswerthe und * u. 


004 Küder. 


Dorf und nad Verlauf eines Jahdrs ging er. in Die dritte 
Kondition zu dem an —32 in Heinrichs, 
wo er abermals 5 gluͤckliche Jahre verlebte. m Jahr 
4801. ward ihm der Antrag zur Pfarrei in Stepfersbau⸗ 
n Fa Seller une nr — re 
n feine nge von Dein zu fortgefegtem Untere 
richt — war er anfaͤnglich Gehälfe des 
pereame Zeit dindurch kraͤnkelnden Pfarrers Reukauf, 
s er nach dem, Tode deſſelben (1804) die ganze Pfar⸗ 
rei überlam. Im Jahr 41803 verebelichte er ſich mit 
ohanne Sriedrite Helene Wilpelmine Neukauf, ſeines 
orfadren älteren Tochter. Aus biefer fehr glädlichen 
Ehe entſproßten ihm 3 Kinder, von denen aber nur noch 
2 am Leben find, nämlich Der Pedigtamtskandidat Georg 
Köhler zu Meinigen und eine Toter, Eleonore, welche 
aa.den Kaufmann und Nittergutöbefiter Trebödorf zu 
Aue bei Schmalkalden verheirarder if. Nachdem ibm 
im April 1811 feine Battin burh den Tod entriffen 
worden mar, vermäblte er lich im folgenden Tabre mit 
— ———— oͤlteſten Tochter des Guperinten: 
denten Wald zu Salzungen. — Gein Charafter war 
bieder und anfpruchdloe, er ſchloß fi gern im Umgang 
an bewährte Sreunde an, lebte einfach und eingezogen, 
liebte die Sreuden und Erholung im Kreife der Narur 
und bewahrte ſteis die Würde eined Beinen, 
r, Shling. 


* 202. Zriedrich Carl Auguft Ruͤcker, 
Wuchändier in Berlin; 
geb. den 18. September 1779, gef, ben 28. Mai 1887. _ 


Sohn ded preuß. Kriegs⸗ und Steuerraths Rücker 

—— Neuhaldensleben, deichnete er ſich ſchon fruͤhzei 
| rch ‚feinen Verſtand aud, vermittelt deſſen er fih au 

Der mittellofen Lage, in die er ſich Durch den fräbzeiti- 
gan Tod feined Vaters verfegt fad, heraus und bis gu 

' keinem in den leuten 20 £ebendjahren erlangten beden⸗ 
tenden Wohlkand nah und nad emporarbeitete. Dem 
Gpmnafium in Srankfurt a. d. D. feine Vorftublen ver. 
baufend, frequentirte er nachher die daſige Univerfirds 
und widmete fi dem Kameralfache. dem er ven 
ſchiedene Jahre ald Referendariud gearbeitet hatte, wurde 
er im Jahr 1804 bei der damaligen kurmaͤrkiſchen —“ 
und Domänenfammer als Sekretaͤr angeſtellt, bekleidete 
dieſen Poſten bis zum Jahr 2809, wo er bei den dama⸗ 


N 


« 


37 


Tigen vielfach veränderten na gkenngäfermen veranlaßt 
wurde, feinen. Abſchied unter Belaffung einer einen 
enfion zu nebmen und ſich den gei® ftlihen Privat 
_ Seben zu midmen. Bon da ab bis zu dem Jap 1816 
- gelang ed ibm, nicht mur ſich mit feinen geringen Mit, 
teln Durch die damalige 'verbängnißvolle Zeit unabhän; 
gig bindurd zu arbeiten, fondern auc ein Fleines Ber, 
mögen zu erwerben, welches er im Betrieb bed Verlags, 
buhbandels anzulegen beſchloß. Gleich anfangs benußte 
er geſchickt die ſich hierzu Darbietende Gelegenheit, al 
erade Damald einige bedeutende Buchbandlungen in 
Berlin zu Grunde gingen und deren Berlagsartifel meift 
bietend verkauft murden. Nachdem -er hiermit feine 
bubbändlerifge Thärigkeit eröffnet hatte, verfchafften _ 
ibm owohl feine millenfhaftlihen Stenntniffe, als eine 
im Umgange mit Perfonen der böbern Stände erlangte 
vieljeitige Gewandtheit, verbunden mit ridtigem Bli 
. , and der ibm angebornen Klugbeit vielfache Gelegenbeit, 
feinen Geſcaͤftskreis von Tabr zu Fahr immer vortheils 
- bafter zu erweitern und ed ift ſeitdem in feinem Verlag 
‚ eine bedeutende Anzahl wichtiger Werke aus fat allen 
weigen ber firengern Wiſſenſchaften erfchienen, deren 
ertd anerkannt ift und noch lange, troß aller neuern 
Erfheinungen in der Literatur anerkannt bleiben wird, 
Nachdem nun der Verftorbene, den von ihm feit den let 
ten zwanzig Jahren eingeflagenen Zebenömweg raftlo 
verfolgt und fib bi zum Faht 1835 einer fa unwan⸗ 
delbaren Geſundheit erfreut batte, murde er von Waf 
ſerſucht befallen, an welcher er big su feinem Tode un. 
ausgefeßt, jedoch mehr oder weniger in verfdiedenen 
Zwiſchenraͤumen, litt und zulegt nach ſchmerzlichen Leis 
den unterlag, Deren nicht geringite auch darin befianden, 
daß fein Geift, bis fat and Ende Tebendig und aufge _ 
wet wie in gefunden Tagen, fich dur Dem mehr und 
mebr der Krankheit erliegenden Körper gefefete fühlte. 
“um zu Derbindern, dag dur& feine Kräntlidten der Ge, 
Fhdftögang gebeigmt werde, cnifchioß er fi im Jahr 
1836 entweder feine Buchhandlung ganz zu verfaufen 
oder ſich zu aflocliren. Lepteres gelang ihm nah Wunfch 
und fo murde feit dem 4. Tan. 4837 in Solge Diele 


* 


Kr 


- 


Il; 

008 Lehmann. 

wit vollem Recht, die Lichtfeite des Merlandbuchban, - 
dels, dab derſelbe, mit Umſicht betrieben, zur Korderung, 
der Wiſſenſchaft und derjenigen Literaturiweige, durch 
welche dad Beſte der Menſchheit befördert wird, ungen 
mein viel beiträgt, beionderd wenn der einfichtövolle 
Derleger, fo wie R., verdienkliben Probuftionen nicht 
nur die Hand zu bieten, ſondern auc fie häufig bervor- 
urufen verfiebt, fo bietet das bucbandleriihe Wirken 
B.4 diefe Lichtfeite in. bobem Grade dar und der Ver: 
orbene bat in Diefer Hinlicht feinen Pflichten gegen vie 
Welt ruͤhmlich Genäge geleiſtet. 


* 203. Mag. Johann Gottlieb Lehmann, 
r. pr. Direktor am Gymnafium zu Sudau in der Niederlaufig; 
geb. den 25. Mai 1782, geil. den 30. Mai 1837. 


Er war zu Sonnewalde ohnweit Zudau geboren, - 
woſelbſt fein Vater Bürgermeilter war; feine noch le— 
bende Mutter it die Toter des Superintendenten Rich» 
ter zu Sonnemwalde. In feinens 10. Lebensjahre (1792) 
San er zu dem ehemaligen Rektor Jentſch (jegt Pfarrer 

Yulenhain bei Torgau) nad Senftenberg, in deflen 
&aulın alt er feine erfte —— erhielt und von wo 
aud er ſich im Jadr 1795 auf die Thomasſchule nam 
Leipzig_begab. Im Jahr 1802 bezog er die Leipziger 
Uninerfität, woſelbſt er ch ausſchließlich Den theologi« 
f&en und pbilologifhen Studien ergab, Mitglied des 
ꝑbilologiſchen Seminars bei Bed *) wurde, von dieſem 
und Tistmann **) Die vorzäglichtten Zeuaniffe erbielt und 
im Jahr 1805 daſelbſt Ne MRanikerminge erlangte, zus 
gleih auch ein hoͤchſt ruͤhmliches Eramen unter Keinbarbt 
in Dresden befand. Er nahm nun eine Hauslchreritelle 
bei dem Herrn von Buͤlow in Baiernaumburg bei San. 
gerbaufen an und wurde im Jahr 1803 zum Slonrektor 
an das Lyceum nach Luckau berufen. Hier wußte er fi 
dur feine grändtiche Gelehrfamfeit, Durch feinen fittlis 
hen Lehenswandel, durch feine raflofe Thätigfeit und 
durch feinen immer regen Eifer, dad Gute überall au 
fördern, bald die Hochachtung feiner fiollegen, Dad Ber. 
trauen und die Liebe feiner Schüler und die ungerheilte 

uneigung aller ibm näber Stehenden zu erwerben und 
o mit. großem Nugen für Die im Aufbluͤhn begriifene 


x 





) Detien Biographie f. R. Retr. 10. adrg. ©. Bm. 





pie Auſtalt zu wirfen, Auch machte. er in dieſer 
urch feine poetifhe Epiftel, „dad Glüͤck des Siaibenhr 
welche als Preiögedict in ‚der Urania 1820 erfchien 
und dur Die Herausgabe verfchiedener Eleiner Schrik 
ten des Zucian den Antang au feiner fiterariihen Wilke. 
famfeir. Im jahr 1811 -verheiratbete er ſich mit der 
fängfien Tochter: des verftorb. Paltor Prim. Mag. Iſrael 
zu Kudau, die ibm in einer WMjaͤhrigen glüdlichen Ehe 
6 Rinder, 2 Söhne und 4 Töchter gebar,. von denen aber 
2, ein Sohn und eine Tochter, den frühften Tagen 
- ibred Lebens farben. Dad Jahr 1820 führte ihn der ge 
liebten Thomasſchule zu eiprig Don Neuem zu, die ibn 
ald ihren ‚dritten Lehrer begrüßte. Mit aller eifrigen 
fiebe, welche ibn fortwährend für fein theures gehria® 
befeelte, nahm er diefe Stellung ein und begann bei 
treuer und gewillenbofter Verwaltung derfelben noch au⸗ 
Berdem an der größeren Audgabe feines Lucian zu arbeiten. 
Sein däusliched Gluͤck erlitt durch den plögliden Tod feis 
ner ©attin, im J. 1821, eine gewaltige Erfchütterum 


Im Jahr 1822 wurde er wieder nah Luckau zum Neb ' 


tor on. dad dortige Gymnaſium berufen und ein —8 
äter verheiratheie er fi zum zweiten Mal mit Amas 
lie, der älteften Tochter des ehemald in Golßen angefells 
ten, jet in Naumburg a. d. ©. lebenden emeritirten Die 
konus Foͤrtſch, die ihn mit 4 Töchtern diefer Ehe Ceine 
Toter farb vor ibm) Äberlebt_ bat. In feiner 14jäb» 
rigen amtlichen Stellung ald Rektor eines Gpmnafiums, 
mit der fo viel fdwere Arbeiten verbunden find, voL 
lendete er feinen £ucian im Derlag bei Weidmann, gab 
auf Berlangen mebrere feiner trefflichen Schuireden berz 
aus, und ſchrieb fein Evangelium auf Gpmnafien. Durd 
feine ununterbrochene thätige Einwirkung erhielt trog 
quer Hindernifle dad Gymnafium ein neued Sculges 
bäude, fo wie 2 neue Dberledrerftellen, die Ded Mathes- 
matifus aus Eönigf. Fonds gegründet, Die feiner Leis 
tung anvertraute fchöne Schulanftalt wuchs aber auch 
u feiner Sreude zu einer bedeurenden Scäleranzapl 
inan, deren ungetbeilte Liebe und Anbdnglichkeit er im 
hoͤchſten Grade befaß und in deren 
ijetzt ſchon zum Theil in boden Aemtern ſtehende Mäns 
ner gebildes wurden. Im Kauf diefer feiner egentreie 
hen Amtsführung erbielt er den Titel eines Eöniglichen 
Direktord und fpäterdin noch eine jaͤhrliche Zufage von, 
200 Rthl. aus Fönigl. Mitteln, auch wurde er Mitglied 


N 


itte viel treffliche; 


\ 


ben 


608 . Nolte — Wagner. 
—3 — gelehrten Geſellſchaften, namentlich der Ober⸗ 






ben und der biforifch» tbeologiften Geſenfcha 
eipjig. Uber —* lange ſollte er dad Glück — 
‚tür feine theuere Equle zu wirken. Eine boͤſe 
ſokrankheit entwickelte id allmaͤlig, die, von ibm in 
rem Entſtehen für nicht bedeutend gehalten, nach eini⸗ 
Jahren am oben genannten Tage feinen Tod ber 
iführte. — Außer den oben genannten Werken ift von 
ibm noch erſchienen: Explanatio loci e Cic. de natura 
Deorum L. ]]. 80. ie 1802. (Auch in den Comment. 
soc. philolog. Lips. Vol. III. P, 1.) — Obserrat. non- . 
nullae exeget. dogmat. ad. loc. Matthaei XII. 27 — 32. 
Viteb. 1811. — Schulreden. 3 Abtheil. Leipz. 1890. — 
Beitr. zum Laufiger Wochenblatt. u2 


* 204. Karl Adolph Nolte, 
ö Doktor der Medicin in Nordheim (Hanover). 
geb. 1. 3. 1812, geft. den 2. Suni 1887. . i 

Der einzige Sohn ded noch lebenden Arztes Nolte 

zu Nordheim, empfing er feine erfie Bildung in der Va⸗ 
serKadt und fludirte Darauf Medicin in Goͤttingen. Nach 
vollendeten Studien ließ er ſich als praftifcher Arzt in 
iner Vaterſtadt nieder. Doc nur kurz follte die Dauer 
ines irdifhen Lebens fein. In Yudhbung feiner Bes 
sufspflicht hatte er f das Nervenfieber zugezogen, dem 
er nad einem A2tägigen Srankenlager erlag. — Wenn 
grie noch jung, fo datte er doc) (don in der kurzen Zeit 
ines praftifden Wirkens vorzäglihe Kenntniffe, Faͤ⸗ 
bigfeiten und Zugenden entwidelt, die in ibm einen 

audgezeichneten Arzt mir Sicperheit erwarten ließen. 
Dielingen. Arendt. 


205. Aloys Wagner, 
Domkapitular zu Rottenburg a. N. (Würtemberd)s 
"geh. d. 18. April 1774, geft. d. 2. Suni 1837 *). 
Geboren zu Sartzell, im ebemaligen Sürftentbum 


‚Ellwangen, verdanfte er feine Bildung hauptſaͤchlich der 


damals unter Sailer, Weber und Zimmer die trefflich- 


Men Blärden und Srücte fördernden Dillinger Schule , 


‚ und wurde dann, nachdem er zwei Jahre an dem Gym⸗ 


9 Allgemeine Kirchenzeitung. 1837. Nr. 1. | 


s 








S % 
v 
⸗ 


Wagner, "6089 


nafium: in- Ellwangen gelehrt Hatte, 1708 als Pfarrer iu 
Stumpfah und 1806 auf derielben Gielle ald Dekan 
bed Landfapiseld Buͤhlertann, womit zugleich Die Schul: 
infpeftion in einem weiteren Kreiſe ‚verknüpft mar, ans 
etet, 1810 zum Generalvifariassratb und Regens des 
riefterfeminars in Ellwangen ernannt, bald Darauf aber - 
in der erften Eigenſchaft nah Rottenburg verfent: ld 
Dann im Jahr 1823 dad Bisthum in der leäteren Stadt 
errichtet wurde, war er unter denjenigen Geiftlichen, 
. welchen der. Biſchof die Domfapitularenmärde übertrug, 
Die Geiſtesrichtung, melche Wagner durch Gailer: im der 
Dillinger Schule erhalten hatte, erhielt fi fein ganzes 
Leben bindurd und al fein- Denken und Wirfen. was 
aur eine weitere Entwidelung derfelben und eine ftete 
Vebung der aus ihr bervorgebenden Marimen, wobei 
aber Die kindliche Liebe und Ehrfurcht, womit er dem. 
 Meifter ergeben war, einen fortdauernden Einfluß auf 
ibn. erwies, indem er bei den wechlelnden Gefichtapunfs 
ten, die in Sailers Denfart im Kauf der Zeit-und der 
Umftände eintraten, namentlich bei feiner ſich immer mebr 
von, dem Lichte der Vernunft und der Wiſſenſchaft ab» 
wendenden Mpftif und bei feiner immer entjciedener 
f — — Hingebung an den 1bmiſchen Dogmatis 
hen und kirclichen Pojitivismus, fierd auf -derielben 
Bahn mit ibm fortwandelte, Aber fein Elarer Verſtand, 
feine geiſtige Nüchternheit, feine im Leben erworbene 
saktifche Anſicht der Erſcheinungen und feine moralifche 
Kein eit und Feſtigkeit bewabrten ibn vor ben Berirnuns 
"gen, in. welde wir mande von Gailerd Schülern, bes 
onderd in der neueſten Zeit, auf dem einen und auf 
bem anderen Weg abgleiten faben. Indem W. das 
Veberfinnlihe und Ewige mit dem Begriff zu erfaffen, 
fo wenig, ald ein anderer Sterblier, vermochte, ward 
ed um fo lebendiger in feinem Gemuth aufgenommen 
und ed wurgelte in dem letzteren der rege, einen gan⸗ 
en Charakter dDurchdringende Sinn oriftlicher Neligios 
itdt und Srömmigfeit, der die bewegende und berrſchende 
Kraft ſeines Lebens, feines. Wirkens und aller feiner 
Beftrebungen war und ibn in allen feinen Verhaͤltniſſen 
als einen wahrhaften, unmandelbar in der Anſchauung 
sand in. dem Gefühle der durch dad Chriftentbun Darges 
fellten idealen Welt lebenden Geiftlicben Fundbar machte, 
ie er diefe Gefiunung in feinem Privatleben und in 
einen mannichfaltigen. amtlichen Stellungen fortdauernd 
‚bewährt und dur fie unausipreclich viel Gutes vers 
N. Rekrolog is. Jahrg. 39 


— 


610 Wagner. | 
aulaßt und seRiftet dat, iR in den verſchledenen Kreifen 
feine® Wirkens «allgemein und dankbar anerkannt und 
wenn feine raflofe Beruförhätigkeit ibm auch nur fele 
sen geftattete, fein Wirken aut dem fchriftkellerifchen 
Weg über dieſen Kreid audjudebnen, fo fand er doch 
noch Zeit au diefen Weg einzuſchlagen, fobald er auf 
demſelben Gelegendeit zu einer beilfamen Ausſaat fab 
and eine Menge Tournalauffäge, einige kleine Schriften 
afcetifden Indaltd und befonderd die gemäthvollen bio» 
geriinen enfmale daben ihm allentbalden Dank und 
nerfenntniß erworben; am wenigſten aber wird fein 
Name in der Reide der verdienſtvollen Männer vergeſ⸗ 
n werben, denen das katholiſche Wärtemberg Die Sort. 
itte, die in der neueren Zeit in ibm dad Volksſchul⸗ 
weien gemacht bat, verdanft, wie er denn Einer der er» 
a war, die diefem Zweig der Bildung, unermädet 
urch den Widerfland, den ihnen bald die Rohheit des 
Volfs, bald die Gleichgältigkeit der vormaligen Bebdr- 
den entgegenfegte, ihren Fleiß gewidmet, aber auch das 
Vergnügen genoflen baben, dieſem Felde die frübeften 
Sräcte entipriefen zu fehen. Bon jeber hatte WB. -mit 
vielen in der Kirde und in der Literatur außgezeichne 
sen Männern in freundfihaftliher Verbindung gelebt 
und. er ſeyte den Verkehr mit ihnen bi6 an fein Ende 
durch fleißige briefliche Mittheilungen fort; ‚unter ihnen 
fanden ſich auch wehrere proteſtanfiſche Gelehrte, die er 
zum Theil zu feinen aͤlteſten und geliebteſten Freunden 
zählte, ungenirt dur die Verſchiedenheit der beiderfeis 
tigen theologiihen und kirchlichen Anfichten, Durch Die 
er das Wirken des in dem Wandelbaren in den Theo 
rieen ſtebenden chriſtlichen Geiſtes des Glaubens und der 
Liebe nicht geſtoͤrt ſad. Er ging dem Sommer 1837 mit 
dem Vorſatz entgegen, während deffelben in Gefellfäbaft 
feined Sreundes Chriſt. Schmidt, den ebrmärdigen Er 
biſchof in Sreiburg, mit dem die aleihen Belrebungen 
far die Förderung ded Volksſchulweſens ibn febon feit 
dren innig. verbunden batten, zu beſuchen. Aber bie: 
Plan follte er nit audflihren: eine Yungenläbmung 
endete nach kurzem Krankenlager fein Leben. — Bon 
inen Sqriften nennen wir: Die Gedichte d. Schul 
us zu Stümpfah. — Gedanken u. Empfindungen 
eines Geelforgerd nad einer überftandenen Krankb, — 
— — — d. This * — 
ngleichen ante im J. 1803 &. 360 im 
Mag. — Skizze d. Untrittsrede d. Pfarrerd U. W, Über 










’ 


Beyer. "oo 


Tim. 11.45 — Skitzze einer Primizprediar zu @&... — 
Der Zlurgang zu Stämpfad. — Das Erntefelt in Preu— 
gen — Zwei Predigten beim vor- und nachmittägigen 
Gottesdienſt am Erntefeſt. — Die Paftoralblätter, ges 
widmer dem koͤnigl. baier. geiftlihen Narb u. Profeflor 
Sailer. — Rede bei d. Beerdigung d. Pfarrers St. zu 
4 — Eine Predigt am Dank» u. Erntefefte 3. Stuͤmp⸗ 
ad. — Die Sittengeridte im Landkapitel St. im Kös 


nigreich Würtemberg. — Pfarr. u. Kirdenpifitation ins 


Königr. Würtemb. — Ein Paar Worte über die uralte 
Kirhenordnung d. Hochſtifts Würzburg. — Dad Saul 


fen zu Büblertann. — Dad Jubelfer zu Steinbach im ' 


Landkapitel Bühlertann. — Die nbelfeier zu Steins 
bach, eine Predigt. Gmünd 1811. — Nebft Auffägen in 
der. Nationalchrönik der Deutſchen fertigte W. nad 
einige Rezenfionen in die £iteraturzeitung f. katbolifähe 


, Religionslehrer. — Ferner verfaßte er auch einen weits 


Iäuftigen Auffag in’! Voͤlteriſche Schuljournal unter dem 
Sitel: Plan und Einrichtung des Privar-Scullebrer: 
inſtituts zu I. nebſt d. Befchreib. d. erften feiert. Prüfung. 


\ 

* 206. Hans Paulfen Beyer, 
Drediger zu Burkal im Schleswigſchen; 

geboren im 3. 1786 (7), gefl. den 6. Juni 1837, 


Beyer wurde zu Bülderup, einem Sirchdorf im 
germardume le wig. geboren. Nachdem er ſich auf 
aulen die nötdigen Borkenntniffe erworben hatte, fius 
Dirte er zu Kiel Theologie und ward nad gut beftandes 
nem Amtderamen und nachden er bierauf einige Tabre 
Hauslehrer geweſen war, bereitö 1812 Paftor zu Carlum, 
in der ſchleswigſchen Probftei Tondern. Nachdem er 
bier 48 Jahre mit Liebe gelehrt batte, murde er am 
25. Dftober 1830 zum Paltor in Burfall, in derfelben 
Probſtei, ermählt und am 22, Novbr, deffelben Jahrs 
vom Stönig al& folder beftätigt. In Diefer neuen Pfars 
rei fotlte. er aber nur —— thaͤtig fein; denn 
am oben bemerften Tage verſchied er plöglih am Schlag» 
fu e. Er hinterließ eine trauernde Wittme, W., geb. 
affen. — Beyer war Klein von Perfon und nicht ohne 


Kenntuiffe. — Gedruckt it jedoch unferd Wiſſens von. 


ihm nichts, ald eine Peine Legende, betitelt: „Der 

Mantel in der Bülderuper Kirche,“ in Falcks Staat, 

bürgerlichem Magazine Bd. 4. (1824) ©. 244 bid 246, 
vempdorf,, Dr. —— 


Li 


® * 


612 


* 207, Dr. Mathias Joſeph Bluff, 


* genktifcher Arıt in Aachen, Mitglied der kaiſerl. Leopoldiniſch⸗ 


Karoliniſchen Atademie der Naturforſcher in Breslau (Mit dem ' 


Beinamen: Van Swieten II), der botan. Geſellſchaft in Regens⸗ 
durg, der boten. Geſellſchaft des Mittel: u. Niederrhein; 


geboren iu Köln a. Rdein den 6. Febr. 1806, gefl. d. 5. Juni 1837. 


widmen beichloß, fo AR ga — 


‚De absorptione 
Cutis“ den 16. Dec. 1826 ald Doktor der Medicin und 


durch Berbdltniffe in Dielen unangenehm geräuras, 


gen mit Agnes, geb. Reimbold, die ibn nebſt einem 
naben_ und einem Mädchen überlebt hat, in Gangett, 
einem Sleden im Regierungdbezirt Aachen niederließ, 
wo ihn eine zwar fehr große, ausgebreitete aber ſchlecht 
lohnende Praxis erwartete, 1829 vertaufchte er diefen 
Ort mit dem nahen Geilenkirchen, De die Praris zwar 
lopnender war, von alten wiſſenſchaftlichen Oälfsquellen 





Bluff. Be 613 


aber beinahe abgefchnitten, fühlte er feinen Bein, fo wie 
durch Die angeftrengtefte Thätigkeit feinen von Jugend 
an ſchwachen Körper ermatten und zog deshalb 1832 
nah Aachen, wo er fi bald Arztlichen Ruf verfchaffte, 
da er voll Eifer feinem Berufe lebte und fich bei der 
bald nad) feiner ——— ausgebrochenen Cholera,’ 
epidemie aufs thaͤtigſte aüszelchnete. — Don frübefter 
Tugend war Mufik_ feine Erbolung Violine und Guis 
pr fpielte er meifterbaft und für legtere bat er felbit 
ebrered gedichter und fomponirt. Beim Studium 
größerer Werke waren ibm aber beide nftrumente zu 
unvollfommen, meöbalb er ſich erft einige Fahre vor 
feinem Zode noch mit Dem Fortepiano vertrdut machte. 
Gruͤndlichſte Kenntniß der alten mie der neueſten Meifter 
mwar ibm eigen, weöbalb er au mufikalifhe Vereine 
und Zufammenkünfte fehr liebte und mit großen Opfern 
unterbielt, WUngefirengtefte Thätigkeit ließ ibn fomohf 
franzdf. ald auch engl. Sprade und Literatur ſich vers 
traut machen. Im Begriff, auch fein eigner Ledrer der . 
italienifden mie der fpanifben Sprade zu werden, - 
überrafchte ibn der Tod. Die größte Theilnapme be - 
eugte, mie ſehr feine Freunde und Mitbürger den für 
ke mie für feine Familie unerfegliben Derluft fühlten. - 
Als Garte und Dater, als Arzt und Bürger war er 
doͤchſt gemiffenhaft in Ausübung feiner Pflichten und von 
mabrer Srömmigfeit dDurhdrungen, Was er in feiner - 
Kunſt und Wiffenfchaft geleiftet haben würde, wenn dag 
Schickſal feine Neigung erfüllt und ihn zum fehrer ge 
bilder oder ibn und nicht fo früb entriffen bätte, iſt aus 
dem in der kurzen Zeit feines Wirfens Geleifketen zu 


ermeſſen. — Außer zahlreichen Auffägen in verſchiedenen 


Zeitföriften, mie in Medeld Archiv, Schweiggers Zours 
nal, Med, Konverfat.» Blatt von Hobenbaum, 9. Sie 
bolds Journ., Puchelt's Heidelberger Annalen, 9. Gräfe . 
und v. Waltberd Tournal, Hendes Zeitfchrift f. Staats⸗ 
arzneifunde, Sachs Berliner Eentraljeitung, Mäller’s 
Archiv, Schmidts Jahrbücher der Medicin und in den 
Akten der Aladem. Caͤſ. Karol. Leopold. Nat. Kuriof.' 
und dem von ihm und feinem $reunde Dr. Singerbutd 
derausgegebenen Compend. florae germaniae II. tom. 
' Nürnberg 1825, wovon die 1837 erfhienene 2. Aufl. der 

Pröfid. Mech v. Efenbed*) u. Dr. Schauer mit bearbeis 
set baden, erfhienen noch von ihm: Entwidlungdfom. 


Deſſen Bioge. f. in dief. Jahrg. d. N. Nekr. untere 12. Dec. 


614 Börfter. 
binationen organiiher Weſen. Köln 1827. — Paßoral⸗ 
medicin. Moden 4877. — Ueb. d. Heilkraft d. einen 
ewächfe. Nürnb. 1828. — Web. Krankheiten ald Krank, 
Beitöurfaßen. Aachen 1829. — Synonymia Medicaminum, 
Lipsiae 1831. — Helfologie. Berl. 1 — Reform der 
Medicin 2 BP. —— — Auf Wunſch des 
Berlegers wurde ftatt Materialien zur Reform, der Ti⸗ 
tel Reform gemäblt.) — Zeitungen und Fortſchritte der 
Medicin in Deutihland 5 Bde. Berl. 1882 — 84. !pig. 
3835 — 36, welche mühfame Arbeit feit ihrem Erfcheinen 
fid einer febr bedeutenden DBerbreitung und des allge 
meinen Beifalld zu erfreuen gebabt hat und eine genaue 
Ueberfiht und gedtängte Nachweiſung gibt, mad ın Bes 
ug auf Medicin in diefen Saleen auf deutſchem Boden 
elbaftändig erſcdienen if. — Aus d. Franzoͤſiſchen über 
ker u. mit Zufägen: Eöquirold Mordmonomanie 1831 u. 
Ipeau die Konvulfionen d. Schwangern. Aachen 1835. 

D. Reimbold. 


208. Joh. Karl Förfter, 
Obderlebrer an der Ulrichöfchule zu Halle; 
geb. den 25. Dec..1760, gef: den 6. Juni 1837 *). 


‘ Bruder, nah Halle, um die Eule der Sranfefchen 
©tiftungen zu befuden. Ede er aber dieſe verließ, 


u fludiren. Schon jegt übernabm er Unterrichtäfianden 





*) Allgemeine Säulgeitung 1887. Nr. 12. 








Fehr. d. Maitig. 616 


ker, die ihn naͤber kannten, erworben bat. 37 „1794 
‚erbielt er die erledigte Stelle eined Parrobialfihulleb» 
vers zu St. Ulrih und beiratbete Dann die Wittme feis 
ned Amtövorgängerd, aus welcher Ehe 6 finder ent 
proffen, von denen gegenwärtig noch ein Gobn und 

-, brei Töchter am Leben find. Im Tabr 1810 farb feine 
attin. Bei der Drganifation des Nädtiiben Schul 
weſens i. J. 4825 Abertrug ibm die Schulinſpektion die 
Oberlehrerſtelle an der Ulrihöfchule, melde zu Dftern 
4829 zu einer Maͤdchenſchule ausſchließlich befliimmt und 
. 3. 1832 wegen Rarfer Frequenz erweitert wurde, Bei 
dem fihtbaren Gedeiben der ibm anvertrauten Anftalt 
wirkte der rüfige Greis noch einige Jahre in jugenblis 
&er Kraft, bis die Natur ibre Rechte behauptete und 
die zur Bermwaltung ded ſchweren Amted — dem er je— 
‚derzeit mit der größten Pünktlichkeit und Treue vor 
ſtand — erforderlichen Siräfte fhmanden, Er murbe 
desdalb zu Anfang vorigen Jahrs, in dem 76. feined 
Lebens, auf feinen Antrag penfionirt. Doc nicht lange 
enoß er nad dem ſchwuͤlen Arbeitötage die Ruhe am 
bende feines Lebens. —— 


* 209. Gotthilf Auguſt, Schr. v. Maltitz, 
Schriftſteller zu Dresden; 
geb. d. 9. Juli 1794, geſt. d. 7. Juni 18897, 


‚ Maltig war von 18 Geſchwiſtern der letzte Sohn 
(eine Schweſter bat ihn überlebt) einer altadeligen Fa⸗ 
milie, deren Boreltern wir mit den Urmäldern DE 
mend in der Geſchichte auftauchen feben und deren V 
ser Einer Uli v. Maltig war, welcher im Qufiten 
Eriege 1491 die Stadt Grimma in Gapfen in "einen 
wuͤſten Aſchenhaufen verwandelte und dann weiter durch 
die Laufig und wieder nach Böhmen zurückzog. M. war 
der fegte Sproß feines Zweigd, mit ihm erlofch dieſe 
Linie, welche nichtd mit jenem Maltig gemein bat, der 
einſt die Geſtaͤndniſſe ſeines Rappen in Drud erſcheinen 
ließ. Die Linie, zu welcher unfer M. ‚gehörte, batte: ſich 
von jener Andern fon vor gu Zeiten getrennt und 
ald naben Verwandten gleiches Namens hatte M. nur 
noch einen Better. in der preuß. Lauſig. Schon in dem. 
Knaben zeigte ih ein feuriged Temperament, mit einer 
Eräftigen und felbfitändigen Ridtung des Charakters, 
Don feinen Eltern ohnerachtet eined Edrperlihen Ge⸗ 
brechen zur Forſtwiſſenſchaft beſtimmt, ſtudirte er auf 


66 - Icht. v. Bali. 


der berägmten Borkafademie in Tharand Im Königrei 
Sachſen tdeorerif® und erweiterte feine Kenytniffe dans 
fpäter durch praktiſches Studium in der Gegend von 
Königdberg, feiner Geburtsſtadt. Mit jugendlichem Feuer⸗ 
eifer und wahrer Schwärmerei überließ er ſich jegt Der 
eingefchlagenen Laufbahn, auf welder fein an dem 


Mbenthenerliden bängender Geiſt den reichten Stoff _ 


und Nahrung zu kühneren Gebilden fand und in dem 
rönen Duntel des Waldes ing dem Juͤngling diejenige 
ſche und Eräftige Natur» und Lebenspoeſie auf, Yon 
weicher mir ihn bid an das Ende feined bewegten und 
oft ſtuͤrmiſchen Erdenwandeld begleiter ſehen. M. war 
Preuße, war died mit ganzer Seele und Herzen und 
Daber wie fein gen ed Vaterland in den letzten unglück⸗ 
lichen Jahren beabfichtigter Unterdrädung mit einens 
luͤdenden Freiheitsgefühl für Deutſchland befeelt. Dar 
er ergrif aub ihn wig Taufende feiner Brüder und 
ipn um fo mehr, die allgemeine Noth des Vaterlands 
und als das ſcwache Deutſchland, zerfiüdelt in fi 
ſelbſt fon, von den franzöffben Heeren uͤberſchwemmß 
worden war, ald Preußens edler onig 1812 den Net 
tungdruf an die freiwilligen greiheitöfämpfer ertönem 
ließ und Alles ihm und feinen Fahnen folgte: da fedlte 
auch unfer M. nicht in den ernften Reihen der, Tod oder 
Sreibeit erwartenden Kämpfer und er trat trog feines 
8 — noch vor Beendigung ſeiner forſtwiſſen⸗ 
m tliden Studien — irren wir nicht — zu den fdles 
hen Hufaren. Diefe Aufopferung für dad Vaterland 
war von feiner Seite um fo größer, ald ibn fein von 
der ungünftig für ibn geftimmten Natur für die Erden. 


reife zugetbeilted koͤrperliches Gebrehen davon auße 


zuiplienen ſchien, welches fid denn auch durd die 
gungen während feiner Dienftzeit bedeutend im 
- feinen Solgen verſchlimmerte; und oft fagte der biedere 
Mann noch fpdter fherzvoll: „Preußen bat in dieſem 
unglüdlien Krieg Ungeheures aufgeboten und geleifter, 
aber ih habe mehr gethan als Alle: denn ich habe mi 

laͤcherlich gemacht und bin Hufar geworden.“ Auch ga 

ed troß der blutig Drängenden Zeit, wo nur der Mann, 


fein Herz; und Arm bätten gelten folen — wie überall. 


Unfraut unter den Waizen — auch hier einige Widhte, 
- welde den- von der Natur vernachläffigten Mann- vers 
fpotteten und Diefer ſich gezwungen ß ‚ feine Ehre 


aub als Mann von Ehre zu vertheidigen. Nach Beene 


Digung des Kriegs tras M. wieder aus dem Militär 


Frhr. v. Maltitz. 17. 


dienſte, zu mweldem ihn nur dad Gerühl für beutfche 
Sreipeit gerufen barte. Er kehrte zur Tägerei zurld, 
gs im beiligen Eichenſchatten den rinas durch das 
eltall fchwebenden glübenden Lebenäbauc Der Poeſſe 
mit noch glühenderer Seele ein und (cin zum Hübnen 
und Romantiſchen fib neigender Geilt fchuf fib Das 
odnedin poetiſche Waidwerk zu einer wundervollen Phan— 
tafienmwelt. Eine übertragene Sorfttaration entjweite ihn 
mit feinen Vorgeſetzten und er beging nun Die Unbes 
ei auf zwei Dderfelben, allgemein geadhtete 
orfimänner, eine zwar mwißige, aber ungerechte Satyre . 
ohne Beifügung feines Namens druden zu laflen und 
ſich dadurd die Ausſichten auf Beförderung zu verküm⸗ 
mern. Er verließ nun dad Forſtfach und madte eine 
Reiſe nah Stalin. Man dat fih von verfdiedenen 
Geiten bemüht, M. wie fo Dieled, au diefe Reife 
abzuleugnen und auf Rechnung feiner lebhaften Phantafie 
zu fegen und es ift ibm nicht nur von mehreren Seiten 
abgefprodhen worden, jemals in dem Innern Staliend 
und am allerwenigften in Neapel (wo er doch die Bes 
kanntſchaft des durch feine „Maleriſche Are im an 
mer“ bekannten Endlen gemacht hatte) geweſen zu fein, 
ja er fünne nicht einmal Venedig gefeben haben, da, er 
nicht wiſſe, mo der DBenetianifhe Löwe ſtede. M. aber 
befümmerte ſich nicht um folde Oertlichkeitskraͤmerei, er 
faßte nur die große Natur mit al’ ihren -angebornen 
Schoͤnheiten in feiner großen Seele auf und oft mußte 
er von all’ den Kleinigkeiten , Die dad Buch ded Mode, 
reiſenden füllen, auch nit eine Sylbe zu erzählen und 
biernach erſchien ed den Fleinen Kudkaftenfreunden, als 
fei er gar nicht dort geweſen. Aber dad Ganze baute 
- fi® in ibm, lag fo deutlich vor feinen Blicken, ſprach 
mit fo lebhaften Sarben und Tönen aus feiner Seele, 
daß der Mann von Gefühl und Poefie geiltig Arm in 
Arm mit M. die Sluren durdwanderte, deren Schönheit 
er jetzt mit einem Bli zu umfaflen glaubte, obgleich 
fein fterblihed Auge dieſe noch nie erreicht hatte. So 
mar, fo reiſte, f&ilderte und lebte M. Später wählte 
er zu feinem Wufenthaltdorte Berlin, wo er Tängere 
Jahre lebte, aber ewig unzufrieden mit dem Geifte des 
Dortigen Lebens. Sragten ihn nun feine Umgebungen, 
meöhalb er denn Berlin nicht verlaffe, da es idm fo 
ſehr mißfalle, dann ermwiederte er lawend: „Weil ich 
außerhalb Berlin_nichtd mebr zu räfonniren babe." — 
- Bier fhrieb er feinen pramatiihen Derfuh „der alte. 


. 





’ 


618 Erhr. v: Malitz. 


Student,“ wurde aber für hie unverbällt darin aus 
gefpromene Wahrbeit beftig angefochten und zuletzt aus 
erlin und feinem Vaterlande verbannt, deſſen Marks 
Reine er dann nie wieder überfaritten bat. Bon bier 
gina der tief gefränkte Dann nun nad Hamburg, wo⸗ 
in ihn tbeild der Name der freien Stadt, tbeild fein 
Derleger Campe z09 und wo er einige Zelt den „nordi: 
den Kourir" berausgab, Über aud von dort trieb ibn- 
ein unrubiger Geil: der Ausbruch ber Tulirevolution 
erregte auſs Höchite feine Phantafie und er wendete fi 
Ende 1830 nah Parid. Aber Dort gefiel ed ibm durdaus 
nit, denn er war der Eprade nicht mädtig und — 
Sprechen war einmal fein Dauptvergnügen. Mit den 
deuiſchen Gelebrien in Parid war er nit umgegangen. 
Deine batte er (dom in Berlin Fennen lernen, liebte ibn 
er wit und ließ ibm felbit ald Dichter nicht Gerech⸗ 
tigkeit in dem Maaſe widerfabren, mie er ed verdient, 
* Börne *) ſchaͤtzte er mehr, weil, wie er fagte, Diefer ein 
Mann von Charakter fei, obwohl er nidt deffen Anfich- 
ten theile.. Don Parid fam M. i. 7. 1832 (1831) nad 
Dresden. Hier lebte er nun unbefümmert darum, was 
man von ibm ſelbſt Dachte und ſprach und obne irgend 
wen deshalb zu baflen, ſchlicht und ſtil und ſuchte zu 
wigßen, wo er wußte und konnte. Einen boden ze 
Batte in feinen Phantafien und feinem Herzen das Giä 
der Ede, aber er wußte auch, idr wahres Gläd mar für 
ibn unerreihbar. — „Ich weiß recht wohl,” fagte er, 
„meine Geftals if nit für ein Mädchen, mein Vermoͤ⸗ 
gen nicht groß genug, um zu zieben und dad Weib, wel⸗ 
dDes mich nimm, will nidt den Mann, fondern dem 
ı Baron ; Diefer aber kann fi ſelbſt wohl ernähren, einer 
Grau Baronin Aufwand aber nie beſtreiten. Alſo — 
nun, es iſt ſo auch gut und wird ja — — Das 
geben war ibm lieb, A ſehr er au die Welt in Stun. 
den ded Unmuths tadelte, fein fo ſeht gemüthliched in» 
nered Weſen verloͤſchte doch alle grauen Bilder 
wieder und er ſah dann die Welt außer ſich, eben ſo 
poetiſch, ald die, welche ſich in feinem Innern geſtaltet 
datte. Schon im Herbfi 1836 begann v. M. an einem 
Darinäcigen Stmerzboibelbkel zu Eränfeln, wurde jedoch 
durch feinen Arzt, Dr. Aumer **) und den Prof. Pech 
nach langen Leiden wieder bergeftellt, erkrankte aber 


°%) Deifen Biogr. ſ. in dieſem Jahrg. d. Relr.. S. 220. 
—— — — gi re = unterm 50. Juni. 











Behr. v. Malie, 6io 


bdald wieder von neuem nnd erlag nach einem achtnaͤgi⸗ 
eber. Kurz vor feiner 


en Krankenlager einem neroöfen 
‚legten Krankheit hatte er ein Eleined Luffpiel: „Tauſch 
und Taͤuſchung“ vollendet, die Ausfährung einer größern 
dramatiſchen Arbeit — „Ulrib von Huiten“ — batte 
er bid zu feiner völligen Genefung verſchoben. Beine 
Hüue wurde am 10. Juni frib 8 Ubr, mie er es ge⸗ 
wünfcht, ohne Begleitung eines Beiftliden und unter 
Begleitung einiger feiner Freunde zur Erde beftattet, 
aber Mander fvlgte im Zuge, der ibm nidt $reund, 
a, der ibm Gegner geweſen war. An feinem Grabe 


prach der Novellift von Wachdmann einige Worte über. - 


das Leben des Entihlafenen und die Grundzäge feines 
Sharafterd. Mebr batıe der Gelige nit gewolt: eine 
fach und prunklod wollte er zur Erde beſtattet feinz 
Sreunde, Die. er ſich durd feine Handlungsweiſe erwor⸗ 
ben, folten feinem Sarge folgen und fo ift wenigkens 
- zum Theil fein befheidener Wunſch erfüllt, zum Theil 
auch überboten worden, denn auch Srauen und jungs 
frauen böherer Bildung batten fib an feiner lenten 
Rupeftätte —— und bezeugten dadurch, wie ſehr 
der gewiß von 


ehrung aller Edeln verdient hatte. em Grab» 


Auf feine 
bägel erbebt. is ein liter Granitblock, in deſſen Würfel 
ana 


die doͤoſt ei e aber M. fo bezeichnende Grabſchrift: 
kicht war fein Geiſt⸗ 

Kraft wer fein Wort 

Und feine That war Liebe! 


eingehauen ik. Der wärdige Dichtergreis Tiedge, wedl 
des Verftorbenen waͤrmſter Freund, bat ihm dies Denfe 
mal errichten laflen. — v. M. war von mittler Grüße, 
blond und bfaffen geiftreihen Geſichts, das einen ernſten 
maͤnnlichen Außdrud hatte. Wenn er fprach, hatten: feine 

üge etwad ungemein Bewegliches iegelten, jede 


e 
einer Empfindungen wieder — was a feiner Des - 


tlomationdgabe ungemein zu Ratten Fam — und «6 je 
Momente, wo man die Geſammtheit derfelben batte 
ſchoͤn nennen koͤnnen. Die Stimme mar kiangvoll und. 
angenehm. Sein Körper war diefen Barzügen nicht an⸗ 
gemeſſen; man konnte ihn nicht eben mißgeſtaltet nennen, 
od war er allerdings etwas verwachſen, was jedoch 
einer Erfcheinung keinen beſondern Eintrag that oder 
fe auffallend gemacht bätte. Im Anzuge war er einfach 


und kleidete Ach. mehr nad. Bequenlichkeit, ald nad ber. 


ielen ſchmerzlich Beweinte die Der 


620 ' Irhr. v. Maltitz. 
Diode. Die ſcharf eingegrabenen Grundzüge ſeines Cha; 
FE waren eine unbefteblide Redlichkeit, firenge 
Br ein gluͤhend loderndes Gefühl für ver 
nünftige Breigelt und ein Herz; — der ganzen Menfcpbeit 
eöffnes! Mit diefen Diamanten batte er dad ibn um— 
Bülense Gewand einer unendlid non Phantafie bes 

er 


in die Sprade der trodnen Proſa — Dies 
e 


agt auh Wachsmann von ibm, „fo war ed M. Er 
datte eine unglaublid rege bantafie, einen Sinn für 
bI für Recht und Unrecht und- 

ein weiches Gemäsb erhalten. Nur ſelten kann ſich ein 


\ 


Frhr. v. Moltig. ‚62 


, von mathematifchen und Natarwiſſenſchaften ſo 
se es Yo —* di A ne Kalte 4 
wohl roͤmiſche, als griechiſche, e er nu weiße 
in Ueberfegungen und no da nur luͤckenhaft gelefen, 


fi aber nichtd Davon zu eigen gemacht) mit ibneh -vern 


eint gewefen, fo würde M. immer der ausgezeichnetſte 
Dichter feiner Zeit gemefen fein.“ — Was v. M. als 
Scqriftſteller betrifft, fo dürfte ihn v. Wachsmann wohl 
richtig befirtheilt haben, wenn er fagt: M. babe vorzäg« 
lich als Lyriker ein entfchiedened Talent, ja, unbedings 
tes Genie bewieſen, wovon mir. ald den beften Zeugen 
feine „Polonia” obenan ftellen. Und eine gleich reihe 
und mächtige Phantafle und eine groß und edel fühlende 
Seele voll des wärmftien Gefühl für Menſchenwerth 
und Menfcdenrecht finden wir unter Andern dann noch 
vorzüglich in folgenden: „Rede an den deutfchen Adel,“ 
„Rede an dad Volk,“ „der Senfenmann von Oſtro⸗ 
lenka,“ „der bleiche Fremdling,“ „die Teufeldfonate” 
und „der Weihnachtsbaum.“ Wie fhön, wie berrlich, 


wie groß, Eindlih iA M. bier und damit feine „Som. 


nenblide “ vereint, fönnen wir nit umbin unfere Ges 
fühle zu der innigften und märmften Sodedtung- für 
den unübertreffliden Menſchen zu fteigern und und filE 
vor feiner Herzend» und Gefuͤhlsgroͤße zu neigen. Bei 
Oelegenbeit der. „Sonnenblide” — wohl nit mit Une 
recht eine Kortfegung der Witſchelſchen Morgens und 
Abendandachten genannt — fagt W. wieder: Diele, die 
M. und feine Anfihten naͤder gefannt bätten, würden 
fid kaum denfen können, daß diefer Mann jemald wahr⸗ 
daft in einer folden Stimmung geweſen fein könne, 
Gedichte diefer Art zu fchreiben und M. babe felbit ges» 
fagt, fie während einer längern Kraͤnklichkeit geſchrieben 
zu haben. Dies it allerdingd der Fall, aber mehr ober, 
minder kraͤnklich war M. fortwährend und Dies im hoͤ— 
berenn Grade gefleigert, konnte aber keinegwegs einen 
folden Einfluß auf den innern Menſchen dußern, daß er 
Gedanken erfaßt und niedergefhticben bätte, bie ibn 


- font fremd geweſen wären, wie Dies leicht aus folder 


aber ewig derſe 


tig bingemorfenen Bemerfung W.’5 bervorgeben 
dnnte. Ein Mann wie M. blieb ſich ſtets ſelbſt getreu, 
wenn er auch gleich zuweilen in feinen politiiden Mei— 
nungen ee ee zu fein ſchien. Der Grund blieb. 
be, wabt und beil und der obere Spie⸗ 

gel warf nur die und da Blafen, die man nicht zu dem 
beilen Perlen zählen durfte, die aus ber Tiere fliegen... 


- 
— — — 


unſer ganzer Glaude 


Br | | 


Died war daupefͤchitch wohl nur biafichtikch Preußens 
der Fall, das er unendlich liebte, von dem er aber ver⸗ 
danni worden war und das ibn Dadurch zu mancher 
ſaarſen Beurtheilung zwang. Anderſeits aber ſuchte er 
wieder aus angeborner Liebe fein Vaterland zu vertbeis 
digen und bier war ed, wo er ſich dam wohl zuweilen 


fi 
ei: Empfindung bätte zweifelhaft, in dem Eleinften 
edanten hätte wankend werden können und fein Blaube 


von. beinabe allen kirchlichen Otaubendfermen und Glau⸗ 
benöbetennmiffen abwich, fol von und nit geläugnet 

werden. M. hatte feinem Gottglauben aus 
wie er ibn in Ach felbr gefunden bare. „Ich kann“ 
ante M. eink zu und, aid wir über Gott und Die Bött- 
—Wa im menſchlichen Weſen ſprachen, „id kann die 
Sroͤße dieſes unendlichen Weſens nicht getyeilt Denken, 
kann neben feiner Größe, außer den Menſchen, Feine 
weite glauben noch denken und böher ſtedt auch der 
Iren tn meiner Achtung, der ald ſolcher gönlich hans» 
Deite, aid wenn ic ibn ald Gott erfennen foll, wo 
er darin. nicht anders bandeln konnte und edit fein 
te, obne eignes ee ee Auf Diefer 
Bnfihe war des Verſtorbenen ganzes Leben gegründet. 
Seine „Gonnenblide* And daher gewiß nur die Früchte 
feiner inuerfien Uekerzeugung und wo fie A& der oft 
von ihm widerſprocdenen menſchlihen Kitche näbern — 
weshats fie vielleicht. eben "feinen andern Anſichten wie 
derſprechen ſollen — da war ed die Poeſie, welche Fein 
f@dneres Gewand für F Bilder finden konnte, da ja 
elbr ‚fo voller Pole iR,- daß 


v 


‚ 


Er. v. Mi | 000 


eden derjenige, welcher keine Poeſte in ſeinecn Janern 
— zu leicht Han A 
überfegt und eben Dadurch dann oft auf Abwege gerärh,' 
welche nur von dem Hoͤchſten entfernen koͤnnen, anfatt 
fid wie v. M., dem großen Weltgeift immer mehr und 


mehr zu näbern. M. war aber weit entfernt, der Maſſe 


Kine Art und Weile zu glauben, aufdringen zu wollen. 
ber vorbereiten mollte er auf eine lichtere und freiere 
eit der Gedanken — und eben dad that er in feinen 
onnenbliden, die er auch ſchon desbalb nicht gänzlich 
von dem alten poetifden Gewand unferer Kirche ent: 


leiden durfte. Anderes hat, anderd mußte M. in ſei⸗ 


nen Pfefferkoͤrnern ſchildern, wo die Poefle fib gan 
rein an den Falten Verftand gebunden fab und ſche nen 
die „Briefe eines Wahnfinnigen aus dem 20. Jadrs 
bundert,“ auch — su baden, ſo wird dom. 
' au bier derjenige, weicher den Dichter finden wit, 
ihn nicht vergeblich ſuchen und auch bier die hode Mo» 
ral und Poeſie nit entbebren,, Die fih durch das ganze 
Leberi des Derkorbenen mit ewig febendigen Sarben zog, 
aber au nur für Geiler anwendbar war, deren Ara 
- au an dem ſchwindelnden Abgrund einer ewigen Nacht 
zu fieben vermochte, gehalten durch daß glaͤnzende Son; 
- nenlidt, welded auf der andern Geite der fchmalen 
und gefährlichen Trennungslinie leuchtete. Die „Pfefe 
ferkorner“ muß man überbaun mit als ein beabfichtig- 
tes und uͤberlegtes Geiſtesprodufkt anfeben., fondern k 
vielmehr als die in bald guter, bald Adler Laune nie 
dergeſchriebenen augenblidliden Gedanken eines Mans 
ned betrachten, deſſen Leben zu den verſchiedenartigſten 
Betrachtungen Stoff und Beranlaffung gab und wo er 
eben in der eigentlich thatloſen Stimmung, in welcher 
a einzelnen Säge geſchrieben wurden, Vieles Reben 
Heß, was er felbR bei einer genauern Durchſicht und 
firengern Prüfung vielleicht verworfen haben märde, 
Aber er ließ es eben, weil fie fein augenblickliches 
Selb waren, welches er nie verläugnen , fondern offen 
eben wollte, wie e6 war. Ueberall fcheint auch bier 
er rechtliche, der über Ungerechtigkeiten jeder Art 


SRenfensei@tnntung ‚und Bo einliheiten Teiht 


empdrte. Mann bindurd dort angeführten 


un ne 
Anekdoten find wohl keineswegs fo gebalt. un gefühl: 


108, als man zumeilen glaube und zeigen ebenfalld wie 
M. Aderall dad Net und die Menfchheit geachtet willen 
wothe. Als Novellin bite M. wohl nie wieh- geleider; 


25 


⸗ 


a) Ehe Maik: 
a Rede Ing feiner ei — — | 


ch 
ers gut Durgeführtes Bild Enden wir dert in 
em „Baron 0. Wegedorn.“ wie faſt alle übrigen Vers 


den beflern innern 
ald aus der Grundtiefe des seen! Derzend kommend. 
Daß M. aber eben jene erwähnten focialen Verhaͤltuiſſe 

nicht zu beachten’ vermochte, lag eben darinnen, daß er 
nie gern Ebenen und am allerwenigſten Sandwäfen und 
©teppen durchwanderte, ſondern den Blick lieber von 
der Höhe ſchweifen und nach neuen Höben reben lieh. 
Aus eben diefem Grunde machte er in jenen Gefellſchaf⸗ 
ten nicht gern den Zuhdrer, war aber und machte nicht 
erit den Unterhalter, der eben feiner böbern eikigen 
Natur halber überall gern gebört mar, wo man für das 
Beſere — noch empfaͤnglich war, wenn man ch 
auch nicht ſelbſt zu pflegen verfiand. Es war nicht Eis 
selfeit von M., Tondern ed war ibm Bedärfniß, felbR zu 
reden „um einen, fummenden, Fliegenſchwarm, der id 

furchtbar langweilte, übertönen und dad Korn, welches 


ihm verliehen war. ſeiner Mufgabe nach bie und da aus⸗ 


= 


Fehr, v. Maltitz. 6265 


wad Gutes zu leiten — und id bin fogar von ihrer 


alten Studenten aus. Die —— — 





N. Rekrolog. 15, Jahrg. 


u 


[Pr 


6 Frhr. v. Maltitz. 


war M. äberhaupt ſehr eingenommen und wie er Dich 
terifhen grauen, der Geiflifeit und den Juden (deren 
Emancipation er jedoch entbufiakifh vertbeidigte und 
sur mit den Könftler und Scrifiſteller jene Bolt 
manchmal umging) überaud abgeneigt war, fo gern be 
faud er ſich unter Schaufpielern, mwiemwohl er ſich bid- 
eilen im Allgemeinen gegen den Stand Dderfelben 
Außerte. „Die Intendanz eined Theaterd , Dad wäre ein 
lag für mich!” rief er oft wir Enthuſiasmus; er hätte 
eine folche Stelle, felbit die eined Dramaturgen obne 
den geringen Bebalt gern übernommen. Die Zufam: 
wentragung einer Geſchichte der Maltigfhen Samilie, 
womit er ſich mebrere Jahre bindurd beihäftigt hatte, 
ab Veranlaſſung zu einer falſchen Beurtbeilung feiner 
fee: man wollte darin einen Beweis des wirklichen: 
ordandenſeins feiner fo oft geleugneten eriftofratifchen 
Anfihten finden. Hätte man aber nur die Vorrede zu 
diefen Werfen gelefen, fo würde man gewiß anderer 
Meinung geworden fein, denn in ihr fagt M.: daß er 
ed, adelib oder bürgerlid, für fähllos dalte, rudig 
an den Grabfteinen feiner Boreltern voruber zu geben. 
Auch Wachsmann bekennt fi zu jener Anfiht, geftebt 
jedod ein: „M. fei nit Arikofrat im Arengen Sinne 
weſen, babe aber von Demokratie eben fo wenig und 
“ Republik gar nichts wiſſen wollen, aber wohl von 
er Nuͤdlichkeit eines ſtarken Adels, der ſich aber al⸗ 
Nlerdings edel zeigen ſolle.“ Aus ſeiner „Rede an den 
deutſchen Adel” ſcheint freilich eine ſolche Anſicht nie 
dervor zu geben, war er aber Ariftofrat, fo war er es 
im edelften Sinn und denn fällt ja Ariftofratie und Li— 
beraliäömud ganz zufammen. Aber, au) feinen Lideralid« 
mus dat man zu verdaͤchtigen gef. Wahdmann vers 
Ki. ibn aber in bdiefer eh cht treffend, indem er 







gt: „Wenn in den „„ Anfichten aus der Kavalierper- 
ktive“⸗ einem vor obngetähr a erpcbienenen 
uche, bei Gelegendeit des ſchoöͤnen Maltigiben Ge- 
ts; m, Abnenträmmer, “" zu verſtehen gegeben wird, 
‚der Liberaliomus des Dibterd hänge mit deflen wißlie 
den Dermögendumftänden zufammen, fo if dies nur ein 
Beweis, dah der Vertafler ibn gar nicht kannte. v. M. 
datte Be und feine Bedärfniffe waren fo gering, 
Daß, wenn er nicht fo mohlthätig geweſen und ſelbſt 
Leute, die es nicht um ihn verdient, unterküßt hätte, 
er dad erfiere vermehrt haben würde. Hätte fein Libe⸗ 
talidmus einen Urfarung gebabt, wie fi folder in den 


7 


Frhr. v. Maltig. | j 627 


legten Zabren bei Leuten, die den Verftorbenen zu ihrer 
Martei rechneten, deutlich offenbarte, ja, bätte er den 
Bekehrten gefpielt. und eine andere Karbe angenommen, 


gm weder 2 noch mander Andere feiner zablreihen ' 
e 


reunde bätte ferner mad von ibm willen wollen, Daß 
Leute von ganz entgegengefegten Anfichten ihn ehrten, 
iR even ein Bemeid, daß er ein Ehrenmann war. — 
Außer den genannten Schriften erſchienen no von ihm: 
Mängel und Wanderftab, ‚oder Reifen nah Gefühl und 
Laune: 2 Bände. Berlin 1821 — 1823. — Humoriſtiſche 
Raupen oder Späßden fuͤr Sorftimänner und Jäger. 
2. Aufl. Edendaf. 1822. — Bier glüdlibe Jahre auf 
- Reifen 3. aufaeerung u. Nachahmung befchrieben. Ebd. 
18233. — Sr. v. Schiller6 Briefe an v. Dalberg u. Des 
metrius. Herausg. ıc. Karlsruhe 1823. (Auch unter dem 
.Zitel: Schiller fämmtlide Werke 88 Suppt. Bd.) — 
Streifjäge Durch d. Felder d. Satyre u. Romantik. Ebd. 

. 4824. — Maler. Anlichten verſch. Gegenden und Merk 


würdigfeiten a. e. Reife Durch Defterreih, Steiermark, 


Tprol, d. Schweiz, Ober; ü. Unteritalien, nad d. Nas 
tur aufgenommen u. a. Stein gez. v. J. Schoppe und 
- ®. Grobius. Mit natur sromant. —— begl. von 
G. A. v. Maltitz 1. Lief. Ebend. — Gelaſius, d. graue 
Wanderer im 19. Jahrh⸗ — unferer Zeit 
18 Bochn. Lozg. 1826. — Hand Kir Reife ins Pomeranzens 
land. Eın Gedicht in 6 Gefängen. Berl. 1827. —, Hits 
morift. + fatyr. Plänferbiebe in d. Revieren unf. Forſtzeit. 
8. umgearb. u, bedeut. vermehrte Aufl. (von deſſ. „Hu⸗ 
morift. Raupen“ und Briefmecfel a. d. Narrenpaufe. 
Ebd, 1898. — Der Dichter u, d. Ueberfeger. Schauſpiel. 
Ebend. 1829. — Rede an d, deut. Dichter u. Schriftfieller 
jegiger Zeit. 2. U. Hamb. 1831. — Rede an mein deut. 


\ 


Bol. 1. u. 2. Aufl. Ebd. 1831. — Rede and, deutfchen " 


Wehrſtand jegiger Zeit. 1—3. Aufl. Ebendaſ. 1831. — 
Dolfeftimmen an die Zeit. 1. u. 2. Aufl. Ebd, 1831, — 
Ein berzlibed Wort 5. Herzen Deutfcher Fürften. Ebend, 
41831. — Biogr. ausgeſeichneter Komponiften, Virtuo⸗ 
fen x. 3 Hft. Ebd. 1831. — Un Deutfchlands Fürften, 
Adel, Wehrftand, Schriftſteller u, Volk. 5 Reden, N, 
wohlf. Ausg, Ebend, 1852. — Balladen und Romanzen. 
Parid 1832. — Jahresfrüchte d. ernften u. beitern Muſe. 
2 Span. Zpıg. 1834 —35. 


40* 


’ 628 


- 


* 208. Dr. Johann Gottlob Beder, 
praktiſcher Arzt zu Leipzig; 
geb. den 19. December 1757, geſt. den 9. Juni 1837. 


Er war der Sohn eines Sleifpermeilters zu Brebna 
obnmeit Leipzig und erlernte nad feiner Konfirmation 
(1772) in Zeipjig die Barbier » und Wundarzneikunft, 
fonditionirte mach überftandener Lehrzeit (feit dem 4. 
uni 1779) bei feinem Xebrberrn mehrere mn sD 
trat im Jahr 1777 in kurfürſtlich ſaͤchſiſche Militärdienfte 
ald mwirklider Seldfheer ein. Er wurde nun einige Mal 
nad Dresden in das Ganitätöfollegium Fonmandirt, 
machte die Kampagne des baieriſchen Erbfolgefriegö mit, 
erbielt im Jabhr 1733 den nachgeſuchten ebrenvollen Ab— 
ſchied und ließ fih nun in Zeipjig, mo er fib am 20. 
Aug. 1734 mir einer gebornen Steinert verbeiratbet hatte, 
als Chirurg nieder. Nah befiandenem Eramen erbielt 
er den 20. September 15815 in Erfurt Die Würbe eines 
Doftord der Medicin und übte nun neben Der Wund⸗ 
arjneitunft auch Die medicinifche Praxis aus, DB 

z r. 


209. Dr. Johann Zriedri Philipp Engelhart, 
Profefſſor der Chemie an des Polytechniſchen⸗ und an der Kreids 
landwirthſchafts⸗ und Gewerböfhule in Nürnberg; 
geb. den 16. Bebr. 197 in dem Pfarrborfe Wildenftein bei Crails⸗ 
beim (Mürtemberg), gell. den 9. Juni 1837 *). 


Sein Vater, ein Eenntnißreiher Landgeiſtlicher, jetzt 
farrer in Bad, Zandgeridrd Nürnberg, war nicht nur 
in Erzieber, fondern au bis IR tens 413. £ebentjahre 

ein alleiniger Lehrer, der ihn in den a ebrpeaenRanben 
. ber lateiniiden Schule, zur Vorbereitung für das Gym⸗ 
naſium und in den neuen Sprachen unterridtete. Schon 
in dem Knaben zeigte ſich ein ernfier Sinn und ein in» 
nerer, mit. beharrlihem Fleiße verbundener Trieb zum 
Studium der Naturwiſſenſchaft. Nachdem er ein Jahr 
lang dad ehemald in Nürnberg beflandene Realinſtitut 
deſücht Hatte, trat er in eine angefebene Material» und 
Drogueriewaarenhandlung in Nürnberg, in welcher er 
Zayr als Lehrling und eben fo lange ald Kommis zur voll⸗ 





“Rad der Bei 
techn Sehranfalt gu Srhemberg pro Di im Jedresberit Der 





| Engelhart. 629 


ſten Zufrledenheit —* Principals ſtand und ſich ald Mia 
gazinier, der die Empfangnabme, —— und Ver⸗ 
packung der Waaren zu beforgen hatte, ſehr grändliche 
und umfafende SKenntniffe in dem großen Gebiete des ' 
Material » und Drogueriemaarenfahes, namentlich in 
allen Gattungen und Qualitäten von Robftoffen und in 
der chemischen Produftenfunde, erwarb, fo dab er, als 
einer Der ausgezeichnetſten Waarenfenner in Nürnberg 
allgemein galt, Doch die Waarenfunde gemügte ihm nicht; 
fein forſchender Geift trieb ibn an, in Die Beſchaffenheit der 
Produkte und Robftorfe tiefer einjudringen und ihre des - 
miſche Verarbeitung Eennen zu lernen, Er führte daher 
ben icon frübzeirig gefaßten Vorſatz aus, die Univerfi 
tät Erlangen zu beziehen und ſich dem. Gtubium ber 
Naturwiſſenſchaäft ganz zu widmen. Während feines 
Aufenthalts in Nürnberg batte er ficb immer an Tüngs 
linge und Männer wiſſenſchaftlichen Sinned und Stre— 
bens angefchlojlen, feine Erfparniffe zum Ankauf wiſſen— 
ſchaftlicher Werfe und [eine sreiftunden gu deren Gtus 
dium verwendet, jo dab er gut vorbereitet bie wiſſen- 
fbaftlihe Laufbahn betreten könnte. Nach einem zmeis 
jährigen Aufenthalt in Erlangen wurde €. durch feinen 
Freund und Lehrer Kaftner, dem Inhaber einer bedeu— 
tenden chemiſchen Sabrif, als Hauslehrer deffen Gobnes, 
-vorzüglid zum Unterridt in der Phyſik und Ebemie, 
empfoblen. Er nabm die Stelle an und nah Verfluß 
' eines Tahred begleitete er feinen Zögling auf die Unis 
verfität in Göttingen (1823), wo er auf Kaftner’d Empfeh⸗ 
lung bei Profejfor Stromener wohlwollende Aufnahme 
fand, fpäterbin deſſen Affittent wurde und bier dürch 
feine Verſuche über dad Särbende im Blute, melde er 
in einer gedrudten Abhandlung: „de vera materiae san- 
uini purpureum colorem impertientis natura.‘ (Göttins 
gen 1825) darlegte, den erften Preis bei der medicini- 
den Fakultaͤt (die große goldne Medaille) gewann. 
Durch dieſe Preisfcrift zog er die Aufmerkfamkeit der 
£önigl. baierifhen Staatöregierung fowohl, ald ded Mas 
giftratd der Stadt Nürnberg, auf fib. Er wurde mit 
Stipendien aus der Staatdkaffe und aud den ſtaͤdtiſchen' 
Sonde in Nürnberg unterKägt und zugleich erkannte der, 
Magiftrat in ihm den’ rechten Mann fhr einen Lehrſtuhl 
Der Phoſik und Chemie, den derfelbe an den technifchen , 
Lehranſtalten Nürnberg zu errichten beſchloſſen hatte, 
nachdem der König fogleih nach der Thronbefteigung 
sur felbigen Zeis die erforderlihen Mittel zur Dervol, 


. 
L 


630 ER Engelhart. 

ſtaͤndigung dieſer Anftatten bewilligt hatte. Die philo⸗ 
ſophiſche Fakultaͤt der Univerſitaͤt Erlangen ertheilte ibn 
auf Kaftner’d Antrag die Würde eines Doktors der Phi⸗ 
fofopdie (3. Noveinber 1825) „propter sagacitatem atque 
experientiam in chemica et theoretica et practica, quam_ 
specimina hactenus ad ipse edita redolent.“ Im Herb 
1825 begab ſich E. nad Münden, mo er, unter der Leis 
tung des Hofraths Vogel, in dem_chemifchen Laborato⸗ 
rium der Fönigi. Akademie der Wiſſenſchaften ſecss Mo⸗ 
nate ſebt thaͤtig und nuͤtzlich arbeitete. Durch die ihm 
in Nürnberg eröffneten Ausſichten ermutbigt, ging er in 
dem Darauf folgenden 38 (1826) nad Stockholm, 
woſelbſt er von Berzelius ſehr wohlwollend aufgenom⸗ 
men und von demſelben, während feines funfzehnmonat- 
liben Aufenthaltd in Stodpolm, als Affittent verwendet 
wurde. Auch diefed großen Chemikerd Freundſchaft mußte 
€. in hodem Grade zu gewinnen und zu erbalten. Die 
Verbindung zwiſchen ihnen wurde durch beftändigen 
Briefmechfel a und noch wenige Wochen vor feis 
nem Tode wurde der fterbende Blick des dankbaren Schlis 
lerd Dur einen Brief des Lehrers und Sreundes erbeis 
tert. In der Mitte des Jahrs 1827 ging E. über Dä- 
nemarf und Die Niederlande nah Paris und gelangte 
dort bald zur vertrauten Bekanntfchaft mit den beruͤhm⸗ 
ten Chemitern Dumas und D’Arcer. Legterer machte 
ibm fogar, unter fehr vortheilbaften Bedingungen, den 
Antrag, deffen Sodn auf einer von der franzöfifchen 
Gteatöregierung: angeordneten wiſſenſchaftlichen Reiſe 
na Egypten zu begleiten, -waß jedoch E., wegen der 
ipm in Närnberg eröffneten Ausfichten, ablehnte. Durch 
meitere Unterfüßung ded Magiftratd uMd der Gefellfchaft 
zur Beförderung vaterländifer Induſtrie in Nürnberg 
wurde ©. in den Stand gefegt, feinen Aufenthalt im 
Paris bis in den April 1829 zu verlängern, zu —“ 
er mit einem reihen Sqatze von Kenntniffen und Eriahe 
rungen nad Närnberg zurüdfebrte, um die ibm verlie⸗ 
bene Lehrſtelle der Dopfit und Chemie an der polytech⸗ 


niſchen Säule dafelbft anzutreten, nachdem er einen an 


die Hochſchule Bafak erhaltenen nicht minder vortbeils 
baften und ehrenvollen Ruf abgelehnt hatte. Sein Wire 
fen ander neuen, eined hemifchen Laboratoriums ermane 
geinden Anſtalt war anfangs um fo ſqwieriger, als er 
noch feine gehörig vorbereiteten Schüler fand, aber um 
fo einflußreicher, als feine Vorlefungen in den erken 
Jadren von einem großen Theil der nad) höberer Aus 


1 


% 


Engelbart. 631 


bifdung firebenden jüngern Shullehrer und andern 
Sreunden Der Naturwiſſenfchaft mit anhaltendem Fleiße 


perbreitet wurden. Sein Vortrag mer einfach, ſamut,. 
Voß, logiſch, zweckgemaͤß und ganz geeignet, Liebe und 
Eifer für die Willenfbaft zu weden und zu nähren, 
Pünktlich und gemwiflenbaft, ließ er fid durd nichts ab, 
balten, feinen £ebrberuf unausgefeßt treu zu erfüllen, 
Sorgfältig bemante er das Detragen feiner Schüler in 
und aufer der Schule, behandelte mit Auszeichnung den 
ißen ermunterte den Tragen, unterjtüßte tbdtig den 
lofen. Bereitwillig entgegenkommend ertheilte er 


Kunſt und Willenfchaft, auf Geneinnügigfent gerichtet, 
Er war es, der aus Schweden das Modell eines fehr 


feine Deranlaflung wurden viele hunderte diefer durch 
Erfahrung bewährten Defen zu Nürnberg bergefellt, wo⸗ 
durch doppelt fo viele Slafter Holz jaͤhrlich erfpart wers 
den. Die sunebmende Theuerung Der Brennmaterialien 
machte ibn um die Zukunft, befonders in induftrieller 


ſchen Verhaͤltniſſe des Terraͤns, das er durchwañderte 
und kehrte nie obne irgend eine Ausbeute feiner For 


| 535 brachte, vorzüi lich be 
(bäftigt. Sein auf dem zitel al8 Mitüberfeger ges 
nannte Sreund, der Ber meifter Aler in Lauchhaͤmmer, 
konnte feines Berufs, als Direktor der ardflich Einſie 





632 —Keyßner. 

deſeſchen Eiſenwerke, wegen nur wenig Theil an dieſer 
ae 240 nt umfaflenden Urbeit nehmen. 
Auch lieferte er intereflante Beiträge zu Kaſtner's Archiv - 
für die gefammte Naturlehre. Kürz vor feinem Tode 
vourde ibm durch den Naturforſcher Hermann von Mayer 
in Frankfurt a. M. ein Denkmal in der Wiſſenſchaft ges 
fegt,, indens derfelbe ein fehr intereflanted unbeftimmtes 
Reptil nad ibm Plateosaurus Engelharti benannte. Zafk 
koͤnnte man dem DBerkorbenen den Vorwurf machen, daß 
er ſich zu ſehr angeftrengt, ſich faſt gar keine gefellfchaft« 
liche Erholung gegönnt und feiner Körperfraft, melde 
er durch den Gebrauch von Flußbaͤdern bis in den Spaͤt⸗ 
berbſt binein und durch -Sußreifen zu ſtaͤhlen ſuchte, zu 
viel zugemutber habe. In den legten zwei Jahren litt 
er an afbmatiihen Beichwerden, glaubte aber folde 
durch kalie Bäder befeitigt zu baben; fein krankhaftes 
Ausſehen ließ jedoch nichts Gutes ahnen. Dennod ars 
beitete er in und außer der Schule mit: gemohntem uns. 
abläßlichen Fleiß und erft ald die im Srübjabr 1837 herrs 
ſchende Grippe auch ihn befallen und fein Unwohlfein 
in bobem Grade vermehrt hatte, ftellte er feine Lehrvor⸗ 
träge an den Schulen ein. Nach einem vierwoͤchentlichen 
Krankenlager entfhlief er in den Armen feiner Gattin, 
mit Hinterlaffung einer Tochter. 


* 210. Theodor Gottlieb ‚Carl Keyßner, 


herzogl. fächf. meiningifcher Kirchenrath, Landfehuleninfpektor und 
Inhaber bed dem herzogl. ſaͤchſ. Erneflinifhen Hausorden affiliirt 
BVerdienfttreuzed zu Meiningen; a 
geb. den 4. März 1757, geft. den 9. Juni 1887. 


Sein Vater, Joh. Nikolaus Keyßner, war berzogl. 
Kammermuſikus in Meiningen, die Mutter, Anna Mars 
garetha, eine Xochter des Lieutenant Hartung aus Arn⸗ 

ade und unfer K. von zwei Söhnen und einer Toch⸗ 
ter dad jüngfte Kind. Der Bater farb, als Der. 
Sohn erft 18 Wochen alt war, die Mutter, ald er im 
47. Sabre ftand. Der haͤuslichen Erziehung unterzog fich 
die. Mutter auch bei ſehr beſchraͤnkten Hülfsmitteln auf 
das lorofältigne. K. beſuchte die Elementarfhule und 
das m einer Vaterſtadt unter Hopf, Volkhart, 
Scharfenberg und Emmrich, um fi auf das Studiums 
der Theologie vorzubereiten und zeichnete ſich durch vor⸗ 
zuͤglige Talente, raftlofen Fleiß und ein mufterhaft ſitt⸗ 
liches Berragen aus. Im Tabs 1774 bezog er die Uni- 


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Ulrich feine vorzüglichiten. febrer Waren, Yus Danger 
ren wieder und begab fi im März 1777 als Hau 


er zu dem Herr von Snobelödorf. in Wirtenomw bei 


Goldin in Der Reumarf, In Diefem Haufe lernte er 
mebdrere fehr enegegeichnere Verfonen Fennen, Namentlicy 


Sriedrich, den Toßen, den Damaligen Stronprinzen und ‘ 


nadberigen König Friedrich Wilhelm II,, den General 
Öllendorf, den Örafen Kottum u. 4. Na Tau 
eined Tabrg bertaufchte er diefe Stelle mir nice 

außfedrers hei dem Herrn von 5 Qapel in Naubin be 


Dierauf reifte er nad Leipzi wräf und Örte Dafelbft 
. Ve n orus | | 


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em berühmten und elbefgpäftigten Sg bei deffen 
Mannichfaltigen Arbeiten dur Anfertigung von Kolleg: 
taneen, Ercerpten, Kegiftern, namentli zur Herausgabe 
des Aeſchyſus, ſo mie durch Korrekturen fuͤr die Tenais 
e Fiteratur eitung, sur Hand, Veberbaupt aber fand 
er in dem büßifchen Haus einen Sreig AuSgefuchter 
gebilderer Bekannte, welche wiffenf&aftlicye Unterbal; 
tung piebten und in deren Gefellfapaft er ſich überaug 

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in d, ded Gebeimenrarhg yon Do» 
op, Wo er dier feiner glucklichſten Jabre veriebte Waͤh⸗ 
te 


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Rekahn, um Die dafigen Erziehungs. und Unterrichtgan, 
mar 


dorf, Erome, Dlivier und Dudrier fennen, Der erftere 
war Direktor und die Anftalt NE K. zu freudiger Bes 


⸗ 


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berfität Jena, wo Hennigs od, Srieebag Sihborn. 


⸗ 


ber ein Fabe bfieh, . 





634 Keyßner. 
wunderung bin. Aber noch mehr ergriff ihn Die ule 
iu Befaon und nahm fein ganzeb FR Anſpruch. 
ie Lehrer ſowohl als die Kinder üͤbertrafen weit feine 
Erwartung. Die wenigen Tage, welde er in dieſer 
Schule zubradte, batten ibm, wie er oft fagte, mehr 
genupt, ald eine ganze Heide theoretifder Schulfchrife 
ten; der vorzüglichite Lehrer derfelben war der doͤchſtver⸗ 
diente Kantor Brund. Bei Erledigung der Kaplan» und 
Rektorſtelle in. Sonuenberg, erbielt Sl. den Antrag und 
ekleidete dieſes eben, fo. mubvolle ald wenig einträgliche 
wi 6 Jahre lang mit raftlofem Eifer und gewiſſenhaf— 
ter Treue. — fruͤhen Morgen bis zum ſpaͤten Abend 
war er wit oͤffentlichen Schulſtunden und Privatunter: 
richt beiäftigt, weil (id damald für die Söhne der 
Henoratioren, befonderd der Kaufleute, ſonſt Feine Gele: 
enbeit dazu fand; lernbegierige und unbemittelte Sina: 
ben ließ er unentgeldlih an feinem Unterricht Tbeil neb» 
men. Die mit dem daſigen Schulamte verbundenen Ge— 
en des — Berufs machten jenes Doppelte 
mt um fo laͤſtiger für ihn, da ihm das Predigen von eber 
etwas ſchwer fiel. ——— Hinſicht aber hat er In Son⸗ 
nenberg febr viel Gutes gewirkt, beſonders bradte er 
als Lehrer der Tugend einen ganz eigenen Geiſt der Hu- 
manität und der zweckmaͤßigern Unterrichtsmethode in 
die dafige Schule. Noch in Sonnenberg (im Jahr 1787) 
verbeirathete er fid mit Katharina Maria, jüngiten bin- 
terlaffenen Toter des damaligen Adjunktus Mufäus 
daſelbſt. Diele Ede löfte der Tod fhon nad 1 Jahren 
und ein Sohn aus Liefer Berbindung folgte in einem Al⸗ 
ter von 29 Wochen feiner Mutter. Im Jahr 1790 vers 
beirathete er fi zum zweiten Mal mit Tobanna Jako» 
bine, Zochter des Hofbuhdruders ‚Hartmann zu Meiz 
ningen, in welcher Ebe ibm 2 Edhne und 2 Töchter ges 
boren wurden. "Sim Jahr 1792 verließ er die Stelle zu 
Sonnenberg und erbielt die damald durch — 
des Waiſenpfarrers und Katecheten Ernſt Julius aid 
in das Diakonat erledigte Pfarrftelle an der Waifenfirche, 
verbunden mit der Direktion und dem Hauptunterricht 
an dem Seminar für Landſchullebhrer. In diefer An- 
ſtalt befand Ab außer 8. nur noch ein Schreibe» und 
Rechenmeiſter und ein Muſiklehrer und dod wurde das 
Meiningiſche Seminar, bauptfählid durch feinen Vor⸗ 
Reber und erften Lehrer, fo berühmt, Daß deffen Zöglinge 
weit und breit, beſonders nah dem füdlihen Deutſch⸗ 
land, ja ſelbſt bis nach Rußland, au den. verſchiedenſten 


— 





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* 


Keyßner. 636 


Anfellungen, hauptſaͤchlich aber als Schul» und Privat 


lebrer, fo wie an Erziehungsinftitute, berufen wurden. ' 


Auch diente diefed Seminar vielfach zum Muſter für 
anderwärtd zu errichtende ähnliche Lehranflalten. Außer 
diefer für die meiningifhen Landſchulen und zum Theil 
für das Ausland fo erfprießliden Anftalt nahm auch no 


das Amt eined Waifenpfarrers 8.8 raftlofe Thätigkeit 


bedeutend in Anfprud. Ferner Sag ibm die Seelforge 
‘für die damals In dem Gebäude des Waifenhaufes bes 


findliben Züchtlinge 0b, desgleichen das Unterbringen- 
der Waifenfinder in anderweitige Verpflegung oder zur 
Erlernung irgend eined Dandwerfd. Dabei gab er doch 
noch öfters Privamftunden für junge Leute in der Relis 
gion und in mehreren Spraden, bereilte im Auftrage 


der damaligen herzoglichen Schulkommiſſion die Lande. 


ſchulen und verfäßte das fehr zweckmaͤßige Schulbuch 
für dad meiningifde Land; auch ‘gab er anonym einige 
Bänden katechetiſcher Geſpraͤche beraus, lieferte außers 
dem Aufiöge für Gyuthsmuihs pädagogifche ee 
und in die von Beder beraudgegebene Rationalzeitung 
der Deutſchen und ſchrieb zuleht eine kurzgefaßie mei» 


. .ningifhe Landeskunde nah dem Theilungsvertrag von- 


1826. Ein befondered ausgezeichnete Verdienſt um die 
Stadt Meiningen erwarb er ſich aber durch -bie lang» 
jährige Mitbeforgung des Armenweſens. Aber nicht blos-« 
ald Mitdirektor, fondern auch ald Pfleger dat er ſich bis 
zur fpäteften Zeit feines Lebens böchf verdient gemacht, 


ſo wie er denn Überhaupt für feine Perfon im Stillen 


den Armen viele Wonlthaten erzeigte und zu milden, 

meinnügliden Zweden ſtets auf das bereitwilligfie beis 
er Als vom Jahr 1799 an Fein regelmäßiger (Bots 
tesdienſt mehr in der Waifenkirde gehalten wurde, fo 
erbielt K. eine Zebrerfieie an dem damaligen £yceum, 
nachdem ihm kurz zuvor dad Prädikat als Landſchulin⸗ 
fpektor zu Theil geworden war. NEeft Beibehaltung 


ded Seminard übernabm er an diefer Geledrtenfhule . 


den Unterridt in der Religion, im Griechiſchen Teſta⸗ 


mente und in der Naturgeſchichte und wirkte guch bier 


ſegenvoll bi! zu Anfang des Jahrs 1828, nachdem Furs 
— ſtatt des ehemaligen Lyceums das Gpmnaſium 
erndardinum errichtet und ein eigner Kollaborator an 
demfelben angeftelt worden war. Geit der Verlegung 
des Landſchulſehrerſeminars nach Hildburgbaufen im Ju⸗ 
nius 1877 bebielt K. noch die Aufficht über die Freiſchüle, 


‚ über die Verforgung der Waifenkinder nebft einem Bes 


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636 | Keyßner. 


nirt der Stadtarmenpflege und fo war er alfo eigentlich 
nie ganz in den Rubekand verfegt. Im Jahr 1806 ent 
riß.ihm der Tod feine zweite Gattin und 5 Jahre dar» 
auf verbeiratbete er fi zum dritten Male mit Der per 
witweten Srau Maria Katharine Maafer, geborne Glaſer. 
Auch diefe ging ibm im Jahr 1831 nach Jenſeits voran. — 
Still und anſpruchslos in feinem Wandel, lebte er ſtets 
feiner Pflicht getreu und wirkte Gutes, wo und wie er 
nur konnte. Am glüdlichften fühlte er ih im traulichen* 
Kreife feiner ibn fo gern erbeiternden Zamilie. Für 
Freundſchaft war fein Herz ganz geftimmt. Gern diente 
er mit _literarifben Notizen, fo wie mit Büchern aus 
einer Bibliothek, befonderd jungen Leuten, für deren 
rtfommen er vielfad bemüht war; Überhaupt bezeigte 
er ſich gegen feine Nebenmenſchen auf die uneigenägigfte 
Weife aetällig, wo er nur konnte. Wenn ihn au oft 
‚im verbängnißoollen Jahren die Zeitereigniffe mit Kite 
"MWebmutrd erfüllten und wenn au überhaupt in feiner 
eikigen Stimmung ein gemwifler Ernft vorberrfhend war, 
1 entzog er ſich Doch keineswegs der Welt und dem 
mgange der Menfchen, fondern war vielmehr ein Freund 
von gebildeten, heiteren Geſellſchaſten vis an feinen Tod. 
Zn (einem ganzen Weſen ſprach fi die ungebeuceltfkte 
mmigfeit und aͤchte Religiofitär aus, nicht blod, weil 
%s fein Beruf ald Geifliher und Lehrer von ibn fors 
Derte, fondern weil ihn fein innerſtes Gefübl Dazu 
Drängte. Sein Lebensabend war, obgleich durch mehrere 
Trauerfälle geträbt, Doch nicht freudenleer. Herzog Bern: 
bard verlieh ibm unter dem 21. März 41834 dad dem 
Benen). Sachſen Erneftinifhen Haudorden effiliine Ver⸗ 
Dienftfreuz und am zweiten Weibnactöfeiertag, ald am 
26. December 1836, bei der Beier feines goldnen Dienfte 
— das Praͤdikat eines herzoglichen Kirchenraths. 
n demſelben Tag’ überfandte ihm auch das berzogliche 
Konfikorium zu Hildburghaufen ein befondered Glück⸗ 
Fanſdunge reiben und endlich überreichten die ſaͤmmt⸗ 
lichen in Meiningen anweſenden ebemaligen Amtögenofe 
ſen des Jubilars in Kirchen und Schulen demſelben ein 
Gediht. Doc nicht lange genoß er dieſe ſeltenen, wär- 
Digenden Audzeihnungen: ein Schlagfluß endete am oben 
genannten Tage feine Leben. 
Dr. 3. €, Ihling. 


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