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HOoCGHT WITH
THE GIFT OF
Sl wıLrLıam Gray,
St 4 7
F BOBTON, MAER.
(Class of 1338).
Digitized by Google
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Wekhrolog
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Deutfden
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Funfzehnter Jahrgang, 1837.
Erfter Theil
Mit eineni Porträt.
Weimar 1839.
Dreud unb Verlag von Bernh. Friedr. Voigt.
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preufsifchen Armee.
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Niqt einem Herrſcherthron, nein Maͤcht'ge, Dir
Gilt dieſesmal die Huldigung des Welt,
Das dir vertrauend in den Arm ſich wirft
Und Anſpruch macht auch auf Dein Wohlgefallen.
Denn treulich hat es Deinem Ruhm gedient
Und aufgezeichnet iſt darin von Tauſenden,
Die Dir gehörten, hoher Thaten Glanz;
‚ Entrifien find fie. dadurch der Vergeſſenheit
und fur die Ewigkeit find fie gerettet: .
Denn eingetragen num auf Klivs Zafeln |
Kann der Geſchichte fie Fein Gott entreigen
Und wo von andern: tapfern Voͤlkerſtaͤmmen
Kaum Hunderte nr diefen Ruhm verdient,
DA glänzen Zaufende von Dir im Ka
Des Ruhmes zu der feruſten Nachwelt Kunde,
. Zum hoben Borbild edler Volkestreu'
Zur ihren König ‚und ihr Baterland,
[2
Denn wen des Kampfes Wuth noch übrig ließ,
Ber nach ihm feiner Lorbeern ſich erfreut
Und, ‚frei vom fremden Joche, new begründet
Des Vaterlands Erblühen noch erlebt, .
Der Ruh’ fi) freuend auf ‚dem Siegeslagetr,
Doc endlich den. Geſetzen der Natur,
Dem Staub, verfiel, von Kindern und von Lieben,
Die ihm die Augen zugedruͤckt, beweint:
Von Dieſen gibt der Nekrolog Euch Kunde
Und zeigt, daß ihre Thaten nicht vergeſſen:
Er führt Euch ein in beige Todtenhallen
So vieler Tugenden und Ideale : . : 7
Und gibt Euch den begeifternden Beweis, . .
Zn welcher Zahl der Preußen Volk behauptet
Von Deutſchlands Edelften den erften Rang:
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Borrede
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Wenn der vorher de 14te des
Be nicht umgeben, daß noch häufiger aid
deffen Abdruck noch nicht eingegangen find, dem
Bert Jahrgang als Nachtrag zum Vorhergehen⸗
wo ge wel
den vorbruden zu laſſen; eine Einfichtung, die von
allem Anfang an — zuweilen nur in geringerem
. Verhältnig — ftattgefunden hat und die Vollftäns
digkeit eben fo beguͤnſtigt, als bie Zeitbefchränktung '
der Mitarbeiter weniger beengend macht und wos
durch dennoch bie angenonfimene Ordnung, die im:
mer wieber burch die alle 10 Jahre erfcheinenden
Generalvegifter im Gleiſe bleibt, nur wenig beein:
trägptigt wird, | Ä
| . Auch biefed Mal befindet fich ber Herausgeber
Indem Falle, mehreren. einfichtövollen und. beifälligen
Herren Recenfenten für die Ehre und . Gerechtigkeit
feinen Dank zu ſagen, die fie dem lebten (14.)
Sahrgange haben widerfahren laflen und er findet
darin fortwährend einen. Theil der Aufmunterung,
" welche ibm zur ferneren beharrlichen Ausdauer bei
dieſem ſo mübevollen, koſtſpieligen und lukrativ⸗
undankbaren Unternehmen in der. That fo noͤthig iſt.
Anerkennungen dieſer Art waren ihm beſonders von
Werth in den Goͤttingiſchen Anzeigen 1837, Nr. 108
amd in den Blättern für literarifche Unterhaltung 1838,
Mr: 197. Der letztere hochachtbare Herr Necenfent
iſt dem Herausgeber fchon feit-vielen Jahren ein wah>
ver Leitfteen geweien und. wie. ihm defien Anerkennung
F gu beften Lohn gedient,. fo bat er auch feinen '
inken ſtets willig eine, forgfältige Beachtung gewid⸗
"met. Derfelbe bewährt in jeder. neuen Beurtheilung,
wie tief und gründlich er ſich in. dad Weſen des
Nekrologs bineingebacht, wie, wohl er defien Auf⸗
gabe. verflanden und wie einſichtsvoll er dad Pro
und Contra divergirender Anfichten gegen einander
abgewogen hat. Vertraut mit der ganzen Reihen⸗
folge ber Jahrgaͤnge / mit Gen Qudflionen, die bis
jetzt in. Diökuffion gewelen und mit den Verheſſe⸗
< zungen ‚bie allmdlig als folche erfannt und angenoms
men worden find, haben feine fortgefegten Anſichten
|
J
— .mdlih als Ergebniß hiervon angenommen
und als befeitigt zu betrachten iſt, eben fo =.
Kenntniß haben, ald von dem, was bis j
anerkannte Aufopferung und Ausdauer ich ges-
kiftet. "und welche Srundfäge dabei als Nor ımb
Motive angenommen worden find. Diefe Gattung
der Kritiker nimmt den erſten beftn Jahrgamg zus
* findet Biographieen von Leuten, von denen
e niemals etwas gehört, ober die auch wirklich nie
Eelebrität erlangt (aber dennoch denkwuͤrdig find
Keſt nicht, prüft ‚nicht felbft, ſondern vergleicht
Aeußerungen, die wohl etwa in Konbitersien,
baufern und gefeligen Cirkeln aufgefaßt worden
und glaubt ſich nun befugt, friſchweg abzuſprechen,
neue Einrichtungen anzuempfehlen und ın ihrem Babe
über längft dageweſene und abgemachte Dinge das
eifte Wort zu fprechen und ſich mit neuen heilfamen
Borichlägen zu brüften. Solche Recenfenten bedenken
nicht, daß ein ſtabiles Werk wie der Nekrolog, das num
ſchon feit 15 Iahren feinen feſten und ruhigen Gang
eht, nicht mit jedem Jahtgange neue Principien und
* annehmen und in ein charakterloſes inkonſe⸗
quentes Schwanken und Allerlei verfallen darf, ſon⸗
dern Daß es diejenigen Normen, die bereits von vie⸗
len fehr zu berüdfichtigenden Seiten her als zweck⸗
mäßig, dauernd. und befriedigend erkannt wurden,
feft im Auge behalten muß. ;
Und wie es denn eine wahre Erbſiimde der
mehrſten Menfchen tft, daß ihr erſtes Bed
wenn man fie vor ein mühfames Menſchenwerk |
nicht Anerkennung, ſondern eifriges Suchen a noch
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2
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fern liegendem Tadel iſt, fe haltın fie es für daB
equemfie, dem Rekrologe vorzuwerfen, er fei im
der Auswahl feiner Gegenflände nicht ſtreng genug,
nehme alles auf, was man ihm. zufchide und liefere
fehr oft Eebenäbeichreibungen von gleichgültigen und
obfluren Perfonen, die füglich hätten wegbleiben
koͤnnen. Dieſes haben Hunderte behauptet, Die dem
Nekrolng blos vom Hözenfagen kennen und nie einem
Band defielben vor Augen gehabt, gefchweige denn
bie frühern Vorreden defjelben gelefen haben, in wel:
chen die, Motive für die in ihm geltenden Grundſaͤtze
von allen Seiten beleuchtet, nachgewiefen und durch
bie vollgüiltigften. Stimmen der größten Kritifer ald die
einzig richtigen beflätigt worben find.
Es iſt nicht möglich, diefe Grundfäge, die num
bereitö in 14 meiſt fehr langen Vorreden zur Gnüge
befprocyen worden find, einem jeden neuen Sahrgange
wiederholt vorzudrucken, fo. wie e8 ſchon an fich em
wibdriges Gefchäft iſt, das fchen. fo oft ba geweſene,
iramer wieber von Neuem zu berühren. Der Her
audgeber würbe baher von dergleichen Oberflächlichs
keiten auch weiter Leine Notiz nehmen, allein da er
fich biöher fo. oft des Beifalls fo vieler höchft ruͤhm⸗
licher Kritifen erfreut hat, fo glaube er auch feine Leſer
wit. zwei minder guͤnſtigen befannt machen zu müffen,
Die eine derfelben befpricht in Nr. 117 der
Brlaͤtier für literarifche Unterhaltung dad Nekrologs
werk in feinem ganzen Kompler überhaupt und fein
Verfafler gibt Hd im Allgemeinen, befonders was
Zweck und Abficht betrifft, ald einen großen Freund,
ja fogar als einen unbefannten Mitarbeiter deſſelben
Dun
| er Beit von
f ee an nr Sebi : e der Mens
en die Erinnerung verwifche, fo fei ed natürlich, daß
wir und theuere Namen uns und Andere retten
wollten, Klio nenne die Ghorführer, aber fie nenne
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nicht die Mäuner des — ie viele i
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en, bie mit ? MBie viele von
—— — —RXRX
ſpont uͤberſchritten? Wie viele von ‚ die von
Karl XII., von Fried 1. und Rapoleon ih die
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ewigen Andenfens wurd er And
beherrſchen, wir leben mehr für die Heimath
— die Aufgabe des Lebens iſt für une,
Betten. Andy diefed naturkräftige, freie, treue, das
ſtrebeüde Bolt der Deutfchen, wie ——
vom Geſchick fein tragiſches Leben beguͤnſtigt? Wie
bat vom Anfange feiner Geſchichte fletö fremde Ueber:
macht ein geiftiged und Leibliches Sg ‚über feinen
edlen Raden zu werfen verfuht! Wie gewaltfam
t man's oft hindern wollen, daB es feine —
che, eigenthuͤniliche Weiſe und Ratur frei und fro
lich — ** im Leben. Und doch hat es das Schido⸗
leth, woran der Deutſche den Deutſchen erkennt, nicht
gegeben und nicht verloren! Allein, damit daſſelbe
nie aufgegeben, nie verloren werde, deßhalb muß der
Deutſche ſich an [eine Geſchichte halten, damit ihm
immer vor Augen fei, was ihm zieme,. was er bewahs
ven, erfämpfen, De einen, von ſich weifen müffe;
damit ihm immer vor Augen fei, was er als Deut:
fiher vermöge. Wie nun die Geſchichte umfers Volks
den Sinn für dad Ganze uns lebendig und rege er
Hält, To ift das Leben der einzelnen, braven Männer
und zu dem Edelften eine Ermuthigung, ein Borbild,
ein Ideal; und fomit ift es ganz im Sinne des treuen
dentfejen Volks gedacht, wenn wir das Leben feiner
braven Männer, ohne Rüdficht auf Barhältuiffe, blos
nach box Maasſtabe der Tuͤchtigkeit, der Treue, des
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fuͤr dad Andenken ber
vıu > ,
energiſchen Willens zuſammengeſtellt finden In einem
großen empel des en Er ‘ nm. daß
ie Idee des „Nekrologs der Deutſchen“ Leine andere
if als die eben angedeutete,
Der Herausgeber hat fich erlaubt, diefe ganze
fchöne Stelle hier, vofftändig abdruden zu laffen,
weil er felbft kaum im Stande fein möchte, fowohl
feinen Zweck und feine Abficht bei Herausgabe des -
Nefrologs treffender und berebter vorzutragen, ald
die Nothwendigfeit —— darzuſtellen, nicht nur
horfuͤhrer, ſondern auch füc
das der Maͤnner des Chors zu ſorgen. Er dankt
dem Herrn Kritiker, daß er ſeinen Ideen und Em⸗
pfindungen hier den rechten Ausdruck durch Worte
egeben hat, muß aber bedauern, wenn er mit den
im Widerſpruch gegen ſeinen eben aufgeſtellten Grund⸗
ſatz weiter ausgeſprochenen Wuͤnſchen nicht ganz ein⸗
verſtanden ſein kann, naͤmlich:
„daß die Idee des Nekrologs concentrirter gefaßt und
blos ſolche zugelaſſen wuͤrden, in deren Leben nicht
ein egoiſtiſches Streben, ſondern ein Streben fuͤr das
Ganze und fuͤr das Heil des vaterlaͤndiſchen Lebens
fich effektvoll geltend gemacht hat.“
Die Graͤnze zwiſchen dem Streben fuͤr ſich ſelbſt
und für dad Ganze und Allgemeine verlangt ſehr oft
tiefere Blicke, als es für -unfere Augen Tag if,
Beiderlei Streben ift aber fehr oft, ja in ber Regel
in dem Menfchen fo in einander eingreifend, daß es
‚von einander gar nicht gefrennt werden kann. Aber
felbft angenommen, man fönnte ed, fo hat es nicht
nur ſehr Viele gegeben, die troß ihrer Selbſtſucht
oder ihres egoiſtiſchen Strebend dennoch einen fehr
großen, ja oft fogar wohlthätigen Einfluß auf bie
Mitwelt gehabt, fondern aud durch ihren Geifl,
Scarffinn und, Größe eine Celebrität erlangt haben,
daß ihnen ein Gedaͤchtniß auf Kliod ehernen Zafeln
nicht wohl verfagt werden kann, wozu biefe faſt auf
3 At x
jeder Seite die ſchlagendſten Belege Uefetn. Weiter
fährt der Herr Kritiker (Nr. 75) fort:
Eine oberflädliche(l!!) Betrachtung des Merle
zeigt, daß a angegebene Konten (Zuläffigkeit nur
exer, in deren Leben ſich ein Streben für das Banze
geltend gemacht hat) zwar aufgeitellt, doch nicht com=
— feſtgehalten ſei. Leicht mirde ſich aber bie:
elbe durcchfi |
i den alten Xeguptern Iemand geſtorben
war, fich alsbald 40 Richter verfammelten, welche über
Das Leben des Berftorbenen zu Gericht ſaßen. Nur
"Was erftlich die Konfequenz anbetrifft, fo hat
dieſe bei dem Nekrolog, wie in ben vorhergehenden
Vorreden fehr oft von dem Herausgeber felbft bes
merkt worden ift, ihre fehr großen Schwierigkeiten;
Streng genommen würde fie verlangen, daß aus
allen deutſchen Kändern verhältnigmäßig gleich zahls
reiche Sure geliefert, daB die Länge oder Kürze
einer Lebensbefchreibung der Maasſtab des Ruhms
und der Verdienftlichkeit fei, daß Fein ausgezeichneter
Verſtorbener in die zweite, kein Minderwichtiger in
‚bie erfte Abtheilung kaͤme u. f. w. — Ständen dem -
Nekrolog über feine Stoffe die Materialien in folcher
Auswahl und Menge zu Gebote, ald einem inmitten
einer großen Bibliothek befchäftigten Lexikographen,
fo koͤnnte man allerdingd größere Anforderung von
Konfequenz an ihn machen, aber man bedenke, daß
bier von feinem Pantheon die Rebe iſt, zu dem man
fih feine Helden aus laͤngſt zahlreich vorhandenen
Merken auswählen Tann, fondern von einer Todten⸗
chronik, deren Aufgabe darin befteht, daß diejenigen
Dentwürdigern geſchildert werben follen, die eben
Zufällig geftorben find, deren Wahl’ aber nicht von
dem Herausgeber abhängt, fondern bie ihm vom
— X F
Schickſal, wie es eben trifft, vorgeſchrieben werden
Man kann durchſchnittlich annehmen, daß jeder neue
Tag dem Derauögeber die Sorge für das Andenken
von 5 während befielben Berftorbenen auferlegt und
dann ift erft die Frage, ob Notizen uͤber fie herbei-
zufchaffen- find,” ohne daß ed in feiner Macht fteht,
+ thre ar an X beflimmen, fo wenig, als in
allen Provinzen Deutfchlands gleih aufmerkſame,
gleich thätige und gleich fähige Mitarbeiter zu erlans
0 gem Sehr oft tritt der Fall ein, Daß der Tod ei:
ned ſehr denfwürdigen Mannes in große Verlegen
beit 65, wenn er bei —— ehrenvollen
und glänzenden Ruf im Nekrologe nicht wohl fehlen
darf und doch gleichwohl Uber ihn Feine Materialien
zu erlangen find, worüber von unzähligen Beifpielen
nur der 1857 verftorbene koͤnigl. preußiiche Krieges
minifter und. Generallieutenant v. Wigleben ange:
führt werden fol. Ueber ihn, wie über viele andere
7 die oͤffentlichen Blaͤtter, ſelbſt die preußiſche
taatszeitung nichts her und die Korreſpondenz dar⸗
uͤber mit ſeinen verehrlichen Hinterbliebenen konnte,
wie nachzuweiſen iſt, bei ſehr zu entſchuldigenden
Verhinderungen, zu keinem Ziele führen. Ein
Zuſammentreffen zufaͤlliger Umſtaͤnde verhinderte es.
In ſolchen Faͤllen muß der Nekrolog die ihm ge⸗
machten Vorwuͤrfe fiber Mangel einer konſequenten
Durchfuͤhrung und Behandlung ſtill ertragen und
fi) mit feinem Bewußtſein troͤſten. Ä
Daß der Herr Ne. 75 dem Nekrologsheraus⸗
ge bad Zodtengericht der 40 alten Aegypter zum
ufter empfiehlt, zeugt zwar von einer ſehr idealen
Phantafie, aber nicht von einer Kenntniß der Vers
haͤltniſſe des wirklichen Lebens, Lebterer ehrt die
uten Sefinnungen, Ans und Abfichten beffelben zu
—* „als daß ihn dieſer Paſſus zu einer Verfiflage
verleiten koͤnnte. Aber es iſt ibm wohl felbft nicht .
‘
xI
anz Far bewußt, wie es der Nekrolog anfa
— ein ſolches Todtengericht zu —— To
ſchoͤn es auch wäre, wenn dieſer Gedanke im mos
dernen Geſchmacke realiſirt werden und der Nekrolog
unter die Direktion dieſer grauſigen Behoͤrde geſtelũ
werden koͤnnte. Da der — nicht die An⸗
maßung beſitzt, dieſes aus 40 aͤgyptiſchen Patriciern
beſtandene Gericht in unſern Tagen durch ſeine al⸗
leinige Perſon repraͤſentiren zu wollen, ſo hat er in
den vorhergehenden Vorreden bereits wiederholt die
hohen Staatsregierungen Deutſchlands aufgefordert,
ihm bie Anſtrengungen und die Geldopfer, die ee '
dem Nekrologswerke bringen muß, abzunehmen und
in einer Hauptſtadt oder an einer Univerfität eine .
Societät daflır zu bilden, bie ganz andere Mittel
und Kräfte flr einen fo hochwichtigen Zweck bieten
‚ würde, als die einem weitläufigen Berlagögefchäfte
mühfelig abgerungenen Nebenflunden eines Buchs
Händlers, den das Publikum bei feinen ihm gebrach⸗
ten unſaͤglichen Opfern noch obendrein fo gänzlich im
Stiche läßt, daß er ſchon Tauſende dabei zugefeßt
bat, Mehr als einmal hat er oͤffentlich erflärt und
aufgefordert, daß er bereit ifl, dad Verlags: und Forts
ſetzungsrecht unentgeldlich an denjenigen abzulaffen,
der ihm bie Kraft und Ausdauer zu haben fcheint,
es auch nur in feiner biöherigen Mangelhaftigfeit
fortzufegen und er wiederholt diefes Anerbieten biers
Durch nochmals, da er fehr zweifelt, ob eö ihm von.
den Parzen verftattet fein wird, ed noch fo lange,
als bereit3 gefchehen, fortzuführen und es eine feiner
forgenvoliften Befürchtungen ift, daß es alddann liegen
bleiben koͤnnte, und er alsdann durch eine vielleicht
äwanzigjährige beharrliche Ausdauer und Treue doch
nur ein Zragment zur deutfchen Perfonengefchichte
des 19. Jahrhunderts geliefert haben würde. — Aber
nicht eher, als bis das Nekrologswerk aufgehört hat,
-
Hr
a)
* *
xu: |
nicht eher, als man es hat untergehen laſſen, wird
‚man: deffen hohe Bedeutung in dem Gefammtargiv
des deutſchen Vaterlandes erkennen und dann wird -
man begreifen, daß manche monographifche. Zweige
der Archäologie, der Naturgefchihte, Sprachkunde
u: ſ. w., wofür jetzt ganze gelehrte Gefellfchaften thaͤtig
ſind und welche mam mit dem größten Aufiwande ul:
tivirt, Ihm an Wichtigkeit weit nachgeftanden haben. . .
Ich Lehre zu dem Kritiker Nr. 75 zuruͤck, ber
nun auch auf die Ausſcheidung manches Ungehörigen
und auf die zu große voluminöfe Ausdehnung des
Werks zu fprechen kommt. In den nämlichen Blaͤt⸗
"term für literarifche Unterhaltung, worin dieſe Kritik
flebt, nur einige Monate früher, läßt der bereit
oben rühmlichft erwähnte und fehr gediegene Herr
Hecenfent den auögefprochenen Grundfägen des Herz
auögeberd volllommen Gerechtigkeit widerfahren und
erflärt fih mit denfelben ganz einverflanden, indem _
er felbft fagt ; -
„Wollte der Nekralog auf die mehrfach ausgefproches
nen MWünfche, nur die bedeutendern Verſtorbenen aufs
unehmen eingehen, fo würde er gerade ben Zweck vers
{ee in deſſen Erreichung de fein größtes,
+ Werdienft gefacht hat, nämlich die Gefchichte ſolcher
Perſonen, die zwar in aller Stille lebten, aber dabei
ı doch große Verdienfte und oft fehr intereflante Eigen⸗
thümlichkeiten hatten, einer völligen Vergeſſenheit
entreißen. Um den Weltlauf der Sterne erjter Sröbe
aufzubewahren, bedarf es nicht des Nekrologs. Ueber
‚einen Goethe, Gneifenau, Schleieemacher, Hufeland,
Matthiffon, Cotta 2c. find, fo viele befondere Denk⸗
ſchriften, Auffäge, Notizen in Beitfchriften vorhanden,
- Daß ihre Gefchichte auch ohne den Nekrolog hinlaͤng⸗
Uch aufgezeichnet gewefen wäre, wodurch eben eine
Sichtung, Prüfung und Zufammenfaffung aller diefer
Quellen dem Herauögeber fehr erleichtert wird. Weit
mühfamer, wohl auch weit verdienftlichee war e&, ſich
auch über Solche, über die noch keine öffentlichen Nach:
richten vorliegen, auf privatlichem Wege welche zu
verſchaffen und nur anf dieſem iſt es möglich gewes
«
. +
Rekrolog dab Indenken an ende zu ers
bel, die, obgleich fie in ſtiller ——
en oder der Natur ihres Berufs nach es nie
- einer allgemeineren Gelebrität bringen konnten,
doch werth find und um deren Dafeln,
und Wirken ed ewig fchade fein würde, wenn es mit
ihrem Zode aus dem Strom des Lebens flumm und
purlos im Meere der a Bergangenheit und Ber⸗
geffenheit auf immer verklungen wäre,"
Was aber für die Verminderung der Bogens
-zahl durch fachlidye und ſtyliſtiſche Abkürzungen des
vorliegenden Materiald und der eingegangenen Mas
nuſkripte gefieht, davon wimfchte ich wohl den
Herrn 75 durch den Augenfchein zu Überzeugen. Er
würde dann felbft fehen, daß oft nicht 4 der Vor⸗
lagen zum Drude kommt, weldes fchon oft zu bit
ten Klagen der Einfender. und Mitarbeiter Anlaß
gegeben bat, die aber dadurch entkräftet werden, daß
man niemald ein erwaͤhnenswerthes Faktum wegläßt,
fondern nur mit fürzern Worten wiedergibt und nur
Dinge, wie z. B. die Natur Iangwieriger Krank:
heitsgeſchichten u. dgl. ganz übergeht. Endlich klagt
- der Herr 75, daß durch die große Zahl der Mits
arbeiter eine Verfchiedenheit, der Darftellung entſtehe,
welche die Einheit des Ganzen durchaus ſtoͤre. —
Ueber diefen Punkt find andere Kritiker ganz ent
gegengefegter Meinung geweſen. So z. B. fagt die
ſehr geachtete Leipziger Kıteraturzeitg. 1828. Nr. 119.
„Die Mannichfaltigkeit und der Reichthum diefer bios
aphiſchen Gemälde find im Zunehmen. Die Bers
Fhiedenpeit der Anfichten fo vieler Mitarbeiter geben
ihnen einen eigenthümlichen Werth.
Die nämlichen Blätter für literarifche Unterhals
tung 1831. Nr. 16: . -
„Berftorbene aus den verſchiedenſten Ständen find hier
in größter Mannicyfaltigkeit bunt unter einander ges
mifce und auch die fiyliftifche Darftellung bietet wes
ir „der Berfchiedenheit ihrer Ginfender die mannich⸗
altigfte Abwechfelung und vieles Intereffe
L
——
des Nekrologswerks beigetragen bat und der ihm |
XIV
die gerade dad Gegentheil, wie der Kritiker Nr. 75
behaupten, wollen wir, obfchon wir es Pönnten, nicht -
anführen, fondern zum Ueberfluß nur noch erwaͤh⸗
nen, daß ed eins von den Hauptverdienſten ımfers
Mitherausgeberd, Herm F. A. Reimann if per in
Noch mehrere Stellen der Art aus Recnfionen,
ni;
den legten 4 Sahren fo vieles zum befjern Gelingen . '
noch lange erhalten bleiben möge), daß er jeden ein-
gen forgfältig revidirt und wo es irgend
oth thut, abfürzt und ftyliftifch verbeffert, vor allem
aber durch Abrundung, Durchführung angenommener
Normen und Einheit in Rechtſchreibung und Ber:
haͤltniß gewiß nicht ohne den fichtbariten Erfolg
möglichften Einklang und Harmonie in das Ganze
zu bringen fucht.
Diefer ficherlich fehr wohlbenfende Herr Kritiker
Nr. 75 fchließt mit den Worten:
— „Indem wir diefe Ideen dieſem Blatte anvertraut has
ben 2c., verfichern wir zugleich, daß in dem legt? erfchies
nenen Theile (fol wohl heißen: Jahrgang) des Werks
ein jeder Deutfche viele Namen finden wird, die ihm und
deni deutfchen Vaterlande theuer und unvergeßlich find.“
Eine zweite zwar zum Zheil, aber ebenfalld nicht
durchaus Kritik von einem Hrn. H. Fitzau
iſt enthalten in Nr. 48 des Berliner Konverſations⸗
blatts 1838. Sie hat bei weitem nicht einmal den
Werth der erſteren, ſondern gehoͤrt zu den ganz ab⸗
forechenden ‚, oberflächlichen Raͤſonnements, die mehr
‚auf Hörenfagen ald auf der eignen Durchlefung bed
. Buchs beruhen. Das. Urtheil diefes Kritilerd chas
rakteriſirt fich in Kürze dadurch, daß er die Aufs
“nahme eines Drefch, Ruperti, Daub, Grotes.
fend, Tauchnitz, Nägeli, Benda, Eberd,
Bieth ald gehörig motivirt erflärt, weniger ‘aber
die eines Rehberg, v. Brandenftein, Grafen
Mellin, v. Bud, Graf Gyulai, v. Braufe,
— *
—
xy
von. Raglovich, Landgraf Karl von Deffen,
Freiherr v. Muͤnchhauſen, Müller v. Fried⸗
berg, Graf Choteck, Biſchof Hommer, zur:
deider, v. Stifft, Weiſſer u. f. w. — Diefes
ift genug, um den Standpunkt des Herm Figau zu
bezeichnen, der fich durch, ein fo merfwürdiges Abs
voregungstalent fein Urtheil gleich ſelbſt gefprochen
hat und zwar fhon um fo mehr genug, als in dies
fem feichten Räfonnement, nichts enthalten ift, was
nicht bereitd durch das früher Geſagte auf das Voll⸗
fommenfte widerlegt und befeitigt wäre,
Die Kritit hat den Nekrolog bisher faft uͤber
fein Berdienft -hochgeftellt und die neuefte Literatur
wird wenig Produkte aufweifen, die durch Recenfios
nen in folhem Grab eine rühmliche Anerkennung
gefunden haben, als gerade er. Ihre Anzahl geht
bereitö in die Hunderte und deßhalb hätte man fügs
lich über diefe eben gebachten zwei hinweggehen koͤn⸗
nen, wenn der auögefprochene Tadel nicht infofen .
ſelbſt willkommen ware, daß er DVeranlaffung gab,
manches bisher noch Unberührte zur Sprache zu
bringen und fo aus diefer kleinen Reibung felbf
Nutzen zu ziehen.
Die Anfichten und Grundfäge des Herausgebers
beruhen auf einem funfzehnjährigen Nachdenken, Er⸗
fahrung, Prüfung eigner. und fremder Anfichten und
Abwägung des Rechten und Iwedmäßigen. Sie
. werben auch ferner bie ar bleiben und von
ihnen geleitet, wird er aud
Unftig die biöherige
Bahn feſt und ruhig verfolgen. Sein Werk fol
eine Todtenchronik, ein Familienbuch deuts
fher Nation bleiben, nicht aber eine ges
wählte 3ufammenftellung der größten
Seifter, Helden, Dichter, Fürften, Gelehr⸗
ten, Staatömänner und. anderer hervors
ragenden Menfhen. aus allen Ständen,
xvi
Zeiten und Nationen. Dieſe ſeine Natur, Ei⸗
genthuͤmlichkeit und Beſtimmung legt ihm ſowohl in
der Wahl : feines Stoffes, als auch in der Herbei⸗
ſchaffung des "Materiald eine viel größere Befchräns
tung auf, alö diejenigen ihr unterworfen find, welche
Walhallas, Weftmüniterabteien und. Pantheond kom⸗
piliven, mit einem Worte ſich nach ihrer Bequemlichs
feit die leichteften und dankbarften Stoffe felbft aus:
fuchen. Solchen wird aber. der Nekrolog oft noch
fehr gute. Dienfte leiften. — Diefen Unterfchied eines
£urrenten‘ Sammelwerks, einer fteten Chronik, wie
fie eben der Zufall und die Nothwendigkeit will und
ohne Wahl vorfchreibt, zwifchen einem auf dem
ganzen großen Selbe des Ruhms zuſammengeſuchten
Olymp bittet man mit einiger Billigfeit zu berüde,
ſichtigen. Er iſt es, auf welchem meift die Klagen
beruhen, daß viele der Perſonen, deren Geſchichte der
Nekrolog ſeine Blaͤtter widmet, nicht mit der gehoͤ⸗
tigen Kritik gewählt würden. Der „gegenwärtige
Jahrgang liefert übrigens von Neuem den Beweis,
daß es deſſen ohngeachtet auch bei diefen engern
Graͤnzen an intereffanten Perfonen und Biographieen
keineswegs mangelt und Daß fich bei einer forgfältigen
Redaltion beide Swede einigermaßen vereinigen laſſen.
Da der Herauögeber fehr oft Zufendungen ers
hält, wovon er feinen Gebrauch machen Tann, ent:
weder weil fie dem Kreife, dem ſich der Nekrolog
widmet, fremd find, ober weil fie zu fpdt, kommen,
fo bemerkt ex in legterer Hinficht, daß als folche alle
Beiträge zuruͤckgelegt werden müffen, die 6 Monate
nach Ablauf des betreffenden Jahrs nicht eingegangen
find, ſo daß z. B. fuͤr Beiträge zum Jahrgang 1838
Ende Juni 1839 der lebte Termin if. Was -den
Laͤnderumfang anbettifft, für welchen fich der Nekrolog
befchäftigt, fo begreift derfelbe nicht nur alle zum
deutſchen Bunde gehörenden Staaten, fondern auch
x
" xvı
rg Länder, in denen beutfche Sprache, Deuts
ſche Wiſſenſchaft und Literatur die herrſchende iſt,
ſolglich die ganze deutſche Schweiz, das Elſaß,
Schleswig, Sorflein und auenburg , die ruſſiſchen
Dftfeeproninzen und dad Königreich Böhmen, endlich _
auch diejenigen denkwuͤrdigen Perfonen, welche deut⸗
ſchen Urſprungs im Auslande gelebt haben und bort
geförben find, wie fich diefes befonders häufig in
ßland ereignet,
MNachſtehendes iſt das Refumed ded gegenwaͤrtigen
Jahrgangs: Derſelbe ſorgt für das Andenken von
1348 Berftorbenen, wovon 420 *) Biographien in
der erften Abtheitung fanden, 928 in der zweiten. aber
nur kurz angedeutet werdet konnten. n erſteren
420 find 265 als Originalarbeiten zu betrachten und
bei den, Weberfchriftert mit einem * bejeichnet, ‚ba
biefe Biographien entweder bis jegt noch gar Nicht
oder Doch nicht in der Weife, wie bier, im Drude
veröffentlicht worden find. Das Andenken diefer
265 würde alſo ohne den Nekrolog nirgends aufges
zeichnet und der Gefchichte erhalten worden (ein; 158
dagegen find mit, Angabe det Quellen au Öffentlis
chen Blättern, Zeitfehriften und einzelnen Gebächtnißs
ſchriften für den Nekrolog mühfam gefammelt worden
und in denſelben übergegangen.
. Nach den Landsmannſchaften gehören die 420,
welche ausführlihe Biographien ‚fanden, folgenden
deutfcheri Staaten ar. 2 Anhalt, 4 Baden, S6
Baiern (davon 8 München, 7 Augsburg und 4 Bam⸗
berg), 2 Braunſchweig, 33 ben daͤniſch⸗ deutſchen
Staaten (davon 6 Altona; 5 Kiel), 183 den freie
Städten (3 Bremen, 3 Frankfurt a. M., 12 Hams
burg), 25 Hanover (wovon 10 Göttingen, 2 Has
* Are 99 miche, wie I Horigen Jahrgange.
2*9
xvmi | -
nover), 8 Kurbeffen (wovon 4 Kaffe); 6 Großher⸗
zogthum Heffen (2 Darmftadt, 2 Gießen), 2 Heſſen⸗
Homburg, 27 den beiden Medlenburgen (6 Schwes
‚ rin, 6 Roflod, 4 Neuſtrelitz), 1 Naffau, 8 Oeſter⸗
reich (wovon 5 Wien), 14 Dldenburg (wovon 5 in
der Hauptftadt), 134 der preußifchen Monarchie
(davon 27: Berlin, 13 Provinz Brandenburg, 7
Oſt- und Weftpreußen, 4 Pommern, 1 Pofen, 15
Nheinpreußen, 12 der preußifchen Provinz Sachſen, 34
Schleſien, 21 Weltphalen), 2 den reußifchen Landen,
38 dem Königreih Sachſen (15 Dresden, 10 Leip⸗
ig), 4 Sachfen - Altenburg (fämmtlich in der Haupt⸗
Bo, 6 Koburg=- Gotha (3: Koburg, 2 Gotha), 7
Sadhfens Meiningen (3 in der Hauptftadt), 19 Sach⸗
. fen: WeimarsEifenach (9 Weimar, 4 Sena), 7 den
beiden Schwarzburgen (3 der Refidenz Sonderdhaus
fen), 5 der Schweiz, 6 dem Königreiche Würtemberg
und 6 dem Auslande, nämlich dort verftorbene
Deutfche (2 Paris, 1 Krakau, 1 Mailand, 1 Rom,
1 Straßburg. Wenn auch aus diefer Ueberficht
nicht durchgängig eine richtige Proportion zur Eins
*
wohnerzahl reſultirt, ſo fieht man doch, daß der
Nekrolog alle Staaten. ſeines Wirkungskeriſes nach
Kräften beruͤckſichtigt hat, daß er ſich in allen mehr
oder minder thätiger und aufmerkfamer Korrefpon-
‚ denten erfreut. Das hie und da fichtbare Mißver⸗
hältnig beruht theild im der Zufälligkeit der Sterblichs
- Leit felbft (ſo lieferte München. im Cholerajahr 1836
dem Nekrolog allein 14 ausführliche Biographieen),
theild in der Ungleichheit der Korrefpondenten, deren
der Nekrolog in einem Staate mehr, im andem
weniger har, theild in der Verſchiedenheit derje⸗
nigen Stufen, welche. die intellektuellen Kräfte der .
bier Tonkurrivenden Staaten höher oder niedriger er⸗
reicht haben, wie es denn z B. Niemanden auffals
7 N) e 2 xıx
lend fein kann, daß in biefer Beziehung die Provinz
Poſen auch diefesmal nur 1, dagegen das Koͤnigreich
Sachſen 38 und die fächfifchen —— 36 Ne⸗
krologiſirte aufzuweiſen haben, obſchon die beiden letzte⸗
ren an Flaͤcheninhalt der erſteren kaum gleichkommen.
Nach Stand, Beruf und Lebensverhaͤltniß zer⸗
fallen die dieſesmal biographiſirten 420 Verſtorbenen
in folgende Klaſſen: 9 gehören dem Fürftenfland
an, wovon einer Schriftfiellee war, 31 waren Mis
nifter, Geſandte, Hofleute, Staatöräthe, Prafidens
ten ıc. und davon ‚haben 13 Bücher gefchrieben, 59
Davon waren Juriſten, Beamtete und Staatöbiener,
wovon 15. geichrieben; — 80 Kriegshelden und
Militärperfonen, von denen 5 Schriftfleller, 7 Praͤ⸗
laten und Domherren, wovon 5 Schriftfteller; —
66 Seiftliche evangel. Konfeffion, wovon 27 Schrifts
fteller, 14 Geiftliche der katholiſchen Kirche, wovon
4 Schriftftelee ; — 29 akademiſche Lehrer, weldye mit
Ausnahme eined einzigen fämmtlich gefchrieben; —
23 Gymnafial⸗ und Seminarlehrer, wovon 16 Schrifts
ſtelle; — 8 Volköfchullehrer, wovon Feiner, und 37
Aerzte, wovon 14 Schriftfleler waren; — 11 Buch⸗
händler, von denen 2 und 1 Buchdrucker der nichts
gefchrieben hatz — 12 Privatgelehrte und Redak⸗
- teure, von denen nur 2 nichtö, 6 Aftronomen, Ches
miker, Naturforſcher und Bergleute, die alle, 5 Land:
räthe, von denen Feiner, 3 Profeffioniften und Gaſt⸗
eber, wovon einer gefchriebenz ein Apotheker, der
chriftfleller und 9 Damen, von denen eine Schrift:
ftellerin war; — 11 Bürgermeifter und Magiftratö:
perfonen, wovon 8, 10 Kaufleute und Fabrıkanten,
wovon 1 gefchrieben hat; — 11 Komponiften und
Tonkünftler, von denen 3 ihre Kompofitionen ber:
ausgegeben haben; 1 Sartikulier, der nichts und
4 Bibliothefare, von denen 3 gefchrieben haben; —
5 b
10 dramatifche Künftter und Sänger, wovon 3 und
6 Gutöbefißer und Dekonomen, wovon 1, 5 Mes
chaniker und Inftrumentmacher, wovon Feiner Schrift:
fleller wars — 3 Dichter,- deren Porfieen im Drud
erfebienen finds, — 4Forſt⸗ und Jagdbeamtete,
wovon 1, 5 Baumeifter, wovon 3, 3 zeichnende
Künftler, 2 Antiquare, 1 Schriftgießer, 4 Rabbiner,
1 Poftbeamter und 1 .Stallmeifter, wovon Feiner etz
was geichrieben hat,
Benn wir und nun erlauben wollen, verſuchs⸗
weife den Mafiftab der Celebrität an die hier Ges
fchilderten zu legen, fo nennen wir ald Sterne erfitr
Größe den Minifter Ancillon und den Kapellmeis
fter Hummel, So yerſchieden ihre Stellung iſt,
fo gleich ſtark ift die Bewunderung, die und ibre
Größe abnöthigt, Unter den fürftlichen Perfonen
fteht der edle Greid Friedrich Franz von Med:
lenburg: Schwerin in vieljähriger hoher Wirk:
ſamkeit und edlem Streben oben an. Ihm folgen
bie Herzöge Wilhelm und Pius in Baiern
und ber ‚Held, Staatömann und Dichter Herzog
Karl von Medlenburg:Strelig, der würs
dige Bruder der unvergeßlichen Königin Louife, An
berühmten Miniftern von großem Einfluß nennen wir
bie $reiferen von Pleffen und von Dergen in
Schwerin und Neuftrelig, den Grafen v. Brühl
in Berlin und den franzöfifchen Diplomaten, Gras
fen von Reinhard, einen gebomen Würtember:
ger. — An Generalen und Kriegshelden die preußi⸗
v, Carlowiß, u, Werber, v. Rothenburg,
v. Wienskowsky und v. Auer, bie beiden au
gezeichneten wirtembergiichen Generale -v, Stod:
mapen und v. Theobald, ben kuͤhnen baierifchen
General und Partifan Grafen v. Rechberg und
— %
*
Nothloͤwen, den großen faͤchſtſchen Arti
ral Raabe, den durch heldenmuͤthige Hi g
denkwuͤrdigen ſaͤchſiſchen Major v. Z3ychlinsky
und den tapfern weimariſchen Obriſten v. Ger⸗
mar; — von den bemerkenswerthen Staatsmaͤn⸗
nern einen Frie ſe, Koppe, Pomowitz, v. Stuͤlp⸗
nagel in Berlin, von Shüg in Koͤln,
von Lüsow in Gorkau; — einen Sidel in
geipzig, Kohlſchütter in Dresden, von ‚Hoff
in Gotha, Geutebrüd im- Atenburgg — einen
von Sutner, von Mann und Stärzer im
Muͤnchen; — einen Klüber in Frankfurt a. M.,
v. Dorbed in Kafle. An namhaften Theologen
heben wir heraus: den Generalfuperintendent Rom:
mel in Kaffel, die Superintndentn Wunfter in
Breslau, Grotefend in Clausthal, bie Konfiſto⸗
rialraͤthe Emmrich in Meiningen und Matthias
in Magdeburg, die Delane Lehmus in Ansbach
und Münch in Zübingen, ben hochverdienten Päs
dagogen, Kirchenratb Schwarz in Heidelberg, dan
patriarchalifchen Paftor Woltersdorff in Sale
wedel und feinen unglüdlichen Amtöbruder, Pfarrer
Weidig aus Ober: Stleen, der ald ein Opfer feines
Patriotisêmus im Kerker endigte. An alademifchen
£ehrern erwähnen wir der Profeſſoren Wendt,
Diffen, Goͤſchen in Göttingen, Normann in
Roſtock, Steudel in Tübingen, fo wie der >
Dhilologen. Döring in Gotha, Hirt m iin,
Ramshorn in Altenburg, Koͤpke in Berlin. —
Die quögezeichnetften Aerzte, die wir dieſesmal brins
EN Vogel im Roſtock, Stard m Ina,
Zreviranus in Bremen, Himly in Göttingen
und v. Orff.in Münden. Auch berühmte Schrifts
ſteller und Dichter hat diefer Jahrgang aufzuweiſen
ar Börne, Weikel in Wiesbaden, Wächter m
7
xxn
et A Weber), Sreiberrn v. Gerning
in Frankf. a. M., v. Maltig in Dresden, Franz
en in Berlin, den genialen Naturdichter Hilz
her (öfterreichifcher Fourier in Mailand) und den
allwifjenden, berühmten Zeitungöfchreiber Stegmann
in Augsburg, der ed allen Partheien recht zu machen
verfiand. — Unter den Chemikern und Botanikern
find. höchft. beachtenswerth Tromsdorff in Erfurt,
Nees von Efenbed in. Bonn und Zenker in
Sena. - Außerdem "glauben wir aufmerffam machen
gu muͤſſen auf den großen Mathematiker und Aftros
nom Dr. Tiarks, den Freund Sir Joſeph Banks,
welcher fich viele Sahre mit der Regulirung der engs
lichen Gränziinien in Amerika befchäftigte; — ferner '
auf den hochverdienten -Geographen und SKartenzeichs
net Reihard in Lobenftein, hochverbient um bie
Bereicherung der alten und neuen graphifchen Erd⸗
Funde, ‚auf den in feiner großartigen bergmännis
ſchen Wirkſamkeit fo hochwichtigen Oberbergdirektor
v. Eversmann in Berlin, auf den Koncertmeiſter
Rolla in Dresden und die Schauſpieler Schmelka
in Berlin und Coſtenoble in Wien. Unter den
ausgezeichnetern Technikern ſind von großer Bedeu⸗
tung der erfinderiſche Inſtrumentmacher Streits
wolff in Göttingen und der bewunderungswuͤrdige
Autodidakt Uhlhorn in Grevenbroich, der fih durch
eigned Studium von einem oldenburgifchen Zifchlers
burfchen zu einem der erften Mechaniker und Mas
fchinenbauer Deutfchlands herauffchwang, ingleichen
der weimarifche Schriftgießer Wallbaunr der Ael⸗
tere, der ebenfalls ohne alle Anleitung und nur -
durch eignes Forfchen fich- zu einem der erften Schrift:
gießer heranbildete und durch beffere Form, elegans
tern Schnitt und größere Haltbarkeit der Lettern fehr
große Verdienfle um die deutfche Typographie erwarb,
\
-AXIH
3 — nn —X — — uͤber die
uͤglicheren Rotabilitaͤten dieſes Jahrgangs ⸗
ben haben, fo bliebe und eigentlich noch übrige Die
zahlreichen Beftandtheile defjelben auch nach ihrem
Darftellungs= " und Schriftftellerwerthe zu rangiren.
Wir wollen aber diefed den Herren Kritikern übers
Iaffen, koͤnnen aber nicht verfchweigen, daß wir ums
‚auf die Biographieen
Nr. 278 Reichard,
= "868 Nees von Efenbed,
s 404 Ziarfs,
fo wie auf einige andere in ber That etwas einbils
den, nicht allein, weil wir fie ald Originalarbeiten
aus fehr guten Händen erhielten und fie in ihrer Art
fir wahre Monographieen halten, fondern auch, weil
wir ihnen großen Werth für die Bereicherung ber
Biffenfchaften 1) der graphifchen Erdkunde, 2) ber
Botanik und 3) der Mathematil und Aftronomie,
beimeſſen.
Indem wir ſolche Zierden bed gegenwärtigen
Jahrgangs gern bemerklich machen, ſo wollen wir
auch ſeine Schwaͤchen und Maͤngel nicht verbergen.
Billig waͤre naͤmlich zu erwarten geweſen, daß auch von
den Dahingeſchiedenen, derenin der zweiten Abtheilung
unter den Nummern 450, 532, 552, 613, 648,
698, 703, 722, 734, 741, 764, 777, 801, 828,
"831, 847, 856, 859, 915, 955, 991, 997, 100%,
.1038, 1050, 1061, 1126, 1139, 1145, 1188,
1199, 1248, 1257,. 1819, 1344 nur kuͤrzlich
Erwähnung gethan werden Eonnte, ausführlichere
Notizen in der erften Abtheilung mitgetheilt, wor⸗
wären, einer Ehre, deren wir fie fo würdig
erfennen muͤſſen. Es bat auch von unferer Seite
nicht an vielfachen -Werfuchen, und Nachrichten über
„fie zu verfchaffen, gefehlt, ja es find zu dieſem
Behuf alle Mittel angewendet worden. Wir kom⸗
men daher auf dad ultra posse Nemo tenetur und
auf das zuruͤck, wad wir oben über eine gleichfühls:
bare Luͤcke in Betreff des verewigten! Generallieute:
nant und Kriegsminifter von MWigleben gefagt haben
und empfehlen dieſe und andere Mängel- der fchonen:
den Nachficht der Leſer. |
Weimar, den 28. December 1838,
Bernd. Friedr. Voigt.
Außer bat vielen hinterlaffenen Familie engliebern,
welche auch zu dem biesmaligen Fahrgange =
Nekrologs zahlreiche Notizen eingefendet
verdankt derfelbe feine — R nal
folgenden
geehrten Herren Mitarbeitern:
(In alphabetiſcher
Rajor a Kammerherr A eig, v. Boineburg
— nt von Borſtell in Brieg.
nn u
Idlı 1 1
tr. Brandes, Lehrer am Gymnaſium In KRoſtock.
u Brehme in Seiner,
Dr. 2. en Brüffow in Schwerin,
EN eofeffor und Doktor ber
Medicin in Wien,
Gerichtödireftor Arthur Buddens in Leipzi
ve oe Chalpbäus in Dresden. eine:
ofraty Erull in Roſtock. e
Oberhofgerichtsaſſeſſor D’ 20 in Liegnig.
Dr. Heinrich a n Ina.
ar Biol de — in KRudolſtadt.
— Eck in Leipzig.
> mmeiiie
ER und —S Falkenſtein ei
Rektor Gimmerthal in Sondershauſen. \
Dito Goͤſchen, Doktor der — und Prlvatlo⸗
cent an der Univerfität in Bert
Günther, hodhwürdigfter Beihlifgef und a
thumöverwefer in T
Geheimfekretär H& ndel ie Weimar.
Lazarethinſpektor G eo g Harrys in Hanover.
alter Baumann in Grpflörner,
raf Hendelvon Donnersmard,. — NRe⸗
gierungsrath und Kammerherr in M erſeburg.
Oberbibliothekar Sad in Bamberg.
XXVI-
GHerrn Hofrath und Oberbibliothekar Jacobs in Gotha.
It
—
—
1—114
1—1 341411
1111111111
Juſtizrath Jang in Schweidnitz
Bein Dr. Shling in Meiningen. en
offchaufpieler F. W. von Kawaczinski m
Koburg.
Kammerfekretaͤr Keßler in Weimar,
Domaͤnenrath Keſtner in Hanover.
Profeſſor G. E. Klaufen in Altona,
Stadtrath und Ritter Klein in Dresden.
— ——— Knorz in Fulda.
E. B. Kohlfchuͤtter, Prediger an ber reformirten
*
Gemeinde in Dresden, |
Superintendent Koethe in Allftedt,
Profeffor M. Krenffig in Meißen.
gsjeee Anton Krüger in Dredden.
rüger, Kandidat der Theologie in Göttingen.
Hoffchaufpieler Kruͤger aus Berlin, ER
Dr. Luͤbker, Konrektor der Domfchule in Schleöwig.
Kommerzien » und Admiralitaͤtsrath Marquardt
in Danzig. &
Auguft Matthay in Dreöden, , j
Landfchaftsmaler Heinrich Matthäy in Dredden.
Profeſſor Sornelius Müller in Denburg. :
. £. Müller Kirchenrath u. Oberpfarrer in Kom:
burg vor der Höhe. & |
Paſtor Müller in — ⸗Lepsdorf bei Juͤterbogk.
aſtor Dr. Müller in Berka. |
ammerjunfer Sreiherr von Neven in Offenbach.
Diakonus Niefe in Lorgau —
Diakonus Peſcheck in Zittau. ——
wer .Peters zu St, Peter und Paul im
jenie. , |
Metropolitan Petri in Zulde. Ä
Rentamtmann Preusker in Großenhait,
Diakonus Rauch in Arnſtadt. |
tiedrich Auguft Reimann in Weimar,
egationsrath Neu in Stuttgart.
Sehter Robolsty in Neuhaldensleben,
Paſtor Saal in Oberweimar.
Dr. Sachs in Berli
n.
Hofrath Scharenberg in Roſtock. FOR
Dr. und. M. Schmidthammer, Praͤdikant und
Lehrer zu Alsleben. 3 |
XIVH
Herrn Privatgelehrien Dr. Dand Schröder auf. Kremps
5 * eb —F —*— are *
at 442: n an *
50 er Etraderjan in anbauen *
Ban von S —— in ——— .
ge H. Ehiem bei St. Marien in
ambe
Sepeimerat) und —
* Freiherr v. Binde
in Münfter
Ritter utöbefißer Dr. Be en in Wi
— t Hans * N vun
enierlieutenant Hand von d
Aduokat mrtühd Ar in Osnabruͤ * AR m. Bentgen,
aftor Winkler in Lohme.
erlieutenant und Adjutant Benno von Wig⸗
er * —— FR
a olkenhaar in Draden
SH Beer. burg bei Nienburg |
Dr. "Behmen in Leipzig.
— Dr. enter in Jena.
Frau Ssulievon 3erzo ' geb, Freiin v. EhonsDits
mar in
Herr ——— —X Bibliothekar Dr, & 3ober in
4
_ Berühtigungen und Etzaingungen zu dem 1.
Jahrgange.
eite 120 Zeile und R von unten für im Schleöw, el N
— 3 in ben Schlebw. Holft. Anzeigen Selft, Angeiger Us:
— 68 — Mo. o. für Dtteniee L Dttenfen.
— 73 — 8 5. u. — Mülners I Schillers.
— 9 — 19 0.u. — Bügumtlofier I. Zügumflofter,
— — ln. — FJeverſen I Inverſen.
— 1 — 16%: 0. — Sohrdang I. Rohrbanß. 3
— 19 — 6. 0. — Nimborf I. Miendorf.
— 1942 — Beo. u. — Kaltmann 1. Koltmann,
— 103 — Too, — Loille l. DBile,
— 11 — 61.10. — Mianz I. Miang, s
Berictigungen und Ergänzungen zu dem 16. -
Jahrgange. £ ei
9». 0. lies: Stab iderd ( Zuftitlarii dei t
On be BR 0. lie —I e eig — e im Etedtuhe)
— .o. —
— urſt en
— 820. — at Rift nſchaft
— — 87 — 30.0 - Bearbeitern der Karten für die alte Geo⸗
graphie J Bearbeitern der alten Bee:
Wilhelm, Herzog in, zu Bamberg 33.
Regifter zum -15. Jahrgang (1837).
4 . Die mit größeren deutſchen Bablen
ent rt rſten —— und haben Kt
eibungen.
in der e
theild Türzere Lebensdeſchr Die mit Heinen deut
Bablen gehören der zweiten Adtheilung an, weiche felten mehr
ald Se Bjahrt, Sterbetag und Literatur nachwein und ald eine’
bloße zungsliſte der erfien Abtheilung zu betrachten If.
(Rad) der Nummer, nicht nach der Pagina zu ſuchen.)
Mag. Adermann, Dberpfarrer zu Berga 111. dam,
Amtmann zu Altkranz sis Alberti. Kaufmann zu Neus
eißenftein 30, Allmer, praktiſcher Arzt zu Sden
1. Alt, Pfarrer zu Närnberg 107. Altmann, Lands
ſchaftsgaͤrtner zu Bremen. v. Ambad, Oberliente⸗
nant zu Leipzig cos. Ammann, Biſchof zu Limburg 791.
Antony, Profeffor zu Muͤnſter 81. Ancilon, Gedelmes,
rath zu -Berlin 153. Undrd, Doktor der Medicin zu
Sdmmerdg a0. Mag. Andrei, Pfarrer zu —
35. von Andalt, Generalmajor zu Pretzlow se. _ Uns
nede, Berginfpektor zu Eremmen 115. Appubn, Kapi⸗
tön zu Danover 4. Arndt, Hauptmann zu Berlin ısı.
Arnold, Obriſtlieuten. zu Mitiel-Stradam 1006 Brnold,
Direktor zu BurgsBrandenburg ıs21. Artaud, Profeſſor
—— 401. v. Auer, Generalmajor zu Koͤnigb⸗
239. u. Organiſt zu —— 1009: Baars,
—*2* zu iefelſtede 407. ackbaus, Kaufmann
zu Göttingen 320. von Baczko, Sekondelieutenant zu
Herrnfhdt 10. Bading, Gebeimer Obderfinanzrath zu
Berlin so. Bähr, undarzt zu Alt⸗Doͤbern 136,
Baiern, Pius Auguſi, Derzog in, zu San Ba: Balern,
alf, Paſtor zu
Gteindork z60. Bandbauer, Baurath zu Roßlau 129,
Barby , Profeſſor zu Berlin 134. v. Bareire, Major zu
Zorgau 54. Bargum, Advokat zu Led 20, aron,
Superintendent zu Michelau 215. Barteldes, Paſtor zu
Tündern ı207. Bartels, Kreisthierarzt zu Hamm 1000
Graf von Baflemig, Gebeime Kammerrarh zu Roſto
345. von Baflewig, Lieutenant zu Hoben »Spreng 1032.
Baum, Hoftard zu. Spandau sıe. Baumann, Paſtor
zu &rter 305: Baumann, Kapitän zu Reval sos. Baum⸗
ch, Pofrath Rn Gotha 1235: von Baumgarten, Garde»
lieutenant zu Keval ser, Dr: Bauer, praftifcher Arzt 3%
mburg ss: Bauermeifter, Pafor zu Wehrkedt 0.
ur, Dekan zu. Waiblingen ss. Baurſchmidt, Super⸗
insendent zu Ofterode 08. Bechthoid, Geb. Ooftath zu
Ä
xxx 5
Berlin 226. von der Bed, Oberfilieutenant zu Celle
1258. : Beder, Pfarrer zu Bodland ı2%. Dr. Beder,
praftifher Arzt zu Bredſtedt O. Mag. Beder, Pfarrer .
iu Sleinbrembad 348. Dr. Beder, praktifher Arzt zu
eipzia 2086. Becker, Buchhändler zu. Quedlinburg
419. Beder, Prediger zu Rittermannshagen 51. Becker,
Kommiflionsrath zu Teterow 1172. von Beerfelde, Jo⸗
banniterritter zu Yiebenau 107. von Behr, Kammer⸗
berr auf Bebrenbof 7:0. Behrmann, Slanzleirath zu Als
sona 22, Beigel, Oberbibliothekar zu Dresden 58. v.
Belen, Alofterdomine zu Malchow 827. Benede, Kaufs
mann zu Heidelberg 703. v. Bentheim⸗Tecklenburg⸗Rheda,
Für Emil Sriedrid zu Rheda 400 u. sis, M. Bercht,
Dfr. zu Annaberg 1059. Berendes, Pfarr-Senior zu Heffta
639. Berg, Domfapitular zu Breslau 242. Berger,
Steuerraih zu Breslau 1137. Berger, Scaufpielerin zu :
. Bremen 314. Berger, Buchhändler zu Leipzig os. Ber
ger, Schrififteler zu Straßburg 276. Bergmann, Genas
or zu-£öwenberg 1225. Bergemann, Medicinalrath zu Bers
fin 1003. Bergt, Organift zu Baugen 73. Bernau, Rek⸗
tor zu Perleberg se. Bernbardi, Doktor d. Med.. zu
Altenburg 79. Bernftein, Paltor zu Nahrendorf ig. Frei⸗
berr von Berftedt, Staatdminilter. zu Slarlörude cı3.
Berthold, Hauptmann zu Schandau 1300. Bertram,
Geifenfiedermeifter zu Sonderöhaufen 335. Beſche⸗
rer, Jufiisfommiffarius zu Siemerddorf 10967. Dr. Beur«
mann, Landpbpfifus zu Stolgenau cos._ Beutler, Mus
fifdireftor zu Müblbaufen 223. von Berille, Major
zu Züger #6. Beyer, Prediger zu Burkall 206,
v, Biberftein, Dauptm. zu Charlottenburg 575. v. Biber
ftein, Landrath zu Oppeln 825. Biedermann, Defan
zu Spaichingen nı. Biener, Lieutenant zu Bledede
1106. Bilterling, Doktor d. Med. zu Libau 62. Birett,
Antiquar zu Augsburg 170. Bleph, Zollbeamter zu
Riga sıs. Blod, Rathsherr zu Dorpat r2s. v. Bläder,
Dhrift zu Schleöwig 19. Dr. Bluff, praftifder Arzt zu
Aachen 207. Blünner, Hofrath zu Breslau 85. Bod,
Upoibefer zu Sriedland 117. Bol, Obriftlieutenant zu
Sagan 1983, dv. Bodenhaufen, Prälat zu Merfeburg ses.
Bodmer, Direktor zu Zäricy 224. Böddinghaus, Kaufe '
mann zu Elberfeld 101. ; Bölike, Pred. zu Neu⸗Levin
62. von Bölgig, Major zu Bunzlau 5%. Dr. Bönig,
— zu —2 78. Frhr. v. Boͤnninghauſen,
oftor d. Med. zu Hamburg 288. Boͤrne, Schriftſteller
zu Paris 79. Freiin v. Boineburg⸗Lengsͤfeld zu Wei
N
D
xxxı
lar 2. v. Boltenttern, Obrik zu Oeltſchan me. v.
Bor
nin, Major zu Berlin 476. 9. Bord, DOberflieur
Erfurt Er * Borcke, Major zu Berlin 2 9 =
fiede, Lieut. zu Stettin 1000. Borrmann, Gculledrer
u Sägerndorf 1173. Boſe, Nittmeifter zu Dberfronk
eben iıss, von Bofe, Premierlieutenant zu Meiningen
“6 Dr. Bothe, Regierungsrath zu Frankenſtein 353,
Graf von Borbmer, Gebeimeratb zu Dffenburg sır.-
». Bothmer, Hanptm. zu Zelle 6ss. Botta, Geſchichts⸗
ee su Hamburg 132. Baron Bourgignon, Ober
leut. zu Prag cos. Brande, Apotheker zu Benneden,
Rein) 647. Brand, Dechant zu Ruwer cs» Brandl, Mio
Hldirefsor zu Karlörude 200. v. Braunfhweig, Major
zu Neuwied 1168. Brecht, Dberjufizkanzlit zu EUwan⸗
en si» von Bredow, Dauptmann zu Birabaum ae«.
rebme, Doktor der Died. zu Jena 293. Bremi, Yros
feſſor zu 2 182. Breth, Major zu Mänden son
Breuer, Botenmeiher zu Danover 771. von Brewern,
ckenrichter zu St. Deteröburg 576. Brinkdopke, Pas
or zu Herford 1004. 9. Brockes, Oberflieut. zu Ihe⸗
boe 3, Dr. Brodmann, Domprobk gu Muͤnſter
Brodmann, Schaufpieler gu Wien ons. von Bröfide,
Dberfilieur. zu Breslau ai. v. Broſigke. Delchdaupt⸗
mann Fin Havelberg 697. Dr. Srhr. v. Brad, Prieker
u Münden 381. Dr. Brüdner, Hofrath zu Neue
randenburg 161. Bräger, Jufizomtmann zu Nieder
roßla 186. Graf von Brühl, Gebeimerath zu Berlin
. Bruͤning, Hberbärgermeifter zu Elberfeld 102%
Brunswig, Doktor zu Roſtock 70. Dr, Büchner, Redak⸗
teur zu Berlin 343. Br. Dächner, Privatdotent gm
Bürid 90. von Buchwald, Konferenzrath gu Neudorf
412. Buley, Premierlieutenant zu Schweinrich were
v. Bhlom, Hauptmann zu Teffin 134. v. Bünau, Daupts
mann zu Deliefb er. d. Bhnau, Geheimerath zu Dres⸗
den 1117. v. Bhnau, Major zu Dredden 131. v. Bis
nau, Lieut. zu Magbeburs 127» Baͤnemann, Rath zu
anover 11m. Dr. Bunſen, Profeſſor zu Goͤttingen 132.
urckdart, Paſtor zu Bienentättel i02ö8. Burkhart, Hofe
rath zu Breslau sis. Burrmann, — su Sprotten
1163. Duſch, Paftor zu Nordheim uſch, Juſtizrath
zu Prenzlow 119. Dr. Süſch, prakt. Arzt zu Hamburg
872. Buſe, Maler zu “Madrid 108. Buſſe, Lieut. zu
Mitiefd. ıerı. Burdorff, Rittmeiker zu Pofen 102
Bütemeitter, Oberamtmann zu —— 140. Büttner,
Doktor der Medicin zu Salzwedel zo. Graf v. Dux⸗
döwden, Aammerberr zu Reväl 72. Cammerer, Miſſio⸗
J
I
. XXX
nör zu Tranguebar sa. Galmberg, Hofgerichtsadvokat
u Fauterbacb ıs10. Mag. Camenz, Superintendent zu
Gepda 1110, Cammerer, Rektor zu Neuburg 886-. Canz⸗
Ier, Konful zu Paris ss. Caphes, Sgöͤff zu Frank⸗
furt aJM. aus. ©, Carlomig, Generallieut. zu Bres⸗
‚lau 54. Euftendpf, Doktor der Rechte zu Bremen
1335. Gbladenius, WBürgemeilter zu Broßendain 198,
v, Ghlingeniperg, Gerichtsberr auf Berg eso Cbriftian.
fen, gebrer zu Kiga ass. lauf, Dberförker zu Weniels
burg sis. Kleve, Bofrathb zu Verden 87. v. Cloudt,
fieutenant zu Bonn 5. Cockerill, SBabrikpefiger au .
Haben es. GCörmann, Zandratb zu Bergborft 357.
Goldip, Marrer zu Dorfbemnip 639. Sreiberr v. Eos
fonge, Generallieutenant zu Münden 5:2. Conrad, Ju⸗
fizrasb zu Marienmerder gez. Dr. Consbruch, Hofrath
zu Bielefeld 307. Conſtenoble, Hoficanfpieler zu Wien
265. Goudrap, DOberfilieut. au Dreeden eg. Cramer,
Rechnungkeſteller zu Jever 416. Cramer, Amtmann zu
Wäfede 493, Cramer v. Glautbrud, Amtmann zu Döna-
brüd 105. Gramm, Dberpofmeilter zu Lüneburg 717.
' Grelinger, Geb. Kriegsrath zu Berlin 116. Cuborft, Amt
. mann zu Liebenzell 776. Gulmann, Advofat zu Münden
939. Gunradi, Advofat zu Camenz 109. Dadtler, Geb.
Kanzlift zu Stuttgart 753. Dahms, Santor zu Munz sg
Damed, Rath zu Frankfurt a/D. ssı. Damm, General
zu Berlin sı1. Dann, Ötadipfarrer zu Stuttgart 128.
Dannemarf, Stadtmufifus zu Riga 739. v. Daflel,’ Forſt⸗
meifter zu Hoppenfen soo. Deabna, Kammerfonfulent zu
einingen 751. - Debean, Spradlehrer zu Koͤnigsberg 27.
v. d. Deden, Landrath auf Laak 85. Dr. Dedmann,
Profeſſor zu Kiel 105. Degener, DOberamtmann zu Br.
rabow sog. Deichmann, Notar zu Hildesheim see. Dels
eskamp. Superintendent. zu Holte 1832. Demiani, Pas
or zu Lindenrode sas. Derenbach, Pfarrer zu Hindorf
772. Deubner, Buchhändler zu Riga co. von Demwiß,
Fieut, zu Berlin 1247. v. Dewitz, Gutöbefiger zu Koͤl⸗
pin 85. Demora, Domfapitular gu Trier 112%. Died,
Bucbindermeifter zu Altona 324. BDiebl, Witwe zu
Dürkpeim sa. Diel, Advofat zu Dieg 5 v. Dieskau,
Major zu Berlin 731. Dieterſch, Buchdaͤndler zu Goͤt—
tingen ien. Dieterle, Kriegsminiſterialſekretäͤr zu Stutt⸗
gart 597. Dr. Dietlein, Oberhaumſpektor zu Berlin 1108.
Dierrid, Juſtizkommiſſaͤr zu Goͤrlitz yes. Dieg, Direktor
zu Horldrube er. Dinnigee, Arzt zu Wismar ass. von.
Dippel, Bergratb zu Königéhütte 906, Diſſen, Hofrath
zu Adttingen 280. Dittmer, Pafor zu Wollin ass. Döbl,
.
\
Stadtgericht8direktor zu Belzig ae. Döring, Oberfon.
— iu Gotha 854. D. Dobihoff, Superintenden
u Halle soo. eichs⸗ und Burggraf zu Dobne ’
oßenau 384. BDrepner, Pfarrer zu Burg ss. © f
n, Profeflor zu Emmerich 1a. De. Driver, Hofmebdi,
ud zu Schwerin 240, Dfeenfilg, Neferendar zu le:
au 1124. 9. Düring,. Dberk zu Oranienburg 1085. von
bring, Drok zu Rethem gs. v. Dustenbofer, Dberk
zu Stuttgart 1307. Duvernoy, Doft. d. Med. zu Stuti
gen 536. Epverbard, Profehor zu Münden 11. @bert,
Stedifpnditus zu Northeim 1000, Ebner, Bubbändier
p Ulm gsi. Dr. Edermann, Profeſſor zu Kiel 177.
er, Superinsendent zu Nienburg 12. von Eggert,
Etatsrath zu Kopenhagen 4. Eggers, Oofapoibeler u
Rene 72. Ehmann, Pfarrer zu Gobengebren sw.
v. Ehrenfeld, Oberſilieut. zu Bruͤnn ası. @iger, Ober
sabbiner zu Poſen 312, v. Einfiedel, Bergkommiſſtons⸗
satd zu Iſchopau ses Elbe, Paſtor gu Kirdenrode 15.
v. Eiderhoft, Domänenratd zu Kriwig gs. _ Eierholz,
Dott. d. Med. zu Wied or. Elterbork, Major zu Has
nover 960. v. Elterlein, Premierlieut. zu Driefhnig ae.
Emmrich, Dberbofprediger zu Meiningen 188. Engel,
Pfarrer zu — 10%. Engel, Gedeimeratd zu St
eteröburg 765. Dr. Engelbart, Profeffor — b
ngelmann, Pfarrer zu Türchau 409 Dr. Epplin,
Bataill onsarzt zu Ansbach si. Dr. von Erdelpi, Pre
feflor zu Wien 154. Dr. Erdmann, aroiedd: su Luͤttich
119. Erdfiet, Paftor zu Hartum 222. Erbardt, Ap⸗
— zu Dresden see. Erichſon, Ma⸗
or zu Muͤnſterberg 663. Ernſt, Oberamtmann zu Grott⸗
au 1148. Erpibropel, Paſtor zu Eimbeckhauſen rss. Dr.
Erpibropel, Medicinalrath zu Stade 288. Eßken, Pakor
zu Uvendöhaufen 212. Eßmüller, Bürgermeifter zu
©teyerberg so. Etlinger, Buchbaͤndler zu —— 1%
Endorf, Superinsendent zu Dilfen 114. Euler, Notar
su Düffeldort 454. Eulbard, Paſtor zu Haimar 1299,
Evers, Archidiakonus zu Hamburg 765: ©. Everdmann,
Dberbergdirektor zu Berlin 336. Everth, Paftor zu Dor⸗
pat 556. Ewerbed, Profeflor "zu Danzig 330. Mag. Fa⸗
ber, Pfarrer zu Semnatb 793. Dr. v. Fechttig, Gtaatde
u. Konferenzminifter zu Wien 297. v. Sehrenzdeil, Mas
jor zu Schwierſe ı1s9. Mag. Selbinger, G&tadtpfarrer
in Langenzenn 13. Zeldmann, Pfarrer zu Sulzfeld
3235. Seller, Advokat zu Baugen gı- Seller, Hofe
baurath zu Breblau 108 Feld, Zukisfommillir zu .
Danzig 248. Feſſer, Sekretär. zu Hanoner en Ficht⸗
i x a 1
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ner, Major zu Wormditt ser. Fickeniſcher, Wärgermei-
Ra de Redwißß sos. Fickert, Kammerdirektor zu Oels 1125.
ind,
zu Linz 753. Dr. Finke, Profeffor zu Lingen ur. Finken⸗
tddt, Hauptſchullehrer zu Dfen 11es. Firnhaber, Doktor
d. Rechte jur Hanover: 712. Fiſcher, Doft. d. Med. zu
Göttingen * Fiſcher, Prediger zu Hohenfinow 49
Diaf
M. Fiſcher, onus zu Neumark eng. Dr. Klebbe, Ges
deimer Kammerrarb zu Hanover 195. Fleiſcher, Stadt-
fondifus zu Pernau 677. Fleiſchmann, Inſpektor zu Koͤ⸗
nigöberg 1133. v. Slemming, Landmarſchall zu Boͤck 1156.
mming, Regierungdfanzlift zu Schwerin 108. Soc,
bergerihtdadvofat zu Kiel 8 Dr. Bode, u iu
Srottan 1. Foͤrſter, Paftor zu: Dabrun ses. rer,
Oberlehrer zu Halle 208% Follenius, Obergerichts⸗
anwalt zu Fulda 704. Fontanes, Negimentdarzt zu Bres⸗
Sau 1193. Forberg, Doft. d. Med. zu Erfurt soo. v. 50»
reftier, Premierlieut. zu Niesky 1086. von Sranf, Ober
dergratb zu Dortmund 125. Sranke, Hofratb zu Berlin
7. Sranfe, Sprachlehrer zu Breslau rer. Dr. Sranfe,
proftifher Arzt zu Dredden 178. Franz, Gtadts
gerichisratd zu Eibing 953. Franzen, Paftor zu Soͤ⸗
up 334. Srebfe-Hinte, Ritterfdaftdadminiftrator zu
geltend zu P
Hanover 64. Frertichs. Hofprediger zu Oldenburg
42, Dr. Freter, Medicinaltath zu Poſen 10.
v. —— Major zu Augsburg 1280. Freudenberg,
eß 1001. Sreudenthal, DOberftlieutenant zu
remen 910. Sreuöberg, Landrath zu Dipe 394. Frigz⸗
fe, Paſtor zu Großdrebnig 1333. Freytag, Stadtgerichts⸗
ratb zu Memel ss. v. Sreymwald, Premierlieutenant zu
Dresden 1185. Frieſe, Staatöfefretär zu Berlin 9.
Srodien, Gutöbefiger zu Neubrandenburg 1184. Bro»
pam Bırhhändler-in Jena 212. Fubrich, Lebrer zu
reölau 1008. Sund, SKanzleidirektor zu Bentheim 794
ürft, Kaufm. zu Schwerin 338. v. Gabain, Major zu
erlin ses. Gabriel, Hofmundarzt zu Berlin ss. Gad⸗
dum, Major zu Bredlau ss. Gade, Godgräfe zu Nies
dernfiöden ı762. Gaͤdicke, Buchhändler zu Berlin 327.
Särtner, Bir. zu Arnddorf 71. Ganguin, Geh. Regie⸗
rungsrath zu Danzig 308. Ganſel, Schullehrer zu Zang-
nalrath zu Hedingen cos. Geißler, Pfr. zu Wittgendorf
beimigsdorf seı- dv. Gantzkow, DOberftlieut. gu Schweid-
nit 1223, Gehring, Landtagbdeputirter zu Hanau 1002.
Beife, Pfr. zu Wilhelmöberg ons. Dr. Geifeler, Medis
cinafrath zu Danzig 142. Dr. Geißler, Hofs u. Medici»
"70. Baron von Geißlern, Doflanzler zu. Wien 1344
€
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Daftor zu. Sattenbaufen 1291. Fink, Buchhändler.
v
— mr — mar BF Bi
; / j ı KEXV
Sellern, — — ‘gu Hausberge 136. Georgi,
Des arkersbach . Gerike, Gtaabbarıt
Auppin — von Gerlach, Lieutenant zu Parſow =
©erlig,. £ieuten. zu Bredlau ars. 9». Germar, Obrik zu
Weimar 46. Grhr. v. Gerning, Gedeimerath zu Grant
furt o/M. 94. v. Gerddorff, Hauptm, zu Dreßden air.
v. Gersdorff, Hauptm. zu Görlig 564. dv. Gerftenbergf,
Hofrath zu Tena 1015. Geutebräd, Geheimerratb zu
Altenburg 315. Gever, Pfr. zu Banı 39. Dr. Genfer,
praftifher Arzt zu Kiel 5. Giersberg, Stadtdirektor zu
Morplewo 1142, Gies, Bifarius zu Abrmeiler ers. Gilde,
meiſter, Senator zu Bremen s7. Gilling, Rendant zu
Breslau oe. Bimmertbal, Konfitorialrary zu Greußen
437. "Dr. Blafer, Superintendent zu Neuftrelig 138.
Dr. Glafewald, Tuftizearb zu Naumburg 45. Gleiß,
Major zu Neufladt in Holltein 6, Glan, Bürgermeiher
u GSolotburn sr, Göbel, Richter zu Dfelöhoff as.
odecke, Rekor zu Nordbeim oo, GBöppıngen, DOberfts -
Sieuten. iu Oppeln sis. Göfhen, Dofratb zu Göttingen
294. Göffel, Ratb zu Stade sıs. Bötihmann, Geb.
Rechnungkrath zu Berlin 11. Gbth, Lederbändler zu
Dredden 1208. Golta, Pfr. zu Gternalit sis. Golde,
Advofat zu Leipzig 1030. Goldmann, Dberamtmann zu
Gerode as5. v. Goldner, Gebeimerath zu Frankf. a / M.
tzas. Sreiin v. Goldſtein zu Breslau 53. Baron v, ber
Goltz, Major zu Berlin ra. v. Golgbeim, General.
"major zu Sreienmalde a, d. D. is. Grabenftein, Doftor
d. Medic. gu Göttingen 47. M. Bräter, Pfr, zu Tarts
baufen 73. Graupner, Dberregierungsrath zu Som
Deröbaufen 347. Dr. Greßmann, prakt, Arzt zu Schwer
xin 252. Greu, Notar zu Widmer 1075. v. Griedheim,
Dberlieutenant zu: Gotha ası. ‚Grimm, Prediger zu
Cammin 399. Mag. Grimm, Pfr. zu Wildenhain sa.
Griſebach, Generalauditeur zu Hanover su. . Grobe,
Dberpfr. zu Thann 1319. Eros, Zandbaumeifter zu Lud⸗
‚wigsluft 331. “Großmann , Slantor zu Seelze g20. Gro⸗
tefend, Seneralfuperintendent zu Clausthal 59. 9. Grund,
berr, QAppellatiogsrard zu Nürnberg ı07s. Grundmann,
Kantor zu Langwaltersdorf 67. Gruner, Kammerrath
“
8 Leipzig 36. Grunwald, Regimentsarzt zu Glatz 12 _
aron v. Gruttſchreiber, Lieut. zu Dirſchel oso. v. Gund⸗
lach, Gutsbeſizer zu Rumpshagen 1070. Guͤnther, Buch⸗
hbaͤndler zu Sroß-Glogau: sr. Guͤnther, Diakonus zu
kandshut gos. Dr. Güntz, Geheimerath zu Dresden 1244.
Sättel, Pakor zu Bändorf 110. Guincke, Thierarzt zu
Sferlohn 1238: von Gusmann, Etaisrath zu Altona 18.
Dr. Haar, prakt, Arzt zu Bremen as. van Daar, Rekt⸗
nu u Sams urn 00. D, Safe; Yrofefoe 3
au Saliderbeiden um, — Prorektor zu Bresfau 244.
änte, Prof. za Weilburg rız. M. Haͤrtel, Pfr. zu Lin⸗
— 1180. dler, Direktor zu ugöburg 91. Hage⸗
„Paſtor au Borflel 1225. Hagemann, Major zu
} Bromberg 6%. agen, Landrath zu Mäpipaufen Be
Hagen, —X arrer zu Windsheim as. v.
Hofrath zu Ilmenau 9 Hahn, Kapitän zu Berta me
ahn, Kommerzienratd zu Hanover ses. Dr. zu
raßburg 1150. , Haller, Subkuftoß zu une ne
lbach, d Medicinetaffefor zu Berlin 1005.
— der Philoſ. zu Wiesbaden si. Hamach Br ee
30 Keffeni ses Dr. Dameaur , —— zu Gießen
.Dr. Hammer, Prof; zu vIngerẽ bof 1444. Hanſing,
Eee] su Harburg 1056. Hanſing, Prediger
Barel 40. Harbord, Apotheker zu artom 697.
. rt von Hardenberg, Bedeimeratd ju Berlin 355
dung, Regierungsſekretaͤr zu Düfleldorf see. Dr.
erfei Mfarrer zu Lententbal 148. von Harten,
erichtsadvokat Oldenburg 101. Hartmann,
— zu er 1146. Hartung, Landtagsdepu⸗
med zu fl, Prediger zu Gadebuſch 274.
ub, rien u Mainz 281. Haufchild, Hofrath zu
eöden ‘108. Dr. Hapner, Direktor zu Coldig 134.
‚a 9 —— ratb su Potsdam 197. Hecker,
een Iderg 1er. Hedden, Kandidar zu Strück.
Hedden, Pakor zu GSträdhaufen 41%
eb de P — 9. eilenbed,
aufmann zu Heilenbeck 287. Hellmann, Dichter zu
in 264. von Deine, Generalmajor zu Cunerds
dorf 1066 —— Oberlehrer zu tn 398.
Heinzelmann, Pred. zu Wubkenzin 117. . Pro
mierlieutenent zu Danover 101% - Helferich, ——
sular zu Bamberg 383. Helfriht, Bäcfenfäfters
meifter zu Zelle a6. von der Hellen, Lieutenant zu
Wellen sis. Helling, Notar zu Riga 505. ——
Pfr. zu Heinrichau 11. Helm, Stalimeißer m önad
Br. pel, Stadirichter zu Altenburg: 125%
er — ————
med, Hand. d. Theol. zu Reufalden 72. Hennig, Oder⸗
—* zu Ullersdorf 66b0. Hennig, Wundarzt zu N
"I. nniög, Pred. zu peſ 750. sidel,
iu Ga — 1264. v. Herda, ge Denia zu
s66 . Hering, Hauptm. zu Dresden Rt Dr. Hering,
praft. Arzt zu Hadmersleben 1345 ermann, Pfr.
zu acadlugen KB von LIE: "Res Kai Be Köln 122%
Häberlin, N eiber
ent zu Breslau 339. ee
ne a ee >
RE VIE
Herr, geiſtl. Gebeimerart zu Lidhrentbal so. Mag. Der
mann, Poltor au Marker&dorf 6, Graf vom Herzberg,
Major zu Breslau so. Ders, Paſtor gu Dermödorf sı8.
HeB, Dbrrbaurarb zu Darmftadı 221. D. Herb, Amts
— u Stadtlengsfeld 364. Hefe, Ammsaffeffor zw
erfenbrüdf ss. D. Bei praftifher Arzt zu Schkeubig
171. Seſſelbach, Hoforganiſt zu Hoburg 375. Heflen»
Phillppstpal, Ferdinand, Prinz von 153. Heſſen⸗Phe⸗
lippsthal, Viftorie, Prinzefin von 411. eufinger,
Prof. zu Dresden 149. Heufinger, Pfr. zu Heina au.
Heuzenröder, Reichsſekretdr zu Duderfadt 1200. Hildes
brand, Doktor d. Med, zu Beutben su. Hiller, Stabi
pfarrer zu Dollfeld 285. Hilſcher, Fourier zu Mailand
415. Himip, Prof. zu Göttingen 130. Hirkd, Pfr. ıu
Niberfadt si, Dr. Hirſchel, Arzt zu Gr̃. Glogau 67.
rt, —— zu Berlin 230. Höferle, Pfr. zu Franf⸗
furt a/d. 95, Höffner, Juftizratd zu Görlig 7. Höhne,
Pfr. zu Ragemig sıe. Dr. Hoff, Sollaboraror zu Aurich
82, von Hoff, Geb. Konferenzratb zu Gotha 196, Dr.
Hoffmann, prafk Arzt zu Berlin 95. Hoffmann, Ober»
büttenmeifter zu Sreiberg_ 5. Hoffmann, Buperintem
dent zu Waldheim 500. Mofiud, Prediger zu Camen 7m-
Hofmann, Gebeimerarb Mi Koburg 75. Hofmann, Umte: -
odoofar ‚u Georgenthal 321, Hofmann, Paflor zu
Sirafau 256. Hoſmann, Dberpfr. zu Lichtenſtein as.
v. Hollp, Major zu Reichenbach 11m. Graf v. Holſtein,
Kammerberr di Holfteinburg 13. _ Hommen Dom.
fapitular zu Köln 540. Hreiin_ von Hopffgarten, Ober -
bofmeifterim zu Weimar 232. Horn, Präpofirus zu Alt»
Rdbelich u: Horn, Doktor der Philof. zu Berlin 248.
Horvath, Buchhändler zur Potsdam ass. Hoßfeld, Forſt⸗
rath zu Dreißigeder 193. v. Houwald, Amtshauptinann
zu Toͤplitz 10085. Howithz, ſommerzienrath zu Roſtock sa.
Huber, Pfr. zu St. Gallen 25. von Hüene, Praͤſident
zu Riga 71. ©. Hügel, Senerallieut. zu Stuttgart 110 _
Hünedeh, Paſtor zü Brodum ses. Huͤpeden, Juſtiſfom⸗
mifför zu Alberſtedt s765. v. Huifeldoven, Kaufmann zu.
Kiga er. Hummel, Kapellmeikter zu Weimar 322. Dr.
—* er, Prof. zu Erlangen 1166. Huſchke, Hofrath zu
erlin 767. Dr. Huſchky prakt. Arzt zu Berka a. d. x
388. Huth, Doktor d. Med. zu Chemnitz 1206. Jacobi, -
Geh. Oberfinanzrath zu Berlin 213. Dr. Jacobi, Kreis⸗
—59 zu Warendorf 110 u. sto. Jaͤger, Dohtor der
echte zu Zeven 1195. v. Jagow, Hauptm. zu Berlin
6”. Gab, Oberpoſtſekretaͤr zu Bielefeld soo. Jahow,
— Pr Berlin soo. aid, Pfr. zu Pforzbeim
466. eblen ; Konrektor zu Gluͤckſtadt 7. von Zenit, .
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unten, Defonomiefommifld r un ——————— 34
afor zu Piuingédorf 457. able, Dechant zu Frelen⸗
walde gro. von Hamefe, Beneralieut. zu Stettin 317%
u, Kappelois,. Danpin- zu Merleberg 1177- Dr. Slarde,
Drof. zu — sg, Dr. Karlien, praft. Advofat au
amburg Dr. von Kaftellig, Doktor der Mebiein
zu Wien Kaufmann, Doktor der Med. zu Huͤbſtadt
sur. Graf IE stapferling, Aifeffor so. Dr- elermann,
Beh kan zu Rom 270. ARRBe per zu **
em 650. _Nierf (fe, Paltor * ae Ti Nie
efan zu Bb Penn
Banas 634. ndel, Paſtor iu an om Kin d, Schuls
x bier zu Do dir n 1397. _ Kindt, ofaporhefer zu Eutin
D. findt, Prinarbosent in Kiel 14, , Kirfe, Obere
piarrer, Do Belgern ass» Slinler, afor zu Kermöborf
6x, Klambe f, £ieut. zu Eoppenbrugge 1400 v. Kleiſt
Maſor zu 1 Stolp ogg. Alien, Pit. aM St. Bauen, 106.
—— — 5* zu spälften 1133. Klingenberg, © Öriter
Fuhrber Alintdard, Advofat A erzberg 906.
Knauer, Apotheker zu Heldburg
dort, Dremierlieutenant zu Sagan 10r1«-
1 norring, Molizeiafeilor auf ee sir. D. Anorz,
Geh. Negierumgeratd zu Fulda obbe, Juſthzrath
> ans amar 39. ‚ Sörfter zu_Celle 606. Dr. Koch⸗
uper —8 au "Target 371. adberleim, Pfarrer zu
Kill, Orr pler, Rittmeifter zu Hftran 9508
der fat zu Stepferöbaufen ZUL. Köbler,
witegiereborf 1965. Köbler, Piare
ver zu "Dit 2: von Köliden, Major zu Brede
HR. Vs —— -Hberft eu, u D Dresden 189. König,
ultlzrarb ruben 101, ' SO ig8bo
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| gationdrait zu Dresden 1157. Sreiderr v. un u
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Direktor zu Oels 277.” D. Kobffehtter, Geh. Kabinett.
son Kopp, Staatöminifter zu Kaflel 1126. Dr. Koppe,
Geh. Regierungsratd zu Berlin 151. Korn, Buhbänds
Breslau 202,
Stadigerihtödireftor zu Breblau ae. Dr. Krug, 8
u Werfen 348. Krummacher, Paſtor j
—A 641. Kruſchwit, Rathskaͤmmerer
ler, Stadtforſtrath
fin 125. Kuipper, Advokat zu Zeige
arzt zu Dppeln sız. von Lampi, Maler zu 1846»
Sandmann, Lehrer zu Zei 1240. Landvoigt, Doftor der
Medic. zu Graudenz 1237. Dr. fang, Prof. zu Erlangen
89. Lange, Etatdrath zu Altona 829. Lange, Pfr. zu
Poͤtewitz 636. Lange, dr. zu Saara 3. Lanz, Nee
nungdrath zu Berlin cor. v. Lariſch, Major zu Bredlau
ses. Laubinger, Amtsaſſeſſ. zu Hodelpeim 1158: Laude,
Schullehrer zu Goldbeck 61. Lauenftein, Paftor zu
Berzen 1105. Zauffer, Stadtpfarrer zu Katſcher 597. Dr.
Laumayer, Regimentdarzt zu Sreiburg osı. Lauterbach,
- Student zu. Berlin 1184. v. Lebbin, Oberftlieut. gu Alte
Damm 1068. dv. Leeb, Bärgernifir. Fin Wien 360. Lefflot,
Appellationdgerihtdadvofat zu Nürnd, 1107. Lehmann,
ufizrath zu Berlin sıs. Lehmann, Kautm. zu Srank
urt a/D. 190. M. Lehmann, Direktor zu Luckau 208.
“ Dr. Lehmus, Kirchenrath zu Ansbachh 258. Ledndoff,
Dokt. d. Med. zu Camen ses. Leibnig, Rath zu Dorpat
«27. Leißnig, Dragonerlieuten. zu Deld Lejeune⸗
Derichlei, Poſidirektor zu Aachen ssr. Lemm, Hofſchau⸗
eo
"zu: Leobſch
"XL | | '
N fpieler au Berlin 216. Lentz von Höfften, Kammerrath
au Dinkloge 418. Leondardt, Lehrer zu Ebemnig sis,
- feopold, Privargeledrrer zu Dresden 670. v. un
Müngdireftor zu München s28. v. Lerber, Altſchülidei
zu Bern soo. Leske, Hofbuchbaͤnd ler zu Darmſtadt 342,
Dr. £efoinne, praft, Arzt zu Aachen 117. v. VERDdeH,
Gen. Maj. zu Berlin s23. Leuchs Redakteur su Närnb,
318. Levien, Kapitän zu Ofterode ss D. Levo, praft,
Arzt zu Altona 16. von Lemigfy, Gen. Mai. zu Reval
9. Xenfer, Advofgt zu Pirna cs. M. Liebe, Pfr, ji
Dberpöllnig so, Liebe, Advofar zu Gtrebla si. Piebelt,
Juſtizrath zu Querfurt 405, £iebesfind, Paftor zu Loderd, .
[eben 1019. v. Liebhaber, Dderförft, zu Wingenburg iscg,
v. Lilienfeld, Lieuten. zu Waift ro. Linde, Mufiklebrer
u Danover 1299. Lindemann, Doft, d. Rechte zu Luͤne—
ur 517. FZindenhan, Tuftizrath zu Hadersleben 28,
v. Lingen, Doftor Der Rechte zu Bremen sm. findner,
Pfr. zu Möndsdeggingen 341. Dr. fippert, Gpmnafial.
prof. zu. Hof 144. Dr. focerer, Prof. zu Gießen 108, _
öble, Hoffänger zu München s34. Dr. öf, Superins,
tendent zu Dammerftein 1135. Dr. von Yöhner, Fanded»
at zu Prag 406. Löſcher, Hofrath zu Neuftadr 402,
Lörfd, Superintendent zu Schmarfom gez. Low, Ober
landrabbiner zu Karlärube 246, foreng, $orftfefrer, zu
Neuftreliß 715. Korengen, Doft, d. Philoſ. zu Dfdesioe '
24. Lob, Pfr. zu Lipperdorf us. Lop, Geb, egierungss
Tarh zu Homburg 263. Kopal, Lieur. zu Königöberg 329,
£udemig, Juſtiztath zu Neu-Ruppin 55. von Füttmip,
Kegierungächefpräfident zu.Gorfau 268, Ludolff, Dbers
£. ©. Rath zu Stettin 1305. Ludwig, Pfr. zu u
ſied 1025. Mackenſen, Oberappellationsraih zu Wolfen-
büttel 414. Märfi, Defan zu Landshut 1051. Märker,
Kandbauinfpeftor zu Danzig 1237. Magenböfer, Oberſt..
—9* Berlin ar. Mäaͤgold, Stadipfr. zu Landspur
abnefe, Senat, zu Schwerin og7. Maier, Ctadts
pfarrer zu Griedrichbaven 733, von Majer, Kitter zu
Padua 233, Frhr, v. Maltig, Schriftſteler zu Dredden
209%, ©. Maltig, Obrift zu Magdeburg 983. Sreiherr
v. Maltzahn, Obermarfchall zu Berlin os, v. Maltzan,
Grafin Augufte, zu Wien 744. Mangold,. Buchhändler
zu Blaubeuren sso. dv. Mann, Stagaisrath zu Münden
131. v. Mannteuffel, Primus zu Reval 79. Marbad),
Shaufpielerin zu Leipzig 313. de Mareed, Profeſſ. zu
Berlin i1sz. ‚Mg. Martendorf, Paſtor zu —z388
v. d. Marwig, Gen. Lieut. gu Sriedersdorf 861. art,
Gaſtwirth j Hamburg 382. Matthes, Dokt. d. Medir.
ar. Mattbefiuß,. Advokot zu Buddilfin an.
”
8 un I CE en Aa 2 DE ne
xLı
Mattbiaß, Kapitän zu Damig 1000. D. Matihias, Kon.
kRorial» u. Schulrath — 1099. Mauritius,
Kriminalaffefl. zu Bütow 11. Mavors Apoideter zu
— 116. Maper, Rabbiner zu Juereichen 6.
ayer, Forſunſpekt. zu Dettingen 1390. Dr. Maperhoff,
un zu Berlin 1997. von Mediend. .Echmerin,
rang, Großherzog 62. Medienb. »Strelig, Karl Sried.
rich Auguſt, Herzog A General u. Staatsratdöpräfident
zu Berlin 290. v. Medienburg , Freiderr zu *— 691.
9. Meding, Sorfimftr. z. Borſtel 110. dv. Meding, Erbe
landmarſchall z. Fhneburg «0. Medlin, Prob $ Prag
617. M. Mebnert, ——— z. Leipzig Mebr,
Dr. RN Wacieldorf zo. Mebren, Lehrer 5. Köln 1
Dr. Meier, Rarböbudruder 3. Bremen sus. Meinete,
Pohvermalter 3. Harburg au. Srdr. v. Mein, Erbfäger
3. Ufele orı. Srhr. von Mengen, General 3. Prag 1215.
D. Merklein, Ehirurgienmajor 3. Arembelang 1012. Mepig,
Maj- 3. Schweidnitz o87. Metzler, Schöff zu Iranff. a/D,
23. Meurer, Pred. 3. Grünberg 72. ut, Amtmanı
3. Bledede 1285. Meyer, Kamerarius 3. Yurtehude go.
Meyer, DOberlieut. zu Dreöden 111. Weyer, Oberfaktor
. Hanover 52. Dr. Meyer, Kreiöphpfifuß 3. Nauen gg.
——2 Kammerkaſſirer 3. Didenburg gs. Mever, Amt,
aſſeſſ. 3. Verden.aor. Meyer, Kantor 3. Bolmerdingfen
00. Meyer v. Schauenfee 5. Luzern 1217. D. v. Meyers
feld, Prof. 3. Marburg 107, Melzer, Pfr. 3. Glas 1817.
Michséel, Sekret. z. Schwerin soe._ Michels, Großbänds
ler z. Roſtock sig. Mielke, Geb. Regierungsrath 3. Kb,
nigeberg 1190. Mies, Pfr. 3. Beulich — illies Pris
vatlebrer z Boitzendurg gElbe 247. Nirus, Unverſi⸗
tͤtsſekret. z. Leipzig 48. Mitſchelen, Finanzkammerfekrei.
Reutlingen 2812. Dr. Mötlentdiel, Appellationsrath j.
Antbah 408. Möltgen, Doktor d. Medie. 4. Kbln eos.
Mobrmann, Rheder z. Hamburg 1050. Mokroß, Bir.
Zublinig m. v. Molke, Konferenzrath zu Walde 17,
. Monomwäli, Pred. 3. Hobenbruc 570. Moriz, Reg. Sekrer.
3. Hönigöberg se. Mori. Eihborn, Geh. Kommerzien
rath z. Breslau 234. Moser, Subrekt. 3. Schwerin 167.
Mrongowiud, Apothek. z. Lauenburg sis. Müble, Schul-
Iedr. 3 Heidersdorf se. Müblendodr, Drganık zu Dies
lingen 99. Mübler, Lehrer zu von 40. Müller, Gen.
Superintendent z. Auri oe. Mäller, Major J. Bartenz
ftein 1270, Müller, ——— z. Elausthal 108.
Mäller, Pred. 3. Dobberzin 1208. Muͤller, Pfr. 3. Durche
baufen 75. Muͤller, Amtsadjunktus 3. Frantenbauſen eae.-
Mäller,, Dokt. d. Med. z. Hadersleben 164. M. Müller,
Superintendent zu Kirchhayn 291. Müller, Hofrath zu
\
J
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"Leipzig 1109. Müller, Organiſt 5. Leipzig m. D. Müller,
Kebe teur.s. Münden 1031. —E 3. Oberglogau
uoe. Muͤller, Pfr. z. Oberzell ses. Muͤller, Subrett.
Stendal ss. Müller, Stallmeiſt. z. Weimar 887. Mul⸗
fer, Maler z. Wunftorf ıra. Dr. Munch, Prof. z. Tuͤ⸗
-bingen 250. v. Münd:Bellingbaufen, Geh, Hofrath r
Wien ars, Mlındımener,, Landratb 3. Verden ss0. Müpel,
Geh. Sekretär 4. Berlin 139. Mulert, Amtsafleffor 3
. Zingen 1005: v. Muffinan, Gebeimeratb z. Münden sı5.
Segel Direkt. 3. Danzig 304. Nasfi, Palt. 3. Wingen»
Dorf 356. Waffe, Buchdrudereibefiger j. Soeſt ru. Dr.
Derberg, Major z. Lanbegaft 12. Neidbardt, Kanzlei:
rath 3. Schleitz ss. D. Neftler, Hofratb 3. Ingermann«
fand or. v. Netwitz, Reg. Sefret. J. Gumbinnen 123,
‚ Nettmann, Kaufmann 3. Müblendorf 1255. Neuendorff,
Archidiakonus ;. Brandenburg ses, Neubaus, Mentmeilt.
4. Offelten 165. Neumann, Paltor 3. Borin 957. Neus
mann, Pred. z. Neufadt:Eberöwalde sis. Irhr. v. Ne
veu, Dberforftmeift. z. Offenburg 92. Niedlich, Profefl.
. Berlin 255. Niefd, Prof. z. Halle ıor. Noad, Pfr. 3.
iederleuterödorf 419. Nölting, Major zu Bremen su.
‚ Nolte, Dokt. d. Med. f Nordheim 204. D. Norrmann,
Hofraih z. Roſtock 41. Nosky, Pakt. z. Wingendorf 1258.
v. Oedheim, Gen. Maj, 3. Münden 73. Debler, Paſt.
3 Dippoldiſswalde s. dbiers Reg. Sekret. z. Bred»
au £6: Delöner, Stadtricht. z. Schömberg 488. v. Oertzen,
Landrat 3. Brunn 187. v. Dergen, Gtaatöminifer z.
Neuftrelig 138. von Dergen, Domina 3. Rıbnig 60.
Dffenhäufer, Operat. 3. Berlin goo. Dr. 9. Orff, Dber⸗⸗
medicınalrath 3. Münden 269. Dertling, Pred. 3. Born.
bövd 390. Pabſt, Hauptmann 3. Zibin 12%. äno.
rem. Lieut. 3. Laͤhn 1033. Palm, Buchhaͤndl. z. Erlan⸗
en 337. Pambuch, Pfarrer z. Prausnitz 1097. v. Pape,
Konfitorialdirektor 3. Danover s7.. Pappenheimer, Ges
meindevoritand z. Münden 1129. vd. Paſchwitz, Grenadiers
bauptm. in Griebenland 1108. Paſſow, Pred. z. Krafom
235. Dr. Pauder, Oberarzt 3. Gatſchina 41. Paudert,
Dberamtmann z. Oppeln un. Peterd, Superintendent
ij. Zrebnig 257. Pererfen, Dberalter: 3. Hamburg 299.
Öererfen, Bürgermeift. 3. Heiligenbafen 27, M. Megelt
, Warthau a2. Petzold, Oberlehrer z. Schoͤnau ax
Freiherr v. Pfeil» Schharfenftein, Major J. Münden sr.
Dienninger, Altfedelmeifter 5. Stäfa gg. Pfiſter, preuß,
Konfulsy, Malta 13: Marquis Piatti, Obriſt A} Schönau
“os. Mieafa, Pfr. 3. Lubom 7. Pilasky, Regierungs⸗
rat) zu Liegnin soo. Pillmann, Konrekt. z. Memel ses.
Xxurti
v. Pirch, Sek.Lieuten. x —X .Plahn, Stade
ſekret. z. Plau so. Plaßmann, Pfr. z. Afſeln 2. Pia
tenauer, Doktor d. Medic. zu Reuſtadt 661. v. Pleſſen,
Sqadtzrath 3. Buͤſtedt 46. v. Pleſſen, Gebeimerathöprä
ſident 3. Schwerin 158. Dr. Pleßer, Pred. zu Bremen
241. Pleuger, Lehrer z. Meinertöbagen 1290. Plinte,
Drganik z. Winſen ssı. von PlöR, Landidaftsrath 2.
Stargard 108. Ploß, Kunftbändier 2. eeipsig 216. Sl
. Privatgelehrter 3. Altona 302. Pölhl, Weltpriekter
Wien 1246. Pohrt, Kalkulator z. Riga ss. Pomomwiß,
Geh. Dberfinanzrath 3. Berlin 267. 9. Ponilau, Kane
merdireft. 3. Zeig 1230. Dr. 0. Popp, Dberappellationde
gerichtödireft. 3. Münden sıs. v. Porbeck, Vicepräfident
. Kaflel 295. 9. Poremböfy, Lieuten. 3. Nybnid 1.
Gragner. Prof. z. Münden ui. Preuß, Militärpenfion.
. Hamburg 47. Prefler, Oberamtm. 3. Dirföberg om.
Brietipp, ubreft. z. Anclam 109. Priem, SKeiegsrath
. Berlins. v. Prob, Prem. Lieut. & Schwedt russ.
Äsrudto, Dpverlehrer 3. Bredlau 260. Gr
Kanonikus 3. Bredlau 10m. Duaglio, Oofmaler 3. Ho⸗
benfwangau a. Queitſch, Rektor 5. Freiburg zus
of v. Pädler,
v. Duitrow, Oberflieut. 3. Geverin os. Raabe, Gen.- -
Maj. 3. Dreöden 145. Rabe, Maler 8. Rom 1256. Rüs
bin, Organiſt 3. Bredlau 323. Nadel, Yufizkanzellikt $
üfrom so. von Kadzivill, Zürft Andreas Balentin,
z. Dredden 1061. Raͤgener, Generalfuperint. z. Hof
minden 661. Rampf, Pfr. 3. Bredlau 551. Dr. Ram
dorn, Schulrath z. Altenburg 340. v. Random, Haupte
mann 4 Berlin 74. Graf 3. Rantzau⸗Breitenburg, Gen.
Kriegskommiſſ. z. Hamburg 11. Rapps, Pfr. di Erlen
bad 76. Rauch, Pfr. 3. Alferdleben 180. Ka
Pred. 3. Radun sos. Nedderfen, Senator z. Nordheim
1160. Graf v. Rebberg u. Rothlöwen, Gen. Lieuten. g.
nen 386. de Rege, Guperintendent 3. Potsdam sı9.
Reich, Paſt. 3. Wangten 1009. Reichard, Hofrath 3. £0s
benftein 278, von Reihe, Oberamtm. 3. Liehenburg sos.
Reſchel, Kreisſuſtiztath z. Kaſſel 129%. eichenbach,
Bibliothekar z. Stuttgart 786. Reichert, Bürgermeiſt. $.
kandsberg 1051. Reimann, Major z. Schwemſal 1157.
Rein, Schullehrer 3. Cloppenburg 413. Keinede, Pred.
3. Bilder 430. D. Reiner ‚‚Landgerichtäarzt 3. Münden
100. Reinbard, Pir. z. Hilbeck 392. Reindard, Hofe
fdaufpieler 3. Müncdey 377. Graf v. NReindard, Staatß,
raid und Pair von’ Sranfreich Rn} Paris 379. Reinhard,
fr. 3. Städtfeld 141. Dr. Reinhardt, praft. Arzt r
Dreöden scH, Reinhold, Staatörätdin z. Kiel 1m. Reis
ter, Oberſtudienrath z. Mainz sss. Schr. v. Reigenftein
a
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uchfuß,
N
XLLIV | —
z. Schmweidnik 1218. Nenner, Prem. Lient. 5. Forſt 1167.
Kenner. Oberamtm. 3. Lorenzberg sıo. Reuling, Stadt:
rarh 3. Stuttgart oo. Neuß, verwittw. Fürftin 3. Greig
1186. Nenter, — z. Berlin soo. v. Reuß, Dbers
vdibliothekar 3. Göttingen 369. Reutzel, Kataſtergeometer
8 Gießen srı. Reymann, Hauptmann 3. Berlin 826.
beinbott , Gen. Superintendent 3. ©t. Fetersbur 121.
Rdeinwald, Doft. d. Chir. 3. Braunfhmeig 70, Nbein-
wald, Pfr. 3. Neckarems 735. Ribbentrop, Amtsaſſeſſ. . '
- Münden ınt. Richarz, Gymnaſ. Lehrer 3. Aachen 1306.
Richter, Privatgeleberer 3. Dresden 1248. Dr. Richter,
auf. 3. Erlangen 1270. Richter, Kaufm. 4 Sranft, a/D. 55.
ihrer, Negierungsrarh zu Minden 68. Richter, Bas
taillonsarzt zu Prettin 1007. Richter, Berichtödireftor zu
Stolpen 1322. Riedel, Landesdirektlonsrath zu Weimar 13%.
Ningelhardt, Landrichter zu Oſtrau os3_ Ringeltaube,
DHaupım. zu Bretlau 146. D.’Rinna u. Garenbad, Hof
arzt zu Wien oe. Riſch gu Neifferfcheid, Hüttenbe⸗
Äger zu Schleiden 34. Rodde, Paſtor zu Bargftedt
8 von Rode, Geheimerath zu Deſſau 95. Dr.
Rödiger, Diafonus zu Halle 113. Nöller, —— zu
Woͤlffersdotf se. Roͤſenberg, Magiftratör. zu Libau 600.
oͤſſſe, Schauſpieler zu Didenburg 214 Dr. Roͤßler,
Superintendent zu Merfeburg 1073. Römer, Buchbind»
ler zu Göttingen 359. Roland, Legationdrath zu Ber:
lin 108. NRola, Konzertmeiſter zu Dresden 191. Dr.
Rommel, Generalfuperintendent zu Kaffel 271. Rooß,
Dberfilieut. zu Görlik 1m. Roos, Major zu Reichers⸗
dorf 06. Dr. Roſcher, Kreisphyſikus zu Genthin 40%
Dr. Rofen, Profeffor zu London 1139. Baron v. Nofen,
- Kollegienratd zu Reval rss. v. Rofenberg, Pfarrer zu
Neiße 102. Roß, Kaufmann zu Duidburg 1993. Dr.
Roßbach, prakt. Sur Bramhbach 55%» Roibe, Generals
accidinfpeftor zu Leipzig 65. v. Rottenburg, General
lieutenant zu Weſel 261. Dr. Rudolph, praft, Arzt zu
Sangerbaufen 126. v. Rudolphi, Öenerckient. zu Glos
gau 720. v. Rudolphi, Generallieut. zu Wefendabl 795
üder, Buchhändler zu Berlin 20%. Rüdenburg, Paftor '
u Minken 656. Ruhland, Stabsarzt zu Riga ze. Dr.
ulmann, Medicinalrasd zu Wiesbaden cıa. Rumann,
Dberflieut. zu Hanover 1000. Rump, Profeſſor zu Bre⸗
men 701. Rupe, Ratböherr zu Minden 352. Ruft, Kan⸗
tor zu Berlin ıs1. Br. Rutta, Domfapitular su Wärjs
burg 286. Saage, Geminardireftor zu Paradied ar
Saal, Superintendent zu Großrudettett 344. D. Sadſe.
Kunterachker zu Chemnig 1087. Sachſen » Meiningen,
Souife Eleonore, Herzogin zu 172. v. Bad, Major zu
X.V
Breslau 107. sum Sande, Dberamimann gu Oi.
Bander, Major zu Hardurg 121. v. Ghrtori, Kirtmels
Ber gu Serfhnig zu. Sattler, Paftor zu Barrel 190.
Sauer, Amtedirurg zu Steimbfe 917. Sapı- Wittgen.
ReinYobenfein, Fuürſt Karl, zu Wirtgenkein gao. Shaafs, -
Örfter zu Dberode gm. Schäffer, Profeffor zu Duͤſſel⸗
of 292. Schäffer, Kommerzienrath Zu Königsberg ses.
Scharnagel, Maler zu Bamberg 150, ©carnagel, Kob⸗
erator zu Portenfein 194. Schatz, Jumzr. zu Garz 1387.
baumann, Doft. d. Rechte zu Danover soo Scheffler
Dberlandgeritsratp zu Magdeburg 979. Gcheibe, Hof.
ratb zu Berlin 120. Sceibler, Seidenmanufafturi zu
Krefeld 349. Schein, Pfarrer En Bobeck 41. Scelble,
Mufikdirektor zu Srankiurt a / M. 109. vreiv. v. Scele,
Regierungefefretär au Oldenburg 133. Dr. Scheller,
Landphyſtkus zu Gelle 1. Dr. Scheller, Proteflor zu
Eee 316. Schenler, Pfarrer zu Groß. IBeißond 176.
Scherber, Pfarrer za Berg 05. Scherrer, Doftorin zu
Sdhmerikon 11% Dr, Scherzer, praft. Arzt zu Schön»
heyde 10. ©. Scheve, Dräfident zu Berlin 100. ©de-
ven, Yandrath zu Hennef 120. Gcidora, Paſtor gu
Sriedri@ägräg 1206. Dr. dv. Sciferli, Leibarzi zu Elfenan
ss 9. Ediller, Dbrift zu Srankiurt a/M. 0. Baron
Schilling v. Canſtadt, Ctaatdrath zu Gt. Peterburg 10c0.
v. Schimpff, —— gu Dresden 12. Schinkel,
rediger zu Neu:Ruppin soo. ©. Schlegel, Dberft zu
ale ;ı0. Freih. v. —— Geheimerath zu Braun
Dmeig 59. Solidthorſt, Kapitän zu Hudfeld 109.
Sodlichter, Pfarrer zu Unterboilingen 157. ». Shlieden,
aupimann gu Dderin 657._ Zchmelke, Schaufpieler zu
erlin 162. Dr. &&meiffer, Arzt zu Damburg 69,
Dmiedel, Spmnafialdireftor zu Lomfpnsk ei. von
Schmieder, Kommandant auf Königfein 1018. 9. Schmidi,
Beneralmajor zu Wien 874. Schmidt, Kaufmann zu Bit
terfeld 1097. Dr. Schmidt, Gebeimer Finenzrath Pr Gie⸗
en 310. Schmidt, Pfarrer Zu Iſerode 12. Echmidt.
farrer zu Mariafirdy go. Dr. Schmidt, praft. Arge zu
renzlau a6. Schmidt, Premierlieut. zu Epandau a7.
Schmidt, Zußlgtan; ieiadvofet zu Schwerin 96. Schmidt,
Dberamimann zu Klof. Bepra su. Schmidt, Privatmann
u Wien 121. Schmidt, Schullehrer zu Schweinhaus 497,
Ir. Shmold, Profeſſor zu Berlin 103. Schnädelbad),
Apoiheker zu Yiebenthal 12. Gcneider, Rektor gu
Grünberg 32. Dr. Ehneider, Hofrath zu Krefeld 58,
Shneider, Pfarrer zu Rybnid os. Schnelle, Hoffantor
— 105% Schnepel, Advokat zu Guſtrow 197.
nieber, Kreisjuſtizrath zu. Schweidnig 300. Gchnig-
®%
. XLVI
enberg, Hanptmann zu Srauffurt a/D. «oe. Sonor⸗
feil, Amisrath p Brleslau 125%: Dr. Schön, Arzt zu
eiffe ce. Schöne, Kantor zu Bärenflein ss. von
Goönfeldt, Dberforkmeitter zu Merfeburg 5:0. Schöne
berr, Doft. d. Med. zu WBeimar 1512. Schoͤps, Bataile
fonsarzt zu Bredlau 117» Dr. Scholz, Profeflor zu Bres⸗
iau 48.. Scholz, Paſtor zu Karften 1289. Schorr, Pfars
rer zu Süchfen 143. ©. Schoß, Dberfilieut. zu Gr. Glos
aau 1085. M. Schett, Pfarrer zu Foffenau b66. Schra⸗
der, Apotheker zu Berlin 4. v. Schramm, Lieutenant
zu Bredlau 109. Schreiber, Schullebrer zu Koͤnigswalde
1325. Schreiner, Pfarrer zu Xraben 403. Shröder,
Garnifonauditeur zu Hameln 1257. Schröder, Apotheker
zu Hanover sig. Schröder, Amtmann zu Münden 1203.
Schröder, Zollbeamter zu Riga sor, Gehröder, Konzleis
‚ zath zu Schwerin 1255. P- Schroͤter, Amtshauptmann
u Helmsdorf ız19. Dr. Schubart, — zu
Hamburg 311. Dr. Schuderoff, Geb. Hofrath zu Alten⸗
burg 330. Schüler, Rath zu Hildburgbaufen sos. von
Shüs, Geb. Oberfinanzrath zu Köln 179. Schuͤtzendorff,
Pfarrer zu Horrhauſen ass, Scuknecht. Kreisbaumeiſter
su Mainz 78. Graf v. Schulenburg zu Fondon 865 v.
d. Schulenburg, NRittmeifter zu Neufladtsia. Dr. Schuttz,
Hofrath zu — — 227, Schulg, Platzmajor
| an Braunfchmeig 249. Schulge, Paſtor zu Sevenftedt 391.
Sulz, Negierungsrarh zu _Merfeburg 127 Sgulz.
- Sientenant zu Wefel us. Schulze, Oberſteuerratd zu
inden ısm. ». Sculzenbeim, Generallieut. zu Stock.
bolm 1033. Schumacher, Scrififteller zu Danzig 106.
Shufter, Domänenrath zu Kirchberg 75: Sgwarts, Pas
ftor zu Stroppen 370. Schwarz, Dokt. d. Med. zu Er⸗
furt gi3. Dr. Schwarz, Gebeim. Kirchenrath zu eidels
berg 139, von Bomarzburn: Bpnberäbeien. Guͤnther
Friedrich Carl, Fürft 155. Schweigerd, Buchhändler zu
Wien 79. Mag. Schweitzer, fehrer zu Leipzig 1316.
Schwyrer, Statthalter zu Luzern ass. Stel, Revifionde
rarh zu Niederfelterd soo, Scelmayr, Profeflor gu Dils
fingen v. Geelfttang, Rittmeifter zu. Striene 1200.
Graf dv. Seher:Thoß zu Bitſchin 1079. Seifert, Schul⸗
lehrer zu Neudorf sis. Seiler, Rendant zu Kdnigöberg
36. Geipel, Senior zu Neumalterödorf 128. Semper,
. Doerfdrfter zu Conradswaldau 1192. Dr. Sengebuſch, Ju⸗
fligfanzleiadvofat zu Rapeburg 35. Seyer, Dbertörfter .
au Montaut 1119, Sevin, Lehrer zu Weibenflein ee. Dr.
. Sibert, Dekan zu Auerbach 1045. Dr. Sidel, Hofrath
u Leipzig 113. Dr. v. Giedbmogrodzfi, Profeſſor zu
offen 431», Mag. Gieghard, Veöperprediger zu Leip⸗
® — mu — —
— —
— — — — ——
ILVII
"glg 88. Dr. Siewerlitgg, prakt. Arzt zu Stralſund 245.
ga 9. Bienen, S ndihe su Hamburg 48. bi ;
Buchbändler gi agen . Bir. Simon, zu Medem '
bad 173. D. Simon, Reg. Arzt zu Rieſenburg a. Sin⸗
tenid, Pfarrer zu Großſcöbnau 87T. Baron von Sul ju
ungferndorf 101. Söffner, Vicedirektor zu Neiſſe 66,
Söhnen, Zrbrer zu Mählheim 102. v. Solmb Braun.
feld, Fürt Wildelm zu Braunfels 76._ Sommer, Paſtor
su Doigtsdorf 707. Sonderöhaufen, Hand. d. Theol. zu
Zarnewan; 595. Dr. Spangenberg, Prof. zu Albano oo.
Spener, Pfarrer zu Derren » Quljbad 3066. Graf von
Spiegel zum Diefenberg- Hanzieden, Befandter zu Mäns
&en sor. Dr. Spiro, Adöokat zu Frankfurt a / M. 275.
v. Sporken, Priorin 3. Kloſter Lne ses. Springer, Pro⸗
feſſor z3. Mergentheim 61. v. Stackelberg, Freih. z. St.
Petersburg 777. v. Stadl⸗Pfeilhalten, Apotheker duo ⸗
Bur 146. Gtadr, Pokor zu Pawellau 101. M. Gtange,
MM iarrer 3. Weißig 127. Stark, Landlommiffdr z. But
selkädt 319. Dr. Stark, Geh. Hofrarb u: Profeſſor z.
Siena 378. Grarß, SHaufmenn z. Aachen se. Dr. Gt
venbagen, praft. Arzt 3 Zhllihau 1017. Stegmann, Pri⸗
patgelebrter 4. Augsburg 115. Stegemann, Dberlands
erihtöaffeffor 3. Swinemünde 1005. Stein, Curatus %
Rotbenburg a. d. T. 168. Sreid. v. Stein, Kemmerd,
4. Großkochberg en. », Steiner, Bangquier z. Wien sie.
Steinfopff, Amtsrath zu Bernburg 100. Gteinmann,
Gtabdtratböpräfident zu St. Gallen 13. v. Gteinmep,
Generallieut. 3. Poredam rag. "Dr. Stellmacher. Rath &
Heldburg 905. v. Stephani, ————— 4. Ratibor 1187.
Tieut. 3. Riga 573. M. Gtieber, a Ad z. Ansbach 606.
Würzburg 1110. Stier,
Eine zu Neifen s22. Stock, Mejor zu Urolfen a v.
g20. Dr.
rath 3. Schleiz 159. Streitwolf, Mufifer z3. ingen8t.
ttelom, Hatböherr 4. Riga see. —*2 — a
fer 3. Lingen ssı. Fiqu dv, Struve z. Hamburg . Stu⸗
enrauch, kandraub 3. Ders a3; Stuber, Ho 84.
: Fudmigefu t > In ui, — — —* ur
tin 87. Etümner Regierunger. 3. — aj D. ace.
— a *
/
x
‚Lv
v. Stuͤrzer, Staatsrath in Muͤnchen 284. v. Stumpe,
Oberſt z. Heilbronn 40. Sturm, Paſtor z. Stein: Kun:
endorf 837. Sudendorf, Dekor 4. Badbergen 1046. v.
@ufzer, Generalmajor zu Alcbaffenburg as. Suſemihl,
Nosariud 3. Roͤbel 113. v. Sudner, Reichs⸗ u. Staatds
rath 3. an den 57. von Sydow, Major 3. Brieg 365.
Dr. de Taillez, Lehrer z. Münden 473. Tannenberg, Ors
ganift z. Groitkau 468. Teichert, Doft. d. Med. 3. Stols '
en 73. KTeichgräber, Dberammmann 3. :Warmbrunn 1098,
eihmann, Probſt zu Oels 1161. Dr. Temler, Privatdos
cent z. Jena 1336. Dr. Thär, prakt. Arzt 3. Beriin 394.
v. Tdanffen, Etatdrath 3. Hamburg 373. v. Theobald,
Seneralmajor 3. Stustgart 126. Tieb, Saktor zu Schwes
rin sıs. Dr. Thilow, Medicinalrarh zu Erfurt 516. Thies
mann, £eftor 3. Breölau 97. Thieme, Kapitän 3. Grüns
berg 1013. Thieme, Schaufpieler z. Neuftrelig 211. Thier⸗
. mann, ®eneralaceißinfpeftor 3. Dresden 251. Thierbach,
——— 3. Breslau ass. ©. Thieſendauſen, Major z.
erlin as3. Thomas, Geheimer Juſtizrath 3. Kaflel 175.
Thome, Maler 3. Breslau 737. Dr. Thormeyer, Gymna⸗
fialdireftor 4, Neu:Ruppin 66, Thulemeier, Doft. d.
Med, z. Iferlobn coı. Dr. Tiarks, Aſtronom 3. Jever 404,
Fieftrunf, Profeſſor zu Halle 306. v. Ziling, Major '
Burgmerben 130. Timm, Paftor z. Neufirden seo. Kreis
berr v. Zigenhofer, Geheimerath 3. Homburg 483. To⸗
biad, Pfarrer 3. Altzülz ags. Töpelmann, Kreidamtmann
Kgrelburg 1054. Graf v. Töring:Seefeld, NeichEratd -3.
nen 432. von Trampe, Hofratb_3. Oldenburg 396.
v. Tranſche, Zandratb z. Niga ss. Trautmann, Kantor
3. Neuftadt asa. dv. Zrautvetter, Butsbefiger z. Wolhp⸗
nien 543. Trentin, Anitöratb 3. Luſchwit er. Treviras
nus, Prof, 3. Bremen 84. Triebel, Pfarrer 3. Tylda css.
. Dr. Trommsdorff, Geb, Hofratb 3. Erfurt 118. Tucker⸗
mann, Amtsaſſeſſor 3. Gr. Schneen 86. Türcke, Duins
tus 3. Cottbus 1338. - Türk, Hauptmann 3. Gleiwig 9%.
Twele 3. Duedlinburg om. Fa chmann, Paſtor z. Sa⸗
gan ses, Uhlhorn, Mechanikus z. Grevenbroich 308. v.
‚Mir, Lieut. zu Koͤnigsberg 1293. Unzer, Makler zu
Danzig 1116. _Ufener, Urditiafonus 3. Marburg 272,
Dr. Väth, prakt. Arzt z. Külsheim 3. Wahl, Hofſchau⸗
fpielerin 3. Neuftrelig 44. Balfenberg,_ Bärgermeißter, 3.
Wormd si, Dr. Varjeb, | z. Hemmendorf
10866. Bater, Juſtiztommiſſarius 4. Bredlau 181. Vateri,
Major 5. Mebwiß 114. Beitd, Prof. 5. Dredden 217.
Freſh. ©. Vequel, Oberappellationgrard- z. Münden 1080.
Deöpermann, Schaufpieler 3. Münden 40, Dr. Bettien,
%
“
m"
ZLIX
Regierungdr. 3. Stettin 12io. Dr. Dein, Konflkoriak
räth 3. D6nabräd 410. v. Vietingboff, Aſſeſſor 3. Mer⸗
feburg 674. Graf Vitzthum v. Edftddt, Gebeimerath zu
Dreöden 1133: Dölder, Kriegsrath 5. Berlin 77. BdlE
fen, Steuerinfpektor 3. Münden 130% M. Vogel, Yator
u Cdriſtianſtadt 397. 9. Vogel, Major ;. Berlin 11%
Bogel, Regierungdr. z. Frankfurt a/D. 116. Bogel
£ebrer 3. Langerfeld oo. Dr. v. Vogel, Geh. Medicina
rath 3. Roftod 53. Vogt, Palor 5. Halver 127. Voit,
Sabrifbefiger 3. Hildburgbaufen as. Volger, Major
Hanover 56. Voos, Zebrer 3. Wohlshahn rı. Wäch⸗
ter, Privatgelehrter 4. Damburg 76. Dr. Wagner, Pros
fellor 3. Sreyfing sıo. aaner, Kandidat 3. Halle 1331.
Wagner, Domfapitular ch Rottenburg ar 205, Wale
baum, Schriftgießer 3. Weimar 218. aldraff, Ratd 2.
Haigerloh ca. Walter, Stadtfhulreftor 3. Tarnowig
1. Dr. Walg, Regimentdarzt } Potsdam 682. v. Wan⸗
genheim, Kammerh. z. Siebleben Hs. v. Warnſtedt,
Kammerb. & Traventdal 26. Warttig, Pfarrer z. Steflt
‚88. Dr. Weber, Quftigfanzleiadvolat zu Roftod 266.
Weber, Doft. d. Medic, z. Spmeidnig 174. Dr. We
defind, Praͤſident 3. Mannheim ses. Wedigen, Kriegs⸗
rath zu Düffeldorf ass. von Weech, Haupfmann zu
i.
r.
⸗
Athen 10413. Wegener, Superintendent z. Züllichau 417.
v. Wegierski, Mojor z. Breslau gos. D eidig. Pfar⸗
rer z. Obergleen 103. Weidig, Hauptmann 3. Sauger⸗
baujen zus. Weidinger, Kaufmann z. Hamburg 1224.
Weidler, Pfarrer z. Gr. Doͤbern se. Dr. Weigend, Eis
fterzienfer 3. Ebrach 192. Dr. Weigel, Duartud zu
Leipzig 50 und eo. __M. Weigenmajer, Gtadipfarrer
zu Dornfetten 780. Weinfauf, Hoffbaufpieler zu Co⸗
durg 219. Weinfig, Paſtor 3. Sallingboftel 102 9. Weis
rad, Major z. Bunzlau 72. eife, Lehrer 4. Schmiedes
berg 1251. Weiß, Schullehrer zu Liegnig 1. Dr.
Weißbrod, ‚praftifcher Arzt zu Münden 11. Weifle,
Diafonud zu Sommerfeld 106 Dr. Weiterödaufen,
Harrer zu Großenbufed mr. Weihtzel frath zu
Wiesbaden 37. Welgien Advofat 4. Roſtock 395. Wene
DEU, Buchdruckereibeſizer z. Rendsburg 23. Wendt, Hofe
rath u. Prof. 3. Göttingen 21. v. d. Wenſe, Haupt⸗
mann 3. Kneſebeck 10. v. d. Wenfe, Forſtjunker 3.
. „Eelle 160. Wengel, Gebeim. Tufigeard 3. Breblau m. -
Wenzel, Major 3. Geankfurt a/D. 152. Werdüdagen,
farter 3, Valbert 747. 9. Werder, Genralliemenant 3.
logau 26. Werkmeiker, Landrentmeiſter 4. Minden 233.
Werner, Major 3. Dannenberg sis Werner, Dolt. d.
«
\
h- I .7 *
ed. 3: Plauen 1205. Werner, Kanonifüud z. Stade 1295.
| Befemann, Kaufmann 3. Nienburg or, Weſthoff, Pas
fo j. Herne 1119. Widmann, Senator zu Noftod ss.
Binprendabl, Generalkaſſeſchreiber I Darm 7. Wis
burn, Juſtizrath 3. Natibor 944. ieffermann, Pfarrer
4. Lengerih 122. Wieland, Magifter 7, Dresden sei.
1. Wienskowsky, Generalmajor 3. Bredlau 104. Wie—
ator 3. Altenbagen 1131. v. Wilamomwik, Major z. Ga:
Bil Gpmnafialprofell. ;- Feobfhüß 1153. - Wiggert,
lich, Premierlieut..z. üben 5%.
— 723. indprecht, Blcerantiguar zu Auge»
0m 1320. Wild, Doft. d. Med, En 1282, —
gmann, Major 3,
urg 229, zBippergt, Rektor z. Adorf 1226. Witting,
ofbaurath 3. Hanover 573. Witendorf, Kaffirer 3. Leip-
zig 775. v. Wipleben, Dberlieutenant z. Dresden 367.
v. Wigleden, Staaröminilter i Berlin os. Mohlfart,
tediger 3. Gehren 7a. Wohlleben, Neferendar 3. Ber
in 68- oife, Gurdbefiger auf NReimanndfelde ex.
Moldenbaar, Hauptmann 3. Hameln 107, Dr. Wolff,
Kreiöpbnfifus J. Trebnif 971. Dr. Molterftorff, Paitor.
z. a 273. Woltmann, Baubdireftor z. Hamburg
858. SpEaametT, ande 3. Breöl, 1014. v. Wrede,
Fhrkin opbie, z. Ellingen 72. v. Wrodem, Nirrmei-
‚fer 3. Zaleſchen oz. MWühr, Mufiflebrer 3. — 374,
Mnſch, — 2 Berlin 160. Wärger,
aftor 3. Brofdorf 20, Wülbof, Ammann 3. Id:
edit 755 Wunfter, Superintendent z. Breblau. 232,
"on rg Amtöbauptm. 3. Großen: $urra 341. von
-Babueönig, Oberin 4. Augsburg 279. Zebe, Juſtizdirek
tor zu Lieanig cor._ Zeeſe, Oberförfter zu Wriezen ser.
ea, Doft. d, Med. zu Eibenfiod 1253. Dr. Zenker,
Dofraih u. Peof. zu Jena 333. Zerbft, Generalfuperint.
zu Ganderöbeim 654. Zieger, Pachtamtm. zu Dueblin-
urg 77. v. Ziegler u. Klipphaufen, Hauptm z. Onas
denberg 57. Zimmermann. zen: zu Rofiß 1109. Zim⸗
mermann, Kammerrath zu Gtuttgart 738. iefemeier,
Meof. zu Berlin 336. Zinkeifen, Hauptm Ri Ultenb 111,
Zobel, Kapitular zu Fiecht 163. v. Zur» Müplen, DOberii-
int. 4. Wierfall sam. ©. Soclinski. Maj, 3. Dresbden 99.
“ie ar
Erfte Abtheilung.
zpeils vollfländigere, theils ſtizzirte
Lebensbeſchreibungen.
N, Rekrolog 15, Jahia. 1
Nachtrag
einiges im Jahr 1836 Verſtorbenen.
EEE TEN
*1. Hans Heine. Rudolph Focke,
Dr. med. u. außübender Arzt zu Trittau, in Holftein;
Beb. den 15. Aug. 17735 gef. den 17. San. 1836.
A war zu Eee im ——— en geboren, ⸗
ir —— — Bier — die Pa
Ber t, um ſich Ben. gi 1 Ohm
widmen und wurde
ribus. Goettingae 1798.
Erempdorf. D. 9. Schröder.
* 2, Charlotte Philippine Eleonora Augufte
Freiin von BoineburgsLengöfeld, geborene
b,
v.
Vattin des kurhefſ. Geh. Bepierungsratpb, Shen. v. Boineburg :
Lengsfeid in Weiler im Weimar.) ;
geb. am 11. Aug» 1767, Heft. am 1. San, 1836,
Sie war zu Emen in der Grafſchaft Schammburg.
E e, auf —* Kinergun ihred Daterd geboren und die
— von Albredt Ehrikt. von Dheimb, Erdherr auf
r#, Helpenfen ımd Rinteln, de Senerailieutenam
' 4 Freiin v. Boineburg⸗ Lengsfeld.
der Cavallerie, Gonverneur der Feſtung Rinteln, Cura⸗
tor der daſigen Univerſitaͤt und Ritter der deſſ. Orden,
und von Sophie Friederike Henriette Gräfin von Mellin
aus der Herrſchaft Fahnerow in preuß. Pommern, Erbin
des Ritterguts Suͤdhemmern ohnweit preußiſch Minden,
Ibrem Vater, der ſich durch feine dervorſtechenden mis
litärifden Eigenſchaften, vereint mit ben edelſten Ge
finnungen, die Kiebe und Achtung feines Särften, feiner
&ameraden und aller, die ibn Fannten, in dem Grade
erworben batte, daß fein Andenken noch lange nach feie
nem Tode fortiebte, und der 66 Sabre in den Kriegen
von 1734 bis 41763 dem Haufe Heflen gegen Frankreich
diente, worin er fieben ebrenvolle Wunden erbieft, war
fie an Berenägbte und moralifcher Characterſtaͤrke hoͤchſt
äbnlid. bon ald Kind war Wohlthun ihr ein
befeligended Gefühl, daher verwandte fie ibr erfpars _
teö Taſchengeld, um vermailte Kinder in die Schule
su ſchicken, und fie fühlte ih glücklich, wenn fie eis
nen Ebeil ibrer Sreiftunden Dazu verwenden Eonnte, um
für arme Kinder Kleidungsſtücke zu verfertigen. Wie
fi an geiftiger Schönheit zunahm, fo tbeilte fich diefer
balanz ihrem Körper mit, fo Daß der berühmte Maler
Tiſchbein, ber ihre Eltern porträtirte, von ihrer Geſſchts—
bildung fo ergriffen wurde, daß er im 12, Jahre ihres
WUlterd fie malte, um bei einem allegorifhen Gemälde
ald Bild der Sanftmuth fie darzuſtelſen. Sie verlebte
. Ihre Zugendzeit bis zum I. 1783 mit ibren drei Schwer
fiern im elterliden Haufe, mo das glücklichſte Familien, _
leben herrſchte, unter der forafältigiten Erziehung einer
—V— Mutter. Im 16. Jahr ihres Alters vers
mäblte fie ſich mit Dem Freiherrn Earl v. Hanſtein, heſſ.
bie
von ibrer Geite riß. — Nah 14 jäbrigem Witmenftand
vermäblte fie ib am 25. Febr. 1785 mit dem beff. Juftizs
rath, dem Reichöfreiberrn Chriſtoph Ernſt Albrecht Ubr,
v. Boineburg, Mitherr zu —— Herda, Attenburg
und Selöberg, In ibrer glückſichen Ehe, in welcher fie
ihrem Gemahl 16 Kinder gebar, morunter 12 Söhne
und 4 Töchter waren, aenoß fie das feltene Glck, 8
Söhne und 4 Töchter erwachlen zu ſehen. Ihr Gläd
war vollfommen, ald alle Söhne in Staatöbienften ſich
befanden und fieben davon aud Neigung und ihrem
Wunſche 49— die militaͤrſſche Laufbahn ergriffen, ehren»
- voll Die Sriege vom J. 1806 bid 1815 mitmacten und
ae in Rinteln; aber nur vier Wochen follte
e glüdlibe Ehe dauern, indem ein Nerverfchlag ibn
— — u u ⏑.
Zrelin v. Boineburg⸗ Lengofeld. 5
Einer bis zum PR. k. Generalmajor und Brigadier ga
worin fie fid befanden, von ihren Büren mit Dem
rathet, wodurch fie Grogmutter von 20 Enfeln und En.
£elinnen ward. Am _25. Febr. 1835 feierte fie im Millen
und eine Dazu ram fungenentzündung ibr Leben
* klarer Verſtand, ſittliches Zarr⸗
der ſo oft der weiblichen —3 Eintrag t — fie
Anſtand, wie ihr Senn len ja streuberziged Wefen,
n
zablreihe Familie allen Freunden der. Welt, auch den
und befonnenem Urtheil —B naoaracterfefigkei
engel aller Zroftbedürftigen, die Zierde bred Haufed,
der Stolz ihrer Samilie. Ihre srömmigfeit mar ädt,
nie in frömmelndes oder mpfti
| ſtiſches
wovor ihr beraus beiler und ee Derftand fie
die Erz Ir bad Haudmwefen, fo wie fü
Zögter ed Mufeisigrte Sifpung ihrer Sonne und
3 r, in Derb
— — vielberegten Febens und wer ad Haupt:
Nöde und Gerne qarenvolften Verbäftniffen, aus Die
Grauenvereine und nduftriefaufen none Sdmmelich
ereine und Induftriefchul *
berlandes, in Verbindung * einen bewäbrten G6e
nicht |
—— viele Umſicht und Geduld erfordernde
[de — u b g8
me mit folder Liebe zur Sade, mit 0 Kerle
baß ibr
Beichägerin aller Diefer woblib tigen Anhalter dötten
Eebe ale em au bie sufrichtigfte a eennung und
t
| Ameden theils mitwirkten, tbeil
e een Mmenf@tiches Wohl . oa nid Dei
"8 verwahrlofter Kinder ic. ıc. zu — ———
Le Tr un A ame 22 u: ur u. A SE u“ —⏑— Tr Tr —
ee EN - Er annn
—
* 3. C. W. v. Brockes,
3. dän. Hberiieutenant a. D. su Itzedoe;
im Bebr. 1756, get. den 81. San. 1836.
Hamburg iR wahrideinlich der Geburtdert unfers
v. Brodes, wenighend war er ein Enkel des gu fe fe Di
eit berä * —— > ter6 Berthold Heinr.
rockes (Rarb 1747). Wann er in Dänifche —E
treten, iR uns nicht bekannt. Er braͤchte es in den.
De „ Ah Dberfilieutenant, nahm aber bald nachher
feine € Er lebte dann zuerſt eine Reihe von
Jahren mn und nachher in Igehoe, von mo er eie
nige Jahre vor feinem Kode 2 dem naden Mänfter
Dorf zog. In der — eit war er jedoch wieder bei
feinem Schmiegerfohn zu 1 wo er einige Tage
vor vollendetem 80. Leben job re farb. Er wer biö zu
feinen legten Tagen ein überaus rÄfiger Greis und
mus: ati einen —— — von einigen Stunden
nn er fi finden follte. Dabei war
ihm das Wetter — und er pflegte af immer
einen Regenfchirm unter Dem Arm zu tragen, worin micht
feiten Bäder lagen, damit er ſich bei f&daem und .
een Wetter unterwegd an paflenden Etellen
ausruhen und unterhalten Ebnne. Denn auch fein Geiſt
war bis zulett fehr thätig, fo Daß er fi foger wenige
abre vor feinem Ende entf&loß, die bekannten „Stun⸗
en der Andacht“ nad feineni_ Sinn gu bearbeiten und .
Beteneie EB. Da er indeflen die Trudfoften nie
fo ſuchte er um die Erlaubniß an, die
A der Königin von Dänemark äberreiden zu
Dürfen, was ibm auch gewährt wurde. Kür feinen Landes.
berrn hegie er ſtets die größte Anhaͤnglichkeit und Die
Geburtötage deſſelben, fo wie andere denfelben breireis
fende Feſte, beging er Immer feierlih und trug dann
feine flattliche Uniform, Geine beiden Töchter wurden
an zwei Gebrüder Schumader verbeiratbet, von denen
- der ditere al der Schlebwigſchen Domfhale angeftellt, der
jüngere aber Rector der Stadifaule zu Gueboe if in
— ur — — mit koͤnigl. Erlaubniß auf den
Bu Sroßvaterd den Namen Schumacher⸗Beockes.
Bon — attin lebte v. Br. in den legten abren
a e überlebte ihn. — Er war groß und ſtattlich
von Perſon unp in feinen. Bewegungen febr raid. —
Im Drod erſchien von ibm: eſebug für dad weibliche
‘
8 | | v. Eggers.
t. — Beſcreib. d. gräfl. yolf en Gute Eck
jet. An d. Die Deine. = Di — religiöfe
en. — o e
semp ort, s D. 9. Schröder,
* 4, Heinrich Peter v. Eggers *),
2. daͤn. Etatsrath zw Kopenbagen ;
sed. den 29. Dec. 1751, geft. den 19. März 1856.
Der 1793 auf dem Schloffe Rangau in der gleich»
namigen Graffcbaft ald koͤnigl. dän. Eonferenzratb und
t
Adminiftrator verftorbene Heinrich Sriedrid von Eggers
binterließ vier Söhne, melde alle anſehnliche Aemter im
Baterlande bekleider haben und auch ald Schriftſteller
befannt geworden find. Der berübmtefte wurde ber 1813
verftorbene, in den Freiberrnftand erhobene Dberpräfident:
von Kiel, Ebrifian Ulrih Detlev von Eggerd, Der auch
ald Polvgrapb glönie. Der ältefte von den 4 Brüdern
und der am laͤngſten lebende war aber unfer Dolfele
Meter von Egaerd, melder zu Segeberg in Holftein
eboren wurde. Er ftubirte die Rechte und wurde 1776
Dolontär im deutſchen Departement bed Generalpoftamtd
zu Kopenhagen, 1779 Ganzleifecretär und 1781 aud
Ganzlift im Erpeditionseomptoir dafelbft, 1794 wirklicher
Ganzeleirath und Gecretär, 1801 fupernumerärer Director
des Generalpoftamts, 1802 wirklicher Juſtizrath, bald
Darauf dritter Director und 1809 daͤniſcher Pofmeifter in
amburg. Nach mehreren Tahren warb er Etatdrath,
egte aber wegen Alterſchwache endlich fein Amt nieder ‘
und privatifirte Dann erft in Kiel, in der legten Zeit
zu Slopenbagen, mo er in bem boben Alter von mehr
old 84 Tabren aus dem Leben ging. Er binterließ. eine
Witwe und fünf Kinder, von denen 4 Toͤchter. — Er
war ein guter Mathematiker und feine ſchriftſtelleriſchen
Arbeiten find folgende: *Forklaring af den Schulziske
Methode, at finde Längden til Söes, ı Sammenligning med
den nu brugelige Distaucemaaling mellem Maane og Stier-
ner.: In der Din. Minerva. 1789. Der, — On Grön-
lands Oesterbygds sande Beliggenhed. Diefe Abhandlung.
wurde 4792 von der dDänifhen landwirthſchaftlichen Ge⸗
feufchaft mit ihrer 3. goldenen Medaille belohnt und im
4. Bande ihrer Preisſchriften (Kopenh. 1794) abgedrudt,
°, @ine ne Notiz über ihn f. im vorig. Jahrg. d. M. Nekr.
©. 1006, Nr. 6
—
u zZ WS
Geyſer. — Gleiß. 9
er Vf. gab fie nachher auch deutſch heraus unter dem .
At : a mabre Lage ln Oſtaroͤnlands.
Kiel 1704. m. 2 Karten.
.&rempdorf. D. 9. &hrdder.
* 5, Andreas Johann Juſtus Geyfer,
Dr. med. et chir. u. pract. Arit zu Kiel;
geb. den 14. Sun. 1779, geft. den 21. März 1836.
Genfer war der einzige den Dater Überlebende So
erfter Ehe ded 1818 verflorbenen koͤn. din. Kirchenratos
und erfien ordentliden Profeflord der Theologie zu Kiel,
S. G. Geyſer. Da der Vater diefen feinen Sohn von Kind»
beit an fehr Areng zum Lernen anbielt, fo nahm berfelbe
Dadurch) ein menſchenſcheues Welen an, das fi nachber
nie wieder gan verlor. Er wählte an feinen Univerfs
tätöftudien die Medirin und Chirurgie und ward 1804
Doctor derfelben zu Kiel. Da e8 ihm jedod mit der
Prarid nicht recht glücken wollte, fo befchloß er, id dem
academiſchen Zehrfach zu widmen und trat Michaelid 4806
zu Kiel ald Privardocent. auf. Aber auch feine Vor⸗
lejungen wurden Paärlich beſucht und fo lad er nur bis
Digaelid 1807. Er j0g nun als Arzt nah dem unweit
Kiel belegenen Kirchdorfe Borkau, nach einigen Yabren
aber wiederum nach Kiel. Erfi einige Jahre vor ſeinem
Tode heirathete er und hinterließ ald Witwe Mariane
Tugendreih, geb. Trappe. — Außer feiner Inaugural
differtation: De Digitalis purpureae usa in pectoris prae- .
cipue morbis. Kiliae 1804 bat er, fo viel und befannt,
niatd druden laſſen.
Erempdorf. D. H. Schröder.
* 6, Kaspar Dieterich Gleiß,
Eön. daͤn. Major u. Zollverwalter zu Neuftadt in Holſtein;
geb. den 80. Apr. 1776, geft. den 80. März 186. ,
Gleiß wurde zu Cismar im Herzogthum Holſtein
—— Er widmete ſich dem Militäritande, ward als
remierlieutenant angeftellt, ward hierauf Eapitän, 1816
mit dem Character ald Major verabfchiedet und Iebte
Dann in Reinfeld. Im 3. 1824 wurde er zum Raths⸗
verwandten in Plön beftellt und endlich im Mai 4831 zum
Zoliverwalter in Neuftadt. Hier verlor er am 22. Sept,
1832 feine Battin, Sophia Wilhelmine, geb. Garlieb.
Er überlebte fie nur 3: Jahr und hinterließ fieben vers
waiſte Kinder, — Er hat druden laffen: *Geographi⸗
J
e
10 - Jebſen. — FW
Befhreibung de dän. Staats, von Theodor Blie: "
Een Srei Überfegt aud dem Dänifchen. 1. Bd, 1818.
Altona. — Seine von ihm 1834 auf Subfeription ane
—A „Daͤnemarks Geſchichte im 19. Jahrhundert“
a _ Dr. 9. Sardder.
* 7. Chriftoph Heinrich Jebſen,
Gonrector der Gelehrtenſchule zu Gluͤckſtadt;
Beboren den 18, Dec, 1777, geftorben den 50, März 1836,
Als Sohn unbemittelter Eltern ward Jebſen zu |
Huſum im Herzogthum Scleömig geboren. Auf Der
dDortigen Gelehrtenſchule vorgebildet, ftudirte er feit 1796
u Kiel Theologie und war bier unter andern auch Ge:
hlfe des rübmlichit befannten Bibliotbefard und Pros
feffor& Berend Storded *), deſſen Fe Weſen auf
Jebſen Einfluß gebabt zu haben ſcheint. Er wurde 18041
u Gluckſtadt eraminirt und noch im felbigen Tabr an
er daſigen Gelehrtenſchule ald Eollaborator angeftellt,
Schon 1302 mard er Eonrector und Diefed it er bis an
ein Ende geblieben. Zmar ſuchte er häufig um eine
redigerftelle an, allein niemald glückte ed ibm, zur Wahl
u fomımen oder vom Kinig angeftellt zu werden, Biel
hulb daran mögen wohl feine ſehr freien Religionds
anſichten gemefen fein. Als Lehrer batte J. einen ange»
"nehmen Vortrag; aber feine Kenntniffe gingen nicht tief,
Dabei befaß er eine ungemeine Fertigkeit im Schimpfen
und eritfrembete fib dadurch mandem feiner Schüler,
Als ein Vorzug feiner Lehrmethode aber muß gerühmt
werden, daß er Immer auf einen rein» deutiden Styl
. drang ımd es durchaus nicht leiden Fonnte, daß derfelbe
durd aus fremden Spraden entlebnte Wörter entftellt
“wurde. &o durfte man 3. B. nicht Armee fagen, fon:
dern Heer, nicht EColonift, fondern Pflanzbürger. Daber
werden auch Die menigen Ueberfegungsproben aus dem
Lateiniſchen, die J. bat druden laffen, als treffli ges
ragt. — Bon Character war 3. felt, ja Nörrifh und
ein Feind jeder hoͤfiſchen Gefchmeidigkeit; dabei aber ein
munterer Geſellſchafter. Seine Gefundbeit war nicht die
feftefte und _befonderd in den letzten Jahren mußte er
bisweilen Dierteljabre lang feine Stunden ausfegen.
Er Fam daher auch 1833 um feine Entlaffung ein, aber
°) Deflen Biographie ſ. Im M, Tekrolog Jahrg. 1 S. 788.
v
.
Bod. 11
ned feiner Genefung nabım er Schu rad, 0%
(don das ——— ſehr 2 daß er abgeben
möge. Dadurch entllanden Denn manche Mißhelligkeiten
pe den Demfelben und Jebſen, die erſt mit feinem Tode,
er endlid an der Brußwaflerfuht erfolgte, beendigt
wurden. Er binterließ_eine Witwe und vier elta u
Därftigen Umſtaͤnden. Don den Soͤhnen if der aͤlteſte
jetzt Tiſchler, der zweite ae der Dritte Apotheker
gebülfe und der vierte lernt die Gemärzbandlung.
war von angenehmer Geſtalt und in jünsern zuuren
zu nennen. — Beine Scriften find: Was IR Freund⸗
ſhdaft und welchen Werth bat ſie? Probe einer Leber
egung von Eicero’d Dialog Ab. die Freundſchaft. Glaͤck⸗
adt 1809. — Vorrede ded Tit. Livius zu feiner roͤm.
Geſchichte und Tacitus Unnalen 1. Buß, Cap. 1 —5;
berfegt. In den Glückſtaädter Schulprogrammen von
1811 u, 1812, — Jebſen wider Bebregs, ein Derwar-
nungd» und Berwabrungsfcreiben an "die Schleswig⸗
Holfteiner. Glüdit. 1318. — Don der Anwendung der
gefunden Vernunft auf Die Erflärung der beil. Schrift
u. auf die Religion. €. Rede v, D. 4 P. Etmard.
Yus Dem Latein. überf. u. mit einer Beilage geg.
Ludewigs vorläufige Bemerf. begleitet, Ebend. 1818. —
Die Aebrenlefe oder Claus Harms Lutherthum und meis
Heidentbum. Teeboe 1820. — Dffened Schreiben au
den Derf. des Worichens liber den Religiondunterricht
in den Gelebrtenidulen. Schlesw. 1833. — Die vier
fetten Schriften gebören dem befannten Thefenfreit an
— 8* ſich durch Derbheit aus. — Jebſen war
auch Dichter.
Erempborf, Dr. 9. Schröder.
* 8. Johann Frievrih Zod *), -
Dvergerihtdaduocat u. Actuarius zu Kiel;
geb. I. 3. 1787, geft. d. 17. Apr. 1836.
Zu Wien, wo fein 4835 au Kiel als Fön. dänifcher
Conſiſtorialrath verftorbener Dater Job, Georg Tod **
damals Superintendent des protekantifhen Gonfitorium
war, wurde unfer Tod. Sr. Soc geboren. Im 3. 1796
fam er mit dem Vater nad Kiel und wählte in der
Solge, durch forgfähtige Schulbildung vorbereitet, auf
9) Eine kurze Notiz über ihn ſ. im vorig. Jahrg. d. N. Rekr.
S. 1014. Nr. 78. \
=) Deflen Biographie f im MR. Nekrolog Jahrg. 19. ©. 720,
N —
/
\
—
2a 0. Becker.
dortiger Univerfität die Rechte zu feinem Studium. Naq
gut beflandenem Amtderamen ward er Untergerichtös
advocat und bald darauf Obergerichtsadvocat zu Kiel.
Er erlangte in kurzer Zeit eine bedeutende Praris und ftand
bei feinen Mitbärgern ald ein rechtfchaffener und ‚Datiger
Mann in vieler Achtung, mweöhalb er au, nad) ent⸗
ſtandener Vacanz, einige Jahre vor feinem Tode zum
etuariud der Stadt Kiel ermablt und ibm Dabei erlaubt
wurde, feine Advocaturgefchäfte fürtzufegen. Allein er
ſollte dieſem Amte nicht lange vorfteben ,. indem er ſchon
im 49. Zebendjahre von Tode — wurde und. |
‘ feinem Vater noch innerhalb eines Jahres nachfolgte,
r Dinterließ als Witwe Wilhelmine, geb. Sörfter und
vier Töchter. — |
! ‚Erempborf, Dr. 9. Schröder,
* 9, Hans Zacob Bader, .
Doctor der Mebicin und audübender Arzt zu Bredftedt, im
Schleswigſchen; u
geb. den 7. Febr. 1782, geft. ben 19. Apr. 1836.
Beer wurde in dem Flecken Bredftedt, im Derioß, |
ohn fi
thum Schleswig geboren und war der einzige S ner
Itern, Weil er früd feltene Sähigkeiten zeigte, ward
er für den Gelehrtenftand befimmt. Nachdem er num
auf der Hufumer Gelebrtenfule forgfältig vorbereitet
worden war, wählte er auf der Univerfität zu Kiel das
medicinifhe Sach zu feinem Studium und zwar mit fole
dem Erfolg, daß er bereitd 1305 dafeloft zum Doctor
der Medicin creirt werden Eonnte, Im folgenden Jahr,
4806, ließ er ſich ald ausübender Arzt in feinem Geburts
orte nieder und widmete bier fein ganzes Leben bindurd
den Bewohnern deflelben und der nächſten Umgegend
Dad Ergebniß feiner Kenntniffe und feiner Studien. Er
ftarb nach furzer Krankheit am oben —— Tag
und dinterließ eine alte Mutter, eine W
Kinder, von denen Die meiſten noch unerwachſen waren. —
©eine Snauguraldiffertation bat den Titel: Adversaria
quaedam physiologica. Kiliao 1805. 4.
Erempdorf. D. 9, Schroͤder.
tme und vier
13
* 10. Sriebrih Wilhelm v. Ketelhodt *),
firkl. Shwarzd.:Rudolft, Geheimerath, Ganzler, Gteuerdirsctor
und Gonfifiorialpräfident, Erbſchenk der gefärfteten Sraffchaft
Henneberg, Ritter des koͤnial. preuß. rothen Adlerordend Zr Glaffe,
Sroftreuz des großherzoglich dadenſchen Drdend der Treue, der
lateiniſchen Geſellſchaft zu Jena Ehrenmitglied zc. Excellenz;
geboren den 24. Bebr. 1766, geſt. den 20, Apr. 1836 zu RNudolſtadt.
Die Familie von Ketelbodt, welcher der Verſtorbene
angebörte, iR ſchon feit einer geraumen Zeit eine der
angefebentten des Fürſtenthums warzburg und aus
ihr empfing dDiefed Land mehrere einer vorzüglicdfiten
Männer. Unfer Berftorbener war der Sohn Earl Gerds
v. Ketelhodt, welcher gen diefelben hoben Yemter und -
Würden bekleidete, ald deren Befiger oben der Sohn
benannt ift, und zwar war er der Reide nach der Dritte
Sohn unter den dreisehn Kindern, melde diefer fein
Vater in feiner ebelichen Berbindung mis Augufte Friede»
site, gebornen Freiin Bachoff von Echt aus dem Yaufe
Schlenwein erzeugte. Schon von der früheſten Jugend an
hatte unfer K. der forafamften Erziehung ſich au erfreuen.
Seinen erſten Unterricht erbielt er durch einen Haußs
lehrer, worauf er das Gymnaſium zu Rudolftadt befuchte,
Dafelbit aber fo raſche Kortichriste machte, dab er (dom
in dem Ulter von 15 Tabren zum Beſuch der Univerfitdt
befädigt mar. Zu Jena und Göttingen ſtudirte er vier
"Sapre, während welcher Zeit er fid mit dem Studium
Der Elaffifer, der Geſchichte und der Rechtsgelehrſamkeit
mit dem gluͤcklichſten Erfolge befhäftigte und 4785 bei
feinem Abgange von Göttingen eine von ibm ſelbſt ver⸗
abfaßte Dilfertation: — De agnato in feudo citra con-
sensum obligato unter dem Präfdium ded damaligen
Br und Profefford Mödert wit dem entfchiedenften
eifalie vertbeidigte. Nach feiner Rädkehr_von der
Univerfitdt trat er ſofort feine Laufbahn im Hof» und
Staats dienſt an und zwar, nachdem ibm der Character
eined Hofjunkers und die Zuficherung der Anftellung- bes
reits Durch ein Decret vom 19, une. 1778 zuertheilt war,
in der Art, daß er vermitteld Decresd vom 26. März 1785
zum Kammerjunfer und Regierungsaſſeſſor beſtellt, den
15. Apr. 1780 zum Regierungsrath befördert, den 21. Zuli
Eine ? | r R ong ded NRekr.
eR NE ” une Rot J über ihn ſ. Im voris Jahrg 8 |
°
\
[)
‚ feiner Dienfiwirkfamfeit war alfo von 1785 bis 41836 und .
46° Ketelhodt.
1790 zum Hof. und — erhoben wurde, Durch
ochſte Entihließung vor 21: Märy 1792 ftatt feines
aterd das Vicedirectorium der Regierung und damit
verbundenen Collegien zu Frankendauſen, durch Decret
vom 411. Apr. 1792 Die dortige Amtöhauptmannfcaft mit
: Dem Character eines Landeshauptmanns, durch Deeret
vom 18. Mai 1793 dad wirklide Directorium der Res .
ierung ⁊. u Sranfenbaufen mit dem Titel eined Vice
anzlerd und Viceconfiftorialpräfidenten und (24. Juni)
4805 den Character eines Kanzler und Gonfiftorialprds
fidenten zu Sranfendaufen und endlib (19. Dec.) 1827
den Titel des Geheimeraths mit dem Prädicate Excellenz
und dad Dirertorium der Regierung nebft dazu gehörigen
Collegien zu Rudolſtadt übertragen erbielt. Die Zeit
man braucht nur die Länge und die gefchichtlihe Wich⸗
tigkeit diefer ewig denfwürdigen Zeitperiede zu erwägen,
um ſchon abnen zu koͤnnen, auf welche welthiſtoriſch bes
Deutenden Ereigniffe derfelbe feiner hoben Stellung und
feinem tätigen Geifte nach einfiugreich mitgewirkt bat.
Sa, ed ift gewiß, daß in dieſem ganzen Zeitraum nichts
Don nur einiger Bedeutung dad rudolfddter Land bes
troffen, woran er nicht den lebbafteften Antheil ar und
daß ſich während diefer Zeit Aberbaupt nichts Er
ereignet, woran er nicht wenigſtens ein wiffenſchaftliches
oder fonft geiftige& Intereffe nahm. In das Detail: feis
ner vaterländifhen Wirkfamfeit hier näber einzugeben,
ift für Die Freunde nicht notbwendig, für dDiefes Werf
auch nicht wohl paſſend. Wir wollen und daber bier
ſich feine geiftige Thärigkeit am rubmvoliften gez
_ auf der Bibliothe
vielmehr nur auf dad Wichtigſte beſchraͤnken, Bendurd
e
das bleibendfte Denkmal geftiftet bat. Im Jahr 1807
vermittelte er den Beitritt des Fürftenthumd Schwarze
burg zum rbeinifhen Bund in Warfhau — vielleicht
fein größted Meiſterſtuͤck, weil ed Dabei einer ganz be
onderen diplomatifchen Geſchicklichkeit bedurfte und ed
ch um die — —— und Souveränität des Fuͤr⸗
enhauſes handelte. Es ſoll naͤmlich jenes Mal nicht
ie Abficht Frankreichs geweſen fein, das Fürſtenthum
Schwarzburg mit zum rbeinifden Bunde zuguziehen, und
deshalb wollte ed unferm Abgefandten auch anfangs
nicht gelingen, die Zulaffung au erlangen. Allein er hatte
erfahren, Daß der franzöf. eſchaͤftstraͤger ein eifriger
Sreund der- ctafflen ‚iteratur und. Deöbalb alltd
zu treffen fei. Deshalb fand au
ebliches
gt und °
Ketelhodt. 16
regelmäßig dort ein und Durd feine Ichhafte Theil.
a die er daſelbſt ebenfalld an der ciefüfden
titeratur, namentlid an Horaz je erfennen gab, er
reichte er endlich feinen Zweck, nämlich die Aufmerkſam⸗
keit des franz. ‚Abgeordneten auf Ad zu lenten und das
durch den ea Ratigten Zutritt zu erlangen *). Ueber
baupt iR gewiß, daß ſowohl feine perfönliden Anlagen
als au die große Schule der Erfahrung, Die ibm bie
wichtige Zeit feines Lebens bot, gerade im Fade der
böbern Diplomatie demfelben eine usbilbung gewinnen
liegen, wie im unferen befcränftern Berbältniflen fi
nie leigt eine jmeite Gelegenheit darbieten möchte,
Und fo auch bier gleich zu gedenken, welches un:
endliche Verdienft er ſich namentlich während der langen
Jahre des Kriegs um Rudolftade, Stadt und Xand, ers
worben, indem er fomobl Dur große Gewandtheit als
auch durch zeitgemäße Entſchloſſenheit große Gefahren
und Nagtheile von ihm abmwendere. Diefes allein idon
Be dm ein ewig dankbares Andenken bei feinem
ürften wie bei dem Niedrigften feiner Mitbürger. Ein
fernerer Ölanpunft war fein feltened Talent der Be,
rebtfamfeit; feine Reden, deren er bei fo verſchiedenen
@elegenbeiten fo re! bielt, waren allezeit fomobl
hinſichtlich ihres Gebaltd als Ihrer Form mabdrbafte
Meiftertüde der Eloquem. Sie frokten von Geikt,
Kraft und Schärfe und immer mar er Herr des bezeich⸗
nenden Ausdrucks. Man erinnert hier nur unter Anderen
an die Rede beim Jubiläum des Gebeimerath v. Beufe
wiß. Mebrigens war dieſe Babe großen Theils ein Erb»
tbeil feines Vaters, denn auch diefer war in dieſer Hin»
fipt berübmt, mie aus Deifen Lebensbeſchreibung, weſche
ber nachmalige Kammerpräfident Schwarz **) 1301 ber:
‚ausgegeben, zu erfeben ik. Im Innern ded rudol.
ſtaͤdier Landes mirkte der Merftorbene vor üglich für die
Unterberrf&aft Frankenhaufen fehr nüglid, für melde
er eine aan befondere Affection batte, da diefe fo ges
Taume Zeit vorzugsweiſe feiner höcften Färforge über.
-) Der deöfalld jener Seit mit Napoleon einerfeitd und ben
ürftenthämern Schwarzburg- Rubolffabt und Sondershauſen an:
bernfeits into jene Staaiövertrag ift von Seiten — —
burd den Füriten Zalleprand, von Seiten Schwarzburge durd) uns
ern Berftorbenen abgefchlofjen worden und e& befindet fich unterbem
in deffen Nachlaffe vorgefunbenen Utdrud folgende Bemerfung:
relingtamur aliquid, quo nos vixisse testemur (1507) — Risum
teueatis amiei 1813)
Deſſen Biogn f, im 11. Jahrg. bed M. Nett, S. 666
16 Ketelhodt.
iefen war. Ein zweiter Hauptacrt feiner diplomatiſchen
Tdaͤtigkeit war der Beitritt zur großen Wlliance gegen
Sranfreih zu Srankfurt a/M. 41813 und die Admiſſion
“zum deutfhen Bunde bei dem Eongreß in Wien 1816.
Bei diefen Gelegenheiten war unfer Verſtorbener der
Abgeordnete des rudolfädter Fürſtenthums und die welt
bifiorifihe Wichtigkeit jener VWerbandlung ift wohl der
befte Beweis, mas derfelbe vermochte und welches Ders
trauen er genoß, dab gerade ihm Diefe Geichäfte über:
tragen wurden. Ebenfo bemerfftelligte er 1816 Die Bes
freiung von dem vormaligen fühl. Hobeitöverhältniffen
in Berlin. Seine bedeutende Schbpfung für das Ins
land aber it wohl unfireitig die landſchaftliche Ders
faffung, welche ganz fein Werk und welcher, wenn fie
auch anderen neuerlichen dergleichen Inftituten nicht ganz
zur Seite zu fielen fein folte, doch unbedingt das zum
vorzüglihen Ruhme bereit, daß fie eine von denjenigen
-mwar, welbe am Früheſten und unferes Wilfend Die erfte
nad der großberz. meimarifchen ind Leben getreten find,
Außerdem ift falt Alles entweder unmittelbar oder doch
mittelbar von ibm ausgegangen, was feit 1785 in dem
rudolfiädter Fuͤrſtenthum in Rüdfiht auf Legiölationd s,
—Finanz⸗, Adminifirationd-, Tuftiz» und Polizeimefen ır,
geibeben, und fo ift er in der That mehr oder meniger .
vorzugömeife der eigentliche Schöpfer der während diejer
Zeit in diefer Beziehung in jenem Fürſtenthum flattgefuns
denen Berbältnifle und zwar theils allein, theild unter der
Autorität feines Daterd und theild unter Mitwirkung des _
Geheimenraths v. Beulwig. Noch ift zu gedenken, daß
er während dieſer Zeit auch mit dem fürfil, Hofe meh«
rere bedeutende Reifen machte, wie namentlih mit dem
Sürften Ludwig Friedrich in die Schweiz, nach Frankrei
und Italien. Dinfictlich feiner Famikienverh
noch ‚Ip grmablen. daß er 4702 ſich mit Fräulein Caro»
line Ulrike v. Kockebuſch, einer Tochter ded Hofmarfball
0. Ryckebuſch zu Homburg vermäblte, in welcher ehelichen
Derbindung er fib zwar Feiner Defcendenz zu erfreuen
batte, Dagegen aber durch Den edlen Geift und dad Ges.
müth feiner Gattin in Gemeinſchaft feiner Pflegetochter,
des Fraͤulein Kouife von Imhoff, nabmald vereblichte
v. Holleben, das größtmöglichite bäuslibe Gluͤck genoß,
fo daß man fagen Fann, daß mit dem Tode Diefer vor: |
Een Zebendgefährtin auch feine Kraft wie mit einem
Shlage gelähmt war. In feinen leßten Tagen war
aͤltniſſe iſt
mitbin feine einzige Erbeiterung die iebevolle Theile.
ee BE AU" u EEE
\
Hans Graf zu Rantzau⸗Breitenburg. 17
einer re Verwandten und die Freude.
in Yes — indern feine würdigen Naglolaer au
ertennen. Gewiß, durch den Verftorbenen dat Zärk und
Doterland einen Mann verloren, wie Zeit und Talente
nicht leicht einen zweiten und zu bieten vermögen!‘
Rudolſtadt. Julius Eberwein.
* 11. Band Graf zu Rantzau-⸗-Breitenburg,
Zön. dan. Generalkriegs eommiffaͤr;
geboren i. 3. 1765, gefl. Yen 24. Apr. 1896,
Graf Hand war der ditefte Sohn des Reichtgrafen
Friedrich * Rantzau und wurde auf dem Schloſſe Grei⸗
tenburg in der Herrſchaft gleiches Namens in Holkein
eboren. Nach dem am 24. Juli 1806 erfolgten Tode
eined Vaters haͤtte er, als der aͤlteſte feiner Brüder,
auch Befiger der Herrſchaft werden follen; allein in Ver⸗
anlaffung von Berhältniffen, worüber dad Nädere uns
unbekannt if, wurde gerade der jängfie Bruder, der
jegige Ton. dan. geheime Staatöminifter und Oberſchenk.
raf Konrad zu Rantzau, Indaber der Herrfhaft Brei⸗
tenburg. Notürlid mußte Graf Hand ſich dadurch fehr _
beleidigt fühlen und er fol aud einen Schwur geihan
baden, nie wieder dad Schloß Breitenburg zu betreten,
einen Schwur, dener aub, fo viel wir wiflen, gebalten
bat. Er waͤhlte den reizend gelegenen Lande Luifens
berg in der Naͤhe des bolfteinifden Fleckens Kelling⸗
dufen zu feiner Wohnung und verlebte bier die beiten
Jahte feines Lebend. Am 12. Dechr. 1815 ernannte ihn
der König von Dänemark zum General» Kriegscommilfär.
31 den leuten Jahren ſeines Lebens wohnte. er in der
dhe von Hamburg und in biefer Stadt flarb_er am
oben genannten Tage, in einem Alter von 741 Jahren.
Seine Gemahlin, ausgezeichnet durch ea und
Liebenswürdigkeit, war eine Tochter des edemal. Eönigl.-
din. Staatöminiflerd von Scheel. Sie Harb lange vor
ihrem Gemahl, nachdem fie ihm drei Töchter gefhenft
hatte, melde ihren Vater Überleben. Die ditefe, Enife,
ift Eonventualin im proteftantifchen adlihen Sräuleinkift
zu Weterfen in Holftein, die zweite, Erneftine, ift mit
dem Dichter Theodor von Kobbe, die juͤngſte, Sophie,
mir einem Bruder deffelben vermaͤhlt. — Seine Leiche
— —— ne NT gefährt und in der
ortigen. oßfapelle beigeſetzt.
—— a D. H. Edroͤder.
M. Nekrolog. 18. Jabra ee et
N
18 an. | ;
* 12. Detlev v. Buchwald *),
8, dän. gedeimer Conferenzratb, Befiger des adl. Gutes Neudorf
| in Holfleins .
. geb. 1. 3. 1767, geft. den 7. Mai 186; .
Entſoroſſen aus einem der älteften adlichen Geſchlech⸗
ter Holfteind, wurde Detlev v. Buchwaldt, nachdem er
‚ fi auf der Univerfität würdig Dazu vorbereitet batte,
i. %. 1799 ald Amtmann des Amtes Ciömar in Holftein
mit dem Titel eined Fön. dan. Kammerberrn angeftellt,
Nachdem er diefed Amt einige Jahre zur Zufriedendeit
feines Zandesherrn verwaltet batte, erbielt er eine eins
träglichere Stelle, indem er zum Amtmann Der bolfteinis
ien Aemter Kiel und Borbesbelm ernannt wurde, naͤm⸗
fi i. 3. 1802. Nach einer Reihe von Jahren ward er
endlih Amtmann der bolkeinifwen Aemter Plön und
Abrensboef und als folder erbielt er am 1. Aug. 1820,
bei. der Dermäblung der älteften Tochter feines Königd,
den Titel eined gebeimen Conſerenzraths. Nachdem er
früber dad abliche Gut Seedorf in Holitein beſeſſen und
dDiefed an den Fürſten von
fauft hatte, Fam er in den Belig der adlichen Güter
‚Srolau und Neudorf in Holftein. Einige Jahre vor
feinem Tode z0g er fih von ben Geſchaͤſten zuräd und
- widmete nun feine ganze Zeit der, Verſchönerung feines
Gutes Neudorf, fo daß felbiged, bereits von der Natur
reichlich audgeftattet, durch, bes Befigerd verfchönernde
Hand bervorgeboben, eines der fieblichften und anmus _
tbigften Pläge Holiteind wurde, Befonderd ausgezeichnet
iſt Der im 34 und ſchöͤnen Styl angelegte Park Neu—
dorie. v. B. ſiarb als Witwer im 69, Lebensſahre und
“hinterließ Kinder und Sqwiegerkinder.
Grempborf. D. 9. Schröber.
Schwarzburg⸗Rudolſtadt ver
—
+ 13; Friedrich, Adolph Graf von Holftein
su Holfteinburg **),
en. dönifcher Kammerherr u, Mitglied der Rotbfehlider Ständer
verſammlung, zu ‚Dolfteinburg in Daͤnemarkz
geb... I... Heft. d. 21. Mol 1886,
‚Don den gebendumfänden dieſes für alles. Wahre |
und Gute begeifterten Manneß iſt und nur bekannt, daß
‚er am 28. Januar 1812 vom . dnig von Dänemark zum
Re Eine Eurze Notiz über ihn f. im vorig. Jahrgange d. Nelr.
S. 1023. Rr. 808.
* Gino Burzt 1C. ©. 1038. Ne. 860.
4
WE, Be ae, a SE, WET ————
‘
5 Kindt. \ 19
Kammerderrn und 1834 zum Mirgtted der Kothſchilder
tändeverfammlung ernannt wurde. In der Blätbe
ner Tahre wurde er durch ein Nervenfeber hingerafft.
on betrauerten Vaterland und König nit minder, als
. feine Witwe, Wilhelmine, geb. Gräfin v.Reventlom, feine
Öhne und feine Pfiegeföhne. Er war auögezeidiner dur
edfe fromme Gefinnung und gemeinnägige Wirkſamkeit. —
Seine forififtellerifhen Arbeiten find, fo viel uns be
kannt geworden , folgende: Weber die Mittel u. Wege.
eine verfhmwundene Volksvertretung wieder herzuſtellen.
In den Kieler Blättern Bd. 5. 9.2, (1817). — Be
merfungen zu Ar. 16 im erfien Bande: Sollte e8 wirk⸗
lich gut fein, Ratt der Geldabgaben Kornlieferungen ein»
‚treten zu laffen? In Sald’d Banröbärgerlihem Magazin
Bd. % (1829). — Gräkernes a Danmark. Kıöbh.
1827. — Bidrag til Danmarks Krönike for 1828. Slagelse
1829. — Svar til Mönster paa Hans Spörgsmaal ; Skalde
de virkelig hos os väre gjört for meget for den inb. Un-
dervisning. Slagelse 1829. — Om de Dansko raadgivende
Provindsialständers Väsen og Värd. Slagelse 1881.
Eremptorf. D. 9. Sdroͤder.
* 14. Ferdinand Ludwig Friedrih Kindt *),
Doctor d. Died. u, Privatdocent derſelden zu Kiels
geb. i. 3. 181 ., gefl. den 28. Mai 1836.
Eutin war Kindts Geburtsort und fein Dater, Dein»
id Hugo, Hofapotheker daſelbſt. Er befuchte die daſige
Beledrienfchule und widmete ſich auf der Univerfität den
medicinifhen Wiflenfchaften. Im I. 18933 ward er zu
Kiel Doctor der Medicin und faßte den Entfhluß, fi
Dem afademifhen Lehrfache zu widmen. Er bielt daber
ſeit Michaelis ſ. 3. auf achter Univerfirdt Vorleſun⸗
en, die nicht ohne Beifall blieben, Aber St. war von
indbeit an ſchwaͤchlich und a bald. den wiſſenſchaft⸗
lichen Anftrengungen. Bald nach Anfang des J. 1836
unbeilbar erfranfend, ließ ..er ſich nah Eutin in das
Vaterdaus bringen, wo er am oben genannten Tage
verfchied. Zwei Monate vorber, nömlie am 26. März, ‘
hatte ihm feine geliebte Gattin, Karoline Amalie, eine
Tochter des 1851 verftorbenen, in gefegnetem Andenken
ſtehenden Kieler Profeſſors der Medicin Adolph Zriedr.
Lüders **), einen Sohn geboren, der aber noch vor dem
*) Eine burze Notiz über ihn f. im vorig. Jahrgange d. Nekr.
©. 1880. Sr. Ei. 2 DI
*.) Deſſen Biogr. ſ. im N. Nekr. Zabre. 9. ©. ie
—
—W Steinmann.
Vater wieder aus dem Leben ging. Seiner Mütter ging
der Tod des theuren Lebendgetährten fo fehr zu Serien,
daß auch fie bald in eine Krankheit verfiel und bereitd
am 14. Aug. 1836 ihm ind Grab folgte. Auch fie ftarb
- zu Eutin, betrauert von Schwiegereltern und den Ge
fchwiftern des Gatten. — Außer feiner Inauguraldiſſer⸗
.tation baben wir von ibm eine Abbandlung in Pfaff’
Mitideilungen, Jahrg. 8 (4835). 9.1u.2. ©. 58— 72:
„Das erfte Athmen °
Erempdorf. ' D. H. Schröder.
* 15. ‚Hanns Joachim Steinmann, -
| geweſener Stadtrathöpräfident zu St. Gallen;
. geboren den 11. März 1769, geftorben den 5. Juni 1836.
Sein Großvater, gleibed Namens, war Bürger
meifter der vormaligen Republif der Stadt St. Gallen
und ftarb i. J. 1792 als der aͤlteſte Mann in der Bürgers
fcbaft feiner Zeit. Der mittlere feiner drei Söhne, Kaspar, '
der Vater des Unfrigen, erreichte ebenfalls ein fehr hohes
Alter und farb 4. J. 4823. Unfer Hanns Joachim war
das zweite von neun Kindern derfelben und feiner erſten
Gattin, Clara Ehrenzeller. Als aͤlteſter Sohn widmere
er fih den Berufe feined Vaters, der. Sabrifation *).
Er war eben ſo geſchickt ald fleißig und pünktlich in ſei⸗
nen Geſchaͤften und erwarb fi ein huͤbſches Vermögen,
lebte aber übrigend lange Zeit fHHU und unbemerft dahin.
Um fo geräufchlofer waren feine Tage, da feine i. I. 1794
mit ihm verbundene Gattin ihm Feine Kinder gebar. In
feinen mittlern Lebensjahren war feine Gefundbeit bids
weilen wanfend. und dies, verbunden mit dem natüre
liden Ernfie feines Gemüths, fo wie mit regem Bes
Dürfniß für eine beffere Ausbildung feiner Anlagen, als
ihm der genoflene Schulunterricht geboten batte, ließ
ihn ſich am liebften in ſich felbft zuruͤckziehen und in den
Stunden der Muße, während Andere fih im Geraͤuſche
der Welt verloren, den Geift und dad Herz durch aus⸗
gewaͤhlte Lectäre nähren. Einzig der Genuß der fdönen
Natur auf einfamen Spagiergängen Eonnte Js bäufiger
feinen Studien entloden. Seine Tiebfte Lectuͤre war die
”
*, Fabrik nt heißt in der oͤſtlichen weiz derjenige, der Bau
kai und ahnt e Waaren Re ne Heraus anfertigen I Bt,
um ſolche an Kaufleute zw verhandeln. Die Sarne dazu werden
e
von ihm felvft anpetauft, die Detfeins 2c. den Webern anee
ordnet
und überbaupt iſt die Werfertigung gleichſam von ibm beauffihtigt.
Steinmann. 21
religiöfe. Nachgerade wurden feine Talente und Kennt.
niffe auch) feinen Mitbärgern bemerkbar und diefe fingen
an, ihn mit Öffentliden Aemtern zu bekleiden. Kann es
nit geldugnet werden, Daß zu folden in Republiken
mitunter auch blos der Begäterte und Muͤſſige gelangt,
Dem die wahren Eigenſchaften eined Staatsdieners übri⸗
nd abgeben, fo it Died Doch wenigßens bei unferm
t. nit der Fall geweſen. eine dußere Lage war
allerdingd der Annahme Öffentlicher Stellen afinflig, aber
noch mehr befäbigten ihn dazu Talente, Bildung und
fein ganzer Charakter, Er befaß eine vorzüglide ‘Ber:
ftandesftärfe, Daber ein klares, beſtimmtes, gruͤndliches.
tiefgebended Urtheil, zugleich auch ein trefflihes Ge⸗
daͤchtniß. Sein Willen war Eräftig und durchaus für
Wahrheit und Regqt entſchieden; fein Charakter bieder,
offen, frei, wahr und ernft, für Manche allzuernſt; fein
Reden und Than befonnen und grundfäglich, fein ganze
Weſen anſpruchslos, doch von —— Kraft Durd-
drungen; ſein umgens fein, gefällig und freundlich, Do
immer auf der Grundlage tiefen Ernfted. Scin Leben
mar unbefcolten und zeigte in Allem den Chriften, dem
die Bervollfommmun feiner felbft die erfie Angelegenbeit
war. Sein Aeußeres — daß wir den Umriß noch volls
enden — mar bingegen nicht befonderd anfpredend und
machte blos den Eindrud von fliller, innerer Würde.
Wie Melanchthon trug er den Kopf nah der einen
Schulter hin geneigt. Sein Körperbau war, bei gebd»
riger Länge, zart und ließ Fein bobed Alter erwarten.
Schon i. J. 1803 ernannte der damalige Gemeinderatd
feiner Vaterkadt ihn zum Mitgliede der Bürger Armen:
commiffion, fodann I. 3. 1808 an die Stelle feines eben
verfVorbenen Schwiegervaterd zum Verwalter des Breiten»
amtes (der bärgerliben Krankenanſtalt). Im folgenden
Gahre berief ihn die Bürgerverfammiung St. Gallens in
den Gemeinderarh und damit begann feine Wirkſamkeit
als Magifirat feiner Daterftadt, worin er nabe an 25 Jahre
ununterbrochen audgebalten bat. Er fing dabei gar bald
an, nicht blos die Stelle eined Gemeinderathsmitglieds
einfach zu befleiden, fondern ließ ſich auch in die man»
nichfaltigften Geſchaftscommiſſionen und zu bedeutenden
Nebenſtellen erwäblen. So Üübernabm er i. 3. 1810 die
damals geſchaffene Stelle eined Adminiftratord des neuen
Walſenbauſes, trat 1812 der Gemeindefirhenvoriteber:
(daft bei, ward 1814 Mitglied des großen Raths des
Tantond St, Gallen, i, J. 41815 Infpector der vadiani⸗
4
2 Steinmann.
ſchen Bihliothek und in gleichem Jahre Steuereinnedmer
für den Bezirk St. Gallen. Sein Anſehen wuchs, weil
nit durch dußern Glanz bewirkt, langfam, aber defto
fiderer. — Bei der Einführung der neuen Verfaſſung
- im Ganton &t. Ballen i. J. 1816 ward er abermald in
den Cantonsrath gemäblt. Auch die Hauptftadt erhielt
Damald eine veränderte Einrichtung, zum Theil — auß
Ruͤckſicht auf die, freilid vor bald geari Decennien er⸗
folgte Einbuße früherer Selbfiftändigfeit — mit einigen
Vorrechten vor den Äbrigen Santondtheilen. An die Stelle
- bes bisherigen Gemeinderaths trat ein Stadtrath. St.
wurde Mitglied deſſelben und mit großer Mehrheit übers .
trugen ibm den 17. Mai 1816 feine Mitbärger die Stelle
bed erſten Präfidenten. Sn diefer Eigenfhaft ward er
nachher mehrere Male beftätigt und verbarrte in_ihr,
jäbrlib mit einem Collegen abwechfelnd, bis zum Spaͤt⸗
jabr 1831, d. b. bis zu einer abermaligen Verfaſſungs⸗
. reform. Nebenbei äbernahbm er auch noch dad Prafidium
ber Bibliothek, ließ ib im J. 1817 zum Mitgliede des
Schulraths erwaͤhlen, deffen Prafivium ihm im J. 1828
übertragen wurde, und trat im J. 4829 in Ren _evanges
lifchen Gentral» und Kirchenrath ded Cantons. Sin allen
diefen Beamtungen, die begreiflih fat alle feine Zeit
in Anſpruch nabmen, mirfte er mit der uneigennägigften
Hingebung, Dem uenbantigfeit, Pünktlichkeit und Treue —
untertäügt von der Kraft feiner religiöfen Grundfäge,
Seinen Mitbürgern land er mit Rath und That un⸗
ermäber bei und wo ibm noch ein Moment übrig blieb,
da mwidmere er ibn am liebſten einem gemeinnägigen
Zwecke. Sp übernahm er das Präfidium in einer bärgers
lichen Alterdcaffe, dad Caffieramt der Bibelgeſellſchaft
und manch’ andered von untergeordnetem Belang. Gern
mwobnte er auch den Verſammlungen der Gefanggefells
f&aft bei. Ergab fich bei irgend einem Anlaffe die Ges
legenpeit gu einem Öffentlichen näglihen Worte, fo vers
- fand er es befonderd, diefe aufs trefflichfte zu benugen.
. Seine Reden obſchon nicht Durch ſchoͤnen Vortrag aus⸗
ezeichnet, geelen überaus wohl und drangen tief, weil
e fo ganz ihn gaben, feinen patriotiſchen und religidfen
inn zeigten und febr förnig und gedankenreich waren,
mitunter aud) poetiſches Element enthielten. Goldene
Worte ſprach er bei Eröffnung des neuen Waiſendauſes
und der reorganifirten Maͤdchenſchulen. Als im Spät
jahr 1830 ein Verfaſſungsrath für den Eagton St, Gallen
gewählt wurde, tras St. aud in denfelben ein, zog fi
⸗
F über ſich, wohl aber feine Kraft etwas wanken
Levy. 28
bann aber von wintigen Öffentliden Beamtungen zuräd,
weil er, zwar noch mit Die Dieinung feiner Mit arger
i | ob. Auch
darin jeigte er ſich ald der Gewiſſenhaſte. gar einige
mweniger bedeutende Stellen batte er noch beibebalten.
m Gpätjahr 1835 entwidelte fib dann bei ibm Die
ruſtwaſſerſucht und bald fab er fi nur noch auf feine
Stube beſchraͤnkt. Im Mai 1836 mußte er wegen Eng
brüftigfeit drei volle Wochen im Kranfenfefiel binbringen,
Geine Leiden endeten am oben aenannten Tage In einem
fanften Hinfibergange, den er durch Winfen gen Simmel
ben Seinen andeutere. Seine Mitbürger bezeigten ibre
Ebeilnabme in zablreihem Keibenbegleite und der Dekan
Scheitlin ihrieb: „Drei Worte an den veremiaten
2 T. Steinmann, geweſenen Gemeindevorfieber. Eme
srlefung. Et, Ballen 1337. 8." — mit ©. Bildniß
ald Vignette.
Berner,
® 16. Salomon Jakob Ley,
Doctor der Med. und Chirurgie und Arzt in Altona;
geb. d. 31. Jan. 179, gel. d. 22. Junt 1836,
Levy War der Sohn ifraelitifher Eltern und
Sriedrihkadt im Herzogthume Solebwig geboren.
Audirte ſeit 1820 zu Kiel Medicin_und Ehirurgie und
ward 1832 dort Doctor derfelben. Er übte nun ie Ale
tona die medicinifhhe Prarid aus und wurde befonders
feinen Staubendgenoflen, vorzüglid den minder Wohle
babenden ein duͤlfreicher Engel, da feine Dermögend:
umftände es ihm erlaubten, letztere unentgeldlich zu beo
bandeln. Er war ein Killer, zur Schwermuth geneigter
Mann und blieb daher unverbeirathet. Seine Mutter
Emilie, Arborene Mever , führte feine Hausbaltung und
mußte leider zu bald feinen Verluſt betrauern. Er farb
plöglid in der Naht ded oben ermähnten Tags. —
Seihe Gnauguraldiffertation bat den Titel: Introductio
in commentationem de asphyzia, sive morte apparente.
D
Kiliae 1822. |
Erempdorf. D. 9. Schröder.
. ‘ fi
17. Friedrich v. Moltte *),
Mn. dan. Seh. Conferenzrath u. Ritter vom Elephanten » Orden,
Bu zu Walde auf Seeland;
r geb. 1. 3. 1758, geft. Anfangs Julius 1886 **);
v. Moltke war feit 1782 Amtmann über dad Amt
Dratöbers, in Norwegen, feit 1789 GStiftgamtmann. zu
‚ Ehrifiansfand, feit 1790 zu Aggerhuus⸗Stift, fpäter
erfier Deputirter in der Generalzollkammer, ward 1800
räfident der daͤn. Ganzelei zu Kopenhagen, 1804 Präs
dent der Generalzollkammer, 1810 Gebeimer Staatds
minifter, 1811 Ritter vom Elephantenorden, Er trat 1814
außer Sunction, ward jedoch Director bei der Derefund«
Zollkammer und nahm feinen Aufenthalt in Tütland,, mo
er 1816 Stiftgamtmann von Walborg wurde, welches
Amt er, Kraͤnklichkeit halber, mebrere Tahre vor feinem
Tode niederlegte, fo wie fpäter au das Directorat der
Sund»Zolfammer. — Er mar febr gebildet und im -
iberalität aus.
Umgang angenehm und. zeichnete fi in amtlider Be
ziehung durch Dienkmwilligteit und { ;
* 18. Georg Ludw. Br. v. Gusmann +4),
Fön. dän. Etatsrath, Syndicus u. erfier Stadtfecretär zu Altona,
Abgeordneter für den holfteinifchen Landtag;
geb, 1. 8. 1771, geft. d. 18. Juli 1886.
Ueber Die einzelnen Zebensverbältniffe dieſes qus⸗
ezeihneten Mannes if und nichts Näberes bekannt.
Nurdas wiſſen wir, daß er 1884 von Altona zum Abe
gerne tür den holfteinifchen Landtag erwählt wurde,
‚Er ftarb im 65. Lebensjahre plöglich und unerwartet. Er
war audgezeichnet durch unerfchütterlihe Reqtſchaffenheit,
raftlofe Thätigfeit und Arbeitdliebe, verbunden mit gründs
licher Kenntniß aller Forderungen feines Amtes und einer
ganze Stadt betrauerte feinen Verluſt, wie feine Samilie,
. Er mar der erfte, der von den 1835 zu einem Landtage
verfammelt gewefenen holſteiniſchen Stände-Abgeordneten
durch den Tod abgerufen wurde. Ein Sreund, gleiche
6. ») Gin Turge Motiz über ihn ſ. im vorigen Jadrgang d. Nekr.
00 eine kurge Wohg über ihn 1 Im borigen Badrg d. Diekr
1048. Nr. 1056, —
#
liebendwärdigen Humanität in ibrer Anwendung. Die.
Pina. U 5 WIE
$
“ ” [1
v. Bluͤcher. — Bargum. | 25
- 08 ein Mitglied jener Derfammliung, fagt unter an»
derm in einem Nachruf, Den er ibm widmete *), Yon
unferm ©.: „Auch er (wie Heim **) in Berlin), hatte kei⸗
nen Feind. Wie auch feine Anfichten fein mochten, das
N 1 an — nie ? ‘ ‚Er FAuat, mar fein Ziel,
echtſchaffenhe r Stempel feiner Handiungen.
Erempdorf. $ H. A oder.
* 19. Cuno Wolfrath v. Bluͤcher,
koͤn. daͤn. Oberſt zu Schleswig;
geb. den 16. Sept. 1778, geſt. den 22. Jull 1886.
Die Familie der von Blücher ſtammt aus dem Med»
lenburgiſchen und bat Ah in viele Linien und Häufer
0 Aus mehreren Häufern find_Sprößlinge in
änifhe Kriegädienfte getreten. Zu diefen gehörte auch
unfer v. B., welcher aus dem Haufe Schim ftammte,
Er war ein Sohn des hanoverſchen Rittmeiſters Ebrif.
Wilpelm v. BI. auf Klein Gotteßgabe und mag {dom
gegen Ende des 18. Jahrhunderts in dem ſchleswigſchen
snfanteriesKegiment, welches in der Stadt Schlebwi
garnifonirt, angeftelt worden fein. Im Jahr
ward er Staabs⸗Capitaͤn, 1831 Major in demfelben und
einige Jahre vor feinem Tode Oberß. Er binterließ alb
Witwe Karoline Dorothea, nebf 2 Kindern.
Erempdorf. D. 9. Schröder.
* 20. Chriflian Thomas Bargum,
Untergerichts advocat u. Notariuß zu Led im ſchleswigſchen Amte
Tondern;
geb. i. J. 190%, geſt. Anfangs Auguſt 1856.
„Sein Bater, Chriſtian Thomas, war zuerft feit 1792
5— zu Enge in der Probſtei Tondern im Schledwig-
hen und lebt noch jegt ald Paſtor zu Raepftedt in der⸗
felben Probftei. Unfer Chriftion Thomas, fein jüngfier
Sohn und überhaupt dad jüngfie feiner vier Kinder,
befuchte, um fi dem Gelehrtenſtande zu widmen, die
Flensburger Schule und fludirte_ dann 5 ahre in Kiel
die Rechte, wo er fi die Liebe feiner Eommilitonen in
bodem Grade erwarb. Nach beilandenem Anıtderamen
murde er zum Untergerichtöadvocaten ernannt, und erbielt
bald darauf auch die Erlaubnig, Notariatögefbäfte zu
°), Im Ipchder Wochenblatt 1886. Nr. Si.
”) Defes Biogr. ſ. N. Nekr. 12, Babıg. S. WI.
—
26 | Wendt.
treiben. Anfangs wohnte er in der ſchleßwigſchen Stabr
ulm, einige Jahre vor feinem Tode aber 309 er nad
em Kirchdorfe Leck. Schon in Flensburg hatte er ſich
mit einer Demoifelle Adami, die ibm an Jahren meit
überlegen war, berfaroden, und diefe beirathete er auch,
fobald es feine Umftände erlaubten. Gie mußte ibn nur
u bald verlieren, indem er ſchon im 32. Lebensjahr an
er Schmwindfudt farb, nahdem er erſt Vater eimed
Kindes geworden war. — Er war ein durchaus rechtſchaf⸗
fener Mann und wegen gefelliger Tugenden febr beliebt.
gen gefellig a0 FA * u
‚ Erempdorf. . 9. Schröder.
* 21. Johann Amadens Wendt *),
Dofrath u. Profeſſor der Aeſthetik und Geſchichte der Philoſophie,
wie auch Mitgl. d. Societät d. Wiſſenſchaften zu Göttingen;
— geb. den 29. Sept. 1788, geſt. den 15. Dct. 1836, |
— W. war ein Mann, der den Ruf einer, nach viel
fachen Seiten gerichteten Thätigkeit in vollem Maafe
verdient, und wenn ibm Dabei vorgeworfen wird, er
babe überhaupt nur die Beſchaͤftigung, Fein feſtes Ziel
berielben vor Augen gebabt, fo foll Das menge: ge⸗
laͤugnet, als durch eine Hinweiſung auf feine Lebend,
verhaͤltniſſe erlaͤutert und in das rechte Licht geſtellt
werden. Seine Lernbegierde führte ibn fdon_fräh den
Wiſſenſchaften zu, aber Die Dürftigkeit feiner Eitern Tieß
ibn obne — Unterſtühung, er mußte meht den
Verhaͤltniſſen ald feinen Neigungen folgen. „Er beſuchte
als Ertraneusd die Thomadfhule feiner Baterſtadt —7 —
und empfing bier von Roſt und Reichenbach philologiſche
Bildung, von dem Mufikdirector ded Gemandhauds
concertes unentgeldlich Unterriht in der practifden und
&.
tbeorerifhen Mufit. Schon bierdburd murde die Hits :
neigung zur Aeſthetik begründet und ed märe zu wänfden
eweſen, Daß er fib Liefer Richtung ganz überlaffen
dire. Allein feine Eltern und ſeine Verhältniſſe riethen
um Gtudiun der Theologie und ie begann er
iefe Laufbahn 1801. Daß er dabei nicht über dad Ge»
möhnliche hinauskam, läßt fich leicht ermeſſen, und einige
Verſuche zu predigen befundeten, wie die Canzel ni
fo er der Drt feiner Beruförbätigkeit fei. Mit
ungleich größerm Eifer hatte er Dagegen den Vorlefungen
eis Eine kurze Notlg üben iha (. fun vorigen Sodrg. de Met,
'
Re iR > EEE
SEE ee u er
EEE
A
7*
-
DE,
—
—M
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(3:5
— —
1
Wendt. 27
des Sologen — zugehoͤrt, und der Um mis
a nachmallgen Schwager — fuͤdrte ihn
vouends der Pbi ofoppie und Ku promovirte
in der philoſophiſchen Seal un efloß nun, gamp
Ar Phdiloſophie leben. Allein jegt wurde ibm eine
wöledrerftelle in einer adligen Samilie angeboten und
— mußte er den draͤngenden Umſtaͤnden Er
geden. Die 553 Poilofopdie trat nl un.
in den Sintergrund und nur verwandte Dikel les
fonnte er cuftiviren, — bei ſeinem Winter⸗
aufenthalt in Dresden, Muſit und Poeſie. Dann bezo
er mit ſeinem Zoͤglinge die Univerftät und fab fi no
einmal zu einer ibm fern liegenden Thätigkeit, zum
Studium der — — genoͤtdigt. Sein
ins datte dieſe Wiſſenſchaft zum Beruf erwaͤhlt un
mußte dabei die Sepeitionen leiten. Im 9.1
gab er dieſe Stellung auf, bereitete fih von nun am
zubig die academiſche Faufbahn vor und babilitirte
1 u Leipzig. Außerordentlicher Profeffor wurde
er 151. Niet vorzfiglid DVorlefungen über Religion“ _
Bear und Ypdilofopdifde NRechtölehre und von
hpfte damit mannichfache andere Arbeiten. So wurde
er Praſes einer pfi Sole ifden Soclerät, arbeitete aͤſthe⸗
tifde und pi orife Art fel für dad Gonverfationslericen
aub und firebte alfo nach doͤchſt abweichenden Richtungen,
Die entweder nit volkommen oder nur in ach enialen
Seife vereinigt werden können. Auch die 1816
‚erlangte ordentfide Profeſſur Tenfte feine" x tigkeit -
nit auf biefen einen Punct. Er wurde Redacteur des
einziger Annfblatıd von 1817 — 18, ferner des ——
5 zum geſelligen Dergnägen, auch erſchienen Auffäge
von idm im — in der Zeitun 0 die elegante
Welt, in der Leipziger und Berliner muflfalifchen Zeitu 1
Dabei bieft er Vorlefungen über # onlage, os Lost
Aeſtdetik und Religionsphi — — ja e ar
tel, Gegenwart und Zufunft Her
J. 1825 erhielt er den Zitel AG Sroßberiogt, we
Barmftädtifchen Hofraths. Nach dem Tode Bouterweks **)
murde_er 1829 zu der durch Diefen ge: ee
rat ffur berufen und verpflichtete Vortr en
ber Aeſthetik und Gef ide er nn kifo 55 —
vᷣdiloſophie, die nur Wenige mit einander verein *
*) Deffen Biogr. im, gedis — e. EN
de)
28 Wendt.
und noch Wergere mit Gluͤck. Bouterwek datte die
rbalihkeit gezeigt und W. mar Ihm darin nachgefolgt,
allein nah Wendt’d Tode find diefe beiden Disciplinen,
wie es nöthig war, wieder getrennt. Der Ruf, welcer
RB. voraufgegangen war, 309 ibm mehr Zuhörer berbei,
ald feine Vorträge felbft und es Ponnte darım nur
betrübend für ihn, nicht auffallend erf&einen , wenn fi)
Die Anzahl feiner Zuhdrer bald verminderte. Aus der
Berne datte man nur fein Geiftiged kennen gelernt und
ſchaͤtzen mäffen, weil ed ſchaͤhenswerih war; jegt fab
‚ man feine Aeußerlichkeit und vergaß darüber dad Wahre.
Er war Eleiner, ſchwaͤchlicher Statur, zetgte bei feinen
Vorträgen mehr Unruhe als Zebhaftigkeit und ſpraqh
mit allzu fihtbarer Anftrengung. Solche Aeußerlichkeiten
olten nun zwar bei der ernten Wiſſenſchaft gar nicht in
etracht gezogen werden, allein ed bleibt beim Sollen
" fo lange der Menfch_ein ſinnliches Wefen bleibt. Dazu
Tom dann no, daß W. keiner Schule angebörte und
‚nipt Rube und Muße fand, oder auch zu mild Dachte, um
ein eigened Syſtem aufzubauen. Er koͤnnte daher weder
Die Anhänger fremder Schulen anzieben,, noch einen Kreis
eigner Schüler um ſich verfammeln. Die Zeit war zu
bewegt und dur jene Gegenfäge zu Aue als
Daß ein Eklekticizmus hätte Anklang finden fünnen. Wo
Aues aufgeregt iR, hört man nicht gern die rubigen .
Stimmen. Im dußern und Innern Kriege gilt leider
nur 2 oft Neutralität den ftreitenden Parteien ald Feind»
feligkeit, immer wenigftend ais ein Zeichen von Schwäche.
Er datte es fih zum Zielpunet feines Strebens gemadt,
Das Leben mit der Schule zu vermitteln, weil er fab, mie
weit beide fich in neuerer Zeit von einander entfernten.
Die Schule von den lebendigern Geiſtern, meinte er,
unterliegt dem Vorwurfe, daß fie ficb ſelbſt vernebelt
und verkfümmert in mefenlofen Abftractionen, während
dem bemegten Leben mit vollem Rechte Zerriffenbeit und
Speenfofigkeit vorgeworfen wird. Darum fonnten fi
denn auch, feiner Anſicht nad, beide nicht eber vereinigen,
als bis aus beiden das feindfihe Element audgefhieden.
fei und es verdient Anerkennung und Dank, daß er
Diefe Ausſcheidung ſtets befdrderte, Daß er Dabei fremdes
Spfiemen bervorzutreten fuchte, begreift fib und es
Leben und Denken mehr 1 (ort, ftrebte, ald mit eignen.
iſt nur zu bedauern, daß dies nicht immer von feinen
Beurtheilern berädfiptigt it. — Als Schriftfteller war er
außerordentlich thötig und ed erfhienen von ihm, außer
-
'
I . ———— — —
EIS EI LOZER
Wendt. 29
einer Menge groͤßerer und kleinerer Auffäfe: De fun-
damento et origine dominii 1808. Durch Beripeibigung
diefer Abdandiung babilitirte er fib in Leipzjig. — De
confinio po&seos epicar atque historiae 1811, Programy
gu dem Antritt der außerordentlicen Profefur in Leips
jig. — Grundzüge der phil. Rechtslehte; zum Gebrauch
bei Vorlefungen. Leipzig 1811. Auch in Diefem Werte
lebt man, wie forgiam W. Feben und Schule zu vers
einigen Rrebte. Die practiſche Anſicht ſchien ihm ums -
wiſſenſchaftlich, die wiſſenſchaftliche unfruchthar und darum
Verſchmelzung nbhig, Die Idee des Rechts entwidelt
er philoſophiſch, um für Die Rechtswiſſenſchaft ein Grunde
princip zu gewinnen und bleibt bei diefer Abſtraction
doch Immer auf praciihem Boden fteben oder kehrt
wenigſtens fletd dahin zurſick. Hätte er nur die dee
ded Rechts fhärfer umgrängt, waͤre er mit dem Licht
der Philofopbie bis zu den legten, noch immer dunklen
Gründen diefer Idee binabgefiegen, fo mÄßte man
lagen, daß Died Buch nicht allgemeiner benugt wird. —
Ueber den Gebrauch der pipofogie bei der Bibel»
erklärung 1816. Diefe Abbandlung fchrieb er ald einen
Beitrag zu der Laufiger Predigergeſeliſchaft. — De re»
rum principiis secundum Pythagoraegs 1827. Ein Antritts-
programm zu der ordentlichen Profeffur, melde er 1816
erbielt. Weber Den Gegenftand, erfolgte ein Auffag
in den Berl. Jahrbuͤchern 1828. Stüd 38 f. Doc bar
er dieſen ſchwierigen Gegenftand nicht mit Glüd
arbeitet. Neinbold in Zena gab eine befondere Sarift:
Beiträge zur Erläuterung der Pytbagor. Metapbyfß,
Jena 1827, gegen die Anfihten W.'s heraus. Zugleid
traten die Schriften berühmter Zeitgenoflen hervor, melde
die Aufmerkſamkeit auf ſich berüberzogen. Vorzuͤglich
find bier zu nennen, Ritter, Diffin, Brandid. — Taſchen⸗
buch zum gefeligen Vergnügen 1821—25. Die geadhtets
fen Scrififieller unterflügten ihn bei diefen Unternebs
mungen und traten Dadurch mit ihm in näbere Beruͤh⸗
rung. — Roffini’d Zeben und Arbeiten. Leipzig 1824.
n dieſer Schrift bewährte er feine tiefern Kenntniffe
er Mufif, da er dad Innere der Roffinifhen Werke
darzulegen ſtrebt. — Ueber Zwei, Mittel, Gegenwart
und Zufunft der Maurerei. Leipzig 483. — Tenne⸗
mannd Grundriß der Geſgichte der Philofopbie. 3. Aufl.
4820. 4. Aufl. 1825. Dieſe hoͤchſt Ihäfbare Arbeit ver»
dient die dankbarfte Beachtung und dat fie mirklich ges
funden. Sie bat nicht allein in kurzer Zeit mehrere
es
⁊
80 we... = Wendt. ; : 2
Auflagen erlebe, fordern it durch Heberfegungen in die -
meiften neuern Sprachen Äbergegangen, namentlih in
Das Franzoͤſiſche, Englifde und Stalienfge. Das zum
Grunde liegende Tennemannſche Werk bat zwar großen:
theils den Stoff geliefert, allein ed bedurfte Berichtis
gungen und einer bequemern Form. Beided hat W.
geleiftet. Die Beurtbeilung der neuern Syſteme genügt
mar nicht überall, allein fie fanden dem Derfaffer no
n der Zeit zu nahe, ald daß er ſie hatte klar uͤberblicken
‚Bönnen. Einige, wie 3. B. das Herbartfde, lagen ihm
Dagegen in der Richtung zu fern und er Fonnte daber
nit mit Der. nörbigen Sicerbeit ihren Gang zeichnen.
Abver wer die Schwierigkeiten fennt, die mit der Ges
ſchichte der Pbilofopbie verknüpft find, wird dies nicht
gu hoch anſchlagen. Mit Herausgabe der größern Tennes
mannſchen Geſchichte der Philoſophie beſchaͤftigte er fi)
gleichfalls. — De rationé, quae inter religionem et
“ philosophiam intercedit 1829. Programm beim Antrits
her Profeſſur zu Göttingen. — Ueber die Haupt
erioden der ſchoͤnen Kunſt oder die Kunft im Laufe der _
eltgef&ichte Dargeftellt. Leipzig 1831. Die Idee des
Werts it ſchoͤn und groß; mit der Ausführung, weil ed
ihm noch an Vorarbeiten gemangelt habe, wollte Wendt
elbſt nicht recht zufrieden fein. Dod fand es ‚vielfeitig
nElang. Eine Meberfegung in das Schwediſche (Be-
traktelser öfver den skönua Konstens Huüfwud 'perioder.
Defversätning af C. A. Bagge. Stockholm 1885.) zeugt
davon. — Neuer deutfcher Muſenalmanach. In Leipzig
grponnen, fortgefegt in Göttingen, Dann aber unter der
eitung Chamiſſo's und G. Schwab’d. - Wendt bat nur
wenig eighe Productionen geliefert, allein die Auswahl
Der aufgenommenen Gedichte zeugt von einem feinen
Geſchmack und rihtigem Tact. Bei der nit ganz uns
egründerten Klage, mit Schiller und Goͤthe *) fei die
oefie zu Grabe gegangen, mußte eine ſolche Erſcheinung
Doppelt erfreuen. er in die Klage unbedingt ein»
ſtimmte, fhlage nur WE Mufenalmanah auf und er
wird feine Meinung modificiren. Daß übrigend auch in
Diefem Werke die allgemeine Tendenz Wendt’, zu Vers
föhnen, erkannt werden Bann, davon überzeugt der erfte
Blick. Das Iprifche Element tritt in neuerer Zeit aus
unferer Ziteratur faft ganz zurüf und man. fiebt mit
Bedauern die entftandene Kluft. W. trägt ein Werkſtück
Deſſen Biopr. f. Int 10. Jahrg. des N. Nekr. ©. 197.
& ⸗
4
3
SE ur UP EEE En — mn
— —— —
— LE AR
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Behrmann. 81
derbei, Her
etban. — ienten Sapren feines ae
—5 ſich . mit Ausarbeitung einer allgemeinen
eſthetik, die aber unvollendes geblieben und deren
PR faum zu boffen if. In — haͤuslichen
erdaͤliniſſen erſchien Wendt als ein durchaus achtungs⸗
weriher und liebendwärdiger Mann. Ein — — >
in der Schule der Erfahrung gereifter Sinn
überall nl Dermäblt war er a un N &
der Tochter eined Beamten zu Leipzig, welde ned
egenwärtig zu Göttingen wohnhaft it. Die einzige,
interlaffene Tochter mit einem em; lifden Schriſt⸗
er, John Kemble, vermählt und ledt in London.
| Sie iR Erbin von ded Vaterd feinem, gebildeten Geike.
8
Wendt Rarb an einer Rervenlähmung. — Außer de
enannten Werken a“ er noch beraus: WWeipgefchent
be ——— u eeimig bei ihrer 4. Säcularfeier den
rgebradt * der aͤſthet. Geſellſch. ꝛc.
ni 100. — Die Religion an N und in ihrem
pi Isniffe für ABiffe Fenfdaft, Kunft, Leben und zu *
—— — Formen derfelden. Sulzbach 1813. —
framger, der Mönd vom Eibanon, ein dramati de
Dicht. S. fehr verdnd. Aufl. mit e. Vorrede. Lei
1817, — Ueber den gegenne rtigen Zuftand der Beil,
befonder8 in Deutſchland. Göttingen 1886. —
viele Beitr. zu Jonrnalen- m. andern re
* 22, Heinrich Behrmann,
tin. din. Ganzleiratd zu Altona;
aan den 5. Apr. 1770, geſt. den 23. Det. 1886.
em Dorfe Garftedt, Kirchſpiels Quickborn, in
der — erefaft Pinnebe rg. erblidte B. da
ide der W wurde zum Gelehrten gebildet auf
ale Gymnaſium zu Altong und —
dann 3 Fahre zu Jena Theologie. Im I. 1802 kam er
nach Kopenhagen und wurde zarten an dem Erziehu :
inftitutd von C. J. R. Chrifiani au Veſter “
Kopenhagen. auf Kate er 1806 Abjunct u
Dberlehrer an der Katbedraifhufe zu rg
aber Ardivarius bei der Schledw. «Hof.» Zauenb. ME fer
B Kopenhagen mit dem Titel Canzleirath. Da er Hb
88 due Sale —
ere ur riften als tre
go bewäprs hatte, ſo ward er auch von der koͤnigl.
x
2 Wendell.
Geſellſchaft für vaterlaͤndiſche Gefchichte und Sprache
und von der ſkandinav. Titeraturgefeliihant in Kopendagen
zum Mitglied erwählt, wie er denn ſchon zu Jena Mit
lied der dortigen lateinifchen Geſellſchaft geworden war:
ri berannahendem Alter erbielt er auf, Anſuchen am
40. November 1829 die Entlaffung von feinem Amt in
Kopendagen und begab fib nun ald Privatgelehrter
nah Altona, wo er am oben genannten Tage an der
Waflerfucht verfbied. Er binterließ ein Kind. — Seine
Schriften find: Geſchichte König Chriſtian des Zweiten,
4r Th. SKopenb. und Leipz. 1805. — Haandbog i den
tydske prosa: iske Litteratur. Kjöbenh. 1808. — An
den sidste pavelige Legats. Joh. Aug. Arcemboldi Ophold
. og Forhold i Danmark under Kong Christian II. In den
chriften der ffandin. Literaturgefellfhatt von 1810. —
Udsigt af den almiudige Verdens Historie i 5 Tabeller.
Kjöbenh: 1811. — Christian den andens fängsels-og Be
frielses-Historie, efter Documenter udarheidet. Kjöbenh.
1812. Erſchien zuerſt als Schulprogr.) — Om nogle
fremmede Troppers Ophold her i Danmark under Kong
Christian Il., og derer og Kongens Forhold mod hin»
anden, efter Documenter udarbeidet, som et Indbydel,
seskrift til den oflentlige September - Examen, Kjöbenh.
1812. — Kurze Darftellung des politifden Verhaltend
Daͤnemarks in den legten Jahren. SKopenh, und Altona
41813. Dänifh 1814. — Gefhichte Epriflian IT. und
feined Gefaͤngniſſes. Kopenh. 1813 u. 14. 2 Thle. —
Grandris til Roeskilde Domkirkes og dens Monumenters
Historie og Beskrivelse, med Kobbere. Kjöbh. 1815. —
Kong Christian If. Historie. 2 Del. Med Kongens Portrait.
Kjöbh. 1817. Außerdem lieferte er Beiträge zum Neuen
daͤniſchen Magazin und zu dem Archiv für Staatds und
Kirchengeſchichte. Sein im Novbr. 1834 angefündigter;
Berigt über die Berbandlungen der legten Schlesw.⸗
Holſt. Eandtagscommiffion in den Jahren 1711 u, 1712,
a Originalurkunden, it nicht erfchienen.
empdorf. D. 9. Schroͤder.
* 23. Johann Georg Friedrich Wendel,
Buchdrudereibefiger u. Stadthauptmann zu Rendsburg in Holftein;
geb. i. 3. 1773, geft. d. 29. Oct. 1836.
Der Geburtsort, fo wie die frühern Lebensverhaͤlt⸗
niffe dieſes Mannes, der ih um Rensdburg febr vers -
dient gemacht bat und alfo hier wohl einen Fleinen
| Zum
k
— — — —
— — — —
8
Lorentzen. 88
Denkſtein erhalten kann, ſind uns nicht bekannt. Er
war, der Erſte, der zu Rendsburg in Holſtein eine Bud»
druderei anlegte. Denn obſchon bereitd im 17. Jahre
hunderte, zur Zeit ald der vielfchreibende_ Generals
fuperintendent Dr. Chriftian von Stödfen in Rendsburg
wohnte, dort fib ein Buchdrucker niedergelaflen hatte,
fo fonnte derfelbe ſich doch nur einige Jahre dort halten
und Kendöburg bar eigentlich nur feit 1806 eine eigents
liche Buhbdruderei beſeſſen. Wendel begann mit 1807
au ein „Rendsburger Wochenblatt“ — —— das
ſich bis jetzt erhalten bat und eben fo gemeinnägig als
unterbaltend it. . Da er die übrigen Eommundmter der
Stadt zur Zufriedenheit feiner Mitbürger verwaltet hatte,
fo warb er ungefähr vor 16 Jahren zum Stadtbhaupts-
mann erwäblt, melde Würde er gleihfall8 zur größten
Zufriedenbeit befleidete. Er ftarb_ nad) furgem Kranken⸗
lager im 63, Alterdjahre, binterlaffend als Witwe Anna
Diargaretba, geborne Mumm, Kinder und Schwieger
finder. — Auch ald Scriftfteller fuhte W. zu nügen
und bewied ſich als folder ald ein Sreund der vater
laͤndiſchen Altertbämer. Denn außer dem Rendöburger
Wochenblatte, deffen Redacteur er bid zu feinem Tode
war, gab er noch heraus: Befchreibung der inhalt
reichen Altſtaͤdter St. Marienkirde in Rendöburg. Zum.
goojaͤhrigen Reformationdfefte verfaßt. Rendsb, 1817. —
Kurze Nachricht von dem, mad in Beziehung auf die
Feier des dritten _bundertjäbrigen Jubelfeſtes der Res
formation in der Altnädter St. Marienkirhe durch freis
' willige Beiträge verbeffert worden. Rendsb. 1818.
Crempdorf. Dr. H. Schroͤder.
+ 24. Caͤſar Eduard Rudolph Lorentzen,
Doctor der Philofophie zu Oldesloe in Holfteinz
geb. i. J. 1807, geft. den 10. Nov, 1886.
. Diefer für die Wiſſenſchaften zu fruͤh verkorbene -
junge Gelehrte war ein Sohn des Juſtizraihs, Dr. med.
und Apothekers Sriedrid Auguſt £orengen in der bob
ſteinſchen Stadt Oldesloe. Da er frühzeitig viele Ta
fente zeigte und feine Eltern ſehr vermögend waren,
» wurde er dem Gelehrtenftande gewidmer. Auf der
chule gewann er die Philologie lieb und feßte auf
der Univerfität die Bel äftigung mit derſelben fort.
Zu Anfang des % 41834 ward er zu Göttingen. Doctor
der Philoſophie. Aber fdwächlich von Tugend auf, erlag
N. Rekrolog. 15. Jahrg. u 8 —
‘
.-
J
34 | Huber. | en
er, ind Vaterbaus zurückgekehrt, am oben genannten
Tage der Schwindfuht. — Seine Snauguraldiffertation
(Göttingae. 1834.) handelt: De rebus Atheniensium Pericle _
potissimum duce gestis.
Grempbdorf. * D. H. Scroͤder.
* 25., David Chriſtoph Huber,
Pfarrer zu St. Leonhard, Buchthaudprediger und Schulrath in
St. Sallen, Mitglied des wiflenfchaftl. Wereind, bed Bibliotheks
tollegiumd und der Huͤlfsgeſellſchaft daſelbſt, fo wie der Predigers
F witwencaſſe der evangel. Cantonsgeiſtlichkeit;
geboren den 8. März 1777, geſtorben den 5. Dec. 1886.
Er wurde in ©. Gallen geboren, dad dritte der
Finder in der zablreihen Zamilie des fanctgauifchen
Predigerd Ehriftian Huber, In den Schulen zeichnete
er fid nicht aud; blös im Singen zeigte auch er das
althergebrachte Talent feiner Familie. ach vollendeten
Schulſahren wollte er ſich dem Buchbinderhandwerke
widmen; allein fein Obeim, Der angefebene Stadtpfarrer
G. 8. Scherrer, wänfte, daß er fih dem geiftlichen
Stande zumenden möchte, in welchem er in ununters
brochener Reihe fünf Ahnen zählte, Nah dem i, 3. 1794
erfolgten Hinſcheiden feines Waterd nahm genannter
- Dbeim ibn in fein Haus auf. einen Studiencurd
‚ madte er ganz; in dem academifchen Gymnafium feiner
- Daterftadt, welches damald auch einen Lehrſtuhl für
Die Theologie hatte, Da er aber nie Neigung für
feinen Beruf gemanı, fo leiftete er in den Studien nur
-das Nötdigfte, doc dieſes gewiſſenhaft. Daneben gab
er fib mit Mufit ab, bildete ein Eleined Studenten».
conzert für Serenaden und vicarirte einige Zeit in den
Gefangfaufen des Gpmmafiumd, Auch nahm er zu Ans
fang 1793 die Stelle eined Cantord in der franzöfifhen
Hirhe, etwas fpäter zugleich Diejenige in der deutſchen
Hauptkirche (©. Yaurenz) an. Am 26. Apr. 1709 beftand
er fein theologiſches Eramen und ward bieraufamg. Mat
um geiſtlichen Stand eingeweiht, Unterm 29. Juni
eſſelben Jahrs erhielt er die Bergpfarre Tegerſchen
im Tofenburg, drei bis vier Stunden von feiner Vater,
ſtaht entfernt, Das Predigen machte ihm anfaͤnglich
Mühe, ward ibm Aber bald ſehr geläufig und er pflegte
von da an Immer nur nach bloßen Schematiömen vor
zutragen. Seiner Gemeine gebörte er mit aller Treue
und fteter Dienftfertigkeit an. Wergeblich war feine
-
- EEE — — — — — —
. Yuber. 35
Bemuädung, das neue Krchengeſanghuch S. Gallens
auch in Tegerſchen einzufübren. Gegen Ende 1799 hatte
er ſich mis Elifaberhb Zollikoſfer von Altenklingen, von
S. Gallen, verehelidt. Im Januar 1801 Rarb ihm
diefe feine Gattin und er verebelidte ſich um eiten
Mal, im Sept. 1801, mit Maria Barbara, einer Tochter
des Rathöherrn Kaltſchmidt Yon LKındau In gleichem
Monat berief ihn der Schulrath von S. Ballen in feine
Daterftadt zuruck, indem er ihm Die Zebrerfielle an der
fünften Claſſe des Gymnaſiums (eigentlih eine Neal
ſchule) übertrug, womit auch ein Antheil an der Pfarre
Zinfebähl 9) verbunden war. ” Zugleid ward er zum
Katechet in ©. Leonhard gewählt und bald Darauf
auch zum Geſanglehrer. Zu Anfang des Jahrs 1804
vertauſchte er die Katechiſafion zu &. Leonhard mit der⸗
jenigen am Yinfebäbl. Ftçiwillig trat er bei der neuen
Schuleinrihtung im Sräbjahr 1805 aus feiner Aealſchule
und ließ Ad die zweite Primarſchule gefallen. Doch im
naͤmlichen Jahre verlieg_er mit einigen feiner Eollegen
die Vaterſtadt wieder. Die Cantonsregierung hatte ihn,
auf das Geſuch der Gemeine hin, am 40. Juni zum
Vfarrer zu Bernang im Rdeinthal, ermählt. In ber
fdönen, fruchtbaren Gegend verlebte er angenedine Jahre
im Schooße feiner anwachſenden 5 und der ibn
um feiner Rechtlichkeit, Dienftbefliffenbeit und AUmtötreue
willen ebrenden Gemeine. Seine Amtögenoifen wählten
ibn im Aug. 1809 zum Actuar des Eapiteld Rheintbal;
auch mar er je Einführung ded er Geſang⸗
buchs ſehr thaͤtig. Gleichwohl ließ er ſich, auf Betrieb
ſeines Odeims, Decan Scherrer, gern wieder nach
S. Gallen — namentlich um der ſich medren⸗
den Bedürfniffe feiner Familie willen, Der Gemeinde⸗
rath übertrug ibm unterm 25. Mai 1818 die zweite Pfarrs
elle zu ©. Leonhard. Den 6. Juli ward er Mitglied
ded Eraminationcollegiumd und folgenden Tags Artnar
derfelden. Webrere Fleinere Stellen übergehen . wir.
Den 31. Auguft 1815 übertrug der Schulraib ibm die
dritte und vierte Primarfhule am (fogenannten) Gym⸗
=
nofium. Dabei blieb er gfeihwohi in feiner Pfarrfelle,.
AS treuer und tüchtiger Geſchaͤftsmann ſad er Ab noch
obenein bald zu diefer, bald zu jener Eleinern Beamtung
.. 9 Fitiatkicchlein In b ntüelle S. Gallend, feit 1084
———— — Eee — V
g 8
_
—
+
%
36 — Huber.
evangel. Cantons-Kirchenraths und bes Cäpitels
. Ballen. Gm Mai 1820 ward er Katechet in der
S. Magnudfirde, im März 1822 Negiftrator in der Stadts
bibliothek und Mitglied der Stadikirchenvorſteherſchaft.
Um 2, Juli gleihen Jahres beehrte die Cantonsſynode
ihn mit einer Stelle im Kirchenrath. Seine Genauigkeit
im Sübren von Protocollen war auögezeihnet; fein
Verſſand und feine reng: Rechtlichkeit machten ibn den
Bebörden fehr nüßlich, Bei-der im Spätiahr 1823 aber;
gegooen — fo im 3. 1816 zum Vetuariat der Synode,
£ a
©
-mald vorgenommenen Umgeftaltung der Öffentliben Lehr⸗
anftalten ©. Gallend erhielt er am 20. Dec, die Stelle
eined Vorſtehers ſaͤmmtlicher Primarfhulen und eines
Lehrers der oberften Claſſe derfelben. Auch jest noch
blieb er daneben in feiner Pfarrftele. Dagegen legte er
vor und nach einige andere der obgenannten und nicht:
genannten kleinern Beamtungen nieder. m uni 1824
ward er Negifirator primarius und Actuarius an ber
Stadtbibliothek. Di blieb er bis 1828, in weldem
Jahr er auf neue ſechs Jahre bin ald Kirchenrath beſtaͤ⸗
tigt wurde. Die bärgerlide Umgefaltung des Canton
. Ballen_ war auch von kirchlichen Veränderungen
begleitet. Sin der Hauptftadt wurde der Grundfag Der
dufchgaͤngiſen Trennung der Marr» von den Squl⸗
ftellen durdgeführt. Die Hälfte der Predigerpoflen ward
- eingezogen, um Die noch beftebenden beijer einrichten
und bejolden zu Fönnen. Auch die Kirche ©. Leondard
verlor den einen ihrer Pfarrer. Huber blieb ibr allein
fibrig, nachdem er fdon vor der Nefignation feines
Gollegen dur die am 2. März 1334 verfammelte Gemeine
ald deren eigentliher Dauptpfarrer bezeichnet worden
war. Nun trat er aus feiner Schulſtelle aus, ließ fi
In feinem Kirchſprengel nieder und befchäftigte ſich emfig
mit allen ibm obliegenden neuen Einrihtungen. Im
Sommer des letztgenannten Jahrs ward er von der
Stadtbürgerverfammlung auch zum Mitgliede ded Schul
rathö ernannt, Geit einigen Jahren batten feine Kräfte
ein wenig zu wanken angefangen und er hatte namentlich
mit rbeumatifden Webeln zu fämpfen. Gegen Ende
Mov. 1836 ward er von der Zungenentzändung befallen
“und die Entleerung eined Zungengeibwürd bradte ihn
in große Gefabr; auch entfräftete ihn Sieber, Nah einem
gerinsen Anfdein von Beflerwerden fübrte der Ausbruch
eined zmeiten Sungenae [Dart in der Nacht vom 4; auf
den 5, Deebr, einen ft
dtlichen Stidfiuf berbri, Sein |
- u u on _
v. Barnftebt. 87
Ende war ibm und jedermann unermartet, ba er, ums
eachtet mwiederbolter Störungen in feiner Gefundbeir,
mmerbin ein Mann zu fein nefhienen, der noch eine
Reihe von Tabren bätte ausdauern fünnen. — Geſchid.
lihfeit und Genauigkeit in Gefhäften, puͤnctliche Amts.
treue, unbeſtechliche Rechtlichkeit, WAufrichtigkeit und
Wahrhensliebe, einfaches, aller Ziererei völlig fremdes
Weſen waren die Eigenfcaften und Vorzüge, die ibm
befonder& auseichneten; auch mar er bienftfertig, freis
gebig und gaftireundihaftlid. Sein Wandel war uns
befholten. Seine Kühnbeit gegen alles, was ibm au
Andern, auch den Angefebeniten, als unrecht erfcien,
feine Strenge im Wortbalten, feine Unnabfictigfeit In
der Erziehung Fonnte bis zur Path geben. Diels
leiht war er der zuverläfligte Mann feiner Zeit Im
©. ®allen. Dad ideale Gebiet war ibm fremd, Geine
a Anſichten ermangelten der Tiefe und waren,
mie Alles in ibm, unveränderlih abgeſchloſen. Er
ftudirte nur aöferifhe und Pafloralliteratur. 3 feiner
Predigermirffamkeit war er nicht befonders glüädliid —
etwa Cafualreden ausgenommen, Darum mar ibm auch
das Predigen um fo weniger lieb, Der geitvole Decan
Scıeitlin, durch mehr als acht Jahre fein College an
: der ©, Leonhardskirche, fagte von beider Predigtmweife
vergleihend, daß feine eigne „idealer Rationalidmus, “
diejenige Hubers „moraliſcher Empirismus“ gemwefen fei.
Webrigend war Huber weit mebr ald Sceitlin Rationalift
im gewöhnlichen Ginne des Worts. H. binterläßt einen
Sohn, der unter Die fchätendmertheiten jüngern Geiſt—
lihen im Canton S. Gallen gehört. |
j Bernet.
* 26. Briedr. Aemil Georg v. Warnſtedt *),
Zön. dän. Kammerherr, Oberlandiweges Infpector in Holftein und
Ritter vom Dannebrog, zu Traventhal; '
geboren i. 3. 179. , geftorben d. 10. Dec. 1836.
Ueber den Geburtdort und die an endverdaͤltniſſe
dieſes fuͤr Holſtein zu fruͤh in der Bluͤthe feiner Jahre
verſtorbenen Manne
wurde bald nach vollendeten Studien zum koͤn. Yantigen
| Kammerjunfer ernannt und erhielt i. 3. 1824 dad Amt
Eine tur 7 vorig. Ja ed. Nekr.
; ö 28 ne urge 1 Rotis über ihn f. Im vorig. I —
=
find wir nit unterrichtet. Er ..
zer 38 ' Deterfen.
eined Dberlandwegeinfpertord im Herzogthum Holſtein,
welchem er mit vielem Eifer vorftand. Daher wurde
er bereitö.den 22. Mai 1826 Eön. Dänifcher Kammerberr
und nad einigen Jahren auch Ritter vom Dannebrog.
. Sein Wohnort war die Stadt Ploͤn; er flarb aber,
nach fangen und ſchweren koͤrperlichen feiden, auf dem
Schloſſe Traventhal. Verdeirathet iR er nicht geweſen.
Er hinterließ einen zu Ploͤn wohnenden Bruder, H. A.
p. Warnſtedt, Forſt⸗ und Jaͤgermeiſter im Herzogthum
Holſtein und Ritter vom Dannebrog. Unſer v. Warnftedt
war ein febr Eenntnißreiher Mann, inebefondere aud
als Vorſtandsmitglied Der einige Jahre vor feinem Tode
an Kiel gefifteren Gefellichaft für Sammlung und Ers
baltung vaterlaͤndiſcher Alterthümer fehr tbätig und fuchte
aub ald Schriftſteller zu nüßen. — Er ließ nämlid
dDruden: Die Inſel Föhr und dad MWilhelminenfeebad,
Mir 2 Karten u. 5 Zeichnungen. Schledm. » Holft. » Inf.
(Hamb. b. Perthes u. Beffer in_ Comm.) 1824. — Ueber
das Macadamifiren 1824. — Einige Notizen Über bie
Ausführung einer Steinfhlagftraßenanlage auf der Lands»
ſtraße von Plön nah Lübek, angelegt auf allerhöchſten
Befehl i. J. 1825 — 26 in einer Länge von 234 zwanzig⸗
füßigen Rurben oder 355 Duadratrutben. In Sald'd
Roatöbürgerlibem Magazin Band 7. Heft 2 (IST). —
Weber die im Studirzimmer abgeftohene Wegeölinie von
Rendsburg nah Neumünfter. Hamburg 1832. — Die
Travenfalzer Saline bei Oldesloe und Nadridten über
die in den J. 1831 und 1832 Dafelbft gemachten Bohr-
verfuche, Manufeript für Sreunde des Vaterlands. —
Ueber Alterthumsgegenſtaͤnde, auf melde die Geſellſchaft
für zenmlang und Erbaltung vaterländifcher Alters
sbümer Die Aufmerffamfeir ibrer Mitglieder u. fonftiger
Sreunde u, Befdrderer ber Forſchungen üb. den frübeiten
Zultand d. Vaterlands u. feiner Bemobnung binzuleiten
minfht.. Eine Anfprache, entw. u, ausgearb. Stiel 1835,
Erempdorf. D. 9. Schroͤder.
* 27, Chriſt. Hermann Theodor Peterfen *),
Bürgermeifter der Stadt Heiligenhafen in Holftein;
In Yebengumfänden Diefeß edlen Mannes. iR
on den Lebengumftänden dieſes edlen Manne
uns Mn bekannt, daß er bald nach vollendeten Univerfitätd.
ur — * er über ihn f. im vorig, Jahrgange d. Mekr.
\
— ne — — — —
j Eindenhan. 89
abren die Bärgermeifterwärde zu Heiligendafen in Hol⸗
ein erlangte und am oben genannten Tage pi
- dur einen Nervenſchlag feiner Gattin und feinen Kin
bern entriffen wurde, ‚rüber war er auch Juſtitiar
mebrerer adligen Güter, Seine Gemeine widmete ihm
im Altonaer Mercuriud folgenden ehrenvollen Nachruf:
„Länger ald 30 Tabre mar er der Vater unferer Beinen
Stadt und obgleich in fpätern Zahren feine Wirkfamkeit
durch körperliche Schwdchen oft gehemmt war, können
mir ibm doc den Ruhm nicht verfagen, daß er in aller
Zeit Das Gute gewollt, geſucht und nad feinen Kräften
. Unter und gefördert bat. Geine Dfiten und Geſchaͤfte
waren ibm beilig; zu Rath und That war er Jedem
‚ingänglid; Arme, Derlaffene, Unterdrädte fanden be
ihm eine Zuflucht und felbit die Schlechten mochte er
nicht finfen laſſen. Vermöge feiner befondern Richtung,
nad feinen Kenntnifen und Hähigfeiten und megen
feiner ausdauernden feltenen Xhätigkeit wäre der Ver⸗
ftorbene ald Beamter in einem hödern Collegium wodl
mehr an feinem Plage geweſen; doch hat er auch um
bie biefige Eommune feine ſehr großen, vielleicht nicht
genug anerkannten Verdienſte. Und wenn wir dazu
erwägen, wie bob er als Menſch und ald Chrif In
einem fittlid reinen frommen Leben unter und da fand, fo
: wird fein Andenken gewiß noch lange in Segen bleiben.”
Erempodorf. D. 9. Schroͤder.
* 28. Andreas Chriftoph Lindenhan,
koͤnigl. daͤniſcher Juſtizrath und Bürgermeifter zu Daberbleben, im
Schleswigſchen;
geb. den 17. Febr. 1776, geſt. den 81. Dee, 1886.
Lindenhan wurde zu Hadersleben im Herzogthum
Shleöwig geboren, ſtuditie die Rechte iu Kiel und
wurde 1793 auf dem Sgloſſe Gottorf bei Ber Stadt
— examinirt. Bald darauf erdielt er die Be⸗
ſtallung als Untergerichtsadvocat und erlangte eine bedeus
tende Praxis. Im J. 1814 wurde fi zum Bürgermeifter
in feiner DBaterftads_ ernannt. Daß er dieſes Amt zur
Zufriedenheit feines Landesherrn verwaltes habe, leuchtet
. daraus hervor, daß er 1825 zum Lönigl. daͤn. Juſtizrath
ernannt wurde. — Lindenhan war ein fehr gebildeter
und gelebrter Mann und ein eben fo grändlier Philo⸗
ſoph als geifreiher Dieter. In feinen legten Lebens⸗
jahren beihäftigte er ſich hauptſaͤchlich mit ber vater:
EG
=
—
*
40 rieſe.
landiſchen Geſchlate. Er farb im 68. Altersjadre und
binterließ von 10 Kindern drei Söhne. Einer derſelben
lebt in Schmeden, ein zweiter, Guſtav Adolph mit
Namen, it Auditeur beim Zeibregiment der Königin von
Dänemark, welches in Glüdftadt garniſonirt. — 2.8
ſchriftſtelleriſche Zeitungen find folgende: Adelaide, Ein
Gedicht in 7 Befängen. Gotha 1815. — Dichtungen.
Schleömig 1322. — Unfterblihkeit. Ein Gedicht in
2 Gefängen. Altona 1823. — Das gerettete Malta.
- Ein epifbed Gedicht in 22 Befängen. 2 Thle; Altona
1829. (Brucftüde aus dieſem Gedichte ſtehen in Wins
friedd Nordalbingifchen Blättern [Yamb, 1820.) und in
ben Driginalien von G. Lot von 1826 bis 1828.) —
- Diele Beiträge, äftbetifhen und hiſtoriſchen Indalts zu
W. ®, Bederd Erbolungen, ©. 208 Hriginalien, feit
41820, Halems Irene, zum Morgenblatt, zum Taſchen⸗
buch Eidora, zu Winfrieds Nordifdem Mufenalmanad,
deſſen Ruinen und Blütben, zu Niemannd Baterlandds
kunde zu Zoh Taſchenbuch „Wintergrün“ u, den Schl.
Holſt. Lauenb. Provinzialberichren,
Erempdorf, D. 9. Schröder,
1837
29. Carl Ferdinand Friefe,
Otaatöferretär u. Chefs Präfident der koͤnigl. Bank zu Berlin;
geb. den 23, Juli 1770, geſt. den 5. (4.) Jan. 1837 °).
Sein Vater, der Amtörarh und a des
i. ® 1707.
koͤnigl. Domänenamtd Riefenburg war, Rarb
Frieſe's Geburtsort if jedoch nicht ——— ſondern
‘
s adlige But Kanten, wo feine Mutter ihre Eltern,
deren Eigenthum Died war, damals eben be
3. genoß nie Schulunterricht, fondern wurde mit feinen
jüngern Bruder ganı im elterliden paufe ene en und von
Hauslehrern gebildet und es iſt ein ruͤhm ides Zeugniß
| Nach ders Preuß. Stoatszeitung 1887. Mr. 89 u. 40.
%
—
ucht hatte.
—— ——— — — — — — — —
Briefe. \ 4
für die Kenntniſſe, ben Fleiß und die Treue des lehten
Diefer Lehrer, daß Briefe, der fih feiner oft dankbar
erinnerte, ſchon nach Faum vollendetem 16. Lebensjahre
mit gluͤcklichem Erfolge zur Univerfität übergeben konnte,
Da im J. 1750 die Turiftenfacultät zu Hönigöberg nur
mit einem einzigen Profeffor, Dem D. Holgbauer beſeht
war, der zwar den Ruf eines ſehr achtbaren Zebrers
batte, aber doch nicht allen Dbliegenbeiten diefer Facıtls
tät genügen fonnte, fo bezog Frieſe die ————
Frankfurt a /O., um daſelbſt Die Rechte zu fludiren. Er
blieb dort anderthalb Jahre und ging dann, Oſtern 1788,
‚mit einer befondern Empfeblung ſeines vorzüglich ge»
achteten Lehrers Madibn nach Halle, mofelbit er zunddft
unter Weſtphals Anleitung feine Univerfitätsttudien bes
endete, Gie maren zwar weſentlich nur auf Außbildung
zum Gefhäftemann in der Juſtizverwaltung gerichter:
aber der Geiſt Diefer beiden Lehrer bewahrte ihn glücklich
vor dem oberflählichen Treiben, welches eben Damals
in der academiſchen Dorbereitung zur Mechteprarid an
der Zagsorbnung mer. Die flaatdmwirtbicaftliden Une
fihten, melde F. ſchon am Anfange feined Gefhäftd«
lebens auffaßte und bis zum Ende deſſelben feſthielt,
wurden nicht durch academiſche Vortraͤge in ibm erzeugt,
fondern entftanden durch freie Aneignung der Ideen,
welche zu jener Zeit in Umlauf Famen. Er nabm daraus
in fib auf, was ibn durch einleudhtende Wabrbeit anzo
und was ihm en en im Xeben ſelb
beflätigte. Im November 1790 trat Sriefe, wenig über
20 Sadre alt, in den Staatsdienſt, ald Audcultator bei
Der damaligen Regierung, jegt dem Oberlandesgericht
in Darienwerder. Er entwidelte bier fräb.eine gewiſſe
Gewandtheit und gemwiffenhafte Treue im Geſchaͤfts⸗
betrieb und wurde deshalb bereitd mitteld Be ellung
vom 10. Auguft 41793 im Bezirke ded gemanıen ande
juftiscolegiumd als Juſtizcommiſſarius und Notariuß
angeſtellt. Faſt gleichzeitig Damit (14. September 1709)
eſchah feine Ernennung zum Affitenzratde bei der Zuftiz»
eputation der Kriegs⸗ und Domänenfammer zu Marien⸗
werder. Diefe Zuftizdeputationen befanden aus einigen
befonderd zur Zuftiz vereidigten Mitgliedern der Sriegbe
und Domänenfammern und aus einigen nicht bei bem
Kameralgefhäften betbeiligten Perfonen unter der Bee
nennung Alfitenzräthe, die gewöhnlich aus der Zahl der
UML gewählt wurden. Ihnen lag diejenige
echispfiege ob, welche damals nod den Kriegs⸗ und
+42 - i Frieſe.
. Domönenkammern vorbehalten war. Die Berbältnifie
ener Zeit waren der Beförderung räpiger junger änner
efonders günfig, In den großen Erwerbungen, welde
dem preußifhen Staate in den Jahren 1798 und 1795
äufielen, einer Bodenflädhe von 1842 geogr. Duadrats
meilen, von mehr ald 2 Millionen Menfchen bewohnt,
mußte Sufipolige‘ und Finanzverwaltung gem neu ges
fchaffen. und dad Perfonal Dazu aus den Beamten der
alten Provinzen entnommen werden, wodurch überall
Stellen erledigt wurden, Die Geſchaͤftskenntniß und
Dienfttreue des Aſſiſtenzraths F. konnten hierbei nicht
äberfeben werden und er wurde deshalb fdon im
26. Zebendjahre 1796 7 Kriegs- und Domaͤnenrath
und zweiten Juſtitigrius bei der weftpreuß. Kammer zu
Marienmwerder befördert. Schon um diefe Zeit begannen
in den oͤſtlichen Provinzen des preußifchen Staats Der»
Önderungen in der Verwaltung bervorzutreten, welchen
mwefentlih diefelben Anfihten und Ueberzeugungen zum
Grunde lagen, die nad dem Srieden zu Tilſit einen
aͤnzlichen Umſchwung der Polizeis und Sinanzgefeägebung
m-preuß. Staate bewirften. Der Sreiberr v. Schrötter,
entfproflen aus einer Samilie, die im Before beträdtlicher
Samiliengäter war, hatte ficb von frübefter Jugend an
. dem Militärdienfte gewidmet, war darin durch alle Grade
bis zum Staböofficier geftiegen und fand zuletzt ald
Mitglied in der Abtbeilung des Oberkriegscollegiums
für die Gavallerie, als er plöglich zur Kameralvermaltun
überging, als Oberpräfident nach Preußen gefandt un
wenige Sabre nahder zum Staatöminifter im Generals
directorium und Chef der fechd Kriegs⸗ und Domänens
fammern zu Königeberg, @umbinnen, Marienwerder,
Bromberg, Plozk und Bialiſtock befördert wurde. Schröte
ter ermaad die Bedärfniffe dieſer großen Landestheile
nad dem, was ein auögebreiteter Umgang mit den ans
Befetennen —— boͤhern Militär» und Civil
eamten und eigne Anficht ibn gelehrt batten und er
fühlte in fid den Muth und die Kraft, dieſen Bedärfe
niſſen a LA abzubelfen. Seine Gehülfen
erin waren Männer and den Samilien theils der ans»
ehnlichſten Gutsbeſitzer, tbeild der Generalpächter der
weitſchichtigen Domänen der Provinz, größtentheild in
derfelben ſelbſt gebilpet und wenn auch jünger an Tabs
ren, doch durch ihre Lebendverbältniffe mit dem Zuftande
der Landwirtbfchaft und der Landleute aus eigener Anſicht
bekannt. Noch im letzten Jahrzehend des achtzebnten
Frieſe. 43.
bröundertd war faum im Entfieben, ige n
rt einmal ein Wehfelplad. Der nen —X
en den Carpathen, dem Dneper, der alten Grenze
olend laͤngs Kurland und Däpreufen bi6_äber d
Weichſel dinaus, konnte Diejenigen Erzeugniffe, welche
den weitern Zandtrandport nach Bredlau, Frankfurt a/D.
und Leipzig nicht _vertrugen,, nur an den Mändungen deb
- Niemen und der Weichfel abfegen. Hier holten fie früher
Die Holländer, Ipäter die Briten ab und leiſteten da⸗
gegen Zablung in” Überfeeifden Waaren und baarem
3elde. Der preußiſche Kaufman war der Vermittler in
Diefem Handel und nÄägte das narürlide Monopol feiner
fage zu einem bequemen und einträglihen Belchäfte.
Der preußifche Landwirth batte vor dem polniſchen vor
aud den Vortdeil des FKürzeren Tranſporis und ber
Möglichkeit in der Näde den guͤnfligſten Zeitpunct zum
. Wbfon abzuwarten. Hierin lag ein großer Reiz dur
fleißigern Anbau mebr für die Ausfuhr zu erzeugen un
ed (dien um fo geratbener, Die ganze Kraft der Provinz
auf die Benugung ihres Bodens zu wenden. Dem
greubifeen aufmann entging Dagegen nicht, daß die
ucaten, welde bie Een von ihm empfingen, auf
die yeipyger Mefle wanderten, um dort Fabrikwaaren
einzufauren. Auch Dielen Handel konnte er fi aneignen,
wenn er engliſche Zabricate in eben der Auswahl und
zu gleihen Preifen anbieten durfte. Daran binderten
ibn aber die Einfuhrverbote,. welche zu Gunſten der
Sabrifen in den deutfchen Provinzen des preuß. Staats
befanden. Dedhalb ward dad Verlangen nad Handels»
freipeit in dieſer Beziedung febr lebhaft. Salz, Eifen
und Heringe fielen zu ſehr ind Gewicht, um aus Deutſch⸗
land bezogen zu werden und einem großen Tbeil von .
ofen lagen auch die Karpatden zu fern, um Salz und
ifen aus ibren Bergwerken zu beziehen; diefe ſehr alle
gadıe Bedärfniffe mußten demnach großentbeild aus
en Dftfeebäfen entnommen werden; aber auch bier tra,
ten der vortbeilbaftelen Verſorgung der kaufmaͤnniſchen
Wanrenlager dad Salzmonopol ded Staats und die
Auflagen auf ſchwediſches Eifen zu Gunften des obers
ſchleſiſcen und auf nordifhen Hering \ Gunſten des
Emder entgegen. Auch Zuder, Kaffee und Taback unter⸗
lagen fo boben Einfubrabgaben oder doch wenigſtens p
läfigen Controfen für die Durchfuhr, daß au darin
die preußifhe Staufmannfdhaft die Mitbewerbung der
von der Natur fonk wenig begänftigten curifhen Häfen
⸗
44 ur: Frieſe.
ſcheute. So ſtanden die Intereſſen der Provinzen DR--
und Weltpreußen, ald der Freiherr von Schrötter fein
Miniterun antrat und deshalb mußte ein ftaatöwirtbs
ſchaftliches Spitem feinen vollen Beifall finden, nah
welchem das Steigen ber Bodenrente das ſicherſte Senn:
Ag der Öffentlichen — und der freie Verkehr
as kraͤftigſte Foͤrderungsmittel deſſelben, jeder Schuß
von Gewerben, melde ſich nicht durch eigene Kraft
gegen freie Mitwerbung zu balten vermögen, aber ein
verderbliches Unternehmen if. Ed mar demnach Das
Bebürfniß des Orts und der Zeit, mas Adam SGmitbs
Lehren ſchon Damald, im zweiten Jahrzehend nach ihrem
erſten Hervortreten, den allgemeinften Beifall der ges
bifderften Zandwirthe, Kaufleute und Gefchäftmänner
in Oft: und Weſtpreußen und den befonderen u des
Prodinzialminifterd verſchaffte. Ed fand nicht in feiner
Macht, dem Handel vorerit die Befchränfungen abzus
nebmen, mwordber die Kaufmannſchaft fi beflagte, doc
gewann Die Meinung, daß mit Bebutfamkeit dabin ge⸗
wirkt werden mülle, gehoben durch fein Anfehn und -
er durch feine Umgebungen, aud in dem reife
er Staatödiener immer mehr Eingang. räftiger Eonnte
Dagegen ſchon damald die Vermehrung des Ertragd
Der Kändereien gefördert werden. Zunddft ward in der
Schroͤtter ſden Dermaltung der Heberzeugung Raum ges
eben, mie verderblih aller Frohndienſt dadurch mwirke,
aß er die Völker an träges gedanfenlofed Treiben und ü
an Zeitverfhwendung gewöhnt. Demzufolge ward die
Ablöiung des Schaarwerfö gegen eine Abgabe auf die
tbeiten Domänenländereien eingeleitet und großer Schwies
rigkeiten ungeachtet, melde die Neubeit des Unter
nebnienö aufregte, glüdlih durchgeführt. Gleſchfaus
ward erkannt, daß auch der einfihtövolle, betriebfame
und vermögende Zeitpäcter dem Boden nicht den Ertrag
abjunewinnen Berti. der mit gleicher Einfibt, Betrieb»
‘ famfeit und Gapitalfraft von dem erblichen Eigenthimer
erzeugt merben Fann, meil jenem ftetö die gleiche Kreis
beit in der Bewirtbfchaftung und Die gleihe Sicherheit
beö Genuffes der fpäteften aber widptigiten Srüchte einer
Durch langjährige, folgerechte Arbeit erzeugten Beredlung
bed Bodens mangelt. Demgemdß ward auf DVererb.
paatling der Domänenländereien, ald Annäherung auf
ie Eigenthumsverleſhung, möglichft hingewirft, da des
ren volfiändige Veräußerung damald noc unitatthaft
war, Endlid ward au erkannt, wie gemeinfbädlic
alle Bannrechte dadurch werden, baf Der Iwang zwiſchen
N
a mn
BI —
—— —
RE 4
——
Frieſe. 46
Berechtigten und Verpflichteten das Maas für die Leis
Rungen aufhebt, Die beide Theile mir Biligkeit von
einander fordern _fönnen; eig Maas, das dauernd nur
allein Durch die Sreibeit der Mitbewerbung fo feftgefellt
werden kann, daß jedermann die Nothmendigkeit ans
erkennt, fi dabei zu beraubigen. Demgemäß konnte auch
die Ablöfung ded Mabl« und Getränfejwangs in den
Domänen zwar in jener Zeit noch nicht allgemein durch
geführt, doch durch Begünfligung in einzelnen Fällen
eihgeleitet werden. Die gemwerbliben DVerbältniffe der
Sabre 1796 bis 1805 beglinftigten Ablöfungen und Wer:
erbpadtungen fehr. Die Bodenrente flieg ſchnell und
beträchtlich: der Handel ging lebhaft. England entnahm
jäbrli große Beträge von Weizen, Baus» und Nupboly
aus der Dfifee und bezahlte dafür bobe Preife, Holland
und Schweden braudten no jäbrlid Roggen, das
füdblide Spanien Bauholz. Die Zufubr aud den vor
mal3 polnifden Provinzen war anſehnlich: nach der Auf;
Iöfung des polnifchen Reichs trat in allen Tbeilen def:
elben eine größere Regſamkeit zu mirtbicaftliben Ders
efferungen ein und es wurden große Capitale darin
angelegt, In Preußen ward oft ausgefproden: wir
fabriciren Weizen für England, England Baummollen-
euge für und. Tedermann war von der Fortdauer dieſes
Bu andes überzeugt: man überbor fib in Einkaufsgeld
auf Erbpacten nach hoben Anfhlägen und fibernabm
mit Leichtigkeit anfebnliche Geldrenten zur Ablöjung von
Naruralleiftungen und Dienften. Leberall zeigte fih Dem:
nad auch machferided Einkommen bei diefen Verdnde—
rungen. — Es bedurfte Befer Ueberſicht des damaligen
Zuſtandes von Oſt⸗ und We breußen, um die Richtung
zu bezeichnen, in weldyer auch der Kriegd» und Domänen:
rad F. thätig mitzumirken veranlagt war. Er that dies
mit ſolcher Auszeichnung, daß er fi bald Das befondere
Bertrauen ded Prafidenten v. Aueroͤwald *) erwarb, der
auch aud dem Militärdienft zur Bewirthſchaftung feines
Ritterguts, dann zur Landratpfielle, ferner zur Direction
der Rändifhen Fenerfocietät und endlich zur Kameral-,
verwaltung äbergegangen,, ald Präfident erft der Kriegs⸗
und Domänenfammer zu Marienwerder, dann als ges
meinfchaftliher Präfident der Kammern zu Koͤnigsbe
und Gumbinnen, der ıhätigfte Befürderer der vorftehen
beſchriebenen Unternehmungen war. Frieſe's Zeiftungen
ald Mitglied der weftpreußifchen Kammer erwarben ıhnı
2) S. N. Nekr. 11. Jahrg. ©. 922,
k
46 ’ | äriefe.
endlich auch den Beifall ded Staatöminifters v. Schrötter
in foldem Maafe, daß er ihn unter feiner unmittelbaren
Zeitung nach Berlin berief und ibm Derträge im preuß.
Departement des Generaldirectoriums übertrug. Hier
empfing er unterm 26. Sepibr. 1805 Die Beftalung ald
Geheimer Sriegd+ und Domaͤnenrath. Als der Minifter
von Schroͤtter in Folge der Unfälle im Spätherbfte des
Jahres 1806 Berlin verließ, erhielt 8. Befehl, ihn nach
Dreußen zu begleiten. Er blieb. dort lets in der Näbe -
feines Chefs und barte den wefentlichiten Antbeil an. den
Anordnungen, melde während der-nädflfolgenden hoͤchſt
fdwierigen Zeit von Demfelden ausgingen. Der Sriede
zu Tilfit vom 9. Tuli 1807 traf die große Mafle der
. Marion um fo (omerzlicer, als fie bis dahin in dem
Vorrücken der franzbfifhen Heere nur vorübergebende
Erfolge gefeben, dauernde Folgen defelben von ſolchem
Umfange jedoch) keineswegs geabnet hatte. In der großen
Mehrzahl lehnte fortan das Gefübl: es mülle jede noch
vorbandene Kraft aufgeboten werden, um die wefentliche
verlorene Selbſtſtaͤndigkeit wiederum zu erringen und
fein Opfer fei zu tbeuer, Fein Mittel zu bedenklich.
menn es zu dieſem Zmwede führe. Hiermit ſchwanden
Die Hinderniffe, melde bitder noch einer vollſtaͤndigeren
Anwendung der Meberzeugungen entgegenftanden, die.
fhon feit einem Tabrzebend in dem Wirkungskreiſe des
Minifterd von Sörötter leitende waren. Es trat_binzu,
Daß Oſtpreußen unmittelbar nad dem Tilſiter Srieden
vereinzelt hand, weil die franzdf. Verwaltung weſtwaͤrts
der Meichfel vorerſt noch fortdauerte: die befondern
Bedhrfnifle Diefer Provinz traten Daher überwiegend vor
und ihr Zuftand erleichterte wichtige Fortſchritte. In
Dfipreußen machte nie, wie vormals größtentheild in
Deutfchland, die Luft erbunterthänig: das ift, Niemand
ward dafelbit Erbuntertban ded Grundherrn, weil er fi
auf feiner Befigung niederließ._ Nur allein durch Geburt
ward Die Erbuntertbänigfeit —— und da die
pen von 1710 die Dörfer befonderd entvölfert hatte und
n febr großer Theil der jegigen Landbewohner aus
Abkömmlingen fremder und einheimiſcher Anzöglinge bes
ftebt, fo befanden fich überall viel freie Leute unter den
Erbuntertbanen, Weberoll hatte ſchon Friedrich Wilhelm I.
im %. 1722 die Erbunterthänigkeit auf feinen_oftpreuß,
- Domänengütern aufgeboben, wozu faſt drei Viertheile
- Littbauend und auch ſehr beträchtliche Ländereien in den
übrigen Theilen Oftpreußend gehörten. Der Unterſchied
Frieſe. 47
peifden freien and erbunterthänigen Zandbewohnern trat
eöbalb bier um fo fdhärfer vor und die Nachtheil⸗
weidde dem Grundherrn felbſt aus diefem Derhältmid
erwuchlen, waren fo einleuchtend, daß ſchon bei Bes
arbeitung des afpreugifchen Provinzialrechtö die Stimme
für Aufdebung der Erbunterthänigkeit fat uͤberwiegend
wurde. Dfipreußen batte feine Sabrifen von einiger
Erdheblichkeit: es befand Daber kein Propinzialinterehe,
den Eingang fremder Sabrifate zu befchränfen und volle
Handelsfreibeit erſchien daher hier unbedenklider, al
in irgend einem andern Theile des preußifhen Siaats.
Daber ward aud wirklich ſchon in gan trüben Zeit die
Einfuhr aller fremden Fabrikate ofmwärtd der Weichſel
gegen eine Steuer von nur einem Zmdlftheile des Werths
attet, während fie weſtwaͤrts der Weichſel erft mit
em Anfange des Jahres 1819 in Zolge des Geſetzes
vom %. Mai 1818 erlaubt werden konnte. So bes
gänftigie der Zuftand von Dfipreußen in Ddiefen zwei
wichtigen Beziehungen und wohl 29 in vielen minder
Plar dervortretenden die neue !Kegierung der Geſetz⸗
gebung,_ melde fib von dort aus ſeit 1807 über den
Ganzen Staat verbreitete. So nn der Sig der Re
gierung deſſelben in DOftpreußen verblie
ered Provinziafminifterium befand, war der Zreiberr
v. Schroͤtter hierbei fehr weſentlich thätig und Zriefen
übertrug fein Vertrauen eine fehr wirfiame Theilnadme,
In Dfipreußen ward ſchon I. J. 1808 der Müblenzwang
egen eine angemellene Entfhddigung aufgehoben, den
aindabern der Bauergäter auf den Domänen das volle
igenthum ihrer Höfe verliehen, der Zunftzwang in dem
Gewerbe der Bäder und Sclaͤchter ebgelelt und der
Derkehr auf den Wocenmärkten der Städte von den
biſsberigen Beſchraͤnkungen befreit. Beſonders verdienſtlich
erſcheint Frieſe's Antheil an den wichtigen organiſchen
Geſetzen, welche in den beiden letzten Monaten des
Fahres 1808 den Haushalt der Städte und die Ders
bältniffe der oberfien Verwaltungsbehoͤrden ganz neu
gefaltet baden: namentlich alfo an der Städteordnung
vom 19. Itovember, dem Publicandum wegen veränderter
Verfaſſung der oberften Staatöbehörde vom 16. Dechr.,
der Inſtrüction für die Dberpräfidenten vom 23., Der
Verordnung wegen veränderter Einrichtung der Provinzials
polizei und Finanzbehoͤrden vom 26. und der Geſcaͤfts⸗
infruction, gleichfaU8 vom 26. des vorbenannten Monatd,
In Folge diefer Gefege wurden für Die innere Verwaltung
b und ein befons -
. erbie |
: Kinanzratb im Departement des Staat
46 Jrieſe.
des ganzen Staats drei Miniſterien, bed Innern, der
Ju) und der Binanzen errichtet. Das erite derfelben
t der Graf — —— früher Gebeimer
| minifterd v. Schröts
ter, :cö enthielt 4 Abtbeilungen, für Polizei, Gemerbe,
Unterricht und Gefeggebung; bei ber erften, welcher der
Minitter felbft unmittelbar vorftand, ward 5. ald erfter
vortragender Rath mit Dem Character ald Staatsrath
‚unterm 6. Dec. 1808 angefielt. Im Decbr, 1809 ward
der Sih der Regierung wieder nah Berlin verlegt und
Frieſe Eebrte nun auch dahin zurüd. Beſonders wichtig
[oienen damals zwet organifche Gefege, modurd die
erfoffung der ländliden Gemeinen feitgeftelt und eine
allgemeine Verpflichtung zum Militärdientt eingeführt
werden follte. Zum eriten entwarf 5. im Auftrage des
Grafen zu Dobna eine laͤndliche Communalordnung ; die
Schwierigkeit, ein ſelbſtſtaͤndigesßs Gemeinmefen mit der
Beachtung ber grundberrliden Rechte zu vereinigen, ift
Indeß vielfach wiederholter Verſuche ungegchtet bis jept
nauffösfich geblieben. Auch bie Verbandlungen wegen
Einführung der allgemeinen Militärpflibtigfeit, woran
Griefe, als Abgeordneter ded Minifteriums des Innern,
einen ebrenbaften Antheil nahm, gedieben erft fpdter
ur Reife und ed trat Diefelbe erft durch das Geſetz vom
3. Gept, 1814 Er ins £eben, Weberbaupt [dien
das Bedürfniß dieſer düftern Zeit eine größere Einheit
Der Anfihten und enti&iednere Richtung der Berwaltung
zu fordern, alö die für einen rubigern Zeitraum berech—
nete Vertbeilung der Geſchaͤfte vorerft gewähren Fonnte.
Der König fellte daher mitteld Eabinetsordre vom 6. Juni
4810 den Sreiberrn, nachmals Fürtten von Hardenberg
ald Staatdfanzler an die Spitze der Dermaltüng. Die
Minifterien der_Sinanzen und bald nachher auch des
Innern löften ſich nun in ihre einzelnen Abtheilungen
auf, melden Geheſme Staatörätbe unter der oberften
Feitung ded Staatskanzlers vorftanden. Briefe ‚blieb in
- feiner Stellung bei der Abtbeilung für die allgemeine
—
Polizei und zeichnete ſich ſtets dürch folgerechtes Bes
harren auf den Grundſ, Den aus, in deren Entwidelung
Die Verwaltung mit wecfelndem Erfolge fortſchritt. In
Anerkennung feiner Zuverläffigkeit und Thätigfeit ward
8. von dem Stagtskanzler unterm 22, Der, 1813 beaufs
tragt, der Behörde ald Mitglied beizutreten, welche
0 Deſſen Biogr. ſ. im 9. Jahrg. des N. Nekr. ©, 264
F
7 . Briefe. | 4
nach den: Siege beifeipjig zur gemeinfamen ltung
der von den verbändeten Heeren eroberten Länder uns
ter der Zeitung des Staatöminifterd Freiherrn v. Stein *)
beftellt wurde. Diele Bebörde begleitete Die vorrädenden
Heere nach Sranfreih und bis Parid. Dafelbfi erfolgte
zwar nah dem Abfchluffe Des Friedens vom 80. Mai
1814 wegen der Derwaltung der eroberten Provinzen
weſtwaͤrts des Rheins eine Vereinbarung, vermöge mel»
er zwifben dem Meere und der Maas Örofbritannien,
ifhden der Maad und Mofel Preußen, zwiſchen der
ofel_ und dem Rhein Oeſtreich die befondere Dermals
tung ÄAbernabm, waͤhrend Sadfen indbefondere unter
uff. Verwaltung Nand: bis über dad Schickſal diefer
Länder auf dem Congreß entſchieden fein würde. In.
deſſen konnte die vollſfaͤndige Aufloͤſung der gemein chaſt⸗
lichen Verwaltungsbehoͤrde auch erſt in Wien vollogen
werden, wodin daher auch F. den Freiherrn von Stein
begleitete. Rußland üͤberwies die Verwaltung von Sach⸗
fen an Preußen, in Solge der Verhandlungen über die
Entf&hädigung deffeiden für den bei meitem größten
Keil feiner in den Jahren 1793 und 1205 erworbenen
Provinzen, welcher jegt unter ruff. Herrſchaft blieb und
mit den Erwerbungen Oeſtreichs i. 3. 1783 zur Bildun
des neuen Koͤnigreichs Polen verwendet wurde. Briefe
erbielt nun bereitd am 28. Det. 1814 den Auftrag, fi
von Wien nad Dresden zu begeben und bei der —5—
Verwaltung, welcher der Generallieutenant von
als Gouverneur vorſtand, die Leitung der Finanzgeſchaͤfte
zu übernehmen. Nachdem am 18. Mat 1815 ein Vertrag
gwifhen Preußen und Sachſen abgeicloffen und die
Önigl. ſaͤchſ. Regierung im uni wieder in den Beſitz
des ihr verbliebenen Gebiets gefegt worden war, trat
eine Sriedendvollziehungdcommillien in Dredden zufams
men, deren fehr fchwieriged Geſchaͤſt es war, auszu⸗
‘ fondern, wad an Rechten und Pflibten, Vermögen und
Schulden des Staats, ber einzelnen Kreife und der
verfiedenen Öffentlichen Anftalten mit den abgetretenen
ächſ. Kandestheilen an Preußen übergegangen, und von
emfelben beziehungsweiſe zu Fr und gu vertreten '
wäre. Frieſe, welcher die Verhältniffe des Landes durch
feinen vorerwähnten Untheil an der Verwaltung, defs
felben Eennen gelernt hatte, nahm in Auftrag des Särften
Son Hardenberg einen vorzäglih wirkſamen Antheil an
) Defien Biographie f. im N. Nekrelog Jabra. 9. ©. 52%
NR, Ketrolog 15. Jahrg, 4
ee Zrieſe.
den Berhandlungen dieſer Sommifflon und verließ Dresden
erſt ſpaͤt i. 3. 1817, nachdem die Grundſaͤtze feſtgeſtellt
waren, wonach die Auseinanderſezung auch für Dies
enigen Gegenftände bemirft werden ſollte, worüber bis
abin noch Fein volländiger Abſchluß “u erlangen war.
Die Hauptconvention iſt erſt am 28. Au
efchloffen und ald Andang zu der Geſetzſammlung für
ie königl. preußifchen Staaten amtlich befannt gemacht
worden. Während F. folchergeftalt außer Berlin mit
befondern Aufträgen befchäftige war, hatten fi die
innern Berwaltungdverbältniffe fehr weſentlich verändert.
Durd den am 30. Mai in Paris abgeichloffenen Frieden, -
war die Wiederberfielung des preuß. Staatd in den
Zuſtand vor dem ariege vom SGabr 1806 außer Zweifel
gefent. Die Minifter bedurften um fo mebr einer, dem⸗
emäßen Ausdehnung und Belegung, ald die aͤußern
erbältniffe den Staatskanzler vorerft noch überwiegend
befchäftigten. Der König erließ daher bierauf gerichtete
Unordnungen bereitd unterm 3. Juni 4814 und ernannte
namentlih wieder einen Minifter des an unter
deffen Zeitung, nach einer_fernern Beſtimmung von
14. Det. deffelben Jabres, Frieſe der erften und dritten
Abrheilung dieſes Minikeriumd als Director vorfteben
folte. Allein er trat niemald wirklid in dieſes Geſchaͤfts⸗
verhaͤltniß, indem ihm bei der Zurädkunft aus Dredden
ein ganz anderer MWirfungdfreis, unmittelbar dem Staats⸗
Fanzler untergeordnet anaemwiefen murbe. Durch die
Merordnung vom 4. Decbr. 1817 ward die Auffiht über '
den Handel, die Fabrifen und das Baumefen von dem
Finanzminifterium getrennt und ald ein felbfiftändiges
Minifterium Dem Grafen von Bülow *), bisher Finanz⸗
minifter, übertragen. Der Gtantsminifter von Klewig
erhielt Dagegen die Leitung der Sinanzangelegenpeiten,
rorin Die Nothwendigkeit, ein den Staatsbedärfniffen
nenligended Steuerſpſtem aufzsuftellen, damals gebietend
bervortrat. Die von ibm biöher verwalteten Gefdäfte,
dad Gtaatöfecretariat, mit dem Vorſihze bei der Ober
eraminationscommiffion für die Finanz und Polizei⸗
verwaltung und das Präfidium bei der föniglien Bank
und im Minifterium des Schatzes gingen dagegen an 8.
über, Allein auch in diefem Wirfungsfreife ward im
3, 1819 eine fernere Trennuna der Geſchaͤfte nothwendig.
as Miniterium ded Schated batre zu jener Zeit eine
9 Deſſen Biograpdie f. im ve. Mekrotog Jahrg. 8. S. BTt.
guſt 1819 ab
E24 27 Zr PR pr
Frieſie. 61
ch⸗
tungen vollſtaͤndig zu genuͤgen vermbae.
Fi n p * genägen vermoͤge. Dieſe wichtigen
olchen Zeiten mit ganzer Kraft i
io aa acht a. ganze saft auf einen Gegenſtand
ſtanden, wurden jedoch nicht gleih den Zorderungen au
dalten auf den allgemeinen Schulden⸗
- und endlih aud die Rh
»
"Er Frieſe.
ihbren Glaͤubigern aus dem aͤltern —20 gerecht zu
werden, beftanden zunaͤchſt in dem Einzieden Ihrer aus⸗
ſtehenden Forderungen aus jenem Zeitraume; ſodann aus
dem Gewinne, welchen ſie jaͤhrlich durch ihre laufenden
Gefchäfte machte und der jetzt nicht wie vormeis, als
Ueberſchuß Staatskaſſe eingezogen, ſondern zur Til⸗
gung der dlteren Schulden verwendet werden mußte;
endlih aus Zufchäffen des Staats, melder vermöge
feiner Gewaͤhrleiſtung für die Der Bank anvertrauten
Slapitale_den etwa nod bleibenden Audfall zu Deden
darte. Es kann bier nicht erörtert werden, in welchem
Umfange von jedem einzelnen _diefer Mittel Gebrauch
emadt wurde. Dffenfundige Thatfache ift jedoch, Daß,
o mie nach und nad die Mittel Dazu gemonnen werden
fonnten, auch für die ditern Einlagen erft die laufende
Verzinfung , ‚dann Die geblung der rüdftändigen Zinfen
gabe der Kapitale felbit auf Ver⸗
langen der Gläubiger eintrat. — Obwodl 3. nicht, wie
fein Vorgänger im Staatöfecretariate zum Staatsminiſter
erklärt worden mar; fo batte er doch dieſem glei Si
"und Stimme im Staatöminifterium und fchied erft au
demfelben, ald er von dem Präfidium ded Schapminiftes
riums entbunden wurde. Geitdem beſchraͤnkten ſich feine
Gefchäfte ald Gtaatöfeeretär auf den Staatsrath und
die Obereraminationscommillion. Wohl ift ein Protokoll
nur Darftellung des Geſchehenen und ed fcheint daber
zur glüdlichen Führung eines Protokolls nur die Gabe
au gebören, ſchnell und treu aufzufaſſen. Wber dev
Mrotofollfübrer in einer berarbenden Verfammiung ſoll
und kann auch nicht einerfeits jede vorgeflommene Aeuße⸗
‘rung woͤrtlich niederſchreiben: andererfeitd genägt es aber
aud nicht, daß blos bie gefaßten Beſqluͤſſe forgfältig
aufgezeichnet werden. Es kommt vielmehr darauf an,
vollEommen Elar und überfihtliid darzuftelen, welde .
Grinde wefentlih im Falle der Meinungsverfciedenpeit
dieſe veranlaßt baben. Wer von diefem Weſentlichen
alled Zufällige ſcharf abfondern und im bleibenden
. färiftliben Ausdrucke beitimmt wiedergeben will, was
im mündliben dem finde des Augenblicks nicht leicht:
in gleiber Bollendung erſcheint; der bedarf feld einer
fehr gründlichen Kenniniß der Sachen und dad wahrlich
nicht gemeine Vermögen, jeden Begriff mit Worten rein
und Flar darzuſtellen. Es ift eine Stimme darüber, da
5. beide Eigenfbatten in bobem Maaſe befaß und ed i
dur die ebrenbafteften Zeugniſſe anerfannt, wad er
—
Frieſe. 68
damit gelelſtet dat. Frieſe bat neben der Ahtung und
dem Dertranen, welche der natürliche Lohn bewährter
Verdienſte find, auch der dußern Auszeihnungen nicht
entbebrt, welche die landesherrliche Gnade verleipe. WE - |
am Tage des Abſchluſſes des erften Pariſer Sriedend, am
SO. Mai 1814, zuerit eiferne Kreuze am weißen Bande
vertheilt wurden, war 3. unter der Anzahl derer, welche
Diefed Andenken an jenem glorreihen Tag empfingen.
Nach dem Adfchluffe ded zweiten Parifer Friedens und
der Ruͤcktehr na Berlin erhielt er am 17. Jan. 1916
den rothen Adlerorden dritter Klaſſe. Hierauf folgte
nad Beendigung feiner Theilnahme an den Geſchaͤften der
Auseinanderfegungdcommifflon zu Dresden am 17. Jam.
1813 die Derleibung der 2. Klaffe diefed Ordens und
endlib empfing er Den Stern dazu am 48. Tan. 1831.
In Folge ber Tbeilnabme an den Berdandlüngen mit
" Nußland und Polen ward $. auch i. J. 1819 der Eaiferl.
ruf. St. Unnenorden er Klaffe und I. 3. 1830 der kön.
polnifde St. Gtanidlausorden Ar Klaſſe verlieben. —
In glüklider Thätigfeit, freundliden Amts⸗ und daͤus⸗
lıhen Derbältniffen lebend, geehrt und geliebt, batte
5. Das 66. Lebensjahr in Geſundheit und ohne andere
Anzeichen der herannabenden Wlteröfhwäde, ald einiger
Abnabme des Gehörs —— * und noch im Herbſte
des J. 1836 eine genußreiche Reife an den Rhein und
—durch MWefipbalen unternommen. Niemand ahnte feinen
ſchnellen Verluſt, ald er im November Öfter und ſtaͤrker
als früher wohl zuweilen über Kopffchmerzen klagte.
Diefed Uebel nahm im December ſchnell zu und war mit
“ einer Abfpannung und Entkräftung verbunden, melde
ibn bemog, ‚feine Entloffung von den Geſchaͤften als
Staats ſecretaͤr und VBorfigender bei der DObereraminationde
commiffion nadzufuchen, die der König ihm unterm 18.
und 24. December unter huldreicher Anerkennung feiner
treuen und wirkfamen Dienſtleiſtungen bemilligte. Die
rübrenden Beweiſe der hoben Achtung und Theilnahme,
melde 8. bei dieſem Anlaß erhielt, erheiterten zwar die
legten Tage feined Lebens, konnten aber doch nicht
die ſchnellen Fortſchritte des Uebels hemmen, dad fi
raͤthſelhaft verborgen in ihm entwidelte und am Abende
des oben genannten Tags feinen Tod berbeiführte. Die
keibenöffuung ergab, Daß ein heil des großen Ges
birnd an der untern innern Flaͤche in eine Male von
Blut und Eiter audgeartet war und_durd den Drud,
weichen fie audäbte, dieſe heftigen Kopffhmerzen und
,
7 9 Alberti.
Betäubung verurſecht datte. | ©eit dem 9. Januar
Stiefe’ö Rerbliche Hülle auf dem Dreifaltiofeittirppoke
neben dem. Grab einer vorangegangenen Tochter, unter
freundlichen Umgebungen. Er war feit dem 2, Sebruar
- 4796 ſehr glüdlich verbeiratbet: die trauernde Witwe
- drei bereitd im Staatsdienk angeftelte Söhne und imei
TKoͤchter haben ihn überlebt. Die Enkel, welche aus der
‚Ehe einer zu Berlin verbeiratbeten Tochter bervorgingen,
erhöhten _ befonderö ‚die Sreuden feiner letzten Lebens⸗
jabre. Sriefe verdiente glädlih zu fein und war eb
mit (0 wenigem Zufage von Widermwärtigkeiten, ald der -.
Menſch immer bedarf, um dem Genuſſe der Sreuden
des Lebens feine Neuheit und Friſche zu bewahren.
30. Joh. G. W. Alberti,
Kaufmann zu Neu⸗-Weißenſtein in Sclefiens _
peboren den A. Det. 1757, geſt. den 7. San. 1887 *);
Er mar aud Hamburg gebärtig, ein Schhler deb
beräbmten 9. ©. Büſch. Auf einer Gef@dftöreife durch
Schleſien erfannte U., mie bedeutend und eifträglich
der dortige Leinwandbandel werden mäfle, wenn er aus
den Seffeln alter Vorurtheile, befreit wuͤrde. Er unter
nahm es, diefe Aufgabe zu löfen, indem er fi 1783 zu
Neu» Weibenftein miederlieh und feiner raſtloſen Thätig-
Feit iſt es gelungen, nicht nur auf beffern Anbau un
Bearbeitung des Flachſes und auf feinere dußere Zus
bereitung der Leinwand mit großem Erfolg einzumirfen,
fondern auch dem fchlefifchen Leinwandhandel feld neue
Babnıen nab fremden Welttheilen zu brechen. Gem
orößted Merdienft aber beftebt in der ihm eigenthüms
lipen Erfindung der Flachemaſchinenſpinnerei, melde
er, troß langwieriger vergebliben Verſuche und uns *
uͤberſteiglich ſcheinender Hinderniffe fo großartig durch⸗
führte, daß feine, von rüfligen Söhnen fortgefegte Spinn⸗
fabrif nit etwa, wie man fonft von dergleichen Unter
nebmungen wäbnte, vielen dad Brod raubt, fondern
underte von Arbeitern täglich befchäftigt und mittelbar
aufenden Unterbalt verfhaftt. — Der Verewigte war
dabei ein gottesfürchtiger, böchſt unterrichteter Mann,
der ih mitt Spraden und Wiſſenſchaften bis in fein
dobes Alter eifrig befchäftigte, ein treffliher Familien»
Vater, ein wahrhaft edler Mann, Dem insbefondere viele
feiner Verwandten ihr Glück zu danken baden. - '
e) Fügem, Anseig. 1837, Nr. 66,
55
31. Franz .Bofepb Aloys Antony, .
Profeflor u. Domorganik su Mänfter;
geb. ». 1. Febr. 1790, geſt. ®. 7. San. 1837 ®,
Antony ‚wurde zu Mänfter geboren. Seine Eltern
waren, der im J. 183% verflorbene als theoretifher und
ausübender Tonkuͤnſtler rudmlichkt bekannte Domorganik
Joſeph Antony und die bereitd im J. 1826 verftorbene
Bernardina, geb. Moͤllers, beide durch Rechtſcaffendeit
und frommen gottesfürchtigen Wandel ausgezeichnet,
Nachdem der Sinabe früh den gewöhnlichen Elementar.
unterricht genoflen batte, Fam er zur weitern Ausbildun
in die damalige unter Leitung des tüchtigen Rekto
Dliva blühende Lamberti: Trivielfdule und bierauf sim
dad Paulinifde Gpmnafium. Schon ſehr früh zeigte er
entfiedene Talente, nicht nur Für die Muſik, worin
er nacver fo fehr fib auszeichnete, fondern auch für
jeden Zweig der Schulwiſſenſchaften und in alen machte
er, obgleich bei nur mäßigem Sleiße, recht glaͤckliche
Fortſchritte. Ale feine Lehrer erkannten ihn «ld einen
Sinaben von univerfellen Zalenten an, der in Allem,
was er mit Ernft ergreifen werde, ih wärde auszeichnen
können. Mit sorjbaliger flebe ergab er ib von Kinds
beit an der Mufif und fein natürlihed Zalent in Ber
bindung mit der trefflihen Anleitung feined gründlich
gebilderen Vaters ließen ihn ſchon in den Anabenjabren
eine böhft bedeutende ſowohl tbeoretifhe ald praftifche
Ausbildung bierin gewinnen. Namentlich brachte er es
- auf dem Klavier und der Drgel zu einer vollendeten
Sertigfeit, während er faft jeded andere nennenswerthe
Zink umen u behandeln mußte. Im J. 1808 trat er
die Hilo bifhe Sakultär der Univerfität zu Muͤnſter,
im folgenden Jahr in die theologiſche Über, erhielt im
ehr 41813 die prieferliben Weihen und trat dann die
erwaltung einer ibm als Beneficium fchon fräber ver»
liedenen Vikarie der Lambertipfarrfirhe an. Zugleid -
“ übernapm er für einige Sabre einen Theil des Unterrihtd
in der £ambertisZrivialfhule, Hier wußte er ald Geiſt⸗
licher durd Wort und That Öffentlih und im Stillen,
vorzüglich ald Beichtvater, die Sittlichkeit und Religid⸗
tät u fördern, ald Lehrer mußte er durd eine ders
nünftige mit Liebe gepaarte Strenge, die zwiſchen altem
”) Weftppät. Merkur 1837, Mr. 38.
eo
56 5» Antony:
‘ S %
Schuldespotismus und dächerlichem Liberalismus die
angemeſſene Mitte hielt, fo wie durch gediegenen Unter
richt, den dohen Zweck der Paͤdagogik zu erreichen und
ſich die Liebe feiner Zoͤglinge zu erwerben. Im J. 1316
wurde er mit Wahrnehmung einer der Höhenprieſter-
flellen in der Domkirche beauftragt. Ungeachtet Diefer
verſchſedenen Aemter fegte er feine muſikaliſchen Studien,
vorzüglid in tbeoretifcher Hinſicht, umaußgefegt fort,
ohne fi der Theologie zu entfremden, in welcher er
durchaus zu Haufe war und den liturgiſchen Theil ders
felben, wie wenige, Fannte. Weberhaupt forgte_er forte
während für feine allfeitige Ausbildung. Dem Studium
der läteinifhen Sprache, wozu er bauptfählid unter
dem trefflihen Dliva einen tüchtigen Grund gelegt hatte,
widmete er vorzuͤgliche Aufmerkſamkeit und die bedeus
tende Außbildung, die er in diefer Sprache erlangte
und die u. a, in feinen Werken ſich ausſpricht, befundere
durch den darin ſich zeigenden Sinn für Klaſſicitaͤt fein
fprablides Talent, welches übrigens auch in feiner
felbft. erworbenen Vollendung des deutfben Ausdruds
Deutlich bervortritt, Auch mit der fehönen Literatur der
Dentfhen war er vertraut und während er in den Naturs
wiſſenſchaften ſich redr_gute Stenntniffe erwarb, ließ er
die übrige für einen Bebildeten unferer Zeit nothwen⸗
dige Zagedleftlire nicht außer Adırz indbefondere blieb
feine merfmürdige literaͤriſche Erſcheinung in feinen
Zieblingefächern von ihm ungefannt. Allgemein genoß
er bei einer folden Lebensrichtung in feinen näcften
Umgebungen und im Bublifum die ungetheiltefte Achtung,
ald fein mufikalifber Ruf, den er unter andern durch
zablreiche ſehr gefcbägte Gutachten, durch häufiges Ap⸗
. probiren von Orgeln, Sloden u. f. w. jetzt fo wie fpäters
bin bewährte, dad Minifterium der Geiltliden:, Unter
richts, und alle endeiten zu Berlin verans
late, ihn den Sommer des J. 1819 dorthin zu berufen,
wo er im_perfönlichen Umgange mit den Tonkünftlern
der Dauptfiadt feine Ausbildung vervollfommmen follte,
fid aber diefen in wenigen Nüdfihten untergeordnet,
in vielen glei, in einigen — eigte und nament⸗
lich von dem berühmten Tonkuͤnſtler
eine glänzende fhriftlihe Anerkennung feiner Sähigkeiten
erbielt. Dur Die ebrenvoliften Beweife der Achtung
des Minifteriums ausgezeichuet, kehrte er im Herbie
*) Deffen Diogr. ſ. N. Nekr. 10. Jades. ©. 59.
-
2
rofeſſor Zelter °
Antony. | - 8
d. J. nach Mänfer zurä und übernadm dein Anfange
des neuen Schuljahrs, mit Dem Charakter eined Prö⸗
feffor&, den Gefangunterricht am dafigen neuorganifirten
Gomnaſium und dielt zugleich Vorlefungen über Kirchen⸗
mufit an der Akademie. Ungefähr um dieſelbe Zeit er⸗
dieit er, an der Stelle des verkorbenen Chordirektors
Varro, dad Chordireftorat der dafigen Domkirche, bei
welcher Selegenfeit er feine bisderige Vikarie, mit wel⸗
cher die Seelforge verbunden war, gegen eine andere,
ebenfalld in der Zambertipfarrkirde, vertaufhte. Wie
viel er in diefem neuen Wirfungdfreife leiftete, melde
nroße Derdienfte er-fib indbefondere um den ganz gefune
kenen —— erwarb und mit welchem Eifer er
der muſikaliſchen Ausbildung talenwoller junger Leute
ſich widmete, wiſſen alle diejenigen, die 0 Unter⸗
richt zu genießen dad Glück batten. Don feinen treff⸗
liden Gompofitionen find, außer einigen Fleinern Liedern
und Ziederfammlungen, vier Eboralmeflen durch den
Drud befannt geworden; viel treffliches jener Art aber;
r D- dad i. J. 1820 componirte Lied „Die-Mufe,” ſind
eider nicht zum Drud gefommen, — freilid eine Ders
-Öffentlibung, Die der Derfaffer felbft nicht ſuchte. —
Als Kefultat feiner großen Kenntniffe und Belefenbeit
in ber Eirhliden und muſikaliſchen Literatur erſchien im
abr 1828 ein „Archaͤologiſch⸗Liturgiſches Lehrbuch des
Gregorianifhen Kirchengeſangs, mit vorzäigliher Nüds
fidt auf die Romifben, Münfterfden und Eriflift»
Koͤlniſchen Geſangweiſen,“ ferner i. G. 1831: „Praxis
55. Rituam ac Ceremoniarum, quibus in augustissimo
Missae Sacrificio caeterisgue per annum festivitatibus
solemnioribus Ecclesia utitar, attendendo ad Ritum Ro-
manum et Monasteriensem etc. Beide Werke erfbienen
su Mäniter in der Coppenrathſchen Buch.» u. Kunſthand⸗
lung. Ebendafelbft gab er im 3. 1892 heraus: „Ge⸗
ſchichtliche Darftelung der Entftedung u. Vervollkomm⸗
nung der Orgel, nebit einigen fpecielen Nachrichten üb,
einige berühmte Orgelwerke.“. — Wir erwähnen nod,
dab er i. J. 1825 ald er biſchoͤflicher Commiſſarius zwei⸗
mal eine Keife nach Köln zur Umerſuchung des dortigen
Stirbengefangd und zur Anordnung der Snftällationde
feierlichkeiten unternabm und im Fruühjahr 1833 eine
Neife nah Trier, um im Wuftrage des Domtapiteld
dafelbt die Reparatur reip. den Neubau der dortigen
Domorgel anzuordnen ; denn in der Kenntniß der Orgel
und des Orgelbaues war er ganz vorzäglich ausgezeichnet.
<q
.
+;
7% ‚Antony.
| Kuh übernabe er die. Beforgung, einer neuen Auflage |
ded Breviarinm Monasteriense. ider zeigten Ab bei
"ihm ſchon vor dem dreißigken Jahre die Vorboten jener
forfen Korpulenz, die mit den Jahren zunahm, befon-
Ders da er die ibm fo nötbige Bewegung verabfäumte
und die ibn, der fonft nichts weniger ald untbätig-war,
ſelbſt dann nicht, wenn er au ruben ſchien, im Srübjahr
4833, Futz nad feiner Rädfehr von Trier, aufs Kranken»
Jager wart, von dem er, geringere Unterbrechungen abe
erechnet,, nicht wieder erftand. Daffelbe Uebel batte ihn
bon im vorbergepenten Sabre bewogen, den Geſang⸗
unterricht im Gpmnafium aufzugeben und feine feitheris
en Aemter im Dome mit der dur feined Vaters Ab⸗
eben erfedigten Organiſtenſtele zu vertaufhen. Sein
Vebeibefinden dußerte fi ald eine ernfthafte Unterleibs⸗
krankheit mit binzuiretender Waſſerſucht; doch erirug er
mit der größten Standbaftigfeit-die Ihmerzlichiten Leiden,
fat vier Jabre bindurch und beforgte fogar in dieſer
Zeit die Herausgabe eines lateinifden Gebetbuchs und
Ined Eleinern liturgifhen für das größere Publikum be⸗
Kimmeen Werks, fo wie eine neue verbeflerte Auflage
ed Dafigen Miffale, ein Unternehmen, dad, fo wie. Die
neue Ausgabe des Breviariumd, nur von Unmwiflenden
für eine geringe Arbeit gebalten werden Tann. Aucd
einiged Handicrifilide von großem Werthe vollendete
er, welches boffentlih dem Drude. wird übergeben wers
den, wenn aud) feine übrigen Werfe noch nit die vers
diente Verbreitung gefunden haben. Die Krankheit er⸗
reichte in der Sn Hälfte des Jahrs 1836 ihre Höhe;
der ganz geſchwaͤchte Korper vermochte nicht mehr zu
widerfieden und der Zod erfolgte am oben genannten
Rage. — Wer den Verewigten Eannte, wird ıbn achten -
und lieben, Laſſen fib an ibm Schw icht
kennen, die er hatte, wie jeder fie Br era 9 1a
mentlih eine gewiffe Heftigkeit des Charakters und ein
bid zum Eigenfinn oft ausartended Beheben auf dem
einmal gefaßten Entfchluffe nicht verfennen, fo müflen _
euf_ Der andern Seite auch fein edler Charakter, Di
Be und zarten Seiten feines —6 Gemüter
eine zablreihen, dem Intereſſe Anderer gebrachten
Opfer, feine vielen im Stillen erzeigten Wopltbaten,
ferner der Umftand , daß feine NHeftigkeis oft aus Ge.
seit gkeltbliebe und inniger Weberzgeugung von der Rich»
ugkeit feiner Anfihten entfprang, feine Waprbeitöliebe,
vor Allem aber feine eutfciedene Feindſchaft gegen alle
*
*
ee ae ee A en 7 ehe Wk
Schneider. “s
Sıtfahelt, Heuchelei, Verſtellung Schmeichelei, fo
‚wie gegen ie Scheinwirken, — leider bei fo manden
ein Die Grundprincipien ded Handelns — die ver
diente Anerkennung finden. — Außer den genannten
Werken erfhien noch von ibm: Hülfsbuch flr den Geſang⸗
unterricht, zundcfi für Spmnafen. Münfer 1922. —
Manuale devetionis catholicae. Monasterii 1836. — Eye
bolif der kathol. Kirchengebraͤuche und Ceremonien mit
selhidtl. Anmerkungen. Ebd. 1836.
32. Franz Joſeph Schneider,
Rector an der kathol. Schule u. Kirche in Gruͤnderg (Schleſten);
j geb. den 8. Jan. 1776, gef. am 7. Ian. 1837 °).
Er war der Sohn eines Kunſtgaͤrtners zu Schlawe,
wurde von feiner tugendhaften Mutter in Gottesfurcht
erzogen, Tür welche er bis zu deren Tode eine befonderg
ana: Neigung bethätigte, und empfing 8 Sabre alt
einen erfien Elementarunterricht in Naumburg am Boben
Dbglei feine Eltern in dem + Meile entfernten Reichenan
wobnten, fo befuchte er dennoch, nicht fheuend ſchlechtes
Wetter and den veſchwerlichen Weg durch den Wald
taͤglich Schule und Kirche. Später wurde fein Dater alt
Kloitergärtner an dad Auguſtinerſtift nad Sagan berufen,
Neigung und Öelegendeit zum Studiren beRimmten bier
feine Eltern, ihn dortige Gymnafium, weiches da
mals einen bedeutenden Ruf hatte, befuhen zu laffen.
Dur Fleiß, Beſcheidenheit und gutes Betragen erwarb
er fich die allgemeine Liebe und feine Eitern wie auch Die
‚ gebrer, welche mit Freuden feine Fortſchritte bemerkten,
bewogen den Knaben Ab dem geifliden Stande zu.
widmen. Schon batte er faſt feine Gymnaſialſtudien
vollendet und follte in kurzem fein Noviziat in einen
entfernten Kloſter antreten, ald eine dem Jüngling von
einem feiner Lehrer unverfhulder zugefügte Beleid sung
den erſteren veranlofte, eine andere Laufbahn zu wählen.
Derfelbe verließ daher dad Gymnafum und widmete
fih dem ˖ Schutfach. In jeder Beziehung wobl vor
bereitet und felbft in der Muſik mit guten Kenntniffen
verfeben, wozu er im GConvictorium des Gymnaſiums
binreidende Gelegenbeit gehabt batte, trar unfer ©.
i. 3. 1793 in dad Seminarium zu Sagan ein und madte
unter Anleitung waderer Lehrer ſolche Fortſchritte, daß
*) Shlef. Provinz. Blätter. 1887. Bebr. Det.
e
: —8 ung
.62 Wilhelm, Herzog in Baiern.
dem zſterreichiſchen General Elenau verband, um gegen
das franzdf. Korps unter Augereau zu operiren. Wach
wiederbergeftelltem Srieden ging. er mit feiner Familie
nah Münden und lebte daſelbſt als treuer Sreund und
old weiſer Rarhgeber feines Furfürkliden Schwagers,
bis der Appanagialvertrag vom 12. Dft. 1803 ihm Das
rzogthum ‚Bei, unter baierifcher Oberbobeit, als eine
für die im Luneviller Frieden erlittenen
Derfufe überließ. Als aber i. 3. 1806 DE eiferne Arm
des damaligen Gewaithabers von Srankrei das Herzog
thum Berg dem baier. Scepter entriß, um damit feinen
Schwager, Prinzen Müret, zu dotiren, wurde Herzog
Wilhelm durch eine angewiefene jährlide-Nemme ent»
ſchaͤdigt und ließ ficb hierauf. in: Bamberg nieder, "Dort.
wurde ibm die Freude, Daß iym am 4. Dec. 1808, aus
der Ehe feined Sohnes, Pins Auguf, mir der Prinzefin
Umalie Louife Julie von Uremberg, der Enkel Maris
milian geboren wurde. Auch wurde ihm Hier das feltene
Gluͤck, ed noch zu erleben, daß feine Nachkommenſchaft
durch die Dermäblung feines Enkels mir der koͤniglichen
Mrinzeffin Louife Wilhelmine von Baiern und dur die
aus dieſer Ebe entfproffenen Kinder, Ludwig Wilhelm
und Thereſe Helene Marvoline gefichert war. Getroſt ſad
er feinem Tod’ entgegen und datte ſchon vald nach Zu⸗
rüdlegung bes ſechgſten Lebensjahre Die Voranſtalten zu
feinenn Tode getroffen. Mit der größten Srbnung „ mit
melcher er alled beforate, ſchrieb er eigendandig die
Anordnungen im Betreff —— nieder. Von
urieflegung des achtzigſten Levensjabreß an befeſtigte
ch bei ibm der Entſchluß, die derzogl. Vorrechte, mit
- Einftimmung ded Herzogs Pius, in die Hände feined
Enfeldö niederzulegen. Don nun.an wollte er nur fi
und feinem religidfen Sinne leben. Als ibm beim An-
tritt des Jahrs 1837 Olli gewuͤnſcht wurde, entgegnete
er: „MWlnfhen fie mir nicht ein fängered Leben: ich
wünfche ed mir ſelbſt nicht; ih fühle, daß ich ein alter
Greis gersorden bin, meine Sinne werden ſchwaͤcher und
mein Geiſt verlangt wieder zu Gott zurück.“ — Nicht
fange barrte er auf. Erfüllung. diefes feines Wunfhes:
Die. Alteröfhmäche nahm zu und nad Empfangung der
beit. Sterbefaframente verſchied er am oben genannten
Tage. — Sein Leihenbegängnig fand am 13. aunır
mit den ibm Ren DrenEen Seierlipkeiten flatt. In der
Sebaftiandfapelle blieb der von dem Domprobft Sreiderr
- 9. Leichenfeld eingefegnete Leichnam bis 10 Uhr Nachts
Riſch zu Reifferſcheid. 68
und wurde dann, begleitet von einem der äftern Hof
favaliere, einem Kanzleirath und Dem Dompfarrer Spon⸗
fel, nah Schloß Reg! abgeführt, wo des andern Tags
die Beifegung in der erzögl, Samiliengruft erfolgte, — -
Mit frommer Wachſamkeit für Ad verband der Herzog
Milpelm die größte Schonung für Undere und vereinte
mit der böchften Anf nahe die größte Humanität.
Geredt in feinem Derzen und in feinen Unfichten, ge⸗
redt in feinen Urtheilen und in feinen Handlungen, fah
der Derblidene bebarrlih auf die Gerechtigkeit feiner
Beamten und feiner Diener.
34. Karl Theodor Riſch zu Keifferfcheid,
Guts⸗ u. Hüttenbefiger zu Schleiden (Rheinpreußen);
geb. i. J. ..⸗ geſt. d. 8. Ban. 187 °).
n diefem Manne bat die Eifel einen ihrer wacker—
Ren Biedermänner, die landwirthſchaftliche Indufrie einen
idrer thätigfen Foͤrderer, der Eifelyerein eine feiner fetten
Stuͤtzen verloren. Die Vereinsblaͤtter befunden es, mit
welchem —— mit welch’ einer warmen Liebe er die
ste Sade und den Zortgang der landwirthſchaftlichen
nduftrie in der Eifel gefördert und mit welcher Ges
miffenbaftigfeit und Genauigkeit er feine zur Bereiches
rung der Agronomie unternommenen Verſuche und Ar
beiten ausgeführt gar Im Beſitze bedeutender Mittel,
war er bemäbt, rings um ſich ber den Fortſchritt des
Garten» und Obſtbaues im einer blübenden Schöpfung
ind Leben zu rufen. Daber fand man in feinen ac
Blumen und Srüdte, die man vergeblich in den Kun
gärten gluͤcklierer Himmelöftride fuchte. Diele Mes
tboden übte er bereitd aus, wenn fte in oͤffentlichen
Blättern erft empfodlen wurden. Er mar ein lebendes
Mufterbild für feine Landsleute, deren Kräfte er au
jede Weife zu wecken und zu entwideln firebie. Dab
war er befheiden und anſpruchslos und duldete gern
fremde Meinungen und Unfichten, wiewobl er feinen
Schatz von Senn allen nur durch Selbfibelebrung ges
wonnen batte und daber im eigentliden Sinne Autos
didaft war. Seit der Wirkſamkeit des Eifelvereins
datten feine gemeinnägigen Kulturbemähungen vorzägfi
die Richtung auf Ader» und Wiefenbau genommen un
dier ſchien ſich ibm ein bedeutendes Feid eröffnen zu
‚7 „Römer Zeitung 1697, Nr. 9.
64 Andreaͤ. —
daben. Der Umfang und die Mannichfaltigkeir feiner
im Sihne ded Dereind gemachten Unternehmungen bats
ten im Bezug auf Areal» und Arbeitenausdehnung kaſt
ale Bemüdungen gleicher Art in der ganzen Provinz
überboten und fie laſſen fih nur mit jenen des Vereins⸗
präfidenten Freiherrn v. Carnap, am Niederrhein, vers
gleihen. Die Sutterkräuter, namentlib: Luzerne, Eds
parfette, italienifhed Raigrad, dann auch die Lupine
und mehrere andere waren ed, womit er viele Aeder
auf feinem funfzehnhundert Morgen großen Gute zu
gerhelt beſtellt batte. Die Befdäftigung mit dieſen
ulturanlagen und ſpaͤter, ald ihm bie Krankheit ben
Befuch derfelben nit mehr gefattete, die Nadrichten
über den Sortgang derfeiben machten dad Gluͤck feiner
Tage aud. Als er felbit feinen Garten und-den nahen
. Wiefenpark nicht mehr zu Fuß befuchen durfte, ließ er
fo, n einem Eleinen Wagen umberfahren, um des As
8 der ihm theuern felbf ep ten Pflanzen genießen _
prünglich feſten Körperbau untergraben und den Tod
“ feit Langem vorbereitet, welcher daher auch ohne Kampf
am. oben genannten Tage erfolgte. Ein Gattin weint
an feinem Grabe und zwei hoffnungdvolle Söhne treten
in die Sußtapfen des wackern Vaters. gs
* 35. M. Paul Chriſtian Andres,
Dforrer zu Ihalbürgel (im Weimarifchen) 3
geboren den 7. Nov. 1766, geft. am ©. San. 1837.
Andred war zu Leipzig geboren, wo fein Vater Lehrer
an der Thomasſchule war und er nebft feinem Bruder *),
dem nachmaligen Profeffor der Rechte und Dberappellas
tiondrarhe zu Gena, von dem Vater den erften Unterricht
empfing. Ein zarter Sinabe ward er den Schüͤlern der
CThomasſchule zugefelit, welche er nach Verlauf von beis
nahe 14 Jahren 1787 mit der dortigen Univerfität vers
— um dem Studium der Theologie ſich zu widmen,
. Außer andern. befuchte er Die Vorlefungen eined Morus,
Rein, Rofenmüller, Keil, Bed und Burfcher. Nah Voll⸗
endung des Trienniumd, im Jahr 1790, befland er iu
Dreöden, unter Reinhard Das Kandidateneramen; ein
Jahr fpäter nad feines Vaters Ableben begab er ſich
nad Deſſau ald Lehrer an dem Baſedow'ſchen Inſtitut
- 9, Deſſen Biogr. f. im N, Nekr. 8, Jabrg. ©: 1177,
I fönnen. Endlich hatte aber die Krankheit den ure
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un AR — —
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Dreöden als
Android. 6b
inend zweilährigen Aufenthalt Dafel
Hauslehrer zu dem damaligen Grant
von Särtner. Im Jadr 1798 ward er als Pfarrer
nach Tautenburg mit Steudnig berufen, wo er am
8. Septbr. 1799 mit Dorotdea Eupdrofpne uͤbſch aus
Köfen verehelichte und mit Diefer, einer fantten, liebes
vollen, treuen Gefaͤhrtin, einer treffliden Hausfrau und
Mutter, zufrieden und glüdlich lebte; i. J. 1805 ward
er nach Broßbheringen befördert und 1819 nad Thalbürgel
verfegt. Hier legte er die Laſt des Amts i. J. 1892 auf
"die Schultern des einzigen von 4 Kindern ihm gebliches
nen Sodnd; hier beihloß er, mit dem Gedanken des
Todes nicht minder vertraut, ald Die Hoffnung der -
Wiedergenefung feftdaltend und feine gewohnte beitere
Stimmung bi zum lehten Augenblide bebauptend, an
Bruſtwaſſerſucht und endlich erfolgtem Nervenſchlage
nach einem kurzen Krankenlager am oben genannten Tage
feine irdiſche Laufbahn. Waͤhrſcheinlich würde er ſchön
früher deren Ziel erreicht und der Erde feine Schuld
bezahlt haben, da feine Bruſt ſchwach und fein Körper,
der doch aub die Anſtrengung mander Reife ertru
etmad zart war, bätte er nicht an eine einfache Lebens—
weiſe und ſtrenge Didt Da gewöons und überbaups auf
un
die Erhaltung feiner Ge eit forgtälrig Bedacht ge
nommen. Ein bervorfiechender au9 n feinem Eharafter
war Aufrichtigkeit und Freundlichkeit gepaart mit Ges
Faͤlligkeit und Liebe zum Frieden mit Jedermann und
Verſoͤhnlichkeit. Die Lectuͤre der Bücher und Zournale
verfwiedenen Inbalıd befcäftigte ihn im eigentlichen
Sinne ded Wortd fat ununterbrochen, beſonders Die
roͤmiſchen und franzöhfhen Schriftfteler. Wie lebendiges
nterefle an alten Eriheinungen auf dem Gebiete der
iſſenſchaft, ſo degte er eine befondere Dorliebe für
Seſchichte. Dad Studium derfelden wurd ibm durd ein
fehr treued Gedaͤchtniß, welches er bis in Die legten
Zage feines Lebens berab Durch —5 Memoriren zu
ſtaͤrken bemüht war, ungemein erleichtert und mad irgend
ihm merfwärdig erſchien, von ihm excerpirt. Eine große
Belefendeit und fhägbare Summe von Keuntniflen, feine
pünctlide Abmartung feiner amtliden Geſchaͤfte wird
Keiner von denen, Die ihn näder Fannten, ibm ab»
fpreben. — Dem Publicum machte er fi bekannt durch
die Schriften: De Jacobo Andrese Theologo saecu
XVI celeberrimo, periculum historico-ecclesiasticum. Jenas
1799. — De viris quibusdam dostis, a principibus maghi
M. Netrolog. 15. Jahrg. 6
66 Gruner.
factis, Ibid. 1799. — Epistola gratul. locorem quotundam
Homero-Virgilianoram, Specimtn primum. Ibid. 1804: —
Specimen secandum. Jbid. 1814. — Morud, Gott als
Geiſt überfegt und gemeinfaßlich dargeſtellt mit -Anmerf.
g. Aufl. 1817. — Cicero de amicitia überfegt mit An«
merkungen, fo wie durch einige auf die — der
Leſer berechnete kleine Aufſaͤthe in mehreren Zeitſchriften.
36. Karl Friedrich Gerhard Gruner,
e. fühl. Kammerrath x Ritter des kaiſerl. ruf. Wladimirorden
3% Leipzig;
geb. den 10, Maͤrz 1768, geſt. deu 9. San. 1837 *)..
Er mar der Sohn ded Doktor und Profeffor der
Theologie, Johann Friedrich Gruner in Halte, erbielt
. den eriten Unterricht durch MPrivatiehrer und befuchte
dann dad Profeffor Semmlerſche, nachder vom Profeflor
Trappe Üibernommene Inſtitut. Seinen Vater, welder
vorber Reftor ded Gymnaſiums zu Koburg geweſen,
dann ald Profeffor nach Jena’ befördert: und von da nad
alle berufen wurde, verlor er bereits 1728. Er ent
bloß fib nun zur Kaufmannicdaft, erlernte diefe im
Leipzig in dem Haufe Marc Antoine Dufour, konditio⸗
nirte dann in zwei daflgen Häufern, erlangte aber im _
Bar 1795 das Buͤrgerrecht daſelbſt und eröffnete mit
einem Treunde Sommer, unter der Firma: Sommer
und Gruner, eine eigene Handlung zu Leipzig, welde
er nad Sommers Tode Karl Gruner firmirte, Bereits
im 5. 1798 widmete er feine erfolgreichen Dienfte der
Stadt Leipzig, indem er ald Deputirter bei dem Almoſen⸗
‘amt eintrat und übernabm im Jahr 41803 bei der neu
errichteten Armenanftalt das Kaflireramt. In eben Die
em Sabre (1809) wurde er zum Mitgliede des Raths⸗
ollegiumsd, 1807 zum Stadidauptmann, alfe zur Mit
beforgung der damals eben fo Drängenden ald befchwer;
lichen Geſchaͤfte des Quartieramts, zugleich aber zum
zweiten Deputirten bei der Einnahmeſtube und 1818
um Baumeifter und erften Deputirten bei der CEinnahme⸗
Anbe ermäblt. Den Rechnungswefen der Einnabmeftube
gab er nun eine andere, eine Elarere und fchnellere
eberficht — —— i datte biernähk
41807 an die Vorſteherſchaft des/Arbeitshauſes für Frei⸗
‚willige mit Übernommen, welche er, wie die vorerwähnten
'©) Leipz. Tageblatt 1857. Nr. 12,
Er den Blide gelingen, diefe Bebör
a
n. Beigel. 67
im J. 1813 ibm Äbertragenen Aemter, biß zum J. 1890
sermaltete. Nach feinem im 3. 1830 erklärten Austrirt
aud dem Gtadtratbe waͤdite ibn das Kollegium der
Handiungsdeputirten zum Mitglied und die Wähler
der Stadt deln als Deputirten zu dem für 1833 aus⸗
(&riebenen Landtage. Nur ferne i. I. 1836 nekiegene
raͤuklichkeit konnte ihn vermögen, um Enziehung von‘
der Landſtandſchaft zu bitten, Die ihm aucd in Diefer
Ben vom Minifterium ded Innern gemährt wurde.
om Monat Dftober 1806 an, wo die Geſchafte beim
Rarhbaufe fa unerträglih ſich bäuften, aug durch bie
vielen an die Stadt Leipzig gebraten Requiſttionen und
— — ſich taͤglich vermehren mußten, wurde
feine Thätigfeit gan; beionders, auch ge pnlih mit
dem beſten — ür die Stadt Le Bi in Auſpruch
ommen und bei den. manderlei Getahren und viel
igen Derdrießlichleiten, denen er, zum Behen ber
Stadt feine Perfon ohne Furcht und Schonung feiner
ſelbſt ausſetzte, konnte ed bei den ibm ununterbrochen‘
aufgetragenen Verdandlungen mit den in Diefer Stadt
vom dis 1815 wechſelnden fremden Behörden
nur feiner Ein» und Umſicht, feinem a A
en 10 zu Des
ndein, daß, wenn von Liefer Stadt die Uebel nicht
gan; abzuwenden waren, folde doch möglihft gemildert
wurden. Auch der Fönigl: Samilie widmete er immer
bis an feinen Tod, insbefondere aber dem. verKorbenen
König Friedrich Auguft *) in den J. 1813 bis 1815 die
unverbrücdlichke furchtloſe Pflichttreue und Alle, die ibm
- näber ſtanden, ihn naͤher Eannten, werden feinen Ver⸗
dienten um Leipzig, feiner Bereitwilligkeit, Sreunden
werfihätig zu dienen, gewiß ein gerechtes, freundliche® -
Undenfen bewahren. Ä 24
37. Johannes Weitzel,
Hofrath und Bibliothekar zu Wiesdaden;
geb. den 24. Oktober 1771, Heft. den 10. Januar 1887 9"),
n der Mitte des fchönen Rheingaues erbebt
ein — uͤgel, le E * zur he he
anf reich mit Reben bepflanzt und. von den flolzen Ges
bäuden eines fuͤrſtlichen Pauaſtes gekrönt. Naͤhern ſich
*) Deffen Biogr. f. Im 14. Jabra. des N. Nett. S. 878
R —2 a ER a e zur Xügemeinen Beitung,
% 67 m 73. — Gonverf. sEerilon N: 8. 3* e. a. A.
⸗
⸗
6s Weitzel.
n m die Rheinſchiffe auf ihrer Fahrt zwiſt en Main
In Ben HER u ftetd oe Fleines
. Bevdlkerung eine freudige Bewegung und. alle Blicke
nd auf die fonnige. Höhe, hingerichtet. Der fröhliche
uf: „dad iſt der Jobannisberg“ geht von Mund zu
. Mund. Hier wurde Johannes Weigel, einziger Sohn
‚rechtlicher aber mittellofer Eltern, geboren, Den Vater, -
einen armen Winzer, der. ohne alle Leitung und willen,
ſchaftliche Bildung die Mufif und die Dichtkunſt lieb ger
wonnen batte und fie übte, verlor. der Sinabe, ats er
faum vier Jahre feined Alterd zählte und die Mutter
mußte mit ibm auch die Erziehung feiner drei Schwe⸗
fierm-übernebmen. Neben der Meigenden Laſt verminder⸗
ten ſich die. Hälfdquellen und es wurde für Die gute
Srau eine ſchwierige Aufgabe die Fleine Wirtbfhatt. in
. einiger. Ordnung zu erbalten. Dad Kleine Beſigztſhſum
war durch betrügerifde Verwandte und dur die Habs . .
ſucht kurmainziſcher Beamten zu Grunde gerichtet und
Die Familie fam oft in harte Noth und mußte Mangel
leiden an den erften Bedärfniffen deö Lebens. So lernte
der Knabe von der Wiege an Noth und Entbehrungen '
- Tennen. Braiciie entwidelte fi unter Diefen berben
Verhäftnillen eine gewiſſe Feſtigkeit des Willens, die bei
der voranfohreitenden Reife des Geiſtes ſich zu jener Cha⸗
rakterſtaͤrke ausbildete, die wir in fpäteren Tagen. als
eine befondere Zierde an Diefen Manne bewundern muß
ten. Durch manderlei Vorfälle, wie fie ſich auch im
barmlofen Dafein der Tugend ereignen, wurde dem juns
en W. ſchon Stoff und DBeranlaffung gegeben, über
Inge Betrachtungen anzuftellen, die dDiefem Alter fonft
fremd find. „Die ungen,“ fagt er in feinen Denfwürs
Digfeiten, „die nicht mit mir auf freundfchaftlidem Zuße
Kanben; neckten und. verfolgten mid und Die Alten tries
end gerade wie die Jungen, wenn auch nicht auf Dies
felbe Weile. Die Merbode mat oft den ganzen Unters
fbied zwifdden dem Dummen and dem Klugen, dem
oben und Gebildeten, dem Vornehmen und Geneinen.
Drei Sinaben waren vor andern meine geſchwornen Feinde.
Unglücklicher Weile befaßen fie mehr Eörperlihe Kraft
und ich Fonnte mid weder vertheidigen noch räcen.
Das Tonderbare Net ging mir gewaltig durch den Kopf.
. Sragte id meine Mutter, warum wir fo arm feien, dann
befriedigte mich ihre Antwort ——— Wollte ich
wiffen, warum man die Därftigen und Schwachen hudle,
quaͤle und veraqte, dann mollte es mir auch Dura die
—
⸗
ER DEE ui u EEE OLE =
Weitzel. 69
umſtaͤnd lichſte Ergäblung nicht deutlid werden. Die er.
fien marternden Zweifel, die meine Seele zerriffen, die
erften peinigenden Gefühle, die meine Bruf zuſammen⸗
drüdten, bezogen fi auf die Ordnung der Dinge, im
welcher ed nad’ Vernunft und Recht unverdienter Reich⸗
thum, unverdiente Ebre und Audzeihnung und unver⸗
fduldete Armuth, Schande und Erniedrigung geben
fann. Ib muß gehen, daß mich VBetradtungen Aber
Diefen mißlichen Gegenſtand faR an der Wiege empfans
gen -baben und mich wahrſcheinlich bhis zum Grabe bes
gleiten werden. Sebr früh fon fühlte id dunkel, was
I® fpdier Elar erkannte.” Diele Stelle liefert. einen
intereflanten Beitrag, wie jene Denkweife fhon in früs
deſtem Alter angeregt war, die ihn durch dad ganze Le
ben begleitete und auf der fein ganzes Wirken rubte.
Was das junendlid reine und frifde Gemüth in feiner
Tiefe für recht und wabr erfannte, das land mit dem
äußern Erſcheinungen oft im ſchneidendſten Widerfprud.
. Mit finftern Zweifeln und mit unaufldslihen Rätbfeln
kaͤmpfend, fab er ſich dem Fleinen Kreid gegenüber über
ben binaus er feine Blicke kühn zu erheben fuhte. Der
Zwieſpalt zwifhen Kopf und Herz, der Kampf mit ent -
gegengefebten Empfindungen, die fi mechfelfeitig dem
Semütrhe fat fpielend zumarfen, bereitete ibm manche
bittere Stunde. „Dur die Zeit und dad Alter,“ ſagt
DB. in feinen Denfmürdiafeiten an einer andern Stelle,
„bin id in diefer Hinſicht mie in mander andern Fils
ger und befonnener im Urtbeilen, aber nicht viel geſchei⸗
er im Handeln geworden! Mag die Kultur noch fo
eifrig an und waſchen und foloriren, in entfbeidenden
QYugenbliden, wo die angeborne Natur die Schranken
der angelernten Kunſt durchbricht, tritt die Grundfarbe
des Charafterö, wenn namlich eine vorhanden iſt, ges
woͤbnlich hervor. Wie die äußern Zuftände ſich dem ju⸗
gendlihen Gemütbe hoͤchſt feindfelig gegenüderftellten,
fo mußte auch Vieles erdulder werden unter dem Drude
der haͤuslichen Verhältniffe. Die Mutter war von Nas
tur. aus beftig, ihres Willens gewiß und neben großer
Srömmigfeit ſtreng bis zur ? rte. Nur die Religion
datte Gewalt über fie und aus diefer Duelle (döpfte fie
Troſt und Stärkung in ihrem leidenvollen Leben, indem
fie faft Uebermenſchliches BT und gelitten hat. Don
der guten Erziehung batte fie überaus Nrenge Begriffe
und in der Wadl der Mittel fannte fie Feine aͤngſtlichen
Rüdfihten. Die unangenehmen Beräbrungen in und.
70 Weitzel.
außer dem Haufe. vermehrten in der Bruſt des Kuaden |
eine gemwifle Sebnfuht nad Unabhängigkeit. Der Bes
- -fuch der Dorffhule wurde häufig umgangen und in den
ſchattigen Wäldern träumte er am liebiten von freien
Wilden. W. war zehn Jahr alt geworden und ed wurde
ent zur Nede gebracht, mad .einft aus ihm werden follte,
ad wollt ihr aus dem ſchwachgliederigen Bübchen
macen? fagte ein verfiändiger Nachbar; nur zum Schneis
der ift ed gur und fonft zu nichtd. Dad war fo ziemlich
die Meinung Aller, nur nit die feinige. „In der Zeit,-
mo meine Fünftige Beſtimmung zum Schneider oft zur
Sprache kam,“ erzählt W. von fi feld, „ward meine
aͤlteſte Schweſter nad Mainz gefickt. 30 —
ibr auf dem Wege dadin in der Näbe des Dorfes und
bot mich ihr fogleid zur Begleitung an, Sie wollte eb
nit zugeben, weil die Mutter nichts davon mußte und
befonders, weil id barfuß war, Um diefe Hinderniffe
aus Dem Wege zu räumen, eilte id nad Haus. Die
. Mutter fand id nit. Zum Ueberlegen war indeß feine
Bein; ih nahm alfo meine Schuhe, eilte meiner Schwes
ſer nad), bolte fie glücklich ein und folgte. ihr aller Bes
denklicpfeiten und Widerfprähen ungeachtet die Schube
in der Hand nah Mainz, Mein Anzug war nicht ſtaͤd⸗
fh und meine Schwefter mochte ſich maͤdchendaft des
Bruders ein wenig fhdmen. Sie ließ mi darum beis.
nabe am Eingange der Stadt, an dem Slarmeliterklofter -
Neben, wo ich fie erwarten follse. Aus Neugierde und
Fangerweile ging ich in die Klofterfirhe, wo gerade ein,
feierlides Höchamt gehalten wurde. Eine _folde Pracht
batte ich nie gefeben. Die Muſik, der Aufzug, der Geiſt⸗
- lien, die reigezierte ‚Kirde, wo im wohlriechenden
Dufte Des Weihrauch taufend Kerzen brannten und die
(bon gepußte Welt, Alles fegte mich in ein freudiges
Erflaunen. Ib fonnte mi nicht fatt feben und hören
und mar in einer Art Rauſch vor Heberrafhung und Ente
den. Gar wunderbare Ahnungen und Gefühle durchzo⸗
gen meine Bruf. Cine unbefimmte Sebnfucht erfüllte
ie. a der Kirche fonnte ich nicht beiden, fo bis ins
innerite mar ich aufgeregt. Ich ſchlich mic leife fort
nd legte mich der ganzen Länge na auf die fteinerne
Zreppe vor Der Kirtbär, wo ich den Geſang, die Dre
gel uud die übrigen Inſtrumente hörte, aber Niemand
fab und von Niemand gefeden ward. Seltfame freunds
liche Bilder zogen an meiner träymenden Seele vorüber.
Der Gedanke an meine Zudunft erfälte mich mit Web
‚
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Beikel. - 71
mutd. Meine ungen und. Wänfche richteten
an dem ok in feierliben Uugenbli in die Sobeı
ein Blid auf meine audgefredten nadten Süße und Die
Erinnerung an die Därftigkeit in der Heimarb jagen fie
aber wieder tief herab. in dem fhmerzlich füßen Kampfe
flegte das kindliche Gemürh voll unverfiegbarer Hoffnun⸗
gen. Mein Gedaͤchtniß vergegenwärtigte mir, was i
öon Paͤpſten gelefen oder gebört batte, die von der tiefe
fien Gsafe des geſellſchaftlichen Lebens bis zur höchken
. Würde eines Statthalter Gottes auf Erden emporges
fliegen waren. Stand nit einmal ein Erdftiger Den
an der Spitze der chriſtlichen Welt, der. früber Schweine
gebüter Haste? Ich dachte an den ſchwediſchen Karl
und Die Helden, deren Namen mir in den alten Büchern
meined Vaters vorgefommen waren. Und dem berrlis
Preis werden und bei der erfien Belegenbeit (pra® er
der Mutter den kühnen Wunf® aus, zu Audiren. Die
Bitte fand zwar kein geneigted Gebör, aber den Schul .
meifßer des Dorfed gemann er für diefe Abſicht. Dur
die Zufage des unentgeldlichen Unterriht6 ward da
rößte Hinderniß binweggerdumt und der gelehrie Mann
egann fein frommed der. Zwei andere Knaben vers .
mögender Eltern hatten ſich angefloflen und wenn für -
die drei Schäler irgend ein Vortdeil aus diefem gelehr⸗
ten Unterridt hervorging für ibre Ausbildung, dann
batten fie ibn blos dem g enfeitigen Wetteifer zu vers
danken. Ad W. im jm iften Jahre dad Bpmnafium
bezog, war er in allen Dingen ded Willens noch weit
. wuröd. An deutfhe Sprache, Rechtſchreibung, Geſchichte,
dbefchreibung, Naturgefhichte und andere Dinge der
rs hatte man bei dem feitherigen Unterrichte gar nicht
gedacht. Es möge genügen, nur mit flüchtigen Zügen
anzudeuten, welde Hinderniffe au dem Wege gerdwmt
werden mußten, wenn die vielfach unterdrädte Kraft -
fh mutig ihre Bahn Öffnen follte. In Bezug auf .
einen swedasdßigen Unterricht war W. überaus ungläde -
lid gewefen. Er hatte faſt nie eigene Bücher oder taug-
lide Lehrer und entbehrse überhaupt aller Hälfsmittel,
®
—
lich find. Hatte W.'s wiſſenſchaftli
72 Weitzel.
die dem Talente zu ſeiner —— immer unentbehr⸗
ft auch nur geringe Sortfäritte genadt
u diefer Zeit auch nur geringe Fortſchritte gemacht,
Dann INA: doch feine geifigen Kraͤfte pielfeitt anges
regt und geübt. Der Säule in Kreuznach, mo Karma
liter den Unterricht ertbeilten, wurde der Vorzug geges .
- .ben vor der Mainzer Schule, weil fie im Rufe alter
Rechtglaͤubigkeit Hand. Auch bier war der Unterricht in
Debantifce Sormen ebällt und er befchränkte ſich auf
einen reinen Mechanismus, der mehr geeignet war, ben
Geiſt zu tödten, ald ihn zu ermeden. Gin volled Jahr
ing vorüber mit unglücklichen Verſuchen, ein ſchlechtes
Dei in ein noch fchlehtered Latein gu Übertragen,
aber der unermädliche Fleiß fab ſich nicht viel weiter ges
fördert. Funfzig Gulden hatte die fromme Mutter beo
"reitd zum Opfer gebracht und dies äberftiieg ihre Mittel.
Gie mußte, wie meit fie zu geben batte und daher ers
Elärte fie mis Beſtimmtheit, an der felten etwas zu des
bern war, daß auf ihren Beiftand ferner nicht a dt
zäblt werden dürfte. Mit den ſchmerzlichſten Gefühlen
mußte der Dreisebmjährige Knabe ſich am Scluffe feie
ner Furzen Zaufbchn feben, auf die er fo große und je
— Hoffnung gebaut hatte. Den Eniſchluß in
jeſem ſchweren Augenblick gänzlich aufzugeben, das
ware der Entfogung wegen ſchon ſchwer geweſen, wie
aber ſollten die bereitd verwendeten Koſten ju verſchmer⸗
gen fein? Die äußere Noth und oauetanglen wirkten
erade jeßt in entgegengefehter Weife. d reifte der
ehe Vorfaß, Die einmal betretene Bahn - weiter zu ver⸗
folgen, dem guten Glüd und der eigenen Kraft zu vers
trauen. Der junge Wanderer fab die fteile Anpäde, die
erflommen werden follte und fein Muth bebte vor den
Schwierigkeiten nicht zurid. Der —57 — dem er ſich
en
mit Eindlihem Gehorſam ſeither unterworfen hatte, hörte
mit der kaͤrglichen — auf und der junge W.
fühlte die Wonne, volle
je Freiheit zu daben über feine
Entmlrfe. Der Unterricht in Kreüznach taugte nicht,
Das war ıbm Elar geworden und feine Blicke richteten
fid jet nach dem berübmten Mainz, das damals in feie
nem böciten Flor ftand und von deſſen Schulanſtalten
fib ein vortbeilbafter Ruf verbreitet hatte. Dbne eines
Menſchen Mitwiffen, ohne eined Menfben Rath und
Beiftand führte W. die erſte und entfheidende Hand»
lung ber. frübzeitig: erlangten Selbſtſtaͤndigkeit aus, ob⸗
mohl er in Mainz Feine befreundete Seele kannte, auf
= ; \
EEE A u Em
Wecihel.
Die er auch mur eine ſchwache Hoffnung hätte hauen
. fen; 5 der Keinernen ee in Karmelitertion
war ihm Alles dort fremd und unbekannt. Mit fe
Freuzern in der Taſche und mit dem froͤhlichſten M
in der Bruſt, tras W., binten auf der Kutſche ein
reihen Manned, der ibm dieſe Gunſt zugeſtanden da
Die Neife na en) an Seine Yu 5
seugung, dag der aufs Nothwendigſte beihränfte A
wand Du
v
fleine erworbene Kapital, um nicht fange nie zu bi
mfän
nothdärftig gearänder, als W. nah dem Johbannisbe
ibm öfter noch viele Jahre ſpaͤter, wo ihr die kindliche
je ar ——— Brut mit Be:
der Bruſt gewedt werden. gl ender Zug den W. in
— mehrerwaͤhnten Denkwuͤrdigkeiten mittheilt, m
7% | Meigel. T
antwortete ib. Der Lehrer ſah mich ſcharf an. Solrens,
- fprach er, ift einer, der begablt. Der bin ich, erwiederte- .
ich, mit erzwungener Seftigfeit und feßte mi. Die Aus
Wwißbegierigen
gen des Profeſſors lagen lange forſchend und tadelnd
“auf mir. Der Mann war ein barter Roͤnch und vers
fand mi nicht. Was mir feine Neigung hätte gewin⸗
nen follen, zog mir feinen Haß zu!“ Dad Silentium'
wurde vier Jahre lang redli bezahlt, obwohl es oft
ſchwer gebalten bat, die Mittel dazu aufzubringen. Auf
Die Lektüre wurde jene Zeit verwendet, welde die Schuls
arbeiten übrig ließen, obwohl nad Art der Jugend alles
in bunter Menge dem Beifte vorgeführt ward. Durd
Urberfegungen machte er auf dieſe Art nähere Bekannte
Schaft mit Rouffeau und Helvetius, mit Hume und Bol» .
taire und Spinoza. Dadurd bereiteten fich folgenreiche
Erſchütterungen in dem jugendliden Gemüthe vor, Die
ben frommen Glauben zu zerftören drobten, den die ſorg⸗
ſame Mutter zuerft gemedt und den der frübelte Unter
richt befefliat batte. Der Skeptizismus ſchlug feine
Wurzeln und breitete fib aus. Uber, „menn lich der.
Geiſt im wilden Zerftören gefiel, dann trat dad Gemäth :
. erbaltend und befänftigend ind Mittel,“ Fünf Jahre
waren auf Diefe Weife unter Studien und Webungen
für den: künftigen Beruf dahin gegangen, ald W. vom
Gymnaſium zur boben Schule in Mainz; Übertrat. Ein.
Theil der fteilen Anhöbe mar rüftig erfliegen und der.
Murb nicht abgefüblt, Der Geſſchiskreis hatte fi Dem
Sünaling um Vieles ermeitert, aber er-
mußte böber binauf, wollte er dad Entzlidende der vol»
fen Ausſicht genießen. Alles berechtigte zu den ſchönſten
Hoffnungen für die Fünftigen Tage. Mit vielen. trefflis
den Jünglingen ſoloß W. damals den Bund der Freund»
(hatt. Die meiften baben die Stürme der Zeit mit
fortgenommen und nur Wenige, mit denen er auf dem.
. Jangen Lebensweg vertrauten Umgang pflegte, baben feis
nen Stern erblühen feben. Als W. Die Univerfität zu
Mainz bezog, fand Diefe Anftalt in ihrem höchſten Glanze
und unter küchtigen Lehrern fegte er bier feine Studien
fort. Damals bereiteten ſich in der Haupſtadt Frank⸗
reichs bie Ereigniffe vor, melde die Aufmerkffamfeit je: s
des Denkenden fejleln mußten. Mit dem Ausbruche der
erſten Gaͤhrung nabm aub W, einen warmen Antheil
an der Sade der franzöfifiben Nation und es rg
tigte fi bobe Begeifterung feines offenen Gemüths, fo
lang die Taͤuſchung dauerte, daß Die Bewegung im Sinn
Weitzel. 7.
der Tugend und des ewigen Rechte —— Des Ein
räden der Sranzofen in Mainz unter Eufine 1792 un
terbrad die Studien de6 zwanzigjahrigen Tänglingt
der fi jezt in den Rheingau zurüdgog, von da abe
auf das linfe Rheinufer entfliehen mußte, um den Bei
folgungen der Preußen zu entgehen, die er Ach dur
‚jugendlide Unvorfidtigkeit zugezogen bette. Rab maı
&erlei Hin» und Herzägen wurde befdloflen, die St
Dien auf einer deutf Univerfität fortzufegen. 9
Spaͤtjahr 1705 trat W. die —— nad “Jena aı
wo er Schiller, Wieland, Goethe *) und Herder in de
Naͤde zu fehen hoffte, ein Gedanke, der ihn mit der gar
vn Begeifterung der Tugend erfüllte. Dem Studiut
er Eritifden-Pbilofopdie follte dort fein vorzäglichfte
Beltreben gewidmet fein, da er zu einer fogenannte
Brodmiffenidaft Feine innere Luſt fühlte. Mit heiter
Dffenberzigkeit geſteht er ſelbſt, daß, troh der auddauerı
den Geduld und der verdoppelten Unfrengungen, nı
langfame Fertſchritte in der goͤttlich gepriefenen Wei
heit gemacht wurden. Da die kritiſche Philofopbie dei
“ emporfirebenden Geiſt nicht zu feſſeln vermochte, fo war
der Wunſch in ibm laut nad der Erwerbung poßtiv«
Kenntniffe und kein Ort [bien ihm dazu geeigneter a
Göttingen. Hier nahm er an den Dorträgen von Schl
kr und Spittler Theil, Doc folgte er auch damald mei
einer Neigung: ald den dringenden Erforderniffen ein
künftigen Beſſimmung. Mitten im Sige der Willen
ſchaften, umringt von allen Hülfdmisteln, gab Kb U
Der Ueberzeugung bin, daß er zum eigentliden Geleh
ten nicht geboren fei, einem Gefuͤhle, das er ſtets in ſi
Piragea zu baben bebaupiet. Mit einem raihen En
lu wurde die Laufbahn aufgegeben und fchon in de
Herbfiferien von 1796. die Reife nach der geliebten De
math angetreten, wo die Kampfbeere ſich noch kampfg
räftet BLDen BU Tannen Die unglädliden Borbede:
tungen für dad Vaterland erflliten fein Herz mit ſchw
ren Sorgen. Gm Sommer des Jahrs 1797 trat U
eine Wanderung nah der Schweiz an. Er wollte Erbi
fung fuben in einer großen Natur, dort den Schme
getaͤuſchter Sofnung beſchwichtigen, eine unbeſtimm
Sebnfuht mildern, die feine ganze Gefauͤblsweiſe maͤc
sig beberrfchte. "Aber auch in dem Alpenlande fand ı
nit, was er fuchte ‚und unbefriedige Lehrte er zuruͤ
°) Defien Biograpbie f. N. Retr. 10. Jabrg. ©. 197.
⸗
der Sprache die Wunden des
gen
Stelle ald Comissaire du directoire ewecutif de
76 Weitzel.
nach der Heimat. Unter der gänzlich veränderten Lage
der Dinge fühlte der junge, damals ann man igjaͤh⸗
rige Mann lebhaft den Wunſch und das Bed Pink, Dem
Leben eine thaͤtige Richtung zu geben und Antheil zu
nehmen an den Ereigniffen, welche die Zeit ſtuͤrmiſch bes
mwegten. Die eroberten Länder: auf dem linfen Rhein»
ufer wurden gerade zu Diefer Zeit von der franzdfifchen
Biealerung nad ihrem Syſtem organifirt und bei dieſer
Gelegenheit erbielt W. durch Empfehlung des vormalis
ainzer Profeſſors Hoffmann Ende 1798 AL eine
Kantons
Diterberg bei Kaiferdlautern und Anfangs 1799 ward
ibm die vakante Stelle eined Komiſſaͤrs bei der Munis
zipaldermaltung des Kantons Germersheim Übertragen.
Eine innere Zuft und eine Freudigkeit des Gefühle, wie
fie fonft felten fein mögen, begleiteten den jungen Bes
amten beim Eintritt in Den neuen Wirfungdfreid,' wo er.
Dad Gute zu erfireben fuchte, fo weit ed die eigene Stel»
‚Jung und die äußeren Verhaͤltniſſe erlaubten. Jedt aber
fah er das Bild in der Nähe, das in der Serne fo viele
Blicke täufhte. Ruhige und aufmerkffame Beobachtun⸗
gen fühlten alUmälig den Enthuſiasmus feined Herzens,
enn er erblickte auch bier unter gleißnerifdem Gemwande - -
Die Willfür und den Ehrgeiz, die Habſucht und die ro
ben Zeidenfchaften unter he im engften Bunde. Der
Druck und der Jammer, der auf den unglädlihen Bes .
- wohnern des Landes faftete, das er fannte und in dem
er wirfen ſollte, erfäute feine Seele mit Abſcheu und
- Unmillen. Es Hat ſich aus jenen Tagen ein Aktenſtuͤck
in feinem Nachlaß erhalten, das darum merkwuͤrdig ers»
cheint, weil ed Zeugniß gibt, daß er auf gene Gefahr
en Mutb hatte, für die Unterdrückten dad Wort zu fü
ren. In dieſem Schreiben an. den Regierungscomiffar
in den vier Departementen 7} er es mit eindringen
anded zu fehildern. Es
it undefannt, welche Wirkung dieſe Vorſteilun gebe
bt
- babe; gewiß it ed, daß fie ihrem Verfaſſer feindfelige
Sefinnungen erwedte unter einer jebireiden Kloffe von.
Menſchen, die fi nicht frei fühlen fonnten in ihrer
Handlungsmweife. Mitten unter den fi bäufenden Bes
rufdarbeiten,, mitten unter den Widerwärtigfeiten, die
von allen. Seiten bereinkärmten, fuchte W. den oft ges
forten Seelenfrieden in Iparliden ergäftigungen wies
er berzuftelen. Seine Sefinnungen, Grundfäge und
Anfihten ſchrieb er in freien Stunden nieder, wo dem
—4
Weitzel. 77
umdüfterten Gewüthe Troſt und Erdeiternun
dürfniß ward. Schon auf dem © — na *
rend der Univerſitaͤtsjahre hatte ſich in Bleinen ſchri
Rellerifchen Arbeiten verfucht, denen er die Ehre des
Drudd nicht zuerkannte. Wenn dieſe ſchriftſielleriſche
Tdaͤtigkeit fräber eine artiſtiſhe Richtung genommen
batte, um Scaufpiele und Tragödien, um ingfpiele
oder Romane hervorzubringen, dann veränderte fe
ahr 1791 und die raſche Entwidelung_ der franzöf
tevolntion fpdter in rein publiziſtiſche Tendenzen. Don
Diefer Zeit an fonnte nichts mehr einen vorberrſcheuden
Einfluß gewinnen auf diefen feltenen Geiſt, der jegt nur
einem großen Gegenflande zugewendet blieb: dem Welt
.ereigniffe, von dem die Gocialverbältinifle der Menſchen
abhängig find. Mit Mäßigung und edler Selbſtbeherr⸗
dung, mit Begeiſterung und innerer Ueberzeugung bat
er ſich einer mißlichen Sache gewidmet, an der Diele
geſcheidert find, Die nit von gleichem Talent und glei⸗
der GSharafterkärfe unterfiägt maren. Seine erſte jetzt
elien gewordene Schrift „Äber Die Beſimmang ded Mens
ben und Bürgers“ blieh bei ihrem Erſcheinen unbeads
ter, obgleich Bruchſtücke, die in fpdtere Arbeiten des
Verfaſſers hbergingen, mit Beifall begräßt worden find.
Bei der neuen Drganifation des Landes im Jahr 1800
verlor W. feine Stelle als Öffentliber Beamter. Sie
datte ihm vielen Verdruß und mancden Kummer bereis
tet und er = von dieſen Derbältniffen obne Bar
lie Gefühle Abfhied genommen baben. Es war die
dröckendſte Periode feines Lebens, in der er ſich dem
meiſten Zwang und den größten Aufopferungen unters
werfen mußte, ohne Das Gute in dem Umfange bewirs
gen zu Eönnen, wie ed in feinem Willen und ın feines
Abfinten lag. Don der Außenwelt. war er wieder in
fih ſelbſt zurückgedraͤngt, aber die bittere Erfahrung batte
die ſchoͤnen Hoffnungen zerſtoͤrt, indem er in den Pris
vatſtand zurädtrat. Das Öffentlie Leben voll Schein
und Trug hatte fein forfchended Auge in der Näbe Be
ſehen; feine Herrlidhkeiten Eonnten Ihn nicht verloden,
während er Die Armfeligfeiten und den Jammer befeufs
en mußte. Diefe zwei verlornen Jahre zäblte er unter
ie Opfer, die er einer guten Sache gebracht, der er
font neben beffern Ausfihten fein Leben geweiht bätte,
Eine ungeträbte Heiterfeit und die Ruhe des wahren
Philoſophen erhielten ibn unter den damaligen Umftäns
den aufrecht und er verlor Leinen Augenblid das ſichere
Ds
.
Vertrauen auf die Zukunft. Um ihn: zu entſchadigen,
sielleiht um ibn klaglos zu ftellen, wurden ibm andere
Anerbietungen gemadt, die er offen abzulehnen für gut fand.
Mit feiner jungen. Srau Fehrte_bierauf W. am Scluffe -
ded Jabrs 1800 nad dem Johannisberge zu feiner
Mutter und dann na feinem geliebten Mainz zuruͤck,
der Wiege feiner Tugendhoffnungen. Die Bahn war
verlaffen, auf der Taufende von befpränften Säbigfeiten
ohne Mübe und Anftrengung zum glüflihen Ziele ges
langen. : Der frifhe ungebeugte Muid und dad Selbſt⸗
-pertrauen, die fehon fo manches Hinderniß befeitigen bal«
fen, follten auch jeht die einzigen Stügen fein, um der
nädften Zufunft freudigen Herzens entgegenzugeben.
Nom Tabr 1801 an feben wir W.’E ſchriftſtelleriſche
Thätigkeit ſich durch bedeutſame Leitungen entwickeln.
Zuerft redigirte er die Zeitſchrift „Egeria,” in der er einen
umfaifenden Auffag ber die Urfachen großer Staatöre-
volutionen niederlegte. Zu gleicher Zeit übernahm er
Die Nedaftion einer Zeitung, die Eigentbum des Mains
er Waifenbaufes war und Die fpäter unter dem Namen
er Mainzer Zeitung erf&ien. Bald lenkte fid. Die Aufs
merffamfeit auf Diefed biöder wenig beachtete Blatt; der
Abfab vermehrte ſich im kurzer Zeit und mit ibm flieg
‚ der Kuf des freimüthigen Redakteurd. Dieſes war die
Meriode einer Wirkfamteit, die mehr mit feinen Ans
fibten ind Meinungen Üübereinfimmte und er fühlte
: fi glücklich in diefer Zeit deitern Lebensgenuſſes. An
4
den Öffentliven Ereigniffen_ nahm. er fortwährend den.
febendigiten Antbeil. Das Kaiſerreich erhob fid auf.den
Erlimmern der Republif" und Mainz erbielt. unter den
veränderten Umftänden ein kaiſerliches Lyceum, deſſen
- „ Zebreritellen meiſt mit tüchtigen Männern befegt wur⸗
den. Durd feine dortigen Freunde dringend aufgefor-
dert, Üibernabm auch W.. eine Profeflur bei der neuen
Anfalt, obgleich er dem Ruf ungern folgte. Diefe Stelle
erforderte indeß manderlei Anftrengungen und Vorbe⸗
reitungen, beſonders da die Vorträge nah dem Lehr:
plan in frangöfifher Sprache abgehalten werten muß
ten, was eine befondere_Webung verlangte. Doch ge⸗
wann W. zu dem nenen Berufe bald Neigung und Bor
fiebe, wobei er ſich die Anbänglichfeit der Schüler zu
'erwerben wußte. Es mochte um das Jahr 1806 gewe⸗
fen fein, al& ihn Savary, nachmaliger Derzog von Ro»
Yigo, bei feinem damaligen Aufenthalt in Mainz zu ſich
einladen ließ. Der Guͤnſtiing des Kaiſers verlangse,
| Meike. 79
feine Mitei um die Stimmungen usd die Gefies
nungen in Deutiland zu erforfhen. Glänzende Ber.
fpredungen* und dringende Vorſteluungen wurden nicht
gefpart, aber der Mann, der fein Vaterland liebre, konnte
es nicht über ſich gewinnen, ald Werfjeug gu dienen bei
den Eutmwärfen, die zu feinem lintergange bereitet wur.
den. Der General zeigte idm den günftigen Augenblick
ſich der Sonne zu näbern, aber er vermochte feinen Zwei
nicht zu erreichen; vous ötes trop allemand, fagte Savary
beim Abfchied. Es mochte dieſe deutſche Biederkeit den
Faiferliden Zeldherrn doͤchlich befremdet daben, der an
folde Erſcheinungen allerdings nit —5 war. Don
m Jadhr 1807 an erweiterte fich fein literarifher Wir⸗
kungsktreis durch den Beitritt zu der Redaktion der eurs⸗
päilden Gtaatbrelationen, Die Nit. Dogt, fein ebamalis
ger Kebrer an der Mainzer Univerktät, zu Frankfurt a.
M. feit 1804 herausgab. Den guten Ruf, den viele
Beiiankı batte, verdankte fie zum “Theil der gewandten
Feder Wes, der fie von Diefem Augenblick an Eräftig
unterſtühte. Manche Artikel der Mainzer Zeitung date
- ten vereits von Parid aus Reklamationen veranlaßt.
Winke und Warnungen, die auf den rechten Weg len⸗
ken foäten, wurden nit in dem Umfang beachtet, wie
man. ed dringend wÄänfhte und Jean⸗Bon⸗St. Undre
mußte endlich die.fdügende Hand zuruͤckziehen. Weigel
verför die Redaktion des Blattes, fo fehr hm aud Der
Praͤfekt durch freundliche Belinnungen “gewogen, war.
Die VBerhältniffe der Zeit wurden von jest an däferer
und trüber, eine ernfte Stimme zog durch die Gemäther,
die von finftern Abnungen tief ergriffen waren. Die
Gegenfäge wurden ſchaͤrfer und fchneidender, je weniger
fie ofen bervortraten. Mit dem Jahr 1810 verwandels
ten fi Die europäifhen Staatörelationen in dad rheis
niſche Archiv, dad als Monaröfchrift für Geſchichte uud
fiteratur beftimmt fein folte. Mit Nik. Bogt blieb W.
an der Spige der Redaktion und von feinem ausdauern-
den Sleiß und feiner regen Theilnadme liefern die Hefte
diefer mir großen Beifall aufgenommenen Zeitfchrift
binlänglihe Belege. - Meiftend waren es Aufläge über
die Geſchichte der Zeit, die fo rei an großen Ereigniß,
‚ fen war, die W. bier niederlegte, wovon Manches in_d
(päter -gefammelten Schriften überging. Mit der Een
ie mußte freitid mancher Kampf beftanden werden,
effen Ausgang bei den damaligen Zufländen nicht zwe
felhaft ſein konnte, da alles ſtrens beauffctigt- ward,
/
’
wr
80 Weitzel.
was mit politiſchen Tendenzen im Zufammenhang ſtand.
‚Unter dieſen Beſchaͤftigungen nabte das Jahr 4813 und
das ungluͤck der franzöffben Waffen verkündete den
änzlichen.. Umſturz der feitberigen Verdaͤltniſſe. Die
—* zum Vaterland hatte ſich lebendig erhalten bei dem
Manne, der einen ſchoͤnen Theil feines Lebens unter der
Fremdhberrſchaft verlebe hatte und er begrüßte jegt auf
richtig die neue Ordnung der Dinge, Während ber pro»
wiforifchen Regierung erdielt er Die Mainzer Zeitung als
Eigenrbum und er Eonnte jegt wieder in der gewohnten
Reife wirken. Dad Lpeeum hatte ſich während Diefer
Ereigniſſe aufgelöft, aber das zufriedene. Gemüth mochte
fid au über dieſen Verluſt getröfter baden. In die
damalige Epoche fallen mehrere geifreihe und gediegene
literarifche Produktionen: die Betrachtungen Über einige
der wichtigſten Begebenheiten unferer Tage. — Deuftſch⸗
lands Hoffnungen und die Denkſchrift von Napoleon
Bonaparte, Auch bier zeigte der Verfafler, daß er für
fein Daterland und die Menfchdeit dad Gute aufrichtig |
boffte und wünſchte. Das meiſte Aufſehen machte die
Denkſchrift, von der In Kurzem zwei Auflagen vergrifs
fen waren. Mit dem Erzherzog Karl hatte W. während
deſſen Aufenbalt in Mainz mehrere Untersedungen, wo⸗
bei er fib die Achtung und die perfönlihe Gewogendeit
dieſes ausgezeichneten Fürften erwarb. Bei dem neu ers -
richteten Gmmnafium trat hierauf W. wieder in der Eis
genſchaft als Proſeſſor ein und fo ſchien über feinen
Derbälmifen von Neuem ein guter Stern aufzugeben.
Diefer Zeit verdankt die Novelle: Augun und Wildels
mine ihre Entfiebung. No, einmal foltte ein Wechſel
in feinen öffentlichen und häͤuslichen Verbältniffen ein«
treten, Diesmal aber na eigenem Wunſch und nad ei⸗
gener Zuftimmung, modurd er zugleich in einen Staat
verfegt wurde, der durch Die Begebenbeiten fein Vaters
land geworden war. Es vereinigten ſich damals febr
vortheilhafte Umfände, welche die Gründung eines oͤf⸗
fentliben Blarted in der Haupiftadt des ——
Naſſau begünſtigten. W. gute Belegendeit,
die ſich darbot und vertauſchte feinen bisherigen Aufent⸗
baltsort mit dem freundlichen Wiesbaden, wo er jetzt
Die. von ihm neu gegründeten rheinifhen Blätter redis
I Die Heraudgabe diefer Zeitung hatte für Die ers
en Wugenblide mit: manderlei. Schwierigkeiten zu
daspfen, die indeB durch Ausdauer und Gemandtpeit
aus dem Wege gerdumt wurden. Dhne- bedeutende
[4
un MB DE DE EEE EEE En me an
Woeitzel. 81
— Sieb IR. allein Die Gele De6 Unternehmen,
elingen mußte, 10 lan reier n 9%
— —3 Schon u dem Anfange des adrd
4818 verbreiteten fich die rheiniſchen Blaͤtter in weiteren.
Kreifen und es mar gearändete Hoffnung vorbanden,
daß fie bald die allgemeine Aufmerkſamkeit auf ſich len⸗
Een würden. Nah den Karlsbader Befchläffen legte W.
die Redaktion nieder, weil er voraudjufehen glaubte,
daß dad Blatt fih unter den in Deutſchland eingetretes
nen Befhränfungen Der Preife nit mehr würde balten
fünnen. Mit Diefem Blatt börte für W. eine Einnadme
auf, die ihm bereitd ein ſorgenfreies Dafein gefichere
hatte. Im Jahr 1820 erbielt er die Stelle eined Biblio.
thefard bei der öÖffentliben Bibliothek a Wiedbaden
mit dem Hofrarbötitel, Im Tahr 1819 eridien von ihm
bie kleine freimärdige Schrift: Hat Deutfhlend eine
Revolution zu fürdien? Die Muße, die ihm die neue
Stelle gewährte, verwendete er zuerft auf die Sammlung
feiner zerfireuten Schriften, die in drei Bänden erfcies
nen (A820, 1821). W. onnte nie unthätig fein. Auf
einfamen Spaziergängen zeichnete er gewösntie in das
Notizbuch was er Dachte und fo find die meiſten Schrif⸗
ten entitanden, die wir von ihm befiten. So erihien
„dad Merfwürdigftie aus meinem Leben und meiner Zeit“
in den el, 1824 und 1822. Es iſt ein reicher Schat
von Anſichten, Bemerkungen und Lebenserfahrungen bier
niedergefegt, obwohl dieſe Schrift nicht als vouſtaͤndig
und geſchloſſen betrachtet werden kann. Einige Jahre
Be beſchenkte feine tbätige Feder die publiziſtiſche
iteratur mit der gehaltvollen Schrift: Europa in ſei⸗
nem gegenwärtigen Zuftande. In Diefer Zeit nahm W.
einen fehr tbätigen Antbeil an vielen Öffentlihen Blaͤt⸗
tern. Die allgemeine Zeitung, die Blätter für literari⸗
ide Unterhaltung, bie allgemeinen politifden -Anna«
len u. f. w. entbalten (bie erften bis zu den leuten Ta-
- gen feined Lebens) Die zahlreichen Srücte feines uner-
müdliden Fleißes. Won 1825 bi 1830 erfchienen Die
Nheinreife, die, unvollender geblieben it; — Was fol
man lernen? — Betrachtungen über Deutfhland; —
Napoleon durch ſich ſelbſt gerichtet und Scherz und
Ernſt. Auch den Tabrbüchern von gpötie ſchloß er ſich
- bereitwillig_an. Die Briefe vom Rhein und die Ge⸗
chichte d. Staatöwiflenfhaft (2 Bde.) bilden die Schluß
eine ſeiner literarifhen Wirkſamkeit. Unter alen feis
nen Schriften legie erauf die zulegt genannte 3 meiſten
R. Rekrolog. 16. Jahrg.
x
*
82 Weitzel.
Werth. „Leber dreißig Jahre,“ ſagt er im. Vorwort
„bat fie mich befchäftigt in guten und böfen Tagen. Ic -
- babe ihr- die feierlichiten Stunden meines Lebens ge⸗
meibt, in denen ich mich den ernften Betrachtungen über
die Vergangenheit bingab, die mid) mit Troſt, oft aber
auch mit Beforgniffen für Die Gegenwart und die Zus
kunft erfüllten.” — Schon feit mehreren Jabren war Die
font hberauß fräftige Natur durch wiederholte "Krank
eitdanfälle geſwaͤcht worden. Bon einem drohenden
Augenuͤbel rettete ihn Die geübte Hand eined berühmten
Arztes, aber von einem fchleichenden Sieber vermochte ihn
die ärztliche Kunſt nicht zu befreien. Der Zuftand war bes
denflid, ohne daß eine nahe Gefahr zu befürchten Rand.
Es war an dem lehten Tage des Jahrs 1836 als W.
ih von Neuem unmobl fühlte. Kurz vorder batte er
mancherlei Abnungen ausgeſprochen, die darauf hinden-
teten, daß feine Seele ſſch mit dem Gedanken an dad
diefer Welt zu fagende Lebewohl befdhäftige. Die Leis
den des Slörpers trug er ſtets mit heiterer Rube, um
nicht angſtliche Beforgniffe zu wecken im Herzen Derer,
bie ihn mit Liebe und Verehrung umgaben. Auch mäd-
rend der legten Euren Sirankbeit blieb er dem aften
—6 treu, fo lange der Wille die gewohnte Herr⸗
ſchaft übte, Wenige Zage reichten hin, die Gefahr bis
zu ibrem böchtten Grade zu Neigern und jede Hoffnung
u vernidten, Am Ubend des 10. Januars fenkte fi
er Engel ded Friedens zu ibm berab, aber den legten
Seufjer vernabm Niemand von den Umftebenden. Der
Abfchied vom Feben war leicht und ſchmerzlos. — Er
hatte nur ein einziges Kind, eine Zochter, vermählt an
den bergogl, Naſſauiſchen Major von Ablefeldt. — W.
mar ein hochſt gebildeter Mann; om fiebften, fo wie am
geiftreichften und Fräftigften ſprach er ſich auf Spazier⸗
gängen mit Sreunden aus. Er batte grändlihe Kennte
niß Der Sprache der Römer; über den Ausdrud in der
franzöfifihen Sprade gebot er in allen ihren Schattirun
gen: als Bibliothefar verband er Kenntniſſe und Ges
dlligkeit mit — Takt in der Behandlung der
vielen Sremden, melde — befonderd in der Rund —
bie Bibliothek zu MWiedbaden beſuchten. In polltiſcher
Hinſicht bekannte er fih zum Syſtem des Fortfchrittes,
junaͤchſt 7 Syſtem der Reformen; doch nicht ohne
einige Anklänge des Tiers-parti, doch erffärte er ſich
ungemein Erdftig gegen Hambadiaden. Er war für Ord⸗
nung und Gefegmäßigkeit und flarb zur rechten Zeit;
i A - \
*
Sengebufch. 85
denn er bat ſich nicht überlebt, vielmehr werden mehrere
einer Werke ihn Überleben, Auf feinem- Grabe aber
profle dad Immergrün der Hoffnung, der Achtung der
treuen Freundſchaft. — Außer den genannten Werfen
nd von ibm noch im Drud erfdienen: Lindan oder
er unfihtbare Bund. Frankf. a/M. 1305. — Eugen
oder die Seindfcaft aus Liebe. Mainz 1809. — Der
beilige Bund. Wiesbaden 13833. — Europa in feinem
gegenwärtigen Zuftande. Ebend. 1824.
* 38. Chrift. Joh. Andreas Sengebuſch,
Doktor der Rechte u. vormaliger medienburg : ſchwerinſcher Juſiz⸗
kanzleiadvokat zu Ratzeburg;
geb. i. 3. 1776, geſt. d. 11. Ian. 1837.
Ä Er mar geboren zu Widmer und unter 6 Geſchwi⸗
ſern der ältefie Sohn des 1. 3. 4804 verftorbenen Eon.
ſchwediſchen Juſttzraths und dafigen Tribunafgerite.,
advofaten Gengebufch, eines dur umfaffende Gelehr⸗
amkeit eben fo fehr, als durch ausgebrefiete und gläd,
ide qurſſtiſche Praris zu feiner Zeit rühmlichht bekannten
Kechtögelebrten; feine Mutter, Sophie Marie, war eine
geborne Brodmann. Seine wiflenfdaftlice Borbildung
erbielt er tbeild von mebreren Privatledrern, tbeild in
ber großen Stadtſchule feiner Vaterſtadi unter der Leis
tung Des Profeſſors und Rektors J. D. Denfo und’
Konreftord G. €. O. Plagemann, morauf er ſich auf den
Afademien zu Leipzig, Kiel und Göttingen dem Studium
der Rechte widmete und ſich nach vollendeten Univerfitäts.
sabren und Demnächktiger Annahme des juriifchen Doktor⸗
5 auf letzterer Hocfchule zuerſt einige Zeit in
übe aufbielt, um dort als Jurik die praftifhe Lauf
bahn zu beitreten. Im 3. 4811, wo er unterm 1. Febr.
bei dem vormaligen Hof» und Landgericht in Bhfleom -
ald Advofat_ in -Causis Wismariensibus vereidet worden
war, vertauſchte er jedoch nun Lübel mit Wismar und
foft gleichzeitig trat er au feine ebelide Verbindung
mit Saroline v. Bdrenfeld an, einer Tochter des Haupte
mannd v. B auf Ruſtow in Vorpommern, die ihn mit
mebdreren Kindern überlebt bat. In Wismar erwarb er
fid bald einen fo allgemeinen Ruf als Geſchaͤftsmann,
daß man ſicdd von allen Seiten und ſelbſt von weit ent
legnern Orten der an feine Gefchicklichkeit und Thätigs
keit wandte. Aber bei Auem dem war ibm das Schidfal
nichts weniger als Hold und nachdem er ———
84 ie Geyer.
Urſachen im 2: 4824. ab offcio adrocati et procuratoris 7”
durch richter Entſcheidung removirt woͤrden war,
verließ er den Aufenthalt im Mecklenburg und zog nad
DBorpommern, mo er bald bier, bald dort lebte, zuletz
. in Demmin bis er fi endlich vor einigen Jahren nach
Raheburg mandte und bier auch feine irdifche Zaufbahn
in einem Alter von 60 Jahren beſchloß. — Der Bers
ewigte mar von der Natur mit vorzügliben Anlagen
audgeftattet und befaß eine nicht gewoͤhnliche Faſſungs⸗
und Gedähtniffraft, fo Daß er nict allein das Lateini⸗
{de und Sranzöfifhe, fondern aub bad Griechiſche, Ita⸗
lienifhe, Enaliide und Schwediſche mit Geläufigkeit
fpra und fchrieb. Er hatte vieler Herrn Länder befucht,
Da er bei jeder Gelegenbeit feine Reifeluft zu befriedigen
trachtete. Zweimal bereiftte er Schweden, Dänemart,
England, Frankreich und die Niederlande und jmar mit
Mugen, mad daber feine Unterhaltung febr belebte und
ibn in allen gefelligen Cirkeln beliebt madte. — In
den frübern Jahren find von ibm einige Auffäge in vers
ſchiedenen belletriſtiſchen Zeitforiften erſchienen, auch
gab er in der jünaften Zeit noch beſonders heraus: Adel
und Natur, Ein Nationalroman. Zmei Theile. Hamburg
13%. — Hiſtoriſch⸗rechtliche Würdigung d. — dung ;
Friedrich des Großen in Die befannte Nechtsfade bed -
‚ Müllerd Arnold; auch für Nibtjuriften. Altona 1838. —
Herz und Welt, Eine Sammlung von Dichtungen.
2 Theile. Widmer 1333 — 1834, =
Schwerin. Sr. Bruͤſſow.
* 39. Auguſtin Andreas Geyer, 3
Pfarrer in Banz im Herrſchaftsgerichte Banz;
geboren den 17. Auguft 1774, gef. den 12. San. 1837,
Er war. der Sohn eines fuͤrſtlich bambergifben Be⸗
amten zu Marft-Schorgaft und befucte in “Bamberg,
um fib den Studien zu widmen, die Öffentlihen Schus,
len, Noch vor Dollendung derfelben trat er am 14. Juli
1793 in Die Benediktiner- Abtei Banz, wo fib Männer
befanden, die von regem Eifer, fid allfeitig audzubilden
oder in einem Fache ſich auszuzeihnen, befeelt waren.
Ihr Beifpiel wirkte vortrefflid auf unfern G. Der am
22. September 1798 zum Priefter geweiht ward und im
J. 1802 das Amt eines Stanzleiaffeffore und Gafriftand
erbielt. Schon in den erfien Jahren us Aufentdaltd
im Kloſter befchäftigte er id in den Nebenkunden mit der
’
Geyer. 88
Naturwiſſenſchaft und indbefondere mit der
funde und legte eine Perrefaftenfammiung an, wozu der
ode Berg und feine näbfte Umgebung reihlihe Aus
eute lieferte. Nab der Aufhebung des Klofers kam
diefe Sammlung in dad Naturalienfabinet zu Bamberg,
Nah feinem Außtritt aus dem Kloſter arbeitete ©. #
der Geelforge und ward auf feine eng ja
fentliden Zebrer an der ſechniſchen Schule in Bambe
ernannt. Allein da diefe Schule nit lange befand, fo
ward ibm i. 3. 41815 auf fein Anſuchen die Pfarrei Bang
u Theil. Gent war ibm mieder die fang gewänfcte
elegendeit gegeben, feinem Lıeblingshudium, der Yes
trefaftenfunde, eifrig obzuliegen. Geber Mühe no
Kofen fdeuend, fuhte er nun eine große Sammlung
antediluvianifder Ueberreſte auß der NE, grün
ben, mas ibm auch unter Beibülfe des herzogl. Kabinett⸗
fefretärd Theodore aelang. Diefe Sammlung ſoute aber
nur auf die nächite Umgebung von Bany fi beichräufen.
Außerdem, daß zu diefem Iwecke die Umgegend genau
durchſucht wurde, um Das offen Daliegende zu fammdin,
wurden Öfterd große Felſen gefpalten, mean fi von
außen Spuren von folden Berfteinerungen jeioten und
mas auf Diefe Weile tdeils in größeren, theild in lei»
neren Stücken im Sommer aefammelt war, wurde wäh
rend ded Winters durch den Meifel auß der harten Sejfen-
mafle ausgearbeitet und zulegt fo fein ugd zart mit der
Nadel aufgeſtochen, dab man felbR die Eleinken Zähne
der fofiilen Thiere genau betrachten Eonnte. Das meilte
Verdienſt um die Petrefaktentunde bat ſich aber Geyer
durch die Auffindung- des Ichthpoſaurus eined aroßen
Thiered der DVormelt erworben. Nad dem Seugnife
ine
*
nr
Familie, mit der Beſtimmun
86 RR: Hanfing.
* daß dieſelbe zum all⸗
gemeinen Nugen der Naturforſcher fortwährend auf dem
Hloffe Banz aufbewahrt werde. Aber fein edles Stres
ben wurde aud anerfannt. &o ſchmückte ihn der ‚Deriog
es
Wilhelm in Baiern *) mit einer großen goldenen
daille und eben fo Die narurforfdende Geſellſchaft zu
Sranffurt_ mit einer folden. Aus nahen und fernen
- ändern famen Naturforſcher zahlreich nad Banz, um
ihre bisber gemachten Erfobrungen an der treitlichen
durh ©. angelegten Naturalienfammlung zu prüfen und
beftätigt zu finden oder um fi daſelbſt neue Auffhlüfe
zu verfcaffen und den Kreis ihrer Stenntniffe zu ermeis
tern. Allen mar Geyer ein —— Sübhrer. Un⸗
tadelbaft in feinem prieſterlichen Wandel, benahm er
fi offen und gerade, anſpruchslos und liebevoll gegen
Jedermann. Er binterließ febr wenig; denu feine Wohl _
thätigfeit und Die Liebe zur Wiſſenſchaft nahmen fein
gaanes Wiofteinfonsmnen in Anſpruch. Als Diſtrikts⸗
uleninſpektor war er nicht an feinem Platz und er
ſuchte darum bei der £. Regiegierung um Entbebung von
biefer Erelle nad. Innig liebte er feine Sreunde; fein
Hausweſen führten feine nächften Anverwandten und viel
verdanft ibm fein Neffe Geyer, der fi zur Zeit auf der
Univerfirät in Münden befindet. Wenige Monate vor
feinem Tode bat er den Deriog Marimilian um die
Entbindung von der Pfarrei, welcher Bunf® ibm mit
Zufiherung von freier Wohnung und Hol; aus dem
berzogt. Walde gewährt wurde. G. wollte jedoch ind
nabe Eridihen Graffelftein ziehen und da feine alten
Tage in Ruhe zubringen. Ede aber die Beftätigung
. fam, erfranfte er und war troß aller örztlihen Bemü«
bungen bed D. Kirchner gu Bamberg nicht zu retten.
Bamberg. — — G. A. Thiem.
* 40. Bernhard Heinrich Karl Hanſing,
erſter Prediger in Varel im Herzogthum Oldenburg, Mitvorſteher
deo dortigen Waiſenhauſes u. Mitglied des geiſtlichen Kollegiums
der Herrſchaft Varel;
geb, d. 14. Maͤrz 1765, geft, d.-12. San. 1837,
Er wurde zu Varel in der erſten Pfarrwohnung ge-
horen, in demſelben Haufe, morin er geftorben if. Sein
‘
‚Vater, Karl Heinrio Yanfing, welcher als Konfiftoriale
") Deffen Biogr. f. in diefem Jahrg. des N. Rekr. ©. 61. |
Hanſing. 87
afeffor und erſter Yrehiger zu Sengmarden Im ber
(daft Kuipdaufen geftorben ik, war damals Hulfs⸗
prediger des erften Predigers in Varel und mit Magdal.
Eleonore, geborenen Spille 'verheiratbet. Schon früh
entdedte diefer mehr ald gewöhnliche Anlagen in feinen
einzigen Sohne (der Thchter datte er mehrere) und Übers
gab denfelben daber zeitig feinem Schwiegervater, Deus
Damaligen Screibmeifter Spille an der latein. Schule
zu Oldenburg. Hier in dem Haufe feiner Großeltern
erbielt er, während er dieſe Schule beſuchte, nit nur
feine wiſſenſchaſtliche Bnung. fondern ed wurde auch
in ibm ber Grund zu jenem trommen ®inne gelegt, der -
ibn fein ganzes Leben bindurd auszeichnete und ihn
ſpaͤterhin wohl befonders beflimmte, ſich dem tbeologis
{den Studium zu widmen. Im 3. 1783 bezog er Die
Hochſchule zu Halle, mo er die berühmten Theologen
Semler, Nöfelt, Knapp, Niemeyer u. a. m. und den
Mbilofopben Eberhard börte und wurde, nachdem er,
nach feiner Rickkehr ins Vaterland fein Eramen ehren⸗
voll beftanden batte, i. 3. 1787 zum Kantor und erſten
Lehrer an der Schule zu Varel ernannt. Hier lernte
er unter feinen Schülerinnen die kennen, mit welder er
fpdter, am 25. Oft, 1792, den Bund der Ehe einging,
Epriftine Sopbie v. Harten, älteRe Tochter eines Wein
pändlerd in Barel, Weil der ar erſte Prediger
in Varel häufig kraͤnkelte und der Hülfe bedurfte, pres
digte er für denfelben unaudgefegt ein ganzes Jahr lang.
indem er dabei fein Kantoratdgefhäft wahrnabm , theils
zu eigner Uebung, tbeild aus Gefäligfeit \ en dieſen
“von ibm geachteten Mann und erwarb fi dadurch fols
den Beifall, daß er, ald derfelbe ftarb und Der zweite
Prediger die ibm angeirentne Stelle des erften Predis
gers ag: am 2. Juli 1792 von dem letztverſtorbe⸗
nen Grafen Bentind *) zum erften. Prediger in Varel
berufen wurde, welcher Stelle er feirdem treulich vors
fand, did Förperlihe Schwäde und Kraͤnklichkeit es ibm
unmögtid machten, fie länger zu Verwalten und er Tas
der mebdrere Jahre lang ſich der Hülfe eines jüngeren
Predigerd bedienen mußıe. Es Foftete aber viel Ueber⸗
redimg von Seiten feiner Sreunde und anderer ehren.
wertber Männer, mit welden er in beRändiger wiflen.
fdaftliben Verbindung lebte, ihn zur Annahme dieſes
Rufd zu bewegen, da er mit einer hoben Idee von ber
.
*) Defien Biographie f Im N. Metrolog Jahrs. 13. ©. 88. -
+
Br Hanfing.
ürde und Vortrefflichkeit des geiftlihen Standes ers
füut war und fi einer Stelle in einer fo anfehnliden
Gemeinde, die fo vielfeitig feine Kräfte in. Anfprud
nabm, noch nicht gemacfen glaubte. Er gab, ihrem
Andringen endlid nad) und wurde darauf noch in dem
nämliden Jahre zum ag ded geiſtlichen Kolle—
giums für die Herrſchaft Varel und zum Mitvorſteher
de dortigen Waifenbaufed ernannt, Er arbeitete nun
mit verboppelten Siräften, um ſich des in ihn gefetten
ehrenvollen Vertrauend würdig zu machen, indem er
allen feinen Arbeiten die böchfimbglichfte Vollendung zu
eben ſuchte, legte aber auch dadürch wohl hauptfächli
en Grund zu einer Kraͤnklichkeit, welche ibn bis ind
oͤchſte Alter nicht verließ, fondern vielmehr mit den
ahren zunabm und die, wenn fie auch die Sreudigfeit
eined Geifted und feinen Muth nit unterdrädte, ibm
ob oft bei feinen Geſchaͤften binderlid war. Dazu
fam noch, Daß gerade zu der. Zeit, wie er fein Amt
antrat, der Königöberger Weltweife, Immanuel Sant,
dem pbilofopbifhen Denfen des Jahrhunderts eine ganz
neue Richtung gegeben batte. Hanjing wurde mit den
Schriften dieſes ſcharfſinnigen Denkerd bekannt und er»
Fannte bald das Ungenügende feines frühern pbilofophis
ſchen Studiums, befonderd rüdfibtlid des —— —
keilsprincips in der Moral, Er fab aber auch ein, mels
ben wichtigen Einfluß die Schriften Kants, befonders
bie Wiederberftellung des Sittengeſetzes in feiner Würde,
auf die Auslegung des Chriftenthums genjonen mußten
-umd von der ger war fein eifrigfted Bemüben, den
orifiliven Glauben, den er begte, rationell zu begrüns
den und fich fein eigned Spftem zu bilden. Es Foflete
ibm indeß anfangd nit wenig Mühe, die damald ganz
neue Lehrweiſe Kants zu fallen und noch größere Mübe, .
die Anwendung davon auf Dad Ehriftentbum zu machen,‘
Eben dieſes Studium der Santifhen Schriften trug
aber unftreitig zu der Gruͤndlichkeit bei, die felbft feinen
populären Vorträgen eigen war, fo wie fie feinem Nade
denfen Über das Chriſtenthum felbft eine eigenthümlide
- Richtung gab, fo daß man ibn in allen feinen Vortraͤgen
rofort wieder erfannte, Zu diefer Grändlichkeit im Den,
fen,-Die bewirkte, daß man ſiq x dem Anhoͤren feiert
Vortraͤge völlig befriedigt und gänzlid Werzeugt fühlte
von der Wabrbeit, melde zu empfehlen er id vor
gefegt batte, fam noch feine Genialität hinzu, um allen
feinen Reden ein böhered Intereſſe gu acben; denn es
Hanfing. | 89
waren jederzeit die Intereffanteken Materien, die er
Gege Mi ‘der Erbauung wählte und eben fo Inter.
efiant war_die Art und Weile, wie er Re behandelte und
vortrug. Er concipirte, obwohl er frei redete, eine jede
feiner Reden, auch die SGelegenbeitöreden, vbrtlie) und
dielt fie aud fo, wobei ihm fein guted Gedaͤchtniß zu
Hälfe tam und bei dem Vortrage hriklider Wahrheiten
nüsten ihm auch feine gewiß nicht gewöhnlichen dußern
sınd innern Rednertalente, denn mit einem Aeußern,
Durch welches ſchon fein Wuftreten ebrwärdig erſchien
mit einem ausdrucksvollen Gefichte, welches jedesmal
den Gedanken feiner Seele entſprach, verband er eine
gen. wohlklingende Stimme, eine große Rude und
emefiendeit in der Aktion, eine rintige Geberden⸗
Prache, ein aͤnßerſt feines Gefüͤhl für dad jedesmal
Schickliche und Zeitgemäße, eine «außerordentliche Ge⸗
mwandıbeit im der Sprade und einen bläbenden Styl,
wie idm denn auch eine große Kenntnig des menſch⸗
ichen Herzens und die Geſchicklichkeit eigen war, ſei⸗
ner Rede nicht alein Säle und Lieblichkeit, fonders
auch, ſo oft er wollte und es Noth that, Kraft und
Nabdrud zu geben. Was aber infonderbeit Dazu beiten
feinen Reden die außerordentlihe Aufmerkfamfeit un
Das faſt ungetbeifte Intereſſe de jeher: fo daß in der
ſpaͤtern Zeit feined amtlihen Wirkens, wo er nur felten
mehr die Kanzel betreten Eonnte, man ed gewiflermaafen
ald ein Feft betradtete, wenn man ibn bören konnte,
das war wohl der Umftand, daß der Slaube, den er Ans
dern verkündigte, in den Innerſten feiner frommen Seele
wohnte und daß die Wahrheit, Die er feinen Anvertrauten.
empfabl, das Princip feines eignen Denkens und Handelns
war. Denn unftreitig war er dur feinen fittliden Cha»
zafter und feine ungebeuchelte Gotiesfurcht noch weit ebre
ewürbiger al& Durch feine Kenutniſſe und fein Rednertalent.
Er war ein frommer Diener Gottes in Wort und Wans
def, ein aufrichtiger Verehrer feined Derrn. Eifer für
feinem Beruf, ſtrenge Rechtſchaffendeit und ſelbſt Libe⸗
ralitaͤt der — Wohlmollen und Menſchenfreund⸗
lipfeit, feine Berhdfihtigung und Vermeidung deſſen,
was Andern unangenehm fein und fie Eränfen konnte,
rtes Gefühl für Ehre, aber auch fittlider Ernft und
enge Wadrheitsliebe zeichneten ihn in ſehr dodem
Grad aus umd nod Mancher der Jetzlebenden wird ſich
mit Rührung des freundlichen Greiſes erinnern, der, um
Andern angenehm zu fein, gern die eigene Noth ver-
oo. Hanfing.
geb, der nod im hoben Alter an den Sreuden und Leis
en feiner Nebenmenfhen fo innigen Antheil nahm, der
gegen Jeden, aud dem Geringſten freundlich und gefällig
war und ihn Durch feine gute Laune und ſcherzhaften
.Geſpraͤche zu erbeitern ſuchte. Wir baben geglaubt, in -
der Schilderung der Perföntichkeis dieſes Verſtorbenen
ausführlich fein zu müffen, um unfere Leſer in den Stand
au fegen,, die ———— zu würdigen, die feine
egten Lebensjahre getrübt haben und noch jetzt nit
ruben, fein Andenken zu befleden und feine Nacgebliee
benen zu kraͤnken. Eıne von ibm im J. 1826 audges
ſtelte Beſcheinigung über die ebelichen Verbältniffe ded_
legiverkorbenen Grafen Bentind hat nämlid in der obe
ſchwebenden Bentindfden Succeſſionsſtreitſache Aeuße⸗
rungen veranlaßt, die nicht blos in den gerichtlichen Vers
bandlungen geblieben, die in öffentlide “Blätter und
Drudisriften übergegangen find und wodurdh man Die
Wahrheit Diefer Befheinigung. dat anfechten und. ver⸗
daͤchtig machen mollen. Uber der Derftorbene war, wie
unfere Leſer bier feben, nicht der Mann, der Etwas be⸗
zeugen konnte, wozu nicht fein Gewiſſen feine Beiſtim⸗
mung gab und er bätte gewiß durch Nichts in der Welt .
bempgen werden fönnen, Died Zeugniß audzuftellen, wenn
‘er ſolches nice feinem Amte ſchüldüg zu fein geglaubt
bätte. Denn lieb fonnte es ihm nätuͤrlich nit fein,
ed auöftellen zu müſſen, da er Elug genug war, zu be
. greiten, Daß er Deshalb, obwohl unverdienter Weife,
vielfod würde in Unfpruch genommen werden; aber er
og ed vor, fich lieber auch Dem zu unterwerfen, aͤls feiner
Nicht Eimas zu vergeben, Er ſelbſt bat ſich darüber
längit bei dem großberzjl. Confiftorium in Didenburg ge»
rechtfertigt. Wenn gleibmwohl Diejenigen, deren ne
.. ‚terejlen Die Wahrbeit jener Beſcheimgung entgegenftebt, -
fortfabren, ſolche durch alle mögliche Mittel zu befreie
ten, wenn dabei auch fogar Nichts unverfucht bleibt, den
Ebarafter des Verſtorbenen in ein ſchlechtes Licht zu ſtel⸗
len, nah dem Grundfaß der Verlöumder; „verläumde
nur dreift, ed wird doc immer Etwas hängen bleiben, “
fo Fann man nur Mitleid mit denen fühlen, die ſich Feiner
Denen Warten bedienen Eönnen und fie ihrer felbft ges
mäblten und mwoblverdienten Schmach Äberlaflen, Jene
Beibeinigung wäre in Dem von ihnen angenommenen
all ya ein Derbreben geweſen; aber ein Mann, der
ein Leben lang, obwohl im Gefäp! feiner Schwachbeit,
dem Guten nachgeſtrebt bat, der wird nicht fo leicht nod
>
— — —— —
‚fondern ſah auch no
am Abend ſeines Lebens zu einem Verbrechen bingerif
Ir und am wenigiten iR Died anzunedmen, wenn gar
ein denkbarer Grund zur Begehung eines ſolchen Vers
bredend nachgewieſen werden kann. Denn der Verſtor⸗
bene war weder in dem Grad abbängtg von dem letzt⸗
verkorbenen Srafen, daß er deſſen Bunk, geſetzt, ſolches
wäre gefordert, auf Koften feined Gewiſſens bätte er.
faufen mäflen, noch war er überall dem Ehrgeiz oder
dem Eigennug fo zugänglich, dag man vpn dieſer ©eite
ibn hätte locken und Lirren können, wenn man ed auch
bätte verfuchen wollen und wenn überdies feine Lage fo
Rails daß er eine Verbeflerung derfelben bätte wäns-
ben müflen. Er hat vielmehr bei vielen Gelegendeis
ten Durch Die That bewielen, daß er feine Stellung als
gebrer und Seelſorger aud Mitgliedern der gräflichen
Samilie gegenüber fehr wohl erkannte und zu bebaupten
mußte und gewiß bat er die Achtung diefer Samilie mit
fib ind Grab genomnien. Manche heitere aber aud
. mande beiräbende Schickſale bat er in feinem Leben ere
fahren. Er erreichte ein Alter von 72 Tabren und blieb
bis an fein Ende im vollen Befig feiner Geiſteskraͤfte;
er fab nicht nur alle fin noch lebenden Kinder verforgt
Kinder jener Kinder. Von dre
Söhnen, welde ihm blieben, iR der eine Prediger, der
andere Kaufmann, der dritte Landwirth; Die einzige Toch⸗
ter iR einem Prediger verdeirathet. Uber auch des Bes
trübenden traf ihn viel, denn feiner Kränklihkeit, bie
ibm fein Amt erfchwerge und ihn fremder Hülfe bedärfe
tig machte, nicht zu erwähnen, verlor er feine erfie Gate
tin am 12. Mai 1810 auf eine fo plögliche ald unerwars
sete Weife, begrub drei feiner Kinder und aud feine
parte Gattin, Epriftine Friederife, geb. Beder, Witwe
ed Kaufmanns Harkfen in Rodenfirhen, mit welder
er am 24. Auguft 1818 ſich verehlicht batte, ging ihm
im Tod voran. Diefe zweite Ehe war Einderlod. Uber
fo wie Niemand fi belle Darauf verftand, auch bei den
erfhütterndften Zrauerfällen feine Standbhaftigkeit und
feinen chriſtlichen Sinn zu bewähren und ſich über die
Unfechtungen der Erde auf den Slügeln des Glaubens
au erheben, fo bat gewiß Niemand die Wohltbaten des
Hoͤchſten mit einem danfbarern Einn Bingengeunen. als
er. Es war Grundfak bei ibm, dad Unabänderlide mit
Seftigkeit und Würde zu tregen und die unfduldigen
Sreuden, die ibm am Lebenswege bläbten, mit erfennt»
licher Seele zu plüden und zu genießen, in keiner Lage
92 Norrmann.
den Muth zu verlieren und auch unter beſchwerlichen
Leiden und Seftigen Samenensfätlen den Does
preifen. — So friedlid wie fein Leben, war auch fein
Ende, denn die Ruhe und Sreudigkeit der Seele, ja die
heitre Jaune verließ ihn auch in den legten Augenbliden
nicht. So kann der nicht fierben, deſſen Seele dad Vers
brechen eines falfden Zeugnifles belaftet.
* 41. Gerhard Philipp Heinrich Norrmann,
großberzogi. mecklenb⸗ ſchwer. Hofrato, Dr. der Philofopbie und
Profeſſor der Geſchichte u. Staatswiſſenſchaften an der Univerfität
zu Roſtock;
geb. den U. Febr. 1753, geft. ben 13. San. 18373
Sein Vater, welder aud Schweden ftammte, mar
einer Profeffion nad ein Buchbinder, ein in feinem
ache ſehr geſchickter, nicht ungebildeter Mann und mes
n feined jovialen Sinnes und feiner großen Rechtlich⸗
eit in Hamburg allgemein. beliebt und gegchtet. Er
batte eine zablreide Samilie und von at Geſchwiſtern
war Philipp der aͤlteſte, der ſchon alt Fleiner Knabe,
obgleich von zarter Körperbildung und ſchwaͤchlicher Ge⸗
undbeit, Durch große Lebbaftigfeit des Geiſtes, unerfätt:
ice era Re und ein flarked Gedaͤchtniß fib aus⸗
eichnete. Unter den Büchern, welchen den zebnjäbrigen .
naben befonderd anzogen, nahmen Reifebeichreibungen,
9 wie. die Geſchichte Yon Robinfon Kruſos den erfen
lag ein, die er mit großer Emfigkeit durchlas und wo⸗
Dur vielleicht ſhon früd der erfte Keim der Neigung
für (pätere Hiforifde und geographiſche Studien m die
junae Seele gepflanzt wurde. Dem Dater entgingen
ie Anlagen und Neigungen feines Sobneß nit und
wenn er gleich früher ihn für fein Geſchaͤft beſtimmt
batte, fo. wurde ed doch jetzt fein ſehnlichſter Wunſch,
- ihn Theologie Audiren zu faffen und er dachte ed fich
ald das größte Stüf, feinen Sohn dereinſt, vielleicht als
reslacr in Hamburg, die Kanzel befleigen zu feden.
enn er gegen die Mutter, eine fanfte und gefcheide
au, feine Wänfhe und Hoffnungen laut werden ließ,
o pflegte dieſe freilich zu lächeln und ihm entgegen zu
een: ob es nicht befer ei, den Stnaben bei gereiften
adren ſelbſt wählen zu laſſen. Dod der Bater ließ
nit irre machen und befchloß, feinen Sobn_dem
obanneum zu Äbergeben, wo er in die unterfie Klaſſe
aufgenommen wurde. Diele Ankait, weiche ſich in neue-
Norrmann. 93
ser Zeit eines großen Rufes erfreut, befand ſich damals
ee a einer fo guten Verfaſſung. ihre er bier
mit allem Eifer eines Iernbegierigen Knaben in den als
“sen Sprachen , welde nad der Sitte der damaligen Zeit
den größten Theil des Gpmnafialunterrichtd ausmadten,
fi auszubilden firebte, fo wurde Doc dadurch wie feine
fon früh erwachte Neigung für Geſchichte und Ges
graphie zurückgedraͤngt und er benugte jede Gelegenheit
und jede freie Stunde. zum Leſen geſchichtlicher, geogra⸗
phifher und naturbiftorifder Schriften, verwandte *leine
Erfparniffe, fib Bücher in diefen Fächern eigenthuͤmlich
anzufbaften und oft wurden Werfe diefer Art ungebune
den aud des Daterd Werffatf genommen und des Nachts
durchgeleſen. So wuchs der Knabe zur Frende feiner
Eltern heran und machte in Epraben und —— ——
raſche Fortſchritte; doc ſchon fräb ſollte er durch haͤus⸗
liche Leiden und darte Unglücksfaͤlle, welche feine Eltern
trafen und wodurch fie außer Stand geſetzt wurden, die
Koften feiner mweitern Ausbildung zu befreiten, ſchwer
epräft werden. Died alled Eonnte jedoch jetzt nicht mehr
Keinen Entſchluß, ſich den Willenidaften zu widmen,
wanfend machen und er fuhte nun durch eigne Anftrene
gung zu erwerben, was feine Eltern ibm nicht mehr-
geben Fonnten. Mit feinem funfzebnten Jahre begang
er Unterricht zu ertbeilen und e® gelang idm; Ab dur
feine Gewiſſenhaftigkeit, feinen klaren
gefitteted Betragen fo beliebt zu machen, daß er bald in
einige der erſten Däufer Hamburgs, theild um kleinere
tbeild um fie bei ihren ne
pi in die Nacht, wobei er ch durch Den Genuß ſtarken
@
ein
aulichted Nervenfieber, woran der thätige zün ling in
einem achtzehnten Lebensjahre gefäbrlid erkrankte und
wovon er erfi nach einem halben Jahre genas, herbei
4
ortrag und fein '
*
94 | Morrmann. —
geführt. Der Verluſt aller Haupthaare, melde er nie
volftändig wieder erbielt, war die Solge diefer ſchweren
Krankheit und er mußte als Schüler, wenn gleih von
Der Mode begänftigt, eine Perlide tragen, die er in den
festen zehn Lebensjahren mit einem ſchwar En Suppen
vertaufchte. Endlich hergeftellt, batte — 28 iches
Streben neuen Reiz für ihm und er ſetzte nicht nur feine
Vorbereitung für Dad afabemifhe Studium Mit aller
Lebendigkeit feined Geifted fort, fondern unterzog fich
auch mit unverdroffenem Eifer den Verpflichtungen, die
er ald Lehrer oder Auffeber jüngerer Sähhler übernoms
men batte, um fich fcbon jeht einige Mittel für feine
künftige GSubfiften; auf der Univerfität zu erfparen, da
er auf bedeutende Unterftügung von Seiten feiner Eltern
nicht rechnen durfte. Je näber er aber feinem Ziele
rüdte, deſto größere Abneigung erwachte in ibm gegen
den Beruf, wofür ibn fein Water beftimmt hatte. Biel»
leiht mochte der Tüngling ſich felbft der Brände diefer
Abneigung nicht klär bewußt fein, vielleicht aber wurde
fie dur den Zwang, melden der Vater ibm _auflegte,
eben Gonntag Vor» und ge die Kirche zu
eſuchen, bervorgerufen ; doch die leifeite Andeutung dere .
felben machte den Vater höchſt unmillig und fo ſchwieg
er für den Augenblid. Gm J. 1774 verließ er die erfte
. Hlaffe des Tobanneumd, um noch ein Jahr dad füge
nannte Gymnaſium in Hamburg, eine Zwiſchenanſtält
wiſchen Schule und Univerfität, zu beſuchen. Um diefe
Bei mar ed, ald er die Befanntichaft des Prof. Büſch,
des Gtifterd Der berühmten Handlungsafademie machte,
eined Manned, der von großem Einfluß auf den Bildungs—
gan ‚bed Jungen Norrmann wurde und der ihn vielleicht
n feinem Eniſchluſſe, das Studium der Theologie mit
dem der uriöprudenz und Geſchichte zu vertaufcen,
beſtaͤrkte, jeden Falls aber feiner MVorliebe für Gerichte
und Geograpbie nit wenig Vorſchub feiftere dur die
Ausfiht, melde er ibm eröffnete, ibm nah Vollendung
feiner afademifhen Studien fofort ald Lehrer bei der
Deudlungsatademie anzuftellen. Wortmann batte noch
einen harten Kampf mit dem Dater zu befteben; endlich _
gelang es ibm, deffen Einwilligung zu dem veränderten
eberröplane zu erbalten und fo ging er Micaelid 1775
freudigen Muths zur Univerfität nach Göttingen ab. —
ar offen dem Tünglinge reihlide Quellen, feinen
urſt nab Wiſſenſchaft zu fillen und er lag mit_regem
Eifer dem Studium der Jurisprudenz, der Staats-
-
Noremann. 05
wiſſenſchaften und Geſchichte ob. Seine ˖ vorzaͤglichſten
Lehrer waren Böhmer, Meiſter, die Gebrüder en
Puͤtter, Schläger und andere ausgezeichnete Männer,
dur weiche damald die Hochſchule blähte. Mit Der
grügen pflegte er auch des Nutzens p gedenken, den er
in Kückſicht auf feine äfberifde Bildung aus dem Ums»
gang und der Sreundicaft ded liebenswärdigen Hölty
& ogen. Schon im J. 1777 erinnerte ibn der Profeſſor
fd an die Ausfährung des früher befprodenen Plans
und wünfchte [don damald feinen Eintritt als Lehrer in
die Handlungsakademie; N. jedoch lehnte diefen ehren»
volen Antrag noch ab, weil er feine Studien nicht
unterbreden wollte und erſt nah Beendigung feines
dreijährigen afademifhen Kurfus folgte er den wieder»
bolten Aufforderungen. So verließ er Midaelid 1778
Görtingen, kebrte nah Hamburg juräd und wurde fofort
al& zweiter Lehrer bei der Danblungsafademie angeſtellt.
Died Inſtitut fand damals in feiner ſchoͤnſten Blürbe
und wurde von den Söhnen ber erfien Handlungdbäufer
aller Nationen befucht. Junge Engländer, Portugiefen,
Spanier, Srangofen und namentlid Schweizer empfingen
bier ihre Bildung und ſo batte N. — Gelegenheit,
nicht nur Die neueren Sprachen täglich zu üben, ſondern
auch manche Tünglinge aus fernen Ländern ſich enger zu
verbinden, Die aud in fpätern Jahren mit großer Ans
bänglifeit ibm zugethan waren. Namentlib mögen
bier die Schweiger von Bonfterten *) und die Gebrüder
v, Salid **) genannt werden, mit denen er noch lange
nacber im freundfhaftlidem Briefwechſel ſtand. Bor
allem aber wurde das innige Verbältniß zu dem Prof.
Suͤſch, der in Hamburg die hoͤchſte Achtung genoß, von
großer Bedeutung für N. Durd ibn murde er nicht
nur in feinen Studien, die ſich jeht fait ausſchließlich
zur Geſchichte und Staätiſtik binneigten, angeregt und
etördert, fondern er batte auch das Glüdf, in feinem
Sau die Befanntichaft der ausgezeihneiten Gelebrten
euiſchlands AL, machen und mit Männern, wie Flops»
tod, I. D. Doß ***) cder durch Buͤſch's Empfeblung
ald Rektor nad Dtterndorf Fam), Claudius und Andern
fat täglich zu verkehren. N. fühlte fid in feiner Zage
hf gluͤcklich und nur die Sebnſucht, eine Samilie zu
begründen, welches ihm in derfelben nicht möglich war,
EEE SEIT ER
°) Die Blogr. 8.8. v. 2 Nm N. Nekr. Jahrg. 10. ©. 76.
Die 35 — 3.9.0. i
ve) Deilen Wiogr. f. im 4. Sabrg. ded R. Nett. ©, 111.
ali f. im ® Nekr. ahrg. 12. 5%:
94 | Morrmam.
geführt. Der Verluſt aller Haupthaare, melde er nie
vollftändig wieder erbielt, war die Solge Diefer ſchweren
Kranfpeit und er mußte als Schuler, wenn gleih von
der Mode begünftigt, eine Peräde tragen, die er in den
legten zehn Lebensjahren mit einem en pen
vertauſchte. Endlich hergeſtellt, batte wiſſenſchaftliches
‚Streben neuen Reiz für ihn und er ſetzte nicht nur feine
Dorbereitung für das akademiſche Studium Mit aller
Lebendigkeit feined Geiftes fort, fondern unterzog fi
auch mit unverdroflenen Eifer den Verpflichtungen, Die
er als Lehrer oder Auffeber, jüngerer Schuͤler übernoms
men batte, um fib fon jeht einige Mittel für feine
- künftige Subſiſtenz auf der Univerfität zu erfparen, da
er auf bedeutende Hatertügung von Seiten feiner Eltern
nicht rechnen durfte, je näher er aber feinem Ziele
rüdte, deſto größere Abneigung erwachte in ibm gegen
den Beruf, wofür ibn fein Vater beftimmt hatte. Viel⸗
leicht mochte der Tängling fi felbft der Brände dieſer
Abneigung nicht Flar bewußt fein, vielleicht aber ‚wurde
fie durb ben Zwang, melden der Vater ihm _auflegte,
jeden Sonntag Bor» und Nachmittags Die Kirche zu
beſuchen, bervorgerufen; doch die feifeke Andeutung dere
ſelben machte den Bater Höhft unmwillig und fo ſchwieg
er für den Augenblid. Im J. 1774 verließ er die erſte
Alaſſe des Johanneums, um noch ein Jahr das ſoge⸗
nannte Gymnaſium in Hamburg, eine Zwiſchenanſtalt
wiſchen Schule und Univerfität, zu befuhen. Um diefe
Zeit war es, ald er die Bekanntſchaft des Prof. Büuͤſch,
Des Gtifterd der berüdmten Handlungdatademie machte,
eined Mannes, der von großem Einfluß auf den Bildungs»
gen bed jungen Norrmann wurde und: der ibn vielleicht
n feinem Eniſchluſſe, das Studium der Theologie mit
dem der Sjuriöprudenz und Geſcichte zu vertaufden,
beftärfte, jeden Falls aber feiner Vorliebe für Gerichte
und Geograpbie nicht zn Vorſchub leiſtete dur die
Ausſicht, melde er ihm eröffnete, ihn nach Vollendung
feiner akademiſchen Studien fofort als Lehrer bei der
Dandlungsafademie anzuftelen. Norrmann hatte noch
einen barten Kampf mit dem Dater zu befteben; endlich
gelan ed ibm, deifen Einwilligung zu dem veränderten
eberröplane zu erbalten und ſo ging er Michaelis 1775
freudigen Muths zur Univerfitdt nah Göttingen ab. —
ier floffen dem Tünglinge reichlide Quellen, feinen
urft nad Wiſſenſchaft zu ſtillen und er lag mit_regem
Eifer dem Studium der Jurisprudenz, der Staats⸗
\
Noremann. Ä 95
wiflenfchaften und Geſchichte ob. Geine- vorsäglihken
Zedrer waren Böhmer, Meifer, die Gebrüder —*
Puͤtter, Schlaͤger und andere A Männer,
dur welche damald die Hochſcule blähte. Mit Der
gnügen pflegte er auch des Nutzens p gedenken, den er
in Ruͤckſidt auf ſeine aAſthetiſche Bildung aus dem Ums
gang und ber Zreundiaaft des liedenswärdigen gott
gezogen. Schon im 9. 1777 erinnerte ibn der Mro eſſor
Bufp an bie Ausführung des früber befprodenen Plans
und wunſchte ſchon damals feinen Eintritt al$ Lehrer in
die Handlungsafademie; N. jedod) lebnte dieſen ebren
vollen Antrag noch ab, meil er feine Studien nicht
unterbreden wollte und erft nad Beendigung feines
dreijährigen afademifhen Kurſus folgte er den wieder.
bolten Aufforderungen. So verlief er Micaelid 1778
Göttingen, Febrte nah Hamburg zurüd und wurde fofort
ala pas Lehrer bei der Handlungsafademie angefellt.
Died Inſtitut fand damals in feiner (hönften Blätbe
und wurde von den Söhnen der erften Handlung&bäufer
" alier- Nationen beſucht. Junge Engländer, Portugiefen,
Spanier, Sranzofen und namentlid Schweiger empfingen
bier ihre Bildung und fo batte N. ilänfg @elegenbeit,
nidt nur bie neueren Sprachen täglicp zu üben, fondern
auch mande TJünglinge aus fernen Ländern ſich enger zu
verbinden, Die au in fpätern Jahren mit großer Ans
. bänglikeit ibm zugeiban waren. Namentlich mögen
dier die Schweiger von Bonjtetten *) und Die Gebrüder
», Salis **) genannt werden, mit denen er noch lange
nachher in freundfhaftlidem Briefwechſel fand. Bor
allem aber wurde das innige Derbältniß zu dem Prof.
Bild, der in Hamburg die böcite Achtung genof, von
großer Bedeutung für N. Durd ihn wurde er nicht
nur in feinen Studien, Die fich jent fait ausſchließlich
sur Geſchichte und Statiſtik binneigten, angeregt und
‚gefördert, fondern er batte auch das Gl, in feinem
Haufe die Befanntfchaft der ausgezeihnerften Gelehrten
eutfchlandd zu machen und mit Männern, wie Klop-
Rod, I. 9. Voß ***) (der durd Bülh’s Empfehlung
ald Rektor nad Dtterndorf kam), Claudius und Andern
faſt täglid zu verkehren. N. fühlte fi in feiner Zage
ÖHR glüdlid und nur Die Gebnfucht, eine Samilie ju
gründen, welches ihm in derfelben nicht möglich war,
°) Die Blogr. ©. ®. dv. 8 D im N. Nekr. — 10. &, 76.
”)Die Biogr. 3. ©, ea EN. Rekr. Zahrg. 12. S
*i Deffen — J im 6. — ER. Nekr. S, 177.
4
.
-
—
96 Norrmann.
konnte ihn beftimmen, fie im Jahr 1782 mit der Stelle
eined Subfonreftord am Johanneum zu vertauſchen. —
Schon am 33. März. verbeirathete er fib mit Betty
Dennenberg (+ 1827) aus Hamburg: — Der neue Wirs
kungskreis, in welchen N. getreten war, nahm faft alle.
Kraft in Anſpruch, fo daß er nur wenig Zeit für eigne
Studien ‚Äbrig bebielt; durch Anftrengung jedoch und
weife Benugung feiner Zeit, ward es ibm möglich, ſich
auch ald Shrififteller bekannt zu maden und es folgte
bald der fon I. 3, 4782 erfhienenen Schrift: „Kurze
Geſchichte der älteſten teut. Nationalverfaffung u. f. m.,“
das bedeutende Werk: „Geographiſch-hiſtor. Handbud
e x
der Länder», DVölfer- u. Staatenfunde u, ſ. w. .
1785 —88. Died Werk, welches feinen literarifhden Ruf
begründete, deilen er fib bis and Ende feines Lebens
erfreute, lenkte auch die Aufmerkſamkeit ded damaligen
Herzogs von Medlenburg:- Schwerin, Sriedrid Franz *),
auf ihn, ald berfelbe im J. 1789 die Reftauration der
- Wniverfität zu Roſtock befchloffen hatte und nad tüchti⸗
gen Lehrern ſich umfab. Noch in demſelben Jahr erging:
an N. der eben fo anerfennende , ald ebrenvole Ruf zu
einer Profeſſur der Geſchichte und Staatswiſſenſchaften
- an der Univerfitdt zu Noftod, mit Verleihung ded Dof
rarbtiteld. So ſchwer ibm auch die Trennung von
der geliebten Bateıfladbt wurde, wo er zu fo vielen
Jugend- und Univerfitätöfreunden und gelehrIen Maͤn⸗
nern aller Faͤcher in den glüdlichiten Beziehungen ſtand,
o gebot bo die Rüdficht auf feine Samilie, die ſchon
rei Töchter zäblte, den Ruf anzunehmen, da mit feiner
bisherigen Stelle nur eine beiränfte Einnahme ver
bunden war und er dur Privatunterricht viele Zeit
feinen Studien entzieben mußte. Seine Liebe und Ans
aͤnglichkeit an feine Vaterſtadt dauerte aber bid an fein
£ebendende fort und er war nicht glaͤcklicher, ald wenn er
felbR eine Reife dadin machen Eonnte oder alte Freunde
Yon dort ibn in Roſtock beſuchten. Der Schmerz der
Trennung wurde jedoch gelindert Dur) die freundlichen
Derbältniffe, welche ſich bald für ihn in Roftod geſtal⸗
teten. NE Wirkſamkeit dafelbft befchränfte fi „0:
auf das Lefen geſchichtlicher, geographiſcher und ſtaats⸗
wiſſenſchaftlicher Kolegia, fondern er war auch als
Schriftſteller ſehr thätig, und bei feiner DIEHUNS und
Pünktlichkeit in allen fiuen Geſchaͤften ward es ihm
moͤglich, mehrere kleinere Schriften und umfaſſendere
*) Deſſen Biogr. ſ. in dieſem Jahrg. des N. Nekr. unterm 1. Febr.
—*
Werke raſch hinter einander folgen zu laſſen. Außerdem
mar er .tbeild wirkliches, tbeild Forrefpondirendes oder
Enrenmitglied mehrerer gelebrien Geſellſchaften, fo wie
anderer Vereine, welche mehr einen praktiſchen Zweck
verfolgen, mie j. B. ded medTenb. patrlotiſchen Vereins.
Henn er fib auf dieſe Weife in weiteren Kreifen als
tüchtigen Gelehrten befannt machte, fo wurde ihm nie
minder eine ebrende Anerfennung feiner Derdienfte bb»
bern Orts zu Theil; denn als i. I. 1704 der derzeitige
Erbpriny Friedrich Ludwig von Medlenburg - Schwerin
die Univerfität zu Roſtock befuchte, fo wurde er zum
Zebrer deffelben mit ernannt und bielt Demfelben, fo wie
einige Jahre Darauf dem damaligen Erbprinzgen Georg,
eßigen Broßberjog von Medlenburg : Strelig privatissime
orlefungen über Geſchichte und Staatöwilfenfbaften.
Eined gleichen Dertrauend hatte er fich zu erfreuen, al
im Jahr 1819 der jenige Großherzog von Medlenburg»
Gdmerin, Paul Sriedrid, Lie Umiverfität bezog. In
ſolcher Wirkfamfeit fühlte N. ſich böchſt alüdlih, niwt
etma meil feiner Eitelfeit dadurch geſchmeichelt murde,
fondern weil er die bobe Bedeutung derfelben für ba$
Bob! des Gtaatd erkannte, Wußerdem murde feine
umfihtige Thätigfeit nicht felten von der großderiogt.
Regierung, den Ständen Medienburgs, von verfchledes
nen Korporätionen und Privatperfonen in ee rud ge
nommen, infofern Gutachten von ibm in ſtaatswiſſenſchaäft⸗
lien und Handlungsangelegenbeiten gefordert wurden,
von denen dad „Über die Sreiheit des Getreidehandels“
‚umgearbeiter. 1802 im Drud erfhien. — Wurden ibm
fo die ſchoͤnſten Beweiſe der Gnade feines Füͤrſten und
Der Adytung feiner Mitbürger gegeben, fo batte er gleiche
falls in_feiner langen Wirkfamkeit die Sreude, mehrere
feiner fräbern Schuüͤler in Die erfien Staatsaͤmter aufs
räden zu feben und von, ihnen unzweideutige Beweiſe
idrer Liebe und Anbänglikeit zu empfangen. Unter
ſolchen Berhältniffen verfloffen R.’8 Zabre in fleter Thaͤ⸗
tigkeit und gemiffenbafter Erfüllung der Pflichten feines
Berufs und wir wenden jest noch einen Blid auf ihn
ald Gatten und Familienvater und auf die Ereignifle,
welche ihn in feinem daͤuslichen Kreiſe freudig oder
traurig berährten. — N. war der treufte Batte und ber
liebevoüfte Vater feiner Kinder. Außer den drei Thch⸗
tern, welche er aus Hamburg mitbrachte, wurden ibas
in Roſtock nod zwei. Töchter geboren; Söhne hat er nie
gebabt. Mit dem Unfange dieſes Jahrhunderts wurde
MR. Nekrolog. 15. Jabrn. 7
v
S
° . *
.98 i Norrmann.
dad Gluͤck, das er In feiner Familie genoß, durd mande
darte Schidfalöfhläge gerräbt. Er verlor zuerſt die
‚vierte Tochter im 12. Jahre und dann die dritte im
47. Jahre ihres Alter. Dazu Fam, daß feine ältefte-
Toter von einer hartnädigen Augenkrankheit befallen
wurde, wovon ſie erſt nad jahrelanger forgfältiger Pflege
gene m 9. 1825 farb feine feit 1824 an den Sohn
eined Jugendfreunded und nachhberigen Schwagerd, den
Saufmann 9. Donnenberg In Hamburg verheiratbete
g
Heiterkeit ſchien ihm zu verfaffen. Dazu kam noch, daß
er, Der von Tugend auf Furzlichtig gewefen war und
mehr ſchwinden fab und midt mehr nach —
ber feine
meder mübfam felbft lad oder fi) vorlefen ließ und 308
burcb eine ziemlich audgebreitete Eorrefpondenz Erfune
ort und fab dem
ode, beilen Annäberung er erkannte, unverwandten
Norrmann. 99
und —— Scharenberg zu Roſtock verdeirathet
in. — N. war von kleiner und magerer Körpergekalt;
die Züge feines Geſichts waren durch eine dode Gira
und eine Rark-gebogene Nafe fcharf außgeprägt und ver⸗
rietben einen entfciedenen und feſten Charakıer, der fi
auch in feinen raſchen und fideren Bewegungen kun
ab. In dem unfceinbaren Körper wohnte aber ein
febendiger Geiſt, der von keiner Schwierigkeit zurück⸗
ſchrak und fi dur eigne Kraft Badn zu brechen mußte.
Die Brundzäge feined Eharafterd waren Wahrheitsliebe,
offene Sreimätbigkeit und unerſchütterliche Feſtigkeit bei
Dem, was er ald recht und gut erkannt datie. Doc er:
baben Über Parteilichkeit und DVorurtheile war fein Ur
theil ſtets mild, aber doch, ſcharf uud richtig. Sein rei⸗
ber Schaf von Kenntniſſen Rand ibm ſteis zu Gebot
- und in all feinem Wilfen, dad er immer in Beziehung
auf dad Zeben jente, mar er bei, Elar und ſtets eigen.
thümlich. In feinem Berufe galt ihm die pänftlikte
und treufte Erfüllung feiner Pflichten für dad Hochſte und
er konnte nicht unmilliger werden, als wenn er jüngere
"Leute ibre Dbliegenpeiten leicht nehmen ſah. So treu
er in feinem Berufe war, ein eben fo treuer Gatte und
‚liebevoller Vater war er bid an dad Ende feines Lebens.
Geſellige Kreife wußte er durch fröblien Scherz zu er
beitern und befonder® liebte er die Unterhaltung mit
jüngern Zeuten-, die ibn gern faben, meil er in ibre
Scherze einging und die Unterhaltung durch treffenden
Wis und faunige Anekdoten zu beleben verftand. Don
£euten feined Alters nfeate er wobl a fagen: Die
Alten mag ib nicht, fie find fo praͤmlich. —
fegendvolle Wirkfamkeit ald Lehrer lebt in einer großen
Anzadl rüchtiger Schuler fort und was er als Gcrifte
eller für die Wilfenfchaft geleifter, davon geen außer
en ſchon oben genannten nachliebende Werke das befte
aeuaniß: Geographiſch⸗ſtatiſt. Darftelung d. Schweizer⸗
anded, in beftidnd, Rüdficht auf popfikal. Beſchaffenheit,
rodukte, Induſtrie, Handel und Staatswirihſchafi.
amb. 1795. — Geograpbife; farififhe Veberfiht der
mmtliben hollaͤndiſchen Beflgungen in DON: und Welt
‚Indien, nad den beften Duellen. NRoftod 1796. — Er
fahrungen von Tod. Georg Bhf, vormals Profeffor in
amburg. 5r Bd. beraudg. ı2c. Damb. 1802. — Anton
r. Buͤſching's Purzgefaßte Vorbereitung zur europdiſchen
Länder» u. Staatenfunde, nebft einer ſtatiſtiſchen Ueber»
dt des jegigen Europa. Sehe, nad er „Vertaflerd
2
No —
% ‘ m
. 100 Frerichs. J *
Tode völlig umgeardeltete Ausgahe. Herausgegeben ıc.
Ebend. 1802. — Ueber Wismartß Handeldlage-und deren
Benugung in ältern Zeiten, ein Beitrag zur medien.
Sn Neftoratöprogramm. 3 Ubtbeilungen.
oftof 1803 —1804, — Bolfändiged Wörterbud der
Produkten» u. Waarenkunde‘od.: Gottir. Ehrift. Bohn’d
- mwoblerfabrner Kaufnionn, neu ausgearbeitet von ©. P.
‚ Norrmann. 2 Bd. Hamburg 1805 — 1807. — J
- Bf’ tbeoretifh-praftifhe Darftelung der Handlung |
in ihren mannichfaltigen Gefchäften. 3. vorm, und verb.
Aufl., mit Einfhaltungen und Nachtraͤgen v. G. P. 9
Norrmann. 2 Bd. Hamb. 1808. — Borrede zu I. 9.
Meuendorf'd- Gefchichte der Gtiftöländer des ——
Biötdums Rahtjebürg. Roſtock 1832. — Mehrere Auff
u. Recenfionen in der deutfhen allgemeinen Bibliothek,
nr —— gelehrten Anzeigen, der Jeyaiſchen Litztg.
u. ſ. m.
fider auch vor den „allgemeinen geographifhen Ephes
meriden, ” 1811. Aug. Deft. ——
* 42. Johann Heinrich Friedrich Frerichs,
Hof und Garniſonprediger und Conſiſtorialaſſeſſor zu Oldenburg;
2 geb. den I. Februar 1805, geſt. den 14. San. 1887.
Sein Vater, Diedrich Anton Frerichs, war zweiter
ein Bildniß befindet fib_vor dem 51. Bde. '
der „neuen deut. allgem. Bibliothek” und etwad aͤhn-
Nrediger zu Schortend in der Herrſchaft Jever, ald Dies -
fer Sohn ihm geboren wurde und wurde im Jahr 1808
als einziger Prediger nad Heppend in derſelben Herr⸗
ſchaft verfeht, wo er im J. 1813 ſtarb. Er hatte in dem
Sobne die Luſt zum geiftlihen Beruf fon damals ges
medt, denn in müßigen Stunden pflegte er dem 5 biß
Gjährigen Sinaben bibliihe Geſchichten zu erzäbfen und
ihn lehrreihe Sprüche nacfpreden zu laſſen, welde
berfelbe leicht bebielt und nahber oftmals im Spiele
— vieler Erwachſenen in Form einer
ede
pathetiſch gottrug: Ge Me Mutter, eine Tochter
des verfiorbenen Paſtors Reuter zu Sulenftade zog nad
Beradigbem Gnadenjahr mit ihrem einzigen Sohn und
einer jüngern Tochter nach ever, wo er nun die Öffent-
lihe Schule befuchte und nah dem im elterlihen Haufe
bereitd erbaltenen Elementarunterridt in Die Provin⸗
welipule a — wurde, in deren verfhiedenen
B
laffen er bid zum Abgang gi Univerfität den Unter
riht im den gemwöhnliden Vorbereitungswiſſenſchaften
⁊
—
| Frericho. 101
genoß. Nedendei tried er indeß auch manche andere Ge⸗
—5 ‚in welchen an jener mit Lehrmitteln nur
Där tig audgefatteten Unftalt Bein Unterricht ertbeilt
wird. in gehörte dad Zeichnen und die englifche,
befonderd aber die franzoͤſiſche Sprade, die er unter
Leitung feines Dbeimd Reuter, Damals Lehrer an ber
vierten Klaſſe diefer Schule, fräd zu lernen begann und
bald mit ziemlicher. Sertigkeit ſprach. '&n den legten
ahren fernte er mit einigen Mitſchülern auch die ita⸗
Neniſche Sprache ohne Hülfe eines Lehrers. Vor ſitt⸗
lichen Verirrungen bewahrten ibn die mürterliche Erzie⸗
bung und feine edleren Neigungen; ge Streben
nach Ausbildung und gleiches Setühl für Sittenreinpeit
verband ihn mit einigen Wenigen Durch vertrauteren
Umgang. Unter allen Mitſchülern galt er für ausgezeich⸗
net durch feinen been Kopf und feinen regen Eifer;
beſonders befaß er die Gabe und den Drang, alles Ge»
lernte und Gedachte lebendig und eindringlih mit Wor⸗
ten darzuftellen. . Aus diefem Grund gab er fon als
Sekundaner mit glücklichem Erfolg oft 10 uud mehr
Schülern Privartunterriht und Fürzte fi Dadurch freis
lich Die zur Erbofungen nötbige Zeit allzuſehr ab, er⸗
feichterte aber Doch feiner Mutter die — der
durch ihn mit den Jahren Ad mehrenden häuslichen
Beduͤrfniſſe. Zur Beſtreitung der Koſten des Univerfl-
taͤtsſtudiums würden ibm aber dennoch die Mittel ges
febit haben, wären fie nit durch Hälfe freundlicher
Goͤnner berbeigefchaft worden. Beſonders garig bezeugte
ſich gegen ihn ein Freund feined Vaters, Der nun au
verfiorbene Paſtor Minffen gu Wadmwarden, damald mb
u Sandel. Gründlid und vielfeitig vorbereitet, konnte
aber F. im Sräbiahr 1824 zur Univerfität abgeben, zus
naͤchſt nad Halle und nad Verlauf eined Jahrs von da
nach Jena. Wie er fpäter ſelbſt urtbeilte, brachte der
Aufenthalt in Halle ibm für Wiffenfchaft und Leben kei⸗
nen bedeutenden Gewinn. Der Rationalismus ftand
noch recht in feiner Sonnenhöhe; F. war fein myſtiſcher
Sonderling und hörte daber bei Gefenius, Wegiheider
und Gerlach; die beiden legteren ſchaͤtzte er befonder,
obne jedoch mit ihnen in nähere er ad ng zu treten.
Die demagogiſch gewordene Burfchenfhaft bäßte ſchon
für ihre tiranifhen Entwürfe auf den Feſtungen, Die
Ueberrefte derſelben maren DEIDEERD, oder bielten ſich
fon im: Verborgenen, F. blieb Daber akademiſchen
Verbindungen fern, trieb nur mit einigen näher Be:
—
102 Frerichs.
freundeten dad Studium der engl. und ital. Sprache (las
Milton, Taſſo ꝛc.) und —* r ſich das Studium der
franzöfifden und der Gewichte fort. Anders ward dies
in Jena, wo die Örtlihen Umgebungen, Die Lebensfor⸗
men der Studenten und die Vorträge der Lehrer mehr
beiebend und befriedigend auf ibn einwirften. Durd
Ludens geiftreihe Darltelung gereizt, ließ er Feine von
deffen arfhiatliden Vorlefungen unbenutzt. Sür feine
tbeologiide Yusbildung war ihm die Theilnabme an
einer vom damaligen Privatdocenten Gebſer geleiteten
theologiſchen Belellfgaft, "deren 8 bid 10 Mitglieder
fi durch Ausarbeitungen und Beurtheilungen meiſtens
eregetiicher, Dob auch praktiſcher Arbeiten, tbeild in
lateſniſcher, theild in deutſcher Sprache übten, von gro»
ßem Gewinn, Einen entfhiedenen Einfluß auf feine
tbeologiibe Anſicht, und Geiftedrihtung gewann indes
Baumgarten: Grufiuß. Unter den Aufpicien dieſes geifte
vollen, aelebrten und treffliben Mannes, welder dad
— —— Talent und das Höhere Streben bei F.
fhägen gelernt hatte, verfuchte er fi aa den gruͤnd⸗
lichſten Borftudien an der Beantwortung der von der
——6 Fakultaͤt aufgeſtellten —2 „über die
Lehre Ubdlardö" und feine Arbeit wurde rübmlich ges
Frönt. Die Preisfchrift erfhien zu Jena im Winter 1837
gedrudt unter dem Xitel: Commentatio theologico - cri-
tica de P, Abaelardi doctrina dogmatica et moruli und
ift ben Mantn feines im Sommer 1826 verftorbenen Goͤn⸗
nerd Minffen als Erflingsgabe der Dankbarkeit gemide
met, Außer dem Gewinn an wifjenfhaftlider Bildung,
on Ehre und Freude, verfhaffte ibm dieſe Arbeit auch
die Mittel zu einer Neife durch Thüringen und Frans
ken, auf welder er unter andern auch in Baireuth, kurz
‚ vor deſſen Ende J. Paul *) befuchte, Auch die Freuden
des Tepe Studentenlebend verfhmähte er nicht und"
fein Umgang war auch von denen gefucht, die feines
Grobfinnd und barmiofen Wiged ſich gern erfreuten.
Ganz im Kontraft mit diefem beitern Jugendleben Hand
die Einfacbeit und Zurädgezogenbeit, in welcher er die
beiden folgenden Jahre von Oſtern 1827 an als Candi⸗
dat in Jever bei feiner Muster und feiner Schwefter
verlebte. Nah ruͤhmlich beflandenem Eramen mußte er
vor allen Dingen auf eine Verforgung denken. Zu ei⸗
“ner Lehrerſtelle an einer Öffentlihen Schule war weder
.
°) Deffen Biographie ſ. N, Nekr. 8. Jahrg. S. 1085.
£ | ° Sreriche, 103
ia Dfdenburg no In Jever Ausſicht, da mehrere ältere
Eandidaten 7 waren und er fuchte daher daldmoͤglicht
durch Privatunterricht in Epenigfeit su fommen. Seine
"Hoffnung bewährte ih vollkommen, denn er befam beaid
d viele Schüler, daß er für den Bedarf im Haufe feis
ner Mutter binlänglide Mittel erwarb. Im gefelligen
Leben beſchraͤnkte er fi freilich fehr, aber deſto mannich
faltiger und reger war feine Geiſtesthaͤtigkeit. Außer
dem Studium der alten ind neueren Spraden der Ge
chichte und der neuen Literatur, wozu fein Unterride
hm Anlaß gab, trieb er immerfors Die tbeologifchen Wiſſen⸗
fwaften und machte ſich mit den Schriften mancher neuern
Theologen genauer befannt. %Zür die geiflide Praris
batte er fib nod wenig vorbereiten Eönnen, alb er ſchon
im Mär; 1829 zur zweiten Prüfung nad Dldenburg bes
rufen und bald darauf zum Paſtor auf der Infel Wan⸗
geroge ernannt wurde. Am Sonntag Cantate trat er
un erfien Mal vor feiner Eleinen Gemeinde mit dem
orfag auf, Chriſtum ald Grund der Kirche und Mittels
punkt des Lebens in allen Verhältniffen darzufellen und
in feiner ——— und der Steilung zu ſeiner Ge⸗
meinde feinem Vorbilde Minſſen nachzäſtreben. Man
muß geſtehen, daß ihm dies auf — e in den 5
Jahren, die er dort verlebte, fo weit die Umftände es
zuließen, gelang. Nur wenige Uebelmollende und Uns
verſtaͤndige daben ibm. Verdruß gemacht: im Ganzen ges
noß er die größte Liebe und das unbedingtefle Vertrauen.
Es dielt bei vielen Infulanern 5— und bei einigen
war es gar unmöglich, fie von groben Vorurtheilen und
falfden Rechtsvorſtellungen in Betreff des gemeinfchafts
liden Grundeigenthums ihrer Inſel und ded Strandes
gu beilen; die Autoritdt der Kirche kann da nicht durch⸗
. dringen, wo das irdifche Intereffe die Seelen ganz ers
füllt, wenn ed auch an Außerlichen Beweifen der Ehrfurdt
- vor Bott und feinem Wort, wie bei diefem Inſelbewob⸗
nern, keineswegs fehlt. Durch umge Rath fand er-
ihnen in Verlegenheiten bei, durch Särbitten und Ges
008 bei den Bebdrden ſuchte er ihnen Schonung und
achfiht zu bewirken, übernabm die Geſchͤftsführung
und Verwaltung einer Nachlaffenfhaft für Unmändige
und fuchte drüdende Armuth durch eigene Unterſtützun⸗
gen und durch Sürfprade und Verwendung bei Bemit⸗
telten in und außer.der Gemeinde von dem Eilande ab-
sumenden. So war er nicht nur in geiklichen, fondern
auch in weltlichen Dingen ein Vermittler bei Dielen.
'
‚10% j Frerichs.
Die meiſte Hoffnung übrigens, Menſchen für dad beflt
Leben zu gewinnen, ſetzte F., wie wohl Ag
die Zugend. Daber nahm er fi, mit Eifer und Vor⸗
liebe des Jugendunterrichts an, befuchte far taͤglich die
Schule und unterrichtete oder gab Anleitung zum Uns
terriht. Auch in feinem Haufe forgte er für die Erzies
ung und den Unterricht mehrerer, ibm übergebener
inder, bäufig folder, für welche man diefen abgeſon-
derten Aufenthalt wählte, um fie den Zerftreuungen-zu.
entzieben, welche in der Heimath fie dem Sleiße abwens
dig machten. Diefer häusliche Unterricht nöthigte ihn,
das Studium der alten Sprachen, fortzufegen, er drang
in den Geift der alten Mlaffifer immer tiefer ein, aber
er vermißte in ibnen den einzig wabren Grund alled Le⸗
bens und die erlöfende und erſeuchtende Kraft des evan⸗
pelifhen Wortd. Zu ciner immer völligeren Hingabe
an den Inhalt des Chriftenthums trug befonderd die
Befhhäftigung mit Schleiermacyer *) bei. Der Beift Dies
fe8 tiefen und fcarfen Denferd, deflen Schriften er
außer denen von Herder und Goethe **) befonders eifs -
rig lad, batte ibn gemwaltig ergriffen und obwohl er nicht
in alle Glaubendanficten deſſelben einzugeben vermochte,
fo blieb derfelbe doch nicht obne Einfluß auf feine Denke
. und vielleibt aub auf feine Predigtweife. Seine Pre
bigten blieben nämlich nicht fo allgemein faßlich und
auf Dad praftifche Leben anwendbar, wie anfangs. Haupts
ſaͤchlich war dies der Fall, wenn er in der Badezeit feine
eigne Gemeinde fait ganz verlor under vor Babdegditen
aus verfaiedenen Ländern und größern Städten pres
Digte. Unwillkürlich wurde dann fein Geiſt durch die
Umgebung in einen böbern Schwung geſetzt. — Es kann
nicht auffallen, Daß die Unmefenbeit der Sremden wäh»
rend der jäbrliden zmweimonatliden Badezeit auf der
infel den Prediger Derfelben in eine anregende und
unterbaltende — mit der Welt ſetzt, wie ſie
den Wohlftand und die dußere Bildung»der Inſulaner
erböbt; zugleich aber treten dadurch auch mande fremde
artige Neigungen in das barmlofe Nachbarleben ftörend
ein und erſchweren die Wirkfamkeit des Predigerd, Mit
ber altfriefifiden Gitte verliert ſich auch die altfriefifche
Sprade immer mehr von der SInfel.. Wad davon fi
noch erhalten hatte, fuchte 3. aufammenzutragen, um es
°) Deffen Bi raphie ſ. N. Nekr. 12. Sabr «©. 125,
v0) Deflen —E ſ. N. Nekr. 10, — S. 1m,
re
uf
| Frerichs. 405
. in-elmem Idiotikon herauszugeben. Zugleich gedachte
er ſprachlihe Bergleihungen mit den Reſten des Wis
frieſſſchen im Saterlande und in Weſtfriesland nebſt ei⸗
ner geſchichtlichen Nachweiſung der Veränderungen N
der Zeit des Afegbabuhs Damit zu verbinden und ſtu⸗
Dirte zu Diefem Zwed frieffche Literatur und Geſchichte.
Leider war Ddiefer Plan für Die ihm vergbnnte Muße
viel zu weit greifend und die Arbeit iR kaum als den
gonnen anzufeben; aus den ungeordneten Materialien
wird ein Sreund des Verewigten and Licht fördern, mas
baraud zu. gewinnen möglich fein wird. 8. quite (don
auf Wangeroge die Arbeit gänzlich ruhen laflen, da er
in dem festen Jahr dort von einem andauernden fürs
perliden Uebel geplagt murde. Das Seebad, Undern
ein Born neuer Lebenskraft, batte, wadrſcheinlich durch
zu lange fortgefehten Gebrauch, ohne daß Dabei die
ndtbige Ruhe genoffen wurde, fein ganzes Nervenfpftens
geſchwaͤcht; bei der geringften geiſtigen — quäle
ten ibm die beitigten Kopfidmerzen und, der böfe Däs
mon ber Hypocbondrie verfolgte ihn furdtbar einen gan»
gen Winter bindurd. Früher ſchon hatte man dad Kon⸗
reftorat in ever ibm übertragen wollen. und durch die
in der Badezeit gewonnenen Bekanntſchaften hatten ih
ihm Ausſichten zu einer mwärdigeren Stellung in einen
fremden Staat eröffnet; jept mußte er ſehnlichſt eine
Derfegung wünſchen und glücklicherweiſe hatte er zwi⸗
fhen jwei Stellen zu wählen: Dem erledigten Konrektos
rat an der Schule zu Jever und der Pfarre zu Oftern-
burg, einer Dorftadt von Oldenburg. Weil jene Stelle
viele Arbeit und geringe Befoldung verhieß und F. lieo
ber in einem geiltliden Umte zu bleiben wünfdte, fo
wurde er im juli 1834 Paftor zu Ofternburg. Das
jweite Studium lat oͤffentlichen Wirkſamkeit begann,
ein kürzeres und für ihn minder erfreuliches: er. trat in
eine ganz andere Lebensſtellung, eine reichere Sülle von
—— * und Thaͤtigkeit bot ſich ihm dar, aber auch
eine, bisbder ibm unbekannte Schwierigkeit. Oſternburg
iſt eine Gemeinde, in der ſchwerlich Jemand, der nicht
an Körper und Geiſt im doͤchſten Grade fer if, feinem
farramte volled Genuͤge leiften fan und wird. Eins
ade, ſchlichte Landbauern,: Dorfbewopner, zum Theil
Handwerker mit Kädtifhen Neigungen und Sitten, feine
gebildete Hof: und Staatdbeamte bilden eine Gemeinde;
wie fol er die dur Predigen und Beſache für bie
Kirche gewinnen, wie um den Altar erhalten? Wie in
-
106 Frerichs.
der Verwaltung kirchlicher Ingelegendeiten die idm ob⸗
e
Tiegt und zugleich im gefelligen Leben allen Anfoß ver
meiden? Bor allen Dingen tab Sr. die Nothwendigkeit
ein, daß vor dem Geiſtigen und Höberen, vor der
reinen Lehre ded Evangeliums fi nod mehr Ehrfurdt
verbreiten müille. Die Mittel zu Diefem Zwecke befaß er
wohl: inniged Gefühl und hohe Begeiſterung, Tiefe und
Reichthum der Gedanken, Lebendigkeit der Phantafie und
Kraft und, feurigen Glanz der Rede — alled dieſes
mußte er jederzeit aufjubieten fuchen, um auf dem
Hödenpunfte zu bleiben, auf dem er viele modern
“ Dentende Aufgellärte einmal gewonnen batte und an
den Duell des evangeliſchen Worts wieder heranzuziehen '
boffte und das Eoflete ibm manchmal. große Anftrengung.
Zeit und Kraͤfte wurden nicht minder in Anſpruch genoms
men Durch die Üibergroße Anzahl verarmter und dürftiger .
Zeute;, allerlei Beſuche und langgefponnene Vorfteluns
gen zerriffen ibm oft feine Morgenftunden und am Nach⸗
mittage riefen amtliche Verrichtungen ibn vom Haufe ab.
Sollte er, aber an der Prüfung der Kandidaten Theil
nebmen, welches Geſchaͤft ibm für die Folge auch übers
tragen war, fo durfte er feine Fortbildung in theologis
er Erkenntniß nicht verfäumen. Bei feinem Intereſſe
2
für vie £iteratur konnte er die Gelegenheit micht uns
«
\
enupt laffen, Durch die Näde einer SuQbenplung und
Kbeilnabme an mehreren Lefecirkeln ſich mit den literas
riſchen Erfheinungen der Gegenwart bekannt zu machen.
Schriften von Tbolud, Harmd u. a. nahmen ihn in
Anſpruch; Strauß und Moͤhler fegten ibn in Bewegung,
aber er ergriff ihre Entſtehung und Tendenz und fürchtete
. nichts, fondern bielt fe für Srritamente des Glaubens
in unferer Kirche. Zu einem Hauptſtudium gebörten bei
ibm die katechetiſchen Lehrbücher und Leitfaden für den
Meligiondunterriht. Auf Wangeroge batte er nach dem
hannoverſchen Landeskatechismus unterrichtet, im Herjüge
tbum Oldenburg if feit 1798 ein Lehrbuch eindefäprt,
welches ibm Durdaus nit zufagte,; darum nabm er.
u feinem Sonfirmandenunterrichte blos Luthers kleinen
atebismus Zu einer Nectfertigung feines vielleicht
gu abſprechenden Urtheild von feinen Amtsbrüdern aufs
peierbenn. hatte er eine durchgehende Kritik des olden⸗
urgifchen Lehrbuchs und die Einrichtung eined andern
Entwurfs verfproden, aber fein Studium aller Schrifs
ten liber Diefen Gegenſtand führte ibn dabin, Daß ihm
keins diefer Bücher zu einem allgemeinen Landeskatechis⸗
®
Frerichs. J 107
mus genügte. Sein reges Intereſſe am Unterrichts⸗
weſen ward von der Bebörde anerkannt, darum wurde
er zum Mitglied einer gu Derbeflerung des Volktſchal⸗
weſens niedergefegten Kommiſſion ernannt und die übris
en Mitglieder derfelben willen fein treifendes Urtbeif,
feinen lebendigen Eifer und feine wnverdroffene Mäpe
Doch zu rübmen. Bei folchen Gelegenheiten und faft nur
in amtliben Berbältniflen trat er in Verbindung mit
der Stadt; geſellſchaftliche Anfprüche mußte er dort, wie
zu Dfiernburg faſt ganz unbefriedigt laffen, da e6_ ihm
an Zeit und Neigung dazu fehlte. Das daͤusliche Leben
in einem kleinen Kreife mit feiner Mutter und feiner
Schwefter ſchaͤtzte er Über alle Gefelfchaften und feinen
einfaden, geraden Sinne fagte der Eonventionelle Zwan
größerer Geſellſchaften nicht zu. Dabei war er jedoch feine
wegs gleihaältig gegen menſchliche Zufdnde außer feinen
Haufe und gegen feine Gemeinde; vielmehr beobachtete
er — den Hoͤheſtand — und ——
Kultur im Großen, wie im Kleinen. Insbeſondere aber
dielt er ſich auch für verbunden, auf die religiöfe Bil⸗
Dung der böderen Stände den Einfluß auszuüben, zw
Dem man feine Säbigkeit und feine Thärigkeit in Ye
fprud nahm. Er erfonnte wohl, mie gerade den böber
Gebilderen ein chriſtlich⸗religioͤſer und Firdlider Sims
North tbue, da alle geifine Veredſung ded Volks von
oben ausgeben müfle.. Darum batte er ſchon in den
erfien Tahren Kindern einiger Glieder feiner Gemeinde
aus höheren Ständen Privatſtunden in der Religion
ertbeilt und trug fein Bedenken, auch an der um
Michaelis 1835 für Coͤchter ange[ebener Samilien neu⸗
‚ esribteten Caͤcilienſchule den Religiondunterricht_ zu übero
nedmen. Hieraus erwuchs ibm jedo& bitterer Verdruß.
Weil er nämli wegen feiner je zuweilen wiederfehsens
den körperlichen Plage und der großen Anftrengung mit
welder. er immer auf den Sonntag ficd vorbereitete,
manchmal, freilich jeut nicht dfterer als auch im vorigen
Jahre, Predigt und Kinderlehre in der Kirche audfegen
mußte, fo. gab jener Unterricht Anlaß zur Unzufriedenbeit
eines Theils feiner Gemeinde, Die ed zur fürmliden
Erklärung fommeg ließ. Ungeachtet nun ein urſachlichet
Aufammenbang zwiſchen feiner Arbeit außer der Gemeinde
- und feiner Gefchaͤftsunfaͤhigkeit in derſelben durchaus
nicht flattfand, fo wurde doc, ſelbſt von einzelnen ges
achteten Männern feine — gemißdeutet,
Zals wenn er feinen Kindern dad Brod naͤdme.“ Miß—⸗
a “
⸗
—*
BB Ma
deutung und Neid trafen ihn nicht minder, als er um
Michaelid 1836 dem an ihn ergangenen ehrenvollen Ruf
u einer böbern Stellung und angemefleneren Wirkſam⸗
eir folgte. Er fhied von Ofternburg mit dem „Schmer
im Unvollendeten“ und trat in der Eigenfchaft eine
of» und Barnifonpredigerd und Affefford beim Konſi⸗
—5 zu Oldenburg in eine Stelle ein, die er nach ſei⸗
nem Alter in feiner Weife hätte fuben Eönnen, die er
aber einzunehmen berufen und genöthigt war. Beinen
fegensreiben Unterricht an der Cgeilienſchule, wozu au
der Religiondunterrict in den doͤhern Klaſſen des Gym⸗
daſiumse gefommen war, fetzte er fort und begann mit
Greudigfeir feine Gefchäfte, aber noch hatte er nicht old
- Hofprediger die Kanzel betreten, als er im Dechr. 1836
von einem beftigen Blutduften befallen wurde und nad
einer Krankheit von einigen Wochen verfhied, für feine
Angehörigen und Sreunde, feine Schüler und DVerebrer,
ia für dad Kollegium, deffen Mitglied er kaum gemors
.. ben war und für dad ganze Land ein tief betrauerter
Verluſt. Ein ebrendes Gefolge zeigte die große Theil
nahme, alö man am 20, San. ihn zu Grabe trug und in
“wenigen aber aebaltvollen Worten ſprach der Gebeime
Kirchenrath D. Bödel ſolche am Grabe aus, Cine Aus»
wahl aus feinen Predigten befindet ſich unter der Preffe.
* 43, Chriftian Ernft Mirus,
Univerfitätöfetretär zu Leipzig;
deb. den 22. Suli 1781, geft. den 14. Ian, 1897.
- Er war zu Schneeberg im Rönigreig Sadfen ge.
‚ boren, bezog 19 Jahr alt die Univerfität Le
Jura fiudirte und fodann einige Zeit_ald Notar lebte.
Gm Jahr, 1808 (den 5. Apr.) befam er bei dem dortigen
Univerfitätsgeridt eine Anftelung als Regiftrator, einige
Zeit fpdter wurde er Aftuar und den 5. April 1833
Gefretär der Univerfität, — Mirud war ein freundlicher
mine Mann von mehr großem Körperbau und-
bönen regelmäßigen Gefihtejigen, er verband eine
reine Humanitdät, Rechtlichkeit und Thätigkeit mit ges
- Diegenen Kenntniffen und ward mit dem ſchmeichelhafte⸗
. Men Zutrauen von Hoben und Niedern beehrt. Daß er
fie in jedem fchmierigen Falle Diefes Zutrauens würdig
ewied und es fi auch zu erhalten wußte, darüber . |
herrſcht aur eine Stimme, _ Dr. 3.
*
—
ipzig, wo er
>= > A de Aa u
-.
ad
100
%
* 44, Wilhelmine Vahl,
grohherzogl. medienburgs ſchwerinſche Hofſchauſplelerin;
geb. den 27. Apr. 1818, geſt. zu Neuſtrelit den 14. Januar 1897,
Sie war zu Naumburg an der Saale geboren, im
November 1884 zur Geſellſchaft nah Ludwigsluſt ges
fommen und am 8. Decbr. deflelben Jahrs zum erflen
Mal dafelbft aufgetreten. Ihre Gefundbeit war (dom
feit dem Winter 1835 febr leidend und um ungefört die
völlige Genefung abzumarten, batte fie fib nad Neus .
firelig zur Mutter begeben, wo fie leider in dem noch
fehr jugendlichen Alter von 19 Tabren verſchled. — Die
Deremwigte befaß eine rihtige Unfiht von der Wichtigkeit
der Kunft, welcher fie ibr Leben gewidmet hatte; fie
fiudirte unermäder und mit reger Lüſt, nahm ſtets germ
Belehrung und Zurehtmeilung auf der Bahn, die fe
in Thaliend Gebiete wandelte, an und ermedte ſchoön
gleich als Unfängerin Die beiten Hoffnungen von ihrem
(&bönen, aufftrebenden Talente, Zweite und dritte Liebe
baberinnen, fo mie Soubretten fpielte fie bereits mit
eben fo vieler Einfiht ald Gemwandtbeit und Liebens⸗
möärdigfeit; im Geſange machte fie erfreuliche Fortſchritte
und namentlih würde fie als Sängerin einſt eine gewi
nicht unbedeutende Kunftiiufe erreicht baben; denn mis
- großer Vorliebe und raftlofem Sleiße lan fie gerade dem
Studium der Gelangäfunft ob und die Vlaturgabe einer
biegfamen, bellen und angenehmen Stimme bejeugte
durchaus ihren Beruf dazu.
Schwerin. ör. Bruͤſſow.
‚45. Dr. Gotthilf Glaſewald,
Suftizratd u. Juſtizkommiſſär zu Naumburg a. d. Saale;
"geboren d. 9. San. 1778, geſt. d. 16. Jan. 1837 °).
Er wurde zu Wiederau bei Herzberg, wo fein Dater
Mrediger war, geboren und ob er glei von Jugend
auf feinen fehr fetten Körper batte, fo konnte er doch
Durch feine regelmäßige Lebensart das höhere Alter er⸗
reichen. Seine erfie wiflenfchaftliche — er
auf dem Gymnaſium zu Torgau und bezog J. 1798
die Umverſitt Wittenberg, wo er ſich dem Studium
der Rechtswiſſenſchaft mit ſolchem Eifer und Erfolge
*) Naumburger Kreißblatt 1897, Mr; &
*
10 Glaſewald.
widmete, daß er, als er Wittenderg 1. I. 1796 verließ,
- yon der dafigen Juriſtenfakultaͤt bei feiner Prüfung die
damalige erfte Cenfur, maximg diguus, erhielt. Nachdem
er ald fähf. Advofat immatrifulirt worden war, übers
nahm er die Gtadifchreiberfielle zu Dahme. Hier (dom
haus, er ſich durch feine Kenntniſſe und Rechtlichkeit
d aus, daß ibm die Verwaltung mebrerer Gerichtsſtellen
n der dafigen Gegend Übertragen wurde und er eine
bedeutende Prarid befam. Bei dem Jubilaͤum der Unis
verfitär Wittenberg i. I. 1802 murde ihm Die juriftifche
MDoftormürde ertheilt. Uber Der Wirkungskreis zu Dahme
war für fein Willen und feine Talente zu Flein und er
fieß fi daher bei dem nach der Theilung Sachſens im
3: 1816 errichteten Dberlandesgerite zu Naumburg. ald
uſtizkommiſſaͤr anftellen, Auch bier erwarb er ih alle
gemeined Zutrauen und den Beifall feiner Vorgefegten,
weshalb er im %. 1823 zum Quftigrath ernannt wurde.
m Drud find nur einige wenige, mit dem Buchſtaben
„ begeichnete Aufſaͤne in der juriſtiſchen Zeitung von
ibm erſchlenen; in den Aften fiber die dur ihn gefähr-
“gem Mrozeffe findet fid aber eine Menge Mufterfgriften
- yon ibm, welche feine innige Kenntniß ſowodl des preuß.
als fähfifden Rechts, feinen praktiſchen Blick und fein
Talent der lichtvollen Darfielung befunden. Sein Sinn
für Recht war fo ſtark und [ebbaft, daß er, wenn er
einmal in der Ueberzeugung von ber Redhttlichkeit des
Anſpruchs die Ausführung deffelben übernommen batte,
. feine Mübe und felbft eigne Koften nicht fcheute, um
ibn geltend zu maden und die ibm vorſchwebende Idee
ded Rechts zu realifiren. Zugleſch war er ein frommer
Menfch, ein aͤchter Chriſt. Auch uͤbte er die Tugend
der Wopitbätigfeit, wie Alles, was er that, im Stillen
und ohne Gerdufe, infonderheit gegen ſtudirende Juͤng⸗
finge und für Mancen forgte er wie ein leiblicher Das
ter. Er batte feinen eigentliden Feind, wohl aber Dur
feine Unſpruchsloſigkeit und dadurch, daß er ſelbſt feine
größte Freude darin fand, Andern eine Sreude zu Mas
ben, überall ſich Sreunde erworben. An feinen genauern
reunden aber ding er mit feltener Treue und Innigkeit.
m g1. Mai 1803 hatte er ſich mit der dritten Tochter
ded Diakonus Beck zu Liebenmerba verheiratbet, melde
er er ald Witwe, mit & Kindern, 8 Töchtern und
1 ne, binterläßt. Ä
—
111
* 46. Friedrich Ernft v. Germar,
großd. f. weimariſcher Oberſt und Kammerberr ıc. zu Weimar;
geb. den 28. DE. 1778, geh. am 17. Jan. 1837.
Wenn wahre Herzendgäte, Liebe und Aufopferung
für die Selnigen, unbefledte Freue wu Zürft und Vaters
land während einer mehr denn 40jährigen ehrenvollen
Dienfteir, in melde die für dad weimarifde Militär
hoͤchſte Glanzepoche fällt, große Menidenfreundlichkeit
und Kürforge für feine Untergebenen nebft ausgezeichneter
Bravbeit als Soldat und. rubige Ergebung bei einer
Menge Unfällen, Bitterfeiten und den für ein Vaterherz
wohl bärteften Prüfungen auf ein ehrenwerthes Andenfen
gerecbte Anſprüche haben, fo verdient ſolches in vollem
Maofe der Dberft von Germar. Er war zu Weimar
geboren, einziger Sohn Bed in weimariſchen Dienften
gefenberen Oberſtlieutenants und Kammerberrn v. G.
us geruſtet mit einer damals ſorgfaͤltigen Erziedung kam
er ſchon fruͤh in dad Pageninſtitut zu Weimar und Ternte
Dann die. Tägerei zu Berfa a/5. Er trat hierauf im
J. 1790 ald Fahndrich in das derzoglich weimar. Jägers
batalllon, avancirte am 15. Quni 1792 Ju Seconds
lieusenant und wohnte mit diefem Korps im Jadr 1706
dem Feldzug am Niederrhein gegen die Sranzofen und
dabei dem biutigen Gefecht bei Weglar, an welchem
dies Bataillon bei der u a des Dorfed Altenbur
und der Befegung der Höhe von Alttädten den mwirk
famften, Antheil nahm, bei. Während der Darauf für
Das weimar. Militär folgenden Sriedensjahre wurde ibm
41801 ald Kapitän der bobe Auftrag zu Theil, den Erb»
Bingen Karl Sriedrid von Sadfen- Weimar, jegigen
roßberzog , zu den ſechswoͤchentlichen militaͤriſchen
'
Uebungen des in Halberftadt garnifonirenden preußifchen -
nfanterieregiments zu begleiten. Beim Ausbruche des
riegs zwifhen Preußen und Sranfreih im Jahr 1808
maricirte er mit dem mweimar. Scarffhägenbataillon
ind Seld, avancirte Eurz hierauf zum Major und wohnte
dann mit gedachtem Bataillon in dem in diefem Tabre
zwiſchen Preußen und Sranfrei begonnenen Krieg am
44. Dftober der Schlacht bei Auerktädt, fo wie auf dem
darauf erfolgten fchwierigen Rüdzuge der preußifcen
Armeereſte unter den Befehlen des Generallieutenante
von Blächer am 16. dieſes Monard dem Gefechte bei
Greußen und am 17. dem bei Nordhaufen bei. Er Aber
>
Sn
r4
112. v. Germar.
nahm bierauf in Magdeburg, In Folge der Krankheit
al bung * —— Staböofficiere, das
- Kommando über das durch Unfaͤlle mancherlei Art bes.
reits geſchwaͤchte Bataillon, dedte, ald der Arriergarde
ugetbeilt, unaudgefegt den eben fo unbeilvollen als
bentiwürbigen Ruͤckzug der von mehreren franzöf. Armee⸗
korps verfolgten preuß. Armee bis unweit Lübed mit
und beftand_ mit feinem Bataillon am 28, die Gefechte
bei Zuchen, fo wie am 4. Novbr. bei Waren, in welchem
fegtern er mit erfterem Durch die Wegnahme eines von
den Sranzofen an einem See gelegenen befegten Dorfs
noch mefentlide Dienfte leiftete. Endlich mit demfelben
auf böchften Befehl, unter ruͤhmlichſter Anerfennung der
eleitteten Dienfte ſowohl von Seiten ded Generals
» fieutenantd von Blücher, ald auch feiner preuß. Waffen
"gefädrten, in dad Vaterland zurückkehrend, rettete er
noch auf dem Ruͤckmarſch durch einen rafchen Entf tu
das Bataillon von der von Seiten des Marſchall Souft
om 5. Nov. vorhabenden fhimpfliden Entwaffnung und
- Sehrte fo, nah den fo ſchweren und damald fo Vieles
auflöfenden Verhaͤngniſſen, mit Ehren nebft den nod
aud 8 Dfficieren und 239 Unterofficieren und Gemeinen
beftebenden Trümmern feined Bataillond am 17. Novbr,
nah Weimar zuräd. In Folge ded im December 1808
von den geſammten Herzogthuͤmern zu Sachfen erfolgten
Beitrittd zum Nbeinbunde und der gemeinfcaftliden.
— — Stellung eines 2,800 Mann ſtarken Infan⸗
terieregſments marſchirte er mit feinem‘ Bataillon‘ am
5. März 1807 von Weimar ab, um nun an den Ufern
der Dfiiee an dem fo biutigen Kampfe Tbeil zu nehmen,
wohnte bierauf vom 23. Apr. bid zum 3. Zuli der Blodis
rung und Belagerung der durch den Major, nachmali⸗
gen Seldmarfhall von Gneifenau *), fo beldenmüthig .
vertheidigten Seftung Eolberg bei und 5 nach einem
Drei und ein dalbmonatlichen Lager vor dieſer Veſte mis
einem Bataillon, der befürchteten ſcowed. und englifchen
- andungen wegen, die Inſel Ufedom, wo in Solge der
außdgeftandenen langwierigen Strapazen und Entbehrun⸗
. gen Nervenfieber und Rubrfranfheiten unter feinem Ba»
taillon und eine nicht unbedeutende Anzahl
der Mannſchaft — So kehrte er mit dem⸗
ſelben, welches durch des Kriegs Unfälle ſehr geſchwaͤcht
worden war, am 8. December 1807 wieder nad Weimar
ODeſſen Biogr. ſ. Im N. Reken, 9. Jadıg. ©. 746
' .
e
' Bohnnig o&tenden
0 Gama. 118
ruck. Obaleich ibm das I. 1808 id Frieden zu
—** mar, fo rief ibn Doc bereitt fm Monat är
4809 der Krieg gegen Delterreib von neuem ins Feld,
Um 14. Diefed Monats marſchirte er mit feinem Bataillon
nad Würzburg, wo ſich die gefammten berzoglid fädhf,
Kontingente bei der Divifion Rouver vereinigten, von
da mig Der großen franzdf. Armee über Regensburg nad
Palau und fand daſelbſt vom 4. Mai bid zum 23. Tuli
ur DIEURG biefes fo wichtigen Plaged gegen bie an
er naben boͤhmiſchen Grenze aufgeltelten Defterreicher
im fager, mit welden eine Übtheilung feines Bataillond
egen eine weir überlegene Zahl derfelben bei dem Flecken
—* ein ſehr rühmliches Gefecht beſtand. Von hier
rief ibn ein neuer Befſehl zum Kampf gegen die bod«
berzigen tapfern Tproler und er bra& deshalb am 23, Tuli
nab einem mebr denn eilfmöchentlihen Lager von Pafı
fau nah Salzburg auf, wo er am 26. diefed Monat
eintraf. Hier wurde ibm nebit feinem Bataillon von
Geiten bed Marfchall Lefebre, Herzogs von Dany, bie
eben ſo ebremvolle ald fchmierige Beltimmung zu Theil,
bie Avantgarben » Eete feines aus Baiern und der Divi—
fion I iufammengeießten Hauptkorps bei einer nun
mwiederbolten Expedition nab Tyrol zu bilden, Hier
fand er an der Epige feines braven Bataillond Gele
genbeit, bei allen Entbehrungen Murb und Ausdauer
su bemeiien. Nabdem ndmlib dad Hauptkorps obne
edeutenden Widerfland zu finden, von Galjburg nad
nnöbrud und von bier blod die ſchwache Divifion
ouyer über den wichtigen Brennerpaß nad Gterjing
vorgerädt war und felbige am 4. an dur die na
führenden füurdibaren Engpälle vorzudringen im
Besrif fand, fand man Diefelben durch eine bedeutende
Uinzadi verwegener und gehbter Tyroler Sokten befegt.
Der Kampf begann; ron ungeachtet daß die mit Der:
roler durch dad Terrain fo febe
gänftigt waren, wurden. fie Doc von dem das leichte
tailion Weimar befepligenden Daier ®. Germar aus
allen idren fo fehlen Stellungen biß Dberau geworfen,
wo aber die über den tobenden Eiſackiuß führende und
von den Torolern au ihrer Rettung in Ar gr geiegte
Bräde die von Seiten des Majorb won G. unter dem
geftigRen feindliben Zugelregen und trog ber von den
ergen berabgefchleuderten efenmalien ortwährend
unternommenen Ungriffe und die unaufbaltiamen Sorte
ſchritte feines vom Morgen bid gegen Übend unter
W. Wekzolog. 15. Zahız. 8
&
=
3
N
“
N
114 _ 5 Germar.
Während hämlid ein Theil des am 5, Auguft vom
—— bis zum Mittag gegen eine mehr denn dreifache
feindlihe Weberzahf im ampf geftandenen Regiments,
Das troß dem, Daß es völlig umringt und von feiner
wohl vierfiändigen Nüdzugslinie abgef&nitten war, außer,
dem noch bereits feit anderthalb Tagen feine Zebens,
mittel und nur noch wen e Zafbenmunition hatte und
die verfprodyene ülfe nicht erbielt, feine ——
eg
ur feine Feinde zu babnen genoͤthigt 6 waren die
Oberau efnbligen und mit DBermundeten angefüllten
Haͤuſer befe
ten allein über affenen, zulegt wob! von 5000 Tyrolern
Mittage biß zum päten Abend, mo fie y: endlich
beim Eintreten von Munitionsmangel und Da di
trapazen große ämeitägige Entbehrung aller Nabrungsde F
mittel enttraffete Mann daft umd zufept ſelbſt ohne
Be dung zuletzt. Nach mebrmonatlicper ——
in Tyro cembers
| e, Vie vollidändig zu erlangen, gegeben. Ein
Bohn: Theil der Dffieiere Die jenem Seldiuge bei»
nten
eiht ber Mühe nicht werth geachtet, ihre rfahrun—
gen dem Dapır anjuvertrauen, ———— behäfr
eine Gehe
x
v. Germar. 115
Bas wir bier wittdeilen, find die einfachen Erzählungen
noch lebender Bubordinirter, — Wir finden unfern
v. Germar, nachdem er am 15. Gebr. 1810 zum Oberſt
ernannt worden und am 25. Sebr. aus Weimar marſchirt
war, am 29. April d. I. mit einer Erfagmannfchaft von
"800 Mann in Girona angelangt 9. Am 10. Juli 1810
mohnte er dem Gefecht bei Granollerd bei und jog ſich
päter mit den Trümmern des Regiments, das bei
Manrefa einen betraͤchtlichen Verluſt erlitten batte, wie—
der nad Girona zurüd, wo er in Folge ber vielen
Gtrapazen beftig erfranfte. Dad 3. Bataillon beftand
am 15. Dftober noch aus 4 Dfficieren, 2 Feldwebeln,
3 Sourieren, 1 Korporal und 16 Gemeinen. Am 20. Jan.
4811 erfhien endlid von Paris Die Ordre der Auräd:
berufung fämmtlicher deutſchen Truppen in ihr Bater:
land und unfer v. ©. marſchirte am 23. Tau. mit feinem
Bataillon von Girona nach dem füdlichen Frankreſch
zur Mitbewachung der Hüfte ab. Er befand ſich auf
dem Marſch noch immer ſehr leidend und batte feine
MWiederberftellung nähft Gott dem mwadern Dr, Mirus,
Chirurg Rüdiger und der treuen Pflege feined Dienerd
Alberts zu Danfen, was er auch immer danfbar an.
erfannte, Dad Bataillon war indeb durch die Zurids
£unft mebrerer Rekfonvalescenten auß den Spitälern
- wieder um einige Mann verftärft worden und zählte bei
feiner Ankunft in Weimar, melde durch mancherlei
Berzögerungen erft am 29. Juni erfolgte, 12 Dfficiere,
89 Unterofficiere und Gemeine. Weimard Einwohner
begräüßten die treuen Srieger aufs herzlichſte und fie
wurden auf Koften der Bürgerfchaft mit einem glänzenden
Mittagemahl im Schiefhaufe bemwirthet. Die Beſchwer⸗
den eined traurigen, unglädlichen Feldzugs und bie
Mühen eined 200 Meilen weiten Marſches maren nun
überwunden und unfer Obrift rubte in den Armen der
Geinigen. — Aber diefe Ruhe follte nit von langer
Dauer fein, denn im Anfange des Jahrs 1812 rief eine
Drdre des Majorgenerald der kaiſerl. franzöfifben Urmee,
Prinzen von ren, die Weimtaraner von Neuem ind
Geld, Den 19. Sebr. marfcirte dad Bataillon ab und
gelangte am 7. März in Hamburg an. Der Dberfi 9. ©.
ı war wieder ganz bergekellt und trieb während des Mar»
fded Scherz und Spaß mit feinen Umgebungen. Seine
deitere Laune verließ ihn nie, wenn er nur fein Pfeifchen
2) Das Regiment war fdhon früher dahin —
—
* J
f j & £
116 v. Germar.
Stadt begleiteten ed Stunden weit. Der Marfch ging
von Hamburg tt. f. m. nad Gtralfund, me e& biß zum
10. Sept. garmfonirte und in Bereinigung mit beflen«
darmftädtifben Truppen der Bewachung der Oftfeeküflen
Dberft war der erſte zu Pferd md an feiner Seite wurde
‚ein Selöwebel rödtli verwundet. Nach einigen Chargen
eilten bie Stofafen im Galopp davon. Beide Theile
hiten mehrere Dermundere, doc nur wenige Tode.
er Rüdzug auf Wilna wurde nun angetreten. Die
. retirirenden Solonnen ereilten den 9. December Abends
Wilna. Ale Ordnung mar aufgelöft. Hunger, Kälte
und Sroft batte auch die Hälfte des 3, Bataillons waffen -
unfähig gemacht. Den 40. Decbr., nachdem die Stadt
! ⸗
. dv. Sermar. 117
on von feindliben Brandgranaten bearäft Wurde, er
tulgte der Ausmarih. Neberall Brand, Mord, Ylln
berung. Der Marihall Ney hatte Das Kommando äber
immiliche retirirende Truppen übernommen. Die Kos
onne murbe vom Thor aus auf Schußmeite von Kofaken:
ſchwarmen begleitet und am Kownder Berge wurden
auf des Marſchaus Befehl fAmmtlihe Wagen verbrannt,
Auch Die Eauipage ded 3. Bataillond ging in Glammen
auf und die Kriegöfafle wurde geplündert. Das 4. Mes
iment, bei feinem Ausmarſch aus Wilna nur nad 900
- Mann flarf, murde von rulfiiher Kavallerie attaquirt
und dad 2. Bataillon theild miedergebauen, tyeils ges
fangen; Dad 4. und 3. Bataillon fchlug bi6 vor
bie Zhore von Komno durd, wo unferm DObrik des
ferd unter dem Leibe getödter wurde. Unter einem
ugelregen balfen ibm feine treuen Kameraden dd der
ameren Laſt des Roſſes entledigen und fo ereilten
ie Meberrefte des aufgelöften Baraillond Kowno. Der
Augefrerene Niemen wurde überfchritten und am 8. Dee.
nigäberg erreibt. Das 3. Bataillon beftand nod auß
8 Dfficieren und 185 Soldaten. Der Marfd von Königb
berg auf Danzig, wo die retirirende Kolonne am 14, Ian.
1815 einrädte, war mit einer Menge Bangnen ver pft
und felbt einige bedeutende Gefechie, . 3. bei Grauen
burg und Braunsberg fielen vor. Hunger, Kälte,
Mangel an Bekleidung, die Ründlichen Vedereien ber
rufl. leidten Truppen rafften viele Opfer dahin und das
3. Bataillon beftand nur no aus 4 DOfficieren Ba 100
——— * ——————— G. ——— *
e Equipage und Pferde verloren. In dieſer Zeit der
North Fand das welmariſche Bataillon in dem Kaufmann
Srangois le Goullon, einem gebornen Weimaraner, aber
. anfd g au Danzig, einen wahren Wohltbäter. Entblößt
von Allen, felbit von den Notbwendigtten machte unſer
Dorift Die Bekanntſchaft diefed Edlen, der ibn fel
nicht allein reihlih unterftügte, fondern aud, währen
alle 7 Truppen Mangel an Gold litten, dem
Uederbleibfeln des weimariſchen Bataillong eg
‚Ihre bbnupg vorfiredie. Der Brave it dafür, außer da
dm das auögezahlte Geld zurldgegeben ‘ wurde, Un.
belohnt geblieben, aber im Herzen der Wenigen, Die .
jene ünge dort verleben mußten, wohnt fein ndenken
in dankbarer Erinnerung und auch v. G. gedadte auf
dem Gterbebette noch feiner [eonend, — Die Rehe des
Betaillond wurden nun nachdem bie ungebeuere Sterb⸗
Sn
118 v. Germar.
lihfeit noch eine Menge wadere Streiter aufgerieben
‘ batte, mit Den Reſten anderer Truppen zu einen Regis
ment vereinigt, Der Dbrift verließ die Geinigen nie
und obne daß er ein Kommando batte, begleitete er bei
jedem Ausfall die wenigen Waffenfäbigen, wie ein Vater
eine Kinder, Nach einer Aimonatliben Belagerung
ab fi endlih der General Rapp, Gouverneur von
anzig, in Solge des drüdenditen Mangeld an Lebende
bedürfniffen jeder Urt ) und da die Beſatzung durch
Hunger Stranfheiten und Gefechte beinahe auf bem
ritten Theil ibres frübern Beltanded berabgefhmolzen
war, gezwungen eine Kapitulation einzugeben und da
an Ratififation der Kaifer von Rußland verweigerte,
ih mit feiner Garnifon auf Gnade und Ungnade zu ers
geben, Am 42. December zogen laut getroffener Webers
einkfunft mit den Siegern alle deutfden Truppen aus
Danzig: ihren Ruͤckmaͤrſch in Die Sen fonnten fie
jedoch erſt am 30, Tan. 1814 aus den ihnen biflang alte
—— Kantonnements in Caſſuben und im Marien
Jurger Werder antreten. Das weimarifbe Kontingent,
befiebend aud 4 Dfficieren (dem verftorbenen Generals
- major v. Egloffitein **), unferm Obrift v. ©. und dem
‚Lieutenants v. Steuben und v, Schweidnit) und 19 Unter
officieren und Gemeinen, fam am 14, Febr. deff. 3. im
Weimar an. — Doch nad allen diefen Mübfeligfeiten
und Strapagen war unferm Obriſt feine Ruhe A
benn ſchon einige Wochen nab feiner Rüdkehr in die
Dame mußte er von Neuem aufbreden und gegen
ranfreich marſchiren. ber es war ibm nicht vergönnt,
diesmal auf Dem Selde der Ehre rüftig und mutbvoll
‚ mitjumirfen, denn bei feinera Einmarſch in Lüttich brach
er durch einen Gturz vom Pferde dad Bein und mußte
nun bier eine lange —* als unthaͤtiger Zuſchauer ber
Kriegbegebenheiten zubringen, mad ibn oft, der immer
gern. tbaifräftig war und fich ſtets auf dem Punfte seigte,
ed galt, mit dem bitteren Unmutb erfüllte. Tach
einer Genefung begab er fib nad Engbienne, dem
Danpiauarkier des Herzogs von Weimar. Der Fur; dar⸗
auf erfolgte Parifer Griede rief Die thüringer Brigade
*) Nach ven Mittheilungen ded Hauptmanns v. Düring (fieße
ffen Tagebuch der Belagerung von anal 1. 3. 1818, Berl. 1817,
opaen bis zu 53 Rthl.
nd der Scheffel Frodne Srbfen —— DER bi en
zu € . .
°s " des — — &
—X
v, Sermar. 119
nach yaud. hr folgte der Obrift, welcher am 3. Juli
- feine beimatbligen Sluren wieder begrüßte. ber no
/
4
don feierlid mit allen militärifden Chrenbegeugunge
einmal ſollte er fein Schwert zieben, denn Napoleo
Rüdkehr von der Inſel Elba Cim März 1815) und feine
Kriegeräftungen riefen aufs Neue die deutfden Streiter
ind Seld und der Obrift begleitete die beiden beroalih
. pr
: weimar. Bataillone ald Renimentöhef. Am :!
marf&irten_Diefe Truppen von Weimar ab und trafen
am 15. d. M. in der Gegend von Koblenz; und Neumied
ein, wo fie vor dem preuß. General Graf Kleiſt von
Nolendorf % deſſen Armeeforps fie zuaeibeilt mwurben,
fogleih Die Kevhe paffiren mußten. Am 11. Mai über:
Daten fie den Rhein und die 1bhringer Brigade erbielt
ür einige Zeit auf dem niederländifpen Gebiete Hans
sonnementd. Später finden mir die mweimar. Truppen
bei Derennung der Feſtung Bouillon, fo wie bei ber
Belagerung und Einnahme von Sedan, Montmedp,
Meziered und Ebarleville und tbeilweife. bei Der nddt-
" Lien Erfiirmung der Stadt Medobas tbätig mitwirkend,
n Gemäßbeit eined vom Kürten Blüher gegebenen
rmeebefepld wurde am 4. November die thäringifde
Brigade in ihre Heimath entlaffen und der Stab und
das erfie Bataillon langten den 1. Dec. in Weimar an.
Einige Tage vor Dem Einmarfh batte G. die Militärs
verdienfimedaille erhalten, der am 30, Jan. 1816 das
Ritterkreuz des Galfenordens binzugefügt wurde. v. ©,
lebte nun zu Weimar ald Dbrift und Kegimentschef ber
Zinientruppen, murde bei Erridtung des Landſturms
Feldobriſt und ſpater Stadtkommandant, weldden Poften
er bis zu feiner legten Krankheit treuiſch verwaltere, —
Schon mehrere Zabre vor feinem Tode fing der fonft
rüfige Mann zu Fränfeln an, Die dritlihe Hülfe deö
Rathd Dr. Mirus, verbunden mit treuer Pflege feiner
Angehörigen, ftellte. ihn zwar von Zeit au Zeit wieder
ber, ‚aber ſichtbar nabmen feine Lebensgeifter, befonderd
ein Gedachtniß ab, bis endlich nad einem Amonatliden
arten Kranfenlager am oben genannten Tage der Tod
feinen Zeiden ein Ende machte, Gein Begräbniß wurde
n
egangen und dad Zuſirdmen der Menfchen, vorzüglich
vieler Zandleute, * ee ihm Se bewies, mie
fehr er geliebt worden fei. Der von weimar. Mufk
direftor Theuß zur Zeichenfeier des Großberzogs Karl_
*) Deifen Biogr. € im 1. Jahrg. bed N. Nele. ©. 185.
[4
-
\
120 | Preus.
durch fein Bei
Buguf *, fomponirte Todtenmarfch geleitete auch unfern
v. ©. zur Gruft, an welcher der Diafonus Kraufe und
der Obriſt v. Beulmiß, früber v. G.s Adjutant, Worte
ded Troſtes und Gedächtniffes fpraben. — Verheirathet
wor v. G. mit einem Sräulein v. Wagner aus Wien,
aus welder Ede ibm zwei Kinder wurden, 1 Sobn und
4 Tochter; der Sohn, weimariſcher Premierlieutenant
und Abjutant, endete einige Ber vor feined Daterd
Tode freiwillig, die Toter ıt an den weimar, Jagd⸗
‚ junfer v. Häßler verbeirarber. — v. G.s Ueupered war
‚nicht einnehmend und etwas fhmerfäll ig,
nern aber barg er eine Fülle der fdbönften Eigenſchaſſen,
in feinem ne
die ſaͤmmtlich auf große Güte und Menſchenfreundlichkelt
bafirt waren. am Felde war er ganz Soldat und mußte
\ ipiel die Soldaten in jeder Lage zu ers
mutbigen und ie ibre_unbegrenzte Liebe zu erwerben.
Ober nicht allein die Gefühle des Kriegers lebten in
feiner Bruſt, aud die eined_ treuen zärtliden Vaters
und ed gewährte einen genufreiben Anblid, ben er
grauten Soldaten von feinen Enfeln umringt zu_feben
wie er dann in ibre Spiele einaing und fie zu ſich au
die Siniee nahm und ibnen au jeinem vielbemegten
Leben erzäblte. Heuchelei, Speichelleckerei und wie Diefe
Künfte beißen mögen, fannte er nicht, er war offen,
mwabr und bieder und verbarg nie feine Meinung unter
einem Wulf von fbönen täufbenden Phrafen. Mit
intriguen und Unfeindungen, die gegen ibn gerichtet
waren, batte er viel und mancherlei zu Eämpfen; ver
mundeten fie auch fein Inneres, fo bat er doch nie das
Vergeltungsrecht zu üben gefuat. Der einzige Daun
a
Weimar. — fr. A. Reimann.
47. Friedrich Johann Martin Preus,
Militaͤrvenſionaͤr zu Hamburg;
gedoren den 10, Dec. 1784, geſt. den 17. San, 1897 9).
Er war gu Potsdam geboren, war anfänglich Schrei⸗
ber, Diente — im Onietdenfcen Sufarenegiment,
wurde im fiebenjährigen Kriege von den Schweden ge»
fangen und nad Scweden transportirt, rangionirte Ka
ji D Bi i . D . Vs e 65:
RS ER. Merle Ja. 6. on.
Preus. | 1231
eibft, begab ſich auf ein Schiff, litt Schiffhruch und
u bem Wrad deilelben fo lange un bis
er Die Definnung verlor; als er ermadte, fand er fi
an die daͤniſche Hüfte geworfen, unter Menfhen, Die
ibn ins Leben pe ir bemübt waren, Nach feis
ner a nabm er Dienfle unter der daͤniſchen Ars
zillerie, Rand bei_Derfelben feben Jahre und avaneirte
zum Gelbwebel. Er verbeiratbere fi® und warb Vater
eined Sohnes und zweier Töchter. Die Frau und eine
Zocter find lange verfiorben, aud Die zweite Tochter
in wahrſcheinlich nit mehr am Leben. Er nahm feinen
Abſchied aud daͤniſchen Dienften und begab nad
Hamburg, mo er unter die Dragoner trat, bei Denen er
23. Jabre und 5 Monate diente. Bei der Uuflöfung dies
ſes Bu fam er unter das 123. franzdfifhe Regiment,
mit weldem er nab Kußland marfairte.. Bon dort
urückgekehrt, lebte er in Hamburg ald Dollmetfcer.
5m abr 1813 meldete er fih zur Aufnabme unter bie
teimilligen Nämpfer der banfeatifden Yegion, wurde
aber obgemiefen, da er damals {dom 79 Jahr alt war,
Died Fonnte ihn jedod nit abhalten und er meldete
ch aufs Neue und zwar unter der reitenden Artillerie,
ndbem er nur 80 Tabr alt zu fein vorgab, morauf er
dann aufgenommen wurde. Auch fein Sobn folgte feinen
Beifpiel, blieb aber im Felde. Nab feiner Heimkehr
arbeitete er am Baubofe, ſpaͤter wurde er Pfdrtner am
Walſenhauſe, entfagte aber dieſer Stelle, meil fie ibm
je runis mar und lebte feitdem von feiner Penfion und
— — braver Bürger. or zwei Jahren
feierte ber y ee König von England, Marr, fein
bundertjäbriges Geburtöjubildum, Bor 12 Tabren ver»
beirathete er ſich zum jweiten Mal und vor 5 Tabren
nabm er noch eine Urenkelin zu fidhı und —
dieſes Kind, welches nunmehr dad achte Jahr feines
Alters erreicht bat. Er ſtarb, wie oben ermäbnt, in
Ser ein und bradte fein Alter auf bundert und jmei
a
b
Reſte dieſes alten preußifhen Heldenfohnd, fein Vater
war Dreier in Sriebrin6 des Pre Heeren, der Erde
8
122
48. Dr. Franz Paul Scholz,
penſ. Profeffor In Bredlau ;
ged. den 8. Auguft 1772, geſt. den 17. San, 1837).
Scholz, geboren zu Roͤhrsdorf bei Liebenthal, bes
ſuchte vom 5. 1786 das kath. Gymn. in Glogau und
- von 1791 an 3 Jabre die ebemal. Zeopoldina in Bres
lau. Nah erfolgter Promotion ftudirte er bis 1797
Tbeologie und mar darauf bid zum J. 1810 Mitglied
des fürltl. Stifteö zu St. Dincenz dafelbft. Seit diefer Zeit
lebte er, fib einer alüdliben Ehe erfreuend, bis zu fei-
nem Tod ald penfionirter Profeffor in Bredlau, indem er,
wie ſchon früber, fortdauernd ald Privatlebrer und Scärifts
fteller zu wirken ſuchte. Schon in der frübeften Jugend
: hatte er einen großen Trieb zur Naturkunde und Mes
danik gezeigt und ſich auf der Univerfität unter Jung⸗
niß, Thaul und Heyde in diefen Wiſſenſchaften treiflich
außgebildet. ‚Später lernte er auch meteorologifbe ne
j — anfertigen, die fo ausgezeichnet waren, daß fie
elbft im Yuslande viel gekauft wurden. Auch bat er
mit einem feiner beiten Heber⸗Barometer mehrere Reis.
fen unternommen und an vielen Orten Schlefiend die
| I8 über der Meeresflaͤche ausgemeſſen, welche Weigel
n feiner Beſchreibung von Schleſſen benußte. [d
Schrifiſteller bat er 16 namentlich um die Popularifis .
rung der Naturwiſſenſchaften verdient gemacht. — eine
Shriften find: Gefpräde üb. die Naturlebre f. Schu—⸗
fen, Bredlau 1800. — Briefe e. Fatb. Kloſtergeiſtlichen
üb, Aberglauben, Ebend. 1802. — Dad Nuͤhlichſte aus
d. Naturgefdichte. Ebend. 1806. — Wohlf. U. 1816. —
Gemeinnüßige u. unterbaltende naturbitorifhe Auffäge
f. d. Bürger und Landmann. 4 Bdochn. Ebend. 1806 un
1807. — Nüplihe und zwedmäßige Materialien zum -
Diktiren. Ebend. 1807. 2te Audg. 1816. — Lebens: und
‚@ittenregeln f, Kinder. Ebend. 1807. — Mit Sr. Gottl,
"Erdler: Der Schleſiſche Naturfreund. 114 Bde, Ebend.
41809 — 24. — Stleined_naturbiftorifhed Taſchenb. Ebd,
4310. N. U. 1818. — Kurzer Entwurf e, Naturgefb. f.
Dad weibliche Gefchlecht. Ebend, 1818. — *Unterhaltun:
‚gen aus der Länder» und Bölkerfunde. 8 Hfte. Hirſch—
Sn
) Schleſ. Prov. Bi. 1887, 6. Heft,
von Sienen. 128
berg 1819 — 25. — Der beichrende gm 4 Bike.
Breslau und Leipgig 182 — — Werke der
Allmacht oder Wunder der Natur (Zeitſchrift)y. Bres⸗
* 49. Jakob Albrecht von Sienen,
Doktor der Rechte und erſter Syndikus in Hamburg;
geb. db. B. Juni. 1768, ge: d. 17. Jan. 1837,
Das Geſchlecht der von Gienen ift eind der ausge⸗
eichnetſten in Dem Freiſtaate Hamburgd; feit Jabhrbuns
erten baben an deffelben Die bedeutenditen
Ebrenftellen in demfelben befleidet. Der Vater unfers
v. ©. hieß gleichfalls Tafob Albrecht, war Genator in
Hamburg und ald * dieſer Sohn geboren ward, Amt:
mann in Rigebüttel; die Mutter bie Paulina Conra.
dine Stedelmann. Als die Zeit Der Rigebättler Der:
maltung abgelaufen war, Febrte der Vater nah Ham»
burg zuräd und forgte eifrig für die Bildung des Sobus.
Diefer ward zuerfi der St. Michaelisſchule anvertraut,
dann dem Tobanneum, von mweldem er 1737 zum afas
demiiden Gymnaſium überoing, wo er in den Profeſſo—
ren Buͤſch, Nölting, Ebeling Xebrer fand, Die ibn, den
mit guten Anlagen Begabten, trefflid für die Univerfi
tät vorbereiteten. Im Jahr 1739 begab er ſich nad
eng, um Zuriöpruden; zu fludiren: Edbard, Schmidt,
cnaubert, Tuft. Ehrift. Loder murben feine Xebrer,
deren Unterricht er zwei Jahr genoß; von dort ging er
nad Göttingen, wo er im September des Tabrs 1791
zum Doftor der Rechte unter ©. £. Bohmer's Defanate
promppirt ward, Geine Diöputation bandelte über
lex. VIL. Codic. de fide instrumentorum. Noch in dem—
felben Jahre kehtte er nach einer Eurgen Reiſe über
Dreöden und Berlin rei an Kenntniflen in feine Da,
terſtadt zuräd und ward unter die Zahl der Advokaten
aufgenommen. Um feine Dienfchenfenntnig und Erfah⸗
rung zu erweitern, unternahm er im folgenden jahre in
Begleitung feines Bruders, Johannes, eined geadhteten
Kaufmannd, eine größere Reife durch Deutſchland und
fab im Juli die Krönung Franz II. *), die legte eines
*) Deflen Biographie ſ. N. Rekr. 14. Sahrg. ©: 827.
x
+
124 | v. Sienen. u
deutſchen Kaiferd. Nicht lange nad feiner Rädkehr,
ward ihm ein frühes und feltenes Gluͤck zu Theil: er
ward an Nikolaus Matſens Stelle im Jahr 1794 in
einem Alter von 26 Jahren zum Hambingifhen Spndie
kus erwaͤhlt. ee ©: et Im Jahr 1781
zur Bürgermeiſterswürde erboben morden und Fonnte
nun, mit Dem Sohn aud amtlid verbunden, demfelben
durch Rath und Beifpiel Führer fein. Der trefflide
Dater farb im Jahr 1800 und unfer v. ©. blieb im
Haufe der Mutter, Denn erft fpdr Dachte er an Verhei⸗
ratbung, nämlich im Jahr 1820, wo er die Tochter Paul
Amfinds, Eliſabeth A., ebelihte, die ibn nah 2 Tab»
ren Durd Die Geburt einer Zochter erfreute. ein
amtliches Leben war ein für den Staat ſegensreiches
und für Die innere Verwaltung fomobl, alö bei den
mwichtigften Miſſionen nah außen mar er tbdtig. Seit
4819 macte Die Cenſur der politifhen Blätter eine fe .
ner Hauptbefhäftigungen aus und mer bie zug des
Hamburgiſchen Sreiftaates kennt, der wird die Vorſicht,
mit der er dabei verfuhr, nicht tadeln, ſondern den
Mann ehten, der mit der größten Gemillenbaftigfeit
Allem zu wehren fuchte, mas der Eleinen glüdliden Re—
zen Nachtheil bitte bringen Fönnen, aber das mit
orficht ausgefprodene freie Wort nit hemmte. Raſt⸗
Iofe Thätigfeit, die puͤnktlichſte Abwartung —* Pflich⸗
ten war ibm eigen; er muthete ſich Die größten Anſtren⸗
gungen in der Arbeit zu bis tief in Die Nacht binein
und ertrug fie, Er war in bobem Grade mäßig in allen
Genüfen;, Die reich befente Tafel, an der er oft feine
Sreunde bemwirtbete, hatte für ibm felbft Feinen Reiz;
der Glanz, in Dem er, feiner Stellung gemäß, lebte,
blieb von feinem Arbeitszimmer, in welchem er bie
meitte Zeit zubracte, fern; bobe Rechtlichkeit, liebends
mürdige Sreundlichfeit, Die aber der amtliben Strenge
feinen Abbruch that, bezeichnete fein Wefen. Er ers
freute fi, troß aller Anfirengungen, einer treffliben
Gefundbeit, bis fib am Scluffe ded Jahre 1836 hef-
tiged, unleidliches Kopfweh einftellte; dennoch verfah er
feine Anusgeſchäfte bid zum Tag vor feinem Tod; ein
Schlagfluß endete fein Leben. "
=
125
* 50. Dr. Joh. David Weigel,
Duartud emeritud au ver Thomasſsſchule zu Leipzig:
ged. den 26. Nov. 178, gefl. den 17. Januar 1837.
Er wurde zu Zſchocken, obnmeit Schneeberg im ſaäͤchſ.
Ersgebirge geboren, mo fein Dater gleices Namend un
feine Mutter, Tobanne Neubert, fid vom Feldbau nddr-
ten, mit dem ſich aud ibr Sohn von Sugend auf bes
(&äftigen und nachber, troß feiner großen Nei ung kun
Grudiren, dad Schneiderbandwerf erlernen nl a
überfiandenen Zebrjabren und nachdem er bereits
neunzebnte Lebensjahr erreiht batte, zeigte ev oläd.
licherweiſe zur a ont lebhaften Wunſches
offnung, indem einer feiner Verwandten, der als
iafonus zu Dartenftein verftorbene Schubert, ihm nicht
nur Unterricht ertbeilte, fondern aud an feinem weiteren
Bortfommen thätig arbeitete. Auf dem Lyceum zu Schnee:
berg fehte er mit dem angefirengteften Sleiße, fo daß ihn
oft feine Zehrer Davon abhalten mußten, feine s
bildung fort und ging im Jahr 1793 auf die Univerfitäs
zeipni ‚wo er an Dem damaligen Rektor Magnificus,
eſſor Edfar, der ibm das afademifhe Bärgerrecht
——— ertbeilte, einen vorzüglichen Goͤnner fand.
Nah geendigter afademifher Laufbahn widmete er ſich
dem Unterrihte der Tugend mit ſehr glcklicem Erfolg,
unter anderm im Tabr 1800 bei Dem Guperintendenten
Magifter Unger in Borne, ward 1801 Doftor der Ppis
lofopbie, wozu ibm von dem großen Fürſtenkoleglum
dad böbmifdhe Stipendium ertbeilt wurde, und ward
im December 1801 von dem Leipziger Stadtratde dem i
Duartus an der Thomasſchule, M. Chriſtian Auguſt
Siriegel, fublituirt, nach deſſen Tode er als vierter
ordentlicher Lehrer an dieſer ule eingefährt wurde.
ier wirfte er “ur lange Heide von Jahren, ließ Ach
ren un
lebte nun den Wiſſenſchaften,
. %. 1825 emer
namentlich pbilologifchen Arbeiten. — Arm aut dieſe
Belt gekommen, verließ er fie, in Solge feined Fleiße
woblhabend und farb mit dem Bewußtfein, feine ibm
apriepenen Kräfte und Sähigkeiten zum en und
ugen der Jugend gebraucht zu haben.
-L.— ⸗ : - J. B. E. —
126 =
* 51. Albrecht Johann Friedrich Veder,
Prediger zu Rittermannddagen, bei Malin, im Großherzogthum
; - Medlenburg » Schwerin;
geb. im 3.1778, gef. den 19, Januar 1837.
Er wurde zu a per geboren und war.
e
der Aelteſte von den Kindern, me ein, am 23. Aug.
1307, 67 Jahr alt, verftorbener Vater, der dafige Paftor
Joh. Sried. Chriſtoph Beder in feiner Ede mit der ſchon
im 55. Zebensjahr (den 22. März 1799) ibm im Tode
‚vorangegangenen Wilhelmine, geb. Wilke, erzeugte und
von denen nur eine einzige Schweſter unfern B. über»
lebt bat. Srübzeitig Dur den Willen feiner Eltern und
eigene Neigung ji Studium der Theologie beftimmt,
genoß er ** ich den Unterricht ſeines Vaters und
am dann auf die nahe belegene Stadtſchule zu Malchin,
bis er im 5. 1785 die Domſchule in Güllrom bezog, wo
indbefondere der damalige Nektor derfelben, Profellor
. G. Gried, Konreftor J. N. —— Subrektor
E. F. Bardom u. ſ. w. feine Lehrer waren. Seine
Univerſitaͤtsſtudien machte er waͤhrend 3 Jahren zu Ro—
ſtock und Jena und nach Vollendung derſelben brachte
er nur eine kurze Zeit als Hauslehrer in der Famille
eined adeligen Gutsbefißerd zu, indem er ſchon im J.
1793 feinem alt und ſchwach gewordenen Vater ald Ges
“ bülfe und Ddereinftiger Nachfolger beigegeben wurde, —
in den Eheftand trat er zuerft den 18. Sept. 1810 mit
Marie Wilbelmine Springborn, einer Tochter des verſt.
—— zu Treptow und nach deren frübzeitigem
bleben verband er ſich zum zweiten Mal mit ſeiner jetzt
binterlaſſenen Witwe, Wilhelmine, geb. Wadtpaul, welche
beide Eben aber kinderlos blieben. Er verſchied nach
einem achttägigen Siranfenlager, nabdem er beinabe
38 Jahre lang mit mufterhafter Sorgfalt und Pünktlis
feit im Pfarramte daſelbſt gewirkt hatte. Im Drud ers
vg von ihm: Drei Predigten um dritten Zubelfefte
mach: für feine Gemeinde abgedrudt. ©&-
ro .
\
127
* 52. 6 A. Plaßmann,
Pfarrer in Affeln, Didzes Paderborn;
geb. den 24. Mal 1789, geſt. den 19. Januar 1887.
Sein Oheim, der Pfarrer zu Affeln war, unterrich»
tete ibn fo lange, bis er die n thige Bildung, die Unis
verfitär zu befucben, batte. In Würzburg fudirte er
Theologie, wo unter Andern Dbertbir und Onpmußd feine
£ebrer waren und kehrte 1811 von da ald Prieker nach
Affeln zuräd, um feinen Dbeim im Amte zu unterfiäßen.
1824 ward ibm nah dem Tode feines Dbeimd die Pfarre
ftelle zu Theil. is an fein Lebensende. findirte und
las derfelbe unermüdet, nicht nur die Zweige feined Be
rufs, fondern auch die aͤlteſte, ältere und neuere Der,
faffung und Gefeßgebung des Landes und Reichs. Das
Durch ward er ein fehr tächtiger Geelforger, ein wahr,
dafter Water feiner Gemeinde und die Srühte feine
Fleißes und Eiferd zeigten fich in feinem Wirkungdkreife .
befonderd unter der Schul» und heranwachſenden us
gend und den Lehrern.
Bamberg. G. 9. Thiem.
* 53. Dr. Samuel Gottlieb von Vogel,
großherzogl. medienburgs ſchweriniſcher Geh. Medicinalratb, Leib⸗
arzt und Profeflor der Medicin zu Roſtock, Ritter einiger Orden
und Mitglied und Ehrenmitglied vieler gelehrten Vereine;
. geb. den 14. März 1750, geſt. den 19. Ian. 1837.
. Dogel ward zu Erfurt, woſelbſt fein Dater, ver
deirather mit Martha Sophia Kirchmann, .ein wenig bes
mittelter praftizirender Arzt und Vater von 5 Kindern :
war. Bald nad) feiner Geburt befam der Dater den
Ruf ald Profeffor der Akademie zu Göttingen. Er zo
mit feiner Samilie dahin und auf der dortigen Schule
wär der Knabe für die Wiſſenſchaften ausgebildet. Er
erfaßte fie mit dem regften Sleiße und gedieh fo fehnell,
Daß er [bon unterm 11. Julius 1764, volglia im 13ten
- Sabre, unter dem Prorektorat feines Vaters ald Student
auf der Univerfität Göttingen immatrifulirt werden
konnte. Nach einem 7ijährigen Studium erbielt_er,
unter Murrays Prorektorat und dem Dekanat feined Da:
ters, unterm 80. Dechr. 1774 die medicinifde Doktor
würde auf derfeiden Afademie und ging jegt nach Ratze⸗
burg, wo er fib mit Aushbung der mediciniſchen Pras
u .'
‘ N
128 j v. Vogel.
rid beichäftigte. Unterm 4. Auguſt 1780 mard er zum
Sandpdpfifus des Fürftenrbums ahnung vom Herzog
Adolph Sriedrid von Medlenburg-Strelig_ beitellt und
-unterm 20, Tan. 1783 verlieh ibm der Kurfürft von
Hannover auch das Landphyſikat Des Herzogthums Lauen,
burg. Im Jahr 1784 ward er berufen, an der Univers
fität zu Darid den Lehrſtuhl der Medicin einzunehmen,
welcher Dur den Tod des berühmten Tiſſot erledigt
war; er lebnte aber aus Baterlandöliebe dieſen Ruf ab
"und empfing dafür von dem König von England den
Ebarafter eines Hofmedifud unterm 30. Novbr, 1734.
Unterm 5. Jan. 1789 ließ ibm der im J. 1837 verfiors.
bene Großberzog*) dad Hofratböpatent zufertigen und
berief ibn ald zweiten ordentliden Profeflor der Arznei⸗
gelahrtheit an Die damals jüngft erft refiaurirte Unis
verfität zu Roſtock. Er nahm den Ruf an und verband
mit feinem Lehrſtuhl auch bier bis zu feinem Tode die -
Ausübung der medicinifden Praxis. Am 24. Jun. 1796
verbeiratbeie er fih mit Dorotbea Catharina, einer Tod»
er des Kammerherrn von Baffewig zu Gültrom, melde
Ehe Einderlod blieb und dürch ben Tod ber Gattin
am 14. Tan. 1829 getrennt murde. Unterm 26. Tulius
. 4797 ernannte ibn der oder zum Zeibmebifus und
- fellte ibn ald Badearzt in Dem Seebade zu Doberan an
und DB. bat ib in biefer Stellung um dieſe hochwich⸗
tige Anſtalt bis auf die leßte Zeit die größten Verdienfte
erworben, „Unterm 10, Dechr. 1815 empfing er vom
Großherzog dad Patent ald Geheimer Medicinalratb und-
unterm 18. Sebr. 1830 ward er von demielben zum or—⸗
bentlihen Mitgliede der Dafigen Medicinalcommiffion
-befiellt. Die audgezeihneten Berdienfte, welche er ſich
in Diefer geraumen Zeit um die Willenfdaft und um
die Menſchheit erwarb, verfchafften ibm einen ausgebreis
teten Ruf und in und außer Europa, in der ganzen ges
‘ Tebrten Welt fannte man feinen Namen, erfannte fein
x Derdient und erkannte ed durch wohlverdlente Ebrens
—5 en an, die zu gleige Zeit den Zmed hatten,
| ‚ fein 9 in unußen. &o ward er nad und nad) Eb-
renmitglied Der Roſtocker medlenburgifden landwirth⸗
(haftlinen Gefelfbaft, odentlihes Mitglied ber cor⸗
refpondirenden GeſeUſchaft der Pharmazie und Arztliben
Naturkunde zu Koflel, ordentlided Mitglied der Ro—
order medlenburgifgen Gocietär der Phÿſik, correfpon-
*) Deffen Biogr. f. in dief. Jahrg. d. R. Rıkı. unterm 1. Bebr.
— A u u nt rn A rm Lo
v. Dogel. — 129
dirended Mitglied der Societdten der Pharmazie, fo
wie der medieinifden Schule zu Paris, Ehrenmitglied
der phnfiih»medicinifchen Socierät ju Erlangen, cor-
reipondirended Mitglied der literarifden Comitdr der
kaiferliben menfhenliebenden Geſellſchaft zu St. Peterk
burg, odemtlihed Mitglied des Kofoder, patriotifchen
Dereins, correfpondirendes Mitglied der Akademie der
Miffenihaften zu Münden, correfpondirendes Mitglied -
der iehleinijQ = hirurgiiiden Gocierdt zu Berlin, Ehren
mitglied bed Upotbefervereind im nördlichen Deutſch⸗
lond, ordentlibed Mitglied der Ednigl. oclerät der
Wiſſenſchaften zu Göttingen und Ehrenmitglied des Der
eins für die Heilfunde in Preußen. Die audgezeichnerfte
Unerfennung feines Derdienfte erhielt er aber von der
Faif. Geſellſchaft der Naturforſcher zu Erlangen durch
die Worte des ihm am 1. Dft. 1808 eingefandten Mit
gliedöbiplomd: Eruditio Tua in perscratandis naturae
operibus admirandis, studium, et praeclara 'Tua de exco-
lenda et amplificanda mecdicina, tam theoretica quam
practica, merila, non nobis solum sed toti orbi literario
cognita perspectague jam exsistunt. Esto igitur ex me-
sitO nanc quoque noster! Esto academiae caesareae na-
turae curiosorum decus et augmentum, macte virtute Taa
et industria! Am 90. Dec. 1821 begingen feine Kolle⸗
gen in Roſtock feierlich fein SOjäbriges Doktorjubiläum.
- Er empfing zu diefem feſtlichen Tage, unter Bergmanns
Proreftorat und Blumenbachs Dekanat, die Blüdwänide
ber Univerfität zu Göttingen und ein erneuerted Doftor-
Diplom und fein Landesherr fehrieb ihm: „Ich bin “ds
nen aufrichtig 5 Sie haben während der langen
Zeit, daß Sie in Medlienburg wohnen, mir und dem
Daterlande, die erſprießlichſten Dienſte geleitet. Ems
pfangen Sie meinen. aufrichtigen und treu gemeinten
Stü ung zum morgenden Jubeltag. Gott erhalte
Sie noch ferner zum allgemeinen Nußen fo vieler Leis
denden. Erhalten Sie mir ferner Ihre Freundſchaft
und fein Sie fer überzeugt, daß ich mit der unmwandel-
baren Werthſchaͤtzung ftetd Ihr getreuer Freund fein
werde.” Unterm 4. Det. 1823 erdielt er vom König
a von Preußen ein eigenpändiget Hand».
reiben, welches ihm den rothen Adlerorden Dritter
Klaſſe brachte, im Auguſt des Jahrs 1832 aber ward er -.
vom König von Baiern in den Ädelſtand erhoben und.
die Königin feld Idmädte ibn mit den Iinfignien des
Eivilverdienkorden® der baleriſchen Krone. Seine Kor⸗
RM, Nekrolog. 15. Jabra | 9
N
— *
x *
4
130 * v. Vogel. | '
refpondenz mar die audgebreitetfte, die man ſich denken
kann und rährend find die Beweiſe der Liebe und der. -
Dankbarkeit, melde er von allen Geiten empfing und.
die fein ſchriftlicher Nachlaß ergibt, In welchem fi viel
fache ‘Briefe der ausgezeichnetften, zum Theil fuͤrſtlicher
Nerfonen, hamentlib aud fämmtfider Mitglieder
feined Fürftenbaufed, vor allen aber des verftorbenen
Großberzogs finden, voll ber freundfichften Huld und
ded feiteften Bertrauend. Der ebrmürdige Greis ers
eranfte im Unfang des Tabr& 1837 an der Grippe und
(eine Körperfräfte reiten nicht mehr zu, um diefer
ranfbeit zu widerfiehen. Er fab dad ein, ing gefaßt
den Tod entgegen und bebielt, dad volle Bewu tfein
bid fat Ar Sterbeftunde, die nad einem Furzen
Kampfe am oben genannten Tage eintraß. — U. war
ein redlicher Mann, ein liebendmwürdiger Breiß, ein treuer
Freund und feinem Kürten und Vaterland ergeben bi®
in den Tod. Eingedrungen in Die innerften Tiefen feie
ner Wiffenfoaft, leitete er Ausgezeichneted ald Arzt, als
‚ Zebhrer und ald Schrifiſteller; verfichmäbete aber nie, von
Undern zu lernen und mitmete der Wiſſenſchaft feine
Anfirengungen mit jugendlicher Geiſteskraft bid an das
Ende. Uneigennügig balf er gern dem feidenden, mo
er ihn aud fand. — Bildniffe von ihm find: Bor 9.
&. Maflus’d medic. Kalender f. erste und Nichtaͤrzte
(Moftod 1813). — Vor Ruſt's Mag. für Heilk, BP. 2.
1821. — Auch einzeln in Duariformat, Fec. A. A. Tisch-
bein 1881, Berlin bei Reimer. — Im Drud erſchienen
von ibm folgende Schriften:? Diss, jnaug. de litophago
et polyphago Ilfeldae nuper mortuo de disserto. Getting.
1771. (Daifelbe deutſch Berl. 1781.) — Derfuc einiger
medicinifcb »praftifden Beobachtungen. Goͤtt. 1777. —
Handbuch d. prakt. Arznrimiflenfeaft. 6 Tbl. Stendal
1731 — 1816. N. Aufl. 1816 — 21, — Unterricht für
Eltern u. Erzieber, wie das unglaublich gemeine after
der zerftörenden Selbfibefefung am fiderften zu entdef-
fen, zu verbüten und zu beilen. Ebend. 4786. 2te verm.
Yufl. 1789. (Wurde ind Holländifhe u. Daͤniſche über»
fegt.) — Diatribe modico -politica de causis, quare tot
submersi in vitam non revocentur. Hamb. 1790. (Erfdien
daf. 1791 auch deutfch u. wurde ins —— * über
feßt.) — Kurze Anleitung zum gründlichen Studium d.
arsmeiiolfienfaaft Stendal 1791, — Ueb. d. Nugen u.
Bebraud d. Grebäder, Ebend. 1794. — Das Kranken,
Eramen. Ebend. 1796. — Zur Nachricht und Belehrung
v. Garlowip. 131
Ueber die Seekuren in Doberan im 9%. 1798, für Fünf
tige Badegäfte. Ebend. 1799 — Unnulen des Seebades
u Doberan vom Sommer 1709 Ebend. 1800. — Neue
nnalen d. Seebaded zu Doberan v. 1WI — 12. Ebd.
1804 — 13. — Einige antbropologiide und medic. Er
fahrungen. Ebd. 1805. — Sleine Schriften zur poluld
ren Medicin. 3 Bdchn. Berlin 1814. — Baderegeln ıc.
@tendal 1817. N.Q. 1822. — Handb. y. ridrigen Kennt
niß und Benugung d. Geebadeanftalt ju Doberen. Be
1819, — Allgem. diagnoſt. Unterfuhungen 2 The. Ebd.
1824 u. 1831, — Ein Beitrag 3. Lebre von d. geridtb.
ärztliben Zurehnungsfäbiafeir. 2te verb. Aufl, Ebend.
4825. — Bemeid d. unfhddliben u. beilfamen Wirkuns
gen des Babend im Winter, Berlin 138. — Summe
rifhe Zufammenftelungen d. fämmtliden Gefihtspuntte,
morauf d. Phyſiker in ihrem Wirkungskreiſe Ihr Augens
mer zu richten haben. Roſtock und Bllrom 1832. —
Medicinifhe Beobachtungen und Memorabilien aus der
Erfabrung. Stendal 1831. — Ueberfegte: R. A. Vogel
Kleine med. Schriften; a. d. Fatein m, Anmerf, 2 Thie.
femao 1778, — Tac. Eurtid Reiſe nach der Barbarei im
J. 1801; a. d. Engl. m. Anm. Roit. 1804. — Gab der
aus: U, F. Löffler Vermiſchte Auffäige u, f. w. Mit
Dorrede, Zufägen u. Bemerf, Stendal 1801. — Hatte
Untheil an einer Jnauguraldifferration von A. F. Zeller
u. lieferte Beiträge zu Baldingers N. Magaz. f. Aerzte,
um Hannov. Magaz., zur Berliner Monatsſchrift, gi
ichters chir. Bibliothek, zu d. Mecklenb⸗Schwerin. Ka
lender ꝛc. ıc. und ſchrieb Die Vorrede zu Jod. Herm.
Beder Verſuch einer Nahrungsmittelkunde (Stend. 1810
u. 1822) u. zu Sof. Roffi, Ueber die Art und Weiſe d.
Todes d. Hof. Kronprinzen v. Schweden.
Roftod. Crull.
54. Karl Adolph v. Carlowitz,
Sönigl. preußifcher Generallieutenant u. Gouverneur von Breslau,
Nitter mehrerer Drdens -
"geboren den 21. Juli 1774, geft. am 20. Jan. 1887 9.
v. — ſtammt aus einem alten ſaͤchſ. Geſchlecht
und wurde auf dem vaͤterlichen Gute Groß⸗Hartmenns⸗
dorf bei Sreiberg im ſaͤchſ. Erigebirge geboren. Gein
*) WBredl, Beit. 1837. Ne. 27. — 2⸗
132. v. Carlowitz.
ater mar kurfuͤrſtl. ſaͤchſ. Oberſtlieutenant und Kreis⸗
——ãX des erzgebirgiſchen Kreiſes; feine Mutter
eine geborne 9. d. Saul aus dem Haufe Zeibnig.
Er war der ältefte von ſechs Geſchwiſtern — vier Br
dern und zwei Schweftern — von denen zwei Brüder
noch jegt die hoͤchſten Staatsaͤmter im Königreih Sad»
fen und im Herzogthum Sachſen⸗-Koburg Gotha bes
Eleiden. Im elterliden Haufe erzogen, genoß er feine
erfte Bildung durch Privatunterricht, bis er, zu viel
feitigerem Unterrit und zur Vorbereitung zu militäri«
fen Studien, einem fächl. Artillerieofficier in Freiberg
in Penfion gegeben wurde, Won dort trat er i. J. 1786,
-vierzebn Gabr alt, ald Kornet in das rg Kurfürft
Küraffiere, welches damals In der Nähe des väterlichen
MWobhnfiged in Marienberg in Garnifon fand, Gpäter
wurde er zu der Garde Du Korps nad Dreöden verfegr,
machte in diefer die Belagerung von Mainz i. 5. 1793
und mehrere Fleinere Gefechte jenes Feldzugs mit und
diente in Demfelben Regiment bis zum Rittmeiſter. —
Durch den Tod feines Vater, um das J. 1797, kam
G, in den Beſih eined Familienmajoratd mit den bedeu-
tenden Grundbefigungen Groß: Hartmannedorf, Liebftadt,
Schönau ıc. Die Rube des Friedens, deſſen Damals
das nördliche Deutfchland inmitten der Siriege ſaſt aller
übrigen europdifhen Staaten genoß, bewog ibn, bdus.
liched Gluͤck in Ländlicher Zurüdgezogenbeit auf dem Erbe
feiner Väter k ſuchen. Er vermäblre fib im J. 1707
raͤfin
mit einer G v. Pätting und Perfing aus Böhmen,
‚nabm den Abfcied und zug fich auf feine Ghter zuräd,
Mebr ald fandwirtbihaftliden Beſchaͤftigungen, die ibn
weniger zuſagten, lebte er bier Den Wiffenfchaften und-
wußte nicht allein durch Bücerfudium, fondern auch
durd lebendigen Umgang mit ausgezeichneten Gelehrten,
welche er in feine Näbe zog, fi Die vielfeitige, gedie—
ene Bildung zu erwerben, melde noch im fpdten Alter
einen Umgang fo lebrreih und intereffant machte, Er
- jammelte eine auserlefene Bibliothek und fein Landfig.
war ber beliebte Sammelplag für Männer, welche Gei
und Gemüth oder Kenntniffe und Kunffertigkeiten über
das Alltägliche erbeben, Diefe, nur geifliger Thätigkeit
gewidmete Muſe wurde Dur die große Ummälzung,
weiche Dad J. 1808 and über Sachſen brasdte, unters
broden und Die kriegeriſchen Zeiten, melde berfelben
folgten, reizten auch v. E., damals in der Blüthe der
männliden Kraft, fid von Neuem dem Siriegädienfte zu
-
4.
v. Carlowid. 133
:widmen. @r trat 1909 als Rittmeißer toieder in Dienk,
wurde Adjutant ded Senerallieutenantd von Zefhwih,
welcher die Kavallerie des ſaͤchſ. Kontingents Fommans
dirte, mad zur franzöf. Armee ftieß und machte in dieſem
Verdaͤltniß den Krieg 1809 gegen Oeſterreich wit. Die
fühl. Truppen, dem Korps des Marſchalls Bernadotte
einverkeibt, nahmen Theil an den Gefechten von Lin
Amfädten und an der Schlacht von Wagram. —
v. C.
.erbieft für Auszeichnung in dieſer Schlacht den ſaͤchſ.
einrichsorden Sr Klaſſe und batte ſich das befondere
Zutrauen des franzoͤſ. —— jegigen Koͤnigs von
Schweden, erworben. In dad Daterland zurädgefedrt
und zum Major befördert, gab ihm fein König einen
roßen Beweis des Mertrauens in feine die gemöhn
ihen Formen des Dienftes Gberfchreitende militärifch
Bildung, indem er dem ebemaligen Kavalleriften, die
Formation des Damals zuerſt in Sachen errichteten Jägers
batailons übertrug. Nachdem er fib dieſes Auftrags
eutledigt, erhielt er das Kommando Aber daffelbe, wel⸗
ches er,. mittlerweile zum Oberſten avancirt, noch im
J. 1813 führte, wo er mit dem Bataillon in Torgau in
Garnifon Rand, ald der unerwartete Ausgang ded denk»
würdigen Feldzugs in Rußland Sachſen zum Kriegds
fhauplag für die Befreiung Deutfhlands machte. — Die
elliirten Heere zogen in Sresden ein, überſchritten Die
- Elbe und befegten fa ganz Sehfen. v. ©. gebärte zu
die Be
denjenigen Sachſen, deren deutſches Her freiung
ibres Vaterlands von der glaͤnzenden, an Knecht⸗
(daft herbeiwuͤnſchte und welche glaubten, die Stunde
Der Sreibeit nabe beran. — In Dresden batte Kaifer
Alerander bald den für alled Gute und Edle empfäng-
lien, tiefgebildeten Mann erkannt, er beehrte ibn mit
feinem Bertrauen und fendete ibn mit Aufträgen an den
König von Sachſen nah Prag, welche dad Anfchließen
deffelben an die gemeinfame Sache bezweden follten. -
Als aber die traurige Wendung der Dinge nach der
Schlacht bei Züßen, den Beitritt Sachfend verhinderte, -
bat v. C., Fompromittirs in den Augen des franzöfifden
Gewalthabers, feinen moblmollenden König um den
Abſchied. Er begab fib bierauf, anfangd in das oͤſter⸗
reichiſche, dann in dad Verbündete Hauptquartier und
machte dort in der Nähe des Kaiſers Ulerander, Der
feine auögebreiteten HLulH Stenntniffe zu benußen
verſtand, die Schlacht von Baugen mit. Er trat nun.
old General in ruf. Dienfte und als nad, der Sclacht
⸗
% .
154 dv. Carlowitz.
von Leipzig In Dresden ein ruf, Gouvernement für das
Königreih Sachſen unter dem Fuͤrſten Repnin errichtet
- wurde, trat er in daffelde ald Gouvernementörath und
Chef des Siriegödepartements. Als fölcer leitete ‚er die
"Srrihrung des Banners der freimilligen Sadfen, an
deffen Spitze als kaiferl. rufl. Generalmajor er fodann
u dem 5. deutfhen Bundeskorps, unter dem Kommando
ed Herzogs von Sachſen⸗Koburg, ftieß, mit welchem er
der Blofade von Mainz i. 3. 1814 beimohnte. — Nace
dem dur den Parifer Srieden auch Mainz getallen,
wurde er von dem Staifer Alerander nad Paris berufen
und folgte demſelben aud zum Kongreb nad Wien.
. Sein intimed DVerbältnig mit dem Minifter v. Stein *),
„der v. ©. fehr ſchaͤhte, haue mefentlich dazu beigetragen,
ibm dad Vertrauen ded ruf. Monarden zu geminnen,
Als fi ibm aber im Laufe des Wiener Stongrefles bie
Belegenbeit dazu darbot, verließ er, mit dem Faiferlid
ruf. St. Annenorden ir Klafle gefbmüdt, den ruſſiſchen
Dient und trat mit, befonderer Vorliebe in preußiſche
Militärdienfte. — Die plögliche Ruͤckkehr Napoleons nad
Sranfreich befchleunigte das Ende bed Kongreffes und
v, E, ging ald Bevollmäctigter feines neuen Herrn in
dad Hauptquartier der Faiferl. Öfterr. Armee, melde fi
‚unter dem General Grafen Srimont **) in Stalien zur -
fammenzog. In diefem Derbältniß machte er den Feld»
J von 1815 im füblichen Frankreich mit. Nach ber -
Müctenr des Öfterr. Heerd aus Sranfreih wurde er 1315
im Dftober jnfpefteur der Landwehr in einem Theile
der neu ermorbenen fächfiiden Provinzen und batte fein
Standguartier anfangs in Halle, fpäter in Merfeburg,
Er genoß dad befondere Dertrauen und Wohlmollen des
fommandirenden Generald Grafen Kleiſt v Nollendorf *)
und der Aufenthalt in Halle verſchaffte ihm durg den
Eipiden Verkehr mit den ausgezeichnetſten Gelebrten der
niverfität eine feinen Meinungen entfprecende Be—
nugung feiner Mufelunden, 1821 wurde er zum eriten
- Kommandanten von Magdeburg, in melder Stellung -
er den 30. März 1822 zum Generallieutenant avancırıe
und 1924 zum Vicegouverneur von Mainz ernannt.
beiden Derhältniffen erwarb er ſich nicht nur die Zufries
denbeit feines ibm ſtets gemogenen Königd, fondern au
°) Deffen Diogt. f. WR; Netr, 9. Sadız. ©, F |
es Yu Rn _ 1. — 188.
v. Carlowitz. 135
De Liebe nud Andanglichkeit der Truppen und die Do
achtung und Verebrung der Civilbebörden und ee
wohner in den vielfeingen Berührungen mit ihnen. Als
Daber i. 3. 1829 Dad Bouvernement von Mainy.vertragbe
mäßig an Defterreich Überging und Damit fen Berbältmiß
ald Vicegouverneur aufhörte, ernannte ibn der König, in
inerkennung feiner treuen und würdigen Dienfte zu dem
. Eprenpoften ald Gouverneur der Haupt» und Refidenz
adt Breslau, — waͤhrend die Verleibung des Gro
reuzes des kaiſerlich Öfterr. Ordens der eiſernen Krone
und des großbergogl, heſſ. Ludwigordens, die ibm von
den auswärtigen Mächten, zu welchen er in jener Stel⸗
lung in Berbältniffen gehanden hatte, gezollte Anerken⸗
nung bezeichnete. Der König belobnte feine Verdienſte
mit dem rothen Adlerorden Ar Klaſſe. Die mwürbdige
Mufe, welde v. C. in feinem neuen Derbältniffe fand,
benugte er zur Ruͤckkehr zu_feinen Lieblingsbefhäftigune -
gen, den Wiſſenſchaften. Mit aufmerkfamen und erfab⸗
renem Blide verfolgte er die, gefdichtlihen Entwicke⸗
lungen der Zeit, Feine beachtenswertbe Erſcheinung in
irgend einem Gebier der menſchlichen Thärigkeis ging
unbemerkt und ungemwärdigt. an ihm vorüber und mer
Das Glüd harte, in irgend einem geiſtigen Verkehr mit
ibm zu fteben, wird ſelten ibn verlaflen baben, obne
von ibm neue intereflante Bemerfungen ald Ausbeute
Davon zu tragen und die vielfeitige gelebrte Bildung
des anfprudslofen Mannes zu bewundern. Schon gegen
dad Ende ded Sommers 1836 wurde €. von Der er⸗
ſucht befallen, welche Anfangs ſchneller ſeinem Leben ein
Ende zu machen drohte, ſpaͤter aber durch den Anfchein
der — viele ſeiner Freunde mit der Hoffnun
dauernder Wiederderſtellung erfüllte. Dieſelbe Haff⸗
nung ſchien auch ihn zu taͤuſchen, der im Anfange der
Kranñfheit mit mwürdevoller Faſſung ſich auf fein Lebens⸗
ende vorbereitet batte. Noch am Abend des 20. Jan.
war er beiter und gefprächig und empfing den Beſuch
mebrerer Sreunde,, mit denen er * auf gewohnte Weiſe
unterhielt. Nach 10 Uhr in der Nacht wurde er ploͤtzlich
unmwohl und ungeachtet aller durch den Waͤchter ſo⸗
herbeigeſchafften Hülfe war er im Zeitraum einer
iertelftunde fanft entilafen. Seine irdifden Ueber.
refte wurden am 24. Morgens auf dem daſigen Sarnifon-
fircbbofe mit allen militärischen Ehrenbezeugungen_ feier-
lich beigefegt , dann aber auf Anordnung feined Sohns.
de& berzogl. fachfen-koburg. Kammerderrn und Gefwäftd. .
\
*—— ww
>
-
186 - ’ - Richter: a:
zraͤgees am k. ſaͤchſ. Hofe, nad der Samillengruft In Groß⸗
Hartmannöderf abgeführt. — Die Grundilge feines Cha⸗
rakters waren Biederfeit, Milde, dobe Uneigennügigkeit -
und eine aud der Seele Fommende Freundlichkeit gegen.
edermann. Wer je in feiner Hingebung gelebt, — denn
- feine große Anfprucslofigfeit erforderte zu feiner vollen
ürdigung mebr ald eine blos konventionell⸗geſellſchaft⸗
tie Berührung — wird ebenfowohl von dem Reihtbum
und der Fuͤlle feined Gemuͤths als von der Tiefe feiner
Rinfichten und feines ſcharf beobachtenden Geiſtes ergriffen
worden fein.
35. Carl Ludwig Richter,
‚Kaufmann zu Frankfurt a. d. O. F
ged. den 4. Zul. 1764, geft. den 20. Jan. 18897 %
Er war der Sohn eines armen Landpredigerd in
Wellmitz bei NeusZelle. In filer Iändlier Einſam⸗
Feit unter großen Entbebrungen, durch den frommen
Sinn des Haufed erzogen, bildete ſich in ihm fruͤh die
Liebe zu einem einfamen, naturgemäßen und religiöfen
geben. Der BDater, parrierdaliih in Sitte und Leben,
ernft und ſtreng, unterrichtere die Kinder ſelbſt, deren er
eilf hatte. Bei feinem Tod lebten ihrer noch fieben, 5 Kings
ben und 2 Mädchen; unfer R. gehörte zu den jüngften
Kindern. Einer der diteren Söhne, Samuel Friedrid R.,
erbielt dad Pfarramt des Vaters und wurde dadurd Die
Stüne der Mutter und Der Verſorger feiner jüngeren
Geſchwiſter. Nachdem unfer R. noch eine Zeit lang im
elterliben Haufe von feinem 10 Jahre älteren Bruder
Unterridt und Unterhalt erhalten hatte, wurde er mit
feinem Bruder Wilhelm, Der ald penf. Rektor und Gym»
nafialprofeffor in Guben febt, aufs Gnmnafium nad
Guben gebracht. Hier fand er, ein armer Sinabe und
—— ald Stoftgänger feinen Tiſch bei wohlthaͤti⸗
gen Menfden und fang vor den Thhren. Diefem Edor⸗
gefang verdankte er feine große Liebe zur Muſik, die ibn
urh das nanze Leben begfeitete und ihm eine Duelle
reihen Benuffes wurde. Er fpielte die Gelge, auf wels
der er ſich noch einige Tage vor feinem Tod, ald er
nicht mehr fingen Fonnte, die Melodie eined alten Cho⸗
ral& vorfpielte, Er fehlte nicht leicht in einen Konzert
und war bad Berter irgend erträglich, fo verfäumte er
, W Bronkfarter vatriotiſches Wochenblati. 1857. Ru. &
Kichter. 187
keine Wachparade, der Muflt wegen. den Konzer⸗
ten fuchte er fi die emo oder, ſprach mis
Seinem und war ganz Ohr. Gern hätte er Theologie
Bubirk aber megen feiner großen Armuth gab er auf den
ath feines Älteren Bruders dieſen Entfchluß auf und
ing in feinem 15ten Jahr als —— in die Eckholdt⸗
de Handlung zu Frankfurt a. d. D., in das Haus, das
59 jahr lang der Schauplatz feined Wirkens geweſen
it. Bei der beſchraͤnkten Lage, in welcher fi die Hand»
lung befand, baste der junge Richter ald Zebrling eine
fehr beſchwerliche und fpdterbin als Diener keine glaͤn⸗
sende Stellung. Nah dem Tod feined Principald, der
. den 1. Sebruar 1706 Rarb, führte R. dad Gefhätt der
Witwe zwei Jahr dindurch mit großer Treue und felte
ner Uneigennügigfeit fort, bi fich Diefelbe mit dem
Kaufmann Albrecht wieder ebelid verband. Diefer
ſchenkte dem bewaͤhrten und treu erfundenen Diener fein
volled Vertrauen und überließ ibm Die Leitung des gan⸗
sen Geſchaͤfis, Dad fich bid zu Albrechis Tode, der nad
5 Jahren einer slädlihen Ehe erfolgte, bedeutend per
doben hatte. R. verdeirathete fig nun am 13. Oktober
41805 mit der Witwe und ward ein gemiflenbafter Vater
der Kinder, die fie ibm zuführte. Sie batte aud der
erden Ede einen Sohn, der jegt noch im Haufe lebt,
und aus der zweiten Ehe eine Tochter, die an den Kaufe
mann Schmugler verheirathet, und einen Sohn, der Com⸗
miffiondrath und Kaufmann in Berlin if. Ihrem drit⸗
ten Gatten gebar fie zwei Söhne, von welden der dis»
seRe nunmehr der Handlung vorftebt und Der jüngere
Kandidat ded Predigtamis ik. Nah einer fehr glüͤckli⸗
den und zufriedenen Ede von 214 Jahren ſtarb ibm feine
Srau den 23. April und eu Leben ward feit der Zeit
noch einfamer und Riller, bis er ſelbſt ſein muͤdes Haupt
zur Nube legte und nach einem kurzen — ſtill
und ſanft verfhied. — Wenn man das Leben des Men⸗
ſchen nach un äußern een beurtbeilen will,
fo würde R.’8 Leben als fehr unbedeutend und freuden⸗
leer erfcheinen: denn er batte fib von der Welt und
allen gefellfcaftlicyen Kreifen ganz zurädgezogen und
war nur Wenigen befannt. Die Stille war das Ele
ment feines Lebend. Er hat außer Buben und Muͤnche⸗
berg nie eine Stadt gefeben und wie lieb er die erftere
auch batte, fo bat er fie doc feit feinen Schuljabren
nicht wieder befucht, obgleich dort zwei feiner Brüder
wohnten. Nur dreimal bat er feir 4779 kleine Landrei⸗
[dd
’
188°: F Schneider.
ſen und zwar nach ſeinem Geburtsort — aus Die
tät gemacht. Dabei war er dog in feiner Einfamkeit
und im bäudlihen Leben ſehr gluͤcklich und (prad ern
mit gleichgefinnten Sreunden, Die ihn in den Abendſtun⸗
den befuchten, über die Erfcheinungen Ded Tages. Seine
gektüre war immer ernften Inhalt, am liebfien Ers
bauungsbächer. Der Sonntag war ibm ein, beiliger
Sag und nicht nur in der Kirche, fondern au im Haufe
- und Herzen mar ihm fonntäglid zu Muthe. Wie ver -
borgen und einfach auch fein Zeven war, fo bat er doch
im Stillen, fehr viel Gutes gewirkt. Er war wohlthäs
tig genen die Armen, bälfreich für milde Stiftungen
unterftägte arme Schüler und Studirende und mie
feine Bitte für wirkliche Notb zuruck. Aber von dem
len durfte Niemand reden und der Dank machte ihn
ngftlih. Untreue Leute entließ er aus feinem Dienft
ohne Geraͤuſch und feibft wo der Betrug arg und offen.
fundig war, £lagte er nicht. — Ald Kaufmann warı er
von entfchiedener Rechtſchaffenbeit, Zuverläffigfeit und
Erfahrung, ald Bürger treu und pänftlich in feinen Vers
Karunaen, nicht ohne Theilnabme für die Öffentliche
oblfahrt.
56, Dr. Zohann Chriſtian Jakob Schneider,
EOfrath und Kreisphyfikus zu Grefeld;,
. geb. den 7. Nov. 1967, geft. den 2. San. 1887 9.
Er war zu Dinslacken, woſelbſt fein Vater koͤnigl.
preuß. Lanbjäger und Sorfifaffenrendant war, geboren,
eo im 5. 1786, durch eine tuchtige Schulbildung, vor»
bereitet, Die Univerfirät Duisburg und fpdterhin Goͤttin⸗
en und widmete fi mit Eifer und Luk dem Studium
er Mebdicin. - Nachdem er 1790 zum Doftor promopirt '
und am 7. September 1791 zu Berlin ald prafti *
Arzt — worden war, begann er in Crefeld ſeine
thaͤtige Laufbahn und erwarb ſich bald durch ſeine aus⸗
gezeichneten Kenntniſſe, dur feinen. ſcharfen und rich⸗
tigen Blick, fo wie durch feinen umgängliden Charakter
das allgemeine Zutrauen und die Liebe und Achtung feis
ner ae Im zadr 1806 zum Arrondiffementsarzt
ernannt, erkannte das damalige franzöfifche Gouverne⸗
ment außerdem feine Verdienſte um die gluͤckliche Bes
bandlung des im Jahr 4808 und 4810 in Erefeld und
*) Rad) Zeitungsnachrichten.
-
+
d. Summe. 189
der Umgegend herrſchenden bößartigen Tnpbus und um
die Einführung und Derbreitung der ugblatterime
pfung durch die Verleihung einer Medaille au. Nach
der Wiedereroberung der dießfeitigen Provinzen beflde
sigte- das Seneralgouvernement ihn in feinem Amt, wor⸗
auf er im Mai 1817 zum Kreisphpſikus ernannt und im
November deſſelben Jahrs von dem König den Eharak
ter als Hofrath erbielt. Seitdem wirkte er in feiner
fehr ausgedehnten Praxis, Die Kb meilenweit über die
ganze Umgegend erfiredie, umaußgefegt shätig, pflichttrem
und mit dem gluͤcklichſten Erfolg. tetö uneigennägig
und anfopfernd für dad allgemeine Wohl, nahm er au⸗
ger feinen vielen Berufsgeſchäften während einer langen _
Heide von Jahren als beigeordneter Bürgermeiſter und
fpäter als Stadtrath an der Verwaltung Der Gemeinte
angelegenheiten Crefelds unmittelvaren Antheil und Rife
tere fi befonderd auch dadurch ein unvergängliced Ans
denken, daß er im Jahr 1828 an der neuerrichteten Hand»
werferfranfenanfalt Die Arztlihe Behandlung unentgeld«
lid übernahm, wodurch das Zortbefieben und die wohl
thaͤtige Wirkfamfeit derfelben erſt begründer wurde. Nach
und nad füblte er jedoch nach einem Leben voller Muͤ—
er und Arbeit dad beranannadende Alter und er (a
& nad einer Stüße um, die er au an feinem bo
-nungsvollen Sohn, dem Dr. Friedrid Schneider. fand.
Aber leider wurden feine legten Lebensjahre durch eine
Unterfuhung geträbt, Die Aber jenen wegen Theilnahme
an burſchenſchaftlichen ee I perbängt wurde
und befümmert um das ungemiffe Fed ded Sohn,
dem er die Sorge -für feine zahlreiche Samilie anver⸗
trauen mußte, beihloß er fein Zeben, Dad er in Heiter
keit und Ruhe hätte enden mögen. :
57. Georg Karl von Sutner,
Reidyds und Staatdratb, Vorſtand der Staatsſchuldentilgungb⸗
commiſſion in Münden;
geb. ben 30. (31.) Dätcher 1763, geft. den 23. Sanuar 1837 *).
Er war der Sohn eines bürgerlichen Bortenmachers.
Eorbinian Sutner zu Münden: Nach vollendetem
Rechtsſtudium auf der Univerfität zu Ingolftadt, mo ibm
mit größter Auszeichnung dad Diplom ald fie
centiat der Rechte d. 21. Julius 1785 zugetertigt wurbe,
*) Rack einer gedrudten Rede.
8%
140 \ v. Sutner. [)
trat er nach zurückgelegter Praris bei dem kurfarſtlichen
Landgericht in Dachau im Jahr 4788 als innerer Rath
de Münchner Magiftratd in das Öffentliche Geſchaͤftsle⸗
ben. Im folgenden Jahr erbob ihn Kurfürft Karl Theos-
dor ve ne (om Ir —— in den —2
Fruͤhzeitig traf ©. als innern Stadtrath ein trauriges
Ereigniß, das —— ſehr fuͤhlbar auf ihn einwirkte:
es war die Ungnade des Kurfürſten Karl Theodor gegen
den Magiſtrat; aber bald wurde S. durch erneute Huld
des Kurfürſten erfreut, indem er durch Dekret vom 21.
Mai 1792 dem Stadiſpndikus von Barth als ſtaͤdtiſcher
Archivar, dann am 21. April 1797 als Mitſyndikus beigege⸗
ben wurde, naddem er fruͤder durch Diplom vom 15. Juni
. 4792 zum kaiſ. Notar ernannt worden war. Beine ım
ahr 1804 erfolgte Ernennung zum Bürgermeifter der
aupt⸗ und Nefidenzftadt München erwarb ihm ein fol’
ehrenvolled Vertrauen, daß er von den Verordneten der
Damaligen Landfchaft in Baiern am 6. Juli 1804 zum
ſechſten außerordentlichen Verordneten des Bürgerftands
mwäblt und zu den von der Staatöregierung angeord»
en Vorbereitungen zu einem Landtag ald berathendes
lied zugezogen wurde. In feinem Wirfungdfreis
it
als Innere Magiftratdrard, Syndikus und Bürgermeis .
fier batte derſelbe ſich fo ausgezeichnete Verdienſte um
Das Wohl der Bürgerfcaft ersörben; Daß er der Ge
" fammtbeit unbegrenztes Vertrauen genoß und jeder ein«
seine Bürger in Ibm minder den frengen Richter.
. und Vorgeſetzten, als den freundliden theilnehmenden
Ratbgeber, Den forgfamen mobhlmollenden Water, von
welchem in jedem Bedraͤngniß Rath und Hälfte zu er
warten war, ehrte. Im Jahr 41805 wurde ©, landſchaft⸗
Sicher Dberauffhlagdeinnebmer und trat fodann nach der
im Jahr 1806 erfolgten Auflöfung der frähern Municis
palverfaffungen im Fahr 1807 als Oberauffläger in den
unmittelbaren Eönigl. Staatsdienſt. Noch fehneller als
wie früber ald magiſtratiſches Mitglied war fein Empor
ſchwingen in diefem neuen Gefchäftsfreife yon Stufe
gi Stufe. Den 1. September 1808 wurde er * Rath
er Steuer⸗ und Domaͤnenſektion im koͤnigl. Staatsmi⸗
nifterium Der Finanzen, den 17. September 1814 zum
Vorſtand der Staatsſchuldentilgungscommiſſion, den 12.
April 1817 zum Miniſterialrath und den 15. Oft. 1819-
zum Staatsrath im ordentlichen Dienft, mit Beibebal-
tung der Steue ald Vorfkand der Schuld
miſſion, befördert und den.16. Mai 1828 zum
eine =
e
e 2 v, Sutner. 141
rath ernannt. — ©. befaß dad Vertrauen des verſtorbe⸗
nen a Marimilian Zofep ”) und des jent regies
renden Koͤnigs in fo bobem Grade, daß die aenannten
Befdrderungedefrete Sutnerd befondere Geſchicklichkeit,
Sachkenntniß, Treue und Unbänglicfeit für König und
Borerland ald Hauptmotive feiner fo rafben und gläns
zenden Laufbahn ausfprechen. Im Jahr 18310 wurde er
ald Mitglied der zur Uebernabme des Landes Galjburg
beſtimmien Hofcommiffion dahin abgeordnet und am
3. December 1834 ernannte ihn der König zum Spruch⸗
mann bei dem Bundesſchiedsgericht von Seite ber Krone
Baiern. Schon am 20. Auguft 1811 erbielt er das Rit—
terfreug des Eivilverdienftordend und am 16. Oft. 1820
bie EommanDenr nRünien deffelben. — Der Krieg ift die -
furdtbarfte Geißel der Vdlfer, Seit dem Tabr 1796
mar Boiern der Tummelplag von Hundertraufenden der _
verbündeten und feindliben Deere. Der Zudtlofigfeit
der eriteren, fo mie Der Race Der letzteren wurde Baiern,
dieſes fonft fo gluͤckliche mit reiwer Segenöfülle von der
Natur begünftigte Land mit nicht zu erihmingenden For—
derungen unter Plünderungen, Berbeerungen und Greueln
aller Art ng Diefe Unglüfsperiode für Baierm,
waͤhrte unter kurzen Zwifhbenrdumen bid zum Jahr 1809
— — fort. Da warf die Staatsregierung
ihren Bid auf S., nabm deſſen gefhäfttgewandte Er»
fabrungen zur thätigen Theilnabme in Anfpruc und er»
nannte ibn zum Borftande der Requifitionsconmiffion,
welcher Aufforderung derfelbe in der Art entfpracb, Daß
der verſtorhene König unter dem 11. März 1510 fih bes
mogen fand, demfelben insbefondere über Die bei Diefer
Eommilfion, bewiefene außerordentliche Thätigfeit und
deſſen zwedmäßiges Benehmen unter Vorbebalr befons
derer Belohnung die allerhoͤchſte Zufriedenbeit zu erfen-
nen zu geben. Die Akademie der Willenfhaften batte
durch Diplom vom 15. December 1795 S. ald außeror:
dentlihes Mitglied der hiſtoriſchen Klaſſe in diefen Ge»
lehrtenverein aufgenommen, Vermoͤge erneuerten Dis
ploms vom 1. Mai 1807 wurde er in dieſer Eigenſchaft
don dem verforbenen König Marimilian Iofepp und
den 9. Juni 1827 von dem jest regierenden König be»
ſtaͤtigt. Der baierifhe Geſchichiſchrelber Zſchokke, indem
er von den —— gelehrten und vorürtdeilsfreien
Männern ſpricht, welche aus der gluͤcklichen Regierungb⸗
.) Defien Biographie ſ. R. Nekr. 8. Jabra. ©. 068.
142 /
periode ded Su
des Kurfürften
wirften, ſagt über
ed Denfmür
zu Theil gemer
\
rfärft
Karl
ige, ba
v. Sutner.
en Marimillen Joſeph IL. noch zu
Theodors Zeiten FU
unmittelbaren Staatödienite, ——
der Sapuldentilgungscommiftten
war €
& vorbebalten, ben
hmmürbig fort
Sutner: „De rettete Georg Sut⸗
ners, bed Shrgermeiten? von Münden freier Blid man-
em Moder der Vergeſſenheit
den waͤre.“ Deffelben Leiſtungen in dem
ald Vorſtand
bertrafen ale Ermar»
Beweis zu lie
m
fern, daß ein Mann von Kenntniffen , ſeſſem unerfchüt-
terlichen Charakter der Mann von mi
erwarb fi Dad unbegrenzte Vertrauen
der ganzen Nation g“
von 600,000 ..
fteuer batte gerilg
. ala ein berzoglihed
ein unter fandf
und De Audlanded.
tm Jahr 1543 mit
jonen fei, Er
feines Könige,
Das
einem Anlehen
nnen, welches mittelſt einer Trank—⸗
werden follen, die aber in Det Rolge
Kammergut, jedoch ſmmerhin als
| Adminifration Aebender File
ul
den mebrten
che Baiern und
Ferwickelt wurden, befonderd waͤhrend
BE behandelt wurde. Die ©
\
eine ®
es dreißigiähri
niffen unter Ku
Karl Albrecht,
den Theurungdj
ſhaltſam ſchwer und verbar
immer
Schickſals unau
Baiern maltete.
Marimilian Emanuel und Kurfürt
nacmaligem Kaifer Karl
ahren 1771 und 1772, wo bie Hand des
viL., dann in
ung und Perinfung audgemittelt, fo daß nad dem
od des Kurfüriien
NER TFE d
Marimilian zofent
y11. deffen Ne
arl Theodor Don
er Pfalz aus der Rudodiphiſchen Linie, nebſt den Landen
| eine Schuldenmaſſe von 15,034,382 1.
ala Erbrheil mit anbeimfiel. Bemerkenswertb if bierbei
Baierns zuglei®
v
Schwaben, Nürnberg, Ne
erhob fi. did zum 1. Di
*
—
auch
daß alle Bläubiger dieſer Staatsſchuld
ls Baiern im Sahr it
ben wurde, beirug die ganze &uldene
| n
den barauffol»
en wurde Balern neuerdings ber Tumme
a 8 Salzburg und Toro
ganze baieriibe
v. Sutner. 143
Staatsſchuld zu einer Geſammtſumme von 118,290,604 fi.
43 fr. Und doch hatte fi, ald in den Jahren 1813 und
4814 ſich das fo lange unter ſich felbft entzmeite Deutfche
land nad fo vichjährigen gemachten Erfahrungen zum
vereinten Kampf erbob, ungeachtet der ungeheuerſten
Anforderungen für Schaffung einer neuen Armee mit
allem Kriegsmaterſal, bis Ende September 1514 bie
Gtaardipuld im Adminiftratiowege um 9,314,303 fl. ver
mindert. &egenbringend und alles belebend beglüdte
König Marimilian Tofepb T. frin Volk mit der Verfaf
fungsurfunde und ein neues politifches Leben begann
für Baiern, ſchnell und überall mohlthätig wirkend, fo
auch für die baierifhe Staarsfhuld,. Im Tahr 1819
murde Über Die Größe derſelben zum erſſen Mal bffent
liche Nachmeifung aegeben und die Srände det Reis
erfannten einen Schuldenftand on von 98,899,152 A. 1A Er.
i 2 an Kapital, von 2,051,430 fl. 20 fr. 1 9. an Zind
rhdftänden, von 3,719,664 fl, 64 £r. jaͤhrlichen Zinsbedarf,
Nah dem Budget für Die zweite Finanzperſode batte
fi binnegen bad Bedürfniß um 9,881,013 f böber ge»
ftellt, da an Penfionen des Civil: und Militäretatd, dann
der Gefularifirung, neuerdings beildufig 3: Millionen
Gulden zur Uebermeifung vorbebalten waren. Ingead»
tet ber vielen und mefentliben DBerbefferungen mar das
Schickſal Der baierifhen Staatsſchuld nichts weniger al
erfreulih. Brei ſchwere Unbilden in smei verf&iedenen
Zeltperioden baben auf den Fortgang des Staatsſchul—
denweſens drüdend eingemirft und Daifelbe empfindlich
berädrt: die Kreditoren von 16 Millionen, Die Amor:
firationdfafle von Penfionen von mehr ald 5 Millionen und
die nad ſchiedsrichterlichem Erkenntniß des Aufträgalges
richts von Celle in Danoverfden an Baiern Überbärs
dete rheinpfälsiide Staatsihuld Lit. D von beildufig
vier Millionen Gulden. Die alten baierifhen Finanz
übel follten genefen an der fräftigen unverdorbenen Tas
tur Des Staatsſchuldenwerks und faſt unüberſteigliche
Arbeit wie Die Vermehrung des Pajlivftandes um
o viele Millionen, lagerten fih an den Weg, melden
die Anſtalt nun fi ſelbſt zu bahnen batte. Und doc
behauptete fie fi auf einem fo hoben Standpunfte, ge
. Kant auf das allgemeine Öffentliche Vertrauen in Mitte
aljer jener dringenden außerordenslihen Bedärfniffe und
Anforderungen. Unglaublich if es, Daß die Kraͤfte Die
fer Anftalt. den Anftrengungen nicht nur nicht unterla
- gen, föndern Daß fie noch mehr zu leiſten im Stande
maren, ald die überfpannteften Wuͤnſche je erweckt hät,
ten. Im Glanz ihres eigenen und ded Staates Siredits
—— fie in ihrem eigenen Kreiſe ſelbſtthaͤtig und felbft; -
wirkend, da ed ſich um Die Ausführung böberer über den. -
gewoͤhnlichen mechaniſchen Vermaltungdorganidmus bin,
ausſtrebender Mlane handelte. Die Erdfinung von baas
sen Anlehen (bündbarer Schuld) machte Die Zurhdbe,
. tablung von vielen Millionen ſchwer verzinslicher Kapis
talien möglid. Anfangs „pegen 5 Prozent, dann gegen
4, jeßt nur noch zu 35 Prozent wurde dad Vertrauen
ded Publikums in fo bobem Grade gewonnen, daf def.
. fen Anerbierungen zulegt vielfältig nicht mehr angenom.
men werden fonnten. Durd Umſchreibung der ältern
Schuld wurden die Gläubiger für die Liquidät ihrer
- Sorderungen fiber geftellt und durch die faft ganz Durch»
- geführte Mobilifirung der gefammten Staatsſchüld Fam
bie roͤßtmoͤglichſte Einfachheit in Die Verwaltung. Das -
dur wurde die Aufbebung von vier Spesialfalfen, fo -
wie Die Verminderung, ded Perfonald in allen eigen
ber Ubminiftration möglih., Die Öffentlihen Blätter
haben die Bernidtung von vielen Millionen der Staatd,
Papiere von Zeit zu Zeit angekündigt; Dad allgemeine
nleben, Das zuletzt geswungene Fotterieanleben find mir
mebrerern andern bedeutenden Schuldenlaften auß der£ifte
bed Budgers verſchwunden. Das Rebnungsmefen, ab»
meichend von dem übrigen finanziellen, gewann eine folde _
are daß felbit das Fritifche Auge einer Rrengen Res
vifion wenig zu erinnern vermag und wie ein Rädermerk
‚in einander greifend, controlirt ed fih von fich felbft,
pedt feſt und felbfitändig da. Ungetheilt war immer,
in die Unerfennung der Stände des Reichs und des
Sinangminifteriums und die Staatdfauldentilgungdcom,
miſſion ‚erntete auf eine glänzende Weife den f&önften
Lohn für alle edle Streben und Wirfen. Es Fan bier.
bei nicht verfhwiegen werden, daß Männer von Geif
und Gemandtheit S. x Untertügung gedient haben,
wie er dieſes felbft beider feierlichen Belegenbeit feie
ned flebenzigidbrigen Geburtötagd ausgeſprochen bat,-als
ihn feine Untergebenen dur eine ſchöne rührende Denk
fhrift zu ebren fuchten, welde mit den Unterfhriften des
eſammten Perſonals der —— ——
fon in Münden der Haupt» und Penfionsamortifationg,
ale, dann der Spezialfaffen von Augsburg, Nürnberg,
Sambern, Regeneburg und Würzburg verfeben mar,
Diefe Staatödiener liebten ihren Vorgefegten wie ihren
—
4
+ » Sutner. 146
Bater und fegten Retö vertrauungſvoll idr Sqchichal in
feine Hände, Dielen, febr Vielen det er das zeitli
Glück begründer und feine legten Anfrengungen für fe,
vier Ausſchreibungen von Anſtelungen waren feine leßte
Beibäftigung. — ©. «ld Staatsrath im ordentliden
Dienf trat aud Den 18. November 1825 in den für ge
miſchte Rechtsſachen angeordneten. Staatsrathausſchuß
als Mitglied ein und wurde als ſolches auch zur naͤm⸗
lichen Zeit für das koͤnigliche Staatsraihscomite ernannt,
Ulle Diefe Stellen bekleidete er zur yolfommenften aller
böcften Zufriedenbeit bis an fein Lebensende. Wie
in Veinen übrigen Stellungen, fo hat ſich v. S. nicht
minder auch als Neichörard "des von feinem König in
idm gefenten Zutrauens in gleich hohem Grade wärdig
bewiefen. Als gewählter Sekretär dat er an den im
Jahr 1831 im Drud erfchienenen Protofollen, worin wis
eglafflung der Namen der Reichsraͤtde ihre abgegebe-
sen Stimmen in indirefter Rede aufgeführt find, dem
größten und tbätigken Untdeil genommen und nod
.. : nebenbei in dem Ausfhuffe gearbeitet. — Als Gelehr
ser fhon frühzeitig bei der Akademie der Wiflenfdheften
zum ordentlihen Mitgliede gewählt, hatte ©. fein lite
rariſches Wirken dur mebrere. hiſtoriſche Abhandlun⸗
gen beurfunder, aus welchen ſich die Geſchichte Mäne
end während des. breißigjäbrigen Kriegs, Dann die Ge
e
‚mein anerfannte Geſchicklikeit, Erfahrung und He
lichkeit Anſpruch machte, auch Privaten nadmen zu idw
ihre Zuflucht. Das derzogliche Leuchtenbergiſche Haus
erfor ihn zum Rathgeber und Spezialvormünd bei der
dochwichtigen Angelegenheit über die nachgelaflenen
N. Rekrolog. 15. Jabra = 10
„A
8
\
⸗
—
⸗
110 vBeiget.
Prinzen und Prinzefſfinnen des erzogs von Leuchten
berg 9). Der Veteran des baieriiben Adeld, Marimi-
fian Graf von Preifing fegte auf S.'s Rechtskenntniſſe
und Biederkeit unbedingted Vertrauen und ernannte ihn
_ zum Erefutor feined legten Willens; ein Geſchaͤft von
yrößter Wichtigkeit, da es Die Ausſcheidung des Allo⸗
bit von dem Fibeicommiß eines großen Vermogends
und bedeutender Guͤter mit vielen Tauſenden von Ein
Rünften galt. Am 26. December 1836 batte ©. fein
funfziates Dienſtjahr erfüllt. In ſtiller Seier im engen
Kreife feiner weuern Lieben wollte S. dieſen feſtlichen
Tag begehen, Eonnte jedoch nicht dindern. daß ibm von
allen Eeiten Beweife der ebrendßen Theilnahme wur⸗
den. Der Ruͤckblick auf eine vormurföfreie Dergangens
beit, das beruhigende Bemußtfein ſtets treu erfüllter
Piicht ſchien feinem beſcheidenen Gemürbe belohnender
und mürdiger, als jede geräufchvole, Auffeben erre ende
Zageöfeier. Mit feiner hoben Stellung im Staatödienfte
mußte ©. alle Tugenden des Privatlebens in Einflang
zu bringen. Wohlmwollended Entgegenfommen gegen Jes
dermann gehörte unter Die a ine Tugenden ſei⸗
ne$ edelmütbigen Cbarakterd. Er dinterläßt als Wit -
wer eine liebensmürdige- Tochter, Crefcentia und einen
Sohn, dermolen Reglerungsrath bei der Fönigl. Kreide
regierung in Münden, mit zwei Enten.
58. Georg Wild. Siegmund Beige,
Dberbibtiothefar. und Gebeimer Legationdrath zu Dreöden;
„geb. den 26. Sept. 1768, geft. den 26. San. 1837 **).
Er war zu Ippersheim bei Windöheim in Sranfen
eboren und harte dur den Rektor der Schule zu
Windsheim, Dieg, einen fo tüchtigen und anregenden
Unterriidt erbalten, daß er noch bis in fein Greifenalter
mit Dankbarkeit feiner gedachte. Er hatte zu Altorf und
zu zeipnio ſtudirt, in Leipzig 1779 promovirt und war
1786 als Legationdfefretär in ſaͤchſiſche Dienfte getrefen.
Der königl. fächl. Geſandtſchaft in Münden zu erdeilt
erfreute er dort fid ſe unbedingten Vertrauen fines
Geſandten, daß er be peen bäufigen und langen Ente
fernungen als Gefhäftöträger für ibn eintrat... Durch
‚ die Thätigkeit der Ukademie der Wiſſenſchaften, au. der
. tographie f. N. Nee. ©.
re Br ER a 6
21
ö Beigel, 467
damals Rum Art wurde B. In feiner i
den exakten den halten beſtaͤrkt und felbR d en i
die er liebte, wurde bei ibm, einem fchulgeredhten Kontra
punkliſten, eine Wufgabe matbematifder Berehnung
Sein Nahlaß muß manderlei Proben davon enthalten,
Deren eine durch einen Muſikfreund in Warfhau, nad
langer Weigerung Beigel's, 1808 zum Drude befördert
ward. 41802 fehrte B., den die Mimchner Akademie zu
ibrem Mitgliede gewählt batte, als Legationsrath nad
Dresden zurüd, ward 1504 gebeimer erpedirender Se:
Eretär im Departement des Auswärtigen und folgte Das
ber dem König auf feinen durch die Zeitumftände ber
beigeführten Reifen; ward 1310 gebeimer Legationsrath
und noch vor dem Auöbruce ber großen ——
om 13. Januar 1813, nach des erſten Bibllothe are
Daßdorf Tode, Dberbibliordefar. Sowohl in Münden
old in Dreöden erfegte ibn 4802 und 1813 Zubmig
Breuer, ber bis zu feinem Tode mit der berzliciten
Pierdt ibm ergeben blieb. Der Kommiffion für Maas
- und Gemwidte zugerbeilt, fand er auch in feinem neuen
Berufe vielfabe Deranlaflung, die in Münden mit Ers
folg und Eifer betriebenen matbematifhen Unterfuhuns
gen wieder aufjunchmen und fein Apparat für die ge
rauchen Belimmungen ber Standardaewichte und Maafe
dürfte Die Aufmerkjamkeit der Freunde der Wiſſenſchaft
in vorzüglidem Grade verdienen, fo mie auch feine
Bibliorbef durch erlefene Werke, befonderd im Driens
aliſchen, fi audzeichnete. Hbehſt gemiffenbaft in feinem
Berufe, ſah er dur eine früh eintretende Schmäde des
Gedaͤchiniſſes ſchon ſeit 1824 fid vielfältig gebindert,
Da fie dadurch ſich dußerte, daß Ihm mitten im Ges
ſpraͤche der beabfichtigte Ausdruck ſich verfagte, fo vers
mied er lieber alles Geſpraͤch, bejonder& mit Fremden,
und flüchtete ſich wohl, menn er ibre Abſichten ahnere,
in Die entfernteren Säle, wo er, in Zedlerd Univerfal
lerifon umberfuchend,, dem drüdenden Uebel neue Rab»
rung gab. Diefe Krankheit der aeifligen Organe bei el»
nem fonft nie geftörten Wohlbefinden der blod Eörpers
lien, machte die DVerfegung in den Ruheſtand am
41. Nov. 1826 nötbig, da bei Dem fleigenden Zudrange
zur Bibliothek jugendliche Kräfte zu ibrer Leitung notd»
wendig waren. Doch aud die ebrenvoll zugeflandene
Mufe mar feiner Herftelung nicht förderlib. Das Uebel
nebm zu und felbit die aaa Pflege einer nad
Sachſen gefommenen Schweſter, welche 2 der War
ßBseigell.
sung bed nie verdeirathet geweſenen — unterzog,
dermochte nichts der die um ſich greifende Lähmung
aller geiſtigen Organe. Die Dinar war längft entwichen,
als am oben genannten Tage früb um 2 Uhr ein © Ing»
fuß auch den legten Anzeigen Eörperlicher Thaͤtigken
Siillſtand gebot, An danfbarer Erinnerung an eine
- (döne Zeit feiner Wirkfamkeit folgten ſaͤmmtliche bei
den Sammlungen im Sapanifden Pallaſt Angeftellte
Innen geidenzug und wünfchten,- daß dem einft ſo harm⸗
68 wohlwollenden Manne die Erde leichter fein möge, .
ol3 das Scickſal, welches feiner beſſern Sträfte legte
Regungen trübte. — Beigel bat-geforgt, daß fein Name
von den Freunden der Wiſſenſchaft nit vergeflen werde.
‚ Beine einzelnen Abdandlungen in Bode’ äftronomifchen
Tabrbücern, namentlid Die fo gelehrte Befwreibun
ind Erklärung einer arabifhen Himmeldkugel mit Fufe
{der Schrift im matbemat. Salon zu Dresden (Jahrg.
4808,), feine durch die mufterbafte Genauigkeit "berühmt
gewordenen metronomiſchen Abbandlüngen in v. Zach's
- monatlicher Storrefpondenz; feine orientalifche Sprache
-und Literatur angehenden Unterfuchungen in. Adelungd.
mMitbridated, in den —— — des Orients, in der
Hall, U. 2. Z., deſonders Die fo ausgezeichnete von ©.
d. Hammers eneyclop. Ueberfiht der Wiſſenſchaften des
Hrients (Tahrg. 1804), find bleibende Zeugniſſe für bie
Gründlichfeit und Klarheit des Willend dieſes ſo aus—
nezeichneten Gelehrten.” Die hydroſtatiſche und ſtereo⸗
metrifhe Beſtimmung des farnefifhen Congius in Der
Untifenfammlung zu Dresden, welche 1824 der Fönigl.
preuf. Akademie der Wiffenfchaften, mitgetbeilt und von
idr zum Drude befördert ward, möchte die legte Arbeit
fein, fomit er vor Dee OEL Publifum auftrat,
denn zunehmender Mangel ded SGedächtnifles. und eine
Damit verbundene Schwierigkeit im Spreden, die, wie
dei Kant, der völligen Geiftesfhmärhe veraußging, piele
Teicht zum Theil eine Solge übertriebener Redenübungen,
- wangen ihn bald darauf allen geiftigen Beichäftigungen
w entfagen. ei hatte in den legten Jahren feiner Tdäs
tigkeit. die Archimedeifhe Sandrebnung zweimal Bürche
emacht und doch Foftete ihm beinabe Die Leipz. Zeitung .
ß iefen die Binfirengung eines ganzen Morgens.
—
142
* 59, 8. ©, Gtotefend,
Generalfugerintentend at Glaudthal am Harzez
geboren den 5. Maͤrz 1766, geftorben den 28. Ian, 1887.
Grotefend wurde zu Münden geboren und erdiels
feine erfte Bildung auf dem dortigen Opmnafium. Auf feine
@rziebung konnte nur wenig Fleiß verwandt werden, da
ein Vater, ein umbemittelter —— nur mit
nfrengung für die noͤtdigſten Beduͤrfniſſe feiner vier
Kinder zu forgen im Stande war. Der größte Schaß,
melden ‚ihm feine Eltern zu geben ve ten, war
Anieitung zu einem frommen, tbätigen Leben. Allein
gerade dierdurch ward feine ganze Kraft angeregt und
e mebr er ich Ihrer bewußt wurde, deſto Tehbafter Rieg
In ihm der Gedanke auf, in Göttingen eine weitere
Ausbildung zu ſuchen. Zwar ſchien die Ausführung ei⸗
nes ſolchen Wunſches anfangs unmöglid, allein Beharr⸗
lichkeit Reste und fehon I. J. 1787 bejo er die Univer⸗
fität. Je geringer dad Maas feiner dulbidung war,
weiches er bei der ſchlechten Beichaffenbeit ded Gymna⸗
fiums feiner Vaterſtadt hatte erwerben können, deſto ge⸗
wilfenbafter benugte er feine Zeit. Er war ein eifriger-
‘ Schüler Plancks und des Abts Port und fand einen
vaterlichen Sreund an dem Geheimen Juſtizra ne,
dem feine Mirtellofgfeit nicht verborgen de
. bei mehrfachen Belegendeiten fär ihn forgte. Im 3. 1790
‚ wirkte er bi
€
verließ er die Univerfitär und trat fogleih eine Colla⸗
boratur zu Ilfeld an, welche ibm burh Heyners Vers -
mirtlung ——— war. Hier, am koͤn. Paͤdagogium
£ebrfiunden, Anlaß und Gelegenbeit, ib in m."reren
äcern der Schulwiflenfchaften , namentlich in der Ma⸗
sbematit und den Naturwiſſenſchaften zu vervollfonmmen.
Nebenbei .befchäftigte er Ach mit allerlei Kuüͤnſten umd
Handwerken, um fi ſtets mit dem praktifhen Leben in
genauer Verbindung zu erbalten und zog felbft die Land⸗
wirthſchaft in den Kreis feiner Thätigkeit, was ibm
4802 und fand, durch die ibm übertragenen -
dter von dem nambafteften Nußen wurde. Auc die .
beologie vernachlaͤſſigte er nicht, fondern trieb Eregefe
ded U. und N. Teſtaments, Srhengeibicte, Kirchen⸗
recht, Dogmatik, Moral, kurz alle Di
Beſchaͤftigung nad innen. und außen erzeugte er in th
jenen glüdlihen Berein von Theorie und Praxis, wels
Der den Geſchaͤftsmaͤnnern fo unentbehrlich iR und den
,
{ : ciplinen der Theo⸗
fogie mit unaudgefegtem. Eifer: Durch dieſe vielfache
160 | Grotefend. .
wir doch fo oft bei ihnen vermiffen. Ein größerer Wir.
kungskreis wurde ibm i. I. dur einen Rufnah
Lengleen, in der Göttinger Inſpektion, wo er fortan
ald Pfarrer fungirtre. Hier tand er Gelegenbeit, die
efammelten Schaͤtze tbeologifben Willend und Glau⸗
end anzumenden und mit welchem guten Erfolg er dies
dat, davon wiſſen die Mitglieder feiner Gemeine noch
jegt rübmlich zu reden. Dur felbfitändiged Forſchen
war die Theologie Zeven in ibm geworden und dieſes
Keben, wie ed in feinen Predigten bervortrat, ging über
in dad Gemärh der Hörer. Doch fchon im Jahr 1806
murde er nach Clausthal verfent, mo er ald Arcidiafos
nud bid 1819 thätig war, Auch bier erfüllte er Die .
Pflichten des Predigerd und Seelſorgers mir gewiſſen,
bafter Treue, allein nebenbei nabm er auch einen frühern
Dh rien wieder auf, Er übernabm nämlich an’
Direftord am Eönigl, Pädagogium zu Ilſeld, Meißner
und lebte mit ibr in einer glüdliben Ebe. Er felb
genob einer ununterbrodenen ®efundbeit, fo mie feiner
asin daſſelhe Glüd zu Theil wurde und Dad auch auf
die Kinder Überging. Bamilienleiden kannte er Daber
faum; nur in der letgten Zeit feines Zebens follte er fie
erfahren. Sein ältefter Sohn *), ein Schwiegerfohn und -
9% Deflen Biogas, f. im 14. Sabrg- Med W. Metz. ©. 198,
‘
-anftaltete er eine Sammlung rel
*
Meyer. 161
eine Gattin wurden in Furzer Zen von feiner Seite
ur Den Tod dinmeggenommen. und wie rubie und
chriſtlich er auch dieſe barten Schläge des SEcickſals
Duldere, fo unterlag er idnen doch 14 Wochen nach dem
Tode der Lebensgefährtin. — An Scriften pinterlaffen
bat er, außer jenem oben erwähnten Werke, nur einige
grebiten. die in Zimmermannd ————— Theil 4,
406 ff
. und Tb. 2, ©. 446 kr finden. Ferner vers
gidfer Lieder zu einem
neuen Harzgeſangbuche, wobei ihn der &uperintendent
Dr. Dfann unterkägte.
Böttingen. . W. Eride. .
* 60, Heinrich Meyer,
Kantor, Drganif, Käfer und Schullehrer zu Bolmerdingfen bei
- Minden, Inbaber des alig. Ghrenzeihend;
geb. I. 3. 1798, geſt. d, 80. Yan, 1837,
Er war der Sohn ehrlicher Landleute, Die ibn zum
Guten anbielten und drikti erzogen. Im festen Frei⸗
beitöfriege focht cr als Zandmehrmann mır, bildete Ad
dann zum Scullebrer in dem Schullehrerſemingr zu
Petershagen und ward i. J. 1829 Scullehrer zu Maabe
lingen, Kirchſpiel Peteröbagen, Mit oler Treue lag er
feinem Beruf_ob und bildere Ab noch immer fort. Er
verbeirarbete ſich bier mit der Tochter des Drtövorkteberd
Kruſe. Als er daſelbſt 8 Jahr fegendreich gemirft, verſetzte
ibn die Fönigl. Regierung ald Kantor und Edullebrer
nah Bolmerdingfen. Auch in Diefer feiner neuen Stel .
lung erwarb er ſich bald die Liebe der Schuljugend und
der Gemeine, von raflofem Eifer für feine weitere Aus⸗
bildung beforgt. Noch vor einigen Jahren befuchte er
‘den methodolvogifchen Kurſus in Soeſt. Die Achtung
feiner Vorgeſetzten ſprach ſich deutlic dadurd aus, daß
ihm beim legten Ordensfeſte das allgemeine Ehrenzeichen
derlieden wurde, doch erbielt er ſolches in Lieſem Leben
nicht mehr, denn er farb plöglih am Tauftage feines
jünskten. (6.) Kindes an einem Lungenſchlage. An ihm
verlor feine Familie einen braven Ehegatten und Vater
und die Gemeine einen dußerf treuen und thätigen Zebrer.
Dielingen. Arndt.
%
.
61. Ferdinand Laube,
Schullehrer zu Goldbeck bei Bublig (Pommern)!
geboren den 25. Febr. 1806, geftorben den 1. Febr. 1837 *)
Er wurde zu Goldbeck geboren und genoß den Ele⸗
‚mentarunterricht bei feinem Vater, dem dafigen Süfter
und Schullehrer. Schon in feiner zarten Kindheit fühlte
er den Zrieb zum Lebrfad. Er blieb dDiefem Gedanken
immer treu und fuchte jede Belegendeit zu benugen fich
zum Dienft im Lehrfache vorzubereiten. Im Jahr 1823
tras er in das Fönigl. Seminar zu Ködlin, wo er fib
durch feinen Fleiß und fein Bertagen die Liebe und
— aller ſeiner Lehrer erwarb, ſo daß ihm bei ſeiner
ntlaſſung Oſtern 1825 dad Zeugniß Nr. 1 ertheilt were
Den Fonnte. Als Wirkungsfreit wurde ibm nun die _-
Säule feined Vaters überwiefen. Er wirkte ald Lehrer
mit unermüderem Eifer und fein großer Fleiß und feine
}
Sresndlichkeit erwarben ibm die Xiebe der Kinder und '
- . 2ur& dieſe wurde ihm Die Liebe der Eltern. Aber
ud von der Obrigkeit und feinen naͤchſten Vorgeſetzten
wurde fein Fleiß anerkannt. Seinen alten Eltern war
‚er eine trete Stüße und blieb unverheirathet, um dieſe
und feine Geſchwiſter unterflügen.. zu Fönnen. einen
Sreunden war_er ein treuer Freund und Fam jedem feis
ner Amtögenoffen mit Liebe entgegen. Aber feine Ans
Arengungen fanden nicht im Einflang mit feinem. ſchwa⸗
&en Koͤrder und nachdem fein Vater kurze Zeit vor ibm
eftorben war, erlag er am oben genannten Tage einens
erdenfieber. Der Pfarrer Brenning bielt die Leichenrede.
— 62. Friedrich Franz,
Großherzog von Mecklenburg-Schwerin;
geb.d. 10. Dee. 1766, geſt. 8. 1. Febr. 1837 **),
Das Haus Mecklenburg verliert die -glaubwürdigen
Spuren feiner erlauchten Abkunft viel ſpaͤter, als irgend
ein anderes der deuiſchen, ja der eurorndiſchen Fürſten⸗
bäufer. Zu dieſem, ſchon an ſich merkwuͤrdigen grauen
Alterthume tritt ein Umſtand hinzu, der ihm ein noch
®) Monatöblatt für Pommernd Wolksfullehrer. 1837,
) Nah dem deut. Regentenalmanadh 1. dem Gonverfationde |
lexriton der neueften Beit u, Eiteratat.
*
4
u
sv
Fr. Franz, Großherz. d. Mecklenb.⸗Schwerin. 163
weit hoͤheres Intereſſe leiht. So weit namlich die Ge⸗
ſchichte binaufreicht, bis zu den Tagen des großen Karls,
finder fie.den edien Stamm auf Demfelben Boden, feſt⸗
sgemurzelt in der Liebe derfelden Völker und dieſe mit
demfe ben guten Rechte beberrfhend; das achte Bild
der mwahrften jungfräulicden Legitimität. Aus dem koͤnig⸗
tigen Blute der Obotritenderrfcher entfprungen, bat
— jener Stamm nie_und nirgends die Anforderungen ver⸗
Löugnet, welche fein altflavifher Urfprung (Slama bes
Deuter Ruhm) zu machen berechtigt war. In die Reibe
Der deutfhen Sürftenhäufer eingetreten (feit 1170), if
er durch. die Jabrbunderte fortgewacfen, gefrgnet und
Segnungen verbreitend und die volle Bıhrde, in wekkber
er noch beute Daftebt, ‚gewährt den fpäten Enkeln bie
“ freudige und gerewtiertigte Zufunftsausfit ihrer Väter,
Drei und dreißig Gefchlediörolgen, alle geſchichtlich, die
meiften auch urkundlich belegt, waren vorhbergegangen,
ald in der vier und dreißigften Sriedrich Franz geboren .
wurde. Seine Eitern waren der Herzog Zudmig, (geb.
Den 6. Auguſt 1725," gell. den 42. Gept. 1778), einziger
Bruder des damald regierenden Herzogs Friedrich, und
Charlotte Sopbie, Tochter ded Herzogs vın Sachſen⸗
Koburg Saalfeld (ned. den 24. &eptbr. 17315 geft. den
‘2. QAug. 1810). Friedrich Sranz blieb Der einzige Schn
und fomit rubten bei der Kinderloſigkeit feincd Oheims
von der Jatiehen Jugend an Hoffnungen feines Haufes
wie feined Landes auf ihm, die nicht getäufht worden
find. Früd entmwidelten fih in dem lebendigen, jedem
ide und fdönen Eindrude zugänglichen Prinzen ſchoͤne
igenſchaften des Kopfes und des Deriend und auf eine
forgfame , vorbereitende Gruebung unter den Augen der
fuͤrſtl. Eltern folgte ein faſt fünfjäbriger Aufenthalt in
der Schweiz, wo er von 1766— 1768 in Zaufanne, dann
bis 1771 in Genf, unter der Führung des Kammerderrn
v. Ufedom, feine wiſſenſchaͤftliche — fortſetzte
und vollendete. Im September 1771 nach Mecklenburg
urückgekehrt, lebte er an dem flilen und einfachen Hofe
deines Oheims, wurde fehr früh zu den Geſchaͤften ero
zogen und unter Anleitung des Herzogs Sriedsich bald
mit ihrem eigenthümlichen Gange und zugleich mit. der
Geſchichte und Verfaſſung des Landes aufs Innigſte
vertraut, welches er dereinſt zu beberrſchen beitimmt war.
Schon aus jenen Jünglingdtagen ſchreibt Rh die feltene,
_ regelmäßige Thätigfeit ber, die nie auffdob, nie von
einem Tage für den andern borgie, wo es das Wodl
154 Fr. Branz, Großherz. d. Medlenb.⸗Schwerin.
des Ganzen oder die Beduüͤrftigkeit des Einzelnen galt.
Die Bermäblung des Prinzen mit Zuife, Herzogin von
Sachſen-Gotha-Roda, am 1. Juni 1775, änderte in
Diefem Leben, dad mit Recht eine praftiihe Fürſten,
fhule beißen durfte, nichts anderes, ale daß fie in den
erlaubten Gatten, Die fib bald von bläbenden Kindem
umgeben faben, den Untertbanen das Bild einer glüd.
lien Ebe auf dem Throne darſtellte. Jedoch unters
nahmen dieſe mehrere Reifen nah Holland, Frankreich,
England u. f. w. Neue reihe Schäße an Slenntniffen,
Erinnerungen, Welt» und Menfcenerfabrung maren
ber Gemwinn diefer Reifen, während das fürftliche Paar
überall dad ſchoͤnſte Andenfen, das an fich felbit zurüͤck—
ließ. _Den fo vollendeten Mann rief der Tod ded Her
5098 FSriedrib in der Morgenftunde des 24. Aprild 1785
auf den Fürftenfubl feiner Abnberren. Eine Menge ebenfo
mwobltbätiger eld weifer Verordnungen und Einrichtungen
beibätigten alöbald dieſe Gefinnungen für das “innere,
mäbrend zugleich die dußern Verbältniffe mit aller der
Sorgfalt und Umſicht behandelt wurden, welche Die erften
Vorboten mebr als dreißigjäbriger politifher Stürme
‘
erbeifhten, Im mwohlverftandenen —5* feiner Stels '
eines
lung wie der geograpbifiben Lage andes trat der
Herzog daher dem deutſchen Würftenbunde, der legten
Bolitilcen Schöpfung des großen Friedrichs bei (16. Tan.
1786) und bereitete eben Dadurd ein Ereigniß von der
größten Wichtinfeit für Mecklenburg vor. Geit dem
det 1734 befanden ſich die Domänen der vier Aemter
dena, Plau, Marnig und Wrebenbagen an Preußen
verpfänder, für Die Koſten einer ‚gegen ben damaligen
Herzog Karl Leopold ausgerichteten Eaiferlihen Erecution,
Quer Dem beträchtlichen Verluſte, welcher bieraus für
Die berzogl. und Kandesfaffen erwüchs, murden fie von
beftändiger preußiſchen Einquartirung ungemein gedrüdt.
Mebr als ein Mal batte ber grand Friedrich Derfuche
ur Einldfung gemacht, aber Sriedri IT. hatte fich nie zur
MWiederabtretung verfteben wollen, Gleich nah feinem
Tode begann Friedrich Franz Adern Unterbandlungen
mit dem Koͤnig Friebrich Wilhelm U., der günflige
Augenblick war erfchienen, des 0 Scharfblid mußte
ibn zu ergreifen, Dur eine Reiſe nach Berlin (Dechr,
1786) en und bie fi ——— — inder⸗
niſſe, auf bie leichteſte zul zu _befeitigen, Auf, dieſe
Meife kam [don am 13. März 1787 eine Konvention ju
Stande, welche gegen rin Dpfer von 172,000 Thalern
Fr. Branz, Großherz. d. Mecklenb.⸗Schwerin. 165
in Gotd eine der ſchmerzlichſſen Wunden des Landes
heilte. Zugleich wurden mebrere Grenzirrungen beis
geltegt, die uralte Erbverhrüderung wit dem preußiſchen
Haufe erneuert und beitätige und im Juni deſſelben
Jahrs erfolgte die Zurückgabe der Aemter nebft ihrer
völligen Räumung von den preuß. Truppen. Als eine
mittelbare Folge dieſes glücklichen Ereigniſſes war es zu
beraten, dab Fricdrich Franz Ad 1788 entſchloß, mit
den Generalftaaten der vereinigten Niederlande oder im
Grunde mit dem Erbitattbater, Schwager des Königs
von Preußen, einen Eubfidientraftat abzufpließen.
verließ anfangs auf drei Jahr, Die fpdter auf eben. fo
viele verlängert wurden, dem niederländifhen Dienkte
‚ein Infanterierrgiment gegen eine jäbrlige Subſidie von
30,000 Tbalern bulländ, Courant. Als die Sranzofen
unter Pichearu im Tabr 1794 in die Niederlande ein⸗
drangen, bildete das Megiment, vom Generalmajoe
von Glher befebligt, cinen Theil: der Delanung, von
Maftrict, murde, als die Feſtung fapitulirte (3. Nov.),
in die ebrenvolle Kapitulation eingeſchloſſen und kebrte
im San. 1796 nad Medlenburg zurück. Die Ueberſchüſſe
und Erfparnifle, melde Diefer politiſch unabweislich ger
‚machte Subjidientraftat abmarf, wurden außer andern
mobltbätigen Verwendungen zum Beſten des Landes dazu
gebraucht, um die urſprünglicen Domänen des füurfil.
Haufed mir einbeimifhen neuen Ermerbungen zu ver
mebren, in das Jahr feines Abſcluſſes fiel eine andere
Begebenheit von hohem nterefle für alle innern Der
bältnife Medlenburgd, der Erbvergleich mit Roſtock.
. Diefe erfte und michtigfte Stadt des Landes war ſeit
den älteften Zeiten von idren Landeöherren mit einer
Gülle von Privilegien und Sreibeiten begnadigt worden,
welche bei beitimmterer Entwidiung der Landesdoheit
vom Ende des funtzehnten Jahrdunderts an mit Dem
nothwendigſten Bedingungen derfelben nur zu oft ie
Widerſtreit geriethen. Wiederholte ee batten die
Daraus erwachſenden Irrungen und Mißverftändniffe wohl
auf eine Eurze Friſt aus Dem Geſichtskreiſe gerät, aber
nie gründlich geboben. innere Zwifigkeiten der Stadt,
dad Eınfhreiten der Landesherrſchaft derbeiführend, wa⸗
sen dann von beiden: Theilen auf eine Weife benutgt
worden, die ſelbſt nach ſcheinbarer Beilegung in diefer -
felbR im Boraud den Samen neuer &treitigleiten bes
. wahren ließ. So eriengte id auf die Länge ein gegen»
feisiged Wißtrauen, ba
\
Ab uur au ofs nicht blos für
⸗
®
156 Fr. Fran; Großherz. v. Medienb, » Schwerin.
Diefe fpeciellen Verhaͤltniſſe, fondern fär das ganze Land
als verderblich oder mindeftend ald ftörend ermiefen hatte,
Auch unter der Regierung ded Herzogs Friedrich maren
aus mehreren Veranlaſſungen ſolche Trrungen entitanden..
Zum Theil die Akademie betreffend, deren. Patronat feit
ihrer Stiftung 1419 die Stadt mit den Herzögen theilte,
baste Herzog Sriedrich diefe nach Buͤtzow verlegt (1760)
und. da die Stadt gleihwohl auch fortfuhr, ihre Pros
feffuren zu befegen, gab es feitdem, wenn glei nicht
sehtlib, doch faftifh, zwei Univerfitäten im Lande.
Herzog Sriedrich Karb, obne den Ausgang der viele Jahre
hindurch gepflogenen fommiflarifchen Unterfuchungen und
Derbandlungen zu erleben. Allein cd mar eine der erften
Regentenbandlungen . feined Nachfolgerd gemefen, den
abgebrodenen Faden derfelben wieder aufzunehmen, . Bon
beiden Seiten wurde jegt nachgelaſſen, — am
meiſten und willigſten von Seiten des edlen Surfen,
den nach dem Augenblicke verlangte, wo eine aufrichtige
Derfübnung die letzten Spuren innerer langlaſtender
Zwietracht verwifhen ſollte. Das J. 1788 bradte ihn
Dur den Abſchluß des grundgefenlihen neuen Erb»
vergleichs herbei. Die Seele diefed Vertrags war Die
von Seiten der Stadt zum erfien Mal überall und reis
erfolgende Anerkennung der Landeshobeit in allen ihrem -
Ausfhffen. Wo diefe.niht im Wege flanden, wurden
-- die dltern Derträge, Privilegien und Sreiheiten nicht
allein beftätigt, fondern ſelbſt durch mehrere befondere
Gnadenerweiſungen noch vermehrt, unter melden die
verſprochene —— der Univerſitaͤt einen vor⸗
züglichen Satz einnahm. Nachdem die Stadt dierdurch
von den aufrichtigen landesvaͤterlichen Gefinnungen gegen
ß aufs —— —— fein konnte, beſchloß
r. Franz das fegen reiche Werf in Ihren —95 Mauern
zu vollenden. Von ſeiner a begleitet, bielt er
am 8. Mai 1788 feinen feierliben Einzug in ihre Mauern .
und am 12, erfolgte die eben fo feierfide Vollziehung und
Auswechslung des Erbvergleihd. Erft am 23. Mal bes
endigte die berzoglide Abreiſe eine Reihe von Feſten
und Srenbenbeienaungen über eine fo außerordentliche und
Sangerfehnte Begebenheit und es bat wahrlich nit in
Den woblmollenden, gerechten und gütigen Abfichten des
Sperzoos gelegen, fondern in dem fpdtern gewaltigen
mſchwung aller beſtehenden Verbältniffe, wie in der
ſchon damald vorausgeſehenen Natur der meilten Der,
träge, wenn in ber Folge zumeilen neue Schatten über
Zr. Franz, Großherz. v. Medienb.: Schwerin. 15T
ein fo gluͤcklich geordnetes Einverſtaͤndniß dingezogen And.
Die Aufhebung der Uninerfitöt zu Bbtrzow ee —
rädverfegung nah Roſtock erfolgte 17899. Während es
"Dem Herzog gelang, auf dieſe Weiſe alle innern Ders
bältniffe ‚hefriedigend zu ordnen, ſchritt die Revolution
ipren rafden blutigen Gang fchneller und fehneller vor.
Auf der einen Seite nahm Mecklenburgs Wohlkaud
mittelbar durch fie in einem dohen Grade zu. Der von
ihr perbein tar. Seekrieg, die dadurch zumeilen auch
durch wirklichen Bande, unerbört gefteigerten Preiſe aller
ländlichen Produfte
gaben feinem Handel und feiner Schifffahrt eine neue und
glänzende Schmungfraft. Die Beldvermehrung wuchs
in fleigenden Progreſſonen, der Werth des Grundeigen⸗
thums verdreifadte fi binnen kurzer Zeit und batte
einen fo rafden Wechſel der Befiger je Solge, daß die
- Schnelligkeit deflelden_faR der ded Geldumlaufs gleich
Fam. Auf der andern Seite empfand doch auch Medie
burg (don frähe weniger erfreulihe Folgen jener denk»
wür
es fa nur aderbauenden Landes
igen Ummälzung. Schüßte feine Lage es gleich nd
e
ange vor der unmittelbaren Berührung des Kriegs;
entzog der Herzog durch eine Geldbehandlüng des Reichs⸗
Contingentd noch lange feine Landedfinder Dem Looſe der
Schlachten: fo forderte Doc der Reichöfrieg feit 1798,
noch mehr aber die Demarkationdlinie, Dur welche
(17. Mai 1795) im Gefolge des Basler Sriedend das
noͤrdliche Deutfhland vor der Theilnahme am Kriege
aefihert ward, bereits fehr fchwere Geldopfer. Auf dem
Raſtatter Kongrefle (1797 — 99) ſuchte Der Herzog durch
einen Geſandten nicht allein nach allen Kräften bie
ierbeit und Selbſtſtaͤndigkeit des deutſchen Reichs zu
unterſtuͤgen, ſondern zugleich auch die Anfpräce feines
„Hauſes auf zwei Straßburger Kanonikate geltend zu
en. Das berzoglihe Haus hatte fie 1648 Durch den
- mad
weſtyp haͤliſchen Srieden erbalten, war durd die berüchtig.
. sen Keunionen Ludwig XIV. aus ihren Befige verdrängt
und man. fuchte jegt wenigſtens eine angemeflene Ent.
fnädigun dafür zu. erwirken. Allein die Auflöfung' des
ongreffed nach Erneuerung des stehe zwiſchen Frank⸗
reich und Oeſterreich (April 1799) ſchob dieſe Angelegen⸗
beit abermals weiter dinaus. Die trotz einer geſegneten
Ernte und der mehrſaͤhrigen zweckmaͤßigen Vorkehrun⸗
gen —— hberaus boch geſtiegenen Preiſe aller
bendmittel RKörten im folgenden Sabre auf eine kurze
Zeit, die innere Ruhe des Landes. Große Beſtellungen
158 Fr. Franz, Großherz. v.-Medienb. » Schwerin.
aus Enaland erre Anfangd Befürchtungen unter den
- niedern Volfäflafen und führten endlich in den Städten
Roſtock (29. Detober 1800), Guͤſtrow und Schmerin zu,
Bewegungen, die in ben beiden erfiern in Gewalt‘
thätigkeiten ausarteten und namentlih in Guͤſtrow nur
durch Bluwergießen gedämpft werden Fonnten. Die
edmäßigen Maasregeln des Herzogs ſtellten jedoch
chnell die gefeglide Ordnung ber; bie Aufrährer wurden
betraft und zum Beten Der wirklich Huͤlisbeduͤrftigen
in den Landſtaͤdten wurden Magsztne angelegt, aus
welchen dad Korn theils unentgeldlic, tbeild zu vedeu⸗
tend berabgefegten Preifen verkauft, ward. Aehnliche
Maastegein der landeöväterlihen Sürforge fanden auch
in den nstern tbeuern Jahren bid 1805 Ntatt. Das erſte
Tabr des neuen Jahthũnderts drachte freilich. zunaͤchſt
durch die gänzliche Abtretung des linken NhHeinuterd an
Srankreich, im Luneviller Srieden (9. Gebr. 1801), für
Medienburg den Berluf aller Anfprüce auf die Straß
. burgifren Kanonifate mit id. Allein der Neichöfriedende .
-erefurionöbanptreceß (28. Nov. 1802), wie der Reichs⸗
deputationöreceß (25. Febr. 1803) entfhädigten dafür auf
eine binreidende Weiſe. Der Herzog trat die Halbinfel
rimall an Lübecf ab und erbielt dagegen die Lüdedifben
Hofpitaldörfer in ben Aemtern Budow und Grevis⸗
müdlen, wie auf der Inſel Poel, nebft einer immer.
währenden Rente aus der Kheinfhifffartböoktroi von
40,000 fi. Außerdem wurden ihm nod Die ſaͤmmtlichen
- Güter der im Lande belegenen mittelbaren Klöfter, Augs⸗
burgifder Konfellion, zu freier- Verfuͤgung überlaſſen.
Micriger als diefe Entfhädigung und wanche frühere
Grenzausgleihungen mit den Nacbbarftaaten war Die
bald darauf erfolgende unterpfändlide Ermwerbung_ der
Stadt und Herrſchaft Wiöntar, die feit Dem Dönadrüder -
Frieden (1648) im eigentbümlihen Beſitze der Krone
Schweden geweſen und gebörte, obgleih in feinem
andel nur noch ein Schatten feiner hanſeatiſchen
tüthe fortlebte, unftreitig zu den edelſten verloren
egangenen Steinen aus edlenburgs Sürftenfrone.
&n eben diefem Jahre (5. Mai 1803) ge aben von Sei⸗
ten ded Kaiſers von Rußland und der damaligen fran⸗
zöfifden Regierung Anträge:bei der Reichsverfammlung
zu Neger *surg, die — der Kurmärde und der
- Damit verbundenen orsüge auf das Haus Medienbur
Schwerin betreffend. Allein erft einer ſpaͤteren gluͤck.
uũcheren Zeit war ed aufbebalten, demfelben unter einer
*
x
-
Ir. Franz, Großderz. v. Medimb. ‚ Schwerin, 169
andern Benennung feine angeſtammten Rechte auf einen
föniglihen Rang wirklich purücäugeben. Naͤher rädten
indefien_ auch für Mecklenburg Veraͤnderungen, welde
einen allgemeinen Umſturz drobten, Der Hompf gie
fen Frankreich und der dritten Covalition, 1805, führte
durch dad abermalige Erliegen Oeſtreſchs den Anflug
bed Rheinbundes berbei (12. Juli 1806) und diefer die
völlige Auflöfung der deutſchen Reichsberfaſſung. Am
6. Auguft legte der Kaifer Franz *) die uralte Krone nie
der und der Herzog fand fi, durch die Damit verfnäpfte
Entbindung von allen bisherigen Reihepfliten in die
Keibe der fouveränen Fürſten zurüdgeftellt, Er haste
freilid an dem legten Kriege keinen Antbeil genommen,
‚allein 15,000 Ruffen, die unter Tolftoi in Pen ger
8
landet waren und ſchwediſche Truppen, von ihrem
- nige Guftao Adolph IV. angefübrt, waren im Herbit 1808
durch Medlenburg ind Hanoveriſche gerogen und die
lestern rüdten noch einmal im Auguf 1806 gegen dad
Zauenburgifde vor. Ihre Verpflegung murde fomohf
von ruſſiſcher ald ſchwediſcher Geite bejablt, fie zu ver
‚meigern fand nicht in der Macht des Herjogd, leide
mob! mußten diefe Vorgänge demnaͤchſt ald Vorwand Dies
nen, um Medlenburg in die Stataftropbe des Jahrs 1808
‚su verwideln. Seit dem Antritt feiner Kegierung war
Friedrich Fram unabläffig auf die Dervolfommnung
aller Zuftände feines Fandes bedacht gemefen. Ganz bee
fonders befhäftigte ibn der leibliche und geiftige Zus
and eined großen Theild feiner Untertbanen, melder
ihn befonderd nahe berührte, nämlid der bäuerlidden
Bevölkerung auf den großen Domänen feines Hauſes.
Bür diefen forgte er Dur die verbeiferte Einrichtun
des von Schwerin nad Ludwigsluſt verlegten Landſchu
lehrerſeminars und durch beftimmte Vorſchriften für einen
. unaudgefegten Schulbeſuch: für jenen durch unentgeld«
fie Unterrihtdanftalten für Hebammen zu Roſtock und
Schwerin; durch Aufmunterung der Beamten zur Anlg
gung von Arbeitsſchulen; durq —— beträglie
er Koloniftenwerbungen. fürs entfernte Ausland; vor
allem aber Durch Aufhebung aller fogenannten Hofdienfte,
Stobnden, die mit Hand und Anfpann bisder geleiftet
und jegt in ein mäßiged Pachtgeld umgewandelt wur⸗
den, zu unendlicher Verbefferung des Loofes diefer Land»
Ieute, Auch Hatte der Herzog die Genugtbuung, daß
fedr bald die Ammetigen Köker und ſelbſt manche Guts⸗
9 Defſen Diographie ſ. N. Nekr. 18. Jahrg. ©. BT
—*
4
160 Fr. Franz, Großherz. v. Medienb.: Schwerin.
beſitzer unaufgefordert dieſe Einrichtung Auf. ihren Be
figungen einführten, wodurd eine fpätere gaͤnzliche Um⸗
geftaltung aller bäuerlichen Verhaͤltniſſe vorbereitet ward.
Die infändifhe Induftrie, befonderd in Berarbeitung
der Wolle, eined der mictigften einheimifchen Landes,”
produfte,, zu-deren Veredlung der Herzog ſchon 1792
alle Domanialpaͤchter aufgemuntert batte, crbielt niche
allein Steuer. und Zollbefreiungen, fondern felbit bes
deutende baare "Unterflügungen aus. einem dafür auf
ausgehende rode Wolle gelegten Impoſte. Aehnliches
wurde einer Menge von andern Sabrifunternebmungen
bewilligt, der Beförderung der Bienenzucht, der Eintäds
rung der Hundtichen feuerfeften und wohlfeilen Baumes
methode .u. f. mw. Bedeutende DVerbeilerungen erhielt
die Rechtsverfaſſung; ſeit 1785 waren alle Gerichte ano
emwiefen, über-die Anzahl und den Stand aller Inqui—⸗
" tionen monatlich einzuberichten, eine Verordnung von
4802 ſchaͤrfte Menſchlichkeit und Mäßigung bei den Zuͤch⸗
tigungen von DVerbredern ein. Dad Duellmandat und
die Notariatsordnung von 1786; die Konftitution gegen
die Ungebährlichfeiten unter Sachmaltern und Gcrifts
ftellern 1792; ein neues Kriegsrecht und die vorgefchries
dene ſtrenge Prüfung ſaͤmmtlicher Juftizbeamsen vor einem
der doͤhern Landesgerichte, 1796; endlich eine Deklarator-
verordnung über die Lehndverbältniffe, bei dem ftarfen
Ed
Guͤterhandel nothwendig geworden, waren gründliche Ab»
bülfen von eben fo vielen, zum Theil vergäbrten Mißs
bräuden nnd Uebelftänden. Daneben beftätigte und bes
förderte der Herzog eine Menge scgeinnupi er und
wohlthaͤtiger Anfalten, 3. B. fdon 1785 eine ftädtifche
’ Brandverfiderungßgefellf aft; Die Armenordnungen zu
Schwerin, Grabom und Roftod; eine Stiftung zur Er
ziehung unbemittelter Töchter landesberrlicher Bedienten,-
aud dem Teltamente der verfiorbenen Herzogin Louiſe
Sriederife, Gemahlin feines Odeims, 1793, einen Aktien⸗
plan zur Schiffbarmachung der Elde und Senfung des
‘ großen Muͤritzſees in demfelben Jahre, welder Die Vers
bindung durch, die Elbe, mit, der Dftfee bezweckte; ein
boͤchſt wichtiges, noch jegt beachtenswerthes Unterned»
men, deſſen Ausführung leider durch die Zeitumftände
binaudgefeboben if. Kür die Witmen der berzogl. Die
nerſchaft forget feit 1797 eine eigne trefflid berechnete
Witwenkaſſe, deren etwaiged Deſicit der Herzog unbe
ſchadet eines jährlichen beträchtlichen Zuſchuſſes groß
mütbig Übertragen mollte. Die Anlegung des Seebades
su Doberan, feit 1793, des erſten in Deutfhland, ver
— — — — Tr | —
‘ *
Br. Franz, Großherz. d. Medienb.: Schwerin, 161
Dient um fo mehr bier genannt zu werden, da dieſe
Lieblingsſchöpfung des Derzogs feitdvem nicht allein Taus
fenden Die verlorne Gefundpeit zurückgegeben bat, forte
dern auch für den Wohiſtand und die iIdung Medien,
burgd von den entf&iedeniten solgen gemwefen if. Eine
beiondere wachſame Aufmerkfamfeit midmete Friedrich
Franz von jeber dem geſammten Kircen und Untere
richtsweſen, der wiſſenſchaftlichen Bildung, den religiös
en En eNgengen und dem ſittlichen Wandel der ie
ipfeit der Zebrer. Schon 1790 ftiftete er für fie ein
theologiſch / paͤdagogiſches Seminar zu Roſtock und es
verging Fein Fahr, obne die beilfamften, ſeis won ibm
unmittelbar ausgehenden, auf alle jene Gegenfände bes
zuͤglichen Erlaffe und Verfügungen, Diefe mwahrbaft
oberbifhöflihe Fürforge umfaßte nit blos die herrfcende
Kirche, fondern ebenmäßig und mit der äcteften Tolles '
ranz aud die Äbrigen ariftliden Eonfefionen; ja fie
bloß ſeibſt die mofaifhen Glaubensgenoffen nit aus,
Was namentlih, die Fatbolifde Confeffion betrifft, fo
bat fie in ihrer ſchoͤnen vom Herzog erbauten und Dos
sirten Kirde zu Ludwigsluſt den ſprechendſten Bemeis
für das Gefägte. Die Anführung eines merfwürdigen
Ediktes, Dur welches 1305 das gefammte Slredit
meien Deö berzogliben Hauſes geordnet ward, mag
biefe gedrängte Sfisje der treiflichen innern Ders
maltung des Herzogs in der ‚friedgefegneten Zeit Medi
Ienburgs befließen. Der Krieg zwifden Frankreich und
Preußen war erklärt, die verbängnißvollen Schlachten
von Jena und Auerftädt hatten das Loos der legtern
Monarchie für fieben trauerpolle Sabre entichieden; aber
no Fonute man die Größe des Unbeild aus Den ſich
widerſprechenden Nachrichten nicht vollſtaͤndig berausfins
ben, als ſeit dem 19. Oftober 1306 flüchtende Fuͤrſten
und Fuͤrſtinnen, unter jenen der Aeriog von Weimar *),
nad) einander in Medlenburg eine leider kurze Freis
fätte füchten und nun eine ſchreckliche Gemißbeit an die
. Stelle der ſchwankenden Gerüchte trat, Bald erfchies
nen auch verfprengte preußische zaufen, unordentlidy .
aus Dem Hanoveriihen durch Med lenburg in die Mars
fen flücbtend; umfonft wurden die Grenzen eilig mit
* tralitärspfäblen bezeichnet. Weimariſche Hufaren
radten über Havelberg in Schwerin ein (31. DOftober,
2, November); fat zu gleicher Zeit drangen dad Bl
4) Deſſen Biographie HR. Ren. 6. Zahrg. ©. 465,
M. Werroleg 15, Zabıy, - 11
-
-
-
168 Fr. Franz, Großherz. v. Mediend. «Schwerin.
qerſche, ein Theil des Leſtocgſchen Korpß und Truppen
unter v. Winning. und dem Herzog von Braunſchweig⸗
Dels von verfbiedenen Seiten ber über die Neutrali⸗
raͤtslinie. Ihnen auf dem Zuße rädte der Marſchall,
Prinz von PontesEorvo über Feutn Waren und Mal
chow nach (1. November); ein Gefedt bei dem Dorfe
Silz fiel zum Nachtheil der Preußen aus; Die Kavalle⸗
rie unter dem Großberzog von Berg (Murat), dad 4, Ar⸗
meekorps unter Soult folgten in Eilmärfhen. Verge⸗
bens fuchte Bläher ſich zwiſchen der Stör und Sude
bei Schwerin zu ſetzen, ein zweites ungänftiged Gefecht
an der Schweriner Fähre zwang ibn ſchon am 4. Novem-
ber diefe Stadt zu räumen und nach vergeblichen Ver⸗
ſuchen, die vom Seinde fon befegte. Cibe gu gewinnen,
ſich auf Lübeck zu ziehen, mo er am 6. angegriffen, nad
der tapferſten Gegenwebr gefhlagen und am folgenden
Tage bei Rathkau gefangen gemacht wurde. Schon
nad wenig Tagen ſtroͤmten die drei franzoͤſiſchen dere.
reßabtheilungen mit den Kriegsgefangenen aus der Luͤ⸗
beder Schlacht untermifht nad Stettin und Berlin durch
Medienburg zuräd. Was Diefes und befonderd das
platte Land auf dem Hin- und Herzuge von Freunden
"und Seinden gelitten, von welchen die leßteren ein foͤrm⸗
lied, planmäßig -umfaffendes Pländerungsfoftem ent
widelten, if unbefcreiblid und fat unſchaͤhbar. Nach
den amtlihen Angaben beliefen ſich die Kriegsſchaͤden
und Koften, in der furzen Zeit vom Dftober 1806 bis
um Februar 1807 auf Die ungeheure Summe von
‚217,917 Thalern. In einzelnen, größeren und kleine
ren Abteilungen drangen die Plünderer felbft in die
fleinfte und entlegenfte Hütte und glücklich wer durch
williges Hingeben aller Habe fh und Die Geinen vor
Mißhandlung und Mord zu fhüpen verftand. Erſt feit
dem 11. November ſtellte ein Tagsbefehl des Marſchallß
Soult allmälig diefen Zufand ab, den man bis dahin
als eine noͤthige Erbolung, ald Anreizung für den Sol»
Daten zu neuen Siegen betrachtet hatte. Was dad Herz
Friedrich Sranzend empfand bei diefen Leiden feiner Un»
tertbanen , aber zugleih auch mie flark eines deutichen
Fürſten Daterliebe tär feine Kinder macht, laͤßt ſich aus
Dem Opfer fließen, welches ſchon am 10. November
der Erbprinz Sriedri Ludwig durch feine Reife nah Ber
fin bringen mußte, dem fein Bater am 29, ſelbſt nachfolgte,
um die Neutralität Mecklendurgs anerfannt zu erhalten.
Allein auch diefe Dpfer waren vergebend; am 28. No⸗
” ” -
” =
v
4
*
\
Fr. Franz, Großherz. v. Medienb.: Schwerin, 163
vernber erfolgte dard, den Divifiondgenerai Michaud Die
förmliche Befigergreifung und der Gefandte Bourienge.
zu Damburg erklärte Dabei Öffentlich: „Diefe Manßregei fei
eine natärliche Solge der Neutralitätgnerlegung von 1808;
Medienburgd Fünftiged und endliches Scidfal werde
übrigend ganz von dem Verfahren abbängen, welches
Rußland gegen die Moldau und- Wallahei: beobacten
wärde.“ Der Brigedegeneral Laval erfhien ais Genus
verneur des Lande zu Schwerin und Äbernabm, nebR
dem Intendanten Brimond, die oberfte Leitung der Ders
waltung, das berüctigte Dekret von- Berlin (21. No
venber) wurde Äberall, befonderd in den beiden Gee
bien publicirt und mit Härte vollzogen... Dabei dauer.
sen unaufbörliche Durcghge fort und zugleid wuchE die
Menge der in_Medienburg bleibenden Truppen, bo
Rimmt, einen -Theil des Beobachtungsbeeres zu bilden,
welches theils eine- Bine englifhe Diverfion an der.
Eibe Vverbindern, theild Die Schweden aus Deutſchland
drängen ſoute. Unter dieſen Umfdänden blieb dem Her,
doge freilich nicht Anderes übrig, als fid ‚dem Anblie
‘
rdigkeiten, denen abzubelfen er fi außer
Stitand fah, zu entjieben und er begab fich Daber mit
feiner. Samilie einkmweilen nad Yltona (den 8. Januar
» Zu den bisherigen Erduldungen famen jegt- Die
drädenditen Requifitionen aller Art, deren Ertrag im
weite Sernen, ſelbſt bis nach Thorn und Danzig gelie⸗
t werden mußte, Umfonft ping eine Deputation der
ände ihrentwegen zum Maridal Mortier nad) Greifks
walde und über Berlin in das Baiferlice. Hauptquartier
nad Polen und Warfhau ab.. Um fie a m gänze
lich erſchoͤpften Lande Kberhaupt nur aufbringen zu koͤn⸗
nen, wurde am 4. Tanuar zu Schwerin eine allgemeine
en Kammer und Deputirten der. Stände, zu He
| ke aus Mitgliedern der ee
&a
er: om 185: April vom Mariell: Brune
a Waffenßiulſtand dieſen Streitereien. und .
den durch fie geweckten Befürchtungen bald ein Ende.
Inzwiſchen <rfolgte der: Wafenkilfingd: Le. und
164 Br Franz, Großherz. d. Mediend.s Schwerin,
dei der perfönlichen Zuſammenkunft der beiden Kaiſer
auf dem Niemen (27. Qunius) wurde die Wiederherftek,
"fung des Herzogd als Präliminarbedingung des wirkli⸗
en Sriedend verabredet. Ein ruffifider Kourier übers
brachte bereitd am 5. Julius ein Schreiben ſeines Mo⸗
narchen mit diefer froben Kunde nad. Altona. Die.
franzöfifche Dead wurde aufgeföR und am 11. Zus
lius dielt der Herzog fe
rin. Die Durdzäge dauerten freilich noch fort; ganz
inen feierliden Einzug in Schwe⸗
Mecklenburg wurde -felbft noch einmal auf eine, kurze _
Zeit befegt; den Handel drüdte fortwährend die Sperre
gegen England und Schweden, die immer mebr ſinken⸗
en Preife der Produkte bei den fleigenden Laſten ver
derbten große und Eleine Grundeigenthümer und bereis
tere einen voͤlligen — aller, leider auf die Spitze
etriebenen Vermoͤgensverhaͤltniſſe vor, welcher die Ein⸗
rung eined mebrmals modificirten Indultes noͤthig
machte. Der unvermeidlich gewordene Beitritt zum
Rdeindunde, vom Erbprinzen, den der Minifter von
Brandenftein *) begleitete, perfönli unterbandelt (Paris,
22. Mär; 1808), forderte dennoch neue Opfer, (don dur)
Das auf 1900 Mann befimmte Contingent und nur ins
fofern trat eine Erleichterung ein, daß die Ba u
ruppen_im Anfange des Junius Medienburg gänzlich
räumten und Die jr und Schließung feiner Küs
Ken dem einheimifhen. Militär üderlaffen blieb. Eine
grnsline Herfiellung der Finanzen und ded Staatöfres
itö war dem folgenden Jahre 1809 aufbebalten, eine —
. allgemeine Landesrecepturfafle wurde damals zu Koftod,
eine Schuldentilgungsfalle zu Schwerin mit einem bins
reidenden Fonds eingerichtet, nicht allein um ſaͤmmtliche
der alice und Landesfhulden gu verzinfen, fondern fie
u innen mindeftiend 80 Jahren nad Ordnung einer
Öffentliden Verlooſung alimälig abzutragen. Die dat
auf bezuͤglichen Vereinbarungen mit den Ständen vo
og außer dem derung‘ auch der Erbprinz mit binzuge-
gtem Verſprechen, daß bis zu gaͤnzlichem Abiren aller
fürklicyen Rentereiſchulden Feine neuen auf die Domds
nen gebracht werden ſollten. Diefe Mandregeln find von
folchem gnfigen Erfolge gemefen, daß ungeadtet des
niedrigen Zindfußed und der nachfolgenden noch ſchwe⸗
reren Zeiten, welche vom März 1813 bis Oktober 4818
eine Siſtirung der Kapitalzadlungen unabiwendbar made
) Deiien Biogtapdie ſ. M, Mete, 18, Jadrg. S. Eh
»
Sr. Franz, Großhetz. d. Mediend.sCchwerin. 168
ten, die Mecklenburgiſchen Staatöpapiere ſich falt immer,
wie noch heute, zum Pari erbalten baben, Aber au
in diefem Sabre wurde Die friedlihe Ruhe Medien,
burgs, das ſeit den: März von Truppen entblöft mar,
indem dad Mecklenburgiſche Kontingent in Schwediſd
Pommern Ffantonniren mußte, weil die Dortigen franzöfls
fden Belagungen zum neuen Kampf gegen Defterreich
aufgebrochen waren, ſchon wieder Dur Die LUnternebs
ung des ritterlihen, unglädlihen Schill, obgleid nur
vorübergehend, geflört. & batte dieſer Morgang für
Medlenburg keine weiteren Folgen ald eine gegen andre
Erleidungen unbedeutende Lak von Truppendürchzügen.
Dad berzoglibe Militär kehrte nah dem Srieden jmwis
fchen Sranfreid_ und Schmeden (6. Januar 1810) aub
Pommern zurüd und uͤbernahm aufd Neue die Bewas
ung der inländifden Küften. Allein fon im Augup
arsmöhnte Napoleon, daß aus Schmwedild Pommern
englifhe Waaren durch Medienburg eingeführt wärden
und die ganze Medienburgifche Oftfeefühe mit Roſtock und
Widmer wurde abermald von franzöfifchen Truppen bes
fegt. Der Tarif für Kolonialmaaren vom 5. Auguſt 1810
mußte eingeführt werden; franzöffche Donanen, eine Li⸗
nie von Ribnitz bis Lübel, laͤngs der DAFüfte ziehend,
erhoben ihn; von den Seeſtaͤdten wurden wiederholte
. Matrofenftellungen verlangt und alle Grenzkädte und
Aemter mit Meiterei —— Unter ſolchen täglich uner⸗
traͤglicher und uͤbermuͤthiger vorſchreitenden Bedrückun⸗
gen fonnte der neue Gewaltſtreich, die naͤchſten Nachbar⸗
änder und Städte Mecklenburgs dem fogenannten gros
Gen Reiche. einzuverleiben (8. December), nur zu ben
niederfchlagendften Betrachtungen über die Zukunft füh⸗
ren. In diefen trüben Tagen mochte nur Bertrauen
auf den Himmel den edlen Sürften und feine leidenden
Unterthanen aufrecht erhalten. Die dt: religidfe Zeite
anſicht des Erfiern ſprach ſich im Tahr 1814 wiederholt
in Verordnungen Aber. die Heiliahältung der Sonn» und
Feſttage aus: in. Aufforderungen an alle GStaatödiener
durch fleißigen Kirchenbefub und den Genuß ded Nacht
mals nicht nur das Öffentliche Bekenntniß eigner Neli«
iofirät abzulegen, fondern auch durch ihr Beifpiel Die
‚übrigen Zandedeinwohner zu aͤhnlichen Gefinnungen zu
ermuntern; endlich durch Circulare an die Superintene
denten, ihre Prediger vor Entfernung von den pofitiven
ehren: des geoffenbarten Chriſtenthums zu warnen und
fie aufaufordern, durch einen erbaulichen, muſterhaften
.
. *
—2
\
a 00 *
466 Hr. Franz, Sroßherz. v. Medlenbe⸗Schwerin.
Wandel idren Gemeindegliedern zur Nachfolge vorz
feuchten und Ab eine praktiſch⸗ religidfe Amtöfäbrung
angelegen fein au (affen. _ Der Sinn, welder aud. dies
in und andern unmittelbaren Grläffen des Herzog
prach, wurde in feiner ‚goflnung auf Huͤlfe von oben
wohl noch eine u Weile geprüft,
Mocte ein franzoͤſiſches Lager der Dipifion Sriant vor
Koftof (6. September bid 15. December 1811) die La⸗
ten des Landes noch drüdender machen, eine neue Doug»
nenfette längs der fchwediſch pommerſchen und preußi⸗
ſden Grenze von Ribnig bis Domih (23. Dftober) dem
Handel die legten Saugadern abfhneiden; modten die
no immer finfenden Preife die Guͤterßtzer, ſelbſt die
wohlbabendften ber Verzweiflung nabe bringen, welche
alte meife und milde Keitungsverſuche ber Regierun
abzumenden nicht im Stande waren, nahmen endli
die Körkiten fremden Durbmärfde feit dem März 1812
das iepte Mark des Landes dahin und mußte dad daͤr⸗
deſſe oller Opfer, der Aussug Des berzogliden Kontin
gentd zum Deere. melces Rußland bedrohte, noch erſt
ebracht werden (12. März) — die Morgenröthe der Bee
reiung zog unerwartet nabe berauf. Das große Trauer
ipiel des ruſſiſchen Feldzugs war beendigt; dad Med
(enburgifche_ Kontingent, daß bei mehreren —— —
ten mit großer Auszeichnung gefochten batte, ſchlief bis
auf wenige Gerettere in dem falten Norden, der zu
einem großen Grabe gemorden fdien. Seit dem
nuar 1813 zeigten ſich auch in Mecklenburg einzelne balde
erftarrte Schatten ald Zeugen ded gehaltenen göttlichen
Gerichts; im Februar bie erfien Sofaden als Vorboten
einer neuen Zeit. Die legten franzöfifhen und ſaͤchſi⸗
ſchen Truppen, geſolgt von den sitternden, einſt ſo fre⸗
chen Douaniers, brachen aus Roͤſtock auf und am 10.
März wurden die Reſte des heimgekehrten Kontin ents
der herzoglichen Verfügung suricaegeben. Auch Ham⸗
burg wurde geräumt, die rufliicbe Boͤrhut unter Tetten⸗
born drang von Berlin aus durch Mecklenburg an die -
Stbe und nur mfhfam entfam Morand mir den Garni⸗
ten. wie furchtbar dad noch immer moͤgliche Miplingen
geräht fein wärde. Er fandte den Minifter Sreidern
von Pleffen om 16. März nad Berlin, von da in dad
ruffifhe Hauptquartier du Kaliih ab, die Seheln des
1
—
aber nicht getaͤuſcht.
Br. Ganz, Oroßferz. v. Meltend. + Ccserkn 167
Sentinentalfpfiemd wurden zerfprenst und. fi am
25. März erfolgte die feierlide Losſagung RE
bunde. Die anerfennende Geſchichte wird nie vergeflen,
daß Friedrich Franz der legte dentſche Fuͤrſt Bar, der
& dem verhaßten Joche beugte, der erfie, der, als poch
led auf dem Spiele fand, ibm Kol; und muthig ent
fagte.. An jenem denfwürdigen Tage rief er feine ln
terthanen in Eräftigen, vertrauenden Worten zu den Wake
. fen, theild zu der Linie, theils um * freiwillige Jaͤ⸗
— zu Pferd und zu Fuß zu bilden. Doro
aͤufig zog bereitö am 27. März die Grenadiergarde uns
ter dem damaligen Major, nachherigen Generalmajor
von Both aus Ludwigdlun nah Hamburg, wo diefe aude -
erlefene Truppe ſich namentlich am 11. und 18. Mai
auf der Inſel Wildelmöburg in den glänzendfen Ge
fechten der Ehre würdig zeigte, die Leibhut ihres Zär-
Ren zu bilden. Dem Vertrauen deſſelben entſprach aber
auch ein treued, begeifterted Volk; Tänglinge aus allen
Ständen eilten, fi unter die freien Fahnen zu ſtellen,
am 1. Mai (dwuren die beiden vollzaͤbligen Jaͤgerregi⸗
menter zu ihnen, am 8. konnte dad nfanterieregimens
zum Heere des Brafen v. Walmoden an der Elbe abgehen.
Die Prigjen des derzogl. Hauſes leuchteten vor; ſchon
diente Prinz Karl ald ruſſiſcher Generallieutenant in den
verbändeten Heeren, Prinz Adolph ging als Dolontär
zu Walmoden, Prinz Yufav, aus Neapel berbeigeeilt, _
trat bei den Jaͤgern zu Pferd ein. ud an vater⸗
laͤndiſchen andern Dpfern fehlte es nicht, das eigne
derzogl. Silbergeraͤthe ward in die Münze geſchickt und
u Guldenſtuͤcken ausgeprägt, mit der Inſchrift: Dem-
aterlande. Leider entſprachen die anfängliden Reſul⸗
state des Feldzugs auch an der Niederelbe nicht den eriien
—— Aus der Umgegend des wieder geraͤumten
mburgs mußten die mecklenburg. Truppen ſich mit
ihren Verbündeten auf den vaterländifhen Boden zu⸗
rüdzjieden (29. Mai) und der NBaffenftillftand vom 5. Juni
bis 16. Auguft brachte eine den Tapfern unmillflommene _
und doch in ihren Folgen fo heilbringende Ruhe au
bier bervor. Während derfelben wurde der ſchon fruͤder
angekündigte Landſturm völlig orgenifirt, die medlenburg, .
Truppen ſtießen zu den Schweden unter Vegeſack und
der Kronprinz von Schweden übernahm den Dberbefehl der
verbändeten Heere zur Dertbeidigung des deutfchen
Nordens. Den aͤußerſten redten Siägel diefer Nord
armee befebligte unter ibm. Walmoden, da aber ber
g 4 Fe >; j
168 Fr. Franz, Großherz. v. Medktend,: Schwerin.
Arerdanfen deffeiben nach Auffändigung des Baffen»
iURandes kaum aus 20,000 Mann beiland, während der
\ ‚gegenäberftebende Davouft mit den Dänen faft 50,000
äblte, fo mußte ſich Walmoden feit dem 17. Auguſt
gurädjieden, freilid unter beſtaͤndigen Gefechten und
chriit für Schritt dem Feinde ſtreitig machend. So
konnte Davouft am 19. a Boizenburg, am 22, zu Witten⸗
burg und am 23. Auguft zu Sawerih einzieben, wo er
Ab in kurzſichtigem Uebekmuthe, wie ein andrer Wald⸗
kein, fofort als gebietenden Herrn verfändigte und. an
Den dortigen See gelehnt eine fee Stellung bezog. Zu
feiner Beobachtung blieb, da aud Girard aus Magdes
‘ burg _vorgebroden und Walmoden diefem mit dem größs
sen Theile feiner Truppen entgegengegogen war, nur
Kettenborn mit etwa 5000 Mann zurüd. Da ihm aber die
Koſacken von aller Verbindung abfchnitten und Mecklen⸗
burg feinen Verrätber fannte, fo verbarrte er, ohne die
wahre Lage der Dinge zu ahnden, rudig in feiner Stel⸗
Iung und begnügte ſich den General Loiſon nad Widmer
u fenden. Diefed wurde freilid nad wiederholten Ge»
echten mit Vegeſack am 24. Aug. befegt, allein die von
Moftod vorruͤckenden Schweden und Mecklenburger hiel⸗
gen dur ein glänzendes Gefecht bei Retſchow, unmeit
röpdin, Die Sranzofen und Dänen vom Eindringen in
etztere Stadt gluͤcklich zuruͤck (28. Aug.) Auch Walmo⸗
ben war indeſſen zurückgekehrt und bereitete fi vor,
angriffsweiſe zu Werfe zu geben, unterKügt von der am
29. Aug., unter perfönlichem Oberbefehl des Erbprinzen,
kom aftiven Dienft aufgerufenen erften Klaſſe des Lands
urms, ald plöglid Davouft auf die Hunde vom Schei⸗
tern aller andern Unternehmungen gegen Berlin_und von
den Unfällen feines Kaiferd m Schleflen von Schwerin
aufbrad (2. Sept.) und Aber Gadedufh an die Gtednig
urdgeilte, Der een und Die berzoal. Familie, die_
he während dieſer Dorgdnge mit der Zandedregierung
zusk nach Roſtock, dann nach Stralfund begeben batten
{27. Aug), kehrten am 8. Geptbr. nad erjlerer Stadt,
im December nah Schwerin zuräd, Der permanente
Stamm bed Fandfiurmd erfter Klaſſe, 4000 Mann ftark,
in eine Landwehr von ſechs Batraillonen umgebildet,
diente unter Dem Erbpringen im Felde fort und vers
folgte, ald die Sranzofen (12. Nov.) aud die Stellung
+ der Etednit verließen, fie mit den Äbrigen Truppen
Aber Die Grenzen Mecklenbürgs binaus. Auch an dem
jegt- folgenden Feldzug in Holftein und Schledwig gegen
- Die Danfbare
Br. Sranz, Großherz. v. Mecklenb.⸗Schwerin. 169
Dänemark nahmen die Mecklenburger den rühmlichſten
Anideil. Beſonders entſchieden die beiden Jaͤgerregi⸗
menter durch ihre tapfern Angriffe den tbeuer erfauften
©ieg bei Sedeſtedt am 10. Dechr. Der Prinz Guſtau
felpit fiel dabei, ſchwer an der linken Hand vermunde
in dänifche Gefangenſchaft, wurde jedoch ſogleich wied
ausgewechſelt und am 11. lautete Die Parole der gamen
Armee: Die braven medlenburgifden Jager! Nah dem
Srieden mit Dänemark, 15. Jan. 1844, 309 die mecklen⸗
buraifbe Brigade, den Erbpringen an ibrer Spike, mit
Der Armee des Kronprinzen von Schweden an den Niebers
rbein. Weber dDiefen glücklichen Ereigniſſen vergaß die
GStantöflugheit des Herzogs keineswegs die noͤthige Ers
altung der übrigen politiſchen Beziebungen. Er fandte
don am 12. Januar den Minifter von Pleflen in das
große Hauptquartier der Drei verbündeten Monarden
ab und ließ Dur ibn zu Zroned mit den Miniftern
derfelben, zu Gbatillon jur Seine einen Allianztraftat
ſchließen (Februar 22—24,), in welchem die herzoglichen
- Befigungen und die Gouveränität Darüber garantirt
wurden. Der Parifer Frieden vom 30. Mai fübrte Den
Rückmarſch ded fchmed. Heereh, fo wie die Heimkehr
Der —— Truppen aus Belgien berbei (8. Juli).
Unerfennung ibrer Tbaren im Laufe des
nun beendigten Feldzugs ſprach der Herzog durch Aus—
sheilung einer nur für dieſen gekifteten Militärverdienfte
mebaille aus, An einem belblauen Bande mit einer
gelben und rotben Einfallung, im Knopfloche aetragen,
zeigt fie auf ber Vorderfeire ein aufgerichteted antifes
Schwert von einem Xorbeerfran; umſchlungen und die
Jahrszahl 1813; auf der Nüdfeite die Inſchrift: Medlen
burg& Ötreitern, mit dem berzogl. Namensjuge FF; die
Dffieiere erbielten fie in Gold, die übrigen Krieger in
Silber. Der Srieden ſchien durchaus get dert, nur die
u
Karten Durchmaͤrſche rädkehrender Ruſſen erinnerten
noch in Medienburg an den überflandenen Krieg; Sr.
* war daheim mit der Heilung der tiefen Wunden
eines. Volks veſchaͤftigt und ließ durch den Sreiberra
v. Dleffen feit dem Sept. 1814 auf dem Kongrefle zu
Wien die Intereſſen feines Hauſes, wie die allgemeinen
von ganz Deutſchland eben fo thätig ald fe und in
fhönem Sinne vortreten. Er gebörte zu den Füuͤrſten
und freien Städten, die zu Anfang des Kongrefied auf
die Herftellung der deutſchen Kaiferwärde in der Perfon
des Koiferd von Defterreih, wiewohl vergebli drangen
—
% — un. mn
2 5
» ; es
170 ° Fr. Franz, Großherz. v. Mediend. » Schwerin.
und die ed endlich durd ihre entfehloffene Vereinigung
Dabin brachten, daß die übrigen Staaten, frühere An» -
fprüäde aufgebend, mit ihnen ald einer Macht zu unter
andeln fi bequemen mußten, Allein deflenungeachtes
and der Kongreß auf dem Punkte, fi obne ein gün-
iged Refultar aufzulöfen, ald die Nachricht von der
andung Napoleons (22. März 1815) zur Befinnung und
— Erledigung der wichtigſten Differenzen den Ans
trieb gab. Der Herzog trat alsbald Dem von den vier
roßen Mächten erneuerten Bündniffe von Ehdumont bei
Wien, 27. April) und dem Haufe Medienburg wurde
son diefen durch die Juerfennung der großberzoglichen
Würde (27. Mai) der böbere, koͤnigl. Rang verliehen,
der dem uralten — 7 unter Deutſchlands Fuͤr⸗
ſten gebährte. Die Annahme dieſer Würde erfolgte von
Seiten des nunmehrigen Oropbetlone am 17. uni, fo
wie om 30. die großherzogi. Ratifikation der deutfchen
Bundesafte. Inzwiſchen batte aud er feine neuen Rs
ungen vollender und abermals zogen, vom Erbgroße
erzoge geführt, ſechs mecklendurgiſche Bataillone dem
Rheine zu nah Frankreich, wo fie fi dem preußiſchen
Armeekorps des General von Kleiſt ) und zwar der.
Dieifion Heflen» Homburg anfdloflen (8. Juli), Sie
kehrten erit im December ind Baterland zuruͤck, mit ih⸗
nen die früher weggefuͤhrten und jeg reklamirten Ge⸗
maͤlde und andere Hunftichäge aus Schwerin und Lud⸗
wigéluſt. Noch in demſelben Jahre traf Fr. Franz eine -
Dereinbarung mit dem Großherzoge von Strelitz Aber
Die Derbäliniffe .ibrer Fünftigen, gemeinfamen Theil
nahme am deuiſchen Bundestage. Auch mit den Bde
wahren nterefien feines Volfs fid anbaltend beſchäfti.
tigen zu koönnen, batte Sr. Franz durch den dauernden
Sriedensftand jegt die von feinem Herzen langerfehnte.
Moͤglichkeit erlangt. Die längk von ihm angeregte und
vorbereitete Aufpebung der. Leibeigenſchaft und Guts⸗
untertbänigfeit (18. Januar 4820) wird ihre Wirfungen
auf ſpaͤte Taprbunderte erfireden und den Namen ihred
Urbeberd in ihnen unvergeßlich theuer erhalten. IA.
glei der endliche Zweck derfelben, die Bildung eines
nicht blos nadı.freien, fondern auch mit Grundeigen⸗
thum angefeflenen Bauernflandes in den Gütern der
Nitterfdaft zur Stunde immer nod nicht erreicht, fo *
bat doch der Großherzog durch die Verpachtungen im
hg) Deſſen Biogr, ſ. im N. Wer. 1, Jabrg. ©. 186,
—N—
—
\
Fr. Franz, Großherʒ. v. Mecklend.⸗Schwerin. 171
en Domänen den Weg vorgezseichnet, auf welchen
äder oder fpäter feine menſchenfreundlichen und ſtaats⸗
weifen Abfihten ibre Verwirklidung finden mäflen. Die
Rectspflege Medienburgs erbielt in dieſer Zeit dur
ibn eine zeitgemäße, von Umgefaltung. Schon 1812
war ein eigened Kriminalfollegium zu Bauͤtow gegründet,
ſeit 1818 ſindet bei dem großderz. Negierungdfolleginm
keine Gericht6verwaltung meiter flatt; Degen wurde
das Land in Drei große Jurisdiktionsbezirke tür die Juſtiz⸗
kenzleien zu Schwerin, Rokod und Guͤſtrow —*8 —
von denen die letztere, nad Aufhebung des dortigen
Hormaligen Hof⸗ und Landgerichts, neu errichtet ward;
Die feierlihe Eröffnung des beiden großberzogl. zum
semeinfchaftliden Dberappellationdgerichtd zu rim
erfolgte am 1. Dftober 18318 und 1821 vollendete eine
verbeſſerte Einrichtung ſaͤmmtlicher Patrimoniagigerichte
den Kreis dieſer Wiedergeburt. Don andern gemein⸗
sügigen Einrichtungen erwähnen wir nur der —
e
“einer berittienen Gensd'armerie 1812; der —
ner Domanialbrandkaſſe 1815; des Steuer: und Po
tollegiumd zu Guͤſtrow 1816; des Landarbeitsdauſes
ſchaftsgeſelſchaft, auf Veredlung der Produkte und auf
firtlihe Bildung der Arbeiter ded Landbaued gerichtet
1817; der Anordnung eines jährliden Wollmarkts im
Güfrom, eine Einridtung, die Kb bald fo wichtig
und folgenreih ermied, daß fpdter auch Boigenburg
und Gräbow zwei Buttermaͤrkte erbielten; ferner: die
landesherrliche ——— des ritterſchaftlichen Credit⸗
vereind 1818, Die Derordnung wegen Anlegung von
Hpporbefenbüchern für jeded Hauptgut des Landes 1819;
die Fonfirmirten Sparfaflen zu Schwerin und RMod
und endlich eine durchgreifende Verbeſſerung des Land»
ſchulweſens in den Domänen 18383 Schmerzlich ge
troffen wurde das Materherz ded Großderzogs durch den
Derluft smeier Soͤhne binnen kurzer Friſt. Der Erb»
großbergog Sriedrid Ludwig, Dater der Herzogin von
rleans, farb am 29. November 1819, Der Derpg-
&dolyb am 8 Mai 41821. Zunaͤchſt wobl in Ddiefen
Krauerfällen lag die Deranlaflung, daß der Großberzog
um 23. Tuni 1821 (an eben dem Tage, an welchem
zu Dredden die Elbiwifffabrisafte in feinem Namen
Yollzogen ward) ein doͤchſi umfichtiged Hausgeſetz für alle
künftigen Succeffionsfälle erließ, unter Beſtimmungen
für die Doujäprigkeit, wie für die Abhadung und Be
Ile
felbR 1817; der Beſtaͤtigung des patriotifhen Vereins
nad dem ermeiterten Zwecke der vormaligen Landwirth⸗
Doc wegen der Abblı
herzog fein
N
172 Fr. Franz, Großherz. v. Medienb, „Schwerin.
” die in Gegenwart des Größherzogs am 25, Mai 1822 fu |
Berlin vollgogen wurde. Michtin wurde dad J. 1823
noc insbefondere dadurd, dab der Großherzog - fi
Bundesfontingents war nämlich feit mehreren Jahren
" der Gegenſtand febbafter Berbandlungen des großbersen!.
{Ne
Minifteriumd mit den Ständen gemefen, welde
elegenbeit jebod bei gegenfeitiger Nachgiebigkeit im
&. 4827 befeitigt wurde. Die Ausbrüd des Unmuths.
die fi 1830 aud in Mecklenburg jeigten, waren meiſt
gegen drtlide Beſchwerden, befonders gegen die Ges
breden Der Bemeindeverfaffung gerichtet. Wie viel au
feit 50 Jahren fic —— baben mochte, fo wurde
| fe folder Beſchwerden gegen Orts⸗
obrigfeiten auf ein Gefen von 1777 verwieſen; aber.
während Schwerin nad dem Aufftand im — |
4850 nur durd die Abfhaffung des Thorfperrge des für
Spayiergän er eine Befbwictigung erbielt, wurden die
ernſtlichern Froifi feiten wiſchen den Bürgern und dem
GStadtratbe zu Wigmar 1891 durch eine neue Verfaſſungs⸗
form — Am 24. April 4835 feierte der Große
egierungejubildum und endete am oben
enannten Tage zu Ludwigsluſt an den Folgen eines
ungenf&lagd. — Der Großberzog Sr. Franz mar von
mittlerer Größe, aber von einer vollendeten Leichtigkeit
und Unmurb in feiner Haltung und allen feinen Bes
\
wegungen; ‚nie batte ein Auge zugleich die größte Guͤte
“und den ſchaͤrfſten Verſtand unzweideutiger ausgeſprochen,
als das feinige. Gemöhnlid refidirte er zu Lüdwigsluſt,
aber jeder Krübling führte ihn dem fdönen Doberan zur‘
. Er liebte und beichlite die Känfte und Willenfhaften,
er kannte die Gefbichte feined Landes in einem bewun⸗
dernewerthen Detail und die bedeutende Sammlung ine
- Jöndifher Grabalterthlmer zu Ludwissluſt verdankt nur
ibm felbit ihr Dafein und vieljährigen von ibm weiſt
unmittelbar geleiteten Naigrabungen Allein fein ſqoͤn⸗
fter Schmud mar feine erechtigkeitöliebe, Diele ere.
dabenfte aller Shrftentugenden; einem Bittenden war der
Sieghard. 173
Zutritt I ihm verfchloffen und jeder feiner Untertbanen
trug das berubigende Gefühl in der Bruſt, ed könne
ibm Fein Unrecht gefdeben, dem der gätige, menſchliche
‚ Kandesvater, auf erhobene Klage, nit abdelfen werde,
Darum aber war der Großderzog aub.-von feinem Volke
eliebt und angebetet, mis einer Allgemeindeit und
abrdeit, die felten gefunden werden mag und von
welcher die rührendften Beweiſe vorhanden find..
* 63. M. Karl Auguft Benjamin Sieghard,
Wefperprediger an der Univerfitätötiche zu Leipzig;
geb. d. 14. DEE. 179, geft. d. 1. Febr. 1837,
Er war zu Sreiberg im Königreih Sachſen, wo fein
Vater Zeichenicehrer und Maler bei der Bergakademie
war, geboren, genoß feine Bildung auf der daſigen
Schule und bezog im Jadr 1821 die Univerfität Leipzig,
um, nac dem nie feiner Eltern, Theologie zu
Audiren. Nach Beendigung feiner mit Fleiß Und Borg.
falt betriebenen Studien ward er Magifter, 18% Veſper⸗
un er zu Leipzig und eiwas fpdter Prediger in Dem
athsͤdorfe Gohliß bei Leipzig und Er des Prediger
vereind an der Nifolaifirde legterer Stadt. Da jedoch
bierdurd weder feine Bedärfniffe no& fein Sinn für
Topätigkeit vollkommen befriedigt wurden, fo uͤbernahm
er überdied noch die Lehrerſtelle gn mehreren nambaften
Inſtituten und ließ fo Feine Gelegenheit vorüber, mo
er mit feinen Kräften nften Eonnte. Im Jahr 1835
- (27. Sept.) verbeirathete er fid mit der zweiten Tochter
des Pafor Georg Benjamin Jentzſch zu Studenbain bei
Torgau. Aber nicht lange follte er fein neubegrändetes
baͤusliches Glück genießen: er erfranfte in Folge einer
— und am oben genannten Tage wurde er ſeiner
Gattin, die einige Wochen nach ſeinem Tode ein Maͤd⸗
chen gebar, entriſſen. — Sieghard war ein Mann von
angenehmen Aeußern und batte einen ſchmaͤchtigen lan⸗
gen Körper, eine ſonore Stimme und ſchoͤne Augen und
verband mit diefen dußerliden Vorzügen einen tindlich
frommen und ſtets 90 Sinn für alles Wahre und
Schöne. Als Prediger leiftete er feinen Pflichten treulich
Benäge und erwarb ſich dadurd die Liebe feiner Ge -
meinen und die Achtung feiner Vorgeſetzten. Seine Mufes
unden wande er der Malerei, für die er ein, ſchoͤnes
alent und Begeifterung befaß, zu und er würde ſich
—
41716 | "Korn.
dieſer Kun der nz ergeben baben, wäre ihm frei
wei! —* Beru jugeftanden orten. a % *
r.
64. Julius Korn,
Buchhändler zu Breslau:
ged. den 80. März 1799, gefl. den 8. Februar 1837 °). _
Er war in Bredlau geboren und feinem Bater, Job.
Gottli. Korn **), welcger die unter der Firma des Groß
varerd, Wild. Gottl. Korn, befebende Handlung mit
ausgedehnter Druderei in: den blübendfien Zufland ges
bracht hatte, lag Alled daran, in feinem Sohn einen
würdigen Bemwahrer und Erbalter des fo ſchoͤn Begrun⸗
Beten zu. erziehen. Er gab ibm deshalb eine fehr forg«
fältige Erziebung, nach deren Vollendung unfer K. Mn
feinem: 15. Jahre in Die Handlung feines Vaters ein.
trat. Zu feiner weitern Ausbildung ging er nach 3 ade
ren nad) Bon EN aM. und arbeitete Dort in der -Ane
Drediben Buchhandlung, deren gegenwärtiger Mitbefiger
Krebs einige Jahre in der Korn’fhen Buchhandlung ges
Randen und’ fib mit dem Verſtorbenen eng verbunden
atte. Dors verlebte er zwei Zabre und benugte die fi
m Darbietende Gelegenheit, Bekanntſchaften mit den
Gelebrten und Kuͤnſtlern, melde der Bundestag nad
diefem Sit deutſcher Wiſſenſchaft herbeizog, anzuknüpfen.
ierauf keoͤrte er nah Breslau zuräd, diente fein Mili—⸗
rjabr ab, befand fein Dfficiereramen und trat dann,
um den Gang der franzöfifden Buchhändlergefchäfte fen,
‚nen zu lernen, in die — Son Boflange in Paris
ein, wo er ein Jahr blieb. trat ihm fein Vater,
Ber fi der Leitung und Beauffitigung feiner bedeuten«
den Grundbefigungen ausſchließlich hingeben mußte, die
Buchdandlung und Druderei ab, Kine der erften Uns
ternebmungen ded neuen Handlungschefs war die Er»
werbung des Eigenthums . der ſchleſiſchen Provinzial.
biätter und ded damit verbundenen fchlefifchen Literature
blattd, auch unternabm er faft gleichzeitig Die Heraus,
gabe der vom Profeſſor Gedeimen Hofratb Dr. Weber
redigirten ſchleſiſchen landwirthſchaftlichen Monatsſchrift,
welderdrei Jahre lang in feinem Verlage blieb. Durch
beide periodiſche Blätter fuchte er die ſtabile Beſchaͤf⸗
BSoͤrſenbl. f. d. Buchhdl. 87. Nr. 81.
e Defen wlonrapbiet, in diefem Jahrs. unterm 88. Aug.
— — ⏑—
‘er ibn bald ald Re
"Bädern gebrauchen konnte und ibm Zeir zu wiſſenſchaft⸗
licher Ausbildung ließ. Ein vorzäglider Humaniſt, der
Rothe. | 178
| tigung feiner Druderei zu erweitern, machte aber auch
viele andere Verlagsunternehmungen und bewahrte durch
eine Reihe polniſcher Schriften, durch manche wiſſen⸗
ſchaftliche Werke in deutſcher Sprache, ſo wie durch die
Pflege und Erweiterung der auf Schleſien berechneten
Unternebmungen dem väterliden Verlage den wohlbe
gründeten Ruf, Auch der vom Großvater und er
treu gepflegten, zu dem aͤlteſten politiſchen Blättern ges
dörigen ſchleſiſchen Zeitumg widmete er 5 Sorg⸗
falt, obſchon ihm dieſes Inſtitut nicht als Eigenthum
hberfoffen worden war. Um 4. Dftober 1826 batte er
Ad mit Cecille Bertha Freiin von Kospoth verdeirathet.
aus welder Ehe ibm 5 en und eine: Tochter gebe,
ren wurden, die ibn alle überlebten. Im Jahr 1885
wurde er zum unbefolderen Stadtrath ermählt und lei⸗
flete-ald folder der Stadtgemeinde, welcher er ange
dörte, uneigennägige Dienfte. Eine vernachlaͤſſigte Er
tältung 108 ihm nad einem 6tägigen Aranfenlager am
oben genanten Tage den Tod zu. Am 6. deſſelben Mo⸗
nard wurde feine Hülle in die Samiliengruft des väter
lichen Landſthes Osſwitz beigefent.
* 65. Theophilus Friedrich Rothe,
königl ſaͤchſ. Generalaccisinſpektor und juriſtiſcher Specialabld⸗
ſungs kommiſſaͤr, Gerichtsdirektor und Rechtskonſulent zu Leipzigz
geb. den 7. Februar 1786, geſt. den 8. Februar 1837.
In der Dorfſchule ſeines Geburtsorts Erbmannd
dorf, im koͤnigl. ſaͤchſ. Amtobezirk Auguſtusburg, empfing
R. den erſten Unterricht und ward ſchon damals we
hervorſtechender vorzuͤglicher Faͤdigkeiten von feinem Va⸗
ter, einem geachteten Bauergutsſiger und Dorfrichter,
dem gelehrten Stande beſtimmt, auch aus dieſem Grunde
von demſelben in ſeinem 12. Jahre auf das Lyceum nach
Chemnitz gebracht. Der Tod des Vaters griff aber bald
ſtoͤrend in dieſe Laufbahn ein. Aus Abneigung fe en
die Landwirthſchaft übernahm naͤmlich R., obwoh “der
ältere Sohn, das väterlide But nit, fondern zog es
vor, Schreiber bei dem damald in YAuguftußburg prafti-
eirenden, Jenigen ee ifher in Meißen
zu werden. iefem entging R.'s ſchneule Auffaflungd-
gabe und Neigung zu geiliger Sortbildung nicht, daber
gifrator und Gebälfe in manden
16 Rothe
VPaſtor Kippmann in Erdmannddorf, dereitete Mn wab⸗
rend derfelben zur Univerfitdt vor. Und in der That
fonnte R. ſchon in feinem 21. Jahre, ohne andermweiten
Unterricht zu bedürfen, dieſelbe in Leipzig bezieben, tüch⸗
tig vorbereitet in Gymngſialwiſſenſchaſten und, in feinem
eifrigen Studium der Rechtswiſſenſchaft bedeutend bes
vorzugt. durch Die bereits erlangte praftifhe Mebung.
Der Ordinarius Biener und Profeffor Edrbard, in deie
fen Relatorium er fid auszeichnete, übten unter feinen.
Lehrern damald und für die Solgezeit den bedeutendfien
Einfluß auf ibn aus. Don äußeren Mitteln war R. als
Student fehr entblößt und häufig fchrieb er in der Nacht
Kouegiendefte für Andere ab, um fi nur zu erbalten,
fungirte auch längere Zeit ald Hülfsſekretaͤr bei der
Kreisdeputation in Leipzig, wo er Gelegenbeit hatte,
eine vorzüglie praktiſche Befäbigung zu zeigen und
adurdy mehrere auögezeichnete Männer für. fi zu ge⸗
winnen. Dem fdum datte er zu Oſtern 1808 fein Abis
turienteneramen bei der Juriſtenfakultaͤt befanden, ſo
"wurde er.auch fhon zur Fertigung der Probefchriften zur
e
I}
Erlangung der Advofatur admittirt und w can deren
vorzüglider Anfertigung vier Wochen nach Einreichung
derselben ald Advokat immatrifulirt- Zwei Jahre arbeis
tete R. nun bei dem Accidinfpektor Hafe, einem damals
berühmten Praftifer in Leipzig und libernahm nad deſ⸗
fen Tode den größten Theil der Geſchaͤfte und Gerichts⸗
verwaltungen deſſelben. Jetzt ſchwang er. fid bald zu
einem ber geſuchteſten Anwälte Leipzigs empor und
um dad Jahr 4817 ward er-Honfulent der dafigen Kom
munrepräfentanten und erlangte fo ſelbſt Einfluß bei
Raͤth und — als Gerichtsdirektor verwal⸗
tete er iheils turzere Zeit, theils bis zu feinem Tode bie
Gerichte zu Stditeritz, Gautzſch, Großpößna, Baups und
Züafcbena, naddem er bereit& im Jahr 1811 zum fönigl.
Generafaceidinfgeftor in Marfrannftädt ernannt worden
war, weichem Poſten er jedoch von feipzig aus vorftand.
Ununterbrocden der Ausübung der Rediswiſſenſchaft id
_wweibend, wurde bierin eine Veränderung blos dur ba
Aufpören feines Derbältniffed zur Kommun Leipzig, in
br 1830 genelaeienn und nad Erlaſſung des Ges
tzes über biöfungen und Gemeinbeitdiheilungen im
Jaͤhr 1832_durd feine Ernennung zum jurſſtiſhen Spe—
cialeommiffsr in mebr ald 20 Auseinanderfegungdges
Sa der Aufhebung der Communrepräfentantichaft, Am
{
ſchaͤften. Eine durchdringende Schärfe der Urtheilöfraft,
+‘
Rothe. 7
.welde im Moment fi Der verwideltken Verdältnife
bemächtigte und felten den wahren Gefihtöpunft. ver.
febite, verbunden mit großer Gediegenpeit der Kennt
niffe, Geifteßgewandiheit und rafchem Arbeitätafent zeich⸗
nete R. ald Geſchaäftsmann aus. Daber bewegte ſich
feine Thätigkeit als Anwalt au befonders in der (hmies
‚rigen Dandelöprari® und feine tiefe Kenntnif des Febnds
rectd mar fo anerfannt, daß die bedeutendften Kamilien
des Landes Lehnsgutachten bei ibm einbolten und in
. berartigen Gtreitigfeiten ihn zum Sciedärichter ermäbls
[
ten. Seine Bekanntſchaft mit den bäuerlichen Verbälte
niffen von feiner Tugendzeit ber, der Nabdruf feiner
Rede und eine imponirende Figur unterftügten ibn bei
feiner Stellung als Gerihtödireftor und Abloͤſungscom⸗
miffär und noch nad feinem Tode rührıte ein Depus
Urter des Magiitrats in Öffentliber DVerfammlun der
Stadtverordneten, wie der Abflug mehrerer Vergleide
in Ablöfungsfaben namentlich der eigenthämliben Babe
R.8, mit dem Bauer zu verbandeln, zu verdanken fet,
Bei folder praktiſchen Thätigkeit verfehlte er doch nicht,
treu in Wiſſenſchaft und fiteratur rortzugeben und bes
trieb no außerdem Bencalogie, Geſchichte und Eraatds
recht als Lieblingsftudien. Auc liebte er es, junge Leute
in feinem Beruf auszubilden und mehrere außgezeich“
nete Mitglieder der Appellationsgerichte find feine Schuͤ⸗
ler geweſen. Kraft und Jovialifät bildeten die Grund»
lage Pins Charafterd, melde fammt einer genialen Sreis
mütbigkeit und Win ibn zu einem dußerft lebhaften und
beliebten Gefelfwaiter machten. Allein bei einer gro«
gen Quimäthigfeit, welche in Geldverlegenbeiten Andes
rer oft fogar mißbraucht wurde, Fonnte R. von großer
eiterfeit leicht zu Weichheit und Näbrung übergeben.
ur feine Geſchaͤftsthaͤtigkelt und Perfönlichkeit hatte
R. einen großen gejelligen Sreid und namentlich auch
unter den höheren Ständen viele Befreundere. Gern
aber Pre A er feined Emporarbeitend aus geringern
Berbältniffen und feinen Bruder, einen fhlihten Bauers.
mann, führte er bei deſſen Anmefenheit in feine Eirfel
und Gefeufchaften ein. In feinem Wohnort fei ‚ig,
erfreute R. fi allgemeiner Anerkennung und dur feine
Gattin, eine Tochter, des SKommerzienrarpd Zalke in
DHobenfein, mit welcher er bis zu feinem Tode eine
aeclide Ebe führte, war er in mannifade verwandt,
ftlive Verhaͤltniſſe daſelbſt getreten. Seine feite .
Aörperfraft unterlag, wodl in Zolge der fleten. nament-
N, Kekzolog. 15. Jahre. 12
178 | | Söffner.
Krankheit.
.
(id geifigen Aufregung einer galbjäprigen jebrenden
* 66. Karl Söffner,
Bicedirektor bed Fuͤrſtenthumgerichts zu Neffe:
geboren ben 25. Dec. 1773, geſtorben den 8. Bebr, 1857.
Shfner, geboren zu Seitſch im Guhrauer Streife |
Tiederfchlefiend, war der Sohn des daſigen fürftlichen
Stiftsnergaͤriners Berndard Soͤffner. In der Elementar⸗
fhule feines Geburtdorts empfing er den erſten Unters
richt und wurde von jeinen Eltern im 11. Jahre auf
das katholiſche Gymnaſium nad Groß: Glogau gebracht,
von wo er die Hohfhule der Zeopoldina zu Breslau
bezog. Don Tugend auf Die Muſik leidenſchaftlich lie⸗
bend, fand er dort Gelegenheit, ur muſikaliſches Talent
fo vortbeilbaft auszubilden, daB er ſelbſt in jener Zeit
auf der Violine fid in Koncerten hören laſſen konnte.
" Kebbaft regte fich in ibm der Wunfd, die Rectöwiffen-
{haft zu ftudiren, obwohl feine Eltern wünfcten, daß
- er den geiftlihen Stand erwählen möchte, ‚indem ihre
Permögendverhältniffe bei mehreren Kindern ed nicht
geftatteten, ibn in einer andern. Berufswahl gebörig zu
unterfiüßen. Unfer ©. batte fi jedoch durch fein ſchoͤnes
Hiolinfpiel und freundliches befeidenes Wefen ſchon
fo. viele Freunde erworben, daß ed ihm durch deren
Unterftüßung möglid wurde, nach einem zweijährigen
Aufenthalt in Breslau, faſt ohne Unterlüßung von
einen Eltern, die Friedrid8sUniverfitdt zu Halle bee
ucen au fönnen. Hier verlebte er. eine (ehr an enehme
Zeit, da feine Bildung und muſikaliſche Sertigkeit ihm
Eingang in den angefebenten Samilien verſchaffte und
er fih dad Zuträuen feiner Profefforen in fo hohem
Grade erwarb, daß man ihm dad Amt ald Bibliothekar
übertrud. Saft Ir Ende feiner Studienzeit reifte er nach
“ Sauchitädt, um fich Dem Fuͤrſtbiſchof Sofepp au Hohenlohe⸗
HBaldenburg und Bartenftein, welcher ſich dort als Bades
aft befand, vorzuftellen, welche Aufmerkfamfeit derſelbe
eundlich aufnabm und für ihn in der Folge zu forgen
verfprad, S. machte hierauf binnen ſechs Woden in
Breslau das YAudfultatoreramen und- wurde ald Aus
£ultator dem A von Haugwig zur
Ausbildung Übergeben, welcher fi mit vieler Liebe und
befonderer Güte feiner annahm. Als v. Haugwitz bald
darauf zum fürbifchöfl. Generaldirektor ernannt wurde,
=
Soͤffner. 179
. batte Soͤffner Gelegenbeit, wieder mit dem Kürftbifchof
jufammenzutreffen, mobei diefer ibn auf Die großmfithigfte
Weiſe unterflüßte und feiner fernern Sürforge verficherte,
fobald er ſich für das Richteram fäbig gemadt haben
würde, ©, legte binnen 14 Jahre ein zweites Eramen
zurück und der Fürft ftellte ibn 1798 in feiner Refidenzs
ſtadt Neiffe ald Senator bei dem Magiftratöfollegium tm
als Aſſeſſor bei ber Juftigdeputation an. Im %. 1804
wurde er zum Rath ernannt, jo wie au zum itglied
und Mitdirigenten bei dem Hofrichteramte, A809 vor
beiratbere er fib mit Antonie, Tochter des F, f, Haupt
mann von Richter zu Preßburg, mit welder er beinabe
21 Jabr im einer böhR glüdlihen Ede verlebte, aug
welcher ibm nur eine einzige Tochter geboren wurde,
Als 1310 Die fämmtlihen Stiftögliter fäfularifirt und
die geiftlihen Behörden unter die unmittelbare fönigl,
Derwaltung geſteüt wurden, befam ©. die Stelle eines
erien Affeflorö bei dem neu gebildeten Fönigl, Gtadt.
BR 1513 wurde ihm das Direktorium diefes Gerichtg
abertragen, 1813 murde er zum föniglichen Juſtiztath
und Commissarius perpetuus für die reife Neiſſe und
Grottfau ernannt und 1822 bei ber Bildung des jegigen
fönigl. Bürftenthumgerihts zu Neilfe ‚als DBicedireftor
angeſtellt. Bei der bäufigen Kraͤnklichkeit des erſten
Direktor des Eönigl, Süritenthumgerihts vermaltere er
auch deſſen Poften mit und ftand, ale derfelbe fip im
Mai 1835 von allen Geſchaften jurüdjog, dem genannten
Gerichte bis April 1836 ganz allein vor, Durd feine
auf Diefe Weife fo überbäuften Gefhäfte, da er noch
außerdem 2-Gerihtsämter verwaltete und im uni 1836
sum Präfed Der Dberbofpitalfommiffion ernannt morden
war, litt feine Gefundbeit bedeutend, Gtetd bereit,
Andern zu belfen, fat täglich von Rathſuchenden, mels
Ken er ohne Unterfchied Der Perfon auf die freundlicite
Art nicht nur Rath ertbeilte, fondern auch ibnen fonit
no auf die uneigennüßigfte Weife zu nügen fuchte, in
——* Geſchaͤften geſtoört und daher genoͤthigt zu dieſen
ie Nachtſtunden zu Hülfe zu nehmen, wurden feine
Siräfte adnzlih aufgerieben. Er entfhlummerte nad
einem 6wöchentlichen Stranfenlager, die Gefahr feiner
- Xage nit abnend, rubig und fanft und wurde am
- 6. Sebr. feinem Wunſche gemäß an der Geite feiner ibm
vor fieben Jahren vorangegangenen Gattin beerdigt. —
Chriſtlich frommer Glaube, ein —— aſſes
—
rend
"10. Hirſchel. -
er Sinn, aufopfernde thätige Menfchenliebe und
He Hergendgüte maren die Hauptzuͤge feines Charakters.
* 67. Dr. Joſeph Hirfchel,
Arzt zu Groß⸗Glogau;
geboren den 21. Dit. 1758, gefl. den 4. Gebr. 1897.
Der Berewigte war in Sranffurt a. d. D. geboren.
Unbegänftigt von allen äußern — batte er ſi
—32— feinem bedharrlichen Fleiß Alles, was —
war, zu danken. In feinem 13. Jahre en er nah Ber. .
-Iin, wo er fih während der 7 Jahre feines dortigen
Aufentpaltd mit Eifer dem Studium der Alten ergab und
Stundeg, die er unter Anderm. in der franz.
Dear DENE: mübfam feinen Unterhalt erwarb.
zn be Jahr alt, Fam er nach Hanover, mo er wäh
5 Jahre eine Hauslehrerſtelle bekleidete. Sein
ch, in den Wiſſenſchaften —— wurde
eh lebendiger rege, doch würde ibm bei feinen
befchränften Mitteln Die Ausführung. kaum möglich
geworden fein, bätte nicht_ein glüdliher Zufall. ihn
in dad Haus, tineh ſehr menſchenfreundlichen Mannes in
Konigsberg in Preußen geführt, durch deſſen Unter⸗
ſtuͤzung es ihm gelang, bei dem Magiſter Wlochatius den
Unterricht in der lateiniſchen Sprache und in den phi⸗
Lofopbifchen an mathematiſchen Willenfchhaften zu er.
en. Auf Ddiefer feften Grundlage erbaute er dad
& dude feiner mebicinifden Kenntniffe und ward unter
dem Rektorat des Prof. Bod er medicinifher Bürger
eingefhrieben.. Bei dem berühmten Sant, der ibn
Dt befondern Aufmerkſamkeit werth hielt und deſſen
ndenfen dem Verſtorbenen bis in die ſpaͤteſten Jahre
gs Lebens theuer blieb, hörte er Pbilofophie, Logik,
etaphyſik und matdematifche und pbpflkalifhe Dors
fefungen bei den Prof. Reufd und Bud. Mit großem.
Eifer befuchte er- die —— Metzger's über Ana
tomie, anboRofog! ie, Pathologie u. ſ. mw. und gedachte
namentlich Bi befonberer Fiebe febr oft feine Gedrers
und Freundes ded Prof. Dagen und deffen Vorleſungen
über — Experimentalcbemie, Mineralo ie
Botanik, Zoologie ꝛc. Den 1 4787 war der
feiner Promotion und er berlie 55— mit rühe
renden Beweiſen .der Liebe und U tung Die ibm die
N und BBahrbaftigtei (eines barafter (don
— | | — — — — — - =
Hirſchel. 181
damals bei Allen erwarben, die ihn kannten, um ſich zu
Wilna niederzulaffen, wo er fih, ebenfo wie fpdter
in Zedejic mehrere Jahre aufbielt.. Doc maren ibm in
beiden Städten Die Zeitumftände nicht günftig und fo
entichloß er fi, den Bitten mebrerer angefebener Sreunde
naczugeben und feinen Wohnort nad Gnefen im nad»
maligen Südpreußen zu verlegen, in weldem Drt er
. vom Jahr 1794 bis 1814, die erften drei Jahr ald reis
bofifus und fpäter ald Arzt bei Dem dortigen geiftlichen
Kapitel, in einer febr ausgebreiteten, mübevollen Praris
Iebre, bei der ibm feine große Fertigkeit in der deuiſchen,
franzöfifhen, lateiniſchen und polnifhen Sprade fehr
zu fiatten fam, Seine raftloje Thätigfeit, Die gewiſſen—
"Dafte Ausübung feiner Berufspfiihten, feine berzlice
Theilnahme an jedem Leiden, Die große Menſchen—
freunblichfeit, die ihn nie einen Unterfchied des Standes
beachten ließ und dad Wohlwollen, dad ſchon aus feinen
fanften gaütigen Zügen fprab und dem Kranken Troft
und Hoffnung einflößte, gewannen ibm nad vielen
gelungenen alüidlihen Kuren dad Dertrauen, Die Ach—
tung der böberen Stände und Die Liebe der Armen,
deren unermübliher Helfer und Woblthäter er mar.
Durch vielfache Erkältungen, die bei feiner anftrengenden
fandpraris häufig vorkfamen, batte fi bei unferm 9.,
deffen Sörper ſchon feit der Kindheit ſehr ſchwaͤchſich
war, eine Kraͤnklichkeit eingeftellr, die er im Drange,
fremde Leiden zu mildern, mehrere Jahre nicht achtete;
als fie jedoch überhand nahm, entſchloß er ih das nuns
mebrige Großherzogthum Pofen zu verlaflen und mad
Shlefien zu sieben, um Dort, wie er boffte, fein böbes
red Alter in Ruhe zu verleben. Diefed Vorhaben führte
er denn auch aus, obgleih es ihm durch. Die mannich⸗
faben Bitten und Anerbietungen der Bewohner der
Stadt und Umgegend, die den treuen, umfichtigen Arzt
und Freund noch mac Jahren ſchwer vermißten, febr
erfchwert wurde. — Nah einem Eurzen Aufenthalt in
Eprottau, der dazu diente, die Herſtellung der Vers
wüftungen abzumarten, welche der Krieg in der Seftung
ongerichtet, nahm H. mit feiner Samilie im März 1816
feinen Wohnſitz in Groß-⸗Glogau, wo_er bis zu Teinem
Tode blieb. War fein medicinifher Wirkungskreis bier
gleih nur gering, fo bat fi dennoch der Verſtorbene
‚Dur®d feine mufterhafte Nechtlichfeit, durch fein ats
fpruchdlofes Wefen.die allgemeine Liebe und Achtung in
Glogau erworben. Seine geifige Tbätigkeit blieb ſich
\
u N
182 Riichter.
99 Er intereſſirte ſich bis in den letzten Beiten ſeine
afeind lebhaft für Alles, was die Zeit in ihrem Fort⸗
f&reiten in den verfciedenen Zweigen der Kunſt und
Wiſſenſchaft dervorbradte und troßd dem, daß feine
förperlien Leiden mit jedem Sabre zunabmen und ihm
nur zu oft den Lehensgenuß verfümmerten, wären und
blieben wiſſenſchaftliche Studien und Arbeiten feine
lLebſte —7 wovon mebrere Hunderte von
Bogen, die, von feiner Hand beichrieben, un ents
dalten, was ihm in der langen Zeit feined Wirfend bes
merfensmwertb, erſchien, zeugen. Fünnen. Nachdem ber
VBeremwigte feit langer Zeit mit mancherlei Webeln ges
5 worunter namentlich ein fortwaͤhrendes Ohren⸗
auſen und Klingen geboͤrte. dag ibm 1320 befiel und
nicht wieder verließ, an dag er fich jedoch gewöhnt hatte,
Behte id im Jan. 1833 ein inneres Bruſt⸗ und Magens
bei ein, dad ihn in den Wintermonaten unaufhörlich
nälte, in der wärmeren Jahreszeit zwar etwas nachließ,.
n dem — Winter aber mit verdoppelter
Hartnackigkeit wiederkam, bis das Uebel am 13. Sept.
886 nach einer Erkaͤltung fo bo Nieg, Daß er Dad Bett
duͤten mußte und nad einem St woͤchentlichen Kranken
fager, wo ihn die färchterlichſten Schmerzen quälten,
am oben genannten Tage verfhied. — Der Berltorbene
war 2 Mal verbeiratdet. Seine erite Grau und 4 Kinder
aus diefer Ehe verlor er in ganz furzer Zeit nach eins
ander am Nervenfieber. Seine jet noch lebende zweite -
Gattin und eine Tocier beweinen in ibm den treuelten,
liebevoüften, trefflihften Gatten und Dater, deſſen ganzeö
‚Streben ed. war, die Seinigen zu beglüden!
68, Wilhelm Eduard Richter,
2, preuß. Regierungdrath in Minden;
geb. ben 26. Juli 1806, geſt. am 4. Febr. 1887 *).
Er wurde in Poſen, wo fein Vater damald Mitglied
der fübpreuß. Regierung CLandesjufizfollegium) war, "
geboren, folgte nach der großen Kataſtrophe vom J. 1806
im folgenden Jahr feinem Dater nad Potddam, wohin
leßterer ald Stadtgerichtödireftor verſetzt, ward. Eine ihn
dort in feinem 5. Altersjahre befallene febendgefährliche
‚Krankheit, melde 9 Monate anbielt, legte den Grund
iu feiner nabmaligen Bruſtſcwache, wie zu dem noch
7) Nach Zeitungsnachrichten.
Richter. 188
foridauernden krankhaften Leiden feiner Mutter, geb.
—Wilke, Deren mit beifpiellofer Aufopferung ibm gemid»
mete forgfältige Pflege er damals feine Febenderhaltum,
verbdanfte. Der große Wechſel der politiſchen Ereigniffe
der 3. 1813 bis 1816 veranlaßte, daß er nad einander
in ben verfbiedenen Unftalten zu Potsdam, Prenzlau
und Halberfadt feine Gpmnafialbildung empfangen mußte,
bis der Beruf feinen Bater ald Negierungedireftor nad
Breslau führte, wo er feine Bildung auf dem Friedrichs
geutın vollendete. Mit dem Zeugniß der unbedingten
eife Ar. 1, bejog er am 1. Dft. 1322 die Univerfität
zu Bredlau und ftudirte die Nechte drei Tahre lang mit
raftlofem Fleiß. Am 14, Gept. 1825, beim Eönigihhben
Dberlandeögerichte zu Breslau für den Juſtizdienſt ges
rüft, ging er, nach der Ernennung feined Daterd zum
Dräfibenten der Regierung zu Minden, zum Oberlandess
gericht nach Paderborn über, arbeitete dann vom 25. Nov.
1825 bis April 1827 bei Dem Eönigl. Land» und Stadt
geriht in Minden und ward fodanı an dad fin. Dbers
landesgericht zu Halberftadt verfegt. Dort am 23, Oft,
41827 um Neferendariud ernannt, beftand er Ende 1830
dad dritte Eramen mit Auszeichnung, wurde auf Furze
Zeit ald Kammergerichtsaffeffor anaeftellt und am 17. Apr,
1831 der Eönigl, Regierung zu Minden Behufs feines
Ueberganad zum Dermaltungsdienft überwieſen. Um
419. September 1831 ward er zum Regierungdaffeffor
und am 22, Tanuar 1834 zum PRegierungsratb bei
diefem Kollegium von dem König ernannt. Schon
am 14. Februar 1892 hatte er fib mit Emma Ganger
ebelich verbunden, bie ihm zwei Töchter ſcheukte, mo»
don die ältere ihm fieben Monate vor feinem Tode (am
4. Juli 1836) in die Ewigkeit voranging. — Jeder, der
ihn näher kannte, weiß, was er als liebender Sohn,
ald treuer Gatte und Vater den Seinigen war, iſt Zeuge
gewefen von der Zärtlichkeit, Die er gegen feine Mutter,
von der liebevolen Ehrerbietung, die er gegen feinen
Vater hegte und zugleidy von der achtungswerthen Feſtig⸗
feit im Kollegium, wenn 28 galt, feine Ueberzeugung
auszuſprechen; Beuge der feltenen bingebenden Liebe,
womit er Srau und Kinder, Freunde und Mitbräder
nmfing. Sein Umt vermaltete er mit gemiflenbafter
Treue und unermüdetem Fleiße bi6 noch wenige Tage
vor feinem Tode; wahre Keligiöfität befeelte ihn, mit
unermüdeter Wohltbätigfeit bat er die Thränen der
Urmen getrodner und redlich gebolfen, wo er Fonnte..
f n
\
184 Schmeiſſer.
ie Grippe machte nach kaum dreitagiger Krankhen
fine rad ein Ende, Bei der Beerdigung ae
‚ deutli ‘die allgemeine Liebe und Achtung, Die er ges
noffen, aus: ein Chor der Buͤrgerſchule und ein Männere
or fangen freiwillig am Grabe und die an
und die Eivile und Militärbehdrden ſchloſſen fi dem
Leichenzug an.
* 69. Johann Gottfried Schmeiffer,
Doktor der Medicin zu Hamburg;
geb. den 24. Juni 1767, geft. den 5, Febr. 1837 °).
Er mar der Sohn eined Predigerd und Rektors zu
Andreasberg am Harz, erlernte die Pharmacie und übte
. fie in Braunſchweſg, Hamburg und £ondon, mohin er,
mit. Kenntniffen in der Phyſik, Chemie, Anatomie, Phy⸗
‚fiologie, Mineralogie und Botanik auögerüftet, von
Hamburg mit Empfehlungen an Sir Joſeph Bank
reifte. Dur ibn madte er die perfönliche Bekanntſchaft
- verfhhiedener englifher Naturforſcher, genoß in ber
Botanif ben Unterridt von Dr. J. 5. Emitb, in
ber Anatomie von 5. Hunter, befuchte Die wiſſenſchaft⸗
lichen Inſtitute Londond, warb auf Banfs und bes
Herzog von Leedd Empfehlung zum Sellow ‚der royal
Society erwählt, dann Mitglied Der Linnean und Medi-
eal Society, befhäftigte ſich mit chemiſchen Unterfuhuns
gen, io wie mit biltorifgen Arbeiten und bielt Vor⸗
lefungen über Mineralogie und Ehemie in engliſcher
Sprache. Er lernte den berühmten jenigen Sreiberrn)
Ksp. v. Dogbt Fennen, bereifte in deſſen Geſellſchaft die
merfmwäürdigiten Gegenden Englands, Schottlands und
Irlands und widmete fi in Edinburg dem Studium
einer Lieblingswiſſenſchaften, wurde Mitglied der dor⸗
tigen royal Society und befam dad Bürgerredt_ von
Montrofe, Er verlebte darauf bei dem Sreiheren v. Voght
guf deſſen Landſtelle Flottbek an der Elbe, woſelbſt Dies
fer ein cemiſches Laboratorium bauen ließ, einige Jahre
‚und ubte die Chemie_und befonders Wgrikulturdemie.
- Später reifte er mit Sievefing nad ak ‚eine. Reife,
die für ihn in wiſſenſchaftlicher Hinſicht reih an Auße
beute war. Er wurde Mitglied der Parifer Societe phi-
lomatigne. Mit Voght durchreiſte er Deutfchland, dan
gun
) N ri d *
ee rungen und Luͤdrers — sholfeis
Schmeifer. 185
wit. Bäfd den Gary, Hanover, Göttingen und Braun.
mei Medrere geledrte naturmilfenibaftlihe und atı-
dere Geſellſchaften ernannten -ibn_ zum Ehrenmitglied,
das ©. 2. Sanitätöfolegium in Siel zum Adjunkten;
von Helmfäde erbielt er nah außgeftellter Dilfertation
das Diplom ald Dr. medicine. Im Befig einer Apos
tbefe lebte er mehrere Jahre in Altona und befcäftinte
fid mit den Naturwiſſenſchaſten, der Chemie ıc,, worin
er auch Unterricht ertdeilte. Bei feiner Zurüdfunft von
einer Reife na Kopendagen wählte er Hamburg zum
Aufentdaltsorte prakticirte dort und bielt Vorlefungen
über dad im allgemeinen Leben Unmendbare der Mbofik
„und Chemie. Er farb nah längerer Kränklihkeit und
Mbnabme der Kräfte am oben genannten Tage. — Seine
Sdriften und Auffäge find: Einige Derfuce mit des
pblogiRifirter Salzfäure. gi Erell’d chemiſchen Anna
n 1789. Bd. 2. St. 7. r. 5. &, 30 — 44 Is &t. 8
Nr. 6. ©. 1335 — 139. — Analysis of the Angustara
bark für 9. 5. Brande in London. In Experimental
and observations on the Angustura bark. London 1791.
2. edit, 1798. — Description of Killburn wells, and
. analysis of their water. In Philosophical Transactions
“ for the year 1792. Vol. 82. Part. 1. p. 115—27. — De-
scription of an Instrument for ascertaining the specific
— of fluids (Araeometer). In denfelben für 1798.
ol. 88. Part. 2. p. 164—67. M. 1 8. Aud befonderd
edrudt, London 1708; deutſch im Magazin für daß
euehe aus der Popfif und Naturgeſchichte Band 9.
t.2. S. 97— 102. — Experiments on, and analysis of
the magnetic sand, found in country of Cornwall, and
called by Wr. Gregor: Wenakanite (Ktanium). In Crells
chemical Journal trausl. from the German with occasional
additions. Vol. 8. London 1798. p. 252 —59. — Account
of a mineral substance, called strontionite , in which are
'exhibited its external, physical and chemical characters. -
In Philosophical transactions für 4794. Vol. 84. Part. 2.
p- 418 — 25. — Syllabus of lectures on mineralogy. Lond.
1794. — A system of mineralogy, formed chiefly on the
plan of. Cronstedt. Vol. 2. Zondon 1794 u. 95. Mit
3 Apfrn. — Chemico-physiolögical observations on plants
by (J. Jac.) v. Usslar; transl. from the German- with ad-
ditions. Edinburgh 1795. — New chemical and mineralo»
ical Journal for 1796. Nr. 1 u. 2. London 1797. —
eiträge zur nähern Kenntniß des gegenwärtigen Zus
ſtandes der Wiſſenſchaften in Frankreich. 2 Thle. Hamb.
7
N
186 Brundwig.
4797 u. 08. — . Handbuch zu feinen Vorlefungen über
Die im allgemeinen‘ Leben anmendbaren Stenntniffe und
Erfahrungen aud der Phyſik u. Chemie. 1. Tb. Hamb.
1834. M. 3 lithograpd. Blättern. — Verſchiedene Kleine
Yuffäge in Zeitſchriften. =
* 70, Friedrich Franz Wilhelm Brunswig,
Doktor der Veterinärkunde zu Roflod'; 2
geb. im Jahr 180% , geft. den 7. Bebruar 1837.
Es war fein Wohnort Roftod auch der Drt feiner
Geburt und er auf der großen Stabdtſchule diefer feiner
‚ Baterftadbt für die fpdtere Laufbahn gebildet worden.
Kassen er auf den Beterinäranftalten zu Schwerin und
erlin fih ber Tbierbeilfunde gewidmet hatte, begann
er zu Rofod die Ausübung feiner Kunſt und machte ſich
bald durch Geſchicklichkeit und Gelingen der Kuren in
berfelben ſowohl in der Stadt, wie in der Umgegendb
befannt, fo daß er immer febr geſucht ward und ſich nur
felten ‚der Rube und Erholung bingeben fonnte. Den
‚48. Tuli_1831_promovirte er Darauf bei der Roſtockſchen
medicinifben Bafultdt, unter des Geheimen Medicinals
ratbs und Proreftord ©. ©. von Bogel *) Defanat ald
Doktor der Deterindrfunde und mward fat aleichzeitig
auch von der pbilomariihen Geſellſchaft datelbft und
dem mecklenb. patriorifden Verein ald ordentliches Mits
glied aufgenommen. Der Verewigte zeigte ſich ſtets ald
ein anſprüchsloſer, rebliber Mann. Er ftarb an einem hef—
tigen Nervenfieber am oben genannten Tage, im eben
_ erit vollendeten 33. Xebensjabre. Auß feiner im J. 1830
geſchloſſenen Ebe mit Friederide, geb. Krey, einer Toch⸗
ter des am 6. Dft. 18% in Roſtock verſtorhenen Doftord
der Theologie und Pallord am St. Petri Tob. Bern,
barb Krey **) baben ibn, außer feiner Gattin, drei Kin—
Der überlebt, — Seine fohriftfiellerifchen Arbeiten, foviel
fie und befannt geworden, befchränfen fih auf folgende,
einen und denfelben Gegenftand betreffende Ubbandluns
en: Weber Die fibere Heilung der Kolik des Pferdes,
oftof 1831. (ft auch feine Tnauguraldiffertation.) —
Berichtigung, in Betreff ded in Ir. 612 empfohlenen
Mitteld zur Heilung der Kolit oder Darmgidt ber
Pferde, im Schwerinſch. Fr. Abenbblatte 1831, Nr. 614.
Schwerin. ör. Brüffom.
j Deſſen Bio ie f. in diefem Sahrg.d. N. Nekr. ©. 127.
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187
* 71. Dr. Karl Chriftian Kohlſchuͤtter,
koͤnigl. ſaͤchſ. Geheimer Kabinetörath, auch Hofs und Juſtizrath,
Ritter des koͤnigl. ſaͤchſ. Civilverdienſtordens und des Ordens der
baieriſchen Krone zu Dredden;
geb, den 14. Zuni 1763, geft. den 9. Bebruar 1837.
Er ward au Dresden geboren. Sein Vater Karl
Ehriftian Kobliärter, Aber deffen Herkunft nichts Si⸗
Deres bekannt ift, war Kaufmann, Beſitzer einer Hands
lung zu Dresden und Warfhau und führte den Titel
eines kurfürſtlichen ſächſiſchen Hofkommiſſarius. Diefer .
farb zu früh, als daß er auf feined Sohnes Erziehung
und Bildung einen wefentlihen Einfluß bätte aushben
können. Die Mutter, Chriſtiane Dorotdee, Toter. des
Kammerraths und Kaufmanns Lippold, der anfangs der
‚Principal, ipäter der Kompagnon von K.'s Vater war,
verbeirathete fid im Jabr 1769 zum zweiten Mal mit
Friedrich Ernſt Mylius, kurfüſtl. fühl. Floßkommiſſarius
in Prehſch, einem kleinen Städten an der Elbe zwi⸗
ſchen Torgau und MWittenderg, wodurd K. in Wahrheit
einen zmeiten Dater erhielt. Den erften Unterricht ver⸗
Danfte K. einem gewiſſen Böhm und dem Pfarrer Klau
niger in Pretzſch, unter deren Zeitung er ſehr gute Sorte
ſchritte machte, fo daß er im Frühjahr ded Jahrs 1778
auf Die Fürſtenſchule nah Grimma gebradt werden
fonnte. Mußte er glei anfangs einen ziemlich tiefen
Play einnehmen, fo zeichnete er fib doch bald fo auß,
daß er immer ſchon nah Derlauf eined Jahrs in eine
böbere Klaſſe und alfo nad der Frühlingsprüfung des
Jahrs 1731 nad Prima verfege wurde. Nachdem er
bei der eier des Schulfeſtes im %. 1783, am 300. Jahre
nah Luthers Geburt, eine lateinifhe Nede über das
Thema: summa omnia fuisse in Luthero, — ab
eo requiras, qui sive in religione, sive in literarum stu-
diis nonnulla emendandi provinciam suscipere audeat, .
gehalten und Dabei die zur Univerfitdt abgebenden Mite
hüler im Namen der. Zuradbleibenden beglädwänfcht
atte, folgte er im Bebruar 1784 den vorangegangenen
reunden auf die Univerfitdt nah, nachdem ibm feine
febrer mit großem Lobe und der beften Hoffnung ent
laſſen hatten. Er bezog nun die Univerfität Wittenberg,
nam ſich dem Studium der Jurisprudenz zu midmen,
‚Neben den rechtswiſſenſchaftlichen Borlefüngen von Beide -
ler, Wiefand, Klügel, Hommel und Franke defuchte er
18 Rohlfchütter,
auch die hiftorifhen Vorleſungen Schröd'd und die pbi.
Joſopdiſchen Gottl. Ernſt Schulze’d und mit befonderer
WVorliebe die Reindard's, wie er au an den von letz⸗
terem geleiteten Diöputiräbungen eifrigen Antheil nahm.
Hier fnüpfte ſich zuerfi die engere — mit dem
großen Theologen, welcher auf K.s ganze Zukunft, auf
fi aͤußeres, aber auch auf fein geiftiged und insbeſon⸗
ere auf fein religidfes Leben den bedeutendften und fee
gensreichften Einfluß audgehbt hat. Im I. 1787 ſchrieb
er feine erfte in dad Staatsrecht einihlagende Abhand⸗
Jung: de jure standi in comitiis provincialibus. Viteberg.
1787, die er feinem Stiefvater widmete und unter dem
Präfidium des Dr. J. Chr. Sranfe am 9. Dftober vertheie
Digte. Am 17. April des folgenden Jahrs beftand er
das examen pro candidatura und die darüber audgeftells
ten Zeugnifle bewiefen, Daß auch feine akademiſchen Stus
dien keine unfructbaren geweſen waren. Kine Frucht
feiner philoſophiſchen Studien. war Die Abhandlung: de
jure jurando’ credulitatis secuudum praecepta philosopho-
rum de prehabili judicium, die er im Juli deflelben
Jabrs zur erften Sjabredfeier der unter Schulze's Leis
sung beftehenden Geſellſchaft herausgab und Durd welche
er zugleich von diefer Geſellſchaft Abſchied nahm. Dur
Verleidung eined Eurfürkliden Stipendiumd ward e
Dem jungen Mann möglich, die naͤchſtfolgenden Jahre aus⸗
chließlich zur®Borbereitung auf dad alademifche Lehramt zu
enugen. Nach hberfiandenem Rigoroseum vertheidigte
‘er zur Erlangung der juriftifhen Doktorwürde am 9.
Juni 1791 feine ® nauguraldiffertation: de effectu prin-
‘cipii jurfs naturalis in jure_civili und zwar obne Praͤſes.
Nachdem er auch feine zur Erlangung Der advofatorifchen
Praxis noͤthigen Probearbeiten. gefertigt hatte, welche
nad Reffript vom 29. Aug. 1792 für gut und tuͤchtig
befunden wurden, begann er nun fein Wirken ald akds
demifcher Lehrer, zundhft ald Privatdocent der Rechts⸗
wiffenfhaft. Er la&-über Propddeutif und Encyclopde
die. der Rechtswiſſenſchaft, über Naturrecht, ſaͤchſiſches
rivatrecht und römifched Recht. Außerdem Reue er
zaminatoria über verfcbiedene Theile Der Rechtswiſſen⸗
ſchaft an. Endlich bildete fi unter feiner Le J die
societas jaris humanioris, deren Zweck Uebung im Latei⸗
niſchſchreiben und Disputiren über mannichfache Gegens
ande aud dem Gebiet der Rechtögelehrfamkeit mar.
Zu ihren Mitgliedern georı auch der Sraf von Einſie⸗
el, welcher fpäter ald SKabinetäminifier 8.8 unmittel⸗
RKoolſchuͤtter. 189
barer Dorgefeßter ward. Bei der oͤffentlichen Vertheis
Digung ihrer Tdefen und Differtationen wählten ibn die
Stutirenden oft zu ihrem Praͤſes Zumellen verfaßte
er auch felbft Die unter feinem Präfidium von Reſponden⸗
ten zu vertbeidigenden Schriften: fo im Jahr 1792: de
causis contemti juris jurandi und im Jahr 4703 com-
mentatio juris publici universalis de fine societatis civi-
lis. Endlich ik wohl auch feine Abhandlung de inter-
pretatione dubia legis saxonicae, qua hypothecarum taei-
taram valor anno hujus saeculi tricesimo quarto restitu-
tus est unter einem fremden Namen erihienen. Im
rübjebr 1795 gab er ald Programm zu feinen DBorles
ungen über ſaͤchſiſches Recht eine Kleine Schrift unter
"dem Titel berauß: Ad auditores: De Pandectis juris.
eivilis-privati, quo in Saxonia utimur, commentatio, qna
suas Pandectarum scholas indicit etc. Yllmälig batte fich
8.8 akademiſcher Wirfungöfreis immer mebr erweitert
und er übte einen in vieler Hinſicht mwohlthätigen Ein»
dus auf feine Zubdrer aus. In Anerkenntniß feiner
erdienſte warb er Dur Reffript vom 7. Dftober 1795
„wegen feiner gründlichen Rechtswiſſenſchaft und in Schrif⸗
sen und Vorleſungen erwieſenen Geſchicklihkeit“ zum
Supernumeraraſſeſſor bei der Juriſtenfakultät und unter
dem 29. Juli des folgenden Jahrs zum Profeffor des
fäbfiiben Rechts ernannt. Seine ſchriftſtelleriſche This
tiafeit in Diefer Zeit bezeichnen zwei Eleine Schriften:
„Wropädeutif, Encnflopädie und Metbhodologie der poſi—
tiven Rechtswiſſenſchafi. Für feine Zuhörer beraudgege-
ben. Leipzig 1797” und „Worlefungen über den Begriff
der Rechtswiſſenſchaft. Leipzig 1798.“ Für die von dem
Sinanzsprofurator Weinart Damald begonnenen „Annalen
der Rechtẽwiſſenſchaft“ lieferte er mehrere Recenfionen.
Auch hatte er die Ausarbeitung eined größeren Werks
begonnen, welches unter dem Titel jus civile privatum,
1. in Saxonia Electorali utimur, in formam artis re-
actum erſcheinen folte. Aber die nunmehr eintretende
Deränderung feined Wohnort und feiner ganzen Der»
paltaiffe machten ihm die Vollendung diefed mit großer
- £iebe begonnenen Werks as Und und nur der erfte
Theil erfbien im Fahr 1800 zu einig: Das. in allen:
feinen Arbeiten Grändlicpkeit und Sediegenheit des In⸗
dalts mit. einer geſchmackvollen klaſſiſchen Darſtellung
u verbinden wußte, fo mußten diefelben für die wiſſen⸗
thaftlihe Ausbildung der Studirenden fehr förderlich
fein. Daflelbe gilt Yon feinen Dorlefungen und von
—
190 Kohffchütter.
feinem geſammten Einfluß auf die akademiſche Jugend.
Denn durb die Angemeflenpeit. feiner DVorlefungen zu
den Bedärfniffen der Zeit und den Kortfchritten der
MWiffeniwaft, Dur die Erbauung derfelben auf philoſo⸗
poifbem Grunde, dur die Lebendigkeit feined freien
ortragd, der fih an furze Diktase anſchloß, aber au
durh die Yumanität_feiner dußeren und gefelligen Era
fdeinung zog er Die Beilter und die Herzen feiner zabls
reiben Subörer an und machte Dad, was man Damald
noch groͤßtentheils trodne Wiſſenſchaft nannte, zu einer
Duelle der lauterfien Senntniffe und Genuͤſſe. Das
däuslihe Gluͤck feined ganzen fpäteren Lebens begrün»
dere F._ in dieſer Zeit dur feine am 12. Oftober 1796
gef@loiene ebelide Verbindung mit Chrifiane Louiſe
repfig, der jüngfien Tochter ded Dr. Kreyſig, Arztes
und Befigerd_der Apotheke zu Eilenburg. Zwei Jahre -
nad feiner Verheirathung ging er in ganz neue Be
ruföverbältnifle über, indem er am Ende des Jahrs 1798
Wittenberg mit feinem Geburtöort vertaufhte. Bon
Reinhard im Auftrag des Dberkonfiftoriumd befragt, ob
er fib wohl entfchließen werde, ald Supernumerarrath
diefed Kollegiums nad Dresden zu geben und von eben
demfelben auf die Ausfichten aufmerkffam gemaat, melde
ſich durch die Annabme diefer Stelle für ibn eröffnen
wärden, enfchloß er ſich, um dieſelbe anzubalten. Dur
Kabinetörefkript vom 30. Aug._erfolgte feine Ernennung
zur 2ten Supernumeraroberfonfitorialrathöftelle. Gleich⸗
eitig ergingen an ihn aus Dem Wppellationdgericht ans
angd indirekte, fpäter Direkte und dringende Auffordes
tungen, um eine in dieſem Kollegium erledigte wirkliche
Narhöftelle anzubalten, Denen er aber, da er ſich nicht
um jwei verfdiedene Stellen zugleich bewerben wollte
und fih von der Untbunlichfeit einer Kombination beis
der Aemter überzeugt hatte, nicht nahfommen zu Dürfen
glaubte. Nachdem feine für das Dberfonfiltorium gefers
tigten Probefchriften approbirt worden waren und den
Beifall dieſes Kollegiums in bobem Grad erhalten hats
ten, ging K. von Wittenberg nah Dredden ab, mo er
am 18. December eintraf und im Januar 1799 fein neues
Amt um fo freudiger antrat, da e8 ibn, wie er felbn bei
feiner Einfübrung in daſſelbe fagte, in das enge Verhaͤltniß
eine ——6 Wirkungskreiſes mit dem Manne
ftellte, dem er die Bildung feined Geiſtes faft einzig verdankte
und deffen Vorlefungen, die er drei Jahre tang täglich
beſucht, der den erſten Strahl eined helleren Lichts in‘ .
*
\+
Kohlfchutter. i91
feiner Seele hervorgerufen hatte. Don der ihm aelaf.
fenen Sreibeit, neben feinem Amte juriſtiſche Droste %
treiben, machte er Gebrauch; zu literarifden Arbeiten
blieb ihm aber von jegt an wenig Zeit. Doc frieß
er Damald eine Abhandlung Über die Zrage: „nam ex
jare Protestantium ecclesiastico ii, qui adulterii commissi
-convicti-sunt, novarum nuptiarum veniam impetrare sem-
pe necesse habeant ?“ ur furze Zeit bekleidete K.
iefed_ Umt, denn ſchon am 24. Mai 1800 wurde ibm
die Stelle eined Hof» und Juſtizraths auf dem ges
lebrien Xatere der Landesregierung verliehen, nachdem
er von dieſem Kollegium primo loco zu derfelben denos
minirt worden war, Wäre dieſe Unftelung in der Lan»
Deöregierung nicht erfolgt, fo würde K. wahrſcheinlich
” Dresden wieder verlaffen und Die afademifhe Laufbahn
von Neuem betreten baben. Man fuchte nämlich für
die Univerfität Tena einen Professor juris ord., wobel
bad bauptfählide Augenmerk auf einen tüchtigen. Ur⸗
tbeilöfprecher gerichtet war, der praftifhe Kolegia lehre
und in Die Proreftoratsreihe mit eintreten, vorzüglich
aber für die Difafterien Hofgeriht, Schdppenkubl und
Safultdt, arbeiten follte. Der Geheime Kath Voigt in
2Beimar, deſſen Aufmerffamkeit auf $. gelenkt morden
mar, batte bemirkt, Daß er von der Univerfität primo
loco denominirt wurde, nachdem ficb aud der Gothais
fe Hof mit Diefer Wahl einverllanden erflärt hatte.
Da ſich aber bald darauf Ke's Verfepung in die Zanded»
regierung entſchied, fo blieb Die Sache ohne weitere Fol»
gen. In dem Kollegium derLandesregierung bearbeitete
8. im Zahr 41801 einen. „Entwurf zu einem wegen Bea
- Rrafung aller Einbruͤche, gefährlicher Angriffe und Ges
Waltthätigkeiten, die in der Abfiht zu fieblen und zu
rauben begangen werden, zu publicirenden Mandate,“
durch welches der Ungemwißheit ein Ende gemacht wer,
Den follte, vermöge welcher Diele DBerbreden von ver
iedenen Dikafterien ganz verfchieden beurtdeilt wur:
en. 8.8 Entwurf flug mildere Strafen vor, welche
nach der Anficht des Kollegiumd verfaärft. wurden. Er
Drang auf Einfchränfung der Todeöftrafe — nur dur
ad Schwert — auf wenige Fälle und verlangte'die ger
ſetzliche Feſtſtellung folder Strafen, welche wirklich zur
Erecution kaͤmen, waͤhrend durch die Androhung haͤrte,
ger nicht in Anwendung kommenden Strafen dad Ans
feben der Geſetze leide. Auch erklärte. er ſich bierbei
‚ gegen lebendlänglihe Zuchthauöftrafe und für einen ers
192 Kohlſchuͤtter.
fien und zweiten Grad derſelben. Im Jahr 1804 ward
-ihm die Ausarbeitung einer verbefferten Sefindeordnun
übertragen. Dad Shidfal fo vieler legidlativen Arber -
.. ten aus jener Zeit tbeilend, find beide Entmärfe nicht
wirklich ind Leben garen wenn fie au, namentlicy
der letztere, bei fpäteren Bearbeitungen derfelden Ges
enftände die verdiente —— —— gefunden haben.
nter dem 20. Juni 1805 wurde LK. zum Mitglied einer
Kommiffion ernannt, welche die zweckmaͤßigen und wirk⸗
fomen Mittel zur Verminderung ‘der damaligen außers
ordentlichen Theuerung und zu —3 es bereits
eingetretenen und noch zu Be Inrgenben otbftands in
. Berathung nehmen, die tür dienlih erachteten Vorkeh⸗
rungen veranlaffen und bei dem geb. Konfilio beantra -
gen folte. Als Mitglied diefer Kommiffion gab K. ein
„ohnmandgeblihed Gutachten über die Urfachen der Diese
ährigen außerordentlihen Getreidetheuerung und über
ie Mittel, aͤhnlichen Vorfallenheiten für die Zukunft
möglich a ab, welches bei dem Bericht
an dad geb. Konflium zu Grunde gelegt ward. K. ers
fannte jedoch, daß die Aufgabe, melde der Kommiſſton
geftellt. war, biermit noch keineswegs gelöft fei: indens
. nit bloß die in jenem Jahr eingetretene außerordent»
liche Kalamität, fondern hauptfächlich die beunrubigende
- Tpatfache, Daß die Setreidepreife feit obngefähr 6 Jah⸗
ren immer Bon geftiegen waren, zu den ernfteften Uns
terſuchungen über die Urfachen Diefer Erfcheinung und
über die Mittel, ihr zu begegnen, aufforderten. An der
Vollendung diefer zweiten umfaffenderen Unterfucbung
wurde er jedoch durch feine nun erfolgende Berufung
in das geh. Kabinet verhindert. Dur diefe Berufdars
beiten war K. auf den Gedanken gefäbrt worden, Die
Nefultate feined Nachdenfend über diefe Angelegenheit
auch dem größern Publikum mitzutheilen. Er legte Dies
felben zwar in einer im December 1805 in Sorm eines
©endfcreibend an den Juſtizkommiſſarius Walſtorff in
Halle — deffen „Scerflein zur Berminderung der Brod⸗
noth meiner Mitbürger Halle 1805” ihn vorzugdweife
angefprochen hatte — verfaßten Schrift nieder, eñtſchloß
& aber alddann nicht, fie dem Drud zu übergeben.
ie Derdienfte, welche fih K. ald Mitglied der erwähn,
ten Kommiffion erworben batte, erkannte die „Gefell»
fchaft der Volksfreunde in Marienberg zur Borbeugung
Der Noth und Derminderung gemeinfbädlider Vörur⸗
theile“ Dadurd an, daß fie ihn „aus inniger Dankbar⸗
m „
Kohlſchuͤtter. 18
keit und Derebrung” am 10. Mai 1806 zu ihren Ehren
mitglied ernannte. Als Mitglied der Landesregierun
erhielt 8. auch den Auftrag, neben dem Appellation®
rath Dr. Fleck die Redaktion Der im Jahr 1805 erfchies
nenen zweiten Sortfegung des Codicis Augustei ju bes
forgen, an der er au) thätigen und wirffamen Untbeil
nabm. Endlih wurde er durch Kefkript vom 21. Juli
1803, nebſt dem Appelationdrath Dr. Zriedri Albert
Echmidt, der damaligen Gefegfommiffon zum Behuf.
uftizfollegien und Difafterien, auch fonf zu erwarten»
en Erinnerungen Über den im Jahr 1803 erfdienenen
Entwurf einer neuen DIE n Un und zu der end»
lichen Einridtung Der leßteren ald Referent zugegeben.
Als folder hatte er zwar „Monita über den Entwurf
einer neuen Gerihtsordnung für die kurſaͤchſ. Lande «
auögearbeitetz der Entwurf blieb aber fpäter auf fi bes
subend. Auch in _diefer durch Die mannicfaltigften Bes
rufearbeiten In Anſpruch, genommenen Zeit febrte K.
gern und mit der alten Liebe zu rein wiſſenſchaftlichen
Beſchaͤftigungen zuruͤck. Daber ſchrieb er im I. 1802
eine Abbandlung: „ex quibus principiis controversiae
Su fünftigen Arbeiten bei Durdgehung Der von den
miatrimoniales Catholicorum in Consistoriis evangelicis
decidendae sint,““ melde bei der Saͤkularfeier der Mits
tenberger Univerfität im Jahr 1802 ald Tnauguraldilfers
tation von Chr. Sr. Kretzſomar erf&bienen it. Auch lies
ferte er als Mitarbeiter der im Jahr 1803 begründeten
„neuen Leipziger Ziteraturzeitung in den Jahren 1809
8 1806_eine Reibe von Necenlionen Über wichtige ju—
ritifhe Werfe._ Gegen dad Ende des Tahrd IB0G ers
dftnete ſich für 8. ein neuer, umfaffenderer und einfluß»
reiherer Wirkungskreis, indem er Durch Nefkript vom
5. December zum Geheimen Kabinetöfefretär im Domes
fifdepartement des ge Kabinets, welchem damals der
Kabinetöminifter Graf von Hopfgarten vorſtand, ernannt
ward, fo jedoch, daß ihm fein Play und die Anciennes
tät bei der Landeßregierung verblieb. Diefer Pofen
‚war bei der damaligen Verfaſſung, mach welchet alle
Faͤden, au der inneren Staatöverwaltung im geb. Sa»
binet des Königs zufammen liefen und alle Zweige der.
felben von dort aus den oberſten Impuls erhielten, von
nicht geringer Wichtigkeit. Sührte er auch — weil der
Dortrag bei dem König dur den Kabinetöminifter ge
ſchad — im regelmäßigen Geſchaͤftsgange, von welchem
bei der in diefem Punkte fehr ſtrengen De nadmife
MM, Nekrolog. 18. Zobt
. #0.
— —
1 Kohlſchinter.
des Stönigs Friedrich Aagum*) nur ſeiten Ausnahmen
- gemacht wurden, nit oft zur perfönfien Berührung
mit Legterem, fo gelangte docd Feine Ungelegenbeit zur.
Entfaliegung des Königs, die nit von dem betreffen '
den Kabinetsfekretär vouftändig vorbereitet und gutadts
{id bearbeitet worden wäre und eben die pänftlide Ges
wilfenhaftigkeit, mit der, der König auf. die beftedenden
. Befärtsformen bielt, befimmte ihn auch, den Arbeiten -
feines Kabinets ſtets die forgfältige Beachtung zu wid⸗
men. Es fam daher in der That nicht wenig darauf
an, daß die Stellen der erpedirenden Kabinetsſekretaͤre
ſich in den Händen von Männern befanden, welge mit
rindlier Rechts- und Gefepfenntnig und gediegner
efhäftsbildung fo viel Unabhängigkeit des Charakters
und Sreimätbigkeit der Geſinnung verbanden,, Daß ihre
Arbeiten nicht der bloße Rachdal fremder Eingebun
werden Eonnten, fondern fi dem König ald das Refuls
“tat einer ſelbſtſtaͤndigen, auf eignem Grunde berubenden
Anfiht darftelten. Bon diefer Seite batte K. die Be⸗
fiimmung des ihm Üübertragnen Amtes aufgefaßt, er hatte,
wie er Ab bei einer fpäteren Gelegendeit felbft_ auds
drüdte, bei deffen Wntritte fi angelobt, mit feſtem
Sinn darüber zu wachen, daß ed nicht dur feine Schuld
- unter die Würde feiner verfaſſungsmaͤßigen Beſtimmung
herabfinfe: und daß es ihm mit_diefem Vorfa beiliger
Ernft war, daß feine amtlibe Stellung tür ihn nur fo
lange Werth hatte, ald er fie in feinem Sinn mit Eh⸗
ren bebaupten zu Eönnen glaubte, dafür bat er feitdem
unter ſchwierigen — überzeugende Beweiſe
egeben. K.'s Geſchaͤftskreis im geheimen Kabinet um⸗
agte die geſammte Juſtiz⸗- und Polizeiverwaltung, mit
nbegriff der Ungelegenbeiten der Univerfitdten upd
schulen und der Derfaffungähobeits. und Gemerbelae
den, die wichtigſten Geſchaͤfte der innern Verwaltung
gingen daber durd feine Hände; doppelt dichtig in
jener ſturmbewegten Zeit, die allen Verbältniffen ihr
Gepräge aufdrüdte und auf die inneren an gelegenpeken
der deutſchen Staaten, des Koͤnigreichs nen ganz
befonderd, fo vielfach nnd erf&ütternd zurückwirkte. Be⸗
tannilich war ed der aufangeborner Geiſtesrichtung eben⸗
fomohl,, wie auf felbft gewonnener Ueberzeugung berus
bende Grundfag des Königs Friedrich Auguſt, ſich von
dem Strudel der Zeit nicht fortreißen zu laflen, fondern . '
9 Deſſen Biographie f. NR. Nekr. 5. Jahrg. ©. 49.
7 r
4
Kohlſchuͤtter. 106
dem andringenden Strome der Neuerungen, auch wenn
er, mie in der Zeit von 1806 — 1812 zumeik, auf Bes’
grändung rose Augewalt binmwieß, ein Opfem
— ebarrlichfeit und Aufrechthaltung de Bee
Rebenden entgegenzufegen und die, in feiner Anſicht,
- durd Erfahrung bewährten Sormen der Landesverfaß
fung in ihren Grundlagen unverfehrt zu erbalten. Wenn
ed ibm aber gelang, Diefe® Syſtem mit Konfeatienz durch⸗
zufübren, wenn in einer Zeit, wo Gewalt das Loofungs.
wort fo vieler Regierungen ward, doch in der ſächſiſchen
Etaatöverwaltung, fo großen Derfuhungen gegenüber,
der Geifi der Gerechtigkeit, der Weisbeit und Mäßigung
vorberrfbend_ blieb, fo nebäbrt FK., dem der Habinetd«
minifter Graf von Hopffgarten fein unbedingtes Ders
trauen ſchenkte und dem auch dad des Königs in vollem
Maafe zu Theil ward, dad Dierdienft, Die Abſicht Ded
leßteren —* verſtanden und zu ihrer Verwirklichung
in feiner Spbäre werkthaͤtig und aus innerer Ueberzeu—
gung mitgewirkt zu baden. Dafür zeugt die bobe Ach»
tung, mit der fein Name im ganzen Lande genannt
wurde und die Öffentlibe Meinung, welde ibm einen
febr bedeutenden Einfluß auf die Gefcäfte beimans,
Der rubige Gang feines Yebend wurde in dieſer Periode
durch den Ausbruch des öͤſtreichiſchen Kriegs i. J. 1809
unterbrochen, welder bie Entfernung des Königs Friedrich
Auguſt onfangd nab Leipzig und fpäter nad Kranke
urt a. M. zur Folge batte, wohin ihn K. mit einem
Theile der gebeimen Kabinetscanzlei_ begleitete, Mit
dem Jahr 1813 begann für Sachſen jene Reibe politis
jger nolüdsfälle, welche das Land biß in das innerfte
ebenömarf verwundeten. K. mußte nicht nur feiner
Aamtlichen Gtellung nab von dieſen Ereigniffen unmits
telbarer ald Andere beräbrt werden, feine Anhänglichfeit
an König und Vaterland war au fo warm und innig,
fie hatte fid fo feit und unauflöslih mit feinem ganzen
Weſen verfhmiftert, daß fie ibn das Öffentlide Unglüd,
mie das eigne, ja tiefer, als dieſes, fühlen lief. Die
trübe Zeit von 1813 — 1815 bezeichnete daher einen
Wendepunkt in K.'s Zeben; feine guten Tage lagen von _
da an binter ibm. Schon im Februar des Jahrs 1813
mußte St. bei’ der Annäherung der verbündeten Deere
dem König na Plauen, von da nach Negendburg und
Prag folgen und die Seinigeu mitten unter den Gefah⸗
ren ded Kriegs in Dredden zurüclaflen. Fi Sreiberg
ftarb der Kabinetsminiſter Graf von Honfigarten, ein
&
’
196. Mohlſchuͤtter. — |
großer Verluſt Für. den König und das Land, gerade in
; do
einem kritiſchen Zeitpunfte: ppelt kbmerzlicy ffir
fe
den ſah. Die A
telbaren „Nachfolgerg, des Grafen Senft von Pilſach,
über‘ innere Verwaltung maren NiÖt Die feinigen und
feine Stellung unter ihm würde ſchwerlich eine dauernde.
bon nach wenig Wochen den Yusırir des Grafen yon
Senft aus ſaͤchſiſchen Dienften. berbeigefährt bätte.und
der Graf von Einfiedel an feiner Stelle sum Kabinets.
minifter ernannt worden märe. ie Be edenbeiten,
melde den Hana, Friedrich AYuguf im Mai 1813 nad)
ment ibm hätte anmeifen mögen, fo ‚blieb feine ganze
Thätigkeit darauf gerichtet, fo viel.an ihm war, das Un:
gewitter befhmören zu beifen, welches ‚nuh über das .
Vaterland bereinzubrechen drohte. K. bildete Yamalg
einen der Mittelpunfte jener -Eleinen Phalanx Patrioti«
tinge Zahl der Abtrännigen befhämten, die Wanfelmü.
rer 2 Dort und Scrift jr
Der Nation. dag Gefühl ihrer Selbfikändigkeit und deg
ihr angethanen Unrectß rege su erhalten fuchten. Das
ahr 1814, befonderg die Sommermonate, die er, u
eine dur Anftrengungen angegriffene Gefundbeit ber
- zuftellen, in einem zablreichen Kreiſe gleichgeſſinnter
Maͤnñer in laͤnd licher Zurückgezogenben in Tharandt zus
brachte, war hauptfählih diefen nicht gefahrloſen Bes
Fin i 5
ſatz war dazu beftimmt, den König Frie
Auguft gegen Die DVormfirfe einer unbezwingbaren
Bi Kohlſchuͤtter. 197
Andaͤnglichkeit an den gemeinſamen Feind, einer be⸗
barrliden Feindſchaft gegen die wider Napoleon ver⸗
vbuͤndeten Maͤchte und des Verraths an der deutſchen
Sache zu vertheidigen, gegen Vorwuͤrfe, welche demſel⸗
ben von dem Fürſten Repnin in der Anrede an die ſaäͤchſ.
Behoͤrde in Dreöden vom 10. December 1813 und i
n
- der Schrift: „ein Wort über dad Verbältniß des ſaͤchſ.
Kabinerd zu den boben verbändeten Mächten im Früh⸗
jehr und Sommer 1313" aemact morden maren. - Im
uli 1814 befhloß der König, durch eine Dertbeidigun
eines bisberigen politiihen Benehmens Das Tinterefle
Europas für die Erbaltung feiner beiliaen Nedte und
-für die gegründeten Anfprüche feines Dolfs in Anſpruch
zu nebmen. K. wurde mit der Abfaflung Diefer Denks
fohrift beauftragt, melde in franzbſiſcher Weberfegung
unter dem Titel: „Expose de la maärche politigue da
Roi de Saxe‘‘ den vier verbündeten Mäcdten und meh⸗
reren andern Höfen mitgerbeilt wurde. St. fuchte darin
Dur eine trene und vollitändige Darlegung des Gans
ned und der Gruͤnde des von dem Könige beit dem %.
4807 und namentlid im Srübjahr und Sommer 1813
beobachteten politifhden Benehmend und feines Verhaͤlt⸗
niffeö gegen die verbündeten Maͤchte die Ueberzeugung
dervorzurufen, daß er nie DBergrößerungds oder Unters
druͤckungsabſichten gebegt babe, nie von der Bahn des
Rechté und der reblichen Dfenbeit abgewichen fei, und
dab die Schritte, die man ibm zum Dormurfe made,
durch eine unabmweisliche Nothwendigkelt geboten gewe⸗
fen feien. Die Hoffnung, melde K. in einer andern klei⸗
nen Schrift *) ausfprad, daß jene Nechtfertigung des
Königs den Augen der Welt zu feiner Zeit werde vor
gelegt werden, damit die Wahrbeit des dort Gefagten
iber allen Zweifel erhoben werden fünne, ıft dadurch in
Erfuühung gegangen, daß das franzöfifde Eremplar in _
Klübers Acten des Wiener Kongrefled Bd. VII. ©. 201
ff. abgedrudt morden if. Auch if ein Theil ihred ne
halts wörtlich in eine bald zu ermähnende fleine Schrift
8.5 „acten⸗ und tbntenmäßige Widerlegung ꝛc.“ über;
egangen. Im Spätberbfi deſſelben Jahrs wurde K.,
er fon früber bei dem ruffifhen Gouvernement vers
geblid um die Erlaubniß angefucht batte, fih zum Kö⸗
nige begeben zu dürfen, ſelbſt nah Berlin beſchieden,
AR. „Sat der König von Sachſen dieſem Londe entſagt?“ f.
N
198 * Kohlfcpätter. i
am fi in der Nähe von Sriedrihäfelde aufzubalten.
Selbſt in Berlin ſcheuete er die Gefahr nicht, zwei Schrif⸗
ten in die Wagſchale der ſaͤchſiſchen Sache zu legen,
um den Gerüchten und Derl, UMDUnden su begegnen,
durch welde man die Öffentlihe Meinung in Deutfchs
land _und befonderd in Sachſen zu bearbeiten und gegen
den König einzunehmen ſuchte. Die erfte derfelben führt
den Titel: „Dat der König von Sachſen Diefem Lande
entſagt?“ Die ondere dient zur Widerlegung der einzis
gen gesen Sadfen und deſſen König gerichteten Flug⸗
Ari t, die einen Sachſen zum Berfafler batte und uns
ter dem Titel: „Blicke auf Sachſen, feinen König und -
fein Bolt und d
bienen war. Gegen Diele Sluaihrift richtete K. eine:
„acten» und tharmäßige Widerlegung einiger der gröbs
eren beiderfeitiged DVerbältniß 10.“ ero
ften Unwabrbeiten und Derläumdungen, melde in der _ '
‚Schrift: Blicke 20.” entbalten find, St. mußte natärli
- Diefe Schrift — die nie in den Buchhandel fam — ohne
feinen Namen heraußgeben. Aber er konnte dies in der-
Hoffnung thun, daß man es _der Arbeit ſelbſt anfeben
werde, daß der Verfaſſer in Derbältniflen Rebe, wo er,
von dem, worüber er ſchrieb, dad Wahre wiſſen fonnte
und obne Scheu fagen durfte. Diele Eleine Schrift if
für die Geſchichte Sachfend während der Regierung
Sriedrid Auguſts 1. und namentlich des Jahrs 1813 von
großer- Wichtigkeit, wie ſie denn von Manfo *) in feis -
“ner Geſchichte des -preuß. Staated Bd. 3. ©. 224 und
315 ff., ais Duelle benupt, von Heeren in der 4. Aufl. .
feiner Geſchichte des europdiihen Stoatenfpflemd bei .
der Milderung feine in der 3. Aufl. Diefed Werks über
Sachſens Politik ausgeſprochenen Urtheild gebraucht,
von Poͤlitz aber nicht bloß Für fein im Jahr 1817 er
ſchienenes Taſchenbuch der fühl. Geſchichte und in feis
ner; „Megierung Friedrich Auguſts“ vielfad benugt und
dier (Bd. II. ©. 173 Anm.) an die Spitze der in jener
Zeit für Sachſen erfhienenen wichtigſten Flugſchriften
gerellt, fondern auch in dad von ihm fortgefegte diplo⸗
matiſche Archiv von Lüderd aufgenommen worden if.
8.8 übrige Thötigkeis in Berlin .war dauptſaͤchlich dar⸗
“u geritet. die Gegenvorſtellungen vorzubereiten,
welchẽ dem Kongreſſe zu Wien, megen der Dem König
von Sachſen angefonnenen Kerritorialceifion_ gemacht
werden könnten. WIS ih der König auf die Einladung
” Deffen Biographie f. N, Nekr. 4. Jahrg. ©. 478.
%
Fr
[3
Kohlſchuͤtter. 199
des Kaiſers von Oeſtreich von Berlin ud Preßbur be
gab, folgte ihm auch K. dahin. Dieſer verließ Berlin
om 22. Februar und traf, über Frankfurt a. d. O., Bres⸗
lau, Dlmäög, Brünn und Wien gehend, am 5. März in
Preßburg eın. Die Kataflropde, die über Sachſen vers
hängt war, näbezte fi jegt ihrer Entwidelung; die von
Dem Kongrefle wegen der Theilung des Landes gefaßten -
Beinlüffe wurden dem Sönige bald nad feiner Ankunft
in Prefburg zur Annahme vorgelegt. Es ift nidr unbe
kannt geblieben, daß fi unter den Umgebungen des Kb»
nigd von Sachſen üder dad Derfahren, welded von ibm
dem Kongreffe gegenüber zu beobachten fei, Damals -zwei
entgegengefegte Anſichten gebilder hatten. Während die
Einen Ah zu der Meinung bekannten, daß, um aus dem
x
Schiffbruch des Staatd zu reiten, wad ſich noch retten .
loffe und um wenigſtens im Einzelnen erträglide Bes
dingungen zu erhalten, Nacgiebigfeit gegen die geſtell⸗
sen Korderungen im Ganzen zuträglich Bi: daß man fich
dur allzu bebarrliched und unbeugſames Widerftreben
in einen ungleiden und Daber unmeifen Kampf mit der
Uebermadt der Verbältniffe einlaffen merde, blieben die
Andern der Anſicht treu, daß unerſchütterliches Feſthal⸗
ten an feinem guten Recht die weifere, jeden Falls die
des Königs würdigere Politik fei; fei ed, daß fie auf
den Wechſel der Ereigniffe redneten oder Daß fie glaub»
ten, der Kongreß werde, ebe er zu offenbarer Gemalt
ſchreite, zu vermittelnden Bedingungen fi berbeilaffen
oder daß fi endli mit Franz I. tröfßen wollten: nous
avons tout perdu hors l’honneur. K. gebörte für feine
Merfon auf dad Entfdiedenfte der letzteren Anfiht an
und wenn er fi befdeiden mußte und gern befcied,
. daß er dem Mittelpuntte der Verbondlungen, die ſich
nur immerhalb der böheren dipfomatifchen Kreiſe beweg⸗
ten, zu fern ftebe, um die eigentliche Lage der Verbält:
niſſe und mas hiesnab zu boffen und zu fürcten fei,
ganz zu Überfeben, fo hielt er fi wenigſtens für ver
pflichter, dem Syſtem, das er vertrat, fo weit feine uns
tergeordnete Stellung es ibm verfattete, au alle in
feinem Bereihe liegende Mittel und obne -Rüdfiht auf
Die für ibn damit verbundenen perfönliden Sinconveniens
a gehörige Drtögeltung zu verſchaffen. Der Gan
er Ereignifie bat Darüber anderd eniſchieden und e
mußte vielleicht fo fein. Allein auch diejenigen, die in
der Anſicht, zu der K. ſich befannte, nur die Selbſttaͤu⸗
(hung eines patriotifhen Gemärdd erbliden, werden
\ .
200 | Kohlſchuͤtter.
wenigſtens der Ehrendaftigkeit der Motive, die ihn lei»
teten, ihre Anerkennung nicht verfagen koͤnnen. Uebri⸗
gend war 8.8 Tätigkeit in Ddiefer Zeit durch Vorbe⸗
reitung der dur die Zerſtückelung Sachſens in der Lan⸗
deöverwaltung noͤthig werdenden Beränderungen und
durch Vorarbeiten für den Wiener Srieden vom 18. Mai
al in Anſpruch genommen und der Abſchluß der
Verdandlungen üherrafbte ibn, noch ehe er den Plan
eined Ausflugd nach Peftb_batte austähren können; die
legte Woche wurde der Belihtigung Wiend gewidmet.
Dad Patent, durch meideb der am 7. Juri nah Sad
fen zurüdkebrende König feine Sachſen begrüßte, dat K.
jum Derfafler: doc wurde in dem Abdrud defelben
die Stelle binmeggelaffen, in welcher K. genauer auf
die Rechtfertigung ded Königs wegen feines Verhaltens
in den legten Tahren eingegangen war. Die Verdienfte,
melde fib K. in der Zeit des Unglücks um König und
Doterland erworben batte, wurden dadurch anerkannt,
daß ihm der mit einem bhöberen Rang verbundene Titel
eined Geheimen Kabinetsratdd und dur Dekret vom
23. December 1815 dad Ritterkreuz ded nach der Rüde
fehr_ des Königs neu geftifteten Tivilordens für Ders
dient und Treue, zu deffen Sekretär er ernannt morden
mar, verlieben wurden. (Zum Ritter ded Verdienſtor⸗
dens der baierifhen Krone wurde er im Jahr 4821 bei
Gelegendeit der Vermaͤdlung ded Prinzen Jobann mit
der Prinzeffin Amalie von Baiern ernannt.) 8.8 Ge
ſchaͤfiskreis blieb aud von da an ein fehr außnebreite:
ter und inöbefondere batte die Heilung der 2Bunden,
melde durch den Krieg dem Zande geſchlagen worden
waren, die in Solge der. Landestheilung nothwendig ges
.wordene Auseinanderfegung mit Preußen, fo wie die
eben dadurch bedingte Reorganifation der meilten Ber
dörden und oͤffentlichen Inſtitute für dad geheime Kabi⸗
net eine Mafle der umfaflendfien Arbeiten zur Folge,
- denen nur durch die angeftrengtefte Thätigkeit *6
werden Eonnte, doppelt anſtrengend für Ke, da er fi
idr nicht mehr mit_der alten Seudigfeit zu widmen
vermochte. Sein Gefundbeitözuftand war ſchon feit
dem Jahr 1825 leidend, doch blieb er in ununter
brodener Wirkſamkeit bid au dem am 3. Mai 1877
‚erfolgten Tode des Koͤnigs Griedrid Auguſt. Da
un —— 9; als a en feines ur
pers und Geifted nur ange audzudauern vermg
haͤtte, als beides dem Dienfe des Yon ibm Aber Alles
» J Kohlſchuͤtter. | 20
verehrten Sürkten angehörte. Es zeigte fi bald, de
das Maas feiner Kräfte erfchöpft fei und wenn er aud
ewohnt, der Erfüllung feines Berufs jede perfönlid
ödfiht bintanzufegen, den Geſchaͤften feines Amte«
auch jegt noch mit der aͤußerſten Anftrengung vorzuſtehe
ſich deftrebte , fo konnte es doch nur mit längern Unte
brechungen geftbeben, die tbeild durch den Befuh di
- Bäder, theild durch beftigere Srankdeitäfälle derbe
geführt waren. Schon felt dem J. 1828 war er dabı
eined Theils feiner Arbeiten entboben worden; voı
Winter 1829 — 1880 an mußte für die interimikifd
Verwaltung feined Amted Sorge getragen werden un
als nah Eintritt der Verfaffungsurfunde vom 4. Sep
41831, bei Einrihtung der Minifterialdenartements da
glei Kabinet am 1. Dechr. 1831 aufgelöft ward un
“8.8 Funktionen füb hiermit erfedigten, wurde ibm dur:
Refeript vom 13. November 1831 in Anerkennung fein:
roßen und vielfaden DBerdienfte ein feinem biöherige
edafte gleihfommendes Wartegeld, welches fpäter i
Penſion verwandelt ward, mit dem Vorbehalte bemillig
von feinen gründlichen Stenntniffen und feiner bewäbrte
Geſchaͤftserſahrung in vorfommenden Sälen auch ferne
Gebrauch zu machen. Und. biermit fließt ſich denn K.
Öffentliche, dem Wodle des Könige und feiner Mi
bürger ausfchlieglid gewidmete, an Mühe und Arbe
‚reihe, aber eben darum Eöfliche Laufbahn. Bon den
was er während derfelben gearbeiter und geleiftet bat, m«
durch feine unmittelbare oder mittelbare Einwirkung ir
Merk geſetzt, getban-oder verbütet wurde, bat bier nı
der Fleinfte Theil ermähnt werden können. Iſt e& übe
baupt dad Loos der meiften Gtaatödiener, daß böͤchſter
nur ihre nächften Vorgeſetzten und Kollegen den Maa
ftab ihrer Zeitungen und ihres Verdienſtes befigen, di
fie aber auch auf fihtbare, bleibende Nefultate ihr:
Wirkens nur in feltenen Sällen rechnen därfen und fü
Darauf gefoßt. haften mäflen, das, was fie getban ur
gewirkt daben, fon unter ihrem naͤchſten Nachfolg
verwiſcht und vergeffen zu feben: fo entging K. diefe
2008 um fo weniger, ald der Abend feines Lebens
eine Zeit des plögliden Umſchwungs aller VBerbältnil
und Anfichten fiel, die für die Beurtbeilung der zundd
vorangegangenen Periode der ſaͤchſiſchen Geſchichte nich
weniger, ald günftig war. Vielleicht ift indeflen die Ze
nicht mehr fo fern, wo man ſich überzeugen wird, di
man der neuen-Drdnung der Dinge, die über den Zrür
D
- den erfien Jadren der franzöfifhen Revolution zu
und, wie alle edieren und freieren Gemürber, wurde, -
202 Kohlſchuͤtter.
J
‘
- |
mern der alten Derbäftniffe emporgeſtiegen iR, mit Auf
rihtigfeit und aus Weberzeugung zugetban fein kann,
obne über alled dasjenige den Stab zu vbrechen, was in
einer früberen und fo fange fegendreihen Regierung,
wenn auch unter Dem Banner anderer politifhen Une
ſichten und Grundfäge, geideben it; ja, daß der Geiſt
r Serectigfeit und Mäßigung, die Adtung für bie
Rorifded Recht und der Sinn für Gefeglihkeit, Ord⸗
nung und Sparfamfeit, womit die Regierung Friedrich
Auguns die ſaͤchſ. Verwaltung durchdrungen bat, unter
Den Sütern, die Das ſaͤchſ. Volk aus den Stuͤrmen der
Zeit gerettet bat, nicht die legte Stelle einnimmt und
ein Erbtbeil bilder, dad auch wir unferen Söhnen uns -
verfehrt überliefern follten. Wer ſich aber zu diefer An⸗
ſicht defennt, der wird unter den Männern, Die in den
erſten Decennien dieſes Jahrhunderts in Sahſen in oͤf⸗
———— Aemtern wirkten, auch K.'s Gedaͤchtniß in
bren balten. K.'s Eintritt ins praktiſche Leben - mis
ammen
auch er anfangd mächtig von der geiftigen Bewegung
ergriffen, die jenes Ereigniß und die daran ſich Enüpfens
den Hoffnungen einer:befleren Zukunft auch in Deutſch⸗
. land dervorriefen. Mehrere feiner damaligen literariſchen
Erzeugnifle, fo wie Aeußerungen in Privarbriefen legen
für diefe Geiſtesrichtung Zeugniß ad. Wenn aber feine
Segeiſterung dur die Ausartung des franzöf. Sreiheitds
cowindels ſehr bald_umgekimmt wurde, fo führte ibn
ein Eintritt in die Öffentliden Befchäfte und die nähere
efanntfchaft mir den wirklichen Lebendverbäftniffen nach
und nach einer entgegengefegten politifhen Anfiht zu
in deren Folge er ſich immer enger Dem Grundfage de
biſtoriſchen Rechts anſchloß, ohne ihm jedoch mit ſtarrer
Einſeitigkeit anzubängen. Sein politiſches Glaubens⸗
bekenntniß faßte er bisweilen in den bekannten Worten
Pope's zuſammen: „let fools contend on forms of go-
vernment; the best administred i the best,“ dad er
namentlich auf die ſaͤchſ. VBerbältniffe anmendete und
aus feinem Standpunft auch um fo eber anmenden
Eonnte, als er fi bewußt war, nad beften Kräften dazu
beigetragen zu baben, daß Sachſen, wie es der Wille
des Königs Sriedrid Auguf war, nah unmandelbaren
Grundfägen der Gerechtigkeit und des Woplmollend
regiert wärde, die in ihren praktifhen Solgen die lns
volltommenbeiten der befiebenden Verfaſſung bis zu
L 4
; u Kohlfchüttr. - 203
einem gemiffen Punkt oudgleihen und ntgenen mader
konnten *) Jedoch wer feine Unbänglicpkeit an dieft
- Verfaflung weit entfernt, in’ einen trägen Optimismut
auszuarten; vielmehr waren ibm die den Offentliyer
uftänden Sadfend ankledenden Gebrechen nur zu gui
ekannt und Niemand bas es tiefer und ſchmerzliche!
empfunden ald er, daß fi eben in Folge jener Gebrechen
dad Land in den entiheidenden Zeitpunften nidt au
die Höhe moralifher Energie und Spannkraft zu erheben
vermochte, Durch melde im Voͤlkerlehen, wie in den
der Einzelnen Hülfe und — in kritiſchen Momen
ten allein bedingt ‚if. Unter ſolchen Umſtaͤnden konnt
freilib der durch das Jabr 1830 namentlih aub in
Sachſen 'berbeigefübrte Wechfel der Dinge, in deffer
Solge er ald Greid fo vieled wieder zerfören fab, zı
deflen Aufbau er ald Mann ſeldſt mitgewirkt hatte, feine:
Denk, und Sinnesweiſe nit zufagen und was von den
©reifenalter überbaups gilt: „aedepol senectus multa
quae non valt, videt,* dad mußte er an dem feiniger
vorzugsweiſe erfahren. Wenn er fi aber über die neue:
Derbältniffe oft wis Härte und Bitterkeit dußerte, fi
lag doc der Grund zum großen Tdeil in der durd
£örperlihe Leiden veranlaßten Derfimmung des Ge
muͤths, die ihm Manches In einem andern und ſchwaͤr
zeren Licht erſcheinen ließ, als eö der Fall geweſen ſeit
würde, wenn er ſelbſt noch mit voller Rüftigkeit dei
Geiſtes in die Geſchaͤfte bätte eingreifen können. Dai
Weſen und Thun K.'s als Geſchaͤftsmann und Staats
diener, felbft ‘der Bildungsgang, den er eingefchlagen
batte, um ſich für die Geſchaͤfte vorzubereiten, wa
von folder Art, daß er wohl verdient, dem jüngeren
Geſchlechte bierin ald Vorbild bingefelle zu werden
-Don feinen Schuljahren her von dem Geiſte der klaſſi
porn Schriftſteller des Alterthums durchdrungen, derei
ektuͤre er noch in ſpaͤtern Jadren als die Wuͤrze feine
Muſeſtunden betrachtete, datten ernſte philoſopbiſch
Studien auf der Univerſitaͤt den Blick ſeines Geiſte
geſchaͤrft, ſeine Lebensanſichten gelaͤutert. Seine un
mittelbare Vorbereitung tür das Geſcaͤftsleben beruht
- Dean fshe die. Vorrede iu der Sarif: ‚‚Gräpel, len
ainz 1814.” Ein im Jahr 1814 gelßiriebener Yuttas, i
*
⸗
204 Kcooölſchütter.
auf der Grundlage einer gediegnen und umfaſſenden
juriſtiſch⸗civiliſtiſthen Bildung, die er, in Ermangelung
eined bepeutenderen Anbaltepunftes unter feinen £ebrern,
fat allein fi felbft verdanfte und durch mehrjährige
Theilnabme, an den Arbeiten eined Sprudkollegiumd
und ſelbſt eine Zeit lang dur fochwalterifhe Thätigkeit
zur praftifden Anfchauung erhoben hatte. Nichtsdeſto⸗
meniger war feine Ridtung Feine einfeitig juriftifche.
Vielmehr betrachtete er, feit ihm Durch feine Anftelung
in der £andedregierung und im Kabinet ein ermeiterter _.'
Wirfungsfreid eröffnet war, das Studium der politie
u Wiſſenſchaften im weiteften Sinne und deren nutz⸗
are Anwendung auf dad wirkliche Leben ald feine haupte
ſaͤchlichſte Aufgave und wie ed fein Grundſatz war, Daß
der wiſſenſchaftlich gebildere Geſchaͤſtsmann in der Fort
bildung feines Geiftes nie Mill fteben dürfe und wie er
Daher überhaupt mit den geiftigen Fortſchritten der Zeit
in fleter Derbindung bfieb, fo entging ibm namentlich
auf jenem Gebiete Feine der wichtigern Erſcheinungen.
Alle -feine Arbeiten trugen daher, nddit juriſtiſcher
Schärfe und Gründlicfeit, das Gepräge 'einer freien.
und felpfiftändigen Behandungs⸗ und Anſchauungsweiſe
an fih; dabei war fein Styl rein und fließend, aber
eräftig und gedrängt, ſchneli auf dad Wefentlihe der
Sachen zueilend. Seine Arbeitfamfeit mar unermüdlich
und nur durch die firengfte Regeimäßigkeit feiner Lebende
ordnung und Zeiteintheilung wurde ed ibm möglich, fo
lange feine Kraft noch ungeſchwaͤcht war, allen auch den
gesteigerten Anforderungen an feine Geſchaͤftsthaͤtigkeit
ie Wage u balten. Die Tugend. der perfönliden Une
eigennügigkeit und firengen Pflihttreue if zum Gluͤck
anter den Beamten deuiſcher Staaten Feine ſo feltne
Erfheinung, daß fie bier befonders. — zu
werden verdiente, aber nicht überall begegnet man,
zumal in unferer den dußeren Dingen vorderrſchend
An aka Zeit und in einer Stellung, die dem
brgeig und der Eitelkeit manche Nahrung bieten konnte,
jener Befcheidenheit und Anſpruchsloſigkeit, jener über
allen äußeren Schein erhabenen Einfachheit der Geſin⸗
nung, die K. fein ganzes Leben bindurd gegen Vor⸗
efeßte, wie gegen Untergebene behauptete Und die um
- fo anerfennungöwertber ik, ald fie ihn niemats obbielt,
- auh dem höher Gelellten gegenüber da mit Nahdrud-
und Beltimmtheit aufzusreten, wo ihn Ehre und Berufs⸗
pflicht dazu auffordersen. Hier befonderd zeigte IN der
s
«
5,
=
s Kohlſchuͤtter. 205
Einfluß der tief religidfen, vor aller Srömmelei und
Scheindheiligkeit freien Gefinnung, die K. won Kindheit
“an in fib aufgenommen, die er Dur den vertrauten
Umgang mit Reinhard und die flete Beihäftigung mit
deſſen Schriften "befeftigt hatte und Die feinem ganzem .
Werfen, wie feiner dußeren Wirffamfeit die böbere Weide
gab. Diefen — Tugenden entſprach die Wuͤrde
und Haltung ſeines Privatlebens. Die Gewiſſenhaftig⸗
keit und Strenge pe en fib ſelbſt, die Rechtlichkeit und
Freue in jeder Rüdliht, die Willendfeftigkeit und dad
Wodlwollen, welches er dort bewährte, drüdte auch
- feinem gefammten äbrigen Verhalten Das Gepräge des
Edeln und Würdevollen auf, Abgeſehen davon, Daß er
feit einer Jangen Reide von Jabren Mitglied der Ges
feufchaft zu Rath und That und fpäter des Mendelfohns
vereins war und überhaupt Die Wobdichätigkeitsanftalten
. ded Landes und Dresdens nah feinen Kräften unters
Büste, fo wärde des Buten, das er gerban, vieles ges
ruͤhmt werden müflen, wenn bier der Ort fein könnte,
das an das Licht zu sieben, was er im Stillen gewirkt
os. Einfach in feiner äußeren Erfheinung „mehr wort
arg ald mittheilend und überhaupt zum Ernite gefimmt, _
war er doc ein Freund ungezwungener Geſelligkeit und
mußte ſich in den Jadren der Kraft und Gefundpeit in
dem Kreiſe von Sreunden oder in dem feiner Samilie
auch unter dem Drude der Befchäfte heiter zu erbalten
und Durch feine Gegenwart einen mohlthiienden Einfluß
auf feine Umgebungen auszuüben. Seine befte Erholung .
- fand er in dem Schooße der ſchoͤnen Natur, der er Al
enthufiaftifder Sreund zugetban war und in dem Kreife
feiner - Samilie. Hier waltere er als liebevoller, aber -
firenger Haudvater und ließ fih die Erziehung feiner
Kinder, die er fortmährend ſelbſt leitete und auf dad
forgfamfte beäuffichtigte, mit unermüdlichem Eifer an⸗
gelegen fein. So mwuchfen ibm zwei Töchter und vier
Soͤhne beran, von denen er die erfteren glüdlidy vers
. beirathet, die letzteren aber und zwar den aͤlteſten als
Regierungsrath bei der Eön. Kreispdireftion zu Zwidau,
den zweiten ald praftifhen Arzt, den dritten als Cafe
Didaten der Rechte, den vierten ald Prediger bei der
reformirten Gemeinde in Dresden zurüdließ, Seit ſei⸗
nem Zurädtritte von den öffentlichen Geſchaͤften lebte
.er — da au die meilten feiner engeren Sreunde ihm
Yorangegangen waren — in ſtiller Burudaegogenbeit, auf
den Kreis feiner Samilie und näderen ermandten bes
206 | ; u Meurer.
ſchraͤnkt, Gewoͤhnt an rege Tdaͤtigkeit Eonnte er ſich mit
der ibm auf ebrenvolle Weile zu Theil gemwordnen und.
idm fo nötbigen Ruhe nie ganz Befreunden und diefer
Zwiefpalt feiner Wünfbe und feiner Kräfte veranlaßte
nicht felten eine bittre und ungufriedne Gemtüthöftimmung,
die den Abend feines Lebens auf unerfreulide Weile
trübte. Wenn glei in den legten Jahren immer. fhlimme
Tage mit befleren weclelten, ja bisweilen ſogar die
alte Kraft und Munterfeig wiederfebren zu wollen fdien,
(0 ließ ih doch wohl nicht verfennen, daß dies nur die
legten freundlichen Blicke einer hinter Wolfen untere
. gebenden Sonne waren. Die am Unfange des J. 1837
in Dresden berrfdende Grippe ergriff auch ihn und warf
ibn am 4. Sebruar auf dad Kranfenlager. Sein Körper
mar zu (wach, um die Krankheit zu überfieden. Das
Bewußtſein ſchwand, er ſchlief aumdlig ein und verfdied
am oben genannten Tage. Am Morgen des 13, Zebr,
wurde er auf dem Eliaskirchhofe in der Gruft feiner
Väter in der Stille beigefegt. Außer den Söhnen und
Derwandten, Die feinem Sarge gefolgt waren, hatten ,
ſich die dankbaren Mitglieder der ehemaligen Kabinerd.
Fanzlei on feiner Rubeftätte eingefunden, um ihrem alten
Vorgefegten die legte Ehre zu erweilen. Sein Neffe,
der Oofprediger Dr. Srande ſprach an feinem Grabe.
72. Chriftian Friedrich) Meurer,
+ erſter Prediger zu Grünberg in Schlefien;
geboren d. 12. San. 17°0, geft. d. 9. Febr. 1837 *).
Meurer, geboren zu Goͤßnitz im Herzogthum Alten,
bürg, zeiate früh einen regen Geiſt, der leicht die Seffeln
äußeren Druds ertrug und vollendete unter demfelben
feine Gymnofialbildung zu Altenburg. Auf der Univers
fitdt Jena Audirte er- Theologie, worauf er in einem
Alter von. 21 Jahren in Solge der Empfehlung des Prof.
Schubert zu Münden Haudlehrer in Schönhaide ward.
Später (1815) übernabm er eine Hauslehrerflelle bei dem
Grafen zu Dobne in Malmig bei Sprottau, an deflen
Familie er fib fo innig gebunden füblte, daß er ver
f&iedene Berufungen ins Pfarranıt ausfplug und au
einen glänzenden Antrag nad Breslau ablehnte. “Im
a 1819 nahm er den Ruf als zweiter Prediger in
rünberg an, wo er in der Folge zum erflen Prediger
d
N Scqleſ. Provinzialblätter 1837.
y »
be
me
\ Bergt. 207
eben wurde und Die befondere Liebe feiner Ge -
nde genoß. Tiefer Scharffinn, Ruhe und Befonnen
beit, Efare Auffaffung alled Geiſtigen und Menſchlichen
war das Charafterififde feined ganzen Lebens. Aus
ezeichnete Baden batte er empfangen; aber immer und
era war die Derberrlibung des Namens Jeſu Gegen»
fand feiner Sebnfuht und feined Strebend. Im Monet
Auguſt 1836 verfiel er in fhwere Krankheit, von der er
Nnicht mehr genas. — Gedruckt befigen wir außer einzels
nen Predigten von ihm: YUusmwahl aus meinen Predigten.
41. Lieferung. Blogau 1824. — Die Lehre v. d. Wieder
febn in der Ewigkeit, aus der Schrift entwidelr und
Dargeftellt in vier Predigten. Glogau 1835. — Unter
dem Namen Paul Muretus veröffentlichte er: Noth⸗
und Freudenſchüſſe eines Theologen, den Theologen des
419. Zahrd. gewidmet. 1L—2. Salve. Glogan 1822—23. —
Anonym erſchien von ihm: der Verirte ıc. Glogau 1824.
73. Chriftian Gottlob Auguft Bergt,
Organiſt in Bauten;
geboren den 17. Junt 1772, geftorben den 10. Febr. 1897 °).
Er wurde zu. Dederan im fächf. Erzgebirge geboren,
wo fein Vater Stadimufifus war. Gebr fräd zeigten
fd in ihm große Talente ſowohl zur Tonkunſt als zu
Spraden. Der Vater beflimmte ihn daber zum Theb⸗
logen, wozu der Sinabe. auch ſehr viel Neigung offen»
. barte. 1784 wurde er auf die Kreuzſchule nah Dresden
eſchickt, mo er unter dem Rektor Olpe und dem Kantor
einlig fi Tebr fleißig erwies, doch mehr in den Wifs
fenichaften als in der Konfunft, in welcher er fi mehr
Bat old Klavier. und Diolinfpieler bervortbat. 1794
ezog er Die Univerfitdt zu Leipzig, blieb dem Studium
der Theologie fo treu, daß er ſich 1794 eraminiren laflen .
fonnte, worauf er eine Haußlehrerftelle beim Paſtor
Schmidt in Schönfeld bei Leipzig befam. Unterdeflen
mar feine Liebe zur Tonkunſt mädtiger in ibm erwacht;
Schicht **) und Mütter, Die beiden Kantoren an der
Thomasſchule, balfen ihm in der Kompoſition auf, ein
fleißiged Beſuchen der Leipziger Koncerte und Opern,
auch fein freundfchaftlider Umgang mit 8. Schulz **")
) Aug, muſikaliſche Zeitung 1837. Nr. 8._ |
ö ie Deffen Be t ri F ahrg. des N. Nekr. ©. =
reoten verfchiedenartige Kompofitiondverfuche auf, in
Dehen man bald einem ſehr boffnungsvollen Tonfeker -
erfannte , fo daß er fich der Muſik ausfchließlich widmete,
ohne dabei die Wiſſenſchaften ganz zu vernachldffigen.
Unter andern batte er ſich im Orgelfpiel Vo fehr gebildet,
ald in der Seßfunft. Schon 4801 murden von ibn eis
nige SKlavierfonaten, Lieder, dad erfte-Heft feiner Ter⸗
ette und ein kleines Intermezzo für eine Perfon, Das
taͤndchen, gedrudt und meiſt wohl aufgenommen. —
1802 erhielt er_bereitd. einen Ruf nad Budiſſin als Or.
ganift an die Etele Stallmannd. Hier machte er fi
bald’ durch fein vortreftlided Drgelipiel, durch Sleiß,
al Gefaͤlligkeit, gebildetes&, angenehmes, gee
ſelliges Betragen fo beliebt, daß er auch als Muſik⸗
ledhrer am dortigen Seminar angeſtellt wurde. Treu und
- unermüdlie bat er bier außerordentlich-viel Gutes, auch
ald Privaslebrer gewirkt. Die frübeften Morgenftunden
waren der Kompoſition gewidmet, die übrigen feinem
Unterricht bid zum Mittagdmabl, dad er in der Regel
in den Häufern feiner Sreunde einnahm. Die ganze
Stadt und Umgegend war ibm befreundet und die Kiebe
feiner Schüler. au ibm war fo groß, als der Gegen feis
ned Wirfend. Den größten Theil des Nachmittags brachte
“er. in der Natur und fait jeden Abend auf dem Ratd8s
feller mit gefeligem- Kartenfpiel beiter und launig zu
biö an fein Ende. Sein Leben batte alfo nichts, hervor,
Kedendes und war vielmehr fo bürgerlich einfach und
rechtlich, wie dad Leben Der meiften deutfhen Gelehrten
und Stünftler, aber auch fo nugreich und freundlich, ale
wünfchenswertd. Er ftarb am Schlage. Als Komponiſt
bat er fib in früberen Zeiten in einigen Konzerten und
Spmpbonien verfuht, mar aber im Ganzen doc mehr
für Gefangwerfe, eiwa einige Sonaten u. dal. für daß
Pianoforte ausgenommen. In feinen Symphonien hing
er hu feſt am Alteinfaben, ohne die Sortfaritte der
Zeit a beachten, die er für Uebertreibung bielt. Diefe
Art Werfe machten daher auch wenig Gläf. Mehr
“ fon griff er ald Theaterfomponift in feinen früberen
‚Zeiten ein. — Außer dem angegebenen Intermeno
chrieb er: „Der Geburtötag ded Dichters,“ Liederfpiel
von Treitzſchke, in der Dichtung zu bürgerlih und zu
audgedehnt, in der Muſik oftınicht innig genug. — „Laura
“und Feryando,“ Dperette von Bretzner; die Muſik bat_-
manches Treffliche,, If nur nicht- darafteriftifch und leichte
fertig genug, wie die meilten feiner Theaterarbeiten. —
/ .
—
Haller. 29
„Liſt gegen Liſt,“ von Bretzner Dperette, zeichnet ſich
Dadurd aus, daß Alles gefungen wird, alfo ohne allen
eſprochnen Dialog; Vieles if ſehr bumoriftiich, doch
=
im Ganzen noch weniger daraftervoll, alö die vorige
Oper. — Sein „Rübezahl,“ Erwin und Elmira,” „dad
Mitgefühl“ cLiederfpiel), „die Wunderfur“ enthalten
fämmtlih viel Schönes, ohne daß dieſes Fa fein Vor—
zuͤgliches genannt werden kann. Weit mehr beichäftigte
er fib mit Kirdenfompofitionen, tbeild ſeines Umtes,
tbeild der häufigen Anregungen benachbarter Kantoren
megen, denen er ſtets uneigennüßig zu Dienften mar,
Es if ot wie viel Kiechenwerke der ver
wiedeniten Art B. komponirte. Diele dieſer Arbeiten
nd fehr beliebt, leider aber die meilten nicht gedrudt:
4332 gab er noch eine kleine Schrift beraud: Etwas
zum Choral und deſſen Zubehör. Ein aphoriſtiſch-obial
gebaltened Lehrbuch für feine Scminariiten. Unter fein
Borzäglichited gebören feine Terzetten mit Begleitung des
Mianoforte, von denen 8 Hefte eridhienen find. Gind
fie guch nicht alle im meiſterlich Dollendeten völlig gleich,
was nirgends gefunden wird, fo find fie doch alle vor«
trefflid Ubend und gefellig unterhaltend. — Ein von ibm
binrerlaflened Werk unter dem Titel: „Briefwechſe
eined alten und jungen Sculmeifterd über allerband
-Muſikaliſches“ erfchien bei Birr in Zittau, deffen Her
ausgabe M. Hering dafelbft beforgt bat.
* 74. Joſeph Hailer,
Subkuſtos und Benefiziat zu St. Lorenz in Augsburg; TE
geb; den 4. Juli 1779, geftorben den 10. Febr. 1887.
Frühzeitig entwicelten ſich bei ihm Einlagen zur Muſik,
die Durch forgfältige Sortbildung fo auögebildet wurden
Daß er Mariauer und Rektor beim vorigen Domfapite
ward. Den alten und kraͤnklichen Subkuod Bod unters
Kägte er thätig in feinen Amt und gab ſich dabei alle
Muͤhe, fib mit den Vorſchriften des Ritus gründlich
bekannt zu machen, die Abweichungen von demielben
Die ſich während der legten langen Nichtbeſetzung de
Bisthums langfam und fat unbemerft eingeſchlichen
hatten, zu erfpäben und fie,. fo viel feine Stellung er
Taubte, zu befeitigen. — Ein befonderer ihn auszeich⸗
nender Zug feines Charakterd war feine Wohlthätigkeit
nicht nur gegen die Seinigen, fondern auch gegen Ans
dere. Beſonders bemerkenswerth ift, daß er den Öferr:
MR. Nekrolog. 16. Jahrg. 14
210 Hofmann.
Grfangenen,, die In die größte Notd verfegt waren, bes
traͤchtliche Unterftügungen zufließen ließ. Sehr ofr fegte
er bei der Rettung der unglüdlien Opfer des Kriegs
ſich ſelbſt augenfcheinlicher Lebendgefabr aud. — Geine
Mufeftunden brachte er mit Betrachtung der Natur, mit
poufitalifchen Verſuchen und fogar mit Verfertigung der
2 erforderliden Inftrumente zu, fo wie mit frommer
£eftäre. Im Umgange war er fehr gemüͤthlich und im⸗
mer befcheiden. ——
Bamberg. — G. A. Thiem.
* 75. Albrecht Anton Adolph "Hofmann,
- berzogl, Toburg. wirklicher Geheimerath, des herzogl. fächfifchen
Erneftinifhen Haudordens Komthur, gu Koburg;
geboren den 24. Sept. 1758, geflorben den 11. Febr. 1887.
Zu Meiningen geboren und der juͤngſte Sohn des
wirklichen Gebeimenraths Johann Heinr. Hofmann und
feiner Gattin Jeanette Chriftiane Karoline geb. Freiin
von Stein, erdielt er die erforderlihe wiſſenſchaftliche
Borbildung auf dem Gymnaſium zu Koburg, ftudirte in
den Jahren 1778 — 1780 die Rectswiſſenſchaft auf den
Uyiverfitäten zu Jena und —— und wurde im Ans
fange des J. 1781 zum Hofadvofaten ernannt. Noch in
demfelden Sabre trat er in berzögliche Dienfte ald Hofe
fefretär bei dem berzogl. Hofamte, wurde im folgenden
Sabre zum Natd und Amtsadjunktus in Soburg, 1784
sur herzoglichen Geheimen Sanzlei in Saalfeld mit Sitz
und Stimme und dem Prädifat Legationsrath befürdert.
Gm gab 1788 murde ibm megen feiner mit vieler Ge—
Mae ichkeit und Treue geleiſteten Dienſte die Expektanz
auf die erſte Rathsſtelle bei der gedachten Gebeimen
Kanzlei verlieben. Im J. 1791 wurde er zum Sofratb,
41796 zum wirklichen Geheimen Hofratb ernannt und im
J. 179 ihm mittelit eined böcft ebrenvollen Handbillers
des Landesherrn Das Geheimerarhöpatent ertheilt. Bei
der Organiſation der Staatdeinrichtungen im Herzogtbum
Koburg> Saalfeld zu Anfang dieſes Jahrhunderts wurde
ihm die Landeshauptmannfchaft im Fürftentbum Saalfeld
übertragen. Im J. 1808 erbielt er den Ruf ald Kanıler
und Chef der Zuiiigdeputation der bergoglichen Kandes.
regierund nad Koburg, 1806. die. Ernennung zum Praͤ⸗
fidenten des damals errichteten Dberappellationsgerichtd,
nach deſſen Wiederaufhedung im Jahr 1808 aber zum
Praͤſſdenten der herzogl. Landesregierung, in welden
7
Hofmam. 2
richtigen ‘und in der damaligen Zeit beſonders fdmeren.
Amt Tr dis zum Tahr 1822 verblieb, wo Ihn das Vers
trauen feined Zürken auf feine befondere Anbänglicpkeit,
ouf feine- umfaftende Geſchaͤſtskenntniß und erprobte
Dienfttrene zur Zeitung der Geſchaͤfte und zum Pr&
fivium bei dem Landesminiſterium berief: Er war fo
läcklich, den ihn fo hoch ebrenden Erwartungen in die
er Stellung vollfonimen zu entfpreden und wurde im
„1823 ya wirklichen und vorfigenden Seheimenratd
im Landesminiſterium beftärigt, im Qadr 1825 mit dem
Edrenpraͤdikat Ercelenz; und im J. 1833 mit dem Kom⸗
tburfreuz des neu errichteten berzogliden Erneſtiniſchen
Hausordens gefhmädt. Dom J. 1828 an nötbigten ihn
zunehmendes Alter und Kraͤnklichkeit, ſich Yon der tbd»
tigen Theilnahme an den Staatsäefdäften mebr und
medr zuräcdhnzieben, aber er erfreute ficb forımäbrend -
des vollſten Vertrauens feines Sürften und aller mit feis-
ner boden. Stellung verbundenen Vorzüge, — Solche
Lebendnmftände, folde raſche Erfolge deuten unabmeiss
lid auf ausgezeichnete Anlagen und deren trefflihe Vers
wendung bin. Uber e8 find in dem Wefen diejed Mans
ned einige Züge, melde fein ganzes Leben durchdrangen
und die wir deshalb anfſſdren müflen: möglichite Freis
haltung von Partheilichkeit und Leſdenſchaft, reinfte
umanität, dieſes waren Die Hauptizüge feined edlen
barakterd. Dad edle Herz, das ibm befeelte, ſtellte ſich
mittelft der feinen Sitte, die feine Verfönlichkeit Jerte,
durch ungemeine Milde in Gebehrde und Sprade in
alien Berdältniffen auf eine fo wohlthuende Weife dar,
daß ed. ald ein Stud erfien, ibm anzugebören, ibm
nabe zu fteden, jal Untergeben zu fein. Dom Geſchick
begünftigt, fchon in den erſten Mannsjabren im böberen
Amr und Vorgeſetzter, gab er dem Befehle ſtets die
Sorm des Wunfches, der freundliden Bitte und wirkte
auf-diefe Weife erfölgreicher,, als durch Sirenge. Ihm
u Liebe ward auch Der Unfteißige emfig und keiner mar
fo verbärtet, daß er idm känger hörte mißfallen
Mm zen.
An der Spitze der Dberadminifratiubehörde des Bande
in den Jahren des Kriegs und. jeglider Bedraͤngniß
eigte er, neben dem Mitgefäbl des Menſchenfreundes,
ie Nude und die Klugheit des erfabrnen Mannes, ers
dielt und ſtaͤrkte das Öffentliche Vertrauen und beiebre
die. Hoffnung. anf. beifere: Zeit. Im Karte trug er die .
bewährte Meinung mit eben fo großer Klarheit als Bes
ſcheidendeit vor. und mußte. Durch Mäpigang ‚und Klugs
=
J
%
212 | Wächter.
eit au mwiderfrebende. Elemente zum guten Zwecke zu
ach Zu den boͤchſten Ehren befördert, die * Der
dient im Daterland blühen, bethätigte er fortwährend
die liebendmwärdigfte Anſpruchsloſigkeit und liebte nicht
mehr, ald die Verdienfte Anderer anzuerkennen und zu
ehren. Unvergleichlich gätig und liebevoll in dem Der
bältniß des Kamilienvaterd, ded Dermandten, des Freun—
des und Beratherd, batte er herzliche Theilnahme für
jeden, wie fern er ibm auch ſtehen mochte und Bereits
milligfeit zu unterftügen und nüglid zu fein. Im de
felligen Umgange liebte er Wig und heiteren Scherz, ließ
aber beide nur mit Anmuth walten und mit der zartes
fen Rüdfiht auf die Gefühle derer, mit denen er ums
ging. Uber fein fo nüglihed Streben und Wirken fand-
.aud die reichfte Anerkennung. Drei aufeinander fols
ende Landes⸗ und Dienſtherrn hegten gleide huldvolle
Suneigung zu 9., mwürdigten ihn ihred beglüdenden
Dertrauend und Um ng und Hohe und Niedere ver
einigten ih in dem Gefühl der Achtung, der Verehrung
und Liebe zu ibm, |
* 76. Georg Philipp Lubwig Bernhard
| Wächter (genannt Veit Weber),
Privatgelehrter zu Damburd;
geb. den 28. November 1762, geft. den 11. Februar 1897. _
Sein Bater, Johann Leonhard Wächter, war Dias
Eonus in Velgen und ein febr geachteter Neliondlebrer;
feine Mutter, ‚Henriette Eleonore Sriderife, geb. Oeſte⸗
reich. Unfer W. — von vier Kindern dad dritte — era
- bielt außer dem Unterricht des Vaters feine erfte Bil.
dung auf der Uelgner Stadtfchule und ward zum Sol—⸗
datenſtand beftimmt, ba der Vater, bei geringem amtli-
sen Einkommen, nit die Mittel befaß, den Sohn ſtu⸗
Diren zu laflen, und deſſen Patbe, ein höherer DOfficier,
in der Hanoverfchen Armee, verſprochen batte, ibm fort
geben. Ald aber der Vater im Jahr 1776 zum Dias
onus an der Michaeldkirpe zu Hamburg ermählt ward,
.Eonnte der Wunſch, daß. der Sohn ſich den Studien
widmen möge, erfüllt werden, und unfer W. betrat als
achtzehniaͤhriger üngling die Sekunde ded Hamburgis»
‚fen Zohanneumd un DT 21 Jahr alt, mit ehrenden
gnlilen entlaffen, die Göttinger Hochſchule, wo er
ch theologifchen Studien widmete, ſich aber außer⸗
I.
Wächter. | 213
dem mit befonderer Vorliebe mit altdeutfcher Zunft und
£iteratur befchäftigte. Dort brachte er drei Jahr zu,
die ibm bis in dad fpätefe Alter Die angenebmften und
ungetrübteflen Erinnerungen gewährten, ſchrieb aud
Manches unter dem Namen Daining. Hier war ed, mo
er Bürger, Meyer Cin Brebmftädt), Hudtwalder, Bars
tel$ (in Hamburg) und fo nielen andern berühmt gewor⸗
denen Männern befannt und befreundet murde. Büro
er, der deutſche Dichter, war ed, der dad alfleimende
alent W.'s pflegte und ermunterte. Auf fein Zureden
wurden die erſten „Sagen der Vorzeit“ nah Berlin an
Maurer gefandt und anonym herausgegeben. Wad W.
mit ihnen bezwecken wollte, if keinem Kenner deutfcher
£iteratur zweifelbaft: dem. Unweſen der empfindfamen,
fentimentalen Romane follte gefteuert werden. Dad Uns
ternehmen erregte verdiented Auffeben und erlanate aros
Ben Beifall; 1787 erſchien unter dem VPfeudonamen Veit
Weber, den er von jenem alten Dichter ded 15. Tabrs
bundert8, der in den Reiben der Schweizer focht und
fie dur feine Schlahtgefänge anfeuerte, entlebnte, der
„erſte Band der Sagen der Vorzeit,” dem bis 1798 ſechs
andere Bände folgten. Don Böttingen im Tabr 1786
—— und ald Kandidat des Predigtamts in Ham⸗
urg_eraminirt, gab er Unterriht in ber Religion und
den Schulwiſſenſchaften, predigte auch oft, und zwar mit
Beifall, ohne daß es ihm gelang, ein geiftliched Amt zu
erhalten, mas fi vielleiht auß der zu offenen Gerab—
heit feines Charakters erklären läßt, war bei feinen Schü«
lern und bei Sreunden fehr beliebt und führte im Haufe
des Vaterd ein glücliched Leben, das Durch feine Ver—
lobung mit einem liebendwürdigaen Mädchen, Marie
- Meyer (geb. 9771) noch mehr an Reiz gewann, Eben.
Rand er im Begriff, feinen Beruf zu ändern und ſich
der SRTIDDEUN Eng AMIUISERDEN. als ibn der harte Schlag
traf, feine geliebte Braut duürch den Tod zu verlieren.
Nur das Zureden feines Vaters und feines treuen Freun—
des Sahrenfrüger vermochte diefe Wunde, obmobl lang»
fam und ſchwer, zu beifen, Lebensfriſche und Lebenslult
gewann er erft wieder durch einen längern Aufenthalt
auf der Yumühle in dem lieblichen Sachſenwalde bei,
feinem Sreunde Bätde. Er folgte nunmehr einer Eins
fadung nah Berlin, wo ihm Ausficht zu einer Profejlur
am Grauenflofter eröffnet war. Aber ed war die bes
rächtigte Wöllnerfde Periode; man wollte au ibn für
Myſticismus und Pietismus gewinnen. W. durchſchaute
bald -den Plan; feinem klaren Geiſte widerſtrebte feine
finftere. Tendenz und fo flug er vortbeilbafte pecunidre
Seo nanlapen aud,. wodurd er fi freilich Die Ungnade
der Sinfterlinge zugog, mas ihm aber menig zu Derzen
ging. Mittlerweile waren die Werbältnilfe des Kandis
Datenlebend in Hamburg auch geitört und jo Fam unferm
W. die franzöfifche Revolution nicht ungelegen, um feis
‚nem Sinn für Sreideit und Recht zu genügen. Bruch
x
Rüde aus jener Lebensperiode finden fich im „Nactbos _
gen” und in den „Audflügen nad dem Rhein“ von Wils
delmi. W. ward als Kapitän in einem Negiment uns
- ser dem Dberbefehl des General Dümourie; angeftellt und
machte Die Schladt von Gemappes mit, in welcer er
eine Kopfwunde- erhielt. Dad Regiment ward aber bald
Darauf aufgelök und W. Fehrte nad Hamburg zurüd,
In diefe Zeit fällt Die Erſcheinung der. „Holzichnitte
' erfier Theil, enthaltend „die Betfahrt des Bruderd Grat»
falbus“ (1703), und der .„Hiftorien,“ deren erfter Theil
„Orändung der Bürgerfreipeit Hamburgs“ Hell N
haͤlt. Dies ift auch die Zeit, .wo er feine eifen
nad ber Schweiz, nah Wien und nad Eondon unters
nabm. Geine Eltern verlor er in den Zabren 4797 und
1798. Der Profefor Voigt, W.’8 Univerfitätäfreund,
erritete ungefähr um jene Zeit eine Erziebungsanftalt
in Damburg. Gern übernebm W. auf heilen Aufforde⸗
rung einige Etunden in derfelben und angezogen von
dem glücklichen Erfolg feines Unterrichts, von der Liebe,
die er bei den Zöglingen fand, die er aber freilich auch
In reihem Maafe gab, -theilte-er bald die Gorge der
Zeitung der Anftalt mit feinem Voigt und ward deſſen
ausgenoffe, wie denn von nun an auch fein Entfchluß
et Nand, Hamburg und den. Beruf des ‚erziebenden
"Lehrers nicht mehr zu verfaffen. „Ich din im Lüneburs
- giiben geboren,“ ſchreibt er in einer eigenhändigen bins
terlaffenen Notiz, „aber Hamburg ift mein DBarerland.
Dgs Land ift ed dem Zängling, weldes ihm Mittel ges
‚währt, ald Mann nüben zu.fönnen. Wäre mein Dater
länger im Lüneburgifchen geblieben, ich würde dem Kalb»
fell. gefolat fein. Der anfprucfgfen Wodlthaͤtigkeit
amburgs verdanke ih, was ich weiß; ich mußte ibm
eine Dankbarkeit nicht beffer au zeigen, ald dadurd,
Daß ich Die Sinaben, melde meinem Unterricht anver-
traut wurden, mit der Geſchichte und Verkaflung des -
Staatd befannt machte, welcher durch Buͤrgergluͤck für
jede Erdenleipen ensfhädigt." „Zu foriftftelerifhen
: ‚Wächter. 215
Leitungen blieb ibm jeht zwar menig Muße, doch ſchrieb
er 4804 feinen „Wilbelm Zell,“ ber früher als der Schl⸗
lerſche beraudfam, doc von DB, gleich aniangs nicht für
die Bühne beſtimmt murde, Hamburgs Unglüd, durch
den Ufurpator Sranfreihö berbeigeführt, begann 4806 .
und erreichte den höchſten Gipfel 1813 und 1914. W.’s
Antheil an den Zeitereignilfen Eonnte nur im Ginn ber
Sreibeit fein.» Als die Nullen unter dem Fühn vordrims
. genden Tettenborn im Srübjabr 41813 in Oamburg ein
zogen, übernahm W. fogleib das Kommando einer Noms
pagnie, der er einen Theil feiner Schüler „von der
Schulbank,“ wie er faate, zuführte und ward unter bem
..®
damaligen Chef des Bürgermilitärd, dem Dr, von Heh,
Major. Nah Aufdfung der Bürgergarde trennte ſich
W. zulegt von feinen Kampfgenoilen, flüchtete vor ben
surädtehrenden Sranzofen nah Altona und kehrte fur
vor Beginn der eigentliben Belagerung nach Boigt
aufe zurüd. Jetz begann fein imniges und genaues
gerbältnig zu Repſold *), dem um Hamburg bocvers
dienten Oberfprigenmeilter, Bei ihm übernabm er mähs
‚rend der Belagerung eine Adjutantenftelle und bewirkte
in jener trüben Zeit Viel des Guten und Erfprießliden
‚zur Belebung de& Bürgerfinnd und des aelunfenen Ders
trauend auf eine beilere Aufunft. Und Die Erinnerung
‚an jene unbeilvolle Zeit gebörte zu den liebften, die W.
ſich zurädrief, da er nie Die Hofinung der endliben Er
a
reitung aufgab und fo viel an ihm lag, dieſelbe berbeis
führen balf. Einen Theil feiner Erinnerung batte er in
feinen Papieren niedergelegt, die fpärer die Materialien
"zu den von ihm tiederbolt vor zablreiben Zubdrern
gehaltenen DBorlefungen über Hamburgifhe Geſchichte
- wurden. Ald bald nachber Voigt durch den General
Berg eine Anftelung ald Profeffor in Riga erbielt, übers
nabm W. die bisher mit_ ibm gemeinfchaftlich geleitete
Lehranktalt allein und erfüllte feinen Beruf mit gemife
fendafter Treue zum Gegen für Diele, ‚oft mit großen
-Aufopferungen, bei denen fein uneigennügiger Sinn ihn
nie auf pecunidren Vortheil fehen ließ, den er ji eige
nem Schaden nur zu ſebr vernadläffigte. Als fein
Freund ihn verlaffen, fühlte er erft recht, daß er einſam
im Leben daſtehe; nicht die angeftrengtefte Arbeit — er .
gab in der Woche 42 Stunden Unterricht — vermochte
ibm fiber Die Leere, die er im häuslichen Leben-Fühlte,
— - 2
·Deſſen Biographie ſ. N. Nekr. & Jahrg. ©. 64.
- . (2
216 Woachter.
dinwegzubelfen. Da faßte er noch in feinem 59. “Jahre
den Entſchluß, fi zu verheiratben. Im Jahr 1821 vere
- @belichte. er fih mit der Witwe Sriberife Moltrecht, geb.
Vreller und fand fo Gelegendeit, der Berforger, der
zweite Vater der Slinder einer feiner geliebtelten Sreunde
zu werden. Denn feine Gattin führte ihm aus ihrer
. erften Ehe fünf Kinder ‘zu, deren treuer. Vater und
- Sreund er ward und bid an fein Ende blieb. Er. felbft
ward noch Vater von drei Kindern, in denen er fein
Lebenögläd fand. Aber bald ftellten ſich, bei abnehmen»
der Srequenz feiner Schule, drüdende Sorgen ein; ja,
nad einigen be ſah er ſich genoͤthigt, die Lehrans
ftalt zu Ichließen und durch Privatunterricht und gehal⸗
tene DBorlefungen fib und Die Seinigen zu ernähren,
wozu no in den legten Jahren ein Tleined Amt an der
Stadtbibliothek, das ihm übertragen mard, beitrug. Go
führte er fein mübevolled Leben. fort, zwar Fräftig und
ungeſchwaͤcht am Geift, geftärft und erquidt dur bäuds
lides Släd, durch die Sreundfhaft feiner Freunde und
Bundesbrüder — er gebörte dem Bunde der Sreimaus
rer an — , aber niedergebeugt Durch den Kampf mit aͤu—
sern Berbältniffen, bid der Todedengel ibn im ein befs
ſeres Jenſeits binäberführte. Was W.es Eharafter ans
betrifft, fo zeichnete ibn vor Allem Die hoͤchſte Rechtlich—
keit im beden und fbönfen Sinn dieſes Worts aus.
Ihr lebte und flarb er, ihr verdankte er feine höchſten
Innern Sreuden, für fie war ibm fein Opfer zu tbeuer.
Eine große Zahl von einzelnen Zügen aus feinem Leben
ließen_fid anführen, um diefen Grundton feines Cha⸗
. rafterd zu ermweifen. Die bödhfte Redtlichkeit war eb,
ivenn. er, als er nod im vorgerücdteren Alter um eine
Öffentliche Lehrſtelle ſich zu bewerben ermuntert ward,
unter fiderer Ausſicht Diefelbe zu erlangen, zurüdtrat und
often geftand, feine Stenntniffe in den alten Sprachen
reihen nicht mehr bin; die boͤchſte Rechtlichkeit war es
wenn er die ihm angetragene einträglie Redaktion einet
pellfgen Blattd ablehnte, weil er ſich nicht fähig fühle
n einem ©inn zu fchreiben, der feinen Anfichten gewiß
oft widerfprehen mäffe. Diefed Pflichigefuͤhl, dieſe Ebr-
fichfeit des deutſchen Mannes leitete ihn ſiberall. Oft
‚ bat er fih durch die Geradbeit feined Sinns und ſei⸗
ner Rede Feinde gemadt; oft ward für Schroffbeit und
. &igenfinn gehalten und Ausgegeben, was im Grunde
| zautbeit des Getübld, Beſcheidendeit und Minderach
— fung feines Werths ware Nie wollte er ſich und feine
u x
! Wächter. ’ 217
Anficht geltend machen; die Sache ſelbſt follte für Ad
fpreden. Gtrenge gegen fib, war er dennoch mild
und wohlwollend gegen Andere und der Verkannte, der
Derfolgte fand gemih in ibm einen DBertheidiger. Dad
‚gewöhnliche Leben mit feinen taufendfaden Anſpruͤchen
würdigte er wenig, zu wenig aud dann noch, ald er für
Weib und Kinder zu forgen hatte. Dabder die Noth und
Sorge für leiblichen Unterhalt; daher zumeilen die aus»
enblidlih gedrüdte Stimmung, die aber auch eben fo
chnell ſhwand, wenn ein Sreund, ein Bruder ihm nabte
oder wenn er in feine Sorfchungen vertieft, durch irgend
ein biforifhed Dokument, durch ein Buch wieder ind
ideale Leben binein gehoben ward. — Als Schrififteller
dat W. einen bedeutenden Einfluß auf die deutſche is
teratur gebabt. Als Goethe *) dem dur die fentimen-
talen Romane, — den Siegwart, erſchlafften Zeit⸗
‚alter durch feinen Goͤt von Berlichingen eine neue Wen⸗
Dung gegeben batte, da betrat W. fühn, nad einem fol.
hen Vorgaͤnger, Diefelbe Laufbahn und wahrlich mit
Gluͤck. Seine „Sagen der Vorzeit“ trugen zur Kraͤfti⸗
gung des Sinn, zur Wiedergeburt des deutfden Sinne
ei. Seine Schuld war ed nicht, wenn eine Fluth von
Nitterromanen, deren Derfafler ihr Vorbild verkehrt aufs
geiaht batten, von nun an Deutfchland uͤberſchwemmte.
WB. datte tiefe Kenntniß der deutſchen Borzeit aus gründ⸗
lichen Studien Be er wendete fie mit Erfolg an;
aber zur Steuer der Wahrheit muß gefagt werden, dag ü
er in Einer, immer wiederkehrenden Manier befangen
war und daß die vier legten Bände feiner Sagen au
ermüdender Trodenbeit leiden. In den „Holzſchnitten“
findet fi Die grändlichfte Zeichnung der Sormen und
Gebräuche jener Zeit; aber fie leiden an Härte und Uns -
ebenbeiten und intereffren nicht fortwährend bei ber
ſtets wiederholten Darftellung der Frevel und Nieder,
träctigfeiten der Mönde. Sein „Wilhelm Tell” in ein
mwadered Werk durch gediegene Chdarakteriſtik der «hans»
deinden Perfonen; aber weder it dad Versmaas rein
and eben behandelt, noch eignet ed ſich bei feinen rhe⸗
torifhen Auswuͤchſen je tür die Bühne, für die ed auch
von W. felbft, mie ſchon erwähnt, nie beſtimmt war. -
offentlich bat fid noch manches Treffliche in feinem
Iiterarifden Nachlaſſe gefunden und wird dem Publi⸗
kum nicht vorenthalten werden.
») Deſſen Biograpbie ſ. N. Nekr. 10. Jahrg. ©. 157,
.
a, „@ye
* 77. Sohann Chriſtian Bieger,
Pachtamtmann zu Quedlinburg;
geb. im Jahr 1760, geſt. den 11. Bebruar 1837.
Don früher Jugend an betrieb er feinen Beruf in
feiner Baterſiadt Duedlinburg mit ber größten —
und Thätigfeit, wodurch er im doͤhern Alter eine ſo
ausgezeichnete Geſchaͤftskenntniß und Gewandtheit ſich
erworben batte, daf er durch beides nicht nur. ſeinen
„ Standeögenoflen, fondern felbit feinen Mitbärgern mans.
nichfaltige nüglihe Dienite leiften Eonnte. Srüber war
er Eönigl: Pachter Der Domäne Münzenberg; fpdter bes
- .grieb er wieder fein eigenes Gefchäft, welches der bes
jahrte Greis nachder feinen. Kindern übergab und ſich
‚zur Ruhe ſetzte. Von da am lebte er nur feiner Gattin,
einen Kindern, Verwandten und Freunden und ben
Uebungen der Religion, an welcher er bis Eurz vor feis
nem Tode den bleibendfien Antheil nahm. Hauptzüge
feined Sharakterd waren Gottvertrauen und Demuth ge
‚ gen Gott, erworben dur menche Prüfungen des tes
‘bens und Dankbarkeit für fo vieled empfangene Bute.
Anfpruchölofe Freundlichkeit und Gefaͤlligkeit gegen feine
Mitbräder, treue Liebe gegen bie Seinigen und gegen
feine Sreunde machte ihn Dielen wertd, die fein Anden-
Een fegnen. Seine. Gattin, Juliane Margarethe geborhe
- Dautbendig, mit welcher er 23 Jahr eine gluͤckliche Ehe
führte „ folgte ipm, ais fein Leichnam noch nit einmal
der. Erde übergeben: war. —
rendi.
* 78. Dr. Joh. Fr. Boͤnig,
Yönigl. Hanoverſcher Hofmedikus, auch Berg⸗ und Stadtphoſikus
‚+30 Bellerfeld;
geb. im J. 1761," geft, den 12. Sebruar 1837.
Boͤnig war zu Sieverdhaufen im Hildesheimfchen
geboren, mofelbft fein Vater als Forſimann lebte. Nad⸗
em er auf dem Gymnafium zu Göttingen und DOfterode
‚die nöthige Schulbildung erbalten, begab .er ſid Im I.
4782 nach Bdttingen, um Theologie zu ſtudiren. Neun
Sabre lang batte er dieſem Fach ſich gewidmet und zu⸗
legt eine Kektorftelle in. üdlar bekleidet, als bie ungün
figen Audfibten für fein fernered Sortfommen ihn vers
anlagten - dem von Jugend auf genährten Wunſch zum.
* — — — 4
f Bönig. 0 219
Studium der Naturwiſſenſchaften zu willfahren. Er
begab ſich Daher im Jahr 1791 abermals nad der Unis»
verfität Goͤttingen und erlangte 4793 bafelbit die medis
ciniſche Doftorwärde. Nachdem er darauf in ——“
ſeine praktiſche Lanfbahn begonnen und ſodann währen
eined einjährigen Aufentbaltd in London feine vielfeitie
en gediegenen Kenntniffe weientlih bereichert batte,
and er in Eibingerode einen neuen ärztlichen Birtungde
kreis. Von dort fam er im Jahr 1803 nach Zellerfeld,_
mofelb er dad Bergphyſikat 34 Jabr lang mit großer
Umſicht und Gewiſſendaftigkeit bekleidete und im Jahr
1335 zum Hofmedikus ernannt wurde. Sein Eräftiger
Körper erlag einer feit Jahren langſam entwidelten
Bruſtwaſſerſücht und fein reger Geiſt und unlermüdlicher
Eifer bewährte fib bi an fein Ende; denn noch am
‚age vor feinem Tode fab man ihn umringt von Kran⸗
fen, denen er Derordnungen gab. — Bönig war ein
Mann voll Geiſt und Gemürh und von einer feltenen
Charafterfefigkeit. Er gebörte zu den menigen Mens
ſchen. die in einem geraͤuſchloſen, ftilen Wirken ihr gans
zes Lebendgläd finden. Fern von aller Rubmfuht und
andern niedrigen Abfichten, war ibm das eigne Bemußt:
fein der einzig genägende Lohn, für die vielen und
roßen Opfer, die fein mübevoller Beruf täglib von
forderte. „Esse non videri“ mar fein Wählſpruch,
deflen er in feinem praktiſchen Wirken ſtets eingedenf
klied. Wen Freundſchaftsbande an ihn Ferteten, der fand
in ibm Den vaͤterlichen Rathgeber, den hingebenden
Sreund, der mit eigener Selbfiverleugnung dem Freunde
Alles brachte. Wer als Leidender ſich ihm nabie, der
fand in idm den forgfamen unermüdlich 'thätigen Arzt,
den voll wohlwollender Theilnahme ſtets bereitwilligen
aeller in der North, dem, wo ed dad Oute galt, Fein
pfer zu groß fhien. Wer ald Kollege ipm nabe ftand,
der bemwunderte in ihm den ſcharfen Diagnofiker, der
fand in ibm den Arzt und Menſchen ugleih der, frei
von- allen feibkifhen Rüdfichten, dad Edle und Wahre
niemald aus den Augen verlor. — Er ſchrieb: Etwas
zur Empfeblung der Kubpodenimpfung, im N. Hano⸗
Ben Magazin. Jahrgang 10. 1800. St, 43. ©. 809
\
20 * 4 Boͤrne.
Bu 79. Dr. Ludwig Börne,
Shriftfieler zu Parid;
r - gedelı J. 1784, geft. den 12. (13.) Febr. 1837 9,
Er war zu Sranffurt a / M. geboren, wo fein Vater,
afob Baruch, Banquiergefchäfte ieh: Zu einer willen»
chaftlichen Laufbahn befimmt, erbielt er den vorbereis
senden Unterriht in der Penfiondanftalt des Profeflor
Hezel **) zu_Gießen, nach .deflen Abgang zur Univerfität
orpat der Statiftifer Crome***) ihn ald Penfiondr zu ſich
nahm. Als Bekenner ded mofaifden Glaubend vom
Staatödienft ausgeſchloſſen, folte B. ſich der Arznei⸗
wiffenf&baft widmen. Nachdem er etwa ein Jahr unter
den Yugen des ausgezeichneten Arzted Markus Herz in
Berlin tudirt hatte, bezog er die Univerfitdt Halle, mo
er feine medicinifchen Studien fortfegte. Doc aller fein
Sortichreiten auf der betretenen Laufbahn begünftigenden -
Umftände ungeachtet trat B. von derfelben, wieder ab,
fei es, weil er der Medicin Aberbaupt feinen_rechten
Geſchmack abjugewinnen vermochte, oder weil ſich ihm
um Diefe Zeit (1807) neue Wusfichten in Folge, ber
olitifhen Veränderungen darboten, die auch auf Die
. Stellung der Juden, in mehreren deutfhen Staaten
—A einen bedeutenden Einfluß hatten. B. bezog
‚die Hochſchule zu Heidelberg, wo. er vornehmlich den
Stagiswiſſenſchaften oblag. Don hier ging er 1808 na
Gießen und fehte —8 jenes Studium mit aus⸗
gezeichnetem Erfolge fort. In feine Vaterſtadt Frankfurt
jurücdgefebrt, ward 8. von dem damaligen Großbersoge
von Frankfurt im Verwaltungsfach angefellt und verfad
mehrere Jahre bindurdp die freilich feinem eigentblme
lichen Streben wohl nur wenig entſprechenden Gefhäfte
eines Aftuariud: bei der Policeidirektin. Die großen
Ereignife der Jahre 1813 und 4814 ferten nicpt_blod
dem fernern Fortſchreiten B.’8 auf der betretenen Bahn
bed praftifchen Staatslebens ploͤtzlich ein Ziel, fondern
er ward auch von den neuen Behörden des F ſeiner alten
Freideit wieder gelangten Srankfurt von feiner Stelle.
mit einem Rupegehals entlaflen, Don nun an erft Fonnte
—2 dem Konverſ.-VLexikon der neueſten Zeit u. Literatur;
der Mitternachtszeitung 1837. Nr. 83, 86 u. 885 Unſer Planet 1837,
Nr. 613 den liter. u. krit. Blättern der Boͤrſenhalle 1837. Nr. 13575,
dem — Telegraph 1887. Ar. 24; Ludwig — in ſeinem
liter irken ꝛc. von Ferd. Tr Bittau u. Lpzg. 1 san. a. A.
>) Deflen Biogr. f. IB:
4 ahrsg. Bee a Re de
Boͤrne, 1
B.3 Geiſt, alter daßern Feſſeln entledigt, jenen hoben
Auffhmung nehmen, der ibn ald politifhen Schriftkeller
auszeichnet. Er machte ſich der Titerarifhen Welt als
- Redakteur ded Frankfurter „Staats- Riſtretto,“ durch
die Herausgabe der „Zeitfhwingen“ und ſpaͤterhin der
„Wage” bekannt. Sanden aber diefe Erzeugniffe eines
nur Sreibeit im edelſten Sinne des Worts erfirebenden
Geifted viel Beifall, fo zogen ihm diefelben auch mans
cherlei Unannehmlichkeiten von Seiten derjenigen zu,
die darin nur Ummälzungspläne zu einer Zeit gemwabren
wollten, wo ohnehin der demagogifhe Unbold feinen
Spuf in fo vielen Köpfen trieb. So entjog ibm die
roßberzoglich deſſiſhe Regierung, auf Betrieb des bei
Derfelben angeftellten Gefandten einer großen deutſchen
Macht, das für die zu Offenbach gedrudten „Zeit
ſchwingen“ ertheilte Privilegtum; nicht lange darauf aber
ward ©. fogar, auf Erfuden eben diefed Sefandten, in
feiner DBarerftadt Sranffurt verbafter und megen ans
geſchuldigter Theilnabme an Verbreitung einer demago⸗
fen Flugſchrift in peinlide Unterfudung gezogen,
Deren Ergebnif jedoch feine vollkommene Unſchuld erwies.
ie faft jeder junge Schriftfteller, übte er zuerft_feine
Kraft an Tpeaterkritifen und feine Zeitfchrift „die Wage“
machte ibn den Schauipielern furdibar. Er fchrieb fie
fo gewandt, feine Appersud waren fo neu, der .Wig
Darin fo glänzend und natürlich und die Schreibart fo
Forreft und originell, daß er bald damit großed Auffehen
erregte, Es war etwas Neued zu damaliger Zeit und
würde ed auch wohl noch in der unfrigen fein, auf diefe
Weiſe übers Theater zu ſchreiben. Dabei befaß er den
Muth, feine oft fhneidenden Behauptungen gebbrig zu
unsernügen. Einf beim Nachbaufegeben aus dem Theater.
wurde er von einem eiteln Kunſtjünger angefallen, der
fi durch einen Ausſpruch in feiner Zeitſchrift verlegt
glaubte, Er hatte einen Regenſchirm in der Hand und
machte Miene, ihn auf Kopf und Rüden des Fleinen
ſchwaͤchlichen Kerenfenten mit berfulifcher Kraft tanzen
zu laffen; dieſer aber 309 Falsblätig ein geladened Piſtol
aud der Taſche und fagte: „Wenn Sie fi nicht fo»
gleid aus dem Staube maden, fo :.+..* Weiter
batte er nicht noͤthig zu ſprechen, denn fein Angreifer
war fon im vollen Lauf und lädelnd konnte unfer
Necenfent feine Waffe einfteden und des Weges fürbaß
sieben. — Einft kommt ein fremder Schaufpieler nad)
Frankfurt; er macht dem gefürchteten Thenterfritifer eine
eedeee Bcrne.
Bifte und bittet Ihn, über fein und feiner Bran Ba e
iel Doch lieber au weigen, wenn er nicht 'nftiges
agen fönne. Das Gaſtſpiel beginnt und in der na
ummer der Wage erzäblt B., um mas ipn.der Schaus - -
fpieler gebeten babe -und. fegt Hinzu: „Ich ſchwweige
Kenn alte. biermit.“ Diefe Perfönliekeir ie nit,
Ben dazu bei, den Schanfpielern Ubtung vor feinen
ritike
echt zu zerfleiſchen. So entſchuldigte er ſelbſt fein reis.
r
ben. Später als die Zeiten fid geändert batten, vers - -
Mandelte er fein Ziel; viele Pfeile feines Geſchoſſes aber
Prallten ab. und verwundeten ibn felbft tief, — fein
tung. — m J. 1817 verlieh 8, mit dem Mofaismus
feinen fräbern Namen Baruch und nabm den evangelis.
ſchen Glauben und fpätern Namen Börne an. Deffen.
verfanat und verläumdet. Died made feinen Griffel:
fpißig, feine Worte fhneidend und feine Sprade biß.
weilen fo fahelnd, Seit dem I. 1822.Iebte B. fat in
gönzlicer Zurüdgezogendeit von allem literarifden Ber
e
bis er endlich durch die — — feiner „ Oefamme
Lebenszeichen von fi gab. Tritt (don in den frähern
; Börne. i f 228
Bänden diefer Sammlung 3.8 Tudividualitdt und fein
fubjektived Streben in kraͤftigen 20 en unverkennbar
bervor, fd liefern die „Briete au ris“ (2 Bände,
zumbort 1831), Die aud den 9. und 40. Band der
ammilung bilden, ein vollendeted Bild ded- Mannes.
Im September 1830 ging er wieder nad Paris, um nie
nach Deutſchland zurädzufehren. Aber er börte nicht auf
ein Deutſcher zu fein, er war ed dur und durch. Wenn
er Sranfreich verehrte, fo baste da? nur den Brund,
daß er Frankreichs bedurfte, fein großes Herz mußte ſich
an dem Ruhm, ber Thatfraft und ber vorangefchrittenen
Gipilifation, bie dort weniger im Zufammenbang, al
in großen Sränitbruchftücden anjutreifen find, erbolen.
Börne ſog neue Lebenskraft aus den unbedeutenbiten
Detaild der neuften frampöf. eibichte, er verfolgte die
Cdronik des Tags in den Zeitichriften mit forgfamen
Augen, ließ fi die alltäglihen Vorfälle der Hauptitadt
erszäblen — Alled aus dem Grund, um felbit in feiner
Zurüdgezögendeit Inmitten jener raltlofen Thdtigfeit von
Paris zu bleiben und umter dem großen Echutt bei
Volksgewuͤhls mwenigkend ein Körnchen Bolköcarakter
und Volföwürde zu finden. Boͤrne verehrte Frankreich,
aber er liebte Deutſchland, er liebte es mie feine Braut;
fein ſchoͤnes dunkles Auge eralänite in ſehnſüchtigen
Erinnerungen, lenkte fi Dad Gcipräch auf den Taunus
und die Ndeingegenden. Srankreib mar B, eine Werks
art feines Geiſtes, Deutfchland mar ibm eine Erbolung:
man fonnte ihm nicht genug von Frankfurt erzäblen und
wie Diefer oder Jener lebe, ob noch Alles beim Alten
ſei u. f. wm. Sam er doch einft mir einer Frankfur—
ter Semmel narb Haufe. „Da dab? ich mir ein Srankfurter
Broͤdchen geholt.” Frankfurt aber Eonnte ihm feine
— bleiben, Frankreich hatte ibm eine Stelle in
einem Herzen eingerdumt. Die literariſche Richtung
Deutſchlands verfolgte er mit forgfamen Blicken, er war
in ſtetem Rapport mit ihr, aber er bedauerte nur, daß
er alled fo ſpaͤt erbalte und zur Einfiht nichts. Er
begann nun auch eine Zeitfchrift „Balance,“ in der er
eine DVermittelung franzöfifder und deutſcher Zuftände
einleiten wollte. Aber das Unternehmen fceiterte, weil
‘er zu ſtolz war, um es mit dem gehörigen franzöfiichen
Don? anzufhndigen, durchaus aber nicht an dem Mangel
ranzöf. Intereffen. Denn B. war vielleicht der einzige
Deutſche, der den Geif der franzdf. Literatur in feiner
-- Tiefe erfaßte, obne ſich von der momentanen zufälligen
228. 5 Börne. ER >
Oberflaͤche irre führen zu laffen. Raspail, ein geißrelcher
Sranzofe, der auch in der wiſſenſchaftlichen Welt eine
Stelle einnimmt, druͤckte an B.'s Grabe fein Erfiaunen
aus, daß ein. Ausländer wie Börne in der franzöfifchen
.
Sprache babe Arbeiten liefern können, die nicht nur in
- Bezug auf den Inhalt, fondern auch in Bezug auf die
Form Meiftermerke der franzöf. Literatur feien. Er vers
glich ihn mit P. £. Eourrier und fagte, daß, wenn er
in Derfen gefchrieben, er der Beranger feined Volkes
eweſen fein würde. — In den legten Gahren wuchs
fein Groll immer mehr und mehr, der Groll über eine
Welt, die nicht na feinem Sinne frei fein wollte, und
nagte ibm an der Leber wie jener alte Geier, von dem
die Griechen erzählten, und. tödtete ihn. B. war von
Haus aus ſchwaͤchlich und litt am Unterleibe und von da
aus an gereizten Nerven; zur Sommerzeit mußte er
. Bäder beſuchen und lebte zufegt in Auteuil bei Paris
einfam und zurädgezogen, noch mehr vereinfamt Durch
feine Schwerbörigfeit. Sein langed Unmohlfein batte
ibn zum Hypochonder gemacht und feine Bibliothek bes
— zum Ben medicinifhen Werfen. Unter allen
eilarten der Medicin, die .er nach und nad Durch»
bagetzen, war er der Waſſerkur am laͤngſten treu ge⸗
lieben. Ob es ihm gemußt oder gefchadet haben mag,
wenn das ſchwaͤchliche, gebrechliche Männchen, dad fi),
bevor es zu dieſer Kur uͤberging durch Flanell vor jedem
Luftchen ſchuͤtzte, auf einmal nun Waſſer trank, ſich den
ihn bewegen, ärztlichen Rath anzunehmen. D. Sidef;
ganzen Leib Sommer und Winter nur mit Ealtem Wafler
wuſch und Abends beim IL ſich ein naſſes
Tuch auf den Kopf legte, moͤgen die Aerzte entſcheiden.
Erſt in den letzten drei Wochen konnten B.'s Freunde
der mit ihm ſeit lange in freundſchaftlichen Verbindun⸗
gen ſtand, behandelte ihn von da an bis zu feinem Ende
und in den leßten Tagen murden noch mehrere andere
Yerzte zur Sonfultation binzugerufen. - B. fcbeint. jedoch
hierin mebr feinen Sreunden nachgegeben , als feine Ans
ſichten über die Medicin und ihre Ädepten geändert. zu
baben, denn er fprach bis zum legten Augenblide fehr
oft die Ueberzeugung aus, Daß er fterben werde. Mit
der hoͤchſten Seelenrube, mit foifder Ergebenheit ſah
er feinem Tod entgegen. Bid auf die legten Augenblide
war er Herr und Meifter feined Elaren DBerftanded und
noch in den legten Tagen zeigte er, daß ihn felbft feine
kecke Satpre nicht verlaſſen. Um Tage vor feinem Tode
— ——
Boͤrne. 295
fragte ibn fein Arzt Sidel: ob er etwa einen ſchlechten
mad babe? und feine Antwort war: en
wie die deutfche Literatur!“ -— B.8 Landsmann, der
junge Arzt Dr. Hoͤrle aus Srankfurt, wachte die leßte
Naht bei ihm. B. fpra in Diefer Nacht noch fehr viel
und alled, was er fagte, befundere die ungerräbte Klar—
beit feined Geiles. Am andern Morgen, dem Tage, an
welchem er um 10 Ubr Abends farb, ſtellten fi Seläfte
bei ihm ein, wie fig oft die Vorboten ded Todes find.
Er wurde nun immer ſchwaͤcher, zwei Stunden vor feis
nem Tode wurde er endlich wieder beſſer, fühlte id auf
der Bruft erleichtert, aber das Licht fladerte nur no
- einmal auf, um dann ill und langſam zu verlöfden.
Strauß und feine Gattin, bei welden Börne wohnte,
D. Hörle und fein Diener, der ehrliche Konrad (Ulri),
von dem DB. oft in feinen Briefen und in feinen legten
Werken ſprach, fanden um den Hinſchlummernden und
bielten jeden Athemzug zuräd, um nicht einen von dem
legten ibred Sreundes zu verlieren. In diefem Augen
blide fiel der Zihtfhirm, den man, um dem Sterbenden
Schatten zu geben, vord Licht geftellt, ohne dab Temand
fih in der Stube gerührt hätte, um und vom Kamin
berab und ed durchfuhr alle Anweſende ein innerer
Schauer. Sein Zeihenbegängniß dad bei ſchlechtem
Wetter, was gar traurig paßte gu einem traurig aus⸗
gerungenen Leben, Ratifand, war würdig und feierlih. .
Ein Paar Hundert Deutfhe und mehrere franz. Schrift⸗
ſteller Hatten fich in feiner Wohnung verfammelt und
von bier aud ging der Zug über die Boulevarbd dem
ere Lachaiſe zu. Ruͤhrend mar ed, den alten treuen -
Konrad *) allein vor allen andern dem Zeichenmagen
jolgen zu feben. Der folgende Zug beftand zum Theil
aus Schrififtellern, Kaufleuten und vielleicht 100 Urs
beitern: Börne war immer ein bülfreicber Freund aller
Armuth gemwefen. Un feinen Grabe fprachen Venedy,
. Börli aus Sranffurt und Raspail, früher Redakteur des
Reformatuer. — B. ruht auf franzof. Boden, mie der
gefallene Held auf feinem Schild, denn er hat Sranks
reichs Größe und Rechte bis an feinen Tod vertheibigt.
Seine legte Schrift, fein ZTeltament, mie es feine
_ Sreunde nannten, „Menzel, der Sramgofenfreffer“ iſt
gegen Menzel- gerichtet, der miederbolt auf ibm lod«
‚getreten war; er hatte ibn für Frank erflärt, für einen
*), ©. Briefe Bd.I. ©. 80.
N, Nekrolog 15. Jahrg. 15 .
groben Samatiker, für einen demofratifden Cyniker; er
batte ihn mit dem Kürften Püdler parallelifirt und den
Sürften Über den Juden gefegt; er batte ibn vor der
Sront des deutſchen Volkes den Degen ded Schrift
fellers zu zerbrechen gefuht und ibm Dad Recht abs
geſprochen, noch ferner der Gato«Genfor jenes Volkes
zu fein. Dafür gab ibm Börne bier die Antwort. Das
ganze Schriftchen it im Gefühl oder aud nur in der
unerfannten Ahnung, Daß ed fein legted fein werde,
gefwrieben; denn fo fagt er unter andern: „Es komme
ein waderer Mann, der mic ablöfe und für mein Bater.
land dad Wort führe, ich-werde ihn ald meinen Erretter,
ald meinen Woblthäter begrüßen. Ic bin müde wie
ein Jagdpund — — —.“ Er bat in Demfelben mit feinen
Gegnern und der ganzen Welt abgerechnet. und die
Rechnung geſchloſſen. Es hberrſcht in- ibm, wenn aud
B.'s Eigenihumlichkeiten bervortreten, ein ganz anderes
Weſen, ald in allem, was er fon gefchrieben bat. Er
it ernfter, rubiger und feine Satyre ift meift eher web»
muͤthig ald bitter au nennen. Dann aber bat er in dem»
ſelben Elarer ald fonit je gefagt, mad er gewollt, oder
beſſer, was er nicht mill und warum er eben mit dieſem
. negativen Refultate deffen, was er nicht will, zufrieden
und nur Dies verlangt. — B. war klein von Geflalt und.
dager, fein Gefiht durchaus nicht einnebmend. Es
prägten fi Leiden darin aus und die Doltung des
Koͤrpers —— dieſe Vorausſetzung. Die Farbe war
fadl, erdig; Die Lippen entfaͤrbt; die Haare duͤnn,
ſchwarz; das ſchoͤne dunkle Auge ſchwimmend; die Naſe
nicht groß, doch etwas geſenkt und zu beiden Seiten
der eingefallenen Wangen fproßte ein fpärlier Baden:
bart- in perpendifulärer Richtung. Seine Kleidung war
- von feinem Stoffe, wurde aber nachläffig getragen und
Inder That war diefer verttodnete, gekrimmte Körper
auch nicht dazu sun: die Kunſt des Schneider ber
auszuſordern. Sei of war gewoͤhnlich zur Erde ges
buͤckt, ald wenn er etwas Verlornes ſuche, fein Beneb-
men ſchuͤchtern, verlegen. — B. iſt derjenige Schrift
fteller, der die Dinge richtiger einfab, ald er fie fchrieb,
der alle in und neben ſich verläugnete, um eElatant
nad einem Punkt dinzumirfen. Seit dem Jahr 1830
ſchrieb er nur, um für jeden Preis die Revolution zum
—— ruͤckſichts loſeſten Handeln aufzuſtacheln,
die Schriftſtellerei an, ſich als literariſche Beſchaͤftigung
war ihm ganz gleichguͤltig, es aͤrgerte ihn, wenn ſein
Borne. 287
Styi, fein Talent gelobt wurde, er mollte Feine e
foreiben, fondern Thaten. Darin berupte fein tt
egen Deine und Aehnlide, welche ſich außer fü
— unter * Feder war, auch Kür w Mer
. fen Reiz deflelben, des Ausdrudd, der Form inter.
efirten und Die zunächk und am Ende Literaten fein
mollten. Er verlangte, daß Jeder Tribun fei, wie ei,
dag er nicht mit Rüdficht auf Die Literatur ſchreibe, fon«
dern nur mit Rüdfihr auf den Krieg. Nicdctt das Bud,
fondern der Auffaß mar feine Form und er ſchrieb den
beiten und wirkſamſten, den wir vielleicht in der deut:
ſchen Literatur befeffen haben. Er bornirte fi und -feis
nen Stoff gemaltfam und abfihtlid zu "einem Seil, um
„das Sntereite auf einen einzigen Punft, auf den Haß,
auf Die That zufanimenzudrängen, den Umfan den
breiten Bereich des Gedankenganges, welcher Rüdfihten,
Einſchraͤnkungen mit fich brachte, ignorirte er abfichtlicy,
um Die ſchlagende Wirfung nit zu fdmwäden nur eine
Eleine naive Einfchaltung oder fo etwas Aehnliches gab
er bisweilen dazu, um tür feine eingeweibten Pefer an.
subeuten, daß er wohl eine größere Ausdehnung des
S
angedeuteten Feldes kenne, daß er es aber gar nicht für
nöthig balte, Died zu beachten. Er wollte den Sirieg
gewinnen in der begonnenen Gonfenuenz des Feldzugs,
aud um den Preis der Wahrbeit, melde ſich während
ded Kampfes anders geftellt baben moͤchte. Diefe Ba
ſchraͤnkung feiner ſelbſt. Dies abfiptlide Borniren könnte
unter feinem Namensausdrude „Börnen “ ein eigens
barafterifirended Wort abgeben. — Unermeßlich ift der
Einfluß, den B. auf die deutiche Jugend ausgeübt bat,
Seit Schiller it wohl fein Autor mit ſolchem Enthus
ſiasmus gelefen worden, als Börne mit feinem Haß und
Spott und feiner (bfagenden Profa, Alles Sntereffe,
alle Entwidelung war Der gereizten Jugend von Heut
J Morgen geſteüt, was nicht dabin Dafte, wurde vers
Öbnt oder ignorirt, die ganze Welt mit ibren taufend
Möglichkeiten ward in wenig Sormeln gedrängt, Schiller
fogar mit feinem Gedanfenliberalismus ward als Deo:
loge ‚überfprungen,. Götbe *) als breit, furchtſam, als
Sklave der Ruͤckſichten und des Herfommend gefhmäht,
der abfolute, ſhnell handelnde Ultraliberaligmus über.
ritt wie eine SKavaleriecharge der Weltgefchichte alles
Uebrige und Börne mit feiner ſcharfen Vrofa und be:
*) Deffen Biogr. f. im 10, Jahrs. des N. um. S; 197,
ES .
\
%
BB Boͤrne.
ſtechenden Natürlichkeit war der eigentliche Held deſſel⸗
ben. Wäre er damals geſtorben, die kraͤnkhaft aufs
eregte Jugend hätte feine Leiche ſo entſetzlich feiern
Eönnen, wie ed die franzöfifche mit Zamarque gethan.
Aber die Zeit wollte nicht auf einem einzelnen Füßwege
erfuͤllt ſein, die Geſchichte machte ihren breiten Umfang
wieder geltend. B., der Died vielleicht fehr wohl einfad,
‘ denn er war ein fcharflinniger Mann, wollte von feinem
ſchmalen Zugang in die Weltentmidelung durchaus nit
faffen, meil er ibn Deutlich eine Eurze Weile in Wahrheit
offen gefehen hatte, er rıef Daffelbe Striegögefchrei immer
fort, ſtets ingrimmiger, je weniger Erfolg fich zeigte,.
und fo fam’d, daß feine fpätern Briefe aus Parid ges
ringe Theilnahme fanden, daß feine lehten kaum von
feinen wärmften Sreunden aufgeſucht wurden, ja daß die
Literatur nicht einmal Notiz davon nahm. Daß ift nicht
blod anf dad Verbot zu ſchieben, denn auch die frübern
Bände waren verboten, es liegt in Dem Gebeimniffe der
hiſtoriſchen Entwidelung, welche fib nit auf einen
einzigen Pfad befchränken läßt. Auf einen einzigen Pfad
batte Börne aber feinen Willen und leider auch fein
Talent geſtellt. Er bornirte fi darauf, daß die Zeit
eine akute Krankheit fei, die eine gewaltfame Kur heilen
müffe, alles Andere gab er gegen ſich und gegen andere
für Zeitverfuf aus und fo unterdrädte er ſich felbft, fo
fchrieb er tief in den Srieden binein_nur mit der be:
ſchraͤnkenden Rüdfiht auf eine große Schlacht und ver:
lor. darüber die Welt und die Welt verlor ihn. Gein
Geiſt an ſich war keineswegs fo befhränft, er hatte die
Nude und Klarheit, jede einzelne Richtung forgfältig
und mit Bezug aufs Allgemeine zu würdigen, er bat juft
in diefer Eigenfchaft den kleinen bedaglichen Artikel, den
fleinen Sat in unfrer Ziteratur Fultivirt, er verfchloß
a
& unglädlich ſelbſt die mannichfaltige Entwickelung der
elt, weil er ſich durch Geburt und Verhältniß zur
Uebernahme eines Umtes beſtimmen ließ, was ihn toͤdtete.
Denn ſeit ſieben Jahren wollte er nichts weiter ſein,
als Volkstrihun und wenn er über ein Gedicht ſchrieb,
that er's in dieſer Eigenſchaft, und wenn ihn eiwas
davon Unabdaͤngiges freute, fo bat er ſich ſelbſt um
Entſchuldigung. Er mar ald Jude geboren, der Paria⸗
ftempel ward auf eine Bruft gedrüdt. in welcher daß
feinft fühlende Herz flug, mas Empfindung und Ein»
druck bis aufd Haͤrchen zu fpalten mußte. Emancipation,
.: Schonung und alled ähnliche Zugeftändniß war ibm, wie
«
.
*
Boͤrne. 229
jedem kraͤftigen Semäth eine Beleidigung, ein ſolches
will dad nicht geſchenkt haben, was fi von An: a
ftebt; fo Fam der Widerfpruh gegen eine Welt früh
in fein Herz, welde die Anſprüche der Einzelnen nur in
großen, groben Zügen befriedigen fann, melde der
menfchiichen Unvolfommenheit gemäß das, Einzelne oft
verlegen muß, um das Ganze zu halten. Die Juden:
gaffe in Sranffurt, die Geringſchaͤtzung, mit welcer
alles mit Zuden Zufammenbängende dort behandelt wird,
vergaß er nie und Frankfurt mit feinem Kaſino und
feinen Patriziern bat den Grundftoff alles Gifted in 2.
gelegt, wad ibn verzehrte. Denn wenn er nicht von
ne auf die Nothwendigkeit empfunden Härte, mit
Hab und Kampf fi geltend: zu machen, fo wäre er
vielleicht nicht Dabei geblieben, die Sragen der Welt auf
eine Spige gewaltfam zu drängen und Frampfhaft mit
Derläugnung ded eignen Dranges darauf feſt zu balten.
Denn feine Seele war wei, er war einer der beften,
edelften Menſchen, die gelebt haben. Schmerjlid war
ed zusufeben, wie er fich abfichtlih verarmte, um ſtets
auf dem Standpunfte der augenblidiihen Schlacht zu
bleiben, und die Art wie er in den legten Jahren febte,
trug noch viel Dazu bei, daß er nicht mehr aus feis
nem verzauberten Streife beraud konnte. Es war nicht
“mehr zu boffen, daB er fib auf ein rein. fiteraris
ſches Geld retten, das lediglich Politifhe auf fi bes
ruben faflen und ſolchergeſtalt feinem Scarflinn und
Talent eine neue unbefangene Bahn geminnen werde.
Er hatte fib zu fehr mit Herz und Kraft in den ,
Gegner feftgefhlungen und da ihm des Gegnerd Herz
entichliipfte und er in der biftorifch » veriteinernden
Form Elammern blieb, fo Fonnte er nur fiegen oder
fterben. Wer ſiegt gegen die Geſchichte? Er_ farb.‘
Er binterläßt eine große Anzahl Sreunde und Feinde,
denn wer ibn aus feinen Schriften Fannte, modte ſich
nicht gleichgültig gegen ihn verhalten; er it wie Marie
Stuart viel gehaßi und viel geliebt worden, weil ers in
au feinen Abſichten auf Tod und Leben abgefeben hatte
und jede Bermittelung toͤdtete. Es waͤre thöricht, von
den Vertheidigern des Beftebenden ein anderes ald ein
fireng feindlied Verhaͤltniß erwarten zu wollen, obwohl
zu erwarten ftand, daß er im Sal eines wirklichen Kriegs
und Siegs mit den eigentliben Radifalen nit in Har⸗
monie geblieben wäre; er fagt vieles blos, um einen
Ausbruch zu zeitigen und war im Yintergrunde viel
u r
.
=
230 Birne
rlickſihtsvoller, ald fein Wort. Dbmwohl-jegt in Ihm der
auptführer des deutſchen Radikalismus verftorben ift, -
nA ätte er doch wahrſcheinlich bei einer wirklich. aus⸗
brechenden Revolution dad 2008 eined Birondiften ges
abt und wäre keineswegs ein Marat geworden, mie -
iele fagen, nicht einmal ein Robedpierre, mit dem _er
auf_den erfien Anblid Die meifte Aebnlichfeit hatte. Nie
a“ ein Soriftiteler Ddergeftalt einem Kriegsplan zu
ienften fein eigentliche Weſen geopfert, wie B., er
bat uns oft an die Sage erinnert, daß Robespierre ges
weint babe. Über die vielen Opfer, die er unter die . |
Guillotine fdiden muͤſſe. Freilich läßt ih darüber nichts
vermutben, Fein Menfc ift fo berechenbar, B. daͤtte viel
leicht auch — und unter Thraͤnen zur Guillotine
—— ie Freunde, welche er binterläßt, zerfallen
‚in drei Abtbeilungen. Diejenigen, welche auf feine
Worte ſchwoͤren, find theild aus der Heimat geflüchtet,
tbeild dur die Verbältniffe niedergebalten, theild übers --
bolt, verwirrt Durch Die neuen Sulturmendungen, eine
Macht find fie in feiner Weile mehr und die, melden
nicht eigene ſchoͤpferiſche Macht zu Hülfe kommt, eben
fid ab und werden alte Puppen, wie einft die Deutſch⸗
tbümler. Serner diejenigen, welche ihn mit Einſchraͤn⸗
£ung hiſtoriſch⸗wechſelnder Nothwendigkeit würdigen; die
ahl ift klein und vermeidet ed mteift über ibn zu reden.
ndlid diejenigen, welde fein Talent obne Rüdficht
auf feine Politit (hängen; die Zadl derer ift febr groß,
aber die meiften diefer Art find nicht eben auf Gründe
an Unterfuhung bedacht, noch weniger ſchreiben fie
ſelbſt. Das eigentlich literarifhe Talent ift vor den Leis
denfchaften nod immer wenig in Stage gefommen. Das
fiterarifhe Talent B.'s war —* groß: er bat die Nais
verät ded Gedankens und Ausdrucks fo geltend gemacht
und 1. reizend gefaßt, wie fein Schriftfieler vor und
nah ibm. “Der eigentliche Auffag iſt durd ihn zur größ-
ten Mannichfaltigkeit gefaltet und ausgebildet worden:
aus einer natürli ermachfenen Bildung, aus einer innis
- gen Theilnahme an der Seele Jean Pauls *) vor Allem,
am Herzen Scillerd, am einfachen Ausdrucke Goethes,
aus einem regen Verkehr mit der ſchnellen Sprade und
Baffung Frankreichs, in deſſen Entwicelung er früdzeis
eig bineinwuchd, bildete ſich leicht und obne Anftrengung
feine Säriftftellerei und fein Styl. Die naive Dare
°) Deſſen Biograpdie ſ. N. Nekr. 8. Sadıg. ©. 188,
Eu
Birne. 231
Rellung, welche nichts beim Leſer vorausſegt, ald Auf
merffamfeit, weile mit dem leichteiten UAnbaub von
Humor gefärbe,. welche mit bem treffenden Win eines
im Hintergrunde fe rubenden Lirtbeild aeichärft If und
Öfter6 noch mit einer Wendung des raffinirenden Ge—
danfend in die unbefangene, uriprünglibe Auſchauung
des einfaben Menfchenverftandes Überrafcht, fie in fein
Merk in unferer Literatur und fie märe ſcherlich entbus
ſiaſtiſch geprieſen worden, bätte fie fi nit meiſtens
an der febendfrage unferer Zeit gezeigt und gelibt. Dies
fümmert und indeflen bier bei der literarıfben Frage
nicht, feine Politik, die fo erichüirtterlidb in unfere Meis
nung geſchlagen bat und an der er geliorben ift, dürfte
und bierbei nicht Fümmern, auch wenn fie nit alö hifos
rifhed Moment voriber wäre, feine Berunglimpfungen
Deutſchlands, melde aud dem Irrthum Rammten, eine
organiide Entwidelung nicht zu verfennen und die ver:
ſchiedenſten Völker nah einem allgemeinen ˖ Schema zu
modeln und zu richten, feine Schimpfworte haben die
Verſtaͤndigern nie abfolut verftanden, fie waren immer
nur Mittel, die Schlacht um jeden Preid zu entzänden.
Man rechne fie mit andern Fehlern feiner gewaltſamen
politifchen Stellung zu, man werfe de mit in fein Grab;
ber Zod verföbnt ja und mir wollen äber ihn binaug
nur den innerliben Menſchen und bad Talent reiten,
was und obne Nüdfiht auf Politit von B. gebfieben
it. Ein fo eigentbämlic —— Talent für die
ſchriftliche Darftelung bat weder Deutſchland, noch Franke
reib, noch Enaland gebabt, Sieht man von der polls.
tiſchen Abſicht D’Eonelider Reden ab und betrachtet fie
als reine Produfte eines Talents, was durch dad bloße
Wort zin Ziel erreihen will, ‘fo wird_man darin am er:
fien ein Seitenftüf zu B.’d Talent finden und D’Con
yel bat no Das lebendiger wirkende gefprodene Wort
voraus, er bat ein ganzes Land zum NHintergrunde, der
Augenblick mar fein; der Schrififteller aber, welcher
mit einmal im Joürnale von Heute dad Geftrige bes
fpricht, muß das Intereſſe erft wieder intereflant maden.
Dies verſtand B. am beften. Dafür _batte er ein Kom:
pofitionstafent;. in diefer Richtung muß ibm ſtets Würs '
digung bleiben. Ob es dafür ausreichte, eine größere
Sorm zu erfüllen, eine eigentlide Kunſtform zu erreichen
im Dollen und Weiteren, das bat er nie gezeigt, viel⸗
leicht nicht gekannt, vielleicht auch nur darum nicht ge
kannt, weil ihn das Nächte zu leidenſchaftlich bethei⸗
2ss. KAcrepßig.
ligte, vielleicht weil idm die groͤßere Erſindung gebra
oder die poetifhe Senugfamfeit abging, fich —
teten Zuſtaͤnden und Verhaͤltniſſen zu erfüllen. Er ſelbſt
fagte darüber: „ich Fann Fein Buch machen, nur Blaͤi—
ter fchreiden und auf einander legen. ”
* 80. Dr. Carl Traugott Kreyfig,
weil. koͤnigl. fächfifcher Suftizrath zu Dresden;
geb, den 21. Oktober 1786, geft. den 12, Februar 1837,
Krepfigd Geburtsort iſt Chemnitz, wo fein Vater;
Johann Gottlieb Kreyßig, Arhidiafonus an der Jako⸗
bifirde war. Bid zum Jadr 1795 genoß er den. Unter⸗
richt des fpäterhin ald Lehrer und zulegt ald Rektor an
der Landeöfchule zu Meißen angeftellten Profeſſors Koͤ⸗
nig, nachber auf kurze Zeit des Paſtors Claus in Schön
mwelfe und befuchte dann 4 Tahre lang dad Lyceum zu
Cheimnig unter Rothe und Leſſing. Da aber daffelbe
- bei dem zunehmenden Alter diefer Lehrer in Derfall ges
rietb, fo bezog er fhon im Juni 1800, wo er noch nicht
volle 14 Jahr alt war, auf Anrathen feined Bruders,
des jegigen zweiten Profefford an der Landesſchule zu
Meißen, —— der damals feine philologifchen
und antiquarifhen Studien in Leipzig fortſetzte, die das
% +
I
ſige Univerfinät, wohnte Dort 3 Jahr lang mit diefem .
einen Bruder zufammen und betrieb unter feiner Zeis
tung die alten Sprachen, mit dem Borbaben, ſich der
Rechtswiſſenſchaft zu widmen. Seine Lehrer waren in
der Philologie Raabe, Be und Hermann, in der Phi
Iofophie Seidlig, Carus, Gutjahr und Plattner, in der
Geſchichte Weife und Wieland, in der Jurisprudenz ges
nannter Weife, Rau, Müller, Erhard, Biener, Kees und
Junghans, vorzügli aber. Haubold und Hübner, mit
- welden er in eine engere Verbindung getreten mar.
Unter Junghans disputirte er im Jahr 1805 hber fireis
tige Recbtöfäge, worauf er ſich bei der Zuriftenfafultät
zu Leipzig dem Examen pro praxi et candidatura Unter
warf. Nachdem er Notariud geworden war, kehrte er
in feine Vaterſtadt zuruͤck, wo er im Stadtgerict feine
praftifhe Laufbahn begann. Im Fahr 1807 ward er
zur juriftifchen Praxis zugelaſſen und ald Aftuarius bei
den Gerichten zu Neufirden bei Chemnitz angeftellt; ein.
Amt, welches er bis zu Ende des Jahrs 1816 bekleidete,
Um 22. Mai 1817 erlangte er nad Vertheidigung feis
ner Disputation: de auctorum et commentatorum verbis
\
—
Kreyßig. 235
in Digestorum interpretatione distinguendis Obserrationes
auf ber Univerfität Leipzig die jurikifde Doktorwuͤrde.
Hier_war ed, wo er zuerft eine Fülle von Gelehrſamkeit,
die ſich indbeſondere auf dad von ihm mit unabläffigens
Fifer "betriebene Studium der alten Sprachen gründete
und einen ungemeinen Scharfſinn Öffenslid an den Ta
legte, Nicr genug, daß er feine neben feinen praftis
ſchen Geſchäften ausgearbeitete Didputation ohne Präs
je vertbeidigte, ſo zog auch deren Indalt und deffen
Wichtigkeit für Die RN die Aufmerkfamfeit der
vorzügſichſten Giviliften unſeres deutſchen Vaterlands
auf ſſch. Auch in dem Rigorosum zeichnete er ſich doͤchſt
ehrenvoll aus. Don diefer Zeit an ſetzte er feine advo⸗
fatorifhe Praxis in Chemnitz fort, bis er vermöge Re⸗
ſtripts vom 17. Tuni 4820 als Mitglied des Föniglihen
Uppellationdgeribisd nad Dresden berufen wurde. Waͤh⸗
rend er bei der Theilnahme an den Arbeiten dieſes Kol⸗
legiums unermüdere Thätigfeit_ und die gewiſſenhafteſte
Berufötreue bewies und don feinen erworbenen Kennts
niffen den gemeinnägigten Gebrauch made, unterließ
er nicht, dad liebgewonnene Studium der gelehrten Ju⸗
riöprudenz;, befonderd im Sache des römifhen Rects,
milt Eifer zu ‚betreiben. Als er vermoͤge Defretd vom
418. November 1826 einer Deputation zur —
eines Die bei dem bisherigen Prozeßverfadren in Eivile
fachen bemerften Mängel und in daſſelbe eingefchliches
nen Mißbraͤuche abftellenden, indbefondere zu Verhütung
des Verſchleifs der Prozefle geeigneren Geſetzes beige-
geben wurde, wendete er, wiewohl obne feinen Berutds
arbeiten im Appellationdgeriht Abbruch zu thun, feine
eifligen Anftrengungen dem legidlativen Sad in Dies
em “Theile der praktiſchen Rechtswiſſenſchaft zu. Er
‚wurde im Jahr 181 in den zu Folge der Verfaſſungs⸗
urkunde errichteten Staatsrath berufen und blieb thätis
ged Mitglied des Appellationsgerichtd, bis er durch Mis
nifterialverordnung vom 9. April 1835 bei der zu Ende
des gedachten Monatd erfolgten Auflüfung diefes Kolle⸗
giumd mit Dem Charakter und Prädikat eines Gebeis
men Juſtizraths für die Gefeggebung in dad Juſtizmi⸗
niſterium verfegt wurde. Mit dem innigften Bedauern
faben ihn damals feine Kollegen, deren Liebe und Hoch⸗
achtung er ſich durd feine Humanitdt und Biederkeit,
der alle Anmaafung fremd war, aud Dem Kreiſe ſchei⸗
den, worin er biöher mit ibnen gemeinfhaftlid gewirkt
hatte und zu welchem fie bei der Organifation des Ober⸗
234 EStreitwolf.
appellations gerichts wieder vereinigt werden ſollten. Seit⸗
dem arbeitete er im Juſtizminiſterium hauptſaͤchlich an
der Reviſion der Erl. Proc. Ordn. und mehrern einzelnen
in den Civilproceß einſchlagenden Geſetzen; auch nahm er
an den Geſchaͤften der ——— thaͤtigen An⸗
theil und noch kurz vor feinem Ende wurde er zur Be⸗
rathung der Kammern Über ein neues Geſetz wegen des
Derfahrend in Civilſachen, Die nit Über 20 Thaler bes
tragen, ald föniglider Kommiſſar berufen. Doc die
538 Thaͤtigkeit, womit er fein Amt verwaltete,
an
Untertägung, indem er feit einigen jahren mit einer
fteten SiränflichEeit zu kaͤmpfen batte, welche ibn in den
"Sommermonaten der .beiden leßten Jahre in — Ze
die Herftellung feiner Gefundbeit zu fuchen Nötbigte.
Die Kur blieb zwar nicht ohne Erfolg, Doc) fanken feine
ponfifhen Sträfte im Kaufe ded Winters 1836 immer '
mehr, fo daß er zulegt auf das Krankenlager geworfen
ward und am obengenannten Tage an der Bruftwafler, '
fucht verſchied, deweint von feiner Gattin und vier
Kindern.
* 81 Johann Heinrich Gottlieb Streitwolf,
Muſiker und Inſtrumentmacher zu Goͤttingen;
ged. den 7. November 1779, geſt. den 14. Februar 1837.
Geboren zu Göttingen und unter dürftigen DVerbälte
niffen erzogen, wurde ihm’ zu feiner geiftigen. Ausbil
dung nichts geboten, als der fehr beſchraͤnkte Unterricht
in der Pfarrichule feiner Vaterſtadt und ſogleich nad
- der Konfirmation, im 15. Jahre, Eam er zu dem Stadt
muſikus Jaͤger in die Lehre, mo_er ſich mit den verſchie⸗
denartigften Inſtrumenten befchäftigen mußte; mit Vor—⸗
liebe aber behandelte er dad Violoncell. Rach vollen-
deter Lehrzeit erhielt er die Stelle eined Celliſten in
dem afademifhen Orcheſter und fing sugleih an, Mus
unterricht zu ertheilen, namentlich auf der Damald dus
erfi beliebt gewordenen Quitarre, wodurch er fich feis
nen Unterhalt erwarb. Wie denkend und ſelbſtthaͤtig er
aber war, jeigte fih (bon in dDiefer Zeit. Niemand datte'-
ibm Anmweifung im Ouitarrefpielen gegeben, wie über
baupt, Ddiefer Zweig des Muſikunterrichts damals in
Deutſchland noch fehr mangelhaft war; dennoch leiftete
er Tuͤchtiges darin und verbeflerte durch Nachdenken und
Hebung den gemwöhnliden Fingerſag. Als Guitar
in feiner koͤrperlichen Kraft nur eine mangelbafte .
Streitwoll. 235
und Gefanglehrer war er allgemein gefumt, Aber in
idm mohnte eine eigenthämlicye, ſchoͤpferiſche Kraft, Die:
ibn niemald bei dem Hergebrachten fteben ließ. Was
feinem Blick dargeboten wurde, betrachtete er mit dem
Auge eined Denferd und wo er Mangel fand, fühlte er
einen unwiderfteblihen Drang zu beifern und zu ver
vollfommnen. So waren denn ſtets die muſikaliſchen
Sinftrumente Begenftand feiner Betrachtung und im J.
1809 fam er auf den Gedanken, eine Klöte zu verfer-
tigen. Dad Werf gelang gleichfalls ohne Anweifung
und St. befdäftigte id nun 3 Jahre hindurdh unermäs-
dert mir Derfertigung von Flöten. Et blieb die
erfte Floͤte unverfauft; allein er vergaß die Öfonomifchen
Derhältniffe, mo die Kunſt ihm erieh gab und bald
glädte ed ibm auch in der erfiern Rückſicht befler. Er
verfertigte von neuem zwei Sföten und verkaufte fie nad
Elberfeld für den nachher feftfiebenden Preis von 15 Tha⸗
. fern. Die Senauigfeit in der Arbeit und die Reindeit
im Tone machte feine Flöten, fo nie fie befannt wur⸗
den, beliebt und gefuht. Mit den Korsfchritten in feis
ner Kunſt wuchs nun aber die Einſicht in die Schwies
rigfeiten und die Webergeugung, daß Nachdenken odne
Wiffenfbaft nirgends völlig ausreiche. Darım, obgleich
ſchon Samilienvater, nahm er 1814 eine Matrikel und
befuchte die Univerfitäs feiner Vaterſtadt, um ſich wife
fenfnaftlid auszubilden. Er hörte Mathematik, Che⸗
mie und alles, was fonft nur irgend einen Deug auf
feine Kunſt datte und lernte noch mit jugendlicher Leich⸗
tigkeit und mit dem Eifer des gereiften und einfichts⸗
vollen Mannes. Dabei vernachläffigte er fein Geſchaͤft
durchaus nicht, fondern begann nun aud Klarinetten zu
verfertigen und vervollfommnete dieſes Inſtrument nad)
dem Mufter der man Müllerfchen in mander Rüdficht.
Nachdem ihm dieſes geglüdt hatte, entfchloß er fich, fein
Geſchaͤft weiter auszudehnen und alle nur mögliche Blas⸗
inftrumente von Hol; zu verfertigen. Auch bierin fand
er bedeutenden Abſah, da fie von Allen, wegen ihrer
leidten Anſprache umd ihrer Reinheit gefucht wurden.
Wegen de& nroßen Ubfaged mußte er jent viele Arbeis
ter ſowohl in ald außer dem Daule beſchaͤftigen, ver»
fäumte aber bei aller. Geſchicklickeit einzelner ndivie
duen nie, die Hauptarbeiten, wie 3. & das Bohren, felbft
gu beforgen. Schon jeßt nahm er unter den Inſtrument⸗
macern einen ebrenvollen Platz ein; allein böber be»
ben ihn bald. einige mit Scarffinn ausgefonnene und
—
286 Streitwolf.
dabei nuͤtzliche Erſindungen. Hierbin gehoͤrt 4. B. das
im Sahr 1820 erfundene gromatiſche Baßborn, welges
als "eine willfommene Erfheinnung, beſonders für Mi⸗
Iitärmufif begrüßt und von dem damald in Hildesheim
ſiedenden Intanterieregiment angekauft wurde. In den
naͤchſten Jahren beſchaͤftigte er ſich noch immer mit Vers.
beſſerungen dieſes Inſtruments, dann aber mit einer
neuen Erſindung, welche 1828 an das Licht trat und die
unter dem Namen Baßklarinette bekannt geworden iſt.
Zas erfte Eremplar wurde an den verſtorbenen Fuͤrſten
von Sondersbauſen *), den Goͤnner unſeres St. vers
kauft, der es gleichfalls zur Militaͤrmuſik beſtimmte. Im
Fahr 1835 endlich glaubte er feine Erfindung zu ber
Dm mögliben Vollkommenheit gebracht zu haben und
fandte ein vorzuͤglich ſchoͤnes Exemplar auf die Kunſt⸗
ausſtellung nach Hanover. An einem ſolchen Orte konnte
er am leichteften doffen, das richtig würdigende Kenner⸗
auge zu finden und täufchte fid bierin aud nict. Die
Baßklarinette wurde zu einem nicht unbebeutenden Preiſe
für dad Muſikchor des berzogl. Braunfhmeigifchen Gre—⸗
nadierbataillond angefauft und der Gewerbverein des
Konigreichs Hanover Überfandte ibm für Die Erfindung
eine filberne Preiömedaille. Au für Orcheſtermuſt
‚wurde dad Bahhorn wie die Baßklarinette bald ange⸗
mwandt und diefe doppelte Anwendung rettet St.'s Er⸗
findungen aus der Klaſſe der Infrumente, melde in
neuerer Zeit erfunden, aber mehr eine ©pielerei ald
Snftrumente für die Deffentlicfeit zu nennen find. So
far fein öffentliches Wirken doͤchſt naglich und ein Zeugs
niß für feinen denfenden Geil; aber Gleiches darf von .
feinem Wirken in Dem engern Sreife des Samilienlebens
gerühmt werden. Schon früh, im Jahr 1804, verheira.
tbete er fib mit der Tochter eined Göttinger Bürgers,
Kapfer, und fah im Laufe der-Zeit dieſe Ede durb 2.
Söhne und 2 Töwter verſchoͤnert. Mit der größten .
Filebe hing er an den Seinen, mit unermübeter Thaͤtig⸗
feit forgte er für fie und fuchte — andere Freuden
als die dauslichen. Die Söhne in feine. mußkaltſche
Weli hineinzuzieden, gewährte ibm fletö neue Sreuden
und auch andere junge Leute mochte er gern in ihren
‚ mufitalifhen Beftrebungen unterftügen. So verfammelte
er wöcbentli in feinem Haufe ein Eleines Quartet, an
dem die Söhne bald mitwirfend Theil ‚nahmen und.
9) Deffen Blogs. ſ. in diel. Jabrs. d. Mr Nett, unterm 22. Apr,
Streitwolf. 287
zeigte ſich auch ſonſt gefaͤllig. Seine Stelle im akade⸗
miſchen Orcheſter aber gub er 1821 wegen zunehmender
Schwaͤchlichkeit auf; er litt ſchon fruͤh an Bruſtbeſchwer⸗
den, welche ibm dad. Handhaben der Blasinſtrumente
ungemein erſchwerten. In feinen Mußeflunden unters
bielt er ficd gewöhnlich niit Ausſinnen und Hervorbringen
von Verbeflerungen an allerlei Segenftänden. Er konnte
nit ein Spielzeug in die Hand nehmen, ohne ed mit
feiner Betrachtung zu durchdringen und zu verbefiern.
a Umgange war er freundlid und zuvorkommend, im
eſpraͤch ſedt lebhaft und ſteis mit Gegenitänden be
fdäftigt, melde in der gemöhnlihen Autagdkonverfas
tion felterier berührt zu werden pflegen. Vorzuͤglich gern
ſprach er Über theologifche Gegenſtaͤnde und zeigte hier
durd Ausdrud und Urtdeil eine Bekanntfhaft mit_der
Wiſſenſchaft, Die man on nur: bei Leuten von Fa
antrifft. Ja, noch in feinem legten Lebensjahre beſchaͤf⸗
tigte er ſich mit Aftronomie fo eifrig und gründlid, ald
ob er fie zu feinem Beruf machen wollte. Die Bewe⸗
gung der &eftirne war ibm ein Gegenftand der größten
Bewunderung und die Berechnung Ddiefer Bewe S-
immer neue Sreude. Man mußte ihn in feiner Be t
betrachten und man hatte ihn liebgewonnen. Auch ſein
Aeußeres machte einen vortheilhaften Eindruck; denn,
mochte er auch gebeugt eindergeben von dem Druck der
Sorgen und Grübeleien und des koͤrperlichen Unwohls
feind, fo machte Doch der Geiſt, welcher vorzüglich aus
dem Auge ſcharf und glänzend bervorblidte, feine Er»
fheinung intereffant. Er war das Bild eined denken⸗
den Künftlerd. Wie aber dad Glück feltener dem zu⸗
laͤchelt, welcher ſchon ein hohes, geiſtiges Erbtbeil davon
getragen bat, fo war ed auch nicht ſehr freigiebig gegen
unfern St. In feinen jüngern Jahren batte er mit
mannichfachen dußern Hinderniſſen zu kämpfen; in der
VER, Zeit drüdte ihn faft beſtaͤndiges Unmopffein zu
oden. Sa, e8 war ihm noch ber berbe Schmerz he
fimmt, feinen aͤlteſten, boffnungsvollen Sohn *) vor ſich
Dadinfheiden zu ſehn. Der juͤngſte Sohn, Sriedrid St.,
bat des Vaters Geſchaft fortgefegt. Er ift unter der
Leitung ſeines Vaters gebildet und hatte fon längere
Zeit die Verwaltung der Gefhhäfte Übernehmen müſſen.
Die wiederholten Beftelungen, welche von der Eaifers
(iden Kapelle zu Peteröburg, ferner aus Holland, aus -
“) Deffen Biograpdie ſ. N. Netr. 14. Jahrg. S. 873.
5 238 ; Hoff. — Kluͤber.
der Schweiz, aus Jerſeh u. ſ. w. bei dem juͤngern St.
emacht ſind und die auf die eingelieferten Arbeiten ers
. folgten belobenden Schreiben zengen von der Tuͤchtig⸗
feit des Sohns und machen den Verluſt ded Vaters für
die mufifalifhde Welt weniger fühlbar. .
Goͤttingen. Dr. Fricke.
* 82. Johaun Heinrich Hoff,
Dr. phil. und Kollaborator am Gymnafium zu Aurich;
geb. den 6. December 1806, geſt. den 16. Februar 1837.
Hoff wurde zu Lauterberg am Harze deboren, mo
fein Vater Suhrmann war. In der Schule zeigte er
noch) wenig Anlagen, fpäter aber, ald der jegige Paſtor
Primarius Schläger in Hameln, damals Paftor in Laus
terg, fich feiner annahm und er, um (ich zum Sculleb»
- rer zu bilden, fid Privatunterricht in Sprachen von dem
Rektor Winßel ertbeilen ließ, entfaltete fib fein Geiſt
aufs Schönfte. Nach vollendetem 15. Jahre befuchte er
dad Gpmnafium in Nordbaufen und bezog dann die
Univerfirdt Göttingen, um Philologie au fludiren. Dar:
- auf Sebte er eine Zeitlang zu Hameln in dem Haufe fei-
nes Bönnerd Schläger, bid er als Kollaborator an daß
Opmnafium nad Aurich Fam. Kaum zum Dr. phil. von
‚Tübingen aus ernannt, flarb_er nach Ztägiger Krankheit.
Mit m, der über Sleinafien feit längerer Zeit ſam—
melte, find für die Philologie viele Erwartungen verlos
“ gegangen. H. war von Perfon fehr Elein und zart
gebaut.
Dielingen. Urendt.
83. Sohann Ludwig Klüber,
koͤnigl. preuß. Staat: u. Kabinetdrath in Frankfurt a. M.;
geb. am 10. Nov. 1762, geft. d. 16. Febr. 1837 *)
Klüber war, zu Thann bei Fulda geboren, begann
feine Laufbahn 1786 ald Profeffor der Rechte zu Erlan-
gen und wendete fich früb der Bearbeitung des deutſchen
Staatsrechts zu. Als geheimer Neferendar nad Karls⸗
rube berufen, ward er ſeit 1804 auch in das praktiſch⸗
politiſche Geſchaͤftsleben eingeführt, wurde zwar 1807
1}
*) Nach dem SKonverfationdleriton der neueſten Seit und Lite:
ratur, den literarifhen u. Eritifhen Blättern der Börfenhalle 1837. -
Wr, 1868— 69 u. der Hamburg. Abendaeitung 1837. Nr. 769.
8
x
Kluͤber. 239
als erſter Profeſſor der Rechte in Heidelberg angeſtellt,
kam aber ſchon 1808 als Staatd, und NRabinetsrath mie»
der nah Karlsrude. Seitdem ließ er feinen frübern
rechtswiſſenſchaftlichen Schriften andere Leſſtungen folgen,
welche verdiente Anerkennung fanden, mie fein „Tebrs
begriff der Referixkunſt.“ Erlangen 1308, — „Lebrbuc
der Kryptographik.“ Ebd: 1809 und „das Poſtweſen im
Deutfhland, wie ed war, if und fein künnte,* Ebend,
1811. Bei der Eröffnung ded Wiener Kongreſſes erbielt
er Urlaub vor feinem Der und lebte während der gans
sen Dauer deflelben in Wien, mo er dur Ältere und
neuere freundf&aftlide, literariſche und politifhe Ders
“ bindungen Selegenbdeit erhielt, Vieles zu beobadten, zu
befpreden, zu beratben und zu fammeln. Als er zu
Anfang 1815 fi in dem Beſitz eines anichnliben, bios
für feinen Privatgebrauch gefammelten Vorrathé lab,
ward, er ji dem Entſchluſſe, die Derbandlungen Des
Kongrefled zu fammeln, dur die Erwägung geilibrt,
daß ſchwerlich ein Privatmann fo viele und fo wenig
mangeldafte Mittheilungen dem Publifum vorzulegen
im Stande fein und wohl fein Hof je eine gedrudte
Sammlung der Kongreßakten veranfalten werde, zumal
da feiner, den Wiener Hof ausgenommen, im Beſitze fo
vieler Urkunden fei, «ld er. So entftand die für die “
Geſchichte eines denfwärdigen Zeitabſchnitts bochwichtige
und reihhaltige Sammlung: „Aften ded Wiener Sons
greſſes in den 3. 1814 und 1815,“ movon noch in den.
legten Monaten der Verſammlung die erften drei Hefte
(Erlangen 1815) erſchienen; doc hielten ihn Gründe der
Alugbeit ab, in diefen Heften Protokolle mitzutbeilen
und ſchon damals fh ald Heraudgeber zu nennen, um
nicht eine vielleicht nachtbeilige Aufımerklamfeit auf den
Urbeber einer folden mäbrend der Dauer ded Sons
greiied gedrudten Sammlung zu ziehen. Sein Beftreben
ei der Herausgabe der Aktenflüde war darauf gerichtet, --
‚einen „richtigen Tert zu liefern und zu diefem Zwecke
murden mehrere Abfchriften forgfältig verglichen. Als
die Sammlung mit dem achten Bande (1819) ſchloß,
gab er die DVerfiberung, daß fie nicht ein Akrenſtück
enthalte, dad feine Amtöverbältniffe ibm verfchafft daͤt⸗
ten, feines, dad nit auf redlibem Weg in feinen.
Beliß gefommen, nichts, wodurch er Vertrauen ges
- taufht oder eine Amtöpflicht len: aber au nicht _
eine Urfunde, die irgend ein Hof ibm zur Befannt
machung mitgetheilt hätte, obgleich ihm von hochgeſtell⸗
—
240 Rüben.
‚ten Staatömännern die Mittbeilung fehlender Wftens
nice: namentlich derjenigen, die zu den Verhandlungen
iber die polnifch-fähfiide Trage gebören‘, war ver,
- fproden worden. Don Den beiden wichtigften Akten»
ftücfen, dem „Acte final du congres de Vienne“ und der
‚deutfden Bundesakte veranfaltete er einen befondern
Abdrud (2. Auft., Erlangen 1818), der fowopl durd
eritifche Berichtigung des Terted, ald durch eigne Aus
gaben vor dem in den „Alten“ befindlichen Abdrud ſich
audzeichnet und durch Nachweiſung der Verhandlungen
über die einzelnen Beſtimmungen der Bundesafte für
die Eniſtehungsgeſchichte derſelben wichtig if. In der
„Ueberſicht der dipſomatiſchen Verbandlurgen ded Wie:
ner Kongreſſes“ (3 Abtheil., Sranff. af. 1816) gab
er eine Gefchichte des Ganges der Verhandlungen und
mebrere Abhandlungen und Berichte fiber einzelne die
deutfchen Angelegenbeiten betreffende Gegenftände. Durch
feine vielfältigen Erfahrungen ‚und ald Augenzeuge der
Entftebung des neuen Foͤderativſyſtems mar Klüber vor
Andern berufen, dad Bundesſtaatsrecht ſyſtematiſch dar⸗
zuſtellen, wie es fein „ Oeffeniliches Recht des deutſchen
Bundes und der Bundesſtaaten“ (Frankf. a/M. 1817)
ge naıı dat, dad 1822 in der zweiten und 1831 in der
- dritten vielfach verbefferten Ausgabe erfbienen if. Dies
- ed trefflihe Werk iß eben (0 fehr durch gute Ans
- prdnung, gründliche Erörterung und erläuternde Rüd»
pliefe auf die ſaaisrechilichen Verhältniffe des deutſchen
Neid und dag ehemalige Texritorialſtaatsrecht, als
durch freimütbige Unerfennung der Nechte der Voͤlker
ausgezeichnet. Klüber ftand an der Spige der deutſchen
Staatärewtölebrer, aber er war fein Hofpublicifi und ver:
band mit den DBorzligen der alten publiciſtiſchen Schule
sin Flared Verftändnig der Zeitforderungen. An dieſes
Merk fchlof fid feine „Quelſenſammlung für das oͤffent⸗
fie Necht des deutſhen Bundes” G. Aufl, Erlangen
1850), während er zugleid dad europaͤiſche Voͤlkerrecht
in feinem „Droit des gens modernes de l Kurope“ (2 Bde.,
Stuttgart 1819, deütſch ebendafelbft 1821) bearbeitete.
5, batte bereitö feit 1814 Einladungen zum Eintritt in
den preuß. Staatödienft erbalten und trat endlich 1817
ald acheimer Zegationdratb unter dem Gtaatöfanzler
von Hardenberg, deffen Gunft und Freundſchaft er_feit
vielen Jahren genoffen batte, in das Minifterium ber
auswärtigen Angelegenbeiten. Er war feitdbem bei meb⸗
reren polisifden WBerbandlungen in Frankfurt a / M.,
t
>
.
\
[2
»
side. 241
ersburg und zu bei dem Kongre
es aber mar Die zweite Ausgabe ——
a
Es erfolgten offene und verdeckte Angriffe zuerſt von
‚ der eine foͤrm⸗
lide Denunciation, wiewohl damals ohne Erfolg, in
durchgaͤngig Die entidiedentte Vorliebe für die gem
ten Kegierungsverfaflungen einiger Bundesländer,
gieio Die neuere Eefeügebung des deutſchen Bundes
ekanntlich unter der thätigſten Mitwirkung Preußens
dahin gerichtet geweſen fei, ‚den demokratiſchen Prin-
cipien entgegenzumirfen, welche man den in einer noch
lange zu beflagenden Epoche fat allgemeiner politiſchen
Berwirrung mit fo großer Webereilung gerieten er⸗
ſſungen zum Grunde gelegt habe. in Dem minikeriels
en Ausſpruche wurden K.'s angeblide Verfhuldungen
nur einer Verkehrtheit feiner publiciſtiſchen Urtiheilskraft
qur Laſt gelegt; wer ibn Eenne, bieß es, werde nicht
einer Ueberzeugung zu Werke gegangen fei, aber der
ichtkenner inülfe eben in Der Managelbaftigkeit. feiner
Einſicht eine böfe Abſicht erkennen. Klüber fand das ihn
verdammende Urtdeil ſowohl für feine amtliche, ald
finer dag er in der Darftellung feines Syſtems nad
publiciſtiſch⸗ literariſche Stellung zu demätbigend, ald dat
- er einen FR enblick gezoͤgert 9*
te, feine Entlaffung au!
dem preußiſchen Staatödienfte zu ſuchen, die ibm endlich
nah vier. Monaten auf wiederholte Bitten gemäbrt
wurde. Seit diefer Zeit lebte er beinahe fortmährend
in Srankfurt a / M., immmer fammelnd, arbeitend, bes
lebrend. Eine preußifde Verordnung von 1323, welche
*) Deffen Bidgraphie fe N. Nekr. 1%. Jahrg. ©. 62.
R, Rekrolog. 15. Jahrg. (6
⸗ ö '
77 er.’
das Reqt der Entſcheidung aller Streitfragen über-den
Sinn, die Anwendbarkeit und Gültigkeit. von Staats.
verträgen dem Richteramt entzieht und dem Minifterium
der audwärtigen Angelegenheiten quelonet, veranlaßte
-ibn, in feiner Schrift: „Die Selbfitändigkeit des Richters
amts und Die — ſeiner Urtheile im Recht⸗
fprechen“ (Frankfurt a / M. 1832), den Grundſatz jener
Verordnung freimüthig zu prüfen. Dieſer folgten dann
noch mehrere Monographien, auch gefammelte Abhand—
[ungen u. f. w. Silüber ftand im 75 Jahre ald er ftarb.
Dob ſchrieb er noch bid in dieſes hohe Alter eine ju—
gendlide und fchöne Handſchrift. Ungeachtet des von
ibm geopferten Gehalis, floffen ibm noch binreidhende
‚ Mittel eines forgenfreien und bequemen Lebens. Wiſ—
fenſchaftlich inmitten der Parteien ftebend, mwärdigte ibn
jede nad feinem Verdienſt und ſo ſehr er fid Den libe—
ralen Intereſſen, namentlih der Sache der Prepfreibeit
mit Hand und Mund alınftig zeigte, fo theilte Doch auch
diefelde Hand und derſelbe Mund bifterif gliedernd
- und obne die Eleinite Untreue an jenen en
namentlich feines finfenden Lebens Reſponſa
ceffiondfragen und andere pofitive Dinge an durchlauch—⸗
tige Häufer mit. Seine legte Kranfheit dauerte nur
furz._Der Tod näberte ſich ibm leiht und fill. Der
von Karlörube auf die Nadridt von dem bedenklichen
Unmwohlfein ded Vaters berbeieilende Sobn fand ‚ibn
nicht mebr am Leben. — Unfireitig war K. der tlichtigfte
und ebrlichfie unferer gegenwärtigen Publiciſten, obne
"darum zu den fogenannten politifhen Ideologen zu ges
bören, welche für die öffentliche Meinung nur gemille
Sieblingdanfichten der Zeit oder gemiller Kreiſe oder
ihrer ſelbſt, wo nit ald recht und nothwendig, doch
ald bewegende Thatſachen hinſtellen und verkünden. Er
ehörte noch meniger zu denjenigen Rehts- und Ge
dihtökundigen, die aud dem Gewirre ded Tages fi
urüdzogen” unter die Denkmäler und Ueberreſte der ges
Teufcaftlicen Seftaltungen früherer Zeit und an deren
Wiederaufbau arbeiten oder daran verzmeifelnd, Fluch
den Beltehenden und Geißelung dem anders denkenden
Geſchlechte droben. Das eigenthämliche Feld 8.8 war
zunaͤchſt dad diplomatiſche Recht, worunter wir bier das
urkundliche oder EM mmlihe, durch Urkunden, Ders
"dandlungen und lebendige Zeugen fireng erweisliche
Recht verſtehen. Ed mar vor Allem die Elare nadte
Thatfache des befiebenden Rechts, deren biftorifhe Weis -
fung ibn befaäftigte. Inſofern gehörte er mit einigen
ber Sun
Kiüber. 243
Wenigen nod zum Stamm der äftern, vormald auch
nur allein fogenannten Publiciſten Deutſchlands und
ſchloß ſich an Mofer und Pütter an; Beide übertraf er
jedoch ‚unftreitig durch größere Kritik und Schärfe des
Wiſſens; befonderd war er weit entferns von allen bike»
riſchen Phantadmen und Nebelgeftalten, denen fi) Pütter
fo bäufig hingab. Aufgenommen batte er dagegen in
fid noch die von Sriedrid Karl v. Mofer und Schlözer
- eingefhlagene Richtung einer politifhen Verwaltungs-
kritik und er war Dabei den neuen Ideen nicht unzus
änglicy geblieben; doc verkündete er fie nur da als
edt, wo fie bereitd diplomatiſch dafür anerkannt wa⸗
ren; nur .etwa ein Säftenfahrer war er auf dem jept fo
. Iuftig befahrenen Meere der potitifiben Ideen, deren
praktiſche SKonfequenzen ibn wohl zuweiſen ſchaudern
machten und er wollte fi darum noch nicht zu weit von
dem Ufer entfernen, auf weichem er immer fo ficher ges
fanden. Einer philofopdifden Grundanfdauung von
Staat und Recht jenfeit oder unterhalb der . Nebels
bupotbefe des Stantövertragd und außer einigen Negas
tionen begegnen wir nirgends in den Kläberfhen Schrifs
ten. — Außer den genannten Werken find noch von ihm
. erfdienen: Diss. I et II de Arimannia. Erlang. 1785,
(Diefe beiden Differtationen erfhienen auch unter dem
gemeinfamen Titel: De Arimannia Commentatio juris
feudalis Longobardici. Erlang. 1785.) — Verſuch über die
Geſchichte d. Gerichtslehen. Ebd. 1785. — Kleine jurift.
Bibliothek. 8 St. Ebd. 1785 — 94. (6 St. maden einen
Band aus). — Progr. de jure nobilum feuda militaria
eonstituendi. Gottingae 1786. — Das Nitterweien des
Mittelalterd nach feiner polit. und militdr. Verfaflung.
. d. Franz. des Hrn. de la Eurne de Sainte :Palaye;
mit Anmerf., Zufägen und Vorrede. 3 Bde. Nürnberg
1786 - 91. — Progr. de pictura contumeliosa. Erlang,
1737. — D. de nobilitate codicillari. Ibid, 1788. — Gub .
mit einer Vorrede berauß: Jo. Theophili Segeri —
Opuscula juris universi et historiae. Vol. L. Ibid, 1788. —
Sopſtemat. Entwurf d. kaiſerlichen Wanlkapitulation, mit
Dufägen u. Veränderungen. Ebendaf. 1790. — Neueſte
iteratur d. deutſchen Staatsrechts, ald Sortfegung der
Pütterifhen. Ebendaſ. 1791. (Auch unter dem Titel:
fiteratur d. deut. Staatsrechtd von Pärter; fortgef. und
ergänzt von SU. Ar Th.) — Alten zum Gebrauch feines
proftifhen Kollegiums. Ebd. 1791. — * Die Folpjalpen;
1792. Eine Sätpre auf Dad Angamelen In‘ egends
—
*
v
⸗
lid. 1798. — *Das neue Licht, od.
Mu Kluͤhber. |
durg nachgedrudi und Genz fälte damit einen ganzen
Komitialberidht.) — Isagoge. in elementa juris publici,
uo utuntur nobiles immediati in ne Rom. Germ.
aftatter Friedens⸗
kongreßausſichten. Raſtatt Ceigentl.-Närnberg) im Januar |
41798. — Einleitung zu einem neuen Zebrbegriff d. deut,
Staatsrechts. Erlang. 1803. — Ueb. Einführung, Rang,
Erzämter, Titel, Wappenzeihen u. Wartſchilde d. neuen
Kurfürken. Ebend. 1803. — * Das Dffupationsrecht des
landesherrl. Fiskus, im Verbhaͤltniß au den Befigungen,
Renten u. Rechten, welde den fekularifirten, ald Ents
jichaͤdigung gegebenen geiftliden Stiftungen in fremdem
Gebiete zugeftanden, rechtlich geprüft von Dr... 8. K.
Ebd. 1804. — Kompendium der Mnemonik od. Erinne:
rungswiſſenſchaft aus dem Unfange des 17. Jahrh., von
Lompredt Schenkel u. Martin Sommer; aus d. Latein.
mit Dorrede und Anmerf. Ebend. 1804. — Ebrerbietige
“ VBorftelung an die bodlöbl. unmittelbare Reichsritter⸗
fdaft, von einem Mitgliede derfelben. Tanuar 1805.
(Ohne Drudort). — Ueber den ſtaatswirthſchaftl. Werth
d. Bapiergeibet in deut. Reichöländern. Tübingen 41805.
(Auch) in den europdiſch. Annalen 1805. 9. 3.) — Mein
Kontingent zur Geſchite d. Gedächtnigäbungen in den
ertten Jahren ded 16. Saͤkulums für die Befiger von
Schenkels und Sommerd Kompendium der Mnemonik.
Ptürnd. 1805. — *Essai sur ’Ordre de Malte ou de St.
Jean et sur ses rapports avec l’Allemagne en gendral et
. avec le Brisgau en particulier. Basle 1806. — Baden bei
Raſtatt. Mit 4 Kpfrtaf. Tübi ge 1807_N. U, 1811. —
Staatsrecht d. Rheinbundes. Lehrbegriff. Ebd. 1808. —
Die Sternwarte zu Mannbeim, beſchrieben von ihrem
Kurator, dem Sigats- und Kabinersrath Klüber. Mit
- einer DD DER, der Sternwarte in Steindrud, Mannb.
4811. — *Das Lehnfolgerecht d. Familie von dem Sinefes
bed zu Tylſen auf Die Grafſch. Hoorn. Frankf. u. Lpig.
41815. — Staatsarchiv d. Deut. Bundes, 2 Bode. Erlang.
41816— 17. — Bab heraus: C. ©, Arndt üb. d. Urfprung
u. die verfhiedenartige Verwandtſchaft der europdiiden
Spraden u. f. w. Frankf. a/M. 1818. — * Unmeifung
wur Froauung aBE Bebandlung ruf. Stubenöfen u. zu
rwärmung ber Menſchenwohnungen auf ruf), Art, Mit
eichnungen in Gteindrud,. Ebd, 1819. — Europdifches
Öfferredht. 2 Bde. Stuttgart 1321 —22, — *Neuelte
Einrichtung des Fathol. Kirchenweſens in ben k. preuf.
©taaten oder paͤpſti. Bulle v. 16. Juli 1821 uw, Fönigls
.
7 Zeeland. 245
Srauff. 1830 — 34. — Sortfegung der Duellenfammlung
.zu dem Öffentlinden Rechte de
833. — — Staatshandbuch 66. Ju. 2 Abth.
834. hichte der
84. Gottfried Reinhold Treviranus,
praktiſcher Arzt und Profeſſor der Medicin und Mathemathik am
Lyceum in Bremen;
geb. den 4. Februar, 1776. geſt. ben 16. Februar 1837 *).
Treviranus war zu Bremen geboren. Seine Vor⸗
fahren vaͤterlicherſeits hatten ſich iheils dem ſuden
theils dem Kaufmannsſtande gewidmet und frädber am
. Rbein, jet etwa einem Jahrhundert aber im noͤrdlichen
Deutfdland gelebt. Er war daB Ältefte von acht Ge⸗
&miltern, Deren nur drei ibn überlebt haben, naͤmlich
udolf Chriſtian, jent Profeffor der Botanik zu Bonn,
feinem Bruder auf dem Wege der Naturforfhung vers
trauter Begleiter, —— eorg, Dirigent einer Ma⸗
ſchinenfabrik zu Blansko in Mähren und eine unverbeis
rathete Schweſter. Unſer T. befuchte vous Jahr 178% ,
bis 1791_ dad Gymnaſium zu Bremen. Schon von us
gend auf zeigte er große Bebarrlichkeit in feinen Stu
dien. Der Kaufmanndttand, dem er fib, der Eltern
Wunſch gemäß, bätte widmen follen, war für ihn obne
Reiz, Dagegen waren Phypſik und Mathematik die Faͤcher,
») Nach d rordent B allgem. Zeitung 1837.
PR ach se außerordentlichen — 3. allgem. Zeitung
4
246 Zreviranud.
welde feiner Neigung am meiften entfprachen und in
der Mathematik batte er ed, bevor er dad Gymnaſium
verließ,-fo weit gebracht, daß feine Lehrer ihn auf gleiche
Stufe mit ſich fellten. - Die vorderrfhende Richtung
‚auf realed Willen war ed, was ihn beftimmte, fich der
Medicin zu widmen. In Göttingen betrieb er diefe -
Studien in den Jahren 1793 bis 1796 mit jenem Ernfte,
jener. Treue, die alle feine Unternehmungen, fein ganzes .
wiſſenſchaftliches Leben bezeichneten. Schon auf der Unis
verfität fühlte er fib zur Phyſiologie — der Lehre von -
dem Leben und feinem Erfheinungöwefen in Raum und
Zeit — mädtig bingezogen ; er ergab ſich diefem Stu
dium, um ed für die ganze Dauer feines arbeitövollen
Lebens fletd am Herzen zu tragen. Noch ald Student
&rieb_er, im Auguft des Jahrs 1795, eine Abhandlung
‚ uber „Nervenkraft und ihre Wirfungdart,” melde, ohne
des DVerfaflerd Namen, in Reils Archiv für die Pbofio-
logie (Band 41. Heft 2.) gedrudt ward. Am 24. Sept.
41706 vertheidigte T. feine Inauguralſchrift: de emen-
dauda physiologin und kehrte dann nab Bremen jurüd,
um in feiner Baterftadt fih Der ausübenden Mediein zu
midmen. ber er liebte dies Geſchaͤft nicht, wegen ber
Beſchwerlichkeiten, die ed mit fib bringt und der da—
durch nothwendigen Zerfplitterung der Zeit, welche er
lieber ausfchließlih feinen Lieblingsfiudien würde zuger _
mendet haben. Seine Leibeskonſtitution war zwar im
Ganzen ſtark, doch hatte er eine ſchwache Bruft, ein,
- Grund mehr für ibn, fib won den Müpieligkeiten der.
aͤrztlichen Praxis einigermaafen frei zu balten. Auf der
andern Seite bing bie ausfbende Medicin mit feinen .
Studien zu genau zufammen, weshalb er felbit im fpd»
teren Jahren nicht zu bewegen war, fie aufgugeben. Er
widmete daber gemöhnlid einen Theil ded Vormittags
feinen Krankenbeſuchen, ben andern bradte er bei Zers
gliederungen und Unterfuhungen am Mikroskope zus.
Die freien Stunden des Nachmittag waren der Lek-
türe, die des Abends dem Ausarbeiten feiner Schriften
gewidmet. So lebte er, in pbilofophifder Stille, befe:
ligt von feiner Wiffenfchaft, vierzig Jahre lang und noch
sehn Tage vor feinem Tode machte er Krankenbeſuche
und beforgte die Korrektur einer phpſiologiſchen Schrift,
welche Ibm zu beendigen nicht mehr vergönnt war, Bald
nah feiner SHeimfebr von Göttingen, im Jahr 1797, -
wurde T. Profeffor der Medicin und Mathematik an
dem Lyoceum zu Bremen, melde Unterrichtsanſtalt Das
. °
Treviranus. 247
mals noch beßand. In eben dieſem er gab er den
erften und im Jahr 1799 den zweiten Theil feiner „Phys
fiofogifcben Fragmente“ beraus. Man erkennt aus dies.
fer rift, daß ibn Damald die durch Die Entdedungen
ded Galvanidmus und durd Humboldtd Forſchungen
angeregten Unterfuchungen Über die allgemeine Reizbar⸗
£eit fehr befhäftigten. Im Zufammenhang damit ſtellte
er eine Reibe_von Derfuden an über den Einfluß des
alvanifchen Agend und einiger demifhen Mittel_ auf
ad vegetabilifche Leben, fo wie über die Einwirkung
des Opiums und der Belladonna auf die Zungen der
Umppibien. (Vom Erfolge dieſer Verſuche berichtete
er im Jahr 1800 in dem von Pfaff und Scheel beraußs
Jeaebenta nordifchen Archis für Natur» und Arzneiwi
enfchaft, Band 4, Stuͤck 2.) Inzwiſchen batte er (hof _
von feiner afademifhen Studienzeit an fihb mit der
dee eined ara Werks getragen, das, von Hallerd
Elementen der Phyſiologie au ebene, den Gewinn und
die veränderte Geſtali, welche die Wiflenfbaft vom Les
ben angenommen batte, darſtellen follte. Died war die
„Biologie oder Philoſophie der lebenden Natur” — ein
Bert, eſſen Werth von den geitgenofien ebrenvoll an⸗
erkannt wurde und welches auf die Geftalt der Willen-
haft in mannichfaltiger Weiſe eingemwirkt bat. - Die
ubarbeitung des Werks 309 ihn in mande Damit ver
Enüpfte Unterfubungen, deren NRefultate von ihm in
verſchiedenen era Sr niedergelegt worden find.
Hierder gebdren feine ſchaͤhbaren Arbeiten, die Phyſio⸗
logie der. Infekten und Fiſche betreffend (welche anfäng-
fi in den Annalen der Wetterauer Geſellſchaft ‚für bie
Naturkunde, Band 3, dann vermehrt in Dem zweiten
Bande der vermifhten Schriften anatomiſchen und phy⸗
ologiſchen Indalts aufgenommen wurden, die er vom
ahr 1816 an mit feinem Bruder berausjugeben anges
angen bat). Seine ſGoͤnen Unterjnugun en über den.
innern Bau der Arachniden wurden im Sjabr 1812 dur)
Die phoſikaliſch⸗mediciniſche Sefellichaft zu Erlangen zum
Drud befördert. In der oben erwähnten Sammlung
von Abhandlungen anatomifhen und phyfiologiſchen Ins
halts, melde im Jahr 1824 mit dem vierten Sen de
248 Treviranus.
*
, Soc hen: scient. gotting.) find Die Zeichnungen und der
vortreffl
zur Anatomie und Aophoiogte a z
f
bältnißzablen Aber die Refraftion der ee Theile
eren Borläufer geiten, andrerfeitö Die im rafchen Sorts
reiten begriffene Wilfenfdaft bis auf Die neueften Zeis
ten fortfähren follte, da feit Erfpeinung des erſten
°
[4
v
1] "ri S
Zreviranıd. ‘249
md des erfteren dreißig Sabre verfloffen waren. Hier
wurde’ denn auch nit bIo8 Die Lehre von den ©innen,
denen er den legten Band der Biologie gewidmet batte,
fondern auch die fhmwierigen Kapitel vom-Nervenfpftem
und feinem Verhaͤltniß zum phnlifchen Leben überbaupt,
vom geiftigen Leben in feinen eziebungen zum koͤrper⸗
lien in der Sinnenwelt, fo wie die Lehren von der
zeusung, vom perisdifden Wechſel in den Lebensers
beinungen (Wehen und Schlaf), von Konftitution,
Temperament, Gefundbeit, Krankdeit — abgebandelt.
Was aber dem Entwurf des Werkö gemäß bier nur
Fur; betrachtet werden Ffonnte, daß beabfihtigte er in
einer beftweife unter dem Titel von „Beiträgen zur Yufe
Flärung ber Geſetſe und Erfdeinungen des organiſchen
Lebens” erfheinenden Schrift weiter zu entwickein. Des
son erfcbienen jedoch nur ei Hefte. Don dem drite
ten biefer Hefte erlebte er den vollendeten Abdruck nicht
mebr, Eine nervöfe Denßtenthändung machte feinem
thätigen Leben fanft und fehmerzloß ein Ende. Bei einer
großen Neibarfeit der Fungen, welche durch jeden Wits
- terungömechfel leicht afficirt wurden, fad T. feinen Tod
feit Jahren ald nadbe an; doch blieb die Th tigkeit feis
ned Geiſtes während dieſer Eranfdaften Stimmung ſtets
die ndmlice. Als er einige Wochen vor feinem Ende
ein Ausfegen des Pulfed um den vierten und flebenten
Sthlag, verbunden mit Erſchwerung ded Athems, wahr.
nabım, fchrieb er ed auf Rechnung der Unftrengung beins
Kupferſtechen Cer hatte eben noch zu dem unvollendeten
„Dette feiner Beiträge vier Tafeln eigenhändig geftoden)'
- and glaubte durch ruhiges Verhalten dab Uebel befeitis
gen zu Können. Doch leider war die Stunde gekom—
men, da Deutfchland einen feiner trefflidften Naturfors
fiber ſollte ſcheſden feben! — X, batte die Bildung und
. Ridtung feines Geifted von den Alten empfangen, de⸗
ren er viele gelefen. Er liebte die Natur in ihren fl
‚ len Wirkungen und das, wozu der Umgang mit ihr an»
regt, Die Unabhängigkeit, fiber Alles. In der Räde von
Bremen befaß er ein Eleines Landgut, wohin er fi) ger
meiniglih für einen der Sommermonate zuräd;og, um
ganz Der Wiſſenſchaft zu leben. Hier war ed aud, wo
er gern die Dichter und Philoſophen lad, von denen er
Heiterkeit und Berudigung ald Lohn für angefrengte
willenf@aftlice Thaͤtigkeit empin: T. war in einem
mäßigen Wirkungskreis ein glüdliher Arzt, der eines
unbedingten Vertrauend genoß; er war ein treuer, äue
.
250° Treviranus. |
verläffiger Sreund, ein — und beſorgter Haus,
vater, ein achtungswuͤrdiger Buͤrger. Er war ein Mann
des deutſchen Herzens, des offenen, Elaren Auges und
ehörte pi denjenigen Köpfen, die nicht von der Ober⸗
Aöde, ie vielmehr aud der Tiefe fchöpften. Geine
Schriften fegen, um richtig gefaßt und volftändig bes.
nugt zu werden, einen tüchtigen Verftand, eine vielfeitige
Borbildung und eine Ruhe und Stiue des Gemüths
voraus, mie fie in unferen Zeiten, unter dem Drange -
großer Ereigniffe, eben nicht leiht gewonnen und erbals
sen werden. Dennod dat T. in feinem Vaterland einen
— — gehabt. Er bat, obgleich niemals
niverfitätölebrer und in einer Handelöftadt anfällig (die
zwar Durch reiche milfenfchaftlide Bildung ibrer Bewoh—⸗
ner ausgezeichnet ift, aber außerhalb der Mittelpunfte
fiterarifcpen Verkehrs liegt), dennoch Diele belehrt! Es
gibt wohl feinen Gau des deutſchen Baterlands, in mels
- em man nicht irgend eine feiner gewichtigen Schriften zu
bem literariiden Schatz eines Arzted, eined Pharmaceus
: ten oder Landwirths zaͤhlte, wo fie nicht in Stunden ru»
biger Muße mit Vorliebe und Erfolg gelefen mwürbe,
ir finden in diefem Schriftſteller einen Ernft, eine Ums
fiht der Betrachtung, eine Ausdehnung von Kenntniſſen
na jeder Geite hin, Daß wir ibn nie aus der Dand
legen, obne die Ueberzeugung, eine tüchtige Natur, ein
klaſſiſch gebildeter, moblgefinnter Mann, ein Mann, dem
ed vor Alem um Wahrbeit zu tbun fei, babe zu und
geredet, ier it fein Scillern, fein Schmwanfen der
Begriffe, fein Hafben nad Weberredung durch ſchöͤne
Worte, fondern Alles gemillenbaft, treu, ungeſchminkt,
der Willenfchaft zu Liebe. T. war einer von jenen Nas .
turforſchern, denen ed nicht ſowohl um ein Spyſtem, ald
. um die möglihfte Näberung an die Wahrheit zu thun
it. Seine Unterfubung gebt meiſtens den analytiſchen
Meg; von allgemeinen Begriffen, von Ideen fteigt fie
um einzelnen Sall berab; fie bringt dad Licht einer hd»
bern, eifligen Anſchauung mit fi in dad Helldunkel,
ı bad bunte Sarbenfpiel der Erfheinungen und erleuch—
tet dadurch die verwirrende Mannicfaltigkeit. Dielen
Gang nabm T. ſowohl, wenn ed ibm, mie in feiner.
„Biologie,“ um Bewältigung und Gliederung des ge»
fammten Materiald zu ıbun war, ald wenn er, Dad Meis _
fer in der Hand, ganz Eonfrete Bildungen unferfuchte, _
um fie fodann dire ben Pinfel mit nit gemeiner Kunſt⸗
fertigfeit au firiren. Wir glauben Damit Die Keibe von -
-
Treviranus. 251
Naturforſchern bezeichnet zu daben, zu der er zu zaͤhlen war
und in welcher er einen boben Rang einnabm. Er gebörte
zu den besriRigenken Naturforfchern, zu denen, melde
mit einer gluͤcklichen Divinitionsgabe ausgerüftet, jenes
Divinum herauszufuͤhlen verſtehen, worin die Bedeutung,
die Seele jeded Naturweſens wirkſam erfheint. Dies
fen Naturforfbern if Die Natur nit ſinnlos, nicht
automasiih; ihnen gibt ed Kein Leben, das nicht befeelt
wäre. Sie erkennen, daß die Angeln, um welche fi)
. die Tharhandlungen, die Geſchichten des Lebend Drehen
— weit entfernt, in irgend einer Weife mit einem Mes
- &anismus verglichen werden zu Eönnen — vielmehr jede
Analogie diefer Arı von fih weifen. T. bolte überdies
die Begeiſtigung der Natur nit von einer Weltfeele
her. Eben fo wie Zeibnig, Newton und Kant glaubte
- er nit daran, daß die Dinge in der Natur etwa gleich:
fam von dem Hauch diefer durch die Schöpfung binfad»
renden Weltfeele in Ddem und Bewegung, verießt wärs
den. „Mit der Boraudfegung einer NBeltfeele, (agt
er ſelbſt, „iR entweder alles individuelle geifige Dafein
aufgehoben oder man ift gezwungen, außer diefem Prin⸗
cip noch ein befonderes für jedes einzelne Leben ann.
nebmen. In beiden Faͤllen gibt jene Hypotheſe Feine.
leichtere Erklärung, als die Annahme deſſen, der in jes
dem individuellen Leben Wirkungen eines für’ ch beftes
benden Principe ſiedt.“ Er war vielmehr von der innis
gen Veberzeugung durchdrungen, daß die richtige Nature
etradhtung, die wahre Forſchung immer auf Die Notds
wendigfeit binfähre, ein individuelles geiſtiges Sein, ſo⸗
mit. unfterblide Befonderbeiten, anzunehmen. Cr vers
einigte Diefe Ueberzeugung mit der andern, daß „alle
. febende Wefen in einer nicht durch Sinnedeindräde ver»
mittelten — gegen einander und gegen die
übrige Natur ſtehen.“ iR Bar, daß Studien, welche
olche — — begränden, auch einen fittliden
barafter entwickeln, dab fie eine beruhigende, befelis
gende Kraft äußern mußten, ſowohl auf den Mann feilbft,
ald auf diejenigen, welche fie unter des Schrififtellerd
Anleitung wiederholten. Don diefem Befichtöpunft aus
syn wir fagen zu bfrfen, daß die Lektüre von X.
chriften feinem Publitum nit blos in der Sphaͤre
des Verſtandes, fondern auch in der böbern ded Gemüths
‚genußt habe; und da Ideen und philofopbifche Webers
ierannaen obfchon unmerklich, Doch febr bald in weitere
reife bindurchdringen, auch dort noch thaͤtig find, wo
®
⸗—
252 Treviranus. |
fie dur das Medium mannichfacber Perfönlichfeit mo⸗
difieirt worden, fo eben mir nit an, Diefen Schrift⸗
fteller wegen es: allgemein mohltbätigen Wirkfamkeit -
zu preifen. er verſucht bat das große Material in ſich
aufzunehmen und zu verarbeiten, weldes T. in den ſechs
Bänden feiner „Biologie“ mit volpbiftorifcher: Gelebrs
famfeit niedergelegt bat, wird und bierin beiftimmen,
Und diefer Odem einer böbern, geiftigen und begeiftis
genden Naturanficht, der gleidmäßi durch alle Schrifse
ten dieſes ausgezeichneten Forſcherg webt, macht die
Mängel im Einzelnen vergeſſen, welde Sqriften diefer
Art, befonders wenn fie (wie es mit Denen T. Der Fall.
war) langfam erſcheinen. in unfern Zeiten an fi tragen
müffen, jegt, wo alle Zweige der Naturwiſſenſchaft mit
\ großem Eifer, mit fo gewaltigen Hülf&mitteln und fo
‚überrafpenden un ultivirt werden. Dad erwähnte
Streben, jede Unterjubung auf eine böbere Einbeit zus
rädzufübren, it ein Verdienſt der Schriften T., melded
e mit den beften äbnlichen in unferer Literatur theilen.
In Rüdficht auf den gemäßigten, ungeſchminkten “Ton,
auf die Die Phantafie zligelnde, ruhige Haltung laſſen
fe ſich mit manden verwandten Erfcbeinungen der eng»
ifchen Literatur a Man fühlt, daß diefer
riftfteller die Vorfchriften eines Baco kannte, Daß er
emübt mar, ihnen zu folgen. SE. hatte fi eine bobe -
Aufgabe gefegt: „die Geſchichte des organifchen Lebens“
nach feinen Erfcheinungen und Gefegen Darzuftellen. Es
beißt dies mr weniger, ald Unfang_ und Ende unferd
menfelichen Wiffend von natürliden Dingen. Die feins
ften Fäden der Pbilofopbie, wie die fl rkſten Zeitfeile
‚ der Erfahrung follten bier in Einer Hand gebalten, dad
Mykerium ded Centrumd und Die jinnermübende Uns
endlichfeit an der Peripherie aller Erſcheinungen ſollten
glei mächtig und Daß gefaßt und dargeftellt werden.
or T. lag die Phyſiologie, feit Hallers unfterblichen
Arbeiten zu dem Rang einer Wiſſenſchaft erboben, mie
fie. nun, durch die Entdekungen in der antſphlogiſtiſchen
Themie feit Lavoiſter, in der Phyſik, —— durch
-Galvani und Volta, in der Botanik feit Année und Juſ⸗
fieu, in der Zoologie feit Buffon, Bid, ya und Huns
ter, in ber Mineralogie und Geolgie heit erner bereia
dert, eine neue Geftalt erbalten follte. Das Beftreben,.
alle diefe Fächer in Beziebung auf ihren oberfien Ges
oenftand, den Menfchen und auf da Leben, dad biefer .
-Meffer ber irdifepen Schöpfung von fid aus abwärts
k —
Treviranus. ‚283.
u erfennen und zu begreifen bat, zu .wereinen, fie in.
ein organifhed Ganze zu bringen: dies war eb, was vor
. Bei ſcwebte; ein Unternehmen, eben fo kühn ats
bei glüdlihem Erfolg lobnend. Gerade ald T. auf den
Schauplag trat, war in Deutſchland jene Richtung, Über
die Natur zu fpeluliren, lebendig geworden, welche man,
‚ mit einem ziemlich unbeftimmten Begriffe die Naturpbis
Sofopdie zu nennen pflegt. Es iR charakteriſtiſch für T.
Geittedanlage und Thätigfeit, Daß er ſich der naturpbilos
foppifden Schule eben fo wenig zugefellte, als A. v.
Humboldt, mit dem er in mander Beziehung, befonders
auf Univerfalitdt und Forſchungsweiſe, verglihen wers
den mag, den er auch in feinen Schriften gern als Ges
mwährömann antührt. Er blieb ſtets dem Empirismus
augeidan, biele ed aber für Pflicht, die Erfabrung in
brer zo te vollen Ausdehnung zur Bafid zu nehmen.
Eben deöbalb war es ibm, wie allen denen, die viel
wiffen, nicht leicht, in irgend einem Gegenſtand der Nas
turforfchung zu einem Abfcbluß zu kommen, ſich ald bes
friedigt zu erklären. Mit den bier angedeuteten Geſin⸗
nungen unternahm er fein größted Werk „die Biologie.“
Gerade dedbalb aber mar es natürlich, Daß er den weit
‚und breit gefaßten Plan (der unter Underm aud Die
Geſetze der Derbreitung der organiihen Wefen auf der
‚ Erbe umfaßt), bei der täglich ind Ungebeure gefeigerten
Aunabme unferer Erfahrungen über die Erſcheinungen
des organifhben Lebens in allen Kreifen der Schöpfung, -
ald die Kräfte des Einzelnen fiberfteigend, nicht auszü⸗
führen vermochte. Davon ftand er alfo ab, indem er
jenes Werk nur in Beziehung auf das phyffce Leben _
ausfübrte. Teboc bat er in dem ſpaätern, Werk („die
Erfheinungen und Geſethze des organifden Lebens) auch
viele Blicke auf Das andere, geiſtige Gebiet niedergelegt.
Diefed Bud, die ausgezeitigte Frücht eines vierzigjährie
en redlichen Naturfiudiums, aibt feinem Verfaſſer einen
Mas unter den trefflihften Phyſſiologen unferd Volks.
Doc ift ed nur ein geringer Theil Deflen, mad der Mann .
geleiftet bat! T. war fo glücklich organifirt, daß ed ibm
- eben jo leicht ward, fib aus der Fülle ungeordneter
Thdatſachen zu allgemeinen Begriffen zu erbeben, fi mis
den ſchwierigſten Problemen des fondernden und ale:
dernden Verſtands in der Unterfuhung unferer geiſtigen
Sunftionen oder in verwidelten Rechnungen zu beſchaͤf⸗
tigen, als der feinen DOrganifätion eined Tbierd nachzu⸗
fpüren und mit Meſſer und Mikroftop Sorfhungen über
x
2: Blinner.
tbierifde Gewebe, über Nerven⸗ und Aderverlauf oder
über die Entwidelung eines kaum fichtbaren Eies anzu,
ſtellen. Diefe Vielfeitigkeit it eine feltne Gabe! Nur
zu oft bemerken wir, daß ein Naturforfcher, gewandt und
erfahren in der Auffaffung eines fonfreten, wenn auch
noch fo ſchwer wahrnehmbaren Faktums, aller Weide ent-
behrt, um Die aufgefundene Bluͤthe auch durch die Wärme
einer höhern Stenntniß, einer generalifirenden Geifted-
thätigfeit zu befruchten, zur Reife zu bringen. Noch
- häufiger aber erfheinen in unferer fpitemreihen und des—
bald an unbefangener Erkenntniß armen Zeit jene Na»
turfundigen, Die es niemald mit Forſchen zu thun haben
wollen, Die, obne nur einmal den Sinn mit irgend einer
bedeutfamen Fonfreten Naturanfdauung.erfällt zu baben,
recht vieled aus Büchern miffen, aber nichts aus dem
ewig wahren Buch der Natur. Solche Kundige Eennen
die Freuden und die Schmerzen des Naturforſchers,
melde eben in der Schwierigkeit des Forſchungsgeſchaͤfts
liegen, nur vom Hörenfagen; aber fie werden nur um
deſto leiter und ficherer mit Allem fertig, fie entfiegeln
mit Salomo’d Ring jeded Geheimniß und bringen ein
- Spftem zur Welt, das, in feiner anmaßlichen Selbſtde⸗
friedigung, die Menſchenweisdeit mit der des Schöpfers
elbſt verwechfelt. T. gebörte zu feiner von diefen beis
en Klaflen; er war ein Naturforfcher im wahren Sinn
des Worts, er war es mit ganzer Seele und ganzem
Gemuͤth und eben weil ein ganzer Menſch in feinen
Studien lebendig war, brachte er ed zu einer rühmlihen -:
Wirkfamkeit. — Außer den genannten felufiftiändigen Wer,
eu — T. noch viele Beiträge zu periodiſchen
r en. “
* 85. Sohann Gottlieb Blümner,
k. preuß. Hofrath u. Salarienkaffenrendant am Dberlandesgeriht
zu Breslau;
geboren den 10. Mai 1768, geft. den 17. Febr. 1837.
Er mar der Sohn des Stadtwundarztes Bluͤmner
in Strehlen, der nachher wegen mehrfacher Unannehm⸗
lichkeiten im Betreff ſeines Hauſes die Stelle eines
Acciſeeinnehmers in Muͤnſterberg annahm, woſelbſt auch
fein Sohn in der dafigen Stadtſchule den erſten Unter
richt _genoß.. Nachdem' er die erfien Anfangsgründe in
der Iateinifchen Sprache erlernt hatte, wurde er zu feis
nem Großvater na Streblen gegeben, um an dem
-
m
Blümner. 255
Unterricht eined Kandidaten der Theologie Theil. zu
‚nehmen. Bon feinem 12. Jahr an befuchte er 4 Jahre
hindurch das Gymnaſium zu Dirfhberg und gelangte bis
- in die zweite Klaſſe deilelben. Leider mußte er wegen
Mangel an nötbiger Unterflügung die dee zu fludiren
‚aufgeben, da fein Vater außer ibm noch 5 Kinder von
- feinem geringen Gehalte zu ernähren hatte. Selbſt
während jener 4 Jahre batte Ab B. durch Unterrichts
geben, befonderd in der franzdf. Sprade, fortbeifen
müffen. Er fab fi daher gendthigt nach einem baldigen
Unterfommen zu fireben und fo wurde er 1779 Super⸗
numerariud bei dem Accifeamt in Münfterberg nnd nad
43 Sahr Accifefommis in Kartfhen in Dberfclefien. In
dem jahr 1783 wurden viele Beamte, weil fie nicht im
‚ Militär gedient hatten, von Sriedric II. aus dem Etat
geſtrichen. Daſſelbe Schidfal erfupr auch B., mad ihn
um fo mebr ſchmerzte, da kaum 14 Tage vorber der
„Generalinfpeftor de Roux und ber Provinzialinfpektor
Schmieder bei der Reviſion des Accifeamtd ibn wegen
feiner Dienftführung viele Lobeerhebungen und Hofe
. nung zu. einer baldigen Berbeflerung feiner Lage gemacht
baten. Er ließ ſich ein Atteſt von der Accifedirektion
zu Neiffe über feine Dienſtführung und den Grund feiner
Entlaffung geben und reifte dann mit feinem Vater zu
dem damaligen Tuftizminifter Sreiherrn v. Danfelmann *),
welchen fein Vater aus den Stinderjahren ber kannte.
Don diefem wurde er bald ald Hanzfeiaffitent angeftellt,
.nabdem er feine Wiederanftelung bei der Acciſe ab»
gelehnt hatte. Die Acciſedirektion batte ihm nämlich In
einem Schreiben befannt gemacht, daß in Dinficht feiner
ein Derfeben vorgefallen fei. Er fei ein Officiantenſohn
und ded Königs Wille fei, diefe beizubehalten und mög»
lichſt in Die Stellen ihrer Väter einrüden zu lalfen. Im
J. 1790 wurde er Minifterialregiftrator und verlor durch
den bald nachher erfolgten Austritt des Juſtizminiſters
aus feinem Amt einen gemwichtigen Gönner. m J. 1793
verbeirathete er ſich mit der Tochter des Bäderälteften
Rübl zu Bredlau, mit welcher er bid an fein Lebendende -
eine —* gluͤckliche Ehe führte. Im J, 1800 wurde er
Obexramtsregierungsvorſchußrendant, welche Stelle er bis
1809 bekleidete, mo ihm bie Stelle eines Rendanten Der
mit der Vorſchußkaſſe zu Eombinirenden Galarienfajle
übertragen wurde. In Diefer Stellung blieb er nun big
*, Defien Biogr. f. im N. Nekr. 8. Sabre. ©. 88.
-
256 Blümner, |
4899 , geachtet ſowohl von feinen Vorgeſetzten, ald auch
von allen übrigen Umtögenoflen. Ohne jemald nad) Aus⸗
eichnungen zu fireben, wurde ibm Doc im J. 1824 auf
en Vorſchlag des damaligen Ehefpräfidenten v. -Salfene
baufen *) von dem Könige der Ebarafter als Föniglicher
ofratb verlieben. Die sasen Jahre feiner amilichen
tellung ſollten aber nicht fo ungetrübt vorübergehen.
Der neue Kaſſenkurator, der damalige Oberlandes—⸗
gerichtsrath Starke, ſchien ibm fehr feindlich gefinnt zu
ein, was ibm feinen Poften, dem er früher mit fo vieler
Liebe vorgeftanden batte, fehr verbitterte, bis er endlich,
nad Erduldung mander Unannebmilichfeit im %. 1829,
nachdem er 49 Jahre Beamter gewefen war, penfionirt
wurde. So fehr ihn aud die Härte, womit man ibn
auf feine alten Tage von Dben berab bebandelte . bes
trübte, fo genoß er Doch die Benugtbuung, daß fein '
Nachfolger bewies, daß nicht Jeder bei einer fo großen
Verantwortlichkeit fo viele Jahre hindurch wie er einem
folden Polen vorfleden Tonne. Nachdem fein erfter |
Schmerz vorüber, lebte er im Kreiſe feiner Familie
ollig wieder auf. Er wurde immer beiterer und fühlte.
fid im haͤuslichen Leben viel glädlier, als ed früber
ber Gall gemefen war. Don feinen 6 Kindern waren ihm
nur 2 übrig geblieben, die 4: andern waren ibm ſchon
- frübzeitig durch den Tod entriffen worden. Uber auch
feine einzige nod am Leben gebliebene, Tochter, feit
1333 mit den Gymnaſiallehrer Dr. Wagner verbeiratbet,
ſchied vor ihm aud diefem Leben und nur fein Sohn,
approbirter Arzt zu Bredlau, und feine Gattin überleben. -
ipn. — Der Hauptzug feined Charafterd war Ernſt und
Nude, dabei war er freundlid und Teutfelig gegen
SGedermann, gegen Jeden gefällig, ſelbſt wenn es die
rößten Opfer koſtete. Trotz feines Ernſtes ſcherzte er
Behr gern und entfaltete dabei vielen Wit, obne zu vers
legen. Er (bloß ſich fhmer an Jemanden an, Dar aber
- für Geden zugänglid und wußte .in den ſchrecklichſten
- Momenten beine affung zu behaupten. Er:
°) Defien Biographie ſ. N. Nekr. 1% Sadrg. ©. 853.
4
i 257
86. M. Benjamin Ferdinand Herrmann,
Paftor jubil, u. Ritter des rothen Adlerordens , zu Markeräporf in
der Oberlaufiß;
geboren d. 4. Mat 1757, gefi. d, 17. Febr. 1897 *),
rboren zu Biſchoffswerda in Sachſen, wo fein Va⸗
ter Prediger war, bereitete er fih ‘auf dem kyceum zu
Löbau, wo fein Bater (päter Dad NMrimariat übernahm,
für dfe Hochſchule vor, die er 1777 in Wittenberg bejog.
Nachdem er nur wenige Jahre ald Haudlehrer gemirft
batte, erhielt er 1783 Den Nuf als Katechet und Diako»
nus nad) Löbau. Beinen Bemühungen bauptfählic ver
Dankt Die (früber, nad Lobau eingepfarrte) Gemeinde
Nieder» Kunersdorf die Begründung eines eigenen Kirchen⸗
foftemd, welchem er zugleich als Seelforger vorftand,
Died war freilip für ib mit großen Befhmerden vers
fnüpft, die auch, nachdem er fie lange Zeit mit großer
Gelbfiverläugnung ertragen hatte, endlih den Wunſch
nad einem rubigen Wirkungekreis im ibm ermedten, ,
welcher ihm 1804 in Markersdorf zu Theil ward, Dier
an ber großen Deerfiraße,, die aus Sachfend Hauptiadt
durch Markerödorf in Das Her; Schlefiens führte, batte
er unter den Drangfalen Des Befreiungäfriegs viel zu
dulden, ja fein Name bat ſelbſt auf den Blättern der
Geſchichte diefed Kriegs eine Stelle gefunden, da 2.
Der Drtöprediger war, Der am 18. Aug. 1313 zu Görlig
aus Napoleond Hand die Summe von 1000 Tbalern
in Gold empfing, mit dem Auftrag, an der Stelle in
Markerödorf, „wo die drei franzdf. Generale: Düroe,
Kirchner und La Bruyere Durch eine ruf. Nanonenfugel
tödtlich verwundert wurden, dem Erfterem (duc de Friaul)
ein fteinerned Monument errichten zu laffen **), ‚Am
1. ‚Januar 1833 feierte 9. im ftillen trauten Kreife der
Seinen fein 50 jähriges Amtsjubildum, bei welcher Ges
legenheit er manche erfreuliche Bemeife verdienter Ans
erfennung erhielt. Der König verlieh Ihm den rotden
Adlerorden Ar Kaffe. Er hatte das feltene Gläd, bis
1832 Sp. 18 ff., wo ;
behandelnder und aus D.’3 Feder felbft geflofiener Auffag unter der
Aufſchrift: —— nl fi befinden. f 3
R. Rekrolog. 15. Jahra. 17
—
2868 ESGSintenis.
an feinem Tod eine ununterbrochene man, möchte ſagen —
“ eiferne Gefundheit au genießen und fein Pfarramt faſt
bis zu dem legten Athemzuge kraft: und fegensvoll zu
verwalten. Noch am 10. Zebruar bielt er die Waffions-
predigt. Mit dieſem Tage fing er an au Fränkeln, obne
ob dadurd gen) außer Thätigkeit gelegt zu fein. Am
46. Febr. verfpärte er eine größere Abnahme der Kiäfte,
legte ſich aber mit gewohnter Heiterkeit zu Bette. Fruͤh
8 Uhr — am oben genannten a. — erbob er fi ſelbſt⸗
ftändig und ohne Stuͤtze vom Lager und trat in fein
Wohnzimmer ein, wo ein Zungenfchlag fein Leben ſchneü
und ‚fanft beendigte. Zur Erfüllung feined 80. Jahre
fehlten nur nod 24 Monate. Die innigfte Zuneigung '
einer nicht unbedeutenden Gemeinde, die ihn wie einen
ater Tiebte, folgte ihm ins Grab. — Herrmann war
allen pietiſtiſchen Unweſen vom ganzen Herzen entſchie⸗
den abhold und ein Sreund des rationellen Bibelcriften»
thums. Er war unbeflsitten einer der gediegenften und
verdienteften laufigifchen Geiftliben. Bon allem Erfcheis
nungen auf theologifhem und kirchlichen Gebiete nahm
er Notiz und furhte noch in feinem böchften Alter mit
der Zeit fortzufchreiten. Sein Hauptfireben war dahin
gran die Ihm anvertraute Gemeinde vor allem ftarren
2)
ogmatiömus zu bewahren und zur wahren Glaubend
einigkeit emporzuheben.
87. Karl Friedrich Sintnis,
Pfarrer zu Großſchoͤnau (Laufig)s -
geb. ben 23. Sept. 1767, gefl. am 17. Febr. 1887 °).
Er war in Torgau geboren, wo fein Vater M. Karl
Heinrid Gintenid, bamald Konrektor (nachher Direktor
in Zittau) war, Seine Mutter hieß Sophie Sriederife
geborene Werner. Auf dem Lyceum in Torgau und von
1782 an auf dem Zittauer Gymnaſium unterrichter bezog
er 1738 bie Univerfität Wittenberg, mo Neindard, Zitte
mann, Shrödh, Hiller, Jäbniden und Dresde feine
Lehrer waren, Nach feiner Rückkehr von der Univerfitds
lebte er ald Hauslehrer In Zittau längere Zeit Im Haufe
ded damaligen Stadtrichterd Geiffert, bis er 1799 den
Ruf ind Pfarramt nad Spitzkunnersdörf erhielt, von wo
- er 1809 nad Broßfbönau berufen wurde. Verheirathet
bat er ih im Jahr 1799 mit Johanna Charlotte, einer -
AR; Lauf. Magaß Bft, 2 1897. |
‘
4
«
(4
3
Auguſta Freiin v. Goldſteii. _ 259
Tochter Traugott Wilkommd, damaligen Zucht und
- Baifenbausverwalters in Zittau, melde 1818 Rarb. Sein
Sohn aus diefer Ede, Buftan Eduard, geb. 1800, Karb
1832 ald ſachſ. Artillerielieutenant. Im Herbfte 1818
verbeiratbete er ſich wieder mit Frau Henriette Wildels
mine, der Wittwe deö Diafonud Schlinzige in öde .
und Tochter des Paftor prim. Scheele.in Camenz, weiche
er ald Wittwe binterläst. Seinen 3 Stieflindern wer er,
wie feinen eigenen 3 Kindern ein liebender Vater und
in feinem Umte war er bid wenige Wochen vor feinem
Tode tätig. Brukleiden und Geſchwulf dinderten ibn,
feit November 1836, an der gewohnten Thärigfeit und
führten am oben -genannten Tage fein Lebensende herbei,
®
| v. Wallenrodt,
Bi Schriftſtellerin zu Breslau;
geb. den 20. Gebr. 17604, geſt. den 18. Febr. 1887 *).
Sie war zu Bredlau geboren, mo ibr Vater, Gott
fried Ernſt v. Wallenrodt, ald Fönigl. preuß. Major bei
dem Küraffierregiment, damals v. Schlabrendorf, Rand,
Ihre Mutter, Tobanne Tiabelle Eleonore v. Wallenrodt
88. Augufla Freiin v. Goldſtein, geborene
| gr Sreiin von Koppy, ift ald Scriftſtellerin bekannt,
ie verlor ihren Dater im noch nicht vollendeten 12,
Sabre und. mit diefem Derlufte börte der grändlichite
Bee: in allen miffenf&aftliben Dingen, die nicht
die weiblihe Faſſungskraft Überfteigen, auf. Im I. 1791
verdeirathete fie fib zwar mit einem redliben Mann,
aber unter fo ungünftigen Derbältniffen, daß fie ibn
ſelbſt zur Scheidung bewegte. Durch fonderbare Ereige
niſſe geleitet, nabm fie dann auf kurze Zeit den Namen .
diſch an. Im J. 1803 verbeirathete fie ſich mit dem
‚Sreiberrn von Goldſtein in Sahfen. Der Berluf alles
ermögend mar die Klippe, an der die bauliche Zus
friedendeit ſcheiterte. Beide Ehegatten lebten nr mede
teren Jahren ſchon getrennt, er. in Sacfen, fie im
zieanioer Staate, von einer Penfion, die fie von der
nade des Koͤnigs erbielt und zwar erſt zu Ziebenfelde _
-bei Soldin in der Neumark, wo fie die Eriiedung der
weibliden Jugend in einer ihr Dur Sreundfcaft fehr
9) Rady Schindeld Seiftfellerinnentesiton. *
- bildungdfraft, dad
Gefuͤhlen ein wäfted Feld darbot, ſich mit Der erdichteten
es -
J
U
260 , Auguſta Frein v. Golbflein.
ertben Familie übernahm, zuletzt zu Breslau. — Aug.
* X verdankte ihre träbere Bildung allein ve
Triebe, die Kultur ihres Geiſtes, unerachter_der uns
unterbrochenen Kerte den Geiſt eindrädender Ereigniffe
des Lebend von ihrer früheiten Tugend an, menigftend. '
nit wieder gurhetgeben zu laſſen. Eine lebhafte Eins
edürfnig, da die Wirklichkeit ihren
zu bef&äftigen, machte fie aud einer Romanleferin zu
einer Shriftftelerin in Diefem Fache. Kollmar und Klaire
it idr erfter ſchriftſtelleriſcher Verſuch, mit Dem fie 1791
auftrat, dem einige andere folgten. Srüber gab fie in eis
\
—
nem Taſchenbuch einige Aufſaͤthe deraus. In einer der ver⸗
worrenſten Perioden und einem druͤckenden Zeitraum ihres
Eehens murden ihr einige Manuffripte entwendet, deren
Heflamation ihr durch zarte VBerbältniffe unterfagt wurde.
Sie enthielten abgeriffene Gedanken, Erzählungen, No⸗
vellen u. dergl. Die Verf. fand fie einige Jahre fpärer
in fremden Büchern aufgenommen, jedoch ‚nit unter
‚ihrem Samen und die ſchon demerkten Verbältniffe biels
sen fie ab, die Sache näher zu unterſuchen. Seit dem’
Tod ihrer einzigen Tochter ift, außer ihrer Vorrede zu
deren Gedichten, nur ein Werk noch von ihr im Drud ers
fdienen. Zwar batte fie fpäterhin, um ihren Geiſt wieder
an andere Belhäftigungen, als dad Nahhängen feiner
Schwermuth zu * einige ihr aufgetragene Ueber⸗
fegungen frambſ. drawatiſcher Werke übernommen, aber
als Kleinigkeiten, da es nur Luſtſpiele in einem Afte
waren, fi micbt oͤffentlich als — —* genannt.
Schon früber hatte fie für Die ſtaͤndiſche Buͤhne in Prag,
die Slhdöritter, ein Luſtſpiel in vier Aufzügen und der
todte Nebenbuhler, ein Zufifpiel in einem Aufzuge, ges
fdrieben; das lente wurde auch, noch während ihrer
Anmefenbeit, 1806 in Prag gegeben. Pur bei ihrem
erften literarifben Verſuch, Kolmar und Klaire, fegte
fie ihren Namen vor, bei den Äbrigen nannte fie 35
2Noll⸗
Verfaſſerin jenes Werks. — Ihre Schriften find
mar ı. Slloire, eine vaterländifhe Geſch. 2 Bde. zig.
1791 — 1793. — *Weihnachtskoͤrbchen für die Jugend.
Hamburg 1794. — Eine Sammlung tbeild dialogifirter
Geſchichten, theild Erzählungen. Roſtock 41798. — *Dab
Mädchen Wunderbold. Verl. 1808. — Der Traum und
dad Erwachen, ein Sragment aus d. wirkl. Welt. (anon.
in e, Samml. poet u. biſtoriſcher Auff. mehr. beliebter
Bang. 2461
Sdrifuũ. Ebd. 1809.) — Farben d. dunten Erdenlebens.
*— — v. Erzaͤhl. u. fragment. Familiengem.
egnitz 1827.
* 89, Dr. Alexander Lang,
ord. Profeffor der Rechte an der Univerfität Erlangen;
geboren d. 6. März 1806, gefiorben d. 18. Febr, 1837.
Er war der aͤlteſte Sohn des fürklid Thurn und
Taxiſchen Hof, Juſtiz⸗ und Domdnenrathb8 Lang in
Negendburg, erbielt auf dem Gpmnafium feiner Vater⸗
fladt feine Schulbildung, bezog im J. 1824 die Univer
firät Erlangen und begab fi Yon da im %. 1826 nach
einelbetp, wo er ein Jahr verweilte. Nachdem er fi
ein halbes Jahr in Münden auf feine Disputation vor
bereitet hatte, habilitirte er id im J. 1828 in Erlangen
und murde 1882 außerordentlier und 1834 ordentlicher
Profeſſor der Rechte daſelbſt. Als foldem war ibm das
Fach des Proceffed Übertragen. Bit batte er mit
großer Liebe auch Kirchenrecht gelefen und war dadurd
veranlaßt worden, eine Weberfegung des Corpus juris car
nonici zu beginnen, Deren ah durch feinen Tod
unterbrochen wurde. Mit dem ei gen ©treben in feio
ner Fachwiſſenſchaft vereinigte er ein ungemeined mufls
kaliſches Talent, welches er dur viele Kompofitionen
von denen ein Theil auh ind Publiflum gekommen i
und als ausäbender Künftler auf dem Klaviere bethd»
tigte._ Die Auspildung diefed Talents fand Die günfige
ſten Berbäftniffe in feinem "elterlihen Daufe; denn der
noch lebende Vater ift einer der feinften Kenner der Muſik
und leitete die mufifalifhe Erziehung feiner drei Kinder.
Ein Hausfreund, Anton Braig, früher der Prämon»
rotenferabtei Marchtall angehdrig, in Negendburg al
ufifledrer lebend, beforgte den Klavierunterricht mit
einem Geiſte, wie ed von einem tiefen Kenner der
Muſik, einem enthuflafifchen Sreunde derfelden und
einem vielfeitig gebildeten Manne voraudzufehen if.
Braig fand an der Spige eined damald durch eminente
Talente blühenden Mufitvereind in Regendburg und der
junge 2. wurde bald zur thärigen Theilnabme an dent:
felben befädigt. Dad große mufifalifde Talent, eine:
feine geſellſchaftliche Bildung und eiferner Fleiß in fei-
nem Fach erwarben ibm in Deidelderg den Zutritt in
Thibauts Haufe und dad beiondere Vertrauen dieſes
großen Juriſten. In Erlangen fiiftete er dann i. J. 1835
AN
‘
22. Bde.
einen muſikaliſchen Verein, der den Namen Cacilia an
nabm und deffen Zeitungen bald fehr bedeutend wurden.
Die Liebe für die Muſik beeinträchtigte feinen brennen»
den Eifer für dad Studium der Jurisprudenz, daß. er
mit Leidenfcaft liebte, nicht im geringken. — Er war
der treuſte, eifrigfte Zehrer, einer der thätigken Res
ferenten beim Sprudfollegium und arbeitete mit einer
Undaltfamfeit und einem Drange, der feiner ſchwachen
Konftitution bald ſchaͤdlich werden mußte. Ein Lehrbuch
des fummarifden Proceſſes, feine legte Arbeit, Tiegt
foft zum Druck vollender vor und verdient nach dem Urs
tbeil fompetenter Richter bald der Deflentlichkeit äber-
geben zu werden. —
90. Dr. Georg Buͤchner,
Privatdocent der Naturwiſſenſchaften zu Zuͤrich;
geboren den 17. Okt. 1813, geſtorben den 19. Febr. 1887 °).
Büchner, der Sohn eined angefebenen Arzted zu
Darmiiadt, wurde zu Goddelau bei Darmftadt geboren.
Nachdem er Das Gymnaſium diefer Stadt beſucht, wid—
mere er fih zu Straßburg vom Herbft 1851 bis zum
Auguſt 1832, fodann vom Dftober dieſes Jahrs bis zur
Mitte des J. 1833 dem Studium Der Naturwiſſenſchäft,
befonderd Der Zoologie und veraleidenden Anatomie,
In dDiefer Zeit von einer Unpäßlichkeit befallen, fand
er ſorgſame Pflege im Haufe feines Dermandten, des
Pfarrers Jaͤgle zu Straßburg. Während dieſer Krank.
beit verlobte er fih mit der Tochter Diefed würdigen
Geiſtlichen, melde durch Geift und Herz in jeder Ber
siebung feiner würdig war. Die Geſetge feines Heimarb-
landes riefen ibn im Herbſt 1833 auf die Univerfität-
Gießen, wo er fein Etubium Der Naturwiſſenſchaften
fortfegte und zugleih nach dem Wunſche feines Baterd
mit der praftiiden Medicin fi befaßte. Durb eine
Hirnentzändung im Srüdjabr 1894 erlitten diefe Studien
einige Unterbrechung; doch kehrte er nach Furgem Auf⸗
enthalt in Darmftadt nah Gießen zurüd, wo er bis
sum Herbſt 1834 vermeilte. Don da begab er fid aber»
mald in fein. elterliched — nab Darmſtadt, mo er
fortwährend mir Naturmiflenfcaften, fo wie mit Pbilo-
fopbie ſich beſchaͤftigte und zugleid im Uuftrage feined
.9 Ray ver Zuͤricher Beitung 1837.
. ’
Se
N
“ee R Buͤchner. 268
Vorlefungen hielt. der legtes
Baterd anatomifde Vor |
Zeit feined Aufenthalts in en wurde DB. mit vielen
andern Sünglingen feines Sinns und Alters, in* die
1835 egann er Die Vorarbeiten für feine Abbandlung s
ur.
Ernennung um Eorrefpondirenden Mitgliede der naturo
n
würde. Bon den — — Kennern der Natur⸗
N,
wobin er ib am 18. Dftbr. des 3. 1836 zu bieibendene
Aufſfenthalte begeben hatte. Aber nicht blos die Natur,
\
ı B
a
*
—
264 r Büchner. . - ; *
Der beiden Dramen Viktor Hugo’s Lukrezia Borgia und
Maria Tudor beraud. In derfelden Zeit und fpdter zu
Sr vollendete er ein im Manuffript_ vorliegendes
uffpiel, Leonce und Lena, voll Geiſt, Wig und kecker
Laune. Außerdem finder ſich unter feinen binterlaffenen
Gcdriften ein beinabe volendetes Drama, fo wie daß
Fragment einer Novelle, welche die leuten Lebendtage
des fo bedeutenden ald unglücklichen Dichters Ten; zum
Begenftande bat. Der fo rei begabte junge Mann war
mit zu viel Thateraft außgeräftet, ald daß er bei der-
jüngften Bewegung im Völferfeben, die eine _beffere Zus _
kunft zu verbeißen ſchien, in ſelbſtſüchtiger Ruhe bätte
verharren follen. Durch feinen frühe gereiften Geift auf
eine beitere Höhe geftellt, blieb er indeſſen in feinen
politifhen Anſichten von manden Taͤuſchungen frei,
welchen fib die Tugend willig hinzugeben pflegt. Ein
. Beind jeder tböricht unbefonnenen Handlung, die zu
feinem günftigen Erfolge führen konnte, bafte er doc
jenen thatenlofen Ziberafiemug,' der ſich mit feinem Ges
wiſſen und feinem Volke durd leere ———
ſucht und mar zu jedem Schritt bereit, den Ihm die
uckſicht auf dad Wohl feines Volks zu gebieten ſchien.
o haben denn in gleicher Weiſe die Wiſſenſchaft, die
Kunſt und dad Vaterland feinen frühzeitigen Verluſt zu
beklagen. Diefed Daterland hat er verlaffen mäffen, aber
ber Genius ift berall zu’ Haufe. In Zürich bätte er
. eine zweite Heimath gefunden; dafür bürgte die An
erfennung, die ibm feine Talente erwarben, daflir Die
Theilnabme, die von fo vielen Bewohnern diefer Stadt
ginn Andenken am Zage der Beerdigung bezeigt wurde.
einer feiner Freunde batte Dielen Tag noch wenige
Wochen zuvor nahe geglaubt. Außer einigen leichten Uns
ßlichfeiten war Büchner während feined Aufenthalts in
Büri ftetö gefund geblieben. Sein Aeußeres ſchien mit
einem Innern in Darmonie zu fteben und die breit ge
wölbte Stirn ſchien noch lange feinen umfaſſenden Geiſt
. eine fibere Stätte zu fein. Doch mochte er felbk ein
Vorgefühl feines früheren Ended haben. Wenigſtens
vergleiht er in einem binterlaffenen Tagebuche den Zus
and feiner Seele mit einem Herbfiabend und fließt
eine Bemerkung mit den- Worten: „Ich fühle Eeinen
Eckel, keinen Veberdruß; aber ib bin müde, fehr müde,
. Der Herr fhenfe mir Ruhe!“ — Um 2. Gebr. mußte er
fi zw Bette legen, das er von jeßt an nur für weni
Augenblide verließ, Trotz der- Sorgfalt ber Aerzte un
2*
Haͤusler. | 266
Der Pflege feiner Sreunde machte die Krankheit unauf⸗
yeitsare Sortichritte und bildete Ach bald zum beftigen
ervenfieber aus, dem er erlag.
91. Ernſt Häusler,
Direktor des evangelifhen Muſikchors in Augbburg;
geb. ums I. 1760, geft. am 20. Febr. 1887 °).
Er wurde in Stuttgart geboren und if ein Zöglin
der ebemaligen — Karlsſchule daſelbſt. Um
.1784 verließ er fein Vaterland, um: eine muſikaliſche
eife au maden, auf welcher er fi nicht obne Beifall
an mebrern Sürfenböfen und felbit an denen in Wien
und Berlin hören ließ. Endlih Fam er auch nad) Donate
efdingen, wo er vom Färften von. Fürftenberg eine An⸗
fielung ald Hofmufifus erhielt und einige Jahre in defs
fen Dienften verweilte, bis er 1791 durch glänzende Der
ſprechungen nad Zärih in der Schweiz gelodt wurde.
Hier glänzte er nun nie nur ald Virtuos auf Dem
Dioloncell, fondern auch als ana und ausdrucks⸗
voller Sopranfänger in den daligen Eoncerten und ob»
giei® er ald Sänger dad Beſondere batte, daß er glei
en fpanifhen Sängern, welche vor länger ald 200
Jahren den Sopran in der päpftliden Kapelle zu bes
Teen pflegten, durchaus fiftulirte, fo hatte er es do
durch angewandten Fleiß fo weit gebraht, daß er au
dierin durch feine Kunſt Auffeben erregte. Der Mangel
einer guten Stimme zwang ibn, zu dieſem Nothbehelfe
feine Zuflucht zu nehmen. Zugleich zog er für dad dafige
- Koncert drei brauchbare Sängerinnen. Im' Jahr 1797
kehrte er wieder in fein Daterland zuräd und ließ fi
vor dem berzogl. Hof in Stuttgart, ſowohl ald Sänger
wie als Bioloncelift, mit vielem Beifall hören? Don
‚da wandte er ſich als Muſiklehrer nach Augdburg, wo
er um 1802 die Stelle ald Direftor des evangelifchen
Mufitcbord erbielt. — Don feinen Kompofitionen für die
Stammer und dad Koncert, fat ſaͤmmtlich in einem ans
enebmen, leichten und fließenden Style gerieben,
nd die bedeutendfien: 4 Koncert, 2 Koncertino’s und
4 Divertiffement, „Echo“ betitelt, für das Violoncell;
4 Koncertino für die Violine; 4 Koncert für die Floͤte;
4 koncertirendes Sertett- für 2 Biolinen, 2 Hörner,
* Bratfhe und Violoncell; Schillers Todtenfeier (Kan:
*) Schiling’8 Univ. : Leriton der Tonkunſt ꝛc. III. ©. 515. -
266 | von Neven.
tate, 1807 im Klavierauszuge geroaem; 6 Duette
für 2 Soprankimmen mit Begleitung ded Piarfoforte;
6 Sammlungen von Sanzonetten mit Begleitung ded
Pianoforte oder. der Guitarre; 8 Arien für den Sopran
mit Begleitung des Orcheſters oder Pianoforte , 6 Samm⸗
* Iungen ieder mit Begleitung des Pianoforte ; Huldigungs⸗
lied zum Regierungsjubelteke des Königs Marimilian
ofepd.*) von Baiern. Alle Diefe Werke find meiſtens
‚dei Sombart in Augsburg und bei Andre in Offenbach
beraudgefomnien. |
* 92. Franz Anton Freiherr von Neven,
nroßherzogtich badifher Kammerherr und Oberforfimeifter, Ritter
des Zaͤhringer Löwenorbens ıc., Srundherr in Windfchleg, Bafller, .
Dietenbady und Rain, zu Offenburg;.
geb. den 8. April 1781, neft. den 20. Februar 1887.
Dffenburg in_der zu dem ehemaligen, Border Defl-
- reich gehörenden £andvogtei Ortenau, welche jegt einen.
Theil des Großberzogtbumd Baden ausmacht, war der
Geburtdort des Verewigten. Seine Familie, aus Frank⸗
ei ſtammend, war Ian feit mehrern Jahrhunderten
n Suͤddeutſchland anfälfig und die Mitglieder derfels
ben gebörten bid zur aufbfung ded deütſchen Reichs
der unmittelbaren freien Reichsritterſchaft Kanton Orte-
nau an. Sein Vater, Franz Konrad Sreiberr von Nes
ven, kurfuͤrſtlich Mainziſcher Kammerberr ıc., obgleid
der jüngere von 4 Brüdern, hatte Die Güter, melde theils
im Breisgau, theild in der Ortenau lagen, übernommen,
da feine Altern Brüder böbere geiftlide Würden beklei⸗
deten oder dem Nirterorden der Jodanniter angebörten.
Die Mutier des Hingeſchiedenen war Elifaberha Augufta,
eiin yon Eberliein, Toter der Eurpfälzifhen Geheimen
aths; Zreiberrn von Eberftein. Unfer v. N. war der
ältefte von 3 Geſchwiſtern; fein Bruder trat im Laufe der
Eine in bie öftreiifhe Diplomatie und flarb im 87. 9.
v
eine® Lebend, alö Eaif. Eönigl. Botſchafter in Brafilien.
eine noch lebende Schmefter iſt an den großberz. badis
ben Kammerberrn Grafen von Hennin vermäblt. Der
Verewigte erbielt den erflen Unterricht durch Privatleh⸗
rer im elterliben Haus. Im et 1792 wurde er un⸗
- ser die Zahl der Edelfnaben des damaligen Kurfürften
von Mainz aufgenommen, wo er feine ralebung und
— Bildung erhalten ſollte und in dieſer
Eigenſchaft wohnte er der Kroͤnung des letzten deutſchen
°) Deiten Biographie f. R. Nekr. 8. Jahrg. ©. DR.
von Neven. 27
Kaiferd bei. Bald nacber warf Fraufreichs Hevekution
die Brandfadel in die glücklichen Gefllde des Ryein⸗
ws und föfte alle feit Jahrhunderten erben Ders
Bältniffe auf; auch die kurmainziſchen Edelfnaben kehr⸗
ten zu ihren Samilien zuräd und fo vereinigte ſich v.N.
wieder mit den Seinen, welde durd die — 5 des
Kriegs nah Mannheim, Konſtanz und Münden geſchleu⸗
dert wurden. Waͤhrend dieſer ganzen Zeit erdielt er ge
meinſchaftlich mit feinem Bruder die ſorgfaͤltigtte Erzies
bung und miflenfbaftlide Bildung durch -Privatuntere
riht und feine Eltern und Lehrer machten ed ſich zur
fliht, die gluͤcklichen Anlagen des beranwachlenden
naben auszubilden. Vor Allem - zogen ibn die Nature .
wiſſenſchaften. Geſchichte und Erbbefchreibung an, wobei
ihm fein trefflided Gedaͤchtniß fehr gut zu Statten fam.
Als die Samilie ih im Jahr 1798 nah Münden bes
gab, befuchte der Verewigte dad dortige Lyceum und
die eben errichtete Sorfifchule, wo er Den Grund zu dem
Beruf legte, dem er in der Folge mit fo viel Liebe und
Eifer zugerban war. Im Dftober 1798 verlor er feinen
‚ DBater. Seine Mutter, melde ſich nun in der Fremde _
einfam fühlte, verließ im Sommer 1799 mit ihren Kin
dern Baierns Hauptſtadt und wählte Heidelberg zu Ihe
rem Aufenthalt, wo ibr ein Bruder lebte und wo die
Söhne nun reif zur Univerfität_ihre Studien fortfegen
konnten. Unfer 9. NR. widmete fib nun feinens Lieblings⸗
Audium, der Sorfmilenf@aft und hörte auf der dortigen
ochſchule alle dabin einfchlagenden Fächer und deren.
ilfswiſſenſchaften mit unermüdetem Eifer und ſolchem
. Bleiß, daß er (don im Spätjahr 1800 im Stand mar,
in dem Damald mit Recht geribmten Forſtinſtitut des
Dberforfimeifter Sreiberen von Drais in Pforzheim feine
: fowohl theoretifhe als praftifhe Ausbildung zu erbals
ten; er ging auch aus diefem Inſtitut, dem dad In⸗ und
Ausland fo manchen wadern Forſtmann verdanft, mit ſo
ediegenen, gründlichen Kenniniffen bervor, daß ibm
(ton im Jahr 1802 unter der damaligen erzberzoglich
ſtreichiſchen Regierung das. Sorflamt Offenburg provis
forifd anvertraut wurde. Im Jahr 1807 wurde ibm
unter der großherzoglid badiſchen Regierung das Forſt⸗
amt Waldfird, jedoch auch nur proviforifch Abertragen,
gegen das Ende dieſes Jahrs wurde er zum großderz.
adifhen Forſtmeiſter in Offendurg und zum Kammer,
Junfer, im Jahr 1808 aber zum Kammerberrn ernannt.
Im Sebruar 1809 vermaͤhlte er ſich mit der Freiin Ma⸗
—
268 von Neveu.
ria von: Toggenbach, Tochter des großberzoglichen badis
ſchen —— Freiherrn von Toggenbach 9, aus
welcher Ede zwei Soͤhne und vier Töchter erblähten.
Der Verewigte lebte nun fortan mit feiner Familie in
Dffenburg, welche der Näbe feiner Befigungen wegen
für ibn der paſſendſte Aufenthalt war, auch hatte er dies
freundlide Städten, an das ibn ſo viele Bande, fo
viele Tugenderinnerungen Enüpften,, lieb gewonnen , bes
fonders da auch feine Mıittter feit einer Heide von Tabs
sen daſelbſt wohnte. Er verwaltete dad dortige Forſt⸗
amt bi8 zu feinem Tod mit einer fid ſelbſt aufopfern-
den Berufötreue umd fol’ unausgeſetzter Anftrengung,
daß feine obnedied nicht fehr fette Gefundbeit augen»
fbeinlid darunter litt... So wie er aber ein eifriger,
. unermüdeter Sorftmann war, fo war er auch einer der
Eenntnigreichiten des dadiſchen Vaterlands und gewiß ift
.. In feinem Geſchaͤftskreis Darüber nur eine Stimme: daß
er ſich in feinem Fach, um Staat und Bürger große
Derdienfte erworben bat, was auch von allen Seiten
anerfannt wurde. Im Jahr 1820 wurde er zum Ritter
bes Zäbringer Lömenordens und im I. 1838 zum Obere
forftmeifter ernannt, Beine audgezeichneten Kenntniſſe
in feinem Berufsfad, die genaue Kunde aller Walduns
gen in feinem Bezirf, fo mie dad Vertrauen, welches
man von allen Geiten in feine Unparteilichkeit und ſtrenge
Gewiſſenhaftigkelt ſetzte, machte ed ibm möglich, gemein,
ſchaftlich mit den dortigen verdienftvollen Beamten einen
feit mebrern Jahrhunderten andauernden Nechtöftreit,
wifhen der Stadt Dffenburg. und einer benacbbarten
Gemeinde, eine bedeutende Waldftrede betreffend, auf
friedlidem Wege zu ſchlichten, wofür ihm die Stadt
Dffenburg durch Ertheilung des Ebhrenbärgerredtd ihren
Dank zu bemeifen ſuchte. Doch nicht allein ald kennt⸗
nißreicher, eifriger Korfibeamter, nicht allein durch feine
re im Kreis feiner Familie und feiner
reunde batte ih v. N. Derdienft erworben: er diente
und nüpte auch feinem Vaterland, als Mitglied der
I, Sammer auf den Zandiagen von 1825 — 1828, 1831 -
bis 33 und 35, wo er theild von Dem Großherzog, theils
von den Örundberren zum Deputirten ermäblt wurde,
Er war der. feften MEDErIEBaND, daß dad Gute nur all»
möälig reife, doch fab er wohl ein, daß Fein Stillftand
möglich fei und Daß deshalb der Adel auf manche wohl
” 8. N. Nekr. 8. Jahrg. S. 1%,
J
von Zychlinski. 2609
erworbene Anſpruͤche verzichten muͤſſe, um das noch Br
liche erhalten zu können. Demnach gebörte er der fo
“oft verböhnten ridtigen Mitte an, die am Ende dennoch
über jede HERRN bang den Sieg davon trägt. In dies
fem Sinn war ftetö fein Wirken in der I. Kammer. In
‚ Allem aber, was die neue Drganifation des Forſtweſchs
und die nöthig gewordenen meucn Koritgefene betrifft,
war er ganz beſonders thätig und dag Dertrauen, mels
ches fomobl die Regierung als die Mitglieder der Kam—
mer in feine Kenntniffe feßten, gab ibm aroßen Einfuf
in diefen Angelegendeiten, melden er fterd zum TRobl
des Ganzen und zur Sörderung der guten Sache benußte,
m September 1836 ftarb feine hochbetagte Mutter nad
angen Leiden. Diefer Verluſt, obgleih er ibn länaft
befürchten mußte, war für ibn fo fmerzlich, fo ergreis
fend, daß feine fhon feit laͤngerer Zeit fhmanfende Ges
‚funddeit Dadurch neuerdings erſchüttert wurde; tänlich
- wurde die Abnahme feiner Siräfte mehr und mehr fihts
bar und eine binzugefommene ſchwere Kraufheit brawte
ihn zu Ende des Jahrs 1836 an den Rand des Grabes,
ald er wieder zu genefen ſchien. Allein leider war diefe
eg nung nur Taͤuſchung, ein Nervenfchlag machte
plöglid und unerwartet in menigen gen feinem this
figen Leben ein Ende. Nicht nur feine Kinder und Ver
wandten geleiteten feine irdifchen Weberrefte zur leuten
Aubeftätte, fondern von nad und fern ſchloſſen ſich Men-
fhen aus allen Ständen dem Trauerjug an. Die jun»
gen Sorfimänner der‘ Umgegend, denen er Zebrer und
atbgeber war, ließen es ſich nicht nehmen, feine ſterb⸗
liche Hülle feld zu Grabe zu he — Er war ein -
treuer Sreund, ein freng gemiffenbafter, thätiger Beam⸗
ter, ein gütiger freundlicher Vorgeſehzter. F
*93. Leopold Ferdinand von Zychlinski *),
Eönigl. ſaͤchſ. Major und Bataillonskommandant im Leibinfante:
zieregiment, Ritter des koͤnigl. ſaͤchf. Militär St. Heinrichsordens
und des Franzöfiichen Drdend der Ehrenlegion zu Dreddens
geb. den 7. September 1790, geft. den 9. Bebruar 1837.
Der Geburtsort des Verewigten ik Goͤrlitz in der
Dberlaufig, wo fein Vater, ein — Pole, ald Haupt⸗
mann in Garniſon ſtand. Seine Mutter war eine ge⸗
borne von Ehrenſtein. Die Familie J.s gehoͤrt zu den dlte-
) Wird Schychlinski geſprochen.
⸗
e
4
270 von Zychlinski.
ſten und angeſehenſten Polens und ihre Verwandtſchaft
mit den Piaſten, ſo wie mit dem Hauſe — iſt
durch vorhandene Stammtafeln unzweifelhaft erwieſen.
Unſer v. Z. wurde im Jahr 1802 im Kadettendauſe zu
Dresden aufgenommen, wo ſich feine geiſtigen und för.
perfiben Eigenfchaften trefflich entwidelten und im 9%.
1307 trat er, in einer für den jungen Srieger HÖR güns
ftigen tbatenreiben Zeit, ald Gouslieutenant in dad da
malige Iinfanterieregiment „Prinz Friedrich Auguſt.“ Une
geachtet feiner großen Jugend wurde er bald in nicht -
unwichtigen Ungeleaenbeiten verwendet und war bereite
im Tabr 1508 Plakfommandant zu Torgau, gewiß für
einen jungen Öfficier im Alter von 18 Jahren eine große
Auszeihnung. Als nun während des Marſches der Ars
mee nad Deftreid (1809) felbfitändige Schuͤtzenbatail⸗
lone gebilder wurden, trat v. 3. in eine derfelben und
gleich im Unfang dieſes Feldzugs betraf ihn ein fehr uns
angenebmes Ereigniß, das, Da fein Benehmen dabei ihn
cbarakterifirt, bier Ermäbnung verdient. Bei dem de
fannten mangelbaften Berpflegungsfufiem der Sranzofen,
trat oft Die Notbwendigfeit ein, Neguifiiiondtommandos
aus den Lagern zu fenden, um Den Bedarf der Truppen,
biöweilen nicht obne Anwendung von Gewalt, berbeizus
haften. Diefe Aufträge gebörten, insbeſondere für den
eutſchen Dfficier in Deutſchland, zu den unangenehm»
en. Dft Fam ed dabei zu den übelſten Auftritten, durch
iderfeglichfeit der Bewohner und ab its der Soldas -
ten herbeigeführt, indem bie letztern bei diefen Gelegen⸗
beiten zuweilen vereinzelt nad) den forgfältig verborgenen
Vorraͤthen ſuchen mußten und es kam oft vor, daß ſolche
⸗
Einzelne, der Aufſicht ihrer Obern entzogen, der Verſu—
ung nicht widerftanden, fi auch andere Gegenflände,
namentlid der Bekleidung anzueignen, welche zu ned»
men fireng unterfagt war. Aus dem Lager von Sieg⸗
dardskirchen unweit Wien führte v. 3. ein ſolches Kom»
mando. Ed mar eine zumeilen beobachtet Diaaöregel,
er
- daß bei der Rüdkehr in dab Lager die Zornifter
- ned war um ſo ſchreckli
Mannſchaft unterſucht wurden; e6 geſchah auch diesmal
und mehrere geraubte Gegenſtaͤnde wurden gefunden.
War nun auch v. 3. nicht die geringke Schuld beizu⸗
meſſen, fo Eonnte es doch nicht fehlen, daß er für den
Srevel feiner Soldaten büßen mußte. Er murde arres
tirs und fein Benehmen follte einer Unterfuhhung unters
mworfen.werden. Die gt des jungen ebrliebenden Man»
er, ald unmittelbar nach jenem:
Ereigniß der Marſch nah Wien angetreten wurde und
4 .
von Zychlinski. 271
man für die naͤchſten Tage einer Schlacht emgegen ſah.
Sein Bataillondfommandant hatte ſich bereitd vergeblich
-demäbt, für die Dauer der Schladt die Entlaffung aus
dem Arreſt für v. 3 zu bewirken, als diefer Dur einen
rafden Entſchluß fi % beifen wußte. Als Arreſtant
feinem auf dem Marſch nach der Inſel Lobau begriffe
‚nen Bataillon folgend, benugte er naͤmlich den Augens
bi, wo der Dberbefehlähaber des Korps, Prinz von
ontekorvo, der gegenwärtige König-von Schweden, mit
einem Stabe am Bataillone vorüberritt. v. 3. drängte
ch bi6 zu dem Chef des Generalſtabs, dem damaligen
Hberſt von Gersdorf *), durch und beſchwor diefen, feine,
Entlaſſung zu ermitteln. Ponteforvo, in deflen Näbde
Died vorging, wurde felb darauf aufmerffam und bes.
willigte, ald er von dem Gegenftand des Geſuchs untere
richtet war, daſſelbe ſogleich unter den ſchmeichelhafte⸗
ſten Ausdrüden. Dad Bataillon „Metzſch,“ in welchem
v. 3. ſtand, war einer franzöffeden Divifion unter dem
General Dupad zugetbeilt und focht darauf in Der
Schlacht bei Wagram, getrennt von den übrigen (ds:
fen Korpd. Dad genannte Bataillon zeichnete fib an
‚beiden Schlachttagen rühmlichſt aus und verlor an Tod»
ten und Derwundeten über die Hälfte feines Beftandes,
Auch unfer v. 3. befand fid unter den lettern, indens
er am 6. Tuli Mittags, nachdem die feindlichen Linien
bei Aderkſaa erkärmt waren, einen Flintenſchuß in das
linke Schienbein erbalten hatte und mürde, da in dem
felben Augenblid die ganze Linie raſch zurädging, uns
febibar gefangen worden fein, wenn ibm nicht ein ſaͤch⸗
(der Kavalleriſt fein Pferd Äberlaflen hätte. So ent
am er der Gefangenfchaft und langte glüdli in Wien
- an, wo_er in einem franzöfifhen Hofpital Aufnahme:
fand. Wie bekannt, waren die franzbfiiben Wundärzte
febr geneigt, die Verwundeten au ohne Noth zu ain⸗
utiren. Auch 9. 3. follte Dieler Operation unterwors
en-werden und verdankte nur feiner entfchiedenen Wei⸗
gerung die Erhaltung feines Beind. Später wuͤrhete
er Topbusd in diefem Hofpital; v. 3.8 beide Nachbarn
eg daran und wahrſcheinlich wäre auch. er von demſel⸗
en dabingerafft worden, hätte er nicht den Entfchluß ges
taft. dad Hofpital zu verlaffen, Ach eine Wohnung zu
miethen und von einem Privatarzt behandeln zu fen.
was ibn rettete. So genad er und fonnte nad einigen
Wochen zu feinem Bataillon abgeben, dad er in Pre
*)Deſſen Biographie f. N. Nekr. 7. Jahrg. ©. 666.
272 _ von Zychlinski.
burg antraf. Im Dftober deſſelben Jahrs ee Premier:
fieutenant ernannt, kehrte er zu Anfang des Jahrs 1810
in dad Vaterland zurück und murde bei der Furz darauf
eintretenden Umgeftaltung des ſaͤchſiſchen Heerd in das
2, leichte Sinfanterieregiment verfeßt, mit dem er im 9.
4812 nad Rußland marfchirte. Dort erbielt er in der
Schlacht von Podobna am 12. Auguft einen ziemlich bes
deutenden Streiffhuß am Hald, verließ aber ungeachtet
beftiger Schmerzen fein Regiment nicht. Seine von ibm
an diefem Tag bemwiefene Tapferkeit fand auch Die gen
bührende Anerkennung und wurde dur den ibm er»
tbeiften Militär St. Heinrichsorden belohnt. Befon,
derd glänzend, aber in feinen Folgen doͤchſt ungluͤcklid
für ibn war dad Gefecht bei Binla am 18. Dftober, wo
er ſich bei einer Abtheilung befand, melde die rechte
Slanfe der Ruſſen zu umgeben beftimmt war. Diefer
‚Abrdeilung mit wenigen Schützen vorauseilend, erblidte
er ganz unerwartet indem er am Rand eined Geboͤlzes
dinging, in feiner Nähe eine ruffifhe zmölfpfündige Kar
none, welche eben abgeprogt batte, um auf die jenfeits
eines Sumpfs anfgeltellte ſaͤchſiſche Neiterei zu feuern.
Ein rafher Angriff brachte fie in Die Gewalt der braven
Schuͤtzen, die fie mit der ganzen Befpannung und Bes
dienung glüdlicy zurückſchafften. Es ift merkwürdig, daß
dieſes Geſchuͤtz von allen denen, die im Lauf dieſes Feld
zugd Seiten der Berbündeten genommen wurden, das
einzige mar, weldes beim Rüdzug nicht zurüdgelaffen
werden mußte. Es gelangte nah Sacfen und fiel erft
im Jahr 1814 bei ——— der gend Torgau wieder
in ruffifde Hände. Dad Gefecht war faft beendigt, als
v. 3. von einer Slintenkugel in das linke Auge getrof—
fen wurde. Außer der de Zerſtoͤrung deflelben
batte Diefe Verwundung für ihn unendfiche Leiden und
einen früben Tod zur Folge. Er Fam in das Hofpital
zu Warſchau, mo er längere Zeit im Zuftand gänzlicher
Erblindung zubringen mußte, da. auch das rechte Auge
deftig angegriffen und fehr leidend mar. Dennoch fa
er fih gegen Ende December fo weit bergeftellt, daß er’
‚wieder zum Regiment abgeben wollte, als ihn, vermuth⸗
li in Solge feiner erhaltenen Bermundung, erfi Gehim
‚ entzändung und darauf Nervenfieber, beides in febr bo»
dem Grade, defiel. Ende Jauuar des Fahre 1813 raͤum⸗
ten die Verbündeten Warſchau; nur die ſchwerſten Ber
mwundeten und Siranfen blieben zurüd und auch v. 2.
‚folte nah dem Ausfpruch der Verzte diefed Schickſal
von Zychlinski. 278
teilen. Das ſaͤchſiſche Korps mar bereitd abmarfdirt
und die Ruſſen folten Tags Darauf einräden, als v. 2.
der nicht immer feiner ganz bewußt war, in einem lid»
ten Augenbli erfuhr, mas ihm bevorktebe und er mar
unbedingt entſchloſſen, Warfhau zu verlaffen und dem
fähfifden Korps zu folgen, wovon er fi auch durd
‚Reine Vorftelungen zurädhalten ließ. Ein Kamerad, der
fiber einen offenen Schlitten verfügen Eonnte, gab feinen
Bitten Gebdr_und nahm den ſchwerkranken v. 3., defs
fen baldigen Tod die Aerzte ald ganz gewiß erklärten,
mit ſich. Gegen alle Erwartung wirkte die Kälte wohl
tbätig auf feinen Zuftand, welcher id während einer
mebrtägigen mübe» und gefahrvollen Reife fehr verbefs
erte, v. 3. erreichte glücklich in der Nähe von Kaliſch
das fählifhe Hauptquartier, wo feine Ankunft eben fo -
aroße Freude ald Verwunderung erregte. Der Generaf
von Zangenau überließ ibm nun feinen Wagen und fo ge⸗
langte er völlig hergeſtellt nad Sadfen. Er befand ſich
hierauf mehrere Monate in der Feſtung Torgau und zog
bei der Revue, welche Napoleon am 10. Juli 1813 Aber
die dafigen Truppen hielt, durch feine ſcwarze Binde
über dem linken Auge die Aufmerkfamkeit des Kaiſers
auf ſich, welcher ihn Aber den Verluſt des Auges fragte
und ibm, nahdem er den Hergang der Sache erfahren,
fofort den Drden der Ehrenlegion ertbeilte. Als nad
dem Waffenſtillſtand die Zeindfeligfeiten wieder ausbra⸗
"en, erbielt v. 3. dad Kommando des aus gelernten Jde
gern beftebenden Seldjägerkorpd. Er führte es mit ges
mohnter Auszeihnung in den unglüdliben Schlachten
‘von Broßbeeren, Dennewig und Leipzig, fo wie in meh»
teren bigigen Gefechten, welche nad dem Webergang der
Sachſen vor Torgau gegen die Sranzofen flatt fanden.
Als zu’ Ende ded Tabr6 1813 dad Jagerkorps zu einem
Bataillon vermehrt wurde, fand ©. 3. gerechte Anerken⸗
nung feined wahrbaft ausgezeichneten Benehmend in den
verfloflenen geldahoen durch die Ernennung zum Haupte
mann in jenem Bataillon. Er batte zwar eben erſt dad
23. Lebensjahr zurüdgelegt, aber er mar Älter an Tha⸗
ten und Erfahrungen ald an Tabren. Trotz feiner ſchwe⸗
ren Wunden und Kberftandenen Strankheiten war v. 3.
zu diefer Zeit ein Eräftig fhöner Mann, allgemein ges
liebt und geachtet mißgönnte ihm Niemand fein ungee
woͤhnlich fchnelled Avancement. In den Seldzägen der.
ahre 4814 und 1815 in den Niederlanden und im El⸗
aß zeichnete er fi dur fein entfchloffenes und tapfes
N, Rekrolog 15. Jahrg. 18
7
—
RE .
274 von Iychlindki.
red Benehmen wieder vortheilhaft aus, doch hatte "dies
£eine befonderen Folgen für ihn. Leider hatte er in dem
letztern Jadre das Unglüd mit dem Pferd zu ſtürzjen und
fid am Kopf zu verlegen. Seitdem vermebrte fi der
Kopffhmerz, der ibm von feiner Kopfwunde geblieben
war, auf beunrubigende Weile. Das Jaͤgerbataillon, in
welchem er noch immer fand, erbielt die Beſtimmung,
bei der Decupationdarmee in Frankreich zu bleiben und
marfchirte demzufolge zu Ende ded Jahrs 1815 in das
Norddepartement. v. 3. bing mit ganzer Seele an feis
ner Truppe, mit welcher er in mebreren blutigen $eld»
ügen fo Vieles geleifter und erfahren batte. Als jedoch
fein bejabrter Vater, der feit 1809 in den Rudeſtand ges
tretene Oberſt v. 3., immer binfäliger wurde und den
Wunſch auddrädte, in feinen legten Tagen den Sohn
unm ſich zu baben, entſchloß ſich dieſer ſoß eich, das große
Opfer zu bringen, feine Stelle in der leichten Infante⸗
‚nie aufzugeben und um eine andermeite Unftelung in
Sadfen anzubalten, die er auch erdielt. Noch einige
Monate konnte er die Pflibten ded Sohnes treu erfül
Ien, bis fein DBater Ende des Dadrs 1816 farb. Die
Mutter verlor er. durd den Tod im Jahr 1818. Im
dem Zufland des Friedens Br v. 3. tortwäbrend mit
dem beiten Erfolg bemüht, in allen Dienftzweigen nägli
u werden und ließ ſich davon auch nicht abhalten, alı
ie immer beftiger werdenden Kopfſchmerzen und an⸗
dere Beſchwerden ibm die Erfüllung feiner Pflichten ſehr
erfhwerten. Befondere Erwähnung verdient, daß er es
war, der in Auftrag des gleich ibm raſtlos thätigen Ge⸗
nerald von Le Eog *) im Jahr 1848 die erfie Abtheilung
- Baipnettechter audbildete. zZ Jahr 1821 verbeirasbete
er ko mit der Tochter des Oberfien und Unterkomman-
Banten der Setung Königfein, v. Zeſchau **). — Ald Gatte
und Dater bewies er fi eben fo mufterbaft ald in allen
andern Zebendverbältniffen. Seine Ernennung zum Mas
or erfolgte im Jahr 1825. Geige bereitd erwähnten.
koͤrperlichen Leiden fleigerten fid aber nun immer mehr
‘und’ zwar hauptſaͤchlich durch eine Lähmung des rechten
Schenkels die er im Jahr 18%8 im Reiten bei einer
Mebung befam und wodurd die frübern Uebel noch mehr
aufgeregt wurden. Von da an ging ed ſichtbar rüd»
waͤrts mit feinem £örperliben Zuftand. Auch die Seh»
kraft des rechten Auges ſchwand; heftige oft wiederkeb-
2, Deffen Biograpbie f. N. Nekr. 6, Sadıg, ©. 88.
von Zychlinski. 275
rende Kongeftionen nad ruft und Kopf traten ein, die
Kopfſchmerzen wurden immer flärfer und verließen ibn
nur felten. -. Dennoch mollte er fortwährend thaͤtig fein
und verfiel, ald er zulegt auf jede Beſchaͤftigung verzich⸗
ten müßte, in tiefe Schwermuth. Alles ließ auf gr
‚innere Zerftörung „der Kopforgane fließen, die Kräfte
des Geiſtes fingen an zu ſchwinden; mit ſchlagaͤhnlichen
Zufaͤlen, Augenentzändungen und andern Leiden batte
er beinahe unaudgefegt zu Eämpfen. Er war dem Er»
blinden nab, als ein Nervenſchlag am oben genannten
Tage feinen Zeiden ein Ziel fegte. Die Section wurde
vorgenommen, um die Weberzeuaung zu gewinnen, ob
jene Kugel, die vor beinade 25 Jahren dad linke Auge
jerRörie, ſich im Kopf befinde. "Sie fand fi nidt und.
ft, wie au der Verſtorbene bemerkt baben wollte, jee
denfalld abgepralit. Aber fie batte fehr zerflürend ger
wirft; man fand bei Abrigend Erankbafter Beſchaffenheit
des Sedirns and faft gänzlicher DIENEN der Seh»
nerven mehrere große durch jenen Schuß losgeprellte
©plitter der Hirnfchale, der größte Aber Kr lang, in .
eine bäutige Maffe gehlillt im Gehirn. Die Hirnſchale
ſelbſt zeigte keine Spur von Verlegung und batte ſich
sedenfalld wieder ergänzt. Es war unerklärlid, wie en
nah jener Verwundung datte genefen und nod fak 25 J.
anfangs im Zuftand beinah völliger Geſunddeit leben
können. Er binterließ eine Witwe wit drei Söhnen;
von feinen Geſchwiſtern ift nur eine Schweſter am Le⸗
‚ ben, die ihn wenige Jahre vor feinem Tode durch ibre
Berbindung mit einem würdigen Mann erfreute. — v. 3.
war von der Natur Eörperlid und geiltig vorzüglich be»
günftigt und dad, mad man einen gebornen Soldaten
nennt. Maftlofe Tbätigkeit, bobe Begeilterung für den
Siriegerftand, ächted Ehrgefübl, Unternebmungsgeift, Ener»
gie, verbunden mit einem edlen, ritterliben und dabei
wahrhaft religiöfen Sinn, mit der größten Uneigennügig-
feit und aufopfernder, bingebender Sorge für feine Un,
> tergebenen bildeten Die Hauptzäge feines Weſens. Er
batte in einem ungemöbnlid boben Grade mit dem ibn
raftlod verfolgenden, widrigen Geſchick zu Fämpfen, mußte
fi jedoch ſtets durch rafchen dad Gewoͤhnliche überfprins
—— Eniſchluß aus den übelſten Lagen zu zieben. Die
iebe und Achtung, deren er fi fomobl von feinen Dors
gefegten und Slameraden ald von feinen Untergebenen
erfreute, betbätigte ſich aufd alänzendfte bei feiner Beer
digung. Die —88 Staböoffziere, ſo Ai Difniere,
2726 von Gerning. |
-Unteroffiziere und Gemeine von den verfeiedenften Frups.
enkorps und dohe Beamte und andelevene Männer des |
ivif, begleiteten, feine irdifhe Hülle in größter eniabl
zur Ruhe. An feinem Grabe wurden von Kriegögefährs
. ten und Andern Reden zu feinem Gedaͤchtniß gebalten
-und ein Bataillon a Regiments gab. während der
Einfenfung eine dreimalige Ehrenfalve.
Bi resden.
94. Johann Iſaak Freiherr von Gerning,
heſſ. Homburg. Geheimer Kath zu Frankfurt a, M.;
geb. den 14. November 1767, geſt. den 21. Februar 1837 °).
Gerning, Sohn des Entomologen Hofratb ©. in
Srankfurt a. M., wo fein Großvater und Odeim müts
terliher Seits sen waren, ftudirte am
Gymnaſium daſelbſt, hierauf zu Jena und widmete fid
befonderd_ der Gefhichte und der Staatswiſſenſchaft. Er
verKand fieden Sprachen; au batten die Sammlungen
eined Vaters in ibm fon früb den regen Sinn für
atur und Kunſt erwedt. Entſcheidend für den Gang
feiner Bildung und feined Lebens wurde dad J. 1790.
‚Ed waren naͤmlich Damals bei der Kaifermahl und Krös
nung Leopolds II. der König und die Königin von Nea⸗
‚ pel gegenwärtig und wohnten im ©. Haufe. Der leb⸗
daft auffirebende, fdon mannichfach gebildete Tüngling .
gewann die Zuumeigung des Monarden und feiner geile
reiben Gemahlin; fie Iuden ibn nad Neapel ein, wohin
‚er den Weg, von Goerhe **) dazu veranlaßt, dem er
enthuſiaſtiſch anhing und deſſen Sreundfchaft er erwors .
ben hatte, über Weimar nahm, nachdem er fhon vorber
die Schweiz, Holland, England und grankreich durch⸗
wandert hatte. Während. feines Aufenthaltd in Italien
erwarb er ſich eine vertraute Bekanniſchaft mit den klaſ⸗
. fifden Werken der bildenden Kunft, fo wie er .in Nea⸗
pel bald das volle Vertrauen des Königd und der A
nigin gewann, welche mit ihm in fortgefeßtem Briefwech⸗
ſel fand. Als 1794 ſich bei der Königin beurlaubte,
äußerte fie ſich über ihn im Kreife ihrer Samilie mit den
Worten: E come mio ſiglio. Auch Ycton war ihm gemos
. gen und fagte von ibm: EZ pieno di spirito, peino di
. talenti! Die Erſchutterungen der Tranzöfifhen Revolu⸗
1) —
1} “-
x
.) Gonverfationd : Lericon N. Folge.
”, Deffn Biographie ſ. N. — * 10. Sahrg. ©. 197,
A
von Gerning. .. an
tion batten Damals Ihre Schwingungen aud Aber beide
©icilien verbreitet; Leider ginaen Acton und N
welche den Einfluß auf die Staatdangelegendeiten theils
ten, von verfhiedenen Anfichten aus. v. ©, erbielt die
Genugthuung, daß er den Erfolg Pati vorausgeſagt
batte, fo mie denn auch der neapolitaniſche Friede von
41798 zum Theil nad feinen Ideen gefdloffen wurde,
morauf 1707 Neapefd ehrenvolle Mitwirkfung an weitern
friedlichen Verbältniffen erfolgte. Im Jahr 1798 wurde
er von Neapel auf den Kongreß nah Naftadt gefandt.
Die Revolution machte aber immer weitere Sortichritte,
an eine Außgleichung der politifchen Intereſſen und Mei»
nungen war nit mehr zu denken und v. ©. 08 ro
ganz in die Stile, ded Privatleben zuräd, wo Kun
und Wiſſenſchaft ihn vielfach befchäftigten. Er wurde
nad Weimar bingezogen und eingeladen und brachte
daſelbſt bis 1802 jedeömal die Wintermonate zu. Dort
ſchrieb er auf Anratden Goethes und Herderd feine bes
kannte „Reife durch Deftreih und SGtalien (3 Th. 1809),
das Werk mannichfaher Bildung, ausgebreiteter Kennts
niffe und reifen Urtheild. Auf diefe folgte fein Elaffis
ſches „Säfulargedicht” (Leipg. 1800 u. 1802). Nah dem
Tode feines Daterd mohnte er meift in Frankfurt, zum
Theil aub in Homburg und Kronburg am Taunus. Im
Jadr 1806 ernannte ibn der Landgraf von Helfen» Homs
burg, der ibn feined befondern Dertrauend miürbigte, zw
feinem Gebeimen Rath und 1809 ertbeilte ibm der Großs
derzog von Heflen diefelbe Würde, morauf er ibn auch
1818 in den Sreiberrnftand erbob, Schon früher batte_
er vom Kaifer das Reichſadelsdiplom erbalten, Im J.
4816 ernannte ibm Der Landgraf von Heflen- Homburg
zu feinem Bundestagsaefandten in Frankfurt und 1818.
ging er ald homburgifcher Gefandter nad Zondon, mo
er vom König von Großbritannien den Guelpbenorden
erbiet. Seine politifden Befhäftigungen aber baben
ibn niemald der Kunſt und der Wiſſenſchaft entfremdet.
Außer einzelnen treffliben Gedichten in Zeitblättern, er:
ſchienen von ibm: „Die Heilquellen am Taunus” (Zeipz.
41813 u. 4814 mit Sipfrn.), ein Gedicht, Das in der Dis
daktiſch⸗Ipriſch⸗ malerifhen Gattung eine der erfien Stel⸗
len bebauptet und Ab eben fomobl durch die Zülle der
Gedanken und den Re der Darftellung, ald durch tech⸗
niſche Vollendung auszeichnet; „Dvids exotiſche Gedichte‘
(1815), deren Verdienſt von mehreren kritiſchen Blättern
anerkannt wurde; „Die Rheingenden,“ ein zu London
‘
Guten immer mit Ratb und That fr
278 ; Höferle.
4821 erfchienened Prachtwerf, mit Boforirten Kupfern
nad Seihnungen von Schüß, deutſch und von Jodn
Blake ind Engl. uͤberſetzt; „Die Lahn» und Maingegen,
den“ (Wiedbaden 1821). Beide Werke enthalten nidt
- nur eine getreue Schilderung der berrlichfien Gegenden
unfer& „Vaterlands, fondern auch einen reihen Schatz
: —7 diſtoriſcher — aus den Quellen.
ande feiner Poeſien find noch ungedrudt, wie feine
Ueberfegung der Dden des Horaz und verdienten wohl
die Öffentlide Bekanntmachung. v. G.'s Talent, das
uerft Goethe, dann Herder wedte und ermunterte, ge»
hörte befonderd dem Iprifhen und didaktiſchen Fach an.
Ueberbaupt bat v. ©. zur Sörberung Des Schönen und
aͤftig gewirkt. Seine
bedeutenden Sammlungen von Gemälden, Handzeichnun⸗
en, Kupferſtichen, Majolicas, Antiken aller Art“ und
auptfächlich griedifher Münzen ıc. waren jedem Ges
bildeten zugänglid. Seiner Vaterftadt, zu deren politi⸗
ſchem Wiederherſtellung er 18143 tdätig "mitwirfte, war
er getteuer Bürger, feinen „Sreunden erprobter Sreund
und in einem vielfach thaͤligen Leben, in mandyerlei oft
Der nngenen Derbältniffen, bat ſich ſtets fein richtiger
Blick, feine Welterfahrung, fein rechtlicher Sinn und
fein tbeilnebmended Gemuͤth bewäprf. — Außer den ges
nannten Werfen find, von ibm noch erfhbienen: Der
Sriede Neapeld; Ode von Afton (Ohne Drudort und
Drudjahr). — Frankfurts Erhaltung u. Rettung Sranff.
1795. — Siegeshymne. Ebend. 1796. — Kantate zur -
Dermäblungsfeier Ihrer Eönigl. Hoheiten, des Kronprin⸗
en beider Sicilien u, d. Erzderzogin Klementine von
Deftreic, im Gabr 1797 Dffend. 1797. — *Skizze von
Frankfurt a. M. (Frantf.) 1800. — Lieferte viele Beitr.
zu Archenholz Minerva, Dem Genius der Zeit, zur Zei
tung f. d. elegante Welt, zum N. deutſchen Merkur,
dem Götting. Mufenalmanad, Böttigerd Gried. Vaſen⸗
gemälden u. ſ. w.
95. Placidus Höferle,
katholiſcher Pfarrer zu Frankfurt a. d. O.3
deb. den 27. Bebrud® 1781, gef. ben 21. Februar 1897 9).
Er war zu Friedland in Böhmen geboren, der Sohn
eined Zeinwandhändierd, kam in feinem zwölften Jahre
*) Frantfurter patriotiſches Wochenblatt 1837. Nr. 9.
Hoͤferre.279
als abe in das Cißerzienſerkloſter zu Nenzelle und
erbiefe feine wiſſenſchaftliche Bildung in dem dortigen
tbeologifben Seminar. Im Jadr 1805 Tegte er na
‚ebrenvoll Äberftandenem Noviziat fein Moͤnchsgeluͤbde
eb und erbielt wegen feines feißigen Studiums der
tdeologiſchen Wiſſenſchaften und wegen feines Eifer
für feinen Beruf _bereitd im Jahr 1807 zu Bautzen von
dem dortigen Biſchof die Priekermeibe. In demfelben
Jahr ward er au Profeflor an dem geiftliden Semi⸗
nar und zeigte feinen Schülern bei aller väterlichen
Liebe einen ernſten und firengen Sinn. Nach Aufhebun
des Kloſters widmete ſich DH. in fliller Zurädgezogenbeit
ausſchließend den theologiſchen Studien und dem Kir⸗
endienft zu Neuzelle, bi8 ibm im Jahr 1818 nach dem
- Eod des Piarrerd Tietz von der Srankfurter Regierung
dad Pfarramt bei der katholiſchen Kirche anvertraut
wurde. Er bat Died Amt mit großer Treue und Gewife
fenbaftigfeit verwaltet und für dad Wohl der Kirche wie
- tür dad Heil der Gemeinde beftend geforge. Ald Mit
lied der Armendeputation bewies er eine väterliche Fürs
ge für die Armen und fehlte doͤchſt ſelten und gewiß
nur dann bei den Berfammilungen, wenn er dur Bee
rufögef&häfte verhindert wurde. Eben fo thätig war er
als Mitvorſteher der Induftriefhule, wie er überhaupt
jede Gelegenheit, die ibm zu nuͤtzlicher Wirkſamkeit dar⸗
‚geboten wurde, freudig ergriff. Der Verſtorhene lebte
il und daͤuslich, obne die Sreuden eined gefelligen
Umgangs zu verſchmaͤhen. Mit den Geiſtlichen der evane
geliſchen Kirche lebte er in Sreundihaft und gutem Ders
nebmen und mar fern von einem enobsche ‚_profelys
tenfüchtigen Konfeſſionsgeiſt. Seine liebe Erholun
war die Befchäftigung mit dem NBeinbau, den er in fe
nem fleinen Garten mit Einfiht und Gluͤck trieb. ie
fehr er geliebt und geachtet war, zeigte fein Begraͤbniß.
Der Pater Abundus aus Neuzelle, der Pater Dtto aus
©eitwann und der Kaplan Suchp aus Neuzelle, ein
Schüler ded Verfiorbenen, waren Dazu nach Frankfurt ges
fommen. Nabdem an der Gruft die Brabliturgie ges
halten und eine Motette unter Zeitung des Drganift
Siegert gefungen war, redete der Kaplan Suchy von
den Derdienken des DVerftorbenen und der Superinten⸗
Des Spieler beſchloß die Seierlichkeit mit einer Grab»
rede. :
20. ©. | 2
* 96, Friedrich Karl Peter Schmidt,
Sufklätanzleiadvotat u. Notar zu Schwerin;
geb. ie 3. 1808, geft. d. 21. Febr. 1837.
Er wurde. zu Schwerin geboren und war unter drei
Brüdern der ältefte Sohn des daſelbſt am 13. Apr. 1834,
‚50 Jahr alt, verftorbenen großherzoglichen Hausvoigts
- Sriedrid Wilhelm Schmidt und der Chriſtine Ehriftiane
Dorothea, geb, Mörder, Geine Eltern forgten ſchon
früh aufd Gorgfältigfte für feine Bildung und während
der Bater noch ald Feldwebel bei dem Gardegrenadier-
bataillon zu Lüdwigsluſt and, genoß er im großeltere
lichen Haufe feine erfte Erziebung, fo wie feine wiſſen⸗
ſchaftliche Bildung auf den Gymnaſium Sriedericlanum,
wo Gdren,, Schumacher, Löber, Mozer u. f. w. feine
£ebrer in den obern Slaffen waren. Um Oſtern 1829 -
verließ er die Schule zu Schwerin und bezog, um fi
den Rechtöfiudien zu widmen, wozu er ſchon fruͤh ent⸗
fbiedene Neigung gezeigt, batte, Die Univerfität Jena,
die er zu Ditern 4331 mit der zu Roftod vertauſchte.
Auf beiden bereitete er ſich mit treuem Eifer für feinen
Fünftinen Beruf vor und benußte befonderg in Jena die
Borlefungen eines von Schröter über die Infitutionen
und Pandelten, eines Martin über die Theorie des
Civilproceſſes und das Kriminalrecht, Ortloff über Kirchen⸗
recht, Scheidler über Naturreqht, Luden über Geſchichte ꝛc.,
ſo wie er in Roſtock das Erbrecht bei Kaͤmmerer, den
Kriminalproceß bei Rasſspe u. ſ. w. börte. Um Oſtern
1832 abſolvirte er darauf feine Studien und wurde noch
in demfelden Jahre, nah einem ruhmlichſt beſtandenen
Eramen, unterm 26. Nov. als Advokat und. Notar bei
der großherzogl. Juſtizkanzlei feiner Vaterſtadt vereidet.
Aber dieie Laufbahn follte nur kurz fein; vier Sabre und
. einige Monate nur war ed ibm verflattet zu wirken;
doch fein Fleiß, feine Geſchicklichkeit und fein durchaus
rechtlicher biederer Sinn hatten ibm fchon in Diefer kur—
zen Zeit großed Qutrauen erworben und vielfeitig wurde
er daber in Anfprud genommen. Er entſchlief am Mor:
gen des oben genannten Tages an der Grippe und bin
zugetretenen Strämpfen. Mit ibm ningen ichöne Heff:
nungen zu Grabe. — Was feinen Charakter anberrifit,
fo war Herzendgäte bei ihm vorberrfbend und fein mo»
raliſcher Wandel untadelhaft. Die Grabrede bielt der
under Beutler. |
Schwerin | Fr Brüfom.
—
281
97. Karl Gottlieb Thiemann,
Lektor der italieniſchen Sprache an der Unwerſitaͤt und Lehrer an
der Wilhelmsſchule zu Breslau;
geb. den 18. December 1787, geſt. den 24. Bebruar 1887 *). -
Thbiemann, geboren zu Liebenau, beſuchte bis zu ſei⸗
sem 47. Jahre die Dorfſchule zu MWabikatt, fodann dad
vormalige um zu Jauer, wo er von 1804 bis 1808
ſich namentlid dem Sprachſtudium widmete und durch
ben Umgang mit gebildeten Sranzofen und Italienern
ſchon damald_eine Zertigkeit in der franzoͤſiſchen und
italieniſchen Sprache gewann. Im Jahr 1809 beſuchte
er durch 2 Monate das evangeliſche Schullehrerſeminar
zu Breslau und trat dann in derſelben Stadt als Pri⸗
datlehrer auf, in welcher Eigenfcaft er dis an feinen
Tod verblieb. Seit 1819 leitete er eine in Verbindung
mit feiner Gattin eingerichtete Privatfchule für Thchter
ebildeter Samilien; feit 1821 ertheilte er auch den ges
—8WB und geographiſchen Unterricht in den obern
Pa der k. Wildelmöfchule au Bredlau, fo wie er.
eit 4822 bei der Univerfität Lektor der italieniſchen
Sprache war. Seine Stellung batte ihn zur Abfaffung
nachfolgend genannter Schulbächer veranlaßt, nämlihs
eittafeln der Weltgefchichte. 2. Aufl. Bredlau 1826. — '
orübungen zur Erlernung der franz. Eprade f. Ans
fänger Ebend. 18%. 93. Aufl. Ebend. 1835. — Stal.
Blumenlefe ıc. Ebend. 4826. — Ital. Ehreflomatie ꝛc.
Ehend. 1827. — Cours de langue oder franz. u. deutſche
Uebungsſtuͤcke ıc. Ebend. 1835. — Außerdem noch einige -
Eleinere Schriften und Mitteilungen in Zeitfchriften.
* 98, Karl Chriſtian Daniel Baurfchmibt,
Superintendent u. Schloßprediger zu Ofterode a. H.;
geb, den 27. San. 1762, geft. den 22. Febr. 1887.
| Noch waren die Stürme ded fiebenjährigen Kriegs
nicht vorüber, als B. zu Schleufingen, der Hauptftadt
des kurſaͤchſ. Anıheild von Henneberg, das Licht der
Welt erblickte. Sein Vater, Johann Siegmund Baurs
fhmidt, war damald Diafonud zu Schleufingen und feit
1767 Paftor zu Benshaufen und Ebertöhaufen, feine
y Sgleßiſche Provinciälblätter 1887.
—
*
Noch inniger, wo e
D
bei Hammel. Den — E
- 282 Baurſchmidt.
Mutter, eine geborne Herman, die einzige Tochter eines
angefebenen Beamten zu Koburg und Durch fie Rammte
Baurfbmidt von den ehemals aus Salzhurg vertriebenen ,
Emigranten ab, Unter der eben fo liebevollen als ums»
fihtigen Pflege feiner Eltern entwidelte ſich frühe in
dem Knaben der Keim alled Guten und jened fromme -
und liebreibe Gemüth, wodurd fein ganzes £ehen eben - -
fo reich für ihm felbft, ald reich für Andere werden ſollte.
zu Chriftentbum und in den Anfongsgründen der Ges
ebrfamkeit unterwied ibn fein Vater ſelbſt, kurze Zeit
mit Hülfe eines Haudlebrerd, den er bald fo liebgemann,
daß er ibm nod auf £ Jahr in feine neue Pfarrwohnung
folgte, Es war dies feine erfte Auöflucht aus: dem elter⸗
liden Haufe. Bald darauf bezog er das vaterlaͤndiſche
Gymnaſium f Shleufingen. Hier waren der gelehrte
Rektor Wald und ber Wrofeffor der Phyſik Dr. Schad
feine vorzhglichhen kehrer und namentlich verbanfte er
5*— feine erfte Liebe zu aͤhnlichen Wiſſenſchaften.
Glückliche Anlagen Famen dem angefirengteften Fleiße zu
ülfe. Schon in feinem 17. Jahre war er Primus des
Schleufinger Gomnaſiums. Vorzüglich in den älteren
Spraden legte er bier einen fo guten Grund, daß ed
ibm fpäterbin noch einem Zeitraume von 20 Tabren, wo
ibn andere Befhäftigungen gan vom Studium der als
ten Sprachen abgezogen batten, noch möglich mar," mit
der größten Geläufigfeit lateinifh zu ſprechen. Oſtern
4780 bezog er die Univerfität zu Leipzig, noc in tiefer
Trauer um ben kurz gun! erfolgten Tod feiner Mutter.
möglih war, ſchloß er fid feit
jener zeit an feinen Vater an und eben diefed innige
Derbältniß, an dem Feine Entfernung jemald wieder et»
— ibſen vermochte, bewahrte ibn glücklich vor al’ .
den Berſuchungen feines akademiſchen Lebens. Auf dem
Gebiete der Willenfbaften waren in der Theologie Mo»
rud und Datbe feine bauptfäblihiten Sübrer; in ber
Philoſophie Plattner und Caͤſar; in der Philologie Erneſti
und Reiß. Deutſche Reigkbiſſorie hörte er bei Böhme,
die Staatenbiftorie bei Hilſcher, Naturrecht bei Sammt,
deutfches Staatöreht bei Seeger, dad kanoniſche Recht
| e hörte er über gelebrte
Gefhihte und Dibtfunt. Gprif lernte er bei dem
"M. Hempel, wie er ed auch nit unterließ, in Der frans
bilgen und englifchen Sprade fi fortzuüben, Später
erlernte er aud noch die italienifhe Sprade. So er
warb er fi in Zeipsig nicht allein ſehr vielfeitige, fon:
‘
Baurfchmidt. 283
dern aud in dem meiſten Foͤchern, morin er unterrichtet
war, fo gruͤndliche Kenntuiffe, dab er beinade in allen
fpdterhin feld mit dem glüdliciten Erfolg Unter
richt ertbeilen Eonnte. Dem binfitlie feines ‚Chba-
rakters nice minder ausgezeichnet empfohlenen jungen
. Manne konnte nad Beend gung feiner afademifhen Stus
dien eine gemünfchte we edrerftelle nicht feblen. Im
Herb 1782 Rand ibm die Wahl frei, durch Empfehlun
De6 D. Plattner nad Rußland oder durch Empfeblung de.
Streiöfeuereinnehmer Weiße, des beliebten Schriftftellerd,
nad Ziegenberg in der Werterau ald Hofmeiſter der
drei Töchter des Barons v. Diebe, Föniglid dänifcen
Geheimenraths und ehemaligen Gefandten in Berlin und
£ondon ji geben. Er wählte das lentere, tbeild um in
Deutſchland zu bleiben, tbeild und bauptfächlich, weil
ein mehrjähriger Aufenthalt in Gorha Dabei beitimmt
war, der die Öftere Ausfiht, feinen Vater beſuchen zu
Eönnen, ibm darbot. Hier trat er in Die angenehmiten
Verbältniffe und vielfahe Reifen mit der Diedeſchen
“
Familie auf deren weit entlegene Ghter, Dazu ein oft
“mehrjähriger Aufenthalt in den glänzendken Städten
Deutſchlands und der Zutritt in die boͤchſten Eirkef
der ibm in Anerkennung feine perſoͤnlichen Werrhe
überall gern geflattet wurde, vermehrten feine Welt, und
Menſchenkenntniß. Doch lernte er in folden Verbin—
dungen den Menfchen zumeil nur von feiner edleren
und befleren Seite Eennen und um fo tiefer Daher
ſchmerzten und empörten* ihn entgegengefeßte Erfahrun.
en, die. feinem fpäteren Leben genugfam aufbehalten -
p
blieben. Den on Theil des J. 1784 brachte. er in
Sranffurt a ©päter wohnte er in Derfelben
. iu.
. Stadt ame Kaiferkrönungen bei, Leopold's IL und
Franz II. *), erfterer ald Ehrenfekretär unter hanoverſcher
Protektion. 1786 vermweilte er ſehs Monate in Wien,
wohnte bier der — Kaiſer Joſeph's IT. bei,
arbeitete vielfach auf der kaiſerl. Bibliotbek und unters
nahm von bier aus eine hoͤchſt intereffante Reife durch
Ungarn bis beinahe an die tärkifhe Grenze. Den Wins
ser 1791 bradte_er in Darmfadt zu. „Taf täglich „+
fagt er in. der Skizze feined Zebendlaufd, „war ib in .
diefer Zeit mit meinen Efevinnen im Palafte bei der
Prinzefiin Georg, wo dann auch die Prinzeffin Louiſe von
Medienburg. Strelig, nachberige Königin von Preußen
— un nn
°) Deflen Biogr. ſ. Im 18. Jahrg. bed N. Nele. ©. 227.
284 Baurſchmidt.
und deren Schweſter ſammt ihrem Bruder an unſeren
Abendſpielen Theil nahmen.“ Von Darmſtadt aus folgte
er im Januar 1792 mit dem hollaͤndiſchen General Gras
fen Eurt von Ealenberg, “Bruder: der Srau von Diede,
feinem Prineipale nad Negendburg, der inzwiſchen einen
Geſandtſchaftspoſten feines Hofd am dortigen Reichs⸗
tag übernommen hatte. Im Jahr 1789 war auch fein
Dater nad einem Aljährigen ſchmerzhaften Srankenlager
—— und unfer B. murde ſchon während deſſen
Krankheit vom_Stonfiftorium die Möglichkeit eröffnet,
feined Daterd Stelle zu erhalten, Allein _er 309 ed vor,
die Erziebung fämmtlicber Kinder der Diedeichen $as
- milie zu vollenden. Diele Aufgabe follte er auch im
vollten Sinne, wenn gleich mit fehr entgegengefegten
Gefhblen, löfen, Die Eine feiner Elevinnen wurde von
ihm zum Tode, Die beiden anderen zur Stonfirmation
vorbereitet, wobei es ihm vergoͤnnt wurde, auch den
kirchlichen Akt der Konfirmation feld verrichten zu duͤr⸗
‚ven. Die bei dieſer Gelegenheit gehaltenen kirchlichen
‚Reden waren die erften von ibm, die dem Druck übers
geben wurden. Bon diefem Zeitpunkt an leiftere er ſei⸗
‚nem Principale , gewiffermaafen mehr in der Eigenfcaft
eined Privatfekretärd, als der eines Hauslehrers, ſehr
eigene Dienfte. und jene früheren Studien in Leipzig
in den, Hörfälen eines Böhme, Sammt und Seeger
kamen ihm hierbei trefflich zu Statten. Im Srübjabr 1794
bediente man ſich feiner, mit dem damaligen Etanded»
berren v. Muskau, Grafen v. Püdler, die fehr wichtigen
Erbicaftdangelegenbeiten der Frau v. Diede, einer ges
bornen Reichsgräfin v. Calenberg, in Ordnung zu_brins
en und im Herbſte deffelben Jahrs reilte er, als Ses
Pretär der rbeinifhen Keiheritterfhaft mit dem Herrn
v. Diede, ald Deputirter derfelben, nah Bonn, um dort
mit dem Eaiferl. Gefandten zu negociiren. Bei der im
Juli 4796 für Regensburg berannabenden Gefahr durch
die Framoſen befand er ſich ganz allein im dänifchen
Geſandtſchaftshotel und Alles Juchte, wegen der damali⸗
en Neutralität Dänemarks, feine Schaͤtze bei ihm in.
icherbeit au bringen. &o groß mar felbt dad Öffents
libe Vertrauen, deſſen er genoß. Ueber alles das ver
gaß er feinen fpäteren Beruf nicht, obwohl ibm zu
wiederboltenmalen mit der Hoffnung geſchmeichelt wurde,
im diplomatiſchen Fach eine fefte Anftelung zu finden.
Häufig predigte er zu Negendburg und allezeit in Gegen»
wart der meilten und felbft Fatbolifpen” Reichstags⸗
. Baurſchmidt. 285
efandten, wie er ein Gleiches auf) bei feiner Anweſen⸗
eit in Wien, in der Stapelle des ſchwediſchen Geſandten
gethan hatte. So groß auch der Beifall war, der feinen
Borträgen ezollt wurde, fo galt ibm jedoch ſchon da»
mals der Nugen ungleihd mehr, Den er durch felbige
ſtiftete. Durch fie babnte er fi den Weg zu mehreren
Kranken» und Sterbebeiten, mo fein Zufprud verlangt
wurde. Auch die Negendburger Be ihn zu ihrem
Mforrer. Ganz eigene Ruͤck ten indeg, fo wie dad all»
zugeringe Einkommen der ibm angetragenen Pfarrftelle,
verwebrten ed ibm, diefelbe anzunehmen. o nabete
die Zeit,_wo er, um doc endlich eine gewiſſe Verſor⸗
gung zu finden, fein geliebted Regensburg und den Kreis
dm dort fo theuer gemwordener Sreunde und das Diebes
fde Haus, in dem er 144 Jabr glüdli gelebt hatte,
verlaffen mußte. Er ging im Frübjahr 1799 nad Hano⸗
ver wohin er auf Antrag des Hofmarfchalld v. Löw als
Lehrer an dem new zu errichtenden Eönigl. Georgianums
berufen worden war. Ein ganz veränderter und nicht
fehr angenehmer Wirkungskreis erwartete ihn bier; denn
er fand meiſt ſehr verwilderte Gemätber unter den Zoͤg⸗
fingen ded Georgianumd, an denen lange Zeit aller Fleiß
und alle Liebe verſchwendet ſchienen. Medrere Zöglinge
waren feiner ganz befonderen Zeitung anvertraut, wie
auch außerbalb ded Georgianums fein Unterricht gleich
gerwönt als gefuht wurde. So waren unter Anderen
ie Sräfinnen von Lippe-Büdeburg feine Schälerinnen
. und * Bruder, dem — bielt er beſondere
Borletungen über Moral, Poli
tie und Staatöredt. Uns °
ter übermäßigen Anftrengungen' des Geifted, von denen -
oft erft die ſpaͤte Mitternacht ihn abrief, erlag fein Koͤr⸗
er. Eine ſchwere Krankheit befiel ihn. Pprmont war
eine Retterin. Sonſt war feine einzige und feine liebte
Erholung der Umgang in dem gratıo Wallmodenfhen,
£ippefhen, Loͤwſchen und Steinbergſchen Haufe. Dank
bar nannte er folde Auszeichnung oft noch in fpäteren
Sahren das legte Erbtdeil feiner Regensburger Freunde
und Gönner. Während eines Purzen — 8 auf
dem graͤflich Wallmodenſchen Gute Heinde im rad
jahr 1798 fah er zum erftienmale feine Eünftige Lebens⸗
gefährtin, eine Pflegetochter des dortigen Dberamtmannd
Gericke, die ihm im Jahr 41801, ald er Pfarrer zu Done
wurde, Dabin folgte. Hone iſt vielleidt der —*
und ablegenſte Ort in Der ganzen großen Geller Sand⸗
Haide- und Moorwäle., Im ganzen Dorfe, ja bis auf
l
8
-
286 — Baurſchmidt.
zwei, drei Stunden Wegs kein gebildeter Umgang und
elbft dieſer die laͤngſte Zeit des Jahrs wegen Moor
und Ueberfhmemmungen nicht einmal erreigddr. Dazu
Bam eine Damals fo verwilderte Gemeinde, Daß ed z. B.
- unter ihr gar nichtd Unerbörtes war, in der Kirche Kars
ten zu fpiefen und die Branntmeinflafde umgeben zu
laffen. Dahin fab ſich B., mitten aus der großen Belt,
in. der er fo lange gelebt, nun, mit einemmale verfegt.
Fange Zeit mußte er jede Predigt, deren er mit den
Seihenpredigten oft über 200 in einem Tabre zu balten
batte, nachdem er fie viedergeſchrieben, völlig noch eins
“ mal umarbeiten, um fie nur feinen Bauern verſtaͤndlich
au madben. Dazu, wie fchon angedeutet, gab es Each:
ih viel Unkraut auszjuraufen, was denn oft anfangd,
bei aller angewandten Bebutfamfeit, Die roben Gemütder
nicht wenig in Aufruhr brachte. So entitand bei Ges
legenbeit, als er die erſten Sommerfhulen einführen
wollte, ein förmliched Komplot der ganzen ‘Gemeinde
egen ibn, ber er lieb fib durch alle ungünftigen Um⸗
Rände nicht entmutbigen, fette mit raſtloſem Eifer und
Liebe fein mutbig begonnened Werk fort und batte Die
Genuatbuung, daß nad 10 Jahren feine Gemeinde durch
feine Bemühungen wie umgewandelt war und ber ans
fangd fo Verhaßte hatte eine Liebe getanben, die noch
bis in die ſpaͤteſte Zeit auf die ruͤhrendſte Welfe fi)
Bund gab. WIE er im December 1810 vom Konfiftorium
auf die 4 Stunden entlegene Pfarre zu Leiferde verfegt
wurde, folgte die ganze Gemeinde, jung und alt, mie
in einem langen Trauerzuge feinem Wagen nad. In
geiferde fiftete er nicht weniger Gegen und aud dieſe
roße Gemeinde gehörte bald zu den audgezeichnetiten
n der ganzen Gegend. So entfernt er fi immer von
dem eigentli gelelligen Verkehr mit feinen Gemeindes
edern bielt, fo nabe fand er jedem Einzelnen unter
ihnen, wo es darauf anfam, mit Rath und That beisus
Reben. Er war ganz'derfelbe auf feinem Studirzimmer
und im-tägliden Leben, der er auf der Kanzel war.
Der Geiſt der lauterften und innigften Religiofitat durch⸗
Drang, regelte und weihte fein ganzed Leben. Weit ent
- fernt, einem blinden Glauben zu duldigen, fand viels
mebr der, an den und um deöwillen er glaubte, in eie
ner Klarbeit vor feiner Seele, daß man es in Wahrheit
nur ein Glaubenslicht nennen konnte, dad ihn erfüllte
und womit er wieder Andern vorleuchtete. Fehlte doc
au feinem Glauben die Bewährung nicht, die. aus der
ur
1}
Baurfchmidt. ; 287
| Anfebtung kommt. Eine vielbewegte Zeit und ein viek
bewegtes Leben hatten alle Erfheinungen des Unglaubens
an ibm voräbergefährt, er hatte fie ale ſcharf ins Auge
gefaßt und jeden Zweifel der 5* Pruͤfung unter.
worfen. Die Stunden, die fein Amt ibm frei ließ,
widmete er den Wiflenfchaften, der erlebung feiner drei
Kinder und ald Cioplungsfunden feinen ®
Denen er weit und breit die fhönfte &lora hatte. Uns»
beſchaͤftigt war er feinen Augenblid des Tags. Werte
son jeder Wiſſenſchaft maren in feiner Bibliothek zu
finden, die nad und nad auf 2000 Bäpde anwuchs
Auch widmete er feine Thätigkeit dem 1819 größtentbeits
auf feine Anregung geftifteten Predigerverein und unter
feiner thaͤtigſten Antheilnabme wurde auch der Grund sm
einer Predigerwitwentafle der Inſpektion gelcat, die er
ſchon die erfreufihken Refultate aufzumweifen bat. s
ner Gattin und feinen Kindern war_er der liebevollſte
Gatte, der zaͤrtlichſte Vater. Seine Erziehung mar Liebe
und zwedte nur auf Liebe ab. Als feine beiden Söhne
auf ausmärtige Schulen gegangen maren und’ nur feine
einzige Tochter zu Haufe zuridblieb, widmete er mit
dem gluͤcklichſten Erfolge Die früher jenen geſchenkte Zeit
im DBereine mit feiner Gattin der Bildung Junger Srauens
ummer. Im Jahr 1826 erbielt er den Ruf ald Super
intendent und Schloßprediger zu Oſterode am Harz,
. den er nur aud Rüdfihren auf feine Samilie annahm.
Sonnte er au nicht mehr durch feurige Kraft, wie in
- früberen Tabren, in feiner jegigen neuen Stellung wir»
Een und mußte er ed aud anfangs erfahren, wie viel
fhmerer dem bejabrtern Prediger Die Herzen der Ge⸗
meinde fib zumenden, fo’ mirfte er deſto mehr durch den
Geift der Sanftmuth, Demuth und Liebe, mit dem er
wiſchen manche fräber ſehr zerriffene Derbältniffe ver»
Üöhnend eintrat, durd feine gereiften Erfahrungen, wo⸗
mit er jüngeren Amtsbrüdern zu nügen ſuchte, durch fein
fchonendes erfahren, womit er Irrende zurechtwies,
Dur feine Bereitwilligkeit, nach Kräften, wo er nur
irgend Eonnte, Jedem zu beiten, durch feine Berufötreue,
worin er für Alle ein Muſter war und gelang es ihm
auch fo nicht allenthalben, Liebe um Liebe zu ernten, fo
Bonnte doch bald die hoͤchſte Achtung, e von Seiten
‚ derer, die ihm nicht woblwollten, ihm nicht verfagt
werden. So fange fein Alter ed obne zu große Bes
ſchwerden für ihn zuließ, vermweilte er auch in Oſterode
gern noch in geſelligen Cirkeln, die bald an fein Haus,
4
4
umen, von -
28 Mühlendohr,
dad immer ein fo gaſtfreies geweſen war, fi anknäpften
und man fab ibn dann immer ald den feinften und liebens
wuͤrdigſten Geſellſchafter, der ed gleich. verftand, Läftigen
Zwans aus feiner Näbe zu_verbannen, als sn und
rode Zaune in den Schranken des wahrhaft Schicklichen
zu erbalten. Schon im Sommer 1831 befiel ihn indeß
ein dußerft ſchmerzhaftes Hebel, mad immer mehr und
mehr ihn an fein Zimmer band und er fühlte, wie alle
- mälig ‚unter den oft unerträglihen Schmerzen deſſelben
feine Kräfte fchwanden. Sür ibn, der immer fein Anıt
mit ſolcher Gemiffenbaftigfeit verfeben, war ed das bärs
tefte Gefuͤhl, nicht mehr fo zu Finnen, wie er wollte.
Zur — ſeines Amtes wurde ihm nun ſein
jüngerer Sohn als Gebülfe beigegeben, in deſſen Hände
er ſpaͤter, als die Krankheit immer mehr zunabm, feine
ſaͤmmtlichen Geſgaͤfte niederlegte. Er fühlte aber täglich
mehr und mebr feine Siräfte fchmwinden ‚ bis ibn am oben
Erler Tage der Tod von feinen langen und ſchweren
eiden befreite. Sein älterer Sohn it Aſſeffor supern.
beim Amte zu Ofterode, feine Tochter an den Pfarrer
Schrader in Sranffurt a / M. verheirathet. Seine Gattin
uͤberlebte ihn. 5.
+ 99, Johann Friedrich Muͤhlendohr,
Organiſt, Kuͤſter u. Schullehrer zu Dielingen;
geb. den 8. Aug. 1773, geſtorben den 22. Febr. 1887.
Don rechtlichen Landleuten zu Spradow, Kirchſpiel
Bünde, geboren, befuchte er die dortige Schule und
enoß fpäter Privatunterricht, war ‚mehrere Jahre Be⸗
Biente und bildete fich dann in dem Schullehrerfeminar zu
Minden zum Jugendiehrer. Im J. 1802 ward er Schul»
ichrer zu Mölbergen, Hirchfpiel Holzhaufen, von mo er
im Jahr 1819 nad Dielingen ald Organiſt, Kuͤſter und
Schüllehrer der 2. Klaſſe verfegt wurde. Im J.
verbeiratbete er ſich mit Marie Louife Tangemann ans
Sublingen, Grafſchaft Diepholz. Er hatte viele harte
Shidfalöfhläge zu erdulden. So verlor er durch einen
Brand foft feine ganze Habe, Sein dltefter Sohn ging
nad Amerifa und ftarb gleich nach feiner Ankunft an der
Eholera im Staate Milfouri. Das ihm mitgegebene
Dermögen ging verloren, Der 2. Sohn hat Theologie
ſtudirt. Gutmäthigkeit, Ebrfihfeit und Rechtſchaffenheit
— auptzuge ſeines Charakters. Dabei war er von
chter Religioſuaͤt befeelt, anſpruchslos und beſcheiden.
— — — —
v. Shoe 2.
e dbeit war ſchon fange gerrättet und er be
San 5% alb ZH al See ven he
- Da überfiel ihn bie Grippe und er erlag ihr.
Dielingen. Arendt.
* 100. Wolf Friedrih v. Scheve,
SDräfident des koͤnigl. kurmaͤrk. Pupiilentollegiums zu Berlin;
ged. den 7. Mai 1752, gefl. den 22. Febr. 1897.
Er mar zu Strelig geboren und der aͤlteſte Sohn
des mecklenb.⸗ſtrel. Geheimen SNALDEDICIDCNIER 4. 8.
v. Sch. Nah beendigtem Gymnaſialkurſus begann er
dad Studium der Rechte zu Greifswalde und ſetzte es
in Göttingen fort. Um in den preuß. Staatödienk treten
u fönnen, machte er zu Berlin fein Eramen und kam
bierauf ald Referendar nah Coͤslin, von wo er nad eis
nem Jahre nad Cuͤſtrin und hierauf von da nach Stettin
verfegt wurde. Im 3. 1782 wurde er Affitenzrath beims
Dberlandesgericht zu Streblen und verbeiratdete ti Im
ahr 4785 mit der Tochter des Oberflieutenantd und
Iügeladjutanten Sriedrid des Großen v. Lekow, nad:
dem er wohl 2 Jahr vorber zum Dberamtörarh ernannt
worden war. Im J. 1786 ing er ald Kammergerichtzg⸗
rath nad Berlin und mard bierauf * dent des Ober⸗
Eonfikoriums und Oberſchulkollegiums, ſo wie auch des
Armendireftoriumd. Im T. 1807, bei der erften Gräne
dung des Friedrichftifts, einer mwohlthätigen Anſtalt zur
Verpflegung und Erziebung armer verlaffener Kinder,
ftellte fein menf&enfreundlide® Herz ihn an die Spike
berer, die dDamald, in der Zeit der Noth, zur Rertu
einer Zahl dem Elende Preis seen naben un
Mädchen zufammentraten und die Geneigtheit ihrer Mit '
bürger zu Mitleid und Erbarmen mit fegendreidem Ers
fol aut diefen Gegenftand dinleiteten. Dreißig Jabr
hindurch hat er fih mit Ketd gleich gebliebener Ausdauer
Der, obern Fuͤhrung der. Geſchaͤfte unterzogen, au deren
Beforgung Menfchenfreunde, unter dem Namen einer
"- Direktion des Friedrichſtifts, ſich verbunden batten und
indem er den mübevolliten und verantwortlichſten Theil
des gemeinfamen Wirkens über fid nahm, befriedigte er
nur ein Bedürfniß feined edlen Herzens. Als 1815 alle
Beboͤrden eine Reform erlitten und das Urmendireftos
rium aufbörte, eine Pula e Anftalt zu fein, wurde er .
zum Prifident des Eurmärkifchen ———— er⸗
nannt, welcher Stelle er bis zu ſeinem Tode vorſtand.
N, Nekrolog. 15. Jahrg. 19°, .
\
u. v. Hart.
a watiges Wirken fand auch die Unerfennung
— —x m I. 4815 erhielt er.dad eiferne Kreuz -
- ‚am Bande des Eivilverdivnftordend, fpdterbin den rothen
- Nblerorden Ir Kaffe und am 21. December 1824, bei
der eier feined 30 jaͤhrigen Amts jubilaͤums den rotben
Adlerorden Zr Klaſſe mir. Eichenlaub und der Miniſter
KRotber überbracbte ibm 1000 Rthlr. zur beliebigen Ver⸗
wendung, von Denen er 500 Rthlir. dem furm. Pupillen-
gollegium zum Fond der Erziehung armer Maifen und
500 Gthfr. dem Sriedrihöttifte gab. Dad Kammergericht
und Pupillenfollegium ließen zur Geier dieſes Sage feine
Bäfte von —3 Wichmann aus korariſchem Marmor
- anfertigen, das Sriedrihöftift ihm zu Ehren eine eiferne
Gedenktafel in ihrem Lokale aufitelen und Freunde und
Bekannte brachten ihm viele Beweiſe der Achtung und Er
* gebenbeit dar. — Sch. war der liebevollſte Gatte, ber
Pepreicke Dorgefette feiner Untergebenen, der Wohl»
tbaͤter — Gutsinſaſſen und den unbemittelten Kin⸗
dern ſeines Bruders ein zweiter Vater. |
* 101. Friedrich Rudolph v. Harten,
Odergerichtsadvokat und geweſenes Mitglied bes Stadtgerichts
(Senator) zu Oldenburg; *
deb. d. 7. Sept. 1776, geſt. d. 28. Febr. 1837.
Sein Vater war der am 23. November 1880 als
-Rommerzienrath und zweiter Bhrgermeifter zu Divenburg
verftorbene Kaufmann Todann Wilhelm v. D., feine
*
it dem Ru
1 |
der Univerfitäs zu gene die Rechte in Nſudiren. Um
Oſtern ned er don -Fena nad Göttingen, um dort
- que in prafiifden Arbeiten eh auszubilden und kehrte
| Dem 1798 in feine Daterftadt zurüd. Nachdem er bie
18 ge iche Probearbeit mit Beifall geliefert,
zuen Verluſts feiner
v. Harten. 291
wurde ihm die Aboohatur beiden Untergerichten
und er im Sommer 1708 beim Stadtmagifirete wie beim
Landgerihte zu Didenburg ald Anwalt aufgenommen.
Seine Drdnungdliebe und Thärtigkeit verſchäfften Ida
daid dad Zutrauen der Rechtſuchenden und er befaß be
"reird eine nicht unbedeutende Praxis, als er im Derbk
1801 die vorgeſchriebene firengere Prüfung beitand, welche
ibm den Eintritt in den Staatsdienſt erffnet bätıe, wenn
er ed nicht vorgezogen, Dem ebrenvollen Berufe des Ad»
vofaten getreu zu bleiben. wurde am 28. Septbr.
gedachten Tabrd auch zum Advokaten bei der Kanzlei
und dem Konfitorium ernannt und «ld im 5. 1814 die
franzbf. Dffupation mande Andere veranlaßte, fi um
die einträglideren Notrariate zu bewerben, fuchte er Eeine
ändere Stelle, ald die eines Advolaten beim Tribunal
erfter Inſtanz in Oldenburg. Bei der im Jahr 1844 ere
. folgten Wiederberftellung der äftern Derfaffung trat er
‚nit nur in feine frübern Stehen als Advokat bei der
Juſthkamlei und dem SKonfiftorium, wie bei dem Land»
erihr und dem Magiftrate gu Oldenburg wieder ein,
ondern wurde auch noch bei_dem neuerrichteten Dbers
appellationsgericht als Advokat angeſtellt. Dieſem feis
nem Berufe widmete er ſich aber aüch mit ſeltnem Eifer
und unerſchütterlicher Treue und ed war ibm meniger
darum zu an eine ausgedehnte Praxjs zu haben, ald
nur ſoſche Satben zu verhandeln, von deren Gerech⸗
tigkeit er ſich überzeugt bielt. Beine Recqtlichkeit und
Ordnungsliebe gaben Daher auch DVeranlaflung , daß ibm
anſehnliche Geſchaͤftsſuhrungen und Büteradminikratios
‚nen aufgetragen wurden, denen er mis derfelben T
tigkeit und dDemfelben Eifer ſich unterzog, wie feiner ju
sitifhen Praxis, ohne Diefe jedod deshalb zurädzufegen.
m 5. 1824 _murde er zum Beiflger des Stadigerichtß
er zum peiehteen Karhsderrn (Senator) erwäblt und
dieſe Wahl erbielt am 47. März die Beſtaͤtigung des
Landeöherrn. Er hätte dieſe Stelle nicht angenommen,
wenn er Ab nicht durch das in Diefer Wahl ausgefpros
chene Zutrauen geehrt gefäblt und zugleich die Erlaubs
niß erbalten hätte, feine Praris_bei den Obergerichten,
mit Ausnahme Der vorher beim Stadtgerichte verhandel⸗
sen Sachen, fo wie beim Landgerihte beibehalten zu
dürfen. Auch in diefem Amte gab er Beweife der Recht
lichkeit, Thätigkeit und Ordnungsliede, die ihn ale un.
malt befeelten und er bekleidete es fo lange, bid vor
Einführung der neuen Stabtordnung — Ott. 41838
—
4
x
| die Etadt: ihrer Gerlchtsbarkeit mit Ausnahme der amt»
fichen Kompetenz entfagte und dad Stadigericht mit Dem
Zandgerichte vereinigt wurde. Von da an widmete er
fi wieder ganz feinen Advofatur» und Dermwaltungde
— 53 worin er jedoch leider oft. durc Unpaͤßlich⸗
eiten unterbrochen wurde, bis endlid ‚eine ernftlice
Krankheit ihn aufs Lager warf, von dem er nicht wieder
⸗
erſiand. Don Tugend auf hatte er nur eine ſchwaͤchliche
Sefundben, genoflen, aber früh dur manderlei Leibes⸗
ungen feinen Körper zu färken gefucht und durch fort
Danernde Anwendung berfelben hatte er ed dadin ges
bract, daß er felbit bei jeinem, ibn manchmal anhaltend
an den Urbeitstiich feſſelnden Fleiß zu einem Altet
gelangte, weine? die Hoffnung feiner frädern Bekannten
bertraf. — Am 25. Febr. 1806 batte er fih mit Wil
beimine Eliſabeth Tobanne Erdmann verbeiratbet, die
ion ald Wittwe überlebt bat; aber von mebreren Kin⸗
dern iñ ihm nur eine Tochter geblieben, indem andere
bei. den fdönften Hoffnungen, vielleicht in Folge einer-.
erblihen Diöpofition, frühe dahin welklten.
102. Daniel Söhnchen, f
gehrer an der evangel. Schule zu Mühlhelm a, Rhein;
geb. i. J...., geſt. zu Köln d. 2. Febr. 1837 ).
Söhnden war der Sohn geringer, aber tugend⸗
bafter Eltern, die noch leben, und zu Ründeroth im Ober,
bergifcben wohnen. Im vaͤterlichen Haufe und in’ der
Schule feines Geburtsortd empfing. er. feine Erziehung
und feinen erften Unterrigt. Nachdem er fi hinreichend
worbereitet hatte, trat er In dad Seminar zu Neu +2Bied
ein und lernte dort fo fleißig, lebte aud fo untadelbaft;
daß ibm beim Austritt aud der Anftalt ein ſehr gutes
- Beugniß ertheilt wurde. Alsbald ward er an Di Schule
nab NRaählheim berufen und widmete fid mit allem Ei⸗
fer feinem Beruf. Ein gaſtriſches Fieber warf ihn im
Yuguft des I. 1836 auf Dad Krankenlager; Die Krankheit
ward bald nervös und endete in der Schwindfadt, an
der er amı oben genannten Tage verfpied. — ©. befaß
einen von Natur fehr gefunden, ja fcarffinnigen Der
ftand, den er, befonderd dur mathematifche Studien,
trefflich ausgebildet hatte. Seine Senntniffe waren ges
rade nicht die umfangreihften und fie konnten es and
*) Nach dem Sorecher oder Ab. Werphäl, Anz. 1897, Nr. 1.
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. % * * — R i 5 “
29% | s Soͤhnchen. ‚©
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ESbhnchen. 293
noch nicht fein, da er ſich eben erft and dem Drude feis
ner frübern Verdaͤltniſſe heraus⸗ und emporgearbeitet
und die edien Früchte zu fammeln begonnen hatte; aldi
fie erfiredften fi doch Aber Den ganzen Kreis deffen, was
von einem Elementarlehrer gefordert wird und fie waren
Dabei fo geordnet und fo gruͤndlich, daß er fie beim
Unterribte mit voller Sicherheit und mit dem beften
Erfolg anmenden Fonnte, In der Lehrmethode hatte er
faft die Meifterfchaft erreidt. Weife ward von ihm der
Lehrſtoff nad den verfhiedenen Klaffen gewählt und
vertbeilt; lüdenlos ſchritt fein Unterriht von Stufe zu
Gtufe fort; Alles entwidelte fi nad einem mohlübers
dachten Plane und in feRer Ordnung und niemald machte
er ſich des unſeligen Treibens derer ſchuldig, die fi bei
ihrem Unterrichte geben faflen, bald dies bald jened
umfaflen, um e8 wieder fortzumerfen und die, wenn fie
. am Morgen in die Schule geben, nicht willen, bid wo⸗
bin fie am Abend mit ibren Schülern gefommen fein
werden. Daber bingen denn auch die Kinder mit ges
fpannter Aufmerkfamteit an feinen Zippen, daher lernten
fie viel und Alles recht und daber, dies if das Wi
tigfte, war. der Gewinn -an formaler Geiftedbildung für
fie, fo auögezeichnet: groß. Der Fleiß und der Bexrufs⸗
eifer ©. kannte faum Gränzen. Der wadere Mann
war immer puͤnktlich auf feinem Poften, er lehrte mit
feuriger Lebend le mit unermäderer Anfrengung;
er ließ ed die Schüler Durch jeden Blick, durch jedes
Wort und durch fein ganzes Wefen empfinden, wie fer:
ibm fein Werk mit ihnen am Herzen liege. Un der
Dafigen höhern Buͤrgerſchule ertheilte er, obgleih die
Lektionen, die ihm in der Elementarfchule oblagen, an
ſich ſchon ſchwierig waren und ihn um fo mehr angriffen,
je ſchwaͤcher feine Bruſt mar, unentgeldlichen Unterricht
und er that Died mit derſelben Aufopferungdfreudigkeis,
mit der er an der Schule arbeitete, Die ihn befoldete.
Seine freie Zeit wandte er zur Sortfegung feiner Stu⸗
Dien und zur Erweiterung feiner wiſſenſchaftlichen Kennt⸗
niffe an, wobei er immer fein Amt und Das, was für
dieſes wichtig war, zunaͤchſt im Auge hatte und nad der
Regel verfubr: Non multa sed multum. Nur ſpaͤrliche,
vielleiht nur alzu fpärliche Erhokungen gönnte er
und ftetö nur ſolche, die eines Zehrerd würdig find. Ein
kindlicher, unſchuldiger und genägfamer Sinn war ihm
‘in feltenem Grad eigen; er war aufrihtig und wahr,
redlid und treu in. Wort. und That; für feine Ueber
y
2 Weidig. = Ä
s
-
\
wong, für Mes, mas it und Zupud dei,
muck
—— und feinen Eltern gab er dad Beiſpiel der
rährendfien Pietät.
4103. Dr. Friedrich Ludwig Weidig,
Pfarrer in Obergleen (Deflens Darmfladt);
geb. 1. 3. 1791, endete freitoillig zu Darmſtadt am 28 Bebr. 18979). .
Weidig war zu Butzbach in der Wetterau geboren,
udirte Theologie und midmete fib dem Schulfach.
rüb fand er eine Wnftellung aldö_Sonreftor an ber
Stadtfehule feined Geburtsortd. Mit Umfiht, Thdtig-
feit und Liebe lehrte er bier und fireute reiben Sa—
mien ber Kenniniß und männliben Gefinnung in die Her»
zen feiner Schüler. Eine Denunciation gegen WB.’ polis
iſſches Derbalten ums yabr 1319 gerichtet, batte Feine
für ibn nachtbeiligen Folgen, vielmehr ging er ganz ger _
rechtfertigt bervor. Der damals regierende Großberzo
Yudrig I, **) verlangte ihn Fennen zu lernen und fa
ibn —— bei ſich. In jener Zeit foine W. zum Refe
tor befördert werden. Das Minifterium war gegen eine
Beidrderung W.’3, aber Ludwig 3. fegte feinen Willen
fräftig durb: W. ward Nektor und Fonnte nun endlich
feine Braut zum Altar führen. Er ward Dater. Freun⸗
dedliebe, ebelide Zärtlichkeit und die Achtung feiner
Söller, deren älteffe nun {don zu Männern erwachſen
waren, umgaben ihn. Dabei ein gefunder Körper, ein
fräftiger Geift und bei gemeflenem Auskommen heitere
Senögfamfeit — dad Loos war beneidenswertd. Da
famen die Zulitage 1830 und dad Eco ibrer Thaten
zitterte über die erflaunte Welt bin. In Deutſchland
gab ed wieder Konftitutionemertbeilungen, befonders das
nabe Heſſen-Kaſſel Jog die Öffentlide Aufmerkfamkeit .
auf id. In Heflen-Darmftadt, wo bereits ein verfafs
_fungsmäßiged Leben gegründet war und ein gerade vers
fammelter Tandtag in ‚Sinangjaen fräftig einfchritt,
eigte ſich das Volk heiter und vertrauend, Blos vor
bergehend 308 eine Ealte Hagelmolfe über dad boffnung«
ee ——
.Litdrariſche und kritiſche MWiätter der Voͤrſenhalle We. 1960
1 BR —
— BSiogr. ſ. im N. Metz 8. Sadrg. ©. 500.
-
einde e: die fi nte ektion in
eſſen. Me 5, dur die Aufregung in en
unternommen, fortgeleitet von armen Grenzlern und
Bauern im flandesverrliden Gebiet, ohne Haupt, ohne
Sinn, blos ein zappelnder Taufendfuß, zornyoU gegen
Öffentlihe Beamte, deren mebreren laut die Öffentl
Stimme Härte und (deußlide Immoralitaͤt vorwarf,
würbend gegen die Hegiftraturen, bald vom Landmanü
felbkt bet u und vom Militär bedroht, ging die Sache
aus nicht wie ein Licht, fondern wie ein wäher läwerli- .
her Traum, bei dem nur dad als bedeutſam und ſelbſt
als bedenklich erfcheinen. mochte, daß anfehnlihe Städt
den der Werterau, z. B. Nidda, Drtenberg, Schotten
u. a. dem Rebellenhaufen nicht den mindeften Wider⸗
and entgegenfegten. Sreibeit_oder Gleichgöltigkeit —
de S er waren auffallend genug! Jene ober
beffifde niurreftion hatte einen traurigen Incidentpunkt
gebabt: Die Tötung und Derwundung medrerer Eins
wohner oberbefl. Dörfer Durch einziebendes deſſ. Militär,
welches im Wahne Kand, Meuterer bier vor fid zu ba»
ben, während die Männer friedlih obne Wahlen dem
Einun zufhauten, oder auf der Landftraße, oder am
Aepfelbrechen in ihren Gärten waren und fogar tbeile
weis am Tage vorber einen -Rebelleneinfal wir Gluͤck
bekaͤmpft hatten. Dad Ereigniß machte viel Aufſehen
und erregte Zom und Mitleid. Die Witwen und Kins -
der der Gerödteten, die Verwundeten erbielten reiche
Spenden. Auch W., deffen Wohnort nur wenige Stun,
den vom Schauplag jener trauervollen Scenen entfernt
lag, Srug fein Scherflein Dazu bei. Er unternahm fein _
„deutſchẽes Geſangbuch“ zum Beften ber am 1. Dftober
1830 unglüdlid gewordenen Familien in Wölteröbeim
-.und Shbdel auf Subſcription und tbeilte ed in Tugend»
lieder, DBolkölieder, Vaterlandölieder und geiftliche Lie—
der. Einige ber Lieder rübren von ibm felbft ber; ſo
„der Heflengruß,“ „Baterlandsliebe,“ „Dermanns Lied“ -
u.a. Sie find Haft intereffant als Ausdruck freier
deutſcher Gefinnung, aber zugleich auc ‚einer folden,
welche die gegenwärtigen ſtaatsrechtlichen und territorias o
len Berbältniffe Deutſchlands zu Überfpringen, Feined«
wegs beabfichtigte. Die Zeiten wurden indeflen bemeg«-
ter und unrubiger. Das Volk oder die Bolföpartei
nabm mehr in Anfpruc, al der Thron geben wollte;
dad Volk berief ſich auf das Recht und die Dernunft,
der Thron auf dad Recht und Die Macht. Warſchau
'296 u Weidig. |
war unterdefien gefaln: die Regierung des Julius in
Frankreich batte von den Prineipien, welde fie ges
&baffen, getrennt: überall Untergang der Volkspartei in
dren kühnſten oder Leiten Dorfechtern. Die Macht
orte. Das Geſes fand ihr bereitö fertig zur Hand oder
- fe Eonnte es veranlaffen. W. fab nicht unthätig dabei
zu: er betrieb die Sendung eines Pokals an den kraͤf⸗
. tigen Sörderer der Preßfreideit Weller in Karlsrud und
foried viel in oͤffentliche Blätter, in&befondere nadm
man dies von der Hanauer Zeitung an. Und Alles uns
ensgeldlid. Der Mann in feinem Eifer dachte. nicht
‚, Daran, eine Sache, melde ibm an fi fo lieb und werih
war, noch außerdem fi) nugbar au machen. Umgekehrt
wandte er, der aan an fich feldf, der frugale Mann,
noch bedeutende Summen “auf Anfcaffungen von Zei⸗
tungen und befonders die Unterfiägung der damals beis
mathlos dDurhwandernden Polen. Während des Lande
tags 1832 — waren auf die Anzeige einer ausmärtie
gen Behoͤrde und ergangenen Minifter le W.'s
Papiere polizeilich unterfudt und er ſelbſt in, polizei⸗
iche Haft genommen worden. Seine Gattin überreichte
bei der zweiten Kammer eine Vorſtellung, die rechtwi⸗
drige Verdaftung ihres Ehegatten betreffend und die
Abgeordneten von Gagern, Hallwachs, Helmrich und von
Buſſeck ſtellten in Bezug auf Diefe Sache einen Antrag
„auf ——— gegen Mißbrauch der Amtsge⸗
walt und Verletzung des Art. 88 der Verfaſſungsür⸗
kunde *).” Zwei Tage lang (1. und 2. Auguſt 1833)
dauerte die Diskuſſion in der zweiten Kammer. Ebe
aber noch Die Sache erledigt, war W. nah _5Otägiger.
Haft durch das Gericht freigelaffen worden. Seine Ent
laffung aus der Haft und Die nachher erfolgende des
ebenfalld gen lich eingesogen gemefenen Äpothekers
Trapp aud Friedberg erregien damals viele Sreude in
Der Provinz Oberheſſen, der fie zunaͤchſt angehoͤrten: mas.
veranftaltete Feſte, Mädchen Äberreihten Kränze. An⸗
fangd November 1833 wurde der in Darmftadt verfans
melte Landtag aufgelöft und mehrere Penfionirungen von
Staatsdienern, welche zur Oppofition gehört batten, ers
folgten. Andere, fo nal man an, Thlßte nur ihre Ei⸗
genltan: eis Mitglieder von Richterkollegien. W., Der
ein politifches Creigniß in feinens größern oder Pleiner .
‘. Kei eſſe darf anders als in den durch das Recht und
—— — — Bonen arbeit obez —
se i "
%
Weidig. 297
Daterland obne Aufmerkſamkeit emließ, wandte ge =
r
Diefem mit Eifer zu, indem er eine Senfeier
rhäfehrenden Dppofitionddeputirten von Buſſeck veran⸗
Rolten balf und ih für ein Medaillengefchent an die
Mitglieder des aufgelönen Landtags intereffirte. Eben
fo lagen ibm auch wobl die neuen Wahlen am Herzen.
Diefe fanden unterdeflen im ganzen Lande flatt; 14 ge-
wählte freifianige Staatödiener — alfo beinade dad Dritts
tbeil der Kammer — erhielten feinen Urlaub; demunge⸗
achtet war die große Mehrheit der neuen Abgeosdnieten
wieder liberal ausgefallen. Ende April 1834 trat der
neue Landtag zufammen, bid dann am 25. Dftober 1834
auch feine Aufldfung erfolgte. Während diefer Zeit was
ren die Verbältniffe der Prefie im Großherzogthum Hefe
fen um Vieles ſchwwieriger geworden. Schon im Laufe
des Jahrs 4833 hatte die Gtaatöregierung die einzigen
Dppofitiondblätter des Landes: Den deutſchen Volksbo⸗
ten, den Beobachter in Heſſen bei Rhein und dad neue
deſſiſche Volksblatt, obgleich alle drei'unter Eenfur 'ges
ſtanden, durch Entziehung der Eonceffion unterdrädt;
— cenfirte auswaͤrtige Blätter, welche viel über dad
roßderzogthum braten: das in Speier erſcheinende
alse heſſiſche Volksblatt und die Hanauer Zeitung, wa⸗
ren verboten worden. Diefe Hemmungen nahmen im.
ae der Zeit noch mehrfach zu, während Meinungen,
weihe der Dppofition entgegengefegt waren, obne
Schwierigkeit und in grellen Sarben ſich Luft maden
Eonnten. Anfangs 1834 erfhienen auch bereitd mehrere
Erzeugniſſe der geheimen Preſſe, wohl mit durch jene
Derbältniffe veranlagt, da und dort im Publikum, drin⸗
gend.auf Wahlen im liberalen Sinn m. dergl. Auch
noch nachher lad man biömweilen in ben Zeitungen, daß
ſolche geheime Drude erfhienen feien. Die Polizei fabne
dete darauf und verbieß Preife an den Entbeder. W.
lehrte unterdeflen nach wie vor rubia im Städten Buß« |
bad an feiner Schule. Nicht im Beſih des erforderlis
en Cenſus, um Deputirter zu werben, würde ſonſt bei
feiner großen Popularitaͤt nichts leichter als dieſes ger
seien fein. Die ganze jüngere Bevölkerung Butzbachs
gehörte zur Zahl einer Schüler und was aleich bedeus
tend war, achtete und liebte ihn. Was Wunder alfo,
daß W. zu_jener Zeit, wie ed ſcheint, Die Lebereinftims
mung der Sefinnung, namentlich der politiſchen für ums
foffender hielt, als de wirklich war, indem er den Maads .
tab Butzbachs, von. ihm ſelbſe gefchnigt und gebildet,
RB...» Weidig.
zum Maadkab größerer Strecken machte. Was Wunder
aber auch. daß er an einem Orte gern wohnte und wirkte,
wo ihm Liebe und vielfach gleide Stimmung begegnes
ten. Da erfolgte im Sräbjahr 1834, — von
W., feine Verſetzung als Pfarrer nach Obergleen, einem:
. armen und —— oberbeſſiſchen Doͤrfchen. W.
te wohl gern fpäterhin den Schuldienſt mit einer
farrſtelle vertaufcht, aber: vorerk war dies noch nicht.
‚ feine Abſicht. Zugleich Rand er zwar als Schulmann
aber nicht mehr ald Pfarrer unter dem Schuß der Dienſt⸗
——— konnte vielmehr als Pfarrer willküͤrlich eut⸗
affen werden. Alſo ein wichtiges Motiv, in einer ſiche⸗
: rern Stellung zu bleiben. Dazu die neuen Dienftemo-
fumente! Nur etwa 36 fl. firen Gebalt ſollten ibm als
Pfarrer jährlich werden; Dann der Pacht einiger ausge⸗
mergelter Pfarräder, die Gafualien und Die in Geld an»
gef@lagene Wohnung. W. Fam bei der Staatsbedoͤrde
um Rüdnabme jener Verſetzung ein; er berief ſich auf
feinen vielsäbrigen tadellofen Dient im Schulfach; er
that ed fchrifelid, mündlid. Umfonk! Was W. erbielt,
mar die Zufage, daß fein neuer Gehalt bis zum Betra
des biöberigen verbeffert werden follte und 4
mußte er nad Dbergleen überzieben, _ Indeflen fand er
ſich bald in feine Einfamfeit und in feinen neuen Wirs
ungöfreid. Eben fo bingen bald feine Pfarrfinder mit
ber innigften Berebrung an ibm. Bis dadin hatte Obere
—— im Ruf geftanden, daß es ſchlechte Prediger habe;
. vernichtete dirfen Ruf; zu feinem gotteödienklichen
Vorträgen drängten ſich reichlichſt Zuhörer, auch von
entferntern Gemeinden. In Obergleen gab es bis da⸗
bin viele Spieler und Branntmeintrinker, W. gewoͤhnte
diefe Unart ihnen ab. Auch viele arme Leute gab ed in -
Dbergleen, die oft um den Gulden oder den Thaler oder
um einige Thaler verlegen waren; W. borgte ihnen.
Später bielt man für auffallend, daß ein mistellofer
Mann Geld an Bauern borgen fünnte, doch offenbar
mit der Gefahr, es nit wieder zu erbaften. Uber die
armen Leute zahlten wirklich wieder und der Dekan des
Bezirks, Über jenen Umfand zum Bericht gefordert,
‚ führte aus, wie die Einfachheit und firenge Ordnung des _
Weidigſchen Haushalts allerdings die Dispofition über
. folge Mittel erfiärten. Während fo der Mann in fel-
nem Kreiſe wirkſam war und den Aermern bereitwillig
"Die Gafualien.fwentte, fammielte die Srau die Mädchen
des Dorfs zu. weidlichen Urbeisen um fi. Ein heiteres
.
\
Weidig. | 299 °
Stillleben umfing die beiden Eheleute, an deren Seite
der Sohn, ein. frif&aufblühender 12jäpriger Anabe, ſtaud
und weiche die Ausſicht hatten, ihren Familienkreis bald
mit einem neuen Sproͤßling vermehrt gu feben. Da, im
April 1835, erfolgte W.’6 abermalige Derhaftung. Er
war in der Zeit vorher politifd nicht ganz, unangefoch⸗
ten geblieben, vielmehr batte die Gerichtsbedoͤrde we⸗
en Abfaſſung und beimlicher Verbreitung von Slugs
Poriften gegen ihn inguirirt. Doc fchlug er Died wer .
nig an. e nunmebr erfolgte Verhaftung, polizeilich
und unverfebend in der Nacht unternommen, ſchien bie
Solge neuer Indicien zu fein... Map brachte W. Kark
bewacht nad äriedberg ind Gefaͤngniß. Ungefähr ums
Diefelbe Zeit, da W. arrerirt ward, erfolgte auch die Ges
ugennebmung mebrerer Bekannten Und Freunde dei
Iden, wie man allgemein damals im Publifum annahm,
n Solge der Denunciation eine& jungen Mannes, der
‚bereit in vertraulicher Kommunikation nach andern Sei—
ten bin ſich befunden haben foll, ald er nod feinen bid«
gerioen Bertrauten gegenüber den enragirten Sreibeitse
eund ſpielte. Wirklich ward auch diefer junge Menſch,.
nachdem er mehrere Monate ebenfalld in Haft gemeien,
derfelben entlaſſen. Um Mfinaften 1885 erfolgte W.'d
und feines- Schidiolögenoffen Berfehung aus den Ger
oniffen in Friedberg in das Provinzialarrefibaus im
Darmitads, welches mehr Sicerbeit der Bemahbung bot
und dem auch die höchſten Staatsbehörden näher waren,
gie wurde feine Haft um vieles firenger. Ein vom
ießner und Dann auch Darmftädter Hofgericht hierzu,
Somittirter Unterfubungdfommilfär mard nun in ben
verfchiedenen Sachen tbätig; ibm gefellte fib bald ein
zweiter und in neuerer Zeit ein dritter hinzu. Aus Dem
srlaffenen Etedbriefen erfab man, Daß es fi bier meil
um Derfertigung oder Derbreitung revolutiondrer Druds
fehriften (der Betreff der Dekrete in der Weidigiben
Unterfuchung lautete: „megen engeioufkigter Abfaſſung
und Verbreitung revolutiondrer Drudidriften“) oder
um das Srankfurter Aprilattentat handele. Aus der ſtar⸗
Ten Genddarmeriebededung, welche W. beim Transport
son Sriedberg nah Darmitadt beigegeben mär, ließ ſich
annehmen, dab er befonderd gravirt fei oder dab doch
die Bepörde feiner Habhafthaltung ein befondered Ges ⸗
wicht beilege. Leber Inhalt und Gang der Unterſuchung
vernabm man außer dem Bemerften wenig im Dublifum,
Dop- verlautete, W, feien, weil er fid der Gefaͤngnißa
SR ;
4
300 Meidig,
ditciplin nit gedoͤrig füge und namentlich einmal aus
feinem Fenſter binabgerufen babe, Iängere Seit Ketten
angelegt worden. Dann war au die Rede davon, die
Aerzte, zum Gutachten aufgefordert, 0b W. Schläge ver
tragen könne, bätten fich gegen diefe Möglichkeit ausge⸗
fproden; andere Aerjte, das Gutachten begutachtend,
“ hätten zwar jene Möglichkeit in dem Sinn zugegeben,
Waß W. phyſiſch ſtark genug ſei, Schläge auszuhalten,
‘aber bedenkliche Folgen für feinen Geiſt von einer Pros
cedur dieſer Art befürchtet. - Endlich erfubr man, W.
be bei diefer Kommiffion, welche vierteljährig Die Ges
naniffe befucht, große Beihwerden gegen den Unters
ngefommiffär zu Protokoll zu geben angefangen,
Ober (0 Ausrähriie a ne
‚ weile aber fo aus ch geworden feien, daß der Bifl-
ntationskommiſſaͤr mir Genehmigung des Gießner Hofges
richts einen Aeceſſiſten mit deren Hähnel beauftragt
" e: eine Einrichtung. melde anderwärtd Anftand ges
nden und fogar nicht ind Leben getreten fei. Alle
dieſe Mittbeilungen und Erzäblungen, welche noch in
den Lauf ded Jahrs 1885 fallen, ſchienen .beglaubigt.
Im Bezug auf das Letztere wurde Dann fpäterhin be»
Sannt, daß die Vifitationdtommiffion zwar noch immer
‚die politifiden Gefangenen befuche, aber nit mehr ihre
etwaigen Beihwerden, in fofern fie I: auf die gegen fie
. anbängigen Unterfuhungen bezögen, fondern nur in fü»
weit fie die Koſt u. dergl. beträfen, zu Protokoll: nehmen
Därfe. Bei den Übrigen Gefangenen behielt man dage⸗
‚gen die bieberige Einrichtung bei. Im, Laufe des Jahrs
6 maren mebrere ‚Berborteöceeggelue und Ed
noch eine von W.’d Anwalt eingereihte Bitte, W. ges
en Kaution freizulaffen, von den Gerichten in den ver⸗
iedenen Inſtanzen abaefchlagen worden. Da und dort
Lande hatte Die Auffindung perſteckter Papiere neuers,
Dinge fatt gehabt und am 15. Gebr. 1837 waren wieder
einige Arretirungen erfolgt. So kam der 28. Februar
4837 berbei. Da verbreitete fi mit Blitzesſchnelle das
Gerät, W. fei am Morgen dieſes Tages vom Gefan-
—— in ſeinem Gefaͤngniß verwundet gefunden wor⸗
en und wirklich nachher geſtorben. Die Scherben einer
erſchlagenen Waſſerflaſche hätten ibm zur Deffnung der
rterien an feinen Arm⸗ und Zußgelenken und zur Durch⸗
— des Halſes gedient. Die Nachricht beſtaͤtigte ſich.
Aus welchem Beweggrunde er dieſe That vollbracht, Darüber
werden wir ſtets im Dunkel bleiben, da uns alle Auf⸗
falhlfe von ſeiner Seite fehlen, Tinte und Feder zum
\
\
von Wienskowsky. 801
Shreiben fehlte ihm, er hatte nur Blut und den Finger.
Nicht dad Bewußtſein der Schuld braucht der Beweg⸗
grund gewefen zu fein, edlere Motive fönnen und wer⸗
en ibn geleitet haben *). Um 25. Sebruar fräb Mor
get 6 Udr wurde We's Leiche auf einem ankändigen
eihenwagen und in Begleitung einiger Polizeiofficians
ten dem neuen Sriedbof in Darmſtadt zugeführt. In der
langen Sargreibe, wie der Tag fie bringt, fand aud der
inige feine Stelle. Das Bater unfer der Tobdtengräs .
er lifpelte um die Gruft, Wiel Theilnahme batte W.s
Cod überall, erregt. LZäcerli wäre ed behaupten zu
‚ wollen, daß nicht auch gemeine, beitig ſchmaͤdende Stim⸗
men bei diefer Belegenbeit laut geworden; Stimmen,
welche das Ziſchen der Daun: und der leichenhungri⸗
en Hpaͤne auch noch Äber Bräbern bören laflen. Aber
* Beurkundung menſchlicher Gefuüͤhle fehlt eben⸗
aus nicht. In Bupbad, dem Geburts, und früberen
Wohnort W.’d, 16 Stunden von Darmfladt gelegen, war
die Nachricht in einem Moment bekannt; allerwaͤrts er
ſcholl darüber Tammer. Zwei Männer, ein diterer und
ein jüngerer, Beide ebemalige Schüler W.s, machten
ch auf, um dem Leichenbegaͤngniſſe des verfiorbenen
ebrerd und Sreundes beizumohnen; aber er ruhte ſchon
in dem treuen Mutterfhooß der Erde, als fie ankamen.
104. Guflav Anton von Wienskowsky,
\ Generalmajor a. D. zu Bredlau;
ged. den 11. April 1766, geft. den 23. Febtuar 1837 **).
Er war zu Vangerow bei Neu» Stettin in Hinter
pommern geboren und begann feine militdrifhe Lauf
bahn durch den im Jahr 4781 erfolgten Eintritt in das
u Bredlau garnifonirende Regiment Anhalt. In die
em zum Lieutenant ernannt, machte er in demſelben Re⸗
ment die erfte franzöfifhe Kampagne mit und zeichnete
& in mehreren Gefechten aus. In diefen Feldzügen
ernte er in Frankfurt q / M. feine binterlaffene Gattin,
eine geborne dv. Frank kennen, mit welcher er feir dem
Jadr 1796 in der eis Ehe lebte. In dem Zeits
raum von 1807 bid zum Ausbruch des Befreiungskriegs
im Jahr 1813 fand v. W. nicht in aktiven Militärvers
*) Bergt. über derlei Situationen Silvio Pellicos Gefaͤngniſſe
S. of. der geipn. Heberfegung- 5 Sulvie Pe eföngnifie
er) Breslauer Beitung 1837. Nr, 68 .
FE
‘
‘
502 von Wienskowsky. i
uölmiffen; in dieſem Jahr aber trat er wieder in die
Beipe feiner alten Waffeubräder und führte als Koms'.
mande
ur eines Bataillons des 7. Reſerveregiments (jegi»
achten des Feldzügs von 1818 auf eine fo ausgezeichnete
en 19. Infanterieregimentd) dieſes in den Gefechten und
5 Es dag Darüber der hochgeachtete Heerführer, unter deffen
Kommando er fand, fib Ipäter gegen idn dahin aus⸗
F Bug: „Ich werde niemald Ihr Benehmen im großen
6
nicht eder, als
deſſen Be
rten (bei Dreöden), ferner am Tage der Kulmer
Sclacht vergeffen, mo Ihr Bataillon rechtd von der
Ghauſſee im Stollenvorfer Walde aufgeftelt, den reis
ßenden Strome von Feind und Freund „Halt“ gebot
and die Rube meiner Bataillone aufrecht SINE, als
Führer deffelden Bataillond aber mar er e
am Tage des 14. Zebruard 1814 in dem Gefecht bei
Ehampeaubert allen Preußen ein Mufter des Muths, der
Treue und Aufopferung für König und Vaterland vor
Augen ftellte. Denn ald DaB zweite preußifhe Armee
korps von der Uebermacht Napoleons aufs bärtefte be
Drängt und beinab eingeichloffen war, erbielt der Bene
ral v. W. den Befehl, die Ferme von- Ehampeaubert zu
beſetzen und den Feind, es koſte, wad ed wolle, aufsubal»
ten, damit die Truppen Zeit gewönnen, den Wald von
Etoged zu erreihen. Rudmvoll und glänzend erfhllte
er diefen arte. Der Seind ee Durchmarſch
v. W. mit den Lehten ſeines braven
Bataillons an drei ſchweren Kopfwunden blutend gefal⸗
len, den Sieg nicht mehr ſtreitig machen konnte. Mit
Bewunderung erkannte ſelbſt der Feind die Heldenthat
ı on. Der franzoͤſiſche Bericht enthielt über dieſes Ge⸗
feht die Worte, welche fich auf den Verewigten bee
gen: ,‚Nons crumes qu’an woins, il y avoit plusieurs
milles hommes daus la ferme, tandis qu’un faible batail-
lon avoſßt soutenu cette defense vigoureuse. Le Comman-
‘ dant est le brave des braves.“ Ded Deremigten wahre
Verdienſte um den Staat blieben auch nicht unbeachtet;
on im Jahr 1813 zum Major ernannt, fchmüdten feine
ruft die Orden des eifernen Kreuzes eriter und zwei—
ter Klaffe und der St. Annenorden; im Gabr 1815 avan⸗
eirte er zum Oberftlieutenant im Kaifer ran; Grenadier.
regiment und erbielt bald. Darauf das Kommando des
23. nf Kata welches er in der Schlacht von
Des AUiance führte und auch ald Dberft bi zu feiner
nennung Am zweiten Kommandanten von Neiffe Cbei
a
auch, als er,
*
gerung Im Jahr 1806 er ſich ſchon ausgezeich.
Diecmann. 808
net hatte). behielt. Seit dem Jahr 4829 von
dem Rs
nig als Genralmajor in den mwoblverdienten Rubeßand
verfegt, verlebte er feine Tage Kill und surddocogen
r
Am Kteife feiner Samilie, für die Erziebung feine
wiſſenſchaftlich
den Söhne wirkend, in Breslau. Eben fo dochachtungs⸗
werih wie als Krieger war er ald Menſch, ald Gatıe
und Bater, ein treuer, redlicher, zum Helfen fletö bereis
-ter Sreund; voll dchter Menfhenfreundlichkeit und Hus
manität, geliebt und. dodgeihägt von allen, die ibn
tannten. Unter zablreicher Begleitung, der tapfere Heer⸗
führer, unter deflen Kommando er feine glänzendften
Frakentbaten verrichtete, an der Spitze, wurde feine ir.
if Dar am 26. Gebruar zu ihrer legten Ruheſtaͤtte
geleite
* 105, Chriſtian Gottlieb Dedmann,
Doktor der Medicin u. Chirurgie, ordentliher Profeflor der SH: 2
rurgie und Anatomie zu Klel;
geb. den 8. April 1798, Heft. den 24. Bebruar 1837,°
Deckmann ward in dem Städten Rendöburg ges
boren.. Sein Dater, ein rechtſchaffener aber eben nit
bemittelter Schneidtermeilter, fonnte dem Sobne, der von
“ frübfter Kindheit an große Xu —*F Ehirurgie und Me⸗
dicin äußerte, feine im Verbaͤltniß zu feinen zahlreichen
Geſchwiſßern ausgezeichnete Erziehung oder nur eine‘ mehr
- ald gemöhnlide Schulbildung zu KCheil werden faffen,
‘fo daß dieſer, Faum dem Sinabenalter entwachſen, ſich
um eine unterfte Ebirurgenttee bei dem in feiner Ba
terftadt liegenden Militär bewerben mußte und auch
glucklich genug war, jene zu erlangen. . Unter der Geis .
, tung eines ausgezeichneten — — und durch
eigened Talent, mit unermädlichem Eifer verbunden,
brachte er ed bald dahin, daß ihm die Erfaubniß: fein
Regiment zu verlaffen und mit beibehaltenem Gehalt
feine birurgifben Studien auf‘der Landeduniverfitär zu
vollenden, ertbeilt wurde, worauf er, nach kurzem Aufs
entbalt in Kiel, vom Jahr 1820 an die chirurgische Aka⸗
‚bemie in Kopenhagen bejuchte und. nad) wenigen abs
ren in dem dortigen chirurgiſchen Examen den erften - °
Charakter davontrug. Doc hatte er ſich nicht ausſchlie
lid der Chirurgie gewidmet, fondern die ganze Mediein
Rudirt und gleichzeitig dur großen Fleiß
in den früber verfäumten Schulmwiffenfchaften ed fo, meit
gebracht, daß ihm kurze Zeit nach dem eriten Examen
N
sc Demi.
auch das mediciniſche Amtöeramen vor der Sakultät in ı
Kopenhagen zu beiteben möglich wurde und zwar nicht
‚minder rühmlich als das frübere, indem er auch bier den
erſten Charakter erlangte. Nachdem die müde» und for
genvollen Studienjahre fo glücklich überfianden waren,
verließ D. Kopenhagen und erwarb ſich in Kiel dur
Öffentlibe Dertbeidigung feiner Differtation „Notae -
quaedam chemici praecipue argumenti in aquas oph-
thalmicas“- dad Doktordiplom. Faſt von diefem Augen»
blick an begann dad Schickſal ihm freundlichere Blicke
zu zu werfen und er, der noch vor Kurzem nicht felten
geamungen war, um die noͤthigſten Beduͤrfniſſe fdwer- zu
ämpfen,: erwarb fid von nun an obne eamierigielt
feinen reichlichen Unterbalt. ——— von
ezeichneten Arzte Suadicani *), der wegen hohen Alters
Peiner andgebreiteten Prarid nicht mehr vorſtehen fonnte,
ing Dedmann im Frühling des Jahrs 1824 al
rzt nach Schleswig und erlangte bier, obgleich fein
Gönner Suadicani nach Furzer Zeit ftarb, bald eine febr
eintraͤgliche Praxis, die Zuneigung feiner Mitbürger und
Achtung der übrigen Aerzte Schleswigs, Überdied aber
die Liebe eined allgemein hochgeachteten Maͤdchens, ges
borne Sranfe, Dad ibn bald zum glädlihen Ehemanne
machte. Vorzuͤglich auf den Rath des rühmlichſt befann»
sen Profeffors Küders *) wurde nach fünfiäbriger Pris
-vatprarid D. ald außerordentliber VDrofeffor der Anatos
—
mie und Chirurgie bei der Univerfitäf Kiel angeſtellt und
betrat im Oktober 1829 dieſe ehrenvolle Laufbahn mit
dem Eifer und der Energie, die von je in allen feinen
Alnternebmungen ibn ausgezeichnet batten, Außer den
anatomiſchen Uebungen, Die feiner Zeitung (als Profek
tor) anvertraut waren, bielt er Vorlefungen über Una⸗
tomie und Chirurgie, namentlich aber fuchte er auch dad
fat ganz erlofhene allgemginere Studium der Anthros
‚nologie wieder zu beleben und gab zu dem Ende eine
leine Brofchäre. „Studium anatomiae et physiologiae
omnibus singularum artium cultoribus probat et ad prae-
leotiones anthrophologicas invitat Dr. Deckmann.“ (Kil,
.1880.) beraus. Vorzüglich gefuht und gefdägt waren
jedoch fortwährend nur feine anatomifchen und chirurgis
fhen Vorleſungen. Daß die übrigen Died weniger war .
ren, lag vielleiht. an feinem zu ſehr fürd Praktifche
geeigneten Talente, was freilich für jene Wiſſenſchaften
— — ⸗ .
09 Deſſen Biographie f. N. Nele. & Zabrg, S. 408.
m 0. "0" =" 108.
'
®
em aus⸗
Dedmanı. 305
aur doͤchſt glädlih ausſiel, aber zugleich eine gewiſſe
‚Strenge und Ernfidaftigkeit erzeugte, die ihn gegen Alles,
was nicht gen in den Grenzen jener lag, gleichgültig
und achtlos machte. Aus dem Grunde waren feine Nor:
träge nur für folde Zuhörer recht nüglich, die ähnlichen
wiſſenſchaftlichen Eifer, wie er felbft, dafür mitbrachten,
vermochten aber nit durch befondere Annehmlichkeiten
der Sprache und aͤhnliche Mittel, Die andere Lehrer ſich
gern (und mit Recht) erlauben, laue Schüler zu feſſeln
‚und für die Wiflenfchaft zu_ gewinnen. Größer und fes
— wurde aber der Kreis feiner Thaͤtigkeit, nad»
‚dem er, zum ordentlichen Profeflor im December 1833
ernannt, die unabhängige Zeitung des Sriedriäbofpitals
erhalten, welches nach feinem Vorfchlage von da am allein
tür chirurgiſche Kranke beſtimmt wurde und mo unter
einer tbeilnehmenden Direktion zablreihe Unglückliche
den koͤſtlichen Befig der Gefundbeit wieder erlangten.
Bis jetzt hatte D. fi einer trefilihen Gefundheit er.
freut, aber mwahrfceinlih durch übermäßige geifige An⸗
firengungen aller Art (wohin außer manchem. Yerger und -
Derdruß, den fein vielfeitiger Beruf ibm zugog, befons
ders der frübe Tod feiner Sattin, die ibm zwei Maͤd⸗
chen zuräcdtieß, zu rechnen) feinen faſt robuften Körper
bau ſchon untergraben und den’Hteim. zu einer Krankheit
gelegt, die in wenigen Tabren ibn dem fihern Tod zus
führte. Schon im Frühjahr 18983 wurde er von einem
Lungenblutſturz befallen, der im folgenden Sabre von
Neuem ſich einftellte und (aon damals durc feine Fol
. geauflände ihn dem Grabe fo nahe brachte, daß die Aerzte
an feinem Aufkommen zweifelten. Sehr ſchwaͤch fhleppte
er ſich noch bis naͤchſten Sommer bin, obgleich er,
ſo weit ed möglich war, der Ausuͤbun jeiner Pflidten
oblag und reifte dann, befürchtend, daB der Winter ins
rauben Vaterland ihm tödtlih werden möge, im Herb
4835 dem milderen Himmel Stalien® zu, Eehrte aber von
dort im folgenden Sommer ungenefen zuruͤck. Trotz der
augenfälligiten Schwäde ſugte er noch jeßt feinen Ge⸗
ſchaͤften vorzufteben, hielt Vorleſungen und leitete die
irurgiſche Klinik, in welcher noch haͤufig die alte Vor⸗
liebe für Die praktiſche Chirurgie hervorleuchtete, wid»
mete aber feine-übrige Zeit allein der Erziehung feiner
zärtlich. geliebten Töchter und flarb, nachdem er nochmals
einen Blutſturz erlitten, am oben genannten Tage. Seine
Leiche wurde von Kollegen und Studirenden, feierlich
sur Erde ‚beftattet und. der Senat widmete ihm eine
RM. Rekrolog. 15. Jahrg. 20
%
!
300 Klin | u
fateintfde Denkſchrift. — Des ausgezeichnetes Verdienft
war, daß er ganz — Berufe lebte und daß er die⸗
ji Beruf ganz befonderd in der praktiſchen Unfeitung
einer Schüler fuchte. Er hätte dem Lande ohne Zwei,
el manden brauchbaren Chirurgen geliefert. Wenn er
"uch nicht durch Genialität alänzte, fo war er Doch Dur
Gruͤndlichkeit in feiner Wiſſenſchaft, praktifche Leichtig⸗
Eeit und die Höchfte Treue in der Erfüßung feiner Pflich
ten ausgezeichnet. in unabhängiges, freied Werfolgen
feines Zwecks, Standbaftigfeit und auddauernder Muth,
Strenge geaen ſich und Andere, nur gegen Dad hin⸗
[amin ende Ende feined Lebens durch Milde und Ge,
Duld befchränft, waren die, bervorfiedenden Eigenſchaf⸗
ten feines Chargkters; Durch fid war er gemorden, mad
er war und dieſes Gefühl begleitete ihn ſtets, ohne daß
er ſich je uͤberſchaͤtzt hätte. — Außer -den genannten Werr
en I? erte er noch Auffäge zu verfiedenen periodifchen
Schriften. *
106. Samuel Gotthelf Klien,
Pfarrer zu Klein⸗Bautzen (Lauſitz);
geb. im J. 1764, geſt. den 26. Februar 1837 *).
Klien wurde au Geieröwalde in der NiedersLaufig,.
no fein Water Mfarrer war, geboren. Nachdem legte:
rer Die Pfarre zu Klein: Baugen erbalten, Fam er eben-_
falls mit demfelben Dabin, genoß den nötbigen Privat:
unterricht und Fam 1779 auf dad Gymnaſtum zu Budif:
fin, wo er den Unterriht Demutb's, Petris, Baber’s,
Cobers und Roſt's benußte, Im Jahr 1787 bezog er Die
Univerfität Wittenberg, von welder er nah drei Jahren
wieder in die Heimath zurüdfebrte, ald Hanslehrer an
mebreren Orten feine Thätigkeit zeigte, dann in Wil.
then ald Hilföprediger angeſtellt und im Jahr 1808 fei-
nem Dater unter Zuſichekung der Nachfolge adjumgirt
wurde, dem er nach feinem im Jahr 1807 erfolgten Tod
im Amte firccedirte. Im Tabr 1810 verheirathete er ſich
mit Der Tochter des Defonomieinfpektord Goltſch, zu
Nottwig bei Budiffin, mit welcher er in Einderlofer Ehe
lebte und Die ihm der Tod 1816 entriß, Beine jmeite
Frau, die ihn Überlebende Witwe, iſt Die Tochter des
Dr. Fiſcher zu Stolpen, mit welcher er eine noch lebende
Tochter erzeugte, — Der Verftörbene genoß eine dauer
IR Lauſ. Magaz. Heft 2, 1897. '
2 “ i
\
Wolckenhaar. 307
hafte Geſunddeit; nut eine kutze Zeit vor feinem Hin⸗
fcheiden Überfiel ihn Koͤrperſchwaͤche, woran er am oben
‚genannten Tage ſtarb. Er dinterlaͤßt den Ruhm eines
iedern, wackern Mannes, guten Gatten und treuen
Freundes.
* 107. Otto Ludw. Friedr. Wolckenhaar,
k. hannovy. Daupimann u. Kreiseinnehmer Ju Hameln;
‚geb. d. 12. San. 1757, geſt. d. 25. Febr. 1837»
Zu Oldenſtaͤdt, einem Dorfe bei Uelzen im Läne
burgifhen, wo fein Dater ©. GE. WB. Prediger mar,
wurde er geboren; feine Mutter_ war Gertrude Marie
Dallmeier. Fruͤh neigte ſich fein Sinn zum Kriegerſtande
und bald nad feiner Konfirmation trat er 1772 ald Ka
Det in _die Reiben der Daterlandövertbeidiger zu Hameln
ein. Nah einigen Jahren wurde er Sreiforporal, dann
Sergeant;, 1780 Schndri, 1785 Lieutenant und 1794
Hauptmann; darnach wurde ihm die Leibfompagnie des
7. Infanterieregimentd anvertraut. Nachdem dad Vaters
land in die —— der Franzoſen gefallen war, erhielt
er 1806 dad Amt eined Schaf» oder Kreiseinnehmers im
—— welches er bis zu feinem Tode verwaltet hat.
B. war ein deutſcher Mann, wir vielen Tugenden ge⸗
iomüdt, fein Leben ſegensvoll. Volle 65 Jahre, auch
noch in der Echmadhheıt eined feltenen Alterd, bat er
feinem König und feinem DVaterlande mit unermädetem
Eifer gedient, Als Soldat erwarb er ſich durch große
Pünktlichkeit im Dienft und durch milde Sreundlichkeit
gegen feine Untergebenen fowohl die größte Liebe bei
iefen, ald das volle Vertrauen feiner Obern, befonde
> Ded tapfern Generald von dem Buſche, der im franzdf.
Revolutiondkriege. fiel. Als DVorfteder einer Leſege
fchaft für Dfficiere, in welcher befohders wichtige bio»
rifhe Werfe gelefen wurden, forgte er.für feine eigene
und für die Fortbildung feiner Kameraden, die ihm von
ganzem Ben ergeben waren. .Der Sal des Vaterlande
n Kant. emalt verwundete tief fein Herz; groß war
fein Kummer, da er Durch dringende Gründe behindert
wurde, in den fieggefrönten Schaaren der deutſchen
Zegion feines Könige den Feind & befämpfen; aber
freudig fandte er feinen älteften n: Stan:
j uud. warn heimlich viele räftige Männer für die heilige
e de
u
0
ohn in den: Kampf
aterlands. Das brachte ibm Todesgefahr;
„er wurde derrathen, muhte mehrere Bogen, ein daries
308 Locherer.
Gefaͤngniß erdulden und nur die treue Liebe feiner klu⸗
en und muthigen Ehefrau, die ſtandhafte Fuͤrſprache
einer angefebenen Sreunde In Hanover und die Milde
des damaligen franzöf. Generalgouverneurs , des, jeigen
Könige der Schweden, retteten ihm dad Leben. Sein
treuer Eifer blieb nicht unbelohnt. Bald nachher erhielt
‚er eine einträglie DBerforgung im Civildienſt und in
den Zeiten der wiedererrungenen Freiheit vom fremden
Joch genoß er ald Oberfter des Hamelnſchen Landſturms
noch einmal die langentbehrte Freude, dem Daterlande
für die Zeit der Gefahr Schuß zu bereiten. Sein Herz _
war vol Menfcenfreumdlichkeit und groß if die Zahl
derer, denen er Dur Rath und That wichtige Dienfte
leitete. Eben fo freundlich ermwied er ih auch in feinen
bäusliden Berbältniffen. Er mar 2 Mal verbeirathet;
zuerft mit Gara £ouife Harding, gebärtig aus Harburg;
dann mit Tobanne Henriette Degener, gebärtig aus
Braunfhrmeig. Bier Kinder gingen ipm fdon erwachſen
in die Emigfeit voran, Mit der zweiten Ehefrau über»
leben ibn 6 Kinder, 3 Söhne im Dienfte des Staats
und der Kirche und 3 verbeirathete Töchter, mit 14 Groß»
Eindern. Er felbit batte von feiner Kindheit an bis
in fein hohes Greifenalter mit manderlei Zeiden und
ſchweren Sorgen zu kämpfen; aber auch, in den bängften
Gtunden feines Febens fand er Ruhé im Glauben an
die väterlihe Rürforge Gottes, Der feine ganze Seele
erfüllte und im Bertrauen zu den Seinigen und zu fei-
nen Sreunden und meder diefed Vertrauen noch jener
Blauben haben ibn betrogen,
108. Johann Nepomuk Locherer, '
Doktor der Theologie, Senior und orbentl, öffentlicher Profeffor
- an der kathol.⸗ theolog. Fakultät zu Gießen;
geb. den 21. Aug. 1773, geft. am 26. Febr. 1837 *).
Locherer war zu Sreiburg im Breiögau geboren. Der
Umftand, daß er in einer der dlteften deutſchen Muſen⸗
Nädte dad Licht der Welt erblidte, ließ ihn den geringen
"Stand feiner unbemittelten Eltern, in Beziehung auf
wiſſenſchaftliche Ausbildung, nicht fo hart fühlen und
fügte ihn gegen Gefahren, unter welden fchon- fo
mancher hoffnungsvolle Süngling vor feiner Entwidelung
untergegangen it; denn obgleid unter einem ärmlichen
Nach: „Trauerrede auf Eodherer, Mainz
Locherer. 809
Dache, Sebte er doch ſtets unter väterlicher Aufficht und
der Wunſch, denen im Alter eine Eräge u die
jegt fo liebevoll für ibn das Wenige autopferten, war
ibm ein Eräftiger Sporn, die fi Darbietende Belegen»
beit zu einer aMfeitigen Bildung in ihrem ganzen Une.
fange mit Liebe zu nügen. Dennoch hatte er bei jedem
Schritte zu feiner Dervollfommnung mit manchen Uns
beguemlichkeiten und — *— su. kaͤmpfen, welche
in der Armuth und Dürftigkeit unzertrennlich verbunden
nd; aber weit davon ‚entfernt, ihn niederzudrücken,
- trugen biefelben zu feiner fchneleren Entwidelung för
dernd bei. Ohne Zreunde, ohne Empfehlung, ohne An»
feben mußte er aud ſich felbft, Durch eigene Kraft wer
den, was er zu werden firebte; Achtung und Liebe wußte
der talentvolle Juͤngling, Eönne er fih nur durch ans
geitrengten Fleiß, durch Befcheidenpeit, Sanftmuth und
anfprucdlofes Welen erwerben und es gelang ibm bald -
in einem fo boben Grade, daß diejenigen, die er als
Xebrer verehrte und bodfcägte, ihn ihrer Sreundfcaft
mürdigsen und bei jeder Gelegenheit ſich beeilten, ihm
die rührendften Beweife davon zu geben. Sein untadels
bafter Wandel, fein unermädeted Streben, das bald
mit dem derrlichſten Erfolge gekrönt ward, fand von
vielen Seiten Anerkennung und erwarb ibm ſchon fehr
frübe und ſicherte ihm für die Zukunft — aft
und Liebe mancher dochgeſtellten Perſonen. Schon in
der erſten Zeit ſeines oͤffentlichen Auftretens durfte er
den edlen Freiherrn v. Weflenderg unter feine. Freunde
zählen und datte ſich der wohlwollenden Geſinnung An
Zuneigung deſſelben unvermindert bid zu feinem Tode
u erfreuen und vor allen war ed der ald Biſchof von
ainz verftorbene Burg *), der ihn bis zu feinem Ende
als Priefter, ald Gelehrter, ald Freund bochſchaͤtzte und
ſebte. Es wäre mir Recht zu erwarten geweſen, daß
er Derftorbene, unter fo einflußreihen Gönnern bald zu
angefebenen Stellen gelangte. Aber was begehrenöwerth
it in den Augen der Welt, mas diefe nad ihren Bes
riffen groß nennt, war nicht das Ziel feined Strebend:
eine pfarramtlichen und wiflenf&aftliden Bemühungen
um Befen der Religion und der Kirche batten ibm
reunde erworben; aber ihm ſchien ed unedel, dieſe zu
eigennügigen Zwecken zu mißbrauden und fie, einen fo
edlen Charakter nach Gebühr würdigend, wollten ibm nicht
durch Empfehlungen, die er nie fuchte, eine fo feltene
*) Defien Biograpdie'f.. N. Nekr. 11. Sadeg. ©. 878.
x
810 | Locherer.
*
Tugend verfümmern. Was der junge Prieſter einzig
anſtrebte, war ein eigener Wirkungskreis, war eine Ges
meinde, deren Wohl er fih ausſchließlich midmen Fonnte.
Kaum war er darum ein halbes Jahr in Grüningen als
Pfarrvikar thaͤtig, ald er die Pfarrei Wendelsheim über:
nabm, aus deren Ertrag er faum dad Norhdürftigke er»
ſchwingen fonnte. Aber diefer Umftand, der den ges
woͤhnlichen Menſchen zur gaͤnzlichen Thatlofigfeit herab»
druͤckt, erböbte nur feinen Muth, entflammte feinen Eis
fer, verdoppelte feine Thaͤtigkeit. Ja in feiner Armuth
erübrigte er immer noch fo viel, daß er die Därftigkeit-
reichlich unterftüßen Fonnte. Hierauf erbielt er die Pfar⸗
rei Seebronn und wurde von bier nad beinahe 7 Jab⸗
ren eined unermübdlichen und fegendreihen Wirfend nad
ons en, einem angefebenen Dorf am Dberrbein, ver
etzt. as ihn zu dieſem neuen Wechſel bewog, war
‚zum Theil der Wunſch, in feinem geliebten Breisgau zu
wirken und mehreren feiner vertrauteften Jugendfreunde
nabe zu fein, vorzüglich aber die Rüͤckſicht, die noth⸗
wendigen Hülfömittek zu feinen wiſſenſchaftlichen Bes
firebungen bequemer fi aneignen zu Eönnen, was ſo⸗
wohl durch Die Nähe von Sreiburg, als auch Durch Die
befferen Einkünfte der Pfarrei nur möglih war. Die
ebrenvolle Ernennung als Stadtpfarrer nad Rottenbur
am Nedar lehnte er entfchieden ub, nahm aber den fpde
ser (nad 2öjähriger Wirkfamkeit zu Jechtingen) an ihn
ergangenen Ruf ald Profeffor nab Gießen an, wo er.
üftig auf dem Gebiete der Wiſſenſchaft bid an feinen
od wirkte. — Als einen Hauptzweig feines priefterlichen
Berufd betrachtete und bebandelte er das fchramt; ers
fült von dem göttlichen Geiſte, der in den veiligen
Schriften weht, felbft genäbrt an dem Urquell des Les
bens, -innigft vertraut mit dem Geifte der Kirche und
ihrer berrliben Inſtitutionen, war Die Lehre Jeſu in
ihm zu einem lebendigen Strome geworden, melwer den, .
Boden aller Herzen, die er berübrte, beilfam befruchtere
und überall eine vielverforebende Ernte vorbereitete,
Nicht ohne die gemillfenbaftene Vorbereitung beftieg er
den chriſtlichen Rednerſtuhl; die Gefühle, melde die er—
babenen Wahrbeiten in ibm felbft bervorgebradt, erweckte
er mit Wärme und Straft der Rede, durch apoftolifche
Salbung und Nabdruf in den Herzen feiner Zubörer,
Befonders waren die Schulen feiner Bemeinden für ibn
ein berrliher Wirkungskreis; er erachtete einen Tag nicht ,
würdig beſchloſſen, wenn er nicht, cinige Stunden bei
feinen geliebten Kleinen augebracht hätte. In ihrer
4
>
|
4
mat, nun der legten St
— geſchahen. — Seine Schriften find:
Gunradi. 311
Mitte wurde er feldR ein Kind und er beguemte ſich
gonz ihrer SaffungBfähigkeit. Mit gleichem Eifer lag er
den Pflidten old Priefter-und als Ausfpender der g
lihen Gedeimniſſe ob. An Das Lager der Kranken brachte
er Troſt und Beruhigung und der flerbende Vater ſah
mit Ruhe auf feine weinenden Kinder, denn er mußte
fie unter der Aufſicht eined_guten treubeforgten Hirten;
die arme Wittwe marterte ſich nicht mit dem Gedanken,
age beraubt, aud ihren uns
gluͤcklichen Waifen werden fofte: fie empfabl fie dem
edlen Prieſter — doch, er hatte fie ſchon längk in fein
‚Herz aufgenommen, er detrachtete ſich als Vater aller
Unglädliden. Hierin aber liegt erſt dad Verdieſtliche
feiner Handlungen, daB fie, fern von jeder unlautern
Anficht, fern von Eigennug und Ehrgeiz oder anders
geidenfchaften, welche den Glanz aud ber fdönften
Handlungen verdunfeln, jm Geilte ur reinfen Liebe
| er Stand des
Seelſorgers, feine Zreuden und Leiden, für Die viger-
Aneerburg 1805. — Homilien über die ſonn⸗ und feſt⸗
tägliden Evangelien d. katholiſchen Kirchenjahrs. 2 Tb.
Augdb. 1811. — Geſciqte d. drifif. ehainn u. Kirqe.
9 Th. Ravendb. 1824 — 33. — Kurze Predigten äb, die
fonn⸗ und feſttaͤgl. Evangelien des kathol. Kirchenjahrs.
M. einem Bochn. Gelegendeitsreden. 3 Bdoqhn. Ebendaſ.
1628 - 20. — Lehrbuch der qriſtlich⸗kirchl. Archaͤologie.
Frankf. a / M. 1832. — Lehrb. d. Patrologie, f. akadem.
Vorleſungen beſtimmt. Mainz 1836. — Hatte Antheil am
Konftanzer Archiv für Paſtoralkonferenzen. :
109. Karl Gottfried Cunradi,
Abdvokat zu Camenz;
geb. I. 3. 1783, geſt. am 27. Febr. 1887 ).
Er wurde zu Samenz geboren, wo fein Vater Bär
r und Nabdlermeifter war, ftudirte auf — ceum
feiner Vaterſtadt, wie auf dem Oymnafium zu Bubiffin,
trat ald Artilleriſt in Fönigli ſaͤchſ. Dienke und ba_er
aus diefen feinen Abſchied genommen, verbeirathete er fi
und betrieb einen Weißkramhandel, kehrte aber dann
wiederum zu den Wiflenfchaften zuräd und vollendete feine
Studien auf der Univerlität zu Zeipgig, nad deren Bes
endigung .er fi) ald Advokat in feiner Vaterſtadt niederließ,
RR. Lauf, Magaz. Dit. 2. 1897, ’
—
. Die mannidfaltigen Arbeiten, me
312 =
110. ‚Franz Adolph Jacobi,
Doktor des Medicin, Kreisphufituß und Armenarzt zu Warendorf
(Weftpbalen); | ö
geb. t. 3. 1765, geft. d. 27. Febr. 1887 °).
u Warendorf geboren, genoß er den erften Gym».
nafialunterricht in feiner DVaterftadt, bezog dann, um
die Pharmacie und Arzneikunde zu ftudiren , die Univers
fitdt Münfter, darauf das damals blühende Helmftädt
und zuletzt dad durch feine großartigen Heilanftalten:
. berühmte Wien. Nicht allein mit auögezeichneten tbeos
retifhen Kenntniffen gerüftet, fondern auch zum prakti-
(den Arzt in den Spitdiern der Kaiſerſtadt gebildet,
ließ er ſich im Jahr 1790 ald Doktor der Medicin und :
Chirurgie in feiner Heimath nieder und erbielt i. J. 1817,
obſchon mehrere ausgezeichnete Aerzte mit ibm konkur⸗
rirten, die Anftelung ald — — in Warendorf.
| he ſich ihm in dieſem
neuen MWirfungdfreife darboten, leiftete er zur völligen
‚Zufriedenheit der vorgefeßten Bebörden mit der unerfchüit:
terlichſten Rechtlichkeſt und mit feltener Einfachheit und
doch wiſſenſchaftlicher Klarheit in feinen Auffägen. Außer
einigen zerfireuten Abbandlungen in Gilberts Annalen
der Chemie und in, den Jahresberichten Des k. Medicinal«
follegiums hat der Verftorbene der gelehrten Welt Feine
literarifeben Arbeiten geliefert; woran ihn cine beſchwer—
liche Zanbprarid und Das Beſtreben, durd die Lektüre
der beften neuern Schriften mit den Bortfchritten ber
Chemie und Medicin Schritt zu balten, wohl gehindert
baben. Bei einer regen Beifteötbdtigfeit befaß Tacobi
einen geſunden Elaren Berftand, richtige Urtbeilgfraft -
und Beobadtungsgabe. Ohne irgend einem der zahl»
Iofen medicinifhen Syſteme, Die er auf feiner nicht
| kurzen aͤrztlichen Laufbahn entfichen und verſchwinden
fab, zu buldigen, wußte er bei der Ausübung feiner
Kunft die Heilkraft der Natur zu würdigen und nahm
anfpruchölos und obne Unmaafung, ein Feind des Ehar::
latanismus und der Arkanenkraͤmerei, Die Beobachtungen
und das Derfahren der ausgezeichnetiten Aerzte alter
Nationen zur Richtſchunr feines Handelns. Unermüder
in der Ausübung feiner Beruföpflichten, echter Ehrift im
Glauben und Wirken, war er der Wohlthaͤter der Armen.
*) Weſtyb. Merkur. 187. Nr. .
yo
.. Joa
Zinkeiſen. | 318
- und bei Naht mie bei Tage ſtets bereit, dieſen eben fo
wie den Bemittelten die verlangte Hälfe a leiten. Er
war uneigennögig und beiaß im boden Grade die dem
Arzte fo unentbebrlide Geduld, den Undank, womit
auch er fo oft gelohnt wurde, zu verfchmerzen. Er wär
freundfid und leutfelig gegen Jeden, getällig, dienſt⸗
— und vertraͤglich gegen ſeine Kollegen, deren Freund⸗
t und Liebe ibm nicht fehlte. Als guter Gatte und
- Vater, ald Mann von wenigen Bedärfniffen lebte er
zufrieden und glüklid im Kleinen Kreife der Seinigen.
zus — einer ſtrengen Didt und Mäßig-
keit in allen Genüffen bradte er bei einem ſwachen
Körperbau, troß Öfterer, in feinen Berufögefchäften ſich
zugezogener Gichtleiden, fein Leben bdis zum 72. Tahre
und farb obne vorheriges Unwodlſein plöglich am Nerven⸗
ſchlage. Was er ald Arzt bei vielen Epidemien und
namentlich in ber legten Zeit geleilter, darüber fpricht
die einmütbige Stimme feiner ganzen Vaterſtadt, die
Zahl der Armen, :die noch vor der Beerdigung feine
irdifhe Hüle befudten, die Menge, die feiner Leiche
. folgte, die Thraͤnen des Danks und der Rührung, die
feinem Andenken Hoffen.
* 111. Eduard Zinkeifen,
herzogl. fachf. altenburg. Hauptmann, Auditeur und Hofadvokat;
‚geboren d. 14. Sept, 1796, geflorben d. 8. Febr. 1837.
Zinfeifen war der 3. Sobn des ehemal. Geheimen
Kammerrathd Karl Rudolph Zinkeifen zu Altenburg, ges
noß feinen erften Unterricht dürch Privatiehrer, Dann auf
dem Gymnaſium zu Altenburg unter. der Zeitung des
treffliben Kirchen» und Schulraths Mattbid *) und ſei⸗
ner achtungswerthen Gebülfen; folgte dann dem Aufrufe
zur Vertheidigung ded Vaterlands 1814 und 1815, mo
er unter der Landwehr ald Lieutenant eintrat und die
Seldzüge nad Frankreich mitmachte, ging nah Beendi⸗
gung derfelben auf die Univerfität Jena und fpdter Zeipe
sig (von Dfiern 1816 bid Michaelid 1818), wo er fi dem
juriftifden Studium widmete, wurde 4819 unter die Ads
vofaten des Zanded aufgenommen, befam 1828 die Stelle
eines Auditeurd beim Zinienbataillon ©. Altenburg und
wugleich dad Prädikat ald Premierlieutenant, fo wie 1836
nd eined Hauptmannd, gewaun bald eine anſehnliche
*) Deien Blograpbie f- Mı Rekz. 19. Jade. ©, 48 -
814 a Dewora.
jerikifche Praxis und. aberkam mehrere anſednliche Ger
tichtöpaltereien. Er verbeiratbete ſich mit der einzigen
Tochter, des Geheimenraths Geutebrüd in, Altenburg,
Rgrb pilöglih an den Folgen der nicht gehörig abgemars
teten Grippe und hinterließ 7 unverforgte Kinder.
* 112. Viktor Joſeph Dewora,
Domtkaritular, Tompfarrer u. Stadtdechant, Ritter des k. preuß,
rotden Udlerordend Ir Klaffe, Direktor ded k. preuß. Tatholifchen
Ochullebrerfeminartumd für den Regterungsbezirk Trier, fo wie,
gorrefpondirended und Ehrenmitglied ded großherzoglid, badifchen
ö landwiribfchaftl, Vereins zu Ettlingen, zu Trier;
— geb. den 21. Juni 1794, geſt. 8. Maͤrz 1837;
‚Er war zu Hadamar geboren, erhielt feine frübere
Bildung von feinem Dbeim, dem Erjefuiten Franz Clar,
ſtudirte nachher gu Koblenz und erhielt im Herbit 1794
ald Primud der oberen philoſophiſchen Klaffe von dem
Surfürken und Erzbifchofe Klemens Wenzeblaus eine
Sreiftele in dem Priefterfeminar zu Trier. Weil aber
gerade Damals dad linke Rheinufer von den Franzoſen
erobert wurde, fo Eonnte er feine Hy zum geiſt⸗
lichen Etande, wozu er die größte Vorliebe hatte, in
Frier nicht erbaften. Er sing aber nad Mainz und da
b auch bier unter dem Getümmel der Kriegsvoͤlker
eine rubigen Stunden zum Studiren erwarten ließen,
begab er 19 nah Würzburg, wo er unter den Profefe
oren Wielener, Dberthär, Onymus, Berg und Seiler
beologie Audirte, bei dem Profeffor Andres zur Homi⸗
letikt. Katechetik und Pädagogik angeleitet und unter den
Regenten Leibe und Zirkel im Priefterfeminar zur Seel,
forge vorgehbt wurde. Der erzbiſchoͤfi. Trieriſche Generale
“ ‚wifar Bel *) ‚befand fi damals gerade ald Emigrant
in Fulda ımd batte den Wunſch geäußert, daß die era
fift» trierifhen Kandidaten ber Theologie unter feiner
Aufſicht in Fulda ihre Studien vollenden und die bödes
ren Weiben empfangen möchten, als D. im Herbſt 1706.
ſich in das daſige Priefterfeminarium begab, wo er unter
den Regenten Echmitt und Kamp feine Ausbildung -
zum Geelforgeramte und am 23. Geptember 1797 von
- Dem Fürſtbiſchof Adelbert I. die Prieſterweihe ers
bielt. Er mard zuerft Geblülfe_in der großen Pfarrei
Frickhofen, zwei Stunden von Hadamar, dam su ©t.
+) Deffen Biogr. fı N. Rebr. 5. Jadıy. ©. 268.
=
Dexwora. 315
Goarbhdauſen am Rdein, fpdter zu Perl, 0 Stunden
von Trier und zuletzt in der Vorſtadt St. Mathias bei
Trier, mo der beinahe SO jährige Prior des aufgelößen
- Benedifrinerordens und Pfarrer Beder ibm im J. 1807
die Pfarrei refignirte und der Bifchof — idn biete
auf am 1. Mai 1808 als Pfarrer ernannte. a in dem
ara Negierungddepartement Beine Bildungsanftalt
angebende Squllehrer eriftifte, fo begann D. im
Herbie des J. 1810 in feinem geräumigen Pfarrbaufe
eine Menge religiös gefinnster und untadelbafter Juͤng⸗
linge und Männer um fi der zu ſammeln und dieſelben
durch Belehrung und Beifpiel für das wichtige Schuls
lehreramt vorzubereiten. Seine ruhm⸗ und fegenvollen
Bemühungen fanden bald ungerbeilten Beifall und er
datte bei dem übernommenen ſchweren Geſchaͤfte ſowohl
von Seite der ehemaligen franzoͤſ., als auch der jetzigen
koͤnigl. preuß. Regierung ſich der kraͤftigſten Unterftägung-
u erfreuen. Hierdurch gelang es ihm bei raßletem Ei-
er, der auch dann nicht ermüdete, wenn täglich 10 biß
4° Stunden Unterricht gu geben war, vom Jahr A340
bis 1821 ungefähr 700 Scullebrer zu bilden, die bei
ihren geiftliden und weltliden Oberen ein garı beſon⸗
deres 8 ‚genoſſen und denen nun nicht allein im
Trieriſchen an he fondern auch in manden
Städten und vielen Dörtern benachbarter Provinzen das
wichtige Gefchaͤft der Erziehung und des Unterrichtö der
Kinder anvertraut il. D. war nicht minder wmachſam
und immer bemübt für den Fortbeſtand dieſer Anſtalt im
Regierungsbezirke Trier, denn ald das preuß. Gouver⸗
nement mit dem Gedanken umging, diefelbe aufzuheben
und andermärts Se a oder fie mit dem Schul⸗
Iehrerfeminar zu Brühl zu vereinigen, arbeitete er un⸗
ermädet, um fie in der Stadt Trier zu erhalten AM
i. 3. 18234 dab Trierifhe Domkapitel in Solge der Bulle
„de Salute animarum“ neu srganifirt wurde, erbiels
D. ein Domfanonitar und werde von dem Bilchofe
v. Hommer *) zum Domprediger und bifchöfl. geſſtiichen
Rathe befiellt, welchem Amt er unermuͤdet biö zum J. 1834
vorftend. Die Zeit melde er von feinen DBeruftgefade
‚ten erübrigte, verwendete er bis in feine legten Lebens⸗
tage zur Abfaſſung nuͤtzlicher Schriften und reichte jedem
guten Unternehmen mit einer feltenen Uneigennügigkeit
wohlmollend seine duͤlfreiche Hand. Im Zahr 4836
— u m
*) Defien Biearapbie f im N. Nekrolog Jadrg. 14. ©: 716. v
16 2: Derem
fühlte er feine Kräfte mehr und mehr ſchwinden, bis die
ppe ihn aufd Krankenlager warf und ein £ungenfchlag
ein thätiged Leben endete. Der Pfarrfirde St. Matdiad
i Trier bat er 400 Thaler zum Behuf einer Kaplandı
Biftang vermacht. Als feine Leibe am 6. März auf dem
irhdofe zu St. Matbind beerdigt wurde, begleiteten
ine chemaligen Pfarrfinder Yon St. Mathias, die
andidaten des Scullebrerfeminariums und eine große
Menge Hürger der Stadt. —— Grabe. — Ein
ungemeined Talent mit gleichem Fleiße gepaart, zeichnete -
D. nit nur in feiner Kirche, fondern in der ganzen
Umgegend aus. Sehr Fundig im geiſtlichen und welt:
lichen Wiſſen, wie e8 feine Schriften beweiſen, ein
Medner, wie ed deren wenige gibt, ragte er im Xande
bervor und genoß allgemein einer ausgezeichneten Ach⸗
tung. Auch in den Tagen der Noth galt er für einen
Merfechter der guten und heiligen Sache der Religion.
Er mar vielen ein treuer Zührer auf der Bahn des Heils,
ein wohlthaͤtiger Menfhenfreund in allen Anliegen. —
Geine Schriften find: Sreuzmegsandachten‘ od. Betrach⸗
“sungen Über dad Leiden und Sterben unfered Herrn
efu Chriſti nach den —— 15 Stationen. 2. Aufl.
adamar 1805. — Andachten zum heil. Saktament des
ltars. Ebend. 1805. — Andachten von der Todesangſt
eſu Chriſti od. üb, d. legten Worte unſeres am Streuze
erbenden Heilands. Ebd. 1805. — Predigten and Fathol.
Landvolk gehalten. Ebd. 1806. — Neued Gebetbuch für
kathol. Landleute nad dem Geifte des reinen Chriftens
thums verfaßt. Ebd. 1807. — Evangelienbug, worin nit
nur d. Evangelien, Epifteln u. £eftionen auf alle Sonn»
u, Sefttage d. Jahrs, fondern auch auf d. Feſte befondes
rer Kirdenpatronen enthalten find. Zum Nugen und
Gebrauche für Fathol. Kirden u. Schulen. 2, Aufl. Ebd.
4808, — Undachtöbud für d. Derebrer d, heil. Mathias.
Trier 1808, — Bruderfdaftöbüclein für d. Verehrer d.
beil. Matbiad. Ebd. 1808. — Dad Wichtigſte für kathol.
Ehriften, melde z. Grabe des beil. Matbias wallfahrten.
Ebend. 1808. — Anmütdige Züge aus den Leben edler
Menfden. Koblenz, 4310, — Predigt am hoben Namends
tage Er. Mai. des Kaiferd Franz v. Defterreih, Königs
9. Ungarn u. Böbmen am 4, Dft. 4814 in der Domtirde
au Trier an das F, F. Hufarenregiment Erzherzog Jofep 2
an dad 9. k. k. Tägerbataillon, an die geiftl. und weltl.
Dbrigkeiten d. Trieriſchen Yandes u. an die vornehmften
Einwohner, wie aub an die Bürger ber Stadt Trier
7 ⁊
Dewora. 3127
geh ften. Trier 1814. — Rüdblid auf die Jahre d.
trümmerung und. Audfiht auf Die beflere Zukunft. ine
Predigt i. 8 1814 am feierl. le für d. Befreiun
v beil. Vaters Pius_VIT. aus der Sjähr. Gefangenidatt
in d. Kirche d. beit, re Mathias bei Trier gebalten.
—— 1815. — Edle Züge von gefangenen Ruſſen zu
43 im 3 1808. Ebd. 1815. — Monatl,. VBerrihtungen
bei eld. u. Wiefenmwirthfaft, für die fleißigen und
biedern Zandleute in deut. Provinzen des linken Rheine
a s d. 1815. Neu entworf. 1816. — Bemeinfcaftl.
G. Bruch: Wird ed nägli fein, die —
— — an d. ſtaͤndiſch. d. linken Rhein,
uferd Theil nebmen zu laflen ? 1815.
Perrichtungen bei der aaa für ‚die fleißigen ıc.
. Hadamar 1815. 2. Aufl. 1821. — Vollſtaͤnd. Darfellungen
der monatl. Beſchaͤftigungen in d. Gemüße- u. Küchen
arten, den fleißigen und biedern Zandleuten des preuß.
—28 — Nieder⸗ und Mittelrhein —— Hadamar
* oblenz 1816. — Briefe u. Geſpraͤche veranlaßt dur
die Entfädrung u. an —— * beil. Vater
Pius VII. v. Rom nach Sawona. € AA dl Ignaz
©. Lojola u. Franz v. Zavier, od. ro wahre Dent) und
—— der Sefuiten. Ebd. 1816. — * Ländliche
ieder nach ſchon befannten Melodien v. einem kathol.
Seelforger für Jung und Alt im Volke herausgegeben,
um die vielen ſchmutzigen, Geiſt und Herz vergiftenden.
Gaffenlieder zu verdrängen. Ebd. 1816. — LZektiondylan
des Eönigl. Schullebrerfemindriumd zu St. Mathias bei
Trier 1816. — Anleitung sur Rechenkunſt f. Stadt» und
gandfQulen. u 1817. verb. Aufl. 1821. 5. Aufl.
rlich waͤhrt am “Tanshen, ein Shrikenkehr- u.
Dräfung een, die fieißige u. gefittete Jugend, Ebd.
— Die meiften glei und aͤhnlich
an, er jr Bedeutung und Abflammung nad) _
verſchiedenen Wörter d. deut. ade, zum Gebrauche
bei dem Siftirfereiben in Schulen und an die Kinder
leichte Säge u. Perioden bilden zu lehren. Ebd, 1817. —
ame Reden bei der feierliden Vereidung * aus dem
egierungsbezirke von Trier in k. preuß. Militaͤrdienſte
—— Erſatzmannſchaft im Jahr 1817 unter min
Himmel in Trier gehalten. Trier 1817, — Die M
er kindl. Liebe. Ein Ghriftenlehr » u. ‚prüfungdgef dent
Lob. heise u. aut eſinnte Jugend. Hadamar u. Koblenz
er —I— die Barmherzigen.
en Epriiten edrgefihent. Srier 1817, — Der vage
[) —
ig ®
— Monatl. .
818 ie # Dewora.
Sotverenfreun. Ein Leſebuch für bie nieberrhelnift
männlide Jugend. Hadamar und Koblenz; 4818, —
Abhandlung über die zweckmaͤßigſten Strafen und Be
——— in Elementarſchulen. Ebendaſ. 1318, 2. Aufl. -
8231. — Gaamenförner für die Emigfeit: * voll
Rändiged Geberbuch für kathol. Chriſten. Ebd. 1818, —
Erörterung d, beil. Pflichten an d. Soldaten. kathotifder
Religion im Dienfte d. fiebenden Fönigl. preuß. Heeres:
Eine Predigt bei der feierliben Vereidung der aus Dem
Dgierung Ru Trier berufenen Erfagmannfhaften den .
1818, — Die fittlide Erziebung in Elementar-
Lou Ebend: 1819. — Die gewiflendaften Menden.
En lebrrreicheö u. unterbaltended SDiRorlene. f. d. fat.
un Ebend. 1820, 2, Aufl. 1827. — Hälfsbuc zum
‚Erklären in katholiſch. Glementarfeulen. Ebd. 1820. —
Der Schuhgeift —8 zen Sayohlungeh, f, Elementar;
ſchulen. € Ebend. 1 — Die Fraft der Religion. _ Ein.
Ehrinenlehr» und Dräfungdg eſchenk. Ebd. 1821, 3. Aufl.
Beifpiel der werttbärigen Nächitenliebe. Ein
Ehriftenfebr» und Prüfmgögeidenk, © Ebd. 1321. 2: Aufl.
4828, — Naturbeforeib. d, menſchl. Leibed f.d. Jugend:
Koblen; 1821. — Naturbe(chreibung der Tbiere für Die
ugend. 4 Hfte, Ebend, 1821—22, — Die Be le —*
* unfered am Kreußze fterbenden Erlöferd
Predigt-am Charfreitage. Hadam, 1822, — Die geinde
und Funde unferes am . ten 5 u. ſterbenden
Crloͤſers in Neden an dad Ehr tenvolf, Ebend. 1833. —
ebungen. Ein ‚eprreich ‚unerbaltened Hiftor enb. für
. farpol. 1824, 2 «Auf. 1 1333, — *
nun * —— u. Kob vl —*
ciſß 0d.: Was.
riften. hend, 1824. — Kern der "briftl. Andacht. Ein h
Re u. hun —J f. —* Chriſten. Ebd. 1824. — ,
<rauerrede auf d. würd, Hrn. Karl BABuAd.
früberbin Biſchof zu Le nadher zu Nennes in Fran
reich, am 22, —— 1824 in der Domkirche M Erier.
ebalten. Koblen — Der Rh ———— Er;
atholifen — —* Aen oe cein gan Jebr
iſt erſchienen) — Mit To, Brunner: Neueſte Beitr.
2 sur DE für Pred A “und Katecheten. 18 Bin.
%
Dewora. 319
Hadem. 1825. — Betradtangen, Gebete u. Litaneien b.
dem 7 taͤgigen Befude d. Stastonen in den Kirchen des
Bisrhums Trier, um uhelablaf zu gewinnen. Koblenz
418%. — Beifpiele d. innebänderang, Zebenöbeflerung
u. Belehrung. Ebd. 1828. — Liebliche Bilder v. Süte,
Freundſchaft, Treue u. Danfberfeit. Ebd. 1828. — Fehr:
reiche Etzäblingen von d. rechten Verhalten gegen *
ſelbſt. Ebd. 188. — Die ſanftmüthigen Menſchen. Ebd
4188. — Kleiner perl des a Verdaltens gegen
die Thiere. In Erzählungen für Kinder. Ebd. 1823. —
Sittenfpiegel für 5 aben und Tlnglinge. Ehendafelbk
29. — Gittenfpiegel für. Bürger und Landmann.
Er. 1829..— Trauerrede auf d. Tod Er. Deili keit d.
Papſtes Leo XIT., gehalten im Dom zu Trier. Ebendaf.
41829. — Dad tägl. Breviergeber, wozu alle katholiſchen
Geiſtlichen verpflichter find, ald eine uralte und re
mäßige Einrichtung befchrieben. Ebendaf. 1832. —
weicher Sprade haben d. erſten Ölaubensprediger u.
- erften — Biſchoͤfe das heil. Meßopfer verrichtet
u. in welcher fol ed noch jeßt verrichtet werden? Ein
katechet. Unterricht für d. —58 Glaubensgenoſſen des
Bisſstdums Trier. Ebd. 1838. — Die v. d. kathol. Kirche
vorgaſchriebenen Geremenien und le bei der feierl.
Einweihung einer Kitche. Ebd. — Zarte Tugend»
bluͤthen, ein Lefeb. f. Eleine Dänen in kath. Elementare
faulen.” Ebd. 1833. — Freundliche Bilder aud d. Leben
‚ edler Srauen und Mätter. Ebendaf. 1834. — Leuchtenbe
©terne auf d. Pilgermege zum himml. Daterlande. Ebd.
1835. — Des ebrwürd. Johannes Gueng, Priekerö den
Geſellſch. Jeſu u. edem. Dompredigerd: zu Trier hintere
Iefpene Homilien üb. die ſonn⸗ und feguaer Evangelien
ganzen kath. Kirchenjahrs, herau W. J. Dewora.
Ebendaſ. 1834 und Ir btin dtheil 1836. —
Etementarb. zum Befenlernen f. kathol. fart⸗ u. Silo‘
faulen. Ir urfus. 29. Aufl. Trier ſſelb
ar Rurf. 14. Aufl. Ebd. 1 — Namenbädlein für die
nen Kleinen in karholifch. Elementarfhulen. 32. Auf.
. 4837. — Eine Rede and Volk auf die —
ve rrers Sgaͤfer, welche in Steinbecks Miſſetdaͤter⸗
eſch din. f. — u, Jung im Volk, 1 Sen. abgedrufs
feln 3. Lefenlernen. — Bier Bilder, dab
er N der — 2 Mathias predigt den Mohren; d. zweite,
x 2 Y nun — das Bine, hr pe
aleriud predigt da, wo je t. Mathias ſteht,
chriſtl. Glauben, das vierte, d hell, Eupatin qufet
. Mebrere kleine Auffäge in d.
fchoͤn früber verbeiratheten Sohn in eine
320 Sickel. |
da, wo jetzt St. Matbind ftebt, die erften Deuiſchen. _
f ‚Nationazeit. d. Deutfchen,
im Frankf. Staatdriftretto u. In d. zu Gotha erſchienenen
Reid sanzeiger. In letzterm war von ibm 1804 eine frei-
muͤthige gründl. 2Biderlegung eines in d. pöbelbaftelten .
Ausdrücen gegen die ganze Fatbol. Geiſtlichkeit Deutſch⸗
fonds gerichteten Aufſatzes, dem mit Demwora zugleich d.
proteftant. Dr. Steinbed in Sagſen [0 heftig wider:
fprah, daß jener Auffag auf Befebl deö Reſchehofraths
vernichtet und an deſſen Stelle ein anderes Gtüd des -
Keichdanzeigerd berauögeg. wurde. — Prüfungdanzeigen
v. d. J. 1812, 1816 —R0. Be 3*
113. Dr. Johann Konrad Sickel,
toͤnigl. ſaͤchſ. Hofrath, Ritter d. koͤnigl. ſaͤchſ. Civilverdienſtordens⸗
Appeuationsgerichtspraͤſident, Mitglied d. k. ſaͤchf. Staatsgerichts⸗
nofes u. der deutſchen Geſellſchaft für Erforſchung vaterländifcher
Syrache und Alterthümer in Leipzig; .
‚geb. den 6. Juni 1769, geft. den 3. März 1837 °).
Er mar zu. Leipzig geboren und der Sohn eined an⸗
aefebenen und bemittelten, doch nicht unter die Reihen
- »erften Rangs an feinem Wohnort gezäblten Kaufmann,
der aber in den X vorgerüdt, nach dem od ſei⸗
ned —6 en und Ghmagerd Adolph Richter.
ala die Konkurrenz größer, der Gewinn geringer. un
unfiderer ward, das Gefchäft nieberlegte ‚mit feinem
gamilie zu⸗
fammenlebte und 80 Jahre alt ftarb, ein Alter, dad auch
die zulent gänzlich erblindete Mutter, eine Tochter des
im Jahr 1743, verftorbenen Profefford Dr. Weiß, um vie⸗
fed jünger als ihr Benrabl, im Haufe ibred Sohns er⸗
reichte, Ad feiner Eltern einziged Find entbehrte: er
von feinen früheiten Lebensjahren an nichtd, was nicht .
nur feine Vorbereitung zu nachmaliger wiffenfchaftlider
4
- Dr. Wei
Bildung, an der au wohl fein muͤnerlicher Obeim, der
zu Leipzig ald Arhidiafonud zu St. Nifolal verfiorbene
$ einigen beratbenden Antheil gehabt haben mag,
fördern, fondern aud zum . bequemen eben gemänfche
werden Eonnte. Doch bat Died bei ibm mehr ein Ben
reben, abzubärten und Bequemlichkeiten entbehren.
n —5 ri den Drang, fie zu fuchen und fi ihnen
jemals hinzugeben, zur Solge gehabt, wovon fogar, ums
) Nach wehreren gedructen Artikeln. |
—8
Sickel. 821
feiner Gefundpeit willen, zumeilen das Wegentpeil gu
wählen geweſen wäre. Vom zarten Alter an tvar M.
: Zunge *), geftorben vor mebreren Jahren ald emeritirter
“ Konreftos an der Nikolaiſchule zu Leipzig, fein Zübrer
und Zehrer, ein Mann von nicht glänzenden Beiftedgas
en, aber Yon ernflem abgemeflenen und doc fanflen
efen und grammatifh doͤchſt taktfeſt, deffen Unterricht
. er weiter herangewachſen mit feinem Sreunde Dr. Batle
.. wann (auf Trebfen und Steinbad) mente Jahre bin»
durch gemeinfpaftlid genoffen bat und durqh den er
auf die Nikolaifhule, wo ihm zur felbigen Zeit Zorbis
gerd Unterricht (und wohl allein) trefflih zu Ratten kom—
men Eonnte, gut vorbereitet worden if. Im 3,1786 verließ
er die Nikoldiſchule und bezog die Univerfirät feiner Was
terfiadt, mo er fih in den erftien Jahren Welegepun
mit dem Studium des roͤmiſchen Rechts, unter Zeitung
des Dr. Ehr. ©. Richters, eines in der Elaffifihen Lite
ratur und Den jurififhen Untiqwitdten mit feltener
- Gründlihkeit bemanderten Lehrers, beſchaftigte, ohne (io
mie diefer durch einfeitige Xiebbaberei dafür der praftis
ſchen Braubarkeit entfremden zu laffen. Während eines .
-P
einjabrigen Aufenthalt in, Göttingen maren in Der
Rechtswiſſenſchaft Pütter, Böhmer, Kunde und Mertens
feine_Tebrer; ganz befondern Fleiß widmete er aber un»
ter ea und Spittler dem dort fo vorzägli biä-
benden Studium der Geſchihte, nabm Theil an Heps
nens Borlefungen über römiſche und griechiſche Antlqyis
täten und Arhäologie und verfdumte auch nicht außer
"den — von Blumenbach über Naturgeſchichte
Achtenbergs eben fo ergoͤtzliden ald nugbaren Unierricht
in der Phyſik zu benußen. Mit der gründlichſten wiſ—
ſenſchaftlichen Borbildung My febrte er nad
mujterbaft angewandten lniverfitätöjahren in feine Ba—
terjtadt zurüd, mehr fait noch, ſich dem afademifchen als
‚- dem praftifhen Berufe zu widmen, entfhloffen, weswe⸗
gen er fih der damaligen Univerfitdtdfonjtitution gemäß,
nachdem er fon 1785, um einft der juriſtiſchen Fakul⸗
‚rät anzugehoͤren, unter Richters Profidium eine von ihm
ſelbſt verfaßte Differtation de Neratio Prisco yerrheidigt
hatte, zuerſt in der philoſophiſchen Fakultaͤt zum Magi-
ster legens habilitirte, bald hernach aber die juriftifche
——— erwarb und unter andern über mehrere
er der Geſchichte, in welcher er die umfaſſendſten
*) Deflen Biograpdie f. N. Nekr. a. Sabre. ©. 83.
N. Mekrolog 25. Jahrs. Fe j 21
502 Sickel.
und weitlaufigſten Werke ſelbſt beſaß und mit raſtloſem
Fleiße durchſtüdirt hatte, mit vielem Beifall Borlefun-
en bielt. So wahrſcheinlich aber auch die Ausficht war,
- Daß er an atademifcher Stätte von mehreren Seiten
einft unter den erfien glänzen werde und fo ganz auch
eine vielfältig an Muttern in Diefem Berufe gebildete
erfönlichfeit, die zum rubigen, gründliden und interefs
anten Xebrer recht eigentlich gefcbaften ſchien, dieſe
usficht rechtfertigte: fo mar ihm Doch ein ‘Beruf weit
anderer Art befchieden. Fiferfüctig Darauf, unter den
jungen Rechtsgelehrten Teipzigd die an Kenntniffen, Tuͤch⸗
tigkeit und gutem Ruf ausgezeichnetften in das Raths
follegium zu zieben, Eonnte der verftorbene Bed. Kriegs.
-rath Müller, der ald ältefier Bürgermeifter Damals Die
Angelegenheiten der Stadt Leipzig mit überwiegenden
Öinfeden [eitete, dem Dr. ©, feine QYufmerffamfeit nicht
entgeben laſſen. Einmüthig ward diefer im Jahr 1799
um Ratheberrn gewählt, Don Anbeginn feiner jurifis
hen Yaufbabn und namentlich auch ald Natbömitglied,
elbft, nachdem er 1805 Stadtrihter gemorden war, bat
ib num, wie ed die damalige Derfaflung geftattete und
fo fange feine andermeitige Stellung niet binderte, der
Verewigte mit befonderem Fleiß und Liebe der Sad-
mwalterproxid vor niedern und böbern Gerichten, nas
mentlich ald DOberbofgerihtd» und Konfiftorialadvofat ge-
widmet und micht leicht hat jemand in diefem Berufe
mehr Ruhm und Zutrauem geerntet, bid ihn der Eins
tritt in dad Spruchkollegium des Schoͤppenſtuhlt im G.
4812 und nachher ind Konfiftorium Davon abrief, Das
Amt eined Siadtrichters, Das er zuvor abwechſelnd in
mebrerlei Abtheilungen verfeben hatte, hat er zuletzt aus⸗
ſchleßlich bei, Dem Handelögerichte verwaltet und nie
bat er aufgebört, mit_der größten Offenheit zu_gefteben,
haß er ſich in Feiner Stellung beifer ald in dieſer, neben
- melder er auch mach des Hofrarhs Tunghannd Tode dem
orfig im Konſiſtorſum zu führen batte, befunden babe,
Doch nicht immer follte Ibm das Gefallen daran bleiben.
ls su Ende ded Jahrs 1823 der verbienftvolle Bürger-
meifter Hofratb Einert*) ftarb, Fonnte er, der Dazu noch
nicot an der Keihe fand, mie ungern er es auch fab, es
- nicht abwenden, fib in dieſes Amt eingefegt zu feben
md mit dem verftorbenen_Oberbofgeribtöratd Gieg-
. mann **) von nun an ein Jahr umd andere dad Regi⸗
i ADeffen Biographie [, R.. Nelr.i. Jabhrg. ©..820.:
pen Nographie [. R. WeRr.i, Seit Tutor
Sch 823
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werben fortfudr. wenn aber der E und er
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— als: fee — * —
nicht nr konnte, zu überlegen, was er fi u um
Die alte Derfetlung u Bonnlarißren, gehen ia einges
un und wie er füdrung.
den willfürliden,. durch gebeime 7— —
Maaſsregeln, Die namentlich an ——— ulturkaud
= gearbeitet hatte, das ga * Spſtemn —æ
unter al en Unbefangenen jetzt ein e Oil
F ne Ent v
* feine — ne zu * ——
auf 6 öffent —X eben zu — ſeinen —5 —
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ke ihm: anvertraute Stelle e al verlaflen, fons
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— die — man Im verwaltenden Fache,
‚muß, —— * ern Zei ne an
sen mit vorlduß ragen nauß re Topf werben,
am“
p
N j *
&
324 Silkel.
wohl ſchwerlich erwarten und verlangen kann. Entfernt
aus dem Magiſtratskollegium behielt S. noch ben Si
im © openftubl und den Vorfig im Konfifterium, bi
er nach der von der Regierung und den ftändifcen ,
Kammern befchloffenen Aurföfun beider Kollegien, auch
"mannichfaltiger Veränderung in der Juſtizverfaſſung bes
Zandes, zum Präfidenten des geipäiger ppellationdges
richtd ernannt ward, Bon Zeit zu Zeit Eränfelnd, endete
- tr am oben genannten Tage in Folge eines _aufgebrode-
- fo offenkundig, fo ohne alled Wortge
"m elbſt ſich aus ꝙ
nen Zungengefbwürd. "Un feinem Grabe ſchilderte Der
Stabtgerichtärath Hänfel, einſt ©.’d geachteter Gehülfe -
in den Handeldgerihten, mo er unter ibm Aftuarius
mar, in Eernbafter Rede die Verdienſte deſſelben. Aus
feiner Eye mit Anna "Sophie "geb. Kanne murden ihm
3 Söhne ımd 2 Töchter, don denen letere ihm im frü-.
ben Alter vorangegangen find. — ©. war ein fefter, auß»
geprägter und in sich ſelhſt abgeſchloſſener ganz unbefan»
gen und Ingehmnngen fid fund gebender Charakter, fein
anzes Wefen, fo meit ed die, die ihn Fannten, bis zu
feinen frühern Lebensjahren binauf du verfolgen willen,
linge und über ficb
[preßenbe Phraſen, fo anfpruchslos, fo
ans, ald ob ed fi gar nicht anderd von felbit verſtaͤnde,
dem Guten und Rechten geweiht, daß es nicht zu viel |
efagt war, wenn einer feiner vertrauteften Sreunde und
Öiltersgenoflen über ihn den zwar gemeinklingenden aber
etwas Gemeined nicht ausfagenden ausipruc that, „auf
einer Nechtfchaffenbeit fünne man Hol; baden.“ öl:
ig entfernt von allem Anſpruch an Originalität und
Genialität, von aller dußerlicp überfprudeinden Lebhaf—
tiofeit der Bewegungen und Beftrebungen, nie anderd
10 darftellend ald im Lichte des Gewöhnlichen und All.
: . tsaliben, ging bei ibm alles von dem einzigen Beginnen
aus, den fittlich richtigen Weg au wandeln. Aber für
alles Mögliche, was er auf diefem Weg und im Ber
mußtfein, es tbun zu follen oder thun zu Dürfen, vornabm,
and ibm eine große Fülle und Bielfeitigfeit nit ge
meiner Talente zu Gebote; und auch wo er auf eigene
Leitungen Verzicht that oder fid in der Folge davon
oanzlidy zuräcjog, mie mit der ausübenden Mufik der
Set war, feblte ed ihm Feineömegd dergleichen an
mpfänglihfeit und an einem fehr gebildeten Geſchmack.
Seine Arbeitfamkeit war faſt übermäßig zu nennen und
die größte Sreude war ed ibm, ald er es als Appella-
tionsgerichtöpräfident endlich dahin gebracht. hatte, Feine
* Sickel. * | 325
Reſte zu baden. Mit viel Luſt, Liebe und Geſchickli
keit beſchaͤftigte er ſich auf feinem laͤndlichen Wohnfis
£indenau, von dem er früh jur Stadt eilte, um da feine
— ohne Unter — abzuthun und. müs
in er Abends zurückkehrte, mit Zubereiten von Natura
ien, Ausſtopfen einer nicht unanfehnliden Sammlung
von Vögeln und Aufſtellen von Inſekten. Im Wins
ter diente ihm dad Drecfeln, in dem er fi) früher bes
deutende Zertigkeit erworben batte, noch bei weiter vor⸗
; gerädten Jahbren zur Erbolung und\au einiger körper
iden — uͤr die verſchiedenartigſten Gegen⸗
ſtaͤnde war ihm Emipfänglicpfeit verlieben, nach den ver⸗
ſchiedenartigſten Richtungen bin war ed ibm gegeben,
‚feine Kräfte zu —— und allenthalben, mo es ge
ſchad, mir eben fo bebarrlihem. Eifer als Gläd zu ver
ſuchen; aber fern von ibm, mar das Verlangen, dies
kenntlich und geltend zu machen und nod weniger der
‚nit felten vorkommende Sebler, damit Die widtigeren
Dingen gebörende Zeit zu_verfplittern. Sein Beruf au
jeder ibm angemwielenen Stelle blieb immer dad Gen
trum, worin und von mo aus fi) bei ibm alled ——
und jede momentane Ausbeugung von Dort war nur bes
flimmt, ibn Durch wohlthätige Zerfireuung zur. baldigen
Rückkehr dahin zu ſtaͤrken. Befonnenbeit und fefte ru .
dige Haltung ſprach fib in feinem ganzen Weſen aus,
obne doch jemald in Steifbeit und vornehmes Zurüd-
dalten auszuarten. Seine Urtheile über Menfhen und
Dinge aus der Nähe und Serne waren nie ſchneidend,
bitter und leidenfchaftlid, fondern immer gemäßiat, ru-
big und fo abgegeben, daß daraus die Kille Ueberzeugung,
ald ob wohl Faum anderd geurtheilt werden Fünne, bers
vorleuchtete. Rubig und Ealıblütig bat er aus der ihm
fo geläufigen Menſchen⸗ und Voͤlkergeſchichte und aus
eigener uneingenommen Beobahsung Dad Thun und
Treiben der Menfchen anfeben lernen; fo ernft und ges
meffen, er ſelbſt fein Leben ger eit, fo wenig vermochte
‘er fich über unendlich viel Regelwidriges, wad. in Andes
rer Zeben und Weſen vorkam, ſonderlich befremder und
beunrubigt zu fühlen. Ser und nicht leicht zu einiger
Abaͤnderung zu bewegen,. befand er aber auf den von
ibm aus Gründen gelafien Entfbeidungen, Beſcluͤſſen
und Magdregein. Gewiß wäre ed ein Wunder zu nelle -
nen gewefen, wenn er damit immer Zuflimmung und
Billigung nicht nur derer, die die Sache anging (ad
da, wo es freitenden Parteien galt, obnedem. unmöglich
396 F Sickel. 2 ’
war), fondern ſelbſt unparteiiſcher Beurtbeiler gefunden
on I ein fa eben fo großed Wunder, Senn das
‚son Ihm ald unwiderruflich Beſchloſſene immer das Rich
tige — was Überbatipt der Ertofg erſt kenntlich macht —
gewefen wäre. Aber ©. beftand weder aud Eitelkeit,
. nod and Herrſchſucht, Eigenfinn und Selbfiverbärtung
gegen eine richtigere Anſicht, fondern aus yo ung,
amit Dad Rechie ımd den Umſtaͤnden nah “Belle, ja
einig Sulöffige zu thun, auf dem von ihm Beſchloſſenen
‘und Angeordneten, auch mo er ſich darin geirrt haben
mochte. So entfbieden Äbrigensd in Amtdangelegenbei-
ten und da, mo er dafür die Verantwortung batte, fein
Beſcheid und Beihluß mar, fo wenig machte er in der
Unterbaltung über irgend eine Art von Gegenftänden
feine Meinung auf eine abfpredende Art geltend, fo
gern gellattete er Andern eine freie Yeußerung ber ibris
gen. Und wo Geſeh und einmal feftftebende DVerord»
nung auch feiner eigenen Anſicht nicht entfprad, da bielt
er ſich doch fireng an jene, davon überzeugt, daß der
Richter nit Geſetzgeber, fondern nad Drm-gegebenen
—28 zu ſprechen, angewieſen ſei. Führte fein Amt
die Veranlaſſung mit ſich, oͤffentlich ſprechen zu müſſen,
. fo wurde dad von ibm Aufgeſetzte nicht abgeleſen, ſon—
dern mörtlid treu mit folder Ungesmwungenbeit, daß
man ed für einen vom Moment eingegebenen freien Ers
guß bätte halten mögen, gefproden — dem dußern Vor⸗
trage nad) fo unmanirt und prunfloß, wie ed ein geldus
terter Geſchmack von dem geübteften Kanzelredner zu
erwarten vermochte, nur fo, daß eine gewiſſe befceibene
Schuͤchternheit fih darin nicht verläugnete — dem In—
balt nach fo gediegen und bündig, dab ed für volltän-
Dig überzeugend und zum Handeln bemegend geachtet
werden mußte — der Spradabfaffung nad, wie unter
andern eine gedrudte Rede, die zur fortgefegten Unter:
ſtühung der Armenanftalt ermunterte, bemeifen Eann, fo
untadelbaft, fo entfernt von langmeilender Breite und
erzwungener Gedrängtbeit, daß fie für ein Mufter des guten
Styls gelten konnte. Die Unterhaltung mit ibm, fomohl
unter vier Augen, ald in größerm Geſellſchaftökreiſe, war
eine ungemein mohltbuende darum, weil Darin ber freieſte
Gedankenaustauſch ftatt fand und von ihm eben fo millig,
Wwas Qindere gaben, aufgenommen, ald mad feinerfeitd ent»
agnet werden fonnte, ohne vornebme oder ftillaufchende
Suriefhaltung gegeben warb. Nicht in mindeften bar,
auf ausgehend, Mo ſelbſt mit ſchimmernden Einfälen
Sid, 827
Itend zu maden, verwies er Do@ 3 Ri
ern auf efrab und wißig von en |
Areng feine Zeit eingerdeils war und fo angelegent
li fie von ibm benußt ward, fo gern nabm er.
zuweilen an efelligen Der nägungen Theil und fü
nicht felten bei Ah Geſellſchaft. Eine wahrhaft dnigmas
uſche Kunf der Zeiteintheilung, damit aber aud eine
ausnehmende Leichtigkeit und Sicerbeit in juriſtiſchen
Arbeiten, gekligt auf tiefe wiſſenſchaftliche, aber nie bi
Pr praftifiden Sfepticidmus fi verirrende Grändlich«
eit bar ed ibm allein mÖöglid machen koͤnnen, dad und
noch manded andere, mas theild fchon berührt, theild
noch zu berühren übrig ift, mit feiner eben fo bewun—
bernöwertben ald ber höchſten Achtung mürdigen Ges
(däftsıhärigkeit zu vereinigen. Die Liberalität, Die fich
da und in feiner ganzen Lebensweiſe bervoribat, die vom
prunfenden Luxus entfernte, aber dem Anſtand und ge—
läuterten Geſchmack durchaus entipredende ar. eit
- feiner bäusliben Einrichtung, die freigebige Wohlt
tigkeit, Die fib eben in folden Zeiten, melde Jedem
das bäuslihe Leben am meilten vertbeuerten, Öffentlich
und in der Stile am mwenigften verleugnete und bie
meife id immer gleiche Hausbältigkeit, Die Damit uns
u unterbrochen vereinigt blieb — Das Alles zuſammen war bie
bin
Frucht derrubigen Abgemeſſenheit, Die fein anne Wefen bes
berrfchte, ſich ſelbſt in feinen Geſichtszugen, in feinem Gang,
in feiner gefammten Eörperlichen Haltung Fund that und die
ihn zeitihes Gut nicht geringidägen, finnliden Genuß
nicht verſchmaͤhen, beiden aber nur in fo fern einen Werth
aufchreiben ließ, ald ernfte Berufstbärigkeit und innere
— dadurch gefördert wurde, als Damit
r
eude bereiter und ihren Bedürfniffen bültreih eniges
genaetommen, ald damit dem gemeinen Beten gedient,
‚ber Eifer, für gemeined Wohl umfdtig zu wirken, bes
lebt werden Tonne. Das ſittliche Princip war in Ibn
zum Naturleben geworden: darum in feinem ganzen Sein
und Thun nichts Angenommened, nichts Gemachtes, eben
Darum nichts Zournalieres und nichts Meränderliched und
eben deswegen alles ganz einfach, wie denn unter andernauch ,
bei aller irengen Ordnung, melder bei ibm Ulled unterwors
fen war und an die ihn namentlich fein Berufsgefhäft band,
nie der Ordnungépedant, der Eleinlibe Mann nad d
er
uhr dervortrat. Licberall war ed der Menſch, der 10 ;
ſeibſt gebildes hatte und in anfpruchslofer Stile an
in Buße fortfuht, der an * ohne ſich im mindeſten
4
—
⸗
328 | Siel.
zelgen au wollen, zur Erfheinung Fam. Aeußerllch kalt
nd bei ftetd nüchterner Befonnenbeit mobl nie fo leicht
Nürmifben Affekten bingegeben, war er, mo berber Ders
luft, betrübende Erinnerungen oder Theilnabme und Et⸗
Fenntlichkeit bei ihm Dergleihen beroorriefen, der tiefe
fen Empfindungen fäbige. Begleiten wir ©. in dab
nnerfte Heiligebum feines Samilienlebend , fo erſcheim
- er am ebr» und liebenömärbdiaften. Er richtete auf die
wiſſenſchaftlichen Anlagen, Een und Fortfchritte
: feiner Söhne won ihrem frübeiten Lebensalter an, obne
im mindeften ihre phyſiſchen Kräfte außer Acht au laffen, -
Die umſichtigſte und bebarrlihfte Aufmerkfamfeit und
ließ fi ihre Zeitung bi6 zu den Schul» und Univerfie
tätsjahren hoͤchſt angelegen fein, ja mit dem einen ‚dere
felben ſtellte er im Zaufe ber akademischen Studien, wit
ten im Gedränge von eigenen hoͤchſt mannichfaltigen und
anftrengenden Berufögefcäften bis tief in Die Nacht din⸗
ein, Mepetitionen über juriftifche Dißciplinen an. Und
Dennoch war feine Zeit Dur jene Berufdarbeiten, Die
größtentbeild außer Dem Haufe feine periönliche Gegen»
wart in Unſpruch nahmen, fo karg befdnitten, daß er an -
. ben meiften Wocentagen, auch mährend des Winters,
auf dad Zufammenfpeifen mit feiner. Familie ded Mite
tags Derzit leiten mußte und nur das ſich felten ned»
‘men ließ, Den fpätern Abend ber ar rar und einer
aufbeiternden Unterhaltung mit den Geinigen zu wide
men. Weit entfernt aber davon, nur ernſt und angeles .
gentlich für feiner Kinder Bildung zu einer audgegeih»
neten Berufötächtigkeit beforgt zu fein, war er es aub - -
nicht minder für ibren unſchuldig froben Lebendgenuß,:
fuhte und mußte er biejen für fe sum Eporn des ans
geftrengten und jedes vorgenommene ®efhäft mit Liebe
anfallenden Fleißes, zur Schupmehr' gegen die Vergnü⸗
ung®.- und Zerjireuungsfucdt, bei welder der zn end
‚jo viele Gefahren für ihre fittlide Unbeſcholtenheit dro⸗
en, zu machen. Nicht nur, daß ibnen mit der größten
beralität Mittel und Erlaubniß zu anftändigen Ders -
‚ ghügungen an Ort und Gtelle und zu gefelligen Reifen
in fremde Gegenden von ibm gewährt wurden ; auf ale
Welfe begünfligte er auch ihren freundfaftlihen Unw
gan mit jungen Leuten, die er ſelit feines Wonlgefale
end würdig fand. Zu feiner Lebensordnung gehörte
au, dag er jeden Sonntag Vormittag den Gottesdienſt
befuchte. — Als Schriftfteller thaͤtig pu fein, erlaubten
- Ihm feine ausgebreiteten Gefchdfte nicht ; doch beweifen
”
%
Stegmam. 329
feine: afabemifden Gtreitfihriften: „De. Märatio Prisco
Javoleno.‘ Lips. 1788 und „Diss. I. II. Diocletianus et
Maximinianus sive de vita et constitutionibus C. Aurelii
‘Valerü Diocletiani et M. Aurelli Valerii Maximiani.‘
- Ibid. 1792 — 98, die, noch jetzt ihren Werth behaupten,
* er auch auf dieſem Felde ſich ausgezeichnet haben
würde. Außer dieſen — Streiiſchriften bat er
anonym ein Buch Aber die Verfaffung der Zeipziger Ar
menanftalt herausgegeben.
- 115. Karl Joſeph Stegmann,
Drivatgelchrter u. Redakteur d. allgemeinen Beitung zu Augsburg;
geb. im Jahr 1767, geſt. den 4. März 1837).
Am 5. März d, 3. erſchien die — eitung
zum erſtenmal ohne die Unterſchrift des Mannes, der vor
32 Jahren ihre Leitungen uͤbernonmmen und dieſe auf
eine Weiſe geführt hatte, daß ibr Ruf eind geworden
war mit feinem Namen. Karl of. Stegmann war ge⸗
ſtorben. Während er ermattet eingefhlummert mar,
legte ein leichter, fchmerzlofer Tod feine beruhigend Id»
ende Hand auf das Leben, dad feit Jahren mit den Ges _
rechen des Alterd und langer Kränklichkeit ſchwer ge⸗
—— hatte und nur durch die rege, den zuſammenbre⸗
genden Körper — unablaͤſſig erfriſchende Thaͤtig⸗
keit des Geiſtes zurückgehalten zu werden ſchien. End»
lich aber mußte dieſer Geiſt dem immer ungleicher wer⸗
denden Kampfe unterliegen und er konnte hinübergehen
mit dem Bemußtfein, auf Dem weit umfaflenden Selbe,
auf dem er fo lange zu wirken berufen war, aud jeden
- andern Kampf. mit gleiber Seelenruhe aufgenommen,
mit gleicher Befonnenheit und. Klarbeit durhgefämpie
1 Mid Wer einen Augenblid zweifeln E£önnte, wie
wer die Aufgabe geweſen, im furmvollen Wechſel
diefer 32 Jahre derſelbe zu bleiben, der fchaue zurüd,
wie viele in diefer Zeit am eigenen Thun gefdeitert
And, wie bundertfach der Ruf der Parteien und ihre
Stellung fi geändert hat, um nad Eurzer Hexrſchaft
sufammen zu fallen und zu verſchwinden, ald waͤren ſie⸗
nie gewefen. Und dieſe Parteien fab der Hingefhiedane
ale an ſich vorübergeben mit den großen Weltereignif-
fen, deren lärmende Begleiter fie waren. Diefe Begleir
& ®) Allgemeine eitung 1837. Nr. 64 und 67 und Eonverfationd«
Lericon 3 Beige" ——
sw. | Siegmann·
ger, fie —— ihm bald, bald fi —— fie —*
Aber von den Einen nicht geſchreckt von den ndern
ic me Di € —* mit lödeinden Ernft binaus in Die
dabinrele
en {a en mio däufiger er gefeben Hatte, wie fu e
Dauer jeder — Oder uebereilung gegeben fei,
. glei viel ob u *
- eine unredliche ibr au runde gelegen babe, — St. ger
boren in Schlefien, it zu Bredlau und Rerlin auf Schu⸗
fen gemefen und bat du Halle Audirt. Bein Dater ver»
for in dem Ki oßen Depperfben Bankerort zu Warſchau
ung
..,
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eine A tang bei Er Rentlinen —
Dann macie € r eine Reife nad) talien, Hier
feinen di er und obne Bu die noch jeßt it
dien 1798.
Literaturgeitung IN u Jena un r die au Ban: *
nbu J
Kr ein Garte i
Zeit lang Bebülte, übernahm er endlich im Jahr —*
on des verſtorbenen Kandesdirektiondrath® von Huber
Stelle, —2 Redaktion ber Allgemeinen eitung, zue
in Ulm U nd feir 1810 im Augsburg. feit —
dren feine Geſchaͤfte zunahmen und 9* Krankhei
- . Feiden ſich vermebrten, fab er fi von einem Kreid 9
| nnter Freunde unterküßt: in deren * er, be *
J eigenden Gefühle körperlicher Schwäche die Arbeit (ig
5 heB Lebens mit Dertrauen niederlegen konnte. St.
\ me Berwente BEN m hat Drden abgelehnt und F
— wurden ſeine irdiſchen
enleiter von allen Freuns
3 m
Ueberreite jur "Eee beftattet,
f enoffen und Arbeitern ded audgedebnten
Gortafhen Inſtituis deffen Veteran und Rubm er mar.
Hl, Nur Arankſein in ber eigenen Samilie, verbunden mit
2 | dringenden — harte den Freiherrn
N ' a in art abha — —*— ne Belattung
dem Tode D
| —A Ne und fo a
Hogadtung, en Danf und Die — ubabrbden, bie |
; EStegmann. ss
fi
and an der Gruft fcilderte der Geiktihe mit ergrei
den Worten den Charakter und die Gtellung de6 Da»
gegangenen. — Wenn Goethe **) einmal ı te, feine
rfe würden nie, wad men fo nenne, populär werden
und wenn ed erlaubt it, Nleinered mit jenem Großen
zu vergleiben, fo läßt ſich daſſelde Wort auf dab von
©&t. geleitete Blatt anwenden. Schon feine Perſoͤnlich⸗
feit gab die Richtung hierzu. Er war ein Mann vo
ſcharſen Berftands, felten mittheilfem, meiſt wortfarg,
befonderd gegen folde, die immer Ueberfluß an Wortes
haben, Jedem Schwahen in den Tag binein, alfo au
jedem Hannegiehern von Grund der Seele abgeneigt, wie
jedem eitlen Prunf bielt er alle jene Dinge, die Einens
oft die Politik fo entleiden koͤnnen, von ko tern, fei’6
mit der ibm eignen fchnell aufleuchtenden Sronie, fei’d
mit plöglih abbredbendem Schweigen. Uebrigens bes.
faß er für den gefelligen Umgang die gebilderken Formen
und fchloß, mo er irgend böheren Anklang oder gebeir
mered Derkändniß fand, mit Behaglichkeit die reihen
Fundgruben feined Wiſſens und feiner vielgepräften
MWelterfabrung auf. Diefelbe Stellung wuͤnſchte er auch
dem Blatte, deffen Zeitung er übernommen batte. Nie
follte ed einfeitigen Chorus machen mit irgend einer rafı
‚auftaudbenden Erfheinung der Gegenwert, fondern
follte die Begebniffe der Länder und Volker in leiden
ſchaftsloſer Betrabtung begleiten, wie der Ehor der grie⸗
hifden Tragödie. So im voraus verzichtend auf die
fennung aller blind vorwärts, aller blind rädwärtd Streben⸗
ben, appellirte er mit Refignation an die Zufunft,- wenn die
Darteien der Gegenwart ibm ihren Beifall verfagten. Und
felten bat er eine dieſer —— verloren, mit Denen
er id freilich nie an Die Dienge und ihr Scherbengeriche
ewendes datte. Ye mehr Blätter in. Deutfchland er⸗
.. Randen, deko mebr wuͤnſchte er ſich blos den Kreis der
Gebildeten und Befonnenen zu erbalten, die au ein
balb angedeutetes Wort, die auch die Beredtſamkeit des
Schmweigend verfieben. Und er hatte mit den ibm zur
Seite Rebenden Zrennden und Geſchaͤftsgenoſſen die
ME Biogropdie ſ. N. Rekr. 10. Sabrg. ©. 849.
— 197.
0) ; : ne“
32. x Kiefhaber.
Freude, jenen gebildeten Kreis ib fo erweitern gu ſehen,
pop un Pedrer die Zahl der —X Blaͤtter ao
euten Sahren um mehr ald das Zehnfache flieg, do
Die Lefer Der Allgemeinen Zeitung Ab um dad Doppelt
ja Dreifache der Abonnentenzadl der früberen Jahre
vermehrte. Diefer belohnende Rüdblid auf das ge
wert gewährte ihm Freude und Berubigung bis in Di
legten Stunden, in denen er, ein beginnender Sieben
ger, von feinem reichbewegten Leben Abfchied nahm, fol⸗
‚gend den Steunden und Mitarbeitern, Die in den letzten
Sabren ibm vorangegangen, einem Geng*), Böttiger*"),
luͤber *), Weigel 1) und andern Ehrennamen der
deutſchen Publiciſtik. Als Die Freunde an das Bett des
Derblichenen traten, fanden fie eine Karte des flillek
Meered vor ihm aufgef@lagen. Er hatte fie noch furz
vorher in der Hand, ehe dad Hille Meer der Unendlich⸗
feit ibn aufgenommen. — Außer den Sragmenten über
Stalien gab er noch einige anonyme Schriften und
Veberfegungen berauß. —
116. Johann Karl Sigmund Kiefhaber,
e. daier. wird. Rath, Doktor der Philoſ., Prof. honorar. an der
koͤn⸗ baieriſcher — Wasimflnd «nord zu München,
"mehrerer gelehrten Geſellſch. u. hiſtor. Vereine Mitglied;
geb. am 24. Apr. 1762, gef. d. 6. Wärz 1837 +4). ı
Er war in der vormaligen kaiſerl. freien Reichsſtadt
‚Nhrnberg geboren. Seine Eitern waren: oh. Konrad
Stiefhaber, Gegenſchreiber der zur Zeit der Reformation
——— Reichsſtadt-Nuͤrnbergiſchen Kloſteraͤmter St.
lara und .Pillenreutd, und Suſanna Barbara, auch von
Geburt eine. Kiefdaber. Nah grundlichem Elementar⸗
unterricht von einigen Privatlehrern beſuchte er vom
. 1773 — 1779 die drei oberſten Klaſſen des trefflichen
Gpmnaſiums feiner Vaterſtadt; börte hierauf 14 Tahr
lang die Öffentlichen Vorlefungen der am dortigen egi-
dianifhen Auditorium (einer Zycealanftalt) oberberriich -
angeftellten —— zugleich den Unterricht
geſchickter Privatlehrer im Ze chnen, in der Geometrie
Aa Deflen Biogr. f. im 10. Jahrg. des N. Nekt. ©. 187.
2) Deſſen Biographie f. in dief. Jahrg. d. N. Netz, ©. =
+) Rad) dem gelehrten Muͤnchen im, Jahr 1834, von Adolph.
v. Schaden w, dem Korrefvondent von u. für Deutfchl. 1897. Nr, 101.
un
\
\
Kiefhaber. 983.
und in der franzoͤſtſchen Sprache und erhielt von feinem
ater Anleitung in Amtirungsgeſchaften. So vorbereitet.
bezog. et am 27. DE. 1780 Die vaterlaͤndiſche Univerfitdt
Altdorf, wo er bid zum 22. Sept. 1783 mit erwäntdtem
Erfolge dem Rechtsſtudium oblag und j eih dem
Studium der Literatur, Geſchichte und Diplomatik mit
‚ vieler Liebe anbing; worin er den Unterridt des Pros
feffor Will und des zu Nürnberg ‘febenden Hofraths und
Nitter v. Siebenkees benutzte. Nach feinem Abgang von
- Der Univerfitdt befuchte er verfchiedene deutſche Univer⸗
gem, als Wärzburg, Mainz, Gießen, Marburg und
- Böttingen und machte überall ſchaͤzbare Bekanntſchaften
- mis berübmten Gelehrten und Staatsmännern, befonders
. auch in Srankfurt a/M., wo er während feined zwei⸗
monatlichen Aufenthalts bei feiner Mutter Bruder die
dortige — tadtbibliothek fleißig beſuchte. Nach
der Jurückkunft in feine Vaterſtadt war er ein Jahr lang
Prakiikant in der Amtsſtube feined Vaters, worauf er
vom 26. Dec. 1784 bis Lichtmeh 1790 bei einer Zinie der
Freiherrl. 9. Stromerifhen Familie in Nürnberg Sekre⸗
är war. Der am 14. April 1790 erfolgte Tod feines
Baterd veranlaßte, daß er, da deflen Eollege, welcher
wie er 30 Jahre zählte, in feine Stelle vorrüdte, am
25. gedachten Monats die dritte Amtsſtelle bei den oben
-" erwähnten Klofterämtern erbielt, welde er bis zum
3. 1803 bekleidete, wo ibm vermöge Subdeleg.⸗Kom⸗
miffionsdefreid die Einrihtung der waldamtlichen Re⸗
- ‚giftratur und nad einem von Demfelben vorgefhriebenen
ane die proviforifde Verſehung der vogteiliden Ge»
richtsbarkeit der beiden Waldämter übertragen wurde.
Sn: der Eigenfdaft eined waldamulichen Lehenſekretaͤrs
ging er dann bei der am 45. Sept. 1806 erfolgten Ueber»
gabe der freien Reichsſtadt Nürnberg an die Eönigliche
‚Krone Baiernd über, wobei er, in der Eigenfchaft ald
Mitglied vom Ausſchuß des Beamsenflandes im Kolle⸗
yo des größern Ratbs, ald Mitzeuge anweſend war.
‚Bon der niedergefenten kön. Regierungebehörte ward
er dann bis zum 8. 1812 u —— ehr vielfeitigen,
größtentheild HiRorifhen, diplomatiſchen Reberdirungs-
geſchaͤften verwendet; ibm auch zugleich i. J. 1809 die
Stelle eined Sefretärd der königl. baier. proteftantifcyen,
‚shevlogifen und philologiſchen Prufungskommiſſion über.
sragen. Im J. 1812 aber ward er Ne: koniglich baier.
‚allgemeinen Reichsarchiv ald erfter Adjunkt ermannt.. Er
ging daber, nachdem er in feiner Vaterſtadt 50 Jahre
—
534 . Kiefhaber..
ne& Zebend unter mancherlei freud und traurigen
run mruͤckgelegt hatte, am Er uni —*
Fahrd nad Wänden ab und trat mit Freude und Zur
derficht feinen. neuen Wirkungskreis an, oben ed auch
bier.nidı an manderfei Prüfungen feblte. Denn nad.
- nipt vollen zwet Jahren verlor er feine erſte Gattin,
welche die. zweite Tochter des Reftord und Profeſſors
SR. Leondard Schenk am egid. Gymnaſium in Nürnberg
war, mit welcher er 24 Iehre fang. in glüdlider aber
Einderlöfer Ehe lebte; i. I. 1829 verlor er feine dere ;
war. x 0
018 ordentliches Mitglied in den dortigen Pegneſiſcen
Blumenorden, als der aͤlteſten unter allen dermalen ber
fiebenden deuiſchen Geſellſchaften und biftorifhen Ver⸗
einen für deusiche Sprache, vaterlaͤndiſche Geſchichte und:
Sichtkunſt, aufgenommen wurde, warb er im 5.
mit einer ausgeinchten Anzahl feiner Mitbünger Mite
After der. ebenfall6: noch bafelbft beftebenden „Befells
fpaft zur Belörderung waterländiiher Indufrie,“ bei
melder nach und nach er bie Lektors, und Gekretärd«
fielle und 4 Fadre fang die Direftoräftelle bekleidete,
ach verfibiedenen Komitden verkand. Im Jahr 1308
_
‚Die er gegen Sremde und Befannte bewies, wird Jem,
Bohn 36
—
Sehen Safe
Vafgen
fönigl. Ludwigs: Marimiliang » Univerfirät als norar⸗
gebalten batte. — K. war ein Mann von an pen
"zu Haufe, ſchritt mit dem Zeitgeifte fort und ſtudirte
nod im Alter die alten Kaſſtter, ias die n
Schriften der Dichter und dur fein außgeacihnsteß
Gedähtniß mußte er über alles Gefragte bie klarſte
eben. BUS
ken @tufe,;
nicht finden. Selb auch da wurde Kie baber nis
müde, Die Verſuche um Hälfe für Bedraͤngte fortzufe —
on zufrieden. Seine Gañ-
freumdf@aft und Überhaupt die Aufnahme in feinem Haus,
fein.
Wochen vor ſeinem Tode erkrankte er an der Cholera, . |
&
N‘
836 Kiefhäber.
ger Der er wieder genaf. ber feine’ Stunde mar ge-
mmen, — er: endete am oben genannten Tage. —
Sie Schriften find: Ich. d, Urfprung d. Gewohnbeit'
—— am Neuenjahr Geſchenke mitzutheilen. Ein
Verſuch bei dem Wechſel des Jahrs. Alıdborf 17. —
Cbronoſlog. Verzeichniß Perlen Herren von Stromer;
welche feit d. 13. Jahrh. in d. Reichsſtadt Nürnberg bis
auf gegenmärtige Zeit zu Kath gingen ic. Nürnberg am
41. Apr. 1737. — Denfmal d. Freundicaft b. d. .früben -
Grabe Wolfgang var ifgbergerd, —— u. Rechen⸗
meiſters in — —6 40. Dec. 1788. — Der Beilagen
“ der —— * uͤrnb. —E 1. Samml. Wr. 1. .
bis XI]. 1793. 2. Samml. (XIII— XIV). 1794. — *Dem
Andenken Kaifer keopolds II. gebeiligt, am Tage feiner
Eodedfeier in Nürnberg. net beigefügter Beſchreib. d.
Zrauerceremonien, weſche auf Abſterben eines jedesmal,
Kaiſers in ber Haupıftadt Nürnber rg veranitaltet worden. .
Nürnberg 1792. mit d. Bilde ded Kailerd. — Hiſtoriſch⸗
Dronol. Berzeihniß der feit dem Anfang dieſes Jahrd.
bis jeßt in Der Reichsſtadt Nürnberg - beren Gebiet '
herrſchend geweſenen Epibemien — Menſchen und
Thieren. Ebd. 1796. — Ueberſicht v. D . Beränderungen,
welche ſich feit 50 ar ner d. biefigen Medicinalanftalten
ereignet baben, Ebd Hiftor.» Diplom. Befchreib,
. Nürnb. Sioßerfege, wit Verſuch Be Beitrags zur
deut. Sphragiftif, m. 2 Sipfrtaf. Ebd. 1 — Monatl,
biftor. + literar. » artift. Anzeigen 3. ditern —— Geſch.
NMuͤrnbergs, 6 Tabre. v. J. 1797— 1802. Ebd, — Leben
u. Berdienite — Andr. Wild, Eaiferl, Hof» u. Pfalz⸗
rafen, der Weltweisheit Doftord u. derfelben ordentl.
entl. — ıc. Mit dem Bildniß des Derftorbenen.
bd. 1799. — Fragmente aus —F Geſch. Des Patriziatö
"ind. — Reichöſt. Nürndb, Ebd. 1799. — *»Inſtruktion
fd. Beſuchung d. Willifh: Rorifcen Biblioibet. Ebd.
4800. — Repertorium d. Nürnb. Gelb. u. Münzkunde.
Al einem Hauptregifter üb. d. Nürnb, Münzbeluftigungen,
dem noch ein Eleined Nebenreg. über .die Sprüche oder _
Motti auf d. befehrieb. u. angeführten Münzen beigefligt
wird, von d. Verfaſſer eben diefer Münzbeluftigun en.
Nah Deffen Tode beraudgegeben. Ebend. 1800, — Rede
9:9. Nupen u. der zweckmäß. Einrichtung einer Öffentl. -
Bibliotbe 38 die befondere Landesgeſch. game bei
erden illiſch-Noriſchen Bibliotbef.
an Ei sihreiben an Hrn. Georg Wilh. $riedr.
eörrelpol; won Colberg, als derfelbe mit 9 sräulein Elife
(4
Kiefhaber. 837
von Königsthai „ns vermäblte, 2 eipem
eh 5. für Freunde. Nürm 1 asgunbe. *
ahl der Freundſchaft Yun veremigıen — Karl
*tiener, Rektor d. Schule zu St. Sebald in Närnb.
u. Mäitgtien, u I Iumenorbens dafeibk im '
Namen d. © Negifter über a.
Verordnung ir Dereinigung aller Dr u. wohl»
thätigen Armen» und Stranfenanfalten unter einer all
semenen Direktion v. I. 1803. — Nachrichten 3. ditern
u. neuern Geſchichte d. freien Reichon enberg. Ein
— 3. Geſch. d. Reichsſtaͤdte in Deutſchland. 3 Bde.
1808 — 7. — Dentmahl der Sreundfcaft d. verem.
ru. U. Michael Spranger, Diakon an d. Stadtkirche
us ‚Serra, im Namen d —— pu en Blumenordens.
— Drdnung des rnberg. Zeidelgerichtd zu
Feu ee a J. 1478. Ein Beitrag zu d. deut. Kedtbs
— Ebd. Tr — Nachricht von der 50} br.
Amtöjubelfeier d. Hrn. M. Leond. Schenk, vormaligen
Rektors u. Profeflor an d. "ägidianifden Spmnafum- in
Nürnberg nebft d. dabei gebaltenen Rede. Ebd. 1809. —
N d. Lehrplans f. d. Volksſchule in Baiern 3. ep
ni gen Gebrauch Für Volksſchulledrer und Yuffictd
rden ıc. Ebd. 1812. — * Vollſtaͤnd. Regifter üb. das
—— f. d. Konigr. Baiern. Münden 1818. —
‚Ueber das Todesjahr Kaiſer Otto I. Ebendaſ. 4816. —
Bibliograph. Nachrichten von Hanns Gerle, Dem Altern,
— Lauteniſen zu Ruͤrnberg im 16. dJahrd. Ebd.
. M. Luthers Sendſchreiben an Lüdw. Senftl,
ber. "baier. Hofmuſikus in Münden ıc. Ebd. 1517. —
‚Entwurf. einer Anleitung zur Begikraturwineniaft | zum -
Gebrauch bei den ——— hber dieſelbe im koͤnigl.
‚allgem. Reichsarchiv in Münden. Ebd. im April 1823, —
Morrede 3. Regensb. Chronik, Ar u. lenter Band — don
Karl Tbeod. Gemeiner, eönigl. baier. —— EN!
u. Arhivar, mit einem bio. u. bibliograpd. Abriſſe d
‚verftorb. Verf. © I—LV!lI: Regendb. 1824. — Grunde
linien einer — z. Archivs⸗ u. Reoifraturmiflen
‚(Bat um Gebrauch dei d. Dorlefungen ü — an
koͤn glich baier. Ludwigs⸗ — ———— t in
neben - Münden 41827. — Unterfuhung der 8 Tage :
Iſt Bean die Diplomatif 173 eine bikor. — b.
oder behauptet fie ihren "Einfluß auch noch auf andere
Wiſſenſchafien? — Eine Antrittörede ge alten it Sigungb,
foale d. Eön. baier. Afademie d. Wiſſenſch. d. 29. N
150. Sulzbach 187, — Dißer, biplomat, Srörerun
R Berta 15, Sabre.
%
i ⁊
338 N, Kiefhaber.
der Srage: Was IN: von dem von Waldeckiſchen Erb»
tbeilungdbrief v. 3. 1170 als d. aͤlteſt. Privaturkunde in
deutfcher Sprache zu halten? Ebd. 187. — Turnierbuch
‚Herzogs Wildelm IV. von Baiern von 1510—45. Nach
einem gleichzeitigen Manuffript d. Fönigl. Bibliothek 1
ündyen treu im Steindruck nachgebifder von Theobald
Klemens Senefelder mit Erklärung begleitet von Sr.
Sortfegung u. Vollendung von Kir. 6—8. Heft. Ebend.
1827. — Die Spruͤche der fieben Weifen Griechenlands.
Auf d. Neue derausgegeben u. mit einigen Anmerf. u.
Erläuterungen begleitet. Münden u. Nauplia 1839. — -
In drı Siebenkeefifden Materialien zur Närnb. Gef.
rühren mehrere Auffäge von ibm ber. Das Regifter üb.
die 6 Bde. d. Journ. von u. für Franken verfertigte er
—0 Ebenſo bat er zu den 4 Supplementbanden
ed Willifhen Nürnberg. gelebrten Lexikons, zur Rotbi«
ſchen Geſchichte d. Reichsſt. Nuͤrnberg. Handelsgeſchichte,
au Martini’d neuen, ganz umgearb. Aufl. der hiſtoriſch⸗
geograpd. Slate: d. Srauentloferd Engelthal. Nürnb.
1798 u. zu ©. U. Neuboferd Taſchenbuch Klio u. Euterpe
Beiträge geliefert. Zu: dem in Nürnberg derausgekom⸗
menen Derkfündiger; zu dem Kammeralkorreſpondenten;
zum Journ. f. Baker u. die angrenzenden Länder vom
Br. v. Reiſach; jum Archiv d. Geſellſch. f. d. Geſchichts⸗
kunde; zu dem Leipz. allgem. literar. unse u. deſſen
Sortfeßungen, als: zu den literarifchen Vlättern u. zum
‚neuen literar. Anzeiger machte er gleichfalls Mittheilun⸗
gen. And. Erlanger, gallifhen, £eipziger, Muͤnchner,
berdeutfhen und Würzburger Ziteraturzeitungen fleben
tbeils Recenfionen, theild Eleinere Notizen, Anfragen, -
Beantwortungen u. Berihtigungen von ibm. Auch batte
‚er Antdeil an d. Beiträgen zur Literaͤrgeſch. und Biblio⸗
gropdie. Münden 18231839. — In
ih und Gruber'ſchen Encyklopaͤdie finden fib nicht
minder einige Artikel von ibm; Deögleihen im Anzeiger
für Hunde des deutſchen Mittelalterd ꝛc. vom greiberrn
= Beh: Ebd. 1832 und 4893 und in den Baieriſchen
dem 1. Bd. der -
380
117. Dr. Johannes Leſoinne,
praßtifcher Arzt in Aachen und Ehrenmitglied medrerer gelehrten |
Akademien u. Sefellfchaften ;
ged. den.11. Apr. 1757, geft. den 8. März 1837 °).
Zefoinne ward zu Aachen geboren. Gein Vater,
Thomas Leſoinne, war ebenfalld Arzt und hatte, befom-
ders bei den die Bäder Aachens beſuchenden Sremden,
eine Berühmtheit erlangt, welche man heut zu Tage eine
europatioe nennen würde. Unfer Zefoinne machte in den,
ementarwiffenſchaften und alten Sprachen fo rafche Fort
chritte, daß er ſchon im 9. Jahre nad Duitburg ges
(dicht wurde, um dad dortige damals berübmte Gym—
nafium zu befuchen, in welchem er gleich in einer der
oberen Klaffen feine Studien mit foldem Erfolge fort
: fegte, daß er bereitd am 2. Novbr. 1771, alfo in einen
Alter von 144 Tabren, bei der J Univerſitaͤt unter
dem Rektorate von Chriſt. Arend Scherer als Stadiosus
medicinae immatrifulirt wurde. Er war eifriger Schäfer
des berühmten Leidenfroſt, der ihn bald lieb gewann um
ich feine weitere Ausbildung befonderd angelegen fein
ed. Demnähft ſtudirte er einige Jahre in Leyden, bes
fuchte mehrere Städte in den Niederlanden, kehrte dann
nad Duisburg zurüd und promovirte Dafelb am 24. Jul
4781, nachdem er eine Differtation: „De thermis aquis-
granensibus earumgae usa salubri vel noxio“ gefdrieben
* Die praktiſche Laufbahn degann er in ſeiner Ge⸗
burtsſtadt unter Leitung ſeines trefflichen Vaters und
erwarb ſich in kurzer Zeit durch feine Geſchicklichkei
und unermüdete Sorgfalt eine ſehr ausgedehnte Prariß,;
durch feine Uneigennhgigkeit, feinen wahrbaft tugends
baften Wandel, edle Sefinnungen und Menſchenfreund⸗
Kichfeit aber die innige Liebe und bhobe Achtung Aller
die fich ibm nÄäberten. — Lange Zeit hindurch war er
der einzige Armenarzt Aachens und bid geoen 1818 ſuch⸗
ren wenigftend drei Viertel der Kurgdfte bei ibm Arzt
lihe Huͤlfe. ine folde — Praxis mußte ihm
bei berannahendem Alter um ſo beſchwerlicher fallen, als
er ſich nie entſchließen konnte, ſeine Patienten anders,
old zu Fuß zu beſuchen; von 1812 an dezog er regel⸗
mäßig mit dem eintretenden Srüblinge fein ſchoͤnes Lands.
gut Melin bei Herve und kehrte erft mit ber rauben
Rach der Aachener Seitung 1887. Mr. 61.
[2
22 *
[2
340 7 Refoinne,
Ä - 7
Jahrebzeit nad) der Stadt zuruͤck. Nach und nad pas
fultes
er die aͤrztliche Prarid auf, fie noch bei Kon
. tionen und befcränfte feine Hülfe auf wenige ihm be⸗
ſonders befreundete Samilien und diejenigen Leidenden,
weiche feinen Rath in feiner Wohnung nadfuchten. —
Aber fein Geift war keineswegs, wie der Körper, in den
uhraan verfegt. Er war gründlier Mathematiker,
fronom, Poyſter; er trieb mit beſonderer Liebe Bo⸗
zanit, Mineralogie und ——— und zu ſeiner Erholung
SGSeographie und Geſchichte. Seine reichhaltige Biblib⸗
-tdek ſtand nicht zur Schau; feine bedeutenden Samm⸗
»Sungen Cunter welden die Mineralien⸗ und Petrefaktens
ſammlung einen boden Werth bat) fludirte er fleißig und
fuchte fie Res zu mehren. Sogenannte Unterhaltungb-
ſchriften liebte er nicht, Romane waren: ibm ein Graͤuel.
Dagegen: lad er gern bei
weichen er eine bedeutende Sammlung binterläht. Sein
außerordentliches Gedaͤchtniß und. fein Urtheilsvermögen
ri n > BE Bewunderung bin. Er batte einen fo
großen
m unter den Gelehrten feiner Zeit eine fehr bode Stufe
einräumen kann, obgleih er, außer der erwähnten Diſ⸗
fertation, lediglich aus Befcheidenbeit, nie etwas druden
ließ... Mebrere gelebrte Akademien und Geſellſchaften
batten ihn * Ehrenmitglied ernannt. Die Fortſchritte
in feinen Berufswiſſenſchaften, fo wie in den oben ges
. nannten Sächern verfolgte er mit befonderm Intereſſe
bi6 zu feiner legten Krankheit. In jüngern. a: prob
er gern und mit Seläufigkeit Latein; im Sranzöfiihen,
Engliſchen, Stalienifhen und Hollaͤndiſchen mußte er fi)
elegant auszudrüden und mit feinen Gutsnachbarn unters
ya er fi in wallonifher Mundart. Bei der Behand»
ung feiner Kranken vertraute er- viel auf Die Selbſiduͤlfe
der Natur, welche a unterſtuͤtzen ſuchte; von berois
ſchen Mitteln und be
en Doftrin. Fuͤr Verbreitung der Vaccine wirkte
er zur. Zeit mit: befonderer Borliebe und raftlofer Ans
Krengung. Am 24. ae! 1831 war er 50 Jahre Doftor der
edicin. Seine zadlreihen Sreunde und viele Medicinal⸗
perfonen aus Aachen und der Umgegend hatten eine aus -
Kun Seier dieſes Taged veranftaltet; allein feine
efheidenheit erlaubte ihm nicht, die ibm dargebrachten
Huldigungen perfönlich anzunehmen und um. den Gläd
wänfden und Ehrenbezeugungen -su : entgehen, d08 ger .
ehrende Reifebefchreibungen, von |
ag von Kenntnilfen angefammelt, Daß man
onderd von Giften war er fein .
eund und ein —— Gegner "der Hahnemann⸗
e
Zrommöborff. 841
id auf fein Landgut zuräd. Zwei feiner dertrauteſten
Freunde wurden daber erſucht, dem ehrwürdigen Veteran
‚einen ſchoͤnen Pokal, begleitet von einem Gedichte, zu
übergeben. Die Univerfität zu Bonn fandte ihm zu dem
ubelfefte das erneuerte Doftordiplom und die Gefell
haft der Phyſiker des Düffeldorfer -Regierungdbezirks
ließ ein Gratulationdgediht überreihen. Diele andere
Gedihte und Ungebinde waren aus der Nähe und
Ferne eingegangen und am Abende dieſes Tags vers
einigte ein Semah! die Sreunde und Veredrer des Ge
feierten. Ein großer Sreund von Kindern, war dem
Derewigten dad Gluͤck verfagt, ſig in ſeinen Nachkom⸗
men verjängt zu ſehen; er war.nidht vermaͤhlt. Mit
zärtlicher Liebe feinen Verwandten zugetban, lebte er-
mit zwei Schweltern, die ihm bereit$ vor mehr ale:
‚80 Tabhren vorangingen, feitdem aber allein, von: zwei
eben io body geachteten Kamilien mit zarter Aufmerkſam⸗
feit forgfam gepflegt; in Melin leifteten ihm Geſchwiſter⸗
finder Gefellihaft und fuchten ibm die Befchwerden des
Alterd zu erleichtern und fein Leben zu verfüßen. —
Wahrhaft fromm und tugendbaft hatte er feine Tugend
in. jegt ungefannter Soliditdt verlebt, obne pedantiſch
ſich unfhuldige Vergnägungen zu verfagen; daher feine.
ungeſchwaͤchte Kraft, fein — * Geiſt, feine um
gegwungene Heiterkeit. im boben Alter.
*.118. ° Dr. Joh. Bartholomäus Trommsdorff, |
koͤnigl. preuß, Geheime Hofrath und Doktor der Akademie gemein,
nuͤtiger Wiffenfhaften und wirklich Eorrefpondirendes Ehrenmit⸗
glied vieler Akad. u. Societäten des In: u. Audlanded zu Erfurt;
geb. den 8. Mai 1770, gefl. den 8. März 1887.
| ‚Sein Vater, ordentlicher Arofetor der Medicin an
der ebemaligen Hochſchule zu Erfurt und zugleich Apo⸗
shefenbefiger, lie feinen drei Söhnen, woran der Eine
der. Pharmacie, der Andere der Theologie und der
üngfte, beim Tode des Vaters noch ſehr jung, anfangs
ebenfalls der. Pharmacie, fpäter aber der Medicin fi
widmete, eine vorzäglide Erziehung ertheifen und gab
den Pharmaceuten, deflen Leben wir bier zu ſchildern
daben, nach geböriger Vorbereitung zum Hofapotheker
WB. H. ©. Buchholz in Weimar in die Lehre. Schon.
old Juͤngling zeigte unfer T. deutfih, mad aud ibm
einft werben würde; denn feine Lieblingöunterbaltungen
waren wiſſenſchaftliche, beſonders hemiſche Arbeiten und
⸗
—3
—
342 J rommsdorff.
Briefwechſel mit gelehrten Maͤnnern. Er brannts Dor
Eifer, fein Sad, welches damals im Allgemeinen noch fehr
getrieben wurde, auf eine höhere Etufe
von Wiſſenſcha tlichkeit su heben und (don als Aporbe:
fergebülfe fchrieb er feine „Zabelle über die big jeht be,
fannten Gasarten ,“ welde er zu Weimar 1790, dann
noch zweimal in verbefferten Auflagen, ndmlich 1799 und
berausgab; und fein „ ſpſtematiſches Lehrbuch der
Moarmacie,⸗ welches 1792 zu Erfurt berausfam (4, Aufl,
nach de
£efern feines Journals, ohne deshalb feiner ferneren wife
fenf&aftlichen Thätigfeir Örenjen zu fegen. Im abr
De er zum 9
Iiplome; im Jahr 1809 wurde er zum Medicinalrart)
und 1811 zum fuͤrſtl. N bmwarzburgs rudolfddtijcen Hof:
ratd ernannt und nachdem Erfurt wieder den £, preußis
ben Staaten einverleibt worden mar, ebrte der Kön
die großen und zahlreichen DVerdienfte 5.8 im J. 182
D
-
n
Trommsdorff. 345
dusch Uederſe des Ritterkreuzes des rotben Adler
orden dritter vom Em dr 1588 wurde er Direktor
der koͤnigl. preußifden Akademie gemeinnügiger Wiffen»
ſaaften zu Erfurt und als endlich am 1. Dftober 1834
das Jubelfeſt feines funfjigjäbrigen Wirken als Ayo»
sbefer von den zablreichen — Berebrern und
Schülern des Zubelkreifes auf_eine hoͤchſt wuͤrdige Weife
u Erfurt gefeiert wurde, empfing er von feinem Könige
. dad Ernennungddekret zum Eönigl. preuß. Gebeimen Hof»
ratd. — Die bemifhe und pharmaceutiſche Literatur ift
ebr rei an Werfen, die aus Trommsdorffs fruchtbarer
eder floffen. Er beſaß die Gabe eined Elaren, wodlge⸗
ordnneten und leichtverſtaͤndlichen — in ausgezeich⸗
netem Grade, fo daß feine Schriften immer und auch
noch jegt überall gern gelefen find und er hat durch fie
sur Derbreitung näglider Kenntniffe und befonders zur
‚wiffenf&aftliben Beförderung der Pbarmacie ungemein
viel beigetragen. Man follte nun meinen, ein. fo unges
mein frudtbarer Echriftfteller, deffen Werke eine Biblio⸗
tbet von 160 Bänden ausmachen, wenn mir auch Die
vielen neuen — nicht in — bringen, mäffe
geriäioflen, unug ngli und dem praftifhen Leben und
orſchen abgewender geweſen fein; allein Died war X. -
n3 und gar nit; im Gegentbeil war er den’ größten
— des Tages mit dem Lehramt in feinem Juſtitut,
wo er Logik, Phyfit, Chemie und Pharmacie, alſo wenig»
ftend 3 Stunden täglich docirte, dann mit analptifchen
Urbeiten in feinem Zaboratorium, mworfiber die ſebr yanle
- reichen cemifchen Analpſen verfdiedener Mineralien,
Mineralwaͤſſer und Arzneikoͤrper, J wie auch Verbeſſe⸗
rungen der. Bereitungsmethoden chemiſch⸗pharmaceuti⸗
cher — —— welche in ſeinem Journale niedergelegt
ind, den klarſten Beweis ablegen, ferner mit der Ders
maltung feiner Apotheke, fo mie aud mit mannichfalti«
gen Staatd> und Magiftratsämtern beſchaͤftigt; er mar
auch ‚außerdem fehr wugdnglie und mittheilend, fo daß
feine ale e, die bei ibm im Haufe wohnten und in.
deren Geſellſchaft er yon Zeit zu Zeit botanifche Erfurs
fionen und ſelbſt größere Ausfläge ind Thäringer: und gar .
gebirge machte, ftetd bei ihm ſich Ratds erholen Fonn«
ten; auch widmete er feiner zabfreihen Familie und ſei⸗
nen Sreunden mande Stunden. Es war daher in der
That unbegreiflid, wo er die Zeit zu. feinen vielen lite,
rariſchen Arbeiten bernahm, denn er war inzwiſchen auch
Mitarbeiter an Literaturgeitungen und. ſelbſt Dichter,
x
344 Trommsdorff.
wenigſtens gad er im Jahr 1821 zu Erfurt unter deun
Namen Olympiodorus „Wilihald, Mirandens Schuͤ
ling.” Ein Feenmaͤhrchen in acht Gefängen, heraus. .
bat auf die nachahmungswuͤrdige Weife gezeigt, wie viel
ein Mann zu leiften im Stande ift, wenn er mit feiner
geit recht hausbälterifch umzugehen verſteht. Er Hatte
Die gluͤckliche Gabe alled mit —— aufzufaſſen und
zu durchblicken und war an raſches Handeln gewoͤhnt;
was er fchrieb, floß ihm eben fo leicht aus der Feder
als feine Schreibart Elar und bündig war. Den Mile
ſenſchaften brachte er unglaublich viele und große Opfer;
man mußte, befonderd in den legten Jahren, fein Labo—
ratorium, feine chemifchen und pbofikalifhen Apparate,
feine Bibliotbef gefeben haben, um fagen zu Eönnen,
daß manche Staateregierung in ibren öffentlichen Lehr⸗
anſtalten Davon beſchaͤmt werden koͤnnte. Dabei war er
ein Mufter von Biederkeit, Klugheit und Thätigfeit,
-Hergendgüte und Befheidenbeit des Eharafterd, — Die
geliebte Gattin ging ıbm im Mai 1836 in die Ewigkeit
voran und fo mar ed faum anders zu ermarten, ald daß
T. den Schmerz ihred Verluſtes nicht fange mehr ertras,
gen und ihr, mit ber er 5 Töchter, die ſchon glücklich
verbeiratber find und einen Sohn, der in feine Fußta—⸗
‚pen tritt, grieugt, bald nachfolgen werde. Was er Das
mals laut voraus verkfündere it nur leider allzubald im
%
Erfüllung gegangen. — Der Naturforfeer von Martiuß
bat ein Genus der WUmarantaceen nach ibn Tromms-
dorfka benannt, — Bildniffe von ibm findet man sc. 9,
5: Krethlow 98, vor Berlin. Jahrb. f. Pharm. Jahrb.
pinz. J. Oechs, sc. Nodmädler Lips. 1802, vor
ER Taken. ſ. Aerzte a, d. 7. 1803. Gteindr,
del, Jagemann, lirdogr. Müller jun. Erfurt, 1820. Steindr.
vor Ur, des Upothekervereins Bd. 11. Lemgo 1885. -
. Gteindr, lityugr. R. Schlicht, vor Geiger Magaz. für -
Pharm. Bd. 27, 1829. — Seine Schriften find: Allge
- meine Ueberſicht d. einfachen u. zuſammengeſehten Sale,
Gotha u. Weimar 1789. — Chemifche Zergliederung d.
ſtinkenden Afands oder fogenannten Teufelsdrecks. Ers
. tur 1789. — *Kutzes Handbuch d. Apothekerkunſt zum
Gebrauch f. Lernende. Stettin 1790. — Carl Aug. Hoff⸗
mann Ueber d. Hopfen ꝛc. u. J. B. Trommsdorff Ches
miſche Unterfuhung eined Quellwaſſers aus dem foges
nannten Dreien » Brunnen bei Erfurt. Erfurt 1792. —
Veberficht der wichtigſten Entdedungen in der Chemie
vo Anfange des 17. bid zu Ende d. 48. Jahrhunderte. -
Brimar 1792. — Lehrb. d. pharmarentif
Experimen.
talchemie, nach dem neuen Spſtem, ——— für
Aerzte u. praktifche Apotheker u. als Leitfaden zu Vor⸗
lefungen. Altona 1796. — Zweite Aufl. en d. Spſtem
Lavoitier’d, Chaptal's ıc., mit den neueften Entdedungen
- vermehrt. Hamburg 1803. — Dritte verb. Aufl. Hamb.
4
und Altona 1811. — Chemiſche Receptirkunſt oder Tas:
— f. praktiſche Aerzte, welche deim Verordnen d.
rzneien Fedler in pharmaceutiſcher u. chemiſcher Hin⸗
ſicht vermeiden wollen. Erfurt 1797. — Zweite verm. u.
verb. Aufl. Ebend. 4799. — Dritte verm. u. umgearb..
Aufl: Ebend. 1802. — Vierte verm. u. verb. Aufl. Ebd,
4807. — Bünfte neu bearbeitete Aufl. Ebend. 1526. —
Handbuch der pharmaceutifhen Waarenkunde, zum Ges
brauch f. Aerzte, Apotheker u. Droguiften. Ebd. 1799.—
weite verb. Aufl. nebſt einer Bulekung zur Juſues d.
cotheit der ſaͤmmtlichen pharmaceutifhen Präparate.
Ebend. 1806. — Abdrud. Ebend. 1815. — Dritte verb.
Auflage. Gotha 1822. — Handbuch der — —
—— für. den Buͤrger u. Landmann. 2 Bde.
u. Hamburg 1799. — Darkellung der Säuren, Altalien,
Erden und Metalle; ihrer Verbindungen zu Salzen und
ihrer Wadlverwandtſchaften. Erfurt u. Gotha 1800. —
weite Aufl. Edend. 1806. — Gpftematifches Zubsus
. gefammten Chemie, zur Erleichterung d. Gelbfiftus
di dieſer Wiffenfhaft. (Auch unter d. Titel: Die
weite verm. Aufl: Ebend. 1805 — 20. — Mit CEdr.
r. Buchbolz: Zwei chemiſche Abhandlungen, als, chemis
| Cdemie im Selde “ Erfahrung.) 8 Bde. Erf. 1800 — 1807.
ſche Unterfuhung einiger Soffllien ıc. und Werfuche jur
endlichen Beritigung der Bereitung des Zinnobers auf
dem naflen Wege. (Auch mit den befonderen Titeln:
Chemiſche Unterjuhung einiger Soffllien von Dr. J. B.
Erommödorff, und Verſuche zur endliden Deriatigung
der DBereitung des Zinnoberd auf dem naflen Wege
v. Ehr. Sr. Buchholz. Ebd. 1801. — Chemiſches Probier⸗
kabiner oder Nachricht von dem Gebrauche und den Eis
ge malıen d. Reagentien.) Ebd. 1801. — Zweite verb.
ufl. Ebend. 1806. — Dritte voͤllig umgearbeitete -Aufl..
Ebend. 1818. — Geſchichte des. Galvanismus ꝛc. Ebend.
4808. — Zweite Aufl. Ebend. 1808. — Zufäge, Erldus
terungen und VBerbeflerungen zu dem pharmacologiichen. '
Zeriton, oder mediciniſch⸗ ruralipen Heilmittellebre, f.
Aerzte, Wundaͤrzte, Apotheker, Defonomen u. Thierärste.
Sür die Befiger der erſten Aufl. des erſten und zweiten
-
N
BU: Krommsbarff.
Bandes befonderd gedrudt. Mainz u. Hamb. 1808.
—— * Lexicon ſelbſt iſt nicht Yon ——
deſſen gouen d. Pharm. Bd. 10. ©t.1. 1802, S. 264. —
Allgemein verftändliche Anleitung zu einer einfaden u.
leichten Art, Salpeter zu. bereiten ohne befondere Appas
sate und mit. den gewöhnlichen Hausgerärbfhaften,
Sür den Bürger und Landmann. Ebendafelbft 1802. —
Die Apothekerſchule oder Verſ. einer tabellarifchen Dars
elung d. geſammten Pharmacie, zum Gebraude b. d.
Unterridt u. 3. Vorbereitung f. Diejenigen, welce. ih
emem Examen unterwerfen wollen. Erfurt und Gotha
41808. Zweite ganz umgearbeitete fehr vermebrte Aufl.
Ebend. 1810. (Der Verfaſſer erbielt vom Kaifer von
ußlend für dieſe Schrift einen Eoftbaren Brillant»
ing.) — Pharmaceutifhe Nomenclaturtafel, nad der
neuen preußifchen Pharmacopde, zur leichtern Verwand⸗
lung d. neuern Namen in die ditern u. umgefebrt, f. d.
Apotheker u. Aerzte der fämmtlichen k. preuß. Staaten.
"Erfurt 1808. — Abdrud (9. Ebd. 1806. — Taſchenb. f.
Verzte, Ebemifer u. Pharmaceuten a. d. J. 1808. 4. 5.
Ebend. 1803 — 5. — Chemiſche Unterſuchung einiger
Soffitien ıc. Ebd. 1804. — Mit Ehr. 8. Buchholz: Chem.
erfuche ib. d. Gewinnungsart d. leichten Galzdthers.
Ebend, 1804, — Verſuch einer allgemeinen Geſchichte d.
Chemie. Ebend, 1806, (Stand (don im vorbergebenden
Kafchenb., Tabrg. 1— 3.) — Ueber die Darfiellung d. rei⸗
nen Gallusfäure aus den Galläpfeln, mit Hinſicht auf
die Richterſche Sheidungsmerhode, Ebd. 1804. — Kals
lopiftria oder bie Kunſt d. Zoilette f. die elegante Welt.
Eine Anleitung zur Berfertigung unſchaͤdlicher Parfüms
u. Schönbeitdmittel, Pulver, Pomaden, Schminken, Pas
fen, aromatifber Bäder u. aller bierber gebörigen Mite
tel, melde dazu dienen, d. Schönbeit zu erhöhen, zu ers
balten od. berzuftelen Ebd, 1805. — Allgemeines phar⸗
maceutiſch ·/ emiſches Wörterbub od, Entwidelung aller
in d. Pbarmacie u. Chemie vorfommenden Lehren, Bes.
griffe, Beſchreibung d. Gerdibf&aften u. .f. w.; f. Aerzte,
porbefer und Chemiker. (Auch unter dem Zitel: Die
Mpotbeferfunft in ibrem ganzen Umfange, in alpbabeti»
ſcher Ordnung.) 4 Bde, Ebend. 1805. — Supplemente
u dem allgemeinen pbarmaceutifh-chemifden Wörter»
buche, 2 Bde. Gotha 1821, 22. — Neue Pharmacopde,
dem gegenwärtigen Zuftande der Arzneifunde u. Phars -
macie. angemeflen. Nebſt einem Unbange, welder die
franzöfifhe Militär-Pharmacopde enthält. Erf. u. Gotha.
De 7
Ki
/
7
Trommsdocff. 4347
808. een Aufl. Ebd. 1811. Abdruck (2). @bp. 1815. -——
Sarten
ud f. Aerzte u. Apotheker, zum Nugen u. Ber,
gnügen. Zweite verm, u. verb. Aufl, Ebend. 1809. a
ie zweite Ausgabe des zweiten Bandes von J. B. ©ids
ler's Deutſcher Landwirihſchaft oder Deutfhlands Bars
tenfchade, bearbeitet von Trommédorff. Erfurt 1808.)
Abdrud (9 Ebend. 1815. R. Aufl. (2) Edend. 1819. —
Die neuentdedten falinifhden Schwefelbäder zu Langens
falza u. Tennſtadt, im Könige. Sachſen, demifc) unters
Nut. Erfurt 1812. — Allgemeines tbeoretifed u. prak⸗
tiſdes Handbuch der Farberkunſt oder Anleitung zur
ruͤndlichen Ausäbung d. Wollens, Seiden:, Baummols
en. und Zeinfärberei, fo.wie der Kunft, Zeuge zu drut⸗
ken und ji bleiben. Zum Unterricht für Kattunfabrie
Eanten, Särber.und Bleicher. 5 Bde. Erfurt und Gotha
4814. — Mit 5. Volfm. Sickier u. I. C. Weife: Deko
nomifchtechnologifhes Wörterbud oder Unterrit in d.
Dekonomie, Öfonomifden Technologie u. dkonomifchen 2
Baufunft, mach alphabetifher Ordnung. 7 Bde. nebf
Spfrn, Ebend. 1317 — 27. — Anfangdgrände der Agrie
fulturdemie (aus dem Öfonomifhstechnol. Worterbud
befonderd abgedr.) Gotha 1817. — Grundriß der Phys
if, nach den neueften Entdeckungen; als Dorbereitung
. Jim Studium der Chemie, nebft Kpfrn. Erfurt und. Gos
iha 1817. — Ponfikalifchhemife Unterfudung d. Mies
neralmaflerd des Kaiſer⸗Franzenbades, bei Euer in Boͤh⸗
men. Angeſtellt bei den Quellen im Aug. 4819. (Abs
edr, aus dem N. Tourn, d. Pharmacie Bd. 4. ©t. 1.)
eipj. 1820, — Die Mineralquellen von Kaifer- Srans
zenöbad bei Eger, Hſſtoriſch-mediciniſch dargeſtellt von
E. Dfann und phnlifalifh-chemifh unterfuht von: 9.
5. Erommödorf. Berlin 1822. Zweite vermehrte Aufl.
4323, — Die Heilguelle zu Goldbach bei Afchaffenburg,
wiſſenſchaftlich unterfubt; herausgegeben vun fr. Se
rapd. Gjibad. Aſchaffend. 1823. — Geo. Zriedr. Hänle
Lehrbuch der Apotbekerfunft ıc. BP. 2, Abth. 3. Schluß
der praktiſchen Pharmacie und vollſt. Regifter über das
geme Werf. Leipzig 1826. — Weber die Bereitung des
leimeißes im Großen, Erfurt 4827. — Die Grund faͤtze
ber Chemie mit befonderer Rüdfidt ihrer techniſchen An»
mendung in einer Reihe allgemeinsfaßliher Vorleſun⸗
—F entwickelt und durch viele Verſuche erläutert; für
abritanten, Kuͤnſtler u. Gemwerbtreidende. Ebd. 1829. —
Cdemiſche Unterfuhung des Alerisbrunnens, eines neu
entdedten ſaliniſch⸗ Eohienfauren eifenbaltigen Minerals
‘
-
*
Pr Trommsdorff.
waflerd Im Enitagaie am Harze und eine nene Anal
2: Mineral des Alexisbades. Nebft. einigen d
en — en zu dieſen Analyſen, von Sure.
— 1830. ebensbefchreibung gr. Heinrich Bilges
TE ad: urnal d. Pharmacie. 265 Bde. Leipzig 1798-
t So
bi 1817. — Al an egung: N. Journal d. Pbarmadie..
nn — Ei
Site t. in 5 Bde. Erfurt 18905 — 9. —
. furt-1807 — 10. (Die erften- 41 Sad gänge find von &
3
gegranarigen Zuftande; aus dem Sranzöf. mit
ro 0 — Taſchenb. f pen nfler. Jahrg.
— 5. Weimar Pe 29. ( gt —
ber waren Goͤttling bid 1808 —8 bi
Brandes: für 1819.) — Auld Mitberaus eber: ee Te
allg. Journ. der Ehemie, feit 1803 und des Journ. für
ag Mdyfit und alone, el feit 4806,. d. Annalen
Der Pharmacie, feit d. Jahrg —_ Außerdem gab
er noch heraus: of. help — tbeoret. und praft.
gemiſche Abdandiu ae anz. nebſt 1 Kpf.
Erfurt 1803. — ufländiges —
ed prakt.
Handbuch der ER, Bee vn Bf, Ebend..
1818. — Veberfegungen: 3 —
Arzneibuch, aus De Franzoͤſ. mit —— =.
Erfurt 481. d, 1802. Bergl.. N Sour.
ber Pharm. . St. 1. 1802. 08 (Bemerkung.
von Göldern). — Wil. F nry Chemie — — en xc.
dem Engf. mit oa 4 Bde. Ehend. 41804 bis
Sal: sreihifhe Pharmacopde; aus dem Latein.
mit —— Uinmert, Ebend. 1814. Zweite umgearb. Aufl. Er
furt, Gotha und Wien 1818. Auch Latein. Ebd. 1818:
Dritte verb. Aufl. Ebd. 41821. nid: edit. alterna
‚emendata. Ihid. 1821. — 2. 3. Zhenard Anleitung zur
dem. Analyfe; aus dem Sranzdf. mit Anmerk. Erfurt
4818. — Branthome Weberblid der. Chemie na hen
um
. Chevreul eg us ‚Analyfe ots
Gone — Körper; aus dem ranzöf. mit einigen. Anm.
otha 1826. — Samuel Parkes — Catechismus. 8.
Aufl. nach der 10. und 11. engl. Aufl. revidirt u. *
Theil umgearbeit. Weimar 1826. (Die 2. Auf. it nicht
von Erommedorf) — Zuſaͤtze * Vorreden: Zu Carl
1° Beden 549
‚wi. Juch —— —V Typ. 1. Erfurt 1008.
Vorrede zu . Rüde Vbharmaceut. Erfabtungen. Leip⸗
sig 1815. Zweite Aufl. 1819. — Anmerkungen zu Par
mentier Mittel, den Zuder zu ergänzen; ads d. Franz.
von St. Trommsdorff. Erfurt 1809 und zu A. P. Orts
fila Handbuch der medic. Chemie; aus dem Franzoͤſ. von
Sr. Trommsdorff. 2 Bde. Ebd. 1819. 20. — Dorrede zu
$. Sr. Bley Taſchend. f. Aerzte u. Badereifende. Leip⸗
gie. 1831. — Vorrede zu Briffomd Anfangögränden der.
aturgefhichte und Chemie der Mineralien . überf. von
Drechſsler. — Vorrede zu Menfing, Leichtfaßliche Au⸗
leitung zu fiödiometrifhen Rechnungen Erfurt 1819. —
Lieferte viele Beiträge zu periodifhen Schriften.
119.- Theodor Albert Becker,
Buchhändler in Quedlinburg:
ged..den 17. Sanuar 1807, geſt. den 12. März 1837 *).
Er war der. einzige Sohn ded noch lebenden Paſtors
©t. Aegidii in Quendlinburg, Dr. Albert Gerdard
Beder und wurde den Eltern einige Jahre fpäter, nach»
dem zmei andere Söhne gleich nach ihrer Geburt ver⸗
Rorben waren, geboren. Bon den erften Zebendtagen. an
war er Elein und ſchwach und feine Erhaltung verlaugte
desdalb wine umfichtige Pflege und Erziebung. Bid zu
feiner Konfirmation . befuchte er die Öffentlichen Schulen
und das Gymnaſium feiner Baterfiadt, wobei fein Vater
ibm neben andern Kindern häuslichen Unterricht ertbeilte.
In der Hoffnung, Daß durch Veränderung des Wohns
ortd umd der Lehranftalt dad koͤrperliche und geiſtige Le⸗
ben B.'s beffer gedeihen werde, bradhe man ibn: nad
Halle auf er — — ur Schule. Aber ed war
ein ungluͤcklicher Mi ci aß die Eltern ihn ald Den.
ivathaufe freundlicher geleitet und in gefchloffenem,
tilichen Kreiſe einer folden Samilie daß ftile Vaters
daus weniger vermißt haben würde. Unter diefen Um⸗
Bonn nahmen die Eltern. ihn nach: einem Jahre wies
r zu fi und gaben ibn der fräbern Lehranftalt zurück,
auf weiber er. durch wadere Lehrer und unter Nachhülfe
feines Vaters eine allgemeine literarifhe Bildung er
| Drive auf die anal) felbſt brachten, während er in: einem
: bielt, auf Erlernung der alten und neuern Sprachen und
biſtoriſche und literariſche Kenntniffe begründen . Wär
"MR der Harzzeitung Mr. 18, 1898,
Li
S
/
J
860 Beoecker.
“send dieſer Zen reiſte ſein Entſchluß Ab dem Buchan⸗
del zu. widmen. Er erlernte ibn zu Helmſtedt in der
Stedeifenfchen N IH vervollfommnete fih dann mei:
ter in der. Geſchaͤftsſuͤhrung in der Heinrichshofenſchen
Buchhandlung Mogdeburg, worauf er noch eine Zeit
lang in Braunſchweig lebte und fi fodann im di 1830
it
‚old Buchhaͤndler zu Quedlinburg etablirte. der
Sortimenis⸗ und Verlagsbuchdandlung verband er im _
abr 4831, unter der Le ung lieb Sreundeß, der die
ucdruderei erlernt batte, Die Unlegung einer nduen
Buhdruderei. Vom Anfang feines Erebliffementd als
Verlagsbuchdaͤndler an machte er ed fi zum Grundfag,
haus ahlih Werke zu verlegen, durch weldie die Wiſ⸗
enſchaft auf irgend eine Weife gefdrdert werden möchte. .
Dagegen wieß er jeden Antrag _zuräd, Schriften zu ver⸗
legen, in welchen Religion, Sittlichkeit und Liebe zum
Vaterlande verlegt oder das Eigenthum Anderer gefähr⸗
der zu fein ſchien. Hierbei hatte er das für einen jun⸗
gen Geſchaͤftsmann feltene Gluͤck, daß er gleich Anfangs
des Raths und der vertrauendvollen Mitwirkung an«
erkannt wärdiger und in der gelehrten Welt bereits
rähmlichit befannter Männer erfreuen konnte. Seine
legte Unternehmung, welche er bereit Eränkelnd einleh
tete, war die Zeitſchrift „Hercynia“ oder „Harzzeitung.“
gu deren Herausgabe er Fur; zuvor von der Regierung
u Magdeburg die Erlaubniß erhalten hatte. Die Sorge
hr den Beſtand und die Vervollkommnung eines fo ge»
meinnügigen Unternehmens, das ibm vielfahen Nugen:
dh verfpreden ſchien, die Opfer, melde er demfelben ges
racht und die Anftrengungen, welde mit der pünftliden
Erfdeinung und Verfendung der erften Städe der neuen
Beitung für idn verbunden waren, vermehrten feine (don
egen den Schluß ded Jahrs bin bedeutende Kränklich-.
eit und fo flarb er ungeachtet der treueften Bemuͤhun⸗
gen feines Arztes, des ihm von Kindheit an befreundeten
r. Schwalbe und der forgfamften Pilege der Seinigen
am oben genannten Tage an der Lungenſchwindſucht. —
B. hatte einen edlen Charafter, Jeder der ihn .näber
- Eennen lernte, gewann ibn lieb, während auch er Allen
mit aufrichtiger Gegenliebe ergeben geblieben it und ſich
Badur ihre Liebe zu erhalten gefuht bat. Dad größte
Blh des Lebend fand er jedoch ın feiner. Gattin, Louife
geb. Kragenftein. Sie war ed, die den’fchon feit einis -
en Jahren Fränfelnden Gatten ermutbigte, einen Theil
einer Gefchäfte und Sorgen ibm abnahm und in Deren Uns
%
Scheven — Schmidt. 351
ang, mie in’ den Befchäftigungen mit feinen Kin
ua der Freude an ihnen, ei auch da nod fein G
fand, als er geraͤuſchvollern Sefellfchaften zu er
genoͤthigt war und fi allein auf den Umgang mit ſei⸗
er nl feinen Eltern und Verwandten beſchraͤnken
mu te. 5 -
120, F. 3. Scheven,
Sandratd ded Siegkreiſes, Amtöjubilar u. Nitter d. rothen Adler»
ordend in Hennef (Rheinpreußen);
geb. den 14. Sept. 1766, geſt. den 13, März 1837 9).
Scheven in Dennef geboren, gelangte nach vollen⸗
deten Studien reNBgejN! zu feiner erſten Anftelung als
kurfuͤrſtlich pfalz⸗baleriſcher Schagfchultbeiß. Unter die
während 52 Jahren in ununterbrochener Reihenfolge von
ihm befleideten Aemter des Staatsdienſtes gebören fer.
ner jene: als Iandesherrliher Advokat im ebemaligen
Amte —— ald Lokalverwalter, Domänen » und
Forſtrath und zuleht feit 1816 al6 kön. preuß. Landrath.
Durch feine vieljäprigen Erfabrungen und anhaltenden
Studien in den verfchiedenen Sächern der höhern Willen»
ſchaften, befonderd der Gefhichte und Mathematik, hatte
fh der Verſtorbene einen reihen Schatz von Kenntniffen
erworben, melde er in der größten Einfachbeit, Anz
fprubd, und Prunklofigkeit nur zum Wohl feiner Vers
‚walterten und aller deren, die feines Raths und Bei-
+ RKands bedurften, anmwendete. — Er mar in der That ein
Doter feines Kreiſes, ein fanfter, guter und muſterhafter
Vorgeſetzter, ein biederer, rechtſchaffener Geſchaͤfisfreund.
* 121. Gabriel Schmidt,
Privatmann zu Wien;
geb. 1. 3. 1762, geft. d. 16. Maͤrz 1837.
Zu Wormd geboren, war er der Sohn unbemittelter
Eltern. Er widmete fib der Handlung und bradte ei»
nen Theil feiner- Tugend in Paris zu, wo er mit vielen
Perſonen, welche in der Revolution eine Rolle fpielten,
in Berührung kam. Auch mar er Mitglied mehrerer
Geſchwornengerichte. Auf feinen vielen Geſcaͤftsreiſen
lernte er in Wien die Tochter aus dem angefehenen
Handlungspaufe Frank kennen und heirathete fe. In
*) Kölnifge Beifung 1851. Wr. &.
x
«
352 Bieffermann
ris war: er dereits Muglied eine bedeutenden Ge⸗
fact, welches jedoch durch unglückliche Verhäftniffe
bm nur Kummer: bereitete, fo daß er aus demfelben
rat und ed feinem Kompagnon überließ. Er errichtete
bierauf in Wien eine Geidenftofffabrif, in welcher er
wirklich fehr viel leitete, fo daß feine Seidenftoffe den
ranzöf. febr aͤhnlich waren. Nach dem erfolgten Tode
einer Srau fieß.er jedoch auch dieſen von ibm ergriffes
nen Induſtriezweig ruhen und lebte ald Privammann in
Mien. Seine Srau batte ihm drei Kinder binterlaffen,
Roſine, verheirathet an Herren v. Kalchberg und bereits
1. 3. 1835 geftorben, Eduard, bei der £. k. Hoffammer in
Wien angeftelt und Adolph, dermalen in Baiern anfdffig,
in den Adelftand erhoben und mit Amalje Srelin v. Habers °
mann, der Tochter des verſt. Generald v. Habermann *)
vermäblt. Schmerzlih_niedergedrädt von dem Tode _
feiner Tochter bradte Schmidt den Spaͤtherbſt feines
. - Zebend auf verfbiedenen Reifen zu und unerwartet ergriff
ihn am 11. März 1837 in Wien die Grippe und nabm,
nachdem er ſtets der beten Geſundheit genoffen,. einen
drobenden Charakter an, fo daß er ſchon am oben ge»
nannten Tage in den Armen der Geinigen rubig ver
fdied, — Er mar ein fehr verftändiger.und von der en
uter Mann; ungläücklicherweiſe hatte-er fi in die Wlte
ungen der Politik verirrt, aus welchen er unbefriedige
zurſſckkehrte und nunmehr allem Beſtehenden den Krieg
erklärte. Dadurch verlor er nah und nach die. richtige
rubige Anſicht der Welt und feste fid in einen Wider.
fpruch mit ibr, welchem fein geiwäftslofes Leben etwas
GSrörriged verlieh, -fo daß er bei vielem Derfland und
‚reblibem Herzen fi wenig Sreunde erwarb. Eine in
unferer Zeit feltene Sreimätbigkeit verdient an ibm je,
doch hochgeachtet zu werden, fo wie die Rrenge Rechte
lichkeit feines Charakters. e
* 122. Zohann Philipp Wieffermann,
kathol. Pfarrer zu Lengerich (Weftpbalen);
geboren d. 18. Sept. 1749, geſtorben d. 16. März 1837.
5 zu Rede in der Obergrafſchaft Lingen erblidte er
a
icht der Belt, ward den 24. Juni 4774-in Rom
‚zum Priefter geweidt; war 2 Jabr 6 Monate Miffondr
7 SR, Nekr. 8. Jahrg. S. AAO,
“-
Weiffermann. 3608
J Pedum in der Provinz Groͤningen, 7 Iäpr 6 Monate.
ann 6 Mo»
Balder zu Doltlage im Osnabrückſchen
— in ſeinem Geburtsort und
nate Adjunkt des
"wurde den 10. Auguſt 1787 zum zweiten Miffiondr, als
Kaplan in Lengerich beftellt. In diefer großen Gemeine
von 6000 Seelen war er, ein Mann von feltenen Geiſtes⸗
und Herzensgaben, von gediegener Gelebrfamkeit, ein
roßer Diodclo ‚ vortrefflider Redner, Meifter in Dar⸗
Relung und Schilderung, eifriger Lehrer und Verthei⸗
Diger der Wahrheit, feuriger Hafer aler Unterdrüdung,
apoftelfübn und frei in Wort und Wandel, ganz an
feinem Plage. Er verwaltete das Pfarramt in fchwierie
gen Fällen mit Genehmigung des Paftord mit, algemeis
gleich der juͤngſte Geiſtliche, in
nem Beifall und war, o
kritiſchen a nl bei Erledigung der Nuncia
tur, ded Erzprieſterthums ꝛc., obne Titel, wirkl. geift.
Rath und Konzipient der an das Berliner Kabiner und ‘
an den heiligen Stuhl zu dringenden Vorftelungen. —
Bon feinem Mitfchüler und Sreund Dverberg *) unterftägt,
brachte er zu Stande, daß die Schulen, melde früber
mit abgedankten Soldaten und Beamtendienern befent
waren, katholiſche Lehrer erhielten. Er war der gefuchte
Beichtvater, ſelbſt aud der Ferne, ja noch auf feinem
Oterbebette. Er war _der tüctige Lehrer, ——— |
Katechet, eur und Rubriziſt, wie ed wohl wenige in
c
der ganzen Di
trübten, der Bedrängten, der Verfolgten. Nab dem
Tode: feines Paftord rüdte er 4823 in deſſen Gtelle,.
Wenn gleich er früber ſchon die Hauptkämpfe für Melis
ion, Sreiheit und Menſchenthum ritterlich beitanden, fo
‚ Mloffen doch die 17 Jadre feiner Pfarrei nicht fo ſauft
und freundlich bin, wie man ed ibm münicte. Wie
überall in der Welt das Licht mit der Kinfterniß, der
Große mit dem Sleinen, der Starfe mit dem Edmas .
ben, die Tugend mit dem Lafter zu Eimpfen bat, fo
fämpfte diefer große, gute, Harfe Mann bis zum on
Lebenshauche befonnen „ Eräftig, mutbig und mit
digung nad erkrankten Pfarrkindern. A.
— IE
. ) Deiien Biograpbie 1. M Netr. 4 Jabra S. 682.
2. Rekrolog. 16. Jahrg. 28
es gibt, Freund der Armen, der Ber
(
uße
‚dauer. Sein ſchoͤnes Pfarrleben endete mit der Erfuns
.
SM Do... — =
334 \
123. Chriſtoph Adam Dann,
Stobtyfarzre und erſter Prediger bei St, Leonhard in Stuttgart ;
geb. den. 24. Dec. 1758, geft. am 19. März 1897 °).
Er war zu Tübingen geboren, mo fein Vater, 9.
Fokob Dann, Hofgerihtöafleffor und erſter Bärgermeifter
war; ſeine Mutter war Sophie Eliſabeth, eine geborne
Mögling. Den_erften Unterriht erhielt er bei dem
M. Stlemm in Balingen und von- feinem, 14. Jahr an
in der Kloſterſchule zu Blaubeuren. Im J. 1777 Fam
- er in dad Stipendium,nad Tübingen, ward 1783 Kloſter⸗
Ad he u Babendaufen und 1785 NRepetent .
es HE eminariums zu Tübingen, welche
Stelle er fünf Jahre lang befleidere. Im Anfang des
1793 wurde er ald zweiter Diakonus nad Göppingen:
befördert, von wo er nach nicht vollen zwei Jadren nach
Stuttgart ald ..... bei St. Leonbard verfept wurde.
Durd die Undefangenbeit ‚aber, womit er feine Ueber,
seugung auszjufpreden gewohnt war und dur den Ein--
fiuß den er alö Prediger und Geelforger auf einen großen’
Ebeil des dafigen Publifumd gewonnen batte, wurde er
ber Feine freie Bewegung duldenden Regierung des S0-
nigs Kriedrih unbequem und fo erhielt er im J. 1812 _
FIRE ——— der kleinen Landpfarre Oeſchingen
|
m Dekanate Tübingen und' 1819 in dem größern Kirch»
fpiele Möffingen, aus dem er 4824 ald Diafonud an
der Gtiftsfirde wieder in die Hauptftadt zurückgerufen
wurde, Im Jahr 1825 murde er Stadtpfarrer zu ©t.
Leonhard. Seit feiner Zurietberufung nad Stuttgart
dat er in dem ihm angewiefenen DBeruföfreife eine in
ihren Erfolgen und in ihrer Audbreitung feltene Wirks
. famkeit behauptet und fle ungehindert durch Die alternde |
Kraft dis an das Ende feined Lebens mit raftlofem Eifer’
fortgefegt. Zwar fand dieſe Wirkfamfeit bauptfächlich
gan in dem Kreiſe ded die Religion in der pietiftifchen
orm aliffaffenden Theild des Publifumd, das in ibm
den eigentlichen Nepräfentanten diefer Denkart und den
Eräftigiten und Elarften Ausleger derfelben erkannte ; aber
da man in feinen DBorträgen nicht die leeren hohlen .
Klänge .eined in dunkeln Gefühlen fi verlierenden und
in dem bunten Bilderfpiele einer ſchwaͤrmenden Phan⸗
Nach der AU rchenzeitung 1837. ®r, 27. u. einem.
ee ae akdemeinen Kirchenzeitung
%
Denn. 365
tafie (dmeizenden Pietömms vernadm, da im Begentbeil
— elnen — die das Dogma bie und
. —8 — iſſenſchaftlichkeit der aͤlteren Th
binger Schule nicht unbemerkbar blieb, mancher leuch⸗
tende und tiefe Geiſtesblick in der oft in der Flaͤche Ach
verbreitenden Darftellung aufbligte und Alles aus der
ütte und Innigkeit eined kebendigen und tiefen religiös
en Gemuͤths, ohne Beibälfe von Kunft und Manier
bervorzuquellen fhien — fo verfammelten fi auch ſolche
Erbauung fuchende Zubdrer, die nicht der Partei ans
eDDTIN: die in ihm ibr Haupt erfannte, zahlreich ums
n und feine Kirche blieb gefällt bid an feinen Tod. -
Man überfah es um fo leichter, daß feine Predigten in
iprer Fotm den fchulgerehten Maasſtab nicht ertrugen
und daß ed ihnen bei mannichfaltigen, oft dad Thema
gänzlich verlierenden Abſchweifungen in ihrem Baue um
in ihrer Ausführung an innerer Einheit und Ebenmaa
feblte, da bei ihm auch das Unzufammenbängende und -
rriſſene immer als Erguß eined vollen, von_dem Ges
üble des Da Durchdrungenen ‚Deren erfhien und
durch die Lebe preis des Vortrags, fo wie durd eine
reine gewandte Sprache auch ein Außered Intereſſe ges
wann. Indeſſen fanf er nicht felten, wenn er, was in
feiner feiner Predigten unterlaflen wurde, dad Strafe
amt gegen die moralifhen Derderbniffe und die fallen
Richtungen der Zeit fibte, in Sormen und Ausdrüden
. in dad Gemeine, ja in dad Polternde berab; der Volks—
klaſſe aber, welche den bei weitem größten Theil feines
Yuditoriumd audmachte, mißflel es nicht, wenn ed den
von ibm fo bochgeehrten Mann in feiner eignen Sprache
* börte, zumal in dieſen Augenblicken moraliſcher
weg
ung fein zuͤrnender Eifer. meiſtens gegen die Ge⸗
wohnheiten und Sitten derjenigen Stände losbrach, die
Dem beneideten Herrentbum angehörten. Am frucht⸗
barften und einflußreichſten aber ward feine Wirkſamkeit
durch den unermüdeten, auch bei binfinfender Börpere
lihen Kraft, immer mit_gleicher AnBrengubg und Uns.
verdroffendeit bewährten Fleiß, mit dem er Die. fpecielle
Seelforge übte und im Jugendunterrichte, in Erbauungßs
fiunden, die er in feinem Haufe gab und in der mit
dohem Ernſte betriebenen Vorbereitung der Konfirmans
den das von ibm Öffentlich gepredigte_ Wort den Ein»
zelnen nahe zu bringen und In ihren Herzen au befeftis
gen und zu vefruchten firebte. Dabei (ad man idm‘, eine
bobe, ebrwärdige Geſtalt, mit ERAHNEN: DARDIE, in
+
’
alterthuͤmllchem Roftähe:, mit :Hod -aufgekremptem- drei⸗
fpigigem Hut umd einem langen Rohrſiab In der Hand,
u alen. Stunden ded Tags. durch die Straßen - von.
Enut gart fchreiten, Trof und Hoffnung an den Betten.
der Kranken und Sterbenden und Rath, — ——
.Warnung und Verſoͤhnung in ten Familien ſpendend,
Niemand ſich aufdringend, aber überall willkommen und
feine Gaben dem Verlaſſenen und. Armen fomobl, als
dem Wohlhabenden und Blüdlichen darbietend. So er⸗
wies er fi namehtlih in diefem Kreiſe feines in feiner
vollen Bedeutung, und in feinem bödften Sinn aufs.
efaßten und gefühlten Berufs als einen wahrbaften.
Geiflicen, lediglich feiner Beſtimmung für das ideale
Leben, außer dem ibm alled Andere fremd war, ſich
weihend und in der Erfüllung diefer Beſtimmung feine .
Muͤhe, keine Koſten und. feinen Zeitaufwand ſcheuend.
Erinnert man fih no, wie viele Einzelne fih ibm taͤg⸗
ſich nabeten, um für ihre geiftigen Bedürfniſſe die fonft
entbebrte Genüge zu finden; wie er aud Audmärtigen
den erbetenen Rath und Troſt in häufigen. brieffihen
Mittpeilungen_gemährte .und ‚wie er ih einer Menge.
Eleiner, zum Theil .nur aus wenigen Blättern beſtehen⸗
den Schriften feinen Zubdrern, zumal feinen. Konfir⸗
manden bleibende Denkmahle der ertheilten Lehre und.
Ermahnung darbot — fo erfcpeint er ald ein treuer Ar
beiter von feltener Kraft und Thätigfeit auf dem Acker
der Kirche und der Anblick feined Bildes wird Jedem, der.
den Werth eined auf diefe Weile angewendeten Lebend:
lebendig anerferint, die Gefüble_der Achtung und im
mandem auch wohl das der Beſchaͤmung erregen. .: Und
ieie: Eindrud wird aud in den Betrachtern ſeines
Bildes, Die feine Dogmatifchen Anſichten nit ald die
ihrigen erkannten und manced Unbefriedigende und Tas.
deihafte in feiner Weife ihrer Darftellung fanden, doch
derſelbe bleiben, da ed ja ‚überall der lebendige, von
der. Didharmonie der Theorien unabhängige Geiſt des
Chriſtenthums mar, der ſich durch ibn to fräftig und .
gefühlvoll ausſprach und Die Blätben diefes Geifes,
Slauben, Hoffnung und Liebe fi Jedem feiner Zubdrer
‚ergeben fonnten, wenn er nur der Saat einen empfäng-
lichen Boden darbot. ihre fhönfte Beſtaͤtigung fanden
aber feine Lehren und Ermabnungen in feinem Zeben,
durch das er ein leuchtende Beiſpiel jeder chriſtlichen
‚ Tugend, eye der —— — Ueberzeugungstreue, der
anſpruchloſeſten Demuth, der gleichguͤltigſteñ Entfagung.
. Dann. 3357
"ler ſinnlichen Genäffe, der ſtillen Srgedung in die idm
“auch oft Dunkeln en bornigten Wege Gottes und der
aufopferndften, alles Zeitliche gering achtenden Wohl:
'tdätigkeit für die Seinen gemorden iſt. Mitten in
feiner Thaͤtigkeit uͤberfiel ihm feine legte Krankheit, die
als Satarrhalfieber anfänglid nicht bedeutend fhien,
body bedenklicyer wurde, ald ſchmerzliche Harnbefchwer:
.den fib dazu — Unter abwechſelnden Beforg-
niffen und Hoffnungen fanf die Hülle des edlen Geiftes
aufammen und er entflod, nachdem D. die legten zwei
Tage an einem Haldübel ſprachlos zugebradht hatte, am
. oben genannten Tage aus feiner irdifhen Behauſung. —
Im Jahr 1798 verbeirathete er ſich mit Ehriftiiane Marie
ouife Sinner (+ 1817), melde ihm 2 Kinder gebar, von
‚Denen nur no& ein Sohn, der dem Berufe ded Vaters
‚fh gewidmet hat, lebt. — Seine Schriften find: Anfeit.
4. hrifl. Nachdenken f. junge Leute. Tüb. 18... 2. Aufl.
1822. — Meine Bekenntniffe u. meine Verpflichtungen.
Erd. 1808. 3. Aufl. 1828. — Daß Noͤthigſte für Dienk
‚Boten. Stuttg. 1809. — —— und Kommunionbuch.
Stuttgart 1810. 2. Aufl. 1815. 3. Aufl. 1824. — Das
Denkwuͤrdigſte aus d. frübern Gefch. Jefu. Ebd. 1811. —
"Heil mir! ich bin ein Ehrift! Epd. 1811. 2. Aufl. 1818.
8. Aufl. 1830. — *Winfe zur würdigen Abendfeier des
Kommuniontaged f. Chriften von Nachdenken u. Gefühl.
Edd. 1812. — Die ſGoͤnſte Morgenftunde. 2. zen Ebd.
4813. — Bibliſche Spruͤche u Begründung des erften
Religiondunterrihtd u. 3. Auswendiglernen in Schulen.
2. Aufl. Ebend. 1814. — Epriftl. Sonntagsblätter eines
Kanbürenigens an feine Gemeinde. 3 Blätter. Ebd. 1816,
1819 u. 1836. — Die Elemente, ein- hrifl. Witterungds
blaıt, Ebd. 1816. — Glaube, Liebe, Hoffnung: Ebend.
41816. — Der Menfd Jeſus Chriſtus, meine Weidpeir,
"meine Gerechtigkeit ıc. Ebend. 1816. — Werder wahre
ganze Menfchen. Werdet wahre Ehriften. Ebd. 1816. —
Dad alteſte Glaubensbekenntniß, das dltefte Geber und
das ältefte Gefeg der Ehriften, od. Luthers Katechismus
nach den Hauptpunften dargeltellt. Ebd. 1817. 2. Aufl.
41856. — Dur Leiden zur Herrlichkeit. Ebend. 1817. —
Die felige Hoffnung des Wiederfebnd in jenem Leben.
‘ Ebd. 1817. — Evangel.:hrifl. Blätter. Zum weiten . \
Mal auf d. Hoffnung ausgeſtreut. 5 Hfte. Ebd. 1818 dis
1830. —- Die Abendmahlöfeier junger Chriften. 3. Aufl.
Küb. 1822. 5. Aufl. 1834. — Nachruf an meine jüngere \
Reiſegeſelſchaft beim Beginnen eines neuen Jabrs. Cor.
0
—
sss Krauß. |
1822, — Frhchte meines Nachdenkens, beſtedend aus
Denkſpruüchen, Wahrnehmungen ꝛe. Stuttgart 1822. —
Die ſchoͤnſten Geſchichten und Zebren für Chriſtenkinder.
8. Aufl. Tübing. 182%. — Saatkoͤrner auf Hoffnung und
Ernte ausgefireut. Ebd. 18288. — Die jungen Pilger beim
4826, — Die legten Tage d. Menſchenſohnes. Ebd. 1826. —
.0d. d. wieder geöffnete Weg 3. Sottedgemeinfchaft dur
efud Ehriftus. Ebd. 18%. — Auswahl meift dit. geil.
ieber z. Gebr. bei Singäbungen, 3. Beförderung eines
fanften, einftimmigen Slirdengefanged. 2 Samml. Ebd.
‚beil. Bundesaltar m. Bundesmahl! Ebd. 1824. — Meine
- Konfirmationöfeier, Ebend. 1825. — Mittheilungen zar
Erweck. und Nährung eined «hriftl. Sinned, 3 Bl, Ebd.
Fur meine Schulkinder. Ebd. 1823 — Die Hanf Burg
1829 — 32. — Eimad zum Nachdenfen u. Angedenfen f.
Kinder, die d. Katechismus lernen u. ſprechen. 2. Aufl.
Ebd, 1329. — Ueb. d. gottesdienftl. Gefang. Ebd. 1829. —
Jeſus Chriſtus d. Weg, d. Wahrbeit u. d, Keben. Ebd.
1330. — Würdige Nachfeier d. Konfirmation. Ebd. 1830.—
Dad Reid Jeſu Chriſti, d. doͤchſte Ziel unferer Wuͤnſche.
Ebd. 1830, — Der aͤchte Konfirmationsſchmuck. Ebend.
41332. — Miſſionslieder. Ebd. 1832. — Nothgedrungener
Aufruf an alle Menſchen von Nachdenken u. Gefühl, zu
Bei Beberzigung u. £inderung der unfäglichen-
‚Leiden der in unferer Umgebung lebenden Thiere. ‚Ebd.
4888. — Der wichtige Bundestag. Ebd. 1833. — Jeſus
EChbriſtus unfere Hoffnung. Ebd. 1833. — Worte erniier
‚Worbereitung auf d. Konfirmation für die Konfirmanden
u. ihre Eltern, ja f. d. ganze Gemeinde. 2. Audg. Ebd,
4 — Die auderlefenfkten Zöglinge Gottes. Ebd. 1834. —
orte, d. Lehre u. Liebe 3. e. Kleinen ——
gewidm. Den Kindern a. meiner bibl. Abendſtunde. Ebd.
1835. — Welches Glaubens bit du? Ebd. 1835. — Die
Liebe Chrifti dringet und. Ebend. 1835. — Die jungen
Wanderer am Scheidemege. 4. Aufl. Ebd, — Ermabnuns
. gen an ‚meine Konfirmanden beim Schlluſſe d. Unterrichts,
bd. — Noch. einige Schriften adcetifhen Inhalte:
* 124. Andreas Daniel Krauß,
Baufnfpettor und Lehrer des Beichnend und Steinſchnitts on ber
» Akademie der bildenden Künfte in Kaffelz
geb. d. 25. Febr. 1788, geft. d. 19. März 1837.
F Bu Hameln von niht wohlhabenden Eltern geboren —
die Dune ı ⸗
r lebt noch und naͤhrt ſich redlich vom Spinnen
1 s
J
einem kleinen rhandel — befuchte er e
Bone und lernte Tpäter dad Daunen e%
‘rend der Sremdpherrfhaft trat er ald Steinhauer und
Maurergefell in Arbeit bei dem Steinhauer Loiſon zu
Kaſſel. Bad datte der weſtphaͤliſche Baumeifter Gran
jean fein bervorragended Talent erkannt, ed wurden ihm
. felbftftändige wichtige Bauten anvertraut und er ward als
Bauinſpektor angeftellt. Nach: wiederhergeftellter vater
laͤn diſchen Verfallung war er Maurer» und Steinhauer
meiſter zu Kaflel an Es ward ibm die ehrend«e
Binerfennung, daß man ihm die Stelle eines Lehrers des
Beinen und Steinſchnitts an der Akademie der bil
denden Künfte übertrug. Dabei erfüllte er die Gefchäfte
feines Berufd mit einer Bertrauen erwedenden Hin⸗
gebung, raftlofer Tätigkeit, Elarer Umfiht und großer
Beiaidugten er wirkte bei den wictigften Bauten Der
efidenz und der Umgegend. Unter feinem bildenden
Meißel ward die Verbindung eines Flügels des kurfuͤrſtl.
Reſidenzſloſſes zu Wilbelmshöhe geſchaffen, er erbaut
die fchöne, den Elementen Troß bietende Diemelbräde .
i & Karlöhafen und viele der Ihönften Gebäude der Re
denz find fein Werk. Aber nicht blos ald Maurer und
" Steinhauer war der Verewigte bei feinen Werken be
Soäftigt, er leitete viele Bauunternebmungen in ihrem
sollen Umfang, entwarf oder verbefferte die denſelben
| Ä ur an uns dienenden Niffe und bewährte fo- die
3 ned Architekten. Neben dieſer nützlichen
Beru — welche vielen Einwohnern a 300
enſchen) Beſchaͤftigung und Nahrung. gab, bat ber
erewigte alle Pflidten ald Menſch, Gatte, Bater und
Bürger auf dad treuefte erfüllt und ſich dadurch ein bleis
bendes Denfmapl in den gergen aller derjenigen geſetzt,
2 welche ihn fannten. Gegen Die ihm untergebene arbe
tende Klaſſe ernft, aber liebevoll, rechtlicy gegen ale
Ritmenfchen, mwoblthdtig den Bedürftigen gegenüber,
war er der järtlichfte Gatte und beſte Vater, gegen feine
Mutter ein fehr dankvarer Sohn. Treu dem Vater⸗
londe, geborfom dem Gefege, war ihm Feine Bürgers
sugend unbekannt. No tenige Tage vor feinem Tode
mwaltete der ſchoͤne, Eräftige Mann nützlich. in Us
glüdliches Geſchick hat ihn früh dieſer Erde entnommen.
; 18. Kr. nämlich) mit feiner Grau, feinem Schwager und
- beflen Gattin aus dem Theater kamen, fuchte ein Offi⸗
eier, Ramens Darapffi, Sohn eined. in dem, Bureau
- ded Staatsminißeriums angekellten Beamten, Streit
ssoo Audhtohl.
nzufangen; Ar. wollte demſelben anß-dem Wege geden,
eier ‚verwundete ibn mit dem ae
daß er glei darauf feinen Geift aufgab. Arendi.
125. Otto Chriflian Friedrich Kubfahl,
Bibliothekar u. Prof. am Kadetteninftitut in Berlin;
geb. d. 10. Aug. 1468, geft. d. 19. März 1887 *),
Kuhfahl wurde ald das dritte Kind der zweiten :Che
eined Daterd Joh. Adam K. in Stolpe, einem Dorfe
ei Dramienburg, geboren, wo erflerer Prediger mar.
8.8 erfte Xebrer. Als fid eine Ausſicht zu Stipendien /-
j
Der Vater und der recht gebildete Küfter Nikolai waren f.
eröffnete, brachten ihn Die Eitern 1781 in die Realfchule
nab Berlin. Hier hatte er feinem Oheim Chriſt viel zu
verdanken, Aus der erften Klaffe der Realſchule fam er
in die dritte Klaſſe des Padagogiumd. Als aber die -
„Ausſichten zu einem Stipendium immer mehr verſchwaän—
. ben, ging 8. 1755 zum grauen SKlofter über, wo ibm -
- der Arhidiafonus Augufin, der ru (Superinten⸗
dent) feines Vaters, fpäter den Schindlerſchen Freitiſch
und nachher ein Schindlerſches Stipendium verſchaffte.
Us im Tabr 1782 befoplen wurde, Die Abiturienten der
Gnmnafien zu prüfen, gehörte 8. zu den erften, melde
Das Zeugniß der Reife erhielten und bezog nun 1789
Die Univerfität Hale. Auf der Univerfität, mo Nöffelt,
Knapp, Maaß und Eberhard feine Lehrer waren und er
mit der Kirchengeſchichte ſich am liebſten befchäftigte,
enoß er die ungetbeilte Achtung feiner Kommilitonen.
(6 er 1791 feine Studien beendigt batte, fand er fels
nen Vater, welcher 53 Fahre fegensreich gewirft hatte,
ald Paftor emeritus. Er farb noch in demfelben Jahre
‚plögli im 82, Tahre feines Alters. Nachdem Kubfabl
wenige Wochen im elterliben Haufe zugebracht, auch
- mebrmald in des Vaters Gemeinen gepredigt batte
wurde er auf Furge Zeit Hauslehrer in der Samilie dei
Dberforftmeifterd von Burgsdorf, ald aber noch in dem⸗
felben Jahre feine Efeven ind Kadettenkorps traten, ers
pie er felbft, auf Berwenden feined Principald, am
6. Dee. 1791, eine Gouverneurftelle bei diefer Anftalt und
- wurde bierin Der Nachfolger feines noch lebenden Kolle⸗
gen Ziefemer. Nachdem K. 40 Jahre Gouverneur gemefen
war, wurde für den ihm während dieſer Zeit Übertragenen -
Erſte Beilage zu den Werl. Nachrichten 1837, Me
—
*
J
x s
I
[4
Kuhſahl. 361
Unterricht in der Militärencyhklopaͤdie eine Profeffur ein.
geriatet und er 1801 vom Koͤnige zum Profeffor ernannt.
raten, wurde.
X. Sekretär dieſer Geſeliſchaft. Er batte bier die ge⸗
teurd der von der Geſeliſchaft erfcheinenden Memoiren
mit sen. Der unglüdliche Krieg von 1306 löfte die
? fen ihrer Mitglieder
zum Mitglied derfelben erriannt und ihm die Präfung
Chef derfelben, Senerallieutenant von el I
. | 9. ©. 572,
„aDefen Biographie f. I. Met. 2, Jabrs. ©. 872,
... — — — — 190. — — 668.
der au Tivilperfonen, wie der nacberige Minifter v.
. in der deutſchen Sprache, fpdterhin-in der Gefdicte, |
-
—
ee Audfahl.
‚von Branfe *), die Geſchaͤfte des Bibllothekart Aber⸗
tragen, wie er ſeit Wippels Tode, vom November 1834
‘an, dieſes Amt ſelbſt verwaltete, zu Jadr 1835 wurde
er auf fein Anfuchen, nachdem er tünfundzwanzig Jahre
lang Das Sefretariat der Studiendireftion bei der allger
meinen renault: verwaltet batte, dieſes Amts ent
bunden. Als der Generalmajor v. Braufe auf fein Ans
uchen vom Sadettenforps ald Direftor der allgemeinen
Kriegsſchule verfegt murde, batte K. noch Die Freude,
in. feinem neuen Chef, dem Generalmajor von Belom,
einen frübern ibm immer Danfbar ergeben gebliebenen
Zögling zu feben, wie unter feine zablreiben Schüler
auch der Generalfeldmarfhall von Diebitfch **) gehörte,
welcher fi bei feiner legten Anmefenbeit in Berlin feis
ned vormaligen Lehrers freundlich erinnerte, So ſah
R. in einem rüfigen Greifenalter getroft den legten Tabs
ren des Lebens entgegen. In vier Jahren mürde_er fein
funfzigjäbriged Dienitjubildum gefeiert haben, Er batte
ch daſſelbe eine eigenthümlich fcböne Feier außer:
eben, indem er naͤmlich das £ünigl. Konſiſtorium bitten
wollte, ibm ald ehemaligen Kandidaten der Theologie
au erlauben, an jenem Tage noch einmal dad Wort Gots
te8 in der Gemeinde feines Geburtödorfes zu verfündis
gen, wo feine Väter über zmweibundert Jahre lang das
angelium gepredigt hatten. Sein und aller feiner
Breunde Wunſch ift ihm nicht erfüllt, worden, Mitten
in feiner Thätigkeit Üüberrafchte ihn die rödtlidhe Kranke
beit. Immer ein neues Uebel Fam zu dem durch aͤrgt⸗
live Hülfe zum Weichen gebraten binzu, daß alle
Gorgfalt und Pflege das Leben in dem geſchwächten
Körper nicht zurücdzubalten vermochte. So enticlief er
nach dreiwöchentlichem fchmerzlichen Sranfenlager, fa
immer freundlichen Pbantafien bingegeben, ohne (me
“ zen Kampf, am Morgen des Palmfonntagd, am Geburtd-
tage feiner Gattin, Das Kadettenforps, die boben Vor—
ejehten des Entichlafenen und viele feiner Kollegen und
Sreunde begleiteten die Keiche zu Grabe, welche auf dem
Rikolaikirhbof ihre legte Nuhefätte fand. — Er war
ein gewiflenbafter, ernfter und milder Lehrer, ein lieben»
der Sreund, ein uneigennäüßiger Arbeiter, ein Dienftfertis
ger Amtögenojfe, ein liebender Gatte.
2 S. N. Nekr. 14. Jahrg. ©, 1012. DI
”) Deilen Biograpbie |. N. Betz. 9, Jahrg. ©. 616.
2 . 868
‚126. Joſeph Apollinar Honorat v. Theobald,
Generalmajor in Stuttgart, Kommandeur 1. Klaſſe des Militärs
verdienſtordens ıc.
sed. den 8. April 1772, geſt. den 19. Maͤrz 1887 °),
I Sin v. Theobald verlor dab deutfche Vaterland einen
Der.grändlih gebildeten Männer; einen der Wenigen,
Denen nicht blos eine Sphäre des menfchlihen Wiſfenẽ
: und Wirkens in ihrer ganzen Ausdehnung offen ſteht,
: fondern melde fh mit Beige Gewandtheit und gleis
er Tiefe in den verfchiedenften Streifen der Wiſſenſcha
wie des Lebens Durch Kath und That zu erproben vermös
gen; einen Theoretifer, bei melden der lebendigſte Sinn
ür Die Praxis mit der Theorie an in Hand ging,
freilich nicht für jene fogenannte Praxis, die undermö>
‚. gend über 12 Monate_binaus ji eben, die ewige Zer⸗
"Hörerin ipred eigenen Wirfend ift, fondern für jene großes
artige Drientirung in dem_notbwendigen Weltgange,
melde Menfchenalter und Jahrhunderte mit in ihren
Bereich zieht, zugleih einen der eigenthämlichfien und
dem oberflaͤchlichſten Blick am ſchwerſten erfaßbaren Men»
ſchen, ſo daß ſelbſt unter den Vielen, die ſich ſeines
naͤheren Umgangs erfreuten, nur eine fehr geringe Zahl
‚fein Därfte, Die bebanpten Fann, ihn von Grund aus ge
Eannt gu baben und gewiß kein Einziger, der über die
Sefanmmtheit der Woſ verſchie denartigen Leiſtungen ſei⸗
nes Geiſtes, die in der Regel ohne feinen Namen der
Welt —— wurden, je eine befriedigende Andeu⸗
tung von ibm erhalten bätte. Doc, wie er ſelbſt noch
vor wenigen Jahren am Grabe eined ausgezeichneten
Waffengefährten die Verſammlung anredete: „Den Tod»
“ten, die nit hören, gebührt Dad Recht der lauten An⸗
erkennung.” — 9. E., geboren zu Raſtadt im Großher⸗
gsehum den, flammte aus einer angefebenen ee
Familie, aus welder fein diterer Bruder, der badiſche
Geheimerath v. Theobald, noch am Leben if. Während
der erftien Jugend unter den YUugen feined Vaters, der
als Dbrik bei dem damaligen ſchwaͤbiſchen Kreiskontin⸗
gente fand, forgfältig erzogen und fofort auf dem om
naſium zu Strabburg nad einem ſehr umfaffenden Plan,
yoranlio aber in der Matbematif und den römiihen
Klaſſikern, in deren Sprache er ih bis zu feinen Tode
*) Allgemeine Beitung 1827. Her. .108, 104, 106. -
.364 don Theobald.
mit Teltener Gewandtheit und Reinheit audzudräden der,
‚mochte, weiter berangebildet, bezog er, noch ziemlich jung.
‚die damalige hohe Karlöfchule in Stuttgart, wo er bald
die Auszeihnung eines fogenannten Chevalierd_erhielt
und die beſondere Aufmerkfamfeit des Herzogs Karl auf
ſich lenkte. Nach dem Austritt aus diefer Anftalt, wo.
ser fi den verihiedenften Studienzweigen, vor Allem
aber feiner Kieblingäwiffenichaft, der Mat ehatif, gewid⸗
met hatte, ſtand er einen Augenblidt im Degeifi als Pros
feſſor der Geometrie eine Stelle in Graubünden anzu⸗
nehmen, die fofort durch ihre Verleihung an den jeßls
gen König der Srangofen eine Art geſchichtlicher Bedeu⸗
sung erhalten bat; allein die Neigung für den vom Va⸗
‚ser ber ererbten Beruf übermog in dem Süngling und
2. %., trat 21 Jahr alt, ald fogenannter Städjunfer In
Das Artillerieforpd des ſchwabiſchen Kreifed, in welcher
Eigenfhaft er die Feldzuͤge von 4794, 95 und H6 gegen
die junge franzöfifhe Republik mitmachte. Aus Den
Dientten ded ſcwaͤbiſchen Kreiſes trat er im Jahr 1800
als Lieutenant des Generalftebd in würtembergifche über
. und bethätigte feine Brauchbarkeit unvermweilt in dem
‚geldzug Des genannten Zahrd. Nah Beendigung des
Kriegs avancirte er zum Hauptmann in dem eben er⸗
mähnten Korps, worin er überhaupt die ganje Zeit ſei⸗
ned aktiven Dienfted bindurdh verlieb und für welches
feine Natur im eigentlihen Sinne geſchaffen war. Als
Wärtemberg ſich im Jahr 1805 in Solge Der eingetrete⸗
nen Ereigniffe gendtbigt fad, fein Kontingent zur fran⸗
‚offen Armee zu fielen, machte er die kurze glorreiche
Rampagne jened Fahre mit und ward noch während ders
felben zum Major befördert. Nach dem Frieden wurde
er ald Generallandeskommiſſaͤr in das große franzöfifche
‚Hauptquartier beordert, von mo er furz vor Ausbruch
- - bed preußifhen Kriegs wieder einberufen, ald Adjutant
‚ded damaligen wuͤrtembergiſchen Kriegsminiſters Herzogs
Wilhelm *) Bruder des verftorbenen Königs Sriedrid),
fungirte, Im Feldzug gegen Preüßen in den Jahren
4806 und 1807 war er Enef des wuͤrtembergiſchen Ger
neralſtabs, ftieg zum Obriftlieutenant und Hbrit auf, und
‚erhielt dad Ritterkreuz des mwürtembergifhen Militärvers
dienſtordens, das noch während des Kaufd des Area
in rafcher Folge mit dem Kommandeurfreuz zweiter Klaſſe
vertaufht wurde. Nach dem Feldzug ward ihm aufge
HS. N. Nekr. & Jahrg. ©. Th
%
’
k ⸗
J
von Theobald. | 365
tragen, ein Felddienſtreglement für die wuͤrtemdergiſchen
Truppen, auf. deffen Kothwendigkeit er zuerft aufmerk
fam gemadt hatte, zu entwerfen, welches, von der .bierzu
niedergefegten Sommiffion in allen Teilen genehmigt, -
alsbald geſetzlice Kraft erhielt. Im Jahr 1808, wo das
wuͤrtembergiſche Armeekorps abermald mobil gemacht
ward, avancirte er zum Generalmajor und Generalquar⸗
tiermeiſter, wie auch zum Chef des corps des guides.
Doch am bedeutendſten ſollte für ibn der Feldzüg von
4809 werden. Neben Beibebaltung feiner übrigen Char⸗
en hatte er, kaum über 36 Jahr alt und der Mehrzahl
einer Mitgenerale in der Dauer der Dienſtzeit bedeus
tend untergeordnet, ald Generaladjutant und unmittels
barer Kommiſſaͤr feines wenige bei dem Kommandanten
des wärtembergifden Armeekorps, die ſchwierige Pflicht,
die Selbfiftändigfeit diefed Korps und die Autonomie.
feined Souveränd in deflen Innern Ungelegenveiten den
franzöfifhen Seldherrn gegenüber zu wahren und bier _
über mit dem König eine unmittelbare ausſchließliche
SKorrefpondenz zu unterbalten. Gleich beim Ausmarſch
war diefe Stellung v. 8.5 von dem Fommandirenden
franzöfifden General Vandamme fehr übel vermerkt,
eine diesfalls ——— Remonſtration jedoch von Rd:
nig Friedrich mit Seftigkeit zurädgewiefen worden. Auch
Napoleon ſelbſt enthielt fi nicht, bei einer fpätern Ges
legenheit ſein Mißfallen über ein folched Amt eines wärs
tembergiſchen Offiziers durch ein paar zornige Worte
deutlih zu erkennen zu geben, dachte jedoch Flug oder
gran gerrug , das Derdienf an demjenigen, der das
mt bekleidete, anzuerkennen und ernannte 9. T. noch
im Lauf des Kriegs zum Mitglied der Ehrenlegion.
Ueberhaupt entledigte no diefer feiner Obliegenbeit, die
der mwärtember ifden eneralität gegenüber vielleicht
eben ſo viel Klugheit und Zartfinn erforderte, als, in
. Bezug auf den franzöfifhen Machthaber mit ausgezeich⸗
netem Taft.und zur vollfommenen Zufriedenheit feines
Monarchen, der ibn nad der Schlacht bei ein mit einem
— belohnte, und bald darauf zum Kommandeur
erſter Klaſſe des Militärverbienfiordend ernannte, Nach
dem Feldzug erhielt v. T. neben feinen bisher bekleide⸗
ten Stellen noch das Praͤſidium des Straßen» und Bruͤk⸗
kenbaudepartements in Wuͤrtemberg und ward einige
Zeit fpäter zum wirkliden Staatsrath erhoben. Ueber⸗
dies fungirte er, feiner ausgezeichneten mathematifchen
Kenntniffe wegen, in den Jahren 1810 und 4811: ald 8.
7
«
jogen, zum Seldzeugmeifter Colloredo, zum Fürften von
. Schwarzenberg, 7 Fürſten v. Wolkonsky u. ſ. w. zu
paͤter
momentanen Aufiraͤgen der Regierung a —
wie er ſich z. B. im Jahr 1815 in Angelegenheiten, die
366 von Aeobald.
Kommiffär dei der mit der Krone Baiernd vorzunehmen. .
den Grenzberidtigung und brachte dieſes Gefchäft mir
dem baieriiden Geheimerath v. Gravenreuth *) glädlich
zu Ende. Kurz vor Eröffnung des ruffifhen Kriegs enw
warf er eine Inſtruktion für den Belddienft des würtem.
bergifchen Generalquartiermeifterfiabd, Die ſofort ald Res
— — wurde. In dem Jeldiug von 1812
iente er ald erfier Generaladjutant des Kronprinzen,
jegigen Königs von Würtemberg, deſſen Gunſt er fi im
gleihen Brad, wie derjenigen feines erlauchten Vaters
erfreute und batte neben andern gelegentlichen Geſchaͤf⸗
ten die offizielle Korrefpondenz ſeines boben Begleiters
mit dem ‚stönig u deforgen. Schon ın Preußen und
Polen war v. T.'s Scharfblid der bevorfiehende ungläd
liche Ausgang der riefenbaften Expedition nidt verbor-
gen geblieben und er hatte nicht verfäumt, feinen Sou⸗
verän darauf aufmerffam zu machen. Als der Kronprinz
in Littdauen tödtlich erkrankte, erhielt fein Generaladjus
tant DOrdre, bei ihm zurädzubleiden und wurde, als ihn
ſofort das gleiche Uebel aufs gefährlichiie ergriff, von
ihm nach beider Wiedergenefung ins Vaterland mit zur
rödgenommen, mad vorübergehende Mißdeutungen ver
anlaßte, denen zufolge er, ohne an den naͤchſten Seldzfis
gen Antheil zu nebmen, eine Reihe von Jahren in laͤnd⸗
scher Zurüdgezogendeit lebte, aus welder er nur in
bberufen nourde,
ſich auf die Verpflegung der durchziehenden Armeen bes
’
verfügen batte. befam er auf Antrag des Fürs
ftien Schwarzenberg den Befebl, fib nah dem Schwarz⸗
wald zu begeben, um einen Plan zur Bertbeidigung Dies-
fer Gebirgögegend vorzulegen. Aus eigner Veranlaflung:
entwarf er um jene Zeit eine Denffchrift über die Une
legung von Bundesfeftungen im fädlihen Deutfchland,
die von dem verftorbenen König Friedrich fehr gut auf
genen wurde und diefelbe dee enthielt, zu _deren-
usführung fofort die militärifhe Bundescommiffion in
ankfurt zufammentrat. Reicher als für die praktiſche
bätigfeit ergaben fid jene Jahre der laͤndlichen Muße
für das rein geiſtige Wirken und. vielleicht wird ed über«
raſchen, wenn man veruimmt, weiche Faͤcher der Mann, bei
°*) Deſſen Biogvapdie f. N. Nekr. 6. Jahra. S. HR . - °
von Theobald. 367
welchem nad der biöher Bere Ledensſtizze kaum
für eine andere Wiſſenſchaft, als diejenige des Kriegs,
bedeutende Ausbildung voraudgefeßt werden Dürfte, neben
Diefer did zum Tode mit raftlofem Eifer Bere gten Scienz
zu feinem Lieblingsſtudium ernaͤhlte. Nichts zu fagen
von der Mathematik, dem eigentlichen Brennpunkt ſei⸗
nes Geiſtes, deren er ſich auf ihren —5 Sphaͤren,
wie der Analyſe des Unendlichen m. ſ. w., im gleichen
Grade wie auf ihren niedrigen Etufen hemeiſtert haite,
bilderen Staatöwirtbfchaftälebre, Staatsrecht, Philofo-
pbie, Theologie und Medicin die Fächer feines eigent
iden Studiums, während Geſchichte und Poefle zu feis
ner Erbolung dienten. Fuͤr die beiden fegtern fand ibm
neben der deutſchen die altrömiſche, die englifde und
franzöf. Literatur in ihrem vollen Umfang offen, wobei
ipm_ fein außerordentlihed Gedaͤchtniß, vermöge deſſen
er Horaz, Virgil, Voltaire, Racine, Pope, Thomſon
noch im Greiſenalter beinade ausmendig wußte, trefflich
gu flatten fam. In der Philofopbie mar Spinoza fein
Aral, von welchem er mit einer fat religiöfen Ver
e zung ſprach und wirtklich le te feine eigene Geiſtesart
mit dieſem ſtillen milden eifen, der, unbefümmert um
Menfhenfekten und Menſchenanſichten, nur feinem Gott
lebte, eine auffalende Aehnlichkeit. In der Medicin
batte er ed fo meit gebradt, daß er 5. B. während je
nes Sandaufenthaltd bei einer plöglip eingetretenen ner.
vöfen Hirnentzürfdung feines jungen Sohnes fo med:
mäßige Vorkehrungen traf, daß der fpäter angefommene
Arzt erklärte, dad Kind verdanfe lediglich dieſen mit
ebenſovbiel Umſicht ald Gefhicklicfeit angewandten Mit
teln das Leben. In der Staatswirthſchaftslehre oder
richtiger ausgedrädt in der Theorie ded Geldumlaufs
wurden feine tiefen yoeen von den gerichtigften Autos
ritdten anerfannt und ihm unter Anderm von dem be>
kannten franzdf. Minifterpräfidenten Villele für ein zus
geſandtes Memoire uͤber Vereinfachung ded Penfiond-
weſens ein fehr fchmeichelbafted Schreiben augerbeilt.
In Bezug auf feine allgemeine Denkweiſe fei bier nur
noch bemerft, Daß er, der während Napoleond Macht
der unverblendere und unbeſtechliche Durchſchauer feiner
Die Sreiheit Europas gefährdenden Herrſchſucht geweſen,
der erflärtefte Bemunderer des gefallenen Helden murde,
edoch blos der Bemwunderer feiner Kraft und feined
eldderrngenied, dad er fe Caͤſar unvergleichbar. in der
Geſchichte erklärte, nicht- feines Geifted im allgemeinen.
‘
[1
3868 von Thetobald.
Napoleons Mangel an Idealitaͤt, fein, wenn auch groß⸗
.—
x
artiger und Durch eine fHöpferifhe Phantaſie überkleis
deter Materialismus fanden in v. X. ftetd einen erklaͤr⸗
ten Gegner. Alſo varbereiter betrat v. T. im Jahr 1819
von der Stadt Eßlingen zu ‚ihrem Abgeordneten, bei der
Eonfiituirenden Verſammlung Wärtembergd- gewählt, die
Laufbahn und wurde fofort von den
Landſtaͤnden zu einem der ſieben Kommiffäre ernannt,
‚ welde mit dem Deputirten der Regierung in unmittels
: gufepen, ein Projekt, das der Nändifhe Ausſchuß
in:
‘
bare DBerbandlung zu treten hatten. Nach Beendigung
Diefed Landtags ward v. T. von der Stadt Eßlingen
für fib und feine Nachkommen mit dem Bürgerrecht be>
ehrt’ und für die folgende Landtagsperiode, 1820 bis 1926, .
abermald zum Abgeordneten erwählt. Auf diefem wie
auf dem folgenden Landtag (1826 — 1832), auf welchem
er ald Abgeordneter ded Dberamtd Tettnang eridien,
bethätigte er ſich ald eined der eifrigſten und vielfeitigft
gebilderen Mitglieder. Seine Bemühungen, eine Verſor⸗
gungsanftalt für die Hinterbliebenen fämmtlityer Staats⸗
Diener durch die Hälfte der beimfallenden Penfionen zu
begründen, feine ol für eine von Staatdiwegen
u errihtende Verfiherungdfaffe, Über die Verminderung
ed Staatsaufwands, über eine Modififation des Refrus
sirungögefehed zeigten ihn als eben fo gemwandten Red»
ner, wie als dachten Sreund ded Volks. Eben fo anges
| au verwendete fih v. T. auf jenen Landtag, feinem
nn für allgemeine Humanitdt gemäß, fir Die Emancipas
tion der Juden und ermarb ſich dadurch von Seite der
achtbarſten in Stuttgart anfdfligen Befenner des Moſais⸗
mus die. angelegenften Danfbezeugungen. leider Dank
wurde ihm auf feriftliden Wege von einigen Geneins
devorfiehern zu Theil, ald er den DBorichlag gemacht
batte, die Zinfen der Staatöfhuld auf 4 Procent ——
päter
irtfamfeit brachte. Auch Hs, er beftig gegen die
Todesſtrafe. Neben jener parlamentariſchen Thätigkeit
und ſchon vor derſelben dußerte ſich die literariſche
Wirkſamkeit v. T.'s fo vielſeitig und vielfach, daß und
hier nur geſtattet fein kann, dieſelbe nach ihren dußer-
ften Umrilfen anzudeuten. — Geine meiſten Schriften
find anonym erfhienen und wir nennen von ihnen: His.
Rorifher Gedanke üb. d. Vertheidigungdfrieg, im 7. St. . --
d. Europ. Annal. von 48115 an dieſe Abhandlung erin-
nerse ſich der Verftorbene mit befonderer Befriedigung,
indem der Aufſatz ganz .diefelbe Principien -auffielte, -
%
N
von Zheobald. 7%
Die fpdter Rogniat im 13. und 14» Kapitel der conside-
ration sur l’art de guerre ausſprach. — Der Bolt.
krieg, ein frategiiher Verſuch im November, oder Des
cemberbeft der europaͤiſchen Annalen von 4813. — Milis
taͤriſche Beſchreibung ded Schwarzwaldes aus d. Franz.
des Generals v. Guelleminot, mit einem von v. X. un⸗
mittelbar herruüͤhrenden Anbang über die Vertheidigung
von Schwaben. Stuttg. 1815. — Strategifhe Studien.
Ebend. 1817. — Bemerkungen über d. Seldzug v. 1706
in Deutfchland im A., 3. u. 6. ©t. d. europaͤiſchen Ans.
nalen von 1817, eine Schrift, d. unter dem militärifhen
Publikum bedeutende Aufmerkſamkeit erregte; aud fie .
iſt den dem Derf. damals noch nicht befannten Grund:
fägen Rogniats ganz entfpredend. — Entwurf ‚einer
Xriegborbnung f. d. Königr. Würtemb. Stuntg. 1817. —
Die Legion in Deutſchland. Ebend. 1818. — Die rechte
Webrverfaffung. 1819, ein Verſ. d. Zegion Rogniatd mit
den Landwehrſyſtem in Einklang zu bringen. — Weber
d. Bedeutung von Mannheim u. Ulm in dem Verthei⸗
digungsſyſtem v. Deutfchland. Ebend. 18109. — Die fons
Ritutionele Staatövermaltung od. Spftem d. brittifchen
Staatöverwaltung v. Karl Dupin; aus d. Sranzöf. mit
zahlreichen Anmerkungen. 1823, obne Drudort. — Ge
—** Napoleons u. d. großen Armee von Seguͤr aus
dem Franzoͤſ. Ebd. 1825; „„c’etait ä moi & vous traduire"
fchrieb ibm der Verf. Diefer Ueberfegung, „vos couleurs
sont plus rives, vos expressions plus nerveuses que les
miennes. De nos deux ouvrages c’est & present le-mien
qui est la copie, le votre est devenu le modele.“ Wenn
diefe Worte au nur Auddrud der Höflichkeit ſind und
Die etwa zu Grunde liegende Wahrbeit mehr dem
rafter tnferer Sprade an fid, ald der Kunft des Ueber»
fegerd zu Gute Fommt, fo bemweifen fie wenigftend, mit
welchem Danf der geiftreiche Segär Die Arbeit des ihm
feelenverwandten Deutſchen aufnahm. — Weber die naͤch⸗
ten Urfachen der materiellen Erſcheinungen des Univer
fumd von Sir Ridard Philipps. Nah dem Engl. bes
arbeiter von Theobald u. Profellor Lebret. ” . 1826. —
Vouftändiged Handb. der prakt. Nationaldfonomie von
s Say; aus dem Franzoͤſ. Ebend. 1829. — Zahlreiche Ars
tikel in das feit einigen Fahren unter d. Redaktion von
Rotteck und Welfer eriheinende Staatölerifon, bald
militärifcben, bald fiaatsöfonomilhen Inhalts, wie + D.
Aſſekuranzen, Kongreveſche Raketen u. f. w. Noͤthig
N. Metrolog. 15. Jahrg. 24
370 von Theobald. *
\ 5 es, dier noch zu demerken, daß eine unter dem Ramen
v. Tas erſchienene Ueberſetzung von Walter Scotts
Napoleon, die wegen mehrfacher Verſtoͤße gegen den
Sinn ded Drigmald getadelt wurde, mit geringer Aubs
nahme nicht von Theobald felbft, fondern von einem ſchon
- vor Jahren -gerforbenen jungen Mann berrährt, welchem
‘jener im Drange parlamentarifder Gefwätte die Faum
begonnene Arbeit_übergeben hatte und fofort durch Die
eben genannten Grlinde verhindert blieb, Die Uebertra—
gung mit der Urfoprift genau zu vergleiden. — Die auß:
geze ichnetſten militärifhen Schriftfteler unferer Zeit, der
ranpöfife General Pelet, der ruffiide General Jomini,
anden mit dem Derftorbenen in fortmährender Korre⸗
onden; und beedrten ihn mit en ihrer verſchie⸗
im Sapr 1804 mit
a. vermieden, die Verſtorbene nur zu nennen, allein Die
rt
- dauernde Ser lERDSTOBFENG mit derfelben glaubte. Ueber:
gab mar die dem oberfl
jemand, pabte auf ihn das treffinnige Wort Scillerd:
Welche elig
“ fair nennft! Und warum feine? Aus Religion!“ Eben
r
⸗w⸗
’
Daunon; a.:d. Sranı. u. f. m. v.
von Zheohald. | 3%] {
richtlide Notorisät erhalten. Er bielt eine fol
antöverfaffung bei dem gegenwärtigen Zuftand Euro»
—— d. Kriegskunſt, nah Ventürinis —
nach d. beiten Quellen frei bearbeitet. Ebend. 1820. —
"Ueber Militärfpkeme, von J. Th. Ebend. 1822, —
Ded Baron von Rogniat ae aötungen üb, d. Kriegs.
tunft ıc. äberfegt v. Generalmaj. v. Theobaid, vermehrt -
non MS... . Ebend. 18233. — * Was mollen die:
foren, Dder zer —— 7 ee
— J. zb. ehr. 1828, —
Die Eehre von den Zeitrenten, Leidrenten und Wirmens
renten. Ebend. 1823. — Peiet Feldzuͤge d. Kaif. Napo»
er ‚aeutfaland, alien u. Dolen I J. pen
2. Ditionen von Neapef u. - m. Aus d. J.
Aberf. 1.50, Ebend. 18. .
Eee,
BE 0. rn
*. 127. M. Chriftian Friedrich Stange,
Dfarrer su Weißig bei Dresden;
ned. den 9. Dec. 1768, geft. den 20. März 1837.
.. Er war u Hoyerswerda in der jet Königlich preis
Eifnen Dberlanfig_aeboren. Seinen Vater, den Rektor
an. der dortigen Stadtſchule, Joh. Fr. Ehrift. Stange,
verlor. er im December 1800 durch den Tod; feine Muts
ser wer eine geborne Meflerfchmide, Poftmeifterd Toch⸗
ser. aus Stolberg am. Harz. Als actjähriger Knabe
wurde St. von feinem Dater nad Dresden gebracht
und mar nun daſelbſt 6 Jahre fang Slapellfnabe in der
evangelifhen Hoffapelle. Roch in ipäten Jahren genoß
er die berrlichften Srücte dieſer frühen und treffliden
. Gefanigübungen, indem er oft von feinen zahlreichen
Kirhfindern megen feines ausgezeichneten Gelangd ber
wundert wurde. Bon Dresden aus begab fib St. auf
Die Furſtenſchule Pforte bei Naumburg, wurde am 7. Mai
-4790 auf der Univerfität Leipzig inferibirt und nachdem
„er daſelbſt 4 Jahre und 2 Monate Theologie ſtudirt barte,
befand er am 1. Dftoder 4704 vor dem Oberfonkfiorium
m Dresden dad Sandidateneramen und ertheilte nun
dunqaͤchſt den Kindern des Major von Sperl und anderer
adeligen Familien in Eilenburg Unterricht. Doc ſchon
im Jadr 1800 wendete er fi, verfeben mit einem em⸗
‚pfeblenden Zeugnig ded damaligen Superinzendent M.
C. G. Heinrich in Eilenburg, nachdem er 1798 die Mas
‚gikerwärde erlangt batte, wiederum nad) Dresden, wo
er zunaͤchſt in vornehmen ‚Häufern Unterricht ‚ersheilte,
am. 28. März 1803 aber ſchon die Stelle eines Aſſiſtenz⸗
lebrerd bei dem adeligen Kadettenkorps und im Tan.
4804 zu.der Würde eines Adjunfts bei gedachtem Korps -
‚erhoben. wurde, weldes Lehreramt er mit gemwiflenbafter
Pünktlichkeit verwaltete, bis er im September 1806 als
gene zu Weißig bei Dresden vocirt wurde und. dieſes
mt noch im November deſſelben Tabrö antrat. Im
Fahr 1808 verheirathete fihb St. mit der jüngften Toch⸗
ter des aräfl. ſtollbergiſchen Geſandtſchaftsſekretaͤr Stein
bad zu Dresden. Dad durch umfihtige Wahl einer
edien und liebevollen Lebendgefäbrtin begründete Gluͤck
. feiner Ehe wurde aber nur allzubald getrübt, indem er
den frübzeitigen Tod zweier Söhne und einer Tochter
zu betrauern hatte und der juͤngſte Sohn (jegt Stud. theol.
‚au Leipzig), auf den nun die Eltern ihre einzige Hof
Stange. . 878
feßten, durch andaftende und bedemtende Kraukden
—A — Bee
indbeit fehr viel leiden mußte. Sragen wir
sun auch nach den Sreuden, die ibm in feinem Samiliens.
leben zu Theil wurden, fo nimmt unter andern die Aus
bildung feines einzigen Sohns, der er ih mit allem Eifer
ganz allein unterzog,, wohl eine der erſten Stellen ein und
außerdem gerefbte es ibm auch zur innigſten Sreude,
daß er die Erziehung des aͤlteſſen Sodns Genigen Pa
Korb zu Schwarzrollen und Taͤtſchwitz bei over werda)
feines einzigen, noch zu Hoperswerda als
lebenden Bruders von der zarteften Kindheit an über⸗
nedmen und ihn für die gelehrte Schule ebenfalls felbk
vorbereiten konnte. Binden wir alfo den Verewigten
auf der einen Seite in feinem Familienleben ſtets thätig
und beforgt für dad Wohl feiner Verwandien, (of
nen wir ibn auch auf der andern in feinem amtliden
Wirkungdkreife ganz in eben diefer Art beobachten und
ırttellen. Denn wie er Ab im Allgemeinen, im r
Eifer fürd Chriſtenthum, ald einer der gemiffenbaftenen
Lehrer in Kırde und Schule durch feinen Acht proteſtan⸗
sifhen Unterricht, bei dem ibm vorzuglich Reinbard als
Mufter vorſchwebte, vor Vielen feiner Zeitgenofien aus⸗
geichnete, fo bat er fib auch durch feine unermädere
tigkeit noch manches befondere Derdienft und man
ed dankbare Herz erworben. Denn _er balf fe gern, -
wo er nur die Noth Leidender und Bedrüdter in der
Nähe und Gerne irgendwie erleichtern Eonnte. So batte
er denn aud, um wenigſtens ein Beifpiel anzuführen,
. Die große Sreude,, nach den ſchweren Kriegsjahren, als
von allen Geiten ber Hülterufe und befonderd aus dem
Erjgebirge Bitten der Ungluͤcklichen gehört wurden, durch
f Wort nicht nur in einem fehr großen Theile Sach⸗
end, fondern ſelbſt in einigen Städten Preußens, Die
Herzen der vom Geſchick weniger hart Betroffenen für
Ungläd jener armen Gebirgsbewohner zu gewinnen
und durch febr bedeutende Summen, die cr an die vers
f&diedenen bülfdbedärftigen Ortſchaften einfandte, ihre
Roth bedeutend zu mildern. Und wie gern fanımelte er
noch in feinen fetten Jahren für Dad Dresdner Taub⸗
frummeninflitur, wie war er bemüht und felten obne
gänfigen- Erfolg, Sreunde für die Miffiond» und Bibel
fellicbaft und abnliche mwohltbätige Zwecke zu gewin⸗
ge
nen! Auch im engern Kreife zeigte ſich diefer fein edler
a 1 an obwohl. er nie Bermögen befaß, fo unter
oͤn. Beamter.
doch manches bülfübsbürftige Glie ‚feiner,
ST . Glaſer.
Kirchengemeinde und zeigte ſich ſtets für gemeinhägige
—*— Audi Aber auch mußte mit Tauſenden —
ruͤder das adeilen, ‚in ſeinen redlichen Beſtrebun⸗
en ſehr oft und mannichfach verkannt u werden.
ben legten Jadren lebte er mehr nur in feinen amtlichen
- and bausliiden Kreid zurückgezogen, wozu er fib auch
noch dur gunchmende Koͤrperſchwaͤche veranlaßt fühlte,
wiewdhl fein Körper and Geiſt außer im Jahr 1828 nie
durch eine Krankheit geſchwaͤcht worden iſt. Sein Ende,
erfolgte HÖR unerwartet am oben genannten Tage durch
einen Nervenſchlag. — Seine Schriften find: Unter
redungen eines Vaters mit feinen Kindern-üb. d. menſchl.
Seele. Leipzig 1801. — Wag haben wir zu thun, wenw .
mir bei d. fortwährenden Tpeurung der. Zukunft mutbig:
und getroft entgegen feben wollen? Eine Predigt fer
Zur, 16, 19— 1. Oſchatz 1805. — Diefe Predigt erlebte
Getzt gewiß etwas Seltenes!) in d. Sabre ihres Erfcheis
nens d. 2. Aufl. u. bemweift hinlaͤnglich, wie fehr ih St.
auch als geitliher Redner auszeichnete. — Ferner ließ er
‘ druden: Der Diebflabl; eine Predigt mit Bezie⸗
Wing anf die-viefen, feit einigen Jahren im Königreich
Sachſen u. angtängend. Ländern al Ace Feuers⸗
brunſte. Dresden u. Lpzg. 1833. — Außerdem lieferte er
noch einen kurzen Aufag zur Vertheidig. d. Todesſtrafe
in Die polizeil. Mittheil. Sachſens. — Endlich beſihen
wir auch noch einige deiter⸗ernſte, wohlgel. Gelegendeſts⸗
gedichte von ihm m. einiges aus d. Franzoͤſ. Ueberſetzte.
* 128. Andreas Friedr. Gottlieb Glaſer,
Dottor der Theologie u. Magiſter der Philoſophie, großherzogiich
medlenburg⸗ſtrelitzſcher Konſiſtorialrath, Superintendent und Hof⸗
prediger zu Neuſtrelig;
geb. den 11. März 1702, geſt. ben 21. Maͤrz 1897.
. Er war geboren gu Schwäbifh Hall, einem wärtens
‚bergifhen Städtchen am Kocherfluß wo, wie vertautet,
- fein Vater Derzeitig im geiftliden Amte geſtanden haben
ſoll. Daſelbſt auch theilweife vorgebitdet und zum Dienſte
der Kirche beftimmt, bezog er im 19. Jahre Die Univen
ſitaͤt TAbingen und lag bier in dem theologifhen Stifte
während einer geraumen Zeit dem theologiſchen und
pbiloſophiſchen Studium od, Nah Zurücklegung der:
adademifchen Jahre begab er ſich nah, Holland, woſelbſt
er namentlich zu Hang. längere Zeit lebte und fon da⸗
mald dur mehrere fiterarifche Arbeiten ſich bervorsfat
‘ N
Safer: 6
ad Autmerkfamleit In der Schrififtelermels erregte.
» 1708 zum Magilter der Poilofopbie promovirt, mandie
ſich fodann nad Helmftädt und übernahm daſelbſt im
dr 1800 dad Diafonat am St. Stepban, wurde aber
on Daneben 1804, bei feiner Vorliebe für ein afade»
wilne Lehramt, auch zum vierten ordentliden Profeflor
er Theologie an der Dafigen Univerfitär berufen und im
Sftober 1806, ald am Gtiftungdfete dieſer Hochſchule.
honoris causa zum Doktor der Gottesgelahrtheit Ereirt.
Den 3. Mai 1809, nah dem Tode des Konfiftorialrarhs
D.4. ©. Maſch, erbielt er endlich von dem verfiorbenen
Großherzoge Karl den Ruf ald Konſiſtorialratd, Super '
. intendent. und Hofprediger nah Neuftrelig und wurde
in diefen Aemtern dort den 14. Mai deſſelben Jahrs
feiertihft inſtallirt. In allen denfelden diente der Hin—
ne Staat und der Kirche mit großer Treue,
9: chicklichkeit und reichem Erfolge beinahe 29 Jahre
lang. Er war überhaupt, fo vielfach er aucd verbannt
worden if, ein Mann von ausgezeichneter Gelehrſamkeit
ynd ein dümaner Eraminator. Bon ibm konnte man in
einem — immer gründliden — Examen wohl mebr fer
nen, ald in einem: balbjährigen Vortrage fo mancher
Blonde” der Theologie. Indem wir bier nur DaB
ibtigfte von allen dem, was er ald Dirigent des
onfitoriumd und des Oberſchulkolegiums, Superintene °
dent ıc. ‚geleitet, dervorbeben wollen, maden wir zus
nächſt auf den Antbeil aufmerkſam, den er auf die befe
ere und zweckmaͤßigere Einrichtung der großberzoglihen
ifdungsanftalt für Käfer und Landſchallehrer und bes.
ren bernac im I: 1819 erfolgten Verlegung von Reus
relig nad dem Schloſſe zu Mirom, fo wie der vers.
effesten Schuleinridtung des ganzen Landed gehabt bat.
Even fo beachtungswerth iR das, was er in geikliben -
und Eirhliden Ungelegenbeiten gethan; was er als Afas
demifer genügt bat, * beſchraͤnken wir und blos anzu⸗
äaͤhren, daß die theologiſchen Disciplinen, über welche
er Vorleſungen gebalten, dauptſaͤchlich find die Exegeſe
des N. Teſtaments, Kirchengeſchichte, Dogmatik u. f. m.
Neben feinen theologiſchen Kenntniſſen befaß er eine
vielfeitige Bildung, melde er fib auf feinen weiten
Neifen und durch feine vielfaden De nnungen mit
gelehrten Männern erworben batte. Er fprach und ſchrieb
- Holldndifb und Enaliid eben fo fertig und korrekt
und befaß nicht gewöhnliche Kenntniffe in der Natur - und
Erdkunde, — Gein Eod erfolgte nad langen Körper.
J
-
376° Glaſer.
%
leiden. Seine daͤuélichen Berbältniffe anlangend, fe
war er zweimal auf das glädlichfe. verheiratbet, juerk
(feit 4805) mit Ehriftiane Zuftine Sriederife Cappel aus
elmſtaͤdt und nach deren am 43. April 4818 an einer
ungenentzüändung in ihrem 48. Lebensjahr erfolgten
Ableben verband er fi zum andern Male zu Podewall
Den 29. Dec. 1819 mit 3. 3. H., geb. Binder, welche
ihn überlebt hat. Nur aus der erften Ehe hinterläßt er
wei Töchter, von denen die dltefte, Henriette Wilbelm.
aroline,, feit dem 26. Sept. 1825 an den Waftor J. €,
£. Thiele zu Triepkendorf vereblicht und die jüngſte,
Dorothea Louife Augufte, feit dem 18. Tan. 1834 die
Gartin des Predigerd Wild. Kracht in Woldegk iſt. —
Als Scrififieller gab_er beraud: Verſuche im Predig»
sen für gebildete Zuhörer. Lingen 1790. — Rechenſcha
eined chriftl. Zebrerd vor feiner Gemeinde, 3. Bemeife,
Daß er feine beilige Pit, ibren Wachsthum in ber
Erkenntniß unferd Herrn und Heilands Jeſu Chriſti zu
befördern, treu u. fleißig erfüllt babe : in einer Predigt -
üb. d. 3. Artikel_der Augsburg. Konfeflon, abgelegt zu
Amſterdam am Sonntag Abend den 26. Fan. 1791. von -
od. Ehr. Baum. Aus dem Hollaͤnd. uͤberſ. Eine Beis
age 3. Geſch. d. jetzigen Spaltung in d. luth. Gemeinde
au Amfterdam. Ebd. 1791. — Konpnenburg’d Unterſuch.
b. die Natur der altteſtamentl. nee ungen aud dem
Meffiad. Eine aus d. Holländ. uͤberſ. Dreistorift. dd.
4791. — Homilien, Betrachtungen u. Charaftergemälde
5. Beförderung curiftl. Weisheit u. Tugend, mit befon-
derer Hinſicht auf gebildete Zefer u. auf die gegenmärt.
Beitbedärfniffe. 2 Ch. Ebd. 1796— 1808. (Der 2. Theil
auch unter dem Titel: Auszüge aus einigen Predigten
üb. wichtige Gegenſt. der riftl. Bittenlehre, mit befons
derer Hinſicht auf d. Geik und die Gebrechen des Zeite
alterd.) — "Wie gut ed fei, wenn dur Gottes Dors
ſehung Menfchen v. Menfchen getrennt werden. Brauns
ſoweig 1799. — *Der Herr it nabe; eine Predigt bei
der Seiler des neuen Jabrh. Helmft. 1801. — Dissertatio
exegetico-historica de Joanne Apostolo, Evangelii, quod
rjus nomen praese fert, vero auctore ‚ respectu recentio-
ram quarundam dubitationam atque criminationum. Helm-
»tädt 1806. — feben u. Regierung des Papfted Leo X.,
von Wild. Roscoe. Aus d. Engl. überf. Mit Anmerk.
v. H. 8. T. Dende. 3 Bde. Leipzig 1806-8. — febte
Konfirmationdrede und Apdfcbiedöpredigt ꝛc. Helmſtaͤdt
1809. — Antrittspredigt in Neußrelig über Job. 4, SU
Bandhauer. "897
4. Ä Ä
in d. Hofkirche am erfi. Vfingſttage 4809 gedalten. Neur
—2— 1809. — Gedähtniäpred. auf dad am 19. Zul
1810 zu Hobenzierig, erfolgte ee Abſterben Ihro
Majeſi. d. regier. Koͤn. Louiſe v. Preußen, am 6. Sonn⸗
sage nach Trinit. üb. Job. 14, 3—29, in der Schloßs
"firde zu Neuftrelig gebalten. Neuftrelig 1810. — Eins
weibungöpredigt bei d. Wiedereröffnung d. Marienkircho
zu $riedland üb. 1. B. d. Kön. 8, 7—30, d. 14. Jan;
1810 gehalten. Neubrandenb. 1810. — De Joanne Baptista,
insigni virtutum, quao doctarem evangelii ornant exem-
lari, quale imprimis Jöaunis cap. 1, 19 —2%8 delineatur.
eastrelitz 1811. — Gedaͤchtnißpredigt auf d. hochbetrübte
‚ Ubleben Sr. Ein. H. des allerdurdl. Großherzogs Karl,
Ludw, Sriedr. v. Medlend. » Strelig. Neuftrelig 1817. —
Mebrere Auffäge in Hende’d Archiv f. d. neue Kirchen
ſchichte, Band 4, 5 u. 6, in den Rintelſchen theolog.
nnalen u. f. w.
Schwerin. Sr. Bruͤffow.
* 129, Gottfried Bandhauer,
Daurath außer Dienſt, in Roßlau (Anhalts Köthen)g
geb. d. 22. März 1791, geft. d. 38. März 1837.
“ Er flammte von geringen Eltern, lernte dad Zimmer
mannshandwerk und zeichnete ſich fchon früb durch viele
Anlagen, namentlich ſolche aus, welche in Beriebung‘
auf Das nachher von ihm gewählte Berufdgeichäft ſtam
den. Im Jahr 1809 ging er ald Geſell feines erlernten:
Dandwerkd auf die Wanderfbaft und feine Reifen ver⸗
mebrten und erweiterten die vielfah von ihm erworbes
nen Kenntniſſe. Don 4814 an fludirte B. unter dem
Oberbaurathe Moller in Darmſtadt Architektur, wurde.
bier für die J. 1816, 1817 und zum Theil 1818 interimis
ſtiſch und als Lehrer an der Baufchule angeftellt und 1818
Diätariud zu Düffeldorf, wo er die große Kavallerie⸗
Foferne in der Neuftadt audgeführt bat. In Diefer feie
ner Stellung ward er Dem nun verewigten Herzog von’
Köthen *), dem Vorgaͤnger des jet regierenden Dergonß,
befannt und jener ftellte ihn 1820 ald Baufondufteur
in feinen Dienften an. Im 3. 1822 ward er zum Baus»
infpeftor und 1824 aum Baurath befördert. Den meilten
Ruf ſchien B. anfänglih durh den Bau der Ketten.
brüde bei Nienburg an der Saale zu gewinnen. Man
e) Deffen Biograpdie f. W. Nele. 6. Jahrg. ©. 634
r 978 Brandhauer.
—
-
%
war geſpannt auf dieſe im nöordlichen Deutſchland disber
unbefannte_ Erfrinung. : Viele line jedo& 9m
luͤcklichen Erfolg; man beforgte und man fpöttelte. Nah
Seendigung des Baued fieß 3. eine große Laft, weicher
r voranritt, über die Brüde fahren. Die damalige,
gt verwittwete, Herzogin von Anbalts Köthen ‚befand
in dem anmutbig gelegenen und ſchoͤn
zum Befud
geihmädten derzogl. Schloffe zu Nienburg a. d. Saale, -
o fie oͤfters mit ihrem berzogl. Bemable weilte. Der -
Beni ‚erfreute an jenem verbängnißvollen Tage feine
emablin dur einen Beſuch. Die Buͤrgerſchaft hatte
beſchloſſen einen Beweis ihrer unbängligteit an das
regierende Haus zu geben und brachte
e Ber g und.
der Herzogin in einem Fackelaufzug ihr Lebe 6. Der
Aktuarius Nagel in Nienburg batte den Gedanken, ed
muͤſſe einen ſchoͤnen Anblid gewähren, wenn man fich
auf die Kettenbruͤcke begebe und von dort. die Sadeln in
gi Saale lcuchteten. Der Rath “ward angenommen.
ine fehr große Menge Menſchen eilte auf die Brüde,
die nun völlig angerällt war und. mebrere Mufici bes
gennen auf derfelben zu fpielen. Bald darauf, alö die -
rüde betreten wurde, brach plöglih bie linfe Hälfte
und alle, die auf dieſer Aanden, Itürzten in den Fluß, .
a alle, die auf der rechten Hälfte ſich befanden,
fogleih fi retteten. Der erite berabitürzende Balfen zer—
fchmetterte den Kopf des Aftuariud Nagel, welcher un.
bewußt den Kath zu den Umſtaͤnden feined Todes ge
eben hatte. Die Muflei ftürsten noch blafend in Die
ale. . Dad Hraden der zuſammenſtürzenden balben
Brücke dröhnte durch zen Nienburg, womit fi. in denw
felben Augenblide das _gränzenlofe Wehe» und Tammers
geiarei der Verunglädten verband. Ed mar ein dunkler
bend und die Sadeln verleihen theils im Strom theils
leuchteten ſie nicht poͤllig binein in dad unüberfehbare
Elend. Vierzig und einige Leiden wurden nach und
nad aus dem Stuffe gezogen. Die Zahl der Verſtum⸗
melten war noch weit größer. Wenige Samilien waren
ganz von dem Ungläd verſchont; Alle fuchten die Ihri⸗
gen. Sehr dirle von den Herabgeflüriten wurden ges
zettet, zum Theil von_fremden Schiffern, zum Theil
von Eindeimifcben, 3. B. dem Kaufmann Pichier, ein
anderer Tbeil fdwammı auf Bretern bis nah dem. eine
tunde Aromabmwärtd entfernten Wedlig. Un einem
age wurden naher die Ertrunfenen begraben und nur
einige waren damals noch nis aufgefunden, B. befand
HSimly. 879
‚ Mb zu jene® Zeit It Korhen. Ueber die Aouttruftion
Des Baues bat er ſich nachder in einer Schrift zu ver⸗
tbeidigen gefuht: dem nit bihreihend guten Eifen
iR Die Schuld des Bruchs beizumeflen ‚geftrebt- worden.
Spöterbin erbauete B. in Köthen die katholiſche Kirche
. und bei diefem Baue verloren dur den Einkurz eine
Geruͤſtes mebrere Arbeiter ihr Leben. Seine Bertbeidis
gung sing’ dahin, daß er nicht die Eingelndeiten dieſes
’ aued zu leiten gehabt habe. Seit geraumer Zeit mar er
außer Dienſt und privatifirte in Roßlau. Einige Jahre
vor feinem Tode gerieth er weden eined von ihm in den
— Anzeiger der Deutſchen gelieferten Aufſates,
in dem beleidigende Perſoͤnlichkeit angetroffen ward, In
einen Proceß, welden er verlor. Bein. Wunid, in eine
erneute Anſtellung zu treten, welcher vom Legationdrath
Dr. Hennide zu Gotha wohlwollend im Allgemeinen
Uinzeiger der Deutſchen mit Beziehung auf die willen
ſchaͤftüiche Tüchtigkeit ded Mannes unterkänt ward, iR
richt in Erfüllung gegangen. — Seine Werke And: Drei
laͤne von verfdiedenen Baumeiftern m e. Baue, Dem.
8 79 z. beil. Geiſt, mit dazu gehür. Dekonomichofe
oͤthen. rip: 1826. — Ein Beitrag zur bürgerl. und
Landbautunf. Ed. 13%. - Verbandi. üb. d. artiſtiſche
Umterfuchung ded Baues der Hängebrädfe &b. Die Saale
Bei Mönden, Nienburg. Ebd. 1827. — Kupfertafeln und
Erläterungen. zu dieſem Werke. Ebd. 1838. — *ipeorie
der Ofwälde und Kettenlinien. Ebd. 1831.
‘ i Dr. M. Schmidthammer.
2 130. Karl Guſtav Himly, |
Hofraih ordenti. Hrofeſſor der Heilkunſt u. Direktor des akadem.
Fersen auf der Liniverfität Göttingen; Nittel deB Guelphens
ordend; prdentliched Mitglied vieler gelebrten Sorietäten und
Akademien;
geb. ben 80. Apr. MR, geft. 22. März 18375 .
idm geſtatteten, Alles zu erlernen, was er au feiner Ant
nicht gen 2:
lovende Anita nude zur Borbiidung der M
t dem J. 1790 unter ihre Schälw., we
meijährigen Aufenthalts it derfelden waren be
v
t
"380 00 Hin.
| üging und nide allein (eine Komilitonen, fondern auch
e xe
brer besten Urfache, feine wirklih auffallenden
Stenntnifie gu ‚bewundern. Auf dad Trefflichſte aus⸗
gerüftet: besog er im T 1792 die Univerfität Göttingen,
wobin ihm der Ruf feiner nicht — Kenntniſſe
ſMon vorangeeilt war. Mit Wodlwollen, jaſelbſt mit
Zuvorkommendeit wurde er bier von den ausgezeich⸗
nerften Mamern aufgenommen, unter denen wir nur,
Richter, Blumenbach,, Wriöberg, Beckmann, Lichtenberg. .
nennen wollen. Dorzägliden Einfiuß uͤbte jedoch Richter
auf H., welcher ald Direktor des alademifchen Hofpitals
"ibn ſchon am Ende ded J. 1795 zum DObergebülfen an
demfelben befteilte. naͤchſtfolgenden 3. 1794 wurde
Di 4. uni von er mediciniſchen — der Preis
ber feine Schrift: „Commentatio praemio regio ornata:
mortis historiam, causas et signa sistens“ zuerfannt. Nach
einem glänzenden Eramen ward er zum Doktor der
Medicin und Ebirurgie ernannt und feine Dissert. in- -
augural. Observationes circa epidemiam huius anni dysen-
tericam mit Beifall von der gelehrien Welt aufgenoms
men. Wenige Wochen nad feiner Promotion: verließ er
Göttingen, um fi während Des Herbſtes bei den preuß.
Armeen am Rhein aufzubalten. Tem Winter ging er na
Wöärzburg, um die perfönlihe Bekanntſchaft der au
gezeichneten Aerzte von Siebold Water und Sohn zu
machen. Während feiner Anweſendeit in der leßteren
Stadt erbielt_er den ebrenvollen Antrag, nad Brauns
ſchweig zurückzukehren und Die mediciniſch⸗chirurgiſche
rofeſſur an dem Kollegium Karolinum zu übernehmen.
ie fat alle junge Männer reiste ibn Die Ausficht, recht
fräb eine Anftellung zu erbalten, fo, daß er fi ſofort
dahin begab und nod im I. 1795 das ihm angetragene
Amt übernahm. Später bereute er dieſen Schritt, aber
nicht etwa deswegen, weil ihm die Stelle felbft nicht ange⸗
meſſen ſchien oder weil ihm Widerwärtigkeiten begegnet
.. wären, fondern nur aus dem Grunde, weil ibm dadürch
feine Zeit zu fparfam zugemeflen wurde und ihm die Gele
genbeit abgeſchnitten war, Reiſen ins Ausland zu unters
nebmen und die großen Anftalten , wie die außgezeichnes
sen Männer fremder Länder in Perſon kennen und wärs
digen zu lernen. Seine Sehnfuht nad möglichfter Voll⸗
kommenheit in feinem Bade, fo wie feine angefirengte-
Ken Bemühungen, immer Neues zu dem ſchon bedeuten»
den Schage feiner Kenntniffe hinzufügen zu Eünnen, hielten
ihn jedod nicht ab, ald praktiſcher Arzi aufzutreten und
| Hirily. s81
aud andern jungen Männern dad Studiam der Arzuei
‚wiffenfchaft zu erleidtern. Seine Bemähungen gingen *
daber vorzüglich darauf dinaus, an dem großen Kranken⸗
hauſe feiner Vaterſtadt eine mediciniſch⸗chirurgiſche Kli⸗
nit einzurichten, was ihm auch endlich nad mandyen nicht
gu überwinden fcdheinenden Hinderniffen gelang. Bis
m 93. 1801 blieb er in diefer feiner ereling beſtaͤn⸗
ig. Darauf bedacht der leidenden Menſchdeit aüverhaupt,
2 auch insbeſondere feinem Vaterlande fo viel zu nügen,
als nur irgend in feinen Kräften ſtand. Fuͤr letzteres zu
forgen, war ibm noch befonderd ald Mitglied des ber.
ss ichen Dderfanitätöfollegiumd moͤglich. Etwas vers
I eden von dem in Braunſchweig war fein Wirkungs⸗
Frei in Jena, wo in dem genannten J. 1801 die durch
Hnfelands$*) Abgeno erledigte Stelle dur. ibn wiederum
erfegt wurde, Als Brofeffor der Arzneifunde und Mit
direftor der Klinik mußte ndmli feine Thätigkeit de-
fonderd auf die Medicin und die theoretiihen. Studien
gerichtet fein, da fein früberer Wirkungskreis ſich mehr
auf die Prarid und die Chirurgie bezog. Durch feine
Derfegung nach Jena wurde indeß feine ſchon früher in
Goͤttingen und Braunfhweig begonnene literarifhe Th
tigkeit keineswegs aufgehoben, ja nit einmal unters -.
broden, vielmehr vollendete er bier das wichtige und
befonderd beachtungswerthe Werk, welches zu Bremen
i. 3. 1801 unter folgendem Titel herausfam: Dpbidale
mologifbe Beobachtungen und Unterfuhungen oder Beis
träge zur richtigen Kenntniß und Behandlung der Augen
im gefunden und kranken Zuſtande. Nicht allein in
Deutihland, fondern auch im Audland erregte dieſe
Schrift Auffeben und überall börte man den Wunſch,
Daß fie Doc recht bald den Nichtdeutſchen dur eine
Allen verftändlide Weberfegung zugaͤnglicher gemacht
würde. Schon i. 3. 1802 wurde dieſer Wunfch erfüllt,
‚indem ein gewiffer Ehlerd einen Theil ded Werks üben»
fegte und unter dem Titel: Himly de la paralysie de
Piris occasionnde par une application locale de la bella-
donna zu Paris herausgab. Mißbitiigen mußte 9. frei»
fi, daß der Ueberſetzer bier ald Heilmittel die Belle
donna empfahl, da er doch das extractum hyoscyAmi all»
geraten, weil erflered Mittel unficherer und manche
ebeittände mit ſich führend, Ratt des von ihm vorzu
weife empfohlenen und angewandten Hposcpamusextra
9 Defien Biograpbie f. im M. Nebrolog Iobrg.1&. ©, 690
1 — F—
—
Durch nachtheilige Wirkung auf die retina Die Entdediung
die und da -unverfhulder in Miskredit gebracht hatte;
Während der Zeit feined Aufenthalts in Braunſchweig
waren von ibm mehrere, vorzüglich Fleinere Abbandlum _
Intereſſe behalten, andere. dagegen, da fie einen Gegen,
nd beireffen , von dem die Behauptung des Gegentheus
egenmwärtig als laͤcherlich erſheinen würde, nur noc
—* die Geſchichte der Medicin gebraͤuchlich find. Zu
den erfteren find zu rechnen: Abhandlung Aber die Wir;
Im erf&ienen, von denen einige immer allgemeines
fung der Kenakheirbeeige auf den menfaliden Körper
und die etwas größere Abhandlung über den Brand- der
weichen und barten- Theile nebft einigen Grundzügen ber
medicinifden Theorie. H.s bisheriger Wirkungskreis,
ſowohl in Jena, wie in Braunſchweig ſchien aber nur
eine Vorſchule für feine ungemein vergrößerte Thaͤtigken
in Goͤttingen zu fein. Obgleich er auch in Jena alle
nur mögliche Ehre genoflen hatte (ed. war ibm bier fo
glei dei feiner Ankunft der Charakter eined herzoglich
mweimarifhen Hofretbd verliehen and ihm aud nad Ni—
eolai’d. Tode «in. ertraordinäred. Affeflorat in der Pros
motiondfatulsdt übertragen worden), ſo zog er tod vor,
(don nach zwei. Zabren alle feine biefigen Aemter aufs
gugeben und dem Rufe nad Göttingen zu folgen. Er
wurde in legterer Stadt in demfelben Range wiederum
angeRelit, nur mit Dem Unterſchiede, daß er bier fofors
ordentlicher Direktor des akademiſchen Hofpitald wurde.
‚Mit großen Erwartungen wurde er ‚auf der Georgia
Augufta empfangen. Alle fegten unbedingted Vertrauen
in feine Kenntniffe und feinen Eifer. Sein Auftreten
igte auch: gleich, daß er die Hoffnungen und Wuͤnſche
iefer- realifiren werde. Bor 9.8 Ankunft in Bine
“rung mit demfelben vorzunebmen. Zu dem Ende wurde
Me biſher van dem ital getreant gemeſene ſo⸗
es, u
Himilp. 883
genannte Stadtklinik, Die Ach von demfelben vorzäglid)
dadurch unterfhied, daß zwar jeder Kranke, einheimis
ſche und fremde, zugelaffen ward, aber nur in feiner
Wohnung von den Praktikanten befucht: wurde und freie
Medicin und umnentgeltlide Behandlung erbielte mit
demfelben vereinigt und die Zahl der Berten auf acht
und zwanzig vermebrt, da es fräber nur fechözehen
enthalten batte. Bei H.’8 anerkannter Sröße.und befon»
ders dervorſtehendem Talente dinſichtlich Der eigentlichen
Medicin Duldere er nur ungern eine von der feinigen
"abweidende Meinung und gerietb deshalb bei der eben
‚angegebenen Einridtung des akademiſchen Hofpitals
fehr bald mit dem bei Demfelben angeftellten Wundarzte,
jetzigen Hofratb und Profeffor der Anatomie und Ebir
rurgie, Langenbeck, der bereitd 1804 zum Profeflor er»
nannt murde, in Zermürfniffe, die zu manden Un
annehmlichkeiten führten. Langenbeck, ald Anatom und
Chirurg gleich ausgezeichnet und mit Recht den erſten
. und größten Männern Europad, wenn auch nicht gerade
: unbedingt bevorzugt, doch obne Widerrede an die Seite
gefegt, Fonnte und wollte fib den Anordnungen 9.8
nit fügen. Um daber beide Männer nicht zu fehr zu
entzweien und au den Anforderungen der Zeit gebör
: = entfpreien, murde Das Hofpital in das vormal
oͤdmerſche Haus verlegt und Langenbeck bald erlaubt,
neben feinem Wohnbaufe ein für Mb beftebendes dis
rurgiſches Hofpital einzurichten. Das Hofpital in Dem
Böhmerfhen Haufe war zwar nicht ausdrüdlih und ab
lein nur für die medicinifden Kranken beftimmt und den
chirurgiſchen Patienten Die Aufnahme verfagt, aber es fans»
den fi wenige der Letztern, welche die Hilfe datin fuchten,
die fie befler dei Langended finden Eonnten. Indeß war
. dennod dad Haus immer ſo gefüllt, daß nicht felten der
all eintrat, Daß Leidenden aller Art- Die Aufnahme in
affelbe verfagt werden mußte. Was Himly ald Arzt
und ſowohl in feiner Privarprarid, wie auch in dem
ofpitale mirfte, wird ewig unvergeßlich bleiben und
ein Name noch lange fortleben. Die Zahl feiner Schüler
und-Zubörer war zu allen Zeiten fehr groß und feine Bors
lefungen bis zu den legten Stunden feined Lebens gleich
lebrreic), da er nicht auf dem Kreiſe feiner früheren Kennt⸗
niffe und Erfahrungen fteben blieb und fi gegen die neue»
ren Forſchungen in dem ‘Gebiete feiner Wiſſenſchaft abs
ſchloß, fondern mit der Zeit fortfchritt. Beſonders LIE
[4
rei wurde er-auch Dadurd feinen Schülern, daß er ihr
J
* ®
lbſidenken anregte und ihrer eigenen Forſchung Aber»
ieß. mad wodl mancher Andere für ſich adgemachit bätte.
eine Borirdge am Krarkenbette un —— Ein⸗
- neben in jeden einzelnen Fall wird als vorzüglich inter⸗
eſſant und lehrreich von allen geſchildert, welche das
luͤck hatten, ihnen beiwohnen zu können, Die Zadl
feiner Schüler war, wie ſchon bemerkt, immer ſehr be⸗
pdeutend und nahm ſelbſt in den Jahren, wo die Unis
erſitaͤt Goͤttingen am wenigften befucht war, wie in den
iegerifhen Jahren von 1809, und 1810 nicht viel ab,
denn ed wurden nocd immer über hundert Klinifer ges
bt. In den Zeiten des Friedens und der Blütbe
Böttingen® ftieg jedoch diefe Zabf auf dad Doppelte und
Dreifache. Viele, weiche ſich rübmen, feine Schuͤler ge:
wefen zu fein, baben. fid ald Aerzte und Scriftfieler
der Mit» und Nachwelt befannt gemacht, von denen
mir unter vielen Andern nur einen Chelius, v. Soͤm⸗
mering,. Pander, Pukhard, Dfianter, Spangenberg.
edemeier, Pott, Holſcher, Heufinger, Stiebel und,
erfon nennen wollen. Nicht minder verdient machte
Kb 2 aud um die Yugenbeilfunde, in ‚welder fein
Auf fo aroß war, daß an Augenübeln Zeidende aus den
———— Gegenden Deutſchlands, ja ſelbſt aus Polen und
Rußland na Goͤttingen eilten, feine Hülfe zu ſuchen,
-gud machten die in dem Hofpitol behandelten Augen⸗
ranfen im Vergleich mit denen am andern Uebeln Lei⸗
denden, immer die Mehrzahl aus. Diefer fein Ruf
wurde nicht allein durch viele der fhwierigiten aber Den.
noch gluͤcklich vollendeten Kuren, fondern auch Durch feine
Schritten über Augenbeilfunde hervorgerufen. Unter
denfelben find befonders folgende zu, bemerken: Oph⸗
thalmologiſche Bibliotbek, im Vereine mit J. A. Schmidt
in den J. 1808 bis 1807 berausgegeben. Aus derſelben
murden Drei Abhandlungen befonderd abgedrudt und als
eine Einleitung in die Augenheiltunde angehenden Aerzten
- empfoblen, In den Jahren 1809 bid 1814 gab 9. diefe
Bibliothek mis Hufeland unter dem Titel: Bibliothek
der praftifhen Heilfunde heraus und zulegt i. J. 1820
eine Einleitung in die Augenheilkunde, welches letztere
Werk aber nur ausſchließlich für feine Zuhörer ald Hand⸗
bu® bei feinen Vorlefungen beftimmt war. Außerdem
it. das ‚Lehrbuch der praftifden Heilfunde, allgemeinen
ofologie, Heilmitsellehre und therapie, welches auch
ald Handbuch bei feinen Vorlefungen gebraucht wurde,
zu feinem groͤßern Arbeiten zu aäblen. Mit 9.8 Rufe
Br 486
von ‚eiper Geſcdicklichteit gieg and: natuͤrlicher: Weiſe
fein Anſehen dei der Gtaatöregierung, zumal ba er
immer äls eifriger Patriot und ald treuer Anhänger de
>. &uelpbenbaufed gezeigt hatte. Seine Verdienfte erhiels
ten deshalb zu wiederholten Malen Öffentliche Anerken⸗
nung. So murde er unter. andern 1814 ald erfied Mit
glied der Univerfität_bei der koͤnigl. Polizeitommifflon
ernannt und ihm i. J. 1820 vom König Georg IV. der
Quelphenorden verlieben. Hoͤchſt ehrenvol und edel
betrug er fi während jener unglädliden den Goͤttingern
ewig .unvergeßlihen Tage im Srübjahr von 1831. Fern
bielt er ſich von jeder nur möglichen Theilnahme an den
Unruhen, mit tiefem Schmerze febend, mie fo mancher,
Süngling und Mann dur trügerifhe Hoffnung berhört
‚ und bingeriffen durch die Lockungen einiger Schwindel.
koͤpfe, fid auf die unbedachtſamſte Weiſe in Haͤndel
miſchten, von denen fie weder Begriff noch Einſicht bat»
ten. Erft als fi die Kataſtrophe ihrem Ende nahte und
bei einigen nichtömürdigen Menſchen der Gedanke aufs
eftiegen war, Göttingen und der ganzen gelehrten Welt
en Schag zu rauben, der immer den Ruhm der Uni⸗
verfität erhalten wird, — erft bier trat er öffentlich auf,
*
Jedem augenblicklichen Tod drohdend, der es wagen würde
ie — nah dem Heiligthume der Wiſſen⸗
ſchaft, nach der Bibliothek audzuftreden. Enthuſiasmus
rregte fein Beifpiel. Hunderte von Studirenden und
Bürgern drängten ih um das Gebäude, jeden Theil,
ja jedes Fenſter mit aͤngſtlicher Sorgfalt beobadtend.
Die Unmöglichkeit des Erfolgs und ‚vielleicht auch das
wieder erwachte Gewiſſen ſchreckte jeßt Jeden zuräd, der
+
“nur irgend einen folden Gedanken gehabt haben mochte
und es wurde nicht Der geringite Verſuch gewagt, mels
&er jenes Gerücht beftätigt harte. Manche wollten dader
9. tadeln, indem fie ibm den Vorwurf der Voreiligkeit
machten. Doch wer kann Diefes mit einigem Rechte!
Beſſer der_ That vorgebeugt und den Gedanken daran
(don im Keime erftidt, ald. fie zur wirfliden Voll⸗
jebung kommen laflen, was jedesmal unberechenbare
Nachtheile mit fich bringe. — H. erfreute fich anſcheinend
immer der beiten Gefundheit und war bis an fein Ende :
N deiter und froh. Umgeben von einer zahlreichen.
lüde
nden Samilie, die dem Vater aͤhnlich ſchon fruͤh
anfingen, dem Staate ihre. Dienftle zu widmen; aude
geſtatiet mit ſo viel Glücksgütern, daß er vollfommen
unabhängig von der Welt. und ihren a Ya war;
R, Nekrolog. 15. Jahra.
‚15
geachtet und deebrt von Iedermänn, ein mährer Water
der Armen, mußten ihn alle nur als glücklich preifen.
Und dennoch fcheint'er ed nicht ganz, wenigfend in der -
[enten Zeit feines Lebens gemefen zu_fein. Sein Tod
: beftdtigt diefe Meinung binlänglid. Die mahre Urfache:
laͤht ib nicht mir Beftimmtheit angeben." Vielleicht hatte:
das plönlide Hinſcheiden einer, langjährig erprobten
Freundin ibn zu fehr auf die Nichtigkeit des Lebens und
aller irdifcben Größe aufmerkfam gemacht und fein Ges
fühl gu fehr erariffen oder fein Geift war durch irgend -
eine in demfelben wohl motivirte, aber dem. Sremiden
ſchwer zu entdedende Urſache auf ſolche Abmege geführt,
mo er bie Herrfchaft Über Gedanken und Vorſtellungen
verloren hatte oder ed mar irgend ein anderer Grund-
dazu vorhanden; Gewißheit wird und nie daräber mer.
den, da alle Nachrichten mangeln. An dem falten nebelis
en Morgen ded oben genannten Tags hören Arbeiter
n ber Näbe der Zeine einen bumpfen Sal ind Waſſer,
eilen darauf binzu und erbliden einen Menſchen, der
obne Bemußtfein noch einmal auftaucht und dann ver.
ſchwindet. Beine Rettung ift bald vollbracht, ein barts
bersiger Weggelderbeber will ibn nicht in fein Haus aufs
nehmen, erſt nach längerer Zeit, geſchieht dieſes von eis
ner armen aber biedern Familie, die in Der Nähe ein
Häuschen bewohnt, Die berbeigerufenen Aerzte erken⸗
nen fogleib in dem Verunglückten ihren großen Zebrer.
Einige Spuren Des Lebens maren zwar noch vorhanden,
indeß alle Bemühungen, ibn den Seinigen und der Wis
21
fenfchaft zu erhalten, blieben fruchtlos. Auch Langendeck
vermochte es nicht, dem Todesengel zu beſchwoͤren; zu
ſeſt hielt er feine Beute umarmt. ur noch wenige
Tage und feine fterblide Hülle wurde nach einem feier⸗
lihen und feinen Verdienſten angemeffenem Zeichens
begängniß, auf immer den Bliden feiner traurenden-
Sreunde entrüdt. — Außer Den oben genannten Schrik
ten find von ibm noch erſchienen: *J. £ongd See» und
Zandreifen. Aus d. Engl. ek ‚von Ebh. A. W.
v. Zimmermann. Damd. 1791. — Ueber d. Impfen der
Kubblattern. Frankf. 1801. — Ueber d. Zufammenkugeln
d. “geld. Braunſchw. 1801. — Weber. einige wahre und
‚fcheinbare Verſchiedenheiten des Altern u. neuern Heil
verfahrens. Ein Antrittöprogr. Ebd. 1801. — Verfaſſung
der öffentl. mediein. chirurg. Klinik zu Göttingen. Goͤti.
4808. —.De Gaoutchouk ejusque Productis o destillationo-
sicca inter quae praecipue 'de Caoutchino noro quodam
x \ ' ®
\
’
'
v. Mann. ET '887
"corpore® ex hydrogenio et carboneo composito. | Ihidem
1835 — Gab beraud mit Zufägen vermehrt: T. G. 4.
- Roofe, Taſchenb. f. geritl. Aerzte; 4. verb. A. Frankf.
. 18115 5. Eat Ebd. 1819. — Vorrede und Unmerk. ;
J. Mare hir. Beobachtungen üb. d. Augen; a. d. Eng
‚von I. ©. Runde (2 Bde. Goͤtt. 1809.) — Lieferte Bei
träge zu vielen Tournalen.
131. Karl Chriſtian v. Mann, gen. Tücher,
k. baierifcher Kämmerer u. Staotdrath, Kommandeur des Civil⸗
verdienftordend der baier. Krone, Mitglied der k. bater. Akademie
der Wiffenfhaften, Derr auf Theuern, Salzburg, Querbad,
Kempfenbaufen, Haarkirchen u. Mannthal, zu Münden
geb. den 9. Dec. 1773, geft. den 2. März 1897 *).
Zu Suljbab geboren, genoß er eine mufterbafte
. Erziehung. Der firenge Ernft feines Vaters und Das
fanfte Wefen der Mutter verfeblten nicht, an feinem
jugendlichen Geiſte und Herzen, bie gluͤcklichſten Wirkun—
gen bervorzubringen und Da er überdies mit Talenten,
ie ibn vor Dielen auszeichneten, begabt war, jo war
ed nicht anderd zu erwarten, ald Daß er, nachdem er
fd an verſchiedenen Anftalten den Studien gemidmet
arte, alänzende Fortfchritte in ben Wilfenfchaften ma»
en würde: — eine Erwartung, die der Erfolg in einem
febr boben Grade rechtfertigte und wofür feine vielen
Studienpreife die ſpredendſten Zeugen find. Als Der
doffnungsvolle Tüngling_Faum feine Studien vollendet
und das 20, Jahr feines Lebens zurücdgelegt batte, wurde
er (bon, im befondern Bertrauen auf feine grünblice
wiſſenſchaftliche Bildung und feine treue Anhänglichkeit
an den Kürten und das Materland, im Dienite des
Staats angeftellt. Sein unermübdlicher Fleiß, fein tiefe
ruͤndliches Urtbeil, feine unbeſtechliche Gerechtigfeit,
eine erfprießlihen Dienſte maren Die Urſache, baß er
von Stufe zu Stufe ſchnell —— und ſchon in
jungen Jahren zum Juſtizreferendar befördert wurde.
n biefer Gigenicaft wurde er im Jahr 4808 Der zur
erathung über das einzuführende Strafgeſetzbuch nies
dergefegten Kommiffion ald Mitglied beigegeben. Am
26; Dft. 1812 verbeiratbete er ſich mit fufretie v. Lochner -
auf Hüttenbach. Im J. 1816 wurde er, in Anerfennung
Herrn Karl Ehriſt. v. Mann ıc., von Kaspar
e) Naqh der Trauerr de am Grabe Sr. Er den Bapmohtgeh,
25% L ®
J
⸗
"388 Bunfen. Be
‘ feiner tren und eifrig. geleifteten Dienfte, zum .Präfiden-
ten des Appellationdgerichtd für den Iſarkreis befördert, _ .
Ais im Jahr 1826 dad —— fuͤr den Iſar⸗
kreis von Münden nad Landshut verfegt wurde, ſollte
er ald :Präfident dahin folgen, aber feiner Bitte ent»
—* ernannte ihn der König, mit ——
eines biöherigen Rangs, zum zweiten Praͤſidenten des
Oberappellationsgerichis. In dieſer Stellung wurde er
auch zum Staatsrath im außerordentlichen Dienſt er⸗
nannt und ihm der Titel „Exrellenz“ verliehen. Doch —
es war ihm noch eine andere Stufe der Ehre und deb
Rangs vorbehalten, indem er zum Staatsrath im or-
dentlihen Dienft ernannt murde, welde Stelle er bis
zu feinem Tode bekleidete. Schon vor vielen Jahren
hatte der König ihn mit dem Nitterfreuze des baierifchen
Givilverdienftordend 5 und fügte ſpaͤter das
Kommandeurkreuz dieſes Ordens binzu. In der letzten
Zeit berief ibn dad Vertrauen der adeligen Gutsbeſttzer
mit Gerichtöbarfeit, im Iſarkreis in die Deputirtens
kammer der Ständeverfammiung. Aber nicht lange mehr
ollte er wirken: feinem tbärigen Leben machte ein
Zungenleiden ein Ende. Act Tage darauf wurde fein
Leihnam auf dem ihm gehörigen Gute Theuern beis
gefegt. Er binterläßt nebit feiner Gattin einen Sobi,
udmwig, Lieutenant im k. baier. Küraffierregimente Prinz
Johann von Sachſen. — Seine Samilie hat in ihm ei
nen treuen Gatten und Vater, feine Untergebenen einen
menſchenfreundlichen Borgefegten, feine Grundbolden
den beiten Herrn und die Künfte und Wiſſenſchaften
einen ihrer wärmfen Verehrer verloren. Er befaß eine
wertpvolle Gemäldefammlung und war ein eifriged Mit—
glied und’ zufegt Vorſtand des polptehnifhen Vereins,
fo wie Mitglied ‘der vaier. Akademie der Wiffenfchafs
ten. — Seine Schriften find: Archiv f. d. Staatöfunde
in Baiern. Münden 1804. — Saifer Marimilian IV,
genannt d. Baier u. Marimilian I., Kurfärft v. Baiern;
'eine. biftor, Parallele. Ebd. 1806. — E08, Zeitſchr. a
"Baiern. Ebd. 1818. —
* 132. Dr. Chriſtian Bunfen,
Profefſor der Philoſophie u. Unterdidliothekar in Göttingen;
geb. den-L. Apr. 1770, geſt. den A. (26.) März 1887.
Zu Frankfurt a / M. erblickte Bunſen das Licht der
72 Welt, Nachdem ei den erſten Unterricht in den Lehr
4
v
Freiherr d. Schele. - 39
anſtalten ſeiner Vaterſtadt erhalten und dur raſtloſen
Fleiß ſchnelle Fortſchritte in feiner wiſſenſchaftlichen Bil,
dung gemacht batte, eroͤffnete er 1787 feine akademiſche
Laufbahn in Goͤttingen. Dort widmete er ſich bis zum
J. 1791 theologiſchen und philologiſchen Studien. Ein
eiſtliches Amt zu befleiden, lag nit in dem Bereiche
einer Wünſche; er hielt Daber, nachdem er. 1795 Sekre⸗
tär und zwei Jahre fpäter Kuſtos der Göttinger Univer-
firdtöbibliothef geworden mar (an der Bearbeitung des
wiſſeͤnſchaftlichen Katalogs dieſer Bibliothek nahm er
thaͤtigen Antheil), Dort als Privatdocent Vorleſungen
hber Aeſthetik und über die Kulturgeſchichte der Deuts
ſchen bid zur Reformation, —— auch über phpfiſche
r
Seographie, über Die Theorie des deutſchen Styls und
des mündlichen Vortrag und über Die italienifche
und fpanifhe Sprade. Durch Bertbeidigung feiner
“ Differtation: De eo, quod ad veterum Scandinaviorum
=
poesin et mythologiam efingendam formendamque efhice-
zit coelo terraeque natura (Gotting. 1798.) erwarb er ſich
den Grad eined Doftord der Philofopdie. Außerordents
licher Profeſſor derſelben ward er 4805 und 1814 or⸗
Dentlicher groteier der philofophifhen Fakultaͤt. In ˖
dieſem Wirkungskreiſe bewegte er ſich mit raftlofer Thaͤ⸗
tigkeit bis zu ſeinem Tode, die Muße, welche ihm ſein
akademiſches Lehramt gönnte, zu einigen literariſchen
Arbeiten benutzend, beſonders zu Weberfegungen aus
neuen Spraden. Naͤhere Angaben hierüber findet man
weder bei. Meufel, noch bei irgend einem andern fiterator.
Dr. Heinrich Döring.
* 133, Auguft Georg Freiherr v. Schele,
großherzogl. oldenburg. Kammerjunter und Regierungsſekretaͤr gu
u Dldenburg;
"geboren den 27. Okt. 1807, geltorben den 24. März 1887.
v. Schele wurde in — wo ſein Vater
kudwig Auguſt Werner Ernſt Albrecht Freiherr v. F
damals Schloßhauptmann war. Seine Mutter iſt Die
noch lebende Dberbofmeifterin am aroßberaol; oldenb,
ote, Frau Charlotte v. ©.,.geb. Graͤfi
is zum fiebenten Jahre blieb er im vÄterlihen Haufe
und Fam dann zu einem Odeim in Weftphalen, mit deſ⸗
n v. Vothmer.
fen Sobne zugleich er auf eine,fo liebevolle als lehrs
reiche MWeife erzogen wurde... Im Herbfi 1819 bezog .er
dad Gyninafium zu Rinteln und ging nach zwei Fahren
}
%
390 Freiherr d. Schele.
nad Buckedurg, wo er gleichfalls zwei Jahre die erſte
Klaſſe des dortigen Gymnaſiums beſuchte. Hier wurde
er Fonfirmirt und ging Darauf nad Halle, um vom
.- Herbft 1823 bis 1825 auf dem dortigen Päda oglum
. feine — zu vollenden. it vorsreßl en
Vorfenntniffen audgeräfter. bezog er um Michaelid 1825 .
> die Univerfitäs Goͤttingen, um fib durd dad jurififche
‚und ſtaatswirthſchaftliche Studium zum Gtaatödienite
Yorzubereiten und auch bier frebte er durch eifrigen und
anhaltenden Fleiß nach der Erreihung feined Zwecks.
Nachdem er beinahe einer beftigen Entzuindungdfranfheit
erlegen wäre, nach welcher feine früher Eräftige Gefunde
beit, nie ganz wieder hergeſtellt worden ift, begab er fi
im Herb 1828 nad Dfdenburg, mo damals fſchon feit
mehreren Jahren feine Mutter lebte. In der erften
Prüfung, der er i. J. 1829 fih unterzog, befam er ben,
. zweiten Charakter mit Auszeichnung umd erbielt_ darauf -
einem Gefuche gemäß die Erlaubniß, ald Acceffit beim
Umte Löningen fib in den Gefhäften zu üben. Am
9. Januar 1830 wurde er zum Amtsauditor bei dieſem
Umt ernannt und am 20. Juli 1831 in Derfelben Dualls
tat zum Amte Ganderfefee verfegt, auch fpäter auf,
Eurze Zeit Dem Amte —— beigeordnet. Im J. 1832
unterwarf er ſich der Hauptprüfung, wodurch ihm aber⸗
mald der zweite Charakter mit Pig zu Theil
murde und am 18. Tanuar 1835 wurde er Darauf zum
zweiten Gefretär bei der Regierung zu Oldenburg und
zum Gefretär des Militärfolegiums daſelbſt ernannt,
Um 4. Okt. 1834 wurde der Titel eined Hammerjunfers'
ibm beigelegt. Durch anbaltende Geiftedanfrengungen
. und einen Sleiß, welder die Bedürfniffe ded Körpers
zu menig beactete, mar fein Gefundbeitözuftend nad
er Erfoütterung, melde derfelbe (don in Göttingen :-
- erlitten batte, immer mebr verfchlimmert und obmohl
v.©. von dem Gebrauce der Bäder zu Ems in ben
5. 1834 und 1855 feine Herfielung gebofft hatte, fab er
ih doch Darin getäufht. Es hatte fi Die Auszehrung
gebildet, indeß (dien fi fein Zuftand durch andere ans,
gewandte Mittel merklich zu beſſern, ald im Febr. 1837
ibn Die Grippe befiel, der zu miderfteben fein Sörper-
nicht mehr Straft genug batte und der er unterlag, näch⸗
dem er noch Die Sreude gebabt batte, am 3. Gebr. zum
erien Degierungefeßretär befördert zu werden. — Sein
liebenswärdiger Cbarafter hatte ihm viele Sreumde, ers
worben und eine Vorgeſetzten, fehr zufrieden mit feinen
Barby. j 34
£eikungen , wurden durch ‚Diefelben gu den Befteh s 5 |
nungen von Dem berechtigt, fein &iter und feine a
. sigfeit img Dienfte des Staats bätten wirken können, wenn
nicht fo früh feine Laufbahn abgefchnitten worden märe,
.* 134. Johann Heinrich Chriftian Barby,
Profeſſor am Friedrich⸗ Wilhelms : Symnaflum zu Berlin;
geb. deu 19. Mov. 1765, geftorben den 25. Maͤrz 1897,
- : Ermeleben ins Särftentbun Halberftadt war der Ge '
burtdort Barby's. Den Lebranftalten feiner Vaterßadt
verdantte er feine wiſſenſchaftliche Bildung. Neben dem
$ortgefegten Studium der Altern Sprachen batte Die
Erziehungswiſſenſchaft viel Reiz für ibn, Bereits im
« 1290 war er zu Berlin Mitglied des Seminars für
elehrte Schulen geworden. In den 9. 1794 — 1797
ebleidete er die Stelle eined Dberlebrerd an dem Fön.
.Paͤdagogium der Realfchule und das J. 1797 erhob ihn
dum Profeffor_an dem £öniglichen Sriedrid «Wilbelms«
gymnaſium In Diefem Wirfungöfreife blieb er raftlos
thaͤtig bis j feinem Tode, den Ruhm eine tüchtigen
ulmannd und geachteten Pbilologen binterlaffend.
Außer einer Audgabe von Plutarchs Lebensbefhreibungen
Plutarchi vitae parallelae Themistoclis et Camilli, Alexan-
ri et Caesaris. (Berol. 1797.) bie blos ein vom Derleger
veranſtalteter Abdrud der von Joͤrdens beforgten Yuds
gabe ift, zu welcher Barbv einen lateinifhen Inder bin»
zufügte, um die Brauchbarkeit bed Werks für Schulen
u erböben, bar er nachfolgende Schriften geliefert:
dm. Anthologie oder Samml. einiger latein. Gedichte,
die gewöhnt. nit in d. Schulen gelefen werden. Zum
Gebrauche für Schulen. Berlin 1797. — —
Gabeln u. Lieder, zum Gebrauche für die — bd.
178. — Encptiopdbie u. Metbodologie d. humoriſtiſchen
Studiums oder die Philologie der Griechen u. Römer.
4r Th. Ebd. 1805. — Sophoclis Philoctetös, cum com-
mentario perpetuo. Ibid, 1805. — Sophoclis Autigona cum
commentario perpetuo Ibid. 1806. — Sophoclis Oedipus
Rex, cum commentario perpetuo. Ibid. 1807. — Ovids
Metamorpbofen im — U Schulen , von ©. K. I.
Seidel, nen beforgt von Barby. Ebd. 1814. (Died 14
bat ald Schuld. blo8 d. Namen d. frübern Herausgebers.
behalten; der Auszug iſt nach einem ganz andern Plane
gemacht.) — Aurelius Victor, de.viris illustribus urbia
2: Cellen — Bahr.
‚Bomae. Zum Gebrauch für Squlen, mit einen. volſ.
Zörter» u. Namensverzeichniſſe verfehen. Ebd. 1819.
f
Jena. Dr. Heinrich Doͤring.
8, preuß. Hauptmann u. Kantonbeamter zu Hausberge bei Minden,
ae NRitter bed rothen Adlerordens;
geb. i. J. 04 geſt. d. 77. März 1887.
Gellern war der Sohn ded Schullehrers Gellern. zu
Todtenhauſen bei Minden , trat am 30. an. 1786 al
emeiner Soldat in dad Regiment von Waldel und
fomang fih dur feine perfönlichen Verdienfte endlich
i8 zum Hauptmann empor. Am 30. jan. 1836 feierte
er fein 50 jäbriged Dienftjubildum und erhielt viele Bes
weiſe Der allgemeinen Liebe und Achtung. Durch eine
langjährige ausdauernde Amtsführung im Civil zeihnete _
er ſich nicht weniger aus. Auf feinem, oft nicht dornen⸗
lofen Wege leitete ihn fein Vertrauen auf Gott. Ob⸗
gleih G. nad feiner imponirenden Geſtalt und feinem
efunden Ausſehen ein Eräftiger Greid zu nennen wat,
jo ließ er ſich Dennod einige Sabre vor feinem Tode
von feinen Dienftgefchdften entbinden,, um ruhiger leben
u fünnen. Er flarb in der Kirde während des Gotteds
- bienfies am Sclagfluffe. Ein Sohn iſt Gerichtsamtmann
zw Peteröhagen. ° —— Arendt.
* 136. Gottfried Heinrich Baͤhr,
Wundarzt zu Alt⸗Doͤbern (Regbz. Frankf.);
geboren den 22. Sept. 1756, geſtorben im März 1887.
Babr ward ‚geboren zu Radeberg bei Dreöden, mo
fein _ Vater Kantor und zweiter Lehrer an der Stadt⸗
ſchule war und dad dltefte unter 10 Kindern. Nach
- feiner Konfirmation ward er (1772) zu "einem Stadt⸗
- Sirurgus in Dredden in die Lehre geihan und i. I. 1775
lo&geiprochen, blieb: jedoch in Diem Verbältnifte noch
2 Jahre, um den Lehrſtunden im damaligen kurfuͤrſtlich
fächf. Collegio medico&chirurgico beigumohnen. In dem
darauf folgenden Jahre nahm er, nach pörbergenangener
rüfung bei jenem Kollegium‘, im Eurfürklic ſächſſſchen
> Kavallerieregimente Prinz Albrecht ald Kompagniechirur⸗
gs Dienfte und batte feine Garnifon in der Stade
kübbenau. Daſelbſt verbeiratbete er ſich mit Johanne
—
er ärtli, obne alle Entſch
Grunmerthal. 86
Karoline Sehnke, des Licentiaten Behdnke in Talau die
teſten Tochter, weiche ihm nur ein Kind, einen Sohn
gebar,, der ihnen nach einem Jahre don durch den Tod
wieder entriffen ward. Nachdem er 95 Jahre, während
welcher Zeit er abermald auf ein Jahr im medicinifh«
chirurgiſchen Kollegium in Dresden feine Kenntniſſe er
weiterse, gedient und einen ebrenvollen Abſchied vom
Regiment —— datte, wurde er durch Beguͤnſtigun
der mediciniſchen Fakultät in Wittenberg von dem Krei
pbofifus D. Mever in Luckau als Wundarzt geprüft und
lieg ſich im 5. 1786 zu Altdöbern nieder, Im J. 170
beftand er na fleißiger Vorbereitung in Wittenberg vor
der medicinifchen Safultät ein Eramen für die innere
- Mraris und betrieb nun ſolche auch mit Glück. Mit der-
—— Gemiffenbaftigfeit und Treue erfüllte er ſeinen
seruf und bebandelte unzählige Arme und Norhleidende
nicht nur unentgeltlih, Tondern verfab fie auch, troß
bed Mangeld an eignem Vermögen, mit den nöthigen
Arzneimitteln. In den — — pflegte und wartete
digung, verwundete ſaͤchſ.,
franzoͤſ. und preuß. Militärd und bei Dem herrſchenden
‚MNervenfieber i. J. 1813 leiftete er viele Dienfte und ließ.
fid ſelbſt durch die fchmerzlichiten Erfahrungen des rose
. beften Undanfs in feiner Pflibt- und Berufdtreue niet :
ſtdren. Sein verdienſtliches Wirfen blieb auch den ho⸗
ben Gtaatöbehörden nicht unbefannt, Im J. 1830, bei
Belegenbeit feines Amtsjubildumd, das unter berzlicher
Zbeilnahme vieler dankbarer Verehrer des. Jubelpaars
Uirchlich aefeiert ward, lieg ihm der König das allgemeine
Ehrenzeihen Üiberreihen. Nachdem feine Zebensgefähre
tin am 22. uni 1833 gejtorben mar, folgte er ipr, nachdem
‚er mit der größten Geelenrube fein Haus beftellt Hatte,
‚am oben genannten Tage in Solge eines Brufitrampfd.
* 137. Benjamin Chriftoph Gimmerthal,
Konfiftorialrath u. Dberpfarrer zu Greußen; |
.. ‚geboren den 10. DE. 1769, geflorben den 8. Apr. 1837... .
Er mar geboren zu Clingen, einem Marfıfleden bei
Greußen, wo fein Vater ald Kantor und Knabenſchul⸗
. lehrer angeftellt war, aber ein Paar Jahre nad der Ge⸗
burt feines Sohns als Prediger nach Jecha bei Sonders⸗
hauſen beſhrdert wurde. Erzögen wurde er in dem Haufe
feiner Großmutter und Tante mütterlicher Seite, die ihn
särtlih liebte und ihm den Verluſt der Mutter, Die
x \
SM BGimmerthal.
lei :felmer Geburt an den Solgen der. Riederkunft
en, zu erfegen ſuchte. Den erften Unterrie
fr den Unfangögränden der. deutſchen und ——
Sprache, in Der Religion, im Rechnen und Schreiben
ertbeilte ibm der Zebrer an der Anabenſchule in Elingen
und von feinem 12. Jahre an beſuchte er von Elingen aus
die Stadtſchule zu Greußen, m Jahr 4787 bezog
er die Univerfität Tena, um Theoſogie zu ſtudiren. Hier
beſuchte er fleißig Die theologifhen Vorleſungen eines
Döderleind, Eichhorns, Griesbach, die philoſophiſchen
und pbilologifcpen eines Ulrihd, Schützes und anderer
berühmter Lehrer der Univerfität, um fich die für feinen
künftigen Beruf erforderliden Kenntniſſe ———
und ſich auf einen böberen Grad der wiſſenſchaftlichen
Ausbildung zu erheben. Nah einem ameliährigen Aufe
enthalt in Jena bezog er die Akademie zu Göttingen,
um feine auf eriterer Univerfttär eingefammelten Kennt
niſſe theild noch mehr zu erweitern, tbeild fefter zu bes
rünben und wohnte auch bier, mie zu Tena, mit glei»
Sem Eifer und Fleiße ben Borlefungen eined Plants,
ſchtenbergis, Heyne's und anderer berübmter Zebrer --
Diefer Univerfität bei. Nah Beendigung feiner afades
miſchen Studien kehrte er in fein Vaterland zuräd und
‚murde bald darauf, nad rühmlichſt beftandenem Eramen,
unter Die Zahl der Kandidaten ber Theologie aufgenom
men. Don Diefer Zeit an nahm er feinen Aufenthalt In
Gonderdbaufen, mo er ſich einige Jahre mit Private
unterricht befchäftigte und fpäter ald Haudlebrer im '
bie Samilie des Geheimenrarbd v. Weife aufgenommen
wurde. Als Kandidat ſetzte er feine theologiſchen Stus
dien eifrig und fleißig fort und machte fi mit Den bes
en und vorzägliften Schriften in dieſem Zmeige ber
Wiſſenſchaft befannt. Zu feiner Hebung arbeitete er oft
Predigten aus und ed fehlte ibm auch nicht an Gelegens
beit, fie Öffentlib vorjutragen, Sie fanden auch bald
‚; allgemeinen Beifall, denn fie waren gründlich gearbeitet, -
acht criſtlich, praftifh und Der Faſſungskraft der Zus
drer engesuetfen, Dabei befaß er Die Gabe eined ges
älligen Vortrags; feine Aktion mar lebbaft , obne Übers
trieben zu fein und feine Stimme verftänblich und —*
Uls daher im Jahr 1801 durch den Tod des Diakonus -
- Zörpe zu Sondersbanfen die dritte Predigerftelle an der '
Dafigen Kirche erledigt worden war, fiel die Wahl bes
Magiftratd und der Bürgerfhaft faft einftimmig auf ibn,
welche Wahl aud vom Fuͤrſten genehmigt und befldtigt
J
| Gimmerthal 396
murde. Nachdem er 4 Jahre lang ſegenſreich und zur völ⸗
ligen Zufriedenheit der Gemeinde — diefer Stelle geryirkt
batte, wurde er i. J. 1805 ald Dberpfarrer nad Greußen
verfegt und ibm enlge Fahre ſpaͤter, in Anerkenuiniß
feiner Verdienſte, das Prädikat eines Konſiſtorialraths
ertdeilt. Auch in diefer Stellung erwarb er fib bald
Durch treue gewiſſendafte Erfüllung feiner Bexufsgeſchaͤfte,
vorzüglih durch feine Reli — — ſo wie dur
feinen biedern Charakter, feine Rechtligkeit, Mildih
tigkeit und freundliches Berragen im mgange die all⸗
gemeine Liebe und Achtung feiner neuen Gemeindes
lieder. Wohlgemuth lebte er feiner Pflicht und ber
ifenfhaft und nabm an dem Schickſal eined jer
ben feiner Gemeindeglieder den lebhaftelten, innigften
Untbeil, Heller Geiſtebblick, Wahrbeitsliebe, firenge
Rechtſchaffenheit, zuvorkommende Gefälligkeit, Beſchei⸗
denheit, raftlofe Thdtigkeit, ſtille Heiterkeit und aͤchte
Religioſitaͤt waren unverfennbare Eigßenſchaften des Ders
ſtorbenen. Mit dieſem Charakter verband er zugleih bie
ſeltene Gabe großer Leurfeligkeit und der freundlichiiem
und gefälligien Mittbeilung. Er war ein Freund ber
Gefelligkeit und feıne Gaftfreundfhaft in Der gamen
Umgegend befannt. Auch als Prediger widmete er, obs
leich —* Amtöaefhäfte einen großen Theil feiner Zeit.
n Anſpruch nabmen, feine Muſeſtunden der Bekannt»
»ſchaft mit Den neueſten und fhöägbarfien Werfen im Ge-
biete der Ebeologie und anderer Wiſſenſchaften. Als
Theolog ding er nicht fteif an dem alten Lebrfufleme,
buldiate aber nicht ſogleich jeder neu auftauchenden Lehre
und Meinung; er pflegte vielmehr jede neue Unſicht eis
‚ner genauen und ſcharfen Prüfung zu unterwerfen und
aus Der fteten Füße deſſen, mad die Zeit bringt, nur’
dad zu entnebmen, mad mit feinem gefunden Berflande,
mit den Ausſprüchen der Schrift übereinfliimmte und mad
er ald wahr, gut und nuͤthlich erkannt hatte. Er kannte
den boden Werth und Nugen des Austauſches ‘der Ideen -
und Anſichten und deöhalb unterredete er ſich gem mit
wiſſenſchaftlich gebildeten Maͤnnern uͤber Gegenſtaͤnde aus
‚ der Theologie und andern Wiſſenſchaften, Aber merk
rohrdi e literarifhe Erfheinungen und über Die wichtige .
en Ungelegenbeiten und Ereignife feiner Zeit. Von
tur zur Delete und Fröhlichkeit geſtimmt, nahm
er gern Antheil an der Unterhaltung jüngerer, gutgeſit⸗
‚seter, wenn auch nicht eben wiſſenſchaftlich gebildeter
Derfonen und wußte Durch feine beitere Laune, durch,
\
.
n
—
.
596 ee oe,
isige Einfälle, treffende Bemerkungen und intereſſante
Eralun en und Wnefdoten die Geſellſchaft auf eine
bon ergögliche Weife zu unterhalten, obne jedoch je
mals die Gränzen des Anftandd zu überfchreiten oder
das Zartgefühl zu verlegen und der Wärde feined Stan«
Ded das Beringtte zu vergeben. Mit feiner Stelle ald
Dberpfarrer war auch die Aufficht über die Schulen in
Der Stadt Sreußen verknüpft. Auch diefem wichtigen
heile feines Berufs fuchte er nach Kräften zu genügen
and feine Befrebungen für Volksbildung und Verbeſſe⸗
⸗
rung des Schulweſens wurden ſowohl von der Ober⸗
Behörde, als auch der Gemeinde dankbar anerkannt. —
Sein däuslihed Gilck wurde durch mehrfache traurige
Ereigniſſe, durch ſchwere Leiden und Krankheiten oft
getrübt und fein Muth und feine Standhaftigfeit bart
gepräft. - Won 6 Kindern mußte er 4 — unter biefen
einen fon erwachfenen Sohn ımd eine ebenfalls ſchon
ann Tochter — in der Blüthe ihrer Jahre ind
Brab fenfen feben. Auch feine Gattin, die treue Ge⸗
Fährtin feines Lebens, mit welder er eine Reihe. von
abren hindurch in glüädliher Ehe gelebt batte, wurde
plögfid und unvermutbhet durch den Tod entriffen.
it Ergebung und Standbaftigkeit_ertruger die fo
- Wannichtachen und harten Schläge deß Schickſals, bis er
am oben genannten Tage der Natur feinen Tribut zahlte.
* 138, Auguft Otto Ernft v. Derben,
..@roßherzogl. medlenb. :firelisfher Staatöminifter u. Kegierungss
und Kammerpröfident gu Neufirelig, Ritter des k. preuß. rothen
Aolerordend Ir Klaſſe u. Großkreuz des Eurheffiihen Drdend vom
goldenen Löwen, Ehrenmitglied ded mecklenb. patriot. Vereins,
des Vereins für mediend. Geſchichte u. Alterthumskunde 20.5
„geb. d-11. Sept. 1777, geft. zu Berlin d. 8. Apr. 1887.
-9. Dergen ſtammte aus einem fehr alten adeligen
bat *). Sn
Gecſchlechte, welches Urkunden vom J. 1260
⸗
+) Der Name ift wahrſcheinlich von dem altwendiſchen Worte
Dert, Derb, rin King, abzuleiten. Darauf führt audı bas Waps
pen bin, wie fhon 150 (f. E. J. Westphaleu monument, ineditor,
Tom. IV. Tab, 18.) Thetwich de Oritz e8 gebrauchte: ein rother
Schild, worin zwei blaue geharniſchte Arme einen goldenen, mit
einem Edelfteine aezierten Ring tn die Söbe halten. Auch erinnert
Diefer Familienname an den Fluß Ders im Lüneburgifchen, welder
zwi hen Winfen und Steben in die Aller fällt, Wit dem Gefdhichtdr
orſcher Latomus ben Urſptung ber v. Deren in Ungarn zu fuchen,
dazu fehlen alle hiſtoriſchen Bemeife.
Guͤſtrow. Er
P tern ſchon früh f
—
v. Derpen. 397
Wedlendurg theilte ſich daſſelbe in zwei Hauptfinten, In.
die ſchwerinſche, au — und in dle Rargardifche,
auf Helpte. Aus der letztern, welche. im 18. Jahr⸗
bunderte die graͤfl. Wuͤrde erlangte, wozu der daiſche
Geheimerath Friedrich v. Oertzen CH zu Kiel i. J. 1780
von dem Könige Chriſtian IV. erboben ward, Die aber
auch mit demfelben wieder verloren ging, da der Stamm
erloſch, war unfer Verewigte hervorgegangen. Sein
Urgroßvater, Georg Henning v. D., war Beſitzer de
Büter Xeppin, Horn, — und Lauchſtorf, ſtand zue
nad einander in daͤniſchen, ſchwediſchen und kurbranden⸗
burgifden Militärdienften biß 1678, wohnte fodann eine
Beit lang auf Lauchſtorf, follte Obriſt und Chef Der
mecklenb. Garde zu Pferde in Güfrom werden, ſchlug
ed aber aus und giis ald Dolontair nach Ungarn, we
er 1686 bei der Belagerung von Dfen ſich rühmlichk
außgeihnete und ſchwere Wunden davon trug, bierauf
in fähfifde Dienke trat und Generaladintant, Obri
und, zulen: Generalmajor. ward. Dad Zehn von Leppi
ſchenkte ibm eri0g Guſtav Adolph von Medlenburgg
arb den 17. Auguft 1715, 62 Fahr alt,
Deſſen Sohn, Arend Heinrih v. D., geb. den 10. Dec,
4695 und gefiorben 1773, lebte dagegen ohne Öffentliche
Anftelung und befaß die Güter Kotelow, Klockow und
Lübberfiorf, melde. noch jegt auf die Samilie vererbt
find. Des Unfrigen Eltern, Adolph Friedrich Theodor
v. Dergen, Vicelandmarſchall des ftargardifchen Kreiſes.
Erbherr auf. Klockow, Korelom, Zübberftorf und Witters
born und Ida Margareide v. Dewig aud dem Haufe
Br. Milgom, hatten acht Kinder, nämlich fieben Söhne
und eine- Tochter, in Deren Reibefolge er das vierte
war. und auf dem Gute Klockow bei Sriediand geboren
ward, Sein Vater farb zu Neubrandenburg den 13. DEt.
4796, die Mutter aber erft fpäterhin. Er benimmte fi
durch eigene Neigung und durch den Willen feiner Eis
r eine. wiſſenſchaftliche Ausbildung, uns
ſich durch ſie für den Dienft des Vaterlands tächtig zu
machen. Nachdem er die Tage der Kindheit und Ju⸗
end im Daterhaufe verlebt ‚hatte, bezog er, mit Bor
enntniffen wodl verfeden, die Univerfitdt ———— wo
auch vormals ſein Vater den Rechtsſtudien obgelegen
hatte. Hier beſchaͤftigte er fi von mit den Stu⸗
dien des allgemeinen und vaterlaͤndiſchen Rechts und
der Geſchichte und Staatöverfaffung, worin er
ſchon in der Heimath ‚einen guten Grund gelegt hatte.
-
8 v. Deiken. |
Tach Mblauf der afademifhen Fähre berele er einen
roßen Theil Deurfhlands u. f. m. und trat demnäßft,
bei feiner Rüdkehr ind Vaterland, in einem Alter von .
| faum erft 21 Jahren, den 23. Nov. 1798 ald Kammer
junfer und Auditor bei der Tuftizkanzfei au Neuftrelig,
n die Dienfte deffeldben, Schon den 4. Juli 4800 rückte
‚ er Dafelbit zum wirklichen Kanzleirath auf und wurde
gleichzeitig au zum Referendar bei der herzogl. Landes»
- regierung ernannt, Bm J. 1804 ward er zum jängften
efdrde
Megierungsratbe b rt und im Okt. 1507 auch zum
Zehnrarhe bei der Lehnfammer berufen. Endlich den
24, Januar 1810 erfolgte feine Erhebung zum wirkliden
Gtaaröminifter und Regierungdpräfidenten, mit BBeis
legung des Prädifard „Excellenz.“ fo wie Daneben im Mat
4851, nad dem Ableben des Geheimenratbe v. Scheve*),
zum Präfidenten des Sammer» und Forfifollegiumd., In
allen diefen Dienfiverbältniffen bewährte ſich nun jeder
Zeit des Derewiaten Warerlandtliebe, Eifer und [eb
bafter Eräftiger Geil. Er gebdrte zu den edlen und .
hochbegabten Männern, deren jeded Tahrhundert nur
wenige yäblt. Mit einer eben fo imponirenden, «ld
fiebendmürdigen Perſonlichkeit verband er eine feltene,
olled Grohe und Schöne umfaffende Beiftesbifdung. Sein
ſcharfer Blick durchſchaute leicht alle Derbältniffe und er -
kannte mis Gicherbeit, mas zu thun fei. Jede Seldfl-
\
Aberbebung und eitle Anmaafung mar ibm in der Seele
zumider; er mußte ibr meiſtens glüdlih zu begegnen,
‚ nämlid en vereiteln, Lebendige Eigenthämlichfei-
ten ließ er |
Auch mußte er den Anfang jedes tächtigen
als folden zu ebren und bar ibn — ſelbſt bei vor
kommenden Mißgriffen — nie veradhtet oder verdrängt,
weil er. noch nit dad Ende (die Vollendung) war. In
gegen mit freundlider Milde ——
eginnen
der Erfüllung feines hohen und —— erufs zeich⸗
nete ihn befonderd aus eine unvergleichliche, treue Er
gebung an feinen Sürften ſowohl, ald an das £and, Heid
ider Wohl wahrhaft und weſentlich fördernd. Und
nicht in Die engen Graͤnzen dieſes Landes war fein Blick
gebannt: ein achter Staatömann, erfannte er die göttliche
Ordnung in dem großen, wie in dem fleinen Staat .
und ed genügte ihm dennoch, mährend er für jede
eit und für jeden. Staat eine feltene Zierde geweſen
väre, in einem kleinen zu verwirklichen, was ihm alt
°) Deffen Biogr. ſ. N. Meie. 0. Jaheg. ©. 881.
. Dertzen. 899
das Beſen und DIE Wahrheit dedlbtn jom Bew ein
gekommen mar. Gerede in unferer Zeit aber bewähtte
‚er feine Tiefe und Orändlicpkeit als erfter Diener und
aid erfter Beamter auf dad Blänzendfie. Mit weifen
Umficht, mir doͤchſt liberaler Gefinnung, mit eſtigkeir
und Treue bewahrte er die wohl erworbenen Güter des
rften und der Stände; mit tiefer Einfiht in die ge»
chidtliche Grundlage des Beftedenden beförderte er deſ⸗
n gold Entfaltung; mit wachem Geik und Elarer
Vorſicht trieb er aus dem gefunden und fehgewurzelten .
Stamm in allen.-Richtungen fröhlich ſich verbreitende
friſche Zweige. So viel an ibm war, bracte er Daber
auch Alles, dem er angehörte, zu Ehren: — . feinen
-Stand (einem folden Edelmamme mochte jeder ih unters
ordnen), fein Amt Ceine fo ſichere und förderlihe Leis
tung erweckte Bertrauen und willigen Geborfan) , feim.
Haus, feine Freunde, den Hof jenes Särften, ja das.
ganze Land, Denn weſſen Mecklen —— ſeit etwa
80 Jahren ſich zu rühmen bat — und e8 seigen fi im
der That glänzende Lorbeeren aus den Befreiungäfriegen,
wahrhaft vernünftige Fortſchritte in der Sefeßgebung,
gedeiblide Pflanzungen in der Adminikration, — daran’
“bat Diefed Land eben fo viele dauernde Mahnungen der’
Danfbarfeit gegen den nun Verſtorbenen, deflen leitende
Einfiht, deſſen belebender Wille in allen jenen Ergeb«
niften fräftig bervorleuchtet und zum Fortwirken in glei⸗
chem Geiſt ernſt und dringend auffordert. — Wie er
endlich dad religiös.Eirhlie Leben mir lebte, davon-
finden fi in dem neuen mecklenburg⸗ſtrelitzſchen Gefang-
buche beachtenswerthe Spuren. Die beiden Lieder Nr. 392
‚und 621 find in ihrer jegigen verbeflerten Geſtalt von
ibm gedichtet. — Eine fo erfolgreiche Wirkfamkeit ers
kannte daber auch lebbaft ſelbſt das Ausland an , indem
unter andern der König von Preußen ihm den rotben
Udlerorden erfter Klaſſe und der Kurfürk von Heffen
das Großfreuz feined Hausordend vom goldenen Fonen:
ertbeilt batte. Eine außerordentliche Theilnahme genoß
er nicht: minder bei Der Feier feines Räjdhrigen Miniſter-
95 am 24. San. 1885, an welhem (ſ. Äbend⸗
latt, Nr. 841) alle Stände ſich beeiferten, ibm ibre
Yuldigung und aufrichtigen Glüdwmänfde een.
Aber -leider war auch — vielleiht durch Abermäßige
Anftrengung — feine Geſundheit inzwifchen ſehr wan-
Send geworden und er ſab fi, da fein Zurand fih Bald.
wu verihlimmern anfing, zu einer Reife nad Berlin
*
en;
ö 08 e v. Dertzen.
—X bit, um Dort Durch die ärstliche Behandlung des
röfidenten D. Ruft und fpäter in einem 1 a Aa
derfiellung zu finden. Man hatte dazu allgemein volle
Hoffnung, ald dur ein hoͤchſt beklagenswerthes Ereigniß
Diefelbe vereitelt und fein Tod befchleunigt ward. Er
hatte ndmlich dort das Unglück, ſich durch ein: Koblen
becken, das zu Einräöucerungen gebraucht worden war
und deſſen Flammen, während er fid in diefem Augen⸗
blick eben ohne Bedienung befand, feine Kleidungsftüde
ergriffen, auf dad empfindlichte am ganzen Slörper zu
verbrennen, Hierzu gefellte fi bald. die Hautwaſſerſucht
und fo. verfdied er Denn am oben genannten Tag in
. einem Alter von noch nicht vollendeten 60 Jahren. Seine
Leiche wurde von Berlin nad Neuftrelig gebracht und
am 7. April dafelbft unter großen Seierlichkeiten beie
gefegt 9. — Ausgezeichnet, wie er ald Staatödiener .
. und Menſch war, zeigte er ſich auch in feinen häuslichen
Berbältniffen. Schon am 8. Mai 1800 hatte er fi
vermählt mit Charlotte Sophie Albertine 9. Jasmund
(geb. zu Kaffel am 20. Aug. 1780), der einzigen Tochter
des edemaligen kurheſſ. Appellasiondgerichtöpräfidenten,
Geheimenranhe und Kammerherrn Ludw. Hellmuth Heinr.
v. Jasmund **), der i. J. 41806 ald Staatsminiſter in
fönigl. mürtemb. Dienſte trat und. im F 1825 mit Tod
abgegangen iſt. Vertrauen und Liebe bezeichnete. Diefen
Bund, der au dur die. Geburt eined Sohnes beglädt
murde. : Die Oattin felbft verlor er jedoch Leider ſchon
‚ am 12. Tan. 4818 am Nervenfleber „ Derfelben Krankheit,
in welcher fie wenige Wochen zuvor ibren einzigen fie
PR
.. beſuchenden Bruder (den Fönigl. preußiſcher Major des
mittenberger Kreiſes, Karl v. Sasmund) treu gepflegt
batte, die aber für fie tödtlich wurde, in einem Alter
von erſt 88. Jahren. Ihr Verluf war unferm v. D.
zu ſchmerzlich, ald daß er je hätte verfuchen follen, durch
eine zweite Gattin denfelben zu erfegen.. Aber fie nadm
au unter den Srauen ihrer Zeit in jeder Hinficht einen
audgezeichneten Plag ein, ſowohl an bober geiftiger Bil
dung, wie an edler Herzendbildung und gendß Deshalb
S. Neden am Sarge bed Sri. Staatsminiſters v. Derken,
Ereellenz , in der Stadtkirche zu Iruftrelig gehalten am 7. April
1837 von dem Konfiftorialrathe Kämpfer und dem Hülfäprediger
Ohl, Weulirelis 1437_und Zodtenfeier an der Gruit Sr, Exc. deö
Stagtöminiſters v.D. ıc.., gedihtet von J. #. Bahrdt und in
Mufit gefist von @; 5. M., Sreiheren v, Dittiner, großderzogl.
Doffapellmeifter zu Neuftrelis u. ſ. mw.
6, RN, Nelr 8. Jahrg. S. 1620.
[2
Schwarz.‘ . 401
“in: der. doppelten Glöenfdaft, die ihr fowedl Ihr eigenes
‚Derdienft ald auch die Stellung ihres Mannes gaben,
die Sreundfchaft und Das befondere und theilnehmende
oblmwollen der Königin £öuife von Preußen. So ge—
börte fie Denn unter andern auch zu den engern Um—
gebungen der Königin, als diefe idren legten Beſuch
ei ihrem Dater abflattete, von welchem fie (nach idrems
am 19. Tuli 4810 zu Hobenzierig, dem berzogl. Luſt⸗
ſchloſſe bei Neuftrelig, erfolgtem Ableben) nun als Leiche
gu ihren tranernden Unterthanen zurückkehren follte und
ed war ein befondered Zeichen der Hochachtung, dad ihr
der Fönigl. Witwer ſowodl als der tiefbeträbte Vater
bewies, daß fie von beiden den Auftrag erbielt, die
koͤnigl. Leibe am 25. Juli bid an Die preuß. Graͤnze zu
begleiten und fie dort dem Eönigl. — — zu über
geben *). Spaͤterdin (1814) folgte fie. auch ihrem Ges
adle nad Wien zu dem dortigen Kongreß und fab bier
ebenfalld einen Cirkel um fi verfammelt, in welchem
ſich die zum Theil angefehenften und audgezeichneiften
Männer jened Vereins gefieln. * |
Schwerin. Sr. Bruͤſſow.
139. Dr. Friedr. Heinr. Chriſt. Schwarz,
Geh. Kirchenrath u. Profeſſor der Theologie an der Univerfität zu
Deidelderg, Kommandeur bed großherzogl. badiſchen Ordens vom
Zaͤbringer Löwen und Ritter des preußiſchen rothen Adlerordens
= ’ 8r Klaſſe; j —
.geboren den 80. Mat 1766, geſt. den 8. Apr. 1887 *°).
Er war der Sohn ded 1788 ald Inſpektor (Super
intendent) in Alsfeld im Heſſiſchen verftorbenen ©., der
ſich früder in Gießen, wo er Profeſſor war, als eifriger
Mertheidiger der DOrtbodorie gegen feinen damaligen
Kollegen Bahrdt bekannt gemadt bat. Des Vaters
firenger SKirhenglaube und der Mütter Froͤmmigkeit
*\ 5, ben bon ihr verfaßten und im „Wlorgenblatte,* Fahr»
ang 1811, Pr, 105 u. 106 abgebrudten Auffag: Die legten Lebens»
tage der Königin Eouife von Preußen bei ihrem durchlauchtigſten
Water zu Neufirelis und Gohenzierig in Medienburg, vom 25. Junt
bis 19. Zuli 1810, an mweldem legten 19. Juli fie aud) in Sobens
sieris endete, Auch bejonders in mehreren Auflagen abgebrudt
und ald Beilage der von ber Kammerherrin d, Berg; geb. Gräfin
v. Höfeler, berausgearbenen Schrift: Die Königin Xouife, ber
preuß. Nation gewidmet. Berlin 1314. "
*) Nach dem Konverfat.: Lerikon b neueften Zeit u, Uteratur
und ber Kirdyengeitung 1337. Nr. 56.
R. Rettolog, 15. Jabrs. 26
weckten fon fräßzeltig den religidfen Sinn des em⸗
. NN RN: Knaben und lockten ihn zur Vorliebe für
die alten Formen des Glaubens hin. Den erften Unter
richt erbielt er abwechſelnd in den Trivialihulen zu
Alsfeld, wohin er in feinem fiebenten Jahre mit feinen
Eltern gezogen war und zu Nidda, mo er fich häufig
. bei feinen Großeltern von muͤtterlicher Seite aufbielt.
Die damald fehr ſchlechte Beſchaffenheit dieſer Schulen .
ließ ihn wenig vorruͤcken, groͤßern Einfluß auf ibn batte
feine verftändig geleitete Privatlektüre, befonderd von
Gellert's Schriften, die ihn bo begeifterten. Später
erbielt er einige Jahre hindurch cinen mehr fördernden
Privatunterricht, an dem auch fein Vater Antbeil nahm
und in feinem 16. Jahre beſuchte er auf ein Jahr dad
Gpmnafium zu Heröfeld. Die lebhaft anregende Ge,
meinfbaft mit feinen_ lernbegierigen Schulgenoſſen be
glinftigte die ſchnelle Entwickelung der glücklichen Gaben
des Jünglings, (0 daß er ſchon im 17. Tabre, im $rüb»
jahr 1783, Die Univerfitdt zu Geben beziehen Fonnte,
Entſchiedene eigne Neigung und der Wunfc feiner EI.
tern und Bermandten beſtimmten ihn zum Studium der
Theologie, dad er bauptfählib unter Nofenmäller’s
Anleitung mit Eifer betrieb. Daneben aber befhäftigte
er fi ſehr viel, eined Theils aus innerm Trieb, andern
Ebeild um ded Erwerbs willen, mit Unterrichtgeben.
Seb Studienzeit feel gerade im jene Zeit des lebhaften:
Strebens nad Aufklaͤrung und des neuen Erwacend
‚ bes pbilofopbifchen Geifted, der durch die fo eben bes
ginnende Bekanntſchaft mit Kant's Lehre angeregt ward
und au er wurde von diefer Richtung eine Zeit lang
ergriffen. Seine Abſicht war auf die atademiſche Fehr
ehdtigfeit erihtet, alein da fein Vater eines Gehülfen
im Amte bedurfte, fp begab er ſich 1786 nach Beendis
‚gung feiner Studien nach Aldfeld in das väterliche Haus
und wurde Dafelbft 1788 ald Sreiprediger ordinirt. mn
demfelben Jahre ftarb fein Dater. ©. dachte wieder an
die Ausführung ſeines Plans, akademifcher Lehrer zu
werden, allein, um feine Mutter und Schmefter unter,
: a au können, nahm er 1789 eine Pfarrftiele in Der
bach bei Marburg an. Er wurde 1795 als zweiter Pre-
diger nad Echzen in der Wetterau und 1798 ald Pfarrer
nah Münfter bei Gießen verſetzt. Neben feinem Prediger:
berufe widmete ©. einen großen Theil feiner Thärigkeit
einem Erziehungeinfitute, das er fon in Derbad) ers
richtet hatte, in Münfter aber vervollommnete und
Schwarz. 408
erweitene. ‚ausle batte er ich durch mehrere theolo-
giſche und poͤ all: Schriften befannt a ul
Karl Sriedrih von Baden Die Univerfität zu Heidelberg
neu organifirte, wurde er, bei feiner befannten Vorliebe
für ortbodore Theologen, leicht für ©. eingenommen,
fo daß diefer als ordentlider Profeflor der Theologie
1804 dabin berufen wurde, nachdem kurz zuvor fein
Bun Friedrich Creuzer ald Profeſſor der Philologie
aſelbſt angeKellt worden und fein Schwiegervater Jungs
Stilling ſchon fräder nach Heidelberg gejogen war und
dad Dertrauen Karl Friedrich's erworben batte. In Dies
fer Stellung wirkte ©. feitdem als alademifcher Lehrer
wnd als Vorſteher des pädagogifhen Seminard. Er
wurde 41807 von der tbeologiihen Safultät zu Heidels
berg zum Doktor der Theologie ernannt. Zu der 1824
in Baden eingeführten kirchlichen Union der beiden pros
teftantifhen Konfeffionen wirkte er mit, indem er dis
lutheriſcher Abgeordneter neben Daub *) ald reformirten
Ubgeordneten der Univerfität zuerft der vorbereitenden
(ode in Karl in Sinsheim und dann der Generals.
pnode in Starlörube brimohnte. Seine fchriftſtelleriſche
haͤtigkeit bar ſich hauptſaͤchlich nad zwei Seiten bin
gerianen, nach der tbeologifden und Bfdagsgifen. Ju
em Gebiete der Theologie bat ſich ©.
Ente der eigemlich gelehrten und wiflenfchaftlichen,
als vielmehr in der populär philofopdirenden und praßs
sifchen Theologie beme
wahren Religion“ (Marburg 4791); „Neligiofität, was
fie fein fol und mwodurd fie berördert wird“ (Gießen
799) und mehrere Predigten und Gelegenbeitöfchriften,
er Hauptgegenftand der theologifhen Schriftftellerei
®©.’8 if die Moral, über die er zu verfdiedenen Zeiten
Berfiedened gefchrieben bat. Schon 1793 gab er „Die
moraliſchen Wiffenfhaften “ (2 Bde., £pzg. 1798. R. A
1797) beraud und bier ſpricht ſich noch freier Die Ans»
bänglihkeit an die Kantiſche Philsfopdie aus. Später
trat Diefe Anſicht mebr und mebr geoen ine refigidßs
myſtiſche Denkart zuräcd und dieſe ift in feiner r tern
Bearbeitung der Moral „Evangeliſch⸗criſtliche Ethik“
(2 Bde., Heidelberg 1821, 3. Ausg. 1836), nicht ebe
* Vortheil fuͤr die — Waprbeit Di
erftelung, ziemlich ſtark bervorgetreten. In dieſem
dessen mn N
4 a 2
Deſſen Biogr. f. im 14. Zadrg. bed R. 7 781.
weniger in der.
t. Debin gehören einige feiner.‘
erfien Schriften acetithen Inhalis: eiſt der
n B
eſer
WM, Schwan
Sinn eines mpflifden Supernaturalismus find auch eis
nige ——n Schriften gearbeitet: „Die Lehre des
Evangeliums aus den Urkunden dargeſtelt“ (Heidelberg
A808); „Sciagraphia dogmatices christianae“ (Ebd, 1808
und, deren deutfebe Bearbeitung: „Grundriß der chriſtl.⸗
“ proteftant. Dogmatik“ (Ebd. 1816). Als eifriger Ders
fechter einer myſtiſch⸗pietiſtiſchen Religionsanſicht bemied
fid ©. außerdem durch die in den Si. 1324— 1827 von
ibm beraußgegebenen „Sahrbüder Der Theologie und
theol. Nachrichten,” welche ald Fortſetzung der Wachler—
ſchen theologiſchen Annalen erfwienen. Zu feinen theo—
logiſchen Schriften, ebenfalld von praftiichem Inhalte,
‚gebören außerdem: „Der chriftlibe Neligionslebrer im
einem moralifhen Dafein u. Wirken“ (2 Bde., Gichen
4793 — 1800), „Die Kirde in dDiefer Zeit" (3 Defte,,
5 Sgidelberg 1817); „Katechetit oder Anleitung zu dem
Unterricht der Tugend im Ehriftenthum “(Gießen 1818).
Bedentender ald_ in der Theologie war ©.8 ſchrift⸗
ſtelleriſche Thätigkeit in der Pädagogik. Hier ‚wird er
unbeftritten zu Den beiten Schriftfiellern gezählt und -
offenbar dat er auch dieſem Gegenſtande ſchon von feiner
Tugend an feine befien Kräfte gewidmer. Er ift bier
nit blos Theoretiker und wiſſenſchaftlicher Forſcher
ſondern er bat ſelbſt lange Zeit praktiſch gewirkt burg
feine Erziehungsanftalten. Sein Hauptwerk iſt die größere
„Erziehüngslehre“ (4 Bde., rag: 1804 —13, 2. Ausg.
3 Bde., 1829-30, 3 Aufl. 1835). Außerdem bat er in zabls
reihen Schriften paͤdagogiſche Gegenftände abgebandelt:
„Grundriß einer Theorie der Mädchenerziehung“ (Jena
1792); „*Briefe, dad Prediger: u. Erziehungsgefcäft bes
treffend“ (Gießen 1793); „Die Beſtimmung d. Menſchen,
in Briefen an erziehende Srauen“ (pie. 1802); „Lehrbuch
der Pädagogik u. Didaktik“ (Heidelb. 1805) ;- Nachtrag
dazu: „Grundriß der Lehre von dem Schulmefen“ (Ebd.
4807). Die 2. Aufl. erſchien unter dem Titel: „Lehrbuch
der Erziehungs. u. Unterrichtölehre” (Ebd. 1817); „Die
Säulen“ (Epzg. 1832); „Darftellungen aus Dem Gebiete
der Erziehung“ (£pig. 1833). — Er mar ein Mann voU
-aufrichtiger, gemüthlicher. Theilnapme. am Wohl. und
Weh Anderer, ein Chriſt in Geflnnung und That. War -
auch feine theologiſche Richtung Feine ſtreng wiſſenſchaft⸗
liche, ſondern mehr eine diſtoriſch⸗gemüthliche, auf das
Erweckliche und Erbauliche gerichtete, ſo wirkte er damit
doch, eben als praktiſcher Theolog, viel Segen; denn -
©&.-meinte es redlich und ernft und feine Perſoͤnlichkeit
7:
— —
Schwarz. 40
mar Liede and Wodlwollen. Cr gehörte, wenn man
will, zu den Pietiſten im edelften Sinne des Worte,
die da fromm find aus Wahrbeit oder weil fie ed wirf-
lich inwendig find, die, fern von Verketzerungsſucht und
gelotifidem Eifer, auch in Andersdenkenden den Chriften
und Bruder anerkennen, die, nit eingerannt in Lieblings⸗
-meinungen, ein Ohr für den Wiederfprud und abmei-
en nfihten baben, Die ihren Glauben an die vers
föhnende Kraft_ded Erloͤſertodes Durch Liebe und That
beurfunden, Sein Leben war von vielen harten Prös
fungen heimgeſucht. Aber er Eämpfte im Glauben und
war treu bis in den Tod. — Außer den genannten
Werken find von ibm mod erfhienen: Predigt über
Eprühmörter 14, 32. Biedenkopf 1790. — Rede bei. D.
Grabe d. M: 9. D. Müller, Gießen 1797. — Rede bei
dem Grabe und d. Feihname d. Hrn. R. T. Brodreid,
. Pfarrers zu Zeidbeden. Burg Friedberg 1797. — Peſta⸗
oz 8 Merbode und ibre Unmendung in Volksſchulen.
Bremen 1803. — Gebrauch d. Peftal, Lehrbücher b. dem
- bäuel, Unterrichte u. in Volkéſchulen. Gießen 1804. —
Erfter Unterridt in der Gottfeligfeit,, oder Elementar⸗
unterribt d. Ehriftentbums für alle chriſtl. Konfeffionen. -
Ebd, 1804. — Einribtung des paͤdagog. Seminariumd
"auf der Univerfität zu Heidelberg. Heidelberg 1807. —
Verſuch e. zweckmaͤßigen Berfaffung f. d. proteftantifchen
Prediger: und Schullehrerſtand zu entwerfen. 2 Theile
Düfeldorf 1807. — Pr. Commentatio de Rabano Mauro,
rimo Germaniao praeceptore. Heidelb. 1811. — Die
Ghrißfreude, ald Hoffnung, befferer Zeiten. Predigt. Ebd.
41818. — Gemeinfbattl. mit 5. £. Wagner, U. 3. dD’Autel
u. C. A. Schellenderg: Sreimüth. Gabrbücher d. allgem.
deutſch. Volksſchulen ıc. 10 Bde. Darmfl. 1819 — 30. —
Unfere Nationalbildung. Leipzig 1834. (Aud den Dars
Rellungen ıc. 2, Bd. befonderd abgedrudt.) — Grunds '
fäge d. Töchtererziebung f. d. Gebildeten. Jena 1836. —
Das Leben in feiner Blüthe, oder Sittlichkeit, Chriftens
thum und Erziehung in ihrer Einheit. Leipzig 1836. —
ausb, f. gebildete Chriſten. Heidelb. 1886. (Befondere
bdr. a. d. evangel.schriftl. Ethik.) — Haudb. f. drifl.
Lebendweispeit. 3. Aufl. Ebd. 1837. Außerdem lieferte
ne Kecenfionen und Abhandlungen zu periodiſchen
riſten.
-
- fernen, allein ſchon
Neigung zur Kunſt, zeichnete alled ab, was ihm vorkam
406
* 140. Chriftian Ernſt Stölzel,.
Kupferſtecher u. Lehrer an der Kunftatademte zu Dreddeni
geb. d. 10, Bebr. 172, geſt. d. &. Apr. 1837.
Er war der Sohn des Kupferkecherd und Profeſſors
Chrifian Friedrich Stoͤlzel zu Dresden. Sein Bater
ertbeilte ibm fo wie feinem Bruder und feiner Schwes
fter den erfien Schulunterricht; feine Geſchwiſter fasten
ſchneill, -er jedoch batte mehr Ernſt und Eifer. Diefer
Unterricht war ziemli unregelmäßig, weil ded Vaters
Urbeiten ibm nicht genug Zeit zur ernften Betreibung
deffelben ließen, —* lernte er leidlich ſchreiben, rede
nen, Geograpbie, etwas Geometrie, etwas Franzoͤſiſch
und ziemlich Gefhichte der Griechen und Römer, vers
bunden mit allgemeiner Weltgefhichte und Religion.
n feinem 15. Jadre eier er nun das Tifchlerhandwerf
eit dem 10. Jahre zeigte er große
und malte aled an, was fih anmalen ließ; Stupfers
ide und Bilderbücher waren feine größte Sreude, dann
erwachte Die Neigung, ſelbſt etwad zu fchaffen, er zeich⸗
nete viel, malte es aud, am liebften Soldaten und
Kriegsſcenen, wodurch er nad und nah eine ziemliche
Uebung in Handhabung der Waflerfarben erlangte. Auch
jwang ihn die Nord, ſchon damald um wenig Geld für -
ud, und Kunſthaͤndler zu koloriren. Im 16. Jadr
endlich faßte er den Entſchluß Kupferſtecher zu werben
Dad Mechaniſche der Kunft kannte er genau, braudte €
alfo blos zu üben und lernte es fhnel. Zuerſt flach er
eine Venus nah Galzius, dann eine Frau mit eines
Kinde nah Preißler, Dann nah Seifert eine Statue
eine todte Tleopatra, fpäter eine halbe Sigur nad Bervic,
Die Dejanira, noch fpäter eine Vignette nach einem
Engländer. Died iſt fa Alles, mad er nach Kupfern Eos
* bat. Nun arbeitete er mancherlei, Vignetten, kleine
orträtd in punktirter Manier, Umriffe verſchiedener
Gegenftände, Münzen und Sortifitationen, ſpaͤter Situa⸗
tionsplaͤne ıc. und zwiſchen Durch wurde auch wohl noch
Eolorirt. Zu Anfang feined 16. Jahrs fam er zuerſt auf
'die Akademie und zwar zum Hofbaumeiſter Hölzer. der
Ihm Unterricht in der Perfpektive errheilte. Im 17. Fahre
befudte er. die Winterabende den Gypsſaal und im
13. Sabre die Antifenkabinete. Bid dahin haste er (dom
vielerlei geſtochen, vielerlei gezeichnet, zum Theil auch
*
Stölzel. | .407
komponitt und viel no Eolorirt. Eine ſcwere Krank⸗
beit im J. 1812— 1813, djie damaligen ſchweren Zeiten
und der Bannerzug, welden er i. J. 1813 und 1814 mit.
made, koſteten ibm beinahe 3 Jahre, welde der Kunſt
faſt ganz verloren ann Bald Darauf zeichnete er die
deil, Edcifia nad Carlo Dolce in der Dreddner Gallerie,
mit, der yorgı, diefed Bild zu fliehen. Diefe Arbeit
mußte jedoch liegen bleiben, weil Sertigung von Bücher
Zupfern feine ganze Zeit in Anſpruch nahmen, auch flad
er einige Situationsplatten zu Lehmanns Werke, welche
unter Die auögezeichnetfien Arbeiten diefer Art gebören.
In diefer Zeit überfiel den jungen Künftler eine ſchwere
vpodondrie und Augenfranfdeit. Zwar wurde Das
ugenübel bald geboben, allein fein Gemäth blieb dü-
Her. bis er am 25. Auguft 1822 eine Reife zu Fuß nad
Rom antrat und geftärft an Geiſt und Körper dort ans
tom, eine erfte Beibäftiaung mar eine Phatte zu
Seilerd Naturlebre des Menſchen, melde Arbeit er noch
in Dresden übernommen hatte. Die damalıge Richtung
der neuen deutſchen Kunſt in Rom fprac * S. an;
gr ſtudirte mit Eifer die alten Meiſter und gab, nachdem
feine anatomifde Platte beendigt war, in diefer neuen
Richtung vier Platten heraus: Ein Eleined Porträt nad
Dräger, eine beil. Katharine nach Fieſole, ein Basrelief
nah Thorwaldfen und einen Evangeliit Tohannes nach
Giefole. Inzwiſchen richtete er auch fein Augenmerk auf
ein größere® Ziel: er begann die Zeihnung nad Ras
pbaeld Krönung der Maria im Datifan und ſtach Ddiefe
Zeichnung im Auftrage feines vodterliden Sreundes, des
Buchhaͤndler Arnold in Dresden, in Kupfer. In Rom
und der Umgegend fertigte er eine Menge landſchaft⸗
licher Studien, Fomponirte hiftorifhe Gegenftände und
ipte dabei den Stich feiner großen Platte raftlod fort,
bis er i. 3. 4828 (den 15. Mai) Nom verließ, nachdem
er vorher zum Mitgliede der Akademie der bildenden
‚Künfte zu Perugia ernannt worden war. Nah Dresden
zurüdgekebrt, Mach er nun zwar fleißig an der Krönung,
jedoch oft unterbroden Durch Fleine Arbeiten für den
ſaͤchſiſchen Kunfverein zur Bilderhronif. Im J. 1830
- wurde er bei der Dreödner Akademie der bildenden
Künſte als Zeichneniehrer angeftellt und vermwaltete dieſes
‚Amt mit der größten Sorgfalt, beendigte endlich im
Herbſt 1832 zur vollen Zufriedendeit der Kenner feine
roße Platte nach Raphael und widmete die folgenden
ahre nur Eleinen Platten, meiſt für den ſaͤchſ. Kunſt⸗
2 - i a
—
408 Silotlzʒel. |
verein, morunter ſich befonderd die heil. Eliſabenn nad
* Nike auszeichnet, Indeſſen nahmen die körperlichen
räfte inimer mebr und mehr ab, eine nah Prag,
fpäter nad Münden zur Wiederberftelung feiner ges
ſchwaͤchten Gefundbeit unternommene Reife blieb ohne
Erfolg, bid endlich ein Anfall von Grippe fein Ende bes
ſchleunigte und er am oben genannten Tage verfhied. —
&. mar einer der redlichften Künftler und unabläffig bes
mübt, fich zu veroolfommnen. Seine Arbeiten auf Kupfer
belaufen fid auf 100 Blätter. Die einzige faft volltändige
Gammflung davon befindet ih im Befige des k. hanover.
chaftlich arbeitete er viel und bat eine große Anzahl
Tagebhbcher und Notizen binterlafen, welche zum <heil
F V 409
* 141. Johann Heinrich Reinhard,
evangel. Pfarrer zu Staͤdtfeld bei Eiſenachz
geboren db. 18. (19.) Dt. 1753, gefiorben d. 5. Apr. 1897.
FR Ra * an ner rege Er Ä
Kirchſpiel Ifta, zum Fürſtenthum Eifenach gehörig. In
Diefen Doͤrfchen berrichte ein ſtilles, faſt pairiarchaliſches
Leben und ein religidfer Sinn. Dies hatte auf den
stalentvollen Knaben einen fegnenden Einfluß. Schon in
einem 5. Sabre, ald er an der Blatterntrankpeit ges
, täbrli darniedergelegen, batte er eine Verwandte an
fein Bett gerufen und leife ihr geklagt: „Ach, liebe
MPathe, ih wollte ein Pfarrer werden und muß nun
fterben!” Aber er farb nicht und erreichte fein Ziel, -
nachdem er auf dem Gymnaſium zu Eifenah und au
der Univerfitär zu Jena — wo er durch den damaligen
Direktor Walh zum Mitgliede der latein. Geſellſchaft
ernannt wurde — und fpäter zu Leipzig mit bebarrlihem
Eifer demfelben zugeftrebt, denn im Jahr 1731 wurde
er vom Generalfuperintendent Küchler zu Eifenach al
Diarrer im Städtfeld eingeführt. . Dort verlebte er freus
Dige und traurige Tage, geliebt von den Seinen, denen
er ein redlider -DVerforger, geachtet von den Sreunden,
Denen er wegen feiner hoben Bildung und freundlichen
Biederkeit ſtets tbeuer, verehrt von der Gemeinde, mels
“er er länger als ein balbed Säkulum nicht bios Pres
diger und Geelforger, der er Vater und Helfer mar.
Mit den drei Sattinnen, die er nach einander geebelicht
und die vor ibm geftorben find, batte er zehn Slinder .
geweugt, Deren Erziedung ibm Gelegenheit gab, ſich mit
em Unterrichte junger Engländer zu beicäftigen, bie
Jahre lang in feinem Haufe reiche Geiſtes- und Herzens—
nabrung gefunden haben. Im Jahr 1831 genoß er Das
jun Gluͤck, fein Amtöjubildum zu feiern und wurde
ei diefer Gelegenheit mit der filbernen Verdienſtmedaille
des großderzogl. Haufed geſchmuͤckt. Erſt 1836 fing er
merflih an zu kraͤnkeln und entfchlief endlih am oben
genannten Tag in dem feltenen Alter von 84 Fahren.
* 142%. Eduard Zerdinand Geifeler,
Doktor der Medicin u. kön. preuß. Medicinalrath zu Danzig;
geb. in Stettin am .20. Sept. 1784, geft. d. 6. Apr. 1837,
Er war von 5 Geſchwiſtern der dritte in der Reihe-
| folge und der Vater, Theodor Geifeler, ein angefebener
L
410 J | Beifeler.
Ze ia ‚mwobihabender Kaufmann in Stettin, ver»
fänmte nichts, feinen Kindern einen guten Unterricht und
eine anftändige Erziebung geben zu laffen. Er fand eb,
aus Gründen, die nicht Dierber gehören, angemeffen,
unfern ©. nam den zurücgelegten eriten Slinderjabren ind
roßmuͤtterliche Haus väterlider Seite nad Pommern»
targardt zur weiteren Erziehung zu bringen, woſelbſt
er die Schule und das dortige Gymnaſium befucbte und
nach zurückgelegtem 14. Tabre nab Stettin zurückkehrte.
G ®. follte nun nad dem Wunſche feines Vaters fib dem
Baufache widmen, allein feine Neigung für Bbarmacie
mar Überwiegend und cr Fam deshalb Dftern 1797 in die
Bitelmann’ihe Apotheke zu Stettin ald Lehrling. Er
ergriff feine Wiſſenſchaft mit foldem Eifer, daß er fehon
in feinem 4. Lebtjahre Defeftarius wurde, Eonditionirte
feit DOftern 1802 in der Hofapotbefe feiner Waterftadt
und ging im September deſſelben Jahrs ald Gehülfe in
-bie Dofapothefe nad Kopenbagen. Uber er fand bier
einen großen Gewinn für Bereicherung feiner Kennt—
niſſe; zwar vermebrte er fein bereitd mit vielem Fleiß
angelegted Herbarium virum mit ſchönen nordifhen Pflans
en und Cryptogamien, aber ſonſt ſprach ihn Das Ges
ſchaͤft zu wenig_on, weil ed mehr fabrif» und bandeld»
ertig als wiſſenſchaftlich betrieben murde, indem 3. DB.
mehr denn 100,000 Flaſchen Eau d'Cologne, Raucher⸗
und Zahnpulver, Reglife ıc verpadt und an die Indiens
fabrer abgeſetzt wurden. Er faßte daber den Entichluf,
Die Pharmacie zu verlaffen und die Arjneimiffenfhaften'
| Kudiren. Zu dieſem Behufe vervolfommnete er feine
ereitd gründlich erworbenen Senntniffe in der lateini-
den Sprade noch mehr, mas —— war, da da⸗
mals noch alle Kollegia in Kopenhagen in dieſer Sprache
eleſen wurden. Er beſuchte nun die Vorleſüngen eines
alifen, Vahl, Hornemann und Steffens. Kür fein
tudium der Botanik fand er bier viel Nahrung bei
. Babl, der eine auögefuchte und fehr reichhaltige Pflanzen:
femmlung befaß. zu Herbft 1804 verließ er Kopenhagen
und ſetzte feine Studien in Göttingen bei TWriöberg,
Richter, Strobmeyer, Gmelin und Blumenbad fort.
Der um dieſe Zeit durch feine Fieberlehre und pbofiolos-
gifgen Schriften in. fo hoben Ruf gefommene Profeffor |
eil zog ibn im Herbft 1805 nah Halle. Hier fehloß er
ch febr bald an Curt Sprengel an, wozu die gemein -
" dame Liebbaberei der BosaniE Veranlaffung mar. Er
te Kollegia bei Medel, Gren und Keil. und befuchte
t
Beifeler. 41
das unter des Lentern Zeitung ftebende Klinſtum fehr
eißio und mit großem Nugen. Als nad der Schlacht
ei Jena auch Halle (18. Dt. 1806) an die Sranzofen
äberging,, in Folge deſſen die Univerfität aufgehoben
wurde und fämmtlide Studirende in 48 Stunden die
Stadt verlaffen mußten, reifte ©. über Leipzig und Dres⸗
den zu feiner Altern Schweſter nad Berlin. Da er bier
‚Mufe hatte und Hülfömirtel fand; fo entſchloß er Ad,
‚ bier fein Specimen inaugurale, unser dem Titel: „Cro-
tonis monographia” zu ſchreiben, eine Arbeit, die er mis
großer Liebe und vielem Fleiß unternahm und ausfährte
und welche auch ein ihr gebührendes, rühmliches Ans
erfenntniß fand. Nah Beendigung derfelden Eebrte er
im Anfange des Monats März 1807 nah Halle’ zurüd,
um bier zu promoviren; denn menn gleich Die Univerf»
tät in fo fern nicht mehr eriftirte, als feit Dem Oktobet
4806 feine Studenten geduldet wurden, fo waren do
noch beinahe fämmtliche Profefforen dort anweſend,
eine Reorganifation der Univerfität doffend, welche fo
während afademifhe Würden ertbeilten. Nahdem er
nun am 20. März 1807 das Doftordiplom erlangt batte,.
begab er ih nad Goͤttingen, verbeimlichte feine bereith
erbaltene Doktorwürde und lie id am 2, Mai 1807
aufs Neue daſelbſt immatrikuliren, um noch Kollegia zu
bören und dad Klinifum 2a befuhen. Im Oktober 1807
ging er nach Berlin zuräd, um bier die große Staat
prüfung zu maden. Am 7. Apr. 1808 beendigte er ben
anotomifchen Kurſus unter Knape und am 27. Aprik
machte er Dad große Eramen unter Serwen, Rudolphi
und Hecker. Noch ohne Entſchluß, wo er ſich als prak⸗
tiſcher Arzt künftig niederlaſſen wollte, beſuchte er feine
Eltern und Verwandte in Stettin, Swinemünde und
Pomm.⸗Stargardt und fam dann auch am 14. Geptbr,
4808 nad Danzig, um bier feinen Altern Bruder und
feine ilingere vwerbeiratbete SchweRer zu beſuchen. Sehr
ald nach feiner Ankunft dafelbft wurde er. von einem
bösartigen Nervenfieber befallen und genoß dur‘ Die
“gute Pflege im brüderlichen Haufe, doch nur fehr langſam.
Bielleicht gab Died Deranlaffung, in Danıig, da die
Berbältniffe, in denen fein Bruder und fein Schwager,
die bier eine gemeinfhaftlide Handlung batien und sg
ſehr enger —— mit den damals hier anweſenden
fränzoͤſ. Eivil» und Militaärbehoͤrden ſtanden, länger zu
verweilen, da er unter ſolchen Umftänden fehr bald eine
recht gute Praxis erbielt, Als fein Schwager Uubsieut
4
412 Geiſelet.
im J. 1841 nach Parid zog (fein Bruder datto Damig
(den früher verlaffen), fo machte derfelbe zuvor eine
Schenkung von 20,000 Franken an das dafige Stadt»
lazareth, mit der Bedingung, daß unfer ©. nad dem
Kode des damald noch lebenden Oberarztes an demfelben,
Profeſſor D. Blech, welcher im Sommer 1812 farb, in
Der nämliden Qualität und mit. e erböheten Ge⸗
rg angeftelt werden follte. Nun war fein Entſchluß
ef, für immer in Danzig zu bleiben und dies um fo
mehr, als er feit vier Jabren ald jüngfter Arzt gemein
foatelic mit Dr. Bleh das Gtadtlazareth beforgt und
tebgewonnen batte, indem er bier Belegenbeit fand, id
Der nicht unbedeutenden Anftalt, in welcher jährlich ges
gen 8000 Kranke aufgenommen werden, feine praktiſchen
enntniffe zu erweitern. Auch wurde er i. 3. 1811 als
Hülfsarıt bei den franzdf. Militaͤrlazarethen angeftellt,
wobei er did zur Wiedereinnahme von Danzig durch
Preußen am 2. Januar 1814 thätig war. gIn dem Be⸗
lagerungsjahr 1813 erwarb er ſich viel Ruf und eine
Bere Praris dur feine Behandlungsweife der das
‚wald bier derrſchenden Nerven» oder eigentlich Lazareth⸗
: Weberepidemie, an welcher allein 3500 Menfden aus
em Eivilftande farben. Da’ die meiſten diefer Kranken
mis reizenden und flimulirenden Medikamenten bebandelt
murden, er aber die Bebandlungsmeife von Marcus
anmandte, jo madte er febr viel glüdlide Kuren. —
Gebr bald nah feinem Hierfein befchdftigte ib ®. aufs
Eifrigfte mit Dem Studium und der Anwendung des
thierſſchen Magnetiömus ald Heilmittel und leiftete darin
manches Auffallende und ntereffante. Er fegte die
magnetiihen Kuren mebrere Jahre fort, gab fie. aber
au auf, nicht aus Ueberzeugung vom Mangel ihrer
Heilkräfte, fondern vorzüglid, weil fie bei feiner fehr
——— Praxis zu zeitraubend waren und er ſeit
em Jahr 1815 an gichtiſchen Anfälen zu leiden anfing,
welche immer häufiger und beftiger miederfehrten. —
Im Zahr 1812 fam ihm zufällig Hahnemanns Organon
und deſſen praktiſche Urzmeimirtellehre zu Gefidt; er
ind und fand darin Grundjäge aufgeftellt, die ibm fo
sufogten, Daß er fid bewogen fühlte, dem Studium der
Homdopatbie einen Theil feiner Zeit gu widmen.
105 alled Darüber Erſchienene, forſchte und Dachte dar⸗
über nad und erft nad einem 40—12jdhrigen Studium
dieſes Syſtems machte er Die erften Verſuche hombopa⸗
whiſcher Kuren, welche gelaugen. Er blieb ein Anhänger.
x
| Geifeter, 418
dieſes Spſtems dis an fein Ende, wandte es aber nur
tbeilweife an,’ denn er war —75 genug, wohl
“ einzufeben, daß dad Ganze noch nicht tefifiebe, daher er
dieſe Kurart nit überall, und unbedingt anwandte. —
As im Juli 1816 die Eönigliche Regierung von Weite
preußen zu Danzig ihren Sig nabm, wurde er bei dem
damit in Verbindung ſtehenden Medicinatkollegium zum
weiten Medicinalrarh erwählt, in welder Eigenfcaft
er auch ſpaͤter, ald daſſelbe im Januar 4831 in eine
Medicinaleraminationdfommiffion umgefchaffen wurde,
bis an fein Ende fehr thätig mitwirkie. Das aͤrztliche
Geſchaͤft im Stadtlazareth trieb er dabei immerfort, wie
von Anfang an, mit großer Vorliebe und regem Eifer,
indem er dadurch einen.Schag von Erfahrungen zu fams
meln befliffen war und meinte, daß man nur in Kranken,
bäufern reine medicinifhe Erfahrungen und Beobadtun -
en zu machen im Stande fei. Seine Öfteren gichtiſchen
efhmwerden, die fich fo fehr erweiternde Privarpraris,
die, weite Entfernung dieſer Kranfenankalt von. dems-
jenigen Theile der Stadt, wo er feine-meiften Kranken:
u ‘beforgen hatte und endlich ein gewiffer Verdruß, daß
Feiner feiner Anträge und Wuͤnſche zur Verbeſſerung
und Erweiterung der ibm anvertrausen Anftalt von Den .
Behörden beachtet wurde, Eonnten ibn nur bewegen, -
im Gahr 1826 von derfelben ganz abzutreten und feine
ganze Zeit der Privatprarid zu widmen. — Als am
29. Mai 1831 in einem benachbarten Dorfe von. Danzig
Die afiatifide Cholera audbrah, wurde er mis dem Kreid«
pbyfitus und noch ein Paar Aerzten deputirt, Diefe
Krankheit zu unterfuhen. und zu begutadten und al6
dieſelbe ſehr ſchnell um fie griff, bielt man für noth-
wendig, eine befondere Eholerafanitätstommiffion zu or⸗
ganifiren, von der er ebenfald Mitglied wurde. Ein
im J. 1832 nad Berlin zu feinen Zugendfreunden und-
Bekannten v. Gräfe, Wagner, Biebler, Hufeland *t
Ruf, Horn, Wolfart **) u. m. A. unternommene Reife
hatte tür feine Gefundbeit die erfprießlichken Folgen.
Doc nad einigen Jahren fanden ſich feine Leiden mies
‚der ein und warfen ihn am 19. Nov. 1836 auf ein bars
tes Siranfenlager, daß er erft na fait 2 Monaten wies
der verließ, bergeftellt durch treue Pflege und die forg- -
fame Behandlung des Negimentdarsted Dr. Sinogomwiß.
. 9) Deffen Biographie f. N. Nekr. 14. Jahdtg. ©. 690.
nn grand S Ne 14. Sabo. ©. 6.
Lv — J J
h
D 2
MM Gecielen
Uber feine Gemefung mar nur in; fein giner Hu⸗
wor mar verloren gegangen und kligte nur jelten auf,
Herd ermüder und verdrüßlid, nicht wie fonft wirken zu:
Eöunen, Mangel der Theilnahwe an dem, was ibn fonk
fepr interefürte, Bevennung und Unfähigkeit, irgend et-
mad fein Fach Betreffendes vorzunehmen, oft Mangel
an Worten oder verfehrter Ausdrud für Dad, mas er ſa⸗
sen wollte, Mangel an Gedaͤchtniß. fogar zuweilen eine
auffallende Art ſich zu denehmen, ließen feine Bekannten
nur zu fehr fürchten, daß ein naher Sturm kevorftände,
welcher denn auch am 17. März 1837 bei einem feiner
atienten wirklich eintrat; wo er flarr und beſinnungs
los finen blieb. Nachdem er fi erholt Hatte, war er
doch im Stande nad Haufe zu geben. Don nun aber
klagte er befonders Aber den Kopf, die Schmerzen in
demfelben Ategen bis zur größten Heftigkeit und er ‚erlag,
nachdem ſich noch andere Leiden hinzugeſellt batten, am
- oben genannten Tage. Bei der Sektion fand man große
Unomalien im. Gehirn und Hirnſchaͤdel: eine bedeutende
Bermahfung des erftern mit dem leßtern, Auftreibung
dels nad innen, die aufd Gehirn gedtädt das
ben mußten, Anfammlungen von Wafler. und bin und
wieder etwad Eiter und fiellenweife Verbärsung der Ge
Diamant ſelbſt. Seine Leiche wurde nab 6 Tagen obne
epränge, unter Begleitung fämmtlicher Medicinalperfos
nen, aler derer, die ihn als Arzt benupt batten und
vielen mweinenden Armen, denen er unentgeldlih Hülfe
geleitet hatte, zur Erde beſtattet. — Als Arzt war ©.
wahrhaft audgezeichnet und genoß allgemeines Bertrauen
und Achtung. Er befaß einen fcharfen Berftand, ſchnelle
Auffaſſungsgabe, ein vortrefflided Gedaͤchtniß und eine
feltene Beobachtungsgabe, dieſe Eigenfhaften, vereint
mit feiner Rude und großen Befonnenbeit, machten ihn
u einem ſebr gluͤcklichen und vorzägliden Diagnoſtiker;
er war in feinen Prognofen ficher, in feinem Heilverfah⸗
sen einfach, gab wenig Medicin und feine Necepte wa⸗
ren Burj, aber fräftig.. Er war ſehr 1 tig, und fleißig,
lad fehr viel und fchrieb viel nieder, theils eigene Beobach
tungen und Erfahrungen, theils Rotizen aus dem Gele⸗
fenen, tbeils eigene Anſichten uͤber die aufgeſtellten Theo-·
rieen und Bekaͤnntmachungen. Den Beweis dafür lies
tert die große Maſſe der binterlaffenen Papiere. Außer
dem Studium der Medicin befchäftigte er fih noch viel
mit den Naturwiſſenſchaften, vorzugsweife mit Chemie
und Botanik. Rebenher ſtand er noch in.einem großen
Sen 41h1
Briefwechſel, ſowodl mit feinen Verwandten, a8 wit ſei.
nen auswärtigen Sreunden. — Als Schrifiteller iR er nie
. dffentlid aufgetreten, jedoch geht aus den Konzepten feiner
t
Briefe, wie aus den an ihn gerichteten Berichten hervor,
daß er — Mittpeilungen in die mediciniſchen Zeit⸗
ſchriften an Ruſt, v. Gräfe, Horn, Wagner und Wolfart im
Berlin, an Radius in Leipzig, an Hartlaub in Brauns
ſchweig und an Stapf in Naumburg gemacht bat, immer
mit der Bemerkung, Daß er ed den Deraußgebern anheim⸗
flelle, davon zu benußen, was und wie fle ed für gera⸗
tpen bielten, dabei ihn aber nie zu nennen, allenfaus
dad Benugte mit der Chiffer: G....r_ zw bezeichnen. °
Audgearbeitete Auffäge find nicht unter feinen Papieren
vorgefunden worden, nur Entwürfe, Sragmente, einzelne
Gedanken, melde vorzugömeife den Magnetismus, den
Weichſelzopf und die trochomatifhen Krankheiten über..
Baupt, auf deren Studium er viel Fleiß verwandte, die
Cholera, den Geſichtsſchmerz und die Homdopatbie bes
treffen. Auch außer feinen vielen Senntniffen in den
medizinifhen und naturhiſtoriſchen Wiſſenſchaften war
er kein Sremdling in andern Zweigen des Willens, nur
mußte alled rein ſcientiviſch ſein. In das Gebiet der
Phantafie verftieg er fie felten;_für Poeſie und Muft
war er wenig empfänglich; das Theater befuchte er nur
auf Stunden, blos zu feiner Erholung, weniger die Bor _
zuüge des Stüfd und der Spielenden beachtend. Kür
Malerei und Skulptur hatte er zwar mehr Liebbaberei,
doch ohne Kenner zu fein; bei den Delgemälden und
Kupferfliden, Die er befaß oder ſich anſchaffte, ſah er
immer mehr auf den Gegenſtand, als auf die kuͤnſlleri⸗
fe Ausführung derfelben. Alles, womit er fi beſchaͤf⸗
tigte, mußte feine Jutelligenz in UAnfpruh nehmen —
Ais Menid war ©. — von feſtem
Charakter, in hohem Grade rechtlich und aufrichtig, konnte
er feine Ungerechtigkeit oder Zweizüngigkeit leiden und
ſprach ſich darüber frei und often, ganz ruͤckſichtslos, oft
- fögar derb aus. Er war treu und yuverläffig; was er
verſprach, hielt er unter allen Umftänden, forderte daſ⸗
felde aber au von Andern, befonderd von feinen Pa-
tienten firenge Befolgung ‚feiner Vorſchriften; Famen fie
denen nicht nad, fo gab ed wohl manden Zank und ſo⸗
aar völlige Entzweiung. Er erfüllte feine Pflichten ſehr
Ä 5 und war in allen feinen Geſchaͤften, zuweilen
ogar bid zur Peinlichkeit, ordeutlih. Sehr Drdnu
(iebend war auch fein ganzes Leben, ſtets fehr geregelt
ri \
416 Ofen
‚und abgemefien. — ©. mar nie verbeiratbet, aber fein
eind von Frauen, mit denen er ſich gern unterbielt.
in Haus zu machen und Samilienvater zu werden, bätte.
feine Rube und Orbnungsliebe gefört; Überdied befaß
er mande Eigenheiten, von denen er fib loszumachen
ſchwer daͤtte überwinden können und die dann doch ſtoͤ⸗
rend geworden wären. Zu diefen feinen - Eigenheiten
ebdrte es unter andern, Daß er nur fehr ungern außer
"feinem Haufe bei guten Sreunden und Befannten irgend
etwad genoß, wohl aber mar er dabei, wenn auf gemein»
ſchaftliche Koſten in Gaftbäufern zc. gezehrt wurde. Auf.
merkfamfeiten, die ibm ermwiefen wurden, nahm er in der
Regel kalt auf, ignorirte fie entweder ganz oder fuchte
fobald als möglib fi der dadurch entftebenden Ver.
bindlichkeit auf itgend eine Weife an neigen; er
mußte fordern und bezahlen fünnen. Das Haus des Re⸗
ferenten war beinabe das einzige, mo er woͤchentlich, oft
mebrmald, ein» und audging; er konnte fommen und ges
ben, wenn er wollte, forderte er etwas, fo wurde es ihm
nereict, angeboten mußte nichts werden und fo war es
m rebt. Er war von Natur freundlich, batte ſtets
eine beitere Miene, guten ag und oft einen ſehr
treffenden Win und obwohl felten ganz obne Schmerzen,
ß war es doch auffallend, daß er bis an fein Ende ein
iſches, geſundes rothes Ausſehen. ein lebhaftes dunkles
Auge ‚und eine gebörige Koͤrperfuͤlle behielt. Als ein
. Ebarafterzug verdient noch bemerkt zu werden, daß er
mitleidig gegen Arme war und gern und reichlich aab
an. folcbe, DIE ed verdienten, dagegen bart gegen dieſe—
nigen fich zeigte, die ihn befürmten oder gar getäufcht
batten. Er war oft mehr freigebig, als es angebracht mar.
Er liebte in feiner Kleidung ‚wie in feinem Hausgeräte
Die Reinlichfeit und Sauberfeit beinahe bis zu Eleganz und
alled, was angefchafft wurde, mußte fehr gur fein, ohne da⸗
bei auf den Preid zu feben. Auch feine Hausleute und alle
: Diejenigen, deren Dienfte er in Anſpruch nahm, befobnte
er reihlid, Dertangtt Dagegen aber auch eine fehr treue
und pänftlibe Erfüllung ihrer Obliegenheiten. Wie
mwobl er fehr einfam und frugaf lebte, zwar gern und
gut aß, Dagegen aber’ beinahe nichts ald Waller und
Mil trank, fo brauchte er Doch für feine ganze Lebens, '
weife verbältnißmäßig fehr viel. — Außer einer fehr gu
ten und zum Theil Fotbaren Bücherfammlung, mehreren
phpfifalifchen Inftrumenten, einer Gemälde » und Kupfer»
fammlung u. ſ. w. bat, er noch ein baares Vermögen
binterlaffen, wovon er noͤthigenfalls hätte ganz unabhän«
0 Scene. 97
gig leben können! Seine Erben find ein jüngerer Bru—
der, der Gutöbefiger von Zoßen iſt, eine dltere Schwe⸗
fier, die Witwe Haager, welche, im Crädichen Zoßen bei
- Berlin wohnt und mehrere Geſchwiſter Kinder, Yon des
nen einige in. der Umgegend von Berlin und Potsdam
wohnen, andere weit ab, in Neu: Drleans, Montpellier
und Köln. Dr. 9.
* 143. Sohann Andreas Schorr,
Pfarrer zu Jühfen und Neubrunn dei Meiningen: _
geb. d& 19. Febr. 1:61, geſt. d. 6. April 1887.
Sein Vater, Johann Kaspar Schorr, war perge lich
ſaͤchſ. koburg. Kommercienrath, Freiſaſſe und einer
des Schrickels- oder Doftorbofed, wie auch Mitnachbar
zu Jüchfen; feine Mutter, Maria Elifaberde, eine geb.
Haad, Schon in den erften Jabren feines Lebens zog
er mit feinen Eliten nah Bundorf in den Haßbergen,
wo fein Vater dad Rittergut des Freiherrn von Trud»
ſeß gepadtet battle. Dort beſuchte er die Schule bis
zur Konfirmation, worauf ihm fein Vater in der Mufif,
der lateiniſchen Sprache und andern zu einer willen
ſchaftlichen Laufbahn vorbereitenden Gegenſtaͤnden Pris
vatunterricht ertheilen ließ, bis er das Lyceum zu Mei—
ningen beſuchen konnte. Mit den zum Studium der
Theologie noͤrhigen Vorkenntniſſen ausgeruͤſtet, bezog er
die Univerfität Erlangen in den Jahren 1779 bis 1782, .
worauf er nad dem vor dem berzoglihen Konſiſtorium
u Meiningen mwoblbeftandenen Eramen unter die Zahl -
er MOL EDIDEEEIS Fan each aufgenommen wurde. Cr
verlebte ſodann einige Zeit bei feinen Eltern, biß er die
Stelle eines Haudlebrerd bei dem damaligen Amtmann
Petri zu Schwarza antrat. In diefen angenehmen Der
dältniffen blieb er, bid er am 11. Mai 1787 den Antrag
ald Subfitur des Pfarrerd Chriftian Nathanael Wagner
zu Juͤchfen erbielt und bald darauf fein Amt daſelbſt
antrat. Nah dem Eurze-Zeit Darauf erfolgten Tode ſei—
ned Vorfahren wurde er. auf Anfuchen der beiden Ge
meinden Juͤchſen und Neubrunn ald wirkliher Pfarrer
beftätigt und eingeführt. Im Jahr 1791 (2. Gebr.) ver
beirathete er fih mit Johanne Juſtine Sondermann
(5 18939, der zweiten Tochter zweiter Ehe des vormalis
gen Syndikus der reihöfreien Ritterſchaft an der Bau—⸗
nach, Jodann Priupe Sondermann zu Ruͤgheim in Fran⸗
ken. Aus dieſer Ede entſproßten ihm 4 Töchter und
N, Rekxrolog. 16. Jahrg. ——27 |
N \
418 ee 1.171
2 Söhne, von denen der ältere als Student der Theo⸗
fogle im Januar 1814 zu Jena ſtarb. Im Jabdr 1818,
ale ihm die Superintendentenftelle zu Waſungen ange»
tragen wurde, beide Pfarrgemeinden aber Dringend |
wünfcten,, daß er fie nicht verlaflen möchte, benuste er
dieſe Belegenbeit, das ihm und auch vielen Gemeinde
gliedern laͤngſt verhaßte Beichtgeld in eine fire Abgabe
aud den Gemeindekaflen zu verwandeln. Die Abnahme
feiner Strärte fldlend, bemog ibn feine Liebe zu den ihm
und feiner Führung Unvertrauten, ſich auf eigene Koften
feinen Sohn Franz Gottfried als Amtögehälfen zu er
bitten, damit fein vorgerhdted Alter keine Vernadlaͤſſi⸗
. gung in feinem ihm ftetd wichtigen und beiligen Beruf
verurfachen möchte; in den leiten drei Jahren aber Übers
‘“ fieß er die Verwaltung des Pfarramts feinem Sohn
ganz. Obgleich in feinem Wirkungöfreife ald Prediger
- und Seelforger bei zwei Gemeinden vielfach beſchaͤftigt,
ing er doch in wiſſenſchaftlicher Bildung mit der Zeit
ort, befonderd in der theoloaifchen Literatur. ‚Aber auch
außer feinen geiſtlichen Beruföverrichtungen fland er ſei⸗
- nen Pfarrfindern in den mannichfal igten Lebensverdaͤlt⸗
niſſen ſtets mit Rath und That zur Seite und fie ſchaͤtz⸗
ten und ehrten ibn ald ihren treueften Sreund, jo mie
einen liebenden Vater. Die Stunden feiner ländlichen
Muße benugte er auf eine fehr würdige und gemeinnuͤtz⸗
- Tide Weife. Eine von ibm verfaßte Dorfbefchreibung
und Dorfhronit von Züchfen und Neubrunn, nach) der
Anordnung des damaligen berzogliden Konſiſtoriums
“ (befonderd nad der Idee des ausgezeichnet gelehrten
und raſtlos thätigen Präfidenten Ludwig Heim) ausge
arbeitet, beftebt in zwei Solianten und iſt eine Mufter
arbeit, weshalb er aud ein befondered Belobungsdekret
erhielt. Den größten Fleiß und die gemiflenhaftefte Sorg⸗
falt verwendete er auf den Unterricht der Konfirmanden;
aus wirfte er Durch fein eigened-Beifpiel viel auf dad
ußere gefittete, woblanftändige Betragen feiner Gemein.
deglieder. Schon fein anfehnlier, aroßer und flarfer
- Körperbau fiößten Achtung ein. Am 5. April 1837, al
er eben fein Berte verlaflen hatte, fanf er, von einem
Nervenfhlag an der Iinfen Seite gelähmt, bewußtlos
nieder und obgleich die aͤrztlichen Vorkehrungen einen
gemun (GUN Erfolg zu haben ſchienen, Eonnten fie doch
ie Genefung nicht bewirken. Er unterlag der erlitte-
nen Erfhhtterung am folgenden Tage.
Meiningen. 2 Dr. I. @. Ipling.
>
p} x
144. Dr. Johann Georg Lippert,
Gymnafialprofeflor zu Dof;
geb. ben 18. Juli 1801, geft. den 8. April 1887”).
Lippert war zu Wunfiedel geboren, wo er auch Lie
erfie Schulbildung erbielt. Er ging darauf an die Stu.
dienanftalt zu Regensburg und bezog nach ſechsſaͤbrigem
Aufenthalt Die Univerfidt Leipzig. Hier befuchte er neben:
tbeologifhen und andern wiflenidaftlihen Borlefungen '
auch die pbilologifden Kollegien Hermann’d, Beck's und
Spohn's und verließerft nach drei Jahren Leipzig, um
feine Studien in Erlangen fortzufegen. Nah vollendes
ten Univerfitdtöfudien wurde er im Jahr 1823 Vffarius
bei dem Ptarrer Züflel in Gefreed, blieb aber nit langt
in diefer Stelle, weil er, nachdem er in se e eines in
Münden beftandenen Examens unter die Zahl der Kan
Didaten für dad bödere Lehramt aufgenommen wörbden
war, zum Verweſer der unteren Progpmnaflalichrkelie
in Nürnber im Juni 1824 berufen wurde. Gm 3.1823
batte er au die theologifche. Aufnabmöprüfung in Ans
bad rühmlich befanden. Bon der Zehrftelle in Nürns
berg wurde er nad einigen Monaten abgerufen und zum
grofeiier der V. Gpmnafialklaffe in Augsburg befördert,
ab einigen Woden_fchon. rüdte er in die Profeſſur
der IV, Gpmmnofialflofle dafelbſt vor. Diefes Lehramt
verwaltete er vier Sabre lang. Am Anfang des Stu—
dienjahrs 1828 bis 1829 trat er in die damals durch
Derfegung ded Profefford Selling erledigte Lehrſtelle
der III. Klaffe des Gymnaſiums zu Hof ein. Als nach
der Trennung der lateinifhen Schulen von dem Gym⸗
nafium befondere Subreftorate für die erfteren beftells
“wurden, wurde ibn das — — in Hof und die
Ledtiſtelle der IV. Klaſſe an dieſer Anſtalt unter Vorbe⸗
dalt feiner bisherigen Dienſteigenſchaft als Gymnaſial⸗
— 0 Übertragen. In diefem Ledraͤmt wirkie er mit
bätigfeit und Segen, auch nabdem vie Subreftorate
wieder aufgehoben und mir den Gymnaſialrektoraten vers
bunden worden waren. Im Jabr 1826 hatte er fih bei
der Univerfträt Erlangen die Würde eined Doktors der
Ppilofophie erworben. — Die Stunden, melde er von
feinen Amtsarbeiten erübrigen konnte, verwendete, er eif⸗
. Nach den Ja esberi v. d. koͤnigl. Sy neſſum u. d. la⸗
teinifäjen en of im Studieniahr ———
®
—
2 - Raabe.
fangb Februar 4814 war fie durch feine Bemuͤhungen in
den Stand geſetzt, in ſclagfertigem Zuſtand den Marſch
nach Sranfreih antreten zu. koͤnnen. Fuͤr feine Leiſtun⸗
FREE VERTRAT RAS
und Beſchießung der Feſtung wickelte,
war er mit dem Kai. ruff. St. Annenorden 2. Klaſſe
belohnt. Auch an dem’ zweiten gelbaug gegen Stanfe
reich im Jahr 1815 nabm er The 08 war und das
feiftete der Verewigte ald Militär in den Zeiten, wo ihn
‚fein Beruf auf das biutgedüngte Geld der Schlachten
rief. Allein auch in der Zeit des Friedens raflete er
wit und mit unerfchätterlicher Thätigkeit verwendete
er feine ganze Kraft auf die Vervollkommnung der ibm
anyertrauten Ware. Noc Eur; vor feinem Ende fand
“er dafür die erfreuliche Anerkennung dur Die ihm
von dem Kaifer von Rußland ertheilte Deforation des
St. Stanislausordend 2. Klaſſe. Betrachten wir ibn
nım als Menſch, fo finden wir, daß dohe Biederfeit,
Arenge Gerechtigkeitsliebe und unermüdliche Sorgfalt
far. dad Won! feier Untergebenen ibn zierten. Hohe
Kugenden von Ibm waren unverbrücliche Treue gegen
feinen König und unausloͤſchbare Liebe zu feinem Bas
terlande,,-die er namentlich in “ für die ſaͤchſ. Armee
fo verdaͤngnißvollen Jahr 1814 ruͤhmlichſt an den Tag
legte. Blängende Anerbietungen wurden ibm vor der
. Teilung der fächf, Armee von mehreren Seiten gemacht.
aber ofen erklärte er, daß er feinem König und Herrn
mir dem Eide der Treue verpflictet fei und nur dann
in fremde Dienfte zu treten ficd entfchließen könnte, wenn
fein önig idm zu erkennen geben follte, daß er feiner
Dientte nicht weiter bedürfe. Darum ward ibm aber
auch die Achtung und dad unbedingte Vertrauen feiner
Untergebenen im böchften Grade zu Theil. Wie gro
die Meredrung war, die fib der Verewigte —
. erworben hatte, bewies ſich bei ſeiner Beerdigung. Der
von. dem Brigadier Generalmajor von Haufen geführte
eichenco nducr befand aus 4 Gefhügen und 3 Linienba⸗
. tai Uonen, außerdem folgte noch eine zablreihe Menge.
MR. dinter laͤßt nebf feiner Gattin 6 zum Theil no ün⸗
verfo rate een ra s ! “ 9 |
+‘
-
* 146. Sans Ernſt Bütemeifter,
Oberamtmann zu Diepholz im Königreih Danover, Ritter detß
Quelphenordend und Doktor der Rechte; j
geb. den 24. Auguſt 1750, geft. den 10. April 1837.
‚ Der Bater des Manned, deffen Leben mir bier zu
ffizziren beabfichtigen, war Prediger in dem hanoverſchen
Dorfe Wulften unweit Noriheim, hatte früber der gräfs
li v. Hardenbergſchen Zamilie feine Dienfte ald Haus
lehrer gewidmet und flarb bereits wenige Jahre nad) der
Geburt Hand Ernſt's, diefen und deflen jüngere Schwe—
fer der Pflege einer forgfamen Mutter binterlajfend.
Die Mutier, geb. von Hattorff, wohnte darauf mit
den beiden Kindern zwei Jadre in dem benacbarten
Sleden Nörten, worauf fie der Bruder des Daters, dere |
zeitiger Prediger in dem naben Dorf Bühle, in fein
J
gaſtliches Haus aufnahm, wo dieſer treffliche und mild«
efinnte Mann den Unterricht der Kinder perfünlich bes
orate (1756). Der fiebenjäprige Krieg fiel in dieſe Zeit
und früh lernte der Sinabe einfeden, was es beißt, mir.
Seinden des Vaterlands umgeben zu fein. 1766 bezog
unfer B. die lateinifihe Schule zu Zellerfeld am Harz
und lernte eifrig unter der Anleitung des dortigen Rek—
tors Reiberg. Da während dep fein Oheim von Büple
nach Derzber — murde, fo konnte ſich dieſer des
mit edlem Ehrgei; vriftrebenden Juͤnglings noch Erdfs
— ‚und Letzterer bezog denn auch 1769 Die
Söttingfhe Akademie, woſelbſt er unter den Auipicien
von Selchow, Böhmer, Pütter, Schlöger, Beckmann ıc.
bie 1773 die Rechte ſtudirte und aud die Hörfäle Hols
mannd, Ayrers und Beckmanns (des Defonomen) fleißig
beſuchte. Er ſchloß bier innige Sreundfchaft mit dem
Dichter Hölty, welcher ibn in die Geſellſchaft jener Dich»
terverbrüderung, feiner Kommilitonen einführte, welche
Ipdter ihre Namen in unferer Literatur hinreichend mas
nifeftire haben. SH diefer hochbegabten Juͤnglinge
ing zwar im Fruͤhlingsſonnenſchein der akademiſchen
Sreident feinen eigenen Weg, aber Ale waren in der
Verehrung für Klopſtock und für den hoben Geift, den
idealen Schwung der Klopſtockſchen Poeſie herzlich in
enthuſiaſtiſch verginigt und infofern bier von Schule die
Rede fein kann, bildeten fie gewiffermaafen den Foyer
der Klopſtockſchen Schule, mwelder auh B. getreulich
und immerdar zugethan blieb, fo daß fein gutes Ge⸗
424 Buͤtemeiſter.
die er mit Feuer und Salbung manchmal recitirte. Nach
abſolvirten Studien und einem Aufenthalt im Hauſe
des Onkels wurde B. im Jahr 1774 eyaminirt und bei
dem Amt Brunftein als Auditor angeſtellt, woſelbſt er
ch dad Wodlwollen des dortigen erſten Beamten,
eichshofratys v. Hugo nachbaltig erwarb. 1779 ward
er zum Titularamtofchreiber ebendafelbft und 1780 zum.
Supernumeraramtöfchreiber für das Amt Uslar ernannt,
wo er denn bei wenig Gehalt und, viel Arbeit einige
Jahre zubradte. 1783 ging er in voriger Eigenfhaft
und zugleich ald Hofkornſchreiber nad Gele, wo fih der
Kreis feiner Bekannten und Sreunde fehr vermehrte und
wo er auch noch in den Nebenftunden mit ber —J*
ſchen und italieniſchen — ſich beſchaͤftigte. Auch
wurde er bier zum Zuchthauskommiſſaͤr ad interim be⸗
ſellt und man mußte nun ſchon, daß man in B. einen
thßdtigen, grundredliden und unermüdlichen Arbeiter.
befaß. 1786 wurde er ald zweiter Beamter an dad. Amt
ova verfeßt, verheirathete fi mit Sriederide Luiſe
odemann, der Tochter des Amtmannd £. zu Oldenſtadt
‚und diefe feine Gattin, mit welcher er 20 Sabre in zu⸗
o
ſechs Töchter, welche
genoß die Vaterfreude, vier feiner Kinder — ver⸗
friedener Ehe lebte, pebar ihm im Laufe diefer Jahre
dn fämmtlich überlebt haben. Er
deirarbet zu ſehen; einer der unvermählten Töchter aber
“ wurde die fihöne Beſtimmung zu Theil, die forgfame
Pflegerin des Vaters am Spätabend feiner Tage zu Were
den. In Doya nun nerlebte B, file, glückliche und ars
beitvolle SGahre. 4792 wurde er nach Diepbolz ald zwei⸗
ter Beamter berufen und 1797, daſelbſt zum Amtmann
ernannt, Hier entwidelte er jene Thätigkeit, melde
eigentlid den Kern feined Dienftberufd bildete und die
gan der Art war, wie feine Redlichkeit und Milde ſich
iefelbe in einem durch langen Srieden begiädten Lande
nur wänfchen mochte. Aber ſchon Elang daß — der
Band, Revolution, wie dad rollen eines fernen furcht⸗
aren Donnerd, herüber in_ die norddentfche Frieden⸗
file. Die zeit der. franzöf. Invaſion von 1803 bis 1813
war vorzüglid Drangvoll für dad Grenzamt Diepbol
fo daß wodl ſchwerlich ein Ort des hanoverſchen Lande
mebr unter diefen Berbältniffen gelitten bat, als diefer
F ——— über 20,000 Einwohner zaͤhlende Bezirk.
Anfangs befürchtete man, auf dDiefen weiten Sandebenen
ein Dacapo der Schlachtentheater zu erbliden, die ſchon
l
daͤcmiß ihm lange Stellen aus der Meſſtade auſbewahrte,
»
? Bouͤtemeiſter. 46
foot in der Vorzeit auf diefen unabfehbaren e⸗
recken Verderben ünd Schrecken verbreitet hatten. D
einrückenden Franzoſen brandſchatzten und marodirten
und bezeichneten ihren Eintritt in dad Hanoverſche da⸗
durch, daß fie ein Bauernbaus anftedten. Unfer B. batte
weder Tag noch Naht Ruhe. Die Generdle Mortier,
Berthier und Bernadotte — fo wie früher Feldmarſchall
Graf Walmoden — lagen längere Zeit bei ibm im
Quartier; fein Haus war Jahre bindurd der Sammel»
Krieg von dortber in Bewegung feßte und mancher
ftorifde Name wäre zu nennen, wollten wir die Kriege
machthaber Alle DEREIOU EN, welche Damald in das zur
Beamtenwohnung dienende alte Diephölzer Grafenſchloß
den Einzug des für jegt ohne Blutvergießen nabenden
Siegers bielten und einquartierungsmweife oft längere
Zeit bei dem ſtets fopalen und zu jeder Aufopferum
willigen Hauswirthe verweilten. Daß von Seiten de
gestern große Opfer von Zeit, Rube und Vermoͤgen gu
bringen waren, verftebt ſich von feld. 1804 betrauerte
B. den Tod feiner einzigen Schwefter Eleonore, der
Gattin ded auch ald Shhrififteler und Dichter bekannten
Amtmannd J. A. Weppen zu Wickershauſen. Da 8.
fid durch ein wärdevelled, uneinennüßiged und, wo «8,
„wie bei faft allen franzoͤſiſchen Offizieren, anwendbar war,
auch feines Daran die Achtung und Zuneigung der
‚ fremden Armeechefs zu erwerben mußte, fo gelang ed
ibm fat immer, die Letztern für dad Wohl von Diep»
Holz günftig zu ſtimmen und unzählige Male wandte er
Durch mutdige. Fuͤrſprache von den feiner Sorge anver
trauten Amtdeinwohnern unberechenbaren Schaden und
roßes Kriegswehe ab, ein Hauptzug feiner amtlichen
irkſamkeit, welcher auch fpäter nach _der Reftauration
von feinen Vorgeſetzten in ehrenden Ausdruͤcken aner⸗
tannt wurde. Aber nicht nur eine Schule der That und
amtlicher Energie und Ausdauer, fondern auch mannich-
fader Leiden und gen wurden Die Tage der
“ franzöfifhen Occupation für B. Seine Liebe fürd Da-
terland und feine aͤchtdeutſche treue Anbänglichkeit für
das angeftammid Fuͤrſtenhaus mußte harte Prüfungen bes
. Reden! Die auf eine Militärdefpotie abzmedenden fran⸗
zoͤfiſchen Einrichtungen und Verordnungen verlegten tief
ie Milde feines Wefend, die ſchamloſe geheime Polis
zei befümmerte den gerad» und edeldenkenden alten
Staatsdiener unfägli und bier befonders fühlte er zu»
J
ꝓlas faſt aller militärifhen Notabilitaͤten, weiche der
426 Butemeiſtet. 0
„gleich mit fo mandem deutfcben Herzen in tiefem Schme
wie empörend ed fei, wenn geldgierige Renegaten un
ebrlofe Schurken und Horder, Denen feile Schergen
auf dem Fuße nachfolgten, felbit in die Penetralien der
Höufer eindrangen und den deutſchen Mann, der unter
- Dem Schug der Zaren der befümmerten Bruft Luft madte,
vor die (donungslofen ZTribunale der Zwangsherriher
ſchleppten. Dennod war andrerfeits B. auch nicht der
"Mann, der einfeitig und pbhiliſterhaft verfannt bätte,
daß manches Ulte als morſch und verjährt vor dem dröhs
nenden Zußtritie der mächtig bewegten neuen Zeit von
felb in Ab zufammenfinfen mußte. Geleiter Dur Ers
Fabrung, belehrt durg vieljäbrige Geſcaͤftsroutine er.
Eannte fein richtiger Verſtand ſogleich, daß jeut der Zeit
geiſt mit eiferner Stimme ein unabmeisbar Neues diktire
und. mit eben fo fiderer als feiner Diſtinktionsgabe ſah
der vielgeprüfte Mann deutlich ein, daß unter den juns
en politifden Ideen und Inſtitutionen ſich manches
BGute dbervortbue, welches unberedenbar in die ferneren
Sabre fortwirken und auch Das foriale Leben nachhaltig
umgeftalten müfle_ und werde. — Bekanntlich war die
Grafſchaft Diepholz Dazumal ein Theil des fogenannten
Koͤntgreichs Weſtphalen, erfuhr aber bald daranf die lei»
dige Standederhöbung, zu einer Provinz des franzöfifden
Kaiferreih8 umgemodelt zu werden. 3. verlor in Solge
deffen 1810 alle feine früheren Bedienungen, wurde aber
zur Dankbarkeit — weſtpbaͤliſcher Maire ohne Gebalt.
Es war Napolconifches Princip, die Staatsdiener, ans
ftatt mit Geld, mit Ehre zu falariren. Die ſchlaueren
Beamten uͤberſetzien fi dieie Ehre durch: Bedrüdung, .
Einfluß, Prunkſucht und dadurch, daß fie kriechend gegen
Dornebme und Vorgeſetzte, bart und unmenfhlid ges
gen Untergebene un) Wiedere, dad Recht an den Meiſt—
bretenden verkauften: und dieſe Theorie rentirte fid
„famoͤsgut“ für fie, folten wir denken! ©. verftand -
diefe Kunſt nicht und nur die innere Ehre, dad reine
Bewußtfein des Ehrenmannd mar ibm unverdußerlih -
und heilig. Bei ſolchen Grundfägen Fonnte es nicht
fepfen, Daß damals die Bekümmerniß um dad Notdwen
dige und die trübe Srage, wie er für fib und für Die
Seinigen Dad Erfprießlihfte beforgen möge, feine altern»
den Tage verdäftern mußte, denn von jeher. gehörte er
u denen, melde ſichs in der Welt batten fauer werden
offen. 1811 wurde er kaiſerlicher Maire, 1812 Perceps
seur, legte aber no vor dem Schluß der Ufurpation
®
/
= Buͤtemeiſter. a427
auch dieſe 'ipätern Aemter nieder. Nun erſchien Der
. deiberfebnte Tag der Befreiung aus jahrelangen Kertem
dur Die deutihen, englifben und ruſſiſchen Waifen
und erfüllte B., welder in feine vorige Stelle als er
fier Beamter zu Diepholz wieder eingefegt wurde, mit
der hoͤchſten Sreude des Patrioten. Auch begannen von
jegt en flr ihn wieder ſchoͤne Zeiten froh⸗getroſter Bes
rufsthätigfeit. 4821 ward er zum Dberamtmann ernannt
und feierte -1822 fein SOjähriged Jubelſeſt alb Diephol⸗
zer Beamter. 1824 beging er, unter berzlider Theil
nahme Der Amtseinwohner (die ibn ihren Dater nann»
ten) fein funfzigjähriged Dienftjubildum und wurde mit
dem Ritterfreuge des Guelphenordens beehrt, wie ihm
‘denn auch gleichzeitig von Der Univerfität Göttingen dab
Eprendiplom ald Doktor der Rechte übermittelt wurde,
Und noch 43 Jabre lebte er, in jüngfter Zeit Senior der
banoverfden Beamten, allverehrt, Nil und raſtlos thaͤ⸗
tig, täglih 6 bis 8 Stunden feinen Berufdarbeiten ob»
liegend, in voller Geifteöfraft und auch "törperlicy nur
wenig geftört, bid ins_bobe Alter, ein gefegneter Greis
im vollen Sinn des Worts. — B. war von bober, ba
gerer, aber fräftiger Geftalt, feine Erfheinung war ehr⸗
würdig und in gebildeten Kreifen indbefondere carakte⸗
rifirte ibn eine gewifle anmuthige Beweglichkeit, Die feis
ner Gegenwart etwas Bebagliches und Jugendliches mits
theilte. Wo er war, da verbreitete er Sried’ und Sreude
um fih ber und fein 40 Jahre von ihm bewohntes Zim⸗
mer mochte feinen Lieben als ein filler Tempel, ein vom
guten Geiſt gedeiligter Dre erfdeinen. Sein Her; mar
ewig offen für jeden reinmenſchlichen Eindrud, fein eds
. Ier Wille ſtets auf das Gute, Schöne und Beglädende
erichtet: und wenn man von diefem feltenen Menfchen
agen kann, daß er in feinem langen Leben willentlid
gewiß niemald irgend einem athmenden und fühlenden
efen webe.gerban bat, fo gebörte er dafür auch zu den
Wenigen, über deren aͤchten Werth ed nur Eine Stimme
gab und gibt. Sein fhöner, fanfter Tod war der eined \
von Gott Begnadigten. Und wäre darin nice ſchon bie
nieden hoher Segen für hohe Treue und Güte zu erfen-
nen? Mit Nachdenken wollen wir diefe Betrachtung
verfolgen; eingedent wollen mir fein des fhönen Ge
mürhs, welches in der Sreude Anderer die eigene hoͤchſte
ſuchte und fand. — Der ernfie Genius nahte leife dem
kaum kraͤnkelnden reife; es fchien, der Tod felbft babe
Edrfurcht vor dem reinen Sterbenden, über deflen Aut
«
U. 0. Ienifch. 2
litz ſich beiteres Lächeln ergoß, als wolle er fagen: «8
our vollbracht! Und fo wurde ihm die Auflöfung im -
hößften Lebensalter zu Theil, die einzige, die nihtö Ge»
waltfames bat. Die Lebensuhr ftand fill, weil ihre Ges
wichte rein abgelaufen waren. Aber der Derklärte
mmerte nur: er war, — er ift nit todt.
ara Ä Dr. Friedrich Weppen
* 147. Karl Friedrich v. Jeniſch,
Beſitzer der v. Senifh=u. Stage’fchen Verlagdhandlung zu Xugdburg;
geb. d. 29. Juni 1771, geft. d. 11. Apr. 1837.
Er war zu Winterbah im Koͤnigreich Wärtemberg
auf dem Gute feines Vaters, Franz Karl v. entf, .
Eönigl. Oberfoͤrſters daſelbſt, geboren. Seine Mutter ',
war eine geborne v. Ebendberger aus Waiblingen. Im
Genuß einer tüctigen Erziehung im elterliden Haufe,
‚fo wie des vorbereitenden Unterrichts durch einen Hof⸗
meifter, erreichte er daß ſechſte Jahr und bezog fodann
mit: feinem dltern Bruder Serdinand dad Gymnmaſium
zu Schorndorf. Unermüdlicher Fleiß, von treffliden na⸗
thrliden Anlagen unterküßt, bob in mebrern Klaffen ibn
auf den erften Plag. Aus befonderer Vorliebe für den
Wirkungskreis eines’ Buchhaͤndlers, trat er in einem
Alter von 14 Jahren in die C. 9. Stage'ſche Buch⸗
bandlung in Augsburg in die Lehre und bewährte nun
die Weile feined innern Berufs dur eine fo raftlofe,
——— umſichtige Thaͤtigkeit, daß er nach
era ausdruͤcklichen Willen ſeines ſie wohlwollend ans
erkennenden Prinzipals nach deſſen Tode, mit Ums
gehung aͤlterer Gehuͤlfen und ungeachtet der erſt vor ei⸗
nigen Jahren beendigten Lehrzeit, Gefhäftdführer der
Handlung wurde. Ein fo auszeichnendes Vertrauen
ſuchte er, von dem edlen Ehrgeize befeelt, ſich deſſelben
‚wärdig zu zeigen, Durch "die dankbarſte Hingebung zu
vergelten und dad Gluͤck Ernte auch feine Mühen in
einer viel fchwierigeren Zeit, wo dem Buchhandel die
ahlreichen Betriebsquellen unferer Tage noch nicht ges
* waren, mit dem guͤnſtigſten Erfolge, fo zwar, Daß
e von ihm geleitete Buchhandlung, namentlih auch
durch feine perfönlihe Rechtlichkeit, ſich bald in die
Reibe derjenigen emporſchwang, die den erften Rang
in Deutichland behaupten. Er war ed auc, , der zuerſt in
Deutfhland die ſchoͤnen Tafchenwörterbächer in mehreren
praden einfährte, welche auch jegt noch, nach ſieg⸗
dem Kampfe mit vielfahen Nachdräden und Nach⸗
[ . f
.
*
v. Jeniſch. 499
ehmungen, einen ebrenvollen Platz in der deutſchen Lis
teratur einnebmen. Dad: Tahr 18086 bedrobte ihn mit
einem ſchrecklichen Geſchicke. Der Buchhändler Johann .
Ppilipp Palm in. Nürnberg verfendete im Srübjahr 1806
eine an fi gebaltlofe Slugfhrift unter dem Titel:
„Deutiſchland in feiner tiefften Erniedrigung,* die aber
Napoleons Tprannei und dad drüdende Schalten und
Walten der franzöf. Truppen in Baiern mit der Wahre
beit eined empoͤrten Herzens fchilderte, an die Stageſche
Buchhandlung in Augsburg, jedoch, nad Palms Bes
thenerung bis zum legten Hauche feines Lebens, nur als
einen Speditiondartikel, deſſen Inhalt er nicht kannte.
Don der Stage'ſchen Buchbandiung wurde jene Flug
ſchrift einem Geiſtlichen ald Neuigkeit zugekellt, in defs
fen Haufe die franzöfifbe Dffietere, welche deutſch ver⸗
fanden, zufällig zu eben befamen und fie ald hoch⸗
verraͤtheriſch mahrfcbeinlih der Franzöfiihen Regierung
anzeigten. Angeklaͤgt der Verbreitung diefer Flugſchrift,
wurde dv. J. von franzöf. Gensd’armen verhaftet, —
wie Palnı in Nürnberg — und in einem wohlvermahrten
Wagen, unter militärifcher Bedeckung von ſechs Mann,
nab Braunau geführt, um von der £aiferl. franzoͤſiſchen
außerordentliden MilitdrEommiffion dafelbft gerichtet zu
werden. Da fügte es fi, daß der Zug auf dem Wege -
von Augsburg dabin dem eben von Münden zuräds
kehrenden damaligen koͤnigl. Polizeidireftor von Augd«
burg, Freiherrn von Andrian begegnete, einem der
achtungswuͤrdigſten Staatsbeamten und bochberzigften
Menſchenfreunde, zur Zeit Generalfommilfär und Res .
— vom Pbermainkreis. Er kannte den
efangenen, ſtellte ihn als Bürger von Augsburg unter
ſeinen Schutz und zwang die Bedeckung durch die Ge⸗
walt des Worts und des perſoͤnlichen Muthé, ihn nach
Münden, anſtatt nach Braunau zu führen. Nur das
durch wurde er vom Tode, der Aber ihn außgefproden
war, gerettet, indem der König Marimilian Tofeyb *)
‚feine QAußlieferung fandhaft verweigerte. Von ſechs
auderfebenen Opfern fiel nur der unglädliche Palm zu
Braunau. v. I. brachte im J. 1813, nad dem Tode
- der Stage'ſchen Witwe, die Buchhandlung und das
paue eigentbämlid an ſich und fügte der alten Zirma
einen Namen bei. Sein Verlag umfaßte deutfche,
‘
franzoͤſiſche, italienifhe und englifhe Werke und zwar
) Deflen Biograpbie f. im N. Rekrolog Jahrg. 3. S. 98.
438 0 Harfeim. |
nicht inmer Artikel, die auf bedeutenden- zweifel loßen
Abſatz berechnet waren, fondern auch Werke, die er zus
naͤchſt in patriotiſchem Sinne verlegte, obgleich er nur ein
Heined Publikum erwarten durfte Er war zweimal
verheirätdet und binterließ- drei Söhne und zwei Toͤch⸗
‚ter. Bereits im Jahr 1830 übergab er: feinem dlteften
Sohne Karl einen Theil feined Geſchaͤfis und hebielt
nur den Verlag für ſich, welchen er unter der Firma:
v. Jeniſch⸗ und Stage'ſche Verlagshandlung“ bis an
ein Ende fortfährte und jdbrlih mis einigen neuen
Werfen vermebrte. Auch dieſe Verlagsbandlung if erb⸗
. eigentbümlid übergegangen auf Den eben genannten dis
sehen Sohn nach Dem am oben genannten Tage ſchnetl
und unvermutbet erfolgten Tode unferd v. J. — Dekan
Geuder bielt die Grabrede.
* 148. Dr. Auguſt Rinaldo Harfeim,
Pfarrer in Leutenthal (im Weimarifchen)z; -
geb. den 26. Sunf 1804 , geft. den 12, Apr. 1837.
Seine Eltern waren der im. Jahr 1821 zu Stadt⸗
Buͤrgel im Weimariſchen verſtorbene Pfarrer und Ads
junkt Wildelm Auguft Gottfried Harfeim und Johanna
‚Elifaberd Wilhelmine, geborne Hochdanz aus Weimar.
Das Licht der Welt erblidte er in enapriednig, unmeit
ena und hatte 6 Geſchwiſter. Seine Sinabenbildung,
0 wie den erftien Unterricht, empfing er im Baterbaufe,
aus welchem. er nad der Konfirmation auf die Schule
‚u Eifenberg äberging, melde er, 16 Jahre alt, mit
dem Gymnaſium zu Weimar vertaufchte, fogleih in die
erſte Klaſſe deflelben eintretend, Hier erwarb er ſich
durch feinen regen wiflenfchaftliben Eifer, durch fein
unbeſcholtenes Leben und durch feine Befcheidenbeit bei
Lehrern und Spälern gleide Achtung und Lıebe und
zeichnete fich fo auß, dab er niet allein dad vom Herzog
MWildelm Erntt für die 12 fleißigſten, faͤdigſten und ges
ſittetſten Primaner geftiftete Stipendium, fondern au
eine der Prämien erbielt, welche jaͤhrlich an die 3 vors
lichſten derfelben vertbeilt zu werden pflegen. Gründe
lich vorbereitet gina er ald Primus des Gpmnafiums auf
die Univerfität Tena ab, fudirte bier mit größten Fleiße
Tdeologie und Philologie und befand fein ‚Kandidaten
eramen mit Auszeichnung. Da Uneniſchloſſenheit einer
feiner bervorkebenden Charakterzüge war, fo konnte er
ſitd lange nicht entfcheiden, ob er Geiſtlicher oder Kchrer
L
[4
i
werden wollte, bis endlich feine überwmiegente Neigung
zur Philologie und günftige Ausfihten, welche er im
Hanoverfden zu baben glaubte, ibn für das Lehramt
entsieden. Sein ernſtes Bemüben um ein ſolches be
Mimmte ihn, fib den Grad eined Doftors der Philos
- fopbie zu erwerben. Allein da fomohl jene Außfichten
Im Hanoverſchen, ald auch die von ihm gehegten Hof»
nungen auf Erlangung einer: Stelle am Gymnafium u
Weimar fehlſchlugen, fo kehrte er zur Theologie zurüd
.. undergriff, um eine Anftellung in einem geiftlichen Amte
abzuwarten, dad Hauslehtergeſchaͤft, weiches ihm aber,
weil er ein beflerer Lehrer als Erzieder war, nicht zu—
fagfe und bald wieder von ihm aufgegeben murde. Niere
‚our privatifirte er einige Zeit in Zena, bis er i. J. 1895 _
ald Pfarrer in Leutenthal, unweit Weimar, angefellt
wurde, wo er fib nicht allein dur feine religidfen
. Vorträge, fondern auch durch feine fpeciele Geelforge,
fo mie durch feinen muſterbaften Wandel die unge
theilte Achtung und Liebe feiner Gemeinde erwarb. Hier
verbeirarhete er lich im folgenden Zabre mit einer Tod»
ter des ehemaligen Jufigratdbd Große in Naumburg und
fünrte mir ihr eine böchft gluͤckliche Ehe, welche aber
kaum nach Tahresfrift dur Den Tod ſchon wieder ges
trennt wurde. Obgleih ndmlid 9. bei allem Mange
an einem Eräftigen Ausſehyn und bei feiner mehr al
mittelmäßigen, ziemlich bagern Statur von der Natur °
mit einer guten Geſundheit begabt war, fo hatte diese
Doch durch feinen Aufenthalt als Hauslehrer an den
feudten Ufern der Weſer merflich gelitten. Denn er
wurde bdufig vom falten Fieber befallen, welches auf
fein Nervenſyſtem den nadtbeiligften Einfluß aͤußerte.
Eine empfindliche Erfältung ſchlug ſich dahin und ging
in ein Schleimfieber über, welches am oben genannten
Tage fein Leben endete, Das viele Gute, welches er
während feiner kurzen Amtörflibrung als Geiſtlichdr ſtif⸗
tete, macht feinen frühen Tod zwiefach bedauerlich. Aber
auch die Wiſſenſchaft verlor an ihm einen eifrigen Vers
ebrer und fähigen Kopf, wie er ſelbſt ſchon im 3. 1829
durch eine zu Jena im Drude von ihm erfchienene Ab⸗
dandlung über Die Frage: „Qaid concilium Spirense ad
Sacrorum emendationem valuerit?” auf dad Deutlichſte
beurfunder bat. — H..befaß cinen Flarem und durch⸗
dringenden Verſtand, welcher das Gefühl volltändig bes
berrihte. Daper war au feine religidfe Denkart die .
rationaliſtiſche im edeln Sinne des Wortd. Im prakti⸗
432 - Heufinger. F
ſchen geben ober erſchien er ſtets als ei „gemsbunder.
edler
und fiebenswärdiger Menfch, der alled Gute mit
Begeikerung ergriff und daher in jedem Kreiſe, in wel⸗
dem er lebte und wirkte, ſchmerzlich vermißt wird.
2 e — ! — C Th. C. Saul,
Pfarrer in Oberweimar,
* 149, Sohann Heinrich Gottlieb KHeufinger,
ehemal. Profeffor am Kadettenhaufe zu Dredven;
geb. d. 1. Aug. 1766, geft. d. 13. Apr. 1837 *).
Er war zu Römpild im Hennebergifchen Meiningen
geboren, wo fein Vater Diakonus war. Nachdem er
e“ den. Schulen zu Meiningen und Koburg einen folis
en Grund für weitere Ausbildung geist batte, bezog
er im Jahr 1787 die Univerfität zu Siena, um fi dem
Siudium der Theologie zu weihen. Bald aber ‚verließ
"er diefe Fakultät und widmete ſich audfchließfich dem-
Studium der Philofophie. Im Jahr 1789 nahm er Die
Stelle eined Hauslehrers bei einem Handelsherrn Salo⸗
mon in Ronneburg an. Von da wendete er fi 1798
nah Dresden, mo er Privatunterricht ertheilte und fi
auch verheirathete, begab fich aber alddann 1797. n
Eiſenach und leitete daſelbſt im Vereine mit Andre **) ein
Erziehungsinſtitut. Dredden zog ihn jedoch Thon im
folgenden“ Jahre wieder an fib und er verließ es auch
feitdem nicht wieder. Als privatrifirender Selehrter bier
lebend, arbeitete er mehrere Schriften für Schule und
Leben auß, bielt vor gebildeten Streifen. viel befuchte
a a Mbitofopbie und befchäftigte fid mit
Erziehung and Unterricht von Sinaben geachteter Fami—
lien. Sp wirkte er eben fo nüglih als anſpruchslos
und verbeirarbete fi nach dem Ableben feiner eriten
Gattin im J. 1800 zum zweiten Mal. Eine Anftellung
als Bücerauftionator von 1801 bid 1807 fagte ibm wer
niger "zu, Er gab dieſe Stelle auf und trat im letzt—
e genanaıen Jahre als Lehrer beim Kadettenkorps, 1808 |
eim Pagenhaufe und 4810 in die Militärafademie ein.
Für den Unterricht ſowohl an letzterm Inſtitute, wo er
Gefhichte, Geographie, Encnklopddie und deutſche
Sprache lehrte, ald auch bei dem Sadettenkorps, wo .
ihm fpäter der Titel als Profeffor ertheilt ward und als _
- Religionslehrer beim Pagenkorps thätig, außerdem. noch
*) Nach der Leipz. Seituna 1837 u. Privatmitthellungen. _
1) Deilen Biographie ſ. st. Nekr. San 67
| ' *
Deufinger. _ 433
in feinem Haufe bei Penfioniren und andern Knabe
wirffam, ward ibm Dad Lob rined zweckmaͤßigen Unter,
richts ſowodl, als einer Ächt paͤdagogiſchen Haltung zu
Theil und nur feinen immer mehr vorrüdenden Jahren
war es zuzuſchreiben, Daß er im Jahr 1831 ehrenvoll
emeritirt wurde. Er mar ein treuer Anbänger feines
Königs und in den verbängnißvollen Jahren 1813 und
41814 nährte er feiner Schüler Liebe zu idrem recht»
mäßigen Herrn auf alle mögliche Weile. Beine zweite
Gattin war ihm bereisd voraudgegangen, ale er in den
Armen feiner beiden ihn treupflegenden Toͤchter fanft
entfchlief. Das Gebier, dad er ald Schriftſteller ums
faßte, war reich. Denn er behandelte in feinen Schrife
ten Aeſthetik, Erziebungsfunde, Geographie, Mathema:
tif und Geſchichte und zeigte in allen einen eben fg ges
übten Blick ald geiammelte Stenntniffe.. Beſonders as
ren es aber Geographie und Encpflopädie, womit er
ſich am liebften beihdftigte und die er auch in den vor⸗
genannten koͤnigl, Inftituten nebft der deutſchen Sprache
yortrug. Seine legte, für praktifche Anmwendbarfeit fep
fhäßbare Arbeit war „Die Algemeine Geſchichte, ein
Lehrbuch für Jeden, welcher diefe Wiſſenſchaft in ihrer
Allgemeindeit und ihren Hauptrheilen Kennen fernen will,
befonderd aber für Dad Beduͤrfniß der Lehrer und Lehre—
rinnen eingerichtet.“ (3 Abtbeil. Dresden und Leipzig.)
ann war er no und bis zu feinem Ende, mit einer
ncyklopaͤdie der Wiſſenſchaften, nah einer von idm
eigenthämlichen Anordnung, beſchaͤftigt. Seine Schrife
ten find: Mir E. K. Andre: Ulrih Flaming; ein lehr
reiches Leſebuch f. Kinder, welche gern d. Geſchichte er:
lernen möchten. Braunſchw. 1790. — Gutwilld Spazier⸗
gänge mit feinem Wilhelm, für junge Lefer beraus»
gegeben. Zittau u. Lpzg. 1792. — Beitr. 5. Berichtigung
einiger Begriffe über Erziehung, und Etziehungskunſt.
Halle 1794. — Derfuh eined Lehrbuch der zinebongk:
£unft. Lpzg. 1704. — Verſuch e. EncyElopädie d. Philos
fopbie, verbunden mit einer prakt. Anleitung 3. d. Stu⸗
dium d. krit. Philof., vorzügl. auf Univerfitdeen. 2 Thle. r
Weimar 1796. — Rouffeaus Glaubensbekenntniß. Neus
firelig 1796. — *Erzählungen in Stillend Manier und
- Abfiht. Tena 1796. — Handb. d. Aeſthetik, od. Grund»
füge u. Beurteilung d. Werke e. jeden Ichönen Kunſt.
2 Bde. Gotha 1797— 1800. — Ueber d. Benugung des
bei Kindern fo thaͤtigen Triebes befchäftigt zu fein. Ebd.
, 1797. 2. unverdnd. Ausg. Ebend. 1799. — Die. Samilie
N. Nekzolog. 15. Jahrg. 28
I)
TE Heufinger. ‘
Wertbbeim; e. tbeoret.» praftifche Anleit. 3. einer regel.
mäß. Erziebung der Kinder, vorzägl. von dem 6. bid in
das 14. Jadr. 5 Bde. Ebd. 1788— 1809. — Die Kreuz⸗
züge; ein angenehme® u. nuntidee Leſeb. f. d. Jugend.
Dorimund 1799. — Ueb. das ideal. ,atbeiftifhe Syſtem
d. Hrn. Prof. Fichte in Jena. Dresd. u. Gotha 1799. —
Meine Antwort auf Herrn Fichte's Ermiederung meiner
Einwätfe gegen feine —n—— Gotha 1800. —
Sodann Traugott Planıd Handb. e. bollſt. Erdbeſchreib.
u. Geſchichte Polynefiend od. d. flinften Erdibeild; fort:
gefent von Th. Sr. Edrmann und J. H. ©. Heulinger,
2r u. legter Bd.: Mittel» u. Oftpolynefien. Leipzig und
Gera 17899. — Handatlad über alle bekannte Länder des
Erdbodend. Gotha 1810. — *Beleuhtung e. aegenmwärtig
in Dresden cirfulirenden Schreibens. Oſchatz 1815. Nads
gedr. zu Wien 1815. (Ward in Sadien vom General:
“gouvernement bei 100 Rıhlr. Strafe verboten.) — *Uufs-
ruf e. Teutſchen an d. Sachſen. 1815. — Die Geſchichte
d. Europäer, aus dem weltbürgeri. Geſichtspunkte dar—
geheilt. Gotha 1825. — Die Elementargeograpbie, oder
. Topographie d. Erdbodens, ald Grundlage jeder bes
fondern Geograpbie dargeſt. u. zum Schul, und Seldft-
ebraude eingerichtet. Nebſt Atlas. Dresd. 1826. 2. Aufl.
pig. 1834. — Beſuche bei Todten u. £ebenden. Leipzig
1834. — Bildungsbuch f. junge Männer bei ihrem Ein—
tritt in die Welt. Verfaßt von J. ©, Wenzel. 9. verb.
u. verm. Aufl. v. Heufinger, 2 Bde. Ebd. 1834. Noch
“einige andere Schriften. Zur allgem. biftor. Tafchen»
bibliothek für Jedermann lieferte er (1826) dad 8, und
4. Bdchn. (die Geſchichte Englands von F. Bodin), fo
wie dad 17. u. 18. Bdchn. (die Geſchichte d. Kreuzzüge.
Nach dem Franz. d. Hrn. v. Saint; Maurice), In der
Teuiſchen Monatöfhrift, Schmid’ Magazin f. Vſycho⸗
Iogie u. deffen Journal f. Moralität, dem Allgemeinen
Anzeiger, dem Allgemeinen Jadhrb. der Univerfitdten,
Den von 9. Hennings beranse: ebenen Refultaten, Be
merkungen, Niethammers ppi Ofopbifcem Journal, der
& Leipziger gelebrten Zeitung ıc. finden fi Aufſaͤze und
Recenfionen von ihm, 2
N
* 150. Sebaſtian Scharnagel,
Maler u. Beichnenlehrer an der k. Stubienanftalt, der landwirth⸗
fhaftlihen und Gewerbsſchule, an dem E. Scyullehrerfeminar und
dem englifcyen Sräuleininfitute zu Bamberg, Mitglied mehrerer
: Vereine;
geboren den 4. Mai 1751, geftorben den 13. Apr. 1837,
In feiner Tugend beſuchte Sch. die Zeichnung:
fAule in Bamberg und zeichnete ſich fo put aus, Br
der damalige Generallommifldr v. Stengel *), der nicht
alein ein febr großer Kunſtkenner und una ler
ondern auch ausübender Künfller war, ein befondere
ugenmert auf ihn richtete. Er bradte ed Dabin, Daß
unferm Sch. von dem Zeichnungslebrer Beibel die hd.
bere Ausbildung in der freien Dandzeidnung ertheilt
murde. Hierauf widmete ſich Sch. unter 4. Dorn’d
Anleitung mit großem Eifer der Malerei und brachte es
darin innerbalb eined Jadrs fo beit, daß er fi fon
4811 nah Münden auf die Akademie begeben konnte,
mo der damalige Direftor Dillis und Prof. Schwab ihn
durch befondered Wohlmollen ehrten. Als Hiforienmaler
batte er eine befundere Vorliebe für Bataitennäde; darum
ftudirte er au mit bewunderungswärdiger Beharrlichkeit
die Anatomie der Pferde und die Temperamente der vers
fhiedenen Rasen. König Marimilian von Baiern **),
aufmertfam auf den Bleiß und das Talent Schis, über.
trug ibm 1818 die gertigung eined Gemäldes, dad den
Moment enthält, wie die Jungfrau von Drieand, aus
der Gefangenſchaft entfprungen, dad Kommando der
Sranzofen in der Schlacht übernimmt. Diefed Gemälde
hatte fih mit Recht deſſelben Beifalls zu erfreuen, wie
andere feiner Scplahtenftüde, und Scenen aus dem Le⸗
ben der Tungfrau von Drleand. 1815 kehrte Eh. nad
- Bamberg zurück und erbielt bald nad feiner Nüdkehr
vom verfiorbenen Herzog Wilbelm ***) den ehrenvouen
Auftrag, mehrere Gemälde für fein Schloß Ben zu
fertigen. Beſondern Beifoll erhielt das Bild, weiches
den Herzog mit feinem Stallmeiſter und Gefolge au
Herde, im Hintergrunde Banz, darſtellt. Er fertigte
auch einige große Altarblätter und mehrere andere Ge
mälde ſowohl für Kirchen als Kunfliebhaber. Au find
2) Deflen Blog. f. im 2, Jabra. des R. Netr. ©. 675. v
— — 8. — — — —
ee) Deſſen Biograpbie’f. in dieſ. Jahrg. d. a Mel. ©. 61.
488
436 | Koppe.
mehrere Lithographien, Gegenden um Bamberg dars
ſtellend, von ihm. Da fein er im Zeichnen gluͤck⸗
lichen Erfolg batte, fo widmete er fi dem Lehrfach und
. war hierin unverdroffen_ und unermädet thätig bis zu
feinem Tode. In den gerienzeiten machte er meiltend
Reifen, befudite Defterreib, Böhmen, Sachſen, die
‚Schweiz, um die Kunſtſchaͤtze Diefer Länder näher fen
nen zu lernen. Er legte eine a — an und
war bemüht, die Bamberger und Würzburger Münzen
zur ziemlichen Vollſtändigkeit zu bringen. — Er blieb une
verbeirarbet;-fein nicht unbeträchtliched Vermögen wollte
er den milden Stiftungen zuwenden und feine Münzen
fammiung zum allgemeinen Gebrauce für Kunſtkenner,
beſtimmen: allein leider traf ihn ein — wel⸗
cher gaͤnzliche Beſinnungsloſigkeit zur Folge batte. Alle
Vorſchriften, welche Hufeland in ſeiner Makrobiotik gab,
beobachtete er aufs Genaueſte. So legte er nie, zuräc.
kehrend von Befuhen oder von Dienſtgeſchäften, den
Rock ab, bevor er ihn mit mit Papier abgerieben hatte;
denn- er glaubte, es hänge fib an demfelben immer ein
Miasma. — Er mar fireng religiös und durch feinen in
jeder Besiehung außgezeichneten Charakter nicht nur bei
feinen Zöglingen, jondern auch allgemein beliebt.
‚Bamberg. G. 4. Thiem.
151. Dr. Karl Wilhelm Koppe,
Sr. Regierungdrath ‚ ebem. preuß. Generalconful - in Merito,
Mitgl. d. Minifterlumd d. audwärt. Angelegenheiten zu Berling
geb. den 6. Juli 1777, geft. den 17. April 1837 *).
Geboren zu Göttingen, hatte er das Ungläd, in eis
nem Alter von 13 Jahren feinen Vater zu verlieren —
einen allgemein geachteten Geiſtlichen, welcher 1790 als
Hanoverſcher Generalfuperintendent und Konſiſtorialrath
zu Hanover flarb. Mit ungemeinen Faͤhigkeiten ausgeſtat⸗
- tet, hatte der Juͤngling fon in einem Alter: von 16 Jade
ren feine Schulftudien beendigt und nachdem er aud
die Univerfitätölaufbahn zurädgelegr hatte, ernannte die
Univerfität zu Helmftädt ihn in einem Alter von 20 Jade
ren zum Doktor der Rechte. Als ſolcher fand er feine
erfte Anftelung im Staatödienft ald Garnifondauditeur
zu Hameln und in Diefer Eigenfchaft verband er fi
mit feiner noch lebenden Gattin, die feitdem alle feine
°) Algens‘ preuß. Staatszeitung. . ”
—
ar Kopp. . 487
Schickſale redlich getheilt hat. Diefe hoben mis der
Decupation des damaligen Kurfuͤrſtenthums genger
durch die Sranzofen an. Sette jedoch die gaͤnzliche Auf;
loͤſung des banoverfhen Militärd, die eine nothwendige
Folge Diefer Decupation war, den jungen Samilienvater
in eine nicht geringe Derlegenbeit, fo wurde dieſe 'einis
germeatra dadurch gemildert, Daß der Feldmarſchall von
almoden ibn zunddhf als feinen Privarfefretär mit
fid auf feine Guͤter und, nicht lange darauf, nach Büde-
burg nabm, wo der Seldmarfhall,. ald Vormund, des
— — Die Angelegenheiten des Landes leitete.
In Buͤckeburg machte K. die erſte Bekanntſchaft des nad
dem Hintritt des Herrn von Struenſee zum preußiſchen
Staatsminiſter und Chef des Acciſe-, Zoll» und Fabri⸗
kende partements ernannten Freiherrn vom Stein *), der
bekanntlich ein Schwiegerſohn des Feldmarſchalls Wall⸗
moden war. Durchdrungen von der Brauchbarkeit K.'s,
gewann der neue Minifter ihn für den Eintritt in den
reußifchen Staatödientt und nah Verlauf von wenigen
onaten fungirte K. zu Berlin als Affeffor bei der Eds
nigliden Bank und Seehandlung, nicht ohne von feinem
Dorgefegten für andere eben fo wichtige Dienfte in Ans»
fprud genommen zu werden. Died geſchah in dem ver«
bängnißvollen Tahr 1806. Im Jahr 4807 verließ Herr.
- 90m Gtein den preußifhben Dienft und K. faßte auch
diefen Entſchluß, weil ibm Alles daran’ gelegen war,
nicht in dem Licht eined nur mit fich ſelbſt befhäftigten
"Beamten zu erſcheinen. Der Sriede von Zilfit beendigte
dieſe peinliche Lage. Als Premierminifter nach Koͤnigs⸗
berg (dem damaligen Wohnſitz der Regierung) berufen,
begab Herr vom Stein ſich dorthin; ibm folgte K., in
deſſen Klugheit der Minifter- ein unbedingted Vertrauen
zu fegen begonnen hatte. Diefed Vertrauen war au
die Veranlaſſung, daß K. bald darauf mir geheimen Aufs
trägen nad Deutfhland abgefertigt wurde. Gleich nach
feiner Ankunft in Berlin aber wurde er auf Unordnung
der franzöfifden Polizei gefangen genommen und nad
Sranfreicy geführt, mo er ein Jahr fang auf Dem Fort
de Tour an der Grenze der Schweiz unter Entbehrun«
gen alter Art in firengfiem Gemahrfam gehalten wurde;
i8 nad der Vermäblung des franzöfifden Kaiferd mit
Maria Louife feine Verfegung nad Dijon erfolgte, wo
er dad nächte Jahr (1810) unser minder harten Bedin⸗
”) Deifen Biographie N. Nekr. 9. Sarg. ©. 512. v
488 | Koppe.
gungen verlebte und im Umgang mit gefangenen Spa⸗
-niern, fo wie in der ihm geſtatteten Wiedervereinigung
mit feiner Samilie allen Troft fand, der fih für einen
‚zum Handeln berufenen Mann mit dem Verluſt der Sreis
eit verträgt. Am. 10. November 1810 erfolgte endlich
8.8 Sreilaffung, on die fib jedoch die Bedingung knüpfte,
Daß der Beireite nad Hanover zurädfehren folte, um
in diefer Provinz ne Koͤnigreichs Weſtphalen, — denn
‚dazu war dad Kurfürſtenthum feit einigen Monaten ges
macht worden — fern von feinen früberen Berbinduns
gen u leben. Angelangt in feinem Vaterland, tüblte
X. nur allzu tief, daß er, ald Untertban ded Königs
—— mit ſich ſelbſt in Widerſpruch geſetzt war.
m ſich gegen dies Gefühl zu betaͤuben, blieb ihm kein
anderes Mittel, als ſich in Studien zu vertiefen, welde
ihm in beflern Verdaͤlmiſſen fremd geblieben fein wuͤr⸗
den. Dadin gebörte das Studium der ſpaniſchen Lite⸗
ratur, die er zu Dijon im Umgang mit feinen ſpaniſchen
Mitgefangenen lieb gewonnen batte. So verſtrich für
idn dos Jahr 1811 auf eine erträglihe Weile. _ Das
nädfifofgende verlebte er wie unter anbaltender Gewit⸗
serfhmwäle, fobald Der Sirieg mit Rußland feinen Anfang
. genommen batıe. Im Allgemeinen war ibm. der Aus⸗
ang deflelben keineswegs zweifelhaft, nur daß die gro⸗
sen Begebenheiten, die diefem Ausgang ibr Geproͤge
.aufdrüdten, fi nicht vorberfehen ließen. Eobald nun
der Rüdzug der Franzoſen und ihrer Verbündeten ent
fhieden war, fühlte ſich K. von einer Unrude befallen,
die für ihn zu einer um. fo ärgern Marter wurde, je bes
-immter er wußte, daß man ibn mit Argusaugen bes
wahte. Schwierigkeiten aller Art mußten überwunden
werden, ebe ed ibm gelang, Äber die Elbe zu Fommen
und das Hauptquartier des Generald Tettenborn zu er⸗
reiben, von wo er nach Berlin ging, um fi zu equipi⸗
ren und den Seldzug ald freiwilliger Jäger mitzumachen.
Als folder wohnte er den Schladten bei Großbeeren
und Dennewiß dei und wurde den 17. Dftober auf dem
Sdlachtfeld vor Leipzig zum Dffizier ernannt. Zwei
Tage darauf war feine militärifche Laufbahn beendigt:
Benn während des Sturms auf Leipzig erbielt er einen
fo zerſchmetternden Schuß Durch den rechten Arm, daß
er mebr ald einmal in Gefahr war, denfelben Durch Am⸗
putation gänzlich ‚u verlieren. Zwar unterblieb die Am⸗
putation, doch die Lähmung war nicht zu bintertreiben
und wollte er. nicht für Den ganzen Ueberreſt feines Leo
'
’
⸗
«
bens unbraudbar fein, fo mußte er mit der linken Hand
ſchreiben lernen: eine Eigenfhaft, welde in eine Als
ter von 87 Jahren gewiß nicht ohne große "Anftrenaun
und ungemeine Willendfraft zu erwerben iſt. Er blie
in Leipzig bis zum Sebruar 1814. Seinen nädfien Wir
kungskreis fand er als J——— in Halberſtadt:
doch ſab er ſich, wenige Monate Darauf, durch den Mis
niſter vom Stein aus demſelben abberufen, um zu Aachen
‚ ald Gouvernementsrath zu fungiren. Dieſen Poſten vers
taufhte er im Jahr 1816’ gegen den eined Regierungs⸗
raths in Minden, wo er big ja Jahr 1828 blieb, viel
fach mit eußerordentliben Aufträgen beehrt, unter wel⸗
den die Weferfiftiahrisfommif on ihn anhaltend und
lebhaft beſchaͤftigte. Im Sommer des Jahrs 1828 nad)
Berlin berufen, erbielt er zunaͤchſt die Bellimmung, die
Elbſchifffahrtskommiſſion in Dredden zu übernehmen, doc
wurde dies Sefchäft aus mancherlei Grunden verſchoben.
Sehr bald nun fand fi für den Unbeſchaͤftigten eine
zweite Beſtimmung, für deren Erfüllung es nicht leicht
einen Nebenbuhler gab, weil dieſelbe Kenntniß der ſpa⸗
nifden Sprache vorausſetzte. So wie die übrigen
Maͤchte Europaß Handelöverbindungen mit den frei und
‚ unabhängig gewordenen Bewohnern des fpanifchen Ame⸗
ritad anzufnäpfen fuchten, fo wollte aud Preußen in Dies
fer Beziedbung nicht zurüdbleiben. Zür ein fo wichtiges
Beraält war ſchwerlich irgend on mebr geeignet,
ald K., fomwohl. in feiner Eigenſchaft ald Staatswirth,
als wegen feiner baupifählid in Dijon erworbenen
Kenntniß der ſpaniſchen Sprache. Mit Sreuden übers
nahm er daſſelbe und da ihm drei Jahre zu feinem Aufe
enthalt in Amerika bemilligt waren, fo trat er obne Zeit
verluft Die große Reife an. Weber den Erfolg derſelben
baben wir bier nichts weiter zu bemerken, als daß er für
Preußen nicht anderd ausgefallen if, als für Die Übrigen
- Mänte Europad. Den 1. Auguft 183% kehrte K. in feine
Heimath zurüd, dod mit tief erſchütterter Gefundpeit,
der. natärliden Wirfung nicht gewohnter Lebenmeife.
Nude war von diefer Zeit an fein größtes Bedürfniß. _
Amar wurde fein Wunſch erfüllt, doch an völlige Wie
derherſtellung war ſchwerlich mehr zu denfen. Im Herb
des Jahrs 1835 zeigten ſich nad aitbmarifhen Beſchwer⸗
den und beftigen Bruftfrämpfen ale Symptome einer
auögebildeten Bruftwaflerfuht. Dad Uebel zu beben,
thaten die Aerzte, mad in ihren Kräften ftand, obne dar
durch ein anhaltendes Nervenfieber abwenden zu können.
Kopphe. 4690
1} \
\ ‘
440 ee Wenzel.
Dieſes wich erſt im Juli des. Jahrs 1836, doch war die
Ausfiht, welche hierdurch auf völlige Wiederherſtellung
- gewonnen wurde, nur-allzu_fchnen vorübergehend; denn
bon im November traten Rüdfälle ein und nach einem
fünfmonatliben Leiden endigte er feine mübfelige Lauf
bahn mit einer Standpaftigfeit und Ergebung, die
Bewunderung verdient. _ Die Tugend dieſes achtbas
ren Manned offenbarte fi aber au darin, Daß er,
ſelbſt in Der Periode feines zunehmenden Berfalld, nicht
aufbörte, fi nühlich zu machen; dies geſchah durch eine
Reſhe lebrreicher Auffäge in der Staatsjeitung, worin.
er Auffhluß gab Aber die Fortſchritte des Handels in
ſaͤmmtlichen europäifhen und nicht: europdiiden Gtaas
ten. Nie verfannt, wird fein Verdienſt unftreitig um
fo allgemeiner gerübmt werden, je mehr die nächlte Zus
- funft, der Wirklichkeit nad, den Wuͤnſchen entſpricht,
die er bis zum letzten Atdemzug Für Preußen genäbrt
bat. — Seine Schriften find: Die Stimme eines preuf.
Staatöblrgerd in d, wictigften Angelegenbeiten unſerer -
Zeit. Köln 1815, — Bemerkungen üb. Derfaffung. Hamm
1816. — Briefe in d. Heimath geichrieben, zwiſchen Of—
ober 1329 u. 1830 waͤhrend einer Neife über Srankreich,
England u. d. vereinigten Staaten v. Nordamerifa nad
Merifo. Etuttg. 1835. — Mexikaniſche Zuftinde in den
Jahren 1830 — 1832..2 Bde. Evend. 1536 — 1837. —
- Außerdem finden ſich mehrere Yuffäge von ibm im har
noverſchen Magazin. f
152. Johann Samuel Wenzel,
koͤniglich preußifher Mgjor zu Frankfurt an der Ober;
geb. den 24. Dec. 1789, get. den 17. April 1887 *).
Wenzel wurde zu Züllihau geboren und verlebte
auch bier feine erften Jugendjahre. Kaum 15 Tahre alt,
trat er am 16. Sebruar 1774 in dad dort garnifonirende
Sinfanterieregiment v. Arnftedt (nachher v. Natalis) ein,
adancirte nach einiger Zeit zum Gefreiten, fpäter zum
»Korporal und wurde 1781 zum wirklichen Käbnri er⸗
nannt. Bald nach dem Renierungsantritt Friedrich Wils
Dee IH. (1787) wurde dad Regiment von Natalid nach
urg verfeßt, dort aufgeläft und an die Regimenter der
Magdeburger nfpektion zur Bildung der dritten Ba»
taittone vertheilt. Ein günftiges Geſchick führte W.
-Sranffurter patriotiſches Wocheublatt 1837. Nr. 17.
v
J
Ba. 4.4
um dritten Bataillon des Regiments 2 v. Braun⸗
Oweig. Im folgenden Jahr 1788 zum —88*
nant befoͤrdert, erhielt er nad wenigen Jadren den 18.
Februar 1794 dad Patent als Premierlieutenant und
“wurde noch im Laufe deſſelben Jahrs (den 8. Juli) als
Kapitän von der Armee und Plagmajor nah Magdes
burg verfegt. Mit gewohnter Pflichttreue fland er dies
fem Pollen bid Ende ded Jahrs 1801 vor und wurde,
nabdem er zum Major von der Urmee avancirt war
von dem König ald Kommandeur und Kompagniechef
ins dritte Bataillon des Sjnfanterieregimentd Alt» von
Lariſch nad Eroffen verſeht. Im Ungläddjahr 1806 be⸗
fand fh W. bei dem Beſatzungskorps der Feſtung Stets
tin und ald dieſe Feſte in Feindes Hand gerieth, traf
auch ihn das berbe Schickſal, franzoͤſiſcher Gefangener
au werben. Auf fein Ehrenwort entlaſſen, begab er ſih
nach -Sranffurt a. d. DO. und lebte dort ald ——
bis er in Folge des Tilſiter Friedens als Etappenkom⸗
mandant nad Ziebingen berufen wurde. Vier Jahre
fand er diefem ſchwierigen Umt vor, aber Krankheit
nötbigte id, auf Entbindung von feinen Gefhäften an
zutragen. Nach feiner Ablöfung, Ende Auguft des Jahre
4809, kehrte er nach Sranffurt zurätf und füblte fid Dur
Die gewonnene Nude bald wieder fo gefräftigt, dag er
aufs Neue feine Dienfte dem Staate widmen Fonnte und
fo am 14. September 1810 die Stelle eines Waſſer⸗ und
ollinfpektord übernabm. Als indeß im Jahr 1843 Preu,
en Sranfreich den Krieg erklärte, erhielt er vom Milie
tärgouvernement zu Berlin den Befehl, fein Civilamt
niederzulegen, um die Militär» und Oberlazarethkom⸗
mandantür in Srankfurt zu übernebmen. Nach Abſchlie⸗
fung des erften Parifer Sriedend kehrte er in feine früs
bdere Stellung zuräd, wurde alddann 1816 ald Zolldirek-
tor nah Neubaus am Friedrich⸗Wilhelmsgraben verfegt
und verwaltete, obgleich ſchon in vorgerädtem Alter,
mit jugendlicher Kraft diefed Amt, bis ihn im J. 1827
ein Alter nöthigte, ind Privatleben zurückzukehren. Drei
ahre früber, im Zabr 4824, beging der Bollendete feine
unfzigjäbrige Dienftjubelfeier, die von Seiten ded Koͤ⸗
nigs durch Nerleibung ded rothen Adlerordens dritter
Klaffe ihm verfhönert wurde. In größter Stille und
Eingezogenheit verfioffen ihm die wenigen Jahre, die er
in Srantfurt, geliebt und geachtet von Allen, jubractr,
sid ihn wenige Monde vor feinem Hintritt
Schlag traf, feinen hofinungsvollen Enkel, den Lieute:
er barte . -
PP Ancillo.
nant W., auf eine jedes Gemuͤth tief verfegende und
empörende Weile zu verlieren *). Mit welder Erge⸗
bung er auch die bittere Erfahrung trug, fo wirkte doch
diefer ‚Unfall auf feinen durch vieljäbriged Wirken ange
griffenen Körper doͤſt nachtheilig ein. Er Eränkelte feit
. jener Zeit mehr. ald fonft und verſchied am oben genanns
ten Tage. Er batte alle feine naͤchſten Angehörigen übers
febt. . Seine rau, eine Tochter des Majord v. Jeeger,
im Arnftedifden Regiment,. wär 1825 zu Neubaus ges
porben. Der einzige Sohn aus diefer Ehe, Hauptmann
“Im Ingenieurforps, folgte nach einigen Jaͤhren feiner
Mutser. — Die geupnüge feined Charakters waren Bie⸗
derfeit, fittlider Ernk, Beſcheidenheit, große Pflichttreue
und ein beiterer Sinn.
153. Sean Pierre Frederic Ancillon,
wirklicher Geheimer Bath, Staatsſekretaͤr für die auswärtigen
' Angelegenheiten und Chef des Lönigl. Departementd für die Anges
legenbeiten des Fuͤrſtenthums Neufchatel und Valangin, Ritter
des rothen Adlerordens ir Klaſſe mit Eichenlaub, Lr Klafle mit
Stern und Eichenlaud und Ir Klaſſe, Ritter des eiſernen Kreuzes
ge Klaffe am weißen Bande, ded ruf. St. Annenordend Ir Klaſſe,
Kommandeur des koͤnigl. ſchwed. Nordſternordens u. des kurfuͤrſtl.
heſſ. Loͤwenordens, Großkreuz des Civilverdienſtordens der baier.
Krone, Ritter des koͤnigl. Poin. Stanislausordens. Mitglied meh⸗
rerer gelehrten Geſellſchaften, zu Berlin;
geb. den 80. April 1707, geſt. den 19. April 1887 ),
Ancillon ward geboren zu Berlin, wo fein Vater
(Louis Frederic Ancillon) Prediger bei der franzöfifhen
Kolonie war. Deſſen Vater (Eharled Ancillon), ein
Kecptögelehrier, der in Meg, zur Zeit des Widerrufs
des Edikts von Nanted, lebte, war feinem Vater, Dem
Ministre du Saint Evangile, David Ancillon, nad Berlin
gefolgt und bier zuerſt mit der Zeitung der Koloniege⸗
sichte beauftragt, dann zum Ambafladerath und Hiftorio»
grapden des -Königd ernannt und zum Chef der franzoͤ⸗
*) Der — —— Emil Otto Friedr. Aler. v. Arne
ſtedt aus Ballenſtedt glaubte ungegründeter Weiſe, von ihm eine
unverdiente Be erfahren zu haben und tödtete ihn des⸗
Macht und unbefümmert
— Anden 0. 443
ſiſchen Erziedungsanſtalten befdrdert worden. . Alle dieſe
Mitglieder der Familie haben ſich durch ſchriftſtelleriſche
Arbeiten und eine ſeltene Wirkſamkeit in ihren Amts⸗
verbältniffen ausgezeichnet. Unter den Augen ſeines
geikreinen Vaters audgebilder, gewann A. eine befon-
ere Borliebe für hiſtoriſche Forſchungen und dieſe ſtei⸗
erte ſich nod mehr, ald er nach einer Damald zur tbeo»
ogifden Ausbildung ald unerläßlich angefebenen Reiſe
na Genf, Paris befuchte, wo die Revolution im Aus»
brechen begriffen war. 9. wohnte den erflen Scenen
dieſes ungebeuern Dramas bei, dad nah 45 Jahren,
Ueberraſchungen und Kataſtrophen aller Urt, der eigentlichen
Löfung noch entgegenfiebt. In Dem durchaus Ddeutfchen,
d. d. tiefen Gemäth des jungen Reifenden konnten dieſe
Belehrungen durch den ewigen Uebergang in die Extreme
nichts anders, ald einen tiefen Eindrud binterlaflen und
gerade fie-find hoͤchſt wahrſcheinlich die Veranlaflung ges
wefen, daß A. fih mit allem Eifer daran machte, die
Wurzeln des Uebeld zu erfpäben, an dem ibm augen.
febeinlih die menſchliche Geſellſchaft zu leiden ſchien.
Verdaͤltniſſe brachten ihn mit Maler du Pan zufammen
und durch ihn wurde dem Verblichenen ein Blid in das
innere Treiben der Parteien gefattet, der ibn ganz die
Sache erkennen lehrte, welche jene gleisneriſchen Mens
fen, unter dem Deckmantel der Menſchenliebe und dem
Köder der unausführbaren „Menfchenrechte, ” eigentlich
verfodten. Sein Elarer- Geift mußte den Abgrund ers
kennen, dem ſolches Treiben nur zufübren konnte, zu«
gieih aber, dag mit Gewalt gegen daffelbe nit anzu
mpfen ift und daß man nur durch Sefthaltung des
Rechts und unbeugfame Feſtigkeit gegen alle Ankaͤmpfe
Des Böfen dem Uebel entgegenzumirken — & .
feitete ibg_die Erfabeung in Die Bahn der Mäbßigung
und einer feltenen Gleichheit, die man oft ald Willen:
Iofigkeit und Schwäche verfärien hat, ohne zu ‚berüds,
fibtigen, daß mehr. Charaferftärfe Dazu gebört, um, troß-
aller Anreisungen, mäßig und feft zu bleiben und durch
Auddauer Dad vorgeftedte ziel zu erreichen, ald mit der
Unverftand anzufämpfen, 9. wurde bei feiner Rüdkebr
als Ministre du St. Evangile bei der Friedrichs-Werder⸗
fchen Kirche angeſteut und. bald darauf, im Jahr 1791,
zur Einfeanung des ehelihen Bundes des Herrn v. 9.
und der gran v. 8. nad Rdeinsberg beſchieden, ein
Umfand, der bervorgehoben werden muß, weil -feine
\ s j A \
—
ber die Folgen, gegen den
444 Ancillon.
nze Laufbahn, vielleicht, dur denſelben beſtimmt
Se Bis dDabin batte er. ſich naͤmlich nur den Ruf
eines beredten Stanzelrednerd erworben, doc bätte e6
lange dauern fbnnen, ehe diefe Rednergabe, welche der
WVerſtorbene in fo hohem Grade befuß, döberen Orts bes
kannt geworden wäre, der Einfegnungdrede wohnte aber
der Prinz Heinrich, Bruder Friedrich ded Großen, bei,
nad wenigen Minuten fand fi der ergraute Held fo
innig bewegt, daß er, zu dem jungen Redner himezo⸗
gen, ibm nicht allein mwoblmollender Gönner ward, fon»
ern ibm. fogar in feine, intimfte Geſellſchaft zuließ. A.
vereinte nämlich in feiner Sanzelberedtfamkeit Eigen '
fbaften, die ibn vielleicht böber ftellen, als die berühms
iteſten franzöfifhen Kanzelredner, Bourdafoue und Mafe
ſillon, ja Boffuer niht ausgenommen. Seine Sprache
‘war Höhft gemäblt, fein Vortrag wodklingend und er:
peeiiend, feine Art der Darftellung ſcheinbar ganz unges
ünftelt, daher ungemein.Elar; was aber alles übertraf,
war das rege Gemüth, Das den Zuhörer bis ins ante
ergriff, ihn fortriß und eine Ueberzeugung medte, die
nur durch innere Klarheit und Uebergeugung des Red»
ners felbft erzielt werden Fann. Died, unterftägt von
feiner würdigen und Im Don itendEn Perföntichkeit, fo wie
von den gemäthlichen Zügen feined Antlitzes, das, leben:
. - dig fpredende Augen noch auddrudsvoller machten,
. konnte die Wirfung nicht verfedlen. Auch iſt ed nicht
. ii feugnen, daß feine Wirkfamkeit ald Seelforger vom
„boͤchſten Segen begleitet war und Diele noch beute dan»
fend fo mander Rede fi erinnern, die ihrem Streben
jan Buten die Richtung gab. So oft er fprad, war
ie freilich an fid niot große Kirche fo übermäßig ge»
fallt, daß man aus Vorſicdt Nothträger einzuzieben 45
veranlaßt ſah. Doch genügte dieſer Thaͤtigkeitskreis mes
der dem Staate, der ihn nun kennen gelernt, noch ibm
felbft und fo wurde ihm der ebrenvole Auftrag, in der
Academie militaireg einer Schule, aus welder Preußen
feine gefoberin und Diplomaten bervorgeben laſſen
molite, einen Lehrſtuhl ald Profeffor der Geſchichte ein»
zunebmen. gene mehr drängten fich inzwiſchen über
Europa die Ereigniffe, immer Elarer traten bervor die
konſequenten Solgen der großen in Srankreih von ibm .
Audirten Ummälzung. A. fühlte nun auch dad Bedärf
niß, auch mit der Seder dem Böfen zu begegnen und
im Jahr 1794 trat er daher als Schriftfteller in eine
neue Laufbahn, die ihm fo große Erfolge, zugleich aber
L
Ancillon. | 445
auch die Dornenkrone bringen ſollte, welche Re nur de
‚nen bietet, deren Beſtrebungen beilfem und auf die
Dauer der Zeit berechnet find. Sein blüpender Styl
erregte eine allgemeine Aufmerkfamfeit,. die Gründlich⸗
keit feiner Auseinanderfegungen überzeugte und fomit
war jedes Werk, das er der Deffentlihfeit übergab, der,
Gegenſtand vielfacher Präfungen, Die der Wahrbeit immer
‚mehr Bahn braben. Der Baron Dacier in Paris fiebt
ſich in feinem Bericht Über die Sortfehritte der Geſchichte
und der Literatur feit 1789 an den Kaiſer der Sranzofen
4808 (20, Febr.) zu folgendem Eingekändniß gezwungen:
„Ancillon fegt die Kette fort, deſſen erſter Ring Zeibnig
war. Ein würdiger Erbe eines fo großen Namens, eigt
er durch) fein Beifpiel, DaB der Zweck der wahren m ⸗
loſophie dahin geht, die Wahrheiten zu vervielfaͤltigen,
nicht ſie zu —— daß ſie ihre Hauptkraft aus dem
Verein des Gemuͤths mit den Grundfägen ſchoͤpft und
daß fie gern ihre erften Eingemeibten unter den erbabene
fien Geiſtern ſucht.“ So fanden A.'s Beftrebungen die '
ihnen nicht allein zufommende, fondern die der Menfche
beit fo heilfame allgemeine Anerkennung. . Eine fo merk
wuürdige Erfheinung mußte befondern Grund haben und
diefer ift nicht fdwer aufzufinden, wenn man weiß, daß
Dem bewährten Manne nie die Perfon, immer nur die
Sache bei allen feinen Außeinanderfegungen vorſchwebte;
daß daher eine eigene Milde, auch wo er tabeln mußte,
obwaltete; daß Niemand bereitwilliger, auch in dem, was
er allgemein verwarf, dad Gute anerkannte, daB er, Une
eigennügig im böcften Grade, 9 in feinen Anfid»
ten die unbefdränftefte Selbntä digkeit bemabrte und
daß ibm daher nie der bitterfte Neid einen unedlen Bes
mweggrund unterzufieben vermochte. Wo ed Dennoch
verfucht wurde, bat oftmals dad Schidfal e6 gewollt,
Daß gleich si That feine Vertbeidigung uͤbernahm und
wenige Menichen baben Daher wie er nur ihren Verdien⸗
fen Die Auszeichnungen zu verdanken gebabt, welche ihn
aufſuchten. Schon feit dem Jahr 1803 war er zum
Hiftoriographen des preuß. Staats ernannt worden und
im Jahr 1804 ermählte ihn die Akademie zu ihrem Mit⸗
glied in der pbilofophifhen Klaſſe, deren Sekretär er
von 4804 bid 1814 war, wo ihn uͤberdaͤufte Geſcaͤſte,
wie gleich erfichtlich werden foll, zum Niederlegen letz⸗
terer Stelle nöthigten: Don 1803 bid 1805 gab er in
Berlin fein großed Werk heraus: „Tableau des revolu-
tions du Systèmo politigue de l’Europe depuis la fin du
446 Arndcillon.
geissiime siccle,““ daß unbedenklich eine der bedeutend.
en Emanationen der Zeit_ift, an welcher mehrfache, un.
ter den Augen des Verfaſſers nötbig gewordene Audgas
ben die Theilnabme der Mitwelt befundeten, dad aber
Acillons Namen auf die ſpaͤteſte Nachwelt bringen wird.
Merkmürdig genug batten die zu dem Werke nötbigen
Studien in Ancillon die, auch in der tiefiten Unglücks⸗
periode Preußens, nie ſchwankend gewordene Ueber»
zeugung geweckt, ed mäfle und werde dereinſt anders
werden. Er bewied aber in demfelben einen fo ricti-
gen und tief eindringenden Blick in die Gebrechen der
menſchlichen Geſellſchaft, eine fo Flare Einſicht in Alles,
was _Notb thut, um Die ihr gefchlagenen Wunden zu
deilen,, eine fo innige Ueberzeugung,, auf Thatſachen ges
rundet, daß nicht Inſtitutionen die Wohlfahrt der Voͤl⸗
er gründen können, fondern allein die zum Handeln
berutenen Menſchen, deren lebendes Eingreifen daß beil«
fame Zortfopreiten auf der Bahn der Erfenntniß und des
Reid zu alten Zeiten feſtſtellte, daß das Staatsober⸗
daupt, den überall nur das Wohl feiner Völker befeelt
und der fterd mit bewundernewärdigem Takt das Richtige
zu erfennen meiß, aus freiem "Untrieb und auf Ber:
onlaffung der bochfeligen Slönigin, ihn für den Mann
erfannte, der allein die Erziehung des Thronerben zum
eil feiner Ungerthanen_ leiten Fönne,-zu der. er daber
Ancilon im Jahr 1810 verief und der Ddiefer bis zum
Fahr 1818 vorfand. Hier tritt ein Abſchnitt in feinem
eben ein, der und den Verewigten in ganz neuen Bere
dältmiffen zeigt und feine Bene Tat, in Anfpruch nabm,
weshalb er denn au aus ſeiner Nilen und ſegens⸗
reihen Wirkſamkeit bdexrvortrat, um die Weltbübne zu
befcpreiten. Ancillon fühlte ganz die Wichtigkeit feines
neuen Berufd und die ungedeure Verantwortung, die er
übernabm. Der Berfafler des Emil war in der Praris
efcpeitert; A. lag ob, dur&b die That zu beweiſen, daß
eine Theorie auf richtigen Prämiffen ruhete und daß feine
Lehren nicht Ieere Hirngefpinnfte, wie die ded berühmten
Genfers, waren. Er fühlte zugleich, daß die Folgen
feines Wirkens für Milionen noch in die ſpateſte Nach-
welt binausreiben würden und daber die Ergebniffe der
{gegeit von der Entwidelung der Regententugenden
eineb erbabenen Zöglingd ungertrennlich waren. Ancillon
umfaßte den ibm anvertrauten Koͤnigsſohn mit der gan»
en Liebe, deren fein Herz in fo unerihmwingliddem Grade -
ädig war, er lehrte ihn den Menſchen lieben und ach⸗
Ancillon. | 447
ten und fand einen empfängliden Boden für den aus.
geitreuten Samen. Die natärlide Folge Ponnte nicht
ausbleiden, daß nämlich das Herz feines Zoͤgings fi
Dem befonderd zumendete, der ibn für die Liebe zum
Menden fo empfängli gemadt batte. Auch geftaltere
fd die Zuneigung und dad DBertrauen des hbälers
bald zur Sreundfdaft ded Mannes und. wahrlich ebrend
für beide fo innig verwandte Gemütder war ed, den
Thronerben Preußens feinen bejahrten Erzieber auf dem
Sterbebette pflegen, der legten Rude übergeben und mit -
verweintem Angeſichte die erfie 2 vou Fühler Erde
€
auf den Verblichenen werfen zu feben. Die durch dies
Verdaͤltniß natuͤrlich eingeleitete nähere Berüdrung mit
dem Könige mußte dazu beitragen, die vielfeitige
Braubbarfeit und die Grändlichkeit der Anfihten des
Derblienen um fo mehr erkennen zu laffen, als fie in
ber Mäßigung des Monarden Anklang fanden; daher
feden mir aud fon 1814, während feine Stellung zum
Thronerben fortdauert, 4. sum wirfliden Geheimen
Xegationsratbe bei dem Minifterium der auswärtigen
Angelegenheiten ernennen, wo er bald einen großen @in.
Auf ausübte, der mit jeder Stunde um fo -medr zunahm,
ald ihn, bei feiner feltenen Uneigennügigfeit und Frei⸗
muthigkeit, das allgemeinſte Vertrauen umgab, wenn
gleich jene Zeit gerade die war, wo er am meiſten den
Angriffen der zügellofen Preffe ausgefegt war, denen
er jedoch, mie fon gefagt, nur Thaten entgegenfegte.
Der Deriiorbene Staatskanzler Fürſt Hardenverg . hatte
den ‚ganzen Werth U.’ erkannt und diefem beionders
wurde daber die Aufficht ber dad Treiden der Zeit an
‚vertrout. Don U. ging, nad) der boden. Einfiht des
Monarden, die weife gachſichtige Milde theilmeile aus,
die die auswärtigen Derbditnife Preußens leitete und
dad Verföhnende aller Maasregeln, welche die allmidlige
Berubigung der Gemltber zum Refultate hatte. Eben
o war er eö, deſſen viel benupte Feder, die unter den
wierigſten Derbältniffen, alle Reibungen und Opal
tungen durch richtige Vermittlung zu befeitigen wußte.
Die fpäter eingetretene Krankheit des Minifterd Grafen
v. Bernftorff *) erweiterte A.'s foktifhe Befugniffe, ohne
im Bande der Politik etwas zu Ändern, eben weil der
Ehef mit vollten Vertrauen feinen Rath beedrie und
“ mithin in allen Maasregeln die größte Einheit berrfchte.
») Deflen Biographie ſ. im N. Nekrolog Jahrg. 18, ©. 820.
⸗
v⸗
24
448 Ancillon.
So wurde denn. der definitive — des Porte⸗
feuilles in die Hände des nunmehrigen Miniſters U. fo
natürlich eingeleitet, daß jener nicht in den Geſchaften
bemerkbar war, Aber auch bierbei bewährte der Der.
blicene feine feltene Unfprucslofigkeit, feine Gewiſſen⸗
baftigfeit und feine Uneigennägigkeit. Was Andere als
eing ebrende Auszeichnung für den Minilter mit Eifer zu
erfireben fuchen, Dad lehnte A., ald mit feiner jegigen :
Stellung nicht, mehr vereinbar, ob. Er legte nämlich
fein wilfenfbafttimes Amt, ald wirkliches Mitglied der
Akademie, nieder, um nunmehr ganz und ausfchließlich
ſich der praktifhen Wirkfamkeit zu widmen. Auch waren
die Ereigniffe allerdings von der Art, feine große Thaͤ⸗
- tigkeit in Anfpruch zu nebmen. Welchen Untkeil er an
. ber Sührung der europäifhen Angelegenbeiten genom⸗
men, wie fehr feine feften und doc milden Anfichten,
feine ſtets weiſe Mäßigung zur Erbaltung des europäis
ſchen Sriedend beitrugen, gehört der Geſchichte an und
muß Daher bier Übergangen werden. Doc darf nicht
verfhmiegen bleiben, daß die ehrende Anerkennung feje
ner Derdienfte, welche U. von feinem verehrten Könige,
wie von allen Seiten zu Theil wurde, durchaus den
Menfhen in ibm nie veränderte und Daß er, troß feiner
hoben Würden, troß feines großen Einfluffed, trog aller
Amftände, Die font wohl auf Die Stimmung ded Mans
ned Einfluß haben, ſtets der warme, theilnehmende, an»
ſpruhsloſe Freund feiner Sreunde blieb, fletd ein nach⸗
fichtövoller,, gerechter Vorgefegter, mweßwegen auch die
Thraͤnen, die an feinem Grabe floffen, Die des auf
sidtigen Schmerjed um feinen Berluſt gepeien find.
Mie wenig er aber auch feine Anfichten zu ändern ver⸗
anlaßt wurde, wie bebarrlih er feine Ueberzeugung feſt⸗
bielt, beweiſen feine leßten Werfe, die er, fo zu fagen,
als ein Vermaͤchtniß und als Reſultat feiner Lebens»
erfahrung der Nachwelt wenige Fahre vorber und gleich»
fam ald Schluß feiner literariſchen Thätigfeit übergab,
nämlich die „Pensdes“ und das in 2 Bänden, der legte
4881 (2. Aufl. 2 Bde. 1838.), erſchienene größere Werk:
„Meber die Vermittelung der Extreme in den Meinun:
gen,” womit er den Schlüſſel zu feinen Behrebungen
niedergelegt bat und worin er entwidelt, wie er Das
verföhnende Prinzip mit dem nötigen Kampfe gegen
208. Böfe zu vereinen bemüht war. — U.’8 Privatleben
bietet nod ein höheres Bild der innigften Gemütb-
‚dichkeit, Die ſich ſchon in fo boben Grade in feinem
» e
IV 5 Rn j U
öffentlichen Leben, wie in feinen Schriften, außfpricht, dar.
di ibm in der fluͤchtigſten Unterhaltung, im y ften
ttederfchreiben von feib und ungeſucht die tre
anziehendften Antithefen entfielen, eben fo bildete aud
fein nur von Wenigen richtig gemwürdigter perſoͤnlicher
Charakter äbnlihe Begenfäge. Mit einem unerfoätter:
lihen, man möchte fagen, eifernen Willen verband er
die Weichbeit des Herzend eines Kindes. Er mußte fib
Zwang anthun, um bei der Erzählung irgend eines Uns
glüde der Schilderung der Lage irgend eined hart Bes
rängten feine Thränen zurädzudalten; wogegen man,
wenn etwa von einer Pflihtverlegung die Rede war,
oft von der Strenge feines Urtheils Übercafcht wurde.
Bei feinem Achtung gebietenden Aeußeren, feiner hoben
fat athletiſchen Geſtalt, feinem wärdevollen Benehmen
eridien er Manchen .ald ftolz und hochmüthig. Gene
eltung galt indeflen blos feiner amtlichen Stelung.
m beitern Kreife feiner Sreunde oder bei den ihnen
degegnenden Widerwärtigfeiten zeigte er ſich ganz anders
und Sremde, die nur den Staatsmann in ibm kennen
lernten, wärden fib gewiß nit wenig gewundert haben,
wenn fie ihm bier in trauliden Geſpraͤchen zugehört
aͤtten. Bei dem Äberwiegenden Hang feiner Seele zum
ohlthun und ihrer nie verfiegenden Empfaͤnglichkeit
für die Drangfale Anderer, bei der großartigen Einfach»
beit der in feinen politifhen, gefhihtliben und philo⸗
fopbifhen Schriften niedergelegten Anfichten, bei dem '
Ernft und der boden Wichtigfeit feiner täglihen Bes
fhältigungen hätte man meinen follen, daß er auch
wohl nur an äbnlichen Unterbhaltungen gern Theil nehme.
Und dod bat ed vielleicht wenige Männer grehen. des
nen in folwdem Maafe wie ihm die glücklichſten Zus
fammenftelunge®_die ſcharfſinnigſten Unterfdeidungen,
die ſinnreichſten Einfälle, kurz ale Waffen des anzie
bendften, treffendften Wiged augenbliflih zu Gebote
anden. Bei dem Allen har A. nicht ein einzige Mal
in feinem Xeben von diefen Waffen gegen die Tadler
feiner Schriften, wie feiht auch ſolches Ihm geweſen
wäre, Gebrauch gemacht. Dies bing mit einem anderen
Gegenſatz in A.'s Charafter zufammen. Er liebte es
nit, von ſich reden zu laflen und Andere mit fich zu
befhäftigen und wenn er auch, aus Grundfag, in feinen
Schriften feinen Namen niet verſchwieg, fo vermied er
es doch ſtets, für feine Perfon Aufſehen zu erregen und .
die Öffentliche. Aufmerkfamkeit auf fih zu ziehen. Auch
. Mekrolog. 15. Jahrg. , 29
z Ancillon. — 449
ell
endſten,
40 — Ancillon. J
hat er niemals eine Befoͤrderung oder: Audzeichnung
tür ſich nadgefuht; mebrere aber bat er abgelebnt und
wo er ibnen nicht ausweichen Fonnte, da ſchien er jedes⸗
mal in ibnen weniger eine dußere Ehrenbezeugung, als
die Anerkennung einer Prlichterfüilung zu erblidden. Nie
war eine Spur von Gral, noh weniger von Haß in
feiner Seele zu finden, Dagegen mar Die Freundſchaft
ihm ſtets und unter allen Umfänden deilig. Er war
für feine Uniergebenen ein zugleich milder und gerechter
Chef, mwelder don ihnen Die gewiſſendafteſte Erfülung
ihrer Pflichten verlangte, der aber auch die Treue, den
- Dienferfer, den guten Willen fomwohl in den unteren,
old in den böheren Stufen zu erfennen und zu erhalten
mußte. Der Nepotismus war ihm bis in die tieflte Seele
zuwider, fo daß feine Verwandten und Freunde niemals
amtlih von ihm bevorzuge wurden. In den Staatl:
audgaben vefleißigte er ſich der Sparfantfeit, mas feinen
eringen Gegenfaß zu feiner perfönliden Freigebigkeit
Bildete. Aud diefe Erſcheinung findet ibre Yöfung in
-dem bereits getbanen Ausfpruche, daß er nicht ih, ſon—
dern Anderen lebte. Obgleich er Eeinen Luxus meiter
kannte, als denjenigen, ben feine Mildebätigfeit ihm
zuzog, fo bielt er do auf Eleganz, bei welcher indeſſen
meniger der innere Wertb, als der Geihmaf vorberr:
fen follte und aud wirklich vorberrichte. sur Die ıbm
von der arbeitenden Klaffe, geleilteren Dienite zablte er
immer mehr, ald den gewöhnlien oder verlangten Inba
und das von ibm ererbte_ beiceidene Vermögen, dad
man bei feiner amtliben Einnahme, bei der grundſaͤtz⸗
lien Beſchraͤnkung feiner perſoͤnlichen Aufgaben, noch
mehr aber bei den vielen Unterflügungen, die er den
Empfängern oft unbemußt gewährte, füs bedeutend bal«
sen mußte, bat ſich nach feinem Tode, eben in Solge
feiner großen Sreigebigfeit, vermindert Belande Puͤnkt⸗
ücher Geborſam genen die Staatsbehoͤrde und genaue
Befolgung der geſetzlichen Ordnung, andererfeitd aber
Eräftige Dertbeidigung derfefben, wo fie irgend ‚bedrobt
fein möchte, betractere A. ald durdaus unerläßlide
Maihrten, meßbalb denn auch feine politifden Anfibten,
befonders in früberer. Zeit, oft gemißdeuter und falſch
aubgelegi worden find. Wenn A. der feſte unerſchuͤt⸗
terliche , entfchiedene Verfechter der beſtehenden Drdnung
- war, fo erwied er fib nit minder als der feſte, un-
. erf@ätterlihe , entſchiedene Sreund und Befürderer der
Sreibeis, wenn fie nur auf gefeglihem Wege nachgeſucht
. ; I
‚Ancidon. - 451
wurde. Das Eraebniß diefer Gegenfäge und Charakter.
züge, denen fid noch leicht andere Dinzufägen ließen,
mußte in dem hochgeſtellten Mann ein Gleichgewicht der
Anfihten und Oefinnungen bervorbringen,, welches kaum
erflärlich fein würde, dätten ſich feine fo fehr über das
gewöhnlide Maas erbebenden geiftigen Säbigkeiten ein-
deln in ibm vorgefunden. Eines blieb indeflen in ibm
dis zu feinem legten Lebenshauche vorwaltend, nämlich
das feltene pen über den feltenen Geil. Was aber
fein Herz füllte und leitete, war das religiöfe Gefühl,
der lebendige, ergreifende Gedanke, daß jeder Menfc,
fo gering er in der großen geſellſchaftlichen DVerfettung.
au) erfheinen mag, immer ald ein.von der Borfebung
in allgftiger Abſicht der Erde anvertrauted Wefen bes
trachtet werden müfle, deflen Seele einer böyeren Zu
kunft entgegengebt, in welcher ein jeder von und Re
chenſchaft über feine Thaten ablegen wird. Auch in feis
nen legtwilligen Verfügungen if fih_ 4. treu geblieben:
anſpruchslos und fill follte feine Hüle, zu den Süßen
feiner Eltern, der Erde übergeben werden. Sein Wille
it gefheben, doch durfte da die Liebe nicht zurückbleiben
und fie bat auf dem Kirchhofe diejenigen zufammenge-
führt, die im Gepränge der Welt nit fo frei ihren
Toränen bätten den Lauf laſſen können. — U. war dreis
mal vermählt, dad erfie Mal mit Marie Henriette Bau»
douin, dad zweite Mal mit Louiſe Serdinandine Molierd
und feit dent 3. 1836 mit Marie Flora, Marquife von
Verquignieul, Hofdame im Haag, die ihn überlebt hat.
Eine Nachkommenſchaft ſollte ibm nit zu Theil werden,
was ihn oft auf dad Schmerzlifte berübrte. — Beine
Scriften find: Discours prononcd à Rheinsberg en pre-
sence de S. A. R. Mgr. le Prince Henri, pour la béné-
diction du mariage de Mr. d’A... et de Mme deK...
Berlin 1791. — Sermons sur l’amour de la patrie, pro-
nonces dans le Temple du Werder, ä l’occasion des
evenemens politiques actuels. Ibid. 1798. (Bon diefen
Predigten, welche zwei an der Zabl waren, betraf Die
eine den Sieg bei Pirmafend und die andere: Sur les
caracteres de l’amour de la patrie, ift in den weiter uns
ten angeführten, i. 3. 1818 erfdienenen 2 Bänden Pres
Digten wieder abgedrudt worden.) — Oraisou fundbre
de S. A. R. le Prince Louis de Prusse. Ibid. 1797. —
Melanges de Politique et de Philosophie morale. Ente
baltend: Aphorismes de droit naturel et de politigue,
und: Pensdes détachées sur toutes sortes u. sujets de
&
452 Ancillon.
-
Philosophie morale. Ibid. 1804. — Considerations gend-
rales sur PHistoire, ou Introduction & P’Histoire des rd-
volutions da Systeme politigue de l’Earope pendaut les.
‚trois derniers siecles. Ibid. 1801. — Sermon sur le Jubil&
[4
söculaire de la Monarchie prussienne, prononce dans le |
temple du Werder. le 1er Janvier. Ibid. 1801. — Dis-
eoars prononce à P’occasion de Jubil& de Mr. Erman,
Conseiller jotime au .Consistoire superieur et Pasteur de
PEglise da Werder. Ibid. 1804. — Discours prononced aa
Chäteau de Belle-Vae devant lears Altesses Royales le
Prince et la Princesse Ferdinand de Prusse, à l’occasion
de leur Jubile de cinquante uns de mariage, le 27 Sep-
tembre. Jbid. 1805. — Essai sur les grands Caractöres,
La ä la seance publique de l’Academie Royale des Scien-
ces et Belles-Lettres de Presse, le 7 Aoüt. 1806. Ibid.
13806. — Melanges de LittErature et äe Philosophie. Paris
1809. 2 Bände. — Oraison {unebre de Louise, Reine de
Prusse. Berlin 1810. — Eloge historique de J. B. Merian,
Secretaire perpstuel de l’Academie des Soiences de Prusse.
La dans Passemblde publique du 24 Janvier 1810.: Et
Precis de ses Me&moires. Ibid. 1810. — Einige akadem.
Gelegendeitsſchriften: Denkſchrift auf Ernſt Ferdinand
Flein, vorgelefen am 3. Juli 1812 ind. öffentl. Sitzung
der £. Akademie der iffenfgaften. — Eiwas über die
bilofophie d. Geſetzgebung, in derfelben Akademie bei
‚Gelegenheit der Aufnahme d. Hrn. v. Savigny in Dies
-felbe vorgelefen. — Ueber wahre Größe, vorgelefen in
der öffentl. Sigung dv. benannten Akademie am 24. an.
4812, 3. Geier d. Geburtstags Sriedrich 11. Ebd. 1815. —.
Ein Bd. — Ueber Souveränität und Staarsverfafl. Ein
Verſuch ur Berichtigung einiger .polit. Grundbegriffe.
End. 1815. 2. Aufl. 1816. — Essais philosophiques, ou
nouveaux Melanges de Litterature et de Philosophie, Damit
verbunden find: Elemens de Philosophie, ou Tablcan
analytique des developpemens du moi humain. Paris et
Genöve 1847. 2 Bde. — Sermons de Frederic Ancillon,
prononces daus l’Eglise refugiee de Berlin. Berlin 1818.
2 Bde. — Web; d. Staatswiſſenſchaft. Enthaltend: der
au d. Staats; die Form d. Staats; die bewegenden
rincipien des Staats Ebendaf. 1820. — Ueber Glau⸗
den u. Willen in d. Philofopbie. Ebend. 1824. — Nou-
veaux Essais de Politique et de Philosophie. Ungehängt:
Principes de droit politigae sar le but, les former et les
.. ressorts da gouvernement. Paris 1824. 2 Bde. — Ueb. d.
Geiſt ber Staatsverfaſſungen und deflen Einfluß auf die
1
1
dv. Erdelyi. ı 453
Gefeßgebung. Berlin 1825. — Essals de Philosophie, de
Politique et de Litterature. 4 Vol. Paris 1832. (Entbals
ten die in den Melänges de Littdrature et de Philosophie,
den Essais philosophiques und den Nouveaux Essais de
Politique et de Philosophie befindf. Auffäge von Neuen
Durdgefeben und verbeflert.) — Die zwe fi ten amt»
liden Reifen, die er in —— ſeines ehemaligen
Zoͤglings unternahm, waren Die Feldzuͤge von 1818 und
. 4814. Am 20. Septbhr. 1828 trat er ald Begleiter de
Kronprinzen die Reife nach Italien bis Neapel an.. Er
datte eine ausfuͤhrliche Beſchreibung diefer leßteren ans
etangen. wurde aber an der Fortſehung berfelben durch
berhäufte Geſchaͤfte gehindert. Die Befchreibung feiner
Reiſen in den J. 1813 umd 1814 fand fi bingegen im
feinem Nachlaß in einem höcit anziebenden und lehr—
reihen Briefwechfel mit feiner erften Gattin vor, Die
fer für die Geſchichte jener bewegten denkwürdigen Zeit
fo koſthare Schag bat aber leider, fo mie feine ganze
Privatkorreſpondenz nah des Veremigten ausdrüdlidhen
Willen den Slammen geopfert werden müffen. Außer:
dem lieferte er Beiträge zum Journal litteraire de Berlin.
* 154, Dr. Michael v. Erdelyi,
der Arzneitunde Doktor, ordentl. Prof. der Anatomie u. Phyflo⸗
logie am ©. 2, Ihierarzneiinflitute zu Wien, Mitglied der medicin.
Bakuität daf. u. mebrerer gelehrten Geſellſchaften:
geb. d. 9. Juni 1782, geft. & 21. Apr. 1837.
Wien ift fein Geburtdort. Sein Vater Franz Joſ.
9. Erdelyi war Doftor der Heilkunde und dem ungari-
fden Adel einverleibt, feine Mutter, Maria Anna, eine
gerorene Permittinger. Den erften Unterricht erbielt er
. J. 1792 in der Joſephſtaͤdter Hauptfchule, vollendete
in den J. 1793 — 1795 feinen Gymnaſialkurſus und bes
genn. doc Studium der Philofopdie im 3. 1798 an der
. E. Univerfirdt zu Wien, wo er von dem Prof. Franz.
- Döttler und v. Metzburg den Unterricht in der Mathe:
matik und Phyſik, von X. ©. Larpe in der theoretifcen
und praftifden Pbilofopbie, von Joſeph Mayer in der
Noaturgefbidte und von Sr. Hammer in’der Pbilologie
erbielt. Nah glücklich zurückgelegten oͤffentlichen Prüs
fungen und erhaltenen guten Sortgangezeugniffen begann ,
er 1. 3. 1801 das Arztlihe Studium, das er i. J. 1811
beendigte und am 3. Quni 1813 die medicinifde Doktor
würde ſich erwarb. Durd die oberften medicinifch
N . Erdelyi.
dirurgiihen Studienbehörden hatte der Kaiſer ſchon im
J. 1842 verordnet, daß das Erf. a mit
a vereinigt werde und Diefed fo wichtige und
r das Studium der Thierheilfunde in der Öfterreicht»
(den Monarbie boͤchſt gänftige Ereigniß ließ eine bedeu-
tende Erweiterung Diefer Xebranftalt hoffen. Da nun
eben zu diefer Zeit der Profeſſor 9. 5. B. Dieg, E.“s
Lebrer der medicinifhen Polizeis und gerichtlichen Arznei⸗
kunde, Direktor diefes Infiturd war, fo faßte E. den
Entſchluß, fib mit allem Eifer auf Diefe in alle oͤko⸗
nomifden Staatsverbältuille eingreifende Wiſſenſchaft zu
‚ legen und erbielt auch i. J. 1811 die Stelle eined F k.
Penſtonaͤrs. Durch volle drei Jahre unterzog er. fid dem
angeftrengteften Etudien diefer weit umfaflenden Wiffen-
(daft und zwar mit foldem Erfolge, daß ihm i. 3 1814
Die Eorreperitionen über Die Anatomie und Phpfiologie
übertragen wurden. Nun betrieb er mit noch erböhterem |
Eifer dieſes Studium und insbefondere die Zootomie
und Zoopbhfiologie, daher er auch i. J. 1818 die Lehrs
Fanzel der Anatomie und Phyſiologie der Hausthiere er
bielt, welcher Stelle er bis zu feinem am oben genann»
ten Tag erfolgten Tode vorſtand. Sein Gang jur Due
lichen Rube und Ordnung bewog ihm, fi im Jahr 1828 .
eine Gattin, geborene Dion zu wählen. — Als Schrift⸗
Reler finden wir ihn fon feit dem J. 1813 thdtig, wo
er feine Schrift: „Weber d. Drüfenfranfdeit, den Rot
u. Wurm des Pferdes“ heraudgab, von der i. J.
eine 2. Auflage erſchien. Im I. 1819 erfhien: „Grund⸗
linien der Knochenlehre d. Pferdes mit Berädfihtigung
der. Abweichungen bei Den übrigen a
Mit 3 Kupfertaf., das Zahnalter darftellend ; davon ers
fien i. 3. 1834 eine 2. Auflage. In den J. 1819—20
gab er feine „Örundlinien der Eingeweidelebre, Gefäß.
und Nervenlebre der Hausſaͤugethiere u. befonderd des
ferdes heraus. Eine 2. Aufl. i. 3. 1831. Sodann ers
bien „Verſuch einer Zoopbpfiologie des Pferdes u. der
übrigen Hausſfaͤugethiere“ i. 3. 1820 und eine 2. Aufl.
im Jahr 1830. Diefed Werf wurde befonderd von den
meiften größern Tbierbeils und Unterrihtsanftalten des
Auslandes als Ledrbuch benugt. Im 2 1827 erſchien
feine „Beſchreibung der einzelnen Gelläte des öfterr.
Saiferftaates, nebſt Bemerkungen über Hornviebzudht,
Scafzucht und Oekonomie.“ Gm Jahr 1829 folgte „Die
Muskellehre“ und auch biervon wurde eine 2 Aufl im
3. 1837 nötbig. Im I. 4831 erfyienen feine „Beiträge
.
Gumther, Fürfl v. Schwarzburg + Sonberäaufen, 455
r Beurtbeilung d. dußeren Umriffe_oder des fogenann.
fen xterieurs beim Pferde, nebit Berädfi un der
Racen deſſelben. Dann Aber die Haut, Haare, Farben
und Abweichungen beim Pferde, mit einer Eolorirten
Kupfertafel; dann eine Skizze des f. k. Thierarzneis
inſtituts in Wien und mit einer litbograph. Tafel, die
Doberifde Beſchlagsmaſchine darftelend.” Hierauf er
(dien'i. 3. 1832 die von ihm veranfaltete „Umarbeitung
der Pathologie u. Therapie” von Waldinger in 2 Bdn.
ndlid i. I. 1835 „Anleitung zur Pflanzenkenntnig od.
Botanik für.den Landwirth und Tbierarit, Aerzte und
Wundärzte,“ 2 Theile mit 2 Steindrudtafeln. Außer
dem lieferte er zahlreiche aufläge zu den mebdicin Jahr.
büdern des k. k. Öfterr. Staats. Einen großen 4 theil
. endlih nahm der Abgeſchiedene noch uͤberdies an der
F zeſſin von Anhdalt-Bernbur
Bereicherung des über 3000 Nummern ſtarken anatomiſch
phpfiologifhs und pathologiſchen Mufeumd an bieſer
£ebronftalt, welches von jedem Kenner theils der Reiche
baltigfeis, theils der Seltenbeit wegen der daſeibſt aufe
geftelten Präparate mit größter Autmerkfamkeit befeben
wird. Endlid murde ihm aud im Jahr 1828 die Außs
seihnung zu Theil, fid zum Mitgliede des landwirid⸗
[Haftligen Vereins des Großberzogtbumd Baden und
ahr 1829 zum Mitgliede der ſchweizeriſchen Eid»
‚Im
enoſſenſchaft ernannt zu feben. |
s i s a 9. 2. Buchmuͤller.
Doktor der Medicin u. Prof.
* 155. Günther Friedrich Carl, _
Fuͤrſt von Schwarzburg = Sonderöhaufens
‚geb: den 5. Dec. 1760, geft. auf dem Sagdfihloß „, zum Poffen‘- bei
Sonderöhaufen den W. April 1837 *)..
. Er war der alteſte Sohn des Fürken Chriftian Guͤn⸗
ther und feiner Gemablin Charlotte Wilbelmine, Prin
8. Sein Körper war Eräfe
tig aber feine geifiigen Anlagen wurden ganz vernadh»
läffigt, denn feine Erziehung geſchad — gelinde audges
drüdt — ohne alle Sorgfalt. In jenen Tagen hielt
man es freilich für hinreichend, menn ein Prinz, befon.
derd der Erfigeborne, deſſen Karriere fid von ſelbſt
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= egentenalmanadh, bem Gonverfationdlericon ber
— Pr an * en Beitung. Ver. Sg
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456 Guͤnther, Fuͤrſt v. Schwargburg s Sonderöftiufen. |
machte, in den gemöhnliden Dingen unterrichtet war;
denn dad Regieren war damals, wo Staatöfonkitutios
nen, VBolfövertretung, Budget, Eivilliften und dergleichen
aud neuerer Zeit bervorgegangene Wörter und Begriffe
unbekannte Laute waren, Eein fchwered Gefhäft. Der
Prinz wuchs auf, fi meiſtens felbft überlaffen, umgeben
von bperfonen, die eben nicht geeignet waren, feine Aus⸗
bildung zu fördern, feiner Denfungsart eine gute Rich⸗
tung zu geben. Nur in ſich ſelbſt gebildeten und eben
nit gebildeten Cirfeln bewegte er fib, was fein gane-
zes Leben hindurch ihm anding. Denn unter böbern,
unter geißigen Menſchen gefiel ed ibm nie, wenn es
ipm auch an rihtigem Blick und ſcharfer Urtbeilsfraft
nicht fehite, welche berrlihe Naturgaben bei forgfältiger
Yusbildung ibn hoͤchſt anziedend hätten machen fünnen. .
Außerbalb Landed gefiel er fih eben fo menig, daher er
fid auch niemald meiter ald bis Yeipzig entfernt bat.
Nur im Umgang mit Einwohnern feines Wohnfiges fühlte
er ſich behaglich, dutzte Zeden und genirte ſich Dabei eben
. fo wenig, al$ er verlangte, daß Andere fih geniren fol
ten. Ein ſolches Benebmen eines Erbprinzen mußte in
“jener Zeit dem großen Haufen gefallen, um fo mehr, Da
- der Dater fireng auf Etiquette und fürſtliche Hobeit hielt,’
- Herablaffend benahm fid dieſer zwar immer, wie man
damals freundlich ertbeilte Blicke gegen Niedere nannte,
Dabei aber fetd fehr gemeflen. Sein Hof umgab Glanz,
erhöht durch eine zablreihe Samilie, von drei Prinzen, .
drei Prinzeffinnen und der Familie feines Bruderd, Die, ,
fat eben fo ſtark, aud in Sonderöhaufen febte. Aber
Aled das fagte dem Erbprinzen nit zu. Er entfernte
fid gern von dem Hofe deö Vaters, der mißtrauifh und
eingenommen gegen ihn war und lebte mehr für fid.
Bald nach feiner Konfirmation mäblte er zu feiner Wob⸗
nung ein in der Nähe des Schloſſes liegended Gartens
baus und zog nachher auf ein Eleined Landgut in der
Naͤhe von Sonderdhaufen, Scherſen genannt, deflen
laͤndliche Einfachheit und Einfamfeit freilid einem am
Glanz und Weihlichfeit gewöhnten Prinzen nicht ge⸗
nügt haben würde, dem unfrigen aber eben deswegen
zufagte, da er daſelbſt, von den väterlichen Kritiken ent»
fernt, Spielraum für feine aus Geſcaͤftsloſigkeit ent
fpringenden Neigungen fand. Bei dem fpärliden Jabr-
ebalte, der ihm von feinem Öfonomifhen Vater ausge⸗
est worden war, geriethb er oft in DBerlegenheit und
wurde dadurch mit den Sorgen befannt, die einen Prie
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Ganther, Fürft v. Schwarzburg ⸗Sonderkhauſen. 467-
vatmann oft drucken, wenn die Einnabme nicht zur Dek⸗
tung der mirtbfaftlihen Bedärfniffe zureichen mit,
So— ehelos und ungenirt ind beſte Mannsalter eingerädt,
Lam er zur Zeglerung im 3. 1794. Seine erfien Maas⸗
segeln erwedten günitige Erwartungen, da er die Mißs
bräude, die unter der vorigen Regierung fo viele Be⸗
fowerden veranlaßt hatten, fogleih aufbob. Während
früher dur den Hofjuden Herz offenkundig der ſchamlo⸗
fette Aemterhandel'war getrieben worden, zeigte der Fürſt
gleih beim Antritt feiner Regierung, daß er nur dem
erdientt Anſpruch auf Beförderung zugefteben wollte.
aa Vebrigen bewirkte der Regierungsantritt Beine Ver⸗
nderung bei ihm, wie dies gemöpnlid in Hoffällen ges
ſchieht. Dad gewohnte Leben wurde Portgetadnt und den
sugetbanenen Neigungen in größerer Ausdehnung, gebuls
digt. ein liberaled, obne Zmang und zutraulich fich
bingebended Benehmen blieb dad biöderige und gewann
idm die Herzen aller Bürger. - Weniger bebagte dies
dem boben Adel, der fi unter des Vaters Regierung
bebaglid in den Strablen der ihn befebenden Hoffonne
gefühlt haste und jegt, wo es eigentlicy gar keinen Hof
mebr gab, feine ganze Unbedeutendheit obne Hof bitter
fühlte. Bon den Regierungsgeſcaͤften ließ der Junge Fuͤrſt
ſich nit drüden. Einige gute Köpfe beforgten daß,
Es war ja überhaupt vor einem balben Jahrhundert we⸗
nig dazu noͤthig, ſolch Eleined Land zu regieren, dad nur
— zu werden brauchte mie eine Udr, um im ale
ten Sleife ruhig fortzugeben. Als der Fırft zur Regie -
rımg kam, waren no zwei Brüder und ein Vetter von
ibm da. Bon den Erften febt noch jeßt, in Arns
ftadt, der Jüngere, ein Prinz, der ſich unter feinen Bruͤ⸗
dern von jeder durch Bildung, feined und fittiged Be⸗
nehmen audzeihnete. Der Stamm des Hauſes hatte
Daber noch drei fräftige Nebenzweige. Deſſenungeach⸗
tet drangen Gutgeſinnte in den Sürften, fid zu vermaͤb⸗
.Ien und nah dem Wunſch des Landes die ſcheinbare
Sreibeit des ebelofen Standes mir dem des glücklichen
Haudvaters zu vertaufben. Longe vergebens, benugten
diefe endlich ein Schisma, das in feinen bisherigen daͤus⸗
lien Verhältniffen entfianden war und der gürft wurde
durch Zureden erftarkt, fi plöglib und in größter
Schnelle diefen zu entreißen und feine Bereitwilligkeit
zu einer fegitimen Vermäblung zu erklären. Mit mög«
lichfter Eile wurde die Ausführung diefed hochſt erwunſch⸗
ten Entſchluſſes betrieben und kaum waren acht Tage
⸗ %
z
A408 Günther, Finſt v. Schwarzbusg-KEonderähaufen,
verfioffen, fo fuͤhrte der Fuͤrſ, als feine Gemablin. eine
inzeſſin von Rudolſtadt dem hocherfreuten, jubelnden
f
— a zu. Der Zubel des Landes verdoppelte
fid, ald dem Fürſten eine Tochter — die jegige Fuͤrſtin
zur Lippe — und fleigerte ſich zur höchſten Sreude, als
ım September 1801 ein Sohn — der jenige Fuͤrſt —
ibm geboren musden. iermit fchloß ſich aber leider
au das ſo ſehnlich herbeigemünfgte und glücklich bes
gonnene Samilienleben des Kürten. Die Mutter beider
Kinder verließ mit dieſen Sonderdhaufen, nabm ihren
Wobnſitz zuerk bei ihren Verwandten in Ruldolfadt,
feit 1816 jedoch in dem zu diefem Bebufe neu eingerich⸗
teten Schloſſe zu Arnſtadt, kam nie mehr na) Soñders⸗
baufen zurüd und lebt noch jetzt in Arnſtadts Mauern,
geliebt und hochgeachtet von Jedem. Zu diefer Tren⸗
nung gaben wiederkehrende frühere Verbältniffe, die den
Fuürßen von Neuem umgarnten, mit denen zarte Weib»
ſichkeit ſ— aber nicht einen konnte, die Veranlaſſung
und der ſchoͤne Traum einer neuen ſitigen Aera, der
Dem QJubeleinguge der Fürſtin wie eine Lichtwolke übers
fdmwebte, zerrann. Der Krieg demmte feit 1806 vielfach
Die Sortfchritte der angefangenen Berbeflerungen der
Berwaltung. Das Land hatte gleih nad der Schlacht
bei Jena ſchwere Drangfale zu erdulden und nad dem
Beitritte zum Rheinbunde mußte feit‘ 1808 der Zürf,
mie mebrere Eleinere Bundesfürften, fein Sontingent,
dad zuerft nah Spanien geſchickt wurde, mebrmald er:
“ogänzen. Im November 1813 entfagte er dem Rheinbund
und nabm alsbald Theil an dem Kampfe gegen Trank»
. reid. Nah der Stiftung des deutſchen Bundes gela
ed. dem Sürften, die lättigen Lehensverdaͤltniſſe, in we
„hen dad Land früber mit den fähfifden Häufern fand,
r
durch einen .DBerglei mit Preußen, das durd die Er⸗
werbungen von Thüringen in die Rechte des Königreihe
Sachſen getreten war, völlig zu Idfen. Fuͤr die innere
Derwaltung wurde, befonders feit dem Srieden, durd
‚die perfönlide Mitwirfung des Zürftens viel Erfreufis
cdes geleitet. Die Verbeſſerungen der kirchlichen Ange
legenbeiten, bei melden vorzäglid der Superintendent
Cannabich wirfte, wurden mehr durch vorbereitende Ber
lebrung eingeführt, ald dur Verordnungen befohlen
und fie haben viele woblthaͤtige Früchte für das kirch⸗
+ lie Leben in dem Bleinen Lande getragen, Mie 1821
aus dem Kirchengebete die berfömmlichen Titel de& Fuͤr⸗
Ken und alle belobenden Beiwoͤrter entfernt wurden, fo
)
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[4
Süntber, Fleſt v. Shwarzburg: Sonderähuufen. 459 °
ward aud der Wortfhwall des -fteifen K leiſtyls ver
. bannt und die Sprade der Gerichte gereinigt. Die
Rechtspflege wurde verbeflert, Die Finanzverwaltung ſtren⸗
ger Auflicht unterworfen und der Staatshaus halt » u
geostach das die Landedfchulden, die fid (mit Au —V
er Kammerſchulden). 1815 auf mehr als 273,000 Kıbl.
beliefen, nach zehn Jahren dis auf ungefähr 45,000 Rthl.
getilgt waren. Auf die Verbeſſerung der Landmwirtbicaft
wirkte Dad Beifpiel der mufterbaften Bewirthſchaftung
der Kammergüter. Die Geſchlechtsvormundſchaft der
Srauen wurde 1826 aufgebnben. Die neue Gefindeord»
nung zeichnete fid vor den Sefeßen vieler andern Lin
der aus. Für die Verbefferung der Schulen, die ſchon
vor dem Kriege begonnen hatte, murde in neuern Zeis
ten durch die Erridtung einer Schulfommiffion geforgt.
Die Armenpflege wurde feit 1820 durch Anlegung von
Armenkaſſen in allen Gemeinden erleichtert. Die Wai⸗
fen wurden den Waifendäufern entnommen und in Gas
milien untergebradt. Wie der Kür fon in jängern.
Jadren gern an Volksfeſten Theil nahm, fo verlor ſich
such nad) feinem Regierungdantrits dieſe Nei —
m Genuſſe dieſer und der Freuden der % des
chießens nach Zielen und fpäter des Theaters durch⸗
lebte er nun ſeine Zeit. Das Vogelſchießen in Sonders⸗
hauſen erbob er mit großer Freigebigkeit zu bobem
Glanz und Fefte für die ganze Umgegend. Die muſfika⸗
fiſchen Unterbaltungen in einem unter dem Sclofle lie
genden Walde, Loh genannt, waren beräbmt, denn felbk
grober Mufikfreund, feld Audübender auf mebreren
lasinfirumenten,, batte er ein trefflided Muſikkorps.
Aus nah und fern zog diefer Öffentliche, FoRenfreie Mus
fifgenuß vielen Beſuch berbei und fröhlidy war der Fürf, -
wenn die Menſchenmaſſe recht groß war, unter der er
fih, fein Pfeifhen dampfend, ſtets ungenirend und une
genirt bewegte, Eben fo liberal jpendete er den Genuß
ed Theaterd. Der Eintritt war frei für jeden Bewob«
ner des Landes. Sein Liberalidmud geftatterte Anfangs
fogar Zedem, die Sreuden. des Theaters rauchend zu ge⸗
nießen, was jedoch ſpaͤterhin, wegen zu großen Miß⸗
brauchs, wegfiel. Leider wurde der Genuß des Theaters,
den er ſich kluͤglich für dad Alter aufgeſpart, in den uns
ruhigen Fieberanfaͤllen neueſter geit, die Das Laͤndchen
auch mitmadte, ibm bitter zerſtoͤrt. Er war genötbigt,
ed aufjulöfen. Die Haupturfahe der Unzufriedendeit
lag in dem Mangel einer landſtaͤndiſchen Ueberwachung
+
[1 '
"460 Gunther, Furſt v. Schwarzdurge Sondershauſen.
des Staatöhaudpaltd und ed waren die Bürger zu Art
ftadt, die im September 1880 jener Unzufriedenheit
Worte gaben. Der gürf machte darauf befannt, daß
‚ er, eingedenE feines färflliden Wort und feinen bei
dem Eintritt in den deutſchen Bund übernommenen Der,
ichtungen, befchloffen babe, Landftände zu bilden und
‚ alöbald zufammenzuberufen. Sim November 4830 ver.
fügte eine Verordnung die Ausarbeitung ded Entwurfß
einer Verfaffungsurkunde; doch genägte der dargebotene
Entwurf nidt den Erwartungen, die jene Erinnerung an
Die 15 Sabre fräber übernommenen Verpflichtungen er.
weden mußte, da den Ständen keineswegs die Rechte ge
währt wurden, welde die damaligen Verhandlungen als
dad Mindene bezeichneten, dad Landitänden gewährt
werden follte. In Solge einer erneuerten unrubigen
Bewegung inSonderöbaufen trat der Fürft (1835) ab vom
Schauplaß und überfieß die Regierung feinem Sohn. Tie⸗
fer in die Geſchichte dieſer Tage der Leidenſchaften und des
aufgeregten Intereſſes einzugeben, möchte hier der Ort nicht
fein. ob allen dabei Thätigen, wenn fein innerer Vor⸗
wurf am Sarge des Erblichenen fie drüdte, wenn nicht leife
eine Stimme ibnen zurief, Pflichten ganz bei Geite ges
fegt zu haben, welche dem auten Menſchen die heiligſten
fein folen und mäffen, „fo lange er. lebt auf Erden.“
Ueberhaupt ward dem VFuͤrſten in feinen legten Lebens⸗
jahren Fein Dank für die großen Wohlthaten, mit denen
er Diele, fehr Diele, man kann fagen: überfhättete;
nicht wurde er ihm für Förderung, für Emporheben, für
Bemeife von Herzendgäte und Gnade, mie er es erwar⸗
ten fonnte. Es ging ibm, wie allen gutmüthigen Ders
zensmenſchen, die gern geben, gern erfreuen, lieber für
zu gut ald für zu ſchlecht die Mitmenſchen balten und
om Ende fi getaͤuſcht fehen und nur Undank erbalten.
Er zog fi zuräd auf ein kleines Schloß, drei Stunden
von Sondershanfen, bei dem Drte Ebeleben gelegen, wo
er früher ſchon ſtets gern meilte. In ftiller, ja, wohl
einfamer Abgeſchiedenheit, lebte er bier, von einigen
-Dienern nur umgeben, kraͤnkelnd an Alteröfhwäde und _
fühlend, daß Alles eitel fei und Undank nur am Abend
feined Lebens ihm werde. Wer möchte ed ibm verden⸗
fen, daß er nun niemald wieder nah Sonderdhaufen
fam, nie wieder den Ort, wo er dad Lebenslicht erblickte,
wo er der Freuden Viele gefpendet hatte, feben mollte,
felbft wenn er audy überzeugt war, Daß Darst Mancher
noch im Stillen treu und ergebeh ihm blieb, fehnfäche
\
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—
Sumthen, Fürft v. Scwatzburg Sondershauſen. 461.
tig ihn zurückwuͤnſchte. Auch niqtt fei
Bier Punch bei den Ahnen des ETW ee (ehe
Sondershauſen nicht wiederfehen, fo beſchloß er in jenen |
. unrubigen Tagen und nahm dem. Sodne dad Wort ab
ibn Dereint in der Gruft unter der Kirde Ebelebent
. nieder zu legen, wie aud eſchah. Won allen Genüffen
und Sreuden des Lebend egleiten allein die geifigen,
die, melde wiſſenſchaftliche Ausbildung verfhaften, den
Menſchen bid and Grab, während Andere früber (don
ihn verlaffen und wohl dem Manne, der im Laufe beis
terer Tage für die fpätern oft fehr umträübten olchen
Nahrungsſtoff ſammelie. Leider konnte der Fuͤrſt ſich ſol⸗
er Genuͤſſe nicht erfreuen, denn nie hatte man ſie ihn
in der Zeit der Bildung kennen gelehrt und ein günfis
ger Umftand mar ed nog für ibn, nit zu willen, was
er an ihnen entbehrte. Seine Zeit verbrachte er in Ein
foͤrmigkeit, machte nur Fleine Zagdpartieen um Eheleben
und ſad zumeilen feine drei Fleinen Enkel bei fi, was
Abm immer große Sreude war. Im Jahr 1897 begab er
Ab von da weg nad dem Tagddaufe „sim Poffen,“ das
eine Stunde von Ebeleben mitten im einfamen Walde
liegt und bei welchen fi der in weiter Ferne fidtbare
Poflenthurm erhebt. Hier erreichte er das Ziel feiner
Tage. Sonnabendd am 22. April, frah um 2 Uhr, ent.
f&lummerte er ganz rudig im Beifein des Arztes und
eined Kammerdienerd. Schon Tags darauf wurde die
Zeihe nad Ebeleben abgeführt, begleitet von Gendars
merie, drei Stallmeiftern und einigen Herrn des Hofs.
In, den Dörfern, dur deren Sluren der Weg führte,
ertönten die Sloden von den Thürmen und Landmilij
war aufgeſtellt. Mittags war der Zug in Ebeleben.
Ueber die Zugbräde wurde der Garg von zwölf Grena—
bieren in das Sdloß getragen und hier in dem dazu
deforirten Zimmer auf einem Katafalk niedergefeht, den
ein Baldagin mit ded Erblidenen Bild Aberragte. Mons
tags Abends war es Dem Publifum einige Stunden lang
vergönnt, die Leiche zu feben, der zur Seite die Ober
ofchargen ftanden. Auch noch Dienſtags Morgens ges
hab dies. Don Sondershauſen hatten ſich indeſſen die
Mitglieder des Miniſteriums, die aller Dberbehörden,
einige Dafallen, der Stadtrath, der Bürgervorftand, der
ganze Hoſſtaat, die Bürgergarde und die Hofjägerei ein«
gefunden. Als um 10 Uhr aud der regierende Fürft
angelommen war, erfolgte die Beifegung. Dem Garge
voran gingen die Mitglieder der Siollegien und die obe⸗
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ven Hofchargen. Den arg n, fo hatte ed der Ent
Fee feibft gewollt, 24 Srenädlere. Zur Seite gingen
der Arzt, der Magiltrat und die Gtadtverordneten von
Sondershaufen. Das Minifterium, die Vaſallen, Oft:
ziere der-Bürgergarde, die Forſtbedienten und die Hofs
dienerfchaft folgte dem Sarge. Gendarmerie_ und die-
Landmiliz von Ebeleben mar aufgeftelt. Am Hnuptein-
ang des Schloſſes trat der tief trauernde Sohn, dem
18 unmittelbar folgend, in den Zug, der ſich nun
durch dad im aͤußern Schioßdof aufgeſteilte Linlenmili—
“wär unter Tranermufit und dem Gelaͤute der Glocken
nach der Kirche des Orts bewegte. An ber Xhür des
Goiteshauſes geleitete Die Geiftlichkeit den Sarg auf den da
aufgerichteten Katafalf. Ein Lied ward gefungen, dann
vom Prediger des Drid Worte ‚der Liebe und des Ans
denkens Aber den Erblihenen gefproden und nun bei
fanfter Begleitung der Drgel der Sarg in die Btuft
binabgeleitet. Ziefe Stille ruhte auf den von Schmerz
und Trauer ergriffenen Gegenmwärtigen, deren Gefühfe
Thraͤnen nur Fund gaben, Thränen um den, der bei allen
Shmäden doch ein guter, braver und ins Andenken Tau⸗
fender fortlebender Regent war. |
156. Chriftian Friedrich) Kuffler,
Stadtforfizath, Inſtrumentmacher und Meflerfhimedemeifter zu
rankfurt an der Dder; .
geb. den 1. Zuli 1778, geft. den 24. April 1837 *). .
Er war in Sranffurt an der Dder geboren, wo fein
Vater Mefleribmiedemeifter war. Seine Bildung erbieft
er in der dafigen Oberſchule und fam in feinem vier-
un ahre zu einem Buchbindermeifter in Die Lehre.
od als nah einem Jahre fein dlterer Bruder farb,
batte er demſelben auf dem Sterbebette verfprechen müfs
fen. ded Dater& Handmerf zu erlernen, um demſelben
ei deranrüfendem Alter Erleichterung und Hälfte lei-
fien zu können. So trat er denn nun an der Gtelle
feined Bruders in das Gefhäft ded Vaters. In feinem
achtzehnten Jabre reifte er nach Berlin, um fid in der
Werkſtatt des Hofmeſſerſchmiedemeiſters für feinen Beruf
noch mebr zu befäbigen. Bon bier ging er nach Dres⸗
den, wo er jedoch nicht lange verweilen konnte, weil
eine ſchwere Krankheit ded Vaters ihn zur fchleunigen
) Braritfurter patriotifches Wochendlatt 1837. Nr. 18.
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Käckkehr nach Frankfurt nörbigte. Bier ſtellte er Ab an
die Spige des Geſchaͤfts u —X— ſeines Va⸗
ters, der noch einige Jahre lebte. Von 10 Kindern war
unfer X. dad Einzige, dad den Vater überlebte, Im J.
4801 verbeiratbete er fi mit Sopbie Büttner, Tochter
des dafigen Bhrgerd und Handſchuhmechermeiſters Buͤtt⸗
ner, die ibm vier Kinder gebar, welde aber alle im zar·
ten Alter geftorben find. Sie folgte jmweien ihrer Kin⸗
der im Jahr 1805 in die Emigkeit. Da ibm fein Ges
ſchaͤft, das ſich durch Fleiß und Betriebſamkeit fehr ausge⸗
breiter batte, nicht geflattete, dad Hausweſen mit der
ebörigen Sorgfalt zu leiten, fo verbeirathete er ſich im
abr 1808 zum zweiten Mal mit Charlotte Sommer,
der Tochter, des Maurermeifterd Sommer zu Zielenzig.
In diefer Ehe wurden ibm 9 Kinder geboren, von wel»
chen noch fünf am Leben find, ein Sohn, der ded Das
terd Geſchäft fortient und 4 Töchter, von welden die
älteRe an den Juſtizaktuarius Schul; in Küftrin und die
weite mit dem Gubreftor Kurichbah zu Landöberg a.
. W. verbeirarber it. &. zeigte fich bei einem innigen
und tiefen Gefäbl in allen Lagen feined Lebens rudig,
gelaft und voll Eindlider Ergebung in Gottes Wiuen.
a8 bemied er befonderd im Jahr 1805, das für ibn
ein böfed Jahr wurde, denn in demfelben ftarben ibm
fein Vater, feine Battin und die beiden einzigen Kin⸗
der, welde die Mutter Überlebt batten. Dann Fam die
traurige Zeit der franzoͤſiſchen Invalion, in mwelder er
alle Laften, Sorgen und Bedrängniffe einer verbängniß
vollen Zeit mannhaft trug. Sein biederer, rechtlicher
Sinn, fein deller Verſtand und fein praftiiched Talent
batıen ihm Dad Vertrauen und Die Achtung feiner Mitbürger
erworben und feine Thätigkeit wurde fon fruͤh bei verfchies
denen Rädtifhen Angelegenbeiten in Anfprud genommen,
Nach der Einführung der Städteordnung ward er 3 Tabre
lang Armenpfleger, dann Stadtverordneter, Mitglied der
Schuldeputation, 12 Fahre lang Sorfideputirter und feit
41830 ſtaͤdtiſcher Forſtrath. Diefer Stelle widmete er faſt
ale Zeit und Kräfte mit einer Treue und Hingebung,
Die auf Die eigene Wohlfahrt gar feine Rüͤckſicht nahm.
Als feine Sefundbeit fon fehr angegriffen war und
ein verdaͤchtiger Huften auf fein Brunäbel bindeutete,
verweilte er doch noch Tagelang in den Sorften, auch
bei nafler, alter und ſtürmiſcher Witterung. Dadurch
ward die Schwindfuht beſchieunigt, die fo früh feinen
Tod herbeiführte. ze
4
\
“
157. Gottfried Konrad Hecht,
Geh. Regierungsrath in Potsdam;
geb. den 12. Juni 1771, gef. den 25. Apr. 1887 *).
In Selberkabı geboren, genoß er den Unterricht des
damals Icon berühmten Gymnaſiums; feine Erziedung
wurde jedoch erft. in Hamburg vollendet, wo er einen
Dpeim , den Fönigl. preuß. Geheimenrath und Refidenten
». Hecht beerbte. Ihm waren die Schranken einer eins
feitigen, zunaͤchſt auf einen befiimmten Berufskreis ge
richteten Ausbildung zu enge. Aber fo fehr ibn aud
feine gmlige Lage und die Drganifation feined Geiftes
und Körpers in den Stand feßte, feinen Durft nad .
— zu befriedigen und die Freuden der Ju⸗
end und des Lebens zu genießen, fo war ihm Kenntniß
er Natur, der geſellſchaftliden Inſtitutionen der Böl«
fer und ihrer Zeiltungen in Wiſſenſchaft und Kunſt doc
immer ernfer und döberer Zweck, nad welchem er trade
tete. Ein freied und beiteres dahin gerichtetes Streben
it bis an feinen Tod die Grundlage feines Lebend ges
blieben. Nach Beendigung der Univerfitätöftudien in
Hole und Bdttingen begann 8: feine geſchaͤftliche Laufe
bahn im November 1794 ald Keferendarius bei der das»
maligen kurmaͤrkiſchen Kriegs- und Domdnenfammer in
Berlin. Seine Senntniffe, die er unablälfig zu ver.
mebren bemübt mar und fein ſqhnell ſich entmidelndes
praftifched Talent würden ibm in dieſer Laufbahn den-
Weg zu fchnelleren Fortſchritten gebabnt haben, wäre ed
idm mehr darum zu thun gemwefen und hätte er fich nicht,
mit 'feltener Nefignation und Uneigennägigfeit eine
freiere Stellung und einen größeren Spielraum der Bes
wegung zu erbalten gefuht. Seine Neigung, fremde
Länder und Völker zu beſuchen, vermochte ibn fon als
Neferendarius, daß er fib im J. 1802 dem damaligen
Sandratbe, jeßigen Dberpräfidenten v. Vincke, auf Defs .
fen Sefchäftöreile nad Spanien, um die dortige Schafe
zucht fennen zu lernen und die inländifde dürch Ver⸗
edlung fpenifher Schafe zu verbeflern, als Sreiwilliger
anfbloß, wo er nichtsdeſtoweniger fih für den amtlichen
Reiſezweck, dem die preußifhe Landwirthſchaft einen fo
großen Impuls und fo wohlthätige Folgen verdankt, auf
ad Eifrigfe intereffirte und nüglich machte. Im I. 1804
°) Außerord. Beilage zur Allgem. Beitung. 1887. Nr. 886, 88%.
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— Hecht. 465
wurde er nach beftandener Prüfung als Afſeſſor bei der
turmärkifhen Kammer angeflellt und im Jahr 1809 bei
der neuen Organifation diefer Behörde, ald Regierung,
in Porbdam zum Rath und alien derfelben befdrs
‚dert. Bon nun an war ed fein Wunſch und Wille, nur
dieſem Kollegium, welches ibm ald Schule feiner Ent.
widelung und durch engere freundfcdaftliche Berbältniffe
-zu vielen feiner Mitglieder lieb geworden .war, ferner
anzugehören und diefer Wille bewaͤhrte ſich dadurch, Daß
er i. 3. 1816 bei der damald errichteten, fpäterbin mie,
der .aufgelöften Regierung in Berlin zum_erften Rath
ernannt, ſchon in demfelben Jahre diefe Stellung und
eine damit verbundene Gehaltöverbefferung aufgab, um
wieder in die frübere zuräctreten zu Eönnen. Was er
in feinen Amtöverhältniffen durch firenge Gewiſſenhaf⸗ -
tigkeit und Ordnung, dur unerſchütterliche Rechtſchaf⸗
fenheit und Gerechtigkeit, durch fördernde Arbeitfamfeit.
und überhaupt durch den Einfluß. feines bellen Geiſtes,
feiner vielfeitigen Bildung und feines wohlmollenden
Herzens gewirkt bat, berubt in der Erinnerung derer,
Die ihm nahe geftanden haben, ift aber auch böberen
Drtd gemärdigt und danfend anerfannt worden, indens
er 1825 von dem Könige zum Geheimen Regierungsrath
ernannt und ibm im Jahr 1832 der rothe Adlerorden
- gr Klaffe verlieben wurde. Angeregt durch jede neue
Entdedung und Erweiterung ded menfhliden Wiſſens,
Durch jede. größere Erſcheinung des fittlihen und politis
ſchen Febend, für feine intellektuellen Bedürfniffe und
Erbholungen Fein Opfer. ſcheuend und die Kunft ver
ftebend, felbft meite Reifen mit Hülfe der zugenommes
nen Erleichterung der Kommunifationsmittel in Das Fürs
geſte Zeitmaad zufammenzudrängen, wußte er ed ohne
Hintanfegunga feiner Dienſtpflichten möglid zu maden,
daß er falt jäbrli einen Ausflug in das Ausland unter
nebmen Fonnte, von dem er mit Erfadrungen und Bes
obachtungen bereichert und neu geftärft wieder zuruͤck⸗
tam. ©o if von Spanien bis zu den flavifhen Län
. dern, von Sicilten bis nach Lappland und den Orkney⸗
infeln bin fein europdifhes Land ihm fremd geblieben,
viele bat er mebrmald beſucht und fih au die Haupt⸗
pragen derfelben zu eigen gemacht. Diefen Reiſen,
eren Ausbeute noch durch eine umfaflende Beleſenheit
vermehrt wurde und feinen SKenntniflen, befonderd in
der Botanik, verdankt er eine audgebreitete Bekannte
ſchaft mit Den bedeutenden Repräfentanten dieſes Fachs
N, Nekrolog. 18. Zahrg. 30
x
*
\
466 1:1)
und andern nambaften Männern, nicht bloß in Deutfch-
lead, fondern auch in England, Frankreich und andern
Xändern. Seine Vorliebe für die Botanik ſchrieb fich
fon von Hamburg ber. Ohne je darin Unterricht ge:
noffen zu daben, erlernte‘ er dieſe Willenicaft dur
Selbſtſtüdium aus Büchern, vorzüglih aber durch den’
Umgang mit Botanifern und durch Naturanſchauung.
Wenn er auf feinen Reiſen in eine Stadt Fam, war die
erſte Stage: vb ein botaniſcher Garten vorbanden fei
und wenn, died der Gall mar, richtete er feinen erſten
Gang dadin. Kein botanifder Barten, meinte er, fei
fo unbedeutend, daß man. nicht etwad Daraus lernen
könnte. Sein offened, beiteres, freundlihed Weſen
machte ibn, nebft feiner Sachkunde, bei allen Botanifern,
. die ibn Eennen- lernten, beliebt und. erwarb ibm Hochs '
achtung und Tdeilnabme, ſelbſt bei Männern vom erfen
Nang in der Wiſſenſchaft, wie Rob. Bromn und Hoofer.
Obne auf botaniſche Gelehrfamfeit Anfpräde zu maden,
hatte er id doch einen treffenden Blick erworben, er-
kannte rafch und ſchnell eine Menge Pflanzen. Der Dr.
Klotſch har ihm zu Ehren eine Pflanzengattung aus der
natürliden Drdnung der Bromeliaceen Hechtia genannt
und fagt im Unfang ihrer Beſchreibung (Otto's und
Dietrid’d Gartenzeitung, 3. Jabrg. 1835. p. 401.): „er
widme dieſe Pflanze dem Gebeimen Regierungsrath H.,
einem Wanne, der feine Mufeltunden lediglich der Bo-
tanik gemeibt, eine. Unzahl botaniſcher Erpeditionen uns
terſtützt, ſelbſt fait ganz Europa aus Liebe zur Botanik
bereit babe und dadurch zu einem —— er⸗
‚barium gelangt ſei, aus welchem er mit der größten
£iberalität mittdeile und fo indirekt mehr für die Bota⸗
nie thue, ald Diele auf Direftem Wege vermögen.“
Mehrere ins und auslaͤndiſche Gefelfwatten und Ber
eine hatten ihn ald Mitglied gufgenommen und bis zum
‚legten Jabre feines Lebens nahm er, wenn es der Zus
fand feiner Geſundheit irgend veritattere, Theil an den
jäbrlihen Verſammlungen der Naturforfber. Was er
müßte, gab er einem Jeden der, welchem Damit gedient
war; die Beobadtungen und Ergebniffe feiner Reifen
legte er in den Briefen an feine Sreunde nieder oder
fparte fie tür Die mündliche Unterhaltung auf, die mit -
ihm Dadurch um fo anziehewder murde. Daß er durch
. Geil, Gewalt über die Sprade und Stoffreichthum
gleih dazu befähigt, dennod nie ald Scriftiteller auf
getreren it, liegt in der großen Beſcheidenheit, mit der
v. Plefien. 467
er fih ſelbſt und feine Leitungen beurtheilte und daß
ibm alle Sudt, fi vorzudrängen und zu glänzen, auch
im U Bi von ganzer Seele zuwider
war. Der vormwaltende Charakter feiner Ratur beftand
in beiterer behaglider Empfaͤnglichkeit für alled wahre
Gute und Schöne, wie fie nur aud dem glüuͤcklichen
Gleichhgewigte bedeutender inteleftueller Kräfte und Def
reichften Gemüths hervorgeden könnte. Gelbft unter
dem Drude körperlicher Leiden, bei anfeinender Ber
— — Abſpannung erloſch dieſe Empfaͤnglichkeit
nicht. ie bürgerte ibn, wenn er aub ben ebelofen
Stand für fid ſelbſt vorzog, in die Familien feiner Ans
“gehörigen und Freunde ein mit der märmiten Theil—
nahme für Alt und Jung und benabm ibn jene Schroffs
beit, die den Einzelnttebenden im Alter bäufig abiloßens -
der zu machen pflegt. Bei einem fo feltenen Bereine
von Eigenſchaften ded Berflanbes und Herzens, die ihn
old Beamten und Menſchen gleib adbtungömertb mad
ten, war er eine Zierde des Kollegiums, Dem er ange
börte und ein Kleinod für feine Sreunde. {
158. Leopold Engelke. Hartwig *) v. Pleffen,
großherzogl. medienbura =fchwerinfher Geheimerathöpräfident und
Staatöminifter zu Schwerin, des kaiſerl. Öfterr. Leopold: u. des
tönigl. daͤn. Danebrogordens Großkreuz, Ritter des koͤnigl. preuß,
zothen Adlerordend 17 Ki. in Diamanten !c.5
geb. den 21. San. 1769, geſt. den 25. Apr: 1837 *®).
v. Pleſſen ward geboren zu Raden unweit Güfrom,
einem der Guͤter feined Vaters, Hauptmann v⸗ Pleſſen.
Seine Mutter (fpäter in zweiter Ede dem Landrathe
v. Dieregg auf Steinhaufen vermäblr) war gleichfalls
eine geborne v. Pleſſen und fomis gehörte er von mäts
terlider wie von väterliher Seite einer eben fo alten,
als verdienftreiden Samilie an, deren namentlih die
medlenburgifde Geſchichte ſchon auf ihren fräbeften
Blättern oft und ebrenvoll Erwähnung tbut. Mit ſei⸗
nen Geſchwiſtern (drei Brädern und Drei Schweſtern,
unter welden er der dritte an Alter war) empfing er
feine erfte Bildung durch Hauslehrer und Fonnte ſchon
in einem Wlter von 463 Jahren unmittelbar aud dem
J
) Gewoͤhnlich bediente fi) der Verſtorbene nur bed erſten und
des dritten diefer Vornamen. |
eey Sreimäthiged Abendblatt 1838. Nr. 1008.
— 80*
L
468 v. Pleſſe.
. Baterbaufe um akademiſchen Studium übergeben. Es
ne * — Roſtock, auf welcher er 385. be⸗
gann und wo er, der bilofopdifßen Fakultaͤt durch des
ten. Dekan 9. V. Becker als „bonaram artinm et lin-
aram stadiosns“ zugeſchrieben, von Michaelis 1785 bis
tern 1737 die geeigneten Vorlefungen befucte. Hier—
auf begab er ih Cim April 1787) nach Göttingen. Dort
börte er unter andern bei A. £&. Schlözer Statifif, Pos
fitit und ein Zeitungsfollegium; bei G. F. v, Martend
europdifches Voͤlkerrecht, Staatörebt der europaäiſchen
Reiche und praftifhe, mit Lieferung von Auffägen vers _
bundene Vorleſungen Über dad Völferrebt; bei J. ©.
Mütter Reichſsgeſchichte und deutiched Staatsrecht, mie
er au an den praftifcen Lehrſtunden deffelben durch
Uebung in mündlichen Vorträgen und fariftliden Re—
lationen Ebeil nabm. Gab fib einerfeits in der Wahl
biefer Lehrer und Lektionen ſchon Damals feine Neigun
für die publicififche und dipfomatifhe Laufbahn, au
welcher er fpäter einen fo großen Ruhm ernten follte,
mit Entfebiedenbeit zu erkennen, fa bezeugen auch andes
rerfeitö die Zeugniſſe jener berühmten Docenten, daß er
"ein nicht minder entfchiedened Talent für diefelbe ſchon
I)
damals beurkundet und mit dem rüſtigſten Sleiße, mit
dem glinftigften Erfolge die nöthigen — 9
ſtudien betrieben babe. Nach Vollendung eines vierjaͤh⸗
rigen Univerſttaͤtskurſas ſuchte er eine Anſtellung bei der
fönigl. kurmärkiſchen Kriegs- und Domänenfammer in
Berlin nad. Diefelbe erfolgte unterm 5. Januar 1790
und ed feblt nit an Zeugniffen, daß der junge Refes
rendarius feinem Titel durch mannichtacdhe Arbeiten Ehre
zu macen mußte. Indeſſen, modte nun doc die fpe-
ciele Befhaffenheit Diefed Wirkungskreiſes ipm bei nie
berer Bekanntſchaft nicht zufagen oder trieb es ihn, noch
meitere, freiere Bildungdwege gu durchmeſſen, ebe er
- überbaupt innerhalb fefter, beſtimmter Verbälmiffe fi
begränzen ließe; oder richtete vielleicht die Lebe zur
eimath den Blick feiner Wänfhe auf den vaterländis
ſchen Staatödienft: genug, mir feben unmittelbar von
ankfurt aus, wohin er, mie mehrere andere junge
Männer von Stande, im Gefolge der preuß. Gefandt-
—J zur Kroͤnung Kaiſer Leopold'es IT. (im Herbſt 1790)
begeben hatte, feine Entlaſſung aus preuß. Dienſten
erbitten und erwirken. Nachdem er fodann einige Zeit
auf Reifen zugebradt batte, ließ ibn fein Eifer, im
deutſchen Staatörecht und für bie Diplomatie fi aus⸗
" %
t
| ‚ deigte, weshalb er feinen färftlichen
dv. Pleſſen. 469 |
zubitden, ehren längeren Aufenthalt im Regens ma⸗
chen, welches zu der Zeit für dieſe Art von Bildung
eine treffliche, viel beſuchte Schule war. Das J.1
aber führte ihn in den Dienſt ſeines Heimathlandes ein,
indem er unterm 41. März von dem Herzoge Friedrich
Stanz *) als Auditor bei der Kammer mit dem Charakı’
ter eimed Droſten angeftellt ward. Diefer Anftellung
folgte am 10. Sept. 1796 die Ernennung zum beriogl.
Kammerherrn, nachdem er in demfelben Jahre bei der
Theilung des. värerliden Nachlaſſes das Gut Bogelfang
erworben batte, welches er jedoch verpachtete und auch
fpäter immer in Pacht ließ, bis er fur; vor feinem Tod
ed verkaufte. Gleich nah Empfang ded Kammerberrn--
patents trat er eine größere Reife durch England, Frank⸗
reich, dad ſtuͤrmiſch bewegte, und Defterrei an. e
Ruͤckkehr erfolgte im Jahr 1798 und nunmehr dielt fi
v. P. meiftentdeild am erben! Hoflager auf, weil (don
Damald der Herzog eine befondere Suneigung für ihn
) Önner auch auf
mebreren Reifen, 3. B. nach Schlefien , begleiten mußte :
eine Zuneigung, welche allmälig zu einer wahren, zwi⸗
ſchen Herribern und Dienern fo feltenen, alle Wechfel«
fälle der Zeiten treu Überdauernden Freundſchaft fi
entmideln ſollte. Allein diefen, wenn gleich angeneb-
men und freundliden, doch engen und befcräntten
Derhältniffen mard er zu einer umfaflendern, großarti-
ern Wirkfamkeit durch dad Tahr 4802 entführt. Das
Dertrauen feined Särften berief ibn ndmlid unterm
415. Mai zu dem eine Zeit lang unbefegt — Po⸗
ſten eines bergool. Tomitialgefandten bei der Reichsver⸗
fammlung zu Regensburg, eine Stelle, melde bei der.
ra pr politiſchen Konftellation mehr als je nicht
blos T 20 und Zuverlaͤſſigkeit des Charakters, fon.
dern auch klare Einſichten und beſonnene Umſicht drin -
end in Anſpruch nadm. Zugleich ward ibm vom fire
Tieifoen Hote deffen Vertretung bei der Reichsverſamm⸗
Iung übertragen. Ehe er aber den neuen Sacıyiae
feiner Thaͤtigkeit betrat, gründete er ſich ein bAuslich
Gluͤck durch feine am 24. Mai deffelben Jahrs voll
zogene Vermädlung mit der Baroneffe Sophie v. Eam:
penhaufen, einer Kochter des kaiſerl. ruff. Civilgouver⸗
neurd von Liefland, melde ald Hofdame der Großfuͤrſtin
Helena Paulowna mit diefer nah Medienburg gefoms
._ 9) Deifen Biographie f. in dieſem Jahrg. d. Rekr. ©, 180.
, \
_
470 Men 5
men.war. Zu Unfang ded Auguſtmonats ward der neue
Geſandte in die Verſammlung der deutſchen Eraatens
Vertreter feierlich introducirt. Als Legationsfefretär der
mecklenburgiſchen Geſandiſchaft fand derfelbe den NRegies .
rungdratd Beder und den Hofratd Gumpelzhaimer, nebft
einem Legationskanzelliſten Keller, - in Regendburg vor.
Don dem Eifer, womit er nun nicht 'blod den eigents
lihften und naͤchſten Pflibten feiner gegenwärtigen Stel»
Jung fib widmete, fondern auc ferner liegende Inter
effen in den Streid feiner Beſtrebungen zog, iſt mebr
ald ein Zeugniß vorbanden. So gab er zwei für dad
Staatsrecht und die Geſchichte Medlenburgd wichtige.
Aktenſtücke in Drud, welde die Entfbädigungsanfprüde
des herzogl. Haufes Mecklenburg⸗Schwerin wegen der
durch den weſſphaͤliſchen Srieden ibm zu Theil gemordes
nen, durch Ludwig's XIV. Gewalt und die rechtloſen
Rechtsſprüche der berüchtigten Meuniondfammer von
Breiſach ibm mieder ensriffenen zwei Kanonikate zu
Eirafburg, jo mir Die vom ftreligiiben Hof in Uns
ſpruch grnommene Theilnahme an folder Entfbädigung,
betreffen: das eine batte er al$ ſtrelitziſcher, Das andere
als ſchwerinſcher Geſandte der Reichsdeputation libers
geben *). Eben fo wird feine anderweitige, über bie
Grdnzen des vaterländifaen Partikulärintereffes binauds
reihende Fräaftige Ebeilnabme an den Derbandlungen
der Reichsverſammlung dur ein Danffagungsfcreiben
(d. d. Nürnberg am 14, Apr. 1808) beurfunder, welches
dad Direftorium Der „unmittelbar freien MNeichärittere-
ſchaft in Sranfen, Orts am Steigerwald,“ an den „Eräfs .
tigen und patriotifhen“ Sprecer für deren Rechte, bei
den Deliberationen in der Reicksfriedensſache, ergehen
ließ. Ein boͤchſt ebrenvoller Auftrag feined Hofes ent
fernte ihn auf einige Zeit von Regensburg: er ward
nämlid unterm 12. Mai 1808 angewiefen, als außer
ordentlicher Geſandte mit einer fpecielen Miffion (Unter:
handlungen wegen Erlangung der Kurwuͤrde für Med
lenburg: Schwerin) nach Wien an das kaiſerl. Hoflager
u geben. Im Auguft deflelben Jahrs nah dem Sitze
er Reichöverfammlung zurhdgekehrt, widmete er ſich
wieder mit gewohnter. Thätigfeit. den Öffentlichen Ans
*) ä Aktenſtuͤcke auß dog Deputationsprotokollen vom Jahr
1808 diker 307_und 308), die bergo l. Dee ienburgilden Domberrne
Hier ot aasbrudr brfnuate abaruene nah el
ifhen Staatsre eſonders abgedrudt und mit einer te
Ten Zabelle vermehrt. (Hegensburg) 1808. J geneslee
eitrag zum mecklenbur⸗
ı
v. Plefſen. u
eiten in ihrer zunehmenden Verdaͤſterung und
| rofrrung. Als aber im Fruͤdjahr 1808 die wichtigeren
Berathungsg
Monate Feine neuen zu erwarten ſtanden, begab er ſich
mit Urlaub feined Hofes für den Sommer nah Medien:
burg. Dier ward er mittelft Patents vom 25. uni 1805
: von feinem Landeöberrn zum Gebeimenrath ernannt und
su diefer Beförderung fam mit dem Anfange des fol
enden Tabrö eine Gebaltözulage. Nachdem v. P. auf
feinem often wieder angelangt war, feßte er, neben
feinen übrigen Gefchäften, mit befonderem Eifer auch
die fchriftKellerifden Arbeiten fort. Namentlich lieferte
der Anfang des Jahrs 1806 das Werk „Ueber die reelle
Grundlage eined nothwendigen Papiergelded,“ wofür
ibm, mie für die (don 1805 vollendete Schrift vers.
wandten Indalts, „Ueber die Girkfulation des Papier:
geldes,“ "Durch den damald in Wien anwefenden Frei—
derrn F. 9. v. Hügel*) im Namen des Eaiferl. Kabinets
Die Komeihelbattete:
nerfennung bezeugt ward. Die
probibitiven Maadregeln, welche damald von mebreren
Seiten auf die Audichließung oder doch moͤglichſte Be:
- ſchraͤnkung ded englifden Handels gerichtet wurden und
die Häufig dabei an den Tag gelegten falſchen oder un-
flaren und verworrenen Begriffe veranlaßten in demfel»
ben Tadre die Herausgabe der Denkfärift „Ueber das
natuͤrliche Verhaͤltnuß und die Beſchraͤnkungen des Dan-
dels ıc.,” bei deren Ueberſendung an den Herzog Srieds
rich Sranz der Verfaſſer unter anderm fchrieb: „Was
bleibt in Diefen Zeiten der Gewalt dem Einjelnen zu
thun uͤbrig, als menigftend für Wahrdeit und Recht
u fprechen 2” Wohl empfand aud feine Bruft fo tief,
ho lebbaft, wie nur eine, jene patriotiſche Trauer über
Des deutſchen Reichs derzeitige Zerrütfung, Entkräftung
und Entwürdigung ‚s jene trübe Stimmung, welde von
der fideren Erwartung herannabenden noch größern Un,
beild und von dem Bemußtfein des Unvermögeng, dem⸗
felven zu webren, über alle Baterlandöfreunde audge
goflen ward; allein weit entfernt, ſich durch diefe Stim⸗
mung in eine verzagte Unthätigkeit, in ein hoffnungs⸗
loſes Schweigen verfenfen zu laſſen, ſtand v. P. auf
der Seite der energifderen Männer, welche ed für beis
raft und Treue, mit
lige Pflicht erkannten, den ne und umpdäfterten
irkungskreis mit deſto arößerer
deſto größerer eigenen Klarheit in Wiffen und Wollen
,9.N. Mekr. 8. Jahrg. S. 1688. -
j}
egenftände erledige waren und für einige :
472. v . Pleſſen. J
andzufhllen und dem Unrechte, welches man zu dindern
- wenig Ausſicht hatte, mindeſtens doch Die Proteftation
.eined freimütdigen Wortes, die unentmurbigte Stimme
des Rechts zu dören zu geben, Er ließ fie bören, als
fon der Boden feiner biöherigen Stellung unter feinen
Sägen ſchwankte. Bald ſollte dieſelbe gaͤnzlich verändert
werden. Denn nachdem durch die Stiftung des Rdein⸗
bundes der deutſche Reichsverband faktiſch aufgehoben
und durch die bekannte Erklärung des bisherigen Reiche»
oberhaupies (4. Aug. 1806) der Reibötag förmlich auf
gelöft worden war, erlofden natärlih aud v. P.’8 Ko⸗
mitialfunftionen. Dier Jahre batte er, an dem Tenten
deutſchen Reichstage Der legte meckenbürgiſche Geſandte,
auf dieſem wichtigen Poſten feine Kräfte geübt; als er
von demſelben abtrat, begleiteten ibn unverkennbare
Zeihben und Zeugniffe der allgemeinen Hochachtung.
welche er durd unermüdlichen Eifer für die Nechte und
Nortbeile feined Kürften und Landed,: wie durch höch—
berzige Hingebung an dad gemeinfame Wohl des ganzen
deutſchen Reichs, Durch bervorragende Fähigkeit, Ein⸗
fibt und Gewandtheit in feiner oͤffentlichen Wirkfamfeit,
wie durch Die Tugenden und anziebenden en rare
feines Privatcharakters fi, erworben hatte un
flige Meinung, welche er fih bier in Regensburg unter
den Diplomaten begründete, bereitete ibm ohne Zweifel
weſentlich die ehrenvolle Aufnahme, das freundliche
Entgegenfommen, die auögezeichneren Erfolge vor, des
ren er fpäter in Frankfurt, in Wien, an allen Punkten
feiner nachherigen diplomatifhen Laufbahn fib zu ers
freuen baden ſollte. Indeſſen vermweilte er noch einige
Zeit-nach der Auflöfung der Reichöverfammlung an feis
nem biöberigen Aufentbaltsorte: er blieb nämlich bei
dem ebemaligen Sturerzkanzler, nachberigem Zürft Pri⸗
mad, mir welchem der medlenburgiiche ger wegen der
auf die Rheinoftrop ihm angewiefenen Rente in forte
‚ Dauernder Verbindung fand, accreditirt und ed ward
%
(durch Refkript vom 2. Sept. 1806) ihm freigeftellt,, mit
Beibehaltung feined bisderigen Gebalts in jener Eigen
ſchaft vor der Hand und bid dadin in Regensburg zu
verbleiben, daß „Serenissimus Gelegenheit finden wärs
den, von feinen ausgezeichneten Talenten und bemwiefes
nem Dienfteifer auf. andere Art Gebrauch zu machen.
Solche Belegenheit aber, auf ‘andere Weife feine treue
Anhaͤnglichkeit an die Perfon feines Särften zu bee
weifen und in, anderer ———— ſeine Faͤhigkeiten zum
Beſten ſeines Vaterlands in Aushbung zu bringen, fand
die güns -
: ernannt babe, wobei ich ihm für jetzt die Direktion meio ..
ned Kabinets anvertrauen werde. — Meine Hauptabfiht. _
v. Pleſſen. 475°
fi bald. WIE im Winter 1306 Medienbürg von den
Sranzofen offupirt ward, eilte v. P. auf den bheimifchen
Boden zuruͤck, um in unmittelbarer Nähe feinem be
drängten ul fid nüßlib zu machen. Dem folgte er
ou, ald die unrechtmaͤßigſte Gewalt Dem Nachkommen
Adolph Friedrichs ein gleihed Loos wie dieſem bereis
‚tete, nad Altona. Und welche Dienfte er bier demfel-
: ben leiftete, dad fagen am beften des dankbaren Herzogs
eigene Worte: „Auch eröffne ich,“ fo ſchrieb diefer am
9. Zuli 1807 von Altona aus, „daß ich bei der froben |
-Oelegendeit, mo ich in mein geliebted Vaterland wieder
“zurüdkehre, den Gebeimenrath von: Pleffen, melder
mir feitber-fo treufih in meiner unglüdlihen Lage mit
Rath und dem angefirengteften Dienfteifer beigeftanden
bat, zum wirklichen Geheimenratb und dritten Minifter
bei diefer Ernennung it, mir die Gefchäfte zu erleich⸗
tern end um obgedadtem Geheimenrath von Pleſſen eis
nen Bemeid der Dankbarkeit für Die mir bewiefene Ans
bänglicEeit zugeben.” Die Beftallung ward unterm
43. Julius, mädrend der Anwelendeit des Herzogs im
. Schwerin, vollzogen. So fab fi denn v. P. in einen
Alter von 33 Jahren auf einen fehr boben, ehrenvollen
und einflußreihen, aber auch vielfach ſchwierigen Stand»
punft, in die unmittelbare Nähe des Throns, in den
- Mittelpunkt der öffentlichen Angelegenheiten und gleich»
fam ar dad Herz feined Vaterlands geftellt, eine Stel
lung, welche Durch fein im Jahr 1808 erfolgted Aufrhife
fen in die Würde eines zweiten Minifterd keine wefent⸗
liche Veränderung erlitt, da er nach mie vor Chef de
berzoglihen Kabinets blieb und in welche er auch nach
kürzeren oder Sängeren Entfernungen immer wieder als
in eine Eaum dadurch unterbrodene, mwenigftens „nicht
aufgebobene oder anderweitig unterdeflen befegte w
rucktehrte. Was er aber auf dDiefem Standpunfte waͤh⸗
rend eined Zeitraums von fat 3O Jahren erfirebt und.
Bee; mie er einerfeitd die inneren Angelegendeiten .
es Fuͤrſtenhdauſes und des Landes in fetiger, gedeihli⸗
cher Thaͤtigkeit mitgeleitet, andrerſeits beider Beziehun⸗
gen nach außen ruͤhmlich vertreten und von 9 zu Zeit
in die allgemeinen deutſchen, ja in die europaiſchen Ver⸗
daͤltniſſe Fräftig,. mit dem Lohn allgemeiner deutfcer, ja
europdifher Anerkennung eingegriffen hat: davon laffen
fid dier nur einzelne hervortretendſte Momente erfaſſen
f ® i
x
-
_v / 8% Pleſſen. |
und zur-Darkeiung bringen. Als mit dem Anfang des
Saba 1813 von Norden her über das lange gefnechtet
gewefene Europa dad Morgenrorb der Sreiheit beraufs
309; ald die Nachricht von dem ſiegreichen Vorrücken
der ruffifhen Heere und von dem Anſchluſſe Preußens
“an diefe Macht den Glauben an die Möglichkeit einer
Wiedergeburt Deutſchlands zu ermeden begann: da war
Sriedrib Sranz von’ Medlenburg der erfie Rheinbunds⸗
fürft, melwer dad Tod, dad feine Schmach und Schwere
unter Tem Namen eined Bunded allzuwenig verbarg,
Kühn abzufbütteln, mit Rußland und Preußen gemeine
ſchaftliche Sache zu maden und aled an die WVieders
— eines ehrwürdigen, ſelbſtſtaͤndigen Vereins
aͤmmtlicher deutſchen Staaten zu ſetzen beſchloß. Noch
erſchien jene Moͤglichkeit nur als ein ſchwacher Schim⸗
mer und viel ſicherer, viel näher die Gefahr, welcher das
kleine Land durch. feinen Abfall von dem immer noch
gewaltigen Napoleon ſich ausſetzte; eben erfi (28. Sebr.)
war dad Schutz⸗ und Trugbändnig zwiſchen Rußland
und Preußen geſchloſſen, des Letztern Striegderflärung
gen Sranfreih aber, fo mie der Faliide Aufruf an
ie deutſche Nation noch nicht erlaffen: da ging fon
- (am 15. März), nahdem unter dem Oberſten Teitenborn -
die erften Slofafen, die erfien Herolde der berannaben«
den Befreiung, nah Ludwigslüſt gefommen waren, v.
9. als derzoglicher Bevollmädtigte zur Verdandlung
und Abfchliefung des Bündniffes mir. jenen beiden
Maͤchten von diefem Drte ab: Denn ibm, der gewiß
vicht obne Einfluß auf Die bochderzige re, ſei⸗
ned furſtlichen Herrn geweſen war, übertrug derſelbe nun
auch deren Audführung und wie er dem Derfcheiden und
der Srablegung des .alten deutſchen Reichs beigemwohnt
batte, fo mar ihm auch bei der Wiedererwedung und
Erneuerung deffelben eine bedeutende Role zugedadıt.
Zuerft alfo begab er fib nad Berlin zu dem Öenerai
Grafen Wittgenftein und von bier aud weiter nach Has
ſüſch in das Hauptquartier des ruſſiſchen Kaifers, dem
er in befonderer Audienz am 1. April ein Schreiben ſei⸗
nes Herzogs übergab; die Rüdreife machte er wieder
über Berlin und beſchloß diefelbe am 9. April, wo er
in Ludwigsluſt eintraf. Aber fhon am 24. deſſelben
Monats ward er — ſich aufs neue in das Haupt⸗
quartier des Kaiſers von Rußland und des Koͤnigs von
Preußen zu verfügen. Der Zweck dieſer Reife beſtand
in näheren Unterbandfungen mit den beiden alliirten
! s
\ » Pieffen, Br: 75
häbten , Die theils Medienburnd Stellung und ls
baͤltniß zu. Dem jegigen Kriegsbunde und gu dem kuͤnf⸗
tigen Reiböbunde, dem letzien Ziel aller Wuünſche und
Beltrebungen des hochſinnigen Herzog, theils Die von
——* * leitende Beibülfe für den großen Kampf
etrafen.
auf „feine Treue, feine Umfichtigkeit ind. feinen geraden
Sinn“ bafirte, andrerfeits von dem großartigen Gefichtd«
punft,. unter weldem fein Sürft die nanze Angelegens
beit betrachtete, ruͤhmlichſt zeugende Vollmachten. Und
in beider Hinficht wußte er den Zweck feiner Miffion
auf’d Vollftändigke zu genügen, indem er für Medien»
burg nicht bloß eine wärdige, ſelbſtſtaͤndige Stellung in
dem gegenwärtigen Bunde und die Zufiderung einer
nit minder ebrenvollen in dem fFünftigen deutſchen
Reiche erwirke, fondern auch die Anfangs fehr hoch ge»
teten Korderungen von Truppen und andern Lieferuns
gen bedeutend berunterzutimmen verftand. Dad: Jahr
1814 brachte ibm eine fernere wichtige Miffion in ders
felben großen Angelegenheit. Unterm 2. Januar ward
er devollmaͤchtigt, zur Abſchließung von Allianztraktaten
mit den Kaifern von Rußland und von Defireid und
dem König von Preußen, bebufß einer gemeinſchaftlichen
Verfechtung der allgemeinen Sade, mit Oarantirung
der Souveränetät und der Befidungen des Herzogs, im
dad Hauptquartier der Drei Monarchen Ach zu begeben;
zum Begleiter erbielt er den Legationsrath —
haimer. Am 15. Januar in Frankfurt a. M. eingetrofs
fen, gebt d. P. bald darauf nach Bafel, trife bier mit
dem Minifter v. Dergen *) aus Strelig zufammen, folgt
mit diefem dem großen a der Verbuͤndeten
nad Frankreich und fliegt dort, mit Oeſtreich zu Troyes
den 22. Februar, .mit Preußen zu Cdatillon sur Seine den
23. und mit Rußland ebendaſelbſt den 24. Februar, Die
ewünfchten Traftaten ab, worauf er fofort nad Med .
‚lenburg zurüdkebrt. Wie günftig diefe Unterbandlungen
auöfielen und welcher bedeutende Antbeil an dieſem
lüdliden Erfolge der Geſchiicklichkeit des Unterbändlers
eizumeffen mar, darüber fpraden id Fuͤrſt und Land
mit einftimmiger Entfciedenbeit aus. Erſterer fagt in
dem Reſkripte (d. d. 26. März), in deſſen Begleitung
jene Zraftaten dem engeren AÄusſchuß zugefandt wur⸗
den: „ſolche find durch die gefhicten und eifrigen Bes
mübungen des ıc. v. Pleffen nad den obwaltenden Um⸗
—— ne
» Deflen Biogr. f. in dief. Jahrg. d. N. Nekr. ©. 8%.
n beider Hinfiht empfing v. P. ausgedehnte .
476 v. Mieſſen.
ſtanden ußerſt vortheitdaft far Uns und Unfere Lande
ausgefallen.“ Der engere Ausſchuß aber, in dem an
Serenissimum gerichteten Dankſagungsſchreiben vom 5.
April, erklärt es für eine „angenehme Pflicht, das große
Verdienſt des abgeordneten verhandelnden Minifterd ans
nerfennen, der in der That die treue Anbänglichkeit an
einen Fürſten und an fein angeborenes Vaterfand nit
beffer beurfunden Eonnte, als durch dieſe fo febr geluns .
genen Bemühungen,” diefelbe Anertennung wird in ei
nem an v. P. ertaflenen Schreiben des E. U. ausgefpros
en, welches ihm am Sdcluſſe dad edelfte Lob beilegt,
das ein Öffentlicher Beamter erftreben und erreichen mag:
„Wodl dem Land, wo der vaterländifch gefinnte Minis
fter mit dem Zutrauen feines gnädigften Fuͤrſten auch die
Liebe und dad Dertrauen aller Einwohner vereinige!“
Nah dem flegreiben Ausgang ded Befreiungskampfß
und nachdem mit dem erfirittenen Srieden und mit der
Entfernung des großen Sriedenftörerd die Möglichkeit
und Nothwendigfeit - einer Regeneration Deutſchlands,
fo wie einer Dun On eenben Regelung der flark verwirr⸗
ten europaͤiſchen Der
P. unterm 45. Junius 1814 den Auftrag, dem Wiener
Kongreß, welcher die Loͤſung dieſer Aufgabe verſuchen
daͤltniſſe gegeben war, erbielt v.
[ 2
2 als mecklenburg⸗ſchwerinſcher Bevollmaͤchtigter
eizuwohnen, um bei den dortigen Verhandlungen ſei⸗
ned Sürkten und Vaterlands Sintereffe oprunspun,
‚ befonderd_aber dazu beizutragen, „daß dad gefammte
deutſche Neich :ein einziges und unzertrennliches Ganze
bleibe.” Da jedoch die Eröffnung ded Kongreſſes Ach
verzögerte, ging v. P. zundchſt zum Gebrauch einer Bas
dekur nad Karlöbad, worauf er am 7. September in
Wien eintraf. Hier nahm er den’ lebhafteſten, wirkſam⸗
en, anerfannteiten Antheil an den Berathungen und
efhläffen jener Verſammlung von europäifchen Derrs
jan und Miniftern, indem feine Perfönlichfeit dad Ans
eben feiner Stimme weit Aber dad Mans derjenigen
Autorität hinaus erbödte, welche nah Größe und Rang
des von ihm'vertretenen Landes ibn zuzufommen ſchien.
nöbefondere übte er auf dad Zuftandefommen der deut-
ben Bundesakte und auf deren inhalt einen febr be⸗
deutenden Einfluß. (auch die Schrift: „Grundzüge zu
einem Fänftigen deutfhen Gefammtwefen und einer Nas
tionaleinheis”“ ſtammt aud dieſer Zeit) Mir foldem -
Antheil an den Verdienften jened großen Sriedend, und
Dr pen IaHDDER EINE, welches, wenn ed auch manche
Waͤnſche unerfält ließ, immer doc ein fehr heilfames
v. Pieſſen. MIT
„und wohlthaͤtiges geuaunt werden darf (dem es ge
> wöhrte dad dringenft Nothwendige), ein glorreides (8
gar und bewundernswerthes (denn es leiſtete, in Bes
ruͤckſichtigung der zu befiegenden ungebeuern Schwierig.
. keiten, das Moͤgliche), kehrte v. P. zu Ende des ZJunius
4815 in fein Vaterland zuräd, welchem er in Folge des
Artikels 35. der Wiener Kongreßafte die großberzogliche
Würde mitbrachte. Auch diesmal fanden feine Dienfte
die ehrendfte ‚Anerkennung, wie Dort, wo fie geleiftet
waren, fo in dem Lande, welchem fie zu Gute kamen.
Da nun wohl niemand geeigneter erſcheinen Eonnte, von
Seiten Medlenburgd den neuen DOrganidmuß des deut—⸗
foen Reihe in Bewegung fegen und feine erſten £es
enddußerungen vermitteln zu belfen, ald_derjenige, wel
wer, fo wirkfam bei der Schöpfung deſſelben, eine fo
enaue Kenntniß von deſſen innerer Beſchaffenheit und
Aufammenfegung, von den Bedingungen und den Tene
denzen feiner Thätigkeit Haben mußte: fo ward unterm
7. Dftober 1815 9. P. zum Gefandten und bevollmaͤch⸗
tigten Minifter bei Der deutſchen Bundesverfammlung,
gemeinfchaftlih für beide Medlenburg, ernannt. m
April 1816 kam er nad Srankfurt. Auch bier wußte er,
wie einft in Regensburg und jüngft in Wien, eine ans
fehnliche, einflußreiche Stellung unter den Vertretern
der deutſchen Staaten einzunehmen und Die Achrung
immer mehr zu.fteigern, welde er in_der diplomatifchen
Welt bereits fi erworben batte. Namentlich au ges
‚wann ibm feine befondere Neigung und Geſgqicklichkeit,
überall freundlich vermittelnd aufzutreten, viel Bewunz .
derung und Dank und ald er Sranffurt verließ, war ed
das HYinwegfallen feiner „Conciliation,“ was feine dor⸗
tigen Kollegen feinen Abgang vorzüͤalich ſchmerzlich em⸗
pfinden (ieh. Doch nicht auf die unmittelbaren Arbeis
ten. und DBerbältniffe des Bundestags befhränfte ſich
während der Dauer diefer feiner Geſandtſchaft v. 9.6
— Als im Sommer 1819 zu Karlsbad Mini⸗
ſlerialkonſerenzen gehalten wutden, veranlaßt durch die
Beſorgniſſe vor den demagogiſchen Verbindungen und
revolutionaͤren Umtrieben, wohnte auch er dieſen Bera⸗
thungen bei. Und old der Bundestag beſchloſſen batte,
Daß über die AngemENen: Auslegung und Erläuterung
des 13. Artikels der Bundesafte, die Einführung land»
- Nändifher Verfaſſungen in allen Bundeöftanten betrefs
fend, im Sinn des monagrchiſchen Princips und zur Aufe
rechtbaltung des Bundes weitere Verhandlungen gepflos
478 78 Pleffen.
gen werden follten (wobei indeffen, auf v. 9.8 Vorftel-
ung, ausdruͤcklich erflärt ward, daß die auf Verträgen,
beftebenden Einridtungen und Rechten berubende land«
ſtaͤndiſcde Verfaſſung Mecklenburgs von Bundes wegen.
eine Abänderung in Bezug auf ihre Brundfdge oder
idren Beſtand nicht zu gemärtigen baben Eönne): ward
v. P. der eben auf Urlaub in Ludwigluſt fib befand,
vom ſchwerinſchen (27. Dftober 1819) und vom fireligi-
fen Hof (30. Oktober) berufen, an diefem Minifterfon»
reß in ihrem Namen Theil zu mwehmen. Auf die vom
iener Kabiner gemachte Anzeige, daß der Beginn des
Kongreſſes, für melden „auf v. P.'s perfönlide Mit:
wirkung vertrauensvolle Ausficht gebegt werde,” auf den
20. November angefegt fei, langte derfelbe am 19. No;
vember in, Wien an. ier ward er an die Spige der
mit der Füͤhrung des Protokolls beauftragten Kommiſ⸗
fion geſtellt, in welcher ſich außer ibm der preußiſche und
der baierifhe Geſandte befanden. So Fam unter feiner
mefentliben Mitwirkung die „Schlußakte der über Aus
bildung und Befefligung des deutſchen Bundes gebaltes
nen Minifterialtonferengen, d. d. Wien den 15. Mal
1820," zu Stande, worauf er fon am 16. deſſelben
Monats Wien verließ, am 26. nad) Ludwiqgsluſt und bald
darauf nach Sranffurt zurückkehrte. Zür wie verdienft.
lid und außgezeihner aber feine Theilnabme an diefem
Kongreß, namentlid von dem Öftreibifhen Hof erkannt _
murde, bejeugte das unterm 20. Junius deſſelben Jahre
ibm verliedene Großkreuz des Faiferliden Leopoldor⸗
dend; eben fo erdielt_er gleih nah dem Schluſſe und
wohl nicht minder in Solge der Wiener Konferenzen den
koͤnigl. preuß. rosden Adlerorden erfter Klaſſe. (Das .
Großfreus des Danebrogordend war ihm bereitd'früber,
bei Selegenheit der DVermäplung der Prinzeffin Char.
fotte mit dem Prinzen von Dänemark im Jahr 1806,
verlieben worden.) Eine andere Auszeichnuñg empfing
er einige Zeit vorber von der vaterländifchen Univerfi-
tät, welche bei Selegenbeit ihrer vierten Säfularfeier
idn honoris causa zum Doftor der Redte creirte; faft
gleichzeitig batte der medlenburgifhe patriotifhe Der:
ein ihn zu feinem Ehrenmitglied ernannt *). Indeſſen
°) In fpäterer Beit trat v. 9.
für RE U Pine Aiterehumbkunde 9 en RE
ed und dem Verein für medlenburaifihbe Geſchechte und Altıre
thumskunde, um welchen er fih vielfach verdient machte, ald ;
renmitglied bei,
Na 8% Pleſſen. 479.
mochte fein Landeöberr den bewährten Ratbgeber und
Diener nis fänger in feiner Naͤhe vermiſſen und be
ſcloß deshalb, v. P. vom Bundestag zurückzurufen.
bon unterm 8. Sebruar 1820 ward eine bierauf bes
Balige Berfügung erlaffen, indem allerhöchften Orts bes
oblen ward, daß dem biöherigen Bundedragsgefandten,
zum Beweis der Erfenntlichfeit Serenissimi „für alle
emfelben aufgetragenen und fo treu und eifrig betries
benen Geſchaͤfte,“ von dem Zeitpunft feiner Zurückkunft
auf feinen Minifterpoften an, fein fräberer Gebalt von
jaͤhrlich 2000 Rthl. verdoppelt werden folle. Kaum aber
war diefe beabfichtigte Zurüdberufung in Sranffurt und
Wien Fund geworden, fo richtere der Prafidialgefandse
im Auftrag des oͤſtreichiſchen Kabinetd an den Großbers
09: die dringende Bitte, Daß v. P. noch länger, minde
end noch ein Jadr, in feinem biöberigen Wirkungs⸗
kreiſe gelaffen werden möge, „weil er in dem gegenwärs
tigen entfheidenden Momente gar nicht erfept werden .
könne.“ Allein diefer Wunſch ward nit erflült und
nah einer mit Etrelig dahin getroffenen Vereinbarung,
daß der dortige Minifter v. Pens v. Pleſſen's Stelle am.
Bundestag einnehmen folle, Febrte dieſer, auf glänzende
"von andern Seiten ber ihm gemachte Anerbietungen: vers
zicbtend, im November 1820 nah Medlenburg zuräd.
Wenn gleid ed nun nicht gelungen war, v. P.’8 uns
mittelbare Theilnahme dem Bundestage zu erbalıen, .
ward doch feine Mitwirkung für die Konfolidirung der
. Bundesverbältniffe auch ferner noch in Anſpruch genom⸗
men. Namentlih ald die Bundesverſammlung am 5.
December 1822 did zum 1. Februar ſich vertagt batte,
melde Serienzeit dad Öftreihifche Habiner zu Beſprechun⸗
gen über den fünftigen geregelteren Bang der deutfchen
Angelegenheiten zu benußen mänfcte, empfing er in eis
nem - Schreiben ded Fürften Metternich, d. d. Venedig
den 20. December 1822, die Dringende Einfodung, den
a diefem Zmed Yür den Januar 1823 anberaumten ons
erenzen feine Unmefenheit zu ſchenken. In Folge deſ—⸗
fen begab er ſich am 8. Tan. auf die Reife nah Wien,
4
von wo er in der Mitte des Märzmonatd mir einem.
Schreiben des Kaiſers Franz *) an den Großherzog Fried⸗
rich Franz zuruͤckkehrte, welches dieſem „den lebbafteften
Dank für die Bereitwilligkeit ausdrüdt, womit derſelbe
dem Miniſter v. Pleffen die Reife nah Wien zu geftar,
= Doffen Biograpbie f. N. Netr. 13. Jahrg. S. 227.
N
480 - v. Dürfen.
sen beliebt habe. Dieſer babe dem ıc. Metternich neuer:
lid die überzeugenden Beweife von feinen tiefen Ein-
fibten und vortreffliden OeAnnunnen gegeben; die fe-
ſtere Begründung der Bundesverhältniffe in Deutſchland
werde zuverläffig diefe gemeinihaftlihen Bemühungen
Erönen.” Während feiner diesmaligen Anwefendeit in
Wien erneuerten fib verſtaͤrkt die ſcoon früher gemach⸗
ten Verſuche, ibn, für ‚den Dienft anderer Staaten ”
gewinnen. So ward ibm gleich in der eriten Konfe⸗
renz, welde er mit dem Zürften Metternich und dem
— * Miniſter Grafen von Bernftorff *) batte, von
eiden vorgekellt, daß mir der Präfidialgefandtfchaft am
Bundedtage eine Veränderung vorgenommen werden
olle und daß man diefen Poften nicht befler wieder zu
feßen wife, ald indem man ibm denfelben antrage.
Allein v. P. erklärte fer und entfhieden, wie er ich ge:
gen feinen Landesherrn perfönlid anheiſchig gemacht
babe, ein Dienftverbäftniß, in welchem derfelbe ihn mit
feinem näbern_DBertrauen und feiner Gnade beolüde, z
auch für die Dauer feined Lebens nicht gu verlaflen.
- Ein fpäterer Verſuch des Zürften Metternich, ihn umzus .
Rimmen, batte feinen andern Erfolg; eben fo lehnte er
den wiederbolt gemachten Antrag, die Stelle eined preu⸗
Piiöen ea nn zu übernehmen, mit derſel⸗
en ebrenwertben Entſchloſſendeit ab. Doch ward ibm
vor feiner Abreiſe von dem Fuͤrſten Meiternich erklärt,
daß man immer noch auf die Erfüllung der in Bezug
auf ihn gebegten Abfichten rechnen werde, zumal für den
Sall, daß die Berbältniffe ſich ändern und-er dur Feine
zufage weiter ſich gebunden fühlen follte. Eine. fo treue,
o ſtarken DBerfuchungen gegenüber fiegreih gebliebene
Andänglichfeit an die Perfon feines Zürften mußte ihm
denn auch wohl die Sreundfcaft,.die Erfenntlichfeit def-
felben in immer bhöberen Grade zuwenden. Bald nad
gines Rückkunft wurden ihm bievon ‚die ſprechendſten
eweife gegeben. Ein Kabinetsſchreiben vom 418. Juli
bezeugte_ ibm- dad „innigite Wodlgefallen über die An»
bänglichkeit, mit welcher er Serenissimo zugetban fei und
die ibn die vortheilhafteſten Anträgg, in kaiſerliche und
koͤnigliche Dienke zu treten, babe ablehnen laflen: Sere-
nissimus fei Durch Diefed Benehmen aͤußerſt gerährt wor⸗
den und werde noch Gelegenbeit nehmen, ihm befondere
Beweiſe Seiner Achtung und Dankbarkeit zu geben.
x
“) Deffen Blograpdie f. N. Nekr. 18. Jahrg. ©. 30.
—
\
; v Pleſſen. a: 481°
Septere Andeutung fand ihre nähere Erflärung und ihre
Erfüllung in einem ſchon unterm 22. deffelben Monats
'ersheilten „Anwartſchaftsbrief für den wirklichen Gebeis
menrath und Minifter v. Pleffen auf das zuerk eröffnet
werdende Lehn,“ mit. welchem fein fürklider Gönner ihn
überrafchte und der von einem hoͤchſt huldvolen Hands
(reiben deflelben begleitet war. Doch follte er die
wirkliche Erdffnung eines Lebnd, welche ihm bierdurd
‚in Ausſicht geitelli war, nicht erleben. Dagegen nahm
er um Sobannıd 1824, nah getroffener Vereinbarung
mit feinen Brüdern, dad Gyr Dolgen an, welches er zu
einem unverdußerlihen. und unverf&äldbaren v. Pleffen!
fen Sideifammiß erhob. Hier bradte. er von diefer
Zeit an alljährlich einen Theil des Sommers zu, ges
wöhnlih von dem nicht fernen Doberan aus und bier
fab man ten bocgeftellten Mann, den Träger fo vieler
Geſchaͤfte und Sorgen, im Kreiſe feiner Samilie, im Ges
auffe der Natur, in der Verſchoͤnerung feines Gartens,
in allen den Fleinen und doc fo lohnenden Verrichtun⸗
gen des Landlebens freundlich und anſpruchslos walten,
ohne doh auch bier den öffentlihen Pflichten die nötbige
Zeit. und Thärigkeit zu entzieden. Won jegt an durfte
2. P. fid längere Zeit hindurch ausſchließlich Den inne
ren Angelegenheiten des Landes widmen. Nur, einmal -
noch 55* dieſe heimische Wirkſamkeit eine bedeutendere
Unterbredung. Als ndmlih Im Herbft 1833 Oeſtreich
und. Preußen die Aufforderung zu einer Bereinigung
fämmtlicher deutſchen Kabinetschefs in Wien batten er»
geben laffen,.um über die Gefahren, von welchen man
einzelne .dentihe Staaten ſowohl, ald den Bund in ſei⸗
ner Gefammtdeit durch die revolutionären Tendenzen
bedroht glaubte, in nähere, forgfältigere Berathung zu
treten, ging v. P., für beide Mecklenburg bevoumäctigt,
am 18. December Über Sırelig und Berlin nah Wien
ab. In den am 13. Januar beginnenden Konferenzen
ward derfelbe wieder mit dem preußifcben und daierſchen
Gefandten zur Protokollführung ermäblt, nad ihrer -
Beendigung fehrie er ungefdumt ind Vaterland zurüd,
wö er am 21. Junius wieder anlangte. Weber den wer
fentliden Antheil, welchen er aud an den and biefen .
Minitterialfonferenzen bervorgegangenen Befchlälfen batte, ..
ſpricht fib_ ein bald Darauf ibm zugefertigted Schreiben .
feines perſoͤnlichen Bönnerd und Freundes, des Zürften
Metiernich, in den unzweideutigſten Worsen aus. Rache
dem ſomit in ununterbrocdenem Zufanmenbang die haupte
®. Nekrolog 15. Jahrg, — 31
*
482 7.09% Pleſſen.
(ähliahen Momente aus 9.'6 Dipfomatifider, vorzuge-
weife nad außen und auf Allgemeinered gerichteter, wenn
au Smmer wieder auf die innern und fpeciellen Ver⸗
dältniffe Mecklenburgs einflußreich zuruͤckwirkender Thaͤ⸗
tigkeit angedeutet worden find, wäre ed an der Zeit, auch
feiner unmittelbaren Wirkfamfeit für diefe inneren An.
gelegendeiten feines Vaterlands feit feiner Erbebung
um Minifter und. befonders feit der Heimkehr aus Srank-
durt, die Betrachtung zusumenden. Allein bier it nit
piod eine Darfellung, ded Ganzen dieſer Wirkfamfeit
unmöglich, weil eine foldemict viel weniger als eine
Sefwihte der gefammten Entwidelung Mecklenburgs
während eines langen Zeitraums fein müßte, fondern
ouch, bei der großen Mafle des leid Bedeutenden und
bei Dem genauen Ineinandergreiten der einzelnen Theile,
ein Auszeichnen und Hervordeben des Wichtigſten weit
febwieriger, ald auf jenem andern Gebiete. Wir begnũ⸗
gen uns deshalb mit dem gewiß von niemand beſtritte⸗
nen Zeugniß, daß v. P. auf diefem Felde dieſelbe An⸗
dänglichfeit an die Perfon und das Haus feines Fuͤrſten.
diefelbe treue Liebe zum Vaterland, mit derfelben Ge⸗
fbilichfeit, mit demfelben raflofen Eifer und mit bem-
feiben glüclicben Erfolg, welde in den Zürftenkongrefe
fen und Minifterverfammfungen fo gerechte Auszeichnung
ibm erwarben, an den Tag gelegt dat. Nichts von allem,
was in den verfchiedenen Tbeilen der Staatövermaltung
angeordnet und gemwirft, zeitgemäß verändert oder neu
. . gelchaffen werden follte, konnte die Berührung mit ibm,
ald näcftem, dad volle Vertrauen des Regenzen befigen
Dem Natbgeber, umgeben; feine Regfamkeit, feine Un«
verdroffendeit und fein guter Wille ließen ihn folder
Theilnabme auch nie fi entziehen, feine allgemeine Ein
fihten, feine reihen Erfahrungen und feine genaue Kennt⸗
niß der vaterländifhen Verbältniffe waren wohl geeig»
- net, diefe immer geforderte und nie a hei ⸗
nabme auch zu einer wirkſamen und erſprießlichen iu
* geftalten. Und fo zeigen alle die zabfreichen, beträctlis
hen Kortfchritte, welche Mediendurg in neuerer Zeit im
Bezug auf materielle wie auf geiſtige Intereſſen emacht
bat, mehr oder minder far, immer aber unver ennbar
-Die Spuren von dem Flaren Geiſt und dem patriotifchen
Sinn v. P.’d und von dem_gerechten Dank, welden das
fand Friedrich Franzens gefeaneter Regierung zollt, ges. -
bäbrt ein mit geringer Antbeil Ihm. Einen vorzüglich
‘ widtigen und frucptreihen Zweig biefer Wirkfamfeis v.
[2
x
v. Pleſſen. 483
9.8 Im Land für das Land bilder (damit wir wenigſtend
doch ein Einzeines hervorheben) feine Thätigfeit bei den
Derfammiungen der vaterländifden Stände. Einer
Menge derfeiben hat er aid ſchwerinſcher fandeöherrlicher
Kommiſſaͤr beigewohnt, nämlich den Landtagen im Herb
4818, im Fruͤbdjahr und im Herbſt 1821, im Herbft 1822,
‚ 1825, 1826, im Srübjahr und Herbft 188, -
1823, 1824
im Herbſt 1829, 1830, 1832, 1834 und 1835; beim Kon«
vofationdtage gi Schwerin im Mai 1823_maren beide
Miniſter (0. Brandenftein *) und v. Pleflen) großber
goal e Kommiflarien, bei dem zu Roftod im Septem⸗
er 1827 v. P. allein. Und wenn irgendwo, ift gewiß
ask in diefer Stellung feine Individualität von ente
chieden günſtigem KFinfluß geweſen: dad Vertrauen
der Staͤnde, welches er unter alten und neuen Titeln
fortwährend befaß, feine ausgezeichnete Geſchaͤftsgewandt⸗
beit und Verdandlungskunſt, fo viele inteleftuelle-und
moraliſche Gaben, die fib in ihm vereinigt fanden, muß⸗
ten nicht allein Die Ausübung diefer eben fo wichtigen
als in mander Beziehung fchwierigen Zunftionen ihm
fehr erleichtern, fondern konnten auch auf deren Erfolg,
auf die Erbaltung der Einträchtigkeit zwifhen Regie. .
rung und Ständen, auf die —— Dif⸗
ferenzen, auf die Förderung gemeinſchaftlicher Maasre⸗
geln zum Beten des Landes nicht anders ald wohlthaͤ⸗
tig einwirken. &o lebte und ſtrebte v. P. kräftig, hei
ter, in Segen fort. Da ring feinem Gluͤck der am
21. September 1835 erfolgte Tod feiner Gattin eine
ſchwere, unheildare Wunde. Sie flarb in Doberan, mo
fie Hülfe gegen eine mebrjäbriges Webel gefucht hatte.
Auf dem freundlichen Gottedader unmeit der ſchoͤnen
Kirche daſelbſt if ihr Grad, neben weldem der trauernde
Gatte zugleich daß feinige fi bereiten ließ. Bald dars
auf griff ein anderer Todesfall auf andere Weife verän-
dernd in feine biöberigen Verbältniffe ein: am 12. Aprif
1836 verloren Fuͤrſt und Land den hoßverdienten erften
Minifter ꝛe. v. Brandenftein und an feiner Statt ward
nun v. P. unterm 5. Mai zum Gedeimenraths, und Res
ierungspräfidenten, fo wie unterm 4. Junius zum Pra⸗
denten der Schuldentilgungdfommiffion ernannt. Bon
jent an sheilte er, mit wechſelndem Aufenthalt in Lude .
wigsluf und in Schwerin, eine Thätigkeit zwiſchen den
Geſchaͤften der neuen Aemter und zwiſchen denjenigen,
°)’Deflen Biographie (. N. Nekr. 14. Jabra. rg
E
7 v. Dleffen.
melde ihm ald Chef des großderzoglichen Kabinets zu
befor en yerslicben, Don nur noch kurze Zeit follte
das legte Verbältniß dauern. Die fon lange gebegten,
durch anbaltende Krankheit nur allzu ſtark genäprten
Beſorgniſſe um das Leben des Landesvaters fanden am
4. Februar 1837 ihre traurige Erfülung: Mecklenburg
weinte um feinen Friedrig Franz. Zu denen aber, welche
em unmittelbarken, am ſchmerzlichſten von Dielen To»
dedfall berährt wurden, gebdrte in vorderfier Reihe v.
P. Was der BVerblidhene ibm und was er jenem gemes
fen während einer langen Reihe von Jebren. Dapen gab
ein. nachgelaſſenes Schreiben feines fürſtlichen Sreundes
an deffen Enfel und Nachfolger daß beredtefte, rührendfte
Zeugniß. Der bierber gebörige Abſchnitt dieſer fhönen
Reliquie lauter alfo: „Meine pelammten Diener bös
dern und niedern Standed empfeble ich angelegenslich
Deiner weitern Sürforge; bierunter vorzüglich diejeni⸗
gen, welche mir durch vieliährige treue oder ausgezeich⸗
nete Dienfte ihre Andänglichfeit bewiefen, fie baden ſich
: Dadurch gerechte Anfprühe erworben auf angemeflene
DMerforgung und Penfion, wenn fie nicht länger dienen
gu Eönnen glauben. Ich made Dir biebei indbefondere
meinen Freund den Minifter von Pleffen nambaft; Dir
find die Derbältniffe befannt, worin derfelde zu mir ge⸗
ftanden und welde vortbeildafte Anerbietungen, Die ibn
wiederholt von medreren Seiten gemacht find, er obne
Vergeltung ausgeſchlagen, um mich nicht zu. verlaflen.
& glaube es ihm dader noch vor andern ſchuldig zu
ein, bierdurch_feftzufegen und Did um die Erfüllung
u erfucen, DaB Du denfelben in einen ſolchen Geſchaͤfts⸗
reid und in ein Dienſtverhaͤltniß ſetzeſt, wie er es ſelbſt
für na angemeflen finden wird. &olite er aber früher
. oder fpäter ed geratben finden, ſich zuruͤckzuziehen und
den Dienſt zu verlaffen, fo Habe ich ſchon auf dieſen
Sal ihm fein -jegiges fire Gehalt, obne Emolumente,
von ag Rıpi.NF. ald lebenslängliche Penfion beſtimmt
und Du wirft diefe Enıfdddigung noch von meinetwe⸗
en zu leiften baben und gemit übernebmen.“ Indeſſen
edurfte es nicht erft einer fo ebrenvollen, warmen Em⸗
pfedlung von ©eiten eined Todien, um den bochverdiene-
ten Minifter auch den Weberledenden theuer zu machen:
fein Werth war laͤngſt zu allgemein anerkannt, ald daß
feine Dienſte nit au der neuen Regierung doͤchſt ers
wänfht hätten erfheinen follen. Und v. P. feinerfeitd,
wie tief auch erſchüttert Durch den Verluſt feines viel»
| v. Plefien. 485
jährigen Herrn und Greundes, fühlte doch noch zu viel
rüftige Kraft in id, empfand noch I fehr dad Fedürt.
niß zu wirken und befaß eine zu lebbafte Liebe zum Das
terland, eine zu innige, auch auf den neuen Regenten
willig übertrogene Anbängfichkeit an Das Herrfherbauß,
ald daß er ſchon jent von den Geſchäften ſich bätte zus
rüdzieben mögen. So blieben denn feine Stellung und
feine DVerböltniffe im Wefentlicden Diefelben, nur Daß er
jegt feinen bleibenden Aufenthalt in Schwetin nahm.
Und fo durfte der durch feine kraͤftige Gefundheit vers
färften, durch feine Jahre nicht geſchwächten Hoffnung
Raum gegeben werden, daß Fürft und Kand no lange
feiner bewährten Thätigkeit fi zu erfreuen baben wärs
den. Andere aber wor es im Rathe Der Dorfehung be»
ſchloſſen. Eine Unpdglichfeit, die anfang6 gar keinen
Grund zu ernftliden Beforgniffen bot, gefaltete ſich nad)
vier Tagen plöglin zur Todesquelle: am oben genannten
Bags machte eine fungenläbmung dieſem ſcoͤnen Leben
ſanft und ſchmerzlos ein Ende. Je allgemeiner und aufe
richtiger die ——— das Vertrauen, die Zuneis
. gung war, welche man dem Lebenden zollte; je uner⸗
. warteter, unvorbereiteter die Nachricht feines Todes fam: -
deſto ungetbeifter, defto lebhafter war auch der Schmerz,
welchen Diefelbe durch das ganze Land, am Throne wie
im Volk, erwedte und felten mag auf eined Miniſters
Sarg ein reicherer Franz von unbeflodenem Lobe, von
ungedeucdyeltem Danf, von warmen Thränen niederges
legt fein, als auf den feinigen. Schön und feierlich
ſprach fi diefe Stimmung befonderd auch bei dem am 8.
April flattfindenden Leihenbegängniß aus: nicht blos die
Koullegien und Bebdrden, alle Stände ſahen fi dur
eine zablreiche, freiwillige Theilnabme an dem Gefolge
reprdfentirt, an deffen Epige, fi felber nicht minder
als den Geftorbenen ebrend, der DASEDErIER, EIRDETIGLLNE
‚ und welches dem Leihenwagen bid zur Biſchofsmühle,
der Grenze ded Stadtgebiets, dad Geleite gab. Bon
bier aud fegte dieſer auf derfelben Straße, welche die
kaum noch vermifchten Spuren jene& andern Trauerwa⸗
gend mit der Fürſtenleiche trug, feine einfarhere Sabrs
fort: denn nad) Doberan, nad eben dem Drt, wo der
geliebte Herr vor zwei Monaten feine legte Nubeftätte
gefunden, folgte jegt der treue Diener feines Herrn und
zur Seite der vorandgegangenen Lebensgefährtin fenfte
man feinen Zeihnam in die fon bereitete Gruft, an
welder drei Kinder (eine Tochter und zwei Söhne),
\
- I.
486 J v. Pleſſen.
aber nict-allein, um den zu fruͤh Verlornen trauern. —
v. P. beſaß alle Eigenfchatten eined vollendeten Staats⸗
manned: fein ongeborned Talent harte er auf den Kon.
grefien, der dohen Schule der Diplomatie, vortrefflig
auögebilder. Diefe ausgezeichnete Durchdildung war in
. jedet Geihäftöberährung mit ibm nicht zu verfennen.
Er verſtand die ſchwere Kunft gut zu bören, d. h., er
börte aufmerkffam und obne Ungeduld an, maß ihm vor⸗
etragen wurde, wenn ed auch mit feinen Anſichten nicht
Übere nflimmte. In der Diskuffion ging er auf die Meie
‘
nungen des Gegners ein, ſuchte denfelben aus deſſen
eigenen Anführungen zu widerlegen und trug zum Schluß
die Gegengrände tlar und einfach vor. Auch ging er in
der Verhandlung nicht weiter, ald die Sache gerade ers
forderte, vermied forgfältig ale Abfchweifungen und
wußte mit gluͤcklichem Scyartblid und Takt dad Wefent-
lide von dem Unmefentlihen zu fondern. Selb wenn
ibm der Gegenſtand der Verbandlungen etwas fremd
war, fand er mit großer Geifteögewandtdeit und mit eie
entbämlidem Scartfinn bald Die weſentlichen Punkte
Beraus, gab in den Nebenſachen leiht nach und erreichte -
- fo oft Allen unermarter daß Ziel. Er war im Befig der
“nicht minder großen Kunſt, guten Rath von Andern an
zunehmen. Daber fprad er viel und gern mit Leuten
aus allen Klaſſen, wodurd er ſich vor einfeitigen Anfide
ten bewahrte und zu einer umfangreichen Kenntniß der
Merfonen und Sachen gelangte, die ibm eine richtige
Anſchauung und Weberficht aller Verhaͤltniſſe gewährte.
Eigener bober Verſtand, mannichfache Kenntniffe und
langjährige Erfabrung bemwirkten ed, daß er aus den ibm
vorgetragenen Anfihten dad Wahre und Angemeffene
beraudzufinden wußte, fo daß fremde Meinungen nicht
nabtbeilig auf ihn einmirkten. Allen Ertremen abge
neigt, bielt er id im Staatdleben an dad praktiſche Be—
därtniß, ehrte dad hiſtoriſche Recht, ſuchte das Beſtehende
a verbeflern und auszubilden, nicht umzuſtoßen, und
rebte nur nad dem erreichbaren Guten, das Beſſere
fommenden Zeiten überlaffend. — In feinem Gemlütb8e
arakter And moralifden Wefen bildete einen der Grunde
.
ge ein echt religiöfer Sinn, um fo ebrenwertber, tie
* und aufrichtiger, als derſelbe nicht in einem bloßen
unbewußten Nachhall empfangener Jugendeindrücke und
früberer Erziehung beſtand, fondern ein erſt ſpaͤter er⸗
woͤrbenes, ſeldſtbewußt und ſelbſtthaͤtig errungenes Gut
war, da feine Jugend in die Zeit einer kalten Aufklä⸗
»
N
⸗
v. Straud). 487
rungsſucht flel und vorzüglid. erſt aud dem frommen Ge⸗
mtb feiner Gattin der warme, belebende Strahl des
Glaubens in feine Seele drang. Hiermit verband fi
‚ eine dode Uneigennüßigfeit und unverbrüählide Recht⸗
lichkeit, eine Milde, Die in jedem Urtbeile über Men
fden und Thaten ih Fund gab; eine Humanitdt, die
allem Schroffen und Harten, aller Luſt, dad Gewicht
einer böbern Autorität Dem Untergeorbneten obne —
drückend, fühlbar zu machen, aufs aͤußerſte feind un
fremd war, wie forgfältig auch andrerſeits v. P. auf die
begründeten Rechte und Attribute feiner Stellung zu.
'balten wußte, endlich .eine Herzendghte und Menſchen⸗
treundlichfeit, die ein Dbr datte für jede Noth, die je
dem Hülfefuchenden, auch dem niedrigfien und geringe
fen, zugänglih war, die theilnebmend mit Hören wie
mit Sragen in die Erinlihken Verhälsniffe einging und
die feld dann herzgewinnend blieb, wenn fie, um nie
mand ohne Troft und Sufnung binweggeben zu laflen,
wobl zumeilen günftigere Erwartungen in Bezug auf den
Gegenſtand Des Geſuchs erwecken mode, old die Um.
Kände au erfüllen — Seine dußere Erſcheinung
war voll einfader Würde, dad Auge ein. Spiegel der
‚Geelengüte, dad Benebmen offen, derzlich und bieder, .
dad Ganze eben fo anziebend und ermutbigend für den
Nadenden, al$ gewinnend und woblthuend für den Ge⸗
nabten. — Außer den genannten Schriften erſchien noch
von idm: * Grundzüge 3. Verbeflerung des Kreditweſens
—— auf riiterſchaftlichen Guͤtern in ‚Medien
urg. 1804.
* 159. D. Guſtav Heinr. Wolf v. Strauch,
fürßl. veußifdher Kammerrath u. Kabinetsſekretaͤr zu Schleiz
geb. d. 5. Mai 1806, geft. d. 25. Apr. 1837.
Er war zu Sqgleiz geboren, mo fein Vater Ober.
forftmeifter war; feine Mutter war die Tochter, ded 1814
‚iu Dreöden verforbenen “fönigl. ſaͤchſ. Gebeimenrath und
Hofmarſchall v. Tuͤmpling. Nab dem Tode der Legtern
wurde er im Haufe feines Großvaterd väterlider Seit
erzogen, wo er Privatunterricht erbielt und“ den Grund
zu feiner fpätern wiſſenſchaftlichen Bildung legte. Don
1821 an beſuchte er die Landesſchule in Gera unter dem
Direktor Rhein und damaligen Profeffor, jegigen Sue
perintendent und Konſiſtorialrath Dr. Bebr, bezog im
*
80 1824 die Akademie Leipzig und ſpaͤter Jena und
Öttingen, machte auf letzter Univerfität im Sräbling
’
488 vvon der Wenſe.
4823 fein Eramen, in dem er die erfie Cenſur erdielt.
erwarb fi die jurififhe Doktormürde und Tehrte im
Herbſt 488 in fein Vaterland zurüd, wo er ald Ad»
vofat und ald Kammeraffeffor und Stabinetöfckretär ans
eſtelt wurde, während er zugleid feinen Oheim den
Bemeligen Chef der Kammer und ded Kabinets, Gebeis
men Kath v. Strauh*), bis zu deſſen am 11. Juni 183$
erfolgtem Tod affitirte. Zum Stammerrath ernannt, fand
er den Kabinets- und Gera'ſchen gemeinfcaftliden Ans
nelegenbeiten vor und wohnie ald Abgeordneter den
Erfurtfden Dandelövereinsfonferenzen bei. Im Sehr.
4837 febrte er krank von dort zuräd- und flarb an einem
prganifchen Fehler des Herzens am oben genannten Tage.
* 160. Ludwig Auguft von: der Wenfe,
koͤnigl. hanov. Forſtiunker zu Celle; _
; geb. den 7. Aug. 1803, geft. 25. Apr. 1837;
- "Er’war der jüngfte Sohn des Staatöminifterd und Pra⸗
u des Dperappellationtgerihtd von der Wenfe **)
n Gele und ward. bis zu feinem 17. Jahre durd Haus—
lebrer und nähftdem durch die hohe Schule in Celle
ausgebildet; Dann erlernte er bei zwei febr geſchickten
Sorftmännern in Yautenthal und Erjen am Harz und in
der Umgegend die Sorftmiffenfchaft, feßte dies Studium
auf.der damaligen Sorfifhule in Fulda und nachher zu
Göttingen fort und trat im Winter 1823 nad wohl
zurücgelegtem Examen ald Sberforftamtsauditor beim
Ceuleſchen Dberforflamt in fönigl. Dienfte, ward nad
einem jmeiten Eramen zum. Sorftjunfer ernannt und
widmete fi in Celle mit unermüdetem Fleiß und beftem-
Erfolge der praktiſchen Ausübung feiner in feinem Fach
erworbenen. ausgezeichneten Kenntniffe und Erfahrungen.
Erſt am 8. Dechr. 1834 verließ er Celle, um zu Lam .
‚fpringe im Hildesheimſchen in einen noch bedeutendern
Wirfungsfreid einzutreten. Die blübendfte Gefundbeit
ließ langes Leben boffen. Doc die Vorfehung rief ihn
nad dreimonatlicher Kranfbeit am oben genannten Tage
im mätterliben Haufe in Celle an einen Lungenäbef
zum beflern £eben ab. Gein Wirfungsfreid mar. vor
züglih die Natur. Viele audgedepnte wichtige Fönigl.
orften im Fuͤrſtenthume Lüneburg und mande Privat
orften befunden fon jegt durch ihren fhönen Beſtand
den zweckmaͤßigen von ihm eingeleiteten Betrieb und
4
” Deſſen Biograpdie f. N. Nekr. 11. Jahrg. ©. 939,
N) — — — — 10. — — 458.
* N
Brüdner. 489
mit vollem Rechte kann ihm nachgerühmt werden, daß
er ſich durd die, praktifhe Ausübung feiner audgezeich-
neten forfiwiffenf&aftliden Stenntniffe wichtige Berdienfte
um fein Vatekland erworben hat. Die raftlofe Thds ..
tigkeit ‚und fein bobes DIN ſelbſt eine
Hintanfegung feirrer Befundbeit nit achten und die .
großen förperliden Anftrengungen , denen er fi in den
bergigen Gegenden feines lepten Wirfungefreifed unters
309, mögen in Verbindung mit einer im Jahr 1828 bei
Gelegenbeit der mit eigener Lebensgefahr auögeführten
Rettung eined in dem bocangefhwollenen Allerfirome
verfunfenen' jungen Mannes ſich zugesonenen ſchweren
Erfältung den Grund zu dem Lungenübel gelegt haben,
welches feinem Leben ein fo frübed Ende brachte.
* 161. Ernſt Fried. Chriftoph Bruͤckner,
Doktor der Rechte, großherzogl. mecklenburg⸗ſchwerinſcher Hofrath
und Juſtizkanzleiadvokat zu Neubrandenburg;
geboren i. J. 177., geſtorben d. 26. (16.) Apr. 1837.
Der Berewigte gehörte zu den audgezeichnetften
mecklenburgiſchen Rechtögelehrten und Geſchaͤftsmaͤnnern
und batte ſich während einer langen Reihe von Jahren,
die er im Tempel der Themid gearbeitet, durch Die .
Shlle feiner tbeoretifch praftifden Kenntniſſe in der Ju⸗
riöpruden; und andern Wiſſenſchaften einen bedeutenden
Namen erworben. — Bon feinem äußern Leben iſt und
jedoc nur befannt, daß er zu Neubrandenburg geboren,
daſeloöſt auch feine Schulbildung erbalten, bierauf im’
Böttingen, mo er feine Studien als Juriſt vollendete,
dad Doftorat in diefer Wiffenfhaft angenommen und
im naͤchſtfolgenden Jahre (1794) von der Zuftizfanzlei zu
Neuftrelig fi ald Advofat und Prokurator hat imma⸗
trikuliren laffen, bernach feine Praris in der Vaterſtadt
nnaudgefet besrieben bat und in der Solge mit dem
Charakter eined mecklenburg-ſchwerinſchen Hofratbd bes.
gnadigt worden fei. Er flarb nad) einer Furzen Krank⸗
beit und hinterließ eine Wittwe, Johanne, geborene
Funk und zwei Söhne, wovon der Altefte, Dr. Friedrich
Guſtav B., gegenwärtig die zweite Buͤrgermeiſterſtelle
in Neubrandenburg bekleidet. — Als Scrififteller bat
er bios ‚geliefert: Commentatio inangural. jurid. ad
Art. XfI. J. P. O. de compensatione Ducibaus Megapoli-
tanis facta. Göttingae 1793. ;
Schwerin. I Sr. Brüfom.
%
.
ae =
40° N | &
162. Johann Heinrich ‚Ludwig Schmella,
Mitglied des Koͤnigsſtaͤdtſchen Theaters zu Berlin;
geb. d. 1. Dec. 1777, gef. zu Bankow d. 27. Apr. 1897 °.
Wenige Scaufpieler verdienen wohl eine fo origie
nelle Grabfarift, wie fie ein Sranzofe dem deutſchen
Buͤhnenkuͤnſtler Fleck ſege als er auf die Nachricht von
deſſen Tode ausrief; dad is ewif ſchade, daß der
Inhif Mann ſein Tod — unfer lieber Errgott wird ſich
fein taufend, Spas mit ihm babe!“ Zu den wenigen
aber gehört unftreitig S., deſſen originelle und natür-
line Komik viele Taufende feiner Landsleute erbeiterte
und .den Deuftſchland mit Recht zu feinen beliebteften
Kuͤnſtlern zählte. Geboren zu Schwedt, ift er der Sohn
einer Sängerin des ehemaligen markgraͤflichen Hofthea⸗
ters daſelbſt, Nanette Büttner und eines Herrn H.
©... , der als Officier bei dem Haak'ſchen Ju⸗
fonterieregiment in Stettin fand. Nach feiner Geburt
beiratere feine Mutter den Theatermaler Schmelta,
welcher dad Kind adoptirre. Seine frübefe Kindheit
verlebte ©. bei feinen Eltern, theild in Dresden, theil®
in Prag und Leipzig, welde beiden legten Drie die
Dreddner Hofibearergefelfchaft ebentallß befuchte. Im
J. 1784 folgte er feinen Eltern nad Riga zur Theatere
Direktion Meprer und Koch, wo er fib, nachdem er
an den erfigenannten Orten bereit in Kinderrollen die
Bühne beireren hatte, unter Anleitung feines Vaters
nur_der Theatermalerei widmete, auf deren Erlernung
er fieben Jabre feines Lebend verwandte. Seine Mutter
batte während diefer Zeit einen vorteilhaften Ruf zum
. Eönigf. Hoftheater nad Dredden erbalten, wohin fie A
allein begab und den Sobn bei feinem Vater zuruͤckließ.
Sn feinem 419. Jahre wurde plöglic die Luft zum Thea
ter in ibm fo ſtark, Daß er Riga verließ und zu Fuße
nad Dresden zu feiner Mutter ging, um fie zu bitten,
idın bei irgend einer Bühne eine Anſtellung zu verſchaf⸗
fen. Die Mutter, mit der Veränderung feiner Laufbadn
durchaus unzufrieden, gab ibm 10 Thaler und den Rath,
nah Gefallen ib felbit ein Unterfommen zu fucen;
mozu der lebensfrohe Juͤngling au unverzüglid Anſtal⸗
*) Vach der Abendzeitung 1887. Nr. 181, dem Morgendlatt 1887.
Nr. 10 und einem audern Gedrudten QAuffage. =
«
nn A ee u it ee
.
Sqhmelka. 49i
ten traf. Daß er ein ſolches jedoch nicht fogleih und
obne Echwierigfeiten fand, bedarf wohl Feiner Verſiche⸗
rung und nicht unwahrſcheinlich iſt, mad hie und da be
bauptet wurde, daß er in dieſer Periode feined Lebens
‚von der er felbR nicht gern fprach, ein Engagement bei
einer Kunftreitergefelfaft angenommen, vielleiht nur
um feine Eriftenz zu friten. Wir dürfen diefer Be
bauptung um fo mebr Blauben ſoenken, ald ©. auf
feiner ipdtern Laufbahn bis in fein Alter eine_ merk
mwärdige Geſchmeidigkeit des Körper, in feinen Leiſtun⸗
gen oft fogor eine equilibrikifhe Geſchicklichkeit und
raft offenbarte., Dad erfte Engagement, welches er bei
einem Theater fand, wurde ibm von einem Scaufpiels
direftor, Namend Lode, der mehrere Kleine Städte in
Sachſen bereifte, angeboten. Nach einem kurzen Auf
enthalte bei demfelben ging er nah Gera zur Gefells
f&aft des Direftord Medor, wo er einige Jahre blieb.
Mehrere Bekannte feiner Mutter, welche ihn hier fpielen -
aefeden hatten und feines Lobes voll waren, verfiderten
diefelbe, Daß ihr Sobn werth fei, auf einem befleren,
Theater zu agiren. Gie ließ ihn auf diefe nahdrädlihe
Empfehlung zu fid kommen und verihaffte ibm, ein
Engagement in Drag. Der damalige, jegt verftorbeng
Direktor der Prager Bühne: Liebich, holte ihn perfönlih _
von Dreöden ab, nicht vermuthend, Daß fein Debätent
ieh bald ein Liebling des Prager Publitumb werden
würde, welded ©. 13 jahre lang ununterbroden blieb.
Eine Vebereilung veran nach diefer Zeit feinen Ab»
ang: er batte einen Kollegen während der Vorſtellun
Binter der Scene eim Paar Dhrfeigen gegeben und we
gerte ſich deshalb Abbitte zu thun. Nicht ohne Webe
muth verließ er Drag, wo er fo viele frobe Tage verlebt
uud begab ſich h em Baron v. Zienick, welcher mit
feiner Geſellſchait in Baden bei Wien ſpielte. Sein
- Ruf ald Komiker fand bereits feſt, als er von bier aus
auch Wien vefuchte, wo er Hafenhut fab, der von num
an fein Vorbild wurde. Nührend ift die wahre Anek⸗
dote melde man von Beiden erzaͤhlt. Als naͤmlich D@ |
fendut in fpätern Zeiten als Gaſt auf dem Eönigl. Thea⸗
ter in Berlın fpielte und audgepfiffen wurde, weil das
Publikum die Späße ded Wiener Lofaltomiterd nicht
⸗
verſtand, befand ſich ©. im Parterre, welches er wei⸗
nend verließ. Eine genaue Kenntniß des Wiener Dia⸗
lekts, welche er ſich während feines Aufenthalts in Ba '
| den erworben hatte, kam ibm bei feinem Rollenfach fehr
—
$
492 Ä Schmelka.
. zu ftatten, namentlich in der Glanzparthie des welt.
befannten Staberl, den er gern und immer mit dem
koͤſtlichſten Humor fpielte. Nah zwei Jahren erbielt ©.
einen Ruf nad Breslau, wo man ibm beim Stadtthea⸗
ter ein fehr vortbeilhafted Engagement mit Penfion an⸗
bot. Jene Zeit war offenbar die Eräftigfte und ſchoͤnſte
Periode des Schmelka'ſchen Künſtlerlebens. Zehn Gabre
blieb Sch., bis er dem ehrenvollen Rufe nach Berlin
folgte, in Breslau und noch auf ſeinem Sterbebette
dachte er nur mit inniger Rübrung an den Aufenthalt
in jener Stadt zurüd. Er glänzte bier nicht allein als
Komiker, fondern trat auch in der Tragödie auf, indem
er unter andern den Franz Moor und den Meppiftopbes
les, felbit Hamlet mit Beifall fpielte. Solche Rolien
fagten ihm freilich nicht fo gut zu als komiſche, aber er
bewährte fid in ihrer Darftellung ftetö als einen vers
ftändigen, feine Aufgabe durchdringenden Künftler. Aus»
geaeicnet gelang ihm auch die Daritelung treuberziger
aturfühne. Ein Lieblingsrolle von ibm, in welcher ihn
dad Breslauer Publiftum nicht oft genug feben Fonnte,
war der Schneider Crispin in dem Fomifhen Singfpiel
„der Schweſtern von Prag ;“ naͤchſt dieſer genel er außers
ordentlih als Rochus mpernikel, als Truffaldino
in „der Diener zweier Herren,“ als Schneider Ka⸗
kadu oder als Tiſchlerjunge in dem Singſpiele: „die
muſikaliſche Tiſchlerfamilie“ und man” mußte ihn in
diefen Stüden gefehen baben, um: zu begreifen wie:
weit die Laune, der Mutbwille, die Sraft und Aus
Dauer eines Menſchen reihen fünnen; da mar feine
Safer, Feine Fiber an feinem ganzen Leibe, die night
mit gearbeitet, nicht mit gemirft hätte, nicht Durch dem
anzen Abend in der beftigften Aufregung gemefen wäre.
Als Beweis, daß fein Eifer, feine Luſt auf der Bühne
feine Schranken, feine Gränzen fannten, daß er durd
nichts geftört, durch nichts aus der Faſſung und auß feis
ner Rolle eur werden fonnte, "mag die Erzählung
eines tragiich » Fomifcben Ereigniffes dienen, welches ſich
in Bredlau begab. Er fpielte den Rochus Pumpernikel.
Als er die mit Tanz begleitete Arie fang, tanıte er mit ‘
foldem euer, mit ſolher Wuth, daß er die Berechnung
des Terraind der Breslauer Bühne vergaß, ſich zu weit
. "in den Vordergrund wagte und endlich durch einen faux
— zus unter einem lauten Angftruf des überfüllten Haufes
n dad Drcefter Klirite, Die Sace bätte febr. tragifch
‘ enden Fönnen, fie endete aber komiſch und mit lauten
+
1
* - v
— Schmelka. Fe 493
Beitallönärmen, denn einige Mufifer und andere Were
nen, die ſich im Orcheſter befanden, empfingen den
Stuͤrzenden mit, geöffneten. Armen und fpedirten ihn,
mittelfi eines glädliben Wurfed, even fo ſonell, ald er
gekommen war, auf die Bühne zurüd, wofeldft er, ohne
aus dem Takte zu kommen und fo, ald ob gar nichts
vorgefallen wäre, den ‚unterbrodenen Tanz fortfegte.
. Deg Jubel, welder ſich erbob, als man den Verſchwun⸗
denen und Zodtgeglaubten friſch und munter auf der
Bühne erblidte, beichreibt Feine Feder. In eben diefem ‘
Stüd ereignete fi einft ein anderer fehr komiſcher Auf
tritt. Am Schluſſe des erften Akts, wo die vorgebfiche
grau des Rochus Pumpernikel ihm 12 Sinaben, alle als
Pumpernifel_gefleidet und einer immer größer als der
andere, als feine Kinder voriteut, die er aber nicht ans
erfennen wi, hatte Sch. ſich einen Spaß arrangirt, der
nie feine Wirkung verfehlte. Er ſtieß naͤmlich, als die
Knaben wie die Orgelpfeifen der Größe nah vor ihm
aufgeftellt waren, den kleinſten an,. daß diefer auf den
nachſten und fofort einer auf den andern fallen mußte,
bid Die ganze Reihe in einem Haufen auf dem Boden
lag, dann ſtellte er fib auf den größten, den gewoͤhnlich
ein dortiger Hausſtatiſt, Namend Wißmann, fpielte und
indem er von oben berab triumpbirend auf die Befiegten
blickte, mußte der Vorhang fallen. Das Shidfal wollte,
daß Wißmann eined Tags kurz vor der Vorfteuung des.
Pumpernifel erfrankte und feine Role ein eben auf der
Bühne gegenmärtiger Fürzlich. erft angeftellter Statiſt
übernehmen mußte. Die Zeit war zu kurz, um den Stelle
vertreier, welder Dad Stüd noch nie gefeben hatte, von
Allen zu unterridten, man vergaß fogar Sch. mit dem
Neuling, einem ehemaligen Zärbergefellen, befannt zu
machen. Die Schlußfcene kam und Sch. wollte wie gen
woͤhnlich fib auf den größten der Pumpernidelfnaben
ſchwingen, aber der Särbergefelle ein vierſchroͤiger Kerl,
der gewohnt war, in allen Sauftfämpfen Sieger zu blei⸗
ben, fete fi tapfer zur Wehre. Sch. gerierh in Wut,
doch vergeblih, denn nad langem Ringen fah er fi
überwunden; er unterlag der Kraft des Statiften, wel⸗
cher zur Vermunderung des Publitumd diesmal den
—— zu Boden ſtreckte, Als der Vorhang ges
allen war und der Zärbergefelle fein Opfer lodließ,
wiederholte fi) der Kanipf binter den Kouliſſen, doc
das Blatt hatte fi gewendet, denn jetzt prägelte Sch.
den Statiften derb Dur, der verbläftt und erſchrocken
\
494 Schmelka.
daſtand, Indem er glaubte, feine Sache recht gut gemacht
\
u baden. Wenige Minuten fpäter, ald er in feiner
arderobe war, legte Ad Schmelfa‘d Wuth, er mußte
jegt felpft Aber das Borgefallene laden, ſuchte feinen
Gegner auf, bat ihn um Verzeihung und ſchenkte ibm
für die empiaugehen Prägel eineh Thaler. Dergleichen
Vebereilungen kamen binter den Kouliffen bei Sch. oft
vor, aber fein Zorn währte nie lange, fon nad 5 Mi:
auten war er der freundlichfie, herzlichſte Menſch, der
Alles that, um feinen Fehler, felb gegen den geringften
Untergebenen wieder gut zu machen. Eben fo Eonnte er
leicht drgerlid werden, wenn einer feiner Kollegen in
einer Scene wit ibm applaudirt wurde. Der Neid, an
dem leider fo viele Künftler laboriren, war auch ibm
niot fremd; nur kam er ſchnell wieder zur Vernunft.
mähdrend Andere in ihrem Dünkel diefelbe gemöhntich
ganz verlieren. Hatte er in irgend einer Fomifden Scene
einen Nebenbubler gefunden, fo überbäufte er diefen, fo»
bald fig die Bühne verlaffen, mit Tadel und Vorwürfen,
bis ihn plöglich fein Berragen reuete und er nun feinem
Kival aufrichtig Glück wuͤnſchte, ihn zuletzt fogar freund⸗
lich beledrte, wie er, wenn er die Scene wieder ſpielen
würde, es noch befler machen und Died und Jenes zus
fegen könne, um den Effekt noch zu_fteigern. Bon mans
hen feiner Kollegen it er auch bäufig getadelt und ibm
zum Vorwurfe gemacht worden, daß er zu gern fpielte,
Daß er rolenfüchtig fei und man dar ibm dad ald eine
— —— auch als ein Verbrechen angerechnet,
ch. aber dadurch in den Augen der Verſtaͤndigen und
Unbefangenen lacherlich und veraͤchtlich gemacht. Iſt es
ſchon Jemand eingefallen, iu tadeln, daß er
den ganzen Tag die Violine in den Händen hält oder
der unäübertreffliden Klara Wiek übel zu nehmen, daß
fie Stunden am Piano figt? Kann ein Virtuos gedacht
werden, der nicht fein Inſtrument über Alles liebt und
fann man Virtuos werden, obne raftlos mit Feuer
und ganzer Seele fein Anftrument vom Morgen bi ie
Abend zu bearbeiten? Sollte ein Schauſpieler ein Künft-
ler werden können, ohne fein Inftrument, die Breter,
nicht aud voller Seele zu lieben und ſoute dad „A forge
de forger on devient forgeron,“ nit auch dem Schaue
ſpieler gelten? Das Sch., in deſſen Bruf alle Leiden»
ſchaften deftiger tobten, der da lichterloh brannte, wo
andere ib gemätblid wärmten, auc in feiner Kunk- .
liebe in der Zaͤrtlichkeit für fein Zufkrument weiter go
-
\
Schmelka. 496
ben mußte als Andere und zuverlaͤſig nicht gefiagt ba;
ben würde, wenn man von ibm agererben bätte, Täglich
‘drei der Närkiten angreifendften Rollen zu fpielen, it zu
begreifen; die Bühne war feine Welt, Alled außer ihr
Nebenſache, keiner Beadytung werth. Sch.'s Triumphe
auf der Breslauer Bühne konnten natürlich in der deut
F Theaterwelt nicht unbekannt bleiben. Man hatte
In Berlin, wo fruͤber ſchon Sch. ald Gaſt mit Beifall
" aufgetreten war, viel von den Sortfchritten des talent
vollen Komikers gehört und der damalige Generalinten-
Dant der koͤn. Bühne, der Punftfinnige rat v. Brühl *)
verfuchte es zuerft, i. 3. 4817 Sch. na Berlin zu zie
en. Im Nahlafle des verftorbenen Künftler6 tanden
& 12 Briefe des Grafen v. Bruͤhl, aus denen fänmt,
. Sid bersorgebt, mie ſehr man Sch.’ Engagement in
Berlin wänfcte. —— war es der Direktion des
von einem Aftienverein i. J. 1822 neu begründeten und
am 4. Aug. 1824 eröffneten Koͤnigsſtaͤdtiſchen Theaters
gelungen, Sch. nah Berlin za ziehen, wo er 13 Jahre
bis zu feinem Tode blieb: Sch. war der erfte Künfler
der die neue Bühne betrat, auf welcher er feit jenem
Tage viele Taufende erbeiterte, die alle in ibm ibren
fiebling verloren. Am 26. Tuni 1824 nahm Sch. vom
Bredlauer Publikum Abfwied. Die Direktion batte ihm
die legte Vorſtellung zur Benekzeinnayme befimmt.
trat an diefem Abend in zwei von ibm felbft geſchriebe⸗
nen £ufifpielen auf: „Die — 9 — nach einer Oper
von Goͤthe **) bearbeitet — n Dettingerd dra,
matifhen Deflertd) und: „
(gedrudt in Holtei’d Jahrbuch deutfher Nacſpiele)
wifhen beiden Städen gab er eine von ibm arrangirte
omiſche Scene und am Schlufle der Vorſtellung erſchien
er im Koſtüm des Schneidergefellen Crispin, aus „die
Schweſtern von Prag” und fang nach der Melodie: Ich
bin der Schneider Kakadu einige Abſchiedsverſe. Als
&d. Bredlau verließ, trennte er Ab auch, nach ihrem
Wunſche, von feiner Srau, einer Schweſter des kuͤrzlich
in Prag verfiorbenen Schauſpielers Alram, welche ein
Engagement beim Stadttheater in Leipzig annabm und
mit der er ſich unglädlichermeife fon in feinem 20.
ahre , verbeiratbet hatte. Unbekannt, ohne Ruf, feine
wveatraliſche Laufbahn eben beginnend, machte er ihre
2 Deſſen Biogr. f. in dief. Jahrg. d. N. Nekr. unterm 9. Aug.
) Deffen Biegr. 1. im 10 Zahrg. deö N. Nelr. ©. 1.
De
enn nur der Rechte kommt!“
496 Sthmelka.
Sekanntſchaft und wurde durch den eben genannten
Bruder ‚derfelben, der dad, was zwiſchen feiner Schwe⸗
ſter und dem jungen Manne vorläufig ſich begeben batte,
durchaus nicht biligte und dad gewoͤhnliche Mittel, der
gleichen Begebenbeiten in Ordnung zu bringen, vorfchlug,
an den Traualtar aebradt. Die tur batte der Des
moifelle Alram an Geiſtesgaben erſetzt; was fie idr an
andern Gaben verfagt batte,; Madame Schmelka war
eine verftändige, gebildese Frau, Eränkelte aber bäufig
und war dDaber verblübt, ald ihr Gatte in das Eräf
tige und begehrlihe Mannedalter trat. In dieſem Alter,
am Theater, wo die Gelegenheiten, Dad. Derz. zu be⸗
f&däftigen, vulgo Seiteniprünge au machen, Loc, häufiger
und: lockender find, ald in dem gewöhnlichen Leden, mıt
feinem Seuer in der Bruft — qui sine pectato est, pri-
mum lapidem in illum mittat. Doch trog feiner. Rad»
abmungen ded guten Koͤnigs, welcher feinen Bauern am
Sonntage ein Jun in den Topf fteden wollte, war ex
ein treffliber Haus- und: Samilienvater, mandte. feine
ganze Sorge auf die Erziehung feines Sohnes, welcher
aber in feinem 42. Jahre farb und brachte die bedeus
tenden Opfer, welche die Krankheiten feiner Ftau erfor
derten, gern und ohne Klagen. Ein Sreund begegnete
ibm eink in Breslau, als er, mit einer großen Arzneis
feihe in der Hand nah Haufe eilte. Da jener mußte,
aß feine Srau eben von einer ſchweren Krankheit gene
1% fei, fo fragte er, wie ed zu Haufe ginge. „Meine
Frau,“ rief er mit trodnem Tone, mwelder auf und
außer der Bühne von. unfehlbarer Wirkung war, „iR
deraus, aber ih Hlede darin.“ Seine Frau fiarb 4 Jadre
nad feinem Sobne. Sch: würde feinen Abfchied von
Bredlau, mo ibm fo außerordentlide Bemweife von Huld
und Liebe zu Theil geworden, nicht fo leicht verfchmerzt
baden, wenn er in Berlin nibt fofort Befhäftigung
und pine hderaud glänzende Theilnahme nefunden bätte.
Während feined Aufenthalts in Berlin lebte Schmelfa
ehr eingezogen und mäßig. Man fand ihn nur auf_der
übne, auf der Jagd oder in feiner Bebaufung. Kein
Sreund gefellfhaftliher Vereine, flug er jede Ein:
ladung zu irgend einem Feſte beicheiden aus und Nie—⸗
mand fonnte ibn bewegen, in einem froden Cirkel zu ers -
feinen, noch weniger in- demfelben den Luſtigmacher
zu fpielen. Kein Jahr verfloß, wo er nicht zu Gaftrollen
von auömärtigen bedeutenden Bühnen eingeladen wurde,
allein er ging nicht auf die ehrenvollen Unerbietungen
I
\ Schmelfe. . 497
ein, weil Reifen nicht feine Sache mar und er fih im
Berlin vollkommen glädlich fühlte. Nur zwei Mal ga
ftirte er von bier aus und zmar in Prag und Breslau,
‚ wobin ihn wohl hauprfählich die Erinnerung an mande
frope Stunde rief. Im gefeligen Leben erfhien Sc.
menſchenſcheu, kalt und abfloßend, nur in der Nähe von
zwei oder drei Sreunden wurde er warm und dann mar
er der jovialfte, herzlichſte Menſch. Befondere Neigung
batte er, wie fon erwähnt, zur Jagd, welcher er jede
"müßige Stunde widmete und der zur Liebe er fib aud
| Haba und Wagen bielt, um täglich, befonderd während
e
i gnägen nachgeben oder nachtohren zu fönnen. Unter
iefen Umftdnden konnte auch ploͤtzlich ſchlehtes Weiter
eintreten, Sch. war dennoch puͤnktlich um 5 Uhr im
Theater, kleidete fib an und fpielte die anftrengendfte
Role, ohne daß er nur eine Spur von Müdigkeit oder
Anftrengung bliden ließ. Man erinnert fi nicht eines
als, wo er zu ſpaͤt ins Theater gefommen wäre oder
einetwegen bätte gemenet werden müſſen, denn — die
übne war feine Welt. — Auch erinnert fi Feiner feis
ner $reunde, ibn jemald in einem Zuſtande gefehen zu
baben, der einen übermäßigen Genuß geiftiger Getränfe
verratben bitte. Er lebte böchft einfad und mäßig, aß
-
ined zebnjährigen Aufenthaltd zu Bredlau, feinem Bere
oft, aber immer nur wenig und erfreute fi deshalb dis
kurz vor feinem Zode der beften Gefundbeit. — Sch.
mar ſchlank gewachſen und in feinen Bewegungen außer>
- ordentlich gewandt und bebende, weßhalb er gern als
ein Mann von großer Sörperfraft gelten wollte, von
: der er nicht felten bei feiner augenblicklichen Heftigkeit
Gebrauch machte und auch wirklich meiftend den Gieg
Davon trug. Alles, was er that, geſchah mit einer ge=
wiflen Hettigkeit, feine Unternedmungen mußten ſtets
fhneu ausgeführt werden, er bandelte, ohne fich lange
& bedenfen und Daher gar oft zu feinem Nadıpeil, —
n
föner Zug feined Charakters war die Bereitwillige‘
‚ keit, mit welcder er Ungluͤcklichen beiftand; obgleich fonft
nit freigebig. fdenfte er oft verfhmwenderifh, wenn
er ſich perfönlih von der North feined Mitmenſchen übers
‚geugt hatte. Er war ſtets der Erfte, wenn ed galt, einen
bedeutenden Beitrag zur Kollekte für einen armen Koller
en. zu fpenden. — Auch feine Pferde und Hunde be
Bandelte er mit großer Sorgfalt; fobald ein-Pferd im
Dienft unbraucbar wurde, verkaufte er. ed nicht, fons
dern lich eö lieber tödten, damit das Pferd von feinem
N. Rekrolog. 15. Jahrg. 32
°
BG
498 — Schmelka.
fünftigen Herrn im Alter nicht noch gemartert werden
(otte. Er war ein durchaus rechtlicher Mann mit dem
genen Herzen. Wiſſenſchaftliche Bildung batte er wicht,
onnse er nicht haben, Da er ſich fon in früdelter Tugend
der Bühne gewidmet und durch mebrere Jahre ein Pos
madenfeben geiübrt hatte. Indeß befaß er einen geſun—
den Derfland, ein richtiges Urrbeilövermögen, er la
gera und viel und mußte dad Gelefene auch zu ver
dauen. Kine feiner fchönften und in unfern glädlichen
Tagen feltenfien Eigenfdaften war, daß er Leuten,
weiche mebr mußten, ald er, Gerechtigkeit widerfahren
ließ, ibnen unsmeideutige Beweife feiner Achtung gab.
ean in unferer Zeit jeder flade Menſch es ſich jun
eſchaͤfte macht, jeden mebr Wiſſenden, jeden böber
Srehenden zu mißdandeln, zu begeifern, ſo börte man
"aus dem Munde Sch.'s. der freilih ſelbſt auch etwas
war und daber auch Gefübl für den Werih Anderer
baste, die Worte: „Es it ein verfludter Kerl!“ dur
welche er feine Bewunderung, feine Achtung an den
Tag legte und melde aus feinem Munde, bon einem
Blicke des fprecdenden Auges,” von feinem belebten-
Mienenfpiel begleitet, Eräftiger wirkten, als die zierlichſte
Lobhudelei eines verfhrobenen, modernen Genies. Doc
freinebig mar er mit feinen Tobfprücen keineswegs; der
Mann, welchem „ein verfluchter Kerl“ zugetheilt werden
olite, mußte wirklich eine feltene, ungemwöbnlide Ers
deinung fein. Wenn er von Ludwig Devrient *), vor
welchem er die größte Ehtfurdt batte, ſprach, eine fei«
ner Darſtellungen analyßrte, fo fchloß Die feurige Rede,
De wie ein reißender Bergkrom von feinen Lippen
braufte,, ſtets mit dem Eräftigen: „Es ift ein verflucter
Kert!“ Führe Jemand eine Stelle Scillerd an, fo
blieb „der verfluchte Kerl“ nicht aus und ed if zu glau⸗
ben, daß Schiller ſelbſt, wenn er fonft feinen Manıt
gekannt bätte, dieſes Lob nit Übel genommen haben
würde. Wollte man gerade bebaupten, daß fib auch
andere Dhrafen finden ließen, um Bewunderung und
Ehrfurcht auszudrücken, fo kann dad nit in Abrede ges
ſtellt, doch bemerkt werden, dag Sch. nun einmal zu
den kräftigen Naturen gebörte, daß er fräftig war in
Alem, wah er that und fprad und daß, was bier wohl
die Hauptſache fein dürfte, Worte, die in dem Mund
eines Andern durchaus nicht angenehm gelautet hätten, .
e) Defien Biogr. f. im 10. Sabre. de N. Nekr. ©. 810,
b
Schnecke 499:
in feinem Munde mit des ermähnten Begleitung recht
wohl fi bören ließen. Merfmürvdig it fein Widerwillen
gegen Zöpfe, er eiferte gegen dieſes Requifit vieler Kos
mifer, mo er nur fonnte, felbfi wenn der Zopf durdaug
zur Rolle gebörte, entſchloß er fid nur nah langem
Widerfireben , einen folden ju tragen. In dem Grade,
wie er die Zönfe bapte, liebte er feltene Tabadsdofen
und alte Taſchenuhren, deren letztern Konftruftion je
fünfiliwer fie‘ war, je mehr ihn erfreute. Es gewährte
ibm ein großed Vergnügen, alte Uhrwerke aud einander
zu nehmen, um fie dann wieder zufammen zu fegen. .
Died war auch feine legte Beichäftigung, bevor die Uhr
feined Lebens abgelaufen. — Mit einer feltenen Rüftige
feit und Kraft gebörte Sch. noch in feinem 60. Jahre
der Bühne an; erft Furze Zeit vor feinem, Tode bemerkte
er eine Abnabme feiner Kräfte, welche jedoch fein im
mer reger, faft jugendlicher Geiſt zu erfeßen firebte. Ein
Magenübel, das fi erft im Alter bemerkbar machte,
war der Heim feines Todes. — Am 2. April_1837 trat
er alö Herr. 9. Papendedel in dem komifchen Singfpiel:
Die Schweſtern von Prag“ zum legtenmal auf. Er
fpielte diefe Role noch mit Dem beiten Erfolg und zur‘
rößten Zufriedendeit des Publifums, nur feinen Kol
egen entging nicht, Daß ſich feiner eine ganz befondere
innere Aufregung bemächtigt batte. Bei einer Furz dar
auf angefegten Wiederholung des Stüds meldete er
fib unmwobl, erbot ſich jedoch — fall feinetwegen die
Borftelung abgeändert werden follte — feine Role zu
fpıelen. Hätte fein Direktor, der Kommiflignsrarh Eerf,
dem Sch.’5 krankhafter Zuftand befannt mar, bei fchrifte -
licher Berfiberung, daß für feine Zufunft geforgt fei
idn nicht auf zwei Monate zur Stärkung feiner Gefund»
beit beurlaubt, er würde fi gewiß halb todı zum Thea»
ter geſchleppt und auf der Bühne. feinen Geift ausge⸗
baut baben. Zwei Tage -vor feinem Tode bat er:
"man möge ibm nur feine Rollen nidt nehmen! — Am
- 27. April, Abends gegen 7 Wr, alfo kaum 4 Woden -
nad feinem legten Auftreten farb Sch. nah einem fur,
en aber fhmerzbaften Stranfenlager zu Pankow bei Ber—⸗
lin, wo er fich vor einigen Jahren angefauft, treu gepflegt
: von einer Sreundin, der jungen Gattin des vor einigen
Jahren verftorbenen berühmten Shaufpieler Sol; *),
7 S.N. Nekr. 12. Jahrg. ©. 110. .
32 *
?
600 Schnmella.
den er in feiner bülflofen Urmutb unterhalten und
epflegt hatte. Die feierlibe Beerdigung feiner Leiche
fand am 4. Mai früb um 9 Ubr in Pankow flatt,
Das gefanımte Perfonal des Königekädeifhen Theaters,
mit Inbegriff der Orcheftermitglieder, bis zu den, unter
ftien Somparjen und Zbürftebern berab, barte ſich einges
funden, dem Dabingefwiedenen die leßte Ehre zu er.
meifen. Seinen, fpeciellen Kollegen hatten fi einige
Mitglieder der fönigl. Bühne und eine fo große Menge
von Freunden und Verehrern angeſchloſſen, daß das
Trauerbaud fie nicht alle aufzunehmen vermodte. Der
mit Sränzen gefhmüdte Sarg wurde dader auf dem
lage vor dem Haufe, welcher mit Zaufenden von Zus
bauern angefüllt war, aufgeitelt und bier war cd, wo
ber Regiffeur Sende Dem Undenfen feines Sreundes und
Kollegen einige tief ergreifende Worte widmete, in mel.
chem er befonders Des Verluſtes gedachte, den Die Kunft
durch fein Dabinjweiden erlitten. Zmdlf Mitglieder Der
Hönigstädtifben Bühne trugen bierauf den Sarg nad
dem Kirhbofe, mo der Geilllibe. des Orts die Leiche
empfing, um ibr den Gegen der Kirche zu ertbeilen.
Mac diefer Geierlichkeit ertönte eine von dem Sapell«“
meiter Fran; Gläfer Fomponirte und vom Drcheiter und
dem Chore des Theaterd audgefübrte ZTrauerfantate, bei
deren Schlußvers der Sarg in die Erde gefenft wurde.
Die meibliden Mitglieder der Bühne warfen ihm Stränge
. and Blumen in die Gruft. Eine ZTodtenfeier ganz eis
gene wahrbaft rührender Art war dem enitfclafenen
inftler durch Rott (Mitglied ded Staͤndiſchen Theaters
zu Peſth) am Tage vor der Beerdigung im Koͤnigsſtaͤd⸗
. tifden Theater bereitet. Als das zahlreich verfammelte
Bublifun dad von ihm im Raimundfhen „DVerfämwen-
Der“ vortrefflich vorgetragene Hobellied da Capo Vers
Tangte, fang. er auf jene tief ergreifende Melodie fols
gende zwei vom Herrn v. Holtei gedichtete Verſe:
| ‚.. Da rufen I’ mich auf's Land binanß,
Ja Pankow heißt der Ort;
Da tret ich in ein Zrauerhauß,
Ein’n Sarg, den brauden f’ dort;
Ein Sarg fhredt fonft den Tiſchler nicht, .
Doch dieämal thut mir’d mwebe;
Und ſchwer wird mir die ernfle Pflicht,
‚ . Wenn ich den Toden febe.
' u
⁊
«
— gobel. 401
Er war in dieſem Beit'ren Haus
So lange gern geſehen;
Halb ſterbend erſt ging er hinaus,
Run iſtes um ihn geſchehen.
Tod wär’ nun, der fo oft erſtrebt,
Was Ihre Sunft ihm bot 9
Nein, wer in Ihrem Herzen Icbt,
Nein, nein, der tft nicht todt.
*16863. 9. Eberhard Zobel,
Kapitular u. Senior des Denediktinerſtifts zu Biecht in Ayrol;
geb. su Schwat den 14. Apr. 1767, geft. den 27. Apr. 1881.
‚ Sein Bater war ein.allgemein _gefcbägter Arzt, der
feinen 3 Söhnen eine forgfame Erziehung angedeiben
ließ; er ſelbſt untersichtere fie auch in den Anfangdgrän«
den der lateiniſchen Sprache. Alle 3 widmeten fich dem
geiſtlichen Stande; der eine farb als kaiſerl. Hofpredi⸗
ger in Wien; der andere war Domprediger in Briren,
zuleyt Regierungsrath in Linz. Eberb, 3. trat 14773 in
das Benediftinerfift zu Fiecht, wurde dort am, 19. Febr.
4780 zum‘ Priefler geweibt und dann auf Gtiftöpfarreien
in der Seelforge und einige Zeis auch im Lehrfach als
Drofeffor am Gymnaſium zu Dieran verwendet. — Bon.
Augend auf zeigte er eine große Vorliebe und ein fehr
gluͤckliches Talent für zeihnende Künfte und verwendete
einen großen Theil feiner freien Stunden zur Uebung
im Zeihnen und auch im Malen; dabei war er, fo weit
“ed feine beſchraͤnkten Sträfte zuließen, ein febr fleißiger
Sammler von Kupferſtichen, — und Ge⸗
maͤlden. Aber er ſuchte nur Erholung und reines Ver⸗
gnuͤgen, ohne den mindeſten Anſpruch auf den Namen
eined Künftlerd zu machen. Dafür hat er ſich aber durch
-fortgefegted Studium und Durch forgfältiges Beobachten :
und Dergkeihen zu einem fehr gründlichen Kenner und
Beurtbeiler in Kunſtſachen gebilder. — Als unter der
baier.. Regierung nebft andern auch dad Stift Fiecht aufe
eboben wurde, Äbertrug er einen großen Theil feiner
Tankfemmlungen nah Schwatz, wo fie bei dem großen
Brande diefed Marktes 1809 verbrannten. So tief ibn
Died ſchmerzte, bielt ed ihn doch nicht ab, wieder von
- vorn anzufangen und fein Sammeln, fo viel er es vers
mochte, fortzufegen. Als nah dem erfebnten Wieder⸗
eintritte der Öfterr. Regierung das Stift wieder berge«
ftellt wurde , trat er in daſſelbe zurück und widmete fü
*
502 Ei, ‚Müller.
dann neuerlid und zwar bis 1820 auf dem Lande der
©eelforge, worauf .er in demſelben Jabre wegen feis
ned vorgerückten Alterd und feiner Öftern podagraifcen
Krankdeitsanfaͤlle in dad Stift zurüdberufen wurde, das
er dann bid zu feinem Tode nicht wieder verlaffen bat.
Was und Diefen Mann befonderd merkwürdig macht,
iR der Unterricht und die Anleitung, Die er mebreren
Jünglingen unentgeltlich gab, bei Denen’er gute Anlagen
u unft entdedte. So batte ihm der rübmlıch befannte
ildſchnitzer Joſeph Hell die erften Begriffe von Kunſt
und den erften Unterricht zu verdanken, er war der erſte
Lehrer des aligemein geihägten Hiflorienmalerd Joſeph
Arnold. Zu feinen Schülern gebörten ferner der Maler
Johann Arnold zu Stans, der Maler Johann Ehtfelder
u Schwatz, der Landſchaftszeichner 2 . Gentner nun au
‚Wien, der Mater Joſeph Hobened, dermalen an der
en zu Münden, der boffnungsvolle, leider zu
inden noch kurzem dortigen Aufentbalte verftorbene
de Pırkl und der Bildbauer Yuber zu Kuefſtein —
iefe feine Schüler unterrichtete er auch in der Art,
alte und befhätigte Gemälde mit gebbriger Vorſicht zu
EINIBER. worin er fehr erfahren und alüklib war und
womit er fib zum Zeitvertreibe gern befcäftigte. Sein
nun im Stifte Fiecht aufbemwahrter Kunſtnachlaß beftebt
aus einer Fleinen Anzabl von Gemälden, unter Denen
befonder8 einige altdeutſche und altitalienifbe Städe
ch auszeichnen. Yuc find darin einige frühere Stüde von
einem Lieblingsſchüler Joſeph Arnold. Dozu kommt
eine Sammlung von. Kupferftiiden, von Holzſtichen Al
brecht Dürerd, mebrere Handzeichnungen und eine Samm⸗
fung von verf&iedenartigften Gipsabgüͤſſen.
? ®. 2. Thiem.
* 164. Andreas Chriſtian Müller,
Doktor dee Medicin und Chirurgie zu Hadersleben;
geb im Jahr 1811, geft. den 28. April 1837.
In _der ſchleswigſchen Stadt Haderöfeben erblickte
unfer M. das Licht der Welt. Zrüb einen nad willen
ſchaftliger Ausbildung ſtrebenden Geiſt zeigend, ward
er dem Gelebrtenftande beſtimmt und befuchte Daher Die
Gelehrtenſchule feiner Vaterſtadt. Auf der Univerfität
zu Kiel widmete er fih der Medicin und Chirurgie und
“ War mit ſolchem Eifer, daß er dadurd feine Gefund»
heit ſchwaͤchte. Im Jahr 1836 ward er dort mit vielem
i *
‚® [2
4
Neuhaus — Schumacher. 505
Lobe zum Doktor creirt und Febrte nun nad Hadersle⸗
ben zurhid. Aber feider wurde er bier batd ein Opfer
feiner übermäßigen Anftrengung. Er verſchied fon am
oben genannten Tage, umgeben von feinen Eltern und
einer liebenden Braut, wenig über 26 Jahre alt, Der
Titel Jjeiuen Sjnauguraldifputation iſt uns nicht befannt
geworden. ;
Crempdorf. | Dr. 9. Sdroͤder.
* 165. Karl Ludwig Neuhaus,
Rentmeiſter in Dffelten bei Oldendorf (Weftpbalen);
geb. d. 30. Ian. 1762, geft. d. 28. April 1887.
- N. haste fib der Defonomie gewidmet und nachdem
er medrere Jahre Verwalter gemefen mar, verbeirathete
er ib am 28. Febr. 1783 mit Sophie Wilbelmine Ab
baufen aus Hova. Nun verwaltete er mehrere adelige
Büter in dem Regierungdbezirt Minden und wer zuleßt
Rentmeifter zu Waghorſt. Vor mebreren Jahren gab er
indeffen dad Gut ab und zog zu ſeinem Sohn, der Rent
meifter zu Dffelten bei Didendorf if. Hier: beſchloß er
auch rubig fein Leben. Seine Gattin, mit der er in einer
wahrhaft glücklichen Ehe lebte, und welcer fat 10 Jahre -
ölter als er, mußte ihn ſcheiden feben. — N. war trog
feined Alters noch immer thätig und unterſtuͤtzte feinen
Sobn auf jede Weife,. fo daß er noch am Tage vor ſei⸗
nem Siranfenlager für denfelben die Butsrednung an—⸗
fertigte. Der andere noch lebende Sohn if Oberbauin⸗
(peftor in Stargard und leitet jegt vo:zügli den Bau
der Eifenbahn von Potsdam. Die einzige an den Kreide
fetrerär Heidſick zu Luͤbbecke verbeirathete Tochter ſtarb
.. einige Jahre vor unferm Neuhaus. Arendt.
166. Wilhelm Schumacher,
Schriftſteller und Redakteur des Dampfboots zu Danzig;
‚geb. den 3. Jan. 1800, geſt. den 28. April 1887 *).
Schumacher lehrt und durch fein Beifpiel, mad der
Menſch unter Den widrigfien Lebensverhaͤltniſſen odne
Beipülfe aus fi ſelbſt und Durch fich ſelbſt werden kann;
infofern iſt er eine hoͤchſt merkwürdige Erf&einung. Er
war zu Danzig geboren und der Vater, damals ein Fuhr⸗
mann, lebt noch jegt ald Regierungsbote und wird wer
v
- 9) Danzigee Dompfboot 1887. Nr. 5R,
-
gen-feiner Treue und Unverdrofienbeit won feinen Bpr
efenten geliebt. Leider fonnte ibm derfelbe nicpt die
Aushildung geben, welcher feinem Geiſte zuſegte; bätte
unfer ©. einen zeitigen und ee igen Schulunters
sicht genoffen und dad Schickſal ihn in feinem Juͤng⸗
lingdalter zum Studium die Gorgenfreiheit verliehen,
wie fie die Entwidelung feiner Pbantafie, fein Gedaͤcht⸗
nis und feine Auffaſſungsgabe heiſchten, fo würde er
vielleicht einen europäifmen Namen zu Grabe tragen.
©ein Bater lehrte ihn lefen, einiger Privatunterricht
bat ibm etwas Franzoͤſiſch, Polniſch und Landcharte beis
gebracht, ein-halbed Jadt bat er eine Freiſchule befucht,
Diefes iR fein ganzer Unterricht gewefen, Unter Pferden
und Straßenjungen wuchs er auf; _ald Dreizebnjäbriger
Knabe zwang ihn die Noth der Belagerung aud Der
Stadt und er trieb fid bis zu_deren Einnahme unter
Bauern und Sofaten umber. In diefem der Entwide
Iung feiner Talente nicht günftigen Jugendleben leuchtete
doch feine Phantaſie und fein warmes Gefühl oft bero
vor; ald Kind machte er ſchon Derfe, erfand -wunderlide
Gefchichten und erzählte Mähren aus dem Gtegreif.
Seine Kinderjabre bezeichnen viele Linfälle, die feinem
Leben Gefahr drobten. Er kam mit einem ungeflalteten
Kopf und Gefiht zur Welt, welches erſt mübfam nad
und nad in eine ovale Form gedrüdt ward; im. fechften
Sabre zerfhmetterte ein Fall auf eine ſcharfe Wagenaxe
ihm den vordern Theil des Schädels, die Narbe —
nahm er mit ind Grab, im achten Jahre fiel er drei Stod
bob aus dem Fenſter, bald Darauf verfank er in einen
riefenhaften Heudaufen und ward nur mit Mübe geret-
tet, ebe er erfticfte und zmeimal ward er wunderbar aus
den Wogen der Oftfee gerettet. Die Lektüre der Bis
bei und der trefflihe Religionsunterricht des Superin⸗
tendenten Chmalt legten bei ibm den Grund zu dem
reinen religiöfen Sinn, welder ibn befeligte und ihn
ser den Anhauch der Zeit, die Giftnebel der Lüfte und
ie Stürme des Schickſals in fpdterr Jabren fiegen
ließ. Bon feiner Mutter if wahrſcheinlich der himm⸗
liſche Funke des Genies auf ihn vererbt, denn fie mar
‚nad ihrem Stande belefen, liebte dad Theater und pflegte
bei ©. dad auffladernde Laͤmpchen der Poeſie. Nah
ihren Wünfden ſollte er nid die Belagerung beendigt
war, den verfäumten Elementarunterribt nachdolen un
foäterbin Theologie ſtudiren, aber fie farb, die Vermoͤ⸗
gensumfiände des Vaters hatten fi verringert und ©.
504 A
Schumader. 505
mußte u einem Sattler in die Lehre. Um 8 Udr an den
Näpkloben, Öffnere fi erſt Abends 10 Uhr feine Schlaf:
fammer;' dennoch beflegte der Geiſtestrieb, weicher jetzt
erwacdhte, feine Müdigkeit. Wo er ein Bub badda
werden fonnte, foleppte er es in feine Zelle, lad bis
tief in die Nacht hinein und verwandte nicht felten fein
geringes Srübftädögeld zum Ankauf ded Lichtd. Nah
Beendigung der Lehrjahre diente er bis zum 21. Jahre
als Soldat und befuchte die fo doͤchſt woblihaͤtigen Sol⸗
datenfchulen, feine Dienftfreien Stunden widmete er dem
Selbſtſtudium. Dad Morgenroih fand ibn pft bei dene
ſelben Bud, mo dad Abendroth ihn- verlaffen hatte; er
las viel, beſonders Geſchichte und vaterländifhe Dice
ter. Hierauf ging er als Sattlergefell auf die Wande⸗
rung. Als Soldat erwadte feine poetifhe Ader und
auf feiner Wanderung erwarb er fib in Breslau dur
ein Gelegendeitsgedicht dad Wohlmollen des Färften P..
in deffen Gefolge er die oͤſtreichiſchen Staaten durchreiſte
‚und dabei den Unterricht und die Belehrung feined por
meiſters genoß. Nach zwei Jahren kehrte er zu feiner
Daterftadt zurüd, wo j glei eine Nachricht empfing,
die den tiefften Eindrud auf fein Gemuͤth ntachte: einer
ſeiner Brüder batte go Tags vorber ın einem Anfall
von Wahnfinn eine Kugel dur den Kopf gejagt. Es
war unfrm &. unmoͤglich, zum Näbfloben zurüdzufede .
ren, fein Geiſt batte ſich ſchon zu fehr audgebilder; er
ſchrieb daher Gelegenheitögedichte, die ihm oft mit 5°
bis 10 Sgr., oft au wohl mit einem Thaler und eins
. mal fogar mit dreittbalern bonorirt wurden. Noch eine
mal faßte er den Entfchluß, dem Wunfd feiner verftore
benen Mutter nachzukommen und Theologie zu ſtudiren,
aber der Mangel an allen Mitteln und fein vorgerüdtes
Alter hielten ibn davon zurüd, doch erfaltete fein Stre⸗
ben nad Erweiterung feined Willens nit und dankbar
erkannte er oft die Güte des Direktor Löfhin an, der
einen Durft nach Belehrung aus den Schägen feiner
ibliothek ſtillte. Mit einem unfäglichen Fleiß machte
er Auszuͤge, ſchrieb Bemerkungswerthes ab und eignete
ſich aus allen Faͤchern des Wiſſens ſo viel an, wie er
vermochte. Ohne Mittel, ohne kenntnißreiche Natdger
ber, ohne verſtaͤndigen Freund ſchritt er vorwaͤrts, erml«
dete oft, verzmeifelte und ward wieder durch eine innere
Stimme gefräftigt und angetrieben, fortzuarbeiten, düte
ten Umftände fein Studium begünftigt, bätte er £ehrer
gehabt, hätte er auch nur in Berlin, Wien oder Paris
elebt, wer Hr ju welcher Stufe Ihe fein eiferker
leiß, feine Au affungs. und Erfindungdgabe, fein Ges
daͤchtniß und feine Pdantafie erhoben hätten. Er beira
ibere im 23. GTahre, aber mit der Ebe traten auch bie
Nadrungsforgen ein, er Eonnte durch literarifche Arbei-
ten nicht fo viel erſchwingen, wie er bedurfte, ließ Ach
daber in kleine Handelsſpekulationen ein, verlor, von
Sreunden geräufcht, Alled und mußte zulegt fogar auf
dreiviertel Jahr in den Schuldthurm, mo er denn freis
lid Muße genug batte, zu Audiren; Kant, Herder, Leſ⸗
fing, Seumg, Voltaire leiſteten ibm freundlich Geſeuſchaft
und feine Sreundin, die Bibel, Hüfterte ihm ſtillen Tron
- und Seftnung iu. Die Ankunft der Dem. Sontag gab
ibm Gelegenbeit zu einigen dumoriſch⸗ſatyriſchen Schrift⸗
den und Gedichten. Hierdurch und dur die Deraud-
gebe ea Adreßbuchs (letzteres freilid eine troflofe
rbeit für einen Dichter) befreite, er ſich aud dem Ges
fängniß._ Jetzt geſtalteten fi feime pefunidren Berhälte
niffe befler, er arbeitete für fremde Zeitfchriften und gab
. einige Romane berauß; dabei war er a Belegen
beitöpoet, ſchried (wie er ſelbſt ſagt):
£iebeöbriefe,, Bitt: und mpertinenzichreiben, Vermaͤb⸗
lungd+ und Empfeblungdgedidte, Stammbuddaufläge,
NAundgefänge und Trauerklänge, kein Konditor fabrizirge
fo verfdiedenartige Waare. Doc bald trat die Cholera.
keit ein und mis ihr die Zeit des Mangeld und- der
Notd, denn Niemand Pak jegt an Gedichte und Ma-
nuftripte Fonnten undurchloͤchert nit verfandt werden:
da ſchrieb er feine witzigen Eholerafatfren, welche in Tau⸗
fenden von Eremplaren vervielfältigt und ind Engliſche
und Daͤniſche Überfegt wurden und fo mußte ibm die
böfe Krankheit Mittel geben, fi zu erhalten; denn er
ſelbſt gab den Gewinn durch dieſe Satyren auf 600 Tha«
ker an. Noch größer war der Gewinn für die Menſchheit,
indem er.der Gabe eine beflere Geite abzugewinnen
‚wußte, die Gemuͤther beruhigte, der Furcht entgegenwirkte
und das Moto feiner Satyre: „Nur nit aͤngſtlich“
- ward der allgemeine Seldruf gegen. die Krankheit. Nach
dem Abzug derfelben frieb er 'den Fleinen bifloriichen
. Roman! „Zahariad Zappio,“ zum Beſten der Samilie
eined enticlafenen Freundes und Beiträge zu Taſchen⸗
büchern und Zeitichriften, wozu, er vielfache Aufträge er⸗
bielt. Im Jahr 1831 gründete er DRS „Danziger Danıpfe
008.” Er verfprab: daß es eine Zeitfchrift für Geiſt,
Yumor, Satypre, Poefie, Wels. und Volksleben, Korte
—⸗
evatter⸗ und
[3 ! j
-
Schhumachert. 807
fpondens, R, Literatur und Theater fein fellte und
bat redlıh Wort gehalten; fein Geiſt und fein Humor
waren unerichöpflih zu nennen, wenn man bedenkt, Taf
er ed fech8 Sabre leitete, fa ſtets mit eigenen Auffänen
füllte und. nur felten einen Mitarbeiter fand. Das Pur
blifum bat dieſes anerkannt, denn mit 300 Subffriben«
ten lief eö vom Stapel und mit mehr ald 900 ward dab
Verlagsrecht deſſelben am Schluß des Jahrs 1836 an
die Gerhardſche Buchhandlung übertragen. Uber ed bat
nicht blos unterhalten, fondern aud genügt. Manches
Edlen, Nügliben und Vaterlaͤndiſchen ftand ed ald Der
feter vor, es war ein Feind des Schlechten und Urs
en, die Muder und Zinfterlinge Nöberte e6 aus ihren
ulenneftern ohne alles Erbarmen hervor, ed war ein
35 Richterſtuhl im Dienſte des Lichts. der Redlich⸗
eit und der Moral; el Schurken Jieß eb zittern,
mancdem Thoren zeigte es fein Bild und führte ihn zur
Erkenntniß, mander dumme und mander ſchlechte Streich
N: unterblieben, weil man S.'s Öffentlide Stimme rıchr
fürhiete, wie Dirjenige der Juſtiz. — ©. mar ein gee
muͤthlicher Menſch. ein treuer Sreund feiner Sreunde, er
konnte mit ibnen oft fehr beiter fein, er liebte und bes
Örderte dad Gute, wo er wußte und Fonnte, er war ein
eind Des Schlechten, mogegen er mit aller Macht Kb -
äuffehnte, er war, mie ihn -ein Epigramm benannte, „ein
Ritter des Lichts“ und Feind der Zinfterlinge ; feine
Kämpfe mit Delsnig, mit Woife, feine „Sinfterlinge im
Reihe des Lichts“ find befannt genug. Er war ein _
ensbuflaftifder Verehrer feines Königd, des königlihen
Haufes und ein aͤchter Preuße. Der Monard das feine
Treue, aber auch fein Taleyt Durch die Derleibung der
Medaille für Kunſt und Wiſſenſchaft und der Kronprinz
und deffen Gemahlin dürch gnädige Handſchreiben aners
fannt. Er war religidd im wahren Sinn ded Wortd,
dieſes zeigen feine Gedichte, die nicht einen bloßen Kling»
Elang enthalten, fondern ſichtbar aus dem Innern des
Gemliths hervorgegangen find. Als Dichter bob er ih
doch uͤber das Gewoͤhnliche; es iſt auch nicht das Eleinfte
Gelegendeitsgedicht von ihm anzutreffen, welches nicht
ein neuer Gedanke oder eine bübfche Wendung auszeich⸗
nete und wir koͤnnen viele Gedichte von bober portifcher
doͤnheit von ihm aufzeigen. Seine Erfindungsgabe,
ein Wig, fein Humor find oft trefflich, die Geifel feie -
ner Satpre ſcharf, aber auch hierbei feuchtet immer eine
gewiſſe Bemuͤthlichkeit hervor. Gern bereute er und
sos Mon
nrachte ed dFentlich wieder aut, wenn er unwiſſend und
ſelbſt getäufcht Jemand verlegt harte. Das Vorgefühl
eined trüben Todes begleitete ibn ſtets und fpriat fi.
in vielen Gedichten aus. Die unendlichen Anftrenguns
gen des Geiſtes, dad Nachtwachen hatten die Maſchine
aufgerieben, er befam im Winter die Grippe, welche in
eine foͤrmliche Schwindfugt Äberging. In dem erften
Stadium feiner Krankheit propbezeit er: „daß er fallen
würde, wenn die Bäume audzugränen anfingen“ und er
dar Wort gehalten. Er ſchilderte fein Aeußeres felbft:
„ich bin groß 5 Fuß 34 Zoll Berliner Maas, Hehe mit
meinem Gemüth zwiſchen Schaf und Löwe, neige mic
ober mir meiner Phyſiognomie mehr dem erfiern u;
mein Angefiht gebört.zu denen, welche überall gleich bes
. kannt werden und Eingang finden und ald ein Empfeh⸗
lungsbrief der Natur zu betrachten find, ich bin gerade
gewachſen, gebe aber etwas krumm, doch weiß ich nicht
was mi) dräadt.“ — Außer den oben genannten Wer⸗
ten find von ibm noch erfhienen: Die Erftlinge. Eine
Sammlung Erzählungen, Gedihte und Charaden. Dans
sig 1826. — Weibl. Scham u. Entartung od. d. Urſa⸗
den d. gegenw. Mangels an brauchb. weibl. Dienſtbo⸗
ten, fo wie Bemerf, üb. d. Mißbrauch mit D. weiſen Ge⸗
fen, welches d. Vater e. unebel. Kindes verurtheilt, d.
Derpfleaungdgelder f. daſſelbe an d. Stlägerin zu zah⸗
len ıc. Ebd. 1826. — Schellenklaͤnge. Scherze, Schwaͤnke,
Gloffen und Satyren. Graudenz 188. — Momud. Tas
ſchenbuch f. Sreunde d. Scherzes u. d. Satyre Ebend..
41828. — £uftgedränge u. Harfenflänge. Eine Samml.
rzählungen, Balladen u. Gedichte, Ebd. 1828. — Die
Eroberung v. Barna durch d. Rufen im 3. 18%. Geo
legenbeitöfchaufpiel in Verſen, mit Prolog, Gefechten u.
Evolutionen ıc. Danzig 1829. — Maiblumen u. Berg»
früchte oder vermifgte Spriften in Poefie und Profa,
Evend. 1836.
* 167. Friedrich Ludwig. Otto Mozer,
vormal. Subrettor am Gymnaſium Friebericianum zu Schwerint
‚geb, den 4. Junius 1764, geſt. den 29, April 1837.
... Er war geboren zu Sulz, einem Ealinenftäbtchen
im Großderzogtbum Medienburg » Schwerin, wo, fein
laͤngſt verftorbener Vater, Tobann Mozer,; die Bürgers
meifterftelle .befleidete. Seinen erften Unterricht geno
er bier theils in der kleinen Stadtſchule, theild von e
‘
ML 970509
nem Privatlebrer, bid er im Jahr 1777 auf das. Gym⸗
nafium zu Greifswald Fam und dann, binreichend vorbe,
reitet. feinen theologiſchen Kurſus in Roftod made.
‘ Mnmittelbar nach den Univerfitätsjahren Fonditionirte er
ald Hauslehrer an verfbiedenen Orten, zuletzt bei dem
Wmtöverwalter Evers zu Hirſchburg, won wo aus er den
28. November 1790, in weldem Jabr er fi auch pro
licentia concionandi batte eraminiren laſſen, auf aut
Gluͤck über Berlin nad Böhmen ging und, nad manden
auf der Reife gebabten Drangfalen, ſchon 1791 daſelbſt
von der deutfch» evangelifhen Gemeinde im Dorie Ha—
ber, bei Lietesſchütz, im leibmeriger Kreiſe zum Predi—
ger erwäblt ward. Da gerade ed fi fo traf, daß Deren
isberiger Geelforger eben, zu einer andern- Pfarrei
. abgegangen war, Sehr Iäflig, und drüdend war jedoc
dier feine Lage, da die Gemeindeglieder, weiche lich zu
einem Berhaufe dielten, auf medrere Dörfer zerſtreut
waren und aud den katholiſchen Ortspfarrern Gebühren
bezahlen mußten. Wiewohl er fih nun bier in Furker
Zeit die größten Verdienſte erwarb und auch feine Ges
meinde fehr mit ibm zufrieden war, fo gefiel er ih doch
in dieſem Derbältnifle keineswegs und er gab daher die
Stelle im Jadr 1793, freimiuig wieder auf und kehrte
nach Mecklenburg zurüd. Nach vielen, ‚auch im Vaters
‚ land verlebren trüben Jahren, während er, ungeactet
medrfacher Anforderungen, immer obne eine Wiederver.
forgung AeblIebEn, wie man fagt aus dem Grund, weil
er fich gleih anfangs die Ungunft eined Mannes, von
dem damals die Befegung falt aller Pfarr, und Schul⸗
ellen im Lande weſentlich abbing, zugezogen babe, ers
ielt er endlich, da er ald Privatlehrer zu Wittenberg
lebte, die Vokation zu einer olaboratur an der Doms
faule, dem jegigen Gymnaſium Sriedericianum, in Schwes
rin, woſelbſt feine Einführung im November 1809 er.
folgte und er den 20. April 1814 ind Gubreftorat aufs
rüdte. Neujahr 1832 beftimmten nicht allein böbere Jahre,
fondern auch eingetretene Kraͤnklichkeit ihn, mit Geneds
. migung des Scholarchats durch Vereinbarung mit einem
Gedälten, den er der Schulbehörde ſtellte, die notdwen⸗
Dige Ruhe zur Wiederberfielung einftweilen zu gemin«
‚nen. Die mittelbare Verbindung, in welder dur dieſe
Snrigtung der Dergmwigte einftweilen mit der, Anftalt
blieb, an der er 23 Jahre bindurh mit eigenthümlicher
und um auögefegter Lebendigkeit des Geiſtes, befonderd die
neuern fremden Spraden In den obern Klaffen, fo wie
- 516 Sein.
Das Kateinifche und die Geſchichte in den mittiern Klaſ⸗
. fen gelebri hatte, warb jedoch Jobannis 1833 gänzlich
aufgehoben, da ihm die erbetene völlige Ruhe bewilligt
ward, worauf er am oben genannten Tage nad) einem
dreiwoͤchentlichen Krankenlager verfhied. — Der Vers
ewigte mar ein febr vielfeitia gebildeter Mann und ein
großer Schau von Kenntniſſen und Lebenderfahrungen
machten ibn zu einem guten Gefellfchafter, der durch
Wis und imnier gute Xaune, felbft durch darmloſe Sa⸗
ipre, jedermann anzog. Auch zeichnete er fib durch
wande andere — — durch ſtrenge
Rectlichkeit. Wodlihaͤtigkeit, Biederſinn und eine ſcharfe
geſunde Urthdeilskraft aus. Von früheſter Zeit an jedoch
gewohnt; feinen Umgang auf Wenige zu beſchraͤnken, fab
wan ihn nie an Öffentliben Geſellſchaften Theil nehmen,
wogegen er zu Haufe gern Befube annahm und Dann
im bödften Grade gaftfrei war. Zu Schwerin beſchaͤf⸗
tigte er ich, außer feinem eigentlichen Berufe, mit Pri⸗
varunterricht, befonderd im Franzoͤſiſchen und Englifchen,
welche beide Sprachen er gan inne batte; aus nobm
er oft Spmnaflaften in feine haͤusliche Auffiht. — Vers
beirather batte er ſich ſchon ald Privatlehrer zu Witten»
burg mit Henriette Schaller, einer Tochter des daſelbſt
am 26. Januar 1772 verftorbenen Predigerd Tod. Heinr.
©cdaller,. mit. welcher er biß an fein Ende doͤchſt glüds
lich, jedoch kinderlos lebte. — Bedrudt hat man von
ibm: Ueber feine Sührung nad Böhmen zu einer evan-
gelifhslutberifden Gemeinde, über feine vormal. dorti⸗
gen Berhältnifle u. Lagen als Prediger, nebit d. Grün
. den feiner Ruͤckkebr in fein Baterfand u. einigen in dem»
felden nachder gemachten Erfabrungen, in d. neuen Mo⸗
re und für Medienburg. 1800, 9. 9 und
Ener. Fr. Brüffow.
* 168. Karl Joſeph Stein,
- Guratuß zu Rothenburg an der Zauber ;
geb. den 28. Sanuar 1806, geſt. den 29. April 1887.
&
Stein wurde am %8. Jan. 1806 zu Bamberg auf
einem Stein gefunden, von dem er auch. feinen Namen
bat und einer armen, aber febr braven Witwe zur Er-
ziedung gegeben. Frühe fon entmidelten fi in ihm -
vortrefflide Unlagen. Mienfhenireunde nabmen ſich
darum feiner ıhätig an und ließen ihn ſtudiren. In al-
—
Eos
Wuͤnſh. 312
len Schulen erbielt er faſt immer die erſten Preiſe.
Waͤhrend ſeiner Studienjahre lebte er wieder von den
Wohlthaten, Die ibm reihlic zufloſſen und von Stipen,
bien. Nah feiner Aufnahme in dad Slerikalfeminar
- ward er am‘25. Sebruar 1833 zum Prieſter geweiht und
fam bald darauf nad Pottenfein als Kooperator, biers
auf nach Priefendorf ald Pfartverweſer, dann na Kiens.
: berg als Lofalfaplan und endlid nad Rothenburg al
.Curatus. Er ſuchte auf diefen Pollen Allen Alles zu
werden und bat fib dad Lob eines tüchtigen Hatechten,
eines guten Predigerd, eines theilnebmenden Zreunded
und die Achtung der Karholifen und Proteflanten in
gleid großem Grade erworben. Seine hochbetagte Muts
ter pflegte er bis an feinen Tod. Er farb, als Dpfer
feines Berufs, an den Blattern und binzugetretenem
neroöfen Sieber; denn die Providirung eined Blatter
Branfen war die naͤchſte Veranlaflung feiner tödelihen
Krankheit. |
Bamberg. ®. a. Thiem.
169. Karl Wuͤnſch,
Kammergerihhtörath in Berlin;
geb. den 4. März 1798, geft. den 29. April 1837 °),
, WBünfb wurde zu Grankfurt a. d. D. geboren, wo⸗
felbft fein Water an der damaligen dortigen Univerfitdt
die Stelle eines Profefford der Mathematik und Aſtro⸗
nomie bekleidete. Er befuchte das, daſige Gymnaſium
und ging im Jabr 1810 mit dem vortheildafteften Zeuge
niß zur Univerfität feiner Vaterſtadt uͤber, doch ſchon im
folgenden Jahre zog ihn der größere Glanz der neuges
gründeten: Univerlitdt Berlin an. Hier leate er baup%
ſaͤhlich den Grund des lebhaften Intereiled fr Wiſſen⸗
ſchaft und Kunft, dad ihn, ald ein unumaängliches Le
bendelement, neben den Arbeiten feined Berüfs beglei«
tet bat. Im Tabr 1813 wurde er Ausfultator zu Fank⸗
furt, 1816 Reterendarius am Kammergericht zu Berlin, _
41819 Aſſeſſor daſebſt. 1822 Dperlandägerichtörath zu Naum⸗
‚burg und 1825 wurde er in gleicher Dualitdt nach Frank⸗
furt verfegt. Diefe Stelle dat er aber nicht angetreten,
denn auf der Durcreife durch Berlin erbielt er den eb»
renvollen Beruf, an der Kommiffion zur Revifion der
*) Allgem. ypreuß. Staatszeitung. 1837. Nr. 142. u. Frankfur⸗
ter patriotiſches Wochenblatt. 1837. Nr. 25.
\
4
512 | Manfch.
Geſergebung Theil zu nedmen; fpäter (1828) trat er zu
gleid als Hhlfdarbeiter bei dem Geheimen Dbertribunal
ein. Aber Taum batte er daS ihm autgettagene Penſum
für die künftige Geſetzgebung votlendet, als auch feine
Sefundbeit ſchon fo weit gelitten hatte, daß die Aerzte
eine längere Rube von Gefchdften und eine Reife in
dlihere Gegenden für dringend noͤthig eradteten. Mit.
übe riß er ſich von einem Geſchaͤftökreis los, deſſen
Wichtigkeit er erfannte, deito leichter aber wurde ed ibm,
auf Ausfihten Verzicht zu leiften, die fid ibm gerade
Damals eröffnen wollten. Nachdem ibm zuvor die Be»
ſtaluung als Kammergerichtsrath geworden, richtete er
einen Weg nach Italien, wohin ihn zugleich ſeine Liebe
r klaſſiſche Literatur und Kunſt, fo wie auch für alte
Kirchenmuſik z0g. Aber weder die Erfüllung eined lang
ſehnlichſt gedegten Wunſches, noch auch das mildere Klima
konnten ibn mehr heilen; nah einer Abwefenbeit von
44 Monaten trat er, wiewobhl wenig geftärft, feinen neuen
Wirkungskreis an; fein verdoppelter Eifer konnte ans
fangs die ſchwindende Kraft erfegen, mußte fie aber nur.
nod ſcdneller aufzebren. In feinen vorlegten Lebens⸗
jahre fungirte er zugleich noch als Vorfigender der Kom⸗
miffion ded Dberappellationdfenate für das mündliche
Verfahren. In allen diefen Stellungen bewies er Sleiß,
Treue und Tuͤchtigkeit. Neben gründlicher Rechtßkennt⸗
niß war ibm ein feltener Scharfblick und die noc felte-
nere Gabe eigen, verwidelte und verworrene Sälle von
Grund aus ind Klare zu bringen und fie zugleich licht.
voll, einfach und anziehend darzuftelen. Den Stoff gei⸗
fig behderrſchend, mit Ausſcheidung alled Unweſentligen
den Streitpunft Hinzuftellen, mit logifher Schärfe Alles
bequem um denfelben zu ordnen und zu gruppiren und
Diefe Didnung auch in dem fpracliden Ausdrud durch⸗
tig und leicht bervortreten zu laffen, dies war die
ufgabe,; auf die er ein unermüdliched Studium der
wandte und worin er ſich nie genug zu tbun glaubte,
wie ſehr auch der Erfolg bereits anerfannt wurde. Eeine
Darftelungen pflegten die Aufmerkianrfeit zu feſſeln und
ewäbrten immer eine ſchnell überfichtliche, fidere Grund⸗
age Für die Entfheidung; von feinen jüngeren Kolle:
gen find fie Deshalb ald Mufter der Behandlung gefucht
und gelefen worden; aber aud über den Gefcäftöfreis
binaus hätten fie in den fi innerlihft durchdringenden
Vorzügen der Enappen und oft fühnen Stürze, der geift-
reihen Klarbeit und einer: fat architektoniſchen Schön-
\ .
Wuͤnſch. 418
beit ibrer Anlage als Kunſtwerke gelten können. Was
den Werth feiner Arbeiten bei der Revifion der Geſetze
betrifft, wo ihm das Ederecht und die Gefindeordnung
pge gein war, fo laͤßt ſich bier nichts andeuten, weil
die Berathungen darüber im Schooß der hoben Behoͤr-
den noch nicht geſchloſſen ſind. Nur kurz, aber ausge⸗
eichnet war feine Leitung des ſummariſchen Prozefſes.
enn bier dad Amt des Richters in unmittelbare Bes
siehung zu den rechtenden Parteien tritt, fo erbielt W.’8
roßartige Weife, zu denfen und zu fein, in Diefen muͤnd⸗
‘ lien Verhandlungen reihe Gelegenheit, gegenüber den
Parteien, Sachwaltern und Zubörern, fid zu entfalten
und geltend zu maden. Durbdrungen von dem Zwed
und Geiſt diefed neuen Rechtsinſtituts, wußte er die
idm anvertraute Sunktion mit feltenem Gefdid zu bands»
haben und fie zugleich mit der ESchönbeit richterlicher
und menſchlicher Würde zu umgeben. Wenn er feinen
Vortrag geſchloſſen datte, ſchien nichts unentſchieden des
laſſen und man konnte zweifeln, was mehr zu bewundern.
ſei, 0b der durchdringende, Alles zurechtlegende Vers
Rand oder, bei oft widerſtrebendem Gegenſtand, Die edle,
beinabe Fünftlerifde Sorm. — Denen, die den Hinges.
ſchiedenen naͤher Fannten, wird er noch unvergeblicher
fein durch die Charaktereigenſchaften, in denen feine $&+
higkeit murzelte und dur Das Herz, aus dem fein Geiſt
Nadrung zog. Ueberall gewiflenbaft und fireng gegen
ch felbk, war er deſto nacfichtiger gegen Andere; er
traute Anderen ſtets mehr zu, ald fi und feine Webers
legenbeit füblte er felbft dm wenigfen. „Nicht gewoͤhn⸗
‚ lid in der That ift der Derein fo trefflider Gaben mit
fo großer und fo aufrichtiger Beſcheidendeit und mit fo
Killer, völlig neidlofer Zufriedenheit. Bei feinem jus
sendliden Feuer im Ergreifen eines Gegenſtands heſaß
er zugleich ein reichliches Maas von maͤnnlichem Gleich⸗
in der Durchführung und bei feinem zerſetzen⸗
en Verſtande war er von einer überfließenden -Herzend»
güte, die den weichſten Rührungen offen Rand. So for«
genvol er feine eigenen Arbeiten begte, die ibm Tag
und Naht nicht Rühe ließen, fo nahm er, eifrigk fürs
dernd, zugleich an denen feiner Sreunde Theil und ſuchte
ri mit Dingebung in diefelben bineinzuleben. Wech⸗
el der Beihäftigung war die einzige Erholung, die fein
taftlofer Geiſt kannte. Diefe fand er vornehmlich in
Kunk und Wiſſenſchaft. In den’ legten Jahren feines
Lebens trat eine alte, von feinem Vater ererbte Liebe
_R. Rekrolog. 15. Jahrs. 33
=
614 | Bett.
ur Aſtronomie berwor ukd er ergriff diefe ein
Hit um fo größerem Eifer, als m wobt fühlte, fei
Geiſt ſich bald zu doͤheren Welten auffhmwingen werde.
Auf feiner letzten Reife hatte er mehrere Siernwarten
befuhr und aus Münden ſich einen fdönen Frauendo⸗
fer und viele andere aftronomifche Inſtrumente mitge⸗
bracht. Aug die Mufit wurde wieder fehr fleißig geübt
‚mad mande ſchoͤne Abende im reife Funftliebender
» Sreunde gar angenebm-verleht. Händel, Gluck, Mozart
mad Eberubini waren die Meiſter, deren unfterbliche
Werke feinem gediegenen Kunſtgeſchmack am meiften zu»
fagten. Doc vermochte fein Durd zunebmendes Pers
venleiden geſchwaͤchter Geiſt bald bie. —— groͤ⸗
Gerer Muſikſtuͤcke nicht mehr zu fafſen. Roc an feinem
Todestage mußte ibm fein Sreund Buſold eine Arie aus
GSlucks Iphigenie unter Klavierbegleitung fingen. Unter
fhönen Harmonieen und mnter den freudigen Oeffaungen
einer glaͤubigen Seele ſchied er von feinen trauernden
eunden. Am St. März 1821 batte er fi mir Caro
ine Louife Raabe, Tochter des zu Düfleldorf verſtorbe⸗
nen Stallmeiſter Auguft Raabe, verbeirathet. Die Ede
blieb Einderlod. — Deffentlih bekannt geworden iſt nur
eine feiner literariſchen Arbeiten, die Ueberfegung bed
„Sophokleiſchen Ppilofter” (Berlin 1839). Es ſchwebte
-Idm dabei der Gedanke vor, den reinen dichterifden Ge⸗
beit, abgefeben von buchſtaͤblicher Wörtlichfeie und ſpe⸗
vieler Färbung, dem Deutfhen frei anzueignen in der
I der Soerbefhen Dramen und dab Stück zugleich
den Bedingungen der neusren Bühne anzupaflen. Wenn
ſich auch über das Princip. Rreiten läßt, fo werden bil»
lige Urtbeiler doc die eigenthümlichen Vorzüge der
Meberfegung nicht verkennen, namentlich wo es den Aus⸗
Drud von. Seele und Gemüt gilt. Im Nachlaß finder
fih noch Elektra vollendet und Antigone ift begonnen. :
* 170. Wilhelm Birett,
Antiquar zu Augsburg;
geb. d. 7. Juli 1798, geft. d. 80. Apr. 187.
Birett, geboren zu Amberg, Gohn eines koͤniglich
beier. Raths und Advokaten am Appellationshofe des
Regenkreiſes, befuchte in feiner Geburtöftadt Das dortige
Gpmnafiam bis zum, 3. 1808 und beredtigte feine El⸗
tern zu den erfreulichfien Hoffnungen. . Über ein mwidris
ges Ereignig, wobei er der Sehkraft feines rechten Aus
e
*
*
liebe belohnt und lebte der froben
Birett. 915
ed beraubt wurde, befiimmte feine Eltern, ibn dem
GrerEantiig e ga widmen. Mit den beten Zeuaniffen
feines Ledrhaufes zu Ansbach verfeben, begab er fi
nad Münden und von da nah Augsburg. In beiden
©tädten widmete er fi mit der bebarrlichiten Ausdauer
und unermädetem Fleiß allen in feinen Handelszweig
einſchlagenden Gefchäften. Im Jahr 1825 indeflen be.
flimmte ibn feine vorzugeweile Neigung für die Willens
ſchaften unter thaͤtiger Aufmunterung des Direftord- und
Bibliothekars Dr. 9. Beyſchlag *) zur Gründung einer
ale Branchen der Titerasur umtaflenden Antiquariatds
bandlung. Seine Erfahrung und feine reichen Kennts .
niffe in allen Gegenſtaͤnden des: menſchlichen Willens,
je raſtloſer Fleiß und feine faſt unglaublicde Tpätigkeit,
eine Umſicht und richtige Wärdigung der Bedürtnifle
der Zeit in litereriſcher Beziedung, fo wie feine uners
jener Rechtlichkeit fenten ibn in den Stand, feine
ntiquariatöbandlung In dem kurzen Zeitraume von 42
abren zu den geachtetſten Deutſchlands zu erheben, ja
elbſt in Amerika die Achtung der berühmteſten rad Vi
Buchhandlungen fi iv erwerben. Es ward ibm
Durch das feltene Gluͤ
ſtellten Sreunden der Wiffenfchaft in Retem und freund«
Thbartliden Briefwechfel zu fieben. Jedoch nicht allein .
fein Beruf erwarb ihm Sreunde und Goͤnner, aub von
feinen Mitbärgern ward ibm Dertrauen und Liebe zu
Theil: ie ehrien Ihn mit dem ehrenvollen, aber mühe⸗
reihen Amt eined Armenpflegſchaftsraths und Gemeindes
bevofimädtigten und er genügte auch bier feinen Pflich⸗
ten aufs Beſte. Im J. 1830 murde er, in Anerkennung
feiner Verdienſte um geſchichtliche Literatur, Mitglied
und am 12. Nov. 1835 Ausſchußmitglied des bifteriiden -
Vereins des Oberdonaukreiſes des Königsreichd Baiern.
So ſah er alfo vielfach feine Thätigfeit und. Menſchen⸗
Sofuung einer gluͤck⸗
lichen Zufunft; allein ein bedenklibes Brufleiden —
- mohl die Folge feiner raklofen Anftrengungen — überfiel
idn und ein Zungenblutfluß entriß ihn plöglib und une
vermuthet feiner trauernden Samilie, feinen Mitbärgern
und feinem Berufe. |
.
%) Defſen Biographie ſ. im N. Nekrolog Jahrg. 18. S. 146,
%
35 *
j
ja Theil, mit den erfien Ge -
lehrten der meilten civilifirten Länder, fo wie mit hoch⸗
416 |
* 171." Chriſtian Friedrich Gotthold Heſſe,
Ooktor der Medicin u. Chirurgie, praktiſcher Arzt und Geburts⸗
helfer zu. Schkeuditz (Sachſen): |
geb. den 7. Dec. 1776, gell. den 30. Apr. 1837.
Der Berftorbene genoß feinen erftien Unterriht von
feinem DBater, der ein geachteter Landprediger zu Neus
tirden war und kam nach zuridgelegtem 14. Lebens.
japre nah Berlin, um dafelbft die Apothekerkunſt zu er»
lernen. Hier jedoch zog er fib dur eine gefige rfäls
tung die Gicht in fo bobem Grade zu, daß er als une
bPrauchbar wieder entlaffen werden mußte. Ob nun gleich
die unermüdliche Pflege feiner Eltern und der fpätere
Gebraud der Bäder Lauhfädt, Töplig und Karlsbad
den wohlthätigken Einfluß auf feine Geſunddelt aͤußer⸗
ten, fo wurde bie Krankheit dDod nicht vollſtaͤndig gebo-
Ben und Bictanfälle, oft fehr fhmerzbaft und langwie⸗
rig, daben ihn im Leben nie verlaffen. Nah Wieder:
derfielung feiner Geſunddeit wurde er von feinem Va⸗
ter zum Studiren befimmt. Die noͤthigen Schulkennt⸗
niffe erwarb er fib auf dem damals in großem Rufe fte-
benden Waifenhaufe zu Halle, bezog nad überſtandenet
Maturitätspräfung die dortige Univerfität, um fi den
mediciniſchen Willenfchaften zu widmen, melde Damald
Dur) die Profefforen Neil, Sprengel, Medel u. A.
1 gen befonders blühten und für melde er von je eine
efondere Vorliebe geäußert hatte. Durch feinen vor
säglihen Fleiß wurde er auch dieſen drei berühmten
Männern bald befahnt, .von ihnen bevorzugt und upter-
Rügt und hatte bierbei die befte Gelegenheit, fi‘ auch in
praktiſcher Hinfiht auszubilden. Im Jahr 1800 promo⸗
irte er als Doftor, blieb iniir Zeit bei Medel als
Famulus, prafticirte fodann bis 4802 in Merfeburg
ald Arzt, von wo er mehrfacher Aufforberungen zufolge
fd nad Schkeuditz begab, wo damals ein geſchickter
Arzt fehlte und bat diefen Wirfungsfreis bis a feinen
Tod nie vertaffen. Beſcheiden in feinen Anfpräden und
ſtets zufrieden mit dem oft Färgliden Loofe, was ihm
a Theil geworden, ſuchte und fand er fein Lebensglück
n der gemiffenbaften Ausübung feiner Kunf und im
. : Kreife feiner Samilie_ und ob er gleich _oft bittere Krän-
5 — erfuhr, ſo konnten doch dieſe, weder feinen
lauben an die Menſchen, noch, feinen Eifer, dem
Wohle derfelben feine ganzen Kräfte zu widmen, im
N
‘ '
,
Lonife, verw. Herzogin zu S. Meiningen, 517
Geringften wankend machen. Zwar bat er nie verfu
dur literariſche Arbeiten feinem Namen allgemeiner
Anſehen zu verſchaffen, die verdiente Anerfennung kan
ibm aber nicht feblen, daß er ald vielfeitig und prattife
ebildeter Arzt, durch Die gewiſſendafteſte Erfüllung ‚feiner
flidten, ſegensreich auf feine Umgebungen gewirkt bat.
* 172. Louife Eleonore,
vermwittwete Herzogin 3. Sachfen: Meiningen, ‚geborene
Prinzeffin von Hohenlohe: Langenburg;
geb. d. 11. Aug.. 1763, geft. d. 80. Apr. 1837,
. Kouife Eleonore, unter 7 fürfiliden Kindern das
zweite und zwar Die aͤlteſte Tochter des am 4. Juli 1789
verfkorbenen Zürkten Chriſtian Albrecht — von Ho⸗
denlode-⸗angenburg und deſſen am 28. Mai 1796 vers
ewigten Gemahlin Karoline, einer Prinzeffin von Stols
berg» edern, war. geboren zu Langenburg und wurde
in aͤchter Srömmigkeit zur Religion und Tugend erzogen.
Außer den am Hofe für die fürftliben Kinder eigens bes
fimmten Lehrern ertbeilten ihr au die beiden damalis
gen Geiſtlichen zu Langenburg den gründlidfien und
umfaflendften Unterricht, obne Rückſicht auf Schöngeiſte—
rei und Prunk mit geledtten Kenntnillen. Borzäglic
aber erfreute fie fi der forgfältigiten Pflege und Erzies
bung ibrer edlen Mutter, welde in der Beſchraͤnkung
einer Eleinen Refidenz im Kreife.ibrer fürftliben Famſ—
lienglieder, befonderd aber in der Umgebung ibrer boffs
nungsvollen Kinder das fhönke und bdöchſte Erdenallid
fand. So verlebte Louiſe Eleonore die Tage ihrer Kinds
deit und Tugend fern vom Gerduſche der großen Welt
in dem freundlichen Zangenburg und den reizenden Na⸗
turumgebungen an der Jaxt und bemahrte und nährte
im Heiligtbum ibrer Seele die Keime jener berrlicen
Eigenfbaften und vortreffliden Charafterzüge, welche
ſich nhachher zu bewundernswürdiger Anmutd entfaltes
ten. — Es war i. J 1782, als Herzog Georg zu Sach⸗
— —— nad dem fo fhnell zu Sonnenberg ers
olgten Tode feines für — und Religioſitat eif⸗
rigſt beſorgten Bruders Karl *) Alleinregent geworden
*) Ihm verdankt die Loge zu den drei Nelken in Meiningen
vorzägli Ihre Exiſtenz, fo wie das lange Beit damit in nabır
Aue (aon8 ee — — — — — und die Waiſend —F
*
518 Louiſe, verw. Herzogin zu S. Meiningen.
il and Im Spatderbße deſſelden Jahrs, wo er eine
eife in das ſAdliche Demtfohland antrat, fi mit Der
(teten Prinzeſſin des Fürſtendauſes zu Langenburg ver
be. Um 27. Nov, fand dafelbit Die Vermählungefeier
Rott und in den-Ehepakten mar zugleich die doͤchſtwich⸗
tige, Für: das Land fo wohltbätige und gleigſam Die Zus
Bunft vorberfebende Beſtimmung getroffen, daß die den
Herzog, Überlebende SGenmblin auf den Fall daſeiender
Biinderjöbriger. fürftlider Kinder Dbervormänderin und
andedregentin werden folte. Herzog Georg ftand das
male in feinem 21. Lebensjahre und feine junge Gemabe
lin datte dad 19, angetreten. Innig war die Sreude der
Bewohner des meiningifhen Landes Über Diefe glore
reihe Derbindung und überall Fam man der Landes»
regentin mit Edrfurcht und Fiebe entgegen. ber deB
LandeB Hoffnung auf einen Erben und Nachkommen blieb
lange wmnerfült, bis ſie endlich nah 9 “Tabren am
43. Aug. 179% dur die Geburt der Prinzeffin Adelbaid,
jeginen Königin: Wittwe von Großbritannien, aufs neue
erglänzte, am 25. Juni 1794 Durch die Geburt ber
al effin Ida, jegigen Herzogin Bernbard von Gab»
n: Weimar. Eifenach,, veritärft und zulent am 417, Der,
4800 dburch die Geburt des Erbpringen, jegigen Landes
berrn, Berndard Erich Freund, zur berrlihiten Wirks
lichkeit entfaltet wurde. Diele hin Tage wurden
von Stade und Land wit dem Höchften Jubel begräßt
und drei Aberaus beitere Sabre ſowanden nun den
hochbegluͤckten Fürklihen Eltern im Streife_ibrer erbiäs
benden,, bpffnungsvollen Kinder dabin. Mit innisfter
Zaͤrtlichkeit neigte io Georg's Herz feiner Gemadlin zu,
eren Geburtsfeſt tür ihn immer ein wahrer Srendentag
mar. Doch mitten im Genuffe der edelſten Lebendftente
den, unter den mannicfaltigften Hoffnungen, Entwörfen
und Wünfhen der glüdlih Bermäditen für eine, fange,
fegenbringende Zukunft ereilte am 24. Decbr. 1808 den
Herzog der Tod. Umübertrefflid war die Sorgfalt, wit
welcher feine ®emablin an feinem Sterbebetre faß und
‚die Befhmwerden und Müben der Krankenpflege jedem
Lebendgenuffe mit Aufopferung der eigenen Sefundbeit
vorzog. Beräubend traf Die Nachricht von dem Tode
Georg’d fein Volk, doch eine Mutter trat au des Va⸗
terd Stelle. Don jegt an führte Zouife Eleonore. ned .
der Diöpofition in den Ebepaften vom 24. — 30. apar.
1782 die Dbervormundfcaft über Den Erbprinzen Bern⸗
bard und fegte Die Erziehung deffelden,, ſo wie die der
Zouife, verw. Herzegin zu S. Meiningen. 519 |
beiden. Pringefionen Töchter Adelheid und Ida, gamj
im Geiſt ihres verkorbesien Gemabid fort. dr war Die
erbabene, aber ſhwere Bekimmung befdieden, gerade
in den gefahrvollſten Zeiten, die Europa erfhätterten
und insbeſondere Aber Deutfdland verhaͤngnißvoll bers
einbrachen, dad Nuder der Regierung zu führen und
während 18 dur Krieg, Senden, Mißwachs, Hungers⸗
notd und: Sheuerung bezeichneter Jahre für das Wohl
des Zürftendaufes und des ihr anvertrauten Landes ju
forgen. So fbauerlih. der auch der Weltſturm unter
‚übrer Regierung war , fo ging fie doc) amd. jeder dunklen
Beitperiode als aͤchte Landesmutter hervor und nabm
na® votlendeter Obervormundſchaft den allgemeinen Danf
und die innigfte Liebe und Derebrung ihres treuen Volks
. mit dinäber in die Tabre Der wohlverdienten Rube und
noch bis jenfeitd der Gruft. Idr feſter Grundſatz war:
alles Gute und Schöne, was ihr verewigter Gemaͤhl ins
Werk geſetzt hatte, zu erhalten und zu üͤtzen, fo wie
Die noch ungusgeführten Plane und Unternehmungen
deſſelben zur bekmöglichften Vollendung zu bringen. Aber
fie ergriff and mit Sreuden jede Gelegenheit und Ders
anlaffung, für die Untertbanen äberbaupt und für male
wen Zweig der Staatöverwaltung, für mande gemeins
näglide und wodlthaͤtige Anftalt in&befondere fo viel
beizutragen, als es ihre eigenen, fo wie bed Landes
Kräfte und Hülfsmittel nur irgend erlauben mochten
. wobei ihre fonft befannte, weile Sparfemfeit durchau
nit in Betracht fam. Unter ihrer umfichtigen und‘ forgs
men Zeitung murden die derzogl. Dausangelegendeiten
ets auf Dad Befte verwaltet, in der Tuftiz und Innern
Landesverwaltung traten zeit» und zweckmaͤßige Geſetze
und Berordnungen an das Lit und fo viele für das
se Land und einzelne Stände insbeſondere beilfaihe
—— en und Verbeſſerungen wurden getroffen,
Deren men io noch in der ſpaͤteſten Zukunft erfreuen
wird. Die große Aufgabe ihres Regentenberufs beſtand
Louiſe mit unerf&htterihem Gottvertrauen, mit feflen
Grundfägen, Muth und feltener Bebarrlichkeit, mit tie
Fem Gerechtigkeinsgefähl, mit regem Sinn und Eifer für
alles Gute und Heilbringende und mit der größten Hin⸗
gebung für das Wohl: ihrer Untertbanen und brachte für
efen heiligen Zwei oft die Nabe ihrer Zebendtage und
manchen Sreudengenuß zum Opfer. Selbſt anſcheinenden
‚Kleinigkeiten und Gegenkänden, welche wohl zumeilen
hope Haͤupter für zu geringfügig halten mögen, verfagte
820. Louiſe, verw. Herzogin zu ©. Meiningen.
‚fe
dabei.behauptete fie ſtets die Sürftenwärde, jedod ohne
Stolz, wie gewiß nur Wenige unter den Herricherinnen
auf Erden. ‚Den von Herzog Georg begonnenen vers -
beflerten Wege» und Straßenbau: fegte fie fort. dem
ſchaͤdlichen Kottofpiele ſtellte He Schranken, den Verun⸗
glüdten ſchaffte fie ſchleunige Hälfe, der Getreidebandel
murde befördert und auch fonk die Lage und der Ver»
kehr des bürgerlihen Lebens, der Geſchaͤfts⸗ und Rechts⸗
gang ꝛc. durch die gemeſſenſten Mansregeln erleichtert;
‚die iſraelitiſchen Unterthanen erbielsen eine bumanere
Berbdfidtigung; der Obſtkultur wurde aufgebolfen, dem
Baumfrevel gefeuert ıc. Bei dem Herannoden der Kriegs⸗
ſtürme (1806 — 1813) verließ fie, gleich einer treuen
Mutter, ihr Land nicht, fondern tbeilte Trübſal und
Gefahr mit ihren Unterthanen. Allen boden und bödften
Gaͤſten von den verſchiedenſten Nationen, befonders bei
Dem großen rufl. — im Oktober 1813, welche
im herzogl. Schloſſe logirten, flößte die erhabene Fuͤrſtin
durch ihre Würde und geiſtreiche Humanitaͤt Ehrfurcht
und Bewunderung ein. Der nothgedrungene Beitritt
zum MRbeinbunde berurfahte der Edlen neue Sorgen
und ihren Unterthanen mannichfade, zum Theil ſchmerz⸗
liche Opfer durch Lieferungen aller Art für nahe und
ferne Kriegsvoͤlker, durch Ausruͤſtung und Erbaltung eis
ned bedeutenden Bundedfontingentd 2. Daneben wurde
gleid nad dem ſchrecklichen Rüdzuge der Sranzofen aus
ußland Stadt und Land von dem fürdterlichen Laza⸗
retbfieber beimgefuht, aber auch da blieb die treue
Herzogin in ihrer Refidenz und forgte für ſchnelle Hülfe
und Linderung der darnieder liegenden Leidenden und
für Unterſtützung der verlaffenen Samilien, deren: Vers
orger ein Opfer der Seuche geworden waren. In den
abren des Mißwachſes und ter Ueberfhwenmungen
‚4816 und 1817 erbarmte ſich £ouife ibred geängfigten und
vom nagendften Hunger gequälten Volks und ließ Ges -
treidevorräthe berbeifdaften, nidt blos fär den erften
Norbbedarf, ——— ‚auf mehrere Jadre ausreichend.
Waͤhrend dieſer Schickſalsſtürme war fie gleichwobl ſtets
bemübt, theils nöthige und Heilfame Verbeſſerungen ans
zuordnen, theils zweckmäßige Anftalten zu gründen und
zu befördern. Vorzügli hatten id die Schulen und de»
ren £ebrer ihrer wobltbätigen Berückſichtigung und Milde
au erfreuen. Bei der Geier des dritten Reformationds
jubiläums. 1817 ließ fie den meiften Stadt⸗ nnd. Zand-
ihre aufmerkfame Fuͤrſorge und Beachtung niht und
Zu den Erbo
J
— J
Louiſe, verw. Herzogin zu. S. Meiningen. AL
ſchullehrern eine erhöhte Befoldungsdotativn zu Theil
werden. Ein unvergaͤngliches Denkmal hat ſie ſich aber
nebſt ihrem unvergeßlichen Gemahl durch die Begrüf⸗
dung und Erbauung des bei der Geburt des Erbprinzen
Berndard beſchloſſenen neuen Schulgebdudes, Gymna-
siam Bernhardinum, in der Refidenz geſtiftet, welches
bei dem Regierungsantritte des jeßigen Herzogs am
42. Dec. 1821 feierlich eingeweiht wurde. Eben fo uns
terftügte fie no während und nad) ihrer -Regentfchaft
bis zu ihrem Tode viele wärdige und daͤrftige Juͤnglinge
bei Erlernung irgend einer Wiſſenſchaft oder Kun auf
die menſchenfreundlichſte Weiſe. Der fo tief berabges
untenen Tuchfabrikation in eningen widmete fie ibre
ufmerkſamkeit und berädflichtigte Die von Herzog Georg
im. Waifenhaus erribtete Spinnanflalt. Nach ihrer Bes
Aimmung wurde ze Maßfeld 1813 eine neue Zucht⸗ und
Brbeitdanftalt ind Werk gefeht und. unter idrer Mite
wirkung dad gemeinſchaftliche Dberappellationsgeriht zu
ena angeordnes. Eine Menge von Domänen und fa
chaftsangelegenheiten, Receſſe, Verträge u. dergl. mit
beuachbarten Särftenbäufern und Rittergutsbeſihern ka
men unter ihrer obervormundfhaftliden Zeitung zur
Ausfuͤhrung; aud wurden mehrere Anfäufe.von anfe
lien Realitdren gemadt und eine Huͤlfskaſſe zur Be⸗
freitung der angebäuften Kriegskoſten ausgemittelt. Des⸗
gelten nahmen die auswärtigen Angelegenheiten ihre
bätigkeit und Sorge vielfah in Anſpruch. Ganz. bes
ſonders wohlthätig zeigte ſich Ihr Walten für die Refi⸗
Denzftadt Meiningen; denn fie weilte nicht blos mit bes
fonderer Vorliebe dafelbft,, fondern verfchönerte auch. die
Stadt und deren —— — mit mehreren neuen Ge⸗
bäuden und Anlagen. Sie begänftigte ferner die ſtaͤdti⸗
fen Nadrungszweige, —3 den Unbemittelten Ar⸗
beit und Brod und ließ den Armen mannichfaltige Un⸗
terſtützung an Geld, Lebensmitteln, Kleidern und Holz
angedeihen. Liebenſteins Heilquell und Altenſteins ro⸗
mantiſche Walddoͤhen datten an der für Naturſchoͤndeiten
fo empfaͤnglichen Füͤrſtin, die treueſte Beichügerin und
wenn fie auch zu den von Herzog Georg daſelbſt bes
gronbeien Anlagen feine neuen binzufügte, fo forgte fie
och für. die Ausflidrung bed Unvollendeten und Erbals
tung ded Beftebenden, ‚trug durch dad im Anfang ibrer
Hegentfhaft erbaute Palaid zur Verſchoͤnerung Lieben»
fteind bei und erböhte den Flor der dafigen Badeanftalt
Dur ihren jibrligen Sommeraufentpalt_ ungemein. —
lungen, welche ſich Kouife Eleonore, befon-
x
822 Lonife, verw. Herzogin zu S. Meiningen.
in den fydtern Jahren ibreb Lebens
ders |
vergoͤnnte, gehörten vorzuͤglich ‚mebrere
, weiße
e nad Tyrol, der Schweiz, Ialien, Frankreich und
größtentbeild auf eigene Koſten und mit wenis
em Gefolge machte, wobei Re zur Stärfung ihrer Ge⸗
unbe auch Die Keilden Bergböben nicht ſcheute. —
ichts lag aber in ihrem Wintwenſtande ihrem. Mutter⸗
le näber, als die Ersiebung ibrer innigſt gelichten
inder. Sie ging ihnen ſelbſt ſtets in allem ren,
Buten und. Schönen ald ‚mwürdiged Mufer voran und
geb ihnen die ausgezeichnetſten Lehrer und Führer: Une
ter wechfelvollen und HÖR bedeutenden Ereigniflen nd«
derte fib ihre. obervormundſchafiliche Regierung idrem
Ende und am 17. Dec: 18321 trat Berndard Erid Freund
- im 21. Sabre feines Lebens die Regierung on. Aber
auch jetgt noch fand Die Herzogin ihrem Sehne: mütter⸗
lich rathend zur Seite. Unter den Sreuden „ die ibr am
Spaͤtabend ihres Lebens blühten, verdient dauptſaͤchlich
dad goldene Jubiläum erwähnt zu werden, weldes
Der Auperehrten im Kreife ihrer fürſtlichen Familie und
treuen Zandedfinder zu feiern befchieden war, nachdem
am 11. Dec. 1832 uni Jahre feit ihres Einzugd als
aeuvermäblte Gattin .Georg’d in Meiningen verfioflen
woren. Don allen Seiten und Behörden bradten De
putationen Slkdmänfhe dar. und durch Seite und ges
meinnügige Stiftungen murde diefer Tag gefeiert. BIiR.
ten wir nun: auf dad Stittleben der boben Entfclafenen,
fo finden wir fie ald theures Haupt in der Mitte einer
würdigen Sürftenfamilie, von den Banden. der zärtlich
en Sanchang, umſchlungen, fo innig beforgt bei der
chwankenden Sefundheit Der verehrten Herzogin a,
ſteter mrütterlih treuer Verbindung mit ihren tugend⸗
reihen Töchtern Adelheid umd Ida in der Gerne, Te
bochbeglüdt durch das bolde. Emporbluͤhen threr Enkel
und Enkelinnen, von denen no& 7 ihren Lebendabend
wit erbeiterten, nur fetten unangenehm berährt durch
koͤrperliches Unwoblſein und Boſchwerden des vorräden»
Den Alters. Einigen Erfag bei der Trennung von dem
geliebten Töchtern fand fie in der Umgebung der Yrin»
zeffin Amalie von Earolath, welche viele Jahre am meis
ningifchen Hofe verweilte und: ſich der befonderen, Leis
tung und Dbbut Louiſens zu erfreuen batıe 9. Man⸗
*, Die Yeinzeffin Amalia von Garelath wurde vermäßlt in
Arelningen an R Sa un: A la —— Srer
sen, Bemlin, Bteinberg Freus. ammerer, Herrn zu Föngam
i
J
| St, und Tebenderbeiterumg ,.
Whn —— rperfamäße in — legten.
en ewwädrte ihr auch die Gefelifhaft Der bochaebildeten,
enfreundliden Hofdame Karoline v. Oſterdauſen
und die forgfame Pfiege ihrer Kammerfrau Noͤtblich
beide idre treuen Bepteiterinmen “ zur Gruft. Nach
einem SKranfenlager von menigen Tagen fdied file ven.
binnen. — Den ausgezeichneten ———— der Herzogin
zu der Oboerkonſiſtoriairath Moſongeil an der Fürſten⸗
gruft 84 wit in fol Igenben Worten geſchildert; „Schoͤn
und erqui iR das Bild einer edlen, Bm ON
—— ran, derrlicher und fhbner noch dad Bild
einer liebevollen Gattin und treuen Mutter; ehrwuͤrd
und erbaben das Bild einer weiſen, ein ganıed Te
mit — umfaſſenden Regentin, — der Be—
Gügerin des Necdtb, der Helterin der Bedrüdten, der
ohltdäterin der Armen; aber die Krone weibliber
"Lugend. frabit noch im reinften ‚Slanze Aber dem Witt,
wenföleier na frommen Greifin, welche die Güter
md © dieſer Erde fhäßen lernte, obne fie zu
(odnen. — wege, odwodl oft geräuft‘, doch ivre
Menf&enlicbe und idr Vertrauen miemald aufgegeben
und eu unter den Ontfagungen und re des
doden Alters einen feflen, beitern, einfachen
unmwandelbar in ihren Grundfäßen und — —E
zeugungen, in mußterhafter, nie unterbrodener Zebends
srtnun n balten, — ein warm füͤhlendeß, hoffnungs⸗
frohes A er allen Stärmen eines demegten ebene
arm and rein bewahrt hat ei and
iningen. Prof. D. 5 ö. pling.
* 173. Philipp Daniel Simon *),
Plarrer zu Meckendach (Heſſen⸗ Homburg);
geb. im 3. 1768 (). geſt. den 20. Apr. 1837 °®).
Behr ungefähr 59 Jahren war er protekantifcher
arrer zu Meckenbach, ein Acht tugendhafter, frommer
ann, ein beiterer XBeifer, einer der edelſten, liebens⸗
wärdigften Menfden, eine ea ierde des geiklichen
Standes, welcher durch fein ganı Geiſtesgepraͤge, ſei⸗
nen Bandel und feine Dandiungen den fegensreiäken
nee war Dee i. J. ee Gun: unter
Deren Kouft ae rich Simon, ein d obe
er uud vo —2 — aut —— — *
62 ESimon.
AMnſiuß eines Ehrigentpumß: f et
a an Lehe, anti en
‚Sinne des Worts, beſcheiden und anſpruchs los im böch-
‚Ken Stade, war er der edeiſte, wärmfe, uneigennägigke
d, voll Zartgefübl, fanft, obne Leidenſchaft, nicht
aus Temperament, fondern durch Selbſtheherrſchung;
ſchonend, liebevoll, verzeihend, im Umgange beiter, anu⸗
ym. fo daß feine jüngeren Sreunde den linterfchied
‚ber Jahre nicht fühlten, ſehr beiebrend für dieſe durch
‚reiche Amtserfahrung, Menſchenkenntniß und feinen Takt.
Men fühlte ſich immer gluͤcklich in feiner wohlthuenden
Naͤde und Iernte erſt durch einen längeren Umgang feine
Vortreffligkeit recht kennen, weil er fo befpeiden war.
Einfach in feinen Bedärfniffen und fparfam, Üibre er bei
‚einer geringen Beloldung die liebdevoüſte Gaffreundfchaft
and war im Stillen fehr wodlthaͤtig. Als Geiſtlicher
war er ein Ädter treuer Diener ded Evangeliums, weils
ches er ſteis auf Herz und Leben feiner Zubdrer, recht
eingreifend in ibre Berhältniffe, onzumwenden wußte,
Dadurch wirkte er in der fangen Reibe von Jahren un»
—3 fegendreich in feiner Gemeinde, Deren Glieder
n allen Angelegenheiten Rath und Troſt bei ibm fuchten
und fanden. Freund des edemals in feiner Naͤde leben»
Den verdienten Arztes Paulitzky (des Verfaſſers der An
Jeitung zu einer vernänftigen Gefundbeitspflege) batte er
. € ſich zum Berufe gemacht, auch durd arziliche Hülfe
Der Wohlthäter feiner Gemeinde zu fein, indem er uns
enigehtli die Kranken nicht nur bebandelte, fondern
auch mit Den von ibm bereiteten einfachen Arzneimitteln
verforate. Er kannte aber genau die Gränze, wo der
eigentlihe Arzt einfhreiten mußte, den er dann zuzog
und durch Krankenberichte In feinem Wirken unterftügte.
Dur den ſchoͤnen Verein diefer Eigenfhaften gewann
er die ungetbeilte Liede und Dodadtung Aller, die ihn
Tannten. Im J. 1828 feterte er im Streife einer kleinen
Anzahl alter Sreunde fein Amtsjubildum; zu einer Öfe
fentlichen Feier konnte feine Befheidendeit / ſich nicht
verſtehen. Erft feit zwei Jahren mußte er wegen Alters⸗
ſchwaͤche die fämmtliden Amtsverrichtungen feinem Bis
Ear übertragen, ber fie ſchon mehrere Jahre ber auf dem
hefawerlichen Siliale verfehen hatte. z" den jängern
abren war er bäufig kraͤnklich. Dur Mäkigfeit und
reng geregelte Zebensordnung ftärkte er feine Geſunddeit
und bradte es zu einem fo hoben Alter, Er lebte uns
verheirathet, war aber voll Herzensguͤte gegen die Kinder.
|
3 = * — 77 4
* 174. Chriftian Adolph Otto Weber,
Doktor der Medicin und Kiofter-, Kommunal u. Armenarzt zu
Schweidnitz in Schlefien; :
aeboren ben 26. Apr. 1806, geilorben den 80. Apr. 18397,
Sein Vater war Apotheker zu Oels. In den erften
infangegränden durd einen Privatlehrer unserrichter,
trat er in feinem 9. Lebensjahre, unter dem ald Schul⸗
mann fo hoch verdienten damaligen Direktor K. E.
Günther *), als Schüler in die unterfte Klaſſe des Gym»
nafiumd feiner Vaterſtadt ein. Seine Zäbigfeiten, noch
mehr aber fein eiferner Fleiß zeichnete ibn bald fehr
vortbeilhaft auß und fiberte ihm durch alle Klaſſen
Des Gymnaſiums die ungerheilte Zufriedenheit und daß
Woplwolen feiner Lehrer. Dem Wunſche des Vaters
emaͤß und auch aus eigenem Antrieb entſchloß fi der
vhn zum Studium der Arzneiwiſſenſchaft. Nachdem
er die oben bezeichnete Anftalt durch einen Zeitraum von’
410 Jahren befuct batte, verließ er dieſelbe, Oſtern 1823
und bezog im April deſſelben Jahrs die Univerfität
Bredlau. Nachdem er zwei Jahre dindurch mit vielem
Sleiß und Augen die Vorlefüngen beſucht und auf diefe
Weife den Schag feines Willens dur neue Kenntniffe
bereichert batte, bezog er im April 1825 die Univerfirdt
Berlin und vertheidigte am 21. Sebr. 1826 feine dem
Kreisphyſikus D. Fiſcher zu Oels, feinem wodlwollenden
-Sreunde und Gönner dedicirte Diſſertation de angina
ectoris. Mit der Vorbereitung zu feinem Eramen bes
äftigt, den er zu Oſtern 1827 ablegte,- berührte ihn
fedr ſomerzlich die Nachricht von dem nad mehrjäbris-
‚ger Kränklifeit an der Lungenſchwindſucht erfolgten
ode feines Vaters. Im April 1827 kehrte er, mit den
glaͤnzendſten Zeugniflen feiner Tuͤhtigkeit verſeden, als
- ansübender Arzt in feine Vaterftadt, zu feiner noch le⸗
benden Mutter, geborene Schneider und feinen drei
jüngern Geſchwiſtern juräd. Nur wenige Tage widmete
er der Ruhe und Den Samilienleben und folgte einer
Aufforderung, fib ald ausübender Arzt in Echmeidnig
niederzulaffen. Durch Geſgicklichkeit und Gluͤck nicht
weniger, als durch feine — und Biederkeit,
pogne es ibm ſehr bald, ſich die Gunſt und das Ver⸗
auen des Publikums in einem hoben Grade zu eigen
gu maden. Er ward nach kuͤrzem Aufenthalt in Schweids
*) Deflen Biographie T. N. Nekr. 4. Sadra. ©. 840.
nig zum bdafigen Klofterarpt, fo mie fpäter um Armen-
und Kommunalarzte gewählt. Mit eigener Aufopfe⸗
rung und feltener Ausdauer mwirfte er auf Die uneigen»
nügiafte Weife ie Wohle feiner Mirbärger und fand in
der Ausübung feiner Berufsgefhäfte die höhe Freude.
Am 15. Aug. 1830 verbeiratbete er fib mit der eimigen
Tochter des dafigen Rathöherrn und Apotheker Pachalp.
Don ſchwaͤchlicher Körperkonftitution hatte er Durch feis
nen angeftrengten Fleiß (don frübzeitig feiner Bruft ge⸗
chadet und nur fein geregelted Leben batte biö bierber
jeden Ausbruch einer Zungenfranfbeit, gu melden Die
Dispofition vom Vater auf ihn übergegangen fein mochte,
um Schmeigen gebradt. Gm Spätherbſt 1885 fanden
ih ein bößartiger Hufen, " wie Öfter wiederkehrendes
Blutſpucken bei ibm ein, die er Dur einen mebrs
woͤchentlichen Befub von Keiner; im Gommer 1838
nicht zu befeitigen vermochte; feine Srdfte nabmen von
Tag zu Tag medr ab und ed bildete fi eine tuberkulbfe
vkungenſchwindſucht aus, Der er am oben genannten
Tag erlag. Er binterläßt nebf feiner Gattin 3 Söhne,
* 175. Anton Thomas,
penfionirtee Geheimer Iuftizratb zu Kaffel 5
geb. den 2. Februar 1778, get. den 4. Mai 1837.
Er war in dem Fulda'ſchen Pfarrdorfe Haſelſtein
gun und der Sohn eined wohldabenden, era
andwirths. Koͤrperliche Schwaͤchlichkeit und fräb bes
zeigte Geiſtesſtaͤrke des Anaben befimmten feine Eitern,
idren Liebling Die niederen und böberen Schulen zu
Sulda beſuchen zu laſſen, in denen er ſich auszeichnete.
‚Bier begonnenes Studium der Rechtswiſſenſcaft wurde
von dem rüftig emporfirebenden Züngling au Gießen fort
efegt, wo derfelbe befonderd die Dorlefungen eines .
solmannd *) beſuchte und von diefem räbmlihk bes
kannten Mectögelebrten, der feine Laufbahn als in dem
Adelſtand erbobener großberzoglih deſſiſcher Juſtizmi⸗
niſter zu Darmſtadt endete, eined näbern Umgangs ges
würdigt wurde. Nach Fulda zurßdgekehrt, wurde Ch.
fon im I. 1800, mithin erft 22 Zahr alt, ald Öffentlicher
Zebrer der Rechtswiſſenſchaft an der damald nod Das
felbft beſtehenden Univerfität (Adolphine) deſtellt. Nachdemn
aber diefe nur zu gering dotirte und nur zu fehr von der
Gunſt des jededmaligen, Särkbifhofd, Deren lange Reihe
*) Deflen Biogr. f. im N. Neke. 7. Jahrg. ©. 171.
"dem Titel eined Gebeinten 3
a in gefeligen Kreiſen eigen.
⸗ a.
le
q.
Durch. Die im Jahr 1802 erfolgte Saͤtular
ſtifts aufgelöft worden war, ernannte der neue Lande
Erbprin; von Dranien, damaliger König der Niederlande,
Den dur geſuchte Vorträge, fo wie durch ein Lehrbuch
des Raturrechts im Kantiſchen Geiſte feined vorgenann⸗
daldert von Harſtall beſchloß, abhängige :
u arſtal beſchloß een bet —
tr,
sen Lehrers rühmlichſt beksant gewordenen, doch nur
w gering: befoldeten Profeſſor Thomas zum befler bes
— Stadirichter son Sulde, Selen eb feinen
vielen Amsögelbäften die Gorifegung pbilofopbifcher und:
juriifder Studien nicht aufgab. Unter der nur au bald
eintretenden franzoͤſiſchen Landeönerwaltung und. Miße
handlung, fo wie der nachwaligen primatifchen oder
ofberzogfich- frankfurtifchen Regierung hatte der von :
ee Buouen Kart von Dalberg —— Huld
ewürdigte- Thomas als Maire des zu vielfältig von
Kriegern verſchiedener Volker heimgeſuchten Houptorts
nur zu viel zu beforgen und. zu erdulden. Angeſtrengte,
wielfache Th np möchte damals fo wie unter nach⸗
maliger faif. £
Deövermaltung den zarte Körperbau des ſchlank und
ſchoͤn gebauten Manned: Unter der im Jahr 1816 einge»
tretenen: Eurbefifchen Negierung erfolgte im Jadr 121
Trennung. der Rechtspflege von der Bermwaltung und der
zeitderigen Stadtdireftion. T. murde zum Landrichter
ernannt, ald weicher er fortfubr, id um Außbildung der
Landgeritspraftitanten. verdient zu machen. Dune
mende SKörperfhmäde bemmte jedoch die Wirkſamkeit
feines regen Geiſtes, fo daß er nah manchem barten-
- Sranfenlager fi gedrungen ſad, Berfegung in den Rus
deftand zu wuͤnſchen, welche ibm aud im Jabr 4835 mit
uſtizraths gewährt wude.
Die ſorgſamſte Pflege ſeiner —*6 Sabina Weils
fard, einer Nichte ded beräbmten E. ruffifden Staates
raths und pbilofophifchen Arztes, fo wie feiner erwach⸗
fenen Töchter konnte nit verhindern, daß der Entkräfs
tete feinem S6jährigen Vater in die Ewigkeit vorans
ing *). — Dem Entfchlafenen mar dobe Gaftfreundlich-
eit und die feltene Gabe gefälliger und erbeiternder
®
— |,
” Ein Öffentliche Dentmal der Freundſchaft und Liebe fekte
ihm fein Freund Peier Aloyb Schultheie, Oberappellationdgerihtes
zath zu a Blue —2 —— emeinen Zeitung
Nr. Fer vom 30. Mat.
.
nigl. oͤſtreichiſche und koͤnigl. Breuß, kan '
«
RB’
en, — Et j . —
176. Auguſt Carl Alexander Schettler,
Pfarrer und Hoflaplan zu Groß⸗Weißand (Anhalt: Köthen);
geb. den 14. Ditober 1756, geft. ben 5. Mai 1837 9.
Er war zu Proſigk geboren, beſuchte von 1765 die
reformirte Siadtſchule in Koͤthen und ſtudirte von 1778
in Halle. Nach feinen Univerfitätsjahren ſtand er (feit
- 4781) eine Zeitlang ald Lehrer an der Friedrichsſchule
in Breölau, mit welcher Stele zugleid das Amt eines
Schulpredigers an der reformirten Kirde daſelbſt ver
bunden war, bi6 er im Jahr = als Inſpektor des
Waiſendauſes zu Koͤthen in fein Vaterland zuruͤckgeru⸗
. fen wurde. In diefer Sieden gründete er das refor⸗
mirte Landfchullebrerfeminar, welches, obgleich ed mande
eitgemäße Abänderungen erfahren bat, noch immer beftebt,
ı wie eine Leſebiblioidek für Zandfchullehrer in Köthen.
Im 3..1786 bereite er auswärtige Schulen und bielt ſich
eine Zeitlang in Rekahn auf, um die Lehrmethode des
Damals berühmten Kantors Brunn Eennen zu lernen,
wurde im Jabr 1791 zu dem Pfarramt in Wedlich berus
fen und: nad Groß: Weißand befördert. Durch feinen
Commentar "über den eingeführten Landeskatechismus
unter dem Titel: „Dr. H. Hering's kurzer Unterrigt in
der chriſtlichen Lehre,“ durchaus zergliedert und erläu«-
tert für Schullehrer und angebende Katecheten. Breslau
4796 wirkte er fegendreih tür die Schulen feined Lan⸗
Des und war bid ın fein bobes Alter ein fleißiger Mits
orbeiter an dem zu Halle. erfheinenden Journale für
Prediger. — Außerdem erfhien nod von ibm: ABEs,
BSuchſtabir⸗ u Leſebuch F. d. Landfchulen. Hörd. 1788. —
Wuͤnſche und Vorſchlaͤge zur Beherzigung für Prediger.
.* 177. Jacob Chriftoph Rudolph Eckermann,
der Theologie Doktor u. Profeffor primarus, Senior der Univer⸗
fität zu Kiel, koͤnigl. dänifcher Kirchenrath, deB Danebrogorden®
"Kommandeur und Danebrogdmann;
geb. den 6. September 1756, geft. ben 6. Mai 1837.
Ä Sein Geburtsort it Wederdorf, ein gräflid Bern⸗
korffſches Sur In Mediendurg- Schwerin, wo fein Vater
Augemel 1897. Rr. | Ä
füe8 Shriftfieherieritm en — — Schmidts Andalt⸗
+
-
/ ; R
. Eckermann. 629
berinfpektor über dreizehn Bernſtorffiche Güter war.
ine Mutter, Anna Amalie, eine geborne Nordmann
aus Segeberg, legte [don in den beiden erflen Jahren
feines Lebend durch forafältige Erziebung und Üebung
im Leſen, wie in der Erlernung der beiten geiſtlichen
Lieder, den Grund zur Ausbildung feines Geiſtes, fo
dag er, Faum drittehalb Jahre alt, unter der Zeitung
eined guten Hauslehrers Latein zu lernen anfangen Eonnte.
Deffentlihen Unterricht genoß er vom Jahr 1761 an auf
der Gelehrtenſchule zu ae: an welcher Edlers
ſeit 1760 als Rektor Rand und hatte das Gluͤck, durch
dieſen neun Jahre lang zu allen Sprach⸗ und Sach⸗
kenntniſſin, welche die tüchtige Vorbereitung zu ‚den
akademifhen Studien fordert, angeführt und duo fein
Beifpiel, wie dur feinen Unterricht, zu einer dt relis
giöfen und tugendbaften Gefinnung ermuntert zu were
en. Don 1768 bis 1770 ſtudirte er auf dem Gpmna⸗
fium zu Oldenburg, mwobin er feinem Lehrer bei deflen
Derfegung an daflelbe folgte. Don diefem entfaflen,
ging er. nad Göttingen, durch befondere Verbälmiffe
) Kam); die Rechte zu ſtudiren und hörte auch wirklich
be
Böhmer und Selchow im erften Gabre. Da aber. (dom
. 4774_die Urſachen wegfielen, warum er dad Studium
‚ der Rechte wählen follte, durfte er nun feiner Neigung
folgen und midmete fi der Theplogie. Feder war in
der Philoſophie fein Lehrer; Heynes ſaͤmmtliche philo⸗
logiſche Vorleſungen, benugte er mit vorzüglichem Ver⸗
nügen; Kaͤſtner und Beckmann waren in der Mathematik
(eine Führer; bei Soloͤzer börte er Geſchichte, bei Erxleben
aturlehre und Naturgeſchichte, bei Wrisberg Anatomie
und Phyſiologie; bei Michaelis lernte er Die arabifhe und
forifde Sprache und die Auslegung ded A. und N €. und
die eigentlihe Theologie in ihrem ganzen Umfang bei
Wald, Miller, Leß, und Zaharid. Dankbar erinnerte er
fih der Beweiſe befonderer Güte und Freundſchaft, die
er von feinen Lehrern empfing. Heynes Gemogenbeit
verdanfte er .einen freieren Gebraub der Schahe der
Goͤtting'ſchen Bibliothek und Leß deffen praktifh.doama»
tifhe und moralifhe Vorlefungen ibn den hoben Werth
des praktiſchen Chriſtenthums recht einleuchtend und ibn
auf den Unterſchied zwiſchen Theologie und Religion
aufmerffam made, erlaubte ihm auch Öfter, in Der Unis
verſitaͤtskirche für ihn Ay Beige und ſich hernach feine
Belehrung uͤber Die Mängel
N, Nekrolog 15. Jahrg. "
einer Predigt zu erbitten.
1774 nöthigte ihn die Krankheit ſeines Rue Goͤttin -
⸗
e 8 Im
630 ‚&dermant.
gen, wo er zu bleiben wuͤnſchte, zu verlaffeh: Noch in
demfelben Jahre fam er zu feinem Be getiehten
ehrer Ehlers, der 1771 ats Profeffor und’Rektor an das
atademifde Gpmnafium in Altona berufen worden war
and leitete ibm in der Privatunsermeifung feiner Koſt⸗
änger und Zöglinge Hälfe, wobei er öfter für den Kon⸗
_ Aftorialrard und Kirdenpropk Ablemann, der, mie Ch
lerd, ihn ſchaͤte, in der (utberifchen Hauptkirche pre
digte. Don dier berief ibn der Herzog von Didenburg
um Micaelid 1775 zum Rektor an der Gelehrtenſchule
zu Eutin, wo er Im folgenden Qahre das Band einer
glädliben und fegensreiben Ebe mit der aͤlteſten Toch⸗
ter des dortigen Superintendenten und Konſitorialraths
Wolff Enüpfte und feine Lehrertuͤchtigkeit an der ihm
betramsen Sqcuie mit foldem Erfolg bemäbrte, daß fie,
durch ibn emporgeboben, fieben Jadre fpdter an feinen -
Nachfolger, Johann Heinrib Voß *), in fhöner Btürhe
übergeben Eonnte. Im Januar bed Jadrs 1782 erbielt
er dur Permittelung des damaligen Kanzlere, Sodann
Andreas Gramer, den Ruf zu einer ordentlihen Profef-
fur auf der Univerfität zu Kiel an die Stelle ded 1780
verftorbenen -Profeflord Subrmann. Im Jahr 1789 ward
er dafelbſt von der philoſophiſhen Fatulıdt zum Doktor
der Dbilofopbie, 1784 von feiner Safulrär zum Doktor
der Theologie promovirt und 1788, nad dem Tode des
Kanzierd Sramer Nachfolger deffelden in. dem für dad
rzogthum Schleswig zur Prüfung der Kandidaten bed
redigtamtd angeordneten eraminirenden Oberkonſiſto⸗
rialfollegiums auf Gottorf. Nachdem er 4805 den Schmern
erlebt batte, feine Gattin durch den Tod zu verlieren,
flog er 1807 den Bund einer zweiten gtüdlihen Ehe
mit der gefchaͤrten Augendfreundin, einer gebornen Ran
niger, feiner damald ſchon mit dem Referenten verhei⸗
ratheten Alteften Tochter. Nach Genfer’d 1808 erfolgtem
. Tode war er Profeffor primarius der Safuftät, im Jahr
4816-tönial. dänifher Kirchenrath mit Etatdrathbd Rang
und erhielt 1824 dad Ritterkreuz des Danebrogordene.
Am 10. Auguft 1825 feierte E. nad funfgigiähriger Amts⸗
führung das erſte Jubilaͤum feiner irkſamkeit im
Otaasödienk. _Da er längft dur feine —8
dieigeleſenen Schriften als ſcharffinniger, helldenkender
Cheolog in gen Deutfcoland anerkannt war und in fe
sendreihem Wirken da fand ald freimäthiger öffentlis
— — — “
4) Deffen Biographie ſ. N. Rekr. 4. Jahrg. ©. 171.
Edermann. 631
Wer Lehret, der zuerſt mit Andern Ffäftig die Bahn ber.
trat, die immer mehr als die am ſicherſten zum Ziele
führende erfannt werden wird, den Glauben auf eine
tidtige Bibelerklaͤrung zu gründen und dad Eindrängen
alter Zeitpbilofopbieen, fie mögen Auguftinus oder —*
ſelmus, Kant oder Hegel als Urheber nennen, abzuweh⸗
ren; der mit der größten Nude immer nur nach Wahr
beit forfchte und ſich durch Feine Ertreme, durch fein
Geſchrei aus feinem Beleife bringen oder jemals zu eis
nem dem Wohlftand unangemeflenen Ton verleiten lieh, ,
ohne der Wahrdeit im geringiten Etwas zu vergeben,
ſo wurden die berzlichftien Wünfhe aller feiner Schüler,
wozu die meiften in den Deraoaiäimern sale und
olſtein — Prediger gehören, fo weit die Kunde
iefed Feſtes verbreiten war, dem innigft verehrten und
allgemein geliebten Greife gemwidmer und jeder Nabe
wohnende beeiferte ſich, perſoͤnlich Diefelben Geſinnun⸗
gen dem Hochgefeierten außzudrüden. Die Lehrer der
niverfität, wie die Studirenden, verfäumten nicht, auf
die. einem ſolchen Verdienſt gebührende Weife durch Des
putationen und Anreden ibm Adbtung und Verehrun
—— * Seit dem Tod des Konferenzraths |
Jahr 1828 war E. Senlor der ganzen Univerfirdg
umd wärde 1829 von dem. König zum Danebrogämann
ernannt. Ibm, dem unermäder Sortwirkenden, der waͤh⸗
rend des zurädgelegten Zeitraumd fieben Mal das afa»
demiſche Rektorat verwaltet hatte, war es aber noch vers
- gönnt, fieben Jahre nach der eriten Jubelfeier eine mit
no größerer Serlidfeit vweranftaltete zweite, die akades
miſche, zu erfeden **). Die zu die ſem Tage von dem bes
tüpmten Loos in Berlin gefertigte, in Gold und in Sil⸗
ber ausgeprägte Denkmuͤnze liefert auf der Dorderfeite
Das ahnliche Brufbild des Jubilars, nad einem, von
dem Maler Hanfen verfertigten Portrait und in der Um-
ſchrift feinen Namen und Titel. Die Rüdfeite enthält
in einem dichten Kionge von Eichenlaub und unter den
Symbolen des Kreuzes, der gedfineten Bibel und einer
Yolme, die lateiniſche, die Veranlaffung andeutende In⸗
ſchrift. Darunter erinnert Pfalm 1, B. 1 — 3 an den
°) € en Bio x f. NR. Nekr. 6. Jahr 9 G. 842. | TREE e
8 1 Bergen diefer erzählten zunaͤchſt die Sole wis ⸗Hol⸗
Ein s Sauendburgifhen Provinziatberichte und dann eine eigene
chrift des derzeitigen, Nektord der Univerfität, Etatsraths von
Berger, betitelt: ‚, Die atademifche Jupdelfeier ded Herrn Kirchene
raths Doktor Edermann, Kommendeur ded Danebrogordend und
Danebrogänidnnd, zu Kiel, am 20. April 1832. 54 *
682 | Edermann.
Mann, „der feine Zu bat am Geſez ded Herrn und ba».
der wie ein Baum if, gepflanzt an den Waſſerbͤchen.“
Ein anderes daͤusliches Zeit Enfipfte fih an Diefe Jubel»
feier, ndämli das filberne — des Jubelgreſſes
und der zweiten Gattin deſſelben. Aus ber eriten Ebe
des Derewigten waren neun Kinder, nämlich ſechs Göbne
und drei Töchter, hervorgegangen, vier in Eutin und
fünf in Kiel geborne, von denen zwei, ein Sohn und
eine Tochter, zart und jung farben. Bon den Söhnen
lebt der Ältefte ald Paſtor zu Natfau, der ;meite ald
fönial. Landihreiber in Garding, Der dritte *) flarb als
Prediger (Arhidiafonnd) an Der Nikolaikirche in Hams
burg, ber vierte ald Profeffor am Gpmnalium ia Dans..
ig, der fünfte ald Rektor in Ubler. Die aͤlteſte Tochter
lebt in alüdlider Ede mit dem DVerf., die jüngere ftarb
ald Gattin deö Predigerd Hanfen zu Jordkirch bei Apen⸗
rade. Aus der die fpäteren Lebendjahre des Vollende⸗
ten beglüdenden Ehe lebt eine Tochter; der früber ge-
borne Sohn farb im ſechzehnten Jahre. — Wie E. im
amtlihen Leben, Gelehrſamkeit, Rechtſchaffendeit und
wahre Humanität vereinigte, ſo verband er auch im
däusliden liebevolle Schonung Anderer mit Strenge
egen fich ſelbſt, Freundlichkeit und Milde mit Ernſt und
5 rde. Bei dem weiten Umfang ſeines Willens, der
roßen Klarbeit, feiner Anſchauung, der feltenen Treue
eined Gedaͤchtniſſes war fein Geſpraͤch immer belehrend,
geiftreih, lebendig und mit mandem Scherze gewuͤrzi
und Diefe anziedende uenaan verblieb ibm bis an daB
Ende feines Lebend. Bier Jahre nad der letzten us
beifreier war er nob im Stande, feine Vorleſungen
fortzufegen. - Dabei befiel ihn jedoch von Zeit zu Zeit
ein Gefühl von Schwäde und Ermattung, modurd er
ſid zulegt genoͤthigt fab, fie einzuftellen, ſich aber doch
nicht gbbalten ließ, an. den Verhandlungen des Konfiko
eiumd perfönli und ald er Died nit medr vermochte,
ſchriftlich, Dein Antheil zu nehmen. Als überhand-
nehmende Entträftung allem ferneren Wirken in feinem
Beruf Grenzen fegte, fand er, unter Öfteren Beſuchen
tbeilnehmender Sreunde, in der liebevollen Pflege feiner
Gattin und Tochter Erleichterung und in ihrem Vorle⸗
kr unterbaltender Schriften a le Nee fein
Örper fo, obne an ein ſchmerzliches Krankenlager ges
feſſelt zu fein, von immer größerer Ermattung aͤberwaͤl⸗
Deſſen Biograpbie ſ. N. Nekr. 6. Jahrg. S. 460:
Eckermam. 88
tigt, endlich erlag, dob ſich ſein Geiſt mit vollem Be⸗
wußtſein, feine theuren Nachbleibenden im Scheiden ſeg⸗
nend, über irdiſches Streben und Ringen zu böberer
Bollendung empor. — Seine Schriften find: Befoͤrde⸗
sung d. Tugend ift ein Dauptined aller Schularbeiten.
Eutin 1775. — Gedanken üb. d. Unzufriedendeit. Lübed
41777. — Die gemwöhnlihen Fehler, welche bei d. Wahl
des — Standes begangen werden. Ebd. 1777. —
Verſuch einer neuen poet. Meberfegung d. Buchs Hiob,
nebft einigen Borerinnerungen und einer nachſtehenden
erläuternden Umfcpreibung. Leipz. u. Lüb. 1778: — Ani-
madversiones criticae in librum Job. ib. 1779. — Ueber
d. Erjiedung d. Kinder, in Beziehung a. d. Wahl ihres
Standes. Ebend. 1779. — Ueber die Verbeflerung böfer
Neigungen u. Gemohnbeiten. Ebd, 1780. — Weber die
Nutzbarkeit der Unterricht in Spraden. Eut. 1781. —
De vaticiniis libri duo, Hamb. et Kil. 1784. — Die Pflich⸗
ten derjenigen, welche voran — baben ihre
Erfenntniß zu verbeflern. Eine Predigt. Kiel 1785. —
Joel merrifh überfegt, mit einer neuen Erklärung. Züb.
». Leipz. 1786. — Un dad DBaterland, Als die Ankunft
©r. königl. Hoheit des Kronprinzen Sriedrih in Stiel
erwartet wurde. Kiel 1787. — Tbveologiſche Beiträge.
6 Bände jeder von 3 Städen). Alt. 1790 — 1790. — .
. Compendium theologiae christignae theoreticae biblioco-
historicae ib. 1791. Editio 2 ib. 1792. — (Döderlein’s),
Edermannd (u. Loͤfflers) Gutachten Über einige wichtige .
Religiondgegenftände; in Beziebung auf den Religiond»
prozeß d. redigers Saul; in Gielkdorf. Goͤrl. 1794. —
Kleine vermifchte Schriften, verbeflert u. gefammelt ber.
ausgegeb. Ebd. 1799, Ir Bd.; 2r Bd. m. d. T.: Stleine
vermiſchte Schriften moralif&päbagogilcen u. theolog.
Indalts. Ebd. 1800, — Handb. f. d. ſpſtematifche Stü⸗
Dium der chriſti. Glaubenslehre. 4 Bde. Ebd. 1801 bis
-4808. — Erklär. aller. dunfeln Stellen d. N. €. theils
in einem zufammenbängenden Commentar über einzelne
Bäder, tbeild in einer treuen Weberfegung mit einge«
ſchalteten Erklärungen. 3 Bde. Kiel 1806 — 1808. —
Kurze u. faßlide Anmweifung, d. Bibel ald Gottes Wort
recht zu ebren u. erbaulih zu leſen. Stiel 1816. — Er
innerungen an d. unvergängliden u. unfhägbaren Werth.
der Reformation Zutberd. Zum Andenken u. 3. Beföre
derung d. froben dritten Saͤkularfeier derfelben auf der-
Univerfitdt zu Kiel am 31. Dft. 1817. Alt. 1817. — De
excellentibus Martini Lutheri virtutibas oratio singularis,
= !
554 | Francke.
am ipsis Cat. Nor. a. 1817, quibus Academia Christiang
lbertina meritorum Lutheri memoriam pie redintegravis
in Academiae C. A. Kiliensis, in sacris saecularibus ter
tüls Actis solemnibus habuit. Alt. et Lips. 1818 — Eine
deutſche Dde zum 1. Nov. 1828. Kiel. (Auch abgedr. im
Staatsuͤbrg. Mag. B. 8.3 — Recenfionen von * Reben
dem Kieliſchen Literaturjournal u. d. Kielifchen ges
ebrten Zeitung (fo lange Profeflor Heinze fie berauss
gab); in d. Annalen d. neueften theol. £it.. u. Kirchen
geſch. u. d. neuen theol. Annalen; in d. allgem. u. neuen
augem. deutſchen Bibliotbek; in d, Erfurtſchen Nachrich⸗
ten von gelebrten Sachen. 1802. — Aufföge im gemeine
nügigen Magazin. Leipz. 1787 — 1790, und in Eggers
Beut/oen Mag. Hamb. 1791, m. Alt. feit 1792, und im
deutſchen Mufeum. — Sein Bildnig, von Wunderlich
in Kiel gezeichnet u. v. % ®. on, 1794 in: Kupfer
eyer
geroden, det ſich vor Magalin. für Prediger,
.9, ©t. di (weniger ähnlich) vor d. neuen 'allgem.
Biblioihek Bd. 25 (1796), von W. Arendt geflohen u.
fein Schattenriß vor dem 1. Quartalband der tbeolog.
Annalen; ein größered Bildniß in Steindrud, gezeichnet
yon dem Maler Buͤnſow in Kiel, :
; Dr. G. €,
BI eek Teac,
« 178. Dr. Stanz Frande,
praßtifcher Arzt au Dreöden;
geb. d. 14. Gept. 1796, gell. d. 6. Mat 1887,
Er wurde zu Eilenburg. an der Mulde geboren, wo
fein Bater, Ehrißian Gottlob Srande, praktiſcher Arzt,
‚ Geburiöpelfer und Amtsphpſikus mar. Hatte unfer $.
Don Demfelben bei außgezeihnetem Talente für den
ärztliden Beruf eine gleich große Bebarrlidfeit und
Lebdaftigkeit des Naturellö geerbt, fo ward ibm von,
feiner no& in Dresden lebenden Mutter, Karoline Wils
. belmine, geborene Kreyßig, die ibn vorzugsweiſe charake
terifirende Milde und Silarbeit des Gemüths zum bes
neidenswerthen Anıbeil. Leider traf ibn ſchon als Kna⸗
ben das berbe Geſchick, feinen Vater zu verlieren, der
als ein Opfer feined Berufs im 49. Lebensjahre von
dem in der Umgegend berrfhenden Typhus 1809 binge-
rafft wurde, Unfer F., eined der jüngften von den noch
ent ihn ‘überlebenden ſechs Geſchwiſtern, war bereitd ein,
abr früber von Eilenburg, wo die Stadefule. feinem.
eiße nur unvallfommae Nahrung bot, nad Leipzig auf
Be yüfola dule und unter die * je Geltung feines
Damald in Leipzig Müdirenden Älteren Bruders gebracht
“worden. Seht, wo fein Obeim, der Hof: und Medici»
nalratd_Dr. Kreyſig und. deßen Gattin fi als Pflege:
eltern feiner liebevoll annahmen, aber nit damii bes -_
gnügten, den Neffen aud der Ferne zu imterügen, fons
rn in feiner aufolühenden Jugend Erfag flr den ih
nen verſagten Befig eigner Kinder fuchten und fanden;
berief: der Oheim den „Dreizehnjährigen Knaben: zu fich
Hab Dresden und lie —9— dafelbft Die Kreuzfchule unter
Paufler und Bräuniger beſuchen. Diefem Aufenthalt
und einen zweckmaͤßig geleiteten Privarfleiße verdankte
r.ed, daß er fchon zu Öftern 1811 ald Alumnus in. der’
Bürtenfaute St. Afta zu Meißen aufgenommen und da
elbft. fogleih in die dritte Klaſſe geſetzt werden: tonnte,
ein gal, der auf diefem Infitute zu den ſeltneren ger
dort. Oſtern 1816 kehrte er, mit den abzencoBhen eũg⸗
niſſen audgefattet, —2 nach Dresden in das Haus
Onkels zurück, um ein balbed Zadr: ‚fang; auf
er medicinifh. dirurgifchen Akademie dafelbft under 14,
“ fpeciellen Zeitung feined Pflegevaters fi zum eigent
en, akademiſchen geben vorzubereiten, wozu dieſe
Inſtitut indbefondere 3 6 weiches erft da»
n
mals nad der Rüdfehr de 95 Friedrich Auguft *),
bauptfählih auf Kreyßigs Rath und Betrieb, nach er.
weitertem Maasſtabe reorganifirt und mit mebreren aus⸗
— Lehrern verſorgt worden war, unter welchen
e
r genannte Veteran ſelbſt noch als Leibarzt und Men
dicinalrath aus eigner Vorliebe tbätig war. Unſer F
benugte daſelbſt die Vorträge Seilers, Treutlers, dici.
nud u. A., fo weit fie ihm zum Anfang erſprießlich wa⸗
ren. So aufd Gruͤndlichſte vorbereitet, bezog er im
Herbfte deſſelben Jahrs Die Univerſitaͤt Leipzig, Feinede .
wegs binter feinen Schulfreunden, die ibm dahin groͤß⸗
sentbeild voraudgeeilt waren, zurückgeblieben. Hierbhörte -
er Pbilofophie bei Platner und Krug, bei Poͤlitz Ge
chichte, Phnfif und Chemie dei Gilbert, Botanik und ..
ologie bei Schwaͤgrichen, Anatomie bei Rofenmüller,
Phyfiologie bei Planer, Heinrotd und Weber, Patho⸗
Iogie bei Kühn, Pharmaceutik bei, Eſchenbach, Entbins
dungskunſt bei Törg und Diöputirübungen hatte er_bei
Ducelt. Nachdem er das theoretifhe Examen im März
*) Deffen Bioar. (. im 6. Jahrg. des B. Nee. S. Mi. .
,
J
;
586 Stande, -
2818 radmlichſt befanden, „begab er ſich auf den Rath
feines Obeimd und nach eignem Wunſche nah Goͤttin⸗
en, um dafelbft Strohmeper in der Edemie, Schul; in
er Anthropologie, Himiy in der Therapie, Pathologie
und Ophthalmologie, vorzüglich aber Langenbed in der
Ehirurgie und praktiſch am Kranfenbett zu bören und
Y benugen. Leider murde der rubige Bang feiner Stu⸗
ien nod, vor dem völligen Abſchluſſe des erſten Kurſus
durch die damaligen Unruhen unter den Studenten und
- den bekannten Auszug derfelben nah Wigenbaufen ins
zei 1818 unterbrochen. Srande, Der ſich jedes thätigen
ntbeild an diefen Händeln enthalten und vor der
and Leine Ausſicht auf eine wänfchendwertbe Fort⸗
eßung feiner Studien in Böttingen hatte, benugte mit
einigen gleihgefinnten Sreunden diefe Unterbredung zu
einem Ausflug in das thüringer Waldgebirg und kehrte
im September nach Dredden zurück, woſelbſt er zum
jerlien Mal und zwar ein volles Jahr, unter fpecieller
eitung und Belehrung feines vielerfahrnen —
foriſtudirte, deſſen patbologif «therapeutifhen Vorträge
und die Klinik befuchte, außerdem aber auch Seilers
Vorlefungen über die gerichtliche Prarid, fo mie die
feines ſchon erwähnten dttern Bruder, des Profeſſors
und nächmaligen Hof» und Medicinalratbd,: fuwie Leibe
medifuß Dr. Leopold Srande, in der Pathologie, allge
meinen Therapie und Polyklinik, die von Carus in .der
Entbindungdfunft, Die von Oble in der Chirurgie börte .
und die praftifden Vorträge des letztern in der, irurs,
giſchen Klinik benutzte. Da ſich inzwiſchen Oöttingen
noch immer nicht wieder zu der vorigen Frequenz erdo⸗
ben, fib auch fonft noch nicht Alles günfig daſelbſt ge⸗
ſtaltet zu haben ſchien, fo zog es Srande vor, die Völl⸗
endung ſeinet mediciniſchen Studien in Berlin zu ſu⸗
gen, wo er nicht nur Die ausgezeichnetſten Lehrer, ſon⸗
dern, auch die vorzüglichſten Krankenanſtalten, welche
ibm nun für feine praftiſche Ausbildung beſonders wich⸗
tig waren, näher kennen zu lernen, die beſte Gelegen⸗
beit batte. Hier Audirte er nun in den J. 4819 und
4820 unter Gräfe Akiurgie, unter Horn Seelendeilfunde
und die Klinif, welche fortan fein Hauptaugenmerk
blieb, frequentirte er unter der Leitung Huteland’s,
Sräte’d, Behrend’d, Ruſt's und Wolfarth's. So in je
der Hinſicht vortrefflih ausgebildet, Lehrte er 1821 auf
Ehrie Zeit nach Leipzig zurüd, um ‚fein Kolloquium im
koͤnigl. Klinikum unter Wendler und-darauf daS zweite .
=
Francke. 387
Examen, das ſogenannte rigorosum, zu beſtehen. €
beitand ed, mie zu erwarten, mit dem ausgezeichnetfte
Erfolg; eben fo_vertheidigte er den 18. Mai deffelben
- "Sahrö feine zu Leipzig gedrudte Differtation: de sede
et causis vesaniae und erhielt hierauf an gedachtem Tage
die medicinifhe Doktorwuͤrde. In jener Differtation
wird zwar der dualiſtiſche Standpunft, unbefangen fefts
gehalten, doch ſieht man dad Ganze auf die Kategorie
er Wehfelwirfung zurädgeführt. umd nicht nur die
Wahl diefed Gegenftanded, von dem fon Damals der
Süngling nad kaum vollendeten Lehrkurfus ſich angejoe
en fühlte, fondern auch die Ausführung und ganze Bes
Bandlung defielben beurfunden eine fo glüdlide Kom⸗
bination von empirifder Beobachtung mit philoſophi⸗
ar Scharffinn, fo viel Ruhe und Gruͤndlichkeit des
erfahrens, Daß in dieſer Hinſicht der angebende Arzt
fine £aufdahn gewiß nicht hoffnungermedender antreten '
konnte *). Bei Diefer erlangten Reife blieb nun nichts
. mehr zu wünfden übrig, ald die Schäge des Audlandes
mit Dem zu vergleiden, mad das deutihe Vaterland an
‚audgezeihneten Bildungsmitteln dargeboten hatte. Und
auch diefed Glück wurde ihm durch die liveraffte Unter
ftügung feines Pflegevaterd zu Theil. Mit welcher Ges
wiſſendaftigkeit er daſſelbe benugt, wie ibn bierbei fein
richtiger Blick, feine altfeitige Bildung, Spradfenntniß
und anfprerhende Perfönlichkeit nit minder, al3 die,
ewichtigſten Empfehlungen. überall unteritügt, davon
And feine forgfältigen und intereflanten Fagebücer der
Beregende Bemweid. Am 17. Juli 1821 verließ er in
Begleitung. feined Couſins, Dr. Hasper (jest Profeflor
in Zeipzig), Dredden, um vornehmlich in Parid, Lon⸗
don, York, Edinburgh, Glasgow, Amfterdam und Leys
den alted Audgezeichnete zu feben und zu prüfen, maß
fb auf dieſem Wege dem mwißbegierigen Heifflnftler
arbietet. Sein Hauptaugenmerk waren die berühmten
ren» und Stranfenanftalten, Dad Verfahren in den
finifen aller Art, in Paris vorzüglih die Operationd«
kunſt unter der Meifterband eines Dupuytren, Recas
mier u. A. Dabei ließ er fih jedob an Ort und Stelle
keineswegs blos von den berühmten Namen der Mäns
- ner und der Größe der Inſtitute verleiten, fib auss
”) Später ift dieſe Diſſertation, vielfach erweitert und näher
— — tung e- den ——— — —
e ahnſinns, in Raſſe eitſchrift auf Aufſorde
- ved Herausgebere erfihienen. — * — —
⸗
538 Zrande.
——— auf dad Befanntefte und in die Augen Fal⸗
endfte zu beſchraͤnken, fondern fuchte auch naͤchſt dieſem
Die minder berübmten aber oft im Einzelnen febr_belob-
nenden und infiruftiven Eleineren Anftalten und Privat-
infisute auf. Im Herbſt 1822 kehrte er bereichert an
Dei und Erfadrung, in biäbender Gefundpeit, heiter
nd Eräftig nach Dresden zurüd und babilitirte ſich das
elbſt als praktiſcher Arzt. Hätte unter allen Umftänden
einer Täctigkeit und eingebmenden Bildung der glück⸗
ihfte Erfolg nicht entgeben Fönnen, fo war Diefer um
0 ficherer, da’ er unter den Augen feines berühmten
Dflegevaters auftrat und dem Rathe deflelben in ſchwie—
rigen Faͤllen eben fo viel zu verdanfen forıfubr, als er
auch feinerfeits einen großen Theil feiner Zeit und
a fte dem Oheim bei deſſen Überbäufien Geſchäften
ankbar widmen zu Fönnen, fib zur unverbräclichiten
Pflicht machte. Seine Prarid mebrte fib aleib in Den
eriten Jahren fo bedeutend, daß er daran denken Eonnte,
& eine Braut zu ſuchen und ſich Der Gefundenen,
ouife, geborenen Zenfer aus Dreöden, den 7, Tuli 1324
8 Gatte zu verbinden. Diefe gluͤcklice Ehe wurde
Durch zwei nod iebende Finder, Edmund und Elife,
geſegnet; bei der dritten Niederfunft mit einem tod»
ten Kinde Bug Jeboa Bir Gattin an zu Fränkeln und
ber beforgte Dater Eonnte ald Arzt in Kurzem fich
ſelbſt nicht mehr verhedlen, daß ibr Zufiand in eine ün—
deilbare Phthyſis ausartete, — der die trefflibe Frau
nad langem Leiden endlih den 10. Sept. 1830 erlag.
Wie viel während diefer traurigen Periode auch F. Förs
perlih und gemütblich gelitten, offenbarte fich Leider nur
x bald. Ein dartnaͤckiger Huſten und andere bedenkliche
ymptome erregten ernſtliche Beforgnille für feine un.
verkennbar hinwelkende Gefundbeit, Um ſich wenigſtens
u erbeitern, unternahm er in den Sommermonaten des
olgenden Jahrs 1831 mit feinem Sreunde, dem Major
v. Heinz, eine Erbofungsreife durd Böhmen nad Linz,
Salzburg, Gaftein, Steiermart und Defterreih uud
£ebrte von dieſer Neife allerdingd nit ohne fheinbaren
ACH geſtaͤrkt und mit frober Hoffnung zu feinen Ge⸗
häften zurüd, Die ſich von Zadr zu Jahr vermehrten
und feine Kräfte oft bis zum UWebermand in Anfprud
nabmen, Erfältungen auf diefen Berufswegen, bei des
nen er ſich aus reiner Gewiffenbaftigkeit die nöthige
Nädfihe auf ſich ſelbſt verfagte, namentlich aber. der für
den Geſchaͤftsmann - in Dresden nur zu beſchwerliche
Francke. 339
Weg fiber die Elbbräfe, mochten das Meiſte dazu bei⸗
getragen baben, daß ihn im Winter 1831 — 188 ein
beftiger Bichranfall auf dad Krankenbett warf. Beine
vie. Natur uberfiand auch dieſen und er füblte ſich im
ommer 1832 fo weit bergeftelt, daß er in Geſellſchaft
des unterzeichneten Sreundes nach Karlsbad geben Eonnte,
wo er bei mäßiger Benußung der Trinfquellen, vors
äglich viel von den Eprudeldädern verfprad. Und
wirflih that. die Heilkraft der Notur auch bier dad 3p-
rige an dem im Ganzen no immer Eräftigen'und les
bendnollen Kranken. So geftärft und mit neuer Hoff;
nung erfüllt, kehrte er zurüd., Daß er pun auch an die’
‚Erledigung der nädhften Sprge, die ibm auf dem Herzen
N fonnte, ſich für feine Kinder eine. liebende
er and für fein Herz eine tbeilnebmende Verttaute
— Er fand fie in einer ihm Pt und’
früheren Zahren bewährten Zreundin, Allmpne, der-
aͤlteſten Tochter des 1821 verforbenen Prof
praftifhen Arzted Eidfeld zu. Leipzig und ſchloß diefe
Verbindung am 23. Noy. 1838. Auch diefe Ehe blieb
nicht obne Kinder, das
Knabe und fpäter noch eine Tochtet geboren. Allein
die Sreyde Yu Eltern war leider Dura 8.5 allmälig.
und immer ſtaͤrker wieder eintretenden Bruftbefchmwerden
nicht wenig verbittert. Raͤthſelhaft in ihrem Urfprung.
und Verlauüf erſchwerten fie dem Leidenden unſaͤglich die
Aobwartung ſeines Berufs, jg machten zulegt dad Trep⸗
penſteigen faſt unmoͤglich. Vergebens brauchte er im
Sommer 1835 die Toͤplitzer Bäder und ſuchte nachher.
durch eine vorfihtig ausgeführte Eleine Reife über Prag,,
Adersbach, Salzbrunnen, Warmbrunnen und einen Theil
des Niefengebirgs fih auf Diefe, ibm früher fo wodl⸗
thuende Weife zu erquicken; allein er fand nur febr uns,
vollkommene Linderung feiner Leiden und der wieder
eintretende Winter mebrte mit der Erſchwerung der
Prarid auch fein Brufäbel, welches, wie fi fpöter ers
wies, in einem fehr komplicirten Drüfenleiden befand,
fo daß er fim endlih Doc zu der Siſtirung feiner Ge:
(däfte, infoweit Riefe nit in Konfultationen auf der
Stube beftanden, entſchließen mußte. Er ſelbſt, der auch
feinen eignen Zuitand mit drztlihem Scarfblide beurs
tbeilte, taͤuſchie ſich bereitd nicht mebr mit vergeblichen
Hoffnungen und gab nur den Bitten der Seinigen nad,
indem er noh im Sommer 1886 zum leiten Verſug
eine Reife nach Ems unternahm. Obſchon er auch dieſe
ors und,
Jahr darauf wurde ibm ein
50 | Francke. —
noch vertrug und unter der ſorgſamſten Pflege ſeiner idn
— attin anfangs einige gen Dee zu finden
ſchien, fo jeigte ſich dod, wie er voraudgefagt, nur zu
Deutlich die gänzlihe Erfolgiofigkeit auch dieſes Der
Gi — 5. war einer jener feltenen Menſchen, deren
erfönlichfeit und dußerlihe Ankündigung *) nur der
ungeträübte Ausdrud eined vollkommen dDurdgebilderen
Geiſtes und Herzens it, deren Bildung aber Aberbaupt
auch nur die eigne ungeswungene Güte in natürlicher
Entfaltung darftellt. Obſchon er fräb gendtbigt mar, ſich
in reihe Derhältnifle einzufeben, welche nicht die ans
ſpruchsloſen feiner Heimath und erften Kindheit maren,
odfehon er mit einem Aufwand erzogen und ausgebildet
wurde, der wodl oft mehr nad) der Liebe feiner Pfleg—
eltern, als nad feinen eignen Anfprücen abgemeſſen
wurde, Eonnte doch unter allen Verbältniffen nie das
. Gewicht der Babe, fondern nur der Drud der liebenden
and, womit fie begleitet ward, in fein edles Gemüth
eindringen und nie bat ein Menſch in feinem ganzen
Weſen weniger von den fogenannten Kindern des SiS,
nie dagegen einer im doͤbern Grade die Weihe der Dank.
barkeit gehabt, ald er, der durchaus anſpruchſslos und
beſcheiden, auch dann, wenn feine Verdienfte und Ab»
ten ohne rechtmaͤßige Anerkennung blieben, ed natuͤr⸗
id fand, fid in die rubige Klarbeit feined Innern zus
ruͤckzuziehen, die bei ibm die Stelle einer mäbfam er⸗
rungenen Selbſtbeberrſchung vertrat. Diefe ‚reine und
Mare Tiefe feined Innern war es, Die feine jugendliche
Lebdaftigkeit fo dürchaus Tiebensmwärdig, feine ganze,
oft angeftrengte Thätigkeit fo erfolgreich, feinen Eintritt
- in dad Sranfenzimmer auf den erfien Anbfic vertrauen»
erwedend, feinen Scherz; im Freundeskreiſe fo heiter
und feine legten Lebensmomente fo ebrmärdig madte.
Er war im edelften Sinne der Freund feiner Kranken
und der Arge feiner Freunde; denn auch dieſe ſuch⸗
ten und fanden bei ihm ftetd Heilung in trüben Stun⸗
Den; er fprach nit Troft zu, obne ſich völlig unterrich⸗
ter zu baben, aber fprad er Troft ju, fo tüblte man
auch die Wahrheit und Beredtigung feined Ausſpruchs;
aber aub, — mad gemandter Freundlichkeit allein nicht
gelingt — obne Derlegung zu tadeln, dab‘ war ibm,
*) Gin mwohlgelungener Steindrud von Danfftengel nad dem
—— — HR ae 2 — Siane Sic
P zzirten Porsrait vergegenmär
‚ bie. geiftreihen und wohlwollenden Büge des —— Nat
v. Schük. 51
- dem durchaus wahren Manne, natärlid und leicht; auch
(te man fib dem Sreunde nur um fo inniger verbuns
en, denn ſtets fand man bei ihm nur Liebe und Wahre
beit. Sein praktifher Beruf, dem er fi ganz bingab,
nderte ihn nicht, auch noch in den legten Jahren,
dem Gange der raſtlos fortfchreitenden Auumilenioen,
beſonders aber der neuer Philofopbie das lebbafteſte
Intereſſe zu widmen und ein enger Kreis yon Sreunden,
die mit ibm diefelben Zwede verfolgten, batte in man⸗
der unvergeßlichen Abendftunde Selegenbeit, auch bierin
fein befonnen ausgeſprochenes oft entſcheidendes Urtbeif
zu bewundern. Weniger ge Ratıete ibm fein praftifcher
Beruf, ald Schriftfteller bedeutend befvorzutreten; meb⸗
rere Abbandlungen von ihm find anonym in medicinis
fen Zeitfchriften zerſtreut; außer jenem oben erwähnten
Aufſat in Naſſe's Zeitichrift gab er Joſeph Swan's ges
Erönte Preisſchrift über Die Bebandlung der £ofalfranks
heiten der Nerven in deutſcher Meberfegung als Zr Bd.
der Bibliothek der auslaͤndiſchen Literatur fär pr. Med.
Leipzig 1824 deraus; von Krepſigs Werk über die Kranke
° heiten des Deren batte er bereits den erſten Theil ing
Lateiniſche überfegt, als die Arbeit ind Stoden gerieth
und bis zu einer neuen Auflage verſchoben wurde; vie⸗
led Undere wurde entworfen a THeil au audges
führt, reifte aber unter Gefchafien und Kränkligkeit
nicht dis zum Drude, '
Dredden. | 9. M. Chalpbaͤus.
179. Karl Auguſt v. Schüg,
ednigl. wirkl. Geheime — u. Provinzialſtenerdirektor
zu Koͤln;
geb. den 24. Apr. 1777, geſt. den 6. Mai 1837 *).
v. Schüß war in Berlin geboren. Seine Eltern
waren der Geheime Oberfinamratb 3 9. Schäüg und
deffen Gattin E. de Vrient. In früher Jugend waren
feine Geiſteskraͤfte in Solge einer Krankheit ſehr juröes
- geblieben und er vermochte, troß der unglaublichiien
nfirengungen, wie er oft felbf erzählte, nur febr weni
u begreifen, fo daß der Vater über die Zukunft feine
Bopnrt beforgt wurde und nur in dem glänzenden
vie berfprechen en Auffireben des dltehen einigen Erfag
fand. Als diefer im 46. Jahre Die Univerfitäs bezog,
Nach den rheiniſch. Provinʒialbi. 1887.
52 v. Schirz.
war unfer ©. noch In Mein Tertia, bereitd ſeit 3 Jahren,
und feine Lehrer, Die ihn feines großen Fleißes und be>
ſcheidenen Wefend wegen liebten, vermochten ibm bis
dahin nicht Dad Zeugniß der Reife jur böberen Klaſſe
m geben: Der Bater beſchloß dader, ibn die fogenannte
leine Karriere machen zu laffen, damit er bei feinem
großen Fleiß in. einer untergeordneten Stelle nützlich
wirfen könne. “Im 9. 1793 verließ v. ©. aud Sefunda
abgepend das värerlibe Haus, um ald Supernumerar
nad Ruppin zu geben. ort aber begann eine wefent:
lide Berdnderung in feinem Innern ſich zu bilden, die
frübere Dumpfbeir ded Geiſtes fhwand, und fo — —
daß es ihm geweſen waͤre — ſo erzaͤhlte er ſpaͤter oͤfters
im Familienkreiſe — als waͤren Schuppen von ſeinen
Augen gefallen, denn alles das, mad er früher gar nicht
oder nur mit großer Anftrengung babe begreifen können,
fet ibm est leicht and klar gewefen. Jedt fühlte er je
doch auch ſchmerzlich, wie weit Ihn dieſer krankhafte an »
fland in Ermwerbung der feinem Alter und Stand ange
meflenen Senntniffe zurädgehalten habe und er beſchlöß,
nichts eu zu laffen, um nadzubolen, was feine
Neu erwachten Kräfte irgend vermoͤchten. Ale auf Dem
Gymnafium abgebrodenen Studien wurden wieder ber.
vorgehoft, eifrig befefligt, ergänzt und meiter fortge⸗
fuͤder, beſonders ſolche, die durch Leſen wiffenf&aftlicher
Werke odne mündlichen Unterricht getrieben werden für
nen: vor Allem Nazurwiſſenſchaften, Geſchichte, Laͤnder⸗
und Voͤlkerkunde. ie Vorliebe zu dieſen Wiſſenſchaf⸗
ten blieb fein ganzes Leben bindürch gleich rege; ale
‚außerdienfttihe Lektuͤre war faft nur aus ibrene reife
anal ‚Da die freien Tagesſtunden — der größte
beit agtielden war den Dienflarbeiten gewidmet — zu
Gen tudien nicht hinreichend waren, fo mußten die
tunden der Nat u Hülfe genommen werden. Um .
Mm ihnen bei feinen Studien vom Schlafe nicht unter
brochen zu werden, fegte er die Süße in Eimer voll tab
ten Waſſers und wenn democh Die fo durchwachten
Nächte der Schlaf unterhrach, fo mar died nur kur
eit und der erſte Augenblid des Erwachens war au
er, in welchem er das feiner Hand entfunfene B
wieder ergriff, um feine Arbeit wieder friſch zu des
ginnen. on Brandendurg, wohin er von uppin
verfent worden war, ging 9. Schüß 1794 na dem Da»
mals der Krone Preußen unterworfenen Warſchan, blieb
dort einige Zwit, bei der Jollparthie ardeitend, fam dann
+
[4
nad Szezuczyn im preußiſchen Polen, mo er 1004 Kanz⸗
leidireftor bei der Accife» und Zolldireftion ward und
von dort als Kriegs- und Domänenrath nad Byaliſtock.
So hatte er denn eine Stellung gefunden, in der ein
audgebreitetered Wirken ihm eröffnet mar und der We
auf dem er fie erreicht,. batte ibm jenen fcharfen, praks
tiſchen Blick gegeben, der ibn auch fpäter ſtets fo ſicher
geführt bat. Uber wieder erhoben ſich neue Stürme,
Die ibn von der eben betrerenen feinen Säbigfeiten ans
gemeflenen Laufbahn ſcheinbar entfernten, in der Wirk,
lidkeit freilih ibn derfelben. zufübrten. In dem uns
gluͤcklichen Frieden zu Tilſit ward Byaliſtock an Rußland
abgetreten und: da der Kaiſer Alerander ſich erboten
barte, alle preußiſchen Raͤthe bei der dortigen Kriegs⸗
und Domänenfammer in feinen Dienſten zu bebalten,
um aus ihnen eine Pflanzfchufe für die ruffifde Beams
tenflaffe zu bilden, fo Eonnte der damals fo febr ges
ſchwaͤchte preußiſche Staat dieſes Anerbieten nicht anders
als Kia: annehmen, um die geringen von den harten
Scickſalsſchlaͤgen noch verſchonten Kräfte für feine völlig
— ten Diener zu verwenden. Glaͤnzende Ausfid» .
ten fneten fid jegt dv. S.; allein ed war Died ein
Glanz, dem er die tiefte Dunkelheit 201108. Denn in
vollfommeniter Dffenbeit derrfhte damals in der ruff.
. ZoUverwaltung dad Beſtechungsſyſtem und wenn er die
‚damaligen ruflifhen ZoUudireftoren mit mehreren Sechs⸗
fpännern ihre Revifiongreifen durch die Provinz machen
fab, fo war dies fein Bild, dad feinem Sinn entſprach;
er lehnte daber eine folde ibm angebotene Stelle ab
und beſchtoß, die dortigen Dienfiverhältniffe ganz zu ver⸗
laſſen. Diefer VBorfag ward durch Zamilienverhältniffe
beftärft; er nahm. feine Entlaffung und eilte, nachdem
vorher eine im J. 1799 mit Henriette Lepden, Tochter
des Dberzolldireftord Leyden zu Szczuczyn gef@loflene
Epeverbindung aufgelöft worden, nah Berlin zurüd,
nicht nur ohne alle Ausfiht auf Anftellung, fondern viel⸗
ehr mit mehrfachen Berfiherungen, daß er unter den
obmaltenden Derbältniffen auf eine folde unmöglid
rechnen könne. Ein Jahr lang wartete er vergeblich, je
eifrig er auch im Gefühle der Kraft fib bemühte, ein
Feld für feine Thätigkeit zu erringen und um ſo mebr,
da auch die Vermögendverbältniffe durch den Krieg und
des Vaters Tod die frühere Anfige Geftalt verloren dat⸗
ten. Im 9. 1309 jedoch erbielt er eine gerade eröffnete
Stelle ald Regierungdrarh in Potsdam, befonderd durch
44 9 Schuͤtz.
die warihg und Eräftige Verwendung de koͤrigl. Ne
rungätireftorg von Ladenberg daſelbſt ey en wirkt.
Ged. Staatsminifterd), deffen Adtung und Freundſchaft
er in Bvaliftod, wo leßterer Direktor der Kriegd- und,
Domänenfammer war, erworben batte und die er bie zu
einem Tod unter den verfhiedenften Verbältniffen id
ewahrte. In Potsdam trat er zuerf mit dem Damali.
gen Regierüngsdirektor Maafen *) in Ddienftlide und
freundſchaftliche Beziehungen, die ebenfalls ſich durch
eine bis in-die legten Er fortgeführte Korrefpondenz
ſtets wach erhielten. it ibm zufammen ward er 1810
nah Berlin zur Landeörepräfentation berufen und war
kaum von dort in feine früheren Dienftverbältniffe nad
Potsdam zurücgefebrt, als ein neuer Ruf ibm folgte
und ihn in dad Finanzminiſterum führte, in welches er
im Mai 1812, eben 35 ZJabre_ alt, ald Geb. Dberfteuer-
. rath (bei der bald darauf erfolgenden allgemeinen Bere
änderung der Titel in den gleihbezeihnenden: Gebeis
men Oberfinanzrath umgeändert) eintrat. Unmittelbar
darauf, am 9. Mai 1812, vermäblte er fi mit Henriette,
‘ der Tochter des Regimentsatztes Mäder, mit der er bis
- on feinen Tod in der gluͤcklichſten ungerrübteften Ede
ebte, Im Srüdling des Jahrs 1813 erdielt er mit dem
inzwifchen zum mwirfliden Geb. Oberfinanzrath befoͤrder⸗
ten Herrn v. Ladenberg und den Bed. Oberfinanzräthen
9%. Beguelin **) und Xoffler ***) dad Kommiſſorium,
bei der befſirchteten Annäderung ber franzöfifhen Heere
mit den wichtigſten Dienftpapieren Berlin zu _verlaffen
und in die nördlien Provinzen zu geben. Saum zus
rädgefebrt, ernannte eine allerb. Kabinetsordre ihn und
wei feiner Kollegen zu koͤnigl. Specialfommiffarien, um
ie Staatöverwaltung in „allen Abtheilungen, im aus
gedehnteften Sinne ded Worts“ in den Provinzen Weſt⸗
und Dftpreußen und Litthauen zu revidiren. Während
der dadurch berbeigeführten Abmefenheit war der Graf
‚von Bülow }) Finanzminifter geworden, dem er pers
fönli durdaus unbekannt war, nichts deftoweniger er
bielt er bei der erften Aufmwartung, die er demfelben
machte, dad unerwartete, ebrenvolle Anerbieten, ihn nad
Paris zu begleiten, von mo die Finanzangelegendeiten
geleitet werden follten.. So machte. er bei dem Haupt
2) Defien Biographie f. N. Nekr. 12, Jahrg. ©. 938.
v.) ©. R. ekr. 6. a @. “ 951.
2) Deſſen Biographie f. N. Nekr. 2 Jahrg. ©. 2
—mm—
v. Schütz. 545
quartier den ganzen Seldzug nad Frankreich mit. und
‚ verlebte bier in der engſten und zum Theil freundfchaft.
lichſten Berührung und Verbindung mit jenen Männern,
die das Vaterland mit Stolz, Europa mit Bewunderung
nennt, eine der intereflanteiten Zeiten feines Lebens,
Seine folgereichſte Thärigfeit begann jedoch nad feiner
Rückkehr aus Frankreich, ald die neue DOrganifation ded
indirekten Abgabeweſens im — Staate vor ſich
ging. Eine Keibe von hierauf bezüglihen Kommifforien
erging an ibn; in allen Kommiffionen, die zur Entwers
fung der dahin gebdrigen Geſetze niedergelegt wurden
und die fletd nur aus wenigen Sliedern beftanden, ward
aud er — und die Akten jener Zeiten zeigen, wie
kraͤftig er wirkte, wie weſentlich er fi an den Vorzügen
der neuen SOrganifation betbeiligte. Daneben erhielt
er theild unmittelbar durch Ullerb. Kabinetsordre, theils
durch in Solge folder erlaffenen Minitterialreffripte man
nichfache andere Aufträge, 3. B. in Betreff der Entſcha—
Digung der Beamten in Süd, und Neuoflprenfen, in
Betreff des mit Rußland geſchloſſenen Handelövertrags ıc,,
je daß die früh angemöhnte unermüdliche Thätigkeit ibm
m mäctigen Drange der Gefchäfte wohl zu Gtatten
kam. Die Veränderung, die in ber Perfon feines Chefs
dadurch ſtatt fand, dab an die Stelle des Grafen von
Bülow der Herr von Klewih dad Finanzminifterium ers
bielt, batte auf feine Wirffamkeit Feinen Einfluß; daſ—
felbe Woblwollen, daſſelbe Vertrauen auf feinen redlis
chen Willen, feine Kraft und feine Einfiht, das jener .
ibm hatte zu Theil werden laffen, ſchenkte ibm auch Dies
fer und zwar in noch böberem Grade. Bei den Öfteren
Revifionsreifen, die v. ©. ald Minifteriallommiffarius
in-den verfhbiedenen Provinzen des Reichs machte, batte
er dad Leben in diefen lieb gewonnen und fib allmdlig
der Wunfd in ibn gebildet, in eine folde fich überzuis
fiedeln. Schon batte er geſchwankt, ob er eine ibm ane
etragene erledigte Regierungspräfidentenftelle annebmen
folle, ſich aber entfchloffen, noch eine Zeitlang im Minis
fierium zu bleiben. Als er aber im J. 18% die Rhein
provinzen bereifte, um die Einleitungen zu treffen wegen -
der beabfidtigten Trennung der indirekten Steuervers
waltung von den Regierungen, eine Einrihtung,_an de
ren Entfteben er fo wefentlich betdeiligt_ war, gehel ide
die Provinz felbft, alle Derbältniffe und der Geſchaͤfts⸗
kreis der neu zu creirenden Stelle des Provinzialſteuer⸗
Direktors fo wohl, daß er bei feiner Rüdkunft nach Bere’
N. Nekrolog. 15. Jahrg. 85
‚o
=
546 v. Schutz.
lin diefelbe für Ach nachſuchte, worauf der König noch
mit — — A a ihm diefelbe übertrug.
Alle Einwendungen feiner Sreunde, die. es für unrecht
erklärten, dab er fo alte Ausfihten auf eine vielleicht
glänzendere Laufbahn fi verbaue, wieß er mit dem Ent»
egnen zurüd, „Daß ed nur we Dinge feien, wonach er
ebe, Gutes zu wirken und ſich gluͤcklich zu fühlen, zu
nem biete ibm feine neue Stellung Einfluß genug und
iefeö boffe er in den künftigen Berbältniffen zu finden.“
Ueber 13 Jahre bat er die Verwaltung der indireften
©teuern in den Rheinprovinzen geleitet und (dom nach
einigen Jahren durch die gluͤcklichen Refultate, die er
erzielte, fehr viel dazu beigetragen, mie dies aus noch
vorbandenen freundfchaftliden Korrefpondenzen mit den
Damald an der Spige der Steuerverwaltung fiebenden
Männern bervorgedt, daß das Inſtitut der Provinzial
fieuerdirefsionen in mebreren der übrigen Provinzen des
preuß. Staats eingeführt wurde. Daßjenige, mad v. ©.
mäbhrend feiner Verwaltung ſtets ald Leitſtern feines
Handels vorleuchtere, bat er felbft in einem Dankſchrei⸗
ben an den König fär eine ibm gewordene Auszeichnung
mit wenigen Worten DENELNO AL JeIproWen: Dann nur
laube er, fo beißt ed in demfelben, den Willen Gr.
Mai. am treueften zu erfüllen, wenn ed fein eifriges
Beltreben ‚wäre, daB die dem Staate nötbigen Einnah⸗
mequelen zwar reichlich Nöffen, fo jedoch, daß die Unter.
tbanen Dadurch fo wenig, wie es die Natur der Sache
nur irgend geftatte, edrüidt und beläftigt würden. Ob
ed ibm ‚aeknngen it, dieſen Druck, der mehr oder weni»
er in jeder Abgabe liegen muß, möglich leicht zu ma⸗
en, muß die oͤffentliche Stimme entieiden; noch befs
er werden aber diejenigen dazu im Stande fein, die in
ienſtlicher Berührung mit ihm ſtanden und fo Gelegen⸗
deit Hatten, die Motive, feined Handelns Eennen zu ler
nen. So verſchieden die Anfichten Über dergleichen Ges
genftände auch fein mögen, rein haben fie diefe Motive
gewiß ftetd gefunden und Daß da, wo er feft beftand auf
die Erfüllung einer lätigen Sorm, dies nit aus Fis⸗
Falität geſchad, nicht um der Staatskaſſe einen vielleicht
o unbedeutenden Ertrag zu fibern, Daß im gerade vor»
iegenden Kalle derſelbe mit der Beldfiigung in Eeinem
.Berbältniß Rand, vielmehr nur um der daraus bergeleis
teten -Konfequenzen willen, davon baben fie gewiß die.
feſte Veberzeugung gemonnen. Daß die Einnahmequellen'
seichlich unter feiner Verwaltung offen, weit reichlicher
v. Schuͤtz. 847
als früber, iR befannt und vielftiche Miniſterlalreſkripte
erfennen es an, wie viel neben dem fteigenden Reich»
thum und andern begünftigenden Umftänden feine „mus
‚ Kerbafte Zeitung, feine raftlofe Thätigfeir” zu dieſem Ne
ſultate beigetragen haben. Als Hauptmittel, unnöthigen
Drud zu ermeiben und dabei ar reichliche Einnahme
zu erzielen, erkannte er tüdtige Drgane, eine adtunge.
n ng
wertbe Beamtenklaffe und fe eifrigfe® Streben 9
deshalb dahin, redliche, Erafivolle und intelligente Maͤn⸗
ner in die indirekte Eteuerparrie berüber zu ziehen; mo
er das Derdienft fand, Belobnung und Auszeichnung
für daſſelbe zu erwirken; entdedte Schuld aber unnach⸗
ſichtig der Beſtrafung zu überliefern. Um aber eben
an die feinen Faͤhlgkeiten angemeflenfte Stelle fegen zu -
£önnen, ſuchte er fih die ausgedehntefte Lokal» und Pers
fonalfenntniß zu erwerben und durd die vielfältigiten
Reifen dur alle Theile der Provinz, felbft Die unweg⸗
famften, durd Inſpektion der Unterbebörden, zumeilen
bis ind Fleinfte Detail eingebend, batte er diefe Kennt⸗
niß bald in bobem, fedr dobem Grade erworben, Ein
rafder Beſchaͤftsgang, Beſcheid unmittelbar der Eine
gabe folgend, unbeſchadet jedoch der Bründlichkeit, war
ein fernered Mittel, das er für weſentlich bieft, um den
Verkehr zu begänftigen, ein Mittel, auf deflen Anwen⸗
Dung er. daber forgfam machte, in deffen Anwendung er
felbft ftet8 voranging. Die Geſchaͤfte, Die ihm unmittel-
bar aus feiner Dieniiftelung zufloffen, waren, befonders -
Da eine neue Drganifatien. ftattfond, gewiß binreichend,
“um die volle Kraft eines thaͤtigen Mannes in Anſpruch
zu nebmien, dennod wurden ibm außerdem viele und
war großen Zeit. und Kraftaufmand fordernde zu Theil;
ie Audführung der Zollvereinsverträge mit dem Gro
berzogtbum Heflen, mit Oldenburg went Birkenfeld,
mit dem Surfärftentdum Heflen, mit Naffau und mit
Srankfurt ward idm übertragen, von denen befonders
der zuerft in mit dem Großberzogthum Heſſen,
als der erſte überhaupt abgefchloffene mit einem groͤße⸗
ren Lande wichtig if, da er nad Ueberwindung großer
und mannichfacher Schwierigkeiten, die aus den neuen
Derdältniffen fi ergeben, eine weitere Ausdehnung fol
der Verträge ald praktiſch moͤglich zeigte und -fo die
‚Bahn brach zum großen deutſchen Zollverein; der zulene,
genannte aber deömegen, weil viele eigentbämlihe Vers
daltnifle. Dabei zu beräckfihtigen waren. Wie fehr man
auch hoͤheren Orts feine Kenntniß und an der Ver
' 648 v. Schüß.
einsverdaͤuniſſe ſchaͤtzte, ergiht (don der Umftand, daß
Preußen faſt feinen Vereinsbevollmaͤchtigten ernannte
der nicht eine Zeit unter v. S. gearbeitet hatte, fo da
das rheinifhe Direfioras gleihfam bie Pflanzſchule der
Dereinspevolmädtigten ward. Außer diefen und mans
cherlei anderen Kommifforien ward dv. ©. nad dem Tod
des Negierungdpräfidenten Delius ) an deflen Stelle
zum preuß. Bevollmädtigten bei der, Rdeinf&iftfabrtd
centraltommiffion_ ernannt. Alle diefe und manderlei
andere Aufträge führte er mit gleider Kraft und Sach⸗
Funde aus, um fo mebr, da er auf feinen vielen Keifen
nicht nur die Keuerlihen Verbältniffe der Provinz, fons
dern diefelbe in allen ihren verfhiedenen Beziebungen,
alle ihre mannichfaltigen Intereſſen kennen gelernt hatte
und ed ſich eifrig angelegen fein ließ, fo weit es in feis
ner Madt fand und fo weit fie mit Denen des Ganzen
nicht cotlidirten, diefelben Eräftig zu fördern. Daß er
dierbei perſonlichen Vortheil niemals walten ließ, dürfte
‚der Umflend zur Genäge ergeben, daß er währen‘ mebr
als 41 Jahren, die er im Staatödienft zubrachte, nicht
nur fein väterlies Erbtheil nit vermehrte, fondern
vielmehr trog des geregeftften Haushalis nur die Hälfte
deffelden bei feinem Tode zurüdlieg. Nicht dlos ein
kräftiger Geift, ein ſtarker Körper auch gehörte dazu,
die anbaltende Anftrengung zu ertragen und lange freute
er fi in der That einer eifernen Gefundbeit; das funfs
zige Jabr hatte er bereitd zurlickgelegt, obne jemalß,
Eine Rinderkrankheit abgerechnet, einen Tag Über im
Bert zugebracht zu haben. Erft nach diefer Zeit zeigten‘
fid die Kolgen zu großer Anfpannung, die ſich dadurch
noch mehrten und flärften, Daß der Geift, ſteis gewohnt,
dab der Körper ibm folge, auch jegt während manches def⸗
tigen Sichtanfalld demſelben nicht nachgeben wollte und v.
&. unter den größten Schmerzen mit zitternder Hand die
röndlichten, ausfuͤhrlichſten Berichte niederſchrieb oder
LA die ſchwierigſten Gegenftände entwickelte. Ver⸗
gt end waren die ärztlichen Gebote, die Arbeiten zu mei⸗
en oder wenn ja Die Gefhäftsarbeiten auf ganz Eur
Zeit in Folge derſelben bei Seite gelegt wurden, 10
, ward die an Die Stelle derfelben tretende gewöhnlide
wiſſenſchaftliche Lektüre mit gleidem Eifer betrieben.
Selbſi bei längerer Abmefendeit, nicht nur in’ Dienftgte
f&häften, fondern felbft bei Badereifen, wurden alle eini⸗
NS, RM: Merr. 10. Jadra. ©. con.
r — ——— — — — — — — — =
te v. Schuͤtz. 849
germaaſen erhebliche Sachen nacgefendet und fo au
eite
Aue en die Verwaltung fletd ge . Bei diefer fo
ebr in Anſpruch BE nen Zeit konnte v. ©. natärs
id nur wenige Stunden täglid in der Mitte feiner
Samilie zubringen; diefe wenigen Stunden war er aber
fo gan bei Derfelben, fühlte er fih fo wohl und dußerte
Died nit blos durch Worte, fondern in feinem gan en
Weſen, daß die Kürze derfelben Durch die liebevolle ans
nigfeit reihlich aufgewogen wurde. Wenn die Aften
einmal fortgelegt waren, wenn er von einer Geſchaͤfts
reife fpät Abends zuruͤckkehrend ale inzwiſchen einaeg ⸗
grsen wichtigen Sachen mit ſcharfem, eifrigen. Blick
durchflogen, wenn er alle mitgenommenen Akten, Zitera«
‚lien ıc. ausgepackt und fo wieder — — batte, daß
mit dem frübehen Morgen er die Arbeit wieder begin,
nen fonnte, dann gehörte er ganz feiner Samilie und Die
ſo beiter verlebten Stunden waren feine glücklichſten,
die er jedem raufchenden Vergnügen weit vorzog. Aber
auch in diefen, der Erholung gemidmeren Stunden zeigte
Hang zur Selbfithätigkeit und — ſo ſehr
EN die Leftäre liebte, fo war fie ibm hauptſaͤchlich wertb
als — des Geſpraͤchs; blos leſen hoͤren,
odne dabei zu ſprechen, mar ihm peinlich. So knüpften
ſich oft an wenige geleſene Seiten ſtundenlange Ges
ſpraͤche und wenn in dieſen irgend ein Punkt berfiprt
wurde, der ihm nicht völlig befannt war, fo mußte der⸗
ſelbe fogleih, ohne Aufſchub, erörtert und volftändig
aufgeklärt werden, das beitere Geſpraͤch ward ernk und
erit wenn Die berbeigeführten Quellen erfchöpft waren,
- erbielt ed den früberen Eharafter wieder und jegt erſt
bemerkte er lächelnd, daß der Theetifch mit Buͤchern und
Charten bedeckt war. Schon feit mebreren Jabren hatte
er manchen beftigen Gichtanfall befanden, im Anfang
des Jahrs 1837 aber dußerte ſich die Gicht in den edle
ren inneren Organen; erft leife auftretend, wurden idre
Wirkungen immer fichtbarer; ed bildete ſich eine Ablas
erung im Schlunde, die Ddenfelben verengerte und ane ,
angs das Schluden kompakter Speifen, fpäter aller
Speifen ÄAberbaupt unmöglid machte. So mußten die
Kräfte des Körpers, dem Feine neue Lebensſaͤfte dauernd
jugefähre mwerden fonnten, ollmälig verfiegen, der Geiſt
aber blieb klar. Mit Widerfreden nur gab v. ©. 13
Tage vor feinem Tod auf die Airenge Vorſchrift der
erste die Gefchäfte ab, einen Tag vor feinem Tode
100 epielte er mehrere Partieen Schach, ohne daß fi
-
\
‚550 | » Raub.
im Mindepen eine geringere Schärfe des Geiſtes, eine
‚geringere Aufmerkſamkeit auf dad Spiel, als fon bitte
wahrnehmen laffen. Nur etwas über 12 Stunden bradte _
er im Bett zu und hdauchte dann in BER: fanften
Athemzügen den Geiſt aut. — Wenn v. ©. nad dem
‚ Vorftedenden fein ganzes Leben hindurch alle feine Kräfte
dem Staate widmete, mit reinem, feurigen Eifer deſſen
Beſtes zu erfireben, fern von jeder Perfönligkeit, von
jedem Wunſche, ſich beliebt zu yaden, fondern immer
nur fireng der Sache ſelbſt wegen bandelnd und kaͤm⸗
pfend und fid nur um deswillen freuend, etwas erruns
en zu baben, weil er es für recht bielt, ſo iſt biefer Eis
ter, \ find dieſe Verdienſte allerdoͤchſten und hoben Orts
vielfad anerkannt worden. Brdeneverleibungen, Rang»
erböhungen und andere Deo und Auszeich⸗
nungen wurden ibm zu Theil und immer zu einer zeit,
wo diefelben für die Dienftlategorie, der er angehörte,
‚ etwad Seltenes, Ungewoͤhnliches waren. Lebbafte Freude
machten ibm diefe Außzeihnungen im Gefühl, fie vers
Dient zu baben, doch that er nie den geringiten Schritt,
e zu erlangen; eben fo menu die günitige Stimme
ed Publifumd, von der er oft Bemweile erbielt, febr
— dennoch verließ er nie feinen Grundſah,
möglihtt ſcower im Verſprechen zu fein, lieber mehr zu
tbun, als zu verfprechen und eher zumeilen den Schein
Der Strenge zu baben, ald den, mit leeren Hoffnungen
binzubalten.. Außer der binterlaffenen Witwe betrauern
ne aber erfter und drei Kinder zweiter Ede fein Hin⸗
eiden.
* 180. Johann Nikolaus Rauch,
Aaonſiſtorialaſſefſor und Pfarrer zu Alkersleben und Ettiſchleben
im Sürftenthbum Schwarzburg s Sonderähaufen; j
sed. den 11. Februar 1769, geft. den 7. Mat 1837.
. Er wurde zu Arnfladt geboren. Beine Eltern wa
ren ſchlichte Bürgersleute, die ih durch kluge Thätig»
keit und durch fparfames Haushalten ein für idre Vers
bältniffe anfehnlihe® Vermögen erworben hatten, wel⸗
es fie in Stand fegte, ihren drei Kindern, von denen
unfer R. dad zweite war, eine zeitgemäße und verſtaͤn⸗
dige Erziebung zu geben. . Jobann Nikolaus fahte, einem
natärliben Triebe folgend, früh den Entſchluß, fi den
Wiſſenſchaften zu widmen und da Das Lyceum feiner
Darerfiadt damals eind der beffern war und Ach unter
\
Rauch. | 551
der Leitung des wegen Seiner. Belchrfamfeit: auch im
Auslande gefhägten Rektors Lindner immer mehr bob,
fo ließen ibn, feine Eltern jene Schule fleißig vefucen.
r rüdte dur die untern Klaſſen ſchnett fort und in
en obern lernte er tüchtig Latein, Griehilid, Sranzöfife
und Hebrdiſch, bebielt, was man ibm als allgemeine
Weltgeſcdichte yortrug, treu im Gedaͤchtniß und. ſchrieb
eine Außer ſchoͤne Hand, Er fludirte privatim feibig
den_Cicero und Zenopbon, die aub neben dem Homer
feine Zieblingsfchriftfteler bis ind ‚Alter. blieben und be
reitete fich fo würdig flr Die Univerfität vor, zu: welder
er Dftern 1789 überging. - Er befuchte zuerſt Jena und
börte dort Eregetifa und Kirchengeſchichte bei Griesbach,
Dogmatik und Moral bei Döderlein und außerdem Pbis
lofopbifa bei Ulrid und Reinhold. Da er aud bier mit
vielem Fleiß Kudirte und fid Die ſchoͤnſten Zeugniffe ers
mworben hatte, fo wurde er feinem Zürften empfohlen
‚and erhielt von diefem eine Sreitifhftelle in Göttingen, .
wohin er ſich zu Dftern 1791 begab. Dort glänzte als
Stern erfter Groͤße Henne und das Verlangen, diefen
berübmten Humaniften zu bören, war fo groß, baß-er.
fofort alle feine. Borlefungen beſuchte. Außerdem börte
er nur noch Michaelid und Eichhorn über dad U. T.,
Lichtenberg aber in der Phyſik und Schloͤzer in der Welt
geſchichte. Auch benugte er feinen Autenthalt in Göte
fingen, um die engliſche und italienifbe Sprache zu er
fernen. Aber faft täglich befuchte er die Öffentlihe Bis
bliothef und erwarb fib durch eigenes Anſchauen eine
folde Bücherfenntniß, daß er fh darin lebenslaͤnglich
auszeichnete. Nachdem er 414 Tabr zu Göttingen zuges
bracht batte, wurde er in Arnſtadt Kandidat des Pre
digtamts. Kine Haudlehrerftele anzunehmen, batte er
nie Luſt, weil ed ſchon Damald ganz gegen feine Neis
gung war, allzuſehr abbängig und gebunden zu fein;
Do gab er in feiner DBaterftadt einige Tabre bindurd
in guten Däufern Unterricht als Privarlehrer, lebte au⸗
. Berdem den Wiflenfchaften, indem er befonderd der Sans
tifhen Philoſophie feinen ganzen Fleiß zuwendete und.
redigte zumeilen in den Stabdtfirden und immer mit
br großem Beifall. Mit dem Jadr 4800 aber gebt
ein neuer Zeitabſchnitt feines Lebend an. Rauch wurde
Landprediger in Alkeröleben und Ettiſchleben. Diefe
- ©telle war an und für fid die eintraͤglichſte in der gan⸗
en Herrfcaft, aber er barte das Unglüd, beinabe 7 Jahre
lang Subkitut eined fehr alten und ſehr wunderliden
x
\
>
t
.. Gemein
2. Rauch. |
Emeritus fein zu müſſen, der ihm viel Kreuz auflegte,
weil er ſich einbildete, Zion gebe unter, wenn der Sub
part in Kirbe oder Schule etwas Neues. einführte oder
ebrte. Am Jahr 1801 hatte er ſich aud verbeirathet,
die Familie vermebrte fih, die Hälfte der Befoldung
wmußte fortwährend an den Emerituß abgegeben werde
und zu arbeiten gab e8 viel, denn die Gemeinden mas
ren verwildert, die Schulen in dem elendeken Zuftand
und dad Parrgut durchaus ‚deteriorirt. Darum hat ee .
auch in Alfersleben neben viel Sreude viel Leid erfah⸗
ren, Während es ihm gelang, in feinen Gemeinden
Durch feine. begeifterte Rede und durch dad Beiſpiel
‚feiner eigenen ungebeudelten und erleuchteten Srönmige
Feit einen ſchönen religidfen Sinn und wahre Aufkld«
rung zu befördern; während er mit 5 Erfolg
für die Schulen that, was ſich mit den Schullehrern,
wie er fie fand, tbun ließ; während er die Defonomie
feined großen Pfarrguts zur höchſten Kultur erhob und
auch ald Defonom, befonders im Anbau der Sutterfräus
ter, feinen Pfarrkindern ein Vorbild wurde, Fam der
Arieg mit feinen langdauernden, verwüſtenden Durchzü⸗
en, mit feinen vft wiederholten Anforderungen von
reund und Feind und mit feinen barten Derluften, die
er und feine Gemeinden befonderd ſchwer tragen muß«
. ten; Fam das Lazarerhfieber, welches einen großen Theil
feiner Pfarrfinder binraffte; fam endlich das Jahr 1816,
in welchem er mit feinen Gemeinden eine totale Miß—⸗
ernte batte. In diefen Jahren des Unglüfd und der
Noth zeigte aber R. recht, was ein gebildeter und treuer
Selterger thun kann und die Derzen feiner danfbaren
eglieder bewahren ed, was er damald rathend
und beifend wirklich gethan hat. Seitdem ging e8 ibm
faft ununterbrochen wohl; von feinen fünf Kindern, die
er zum Theil biß in ibr 16. Jahr felbft für Die Schule
und Univerfität vorbereitete, wurden zwei glädlih und
gut verjorgt. Die Gemeinden bingen mit großer Liebe
und Derebrung an ibm, was fie auch dadurch an den
Tag legten, daß fie ibn für die Kirche porträtiten lies
Ben; von feinen Vorgeſetzten wurde er bochgeachtet und
fein $ürft gab ibm im Jahr 1828 in Anerkennung feiner
Derdienite den Eharafter eined Konfiftorialafleflors, eine
für einen Sandprediger feltene Auszeichnung. So lebte
und wirkte er ſegensreich unter feinen Gemeinden bis
zum oben genannten Tage, wo er nad einem kurzen
Kranfenlager an dem Nervenfieber farb, beweint und
(
—— men — — — — — — — —
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RKauch. 6s
detrauert von Allen, die ihn kannten. Aber auch Als ge.
lehrter Theolog bat er ſich ausgezeſchnet und außerdem,
was er ungenannt und unerfannt für Licht und Recht in
der Theologie ſchrieb, find feine aelehrten Abbandlun
en „über den Logos des Johannes“ in Zimmermann
onatöfchrift Bd. 6 und „über das lehnte Paſchamahl
die Zeitberimmüng deflelben, des Leidens und Todes
efa“ in den Studien und Sritifen 1832 befannt und
aben ibm unter den größten Gottesgelehrren viele
Freunde und bieibendes Andenken erworben. Weber der
Ausarbeitung einer SRUN in welcher er „das Leben
Jeſu von Strauß“ in der Wurzel angreifen wollte, er
eilte idn_ der Tod. — In feinem Aeußeren war er groß
und ſtark, ‚wohlgebildes und Fräftig und erinnerte fi
nit, krank gewefen zu fein; daher fland er noch kurz
vor feinem Tode rüfig und in voller Kraft Da in der
fidern Erwartung eined boden Alters, das ibm aber
nicht wurde. Daß er in Ruͤckſicht feines Willens zu den
— eeee —3 — zeigt ſchon Der ganze
ang feiner Bildung. Er war unabläflig thätig in feie
ner Wiſſenſchaft, nahm an jeder neuen Forſchung in_dere
felben lebdaften Antheil und mar einer gemwillen Ride
sung, welde die Theologie in den lehtern Jahren die -
und da ruͤckwaͤrts nabm, von Herzen eben fo gram, als
einer. gewiffen Art des Nationalismus, die er nur das
Produkt eines flahen Willens nannte. Als Kanzelreds
ner war er ſchlicht und a predigte aber mit großer
Begeifterung und mit dem fihtbaren Gefühle des Glücks,
ein Prediger des Evangeliums zu fein, dad er klar und
wahr, aber auch warm und herzlich und in Fräftiger
Sprache vortrug. Er wurde nicht nur von feinen Ge⸗
meinden feßr gern gebört, obgleich er oft auch) ſcharf pres
Digte, was mit zunehmendem Alter au —
ſchien, ſondern auch von den Bewohnern der Stadt und
der benachbarten Doͤrfer, daber vielleidt an keinem
Sonntag - die Sremden in feiner Kirche ganz fehlten.
Wohl Batte er au feine Sehler; er war zuweilen befe
- tig nd aufbraufend, ſehr oft auch in Amtsſachen alliue -
rhtfihtslos gegen Höbere und nicht gern geborfam ge»
en Befehle von oben, von denen er keinen Nuten und
einen Grund fab und fegte feine Anficht gern durch;
aber feine Güte des Dergens, fein warmes, theilnehmen⸗
des Gefuͤdl, auf weiches jeder Leidende ſicher rechnen
konnte, feine Herz gewinnende Freundlichkeit und ſeine
Bereitwilligkeit, binzugeben, was ihm gehörte, um aus
J
\
554 . Bat
rN beiten, be onders aber feine. e Recht⸗
Berenten, dfe — als dt AH Pets
n
den wurde und feine tiefgefäblte erleuchtere Religios.
fität, mir welcher er wie ein rechter -Priefter des Herrn
da fand und die er ſtets durch Wort und That pres
digte, — dad war ed, was ibn audzeichnete und wodurd
er ſich auch eigentlich auszeichnen wollte; dad war ed
waß feine Gemeinden im tiefen Gerähle des Sameneh
über feinen Derluft. laut ruͤhmen und worin fein Ges
daͤchtniß unter ihnen lange in Segen bleiben wird.
7
* 181. Karl Friedrich Wilhelm Aug. Vater,
JZuſtizlommifſarius u. Notarius bei dem koͤn. preuß. Obexlandes⸗
gerichte zu Breslauz
geb. d. 81. März 1765, geſt. d. 8. Mai 1837 ”).
ESein Bater, ein Derwandter des ruͤhmlichſt hekann-
ten Drientaliten Severin Vater, lebte als Zollinfpek.
tor und Kreiskalkulator der Grafſchaft Glatz zu Dabels
hwerdt. Wiffenfaftlid auf dem Magdalendum in
reölau vorgebilder, widmete er fi dem Rechtsſtudium
ın Sraonffurt a. d. D. und wollte dort die akademiſche
Laufbahn verfolgen; allein DVerhältniffe nöthigten ihn,
41778 nach, Bfedlau jurädiufehren, ier trat er im die
Qureaus der Kriegd. und Domänenfammer ein, arbeis
tete im Erpeditiond, und Rechnungsfache, fuchte
jedoch auch bei dem ſchleſiſchen Generalſiskalate Kennte
niſſe in der Rechtgpraxis zu erwerben. Aus dieſer viel⸗
ſeitigen Arbeitsthaͤtigkeit bei der Finanz⸗ und Juſtizver⸗
waltung ſchreibt ſich feine für einen Juriſten feltene und
enaue Kenntniß dieſer fonft fo ſcharf getrennten Zweige
er Staatöverwaltung ber. Im Jahr 1781 ward er als
Referendariud bei der gedachten Bebörde angenommen
und nach einiger Zeit zum Juſtizkommiſſarius und Juſtiz⸗
'.fefretär in Glag ernannt. Da die Gefäfte bei der Das
maligen Kammerjaftizdeputation in Breslau nad der
erweiterten Organifation, welche ſolche im 3. 1788 er⸗
balten hatte, ſedr ungewachfen waren und da Vater fi)
dem Provinzialminifter Grafen von Hopm ald ein täcs
tiger, mit dem Adminiſtrationsweſen vertrauter Turik
befannt gemacht batte, ward er den 4. uni 4787 al
Mitglied. der gedachten Deputation mis dem Charakter
®) Schleſ. Provinz.s Blätter 1837,
N
r
‚ preuß. fchlef. — (2 Bde.
Vater. 6665
in welwer Stellung ibm nicht bloß die B
feiner Juſtizkommiſſariatspraxis, fondern aud Die.
nadme des Juſtitiariats bei dem koͤniglich ſchleſiſche
Oberproviantamt und bei dem koͤnigl. preuß. Breslauer
Coll. med. et san., wie der Tuftisvermwaltung auf den
‚Sütern der Maltheferordengfommende. ad Corpus Christi
verſtattet wurde. Bei den im %. 1810 und 1816 eins
tretenden veränderten Organifationen der Juftig: und
Sinanzveraltungsbebörden hörte feine Wirkſamkeit in
Diefen verfchledenen Aemtern auf; er blieb jedoch in dem
Benuß eined Wartegeldd von 1053 Rıdir. und trat in
Die Reide der bei Obergetichten thaͤtigen koͤnigl. Tuftig
fommiflarien und Notarien, in welcher amtliden Bezies
dung er al& Fiskal der Fönigliben Regierung in Bredlau
eines £önigf, Kammeraſſiſtenzraths nad örchlan berufen,
eibebaltung
mehrere wichtige Prozefle für felbige führte. — N, mar
ein tüchtiger Gefhärtöntann, ein gründlicher Gelebrter .
und fleißig fammelnder Schriftſteller. Als folder fuchte
er fib befonderd um die Erhaltung aller, die Landes
verfaflfung und Verwaltung Schlefiend betreffenden Nach—
‚richten verdient zu machen und wird dad von ihm unter
Dem befcheidenen Titel: Privatentwurf eines vorzüglich
für Sefbäftsmänner beftimmten fgtemat. Reperi. der
re&l. 1300) beraußs
gegebene Werk feinen Namen erbalten, wenn daſſelbe
leich bei der inzwifchen völlig veränderten Gefeggebung
und Derwaltungdform gegenmärtig fa nur biftorifchen
Werth dat. Der Beifall, den dieſes Werk fand, mins
terte ibn zu der Herausgabe ähnlicher Darftelungen auf
und es erfhien von ihm: Etwas Gb. Die weibl. Bürgs
ſchaften in Soleſien und der Grafſchaft Glag (Breslau
4800, 3. Aufl. 1827); preuß. ſchlaſ. Civil», Medicinals
und Sanitätöverfaffung (2 Thle. in 3 Bde. Ebd. Kai
Ueberfiht des gemeinpreuß., befonderd aber des preu
ſchleſ. Sriminalmefend (2 Hälften. Ebd. 1802); Grund»
nderd in Schlefien betreffend (Ebd. 1810); Ueber die
eutige Gränze des alten Sahſenrechts (Ebend. 1818);
ie Gefege des preuß. Staots gegen d. eigenmädhtigen
Auswand. f. Staatäbärger (Ebd. 1822), Der Pflictrdeil
der Kinder nah dem ſchleſ. Wenceslaiſchen Kirchenrechte
vom %. 1416 (Ebd. 1826. 2. Aufl, 1829); Etwas üb. Die
fortdauernde Gültigkeit d. alten fchlef. Provinz.⸗Rechts⸗
— (Ebend. 4827); Ueber die fogen. Zaͤblgelder b.
Käufen d. Grundfüde u. Erbſchaften in Schlefien (2. 9.
= und Meinungen, d. preuß. Medicinaltarwelen, ber
0
\
56 Bremi.
d. 1830). Mehrere Nachrichten von dem ſchleſ. Me⸗
hat. und Sanitätözuftande lieferte er Ay ſchleſ.
Prov.⸗Bl. von 1805 —- 1809.
182. Johann Heinrich Bremi,
weil. Chorherr u. Profeſſor am Karolinum in Zuͤrich;
ged. su Zuͤrich den 4. Dec. 1772, geſt. den 10. Mai 1837 *).
SBremis Bildungdperivde fiel in die beften Jahre 3
3; Hottinger’d, der den entſchiedenſten Einfluß auf die
idtung und Urt feined Studiums ausübte und in
Dielem fein Borbild ward: mit dem ſchon aͤltern Stein-
bräcdel fam er weniger in Berührung und es ſcheint
eine fdmwächere Amiehung wwifchen Beiden flattgefunden
zu haben. Nachdem ſich feine Neigung für die Pbilolos
iceronianifde Sragment de fato; Lips. 1795; nach der
Heimfunft die erfte Ausgabe von Cornelius Nepos; Zür.
1796, denen bald Cicero de finibus, Lib. 1. Il. Tur. 1798,
nachfolgte. Leider ward dieſe immer noch ihren Werth
bebhauptende Ausgabe nie vollendet; aber was B. auch
an den zwei legten Büchern bei etwas mehr Beharrlich⸗
feit zu leiten vermocht hätte, zeigen die an Belang ges
singen, aber .inbaltreihen Bemerkungen, welche Goͤrenz
in den Addendis zu feiner Ausgabe mitgetheilt bat. Von
Corn. Nepos erfwienen noch drei Auflagen 1812, 1820
und 1827; jede Derfelben. beurfunder B.’8 unermüdetes
Beftreben, dem vielgebraudten Schulbuche die moͤg⸗
lichſte Vollendung zu geben und. feine aͤchte Humanitdt
in Anerkennung fremden Verdienſtes, den bedeutendften
Fortſchritt zeigt aber, wie ed auch der lange Zwiſchen⸗
saum erklaͤrlich macht, die zweite Auflage mit trefligen
Beiträgen von J. J. Döner, die aub in die fpätern
übergingen. Nicht ganı diefelbe Sorgfalt und Gründ⸗
lichkeit ward dem Suetonius in feiner erfien Ausgabe,
Zür. 1800 zu Theil, wozu wohl die damaligen politis
fden Unruhen dad Meifte beisrugen; aber fehr vortheile
°) Hallefie Eitztg. 1857. Int. BL Re.
—
»
Brenn. 6587
haft unterfcheider fid auch bier, namentlich in Hinficht
auf Grammatik und a die 34 Aus⸗
gabe, Zür. 1820. Mittlerweile hatte ſich B., der allge
meinen. Richtung deutſcher Philologie folgend, mehr
dem Studium der griechiſchen Literatur zugewandt, na
mentlih Plato, den Tragikern und Rednern. Werth⸗
volle Fruͤchte dieſer Studien zeigen ſchon die I. J. 1819
Dee mit £. Döderlein_derausgegebenen phi⸗
ologiſchen Beiträge aud der ed die auch in
Deutſchland eine ihrem Gebalt entfprechende Aufnahme
fanden und nur bedauern laffen, daß fie durch Mangel
“an Unternebmungdgeift von Seite des Verlegers ſchon
mit dem erften Band ind Stoden gerietben. Neben
Slleinerem folgte im 3. 1823 ff. Die Ausgabe ded Rede
ners Aeſchines mit latein. Anm.; von 1826 bis 1834 in
der von Jacobs und Roſt beforgten Bibliotheca Graeca
die Bearbeitung auderlefener Reden des Lyfiad und
Aeſchines, Demoſthenes, Iſokrates, endlich ein erneuers
ter und vermebrter Abdrud der Wolfien Außgabe von
Demosthenes in Leptinem, bei melden legten Arbeiten
es freilich nicht an Spuren der ſchwindenden Kraft und,
Rübrigkeit fehlt. Endlich gebdren auch dierher mehrere
Beiträge zu Jahns Jahrbuͤchern und Zimmermanns all⸗
gemeiner Schulzeitung. pupem wir feine vielfeitige
anderweitige Thaͤtigkeit ald Mitglied des Zürcher Erzies _
bungsrarhd, als politifher und pädagogiider Sqrift⸗
feler in einigen Stugforiften (gegen P. Ufteri u. K. €.
Niederer), ald Vorſteher des Zürcher Griechenvereins —
woher auch das hellenifhe Bürgerredt — nur im Vor⸗
beigang erwähnen, können wir nicht anders, als dem
Drange ded Herzens folgend, noch etwas laͤnger bei
feinem Verdienſt als Lehrer verweilen. B. war ein im
eder Beriehung audgezeichneter Schulmann,, der jedens
ache, das er übernahm — und er hatte. nach Bamaliger
Einrichtung der Zürderifhen Schulen mehrere fehr un
haffte, fondern es au wie Wenige verfland, Ddaffelbe
leichartige zu ledren — nicht nur äußere Geltung vers
10 die ganze wiſſenſchaftliche und moralifhe Bildung
feiner Shüler wirkfam zu machen. Dom Jahr 1797 an
is and Ende feined Öffentlihen Wirkend ftand_er in
verſchiedenen Berbältniffen :an der damaligen Zateins,
fpäter Gelehrtenſhule und ward allgemein ald der Mits
telpunft, ja als die Seele der Ankalt anerfannt. Gpäs»
ser erfiredte fi feine Wirkfamkeit auch auf dad foge .
nannte Collegiam Humanitatis, al Professor Cathegheti- _
558 Bremi.
ces, in welcher Eigenſchaft er die Zöglinge zum erſten
Abendmehlgenuß vorzubereiten hatte und ſich Diefer Auf⸗
abe jedesmal mit ‚ungenieiner Herzlichfeit, Tiefe und -
ärme entledigte und auf daß Colleg. Carolinum als
"Professor pro veritate religionis Christianae, mo er vor
nebmiid apologerifhe und eregetiihe Vorträge bielt *).
Ein ganz neues Leben aber brachte er vom J. 1809 an
in dad Studium der griehifden Sprache, die er von
den erftien Elementen an.in drei auf einander folgenden
adredfourfen zu lehren batte und zumal in der erſten
älfte feiner Amtöführung mit mahrer Begeifterung
und dem glänzendften Erfolge lebrte. Ohne eigentliche
Strenge mußte er fib eine überwiegende Gemalt über.
die jugendlichen Semätber zu ‚verfdaffen; nur Wenige
Dermocten zu widerfteden und diefe bielten ed dann in
feiner Raͤhe audy nicht lange aud. Sein Scharfblid er
kannte’ und würdigte mit der größten Leichtigkeit jedes
Zalent und mo cine Kraft auch noch im Verborgenen
ſchlummerte, fpürte er fie auf und rief fie ind Leben.
Aber außerdem zog er immer noch die beffern feiner
Shäler in ein näheres perſoͤnliches Verhaͤltniß zu fid und
fparte weder Zeit noch Mübe, ihnen Dur gemeinfame
Lektüre und freundliden Rath nüglih, ja Vielen der
Begründer des Lebensglüds zu werden. — Am 8. Mai
4837 hatte er fi, wie er feit medreren Jahren gemwobnt .
war, in die 4 Stunden von Züri entferuten ‚Bäder
von Baden im Yargau begeben und auf einer Spazier⸗
fahrt am Abend des oben — Tags üͤberraſchte
ibn der Tod fo ſanft und mild, daß ſelbſt feine Begleis
- . ter in der Dämmerung wähnten, er Tchlafe. Zwar bat-
ten don mäbrend — Zeit, ungefaͤhr ſeit dem
. 1818, vielfache Koͤrperbeſchwerden — Engbrüſtigkeit,
chwindel und angegriffene Kopfnerven — ibn gend»
thigt, fi für Uebernabme eines Theils feiner Lehrſtun⸗
den um fremde Hülfe umzufeben; vollends mar er feit
dem Sebruar 1829 durch die Folgen eines Schlanfluffed,
der die rechte Seite laͤhmte und ibm die Sprache beis
nobe ganz raubte, feinem Öffentlihen Wirken entzogen,
% duf er bei der neueften Keorganifation des Zurderis
den Schulweſens in Rudeſtand verfent ward. Dennoch
war in den legten Jahren fein geiftiged Leben Feines
mwegd, wie mande ferner Stebende beforgten, erſtor⸗
ben; noch mehrere Jahre nah dem Schlagfluffe fegte er
®) Ueber deren Vorzuͤge wird fehr richtig geurtheilt in
Neuen Kicchenzeitung für die —— an Nr. ne
Emmrich. | 859
ſelbſt feine Titerarifde Thätigkeit fort und bis an fein
Ende bemahrte er die regſte Theilnabme befonderd für
die Slinderwelt und die völlige Selbſtſtaͤndigkeit feines
kräftigen Willend. Die Erziehung eigner Slinder bat
ipm dad Geſchick verfagt; aber in vielen Herzen alübt
die Slamme Findlider Dankbarkeit gegen den Edlen,
der ihrer dülflofen oder unberatbenen Jugend ein liebes
voller Führer und Vater geworden. — Außer den ge»
nannten Werfen find von ibm noc erfhienen: (Einige
Abhandlungen üb. d. Lehnrecht. Züri 1798. — Ueb. d.
Schrift: Peſtalozzis Erglebungsunternebmung im Ders -
baltniß zur Zeitkultur,, träber genannt das Peſtalozziſche
Inſtitut, an das Publifum. 1. Abtd. Beleuchtung der
efhuldigungen ded K. T. Niedererd gegen den Ders
fafler. Ebd. 1812. — Der Geiſt d. Glaubendverbeflerer;
e. Rede. Ebd. 1819. — Ermunterung an Zuͤrichs fudis
rende Jugend; e. Rede. Ebd. 1819. — M. Tull. Cicero
von d. Pflibten, a. d. Urſchrift äberf., m. krit. Anmerk.
y. 3. Jak. Hottinger 2. durchgef. Audg. Ebd, 1820. —
Denfrede auf Hrn. J. Taf. Hottinger. Ebend. 1829. — .
Neli, der Kannengießer. Eine wahre Sefhtäte. Ebd.
41822, — Beitt. zu Höpfners helvet. Monatöfchrift.
* 183. Georg Karl Friedrich Emmeih,
herzogl. S. Meiningifher Oderhofprebiger u. Konfiftorialrath zu
Meiningen;
geb. den 25. Yan. 1778, geft. ben 10. Mat 1837.
Sein Dater war der infpeftor und Archidiakonus
Johann Adam Emmrid zu Meiningen, ein um Schule
und Kirche febr verdienter Mann, der fib durch Recht⸗
ſchaffenheit, Pünktlichkeit, unermüdlichen Fleiß und fireng»
religiöfen Wandel auszeichnete und die allgemeine Ads
tung und Ziebe feiner Mitbirger genoß; feine Mutter
Elifaberh srieberife Erdmuthe, geb. Erd, war eine frau -
von dem vortrefflichften Herzen, voll Liebe, Güte, Sanft-
mutb und Gelaffenheit. Don 10 Kindern, nämlich
5 Söbnen und 5 Töchtern, waren ihnen nur 4 Söhne
und eine Tochter am Leben geblieben, von denen unfer
' €. der dritte war. Glückliche Anlagen und ein eiferner
Fleiß zeichneten ibn (bon frübe aus. Im 9. Jahre Fam
er in Die Schule und bereitete fi unter der unmittels
baren Auffiht feined Daterd und mit Hülfe der würdi-
gen Lehrer Otto, Haberland, Buzer gebörig auf bie
Univerfität vor, welche er ald 18jähriger Jüngling ben
m
vielen Beifall fanden und fein
860 Emmrich.
47. Oft. 1701 berog. “Im legten Jadre genoß er noch den
Unterricht des * — Sr nt na beh
ratd8 Schaubach. Seine Abfhiedörede handelte „vom
Augen der Mathematik für alle Stände,“ wobei er zuletzt
in deutſchen Berfen von der Säule Abſchied nabm. Er
war in der Mathematik fo audgezeichner, daß ibm geras
then wurde, blos Mathematik zu fudiren. In feinen
fpätern Jadren datte er zwar Die ganze Matbematil ver:
effen, doch war died Studium beſtimmt von großem
info auf fein konſequentes, fdarfed, beſtimmtes, Ela-
red Denfen, welches ibn immer auszeihnete. Seine
Neigung war der Medicin zugewendet, aber da das
Studium derfelben zu Eoffpielig, 'fein Vater fon den
älteen Sohn, welcher jegt ald Appelatiunsgeritärath
u Ansbach lebt, Jura haste Rudiren und Doftor der
echte werden laflen, der zweite (gef. den 11. Juni
4796) aber noch in Göttingen Theologie ftudirte, fo
blieb ihm bei den geringen Hülfömitteln nichtd anderes
hbrig, al& daß Wohlfeilfe, naͤmlich gleichfals Theologie
u wöbten. Ergriff er aber auch nicht das Studium der
aturwiſſenſchaften, fo befaß er Doch den kindlich-from⸗
men Sinn und die reine Empfänglichkeit für die Freu⸗
den der Natur, welche den aͤchten, mabren Sorfcber und
Prieſter derfeiben immer bezeichnen. In Göttingen börte
er die Borlefungen, der beräbmten Profeſſoren Planf,
Schleußner, Stäudlin, Spittler, Eihborn, Boutermef,
Seder, Heyne, Marezoll und Käftner ıc. Da die Unter«
Kügung von Haufe fehr Klein war, fo mußte er ih aufs
Nothwendigſtẽ befhränfen und durch fiterarifhe Arbeiten
und Stundengeben fi nebenbei verdienen, menn er auße
kommen wollte. Vaͤterlich nahm fi) feiner Hofrat Heyne
an und er erinnerte fi immer deffelben mit dankbarer
Rührung. Theils um den menſchlichen Körper kennen
u lernen, tbeild um fi felbft an das Widermärtigfte,
den Leichengeruch, zu gewöhnen, damit ihn einf in feie
nem geifliden Amte Eein Ekel vom Krankenbeſuch abe
balte, frequentirte er_auc die anatomiſchen Kollegien
des alten Profeffor Wrisberg, welcher feine Freude
Daran datte und es ihm unenigeltlich geſtattete. Wah⸗
rend feines Aufenthalts in Göttingen übte er ſich in der
Etadt und auf dem Land Öfter im Predigen und da auch
in feiner Vaterſtadt und den benadpbarten Dörfern, wo
er mwäbrend Der Serien prebigte. feine Kanzelvortraͤge
ein Vater auch feinen geringen
Unterhalt nit mehr befreiten konnte, fo mußte er, was
L
für ibn fehr niederfiplagend war, fon nach 2 Sabren,
im Herbſt 1798, die Univerfität verlaffen. are Daten
meinte: „das Mredigen ginge gut und dad Vebrige
- Enid, 661
fönnte er dur Privatfiudien nachholen. “ Nah wodl .
beſtandenem Eramen wurde er den 16. Mai 1794 unter
Die Zabl der Kandidaten aufgenommen. Er hielt fi
no ein Jahr bei feinen Eltern auf, fudirte eifrig un
übte fib fleißig im Predigen, da er mit Recht von
dem Grundfag ausging, dag Uebung den Meifter made.”
Sein Blick aber auf Derforgung verlor fi in die weite
Serne, denn er mar der 51. Kandidat, von denen
manche, ſchon 40 Jahre alt, noch auf Anſtellung barrten
und er nabm deshalb, müde, ohne eigentliche Befims
mung länger in feiner Vaterſtadt zu verweilen, eine
Hofmeifterftelle zu Langen im Heffen» Darmftddtifhen
bei
dem Rentmeiſter Heym an, wobin er den 22. Dft. 1795 .
abreifte. Hier verlebte er, mitten unter den Krie emirs
sen, eind der glüdlichiten Jahre feines Lebens. Meben
feinen vielen Geſchaͤften predigte er bäufig in Fangen
und den benacbbarten Orten und mußte mandmal, ba
feinen Principal oft die Gicht and Lager feſſelte, an
deſſen Stelle mit Sauvegarden bald da, bald dorthin .
reiten, wo die Sanskuͤlotten plünderten und raubten, '
wobei er ‚mitunter in_große Lebensgefahr Fam. Seine
‚Predigten fanden großen Beifall und er hatte bei den
damaligen DVerdältniffen, wo es an guten Predigern
dort fehlte, die ſchoͤnſten Außfihten, eine Pfarrktele in
- den pe ingegenden zu erhalten. Wein ibn ward eine
andere Beilimmung. Binnen einem Bierteljahre verlor
er feinen Bruder und feinen Vater und 6 Woden nad-
des Letzteren Tode wurde er von feinem Särken al
Tertius an die Stadifchule feiner Vaterſtadt „berufen.
Nachdem er am 8. Nov. 1796 in Tertia eingeführt und
den 5. Mai 1797 zugleich zum Kollaborator am Lpceum,
wo er in allen 3 Klaſſen den Unterript in der deutichen
Sprade, Poeſie, Geſchichte und Geographie gab, ers
nannt worden war, wurde er am 6. Gept. 1799 zum
Konrector am Lyceum befördert. Als Sculmann jeiche
nete er fib durch firenge Unpartpeilichfeit und gewiſſen⸗
bafte Erfuͤllung feiner Pflichten aus; er verband Liebe
und Strenge fo mit einander, daß immer erſtere vor⸗
‚ waltete, weswegen ihm auch feine Schüler bid an feinen .
Tod die innigfte Andänglichkeit bewiefen. Den 9. Dec.
1801 übertrug ihm der Bes Georg den Unterricht feis
En.
ner beiden Prinzeffinnen Adelhaid und Ide a ber Res
N. Nekrolog. 15. Sahre.
Fi
ision, Geographie und Im deutfchen Style, welden er
IR abre mit der größten Gewiſſendaftigkeit ertbeilte
id zu den legten Tagen feined Lebens erfreute er fi
der böken nade dieſer beiden edlen Sürftentöcter
und oft, befonderd am MmieDerLEVEenBEn Sale ihrer Kon⸗
Armation, om Palmfonntage, beglüdten Beide ipn mit
uldreiden Briefen und andern dboͤchſten, Gnadenbewei⸗
en. Tachdem er 5 Jabre Schulmann geweſen war, Fam
er ind geiftlide Amt und wurde den 17. Tan. 1802 als
oftirchenfollaborator verpflichtet. Obgleich lange feine
efoldung gering war und mehrere Land» und Stadt⸗
emeinden zu verfhiedenen Zeiten um ihn anbielten:
0 fonnte — doch nie von der ihm iheuern Ge⸗
meinde trennen Ind nur der Tod löfte das fhöne Band,
mad den treuen Seelforger mit ibr vereinte. Den
19. Jan. 1804 wurde er Hoffoplan, den 21. April 1816
Hofprediger, den 27. Januar 1827 Konfifterialratb und
den 2. April 1830 Dberbofprediger. Den 7. Juni 1804
verbeirarbete er ſich mit Chriftiane Elifaberb (geb. den
27. Februar 1779), älteften Tochter des Senator und
Kaufmanns Adam Georg Amtbor (+ d. 17. Aug. 1818).
Häuslichkeit, ſtrenge Rechtſchaffendeit und frommer Sinn
un fi von den Eltern, welde ein patriarchaliſches
en fübrten, auf die ‘Tochter vererbt und es war Die
—— Ehe, welche man ſich denken konnte. Der
eine Einklang und die innige Darmonıe dieſer beiden
Seelen wurde nie geträbt- und Emmrid fand in ihr eine
treue Pflegerin bei feiner Siränklichfeit. Bon 8 Kindern
(4 Töchtern und 4 Söhnen) leben nur noch 3 Söhne,
namlich: Jobann Dear Bridiie, geb. den 11. Novbr.
4805, Doftor der Medicin und praftifher Arzt in feiner
aterſtadt; Sriedrid Hermann, geb. den 7. Febr. 1815,
rurwiſſenſchaften in Berlin fudirend und Georg An⸗
son Eduard Friedrich, geb. den 8. Kebr. 1820, welcher
vis jene noch dad Gymnaſium zu Meiningen befuct.
Unendlih groß war feine Wirkfamfeit ald Prediger,
Lehrer und Seelforger. Bid zu feinem Tode war er
ale Kanzelredner allgemein ‚geliebt und geſchaͤtzt und
wirkte duͤrch die Würde und Kraft feiner Rede, welche
durch eine ſchoͤne, moblElingende, volle Stimme gebos
ben wurde. Er war fein Sreund von fogenannten nad»
£ morälifchen Predigten, fondern verband in feinen Bor»
trägen gewöhnlich die Glaubens, und Gittenlehren. In
der Borrede zu der (Meiningen 1816) von ibm heraus⸗
. gegebenen Predigtfammlung, ſagt er: „Indeſſen bin
N
[ &0
— — — — — — — — —
mad den T
Eee:
Emmrid. er 565
ib mir dei allen Schwähen, die diefe Predigten" viel.
feiht an fi tragen mögen, doch tief im Innerſten meis
ned Gemüͤths bemußt, daß ich bei der Ausarbeitung und
"bei dem Vortrage Dderfelben von dem großen Einen .
durddrungen war, was North thut, Daß ich nur einzig
‚ Damit dad Gute wollte und daß mir nichts böber galt, '
als dad Wort der Bibel, Gotted Wahrheit und ein beis
liges Leben. Zu_erbauen im vollen ſchoͤnen Sinne die . |
fed apoſtoliſchen Wortes; mich zu befceiden, daß ib an .
beiliger Stätte nichts wiſſe, ohne allein Jeſum Ehriftum,
den Gekreuzigten; mit fanfter Gewalt dur die file
Straft der Wabrbeit mich_der Herzen zu bemädtigen, fie
warm zu macen für Jeſum und aus dem irdiſchen Ges
wäbl in die höhere Heimath hinaufzuziehen, damit daß
innere Leben ſich in ihnen entfalte und freier fi rege;
dad war mein Wunfd und mein Gebet, mit dem i
jede diefer Predigten ausarbeitete und bielt.“ In feis
nem Charafter zeigte fid eine aufs innigfte verbundene
Gottes⸗ und Mönicyenliebe. Ueberall ſuchte er zu dels
fen, zu erfreuen, Segen zu fliften und Recht, Zufrieden
Beit und Glückſeligkeit zu verbreiten. Niemand fonnte
eifriger. fein, Kranke zu beſuchen, welche DBerlangen
röftungen der Religion datten; auch die ans.
ſteckendſte Krankheit konnte idn nit von diefer beiligen
Pit abhalten und in der verheerenden Nervenfiebers
epidemie von 1813 machte er oft an einem Tage über
30 Beſuche. Liebreich nabm er fih der Armen an und
fuchte ihre North zu mildern, fo viel er fonnte. Bon
4802 bi 1827 war er Armenpfleger und von letzterem
Jahr an bis den 1. April 1829, wo das Konſiſtorium
nab Hildburghaufen verlegt wurde, als Koſiſtorialrath
Referent in den gefammten Armenangelegendeiten. Bis
zu feinem Tode: nabm man feine Kenniniſſe und Erfab»
‘rungen in den Geiftfihen» und Sculangelegenbeiten,
. befonderd der Altmeininaifcben Fande, immer in An—
forud. In al? feinen Verhältniſſen war er gerade und
> offen, ohne Winfelgüge, acht Deutfchen Sinns und that
nichts, mad er nicht als Recht und als feine Pflicht ere
fannte. Genau kannte er die milden. Stiftungen feines
Vaterlands, war vom 29 März 1802 — 1834 Adminis .
firator der Henfliziſchen Stiftung und erhöhte dur
eine weife, vÄterliche Adminiftration den SHapitaftod -
von 6418 Fl. rhein. auf 9946 -Fl. rbein., fo daß zu den
- 7 ©telken für arme Schüler noch 2 neue hinzugefügt
werden konnten., Die Zeit, melde feine Amtöge äfte
| 56 |
x
A
2 —
[4
—
widmete er dem Studium der vater
rig ii
de Fe befonderd. der vor ibm nod gan
unbearbeiteten Staats⸗ und Regentengeſchichte feine
Kürftendaufes. Seine Sorfoungen find niedergelegt in
den Sarnen des Meiningifbeu gemeinnägigen Ta⸗
ſchenduchs von 1801, 1802, 4803 , 1804, 1805 und 1807
(von 1803 — 1807 war er Redakteur defjelben), in Den.
Beiträgen zur allgemeinen Encpklopädie der Wiffenf‘ #
u. &. von Erſch u. Gruber bi6 zum 20. 2. incl. und in
dem feir 1834 von ibm beraudgegebinen Archiv für Die
derzogliden S. Meiningifhen ande,.von dem bis jetzt
© Bände erfdienen find. In den deutfhen Regentens
almanad ded Jahres 1827 lieferte er die_Biograpbie
feines docdpverebrten Fuͤrſten Bernhard U., Herzogs von
©. Meiningen (©. 374 — 410). Auch an der Heraus⸗.
gabe, der Sortfedung der „Chronik der Stadt Meiningen
von 1676— 1834. Meiningen 1834 — 35. 2 B., melde
der bennebergifcde „alterthumdforfebende Derein, deſſen
Ehrenmitglied er war, beſorgte, batte er Anıheil. Eden
fo find in dem Neuen Nekrolog der Deutſchen und der
praktiſchen Predigerzeitung viele Beiträge von ihm. Bei
der allgemeinen deutiden Bibliothet war er von 1802 .
dis zu ihrem Schluſſe Recenfent im Gebiete der deuts
> (den Sprache bochdeutſcher Mundart. Auch die Mufe
der Dichtkunſt reichte ibm ihre Blüthen. 1807 gab er
bei Haniſch in Meiningen eine Sammlung von Gedich⸗
ten heraus und lieferte außerdem Beiträge zu Wismeyers
tFJof.) Blüthe und Früchte. Salzburg 1708, zum Muſa⸗
rion; zu Aſchenberg's Taſchenbuch für. Die Gegenden am
Niederrbein auf die Jahre 1801, 1802, 1803, 1804 und
4806 und zu den Liedern zur Erhöbung geſeuſchaftlicher
reuden, vorzäglih im Bade Liebenftein. Meiningen u.
eipzig 1802. Aus feinen Gedichten ſoricht ein gebildes
ter Derftand, eine warme Pbantafie und ein für dab
Schöne und Gute empfänglier und edler Sinn. Keine
frobe oder traurige Veranlaſſung gab ed im Vaterlande,
. weiche nit feine Mufe ———— und oft wurde er
"yon Privaten in dieſer Hinſi
gutes Herz Niemanden fo leicht etwas abſchlagen Fonnte
hr gemißbraudt, da feim
und er als ein fehr gemandter Gelegenbeitsbichter bes
kannt war. In Hinficht der Poefle und deusfhen Sprache
war-der gelebrte Oberbibliothekar Reinwald fein literae
rifher Freund und im Gebiete der vaterländifden Ges
ſchichte der Superintendent E. I. Wald in Salzungen.
In feinem bäuslihen Leben war er der treufte, liebes
| Emmrich. 565
vollſte Vater. "Im Haufe, im Kreife feiner Familie und
‚guter Sreunde befand er fih am woblften. Eine heitere,
joviale Semätplichkeit, ein reines Wohlmwollen gegen
ale Menſchen erfüllte fein ganzed Wefen und fein le⸗
bendiger Geiſt konnte eine ganze —X munter
ſtimmen, da ihn Witz und Laune auch unter den größten
Schmerzen nie verließen. Bei al’ feiner Empfänglich-
” feit für Freundſchaft mar er doc febhr vorfichtig in der
Wahl feiner Sreunde, batte er aber einen probebalti
efunden, fo bing er mit ganzer Seele an ihm. Au
ji Wort und feine Sreundfchaft konnte man feſt bauen.
Alles liebte ibn, er. hatte einen Seind und lebte mit
alien in der ſchoͤnſten Harmonie. da fein Herz voller
Liebe gegen feine Nebenmenfden war. In all’ feinen
finnfiben Sreuden, in Speife und Trank war er mäßig.
Selten madte er größere Erkurfionen aufs Zand, um
gute Sreunde zu beſuchen. Wollte er fich zerfireuen, fo
ging er im Sommer in feinen Berggarten, den er felbfk
angelegt und wo die meiften Bäume von ibm aud dem
Sterne geiogen und veredelt worden waren. Diel tbat
er für Verbreitung guter Dbftforten in feiner Gegend
und hatte früäber felbft eine bedeutende Baumſchule.
I" den legten —* ſeines Lebens hatte er viel mit
rankheit zu Fämpfen und von neuem an der Gripye,
"zu der Bruſtwaſſerſucht trat, erfranft, machte eine £uns
enläbmung feinem Leben ein Ende. Bei feinem Bes
Srdbniffe iprag fih die allgemeine. Theilnabme auf die
rührendfte Weife aus: der Hof, dad Militär. die Koks
fegien, der Stadtrath, Die. Schule, die Konfirmanden
und ein langer 3
der Nachbarorte folgte feinem Sarge. Der Hoffaplan
Öfling bielt die Gedaͤchtnißpredigt und der Diafonus
üller ſprach ergreifende Worte am Grabe. — Außer
den oben erwähnten Schriften find noch folgende geifte
Nliche Reden von ibm einzeln im Drud erfhienen: Eis
nige Worte d. Adtung u. d. Liebe am Sarge des Hrn.
M. ar Chriſt. Raſche, geweſenen Adiunftus, Pfr. u.
Veifigers im geiftl. Untergerichte zu Untermaßfeld, ges
ſprochen den 24. Apr. 1805. Meiningen. — CEinfegnung
der — NAENET ded Herzogtbumd S. Meiningen
3. beil. Kampfe f. deut, Sreiheit u. Vaterland, geſpro⸗
Shen am Altare der. Hoffirhe in Meiningen ıc. Zum -
Beten der Landmehrmänner. Ebend. 1814. — Weldes
find die Hauptzäge im Gemälde eined glüdl. Landes?
Eine Predige bei Eröffnung des Landragd am 21. Sonn,
“
. * %
3
..
N’; *
ug von Einwohnern Meiningens und
—
EP Hayner.
| Crinitatis 1830 in der derzogl. Haflirche ;
De chen ıc. Zum Bellen d. —
Erd. 18830. — Rede am Grabe meined theuren Gatten,
des berzogl. ©. M. Kammerraths Philipp Heinr. Darts
mann, gehalten vom Oberdofpred. und Konfiftorialrath
mrid. Ebend. d. 6. uni 1832. — Rede am Grabe
r: Erc..d. Hrn. Staatöminift. Frorn. v. König; geb.
auf Jeruſalem. Ebd. 1832. — Konfirmationdrede v. ©.
€. Zr. Emmrid. Aus den binterlaffegen Papieren des
Derewigten. Zu einem gemeinnägigen Zwecke. Ebend.
41837. — Sein Nachlaß enthielt noch viel Schägbares u.
fein Sohn Dr. Sr. Emmri hat fhon einen Jahrg. der
auderlefenk. Prebigt, ins Bdn. auf Subffript. angezeigt, _
Meiningen. Be
484, Dr. Chriſtian Fücchtegott Hayner,
Direktos und Arzt der koͤnigl. ſaͤchſ. Landesverforgungsanftait zu
Goldig, Ritter des Ordens für Werdienk und Irene, auch Inha⸗
der der größeren goldnen Civilverdienſtmedallle; Zr
geb, d. 22, Dec. 1775, geft. d. 10. Dial 1857 *).
Er mar zu Beucha **) bei Borna geboren, Rudirte,
nad dem Beſuche der Nitolaiſchule ge £eipzig, Dafeloft
* Jahre lang Theologie, dann zu Erlangen, Jena und
eipzig Medicin und erlangte am 4. Oktober 1798 zu.
. Erfurt *%*) die Doftorwärde. Seine Laufbahn als prafe
tifder Arzt begann er zu Mitweida, wohin er nad) eis
nem nicht langen Aufenthalt zu Eidleben, wo er eine
Apotheke gekauft hatte, auf den Ruf ‘des Dafigen Sadt⸗
raths, der ibm das Stadtphyſikat Übertrug und einiger
Samilien, die ibm ein fired — zuſicherten, im J.
4801 zurückkehrte. Im Jahr 1806 wurde er zum Arzt
. . des Zucht⸗,, Armen: und Waifendaufes zu Waldheim er⸗
nannt, mit welcher damals noch eine Jrrenanflalt ver⸗
‚ bunden war. Auf diefen neuen Wirkungskreis bereitete
‚er ſich durch eine nach dem Wunſch und mit Unterflägung
der Regierung unternommene wiſſenſchaftliche Reife und
den Beſuch der beten aͤhnlichen Anftalten des Auslands
. vor. Vorzuglich benugte er gleichzeitig mit Dr. Pienig,
dem jegigen Direktor der Sonnenſteiner Heilanftalt, den
%
®) Leipziger Zeitung, 12%. Ne.18.
dei Slifeanainiden w. Wochendbl. 1887, Nr. 21 zu Strohwalde
“ee, Nad) vorgenannten Blatt zu Jene.
. .
— Hayner. > Zu
belehrenden Umgang mis Pinel und Esquirol zu Yarid.
Um 1. Januar 1807 trat er fein Amt an und vermaltere
e feitdem neben den im Jahr 1824 dazu gefommenen
ärztlichen Geſchaͤften, der neuerrichteten Waiſenerzie
hungsanſtalt zu Braͤunsdorf bis zum Jahr 1820. Im
dieſem Jahre wurde, nachdem ſchon füher (4811 und
1812) mit ſeinem Beirath die Irrenheilanſtalt zu Son⸗
nenftein errichtet worden war, hauptſaͤchlich auf feinen
Betrieb die bis Dabin noch gebliebene unzweckmaͤßige
erbindung einer für —9—
Kranke berechnete Anftalt mit einem Zuchihqus aufgebos
ben und für dieſen Zweck eine befondere Landesanſtalt
n Colditz errichtet, er aber zum oberften Beamten und
tzte derfelben und im Jahr 1834 mit einer Erweiterung
- feined amtlichen Wirfungsfreifes, zum Direktor diefer
Anſtalt ernannt. In dieſem feinen, der leidenden Menſch⸗
beit gewidmeten Wirken erwarb und erhielt fih H. fort
während durd Einſicht, eifrige — und feltene
—— und Gewiſſendaftigkelt, fo wie durch
eine mit Anſpruchloſigkeit und Klugheit geſellte Huma⸗
nitaͤt, den Beifall und dad Vertrauen feiner Vorgeſetz⸗
ten und erbielt dafuͤr wiederholte Beweife der Anerkens
nung, infonderheit auch Durd die ihm im Jahr 1816 er⸗
eilbare Lörperlihe und geiftige .
s
theilte größere . goldene Medaille und im Jahr 188
dur das Nitterfreuz des Civilverdienſtordens. Mebe
rere gelebrte Geſellſchaften ernannten ihn zu ihrem Mite
ale und die medicinifde Fakultäͤt auf der waterländie
ben Univerfität ertbeilte ibm bei der Eiweihung des
Yugußeums am 3. Auguft 1836 dad Doftordiplom,. €
genoß dabei eined ausgezeichneten Rufs ald Arzt um
efonderd als Irrenarzt und bebandelte, obngeactet er
eigentlich nur Borfteber einer für unbeilbare Geiſteskranke
berechneten Anſialt war, die in einzelnen Faͤllen der Heilung
balber ipm anvertrauten Kranken oft mit berraſchendem Ers
folg. Daher hat das fähfifde und deutſche Daterland an _
idm einen feiner ausgezeichnetften pſychiſchen Aerzte und
die unter feiner Zeitung geflandene Anftalt ibren erſten
und unvergeßfihen Vorſtand verloren und glei febr
verdiensg er ald Staatöbeamter wie ald Bürger und
Menſch in dem dankbar ehrenden Andenken feiner Zeite
genoffen und. der Nachwelt fortzuleben. Befonders Tanz
- er al$ ein hauptfaͤchlicher Begründer einer. verbeflerten
Sürforge für die Geiſteskranken durch fein Wirken als
Beamter, Arzt und Schriftfteller gelten und was in Die
fem Zweig der Dermaltung mit befonderer Worliebe
-
J
t
668 * Kuipper. | |
on dem verewigten Konferenzminiker Noſtig und Jaͤn⸗
Lendorf *) geleiſtet wurde, wurde groͤßtentheils nach ſei⸗
nem Rath und durch ihn vollbracht. Er ſtarb an einem
Unterleipsleiden, welches' mit Darmentzändung endete.
©eine Sattin war einige Jahre vor ibm geftorben. —
Außer einigen Abhandlungen in Naſſe's Zeitichrift für
- pfoch. Aerzie find von ibm erfhienen: Aufforderung an
enierungen, Obrigkeiten und Vorſteher d. Irrendaͤuſer,
. Abhellung einiger fhmeren Gebrechen in Bebandlung
b, irren. Zeipy. 1817. — Nachricht v. d. SerPAegungEe
anflalt zu Waldheim in Sachſen. Ebend. 1822. — Ueber
D. Derlegung d. vorzägl. 3. Aufnahme geiſteskranker Per⸗
fonen befimmten, Eönigl. ſaͤchſ. Zandeöverforgungsanktalt
u Waldheim in d. Gebäude d. Schlofles zu Eofdig.
reöden 1829. Ä
* 185. Paul Heinrich Kuipper,
. Advokat und Notar zu Leipzig;
geb. ben 8. April 1796, geft. den 11. Mai 1897.
Des Verftorbenen Vater, der, ebenfalls Advokat, erſt
kürzlich auf feinem Landſitz zu Croſtewitz, einem anges
enehm gelegenen Dorf obnweit Leipzig farb, ließ Dies
m feinem Sohn eine tuͤchtige wiſſenſchaftliche Bildung
eben. Nach vollendeten Univerſitaͤtsſtudien beſtand er
fin Sramen ald Kandidat der Rechte und erbielt fpäter
* Die, Advokatur und Notariatöpraris im koͤnigl. fächl.
Landen. Auf den Gerictöhaltereien, denen der Gerichts⸗
direktor Neubert (ſtarb 41822 in Zeipjig) vorkand, wurde '
er ald Aftuariud in Pflide genommen und hatte fo die
—35 — Gelegenbeit, viele Erfahrungen und Kenntniſſe
‚im Gange Rechtens zu ſammeln. Nach Neuberts Tode
ward er Gerichtshalter zu Seegeriz und Schönefeld, -
Mber fon nach einigen Sabren verlor er beide Gerichtös '
beftallungen: die von Seegeritz wurde dem koͤnigl. ſaͤchſ.
Kreisamt in Leipzig mit einverleibt, die. von Schönefeld
an Burckhard, jegigem Aftuar bei der Sicherbeitsbehörde
u Leipzig und dierauf an Dr. Pilwig vergeben. K.
ebte von nun an ald Advokat, hatte aber auch mit feis
ner Praxis kein Gluͤck. — Er binterläßt außer einer Witwe,
die in Leipzig lebt, ein Sind, fo wie noch feine Mutter
und eine Schwefter, Die Hauptmann von Schlegel, welche
ihren Landfig zu Eroftemig bewohnen.
°) Deflen Biographie ſ. N. Nele. 14. Jahrg. ©. 616. )
f } &
daſelbſt im
— — — — —
I}
!
NE 669
* 186. Johann Carl Chriſtian Brüger,
Juſtizamtmann zu Nieberroßla (Weimar); 4
geb. den 25. September 1784, geft. den 14. Maj 1837.
Er war zu Stadtſulza geboren, mo fein 1814 ver
ſtorbener Dater Amtskommiſſaͤr, Bürgermeifter und Stadt -
fehreiber war. Seinen erften Unterricht genoß er in fei«
„.
ner Daterfiadt, kam nach feiner Konfirmation (Oſtern
1798) auf dad Gymnaſium in Weimar und bezog im
März 1804 die Univerfirät Jena, wo er die Rechtöwife
fenfchaften ſtudirte. Don Michaelis 1806 an aber blieb
er ein ‚halbes Jahr im väterliben Haufe, indem es feie
nen Eltern wegen der im. Dftober 4806 erlittenen Plüne
derung und Drangfale aller Art an Mitteln zu feiner
Unterſtuͤtzung auf der Univerfität fehlte. Nachdem er
von Dftern bis Michaelid 1807 feine Studien in Jena
beendigt und fein Eramen gut beftanden batte, ließ er
fib in feiner Vaterſtadt ald Amtsadvokat nieder und
unterKägte feinen kraͤnklichen Vater Eräftig in der Amts⸗
führung. Im Jadr 1813 wurde er mit Beibehaltung
der advokatoriſchen Praxis ald Bärgermeifter und Stadt» .
jorenet J Stadtbürgel verſetzt und verheirathete ſich
Jahr 1815 mit Agnes, der aͤlteſten Tochter
des in Weimar verfiorbenen Legationsraths Schmidt, mit.
weicher er bis an fein Lebensende die glüdlichfte Ehe '
gern! bat. Im Dftober 1817 wurde er erfier Aktuar
ei dem Stadtgericht zu Tena, wo er bid zum Juli 1829
blieb und von da ald Juſtizamtmann nad Niederroßla
berufen wurde: — 3. war einer der geactetften Ges
sichtöbeamten des Großderzogtbumd, ein Mann von eds
fen Sefinnungen, ein liebevoller Bater feiner zablreiden -
Familie (er dinterläßt 9 noch unverforgte Kinder). In
‚allen feinen Öffentlichen Gefchäften, die ibm feit dem Bes
ginn feiner amtlichen Laufbahn in Stadtfulza, Bürgel
- und Jena übertragen waren, rechifertigte er dad von fels
nen Vorgeſehten in ibn gefente Vertrauen und bewies
in feinem wichtigen Wirkungskreis zu Niederrofla die
größte Thaͤtigkeit, Umfiht, Würde und Biederkeit.
0 —— |
* 187. Carl Ernft Friedrich, Heinrich Hell⸗
muth von Dergen, -
Eandrath bed Herzogthums Gtargardt, Mitdirektor ded Krebitvers
eind der medienburgifchen Ritterfchaft, Erb s und Gerichtäherr auf
Brunn. Wittenborn, Alt, und Neuvorwerk ıc., Mitglied des meck⸗
Ienburgifchen patriotifhen Vereins, ded Vereins für mediendburs
gifhe Geſchichte und Alterthbumdtunde 2c. zu Brunn (Medienburgs
Strelitz);
geb. i. J....., geſt. den 15. Mai 1887.
Er war zu Klodomw, bei Friedland, geboren und uns.
ser 6 Sindern der fünfte. Sohn des am 13. Dftober 1796
u Neubrandenburg verftorbenen Dice » Landmarfhalls
dolpb Friedr. Theod. v. Dergen und Klodom » Kotelomıe..
Tab vollendeten afademifchen Jahren, in welden er ſich
der Juriſprudenz gemwidmer batte, fam er aldbad in den
Befig der ibm vom Vater binterlaffenen Güter und wurde
in der Folge zum Landrath des Herzogthums Stargardt -
ermäblt. Daneben erhielt er die Mitgliedfhaft der Haupts
Direktion des Krediwereins der medlenhurgifden Kits
. terihaft und übernahm fpäterhin nod gar mande ans.
bere wichtige Nebendmter, wozu ihn dad Vertrauen der
Stände berufen batte. Im Jahr 1831 bekleidete er auch
ben Pollen eined Bezirkskommiſſars zur Abwehrung der
Cholera. Er endete am Nervenfieber zu Brunn, feinens
Hauptgute. Geine binterlaffene Gattin, Wilhelmine,
mit welcher er fid den 11. Auguſt 1812 zu Neuftrel
verdunden batte und 14 noch lebende Kinder geugte, i
eine geborne von Dewiß, Tochter des verfiorbenen meck⸗
lenburg⸗ſtreligſchen Geheimenraths und Praͤſidenten v.
Dewig. — Wer den gediegenen, thaͤtigen, umſichtigen
und bewährten Dann näher zu kennen Dad Gluͤck hatte,
fühlt, welde große Lüde fein Hingang in Beziehung
auf dad Land, wie auf feine fo zablreihe Familie ge=
macht bat. Audgeräftet mit einem jedes Verbältniß klar
durhdringenden Veiſtande, mit einer feltenen wiflen«
chaftlichen Ausbildung, alle Intereſſen des Landes durch⸗
chauend und mürdigend, wüßte er bei raſtloſer Thaͤtig⸗
eit Dad Rechte und Beſte ſtets zu fördern, ſich den Bei—
fall aller verſchiedenen Intereſfen zu erwerben. Als
- Gutöberr wahrer Vater feiner Untergebenen, zeichnete ihn
eine fo liebevolle Nahficht aus, daß er auch den Unwuͤr—
Digen erſt nad allen Verſuchen, ihn zu beflern aus
- feinem Kreife entließ. DE :
Schwerin. 2 Fr. Brüffom. .
*
[4
| — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — —
871
+ 188. Ferdinand, Prinz zu Heſſen-Phi⸗
lippsthal,
kaiſ. önigt., oͤſtreichiſcher Oberſt bei Wimpfens Infanterie, Große
kreuz und Ritter der kurheſſiſchen Orden;
geb. d.15. Dit. 1799, geſt. zu Schloß: Philippäthal d. 17. Mai 1897.
Der Deremigte wurde zu Schloß⸗Philippsthal an
der Werra im Nurfürftentbum Heflen geboren. Sein
‚Bater war der Landgraf Ernft Konitantin von Heffen»
Poiftppsidal und feine Mutter die Prinzeffin Chriftiana
£uife von Schwarzburg⸗Rudolſtadt. Bon Jugend auf
zum Militär veſtimmt, ward feine Erziehung in Wien
. vollendet, wo er die E. k. Ingenieur: Akademie befuchte.
Im Jadr 1814 zum Offizier ernannt, trat er 1819 feinen
effeftiven Dienft_ beim Regiment Deutfchmeifter an, ruͤckte
als Drdonanzoffizier beim F. k. Seldmarfchal s Lieutenant
Graf Bubna *) mit ibm 1821_in Aleffandria ein und.
Hand fpäter größtentheild in Galizien und Ungarn in
Garniſon. Bon Kindheit an zum Ernft beftimmt, ſuchte
er fi ſtets in allen militdrifden Wiſſenſchaften fort zu
Bilden und befchäftigte fih außerdem mit Zeichnen und
Delmalerei. — Sein gerader, rechtlicher Sinn, fen '
freundliches, offenes, gutmütbiged Berragen gegen Je⸗
dermann, fo:mwie feine Kenntniſſe und Talente erwarben
ihm das Wohlmollen feined Kaiſers, Die Achtung feiner
ameraden und Die wahre Liebe und Anbänglichfeit feie
"ner Uintergebenen. Er farb zu Schloß» Philippsthal, mo
er fih eben auf Urlaub befand, an den Folgen eines
u mit dem Pferde in den Armen feiner Anges
rigen.
* 189. Ferdinand von Könnerik,
önigl. ſaͤchſ. Overfilieutenant zu Dredden;
geb. den 28. März 1774, geft. ben 17. Mai 1897.
Zu Saarborn bei Wegmar geboren, betrat derfelbe,
naddem er in den Jahren 1786 bid 1789 feine, militd-
rifde Vorbildung im Sladertenhaufe zu Dredden erhal⸗
ten harte, im Jahr 1794 ald Soudlieutenant im damalis
gen nfanterieregiment von Lind die Laufbahn ald Dffie
zier und rückte dis zum Zabr 1813 zu dem Grad eines
'*) Deffen Biogr. ſ. N. Nekr. 5. Jehrg. S. 68.
.
572 v. Koͤnneritz.
Hauptmanns vor. Die Feldzuge 1794, 1806, 1812, 1818
und 1814 gaben ihm vielfältige Gelegenheit, feinen bo:
‚den Werd als DOffiiier an den Tag zu Segen und ſich
Die Achtung feiner Borgefegten, fo wie die Liebe feiner
Kameraden und Untergebenen_zu erwerben, da er mit
einem edlen Charakter alle Eigenfcaften eined ausge⸗
Flle Dffizierd verband. Schon in der Schlacht bei
ena ward ihm der rechte Arm durch einen Schuß Der
peRalt jerfchmettert, daß er Diefen nie wieder völlig ges
rauhen fonnte. Kaum von diefer Verwundung berge
ellt, eilte er wieder zu feinem, unterdeflen zur Befagung
ed Großherzogthums Warfhau, fpäter zur Garnifon
von Danzig beflimmten Regiment. Zum Hauptmann
. befördert, ward ibm 1811 dad Kommando einer Kom:
pagnie im Grenadierbataillon von Spiegel anvertraut.
Mit demfelben wohnte er 1812 dem Feldzug in Rußland
bei und fand in den Gefechten und Schlachten dieſer
Dentwärdigen Kampagne mehrfache Gelenenbeit, ſich aud-
nzeihnen. Durch Vertheidigung ded Schloſſes und
bares von Turisk, welche ihm in dem Gefechte am 26,
ept. übertragen war und vermadge welcher er mit feiner
Kompagnie den Rädzug ded vereinigten öftreidhifchen
ſaͤchſiſchen Korps zu decken hatte, fo wie dur fein Ders
dalten bei dem Angriff der Ruflen auf Wolfomice und
Die demfelben den 16. und 17. Nov. folgenden Gefechte,
erwarb er fich den moblverdienten vaterländifchen milis
taͤriſchen St. Heinrihdorden. Obſchon in dem Gefecht
bei Kalifd durch einen Schuß in die rechte Geite zum
zweiten Mal verwundet, leitete er dennoch, von 4 Gre—
nadieren getragen, die Dertheidigung eines Theild der
Die Stadt umgebenden Gartenheden, die er befegt zu
halten hatte. Don diefer Wunde genefen und inzwiſchen
gm Major befördert, ward ibm, naddem er den franz.
rden der Ehrenlegion erbalten, im Juli 1813 das Kom»
mando eined während des Waffenftiliftandd neu formir-
ten Bataillons Ch. Mar.) übertragen, mit diefem aber
der Auftrag, Zudau befegt zu halten, während das 7. Ars
meekorps unter Reynier durch die Niederlaufig gegen Ber⸗
Iin vorrädte. Er erhielt dieſe Beftimmung fo überrafhend,
daß er weder Die Equipage ded Bataillond an ih sieben,
au eine ſpecielle Inſtruktion einbolen, felbR nit einmal
ber die Lage der Dinge ſich näher unterridten konnte.
— Stabsoffizſere bildeten die Kommandant:
chaft des Orts, der durch dad Ungemach des Kriegs bes
deutend gelitten hatte und deſſen Gefeſtigung höchſt man⸗
v. Könnerig. 613
gelhaft war. Die age Luckaus mochte in ſtrategiſcher
Diner wichtig erfcheinen, allein dieſer offene, in einer
umpfigen Gegend gelegene, einige 100 Häufer zählende
Drt war keineswegs zu einer Befeſtigung befonders ges
eignet, fein Umfang aber auch viel zu bedeutend, um idn
mit 4 Bataillon zu halten. Diefer Umftand fomwohl, als
der niederſchlagende Eindrud, melden es auf das er
neu formirte Bataillon machte, ſich unerwartet von der °
Armee getrennt zu feben, erfchwerte dem Mai. v. K. die
Kommandofährung ungemein. Nichtsdeſtoweniger ere
foßte der Friegerfabrne Anführer feine Aufgabe in vollem -
Maafe, denn er war fi ihrer'Elar bewußt und ſcheute
die DVerantwortlichkeit nicht, welde ihn, megen feined .
Derbaltend in einer vaterländifhen Stadt unter frenis
der Oberherrſchaft, in fo verbängnißvoller Zeit früber.
oder fpäter treffen fonnte. Sieben Tage waren vergan⸗
gen, ald die Nachricht Über die großen Verluſte einging,
welche nit nur dad fächl. Korps, fondern aud die frans
zöfiide Armee_bei dem Vorräden gegen Berlin erlitten
batte. Dem —— des Feindes vor Luckau war taͤg⸗
lich entgegen zu ſehen, es konnten daher nur die noths
wendigften Vorkehrungen getroffen werden. Kaum mar
am 28. Auguft die Annäherung ftarfer feindlicher Abtbeis
lungen gemeldet, fo erfdienen auch ſchon deren Blänke
fer am Rande ded trodnen Grabens vor den Erdwerken
am Dabmerthor, wo eine Bruͤckung zur gewoͤhnlichen
Paſſage noch feſſttand. erfönlich ale v. K. die
Zimmerleute zu deren Abbrechung im Angeſicht des Fein⸗
des. In ſehr kurzer Zeit gelang ed dieſem unter den
Befeblen ded preuß. General von Wobfer, durch feine
Veberlegenbeit, den Drt von allen Seiten zu umringen
und mit alen. Waffen nahdrädiich anzugreifen. Das
Eindringen in felbige Eonnte auf einigen Punkten den
Semden nicht ſchwer werden, denn wegen Mangel an -
Mannſchaft mußte die Enceinte undefegt bleiben, obfchon
eingetroffene Derfprengte, leicdte Kranke, ja ſelbſt die
Arreſtanten mit zur Verteidigung verwendet wurden.
Die gaͤnzlich ermangelnde Referve ward nur allein
durch dad Vertrauen der Truppen zu dem wadern und
erprobten Sührer erfeßt. Er eilte von Poften zu Poften,
gab Befeble an die verfhiedenen Kommandanten Ders
elben, ermiutbigte die jungen Soldäten, fchaftte, fo viel
die Umfände verftatteten, was ihnen fehlte und dalf, mo’
er Eonnte. Die augen Aller maren auf ihn gerichtet, er
und nur er war die Seele. deö Ganzen. In ſolchem
!
% «
’
Drange, bei immer wachlender Gefahr für die Behaup,
rung des Orts, bei immer fib mindernder Mäct dazu,
fiel auch er, von einer feindlihen Kugel in Bruft und
Arm zugleich getroffen, unter dem Dabmertbor. Die
Pflichttreue und Entf&loflendeit des v. K. blieb aber
aud bier unerfhättert. Seinem Nabfolger im Kom
. mando, einem Hauptmann ded Bataillond, übertrug er
- Die Anordyung der dringlichſten Beſtimmungen für den
Sall, daß der Feind mit Einbruch der Naht den Angriff
forıfege. Am Abend wiederdölte der feindliche Dberbes
feplöhaber (don früher getbane Kapitulationdvorichläge
u Gunſten des bereitd theilweis in Flammen Rebenden
‚ Drtd und ed wurden endlih die Kapitulationspunfte
feſtgeſtellt. Es befagten dieſelben ausdrücklich: „Da
die Einwohner von Luckau bei dem durch die Bombar⸗
dirung ibrer Stadt entflandenen Brande in Gädrung
geranden und zu revoftiren im Begriff feben, die Artil
eriften größtensbeild gerödter und 2 Stuck unferer Ge
büge unbrauchbar gemacht und von den in Batterie
findfiden 5 Kanonen 2 derfelben nicht, nad) den anges
riffenen Punften bingerichtet werden koͤnnen, auch der
Kapitän vom Ingenieurforps gmeigs daß die Verſchan⸗
zungen nicht länger Widerſtand leilten koͤnnen, dad Bas
tailon Prinz Mar. viel Leute verloren und deffen Kom⸗
- mandeur ſchwer verwunder ift, fo if in Erwägung aller
diefer Umftände nahflebende Kapitulation abgefchloß
fen 20.” Zufolge Ddiefer Uebereinfunft marfchirte_ den
29. Auguft des Morgend die Befagung, ehrenvodl mit
den Waffen und Gepäd aus, ſtreckte vor dem Thor das
Gewehr und ward kriegdgefangen. Die Dffiziere bes
Bielten ihren Degen. Der brave v. K., der dur feine -
fchweren Wunden für mebrere Tage in.einem ganz bes
, wußtlofen Zuftand serien! worden und nicht tranöpgrt»
fähig war, mußte in Zudau zurüdgelaffen werden. Als
zu Anfang des Jahrs 1814 der Maj. v. St. fi fo weit -
wieder bergeftelt fab, daß er das Kommando eine® neu
. zu formirenden Landmwehrbataillong übernebmen und mit
emfelben zur Armee in die Niederlande marſchlren
fonnte, ward er dem Thielmanfben Korps zugetheilt;
mrit dDiefem wohnte er dem Gefecht bei Kourtray gegen
Maiſon bei. Einer Aufgabe, wie fie bier fein Beraillon
gu loͤſen befam, tiraillırend gegen franzöfifde Garden
en Rüdzug zu decken, Eonnte diefe Truppe nit ges
wochen fein, da fie mit Ausnahme einiger wenigen, aus
dem Penftonszuftand wieder zum Dienſt berufenen, hoch»
t
‘
Theilnahme und Sürforge, welche diefer fein
X
00 Koͤnneritz. 5765
ejahrten Offiziere, nur aus ganz jungen in den Wech⸗
elfällen de& Kriegs noch unerfährenen Offizieren, Unters
vffizieren und Soldaten zuſammengeſetzt war. Der brave
v. K. eingeben! defien, was fein Beifpiel bei Luckau
bewirkte, wollte aud bier im Gefühl der Pflicht und
Ehre den Seinigen wieder zum Vorbild dienen, fiel aber
von einer Kugel in den Schenkel abermals ſchwer vers
munder ald der Legte auf dem Kampfplatz in Feindes
and und ward deffen Mißdandlungen nur erſt durch
a8 perfönlide Hinzufommen Maifon’s Enlilor Herr
ide Heer⸗
führer ihm angedeiben ließ, rübmte er oft’noc in den
legten Tagen feines Lebens. Diefe legtere Derwundung
war es, welde ihn für den ferneren Dienit in der Linie
unfähig machte, denn faft alljäprlich brach fie wieder. auf
und fegte Kinochenfplitter ab. Nichts deſtoweniger vers -
mochte er, bei feiner Liebe für den Kriegerftand, es nit
. ever den aktiven Dienft zu verlaffen, als zu Ende des
abrö 1826, bid wohin er dad Kommando der 1822 neu
‚formirten Infanteriegarnifon der Feſtung Königfein ges
führt und ungegchtet er wegen feiner Verwundung nur
mit einer Krüde geben Eonnte, dieſe neue Truppe ins
Seinem Anſuchen gemäß, verfegte ihn der König in An-
erfennung feiner vorzäglichen geleiteten Dienfte,. unter
‚deren Vorbehalt mit Belaffung feiner Anciennetät und
feine vollen Gehalts, ä la suite Der Armee. Daß der
verftorbene Generallieutenant v. Le Coq *) den biedern
v. K. unter die Eleine Zahl feiner vertrauten Freunde
gate und deffen hohen Werth als Menfc und ald Sol⸗
at in vollem Maafe erkannte, fprach ſich noch in einem
Brief aus, den er dem Verforbenen bei feinem Schei⸗
den aus dem aktiven Dienit fchrieb und der erft in feis
nem Nachlaß vorgefunden ward, da Befweidenheit ihn
nicht erlaubt hatte, denfelben auch nur feinem vertraus
teften Sreunde mitzutheilen. Le Coqeſchrieb nämlich:
„Das, was ic für Sie getyan habe, geſchah in dem Bes
wußtfein einer heiligen Pflicht gegen den ftetd mit Aus—⸗
zeichnung nedienten Offizier und gegen den vieljäbrig
erprobten Freund; Sie find nicht aüs unferer Mitte ges
ſchieden; nein, lieber Sreund, ich betrachte Sie fort noch
ats ein ehrenvolled Mitglied der Armee und als ‚treuer
») Deffen Wiograpdie ſ. N. Retr. 8. Jahrg: ©. RE ‘
*
‚ nerbalb weniger Jahre zu einer der vorzüglihften Abs
theilungen der ſaͤchſiſchen Infanterie berangebilder hatte. '
=
[—
fi x
6876 $ J Lehmann.
fengefährte.” Die Hoffnung, daß einige I e-der
ube feine durch —— rwundung fo febr er⸗
— Geſundheit wenigſtens zum Theil wieder der⸗
ellen könnten, mußte er aufgeben, und dies bewog ibn,
da er inmittelft zum Oberſtlieutenant avancirt war, im J.
41831 um gänzlide Berfegung in den Penfiondzuftand
nachzuſuchen. König Anton *) fowobl, als der damalige
Prinz Mitregent, jegige König Friedrich Auguſt, welger
iehiete während der mehrjährigen Sührung eines Bri⸗
adefommando’s ebenfalld Gelegenheit gehabt batte, den
Werth v. 8.85 naͤher Eennen zu lernen, gewährten ihm
diefe Bitte und beſtimmten ibm feinen Dienſtgehalt als
Pennen. Seit feinem Austritt aud dem aktiven Dienk
ebte er in Dreöden und nahm den regften Theil an allen
veränderten Einrichtungen, melde in dem vaterländis
fden Heere getroffen wurden und obſchon er feinen Um
ang nur auf einen Kleinen Kreid vertrauter Sreunde bes
ehr n£te, fo Hand er doch auch mandem jüngern Offizier,
‚ der fib Raths bei ibm erbolte, gern bei. In den let
ten Tagen feined Lebens batte er mit unendliden Zeis
den zu kaͤmpfen; Brufiwaflerfuht machte ihnen ein
Ende, Seine Befattung erfolgte mit allen. militäris
{den Ehren und eine zablreihe Begleitung feiner
Sreunde und Waflengefährten brachte dem Verſtorbenen
noch. den ‚legten Tribut der im Leben ihm fletd gewids
meten Achtung und Anerfennung feiner Verdienſte. Einer
feiner Kampfgenoſſen aus dem Feldzug 4812 ſprach in
furzen, aber fehr gediegenen Worten am Grabe die Ges
fühle Aller aus. A ee,
190. Johann Gottlob Lehmann,
Kaufmann und Stabtrath zu Frankfurt an der Ober;
geb. den 8. Dec. 1781, gelt. den 19. Mai 1837 **).
Er war der Sohn des Bärgerd und Sleifchermeis
fierd Tohenn Gottlob Lehmann zu Eroffen und erhielt
feine wiſſenſchaftliche Bildung in der dortigen Bärgers
faule. In feinem 14. Jahre Fam er (Weihnachten 1794)
in die Handlung des Kaufmanns Gengfe zu Frankfurt
a. d. D. und.blieb nach beendigten Zehrjahren (im Jabr
41800) noch ein Jabr ald Diener in dieſer Handlung.
Dann trat er in das Geſchaft des Kaufmanns Adam
Defſen Biographie ſ. N. Nekr. 14. Jahrg. ©. 878.
=") Grankfuzter patriotiſches Wochenblatt Dir. Nr. 22.
f 1.
Rolla. 357
Oeſtereich, in welchem er. 8 Jahre lang verblieb und
wegen feiner Rechttlichkeit, Treue und kaufmaͤnniſchen
Tüchtigkeit dad volle Vertrauen ſeines Prinzipals ges
noß. Im September. ded Jahrs 1809 Faufte er fi an
und etablirte ein Jahr ſpaͤter das jegt noch beftehende, .
von feinem Schwiegerſohn Kneiß fortgeführte Materials
‚ woarengefchäft. Sin demfelben Jahre verbeirathete er
ih mit Henriette Wilhelmine, zweiten Tochter des da
gen Weißgerberd Hartmann. Diele gebar ihm 5 Kin⸗
er, die aber alle bis auf die aͤlteſte jetzt noch lebende
Tochter bald nach ihrer Geburt farben. Bei der Orgas
nifation der Bürgergarde im Jahr 1812 wurde £. zum
Kapitän gewählt und bekleidete diefe Würde bis zur
Aufldfung jenes Inſtituts. In den Jahren 1813, 18186
und 1824 wurde er zum Gtadtverordneten und. 1827
um Stadtrath erwäblt, ein Amt, dad er vis zu feinem
od ehrenvoll verwaltet hat. — Der Verſtorbene gehörte
% den Männern, die nit viel Geraͤuſch von fih machen,
ie aber, treu in ibrem Beruf, redlich in ihrer Gefins-
nung, tüchtig in ihrem Amt, im Stillen viel Gutes thun,
Er war auerläffig in Bort und That, liebte dad Rechte
und hielt feſt an Dem, was ſich als gut und tüctig bes
. währt batte. Umfichtig und befonnen ließ er ſich durch
dad Neue nicht reizen und irre führen und nahm an der .
Wodlfahrt feiner Mitbürger und an dem Bellen der
Stadt —* lebhafteſten Antheil.
* 191. Anton Maria Joſeph Rolle,
ednigl. ſaͤchſ. Konzertmeiftee und Mitglied mehrerer muſikaliſchen
Gefeufchaften, zu Dresden;
geb. den 18. April 1798, geft. den 19. Mai 1837.
Einer der jüngern von zehn Söhnen des noch leben⸗
den berühmten Virtuoſen auf der Violine, Alerander
Rolla, Direktor ded Orcheſters am Theater della Scala
In Mailand, wurde er zu Parma, wo fein Vater zu jes
ner Zeit Direktor des berzogliden Hoflonzertö war, ges
boren. Don, feinem Bater zum ingenieur beftimmt, in _
welcher Wiſſenſchaft fih auch einer feiner Bräder fehr
ausgezeichnet hat, begann er, nachdem fein Vater in Maie
fand aͤngeſtellt worden war, ſein Studium auf dem dor,
tigen Kollegium. Doch ſchon in fehr früher Jugend zeigte
fa m ler si Talent zur Muſik in ibm und da er
in derfelben unterrichtet wurde, war fie ſeine Lieblings⸗
MR. Nekxolog 15. Jahrg. r 37
neben feiner eigentlichen Beltimmung von feinem Vater
-/
578 ' Rolle. |
befäftigung In Mufehunden, der er mit euer und
—A anbing. Er brachte e jebr bald fo weit,
Daß er als Dilettant in Konzerten mitipielte, welches auch
die Veranfaffung zur Wenderung feine Lebensplans
wurde. In feinem 16. Jadre fpielte er nämlich in einem
Konzerte mit, Dad die berühmte Catalani im Theater
‚della Scala gab, wo er fib gan vorüglie außzeichnete
‚und die topr Sängerin, fogleid das befondere muſtka—
liſche —** in ihm erkennend, bewog 9 ibre Fuͤr⸗
ſprache bald feinen Vater, ibn ganz der Muſik ſich wid»
men zu laffen. Schon ald Sinabe ließ er ein ungemein
fideres Serühl für die Richtigkeit der Töne bliden und
nichts war ihm unerträglicher als ein falfher Ton, wel:
&er, mwiederdolt, ibn zum Zorn reizen fonnte. So batte
ibm fein Dater einſt auf feine Violine abfihtli eine
falfhe Saite —I — als er anfing zu ſpielen, bemerkte
er ſogleich die taliden Töne und bat feinen Vater, es
u ändern, diefer bebauptete aber, die Saite fei gut,
Unfer R. ging darauf mit feiner Violine in ein Neben»
immer, wo er gerade feined Bruderd Raſirmeſſer fand,
—* nebmend, ſchnitt er augenblicklich die falfche Saite -
“ feiner Violine durch, war jedoch fo in der Hiße des
ornd, daß ihm dad Raſirmeſſer ausglitt und feine Nafe
do gefährlich traf, Daß er dieſe beinahe verloren hätte.
Die Narbe trug er bid an fein Ende. Außer feinen in.
firumentalifd » mufifalifden Uebungen bei feinem Bater,
Audirte er Kompofition auf der Akademie zu Mailand
und zeichnete fid nun bald ald bedeutender- Muſiker aus.
daB er ſchon im Jahr 1818 zum: Mitglied. der ppil;
armonifhen Geſellſchaft zu Eremona ermäblt wurde.
‚ Im Jahr 1830 genügte er einem Ruf nad Bolpgna, um
dort Konzerte zu geben und feine mufikalifhen Leiftun-
‚gen fanden fo vollkommenen Beifal und Anerkennung,
aß man ihn ald Konzertmeilter engagirte, worauf er im
Jabr 1821 ebenfald zum Mitglied des dortigen phifbar;
onifchen Vereins ernannt wurde. R.'s Ruf verbreitete
ſich nun ungeachtet feiner beinade zu großen Befceiden-
beit, und Anfprucslöfigkeit immer mehr. Mit alen Bir
tuofen feiner Zeit, die entweder in Italien lebten oder
Daflelbe Dereiften, Ipielte er zufammen, befonders viel
mit Paganini und Spohr und murde von allen gefiebt
und geachtet. In Bologna lernte ibn der ſaͤchſ. Genes
ral von Wardorf,' der damals die Prinzen von Sachfen
auf ihren Reifen begleitete, fennen und wurde die Der.
anlaffung zu R.’8 im Jahr 1823 erfolgter Berufung nad
\ ; =
Bo 679.
Oresden ald Komzertmeifter der Hoffanelle, an die Stell
des vormaligen Konzertmeifterd Polledro, blieb auch de
fen mwabrbafter Sreund bid zu feinem Tode. In Dress
den führte R. ein ſtilles anfpruhslofes Leben ‚und erk‘
im $rübjahbr 1838 benugte er feinen Urlaub zu einer
Reife nad Italien, wo er beim Beſuch feiner. Geburtd«
ſtadt von der Dafigen philharmonifchen Akademie zum Mits
glied ernannt wurde. Eine zweite Reife. nad Stalien
machte er im Jahr 1833 feinem alten Vater zu Liebe,
den das Direftorium des Theaterd della Scala ohne
Penfion in den Ruheſtand verfegen wollte; er reifte des⸗
bald über Wien, wo er beim Fürſt Metternich die Pen—⸗
fion auch auswirkte. —— die er ſich auf der
Rückreiſe zuzog, mar leider die Ürſache ſeines einige
Jahre nachher erfolgten Todes. Er litt ſeit dieſer ar Ä
an einem fehr bartnddigen Wecfelfieber, zu deſſen Heis
fung er vergeblid einige Sommer die Badefur in Karls⸗
bad brauchte und feine Sträfte ſchwanden immer mehr,
befonderd da er auch mäÄhrend feiner Kraukdeit feis
nen Dienft eifrig erfülte. Wegen hberbandnebmender
Schwaͤche mußte er fih zu Anfang des Jahrs 1837 legen
und Eonnte auch dad Bert nicht wieder verlaſſen. Er—
binterläßt eine Sattin, Therefe, geborne Pieri, mit der
er fib im Jahr 1821 zu Bologna vermähdlt hatte und
eine glüdlihe, wenn auch Einderlofe Ehe führte. — Al
Konzertmeifter der Hoffapelle in Dresden wirkte er mit
der vollfommenften Anerkennung ded Hofs wie auch des
Publifumd und erwarb ſich dabei allgemeine Achtung
und Liebe. Bein Styl mar ein’ durchaus grandiofer,
jegt leider immer feltener werdender; fein Ton Erdftig
und voll, dabei aber vom tiefften Gefühl durdhdrungen.
und daber zum Herzen fprebend, nicht bloße Tändelei
und oberflädliche Bnlanterie und doc hatte er früber
-eigentlih fo wenig Uebung auf der Violine gehabt. Als
Vorſpieler und eriter Violiniſt befaß er eine folde au«
ferordentlihe Kraft, daß der Strih ſeines Bogens vor
allen andern zu bören war, dabei war er unermüdlich in
Ausübung feiner Kun, worin er fein boͤchſtes Gluͤck
fand. Oft fpielte er mit einigen feiner Kollegen und
Sreunde ganze Tage und in die Nacht binein, ohne an -
die Nothwendigkeit einer phyſiſchen Erbolung zu. Denken.
Auch mit der Prinzeffin Amalie von Saqſen fpielte er
oft. Um au für die deutfche Oper wirkfam fein zu
£önnen, erlernte er in den legtern SJabren die deutſche
Sprache grändlid und dirigirte ——— ſo vor⸗
I)
.-
»
=
J
60. Weigand — Boßfelb.
trefflich in der Veſtalin, Fidello und andern deutſchen
Opern das Orcheſter, als s früber bei italienifchen ge»
faeben war. Wie fein Fünitlerifhes fo mar auch fein
Auslihes Leben mufterhaft und die Bereitwilligkeit zu
Dienen und zu erfreuen, mit Rath und Tbat zu belfen
wie zu lehren, einer der fcbönften Züge feine in jeder
infiht edlen Eharafterd. Noch kurz vor feinem Tode
prach er den Wunſch aus, daß der König ein in feinem
eng befindliches vortreffliches Guarneriſches BiolonceHo
für den Inftrumentenfhaß der königl. Kapelle ald Um:
Denten des Scheidenden annehmen möge, welche Bitte
auch wohlmollende Genehmigung fand.
Dresden. Auguſt Matthaey.
* 192. Dr. Georg Heinrich Weigand,
vormaliger Ciſterzienſer des Kloſters zu Ebrach;
geb. zu Bamberg d. 13. Juni 1749. geſt. zu Würzburg d. 20. Mai 1887.
Weigand erlangte den 15. Juli 1767 die zweite
©telle des philofopdifhen Primats, am 18. Sept. 1773
erhielt er die Prieſterweihe im Klofter zu Ebrach und
fpäter murde ihm die Stelle eined Kanzleidireftorg
und Amtmannd im befagten Klofter übertragen. - Bis
r Auflöfung deffelben befleidere er diefe Würden und
atte Hoffnung Prälat zu werden. Nach der Auflöfung
des Kloſters lebte er blos in Würzburg.
Bamberg. G. 4. Thiem.
193. Johann Wilhelm Hoßfeld,
herzogl. S. Meiningiſcher Forſtrath und Lehrer der Mathematik
an der Forſtakademie zu Dreißigader;
geb. den 19. Aug. 1768, geſtorben den 25. Mai 1887 *).
Er murde in Depferöbaufen im berzoglid &. Mei»
ningifden Amt Wafungen geboren, wo fein Bater
Schullehrer war. Im 12. Tahr verlor er feine Mutter
und mußte nun bis zum 18. feinem Vater alle häusliche
Geſchaͤfte beforgen und außer einigen lateinifhen Stun»
den, welche ibm vom 14. bid zum 18. Jahre der Pfarrer
Müller in Unterkag gab, war er ganz auf ſich beſchraͤnkt.
Der Zufall wedte feinen fchlummernden Genius und
Sieß ihn unter den wenigen Büchern feines Vaters ein
—R8 dem unterhaltenden u. gemeinnuͤtigen Wolköblatt 1338,
Hoßfelde - 61
Paar veraltete mathematiſche ſinden, welche einen wun⸗
derbaren Eindruck auf ihn machten und deren Inhalt er
bald erfaßt hatte. Er lebte nun ganz der Mathematik
und träumte von lauter Erfindungen, da fein lebendiger
Geiſt mir dem fpärlid Gegebenen weiter forſchte und
an erfand, was ſchon von Andern, ibm unbekannter⸗
weile, erfunden war. Die Art und Weiſe, die Höbe
eined Baumed, ohne ihn zu erfleigen, auszumeſſen,
rach ibn fon damals, wie er ſpaͤter ſich oft dußerte
efonderd an und befiimmte die Hauptrichtung eineb
Lebens. Er machte fih endlih vom Haufe los und bes
og das Optenaflum zu Meiningen, wo er feiner Vor⸗
jenntniffe wegen in die Klaffe Selekta geient wurde.
Da er zu keinem eigentlichen Fakultaͤtsſtudſum Luft hatte,
fo ließ er fib von feinem Vater leicht bereden, da6
Gymnaſium mit dem Scullebrerfeminar zu vertauſchen.
Auch lehteres beſuchte er, da es ibn nicht befriedigte
nur kurze Zeit, In feinem 22. Jahre wurde er a
Geometer beim Ebauffeebau angeſtellt, melde Stelle er
aber widriger Derbältniffe wegen bald aufgab und feine
eignen Studien bei feinem Dater in Depferöbaufen und
ter 3 Monate lang beim Pfarrer Heim in Gumpels
ade fortfente. Letgterer weckte in ihm zuerft bie Liebe
u Naturmillenfchaften, befonderd zur Botanik und gab
dm treflihe Anleitung zum meitern Studium derſelben.
Gegen das J. 1791 finden mir Hoßfeld ald Lehrer der
Mathematik in dem Eaufmännifhen Lehrinſtitute Heim⸗
reich's für Engländer in der Zilbab. Er war bier Lebe
rer und Schuͤler zugleih; von feinem Kollegen, einen
emigrirten franzdf. Grafen, lernte er franzöfifh und von
feinen Schülern englifh. Sein Borgefegter war ihm ein
vaͤterlicher Freund und Hoßfeld folgte deshalb ibm auch,
als derfelbe 1795 ald Pfarrer in Neuftadt bei ——
im Eiſenachiſchen angeſtellt wurde. Hier lernte er ſeine
treue Lebensgefährtin kennen, mit welcher er ſich 1796
verheirathete. Sein Vater, den dad Alter ſehr drädte
und dem ed ſchwer fiel, fein Amt zu verwalten, drängte
ihn, fib ibm fubftituiren zu laffen, mad aber feiner
Geiftesrichtung gan; widerſtrebte. Er zog ed vor, 1798
die Stelle als Febrer der Mathematik bei dem Forſtlehr⸗
inftitufe Cottang in ber Zilbah anzunehmen, den er
auch in feinen literariiden Arbeiten vielfab unterftägte.
ier blieb er biö 1800, wo die immer Dringlichern Eins
adungen feined alterſchwahen und aller Stüge entbehe
renden Daterd ihn endlich doch beftimmten, nachzugeben
'
‘
v
582 Boßßeld.
und ſich ihm ſubſtituiren zu laſſen. Kaum hatte er aber
die Sielle angetreten, ald Herzog Georg ihn unterm
19. Mai 1801 zum Lehrer der Matbematif bei der Forſt⸗
afademie zu Dreißigader,berief. Kurze Zeit darauf farb
fein Vater und_er folgte diefem Rufe mit dem Titel
eined berzogl. Forſtkommiſſaͤrs. Bechflein und Hoßfeld
mweren die erften Lehrer an der neu begründeten Forſt
afademie, melde lange Zeit Deuti@landd_befuchtefte
und berühmtefte war. Sin den J. 1815 bis 1818 befchäts
tigten H. viele Aufträge der herzoglichen Regierung zu
Baldtarationen. und am 23. April 1822 wurde ibm ale
eichen der eg feiner vielen Berdienfte der
barafter eines berzogl. Forſtraths ertheilt. Bis zu ſei⸗
"nem Tode widmete. er feine Kräfte mit rafllofem Eifer
der Anftelt, welde Herzog Georg ind Leben gerufen
batte. Er Rarb am oben genannten Tage an den Solgen
der Grippe, nachdem er einige Tage zuvor noch fein
Lehramt derfeben batte. In feinen Sieberphantaflen, ei»
nige Stunden vor feinem Tode, befchäftigte er ſich noch
viel mit Botanik. Seine legten Studien und Arbeiten
waren dadin gerichtet gewefen, ein neues Spſtem der
Dunn: aufzunellen. Als Menſch mar H. durch
ine Geraddeit, Dffenbeit, fein warmes Gefühl für all
pm: Woptfahrt und für Recht, fo wie durch freund»
ide Willigfeit zu reellen Dienften auögezeichnet. Er
war der ſiets bereite Ratbgeber der Armen und Be
Drängten und ſuchte überall zu belfen, fo weit ed nur
in feinen Kräften ſtand. Ohne Rückhalt und ohne Rück.
t ſprach er feine An⸗ und Abſichten aus und machte
ch dadurch Manchen zum Feind. a er konventionelle
erdaͤltniſſe nicht ſonderlich beachhttete, fo ſtieß er bei
denen, welche feinen trefflichen Cdarakter und feine uns
begrängte Herzendgäte nicht Fannten, oft an. Er war
ein guter Gatte und Samilienvater, die innigfte Harmo⸗
nie vereinte ihn mit feiner vortreffliben Battin, einer
ebornen Lorenz von Neuſtadt. on vielen Kindern
beriebten ihn nur folgende; Helene, verbeiratber an
den Baron Mor von. Löw zu Steinfurt bei Sriedberg;
Emil, Aſſeſſor beim Sinanzfenate der berzogl. Zanded-
‚regierung, Sopbie, verbeiratbet an-den berzogl. Amtös
vermwoalter Köhler zu Salzungen; Wilhelm, Defonom.
zn feinem Sache der Matdematif war 9. fremd; in al⸗
en beſeß er grändfide Kenntniſſe, in beinabe allen
machte er eigenthuͤmliche Korfaungen, 3. 3, felbfi in
der Aſtronomie, worin feinem Abbandiung über den Ring
’ /
*
Doßfle 6 ,
des Saturn von der Akademie zu Slopenhagen preis—
"UA befunden wurde, Dod mar er nicht einfeitiger
athematifer und befaß außerdem mannichfache Kennt
niffe, befonderd in den Raturwiſſenſchaften. Zebbaft ins
tereflirten ibn alle Fortſchritte des menſchlichen Geiſtes
wenn ibn gleich feine eignen Forſchungen und Schöpfuns
gen binderten, die Schaͤhe der Literatur gebörig zu bes
nugen Er war Autodidaftos und verdankte fait Alles
feinem Genius und feinem Fleiße. Er dachte zu viel
ſelbſt, als daß er fich mir dem von Andern Gegebenen,
rfundenen und Gedachten viel hätte befaffen Eönnen,
dtte er die Erfabrungen Anderer und daß bereitd Ge
aebene gebörig benugt, fo würde er bei feinem großen
Scharfblid, bei feinem vielfeitig gebildeten Beilt und
bei jeinem flarfen Gedactniffe noch viel mehr geleiftet
baben. Seine Driginalitdt und Nichtbeachtung Anderer
verleitete ibm oft zu Ertravaganzen und ungemöhnliden
deengängen und bracten ibn mitunter in nicht erfreus |
lide Oppoſition mit Der Tagesliteratur. In Geſellſchaft
machte ed ibm viele Freude, wenn fein Geift fi mit
andern mitunter im Gtreite über wiſſenſchaftliche Ges
genftände bewegen und Iogifhe Kombinationen und
Sprünge machen fonnte, “Te paradorer etwad war,
Deito lieber vertbeidigte er ed und man mußte feine Ge
andtheit und Geiltesftärfe, welche überall Mittel und
‚Wege fand, bewundern. Er didputirte gern zur Uebung
feined Geifled und um Gründe. und Gegengrände einer
Sache gebörig zu prüfen, nit aus einem böfen Yang,
nur reiten und widerſprechen zu wollen. Unter feine Lie
lingöludien gehörte auch Die Stantöwirtbfchaft, nament⸗
lid dad Steuermefen. Kür die mathematifhe Begrün-
dung der Forſtwiſſenſchaft bat Hoßfeld unter Allen durch
Wort und Schrift das Meilte gerdan und kann mit Yols -
lem Recht einer der Gründer und Stifter der neuern -
Forſtwiſſenſchaft genannt werden. Er trat überall als
Schöpfer auf und begründete dur feine Lehren die
Reformen und großen Kortfcritte in der Anwendun
der Mathematik auf das Forſtweſen, inddefondere au
die Forfttaration._ Seine akademifden Vorträge bielt.
er ganz frei; gewöhnlich hatte er nur ein Zettelchen bei-
fi, worauf mit wenig Worten der Anfang und die
Hauptpunfte, des —— angedeutet maren, Klar,
such und in logifher Ordnung entwidelte er feine
Lehren. Er war ein mwohlmollender, Tiebevoller Lehrer
und außer den Stunden jederzeit bereit, Anfragen zu Pr
I}
R—
684 F Scharnagel.
beantworten und Erläuterungen zu ertheilen. Seine
beften Vortraͤge waren außer der reinen Mathematik und
Analpfiß diejenigen über forſtliche Stereometrie, Walde
wertböberedhnung, forftlihe Produktionslehre, Betriebs⸗
segulirung, Rechnungsvortheile, praktifpe Geometrie
"und Theilung der Ziguren. Die erften ſchriftſtelleriſchen
Berfude von ihm erfhienen in Bedfteind Diana. Sie
- find die felbfigefchaffenen Grundlagen feiner weitern
Sorfhungen und waren Quellen, aud weichen viele An-
dere, obne fie zu erwähnen, fo&dpften. Sie find Fund⸗
ruben, auf welche zuräd zu geben, ungeadtet der
enge der feitdem erfchienenen Schriften, fib immer
noch verlohnt, Die i. 3. 1813 erfbienene Stereometrie
ft 9.8 Meifterwerk und wuͤrde ihn allein ſchon in Die
erfte Reide unferer Forſtſchriftſteller ſezen. Alle feine
Schriften, welche folgende find, gewähren vielfabe An⸗
regungen zu neuen Sorfhungen: Niedere allgem. Mas -
thematif für alle Stände ꝛc. 4 Bde. Gotha 1818— 25,
(Auch unt. d. E.: Bechſtein, die Kork» u. Jagdwiſſen-
f&aft nad allen ihren Theilen 2. Thls. 1. u. 2. Abth. u.
Hr Th.) — Reformation d. Forſtwiſſenſchaft u. d. fanos
niſchen Lehren derfelben. Hildburgh. 1820. — Triumph
e. abgelebten Dorfſchulmeſſters &d. e. rüftigen Oberforſt⸗
profeſſor, in d. Sortwiflenfchaft Davon getragen. Ebend.
41822. — Die Forſitaxation in ihrem ganzen Umfange.
2 Bde. Ebd, 1823— 25. - (A. u. d. E.: Bedſtein, Die
Forſt⸗ u. Jagdwiſſenſchaft 6r Thl. Sorfttaration Sr und
ar Bd.) — Werthsbeſtimmung der einzelnen Waldpro»
dukte, ‚ganze Wälder u. d. Waldfervituten, nebſt Aus-
gleidung der legten. Ebd. 1825. — Belehrungsicriften
. Bolfömopffahrt, oder patriot. Vorſchlaͤge 3. Abbülfe
des Nothſtandes und Aufbülfe des Wohlſtandes in den
deut, Bundeöftaaten. Schmalkalden 1837.
* 194. Johann Baptift Scharnagel,
| Kooperator zu Pottenftein bei Bamberg;
geb. zu Bamberg d. 22. Nov. 1810, geft. d. 23. Mai 1837.
Mir Liebe widmete er ſich dem geifklihen Stande
und fuchte moͤglichſt allen Anfoderungen zu entſprechen.
Nebenbei war ibm das Studium der Gefhihte und
Geograpbie Lieblingöbefhdftigung und eben fo las er
die deuütſchen Dichter außerordentlih gern. Was ibm
bei der Leftäre gefiel, das ercerpirte er fih., — Da
freudiger Wille ihn zum geiftlihen Stande bewog, fo
⸗
Zubbbe. | Ä x85
ließ fi alles Gute von feinen Beſtrebungen erwarten
und er berechtigte wirklich gleich Anfangs zu ſchoͤnen
Hoffnungen in feinem Berufe. Nur war er am Kranken⸗
"Bette zu ſchüchtern und furchtſam; daher, was auch ein»
traf, zu befürchten war, daß er leicht angeſteckt werden
Eonnte. Er farb an den Blattern, die er in Solge deb
Edeld bei einer Provifur in Höfen (der Pfarrei Aurach
bei Bamberg) befommen batte. - Ä
Bamberg: G. 4. Thiem.
* 195. Dr. Wilh. Dietrich Hermann Flebbe,
Geheime Kammersath, Kommandeur des Tönigl. Guelphenordend,
ordentl. Mitglied der Celerfhen landwirthſchaftl. Geſellſchaft zu
. Danoder;
geb. ben 18. Juni 1755, geft. den 24: Mai 1837; |
Zu Neuhaus im Lauenburgiſchen, woſelbſt fein Va⸗
ser und fein Großvater mütterlicher Seite , erſte Beamte
‚gewefen find, geboren, trat er am 9. Tanuar 2779 als
Amtdauditor iin Fönigl. Dienfte, wurde am 8. Mai 1782
upernumerdrer Amsgöfchreiber zu Harburg und noch in
emfelben Monat an dad Amt Hitzacker verſetzt. Am
10. Mai 1783 wurde er ald Referent bei dem Kammers
Eollegium zu Hanover mit dem Titel eined Kammererpes
dienten angeſtellt und. verbeirathete fich in demfelden
Jahre mis der Tochter des Domprediger Vogt in Bre⸗
“men, mit welder er, obngeadtet deren faft vierzigjdhris
gen Kraͤnklichkeit, bid im J. 1829, in welchem fie ibm,
gleich nach der Seier feines funfzigiäprigen Jubildums,
durch den Tod entriffen wurde, in glüdliher, wenn
gleih_Finderiofer Ehe lebte... Im Tahr 1785 wurde er
zum Sammerfekretär und im Mai 1796 zum Kämmerer-
oder Vorſtand der Hauptfanımerfafle ernannt, moneben
ihm fpäterbin auch die neu errichtete Generalfaffe ans
vertraut wurde, in welcher Dienfiftelung er bi6 zum .
. 4817 blieb und in Zolge deren fucceflive den Titel
— und Hofrath erdielt. Auch war ibm die
Direktion ded Muͤnzbetriebs, mit Audfchluß des Harzes
übertragen. Im J. 4808 mußte er, wegen der anzöf.
Sinvafion, mit den ihm anvertrauten Kaffen fein Voters
land verlaffen und bielt ſich bis 1805 in Schwerin auf,
von wo er dann, bei der damals fattfindenden Eurzen
- Reofkupation, nah Hanover zurüdkehrte. Bei wieders
eintretender feindliher Dffupation blieb er auf feinem
Poſten und fam.dadur in Beziehung mit den verſchie⸗
#
686 v. Hoff.
auf einander den feindlichen Regierungen
und Behoͤrden, welches ibm Gelegenheit gab, Der Sade
zus rechtmaͤßigen Sürfen auf mannichfache Weiſe zu
ienen. Unter der wehpbälifden Regierung war er Ge⸗
neraleinnebmer des Wllerdepartementd. Bei der Res
sfkupation i. 3. 1813 trat er in feine alte Dienſtſtellung
wieder ein, wurde im %. 1816 Kammerrath, in Solge
beflen er im J. 1817 aufbörte, Ebef der Hauptkammer⸗
und Generalfefle zu fein und fand feitden bid an feis
-nen Tod dem gefammten Domanialrechnungdwelen ald
Departementöchet vor, moneben er jedoch ald Referenz
in Finanzſachen beim koͤnigl. Kabinetsminifterium arbeis
tete und die Rechnungdführung der koͤnigl. Chatoulkaſſe
mwadrzunebmen batte. Im J. 1824 wurde er Geheime
Kammerrath und am 9. San. 1829 Fonnte er fein funfs
gigjäbriged Dienftjubildum, auch i. J. 1833 fein funfzig⸗
driged Jubiläum als Wngeftellter bei der Kammer
feiern. Nachdem er fhon früher Dad Nitterfreuz des
koͤnigl. Guelphenordens erhalten, wurde er im J. 1829
Kommandeur dieſes Hrdens ernannt und bei Gele⸗
enbeit feined Dienftjubildumd von der philoſophiſchen
fultät der Univertität Göttingen mit dem, Doktor
Diplom beehrt. — Er war ein wohlmollender, billigden⸗
kender Borgefegter und überbaupt anerkannt ald ein
eng rechtlicher Mann. ald ein ausgezeichneter Ge⸗
ſchaͤfismann und vor Allem als ein treuer Untertban
und Diener feiner Zärken, deren und des Landes In⸗
tereffe zu fördern, Das unausgefente Beſtreben feined
fangen und thätigen Lebens geweſen ift.
* 196. Karl-Eruft Adolph v. Hoff,
koburg⸗ gothaiſcher Geh. Konferenzrarh und Direktor des herzogk.
Dberkonfiftoriumd zu Gotha, Kurator der Erneftinifhen Sterns
watte, erfter Direktor der wiffenfchaftlichen und Kunftfammlungen
auf Friedenfteln, des aroßherzogl. Kalten: und ded Erneftinifchen
Hausordens Ritter, Mitplied der Akademie von Münden und
Erfurt, Ver Societät der Wiffenfheften zu Göttingen. der-Aca-
"demis Naturae Curiosorum Caesareo - Leopoldina Carolina unb
vieler andern gelehrten Vereine;
geboren d. 1. Nov. 1771, geftorben d. M. Mai 1837.
- ein Bater_war der Geheime Aſſiſtenzrath Johann
Edhriſtian v. Hoff, der in dritter Ehe eine Kodter des
Gebeimenratb8 v. Avemann beiratbete. Bon 6 Kindern
war d. daß. Ältefte. Unser den Augen feiner Eltern von
1] x
t ‘ 8*
Dresden, die iyn vom Sebruar bis zum
® [} h) !
v. Hoff. 587
Vrivatl rern unterrichtet beſuchte er vom J. 1785 bis
1788 dad Gymnaſium zu Gotha, dann die Univerfitäten
ena und Böttingen, wo er fib dem Studium der
echtswiſſenſchaft in ihrem ganzen Umfange widmete,
In Göttingen faßte er zuerfi durch Blumenbach Neigung
zur Naturgeſchichte, die dur eine Sußreife auf den
Harz i. 3. 1794 vorzägli auf Mineralogie und Geolos
gie gerichtet wurde. Bleib nach feiner Rüdfehr nad
otda wurde er als Legationdfekretär bei der Geheim⸗
anzlei und dem Archiv angeftelit und legte den 2. Tan,
1792 den Dienfteid in die Hände feined Vaters ab,
Schon am Schluſſe diefed Jahrs wurde er dem Minifter
v. Thümmel bei einer Sendung nab Frankfurt a / M.
beigegeben, um daſelbſt wegen des zu ftellenden Kontim
ents mit den preuß. Bebörden in unterbandeln. Gm, .
. 1806 war er bei einer Sefandticaft, die dem Haupts
artiere Napoleons nad Berlin, Königsberg und ofen
olgte, an weldem legten Drie Die Akte des Beittitts
sum Rbeinbund unterzeihnet wurde. Im I. 1807 bes
gleitete er eine zweite Geſandiſchaft nd N un aan
nde des Ju
entfernt bielt und 1808 eine andere an den Koͤnig vo
MWeppalen. Im Jahr 1808 wohnte er dem Kongre
von Erfurt bei. Im Januar 41813 wurde er zum Gebei—
men Alfitenzrath ernannt und im November defleiden
Jahrs ald Bevollmaͤchtigter nad Frankfurt a/M. geſchickt.
‘wo mit den dort verfammelten Monarchen ein Vertra
gefhloffen wurde, der den Traftat yon Pofen aufbo
und den Beitritt des Herzogs zum deutſchen Bunde feft«
ftelte. — Im Innern wurde er zu den mühfamften und
derwickeltſten Gefchäften des fürfil. Haufed_beigezogen,
wie im 3. 1801 zur Regulirung ded Nadlafles der Ge⸗
mahlin des Erbprinzen; zur Bertbeilung des gemeinfas
men fühl. Archivs zu Wittenberg; zur Ordnung und
Tpeilung des Privatnachlaſſes Ernft IT. i. 3. 1804, wors
auf ſpaͤter die Auseinanderfegung der Söhne deſſelben
folgte, Geſchaͤfte, Die bei dem body gefliegenen Alter °
des Geheimen Aſſiſtenzrath Lichtenberg, weicher Don?
Dater (+ d. 22. Dec, 1801) im Amte gefolgt war, fall . '
anz in feine Hände fielen. Im Jahr 1822 führte der
Eod des Herzogs Auguſt und 4825 der feined Brus
derd *), fo wie bei dem Erloͤſchen der gotdaiſchen Linie,
die Erbſchaftsverhandlungen der fürftl. Agnaten mannich⸗
*) Defien Biogr. ſ. im N. Nekr. 8. Jahrg. ©. 261.
[4
® %
5
. 588 v. Hoff:
e und mäbfame Geſchaͤſte berbei, während denen
falti
HR in einer befondern Schrift (Gotha bei J. Pertbes
4825) die in dem herzogl. ſaͤchſ. Haufe bei der Erbfolge
der Seitenvermandten beftedenden Grundfäge entwidelte.
Srüber fhon (i. I. 1817) mar Hoff bei der Reform der
Gefammtuniverfität Tena, nebit dem großberzogl. Mei
marifchen ZTegationdratb von Cotta zum Sommiffarius
ernannt worden, was wiederholten Aufenthalt in Jena
nach ſich zog *). Als bei der Erbvertbeilung dad go—
tbaifbe Land dem Herzog von Koburg zufiel, wurde er '
als Gebeimer Sonferenzratb dem gebeimen Minifterium
zugelellt und bierdurh verpflichtet, Dem Hofe nad KO»
urg au folgen, wo er indeß nur ein Jähr vermeilte,
Nah feinem freiwilligen Audtritt dus dem Minifterium
wurde er zum DBorftand des DOberfonfiftoriums zu Gotha
und nah dem Tode des Geheimenrath v. Schlotheim **)
im Jahr 1832 nebft dem Gebeimen Hofrath 8. Jacobs,
zum Direftor der miffenfhaftliden und KHunftfammluns
gen ernannt. Beide Stellen bat er bid an feinen Tod
mit mufterbafter Umficht, Gemiffenbaftigkeit und Thär
tigkeit verwaltet und ſich bei der leßtern indbefondere
burd die zweckmaͤßigſten Einrichtungen um das ibm an
vertraute Inſtitut, verdient gemacht. Unter den mans
“nichfaltigen Geſchaften feined Amts vernachläſſigte er zu
z
keiner Zeit feine wilfenf&haftlihe Bildung. Seine Neis
gung war früh auf Mineralogie und Geologie gerichtet;
aber während er dieſe anziebenden Wiſſenſchäften mit
allem Eifer des Maturforfherd und Literators betrieb,
fegte er ihnen nie irgend ein Geſchäft feines Amtes
nad. Tenen find die meilten feiner Schriften gemidmet,
Eine Schilderung des rhüringer Waldes nah allen ſei—
nen Beziehungen, bie von dem Jahr 1307 bis 1812 im
4 Abıb. (2 Bdn.) erſchienen if, war die Frucht zadfreis
&er Wanderungen, die er von dem J. 1792 an, mei
in Gefeufchaft von Wilpelm Jacobs, welcher den bofas
nifhen und tednologifden Theil der Arbeit Übernahme
und einiger andern wiflenfchaftlihen Sreunde gemacht
») lieber die Wirkfamkeit der herzogl. Kommiſſarien fchreibe
der Geheime Hofrath Eihftädt in den Annal. Acad. Jeneneis p. 104.
Ita nobiscum egerunt viri optimi, tum benevole res nostras eu-
rarınt, et tania mobis tamque velut domestica necessitudine com-
juncti sunt, ut, quamguam nunc per temporum vicissitudines illo-,
ram consuetudine careamus, tamen memoriam grata mente serve-
mus, neque ulla unguam tam eximiae benevolentise laudes ob-
scuratura sit oblivio.
) Deſſen Blogr. ſ. im 10. Jahrg. ded R. Nekr. ©. 266.
v . Hoff. 689
fhaften veranlaßte Werk gezeigt, deſſen 1. Theil 1822,
‚der Dritte 1834 unter dem Titel: Geſchichte der durch
Meberlieferung nacgemiefenen natürliden DBeränderuns
Werk, durch das fein Name zuerſt ebdrenvoll bekannt
wurde, war durch die Ereigniſſe der Zeit veranlaßt und
erfdien am 80. Geburtötage feined Baterg unter dem
Titel: Dad Deutfche Reich vor der franzöfs Kevolutiog
und nah dem Srieden von Lüneville in 2 Bdn. (Gotha
‚auögezeichneter Geftalt, fräftigem Wuchs, dei reiben
md prebenden Zügen und wuͤrdiger —* —
ung. Mit
/
N
—
—
s00 Sschnepel.
einem gluͤcklichen Gedaͤchtniſſe verband er Die Gabe Teich:
ter Auftoffung und eine feltene Gewandtheit in ſchrift⸗
licher Mitrbeilung._ Alle feine Gefchäfte beforgte er mit
der puͤnktlichſten Genauigkeit und der muferbafteften
Drdnung. Er mar ein liebevoller Hausvater, ein treuer
Ereund, ein gefäliger Kollege und in dem Verdaͤltniſſe
u feinen Untergebenen fo nachfichtig und billig, "als Die
Bef@äftsordnung nur immer geflattete. Er war "zweis
mal verheirathet. Seine erfte Srau, eine geborene
ertuch, Rarb i. J. 1812 und vor ihr ſechs Kinder; mit
der zweiten, Sräulein Sylvie v. Ende, verheiratete er
Ad im April 1814 und erhielt von ihr 2 Söhne, von
denen fi der Ältere dem Bergbau, der jüngere dem
Militärkkande gewidmet. bat. 2. Eräftige Konſtitution
ab ihm Hoffnung zu einem boden Alter, wie denn auch
‚fein Vater dad 30. Jadr erreicht date. Aber nicht fange
vor feinem Tode fühlte er feine Bruſt ungewöhnlich ans
rien; ein Borgefübl nicht fernen Todes ˖ſtellte ſich
be ihm ein und einige ſchriftlich binterlaflene Anords
nungen geben die Beſorgniſſe zu erkennen, die er im
. Stillen degte. In der Mitte des Maid wurde er durch
Unpäßlichkeit einige Tage zu Haufe gehalten; den 24.
ober fühlte er fi wieder wohl genug, um den naͤchſten
Tag ausgeben zu können. Gegen Abend überfiel ibn
ein Schlagfluß, der fein Leben augenblidlid endigte.
Eine beftimmte Urſache des Todes bat fi bei der Sek.
tion nicht ergeben. — Außer den genannten Werfen ik
von ibm noch erfhienen: Magazin f. d. geſammte Miis
nerafogie, Geognofie u. mineral. Erdbefchreibung. Lpzg.
4800. — Gemälde der phyſiſchen Beſchaffenheit, insbes
fondere der Gebiradformationen von Thüringen. Erfurt
„4812. — Geognoſtiſche Bemerkungen über Karlöbad.
Gotha 1825. — *Hilor. Entwidfelung der im herzogt.
. Haufe Sachen besbachteten Brundfäge d. Erbfolge un.
ter Seitenvermandten. Ebend. 1836. — Höbenneflungen
in u. um Thhringen. Ebd. 1833. — Gab den Gothaifch.
offalender von 1801 — 1816 beraus und lieferte viele
eitr. zu verfchiedenen Zeitfahriften.
* 197. Ernſt Wilhelm Schnepel,
Juſtizkanzleiadvokat zu Guͤſtrow;
geb. i. 3. 1783, geſt. den M. Mai 1897.
Der Verſtorbene, zu Guͤſtrow geboren und ein Sobn
des ebendafelbft am 10: März 1823 ‚verfiorbenen Notars
%
* 3 !
\
S | CEhladenius. 601
od. Joachim Ernſt Schnepel, hane feine wiſſenſchaft.
ide Bildung auf der vaterſtaͤdtſchen Domfaule feit
1797 genoſſen und fi auf der Univerſitaͤt zu Roſtock zu
feinem fpärern Berufögefchäft audgebildet. Im J. 1807
wurde er darauf ald Advofat und Profurator bei dem
vormaligen Hofs und Landgerichte vereider und den
3. Zuli 1823 zum Juſtitiar auf ritterſchaftlichen Guͤtern
ernannt. Dieiem Wirkungdfreife wurde er jedoch ſchon
frübzeitig in einem Alter von erft 52 Japren entriflen,
Er ftarb plöglih in feinem Berufsgeſchaͤfte, während
Abdaltung eines Termind, am Nervenfchlage. Berheis
rathet war er ſeit dem 4. Decdr. 1812 mit Gulie, gebo>
.rene Hartmann. Wenn ed Geifter gibt, welde die Na-
tur vorzugemweife zu Genies ſtempelt, fo gebörte der
Verewigte in der That zu ibnen; denn außer feinem
trodnen Brodfiudium, weldes er wie Wenige gründlich
inne batte und mit philoſophiſchem Geifte bandbabte,
batten ihn auch die Mufen. der Dichtkunſt und Mufik .
‚ ‚mit ihren ſchoͤnen Sränzen geihmüdt. Liebenswärdig
im Umgange vermochte er dur feine heitere Laune,
feine vielverbreiteten art und Achte Humanitaͤi
eine ganze Gefellſchaft zu feſſeln und in die frobefte
Stimmung zu verlegen. Wie, alle geniale Geifter ver—
ſchmaͤhte au er die gewöhnlichen Formen des Lebens
und ſchwang fich lieber zu demjenigen Standpunkt em»
por, von wo er die Dinge aus einem doͤbern Geſichts
punkt überfdauen Fonnte. — In jeder Beziebung war
er menfcenfreundlich, edel gefinnt und unterkägte jeden
Nothleidenden nah Kräften. — Dad Ichmwerinide frei»
mütbige Abendblatt verliert an ibm einen vieljährigen,
tbätigen Mitarbeiter, wie er denn auch mande gedies
gene Aufläge zum Guͤſtrowſchen gemeinnügigen Woͤchen⸗
blatt und zu andern Zeitkhriften geliefert bat.
Schwerin. Fr. Brüffom.
* 198, Karl Gottfried Theodor Chladenius,
emerit, koͤniglich ſaͤchf. Generalaccisinſpektor und Vuͤrgermeiſter zu
Großenhain (Sachſen);
‘geboren den 22. Juli 1759, geſt. den 25. Mai 1837.
1
Er war aud einer berühmten ſaͤchſ. Gelebrtenfamilie
entfproflen; feine Urabnen,. der Iutherifche. mrebige
Dean Edladny zu Eremnig in Ungarn, ſah fi 1663 bei
den damaligen Religiondverfolgungen genoͤthigt, mit
feiner Samilie nah Sachſen auszuwandern. Nah Bes
#
592 Chladenius.
ſuch der Stadtſchule zu Großenbain, der Füͤrſtenſchule
u Meißen und der Univerlität Leipsia erlangte er die
nfellung als Acceſſiſt und fpäter als Aftuar in den
koͤniglichen Aemtern zu Weißenfeld und zu Nofen und
trat 1782 die Advofatenprarid in feiner Vaterſtadt an,
Schon 1784 wurde Derjelbe ald Foniglicher Generalaccißs
infpektor angeftellt und 1759 zum Narbömitgliede, fpäter
. 018 Bärgermeifter gewählt. Nach langjährigem verdiens
ten Wirken trat er auf ehrenvolle Art und mit Penfion:
aus feinem Wirfungdfreife und zwar feit 1831 ald Accißs
infpektor und ſchon 4821 ald Bürgermeifter, als letzterer
doch den fortmährenden Beifig in den Rathsverſamm⸗
ungen bis an feinen Tod behaltend. Neben den Amts—
sefhäften war er auch fleißig und geſgickt in der ſtets
gern’ übernommenen Fertigung von Defenfionen für Ans
geflagte ,. Deren er mebrere Hunderte und ſehr oft mit
vielen Glücke für die legten abgefaßt hatte. Außerdem
beſchaͤftigte er fib mit Audarbeitungen mehrerer Schrifs
ten über Rechtsgegenſtaͤnde und ftädtifhe Verwaltungs—⸗
. verbältniffe und indbefondere über dad, was nicht rechtß:
kundigen Ratbömitgliedern, Dorfrichtern und Schöppen
fo wie dem Bürger und Landmann überhaupt von jenen
Derdältniffen zu willen nörbig if. Daß von feiner
Schrift „Anmeifung für_Doriridter und Schöppen“
drei Auflagen, von ſ. „Vorſichtigen Bürger in Stadt:
und Handwerköfaden” fo wie von f. „Vorſichtigen Erb»
ſchaftsnehmer ⁊c.“ zwei Auflagen erſchienen, beweift den
Wertb und die praftifche Brauchbarfeit derſelben; ebenfo
"lieferte er mehrere wiſſenſchaftlich-juriſtiſche Beiträge
in Zeitſchriften, welches Alles ibm einen günftigen
Shriftktellerruf erwarb. Naͤchſt dieſem war Sammlung
biftorifcher Nachrichten von feiner Vaterftadt eine eifrige
Lieblingsbeſchaͤftigung in Mufeftunden, naddem er fidy
ſchon in Noffen mit Aehnlichem befchäftigt und dadurch
Veranlaſſung gegeben batte, daß der merfwärdigen Klo—
ferruine Alt» Zelle die fpdtere vermehrte Aufmerkſamkeit
geſchenkt wurde, die fie. längit verdient hatte. Ungeach⸗
tet der dur) den Stadibrand 1744 gefchebenen Ver⸗
nichtung der ſtaͤdtiſchen und Firdliden Archive ges
AH ed ibm, obmohl mit Orößter DRühe und unabläf-
| figen Nahforfhungen, dennoch zablreide Nachrichten zur
ammeln und dem Publitum in den „Materialien zur
Großenhainer Stadtchronif“ (Pirna 1783) mitzutheilen.
Auch ſeitdem fuchte er durch fortgefegte Bemühungen
diefe Nachrichten zu vermehren und fie in den Jahr⸗
4
Ghladenind. 693
gängen 1833 — 1826 des Örtlihen Wocenblattö (deren
erfied Erfheinen 1806 durd ibn begründet murde) bes
Sannt zu machen. Außerdem fertigte er mehrere bands
ſchriftliche Eremplare einer nob ausführlibern Stadt
a&ronif, wovon fib eines in dem Katböarchiv, ein ars
deres in der 18 neu gegründeten Gtadtbibliorhek be:
findet, die auch von ihm mehrere andere feiner bands
foriftliden von ſeltner Bebarrlichkeit in vorgenomme—
nen Plänen und von faſt unglaublicen Fleiße zeigenden
Solianten, mit gefammelten biftorif » geograpbiichen No—
sizen und anderen zum Theil ibn perfönlib betreffen.
Den Segenftänden, a Geſchenk erdielr. If auch nicht
su läugnen, daß allen dieſen Arbeiten eine genägende
Kritik, (in —— Auswahl und Prüfung ꝛc.) abging
und ein raflofed Streben jie ſtets bald beendigt zu fes
en, vorderrfhte, fo muß doch dankbar anerfannt werz
en, daß er jene annalififhen Notizen fammelte, die.
fonft nicht vorhanden fein würden und manded Inter⸗
effante.der Nachwelt überliefern. Mit Sertigung latei.
niſcher und deutſcher Gedichte war er ebenfalid bei jeder
geeigneten Gelegenheit gern bei der Hand und ed fehlte
nicht an leiter Der ifeation und —— auch nicht
on Erfindungsgabe, obwodl, zumal in ſpaͤterer Zeit, an
Geſchmack, wie die neuere Zeit ihn verlangt; au ſchien
der Derfland zumeilen vor dem Gefuͤhle mehr vorzuberr.
ſchen, ald_bei Dichtungen wünfchenswertb if; Deöbalb
erfreuten fib auch einige von ibm verfaßte Schauſpiele
nit des gebofften Beifalls. Als Redner und Pros
rammatift bei feſtlichen Gelegendeiten war er eben fo
Bereitmitlig und ibm ward in früberer Zeit gern bie
Meranftaltung dazu überlaffen, fo wie er auch meilt au
Deputationen der Behörden mit gewählt wurde und des⸗
bald Öfterd: an den Landtagdverfammlungen ald Raths⸗
abgeordneter Antbeil nahm. Die Umgeftaltung ” eines
seinen zu einer mit manden Spmbolen gezierten
artenanlage zur Benugung Seiten der Rathsmitglie⸗
Der und Anderer if ebenfaus ein Beweid feiner gemein.
nägigen Thätigfeit. Don feinen Vorzügen muß nod
fein febr glückliches Gedaͤchtniß erwähnt werden, wel .
des ibm felbft im Breifenalter ed noch moͤglich machte,
die in der Jugend erlernten deutfhen und lateinischen
Gedichte zu Fecitiren, To mie zahlreiche Anekdoten von
Gelehrten und feltne felbfterlebte Vorfaͤlle mit lebbafter,
ausfhmüdender Einbildungsfraft vorzutragen, felbit bei
feinen Hiftorifchen Sorfchungen kennen gelernte beſonders
N. Rekrolog. 15. Jahrg. ZZ 838 .
n
N ¶hlabenius.
intereffante fürff. Reſkripte, Redhtöurtbei_ und abnliche,
eben * zur vollſtaͤndigen wörtliden Einprägung in
dad Geſdaͤchiniß geeigneten Gegenſtoͤnde vom Anfange
bid zum Ende mitzutbeilen, welches ibn zu einem ange,
nebmen, gern gefebenen Geſellſchafter mahte, wozu
aber au feine Elaffiibe Bildung wie feine gern gegen
eben geübte Gefdlligkeit und ein anftändiged (obwohl
etwas formliches) Benehmen zugleich mit — Mur
in den lehtern Jahren mar oft eine zu geringe Rüdficht
auf dad Aeußere zu bemerken, wozu theild Das Alter,
tbeild die Folgen einer bupocbondrifden, — durch Hds
morrboidalleiden bervorgegangenen Mißſtimmung Das
Idrige beitrugen, melde iehtere aud den Geinigen '
manche traurige Tage bereitet hatte. Seine Gattin Rarb
fange Jahre vor ibm und eben fo verlor er au eine,
an den ebenfalld in Hayn angeftellten, ald beliebten
Kanzelredner, mie durch bobe bumaniftfce Bildung und
Belefendeit ausgezeichneten Archidiakonus M. Geudinen
verbeirasthete Toter, das einzige Kind. Die Liebe zu
ibr trug er auf feine Enkel über. Ein Lichtpuntt feines
kebens mar dad Jubildum feiner SOjährigen Udvofaten,
prarid, am 15. Dftbr. 1832, an welcdem Tag ihm nicht
nur ein gefeliger Verein, mit Ruͤckſicht auf feine Lich.
lingsneigungen, einen feſtlichen Tag bereitete, fondern
as im Wuftrage des boben Tuflizminikeriumd ein koͤn.
Ouadengeident — ein Brillantring — als Anerken⸗
Kung ie ner Derdienfte Äberreiht wurde. Dem Einfens
der 4 gelang es dabei, dem Jubilar, den er wegen
fo vieltaden Zeiftungen und mancher bewiefenen Getäls
ligkeit febr hoch ſchätzte, durch ein Dazu verfaßted. Geh.
rogramm eine befondere Sreude zu bereiten, die von
Im bei jedem Zufammentreffen mit erftern dankbar er.
wahnt wurde; denn der Tubiler liebte überbaupt folche
BZeſtſchriften und hatte manchen Sreund dadurch früher
geedrt. Jene Jubelſchrift machte auf ibn zumal Deöbalb
"einen fe unvergeßlien Eindruck, weil darin fein ſchrift⸗
ſtelleriſdes und übriges Verdienſt, fein ganzer Lebens⸗
* ind Licht geſtellt und der feſtliche Tag FeIoR ſchon
&ildert war, da der Abdruck fo vorbereitet murde,
8* er kurz vor dem geſelligen von Mahl er.
folgte und noch während defleiben Die Eremplare dem
Inbilar und feinen um ibm verfammelten Sreunden aus
dem Gelehrten: und Bärgerfiand übergeben werden
tonnten. Als ein Beweis feiner Liebe zum Sammeln
und Aufbemahren dhiſtoriſcher Nachrichten mag bier noch
+
GHlobenin 00
‘
erwähnt werden, daß er über dieſe Feſtlichkeit einen
beſondern Solioband mit Aufnahme der erbaltenen. Gra:
sulgtionegedichte und Briefe, wie andere Beilagen, ans
| legte und der Stadtbibliothek zur Aufbewahrung über
ga
- Durch die Jadre des Alters edrüdt, medr und
saebr auf fich jelbit befchränkt, wünfe |
lichſt zu feinen ibm dorangegangenen Lieben berfommelt
au werden. Er ftarb als Äcter Eorift, nabdem er noch
Die Neigung, feine Verdienfte erwähnt zu feben — eine
übrigens ehr verbreitete menſchliche Shwäde — abaes
legt und felbft_eine fehr anfpruchsfofe kirchliche Abel »
digung feines Todes Fur; vor demfelben verfaßt hatte
Betrachtet man fein ganzes £eben im Ueberbfic, fo wer
| Den befouders einige M: ngel fühlbar, die ibn verbinders
ten, noch mehr zu leiften, als geſchah. Die Derfandes. -
Her an feinem Lebensweg nehmen fonnte. Außer den
laſſiſchen, und nad fo oft gewöhnlicher Art nur auf die
bilolegie bezogen, und dem juriſtiſchen Studium bat
er fib wenig andern genfgend gewidmet, daher mar er
im Gebiet der Naturfunde, der Geſchichte, infofern Be
pragmatif betrieben, in den fchönen Künften und an
ern allgemeinen Bildungdfäcern wenig eingedrungen;
od bat er bei auem Diefem fich den Ruf eines redlis '
hen und biedern Mannes, jeder Ungerechtigkeir Seind,
im boden Grade erworben. Geine erm bnten fürs
ee rogeobl Oft auch in bypocondrifher Einbi.
ung vergrößerten Hämorrhoidalleiden, die er ſelbſt in
einem arten $olioband befcrichen bat, maren in fpds '
terer Zeit, Die Deranlaflung rap und in frübefter eine
u Strenge Ersiedung Seiten feines Maters, wenn 45
urch Die deſto liebevollere der Mutter fehr gemildert.
ine plädtioßen Jabre waren allerdings Die ald Fürs
Renfhäler und Student und im frübern Manndalter, mo
| Hi feiner ſchon erwähnten geielligen Talente und feines
Pr
ebbaften und immer au anitdudigen Benebmens we⸗
gen von Jedem in geieben, in Die Kreife gelehrter
ab gebildeter Männer gesogen murde. uf die
nlage zur — im fpdtern Alter wirkte viel
leiht quch die im rath berrlihen Ume erfolgte öftere
unangenehme Berührung mit einigen ungebildeten, für
55 *#
ſenſchaftlichkeit und Gemeinnügigfeit völlig unem-
gAnbiigen Salon 8* — —* * —5— nicht
ram 1) Mann in mat
hen beilbringenden Wirken förendes Verhaͤltniß. Ein
von geringem Spnterefle — der binzugeſigten
Kupferſtiche ıc,, im Neußern o
Bert, wie auch viele feiner Gratulationdfarten ıc. aller
ings weniger, aber —J andſchriftliches und
eit, feiner raftlofen, ibn begſücken⸗
er diefer Nachrichten Dennoch nur feiner Pflicht ald Bes
richterftatter zu genügen, ohne A hr verehrten
v '
,
Shlabentus. 697
Zn
Derblipenen dadurch im ein nachtheiliged Licht ftelleni zu
wollen, er glaubt nötbig zu baben, möglichft zu zeigen,
nie auf einen fo vielfeitig talentvollen und achtungds.
- wertben Mann, theild Die Umgebungen und £örperlicye
Mängel, aber au die Unterlaflung einer allfeitigern bar
Soniſchen Ausbildung aller geiftigen und gemütblichen
‚Anlagen und die. nit fortgefeßte Fortbildung in fo
fern —— einwirkte, als er nicht noch Höheres
leiſtete, als (don geſchad, wodurch er zahlreiche Gleiche
geſtellte und —— bereitd übertraf. Daß er
aber ein Mann war, Dem Geſetz- und Kechtlichfeit, wie
* Oemeinnägigfeit am gerien lag, daß er, fern von Eigen-
nug und Gebeimnißfrämerei, für zweckdientiche Deffent-
lichkeit und fortfchreitende Bervollfommnung der ftädtis
fen Verfaffung und Verwaltung zu mwirfen fuchte, bes
. weil auch die ſchon 1784 herausgegebenen (früber faft
als Gebeimniß betrachteten) „Dayner Stadterbredhte und
Statuten” und die Schrift: „Ueber Abftellung von
Siadtgebrechen. 17895” beides von Dielen ald ein Vers
sgeden gegen die damalige obrigfeitlihe BVerwaltungsart
ln dafür vielfach angefeinder und verläumbdet,
we
es zu der oben erwähnten Öftern Mikftimmung und .
au wohl dem Stebenbleiben in wiſſenſchaftlicher Hin.
Acht Vieled beigetragen haben mag. Wäre des mlrdis
gen Manned Tugend und amtliches Wirken in die jegige
deiperide gefallen, wo ſolche Dorfchläge ſelbſt höbern
rtö begüinfligt und belobt werden, er würde des Guten
weit mehr geleiftet haben, als ibm bei vielfeitigem Ent
egenwirken in, nächfter Umgebung möglich wurde. Zu
feinem Ruhm fei aber noch ſchließlich erwähnt, daß er
auch felbft no in den fegten ‚iehren feines Lebens von
jenen Geiſt befeelt mar, wie feine 1835 herausgegebene
Scchrift beweift: „Ueber Die Nothwendigkeit, durch fräbe
zeitigen Schulunterriht Verbrechen und Strafen, mehr
ald zeither gefcheben, vorzubeugen. Als Aufforderung,
. tin barauf ſweckendes Schulbuch gu bearbeiten.“ JR.
". aud auf die darin mit entbaltenen anthropologiſchen
Bingaben nicht viel Werth zu legen, fo verdient die Ans
regung, bei dem Schulunterricht au) auf Warnung vor -
Verbrechen und Strafen ıc. Rüdfiht zu ‚nehmen, in
weiche die Tugend, ungewarnt fo oft verfällt, den Dank
der Zeitgenoffen, mie in mebreren kritiſchen Blättern
— erwaͤhnt wurde, Möge auch dieſes fein Te»
des gemeinnhgiged - Streben reiche erbte tragen. —-
Außer den oben genannten Werken find von ihm noch
2 > i i
598 Matthias.
ſchienen: eib. der kLurferſtl rar, 8 ganbeöf@afe
ei. Afra in . —12 Meißen. Dresden 1
temata super doctrinam juris canonici —— de
divortio. Ibia. 1788. — Verſuch üb. d. Einrichtung einer
Dorfordnung. Leipz. 1 121. — —— Reperto⸗
Aum des Redts a ur 2 kurſaͤchſ. Landebgeſetz⸗ m.
Gerichtsverfaffung. Großend. 1802. — Worte D. innig
Ale ya d. —2 Stiftungsfeier der
iverſität Leipz. am 4. Der. 1809 im Saale d. J. Gros
de beftebenben Socierär geiprocen. Neuf. a. d. D.
9810. — * Handb. für Rathöherren deutſcher Provinzials
Mittelhädte, befonders in Abfiht reitäunerfabrener Mer
en ıc. Reuf. a. 9. D. 41810. — Umanda Deut ober:
e un in unnräflider Doppelche. Ein Schaufpiel
in 5 Uufzügen. Zeipz. 1814. — Tbalto u, Nautbold oder
Die drei Ar Proben d. Sebeſtreue, ein Schaufpiel.
Jena 1812. (Anch defonderd abgedrudt im 15. Bd. d.
neuen Teut. Schaudbhbne. Augsb. und Leipz. 1842.) —
Martin Luthers Kraftſpruch: wenn man d. Schulen
en haͤßt, fo nimmt d. Finſterniß —— u. d.
—2— Bert aber Hand ic, Leipz. 18
Oroßenhayn. g . Preuster
entamtmanz.
199. Dr. Johann Andreas —
konigi. preuß. Konſiſtotial⸗ und Schulrath in Wagdeburgs
ged. den 9. var 1761, geft. den 25. Mai 1887 *).
im Bewerb TI a & der San indeß bald wi
Blog und mit Unter —— eines Perwandten auf va
ahr 1783 in feine Daterkadt zunüd
— Anſtalt, ‚der er kein IT on ver⸗
9 —— Preußiſche Staatẽzeitung 1839. Nr. 175
,‚ Abertrug ihm Der Reftor Zunf
gi Beh ge t dem Doip ek verbundenen
Seutiebrerfeminard, in welcher — er ſich um die
Bildung geſchickter and dienſteifriger fuͤr Eu
sad Stadt entfchiedene Verdienſte erworben bet.
5 verwalsete er bis zur Erribtung des —
u die Stelle eined A ange ars.
eftor kam 18. Juni 1814 ſtarb, wurde
ſtellen. M. hat — 5 mit Gluͤck geloͤſt; denn er
verfiand
—3*— —* einen Sitten zu zeigen und neben der ſtreng⸗
den‘ üb
echtlichkeit immer mit einer Dumandat su verfa
ren, die ibn ut liebenswerth wma er
biäbten die — en unter ſeiner vaͤter isen Einkt
und reihen Erfabrung. Wo M. auf feinen Dienftreifen
— freute man fich aufrichtig ihn zu fehen, denn er
sänzlich frei von Falter Vornehmheit und ging im
—8 mit der groͤßten Leutſeligkeit auf jedes Be⸗
duͤrfniß des Einzelnen“ oder der Anſtalt ein, war zu Opfern
‚gern bereits und wußte fo felbft da zu verfühnen, wo fein
guter Wille mit der Unmöglichfeit der —— nicht
ın Einklang gebracht werden konnte. Sehr viel bat er
im Stillen gewirkt und Dielen wohlgethan. a Vor⸗
eber — Gymnafiums bat er nad b Eins’
ot, unerm auch, obne Selbafunt. ja mit Aufopfermme
gen. gemirft, den guten Willen Anderer ſtets freundlich
anerfaunt, immer mebr bereit zum Loben als zum
‚bein. Er war eine von den aturen, auf die man &-
cerod Worie anwenden fann: ut quisquo est vir optimas,
‚ ita difficilime alios improbos esse suspicatur. Die To»
Matibiad 599
-
desanzeige der (ämmtliden Mitglieder des tönigl. Kon
- : ;
auf vortrefflichen
ae — — — — —
= -
600 Maatthiat
oriums und Provinzialſchulkollectauns in der Pegde-
ya Act. aut ald einen fleißigen, ſachkun⸗
digen, zuverläffigen und gefhäftöpänftliden Mitarbeis
ter und in allen feinen Werken die jugendlihe Räftigs
keit, mit welcher er fat immer der Erfte auf dem P
fein mußte. Bei einem fo regen Dienfteifer und einem
fo mwoblidätigen Einfluß auf Die feiner Zeitung anver⸗
‚ ‚trauten Gymnaſfien Eonnte ed dem Derewigten nit au
mancerlei Auszeihnungen fehlen. Wir erwähnen bier
nur die ibm gewordene Verleihung des rothen Adlerors
dens dritter Klaffe, dem nach wenigen Jahren auch die
Schleife hinzugefügt wurde. I Anerkennung fo vieler
Derdienfe ernannte ihn die Univerfitdt Jena bei der
Geier des Augsburgiſchen Konfeffionsjubildums im Dad
ae zum Doktor der Theologie. Sein ET Die
jubildum, welches in das Jahr 4833 fiel, würde ihm no
manche Außzeichnung gebracht haben, - wenn der befche
- dene Mann ed nit vorgezogen bätte, daſſelbe blos im
Sreife der Seinigen zu feiern. Nod drei Sabre nad
demfelben wirkte er in gewohnter Thätigkeit, da beftel
ihn gegen Ende des Sabre 1836 die Grippe und ward
um fo bartnädiger, je weniger er bei feiner von Tugend
Natur dad Uebel adtete. ‚Eine Dienf-
reife nah "Dale im Zebruar 41837 verfchlimmerte fein
Befinden im ‚hoben Grade, fo Daß er von jetzt an nur
in den märmften Tagen ded Mai eine Eleine Ausfahrt
wagen durfte. Körperli verfiel er ſichtlich, aber fein
Seit blieb noch thätig bid in die letten Tage, ja fak
biö zu feiner legten Stunde. Endlich entfhlummerte
er an gänzlicher Entkraͤftung fanft und ſchmerzlos, auch
darin ein glädlider Greis, daß er die far nicht mehr
u bezweifelnde Nothwendigkeit eined Zurädtretend von
einer langjährigen Wirkfamkeit fi nit bewußt gewor⸗
den ift. — Als Schriftfteller hat ſich M. 5. im %.1799
dur einen Auszug aus Simſons lateinifcher und eng»
lifher Ueberfegung mehrere Bücyer des Euclided bekanñt
gemacht: in einem weit böberen Grade dur‘ den fo
weit verbreiteten Leitfaden für den neuen heuriſtiſchen
Schulunterricht in der Matbematif,. von deffen unges
meiner Brauchbarkeit ſechs rafch hinter einander folgende
Auflagen (von 1814 — 1834) zeugen, nebft den für die
Lehrer HöhR wichtigen Erläuterungen zu dem Leitfaden,
in. drei Abtheilungen. Magvdebur‘ m — 1828.) —
Seinen Schülern bat er in den Worten der Liebe des
Glaubens u. d. Hoffnung, einer Sammlung von Schul
*
1
‘
‘ >
Brandi. 601
reden (Magdeburg 1834) ein nicht minder werthes An—
denken binterlaffen, als die geſammelten Schriften feis -
ned Amtövorgängerd Funk für Die Schüler deffelben ger '
worden find. Fuͤr fchriftitellerifhe Leiftungen Underer -
war M. immer bödft empfänglib. Eine jede Bereihes
sung der Wiſſenſchaft betrachtete er als die Bereicherung
feined eigenen Wiſſens und danfte in feinem anfprucde -
“Infen, beiheidenen Gemüth dem Geber für die neue Gabe.
Es war ibm ftetö eine große Freude mit gelebrten Man—
nern au verfebren und die befondere Werthſchaͤtjung,
weile die Mitglieder der Univerfität Halle gegen ihn
mebr als einmal an den Tag legten, zeigt binlänglidy
daß fie den Werth des Mannes vollkommen erfannten —
Außer den genannten Werken fchrieb er no: Anleitung:
z. Erfindung u. Ausführung elementargeomesrifcher Bes
weile u. Auflöfungen f. d. —— Studium d. Geo ·
metrie auf Schulen, Magdeb, 1811.
200, Sohann Brandl,
aroßderzogl. badenſcher Muſikdirektor zu Karlörudes
geb. den 14. November 1760, geſt. den 26. Dial 1887 ).
Er war im Klofter Rode bei Regendburg geboren,
wo fein Bater QTäger war. In feinem 6. Sabre. ſchon
kam er ald Singtnabe ind Klofter und Iernte hier wit.
vieler Luſt Violine fpielen und fingen; nur das. Klavier
batte nichts Anziehendes für ibn und ed dürfte wohl
mebrmal vorgefommen fein, Daß er durch Strenge, ja
. fogar körperliche Zuchtigung zu_deflen Uebung gezwun⸗
: ger werden mußte. Nichts deſto weniger maͤchte er in
der Mufit überhaupt die erfreulihkten ‚Sortfchritte, fo
- Daß er, ald 1770 der Kanonikus Gelafius ihn nah Muͤn⸗
chen in dad Kloſter brachte, auch fogleich als Kapellknabe
am Hof daſelbſt angeſtellt wurde. Der freundſchaftliche
Umgang mit dem damaligen erften Zenoriften am dor .
tigen Hoftheater, Namend Valeſi, trug viel zu. feiner
ferneren Bildung bei; er. ward mit im Chor der italie⸗
nifben Dper verwendet, erwarb ſich die Gunſt des da»
maligen Kapellmeiſters Bernadconi und, befonderd durch
fein geſchmackvolles fertiges Solinfalel, auch des nach⸗
berigen Doftord der Mediein Schubauer, der durc feine
„Dorfdeputirten” und mehrere Meffen zuerſt den Wunſch
in ihm rege machte, fich vorzugsweiſe der Tonkunſt wid⸗
+‘
i %
e) Schillings Univerfal Lerikon der Tonkunſt. Bd. II.
——
| 002 , Brandl.
men zu koͤmen. 1774 verlelteten feine vielserſprechen⸗
Den Talente einen Erjefuiten, ibn mit nad Neuburg an
der Donau zu nehmen, wo er fi ald Seminarik unter
Der Zeitung eined gemiflen Selbmaier nen weiter in Der
Muſik a auch dad Studium der Kompo⸗
ing: 1778 kam er auf Veranlaflung und Ko⸗
de Drälaten vom DenebiEnmefeinße: N enfreuz
zu Donauwerth, in welches er * Be — rt fpäter eg
en verfproden hatte, nah €
dellineiſter Schlecht, um dad m 5 Le:
ser defien Zeitung no grändlicder fortzufegen und trat
8779 «lb Novize in das Kloſter. Die abgeſchloſſene ſtrenge
Lebentweife des neuen Standes aber war dem muntern,
lebendigen Charakter, beiterm Temperamente des jungen
®. durdans un angemeflen; er verfiel in Melandhos
He, "wurde voͤll 9 sieffnni und defhald von dem Praoͤ⸗
faten aldbald ie an Rn. Mehr zur Kur ald Kunſt⸗
bildung machte B. nun einige Eleinere Reifen; traf auf
nfelben mit dem Violinvirtnoſen * Hofe de Fürkbie
oſs zu Eichſtaͤdt, ——— zuſammen, deſſen fer⸗
re Begleitung idn von Neuem fleißiger Hebung im
olinfpielen anreizte. ine Keile die ——
er nach dem allein unternahm, war vom be 9;
ompoſitionen, die er auf —— A — ——
n Öfentli vortrug, brachten ihm Ruf; er wurde
no gürfk von SE la Sn als Kapell⸗
eſtellt und 1780 erhielt er den ehrenwollen
Kur a u: Rau ( — — Speierſcher)
Hofmu kror nach uchſal. Hier unterzog er ih
unaͤchſt * — mübevolen eine, die Mozartiſchen und
— Duart» und Duintette alle in Partitur
wodurd er freilich Die befte Gelegendeit ce
‚Diefelben mia durdzuftudiren; auch gab er Damals’
(1990) fein erſtes Werf: „12 durdausß fomponirte Ge
dichte von E. Schneider,” in den Drod. Die gute Auf
nahme, welche diefeiben bei Känftlern und Difettanten
fanden, machte ibm Muth zu fernerer und ee
— keit ſeiner Muſe und ſo verließen denn nach un
on TO Werke die 0 welche B. zu einem ar
ö bedeutendhen en Ne ertdeften Komponiften um:
| aa Seit erheben, deßhalb aber auch und mehrentbeils
in den verfhiedenften Ausgaben die rege Theilnahme
sıregten. Nah Karlörube Fam B. von Bruchſal im Rx
Eine feiner Sousen bi Han it aud "die Für -
Rengrufe von Schubert, Die Amen in Heilbronn „ aber
Köhler, W 608
it: der Birma “ druckte und Die troß ihres deißen
den Tertes eine Me Derdreitung erbielt. Nachher
erfhienen von ihm bei Bodter in Speier mehrere vor
trefflide Lieder, auch eine Sinfonie in D; bei Amon ig
Heilbronn eine — Serenade für Orcheſter und
eEbenſalls mehrete Kiederwerfe; bei Gambart in Auges
— 8 — Quartetre; bei Andre in Offenbach
6 Quintette für B ninftsererente; eine Sinfonie in Ey
ein 5* fir Vſoline und Cetlo mit Orcheſter, ein
t für Fagote, 2 Ouverturen, 2 Quariette für
für Fiöte; dann bei Simrod in Bonn,
der in Karlörupe, Richault in se u. a. Verlegern
noch viele rk — A — Ine Inſtrumente, wie
fuͤr ganzes Orcheſter nn e und GoloRimme,
die «tie zu den — 758 gerechnet werden
muͤſſen; namentlich ſteden dis Quarterte unter allen aus
ven den Mozart iden wohl am
Im, erb verfaßte Meilen; uwch Die
Dart errmann“ u. m. Oratorien 9m B. touponit
—X nd davon im Druck — „von. dem Mo⸗
none „Hero wurde bei Velt a X risrube der Ki
vieraudgng —
piareet zu ——— und Seba bei Meiningen;
geb. den 25. Ayeil 1765, geſt. den 3. Mai 1889, ..
Er war der dritte Sohn. des Scullebrers ‚Sodann
— — zu Vachdorf; feine Mutter, Katbarina
e geborne Steiner Dafelbft. adden er
ie ir ———— die Schule ſeines Geburtdorts be⸗
ne at.hatte, — er A ae auf das — nach Schles⸗
8 Direktion in ſcho⸗
ner — ſtand. Dort ae er fib mit andaiten⸗
dem Fleiße den Sprachen und anderen nuͤtzlichen Kenab
niffen, erıwarb a den ge sun Lehrer und wobb⸗
or Minen t —ã — um ee Y url
e . eotogie zu
diren. Im Jabr 1789 verlieh er Jena und. wurde
wohlbeflandenem Eramen unter die Zabl der —2
amtotandidaten aufgenommen. Hierauf übernaben —
eine rend en bei dem Dberförfter na
Troſtadt unmeit Themar, wo gr 5 Tahre verblieb:
gletcge Stelle fand er bel dem Wiarser Gerber in — *
naͤchſten. Beſonders
efinden u darunter, viele ſchaͤgenswerthe und * u.
004 Küder.
Dorf und nad Verlauf eines Jahdrs ging er. in Die dritte
Kondition zu dem an —32 in Heinrichs,
wo er abermals 5 gluͤckliche Jahre verlebte. m Jahr
4801. ward ihm der Antrag zur Pfarrei in Stepfersbau⸗
n Fa Seller une nr — re
n feine nge von Dein zu fortgefegtem Untere
richt — war er anfaͤnglich Gehälfe des
pereame Zeit dindurch kraͤnkelnden Pfarrers Reukauf,
s er nach dem, Tode deſſelben (1804) die ganze Pfar⸗
rei überlam. Im Jahr 41803 verebelichte er ſich mit
ohanne Sriedrite Helene Wilpelmine Neukauf, ſeines
orfadren älteren Tochter. Aus biefer fehr glädlichen
Ehe entſproßten ihm 3 Kinder, von denen aber nur noch
2 am Leben find, nämlich Der Pedigtamtskandidat Georg
Köhler zu Meinigen und eine Toter, Eleonore, welche
aa.den Kaufmann und Nittergutöbefiter Trebödorf zu
Aue bei Schmalkalden verheirarder if. Nachdem ibm
im April 1811 feine Battin burh den Tod entriffen
worden mar, vermäblte er lich im folgenden Tabre mit
— ———— oͤlteſten Tochter des Guperinten:
denten Wald zu Salzungen. — Gein Charafter war
bieder und anfpruchdloe, er ſchloß fi gern im Umgang
an bewährte Sreunde an, lebte einfach und eingezogen,
liebte die Sreuden und Erholung im Kreife der Narur
und bewahrte ſteis die Würde eined Beinen,
r, Shling.
* 202. Zriedrich Carl Auguft Ruͤcker,
Wuchändier in Berlin;
geb. den 18. September 1779, gef, ben 28. Mai 1887. _
Sohn ded preuß. Kriegs⸗ und Steuerraths Rücker
—— Neuhaldensleben, deichnete er ſich ſchon fruͤhzei
| rch ‚feinen Verſtand aud, vermittelt deſſen er fih au
Der mittellofen Lage, in die er ſich Durch den fräbzeiti-
gan Tod feined Vaters verfegt fad, heraus und bis gu
' keinem in den leuten 20 £ebendjahren erlangten beden⸗
tenden Wohlkand nah und nad emporarbeitete. Dem
Gpmnafium in Srankfurt a. d. D. feine Vorftublen ver.
baufend, frequentirte er nachher die daſige Univerfirds
und widmete fi dem Kameralfache. dem er ven
ſchiedene Jahre ald Referendariud gearbeitet hatte, wurde
er im Jahr 1804 bei der damaligen kurmaͤrkiſchen —“
und Domänenfammer als Sekretaͤr angeſtellt, bekleidete
dieſen Poſten bis zum Jahr 2809, wo er bei den dama⸗
N
«
37
Tigen vielfach veränderten na gkenngäfermen veranlaßt
wurde, feinen. Abſchied unter Belaffung einer einen
enfion zu nebmen und ſich den gei® ftlihen Privat
_ Seben zu midmen. Bon da ab bis zu dem Jap 1816
- gelang ed ibm, nicht mur ſich mit feinen geringen Mit,
teln Durch die damalige 'verbängnißvolle Zeit unabhän;
gig bindurd zu arbeiten, fondern auc ein Fleines Ber,
mögen zu erwerben, welches er im Betrieb bed Verlags,
buhbandels anzulegen beſchloß. Gleich anfangs benußte
er geſchickt die ſich hierzu Darbietende Gelegenheit, al
erade Damald einige bedeutende Buchbandlungen in
Berlin zu Grunde gingen und deren Berlagsartifel meift
bietend verkauft murden. Nachdem -er hiermit feine
bubbändlerifge Thärigkeit eröffnet hatte, verfchafften _
ibm owohl feine millenfhaftlihen Stenntniffe, als eine
im Umgange mit Perfonen der böbern Stände erlangte
vieljeitige Gewandtheit, verbunden mit ridtigem Bli
. , and der ibm angebornen Klugbeit vielfache Gelegenbeit,
feinen Geſcaͤftskreis von Tabr zu Fahr immer vortheils
- bafter zu erweitern und ed ift ſeitdem in feinem Verlag
‚ eine bedeutende Anzahl wichtiger Werke aus fat allen
weigen ber firengern Wiſſenſchaften erfchienen, deren
ertd anerkannt ift und noch lange, troß aller neuern
Erfheinungen in der Literatur anerkannt bleiben wird,
Nachdem nun der Verftorbene, den von ihm feit den let
ten zwanzig Jahren eingeflagenen Zebenömweg raftlo
verfolgt und fib bi zum Faht 1835 einer fa unwan⸗
delbaren Geſundheit erfreut batte, murde er von Waf
ſerſucht befallen, an welcher er big su feinem Tode un.
ausgefeßt, jedoch mehr oder weniger in verfdiedenen
Zwiſchenraͤumen, litt und zulegt nach ſchmerzlichen Leis
den unterlag, Deren nicht geringite auch darin befianden,
daß fein Geift, bis fat and Ende Tebendig und aufge _
wet wie in gefunden Tagen, fich dur Dem mehr und
mebr der Krankheit erliegenden Körper gefefete fühlte.
“um zu Derbindern, dag dur& feine Kräntlidten der Ge,
Fhdftögang gebeigmt werde, cnifchioß er fi im Jahr
1836 entweder feine Buchhandlung ganz zu verfaufen
oder ſich zu aflocliren. Lepteres gelang ihm nah Wunfch
und fo murde feit dem 4. Tan. 4837 in Solge Diele
*
Kr
-
Il;
008 Lehmann.
wit vollem Recht, die Lichtfeite des Merlandbuchban, -
dels, dab derſelbe, mit Umſicht betrieben, zur Korderung,
der Wiſſenſchaft und derjenigen Literaturiweige, durch
welche dad Beſte der Menſchheit befördert wird, ungen
mein viel beiträgt, beionderd wenn der einfichtövolle
Derleger, fo wie R., verdienkliben Probuftionen nicht
nur die Hand zu bieten, ſondern auc fie häufig bervor-
urufen verfiebt, fo bietet das bucbandleriihe Wirken
B.4 diefe Lichtfeite in. bobem Grade dar und der Ver:
orbene bat in Diefer Hinlicht feinen Pflichten gegen vie
Welt ruͤhmlich Genäge geleiſtet.
* 203. Mag. Johann Gottlieb Lehmann,
r. pr. Direktor am Gymnafium zu Sudau in der Niederlaufig;
geb. den 25. Mai 1782, geil. den 30. Mai 1837.
Er war zu Sonnewalde ohnweit Zudau geboren, -
woſelbſt fein Vater Bürgermeilter war; feine noch le—
bende Mutter it die Toter des Superintendenten Rich»
ter zu Sonnemwalde. In feinens 10. Lebensjahre (1792)
San er zu dem ehemaligen Rektor Jentſch (jegt Pfarrer
Yulenhain bei Torgau) nad Senftenberg, in deflen
&aulın alt er feine erfte —— erhielt und von wo
aud er ſich im Jadr 1795 auf die Thomasſchule nam
Leipzig_begab. Im Jahr 1802 bezog er die Leipziger
Uninerfität, woſelbſt er ch ausſchließlich Den theologi«
f&en und pbilologifhen Studien ergab, Mitglied des
ꝑbilologiſchen Seminars bei Bed *) wurde, von dieſem
und Tistmann **) Die vorzäglichtten Zeuaniffe erbielt und
im Jahr 1805 daſelbſt Ne MRanikerminge erlangte, zus
gleih auch ein hoͤchſt ruͤhmliches Eramen unter Keinbarbt
in Dresden befand. Er nahm nun eine Hauslchreritelle
bei dem Herrn von Buͤlow in Baiernaumburg bei San.
gerbaufen an und wurde im Jahr 1803 zum Slonrektor
an das Lyceum nach Luckau berufen. Hier wußte er fi
dur feine grändtiche Gelehrfamfeit, Durch feinen fittlis
hen Lehenswandel, durch feine raflofe Thätigfeit und
durch feinen immer regen Eifer, dad Gute überall au
fördern, bald die Hochachtung feiner fiollegen, Dad Ber.
trauen und die Liebe feiner Schüler und die ungerheilte
uneigung aller ibm näber Stehenden zu erwerben und
o mit. großem Nugen für Die im Aufbluͤhn begriifene
x
) Detien Biographie f. R. Retr. 10. adrg. ©. Bm.
pie Auſtalt zu wirfen, Auch machte. er in dieſer
urch feine poetifhe Epiftel, „dad Glüͤck des Siaibenhr
welche als Preiögedict in ‚der Urania 1820 erfchien
und dur Die Herausgabe verfchiedener Eleiner Schrik
ten des Zucian den Antang au feiner fiterariihen Wilke.
famfeir. Im jahr 1811 -verheiratbete er ſich mit der
fängfien Tochter: des verftorb. Paltor Prim. Mag. Iſrael
zu Kudau, die ibm in einer WMjaͤhrigen glüdlichen Ehe
6 Rinder, 2 Söhne und 4 Töchter gebar,. von denen aber
2, ein Sohn und eine Tochter, den frühften Tagen
- ibred Lebens farben. Dad Jahr 1820 führte ihn der ge
liebten Thomasſchule zu eiprig Don Neuem zu, die ibn
ald ihren ‚dritten Lehrer begrüßte. Mit aller eifrigen
fiebe, welche ibn fortwährend für fein theures gehria®
befeelte, nahm er diefe Stellung ein und begann bei
treuer und gewillenbofter Verwaltung derfelben noch au⸗
Berdem an der größeren Audgabe feines Lucian zu arbeiten.
Sein däusliched Gluͤck erlitt durch den plögliden Tod feis
ner ©attin, im J. 1821, eine gewaltige Erfchütterum
Im Jahr 1822 wurde er wieder nah Luckau zum Neb '
tor on. dad dortige Gymnaſium berufen und ein —8
äter verheiratheie er fi zum zweiten Mal mit Amas
lie, der älteften Tochter des ehemald in Golßen angefells
ten, jet in Naumburg a. d. ©. lebenden emeritirten Die
konus Foͤrtſch, die ihn mit 4 Töchtern diefer Ehe Ceine
Toter farb vor ibm) Äberlebt_ bat. In feiner 14jäb»
rigen amtlichen Stellung ald Rektor eines Gpmnafiums,
mit der fo viel fdwere Arbeiten verbunden find, voL
lendete er feinen £ucian im Derlag bei Weidmann, gab
auf Berlangen mebrere feiner trefflichen Schuireden berz
aus, und ſchrieb fein Evangelium auf Gpmnafien. Durd
feine ununterbrochene thätige Einwirkung erhielt trog
quer Hindernifle dad Gymnafium ein neued Sculges
bäude, fo wie 2 neue Dberledrerftellen, die Ded Mathes-
matifus aus Eönigf. Fonds gegründet, Die feiner Leis
tung anvertraute fchöne Schulanftalt wuchs aber auch
u feiner Sreude zu einer bedeurenden Scäleranzapl
inan, deren ungetbeilte Liebe und Anbdnglichkeit er im
hoͤchſten Grade befaß und in deren
ijetzt ſchon zum Theil in boden Aemtern ſtehende Mäns
ner gebildes wurden. Im Kauf diefer feiner egentreie
hen Amtsführung erbielt er den Titel eines Eöniglichen
Direktord und fpäterdin noch eine jaͤhrliche Zufage von,
200 Rthl. aus Fönigl. Mitteln, auch wurde er Mitglied
N
itte viel treffliche;
\
ben
608 . Nolte — Wagner.
—3 — gelehrten Geſellſchaften, namentlich der Ober⸗
ben und der biforifch» tbeologiften Geſenfcha
eipjig. Uber —* lange ſollte er dad Glück —
‚tür feine theuere Equle zu wirken. Eine boͤſe
ſokrankheit entwickelte id allmaͤlig, die, von ibm in
rem Entſtehen für nicht bedeutend gehalten, nach eini⸗
Jahren am oben genannten Tage feinen Tod ber
iführte. — Außer den oben genannten Werken ift von
ibm noch erſchienen: Explanatio loci e Cic. de natura
Deorum L. ]]. 80. ie 1802. (Auch in den Comment.
soc. philolog. Lips. Vol. III. P, 1.) — Obserrat. non- .
nullae exeget. dogmat. ad. loc. Matthaei XII. 27 — 32.
Viteb. 1811. — Schulreden. 3 Abtheil. Leipz. 1890. —
Beitr. zum Laufiger Wochenblatt. u2
* 204. Karl Adolph Nolte,
ö Doktor der Medicin in Nordheim (Hanover).
geb. 1. 3. 1812, geft. den 2. Suni 1887. . i
Der einzige Sohn ded noch lebenden Arztes Nolte
zu Nordheim, empfing er feine erfie Bildung in der Va⸗
serKadt und fludirte Darauf Medicin in Goͤttingen. Nach
vollendeten Studien ließ er ſich als praftifcher Arzt in
iner Vaterſtadt nieder. Doc nur kurz follte die Dauer
ines irdifhen Lebens fein. In Yudhbung feiner Bes
sufspflicht hatte er f das Nervenfieber zugezogen, dem
er nad einem A2tägigen Srankenlager erlag. — Wenn
grie noch jung, fo datte er doc) (don in der kurzen Zeit
ines praftifden Wirkens vorzäglihe Kenntniffe, Faͤ⸗
bigfeiten und Zugenden entwidelt, die in ibm einen
audgezeichneten Arzt mir Sicperheit erwarten ließen.
Dielingen. Arendt.
205. Aloys Wagner,
Domkapitular zu Rottenburg a. N. (Würtemberd)s
"geh. d. 18. April 1774, geft. d. 2. Suni 1837 *).
Geboren zu Sartzell, im ebemaligen Sürftentbum
‚Ellwangen, verdanfte er feine Bildung hauptſaͤchlich der
damals unter Sailer, Weber und Zimmer die trefflich-
Men Blärden und Srücte fördernden Dillinger Schule ,
‚ und wurde dann, nachdem er zwei Jahre an dem Gym⸗
9 Allgemeine Kirchenzeitung. 1837. Nr. 1. |
s
S %
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⸗
Wagner, "6089
nafium: in- Ellwangen gelehrt Hatte, 1708 als Pfarrer iu
Stumpfah und 1806 auf derielben Gielle ald Dekan
bed Landfapiseld Buͤhlertann, womit zugleich Die Schul:
infpeftion in einem weiteren Kreiſe ‚verknüpft mar, ans
etet, 1810 zum Generalvifariassratb und Regens des
riefterfeminars in Ellwangen ernannt, bald Darauf aber -
in der erften Eigenſchaft nah Rottenburg verfent: ld
Dann im Jahr 1823 dad Bisthum in der leäteren Stadt
errichtet wurde, war er unter denjenigen Geiftlichen,
. welchen der. Biſchof die Domfapitularenmärde übertrug,
Die Geiſtesrichtung, melche Wagner durch Gailer: im der
Dillinger Schule erhalten hatte, erhielt fi fein ganzes
Leben bindurd und al fein- Denken und Wirfen. was
aur eine weitere Entwidelung derfelben und eine ftete
Vebung der aus ihr bervorgebenden Marimen, wobei
aber Die kindliche Liebe und Ehrfurcht, womit er dem.
Meifter ergeben war, einen fortdauernden Einfluß auf
ibn. erwies, indem er bei den wechlelnden Gefichtapunfs
ten, die in Sailers Denfart im Kauf der Zeit-und der
Umftände eintraten, namentlich bei feiner ſich immer mebr
von, dem Lichte der Vernunft und der Wiſſenſchaft ab»
wendenden Mpftif und bei feiner immer entjciedener
f — — Hingebung an den 1bmiſchen Dogmatis
hen und kirclichen Pojitivismus, fierd auf -derielben
Bahn mit ibm fortwandelte, Aber fein Elarer Verſtand,
feine geiſtige Nüchternheit, feine im Leben erworbene
saktifche Anſicht der Erſcheinungen und feine moralifche
Kein eit und Feſtigkeit bewabrten ibn vor ben Berirnuns
"gen, in. welde wir mande von Gailerd Schülern, bes
onderd in der neueſten Zeit, auf dem einen und auf
bem anderen Weg abgleiten faben. Indem W. das
Veberfinnlihe und Ewige mit dem Begriff zu erfaffen,
fo wenig, ald ein anderer Sterblier, vermochte, ward
ed um fo lebendiger in feinem Gemuth aufgenommen
und ed wurgelte in dem letzteren der rege, einen gan⸗
en Charakter dDurchdringende Sinn oriftlicher Neligios
itdt und Srömmigfeit, der die bewegende und berrſchende
Kraft ſeines Lebens, feines. Wirkens und aller feiner
Beftrebungen war und ibn in allen feinen Verhaͤltniſſen
als einen wahrhaften, unmandelbar in der Anſchauung
sand in. dem Gefühle der durch dad Chriftentbun Darges
fellten idealen Welt lebenden Geiftlicben Fundbar machte,
ie er diefe Gefiunung in feinem Privatleben und in
einen mannichfaltigen. amtlichen Stellungen fortdauernd
‚bewährt und dur fie unausipreclich viel Gutes vers
N. Rekrolog is. Jahrg. 39
—
610 Wagner. |
aulaßt und seRiftet dat, iR in den verſchledenen Kreifen
feine® Wirkens «allgemein und dankbar anerkannt und
wenn feine raflofe Beruförhätigkeit ibm auch nur fele
sen geftattete, fein Wirken aut dem fchriftkellerifchen
Weg über dieſen Kreid audjudebnen, fo fand er doch
noch Zeit au diefen Weg einzuſchlagen, fobald er auf
demſelben Gelegendeit zu einer beilfamen Ausſaat fab
and eine Menge Tournalauffäge, einige kleine Schriften
afcetifden Indaltd und befonderd die gemäthvollen bio»
geriinen enfmale daben ihm allentbalden Dank und
nerfenntniß erworben; am wenigſten aber wird fein
Name in der Reide der verdienſtvollen Männer vergeſ⸗
n werben, denen das katholiſche Wärtemberg Die Sort.
itte, die in der neueren Zeit in ibm dad Volksſchul⸗
weien gemacht bat, verdanft, wie er denn Einer der er»
a war, die diefem Zweig der Bildung, unermädet
urch den Widerfland, den ihnen bald die Rohheit des
Volfs, bald die Gleichgältigkeit der vormaligen Bebdr-
den entgegenfegte, ihren Fleiß gewidmet, aber auch das
Vergnügen genoflen baben, dieſem Felde die frübeften
Sräcte entipriefen zu fehen. Bon jeber hatte WB. -mit
vielen in der Kirde und in der Literatur außgezeichne
sen Männern in freundfihaftliher Verbindung gelebt
und. er ſeyte den Verkehr mit ihnen bi6 an fein Ende
durch fleißige briefliche Mittheilungen fort; ‚unter ihnen
fanden ſich auch wehrere proteſtanfiſche Gelehrte, die er
zum Theil zu feinen aͤlteſten und geliebteſten Freunden
zählte, ungenirt dur die Verſchiedenheit der beiderfeis
tigen theologiihen und kirchlichen Anfichten, Durch Die
er das Wirken des in dem Wandelbaren in den Theo
rieen ſtebenden chriſtlichen Geiſtes des Glaubens und der
Liebe nicht geſtoͤrt ſad. Er ging dem Sommer 1837 mit
dem Vorſatz entgegen, während deffelben in Gefellfäbaft
feined Sreundes Chriſt. Schmidt, den ebrmärdigen Er
biſchof in Sreiburg, mit dem die aleihen Belrebungen
far die Förderung ded Volksſchulweſens ibn febon feit
dren innig. verbunden batten, zu beſuchen. Aber bie:
Plan follte er nit audflihren: eine Yungenläbmung
endete nach kurzem Krankenlager fein Leben. — Bon
inen Sqriften nennen wir: Die Gedichte d. Schul
us zu Stümpfah. — Gedanken u. Empfindungen
eines Geelforgerd nad einer überftandenen Krankb, —
— — — d. This * —
ngleichen ante im J. 1803 &. 360 im
Mag. — Skizze d. Untrittsrede d. Pfarrerd U. W, Über
’
Beyer. "oo
Tim. 11.45 — Skitzze einer Primizprediar zu @&... —
Der Zlurgang zu Stämpfad. — Das Erntefelt in Preu—
gen — Zwei Predigten beim vor- und nachmittägigen
Gottesdienſt am Erntefeſt. — Die Paftoralblätter, ges
widmer dem koͤnigl. baier. geiftlihen Narb u. Profeflor
Sailer. — Rede bei d. Beerdigung d. Pfarrers St. zu
4 — Eine Predigt am Dank» u. Erntefefte 3. Stuͤmp⸗
ad. — Die Sittengeridte im Landkapitel St. im Kös
nigreich Würtemberg. — Pfarr. u. Kirdenpifitation ins
Königr. Würtemb. — Ein Paar Worte über die uralte
Kirhenordnung d. Hochſtifts Würzburg. — Dad Saul
fen zu Büblertann. — Dad Jubelfer zu Steinbach im '
Landkapitel Bühlertann. — Die nbelfeier zu Steins
bach, eine Predigt. Gmünd 1811. — Nebft Auffägen in
der. Nationalchrönik der Deutſchen fertigte W. nad
einige Rezenfionen in die £iteraturzeitung f. katbolifähe
, Religionslehrer. — Ferner verfaßte er auch einen weits
Iäuftigen Auffag in’! Voͤlteriſche Schuljournal unter dem
Sitel: Plan und Einrichtung des Privar-Scullebrer:
inſtituts zu I. nebſt d. Befchreib. d. erften feiert. Prüfung.
\
* 206. Hans Paulfen Beyer,
Drediger zu Burkal im Schleswigſchen;
geboren im 3. 1786 (7), gefl. den 6. Juni 1837,
Beyer wurde zu Bülderup, einem Sirchdorf im
germardume le wig. geboren. Nachdem er ſich auf
aulen die nötdigen Borkenntniffe erworben hatte, fius
Dirte er zu Kiel Theologie und ward nad gut beftandes
nem Amtderamen und nachden er bierauf einige Tabre
Hauslehrer geweſen war, bereitö 1812 Paftor zu Carlum,
in der ſchleswigſchen Probftei Tondern. Nachdem er
bier 48 Jahre mit Liebe gelehrt batte, murde er am
25. Dftober 1830 zum Paltor in Burfall, in derfelben
Probſtei, ermählt und am 22, Novbr, deffelben Jahrs
vom Stönig al& folder beftätigt. In Diefer neuen Pfars
rei fotlte. er aber nur —— thaͤtig fein; denn
am oben bemerften Tage verſchied er plöglih am Schlag»
fu e. Er hinterließ eine trauernde Wittme, W., geb.
affen. — Beyer war Klein von Perfon und nicht ohne
Kenntuiffe. — Gedruckt it jedoch unferd Wiſſens von.
ihm nichts, ald eine Peine Legende, betitelt: „Der
Mantel in der Bülderuper Kirche,“ in Falcks Staat,
bürgerlichem Magazine Bd. 4. (1824) ©. 244 bid 246,
vempdorf,, Dr. ——
Li
® *
612
* 207, Dr. Mathias Joſeph Bluff,
* genktifcher Arıt in Aachen, Mitglied der kaiſerl. Leopoldiniſch⸗
Karoliniſchen Atademie der Naturforſcher in Breslau (Mit dem '
Beinamen: Van Swieten II), der botan. Geſellſchaft in Regens⸗
durg, der boten. Geſellſchaft des Mittel: u. Niederrhein;
geboren iu Köln a. Rdein den 6. Febr. 1806, gefl. d. 5. Juni 1837.
widmen beichloß, fo AR ga —
‚De absorptione
Cutis“ den 16. Dec. 1826 ald Doktor der Medicin und
durch Berbdltniffe in Dielen unangenehm geräuras,
gen mit Agnes, geb. Reimbold, die ibn nebſt einem
naben_ und einem Mädchen überlebt hat, in Gangett,
einem Sleden im Regierungdbezirt Aachen niederließ,
wo ihn eine zwar fehr große, ausgebreitete aber ſchlecht
lohnende Praxis erwartete, 1829 vertaufchte er diefen
Ort mit dem nahen Geilenkirchen, De die Praris zwar
lopnender war, von alten wiſſenſchaftlichen Oälfsquellen
Bluff. Be 613
aber beinahe abgefchnitten, fühlte er feinen Bein, fo wie
durch Die angeftrengtefte Thätigkeit feinen von Jugend
an ſchwachen Körper ermatten und zog deshalb 1832
nah Aachen, wo er fi bald Arztlichen Ruf verfchaffte,
da er voll Eifer feinem Berufe lebte und fich bei der
bald nad) feiner ——— ausgebrochenen Cholera,’
epidemie aufs thaͤtigſte aüszelchnete. — Don frübefter
Tugend war Mufik_ feine Erbolung Violine und Guis
pr fpielte er meifterbaft und für legtere bat er felbit
ebrered gedichter und fomponirt. Beim Studium
größerer Werke waren ibm aber beide nftrumente zu
unvollfommen, meöbalb er ſich erft einige Fahre vor
feinem Zode noch mit Dem Fortepiano vertrdut machte.
Gruͤndlichſte Kenntniß der alten mie der neueſten Meifter
mwar ibm eigen, weöbalb er au mufikalifhe Vereine
und Zufammenkünfte fehr liebte und mit großen Opfern
unterbielt, WUngefirengtefte Thätigkeit ließ ibn fomohf
franzdf. ald auch engl. Sprade und Literatur ſich vers
traut machen. Im Begriff, auch fein eigner Ledrer der .
italienifden mie der fpanifben Sprade zu werden, -
überrafchte ibn der Tod. Die größte Theilnapme be -
eugte, mie ſehr feine Freunde und Mitbürger den für
ke mie für feine Familie unerfegliben Derluft fühlten. -
Als Garte und Dater, als Arzt und Bürger war er
doͤchſt gemiffenhaft in Ausübung feiner Pflichten und von
mabrer Srömmigfeit dDurhdrungen, Was er in feiner -
Kunſt und Wiffenfchaft geleiftet haben würde, wenn dag
Schickſal feine Neigung erfüllt und ihn zum fehrer ge
bilder oder ibn und nicht fo früb entriffen bätte, iſt aus
dem in der kurzen Zeit feines Wirfens Geleifketen zu
ermeſſen. — Außer zahlreichen Auffägen in verſchiedenen
Zeitföriften, mie in Medeld Archiv, Schweiggers Zours
nal, Med, Konverfat.» Blatt von Hobenbaum, 9. Sie
bolds Journ., Puchelt's Heidelberger Annalen, 9. Gräfe .
und v. Waltberd Tournal, Hendes Zeitfchrift f. Staats⸗
arzneifunde, Sachs Berliner Eentraljeitung, Mäller’s
Archiv, Schmidts Jahrbücher der Medicin und in den
Akten der Aladem. Caͤſ. Karol. Leopold. Nat. Kuriof.'
und dem von ihm und feinem $reunde Dr. Singerbutd
derausgegebenen Compend. florae germaniae II. tom.
' Nürnberg 1825, wovon die 1837 erfhienene 2. Aufl. der
Pröfid. Mech v. Efenbed*) u. Dr. Schauer mit bearbeis
set baden, erfhienen noch von ihm: Entwidlungdfom.
Deſſen Bioge. f. in dief. Jahrg. d. N. Nekr. untere 12. Dec.
614 Börfter.
binationen organiiher Weſen. Köln 1827. — Paßoral⸗
medicin. Moden 4877. — Ueb. d. Heilkraft d. einen
ewächfe. Nürnb. 1828. — Web. Krankheiten ald Krank,
Beitöurfaßen. Aachen 1829. — Synonymia Medicaminum,
Lipsiae 1831. — Helfologie. Berl. 1 — Reform der
Medicin 2 BP. —— — Auf Wunſch des
Berlegers wurde ftatt Materialien zur Reform, der Ti⸗
tel Reform gemäblt.) — Zeitungen und Fortſchritte der
Medicin in Deutihland 5 Bde. Berl. 1882 — 84. !pig.
3835 — 36, welche mühfame Arbeit feit ihrem Erfcheinen
fid einer febr bedeutenden DBerbreitung und des allge
meinen Beifalld zu erfreuen gebabt hat und eine genaue
Ueberfiht und gedtängte Nachweiſung gibt, mad ın Bes
ug auf Medicin in diefen Saleen auf deutſchem Boden
elbaftändig erſcdienen if. — Aus d. Franzoͤſiſchen über
ker u. mit Zufägen: Eöquirold Mordmonomanie 1831 u.
Ipeau die Konvulfionen d. Schwangern. Aachen 1835.
D. Reimbold.
208. Joh. Karl Förfter,
Obderlebrer an der Ulrichöfchule zu Halle;
geb. den 25. Dec..1760, gef: den 6. Juni 1837 *).
‘ Bruder, nah Halle, um die Eule der Sranfefchen
©tiftungen zu befuden. Ede er aber dieſe verließ,
u fludiren. Schon jegt übernabm er Unterrichtäfianden
*) Allgemeine Säulgeitung 1887. Nr. 12.
Fehr. d. Maitig. 616
ker, die ihn naͤber kannten, erworben bat. 37 „1794
‚erbielt er die erledigte Stelle eined Parrobialfihulleb»
vers zu St. Ulrih und beiratbete Dann die Wittme feis
ned Amtövorgängerd, aus welcher Ehe 6 finder ent
proffen, von denen gegenwärtig noch ein Gobn und
-, brei Töchter am Leben find. Im Tabr 1810 farb feine
attin. Bei der Drganifation des Nädtiiben Schul
weſens i. J. 4825 Abertrug ibm die Schulinſpektion die
Oberlehrerſtelle an der Ulrihöfchule, melde zu Dftern
4829 zu einer Maͤdchenſchule ausſchließlich befliimmt und
. 3. 1832 wegen Rarfer Frequenz erweitert wurde, Bei
dem fihtbaren Gedeiben der ibm anvertrauten Anftalt
wirkte der rüfige Greis noch einige Jahre in jugenblis
&er Kraft, bis die Natur ibre Rechte behauptete und
die zur Bermwaltung ded ſchweren Amted — dem er je—
‚derzeit mit der größten Pünktlichkeit und Treue vor
ſtand — erforderlichen Siräfte fhmanden, Er murbe
desdalb zu Anfang vorigen Jahrs, in dem 76. feined
Lebens, auf feinen Antrag penfionirt. Doc nicht lange
enoß er nad dem ſchwuͤlen Arbeitötage die Ruhe am
bende feines Lebens. ——
* 209. Gotthilf Auguſt, Schr. v. Maltitz,
Schriftſteller zu Dresden;
geb. d. 9. Juli 1794, geſt. d. 7. Juni 18897,
‚ Maltig war von 18 Geſchwiſtern der letzte Sohn
(eine Schweſter bat ihn überlebt) einer altadeligen Fa⸗
milie, deren Boreltern wir mit den Urmäldern DE
mend in der Geſchichte auftauchen feben und deren V
ser Einer Uli v. Maltig war, welcher im Qufiten
Eriege 1491 die Stadt Grimma in Gapfen in "einen
wuͤſten Aſchenhaufen verwandelte und dann weiter durch
die Laufig und wieder nach Böhmen zurückzog. M. war
der fegte Sproß feines Zweigd, mit ihm erlofch dieſe
Linie, welche nichtd mit jenem Maltig gemein bat, der
einſt die Geſtaͤndniſſe ſeines Rappen in Drud erſcheinen
ließ. Die Linie, zu welcher unfer M. ‚gehörte, batte: ſich
von jener Andern fon vor gu Zeiten getrennt und
ald naben Verwandten gleiches Namens hatte M. nur
noch einen Better. in der preuß. Lauſig. Schon in dem.
Knaben zeigte ih ein feuriged Temperament, mit einer
Eräftigen und felbfitändigen Ridtung des Charakters,
Don feinen Eltern ohnerachtet eined Edrperlihen Ge⸗
brechen zur Forſtwiſſenſchaft beſtimmt, ſtudirte er auf
66 - Icht. v. Bali.
der berägmten Borkafademie in Tharand Im Königrei
Sachſen tdeorerif® und erweiterte feine Kenytniffe dans
fpäter durch praktiſches Studium in der Gegend von
Königdberg, feiner Geburtsſtadt. Mit jugendlichem Feuer⸗
eifer und wahrer Schwärmerei überließ er ſich jegt Der
eingefchlagenen Laufbahn, auf welder fein an dem
Mbenthenerliden bängender Geiſt den reichten Stoff _
und Nahrung zu kühneren Gebilden fand und in dem
rönen Duntel des Waldes ing dem Juͤngling diejenige
ſche und Eräftige Natur» und Lebenspoeſie auf, Yon
weicher mir ihn bid an das Ende feined bewegten und
oft ſtuͤrmiſchen Erdenwandeld begleiter ſehen. M. war
Preuße, war died mit ganzer Seele und Herzen und
Daber wie fein gen ed Vaterland in den letzten unglück⸗
lichen Jahren beabfichtigter Unterdrädung mit einens
luͤdenden Freiheitsgefühl für Deutſchland befeelt. Dar
er ergrif aub ihn wig Taufende feiner Brüder und
ipn um fo mehr, die allgemeine Noth des Vaterlands
und als das ſcwache Deutſchland, zerfiüdelt in fi
ſelbſt fon, von den franzöffben Heeren uͤberſchwemmß
worden war, ald Preußens edler onig 1812 den Net
tungdruf an die freiwilligen greiheitöfämpfer ertönem
ließ und Alles ihm und feinen Fahnen folgte: da fedlte
auch unfer M. nicht in den ernften Reihen der, Tod oder
Sreibeit erwartenden Kämpfer und er trat trog feines
8 — noch vor Beendigung ſeiner forſtwiſſen⸗
m tliden Studien — irren wir nicht — zu den fdles
hen Hufaren. Diefe Aufopferung für dad Vaterland
war von feiner Seite um fo größer, ald ibn fein von
der ungünftig für ibn geftimmten Natur für die Erden.
reife zugetbeilted koͤrperliches Gebrehen davon auße
zuiplienen ſchien, welches fid denn auch durd die
gungen während feiner Dienftzeit bedeutend im
- feinen Solgen verſchlimmerte; und oft fagte der biedere
Mann noch fpdter fherzvoll: „Preußen bat in dieſem
unglüdlien Krieg Ungeheures aufgeboten und geleifter,
aber ih habe mehr gethan als Alle: denn ich habe mi
laͤcherlich gemacht und bin Hufar geworden.“ Auch ga
ed troß der blutig Drängenden Zeit, wo nur der Mann,
fein Herz; und Arm bätten gelten folen — wie überall.
Unfraut unter den Waizen — auch hier einige Widhte,
- welde den- von der Natur vernachläffigten Mann- vers
fpotteten und Diefer ſich gezwungen ß ‚ feine Ehre
aub als Mann von Ehre zu vertheidigen. Nach Beene
Digung des Kriegs tras M. wieder aus dem Militär
Frhr. v. Maltitz. 17.
dienſte, zu mweldem ihn nur dad Gerühl für beutfche
Sreipeit gerufen barte. Er kehrte zur Tägerei zurld,
gs im beiligen Eichenſchatten den rinas durch das
eltall fchwebenden glübenden Lebenäbauc Der Poeſſe
mit noch glühenderer Seele ein und (cin zum Hübnen
und Romantiſchen fib neigender Geilt fchuf fib Das
odnedin poetiſche Waidwerk zu einer wundervollen Phan—
tafienmwelt. Eine übertragene Sorfttaration entjweite ihn
mit feinen Vorgeſetzten und er beging nun Die Unbes
ei auf zwei Dderfelben, allgemein geadhtete
orfimänner, eine zwar mwißige, aber ungerechte Satyre .
ohne Beifügung feines Namens druden zu laflen und
ſich dadurd die Ausſichten auf Beförderung zu verküm⸗
mern. Er verließ nun dad Forſtfach und madte eine
Reiſe nah Stalin. Man dat fih von verfdiedenen
Geiten bemüht, M. wie fo Dieled, au diefe Reife
abzuleugnen und auf Rechnung feiner lebhaften Phantafie
zu fegen und es ift ibm nicht nur von mehreren Seiten
abgefprodhen worden, jemals in dem Innern Staliend
und am allerwenigften in Neapel (wo er doch die Bes
kanntſchaft des durch feine „Maleriſche Are im an
mer“ bekannten Endlen gemacht hatte) geweſen zu fein,
ja er fünne nicht einmal Venedig gefeben haben, da, er
nicht wiſſe, mo der DBenetianifhe Löwe ſtede. M. aber
befümmerte ſich nicht um folde Oertlichkeitskraͤmerei, er
faßte nur die große Natur mit al’ ihren -angebornen
Schoͤnheiten in feiner großen Seele auf und oft mußte
er von all’ den Kleinigkeiten , Die dad Buch ded Mode,
reiſenden füllen, auch nit eine Sylbe zu erzählen und
biernach erſchien ed den Fleinen Kudkaftenfreunden, als
fei er gar nicht dort geweſen. Aber dad Ganze baute
- fi® in ibm, lag fo deutlich vor feinen Blicken, ſprach
mit fo lebhaften Sarben und Tönen aus feiner Seele,
daß der Mann von Gefühl und Poefie geiltig Arm in
Arm mit M. die Sluren durdwanderte, deren Schönheit
er jetzt mit einem Bli zu umfaflen glaubte, obgleich
fein fterblihed Auge dieſe noch nie erreicht hatte. So
mar, fo reiſte, f&ilderte und lebte M. Später wählte
er zu feinem Wufenthaltdorte Berlin, wo er Tängere
Jahre lebte, aber ewig unzufrieden mit dem Geifte des
Dortigen Lebens. Sragten ihn nun feine Umgebungen,
meöhalb er denn Berlin nicht verlaffe, da es idm fo
ſehr mißfalle, dann ermwiederte er lawend: „Weil ich
außerhalb Berlin_nichtd mebr zu räfonniren babe." —
- Bier fhrieb er feinen pramatiihen Derfuh „der alte.
.
’
618 Erhr. v: Malitz.
Student,“ wurde aber für hie unverbällt darin aus
gefpromene Wahrbeit beftig angefochten und zuletzt aus
erlin und feinem Vaterlande verbannt, deſſen Marks
Reine er dann nie wieder überfaritten bat. Bon bier
gina der tief gefränkte Dann nun nad Hamburg, wo⸗
in ihn tbeild der Name der freien Stadt, tbeild fein
Derleger Campe z09 und wo er einige Zelt den „nordi:
den Kourir" berausgab, Über aud von dort trieb ibn-
ein unrubiger Geil: der Ausbruch ber Tulirevolution
erregte auſs Höchite feine Phantafie und er wendete fi
Ende 1830 nah Parid. Aber Dort gefiel ed ibm durdaus
nit, denn er war der Eprade nicht mädtig und —
Sprechen war einmal fein Dauptvergnügen. Mit den
deuiſchen Gelebrien in Parid war er nit umgegangen.
Deine batte er (dom in Berlin Fennen lernen, liebte ibn
er wit und ließ ibm felbit ald Dichter nicht Gerech⸗
tigkeit in dem Maaſe widerfabren, mie er ed verdient,
* Börne *) ſchaͤtzte er mehr, weil, wie er fagte, Diefer ein
Mann von Charakter fei, obwohl er nidt deffen Anfich-
ten theile.. Don Parid fam M. i. 7. 1832 (1831) nad
Dresden. Hier lebte er nun unbefümmert darum, was
man von ibm ſelbſt Dachte und ſprach und obne irgend
wen deshalb zu baflen, ſchlicht und ſtil und ſuchte zu
wigßen, wo er wußte und konnte. Einen boden ze
Batte in feinen Phantafien und feinem Herzen das Giä
der Ede, aber er wußte auch, idr wahres Gläd mar für
ibn unerreihbar. — „Ich weiß recht wohl,” fagte er,
„meine Geftals if nit für ein Mädchen, mein Vermoͤ⸗
gen nicht groß genug, um zu zieben und dad Weib, wel⸗
dDes mich nimm, will nidt den Mann, fondern dem
ı Baron ; Diefer aber kann fi ſelbſt wohl ernähren, einer
Grau Baronin Aufwand aber nie beſtreiten. Alſo —
nun, es iſt ſo auch gut und wird ja — — Das
geben war ibm lieb, A ſehr er au die Welt in Stun.
den ded Unmuths tadelte, fein fo ſeht gemüthliched in»
nered Weſen verloͤſchte doch alle grauen Bilder
wieder und er ſah dann die Welt außer ſich, eben ſo
poetiſch, ald die, welche ſich in feinem Innern geſtaltet
datte. Schon im Herbfi 1836 begann v. M. an einem
Darinäcigen Stmerzboibelbkel zu Eränfeln, wurde jedoch
durch feinen Arzt, Dr. Aumer **) und den Prof. Pech
nach langen Leiden wieder bergeftellt, erkrankte aber
°%) Deifen Biogr. ſ. in dieſem Jahrg. d. Relr.. S. 220.
—— — — gi re = unterm 50. Juni.
Behr. v. Malie, 6io
bdald wieder von neuem nnd erlag nach einem achtnaͤgi⸗
eber. Kurz vor feiner
en Krankenlager einem neroöfen
‚legten Krankheit hatte er ein Eleined Luffpiel: „Tauſch
und Taͤuſchung“ vollendet, die Ausfährung einer größern
dramatiſchen Arbeit — „Ulrib von Huiten“ — batte
er bid zu feiner völligen Genefung verſchoben. Beine
Hüue wurde am 10. Juni frib 8 Ubr, mie er es ge⸗
wünfcht, ohne Begleitung eines Beiftliden und unter
Begleitung einiger feiner Freunde zur Erde beftattet,
aber Mander fvlgte im Zuge, der ibm nidt $reund,
a, der ibm Gegner geweſen war. An feinem Grabe
prach der Novellift von Wachdmann einige Worte über. -
das Leben des Entihlafenen und die Grundzäge feines
Sharafterd. Mebr batıe der Gelige nit gewolt: eine
fach und prunklod wollte er zur Erde beſtattet feinz
Sreunde, Die. er ſich durd feine Handlungsweiſe erwor⸗
ben, folten feinem Sarge folgen und fo ift wenigkens
- zum Theil fein befheidener Wunſch erfüllt, zum Theil
auch überboten worden, denn auch Srauen und jungs
frauen böherer Bildung batten fib an feiner lenten
Rupeftätte —— und bezeugten dadurch, wie ſehr
der gewiß von
ehrung aller Edeln verdient hatte. em Grab»
Auf feine
bägel erbebt. is ein liter Granitblock, in deſſen Würfel
ana
die doͤoſt ei e aber M. fo bezeichnende Grabſchrift:
kicht war fein Geiſt⸗
Kraft wer fein Wort
Und feine That war Liebe!
eingehauen ik. Der wärdige Dichtergreis Tiedge, wedl
des Verftorbenen waͤrmſter Freund, bat ihm dies Denfe
mal errichten laflen. — v. M. war von mittler Grüße,
blond und bfaffen geiftreihen Geſichts, das einen ernſten
maͤnnlichen Außdrud hatte. Wenn er fprach, hatten: feine
üge etwad ungemein Bewegliches iegelten, jede
e
einer Empfindungen wieder — was a feiner Des -
tlomationdgabe ungemein zu Ratten Fam — und «6 je
Momente, wo man die Geſammtheit derfelben batte
ſchoͤn nennen koͤnnen. Die Stimme mar kiangvoll und.
angenehm. Sein Körper war diefen Barzügen nicht an⸗
gemeſſen; man konnte ihn nicht eben mißgeſtaltet nennen,
od war er allerdings etwas verwachſen, was jedoch
einer Erfcheinung keinen beſondern Eintrag that oder
fe auffallend gemacht bätte. Im Anzuge war er einfach
und kleidete Ach. mehr nad. Bequenlichkeit, ald nad ber.
ielen ſchmerzlich Beweinte die Der
620 ' Irhr. v. Maltitz.
Diode. Die ſcharf eingegrabenen Grundzüge ſeines Cha;
FE waren eine unbefteblide Redlichkeit, firenge
Br ein gluͤhend loderndes Gefühl für ver
nünftige Breigelt und ein Herz; — der ganzen Menfcpbeit
eöffnes! Mit diefen Diamanten batte er dad ibn um—
Bülense Gewand einer unendlid non Phantafie bes
er
in die Sprade der trodnen Proſa — Dies
e
agt auh Wachsmann von ibm, „fo war ed M. Er
datte eine unglaublid rege bantafie, einen Sinn für
bI für Recht und Unrecht und-
ein weiches Gemäsb erhalten. Nur ſelten kann ſich ein
\
Frhr. v. Moltig. ‚62
, von mathematifchen und Natarwiſſenſchaften ſo
se es Yo —* di A ne Kalte 4
wohl roͤmiſche, als griechiſche, e er nu weiße
in Ueberfegungen und no da nur luͤckenhaft gelefen,
fi aber nichtd Davon zu eigen gemacht) mit ibneh -vern
eint gewefen, fo würde M. immer der ausgezeichnetſte
Dichter feiner Zeit gemefen fein.“ — Was v. M. als
Scqriftſteller betrifft, fo dürfte ihn v. Wachsmann wohl
richtig befirtheilt haben, wenn er fagt: M. babe vorzäg«
lich als Lyriker ein entfchiedened Talent, ja, unbedings
tes Genie bewieſen, wovon mir. ald den beften Zeugen
feine „Polonia” obenan ftellen. Und eine gleich reihe
und mächtige Phantafle und eine groß und edel fühlende
Seele voll des wärmftien Gefühl für Menſchenwerth
und Menfcdenrecht finden wir unter Andern dann noch
vorzüglich in folgenden: „Rede an den deutfchen Adel,“
„Rede an dad Volk,“ „der Senfenmann von Oſtro⸗
lenka,“ „der bleiche Fremdling,“ „die Teufeldfonate”
und „der Weihnachtsbaum.“ Wie fhön, wie berrlich,
wie groß, Eindlih iA M. bier und damit feine „Som.
nenblide “ vereint, fönnen wir nit umbin unfere Ges
fühle zu der innigften und märmften Sodedtung- für
den unübertreffliden Menſchen zu fteigern und und filE
vor feiner Herzend» und Gefuͤhlsgroͤße zu neigen. Bei
Oelegenbeit der. „Sonnenblide” — wohl nit mit Une
recht eine Kortfegung der Witſchelſchen Morgens und
Abendandachten genannt — fagt W. wieder: Diele, die
M. und feine Anfihten naͤder gefannt bätten, würden
fid kaum denfen können, daß diefer Mann jemald wahr⸗
daft in einer folden Stimmung geweſen fein könne,
Gedichte diefer Art zu fchreiben und M. babe felbit ges»
fagt, fie während einer längern Kraͤnklichkeit geſchrieben
zu haben. Dies it allerdingd der Fall, aber mehr ober,
minder kraͤnklich war M. fortwährend und Dies im hoͤ—
berenn Grade gefleigert, konnte aber keinegwegs einen
folden Einfluß auf den innern Menſchen dußern, daß er
Gedanken erfaßt und niedergefhticben bätte, bie ibn
- font fremd geweſen wären, wie Dies leicht aus folder
aber ewig derſe
tig bingemorfenen Bemerfung W.’5 bervorgeben
dnnte. Ein Mann wie M. blieb ſich ſtets ſelbſt getreu,
wenn er auch gleich zuweilen in feinen politiiden Mei—
nungen ee ee zu fein ſchien. Der Grund blieb.
be, wabt und beil und der obere Spie⸗
gel warf nur die und da Blafen, die man nicht zu dem
beilen Perlen zählen durfte, die aus ber Tiere fliegen...
-
— — —
unſer ganzer Glaude
Br | |
Died war daupefͤchitch wohl nur biafichtikch Preußens
der Fall, das er unendlich liebte, von dem er aber ver⸗
danni worden war und das ibn Dadurch zu mancher
ſaarſen Beurtheilung zwang. Anderſeits aber ſuchte er
wieder aus angeborner Liebe fein Vaterland zu vertbeis
digen und bier war ed, wo er ſich dam wohl zuweilen
fi
ei: Empfindung bätte zweifelhaft, in dem Eleinften
edanten hätte wankend werden können und fein Blaube
von. beinabe allen kirchlichen Otaubendfermen und Glau⸗
benöbetennmiffen abwich, fol von und nit geläugnet
werden. M. hatte feinem Gottglauben aus
wie er ibn in Ach felbr gefunden bare. „Ich kann“
ante M. eink zu und, aid wir über Gott und Die Bött-
—Wa im menſchlichen Weſen ſprachen, „id kann die
Sroͤße dieſes unendlichen Weſens nicht getyeilt Denken,
kann neben feiner Größe, außer den Menſchen, Feine
weite glauben noch denken und böher ſtedt auch der
Iren tn meiner Achtung, der ald ſolcher gönlich hans»
Deite, aid wenn ic ibn ald Gott erfennen foll, wo
er darin. nicht anders bandeln konnte und edit fein
te, obne eignes ee ee Auf Diefer
Bnfihe war des Verſtorbenen ganzes Leben gegründet.
Seine „Gonnenblide* And daher gewiß nur die Früchte
feiner inuerfien Uekerzeugung und wo fie A& der oft
von ihm widerſprocdenen menſchlihen Kitche näbern —
weshats fie vielleicht. eben "feinen andern Anſichten wie
derſprechen ſollen — da war ed die Poeſie, welche Fein
f@dneres Gewand für F Bilder finden konnte, da ja
elbr ‚fo voller Pole iR,- daß
v
‚
Er. v. Mi | 000
eden derjenige, welcher keine Poeſte in ſeinecn Janern
— zu leicht Han A
überfegt und eben Dadurch dann oft auf Abwege gerärh,'
welche nur von dem Hoͤchſten entfernen koͤnnen, anfatt
fid wie v. M., dem großen Weltgeift immer mehr und
mehr zu näbern. M. war aber weit entfernt, der Maſſe
Kine Art und Weile zu glauben, aufdringen zu wollen.
ber vorbereiten mollte er auf eine lichtere und freiere
eit der Gedanken — und eben dad that er in feinen
onnenbliden, die er auch ſchon desbalb nicht gänzlich
von dem alten poetifden Gewand unferer Kirche ent:
leiden durfte. Anderes hat, anderd mußte M. in ſei⸗
nen Pfefferkoͤrnern ſchildern, wo die Poefle fib gan
rein an den Falten Verftand gebunden fab und ſche nen
die „Briefe eines Wahnfinnigen aus dem 20. Jadrs
bundert,“ auch — su baden, ſo wird dom.
' au bier derjenige, weicher den Dichter finden wit,
ihn nicht vergeblich ſuchen und auch bier die hode Mo»
ral und Poeſie nit entbebren,, Die fih durch das ganze
Leberi des Derkorbenen mit ewig febendigen Sarben zog,
aber au nur für Geiler anwendbar war, deren Ara
- au an dem ſchwindelnden Abgrund einer ewigen Nacht
zu fieben vermochte, gehalten durch daß glaͤnzende Son;
- nenlidt, welded auf der andern Geite der fchmalen
und gefährlichen Trennungslinie leuchtete. Die „Pfefe
ferkorner“ muß man überbaun mit als ein beabfichtig-
tes und uͤberlegtes Geiſtesprodufkt anfeben., fondern k
vielmehr als die in bald guter, bald Adler Laune nie
dergeſchriebenen augenblidliden Gedanken eines Mans
ned betrachten, deſſen Leben zu den verſchiedenartigſten
Betrachtungen Stoff und Beranlaffung gab und wo er
eben in der eigentlich thatloſen Stimmung, in welcher
a einzelnen Säge geſchrieben wurden, Vieles Reben
Heß, was er felbR bei einer genauern Durchſicht und
firengern Prüfung vielleicht verworfen haben märde,
Aber er ließ es eben, weil fie fein augenblickliches
Selb waren, welches er nie verläugnen , fondern offen
eben wollte, wie e6 war. Ueberall fcheint auch bier
er rechtliche, der über Ungerechtigkeiten jeder Art
SRenfensei@tnntung ‚und Bo einliheiten Teiht
empdrte. Mann bindurd dort angeführten
un ne
Anekdoten find wohl keineswegs fo gebalt. un gefühl:
108, als man zumeilen glaube und zeigen ebenfalld wie
M. Aderall dad Net und die Menfchheit geachtet willen
wothe. Als Novellin bite M. wohl nie wieh- geleider;
25
⸗
a) Ehe Maik:
a Rede Ing feiner ei — — |
ch
ers gut Durgeführtes Bild Enden wir dert in
em „Baron 0. Wegedorn.“ wie faſt alle übrigen Vers
den beflern innern
ald aus der Grundtiefe des seen! Derzend kommend.
Daß M. aber eben jene erwähnten focialen Verhaͤltuiſſe
nicht zu beachten’ vermochte, lag eben darinnen, daß er
nie gern Ebenen und am allerwenigſten Sandwäfen und
©teppen durchwanderte, ſondern den Blick lieber von
der Höhe ſchweifen und nach neuen Höben reben lieh.
Aus eben diefem Grunde machte er in jenen Gefellſchaf⸗
ten nicht gern den Zuhdrer, war aber und machte nicht
erit den Unterhalter, der eben feiner böbern eikigen
Natur halber überall gern gebört mar, wo man für das
Beſere — noch empfaͤnglich war, wenn man ch
auch nicht ſelbſt zu pflegen verfiand. Es war nicht Eis
selfeit von M., Tondern ed war ibm Bedärfniß, felbR zu
reden „um einen, fummenden, Fliegenſchwarm, der id
furchtbar langweilte, übertönen und dad Korn, welches
ihm verliehen war. ſeiner Mufgabe nach bie und da aus⸗
=
Fehr, v. Maltitz. 6265
wad Gutes zu leiten — und id bin fogar von ihrer
alten Studenten aus. Die —— —
N. Rekrolog. 15, Jahrg.
u
[Pr
6 Frhr. v. Maltitz.
war M. äberhaupt ſehr eingenommen und wie er Dich
terifhen grauen, der Geiflifeit und den Juden (deren
Emancipation er jedoch entbufiakifh vertbeidigte und
sur mit den Könftler und Scrifiſteller jene Bolt
manchmal umging) überaud abgeneigt war, fo gern be
faud er ſich unter Schaufpielern, mwiemwohl er ſich bid-
eilen im Allgemeinen gegen den Stand Dderfelben
Außerte. „Die Intendanz eined Theaterd , Dad wäre ein
lag für mich!” rief er oft wir Enthuſiasmus; er hätte
eine folche Stelle, felbit die eined Dramaturgen obne
den geringen Bebalt gern übernommen. Die Zufam:
wentragung einer Geſchichte der Maltigfhen Samilie,
womit er ſich mebrere Jahre bindurd beihäftigt hatte,
ab Veranlaſſung zu einer falſchen Beurtbeilung feiner
fee: man wollte darin einen Beweis des wirklichen:
ordandenſeins feiner fo oft geleugneten eriftofratifchen
Anfihten finden. Hätte man aber nur die Vorrede zu
diefen Werfen gelefen, fo würde man gewiß anderer
Meinung geworden fein, denn in ihr fagt M.: daß er
ed, adelib oder bürgerlid, für fähllos dalte, rudig
an den Grabfteinen feiner Boreltern voruber zu geben.
Auch Wachsmann bekennt fi zu jener Anfiht, geftebt
jedod ein: „M. fei nit Arikofrat im Arengen Sinne
weſen, babe aber von Demokratie eben fo wenig und
“ Republik gar nichts wiſſen wollen, aber wohl von
er Nuͤdlichkeit eines ſtarken Adels, der ſich aber al⸗
Nlerdings edel zeigen ſolle.“ Aus ſeiner „Rede an den
deutſchen Adel” ſcheint freilich eine ſolche Anſicht nie
dervor zu geben, war er aber Ariftofrat, fo war er es
im edelften Sinn und denn fällt ja Ariftofratie und Li—
beraliäömud ganz zufammen. Aber, au) feinen Lideralid«
mus dat man zu verdaͤchtigen gef. Wahdmann vers
Ki. ibn aber in bdiefer eh cht treffend, indem er
gt: „Wenn in den „„ Anfichten aus der Kavalierper-
ktive“⸗ einem vor obngetähr a erpcbienenen
uche, bei Gelegendeit des ſchoöͤnen Maltigiben Ge-
ts; m, Abnenträmmer, “" zu verſtehen gegeben wird,
‚der Liberaliomus des Dibterd hänge mit deflen wißlie
den Dermögendumftänden zufammen, fo if dies nur ein
Beweis, dah der Vertafler ibn gar nicht kannte. v. M.
datte Be und feine Bedärfniffe waren fo gering,
Daß, wenn er nicht fo mohlthätig geweſen und ſelbſt
Leute, die es nicht um ihn verdient, unterküßt hätte,
er dad erfiere vermehrt haben würde. Hätte fein Libe⸗
talidmus einen Urfarung gebabt, wie fi folder in den
7
Frhr. v. Maltig. | j 627
legten Zabren bei Leuten, die den Verftorbenen zu ihrer
Martei rechneten, deutlich offenbarte, ja, bätte er den
Bekehrten gefpielt. und eine andere Karbe angenommen,
gm weder 2 noch mander Andere feiner zablreihen '
e
reunde bätte ferner mad von ibm willen wollen, Daß
Leute von ganz entgegengefegten Anfichten ihn ehrten,
iR even ein Bemeid, daß er ein Ehrenmann war. —
Außer den genannten Schriften erſchienen no von ihm:
Mängel und Wanderftab, ‚oder Reifen nah Gefühl und
Laune: 2 Bände. Berlin 1821 — 1823. — Humoriſtiſche
Raupen oder Späßden fuͤr Sorftimänner und Jäger.
2. Aufl. Edendaf. 1822. — Bier glüdlibe Jahre auf
- Reifen 3. aufaeerung u. Nachahmung befchrieben. Ebd.
18233. — Sr. v. Schiller6 Briefe an v. Dalberg u. Des
metrius. Herausg. ıc. Karlsruhe 1823. (Auch unter dem
.Zitel: Schiller fämmtlide Werke 88 Suppt. Bd.) —
Streifjäge Durch d. Felder d. Satyre u. Romantik. Ebd.
. 4824. — Maler. Anlichten verſch. Gegenden und Merk
würdigfeiten a. e. Reife Durch Defterreih, Steiermark,
Tprol, d. Schweiz, Ober; ü. Unteritalien, nad d. Nas
tur aufgenommen u. a. Stein gez. v. J. Schoppe und
- ®. Grobius. Mit natur sromant. —— begl. von
G. A. v. Maltitz 1. Lief. Ebend. — Gelaſius, d. graue
Wanderer im 19. Jahrh⸗ — unferer Zeit
18 Bochn. Lozg. 1826. — Hand Kir Reife ins Pomeranzens
land. Eın Gedicht in 6 Gefängen. Berl. 1827. —, Hits
morift. + fatyr. Plänferbiebe in d. Revieren unf. Forſtzeit.
8. umgearb. u, bedeut. vermehrte Aufl. (von deſſ. „Hu⸗
morift. Raupen“ und Briefmecfel a. d. Narrenpaufe.
Ebd, 1898. — Der Dichter u, d. Ueberfeger. Schauſpiel.
Ebend. 1829. — Rede an d, deut. Dichter u. Schriftfieller
jegiger Zeit. 2. U. Hamb. 1831. — Rede an mein deut.
\
Bol. 1. u. 2. Aufl. Ebd. 1831. — Rede and, deutfchen "
Wehrſtand jegiger Zeit. 1—3. Aufl. Ebendaſ. 1831. —
Dolfeftimmen an die Zeit. 1. u. 2. Aufl. Ebd, 1831, —
Ein berzlibed Wort 5. Herzen Deutfcher Fürften. Ebend,
41831. — Biogr. ausgeſeichneter Komponiften, Virtuo⸗
fen x. 3 Hft. Ebd. 1831. — Un Deutfchlands Fürften,
Adel, Wehrftand, Schriftſteller u, Volk. 5 Reden, N,
wohlf. Ausg, Ebend, 1852. — Balladen und Romanzen.
Parid 1832. — Jahresfrüchte d. ernften u. beitern Muſe.
2 Span. Zpıg. 1834 —35.
40*
’ 628
-
* 208. Dr. Johann Gottlob Beder,
praktiſcher Arzt zu Leipzig;
geb. den 19. December 1757, geſt. den 9. Juni 1837.
Er war der Sohn eines Sleifpermeilters zu Brebna
obnmeit Leipzig und erlernte nad feiner Konfirmation
(1772) in Zeipjig die Barbier » und Wundarzneikunft,
fonditionirte mach überftandener Lehrzeit (feit dem 4.
uni 1779) bei feinem Xebrberrn mehrere mn sD
trat im Jahr 1777 in kurfürſtlich ſaͤchſiſche Militärdienfte
ald mwirklider Seldfheer ein. Er wurde nun einige Mal
nad Dresden in das Ganitätöfollegium Fonmandirt,
machte die Kampagne des baieriſchen Erbfolgefriegö mit,
erbielt im Jabhr 1733 den nachgeſuchten ebrenvollen Ab—
ſchied und ließ fih nun in Zeipjig, mo er fib am 20.
Aug. 1734 mir einer gebornen Steinert verbeiratbet hatte,
als Chirurg nieder. Nah befiandenem Eramen erbielt
er den 20. September 15815 in Erfurt Die Würbe eines
Doftord der Medicin und übte nun neben Der Wund⸗
arjneitunft auch Die medicinifche Praxis aus, DB
z r.
209. Dr. Johann Zriedri Philipp Engelhart,
Profefſſor der Chemie an des Polytechniſchen⸗ und an der Kreids
landwirthſchafts⸗ und Gewerböfhule in Nürnberg;
geb. den 16. Bebr. 197 in dem Pfarrborfe Wildenftein bei Crails⸗
beim (Mürtemberg), gell. den 9. Juni 1837 *).
Sein Vater, ein Eenntnißreiher Landgeiſtlicher, jetzt
farrer in Bad, Zandgeridrd Nürnberg, war nicht nur
in Erzieber, fondern au bis IR tens 413. £ebentjahre
ein alleiniger Lehrer, der ihn in den a ebrpeaenRanben
. ber lateiniiden Schule, zur Vorbereitung für das Gym⸗
naſium und in den neuen Sprachen unterridtete. Schon
in dem Knaben zeigte ſich ein ernfier Sinn und ein in»
nerer, mit. beharrlihem Fleiße verbundener Trieb zum
Studium der Naturwiſſenſchaft. Nachdem er ein Jahr
lang dad ehemald in Nürnberg beflandene Realinſtitut
deſücht Hatte, trat er in eine angefebene Material» und
Drogueriewaarenhandlung in Nürnberg, in welcher er
Zayr als Lehrling und eben fo lange ald Kommis zur voll⸗
“Rad der Bei
techn Sehranfalt gu Srhemberg pro Di im Jedresberit Der
| Engelhart. 629
ſten Zufrledenheit —* Principals ſtand und ſich ald Mia
gazinier, der die Empfangnabme, —— und Ver⸗
packung der Waaren zu beforgen hatte, ſehr grändliche
und umfafende SKenntniffe in dem großen Gebiete des '
Material » und Drogueriemaarenfahes, namentlich in
allen Gattungen und Qualitäten von Robftoffen und in
der chemischen Produftenfunde, erwarb, fo dab er, als
einer Der ausgezeichnetſten Waarenfenner in Nürnberg
allgemein galt, Doch die Waarenfunde gemügte ihm nicht;
fein forſchender Geift trieb ibn an, in Die Beſchaffenheit der
Produkte und Robftorfe tiefer einjudringen und ihre des -
miſche Verarbeitung Eennen zu lernen, Er führte daher
ben icon frübzeirig gefaßten Vorſatz aus, die Univerfi
tät Erlangen zu beziehen und ſich dem. Gtubium ber
Naturwiſſenſchaäft ganz zu widmen. Während feines
Aufenthalts in Nürnberg batte er ficb immer an Tüngs
linge und Männer wiſſenſchaftlichen Sinned und Stre—
bens angefchlojlen, feine Erfparniffe zum Ankauf wiſſen—
ſchaftlicher Werfe und [eine sreiftunden gu deren Gtus
dium verwendet, jo dab er gut vorbereitet bie wiſſen-
fbaftlihe Laufbahn betreten könnte. Nach einem zmeis
jährigen Aufenthalt in Erlangen wurde €. durch feinen
Freund und Lehrer Kaftner, dem Inhaber einer bedeu—
tenden chemiſchen Sabrif, als Hauslehrer deffen Gobnes,
-vorzüglid zum Unterridt in der Phyſik und Ebemie,
empfoblen. Er nabm die Stelle an und nah Verfluß
' eines Tahred begleitete er feinen Zögling auf die Unis
verfität in Göttingen (1823), wo er auf Kaftner’d Empfeh⸗
lung bei Profejfor Stromener wohlwollende Aufnahme
fand, fpäterbin deſſen Affittent wurde und bier dürch
feine Verſuche über dad Särbende im Blute, melde er
in einer gedrudten Abhandlung: „de vera materiae san-
uini purpureum colorem impertientis natura.‘ (Göttins
gen 1825) darlegte, den erften Preis bei der medicini-
den Fakultaͤt (die große goldne Medaille) gewann.
Durch dieſe Preisfcrift zog er die Aufmerkfamkeit der
£önigl. baierifhen Staatöregierung fowohl, ald ded Mas
giftratd der Stadt Nürnberg, auf fib. Er wurde mit
Stipendien aus der Staatdkaffe und aud den ſtaͤdtiſchen'
Sonde in Nürnberg unterKägt und zugleich erkannte der,
Magiftrat in ihm den’ rechten Mann fhr einen Lehrſtuhl
Der Phoſik und Chemie, den derfelbe an den technifchen ,
Lehranſtalten Nürnberg zu errichten beſchloſſen hatte,
nachdem der König fogleih nach der Thronbefteigung
sur felbigen Zeis die erforderlihen Mittel zur Dervol,
.
L
630 ER Engelhart.
ſtaͤndigung dieſer Anftatten bewilligt hatte. Die philo⸗
ſophiſche Fakultaͤt der Univerſitaͤt Erlangen ertheilte ibn
auf Kaftner’d Antrag die Würde eines Doktors der Phi⸗
fofopdie (3. Noveinber 1825) „propter sagacitatem atque
experientiam in chemica et theoretica et practica, quam_
specimina hactenus ad ipse edita redolent.“ Im Herb
1825 begab ſich E. nad Münden, mo er, unter der Leis
tung des Hofraths Vogel, in dem_chemifchen Laborato⸗
rium der Fönigi. Akademie der Wiſſenſchaften ſecss Mo⸗
nate ſebt thaͤtig und nuͤtzlich arbeitete. Durch die ihm
in Nürnberg eröffneten Ausſichten ermutbigt, ging er in
dem Darauf folgenden 38 (1826) nad Stockholm,
woſelbſt er von Berzelius ſehr wohlwollend aufgenom⸗
men und von demſelben, während feines funfzehnmonat-
liben Aufenthaltd in Stodpolm, als Affittent verwendet
wurde. Auch diefed großen Chemikerd Freundſchaft mußte
€. in hodem Grade zu gewinnen und zu erbalten. Die
Verbindung zwiſchen ihnen wurde durch beftändigen
Briefmechfel a und noch wenige Wochen vor feis
nem Tode wurde der fterbende Blick des dankbaren Schlis
lerd Dur einen Brief des Lehrers und Sreundes erbeis
tert. In der Mitte des Jahrs 1827 ging E. über Dä-
nemarf und Die Niederlande nah Paris und gelangte
dort bald zur vertrauten Bekanntfchaft mit den beruͤhm⸗
ten Chemitern Dumas und D’Arcer. Legterer machte
ibm fogar, unter fehr vortheilbaften Bedingungen, den
Antrag, deffen Sodn auf einer von der franzöfifchen
Gteatöregierung: angeordneten wiſſenſchaftlichen Reiſe
na Egypten zu begleiten, -waß jedoch E., wegen der
ipm in Närnberg eröffneten Ausfichten, ablehnte. Durch
meitere Unterfüßung ded Magiftratd uMd der Gefellfchaft
zur Beförderung vaterländifer Induſtrie in Nürnberg
wurde ©. in den Stand gefegt, feinen Aufenthalt im
Paris bis in den April 1829 zu verlängern, zu —“
er mit einem reihen Sqatze von Kenntniffen und Eriahe
rungen nad Närnberg zurüdfebrte, um die ibm verlie⸗
bene Lehrſtelle der Dopfit und Chemie an der polytech⸗
niſchen Säule dafelbft anzutreten, nachdem er einen an
die Hochſchule Bafak erhaltenen nicht minder vortbeils
baften und ehrenvollen Ruf abgelehnt hatte. Sein Wire
fen ander neuen, eined hemifchen Laboratoriums ermane
geinden Anſtalt war anfangs um fo ſqwieriger, als er
noch feine gehörig vorbereiteten Schüler fand, aber um
fo einflußreicher, als feine Vorlefungen in den erken
Jadren von einem großen Theil der nad) höberer Aus
1
%
Engelbart. 631
bifdung firebenden jüngern Shullehrer und andern
Sreunden Der Naturwiſſenfchaft mit anhaltendem Fleiße
perbreitet wurden. Sein Vortrag mer einfach, ſamut,.
Voß, logiſch, zweckgemaͤß und ganz geeignet, Liebe und
Eifer für die Willenfbaft zu weden und zu nähren,
Pünktlich und gemwiflenbaft, ließ er fid durd nichts ab,
balten, feinen £ebrberuf unausgefeßt treu zu erfüllen,
Sorgfältig bemante er das Detragen feiner Schüler in
und aufer der Schule, behandelte mit Auszeichnung den
ißen ermunterte den Tragen, unterjtüßte tbdtig den
lofen. Bereitwillig entgegenkommend ertheilte er
Kunſt und Willenfchaft, auf Geneinnügigfent gerichtet,
Er war es, der aus Schweden das Modell eines fehr
feine Deranlaflung wurden viele hunderte diefer durch
Erfahrung bewährten Defen zu Nürnberg bergefellt, wo⸗
durch doppelt fo viele Slafter Holz jaͤhrlich erfpart wers
den. Die sunebmende Theuerung Der Brennmaterialien
machte ibn um die Zukunft, befonders in induftrieller
ſchen Verhaͤltniſſe des Terraͤns, das er durchwañderte
und kehrte nie obne irgend eine Ausbeute feiner For
| 535 brachte, vorzüi lich be
(bäftigt. Sein auf dem zitel al8 Mitüberfeger ges
nannte Sreund, der Ber meifter Aler in Lauchhaͤmmer,
konnte feines Berufs, als Direktor der ardflich Einſie
632 —Keyßner.
deſeſchen Eiſenwerke, wegen nur wenig Theil an dieſer
ae 240 nt umfaflenden Urbeit nehmen.
Auch lieferte er intereflante Beiträge zu Kaſtner's Archiv -
für die gefammte Naturlehre. Kürz vor feinem Tode
vourde ibm durch den Naturforſcher Hermann von Mayer
in Frankfurt a. M. ein Denkmal in der Wiſſenſchaft ges
fegt,, indens derfelbe ein fehr intereflanted unbeftimmtes
Reptil nad ibm Plateosaurus Engelharti benannte. Zafk
koͤnnte man dem DBerkorbenen den Vorwurf machen, daß
er ſich zu ſehr angeftrengt, ſich faſt gar keine gefellfchaft«
liche Erholung gegönnt und feiner Körperfraft, melde
er durch den Gebrauch von Flußbaͤdern bis in den Spaͤt⸗
berbſt binein und durch -Sußreifen zu ſtaͤhlen ſuchte, zu
viel zugemutber habe. In den legten zwei Jahren litt
er an afbmatiihen Beichwerden, glaubte aber folde
durch kalie Bäder befeitigt zu baben; fein krankhaftes
Ausſehen ließ jedoch nichts Gutes ahnen. Dennod ars
beitete er in und außer der Schule mit: gemohntem uns.
abläßlichen Fleiß und erft ald die im Srübjabr 1837 herrs
ſchende Grippe auch ihn befallen und fein Unwohlfein
in bobem Grade vermehrt hatte, ftellte er feine Lehrvor⸗
träge an den Schulen ein. Nach einem vierwoͤchentlichen
Krankenlager entfhlief er in den Armen feiner Gattin,
mit Hinterlaffung einer Tochter.
* 210. Theodor Gottlieb ‚Carl Keyßner,
herzogl. fächf. meiningifcher Kirchenrath, Landfehuleninfpektor und
Inhaber bed dem herzogl. ſaͤchſ. Erneflinifhen Hausorden affiliirt
BVerdienfttreuzed zu Meiningen; a
geb. den 4. März 1757, geft. den 9. Juni 1887.
Sein Vater, Joh. Nikolaus Keyßner, war berzogl.
Kammermuſikus in Meiningen, die Mutter, Anna Mars
garetha, eine Xochter des Lieutenant Hartung aus Arn⸗
ade und unfer K. von zwei Söhnen und einer Toch⸗
ter dad jüngfte Kind. Der Bater farb, als Der.
Sohn erft 18 Wochen alt war, die Mutter, ald er im
47. Sabre ftand. Der haͤuslichen Erziehung unterzog fich
die. Mutter auch bei ſehr beſchraͤnkten Hülfsmitteln auf
das lorofältigne. K. beſuchte die Elementarfhule und
das m einer Vaterſtadt unter Hopf, Volkhart,
Scharfenberg und Emmrich, um fi auf das Studiums
der Theologie vorzubereiten und zeichnete ſich durch vor⸗
zuͤglige Talente, raftlofen Fleiß und ein mufterhaft ſitt⸗
liches Berragen aus. Im Tabs 1774 bezog er die Uni-
!
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Ulrich feine vorzüglichiten. febrer Waren, Yus Danger
ren wieder und begab fi im März 1777 als Hau
er zu dem Herr von Snobelödorf. in Wirtenomw bei
Goldin in Der Reumarf, In Diefem Haufe lernte er
mebdrere fehr enegegeichnere Verfonen Fennen, Namentlicy
Sriedrich, den Toßen, den Damaligen Stronprinzen und ‘
nadberigen König Friedrich Wilhelm II,, den General
Öllendorf, den Örafen Kottum u. 4. Na Tau
eined Tabrg bertaufchte er diefe Stelle mir nice
außfedrers hei dem Herrn von 5 Qapel in Naubin be
Dierauf reifte er nad Leipzi wräf und Örte Dafelbft
. Ve n orus | |
mmmne i ch
em berühmten und elbefgpäftigten Sg bei deffen
Mannichfaltigen Arbeiten dur Anfertigung von Kolleg:
taneen, Ercerpten, Kegiftern, namentli zur Herausgabe
des Aeſchyſus, ſo mie durch Korrekturen fuͤr die Tenais
e Fiteratur eitung, sur Hand, Veberbaupt aber fand
er in dem büßifchen Haus einen Sreig AuSgefuchter
gebilderer Bekannte, welche wiffenf&aftlicye Unterbal;
tung piebten und in deren Gefellfapaft er ſich überaug
[" \ |
in d, ded Gebeimenrarhg yon Do»
op, Wo er dier feiner glucklichſten Jabre veriebte Waͤh⸗
te
lau un
Rekahn, um Die dafigen Erziehungs. und Unterrichtgan,
mar
dorf, Erome, Dlivier und Dudrier fennen, Der erftere
war Direktor und die Anftalt NE K. zu freudiger Bes
⸗
⸗
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berfität Jena, wo Hennigs od, Srieebag Sihborn.
⸗
ber ein Fabe bfieh, .
634 Keyßner.
wunderung bin. Aber noch mehr ergriff ihn Die ule
iu Befaon und nahm fein ganzeb FR Anſpruch.
ie Lehrer ſowohl als die Kinder üͤbertrafen weit feine
Erwartung. Die wenigen Tage, welde er in dieſer
Schule zubradte, batten ibm, wie er oft fagte, mehr
genupt, ald eine ganze Heide theoretifder Schulfchrife
ten; der vorzüglichite Lehrer derfelben war der doͤchſtver⸗
diente Kantor Brund. Bei Erledigung der Kaplan» und
Rektorſtelle in. Sonuenberg, erbielt Sl. den Antrag und
ekleidete dieſes eben, fo. mubvolle ald wenig einträgliche
wi 6 Jahre lang mit raftlofem Eifer und gewiſſenhaf—
ter Treue. — fruͤhen Morgen bis zum ſpaͤten Abend
war er wit oͤffentlichen Schulſtunden und Privatunter:
richt beiäftigt, weil (id damald für die Söhne der
Henoratioren, befonderd der Kaufleute, ſonſt Feine Gele:
enbeit dazu fand; lernbegierige und unbemittelte Sina:
ben ließ er unentgeldlih an feinem Unterricht Tbeil neb»
men. Die mit dem daſigen Schulamte verbundenen Ge—
en des — Berufs machten jenes Doppelte
mt um fo laͤſtiger für ihn, da ihm das Predigen von eber
etwas ſchwer fiel. ——— Hinſicht aber hat er In Son⸗
nenberg febr viel Gutes gewirkt, beſonders bradte er
als Lehrer der Tugend einen ganz eigenen Geiſt der Hu-
manität und der zweckmaͤßigern Unterrichtsmethode in
die dafige Schule. Noch in Sonnenberg (im Jahr 1787)
verbeirathete er fid mit Katharina Maria, jüngiten bin-
terlaffenen Toter des damaligen Adjunktus Mufäus
daſelbſt. Diele Ede löfte der Tod fhon nad 1 Jahren
und ein Sohn aus Liefer Berbindung folgte in einem Al⸗
ter von 29 Wochen feiner Mutter. Im Jahr 1790 vers
beirathete er fi zum zweiten Mal mit Tobanna Jako»
bine, Zochter des Hofbuhdruders ‚Hartmann zu Meiz
ningen, in welcher Ebe ibm 2 Edhne und 2 Töchter ges
boren wurden. "Sim Jahr 1792 verließ er die Stelle zu
Sonnenberg und erbielt die damald durch —
des Waiſenpfarrers und Katecheten Ernſt Julius aid
in das Diakonat erledigte Pfarrftelle an der Waifenfirche,
verbunden mit der Direktion und dem Hauptunterricht
an dem Seminar für Landſchullebhrer. In diefer An-
ſtalt befand Ab außer 8. nur noch ein Schreibe» und
Rechenmeiſter und ein Muſiklehrer und dod wurde das
Meiningiſche Seminar, bauptfählid durch feinen Vor⸗
Reber und erften Lehrer, fo berühmt, Daß deffen Zöglinge
weit und breit, beſonders nah dem füdlihen Deutſch⸗
land, ja ſelbſt bis nach Rußland, au den. verſchiedenſten
—
—
*
Keyßner. 636
Anfellungen, hauptſaͤchlich aber als Schul» und Privat
lebrer, fo wie an Erziehungsinftitute, berufen wurden. '
Auch diente diefed Seminar vielfach zum Muſter für
anderwärtd zu errichtende ähnliche Lehranflalten. Außer
diefer für die meiningifhen Landſchulen und zum Theil
für das Ausland fo erfprießliden Anftalt nahm auch no
das Amt eined Waifenpfarrers 8.8 raftlofe Thätigkeit
bedeutend in Anfprud. Ferner Sag ibm die Seelforge
‘für die damals In dem Gebäude des Waifenhaufes bes
findliben Züchtlinge 0b, desgleichen das Unterbringen-
der Waifenfinder in anderweitige Verpflegung oder zur
Erlernung irgend eined Dandwerfd. Dabei gab er doch
noch öfters Privamftunden für junge Leute in der Relis
gion und in mehreren Spraden, bereilte im Auftrage
der damaligen herzoglichen Schulkommiſſion die Lande.
ſchulen und verfäßte das fehr zweckmaͤßige Schulbuch
für dad meiningifde Land; auch ‘gab er anonym einige
Bänden katechetiſcher Geſpraͤche beraus, lieferte außers
dem Aufiöge für Gyuthsmuihs pädagogifche ee
und in die von Beder beraudgegebene Rationalzeitung
der Deutſchen und ſchrieb zuleht eine kurzgefaßie mei»
. .ningifhe Landeskunde nah dem Theilungsvertrag von-
1826. Ein befondered ausgezeichnete Verdienſt um die
Stadt Meiningen erwarb er ſich aber durch -bie lang»
jährige Mitbeforgung des Armenweſens. Aber nicht blos-«
ald Mitdirektor, fondern auch ald Pfleger dat er ſich bis
zur fpäteften Zeit feines Lebens böchf verdient gemacht,
ſo wie er denn Überhaupt für feine Perfon im Stillen
den Armen viele Wonlthaten erzeigte und zu milden,
meinnügliden Zweden ſtets auf das bereitwilligfie beis
er Als vom Jahr 1799 an Fein regelmäßiger (Bots
tesdienſt mehr in der Waifenkirde gehalten wurde, fo
erbielt K. eine Zebrerfieie an dem damaligen £yceum,
nachdem ihm kurz zuvor dad Prädikat als Landſchulin⸗
fpektor zu Theil geworden war. NEeft Beibehaltung
ded Seminard übernabm er an diefer Geledrtenfhule .
den Unterridt in der Religion, im Griechiſchen Teſta⸗
mente und in der Naturgeſchichte und wirkte guch bier
ſegenvoll bi! zu Anfang des Jahrs 1828, nachdem Furs
— ſtatt des ehemaligen Lyceums das Gpmnaſium
erndardinum errichtet und ein eigner Kollaborator an
demfelben angeftelt worden war. Geit der Verlegung
des Landſchulſehrerſeminars nach Hildburgbaufen im Ju⸗
nius 1877 bebielt K. noch die Aufficht über die Freiſchüle,
‚ über die Verforgung der Waifenkinder nebft einem Bes
N
\
636 | Keyßner.
nirt der Stadtarmenpflege und fo war er alfo eigentlich
nie ganz in den Rubekand verfegt. Im Jahr 1806 ent
riß.ihm der Tod feine zweite Gattin und 5 Jahre dar»
auf verbeiratbete er fi zum dritten Male mit Der per
witweten Srau Maria Katharine Maafer, geborne Glaſer.
Auch diefe ging ibm im Jahr 1831 nach Jenſeits voran. —
Still und anſpruchslos in feinem Wandel, lebte er ſtets
feiner Pflicht getreu und wirkte Gutes, wo und wie er
nur konnte. Am glüdlichften fühlte er ih im traulichen*
Kreife feiner ibn fo gern erbeiternden Zamilie. Für
Freundſchaft war fein Herz ganz geftimmt. Gern diente
er mit _literarifben Notizen, fo wie mit Büchern aus
einer Bibliothek, befonderd jungen Leuten, für deren
rtfommen er vielfad bemüht war; Überhaupt bezeigte
er ſich gegen feine Nebenmenſchen auf die uneigenägigfte
Weife aetällig, wo er nur konnte. Wenn ihn au oft
‚im verbängnißoollen Jahren die Zeitereigniffe mit Kite
"MWebmutrd erfüllten und wenn au überhaupt in feiner
eikigen Stimmung ein gemwifler Ernft vorberrfhend war,
1 entzog er ſich Doch keineswegs der Welt und dem
mgange der Menfchen, fondern war vielmehr ein Freund
von gebildeten, heiteren Geſellſchaſten vis an feinen Tod.
Zn (einem ganzen Weſen ſprach fi die ungebeuceltfkte
mmigfeit und aͤchte Religiofitär aus, nicht blod, weil
%s fein Beruf ald Geifliher und Lehrer von ibn fors
Derte, fondern weil ihn fein innerſtes Gefübl Dazu
Drängte. Sein Lebensabend war, obgleich durch mehrere
Trauerfälle geträbt, Doch nicht freudenleer. Herzog Bern:
bard verlieh ibm unter dem 21. März 41834 dad dem
Benen). Sachſen Erneftinifhen Haudorden effiliine Ver⸗
Dienftfreuz und am zweiten Weibnactöfeiertag, ald am
26. December 1836, bei der Beier feines goldnen Dienfte
— das Praͤdikat eines herzoglichen Kirchenraths.
n demſelben Tag’ überfandte ihm auch das berzogliche
Konfikorium zu Hildburghaufen ein befondered Glück⸗
Fanſdunge reiben und endlich überreichten die ſaͤmmt⸗
lichen in Meiningen anweſenden ebemaligen Amtögenofe
ſen des Jubilars in Kirchen und Schulen demſelben ein
Gediht. Doc nicht lange genoß er dieſe ſeltenen, wär-
Digenden Audzeihnungen: ein Schlagfluß endete am oben
genannten Tage feine Leben.
Dr. 3. €, Ihling.
a
f
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\ This book should be returned to
the Library on or before the last date
9 stamped below.
A fine is incurred by retaining it
beyond the specified time.
Please return promptly.
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