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Full text of "Neues Jahrbuch"

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JAHRBUCH 

DER 

K. K. HERALDISCHEN GESELLSCHAFT 

„ADLER". 



NEUE FOLGE - FÜNFZEHNTER BAND. 

MIT FONP TEXTILLUSTRATIONEN, EINER KARTE, ZWEI TAPELN, EINER 
ÜBERSICHTSTABELLE UND ZWEI STAMMTAFELN. 



WIEN, 1905. 

SELBSTVERLAG DER K. K. HERALDISCHEN GESELLSCHAFT .ADLER' 
DRUCK VON KARL GEROLDS SOHN. 



m 

1^ OS- 



STANFORD UNIVERSITY 

"Pf/^ Redigiert 

FEB re 1 



1981 



von 



Dp. Ed. Gaston Grafen Pöttickh von Pettenegg. 



Die Mitarbeiter sind für den Inhalt ihrer Beiträge verantwortlich. 



Alle Rechte auf Text und Illustrationen vorbehalten. 



Seine kais. und königl. Apostolische Majestät 

haben den XXXIV. Jahrgang der Gesellschafts -Publikationen der 

Allerhöchsten Annahme zu würdigen und zugleich einen namhaften 

Geldbetrag der Gesellschaft allergnädigst zuzuwenden geruht. 

Ebenso haben die kaiserlichen und königlichen Hoheiten : 

der durchlauchtigste Herr 

Erzherzog Ludwig Viktor, 

Protektor der Gesellschaft 
und 

der hochwürdigst- durchlauchtigste Herr 

Erzherzog Eugen (Stifter) 

sich gnädigst bestimmt gefunden, denselben Jahrgang entgegenzunehmen 
und durch besondere Beiträge die Zwecke der Gesellschaft zu fördern. 




^ 



I xi li a. 1 t. 



Seit« 

Dr. Karl Äusserer, Die Herrschaft Lodron im Mittelalter. (Bis zum Untergauge der alteren 

Linie von Castelromano.) (Mit vier TextiUustrationen und einer Stammtafel.) ... 1 

Edmund Langer, Die Geschichte der Familie Thun im XIY. Jahrhundert. (Mit einer Karte. 

zwei Tafeln und eiue.* Stammtafel.) 63 

Dr. Stephan Kekule ▼. Stradonitz, Über Eintragungen der Taufen unehelicher Kinder 
aus höheren Standen in den Kirchenbüchern älterer Zeiten unter besonderer Berück- 
sichtigung preußischer Verhältnisse 197 

Dr. Heinrich Gustav Thierl, Der österreichische Adlerorden (1438). (Mit einer Textillustration 

und einer Tafel.) 216 

Dr. Alfred M. Lorenz, Das Matrikenwesen in Österreich. (Mit einer Tafel.) ... . 235 

Heinrich W. Höfflinger, Das Siegel in den germanischen Volksrechten 265 

Heinrich W. Höfflinger, Wappen- und Adels- Verleihungen seitens der Wiener UniTersität. 275 




Die 

Herrschaft Lodron 

im .Mittelalter. 



Vortrag 

k. k. Heraldischen Gesellschaft ...Adler" 
Dr. Karl Äusserer. 



Postinger, Cav. Carlo Teod. : „Documenti in volgare trentino" in den „Atti delle 

J. B. Accademia etc. degU agiati in Rovereto", Serie III, Vol. VII, Fase. II, 

p. 21—235. 
Gnesottj, P. Oipriano: „Memorie per servie alla storia delle Gludiearie" („Gnesotti"). 

Trient 1786. 
Festi, Conte Cesare de: „Genealogia e cenni storiei, cronologici, eritici della nobil 

casa di Lodrone nel Trentino". Bari 1893. 
Glissenti, Fabio: „II comune di Bagolino ed i conti di Lodrone" im Bande XII, 

XIII und XIV des „Archivio Trentino". Trient 1895, 1896, 1897. 
Jak seh, August v.: „Archivberichte aus Kärnten. I. Die Graf Lodronschen Archive 

in Gmünd" im „Archiv flür vaterländische Geschichte und Topographie ftir 

Kärnten". Klagenfurt 1900. XIX. Jahrgang. 

B. Von Werken allgemeineren Inhaltes: 

Bonelli, P. Benedetto: „Notizie istorico-critiche della chiesa di Trento" („Bonelli'*). 

Bd. I— IV. Trient 1757. 
Gar, Tomaso: „Annali del principato ecclesiastico di Trento" etc. „compilati sui 

documenti da Francesco Feiice degli Alberti" („Annali Alberti, Gar"). 

Trient 1860. 
Kink, Rudolf: „Codex Wangianus" („Cod. Wang."). Wien 1852. 
Dominez, Guido: „Regesto cronologico dei documenti, delle carte, delle scritture 

del Principato Vescovile di Trento esistenti nelF J. R. Archivio di Corte e di 

Stato in Vienna" („Dominez**). Cividale 1897. 
Montebello, P. Guis. Andrea: ^Notizie storiche, topografiche e religiöse della 

Valsugana" etc. Roveredo 1793. 
Jäger, Albert: „Geschichte der landständischen Verfassung Tirols". Bd. I und II. 

Innsbruck 1881. 
Hormayr, Jos. Freih. v. : „Geschichte der geforsteten Grafschaft Tirol" („Hor- 

mayr, Gesch. v. Tirol"). Tübingen 1806. 

„Beiträge zur Geschichte Tirols im Mittelalter". Wien. 

„Sämmtliche Werke" („Hormayr, Sämtl. Werke"). Cotta 1820—1822. 

Huber, Alfons Dr.: „Geschichte des Herzogs Rudolf IV. von Österreich". Inns- 
bruck 1865. 
Ladurner, P. Justinian: „Regesten aus tirolischen Urkunden" im „Archiv für 

Geschichte und Altertumskunde Tirols". Jahrgang 1—4. 

Außerdem wurde die Zeitschrift des „Ferdinandeum" in Innsbruck, das „Archivio 
Trentino", das „Tridentum" und anderes einschlägiges Material, so weit es mir 
bekannt und zugänglich war, benutzt. 

Allen, die mich hierin unterstützt haben, sage ich meinen besten Dank, 
besonders meinem unermüdlich tätigen Freunde und Mitarbeiter Professor Desiderio 
Reich in Trient, der mir nicht nur im Aufsuchen des Materiales behilflich war, 
sondern mich auch auf den oft nicht unbeschwerlichen Forschungsreisen begleitete. 

Dr. Karl Äusserer. 



— 2 — 

Etwa einen Kilometer südlich von Lodrone mündet vom Westen her das Tal yon 
Bagolino ein, dessen Wasser, der Fluß Caffaro, die Grenze zwischen der Provinz 
Brescia und Tirol, respektive Italien und Osterreich bildet. Im Mittelalter gehörte das Tal 
von Bagolino mit seinem gleichnamigen Flecken noch zu Trient und bildete einen 
fortwährenden Anlaß zu Reibungen zwischen den beiden Grenzmächten'). 

Hier, wo über die Brücke von Caflfaro die Straße auf italienisches Gebiet führt, 
liegt der Weiler Caflfaro oder Ponte del Caflfaro und diesseits am Flußufer ein weit- 
läufiger Baronalpalast der Grafen von Lodron, der infolge der Plünderung und 
Verwüstung durch die italienischen Freischärler im Jahre 1848, ebenso wie das 
danebenstehende Kloster und die dazu gehörige Kirche, seit dieser Zeit aufgelassen ist. 
Einige zerstreute Häuser dies- und jenseits der Brücke dienen der Zoll- und Grenz- 
wache zur Wohnung. 

Unweit von hier, etwa drei Kilometer weiter süd-östlich, fließen der Chiese und 
Caflfaro zusammen in denidrosee. 

An dem rechten Ufer des Chiese berührt also unser Gebiet den Idrosee nicht, 
sondern ist durch . das aus den Ablagerungen der Flüsse angeschwemmte Land 
(„Piano d'Oneda") von demselben getrennt, während auf der anderen Seite der hier 
etwa drei Kilometer breiten, aber etwas sumpfigen Talebene, bei der kleinen, zur hoch 
oben gelegenen Gemeinde Bondone gehörigen Häusergruppe der Baitoni, die Grenze 
noch einige Kilometer südlicher längs des Seeufers hinläuft. 

Hier liegt wieder an der steilen Berglehne, etwa 250 Meter über dem See, auf 
einem isoliert vorspringenden Felskopfe, die dunkle Ruine einer trotzigen Bergveste, 
mit ihren gewaltigen Mauern und Bollwerken beinahe einen grauenhaften Eindruck 
machend — „dastel S. Giovanni". 

Überhaupt hat die ganze Gegend einen mehr düsteren, melancholischen Cha- 
rakter, den auch der zwischen den steilen, meist nur mit Buschwald bekleideten 
Berghängen eingeklemmte See trotz seiner stattlichen Größe nicht aufzuheitern ver- 
mag. Der Mangel an Bewegung und Verkehr, die etwas sumpfige Niederung, die 
öden, unbebauten und doch nicht bewaldeten Lehnen, der wenig belebte See — 
das alles erweckt in uns ein Gefühl des Abgeschnittenseins von der andern Welt, 
der Verlassenheit und Einsamkeit. 

Auch die im XIX. Jahrhunderte erbauten großartigen Kunststraßen durch Judi- 
karien und über den Pönale und Ledro hieher, waren nicht imstande, Leben in die 
Gegend zu bringen. Und doch gibt es hier noch viel abgeschlossenere Gegenden : da 
oben, oberhalb der Baitoni, etwa 400 Meter über dem Talboden, lacht noch ganz lustig 
das Dörfchen Bondone herab, und von da geht der schmale, steile, ofl schwindelige 
Saumweg noch vier Stunden weiter über Berg und Tal nach Val Vestino, einem Tale 
mit einer Pfarrgemeinde von sieben Dörfern und etwa 1400 Einwohnern, die von 
jeher zur Gerichtsbarkeit von Lodrone gehörten. 

Das Wasser von Valvestino fließt in den Gardasee ab, wohin auch (nach 
Toscolano) der einzige, elende Karrenweg führt. Nach Judikarien, respektive dem 
Ledrotale führt nur der eine Saumweg über Bondone und mehrere bei schlechtem 



^) Siehe Glissenti Fabio „II comune di Bagolino ed i conti di Lodrone** im Arch. Trent 
XII, XIII und XIV. 



— 4 — 

Schon Hormayr hat diese Urkunde in seinen kritisch diplomatischen .Bei- 
trägen zur Geschichte Tirols im Mittelalter**, pag. 91, Nr. XLIY, mit dem Zusätze 
„Copia incertae Fontis" abgedruckt. 

Doch blieb sie ziemlich unbeachtet, bis der um die Geschichte seiner 
engeren Heimat sehr verdiente Giuseppe Papaleoni (dermalen Professor an der 
Technik in Neapel) dieselbe in einer Abschrift aus dem XVII. Jahrhunderte nach 
einem Transsumpt von 1213 in einer Publikation des Odorici („Storie Bresciane") 
wieder aufTand und mit den älteren, ziemlich zahh-eichen Dokumenten des Gemeinde- 
archivs in Condino publizierte und durch kritische Vergleichung die Fehler der 
beiden früheren Ausgaben zu beseitigen suchte. 

Erst durch die Arbeiten dieses gewissenhaften Geschichtsforschers, der leider 
seiner engeren Heimat nicht erhalten blieb, wird es möglich, einen kleinen Ein- 
blick in die interessanten und so wenig aufgeklärten Verhältnisse dieser Gegend vom 
XII. bis zum JCIV. Jahrhunderte zu erhalten. 

Aus dem eben genannten Vertrage von 1086 geht nun zunächst hervor, daß 
nicht nur Storo, Darzo und Lodrone schon als Ortschaften bestanden (so wie 
auch noch mehrere heute nicht mehr vorhandene, welche in der Zeit der Pest 
ausgestorben und nicht mehr besiedelt worden sind), sondern auch, daß Lodrone 
schon ein geordnetes Gemeinwesen war und seine Gonsuln hatte. 

Doch eines Schlosses in Lodrone oder eines Dinastengeschlechtes, wie 
dies etwa 200 Jahre später unbedingt schon nach den Besitz- und Machtverhältnissen 
hätte geschehen mQssen, wird keine Erwähnung getan. 

Wohl wird so nebenhin, als Grenzbestimmung, ein Schloß genannt: „castrum 
de summo lacu*", doch kann dies wohl nur jenes obengenannte bei den Baitoni 
sein, das sich später gleichfalls im Besitze der Herren von Lodrone befindet und 
S. Giovanni heißt. Denn dies liegt zu oberst am See, jenes von Lodrone aber liegt 
ja nicht am See, sondern drei Kilometer landeinwärts. 

Und wieder vergeht ein volles Jahrhundert, ehe Lodrone zum zweiten Male 
genannt wird. 

Zwar wird 1101 (am 29. November) in Brescia, wo Bischof Adalper von 
Trient den Petrus, Abt von Aquanigra, und seine Mönche mit dem Kloster Gironda 
belehnt (es war dies ein Trientiner Lehen auf brescianischem Gebiete), unter den 
anderen adeligen Zeugen („bonorum hominum**) auch ein Albertus de Lodreno 
genannt und auch 1133 erscheint ein Adalbertus de Lodrino, der möglicherweise 
mit dem früher genannten Albertus de Lodreno identisch ist. 

Nach den Annales Bosovienses nämlich heißt es ausdrücklich: „Lotharius 
Imperator Roma disgrediens ad Clusas, quae Brixiam ducunt, veniens, Adalbertum 
quendam Tyrannum, transitum prohibentem, devicit et in suo Castro Lodrin, 
quamvis inexpugnabili, quo confugerat, obtinuit et captivura abduxit." (Als Kaiser 
Lothar auf seiner Rückreise von Rom zu den Engpässen kam, die nach Brescia 
führen, bezwang er einen Tyrannen, namens Adalbert, der ihm den Durchzug 
verlegte, und nahm ihn in seinem beinahe uneinnehmbaren Schlosse Lodrin ge- 
fangen und führte ihn weg.) — Während sonst alle älteren Schriftsteller und selbst 
viele von den neueren, ohne Bedenken diesen Adalbert von Lodrin als zum Geschlechte 



— 6 — 

weiblicberseits von den alten Weifenherzogen ab^tamD[lend, hatten sie großen, 
wenn auch nicht zusamraenhängendeo, so doch über das ganze Gebiet der Bischöfe 
hin zerstreuten Besitz an Burgen, Dienstmannen, Bergwerken, Höfen, Vogteien 
u. 8. w. bis in die entlegensten Täler. 

Ob sie auch die Stiflsvogtei Ober Trient gehabt, ist urkundlich nicht nach, 
weisbar — sicher ist, daß dieselbe im Jahre 1145 schon in den Händen der auf- 
strebenden Grafen von Tirol war. 

Auch diese hatten nicht nur im Vintschgau und an der Etsch, sondern auch 
im Trientinischen reichen Besitz, und wenn sie auch nicht so reich und mächtig 
waren wie die Eppaner, hatten sie doch mit der Stiflsvogtei ihre Macht und ihren 
Einfluß bedeutend gemehrt und sich Gelegenheit geschaffen zu neuen Erwerbungen, 
die sie auch emsig ausnützten. 

Waren es nun wirklich die Gegensätze zwischen den Eppaner - Weifen 
einerseits und den gibellinischen Grafen von Tirol und den Bischöfen von Trient 
anderseits, war es Unbotmäßigkeit und weifischer Stolz und Starrsinn, oder viel- 
mehr der Kampf um die Macht und Vorherrschaft, dem wir gerade in dieser 
Epoche allenthalben begegnen, — urkundlich sind uns die Ursachen nicht 
bekannt — wer sich näher dafür interessiert, findet bei Hormayr eine ausfuhrliche, 
oft phantasievolle Darstellung — kurz es kam zur Fehde. Das Bingen währte bis 
zum Ausgange des XII. Jahrhunderts und endete nach verschiedenen Phasen mit 
der Niederlage der Eppaner. 

Sie mußten nach und nach den größten Teil ihrer Allode vom Bischöfe zu 
Lehen nehmen, und wie sehr sie auch sonst geschwächt worden waren, zeigen die 
vielen Besitzveräußerungen, so auch in Judikarien, wo sie reich begütert waren: 

Am 27. August 1185 verkauft Graf Heinrich von Eppan alle seine Güter in 
Judikarien jenseits des Durone — den Besitz in Preore, Vorder-Judikarien, hatten 
sie großenteils schon kurz vorher vertauscht (Cod. Wang. Nr. 33) — was immer 
und wo immer gelegen, mit allen Bechten und Ehrungen, seien es nun Bergwerke 
oder Vasallen, mit allem Besitze derselben, an den Bischof Albert von Trient. Aus- 
genommen davon sind nur Galapin von Lodron, Gumpo von Madruzzo und Bozo von 
Stenico, überhaupt die adeligen Dienstmannen („et eis vasallis,qui nomenhabent militis''). 

Diese wichtige Urkunde (Nr. 24 in Kinks Cod. Wang.) ist vielfach abgedruckt. 

Wir hören nun seit hundert Jahren zum ersten Male wieder den Namen 
Lodrone. Dieser Galapin von Lodrone war also eppanischer Vasall und war nicht 
mitvertauscht, respektive mitverkauft worden. 

Zwar ist hier vom Schlosse Lodron nicht die Rede, doch war dasselbe, wie 
nachstehend ja urkundlich erwiesen wird, im Besitze des Galapin. 

Am 24. August 1189 aber belehnt der Bischof Konrad dreizehn namentlich 
angeführte Männer aus Storo mit dem Schlosse und dem Meierhofe (curia) von 
Lodrone, mit dem ganzen und vollen alten Lehen, das die vom Hause Lodrone 
mit jenen vom Hause Storo schon früher gemeinsam erworben und unter sich 
geteilt hatten: mit Eigenleuten, Zehenten, Gefolgschaft und allen Rechten und Ehren, 
wie sie zum alten Lehen gehören, unter der Bedingung, daß: 

1. Nichts von dem Besitze, namentlich an keinen Brescianer, veräußert 
werden dürfe. 



n 



— 8 - 

Am 4. Juni 1189, also etwa zweieinhalb Monate Tor der Belehnong in Bira, 
waren dieselben Leute Ton Storo (nur sind es hier vierzehn anstatt dreizehn Per- 
sonen — ein gewisser Etuvardus fehlt später) zusammengetreten — «viri illustres 
de Setauro** heißen sie in dieser Urkunde, welche teilweise auch schon Gnesotti 
bekannt gewesen zu sein scheint — und schließen unter sich einen Bund und Vertrag 
und beschwören ihn in der S. Florianskirche in Storo. Nur einer derselben (Ottobonus) 
schwört nicht mit — vielleicht stand er in einem Lehensverbande zu Calapin. 

Sie einigten sich dahin, keinen Streit und keine Fehde aufkommen zu lassen 
unter sich wegen des Schlosses Lodrone, so wie wegen des ganzen unbeweglichen, 
beweglichen oder lebenden Besitzes, sei es Lehen oder Allod, den Galapin von 
Lodron in der Pfarre von Gondino, in Yal Yestino oder überhaupt im ganzen 
Bistume gehabt; vielmehr verpflichteten sie sich, sich gegenseitig zu unterstützen, 
um, sei es durch Unterhandlung oder List, Streit oder Fehde, oder wie immer, 
in den Besitz dieser Güter zu kommen und die Belehnung damit zu erlangen. 

Wenn dann nach Erwerbung derselben wieder Friede eintritt, sollen die Güternach 
Stollen unter ihnen geteilt werden, doch darf unter keinen Umstanden irgend etwas 
davon an den Galapin vergeben, vertauscht oder wie immer veräußert werden. 

Die sieben Stollen („capita'', wohl vielleicht Familien) sind folgende: 

Es bildet den 1. Stollen: Adelardus Niger, 

2. „ Adelardus Albus, 

3. „ Boninsegna und Focolarius, 

„4. „ Ottobonus, Gratiolus und Maifredus, 
„ b. n Montenarius, Eriprandus und Etuvardus, 
„6. „ Malastreva, Guielmus und Zeredus 
und „7. „ Vitolinus. 
Das sind also die „viri illustres" von Storo, welche schon früher mit jenen 
von Lodron das Schloß und die Herrschaft gemeinsam besessen hatten. 

Waren außer Galapin noch andere Herren von Lodrone da? 

Beinahe möchte man es glauben, denn in der Lehensurkunde von 1189 heißt 
es: „Es sollen aber die vorgenannten von Lodrone dem Bischöfe und seinen Nach- 
folgern auf dem Bischofssitze in allen Kriegen gegen alle — ausgenommen sie 
selbst — beistehen; es sollen aber jene vorgenannten von Storo das obgenannte 
Schloß und den Hof von Lodrone nur fUr ihre Erben besitzen und bebalten ** 

Was soll hier die Gegenüberstellung von Lodrone und Storo? 

Vielleicht war schon eine Teilung vorgesehen und dem Bischöfe bekannt, 
daß das Schloß und der Meierbof von Lodrone an die beiden Adelarde fallen 
soll — die Vertragsurkunde vom 4. Juni 1189 ist unvollständig und ist aus der- 
selben nichts hierüber zu ersehen, doch würde sich dies mit der von Gnesotti aus 
dem Archive der Grafen von Arco Nr. 177 zitierten Urkunde wohl zusammen- 
reimen lassen. 

Und Galapin? 

Papaleoni glaubt, daß Galapin von Lodron 1189 schon tot war; doch welchen 
Sinn hätte dann der Passus in der Vertragsurkunde von 4. Juni 1189, daß sich die 
„viri illustres" von Storo verpflichten, nichts von dem Besitze an Galapin zu veräußern? 



— 10 — 

Auch kann nicht »njrenommen werden, daß ^'- etw* iivfc4g«i •!« w^l 
gib^flliniHohen Wirren nach Sioro geflohen und *kh dort n^ir Tortterffeh^rad. ecwA 
abwartend cxler dergleichen, anfgehalteo. denn wir finden «ie »tböQ in den iixesten 
Urkunden, wo flberhaapl die I^eote Mkrh •>rt«:haften fcenannt werden, in Scoro 
sitiend; so z. B. V^ge^en wir in Biia am 5. Augnät 1124 dem Albert, üben, 
Adelurd und Marchio von Storo mitten nnter den adeligen Zeagen. ja s«L*gar tot 
den beiden Vizedoms, vor dem Vital von Cle«. vor den Herren ron Areo a. s. w ! 

(Bonelli II. pag. 382). 

Welchem Hanse mögen sie wohl orsprünglieb angebon haben? 

Es mußten also doch sehr angesehene vornehme Leute sein. 

Visica von Storo erscheint gleichfalls mitten anter den adeligen Zeagen in 
Biva 1161 (Bonelli H. pag. 413). 

Am 25. April 1163 hatte Bischof Albert den Bozo vom Dorfe Stenieo and 
seinen Bruder Odo mit seinem neu erbauten Hanse im Schlosse Stenieo belehnt 
und ihm die Hut unter den gewöhnliehen Bedingungen übertragen. 

Dagegen protestierte Friedrich, Sohn Ulrichs ron Campo, indem er behauptete. 
Schloß Stenieo sei sein Benefizium. Zar Entscheidang berief der Bischof ein Hof- 
gericht (curiam) ein, welches am 22. Juli 1163 aof einer Wiese bei Bozen zwischen 
Eisack und Etsch, nahe bei Formigar, tagte. Unter den Pares cnriae finden wir 
neben der BiQte des südtirolischen Adels den Mainentinus von Storo, yielleicbt 
denselben, der 1189 als Mainentus und Vater des einen Adelard erscheint 

Die erste Frage der Curia wird an den Grafen Eberhart von Flavon gerichtet 
und von ihm beantwortet, die zweite von Uhrich, dem Richter von Givezzano, and 
den dritten Spruch tut Mainentinus von Storo (CJod. Wang. Nr. 10). 

Maufredin von Storo (vielleicht der Manfred von 1189, wie Papaleoni ganz richtig 
urteilt^) erscheint auch als Zeuge 1185 an der Etsehtiberfuhr bei Zambana, wo die 
Herren von Eppan die Schlösser Yalvenstein und Arz vom Bischöfe zu Lehen 
nehmen, auf ein Guthaben an denselben von 1100 Pfund Berner samt 500 Pfund Zinsen 
verzichten und versprechen mußten, die Veste Grumesburg demselben zur Zerstörung 
zu tibergeben. (Die Herren von Storo waren also über den Niedergang der Eppaner- 
Welfen wohl unterrichtet.) 

Aber auch nach der Belehnung mit Lodrone finden wir diese Herren von 
Storo etwa nicht alle in Lodrone, sondern teilweise noch bis ins XIV. Jahrhundert 
in Storo. 

Sie empfangen ihre Lehen und finden sieh öfters auch um die Person des 
Fürstbischofs; so z. B. tibernimmt Adelper von Storo am 28. März 1212 als Bevoll- 
mächtigter des Bischofs Friedrich von Wangen in Brescia die Lehen von Tignale, 
welche Manfred von Salis, Milo von S. Gervasio und sein Sohn Oprand, sowie 



^) Papaleoni hat in der in Trient er- 
scheinenden Zeitung „Alto Adige** (1S89) eine 
scharfe Kritik geübt an der im „Giornale 
araldico-genealogico-diplomatico" in Pisa vom 
Grafen Gesare Festi veröffentlichten „Gene- 
alogia e cenni storico - genealogici della 



nobil casa dl Lodrone nel Trentino sino 
al secolo XV*. 

Dies veranlal^te den Grafen Festi, seine 
ganze Genealogie der Grafen von Lodrone mit 
Benützung der von Papaleoni gebrachten Daten 
umzuarbeiten und neu herauszugeben (Bari 1898). 



- 12 — 

Teilweise erklärt sich dies auch aus der ganz exzentrischen, wenig zugänglichen 
Lage, knapp an der brescianischen Grenze und auch aus den vielen Kriegen und 
fürchterlichen Kämpfen mit den Nachbarn hüben und drüben, wobei Schlösser und 
Ortschaften geplündert wurden und in Brand aufgingen. 

Von den Vorgängen in diesem äußersten Winkel des Fürstentums erfahren 
wir deshalb aus dem XIII. Jahrhunderte urkundlich sehr wenig. 

Außer den Herren von Lodrone-Storo gab es zwar dort wohl auch einen 
Kleinadel, der jedoch auf die Geschicke der Gegend wenig Einfluß zu üben in der 
Lage war. 

Doch waren es auch nach der Verdrängung der Eppaner noch besonders zwei 
große und mächtige Geschlechter, welche zwar hier nicht ihren ständigen Sitz, wohl 
aber viel Besitz, Vasallen, Zehente und Gerechtsame hatten. 

Es waren dies die Herren von Campo und vor allen anderen die von Arco. 

Die Herren von Campo hatten ihren Sitz und ihre reichen Besitzungen haupt- 
sächlich in der lachenden Ebene von Bleggio-Lomaso, Stenico gegenüber, wo auch, 
nahe bei dem Dorfe Campo maggiore, ihr Hauptschloß Campo lag. 

Auch besaßen sie Schloß Toblino (unterhalb Vezzano) samt allem Zugehör 
und in Hinter-Judikarien Schloß Merlino. 

Merlino lag zwischen Daone und Praso neben dem gleichnamigen Flecken 
Merlino, der heute so wie jede Spur des Schlosses verschwunden ist. 

Nebst diesem Schlosse (Merlino) hatten die Herren von Campo auch noch 
mancherlei Besitz in Hinterjudikarien, sowohl an Ländereien, als auch an Vasallen^ 
Eigenleuten, Zehenten und anderen Einkünften, aber ihre Hauptmacht, sowie ihr 
Sitz (Schloß Campo) lag in Vorderjudikarien. — 

Von Feindseligkeiten mit den Herren von Lodrone wegen dieser Besitzungen, 
oder von Kämpfen um die Vorherrschaft in Hinterjudikarien, ist nichts bekannt. — 

Ganz anders gestaltete sich das Verhältnis zwischen den Herren von Lodrone 
und denen von Arco. 

Die Herren von Arco waren im XII. und XIII. Jahrhundert (neben den Castel- 
barbern) weitaus das mächtigste Geschlecht im Fürstenturae Trient und an Reich- 
tum und Macht konnten sich weder die von Campo noch jene von Lodrone mit 
den Herren von Arco messen. — 

Diese hatten in den Pfarren von Bono und Condino, sowie in ganz Judikarien, 
zahlreichen Besitz an Ländereien, Vasallen, Eigenleute, Giebigkeiten und Einkünfte 
jeglicher Art, Gerichtsbarkeit und den Zoll bei Condino, wo sie auch ein kleines 
Schloß (Caramala) besaßen. 

Überall berührten sich die Besitzungen der Herren von Arco mit denen der 
Lodron, kreuzten sich ihre Interessen und so mußten Reibungen entstehen. 

Das Bestreben aller dieser kleinen Dynasten ging dahin, sich von ihnen 
Lehensherren, den Bischöfen und ihren Vögten, unabhängig zu machen, sich die 
Gerichtsbarkeit zu sichern und so eine möglichst unabhängige, eigene Herrschaft 
zu begründen. 

Den Herren von Lodron kam hiebei noch der günstige Umstand zu statten, 
daß ihr Besitz knapp an der Grenze der unruhigen brescianischen Nachbarn weit ab- 



- 14 — 



Verbündeten von Storo beigelegt worden sei. Die Lodron seien mit viel Kriegsvolk 
über den Duronepaß gekommen und hätten das den Herren von Areo gehörige Schloß 
Spine zerstört. 

Nach dem im Archive der Grafen von Arco befindlichen schon erwähnten 
Dokumente (Nr. 177) sind damals im Besitze von Lodrone die beiden Adelarde 
gewesen und Albert von Nago und ein Barufaldi von Riva fungierten bei der Aus- 
tragung als Spruchrichter. 

Aus dem Dokumente geht zweifellos hervor, daß erstens Reibungen zwischen 
den Lodron und Arco vorgekommen und zweitens, daß die beiden Adelarde im 
Besitze der Hut von Lodrone waren. 

Der letztere Umstand ist fllr uns insoferne von Wichtigkeit, als wir infolge- 
dessen mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen können, daß einer der beiden 
Adelarde der Stammvater der heutigen Grafen von Lodrone ist. 

Doch habe ich zum mindesten gegen das Datum dieses Dokumentes (1205) 
gewichtige Bedenken. 

Im Jahre 1205 befanden sich die Herren von Arco auf dem Höhepunkt ihrer 
Macht. Bei König Philipp standen sie in hoher Gunst und noch 1207 bestätiget er 
ihnen die Zölle, die sie von Bischof Konrad teils als Lohn erhalten oder erpreßt hatten, teils 
aber erhalten zu haben bewiesen durch Urkunden, deren Wert bezweifelt werden muß. 

Zur selben Zeit waren sie im Bunde mit Verona, wo Ulrich der jüngere ein 
Haus hatte. 

Als der Erwählte von Trient, Friedrich von Wangen, im August 1207 am Hof- 
lager König Philipps in Straßburg weilte, bestätigte der König den Herren Ulrich 
und Friedrich von Arco die Zölle nicht nur von Torbole und Riva (auf die im 
Friedensvertrage von 1204 eigentlich verzichtet wurde), sondern auch neue, nämlich 
die von Balino, Condino und Oastelmani (Saxes Banalli), von deren Verleihung 
nichts bekannt ist. 

Dem Bischöfe aber trug der Kaiser auf, die Herren von Arco und ihre Nachfolger 
in dem Besitze derselben zu schützen (vergl. Hormayr, Beiträge II, Urkunde Nr. CXXII). 

Und gerade damals, nämlich 1205, waren die Wirren in Trient solche, daß 
der Bischof Konrad resignierte und sich nach Georgenberg zurückzog'). 

War das ein Zeitpunkt, wo die Herren von Lodron es wagen durften, mit den 
mächtigen Arkern anzubinden? Keinesfalls durften sie es ohne starke Verbündete 
wagen. Und das wären die von Campo gewesen, welche tatsächlich wegen Toblino 
mit den Arkern DiflFerenzen hatten, welche durch einen Frieden am 20. Oktober 1205 
beigelegt wurden *). Doch geschieht hiebei der Herren von Lodron keine Erwähnung, 



1) Bischof Konrad soll diese letzteren Zölle 
den Herren yon Arco im Jahre 1207 gegeben 
haben — obwohl er 1205 resigniert hatte. Später 
aber reute es ihn und er verließ Georgenberg 
und kam nach Italien (auch Verona), wo er tat- 
sächlich geurkundet hat — natürlich ohne dazu 
berechtigt zu sein. Darauf bezieht sich vielleicht 
ein Passus in der Bestätigungsurkunde König 
Philipps „quod ipsi Olricus et Fridericus ?el sui 



anteccessores jure vel non jure habuerunt" — 
wenn nicht die ganze Urkunde Bischof Eonrads, 
welche dem Könige vorgewiesen wurde, eine 
Fälschung war. 

2) Haus-, Hof- und Staats-Archiv, ßep. 7, 
Capsa 34, Nr 1. 

Dominez hat falschlich das Datum 2. Ok- 
tober anstatt 20. Oktober. 



— 16 — 

noch während der Sedisvakanz, wo Graf Heinrich von Tirol als Vogt das Stift regierte, 
noch unter Bischof Friedrich von Wangen, von dem doch so viele Urkunden erhalten 
sind, noch unter seinen nächsten Nachfolgern. Auch nicht bei den Königen oder 
Kaisern derselben Zeit, welche da durchzogen, sich mehr oder weniger lang in der 
Gegend aufgehalten und dort auch geurkundet haben, nicht im Streite der Gemeinden 
von Ünter-Judikarien um ihre Selbständigkeit, oder unter Sodeger de Tito, der als 
kaiserlicher Podestä auch die Gewalt in Unter-Judikarien übte — ich glaube, daß es 
kaum eines der hervorragendem Geschlechter im Ftirstentume gab, dessen Name 
bei allen wichtigen Anlässen und am Hofe der Lehensherren so selten ist, wie der 
der Herren von Lodron in einer Periode von beinahe achtzig Jahren! 

Nur passiv oder bei ganz untergeordneten, lokalen Anlässen findet sich dieser 
Name. 

Selbst im langen Streite der Grafen von Tirol aus dem Hause Görz mit den 
Bischöfen um die weltliche Macht im Fürstentume treten sie nicht aus dem Dunkel 
hervor. 

Wenn wir von dem vorerwähnten Dokumente Nr. 177 bezüglich der Zer- 
störung des Schlosses Spine durch die Herren von Lodrone absehen, geschieht auch 
der Herren, resp. des Schlosses Lodrone erst wieder im Jahre 1218 Erwähnung, 
wo Gabriel und Bonacorso von Storo sich gegen den bischöflichen Richter Otto 
von Storo der Felonie schuldig gemacht hatten, weshalb sich der bischöfliche 
Gastalde von Riva, Jakob von Boi-zaga, am 17. Juni 1218 (in Oondino) in den 
Besitz der verfallenen Lehen derselben, d. i*. ihres Anteils am Schlosse und Turme 
von Lodrone setzt (Alberti Ann. Gar., pag. 80, und Dominez, Nr. 196 u. a.). 

. Es dürfte sich hier wohl nur um ihren ideellen Anteil gehandelt haben ; auch 
ist nicht bekannt, welchem der sieben Stollen oder capita von Storo sie angehört 
haben. 

Nach dieser Zeit haben wir (abgesehen von 1230, wo nach Ambrogio Pranco 
eine Heii'at zwischen Cunisia von Arco und Paris von Lodron stattgefunden haben 
soll) erst wieder aus der Zeit von 1240— 1258 Nachricht von einem Silvester von 
Lodrone, welcher in seiner ersten Genealogie auch von Festi noch als Stammvater 
der heutigen Grafen von Lodron angeftihrt wird. Dieser Silvester erscheint als Zeuge 
in einer Urkunde, welche 1237 in Bozen aufgenommen (es handelt sich um eine 
Belehnung eines Herrn Morandin mit einem Hofe beim Schlosse Ravenstein durch 
Friedrich und Beral von Wangen) und 1240, 14. Dez. zu Trient, auf Verlangen 
des Herrn Morandin und unter Intervention Sodegers de Tito durch den Notar 
Gabardus in öffentliche Form gebracht wurde. (Regesten zur tirolischen Geschichte 
von P. Max Straganz.) 

Daß sich Silvester in Trient und in der Umgebung des kaiserlichen Podestä 
aufhält, läßt keinen Zweifel, daß er sich der Partei der Gibellinen angeschlossen hatte. 

Aber schon im Jahre 1889 hatte Papaleoni eine Urkunde vom Jahre 1257 
aufgefunden, worin am 21. April in Riva Herr Riprand von Arco den Herrn 
Silvester von Lodron für sich und seine Erben belehnt mit einem Lehen, 
welches schon Herr Paris, der Vater des genannten Herrn Silvester, vom 

genannten Herrn Riprand innehatte (d. i. mit der Gefolgschaft der sogenannten 

Lombarden von Storo, die dann nominatim aufgezählt werden) „Der genannte 



— 18 — 

2. Die Sindiker sollen dem Adel die Burgen, Besitzangen, Zinse und EinkOnfle 
wieder zurückgeben. 

3. Der Adel soll die Gemeindeleute und ihre Sindiker nicht einkerkern oder 
büßen, denn der Kaiser selbst werde Verordnete bestimmen, welche die streitigen 
Sachen austragen und entscheiden. 

Und durch ein späteres Dekret (Monte Glaro apnd Gastra, die sept. exeunt. 
Octobr. 1237) hob er die „Podestarie" der Grafen von Tirol in Judikarien, 
sowie alle anderen Podestarien der Stadt und des Bistums Trient auf und befahl, 
daß alle Leute des Bistums in der Stadt Trient ihr Hecht zu suchen haben. 

Er ernannte den Lazarus von Lucca als den, der im Namen des Kaisers Recht 
zu sprechen habe. 

Doch scheint diese Entscheidung wenig Erfolg gehabt zu haben, denn schon zwei 
Jahre später erscheinen Adel und Gemeinden wieder vor dem kaiserlichen Gerichts- 
hofe in Padua in feierlicher Sitzung vor den kaiserlichen Bichtern Pier delle Vign« 
und Tebald Franciena'). Da waren noch anwesend vom Südtiroler Adel : Hugo von 
Taufers, Heinrich Graf von Eppan, Mercadentus von Trient, der kaiserliche Podestä 
von Trient Sodeger und andere. Die Gemeinden waren vertreten durch den Sindiker 
und Bevollmächtigten der Pfarre Condino, Johannes Benni, der Adel durch Albert 
von Arco, Cognovuto von Campo und Nikolaus, Sohn Alberts von Mitifoco. 

Die Klage war dieselbe, wie vor zwei Jahren, daher auch die Entscheidung, 
nur viel schärfer. 

Wer von beiden Teilen den Pakt zuerst bricht, verliert alles Becht, der Adel 
seine Freiheit, der Mann vom Volke wird leibeigen (servus). 

Neu ist nur noch dazu gekommen, daß die neu erbauten Burgen (auch 
im Nons- und Sulzberge) dem Sodeger de Tito, kaiserlichen Podesta und Rektor von 
Trient, übergeben werden sollen. 

Am nächsten Tage (9. April 1239 in camera Domini Imperatoris de Sancta 
Justina) in Gegenwart Tebalds von Franciena, Sodegers von Tito, des Podestä. von 
Brescia, des Mercadentus von Trient, Arpo's von Cles und Friedrichs von Oastel- 
barco, bestätiget Kaiser Friedrich den Spruch. 

Beide Male findet sich kein Lodron unter den Anwesenden! 

Die Wirren dauerten fort. Die Brescianer, die sich den Mailändern ange- 
schlossen hatten, machten Einfälle ins Gebiet von Lodrone. 

Indes übte in Judikarien Sodeger unbeschränkte Macht. — Als kaiserlicher 
Podesti von Trient und Rektor des Fürstentums erteilt er am 24. April 1240 dem 
Bonifaeius von Bolone, weil er dem Kaiser treu geblieben und ihm die Brescianer 
deshalb sein Schloß in der Nähe der Grenze (vielleicht S. Giovanni?) zerstört hatten, 
die Erlaubnis, sich bei Turano (in Val Vestino) auf dem Hügel „Oastel" ein neues 
Schloß zu erbauen, mit ewiger Öflfnung für den Bischof*). Als Zeugen sind dabei 
Aldrigetto von Castelbarco und Odorich von Beseno — und wieder kein Lodron, 



1) Das ganze Dokumeut ist publiziert in 
Papaleoni, Lo piü antiche carte etc., pag. 69, 
Dok. Nr. X. 



^) Annali Alberti, Gar., pag. 115, und AltXr. 
Rep. fol. 11, und ausführlich in Hormayr 
„Gesch. von Tirol" 11, pag. 387, ürk. Nr. 164. 



— 20 — 



die Ausbreitung der Macht Ulrich Panceras von Arco und der Weifen in ünter- 
Judikarien wenig befriedigt gewesen sein. 

Alle die Güter, welche Sodeger de Tito erworben, sowie auch jene, welche 
Ezzelino da Bomano im Trientinischen erkauft und mit denen er dann den Sodeger 
belehnt hatte, gehen später durch Kauf vom 6. April 1267 an die Grafen von Tirol 
über (Haus-, Hof- und Staats- Archiv), welche sie gegen die Familie der Herren 
von Arco allerdings nicht behaupten konnten. 

Nach Sodegers Tode und nachdem er sich der Angriffe der Grafen von Tirol 
erwehrt und sie zum unbedingten Verzichte auf alle Ansprüche auf die von Sodeger 
erworbenen Arco'schen Güter gezwungen hatte*), hielt der wegen seiner Heftigkeit 
und Gewalttätigkeit allgemein gefQrchtete Ulrich Pancera von Arco harte Abrechnung 
mit seinen Feinden in Unter-Judikarien, nachdem er sich auch noch früher mit 
Nikolaus, Sohn weil. Silvesters von Lodron, und seinen Anhängern verglichen. 

Auf diesen Frieden mit Nikolaus von Lodron kommen wir noch zurück. 

Am 14. Mai 1279 hält Pancera von Arco Gericht auf dem Platze in Oondino und 
verurteilt den Johann, weil. Segators von Storo, und seine Söhne Paris und Socujus zu 
500 Pfund Berner, den Peter, Sohn des Oagagus, zu 200, und den Johann, weil. Eiprands, 
zu 100, weil sie im eben vorhergegangenen Kriege zu den Feinden und Auf- 
rührern gehalten und weil sie seine Vasallen eingekerkert und dem Bera von Oondino 
MVs Pfund Berner abgenommen und ihn gefoltert, ja seinen Vasallen, den Busetus von 
Oastello, sogar so stark gefoltert, daß er unter der Tortur seinen Geist aufgab. 

Diese Summen müssen innerhalb zehn Tagen von ihnen oder ihren Bürgen 
erlegt werden*). 

Waren dies Nachkommen jener Herren von Storo aus dem Jahre 1189? 

Ulrich Pancera von Arco sitzt also in Oondino zu Gerichte! Es unterliegt 
daher keinem Zweifel, daß, nachdem sich Sodeger de Tito aus dem Fürstentume 
Trient zurückgezogen und Ezzelino gefallen und nach dem unglücklichen Ausgange 
der Fehde des Grafen Mainrad von Tirol mit den Herren von Arco um die von 
Sodeger überkommenen Besitzungen, die Arker wieder in den unbestrittenen Besitz 
der Gerichtsbarkeit gekommen waren. 

Dlrich Pancera von Arco, der leidenschaftliche Weife, dem auch die durchaus 
weifisch gesinnten Gemeinden von Oondino und Bono anhingen, war beinahe un- 
umschränkter Herr in Unter-Judikarien. 

Jedenfalls war der Einfluß der Herren von Lodron verschwindend neben dem 
der Herren von Arco. 

So z. B. hatten die Gemeindemitglieder (vicini) von Oondino am 1. Oktober 1273 
den Ulrich Pancera von Arco als ihren Gewalthaber gewählt, um mit Brescia Frieden 
zu schließen. Zu dem Behufe versammelten sie sich auf dem Platze, durch Glocken- 
schlag ordnungsmäßig einberufen, „in plena vicinia coraunali", und ernannten alle 
(es waren deren mehr als 50) einstimmig, mit Ausnahme jener, welche Vasallen 



') Hormayr, Gesch. v. Tirol, li, pag. 601, 
wo am 19. Dezember 1276 S wicher von Arz 
vom Grafen Meinrad Vollmacht erhält, unter 
diesen harten Bedingungen mit Ulrich Pan- 



cera und seinen Brüdern den Frieden abzu- 
schließen. 

^) Papaleoni, Le piü antiche carte etc., 
pag. 78, Dok. Nr. XIX. 



- 22 — 

Herrn Nikolaus, weil. Silvester von Lodroo, Bartholomäus Acerbi und Hugolin, 
dem Kleriker, für sich und ihre Brüder und Freunde in den Pfarren von Bono und 
Condino, anderseits. 

Ks wurde bestimmt: 

1. Hchloß Romano soll in der Gewalt Ulrich Panceras von Arco oder seines 
Vertreters verbleiben, auf Kosten und zu Lasten der Gemeinde Bono, unbeschadet 
der Rechte des Herrn Nicolaus von Lodron und der Frau Athalasia, Tochter weil. 
Paris von Lodron. 

2. Herr Nikolaus von Lodron, der Kleriker Hugolin und seine Brüder, Bar- 
tholomäus und seine Brüder, namentlich die Herren Albert von Livinono und seine 
Söhne und Neflfen, schließen Frieden mit den genannten Herren üh-ich von Arco, 
Hermann und Bernhard von Gampo und den Leuten von Bono und Gondino itlr 
sich und alle ihre Anhänger bezüglich aller Fehden, Schäden, Plünderungen, Brand- 
stiftungen, Verwundungen, Totschlag oder was immer für Beleidigungen, bis zum 
heutigen Tage. 

3. Herr Aldrigettus von Lodron, sowie Scajola und Rucius von Storo, haben 
Waffenstillstand mit dem Herrn Nikolaus von Lodron auf die Dauer eines Jahres und 
jeder Zwist unter ihnen bis dahin soll durch je zwei von den beiden Parteien unter 
ihren Freunden zu wählende Schiedsrichter ausgetragen werden. 

4. Ulrich von Arco soll den Nikolaus von Lodron mit allen jenen Lehen, die 
er zu Recht von ihm hat, wieder belehnen, und wenn irgend eine Streitfrage hier- 
über unter ihnen entstehen sollte, sollen zwei gemeinsame Freunde sie austragen. 

5. Daß der genannte Herr Nikolaus den Herrn Ulrich von Arco außerhalb des 
Schlosses Lodron vom „Heiligen Brunnen" („a Fönte Sancta") aufwärts nirgends 
behindern dürfe in seinem Besitze, der von weil. Otto von Lodrone herrührt, und 
wenn er es tue, soll dies geschehen auf dem Rechtswege („cum ratione") und dann 
soll aber Ulrich dasselbe tun dürfen vom „Heiligen Brunnen" abwärts. 

6. Endlich sollen die vorgenannten Herren Bartholomäus und Hugolin, sowie 
ihre Brüder unter dem Schutze der genannten Herren und der Gemeinde Bono 
verbleiben, so daß ihnen nichts zuleide geschehen kann, etc. 

Durch diesen Friedensvertrag lernen wir wieder neue „Herren von Lodron" 
kennen, von denen wir einige gar nicht in die Stammtafel einzureihen imstande sind. 

Von Paris (H) haben wir bereits weiter oben gesprochen ; seiner durch nichts 
erwiesenen Vermählung mit Cunizza von Arco schon im Jahre 1230 bringe ich 
wenig Glauben entgegen und halte diese Behauptung iilr eine der vielen Wohl- 
dieuereien des Ambrogio Franco. Wir müßten ja sonst seinen Großvater Paris L 
weit ins XH. Jahrhundert hinaufsetzen! 

Paris (H) erscheint noch 1267, 15. Juli, als Zeuge in Riva, 1272 nur mehr 
sein Sohn Riprand , 1278 aber nur mehr seine Tochter Athalasia, deren Rechte 
auf Castelroman gewahrt werden. 

Nach einer gütigen Mitteilung des Herrn Grafen Oesare Festi ist 1265, 
13. März, ein ^Parisinus quond. Bonnicontrus de Lathrono, districtus Tridenti" 
nt^ben anderen Trientinern bei einem Eaufakte in Verona anwesend. Graf Festi 
spricht die Vermutung aus. ob dieser Bonincontrus nicht vielleicht ein Bruder 



— 24 - 

vielleicht in die Zeit der Sedisvakanz zwischen dem Tode Bischof Egnos und der 
Thronbesteigung Heinrichs IL oder gar noch später. 

Aber sie zeigt die Verbindung und das Einverständnis Mainrads mit den Trientiner 
Gibellinen und die Anlehnung dieser hinwiederum an die Freunde des Kaisers. 

Wie so sich diese Belehnung gerade nur auf die im Yal Yestino liegenden 
Ortschaften beziehen konnte, bleibt unaufgeklärt. Doch kommen wir darauf noch 
zurück, gelegentlich der Behandlung des Verhältnisses der Herren von Lodron zu 
den Landesftirsten, resp. den Herzogen von Österreich. 



Auch was über das eigentliche Gebiet von Lodron 1278 gesagt ist, erregt 
unsere Aufmerksamkeit; es war damals recht bescheiden und reichte im Norden 
unbestritten — abgesehen von zerstreuten Besitzungen und Bechten — nur bis zum 
hl. Wasser, d. i. bis zum Einflüsse des aus dem Sorina-Tale kommenden Baches in 
den Ghiese, zwischen Darzo und Gondino, etwa Storo gegenüber. 

Wann Bagolino, welches damals noch zur Pfarre Gondino und zum Fürsten- 
tume Trient gehörte, von der Brescianer Familie der Salis gelöst worden und in 
die Gewalt der Lodrone gekommen, und wann und wie sie es wieder verloren, ist 
ebensowenig bekannt, wie die Zeit der Erwerbung ihres späteren Hauptbesitzes 
Gastelromano oder der Erbauung von Gastel S. Giovanni. 

Auch die Belehnung an Peter (Peterzotto) von Lodron 1307 (Dominez 
Nr. 716) gibt keinen Aufschluß, da nur im allgemeinen von „den alten Lehen* die 
Rede ist. 

Die Herren von Lodron behaupteten allerdings, daß sie ein Recht auf Bagolmo 
hätten, und daß es sich in den Kämpfen der Weifen und Gibellinen zur Zeit Peter- 
zottos von Lodron empört und losgerissen habe — aber es sind lauter vage Be- 
hauptungen und keinerlei auf Dokumente gestützte Nachrichten, und auch der bre- 
scianische Historiker Odorici kann darüber keine Urkunden anführen ^). 



1) Vgl Glissenti Fabio: „II Gomune di Bagolino ed i Conti di Lodrone". Arch. Trent. XII, 
XIII, XIV. 



— 26 — 

diesem Kampfe gegen die Herren von Arco; Riprand von Arco, die festeste 
Stütze der kaiserlichen Partei, sowie des Ezzelino da Romano und Sodegers, war von 
seinen Neffen gefangen und im Kerker ermordet worden und nun war Ulrich Pancera 
von Arco hier, sowie in ganz Judikarien Herr der Situation. Er hatte sich auch 
in den Besitz von Tenno und Riva gesetzt und aller anderen Vesten und GOter, 
welche ehemals sein Onkel Riprand dem Sodeger de Tito als Machthaber Ezzelino's 
überlassen und mit denen dann Sodeger von Ezzelino (Verona 10. Mai 1253) belehnt 
worden war, sowie auch derjenigen, auf welche schon 1244 im Kampfe zwischen 
Riprand von Arco und seinen weifischen Neffen, letztere hatten verzichten müssen *). 

Aber Pancera von Arco behielt nicht nur die eroberten ehemals Arco' sehen 
Güter, sondern auch den den Grafen von Tirol abgenommenen bischöflichen 
Besitz als gute Beute für sich und dagegen erhob Bischof Heinrich seine An- 
sprüche, und zwar sowohl auf Riva und Tenno, als auch auf die Einkünfte von 
Ledro, Condino und Bono, sowie auf Castel Romano. 

Und als nach der Synode von 1279 Pancera von Arco dieselben nicht zurück- 
stellte, tat er ihn in den Bann*). 

Als Pancera von Arco davon hörte, schäumte er vor Wut und drohte jeden 
zu erschlagen, der es wagen sollte, gegen ihn Bann und Interdikt zu verkünden; 
der Archipresbiter von Arco (Benvenutus) hatte schon auf der Synode erklärt, daß 
er sich nicht getraue, vor den Gefiirchteten hinzutreten, ja als endlich doch Jakob, 
der Erzpriester von Riva, es wagte, ihm die Sentenz verkünden zu wollen, unterbrach 
ihn Pancera und drohte, ihm mit eigener Hand das Haupt abzuschlagen, so daß 
der zu Tode Erschrockene kaum mehr ein Wort zu stammeln vermochte'). 

Dann erklärte Pancera von Arco öffentlich: wenn die Priester nicht Gottes- 
dienst halten wollen, werde er sie einen Strom von Tränen vergießen machen. 

Erst am 31. Jänner 1280 verbot der Bischof dem Exkommunizierten die Aus- 
übung der Zivil- und Kriminalgerichtsbarkeit und erklärte alle Akte desselben für 
ungiltig. 

Pancera verharrte nicht nur im Trotze, sondern wurde nur noch wütender 
und stieß die Drohung aus : wer dem Bischöfe gehorche, solle den Kopf verlieren. 

Da berief der Bischof eine neuerliche Versammlung ein und schleuderte 
(16. März 1280) feierlich den Bannfluch („tradentes eum Sathanae in interitum 

carnis, ut Spiritus ejus salvus fiat in die Dni") gegen ihn und bedrohte mit dem 
Banne auch alle (namentlich aufgeführten) Freunde und Anhänger Pancera's von 
Arco *). 

Dieser jedoch kannte wohl die Ohnmacht Bischof Heinrichs. — Ein eigener 
Unstern waltete über diesem unbeugsam starren Kirchenförsten. In demselben Jahre 



*) Vgl. Hormayr, Beiträge zur Geschichte 
Tirols, II., p. 340, Dok. Nr. CXLV. 

2) ßonelli II, p. 616. 

3) Der Erzpriester Jakob von Riva hielt 
sich, nachdem es ihm gelungen war, die Sentenz 
dem Ulrich Pancera von Arco auf Umwegen 
doch zuzustellen, aus Angst vor den Wutaus- 
brüchen des gewalttatigen Dinasten 14 Tage 



verborgen und getraute sich erst unter dem 
Schutze Frixons von Belvedere aus dem Ver- 
stecke hervorzukriechen und zum Bischof zu 
flüchten, wagte es aber nicht mehr, in seine 
Kirche nach Biva zurückzukehren. 

*) Dr. Jos. Egger: „Bischof Heinrich II. 
von Trient- 1884, 1885, und Bonelli, II, Dok. 
Nr. CIL 



— 28 — 



zu keinerlei Ersatz herangezogen werden könne, wenn die Herren von Castelbarco 
Leute von Breseia im Lägertale zu Sehaden brächten"^). 

Bisehof Heinrich konnte sein Stift nicht mehr zurückerhalten und starb zu 
Born 1289, aber obwohl Herzog Mainrad seinen Söhnen in seinem Testamente auf- 
getragen hatte, die von ihm der Kirche rechtswidrig entzogenen Güter wieder zurück 
zu stellen, regierten dieselben in seinem Geiste weiter und hielten beinahe das 
ganze Fürstentum besetzt. 

Auch Heinrichs vom Papste ernannter Nachfolger, Bischof Philipp Buonacolsi von 
Mantua, konnte bis zu seinem Tode (18. Dezember 1303) nicht in den Besitz seines 
Fürstentums kommen, denn Mainrads Söhne betrachteten sich, so lange sie, bzw. 
auch ihr verstorbener Vater im Banne und der Friede mit dem Stifte nicht ge- 
schlossen war, als Verweser des Stiftes „sede vacante** und hielten durch ihre 
Hauptleute und Vikare die wichtigeren Plätze besetzt 

Dadurch veranlaßt, suchte Bischof Philipp wieder seinerseits Hilfe bei den 
Scaligern und ihrem Anhange in Verona und Mantua, während die Gastelbarker 
zu den Grafen von Tirol standen. 

Die Herren von Arco standen mit ihrem Anhange auf Seiten des Bischofs. 

Infolgedessen wurde das ganze Grenzgebiet im Süden und Südwesten des 
Ftirstentums in einen verheerenden Krieg hineingezogen, wobei nach der damaligen 
Sitte das Land verwüstet wurde. 

Die Leute Bartholomäus' della Scala hatten sich Riva's und beinahe des ganzen 
Gebietes von Arco bemächtiget und hielten nicht nur die Ortschaften, sondern auch 
die Schlösser Tenno, Castellino, und Stenico besetzt-). 

Es ist unverkennbar, wie die Vorgänge im deutschen Reiche auch hieher 
ihre Schatten warfen, und die Haltung der jungen Herzoge war eine andere, so- 
lange Adolf von Nassau noch lebte, als nach seinem Tode, und ändert sich wieder 
nach der Ermordung König Albrechts. 

Die Scaliger ergriflfen natürlich gerne die günstige Gelegenheit, sich in die 
Verhältnisse des Nachbargebietes zu mischen — aber die Verwüstungen waren 
von beiden Seiten gleich fürchterlich, und wenn man es nicht aus den Bündnis- 
resp. Friedensverträgen erführe, aus dem Verhalten der Kriegsleute wäre kaum zu 
ersehen, ob da ein Freund und Bundesgenosse, oder der Feind gehaust habe. 

Auch Bündnisse wechseln rasch, ganz oder in einzelnen Teilen, je nachdem 
Bundestreue oder Treuebruch mehr Vorteil bringt, oder je nachdem in einer Stadt 
gerade diese oder jene Partei die Oberhand hat. 

Die Fortschritte der Scaliger auf dem Gebiete von Arco-Riva waren aber 
sicher geeignet, nicht mir die jungen Herzoge und Grafen von Tirol, sondern auch 
den Bischof mit Besorgnis zu erfüllen, und so kamen Verhandlungen zwischen den 
streitenden Teilen zustande, die (29. Dezember 1301) zuerst zu Präliminarien und 
einem Waffenstillstände führten, dem zufolge alle Unbilden und Schäden gegenseitig 
als ausgeglichen und verziehen betrachtet, die Gefangenen freigelassen, den Flücht- 



1) Ausführlicher Auszug in Bonelli II. 
p. 163. Zu den Vorbehalten war Mainrad wohl 
durch die noch nicht abgelaufenen Bündnisse 
verpflichtet. 



>) Vgl. Gay. C. T. Postingers sehr gewissen- 
hafte Arbeit „Documenti in Volgare Trentino" 
Attl della I. R. Academia di scienze, lettere 
ed arti degli Agiati in Rovereto, 1901. 



- 30 — 

Das Qebiet war also nicht in der Gewalt des Bischofs, sondern der Herzoge 
und Grafen von Tirol. 

Aber auch im obern Judikarien, im Banale, hatten sich die Grafen von Tirol 
festgesetzt und hatten Castelmani eingenommen und neu befestiget. 

Denn am 2. März 1297 verrechnet ülricus de Badekka, capitaneus Tenni: 
,,PaIauserio capitaneo Castelmannii, marcas L bone monete pro adificacione ejusdem 
castri". 

Und am 6. März verrechnet derselbe Badekka: „Paluserio pro edificacione 
castri Manii marcas L bone monete .... Item expendit in Castro Manii, quando 
cepit raontem S" XXVIIII veteris monete" 

Und am 25. Mai 1300 verrechnet Ulrich von Coredo, Hauptmann auf Nons, 
Sulz und von Trient für sich und H. (Heinrich), den Sohn des Hofmeisters (Heinrich 

von ßottenburg): „ pro edificiis ipsius castri (sc. castri Manii) S' LX veteris 

monete" '). 

Castelmani war also 1297 mit Gewalt eingenommen worden und wurde neu 
befestiget, um für die Landesftlrsten einen festen Stützpunkt zu bilden und die Ver- 
bindung Ober-Judikariens mit Spor herzustellen ; denn gerade hier im Bleggio, Lomaso, 
Stenico und Tione lag die Hauptmacht der Bischöfe und ihrer treuesten Vasallen, 
der Herren von Campo und derer von Arco. Und auf deren Gebiet und Machtsphäre 
war Bischof Philipp bei seinem Friedensschlüsse von 1302 beschränkt. 

Da nun bei dem bald darauf erfolgten Tode Bischof Philipps die drei Jahre, 
ftkr welche er den Herzogen Biva, Tenno und Gardumo gänzlich überlassen hatte, 
noch nicht abgelaufen waren, sowie überhaupt Punkt 13 des Friedensvertrages, 
der für diesen Fall vorgesehen war, in Kraft trat, behielten die Herzoge auch ferner- 
hin die weltliche Macht in Händen, bis am Weihnachtsabende 1306 der neue 
Bischof, Bartholomäus Quirinus aus Venedig, ähnliche „Gompactaten" mit ihnen 
abgeschlossen hatte, wie vordem Bischof Philipp'). 

Von ihm sind viele Belehnungen aus der ersten Hälfte des Jahres 1307 (er starb 
schon am 23. Juni desselben Jahres nach kaum halbjähriger wirklicher Begierung), 
welche größtenteils im Codex Clesianus I. Bd. verzeichnet und erhalten sind. 

Von denselben erregen besonders zwei unsere Aufmerksamkeit*). 

Am 18. April 1307 erteilt der Bischof dem Albertin, weil. Herrn Aldrigettos 
Sohn, einst Olurads von Lodrone in der Pfarre von Condino, seine alten Lehen und 
gleichzeitig sendet derselbe Albert von Lodron alle jene Zehente, die er seit dem 
Tode seines Vaters in der Gegend von Darzo inne gehabt, dem Bischöfe auf, mit 
der Bitte, damit den Nikolaus und Adelper, Söhne weil, des Herrn Otto Malastreva 
von Storo, zu belehnen, was gleichzeitig geschieht. 

Auch belehnt der Bischof den Marchesius, Sohn des weil. Odorich von Storo. 

Also es lebten zu dieser Zeit noch Herren von Storo und standen in reger 
Verbindung mit den Herren von Lodrone, ja den Namen Malastreva kennen wir 
schon aus dem ersten Vertrage und der Lehensurkunde von 1189, wo er als einer 



1) M. Mayr-Adlwang: Begesten zur Tiroli- 
schen Kunstgeschichte, Ferdinandeums -Zeitschr. 
III. Folge, 42. Heft, Innsbruck 1898, Reg. 
Nr. 130, 131 u. 191. 



2) Alberti, Ann. Gar. p.211. 
8) Cod. Cles. I, p. 62 u. 63. 



— 32 — 

eine Periode der Buhe und des Friedens bringen können, wenn nicht immer wieder 
die hochgehenden Wogen der stürmischen Parteikämpfe in Oberitalien über das 
Grenzgebiet herübergeschlagen und die nach Macht und Selbständigkeit gierigen 
Dinasten mit in den Strudel der Kämpfe hineingerissen hätten. 

Bischof Heinrich IIL von Metz (in Lothringen) war ein kluger Kirchenfürst, 
der in den stürmischen Zeiten sich zurechtzufinden suchte und flür jene nun 
einmal nicht mehr zu erreichende Herrlichkeit keine neuen Kämpfe heraufbeschwor, 
wohl aber, was zu halten war, kräftig zusammenhielt. Ihm kam dabei sehr zu 
statten, daß die beiden energischen Herzöge, Ludwig und Otto, welche die Natur 
ihres Vaters Meinrads IL geerbt hatten, indessen gestorben waren, und der prunk- 
süchtige und verschwenderische Heinrich, der sich auch noch, nachdem er die Krone 
längst verloren, König von Böhmen nannte, war gutmütig und fand seinen Frieden 
mit dem Bischöfe und gab auch die meisten der von Mainrad und seinen 
Söhnen dem Stifte entzogenen Lehen im Sinne des Testamentes seines Vaters der 
Kirche wieder zurück. Dazu mag wohl auch das Verhältnis zu den Herzogen von 
Österreich und den Kaisern beigetragen haben. 

Aber Bischof Heinrich war mit Heinrich von Luxemburg, dessen Kanzler er 
war, nach Trient gekommen, begleitete denselben nach Italien und blieb bis zu dessen 
Tode (24. August 1313) an seiner Seite. 

Zwar war zwischen den Herren von Arco und Peterzotto von Lodrone 1309 
einer jener vielen nichtssagenden Vergleiche oder Frieden zustande gekommen, die 
neuem Streite Tür und Tor offen lassen, und eigentlich von keiner Seite ernst ge- 
meint sind^) und schienen die Herren von Arco von dieser Seite sicher zu sein, 
doch hatten sie infolge der Besetzung von Riva und Tenno durch die Grafen von 
Tirol und später durch die Venetianer ihre Macht eingebüßt. Auch war ihnen 
Bischof Heinrich IIL verschiedener Gewalttaten und Übergriffe halber nicht beson- 
ders geneigt. 

Der Einfluß und die Macht, welche beinahe das ganze XIII. Jahrhundert 
herauf die Herren von Arco gehabt hatten, war auf ein anderes Geschlecht Ober- 
gegangen. 

Das mächtigste Herrengeschlecht im Fürstentume Trient waren zu dieser Zeit 
unstreitig die Herren von Castelbarco, welche ihrem großen Besitze durch den un- 
geheueren Reichtum Wilhelms von Castelbarco schon 1303 Beseno und Castelpietra 
durch Kauf hinzugefügt hatten — nicht zu vergessen ihres Besitzes und Einflusses 
im Veronesischen. Sie hatten sich dem Luxemburger angeschlossen, und, als Bischof 
Maphaeus de Maggi das damals gibellinische Brescia dem Könige übergeben hatte, 
setzte derselbe den Albert von Castelbarco dort als Vikar ein. 

Doch bald darauf bekamen in Brescia wieder die Weifen die Oberhand und 
mit ihnen erhoben sich auch die zahlreichen Flüchtlinge und die Weifen in Val 



^) Vgl, Festi: „Genealogia etc. di Lodroue", | sein. Doch dieser hatte die Krone von Böhmen 



p. 13, Nr. 17 — 18. 

Der Inhalt des Friedensvertrages ist mir 
nicht bekannt. 

Pederzotto von Lodron soll auch 1313 am 
Hofe König Heinrichs von Böhmen gewesen 



schon 1310 verloren und brachte das Jahr 1313 
meist in Kärnten zu, von wo er im September 
nach Tirol zurückkehrte — vielleicht war der 
Lodron anwesend, als Heinrich wegen des 
Bündnisses mit den Castelbarkern verhandelte? 



- 34 — 



die Herren von Arco wieder zu Gnaden anfnabm, machte er. anßerdem daß Sebloß 
Drena in seiner Gewalt blieb, die Bescbränkong. daß aneb die Erimiiialgericbtsbttrkeit 
in Judikarien ganz dem Biscbofe und seinen Beamten vorbebalten bleibe. 

Noch präziser ist dies ausgesprochen in jenem Akte, durch den am 14. Fe- 
bruar 1327 im Schlosse Tenno der Bischof den Xikolaus Ton Arco zum Hanpt- 
manne und Rektor in Arco ernennt. Da sagt der Bischof gleich am Eingänge, daß 
er reiflich nachgedacht habe Ober Mittel und Wege, seinen Untertanen, den Leuten 
von Judikarien, Ruhe und Frieden zu verschaffen, und, damit zwischen ihm und 
seinem getreuen Nikolaus von Arco kein Zweifel hierüber aufkomme, so verf&gt er 
ausdrücklich, daß Nikolaus von Arco in ganz Judikarien nichts zu schaffen 
und zu verfügen habe, sondern daß seine ihm übertragene und jederzeit ad nutum 
widerrufbare Gerichtsbarkeit und Hauptmannschaift auf Burg und Pfarre Arco be- 
schränkt bleibe, usw. 

In dieser für die spätere Gestaltung der Verhältnisse in Judikarien wichtigen 
Verfügung wird auch in weiteren Bestimmungen, die an Schärfe und Präzision 
nichts zu wünschen übrig lassen, die Kompetenz dieser Gerichtsbarkeit genau um- 
schrieben und der Blutbann oder, wie es ausdrücklich heißt, „solche Fälle, in denen 
Gliederabhacken oder Todesstrafe zu verfügen ist", dem bischöflichen Gerichtshofe 
vorbehalten. 

Auch schärft der Bischof dem neuen Hauptmanne und Richter in nicht mißzuver- 
stehender Weise ein, die bestehenden Gesetze und Rechte hierbei genau zu beob- 
achten, was wohl zu dem Schlüsse berechtigt, daß bisher mehr nach Willkür, als 
nach Recht und Gerechtigkeit vorgegangen wurde.*) 

In demselben Jahre empfangt noch zum letztenmale Peterzotto I. von Lodron 
die Lehen. 

Außer in dem Friedsschlusse mit Arco (1309) erscheint er nur noch einige 
Male als Zeuge, so in einem Gerichtsakte vom 20. Februar 1310 neben Paris von 
Madruzzo, Randolt und Heinrich von Spaur, u. a., 1313 am Hofe des Grafen von 
Tirol, Königs vom Böhmen und 1314 bei einer Belehnung. 

Eine große, aktive Rolle hat er keinesfalls gespielt — von ihm wird behauptet, 
daß er Bagolino an die Brescianer- Weifen verloren habe — es ist aber nicht er- 
wiesen, daß er es je besessen habe — er war, wie aus den vorhergegangenen 
Ausfilhrungen ersichtlich ist, der einzige überlebende erbberechtigte Stammhalter 
der Herren von Ijodrone aus dem Hause Storo und ist daher der Ahne aller 
späteren Herren und auch der heute noch blühenden Grafen von 

Lodron.*) 

Die Bemühungen des Bischofs Heinrich III. waren nicht hinreichend, 
zwischen den Herren von Arco und denen von Lodron dauernd Frieden zu stiften 
und die Reibungen und Kämpfe brachen wieder aus — denn im Jahre 1330 wird 
durch die Vermittlung des Bischofs und des phantastischen Königs 



1) Diese Urkunde ist bei Bonelli, Band IV, 
p. 90, yollinhaltlich abgedruckt. Trotzdem sagt 
Perini, dem Ambrogio Franco folgend, daß 
dem Nikolaus von Arco auch der Blutbann 
Tedieben wurde! 



2) Bis hieher ist auch Pestis Qenealogie 
des Hauses Lodron (Bari 1893) richtig; doch 
sind Namen und Citate von Stellen aus Urkunden 
mehrfach ungenau. 



- 36 — 

Bei dieser Gelegenheit hatte K. Ludwig auch zwischen Herzog Heinrich und 
Gangrande vermittelt wegen Padua und Treviso, welche Städte sich seinerzeit dem 
Friedrich von Osterreich übergeben und ihm das Vikariat übertragen hatten, womit 
derselbe gegen Zusage der Hilfeleistung 1321 den Herzog Heinrich belehnt hatte. 
Aber Cangrande bedrängte die Städte trotz des bestehenden Waffenstillstandes, und 
nachdem sie vergeblich auf die zugesagte Hilfe gewartet hatten, übergaben sie sich 
dem großen Scaliger, dessen Gebiet nun jenes von Trient von zwei Seiten umschloß, 
und in unaufhaltsamen Siegeslaufe brachte nach dessen Tode Mastino della Scala 
rasch auch das ganze üfergebiet des Gardasees in seine Gewalt und bedrohte auch 
selbst Brescia. 

Bei seiner Rückkehr von Italien hatte zwar Kaiser Ludwig (zu Meran 11. Fe- 
bruar 1330) dem Herzoge nochmals Hilfe gegen die Herren von Verona zugesagt 
und ein förmliches Bündnis hierüber geschlossen; da aber der Kaiser infolge der 
Wirren in Deutschland zögerte, so gab Heinrich den Werbungen König Johanns 
von Böhmen nach und vermählte seine zwölfjährige Tochter Margarete mit dem 
neunjährigen Sohne König Johanns im September 1330. 

Nach der Hochzeit kehrte König Johann jedoch nicht nach Böhmen zurück, 
sondern begab sich nach Trient und hatte dort eine Zusammenkunft mit den italienischen 
Gibellinen. 

Brescia, welches von den Neffen Cangrande's schwer bedroht war, schickte 
nun Boten zu König Johann nach Trient und bot ihm die Herrschaft über die Stadt 
an, die derselbe (Dezember 1330) auch annahm. 

Zwar hatten die Castelbarker zwei Jahre vorher noch zu den Scaligern ge- 
halten — bei den glänzenden Festen, die Cangrande im Oktober 1328 in Verona 
gab, waren noch Wilhelm von Avio und Azzo und Wilhelm von Lizzana zugegen 
— doch schlössen auch sie sich nun König Johann an; aber wenngleich er damit 
den Paß des Lägertales frei hatte, das Gebiet südlich davon war in der Gewalt der 
Scaliger und deshalb kam dem ungeduldigen Könige der Antrag Brescias sehr gelegen 
und er zog tatsächlich noch im Dezember 1330 in Brescia ein. 

Das sind nun die Gründe, warum König Johann bemüht war, zwischen den 
Herren von Arco und denen von Lodron eine Versöhnung zustande zu bringen : er wollte 
den Paß offen halten und wollte auch verhindern, daß die Lodron sich der Partei 
Mastinos della Scala anschließen. 

Nun folgt jene Periode der heillosesten Verwirrung, nicht nur im Fürsten- 
tume Trient, sondern auch in Tirol: Kaiser Ludwig, eifersüchtig auf die Erfolge des 
Königs von Böhmen in Italien und auf die wachsende Macht der Luxemburger durch 
die Anwartschaft auf die Erbfolge in den Ländern Herzog Heinrichs, des Grafen 
von Tirol, hatte sich mit den Herzogen von Osterreich ausgesöhnt und ihnen Kärnten 
versprochen, und brach damit die kurz vorher dem Grafen von Tirol gegebene Zu- 
sicherung. Zwar gelang es König Johann momentan sich mit dem Kaiser zu ver- 
söhnen, doch mußte er hierzu nach Deutschland zurückkehren, und obwohl er bald 
darauf (1333) wieder nach Italien zog und indessen seinem Sohne Karl, dem nach- 
maligen Kaiser Karl IV., die Regierung in seinen Ländern übertragen hatte, gingen 
die Besitzungen in Italien infolge der welfisch-gibellinischen Liga von Castelfranco 
wieder verloren. 



- 38 — 

Tarantsberg, Greifenstein, Spaur u. a., welche mit dem neuen energischen Landes- 
fürsten unzufrieden waren der vielen Fremden halber, denen er tirolische Ämter 
übertragen hatte. 

In diesen Kämpfen standen die Herrejj von Lodron auf selten Ludwigs von 
Brandenburg. 

Da nun Karl IV, von Böhmen Mitte März 1347 nach Tirol kam und anfangs 
wirklich mit Glück operierte und sich bis Juli mit nicht unbedeutender Macht hielt, 
mußte Ludwig den Plan zunächst aufgeben. 

Zum Glücke für den Brandenburger starb Bischof Nikolaus noch am Ausgange 
des Jahres 1347, der nächste Bischof starb, noch ehe er ins Fürstentum kam, und 
Johann von Pistoja, der darauf neuerwählte Bischof, suchte noch rasch, ehe er 
(am 23. Oktober 1349) nach Spoleto versetzt wurde, möglichst vorteilhaft die Situation 
auszunützen, indem er am 14. September 1349 die weltliche Macht des Fürstentumes 
an Mastino della Scala verkaufte^), und der daraufhin wieder neu erwählte Bischof 
Mainrad von Neuhaus (in Böhmen) konnte gar nicht wagen, in sein Fürstentum 
zu kommen. 

Daran hinderte ihn der Markgraf und wollte so um jeden Preis vorbeugen, 
daß durch den feindseligen Einfluß des Bischofs in seiner ohnehin etwas be- 
drängten Lage die Zahl seiner Feinde vermehrt werde; auch beabsichtigte er 
„nullo residente principe" als Vogt die weltliche Gewalt des Bischofs unter dem 
Scheine der Berechtigung an sich zu reißen, ganz so, wie es später nach den 
Compactaten die Herzoge von Österreich taten, als „domini in temporalibus". 

Und auf einen ihm freundlich gesinnten Bischof durfte er ja nicht rechnen: 
rief ja doch der Papst zum Kampfe auf gegen ihn, der im Kirchenbanne, der zum 
öflfentlichen Ärgernisse im Konkubinate lebte und den päpstlichen und kirchlichen 
Erlässen und Zensuren trotzte! 

Selbst das Kapitel von Trieut hatte noch zu Zeiten Bischof Gerhards die 
Feindseligkeiten gegen ihn dadurch eröffnet, daß es am 11. Mai 1348 den Nikolaus 
und seinen Neffen Johann von Arco, erklärte Feinde des Brandenburgers, zu Haupt- 
leuteu in Judikarien mit voller Gerichtsbarkeit in Straf- und Zivilsachen ernannte. 

Dagegen nun suchte Ludwig die Herren von Lodron an sich zu fesseln und 
durch diese die Macht der Herren von Arco zu paralysieren. 



J) Vgl.Vüroi,StoriaTrüvigiana(XlI,Nr.l481) 
un<i PostingorH mehrfach zitiertes Werk, p. 96. 
Es ist Postingera Verdienst, als erster darauf 
hingewiesen tu haben» daß durch diese bis 
dahin wonig beachteto Urkunde unzweifelhaft 
festgestellt wird, daß es sich hiubei nicht etwa 
nur um eint^ vorübergehende, aus der momen- 
tanen Goldverlegenheit notwendig gewordene 
V r p f Ä n d u n g, sondern um einen völligen V e r- 
kauf der Territorialgewalt handelte. Der Uisohof 
übergibt damit sein ganxes Oobiot, die Schlössor, 
(Jorichto, Ort8chafti»n, Um\t un<l Itechte, wie 



sie bisher dem Bischöfe und der Xirche von 
Trient gehörten, insbesondere auch das, was 
heute noch in seiner Gewalt, nämlich das Ge- 
biet von Riva mit dem Schlosse, Schloß Tenno, 
Ledro, Tignale, Cavedine, das Gebiet und Schloß 
Arco mit der vollen Gerichtsbarkeit — dem 
Herrn Mastino della Scala; dazu auch alle jene 
Gebiete oder Rechte, auf welche die Kirche von 
Trient Ansprüche hat, insoferne Mastino die- 
selben zu erwerben oder sonst in seine Gewalt 
lu bringen imstande ist. 



— 40 - 



(lor Kirche gefunden und mit den meisten seiner anderen Gegner, namentlich mit 
(Ion Herzogen von Österreich, sich ausgesöhnt, ja sogar an letztere sich innig an- 
gOHchloHsen, und nach Albrechts Tode hatte der nicht minder weitansblickende 
Herzog Rudolf schon allenthalben seine Xetze zur Erwerbung Tirols aasgebreitet. 

DaH war also die Zeit, das waren die Verhältnisse, unter denen das Haus 
Lodron aus den bescheidenen Verhältnissen des einfachen Landadels sich zu jener 
hervorragenden Kedeuiung aufzuschwingen vermochte, die es in den nächsten Jahr- 
hunderten einnahm, und wodurch es mehrfach, allerdings vorübergehend und nie 
formell berechtigt, aber doch tatsächlich aus der Beihe der bisehöflichen Vasallen 
heraustrat und beiläufig die unabhängige Stellung der großen oberitalienischen 
Herrengeschlechter einnahm. 

Den ersten Anstoß hierzu gab ihr Anschluß an die Grafen von Tirol, an 
Ludwig den Brandenburger, der ihrer gegen die Arker bedurfte, und gegen die 
Anhänger der ihm feindlichen Bischöflichen und des Kapitels von Trient. 

Die so gewonnene Position befestigten sie später durch den engen Anschluß 
an die venetianische Republik; erst dadurch gelangten sie dann zu voller Bedeutung 
und dadurch mehrten sie ihren Reichtum und begründeten jenen Grad relativer 
Unabhängigkeit — die Republik war freigebig und erkenntlich gegen ihre treuen 
und stets verläßlichen Verbündeten. 

Von diesem Zeitpunkte ab liegt auch ihre Geschichte klarer zutage, denn 
erst von jetzt ab greift auch dies Geschlecht mitbestimmend in die Verhält- 
nisse des Landes ein, und die Geschichte der Herren von Lodrone ist oft zugleich 
die Geschichte von Judikarien. 

Daß die Herren von Lodron, namentlich der sehr energische Albergin, die 
günstige (lelegenheii in der Zeit, wo den Herren von Arco durch Verwicklungen 
mit anderen (iegnern die Hände gebunden waren, auszunützen verstanden, geht 
schon aus der Belehnung vom 16. Februar 1366 hervor, wo die Söhne Jakob und 
Johann des weihmd Albergin von Lodron vom Bischöfe Albert von Ortenburg 
außer den alten Lehen noch eine ganze Reihe von neuen empfangen, welche aus- 
drücklieh als „von weiland Herrn Albergin neu erkauft und erworben" bezeichnet 
worden *)• 

Und der Aufstieg der Herren von Lodron wäre wahrscheinlich ein noch viel 
raschorer gewesen, wäre nicht im Hause Lodron selbst lange Zwist und Streit ge- 
woHtMi zwischen (I(mi Nachkommen des vorgenannten Peterzotto I., der ja das ganze 
liodronsche Krhc in seiner Hand vereinigt hatte, nämlich zwischen Albergin und 
seinen NelTen, den Söhnen seines früh verstorbenen Bruders Parisinus, ein Streit, 
der seliließlieh zur Teilung der Güter und zur Spaltung des Hauses Lodron in zwei 
Linien nährte'). 

IVterzott(> (1.), der Sohn Nikolaus' von Lodron, der gemeinsame Stammvater 
aller heutigen Lodron, ist also — voraus^^esetzt, daß das von Graf Festi in seiner 
GontMilogio Nr. 24, pag. L'J, gebrachte liegest richtig ist — im Mäi*z 1346 gestorben. 



M (\Mi. (MoH. 11, j>. 4ft: «limuiHM' iuflrtN- 
ot nquiNitu**. 



«) An^h. Troutiuo I. C. XXXI. Nr. 78, 
«oiVÄniouo liti» ot questionis Tertentis et jam 
diu vor»Äo intor \vkTtes ipsÄS praetextu haeredi- 
Iwtln bonorum q. l>fti j>otenoti.'* 



— 42 — 

Bezüglich ihrer anderen, d. i. der Stiftslehen, so offenbaren sie dieselben erst 
1366 dem Bisehofe, der ja die allen Gastellanen bekannt gegebenen Gompaktaten 
unterzeichnet hatte. 

Aber war Valvestino mit seinen Dörfern nicht auch ein Lehen von Trient? 

Aus dem Teilungsvertrage der „viri illustres" von Storo ddo. 1189, Juni 4, 
geht dies unzweifelhaft hervor, denn es heißt ausdrücklich, daß alles inbegriffen 
sei, was Galapin besessen in den Pfarren von Gondino und Y estino und im ganzen 
Bisturae Trient. 

Es war eine der vielen ähnlichen Praktiken Mainrads, daß er bischöfliche 
Lehen von den bischöflichen Vasallen kaufte und die Verkäufer dann damit belehnte. 
Dadurch wurden sie tirolische Lehensleute. 

Mainrad stützte vielleicht seine Ansprüche darauf, daß Galapin von Lodron 
eppanischer Lehensmann gewesen war. Jedenfalls war dazu aber auch in diesem 
Falle die Zustimmung des Bischofs als obersten Lehensherm erforderlich. 

Wir haben bereits weiter oben gezeigt, daß das Datum der ersten bekannten 
Belehnung durch den Grafen Mainrad unrichtig ist; aber es wäre immerhin auch 
möglich , daß die Erwerbung dieser Lehen schon durch Graf Albert von Tirol oder 
durch Graf Mainrad bald nach dem Tode des Grafen Albert, also 1253 bis 1255 
geschehen, und zwar noch vom Silvester von Lodron, der als Gibelline mit Sodeger 
de Tito und den Grafen von Tirol in enger Verbindung stand. 

In diesem Falle wäre natürlich die Belehnung des Nikolaus nur eine Er- 
neuerung — vielleicht nach dem Tode Silvesters, dessen Todesjahr nicht bekannt ist. 

Wir wissen, daß Bischof Egno zwar 1250 zum Bischöfe erwählt und vom 
Papste bestätigt worden war, daß aber die Anhänger Ezzelins von Bomano einen 
Gegenbischof (Ulrich da Porta) aufgestellt hatten und daß Egno erst im Jahre 1255 
in sein Stift gelangen konnte. Indessen hatte der Stiftsvogt die weltliche Herr- 
schaft im Stifte auszuüben und war pro tempore oberster Lehensherr, konnte 
sich also selbst die Zustimmung zu dieser Lehensübertragung geben. 

Wahrscheinlich aber fällt die Belehnung durch Graf Mainrad an den Nikolaus 
von Lodron in die Zeit der Sedisvakanz nach dem Tode Bischof Egno's (1273—1274) 
oder gar in jene Zeit, wo Bischof Heinrich IL das dominium temporale gegen ein 
Jahresgehalt dem Grafen Mainrad abgetreten hatte, also 1284 — 1289. 

Daß die Herren von Lodrone schon im 13. Jahrhunderte Lehensleute der 
Grafen von Tirol waren, war bis zur Publikation der Lodron'schen Archiv-ßegesten 
durch Jaksch nicht bekannt. 

Auch Prof. Huber und Albert Jäger ist diese Lehenserwerbung von Val Vestino 
durch die Grafen von Tirol unbekannt geblieben und sie ziehen daher falsche 
Schlüsse aus dem Lehensbekenntnisse der Herren von Lodron im Jahre 1363. 

Doch huldigten ja später (1396) die Herren von Gastelromano dem Herzoge 
Leopold, und 1423 und 1429 Paris von Lodron dem Herzoge Friedrich bezüglich 
aller Lodron'schen Stiftslehen im Sinne der Gompaktaten. 

Nur aus dem Umstände, daß die Herren von Lodron dem Herzoge Eudolf 
bezüglich Valvestinos so rasch huldigten, geht hervor, daß sie ihn als Grafen von 
Tirol und also auch als ihren Lehensherren bezüglich Val Vestinos anerkannten. 



— 44 - 



Na(;h derKelben erhielt Albriginus das Schloß Komano und die oben genannten 
Höhne den Parisinus das Schloß Lodrone. 

Da aber Schloß Romano mit den dazu gehörigen GQtem mehr wert war als 
liodrone, so verpflichtete sich Albriginus, seinen Neffen, den Söhnen des Parisinns, 
innerhalb zweier Jahre 600 Pfund guter Münze herauszubezahlen. 

Dem entsprechend haben wir in der nächsten Zeit mit zwei Linien von Lodron 
zu tun, d. i.: 

1. mit der Linie Lodron vom Schlosse Lodron und 

2. mit jener der Lodron vom Schlosse Romano oder Gastelroman, welche 
oft auch schlechthin „Herren von Castelroman^ genannt werden. 

Zwischen den legitimen Erben, resp. den beiden Linien der Herren von Lodron, 
herrschte nun nach der Teilung ein leidlicher Friede bis 1389; doch hatten die 
Söhne des Albriginus L, des Begründers der Linie von Gastelromano, namens Peter- 
zotus (II), Peterpaul und Jakob Johann, ihren (nat.) Oheim Raimundin ermordet 
und sich in den Besitz seiner Güter gesetzt. Die Töchter Raimundins, Adorna und 
Katharina, klagten beim Bischöfe und dieser zitierte die Mörder für den 5. Jänner 1373 
vor sein Gericht, und da sie nicht erschienen, wurden sie am 11. Jänner desselben 
Jahres in contumatiam verurteilt und die beiden Töchter des ermordeten Raimundin 
formell in ihre Rechte eingesetzt. Aber nur formell; zwar erteilte der Bischof am 
folgenden Tage seinem Vikare in Judikarien, Achaz von Weispriach, den Auftrag, die- 
selben auch in den faktischen Besitz einzusetzen ^), doch fehlte ihm die Macht dazu. 

Am 6. Mai 1375 im Schlosse Ortenburg absolviert er die drei Mörder ohne 
weitere Buße und nimmt sie wieder zu Gnaden auf). 

Da dieselben, nämlich „Jakobus Johannes, Peterzottus (II) und Peterpaul, Söhne 
weil. Albrigins von I^odron, am 16. Februar 1366 vom Bischöfe Albert von Ortenburg 
anstandslos die Lehen erhalten hatten (God. Gles. II, pag. 45 a und 45 b), so ist 
anzunoliinen, daß der Mord zwischen 1366 und 1373 verübt worden war. 

In der Investitur von 1366 wird die Linie von Gastelromano auch mit dem 
Schlosse und der Guria von Lodron belehnt (es ist da wohl nur ihr Anteil verstanden) 
sowie mit den Vasallen und Zehenten von Bagolino, ohne Rücksicht auf den 
Teilungs vertrag von 1361. 

Dann werden die anderen Besitzungen in Unter-Judikarien, sowie in Tione 
und Ucndona aufgezählt, die zu Lodron gehören, und dann erst, und zwar 



») Arch. Trid. I. C. XXI, Nr. 7, u. XXll, 
Nr. 1, und Anuali Alberti Qar, p. 257, und 
Codex CloR. II, p. 15», und Postinger, p. 106. 
Der Auftrug aii don Vikar lautet: „quatonus 
(Adornaui et Caterinaui) induontis, mou poni et 
induci faciatis ad tenutam corporaleni realiter 
et ouuk (*fTeotu oniniunt bonorum niobilium et 
immobiliinn Juriuni et aotionum . . . ao 
defendtttiN induoliiM .... umoto et exinde 
quolibet dotontore .... invooato et ad hoo 
n\ opUN tuerit tnixilio Hubditoruni nohtrorum.* 

«) ('od Clou, M. p \tii J)ie Mav VI. in 
Castro de i>rtenhurg. . . . Kp. TrId. oonoedit 
prlvtlegiuin abwohit louia noblUbua Petertoio, 
Petropault», »Utndm Joanne fratrlbuR de liodnuie 



de Castro Romano, ab homocidio commisso in 
Raimondino de Lodrone quond. ipsorum patmo 
natural! et consanguineo". Im Cod. Cles. II, 
p. 67* u. 57i> , findet sich eine Aufzahlung dieser 
Güter „Raimondini, q. Peterzoti de Castro 
Lodrone**. Dieselben bestanden in Zehenten in 
Rendena und Zehenten und sehr bedeutendem 
Grundbesitze in Denuo auf dem Nonsberge. Die 
Mi^rder dürften wohl nur jene von Rendena 
weggenommen haben; — vielleicht war Rai- 
mondins Gemahlin aus dem Geschlechte der 
Herren von Donno? 

Siehe hierüluT auch Papaleoni: „Per la 
geutHilogia di^U antichi signori di Storo e di 
LodrtMie- Trlent IW», p. U. 



— 46 — 

Protokoll aufgenommen (am 6. Februar 1358) betitelt, „Tenuta possessio Gaphari 
de anno millesimo trecentesimo quinquagesimo oetavo, inditione undecima, die sexto 
raensis Februarij" *). 

Der Inhalt dieses Protokolles besagt kurz, daß Albergin, weil. Peterzottus' von 
Lodron, rechtswidrig und hinterlistig die Gemeinde und die Leute von Bagolino im 
Besitze des Piano d'Oneda gestört habe, welches zum Besitze und zur Jurisdiction 

der Gemeinde und der Leute von Bagolino gehöre Sowohl das 

„jus possessionis" als „proprietatis" gehöre der Gemeinde von Brescia und wurde 
von dieser der Gemeinde und den Leuten von Bagolino übertragen. 

Das klingt anders, als in der Lehensurkunde ! Auch aus vielen darauf folgenden 
Prozessen geht klar hervor, daß die Bagolineser ihre Unabhängigkeit behaupteten. 

Die Herren von Lodron sandten nun durch Foresto degli Avalli ein Ansuchen 
(ausgefertigt in Castelromano am 28. September 1378) nach Mailand und glaubten 
die Verlegenheit Bernabö Viscontis, der gerade mit den Scaligern im Kriege lag, 
und gegen welchen ein Aufstand durch Marco d'Olano von Bergamo in den Tälern 
Seriana, Brembana und Gamonica angezettelt worden war, ausnützen zu können, 
um ihre Ansprüche auf Bagolino geltend zu machen. 

Auch waren bereits Unterhandlungen gepflogen worden zwischen den Scaligern 
und Peterzottus IL und Jakob Johann von Lodron, damit letztere den Aufstand 
Marco's von Olano unterstützen sollten. Doch zogen die Lodron es dermalen noch 
vor, mit den Visconti zu unterhandeln und beriefen sich auf ihre alten verbrieften 
Rechte. 

„Der gewandteste Schreiber", behaupten sie in großrednerischer Weise, 
„wäre in zwei Monaten nicht imstande, alle ihre alten Bechte auf Bagolino aus 
ihren Urkunden herauszuschreiben", deshalb, da es nicht möglich sei, solche Massen 
von Materiale zu senden, begnügen sie sich mit den letzten vier Lehensurkunden, 
nämlich der ihres Vaters, Großvaters, Ur- und Ururgroßvaters, woraus deutlich 
hervorgehe, daß die Leute von Bagolino, das doch zum Bistume und zum Fürsten- 
tume Trlent gehöre, ihre Untertanen und Vasallen, ja förmlich ihre Leibeigenen 
seien. Ihnen (den Lodron) gehöre der Zehent des Tales usw. und sie bitten um die 
Vergünstigung, es wieder besetzen zu dürfen, wobei sie nicht vergessen, durch- 
blicken zu lassen, wie dankbar die Scaliger sich zeigen würden, wenn sie zu ihnen 
hielten, anstatt zu d^n Visconti. — Trotz aller dieser Behauptungen scheint es sehr 
zweifelhaft, ob die Herren von Lodron Bagolino je früher besessen haben. — 

Aber auch die Bagolineser rührten sich und sollen durch ein großes Geld- 
geschenk die habsüchtige Kegina della Scala, Bernabö Viscontis Gemahlin, f&r 
sich gewonnen und dazu vermocht haben, ihren Gemahl dahin zu beeinflussen, 
daß er den Bitten der Lodron nicht willfahrte. — Wie immer dies gekommen aenr 
mag — Tatsache ist, daß die Lodron Bagolino derzeit nicht erhielten. 

Es ereigneten sich noch manche andere darauf bezügliche ZwischenfUle und 
die Herren von Lodron setzten ihre Bemühungen fort, bald durch Gewalt, bald 
durch Unterhandlungen oder List, sich des Piano d'Oneda und Bagolino's zu be- 



1) Siehe: „11 comune di Bagolino ed i conti 
di LodronC yon Fabio Qlissenti im Arch. 



Trent Ann. XII. p. 126. 



— 48 — 



Die Beibungen mit dem Hause Arco hatten trotz der Intervention Herzog 
Rudolphs und der Bestrebungen des Bisehofs Albert nicht aufgehört. Im Jahre 1381 
wurde durch die Bemühungen des Bischofs wieder ein Waffenstillstand geschlossen 
zwischen Peterzottus von Castelromano und Peterzottin von Londron einer- und Anton 

von Arco anderseits 0- 

Da gingen noch beide Linien von Lodron einig miteinander vor, ja sogar 
noch 1388, als Antoniana, die Tochter Peters von Castel Lodron, dem Matthäus 
von Tramin vermählt wurde, waren Jacobtomaeus und Albergin von Castelromano 
im Schlosse Lodron als Zeugen anwesend. 

Zu dieser Zeit (1388) waren die beiden Brüder Antonius und Peterzottinus 
von Castel Londron schon ohne Hinterlassung (legitimer) männlicher Nachkommen 
verstorben, auch Parisinus (II), der gleichfalls im Teilungsvertrage von 1361 als 
Sohn Parisinos I. genannt wurde, war tot, hatte jedoch einen Sohn Petrus*) 
hinterlassen, den Vater der vorgenannten Antoniana und zweier Söhne, Paris (17.) 
und Anton. 

Auch Peterzottus IL (Soha Albriginus I.) war 1385 gestorben; denn am 
7. November d. J. empfangt sein Sohn Jacobtomaeus von Castelromano für sich 
und seine Brüder Albergin IL, Paris (III) und Perterzottus die Lehen, genau so 
aufgezählt (nur um etwas vermehrt) wie 1366*). 

Mit ihnen tritt eine neue Generation auf den Plan, Übermenschen in jeder 
Hinsicht, voll Wildheit und Kraft, deren Taten wir mit Grausen und Entsetzen, 
doch nicht ohne Bewunderung verfolgen. 

Die glänzendsten Tugenden neben den schwärzesten Lastern, hingebende Treue 
neben Hinterlist und Verrat, heldenmütige Tapferkeit neben feigem Morde, der feine 
Kunstsinn der Renaissance neben unglaublicher Roheit und den ungezügeltsten 
Leidenschaften kennzeichnen diese Zeitgenossen der großen Condottieri in Italien, 
die Zeitgenossen des letzten Bottenburgers, der Greifensteiner und Starkenberger, 
Bischof Georgs von Liechtenstein, Peters von Spaur und Herzog Friedrichs mit der 
leeren Tasche. 

Fürchterliche Kämpfe durchwühlten damals Ober-Judikarien, die sich zuerst 
zwischen den Herren von Arco und denen von Campo im Bleggio und Lomaso, 
Tione und Bendena um die Vorherrschaft daselbst entsponnen hatten, welche durch 
Jahrzehnte die ganze Gegend mit Mord, Brand und Plünderung verheerten und 



^) Das betreffende Instniment ist aus- 
gefertigt in Arco am 15. Oktober 1381 und 
werden hiebei die beiden Herren von Lodron 
,.peterzotas de Castroromano nee neu peterzotinus 
de ladrono** genannt, hingegen nennen diese 
Herren sich selbst in dem am 22. Oktober 1381 
in Castelromano ausgefertigten Dokumente : „Nos 
Peterzotus et petrus de Ladrono^. Da nun in 
Castel Lodron um dieselbe Zeit ein Petrozotinus 
und sein Neffe Petrus lebten und auch in 
Castelromano ein Peterzotus, ja Petrus und 
Peterzotus, sowie Paris und Parisinus bei der- 
selben Person oft wechseln, weiß man nicht, 



ob man beide Male mit denselben Persönlich- 
keiten zu tun hat. Daraus erklaren sich manche 
Konfusionen in den Stanmibäomen dieser Familie. 
Die beiden Instrumente finden sich in Tr. 
Lehensarch. des k. k. Statth.-Arch. in Innsbruck, 
Cod. 22, Nr. 1, p. 186 (Cod. Cles. 11) und 
sind von Postinger (p. 184) zum ersten Male 
auch publiziert worden. 

2) In diesem gleichfalls von Postinger p. 194 
publizierten Dokumente wird dieser Peter, 
mit Ausnahme der Aufschrift, auch immer 
Peterzottus genannt! 

3) Cod. Cles. II, p. 17öa u. 176» u. > . 



— 50 - 

Ule TrOher erwahnt«n Fehden in Vorder-Judikarien, welche sichsoerst romehmlieli 
2wi»r:hen den beiden H&iisern von Arco und Gampo nnd ihrem beiderseitigen Anhange 
■bnpielten, waren nnr der Anfang jener langwierigen Parteik&mpfe, in welche nun, 
infofife der neaen (iruppierung und der Anteilnahme der anderen großen Trientiner 
llerrengeMctilechter an denselben, das ganze Trientiner Grentgebiet hineingerissen 
wurde. 

Die I'arteien nennen sich noch immer WeKen nnd Oibellinen, aber dieselben 
Familien treffen wir, je nachdem sie da oder dort grQßeren Vorteil erboffen, bald 
in dem einen, bald im anderen Lager. 

Es ist nicht wohl anzunehmen, daß ideale Partei- 
anschauungen Ursache waren, daß bald nach 1388, wo 
wir beide Linien von Lodron noch friedlich beisammen 
im Schlosse Lodron der Vermählung Antonianas von 
Ijodron mit Matthäus (Khuen) von Tramin anwohnen sehen, 
ein erbitterter Kampf zwischen denselben ausbrach, der mit 
Ülsnl Pit«ri tob Lodron '^®' vollständigen Vertreibung der Linie von Castelromano 
kuf elnor Urkunde t. Jkhra 140*. nbscllloß. 

Vielmehr muß angenommen worden, daß es in erster Linie Habgier war, 
welche (hm nirchterüchen Peter vom Schlosse Lodron ') zu den Feindselig- 
keiten trieb. 

Heine Absicht war, die Linie von Gustelromano auszurotten, nm sieb ihre Gflter 
anzueignen, und so selten wir den Feter von Lodron und seinen Sohn Paris als 
Wulfen und fllr den lliscliof Georg k&mpfen, die Lodron von Cnstelromano mit dem 
tlilHillineii Anton und seinem Sohne Vinciguerra von Arco*) auf der Seite der 
llflnogu von Öuterreich und fie^ren ihre Vettern vom Schlosse Lodron. 

Dar Anfang dieser Kämpfe fUIlt noch unter die Regierung Bischof Alberts 
(f U, S<'[)lomber 1390) und in die Zeit des Interregnums und dauert Ober die ganze 
Kult der Uegionmg Bischof Georgs von Liechtenstein und Alexanders von Masovien 
und endet erst nach der Schlacht von Galliano (1487). 

Die S|Mnmin>r zwischen dem energischen, unnachgiebigen Bischöfe Georg von 
Lieulitensleiii-Nikoltiburg, der die frühere Herrlichkeit des Fnrstentumes wieder 
Uersicllt'u wollte, und den Herzogen von Österreich, die sich als Territoiialherren 
Villi Tricnt .in temiiorulibus" huldigen ließen, gab den Feindseligkeiten neue 
Nahnnig. 

Kin l'apierfiiszikel im k. k, Sliitth.-Archiv in Innsbruck mit der Aufschrift 
.Verliitndluiig lodron- An-h-Oampo 1400" bez. 0. 31, Nr. 30, gibt uns darüber 
Anskuutl. 

i| In drr Ili<li'hnuii|; ti>iii )*. Juiii 1.191 iSSd von d«n Weifen Judikkri«iis ermordet — 

(tun'h lliNohxf Oeoiy TOii l.it<vUti<nst«iii «inl «iioh diesem Unrde dürfte Peter tod Ludron 

er IVtertoliii ij. IVUinl |{i'»«nnt, (.'nd. Cles, iiioht gant ferne gestanden habeu. Antons Sohn, 

IV, ]• tM*' um) ibt»'. ViiiricuerntTim Areo, Tenn&hltesit'haiQ 6. Juoi 

*l .^iilKii T»ii Artii war ein eifri)^^^ An- 1398 iii TavU mit lUanea, Tivhter des Ott« 

tiltniteT diT Visrtinti »lud gfn\<i Imhe» Ansehen tkh U«udetl<>. eines der vifrigstei 

tiud (n<fte* Vertrauen s>«tt>1i) bei llerualK>. und lapfrrtten i'ondetiieri ilet Vist 
kl» aneh bei llia »£»)#•«<>> Vianrnti Kr warJe 



— 52 - 

in der Belehnung vom 11. April kommt Paris, der vierte Bmder, nicht yor, 
obwohl er sicher noch lebte, da er in der Liste derjenigen, welche Sold vom 
Vinconte erhielten, noch ein Jahr später erscheint. 

In der Aufzählung der Missetaten der Gebrüder von Gastehromano in der vor- 
erwähnten Oedenkschriil werden jedoch nur zwei Brüder, nänüich Jakobtomaeus 
und Albrigin, genannt — der dritte, Peterzotus, scheint nicht teilgenommen zu 
haben oder war anderswo beschäftigt — auch er erhält Sold vom Visconti 30. Mai 1392. 

Bischof Georg, der im März 1391 nach Trient kam, hatte von seinem Fürsten- 
tume nicht viel vorgefunden; was nicht von den Visconti besetzt war, wie das 
Sarcatal, Riva, Arco und Tenno, das war in den Händen der Landesitlrsten, welche 
die Punktationen der Compactaten immer schärfer auslegten, so daß viele von den 
liehensleuten, und gerade die mächtigsten, namentlich die der Partei der Gibellinen 
angehOrigen, vom Bischöfe kaum mehr Notiz nahmen und nur mehr den Herzogen 
als ihren Herren „in temporalibus'' huldigten^). Nicht minder zweifelhaft war die 
Haltung Trients und anderer Gemeinden. 

Den einzelnen Phasen dieser Entwicklung können wir hier nicht folgen ; aber 
je bedrängter und verlassener sich der Bischof von dieser Seite sah, desto enger 
schloß er sich der Welfcnpartei an, deren Häupter zu dieser Zeit im Fürstentume 
zwei Männer sind, deren Namen ob ihrer Greueltaten nur mit Schrecken genannt 
wurden: Peter von Spaur und Peter von Lodron. 

Als (iiangaleazzo, jetzt Herzog von Mailand, vom Könige Wenzel am 13. Ok- 
tober 1396 ein neues Diplom zur Errichtung eines eigenen Herzogtums Lombardei 
erhalten hatte, rief er 1397 alle ihm untergebenen Städte, Schlösser und Länder 
zur Krneuerung des Huldigungseides durch besondere Gesandte auf, und unter den 
lul hon Abgesandten befanden sich auch die Vertreter von Tenno, Ledro, Tignale 
und Riva*). Da nun noch im selben Jahre Giangaleazzo den Franz von Gonzaga 
üborllol (der im Bunde war mit dem Garrareser, Ferrara, Florenz, Bologna und 
Karl VI. von Frankreich'), so erneuerte der Bischof Georg am 2. März 1398 dem 



1) Am 6. Jänner 1390 leistete Vinciguerra 
von Arco, am 10. Pederiotto von Lodron- 
i^Mtelromano dem Honoge Leopold als Grafen 
von Tirol den unbedingten Huldigungseid „als 
Versalien von Tin>l*'(Brandis, Heriog Friedrich). 

I>as8elbe taten Sicco von Oaldonatxo, die 
Oastelharker, Kottenburger u. a. 

^) i^oit lUsohof Johann von Pistoja 1849 das 
Uebiet von Riva dem Ma^tino della Scala ver- 
kauft hatte, blieb es in der (Gewalt der Scaliger, 
bis die Visconti es ihnen abnahmen, die es lu 
dieser Zeit innehatten, fber diese VorgÄngi» 
siehe auch Tostinger, j». 100— 16:i. 

'^^ Im ersten Stocke des südl P;illas im 
Schlosse Komano betindcn sich utH'h Keste guter 
alter Kn^skeu aus der ersten lUlfte di»s 15. Jahr- 
hundert h. 

l.cidor ist der Mörtel »um größten Teile 
al^fAlleu« da lj^ng>t kein Oaoh mehr auf dem 



Qeb&ude ist, und da kein Boden mehr auf den 
morschen Querbalken liegt, ist eine genaue Be- 
sichtigung halsbrecherisch. Auf den Fresken 
fand ich viele Hunderte von Namen eingeritzt, 
unter andern : .Henricus SchnellmüUner de Ingol- 
stadt pictor Castell Romano 1451*, „Nicolaus 
Feste not. et capitaneus in dicto Castro 1463 
die 23. May«, 

Das Fresko, welches eine ganze Wand des 
großen Saales bedeckte, stellt eine Schlacht dar. 
Die Hauptfigur ist ein gewappneter Ritter zu 
Pferde, der eine Königskrone auf dem Helme 
tragt, und auf dem breiten Zügel steht ge- 
schriel>en ^KarvUus Rei.* Von den fliehenden 
Feinden trägt einer das Wappen der Gambara 
von Hr<^$oi.% auf dem Rücken. Sollte dieser 
Karolus Ke\ Tielleioht Karl ron Apjou sein? 

Oder vieUeioht Karl IV., Si^hn Johanns 
von lUhmeu« der sich K^^S in Mailand zum 



— 56 — 

Der Kaiser Friedrich verlieh ihm dies Lehen in seiner Eigenschaft als Vormund 
Herzog Siegmunds, Grafen von Tirol; denn das „Gesäß Auerheim**') war Lehen 
von Tirol. 

Auch Graf Festi führt in seiner Genealogie der Herren von Lodron an, daß 
Johann Jakob von Gastelromano „Schloß Auer bei Neumarkf* zu Lehen erhalten 
habe, und folgt dabei dem Staffier (II, p. 1112), der aber über die südtirolischen 
Verhältnisse sehr dürftig berichtet war. 

Jakob von Castelromano besaß jedoch nicht das Schloß Auer oder das 
„Schloß an der Leiter" (Laitter) oder die „Leiterburg", welches jene aus Castelfondo 
stammenden Herren von Auer inne hatten, welche ein Zweig der Herren von En 
waren und von denen auch im Cod. Wang. Nr. 38, anno 1190 diö Rede ist. 

Es gab in Auer drei adelige lehenbare Herrensitze mit dazu gehörigen Gütern, u.zw.: 

1. Die Leiter bürg, d. h. jenes kleine altersgraue, heute noch bestehende 
Schloß mit Turm am Ausflusse des Leiterbaches in die Talmulde, unterhalb des 
Wasserfalles ; dies ist der alte Sitz oder das Schloß der Herren von Auer, von denen 
noch 1414 Georg, Jakob und Heinrich genannt werden; aber schon 1415 ist Hans 
und Thoman Mollis im Besitze, die es von Hans Toblhaimer erworben haben, 
1428 Ulmann von Bansperg, und 1450 erhält es Kaspar Püchsenmaister (auch 
Kaspar von Aur genannt), doch ohne „wildtpann und vischwaidt", und dieser 
verkauft es 1452 dem Peter Khuen von Auer, bei dessen Nachkommen es bis ins 19. Jahr- 
hundert verblieb. 

2. Ein weiterer lehenbarer Besitz war der in Vallisella, bestehend aus „ain 
stuckh erdtrich mit hofstall, haus, keller, maurn und andern hülzen gebewen, mit 
hof und besizung, auch etlichen Weingarten und pawen gelegen in dem dorfiF zu 
Awr an der stat genant valzela"; dazu gehören reiche andere zerstreute Besitzungen, 
Zehente und Zinsen. 

Dieser Besitz war im 15. Jahrhunderte in der Familie Laimbühler, von denen 
er 1519 an die „Pergamaschk" (Bellat von Bergamask) kam, von diesen 1598 an 
die Trutt, 1606 an die Prugger und Hebenstreit, 1670 an Jakob Kleinhans (als 
Ehevogt der Dorothea Pruggerin) und 1675, nachdem dessen Witwe Dorothea, 
geb. Prugger, den Ferdinand Dominik von Kiepach geehelicht, verblieb er bei der 
Familie von Kiopach bis ins 19. Jahrhundert. 

3. Das dritte Lehensgut endlich ist der adelige Sitz Aurheim. Vielleicht 
gehörten einst alle drei Lehen den Herren von Aur und sind die beiden anderen 
nur vom Hauptbesitze abgetrennt worden. 



>) „Leheiibrlef. Das gcs&ss zo Awr ob Neu- 
marokht (gelogen mit ftokhern, wison. wcinj^ärton, 
paumbt^Ärton. nutzon, i^ülton uud allom dem 
80 (iarzuo gchOrot vnd ab das woyloudt llaims 
Mollos inn^rohabt, ist Jaoobon von (Vstlromaii 
tnd Fridorii'hoii soiiuMH ohoUohon suu auf ir 
baidor loboiilanjj vorliohon wordon. Actum oivh- 
tat( nach dorn luutafC QuasiiuodogtMUti a. d. 
1442 S. K. lib. 1. fol. 200- 



,»Friderich von Castlroman hat diz lehen 
auf sein lebzeit empfangen. Am mittich vor 
St. Martinstag anno d. 1456, fragment. libro 5, 
fol. asi.* 

„Koioharton Klieber ist obgemelt lehen, 
nach abgang Fridorichen Castlroman 
vorliobon worden. Am neuen jaresabent anno 
d. 1400, fiagm libro 3, folio 50.* 

K. k. Stutth.*.\rch. in Innsbruck. 



— 58 — 

Dm Grafhclmftsdipiom, welches die Brüder Georg und Peter vom Schlosse 
liOdrou, ddo. Kom 14Ö2, 6. April, vom Kaiser Friedrich III. erhielten, sollen sie 
(nach Festij der Verwendung Dr. Jakob Johanns, des Bates und Leibarztes, verdanken. 

Von demselben Tage aber ist auch ein anderes Dokument datiert, welches 
vielleicht mit dem Grafschaftsdiplome in Verbindung steht und welches besagt, daß 
Jakob Johann, Sohn weil. Jakob Thomaeus von Lodron, Med.-Dr., Bat und Leib- 
arzt Kaiser Friedrichs, für sich und namens seines Sohnes Friedrich, zugunsten 
des Georg und seines leiblichen Bruders Peter, beide Bitter und Söhne weil. Paris 
von Lodron, auf die Erbschaft des Schlosses Bomano verzichtet. (Jaksch, Die Grat 
JiOdron*Nchen Archive in Gmünd.) Der Verkauf seiner Bechte auf Gastekomano 
seitens Jakobs von Castelromano auch für seinen Sohn beweist, daß derselbe aut 
das Fortblühen seines Stammes kaum mehr hoffte. 

Obwohl aus der mehrfach erwähnten Denkschrift, sowie auch aus jener Auf- 
zcichnuug des Soldes von 1392 hervorgeht, daß damals noch andere Söhne der 
Herren von Gastelromano gelebt haben müssen, ist keinerlei Nachricht darüber 
vorhanden. Mit Dr. Johann Jakob von Gastelromano auf Auerheim und seinem 
Sohne Friedrich ist 1460 die Linie der Lodron von Castelromano, die von Albrigin I. 
abHtammte, erloschen; — wenigstens sind keine Glieder derselben bekannt. 

Der gesamte Besitz der Familie Lodron in Judikarien, wie er 1361 unter den 
Nachkommen I^eterzottus L zur Teilung kam, war nun nach 1399 wieder, nur noch 
bedeutend vermehrt, in einer Hand, in der Peters, vereinigt, und dieser Peter 
war auch wieder Ahne aller heute noch lebenden Grafen von Lodron, sowie auch 
der ausgestorbenen Linie von Gastelnuovo im Lagertale. 

Ich muß es mir versagen, hier auf die Taten Peters einzugehen und seines 
Solmes Paris (IV), der auch „der Große" genannt wird, sowie seiner Enkel Peter 
und Georg, die ihres Vaters und Großvaters nicht unwürdig waren, und dann seines 
Urenkels Parisotto, in welchem das ungezügelte Lodron'sche Blut nochmals in seiner 
ganzen Wildheit aufschäumte in Helden- und Greueltaten. 

Es ist eine stürmisch bewegte Zeit, und die Ereignisse, die sich da in Judikarien 
und im ganzen Fürstentume abspielen, ihre Ursachen und Wirkungen, lassen 
sich nicht so nebenher abtun, denn sie waren vielfach entscheidend für die ganze 
spfttore Entwicklung der Verhältnisse. Ich muß mir dies itlr eine Fortsetzung 
aufsparen. 

Doch muß ich noch ganz kurz an dieser Stelle etwas beiftlgen zur Begründung 
meines hier beiliegenden Stammbaumes der Herren von Lodron bis zum Ausgange 
des Mittelalters, resp. bis zur neuerlichen Spaltung der Familie in die Linie von 
Schloß Lodron und Schloß Romano und jener von Oasteluuovo im Lagertale. 

Es ist dies notwendig, weil derselbe von den bisher bekannten Stammbäumen 
der Familie mehrfach abweicht. 

Bei dem Imstande» als gerade in der Zeit dieser Kampfe sich zwei Linien 
desselben Hauses teindlich gegenüberstehen, deren Glieder auch gleichen Namen 
haben, da iVrners oi\ bei derselben Person der Name wechseh, wie Parisinus und 
Paris, Peter. Peioriotius und Peierüotiinus usw.. so ist es ot^ sohwor. Verwechslungen 
zu vermeiden. 



-- 60 — 

l'ariH war auch P'eldhanptmann der Bepiiblik Venedig und einer der bedeu- 
tf^ndnten Kriegsleute und Oondottieri seiner Zeit. Durch seine EQlmheit und Ent- 
schlossenheit hatte er ihr in den Kämpfen mit Mailand hervorragende Dienste ge- 
leistet und wesentlich zu dem Erfolge beigetragen. Seine Kenntnis aller Pässe und 
Obergänge, seine Schlauheit und Zähigkeit, welche ihn durch keinen Mißerfolg 
erlahmen ließ, machte ihn für die Serenissima geradezu unentbehrlich in den Kriegen, 
die sich ja zum großen Teile in der gebirgigen Gegend zwischen Etsch, Gardasee 
und Judikarien abspielten. 

Seinen Vorteil hat er dabei nie aus dem Auge gelassen. — Wir sind ihm 
schon weiter vorne bei Bugolino begegnet. 

Außer hohem Solde, viel Gold und Kostbarkeiten, die er sich teils ausbe- 
dungen, teils als reiche Beute heimbrachte, erhielt er von der Republik auch die 
Herrschaft Gimbergo in Vulcamonica und dazu it)r seine Person die Grafschafts- 
rechte (Gerichtszwang), sowie viele eingezogene Güter der besiegten oder flüchtigen 
Anhänger der Visconti, so z. B. jene Jakob Trivellis und Baidessar Nassinos in 
Brescia und der Beretta Medalli (einer hervorragenden Adelsfamilie), soweit sie 
auf nun venezianischem Gebiete lagen, darunter Muslone mit allen Zugehörungen 
und Freiheiten, ein Haus in Padua usw. 

Die Republik erklärte ihn als ihren Verbündeten. Er war in Tugenden und 
Lastern ein bedeutender Mann^) und starb infolge der Strapazen der Kriege an 
Kiebor 10. April 1439, mit Hinterlassung zweier Söhne: Georgs und Peters (IL). 

Auch diese beiden waren hervorragende Kriegsleute und standen im Solde 
der Republik. 

Sie erscheinen meist gemeinsam und erhalten von der Republik nicht nur 
Clmbergo mit der Grafschaft, die ihr Vater nur ftlr seine Person erhalten hatte, 
orblicl), sondern auch die anderen Güter desselben und auch die Lehen im FQrsten- 
tuniti Tricnt, wo sie sich sowohl der Gunst der Bischöfe, als Herzog Siegmunds 
erfreuten. Schlauerweise ließen sie sich die Stiftslehen von beiden erteilen: 
Ü. Juni 1446 vom Herzoge (Tirol. Lehenb. II, f. 188) und 14. Juni 1447 auch 
vom Bischöfe (Ood, Cles. VI, p. 14). 

Vom Bischöfe Georg Hack erhielten sie auch 1451 die Hauptmannschaft in 
Unter-JudikariiMi, nämlich l\lr die Pfarren Rendena, Tione, Bono und Gondino und 
am t». April 1452 nach Aussöhnung mit den noch lebenden Gliedern der Linie 
von Oastolronmno vom Kaiser Friedrich auch das Grafendiplom. 

Da die CasteUmrkor, namentlich Johann, gegen den Bischof sich feindselig 
stellten und sich woiperton. ihre Stiftsichen vom Bischöfe zu empfangen, übertrug 
der Bischof die Kxekuiion den beiden Brüdern Georg und Peter von Lodron, welche 
sich der Schlösser ('astolnui»vo und Oastellano. Nomi und Oastelcorno mit Gewalt 



M liruf Kos!» vtMWivhsolt dioson Paris IV., 
Sohn IVtiM-s, luolnfnoh mit Paris II I.. Sohn 
IVtonottus U . umiiUissonti, dor ja sonst un- 
,ibb.nu);i^ und >:owis*onhafl J^^1rboit^t hat, J^^r»t 
daduivh in don^clWn KohliM' und hält ihn tWr 
oinon Sohn IVttoiiottus' von rastohvnian. IVoh, 
ÄhgeM-htu von «lUin andt'in. hoii^t Paiis IV 



immer Sohn Peters und erseheint in den Lehens- 
urkunden mit seinem Bruder Anton — einen 
Bruder Anton hatte aber Piris IIL nicht. 
.VufSeniem hütte ja joner Paris, der mit seinen 
Brüdern sohon 1S84 auftritt, im Jahre 1439 
nunde^tens an SO Jahre alt sein müssen 



— 61 — 

bemächtigten und daflir wurden die beiden erst genannten Schlösser samt allem 
Zugehör und der vollen Gerichtsbarkeit vom Bischöfe Georg Hack den Brüdern 
Georg und Peter am 9. April 1456 zu Lehen gegeben (Cod. des. VI, p. 85). 

Peter blieb dann in Gastelnuovo und war der Begründer der nun aus- 
gestorbenen Linie der Grafen Lodron von Gastelnuovo im Lagertale, während der 
ältere Bruder Georg die Linie vom Schlosse Lodron fortpflanzte und somit der 
Ahnherr aller heute noch blühenden Grafen von Lodron ist. 

Über ihre Abstammung von Paris lY. oder Großen von Lodron kann kein 
Zweifel obwalten. Der noch vielfach genannte Parisotto war ein Sohn Georgs vom 
Schlosse Lodron. 

Soweit zur Begründung des Stammbaumes. 

Das Wappen der Herren von Lodron war von jeher der silberne Löwe im 
rotem Felde, der Kopf dem Beschauer zugekehrt (leopardiert), und unterscheiden 
sich die älteren Wappen kaum von dem der Gastelbarco. 

Ob daraus auf einen Zusammenhang der beiden Häuser geschlossen werden 
kann, ist mangels aller historischen Anhaltspunkte eine offene Frage; ebenso 
welcher Nation die Lodron entstammen. Albert Jäger sagt, die meisten Historiker 
nehmen an, sie seien deutscher Abkunft. Es ist ja möglich — aber auch daflir ist 
nicht die mindeste Begründung vorhanden. 1124 sind die Herren von Storo da, 
und haben wahrscheinlich einst einer und derselben Familie angehört, da es ja 
1189 heißt: „Jene vom Hause Storo". Woher sie gekommen, wissen wir nicht. Ob 
das Wappen jenes des Schlosses von Lodron oder speziell jenes der Herren von 
Storo ist^ die dann wieder in den Besitz von I^odron kamen, ist ebenfalls nicht mehr 
festzustellen. 

In älteren Wappen ist der Schlingenschweif (»Bretzelschweif") nicht zu erkennen; 
er hat nur an der Wurzel, an der Stelle, von wo aus er sich teilt oder buschig 
wird, eine Verdickung, einen Knoten, wie dies auch sonst hänfig vorkommt. 

Mit der Yerschlingung in einen einfachen oder auch doppelten Knoten, als 
charakteristischer „Bretzelschweif", tritt er in ausgeprägter Form erst in der Stili- 
sierung des 15. Jahrhunderts auf. Aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts 
habe ich Wappen der Herren von Lodron gesehen, in welchen der rote Schild auch 
noch mit Lilien besäet war (Sarg in der Kirche von Cologna). 

Da durch die Plünderung des Graf Lodron'schen Palastes in Caffaro sehr 
viele alte Urkunden vernichtet worden sind, andere bei den Spaltungen der Familie 
da- und dorthin verschleppt worden und bei Bränden zugrunde gegangen sind, fmden 
sich ältere Siegel sehr selten. Auch haben die Lodron ihren Archiven nicht sehr 
viele Sorgfalt angedeihen lassen. 



Stammbaum der Herren von Lodron 

bis zu ihrer Spaltung in die zwei Linien : 
Lodron vom Schlosse Lodron und Lodron vom Schlosse Castelnuovo (lagar.) 



Calapinus von LodroD, 
Ritter und Vasall der Grafen von Eppan 1185, II8I1 



Bonincontms deLodrone 

1^ 

Parisinas 

1265 

Otto Ton Lodron 

1270, 1271 schon t 



Paris von Lodron 

(auch „Parisinus" genannt) 
der erste mit Sicherheit urkundlich nachweis- 
bare Ahnherr der heute noch blühenden 
Grafen von Lodron 
(1257 als schon t Vater Silvesters genannt) 



Oluradus von Lodron 

1307 schon t 

I 



Aldrigettus 
1278, 1307 schon t 

I 



Silvester 

1240—1251), ist 1272 schon f 

! 



Albertus (Albertinus) 
1307 



Paris IL 

1264, 1267, 1272 t 

I 



Adelasia 

1278 



Riprand 

1272 



Nicolans 

1272, 1278, 1281, 1304 schon t 

I 



Peterzotus (i.) 

1307—1346 
ist vor 1361 f 



Salvestrinus 
f. nat. 1304 



I 



Bona 

verm. mit 

Hartwig II. v. Matsch 

t 1353 



Parisinns (I.) 

1361 schon f 

Uaie vom 

Sohlosse 

laOdron 

seit 1361 

1 



Albrigin I. 

1343 

ist 1367 schon f 

Iilnle von 
Castelromano 

seit 1361 



Natürliche Söhne: 

1. Baimundin, 1346 — 1366 (von 

seinen Neffen ermordet) 

2. Saloestrinus diot. Niger 1373 

3. yicolinus, 1346—1399 

4. Ädelardus dict. Cozzalus, 

1346—1360 



Parisinus II. Antonios 

1361, 1363 1361 



I 



Peter- 
zotinns 

1361, 1381 



Peterzott II. 

1306, 1375 



Peterpanl 

1366-1373 



Jacob Johann 

1366, 1373 



Peter 

(auch Peterzotus genannt) 
1381-1411 



JL 



Peterzott 

1384—1399 



L- 

Alberti- 
nus II. 

1384-1392 



Jacob- 
thomaens 

1385-1412 



Paris III. 

1385 - 1399 



Ijucia 

mit Heinr. 
v. Iseo 1392 



Paris IV. Antonius IL Antoniana Nat. Kinder: 
«der Grolle" 1424-1450 mit Mathaeus l.Jacohinus 
genannt I Khuen v. 2. liaimuH' 

1388-1439 ' ^^;±t: 'Tramin 1388 diu 

3. Jacobina 



Franz 
t vor d. Vater 



Magister Jacob-Johann 

von Castelromano, Med. Doktor, 

Piotomedicus und Consiliarius 

Imp. Friderici III. In Auer. 

1399—1456 



mit May- 
fredus v 
Lozo 



X 



Peter IL 

Linie von 
CasteInnoTO 

in Yallagarina 

A. 



Georg 

Linie vom 
Schlosse Lodron 

B. 



Friedrich von Castelromano 

1442-1460 in Auer 

letzter Sprößling dieser Linie 

t ohne männliche Nachkommen. 



-^•■•«•vi>- 



Die 



Greschichte der Familie Thun 



im 



XIV. Jahrhundert. 



Von 



Edmund Langer 

SchloßarchiTar auf Schloß Tetschen a. E (Böhmen). 



- 66 — 
Von neuen Abkürzungen seien verzeichnet: 

Die Eüriung: Zu lesen: 

U. od. ürk Urkunde oder Urkunden. 

Urk.-Beil Urkunden-Beilage. 

Prg Pergament. 

ansgest. . ausgestellt. 

d datiert. 

Not.-Instr. (od. Istr.) Notariats-Instrument 

Instr. (Istr.) d. Not Instrument des Notars. 

kais kaiserlichen. 

Sgl. (Tor Prg.-U.) Siegel- 

Mp Mappe. 

Abschr Abschrift. 

1. c loco dtato (Verweisung auf das 

gerade Yorhergehende Zitat). 

b nach BÜtterxahlen die Kehrseite des Blattes. 

Von aitierten gedruckten Hilfsmitteln kamen hiezu: Zitiert: 

Ats und Schatz, Deutscher Anteil des Bistums Trient 

I (190S), II (1904) Ati u. Schau, Deutsch. A. d. B. 

Trient 

Brinckmeier, Glossarium diplomaticom. S Bde. (1850 
und 1868) Brinokmeier, Gloss. dipl 

Db Caage, Glossarium mediae et infimae latinitatis di- 
geasit Henschel tomi X (1883— 87) Du Gange. 

Ladmuer, Bagesten im Archir für Geschichte Tirols 
(5 Bde ) auch Ladurner, Archir. 

Reieh, Barbarie passate Reich, Barbarie. 

— I LuogotAnenti, assessori e massari di Non e Sole 190S Reich, I LuogoteaentL 

RiYisU Tridentina RiT. Trident. 

SaaiBiler, Der — f&r Geschichte und Altertumskunde 
Tirols (1807—1809), 5 Bde Sammler. 



— 68 — 

bert m. und seinen mehr zurQcktretenden Bruder Albert I., und die Bertold- 
sche Linie (JE), die sich nur in Yigil (Abschnitt 9) fortpflanzt, der allerdings mit 
einer nicht genau bestimmbaren Zahl seiner Lebensjahre in das XV. Jahrhundert 
hineinragt. 

Die zweifelhaft und unsicher einreihbaren Namen (in Abschnitt 10) bilden 
dann eine Ergänzung des Gesamtstoffes dieses Zeitabschnittes. 



A. Belvesin und seine Linie. 

1. Belvesinus. 

Belvesinus muß schon vor dem Tode seines Vaters (1300 oder 1301 erfolgt) 
großjährig und vollständig eigenberechtigt gewesen sein, dies ftlhrt uns auf 1276 
spätestens als sein Geburtsjahr zurück; danach wird auch die Vermählung seiner 
Mutter Trentina mit dem Vater VTarimbert IL auf mindestens 1275 zurückzusetzen 
sein (wonach in Heft I, p. 10, die Annahme der Vermählung von frühestens 
1278 zu berichtigen ist), denn vom Jahre 1300 liegen zwei Urkunden vor; die eine 
vom 29. März in Nano (in der Urkunde Nono geschrieben) angefertigte, in welcher 
ein Biancus Bonin sich ihm (dno Beluefino fillio dni Warimberti de caftro Belnefino) 
als Schuldner einer Summe Geldes (von 43 Solidis) und eines Modium Getreides 
bekennt^); die andere vom gleichen Jahre ist betreffs des Monates unsicher (der 
11. Jänner oder 11. April oder 11. Juli an einem Montag), da sie teilweise beschädigt 
ist; gemäß derselben verkauft ein Avancius von Vervo seine Ansprüche an einen 
Hendricus de Rollo (Rallo) wegen der Ausstattung der Schwester seines Vaters dem 
Herrn Belvexino de c. Beluexino*). 

Im folgenden Jahre, am 9. Februar 1301, verleiht er (es steht in der Urkunde 
Bellefinus) bereits in seinem und seiner Brüder Namen an einen Bertoldus, Sohn 
weiland des Jordanus von Dolladiza (Kalditsch, von Montan, zu dessen Gemeinde es 
gehört, ungeßhr eine Stunde nordöstlich), als honorabile, gentile et nobile feudum 
eine Mühle mit ihren Wasserläufen und Gebäuden in Bezalle d'Ora nach dem 
Beispiele weiland seines gestorbenen Vaters VTarimbert (volens vestigia quondam 
fui patris quondam dni Valimberti de Tono imitari'). 

Im folgenden Jahre, am 15. März 1302, gibt Brazalbenus, Sohn weiland des 
Joannes von Gasez, unter seinem Treueid an, daß er vom Herrn Beluefinus (dno 
Beluifino de Tuno) und seinen Brüdern Grundstücke (im ganzen 21) Acker-, Wein-, 
Wiesen- und Weidelandes als gemeines Lehen (commune feudum) inne habe; 



*) 0. Prg. ü. a. C. Th. L Schi. Tetschen. 

») 0. Prg. ü. a. C.Th. i. Schi. T. — Genannt 
ist als Ausstellungstag „dies lunae" und der 

11. (unde ) eines nicht mehr ersichtlichen 

Monates; nur im Jänner, April und Juli 
des Jahres fiel der 11. auf einen Montag; es 
könnte freilich auch undevicesimus (der 19.) 
dort gestanden sein, und dann wäre Septemher 



oder Dezemher zu erg&nzen; doch scheint für 
diese Annahme der Baum etwas klein. 

8) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. T. Urkunden- 
beilage III. — Ora ist der italienische Name 
für Au er. Der Name einer örtlichkeit hei Auer, 
welche Bezalle heißt, scheint sich in der (}^^- 
wart nicht erhalten zu haben. Auer liegt 
11/4 Stunden nördlich ron Nenmarkt 



— 70 — 



Die fünf späteren Söhne Warimberts werden in beiden Urkunden in folgender 
Ordnung angeführt: Concius, Syraeon, Bertoldus, Federicus und Nikolaus. 
Diese Ordnung bezeichnet ofifenbar auch ihre Altersabstufung. 

Aus der Urkunde von 1303 geht außerdem hervor, daß die sechs Brüder 
mindestens noch zwei Schwestern hatten: Marchefana und Yta, deren jede 
je eine der Töchter eines Eigenmannes als Leibeigene erhielt (una ejus filia debet 
ire cum domina Marcheffana forore praedictorum fratrum .... eins filia Benve- 
nuta debet ire cum domina Yta forore prsedictorum fratrum). 

Betreffs der Teilung selbst wird gesagt, daß der älteste Bruder Belvesinus 
sie veranlaßt habe. Es war dabei ausgemacht, daß, wenn ein Bruder etwas von 
seinem Anteile verkaufen wolle, er dies unter Strafe von 50 S" seinen Brödern be- 
kannt geben müsse, welche das Recht hatten, es um 12 u billiger als andere Leute 
zu erwerben. Trotz der Teilung blieb noch eine Gemeinschaft an gewissen Gütern 
bestehen; es war aber bedungen, daß diese Gütergemeinschaft nicht hindern solle, 
andere Güter als volles persönliches Eigentum zu erwerben. Als Gemeinbesitz wird 
ausdrücklich Tor, Turm und Pusterula (Hinterpförtchen) des Schlosses Belvesin 
genannt; auch wird bestimmt, daß von dem Tore bis zur Hinterpforte ein breiter, 
fahrbarer Weg erhalten bleiben müsse. Für die Turmhut hatten die BrQder gemein- 
schaftlich zu sorgen durch Zusammenschießen von jährlich 20 S" för den Turmwächter 
auf die nächstbevorstehenden Jahre ; aber auch Heinrich Bospaz hatte 3 ^ zu diesem 
Hutgeld beizutragen. 

Die Teilung vom 17. August 1306*) war nicht, wie von Perini behauptet wurde, 
eine neuerliche, weil man über die frühere in Streit geraten wäre, sondern eine 
nachträgliche betreflfs jener Güter, Eigenleute, Zinse und Zehente, welche die Brüder 
noch nicht geteilt hatten. Diese Teilung unterschied sich dadurch von der früheren, 
daß dem ältesten Bruder Belvefinus freigestellt wurde, sich einen von den sechs 
gebildeten Anteilen zu wählen, während die übrigen fönf unter die anderen Brüder 
verlost wurden. Beluefinus wählte sich den dritten Anteil. Derselbe enthielt einen 
halben Zehent aus Prio, umfassend drei Mutt (modios) Weizen, drei Mutt Korn, 
drei Mutt Hirse, drei Mutt Heidekorn (panigii), ein Mutt Hülsenfrucht, zwei Mutt 
Spelt, ferner die Hälfte eines Zinses von Tueno, nämlich drei Mutt Korn, drei Mutt 
Heidekorn, drei Mutt Spelt, sechs Star Hülsenfrucht und vier Urnen Wein*). 

Betrafen diese Teilungen das Besitzverhältnis in der Familie, so sind nach 
ihnen die auf B e 1 e h n u n g durch den Lehensherrn bezüglichen Akte als öffentlich- 
rechtliche von besonderer Wichtigkeit. Solche Akte liegen für Belvesinus von den 
Jahren 1307 und 1314 vor. 

Am 22. März 1307 erhielt er, zugleich auch ftlr seine Brüder Nikolaus und 
Fridericus, die bischöfliche Belehnung mit allen Trienter Lehengütern '). 



') S. Urkundenbeilage V. 

2) S. Urk.-Beil.V. - Tuenno liegt ungefiihr 
6*8 Kilometer nordwestlich von Prio, 8-4 Kilo- 
meter nordwestlich von C. Thun, wenn hier 
nicht vielleicht das nahe an Prio, nordwestlich 
von diesem gelegene Tuenetto gemeint ist. 
— Die Maße waren in verschiedenen Gegenden 



verschieden, selbst auch für verschiedene zu 
messende Stoffe. Die Urne (Thre) Wein um- 
faßte in Trient (einschließlich die Besirke von 
Cles und Castelfondo) 78^2 Liter. 

8} Ihr. Rg. a. St A. (Tri. Lehnb. f. 32 h), 
auch Tr. A. C. XXII. n. 4. f. 166). 



— 72 - 



Belvesinus hatte übrigens schon bei Lebzeiten des obigen Mugus etwas von 
diesem an sich gebracht, nämlich einen Zins von acht Modien (Getreide?), dessen 
Verkauf nach des Mugus Tode dessen Gemahlin Virata und obiger Notar Ser Siraeon 
von Treso, als Vormund oben erwähnter Mündel, am 29. Juni 1320 bestätigten, wo- 
für Herr Belvesinus 20 S" Berner erlegt hatte *). 

Dem gleichen Besitz-Komplex der Herren de 0. Bragerio gehörte auch jenes 
Grundstück ^prope castrum Bragerium" an, begrenzt einerseits von den Gütern 
weiland des Mugus de c. Bragerio, anderseits von denen des Franciscus de c. Bra- 
gerio, welches Arniannus, Sohn weiland des Bragerii de Coredo, um 612 ff (nach 
Ihr. Rg. um 112 0-) am 1. August 1322 dem Belvesinus, Sohn weiland des Herrn 
Warimbert vom Schlosse Thoni, verkaufte*). 

Auch sonst vermehrte Belvesinus seinen Besitzstand durch mancherlei An- 
käufe. So erwirbt er am 17. Juli 1305 die ganze Verlassenschaft eines Vanasor 
von Segno und dessen Sohnes Federicus vom Herrn Petrus von Kaltem, Sohn weiland 
des Herrn Otto von Cusnesperg und der Witwe Vanasors, Donna Ella, fUr sich und 
die drei Frauen Jacobine, Mastre und Agnes von Pezo um 9 0" Berner '). 

Am 8. Februar 1309 kaufte er zwei gemeinschaftlichen Besitzern, dem Christof, 
Sohn des Bartolomeus von Savaro, und dem Veit, Sohn des Gislold von Novesino, 
um 35 ff Berner als freies AUod ein Stück Wiesengrund ab, das zum Dorfe Nove- 
sino gehörte*). 



verlegt. Tatsache ist» Belvesinus kauft 1321 die 
eine Hälfte des Schlosses; 1326 bekennen die 
89hne des bereits verstorbenen Belvesinus, was 
sie vom Bischof Heinrich zu Trient zu Lehen 
besitzen. Dazu gehört nach den davon vorliegen- 
den Kegesten (s. unten 2, p. 80, Note 1) zweifel- 
los ein Sechstel der Schlösser Belvesin, St. Peter 
und Vision, weil die anderen fönf Sechstel offen- 
bar den fQnf anderen Brüdern Belvesins zu- 
standen; ob der Ausdruck „Sechstel* sich auch 
anf Schloß Thon (Castelleto) bezog, ist bei dem 
Auseinandergehen der Regesten zweifelhaft; 
ans inneren Gründen ist es aber immerhin 
wahrscheinlich; das Schloß Bragher ist nach 
wenigstens zwei Fassungen des Regestes nicht 
unter die Sechsteilung subsumiert; es ist also 
wahrscheinlich, daß es von vornherein nur von 
Belvesinus allein erworben worden war und 
demnach auch nur auf seine Söhne überging. 
1) Abschr. des Wesentlichen der Urk. in 
Gl. Dipl. a. Coli. Ladurner n. 92. — Die Gattung 
des zu liefernden Naturalzinses ist in der Ab- 
schrift nicht erwähnt. — Die Urkunde ist auch 
deshalb von Literesse, weil sie im Dorfe Segno 
(in Villa Signj) „in brojlo (eingezäumter 
Grund) düi Belvesini de thono" ausgestellt ist, 
so daß wir daraus die Tatsache eines dem Herrn 
Belvesinus im Dorfe Segno gehörigen 
Geheges erfahren. V. Inama (Rivista Trident. III, 



480) gibt die Bedeutung des Wortes ^broilo** 
als „eine von Zaun oder Mauer eingeschlossene 
Wiese*' an; Brinckmeier, Glossarium p. 421 als 
„grüner PUtz** oder „Garten**; Du Gange I, 
756 f. als „Wald, Hain, Wiese**. (S. auch weiter 
unten 2, p. 88). Welche dieser Bedeutungen 
hier zutrifft, können wir nicht sicherstellen. 

>) Rg. i. Gl. Dipl. u. Ihr. Rg. a. Or. in 
C. Brughier. — Die höhere Zahl von 612 ff 
als Kaufpreis, wie sie Gl. Dipl. enthält, dürfte 
die richtige sein. 

3) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tetsohen. 
— Gl. Dipl., welches der Tatsache gleiehfalls 
Erwähnung tut, nennt den früheren Besitzer 
irrig Venasor, ebendort heißt der Vater des 
Verkäufers Otto, Castellan von Cunesberg 
(Königsberg?), was wahrscheinlich nnterCusnes- 
perg gemeint ist. — Pezo ist vielleicht Pezzano 
(jetzt Pizzano), Dorf bei Cortina im Tal 
Vermiglio, Pfarre Osanna. Es ist auch mög- 
lich, daß Belvesinus diese Hinterlassenschaft 
ganz für die drei genannten Frauen kaufte als 
ihr Vertrauensmann. 

^) Abschr. des Wesentlichen der Urk. in 
Gl. Dipl. u. Ihr. Rg. a. Or. i. C. Brughier. — 
Sowohl das Ibr. Rg. als Gl. Dipl. gab den 
Ursprungs- Ortsnamen des Christof als „Sana r o** 
wieder; dieselbe Persönlichkeit begegnet uns 
noch einmal p. 93 als zeitweilig vorhergegangener 



— 74 — 



über die er quittiert, demselben Herrn Belvesino verkauft unter Zustimmung der 
Dona Minor, Gattin des Verkäufers. Das Wiesenstück grenzte von der einen Seite 
an die Primasera (Frühmeßbenefizium), von der zweiten an die Kirche des hl. Viktor 
von Tajo*). 

Am 16. Juni 1314 zahlt er in Gieß bei der Marienkirche 650 u Berner zwei 
Brüdern, (ruilelmus und Vitarius von St. Ypolito, fUr einen Zehent im Gebiet von 
Roroeno, den er von ihnen an sich gebracht hat '). 

Im selben Jahre, am 7. April 1314, war Belvesinus im Dorfe Treß durch Ser 
Nikolaus von Tajo auch als Vertreter seiner Mutter Mora persönlich in den Besitz 
eines Zehents von 12 Star Getreide (6 Star Korn und 6 Star Weizen) von Haus 
und Hof des Andreas, Sohnes weiland des Adelpret von Trefs, gesetzt"). 

Am 27. April 1320 schenkten ihm fünf Besitzer ein Feudum, das sie auf 
einem Gassale mit der untersten Mühle in roza et pertinentiis de Tayo hatten, in 
dessen Besitz jetzt ein Nikolaus Dugatus von Tayo war *). 

1321, am 5. Juni, wird Herrn Belvesinus in Livo von vier Brüdern, Söhnen 
weiland des Herrn Arnold von Zocolo, über 2000 u Berner quittiert, die der Kauf- 
preis für ihm verkaufte Güter und Weinberge waren ^), 

Noch am 29. März 1323 verkaufte auf Schloß Novesini ein Nikolaus, Sohn 
weiland des Gabriel von Treso, dem dno Belvefino qd. nobilis militis dni Warimberti 
de Castro Toni Zehent und Zehentrecht im Dorfe Tress um 37 gr Berner, die er 
ihm zugleich quittierte ^). Im selben Jahre, am 4. Mai, erscheint er bei einem Haus- 
und Grundkauf seines Bruders Simeon in Novesino als Grenznachbar desselben von 
zwei Seiten'). 

Anderseits vergab Belvesinus auch wieder einzelne Güter seines Besitzes in 
Erbpacht gegen daraus entfallende Zinsungen. 

So vergab er am 3. Oktober 1314 im Dorfe Segno durch ewigen Pacht an 
Rigardus, Sohn weiland des Julianus de Turro, ein Stück Weinland in Turro gegen 
jährlichen Zins von drei Urnen guten Weines, und an Turrus, den Sohn des 
Bigardus, eine Hausstelie (sedumen domus) mit einem teils gemauerten, teils aus 
Holzwerk bestehenden Hause, Hof und Garten und einem Stück Ackerland dabei 
gegen Jahreszins von einem Modius Roggen**). 



1) 0. Prg. U. a. C. Th. i. Schi. Tetschen, 
hoch 78 cm, breit 10—11-2 cm. 

2) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tetschen 
(Not.-Instr. d. Not. Daynesius, hoch 16*6 cm, breit 
8—9-7 cm). — Bomeuo im Nonstal gelegen ist 
Dicht weit vom Mendelpaß. 

S) Ürk.-Auszug in Gl. Dipl. v. Or. in C. 
Bmghier. 

*) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tetschen, 
hoch 21*6 cm, breit 15*6 cm (Instr. d. kais. Notars 
Avancius), mit einem leichten Abriß auf der 
rechten Seite. — Roza = roccia (Fels); die Be- 
nennung der hier bezeichneten Örtlichkeit, 
scheint sich heute nicht mehr erhalten zu 
haben. Felsen, die sich über dem Wasser er- 



heben, sind dort allerdings vorhanden. (S. 
Perini, Diz. cor. di Trento, p. 196.) 

ß) Ibr. Rg. a. Or. i. C. ßrughier. 

6) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tetschen, 
hoch 19 cm, breit 27—29-6 cm (Instr. d. kais. 
Not. Avancius von Vervo). — Treft, 6 Kilometer 
nördlich vom heutigen G. Thun mit einer kleinen 
östlichen Abweichung. 

7) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tetschen. 
(S. bei Simeon II. p. 103.) 

^) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tetschen. 
— Turro ist wohl das heutige Torra, zirka 
0*6 Kilometer südöstlich von Segno und 8 2 Kilo- 
meter nordwestlich vom heutigen 0. Thun. 



— 76 — 



depositi et salyamenti), wobei ihr Gatte Frisonus und Odoricus, Sohn weiland des 
Herrn Zorzus (also, wie es scheint, der Bruder des Frisonus), Gutstand leisteten, 
n. zw. jeder fllr das Ganze ^). 

Am 17. Oktober 1305 übernahm vom Herrn Belvesinus de Novesino ein 
gewisser Goncius, Sohn des Ser Nikolaus von Tayo, bu Berner als Depositum, die 
er nach einem Jahre zurückzuerstatten sich verpflichtete, und wofür ein Bürge wie 
der Hauptschuldner mit einstand^. 

1308, am 20. Oktober, bekennt Adamus, Sohn weiland des Goncus von Tiyo, 
vom dno Belvesino de Tono 8 sr Bemer als Depositum in Aufbewahrung zu haben *). 

1311, am 6. Dezember, bestätigt im Dorfe Tosso ein Bertoldus, Sohn weiland 
des Tossus Rafanus von Signo (Segno), vom dno Beluezino de Tono 9 AC 10 Soldi 

Bemer (novem lib. et X ^ v p) als Depositum erhalten zu haben, die er wohl zu 
verwahren und zu sichern, und dem Herrn Beluezinus oder seinem Boten nach 
seinem Willen zurückzugeben verspricht. Ser Bopertus von Tueno stellt sich daft)r 
als Bürgen und Hauptschuldner ^). 

Am 4. Juni 1312 übernimmt Herr GuUielmuS; Sohn weiland des Herrn Zorcus 
(Giorgio = Georg) von Tajo, Pfarrer von Tajo, der uns schon oben gerade zwei 
Monate später beim Verkauf des Anteils einer Bimania als beteiligter iind genehmi- 
gender Bruder des Verkäufers bekannt geworden war*), 65 U Bemer durch den 
Notar Sicherius vom dno Beluexino de Tono als Depositum, wofür er den Antonius, 
Notar von Tajo, undJacobus von Tajo als Teil-Bürgen stellt •). 

1315, den 7. November, bestätigt Maria, Witwe des Nikolaus Boverus von 
Tajo im Dorfe Tajo, die Übernahme eines Depositum von 5 u Berner seitens des 
dni Belvesini de Tono durch den Notar Sicherius, während ihr Sohn Federicus als 
Hauptschuldner Gutstand dafür leistet^). 

Neben den Hinterlags- und Aufbewahrungsverträgen kommen auch einige 
eigentliche Darlehen seitens des Herrn Belvesinus vor; darunter gleich im ersten 
Kontrakt mit ausbedungenen Interessen, die damals noch nicht allgemein üblich 
waren, ohne besonderen Grund vielmehr dem kanonischen Gesetze widersprachen. 
In diesem verpflichtete sich nämlich am 18. Juni 1305 in Tajo Herr Walterius, 
Notar von Tajo, 14 ß" 6 Soldi Berner, die er durch den Notar Warnerius von Tajo 



1) 0. Prg. ü. (Notariate-Instr.) a. C. Th. i. 
Schi. Tetschen, Ton regelmäßig oblonger Form, 
hoch 18 cm, breit 9-6— 10 '5 cm, etwas besser 
lesbar als die vorige. — Die Angabe der Summe 
findet sich in dieser Urkunde so, daß in der 

Hanptseile steht: „X. lib dinar p y, über der 

Zeile aber, und zwar genau über dem Worte 

Dinar als (wahrscheinlich nachtragliche) Ein- 
er 

Schaltung: „min IUI p; also betrug das De- 
positum 9^ 192 Denare oder 184 Soldi, gleich- 
wertig mit ungefähr iiCS8*64. 

^) 0. Prg. U. sehr kleinen Formats (hoch 
6 cm, breit 14 cm) a. C. Th. i. Schi. Tetschen, 
ausgestellt in Tajo (vom Notar Warnerius). 

3) Kleinformatige 0. Prg. U. a C. Th. i. 



Schi. Tetschen (hoch 11-4 cm, breit 9*8 cm, 
Instr. d. Not. Gualterius). 

*) Kleine 0. Prg. ü. a. C. Th. i. SchL 
Tetschen (Instr. d. Not. Sicherius) (hoch 102 cm, 
breit 11 6 cm), — Die 10 Soldi machten nach 
dem Vorhergesagten Va ^ &^> <^i® g&ose Summe 
also 9Vt ^f ungefähr £^89*90. — Tuenno 
liegt jenseits des Noce, beiläufig 6 Kilometer 
nordwestlich von Segno, 9 Kilometer von Tosso. 

fi) S. oben p. 78. 

6) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. SchL Tetschen 
(hoch 18*7 cm, breit ]0'5— 11 5 cm). 

7) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. SchL Tetschen 
(dünnes Prg., hoch 18*4— 19 6 cm, breit 8*4 
bis 8 6 cm). 



— 78 - 



wie gerichtlich festgestellt worden war, an zwei Trienter Bürgern (dem Herrn 
Omnebonus a Waginio und dem Notar Martinas mit dem Beinamen Ä demecomad) 
auf offener Straße durch Beraubung und Niederwerfung tätlich vergriffen. Die Sache 
war auch in Trient vor das Gericht gezogen worden. Man zog es aber aus nicht 
näher erörterten Gründen (wahrscheinlich der Opportunität wegen der mächtigen 
Stellung der Hauptbeschuldigten) vor, den Prozeß niederzuschlagen, den Schuldigen 
volle Amnestie (puram remifionem) zu gewähren, mit ihnen im Namen des Bischofs 
aufrichtigen Frieden zu schh'eßen und sie von da ab wieder als Freunde und Getreue 
der Kirche von Trient anzuerkennen. Dies geschah 1312, am 10. November, zu 
Trient von Seite des Bruders Conradus als Vikar (vices gerens) des Bischofs von 
Trient (domini episcopi Tridentini) und des Hauptmanns von Trient, Nikolaus, 
Bruder des Bischofs (ipsius domini frater) ^). Diese Amnestierung scheint ein ähnlicher 
Vorgang gewesen zu sein, wie jener, der nicht ganz zwei Jahre später bezüglich 
gewisser Adeliger im Fleimstal berichtet wird'). Es erließ Bischof Heinrich schon 
am 2. April 1314 ein Diplom, um die Bewohner des Fleimstales gegen die Ober- 
griffe einzelner Adeliger und anderer Personen in Schutz zu nehmen. Jedenfalls 
kam bereits am 8. Juni 1314. . . zu Bozen eine vollständige Aussöhnung zustande. 
Auch im Falle der Thunischen Brüder und ihrer Genossen wird die völlige Aus- 
söhnung (bonaro et veram pacem) mit den ungerecht Beschädigten ausdrücklich 
erwähnt; der Schadloshaltung gedenkt die Urkunde nicht ausdrücklich, doch wird 
auch sie als vorhergegangen oder verbürgt vorausgesetzt werden müssen. 

Möglich und sogar nicht unwahrscheinlich, daß die Brüder auch dem verletzten 
öffentlichen Bechtsgeftlhl eine Genugtuung leisten mußten, wenn diese auch nicht 
in das Amnestie- und Aussöhnungsinstrument aufgenommen wurde. Es sei daran 
erinnert'), daß gerade in der Zeit des damals regierenden Bischofs mit dem Besitz 
der Familie eine wesentliche Veränderung vor sich ging. Vision und Belvesin 
hatte sie immer vom Bistum zu Lehen, nicht aber (wenigstens soweit die be- 
kannten Akten Einsicht gewähren) Thun (sofern es Castelleto bedeutet) und St. 
Petersberg. Bei der nächstfolgenden Belehnung von 1314 hat sich leider eine 
Spezifizierung der Lehenschlösser nicht erhalten; in der von Belvesins Sohn Simon, 
1325, wird aber zum erstenmal neben dem herkömmlichen Vision, Belvesin und dem 
neu hinzugekommenen Bragher noch Tono und S. Petri genannt. Auch sonst finden 
sich Beispiele, daß Adelige, deren Allodbesitz durch eine Schuld verfallen gewesen 



1) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi Tetschen. 
8. Urkundenbeilage VlII. — Pinamonti, der in 
seinen Memorie (p. 86) davon einen oberfläch- 
lichen Auszug gibt (er spricht bloß yon einer 
„fatta ingiuria'*), drückt sich so aus, daß man 
nicht weiß, war der Hauptmann Nikolaus der 
Bruder des Eonrad oder des Bischofs (di 
lui fratello). Ki. hl. Vi. I. 138 nennt beide hier 
eingreifende Persönlichkeiten: Bruder Eonrad 
von Urzestall als Vikar und Nikolaus, Haupt- 
mann von Trient/und sagt, daß sie vom Bischof 
1817 mit einem andern zusammen als „seine 
geliebten Anverwandten^ bezeichnet wurden. 



Aus der Urkunde, die unser Faktum berichtet, 
geht hervor, daß letzterer (der Hauptmann 
Nikolaus) Bruder des Bischofs war. Der Name 
des ausstellenden Notars war nicht, wie Pina- 
montis Gewährsmann, Alberti, las: ^Vnxkte*, 
sondern „Asante**. — Ob die Gewalttat ein 
rein brutaler Raubanfall war oder vielleicht in 
bestehenden Mißhelligkeiten eine mildernde Er- 
klärung finden konnte, ist aus dem Dokumente 
leider nicht ersichtlich, dem wir die Eenntnis 
der Tatsache verdanken. 

2) Egger, Gesch. Tir. I. p. 844. 

8) S. I. Hft., p. 8. 



— 80 — 



a. Simon (Simeon IH) (mit Sohn Michael und Bruder Bertold). 

Alle drei (lebenden) Söhne werden gemeinschaftlieh erwähnt bei der Belehnung, 
welche der edle Mann Simon (so heißt er gewöhnlich, bisweilen aber doch auch 
Simeon, wie sein Oheim Simeon IL), Sohn weiland des Herrn Belvesinus de Castro 
Thono auch im Namen seiner Brüder Bertold und Friedrich (Pedericus) vom 
Bischof Bruder Heinrich von Trient am 17. Feber 1325 empfing, wobei diese 
Lehen einzeln aufgezählt wurden, nämlich (wie es scheint) ein Sechstel der Schlösser 
Belvesin, St. Peter, Vision — Thon — das Schloß Bragher, mehrere Eigenlente, 
Mühlen und Zehenten und ein paar Güter, an welche die Erben weiland des Herrn 
Walter von Flaono (Flavon) grenzten^). 

Wegen Neuwahl eines Bischofs (des Nikolaus von Brunn) 1338 erfolgte eine 
neue Belehnung in diesem Jahre am 20. November, ft)r die edlen Herren Symeon, 
Sohn weiland Warimberts von Tono, und unsern Symon, Sohn weiland des Herrn 
Belvesinus qd. fratris dicti Symeonis, in Gemeinschaft mit all ihren Verwandten, die 
einzeln aufgezählt wurden, mit allen Gütern, die sie statt ihrer empfingen, wie sie 
einst Warimbert inne hatte und insofern sie rechtmäßig an sie gefallen waren, 
nachdem Symeon und Symon geschworen hatten, daß diese Lehen schon ihre 
Ahnen besaßen*). 

Eine Ergänzung zu diesem Belehnungsakte seitens der anderen Belehnten 
bildete die zwanzig Tage später, am 10. Dezember desselben Jahres, von der Mehr- 
zahl der vorhergehend genannten Lehenträger abgegebene Erklärung, welche Lehen 
den Einzelnen zustehen '). Unter den Erklärern dieser Urkunde findet sich jedoch der 
mitbelehnte Simon, Sohn des Belvesinus, nicht, wie auch nicht sein Bruder Federicus. 

Von Seite dieser beiden Söhne Belvesins erfolgte jedoch eine eigene Bekenntnis- 
gabe ihrer Trienter bischöflichen Lehen am 14. Dezember 1338*); es werden 



^) Bg. in Gl. Dipl u. Ibr. Rg. a. Or. i. 
A. y. C. Bmghier. — Schade, daß der Einblick 
ins Original nicht möglich; die Begesten weichen 
in ihrer Form etwas voneinander ab, und 
zwar nicht bloß in unwesentlichen Dingen. Gl. 
Dipl allein gibt drei verschiedene Fassungen. 
Nach zweien derselben bezieht sich das „Sechstel" 
auf die vier erstgenannten Schlösser; das dritte 
bezieht das Sechstel auf alle f&nf, also auch 
auf Bragher; das Ibr. Bg. bezieht das Sechstel 
nur auf Belvesin, St. Peter und Vision; sein 
Wortlaut erweckt den Anschein, als hätte 
Thun und Braghier ganz den Söhnen Belvesins 
gehört. Betreffs Thuns scheint dies fast geradezu 
unmöglich. Bichtig dürfte aber sein, daß Bel- 
vesinus und nun seine Söhne nur ein Sechstel 
der erstgenannten vier Schlösser besaßen, da 
ja seine fünf Brüder darauf gleiches Anrecht 
hatten; von Bragher aber, dessen eine Hälfte 
er sicher selbst erworben hat, scheint es, daß 
er auch die andere Hälfte für sich persönlich 
noch dazu gekauft habe, so daß seine Söhne 



dieses Schloß ganz besaßen. — Zu beachten 
ist, wie schon früher erwähnt (1. p. 71), 
daß St Peter und Thun zum erstenmal unter 
den Lehengütern vorkommen, ebenso wie Bra- 
gher. — Nur die Söhne Belvesin's werden in 
diesem Jahre neu belehnt, weil dies infolge des 
Todes ihres Vaters für sie notwendig wurde. 

^) Mehrere Bg. in GL Dipl. a. Or. i. A. v. 
C. Brughier. Als Mitbelehnte werden angeführt : 
die Gebrüder Bertold und Friedrich, Söhne 
Warimberts (IL), Friedrich, Sohn des Knnf, 
Enkel Warimberts und Friedrich, Bruder Simons 
Enkel Warimberts, endlich Chunz, Belvesin 
und Georg, Söhne weiland des Heinrich Bospaz, 
des Neflfen Warimberts. 

3) Ibr. Bg. a. 0. Not-Instr. des Notars 
Berardus in W. St. A. und eigens veranlaßte 
Abschrift dieses Originals. 

<) Ibr. Bg. i. A. Bepert. d. Tri. kt. Hof- 
A. f. 266 aus c. 68 n. 66, mitgeteilt durch 
Herrn St. Archivs-Direktor Mayr. 



- 82 — 

(lebrüder Holi und Ancius alle von Malusco, Siineon (IL), Bertold und Simon (III.) 
de Tono, Ser Ropretus von Tueno, Ser Oluradinus von Molar, Franciseus und 
Odoricus von Tajo, Ser Conradus von Tassulo, Petrus von Rallo, Pedracius von Caldes, 
Meister Conrad von Revo, Morus von Boraeno, Federicus und Conradus von 
Coredo, Bertoldus, Sohn des Odoricus von Arso (Arz) und Varnerius von Caldes, 
also im ganzen 27 namentlich bezeichnete Personen, die zugleich alle als adelig (omnes 
nobiles) bezeichnet werden'). 

Der Vertrag übte, wie es scheint, wirklich die bedungene Zeit der fünf Jahre 
hindurch oder wenigstens nahezu bis gegen Ende seines Ablaufes die wohltätige 
Wirkung aus, Ruhe und Frieden auf dem Nonsberge aufrecht zu erhalten. Wenn 
es überhaupt früher zum oflFenen Bruche kam, so war es vielleicht erst 1335, als 
König Heinrich, der Graf von Tirol, anfangs April (2. oder 4., da die Quellen aus- 
einandergehen) ohne männliche Kachkommenschafl verstarb und die drei mächtigen 
Häuser der Luxemburger, Habsburger und Brandenburger selbst miteinander um das 
Erbe in Streit gerieten. Keinenfalls also vor April, vielleicht auch erst von der 
zweiten Hälfte August an oder auch etwas später, ging der fünf Jahre lang er- 
haltene Frieden in die Brüche, es folgte die große berüchtigte Adelsfehde. Sie 
wurde, wie es scheint, auf dem Sulzberg eröffnet durch einen Verheerungszug der 
St. Pöltner gegen Caldes und weiterhin, dem später die Wegnahme des gleichfalls 
einigen Herrn von Caldes gehörigen Schlosses Cagno folgte*). Die Befeindung 
seitens der St. Pöltner griff bald nach C. Valer über, zog auch die Herren von 
Tuenno, die auf Seite der St. Pöltner standen, in ihre Kreise hinein, wogegen ihre 
alten Ciegner, die Cazuffer im Dorfe Tuenno, sich auf die Seite ihrer Feinde stellten. 
Dazwischen wurde zwar wieder einmal ein Friede vereinbart, der aber bald wieder 
ein Ende hatte, als Herr Paul von Arz in Tuenno erschien, angeblich um Ver- 
brecher zu fangen, die aber von den Tuennern als ihre Freunde in Schutz ge- 
nommen wurden, wobei Herr Paul das Leben verlor, worüber der Kampf zwischen 
dem Schlosse Tuenno und dem Haus Cazuffo aufs neue entbrannte. Ende 1336 oder 
anfangs 1337 hatte sich Markgraf Karl, der Bruder des Landesfursten, ins Mittel 
gelegt, um Beruhigung anzubahnen. Auf dem Wege an den Hof, wo die Sache zum 
Abschluß kommen sollte, wurde aber Ulrich von St. Polten heimtückisch ermordet, 
augeblich auf Veranlassung der Arzer, was diese in Abrede stellten. . Es folgten 
immer neue Versöhnungversuche im Auftrage des Hofes, jedoch ohne Erfolg, da 
sich die Gehässigkeit immer mehr zuspitzte. Bei Tuenno kamen neue Angriffe vor 
zwischen den alten Rivalen, den Herren von Tuenno und den Cazuffern, in die bald 



^) Abschr. i. Gl. Dipl. a. Coli. Ladurner 
T. C. Brughier N. 2. — Der Vertrag wurde 
anter dem Tore des Hauses des Nikolaus, 
Sohnes weiland des Ser Zorzus von Tajo (S. 
diesen auch erwähnt p. 73), abgeschlossen ; das 
Instrument ist vom kaiserlichen Notar Belve- 
sinus ausgestellt. — Von den Teilnehmern 
sind 14 mit dem Titel »Herr** ausgestattet, an 
letxter Stelle unter ihnen die drei Thune ; drei 
weitere Teilnehmer kommen unter dem Titel 



„Ser** vor; einer erscheint als Meister (magister), 
zehn ohne weiteren Titel, obwohl alle adelig 
genannt werden. Den Bopretus (Bopertos) von 
Tueno siehe schon oben bei Belvesin (p. 76) 
zu 1311. 

>) Diese und die folgenden Yorg&nge und die 
Begründung dafOr sind ausffthrlicher dargelegt 
im Anhange «Die große Adelsfehde im Nonstal 
von 1335-1338" mit den drei Klageschriften, 
welche die QueUe dafür bilden. 



— 84 — 



lange hinaus abgeschlossen gewesen zu sein. Männer, die sich kurz zuvor bitter 
feindlich gegenüberstanden, sehen wir schon im November desselben Jahres am 
Lehenhof des Bischofs in Trient friedlich vereinigt einander gegenseitig Zeugen- 
schaft leisten^). Von den Persönlichkeiten, die im Jahre 1330 am Friedensschluß 
beteiligt waren, finden wir nur einige auch in die Fehde von 1335 — 1338 ver- 
flochten; es sind die Herren Wilhelmus und Nikolaus von Arsio (Arz), Federicus 
und Gonradus von Goredo, von den drei damals genannten Thunen nur der letzt- 
genannte Simon III. 

Von Privat-Akten Simons kommen wieder zuerst seine Käufe in Betracht. 
So vor allem der schon oben bei dem Vater Belvesinus als Datierungs-Anhalt seines 
Todes erwähnte Kauf der Hälfte des ganzen Zehents im Dorfe Zivignago (Pfarre 
Pergine) nach Vasallenrecht um 10 n Bemer, die dns Simon qd. dni Belvesini de 
Castro Thoni von Herrn Ghristophorus, Sohn eines Bartolomeus de Savario, am 
9. Juni 1324 ftir sich, wie för seine Brüder und Miterben erwarb, welche zuvor 
Armanus de Gastro Bragerio besaß ^. 

Am 28. Oktober 1326 hatte Herr Simeon im Gebiete der Kapelle von Tramin 
(Termeno) einen ständigen Weinzins von jährlich einer halben Fuhre guten weißen 
Weines (mediam caratam vini albi colati de prima vasa de vino nascenti) um 50 flr 
Berner gekauft von einem gewissen Siurtus, Sohn weiland des Rampert, der von 
Boiano (Bozen?) stammte, jetzt aber in Gortaz (Kurtätseh) wohnte, u. zw. durch 
Vermittlung des Notars Bertoldus'). 

Am 22. November 1328 kaufte in castro Belvesino, in dem Hause der Söhne 
weiland Belvesins vom genannten Schlosse, der edle Herr Simonus qd. nobillis viri 



1) S. oben p. 81. 

2) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tetschen 
(Instr. des Notars Henricus de Thono). — 
S. oben 1 , p. 72 f. — Das S a y a r i o als Ursprungs- 
ort des Verkäufers ist offenbar gleich dem 
Savaro (p. 72 und 98) bei Borge; der Ver- 
käufer dieses Zehents, Herr Christoph von 
Savaro, ist zweifellos identisch mit dem Mit- 
Verkäufer des Wiesengrundes in Novesino Tom 
8. Feber 1809 (p. 72), wie auch von dem Vor- 
besitzer einer Lehensherrlichkeit von drei Stück 
Acker in Novesino von 1819 (p. 93), ja auch 
mit dem Besitzer einer Eigen-Familie in Vigo 
von 1824 (p. 104), der Christoph von TeWe ge- 
nannt wird, da die Herren von Savaro eben 
zugleich Herren von Telve waren. — Die 
Urk. hoch 24*6 cw, breit 15-3 cm, enthält drei 
ausgefressene LOcher, oben zwei größere mit 
Textverlust, deren erstes in die Zeugenangabe 
hineinfällt und teilweise die Angaben über die 
Person des Verkäufers, die aber leicht ergänzt 
werden können, vernichtet hat; an SteUe des 
zweiten stand bloß eine Formel ; die dritte un- 
bedeutende Durchlöcherung fiel zwischen zwei 
Zeilen und hat keinerlei Text geschädigt. 



8) 0. Prg. U. a. C. Th. i. Schi. Tetschen 
(hoch 44 cmt breit 16^17*6 cm\ links das 
Notariatszeichen abgeschnitten, das offenbar 
bis zur 6. Zeile reichte, mit etwas Textverlust 
der folgenden vier Zeilen, rechts an einigen 
Stellen abgerissen, mit ganz geringfügigem 
Textverlast), ausgestellt vom selben Notar 
Bertold, der den Kauf vermittelte. In der Ur- 
kunde quittiert der Verkäufer den Kaufpreis 
von 60 U in Cortae (welches schon wegen der 
Nähe des Kaufobjektes in Tramin als Kurtätseh 
gedeutet werden muß. — Boiano für Bozen 
(Bolgiano) können wir zwar nicht belegen, 
dürfte aber durch Vermittlung der Form Bozano 
sich erklären lassen, da z häufig für das heutige 
italienische gi geschrieben wurde. Die Lage des 
Weinberges, von dem der Zins vorzugsweise 
zu geben war, wird noch näher bestimmt als 
unter der Weinpresse des Verkäufers liegend 
(de suis vineis quas laborat praesertim dictum 
vinum josum [subtus] de torculari dioti vendi- 
toris). — Simon wird hier ausnahmsweise 
Simeon genannt; die Nennung seines Vaters 
Belvesinus läßt über die Identität der Person 
keinen Zweifel. 



— 86 - 



Am 22. März 1337 gab der Edelmann (nobilis vir) dns Simon fil. qd. nobilis 
Yiri dni Belvexini auf Schloß Belvesin für sich und seinen Bruder Federicus als 
dessen Major und Administrator dem Wilielmus und dessen Bruder Gerardus von 
Tresso in ständigen Erbpacht ein Haus aus Mauer und Holzwerk samt Hof und 
Häuschen und ein ganzes Mansum (Hof oder Hufe) und Wiesengrund in und bei 
Tresso, wie ihn schon ihr Vater Gerard inne gehabt, mit allen dazu gehörigen 
Acker-, Wiesen-, Wein-, Brach- und Buschgrtlndeu samt den Bäumen darauf. Diesen 
Akt bestätigte dann der Bruder Federicus, der wahrscheinlich unterdessen groß- 
jährig geworden war, auf demselben Dokument, auch für seinen Teil im Dorfe Treß 
am 30. August 1337 ^). 

Auch ein Depositum von anderen hatte Simon einmal; er hatte dasselbe mit 
seinem Oheim Simeon gemeinschafUich vom edlen Bitter dns Maynfredus de castro 
Glesii in der Form eines anvertrauten aufzubewahrenden Gutes (in salvum et depo- 
sitmn) übernommen. Den größereu Teil davon, im Betrage von 3P0 u Berner, 
stellten diese beiden durch den Notar Acordus, Sohn des Daynesius, am 12. Mai 1339 
zu Öles zurück, wie der Hinterleger bestätigt'). 

Eine Zahlung erfolgte von unserem Simon 1340, am 24. Oktober, an Petrus, 
Sohn weiland des Herrn Bragerius von Coret, der an diesem Tage bestätigte, von 
Herrn Simon, Sohn weiland des Herrn Belvesins vom Schlosse Novesini, 40 ff Berner 
erhalten zuhaben"). Leider können wir nicht angeben, w^ofQr diese Zahlung erfolgte. 

Nicht ganz ein Jahr später, am 2. September 1341, war Simon bereits tot, 
da unter diesem Datum schon sein Bruder Federicus als Vormund, des Micheli, 
filii et haeredis quondam dni Simon i, angeführt wird. Da am 27. Jänner jenes 
Jahres*) noch ein Kaufakt Simons vorgegangen war, so erfolgte sein Tod ungefthr 
in der Zeit vom Feber bis August 1341. 

Den Namen seiner Gemahlin erfahren wir erst viel später, nach mehr als 
20 Jahren, als den einer Tochter des Sicco von Oaldonatz und nunmehrigen Frau 
Anna von Schlandersperg, da sie am 22. Juni 1362 zu Meran dem Fridrico de 
Tonne (!), Sohn weiland des Fridrici de Tonne, alle Güter und Ansprüche schenkte 
oder schenken wollte, welche sie von ihrem mitlerweile verstorbenen Sohn Michahel 
de Tonne zu hoflFen hatte ^). Dies ist jedoch nicht die letzte Notiz, die uns von dieser 



1) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tetschen 
(Instr. d. Not. Avancius y. Vervo, hoch 61 cm, 
breit 11—14 cm), 

») 0. Prg. U. a. C. Th. i. Schi. Tetflchen 
(Not. -Instr. d. Notars Acordus, hoch 26 7 cm, 
breit 14 6—16*5 cm, eine einzige kleine 
Stelle aasgefressen, in der die Indiktionszahl 
stand). — Da 300 ^ als der größere Teil des 
anvertrauten Depositum bezeichnet wird, kann 
dasselbe nicht oder wenigstens nicht bedeutend 
die Summe von 500 U überstiegen haben. 

^) Ibr. Rg. a. C. Brughier. 

^) S. oben S. 85. 

6) Gl. Dipl. Abschr. v. Coli. Ladurner n. 81 
tt. Ihr. Rg. a Or. i. C. Brughier. — Die Ur- 



kunde ist/ wie wir aus GL Dipl. entnehmen, 
schadhaft und ermangelt gilnzlich des Schlosses, 
so daß sie wohl nur entworfen war, aber nicht 
zum rechtkraftigen Abschluß kam. — In der 
Urkunde kommt noch die Klausel vor: „Talia 

pacta — quoque venerabilis (offenbar 

Odoricusde Macia d. i. Ulrich IV. y. Matsch) tunc 
temporis capitaneus dominii Tyrol. placitauit 
et arbitratus fuerit**. Dieser war vom jugend- 
lichen Meinhard III. auf Ersuchen der Tiroler 
statt des mißliebig gewordenen Pfarrers Heinrich 
Yon Popfingen d. Neuburg 1. oder 2. Juni 1862 
zum Hauptmann des Landes bestimmt worden 
(Ferdinand. lU. 16. „Die Vögte v. Matsch* 
V. Ladurner p. 166). 



— 88 — 



und Hopf geben auch seine Gattin richtig an als Anna de Oastronovo^); doch be- 
zöglieh der Abstammung verwechseln beide und Hübner ihn offenbar mit seinem 
Oheim Simeon (II.), da sie ihm außer Michael noch andere Kinder zuschreiben, die 
eben seinem Oheim angehörten; rückwärts ist der Fehler noch größer, da sie, 
Simon 11. und Simeon 111. identifizierend, ihren Simeon unmittelbar von Heinrich ab- 
stammen lassen, der zu Simon HI. Urgroßvater, aber auch zu Simeon U. Großvater, 
Dicht Vater war. Hopf zeigt hier einmal gegen seine Vorgänger einen Fortschritt, 
indem er weiß, daß Anna von Castelnuovo in späterer Ehe mit einem Herrn von 
Lichtenberg vermählt war, nur nennt er ihn irrig Heinrich statt Erhard (wozu 
vielleicht die einmal vorkommende, flüchtig gelesene Form Herard i Anlaß gegeben 
haben mag), und bezeichnet ihn als zweiten Gatten, während er offenbar der dritte war. 

An Nachkommenschaft Simons ist uns nur der einzige Sohn Michael bekannt 
and wenigstens, wenn Simon ja noch andere Kinder gehabt haben sollte, scheint 
ihn nur dieser überlebt zu haben. Er dürfte, wie wir oben berechnet, ungef&hr 1333, 
höchstens anfangs 1334 geboren sein, wäre also beim Tode seines Vaters etwas 
Ober sieben Jahre alt gewesen. 

Vormund des minderjährigen Michael wurde des Vaters Bruder Federicus, 
der, wie schon oben erwähnt, am 2. September 1341 als Vormund (tutor) dni 
Micheli den Ser Bopertus de Tueno als Generalbevollmächtigten ftkr alle Bechts- 
angelegenheiten seines Mündels bestellt *). Am 14. Feber 1343 gibt derselbe Federicus 
auf C. Bragerio als Vormund des dni Michaelis im Namen seines Mündels ein 
ans Maner- und Holzwerk bestehendes Haus mit zwei Kellern in burgo Bipae (zu 
Bivaj durch htändige Erbpacht an Johaues, genannt Baque, Sohn des Ser Alber- 
tinas von Burgo Bipe, gegen Jahreszins von 15 Galeden reinen Öles, die jeweilig zu 
Lichtmeß auf C. Bragerio abzuführen sind'). 1345, den 10. Juli, verkauft derselbe 
Vormund für sich und namens seines Mündels Michael dem Herrn Petrus (quondam 
nobilis viri dni Simeonis) de chastro thoni zugleich auch ftir dessen Bruder Joachim 
ein Stück Wiesenland in broylo der Gemarkung von Novesino um 185 ff Berner ^). 

Am 13. August 1353 endlich überläßt derselbe flir sich und zugleich f&r seinen 
Mündel Michael dem Bodulfus Gerdo zu Vervo ein Haus mit Zugehör und 14 Grund- 
stücke im Gebiete von Vervo in ständigen Pacht gegen Jahreszins von zwölf Star 
Boggen und Erneuerung nach 29 Jahren^). 



') Die Herren von Caldonazzo waren zu- 
gleich Besitzer von Csstronovo. 

2; Prg. ü. a C. Th. i. Schi. Tetschen 
(Not-lnstr. desNot Sicherius v. Tajo, unregelm. 
Form,hoch20'8— 22'6cm, hreit 9-9— 12*6 cm) 

8) Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tetschen 
(Not.-Iostr. des Not. Sicherius v. Tajo, hoch 
38 cm, breit 11—12 cm). Das Haus dürfte wohl 
das nämliche gewesen sein^ wie jenes, welches 
Simon am 22. November 1328 dort erworben 
hatte. Die Angrenxer waren außer dem ge- 
meinen Weg (via communis) unterdessen freilich 
andere geworden, aber der Platz war wohl der 
nämliche, er heißt 1328: „in quadra Ecclesie**, 
1348: „alarquadra di medio**. 



*) Ol. Dipl. Abschr. v. Coli. Ladurner n. 89. 
— Der Begriff von broylo scheint nicht ganz 
festzustehen; Brinckmeier, Gloes. dipl. I. 421 
gibt es wieder als Wald, besonders Wildgehege, 
Wildpark; im Dizionario Imper. von Venerone- 
Castelli (Frankfurt 1714) findet sich Broilo als 
Küchengarten verdeutscht. Bei Atz und Schatz, 
Deutsch. A. d. B. Trientll. 112 (1904) erscheint 
Brolium als Obstgarten; bei Du Gange I. 766 
als Wald, Hain, Wiese, in d. Riv. Trident IIL 
480 als eingeschlossene Wiese. (S. auch oben bei 
Belvesinus 1, p. 72.) 

^) Prg. U. a. C. Th. i. Schi. Tetschen, hoch 
42*8—43*5 cm, breit 15 cm (Instr. des kaiserl. 
Notars Federicus von Tresso.) 



— 90 — 



h) Federions HL 

Der dritte Sohn Belvesins, Pedericus, scheint nach der beim Bruder Simon 
urkundlich erwähnten Zustimmung zu einer Erbpachterneuerung vom 30. August 
1337^) gerade in diesem Jahre ganz selbständig geworden zu sein, da dieser noch 
am 22. März desselben Jahres als sein Major und Administrator erscheint Er hatte 
also wohl im Sommer 1337 sein 25. Lebensjahr angefangen, muß also zirka 1313 
geboren sein, war demnach beim Tode seines Vaters ungefähr elf Jahre alt. In der 
Tat folgt eine Reihe von Jahren, in welchen durchwegs sein Bruder Simon för ihn 
mithandelt. 

1324, am 9. Juni, hat dieser auch für ihn den halben Zehent in Savaro mit- 
erworben*); am 17. Feber 1325 empfing dieser auch för ihn mit die Lehen'). 
1328 kauft dieser am 22. November ein Haus in burgo Ripae und ein Stück Wein- 
land im Gebiet von Ripa (Riva) auch mit für Federicus *) und am 28. Dezember 
in Segno drei Eigenleute *^) ; 1331, am 12. Jänner, ein allodmäßiges Haus inTajo*). 
1337, am 22. März, gibt Simon noch im Ntimen seines Bruders Federicus ein Haus 
samt Zugehör und ein ganzes Mansum mit seinen Grundstücken in Erbpacht^), 
welchen Akt Federicus dann, wie oben schon erwähnt, am 30. August desselben 
Jahres (ofiFenbar, weil unterdessen großjährig geworden) bestätigt 

1338 wurde er am 20. November in seinem Oheim Simeon und seinem Bruder 
Simon vom Trienter Bischof Nikolaus mit den Lehen seines Geschlechtes mit- 
belehnt*"). 

Nur drei Jahre später hatte er Gelegenheit, die langjährige Vertretung, die 
ihm sein älterer Bruder Simon hatte angedeihen lassen, an dessen Sohn Michael 
zu vergelten durch Übernahme der Vormundschaft über diesen. Am 2. September 
1341 handelt er, soweit es urkundlich bezeugt ist, zum erstenmal als Vormund 
dieses seines NeflFen, da er (dns Federicus qd. dni Belvefini de Tono qui nunc 
moratur in c. Bragerii) als solcher auf Schloß Bragher dem Ser Ropertus de Tueno 
eine General -Vollmacht in Rechtsangelegenheiten seines Mündels ausstellt*). Am 
14. Feber 1343 gab er (nobilis vir dns Federicus qd. nobilis viri dni Belvesini de 
Thono, qui nunc moratur in Castro Bragerio) für sich und zugleich als Vormund 
des Herrn Michael ein Haus in burgo Ripe (in Riva) in ständigen Erbpacht gegen 
jährlichen Zins von 15 Galeden (Gallonen) Öl, die um Lichtmeß abzuführen waren '*•). 
Am 10. Juli 1345 verkaufte er (nobilis vir dns Federicus qd. nobilis viri 
dni Belvesini de chastro toni, habitator chastri Bragerii) für sich und zugleich als 
Vormund Michaels dem edlen Herrn Peter, Sohn weiland des Herrn Simeon vom 
Schlosse Thun, und dessen Bruder Joachim ein Stück Wiesengrund im Broylo von 
Novesino um 185»" Berner"). Endlich 1353, den 13. August, gab er (diesmal nur 
„nobilis vir dns Federicus de caftro bragerio" genannt, ohne alle Erwähnung des 



1) S. oben bei Simon III. p. 86. 

2) S. oben bei Simon (IlL), p. 84. 

3) S. oben p. 80. 

*) S. oben p. 84, 86. 
^) S. oben p. 85. 
«) S. oben p 85. 



7) S. oben p. 86. 

^) S. oben bei Simon p. 80. 

^) S. oben bei Michael p. 88. 

10) S. oben p. 88. 

^1) S. oben p. 88 



- 92 — 

nach dieser Zeit gestorben sein. Erst 11 Jahre später erfahren wir aber ganz sicher 
von seinem erfolgten Tode, da 1364 bei der Abtretung der Erbschaft der einstigen 
Gemahlin Simons, die ihr nach ihrem Sohne Michael zustand, ausdrücklich gesagt 
i^t, daß dieser auch seines Vaters Bruder (patruus) Federicus beerbt hatte ^). Da 
dieses Beerben noch bei Lebzeiten Michaels geschehen sein mußte, so steht fest, 
daß er, wenn nicht früher, wenigstens zwischen 1260 und 1262 gestorben ist, 
offenbar ohne Söhne, wahrscheinlich aber nicht unvermählt. Es scheint übrigens, daß 
wir auch auf eine zwar nicht ganz urkundlich gesicherte, aber doch überlieferte und 
der Wahrscheinlichkeit nicht entbehrende Spur seiner Gattin stoßen, die vielleicht 
Meliana von St. Polten war. Pescostas Stammbaum teilt nämlich zwei Fritzen 
der Familie Thun um diese Zeit eine Meliana als Gemahlin zu, die eine Friedrich IV., 
dem Sohne des Kunz oder Conrad (Sohnes Warimberts II.), die er ausdrücklich als 
Meliaoa von Pöltner oder St. Hippolit bezeichnet, die andere Friedrich III., dem 
Sohne Belvesins (gleichfalls Sohnes Warimberts 11.), die er nur Meliana N. zu nennen 
weiß. Es ist von vornherein wahrscheinlich, daß diese Melianen nur eine Person 
sind, and daß diese eine Meliana nur mit einem der beiden Friedrich vermählt war, 
wahrscheinlicher mit dem Sohne Belvesins, da dieser durch seinen Aufenthalt in 
G. Bragber den St. Pöltnern näher gerückt war. Nach Perini nennt auch Reich') 
einen Federico Thun als Gatten der Miliana von S. Ippolito, der aber einen Bruder 
Georg gehabt habe, was allerdings zum Sohne Belvesins nicht und überhaupt nur 
ixt jenen Friedrich stimmen würde, der ein natürlicher Sohn Simeons 11. von einer 
Frau Katharina war*). Federicus III. hatte, wie es scheint, seit 1337 wohl immer in 
C, Bragher gewohnt, das einst sein Vater Belvesinus erworben hatte. Dadurch kann 
man ihn in der Regel von den mehreren gleichzeitig lebenden, gleichnamigen 
Gliedern der Familie unterscheiden. 



B. Die fibrigen Brüder Belvesins. 

3. Die weniger hervortretenden Söline Warimberts II. 

Nachdem wir Belvesinus, den Erstgeborenen Warimberts U., und seine De- 
szendenz bis zu ihrem gänzlichen Erlöschen um das Jahr 1360 herum verfolgt haben, 
wenden wir uns den andern Söhnen Warimberts zu, u. zw. zunächst denjenigen, 
die weniger als die andern hervortreten, besonders nicht selbständig, sondern nur im 
Vereine mit den andern. Es waren dies namentlich der zweite Sohn Goncius 
und der sechste Sohn Nikolaus. 

Coneius ist mit seinen übrigen Brüdern mit erwähnt als zweiter bei der 
ersten Teilung der Hinterlassenschaft ihres Vaters am 3. Dezember 1303 ^), ebenso 
bei der nachträgliehen Teilung am 17. August 1306^). Da er auch in diesem Jahre 
unter die ftinf Brüder eingereiht wird, die über 14 Jahre alt seien, das 25. Lebens- 
jahr aber noch nicht erreicht hatten, so kann er nicht oder nur wenig vor 1282, 
aber auch nicht nach halbem August 1286 geboren sein. 



^) S. oben bei Michael p. 89. 
>) Barbarie p. 18. 
Sj S. unten p. 107. 



*) S. Heft I, ürk.-BeiL II. 
^) S. oben bei Belvesinas 1, p. 69, 70, n. 
ürL-Beil. Nr. V. 



— 94 — 



Coredo auf Schloß Valer geschehenen Auszahlung von 1000 ff Berner findet sich 
auch ein Gonradus, Sohn weiland des Herrn Gonradus de Tono, wohnhaft in 
Tasulo*). Es ist jedoch kaum wahrscheinlich, daß es sich hier um unsern Goncius 
handelte; vielmehr dürfte das ein Sohn jenes Gonrad sein, den wir bereits als 
Bruder Warimberts II. kennen gelernt hatten *), so daß wir, wenn diese Vermutung 
zutrifft, noch einen Gonradus als Sohn des Gonradus, Enkel des Heinrichs de Yisiono, 
in diesem Jahrhundert anzusetzen hätten *). 

Mit größerer Sicherheit können wir vermuten, daß er im Feber 1327 bereits 
verstorben war, denn vom 19. Feber dieses Jahres liegt die Urkunde einer 
Treueidleistnng vor, die von dreien aus Neuspaur dem Herrn Simeon de c. Belve- 
sino geleistet wurde, zugleich auch für Herrn Bertold (seinem Bruder) und für 
Federicus qd. . . . Gonci*), also wahrscheinlich seinem Neffen. 

Erst lange danach sehen wir ihn als zweifellos verstorben erwähnt, da am 
20. November 1338 Bischof Nikolaus von Trient die damals lebenden Glieder der 
Thunischen Familie mit den ihnen zustehenden Trienter Lehen belehnt, darunter 
auch Friedrich (IV.), Sohn weiland des edlen Goncius. Dennoch scheint es, daß 
wir seinen Tod getrost schon vor Feber 1327 ansetzen dürfen. 

Der bei der Gelegenheit der Belehnung von 1338 erwähnte Sohn des Goncius, 
namens Friedricli (IV.), wird nur in diesem Jahre, soweit wir es wissen, als 
Lebender genannt; am 20. November als Belehnter, worauf er 20 Tage später, am 
10. Dezember 1338, seine Trienter Lehen unter dem Treueid angibt, den sein 
Oheim Simeon ftlr ihn geschworen hatte; es waren folgende: sein Anteil an G. de 
Belvesino, sein Anteil an St. Peter, sein Anteil am dosum (!) dal Gasteleto, femer seine 
Anteile an den Zehenten von Novesino und vom Dorfe Vigo, jenen Anteil, den er 
im Dorfe Tueno hat, ferner im Viono (Pfarre St. Eusebio) im Dorfe Malosco und 
dessen Zugehörungen, an Eigenleuten etwa 19 — 21 im Dorfe Vigo, 2 vom Dorfe 
E^io, dann Mühlen, eine im Tale von Ardino (Dardine), eine gegen Vione in der 
Gemarkung von Enn (ad Vüone in pertinentiis Heni) und eine halbe im Tale von 
Vervo ^). 

Nur noch einmal taucht sicher sein Name urkundlich auf, u. zw. als der eines 
bereits Toten in dem Inventar des Besitzstandes der Pupillen Vigilius und Trentina, 



1) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. SchL Tetschen 
de 0. Valerii. (S. unten bei Simeon II, p. 103.) 

«) 8. Heft I, p. 29. 

») Vgl. unten 10 p. 138. 

*) S. unten bei Simeon II. p. 105. Nur 
große Wahrscheinlichkeit fQr diese gegenseitigen 
Beziehungen der Treueidempfänger bietet diese 
Urkunde, weil gerade an der betreffenden Stelle 
ein Teil des Textes ausgerissen ist. Die SteUe 
erscheint im Or. nunmehr so: «DSo Simeono 

q. dnj I j de caCtro beluednj. recipienti 

profe et dfio bertold o et pro federico q. 

conzj eins fratres.'' An der Stelle 

der 1. Lücke stand wahrscheinlich: Warim- 
berti, an SteUe der 2. Lücke wohl dfii; das 



„eins fratres* bezieht sich vermutlich auf die 
beiden Namen: Bertoldus und Conzius, ja ich 
wüßte überhaupt keine andere mögliche Deu- 
tung. 

^) Ihr. Bg. u. eigens reranlaßte Abschr. a. 
Wien. St. A. — Im Ihr. Bg. steht Urone, nach 
dem 0. i. W. St. A. uuöü geschrieben. Dieses 
ist offenbar Vüone (entsprechend dem heutigen 
Vione) zu lesen. Dieses liegt aUerdings am 
andern Ufer der Noce, aber so, daß eine Mühle, 
die zur Gemarkung von Enn gehörte, ganz 
wohl als „ad Vione* (gegenüber ?onVion) be- 
zeichnet werden konnte. Das umgeiautete u (ü) 
wurde noch bis ins XV. Jahrhundert hinein 
öfter einfach durch u bezeichnet. 



— 96 — 



welche die beiden Teilungsurkunden der Brüder bieten, zwischen 1283 und 1288, 
and am wahrscheinlichsten so in die Mitte dieses Zeitraums, etwa in die erste 
H&lfte 1285 ansetzen müssen. 

Auch er ist zuerst bei der ersten Erbschaftsteilung der sechs Brüder am 
3. Dezember 1303 genannt, ja die auf diesen Akt bezügliche, uns erhaltene Urkunde 
betrifft geradezu seinen Anteil. Auf denselben entfiel ein Casale (kleines Haus, 
Hausabteilung, oder hier vielleicht Hausbaustätte) in Gastro Belvesino neben dem 
Tor gegen Osten, dem noch von seinen übrigen Brüdern eine Entschädigung von 
35 o Bemer zukam ft)r die Übernahme der Verpflichtung, gegen den Turm zu bis 
auf neun Schritte von demselben ab keinen Bau aufzurichten; an Grund IVt Stück 
Weinland, 4 Ackerstücke, 2V2 Nußbaumanlagen, die Hälfte der unteren Mühle im 
Tale von Dardine (Ardenno), je den Y, Zehent in Vigo, Tajo und Vervo, V« Wein- 
lehent von Tosso (Touxo), Zinsungeu von 11 Modien und 18 Star Getreide, sowie 
1 üme Wein zur Hälfte, 8 Eigenfamilien. Auf seinem Anteil haftete die Ausstattung 
der Serayde de G. Belvesino, Gattin des Gompolinus de c. Bragerii von 240 9* Berner 
ZQ einem Drittel ^). 

An der nachträglichen Teilung von 1306 nahm er gleichfalls Teil; in der- 
selben kamen nur früher nicht geteilte Güter, Eigenleute, Zinsen und Zehenten zur 
Teilung; was aber dabei Bertold zufiel, wissen wir nicht, da die darauf bezügliche 
erhaltene Urkunde nur den Anteil Belvesins spezifiziert*). 

Bischöfliche Belehnungen wurden ihm im Verlaufe seines Lebens drei 
zoteil. Am 22. März 1307 wurde er vom Trienter Bischof Bartholomäus mit nicht 
näher spezifizierten Lehengütern belehnt '), hatte also um diese Zeit schon die 
Lehenberechtigung (vollendetes 18. Jahr) erreicht. Am 29. August 1314 wird er 
(an dritter Stelle) mit seinen Brüdern Belvesinus, Goncius und Friedrich vom Bischof 
Heinrich mit allen von den Vorfahren ererbten Trienter Lehen belehnt*). Endlich 
am 20. November 1338 belehnte Bischof Nikolaus von Trient die edlen Herren 
Simeon (Sohn des verstorbenen Warimbert 11.) und Simon (Sohn des verstorbenen 
Belvesins) in Gemeinschaft mit den Brüdern Bertold und Friedrich, Söhnen 
weiland Warimberts, und anderen Geschlechtsgenossen mit den Lehen ihrer Vor* 
fahren ^), Am 10. Dezember darauf gab Simeon gemäß seiner Verpflichtung die 
Lehen einzeln an, die er und seine Mitbelehnten besaßen. Für den nobilis vir 
Bertold US lautete dieses Bekenntnis: er besitze seinen Anteil am Schlosse Belvesini, 
seinen Anteil am Schlosse St. Peter, seinen Anteil am dosso del Gasteleto, seinen 
Teil am Zehenten des Dorfes Vigo, des Dorfes Dardine (Ardino), des Dorfes Vervo 
(Pfarre S. Eusebio), des Dorfes Treso, des Dorfes Malosco, des Dorfes Segno 
(Signi), 15 mit Namen angeführter Eigenleute, endlich eine Mühle im Tale Dardine 
(Ardini) ^. Man sieht daraus, daß seit 1303, in welchem Jahre der Anteil Bertolds 
in der ersten Teilungsurkunde einzeln angegeben war, bereits einige Verschiebung 
im Besitzstande Bertolds vor sich gegangen war. 



1) 8. Urkundenbeilage II, in Heft I. 
^ 8. oben bei Belresinus, p. 69. 
«) Ibr. ßg. a. St. A. (Tri. A. c. XXII. n. 
f. 16 b, Tri. Lehnb. f. 82 b.) 
*j 8. oben Belvesinus 1, p. 71. 



<^) Bg. in Ol. Dipl. a. A. in C. Brughier. 

^) Ibr. Bg. (Not-Instr. des Notars Berardos) 

und eigens veranlagte Absohr. der ü. a. W. 

St. A. 



— 98 — 



Kinder Vigilius and Trentina hinterließ, fllr die sein Neffe Pedericus, der Sohn 
Belvesins, als Vormund bestellt worden war ^). 

Über seinen Sohn Vigil handeln wir später*). 

Aus dem Inventar über den Besitz seiner legitimen Kinder erfahren wir 
zugleich, daß Bertold einen natürlichen Sohn Federicns hatte, der bei Beginn 
der Inventur als Zeuge zugegen war '). 

Der fünfte Sohn Warimberts ü. war Federioos (IL), gleichfalls mit seinen 
andern Brüdern in den Teilungsurkunden von 1303 und 1306 erwähnt. Am 
22. März 1307 wird sein Bruder Belvesinus auch ftür ihn mit den Trienter Leben 
mitbelehnt. 1312 war auch er in den Prozeß wegen des Anfalls auf zwei Trienter 
Bürger mit verwickelt und in demselben am 10. November amnestiert '). 

1314, am 29. August, wird er samt seinen Brüdern Belvesinus, Goncius und 
Bertoldns abermals mit den ererbten Lehen des Trienter Bistums belehnt, schwört 
mit ihnen den Treueid, und empfängt mit ihnen den Auftrag, seine Leben binnen 
30 Tagen namhafl zu machen ^). 1338, am 20. November, empfängt in Gemeinschaft 
mit seinem Bruder Simeon II. und seinem Neffen Simeon lü. unter allen übrigen 
Familiengliedern auch er aufs neue die bischöflichen Lehen zu Trient ^. Am 
10. Dezember desselben Jahres bekennt er als seine Lehen vom Bistume: seinen 
Teil am Schlosse Belvesin, am Schlosse St. Peter, am dosso dal Gasteleto (Pfarre 
Thnn), seinen Teil am Zehenten von Novesino, an den Zehenten des Dorfes Vigo, 
an den Zehenten von Ardino (Dardine) in der Pfarre S. Eusebio, am Zehenten 
des Dorfes Signo, den Zehenten der Dörfer Bodezana und Bordiana in der Pfarre 
Livo, des Dorfes Malet, eine Zahl namentlich angefahrter Eigenleute (mindestens 
24 von Vigo, 4 von Prio und 2 von Cis in der Pfarre Livo), ferner seinen Teil am 
Zehent des Dorfes Tueno (Pfarre Tassulo), eine Mühle an der Brücke des Dorfes 
Vigo, eine andere im Tale Ardini, eine Mühle in der Roza (soviel wie Rocca, Fels- 
erhöhung) des Dorfes Tajo, die Hälfte des Hauses (Gasale) einer Mühle an der 
Brücke von Bi de nasego (in ponte de ritenaseg, offenbar der heutige Bi nasico) 
und eine andere Mühle in der Gegend gegen die Pfarre Enn zu (ad hora plebis 
Hegne ^). 

Hingegen wird ihm in der Person seines Bruders Goncius^) zusammen mit 
seinem Bruder Nikolaus am 13. Mai 1319 ein Lehenbelcenntnis abgelegt 
von einem Johannes, Sohn des Meroellius von Novesino, der von den drei Brüdern 
3 Stück Ackerland zu Lehen trug und für sie 3 Modien Zins abzustatten hatte ^). 



1) S. oben bei Federiciu, 2, p. 91 f. Die 
Alten herkömmlichen SUnmibäume bei Buce- 
linus nnd Hftbner teilen dem Bertold eine Ge- 
omhlin Bichsa zu, für die wir keinen urkund- 
lichen Anhaltspunkt finden, und die, wenn sie 
doch richtig wäre, obiger Aylis als frühere 
Gemahlin vorangegangen sein mttAte. 

<) S. unten Abschnitt 9, p. 128. 

s) 8. ürkundanbeilage XIII. 

*) 8. alles dieses oben bei Belresinus 1, 
p. 69 ff. 

6) 8. oben bei Belfssinus 1, p. 71. 



^) 8. oben bei 8imon, 2, p. 80. 

7) Ibr. Bg. u. eigens veranMte Abschr. a. 
W. 8t A., die erst fQr manche Einzelheiten 
Ehirbeit brachte. — Hegna (Egna) bedeutet 
sonst wohl gewöhnlich Neumarkt, hier aber 
wohl Enno im Nonstal, denn dieses ist eine uralte 
Pfarrei, während Neumarkt (Innia) noch in der 
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bloß Curaziei 
nicht eigentliche Pfarre war. 

s) 8. oben Goncius, 8, p. 98. (Ibr. Bg. u. 
Gl. Dipl. V. Coli. Ladurner a. Gr. i. C. Bmghier., 



— 100 — 

angegeben ; die erste nennt er eine von Arz, die zweite Canzin (Conzin?). Es entzieht 
sich ganzlich unserem Wissen, ob diese Angaben auf irgend welchen Gründen 
beruhen. Nach dem oben bei Friedrich IV., dem Sohn des Concius, Gesagten ^) 
könnte die 1349 und 1359 als Gattin eines verstorbenen Federicus de c. Thoni 
genannte Anna auch diesem Friedrich IT. angehört haben. 



C. Die Hauptlinie im XIV. Jahrhundert 

5. Simeon II. 

SimeoD, das Hinfle Glied der bekannten direkten Ahnenlinie der heutigen 
Thun, ist in den beiden Teilungsurkunden der Söhne Warimberts II. von 1303 
und 1306 als dessen dritter Sohn erwähnt*). 

Seine Geburt dürfte ungefähr in die Jahre 1283 bis 1286 fallen. 

Am 22. März 1307 wurde auch er mit seinem älteren Bruder Concius in der 
Person ihres gesetzlich beglaubigten Vertreters, Herrn Otto, Sohn weiland des Herrn 
Odoricus (Ulrich) von Visiono, durch Bischof Bartholomäus mit den Trienter Lehen 
feierlich belehnt *). Am 29. August 1314 erfolgte die Belehnung durch Bischof 
Heinrich zwar nur an vier anwesende Bröder, welche jedoch die zwei abwesenden 
Simeon und Nikolaus mit vertraten, und fQr diese auch den Yasalleneid leisteten^). 

1338, am 20. November, ist er es, der mit seinem NeflFen Simon (HI.), 
dem Sohne weiland Belvesins, alle übrigen Glieder des Geschlechtes bei der Belehnung 
durch Bischof Nikolaus vertritt, und im eigenen, sowie der Andern Namen alle 
Leben des Bistums empfangt, soweit sie ihnen von ihren Vorfahren rechtmäßig 
zugefallen und nicht etwa bloß verpfändet sind ^). 

Gemäß dem dabei abgelegten Treueid gab auch er am 10. Dezember vom 
Schlosse Belvesin aus den Trienter Lehenbesitz an, der ihm persönlich zukam, und 
zwar: seinen Anteil am Schlosse Belvesino, am Schlosse Sancti Petri, seinen Teil 
am dosso dal Casteleto, sowie am dosso de Heno (Denno), seinen Teil vom Zehenten 
der Dörfer Vigo und Novesino in der Pfarre Tonum, seinen Teil am Zehenten vom 
Dorfe Prio (Pfarre St. Eusebio), vom Dorfe Tueno, vom Dorfe Vion, vom Dorfe 
Mollar (auch Pfarre St. Eusebio), vom Dorfe Denno (ville Heni), im Dorfe Tres, 
im Dorfe Dermulo (ville Armuli) in der Pfarre Tajo, 19 namentlich angeftihrte 
Eigenleute vom Dorfe Vigo, einen von Novesino, einen von Prio, einen von Tueno, 
einen von Fruzo, eine und noch eine halbe Mühle im Tale Vervo (in valle Viruoi) 
und noch eine Mühle am Orte AUongol in der Pfarre Tonum*). Erwähnenswert 



^) p. 96. 

') S. diese in den ürkundenbeilagen, die 
von 1303 als II. in Heft I, die von 1306 als 
Beil. V in diesem Heft 

») Ibr. Rg. a. St A. (Trient A. c. XXII. 
n. 4, f. 16 b. — S. oben bei Concias 3, p. 93. 

*) GL Dipl. a. Coli. Ladurner u. Ibr. Rg. 
a. Or. in C. Bmghier. — S. schon oben bei 
BelTesinus 1, p. 71. 

5) Rg. in Gl. Dipl. a. A. von C. Brogbier. 



^) Ibr. Rg. u. eigens veranlaßte Abschr. a. 
W. St A. (Notar-Instr. d. Not. Berardus). — 
Die Urkunde ist von großer Wichtigkeit, weil 
hier zum ersten Male die Anteile der Einzelnen 
ziemlich genau spezifiziert erscheinen. — Der 
eine Eigenmann, der zwischen dem Ton Prio 
und Yon Yeryo erwähnt ist, ist in uiserer Ab- 
schrift als einer von Cueno bezeichnet; es eoII 
wohl eher „Tueno** als „GuneTo** heißen, das 
allenfalls auch möglich wäre. 



- 102 — 



Für die Stellung Simeons zum öSentliehen Recht kommt noch die Amnestie 
in Betracht, die er mit seinen fQnf anderen Brüdern (er wird hier unter ihnen an 
ftinfler Stelle genannt) und zwei Herren von Enno gemeinschaftlich am 10. No- 
vember 1312, erhielt bezüglich eines Überfalles auf zwei Trienter Bürger^), dessen 
Folgen offenbar auch für ihn in der obigen Belehnung von 1338 hervortrat, in 
welcher die früher nie als Lehen genannten S. Peter und Dosso al castelleto als 
Lehen erscheinen. 

Eine, wenn nicht ganz so schlimme, doch ähnliche Gewalttätigkeit scheint es 
gewesen zu sein, die 1318 stattgefunden hatte, und diesmal ihren Abschluß am 
12. September jenes Jahres durch private Aussöhnung fand, die zwischen fünf 
Bewohnern von Denno, nämlich Albertinus und Compagnus, Söhnen weiland 
Altefreds, Floresius, Sohn weiland Albertins, Altefredus, Sohn weiland Nigers und 
Avancius einerseits und dos Simeon qd dni Guarimberti de Novesino seinen Brüdern, 
Freunden und Helfern anderseits statt hatte darüber, daß letztere den Altefredus, 
Sohn des genannten Albertinus, gefangen genommen hatten, festhielten und gefänglich 
hinwegftihrten, wie auch wegen der sonst gegen die Erstgenannten vorgefallenen 
Beleidigungen, Ehrverletzungen und Übeltaten in Wort und Werk. Die Zusage 
dieser endgültigen Versöhnung und Friedenszusage nahm für die Beleidiger der 
Notar Antonius q. Otolini de Enno entgegen, von dem auch die Urkunde aus- 
gestellt ist*). 

1330, am 16. August, trat dem zur Abstellung der Unruhen im Nons- und 
Sulzstale geschlossenen Adelsbündnis unter vielen Adeligen auch Simeon de Tonno 
(an erster Stelle unter den Thunischen Namen) bei'). 

Sonst verläuft die aus Urkunden bekannte Tätigkeit Simeons größtenteils in 
Aklen, welche Besitzverhältnisse und Rechte betreffen. Schon am 14. Feber 1314 
verkauft Henricus Rospacius dem Herrn Simeon, Sohn weiland des Herrn 
Warimbert von Thun, ein Stück Wiesengrund bei Novesino um 25 u Berner*), am 
21. März desselben Jahres ein anderes Grundstück, u. zw. Ackerland in der Ge- 
markung von Novesino um 32 u Berner, zu dessen Verkauf auch Atta, die Gemahlin 
des Verkäufers, ihre Zustimmung gibt^). 

Am 17. September 1317 erwarb sich Herr Simeon, Sohn weiland des Herrn 
Warimbert von Thun, ein Stück Baugrund (peciam terrae casalinae) mit dem 
bereits daraufgebauten Turm^ gelegen beim Schlosse Enn vom Herrn Ottolinns, 
Sohn weiland des Herrn Carotus von Enn, zugleich auch als dem Vormund des 
Odoricus und Gislimbertus und als Vertreter der Frau Adelheid, Erben seines 
Bruders Frixos von Enn um 40 fl' Berner®). Am 2. Oktober 1327 geht er mit den 



*) S. oben bei Belvesinus 1, p. 77, — 
8. ürkundenbeilage VIII. 

«) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tet«chen, 
hoch 22cm, breit 14-7—16*5 cm. (S. auch bei 
Pinamonti, Memorie, p. 86.) — Wir konnten 
bei keinem der andern Brüder Simeons diese 
Tatsache erwähnen, weil aus der Urkunde nicht 
hervorgeht, welche seiner Brüder sich seinem 
gewalttätigen Verfahren angeschlossen hatten. 



^) Gl. Dipl. ▼. Coli. Ladurner a. Or. in C. 
Brughier n. 2. 

*) Ihr. Rg. a. Or. i. C. Brughier. 

^) Gl. Dipl. Y. Coli. Ladurner n. 82 und 
Ibr. Kg. a. Or. i. C. Brughier. 

«) Ibr. ^. a. Or. i. C. Brughier. — Der 
Kauf fand im Dorfe Metz statt. — Frizo wahr- 
scheinlich soviel wie Prix. 



- 104 — 

Ana 9. September 1322 kauft Herr Simeon, Sohn weiland des Herrn Warira- 
bert vom Schlosse Novesini, vom Herrn Oluradinus, Sohn weiland des Herrn Gis- 
limbert von Enn, eine Zaradine von Enno und deren zwei Töchter Tomasine und 
Adelaide und ihre Nachkommenschaft um den Preis von 20 ff Berner bar. Auch 
hier werden, obwohl abwesend, zwei Prokuratoren (der Richter Wilhelm von Bellen- 
cani [!J und Wilhelm von Castion) bestimmt, welche dem Trienter Bischof das 
Feudal- Besitzrecht Ober diese Eigenleute zugunsten Simeons aufsagen sollten '). 

Vertauschungen von Eigenleuten kamen gleicherweise vor. 1317 wechselte 
Herr Simeon, weiland des Bitters Warimbert de Tono mit Herrn Christof de Telvo 
(Telve) eine Magd samt ihrer ganzen Familie in Vigo gegen eine andere unter 
gleichen Verhältnissen in Vigo aus *). Am 28. April 1322 überläßt er im Tausch- 
wege seine Leibeigene Bona von Vigo samt ihrer Nachkommenschaft (ausgenommen 
die Kinder einer früheren Ehe mit Nikolaus von Dardine) seinem Bruder Federicus 
gegen dessen Leibeigene Adelaita von Novesino mit ihren Nachkommen unter Fest- 
setzung der Bestimmung, daß die Aussteuer der Bona gleich der der Adelaita 
sein solle '). 

Von Leibeigenbekenntnissen ihm gegenüber findet sich eines am S.Juni 
1327, da Cunradus, Sohn weiland des Pellegrinus Ruhens vom Dorfe Novesino, sich 
eidlich als dessen Leibeigenen bekennt, worauf dieser mit dem ganzen Hofe und den 
Gütern zu Novesino, wie sie einst dessen Vater inne hatte, belehnt wurde gegen 
einen Jahreszins von 7 Star Korn, 6 Star Heidekorn, 6 Star Spelt, jedes zweite Jahr 
mit einer Zugabe (ameiserium) von zwei Waizenkuchen (fugazas frumenti) und 
einem Schwein-Rückenstück (spollam porchi) *). Ein zweites datiert vom 15. Juli 
1333, an welchem Tage im Dorfe Novesino ein Homodens qd. Bovesini aus PortuUo 
(Portolo) in der Pfarre Tassulo und dessen Sohn Guillielmus dem „domino Simeoni 
quondam nobilis militis dni Warimberti de eastro Thoni" den Treueid als Eigen- 
leute und Hörige leisteten, und unter Eid angaben, ihm zu einem Zins von einem 
Modium Roggen und einem Modium Haidekorn und der Abgabe von einer Collecta, zur 



1) GL Dipl. Abschr. v. CoU. Ladurner n. 
69 u. Ibr. Rg. a. Or. in C. Brughier. 

2) Pinamonti, Memorie 86 nach dem Ms. 
Alberti's von Denno angeblich aus Urkunden 
des bischöflichen Archivs setzt Celvo statt Telvo. 
— Da ein Celvo nicht bekannt ist, wohl aber 
Telve im Valsugan, so war zu vermuten, daß 
dieses Celvo im Original Telvo hieß (C u. T 
sehen einander in der mittelalterlichen Schrift 
oft zum Verwechseln ähnlich) und daß es iden- 
tisch ist mit dem heutigen Telve, vielleicht 
auch mit Telvana, einem nahen Schlosse, das 
nördlich von Borgo an einer Seite des Berges 
Ciolino in beherrschender Lage liegt (Perini, 
Diz. cor. d. Trent. 197 f.). Das Dorf Telve liegt 
Va Stunde von Borgo. Aus dieser Gegend 
ist ans schon mehrmal ein Hr. Christof unter- 



gekommen, der Sohn eines Bartolomeus von 
Savaro (S. oben p. 72 f., 84, 93), welches einen 
Teil der Gemeinde Borgo bildet (Perini, Die 
p. 178). Dort bestand auch bis 1381 ein Schloß, 
welches den Herren von Telve gehörte. Es ist 
daher kaum zweifelhaft, daß jener Christoph 
von Savaro (1309 und 1319) und der von Telve 
(1317) eine und dieselbe Person sind. 

3) Gl. Dipl. Abschr. a. Ladurner n. 60. — 
S. auch oben bei Federicus, 4. p. 99. 

*) GL Dpi. teils Abschr., teils Bg. v. Coli. 
Ladurner n. 84 u. Ibr. Bg. a. Or. in C. Bru- 
ghier. — Amisero, amesser bedeutet nach Du 
Cange eine Leistung von Eßwaren; fug&zas=s 
dem italienischen focacia, Kuchen; spoUa ist 
natürlich dasselbe wie spalla (Soholterstfiok). 



— 106 - 



Entschädigung von 100 u Berner, die sie erhalten hatten, dem Verpächter Herrn 
Simeon qd. Warimberti de c. Novesini zurückgaben und auf dessen Benützung 
verzichteten ^). 

Am 1. April 1330 verpachtet der nobilis vir dns Simeon qd. nobilis mitlitis 
dni Warimberti de castro Belvesini plebis Toni dem Herrn Taglius qd. nobilis viri 
dni Odorici de Gorado auf das nächste Jahr den ganzen Zehent und Zehentrecht, 
welche er selbst *) vier Jahre vorher von dessen Bruder Odoricus erworben hatte, 
von Dorf und Pfarre Fondo und deren Gemarkung gegen einen zu Martini zu er- 
legenden Zins von 100 ff Berner oder 14 Tage später 200 Modien guten, schönen 
und trockenen Boggens nach dem Maß des Dorfes Fundo, welche Leistung bei 
Verzug über den angegebenen Termin hinaus zu verdoppeln war '). 

Schon früher (am 12. Oktober 1315) hatte Herr Symeon, Sohn weiland des 
Herrn Warimbert de c. Toni, seinem Bruder Federicus tauschweise den sechsten 
Teil emes Zehents zu Novesino, den vordem Heinrich Bospazus de Tono inne hatte, 
überlassen gegen einen Erbpachtzins von jährlich drei Star Weizen und den vierten 
Teil eines Amesser von Bartolomeus Pigozus von Vigo *). 

Ein Beispiel eines von Simeon und dessen Bruder Bertold gemeinsam ver- 
gebenen, ihnen aber wieder aufgesagten Afterlehens finden wir am 13. Juni 1339, 
da Andrigetus, genannt Donzilius, einen als Afterlehen besessenen Zehent in der 
Pfarre Bleggio und Lomas aufsendete '^). 

Auch Simeon begegnet uns einmal als Darlehengeber. Es ist aber unsicher, 
ob es 1316 oder 1331 im Jänner war, daß ser Tridentinus qd. ser Benvenuti de 
Ardino von ihm ein Darlehen von 117 a' Berner erhielt, das er auf Verlangen 
zurückzugeben versprach '*). 

Anderseits finden wir ihn mit seinem Nefifen Simon (IH.) gemeinschaftlich 
einmal als Depositum-Be wahrer, da ihnen am 12. Mai 1339 auf Schloß des vom 
edlen Bitter Maynfredus von Cles bestätigt wird, daß sie von dem ihnen über- 
gebenen Depositum durch den Notar Acordus 300 u Berner zurückgezahlt haben ^. 

1342, am 23. Juli, war Simeon bereits tot, denn an diesem Tage findet 
bereits ein Verkaufsakt seines Sohnes Petrus im Hause der Erben quondam 
nobilis viri dni Simeonis de c. Toni statt®). Der letzte urkundliche Akt, bei dem 



1) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tetschen, 
Not.-Instr. d. Not. Henricus d. i. c. Novesioi 
im Hause des Hm. Simeon, hoch 18 cm, breit 
14*6 cm. 

S) S. oben p. 103. 

8) 0. Prg. U. a. C. Th. i. Schi. Tetschen. 
d. im Dorf Dermulo (in villa Armuli), Not.- 
Instr. d. Not. Berardus, hoch 82-6 cm, breit 16*6 
bis 16*8 cm (sehr regelmäßige, stark abgekürzte, 
aber gut leserliche U.). 

*) Gl. Dipl. y. Coli. Ladurner n. 140. a. 
Or. i. C. Brughier. — S. oben bei Federicus 4, 
p. 99. 

*) Ihr. Rg. a. 0. i. St. A. (Trient. A. caps. 
68, n. 146). — Die Orte Bleggio und Lomaso 



liegen in Judikarien, sie sind die Sitse zweier 
verschiedener Pfarren. 

ö) 0. Prg. U. a. C. Th. i. Schi. Tetschen 
Tom Not. Berardus, hoch 18*8 cm, breit 20 cm. — 
Die Urkunde ist infolge ausgerissener Stücke 
am obem Bande schadhaft. Vom Jahr ist nur 
MC, deutlich ist der Monat Yanuario erhalten, 
der Monatstag aber gleichfalls abgerissen. Aus 
der Indiktionszahl XIIII ergibt sich, daß das 
SchrifUtück in die Jahre 1316 oder 1381 
während der Lebensjahre Simeons fallen muß, 
eher aber auf 1881, weil uns auch 1880 d. 
Notar Berardus begegnet. (S. vorher Note 8.) 

7) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tetschen. 
— S. oben bei Simon III, 2, p. 86. 

8} GL DipL Abschr. a. Coli. Ladomer n. 94. 



— 108 — 

Eine andere Tochter, Sophie, heiratete am 11. Oktober 1349 Otto, Sohn weiland 
des Ser Federicus, Sohnes weiland des Ser Ropertus von Tuenno, wobei dieser unter 
gleiehem Datum auf Schloß Thun bestätigt, vom Bruder der Braut, Herrn Petrus, 
Sohn weiland des edlen Herrn Siraeon vom Schlosse Thun, 36 Mark Silber in Geld und 
andere Wertgüter (alias res eiistimatas) als Ausstattung (dos) erhalten zu haben*). 

Es sind also folgende Kinder Simeons II. sichergestellt: Petrus, Georgius, 
Joachim, Katharina und Sophia, außerdem ein unehelicher Sohn Federicus. 

Hie und da wird eine Petrissa von Vasio oder Wassegg als Gemahlin 
eines Simeons von Thun genannt. Pescostas Stammbaum-Entwurf teilt sie dem 
Simeon(II.), Sohn Warimberts IL, zu. Äußerer (Adel p. 95) schreibt: „Petrissa von 
Vasso war um 1300 die Gemahlin Simeons von Thun und daher Stammutter aller 
heutigen Grafen von Thun". Es kann damit nur Simeon ü. gemeint sein, nicht 
der Bruder Warimberts IL, der nach 1291 nicht mehr erwähnt wird, auch nicht 
Simeon IH., der Sohn Belvesins, (ftr um 1300 noch ziemlich jung gewesen sein 
muß. Simeon IL, der Bruder Belvesins aber, war wohl 1303 auch noch nicht voll- 
jährig im Sinne des römischen Rechtes, konnte aber um diese Zeit, etwa 17- oder 
ISjährig oder bald danach doch verheiratet gewesen sein. Im Libro rosso des Grafen 
Franz Alphons von Thun auf Castel Brughier (ungeföhr von 1721) ist allerdings 
ein Simeon Ritter von Thun aus dieser Zeit mit sonst unrichtigen Angaben genannt, 
bei dem es heißt: „Seine Gemahlin Katharina Petrissa vom Schlosse Wasio, ver- 
mählt 1331." urkundlich haben wir allerdings oben als seine ihn überlebende 
Gemahlin Katharina (unbekannten Ursprunges) gefunden. Der Libro rosso mit seinem 
Doppelnamen Katharina Petrissa macht doch zu sehr den Eindruck, daß er die 
zwei Namen, die er für die Gemahlin Simeons fand, vereinigen wollte. Daß aber 
Simeon vor Katharina noch eine andere (lemahlin gehabt, dafür bietet sich ein 
gewisser Anhaltspunkt in der Urkunde vom 23. Juli 1342, weil die tiberlebende 
Katharina wohl als die Mutter Joachims genannt, aber mit keiner einzigen Bede- 
wendung auch als die Mutter des Petrus angedeutet ist. War nun Petrissa von 
Vasso wirklich die erste Gattin Simeons, so konnte sie allerdings, wie Äußerer 
offenbar meint, Mutter des Petrus und damit auch die „Stammutter aller heutigen 
Grafen von Thun" sein. Petrus konnte dann, obwohl ja dieser Name auch sonst 
der Familie Thun nicht fremd war, worauf schon das Schloß St. Peter im Thunischen 
Urbesitz hinzuweisen scheint, seinen Taufnamen von der Mutter Petrissa oder viel- 
leicht mit ihr von einem andern Gliede des Geschlechtes von Vasio erhalten haben. 
So lange aber nicht bessere Belege vorliegen*), bleibt diese Stammutterschaft 
immerhin eine unsichere, wenn auch nicht unwahrscheinliche Sache. 



6. Petrus II., der Sohn Simeons. 

Petras, Sohn Simeons II. (des eben vorher Behandelten), das sechste 
bekannte Glied der ununterbrochen bis heute sich fortpflanzenden direkten Linie der 

*) Gl. Dipl. Abschr. v. Coli. Ladurner n. 104, a. Or. in C. Brughier. — Der Großvater des 
Bräutigams, Bopretus oder Ropertus von Tuenno, war bereits p. 76 und 82 erwähnt 

''^) AuAerer, der sonst seine Quellen fleißig zitiert, nennt hier auffallendßrweise keino solche. 



— 110 - 

BelebnuDg Zeugensebail leistete ^). Ein gleiches Gegenseitigkeitsverhältnis fand am 
gleichen Tage zwischen ihm und Herrn Sandrius von Rallo statt '). 

Am 4. Dezember 1365 befand sich Peter unter den Zeugen bei Belehnung 
der Brüder Leonhard und Anton von St. Ypolito durch denselben Bischof*). 

Auf die innigen Beziehungen zur Familie von des weist es hin, wenn am 
12. November 1365 Petrus mit seinem Cousin Guarimbert Zeugen schafl; leistet, da Herr 
Aymo vom Schlosse Cles der Frau Dorothea, Witwe des Herrn Marcus vom Schlosse 
Cles, 400 Dukaten (ä 30 grossi) in vier Jahresraten zu zahlen verspricht *), und am 
9. März 1366, da Herr Ebele, Richter vom Schlosse Cles, als Besitzer der Hälfte der 
den Herren von Cles gehörigen Lehen, einen Federicus aus Molar mit einem 
Zehenten in Salter (Saltro) und einer halben Mühle belehnt '^). Aufschloß Cles wurde 
auch am 13. Jänner 1367 die Quittung ausgestellt, durch welche in Gegenwart Herrn 
Peters vom Schlosse Thun der Notar Peter von Nano erklärt, von der Frau Adelhaita, 
Gemahlin weiland Heinrichs von Coreth, schuldige 40 Mark erhalten zu haben •). 

Als Zeugen eines Verwandten, bezw. einer verschwägerten Frau finden 
wir ihn am 5. Juni 1358, da zu Pavillo (einer Ortschaft der Gemeinde Tassullo) 
Frau Burga (Borga), Tochter weiland des Ser Wilhelm von Malgullo, ihrem Vormund 
(tutor) und Administrator Federicus fiir die bisher geführte Vermögensverwaltung, 
in Gegenwart ihres Gatten Ser Belvesinus mit dem Beinamen Panzetus, Abso- 
lution erteilt (fecit finem, datam, cessionem) ^. Dem entgegen leistete Belvesinus, 
genannt Panceta (wahrscheinlich doch derselbe), 23 Jahre später Zeugenschaft auf 
C. Bragerio, als dem Herrn Petrus von dreien seiner Eigenleute Leibeigenschafts- 
bekenntnis undTreueid geleistet wurde (davon noch weiter unten p. 139)"). Auf diesen 
Belvesinus Panceta, den wir mit Sicherheit keiner der damals lebenden Thunischen Linien 
zuzuweisen vermögen, kommen wir noch am Schlüsse dieser 2. Abteilung zurück. 



•j Ol. Dipl. a Zybock Ibr. Abs. 7, f. 262. 

2) Ibr. Rg. a. St. A. (Tri. Lehnb. T. II. 
f. 17a. 

3) Ibr. Bg. a. St. A. (Lehnb. T. II, f. 14 b. 

<) Ibr. Rg. V. 0. i Schi. Pairsberg. Dieser 
Marcus too Cles erscheint schon 1364 gestorben, 
da bereits Tom Oktober dieses Jahres ein 
[oventar seiner hinterlassenen Güter yorliegt 
(Vtut'u Oeneal. Clesian. in Archiv. Trent. XV. 
p M nnd 61) Diese Dorothea war (1. c ) eine 
geborene Thsengel [?] und später mit Heinrich 
ron Liechtenstein wieder vermählt. 

^) Ibr. Rg. ▼. 0. i. Schi. Pairsberg. 

•j Ibr. Hg. V. 0. i. Schi. Pairsberg. 

^) Notarielles 'i'ranssumpt vom 7. Dezember 
Id4f) aus den Notariats- Imbreriaturen des 
Notam Otto 8. weil Phylips, Notars von Coredo, 
^kü U, Juni 1368, nebst einem anderen Akte, 
^ii^\U'. j;/irga betreffend ddo. 24. Jänner 1866 
J. \:. a. il. Th. i. Schi. TeUchen, hoch TA cm, 
SrtHii 12 6 14 '6 cm. — Das hier vorkommende 



Malgulo ist nicht das heute erhaltene Malgolo, 
das zur Pfarre Sanzeno gehört, sondern ein 
anderes, im XV. Jahrhundert, wahrscheinlich 
durch Pest entvölkertes Malgolo der Pfarre 
Torra, deren Grundbesitz an das Dorf Vervo 
und später an Tres kam (s. Archiv, dl Trento 
VIII. aO 1889, p. 144 ff.), wie sich schon daraus 
ergibt, daß dieses Malgolo in der Urkunde aus- 
drftcklich als plebis s. Eusebii bezeichnet wird, 
wie eben die Pfarre von Torra hie&, die noch 
heute diesem Heiligen gewidmet ist 

^) In der betreffenden Urkunde heißt m: 
„praesentibus ... (an zweiter Stelle) BeluefTino 
diclo Panceta quondam Ter Friderici". So 
Abschrift in Gl. Dipl. u. Ibr. Rg. — Nun ist 
aber der früher vorkommende Belvesinus Pan- 
ceta als Sohn Simeons bezeichnet Wahrschein- 
lich liegt aber in dem früheren Falle ein 
Irrtum des Notars betreffs des Namens seines 
Vaters vor; denn daß zwei Bei vesini den gleichen 
charakteristischen Beinamen getragen haben 
sollten, ist nicht wahrscheinlich. 



- 112 — 



anter einander halten sollten, daß aber bestimmte Vertrauensmänner in der Zwischen- 
zeit (jedoch erst nach Weihnachten) über gänzliche Beilegung ihrer Streitigkeiten 
Tor dem Bischof oder Tor dem Grafen Ton Tirol verhandeln sollten. Es wurde 
bestimmt, daß, wenn einer der namentlich genannten Führer ordnungmäßig nachweisbar 
den Frieden breche, sein Leben und seine Güter verfallen sein sollen. Für einzeln 
Zuwiderhandelnde der Parteien oder für Aufnahme und Unterstützung der namentlich 
Gebannten wurde in jedem einzelnen Falle eine Geldbuße der schuldigen Partei 
von 1000 fl. festgesetzt. Unter den Streitenden wurden drei Gruppen unterschieden ; 
die erste bildete Frixius (Frizius) de Thun, dessen Bruder Pernardus (offenbar 
gleich Warimbertus), Sanderus de Kalio mit ihren Helfershelfern einerseits, ander- 
seits Friedrich und Anton von St. Hippolyto und ihre Streitgenossen; in der zweiten 
stand Sanderus de Rallo mit seinen Genossen gegenüber dem Friedrich und Anton 
TOD St. Hippolyto, deren gleichnamigem Vetter Josef, dann Petrus de Tun mit 
seinem Sohne Simon und Sanguerra (Sanguverianus) von Alten ward (Altenbard); 
die dritte Gruppe umfaßte die letztgenannten der zweiten Gruppe samt ihren 
Genossen auf der einen Seite gegen Pedrazius von Caldes, seinem Vetter und seinen 
Gehilfen auf der andern Seite. Man sieht, daß in dieser verwickelten drei- 
fachen Fehde Petrus mit seinem Sohne Simon (Simeon) wenigstens mittelbar allen 
anderen Gliedern der Familie Thun gegenüber stand. Petrus hatte auf seiner Seite 
auch den Johann von Molar gegenüber dem Pedracius von Caldes in den Vertrag 
eingeschlossen. Als Häupter der Partei, welche die Gewähr des zeitweiligen Friedens- 
schlusses übernehmen und durch ihre angehängten Siegel bekräftigen, erscheinen 
einerseits Petrus de Tun, Fridericus, Antonius und Josef de St. Hippolyto, auf 
der andern Seite Frizius de Tun, sein Bruder Bernardus (Warimbertus), Pedrazius 
von Caldes und Sanderus de Rallo ^). 

In dieser Siegelurkunde erscheint, soviel bisher bekannt ist, zum ersten Male 
in den abgedrückten Siegeln, wie sie in Bonellis zitiertem Werke nach Erläuterungen 
des Grafen Mark Anton Giananni beschrieben sind, das älteste Thunische Wappen, 
wie es der Figur nach noch im heutigen als Stammwappen erhalten ist, u. zw. in 
dem Siegel des Peter von Thun; es ist ein dreieckiges Schildlein alter Form; das 
Feld, dessen Farbe unkenntlich, von einem schräg verlaufenden Balken (nach links) 
durchschnitten. Die beiden anderen Thunischen Familienglieder Frizius und Bernardus 
haben auffallenderweise andere Wappen, die wir genauer betrachten werden, wo 
von den Besitzern derselben die Rede sein wird*). 

Wahrscheinlich führten die in dem Vertrage ausbedungenen Friedensunter- 
handlungen im folgenden Jahre zum wirklichen Frieden, da von dieser Fehde 



1) GL Dipl. aus Bonelli, Critiche istoriche 
Notizie III. 223. Vgl. Ki. hl. Vig. I. 177 f. 
Alberti, Annali, p. 266, Egger, Gesch. Tir. I. 
426. — Nach Gl. Anmerkung ist das Original 
der Urkunde (wo?) deutsch. 

2j Gl. Dipl. aus Bonelli, Nofizie III 227 bis 
228, wo die Wappenbeschreibungen aus des 
Grafen Marco Antonico Giananni, Arte del 
Blasone, p. 77. 164 beigefügt sind. Die Be- 
schreibung von dem fünften Wappen (des 



Peter) lautet dort: ,,Uno scudo triangolare, 
tagliato da una fascia per llnea diagonale". 
Glückselig. Denkw., p. 63, ist in der Schilde- 
rung dieser drei erst vorkommenden Thuni- 
schen Wappen ungenau, obwohl er dieselbe 
Quelle zitiert; nach seiner Darstellung mOAte 
man die Wappen des Fricius und Peter als 
gleich ansehen, was aber nach seinem eigenen 
Diplomatorium und der von ihm zitierten Quelle 
nicht der Fall ist. 



— 114 — 

Neben dieser größeren Besitzerwerbung gab es auch kleinere Besitzver- 
änderungen. Einen Kauf von Gliedern der Belvesinischen Linie weist schon 
die Urkunde vom 10. Juli 1345 auf, durch welche der edle Herr Peter, Sohn 
weiland des edlen Herrn Simeon vom Schlosse Thun, für sich und seinen Bruder 
Joachim ein Wiesengrundstück beim Dorfe Novesini erwirbt, welches ihm der edle 
Herr Federicus, der Sohn weiland Belvesins, um 186 S" Berner verkauft, der den 
Akt zugleich als Vormund seines NeflFen, des jungen Michael, abschließt *). 

Kurz zuvor, am 2. Mai desselben Jahres 1345, beanspruchte Herr Petrus 
(dns. Petrus qd. dni Simeonis de Tono) von der Frau Todescha, Witwe des Notars 
Henselinus von Enno, als Vormünderin ihrer Töchter Francisca und Beatrix die 
Überlassung eines Hauses mit Kellern, Ställen (stalle) und anderen Gebäuden, auch 
Hof und Garten mit einem Stück Ackerland in Enno, die ihm kraft eines mit 
weiland dem Notar Henselinus geschlossenen Kaufes zustanden, was auch im Namen 
der Frau Todescha als berechtigt zugestanden wurde'). 

Diesen Besitzankäufen steht wieder ein Verkauf vom 1. November 1384 
gegenüber, kraft dessen zu Enn Herr Petrus, Sohn weiland des edlen Herrn Simeon 
de Tono (dns. Petrus qd. nobillis uiri dnj Simeonis de tono), wohnhaft in c. Bra- 
gerio als freies Allod der dna Agnes, Tochter weiland eines Berthus mit Zunamen 
Lucus von Novesino, Witwe eines anderen Berthus, der Tempesta genannt wurde, 
eine Hausstätte (casale) mit Frucht- und anderen Bäumen in der Gemarkung von 
Enn um den bar erhaltenen Preis von 9 u Meraner Münze verkauft *). 

Ein Teil seines Besitzstandes wird in dem flür die Kinder weiland Bertolds, 
seines Oheims, vom 5. Juli bis 2. August 1349 aufgenommenen Inventar erwähnt, 
u. zw. Grundstücke, welche diese Pupillen mit dem Herrn Petrus de Castro Thoni 
gemeinsam hatten, nämlich ein Stück Wiesengrund im Dorfe Novesino, ein Drittel 
Wiese am Thunerberg. Außerdem grenzten Besitzungen dieser Unmündigen an die 
Peters an, u. zw. ein Stück Ackerland hinter der Kirche St. Martin in Novesino, 
zwei Stücke Wiesengrund und zwei Stücke Weinland gleichfalls in Novesino^). 

Urkundlich ist uns eine Verpachtung liegenden Gutes seitens Peters er- 
halten; am 9. November 1350 verpachtet nämlich der edle Mann Herr Petrus de 
Castro Tonny an Adelpertus, Sohn weiland des Guislenbert von Queta (Pfarre Enno), 



1) Gl. Dipl. a. Coli. Ladurner Nr. 89 a. 
Or. in C. Bnigliier(Not.-In8tr. t. Not. Johannes). 
-^ S. oben bei Belvesins Nachkommenschaft, 
2, p. 88 and 90. 

») 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tetschen 
(Not.-Instr. des Not. Federicus von Enno, 
hoch 13-14 cm, breit 15-6-rl9*2 cm. — 
Dieselbe Frau Todescha kommt in noch zwei 
anderen Urkunden aus C. Thun vor; schon am 
16. Dezember 1343 hatte sie vor dem Grafschafts- 
gericht in Flavon die Forderung von fünf ^ 
von Bicerius von Lovemo als Bürgen einer 
1838 von einem Nikolaus Rosacus kontrahierten 



Schuld, die 1341 auf eine Chrestina und deren 
Tochter ,Gattin des Nikolaus von Tras8o(Tre880 ?), 
übergegangen war, für ihre Töchter geltend 
gemacht, und am 10. April 1346 hatte sie sieh 
gegenüber dem Compagnus von Enno schuldig 
bekannt, diesem für ihre Töchter anf Veriangen 
7 TT B. zurückzuerstatten. 

8) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. SchL Tetschen 
(Not.-Tnstr. D. Not. Wilhelm ben. Peter, S. weil, 
d. Peter v. Meckel, hoch bis 27*5 cm, breit 
16-19 '3 cm^ rechts nach unten ausgebaucht 
zugeschnitten). 

4) S. ürkundenbeilage XIIL 



— 118 — 



lehnungen als Zeugen. So am 19. November 1363, als Urieins mit seinen Stamm- 
verwandten Petrus und Yigilius von Thun (vor diesen) bei der des edlen Herrn 
Ebelie vom Schlosse Cles '), und bei der des* edieu Herrn Sandrus von Ballo % am 
folgenden Tage, dem 20. November, als Friczius mit Vigil zugleich bei der des 
edlen Gasparinus de Coredo ') und des edlen Peter von Cored *), wieder als üricius 
bei der des edlen Leonhard vom Schlosse Cles ^). Die Beihe seiner Belehnungs- 
zeugenschaften setzt sich bald darauf im folgenden Jahre 1364 fort, und zwar am 
9. Jänner, da er als Briczius zugleich mit seinem Bruder Warimbert der Belehnung 
des edlen Marchus, Sohnes weiland des Herrn Ylbertus (der Familienname des 
Belehnten fehlt), beiwohnt ^). Am 11. Jänner des gleichen Jahres befindet er sich 
(u. zw. diesmal ohne die Gegenwart anderer Thune) unter den Zeugen bei der 
Belehnung des Terlago a Prato von Terlago ^). 1365, am 18. November, ist [Jricius 
vom Schlosse Thun wieder in Trient zugegen bei der bischöflichen Belehnung des 
Ancius de Mahisco % am 29. November als Frizius von Thun bei Belehnung des 
edlen Franciscus, Sohnes weiland Philipps vom Schlosse Gagnau *) ; 1366, am 
16. Jänner, als Frizius bei der der Gebrüder Nikolaus und Benvenutus von Ville ^^) ; 
1368, am 24. Feber, bei der edlen Josius vom Schlosse St. Hypolit^*). Am 25. März 
1369 ist er als Fritzius mit seinem Bruder Albert unter den Zeugen bei der 
bischöflichen Belehnung des edlen Balthasar von BurgstalP^) und noch einmal am 
12. April 1373 bei der des Bernardus de Revoy *•). 

Bei dieser häufigen Anwesenheit am bischöflichen Trienter Lehenhof muß es 
um so mehr auffallen, daß fQr ihn und seine Brüder keine Notiz über eine Belehnung 
durch denselben Bischof Albert II. bei dessen Begierungsantritt vorliegt, obwohl 
eine solche für seine Mitverwandten Petrus und Vigilius vom 19. November vorhanden 
ist, mit denen er doch offenbar gleiche Anrechte an den bischöflichen Lehen 
hatte. Es kann dies nur auf einer zufälligen Unterlassung der Eintragung beruhen, 
wenn nicht etwa unsere Begestensammler dieselbe übersehen haben. 

Schon zuvor treffen wir unsern Frizius als Fricius auch einmal als Zeugen 
einer Privatbelehnung, bei der Gelegenheit nämlich, da auf 0. Bragier am 
25. Juni 1358 Herr Michael, Sohn weiland des Herrn Simon (HI.) vom Schlosse 
Braghier, den Benvenutus Scudelete von Coredo flir sich und seine Erben mit einem 



1) Ibr. Bg. a. St. A. (Tri. Lehnb. 1363 bis 
1890 f. 1 a.) 

s) Ibr. Rg. a. St. A. (Tri. Lehnb. 1363 bis 
1390 f. 17 a.) 

8) Ibr. Rg. a. St. A. (Tri. Lehnb. t. II. 
f. 3b.) 

*) Ibr. Bg. a. St. A. (Tri Lehnb. t. IL 
f. 4 b.) 

6) Ibr. Rg. a. St. A. (Tri. Lehnb. t. IL 
f. 8.) 

6) Ibr. Rg. a. St. A. (Tri. Lehnb. t. II. 
f. 10 a.) 

7) Ibr. Rg. a. 0. i. St. A. (Tri. A. c. 69, 
n. 132.) 



8) Ibr. Rg. a. St. A. (Tri. Lehnb. t. IL 
f. 18 b.) 

») Ibr. Rg. a. St. A. (Tri. Leh. A.) 

»«) Ibr. Rg. a. St. A. (Tri. Lehnb. t. IL 
f. 61b.) — Ob hier Ville in der Pfarre Verla 
(Lavistal) gemeint ist, läl>t sich nicht sicher- 
stellen. 

") Ibr. Rg. a. St. A. (Tri. Lehnb. t. II. 
f. 48b.) — Wir schreiben Josius, obwohl das 
Rg. Posius gibt, was wahrscheinlich irrig ist. 

12) Ibr. Rg. a. St. A. (Tri. Lehnb. A. C. 22, 
p. 3.) 

") Ibr. Rg. a, St. A. (Tri. Lehnb t. II. 
f. 64 a.) 



120 — 



C. Valer vor dem Pfarrer von Tirol Heinrich, Generalvikar als Vertreter des Bistums 
kraft Auftrages des Fürsten Ludwig von Brandenburg, wo Schiedsrichter bestimmt 
wurden, um die Zwistigkeit gütlich auszugleichen. „Es wurde" (heißt es bei Gl.) 
„zur Verhütung skandalöser Zwistigkeiten auf Schadloshaltung erkannt. "^ Das Ibr. 
£eg. gibt das Besultat der Verhandlung etwas anders an, indem es sagt, daß die 
strittigen Teile „behufs Schlichtung ihrer Streitigkeiten auf den edlen üricius von 
Meta Corona und den Notar Friedrich von Nani kompromittierten *). 

Von allgemeinerer Bedeutung war jene Fehde der Adelsgeschlechter von Nons 
und Sulz im Jahre 1371, in welche der Bischof Albert 11. durch Auferlegung eines 
Waffenstillstandes und Ansetzung friedlicher Besprechungen eingriflf, und in 
welcher Frizius (hier Frixius geschrieben) oflFenbar auf der einen Seite die Haupt- 
führerrolle inne hatte, da er durchwegs an erster Stelle genannt ist, auch unter 
den zur Friedensbesprechung Bestimmten zuerst vorkommt und sein Siegel an erster 
Stelle angehängt war *). Das Wappen dieses Siegels wird in Bonelli *) nach Arte 
del Blasone von Marco Antonio Giananni ') beschrieben als dreieckiges Schild mit 
Mittelteilung durch ein Band, darüber der adelige Visierhelm mit der Helmzier von 
zwei sogenannten Turnierhörnern und der Wappendecke von fünf Gehängen, drei 
zur Bechten, zwei zur Linken. Die angebahnten Friedensbesprechungen müssen, 
obwohl wir von ihnen nichts weiter wissen, oflFenbar zu einem günstigen Erfolge 
geführt haben. ^ 

Wir wenden uns nun der Darlegung seiner Besitz Verhältnisse zu, soweit die 
Urkunden und erhaltenen Notizen Einsicht in dieselben gestatten. 

Dem schon öfter erwähnten Inventar des Besitzstandes der unmündigen Kinder 
weiland des Herrn Bertold (Sohn Warimberts IL) namens Vigilius und Trentina 
entnehmen wir, daß sie einen Zehentanteil in Dardine (Ardino) mit ihrem Vormund 
Federicus de c. Bragerio und unserem Vricius de C. Thoni, sowie der Kirche 
s. Eusebii gemeinsam besaßen, also letzterem wohl ein Viertel daran zukam, wie 
auch, daß ein Stück Ackerland der genannten Pupillen in der Gemarkung von 
Novesino an Besitz unseres „dns Vricius de chastro Thoni" grenze ^). 

Ein bedeutender Besitzzuwachs schien ihm zu bevorstehen, als 1362 nach 
dem Tode Michaels, des letzten Sprossen der Belvesinischen Linie, dessen Mutter 
Anna, geborene von Caldonatz oder Oastronovo, um diese Zeit durch Wiederverehe- 
lichung Frau von Schlandersperg, zu Meran dem „domino Fridrico de Tonne", 
Sohn weiland des Fridrici de Tonne, alle ihre Eigen-, Zins- und Lehengüter, auf 
die sie von ihrem verstorbenen Sohne Michael Erb-Anspruch hat, zum Geschenke 
machen wollte, wie aus einer nicht zum vollen Abschluß gekommenen Urkunde vom 



1) Schon bei Pinamonti, Memorie p. 88 
aus Alberti kurze Angabe der Tatsache. In 
Gl. Dipl. Abschrift des Anfangs der, wie es 
scheint, defekten Urkunde. Ibr. Rg. davon aus 
St. A. (0. i. Tri. A. c. IX. n. 268). VieUeicht 
hingen die Zwistigkeiten damit zusammen, daß 
Frizius y. Thun die Erbtochter Margarida eines 
anderen Wilhelm de c. Nanno, die Andert- 



gesohwistertkind zu Wilhelm, dem Sohne 
Riprands, war, zur Gkmahlin hatte. (S. unten 
p. 122.) 

3) S. oben bei Petrus, 6. p. 112. 

3) Notizie HI., 227—228. 

<) P. 77., 164. 

^) S. Urkundenbeilage XIII. Vgl oben bei 
Federicus, dem Sohn Belvesins, p. 91, Note 2. 



— 122 — 



£ine Geldforderung des Frieius ergibt sieh daraus, daß er am 24. Mai 
1369 im Dorfe Cles (Clexio) bestätigt, vom Notar Peter, Sohn weiland des Ale- 
xanders von Nano, schuldige 21 Mark erhalten zu haben ^). 

Der Vertrag, den die Brüder Frizus (ürieus) und Guarimbertus, Söhne weiland 
des edlen Herren Federieus vom Schlosse Thun, mit ihrem Cousin Peter von Thun 
am 13. Mai 1352 vereinbarten, daß ihre Leibeigenen untereinander heiraten konnten, 
haben wir schon oben bei Peter kennen gelernt*). 

Vom 4. August 1374 datiert das Testament des Frizius, das er im Schlosse 
Valer abfaßte. Er bestimmte seine Beisetzung auf dem Friedhof der Kirche 
S. Mariae de Vigo plebis Toni (also jener Kirche, in deren Pfarrgebiet überhaupt 
die Thunischen Stammschlösser lagen), und widmete gewisse Güter der Kirche 
S. Blasii (Blaiii) in Nano für die Seelenruhe (pro anima) qd. nobilis dne Malgarite 
qd. ipß (!) teftatoris uxoris •). 

Aus dieser letztwilligen Verfügung erfahren wir also den Namen seiner Ge- 
mahlin Malgarita. Pinamonti *) fiigt aus dem Ms. des Dr. Ippoliti von Pergine 
hinzu, daß er auch einen Jahrestag fQr weiland den edlen Herrn „Guglielmo di 
castel Nano", den Vater der genannten Malgarita, gestiftet habe. Vielleicht war die 
Urkunde zur Zeit, als Ippoliti daraus seine Auszüge machte, noch weniger beschädigt. 
Frizius hatte also eine Tochter des Herrn Wilhelm de c. Nanni zur Gattin. Nach 
Äußerer^) war diese Margaretha Erbtochter Wilhelms, des einzigen Sohnes des 
Jordan von Denno-Nano. 

Wahrscheinlich noch 1374, vielleicht bald nach Abfassung des Testamentes, 
wird Fritz von Thun gestorben sein. Schon 1375, am 5. Dezember, erscheint er 
urkundlich als bereits verstorben, da sein Bruder Guarimbert III. (hier Gualem- 
pertus genannt) an zwei Inhaber eines Mansum am Orte Morena im Fleimstal die 
Belehnung mit demselben erneuert als gesetzlicher Erbe des „quondam nobilis viri 
dni Wricii", seines Bruders *). Da dies feststeht, ist es wahrscheinlich, daß die 



1) Ibr. Bg. a. 0. i. A. Pairsberg. 

3) S. oben bei Peter, p. 116. 

3) Abschr. des ziemlich schadhaften Doku- 
mentes in Gl. Dipl., wie es scheint, aus Ladurner 
Coli. V. C. Brughier (wohin es auch Äußerer 
p. 14tS verweist) u. Rg. a. Tri. lat A. c. IX. 
n. 246. — Das Testament ist vom Notar 
J'ranciscus, genannt Batrinus, abgefaßt. Zeugen 
des Testamentes waren der Pfarrer Nikolaus 
V. Tassulo, Herr Petrus de c. Toni und Herr 
Yigilius de c. Toni und Hieben andere nament- 
liche Zeugen. 

*) Memorie, p. 90. 

^) Adel, p. 146 und 147. — Nach Äußerer 
(p. 143) waren die Herren von Nano eine Ab- 
zweigung derer von Enno, von denen Ton 1186 bis 
1217 OluradinuB bekannt bt, welcher drei 
Söhne hatte: Jacob, Bobert und Ottolin; von 
Bobert stammten Jordan und Nikolaus, die 
schon 1274 auf Nano saßen. Jordan hinterließ 



nur einen Sohn Wilhelm. Wir können diesen 
Wilhelm zu 1319 (16. Nov.) durch eine Urkunde 
a. G. Th. in Schi. Tetschen belegen, aus welcher 
zugleich heryorgeht, daß er noch einen unehe- 
lichen Bruder Tartinus hatte, und durch welche 
dessen Gattin Dominica dem Herrn Wilhelm 
den Empfang von 180 U Bemer, die ihr zur 
Dotation zugesagt waren, bestätigt. Der Gemahl 
der Margarita Ton Nano wird freilich bei 
Äußerer (auch bei Beich) infolge eines Lese- 
fehlers Ulrich (Ulrico) statt Uricus oder Uricius 
genannt, — ein Fehler, der sich leicht ein- 
schleichen konnte, wenn man nicht mehrere 
Urkunden vor sich hatte, in denen von diesem 
Frizius die Bede war. Der richtige Name Uricio 
dagegen bei Pinamonti p. 90. 

6) 0. Prg. U. a. C. Th. in Schloß Tetschen 
(Instr. d. kais. Not. Johannes, Sohn weiland des 
Fanzellus, hoch 81 '6 cm, breit 16*6 cm). — Ge- 
naueres hierüber s. unten bei Warimbert III. 



— J24 _ 

Widdelinus Schrankpaumei ^), am 21. November für die des edlen Biprandus von 
An *), femer am 30. November der Gebrüder Jakob genannt Rufinus und Nikolaus 
Prurab ') ; 1381, am 9. Feber, als Gwerenberthus neben Vigilius von Thun bei 
Belehnung des Sycherius genannt Moczinus von des *), endlich am 19. Juni 1391 
schon unter dem neuen Bischof Georg von Liechtenstein bei der des Odoricus von 
Andalo, u. zw. diesmal als Gualimbertus ^). 

Hat sich auch seine Belehnung mit den ererbten gemeinsamen Thunischen 
Gütern vom Jahre 1363 nicht erhalten, so liegt dagegen filr ihn die Bezeugung 
einer Parzial-Belehnung mit neuerworbenen Zehenten durch Bischof Albert vom 
11. April 1373 vor, welcher an diesem Tage den „edlen Mann Herrn Guarimbert, 
Sohn weiland des Herrn Federicus de Thono mit Zehenten und Zehentrechten in 
Ballo, Tassulo und St. Zeno belehnt, welche die edlen Männer Prizius de Tono 
(also der Bruder des Neuzubelehnenden) und Josius von S. Hipolito als Bevoll- 
mächtigte des Herrn Sanderus, Sohnes weiland des Guarientus von Ballo dem 
Bischof zugunsten Guarimberts von Thun aufgesandt hatten, nachdem Sanderus von 
diesem schon zuvor entschädigt worden war*). 

Am 8. Feber 1375 nach dem Tode seines Bruders Frizius wurden ihm vom 
selben Bischof Albert alle Lehen verliehen, welche weiland Federicus, dessen Vater 
und Frizius, dessen Bruder von den Bischöfen in Trient zu Lehen hatten, darunter die 
Hälfte des Schlosses Belvesin, die Hälfte vom Burghügel St. Peter und ebenso die 
Hälfte vom Schlosse Vision, weiter der ganze Zehent in den Dörfern Novesini, 
Gastelleti und Taji, letzterer mit Ausnahme des der St. Viktorskirche in Tajo 
gehörigen vierten Teiles ^). 

1391, am 4. Mai, als der neue Bischof Georg von Liechtenstein seine 
Regierung angetreten hatte, empfing Warimbert IIL von ihm die Belehnung mit 
den zuständigen Lehen nicht nur ftlr sich, sondern auch im Namen seiner Stammes- 



«) Ibr. Kg. a. St. A. (Tri. Lehnb. t. II. 
f. Ul.) — liei dieseo drei Belehnungen wird 
itr xugleich sU Generalrikar in temporalibus für 
dtiD Noni- und Sulzberg genannt. 

») Ibr. Itg. ». St. A. (Tri. Lehnb. t. II. 
f. 161.) 

») Ibr. Kg. a. St. A. (Tri. Lehnb. t. II. 
f, 1A4.) '- Auch im letzten Falle als General- 
vikar bnzAlnhnet. 

*) Ihr. lii(. a. St. A. (Tri. Lehnb. t. II. 
r lOH.) 

ft) Ihr. Itg. a. St. A. (Tri. Lehnb. t. IV.) 

f. «I») 

»; Ibr Kg. a. Ht. A. (Tri. Lehnh. t. IL, 

f V\ und Or. i. (l. Krughier) und Rogesten in 

Ol l>)pl. auN ukhi angegebenen, offenbar den- 

ftülbnii Quiillirri In latniniNcher und deutscher 

Kanoiing. 

f) Kg in (II. Dipl. ohne Quollenaogabe 
mU dir «iffttiibar faUaben Jahrzahl 1878. — 
tumUtin fttlirdlngN aunh im\ Ibr. Rg. a. St. A. 



(Tri. Leh. A. u. Tr. Lehnb. 1368—91, f. 38), 
welche die Belehnung auf den 8. Feber 1876 be- 
ziehen. Dies ist jedenfalls das Richtige, weil ja 
1876 Frizius bereits als verstorben erscheint. 
(S. oben p. 122.) Die Monats- und Tagesangaben 
sind hei heiden Angaben die gleichen; die 6 
mochte in Gl. Abschrift irrig mit 8 verwechselt 
worden sein. Es kann auffaUen, daß hier von 
C. Thun nichts erwähnt ist; entweder war 
dies hier zu Vision, mit dem sein Besitz 
räumlich zusammenstieß, gerechnet worden, oder 
was wahrscheinlicher ist, die Abschrift im 
Trienter Lehensarchiv, welche die Schlösser 
aufzählt, hat sich eine Auslassung zu Schulden 
kommen lassen. Die Angabe über die Zehenten 
ist in den Begesten kaum erschöpfend. S. oben 
bei Peter p. 109, Note 8, über die Verteilung der 
Schlösseranteile. Schloßbühel S. Peter war früher 
halb der illegitimen Linie des Heinrich Rospaz 
überlassen gewesen (1. c), jetzt muß es cur 
Hälfte von Warimbert erworben wordeii sein- 



— 326 — 



comite de Ortenburgo) der Notar Joannes de Turro, welcher im Dorfe Campo an 
alle dazu Aufgeforderten ein Mandat erläßt, gewisse Zehenten in der Gemarkung 
von Piano anzugeben ; diese Angabe (designatio) wird am 20. Juni durchgeführt, 
und auf Grund deren der Zehent von zwei Grundstücken von einem Stefanus au 
einen Desideratus als verkauft überlassen ^). 

Nicht nur zu seinem angestammten Lehensherrn, dem Bischof von Trient, 
stand Warimbert III. in amtlichen Beziehungen als Generalvikar für den Nons- und 
Sulzberg; schon diese Stelle konnte er kraft der vom Bischof Albert geschlossenen 
Verträge (Kompaktaten) nicht ohne Einwilligung des Grafen von Tirol erlangen. 
Außerdem wurde ihm später vom Herzog Leopold als Grafen von Tirol gestattet, 
die Veste Valer im Nonsberge von Herrn Friedrich von GreiflFenstein gegen die 
gewöhnlichen, dem Grafen gegenüber zugesagten Verpflichtungen um 2400 fl. ab- 
zulösen und zu übernehmen , wie sich aus dessen Treugelöbnisurkunde vom 
17. April 1385 ergibt*). Von demselben Herzog Leopold (Leupolt) erhielt er (als 
Wernbert) am 25. Juni 1396 einen halben Zehent in der Pfarre Artz, welchen 
Niclas Pnierab von Artz zugunsten Warimberts aufgesagt hatte, zu Lehen'). 

Beachtenswert ist, daß in der Parte iung, welche 1371 der Bischof unter 
dem Adel des Nons- und Sulztales schlichten mußte *), auch unser Guarimbert (als 
Pernardus) auf der einen Seite stand, nämlich auf der, auf welcher er, sein Bruder 
Fricius und Sanderus de Eallo, wohl auch Pedracius de Caldes standen gegenüber 
den Friedrich und Anton von Ser Hippolyto, wie auch dem Petrus und Simon von 
Thun und dem Sanguerra von Altenward. Er galt mit seinem Bruder Frizius als 
Haupt der einen von den sich befehdenden Parteigruppen; auch hängte er dem WaflFen- 
stillstandsvertrag an zweiter Stelle sein Siegel an, welches von Giananni beschrieben 
wird als dreieckiges Schild mit einem längsseitigen (perpendicolare) Pfahl, der die 
Farben scheidet, und mit einer schneckenartigen Linie (spira, d. i. Schnecke), 
welche das Schild wagrecht (orizzontalmente) teilt ^). 



1) 0. Prg. A. a. C. Th. i. Schi. Tetschen 
(Kot.-Instr. des kaiserl. Not Desideratus, S. des 
Ser Franciscus, weil, des Ser Desideradus 
v.Coredo, hoch 66 ö— 66 cm, breit 1 75— 182 cm.) 
Die Urkunde enthält drei verschiedene Akte, die 
Aufforderung, die Angabe des Zehenten, den 
Übergabsakt. Für den Verkauf selbst wird sich 
auf eine andere Verkaufsurkunde berufen, die 
nicht vorliegt. 

«; Ihr. Eg. a. 0. i. Schi. Presels. — Da 
Herzog Leopold im April d. J. nach Tirol 
gekommen war, ist es möglich, daß dieser die 
Ablösungsgestattung persönlich gegeben hatte. 
Siegler der Urkunde Warimberts war Heinrich 
von Liechtenstein, Hauptmann zu Stenico. 

3) Sgl. Prg. U. a. C. Th. i. Schi. Tetschen, 
(hoch 19 6 cm, breit 27 • 1 cm, Siegelrand 6 • 6 cm) 
mit anhängendem Siegel (drei Schilde im Drei- 
paß mit der Legende: Leopoldus dei gratia 
dux Austrie . .) in deutschem Text. (S. Urk.- 



Beil. XVm.). — 20 Jahre früher, 1376, hatten wir 
Warimbert als Zeugen der bischöflichen Be- 
lehnung des hier genannten Nikolaus Prurab 
getroffen (S. p. 124). 

*) S. oben bei Petrus p. 111. 

^) Gl., Denkwürdigkeiten p. 63 beschreibt 
es : „Das Siegel Bernards . . . gleichfalls drei- 
eckig, hat den Schild bereits geviertet, der 
senkrechte Pfahl ist schneckenförmig gespalten". 
Ob diese Beschreibung wirklich der von Giananni 
gegebenen Beschreibung entspricht, auf die er 
sich beruft, müssen wir erfahrenen Heraldikem 
überlassen. Der italienische Text lautet: „\Jno 
scudo maggiore triangolare con un Palo per- 
pendicolare, che divido i colori, e con una 
spira, che orrizentaimente lo taglia*. Jedenfalls 
war es verschieden von dem Siegel des Petrus, 
welches demjenigen, das als Stanmiwappen der 
Thun gilt, entspricht. 



— 128 — 

war wahrscheinlich kurz zuvor im gleichen Jahre (1397 oder äußersten Falls' 1398) 
erfolgt, da offenbar eben durch seinen Tod die Neubelehnung notwendig ge- 
worden war. 

Nach Reichs Mitteilung^) setzt Ladurner in den Thunischen Regesten (p. 24) 
lör 1398 den Warimbert Thun als Hauptmann im Nonstal an. Ob er diese Würde 
(die ja mit der des Generalvikars in temporalibus zusammenfiel) in seinem etwaigen 
Todesjahre wirklich noch einmal bekleidet habe, müssen wir weiterer Bestätigung 
überlassen. 

Eben dort') wird als Gemahlin Warimbert s III. eine Tochter des Nikolaus 
Reifer, des Rechtssprechers in G. Belforte genannt. AuchPescosta setzt als solche 
eine N. Reiffer an. Dieselbe wird anderwärts als Reif de Gampil (auch de Gampiglio) 
bezeichnet *). Auf eine urkundliche Beglaubigung konnten wir bis jetzt nicht stoßen. 

Warimbert hinterließ einen Sohn Erasmus, der der folgenden (III.) Abteilung 
Torbehalten bleiben muß. 

Wahrscheinlich der jüngste von den Söhnen Pedericus II., den Brüdern 
Warimberts, war Albert (I.), der sich nur einmal als beteiligt erwähnt findet, 
nämlich am 15. März 1369, da er mit seinem Bruder Frizius Mitzeuge war bei der 
Belehnung des edlen Balthasar von Burgstall ^). 

1405 kommt sein Name noch einmal vor, da „Hans der jung Velser von 
Presels" erklärt, sein Vater, „Herr Hans, der elter Velser von Presels", habe mit 
Zustimmung seiner ehelichen Wirtin, Frau Lucein, Tochter Alberten von Thun, 
seinen eigenen Hof zu Vall an Pfarrer Jörg in Vels, Chorherrn in Neustift, um 
14 Mark Meraner Münze verkauft^). 

Andere Nachkommenschaft als diese Tochter Lucia scheint Albert nicht gehabt 
zu haben, wie überhaupt von ihm nichts anderes als das Angeflührte bekannt ist. 



E. Bertoldlsche Linie. 

9. Vigil I., Sohn Bertolds. 

Wir fügen hier noch VigilinSi den Sohn Bertolds, vierten Sohnes Warim- 
berts II. an, obwohl sein hochbetagtes Leben erst im folgenden Jahrhundert schließt, 
weil doch der größere Teil seiner Wirksamkeit dem XIV. Jahrhundert angehört. 

Der Name des Vigilius (auch zweimal Virgilius, öfter Vilius genannt), stößt 
uns zuerst auf in dem vom 4. Juli bis 2. August 1349 durch seinen Gousin und 



') I Luogotenenti etc. p. 24. 

') I). Reich, 1 Luogotenenti p. 24. 

^) Ober Nikolaus Reifer, der 1850 Altspaur 
(lielfort) Toin Markgrafen Ludwig als Verweser 
^f Oraf«c)iaft Trient zu Lehn erhalten hatte, 
n, b«i Au&erfrr, Adel p. 165 f. — Die Familie 
»Urrirritir ffberida p. 107) fon Compill bei 
lUtVfU ', Hill ohigffni Nikolaus teilte sich ein 
tdutfUMf Zwdg aU der ^litiiter von Altspaur" ab. 

*) H oUn p IIB. 



*) Fontes rer. austr. XXXV: Mayrhofers 
Urkundenbuch des Augustiner- Ghorhermstiftes 
Neustift. N. DCLXXIX p. 465 (0. Sgl. Prg. i. 
Kloster Neustift). •— Es ist wahrscheinlich, daß 
dieser Verkauf früher geschehen war, als der 
Sohn des Verkäufers ihn bestätigte. — VaU ist 
vielleicht das heutige Dörfchen Vals, 2V4 
Stunden nördlich von Mühlbach (s. Staffier 
Tirol IL, 163). 



— 130 - 



Im gleichen Jahre 1391 belehnt Bischof Georg den Vigilius und Symeon ron 
Than mit mehreren Gütern, die durch den Tod des Hertlein von Weytenstein in 
Margreid heimgefallen waren*). 

1398 den 12. Dezember oder schon 1397 den 20. November wird nach dem 
mittlerweile erfolgten Tode Warimberts XU. Vigilius, ausdrücklich als Senior Fa- 
rn ilisB bezeichnet (wie es scheint, zum ersten Male mit ausdrücklicher Betonung 
dieser Eigenschaft), fQr alle Glieder der Familie mit den Lehen belehnt, die sie 
bisher besessen haben. Als Anteil Vigils wird, wie bei den vorhergehenden Beleh- 
nungen genannt, ein Viertel von Belvesin, Vision und Thono und die Hälfte vom 
Schloß Braghier*). 

Vigil stand aber auch zu dem Landesftirsten von Tirol im Lehen Verhältnis, 
wie wir dies bereits auch bei Warimbert IIL gesehen hatten, und wie es sich bei 
dem wachsenden Einfluß der Tiroler Grafen im Nons- und Sulztal leicht ergab. 
Davon weiter unten p. 133 f. 

Sehr häufig fungierte Vigil als Lehen zeuge bei den bischöflichen Beleh- 
nungen anderer. So wurde am 19. November 1363 sein Cousin, der edle Peter vom 
Schlosse Thun, in Gegenwart des Herrn Vigilius de castro Toni •), ferner der edle 
Herr Sandrus von Ballo *) und Herr Ebelle von Cles ^) belehnt. 

Am folgenden Tage, dem 20. November, war er Mitzeuge bei Belehnung des 
Gasparinus de Coredo •) und des Peter de Ooredo ^). 

Am 9. Feber 1381 leistete er Zeugenschaft bei Belehnung des Sycherius, ge- 
nannt Moczinus von Cles**); am 11. April 1391 bei der des edlen Jacob Tomens 
von Lodron •), am 23. April bei der der Gebrüder Nikolaus und Jacobus Eocha- 



1) Ibr. Rg. a. St. A. (Tri. Lehnb. 1863 
Us 1898, f. 127«^). Auch von Äußerer, Adel, 
p. 60 erwähnt. (Nach ihm wäre gemäü Cod. 
des 82L und 83^ p. teut. auch ein Georg von 
Thun mitbelehnt worden, den wir um diese 
Zeit nicht sicher stellen können, falls er nicht 
etwa von der illegitimen Linie war). — Aus- 
gestorben war um diese Zeit nicht die ganze 
Familie von Weitenstein, denn um dieselbe 
Zeit (Mai 1891) wird Oswald von Weitenstein, 
Faktor der bischöflichen Kurie, mit einem 
Garten in der Zugehörung von Trient aufs 
neue belehnt (Alberti, Annali p. 269). — Im 
Ibr. Bg. werden Vigilius und Symeon v. Thun 
Gebrfider genannt, was jedenfalls ein Irrtum 
ist, denn die zwei einzigen Glieder dieses 
Namens in der Familie, die um diese Zeit 
lebten, standen in dem Verwandtschaftsver- 
bftltnis zueinander, daß ersterer Enkel, letzterer 
Urenkel Warimberts II., jeder von einer andern 
Linie war. 

«) Rg. in Ol. Dipl. u. Ibr. Rg. a. Coli. La- 
durner f. Or. a. C. Brughier geben als Datum 
dmt 12, Dez. 1898, dagegen ein anderes Ibr. Rg. 



a. St. A. (Tri. Lehnb. f. 301^ den 20. November 
1397. Wir halten die Jahrsahl 1897 (aus dem 
Lehnb.) fClr die wahrscheinlichere, weil die Be- 
gesten aus Ladurners Collectio doch nur in 
mittelbarer Abschrift auf uns gekommen sind. 
Die Verwirrung wird noch gesteigert dadurch, 
daü ein drittes Regest (Ibr. Eg, a. St. A. Tri. 
Lehnb. t IV., f. 60) die ganz gleiche Beleh- 
nung ohne nähere Datierung auf das Jahr 1401 
verlegt. Bei der letzteren Eintragung in das 
Lehenbuch hat wohl doch ein Irrtum statt- 
gefunden. 

8) Ibr. Rg. a. St. A. (Tri. Lehnb. 1363 bis 
1391, f. 16bJ. 

*) Ebenso (Tri. Lehnb. t. II , f. 17A). 

ß) Ebenso (Tri. Lehnb. 1863—1891, f. U), 

«) Ebenso (Tri. Lehnb. t. IL, f. 81 u. 6\). 
In der einen Eintragung heißt der Belehnte 
Gasparus. 

7) Ebenso (Tri. Lehnb. t. IL, f. 41). 

8) Ebenso (Tri. Lehnb. t. IL, f. 168). 

^) Ebenso (Tri. Leb. A.). — Nach einem 
andern Ibr. Rg. (Tri. Lehnb. IL f. 161) hätte 
diese Belehnung am 6. Juli stattgefunden. 



— 182 — 



beziehen (a vino, für den Wein), von denen jedoch die plaustra vini als Wagen- 
ladungen von Wein unterschieden werden müssen ^). Die Zahl der eingerichteten Bett- 
stätten (toros cum pluma cum fornimento) beschränkt sich {luf zwei. Da alle übrigen 
Einrichtungsgegenstände fehlen, muß man wohl annehmen, daß ein bestimmter 
fundus instructus von solchen bei den einzelnen Häusern ohne namentliche Auf- 
zählung eingerechnet war. Der Vorrat an Zerealien beträgt 16 Modia Boggen, eben- 
soviel Weizen, 14 Modia Heidekorn und Hirse, 20 Modia Spelt, 12 Modia an 
Hülsenfrüchten verschiedener Art. Von Häusern werden 4 Stück aufgezählt, von 
Ackerland 11 Stück, von Weinland 10 Stück, von Wiesen 478 Stück, ein Landstück 
ist unbestimmter Art. Von Zehenten wird in einer, wie es scheint, nicht ganz 
deutlichen Weise angegeben ein Drittel des Zehents vom Dorfe Vigo,- und außerdem 
(wenn wir recht deuten) 14 Star Getreide und 14 Star Kleinfrucht (menuti), ein 
Viertel vom Zehent im Dorfe Dardine, ein Achtel vom Zehent im Dorfe Vervo und 
ebenso vom Dorfe Tres, ferner ein Viertel vom Dorfe Mallusco, wovon 18 Star jeg- 
licher Fruchtgattung entMt. Ein ferneres Eigentum bilden die einzeln aufgezählten 
Eigenleute, bei denen aber die beigefügten Giebigkeiten in Naturalien als die Haupt- 
sache erscheinen. Die Eigenfamilien sind teils am Tunnerberg, teils in Vigo, zwei 
Familien sind in Prio, eine in Vervo, eine in Tajo, zwei (wie es scheint) im Dorfe 
Scanna (Gemeinde und Pfarre Livo) *), zwei von Oifo (hier Zifo geschrieben). Die 
Summe all dieser Zinsungen wird durch eine erst nach dem Tode Vigils beigefügte 
Bemerkung von anderer Hand in ihrem Natural-Ertrage auf 171 7? Modii, weniger 
5Vi Modii angegeben*); die Summe der Kollekten (Ooleten, Geldabgaben) auf 
43 ff Berner; eigens berechnet sind die Zinsungen, die Vigil aus der Erbschaft des 
Herrn Federicus, Sohnes weiland des Herrn Concius, zugefallen waren, mit 28 Modien 
Fruchtgattungen. Getrennt von diesen Abgaben folgt ein Verzeichnis anderer Na- 
tural-Abgaben, die wahrscheinlich deshalb von den früheren getrennt sind, weil sie 
nicht auf dem Titel der Leibeigenschaft, sondern auf anderen Gründen beruhten. 
Je nachdem man die erste Angabe für drei Gruppen Abgabepflichtiger (omnes tres 
solvunt unum medium) fQr ein oder drei Modien gelten lassen will, ergeben sich 
59 oder 76 Stare (das Medium zu acht Staren gerechnet^), welche in der darunter 
wieder mit der späteren Schrift zugeschriebenen Summierung auf 158 ff Bemer 



^) Diese plaustra (Fader) vini dürften wohl 
als grOi^eres Maß dem Trienter Carro ent- 
sprechen; ein solches entsprach nach Rott- 
leuthner (die alten Lokalmaße p. 67 zusammen- 
gehalten mit p. 66) ungefähr 628 Litern; die 
föuf Fuder stellten also einen Weinvorrat von 
beiläufig 8 Hektoliter 140 Liter Wein dar. 

^) Scanna ist heute ein Teil der Gemeinde 
Livo, gegenüber der neuen Brücke von Mostiz- 
zole. — Vgl. die Besitzungen seines Vaters 
Bertold von 1303 (p. 96) und die Lehengüter 
und Rechte desselben von 1338 (p. 96). Der 
Zehentanteil im Dorfe Segno, sowie die Mühle 
im Tale Dardine scheint seitdem weggefallen zu 
sein. Die Zahl der Eigenleute hat sich von 16 
(im Jahre 1338) auf mehr als 60 vermehrt. 



3) Wenn hier zuerst eine größere Zahl mit 
einem Abzugsposten, die beide nicht runde 
Zahlen darstellten, angegeben ist, darf man 
dies wohl am natürlichsten so deuten, daß diese 
fünf ein halb Modien in der Zeit bis nach 
dem Tode Vigils aus irgend einem Grunde in 
Wegfall gekommen waren. 

^) Daß das Medium hier zu acht Starien ge- 
rechnet wurde, ersieht man aus dieser zweiten 
Abteilung der Urkunde selbst, weil es einmal 
heißt: „unum medium fictus, f(c)ilicet qnatuor 
starios tritici siliginis et quatuor panigii*. 
Bottleuthner, Die alten Lokalmaße und Gewichte, 
so verdienstlich die Zusammenstellung ist» läßt 
leider gerade für die Trockenmaße des Nons- 
tales eine Lücke. 



— 134 — 



daß zu Meran die Belehnung durch Herzog Leupolt von Österreich fQr Vigilius (hier 
Virgilius genannt) wirklich stattfand; nur sind nebst Haus und Weinlandstücke hier 
fünf Plodia Ackerland genannt (in der Verkaufsurkunde waren zwei Ackerstücke 
unterschieden, eines, das vier Plodia umfaßte, das andere ohne Angabe des Flächen- 
maßes; der Belehnungsbrief zeigt eben, daß dieses zweite Stück nur ungefähr 
ein Plodium umfaßte'). In diesem Belehnungsakte wurde aber noch außerdem, 
u. zw. an erster Stelle, an Vigil der vierte Teil des Zehents im Dorfe Oortino 
(Kurtinig) verliehen, der von seinen Vorfahren (a suis prioribus racione hereditatis) 
an ihn durch Erbrecht gekommen war. Beide Lehenverleihungen galten als ver- 
erblich in männlicher und weiblicher Linie *). Genau dieselben Lehengüter, diesmal 
jedoch noch mit Zuwachs aller Lehengüter, die einst Spezia, Witwe weiland des 
Bonus von Cimbria, besessen hat, werden zu Bozen am 24. Jänner 1387 vom 
Herzog Albert „seinem getreuen Virgilius" (so heißt er auch hier) verliehen, soweit 
ihm ein Lehenrecht darauf zusteht '). Die Belehnung wird über dieselben Lehen- 
güter an Vigil (Virgilius) am 6. Juli 1396 nach dem Tode Alberts vom Herzog 
Leopold zu Innsbruck noch einmal verliehen; nur betreffs des Zehents in Gortino 
ist diesmal von der Hälfte statt von einem Viertel die Bede. Vigil muß also noch 
einen gleichen Anteil, als er schon früher besaß, zwischen 1387 und 1396 auf 
irgend eine Weise an sich gebracht haben ^). 



von der HaltesteUe Margreid. Es kommt schon 
im sogenamiten Yigilbriefe als PiDticlare vor 
(S. Atz und Schatz, Deutsch. Ant. d. B. Trient 
II, 69, 71, 72, 166) als äußerste sQdliche Grenze 
der Pfarre Ealtern. 1808 findet sich ein Fax 
de Intidaro (1. c. 164). Die Kirche in Tramin 
wird noch in dem vom Bischof Ulrich II. be- 
stätigten Yigilbriefe als der Pfarrer Kaltem 
unterworfen erklärt (1. c. 136), obwohl sie 
einen eigenen Priester hatte. So war es noch 
zur Zeit unserer Urkunde, da Tramin, zu wel- 
chem Llntiolario gehörte, als capella Ter- 
meni (nicht als plebs) bezeichnet wird. Häuser, 
Qüter und Burgstall zu Englar sind 1269 er- 
wähnt Ladurner Regesten i. Arch. I, 342). 
Heute ist Englar ein Weiler von 20 Häusern. — 
Kron-Metz liegt am linken Ufer des Noce ober 
dessen Erguß in dieEtsch, unter der Boccheta, die 
den Zugang ins Nonstal bietet. — Plodia (sonst 
auch Plodii) ist ein bestimmtes Ackermaß (s. Du 
Gange) ; es dürfte wohl sprachlich mit Pio oder 
Piove in Trient und Judikarien (s. Bottleuthner, 
Die alten Lokalmaße p. 47) zusammenfallen; 
ein Trienter Piove entspräche 33*8 Ar, ein 
solches in Judikarien fast 36 Ar ; ein ungefähr 
ähnliches Größen?erhältnis wird wohl auch dem 
Plodmm von Kronmetz zuzuschreiben sein. 

>) Latein. 0. Sgl. Prg. U. a. C. Th. i. 
Schi. Tetschen hoch 16 cm, breit 30*3 cm mit 
anhängendem rotem Siegel Herzog Leopolds 



in feiner Durchführung und hübscher An- 
ordnung mit den fünf Wappen von Nieder- 
österreich und Tirol, Steiermark, Kärnten und 
Krain. S. Beilage in verkleinerter Faksimile- 
Wiedergabe. — Die Verkäuferin der Lehen, in 
der YerkauÜBurkunde Dyemla genannt, erschemt 
hier als Djemone. 

*) In derselben Urkunde. — Vielleicht 
stammte dieses Zehentrecht von mütterlicher 
Seite Vigils, weil es eben in männlicher und 
weiblicher Linie vererblich war. 

8) Latein. 0. Sgl. Prg. U. a. C. Th. i. 
SchL Tetschen (hoch 14— 14 6 cm, breit 36 c»», 
mit Siegelrand von 4 cm Höhe) mit anhängendem 
roten Siegel Herzogs Albert, auf welchem die 
fünf Wappen im Fünfpaß angeordnet sind. — 
Die Verkäuferin der Metzer Lehngüter ist hier 
bereits zu einer DyemÜde geworden. Es ist 
leider keine Andeutung vorhanden, auf welchen 
Rechtsgrund hin Vigilius in die Lehngüter der 
Spezia (von Cimbria?) nachfolgte. 

«) S. Urkundenbeilage XVIU. Latein. 0. 
Sgl. Prg. U. a. C. Th. i. Schi. Tetschen (hoch 
19*2 cm, breit 80 cm, mit Siegelrand von 5* lern 
Höhe), mit anhängendem roten Siegel Herzogs 
Leopold mit drei Wappen im Dreipaß. — Die 
Verkäuferin für Metz heißt diesmal Djemnde. 
Der Tridenter Bistumsname Vigil wurde in 
deutschem Munde wahrscheinlich wegen des dort 
mehr bekannten Salzburger Heiligen zu Virgilius. 



— 136 — 

Pachtzins von 38 Groschen und vier guten Kapaunen, abzuliefern in das Schloß 

Thun 0. 

Am 2. April 1399 war mit Herrn Vigil de Castro Thono ein Pachtvertrag 
seitens des Johannes Walch de Margi-eid (Margred) abgeschlossen worden, kraft 
dessen der Pächter an Herrn Vigil von Thun zu fünf Sechstel, an Herrn Simeon 
von Thun, den Sohn weiland des Petrus von Thun, zu einem Sechstel verpflichtet 
war, zur Zeit der Weinlese elf Urnen Wein abzuführen und vier Personen mit vier 
Pferden Speise und Trank und Nachtlager mit einem Star Futter, wie es in der 
Gegend w&chst, zu gewähren *). 

Am 3. Dezember 1400 verkaufte in Tramin Herr Simeon seinen Anteil (das 
Sechstel) an diesen Bezugsrechten dem genannten Inhaber des Pachtgutes, Johannes 
Walch in Margreid um 16 Mark Berner bar, während die flinf Sechstel der Bezugs- 
rechte für Herrn Vigil aufrecht blieben '). 

Endlich am 22. Jänner 1402 verleiht der edle Herr Vigilius, Sohn weiland 
des edlen Herrn Bertold vom Schlosse Thun, einem Johannes, genannt Janesus, 
Sohn des Jaclius, vom Dorfe Magridius (Margreid), fünf Stück Weinland in Erbpacht *). 

Am 25. Juni 1405 belehnte Vigil zu Trient um den Preis von vier Dukaten 
einen Johannes, Sohn des Meisters Bentinoi, mit einem Haus im Dorfe Lisignago ^). 

Das letztemal handehid findet sich Vigil erwähnt am 28. März 1407 (Montag 
nach dem heil. Ostertag) in dem Adelsbündnisse auf 10 Jahre wider die Appen- 
zeller, Bayern und Lombarden, dem sogenannten Falkenbund (nachdem ein Jahr 
vorher der engere Elefantenbund geschlossen worden war), dem auch die Gemeinden 
einiger Gegenden sich angeschlossen hatten, wo er unter den fQnf Thunen als der 
Erste (wahrscheinlich weil der Älteste) genannt ist®). Näher auf den Bund ein- 
zugehen, ist erst in der folgenden Abteilung der Platz. 

Auch am 24. Feber 1408 soll Vigil noch gelebt haben '). 

Das Todesjahr Vigils läßt sich nicht genau fixieren. Der soeben erwähnte 
Beitritt zum Falkenbund ist der letzte von ihm bekannte Akt, 1408 ist er zum 
letztenmal als lebend genannt; erst 1418, am 20. Jänner, finden wir seine beiden 
Söhne Arasmus und Guilielmus als Söhne quondam nobilis viri dni Vigilii 
de Thono erwähnt«); in die Zeit vom 24. Feber 1408 bis 20. Jänner 1418 muß 
also sein Abscheiden fallen. 



^) Absohr. des Wesentlichen in 61. Diplom 
aus Coli. Ladurner N. 124. — Man sieht aus 
diesem Akt, daß Herr Vigil auch auf Schloß 
Than noch eine Wohnstube zur Verfügung 
hatte; vieUeicht hatte er um diese Zeit auch 
seine Wohnung aus C. Bragher wieder nach 
C. Thun yerlegt, weil sein Wohnen in C. Bragerio 
nicht mehr erwähnt wird. 

^) Dieser Vertrag wird in der gleich folgend 
erwähnten Urkunde angezogen. 

8) 0. Prg. ü. a. C. Th. i. Schi. Tetschen, 
hoch 48-6cm, breit 23*8 cm. (Not.-Instr. d. Not. 
Erhardus, Sohn weiland des Dechardus von 
RaTensperg). 



*) Ibr. Bg. ▼. 0. i. der Urk.-Samml. des 
Herrn L. Schönach. — An Magras im Sulztal, 
nördlich Ton Mal^ gelegen, wird man bei der 
eigentümlichen Form Magridius nicht denken 
dürfen, weil es dort wohl kaum Weinbau gibt. 

^) Gl. Cod. epist. ohne nähere Quellen- 
angabe. 

0) Jak. A. Frh. r. Brandis, D. Qesch. d. 
Landeshauptleute p. 156 --162. Die Thunn 
p. 157. — Vgl. Egger, Geschichte I, p. 458, 
und Jäger, Gesch. d. Verf. Tir. II, p. 256 ff. 

7) Nach Gl. Cod. epist. ohne nähere Angabe. 

8) GL Dipl. Abschr. a. Or. i. C. Brughier. 
Über diese Söhne in der 3. Abteilung. 



- 138 - 



F. Ergänzung. 
10. Zweifelhafte und unsicher einreihbare Namen. 

Schon früher war bei Coneius, dem Sohne Warimberts IL (p. 94), bemerkt 
worden, daß wir 1326, am 24. Jänner, einen Conradus, Sohn weiland des Herrn 
Conradus de Tono, wohnhaft in Tassulo, als Zeugen der Bezahlung von Simeon II. 
von Thun erkaufter Zehenten in C. Fundo finden, der wahrscheinlich nicht als einer 
der Nachkommen Warimberts II. anzusehen ist, sondern vielmehr als sein Neffe, 
nämlich als Sohn seines Bruders Conrad, von dem bereits früher ^) die Rede war. 

Betreffs desVincenzius, Sohn eines Federicus de c. Thoni, den Pinamonti *) 
in einem Regest nach Alberti zum Jahre 1367 erwähnt, haben wir unserer Auf- 
fassung, daß hier ein Lesefehler, bezw. eine falsche Deutung des nobilis vir Con- 
eius vorliegen könne, bereits oben bei Federicus erwähnt'). 

Noch erübrigt uns ein sogenannter Belvesinus Panzeta, den wir nicht 
mit Sicherheit in den zuverlässigen Stammbaum einreihen können. Derselbe wird 
nach dem uns vorliegenden Materiale am 5. Juni 1358 zum ersten Male ge- 
nannt, u. zw. als Gatte einer Frau Burga, welche als Tochter und Erbin des Ser 
Guillelmus von Malgullo zur Hälfte in Gegenwart ihres Mannes Ser Belvesinus 
(Belveiinus) genannt Panzetus de Tonno , gegenüber ihrem Vormund (tutor) 
Notar Federicus von Malgullo, der bis dahin alle ihre Güter verwaltet hatte, aut 
fernere Ansprüche verzichtete (pro vero fine), da sie bekundete, dieselbe erhalten 
zu haben *). Aus einem in demselben Transumpte folgenden Akte vom 24. Jänner 
1355 ergibt sich, daß diese Burga (hier Borga geschrieben) nicht bloß ihren Vater 
zur Hälfte beerbt hatte, sondern daß ihr durch spätere Todesfälle die ganze Erb- 
schaft des Vaters wie auch die Erbschaft ihrer Mutter Lenna, ja auch ihres Bruders 
Odoricus zugefallen war, welche Erbschaften zusammen, bestehend aus einem Haus 
in Malgolo mit Hof, Garten und Häuschen und vier Stücken Land, sie dem Federicus 
von Malgolo (also, wie es scheint, ihrem Vormunde) um 300 u Berner verkauft 
hatte. Aus diesem Akte von 1355 geht zugleich hervor, daß Burga in diesem Jahre 



mahl Wilhelm von Enne gewesen sei, und aus 
Rg. 1088 (p. 386) vom 30. März 1879, wo für 
die Zahlung einer Tochter des hereits verstor* 
henen Budolph von £mpz der Sohn obigen 
Wilhelms von Enne, gleichfalls so genannt 
(also der Stiefbruder der Zahlerin), als Zeuge 
erscheint. Das de Enne der Urkunde von 1867 
war also von dem Registrator des Seh. A. Rp. 
flüchtig als Tonne gelesen worden. 

1) Hft. I, p. 29. 

^) Memorie p. 89, 90. 

^) S. oben bei Coneius p. 117. 

*) 0. Prg. U. a. C. Th. i. Schi. Tetschen, 
hoch 73 cm, breit 12 -6 -14 -6 cm. Der Akt war 
ursprünglich in den Imbreviaturen des Notars 
Otto, S. weiland des Notars Phylipus vonCoredo, 
enthalten, wurde daim mit einem andern 



zusammenhängenden Akt vom 28. Jänner 1855 
im Jahre 1868 am 7. Dezember vom Notar 
Nikolaus, Sohn weiland des Notars Ser Otto, 
transsumiert, von einem andern Notar, dem 
Franciscus , Sohn weiland des Notars Ser 
Parcevallus vonTuyeno, als genau und richtig 
bestätigt. In das Transsumpt hat sich zwar 
ein sehr verwirrender Irrtum, eigentlich Schreib- 
fehler, eingeschlichen ; Burga wird nämlich bei 
ihrer ersten Erwähnung „fillia ser beluexini 
dicti panzetti de tonno** genannt, was sich 
ohnehin als unrichtig ergibt, weil sie gleich 
darauf wieder „fillia des ser Guillelmi de 
malgullo" genannt wird, und unmittelbar 
darnach das richtige Verhältnis angedeutet ist 
in den Worten : „praesente eins viro ser belve- 
zino". 



-" 140 - 

wähl zwischen dem, der eio Sohn Warimberts II. war, nnd dem Sohn des Bei- 
vesinns. Vielleicht ist es noch am wahrscheinlichsten, daß er Sohn jenes Federicus 
war, welcher um 1342 als natOrlicher Sohn Simeons II. erwähnt wird ')• Es konnte 
bei der Angabe von 1366 (sei es nnn im Original oder in der Abschrift) das 
Zwischenglied (quondam Federici naturalis) vor „quondam dni Simeonis* aus- 
gefallen sein. 

Alle die Thunischen Namen, welche Gifickselig*) dem XIV. Jahrhundert zu- 
weist, sind in dieser Abhandlung berdts erwfthnt, mit Ausnahme ron vieren, die 
wir mangels des „Herrn" vor ihren Namen nicht als wirkliche Glieder der Familie 
Thnn zu erkennen vermögen. Es sind: der dort an dritter Stelle genannte Petrus 
filius 8er Ligati de Tono von 1308, der Ligatus von Novesino von 1309 und 1315 an 
siebenter Stelle, und endlich Arpolinus und Johannes filii quond. Marsilii de No- 
vesino als die zehnten der aufgefllhrten Beihe. 

Aus gleichem Grunde (weil der Titel „Herr" fehlt) lehnen wir auch flir die 
edle Familie Thun jenen „gestrengen Bonaventura de Thun" ab, der am 
12. J&nner 1323 zu Trient im St. Martin-Spitale als Zeuge vorkommt *). 

Noch ist eine edle Frau Brigda zu erwähnen, die als Tochter des edlen 
Herrn Federicus de c. Toni erst gegen Ende des Jahrhunderts am 9. Juni 1395 
auftaucht, da sie an diesem Tage im Dorfe Campo Tasuli dem Voulio, Sohn weiland 
des Desideratus von Bancho, zwei Stücke Landes in der Gemarkung des Dorfes 
Bancho zuerst um 33 er gebräuchlicher Meraner Mfinze abkauft, dann aber sogleich 
gegen Jahreszins von drei Modien Getreide verpachtet ^). Als mögliche Väter dieser 
Brigda könnte etwa auch in Betracht kommen: Der Vater des Fricius, Federicus IL, 



>) S. oben bei Simeon 11, p. 107. 

*) Denkwürdigkeiten p. 14. 

^) Doppeltes Ibr. Sg. a. St A. (Seh. A. 
3416). Kine Abschrift des Rg. Tom 6. Jani ISSS 
(s. oben bei Bertold II, p. 97) vermatet, daß 
Honiventur« identisch sei mit dem dort als 
Zeuge genannten Tura Aus der vollen Ab- 
schrift Qls. in seinem Dipl. ergibt sich jedoch, 
daü dieser Zeuge Turando (turido) hieß, der 
übrigens mangels des Titels „Herr* ebenso- 
wenig der edlen Familie Thun angehörte, als 
obiger üouafentura. 

«) 0. Prg. U. a. C. Th. i. Schi. Tetschen, 
hoch IM) CM, breit 18-7- 18*7 em, Instr. d. Not. 
Anthonius t. Banoho, teilweise sehr flüchtig, 
an mauohon Stellen schwor leserlich geschrieben, 
teilweise auch vergilbt Auf dieser Urkunde 
betlndeu sich swei Akte. Der erste (der auch 
durch Verbleichen der Schrift in seinem oberen 
Teile gelitten hat), in welchem der Pichter 
die Grundstücke verkauft^ der iweite» in wel- 
«kMn die K&uferin als Yerp&chterin die Gmnd- 
•lücke In Pacht übergibt. - Die Tatsache des 
Ankaufe« von Urund im Gebiete (Beairke) des 



Dorfes Bancho durch eine edle Frau von Thun 
wird SU 1396 (ohne näheres Datum) auch in 
2 Ibr. Rg. (ohne Angabe ihrer Quelle) erw&hnt. 
Die Käuferin heißt aber dort (irrig!) Marga- 
rita, und wird nicht Tochter, sondern (ebenso 
irrig 1) Gemahlin des edlen Herrn Federicus 
vom Schi Thun genannt, sowie diese Begesten 
nur ein Stück Land (eines davon genauer ein 
Stück Weinland) als Gegenstand des Kaufes 
erwähnen. Der Anfertiger des Ibr. Ur-Begestes 
hat von den xwei Akten, die auf ein und dem- 
selben Pergament verzeichnet sind, bloß den 
ersten (minder gut erhaltenen) registriert, ohne 
den zweiten auch nur lur Vergleichung heran- 
zuziehen. In der Tat ist der Name Brigda 
(oder Brigida, wenn man ein mit g rechts ver- 
bundenes Strichlein als i deuten will) im ersten 
Akt kaum mehr erkenntlich, denüioh lesbar 
aber im zweiten Akt^ wo sie auch deutlich als 
Tochter (q. Nobilis uiri dfii Federici de 
Castro toni) erscheint (das quondam mit fol- 
gendem Genitiv bezeichnet immer nur Kinder, 
nie (Gemahlinnen oder Witwen, für welch letz- 
tere der Ausdruck „relicta** oder ein ähnlicher 



— 142 — 

Sirapn (ÜL) und Federicus (III.)» die Söhne Belvesins, auf die Feudalrechte 
verzichtet wird, die sie in Vervö besaßen, diese bereits Erben des genannten Bel- 
vesinus genannt werden*). 

Zu S. 85 (Simon III.) nach Absatz 2: 

Zwischen 1331 und 1341 ist für Simon IIL noch ein Kauf zu erwähnen, 
da in der Gasse beim 0. Bragerio am 24. Oktober 1340 Petrus, Sohn weiland des 
Bragerius von Coredo 40 u Berner vom Herrn Simono qd. dni Belvefeini de castro 
Novesini erhielt flir ein ihm verkauftes Stück Weinland in der Gemarkung von 
Coredo, das auf zwei Seiten an bereits dem Herrn Simon gehörigen Besitz an- 
grenzte *). 

Zu S. 85 (Simon III.) nach dem vorletzten Absatz: 

Einen Gegensatz zu den Erwerbungen bildet eine Verzieh tleistung auf FeudaU 
rechte in Vervö, die durch Simon auch als Vormund (Autor) seines Bruders Fe- 
dericus am 10. Mai 1324 geschah '). 

Zu S. 89 (Bert hold III.) nach dem vorletzten Absatz: 

Die Verzichtleistung auf die Feudalrechte in Vervö *) 1324 am 10. Mai scheint 
auch ftür Berthold III., einen anderen Sohn Belvesins, und wohl auch für einen 
Guarimbert, einem uns sonst urkundlich nicht aufstoßenden Sohn desselben Bel- 
v^sin, mit geschehen zu sein, so daß wir neben Simon III. und Bertold II. noch 
einen Guarimbert als Sohn Belvesins anzusetzen hätten, der aber jedenfalls bald 
verstorben sein^muß. Dies ist zu pag. 79, Note 3 berichtigend zu beachten! 

Zu S. 90 (Federicus III.) nach dem I. Absatz: 

So verzichtet Simon sein Bruder als Vormünder auch für ihn mit auf die 
Feudalrechte in Vervö am 10. Mai 1324 ^). 

Zu S. 97 (Bertold II.) nach dem letzten Absatz (5 Zeilen von^unten): 

Mit seinem Bruder Simon (II.) zusammen und dem uns auch schon bekannten 
(S. 104) Herrn Christoph von Telve war er (1324 am 10. Mai) Zeuge, als jene 
Verzichtleistung für die Söhne weiland Belvesins auf die Feudalrechte in Vervö 
stattfand ^). 

Am 28. März 1329 leistete er neben Simeon IL oder III. (hinter ihm ge- 
nannt) als „de Tajo et Tono" bezeichnet (wahrscheinlich, weil beide um diese Zeit 
ihren Aufenthalt in Tajo gewählt hatten) Zeugenschaft, da die Gemeinde von Vervö 



1) Rg. a. n. 48 der ü. von Vervö nach 
Reich (Eigen-Abdr. p. 2). Der Akt geschah 
auf C. Belvesini m der Pfarre von Tono. 

*) Gl. Dipl. Absohr. von Coli. Ladurner 
H. 100 zu Ibr. Rg. a. 0. i. C, Brughier u. neu. 
Rg. a. Pg. U. im Besitz des Grafen Galeazzo 



von Thun (von diesem uns gefälligst mitgeteilt). 
Vgl. Heft I, 28. 

3) S. gerade vorhergehendes Rg. 

*) 8. obiges Rg. 

^) S. obiges Rg. . • 

0) S. obiges Rg. 



Anhang. 



Die große Adelsfehde am Nonsberg von 1335—1338. 



— 148 - 

I. Hand Ä. 

1 1 Gnsediger herre hertzog Johannes ze Ghernden graue ze Tjrol vnd ze Gortz etc. 
Ich Nyklau von Artz vnd alle ander Artzer vnd die von Ganau vnd die von 
Bann vnd die von Galdese und die von Spaur vnd die von Gord vnd von Yaler 
vnd die von Gazuf, wir piten ewer herleich gnade, daz fr vns gerfichet ain reht 
lazzen widervaren vber deu grÄzze vnreht vnd vber die schaden vnd vber deu 
laydigung, der vns vii und meSr widervaren ist wider got vnd wider daz reht 
von den von sand Polten vnd von den von Tunne vnd von den *) Tuyen vnd 
von Iren nach volgem. 

2 Ol Wir klagen eu zem ersten, daz si den erbern ritter hem Waltheren von 

Phlaum, vnsern besundern vreunt vnd der ir swester ze ainem weibe het 
vnd der mit in in friden lebt, pei ainer naht, da er in der stat ze Triende 
lag, an seinem pette ze tfide slfigen, vnd biet den friden gemachet vnser 
herre ewer sweher, daz im g6t gnade. 

3 q^ Darnach fftren si zä vnd verpranten dem vorgenanten hern Waltheren seine 

hsßuser vnd guzzen im seinen wein auz vnd slflgen im auz seine Weingarten 
vnd beraubten in aUez des, daz er het in ewer grafschaft ze Phlaum. 

4<lt Damach do beraubten si daz dorf ze Galdese gar vnd gsentzleich vnd die 
edlen laßute darinne, die vnser mag vnd vnser vreunde waren, vnd daz welle 
wfr allez war machen. 

6 <l{ ()i So klag wfr iu auch, daz si pei ainer naht viengen den Frithsonon von 
Mezan vnd seine sune vnd beraubten die aller ding, vnd vil andrer Iseute in 
der pharren ze Yolthsan, vnd daz welle wfr auch war machen. 

t % Damach beraubten si drei priester pei der naht vnd ainen iren prfider, der 
hiez ainer her Fridreich pharrer ze Beuoy, vnd hem Märchen priesten *) von 
Glays vnd hern Lienharten den pharrer von Zifezan vnd Antonyen vnd namen 
den sselben, ez was pezzer danne. hundert march ; daz welle wfr auch war 
machen. 
1^ 7 qi qi Darnach an vnser frawen abent pei der naht do beraubten si hern Gerhart 
von Bononie vnd namen dem, iz was pezzer danne hundert march. 

8 q? Do fÄr Perhtold von sand Polten in daz dörf ze Bomal vnd ruft dem priester 

auz seinem hause, der hiez her Stephan vnd iach, iz wasren vreunde; da 
der her für cham, do schöz er in ze tode ; daz welle wfr auch war machen. 

9 q? Darnach schuffen si, daz man des vorgnanten priesters pr&der, der hiezThomev, 

ze t5d slöch an sand Yeites tach datz Glays, der des sselben tages mit in 
gedrunchen vnd gaz biet; daz welle wfr auch war machen. 

10 q« Do hizzen si auch vnserm Diener ainem *), der hiez Wezin von G6rd, ze 

töde slaben an allev schulde; vnd daz welle wfr auch war machen. 

11 q: Darnach schfififen si pei einer naht mit vromdem volche, daz daz haus ze 

Ganav deubleich erstigen vnd gewunnen wart, vnd viengen darauf hern 

a) hier blieb wohl ein »von** aus. 
h) A. 
c) A. 



— 160 — 

; 22 (|i Darnaeii schuffen die von Tunne, daz man ainen erberix mann t6t in dem 
d5rf ze Leyfe, denselben namen si dem viearien mit gewalte ; daz welle wfr 
auch war machen. 

e 

23 01 Do viengen si ainen, der hiezVlreich von Panch, an allev schulde, der mfist in 

geben fumf hundert phunt, auch musten in die von Nigrobon von Casesi 
in •) auch geben fumf hundert phunt an schulde ; daz welle wiV auch war 
machen. 

24 01 Do viengen siser Wilhalmen'') von Panch, der must in geben hundert phunt. 

25 Ol So wizzet herre, daz si in der pharren ze sand Sinyen^ von manigem 

manne, der dem gotshause ze Triende triwe laystende ist, wider got vnd 
wider daz reht vil gutes ab genommen habent. 

2* 26 Ol Do mfist in der Wofesin *") von ßev geben wider got vnd wider daz reht L march ; 
daz welle wfr auch war machen. 

27 q? Darnach so mfist in der Türe von Casesye geben xvi march gfiter mfinzze ; 

daz welle wfr auch war machen. 

28 Ol Do slfigen si ainen gfiten man ze Corde, der hiez Zagnine, vnd darnach slfigen 

si im daz haubet ab vnd burfen daz auf daz velt; daz welle wfr auch war 
machen. 

29 Ol Darnach wuntoten si ainen vnsern gfiten diener, der hiez Jacob der Noder 

von Biuo, vnd an ") derselben naht singen si in ze tode vnd burfen in in daz 
wazzer; daz welle wfr auch war machen. 

30 ^ Darnach slfigen si ze t5de verratleichen die edlen Iseute Tisen auz Baendeyn vnd 

Sweikeren weilent hern Daynen sun von Tuyen, die gezzen vnd gedrunchen 
heten mit in des selben tages; daz ist offenwer. 

31 Ol Do hiezzen si auch ze tode slahen den edlen mann Wilhalmen von Buns, do er 

ffir in Sülles. 

32 ch Do hiezzen si auch ze tode slahen den edlen mann Nyklaun von Tay in der 

stat ze Triende, des pharrer prfider von Tay; daz welle wir allez war 
machen. 

33 <h Do beraubten si die von Caldes vnd namen in Ixivi gayzze vnd vier 

ochsen ^). 

34 Ol Darnach slugen si ze tode Mychelen des Gwarinen sun von Gartron. 

36 Ol So habent si beraubet vert vnd heure daz camaun ze Corde an ochsen vnd 

an rindern, an schaffen vnd an gayzzen, meer danne auf taBusend haubt ; daz 
welle wfr auch war machen. 
86 Ol So habent si heure beraubt die von Nan aller irrer herte^) an ochsen vnd 
an rinder, wie daz gehayzzen ist; daz well wir auch war machen. 

37 Ol Do beraubten si sand Zysinien dorf pei der naht, do namen si xx ochsen 

vnd chfi vnd zugen frawen vnd chinden ab vntz in die hemde; daz welle 
wir auch war machen. 



t) A. 

k) vor Wilhalmen ein r ohne jedes KürzuDgs- 
zeichen, offenbar „Ser" bedeutend. 
/) Ä. 



m) A. 

n) a aus anderm Buchstaben gebessert. 

o) n aus m gebessert 

p) ein i am Ende durch Punkte getilgt 



— 152 — 

vnd nam im allez, daz er het, vnd nam im an beraytschaft vnd an pAchen ') 
vnd an phserden auf zwai hundert phunt ; doch chom er auz von gotsgnaden 
vnd gie seinen bech; daz ist auch ofifenwer. 
3* 60 q< So hat Wilhalm von sand Polten gewuntet her Fransizchen den pharrer auz 
Fleyms in dem dorf ze Tugen vnd hat des nie dhayn erchantnusse me 
darüber gehabt vnd geet darvber in dev chirche. 
51 qt So habent die von Ghastelbrager geuangen zweu priesten ^), do si füren von 
Triende, vnd habent die beraubt, hem Stephan den prior von sand Thomas 
vnd hem Peter den pharrer von sand Laurentzen vnd iren chneht den 
Florin; des habent si grözzen schaden genomen. 

62 q» Do viengen si Ottolines chneht Petem, do er giench von Vnser Frawen 

chirbeich auz dem Walde, und gaben den in Sieben gewalt von Galdensetsch ; 
der hiez in do t&ten. 

63 <h Do hiezzen si auch ze tode slahen ainen in Vltim, der hiez Gh&ntze, herre, 

in ewerm gerihte; daz welle wfr auch war machen. 

64 01 So habent si beraubet den Schreiber von Tresi vnd habent in vertriben von 

seinem gfite, vnd seiner mag zwen, die geturren dahaym niht gesein, vnd 
mugen sich ires aygen gutes niht gefrseuwen. 

65 % So wizzet herre, daz die von sand Polten vnd von Tunne mit ainem vromden 

volche ehomen in daz dorf ze Corde nu ') an dem hayligen ebenbeich, der nu 
nsBchst vergangen ist, vnd füren zi, daz chrsßuleich vnd vnchristenleich getan 
was, vnd verpranten fumf hsBuser vnd viengen die Isßute, etleich verpranten 
si vnd etleich die schunten si, etleich erslugen si mit dem swerte, etleich 
fürten si mit in geuangen, vnder den verdürben xi, die verdürben ains 
isemerleichen tödes ; vnd die selben liez man weder durch pet noch durch g&tes 
willen an allev erparmung dhayn gotes reht niht enphahen, si musten an 
ellev gnade verdaerben; xvi die wurden da geuangen, damit ward in daz 
newe iar geben des hayligen tages. 

66 Qt Do raubten si des selben tages in den selben hsBuseren, die verprunnen, und 

in andern hseuseren in dem dorf ze Cord in den pesten vnd in den 
reichisten , daz praht wol auf zwai tseusent guidein ; des selben tages do '''') 
beraubten si auch daz dSrf ze Panche mit dem vnsseligen volche; daz waz 
an allev gnade vnd^^) an allev erparmung. 

67 01 Des ssBlben nahtes beliben si in dem dorf ze Ammei, da taten si allev div 

p6shayt, div si ertrahten mohten; si enterten die chirchen vnd namen darauz 
chelche vnd chraeutze vnd daz noch aller pÄsist ist vnd vumenschlelch ze 
t&n, si wolten pei den frawen ligen, die in den •*') chindelpete lagen vnd die 
in dev chirche waren entrunnen, vnd namen auch auz der chirchen allez, 
daz darinne geflfichent was vnd daz si darfnne fuoden, vnd behüben 
gewaltichleich etleich frawen , die wurden Isesterlich da gen6tzogt ; vnd 



x) A. 

s) DU Über der Zeile von gleicher Hand 
nachgetragen. 



aa) d aus b gebessert. 
&&) hierauf „al** getilgt. 
cc) Ä. 



— 154 - 

4* 67 Wizzet auch herre, daz si ainen priester hern Gwalen von Tuyen beraubten, 
dem namen ain phsert und ainen silber gurtel vnd mezzer vnd swert. 

68 qt Gnsediger berre, wizzet, daz wfr ze allen Zeiten geren getan haben allez daz 

fr mit vns geschaffen habt, vnd immer gerne tun wellen, vnd haben daz 
allez gedultichleich gellten, swaz vns ist beschehen, wan wfr ewer gnaden 
albegen wartend sein gewesen, daz fr vns ze hilfe wert chomen in der weise, 
daz fr vns \Tisers rehten biet lazzen geniezzen, wan wfr dem hause ze Tyrol 
ze allen zelten mit triwen wartend sein gewesen vnd immer gerns tfin wellen, 
als daz pilleich ist. 

69 Ol Wizzet auch, waz si Heinreichen von Valer, vnserm ^^) besundern vreunde, 

getan haben; dem sint si dreistunde vmb sein haus gangen vnd bieten daz 
geren pösleicb gewunnen vnd habent sein Iseute beraubet vnd geuangen; 
swa si die westen, die in angehörten, die slägen si oder si namen in allez, 
daz si da beten ; auch viengen si, do er in ze trinchen gab in seinem hause, 
der weste sich von in niht zu bäten, der mfist in ain gewishayt setzen vmb 

e 

zwai hundert phunt, der haizzet Vlreich von Pauli. 

70 (h Darnach do viengen die von sand Polten ainen seinen besundern diener 

AUezandem sun von Nan, der must in geben hundert march. 

71 Ol Darnach wart ain fride gemachet zwischen Hainreichen vnd Poltneren, also 

daz ieder mann solt seinen vreunden helfen, da tet Heinreich nie niht wider, 
vnd si prachen den friden an im vnd bieten in geren praht vmb leib vnd 
vmb gut, wer in des stat worden. 

72 Ol Wizzet auch herre, daz die Tulenner **) viengen drei Cazuffer, die beschatzten 

si umb dreizzich march auf dem hause ze Tullenne. 

73 Ol Wizzet auch, die Cazuffer waren in irem hause, do lieffen in Tullenner ofte 

ffir daz haus vnd bieten sei geren an leib vnd an gut beschediget vnd habent 
oft ainen gewuntet, der mit dem leben chaum ist mit dem leben") dauon 
chomen. 

74 Ol Gnsediger herre, wizzet, waz vns her Volchmar vnd her Altum von euren 

wegen gesayt vnd gepoten hat, des sei **) wir albegen gehörsam gewesen 
vnd haben ez allez gellten durch ewer lieb wil vnd biet wir euch niht an 
gesehen, wfr bieten vns an vnsern veinten wol gerochen, den schaden, den 
si vns getan habent, der wer leiht in widervaren. Dauon getrawe **) wfr eu 
wol, daz fr vns des lat geniezzen, daz wfr albegen reht gepoten haben vnd 
ewer gepot nie vbervaren haben. 

Fol. 5 bis Fol. 6 (3 Seiten) leer. 

II. Hand. B. 

6* Daz ist der widerdriez, der Poltneren vnd Tulendem geschehen ist von 

Artzneren vnd Kazfifern. 



gg) m aus n gebessert. 
hh) ein i- Strich über dem ersten n durch 
Verwischen getilgt. 



M) A. 
kk) A. 



— 156 — 

herschaft ze laster vnd vbir vnsern grozzen *) schaden, vnd füeren gen Glaiz 
vnd sluegen wein an erde vnd wuestoten daz lant vns vnd vnsern frivnten. 

7 Danach sant her Perchtolt der praust von Ganav nach Wilhalmes Poltners 
aygnen man, der hiez Sfine, vnd do er dar ch8m, do martrot er"») in; do 
er do nicht sagen wolt, waz si vvolten, do zarten si im die solen von den 
f&ezzen hintz auf daz pain mit hakken; darnach fueren si mit eisneinen 
spizzen vmentumme durch in wol hundert wunden ; die selben wunden sieltzen 
si mit saltz ; danach hieng er in auf pei den fuezzen vnd goz im ezzeich in 
div nase ; vnd an der marter starb er ; da si in an der marter toten funden, 
da würfen si in vbir den chofel"); da lag er wol drei tag, daz si in niemant 
weiten lazzen nemen weder weip noch man. 

8 Donach rueften Artzner vnd H. von Valer vnd CalsuflFer einen wirt datz 
Pauil, der Tulender freunt waz, daz er in ze trinchen praecht; do pracht er 
in ze trinchen in einem hemde; vnd er in den wein pot, do schluch ainer 
den pecher nider, der ander vber in vnd mordoten in lasterleich. 

7 9 Danach dirwischoten ^) er einen dez pischofs aigen man, da er von dem 
rechten gie, der sich nicht west ze hueten, den martroten si noch wirser 
vnd sniten im riemen auz dem rukken, vnd als si dem^) vodern gesaltzen 
heten, als sieltzen si auch den in allen seinen wunden; darvbir^) daz allez 
derstiezzen si im allez sein gelid, daz ninder chains gantz an im waz, vnd 
daz tet Niclav von Artz vnd Otulin von Safser, da in der praust geantwurt 
het; darvbir würfen si in haimleich pei der nacht verstoln vbir einen chofel, 
daz in niemant west zu ^) suechen ; denn einer, der tauben viench, der vand 
in; vnd ob si dez laugen^) wolten, daz welle wir erzaigen mit leuten, die 
in funden. 

10 Darvbir würfen si uns ein chnecht, die von'') Altspaur vbir den chofle datz 
Puntelpin, der zu vns gesant wart von Triende. 

11 Danach tet vns her Wilhalm von N6n vnd sein sftn vnd sein aidem Frid.*) 
von Cord ein mort vnd sant nach ainem vnd sicherten in leibez vnd gfttz, 
vnd da er zu in chöm, da hiezzen si in allen seinen wapen von im legen ; 
vnd er den wappen von im gelegt het, do gie er für sei vnd chniet vnd pot 
in sein hende; do warn si da vnd schluegen in vnd mordoten in laster- 
leichen '). 

12 Danach gie Jacob von sand Polten gen Tulende vnd svecht**) waegen vnd 
waest sich nicht ze hueten von Kalsuffer'). Do luffen Kasuffer auz 6inem 
hauz vnd wolten in erslagen haben vnd ersluegen im ainen chnecht an 
der seit. 



k) das erste z aus o gebessert, o (= ro) 
über dem ersten z. 
l) B. 

m) „er" über der Zeile, 
n) e aus teilweise radiertem 1 gebessert. 
0) B, 

p) das erste r aus z gebessert. 
q) hierauf ein .sol** gestrichen. 



r) „die von** über gestrichenem „datz''. 

8) „Prid." über gestrichenem „Wilhaim". 

t) hierauf ein „Tud" gestrichen. 

u) y über undeutlichem getilgten Buch- 
staben. 

v) „von Ealsuffer** über der Zeile von 
gleicher Hand nachgetragen. 



— 158 - 



7* 19 So habent die Artzner die leut auz") Valkemunige wesant, die pei dem 
morde gewesen sint, da vnser prueder ermordet wart, und die selben wurden 
in div hfit gelet gen Yaler ") in daz haus auf vnsern schaden, ynd die selben 
vnsern frivnt ainen von Glaiz viegen**) si vnd werauboten in vnd"") 
martroten *"*»), der^'') chain wapen nie getrueeh vnd der gelazzen wart durch 
hern Machfrin willen; vnd daz si im namen, daz fuerten si gen Artz vnd 
tauten daz ze Nikileins angesicht 

(Der übrige Teil der Seite 7* ist leer.) 



8 



III. Hand C. 

Daz sint die smsehe, die den von Tunne geschehen sint vnd iren 
frivnten vnd diensBrn. 

Des ersten ist ze merehen, daz her Symon von Tunne het gemachet einen 
fride zwischen dem Freytag vnd seinem vater vnd seine**) prüder zv aime 
tayl vnd Ghunrat von Corde mit seinrC) geselleschaft zv dem andern tayl. 
Der selbe Ghunrat vnd sein geselleschaft het an geleit vnd geordent, den 
selben Freytach posleich ze mordren") in dem fride. 

Darnach ist der Beluesin von Corde mit seinre geselleschaft poslich gangen 
in daz haws Frideriches des Freytags vater vnd alles daz si darinne funden, 
daz namen si vnd ravboten daz vnd rauboten auch iriv weip und ire 
hausfrawen. 

Darnach furn si zo Chunrat von Corde vnd Beluesine vnd Frid. sein prüder 
auch von Corde mit irre geselleschaft, giengen auf vnser gemaines gras, 
da^) si vnser rinder vnd ochsen funden, vnd namen die rinder vnd div 
Sache des Fridriches des Freytages vater. 

Darnach gie her Nyklav von Artz mit grosser geselleschaft gen Corde vnd 
beraubot da die hawser des Freytages vnd seins vaters vnd seinre prüder 
vnd seinre frivnte, die auch gesezzen sint in dem selben dorfe. 

Darnach gie aber her Nyklau von Artz in daz havs Frid. des Freytags vater 
vnd süchoten den da haime vnd weiten in geuangen haben; do funden si 
nyemant wan des selben Frideriches chint, daz ist wol zwaier iar alt, daz 
namen si vnd fürten daz mit in vnd daz habent si noch gevangens. 

Darnach^) giengen aber die von Artz in des Freytages havs, da funden si 
des Freytages havsfrav ligent in chindelpetten ; swie daz sey, daz si auch 
ein Artzerin sei, si namen daz chint vnd versuchoten, ob iz waer ein chnehtel, 
daz si daz weiten vmb die mawren haben geborfen ; da waz iz ain msegdle ; 



kk) hierauf „Valkemfig** gestrichen. 
II) nach „Yaler'* zwei Buchstaben teilweise 
radiert sowie die Worte „vnd gen** gestrichen. 
mm) B, 

nn) nach „werauboten" die Worte „vnd in" 
gestrichen, dann „in vnd" über der Zeile nach- 
getragen. 



oo) hierauf wäre ein „in" zu erganzen. 
pp) nach d ein e radiert. 

a) a 

b) d aus Y gebessert. 

c) hierauf „ge" gestrichen. 



— 160 — 

fride, den her Symoo von Tunne machot zwischen dem selben Freytage vnd 
seinre prüder gen den von Corde. 

16 Vnd umb div selb sache mit rat Jacoben des smides von Treso, der da wont 
ze Corde, und mit seime geschsBfte santen mich gen Artz zv ainem poten 
umb div selbe sache. 

17 Darnach Varin weylent Marquardinen sun von Corde hat geoflfent'?), daz er 
selber mit hern Willehalm von Artz vnd mit Chunrat vnd mit Fridrich 
weylent her Nyklaus sune von Corde vnd mit etlihen andern iren frivnten 
^int gewesen vor dem chastel Brager mit laytteren pei der nacht ze stelen 
daz chastel. Darnach veriach derselbe Varin, daz si anderstunt chomen mit 
iren volche für daz haus in den grabren •') vnd wolten den selben Friderich*) 
haben geschlagen vnd die seinen. 

18 Darnach hat der selbe Varin veriehen*) vnd geoflfent, daz div selbe geselle- 
schaft wol mit xxv mannen pey der naht warn gangen an sand Petersperch 
vnd wolten daz haben poslich gestolen; vnd Jacob der smit waz in der 
selben geselleschaft. 

19 Darnach hat geofifent vnd vergehen Saluus, der da haizzet Schanauin, daz 
Willehalm von Artz vnd Chunrat von Corde vnd Fridr(eich) weylent her 
Nyklaus sun von Corde, Franzisce weylent Desyderaten sun von Corde, 
Heinricus der Mäzen filius Sori von Corde, Suban~) von Corde vnd Haintze 
von Corde mit irre geselleschaft chamen mit laytteren an daz chastel Brager 
vnd wolten daz gestolen haben pey der naht. 

20 Derselbe Saluus hat vergehen vnd geoflfent, daz her Willehalm von Artz mit 
seinre geselleschaft von Artz, als obent gcschriben stent von Corde, daz si 
giengen an sand Peters chastel pey der naht mit laittern vnd wolten daz*) 
gestolen haben. 

21 Derselbe Saluus hat vergehen vnd geoflfent, daz Willehalm von Artz vnd alle 
seine geselleschaft von Artz vor Wlreiches tot von sand Ypolten in einem 
fride, dem «') her Tomas machot, wolten haben Poltner geschlagen vnd 
dermurt zwischen des ') dorfes Kazezi vnd des hauses von Malgulo auf der 
strazze, do si wolten an Meran varen gen houe. 

22 Derselbe Saluus hat mer vergehen vnd geofifent, daz der Desideratus des Eazen- 
eilen sun von Corde sante den selben Saluum gen Willehalm dem Fuxe von 
Artz. Do sprach der Saluus ,waz sol ich da tun?' Do sprach der Desyderatus, 
nu izzestu doch mein prot vnd trinchest meinen wein, gench zv hern Wille- 
halm vnd tu, waz er mit dir schaflfet. 

28 Derselbe Saluus hat mer geoflfent, daz Willehalm der Fuxle vnd Rybaldonus 
vnd ain ander man vnd der selbe Salue giengen mit einander gen Artz gen 
Malgullo vnd darnach cham Schribanus der noder vnd sein prüder Segna 



q) „hat geofifent^ über der Zeile. 
r) a 

8) Fridrich mit er-Zeichen, C 
t) ein 1 am Schlüsse des WTortes durch 
Punkte getilgt. 



u) der zweite Buchstabe (u) undeutlich. 
v) „daz** zweimal, C. 

w) a 

x) hierauf „hauses** gestrichen. 



- 162 — 

Äußerer, ans der Herr Professor Dr. Beich eine italienische Übersetzung anfertigte, 
unter dem Titel ,,Barbarie passate"" zuerst in der Zeitschrift „Tridentum*' (1901), 
dann in eigenem Abdruck veröffentlichte ; wir tuen ihrer Erwähnung mit der Abkür- 
zung: „Abschr. Reich". 

Prof. Beich erwarb sich um Erforschung dieser Vorgänge nicht nur durch die 
Übersetzung des Textes (welche die erste Publikation desselben darstellt, durch die 
auch der Herausgeber dieses zuerst mit den Ereignissen etwas genauer bekannt 
wurde), sondern auch durch Beifllgung von zahlreichen, den Text historisch beleuch- 
tenden Bemerkungen ein großes Verdienst. 

Zur äußeren Kenntnis der drei Klageschriften sei noch bemerkt, daß jede 
derselben in einzelne kleine Absätze zerfallt, die in A durchwegs (mit Ausnahme 
des ersten Punktes) dstö gewöhnliche Anfangszeichen q? vor sich führen, während 
in den zwei folgenden Schriften die Absätze zwar erkenntlich, aber nicht durch 
eigenes Anfangszeichen eingeführt sind. Diese Absätze hat Beich in seiner Über- 
setzung numeriert; wir setzen diese Nummern voran. A enthält 74 solche Absätze, 
B 19, C 23. 

Alle drei Schriften sind in deutscher Sprache abgefaßt, die den Charakter 
des Allemannischen an sich trägt, aber wohl einzelne Ausdrücke enthält, die aus 
der italienischen Umgangssprache des Nonstales auch in den Sprachschntz der Ver- 
fertiger der Klagen übergegangen sein mögen. Das Satzgefüge ist, wie es wohl der 
Zeit entspricht, öfters unbeholfen und undeutlich, so daß man an manchen Stellen 
den Sinn mehr erraten muß, als man ihn klar herauslesen kann. Dies mindert 
den Wert des Schriftstückes als historische Quelle auch nach seiner sprachlichen 
Seite. Die Anordnung läßt gleichfalls viel zu wünschen übrig, am meisten in dem 
umfangreichen A, auch noch mB, — A scheint im großen Ganzen eine Abteilung nach 
den verschiedenen Gegnern (es sind zugleich die sich verteidigenden Gegen-Kläger in J5), 
innerhalb dieser wieder eine chronologische Darstellung, hie und da auch eine An- 
einanderstellung ähnlicher Übeltaten beabsichtigt zu haben; sie wird aber häufig 
durchbrochen. Das geht daraus hervor, weil manche Dinge in derselben Schrift 
mehrmal berührt sind, wobei die Wiederholungen oft Ergänzungen oder neue Ge- 
sichtspunkte bringen. In manchem empfängt man den Eindruck, als ob die Klagen, 
besonders A und jB, eine Niederschrift der Aussagen Einvernommener enthielten, 
die alles zu Papier gaben, je nachdem dem einen dieses oder jenes einfiel. Das 
erschwert es um so mehr, aus diesen verworrenen Darlegungen ein irgendwie 
klares Bild zu gewinnen. 

Auch der Umstand darf bei Benützung dieser Beschwerden nicht außer acht 
gelassen werden, daß es reine Partei Schriften waren oder Niederschriften von Partei- 
aussagen, die für jede Partei dem Zwecke dienten, sich selber und ihre Genossen mög- 
lichst zu entlasten, als unschuldig oder gerechtfertigt darzustellen, dagegen die von der 
Gegenseite zu belasten und schwarz erscheinen zu lassen. Was die Gegner angeht, 
wird häufig in grellem Lichte dargestellt; es werden Absichten in die Vorgänge 
hinein interpretiert, die man so klar nicht wissen konnte, auch öfter Dinge erzählt, 
deren sicheres Wissen man durch die Nebenurastände selber ausschloß. Ofienbar 
waren mitunter arge Dinge vorgegangen, aber die Beschwerden entwerfen von 



— 164 — 

Dieser Arzner Gruppe werden in Ä 1 als feindlich und schädigend gegenüber- 
gestellt die von Sand Polten (8. Polten, S. Ipoliti), von Thun (Tunne) und von 
Tuenno (dieses in den verschiedensten Formen geschrieben, als: Tuyn, Tuyen, 
Tulenn, Tulend, auch Tngen). 

Wir nehmen hier die genannten Familien nach ihrer Parteigruppierung einzek 
durch. 

3. Die Arzner Gruppe. 

Die Familie Arz (Arsio), obwohl dem Schauplatz der meisten Vorgänge etwas 
femer wohnend auf Schloß Arz an der Rechten der sich in den Noce ergießenden 
Novella, scheint dennoch in den Kämpfen dieser Jahre för die eine zahheichere 
Gruppe die führende Stellung, wenn auch nicht immer im Kampfe selbst, so doch 
in den Plänen eingenommen, eine Art Oberleitung gehabt zu haben. 

Nach Äußerer ist ein Warimbert von Arz (de Arso), der 1185 bei Belehnung 
des Ulrich von Eppan durch den Trienter Bischof als Zeuge fungiert, der älteste, 
nachweisbare Herr von Arz; 1231 erscheint dessen Sohn Arnold als Dienstmann 
des Eppaner Grafen Ulrich von Ulten. Da aber alle Eppanischen Güter an die 
Grafen von Tirol kamen, waren am Ende des Xm. Jahrhunderts die Herren von 
Arz Vasallen des LandesfQrsten von Tirol; sie waren auch eifrige Helfer Meinrads 
auf dem Nonsberge, obwohl Swiher von Arz sich 1285 auf 1286 in eine Verschwö- 
rung gegen diesen, jedoch nur vorübergehend eingelassen hatte. Im allgemeinen 
blieb die Familie auf Seite des Grafen von Tirol, von dem sie mit ihren Be- 
sitzungen abhing. Kurz vor Beginn unserer Fehde (5. Juli 1334) hatte König 
Heinrich dem Niklas von Arz erlaubt, auf dem Bühel „Dossalto"* an der Novella 
ein neues Schloß zu bauen, das Lehen von Tirol sein sollte. Dieses neue Schloß, 
Unterschloß genannt, hieß auch S. Anna nach der darin befindliche Kapelle. Ob 
es zur Zeit dieses Streites schon erbaut oder vollendet war, ist nicht ersichtlich *). 

Niklas (Niklau) von Arz, in dem Friedensvertrage von 1330 unter seinen 
Geschlechtsgenossen noch an zweiter Stelle (nach Wilhelm) vorkommend, scheint 
mittlerweile das Haupt der Familie und damit auch Haupt der ganzen Partei ge- 
worden zu sein, die unter dem offenbar mächtigen Einfluß der Arzer stand. Er ist 
in den Klageschriften außer der ersten (A 1), in welcher er gleichsam als Haupt- 
kläger an der Spitze der Kläger steht, noch ausdrücklich genannt in B3, 4, 9, 19 und C 4. 

In der Thunischen Klageschrift werden als rührige Gegner namentlich be- 
schuldigt: Belvesin von Arz (C 9) und Wilhalm (C 17, 19, 20, 21), auch noch 
ein Wilhalm, der einmal des Fuxes Sohn von Arz, zweimal der Fuxe (bezw. Fuxle) 
genannt wird ((7 14, 22, 23) und vielleicht mit dem erstgenannten Wilhalm iden- 
tisch war. Derselbe Wilhalm als Sohn weiland Fuxleins, hier mit dem Beinamen 
Gebele von Arz(Artzet) kommt auch in der Arzer Klageschrift vor (Ä 61), wo von 
ihm erwähnt wird, daß er der Tunner Schwestersohn war*). 



^) Alle diese Notizen aus Auüerer, Adel, 
p. 106 ff. 

'^) Da, wie wir noch sehen werden, die am 
Streit beteiligten Tbune, wenn nicht aus- 
schließlich, so sicher vorzugsweise, die auf C. 
Bragher (Simon III. mit seinem Bruder Frie- 



drich) waren, wird es wahrscheinlich, daß eine 
Schwester Simons mit dem Fuxlein von Arz 
vermählt gewesen ist, obwohl wir sonst von 
einer solchen nichts wissen, auch ihron Namen 
nicht kennen. 






- 166 - 

genannt werden. Ihr Sitz lag im Dorfe Tuenno am oberen Teile desselben, weshalb 
dieser Ortsteil noch heute „al Cazzuff** heißt '). Äußerer vermutet, daß zwischen 
den freien Sassen im Dorfe und den Herren von Tuenno bei dem Dorfe gleichen 
Namens eine alte Feindschaft bestand, da jenen schon 1211 vom Bischöfe gleiche 
Rechte mit dem Adel zugesprochen waren '). Auch bei der hier behandelten Fehde 
hat die Spannung in Tuenno offenbar ganz bedeutend zur Verschärfung der Lage 
beigetragen. Die Beschwerdeschrift B der vereinigten Pöltner und Tuenner klagt 
über sie in Punkt 8 und 12. Nach B 13 sollen die Herren von Arz Leute, die 
beim Morde Ulrichs von S. Polten beteiligt waren, in das feste Haus Cazuff ge- 
schickt haben, wo dieselben auch wirklich beherbergt worden seien. Da gerichtliche 
Schritte zu keinem Erfolge fllhrten, suchten die Tuenner die angeblichen Mörder 
aus dem Hause mit Gewalt zu nehmen, hatten aber keinen anderen Gewinn davon, 
als daß ihnen ein Knecht erschossen, andere verwundet wurden. Auch nachdem 
hierauf durch Hilprant von Flavon zwischen ihnen und den Tuennem eine Waffen- 
ruhe vermittelt war, enthielten sie sich doch nicht verschiedener Angriffe auf ihre 
Erbfeinde (B 14) in Tuenno selbst und in der Umgebung. 

Tuenno mit Cazuff nahe gelegen, befand sich das C. Valer. Schloß Valer, noch 
heute gut erhalten, ist 1211 zum ersten Male erwähnt. Meinrad H. hatte es an 
Ulrich von Coredo als Lehen übertragen, der es umbauen ließ. Eia Zweig der 
Coredo hatte es dann im Besitz bis zirka 1342. Noch im Feber dieses Jahres er- 
scheint ein Heinrich, Sohn Heinrichs von Valer, ein Tegentin von Valer mit einem 
gleichnamigen Sohne, sowie die beiden Schwestern Virata und Margaretha, Töchter 
Friedrichs von Coredo -Valer; zwölf Jahre später (1354) erscheint das Schloß 
nach Ermordung des Herzogs Conrad von Teck, des gewesenen Marschalls Ludwig 
von Brandenburg, als zu dessen Hinterlassenschaft gehörig. Auf welchem Wege es 
zwischen 1342 und 1354 in seine Hand gekommen war, ist bis jetzt nicht ermittelt'). 

Auch die Besitzer dieses Schlosses sind unter den Verbündeten der Arzer auf- 
gezählt {Ä 1), in B 8, 16 und 18 wird ausdrücklich ihr Zusammenwirken mit diesen 
zur Schädigung der Gegner behauptet; fremdes Volk, das die Arzner aus Val Camonica 
herbeigerufen, sollen sie in das Schloß Valer „in die Hut" gelegt haben (B 19) zur 
Bedrohung und Schädigung der Gegner der Umgegend. Als Herr vom Schloß Valer 
ist ausdrücklich Heinrich bezeichnet (A 69); dieses wurde einmal drei Stunden 
lang von Pöltnern belagert (A 12 und 69), wobei auch Heinrichs Bruder Fritz 
erwähnt ist. Auch ein Verwandter Heinrichs, namens Rigobel (A 13), und ein Knecht 
desselben (A 20) wurden genannt, die von der Gegenseite in Nan tätliche Angriffe 
erfuhren, ebenso die Brandschatzung eines seiner Anhänger in Pavillo {A 69). — 
In einem späteren Zeitraum, als bereits Simon von Thun in die Fehde verwickelt 
war, war speziell zwischen ihm und Heinrich von Valer zu Trient durch Mittels- 
männer eine gänzliche Aussöhnung angebahnt worden, die aber nicht lange vor- 
hielt, da bald darauf seitens dieses ein Raubzug nach Tajo folgte (B 10), wie auch 
ein Zug nach Enn (B 11). 



J) Äußerer, Adel, p. 132. 

*) L. c. p. 133. 

s) Äußerer, Adel, p. 123 f. 



- 168 — 



letztgenannte Desideratus (C 22) kann mit dem C 19, der als schon verstorben an- 
gefOhrt ist, nicht identisch sein. 

Zwei andere von Cored, die den Fehden zum Opfer fielen, werden als „gute 
Männer" bezeichnet, was gewöhnlich soviel als »Adelige", wenigstens „freie Männer** 
bedeutet; es sind dies Poppe von Cored (Corde) in J.19 und Zagnino (Zagnine) in A 28. 
— Andere Beteiligte aus Cored erscheinen als Diener einer der in die Fehde 
verwickelten adeligen Familien ; als ein solcher ist Wezin von Cord (Ä 10) bezeichnet, 
dann ein Marquardin von Cored (Corde), der früher im Gefolge der Herren von 
Cored war, dann aber sich als Zeuge gegen sie brauchen läßt (C 17 und 18). 
Wahrscheinlich gehörte der Salvus, der gleichfalls belastende Aussagen gegen die 
Arzer und mehrere von Cored machte (C 19, 20). gleichfalls dem Dorfe Cored an. 

Von den in der Schrift A als Kläger genannten sind nur noch die Spaurer 
Qbrig. Es gab bekanntlich zwei unterschiedene Orte Spaur nebeneinander, heute 
und seit langem als Alt- und Neu-Spaur (Sporum maius und Sporum minus) be- 
zeichnet; die den beiden Ortschaften nahe liegenden Schlösser, bezw. Türme hießen. 
Schloß Beifort bei Alt-Spaur, Castrum Rovina oder S. Anna bei Neu-Spaur ^), jedoch so, 
daß wenn es einfach Castrum Spori hieß, lange hin gewöhnlich bloß das Schloß von 
Neu-Spaur gemeint war. In unseren Klageschriften wird nur einmal ausdrücklich Alt- 
Spaur genannt, in B 10. Jedoch wird Jeremias von Spaur, der Vikar im Nonstal, 
der gewiß der adeligen Familie von Alt-Spaur angehört, zweimal einfach als „von 
Spaur" bezeichnet (A 15, 20), so daß, wenn von der Arzischen Gruppe (A 1), wie 
von ihren Gegnern (B 5) die Spaurer als zu ersterer Gruppe gehörig aufgezählt 
werden, immerhin die von Alt-Spaur gemeint sein können und wahrscheinlich 
gemeint sind. Aus dieser Parteistellung der Familie des Vikars Jeremias würde es 
sich auch erklären, daß die Gegenseite angeblich gegen ihn im Dorfe Enn einmal 
einen Tötungsversuch durch Speerangriflfe machte (A 15). Damit ist Volkmar von 
Burgstall, der auf Neu-Spaur saß, von dem Scheine einer Parteistellung entlastet, 
den der allgemeine Ausdruck „Spaurer" auf ihn werfen könnte, der ihn ja offenbar 
als Friedensvermittler, als welcher er wiederholt auftritt, ungeeignet hätte er- 
scheinen lassen. 

4. Die Pölten-Tuenn-Thuner Gruppe. 

Die Arzische Klageschrift bezeichnet gleich zu Anfang (A 1) ihre Gegner als 
die von Sand Polten, von Tunne und von Tuyen (Tuenno). Von den Gegen- 
schriften ist die zweite (B) als von Poltneren und Tulendem (Tuennern) ausgegangen 
überschrieben, die dritte (C) will die Unbilden (smäehe) aufzählen, welche denen 
von Tunne geschehen sind. Es ergibt sich aber auch hier, daß jede Partei unter 
ihren Freunden und Dienern oder „Nachfolgern", wie sie auch genannt werden, 
noch manch andern adeligen Anhänger hatte. Wir gruppieren die auf dieser Seite 
Beteiligten wiederum nach den ausdrücklich genannten Familien, sprechen also zuerst 
von den Sankt Pöltnern. Das Schloß S. Ippolito (St. Polten) lag oberhalb Mechel, 
ungefähr eine halbe Stunde aufwärts, heute sind davon kaum mehr Spuren vor- 



^) Die zwischen den gelehrten Forschern 
Äußerer (Adel, p. 166 ff.) u. Reich (I Castelli 
di Sporo etc., p. 21 ff.) bestehende Verschieden- 



heit der Ansichten, ob das Schloß von Alt- 
oder Neu-Spaur älter sei, hat für unsere Frage 
keine Bedeutung. 



— 170 — 

weiber solche vom Dorf Tuenno, oder Eigenleute der Herren von Tuenno waren ; 
in B 16 ist es wahrscheinlicher, daß die dort genannten Tutender, denen Vieh ge- 
raubt wurde, Bewohner des Dorfes Tuenno waren. Auf Dorf Tuenno bezogen sieh 
auch die Angaben von Ä 45 (hier ausdrücklich), wahrscheinlich auch Ä 67 und B 12. 

Wir kommen nun zu den Herren von Thon (durchwegs Tunne geschrieben) ; 
aus^ kommen die auf „die von Gastelbrager'' bezüglichen Punkte 51 — 54 und die Punkte 
55—62 in Betracht, welch letztere sich dem Wortlaut nach wie auf die von 
St. Polten auch auf die „von Tunne'' im allgemeinen beziehen. 

Wir müssen, um Klarheit zu gewinnen, gleich auf die Frage eingehen: Welche 
Glieder der Familie waren in die Fehde verwickelt? Klar genannt wird nur ein 
Einziger von ihnen: Simon von Thun, der Sohn Belvesins, der allein mit seinem 
Bruder Friedrich um diese Zeit Herr von C: Bragher war uud dort auch (abgesehen 
von den Klageschriften) wenigstens gegen Ende seines Lebens als ständiger Be- 
wohner festzustellen ist. Dort wohnte auch sein Bruder Federicus, der 1337 
zwischen März und August erst volljährig geworden zu sein scheint^}. Der dritte 
Bruder Bertold, den die beiden noch hatten, war jedenfalls früher gestorben. 

Bei dieser Fehde tritt aber C. Bragher als Sitz der Thune durchwegs 
in den Vordergrund. Daneben wird nur noch, als ihr Schloß, das die Gegner 
ebenso wie 0. Bragher heimlich bei Nacht ersteigen wollten, S. Petersberg (C 18) 
oder S. Peters Castel (ü 20) genannt, einmal auch S. Petershaus von Tunne {Ä 48). 
Wir wollen hier annehmen ^), daß dieses von S. Peter zubenannte Schloß kein an- 
deres sei, als jenes S. Petersberg in der Pfarre Tonum bei Vigo, das, seit es ge- 
nannt ist, immer als Besitz der Thunischen Familie erscheint. 

Stellen, die sich speziell und namentlich auf Glieder der Familie Thun beziehen, 
liegen vor in A 22*), dann von A 55—62, wo für eine Reihe von Übeltaten, die durch 
„fremdes Volk** begangen wurden, „die von St. Polten und von Tunne" verantwortlich 
gemacht werden, dann die ganze Klageschrift C, die ja von Thunen ausging und die 
Unbilden aufzählen will, welche den Thunen geschehen waren. Auch die Punkte 51 
bis 54 in A, durch welche „die von Castelbrager" gewisser Taten beschuldigt 
werden, beziehen sich tatsächlich auf einen Zweig der Thunischen Familie, nämlich 
jenen, der von Belvesin abstammte; denn dieser Zweig, u. zw. er ausschließlich, 
war um diese Zeit im wirklichen Besitz von C. Bragher. 

Mit dieser letzteren Angabe haben wir schon die nähere Bestimmung ge- 
wonnen, daß mindestens die in A 51 — 54 enthaltenen Punkte der Anklage sich 
nicht auf die Thune im allgemeinen, sondern auf den in C. Bragher sitzenden Bel- 
vesinischen Zweig der Thune beziehen. Dieser Zweig bestand damals, so weites 
sich um Erwachsene handelte, aus den zwei Brüdern Simon (III.) und Friedrich. Da 
ihr dritter Bruder Berthold um diese Zeit jedenfalls schon gestorben war, waren 
sie als Erben Belvesins wie die ausschließlichen Herren von C. Bragher, so auch 
die Bewohner desselben. 



^) S. oben p. 90. S) Reich las hier allerdings Tuenno; nach 

'*) Gewisse Bedenken dagegen siehe unten dem Or. kann aber kein Zweifel sein, daß es 

in der Darstellung des Verlaufes der Fehde, Tunne heißt. 

p. IIU. 



— 172 — 

besonders in ihrem letzten Zeitabschnitte auch mit eingegriffen hätten ; aber daß es 
wirklich geschehen, dafür haben wir nicht den geringsten Anhaltspunkt; der Um- 
stand, daß auch nicht ein einziger von den anderen Thunen mit Namen genannt 
wird, spricht eher dagegen, besonders, da man annehmen darf, daß wenigstens 
Simeon ü. von Thun als das Haupt der Familie nicht unerwähnt geblieben wäre, 
wenn überhaupt sich andere, als die von C. Bragher, sich an der Fehde beteiligt 
hätten. Da gerade um diese Zeit zur Unterstützung der Castelbragherer das Kriegs- 
volk aus Ober-Italien unter Führung Siccos von Caldonatz auf dem Nonsberg er- 
schienen war, mochten auch die Bewohner von C. Belvesin meinen, daß sie dieser 
Truppe die ausschlaggebenden Endschritte überlassen können, wenn sie überhaupt 
von dem heimhch ausgeführten, aber mißlungenen nächtlichen Anschlag auf S. Peters- 
berg Kenntnis erhalten hatten; denn es ist möglich, daß die letzten Ereignisse der 
Fehde sich Schlag auf Schlag zutrugen. So lange also nicht andere geschichtliche 
Anhaltspunkte aufgefunden werden, würde die Annahme, daß andere Zweige der 
Familie Thun in diese Adelsfehde verwickelt gewesen seien, nach dem bisher vor- 
liegenden Material der historischen Wahrscheinlichkeit wie der historischen Ge- 
rechtigkeit gleicherweise widersprechen. 

Unsicher ist auch, ob Simon III. von C. Bragher schon vor der letzten 
Periode in die Adelsfehde tätig eingriff. In einem späten Stadium der Vorgänge 
(C 1) erscheint er noch als Friedensvermittler für zwei einzelne Gruppen auf eng 
beschränktem Baume, nämlich im Dorfe Gored, das ja auch seinem Besitz und seiner 
Wohnung auf C. Bragher ganz nahe lag (nur 2*3 Kilometer entfernt). Wäre Simon 
schon vorher in die Fehde verwickelt gewesen, so würde er nicht so leicht als 
geeigneter Vermittler haben auftreten können und wäre wahrscheinlich von einer 
Seite zurückgewiesen worden. Auch der Umstand, daß mit diesem Zeitpunkte seine 
Gegenklage beginnt, spricht dafür. Gerade diese vollzogene Vermittlung aber scheint 
ihn in das erneuerte Waffengewühl hineingestürzt zu haben, da er glaubte, sich 
jenes Freitag annehmen zu müssen, gegen dessen Familie die vereinbarte Waffen- 
ruhe gestört worden war. Nachdem einmal dieser letzte Streit entbrannt war, nahm 
derselbe, besonders durch Heranziehung von handwerksmäßigen Kriegsleuten, freilich 
Formen an, die alles Frühere an Schrecklichkeit überboten. 

Um möglich volle Einsicht zu gewinnen, müssen wir auch mit diesen zuletzt 
berührten Namen uns beschäftigen, obwohl sie in den Klageschriften nicht so aus- 
drücklich als Haupt beteiligte hervorgehoben sind. 

Zunächst handelt es sich um die Familie eines Freitag in Coredo, zwischen 
dem und dem Conrad von Coredo eben Simon von Thun vermittelt hatte (C 1, 15). 
Diesen Freitag selbst treffen wir dann (Ä 49) im Heere des Markgrafen Karl vor 
Feltre mindestens im Hochsommer 1337; wahrscheinlich war er schon im Frühling 
(ungefähr April) mit ihm unter seiner bewaffneten Mannschaft nach Italien aus- 
gezogen, möglicherweise von Sicco von Caldonatz als einem der Mannschaftsführer 
Karls angeworben; wenigstens würde diese Annahme es gut erklären, warum sich 
Simon von Thun darum angenommen hatte, seiner zurückbleibenden Familie in 
Cored friedliche Verhältnisse zu sichern, da er der Schwiegersohn Siccos von Cal- 



— 174 - 

Gruppe, die den Freitag für deu Heber und Leger aller (in der letzten Zeit) ge- 
schehenen Übeltaten erklärt, hinzufügt, daß er hier (im Nonstal) mit Sieben 
(offenbar demselben Sicco von Caldonatz) beisammen ist. 

Schauplatz der Fehde. 

Behufs leichterer Übersichtlichkeit der Vorgänge geben wir dieser Abhandlung 
eine Karte bei, welche hauptsächlich das Gebiet des Nons- und Sulztales umfaßt, 
in welchem die Kämpfe sich abspielten, und jenen Teil des ültentales, in welchen 
die Ereignisse hinübergriffen. Trient, wo drei der berührten Vorfälle vorkamen, ist 
dabei, als sonst hinreichend bekannt, außer dem Rahmen der Karte gelassen worden. 

Wenn wir das sonst in den Klageschriften berührte Ortsgebiet durch seine 
Endpunkte zu begrenzen suchen, so finden wir, daß der nördlichst gelegene 
Punkt die Mühle bei der Uls (heute der Faschauerbach genannt) im Ulten-Tal war 
(B16, 24*). Der südlichste Grenzpunkt (von Trient abgesehen) war Alt-Spaur, 
nahe dabei Puntelpein, die Brücke über den Noce beim Eingang ins Nonstal (B 10). 
Nach Westen bildet Volsana das heutige Osanna) die äußerste Grenze. Am 
weitesten nach Osten liegen Senale („Unsere Frau im Walde") (Ä 52; B 2) 
und Bonzone, das wahrscheinlich unter Runs {A 31) gemeint ist. 

Das am häufigsten vom Kampf durchwogte Kampfgebiet bildet einen 
Streifen Landes zu beiden Seiten des Noce, ungefähr von Nano südlich bis Cagnö 
nördlich, und von S. Polten westlich bis Cavreno östlich. Die Hauptherde der Zu- 
sammenstöße lagen rechts vom Noce in und um Tuenno, uud in dessen nächster 
Umgebung bei C. Valer, Nano, San-Zenen-Dorf, Pavillo, Rallo, am linken Ufer im 
Dorf Coredo mit den Streifzügen nach Pfarrort Sanzeno, Banco, Casez, Malgolo. 
Ganz außerhalb des gewöhnlichen Kampfgebietes lag Schloß Arz (Arsio), obwohl 
dessen Herren als Leiter und besonders später auch als Teilnehmer einen großen 
Anteil an den Kämpfen nahmen. 

C. Beiläufiger Verlauf der Fehde. 
5. Vorbemerkung und Vorgeschichte. 

Im folgenden wird versucht, aus den verworrenen Notizen der Klageschriften 
ein beiläufiges chronologisches Bild der in denselben berührten Vorkommnisse zu 
entwerfen, nicht als unanfechtbare Geschichte, sondern als einen auf Kombinationen 
und Wahrscheinlichkeiten beruhenden Versuch, der allein nach dem vorliegenden 
Material vorläufig möglich ist und der dazu dienen soll, in die Hergänge wenigstens 
einige Klarheit zu bringen, der zugleich andere zur Überprüfung locken mag, um 
so durch mehrseitige Erwägungen, wenn nicht der gesicherten Wahrheit, so doch 
der Wahrscheinlichkeit so nahe als möglich zu kommen. 

Schon am 16. August 1330 war, wie der Wortlaut der betreflfenden Urkunde 
nahe zu legen scheint, aus eigenem inneren Antriebe der mächtigen Adeligen und 



1) Als Mühl im Ultental kommt auf der ^ nach dieser freilich recht ungenauen Karte 
Karte des Trienter Gebietes vom Ende des zwischen Völlan und Platzers liegt und der 

XVIJI. Jahrhunderts ein eigener Ort yor, der j deshalb dort auf unserer Karte eingesetzt ist. 



— 176 — 



6. Erste Periode. 

Zug nach Caldes, Einnahme von Cagnö durch die St. Pöltner. 

Nach Klageschrift A (von 4 an) scheinen wohl nach jenem in Dunkel ge- 
hüllten Morde und Eaube an Walter von Flavon die Caldes er die zuerst An- 
gegriffenen gewesen zu sein, und der AngrifiF auf sie scheint entweder allein 
oder vorzugsweise durch die St. Pöltner geschehen zu sein, da sie in der Klage A 
an die Spitze der Gegner gestellt sind, da der zuerst {A 8) namentlich genannte 
Angreifer ein Pöltner ist (Perthold vön S. Polten), und auch dämm, weil von den 
Gegnern die S. Pöltner am nächsten lagen. Wir finden jedoch viel später {A 48) 
eine Mitteilung, welche ahnen läßt, daß die ohnedies zu Fehden geneigten Pöltner 
auf die edle Familie von Caldes, der auch Cagnö gehörte, entweder einen vermeint- 
lichen Anlaß oder wenigstens einen Vorwand nahmen, um dieser Schaden zuzu- 
fügen. Dort wird nämlich erzählt, die Gegner hätten einen Tosi von Romeno (Kamen) 
gefangen genommen und ihm unter Androhung des Galgens das Bekenntnis er- 
preßt, Herr Perchtold von Canau habe versucht, das den Thunen gehörige Schloß 
St. Petersberg listigerweise abzunehmen. 

Wenn eine Verschwägerung zwischen den Familien von S. Polten und Thun 
(ein Federicus de Tono soll nach alten Stammbäumen mit einer Melania von St. Polten 
vermählt gewesen sein, und es ist leicht möglich, daß Federicus III. de c. Bragerio 
der Schwager der St. Pöltner gewesen sei) entweder bereits bestand oder in nahe 
Aussicht genommen war, konnten wohl die St. Pöltner sich als Eächer des An- 
schlages auf die befreundete Familie geberden. Vielleicht war dies die nächste, 
wirkliche oder Schein -Veranlassung zu dem Raubzug nach Dorf Caldes, wo auch 
Freunde und Verwandte der Herren von Caldes wohnten, die beraubt wurden *). 
Später*) wird ein Verwandter (Mag) der Herren von Caldes ausdrücklich genannt, 
nämlich Hans, Sohn des Beifant von Caldes, den sie zur Zeit der Klage (also 1338) 
noch auf dem Schlosse St. Polten gefangen hielten. Der Zug wurde von Caldes 
nächtlicherweise nach Mezzana (Mezan) fortgesetzt, wo man einen Fritz (Frithsonon) 
mit seinen Söhnen gefangen nahm und beraubte, und noch weiter in die Pfarre 
Osanna (Volthsan), wo weitere Beraubungen stattfanden'). Dies geschah vielleicht 
noch gegen Ende 1335 oder anfangs 1336. 

ungefähr um diese Zeit (vom 14. — 16. Jänner), 1336, fiel die Di özes an- 
Synode in Trient, die neben anderen auch manche, auf Laien bezügliche strengere 
Verordnungen enthielt. Vielleicht waren diese der Anlaß für die reizbaren St. Pöltner, 
um ihr Mütchen nun auch in besonderer Weise an Priestern zu kühlen. Es wird 



von Flavon doch einer andern Familie an, eben 
der des 1825 schon Verstorbenen, von dem ein 
Sohn Nikolaus als Ritter noch 1339 erwähnt 
wird (Reich p. 14). Neben ihm konnte der 
ältere Walter von Flavon noch einen gleich- 
namigen Sohn haben, der auch Ritter war. — 
Als Schwager einer der feindlichen Familien 
erscheint er, da es von ihm heÜ^t: „der ir 
swester ze einem weibe het". Da die erste Reihe 



der Arzner Anklagen besonders auf die St. Pöltner 
geht, scheint es, daß Walter von Flavon eine 
Schwester der Pöltner zur Frau hatte. Natür- 
lich können wir sie in die bekannten Bruch- 
stücke der St. Pöltner Genealogie nicht mit 
Sicherheit einreihen. 

1) A 4. 

^) A 47. 

3J A 6. 



— 178 — 



legene Schloß Valer gereizt zu haben ^), wobei man ja vermuten kann, daß die 
Valerer irgendwie in den Ansehlag gegen das Schloß St. Peter mit verwickelt 
waren. Die Pöltner gingen, wie später {Ä 69) genauer angegeben wird, drei Stunden 
um das Schloß Valer herum, ^schlugen" (verwundeten) dabei Fritz, den Bruder des 
Schloßherrn Heinrich *), und scheinen sich dann auf die nahe gelegenen Ortschaften 
geworfen zu haben, um an Anhängern oder Eigenleuten der Valerer ihren Unmut 
in verschiedener Weise auszulassen ; einen Edelmann namens Eigobel im Dorfe Nano 
(Xan), der Heinrichs von Valer Verwandter war, verwundeten sie'), viele nahmen 
sie gefangen, schlugen sie und beraubten sie*); unter den Geschlagenen war auch 
der Sohn eines Warin von Nan mit Namen Muzi (etwa Muggio), den sie mit 
den Tuennern vereint in der Nähe des Schlosses Flavon fingen und der ihnen 
100 Mark (1000 S" Berner) als Lösegeld geben mußte **). 

Aus dem letzterwähnten Faktum geht hervor, daß schon um diese Zeit bald 
auch die Herren von Tuenno, die dem C. Valer noch näher hausten (2*4 Kilo- 
meter entfernt), in die Fehde als Genossen der Pöltner eintraten. Auch ihnen wird 
eine Eeihe von ungerechten AngriflFen auf einzelne zur Last gelegt, von denen 
sich schwer unterscheiden läßt, ob sie dieser oder einer späteren Periode angehören. 
Wir verzeichnen hier eine Zahl jener Vorgänge, die sich am rechten Ufer des Noce 
zugetragen haben, wo C. Valer selbst lag, und wo sich in diesem Stadium die 
gegenseitige Schädigung hauptsächlich abgespielt zu haben scheint. Es wird da den 
Herren von Tuenno vorgeworfen, daß sie bei Gelegenheit eines vom Vikar Jeremias 
von Spaur abgehaltenen Gerichtstages im Dorfe Nan einen Knecht Heinrichs von 
Valer namens Pernhart verwundeten^), ebenso den „schuldlosen" Sohn des Petertin, 
u. zw. so arg, daß er kaum genas ^. Totgeschlagen wurden durch sie, wie es heißt, 
der Notar Jakob von Rivo, nachdem sie ihn vorerst verwundet hatten''); auch die 
edlen Leute Tisen aus ßendena und Sweiker, weiland des Herrn Daynen Sohn von 
Tuenno®), ein Michel, Sohn des Gwarin von Cartron^®). 



J) ui 12, 13 und 69. — Die in A 69 vor- 
kommenden Einzelheiten scheinen Nachträge 
zu Ä 12, 13 zu sein. 

2) A 12. 

3) A 13. 
*) A 69. 

ß) A 39 und 70. — In beiden Punkten 
ist offenbar von derselben Person die Rede, 
man sieht, wie besonders in A einzelnes unter 
bestimmten Angaben wiederholt wird. — Bei 
Muzi wird besonders hervorgehoben, daß er 
^ohne alle Schuld* war; das deutet genügend an, 
daß andere an dem Zug gegen Petersberg oder 
sonst einer feindlichen Unternehmung mit be- 
teiligt gewesen sein mögen. 

6) A 20. 

7) A 20. — Abschr. Reich las irrig 
„Petermann". 

«) A 29. — Für Rivo las Abschr. Reich 
irrig Livo. — Rivo ist Gemeindeteil von Brez. 



9) ^ 30. — Vielleicht waren die Tisen 
(welcher Name in Abschr. Reich fehlt) im Ren- 
dena-Tal (nördliches Seitental von Judikarien) 
ein Zweig der Familie Tissoni in Altspaur, der 
auch der Vikar Jeremias angehörte. Die An- 
klage betont hier und auch sonst als er- 
schwerend (verräterisch), daß die Angreifer mit 
den Getöteten am selben Tage gegessen und 
getrunken hatten; es war dabei kaum genü- 
gend in Rechnung gezogen, wie leicht gerade 
beim Bankettieren hitziger Streit entstehen 
konnte. — Für Dayn in Abschr. Reich irrig 
Gaino. 

JO) A 34. — In Abschr. Reich irrig Car- 
tien. — Sollte nicht etwa Caltron gemeint 
sein, ein kleines Dörfchen, das zur Gemeinde 
Cles gehört, nordwestlieh voraOrteCles? (1 und r 
werden im Volksmunde leicht vertauscht.) 



— 180 — 

In diese zweite Periode, die baoptsächlich mit Kämpfen und Streifzügea 
um G. Valer und Tuenno herum ausgefüllt war, fallen auch einige Friedens- 
vermittlungsversuche, die ihr Ziel, wie es scheint, in zwei Etappen erreichten. Ein 
erstes Übereinkommen, unbekannt durch wen vermittelt, war das zwischen Heinrich, 
dem Herrn von Valer und den Herren von St. Polten vereinbarte, daß jeder Teil 
sich der Feindseligkeiten gegen den anderen enthalten wolle, außer es würde einer 
ihrer Freunde angegriflFen, in welchem Falle sie helfen dürften^), und ein zweiter, 
eigentlicher Friedensvertrag, der durch Herrn Volkmar von Spaur und Burgstal, 
den am Hofe hoch Angesehenen, zwischen denen von G. Valer und denen von 
St. Polten zustande gebracht worden war*). 

8. Dritte Periode. 

Pauls von Arz Tod, neue Kämpfe und Friedensversuche. 

Der Friedenszustand, welcher die zweite Periode abschloß, hielt nicht lange 
an. Es ereignete sich im Dorfe Tuenno ein neuer Vorfall, der allen friedlichen 
Dispositionen, wenn solche wirklich ernstlich vorhanden waren, ein jähes Ende be- 
reitete. Dieser Vorgang wird von beiden Seiten, von jeder natürlich nach ihrem 
Parteistandpunkt, erzählt. Von Seite der Arzner Verbündeten -Gruppe lautet der Be- 
richt ungefthr so: Der edle Herr Paul, Sohn Biprands (Beichprandes) von Arz, 
unternahm einen Zug, um einige Bäuber (Schacher) und in der Acht (Echte) be- 
findliche Personen gefangen zu nehmen; da halfen ihnen die von Tuenno (legten 
denselben zu), so daß dabei genannter Paul von Arz böswillig ermordet wurde'). 
Die gemeinsame Gegenklage der Pöltner und Tuenner stellt das Ereignis so 
dar : Die von Arz versammelten sich in ein gegen Dorf Tuenno gelegenes Haus 
(wahrscheinlich die befestigte Wohnung der Gazuffer), um von da aus den Herren 
von Tuenno mit ungefähr 40 Mann Bewaffneter Schaden zuzufügen. Die Herren von 
Tuenno, die wahrscheinlich ihre Anhänger aus dem früheren Streite, die jetzt als 
Missetäter verfolgt werden sollten, in Schutz nahmen, zogen diesmal den Kürzeren, 
indem sie sich flüchten mußten, aber zuvor war es doch zum Kampfe gekommen, 
und in diesem Kampfe war der Anführer der angreifenden Schar, Herr Paul von 
Arz gefallen'). Den einen war das ein böswilliger Mord, den andern ein Erschlagen 
aus Notwehr im aufgedrungenen Kampfe. Diese setzten offenbar voraus, daß mit dem 
amtlich vermittelten Friedensschlüsse allen an der früheren Fehde Beteiligten Straf- 
losigkeit zugesichert sei, jene geberdeten sich als nachträgliche Bächer des vorher 
vielfach verletzten Bechtes. Wenn letztere im Namen und Auftrage einer an diesem 
Orte das richterliche Amt verwaltenden Person vorgegangen wären, so wären sie 
ja formell im Bechte gewesen, aber sie selber machen keinen solchen Auftrag 
geltend. 

Infolge dieses Vorganges war der vereinbarte Friede zerrissen; kein Teil 
kehrte sich mehr daran; neue Kämpfe entbrannten, besonders zwischen den ein- 
ander so nahe hausenden Familien von 0. Tuenno und vom Haus Ca zu ff. 



>) Ä 71. 
5*) A 21. 



3) A 17. 
*) B 1. 



— 182 - 

lauere und ihn umbringe. Er kam mit einer Schar von reichlich 40 Mann, traf ihn 
in Senale (Unsere Frau im Walde) in seinem Nachtlager, das dieser mit dem Sohne 
eines Herrn Wolchmars teilte, und ermordete ihn im Bette ^). Die Arzer, die dem 
Wölflein wohl entgegengezogen sein mögen oder sonst um die Wege waren, schlugen 
und töteten andere Pöltner, da sie eben auf dem Wege nach dem Hofe in Heran 
waren, ob dies nun Familienangehörige oder sonstiges Gefolge sein mochte, zwischen 
dem Dorfe Gasez (Cazezi) und dem Schlosse von Malgolo, wie eine spätere Zeugen-^ 
aussage angab'). 

Die Arzer entgegen gaben ihre Beteiligung, wenigstens am Morde Ulrichs 
von St. Polten, nicht zu, schickten vielmehr nebst Pelegrin (Pilgrein) von Malusco^ 
der offenbar mitbeschuldigt war, nach Schloß St. Polten, um ihre Unschuld zu 
versichern. Die Pöltner erwiderten, daß sie diesen Versicherungen solange keinen 
Glauben schenken, solange die Beschuldigten die Mörder nicht aus ihrem Dienste 
entließen und dem Gerichte zu rechtlichem Verfahren wegen des Mordes auslieferten ; 
allein, setzten sie hinzu, auch nach dieser Forderung habe Nikolaus von Arz jene 
beherbergt, ihnen Sicherung versprochen, sich um sie angenommen, sei ihnen auch 
behilflich gewesen, oft Hinterhalte (Hut) gegen die Pöltner zu legen, ja habe sie 
auf die verschiedenen Schlösser seiner Freunde verteilt, daß sie von da aus in 
Sicherheit Angriffe gegen die Pöltner machen könnten'). 

Die Arzer gaben freilich diese Vorwürfe nicht zu; sie berichten, daß, als 
wiederum Herr Volkmar (von Spaur) sowohl im Namen des Landesftirsten Johann 
als auch seines Bruders, des Markgrafen Karl, auf den Nonsberg gekommen sei, 
den neuen Zwiespalt auszugleichen, besonders auch um die Pöltner zu vernehmen, 
welche Leute sie als unmittelbare Mörder ihres Bruders beschuldigten, die St. Pöltner 
diese Angabe nicht gemacht, und sich doch auch auf keinen Frieden eingelassen 
hätten*). Die Pöltner selbst dagegen behaupteten, daß sie Herrn Volkmars Richter 
Nikiaus (Niklaun) und seinen Schreiber Ezschelin um Gericht und Recht gegen die 
Beschützung der Mörder ihres Bruders gebeten hätten, die Angerufenen aber sich 
hinter die Ausflucht zurückgezogen ; sie dürften ohne besonderen Befehl des Herrn 
Volkmar in der Sache nicht vorgehen ^), Daß die Pöltner die Mörder und ihre 
Komplizen, deren Namen ihnen ihrer Meinung nach nicht zweifelhaft schienen, 
nicht hätten nennen wollen, ist auch aus inneren Gründen höchst unwahrscheinlich ; 
jene Ausdrucksweise will wohl nur sagen, daß die Pöltner keine genug beweis- 
kräftige Klage geführt hätten. — Die Arzer behaupten noch außerdem, sie hätten 
ihre Unschuld auch gerne am Hofe des Landesförsten darlegen wollen; es sei ihnen 
aber das nicht bewilligt worden®). Es scheint, daß man bei Hofe eben keine Ent- 
scheidung auf dem Rechtswege, sondern nur Ausgleichung der Parteien wünschte, 
weil man unter den obwaltenden Umständen es mit keiner verderben wollte. Volkmar 
selbst hatte offenbar nicht viel Zeit; er mußte wieder zum Heere Karls in Ober- 
italien stoßen; deshalb wurde er als Friedensstifter bald durch Conrad von 

^) B 13. — • Absohr. Reich hat irrig 
Malaun fär Niclaun. 
6) A 63. 



1) B 2. 


2) C 17. 


8) B 3. 


*) A 68. 



— 184 — 



WaflFenruhe zu bewegen. Formell gingen dieselben darauf ein*); aber auch wenn 
es den Gazuffem Ernst damit gewesen sein sollte, konnten sie kaum das bei ihnen 
eingelagerte fremde Volk genug in ZOgel halten, daß dieses nicht auf eigene Faust 
neue Friedensstörungen verübte. In der Tat klagen die Herren von Tuenno, daß 
die Gazuffer ihnen während der Zeit der abgeschlossenen Waffenruhe einen ihrer 
Knechte tot, einem andern den Arm lahm schlugen, auch ftlnf Ochsen raubten, 
darunter zwei, für die ausdrücklich Sicherheit zugesagt war, überhaupt das Dorf 
beraubten (ob aufs neue oder ob hier nur eine Wiederauffrischung der früher 
erlittenen Unbill vorliegt, ist nicht klar), auch des Nachts verstohlen Weingärten 
und Äcker verwüsteten *). Die Gazuffer (wahrscheinlich nicht die Familie, sondern 
das fremde Volk in ihrem Hause) werden auch beschuldigt, Eigenweiber der Herren 
von Tuenno ihrer Kleider beraubt (sie ausgezogen), überhaupt Straßenraub geübt, 
auch einen gefangen zu haben, dem sie zuvor Sicherheit zugesagt, ebenso einen 
andern von Mekel"). 

Wie in einem früheren Zeitpunkte die Beteiligung der Herren von G. Valer 
am Kampfe allmählich die rivalisierenden Familien von Tuenno und von Gazuff in 
die Fehde hineingezogen hatte, so mag es jetzt umgekehrt gegangen sein. Die 
neuen Kämpfe zwischen Tuennern und Gazuffem bewogen auch die auf Schloß 
Valer wieder Stellung zu nehmen gegen die von Tuenno, denen sie schon früher 
feindlich gegenüber gestanden waren. Wir entnehmen dies aus mehreren Be- 
schuldigungen, welche die Gruppe St. Pölten-Tuenno gegen die Gazuffer und Man- 
giola (Mantschola, Manzol) den Valer gemeinschaftlich gerichtet hatten*). Die dort 
an erster Stelle stehende Tötung und Beraubung eines Mannes in der Grafschaft 
Flavon kann möglicherweise dem Wortlaut nach den Gazuffem allein zugeschrieben 
sein, aber Gazuffer mit Mangiola dem Valer gemeinschaftlich werden angeklagt, ein 
Mädchen auf dem Mose totgestochen zu haben ^). 

Im weiteren Verlaufe der Fehde scheinen sich die Arzer, die sonst nach 
außen immer eine gewisse Zurückhaltung beobachteten, auch ganz offen den Unter- 
nehmungen des Herren von Valer und der Gazuffer angeschlossen zu haben. 
Wenigstens werden diese drei Familien gemeinsam beschuldigt, den Tuennern 
(ungewiß, ob den Herren von Tuenno oder den Bewohnern des Dorfes) 50 Stück 
Rinder genommen zu haben, die sie nach Valer führten*). 

Valeser und Arzer scheinen sich vereinigt zu haben, um den Gleserri (Glaisern), 
wahrscheinUch den Bewohnern des Dorfes Gles, nicht der adeligen Familie von 
Gles alle Gastraunen wegzunehmen ; auch ein Perthold, dessen zwei Höfe die Arzer 
beraubten, gehörte vielleicht nach Gles, wie sie auch einen Arzt zu Gles angeblich 



1) B u. 

^) B 14. — Wenn diesmal die Ausbeute 
an geraubten Ochsen so gering aasfiel, so muß 
man sich erinnern, daß wenige Monate zuvor 
200 Stack Vieh (Ochsen, Kühe und Gaißen 
zusammen) von der Gegenseite geraubt worden 
waren. 

s) B 15. 



^) B Ib. — Vgl. I, 21, wo Manzols mag 
(Verwandter) genannt ist. 

ß) B 16. — »Auf dem mose** tibersetzt 
Reich ,sul palude*. Es findet sich noch heute 
auf der großen Spezi alkarte nordwestlich (etwa 
1-7 Kilometer) von C. Val^r ein Palu ver- 
zeichnet, das ganz nahe, fast westlich bei 
Rallo liegt. 

6J B 16. 



— 186 — 

der wahrscheinlich der Schwiegersohn obigen Herrn Wilhehns von Nann war, in 
die Parteistellung gegen die Herren von Tuenno hineingezogen; Freitag aber 
(vielleicht Verwandter oder gar Sprößling der edlen Familie von Tuenno), den wir 
nur wenig später im Kriegsdienste unter Markgrafen Karl in* Oberitalien finden, 
scheint trotz seiner Verschwägerung mit den Arzern wenigstens mit seinen Sympathien, 
wahrscheinlich auch mit Hilfeleistung auf Seite der Tuenner gestanden zu sein. Er 
hatte um diese Zeit (im Frühling 1337) im Sinne, sich an dem Kriegszuge im Heere 
Karls zu beteiligen, möglicherweise (was sich aus späteren Vorkommnissen vermuten 
läßt) in jener Schar, mit der sich um diese Zeit Herr Sicco von Caldonatz dem 
Markgrafen zur Verfügung stellte^). Um aber diesen Zug mit Beruhigung antreten 
zu können, mußte zuvor seine zurückbleibende Familie in Gored vor feindlichen 
AngriflFen gesichert sein. Um diese Sicherung scheint sich Herr Simon von Thun 
auf Schloß Bragher angenommen zu haben, vielleicht schon deshalb, weil Uneinig- 
keit und Unordnungen im ganz nahen Gored ihm selber Verlegenheiten bereiten 
mußten, wahrscheinlich aber besonders darum, weil er seinem Schwiegervater Sicco 
von Galdonatz gerne diesen Mitkämpfer sichern wollte. Die Thunische Denkschrift (C) 
beginnt denn auch mit dem Frieden, den Herr Simon von Thun (Tunne) zwischen 
dem Freitag, seinem Vater und seinen Brüdern einerseits und Gonrad von Gored 
mit seiner Gesellschaft anderseits gemacht hatte ^). 



10. Fünfte Periode. 

Neue Feindseligkeiten gegen Freitags Familie. — Dadurch var- 

anlaßtes Eintreten Simons HI. von Thun. 

Freitag verließ sich auf den für seine häuslichen Verhältnisse abgeschlossenen 
Friedensvertrag und begab sich nach dem Kriegsschauplatze in Oberitalien. Seinö 
Abwesenheit wurde aber von den Gegnern trotz des geschlossenen Abkommens dochi 
zu Feindseligkeiten gegen seine Angehörigen benützt. In Gored scheint Belvesin, 
ein Bruder Gunrads, die feindlichen Schritte eröffnet zu haben, indem er mit seiner 
Gesellschaft in das Haus von Freitags Vater, der Friedrich hieß, mit Gewalt 
eindrang und alles Mitnehmbare, was sich da fand, raubte, sogar auch die Weiber 
und Hausfrauen der Bewohner'). Bald hernach taten sich drei Brüder zusammen, 
nämlich Gunrad, Belvesin und Friedrich, um mit ihrer Gesellschaft von der Dorf- 
gemeindeweide Kinder und Zugehör (Sache), die dem Vater Freitags gehörten, als 
Beute hin wegzuführen *). 

Nicht ganz sicher zu stellen ist, ob die Arzer sich schon in diesem Zeitpunkte 
der feindlichen Familie von Gored offen anschlössen oder erst später. Wir 
nehmen letzteres als wahrscheinlicher an, reihen also die Vorgänge, an denen sie 
beteiligt waren, später ein. 



1) S. Egger, Gesch. Tir. I. 370. 

2) C 1. 

3) C 2. — Im Text heißt es: „rauboten 



soll „lauboten*' hier soviel wie „beraubten*' 
heißen^ obwohl es gleich zuvor im Sinne von 
,yraabten'' vorkommt. 



auch iriv weip vnd ire hausfrawen"; vielleicht i *) C 3. 



— 188 - 



Vermutlich war dieses Vorgehen Freitags gegen ihren Freund, den Arzt von 
Brez, ilDr die Arzer Ursache und bot ihnen die Handhabe, um auch ihrerseits 
gegen die Familie Freitags in Cored offen aufzutreten. Sie erscheinen, wie die 
Klageschrift C berichtet, mit großer Mannschaft in Cored, um die Häuser des 
Freitags selbst, seines Vaters, seiner Brüder und seiner Freunde im Dorfe zu 
berauben'). Dabei drang Nikiaus von Arz selbst in das Haus Friedrichs, des 
Vaters Freitags, den sie zu Haus zu finden hofften und gefangen wegführen wollten ; 
weil sie aber niemanden vorfanden, nahmen sie das zweijährige Kind des Vaters 
Freitags mit sich, und hatten es auch noch 1338 zur Zeit der Klageanbringung in 
ihrer Gewalt^). In Freitags Haus selbst fanden sie dessen Hausfrau im Kindelbett 
liegen, die selbst der Arzischen Familie angehörte, und untersuchten, ob das Kind 
ein Knabe oder Mädchen sei; weil es ein Mädchen war, taten sie ihm nichts, 
einen Knaben hätten sie an die Wand werfen wollen ; doch nahmen sie alles vorfindige 
Bettgewand und was die Frau unter und auf ihr hatte, mit sich, und deren Muhme, 
die es wahrscheinlich hindern wollte, brachen sie dabei die Arme'). Nun kehrte sich 
ihr Unmut auch gegen Leute des Dorfes, die den Thunen befreundet waren oder in 
ihrem Dienste standen, vielleicht weil diese wegen der von Simon von Thun zuwege 
gebrachten, durch sie verletzten Waffenruhe ihnen bei dieser Gelegenheit oder schon 
früher Vorhaltungen machten. Zuerst fingen die Arzer einen Freund der Thune, 
Nikolaus von Tres, und führten ihn gefangen hinweg^), weiter begaben sich die Arzer 
allein in das Haus eines Thunischen Dieners mit Namen Pas, gössen seinen Wein 
aus, zerbrachen die Fässer, schütteten das Korn aus und fahrten ihn selbst gefangen 
hinweg; zur Zeit der Klage war er noch nicht wieder freigelassen^); hierauf ergossen 
sich die von Arz und von Cored gemeinsam in die Dörfer der Umgebung, um 
Diener der Thune zu schlagen und zu verwunden®). 

Es geschah dies alles oder großenteils, wie es scheint, mittelst einer fremden 
Schar („Gästen") aus dem Gebiete der Herrschaft zu Laster unter der Oberhoheit 
des „Hunds" (Hflentz = Cane) von Verona'). 



1) C 4. 

2) C6. 

3) C 6 

^) C 7. — Die Beziehungen der Belve- 
sinischen Linie der Thune zu Nikolaus von 
Tres waren alte; schon 1823 hatte Belvesin, 
Simons Vater, dem Nikolaus von Tres, Sohn 
eines f Gabriel, Zehenten abgekauft (s. bei 
Belvesin, p. 74). 

ß) C 8. 

«) C 9. 

7) B6. — Es ist uns nur ein Berg Laster 
am rechten Ufer des Piave-Flusses bekannt 
(Raffelsperger, Lexikon) und ein naheliegender 
Ort Lastreghe, Teil der Gemßinde Capodiponte 
(Diz. cor. di Veneziano. p. 145), das nahe au 
Belluno und nordöstlich von diesem liegt. — 
Die Veroneser unter dem Herrschergeschlecht 
der Scala hatten ihre Oberhoheit bis in diese 



Gegend ausgedehnt; ob aber Laster unter sie 
gehörte, können wir aus anderen Quellen nicht 
konstatieren. — Hund (Cane) war der Eigen- 
name einiger der Herren della Soala; so zu 
aUererst des Cane I. Grande, berühmt durch 
Dantes Aufenthalt bei ihm. Er war allerdings 
schon 1829 gestorben, kurz nachdem er Treviso 
erobert hatte; aber die herbeigerufenen „Gäste** 
aus der Herrschaft von Laster konnten ent- 
weder acht Jahre früher unter Cane gedient 
haben, oder übertrug man im Yolksmunde 
seinen berühmten Namen „Cane** auch auf 
seinen Neffen und Nachfolger Mastino IL, der 
um diese Zeit Verona beherrschte. — Die 
Schar, von der hier die Bede ist, mochte wohl 
durch die ersten glücklichen Erfolge Karls in 
dieser Gegend herrenlos geworden sein und 
gerne bereit, sich anderswo gebrauchen zu 
lassen. 



190 — 



gebracht war diese Schar auf C. Yaler, das besonders geeignet dafür scheinen 
mochte; von dort aus unternahm sie schädigende StreifzQge wider die Gegner in 
der Umgebung ; dabei wurde auch ein der Gegenseite Befreundeter aus Gles (Glaiz), 
der selber nie das Waffenhandwerk getrieben, gefangen, beraubt und mißhandelt, 
und nur auf Vorstellungen des Herrn Macfrin (wahrscheinlich Manfredin von Gles) 
freigegeben, jedoch ohne Zurückstellung der ihm abgenommenen Beute, die viel- 
mehr auf Schloß Arz vor den Augen des Herrn Niklas von Arz verteilt wurde ^). 
Vielleicht geschahen die argen Gewalttätigkeiten in Revo (Rabau) und bei Bonden 
(Bouident) auch erst jetzt*). 

Durch all diese neuen Angriffe konnte die Erbitterung Simons von Tbun 
auf C. Bragher nur gesteigert werden. Er und seine Gefolgsleute nahmen Bache 
an solchen, die sie auf Seite der Gegner wußten oder vermuteten. Unter anderem 
nahmen sie auch zwei Priester gefangen, die von Trient kamen mit ihrem Knechte, 
und beraubten sie '). So beraubten sie auch, wie es heißt, den Schreiber (Scriban) 
von Tres, und vertrieben ihn mit zwei Verwandten, so daß diese gar nicht mehr 
wagten, sich in ihrem Eigentum zu Hause aufzuhalten*). 

Vermutlich geschah es in dieser letzten Periode vor dem entscheidenden 
Schlage, in den letzten Monaten des Jahres, daß die vereinigten Herren von Arz 
und von Cored einen mächtigen Versuch machten, um C. Bragher durch heimliche 
Anlegung von Leitern und Ersteigung der Schutzwälle in ihre Gewalt zu bringen ^). 
Es scheint, daß sie es dabei auf Simons Bruder Friedrieh, der vielleicht in Ab- 
wesenheit Simons das Schloß gerade allein zu überwachen hatte, besonders ab- 
gesehen hatten*). 

Der Anschlag mißlang. Es wurde, da sich C. Bragher offenbar gut verwahrt 
zeigte, bald darnach ein anderer mit etwa 25 Mann auf ein anderes Schloß unter- 
nommen, welches dieselben Herren zu Besitzern oder wenigstens zu Mitbesitzern 
hatte. Dasselbe wird einmal St. Petersberg (sand Petersperch), das anderemal 



1) B 19. 

2) B 17. 

3) Ä 61. — Es war Herr Stefan, Prior 
von St. Thomas (nach Reich Prior des Hospi- 
tals bei Bomeno, der noch 1339 bezeugt ist 
Rep. A. E. 9, 27), und Herr Peter, der Pfarrer 
Ton St. Laurenzen (nach Keich der von Sar- 
nonico, der schon 1336 bei der Synode als 
solcher vorkam). Ihr Knecht hieß Florin. 
Wiefern sie an der Fehde, etwa durch Nach- 
richtenmitteilung, sich beteiligt hatten oder 
dessen yerdächtig erschienen, ist nicht er- 
sichtlich. 

*) Ä 64. — Schreiber ist hier wohl 
Personen-Name, identisch mit Schriban((7l6) 
und Schribanus dem Notar (C 23), welcher 
zwei Brüder: Segna und Meister Oriun den 
Schneider hatte. Alle drei waren durch Zeugen- 
aussagen beschuldigt, zum „Schlagen*' des 
Freitag angereizt zu haben, so wie sie auch an 



dem Zug bei einer Brandlegung auf Schlo£> 
Malgolo teilgenommen haben sollen. Kein Wun- 
der, wenn Simon von Thun solche Unruhstifter 
ferne zu halten suchte. 

^) Zeugenaussagen dafür in C 14, 17, 19. 

^) C n. — Friedrich war gerade im Som- 
mer jenes Jahres vollberechtigt geworden (S. 
oben p. 86); vielleicht war der ältere Bruder 
abwesend, um ausgiebigere Hilfe gegen die 
Gegner zu erhalten. Der Text in den Worten: 
„chomen ... für daz Haus in den grabren vnd 
weiten den selben Friderich haben geschla- 
gen**, gibt keinen rechten Sinn. Dieser Friedrich 
kann nicht der vorher erwähnte Friedrich von 
Cored sein, sonst hätten die Angreifer ihren 
eigenen Genossen schlagen wollen ; wahrschein- 
lich ist ein „in" weggeblieben und muß es 
heißen: „wolten in denselben (d. i. in den 
Gräben) Friedrich geschlagen haben " 



— 192 — 



Schaft (die Angreifer wurden von den Angegriffenen auf 25 Mann geschätzt) den 
Handstreich unbeachtet versuchen zu können. Als er mißlang, als sich die Be- 
satzung wachsam und kräftig genug zeigte, um die Hoffnung auf Erfolg aufgeben 
zu müssen, konnte man noch in der Nacht den Weg ebenso unbemerkt nach Oored 
zurflcknehmen, und es ist einigermaßen begreiflich, daß die zurückgewiesene Schar 
den Weg durch das Durchzugsgelände ebenso ruhig und ohne Exzesse durchzog, 
wie dies auf dem Herwege der Fall war. 

Freitag war, sobald er sich in Ober-Italien von seinen Kriegsdienstverpflich- 
tungeu frei machen konnte, gewiß aus eigenem Antriebe eilig genug, wahrscheinlich 
mit Waffengenossen den schwer bedrängten Seinigen und dem Herrn Simon von 
Thun, der sich um die Seinigen angenommen hatte, zu Hilfe gezogen. Vielleicht 
hatte er Sicco von Oaldonatz, unter oder neben dem er in Italien gekämpft haben 
mochte, gewonnen, mit ihm auf den Nonsberg zu ziehen; vielleicht ftlhlte dieser 
sich selbst bewogen, die seinem Schwiegersohne Simon von Thun angetanen Un- 
bilden zu rächen, dessen Feinde zu züchtigen, vielleicht auch war er von Simon 
geradezu zu Hilfe gerufen worden. Ob Freitag und Sicco mit ihren Genossen zu 
gleicher Zeit sich auf Nons einfanden, läßt sich nicht feststellen. Wenn ersterer 
etwas früher ankam, möchten wir denken, daß er noch allein mit seiner Schar den 
Bachezug bis ins Ultental unternahm, wobei ein gewisser. Gunze totgeschlagen 
wurde *), wahrscheinlich als Bache dafiir, daß früher die Arzer in der MOhl bei der 
üls geraubt und dort zwei gefangen genommen hatten*), möglicherweise unter Hilfe- 
leistung dieses Cunze. — Wahrscheinlich auf dem Bückwege von dort war es, daß 
sie Peter, einen Knecht Ottolins (wohl des sonst als hervorragender Parteigänger 
der Arzer erscheinenden Ottolins von Savar, d. i. Savri), fingen und ihn später an 
Sicco von Caldonatz übergaben, der ihn dann töten ließ'). 

Sicco mit seiner Schar mochte wohl kurz vor Weihnachten auf C. Bragher 
angekommen sein, so daß nun daselbst oder in dessen Nähe eine größere Schar 
bewaffneter, kriegskundiger, aber auch an alle Gewalttaten damaliger Kriegftlhrung 
gewohnter Leute beisammen war, als je in dieser Fehde waren aufgeboten worden *). 

Gerade am Neujahrstag 1338 zog die an Grausamkeiten und Exzesse aller 
Art gewohnte Kriegsschar wahrscheinlich unter Führung Freitags und Siccos, wenn 
auch unter Teilnahme der Herren von St. Polten und der Herren von Thun auf 
C. Bragher aus, und stürzte sich racheschnaubend auf das Dorf Gored, wo sie 
„gräulich und unchristlich" wütete ; sie verbrannten fiinf Häuser, die vermutlich 
den Gegnern Freitags in Gored gehörten, erschlugen einige Leute mit dem Schwerte, 
nahmen andere gefangen, von denen einige mißhandelt wurden, so daß 11 davon 



1) A 63. 

2) B 16. 

') A 62. — Es heißt, daß Peter von ^Un- 
ser Frauen Kirch weih aus dem Walde** zu- 
rückkehrte, als man ihn fing. Es wurde die 
Eirchweihe dieses Gotteshauses Jahrhunderte 
lang an Christi Himmelfahrt gehalten, jetzt 
wird sie an Maria Himmelfahrt begangen (Mit- 
teilung des Herrn P. Vinc. Gasser, Subpriors 



in Gries); vielleicht hat Eirchweih, wie sonst 
öfter, hier nur den allgemeineren Begriff eines 
Festes. 

^) Wo sonst Zahlenverhältnisse genannt 
werden, betrug die höchste Zahl etwa einige 
vierzig (beim Mord Ulrichs von St. Polten 
wird in B 1 der Mörder Welflin erwähnt „mit 
viertzigen, eher mehr denn minder"). 



— 194 — 

von Sanzeno (wahrscheinlich dem Pfarrort), einem Manne, der in landesfürstlichen 
Diensten stand, wird noch ausdrücklich den Söhnen des Buscheci zugeschrieben '). 

Nächsten Tages, also am 2. Jänner, schlug die wilde Schar von Dambel den 
Weg in das Dorf Eomeno (Romenie) ein, raubte es gänzlich aus und verbrannte 
auch etliche Häuser ; ihr gottloser Übermut verstieg sich hier zu einem neuen Frevel; 
sie nahmen das allerheiligste Sakrament des Altars („den heyligen leiehnamen un- 
seres herrn") und trugen es im Dorfe herum mit der frivolen Begründung, sie 
wollten dadurch das Volk beruhigen'). 

Noch am selben Tage wandten sie sich wieder nordnordöstlich gegen Cavareno 
(Cauren)'). Dort oder am Wege dorthin lag das Haus eines gewissen Oetleins von 
Savar, welches sie verbrannten unter gleichzeitiger Verwüstung einer ihm gehörigen 
Baumanlage, aus der sie 200 Fruchtbäume ausschlugen*). 

Vom 3. Jänner wird erzählt, daß die Rotte auf dem Weiterzuge noch ein 
gutes Haus verbrannte, das dem Pax von Banco gehörte '^). Es scheint also der 
Bückweg über Banco genommen worden zu sein. 

Desselben Tages war es, daß Wilhelm, genannt Gebele von Arz, weiland 
Herrn Fuxleins Sohn, der als der Tunner Schwestersohn bezeichnet wird, bei dem 
Zug eintraf und den Teilnehmern desselben das Schmähliche ihres Vorgehens vor- 
hielt, von diesen aber überfallen, getötet und auch nach dem Tode noch gräßlich 
mißhandelt wurde®). Er hatte nun freilich von früher her wohl selbst manches 
auf dem Gewissen, und war kaum zum Prediger von Recht und Schonung berufen ; 
aber in Anbetracht der Schwägerschaft darf man wohl doch zweifeln, ob dieses bar- 
barische Vorgehen gerade nach dem Sinne Simons von Thun gewesen sei. Im 
Zuge waren eben Elemente Oberwiegend, welche keinerlei Rücksichten kannten, wenn 
ein verhaßter Feind ihnen in die Hände fiel und dieser sie vielleicht im Augenblick 
noch reizte. 



^) A 58. — Die Söhne des Busgeci im 
Dienste der St. Pöltner waren schon früher 
(A 15) als Todschlaganstifter, yi eileicht auch 
einer von ihnen (Welfisin , des Buscatten 
Sohn) als zn sittlichem Greuel geneigter Mann 
dargestellt {A 16). — Dieser eine Fall läßt 
yermuten, daß, wahrend das „fremde Volk" 
hauptsächlich seine Habgier und wilde Lust 
zu befriedigen suchte, die beteiligten Einheimi- 
schen sich mehr von persönlicher Gehässigkeit 
leiten ließen. 

*) ^59. — Romeno mit Pfarrkirche 
liegt etwas Über 2 Kilometer südöstlich von 
Dambel. — Sollte der berichtete religiöse Frevel 
ein Anzeichen sein, daß in der Rotte sich Leute 
aus den Anhängern der in Oberitalien verbreiteten 
Ketzereien befanden, oder lag bloß religiöse 
Roheit zugrunde, welche das Allerheiligste miß- 
brauchte, um sich selbst ungestörten Durch- 



gang durch die mißhandelte Bevölkerung zu 
sichern ? 

3) Gavaren, etwas mehr als 2 Kilometer 
von Romeno. 

*) Es war wahrscheinlich derselbe Ottolin 
(A 52), dem sie früher seinen Knecht Peter 
abgefangen hatten, als er von Senale zurück- 
kehrte, offenbar derselbe, der beschuldigt wird 
(B 9), mit Nikolaus von Arz einen Eigenmann 
des Bischofs auf der Rückkehr vom Gerichte 
gefangen und gräßlich mißhandelt zu haben, 
worauf dessen Leiche über einen KofeL hinab- 
geworfen wurde. — Abschr. Reich hat ^Etolino 
di Safer •*. — Savar ist wohl Savri, früher 
Savari (das alte Saporetus), ein Ortsteil von 
Dambel. 

ö) A 60. 

8) A 61. 



— 196 — 

Beide Gruppen, welche als die Verklagten erschienen, zuerst die St. Polten- 
Tuenner, dann die von C. Bragher reichten ihre Gegen besch werden ein. 

Zu einer richterlichen Austragung kam es wahrscheinlich nicht; es mag 
vielmehr von den landesfürstlichen und bischöflichen Behörden alles aufgeboten 
worden sein, um die lange und so schlimm Verfeindeten endlich miteinander 
auszusöhnen. Im November desselben Jahres finden wir die Familien, die im Jänner 
einander als grimme Gegner gegenüberstanden, in freundlichen Beziehungen, indem 
sie bei den Belehnungen am bischöflichen Lehenhof durch den neuen Bischof Nikolaus 
einander Zeugenschaft leisteten. 



•«••• 



Seite 23, zu Fußnote 4: Magolo ▼ielleicht das naher liegende Malgolo in der Pfarre Torra; 
Amulo könnte auch Armulo heißen sollen und wäre dann das heutige Dermulo. (Mitt. des Herrn 
Karl Y. Inama.) 

Seite 24, zu Note 6, statt „Lagugnani a. c": Lagugnanum ist die allgemein gebräuch- 
liche Form f&r das heutige Lana bei Meran. (Karl v. Inamas Mitteilung.) 

Seite 31, Zeile 9 yon unten, bis Seite 32, Zeile 3 von oben, statt „Als dritte Gemahlin" bis 
^stattgefunden haben": Als Gemahlin seines Sohnes Jacob kennen wir eine Pelegrina Ton 
Cimbra (jetzt Cembra), deren Name uns zuerst durch zwei Regesten Ladurners vermittelt wurde, 
von denen aber das erste (Arch. f. Gesch. Tir. II, p. 393, n. 867) sich falsdh ausdrftckt: 
„Quittung von Heinrich Rospazius ... um 300 ST L. Heiratsgut seiner Gemahlin.* Genauer 
war das Ihr. Rg. a. 0. i. St. A., Seh. A. n. 4373 : „quittirt Hr. Heinrich genannt Rospacius** (der 
freilich wieder irrig als „Sohn weil. Herrn Warimberts tom Schlosse Belvesini" bezeichnet wird) 
dem Hrn. Bonius ... de Cimbria den Empfang von 400 ff, B., welche er als Vertreter seines 
Sohnes Jakob fär Frau Pellegrina, dessen Schwester, als Mitgift erhalten hatte." IMeselbe kommt 
noch einmal vor am 14. Juli 1317, da Concius, Sohn und Erbe weil, des Hm. Henricus Rospaci de 
Tonno erklärt, auf gewisse Güter und Rechte verzichten zu wollen, die Frau Pellegrina, Gemahlin 
weiland Jakobs, Sohnes weiland Hrn. Heinrichs Rospazi, inne hatte. (Ibr. Rg. a. St A., Seh. A. 
n. 3419.) — Von Heinrich Rospaz kennen wir also nur zwei Gemahlinnen: Faydia v. C. Bragher 
{^ 1286) und Atta (oder Alta), als seine Gattin erwähnt 1314. Pelegrina vom Cimbria war 1811 
(mit 300 oder 400 ff Mitgift) an Heinrich Rospaz' Sohn Jakob vermählt; 1317, am 14. Juli, war 
sowohl Heinrich Rospaz als auch sein Sohn Jakob schon gestorben. (Auch in der „sr^Q^logischen 
Übersicht" ist demnach im 1. Heft bei Heinrich Rospaz die dritte Gemahlin Pelegrina zu streichen.) 

Seite 32, Zeile 13 von oben, zu „Jacobus" die Note: „S. oben (p. 31), dessen Vermählung 
mit Peregrina v. Cimbra 1311. 

Seite 34, in Note 4, 2. Spalte, Zeile 2, statt „der Noce": „des Noce". 

Seite 34, Note 5, Spalte 2, Zeile 3 bis 1 von unten, statt „Cassino ... der Noce" : Cassino 
ist Teil der heutigen Ortschaft Varollo in der Pfarre Livo. (C. v. Inama.) 

Seite 39, Zeile 18, statt „Sanaro": Savaro, Teil der Gemeinde Borge im Valsugan bei 
Telfe. (Vgl. Heft 2.) — Dazu die Note: Dieser Christophorus v. Savaro war Schwiegersohn des 
Jeorius von Vision, seine Gattin Erbtochter desselben mit Ausnahme der Mannslehen. (S. Perini.) 

In manchen Exemplaren des Sonderabdrucks sind an Zahlen irrig stehen geblieben und dem- 
nach zu verbessern: 

Seite 7, Zeile 3 von unten: 1442 in 1242. 
Seite 17, Zeile 11 von unten: p. 105 in p. 14. 



28 Star und 1 Mut Hirse, 12 Star Haidekorn, 
25 Star und 5 Mut Hafer (anone), 3 Star 
ciceris Erbsen (vielleicht Zuckererbsen), 9 Star 
Hülsenfrüchte (leguminis), 3 Amisser (wohl Be- 
wirtung mit Speisen) jährlich, 1 jedes zweite, 
1 jedes dritte Jahr, 1 so oft der Bezugsberech- 
tigte kommt (quando venit). Welches Verhältnis 
von Mut und Star zugrunde liegt, da dasselbe 
ein nach Orten wechselndes ist, läßt sich frei- 
lich vorläufig nicht sicherstellen. — Auf der 
Rückseite scheint auch noch ein Zehentbezug 
(decimationis) vermerkt zu sein, dessen Einzel- 
angaben aber nicht mehr erkennbar sind. — 
Verhängnisvoll für die Registrierung wurde 
es, daß auf der Rückseite sich mit einer um 
zirka 200 Jahre jüngeren Schrift der Ver- 
merk fand: „Memoria, siue notulo (!) reddituum 
et affictu(um) | dni odorici • q. dni guari(m)- 
berti de thono | quos (!) ei in partem penie- 



nerunt a q. fratre suo dno | henrico Epo Trid." 
(undeutlichere Schrift, die ich als T teritoR 
glaube lesen zu sollen). Es ist dies eine teil- 
weise freie Wiedergabe der dem Ganzen voran- 
stehenden Überschrift: „Recordationes reddito- 
rum et fictorum odorici fllij qdam dni Warim- 
berti de tonno • qui in partem Ei | euenerunt 
a^ fratro fuo Henrico qd Cum diuiderunt". Das 
qd (quondam), das allerdings eigentümlich ver- 
zogen war, las der spätere Registrator als 
Epo (Episcopo) und las dann das: „Cum diui- 
derunt" weiter als : „Tridentino", wie es Glück- 
selig wiedergab, oder als „Trid. in teritor.", 
wie es uns erscheint; damit war ein unlösbares 
Rätsel aufgegeben, denn Odoricns, S. Warim- 
berts de Tonno hatte zwar einen Bruder Hen- 
ricus, aber keinen, der Bischof von Trient oder 
im Trienter Gebiet gewesen wäre. 



t • 



Übersicht über die urkundlich bekannten Thunische 



Beleh- 

nungs- I' 

Jahr I 



Belehnender 
Bischof 



Ursache der Neu- 
belehnung 



Schloß Bekesin 
(später Thun) 



Schloß Vision 



1807. ' Bartholomaeus. 



1314. 



1325. 



1888. 



1363. 



Heinrich III. 



Erst erreichtes lehen- 
bares Alter aller 
Br&der nach Tod des 
Vaters und Antritt 
des Bischofs. 



Die 6 Söhne Warimberts 
II. mit unbestimmten An- 
teilen. 



Regierungsantritt des 
neuen Bischofs. 



Belyesin, Concius II., 
Bertold II., Friedrich II. 
mit den Lehen ihrer Vor- 
fahren. — Simeonll. und 
Nikolaus 0. 



Die 6 Söhne Warimberts 

IL mit unbestimmten 

Anteilen. 



TT • • V TTT \ir rv^A D 1 :« Slmou IIL, BcrtoW III., 
Heinrich III. Wegen Tod Belvesins. p^i^^j^l^jfl^j,^^^;^ ,/ 



Nikolaus. 



Regierungsantritt des 
Bischofs. 



Simeon IL mit s. Teil, 
Bertold IL mit s. Teil, 
Friedrich IL mit s. Teil, 
Simon IIL u. Friedrich 
III. (bv) Haus daselbst, 
Friedrich IV. (co) mit 
s. Teil. 



Bekesin, Concius IL, 
Bertold II , Friedrich IL 
mit den Lehen ihrer Vor- 
fahren. — Simeon IL und 
Nikolaus 0. 



Simon III, Bertold IIL, 
Friedrichlll. (6p)mitV6. 







Albert IL 



1378. 



Albert U. 



Regierungsantritt des 
Bischofs. 



Wegen Tod Fritzens V. [ 



Peter(«*) mit S.Teil [1/4?], 

Vigil {br) mit V*. 

[Fritz V. (fr) mit s. Teil, 

etwa Vi]- 



Warimbert IIL (fr) 
mit ^a» 



1387.*) 



1391. 



Albert IL ; Wegen Tod Peters IL 



Vigil (br) mit V4, 
Simeon IV. (st) mit V4, 



Peter(«t)mits.Teil[V4?], 

Vigil {br) mit % 

I Fritz V. (fr) mit s. Teil, 

etwa VäJ- 



Warimbert III. (fr) V2- 



Vigil (br) mit i/„ 
Simeon IV. {si) mit Vit 



Georg I. 



Regierungsantritt des 
neuen Bischofs. 



Vigil (6r) mit i/^, 

Simeon IV. (si) mit Vi» 

Warimbert III. (fr) 

mit Vi- 



1398. 



Georg I. 



Tod Warimberts III. 



Vigil (br) mit V^, 

Simeon IV. (si) mit V'4, 

Warimbert III. (fr)' 

mit ^2- 



Vigil Sen. (br) mit ^4, 
Simeon IV. (si) mit '/i» 
Erasmus I. (fr) mit V2 



N a n 

Altes S 
de To 



Simon 1 
Friedric 



Simeon 
Bertold 
Fried rie 
Simon 1 
IIL (5r 
i Friedric 



Peter («1 

\lgl 

[Fritx V 



rWari: 



Vigü 
Simeon 



Vigü 
Simeon 
Warii 



*) Wariml>ers III. (fr) Belehnung Ton 1378 bleibt dabei in Kraft und ist zur Vergleichung henuuuiie! 



ingen mit den Lehenschlössern im XIV. Jahrhundert. 



ehenscblösser 



Schloß St. Peter 



C. Bragher 



Schloß oder dosso Enno 










1 










1 V 








i. 

•• 


Simon III., Bertold lU , 
Friedrich III. (6r) mit Ve 


Simon IIL, Bertold IIL, 
Friedrich IIL (bv) ganz. 





il. 


Simeon II. mit s. Teil, 
Bertold II. mit s. Teil, 
Priedrieh II. mit s. Teil 
Friedrich IV. {co) mit 

8. Teil, 
Söhne der illegit. Linie 

mit ihrem Teil, 

Simeon III. u. Friedrich 

IIL mit Vü 




Simeon IL mit s. Teil. 


il. 





Peter («1) mit 8. Teil [V2V], 
Vigil ihr) mit 1/2- 







Warimbert III. (fr) 
mit Va- 


e 

Vigil (br) mit V2, 
Simeon IV. (si) mit V2- 


e 


f 

4- 








'4. 


Warimbert III. (fr) ganz. 


Vigil (br) mit % 
Simeon IV. (si) mit ^'o- 


Simeon IV. (si) mit s/^, 
Warimbert IIL (fr) 

mit Vi- 




Erasmus I. (fr) ganz. 


Vigil Sen. (br) mit V2, 
Simeon IV. (si) mit ^2- 


Simeon IV. (si) mit 8/4, 
Erasmus I. (fr) mit ^/^. 



Erklärungen. 

Bei den einzelnen Fa- 
miliennamen sind in Ein- 
schließ an gs zeichen 
die Linien angedeutet, denen 
sie angehören ; (bl) bedeutet 
die BeWesinische, (co) die 
Conzische, (si) die Simeo- 
nische, (fr) die Friedrichi- 
sche Linie. 

deutet an, daß in 
einem Jahre Belehnung mit 
dem betreffenden Schlosse 
nicht ausdrücklich er- 
wähnt ist. 

Namen derer, die als 
Belehnte nicht erwähnt 
sind, aber doch als solche 
vorauszusetzen sind, ebenso 
als wahrscheinlich rektifi- 
zierte Anteile stehen in 
eckigen Klammern: [ ]. 

Der Zahlbruch bei einem 
Namen drückt aus, welchen 
Anteil vom betreffenden 
Schlosse der Benannte als 
Lehen erhielt. 

s. Abkürzung für seinem. 

i. Abkürzung ffir ihren. 



Genealogische Übersicht der Thi 



Vi 

deTi 

enr^ 

spätest 1276 1^ 1 



Heinrich, 

erw. 1290, 

Yorrerstorben. 



Belveslnus, 

geb. spätestens 1276, 

erw. V. 1800 an, 

bei. 1307 und 1314, 

t zw. 1323-1324. 



Concius II., 

geb. ca. zw. 1282—1286, 

1314 mitbelehnt, 

1327 seh f. 



fllmtcm: 

geb. zw. 1283^ 

mitbel. 1307, 11 

t zw. 1841- 

t/> (1.?) PetrisM 

(2.) Katherini, 

lebend. 



Ouarimbert, 

erw. 1824, 

t vor 17. Febr. 

1826. 



Simon III., 

geb. ca. 1306, 

1326 mitbel, 

seit 1837 auf C.Bragher, 

t 1840 oder 1341, 
^ 1. (ca. 1833) Anna, 
T. d. Sicco V. Caldonazze, 

2. (1362) N. y. Schian- 

dersberg, 

3. (1364) Erhard v. 

Liechtenberg. 



Bertold III., 
erw. 1324—1328, 
seh. t 1331 (?). 



Friedrich III., 

geb. ca. 1312, 

1338 mitbel, 

1341 Vorm. Michaels, 

1349 Vorm. Vigils, 

t zw. 1349—1366, 

t/; (V) Meliana 

V. öt. Polten. 



? V 

Brigda, 

erw. 1396 



Friedrich IV. (Federicus), 

a. C Bragher, 

1338 mitbel, 

1349 seh. t, 

xl> (V) Anna = (? ?) Meliana 

V. St. Polten 



? y 

Brigda, 
erw. 1395. 



Georg, 

erw. 1337—1341, 

seh. t 1»42, 

1337 ^ Katharina, T. 

d. Johann de liiigonia. 



Pttms I., 

erw. seh. 1342, 

bei 1363, 

seit 1364 a. C. Bragher, 

t/j (? Lola V. Caatelalto). 

t 1386—1386. 

I 



Simeon IV., 

erw. 1386, 
bei 1387. 



Katharina, 
1848 1/; Ebli T. (^ 



I 



Lola, 

1366 ^ Sanguerra 

V. Altaguarda, 

1375 seh. f- 



Im 3. Glied davon 
Anton, 

t 1522. 



1 Familie im XIV. Jahrhundert. 



L 

lino» 

100. 

a Königsberg?). 



Bertold II., 

geb. zw 1284—1287, 

bei. 1307, 1314, 1338, 

t 1349, 

^ (1.??) Richsa, 

(2.) Ayiis. 



Friedrich II. (Federicus), 

geb. zw. 1286—1288, 

bei. 1314 und 1338, 

1345 scb. t. 

%!) Anna ('t). 



Nikolaus, 

geb. ca. zw. 1286-1289, 

1307 mitbel, 

erw. nocb 1319, 

dann f 



Marchesana. 



Yta. 



Vlfll I (VUius), 

geb. iw. 1836—1339, 

1. 1868, 1391, 1397 od. 1398, 

zuletit Sen. Familia, 

t zw. 1408 u. 1418, 

Dorothea, T. d. Ulricb y. 

Plata zu Curtätscb. 



Trentina. 



Concius III., 
(? V) (Vincenz), 
nur 1333 erw. 



Friedrich V. 

(Frizius), 

erw. 1345, 

t 1374, 

rl) Malgarida, 

T.Wilhelms V. Nunc. 



'asinns I. 
ArasmoB). 



■A. 



Wilhelm. 



Brigda, 
erw. 1395. 



Warlmbert III., 

erw. 1362, 

bei. 1373, 1878, 1391, 

Gen.-Vik. a. Nons 

1374(?)— 1376, 

t 1397—1398, 

V» K, T. d. Nikolaus 

Reifer de Campil. 



Erasmus IL, 

bei. 1398. 



Albert I. 
erw. 1869. 



Lucein, 

erw. 1404, 

rp Hans sen. Edler 

Velser v. Presels. 



Sophia, 
^ Otto ▼. Tuenno. 



2. Joachim, 

1342 minderj., 

erw. noch 1345. 



Federicus, 

natürl Sohn, 

erw. 1342, 

tp (V) Meliana v. St. Polten. 



V 



Belvesin Panzeta, 
erw. zw. 1368—1381, 

1355—1358 t/; Burga, T. 

des Wilhelm und der Lena 
V. Malirulo. 



— 198 - 

erhalten hat. Die Taufeintragung beweist weiter, was hier zunächst nicht in Be- 
tracht kommt, daß das Kind die ans der Eintragung ersichtlichen Paten be- 
kommen hat. 

Die Taufeintragung beweist ferner, daß diejenigen Personen, welche die Vor- 
nahme der Taufe durch den betreffenden Geistlichen herbeif&hrten, die aus der 
Eintragung ersichtlichen Personen als Eltern des Täuflings angegeben haben. Nicht 
beweist die Eintragung, daß diese Personen tatsächlich die Eltern des Täuflings 
gewesen sind, nicht beweist sie, daß diese Personen auch ehelich verbunden 
waren, ja sie beweist nicht einmal die tatsächliche Existenz der in der Eintragung 
als Eltern genannten Personen (es wird sich aus den anzufahrenden Beispielen er- 
geben, daß auch Taufscheine mit fingierten Eltern vorgekommen sind). Nur krail 
einer gesetzlichen Präsuraption beweist eine Taufeintragung, unter der Voraus- 
setzung, daß die aus der Eintragung ersichtlichen Eltern tatsächlich existiert haben, 
deren Elternschaft Ober den Täufling, d. h. daß die Mutter das in Rede stehende 
Kind wirklich geboren hat, daß der Vater der Erzeuger des betreffenden Kindes 
ist. Mit nichten beweist ein Taufschein, daß die in ihm genannten Eltern des 
Täuflings tatsächlich rechtlich verbundene Eheleute gewesen sind. Dieser Beweis 
kann erst durch einen Trauschein oder durch eine Urkunde von ähnlichem Inhalt 
und ähnlicher Beweiskraft (Eheberedung, Testament, Erbschafl;sregulierung usw.) als 
erbracht gelten. 

Immerhin sind in Hinsicht auf die Beweiskraft von Taufscheinen auch für die Ver- 
ehelichung der in ihm genannten Eltern des Täuflings die besonderen Umstände in 
Betracht zu ziehen. Ergibt sich z. B. aus den besonderen Umständen, daß die Eltern 
des Täuflings dem die Taufe vornehmenden Geistlichen genau bekannt waren oder 
genau bekannt sein mußten, so wird man in der Begel der Bezeichnung der Mutter des 
Täuflings, als Ehefrau des Vaters des Täuflings, wenn ausdrücklich im Kirchenbuch 
eingetragen, Glauben schenken dürfen, so z. B., wenn es sich um nahe Verwandte des 
die Amtshandlung vornehmenden Geistlichen handelte. In der Regel pflegten auch 
die Geistlichen, wenn es sich um uneheliche Geburten, d. h. Taufen unehelich ge- 
borener Kinder handelte, irgendwie die Unehelichkeit im Kirchenbuch ausdrücklich 
hervorzuheben; jedoch ist dieses nicht immer der Fall. Es ist eine häufig von mir 
gemachte Beobachtung, daß die Geistlichen, wenn es sich um uneheliche Kinder 
beiderseits adeliger oder sonst vornehmer Eltern, adeliger oder vornehmer Mütter, 
in seltenen Fällen auch, wenn es sich um die unehelichen Kinder adeliger oder 
vornehmer Väter handelte, den Tatbestand im Kirchenbuch verschleierten. Hierzu 
steht es in merkwürdigem Gegensatze, daß bei 90 unter 100 Taufen unehelicher 
Kinder von Müttern geringeren Standes in älteren Zeiten dieser Tatbestand fast 
ausnahmslos durch eine scharfe, man möchte sagen: brutale, Bemerkung im Kirchen- 
buch gekennzeichnet wurde. Verschleierungen der genannten Art nötigen natur- 
gemäß zu ganz besonderer Vorsicht, wenn aus der betreffenden Filiation rechts- 
erhebliche Tatsachen abgeleitet werden sollen, z. B. Ansprüche auf den Adel, Erb- 
ansprüche u. dgl. Es ist überaus lehrreich, die Art und Weise, auf welche solche 
Verschleierungen unehelicher Geburten vornehmer Kinder vorgenommen wurden, 
einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Es darf gehofft werden, daß eine ein- 
gehende Betrachtung dieses Gegenstandes wertvolle Fingerzeige fi)r die Kritik der 



- 200 - 



Personen zu helfen. Es ist mir, als ich bei anderer Gelegenheit diesen Gegenstand 
einer Betrachtung unterzog und zu ähnliehen Ergebnissen gelangte, vorgehaltea 
worden: Solche Fälle der Verschleierung unehelicher Geburten in den Kirchen- 
büchern dürften so außerordentlich selten gewesen sein, daß der Familiengeschichts- 
tbrseher und Adelsrechtskundige mit ihnen im allgemeinen nicht zu rechnen 
bitwiche. Diesem Einwände gegenüber ist, wenigstens soweit preußische Verhältnfsse 
in Betracht kommen, auf den Inhalt einer allerhöchsten Kabinettsorder vom 4. Sep- 
tember 1798 zu verweisen. In dieser heißt es: „Bei dieser Gelegenheit wollen Aller- 
höchst-dieselben das Justiz-Departement auch noch darauf aufmerksam machen, daß 
die schon bestehenden gesetzlichen Vorschriften, wonach uneheliche Kinder nur den 
Namen der Mutter führen, und wenn dieselbe von Adel ist, an dem Stande der- 
selben keinen Teil nehmen sollen, fast allgemein nicht beobachtet worden sind, so daß 
sich, besonders nach Verlauf einiger Zeit, solche uneheliche Deszendenten sehr leicht 
in den Adel haben einschleichen können. Es muß daher in Zukunft strenger auf das 
Gesetz gehalten und besonders müssen die Prediger angewiesen werden, nie den 
Namen des Vaters eines unehelichen Kindes in das Kirchenbuch einzutragen." Ich 
habe damals schon an die VeröflFentlichung dieser Kabinettsorder die Bemerkung ge- 
knüpft, sie beweise schlagend, daß die bekannten gesetzlichen Bestimmungen über den 
Namen und den Adel illegitimer Kinder in Preußen fast allgemein nicht beobachtet 
wurden, wenn es sich — das ergibt der Zusammenhang — um solche Kinder adeliger 
Personen handelte. Sie ergibt weiter, daß sich solche uneheliche Abkömmlinge adeliger 
Personen tatsächlich in den Adel eingeschlichen haben, daß sie das sehr leicht 
haben tun können. Sie zeigt endlich das Mittel, durch welches diese Dinge bewerk- 
stelligt werden konnten: die Eintragung des Namens des adeligen Vaters beim 
Taufvermerk in das Kirchenbuch, als ob er der eheliche Vater des Täuflings wäre, 
oder noch schlimmere Arten der Verschleierung. 

Nach diesen einleitenden Worten kann nunmehr zur Betrachtung einzelner 
Beispiele übergegangen werden. 

I. 
Abschrift 



S. 786. 


Namen 


Qeburts- 


1 Jahrgang 1759 




Namen der Eltern 


der 
Söhne 


und 
Tauftag 


P a t h e n 


N. 






September 






P. Hr. David v. iöcfc^ 


Johan David 


26 


Hr. Lieut. v. Jork 


71 


Cap. T. St«n Bat Garde 


Ludewig 


30 


, V. Schenkendorff. Rgt. 




M. Maria Sophia Pflügen 

■ 






Mstr. Pflug 

1 

Fr. Schlobachen 
Fr. Haken (unehelich) 





Die Richtigkeit der wörtlichen Abschrift bescheinigt 
Potsdam, den 26. Mai 1900. 

Der Königliche Hofprediger und Garnisonspfarrer. 
(L. 8.) Gel. Keßler. 



- 202 — 



Abschrift. 



S. 456. 



Eltern 



Geburts- 
und 
Tauftag 



Nähme 



1756 



P a t h e n 



H. y. Jork Lieut: vom 
3^«Q Bat. Quarde 

Maria Sophia Pflugin 



Februar 

6 
12 



Caroline 
Friederike 
Wilhelmine 



Dorothea Louisa Weidecken 

Dorothea Louisa Casseln 

Stellmacher Christian Pflug 

Frid: Moritz v. Rohr Fähnrich 
Tom 8^ Bat: (unehl.) M. 65. 



Die Richtigkeit der wörtlichen Abschrift bescheinigt 
Potsdam, den 30. Juni 1900. 

Der Königliche Hofprediger und Gamisonspfarrer. 
(L. S.) Gez. Keßler. 

Auch hier ftllt der, für uneheliche Geburten von Kindern adeliger Protestanten 
charakteristische, niedere Stand der Paten auf. 

Daß es ungesetzlich war, den Namen des unehelichen adeligen Vaters in das 
Kirchenbuch einzutragen, geht aus der A. K. 0. von 1798 zweifellos hervor. 

Es ist nun zunächst so gut wie unzweifelhaft, daß die drei erwähnten Ge- 
schwister Jork, die Kinder des David von Jork, nie per subsequens matrimoniam 
legitimirt worden sind. Jedenfalls ist der Trauschein ihrer Eitern nirgends zu finden, 
weder in den Kirchenbüchern zu Potsdam, wo die Geschwister geboren sind, noch 
in denen zu Königsberg und Braunsberg in Ostpreußen, wo der Vater später in 
Garnison stand. (Droysen, S. 6.) 

Trotzdem ist es zweifellos und notorisch, daß David Ludwig von Jork sich stets 
unbeanstandet des Namens „v. Jork*' bedient und für einen Edelmann gegolten hat. 
Am 4. März 1775 wurde „der Gefreyt Corporal Luckschen Regiments Füsilier 
David Ludwig von Jork zum Fähndrich" ernannt. (Droysen, S. 8.) 

Der Vater korrespondiert auch mit seinen Geschwistern in Eowe ganz ungeniert 
über seine unehelichen Kinder (Droysen, S. 6), die sich also ganz ofienbar ohne 
Beanstandung seitens der Familie des Namens ,v. Jork" bedienten. 

Bekanntlich wurde Jork durch A. K. Ordre vom 3. Juni 1814 unter dem 
Namen „York von Wartenburg" in den Grafenstand erhoben. 

11. 
a, W. 

Heinrich 

das 1. Kind der Mutter, unehelich: 

Vater, angeblich und confessus: A. B. C. von X., Kammer-Page bei Sr. König- 
lichen Majestät von Sachsen. Mutter: Anna Y., Joseph Y., Töpfermeisters zu 
Bielin in Böhmen, Tochter, welche aus Dresden hierher nach Z. kam; 

wurde geboren zu Z. am 23. Juni 1818 

und getauft am 28. Juni 1818. 



— 206 — 

von Sommer. S. T. Herrn Ludwig Friedrich von Sommer, Oeconom, aus Ziesar 
im Preussischen, dann Frau Carolina Charlotte, dessen Ehegattin, geb. von 
Stahlau aus Hohenzials bei Magdeburg, einen Donnerstag, den 27. April^ 
Mittags um 2 Uhr geborenen Sohn 

Ludwig Anton Paul Friedrich. 

Die Taufpathen waren: 
1. S. T. Herr Georg Friedrieh Hofmann, Sen., 
der Medizin Doctor und Aceoucheur dahier, 

2. Herr Nicolaus Busch und 

3. Frau Sophie Dorothea Fay geb. Rascher. 

Extrahirt: Frankfurt a/M., den 22. Mai 1900. 

(L. S.) Königl. Standesamt I. 

gez. Gar DJ. 

Unter dem 8. Januar 1827 erließ das Stadtgericht Frankfurt a. M. nach- 
stehende Verfügung: 

ad. Taufregister de 1809, fol. 205. 
Auf Protokolle der Gerichts - Commission de 3. Oct. 1. Dez. 1826 & scb. 
6. Januar 1827 Anwalts der Frau Beichsgräfin von der Schulenburg- Angern, Aus- 
stellung eines Taufseheines für ihren dahier geborenen Sohn betr., ist decretirt : 

1. Ponatur ad acta und da durch die übereinstimmende Aussagen zweier eidlich 
vernommenen Zeugen sich herausstellt, dass die in eih. d. seh. 8. Juli 1826 
enthaltene Angabe des Anwalts der Beichsgräfin Carolinen Charlotten Doro- 
theen ülricken von der Schulenburg- Angern, sowie derselben eigene Angabe 
gegründet ist, so wird nun dem Kirchenbuchführer Baiser commitirt, den am 
18. Mai 1809 fol. 209 eingetragenen Taufschein des daselbst benannten Ludwig 
Anton Paul Friedrich von Sommer dahin abzuändern, dass den Worten: 

»Herr Ludwig Friedrich von Sommer, Oekonom aus Ziesar im Preussischen, 
dann Frau Caroline Charlotte, dessen Ehegattin geb. von Stachlau aas 
Hohenziel bei Magdeburg, einen Donnerstag, den 27. April, Mittags um 
2 Uhr geborenen Sohn" 
substituirt werde: 

„Die Beichsgräfin Caroline Charlotte Dorothea Ulrike von der Schulenburg- 
Angern, ehelich. Tochter des weiland Kaiserlich-Oesterreich. Christen der 
Cavallerie Herr Alezander Christoph Daniel Beichsgrafen von der Schulen- 
burg-Angern, einen Donnerstag, den 27. April, Mittags 2 Uhr dahier, 
ausserehel. geb. Sohn."" 

2. hat der Kirchenbuchführer Baiser zu berichten, wie er dazu gekommen, den 
Ludwig Friedrich von Sommer als Vater des Ludwig Anton Paul Friedrich 
einzutragen, da doch derselbe dahier nicht anwesend gewesen. 

Decretum, Stadtgericht, den 8. Jan. 1827. 

gez. Uartmann. 

Dadurch ist folgende, also die berichtigte, Eintragung im Kirchenbuch ent- 
standen. 



— 208 — 

VI. 

Es ist bekannt, daß der Herzog Karl August zu Sachsen-Weimar zu Earoline 
Jft f yftmajj fi ein Verhältnis unterhielt. Die schöne Schauspielerin gebar dem Herzog 
am 25. Dezember 1806 einen Sohn, der am 18. Januar 1807 getauft wurde. Der 
Taufschein, den ich kürzlich im Kirchenbuch der Weimarer Hofkirche entdeckte'), 
lautet : 

„Nr. 482. Des weiland Herzogl. Sächsz. Raths und Bibliothecarii allhier Herrn 
Christian Joseph Jagemann nachgelaszenen eheleiblichen zweiten Tochter erster Ehe 
Sophia Carolina Jagemann Söhnlein ist gebohren Donnerstags den 25sten Decbr. a. p. 
und Sonntags als den 18ten Januar a. c. nachmittags 12 Uhr von dem H. Ober- 
consist. Rath Günther im Hause getauft worden. Er erhielt in der Heiligen Taufe 
die Namen: Karl von Wolfgang. 

Die hohen Taufpathen waren: 

1. Sr. Excellenz Herr Johann Wolfgang von Göthe, Herzogl. Sachs. Geheimer 
Rath allhier. 

2. Herr Christian Gottfried Theodor Ortmann, Herzogl. Sachs. Kammerrath 
allhier." 

Als nachträgliche Zusätze sind in das Kirchenbuch geschrieben: 

1. neben den Namen „Karl von Wolfgang" der Vermerk: „Gestorben in Dresden 
am 17. Febr. 1895 als Generalmajor"; 

2. am Ende : „Statt der unrichtig eingetragenen Vornamen der am 25. Januar 
1777 geborenen Mutter = Sophia Karolina Dorothea = muß es zu Folge der vom 
Großherzoglichen Staatsministerium unter dem 3. Juni 1875 angeordneten Berich- 
tigung: = Henriette Karolina Friederica == heiszen, Schilling, Hofkirchner." 

3. „Vorgenannte Henriette Karoline Friderike Jagemann war die unterm 
16. Mai 1809 als Frau vo n Heygendorff j^ eadelte Sängerin und Schau- 
spielerin am Theater zu Weimar, die sich nach dem Tode des Großherzogs 
Karl Augusts nach Dresden zurückzog und dort am 10. Juli 1848 starb. 
Nachrichtl. W. Schilling." 

Der Tauf 1mg ist, wie der Zusatz ganz richtig sagt, der als königlich sächsischer 
Generalmajor am 17. Februar 1895 zu Dresden verstorbene Karl Wolfgang von 
HeygendorflF, der also seinen einen Vornamen: Karl, nach seinem Vater Karl August, 
den anderen :'~'Wolfgang, nach seinem Paten Goethe erhielt. Unrichtig ist die in 
dem dritten Zusatz zum Taufschein gemachte Angabe des Ausfertigungstages der 
Verleihung des Adels an Henriette Karolina Friederika Jagemann. Am 16. Mai 1809 
wurde nämlich nicht sie selbst, sondern nur ihr und des Herzogs Karl August 
natürlicher Sohn Karl Wolfgang vom Herzog geadelt, nachdem die Mutter schon 
am 27. Januar 1809, als Geburtstagsgeschenk, den Adel unter dem Namen „Frau 
von Heygendorff" erhalten hatte. 

Bemerkenswert ist auch in diesem Taufschein die Verschleierung der ünehe- 
lichkeit. Kein Wort deutet diese Tatsache an. Selbst der in solchen Fällen häufig 
vorkommende Vermerk : „unehelich" oder „spurius" ist vermieden. Dagegen ist in 



») Zu vergl. mein Aufsatz: ,.Goethe als Pate" in „Die Zukunft-, XI. Jahrg., Nr. 25 vom 
21. März 1903. 



— 210 — 

In diesem Termine fand sich 

a) der Herr Geheime Bath Amelang als Mandatarius des Provokanten, 

b) der Herr Hoffiscal Pfiltzenreuter, welcher der abwesenden Provokatin zum 
Mandatarius ex officio bestellt worden war, 

ein, und von den Zeugen gestellten sich 

1. die Hebamme Marie Luise Tugendreich EIckner geborene Doher, 63 Jahre 
alt, lutherischer Confession. 

Es wurden der Zeugin hierauf die in der Allgemeinen Gerichtsordnung ftSr 
die Preußischen Staaten Thl. I, Tit. 10, § 190 vorgeschriebenen allgemeinen Fragen : 

1. ob und wie nahe sie mit einem oder dem anderen Theile verwandt oder 
verschwägert sei, 

2. ob sie bei der im Prozesse befangenen Sache einiges Interesse und Natzen 
davon zu hoflFen, oder Schaden zu befürchten habe, 

3. ob sich jemand angemaßt habe, sie unterrichten zu wollen, was und wie 
sie aussagen solle, 

4. ob sie sich wegen des abzulegenden Zeugnisses mit ihrem Nebenzeugen 
besprochen habe, 

5. ob sie einem oder dem anderen Theile in der vorliegenden Angelegenheit 
einen Bath gegeben habe, und 

6. ob jemand durch Geschenke oder Versprechungen sie zur Ablegung eines 
günstigen Zeugnisses für einen oder den anderen Theil habe vermögen wollen, 
vorgelegt, und es wurde ihr dabey ihre Pflicht bekannt gemacht, daß sie die strengste 
Wahrheit aussagen, und auch sofort den gesetzlichen Zeugeneid ableisten müsse, 
wobey ihr die Wichtigkeit des Eides und die Strafen des Meineides vorgehalten 
wurden, worauf sie anzeigte: 

Die mir eben vorgehaltenen allgemeinen Fragen muß ich überall ver- 
neinend beantworten, 
zur Sache aber Folgendes aussagen: 

Ungefähr vor 11 oder 12 Jahren, genauer kann ich dieß nicht angeben, es 
war im Winter, ertheilte mir der Geheime ßath Formey den Auftrag, mich zu eine 
Dame zu verftlgen, welche hier im Geheim Wochen halten wolle und ihrer Ent- 
bindung binnen kurzer Zeit entgegen sehe, und derselben als Geburtshelferin Bey- 
stand zu leisten. 

Ich unterzog mich diesem Auftrage und verfügte mich in die Wohnung der 
mir bezeichneten Dame, welche, wie es erst hieß, eine Kussische Fürstin sey, von 
der mir aber nachher gesagt wurde, daß es die Gemahlin des Russischen Generals 
Tscherkoff aus Moskau sey, sie wohnte damals im zweyten Stockwerke eines Hauses, 
an der Ecke der Zimmer- und Friedrichstraße unJ ich besuchte sie vor ihrer 
Entbindung mehrmals. 

Sie war eine junge, wohigebildete Dame, sprach kein Deutsch, sondern 
französisch. 

Die Entbindung erfolgte nun ungefähr vier Wochen nachher,'^ auch noch im 
Winter, eines Abends, ich kann aber nicht genau angeben, ob es vor oder nach 



- 212 - 

vor ihren Umgebungen, d. h. der Dienerschaft ihres Gemahls von Tscherkoff, zu 
entfernen, schon geraume Zeit vorher häufig zu besuchen und den Schein annehmen, 
als ob sie die Dame von einem Blutfluß curire; sie brachte zu dem Ende auch 
zuweilen Ochsenblut mit, womit die Wäsche der Dame öfters angefeuchtet wurde. 

Endlich wurde ich am 2. Januar 1814 des Abends zu ihr gerufen und sie 
gebar nun in meiner und der p. EIckner Gegenwart ein ij^ind weiblichen Geschlechtes, 
welches ich auf ihren Antrag, um jeden Argwohn zu entfernen, sofort und ungereinigt, 
nachdem ich es gut eingehQlIt hatte, in Begleitung der p. EIckner in einem schon 
vor der Thüre haltenden Wagen zu dem Postmeister Eemnitz, damals in der Kloster- 
straße wohnhaft, brachte. 

Ein mit der Dame reisender Herr, dessen Namen ich auf Erfordern angeben 
kann (der Herr Geheime Rat verlangte dies auf Befragen nicht), versprach, f&r die 
Alimentation zu sorgen und ist dies auch anfänglich geschehen, seit einiger Zeit 
hat man aber von ihm nichts erfahren. 

Noch bemerke ich, daß es um so weniger bezweifelt werden kann, daß die 
Dame, von welcher hier die Bede ist, wirklich die Gemahlin eines Kaiserlieh 
Bussischen Generals von Tscherkoff zu Moskau war, als ich in demselben Jahre noch 
eine Beise nach Pyrmont machte, mich daselbst eine Zeit lang aufhielt, die gedachte 
Dame daselbst auch antraf und öfters mit ihr bev den vornehmsten Bussisehen 
Familien zusammengekommen bin und sie daselbst überall als die Gemahlin des 
Kaiserlich Bussischen Generals von TscherkoflF ausgegeben wurde und erschien. 

Sie war damals noch kränklich und ich glaube, daß sie schon verstorben ist. 
Zu mehrerer Bezeichnung führe ich noch an, daß die erwähnte Dame schon mehr- 
mals entbunden war, wie ich erfuhr und auch aus ihrem körperlichen Zustande 
entnahm, so wie sie denn auch eine sehr leichte Entbindung hatte. 

Das von ihr geborene Kind habe ich seitdem nicht aus den Augen gelassen, 
es befindet sich noch bey dem Herrn Postmeister Kemnitz und es ist gut für das- 
selbe gesorgt worden. 

Ich habe es in meiner Wohnung durch den hiesigen französischen Prediger 
Hauchecorne taufen lassen, es bekam die Namen Marie Elisabeth Aimee ; als Vater 
wurde Peter Michel Bimidalphe und als Mutter Marie Aimee Vobul angegeben. 

Weiter weiß ich nichts Erhebliches anzuführen, ich versichere, überall die 
Wahrheit gesagt zu haben und bin bereit, den gesetzlichen Zeugeneid abzuleisten. 

Hierauf wurde beiden Zeugen die Cirkularverordnung vom 26. Oktober 1799, 
welche die gesetzliche Vorhaltung bey Zeugeneiden enthält, zur eigenen Durchlesung 
gegeben, und ebenso ihr in diesem Protokolle enthaltendes Zeugniss, und sie erklärten, 
daß letzteres richtig niedergeschrieben sey, und sie noch bereit seyen, den gesetz- 
lichen Zeugeneid abzuleisten. Derselbe wurde ihnen vorgesprochen und sie leisteten 
ihn hierauf folgendergestalt : 

„Ich pp. schwöre zu Gott dem Allmächtigen und Allwissenden einen wahren 
körperlichen Eid: daß ich von allem, worüber ich in dieser Sache befragt und 
vernommen worden, meine eigentliche Wissenschaft nach der reinen und unver- 
fälschten Wahrheit gesagt und dieselbe weder aus Freundschaft, Feindschaft, Furcht, 
Neid, Haß oder Gunst, oder um Geschenke oder Gabe willen, noch aus HofiFaung 



— 214 — 

stehend geschilderten, erneut zu höherer Wichtigkeit gelangt sind. Zwei Rechts- 
streite (Heimburg gegen Ueimburg und Bothmer gegen Bothmer) ähnlicher Art 
sind in jüngster Zeit zur Entscheidung durch das Beichsgericht in Leipzig gelangt 
in dem Sinne, daß den Nachkommen unehelicher Sprößlinge zweier bekannter Adels- 
familien das Becht zur Führung des Namens und Adelszeichens des onehelichen 
Erzeugers auf Antrag berechtigter Mitglieder der betreffenden Adelsfamilie aberkannt 
wurde, obwohl die Nachkommenschaft den adeligen Namen, auf Grund unberech- 
tigter Eintragung des Namens des uneheligen Erzeugers im Kirchenbuch, seit 
mehreren Generationen unbeanstandet geführt hatte. 



— 216 — 

Schon die Persönlichkeit des Stitlerg siehert dem Orden den Anspruch auf 
Beachtung. Nach dem öberein stimmenden Urteile der Geschichtsschreiber war 
Kiiiser Albrecht IL, der auch die Kronen von Ungarn und Böhmen nach seinem 
Schwiegervater Kaiser Sigismund trug, eine der tüchtigsten Persönlichkeiten des 
sinkenden Mittelalters, und die Zeitgenossen setzten große Hoffnung auf seinen 
Charakter, seine Begabung und Tatkraft. Zum allgemeinen Leidwesen raffte den 
in voller Mannesblote Stehenden ein vorzeitiger Tod (1439) hinweg, kaum zwei 
Jahre, niLchdem er die kaiserliche, bezw. königliche Gewalt empfangen hatte. 

Albrecht unterstützte die Politik seines Schwiegervaters, erkannte die politische 
Bedeutung der Hussiten und bekämpfte sie energisch. Dieses Moment besitzt für 
die Ordensgrilndung die höchste Wichtigkeit und kommt — wie wir sehen werden — 
in der Stiflungsurkunde pr&gnant zum Ausdrucke. 

Ordensgeschichtlicljeä Literesse verdient weiters die Frage, ob Herzog Albrechts V. 

Adlergesellschaft der erste österreichische Adlerorden oder die Erneuerung eines 

älteren solchen Ordens war. Die Stiftungsurkunde bietet keinen Anlaß, an frfkbere 

ähnliche Ordensschöpfungen, sei es österreichischen, sei es fremden Ursprungs, 

anzuknüpfen. Zu Beginn derselben heißt es: „In dem namen 

der heiligen vnd vngetaiKen drivaltikait. amen. Nach Kristi 

gepurde Tausend vierhundert vnd in dem drew und dreyssigisten 

Jare durch den Hochgeborn filrsten vnd herren Hertzog Albrechten 

den flimflen des namens Hertzogen ze Österreich etc. Got dem 

Almechtigen, Marien der Juiikhfrawn iefu xlti m&ter vnd allem 

himelifchen here zu suuderm lobe der heiligen kristenleichen 

kirehen vnd irem gelauben zu sterkhung wider die Vngelaubigen 

Ist ein klainat am diuyse vnd gesels<-haft erdacht." 

Die Stiftung eines neuen Ordens kann wohl nicht deut- 
licher kundgegeben werden. Mindestens muß hiernach angenommen 
werden, daß Herzog Albrecht V. die zweifellose Absicht hatte, 
den Orden als seine Schöpfung zu kennzeichnen. 
Von alleren Schriftstellern wird jedoch mehrfach erwähnt, daß schon vor der 
Adlergesellschaft Albrechts V. in Österreich ein Diszipitnenorden oder Orden vom weißen 
Adler bestanden habe. Bonanni,') dessen naive Unverläßlichkeit sich übrigens nicht 
bestreiten läßt, sagt darüber: „Das durchlauchtigste Erzhaus Oeslerreich hat allezeit 
tapfere Prinzen gehabt, welche sowol in Spanien als in Deutschland den katholischen 
Glauben zu verteidigen und fortzupflanzen bemüht gewesen, daher die Könige in 
Spanien den Namen Catboliei verdienet. In gleicher Absicht ist ein Ritterorden, 
der Disciplin und des weissen Adlers genannt, gestiftet worden. Die Ritter trugen 
einen weissen Adler auf einem bJiiuen Mantel, zu bedeuten, dass sie durch die weisse 
Unschuld der Sitten den Himmel, dahin das blaue Gewand abzielet, von Gott erlangen 
würden. Wer der Stifter des Ordens gewesen? wer ihn konfirniirt? welche Satzung 
angenommen worden? und wann er florirt? ist bei keinem deutschen Skribenten zu 
finden. Doch geben wie zu verstehen, dass dergleichen Orden ehemalen unter der 

>) P. fionaimt, Fbilipp, S. J. VerieichDis der geistjichea und weltlichen Bitterorden. S. S. 40, 41. 



— 218 — 

betrachten sind; in dieser an Ordensstiftungen so reichen Epoche waren zweifellos 
fnr Philipp den Guten ältere Muster wenigstens teilweise bestimmend und aach 
Albrecht V. kann auf ähnlichem Wege — ohne Bücksicht auf das Goldene Vlies — 
zu seinen Anordnungen gekommen sein. Ebenso sei, um Mißdeutungen vorzubeugen, 
an dieser Stelle betont, daß der Aufwand von Formen und Gepränge, von Kostbar- 
keit und Exklusivität bei den zu vergleichenden Orden in keinerlei Verhältnis steht. 
Es gibt wohl überhaupt keinen zweiten Orden, dessen Errichtung mit so selbst- 
bewußtem Pompe stattfand, wie es beim Goldenen Vliese der Fall war, und auch 
keinen, bei dessen Verleihung man preziöser vorging; in dieser Beziehung müssen 
selbst die älteren heute noch blühenden Hoforden, wie das Hosenband, der Annun- 
ziaten, der Elefanten- und der Serafinen-Orden zurücktreten. Dem mächtigen, 
reichen und stolzen Burgunderherzog waren die Großen seines Beiches f&r seine 
Gesellschaft gerade gut genug ; der bescheidene österreichische Landesfürst ließ zur 
seinigen auch den Edelknecht zu, der Wackeres geleistet. 

Demgemäß ist die Sprache beider Stiftsbriefe sehr verschieden : bei Vliesorden 
feierlich, voll äußerlicher Autorität, sozusagen in großer Paradeuniform, beim Adler- 
orden einfach natürlich und doch ansprechend, wie das schmucklose Kleid, das 
nicht wenig den volkstümlichen Zauber des großen Ahnherrn — Budolf von Habs- 
burg — begründen half Aber seltsam sind die Wege der Geschichte: der bur- 
gundische Orden überlebte Jahrhunderte lang das nach einigen Lustren eintretende 
Ende des Hauses seines Stifters, der habsburgische erlosch in früher Vergessenheit, 
indes die Familie seines Urhebers zu immer höheren Ehren emporstieg. 

I. Äußere Abzeichen. 

Das Kleinod des Adlerordens von 1433, in Stiftsbriefe so, aber auch Devise 
(diuys) genannt, wird vom heraldischen und symbolischen Standpunkte aus zu 
würdigen sein. 

Den Hauptbestandteil bildet der goldgekrönte Adler mit ausgebreiteten Flügeln ; 
auf den Zeichnungen der Abschrift erscheint der einköpfige Adler nach links gekehrt. 
Zweifellos ist dieses Adlerzeichen das älteste verbürgte bei den Bitterorden der 
eigentlichen europäischen Kulturvölker. Dem polnischen weißen Adlerorden wird 
allerdings von manchen ein früheres Stiftungsjahr (1325) zugeschrieben; dasselbe 
ist jedoch — soweit mir bekannt wurde — keineswegs urkundenmäßig dargetan. 
Ebensowenig bestehen solche Belege dafür, daß ein Adlerzeichen als Ordensdekoration 
vor 1433 irgendwo im Gebrauche stand. Eine gewisse Beziehung dieser somit 
originären Schöpfung Albrecht V. zu dem ältesten österreichischen Wappenbilde, 
dem einköpfigen Adler, kann nicht von der Hand gewiesen werden. Wohl ist das 
Adlerzeichen nach dem Stiftsbriefe von 1433 zunächst als weißgeschmelztes, bezw. 
silbernes ins Auge gefaßt. Aber es verwandelt sich je nach der Größe des Ver- 
dienstes stufenweise, teilweise oder ganz in ein goldenes, bezw. vergoldetes. Der 
Stiftsbrief setzt nämlich fest, daß na<'h der nächsten verdienstvollen Kriegstat des 
Mitgliedes — im Streite oder Sturme — der rechte Flügel, nach der zweitnächsten 
auch der linke Flügel von Gold oder vergoldet getragen werde, während nach der 
drittnächsten verdienstlichen Kriegstat der Possen des Vogels an Leib ganz ver- 



- 220 - 

Wahlspruche gebracht werden kann und daher vorzflgliehe Beachtung heischt. Die 
Hand mit der Kute, welche aus dem Gewölke hervorgeht, ist die Hand des bimin- 
tischen Herrn, des allgerechten und jedes Unrecht strafenden Gottes, den jene zu 
ftkrchten haben, welche nicht nach dem Grundsatze „Tue Becht** leben. In diesem 
Sinne geben Adler, Wahlspruch und Symbolum einen schönen Dreiklang, dessen 
herrschende Stimmung die Gerechtigkeit ausmacht 

Eine Ordenskette oder ein Ordensband kennt der Stiflsbrief des Adlerordens 
Ton 1433 nicht. Es wird lediglich angeordnet, daß die Bute „GoUers weis**, d. i. als 
Kollane um den Hals oder an der Brust „als ein gespann"* getragen werden mag. 
Im schärfsten Gegensatze hiezu steht die Wichtigkeit, welche die Yliessatzungen 
dem „Collier" — der Kollane — beimessen. Schon in der Beschreibung des 
Ordenszeichens (Art. 3) legt man mehr Gewicht auf das „Collier* ^) als auf das 
Toison. Die Fälle, in denen das Toison ohne Collier getragen werden darf, werden 
genau bezeichnet und sollen weiterhin an geeigneter Stelle angeftkhrt werden. In 
vielen folgenden Artikeln ist überhaupt nur vom „Collier** die Bede, wo Kette und 
Kleinod gemeint werden. Später emanzipiert sich das Kleinod allerdings von der 
Kette, deren Hauptsymbole dem Kleinode beigefilgt werden; aber die hohe Wert- 
schätzung der Kollane hat beim Vliese bis heute nicht aufgehört. Für diesen unter- 
schied gegenüber dem Adlerorden gibt es triftige Gründe. Der Beichtum des 
Burgunderherzogs stand dem österreichen Fürsten nicht zu Gebote; die glanzvollere 
Hofhaltung konnte des kostbareren Ordensschmuckes nicht entraten. Mit der 
schweren Kette ließ sich viel mehr Staat machen als mit dem unscheinbaren 
Kleinod. Die Kette war so recht das Zeichen der fürstlichen Gnade und zugleich 
der Fessel, welche den Beliehenen an den Souverän des Ordens band. Als Souverän 
des Yliesordens wird ja der burgundische Herzog in den Statuten bezeichnet, indes 
sich der Stiftsbrief Albrecht V. der einfacheren Titulierung: »obrister Herr und 
Verleiher** begnügt. 

Ebenso wie die Einftlhrung einer Ordenskette fehlt auch die eines Ordenskleides 
im Stiftbriefe von 1433. Die Statuten des Goldenen Vlieses beschreiben anläßlieh 
der Ordnung des Vorganges beim Kapitel (Art. 25) ziemlich genau die Ordenstracht : 
nianteaux d'escarlatte vermeille, autour par bas et ä la fente richement bordes de 
larghe semence de fulzilz, cailleux, estincelles Tboisons, fourrez de menu vair, longs 
jusques ä terre, aflFublez de Chapperons d'escarlatte vermeille ä longue cornette sans 

de copper ** Das repräsentative Moment empfangt hiedurch eine weitere starke 

Ausprägung, während es beim Adlerorden von 1433 fast gänzlich vernachlässigt 
erscheint. 

II. Ordenszweck. 

Der Zweck des Adlerordens von 1433 ist — im Sinne der alten echten Bitter- 
orden — ein ritterlich-religiöser; die Stärkung der heiligen christlichen Kirche und 
ihres Glaubens gegen die Ungläubigen. 

Der oben angeführte Eingang des Stiftsbriefes besagt dies ausdrücklich. Unter 
den Ungläubigen sind allerdings in erster Linie nicht die Sarazenen, die Heiden 



V) Bestehend aus „fuzilz touchans ä pierre, dont partent estincelles ardaus". 



— 222 — 

Alles übrige, die Anrufung Gottes und der Heiligen, die Formel von der Ver- 
teidigung der Kirche usw. ist zeitgemäße Verbrämung, äußerliche Anlehnung des 
neuen Hofordens an die echten Bitterorden. So ist der Vliesorden geworden und 
bis heute geblieben: „Famiable compagnie du Souverain**, das glänzendste Beispiel 
eines höfischen Ehrenzeichens. Während also die Philipp dem Guten zugeschriebene 
Ereuzzugsidee in den Statuten seines Ordens keine Beglaubigung findet, ist der 
Stiftbrief Albrecht V. von Österreich ein gutes Spiegelbild der staatlichen und mili- 
tärischen Notlage seiner Zeit ; die Gründung des Ordens entspringt dem Bedürfnisse, 
die Besten des Landes durch das Band einer Ordensbrüderschafl zur Behebung dieser 
Notlage zu vereinen. 

III. Qualifikation der Mitglieder. 

Für den Adlerorden von 1433 ist die Qualifikation der Mitglieder durch den 

Stiftbrief dahin geregelt, daß der liandesfUrst das Kleinod und Devise „einem 

yeden erbern manne allenthalben vnuersprochen, der zu dem Schilde geporn 
und an Jahren streytmessig ist, die geselschaft begerend, leihen sol auf redleiche 
gelübde des ersten ze tun bey trewen und eren alle und yecleiche Satzung vnd 
Artikel der geselschaft ze laisten, ze halden vnd ze uolfüren nach des briefs 
begreiffung lawtter vnd angeuerd.'' Es wird also erfordert: 1. Ehrbarkeit im 
damaligen Sinne; 2. guter Buf; 3. Bitterbürtigkeit; 4. streitmäßiges Alter. 

Auch muß eine Bitte um Verleihung vorliegen. Vor der Verleihung hat der 
liandesfÜrst die Wohlmeinung des viergliedrigen Ordensrates, in dessen Abwesenheit 
die Wohlmeinung anderer, u. zw. der Vernünftigsten und Besten unter den beim 
Landesf^rsten befindlichen Mitgliedern einzuholen: „mit Bat vier erberr geporner 
mannen der geselschaft dartzu erweit vnd gesatzt oder mit alsuil oder menigr andr 
der vemüfligisten und pesten rat, welch dann ain landsftlrste in der erweiten ab- 
wesen aus der geselschaft bei Im gehaben mag.** Ober die Qualifikation ftlr die drei 
höheren Grade wurde schon anläßlich der Besprechung des Kleinods gehandelt. 

Von den Qualifikationsmomenten ist uns das der Bitterbürtigkeit das hervor- 
stehendste: es charakterisiert den Adlerorden von 1433 als einen adeligen, der einem 
wenn auch noch so kriegsverdienten Manne von nicht adeliger Herkunft verschlossen 
war. Die Bitterswürde brauchte der Kandidat nicht zu besitzen; besaß er sie, so 
empfing er das Symolum (Gewölke mit Arm und Bute) in Gold, sonst in Silber. 

Weniger klar zeigt sich die Vorschrift beim Vliesorden. Art. 1 der Statuten 

von 1431 verordnet: „ ordonnons qu'en Tordre devant dict, aura trente un 

Chevaliers gentilhommes de nom et des Armes, et sans reproche, dont nous en 
nostre temps serons leur Chef et Souverain, et apres nous nos successeurs les ducqs 
de Bourgoigne."* Die vielfach verbreitete Anschauung, die Verleihung des Vlies- 
ordens könne nur an Personen von hohem und altem Adel geschehen, findet somit 
in den ältesten Statuten keine Stütze. Freilich gehörten die meisten der von Herzog 
Philipp zuerst ernannten 24 Ordensritter berühmten Geschlechtern an, so Vienne, 
ßoubaix, Dunkerque, Vergy, Brimeu, Lannoy, Commines, Thoulonion, Luxembourg, 
Tremouille, Villers-Lille Adam, Croy, Beaufifrement, Crequi, Neufchätel und die 
Vienne, Vergy, Luxembourg, Tremouille und Croy werden vom Herzoge als „coasins* 
bezeichnet. 



— 224 — 

a) Allgemeine ürdenspfliehten. 

1. Die Pflicht zum Tragen des Ordenszeichens ist beim Adlerorden von 1433 
eine eingeschränkte; sie besteht nur für bestimmte Tage und nur bei öffentlichem 
Erscheinen. Die Tage sind die Freitage, Samstage. Sonntage, die Marienabende 
und Marientage. Die Außerachtlassung dieser Pflicht wird mit Buße geahndet; wenn 
ein Mitglied der Gesellschaft den Übertreter mahnt, so hat er unweigerlich dem 
Mahner sieben Pfennige als Almosen ftlr arme Leute zu geben. Diese Buße tritt 
indes bloß ein, „wann das geschieht, daz ainer nicht warhafle not hat, die erber 
In irret" ; diese Not befreit ihn von der Buße. 

Die VliesbrOder — auch der Ordenschef — müssen dagegen die Kollane jeden 
Tag offen um den Hals tragen unter Strafe von vier Sols auf eine Messe und 
vier Sols für Gott (die Armen). Bloß das Vlies (ohne Kollane) dürfen sie tragen: 
1. unter Waffen, 2. wenn die Kollane in Reparatur ist, 3. aufweiten Eeisen, 4. bei 
Krankheit, 5. wenn es die persönliche Sicherheit erfordert (Art. 3 der Statuten 
von 1431). 

Beim Vliesorden soll das Kollier nicht mit Edelsteinen oder anderen Sachen 
„enrichiert" sein; es soll nicht verschenkt, veräußert oder verpftndet werden (Art. 3 
cit.). Die Satzungen des Adlerordens von 1433 entbehren ähnlicher Bestimmungen. 

Wenn das Adlerkleinod verloren wird, ist ein Ersatz durch den Verleiher 
nicht vorgesehen. Wenn die Vlieskollane durch ein ehrenhaftes Kriegsereignis oder 
eine ehrenvolle Gefangenschaft in Verlust gerät, ersetzt es der Ordenschef; bei 
anderweitigem Verluste muß sich das Ordensmitglied die Kollane binnen vier Mo- 
naten machen lassen (Art. 40 d. Stat.). 

2. Die Treue gegen den Ordensherrn ist eine so wesentliche Mitgliedspflicht, 
daß sie grundsätzlich sowohl beim Adlerorden von 1433 als auch beim Vliesorden 
schärfstens verlangt wird. Im Stiftsbriefe von 1433 heißt es : „Es ist auch sunderlich 
zu merkhen, daß ain yeder, der in diser geselschaft ist, wider den fürsten ze Öster- 
reich, der Im die gelihen hat, nicht tun sol, welcher aber wider den landesftlrsten 
ze Osterreich tun wollt, der soll des Ersten das Kleinod ablegen und Obergeben zu 
des hannden, von dem er das emphangen hat und sol sich alda seiner gelubde 
darumb getan, gantz entpinden." 

Viel verwickelter zeigen sich die einschlägigen Normen der Vliesstatuten von 
1431. — Schon die Inhaltsangabe des Art. 11: „Comment les Chevaliers du dict 
ordre peuvent servir ä leur Seigneur naturel" ist bezeichnend. 

Dieser Artikel lautet: „ pour ce que au dict ordre pourroient estre Che- 
valiers non subjects du Souverain et pourroit advenir qu'icelluy Souverain 
pourrait venir en guerre au Seigneur naturel d'aulcun des dicts Chevaliers 
non subjects, ou aux pays dont ilz seront natifs, pour nous et nos dicts succes- 
seurs Souverains du dict ordre Declarons qu'en cecas les dicts Chevaliers non 
subjects pourront garder leur honneur et deffendre leur naturel Seigneur et 
ses pays, dont ilz seront natifs sans pour ce encourir Charge ny deshonneur ny 
mesprendre au dict ordre." Wenn also der Krieg auf Seiten Burgunds etc. ein An- 
griffskrieg ist, so können die fremden Ordensritter ihren feudalen Verpflichtungen 
auch gegen Burgund ohneweiters nachkommen. Wenn aber Burgund etc. der an- 



— 226 — 

vor dem Landesfllrsten rechtlieh entschieden werden. Für alle diese Verhandlungen 
besteht Geheimhaltungspflicht. 

Wenn ein Ordensmitglied von den Ungläubigen verderbt wird oder sonst an 
Gut abkommt mit Ehren, dem sollen, sobald es bekannt wird, die anderen Ordeas- 
mitglieder zu Pferden und Rüstung verhelfen, u. zw. einem Herrn oder Bitter zu 
sechs Pferden, einem Edelknecht zu drei Pferden, „damit die geselschaft von ainem 
jeden dester werleicher müg gehalten werden." 

Auch in Sachen der Kameradschaft sind die Statuten des Vliesordens von 1431 
von größter Ausfllhrlichkeit. Art. 4 regelt die Beistandspflicht im allgemeinen und 
speziell hinsichtlich des — oflFenbar sehr zeitgemäßen — öblen Geredes. Mit der 
Austragung solcher Ehrensachen befassen sich Art. 8 — 10, 32, 35. Art. 8 spricht 
den Grundsatz aus: Wenn der Souverän von Zwistigkeiten (d^bat ou comtempt) 
zwischen den Mitgliedern erfllhrt, so wird er ihnen jedes tätliche Vorgehen (oeuvre 
de faict) verbieten und sie anweisen, sich seinem und des Ordens Ausspruch zu 
unterwerfen. Sie haben persönlich (oder durch einen Prokurator, wenn sie nicht 
können) vor dem nächsten Kapitel zu erscheinen. Beide Teile werden gehört werden. 
Der Souverän und die Bitter des Ordens werden trachten, die Sache gfltlich aus- 
zutragen, soweit es möglich ist. Die Parteien haben sich dem Ausspruche zu flQgen. 
Wie man sieht: eine Art Ehrenhändel unter Standesgenossen zu schlichten, welche 
der heutigen Praxis weit überlegen ist. Die bezogenen Artikel und sonstige Be- 
stimmungen der Statuten von 1431 zeigen eine Ausbildung des Verfahrens wie 
sie einem förmlichen Ehrengerichte vorbildlich sein kann, selbstverständlich mit 
strengster Normierung der Geheimhaltungspflicht (Art. 30). Hier ist so ziemlich 
alles vorgesehen, was sich theoretisch ausdenken läßt, z. B. die Umfrage im Kapitel 
von Bitter zu Bitter, ob gegen ein Ordensmitglied etwas vorliege, das Hinausgehen 
des beschuldigten Ordensbruders vor Fällung des Erkenntnisses, die Belobung des 
als schuldlos Erkannten, die Unterwerfung des von Tadel oder Strafe Getroflfenen 
unter dieselben, das Verbot der Gehässigkeit wegen solcher Vorkommnisse. Sogar 
der Fall, daß ein Ordensbruder sich vom Ordenschef gekränkt oder bedrückt fQhlt 

und im Kapitel nicht mit seiner Klage durchdringt, gelangt zur Erörterung: „ Mais 

sMl advenoit que le Souverain fist grief tort ou violence i aulcuns des Chevaliers 
de rOrdre, dont apres que icelluy Chevalier auroit suffisamment requis et somme 
le dict Souverain et Chevaliers de lui en faire raison et justice et Tauroit dument 
attendue et ne le pouvroit obtenir et que par declaration des fr^res et Chevaliers 
pour ce assemblez de la grigneure partie d'eulx seroit faicte declaration du tort et 
refus de justice, en ce cas et non paravant le dict Chevalier ainsi greu6 pourroit 
rendre le Collier et se departir de Fordre sans fourfaire n'y estre charg^ de deshon- 
neur en prennant gracieui conge (Art. IG).*" In der Hauptsache gilt: Die Ordena- 
brtider machen, was ihre gegenseitigen Beziehungen betrifiFt, kameradschaftlieh aus, 
das Kapitel ist Gerichtshof, seine — inappellablen — Erkenntnisse genießen Zwangs- 
Vollstreckung. Detailbestimmungen über kameradschaftliche Hfllfe bei GefiyQigmi-. 
Schaft etc. fehlen in den Statuten von 1431 — im Gegensatze zu dem StUtefafMi» 
des Adlerordens von 1433 — ; aber nach den allgemeinen Prinsq^tn (AaN^^- ' 
jeder Ordensbruder den Vorteil des Ordenschefs wie der übrigen 9 
und sie vor Schaden, Unehre usw. zu bewahren. 



— 228 — 

Schaft abfordern und nehmen lassen durch einen Herold (erhalden); gibt es der 
Unwürdige nicht her, so sollen die Ordensbrüder es ihm nmächtleich**, d. i. mit Gewalt 
nehmen. 

Die Yliesstatuten von 1431 kennen vier Fälle des Verlustes der Mitgliedschaft 
(Art. 13—16), u. zw.: 

1. Häresie oder Glaubensvergehen (höresie ou erreur contre la foy Ghretienne); 
der Bitter muß dessen „attaint et convaincu" sein oder deswegen „paine et 
pugnition publique'' erlitten haben. 

2. Verrat (trahison) unter der Voraussetzung, daß der Ritter dessen „attaint 
et convaincu** sei. 

3. Feigheit. 

4. Fahnenflucht. 

Dem steht gleich: „Aultre vilain enorme et reprochable cas"* (Art. 16). Beispiele 
des Verlustes der Mitgliedschaft des Vliesordens sind^): 

1. Jean de Damours, seigneur de Olessy (erwählt 1468) pour cause d'ingra- 
titude et de fölonie. 

2. Jacques de Savoye, comte de Bomont (erwählt 1478) pour avoir port^ les 
armes contre son Ghef et Sou verain. 

3. Wolfart de Borsele, comte de Groimpre, seigneur de la Veve (erwählt 1478) 
pour cause de fölonie. 

Niemand wird im Zweifel sein, daß die bescheiden, aber allgemein gehaltene 
Fassung der Ausschließungsgründe beim Adlerorden von 1433 den Vorzug vor der 
kasuistischen Fassung in den Vliesstatuten von 1431 verdient. Die Schwäche der 
letzteren liegt vorab in der Bezeichnung der vier HauptfUUe, von denen der erste 
und zweite nicht gut begrenzt erscheinen, da „erreur contre la foy chretlenne'' 
sicherlich ein zuweit, „trahison '^ ebenso gewiß ein zu eng gesteckter Begriff ist; 
sodann in der Ergänzung des Deliktsrahmens durch eine so schwer faßbare 
Kategorie: Aultre vilain, enorme et reprochable cas.. Gewisse unnatürliche Ver- 
fehlungen werden vom Strafgesetze schwer verpönt; ob sie unter diese Kategorie 
fallen, bleibt dahin gestellt, da die Frage vom ritterlichen Ehrenstandpnnkte zu ent- 
scheiden ist Das Verfahren über die Ausschließung wickelt sich in der oben berührten 
Form einer ehrenrätlichen Verhandlung vor dem Vlieskapitel ab. 

Die Bückgabe der KoUane hat über Aufforderung freiwillig binnen drei Mo- 
naten an den Souverän oder den Schatzmeister zu geschehen ; nach der AufTorderong 
soll der ausgeschlossene Bitter der Kollane oder einer ähnlichen sich nicht mehr 
bedienen, „ny pour ceste occasion avoir ny tenir rancune ou malveuillance envers 
le dict Soverain ny les freres Chevaliers ny aulcun d'eulx" (Art. 55). Die Auffor- 
derung geschieht unter Berufung auf diesen Eidespunkt. Wird ihr nicht entsprochen, 
so erfolgt zwangsweise die Abnahme der Kollane »par voye de justice* (Art. 37, 38), 
wenn der ausgeschlossene Bitter Untertan des Ordenssouveräns ist; wenn nicht, so 
beschließt der Souverän im Vereine mit den Bittern das Entsprechende. 



^) Adler, Zeitschrift 1871, S. 2 ff. und S. 82 ff. 



— 230 — 

arbeitet zweifellos prompter, militärischer als das Kapitel; es behält dem obersten 
Kriegsherrn Initiative und Endbesehluß vor. Vielleicht entspringt die vorhin berührte 
Lücke in den Satzungen des Adlerordens — hinsichtlich der Art der Bestellung^ 
und Ergänzung des Ordensrates — demselben Gesichtspunkte : das Ordenshaupt soll 
diesbezüglich durch den Stiilsbrief nicht beengt sein, es kann wählen lassen oder 
ernennen, wie es ihm zweckdienlicher erscheint. 

b) Die Ordensbeamten. 

Ganz im Einklänge mit der großen Einfachheit des Stiftsbriefes bestehen flQr 
den Adlerorden von 1433 keine eigenen Ordensbeamten. Der bei Besprechung des 
Verlustes der Mitgliedschaft erwähnte Herold braucht kein Ordensherold zu sein. 
Dem prunkvollen Vliesorden wies schon sein Stifter vier Ordensbeamte zu, deren 
Funktionen zum Teil durch die Statuten von 1431, zum größeren Teile durch nach- 
trägliche Ordonnanz Philipp des Guten geregelt worden sind: den Kanzler (cban* 
cellier), den Schatzmeister (tresorier), den Greffier, den Herold (Thoison d'or Roy 
d'armes). Letzterer bekam vom Souverän jährlich 50 Nobles und außerdem 50 Livres 
Tournois für seine Ordensgewänder, und von jedem Bitter beim gewöhnlichen 
Kapitel zu diesem Zwecke 1 Noble (Art 64 d. Stat. von 1431). Diese Ordens- 
beamten wurden vom Souverän und den von ihm berufenen Bittern — mindestens 
sechs an der Zahl — gewählt und vereidigt. Ihre Qualifikationen und Obliegen- 
heiten waren genau bestimmt; ihre Haupttätigkeit entfalteten sie im Kapitel oder 
doch im Zusammenhange mit demselben. Heutzutage bestehen nur noch der 
Ordenskanzler und der Ordensherold (Wappenkönig) als Solenn itätspersonen ; die 
Stellen des Ordensschatzmeisters und des Orden sgreffiers werden von der Kabinets- 
kanzlei des Kaisers versehen. 

Die ziemlich tiefgehenden Unterschiede zwischen zwei kontemporanen Ordens- 
gebilden weisen auf die großen Differezen in den Verhältnissen ihrer Entstehungs- 
länder hin. 

Zunächst betrifft dies die Stellung der Landesfürsten und Ordenstifler. Der 
Herzog von Österreich gebot über ein kleines, nicht sehr reiches Land, seine Macht- 
vollkommenheit war indes die größte unter allen deutschen Territorialherren und 
seine staatsrechtliche Position geklärt und unangefochten. Der Besitz des Herzogs 
von Burgund dehnte sich von den Alpen bis zur Nordsee und umfaßte reiche, 
höchst leistungsfähige Gebiete; aber seine in den Vliesstatuten so stark akzentuierte 
Souveränität war rechtlich höchst bestritten von französischer Seite und auch von Seiten 
des Deutschen Beiches keineswegs zugegeben. Er befand sich in der Lage eines 
Vasallen, der durch Qlück und Geschick soviel Lehen in seiner Hand vereinigt 
hatte, daß ihm das Gefühl der Vasallität gegenüber den viel bedrängten französischen 
Königen und dem in steter Verlegenheit lebenden Deutschen Beiche abhanden 
gekommen war. Der Traum dieses Fürsten stand nach einer wenigstens teilweisen 
Wiederherstellung des famosen lotharingischen Beiches, welches, nach dem Vertrage 
von Verdun ftir Kaiser Lothar I. geschaffen, eine Art Pufferstaat zwischen dem 
französischen Westen und dem deutschen Osten bildete. Philipps enorme Macht- 
mittel gestatteten ihm, wie ein König sich zu behaben, aber in den Besitz 



— 232 — 

jedes diplomatische Blendwerk, hier fehlt auch der Anlaß zu einem solchen. Freilich 
eine Natur wie Herzog Rudolf IV. der Stifter hätte um einen solchen nicht gebangt, 
und wer weiß, ob er nicht bei längerer Begierungsdauer und gOnstigeren Zeit- 
umständen den Trick Philipps des Guten in genialer, aber unsicherer Form vorweg- 
genommen hätte. Anders Albrecht V. Ihm galt es einen ernsten Kampf gegen 
Fremde, die des Landes Österreich und seines Glaubens Feinde waren; die Besten 
der Seinen wollte der österreichische Landesförst zu diesem Kampfe ermuntern, in 
diesem Kampfe belohnen. Eine arge Not umlagerte das Land, dessen Mitteln die 
Gefahr der Erschöpfung drohte; ein Aufruf an die ideale Sinnesart konnte helfen. 
Wie ein solcher muten die einfachen, innigen Worte der Satzungen des Adler- 
ordens von 1433 an. 

Noch weht ein Stockchen jenes Geistes, der die KreuzzQge gegen die Sarazenen 
belebte, der Budolf von Habsburg mit Ottokar von Böhmen ins heidnische Samland 
fßhrte, in dieser Stiftang, Freilich nur ein Stückchen, indes soviel genug, um in 
dem österreichischen Orden von 1433 den Einschlag der großen, echten Bitter- 
orden zu erkennen, deren Blütezeit längst vorObergerauscht war. 



Anhang. 



Stiftbrief des Adlerordens vom 16. März 1433. 



In dem namen der heiligen vnd vngetailten driualtikait. amen. Nach kristi 
gepurde Tausend vierhundert vnd in dem drew vnd dreyssigisten Jare durch den 
Hochgebom fQrsten vnd herren Hertzog Albrechten den fbmften des namens Hertzogen 
ze Oefterreich etc. Got dem Almechtigen Marien der Junkhfrawn iefu xlli mflter vnd 
allem himelifchem here zu funderra lobe der heiligen kriftenleichen kirchen vnd 
irem gelauben zu fterkhung wider die Vngelaubigen Ist ein klainat am Diuyse vnd 
gefelfchaft erdacht des derfelb fQrst vnd ein yetieich fein Nachkomen Hertzog se 
Österreich etc. obrister Herr und Verleiher ist vnd die gefelfchaft fol nach der 
Satzung als hie befchrieben vnd Artikels weis gemerkhet fteet gehalten werden. 
Des erften fo ift die Diuys am klainat von silber oder gold gemachet in ains 
Adlers figur mit ausgeprayten flügen gantz weyfs mit gold gekrönet in feinen klaen 
ain geftalt ains briefleins haltund an das gefchriben ifb (Tu recht) darob als aus 
ainem gewülkhen ain hannd mit ainer langen Buten fwebet daran der Adler hanget 
vnd die But mag Gollers weis umb den hals oder an der prüft als ain gef^ann ob 
dem Adler getragn werden. Diefelben klaynad vnd diuyse ain landsftirst ze öfter- 
reich etc. mit Bat vier erberr geporner mannen der gefellfehaft dartzü erweit vnd 
gefatzt oder mit alfuil oder menigr andr der vernünftigesten vnd pesten rat welch 
dann ain landfürste in der erweiten abwefen aus der gefelfchaft bei Im gehaben 
mag ainem yeden erbern manne allenthalben vnuerfprochen der zu dem Schilde 
geporn und an Jaren streytraeffig ift die gefelfchaft begerend leihen fol auf red- 
leiche gelfibde: des des erften ze tun bey trewn vnd eren alle und yecleiehe 



— 234 - 

ift dem fiillent die andern in der gefelfchaft nach feiner art trewleich wider helffen 
zu bengften vnd zu harnafeh als ainem berren oder ritter zu Sechs pberden ainem 
erbern knecht zu drein pberden damit die gefelfchaft von ainem yeden defter 
werleicher müg gebalten werden. Es fQllent auch all vnd yecleicb der gefelfchaft 
Personen aneinander ratfam beyftendig vnd bilfleich fein menicleich nach feinem 
vermögen vnd welcher dem andern in der gefelfchaft hört reden an sein ere Das 
fol ain yeder der das hört verantworten pis an In den die Sach antrifft vnd wo 
fich ainer in der gefelfchaft retten wil aufbrach gedranges oder mfitwillens daz In 
als wider recht oder an fein ere rOrt der fol l^in hilf trewleich vnd ordenleich 
flehen vnd treyben nach der gefelfchaft rat. Ob auch zwifchen ettleichen der gefel- 
fchaft ein zerednüfs beschech oder ein vmbillen auferstünde fo fol der landsfQrft 
mit ettleichen die auch der gefelfchaft find vnd In darczü fägfam dunkent feinen 
fleis tun ob er die Sach gQtleich verrichten und geamen mt)g möebt des aber nicht 
gefem So fol die Sache vor dem ftlrsten mit Recht entfchaiden werden vnd was in 
der gefelfchaft rates weis geredt übertragen oder befloffen wirt das fol auch alfo 
von ainem yeden der dorinn ift alleffambt ftill verfwigen vnd haimleich gehalten 
werden in allen Stukhen vnd sachen vngeuerleich Wan auch ain guter namen allen 
reichtumb übertrifft dauon fo ift zu fünderr ere erdacht vnd aufgefatzt daz ain 
yecleicher das klainat des Adlers weifs geftnelczet oder Silbrein fol er fei Ritter 
oder knecht alflang pis ain yeder zu ftreiten oder fturm kOmbt welher dann 
bey folher guter tat ift ainmal der mag des erften die Recht flüg des Adlers ver- 
guldet oder guidein tragn Ob er zu dem andern mal aber defgleichen tftt fo mag 
er die ander flüg als die tenkge auch alfo verguldt oder guidein tragen. Aber zu 
dem dritten mal nach ainem solheu Streyt oder Sturm fo fol dann der poffen des 
vogel an leib ganez verguldet oder guidein beleiben yedoch fo fol ain Ritter zu 
vnterfchaid für ainen knecht die figtir der hannd durch das gewülkhen mit der 
ruoten verguldt oder guidein tragen in mafs als vorberürt ist. Ob aber yemand 
in der gefelfchaft wider ere tet des got nicht engebe oder fich fuft vnordenleieh 
hielt alfo daz es der gefelfchaft nicht tügleich noch fügfam wer ze leiden fo fol 
der lanndffilrft nach dem vnd Im das wiffentleich wirt das zaichen der gefelfchaft 
nach der eitern rat die darinn sind durch einen Erhalden von ainem yeden folhera 
manne vordem vnd nemen laffen wold fich aber ain lolher nach des Erhaldes 
vordrung des klainads nicht entpinden fo füllent das die andern in der gefelfchaft 
machtleich von ainem folhen nemen Auch füllen die obgemelten Stückh vnd Artikel 
dem landffürsten in Öfterreich vnd feinem fürftentum in iren rechten gnaden und 
freyhaiten chain fchaden oder irrung bringen vngeuerleich vnd darumb daz auch 
ain yeder die gefelfchaft nemend vnd an fich emphahend genügleiche weyfung hab 
fo fol Ir yecleicher fein Infigil an den brief difer Satzung henkhen Der geben ist 
an Montag nach sanct Gregorientag Nach krifti gepurde vierczehnliuiidert Jar vnd 
darnach in dem Drewvnddreyffigften Jare. ') 



1) Den Herren von Siegenfeld und Xrato- 
chvil ?om k. u. k. Haus-^ Hof- und Staats- 
archiv sei für die gütige Beihilfe bei Be- 



schaflfung und Vervielfältigung der Urkunde, 
bzw. des Ordensabzeichens bestens gedankt. 



«» *••» 



— 236 — 

Matriken nach einem eigens hiezu aufgestellten Fragebogen zu empfehlen. Es sollte 
dabei sowohl das Alter der einzelnen Matriken als auch deren Vollständigkeit fest- 
gestellt und zugleich auf die im Laufe der Zeit eingetretenen Änderungen in der 
räumlichen und sachlichen Kompetenz der einzelnen Matrikenstellen Bedacht ge- 
nommen werden, um auf diese Weise feststellen zu können, an welchen Orten und 
für welche Zeitperioden die Urkunden über den Personalstand der ganzen Bevölkerung 
des Staates noch vorhanden sind. Die Nachweisungen sollten demnach über folgende 
fQnf Punkte, welche wörtlich in den Fragebogen aufgenommen wurden, Aufschluß 
geben. 

1. Wie weit reichen die in Verwahrung des Matrikenftkhrers befindlichen 
Matriken (Tauf-, Trauungs-, Sterberegister gesondert) in ununterbrochener Reihen- 
folge zurück? 

2. Für welche Zeitperioden befinden sich außerdem noch Matrikenbücher 
(Tauf-, Trauungs-, Sterberegister gesondert) in der Verwahrung des Matriken - 
führers? 

3. Für welche Orte, welche dermalen nicht mehr zum Gebiete der Seelsorge- 
station des MatrikenfQhrers gehören, befinden sich noch Matrikenbücher (Tauf-, 
Trauungs-, Sterberegister gesondert) in Verwahrung des Matrikenführers und ftir 
welche Zeitperioden? 

4. An welchen Orten (Seelsorgestationen) befinden sich außerdem noch ältere, 
auf das Gebiet der Seelsorgestation des Matrikenftihrers bezügliche Matriken (Tauf-, 
Trauungs-, Sterberegister gesondert) und ftlr welche Zeitperioden? 

5. Inwieweit können die sub 1—4 angeführten Matriken als vollständige Ver- 
zeichnisse der im Gebiete der Seelsorgestation vorgefallenen Geburten, Trauungen 
und Todesfälle angesehen werden? 

Das Ministerium des Innern genehmigte diese Vorschläge der statistischen 
Zentralkommission und erteilte mit dem Erlasse vom 27. Jänner 1887, Z. 22.561, 
die nötigen Weisungen an die politischen Landesbehörden; diese wendeten sich 
ihrerseits an die kompetenten Vorstehungen der verschiedenen Beligionsgenossen- 
schaften, z. B. bezüglich der katholischen Kirche an die bischöflichen Ordinariate usw., 
welch letztere wieder mit der größten Bereitwilligkeit an die Erfüllung der ihnen 
übertragenen Aufgabe schritten, durch Einrücken in die Diözesanblätter und durch 
separate Weisungen an die einzelnen Matrikenführer auf eine möglichst vollständige 
und sachgemäße DurchfQhi-ung derselben hinwirkten, so daß schon im Laufe des 
Jahres 1887 der größte Teil der gewünschten Nachweisungen in den Besitz der 
statistischen Zentralkommission gelangt war. 

An das k. u. k. Beichs-Kriegs-Ministerium wurde bezüglich der von den 
Militärseelsorgern geführten Matriken ein spezielles Ansuchen gestellt, welches eben- 
falls in der entgegenkommendsten Weise erledigt wurde, so daß auch für diese 
eigenartige Gruppe von Standesbüchern eine vollständige Übersicht ihres Standes 
gewonnen wurde. 

Schließlich wurden von der statistischen Zentralkommission auch noch ent- 
sprechende Anfragen an Bibliotheken und Archive von Stiftern, Gutsverwaltungen, 
Stadtgemeinden usw. gerichtet, ob sich nicht etwa ältere Matriken bücher in ihrem 



— 238 — 

In Frankreich wies erst die Ordonnance von Blois 1579, welche eben im 
Anschlüsse an die Beschlüsse des Tridentinums die kirchliche Trauung als absolutes 
Erfordernis der Eheschließung aufstellte, die Überwachung der Eheregister den 
Grefßers zu; ihnen hatten die Geistlichen die abgeschlossenen Kirchenbücher zu 
überbringen. Seither hat sich die Staatsregierung in Frankreich oft und ziemlich 
eingehend mit der Begelung des Standesregisterwesens beschäftigt. Unter Heinrich IV. 
ging die ebenerwähnte Funktion der Greffiers auf die übrigens bald wieder ver- 
schwundenen Grefßers des insinuations ecclesiastiques über. Es folgen dann wieder- 
holt königliche Verordnungen, insbesondere in den Jahren 1629, 1653 und 1667, 
welche den Geistlichen die in der Ordonnance von Blois ausgesprochene Verpflichtung 
zur Vorlage der von ihnen geführten Register an die Greffiers von neuem in 
Ermnerung brachte und auch über viele Details entsprechende Bestimmungen trafen. 
Im Laufe der Zeit wurden noch verschiedene andere Kontrollämter geschaffen, wie 
die Greffiers gardes et conservateurs des registres de bäpteme, mariages et sipuJr- 
tures (1691), die Controleurs des registres et des extraits de bäptemes, mariages et 
sepuUures (1705) und viele andere. Letztere wurden durch ein Edikt von 1716 
wieder aufgehoben, nachdem sie tatsächlich schon längst zu bestehen aufgehört 
hatten. Alle diese Verfügungen waren aber größtenteils nur formeller Natur; erst 
die Deklaration vom 9. April 1736, welche die Beobachtung der älteren Normen 
neuerlich streng anordnete, enthielt auch wesentliche Bestimmungen materiellrecht- 
lichen Inhaltes. 

Diese Anordnungen galten, obwohl zunächst nur für die Katholiken erlassen, 
doch auch für die Protestanten, bis in der Folge durch die vielfachen Protestanten- 
verfolgungen das Standesregisterwesen dieser Eonfessionsgenossen in Unordnung 
geriet, welcher erst durch das Edikt vom 28. November 1787, welches die fakul- 
tative Zivilehe in Frankreich einführte, ein Ende bereitet wurde. Kurz darauf ffihrte 
die französische Revolution jene vollständige Umgestaltung des Standesregister wesens 
in Frankreich herbei, welche durch die in der französischen Kirchenwissenschafl 
herrschend gewordene Doktrin der Trennung von Sakrament und Kontrakt in der 
Ehe längst vorbereitet worden war. 

Die Konstitution vom 14. September 1791 erklärte, daß das Gesetz die Ehe 
nur als bürgerlichen Vertrag betrachte und daß die gesetzgebende Gewalt für alle 
Staatsbürger den Modus festsetzen werde, wie die Geburten, Heiraten und Todes- 
falle konstatiert und die darüber aufgenommenen Akte aufbewahrt werden sollen. 

Diese grundsätzlichen Bestimmungen fanden in dem Gesetze vom 20. Sep- 
tember 1792 ihre Ausführung, dessen sonstiger Inhalt im wesentlichen den könig- 
lichen Dekreten von 1667 und 1736 entnommen war. Ein Gesetz vom 28. pluviöse 
des Jahres VIII (18. Februar 1800) betraute die Maires und ihre Adjunkten mit 
der Führung der neuen Register; diese Bestimmungen sind dann in den Code civil 
als II. Teil des actes de Vetat civil übergegangen und bilden noch heute im großen 
und ganzen die Grundlage des französischen Staiidesregisterwesens. 

Die erste Hauptform des modernen Standesregisterwesens charakterisiert sieh 
einerseits durch die vollständige Loslösunj^- dieses Institutes von dem kirchlichen 
Eegisterwesen und anderseits durch ihren engen Zusammenhang mit den Kommunal- 
behörden, deren Organe zugleich mit der Führung der Register betraut sind. 



— 242 — 

Nach der Eestauration kam jedoch die Führung dieser Register wieder ab, 
ohne daß eine förmliche Aufhebung dieser Gesetze jemals erfolgt wäre. 

Im XVII. und XVIII. Jahrhundert erließ die englische Gesetzgebung zur Be- 
kämpfung der heimlichen Ehen viele Bestimmungen über die ordnungsmäßige 
Führung der Kirchenbücher, Bemühungen, welche selbst bis in unsere Zeit noch 
fortgesetzt blieben. 

Noch das Statut 52 vom Jahre 1812 (An ad for (he heiter regulating and 
preserving parish and other registers of births, baptims, marriages and butials in 
England), wodurch eine durchgreifende Neuregelung der Kirchenbücher angestrebt 
wurde, hielt an dem Prinzipe der kirchlichen BegisterfUhrung fest. 

Erst als durch den Bericht einer vom Parlament 1830 zur Prüfung des eng- 
lischen Begisterwesens eingesetzten Kommission ein höchst unerfreulicher Zustand 
desselben enthüllt worden war, entschloß sich die englische Gesetzgebung zu einer 
gründlichen Beform, welche durch die von Lord Bussel zustande gebrachte Act of 
registering bearths, deats and marriages in England durchgefUhrt wurde. (Publiziert 
am 17. August 1836.) 

Das Standesregisterwesen wurde hiernach verstaatlicht und in Anlehnung an 
die durch das Stat. 4 und 5 von 1834 erfolgte Neuregelung des Armenwesens 
wurden die Organe der neuen Armensprengel (Boards of Guardians) als Super- 
intendent Registrars mit der Überwachung der neuen Zivilstandsregister betraut. 

Die genannten Beamten sind berechtigt, ihre Bezirke mit Genehmigung des 
Oeneral Begistrar, welchem die oberste Leitung des Begisterwesens zusteht, in 
ünterbezirke zu teilen und für jeden derselben eine hiezu geeignete Person als 
eigentlichen Eegistrar zur Führung der Begister zu bestellen. 

Die Pfarrgeistlichen der Staatskirche behielten das Becht zur Führung staatlich 
anerkannter Trauungsbücher, sind jedoch verpflichtet, ihre Aufschreibungen auf den 
gesetzlich vorgeschriebenen Formularien zu machen und vierteljährlich Duplikate 
an das Registrars-Ofßcey d. i. das Zentralarchiv des General- Registrars einzusenden ; 
die besonderen Zivilstandesbeamten führen nur ergänzende Verzeichnisse über die 
Eheschließungen, die nach anderen als den staatskirchlichen Formen erfolgen, und 
üben rücksichtlich der Trauungen überhaupt nur eine kontrollierende und ergänzende 
Funktion. 

Diese Grundsätze des englischen staatlichen Begisterwesens sind durch 
Statut 7 und 8 vom 29. August 1844 auf Irland und 17 und 18 vom 17. August 
1854 auch auf Schottland ausgedehnt worden; für diese beiden Länder bestehen 
besondere Generalregisterämter. 

Das englische System der Standesregister, welches sich auf ganz selbständiger 
Grundlage und in eigenartiger Weise entwickelt hat, unterscheidet sich vom fran- 
zösischen dadurch, daß es sich einerseits nicht unmittelbar an den Organismus der 
Gemeindeverwaltung anschließt, sondern zur Führung der Begister besondere Organe 
beruft, anderseits die bürgerlichen Standesbeamten nur in Ausnahmsfiülen als 
Trauungsorgane bestellt und die Vornahme dieses Zivilstandesaktes vielmehr in der 
Begel ebenso wie die Führung der Trauungsregister den kirchlichen Funktionären 
überläßt. 



T- 244 - 

die Ordinariate angewiesen, die Pfarrer zu überwachen, daß sie die Kirchenbücher, 
fQr welche in dieser Zeit schon der Ausdruck „Matriken^ erscheint, nach den be- 
stehenden Vorschriften führen. Von Maria Theresia stammen auch die ersten Maß- 
nahmen her, welche die Schaffung von Standesregistern für die Israeliten bezweckten. 
Es waren dies die Verordnungen vom 17. Januar 1766 und vom 25. November 1779. 

Aber erst das bekannte Patent Kaiser Josefs IL vom 20. Februar 1784 schuf 
ftlr das österreichische Matrikenwesen jene feste Grundlage, auf welcher dasselbe 
im wesentlichen noch heute ruht. Die einleitenden Worte zu diesem Patente be- 
weisen, in wie hohem Maße die damalige Staatsverwaltung die Wichtigkeit eines 
gut geregelten Matrikenw^esens zu w^ürdigen wußte. 

Der Inhalt dieses Patentes ist in großen Zügen folgender: Nach § 1 des- 
selben ist jeder Pfarrer verpflichtet, für seinen Sprengel drei gesonderte Bücher zu 
führen, eines zur Eintragung der Geborenen, ein Trauungsbuch und ein drittes über 
die Gestorbenen. 

Die Form der Eintragungen wurde im einzelnen durch Erlassung einheitlicher 
Formularieu des näheren geregelt; die Aufsicht über die Matriken wurde den 
Bischöfen, welche sie bei Gelegenheit ihrer kanonischen Visitation auszuüben hatten 
(§ 7), und den Kreisbeamten (§ 8) übertragen. Das Recht und die Pflicht zur 
Führung von Handregistern mit voller bürgerlicher Beweiskraft kam jedoch, ab- 
gesehen von den Israeliten, nur den Pftirrgeistlichen der römisch- und griechisch- 
katholischen und der griechisch-orientalischen Kirche zu. Den protestantischen Seel- 
sorgern war zwar die Führung von Registern zum Privatgebrauche seit dem To- 
leranzpatente vom 13. Oktober 1781 gestattet, sie hatten jedoch alle Matrikenf&lle 
den katholischen Matrikenführern behufs Eintragung in die katholischen Matriken 
anzuzeigen, da nur diesen volle bürgerliche Beweiskraft zukam. 

Das Hofdekret vom 22. Februar 1784 sanktionierte diesen Rechtszustand, wie 
er sieh im Anschlüsse an das Toleranzpatent entwickelt hatte. Erst durch die 
Allerh. Entschließung vom 20. November 1829, bezw. durch das Hofdekret vom 
2i). November 1829 erhielten auch die protestantischen Pfarrgeistlichen das Recht 
zur Führung öfl*entlicher Matriken; doch blieb den katholischen Matrikenftihrern 
immer noch ein gewisses Aufsichtsrecht gewahrt, weshalb ihnen auch Duplikate der 
Eintragungen behufs Verzeichnung in den katholischen Matriken zugesendet werden 
mußten. 

Dies dauerte bis zum Jahre 1849, wo mit dem Erlasse rfes k. k. Ministeriums 
des Innern vom 30. Januar, R.-(i.-Bl. Nr. 107, die volle Gleichstellung der Pro- 
testanten bezüglich ihrer Matriken mit den Katholiken ausgesprochen wurde. 

Für die griechisch-orientalischen Pfarrgeistlichen dagegen galten die Bestim- 
mungen des Josefinischen Patentes ohne Einschränkung wie für die katholischen, 
dessen Vorschriften durch das Hofreskript vom 29. April 1786, Z. 11 (§44), speziell 
für die griechisch-orientalische Pfarrgeistliehkeit nochmals ausgesprochen wurden. 

Vor der Erlassung der Josefinischen Patentes wurden weder in der Bukowina 
noch in Dalmation von den orientalischen Griechen ordentliche Matriken gefUhrt'). 

>) Zuwhrlftfn dor Koniintorion von Oattaro und Zara an die statistische Zentral-Kommission 
vom S6. Novembfr IdBH, %. 150S, und vom 37. November 18S8. Z. 13o9. 



- 246 — 

Kegierungszirkulär vom 11. September 1849 zu führen hatte, freilich nicht primär, 
sondern nur als Zentral- Aufsichtsbehörde ; in erster Linie kam sie den jüdischen 
Eeligionslehrern zu. 

In Schlesien, wo kein Eabbiner einen Sitz hatte, waren die Steuerkollektoren 
mit der Führung der israelitischen Matriken betraut. 

In den südlichen Landesteilen Österreichs waren infolge der französischen 
Okkupation unter Napoleon Zivilstandesregister zur Einführung gelangt ; sie wurden 
von den Bürgermeistern geführt, die in dieser Eigenschaft in den italienischen Ge- 
bieten ufficiali dello stato genannt wurden ; an diese mußten von den Seelsorgern 
die Matriken abgeliefert werden. 

Nach dem Sturze der französischen Herrschaft wurden die von den Pfarrern 
geführten Bücher den letzteren wieder zurückgestellt, während die inzwischen von 
den Zivilstandsbeamten geftihrten Register den Gemeindeverwaltungen und den 
Zivilgerichten zur Aufbewahrung übergeben werden sollten, Nach den Dekreten der 
Zentral-Hof-Organisations-Kommission vom 21. August 1815 und vom 14. März 1818 
und einer besonderen Verordnung ftir Tirol vom 21. September 1815 sollten jene 
Pfarrer, welche die Kirchenbücher auch während der französischen Herrschaft nach 
den Vorschriften des Josefinischen Patentes fortgesetzt hatten, dieselben mit den 
Zivilstandsregistern vergleichen und vorkommende Abweichungen anzeigen, jene aber, 
welche die Bücher nicht fortgeführt hatten, für ihre Pfarrbezirke Auszüge aus den 
Zivilstandsregistern machen. 

In Dalmatien insbesondere hatten vor der französischen Herrschaft wenigstens 
für die ßegisterführung der orientalischen Griechen gar keine Vorschriften be- 
standen und es waren auch demgemäß nur von sehr wenigen Seelsorgern dieser 
Konfession Matriken geführt worden. 

Seit dem Josefinischen Patente ist in Österreich eine prinzipielle Neuregelung 
des Matrikenwesens nicht erfolgt; Gesetzgebung und Verwaltung waren vielmehr 
nur bemüht, durch spezielle Bestimmungen jene Änderungen herbeizuführen, welche 
durch das mittlerweile zur allgemeinen Anerkennung gelangte Prinzip der kon- 
fessionellen Gleichheit und der Religionsfreiheit geboten waren. 

So wurde durch den Ministerial-Erlaß vom 30. Jänner 1849, R.-G.-Bl. Nr. 107, 
den von der evangelischen Geistlichkeit unter ihrer alleinigen Fertigung ausgestellten 
Matrikenauszügen die Beweiskraft öfi'entlicher Urkunden verliehen. Durch das Gesetz 
vom 10. Juli 1868, ß.-G.-BI. Nr. 12, betreffend die Beweiskraft der Geburts-, 
Trauungs- und Sterbematriken der Israeliten, wurde die bis dahin zurecht beste- 
hende Kontrolle, Beglaubigung und Vidierung der israelitischen Matrikenbücher, 
bezw. der Auszüge aus denselben durch die katholische Geistlichkeit aufgehoben. 
(Art. IL) 

Für Galizien und die Bukowina wurden in Ausführung dieses Gesetzes be- 
sondere Verordnungen erlassen (kundgemacht am 14. September 1876, L.-G.-Bl. 
Nr. 55, bezw. am 13. Februar 1877, L.-G.-Bl. Nr. 3) und Mähren wurde zufolge 
des Erlasses des Ministeriums des Innern vom 12. Juli 1877, Z. 15.552, in 55 
israelitische Matrikenbezirke eingeteilt; in den übrigen Ländern gelten bezüglich der 
Matrikenführung der Israeliten im großen und ganzen noch die alten, oft recht 
lückenhaften Bestimmungen. 



— 248 — 

sollten, ist durch den Erlaß desselben Ministeriums vom 16. August 1883, Z. 8157, 
wieder beseitigt worden. 

Nicht der gleiche Vorgang scheint jedoch bei der Führung der Sterbebücher 
von Seiten jener Orden eingehalten zu werden, welche für ihre Spitäler das Recht 
zur Führung solcher Bücher besitzen; so werden z. B. in den SterbebOchern der 
barmherzigen Brüder die Todesfälle der in deren Spitale Verstorbenen in fort- 
laufender Reihenfolge ohne Unterschied der Konfession eingetragen, so daß diese 
Sterbebücher im Gegensatze zu dem oben besprochenen Prinzip gewissermaßen 
„interkonfessionelle" genannt werden können. 

Besondere Bestimmungen gelten endlich noch für die Registrierung der Ge- 
burts-, Trauungs- und SterbefUlle, welche auf österreichischen Handels- oder Kriegs- 
schiflfen bezüglich der auf diesen befindlichen Personen des Zivilstandes aufgenommen 
werden, ferner für die Mitglieder des AUerh. Kaiserhauses und für die Militär- 
personen. Ich will mich hiebei nur kurz fassen. 

In der ersterwähnten Beziehung ist die Verordnung vom 25. August 1860, 
R.-G.-B1. Nr. 210, maßgebend. 

Was die Führung der Standesregister iilr die Mitglieder des kaiserlichen Hauses 
betrifft, so erklärt sich die hieftir getroffene besondere Anordnung aus der ja 
allgemein bekannten Stellung des Hof- und Burgpfarrers, der sowohl Personal- als 
Bezirks- oder Lokalpfarrer ist. In Berücksichtigung dieser eigentümlichen Stellung 
desselben hat der Minister für Kultus und Unterricht auf Grund der AUerh. Ent- 
schließung vom 16. Oktober 1853 durch den Erlaß vom 9. November 1853, Z. 5017, 
die Verfügung getroffen, daß, wenn über ein Mitglied des Allerh. Kaiserhauses 
außerhalb der Hof- und Burgpfarre ein Matrikenakt vollzogen wird, von dem Vor- 
stande des betreffenden Kirchensprengels die ausgestellten Scheine samt den dazu 
gehörigen Urkunden jedesmal im Original dem Hof- und Burgpfarrer zu Ober- 
mittehi sind. 

Was die Militärmatriken anbelangt, welchen ich doch einige Worte mehr 
widmen möchte, so erklärt sich ihre Besonderheit aus der Exemption vom Pfarr- 
vorstände, welche die in aktiven Militärdiensten stehenden Personen in Österreich 
frühzeitig erlangt haben. 

Schon das Militärreglement vom Jahre 1768 sagt, daß sie Matrikenbücher fQr 
die Militärpersonen von den Militärgeistlichen zu führen seien; nach späteren Vor- 
schriften unterschied man zwischen Personen, welche zur militia vaga und solchen, 
welche zur militia stabilis gehörten; für die letzteren führte der Zivilseelsorger die 
Matriken, für die ersteren regelmäßig die Militärgeistlichkeit. Erfolgte ein Aus- 
marsch, so waren die Militärmatrikeu abzuschließen und dem Feldsuperiorate der 
Provinz am Sitze des Landes-Generalkommando zur Aufbewahrung zu übergeben. 
Über die im Felde vorkommenden Matrikenfälle wurden Manualprotokolle geführt. 

Von aufgelösten Regimentern waren die Matriken an den Feldsuperior des 
Landes, in welchem sie ihren Werbbezirk hatten, von aufgelösten Feldspitälern 
und sonstigen Heeresanstalten an den Feldsuperior des Landes, in welchem die Auf- 
lösung geschah, abzugeben. Bei den Feldsuperioren waren sie durch drei Jahre 
hindurch aufzubewahren und sodann dem Feldkonsistorium einzusenden. 



— 250 — 

eines Truppenkörpers oder einer Anstalt gehörigen Einzelpersonen (auch jener des 
Zivilstandes im Gefolge der Armee) in einem eigenen Hefte gemeinschaftlich nach- 
zuweisen sind. Bei Sterbeföllen wird dem Militärgeistlichen der Totenbeschauzettel 
oder das vom Militärarzte bestätigte Legitimationsblatt zugestellt, eventuell nach- 
träglieh auch noch das Nationale bekannt gegeben. Nach vollzogener Funktion hat 
der Militärgeistliche sogleich den Auszug aus dem Matrikelhefte dem Standeskörper 
(Kommando) zu übergeben, von welchem dieses Dokument im Wege des Ersatz- 
(Stamm-) Körpers, bezw. der Stammanstalt, eventuell des Eeichs-KriegsministeriuDfis 
an den nach § 2 der Verordnung zuständigen Militärpfarrer einzusenden ist; dieser 
nimmt den Fall in die betreffende Matrikel auf und übermittelt den Auszug nach 
beigesetzter Bestätigung der Protokollierung der mit der Führung des Hauptgruad- 
buches betrauten Verwaltungskommission. 

Es folgen dann noch nähere Bestimmungen über die Immatrikulierung der auf 
dem Schlachtfelde gebliebenen und der in den Divisious-Sanitätsanstalten verstor- 
benen Personen. Zu bemerken ist schließlich noch, daß die von den Militärgeist- 
lichen im Felde geführten Matrikelbogen (Hefte) mit Ende eine jeden Monates ab- 
zuschließen, von dem Militärgeistlichen unter Beidruck des Dienstsiegels zu fertigen 
und sodann von den Divisionsseelsorgern und dem Seelsorger des Armee-Ober- 
kommandos dem vorgesetzten Feldsuperior, von den evangelischen Divisions-Seel- 
sorgern dem evangelischen Seelsorger der Armee einzusenden sind. Der Feld- 
superior sendet die an ihn gelangten Matrikelbogen (Hefte), ferner die ihm von den 
Feldspitalskuraten zugekommenen Matrikelduplikate samt den von ihm selbst ge- 
führten Matrikelbogen an das apostolische Feldvikariat. Der evangelische Seelsorger 
der Armee und der Feldrabbiner leiten die Matrikelbogen im Wege der Militär- 
abteilung des Armee-Generalkommandos an das Beichs-Kriegsministenum, welches 
diese Matrikelbogen an das apostolische Feldvikariat übermittelt; dasselbe hat bei 
eintretender Demobilisierung zu geschehen. 

Nach der Zirkularverordnung des Landes - Verteidigungsministeriuras vom 
4. Mai 1876, Z. 4757/VI, ist für die im Verbände der aktiven Landwehr und der 
Landesschützen stehenden Militärpersonen im Frieden die Zivilgeistlichkeit zur 
Matrikenführung berufen; bei eingetretener Mobilisierung steht diese Funktion den 
Militärseelsorgern zu. 

Zur Matrikenführung für die Gendarmerie'), welche nach dem Gesetze vom 
26. Februar 1876, R.-G.-Bl. Nr. 19, ein militärisch organisiertes Wachkorps ist, 
sind die Geistlichen des stehenden Heeres berufen ; das Gleiche gilt auch bezüglich 
der Militärwachkorps für die Zivilgerichte Wiens und der Polizeiwachkorps in Lem- 
berg und Krakau. 

Die Zirkularverordnung des Reichs-Kriegsministeriums vom 3. Februar 1870, 
Abt. I Marinesektion, regelt die Matrikenführung bei der österreichisch-ungarischen 
Kriegsmarine. Darnach obliegt die Führung der Tauf-, Trauungs- und Sterbe- 
matriken bei der Marine dem Marinepfarrer in Pola, dem selbständigen Marine- 
kuraten des daselbst befindlichen Marine-Haupthospitals, dem Kuraten der Mariae- 
akademie in Fiume und dem griechisch-orientalischen Marinegeistlichen; die in 

^) C. Seidl, Matrikenführung 1897, S. 402. 



— 252 — 

Radosche der Gemeinde Badoviza in Krain und der griechisch-orientalischen Pfarre 
Marienthal in Kroatien einer- und der krainischen Gemeinde Adleschiz anderseits. 
Nach Angabe der Bezirkshauptmannschaft Borgo in Südtirol werden die Tauf- und 
Trauungsmatriken für das zur Gemeinde Grigno gehörige Prizzone in £nego im 
Königreiche Italien, die Sterbebücher dagegen in der inländischen Seelsorgestation 
Tezze geführt. Die Ortschaft Neumugl, welche zur Gemeinde Maiersgrün im 
politischen Bezirke Plan in Böhmen gehört, ist in kirchlicher Beziehung der 
kathoUschen Bxpositur Ottensgrün in Bayern zugewiesen; umgekehrt führt die 
evangelische Seelsorgestation Begnitzlosau in Bayern die Matriken für die Ortschafb 
Eaiserhammer der Gemeinde Gottmannsgrün, Bezirk Asch, in Böhmen. Auch gegen 
Ungarn sind die Grenzen in kirchlicher Beziehung keine festen. So ist z. B. der 
im Bezirke Hartberg in Steiermark gelegenen katholischen Pfarre Neudau auch die 
im ungarischen Stuhlbezirke Güssing gelegene Ortschaft Neudauberg eingepfarrt ; 
ebenso gehört die im Stuhlbezirke Güssing gelegene Ortschaft Wörtherberg zur 
katholischen Pfarre Wörth im Bezirke Hartberg; umgekehrt erstreckt die im 
ungarischen Stuhlbezirke Oberwarth gelegene katholische Pfarre Pinkafeld ihre 
Kompetenz auch teilweise auf österreichisches Gebiet. Die in dem genannten 
Bezirke wohnenden Protestanten sind den zur Superintendenz Steinamanger in 
Ungarn gehörigen Pfarrstellen Allhau und Wolfau, die dort wohnenden Israeliten 
teilweise der Kultusgemeinde Schleining in Ungarn zugehörig. 

Wiewohl nun solche Fälle, namentlich was Ungarn und das Ausland betriflft, 
glücklicherweise doch nicht häufig sind, so ließen sich doch noch einige solcher Bei- 
spiele aufzählen. 

Daß solche Anomalien, wie die angeführten, nur zu leicht zu Komplikationen 
führen können, die auch selbst von einem internationalen Kirchenrechte, das 
übrigens erst geschaffen werden müßte, nicht immer leicht zu lösen wären, liegt 
auf der Hand ; ebenso wie die Staatsverwaltungen die Lösung des Metropolitan- oder 
des bischöflichen Verbandes für wünschenswert erachten, wenn derselbe sich sowohl 
auf inländische als auch auf ausländische Gebietsteile erstreckt, so sollten auch 
solche allerdings weniger bedeutende Anomalien beseitigt werden, welche ja auch 
dem genealogischen Forscher bei seinen Arbeiten die größten Schwierigkeiten zu 
bereiten geeignet sind. 

Bemerkenswert ist, daß das deutsche Reichsgesetz vom 6. Februar 1875, 
welches das Standesregisterwesen für das ganze Deutsche Eeich einheitlich regelt, 
auf die eben besprochene Anomalie Rücksicht nimmt. 

Es bleibt darnach innerhalb solcher Grenzpfarreien, deren Sprengel sich ins 
Ausland erstreckt, das bestehende Recht über die Beurkundung der Geburten, Ehe- 
schließungen und Sterbefälle, für welche ein Standesbeamter nach den Vorschriften 
des erwähnten Gesetzes nicht zuständig, wohl aber die Zuständigkeit des Geistlichen 
begründet ist, fortan in Kraft; es war dies seitens der deutschen Gesetzgebung ein 
Akt besonderer internationaler Kulanz; in Ermanglung einer solchen Norm wären 
die zu den ausländischen Seelsorgestellen eingepfarrten evangelischen Glaubens- 
genossen Gefahr gelaufen, in Zukunft keine staatlich anerkannten Standesregister zu 
besitzen, da in einem solchen Falle die österreichischen Justiz- und Verwaltungs- 
behörden nach den bestehenden Grundsätzen des internationalen Rechtes den 



— 254 - 

Matrikenstellen mit beschränkter Berechtigung — unterscheiden zwischen solchen, 
bei welchen der betreflfende Kurat, Exposit etc. die Matriken nur in Form von 
Vormerksprotokollen führt, deren Inhalt in regelmäßigen Zeitabschnitten den über- 
geordneten Pfarrstellen zur Eintragung in die Pfarrmatriken bekanntgegeben wird, 
und solchen, bei welchen der genannte Vorgang nicht stattfindet, sondern die Ein- 
tragungen des betreffenden Kuraten etc. gleich als vollwertige Matriken angesehen 
werden; eigentlich sind nur die letzteren als Matriken mit „beschränkter Berech- 
tigung" im vollen Sinne des Wortes zu bezeichnen, während die ersteren eigentlich 
nur als Hilfsprotokolle zu betrachten sind, welche zur Erleichterung der Geschäfts- 
führung, zu internen Zwecken, sozusagen pro domo geführt werden ; in der Praxis 
ist freilich die Grenze zwischen diesen beiden Matrikenarten oft nicht leicht zu 
ziehen, und es bestehen da manche Unklarheiten, die noch durch einen anderen 
Usus, der gleichfalls mit den gesetzlichen Vorschriften im Widerspruche steht, ver- 
mehrt werden. 

Es ist dies nämlich die Gepflogenheit, daß an gewissen Anstalten von einem 
anderen Geistlichen als dem zuständigen Pfarrer und unabhängig von diesem Ma- 
triken geführt werden. Das Hofdekret vom 15. September 1786 schon hatte den 
Grundsatz ausgesprochen, daß für Zivilkrankenanstalten, Gebär- und Findelhäuser 
nicht die fiir diese Anstalten etwa bestellten Seelsorger, sondern die Pfarrer, in 
deren Sprengel die Anstalten gelegen sind, die Matriken zu führen haben ; entgegen 
dieser Bestimmung hat jedoch die Praxis manchen in Krankenhäusern, Straf- und 
sonstigen Anstalten zur Ausübung der Seelsorge berufenen Geistlichen die Führung 
entweder sämtlicher oder doch gewisser Matriken zugestanden; der Umfang dieser 
Berechtigung ist, wie es scheint, nur durch interne Ordinariatsinstruktionen geregelt, 
ähnlich wie bei den oben besprochenen Matrikenstellen mit beschränkter Berech- 
tigung. Der Inhalt derselben gibt auch hier öfters zu dem Zweifel Veranlassung, 
ob die Führung dieser Bücher nur pro domo oder mit äußerer Rechtswirkung statt- 
zufinden habe ; aber auch wo das erstere der Fall ist, werden die Matrikenfalle 
regelmäßig nicht an den parochus Ordinarius, in dessen Sprengel die Anstalt liegt, 
wie es das eben erwähnte Hofdekret vorschreibt, sondern meist an die Seelsorger 
des letzten Wohnsitzes der Immatrikulierten bekannt gegeben. Natürlich weicht die 
Praxis bezüglich aller dieser Punkte in den einzelnen Kronländern vielfach ab. 

Im folgenden sollen einige Beispiele von Matrikenstellen mit beschränkter Be- 
rechtigung aus mehreren Ländern gegeben werden: 

In Niederösterreich führen die Filiale V^elm (politischer Bezirk Mödling) 
und das Benefizium Schonau (politischer Bezirk Baden) seit dem Jahre 1874 nur 
Taufmatriken, während die übrigen Register in Moosbrunn, bezw. SoUenau (politischer 
Bezirk Wr.-Neustadt) geführt werden. Das Benefizium in Zwölfaxing (politischer Be- 
zirk Brück a, d. L.) führt seit 1843 Vorraerkprotokolle über Taufen und Sterbefalle, 
die eigentlichen Matriken befinden sich jedoch bei der Pfarre in Schwechat. 

In Steiermark führt das Krankenhaus in Graz Tauf- und Sterberegister, die 
Kaplanei Maria-Grün nur Taufregister. 

In Krain w^erden in der Männerstrafanstalt in Laibach Sterbe- und in der 
Weiberstrafanstalt in Vigaun (politischer Bezirk Radmannsdorf) und im Landes- 
spitale Tauf- und Sterbematriken geführt; zehn Exposituren führen teilweise schon 



— 256 — 

In der Bukowina endlich bestehen bei den Gerichtsgefängnissen in Czer- 
nowitz und Suczawa Tauf- und Sterberegister, die allerdings nur pro domo geflQhrt 
werden. 

Bemerkenswert ist, wie sich die Staatsverwaltung gegenüber diesen Anomalieo 
verhält; mir ist eine einzige Verordnung diesbezüglich bekannt, nämlich die Ver- 
ordnung filr Böhmen vom 20. April 1826, Z. 18.627, welche ausgesprochen hatte, 
daß die Krankeninstitute der Barmherzigen Brüder und der Elisabethinerinnen in 
Prag zur Führung eigener Sterbematriken berechtigt und verpflichtet seien, weil 
nach den kanonischen Gesetzen jedes Kloster fQr sich mit seihen Angehörigen und 
allen darin wohnenden und verpflegten Individuen eine Pfarre ausmache, die Priester 
des Ordens der Barmherzigen Brüder überdies schon nach ihren Statuten von 1757 
und 1795 zur Ausübung der Seelsorge in den Spitälern des Ordens verpflichtet 
seien und bei den Elisabethinerinnen ein eigens bestellter Priester die Seelsorge 
ausübe. Diese mit den kirchlichen Satzungen im Einklänge stehende Bestimmung, 
die sich somit nur als eine Art authentischer Interpretation einer von der Staats- 
regierung rezipierten kirchlichen Rechtsnorm darstellt, steht jedoch im Widerspruche 
mit dem obenerwähnten Hofdekrete vom 15. September 1786, welches auch den 
verschiedenen Kranken- und sonstigen Anstalten das Becht der Matrikenführung 
abspricht und dieses nur dem parochus Ordinarius vorbehält. — Merkwürdig ist 
auch, daß eine solche Verordnung nur für das Königreich Böhmen erflossen ist; 
mir ist wenigstens keine zweite für irgend ein Kronland geltende ähnliche Bestim- 
mung bekannt. Nichtsdestoweniger werden aber auch in anderen Ländern in den 
Spitälern der Barmherzigen Brüder und der Elisabethinerinnen vielfach Matriken, 
u. zw. meist Sterbematriken geführt, freilich nur pro domo; so z. B. in Wien und 
in Feldsberg, in Brunn, Graz, in Kainach in Steiermark und in St. Veit in 
Kärnten. 

Die bisher angeführten Beispiele beziehen sich jedoch alle nur auf Matriken- 
stellen der römisch-katholischen Kirche; von den übrigen Konfessionen wurde der 
statistischen Zentral-Kommission nur ein einziger Fall einer Matriken führ ung mit 
beschränkter Berechtigung bekannt; derselbe betriffl die israelitische Matriken- 
führung in Mistelbach in Niederösterreich, welche gemäß der Statthalterei-Kund- 
machung vom 6. Mai 1879, L.-G.-Bl. Nr. 30, nur zur Führung von Geburts- 
und Sterbematriken befugt ist, während die Trauungen von der MatrikenfUhrung in 
Nikolsburg und Mähren registriert werden. 

In neuerer Zeit scheint übrigens die Staatsverwaltung die Tendenz zu ver- 
folgen, die selbständige Matrikenftihrung in den Anstalten abzuschaffen und somit 
wieder die Vorschriften des mehrfach erwähnten Hofdekretes vom 15. September 
1786 zur Geltung zu bringen. So hat das Justizministerium mit dem Erlasse vom 
21. Jänner 1887, Z. 23.212, die bis dahin in der Männerstrafanstalt in Karthaus von 
dem Kuraten der Anstalt besorgte Matrikenftihrung für unstatthaft erklärt und auf 
den einen gleichen Fall in der Männerstrafanstalt in Prag betreff'enden Erlaß vom 
15. Mai 1879, Z. 4817, hingewiesen, wonach zur Führung der Sterbematriken för 
Strafanstalten nur derjenige Pfarrer berufen ist, in dessen Sprengel die Anstalt ge- 
legen ist. Ober Aufforderung der Oberstaatsanwaltschaft in Prag vom 26. April 
1887, Z. 960, wurde hierauf die Führung der Sterbematriken för die Sträflinge des 



— 258 - 

nicht passen würde. Ich werde mich daher darauf beschränken, die einzelnen 
Länder nur im allgemeinen zu behandeln und gelegentlich die allerältesten oder 
sonst aus irgend einem Grunde besonders bemerkenswerten Matriken jedes Landes 
anzuführen. 

Vorher möge jedoch noch eine tabellarische Obersicht*) gegeben werden, 
welche die Ergebnisse der Matriken-Inventarisierung nach dem Alter und der Voll- 
ständigkeit der Matriken länderweise veranschaulicht*). Ein vollständiger Auszug 
aller von den Matrikenstellen seinerzeit der k. k. statistischen ZentraUKommission 
eingesendeten Nachweisungen existiert bisher leider noch nicht. 

In bezug auf das Alter ihrer Matriken kann man die österreichischen Kron- 
länder etwa in vier große Gruppen einteilen: 

1. Die ältesten Kirchenbücher finden sich und am zahlreichsten in Tirol, Vor- 
arlberg und im Küstenlande ; letzteres besitzt sogar (in Pirano in Istrien) das älteste 
Kirchenbuch in Osterreich, ein Taufbuch, dessen Eintragungen mit dem Jahre 1457 
beginnen und von 1459 an regelmäßig fortgeführt sind. Dieses interessante Bach 
wurde im Jahre 1894 der k. k. statistischen Zentral-Kommission zur Einsicht über- 
sendet und sein Inhalt von v. Inama-Sternegg statistisch bearbeitet'). 

2. Dann kommen die übrigen Alpenländer, wo sich das Matrikenwesen erst 
später entwickelt hat; aus vortridentinischer Zeit sind hier nur wenige Kirchen- 
bücher zu finden; dagegen erscheinen solche im Jahrhunderte nach dem Triden- 
tinium schon sehr zahlreich. 

3. In den nordwestlichen Ländern, Böhmen, Mähren uud Schlesien, ist die 
Entwicklung des Matrikenwesens durch die Stürme des 30jährigen Krieges sehr 
behindert worden ; wir finden daher in diesen Ländern aus dem ersten Jahrhundert 
nach dem Tridentinum verhältnismäßig weniger Matriken als in den Alpenländern. 

4. Zur vierten Gruppe gehören Galizien, die Bukowina und Dalraatien, wo die 
Entwicklung des Matrikenwesens am meisten zurückgeblieben ist, und wo erst das 
Josefinische Patent und, was Dalmatien betrifft, gar erst das XIX. Jahrhundert 
(Erlaß des dalmatinischen Guberniums vom 20. August 1816) geordnete Zustände 
in demselben geschaffen hat. So war z. B. in der vorjosefinischen Zeit ein großer 
Teil der Kirchenbücher in der illyrischen, in den östlichen Ländern in kirchen- 
slavischer oder russischer, auch ruthenischer Sprache und mittelst der cyrillischen 
Schrift geführt worden; seit den Josefinischen Vorschriften trat jedoch meist an 
Stelle derselben die lateinische Schrift und Sprache, obwohl eine einheitliche Norm 
speziell diesbezüglich niemals erflossen ist. 

Nun noch einiges über die Matriken in den einzelnen Ländern*): 
In Niederösterreich reichen in ununterbrochener Reihenfolge nur die 
Matriken einer einzigen Kirche in die Zeit vor Erlassung der Tridentinischen Normen 
zurück; es sind dies die Trauungs- und Sterbematriken der Pfarre St. Stephan in 
Wien, welche bis in das Jahr 1562, bezw. 1553 zurückreichen; ein Fragment eines 
Trauungsbuches umfaßt noch die Jahre 1542 bis 1557. 



') Zusammengestellt von Dr. Ferdinand 
Schmid und publiziert in der Statistischen 
Monatsschrift, XV. Jahrgang, 1889, S. 468/59. 



3) Statistische Monatsschrift, XXI. Jahr- 
gang, 1895, S. 541. 

*) Statistische Monatsschrift, XV. Jahr- 



^) Siehe die nebenstehende Seite 259. i gang. 1889, S. 431-463 



- 260 — 

Aus der Zeit nach der Erlassung der Tridentinischen Dekrete (1563) bis zum 
Ausgange des XVI. Jahrhunderts sind 7 vollständige Taufbücher, 4 TrauungsbOcher 
und 2 Sterbebücher erhalten ; diese befinden sich in Kapelln, St. Polten (Dompfarre), 
Traismauer, Waidhofen a. d. Thaya, Waidhofen a. d. Ybbs, St. Michael in Wien, 
bei den Schotten und bei St. Stephan in Wien. 

Bruchstücke von Matrikenbüchern aus dem XVI. Jahrhundert besitzen außerdem 
noch 9 Seelsorgestellen. 

In die Zeit vor Ende des dreißigjährigen Krieges reichen in ununterbrochener 
Reihenfolge zurück: 138 Tauf-, 121 Trauungs- und 104 Sterbebücher u. s. f. 

Oberösterreich besitzt kein Kirchenbuch aus vortridentinischer Zeit; aus 
dem Ende des XVI. Jahrhunderts sind jedoch 10 vollständige Tauf-, 9 Trauangs- 
und 5 Sterberaatriken erhalten. Sonst findet sich in diesem Lande nichts Bemer- 
kenswertes. 

Salzburg besitzt, wenn man von der seit Jahren nicht mehr besetzten 
Expositur Obertauern absieht, nur 123 römisch-katholische Matrikenstellen; von 
diesen haben nur drei vollständige Kirchenbücher, die bis in das XVL Jahrhundert 
ununterbrochen zurückreichen ; es sind dies : St. Georgen bei Oberndorf, Köstendorf, 
und die Dompfarre in Salzburg. Aus der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts 
stammen 42 vollständige Tauf-, 37 Trauungs- und 33 Sterbebücher. 

In Steiermark ist das älteste Kirchenbuch eine Trauungsmatrik der Pfarre 
PöUau^ die mit dem Jahre 1593 beginnt. Außerdem reichen noch bis an das Ende 
des XVI. Jahrhunderts ununterbrochen zurück die Taufmatriken von Leoben (1595), 
alle drei Matriken von Tragöß (1597), die Taufmatriken der Stiftspfarre Voran 
(1596) und die Trauungs- und Sterbematriken dieser Pfarre (1595). 

Außerdem reichen noch in diese Zeit Fragmente verschiedener Matriken 
zurück, so Taufmatriken in Altenmarkt ( — 1595), Stadtpfarre in Graz ( — 1589), in 
Judenburg ( — 1598), in Haus ( — 1585) usw. 

In Kärnten weist die ältesten Matrikendenkmäler die Stadtpfarre St Ägyd 
in Klagenfurt auf; freilich sind es leider nur Fragmente von Tauf- und Sterbe- 
matriken, die 1571 beginnen. Vollständige Matriken aus dem XVI. Jahrhundert sind 
in Kärnten nicht erhalten. Aus der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts sind in 
Kärnten 48 vollständige Tauf-, 43 Trauungs- und 35 Sterbebücher vorhanden ; hiezu 
kommen noch die Bruchstücke von 17 Tauf-, 10 Trauungs- und 11 Sterbematriken. 
— Aus der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts stammen 78 vollständige Tauf-, 
56 Trauungs- und 61 Sterbematriken und Fragmente von 9 Tauf-, 8 Trauungs- und 
8 Sterbematriken. 

Erwähnenswert ist endlich, daß in Kärnten zehn Seelsorgestationen noch Frag- 
mente von besonderen Taufbüchern für uneheliche Kinder besitzen; auch Über- 
bleibsel von Ziviistandsregistern aus der Zeit der französischen Herrschaft sind noch 
bei einzelnen Matrikenstellen vorhanden. 

In Krain sind die ältesten vollständigen Matriken die Taufmatriken von 
Menges, die mit 1584, und jene der Dompfarre in Laibach, die 1588 beginnen. 
Fragmente aus dem XVL Jahrhundert sind nicht nachgewiesen worden. 



— 262 — 

'dieselben befinden sich bei den Kirchen: St. Jakob in Brunn (1587), St. Jakob in 
Iglau (1599), Mährisch-Trübau (1587) und Zwittau (1599); überdies sind noch 
einige Bruchstücke von Matriken aus dieser Zeit vorbanden, und zwar in Braun- 
seifen, Brück, Olbersdorf, St. Mauritz in Olmütz und Unter -Wisternitz. Aus der 
ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts sind 88 vollständige Tauf-, 83 Trauungs- und 
67 Sterbebücher erhalten, überdies viele unvollständige. 

In Schlesien ist das älteste Matrikendenkmal bei der Seelsorgestelle Enders- 
dorf ; dasselbe ist jedoch lediglich ein Titelblatt eines Kirchenbuches aus dem Jahre 
1413. Aus dem XVI. Jahrhundert besitzen Matriken Gurschdorf (Tauf- und Trauungs- 
matriken 1599), Baase und Weidenau (1591). 

Am weitesten in der Entwicklung zurückgeblieben ist, wie schon erwähnt, 
das Matrikenwesen in den letzten drei Ländern: Galizien, der Bukowina und 
Dalmatien. 

In Galizien ist aus vortridentinischer Zeit kein einziges Matrikenbuch vor- 
handen ; erst in der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts und im XVin. Jahrhundert 
bessern sich die Verhältnisse etwas; doch besitzt Galizien eigentlich erst seit dem 
Josefinischen Patente ein ziemlich geordnetes Matrikenwesen. Bis an das Ende des 
XVI. Jahrhunderts reichen die Matriken von nur acht Seelsorgestellen ununter- 
brochen zurück. Die meisten Matriken beginnen, wie gesagt, vollständig and 
ununterbrochen erst mit der Josefinischen Zeit, die vielen israelitischen meist noch 
weit später. 

In der Bukowina, die nur 25 römisch-katholische Matrikenstellen besitzt, 
hat eine ordentliche kirchliche Matrikenftkhrung erst mit der Besitznahme des Landes 
durch Osterreich begonnen. Aus der Zeit vor dem Josefinischen Patente besitzen 
nur sechs Seelsorgestellcn mehr oder minder vollständige Matriken, von denen aber 
auch die älteste nicht über 1776 hinausreicht. 

In Dalmatien brachte es die historische Entwicklung mit sich, daß das 
Matrikenwesen hier nur langsam festen Fuß fassen konnte. Seitens der Regierungen 
der Bepublik Venedig und des Freistaates Ragusa scheint nur wenig hierf&r getan 
worden zu sein ; erst die französische Verwaltung unter der Napoleonischen Herr- 
schaft schuf durch Einftihrung von Zivilstandesregistem vorübergehend einige 
Ordnung. Dauernd und allgemein geordnet wurde das Matrikenwesen in Dalmatien 
jedoch erst seit der Vereinigung des Landes mit Osterreich, insbesondere seit dem 
Jahre 1817. Gleichwohl finden wir aber dennoch dort einige Matriken, die ver- 
hältnismäßig weit zurückreichen, so die Taufmatrik in Lesina (1517) und aus der 
zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts fiinf Tauf-, fQnf Trauungs- und drei Sterbe- 
matriken und überdies Fragmente aus dieser Zeit von neun Tauf-, vier Trauungs- 
büchern und einem Sterbebuch; wie sehr die Zahl der Matriken in der neueren Zeit 
wächst, ersieht man daraus, daß seit dem Jahre 1825 225 Tauf-, 242 Trauungs- und 
247 Sterbematriken vorhanden sind. 

Daß die Register der anderen, insbesondere der nichtchristlichen Religions- 
gesellschaften in Österreich weit weniger alt sind als die der römisch-katholischen 



— 264 — 

Im Landesarchiv zu Graz befinden sich ältere Matriken der dortigen evan- 
gelischen Gemeinde, die Freiherr y. Hammer-Purgstall 1886 dem Grazer Landes- 
aussehusse zum Geschenke machte. Die umfassendste Sammlung älterer und auch 
neuerer Matriken (Militärmatriken) ist unstreitig im Archiv des apostolischen Feld- 
vikariates in Wien ; die Zahl derselben soll sich auf 1435 ^) (LXXX Nummern) 
belaufen. Hier erscheint der Gedanke eines Zentralarchivs, dessen Au^be die 
Ordnung, Erhaltung und Zugänglichmachung aller Matriken sein soll, schon in 
glücklicher Weise verwirklicht. 



1) Nach dem Stande des Jahres 1887. 



— 266 — 

Eine große Bolle spielt das Siegel auch im GericbtsverfabreD bei den Ordalien, 
den GottesurteileD. Auch hievon soll später ausfQhrlicher gehandelt werden. 

Die Besiegelung von Privaturkunden, die von einzelnen Autoren f&r jene Zeit 
überhaupt geleugnet wird, läßt sich in den Yolksrechten gleichfalls schon nach- 
weisen, wenngleich sie nicht eben häufig gewesen sein mag. Hier bereitet die 
richtige Deutung des Wortes Signum und signare große Schwierigkeiten und macht 
eine sorgfältige Vergleichung und Abwägung der Stellen gegeneinander notwendig. 

Endlich finden wir die Vernichtung und Fälschung von Urkunden und Siegeln 
als Gegenstand besonderer strafrechtlicher Bestimmungen, unter denen besonders 
ein Gesetz Chindasuinths hervorragt, das später gleichfalls genauer zu besprechen 
sein wird. 

Nach dieser kurzen allgemeinen Betrachtung über die Anwendung des Siegels 
soll nunmehr auf die Bestimmungen der einzelnen Volksgesetze eingegangen werden , 
und zwar sollen an erster Stelle die leges Wisigothorum Gegenstand dieser Unter- 
suchung sein, deshalb, weil sie die meisten und eingehendsten Bestimmungen über 
das Siegel und seine Verwendung enthalten und weil wir durch das Eindringen in 
den Geist dieser Bestimmungen einen Fonds gewinnen, der uns das Verständnis 
der spärUcheren und weniger ausführlicheren Bestimmungen der anderen Volksrechte 
wesentlich erleichtert. Wir betrachten also zunächst 

das Siegel in den leges Wisigothorum. 

I. Das Siegel als gerichtliches Ladezeichen. Hievon handelt legg. Wisigotb, 
II, 1, 19 und II, 1, 20. Die erstere Stelle lautet folgendermaßen : 

De bis, qui admoniti iudicis epistula vel sigillo ad iudicium venire contemnunt. 
Iudex cum ab aliquo fuerit interpellatus, adversarium querellantis admoni- 
tione unius epistolae vel sigilli ad iudicium venire conpellat, sub ea videlicet 
ratione, ut coram ingenuis personis bis, qui a iudice missus eititerit, illi, qui ad 
causam dicendara compellitur, oflFerat epistulani vel sigillum .... 

Es folgen hierauf ausführliche Strafsanktionen für den Fall der Nichtbefolgung 
einer solchen Ladung. 

Hier sehen wir also die Funktion des Siegels als richterliches Ladezeichen : 
Der Bichter, vor dem Klage erhoben wird, hat den Beklagten durch Übersendung 
unius epistolae vel sigilli vor Gericht zu laden. Das Wort sigilli kommt in den 
legg. Wisigoth. stets nur in der Bedeutung „Siegel" vor, es kann auch hier nichts 
anderes heißen. 

Nun ergibt sich aber aus der ständigen Wiederholung der Phrase „epistola 
vel sigillum", daß dieses vel disjunktiv ist; mit einem Brief oder mit seinem 
Siegel soll der Eichter vorladen. Jedes Siegel setzt jedoch ein Schriftstück voraus, 
dem es aufgedrückt ist. Da hat nun Zeumer die überaus ansprechende, schon ein- 
gangs dieser Untersuchung erwähnte Vermutung aufgestellt, die Ladung sei in der 
Weise erfolgt, daß der Richter dem Beklagten entweder einen, natürlich auch ge- 
siegelten, eigenhändigen Ladebrief sandte oder indem er der ihm vom Kläger über- 
reichten Klageschrift sein Siegel aufdrückte und die so autorisierte Eingabe dem 
Beklagten übermittelte. Diese Vermutung findet eine Bestätigung insbesondere in 
legg. Wisigoth., II, 1, 20, wo es heißt: 



— 268 — 

Hier tritt uns zum erstenmal das Wort Signum im Sinne von „Siegel*" ent- 
gegen; das ist durch den Zusammenhang: Signum . . . sculpserint vollkommen außer 
Zweifel gesetzt. Gleichzeitig wird auch die Phrase Signum inprimere, die wir hier 
zum erstenmal finden, umso gründlicher wahrzunehmen sein, als wir uns ihrer im 
folgenden zur Aufklärung einiger minder leicht zu interpretierender Stellen zu 
bedienen haben werden. 

lY. Wir kommen nunmehr zu der bei den Westgoten häufigsten Verwendung 
des Siegels: in Privaturkunden. Hier werden wir nun wiederholt vor die, nicht 
immer leicht zu beantwortende Frage gestellt, ob das immer wieder vorkommende 
Wort Signum mit „Siegel*" oder mit „Handzeichen^ zu übersetzen sei. Man hat 
bisher ziemlich allgemein der letzteren Deutung zugeneigt und mit Ausnahme zweier 
Stellen — der soeben zitierten über die Eönigsurkunden und einer gleich zu be- 
handebden über Privaturkunden — Signum stets mit Handzeichen übersetzt. Wie 
mir scheint, mit Unrecht. Es lassen sieh bei genauerer Untersuchung die Stellen, 
in welchen das Wort Signum sich findet, in zwei Kategorien scheiden : in manchen 
Stellen ist es mit „Handzeichen'', in anderen mit „Siegel" zu übersetzen. 

Betrachten wir zunächst jene eine, oben bereits erwähnte Stelle, in der das 
Wort Signum auch bisher stets richtig mit „Siegel*" gedeutet wurde und die räum- 
lich wie inhaltlich dem Gesetze über die Eönigsurkunden sehr nahe steht (lex 
Wisigoth. Vn, 5, 2). Da heißt es: 

De his qui scripturas falsas fecerint vel falsare temtaverint. 
Si quis scripturam falsam fecerit aut recitaverit vel subposuerit sciens vel 
in iudicio protulerit, et qui veram subpresserit, subtraxerit, disruperit vel designa- 
verit aut diluerit, quique signum adulterinum sculpserit, fecerit vel inpresserit : 
talium scelerum rei eorumque conscii .... 

Auch hier beweisen die Worte „sculpserit* und „inpresserit" deutlich, daß 
Signum mit „Siegel" übersetzt werden muß. Schwieriger ist die Sache, wie schon 
gesagt, bei den anderen Stellen, deren einige wir jetzt näher betrachten wollen. 
Da ist z. B. lex Wisigoth. II, 5, 15 : 

De contropatione manuum, si scriptura vertatur in dubium. 

Omnes scripturae, quarum et auctor et testis defunctus est, in quibus tarnen 
suscriptio vel signum conditoris adque testium firmitas repperitur, dum in 
audientia prolatae constiterint, ex aliis cartarum signis vel suscriptiouibus contro- 
pentur, sufficiatque ad firmitatem vel veritatis huius indaginem agnoscendam 
trium aut quattuor scripturarum similis et evidens prolata suscriptio. Quod si 
talibus scripturis legura tempora obviaverint, pro certo decernitur, quia valere 
non poterunt. 

Was die soeben zitierte Stelle anlangt, so lassen sich hinsichtlich der Über- 
setzung des Wortes signum wohl beide Deutungen vertreten, doch ist, wenn man 
sich nur an den Wortlaut des Gesetzes hält, wohl mit Becht die Bedeutung „Hand- 
zeichen" anzunehmen. Dafür sprechen schon die Worte des Titels : de contropatione 
manuum. Immerhin wird man aber die gegenteilige Ansicht nicht als absolut 
unrichtig und unbegründet hinstellen können. 



— 270 — 

idem petitor pertinet, epistula sua manu suscripta adqae signata eidem iudici 
dirigat, in qaa praemoneat, ut negotium querellantis audire et ordinäre non 
diflferat .... 

Gerte si idem iudex admonitus absque dilationem causam audierit petitoris, 
in qua eum perveniat habere nuUatenus veritatem, iudicium, per quod eins 
iniustitia patuit, evidentibus scriptis emittat, de cuius textu exemplar fideliter 
translatum suaque manu suscriptum adque signatum iudici, a quo admonitus faerat, 
dirigere non moretur. 

Hier braucht wohl nicht erst des längeren ausgeftkhrt zu werden, daß ^signata'' 
mit „gesiegelt'' zu übersetzen ist. Das ergibt sich erstens aus dem Wörtchen adque, 
das in beiden Fällen zwischen die Worte suscripta und signata gesetzt ist, sowie 
zweitens aus dem Umstände, daß das Wort signare in den leges Wisigothorum an 
keiner Stelle in einer anderen Bedeutung vorkommt als im Sinne von „siegeln'' 
(siehe diesbezüglich lex Wisigoth. X, 2, 6). 

Damit haben wir das Vorkommen des Siegels bei den Westgoten wohl so 
ziemlich erschöpft und wollen hier schließlich nur noch kurz das Gefundene 
resümieren : 

1. Königssiegel; zur Bekräftigung von „regiae autoritates vel praeceptiones" 
und von „leges". 

2. Bichtersiegel ; 

a) als Ladungszeichen, 

b) als Yerschlußsiegel, 

c) zur Ausfertigung von litterae dimissoriales etc. 

3. Das Siegel von Privaten ; zur Plombierung und zur Bekräftigung von Testa- 
menten, Schenkungen etc. 

Das Siegel in den leges Älamannorum. 

Nächst dem westgotischen Becht sind es die leges Älamannorum, die in einer 
größeren Anzahl von Stellen Bestimmungen siegelrechtlicher Natur enthalten. Seyler 
sagt hierüber in seiner Geschichte der Siegel pag. 58: 

„Das alemannische Becht kennt das Siegel des Bichters, des Bischofs, des 
Herzogs, des Grafen und des Centurio. Das Siegel (sigillum) wurde bei einer Vor- 
ladung oder der Überbringung eines Auftrages (z. B. Leistung des Botendienstes) 
vorgezeigt, zum Kennzeichen, daß dies namens des rechtmäßigen Herrn oder Amts- 
inhabers geschehe. Wer sich weigerte, der Vorladung oder dem Befehle Folge zu 
leisten, wurde mit einer Geldstrafe belegt." 

Diese Darstellung darf allerdings auf Vollständigkeit keinen Anspruch erheben. 
Denn wir finden auch bei den Alemannen, ähnlich wie bei den Westgoten, das 
Siegel nicht nur als Ladungszeichen, sondern auch als Plombierungsmittel ; letzteres 
in einer auch rechtshistorisch sehr interessanten Stelle, von der später die Bede sein 
soll. Dagegen fehlt in diesem Volksrechte jegliche Andeutung einer Verwendung 
des Siegels durch Private. 

Betrachten wir zunächst die Verwendung des Siegels als Ladungszeichen. 
Legg. Alamann. XXU, 2 handelt von dem richterlichen und bischöflichen Siegel: 



— 272 — 

einmal um MaDomissionsurkunden. Dabei wird erwähnt, daß die Zeugen unter- 
schreiben, bezw. in der Urkunde genannt sein müssen. Des Siegels wird keine Er- 
wähnung getan. 

Das Siegel In den leges Longobardomm. 

Auch das longobardische Volksrecht enthält eine Reihe von Bestimmungen, in 
denen des Siegels gedacht wird. Wie in den beiden bisher behandelten Yolksrechten 
finden wir auch hier das Siegel zunächst als richterliches Ladungszeichen : 

„üt sacramenta, quae ad Palatium fuerint arramita, in Palatio finiantur: et 
si sacramentales cum ipso venire noluerint, iussione dominica, aut sigillo, vel 
iudicio, ad Palatium venire cogantur." 

Eine andere singulare Bestimmung tritt uns in Liber Papiensis Pippini 39 
entgegen, wo es heißt: 

„Sicut consuetudo fuit sigillos et epistolas prehendere et vias vel portus 
custodire, ita nunc sit factum.'' 

Boretius hat zur Erklärung dieser Stelle auf Batchis, capit. in brevi 1. ver- 
wiesen, wo es heißt: 

„Nullus homo per marcas introire possit sine signo aut epistola regis." 

Er meint, es handle sich in jener wie in dieser Stelle um jene Anftnge des 
Paßwesens, denen wir um diese Zeit auch anderwärts, wenngleich nicht in so aus- 
geprägter Weise wie im Longobarden reiche begegnen, wo jeder das Land betretende 
Fremde einen Geleitbrief mit dem Siegel des Königs haben mußte. 

Haben wir in dieser Stelle das Königssiegel in seiner Verwendung als Amts- 
siegel gefunden, so zeigt uns die folgende SteUe, allerdings mit weniger Klarheit, 
etwas Ahnliches. Die leges Longobardorum euthalten nämlich unter anderem auch 
eine Inhaltsangabe der Sicardi Principis Pactio cum Neapolitanis in quinquennium 
facta. Da heißt es unter Punkt 27: „De sigillatico et nuptiatico*". Leider ist der 
Inhalt dieser Bestimmungen nicht weiter angegeben, so daß wir hinsichtlich der 
Bedeutung dieser Worte und insbesondere des Wortes sigillaticum auf Vermutungen 
angewiesen sind. Allerdings dürften wohl nur zwei Deutungen ernstlich in Betracht 
kommen. Daß mit sigillaticum eine Gebühr gemeint ist, kann wohl als außer allem 
Zweifel gelten. Praglich ist nur, ob man darunter mit Du Gange eine vom ,,Herren", 
also wahrscheinlich vom Lehnsherren, ftlr die Gewährung seines Siegels erhobene 
Gebühr verstehen soll, oder ob man vielleicht auch hier an das Königssiegel zu 
denken hat. Jedenfalls hätte die letztere Annahme die Tatsache für sich, daß wir 
flir ein sigillaticum in diesem Sinne gerade in der oben besprochenen Stelle, liber 
Papiensis Pippini 39 ein Beispiel haben ; denn daß der König für die Siegelung der 
Pässe fremder ßeisender eine Gebühr erhoben haben dürfte, ist wohl selbstverständ- 
lich. Freilich läßt sich auch der große Grnnd- und Lehnsherr ohneweiters als be- 
.recbtigt denken, ein sigillaticum einzuheben. Denkt man nur daran, daß noch im 
XII. und XIII. Jahrhundert sich wiederholt wohlhabende Landedelleute finden, die 
kein Siegel besaßen und ihre Urkunden von jemand anderem siegeln ließen, mit 
dem ausdrücklichen Bemerken: „weil ich selbst kein Siegel besitze", wie mochte es 
da 700 Jahre früher bei den bäuerlichen Hintersassen im Langobardenreiche aus- 



- 274 -- 

Ut si qui8 Signum, quod est sigillum, iabonoraverit, vel buiuscemodi inlüncta 
mioime inpleverit: prima vice arguatur, secunda XL solidos conponat, tertia sunm 
reddat weregeldum, quarta exterminetur abacto (vel) officio. 

Die Bedeutung dieser Stelle ist wobl vollkommen klar und bedarf keiner be- 
sonderen Besprechung. 

Damit stünden wir am Schlüsse nicht nur der in dem bayerischen Yolksrechte 
enthaltenen Bestimmungen über das Siegel, sondern am Schlüsse der in den ge- 
samten germanischen Volksrechten überhaupt sich findenden siegebechtlichen Normen. 
Die fränkischen Volksrechte tun des Siegels keinerlei Erwähnung, obwohl, wie wir 
aus Formelbüchern und Kapitularien wissen, und wie ja bei der höheren Eultar des 
Frankenreiches selbstverständlich ist, auch dort das Siegelwesen früh Eingang ge- 
funden hat und wohl alle jene Funktionen erfUlte, deren in den gleichzeitigen 
Volksrechten anderer Stämme expressis verbis gedacht wird. Auch die lex Burgun- 
dionum und das friesische Volksrecht spricht an keiner Stelle vom Siegel. 

Wir haben also, um die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung nochmals 
zu resümieren, das Siegel bei den Germanen in folgenden Funktionen gefunden: 

1. Das Königs- oder Herzogssiegel, verwendet zur Bekräftigung von Ge- 
setzen, Erlässen, Urkunden und Ladungen. 

2. Das Bichtersiegel, verwendet 
a) als Ladungszeichen, 

h) als Verschlußsiegel, 

c) zur Ausfertigung von litterae dimissoriales. 

4 Das Bischofs-, Grafen- und Oenturionen-Siegel in ähnlicher Ver- 
wendung wie das Bichtersiegel. 

5. Das Siegel von Privaten, verwendet zur Plombier ung, zur Bekräftigung 
von Schenkungen, Testamenten und zu öffentlichen Beurkundungen. 



— 276 — 



„Imo secundum leges quilibet doctor dicitur nobilis et gaudet privilegio 
nobilium, ut vult Bart, in I. medicos C. de dignit. lib. XII., et si viginti annis in 
cathedra legerit, coraitis privilegio gaudere debet, ut ibi notatur." 

Diese Stelle nennt uns nicht nur denjenigen, der zuerst die Behauptung auf- 
stellte, daß alle Doktoren adelig seien, den Juristen Bartolus de Sassoferrato, sie 
sagt uns auch, woher er diese Behauptung ableitete, nämlich aus dem Corpus Juris. 
Und zwar war es I. 12 (^ de, dignit XII, 1 ^), die Bartolus ialgendermaßen kommen- 
tierte: „quod iudices et doctores iudicantur esse nobiles; qui tamen exuti dignitate, 
inter privatos habentur."" Ist nun auch diese Eommentierung gleich den aus ihr 
gezogenen Folgerungen ein klassisches Beispiel jener ofl gerügten unwissenschaft- 
lichen Kritiklosigkeit des Mittelalters, so war dadurch momentan doch jener Erfolg 
erzielt, den der Autor angestrebt hatte: man hatte nun im Corpus Juris einen 
Beleg flQr die allgemeine adelige Qualität der Doktoren der Rechte. 

Betrachten wir nun den zweiten Teil der zitierten Stelle des Peter von Andlau, 
worin eine Art Avancement der dozierenden Juristen vom einfachen Adel zur 
Grafenwörde prätendiert wird, so finden wir, daß auch er auf das Corpus Juris 
zurückgeht : ein im Jahre 425 erflossener kaiserlicher Erlaß, der von Konstantinopel 
datiert ist, verft)gte die Belehnung mehrerer Grammatiker, Sophisten und eines 
Jurisien mit der Comitiva ordinis primi und bestimmte gleichzeitig, daß in Zukunft 
alle Konstantinopeler Professoren dieser drei Kategorien, nach vollendeter zwanzig- 
jähriger Lehrtätigkeit diese Komitiv erlangen sollten. Dieser Erlaß fand, etwas ver- 
kürzt, Aufnahme in den Codex Justinianeus, wurde daselbst von den mittelalter- 
lichen Juristen entdeckt und, wie wir bei Peter von Andlau sehen, auf die Grafen - 
würde adaptiert, obwohl die Comitiva ordinis primi in Wirklichkeit nicht mehr und 
nicht weniger als eine — ziemlich inhaltslose — byzantinische HofwOrde gewesen 
war. Allerdings scheint man, in Deutschland wenigstens, die tatsächlichen Kon- 
sequenzen aus dieser Stelle des Kodex nicht gezogen zu haben. Anders in Frank- 
reich. So sagt Gourdon de Genouillac in seiner Gramniaire Höraldique, pag. 18: 

„En outre, il existait encore des fonctions dont l'exercice passait pour tenir 
lieu d'anoblissement. Ainsi les chaires de droit dans les Universites. C'est, qa'on 
nommait la noblesse comitive.* 

Und Du Cange liefert hierzu folgendes interessante Detail: 

„Comes Legum, seu Professor in jure. 
Epitaphium Eebuffi J. C. Magalonae : Orate pro Domino Jacobo Rebuffi legum 
Comite Monspelii, cuius anima in domino requiescat, qui obiit anno ab Incarnat. 
Dom. 1428 die 21. mensis Martii." 

Endlich begegnet uns ein weiterer „Comes Jurium", gleichfalls ein Angehöriger 
der Juristenfamilie Eebuffi, in dem 1575 zu Frankfurt a. M. erschienenen Buche: 

„Privilegia Universitatum, Collegiorum, Scholasticorum, Bibliopolarum, et 
Omnium demum qui studiosis adiumento sunt." 



^) Iudices, qui se furtis et sceleribus 
fuerint maculasse convicti, ablatis codicil- 
lorum insignibus et bonore exuti inter 



pessimos quosque et plebeios habeantur nee 
sibi posthac de eo honore blandiantur, quo se 
ipsi indignos iudicaverunt.** 



— 278 - 

Wappenbeschreibung und das Wappenbild und alsdann — in freier Nachahmung 
der gewöhnlichen Schlußformeln — der Schluß. Gefertigt ist das Diplom durch den 
genannten Dekan de Bonann o. Das Originaldiplom, das noch vor wenigen Jahren 
existierte und wohl auch heute noch existiert, konnte leider nicht ausfindig ge- 
macht werden. Der im Anhange abgedruckte Wortlaut des Diploms ist einer Ab- 
schrift entnommen, welche das Rektorat der Universität im Jahre 1752 einer Eingabe 
an die Regierung beilegte. 

Die nächstfolgende, uns bekannte Nobilitierung durch die Universität erfolgte 
im Jahre 1695, also sechs Jahre nach der ersten uns bekannt gewordenen. Am 
3. September 1695 wurde Johann Friedrich Jekl aus Ossek zum Doktor der 
Philosophie promoviert und ihm gleichzeitig durch die philosophische Fakultät oder, 
besser gesagt, durch deren Dekan, Johann Ferdinand Nolthaeus, der Adelstand und 
ein Wappen verliehen. Das hierüber ausgefertigte Originaldiplom, von dem mir 
Herr Professor v. Wretschko in liebenswürdigster Weise eine Abschrift samt Be- 
schreibung zur Verfügung stellte (siehe Anhang Nr. 2), ist aus mehreren Gründen 
interessant: erstens ist die seiner Abfassung zugrunde gelegte Diplomsformel durchaus 
verschieden von der des Lebzelternschen Diploms ; zweitens ist in der äußeren Aus- 
stattung des Diploms ein Umstand hervorzuheben, der für die Klärung der ganzen 
Frage nicht ohne jede Bedeutung sein dürfte: die erste Seite trägt ober dem Text 
eine in Federzeichnung ausgeführte Girlande, in deren Mitte das Bildnis Kaiser 
Leopold I. erscheint. Es ist natürlich, daß man diesen Umstand in Verbindung 
mit dem gleichfalls von Leopold L herrührenden Privilegium der Prager philo- 
sophischen Fakultät bei der Beantwortung der Frage nach dem Ursprünge des 
Nobilitierungsrechtes der Wiener Universität in Rechnung zu ziehen haben wird. 

Die weiteren bisher bekannten Nobilitierungen verdanken wir einem Verzeich- 
nisse, das die philosophische Fakultät im Jahre 1753 über Auftrag des Direktoriums 
in publicis et cameralibus ausfertigte^ das aber auf Vollständigkeit wahrscheinlich 
keinen Anspruch erheben dürfte. Auf Grund dieses Verzeichnisses war es möglich, 
einige weitere von der philosophischen Fakultät ausgefertigte Originaldiplome zu 
eruieren, deren Vergleichung ergab, daß die Aufzählung streng chronologisch ge- 
ordnet ist. Wir lassen zunächst die Liste im Zusammenhange folgen: 

Verzeichnus 

deren Herrn Doctoren AA. LL. et Philosophiae, welche von einer löbl. Philo- 
sophischen Facultät von Anfang des gegenwärtigen Saeculi das Diploma Nobilitatis 

überkomen. 

D. Joannes Michael Antonius Praun. 

D. Michael Rustia, Schellensis e Oomitatu Goritiensi. 

D. Martinus Franc. Xaverius Lipp, Styrus Pichelstorffensis. 

D. Michael Hörmann, Silesius Lobedaviensis. 

D. Josephus Franciscus Keiffei, sacromontanus ad Rhenum. 

D. Philippus Jacobus Anderler, Medicinae Doctor. 

A. R. D. Jacobus Gardu, Helvetus Friburgensis. 

D. Franciscus Xaverius Herzebon, Bohemus Altomontensis. 



— 280 — 

zwei, nämlich das Jeklsche und das Zollersche, nach der Formel: „Jastissismus'' 
abgefaßt; das fünfte (fOr Karl Johann Fetzer) ist, seinem außergewöhnlichen Inhalt 
entsprechend, vollkommen abweichend stilisiert. 

Der Unterschied zwischen den beiden Formeln liegt im wesentlichen in der 
Einleitung. Die Arenga ist nämlich bei beiden Formeln eine dem Inhalt wie dem 
Wortlaute nach ganz verschiedene, wenngleich der Tenor in beiden Fällen derselbe 
ist, nämlich eine ganz allgemein gehaltene Begründung zu geben, warum es gut 
sei, das Studium speziell der Philosophie durch besondere Privilegien zu fördern. 
Auch sonst weisen die beiden Formeln hinsichtlich einzelner Ausdrücke Verschieden- 
heiten auf, die aber viel zu geringfügig sind, um besonders besprochen zu werden. 
Erwähnt sei hier nur noch eine Nuance, die vielleicht nicht ganz belanglos ist : die 
nach der Formel „Justissimus'' abgefaßten Diplome sagen immer, der Acquirens sei 
zum Doktor promoviert und dadurch der Vorrechte und Privilegien teilhaftig ge- 
worden, welche „tum aliis, tum huius Universitatis magistris seu philosophiae doe- 
toribus** erteilt worden sein, während die nach der anderen Formel abgefaßten 
Diplome ganz kurz von jenen Privilegien sprachen, welche „huic üniversitati" er- 
teilt worden seien. Doch wäre es wohl gewagt, daraus mit Bestimmtheit nach der 
einen oder der anderen Bichtung irgend welche Schlüsse ziehen zu wollen. 

Den logischen Aufbau, den Gedankengang der Diplome haben wir oben zu 
Beginn des zweiten Abschnittes dieser Untersuchung bereits an der Hand des 
Lebzelternschen Diplomes kurz skizziert. Hier sei nur noch auf eines hingewiesen: 
auch in den Diplomen ist in keiner Weise die rechtliche Basis, auf der die Nobili- 
tierungen erfolgten, gekennzeichnet. Ganz allgemein wird von Privilegien der Päpste, 
Kaiser und Erzherzoge gesprochen. 

Was die äußere Ausstattung der Diplome anbelangt, so wäre über dieselbe 
etwa folgendes zu bemerken: sämtliche uns vorliegende Originaldiplome sind in 
Buchform gehalten, alle bis auf eines mit steifem Einband versehen. Und zwar 
finden wir Einbände in rotem Samt, in rotem Atlas und in Leder. Die Diplome 
sind in der Regel aus 3 — 7 Pergamentbogen gebildet, welche, in der Mitte ge- 
heftet, 6—14 Blätter ergeben. Sehr schön geschrieben, mit hübschen ßandleisten 
und zierlichen Initialen versehen, leiden die Diplome sehr unter den auffallend häß- 
lichen Wappenbildern. Sehr charakteristisch für die üniversitäts- Adelsbriefe ist das 
häufige Fehlen einer Wappenbeschreibung. Von den vier uns vorliegenden Original- 
diplomen weist nur eines (für v. Fetzer siehe Anhang Nr. 4) eine Wappenbesehrei- 
bung auf. Ein anderes (für v. Anderler) weist nur rudimentäre Ansätze zu einer 
Wappenbeschreibung auf in den Worten: „videlicet: Leonem in viridi campo et 
laurum collico impositam". Wie wenig sachgemäß die heraldische Ausstattung der 
Diplome erfolgte und wie grobe Verstöße gegen die Regeln der Heraldik bei den 
Wappenverleihungen begangen wurden, soll nur an einem Beispiele gezeigt werden. 
Dem Doktor Fetzer wurde im Jahre 1741 von der philosophischen Fakultät ein 
Adelsbrief ausgestellt, in welchem ihm ein Wappen mit zwei Helmen verliehen 
wurde, was bekanntlich nur dem Bitterstande zukommt. Dabei enthält der Adels- 
brief eine genaue Beschreibung der Helmzierden und Helmdecken. Das eingemalte 
Wappen aber entbehrt der Helme, der Helmzierden und der Helmdecken, und ist in 
falschen, d. h. in anderen Farben ausgeführt, als die Wappenbeschreibung angibt. 



— 282 — 

Allermaßeo Bespectu 1*^ Membri an den D'*"* Schmalznopp unter heuDdigen 
Dato allschon das bebörige erlassen worden ist. 

Bosenberg. Ex Gons. Bepraes. et Gae. Inf. Aostriae 

Wienn den 23 September 1751 
Franz Ferdinand Galler. 

Diesen Erlaß ignorierte die Universität vollständig; sie tat, als ob sie ihn gar 
nicht erhalten hätte. Darauf erfolgte am 11. Jänner 1752 die Aufforderung, den 
vor nahezu vier Monaten abverlangten Bericht, inwieweit die Universität zur Ver- 
leihung des Adels berechtigt sei, baldigst zu erstatten. Allein vergebens. Am 
21. März sah sich die N. Ö. Bepräsentation und Kammer neuerdings veranlaßt, an 
die Universität, die noch immer in völligem Stillschweigen verharrte, ein „Urgierungs- 
dekret** zu richten, mit der Drohung, daß, falls der abgeforderte Bericht nicht binnen 
14 Tagen erstattet würde, ein ex ofib-Bericht an Ihre Majestät abgegeben werden 
wtürde. Nun sah sich das Konsistorium der Universität endlich gezwungen, die 
philosophische Fakultät zur Ablieferung eines Berichtes aufzufordern. Darauf ant- 
wortete der Dekan Dr. Josef Gundl mit einer Eingabe an das Bektorat, in der er 
ersuchte, der Bektor möge sich dafQr verwenden, daß zur Erstattung des Berichtes 
eine weitere Frist gegeben werde, da die Fakultätsakten per injurias temporum in 
Unordnung geraten seien. Im Sinne dieser Eingabe richtete nun das Bektorat 
seinerseits an die N. Ö. Bepräsentation und Kammer einen Interimsbericht, der 
neben der Bitte um Gewährung einer Frist folgende interessante Darlegungen 
enthielt: 

„Wie nun aber die allhiesige Universität derley Diplomata Nobilitatis nie- 
mahlen zu ertheillen pfleget, oder den Adelstand besonders verliehen hat in 
erwegung die deroselben untergebene Membra so bald selbe einverleibet, zu 
gleicher Zeit auch Nobiles seynd und vor solche gehalten werden, dahingegen 
die Philosophische Fakultät nicht so vill respectu deren Universitätischen Mit- 
glieder, die da ohne deme schon nobilitieret seynd, sondern intuitu successionis, 
allermaßen die Dignitas Doctoralis nur der Person inhaeriret, dergleichen Beadlung 
ä saeculis her vorgenohmen und die Diplomata hierüber ausgefertiget hat, als 
haben wir auch nicht ermanglet, erholt philosophischer Fakultät dieses an uns 
eingelangte Intimatum durch auszug sogleich zu ex)mmuniciren . . . .* 

Der gleichzeitig gestellten Bitte um Gewährung einer Frist wurde stattgegeben 
und ein vierwöchentlicher Termin anberaumt. Unterdessen wurde jedoch der 
Kaiserin ein ex offo-Bericbt erstattet, auf Grund dessen am 20. Mai 1752 eine 
a. h. Besolution erfloß, „daß ersagt Philosophische Fakultät bey Entstehung der 
nicht producirten Befugnus sich von nun an von ferner-weiterer Verleihung des 
Adelsstands ohnfeblbar enthalten, jene aber, welche von daher ehehin die Nobili« 
tierung überkommen haben dörfilen, und sich solcher zu praevaliren gedenken, die 
neuerliche Verleihung des Adlstands bey Hof getzimend anzusuchen und aldaselbst 
ohne Tax zuerhoUen, angewisen werden sollen." Gleichzeitig erging die Erinnerung, 
den abgeforderten Bericht vor Ablauf des Termins zu erstatten. Durch diese Re- 
solution war nun die philosophische Fakultät, wollte sie nicht der definitiven Ent- 



— 284 — 

oft sich ereignet, auch unsere Documenta per injurias temporum bella, pestes, 
invalescentem haeresim et emigrationem Doctorum in Verwirrung gerathen, der 
Znsammenhang der Sachen in Actis unterbrochen, die privilegia et res facultatis 
bey obschwebender feindlicher Gefahr in verschiedene auch entlegene orth be- 
nantlich Anno 1543 bey damal beforchtener Belagerung nach Paßau übertragen; 
ansonsten auch ob alljähriger zweymalliger Veränderung deren Decanorum in fast 
ohnzählbare Hände gerathen, von welchen obbemelte privilegia et res facultatis 
durch gerichtliche gewalt mußten erzwungen werden; iedanoch nur sttickweiß und 
mangelhaft zurtickh gestellet worden sind ut Eitractus E. 

Wan aber danoch nach so villen ünglicksMen und so manigfaltig erlittenen 
Schaden und Verlust eine Löbl. Facultas Artium et Phliae in antiquissima et 
immemoriali possessione atque usu non interrupto privilegii conferendae Nobilitatis 
biß anhero unverruckht verharret und sich auf die Allerhöchste approbation 
Augustissimi Garoli VI. gloriosissimae memoriae bestens gründet; Gelanget an 
£uer Magnificenz, Gunst und Freundschaft mein und nomine facultatis dienstl. 
bitten, dieselbe geruhen sich dahin zu bestreben, damit Wür bey so uralten woll 
hergebrachten Recht führohin geschüzet erhalten und bestättiget werden. Unß 
empfehlend 

Euer Gnaden auch Gunst und Freundschaft 

Diensterl. 

Josephus Gundl 6 S. J. 

Phhae et Theol. Dr. 

p. t Inclytae Facult. Phliae Decanus. 

Betrachten wir den Inhalt dieses Berichtes etwas näher, so ergibt sich fol- 
gendes: wir sehen zunächst, daß eine genauere Angabe, ans welcher Quelle das 
ius nobilitandi geflossen sei, sorgfältig vermieden wird. Es wird einfach behauptet, 
daß kraft eines der philosophischen Fakultät zustehenden Privilegiums jeder, der 
an dieser Universität den Grad eines Magisters erlange, den erblichen Adel durch 
Diplom der philosophischen Fakultät verliehen zu bekommen fähig sei. Schon hier 
sei darauf aufmerksam gemacht, daß dieses angebliche Privilegium mit dem in der 
Einleitung erwähnten, wirklich bestehenden Privilegium der Prager Universität von 
1680 eine auffallende Verwandtschaft zeigt. 

Zum Beweis, daß das besagte Privilegium wirklich existiere, wurde dem 
Bericht ein Auszug aus dem liber Statutorum der philosophischen Fakultät beigelegt, 
den wir hier wörtlich folgen lassen: 

Eitractus 
Ex libro Statutorum Facultatis A. A. L. L. Phliae. 

Magistri Phliae Viennae promoti gaudent hoc speciali Privilegio, quod unus- 
quisque compellari possit nobilis, Excellens Dominus. In testimonio eum hoc 
titulo eiprimit. Quod habeat ius formandi insignia cum aperta gallea pro libitu. 
Item quod gaudeat Nobilitate descendente ad posteros et aequali cuilibet alteri 
antiquae Nobilitati. De jure horum privilegiorum non est disputandum, oum ab 



— 286 — 

Bestätigung bei, sondern ein von jenem ganz verschiedenes Wappen, von dessen 
drei Feldern nur eines durch seine drei Bienen an das ursprüngliche Wappen 
erinnert. Möglich ist natürlich, daß Lebzeltern als Leibarzt des Kaisers schon 
früher Gelegenheit nahm, diesem mitzuteilen, daß er seinen Adel der philosophischen 
Fakultät verdanke. Allein das ist zweifelhaft. Sicher ist nur, daß es im Gesuche 
nicht geschah und es kann daher von einer stillschweigenden Anerkennung der 
Nobilitierung durch die Universität seitens Karls YL als stringentem Beweisnüttel 
nicht gesprochen werden. 

Als ftknfte und letzte Beilage endlich wurde dem Berichte ein Auszug aus dem 
tom. IV. Actorum Facultatis A. A. L. L. et Philosophiae ad annum 1556 hinzu- 
gefügt. Darin wird berichtet, daß dem Magister Laurentius Zadesius, gewesenem 
Dekan der philosophischen Fakultät, vom Bektor über Antrag des neuen Dekans 
aufgetragen wurde, das Szepter, das Siegel, die Bücher, Schlüssel etc. der philo- 
sophischen Fakultät vor Sonnenuntergang herauszugeben, widrigenfalls gegen ihn 
mit der Ausschließung vorgegangen würde, und daß Zadesius diesem Auftrage nicht 
nachgekommen und daher ausgeschlossen worden sei. 

Damit sollte nur exempli gratia gezeigt werden, daß wiederholt Sachen der 
Fakultät verloren gingen, wodurch der Nachweis der Fakultätsprivilegien sehr 
erschwert sei. 

Fassen wir also das Tatsächliche des Fakultätsberichtes noch einmal zusammen, 
so kommen wir zu folgendem Ergebnis: Es scheint schon in der ersten Hälfte des 
XVIL Jahrhunderts die adelige Qualität der Magistri Philosophiae an der Wiener 
Universität prätendiert worden zu sein. Doch ist das keineswegs sicher, es steht 
und f^llt vielmehr mit der Echtheit des betreffenden Extractus, der sehr leicht eine 
Fälschung des Jahres 1752 sein kann. Die Behauptung, daß die Nobilitierungen 
„besonders von A°- 1678 an" erfolgt seien, ist durch nichts erwiesen. Die früheste 
bekannt gewordene Nobilitierung ist die des Karl Wolfgang Lebzelter vom Jahre 
1689. Die weiteren Darlegungen des Berichtes erheben sich nicht über das Niveau 
von Kombinationen, denen jede zwingende Beweiskraft mangelt. 

Auf Grund dieses Berichtes richtete nun binnen wenigen Tagen das Rektorat 
an die N. Ö. Repräsentation und Kammer eine sehr weitschweifige Eingabe, die sich 
nahezu wörtlich dem Bericht der philosophischen Fakultät anschließt. Nur die 
Einleitung erweckt einiges Interesse. Darin wird nämlich gesagt, die Universität 
als solche habe nie Nobilitierungen vorgenommen, „in Erwegung, daß sothane Mit- 
glider, so bald dieselbe der Universität einverleibet, zu gleicher Zeit auch Nobiles 
seynd, den Adelstand erhalten und somit als beadelte Persohnen angesehen et 
pro talibus gehalten werden**. Daß dem so sei, beweise der Kodex und zahlreiche 
Reichs- und landesfürstliche Verordnungen, wie die Reichsabschiede von 1500 und 
1644, die österreichische Polizeiordnung vom 28. September 1671 u. a. m. In allen 
diesen Verordnungen werden die Doktoren, und zwar meistens bloß die Doktoren 
der Rechte, den Adeligen in irgend einer Hinsicht gleichgestellt, ohne daß geradezu 
von der adeligen Qualität der Doktoren gesprochen wurde. Eine solche hat eben 
offiziell niemals einheitlich bestanden und läßt sich eben deshalb auch nicht stich- 
hältig nachweisen. Im Meritum schließt sich die Eingabe, wie gesagt, wörtlich an 



- 288 — 

auf Grund eines Privilegs, etwa einer Palatinatserteilung seitens des Kaisers, deren 
in den Adelsbriefen zufällig nicht gedacht wurde und die dann im Jahre 1752 
bereits in Vergessenheit geraten war, so daß nicht einmal die Fakultät selbst mehr 
etwas davon wußte. Daß dies möglich ist, erhellt aus mehr als einem Beispiel. 
Es ist wiederholt gerade bei Universitäten vorgekommen, daß Privilegien, welche 
längere Zeit hindurch und vielfach ausgeübt wurden, später in Vergessenheit gerieten. 
Speziell hinsichtlich des Palatinats ist dies bei zahlreichen deutschen Universitäten 
zu beobachten. Allein im vorliegenden Falle ist dies doch wohl nicht anzunehmen. 
Jedenfalls dürfte es gut sein, bevor hierauf näher eingegangen wird, sich klar zu 
werden, ob und wann beiläufig die Erteilung eines derartigen Privilegs an die 
Wiener Universität und seitens wessen sie erfolgt sein könnte. Hinsichtlich der letzteren 
Frage ist wohl klar, daß nur seitens des Kaisers ein solches Privileg, das geradezu 
an die große Komitiv heranreichte, verliehen werden konnte. Schwieriger ist die 
Beantwortung der Frage, wann der Universität dieses Privileg erteilt worden sein 
soll. Doch sind auch für die Beantwortung dieser Frage einige Prämissen gegeben, 
auf Grund deren wir zumindesten eine Hypothese aufstellen können. Diese Prä- 
missen sind das Privileg Leopolds I. für die Prager Universität, ferner die durch 
ihn erfolgte Verleihung des kleinen Palatinats an die Innsbrucker Juristenfakult&t 
und seine sonstige Geneigtheit, die Doktoren als adelig anzuerkennen, wie sie z. B. 
im Falle der Brüder Scharz hervorgetreten ist. In diesem Falle wurde im Wortlaut 
eines Adelsbriefes für die genannten Brüder anerkannt, „daß sie als Absolventen 
der Universität Ingolstadt eigentlich ohnedies schon das Becht zur Führung eines 
adeligen Wappens hätten". Das Privileg der Prager Universität ist schon in der 
Einleitung besprochen worden. Dort wurde auch der juristische Unterschied des- 
selben von den Wiener Verleihungen betont. Aber auch äußerlich besteht ein 
großer Unterschied zwischen beiden: während nämlich die Wiener philosophische 
Fakultät jedem der von ihr nobilitierten Doktoren ein anderes Wappen und Prädikat 
verlieh, erhielten die Prager Magistri alle das gleiche Wappen und ebenso das 
gleiche Prädikat: „de lauro". Doch finden sich auch mehrere Übereinstimmungen, 
die fiir die hier zu beantwortende Frage von großem Interesse sind: in beiden 
Fällen waren es Doktoren, bezw. Magister der Philosophie, die allein der adeligen 
Qualität würdig sein sollten. Auch das zeitliche Zusammenfallen dieser beiden 
Erscheinungen — 1680 das Privileg für Prag, 1689 die erste uns bekannte Nobili- 
tierung in Wien — ist ein Moment, das auf die Möglichkeit eines inneren ursäch- 
lichen Zusammenhanges hindeutet. Ein weiteres derartiges Moment ist der Umstand, 
daß — wie schon erwähnt — das Zweitälteste uns bekannte Wiener Universitäts- 
adelsdiplom das Bildnis Kaiser Leopolds I. aufweist, während das älteste uns 
bekannte Diplom nicht in originali vorliegt und wir daher ofi'en lassen müssen, ob 
dasselbe gleichfalls das Bildnis Kaiser Leopolds trug oder nicht. Jedenfalls würde 
auch dieser Umstand dahin zu deuten sein, daß man, so lange die Verleihungen 
noch gewissermaßen unter dem unmittelbaren Eindrucke des Leopoldinisehen 
Privilegs standen, die Diplome mit dem Bildnis dessen zierte, dem dieses Nobili- 
tierungsrecht zu danken war. 

Man kann also wohl als unzweifelhaft annehmen, daß die Wiener und Prager 
Nobilitierungen in bezug auf ihre Entstehungsursache eng zusammenhängen. Es 



- 290 — 

bestimmt, daß alle bisher von der philosophischen Fakultät Nobilitierten, soferne 
sie ihren Adel weiterhin beibehalten wollten, nm die neuerliehe taxfreie YerleihoDg 
desselben einzukommen hätten. Daher richteten die Doktoren: Philipp Jakob 
Anderler v. Hochenwaldt, Karl v. Fetzer und Johann B. v. Zoller au die Kaiserio 
die Bitte um neuerliche Erhebung in den Adelstand, die ihnen auch de dato Wien 
28. Oktober, 14. Oktober und 30. September 1752 gewährt wurde. Die den Nobili- 
tierungsgesuchen beigelegten Universitätsadelsbriefe wurden den Adelswerbern nicht 
mehr zurückgestellt, sondern eingezogen und befinden sich noch heute im Wiener 
Adelsarchiv. Bemerkenswert ist, daß in den kaiserlichen Adelsbriefen von 17d2 
des den Betreffenden schon früher von der Universität verliehenen Adels mit keinem 
Worte gedacht wurde. Sie wurden so behandelt, als ob sie bis dahin Bürgerliche 
gewesen wären. Das Wappen, das sie von der Universität erhalten hatten, wurde 
ihnen teils verändert, teils unverändert belassen. 

Von den übrigen Angehörigen des Universitätsadels scheint sich niemand um 
die Neuverleihung des Adels beworben zu haben, wenigstens liegen hierüber im 
Adelsarchiv keinerlei Akten vor. 

Erst im Jahre 1788 erfolgte hinsichtlich eines weiteren von der Universität 
nobilitierten Doktors die Wiederaufrollung der Frage. In diesem Jahre richtete das 
Tiroler Landrecht an das oberösterreichische Gubernium die Anfrage, welches Ge- 
richt zur Vornahme der Nachlaßsperre nach der Witwe des früheren Bregenzer 
Stadtphysikus Dr. Zürcher kompetent sei. Diese sei zwar eine geborene Waldner 
Edle V. Blankenstein, ihr Mann aber sei im Jahre 1731 von der Wiener Universität 
mit dem Ehrenworte von Guldenböck geadelt worden und habe sich bei Leb- 
zeiten auch immer so geschrieben. Es frage sich nun, ob dieser Adel auch auf 
die Befreiung vom „Ordinarigerichtsstand" wirke. 

Das oberösterreichische Gubernium wandte sich mit dieser Anfrage an die 
vereinigte Hofkanzlei und diese legte den Fall der Obersten Justiz-Hofstelle vor, 
welche am 29. September folgendes Gutachten abgab: 

„In den Jurisdiktionsnormen besteht die allgemeine Regel, daß jeder zu den 
Landtrechten der betreffenden Provinz gehöre, der sich über einen ihm eigenen 
in- oder ausländischen Adel auszuweisen vermag. 

„Nur wegen dem auswärtigen Adel ist unterm 13./IL 1784 (in der Justiz- 
sammlung Nr. 240) die Beschränkung geschehen, daß nicht jeder auswärtige Adel 
respektiert werden soll; was aber den inländischen Adel betrifft, da kommt es 
nicht auf diese Beschränkung, sondern darauf an, ob er giltig und wahrhaft er- 
würket worden. 

„Da es nun keinem Zweifel unterliegt, daß jene, die von Seite der hiesigen 
Universität zu jenen Zeiten, da derselben die Nobilitierungsbefugnis eigen gewesen 
ist, den Adel erhalten haben und sich hierüber auszuweisen vermögen, den in- 
ländischen Adel wahrhaft und giltig erwtirket haben, 

„So gebtiret nicht nur allein unstreitig über die Witwe des in dieser Kategorie 
befindlichen Dr. Zürcher von Guldenbeck die Gerichtsbarkeit dem Tiroler Land- 
recht, sondern es ist sich nach diesem Grundsatz in allen vorkommenden ähnlichen 
Fällen zu achten.** 



— 292 — 

im Gange war, das Gesuch zurückstellte, mit dem Bedeuten, daß man erst die 
Ergebnisse der Instandsetzung des Universitätsarchivs abwarten solle. Erst nachdem 
auch diesmal die Becherchen im Archiv laut Bericht des Bektorats zu keinerlei 
neuen Ergebnissen geführt hatten, beantragte die Hof kanzlei, der Witwe und ihren 
Kindern den Adel zu bestätigen. Sie handelte dabei vornehmlich unter dem Gesichts- 
punkte, daß ja in dem Erlaß vom 20. Mai 1752 keinerlei Termin angegeben sei, 
innerhalb dessen die Bitte um Neuverleihung zu erfolgen hätte. Tatsächlich wurde 
der Witwe und ihren drei Kindern der von der Universität verliehene Adelsstand 
bestätigt. In dem Diplom vom 29. April 1837 heißt es wörtlich: 

„Wir Ferdinand etc. etc. erklären mit gegenwärtigem Diplome vor jeder- 
mann: es habe uns die Wiener Magistratsrathswitwe Franziska Jeckel allerunter- 
thänigst vorgestellt, daß die Wiener Universität zur Zeit, wo sie noch Adels- 
diplome ausstellte, dem Johann Friedrich Jeckel und der Familie Jeckel mittels 
Diploms vom 3. September 1693 den Adel erteilte. 

Nachdem dieselbe nun dargetan hat, daß ihr verstorbener Gatte, der Wiener 
Magistratsrath Philipp Jeckel von dem Adelserwerber abstammte und nachdem sie 
uns um die allergnädigste Bestätigung dieser Adelsverleihung mit der Bejgabe 
des Ehrenwortes: „Edle** gebethen hat, so haben wir aus allerhöchster Gnade 
ihr, Franziska Jeckel sammt ihren in der Ehe mit dem genannten Magistrats- 
rathe erzeugten Kindern und deren ehelichen Nachkommen absteigenden Stammes 
beiderlei Geschlechts für alle künftige Zeiten den Adelsstand bestätiget. '^ 

Dieser Wortlaut ist deshalb nicht ganz uninteressant, weil er zeigt, wie nun- 
mehr die Praxis gegenüber dem Universitätsadel eine ganz andere Bichtung ein- 
schlug. Während man im Jahre 1752 denjenigen, welche die Prävalierung ihres 
Universitätsadels anstrebten, ganz formell unter völliger Außerachtlassung der schon 
vorliegenden Nobilitierung durch die Universität neuerlieh den Adel verliehen hatte, 
begnügte man sich nunmehr einfach damit, den von der Universität verliehenen 
Adel zu bestätigen. 

Fragen wir uns daher vom adelsrechtlichen Gesichtspunkte aus, 
in welcher rechtlichen Situation sich die etwa noch existierenden 
Familien des Universitätsadels, d. h. jene von der Universität nobili- 
tierten Familien, die nicht durch Bestätigung oder Neuverleihung 
dem regulären österreichischen oder Beichsadel angegliedert wurden, 
heute befinden, so gelangen wir an der Hand des Falles Jeckel, des 
letzten Falles, in welchem die Eegierung zur Frage des Universit&ts- 
adels Stellung zu nehmen Gelegenheit fand, zu folgendem Besultat: 

Die Familien des Universitätsadels haben das Eecht zur Füh- 
rung ihres Adels und Wappens ipso jure nicht. Sie können nur mit 
Hinweis auf das Fehlen einer Präklusivfrist in dem Erlasse vom 
20. Mai 1752 und auf den Präzedenzfall Jeckel darum einkommen, 
daß ihnen die Bestätigung ihres Adels aus allerhöchster Gnade er*- 
teilt werde, und sie werden, wenn dies geschieht, die Tatsache eioes 
altadeligen Herkommens für sich haben. 



— 294 — 

krönten Helm ein gekrönter Löwe, welcher drei Felder wie die obigen nur kleiner 
in seiner Pranke hält; zu Seiten des Schildes zwei gleichfalls gekrönte Löwen.'' 

Durch die Wappenbesserung von 1718 trat dann an die Stelle des silbernen 
Ankers ein aus einer blauen Wolke hervorbrechender silbern bekleideter Arm, der 
ein offenes Buch mit den Buchstaben V. L. (Vitae Liber) in der Hand hält Dieses 
Wappen hat dann die Grundlage des freiherrlich und gräflich Lebzelternschen 
Wappens gebildet, wie es heute noch geführt wird. 

Die Zweitälteste der uns bekannten Familien des Universitätsadels , die 
Familie 

Jeckl (Jeckel) blüht gleichfalls heute noch. Der primus acquirens Dr. phil. 
Johann Friedrich Jekl stammte, wie aus dem üniversitätsadelsbriefe hervorgebt, aus 
Ossegg in Böhmen. Er erlangte im Jahre 1695 das Doktorat der Philosophie und 
wurde de dato 3. September desselben Jahres von der Universität in den Adel- 
stand erhoben. Nach Beendigung seiner Studien wandte er sich dem Staatsdienste 
zu und wurde Hofkriegsagent. Sein Sohn unterließ es, sich um die Bestätigung 
seines Adels zu bewerben, ebenso dessen Söhne, deren einer der Wiener Magistatsrat 
Philipp V. Jeckel war, der 1835 starb. Die Bemühungen seiner Witwe um Be- 
stätigung ihres Adels sind bereits im vorigen Kapitel skizziert worden. Wir haben 
dort auch gesehen, daß ihr und ihren drei Kindern Philippine, Franziska und 
Adolf der Adel und das Wappen, das ihrem Vorfahr die Universität verliehen 
hatte, de dato Wien 29. April 1837 von Kaiser Ferdinand bestätigt wurden. Im 
folgenden Jahre suchten dann zwei Bruderssöhne des verstorbenen Magistratsrates 
um Bestätigung an, die ihnen gleichfalls gewährt wurde. 

Das überaus einfache Wappen der Familie Jeckl ist noch heute dasselbe, 
welches im Jahre 1695 dem Johann Friedrich Jeckl verliehen wurde: ein läng- 
licher, unten in eine Spitze zulaufender Schild, darin in goldenem Felde ein von 
der oberen rechten zur unteren linken Ecke sich hinziehender, oben und unten 
behauener Baumstamm natürlicher Farbe und zu beiden Steiten des Baumstammes 
in der oberen linken und unteren rechten Ecke des Schildes je eine rote Böse. 
Dasselbe auch als Helmzier. 

Was die nun der Zeit nach folgenden ersten fünf Doktoren anlangt, welche 
die Liste von 1752 anführt, so wissen wir über dieselben nur sehr wenig oder 
nichts. Der erste ist der D. Joannes Michael Antonius Praun. Er war im 
Jahre 1695 als Bürgerlicher, d. h. ohne Erwähnung seiner adeligen Qualität in die 
Matrikel der Universität eingetragen worden. Es ist daher unsicher, ob man ihn 
als den Sohn jenes Michael Praun betrachten darf, der am 21. Jänner 1663 den 
Beichsadel erhalten und mehrere Söhne — darunter auch einen Michael — hatte, 
die in Wien lebten und deren einer Dr. jur. und wohl auch phil. ein sehr ge- 
schickter Bechtsgelehrter, kaiserlicher Bat und Agent verschiedener Fürsten und 
und Reichsstände war. Jedenfalls sprächen die Hochschulbildung und der Tauf- 
name dafür, beides allerdings Elemente, auf die man nicht allzu sichere Schlüsse 
aufbauen darf. 

Der nächste ist der Dr. Michael Rustia, Schellensis e Gomitatu Goritiensi. Er 
wurde im Jahre 1696 als Michael Rustia Carniolus in die Matrikel der ^ 
Universität eingetragen. Über ihn ist wie über eine Familie dieses N 



— 296 — 

1725 die Wiener Universität bezogen zu haben. Ob er das Doktorat der Philosophie 
Oberhaupt erlangt hat, ist fraglich. Sieher ist nur, daß er 1732 Doktor beider 
Bechte wurde und sich hierauf zu Wien als Hof- und Gerichtsadvokat etablierte. 
Im Jahre 1741 bekleidete er das Amt eines procurator nationis Hungaricae. Er 
starb am 27. Dezember 1749, also bevor noch die bei einem Wiener Advokaten 
jener Zeit ziemlich naheliegende Notwendigkeit fan ihn herangetreten war, um 
die Bestätigung oder Neuverleihung seines Adels einzukommen. Ob Dr. v. Eyll mit 
oder ohne Hinterlassung von Nachkommen starb, wissen wir nicht. Jedenfalls finden 
wir nach ihm keine Familie dieses Namens. Erwähnt sei nur^ daß am Niederrbein 
eine uradelige Familie dieses Namens, Erbkämmerer von Cleve, lebte, die ihren 
Namen genau so schrieb. Dieselbe soll jedoch bereits um das Jahre 1659 aus- 
gestorben sein und ist ein Zusammenhang mit unserem Dr. v. Eyll Oberhaupt nicht 
sehr wahrscheinlich. 

Der nun folgende Dr. Adamus Josephus Lebzelter, Medicinae Doctor, ist bereits 
zu Beginn dieses Kapitels bei der Besprechung der Familie v. Lebzeltern erwähnt 
worden. Hier sei nur noch hinzugefiigt, daß er der Vater jenes Adam R v. Leb- 
zeltern, Hofrates und außerordentlichen Gesandten am portugiesischen Hofe, gewesen 
zu sein scheint, der 1817 in den Freiherrnstand erhoben wurde. 

Dio beiden Brüder Gabriel und Matthias Zürcher aus Bludenz gehörten 
einer ziemlich weitverzweigten Patrizierfamilie dieser Stadt an, deren eine Linie 
bereits im Jahre 1715 mit v. Bürckha in den Reichsadelstand erhoben worden war. 
Matthias Zürcher wurde im Jahre 1731 von der Wiener Universität mit dem Prädi- 
kate V. Guldenböck (Güldenpöck) nobilitiert und sein Adel und Prädikat im folgen- 
den Jahre auf seinen Bruder Gabriel übertragen, der, nachdem er in ebendiesem 
Jahre das Doktorat der Philosophie erlangt hatte, sich dem Studium der Theologie 
zuwandte und nach Absolvierung desselben sich der Seelsorge widmete. Doktor 
Matthias v. Zürcher heiratete später eine geb. Waldner v. Blankenstein und starb 
als Stadtphysikus von Bregenz. Der Entscheidung der Obersten Justizhofstelle, bezie- 
hungsweise der Vereinigten Hofkanzlei über seine und seiner Witwe adelige 
Qualität ist bereits oben gedacht worden. Ob Matthias v. Zürcher Nachkommen 
hatte, ist unbekannt; doch ist das Gegenteil wahrscheinlicher, da es sonst nicht 
erklärlich wäre, warum dieselben in der Eingabe des Tiroler Landrechts nicht 
erwähnt wurden. Es scheint also die Familie Zürcher v. Guldenböck mit den beiden 
Brüdern Matthias und Gabriel bereits erloschen zu sein. 

Doktor Karl Johann Fetzer ist der nächste der in der Liste aufgezählten 
Doktoren, von dem uns Näheres bekannt ist. Ob er, wie in dem ftlr ihn von der 
Universität ausgestellten Adelsbrief (siehe Anhang Nr. 4) behauptet wurde, der 
reichsritterliehen Familie v. Fetzer entstammt, muß dahingestellt bleiben. Wir 
wissen nur, daß seines Vaters Bruder Abt und Prälat bei den Schotten in Wien 
war. Weiters erfahren wir, daß Karl Johann Fetzer 1721 zu Wien das Doktorat 
der Philosophie erlangte und hierauf medizinischer Studien halber nach Rom ging, 
wo er 1723 zum Doktor der Medizin promoviert wurde. Nach Wien zurückgekehrt, 
erlangte er zunächst die Nostrifizierung seines medizinischen Doktorates und habili- 
tierte sich dann an der Wiener Universität und als praktischer Arzt. Im Jahre 1740 
war er Prokurator der österreichischen Nation, und als im folgenden Jahre ange- 



— 298 ~ 

versit&t verliehenen Adels einkamen. Johann Baptist Zoller wurde am 13. August 
1748 zum Doktor der Philosophie promoviert. Am 21. September desselben Jahres 
wurde er von der Universität mit dem Prädikat Edler v. Zoller in den Adelsstand 
erhoben. Im Jahre 1750 erlangte er den juridischen Doktorgrad und habilitierte 
sich dann als Hof- und Gerichtsadvokat in Wien. Als solcher kam er 1752 um die 
Prävalierung seines Universitätsadels ein, die ihm auch de dato Wien 30. September 
1752 gewährt wurde. 

Das ihm von der Universität verliehene Wappen war nach der im Original- 
Universitätsdiplom enthaltenen Wappenzeichnung — eine Wappenbeschreibung 
enthält das Diplom nicht — folgendes: 

Ein oblonger, unten rund in eine Spitze zulaufender, in der Mitte vertikal 
geteilter Schild. Im rechten blauen Felde über einer auf einem roten Buche sitzen- 
den schwarzen Eule drei goldene sechseckige Sterne; im linken silbernen Felde 
eine schwebende, in Weiß gekleidete Frauengestalt, welche in der Bechten ein 
blankes Schwert, in der Linken eine Palme und eine Schreibfeder hält. Ober dem 
Schilde ein offener Helm mit rechts blau-goldenen, links rot-silbernen Helmdecken. 
Als Helmzier zwischen zwei analog den Helmdecken tingierten Flügen ein goldener 
sechseckiger Stern. 

Bei der Neuverleihung im Jahre 1752 wurde dieses Wappen sehr scharf 
zensuriert und folgendermaßen verändert: 

„einen etwas ablangen, unten in eine Spitze zusammenlaufenden Schild, in 
dessen blauer oder lasurfarben Feidung sich ein Vierfach roth- und rubinfarb, 
dann weiß- oder silberfarb doppelt geschachteter Sparren biß über die Mitte 
erhebet, welchen drey gelb- oder goldfarb sechseckigte Stern oben zwey unten 
Einer begleiten." 

Helm, Helmdecken und Helmzier wurden ihm unverändert belassen. 

Doktor V. Zoller begründete eine Familie, die aber schon nach drei Gene- 
rationen erlosch. 

Von den beiden folgenden Doktoren, welche der Liste zufolge die jüngsten 
und letzten von der Universität Nobilitierten sind, wissen wir, wie schon gesagt, 
nichts Näheres und wir stünden somit am Ende dieser Untersuchung. Zum Schlüsse 
sei nur noch an den Doktor Schmalznop erinnert, der ja gleichfalls von der Uni- 
versität nobilitiert worden war und der, indem er sich vor dem Kammerprokurator 
darauf berief, den eigentlichen Anstoß zur Aufrollung der ganzen Frage und zur 
Einstellung der Nobilitierungen gegeben hatte. Da er in der Liste, die bekanntlich 
nur die nach dem Jahre 1700 Nobilitierten enthält, nicht vorkommt, so ist anzu- 
nehmen, daß er noch vor diesem Jahre nobilitiert worden sei. Nicht uninteressant 
ist, daß die Kinder Doktor Schmalznops, höchstwahrscheinlich in dieser Sache, einen 
Prozeß gegen den Kammerprokurator flQhrten. Leider sind die betreffenden Akten 
bereits skartiert. 



— 300 - 

Huius Philosophiae tum laureati^ frondibus tum pretiosis fructibus illectus 
Nobilis Excellens ac Doctissimus Dominus CarolusWoIffgangus Lebzelter 
Austriacus Hallensis ingenii contentione duce detriumpbatis molestiis, quae oceurrere 
solent sibi tandem Philosophici nominis dignitatem merito suo evicit, quando primo 
in eins Faeultatis Baccalaureum, deinde etiam in Doctorem jure optimo omnino 
creatus atque renunciatus fuit. Ne yero tantum decus publicis comitiis litterarlis 
collatum annexa quoque Bomanorum Pontificum, Äugustissimorum Caesarum, Sere- 
nissimorum Austriae Archiducum ornamenta et Privilegia delitescant in tenebris aut 
quidquam iisdem sive temporis sive loci immutatione derogetur, quod et sua ubique 
constet Virtutis, Doctrinae, Nobilitatis et Eminentiae tessera requisiti nos de publico 
ac solenni testimonio a praefato Nobili Excellente ac Doctissimo Domino Oarolo 
Woifgango Lebzelter pro rei ipsius aequitate et officio quo fungimur lanreatis 
ipsius meritis et aequissimae petitioni volentes annuere vigore praesentium fatemur 
ac testamur ipsum postquam Philosophici cursus Trieteridem totam constanti labore 
et studio exegisset et materias omnes, quae ad consequendum in Philosophia Doeto- 
ratus gradum more institutoque Academico necessariae sunt assidua manu et aure 
excepisset ac se in iis, quae privatim disputando cum laude exercuisset; tandem 
suis maturum honoribus promisso rigorose examine coram Sapientissimis et aceura- 
tissimis Examinatoribus habito dignum omnino fuisse iudicatum, qui ad conse- 
quendum dictum honoris gradum admitteretur; Tum demum post fidei professionem 
juxta Pii IV. Pontificis Maximi decretum emissam praestitum etiam Juramentum ex 
mandato Augustissimi piaQ reminiscentiae Imperatoris Ferdinand! IIL de asserenda 
semper Immaculatae Deiparae Virginis Gonceptione nisi aliud a Sede Apostolica 
definitum fuerit ; atque ita post licentiam obtentam a Revedmo. et Amplissimo Dno. 
Dno. Joanne Baptista Mayr Phliae. et S. S. Theologiae D'^- S. 0. M. Consiliario, 
Decano Kirenbergensi Beverendissimi ac Gelsissimi Principis Episcopi Viennensis 
Praeposito nee non celeberrimae et Antiquissimae Universitatis ibidem cancellario; 
In praesentia Magfci. Excellentissimi ac clarissimi Dni. Joannis Jacobi Stumpff AA. 
LL. Phliae. et Saluberrimae Medicinae Doctoris S. G. M. Gonsiliarii et Mediei p. t. 
Untis. Bectoris Magnifici ac Principis Academici. In praesentia Admodum Beverendi 
Patris Michaelis Mack e Soc. Jesu S. S. Theol. Doctoris in Gos. et Academico 
eiusdem Soc. collegio Bectoris, caeterorumque plurimorum illustrissimorum Admodum 
Bvdorum., Illustrium, Bvdorum. Nobillum Dominorum ac Doctorum üniversitatem 
feliciter gubernantium in Basilica Stephani Proto-Martyris hora octava antemeri- 
diana sub pulsu campanae majoris anno Beparatae salutis humanae millesimo sex- 
centesimo octuagesimo nono die decima septima mensis Augusti per Admodum 
Bevedum. P*"- Franciscum Bescalli e S. J. Phliae. et S. S. Theologiae D'**- eius- 
demque in controversiis Fidei Professorem ordinarium nee non in inclyto Facultis- 
Phliae p. t. pro Decanum Spectabilem ac pro hoc ipso actu designatum procan- 
cellarium Magnificum licentiatus honore donatum. Postea vero in Aula Academica 
per Admdra. Bvdum. D"'"- Joannem Baptistam Bösingh e S. J. AA. LL. et Phliae 
Doctorem ejusdemque professorem ordinarium nee non p. t. Seniorem Gonsistorialem 
et proraotorem Suprema Philosophici Doctoratus Laurea eondecoratura esse eoque 
iure participem factum et pronunciatum omnium imraunitatum, bonorum et Privi- 
legiorum, quae tum aliis tum huic in Germania Antiquissimae et celeberrimae uni- 



— 302 — 

dandas duximus et concedendas. Viennae Austriae die decima octava mensis Augusti 
AnDo ab locarnatione Domini Nostri Jesu Christi Millesimo Sexcentesimo octaa- 
gesimo Dono. 

Ignatius Theodoricus de Bonanno 
p. t. ut supra Decanus. 

GoIIatum et haec copia in omnibus conformis est suo mihi exhibito originali. 
Actum Viennae 5**- Junii 1752. 

L. S. Joseph Gregori Gewey Dr. 

üntis. Syndicus et Notarius. 



IL 

Universitätsadelsbrief für Dr. Johann Friedrich Jelcl de dato Wien, 3. Sep- 

tember 1695. 

Abgedruckt nach dem in Privatbesiti befindlichen Originaldiplom. 



Diplom in Buchform. Ledereinband mit Goldpressung am Bande. Zur Ver- 
Schließung an zwei Stellen je ein schwarzes und ein gelbes Seidenband. Das 
Diplom besteht aus drei Pergamentblättern, welche, in der Mitte geheftet, sechs 
Blätter von 26/33 cm bilden. An schwarzgelber Schnur hing die Kapsel mit dem 
Siegel, welche leider nicht mehr erhalten ist. Das Diplom ist in schöner Schrift 
geschrieben. Besonders reich ausgestattet ist die erste Seite. Sie trägt am Bande 
um den Text eine Girlande in kunstvoller Federzeichnung ausgeftihrt. In der 
Mitte ober dem Text im Mittelpunkte der nach beiden Seiten hin sich verzweigenden 
Gewinde das Bildnis Kaiser Leopolds L 

NOS BEVE I BENDISSIMUS AC | Magnificus Dominus Domi | nus Joannes 
Ferdinandus Nolthaeus | Celeberrimae Ganoniae Ganonico | rum Begularium Ordinis 
Sancti | Augustini ad Sanctam Dorotheam | Ganonicus et Doc | tor et p. t. [= pro 
Tempore] inclytae | Facultatis | Philosophiae | DECANÜS | SPECTABILIS | OMNI- 
BUS Has Litteras luspecturis Salutem a Domino etc. | 

lüSTISSIMUS I Heroiei Laboris Vindex | honor nuUibi pleniore alveo iubet 
ire I laudes et eommendationem quam ubi sapientiae decora in portum existimationis 
publicae sunt promovenda. Quamvis enim ipse praestantium quarumcunque actionum 
gloriosam indolem summo nunquam non encomio pro meritis prosequatur, ut cum 
fortitudini militari trophea munificentiae regali plausum, temperantiae populari palmam 
suam denique cuique virtuti politieae existimationem decernit, eam tarnen pro sapientia 
condecoranda operam adhibet, qua sibi huius unius potissimum adornandae curam 
cordi unice semper esse profiteat in caeteris etiam humanae excellentiae animi 
corporisque ornamentis periturum et instabile aliquid agnoscit. Quod uni interdum 
tundaxat eventui paucisve aetatis facultatumque circumstantiis sit alligatum, in 
sapientia autem perennem atque immortalem ad omnem vitam vitaeque momenta 
singula dimanaturam undique perfectionem consiverat, ut proinde in illa tamquam 



— 304 — 

ac celsissimi principis episcopi Viennensis in spiritualibus vieario generali, calhe- 
dralis ecciesiae Viennensis praeposito celeberrimae et antiquissimae universitatis 
Viennensis cancellario nee non statuum inferioris austriae rationum depntato in 
praesentia reverendi domini Joannis Francisci Habermann s. s. theologiae cathe- 
dralis ecciesiae Viennensis canonici reverendissimi ac celsissimi principis episcopi 
Viennensis consiliarii consistorialis caeterorumpue plurimomm reverendissimorum, 
illustrissimorum, admodum reverendorum, illustrium, reverendorum nobilium domi- 
norum, ac doctorum universitatem feliciter gubernantium in basilica divi Stephani 
Protomartyris sub hora octava antemeridiana anno reparatae salutis hamanae 
MDCXCV die 3. Septembris per admodum reverendum patrem Antoninm Angusti 
e societate lESÜ Art. L. L. Philosophiae et S. S. Theologiae doctorem huiusque in 
moralibas professorem ordinarium necnon inclytae facultatis philosophiae p. t. pro 
decanum spectabilem et ad hune honoris gradum designatum procancellarium postea 
in aula academiea ipsa per reverendum patrem Josephum Klimer e societate lESU 
Art. L. L. et Philosophiae doctorem eiusdemque professorem ordinarium nee non 
p. t. seniorem consistorialem et promotorem suprema philosophici doctoratus laurea 
indecoratum esse eoque iure factum et pronuntiatum participem omnium immuni- 
tatum bonorum et privilegiorum, quae tum aliarum tum huius antiquissimae ae 
celeberrimae universitatis magistris seu philosophiae doctoribus a summis ponti- 
ficibus, antiquissimis imperatoribus, serenissimis Austriae archiducibus data sunt et 
concessa. 

Inter quae magnum et speciale est huius caesareae et antiquissimae universi- 
tatis Viennensis, quod quivis in ea philosophici doctoratus gradu legitime insignitus 
per totum terrarum orbem verae et indubitatae nobilitatis titulo etiam ad posteros 
descendente uti itemque arma et insignia aperta suo arbitrio et libitu in nobilitatis 
argumentum formare gestareque possit et excellens appellari valeat. Quo bene merito 
privilegio competenter usus idem nobilis excellens ac doctissimus dominus haec 
adiecta bis nostris litteris insignia delegit et adscivit rata a nobis habita et habenda 
atque ab ipso sibi praeferenda et ad posteros suos transmittenda. (Fol. 5^ Zeichnung 
des Wappens.) 

Declaramus itaque auctoritate, quae a summis pontificibus augustissimis cae- 
saribus serenissimis archiducibus Austriae huiusque universitatis fundatoribus et 
promotoribus ac principibus nobis ex officio competens data est et concessa, quod 
dictus nobilis excellens ac doctissimus dominus Joannes Fridericus de Jekl 
Bohemus Ossecensis Art. L. L. et philosophiae doctor ab omnibus per totum 
terrarum orbem universitatibus academiis regnis et provinciis ac cuiusvis dignitatis 
hominibus in coetu numero statu et ordine verorum antiquorum et indubitatorum 
nobilium nobilis haberi cooptari, aggregari, adnumerari et adscribi debeat, annee- 
tentes item auctoritate praedicta et concedentes animo nostro deliberato, ut omnibus 
illis gratiis honoribus, indultis, privilegils, libertatibus, iuribus, praerogativis, im- 
munitatibus, quibus eaeteri veri antiqui et indubitati nobiles sive iure sive consue- 
tudine usi sunt et gavisi utunturque et gaudent, uti frui et gaudere possit et valeat. 
ßestat igitur cum nihil desideretur nee in promovente potestas, in promovendi modo 
solemnitas, nee in promotionis testimonio auctoritas, ut saepe dictus nobilis excellens 
ae doctissimus dominus Joannes Priederieus de Jekl Bohemus ossecensis 



— 306 — 

Habet enim nescio quid honor SapieDtiae cum caelestibus commune, quod tempori 
DOD serviat, et diebus motus transcendat. Fulminum ferientium ridet iras, utpote 
cui laurus domestica est. Et haec Philosophiae nostrae est nobilitas, quod ab ea 
matre illustres trahat natales, a qua quo ampliora honoris decora pro filiis suis capit 
eo gloriosior in publico apparet. Huic prae reliquis artium Teluti et scientiarum 
Magistrae ac Principi, laureatas Sylvas concedit, ut Alumnis suis triennali laborum 
in studio decurrentibus meritissimis nectat corollas laborum exantlatorum glorioses 
testes surculos, quibus animati reliquarum quoque sese Scientiarum diseiplinis aptent, 
crescantque magnarum curarum capaces Heroes, nt aliquando Beipublicae meiern 
consiliis et ingenio tutissimis publicae incolumitatis basibus succollent: Quod ipsum 
summi Beipublicae Principes ac Universitatum Inclyti Fundatores prudentissime 
spectarunt, quando artium liberalium et Philosophiae cultores summis ubique praero- 
gativis et immunitatibus liberalissime semper coluerunt, volueruntque laurum Philo- 
sophicam, ut sua semper ^vemantem natura, ita etiam benevolentiae Principum ac 
gratiae affluentibus perpetuo radiis illustratam rivulisque faecundatam vivere. Huius 
Philosophiae, tum laureatis frondibus, tum pretiosis fructibus illectus Nobilis £xcellens 
ac Doctissimus Dominus Philippus Jacobus Ignatius Anderler abHochen- 
waldt patria Leinsizensis, ingenii contentione duce, de triumphatis molestiis, quae 
occurrere vellent, sibi tandem Philosophici nominis dignitatem merito suo evicit, 
quando primo in eins facultatis Baccalaureum, deinde etiam in Magistrum ac 
Doctorem jure optimo omnino creatus, atque renunciatus fiiit. 

Ne yero tantum decus publicis convitiis litterariis collatum annexa quoque 
Bomanorum Pontificum, Augustissimorum Gaesarum, Serenissimorum Austriae Archi- 
ducum ornamenta et privilegia delitescant ignota in tenebris autquidquam ex iisdem, 
sive temporis sivi loci immutatione derogetur, quod et sua ubique constet Virtutis 
Doctrinae, Nobilitatis et Eminentiae tessera requisiti nos de publico ac sollemni 
testimonio a praefato Nobili Excellenti ac Doctissimo Domino Philippo Jacobe 
Ignatio Anderler ab Hochenwaldt Patria Leinsizense pro rei ipsius aequitate 
et officio, quo fungimur, laureatis ipsius meritis, et aequissimae petitionii 
volentes annuere vigore praesentium fatemur ac testamur, ipsum postquam Philo- 
sophici cursus Trieteridem totam constanti labore et studio exegisset et materias 
omnes, quae ad consequendum in Philosophia Doctoratus gradum more institutoque 
Academico necessariae sunt, assidua manu et aure excepisset, ac se in iis, quae 
privatim disputando eximia cum laude exercuisset; tandem suis maturum honoribus 
praemisso rigoroso examine coram Sapientissimis et accuratissimis Examinatoribus 
habito, dignum omnino fuisse iudicatum, qui ad consequendum dictum honoris 
gradum admitteretur; Tum demum post fidei professionem juxta Pii VI. Pontificis 
Maximi decretum emissam praestitum etiam Juramentum ex mandato Augustissimi 
piae reminiscentiae Imperatoris Ferdinandi III. de asserenda semper Immaculata 
Deiparae Virginis Conceptione, nisi aliud a Sede Apostolica definitum fuerit; atque 
jta post Licentiam obtentam a Beverendissimo et Amplissimo Domino Domino 
Josephe Henrico Br eitenbticher AA. LL. Philosophiae et SS. Theologiae 
Doctore, Sacrae Caesareae Begiaeque Catholicae Maiestatis Oonsiliario, Decano Kiren- 
bergensi, Cathedralis Ecclesiae Viennensis Praeposito, et Sede vacante in Spiritua- 
libus Constituto Vicario Generali Capitulari et officiali, nee non celeberrimae et 



— 308 — 

authoritate praedicta et concedentes animo nostro deliberato, ut omnibus illis gratiis, 
honoribus, Titulis, Privilegiis, liberalitatibus, Juribus, Praerogativis, Immunitatibus, 
quibus caeteri veri Antiqni et indubitati Nobiles, sive jure, sive consuetudine usi 
sunt .et gavisi, utuntur et gaudent, uti, frui et gaudere possit valeatque. 

Bestat igitur, cum nihil desideretur, nee in promovente potestas nee in promo- 
vendi modo solemnitas, nee in promotionis testimonio Authoritas, ut saepe dictus 
Phiiippus Jaeobus Ignatius Anderler ab Hochenwaldt, eo loco, gradu, 
dignitateque ab omnibus Universitatibus, Academiis, aliisque coetibus et hominibus 
ubique terrarum habeatur, quo Doetores huius antiquissimae et celeberrimae Caesareae 
üniversitatis Viennensis rite et ordinarie promotos haberi par est: tum ut privilegiis 
omnibus gaudere et immunitatibus frui permittatur, quae authoritate Pontifiea et 
Caesarea huic gradui, sive jure, sive consuetudine annexa sunt. Quod ut fiat ab 
omnibus et ut fieri curetur a singulis, quorum curae intererit, impenge rogamus 
et hortamur, simile officium, ubi occasio feret ex animo poUicentes. 

In horum autem omnium fidem, memoriam, firmitatemque perpetuam, prae- 
sentes sigillo nostro, quo hactenus in hac antiquissima et celeberrima üniversitate 
Viennensi usa est, et utitur Inclyta Facultas Philosophica, nostra quoque sub- 
scriptione munitas Eidem Nobili Excellenti ac Doctissimo Domino Philippo 
Jacobo Ignatio Anderler ab Hochenwaldt, Magistro seu Doctori, dandas 
duximus et concedendas. 

Viennae Austriae Die 18. Mensis Novembris Anno ab Incarnatione Domini 
nostri Jesu Christi Millesimo Septingentesimo Decimo sexto. 

Josephus Gögger Pranciscus Peikhart S. J. 

idem qui supra mpria. AA. LL. et Philosophiae Dr. nee aon 

inclytae Facult. Phlphcae Notarius. 



IV. 

Universitätsadelsbrief für Dr. Karl Johann Fetzer, de dato Wien, I. Dezember 1741. 

Abgedruckt nach dem im Wiener Adelsarchiv befindlichen Originaldiplom. 



Diplom in Buchform ohne Einband. Vier Pergamentblätter bilden, in der 
Mitte geheftet, acht Blätter. Die erste Seite schmücken Randarabesken in Feder- 
zeichnung. Das Diplom enthält vor der in Wasserfarben ausgeftlhrten Wappen- 
zeichnung eine ziemlich eingehende Wappenbeschreibung. 

Nos Josephus Joachimus de Gencin, Sac. Rom. Imp. Eques, et Provincialis Tyror 
lensis AA. LL. et Philosophiae Doctor ac Inclytae FacultÄtis Decanus Spectabilis, 

et Inclyta Facultas Philosophica. 

Quamquam sibi ipsa virtus Praemium sit nee aliunde sincera, germanaque 
Nobilitas, quam h, virtute repeti debeat, ea tarnen ubique gentium Consuetudö 
obtinet, ut merentibus sua decernentur Praemia, quibus praeclara de Bepnblica 
merita et immortalia facta ad aemulationem exornentur. Hunc receptum et laada^ 



- 310 - 

competens data et coneessa est, quod dietus Excellentissimus Dominus Oarolus 
Joannes de Fetzer, AA. LL. et Philosophiae nee non et saluberrimae Medicitiae 
Doctor ab omnibus per totam terraruin orbera Universitatibus, Academiis, Begnis, 
Provinciis ae cuiuscunque Dignitatis horainibus in coetu, numero statu, gradu et 
ordine verorum et indubitatorum Nobiliuin, Nobilis haberi, cooptari, aggregari ac 
adscribi debeat; annuentes item authoritate praedicta et concedentes animo deli- 
berato, ut omnibus illis gratiis, honoribus, Privilegiis, libertatibus, Juribus, praeroga- 
tivis, Immunitatibus, quibus eaeteri veri antiqui et indubitati Nobiles sive jure sive 
consuetudine usi sunt et gavisi, utuntur et gaudent, uti, frui et gaudere possit 
valeatque. 

In horum autem omnium memoriam, firmitatemque perpetuam, praesentes 
verae sinceraeque Nobilitatis declaritionis Litteras Sigillo Nostro, quo hactenus in 
hac antiquissiraa et celeberrima üniversitate Viennensi usa est utiturque Inclyta 
Facultas Philosophiea, nostra quoque subscriptione munitas ac confirmatas Eidem 
excellentissirao ac doctissirao Domino Carolo Joanni de Fetzer, AA. LL. et 
Philosophiae nee non et saluberrimae Medieinae Doctori dandas duximus et con- 
cedendas: Viennae Austriae die prima Mensis Decembris Anno ab Incamatione 
Christi Domini Salvatoris nostri Millesimo septingentesimo quadragesimo primo. 

Josephus Joachimus de Concin Jacobus Focky e S. J. 

AA. LL. Philosophiae Doctor p. t. AA. LL. et Philosophiae Doctor 

Inclytae Facullatis Decanus mpa. p. t. Logices Professor ac 

Facultatis notarius mpa. 

V. 

Universitätsadelsbrief fOr Dr. Joliann Bapt. Zoller, de dato Wien, 21. Sep- 
tember 1748. 

Abgedruckt nach dem im Wiener Adelsarcbiv befindlichen Originaldiplom. 



Diplom in Buchform. Roter Samteinband mit roten und blauen Seidenbändern. 
Das Diplom besteht aus 13 Blättern, deren neuntes das in Wasserfarben ausgeführte 
Wappenbild aufweist. Wappenbeschreibung fehlt. 

Decanus | Ac | Facultas Artium et Philosophiae | In | Antiquissima Ac Celeberrima 

üniversitate Viennensi. 

Omnibus has Litteras inspecturis Salutem a Domino. 

Justissimus Singularium meritorum Remunerator honor nullibi pleniore manu 
praemia sua, Landes et commendationem aequius dispensat, quam ubi de Sapientia 
pulcherrimarumque rerum scientiis praeclare meriti posteritatis memoriae Lucique 
publicae sunt commendandi. Quamvis enim ipse praestantiam quarumcunque actionum 
gloriam summo nunquam non encomio ac munere pro meritis prosequatur, ut cum 
Fortitudini militari tropaea, munificentiae populärem plausum temperantiae palmam, 
suam denique cuique virtuti politiciie existimationem decernit, eani tamen pro 



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Imperatoris Ferdinandi III. de asserenda semper Immaculata Deiparae Virginia 
Conceptione, nisi aliud a Sede Apostolica definitum fuerit; atque ita post Licentiam 
obtentara sub Reverendissimo Illustrissimo et Araplissimo Domino Domino Josepho 
Henrico Jacobo Breitenbücher, Dei et Apostolicae Sedis gratia Episcopo Antigo- 
niensi Metropolitanae Ecclesiae Viennensis Praepo3ito Decano Kirnpergensi, AA. 
LL. et Philosophiae Doetore, Sacrae Caesareae Begiaeque Majestatis Consiliario, 
Eminentissimi, ac Oelsissirai S. R. E. Presbyteri Cardinalis de Kollonics S. B. J. 
Principis Archiepiseopi Viennensis et Protectoris Germaniae, tarn in Spiritualibus 
quam in Pontificialibus Vicario generali, et officiali; nee non Celeberrimae ac Anti- 
quissimae Universitatis Viennensis Cancellario in praesßntia Periüustris, Magnifici 
Spectabilis ac consultissimi Domini Domini Thomae Ignatii Pöck J. U. Döctoris, 
Sacrae Caesareae, Regiaeque Majestatis Excelsi Inferioris Austriae Regiminis Oon- 
siliarii, nee non, Celeberrimae, ac Antiquissimae Universitatis Viennensis Reißtoris, 
in praesentia Adraoduni Reverendi Patris Theophili Thonhauser e Societate Jesu 
AA. LL. et Philosophiae nee non S. S. Theologiae Döctoris, in Caesareo et Aea- 
demico Collegio Rectoris, ceterorumque plurimorum Reverendissimorum, lUustrissi- 
morum, Admodum Reverendoirum, Jllustrium Reverendorura, Nöbilium Dominorum, 
ac Doctorum üniversitatera feliciter gubernantium, in Basilioa D. Stephani Proto- 
Martyris sub horam octavam ante meridiem ajino Keparatae salütis humanae 
MDCCXLVIII die 13*iP Augusti per Admodum Reverendum Clarissimum ac Specta- 
bilem e Societate Jesu Patrem Franciscum Xaverium Schez AA. LL. et Philo- 
sophiae, nee non SS. Theologiae Doctorem, et Tertiae Lectionis Professorem ordi- 
narium pro hoc ipso actu specialiter designatüm Procancellarium ; postea vero in 
Aula academica ipsa per Admodum Reverendum ac Clarissimum e S. J. Patrem 
Josephum Zanchi AA. LL. et Philosophiae Doctorem, ejusdemque Professorem 
emeritum, nee non p. t. Seniorem Consistorialem, et promotorera Suprema Philo- 
sophici Doctoratus Laurea condecoratum esse eoque. iure factum et pronuntiatum 
participem omnium immunitatum Honorum et Privilegiorum, quae tum aliis tum 
huius in Germania Antiquissimae ac Celeberrimae Universitatis Magistris seu Philo- 
sophiae Doctoribus a summis Pontificibus, Augustissimis Imperatoribus, Serenissimis 
Austriae Arcbiducibus data sunt et concessa. Inter quae maximum et speciale est 
huius Caesareae et Antiquissimae Universitatis Viennensis quod quivis in ea Philo- 
sophici Doctoratus gradu legitime Insignitus, per totum terrarum orbem verae et 
indubitatae Nobilitatis Titulo adjecto etiam Nominis Praedicato etiam ad posteros 
descendente uti itemque Anna et Insignia aperta suo arbitrio et libitu in Nobilitatis 
Argumentum formare gestareque possit et vere Nobilis ac Excellens appeliari valeat. 
Quo bene et merito Privilegio competenter usus idem Nobilis, Excellens ac 
Doctissimus Dominus Joannes Baptista Zoller haec adjecta bis nostris litteris 
Insignia sibi delegit et Agnomen NOBILIS A ZOLLER adscivit, rata a Nobis 
habita et habenda atque ab ipso sibi praeferenda et ad posteros Suos trans- 
mittenda. 

Folgt das in Farben ausgeführte Wappen. 

DecJaramus itaque authoritate, quae a Summis Pontificibus, Augustissimis 
Imperatoribus, Serenissimis Austriae Arcbiducibus huiusque Universitatis Fanda», 



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toribus et Promotoribus ac Principibus nobis ex officio competens data est et con- 
eessa, quod dictus Joannes Baptista Zoller AA. LL. et Philosophiae Doctor 
ab Omnibus per totam terrarum orbem Universitatibus, Academiis, Eegnis ac Pro- 
vinciis ac cuiusvis Dignitatis Hominibus in Coetu, Numero, Statu et ordine verorum 
Antiquorum et Indubitatorum Nobilium, Nobilis haberi, cooptari, aggregari ac 
adnumerari debeat. 

Annuentes authoritate praedicta et concedentes animo nostro deliberato, ut 
Omnibus illis Gratiis, Honoribus, Indultis, Privilegiis, Libertatibus, Juribus, Prae- 
rogativis, immunitatibus, quibus eaeteri veri, Antiqui et Indubitati Nobiles, sive Jure, 
sive consuetudine usi sunt et gavisi, utunturque et gaudent, uti frui et gaudere 
possit et yaleat. 

Cum igitur nee in Promovente potestas, nee in Promovendi modo solemnitas, 
nee in Promotionis testimonio Authoritas nee quidquam aliud desideretur, restat, 
ut saepe dictus Joannes Baptista Zoll er, Doctor, eo Loco, Gradu, Dignitateque 
ab Omnibus Universitatibus, Academiis, aliisque coetibus et hominibus ubique 
terrarum habeatur, quo Doctores huius antiquissimae et celeberrimae Caesareae 
üniversitatis rite et ordinarie promotos haberi par est: tum et privilegiis omnibus 
gaudere immunitatibus frui permittatur, quae Authoritate Pontifieia et Caesarea huic 
Gradui sive Jure, sive consuetudine annexa sunt. Quod ut fiat a singulis et fieri 
curetur ab omnibus, quorum curae intererit, impense rogamus et hortamur, simile 
officium, ubi occasio feret, ex animo pollicentes. 

In horum autem omnium memoriam, firmitatemque perpetuam praesentes 
verae genuinaeque Nobilitatis concessorias et declaratorias Litteras Sigillo Nostro, 
quo hactenus in hac antiquissima et celeberrima üniversitate Viennensi usa est et 
utitur Inclyta Facultas Philosophica, Nostra quoque subscriptione communitas ac 
confirmatas eidem Nobili, Excellenti ac Doctissimo Domino Joanni Baptistae 
Zoller, Doctori dandas duximus et concedendas. 

Vindobonae Austriae die 21. Mensis Septembris Anno ab Incarnatione Domini 
MDCCXLVIII. 

Franciscus Xaverius Schez e S. J. 

AA. LL. Phliae, nee non S. S. Thlgiae. 

Doctor, et Inclytae Facultatis Phliae 



p. t. Decanus 

mpa. 



Wolffgangus Eechtenberg e S. J. 

AA. LL. et Phliae Doctor 

Inclytae Facultatis Phlcae. 

p. t. Notarius 

mppa.