Google
This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project
to make the world’s books discoverable online.
It has survived long enough for the copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to copyright or whose legal copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to {he past, representing a wealth of history, culture and knowledge that’s often difficult to discover.
Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book’s long journey from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken steps to
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying.
‘We also ask that you:
+ Make non-commercial use of the files We designed Google Book Search for use by individual
personal, non-commercial purposes.
and we request that you use these files for
+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google’s system: If you are conducting research on machine
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attribution The Google “watermark” you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in copyright varies from country to country, and we can’t offer guidance on whether any specific use of
any specific book is allowed. Please do not assume that a book’s appearance in Google Book Search means it can be used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement liability can be quite severe.
About Google Book Search
Google’s mission is to organize the world’s information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers
discover the world’s books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the full text of this book on the web
alkttp: /7sooks. google. com/]
Google
Über dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei — eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nutzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google-Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|'http: //books .google.comldurchsuchen.
.”
4
4.
D. Johann Geor uͤnitz's
Lan RA A ⸗
oder
allgemeines Spitem
er
Era, rei Gnpi,
* albhabetiſcher —
ve srtgefegt
Ftiedrid Zatod Sloerfen,.
Heinrich Guftav FIärfe, #,, N
Mitgliede einiger gefehrten. Gefellf
—
Hundert und zwoͤlfter Theil,
welcher die Artifel Pflaum bis Phytographie enthält;
nebft 21 Kupfertafeln auf 55 Bogen.
Dit Könial. Dreufiichen und Köutgl, Eichfichen Privilegien.
Berlim, 1809.
In der Buchhandl. des Königl, Preuß. Geh. Eommerciens Nathes
. Joachim Pauli. - 9—
. .
flaum, f._Slaumfeder, im Art. Seder,
Th. 12, ©. 372.
Pflaume, die faftige, runde ober laͤnglich runde
Ftucht des Pflaumenbaumes, welche zu dem
Steinobfte gehört, und deren e& mehrere Abäns.
derungen gibt. In weiterer Bedeutung bekom⸗
men alle diefe Abänderungen den Nahmen der
Pflaumen. Im gemeinen. Leben hingegen hat
man für diefelben eigene Nahmen. Beſonders
nennt man im gemeinen Leben Ober⸗ und lies
derdeutfchlands Die gemeinften Fleinen länglichen
Pflaumen, welche ‚violett, töthlich oder dunkel⸗
blau von Farbe find, Zwerfchen, Oberd. Zwes⸗
ven, Niederſ. Duerfchen, die größeren aber,
welche bald eyeund find, bald aber fih mehr
der Kugelgeftalt nähern, in engerer Bedeutung
Pflaumen, wohin denn die Dantaftener-Pflau:
men, die ungarifchen Pflaumen, die Catha⸗
Oec. iechn. Enc. CRÜ, Theil, a sine
2 Pflaume.
rinen⸗Pflaumen, die Mirabellen, die Roß⸗
pflaumen, die Eyerpflaumen, und noch andere
gehoͤren. Die Spillinge, Maronken ſind ab⸗
weichendere Varietaͤten der Pflaumen, die Rrie⸗
chen, Niederſ. Kreken aber eine beſondere Spes
cies, die bey Zinne Prunus inſititia heißt.
Im Hiederfächfifhen lauter dieſes Wort Plum⸗
me, im Yngelf. und Engl. Plum, im Schwed. Ploms
mon, im Den. Blomme. Alle mit der nicht unges
mwöhnlihen Veränderung des r in I, aus dem Lat.
Prunum, Sriech. zegerure, welches v nicht nur die
Sranzofen in ihrem Prune behalten haben, fondern
auch noch in dem im gemeinen Leben Dberdeutfchlands
üblichen Prune für Pflaume, bey dem Apherdian -
Pfeaume vorhanden iſt. Aub im Osnabruͤckſchen
fogt man für Plumme noch Prume. Da der Pflaus
menbaum in Quropa nicht einheimifch ift, indem
man noch zu ‚des Cato Zeiten in Italien feine ans
dere als die gedörrten durch die Bandiung dahin
gebrachten Pflaumen fannte, fondern in dem fhdlis
hen Afien, dem Vaterlaude unferer meiften Gars
tenfrüchte und Gartengewächfe zu Hauſe gehoͤrt,
fo iR au der Nahme dort aufzufuchen. Die Afias
ten follen diefe Seuche auch noch wirklich Prunaon
nennen. oo |
Die Abkunft des Plaumenbaums fcheine,
genauer genommen, eigentlih aus Algota oder
Gura zu ſeyn, dem berühmten Thal Coͤleſyriens,
Afiens fchönfter Provinz, worin Damaskus die
Hauptſtadt war; denn Theophraft ermähnt
vieler Pflnumenbäume, bie in der fruchtbaten
Ehene Syriens und Damaskus muchjen, und
Europa empfing vor Alters von daher getrodnete
Pflaumen. Bon Sprien fam diefee Baum nad)
Griechenland, mo er lange befannt war, ehe er
von den. Römern in Stalien angepflanze worden, |
welches erſt gefchahe, nachdem ihnen Griechen⸗
land zinsbar war. Zu Plinius's Zeiten waten
ſchon verfhiedene Sorten Pflaumen in Italien.
| BZ ö a und
| Ze nn
.“ \
td
ame 00003
und er zählte beren breufig Bey den Deuts
ſchen war diefer. Baum. vor etlihen 100 Jahren
noch niche fehr gemsin. Was die gemeinften, jedoch
außbarften Sorten berfelben, nähmlich die Zwetfchen
(Prunus domellica Linn. &.) betrifft, fo war
ten diefelben zwar zu Anfange des i6ten Jahres
bunderts 3. DB. in den Gegenden des Mekfars
ſtroms anzutreffen, jedoch als eine große Selten:
heit. Gegen das Ende des 17ten Jahrhunderts
brachten . einige MBirtembergifche Landskinder,
welche veiietianifche Soldaten in Morea waren,
Amerfchenferne mit, und dieſe Frucht murde
von der Zeit an daſelbſt und in andern Gegens
ben gemein. Unfer Klima ift auch dem Niflaue.
menbaum ſo demäß, daß er nicht anders gedei⸗
het, als 06 er in Deutſchland zu Haufe wäre,
und ſich fogar viele Sörteh durch den Samen
in ihrer Are förrpflangen, welches bey anderem
Obſt nicht leicht ſtatt findet. Doc, iſt niche zu
leugnen, daß: dieſer Baum in einer waͤrmern
Lage beflere Früchte bringe, Als in einer Fäl«
teen, daß felbft das mittlere und fühliche Deutſch⸗
land hierin ſchon einen merklichen Vorzug dor
bem nördlichen habe, wie es jeder zugeben wird,
welcher ˖dieſe Frucht DB. am Oberrhein und
in Medienblirg geföftet hat. . Bu
Alle die vielen Abänderungen, welche tinfes
te Pomologen nun unter die Nahmen Zwets
(chen, Pflaumen ꝛc. begreifen, machen nad) bos
tanifchen Begriffen nur eine Att (fpecies) aus,
‚ und biefe gehört nah) dem Linneiſchen Pflans
genfuftem zu der Gattung Prunts, wozu aber
auch die Kirfchen, die Apricofen, die Schlehen
und mehrere andere Bäume gerechnet werden,
Sm botanifhen Sinne wird deshalb der Nahme
Pflaume auch eben fo meit ausgebehnet, und
Ti *3 dieſen
4 | Pflaume. |
dieſen genannten Bäumen bengelest, fo berfchies
den fie nad den Begriffen ber Lahen in ver
Botanik von der gemeinen Hauspflaume und
deren Abarten auch feyn mögen. Ich werde des»
hafb auch Hier die ganze Gattung Prunus zus
ſammen faſſen, und da verfchiebene dahin gehoͤ⸗
sige Bäume in anderen Artifeln fchon befchrie:
ben find, es wenigſtens nachweifen, two das weis
tere von ihnen zu finden ift,
| Die Kennzeichen der Gattung Prunus,
welche in die erfte Ordnung der zwölften. Claſſe
(Icolandria monogynia) gehört, beftehen in eis
nem unter der Blume befindlichen fünftheiligen
Kelche, mit fünf Blumenblättern, und ber
Stein der Frucht hat Hervorragende Mähte *).
In der zuleßt von Linne-beforgeen Aus⸗
. gabe der Species plantarum zäffte man 13
zur Öattung Prunus gehdrige Arten. Sn der
“ neueflen von Willdenow unternommenen
. Bearbeitung dieſes Werkes iſt die Zahl ber
Artten auf 33 angewachſen, von welchen ich hier
eine Ueberfiht geben muß, da viele derfelten
nutzbare Bäume find. Auf unſere Hauspflau
me, Prunus domelüca, mit ihren Abänderun:
7. gen’ werde ich weiterhin unter m 29erſt kom⸗
men, ba ich fie niche aus ihrer Orvnung, die
fie im Spfteme neben ben übrigen Arsen hat,
reißen fann, |
2. VogelsPflaume, Prunus Padus, flo-
‘ ribus racemolis, racemis pendulis, foliis
deciduis duplicato- [erratis .[ubrugolis, petio«
Ns biglandulofis, Willd. Spec, plant. Tom,
DM. P. Ip. 984 Dieſer Baum iſt im gemei:
nen Leben befonders unter dem Nahmen ber
zn *
| 4 der im Epfeme banchen Aebeuben Satiung Pfirſche,
üft der Gteim dep Frucht mit Xöchern weriehen.
—
Pflaume. | 5 |
Ahlkirſche befannt, und im Art. Rirfche, 36.
9, ©. 177 fl. befihrichen worden. Zu
| Es gibt übrigens noch eine Varietaͤt biefer
Pogel « Pflaume, welche Willdenom in ber
berlinifchen Baumzucht p. 237. Prunps rubra
nannte. Er beſtimmt fie auf folgende Weife: -
Pr. florıbus racemolis, racemis erectis, foliis
deciduis tenuiflime du ato - [erratis —
bus, petiolis —— — Prunus rubra Ai-
ton Hort, Kewenf. IE p. 162. gehört aber
nicht dazu, tie. es Wil denow in ben Spec,
plant. angemerkt hat.
Woher diefe Abart fiammer, weiß man
niht. Die Zweige find rund, gelbbraun, mit
einzelnen zerſtreuten Puncten. Die Blätter fies
hen wechſelsweiſe, ſind geſtielt, eyfoͤrmig, an der
Baſis ſtark verbünnt, rund, an der Gpiße zu⸗
geſpitzt, am Rande ſehr fein, ſcharf doppelt ger
fügt, auf der Oberfläche glatt, bellgruͤn ohne
Stunzeln, auf: der Unterjeite bluffer, glatt und in
den Winkeln des Adern in dee Jugend ſparſam
mit einzelnen kurzen Haaren befegt. Der Blatts
ſtiel iſt einen Viertel Zoh fang, da wo bas Blatt
aufhört mit zwey großen Drüfen befeßt.
- Die Blumen kommen Mitte Maps in aufe
recht fiehendin, zwey bis drey Zoll langen, eins
fachen Trauben, an den kurzen Ziveigen. Die
Seuche foll roth feyn. Die Vögel find aber fehr
‚ begierig darnad), ſo daß fie faum zu ihrer Moll:
kommenheit gelangen: kann.
J .2. Vi ogiifhe Dflaume. "Brumns virgi-
ziaza, ‚floribus racemolis, racemis ‚laxis, Io-
liis deciduis duplicato-dentatis taevibus, pe-
tolis Lubquadriglanduloßs. Willd, 1 co
Deflen Berl. Baunyucht, ©. 233. 5: f.
of,
Prunug‘ virgintäng, | anne Face folis
% "Pflänine,
v "detiduls‘ —F— antice peen Linn. Spec.
l. Prungg” rußra, bus ’racemolis, race-
“ " Mis erechis, ‚fölüis decidais Iaovibus bafi bi-
„Bands Ait, Kew: II. pP 163.
Diefe ‚At. woͤchſt u Diarbamerite, iſt aber
yon deriim vet. Kirſche, Th. 39, ©. 181,
- A nach · Hiren von Wangenheim bes
ſchriebenen · oöjginifihen‘. Traubenfirfche, wamit
“= man fie nach Linne's Vorgang, oͤfters per⸗
wechjelt hat, verſchieden ¶ Die Zweige find rund,
ſchwarzbraun mit großen-weißen Warzen, Die
Blätter ſtetzen wechſelaweiſe, find geftielt, längs
lich epfütwigun.an bepden Enden fpigig zulau⸗
fend, äm Rande :fcharf und groß doppelt geſaͤgt,
:t oder vielmehr. gezähnt, viertehalb Zoll lang, faft
ar amey Zollbreit, auf der, Oberflaͤche glatt, ſchoͤn⸗
gruͤn, auft der untern blaſſer, glatt mit ſehr
s Heinen Buͤſchein von Haaren in den Winfeln
der Abern,: "Der Blattſtiel iſt einen halben bis
2 Zoll lang, in-der Mitte mit zwey Paar von
einander entfernten rothen geoßen Drüfen be:
„pin ; Die Blumen fommen Mitte Mayg in
— 4 301 Aangen einfachen, fhlaff hangenden
#ielbfumigen Trauben an den Soitzen der klei
men Zweige, Sie find Heiner als an ber erſten
"Art, und: bie Blumenplätter mehr . rund und
“fein: geferhtin.. -
3: 'Spätbläpende Oftaiime, Prunus ſo-
rotina, floribus racemöfis, racemis laxis, 'fo-
."lüs deciduis, fimpliciter ferrais, ferraturis i in-
a Tubglandulofis. willd lc p. Dr
2 n —5 — 239. 1. 5 es Dies
BR ie im rt. ' Ir
: unten dent Mchtken Finde Ko —*
mie Be von Wängeigeim, &
- Pflaume. 7
ſchriebene Art. Das dort angeführte Linnk'ſche
Synonym gehört zur vorhergehenden Species.
4. Canadifhe Pfloume Prunus cana-
denfis, floribus racemolis, foliis deciduis
eglandulolis lato-lanceolatis rugolis utrinque
pubelcentibus: Willd. I. c. Linn. Sp. pl.
p. 678. Ceralus racemofa, foliis amygdalinis,
americana. Pluk. alm. 97. t. 58. £. 5. Mit
traubenförmigen Blumenbuͤſcheln; und jährlich
abfallenden Blättern, welche breit lanzenförmig,
runglicht, und auf beyden Seiten ein weni
haariche find, und Feine Drüfen haben, v
Dieſer Baum iſt ebenfalls in dem mitter⸗
naͤchtlichen Amerifa zu Hauſe. Er hat glatte
Aeſte; ſeine Blaͤtter ſtehen auf kurzen Stielen,
und laufen von einer breiten Baſis in eine ſchmale
lanzenfoͤrmige Spitze aus, ſie haben am Rande
feine ſaͤgenartige Zaͤhnchen, fie ſind oben und
unten gleich grün, und auf beyden Seiten ets
mas wollicht anzufühlen, und ‚nicht fo fleif als
bey den übrigen Arten, und haben Feine Drüfen.
Die Mericaner nennen ihn Capollın.
5. Kllipeifchblättrige Pflaume. Prunus
elliptica‘,, floribus racemolis, foliis ellipticis
ferratis glabris. Willd. 1. c. Thunb, jap,
199. Diefer Baum wird in Japan angebauet.
Die Zweige und Fleineren Aeſte ſtehen abwech⸗
felnd, find fnotig, weiß punktirt, rünzlicht und
glatt. Die Blätter find kurz geftiele, und fißen
an den Ffeinen Zweigen ohne Debnung gedrängt
beyſammen; fie find übrigens elliptiſch, flumpf,
aderig, glatt, abfiehend, und etwa einen Finger
lang. Die Blumen befinden fi in wenig bluͤ⸗
ehigen Trauben. Die Frucht iſt fänglich, von
der Größe der Korinthen.
A 6.
Pflaume,
6. Weſtindiſche Pflaume. Prunus occi-
'dentalis, floribus racemolis, racemis latera-
Jibus, foliis perennantibus eglandulofis oblon-
is acuminatis’ integerrimis utrinque glabris.
Willa. l. c. p. 987. Swartz Flor. Ind.
‚ occid. IL. p. 9>5. Air. Kew. Il. p. 163.
‚ Amygdalis foliis magnis. Nicolf. doming.
254. Die Bluͤthen ſtehen in Trauben, welde
fih an den Seiten der Aeſte befinden, die
.. Blätter fallen nicht ab, find ohne Warzen,
groß, langlich, zugefpißt, am Rande ganz un:
gezaͤhnt und auf benden Seiten glatt. Die
Fruͤchte find anfehnlicher, wie ben den vorhergee
benden Arten und roth. WDian findet Diejen
: Baum in den Gebirgen auf den Antilliichen
Snieln. Ä |
7 Rugelfdemige Pflaume. Prunus /phae.
rocarpa, floribus racemolis, racemis axilla-
sibus, foliis perennantibus eglandulolis inte-
gerrimis nitidis, drupis [ubrotundis. Willd.
.c. Swartz Flor, Ind. occid. II. p. 927.
Die weißen Blumen ſtehen ın Trauben, weldye
in den Blumenmwinteln hervor fommen. Die
breitrunden aber nicht fehr großen Blätter find
immer grün, ohne Warzen, ganzrandig und
glänzend. Die Fruͤchte rundlih. Das Vaterland
‚find. die waldigen Gebirge der Inſeln Jamaica,
Hiſpaniola.
8. Portugieſiſche Pflaume. Prunus Iuſi-
tanica, floribus racemolis, foliis ſempervi-
.rentibus, ovato-lanceolatis l[erratis eglandu-
lofis Willd: I.c. p. 987. Def. Berl Baumz.
‚, ©. agı. Ait. Kew, IL. p. 163. — Diele
Art iſt im Art. Kirſche, Tb. 39. ©. 155. um
. ter dem Nahmen portugieſiſcher KRirſchlorbeer⸗
baum befchrieben. |
\
‚Plaume. 9
9. Caroliniſche Pflaume. Prunus caro-
liniana, Horibus racemolis, foliis lempervi-
sentibus oblongo-lanceolatis ſerratis eglan-
dulofis. Willd, l.c, Ait. kew. IL p. 163.
Tiefe heiße im Art Kirſche, (TG. 29,6.
186.) die nordamerikaniſche immergrüne
Traubenkuſche, und Vogelkirſchbaum aus
Nordamerika. Pe | E
10. Lorbeerblätterige Pflaume. Prunus
Lauro-Cerafus L. — Bon diefem giftigen
Baume wird ım Art. Rirfhe, a. a O. ©.
154 fl. gehandelt. Er. beißt daſelbſt gemeiner
Rufcblorbeerbaum. \ Ä
ıı. Rifpenblüchige Pflaume. Prunus
paniculala, Noribus paniculatis patulie, fo-
lis ovatis. Willd. 1 c..p. 956. Thunb.
jap. 200. Der Baum wählt in Zapan, und
ift ganz glatt Die Aeſte und Kleinen. Zroeige
fiehen aufrecht. Die Bläfter find ohne Ordnung
verteilt, gefiel, eufürmig, zwey Zoll und dar⸗
über lang. Die Vlatsftiele find aufgerichtet, eine
Linie fang. Die Blumen fliehen in einer großen
Riſpe, find weiß und Fleiner als bey der fols
12. Mahaleb⸗Pflaume. Prunus Mehaleb
L. ©. WahalebsRirfcye im Art. Rirſche, TE
39, & 27.
13. Apritofen: Pflaume. Die Apricofe..
Prunus Armeniaca Linn, ©. den rt, Ar
meniaca, Th. 2, ©. 418 fl. J
14. Sibiriſche Pflaume. Die ſchwarze
birifehe Aprikofe, Prunus fibirica, Horibus
elilibus, faliis ovatis acuminatis fimplicibus
ferratis, petiolis eglandulofis. Willd. ho
p. 989. Prunus floribus ſeſſilibus, foliis ova-
to-oblongis, Linn, Sp. pl. 679. Prunus ſibi-
. A - T100
do Pflaume.
us Yiea‘,‘ floribus fehlibäs;, fohis ovato-oblon-
- Mi petiolis ‘glandulofis. "Da Roi Harbf.
aumz. ıfte Auf! Bd. 2, ©. 170: ate Aufl.
5. 254. Prunus ibirica inermis, foliis ova-
= to.oprdatis‘, | bongs rhucronatis, fructibus ex-
*.:fäcciö,. [elibas: Gmiel. Fl. Sibir.' III. p.
"4024 Pall- Fli Roſſ⸗ Vol: r. -PÜ Tr, p- 33.
Armeniaca betulae folio et facie, fructu ex-
lucco. Am m. fürp! "Ruth, 272. P. 192. t.
. gg, ı
er, Amman hat ſie nach Meſſerſchmidt |
Er 111.2 zuerſt bekannt gemacht; von welchem letzte⸗
ten ſie in Sibirien gefunden wurde,
Die Wutzein ſirid einen Finger dick, Aus
heri ‚ran, und :unter ‚der "äußeren Rinde
rich, ihr Holg:ift weiß, "Aug ihr geben fünf
bis ſechs Schäffe hervor, welche ebenfalls eines
„Singers Dicke imd’;gine braune Rinde Haben.
Bis auf Zoll hoch von’ der Erde treiben fie
u > valevann bis an ijren’ Gipfel hinguf viele Zwei⸗
u ge tin” unordentlicher Richtung. Selten erhält
"der Strauch Über zwey Ellen Höhe,
7 - Die Blätter find oval zugeſpitzt, am Ran⸗
de flach mit runden ungleichen Einſchnitten ge⸗
dahnt, dunifelgeäni, auf: beyden Flächen glatt,
‘an drittehalb Zoll lang, an anderrhäfe ZoH breit,
Sie hangeg an halben Zoll langen, oberwaͤrts
fein behaarten, ihthlichen Stielen, welche ein
bis zwey Druͤfen fühlen. Pallas bemerkt in
ber Flora Rolliea, daß bie Druͤſen nicht auf
pen Blätterftielen, fondern auf ben unteren Zaͤh⸗
er: 'hten‘ der Blätter befindfich wären *),
Die Bltimen find nach der Ammanfchen
Abbiduns ſehr efkin, ' ‚gt gibt Die Blumen
3) Ob die auaeſche Befcreibung nicht vieleicht auf einen
andern Baum gehe, w noch wicht ausgemacht,
y
Pflaune. "u
ols fchuppig and DE +Bflimenfrone alsweiß,
Pall as aber:in- feinem Reiſen und in ber. Flo-
‘ra Roflica ais pficlichfarben: dit
Die Frucht iſt nichn: viel: größer, ale. eine
Hafelnuß, eumdiich, auf:benden Sbiten gedruͤckt,
mit alarten, ‚seförbrtlichen: Hay umzogen. Das
Fleiſch, welches zur: Zeitier' Meife als ein
trocknes Serena ohren feinen. Saft,
"aid Min Seſchinacke herbei Der Stein iſt wie
ein kleiner Aptikoſenſtein geſtaltet, glatt “auf ſei⸗
ner Flaͤche, an ſchließt einen ießbaten,ein we⸗
nig bitteren' Kern in Shane se ee mens,
Die KRuſſen gießen die gifen Kerne
‚Btanntiein, der -davpn air ° Derficogeicgmad
: erhält, aber den Kopf Sehe: cin
Liebhaber pflegen dieſe m ur ben), Se:
tenheit wegen zu ziehen, undGin Ermangelung
eines» „Bauptfamnes: durch das Afropfen der
aA nen erha Ä
nah? Dflaume‘, ot ober ſchwarze Apri⸗
coſe. nn da/ycarpa, Storibus lellilibus,
foliis ovato -acuminatis 'doplicato- [errazis,
etiolis glanduloſis. Willd. 1. c. p.' 990,
Deff. Berl. Baum. ©. ’243. . Prunus da/y-
carpa, foliis..ovatis acaminatis duplicato-
lerratis, petiolatis glandulolis, - pedunculis
“" fubfolitariis brevifimis, drupa globola, pu-
befcerite. Ehrhardt Beytr. VI, p. 90.
Das Vaterland diefer Art Fennt man nicht.
Wabrfcheinlich waͤchſt fie Im füdlichen Europa
‚oder im Driente. Man zieht fie ben und in. den
Gaͤtten "als Seltenheit, und. fie zeigs ſich nicht
ſeht zärtlich in ver" Kälte, Sie wirb. hier nur
56 Fuß hoch. Die Zweige find rund, glatt
und brawm ‚Die Blätter . ſtehen wechſelsweiſe,
ſind Mein, Banehrän, eofdemig, lang ——
oppelt
12 Pflaume.
doppelt geſoͤgt, auf beyden Seiten glatt. Der
Blattſtiel har eine: oder zwey Druͤſen. Die
Form der Blaͤtter: gleiche einigermaßen denen
der Birke. ‚Uebergaupt hat dieſe Pflanze mit
‚ber ſibiriſchen: Pflaume einige Aehnlichkeit, und
: Fann leicht damis.verwechfelt werden. Ben der
- .‚fibieifchen Pfieume ſind aber die Blätter eins
:;- fach gefägt,. ohne: Drüfen am: Blattſtiel, und vie
“ Sende ift txocken, mit einer ſederartigen aͤußern
MHaut. Die Blumen: find Hein, weik, ſtehen
eingelq oder zwey beyſammen auf fehe kurzen
Blumenftielen, und. erfcheinen im April oder
Ray: Die: richt iſt klein, rund, dunkel, und
mit feinen Haͤrchen bedeckt. Die Vermehrung
geſchieht durch. Samen, Oculiren und Pfropfen
1% auf andere Steinobflarten.. _ |
10. 116. Nudrige Pflaume. Pronus pumila
* Lima. Diefe Art iſt im Art. Kuſche, Th. 39,
©. 30 beichrieben. -
’ 37.7 Straudartige Pilaume. Prunus
— ————— Linn. Dieſes iſt ein auch
im Deutſchland hin und wieder wild. wachſender
B Zurauch, den man im Art. Rirſche, Th. 39,
- ©: 45 fl. unter dem Nahmen Zwergkirſche,
$Eröweichfel, befchrieben finder. Ä
| 18. Saure Pflaume. : Prunus Corafus
"Kian. Der gemeine Rirſchbaum, mit vielen Abs
—— Man ſehe den Art. Rirſche, Th.
4516.
39. 385. aume. Prunus avium
Linn. Die Holzkirſche, Vogelkirſche mit vers
ſchiedenen Abaͤnderungen. ©. daſ. ©. 3ı fl
2 20. Immerblübende Pflaume. Prunus
‘: [emperflorens, floribus [ubragemofis; caly-
. "eibus lerratis, foliis ovatis, ferratis, hafı
. glanduloia,. Willd, Lo, P- 99. Defien: Berl.
aumz.
| Pflaume, 23
: Yanınz ©. 247. Pranus /emperflorens, Cau-
lis arborelcens. Folia oväto-lanceolata, [er-
rata, conduplicate, glabra: petiolo eglandu-
lofo. Racemi elongati, foliofi, penduli. Ehrh,
Beytr. Bd. 7. ©. 132. Prunus Cerafus var,
b Dü Roi Harbf. Baumz. 1. Aufl. Bd. 2.
S. 178. 2te Aufl. ©. 270. Ceyalus lativa, .
aeltate continue florens ac frugelcens. Du |
Ham. arb. fruit, Tom. x. p. 178. nr. 9. t.7.
Cerafus racemola hortenlis C. Bauhin Pin,
450. La Cerile & Grappes, Cerilier de la
Touflaint, eu de St, Martin, Cerilier tardif,
Das Vaterland dieſer Art iſt unbekannt.
Man finder an ihren Stämmen nur Holz und
- Blumenfnofpen. . Die erfleren treiben #leine
. Blätterfnofpen, die dünn und nicht lang find.
Die Blätter find Fein, zwey Zoll lang, einen
Zoll breit, oval, an beyden Enden zugeſpitzt.
Ihr Rand führer theils einfache, theils gedop⸗
peite runde Zähne, auf deren beyden unteren
eine Dräfe fißt. Die Farbe ıft auf der unteren
Fläche hellgruͤner, als ‚auf der oberen. Stiele
etwas über einen halben Zoll lang. Nebenblaͤt⸗
ter befinden ſich an jedem Blattfliele zwey
Städ, linienförmig, oft fein gezadt.
Die Fruchtknoſpen treiben im Fruͤhjahr
zuerſt kleine Aeſte, unter beren erfieren Blaͤt⸗
- tern fih die. Kleinen Blumenknoſpen befinden,
Diefe Fleinen Aeſte verlängern ſich aber nächher
beftändig von .Zeit zu Zeit, und liefern im- dies
fer Folge Biumen und Fruͤchte, fo daß man bie
letzteren noch: im September bemerken kann.
Die Du Hamel'ſche Abbildung gibt einen eins
- zelnen in einem Jahre getriebenen Sruchtaft
über fehs Zell fang und mit Srächten und Blu⸗
men befeßt an. . | Di
e
7 Pflaume⸗
> Die. Blumendecke if iu ihren beſonders
. langen blätterähnlichen Binfchnitten. fein gezahnt,
.‚fie erhält, wenn: die Blumen ‚abgefallen find,
‚ eine lebhaft rothe Farbe Die: Blumenfrone
. breitet ihre Blätter: nicht fo flark, wie bey den
mehrſten Gartenkirſchen aus. Sie erſcheinen zu⸗
erſt im Junins auf dünnen, oͤfters drey Zoll
. langen Stielen. Die Fruͤchte find ‚rund und
‚ nichs groß, ‚ein, wenig über. einen halben Zoll
im Durchſchnitte. Der Länge: nach haben fie
eine merklihe Math, ihre Haut iſt Die und hell⸗
. roch, das Fleiſch weiß, mo ?es mit dem Steine
.. verwachfen iſt, roͤthlich, und dee Saft ſauer.
. Der Stein ift weiß, glatt, und beynahe fo beeit
als lang. Sie teagen häufig, „wollen aber offen
. and nicht durch andere Bäume befchartet ſtehen.
Diejenigen Aeſte nie Fruͤchte getragen haben,
werden am Ende des Jahres trocken, und fals
len im Winter ab. Durch die Fruͤchte empfeh⸗
: len fie fich nicht -gefonders, und ..merden alfo
nur der Seltenheit ‚wegen: in Pflanzungen und
- Bärten gezogen, und dusch Perpfen-und Ocu⸗
liren vermehrt, (Du Roi a, .D)-
‚21. Penfpivanifche Pflaume,-Rrunus pen-
Jrivanica, umballis, ſubſeſſilibus aggregatis
- multifloris tandem paniculaeformibus, foliis
oblongo - lanceolatis acuminatis . glabris bafı
biglandulofis. Willd.1L c. p. 902. Deffen
Berl. Baumz. S. 248: und Prunus lanceola-
ta dal, ‘©. 240 Ait. kew. IL, P- 163. Prunus
umbellis ſeſſilibus foliis ovato-lanceolatis,
ramulis pallide punotatis Linn..[uppl. 250.
Das Vaterland dieſer Ust exhellet ſchon
aus ihrem Nahmen. Es iſt, nah Milldenom
ein : dauerhafter bey ung 5 — 6 Guß hoher
Straub, der glänzend braune mit weißen
Puntcten
Pflaume. | 15,
„Puncten befegte Zweige. hat. Die Blätter fies
‚ ben mechfelsweife, find geftieft, länglid) lanzett⸗
firmig zugefrißt, fein einfach gleichförmig Rumpf
zeſaͤgt, auf beyden Seiten vollfommen glatt,
Der Blattſtiel ift lang und. hat ben der. fpiß
zulaufenden Baſis bes Blattes zwey große
Drüfen. Die Blumen fommen im May aus
den Seitenfnofpen der Zweige, in einfach figen«
den Dolden, oder auch in Doldentrauben, bie
ſich nachher noch verlängern. Die Blume ift
noch Fleiner als bey den Schlehen. Die reifen
Fruͤchte find Mein, rund und ſchwarz. Die Wers
mehrung gefchieht durch Samen, Ableger und
Dfeopfen, oder Oculiren auf kleinere Steinobfts
arten. .: 0
a2. Zwerg⸗Pflaume. Prunus pygmaea,
umbellis ſeſſilibus paucifloris, foliis ellipii-
cis acutis bali biglandulofis glabris.. Willd.
L cı RB: 95 Deſſ. Berl. Baumz. S. 248.
t
efe aus Nordamerika flammende Art
kommt in der Größe. der Blume und auch eis
niger Maßen in der Art zis bluͤhen mit ber po⸗
rigen überein, unterſcheidet ſich aber in’ den
Blärtern und anderen Städen fehr davon. Die
Blaͤtter ſtehen naͤhmlich mechfelsweife, find ger .
ſtielt, drey Zoll fang, und zwey Zoll breit, ellip⸗
tiſch, an der Baſis etwas ſchmahler, und qm
Ende ſtumpf und kurz zugeſpitzt, am Rande
ziemlich gleichfoͤrmig klein und ſpitzig geſaͤge, ver
legte Zahn auf jeder Seite der Baſis des Blat:
tes je eine kleine laͤngliche Druͤſe; auf der
Dberfläche find fie dunkelgrün und glänzend, auf
der untern blaßgtün und glatt, die Adern find
weiß, uub an der Bafis auf.ihrer Flaͤche durch
eine Vergrößerung betrachtet, mit ſehr feinen
äußerft Furzen Härchen beſetzt. Der Shufin
| i
16 i — Pflaume.
Niſt einen halben Zoll fang, ohne Dräfen, und
-mit fehr feinen Härchen bedeeͤt. Die Blumen
fommen im May an den Seiten der Zweige,
in viers bis fechsblumigen einfachen fißenden
Dotden. Sie find von derfelben Groͤße wie
beym Echlehdorn. Die Früchte find rund,
ſchwarz, don der Groͤße eines großen Kirſch⸗
ſtaeins, und haben wenig Fleiſch. Die Vermebs
eung kann durch Ableger und Samen gefchehen.
093. Schwarze Pflaume. Prunus nigra,
umbellis ſeſſilibus folitariis paucifloris, foliis
deciduis ovatis acuminatis, petiolis biglan-
dulofis. Willd.Lo. Ait.lop. ı65 ’
.. , Diefer fleine Baum ift gleichfalls in Drorde
amerifa zu Haufe, von dem vorigen aber ſehr
.. "verfehieden. Die Blätter find enförmig, fehr
“ ang zugeſpitzt, auf beyden Seiten glatt. Die
“Dolden enthalten 3 — 4 Blumen, :
24. Scharfblaͤtterige Pflaume. Prunus
a/pera, floribus [lolitariis terminalibus, foliis
‚ ovatis [erratis alperis. Willd. l.c. Thunb.
fap: 201. Muk no ki, Kaempf. amoen. 799.
Die: Zweige diefes in Japan einheimifchen
- Baumes find rund und getüpfelt. Die Blätter
abwechſelnd, geftielt,. euförmig, fang zugefpißt,
gefägt, aderig, auf beyden Seiten rauf, unten
blaſſer, abſtehend und. zwey Zoll lang. Die
Blaͤttſtiele etwa Zoll lang, gefurcht. Die Blus
men an den Enden ber Heinen Zweige und eins
zeln. Die Frucht fo groß wie Pfefferförner Fu:
gelig⸗ eyfoͤrmig mit bleibendem Stempel, übrigens
blau und glatt. Der Stein dreyeckig eyrund -
und fpiß, fehe hart. Der Kern weißlich. Das
Fleiſch wohlſchmeckend. Die obere rauhe Geite
des Blätter wird zum Poliren gebraucht,
25
*
Pflaume, 17
25. "Japanifche Pflaume. Prunus japo-
nica, 26. Drüfige Pflaume. Prunus glan-
dulofa, 27. Tiefzähnige Pflaume, Prunus
incifa, 28. Filzblaͤtterige Pflaume, Prunus
tomentofa, find fämmtlid in Japan einheis
mifch und von Thunberg in der Flora jap,
und in Willdenom’s Spec. plant. bejchries
ben. Da fie an fid) nicht merkwuͤrdig find, und
man fie auch nicht einmahl in den botanifchen
Gärten, noc weniger in den englifchen Pars
thien findet, jo uͤbergehe ich fie Bier.
29. Gemeine oder Hauspflaume, aud)
deurfcye blaue Zwetſche, Prunus domefiica
Linn., mit ihren vielen Abänderungen.
Prunus domeftica, pedunculis [ubloli-
tarııs, foliis-lanceolato - ovatis convolutis, ra-
mis muticis. Willd. 1. c. p. 995. Roth.
FL germ. II. p. 541. Prunus inermis, foliis
-Ianceolato - ovatis. Linn, Hort. cliff, 186.
‘ Hort. upf, 124. Prunus pruna offic. Crantz.
aufir. p. 94. Prunus foliis lerratis, hirfutis,
ovato-lanceolatis, floribus longe petiolatis,
Hall, helv. n..1079. Pr. [ylveftris fractu ma-
jore. Vaill. paril. 140. Prunus Bauh. pin,
3. Blackw. t. 309. Gaertn. de fr. et
em. pl. II. 74. t. 93. £. 2. Cramer, tab. 20,
Schkuhr's Handbuch t. 132.
Dieſes ift nun dee Baum, deflen ich zu
Anfange diefes Artikels ermähnte, . und melcher
der ganzen Gattung den Mahmen gegeben hat.
Sein auszeichnender Charafter, moburd man
ihn von den im vorflegenden und einigen weiters
bin unterer No. 30 — 33. befchriebenen Arten
unterfcheidet, befteht beionders darin, daß die
Bfumenftiele mehrentheils einzeln, die Blätter
lanzet⸗ eyfoͤtmig, zuerſt zufammen gerollt, und
Om sechn, nc. GXIL Thei. B bie
138 Pflaume.
die Aefte bey den völlig ermachfenen Bäumen
ohne Stacheln ſind. Die Blumen find übrigens
weiß und fünfblätteig, und fie bringen entives
der runde oder. längliche, einen Stein und: Kern
einſchließende Fruͤchte, die in Anfehung ihrer
vielfaͤltig unterſchiedenen Form, Groͤße, Farbe
und Beſchaffenheit viele Berfchiedenpeiten haben,
und theils ſchwarz, gelb, roth, blau, gruͤn, ge⸗
tuͤpfelt, geftrichelt, meift mit. Duft oder Staub
bedeckt, tEeils glänzend find „ und vom Julius
bis Ende Septembers eine Corte nad) der an⸗
dern zur Meife, fommen. .,
Diefer Pflaumenbaum verträgt nad) Hexen
Pfarrer Ehrift und anderen Pomologen zwar
fein ganz kaltes Klima, fo. wenig, als ‚ein ſehr
heißes, doch hält Fein Obſtbaum im noͤrdlichern
Klima fo gut aus, als der Pflaumenbaum, ein
| gemäßigtes Klima aber ift ihm Das angemeffenfte.
In demfelben liebt er einen warmen Staud,
wo feine Frucht am vortrefflichften wird. Er
fommt auch, in, allerley Erdreich fort, wenn «8
“nur mittelmäßig iſt, und weder zu trocken, noch
zu naß; Allein. in fettem Erdreich, in guter
ſchwar jer Gewaͤchserde werden ſeine Fruͤchte
viel groͤßer und ſchoͤner. — Er gekoͤrt in Rüds
ſicht ſeiner ‚Größe ju den mittelmäfigen Baus
“men, die eine mäßig auggebreitere Krone bilden,
und ihre Aeſte ziemlich gerade in die Höhe trei⸗
bei:, die gewöhnlich nur gegen 20 Fuß beträgt,
daher auch dieſe Art Bäume bey dem Verſetzen
in den Obflgarten mit 20 Fuß Entfernung von
einander binreichenden Abſtand haben. : Sein
austretender Saft gerinnet auch, wie uͤberhaupt
bey dem Steinobſt, zu einem Gummi oder. Hazz,
und ziehet bey harten Beſchoͤdigungen, Dean
man ihm nicht durch das Shrorfen au Huͤlfe
er AM
>
Pflaume. 19
kommt, den Brand gerne nach ſich, doch nicht
fo leicht, als bey den Kirſchen⸗, Aprikoſen- und
Pfirſchen baaͤumen.
Die Wurzeln der Pflaumenbaͤume vermeh⸗
sen ſich ſehr und mischen ein ſtarkes Gewebe,
weil fie ſich nahe an die Oberflaͤche ver gebaue
ten Erbe halten, und haben nicht nur eine große
Meigung, fih ale Wurzeln zu vervielfältigen,
fondern auch als Stamm. Er treibt daher meh⸗
rere Wurzelſchoͤßlinge, als irgend ein anderer
Obſtbaum, deswegen man ihn fo leicht dadurch
vervielfältigen kann. Sonderlich ſtark ift diefe
feine Neigung der Wurzeln, Schößlinge zu treis
ben, wenn die. Erde um den Baum aufgegrabeit
und jaͤhrlich aufgelodert wird, als wodurch die
Luft mehr eindringe und diefe Triebe ihr Folgen.
Menn man die Wurzeln im Srühfahr genau _
unterfucher, fo findet man an denfelben Keime,
bie theild ihre Richtung nach der Spiße der
Bhume, und theils jölche, die ihre Richtung un⸗
terwärts und gegen den Stamm nehmen. Jene
vervielfältigen die ABurjeln, und diefe geben die
jungen Ausſchoͤßlinge. Sobald dieſe Brutſtaͤm⸗
me eines kleinen Fingers dick, und nicht zu nahe
am Stamm ſind, daß ſie hinreichende Wurzeln
haben, .die ſie gerne reichlich ziehen, ſo werden
fie im Herbft: bey feuchtem Boden ausgezogen
und verdflanst. | .
Der Pflaumenbaum ift ſehr bald tragbar,
und hat oͤfters ſchon im dritten Jahre von der
Pfropfung an feiner Krone und zwar nicht
wenig Früchte. Er bringt Übrigens feine Fruͤch⸗
‚te. nicht nur am jungen Holz, fondern auch an
den ſogenannten Fruchttkraͤgern, die fich an den
drey⸗, vier⸗ und mehrjährigen Zweigen hervor⸗
thun. Er iſt ein aͤberaus wir thſchaftlicher Obſt⸗
a
baum.
20 Pflaume,
baum, und feine Srüchte find von ausgebreite: -
‘tem Mußen und Gebrauch, friſch und getrods
net, für Sefunde und Kranfe, und ber Lieber;
‚ fluß dient unter andern auch zum Brennen des
vortrefflichſten Branntweins. Es zeichnen fich
Am wirthſchaftlichen Nutzen vornaͤhmlich die
gewoͤhnlichen Zwetſchen und die gelben Mira—
bellen aus. Zum friſchen Genuß ſind diejenigen
Pflaumen die "beften, die ein ſaftiges ſuͤßes,
nicht allzu weiches und waͤſſeriges Fleiſch und
eine dünne Haut haben. Ueber das Vorurtheil,
ale ob die Pflaumen bie Muhr verurfachen
- Zönnten, ift man heut zu Tage bey einer vers
nünftigeen Arzeneykunde weit hinaus, — Die
Braucybarfeit des Holzes des Pflaumenbaumes
nicht nur zum Brennen, da es fehr gut hißet,
ſondern auch vorzüglich für die Schreiner und
"Dreher zu allerhand ſchoͤnem Hausgerärh ft”
befannt genug, und wird es dem Mahagonphols
ze fehr ähnlich. Sa fogar die Steine der Pflau«
‚ men haben ihren Werth, denn deren Kerne ges
ben ein vortreffliches Oehl.
Was nun aber die Sortpflanzung und Ers
ziehung der Pflaumenbäume betrifft, fo haben
zwar verſchiedene Sorten das igenthümliche,
Daß fie durch den Samen oder durch die Sterne
in ibrer Aechtheit fich vermehren, wie 3. DB. bie
An .tfchen, die Menefloden, die gelben Eyerpflaus
men :c. wiewohl bie Sortpflanzung durch ABurs
zelſchoͤßlinge bey dergleichen ungepfropften Baus
men beffer iſt, zumahl wenn ihre erfien Kros
nentriebe etliche Fahre lang, alle Srühjahr weg:
‚gefchnirten und die Aefte fo lange aus neuen
Sommerfchoffen gezogen werden, bis fich Feine
Stacheln mehr zeigen. Allein es iſt dennoch al⸗
lezeit ficherer, beſſer, und bie Srucht ſchue
und
Dfiaume, 21
und groͤßer, wenn der Baum durch Oculiren,
Copuliren oder Pfropfen veredelt wird. Der
Baum wird auch ſchoͤner und ſein Schaft weni⸗
ger knorzig. — Wenn man aber junge Pflau⸗
menſtaͤmme veredeln will, es ſey mit Pflaumen
oder Pfirfichen und anderen Obſtarten, die dar⸗
auf gepfropft zu werden pflegen, ſo huͤte man
ſich vor ſolchen Pflanzenwildlingen, welche keine
kranke Blätter haben; denn dieſe nehmen vie
Veredelungsarten ſehr ſchwer an, und man gibt
ih oft einige Jahre nach einander vergebliche
Möge damit. Dergleichen verwerfliche Pflaus
menwildlinge findet man am meiflen unter ben
sefäeten,, unter welchen fie theils in das wildere
ausgeartet, theils aus Mirabellenfleinen und ans
deren Pflaumenforten entflanden find, welche
zu dieſer Ausfaat nicht taugen. Die beften
Pflaumenmilblinge find, die große Blaͤtter, weni:
ge Dornen und einen flötigen Wuchs haben.
Auf diefe muß die Pflaumenart fommen, nähms
fi) die Arten, welch: ein zartes, wolliges Holz
haben; anf die Zwerfchenmwildlinge aber, bie
Stadheln, ein glattes Holz und rothe Sommer:
triebe haben, folhe Sorten, die zur Zwetſchen⸗
art gehören, und die Aprifofen.
Was das Beichneiden der Aefle oder das
Abftämpfen der jungen Pflaumenwildlinge bey
ihrer Verfeßung in die Baumfchule betrifft, fo
dürfen fie eben fo wenig verfchont werden, als
die Kernobſtbaͤumchen; vom Gummifluß bat .
man bierbey noch nichts zu befürchten. Denn
in den erften acht Fahren ift der Saft bey dens
felben noch fo dänne und. flüffig, daß er fi
nicht in Gummi verdicket. Es richtet ſich in«
beffen ein kluger Gärtner bey dem Derftußen
dee Kennen, über ber Sgoſichen nach vr es
| | 3
Afs
[4
22 Pflaume.
ſchaffenheit der Wurzeln und nach ſeiner Ab⸗
ſicht, wie und wozu er ſie anwenden wolle.
Junge Pflaumenſtaͤmmchen, welche im Herbſt,
oder Winter, oder im Fruͤhjahr in die Baum⸗
ſchule zur Veredlung mie Pflaumen, Pfirfchen,
Aprikoſen, Mandeln ꝛc. verpflanzet werden, koͤn⸗
nen nad Sohannis eben diejes Jahrs auf das
ſchlafende Auge entweder in das alte Holz in
den Schaft, oder in die Sommertriebe oculiret,
oder im Herbft und den Winter hindurch Fopus
liret werden, wodurch man fehr bald zu Baus
men fommt. Bey dem Deuliren auf das ſchla⸗
fende Auge find. folgende Megeln zu merken:
Zwetſchenſorten müffen wieder auf Zmetfchen
oder zwerfchenartige Pflaumenflämmchen forms
men, und Pflaumen auf wollichte Pflaumen wild:
linge, und wenn es thunlich, Srührpflaumen auf
Fruͤhpflaumen, und muß man überhaupt ihre
homogenen Säfte und. Holzfafern berücfichten.
Mit dgm Oculiren auf Fruͤhpflaumenſtaͤmmchen
muß man nicht die Zeit uͤbergehen, wenn dieſe
Fruͤchte bald zeitigen. Denn zu dieſer Zeit ver⸗
dicket ſich ſchon der Saft und bie Rinde loͤſet
ſich nicht mehr. > ' |
| Zu. den pomologifchen Schriftſtellern, wels
he von den. Pflaumen gefchrieben haben, die wir
wenigſtens benußen Fünnen, gehören: A) Duim
singe. Er rach 22 Sorten zur Anpflanzung
an, deren Auswahl aber unfer nördlicheres Kli⸗
ma wenigſtens nicht unterfchreiben Fann. Zudem
“find: feic der Zeit diefes Patriarchen der Gaͤrt⸗
nerey, von 1690 her, viele edlere Sorten mehr
bekannt worden, ald er damahls zu Paris harte.
B) Du Hamel. Er befchreibt. so: Pflaumens
ſorten, und zwar mit ‚vieler Genauigkeit und
mit ſehr gut ‚gezeichneten und geſtochenen ſchwar⸗
| sen
Pflaume, 23
gen Abbilbungen. Aus diefer Quelle fhöpften
nun die neueren Pomologen. C) Der Carthaͤu⸗
fer Catalog zu Paris — beſchreibt kuͤrzlich 40
Sorten. D) Hirfhfeld in feiner Frucht⸗
baumzucht — bemerft aud) 40 orten von
Pflaumen, die er aber ganz unvollftändig bee
Schreibt, theils nur mit dem Nahmen benennt.
E) Die Pomona Franconica führt aus alten
und neuern Schriftftellern über 200 Sorten an,
und fagt, baf unter diefer großen Anzahl ſich
faum 15 bis 16 mirflih gute Sorten auszeich—
neten, Die des Unbauens werth wären; bes
fchreibe jedoch daraus 33 Sorten mit Anführung
bee Schriftfteller, die fie theils befannt gemacht,
theils befchrieben haben, als Du Hamel, Tours
nefort, Zinne, Miller, Bechſt. Joh.
Bauh. und ander. Zualeich werden darin
die Pflaumenfruͤchte in fchön ausgemahlten Abs
bildungen vorgeftellet.e ben das leifter F) die
Pomona Auftriaca mit 58 ſehr ſchoͤnen ausge
mahlten Abbildungen, die Beſchreibungen aber
find ſehr felten genugthuend, und die überfeßten
Nahmen meift widrigflingend und theils unver:
ſtaͤndlich. 3) Das beliebte Sournal des Teut:
ſchen Dbftgärtrers liefert unter den übrigen
Obſtfruͤchten auch manche fchöne Pflaumenforte
mit fehr guten Ausgemahlten Abbildungen und
der genaueften Befchreibung. H) Das Handbuch
über die Dbftbaumzucht und Obſtlehre vom Herrn
Pfarrer Enrift bejdjreibt 52 Pflaumenforten, fo
viel naͤhmlich damahls bey ihm angepflanzt waren.
I) Deflen pomologiſches Handmwörterbuch: beichreibt
an hundert verichiedene Abänderungen. K) Abs
bildungen ber :Bflaumen von v. Guͤnderode
and Borfhaufen; hiervon find feit 1805 ei-
B4 nige
24 Pflaume,
57
nige Hefte erſchienen, von welche jedes 6 Pflau⸗
menſorten gut abgebildet vorſtellt.
An die Claſſifikation der Pflaumen hat
fi) bisher no) fein Pomologe gewagt, mas
nähmlich eine wahre Eiaffififation feyn foll, die
ſich auf das Syſtem der Natur gründet. Da
entfcheiden nun aber nichts die Sormen, Geſtal⸗
ten, Sarben zc. oder die Nahmen der Srüchte,
die ihnen ehemahls in der Unkunde ohne Pruͤ—⸗
fung beygelegt worden; denn die Natur fchlieft
den Samen der Pflanzen in unterfchiedliche
Höällen ein, welche aber das Weſentliche nicht
ausmachen. Wir muͤſſen die Charaktere in den
Bäumen ſelbſt auffuchen,. und nad) .benfelben
die Claſſen beftimmen, wie fie die Natur unters
ſchieden hat. — Da finden wir nun an den
Zwerfchen und den zwetfchenartigen Pflaumens
baͤumen, daß fie an Holz, Trieb, Blatt, Sta:
cheln zc. fehr verfchieden von andern find, die
wir z. B. Damafener Pflaumen nennen. Die
Zwetſchen und zmwetichenartigen Bäume haben
ein glattes Holz und Triebe ohne Wolle, oder
weniaftens nicht in die Augen fallende Wolle, .
und die oft fehr roth find, ein flarf ausgezade
tes, grünlich gelbes Blatt und Stacheln. Die
Pflaumen und pflaumenortigen Bäume haben
ein zartes Hol, fammetartig anzufühlende mit
vieler Wolle befeßte Triebe, dunkelgruͤne Blätter,
und feine Staheln. Die Wirabellen, und ih:
nen Ähnliche Bäume ftehen mitten inne, haben
feine Stacheln, find aber nicht fo flarf mit
Wolle beießt, Haben einen.minder ftarfen Trieb
and Gewähs c. Mean kann allo die. Pflaus
men fügiich in drey Hauptclaffen eintheilen:
J. Zwetfchen. u
1. Pflaumen. | |
UL Mirabellen. Zu
\
Pflaume. | 25
. Zu biefen brey Abtheilungen, welche von
dem Heren Dberpfarrer Chrift in feinem po⸗
mologifchen Woͤrterbuche angegeben find, fügte
berjelbe in feinem Handbuche (welches s Jahr
früher erfchien) noch. zwey andere, nähmlich
Diapre, ober ſpaniſche Herzpflaumen, und
Perdrigon oder italienifhe Pflaumen von
sundlicyer Beftalt. Er hat diefe beyden Abtheis
lungen aber wieder eingezogen, und die dahin
gehörigen Arten unter die übrigen vertheilt.
Die Unterabtheilungen möflen nah Herrn
Chriſt wieder aus der Natur und den Fleinern
Abweichungen der Bäume einer Claſſe unter
einander genommen werden, bis die Linterfchei-
dungsmerfmahle aus ber Natur aufhören, ober
zu geringfügig werben, daf die Eintheilung das
Gedaͤchtniß nicht ermüde, noch verwirre. Als⸗
dann erſt wäre es uns erlaubt, die Sormen,
Farben :c. der Früchte zu ordnen und zur Auss
ſchmuͤckung des gleichfam aufgeftellten Natura⸗
liencabinets zuſammen zu ftellen, und zu bes
fchreiben, wozu freylih die Kenntniß und Beob⸗
achtung aller uno jeder Pflaumenforten gehöret.
Eine folhe Claſſifikation wäre nun freylich
fehe erwuͤnſcht; allein gleichwohl wuͤrde fie auch
ihre eigene. Schwierigkeit haben, inbem die Abs
änderungen des Pflaumenbaumes fo zufammen«
fließen, daß man oft nicht wiſſen würde, wohin
man diefe oder. jene rechnen follte.
Abänderungen der Pflaumen.
In der Befchreibung der Pflaumenabändes
rungen werbe ich mich vorzüglich an die Angas
ben des Herren DOberpfarrers Chriſt Cin feinem
pomologifchen Worterbuch⸗ Zeipzig, 1802. &
J 5
24 Pflaume,
nige Hefte erfchienen, von melche jebes 6 Pflaus
menforten gut abgebildet -vorftellt,
An vie Glaflififätion der Pflaumen hat
fi) bisher nody Fein Pomologe gewagt, mas
nähmlich eine wahre Claſſifikation feyn foll, die
fi) auf das Syſtem der Natur gründe. Da
entfcheiden nun aber nichts die Sormen, Geſtal⸗
ten, Farben ꝛe. oder die Nahmen der Srüchte,
die ihnen ehemahls in der Unfunde ohne Prü-
fung beygelegt worden; denn die Natur fchließe
den Samen der Pflanzen in unterfchiedliche
Hüllen ein, welche aber das Weſentliche nicht
: ausmachen. Wir mäffen die Charaktere in den
Bäumen ſelbſt auffuchen,. und nach benfelben
die Claſſen beftimmen, wie fie die Natur unters
ſchieden hat. — Da finden wie nun an ben
Zwetſchen und den zwetfchenartigen Pflaumens
baͤumen, daß fie an Holz, Trieb, Blatt, Sta:
cheln ꝛc. fehr verfchieden von andern find, die
wir 3. B. Damafzener Pflaumen nennen. Die
Zwetſchen und zwetichenartigen Bäume haben
ein glattes Holz und Triebe ohne Wolle, oder
weniaftens nicht in die Augen fallende Wolle,
und die oft fehr roth find, ein flarf ausgezads
tes, geünlich gelbes Blatt und Stadeln. Die
Pflaumen und pflaumenartigen Bäume haben
ein jartes Holz, fammetartig anzufühlende mit
vieler Wolle befeßte Triebe, dunkelgruͤne Blätter,
und feine Stadheln. Die Wirabellen, und ih:
nen ähnliche Bäume ftehen mitten inne, haben
feine Stacheln, find aber nicht fo flarf mit
Wolle befeßt, Haben einen.minder ftarfen Trieb
und en c Dan kann alfo bie. Pflaus
men fuͤglich in drey Hauptelaffen eintheilen:
1, Zwetſchen. ® N
UI. Pflaumen. |
UL Mirsbellen. Zu
\
Pflaume,’ | 25
. Bis diefen brey Abtheilungen, welche von
dem Herrn Dberpfarrer ChHhrift in feinem pos
mologifchen Wörterbuche angegeben find, fügte
derjelbe in feinem Handbuche (welches 5 Jahr
früher erfchien) noch zwey andere, nähmlich
Diapre, ober fpanifdye Herzpflaumen, und
Perdrigon oder italienifche Pflaumen : von
zundlicyer Geſtalt. Er hat diefe beyden Abrheis
ungen aber wieder eingezogen, und die dahin
gehörigen Arten unter die übrigen vertheilt.
Die Unterabtheilungen muͤſſen nach Herrn
Cheift wieder aus der Natur und den kleinern
Abweichungen der Bäume einer Claffe unter
einander genommen werden, bis bie Linterfchei-
dungsmerfmahle aus der Natur aufhören, oder
zu geringfügig werben, daß die Eintheilung das
Gedaͤchtniß nicht ermüde, noch verwirre. Als⸗
dann erft wäre es uns erlaubt, die Zormen,
Farben :c. der Zrüchte zu ordnen und zur Aus⸗
ſchmuͤckung des gleichſam aufgeftellten Natura⸗
liencabinets zuſammen zu ſtellen, und zu bes
Schreiben, wozu freylich die Kenntniß und Beob⸗
achtung aller uno jeder Pflaumenforten gehöret.
Eine ſolche Claſſifikation wäre nun freylich
fehe erwuͤnſcht; allein gleichwohl würde fie auch
ihre eigene- Schwierigkeit. haben, inbem die Abs
änderungen des Pflaumenbaumes fo zufammens
fließen, daß man oft nicht wiſſen würde, wohin
man diefe oder. jene rechnen follte. |
Abänderungen der Pflaumen,
Sn der Beichreibung der Pflaumenabändes
rungen werbe ich mich vorzüglich an die Anga⸗
ben des Herrn Dberpfarrers Ehrift Cin feinem
pomologifchen. Worterbuch· Zeipzig, 1802. & |
ah Pfaume.
GS. 365 fl)halten, da. derſelbe Die mehrſten be⸗
kannten Sorten: fehr deutlich beſchreibt. Sch
- muß, bier indeß erſt etwas von den, von den
. Älteren Pflanzenfennern,” befonders von Baus
hin ausgezeichneten Abarten fagen. Nur iſt es
ſchade, daß man megen Kürze der Angaben und
überhaupt wegen der vielen Spielarten, die man
allenthalben findet, es nicht immer beftimmt nach:
weiſen fann, mas mit diefem ober jenem Nah⸗
men für eine Sorte gemeint iſt. Das iſt indeß
bey allen DObflarten der Sall und wird es im-
mer bleiben, vorzüglich auch da manche Nahmen
ſo vieldeutig find, und die Gärtner, welche fich
am mehrſten bamit befchäftigen, fo viele Ders
wechſelungen machen, und. daher die ſtatt findene
de Verwirrung immer unterhalten.
Die Abänderungen, welhe Bauhin be
merfte, und melhe auch in das Linnefche
Syſtem aufgenommen murden, find nun fol
gene: Ä
) Prunus Dama/cena. Pruna ma-
Knorr. del. I. t. P. 2,
V Prunus Aungarica. Pruna .magna
craſſa (ubacida Bauh. pin. 443. Nah Pau .
‚zer iſt dieſes die Ungariſche oder Dartels
pflaume. nn
d) Prunus juliana. Pruna oblonga cae-
sulea. Bauh. pin. 443. Nah Panzer ift
diefes die Julians- Pflaume. Nach Sucko w
die ungavifche Pflaume oder blaue Dattel.
‚Prune d’Autriche violette au Prune-Daile.
\
”
Pflaume; 27
's) Prunus pertigona. Pruna nigra, car- .
ne dura. Bauh. 443. Perdrigon. Die ſchwar⸗
3e Perdrigon. Perdrigen aus der Norman⸗
die. Perdrigon noire, Perdrigon Normand.
&) Prunus cerea. Pruna coloris cerae
ex candido in luteum pallefcente Ba uh.
pin. 443. Nah Panzer Larbarinen»:Pflaume,
nad) Sudom die grüne Savoyers: Pflaume, -
L’Illevert, ou Isle vert. Prune de Savoye,
Mayer tab. XII. f, 19. Z
) Prunus aeinaria. Pruna magna ru.
bra rotunda. Bauh, pin. 443: Nach Pans
jer die Rirfehpflaume. Nach Suckow bie
rothe Damafcener Pflaume, Le Damas rou-
ge Mayer tab. V. f. 6. |
2) Prunus maliformis. Pruna rotunda
flava dulcia mali amplitudine. Bauh. pin,
445. Nach Panzer die Apfelpflaume Dad)
. Sudom bie Apritofenpflaume. L’Abricotee.
Mayer tab. VIIL f. 12.
‘) Prunus auguftana. Pruna augulto
. maturelceutia minora et auſteriora. Bauh.
pin. 443. Nah) Panzer die Auguſtpflaume.
2) Prunus praecox. Pruna parva prae-
cocia. Bauh. pin. 445. Nah Panzer fruͤhe
Pflaume. Nah Sudomw die gelbe frübe
Pflaume, Spindelpflaume, Spilling. Prune
‚jaune hätive, Catalane au de Catalogne,
Mapyertab. Il. f.ı. |
- A, Prunus cereola, Pruna parva e vi-
ridi flavelcentia. Bauh. pin. 443. Mirabelle.
Nah Sufom die Kleine Wirabelle La Mi-
zabelle. Moyer tab. IV. f. 14. ’
#1 Prunus amygdalina, Pruna amygdp-
line. Bauh, pin, 443. Nah Panıer Habe
mnenhoden. | | ')
28 Pflaume.
DMbrunus galatenfis. Pruneoli albi ob-
longiusculi acidi. Bauh. pin. 443. Nach
Panzer weiße Birnpflaume. |
. «) Prunus Brignola. Pruna ex flavo-
‘ rufelcentia mixti laporis gratillima, Bauh,
' pin. 443. Nach Panzer Brignoler Pflaume.
Nah Sudom die weiße Perödrigon. Perdri-
gon blanc. Prune de Brugnolles, Mayer
tab. XV. fi. ar.
£) Prunus domeftica, myrobalan ift ei⸗
ne. andere Species, nähmlidy Prunus cerafifera
und wird unter n. 31. vorkommen. _
. Dun folgen bier die von Ehrift aufge
führten Pflaumenabänderungen, alphabetifch ges
ordnet, da wir doch noch fein Pflaumenſyſtem
haben, mit den von Sickler befchriebenen.
3) Die gelbe Aprikofenpflaume. Abrico-
tee, — (DuHamel. Hirfchfeld. Pom. Franc.
2.8. £.12. Pom. Aufi. Sickl. T. O. G. Chriſt
Handb.) — Eine mittelmäßig große rundliche
Pflaume von ı Zoll 3 Linien Höhe und etwas
geringerer Die, mit einer zarten Surche und
flach ſtehendem Stiel. Die Haut ift weißgelb-
lich mit einem flarfen Duft, etwas zähe, jedoch
zart; das Fleifch gelber und fehr zart, ſaftig
füß und mohlfchmedend. Der Stein ift Flein
und löfee fih gut vom Fleiſch. Seine Geftale
gleichet etwas dem Aprifojenftein. Die Seuche
reift Mitte Septembers nach und nach bis im
Detober. — Der Baum wird mittelmäßig groß,
hat dünne fchmugige braune Sommerttiebe, die
auf der Schattenfeite gelblich grün find, - Fleine
gelbgruͤne Blätter mit einer kurzen Spiße und.
find runblih gegafnt. |
2) Die Apritofenperdigron, die Moril⸗
Ienpflaume. Abricotee Perdrigon, -— (Pom.
Ault.)
U
Pflaume, 29
Auft.) Eine fehr große rundliche vortreffliche
Pflaume, deren Stiel in einer tiefen Aushoͤh⸗
lung ſtehet, unten aber iſt fie etwas flach gedruͤckt.
Die Haut ift weißlich grüngelb, und auf der
Sonnenfeite etwas rörhlih. Statt der Furche
jieht ein Gtreif non ſchwarzgrauen Pünctchen
äber die Frucht. Das Fleiſch iſt gelb, weich
und von jeher angenehmen Geſchmack. Um den
Stein ift ein weißer Kreis. Der Stein iſt
rundlich und gefurcht. Die Frucht reift im
Auguſt. — Der Baum hat roͤthliche Sommer⸗
triebe, die auf der Schattenſeite gruͤn ſind; klei⸗
ne anliegende Augen und kleine eyformige Blaͤt⸗
ter vn Iasefbrnnger ahnung.
Die rothe Aprikofenpflaume. Abri-
cotke” ro e, Prune d’Abricot rouge. —
(Pom. Auſt. Chrift Handb.) — Sie hat bie
Geſtalt der Reneklode, einen furzen, flach aufs
“ lebenden Stiel, eine breite tiefe Burche, auf der _
Sonnenſeite roch, auf der andern weißlichgrän,
das Fleiſch ift geld, feſt; der Saft Häufig, füß,
ziemlich angenehm un musfirt, der Stein abs
loͤſig; reift Anfang Septembere. — Der Baum
wird ziemlich ſtark; hat roͤthliche Sommertriebe;
Heine, anliegende Augen.
4) Die Ameliapflaume, — (Hand. Beptr.)
— Eine ſehr fchöne, etwas große, hellcothe, mit
blauem: Staub uͤberzogene Pflaume. Sie iſt
nidyt ganz rund, fondern am &tempelgrübchen
etwas platt gedrückt und gegen den Stiel et:
was meniges ablaufend, und gleicht in ihrer
Seftalt ſehr der blauen Perdrigon, ift aber viel
kleiner. Sie hat auf der vordern Seite eine
Mach bis an das Stempelgrübchen, und ift mit
ſtarken dunkelrothen Puncten befeßt. Das —
iſt weißlichgelb, vol Saft, zart, wohlſchmack
un
30 | Pflaume.
und bat einen nicht großen,: ablöslihen Stein.
Sie reift Mitte Auguſtes. — Der Baum macht
„ein: maͤßiges Gewaͤchs. Seine Triebe. ſind ſtark
and braunroth,- und haben fehr zarte weiße
Puncte. Die Augen fiehen nahe bey einander,
ſind did, aber fpiß, ſchuppig, abfiehend und has
ben flarfe Augenträger. Das Blatt ift mittels
mäßig groß, did, unben und ‚glänzend; - am
Stielretwas: zulaufend, vorne mit einer kurzen
.Spige und iſt gebögen gezahnt. —. Der, Baum
...hat. da8 befondere, daß er in den erſten Zahten
er 9 Jugend faſt lauter Zwillinge trägt, da
rcIwey große Pflaumen zuſammen gewaqhſen ſind
an einen einzigen -sgrten Stiel. R J
uguſtpfiaume, ſ. Kuieche-
ie Birnpflaume. — Wom. "Auft.)
— ih ſehr große violette Pflaume, bie der
Dattelpflaume fehr- aͤhnlich iſt, und gegen den
langen Stiel ſpitz zulaͤuft, gegen den Kopf aber
dick wird. Eine merkliche Furche läuft die Länge
herab. Ihre Haut iſt mehe roͤthlich grau, als
violett, und nicht ſehr fein; das Fleiſch feftig
„und. bat einen langen: ablöslihen Stein. — Der
Baum wird nicht. groß, ‚hat braune und graue
Sommerſchoſſe und ziemlich kleine lange Augen;
große, eyfoͤrmige Blaͤtter, die ſtumpf ſaͤgeformig
sehn! ſind. Die Seädhte find nicht häufig,
La Bonne, f. öweymehlwagende;
6) Die Brifette, Bricette. — (Dü Aa
‚mel, Pom. Ault.). —.. Eine Heine :geünlichgelbe
. frühe Pflaume, von eyrunder Geflalt,: da fie
‚gegen den Stiel ju ſchmahler, als gegen vorne
verlängert if. Die Haut tft. gelb und: bar
gruͤnlich graue Flecken. Ihr Fleiſch it, feſt, fein
und ſchmackhaft und ein. wenig: ſaͤuerlich. Der
Stein if abloͤslich Sie reift nach und napır
—W
Pflaume. 31
von Anfang Septembers bis gegen Ende Dcto;
dere. — Der Baum bat .Eleine braune Soms
mertriebe, und jehr kleine enformige und abge
rundete Blätter und rorhe Blattfliele, und die
Blätter find ſaͤgefoͤrmig gezahnt.
Brugnolle, f. weiße Perdrigon.
| ) Die.Gar arinenpflaume. St. Catlıeri-
ne. —. (Du Hamel Hirſchfeld. Pom,
Franc. Pom. Aufl.) — Sie iſt eine beliebte
Pflaume von mittelmäßiger Größe, länglich, ges
‚gen. ben Stiel unmerflich zulaufend, mit einem
duͤnnen ‚nicht langem etwas eingefenften Stiel,
weißlich gelb, und unter dem flarfen weißen
. Staub. bey.volltommener Reife, fhön gelb, mit
vielen fleinen rothen. Pünctchen. Sie hat eine
ftarfe Rinne. Das Fleiſch ift gelb, fchmelzend
und delicat, der Saft gezuckert, und loͤſet ſich
gut vom Stein. Gie -zeitigt--Mitte Septem⸗
bers. — Der Baum wächft flark, hat hellbrau⸗
ne fahle Sommertriebe mit weißen Punkten bes
ſetzt. Die Blätter find mittelmäßig groß und
ſtark gezahnt. | Ä j
Latalonifche Pflaume, .f. Spilling.
. Eyprifhe Pflaume, f. rothe Eyerpfauine,
8) Die blaue Damafcenerpfiaume, die
Damenpflaume. Damas violet. — (Du Ha:
mei Chr. Handb.) — Eine ganz mittelmäßig
große, etwas längliche gute blaue Pflaume, Sie hat
. einen Ffurzen: ziemlich dicken Stiel, feine Rinne,
ſondern bie Srucht ift nur etwas breit gedruͤckt.
Die Haut. ift ſtark beſtaͤubt. Das Fieifch ift
gelb, härtlich, und hat einen zucerhaften Saft
mit etwas fauerlichem erhöhet. Der Stein ift
nicht gauz ablöslich; reift gegen Ende Auguftes. —
-, Der Baum-ift far, bat die lange Sommers
triebe,_ die dunkel braunroth find, mit weißlicher
u Wolle
32 | Dflaume.
Wolle beſetzt. Die Augen, deren zwey, brey -
neben einander ftehen, liegen feſt auf, und has
ben gerippte Augenträger. ‚Das Blatt ift ſtark,
gegen den Stiel fchmal und gegen außen ‚sugtr
fundet, und bogig gezahnt.
9) Damas Dronet. — (Du Hamel.
Pom. Auſt.) — Dieſes iſt eine kleine laͤngliche
grüngelbliche gute Pflaume, nicht ganz 1 Zoll
groß." Sie if ohne Rinne, hat einen dünnen
furzen Stiel in einer etwas tiefen und engen
Aushoͤhlung. Die Haut ift Hellgrün und gelbe
lich, wenn fie reif iſt. Der Staub ft faft uns
merflih. Ihr Fleiſch ift gränlich, durchſichtig,
- feft und fein mir einem flatfen gezuckerten Saft
und angenehmen Geſchmack. Der Stein ift
fein und ablöslich. Sie reift Ende Auguſtes. —
Der Baum iſt Fein, macht lange dumfelbraune
Triebe, und hat Fleine eyförmige Blätter, die an
beyden Enden gleich zugefpißt und fein fägefdrs
mig gezahnt find.
| 10) Die italienifche: Damaäfcenerpflaus
me. Damas d’Italie. — (Du Hamel. Hir ſch⸗
feld. Pom, Franc. Pom, Auſt. Handb.) —
Sie ift nicht groß, faſt rund, die Rinne deut:
lich, doch nicht fehr tief; bey vollfommener Zeis
tigung ſchwarz, mit einem flarfen violerten
"Staub und hat einen Furzen Stiel. Das Fleifeh
- ift grünfich, der Saft gezudert, doch mit etwas
Säuerlichem vermiſcht und der Geſchmack gut;
der Stein ift ganz ablöfig und hat eine. fcharfe
Spige. Sie reift gegen Ende Septembers —
Der Baum wird ziemlich, flarf und fruchtbar,
- und hat erwag fleine Blätter.
11) Die Heine Damafcenerpflaume. Petit
Damas.. — (Du Hamel, Damas violet.
Sütiiler. Pom, Franc, Damas violet longust,
08
. Pflaume, - 33
das blaue Auge, die: blaue Damafı cenerinn.
Lieder, Little Black Damalk Plum, die
, Beine ſchwarze "Damafcenerpflaume. — Die
es Pflaͤumchen ift nicht ganz rund, . foncern
siehe ſich etwas ins Längliche. Vom Stiel an
laͤuft auf der einen Hälfte ber Srucht eine zar⸗
te Linie, welche fid) „unten mit einem ‚grauen
Punkte endigt, und den Ort bezeichnet, mo fie
die Bluͤthe abgeworfen ‚bar. . Durch diefe Linie
erſcheint fie alfo etwas getheil. Der Stiel ift
dünne, etwas über einen Zoll fang, und fcheine .
bineingefteddt zu fen... Sie mißt in ihrer Höhe
einen Zol und eine Linie, in der Breite neun
Linien und in ber Dicke achte Linien. Die Zars
be der Haut ift blau, mie bey. den reifen Zwet⸗
ſchen, oft wenn fie lange gehangen, faſt ſchwarz
an manchen Stellen und mit weißlichem Duft
überlaufen, und läßt ſich eben fo, wie die Zwet⸗
ſchen abziehen. Das Fleiſch ift grüngelb, zart
"und voll Saft von .-eimem erquidenden, ſuͤßen
nahdrädlichen. Geſchmack. Der Stein loͤſet fich,
wenn die Srucht recht reif:ift, auch vom Sleifch.
Eer it etwas laͤnglich, und hat dem. Stiel gegen«
über eine flumpfe Spitze. Er mißt in der Hoͤ⸗
be 8 Linien, und in ber Breite 5, und in ber
Dicke 3 Linien. Sie reift Ende Auguftes oder
Anfang Septembers. Der Baum if mittelmäßig
ſtart; die Sommertriede find ‚lang und mittels,
mäßig flarf. Die Krone geht fehr 7— aus
einander und laͤßt ſich unter keiner Form vor⸗
ſtellen. Das Blatt iſt loaͤnglich. Seine, größte
Breite hat es in der Haͤlfte feiner Länge, Auf
dem Rande iſt es rund gezahnt. Die Farbe iſt
—ã a:
. 22) Die Damaſcener von Maugeroa, oder
Mangerou, die. Maugerou-Pflaume.. Damas de
6x techn. Ænc. CXII. Theil, & Mau
— 34 | : Aflaume,
"- Maugeröow. —: (Du Hamel. Pom. Franc.
Pam ode, Hiefchfeld. Leder. Handb. T.
9. 8.) — Eine fihöne, große, vortreffliche
blaue Pflaume. Shre Geſtalt iſt ganz rund, und
zwar 15 Zoll im Durchmeſſer. Bom Stiel herr
abwärts läuft eine kleine Furche, die aber bey
vielen nicht einmahl ſichtbar iſt. Diefe theilt die
Pflaume in zwey Hälften und endigt fih an
dem dem’ Stiele enfgegen gefeßten Ende mit ei:
ter Fleinen flachen Vertiefung, im welcher man
noch ein graues Stempelpänctchen: fieht. Der
Stiel fißt ganı flach auf, und ift grüngelb und _
1 Zoll lang. Die Farbe der Haut ift größten:
theils braunroth, welches an manchen Stellen
ins Schmarze fällt; fie hat aber auch oft hell.
rothe Stellen. Vom Baume weg ift fie mit ei
nem flarfen weißen Dufte bedeckt; menn man
dieſen wegwiſcht, ſo ſieht man unzaͤhlige weiß⸗
gelbe Puͤnctchen unter der Hauptfarbe hervor⸗
ſchimmern. Die Haut iſt ſtark und zaͤhe
und laͤßt ſich nicht gut abziehen, Das Fleiſch
iſt dunkelgelb, zart und fehl, und Höfer fich
gutvom Stein, hat ziemlihen Saft. von
” einem ſuͤßen ftärfenden Geſchmacke, ber dem der
Abrikofe ſehr ähnlich iſt. Der Stein iſt mehr
lang, als rund und ziemlich dick, er mißt in der
"Länge ro Linien, in-der Breite 7, in: ber Dicke
2 Linien. Die große Kante ift breit, und hat
Außer der fcharfen Ede auf der. Höhe noch 2
=" ändere neben fich, zwiſchen welcher ſich auf jeder
Seite 2Furchen befinden, in welchen ‘die Fi⸗
bern laufen. Oben, wo der Stiel anzufißen
pflegt, ift er fpißiger als unten. Die Pflaume
felbft reift in der Mitte des Auguſtes, und man
kann fie wohl 4 Wochen Hälten. Der Baum
"HR von mittelmäßigen Soärfe, Haupte und De.
u J it zu ME
Pflaume, 35
‚ benäfte gehen in nicht ſehr ſpitzigen Winkeln in
die Höhe, und feßen ſich gern nach einander
und in. Gäbeln an. _ Die Sommertriebe find
mittelmäßig land und flärk, die Krone bildet eine
platte Kugel. Däs Blatt ift lang und hat feine
größte Breite in der obern Hälfte feiner Länge,
von da es gemach abnimmt und fich in einer
ſtumpf zulaufenden Spiße endiget. _ Auf dem
Rande ſtehen undeutliche Zaͤckchen; feine Farbe
iſt dunkelgruͤͤn.
13) Die muͤskirte blaue Damaſcener⸗
flaume. Damas musqu&e. — (Pom. Franc,
Hirſchfeld. Chr. Handb.) — Eine etwas kleine
Pflaume, oben und unten platt gedruͤckt, und
mit einer ſtarken Rinne und kurzem Stiel; faſt
ſchwarz mit ſtarkem blauen Staub. Ihr Fleiſch
iſt gruͤn, zart, voll fühen Saftes, von etwas
muͤskirtem Geſchmack. Der Stein iſt ſtark, laͤng⸗
lich rund, ziemlich glatt ohne ſcharfe Kante und
‚aufldstich. Ihre Reifzeit fällt in daB letzte Drit⸗
tel des Auguftes. — Das Blatt gleicht dem ber
weiten Perdrigon und Meneklove, hat aber Feis
ne hohen Augentröger. en,
14) Die muͤskirte gelbe : Damafcenet:
pflaume. (E Hr. Handb.) — Dieſe iſt größer und
befier, als die vorher befchtiebene blaue, und
bat die Geſtalt der Nenetlöde, und if gelblich.
415) Die rothe Damafienerpflauine. Da-
mas rouge, prune d’Orleans. — (Du Ha—⸗
mel. Hirſchfeld. Pom. Franc, L ©. 126.
n. 6, t. V. Pom. Auli. Handb. Teutſch. Obſt⸗
gärtier 1798. No, V. ©. 340. t, 16.) Nach
der Befchreibüng in dieſem letztgenannten Werke
ſcheint diefe Frucht zwar ziemlich rund zu ſeyn,
ſie iſt indeſſen mehr platt als rund. In ihrer
Hoͤhe mißt ſie einen Zoll und eine Linie, in
| ga ihrer
36 Pflaume,
ihrer Breite einen Zoll und drey Linien, und
in ihrer Die einen Zoll und vier Linien. Vom
Stiele bis an das entgegen gefeßte Ende läuft
eine feichte Surche, die ſich mir einem tiefen
Bluͤthenpuͤnktchen endiget, welches wie aufge⸗
fprungen ausfieht. Der Stiel ift faft fo lang,
als die Pflaume hoch if. Die Sarbe der Haut
ift dunfelrord und mit einem blauen Duft übers
zogen, durch welche Sarbenmifchung fie mehr vis
olet als roth ausſieht. Sie hat viele zarte, ins
Gelbe fallende Puͤnktchen, bie bisweilen auch
nur wie Fleine Striche unter der Haut hervors
fhimmern. Die Haut ift etwas flarf und zaͤhe,
fo daß fie ſich gut vom Zleifche abziehen läßt.
Das Tteifh iſt an Farbe grüngelb, fehr zart,
voller Saft, der einen honigfüßen, velifaten
Gefchmad hat. Eine Hauptfiber ſchlaͤngelt ſich
‚ungefähr eine Linie unter der Haut im Umfreis
um den Stein herum; andere zartere Fibern
Rrablen vom Stein nach ber Peripherie hin.
. Dee Stein Töfer ſich nicht gut vom Fleiſche,
fondern hängt ftark. mit demfelben zufammen.
Er ift länglih rund, doch dem Stiel gegenüber
:gunber, als da, wo er auffißt. Die breite Kan
te ziehe ſich faſt den dritten Theil zwifchen den
beyden Bacenfeiten herunter, und hat eine vom
. Vebrigen des Steins fehr unterfchiedene Farbe.
- Diefe Kante bat auch an beyden Seiten zwey
» zart berablaufende Furchen und fünf: Eden,
von welchen die mittelfte auf der Höhe bie
ſchaͤrfſte iſt. Die fchmale Kante hat gerade auf
ihrer fcharfen Ede eine flarfe Furche, weiche
tief if, und ausfieht, als wollte der Stein hier
fpalten. Auf: beyden : Seiten ift er leichte und
zart genarbt, Er mißt in der Höhe ſieben Linis
"en, in der Breite deynah feche, und in- ver
— B icke
Pflaume. 37
Dide vier. Diefe Frucht wird am Ende bes
Augufis reif und ift eine fehe gute Pflaume,
Der Baum trägt auch ganz gut. 1
Der Baum iſt mittelmäßig ſtark. Haupt⸗
und Nebenaͤſte gehen in eben nicht ſehr ſpitzi⸗
gen Winkeln in die Höhe, und ſetzen ſich oft
ſehr quirrlicht an. Die Zweige find kurz und
fteif; das Traghofz wechſelt ganz ordentlich, und
ſteht in proportionirliher Entfernung von eins -
ander ab. Die Sommerſchoſſe find ganz flarf
und mittelmäßig fang und rothbraun. Der
Baum :zertheilt feine Aefte ſehr, und ob er fchon
ſtark belaubt iſt, ſo ift doch die Krone ziemlich
durchſichtig, und bilder die Geſtalt einer Kugel.
Das Blatt Hat feine größte Breite in der
Mitte, von welcher es eben fo gegen den Auss
gang als gegen den ‚Stiel gemach abnimmt, und
dort eine flumpfe,: hier am Gtiele eine länger
gedehnte Gpiße bildet. Die Rippchen find weits
läuftig und ganz ordentlich gereiht, laufen aber
body etwas ungfeih, und nicht immer in gleis
cher Entfernung von einander, nah dem Um⸗
Treife des Blattes. Auf dem Stande fichen Ffeis
ne niebliche Zaͤckchen, die meiſtentheils ihre Rich⸗
tung nach der Spitze zu nehmen. Das Blatt
iſt fleifchiche und an Farbe dunkelgrün.
16) Die fpanifhe Damafcener. Damas
d’Elpagne. — (Pom. Auſt.) — Eine fchöne
blaue runde Pflaume, ftarf mit goldgelben Punk⸗
ten beſetzt. Ein Kellbrauner Streif läuft der
Länge nad) herunter. Das Fleiſch ift gelblich,
- fe, faftig, und bat einen guten angenehmen
eihmad. — Der Baum wird mittelmäßig
groß, und mahr ftarfe Triebe. Die Blätter
find ſehr groß, enförmig, an beyden Enden runds
lich, unregelmäßig. und kumpf gezahnt.
3 17
38 Pflaume, |
17) Die fpäte ſchwarze Damaſtener.
Danias noir tardıf. — (Du Hamel. Pom.
Auli,) — Eine fleine fänglicy runde Pflaume,
„Die am Stiele dider ift, als am andern Ende,
- Die Rinne ift ganz. feiche und mehr durch die
Farbe fi chtbar. Der Stiel: ift.:vünne und: kurz,
. und. flieht in einer ziemlich tiefen Aushöhlung.
Die Haut ift ſehr dunfelvioler, ſtark beftäabr;
das Fleiſch auf der Sennenfeite: gelblich, -und.
- auf: der andern gränlich, .mit einem häufigen
ziemlih angenehmen fäuerlicyen: Saft. Der
Stein ift nicht leicht abloͤslich. Sie zeitigt Ende
Auguftes. — Der Baum macht kleine Triebe und
‚bat ſehr Heine ſpitze Augen. Das. Blatt iſt ge⸗
gen die Spitze breiter, als gegen den Stiel.
18). Die große Damafcenerpflaume. won
Tours. Gros Damas de. Tours. — (Du
Hamel, Hirſchfeld. Pom. Franc. Pom.
Auſt. Chriſt's Handb.) — Sie iſt nicht fans
derlich groß, ſondern gang mittelmaͤßig, eb fie
ſchon gros genannt wird, aber eine beliebte gute
Pflaume.;. Unter allen hat ſie die wolligſten und
fanfteſten Sommerſchoſſe, die ſi ich wie Sammet
anfuͤhlen, treibt uͤbrigens ſtark. — Die Frucht
iſt etwas eyfoͤrmig, doch unten abgerundet, mit
einer Suche, die oft zwey ungleihe Hälften
maht, himmelblau am Baum, nad) Abreibung
des, flarfen Staubes aber ſchwarzblau, der Stiel
‚etwas lang und dünne, nicht: tief ſtehend, und
Noͤßt die Frucht nach der völligen Seife fallen.
Das Fleiſch iſt goldgelb, zuckerhaft, faftig, von
erhabenem Geſchmack, und ift auch zum Trock⸗
nen-fehr gut. — Sie reift Ende Julius und Ans
fang Ausuftes. — Der Baum bat ein kenntliches
ſtarkes Blatt, das ſcharf gezahnt iſt, und kleine
ſpitze ſtark. gnliegende Augen. Ze
19)
®
. Pflaume. u 39
19) Die lange violerte Damafcenerpflau:
me. Le Damas violer longuet. — (Du Ha-
mel, II. ©. 104. No. V..t. 2. Damas violet.
Pom. Franc. J. ©. ı25. No. V. t. 5. Das
blaue Auge, die blaue Damafcenerinn. Lu
der ©. 232. Chriſt Handb. Sickler's teutſch.
Obſtg. 1799. No. VII. ©. 28. t. 2.) — Die
ſes iſt eine große anſehnliche Pflaume von ſchein⸗
bar runder Eeſtalt, fie iſt es aber nicht, ſon⸗
dern mehr fang als rund; man koͤnnte fie auch
enförmig nennen. Sie mift einen und einen
halben Zoll in der Höhe, einen Zoll vier Linien
in der Breite, und noch eine Linie. weniger in
der Die. Sie fieht bisweilen ganz fchief aug,
meil die Linie oder feichte Surche, die vom Stiel
jum andern Ende herabwärts läuft, fie meiftens
theils ungleich theilt, oder die Pflaume auf, der
einen Seite biefer Linie etwas höher wählt. und
auf der andern niedriger. * Dieje Linie endiget
fi) mit .einem großen grauen Blächenpunifte in
einiger Vertiefung, fo wie auch der Stiel in eis
nee Fleinen flachen Vertiefung fich befindet, Die
Farbe der Haut abgemifcht, ift braunroth, da fie
aber mit einem fiarfen Duft überlaufen ift, fo
fpielt fie ins Violette und an mandyen Stellen
ins Schwarze. Sie ift ‚mit zarten Puͤnktchen,
die man bisweilen faum mit den bloßen Augen
fehen kann, beiprengt. Die Haut ift gar nicht
ſtart aber zäbe, und läßt ſich daher gus abzie⸗
ben. Das Fleiſchaiſt grüngelb, derb, zart, und
eine ſtarke Fiber fchlängelt. fi) ein Paar Linien
unter der Peripherie zund herum, und Scheint
die vom Stein wegſtrahlenden Fibern zu begrens
zen. Der Saft iſt nicht überflüffig, aber der
Geſchmack iſt aprifofen«ähnlih. . Der Stein.
töfee fih ganz gut vom Fleiſche, iſt länglichs
© 4 rund,
40° Pflaume,
rund‘, "hat:'eine ſehr breite oft monftrdfe Kante.
Sie har drey fehr fcharfe, faft mit den Seitens
baden fortlaufendg Eden; zwifthen welchen zwey
breite Sürchen fich befinden. Die fehmale Kante
trägt duch’eine‘Sucche auf ihrem Rüden. Die
Seitenbacken haben ın. kurzen Linien ftarfe Ers
dungen, und find hie und da flach benarbt.
. Er mißt im der Höhe neun Linien, in der Breite
fieben und eine halbe, und in der Diefe vier und
eine halbe. Die Pflaume ift fehe gut zum fri⸗
fhen Genuß und auch wohl fonft in dee Wirth:
ſchaft gut zu gebrauchen, nur trägt der Baum
giht gar zu ſtark und die Früchte leiden gleich
von der Mäffe Sie fänge mit dem Auguft zu
reifen an. Zn |
"Der Baum wirb groß und flarf, die Haupts
und Mebenäfte feßen fich gern nach einander und
in Gabeln an, und geben in fehr fpißigen Win⸗
fein in die Höhe Die Zweige find furs und.
ſteif. Das Tragholz wechſelt unordentlich und
ſtehet bald nahe zuſammen, bald ferne von ein⸗
ander, und macht oft wieder kleine Zweige, die
Sommerſchoſſe ſind kurz und mittelmaͤßig ſtark.
Die Krone bildet eine halbe Kugel, und da die
meiſten Zweige und das Tragholz ſich in der
Peripherie anſetzen, und ſehr belaubt ſind, ſo
macht fie ein dunkles Gewoͤlbe und iſt beynah
undurchſichtig.
Das Blatt hat feine größte Breite unter
ber Hälfte feiner Länge nadPdem Ausgange zu,
von da es mit. einer flumpfen Spitze kurz zus
Läuft; gegen den Stiel Ban es ſich länger und
. läuft dann an denfelben fpißig an. Dieſer if
- Zur; und bisweilen etwas röthlich gefärbt.” Die
Mppchen find zlemfich' ordentlich gereiher, laufen
aber etwas krumm und ungleich, und Ri
m
ſich oft wieder. Auf dem Stanbe befinden fich
fehr feine runbfiche Zädchen und bus Blatt aſt
an Farbe hellgruͤn.
20) Die große weiße Damaſcenerpflau⸗
me. Gros Damas blanc. — (Du Hamal.
Pom. Franc. I. t. 12. f. a0. Pom. Aulir.) —
Eine mittelmäßig große fänglichte Pflaume, bie
on benden Enden etwas eingebrädt iſt. Statt
der Rinne hat fle eine flache Vertiefung. - Die
Haut iſt gelblich und ſtark, mit weißem Staube
bedeckt. Das Fleiſch ift faftig, ſehr ſuͤß und
ongenehm von Gefhmad. Sie zeitigt Ende
Auguſts. — Der Banım macht lange braune
Gommertriebe und fpige Augen, beren gemöhns
lid) drey bis vier beyiammen ſtehen. Die Bläts
ter find länglich, gegen die Spiße breit und ges
gen den a fhmal zulaufend. -
31) Die Meine weiße Damafcenerpflaus
me. Petit Damas blanc, — (Du Hamel.
Pom. Auſtr.) — Gie ift etwas Hein, ‚rund
und mit einer Furche verichen. Ihre Haut iſt
gruͤngelb beftäube und sähe Das Fleiſch if
ebenfalis grüngelb, faftig und angenehm, ber
"Stein Flein und abloͤslich. Meift Anfang Ser:
tembers. — Der Baum macht ſtarke rothe Som⸗
-mertriebe, und die Blätter find meift enfdrmig
und fein gezahnt.,
| aa) Die Dattelpflaume, Dattelzwetſche,
Ungariſche, Tuͤrkiſche Zwetſche, große Fruͤh⸗
zwetſche. Prune Datle, Prune d’Autrirhe, —
'(Pom. Franc. I. ©. 136. No. 17. t. 11. om
Auſt. Hirſchfeld. Handb. T. DO: ©.
No, VII. &, 206. t. 11.) — pre Geſtalt macht
“fie ſehr kenntlich denn fie iſt fpindelfdemig, ge:
gen den Stiel dünne unb weiterhin dicker, groß,
lang, Sie iſt daher unter den Zwetſchen die
G 5 laesſe—
4% PPilaume.
Tängfte, auch wohl die ſchmahlſte. Die Länge iſt
2 bis 25Zoll, :und.:die Breite, da wo ſie am
dickſten iſt, 1 Zoll und 2 bis 3 Linien. Der
‚Stiel: hat groͤßtentheils das. Drittheil ihrer Län:
ger Auf ihrem Ruͤcken läuft vom Stiele bis
zum ‚andern Ende ine eben nicht fehr deutliche
Furche. Die Farbe fälle ins Blutrothe, und
nachdem jie länger am -Baume bleibt. und reifer.
wird, wird fie auch mehr blau, Die Haut ift
etwas did, das. Kleifch. derb und, ſaftig. Der
Stein loͤſt ſich gut und iſt am Ende ſcharf zus
geſpitzt. Sie reift Anfang Auguſtes. — Der
"Baum hat eine: mirtelmäfige Staͤrke. Das
Tragholz, welches. knorzig iſt, wechſelt unordente
lich, ſteht aber enge an einander. Die Sommers
triebe ſind: ſehr lang und duͤnne; die Krone iſt
ſehr mit kleinen und groͤßeen Aeſtchen ausgefuͤllt,
und laͤßt ſich gut am Syalier, wie ein Faͤcher
ziehen. Das Blatt hat eine laͤngliche Geſtalt,
iſt am Stiele gemach zugeſpitzt, gegen den Aus—
gaͤng aber dehnt es ſich in eine lange ſtumpfe
Spige. Der Rand iſt mehr gebogen, als ges
sahne. - Die Farbe ift dunfelgrün. "
+23) Die Dauphinẽ⸗Pflaume. La Prune
du Dauphine (Sidt. T. Obſtg. 1804. No.
1. ©. 11. t. 1.) Diefe Frucht muß, nach Hr.
Sickler, von dem Obſtfreunde in ſeinem Ka⸗
talog von der Pflaumenſorte wohl unterſchieden
werden, bie ihm bis hieher unten einem faſt
. ähnlichen -Vtahmen befannt war. Die Pflaume,
die er bis, jeße kennt, iſt die Dauphine, und
diefe iſt ganz verfchieden von. der Prune du
Dauphing, deren Beichreibung bier folgt,
Wahbrſcheinlich ift diefe Frucht in Deutfchs
fand noch völlig unbefannt; gewiß menisftens
ift es, daß fie von feinem pomologifchen Bu
| ellee
Pflaume. 43
‚Retter ſowohl unter den Deutfhen als Engläns
- dern und Franzofen befchrieben ward; ja ihrer
it. ſogar nicht einmahl nur gedacht worden! In
Stantreich felbft. Eenne man fie nur. in cinigen
Drten der Propinz, in welcher fie urfpränglich
zu Hauſe iſt. Und doch wie fa fehr verdient
nicht dieft kleine und unanſehnliche Frucht eine
weitere Bekanntmachung und Verbreitung!
Es heißt. dieſe Frucht: Pruno du Dau-
phine. Dieſen Nahmen har man ihr bisjetzt er.
iheilt, weil man noch feinen klaſſiſchen Nahmen
für fie mußte, Da fie aus der Provinz von
- Rranfreich fommt, die. ehemahls den Nahmen
Dauphinẽ trug, fo ließ man ihr im Jardin des
tes dieſen .vaterländifchen Dtahmen. Sie
erwächft häufig in diefer fo eben genannten Ges
‘gend, vorzüglich, aber in’ den Gebirgen. Nach
den Werficherungen des Herrn Thouin, der
Diefe Pflaume .in ihrem Vaterlande ſelbſt geſehen
hat und ihren: Qlugen kennt, iſt fie dafelbft in
den fälteften Regionen 3 bis soo Klafter über
der Mieeresfläche zu finden. Ihre Größe beträgt
einen Zoll und 8 bis ı2 Linien und ihr Durch:
mefler etwas mehr als einen halben Zoll. Sie
gehört alfe zu den enerfärmigen Pflaumenarten.
Ihre Farbe ift faſt durchaus wie die der fleinen
Mirakelle, d. 5. ein. weißes Wachsgelb. Ihre
Roh ift diefe Pflaume. durchaus nicht zu
genießen, denn ihre Fleiſch it gänzlich fauer,
ſelbſt bis zur Zeit ihrer größten Reife, und menn
fie auch an einem Orte erwachfen: find, welcher
dee Sonne gänzlich ausgefeßt war. Die Natur
hat fie nicht für den Menſchen zum rohen Ge—
— nuſſe
44 ftaumeẽe.
onuſſe beſtimmt, ſondern fuͤr die Anwendung in
ver Oekonomie. Ihr Fleiſch enthaͤlt ſehr vielen
Saft, und dieſer Saft. gewaͤhrt/ wenn er aus⸗
1: gepreßt wird, den reinſten beſten Weineſſig in
großer Menge Man fchagt: ihn eben fo hoch
::gl8 den wahren. Weineſſig. In’. einem Steine
von dvaler Korm und fchwachen: ‚Seitenblärtern
ſitzt ein Kern, der von eben fo großem Werthe
zdf, als das ihm umgebende Fleiſch. Er enthält
in reihem Maße ein rothgelbes Oehl, das ſich
licht preffen läßt und. dem Olivendhl ganz nar
he fommt.
Diefe. zwey Eigenſchaften haben dieſe
. Pflaume feit langen Zeiten dem Gebirgsbewoh⸗
ner von: Dauphinẽ und von Auvergne in Frant⸗
reich ſehr werth gemacht.
Der Baum verraͤth eine wilde und nicht
durch Kunſt bearbeitete Natur. Man fieht ſo⸗
gleich bey dem erſten Anblicke, daß man eine
wilde Pflaumenart vor ſich ‚hat, Er erwaͤchſt
ungefähr. wie der - fogenannte gelbe Spillingss
baum, nur wied er nicht fo hoch. : Seine. Adfte
fegen fi fih tief an bem Stamme an, und laufen
in fange Ruthen aus. Hier und:da finder man
an ihnen Dornen, Die Ertremitäten..ver Acite
haben eine röthlihbraune Farbe. Man fieht,
baf der Baum nur mir Muͤhe als Stammbaum.
erwächft, und daß er mehr bie Strauchform,
ſo wie die wilden Schlebenarten, liebt. Aus dies
fem Grunde und daraus, daß er fchnell woͤchſt,
waͤre er zu Zaͤunen und Garteneinfaſſungen
ſehr zu gebrauchen. Mit einem Worte, fuͤr das
— nördliche Europa, d. h. da, mo man Fein
Olivenoͤhl und keinen Weineſſig verfertigen kann,
woͤre er eine große Wohlthat. Seine allgemeine
Verbreitung wuͤrde ein Seegen. für dieſe Länder
en | | Das
Pflaume, 45
Das Blatt bilder vom Stiele an eine: pa⸗
raboliſche Figur: allein es verliere fich dann in
eine ſcharfe Spitze. Es ift fcharf gezackt ‚und
feine Rippchen feßen fich gabelförmig an. Seine
Sarbe tft ein hellgruͤn, und es ift fehr glatt.
24) Die blaue Diapre. Diapree violette.
— (Du Hamel. Pom. Franc. I. t. 15. £.28.
Pom. Auft. Ehrift Handb.) — Diefes ift eis
ne fehr gute mittelmäßig große Pflaume, in. ih⸗
ser Geſtalt etwas hersförmig und am Stiel
dicker, als am andern Ende, da fie etwas fpi&
zulöuft. Ihre Rinne if ſehr feicht, der Stiel
dünne und nur einen halben Zoll lang. Die
aut ift dünne, violet und ſtark beſtaͤubt, und
ßt fi) gut vom Fleiſch abtöfen, daher fie auch
bey ihren übrigen guten Eigenfhaften zu Pruͤ⸗
nellen vortrefflich taugt. Ihr Fleiſch iſt feſt,
gelbgruͤnlich und delikat, der Saft gezuckert. Der
Stein iſt ſehr lang, und abloͤslich. Die Frucht
reift Anfang Auguſtes — Der Baum macht
ſtarke mittelmäßig lange hellgruͤne Triebe, die Dichte
mit Wolle befege find. Die Augen find groß,
dreyfach und vierfach und haben .vorfiehende Au⸗
genträger, wie die Reneklode. Das Blatt ift
long, gegen den Stiel fpißig und gegen vorne
breit, ſchoͤn grän und fehr ſeichte gezahnt. Der
Baum ift fehe fruchtbar. | |
Ä 23) Die rothe Diapre, die glühende
Kohle. Diapree rouge, Roche Corbon. —
Quintinye: fchreibt Roche. Courbon, und
kann eigentlich nicht fo überfeßt merden, fonft
muͤßte es heifen: Charbon .rouge. — (Du
Hamel. Pom. Franc. t. 37. }. 33. Zueder,
- Rocle-Courbon.oder Red Diaper Plum. Handb.
T. O. ©. 1799. No. IX. ©: 142. t. 9. —
: Eine ſchoͤne anſehnliche Pflaume, von“. runder
2
Ge:
46 Pflaume.
: Geftalt: : Shre Dice, Breite, und Höhe ift eis
nerley, nähmlich ıE Zoll. . Vom Stiel läuft bis
zum entgegen flebenden Punkte eine flache Fur⸗
de; wo fie aufhört, iſt die Vertiefung etwas
‚größer, und läßt noch etwas tiefer ein graues
Bluͤthenpuͤnetchen wahrnehmen. Der Stiel ift
ſtark und ı Zoll lang, und fleht in einer engen,
ober geringen Vertiefung. Die Grundfarbe ift
orangengelb, in welchem auf der Scyättenfeite
viele kleine und große Punkte gefprengt find;
auf der Sonnenſeite fließen dieſe Punkte mehr
zuſammen und roͤthen dieſe Pflaume ſtaͤrker, aber
doch ſieht man noch einiges Gelbe. hervorſchim⸗
mern; bisweilen finder man ſchmutzige blaue
Sieden. Die Haut iſt ſtark und laͤßt fich leicht
abziehen; Das Fleiſch iſt außerordentlich zart
And gelb’ und nad) abgezogener Schafe faſt durch⸗
ſichtig. Sie Hat vielen Saft und dei Geſchmack
if ſuͤß und erhahen, und Höfer fich recht gut
vom Stein; vieler ift länglid; und gegen den
Stiel, wo ihn die holzigen Fibern noch feſt hal⸗
. ten, ſpitziger als unten, wo er rund iſt. Dieſe
Frucht reift in det Hälfte des. Auguſts ind iſt
zum. feifchen Genuß vortrefflich. — Der Baum
iſt ſchwach; die Haupt: und Nebenaͤſte ſetzen
ſich gern quirlicht an. Die Sommertriebe,
Fur; und duͤnne, auf. der einen Seite blaßgraͤn,
und auf der Seite gegen die Sonne fahlbraun;
die Krone bildet eine platte Kugel; Das Biatt
iſt rund, auf dem Rande ungleich gezahnt, und
feine Farbe dunkelgruͤn.
26) Die weiße Diaper. Diapres hlau-
che, — (Du Hamel. Hirfhfeld. Chtriſt
Handb. Pom. Auſt.) — Diefe gute Pflaume
iſt klein, laͤnglich oval, i% Zoll lang. Anſtatt
dver Furche Bad fie. einen gruͤnen Sirich ‚vor
0 | en
Pflaume, | 47
oben bis unten. Der Stiel iſt kurz und ſtehet
der Frucht gleich. Die Haut iſt gruͤnlich weiß,
mit weißem Staub bedeckt, zaͤhe, jedoch gut vom
Fleiſch zu ziehen. Das Fleiſch iſt hellgelb, haͤrt⸗
lich, vol ſuͤßen Saftes und ſehr delikat, und
fommt viel mit der weißen Perdrigon uͤberein.
Sie reift Anfang Septembers. — Der Baum
bat dicke lange Sommertriebe, die auf der Sons
nenfeite dunfeldiolet find. Die Augen find klein,
fehe ſpitz und liegen ftarf an, Das Blatt ifl
lang, ſchmal und oben und unten fpiß, gegen
den Blattſtiel aber ift.die Spike längen
27) Die blaue Eyerpflaume. — (Handb).
— Diefe hat die völlige Größe und Geſtalt
eines gewöhnlichen Haͤhnereyes; nur fehlt ihr
die untere Spiße, da fie folbigter und breiter
iſt. Auf: der Ruͤckenſeite hat fie eine flarfe Fur⸗
he vom Stiel bis zum . Stempelpuntt. Der
Stiel ift dick und ganz kurz, und kaum einen
halben Zoll lang, woran der Knopf (Mutterku⸗
hen) ſehr ſtark iſt. Die Farbe ver Haut iſt
bey der. vollkommenen Zeitigung ganz ſchwarz,
wie die Hauszwetſche, mit einem flatfen blauen
Stäube und Öfteren Baumflecken. Ihr Fieiſch
iſt gelblichgruͤn, faftig; (doch har ihe Saft mehr
Saͤnre, älß die Zwetſche,) und von gutem Ger
ſchmack. Vom Stein. löfer..es ſich nicht zum bes
ſten, befönders an der Kanten: Der Stein ift
lang, rauh, oben. ſpitz wider die. äußere Korm:
— Der Baum treibt flarf, macht kurze ſtarke
Triebe, Die Augen find rund, lang, abftehend.und
fpiß, die Augentraͤger die, wie bey der Rene⸗
Flode, Das Blatt ifk groß, mattgrün, gegen. den
Snel verloren ſpitz zulaufend und gegen das
andere Ende breit, oval abgerundet, regulaͤr ge⸗
zahnt und hat einen langen ſtarken Blaue
. 4: 6 28
48 | .. Pflaume,
Bu Die Seuche reift früh im erſten Drittel des
Auguſts. | .
28) Die gelbe Pyerpflaume. Damo- Au-
bert. Grofle Luifante. Engl. Mogul Plum,
— (Du Hamel. Miller, das weiße Raifer
‘ Bonum. magnum; weiße Hollaͤndiſche oder
Waogulspflaume. Laͤeder nah Abercombie
. White Bonum *) Magnum, ober — Plum.
Mar, Mogul Plum, White Holland-
Plum,.
weiße bolländifche Pflaume. Pom. Franc. I,
p. 133. n. 13. t. 9. mo fie auch Malonke ges
nannt wird. Pom. Auft. XIX Heft. t. 183.
Siclers %.O.©. 17739. No. 1. S. 23.1
3. Guͤnderede und Borchkh. U. n. 3. Ehriſt
Hands.) — Dieſe Pflaume iſt der Rieſe unter
. dieſem Geſchlecht, und es hat, wie es Ehriſt
in feinem pomologiſchen Woͤrtetbuche bemerkt,
mit 'derfeiben eine beſondere Bewandniß, wor⸗
aus fich das fo ungleiche Urtheil der alten und
neueren Pomologen uͤber diefe koͤſtliche Obſtfrucht
erklaͤren laͤßt. Es gibr- naͤhmlich eine gleichſam fo
zu nennende wilde Art der gelben Eherpflaume,
welche der aͤchten guten Art in allem, in Baum,
Blatt, Geſtalt und Farbe der Frucht ganz ähn:
lich, aber im Fleiſch und Saft der Frucht him⸗
melweit unterſchieden iſt. Die wilde Art (die
fich auch durch den Stein fortpflanzen laͤßt, die
andere aber nicht) hat ſich dem Yugenfhein
nad) allermeift ausgebreitet, bie ächte Art aber
war felten, und wurde wenigſtens nicht leicht bes
Fannt. Daher Du Hamel von ihr fagt:: „Ihr
GSaft fen fade, und die Pflaume nur in: Tome
ur re"
posen ertroaͤglich.“ Mihler: „fie ſey nicht wohl
Br Fu _ . £0
.*) Mach: bed Herrn Dlatrer Siͤcllere Vernathaus mid
I dk es ee Yan ed ae eg —*
wenigſtens wuͤrde letzteres ein paßlicherer Nahme ſeyn
Pflaume. 49
sch zu eſſen.“ Luͤeder: „fie fey zum Küchens
gebrauch. befier, als roh zu eſſen.“ Ehrift felbft
befaß über 30 Jahre diefe wilde Art, bis er feit
etlihen Sahren zu der Achten wahren gelben
Eyerpflaume gefommen iſt. Und diefe ift eine
der herrlichften und delifateften Tafelfürchte, und
um fo fehäßbarer, da fie die größte unter den
Pflaumen it, und einen herrlichen Anblick ges
währt. Beſonders die gute und wahre gelbe
Eyerpflaume hat meift die Größe eines Puters
eyes, eines fogenannten weljchen Huhns, oder
kalekutiſchen Henne. Sie mift 3 Zoll, ja oft 4
Zoll in der Länge und 2 Zoll 5 Linien in ih⸗
ser Breite und mehrentheils eben fo viel in ihs
ser Dicke, wenn fie 3 Zoll lang iſt, und wenn
fie 4 Zoll in ihrer Lange Hat, fo ift fie 3 Zoll
dick. Ihre größte Breite hat fie in der Mitee,
von wo fie nad) dem Stiele zu eben fo abgerun: '
det zuläuft, wie nach) dem entgegen Beiehten
Ente. Vom Stiel bis zum andern Ende läuft
eine breite, aber nicht fehr tiefe Surche, die nach
und nach ganz flach daſelbſt ausläufe, und Bier
fieht man kaum das Puͤnktchen, wo der Stämpel
gefefien hat. Der Stiel iſt 13 Linien lang,
ziemlich flarf und fleiihig, an Farbe gelbarün,
befindet fich in einer geräumigen Vertiefung und
Hälfte mit feinen Fibern, die aus ihm bis zum
Steine gehen, und dafelbft feſt gewachfen find,
die Pflaume ziemlich fell. Die Farbe ift in
ihrer völligen Neife machsgelb. Die Schale. ift
dünne, aber etwas zähe, fo daß fie füch auch abs
ziehen läßt, auch mit weißem Dufe ſtark übers
zogen. Unter derfelben fieht man viele weiße
zarte Puͤnktchen hervorfchimmern, auch fieht man
bier und da auf derfelben einige :größere von
grauer und braunrother Farbe. Das Zleifch
Ce, techn. Ænc. CXIL Theil, D i
so Pflaume,
ift zart und etwas härtlih. Der Saft reichlid,
und von einem angenehmen füßen Geſchmack, fo
daß ihre keine der beften Pflaumen vorfommt.
Das Fleiſch (öfer fih gut vom Stein und haͤngt
nur bisweilen auf der Kante fe. Der Stein
ift fang und har gegen den Stiel eine längere
Spiße, am andern Ende ift er erwas flumpfer,
oder abgerundet. Er mißt in der Länge ı Zoll
4 Linien, und in bee Breite 10 Linien. Diefe
Pflaume wird Ende Augufis, oder mit dem
Anfange des Septembers am Baume nach und
nach reif, und dauert folchergeftalt mehrere Wo—
chen. — Der Baum hat einen lebhaften Wuchs.
Die Haupt« und Mebenäfte feßen ſich gerne
nad) einander und in Gabeln an, und gehen in
ziemlich fpißigen Winkeln in die Höhe Die
Zroeige find lang und ziemlich ſteif. Die Som; -
mertriebe find lang und flarf, und haben auf
dee Winterſeite eine grasgrüne, auf bee Som⸗
"merfeite aber braunrothe ſchmutzige Farbe. Die
Krone ift zwar ziemlich mit Aeften beſetzt, aber
doch fehe durchſichtig. Das Blatt iſt Hellgrün
und groß. Die gröfte Breite fälle-etwas unter
. die Mitte der Hälfte feiner Länge ra) dem _
Stiele zu. Gegen denfelben rundet es fich kurz
aber nahe am Stiele etwas fpißig. Dach dem:
- Ausgange dehnt es ſich länger, und läuft in ei-
ne ziemlich fcharfe Spiße aus. Auf dem Ran⸗
de ift es flumpf gezahnt. Das Blatt ift. did
und fieht mie gefrämpelt aus.
29. Die grüne Eyerpflaume. — (Banbb.
Beytr.) — Sie har eben die Groͤße ber gelben
und eine faft vorzäglichere Güte. Baum und
Blatt find von jener unterfchieden und die Soms
mertriebe zeichnen ſich durch eine grüne ins.
de aus,
| “ 30)
. Pflaume, 51
o) Die rothe Eyerpflaume, die cypris
ſche Dflaume, rothe Naſche, das rothe Oſter⸗
ey, rothe Marunke. Prune de Chypre —
(Pom. Franc. I, ©. 143: n. 24. t. 15. Lues
der, Red bonum magnum, great imperial
Plum. Pom. Auft. T. O. G. 1797. No.IX ©,
145. t. 10. Chrift Handb., deflen pomol. Woͤr⸗
terduch S. 370.) | |
Diefes iſt nach Sickler und anderen Par
mologen eine große, fchöne und in tie Augen
fallende Frucht, und hat bennah die Geſtalt eis
nes Hühnereyes, von welchem fie auch den
Nehmen hat, nur daß fie etwas gedruͤckter iſt.
Sn ihrer Höhe mißt fie zwey Zoll vier Linien,
und in ihrer Breite nur zwey Linien weniger.
Die vom Stiele herablaufende Suche iſt niche
ſehr merklich, aber fie ift an diefer Stelle etwas
breit, Der Punft, wo unten die Blürhe geſeſ⸗
fen Hat, iſt auch, wenn fie ganz reif iſt, ſeht
merklich. Der Stiel fcheint etwas hineingeftecft
zu ſeyn und ift einen guten Zoll lang. Sie hat
eine rothe Zarbe, aber an manchen Stellen und
auch da wo fie am rorheften ift, blickt eine et⸗
was erblichene gelbe Farbe hervor; überall hat
fie viele vorhe Punfte und größtentheils fcheine
das Morde aus diefen Punften zufammen zu
fließen. Die Haut ift etwas did, daB Fleiſch
derb und laͤßt ſich beynohe wie das Fleiſch ei:
ner Butterbirn ſchneiden; in demfelben fieht
man die Fibetn der Nflaume deutlich aus eins
ander laufen. Der Stein loͤſet ſich fehr gut
vom Fleiſch ab, iſt jehr Bein in Anfehung des
Sleifhes, das ihn umgibt, Und hat eine ganz
andere Figur ald die Pflaume, denn er if did
und rundlich. Seine Oberfläche ift uneben und
Göderig und auf der Kante laufen zwey bis
- 88 drey
52 Pflaume.
drey Furchen. Die Pflaume hat ziemlich viel
Saft, der für den Liebhaber ſehr viel Angeneh⸗
mes hat. Sie zeitiget zu Ende des Augufis
oder im Spätjahr, aud) Unfange Geptembers.
‚Der Baum trägt gut. Shre Dauer if vierzehn
Tage bis drey Wochen. Ä
Der Baum mucht einen ziemlich flarfen
Stamm, fo wie fein ganzer Wuchs frech und
voll if. Die Haupt⸗ und Mebenäfte, fo mie
auch die Zweige feßen fich gern quirrlicht an,
bisweilen auch nach einander, und gehen ih
: ziemlich fcharfen Winfeln in die Höhe. Das
Tragholz wechſelt ordentlich und flieht in propor⸗
‚tionirlicher Entfernung von einander ab. Die
Sommerſchoſſe find fang und ftarf.. Die Krone
ift Hochrumd, aber nicht überall mit Aeſten aus
. gefällt, aber die Aefte find dick belaubt, und mo
eben mehrere benfammen ſtehen, undurchfichtig.
Das Blatt iſt eyrund, und endiget ſich
eben fo Abgerundet am Ausgange wie nach dem
©tiele zu, nur daß es dort durch eine flumpfe
Spitze etwas weniges verlängert wird. : Die
Rippchen find unordentlich gereihet, laufen krumm
und höderig, doch mehtentheils in gleicher Ent:
fernung nach) dem Umkreiſe zu, und fpalten fih
in Gabeln, Auf dem Rande ftehen- ſtumpfe
Zaͤckchen, die wie ausgebogen zu ſeyn ſcheinen,
doc) find fie nicht gleich groß. Das Blatt hat
eine bunfelgrüne Farbe, ift did und fleifchig. -
..31) Die große ſchwarze Fruͤhpflaume.
Grolse noir hative. — (Du Hamel. Guͤn⸗
derode und Borfh. II. n.7.) — Sie iſt von
mitt«Imäßiger Größe, wie die Gros Damas de
Tours, mit der fie oft vermwechfele wird, und.
von Geſtalt länglih. Die Haut ift fehön vie:
let, ſtark befkäubt, zähe und fauer, wenn fe ge⸗
9 auet
Pflaume. 53
Tanet wird. Das Fteifch iſt feſt, ziemlich fein,
hellgruͤn, ind Weiße fpielend, bey vollfommener
Zeitigung aber gelblih. Der Saft ift angenchm
"and hat einigen Parfüm. Det Stein .:ıft abs
löslich, nur an der Kante hängt er am Fleiſche
harte an. Sie zeitige Mitte Zulius.
32) Die Stühpflaume von Tours. Pre-
coce de Tours. — (Du Hamel. Pom. Auft.)
— Diefes ift eine. Fleine ſchwarze eyrunde Pflaus
me, bie gegen beyde Enden gleichmäßig dünner
iſt. Die Rinne if kaum fihtbar. Der Stiel
ſteht in einer ſehr kleinen Vertiefung und ift J
Zoll lang. Die Haut ift ſchwarz und fehr ſtark
mit Staub bedeckt und zaͤhe. Das Zteifch ift
gelblich, und Hat zunaͤchſt unter der Haut ſchwach
rothe Fibern. Der. Saft: ifi angenehm und ets
was parfümirt, wenn der, Baum gut fteht. Sie
zeitiget Mitte Julius. — Der Baum ift flarf
und fruchtbar, hat flarfe und fehr dunfelviolette
- Sommertriebe. Das Blatt. ift groß, gegen den
Stiel viel ſchmahler, als vorne, und hat einen
dien Blateftiel.” - oo |
. 33) Die Pflaume mit gefuͤllter Bluͤthe.
Prune à fleur. double, — (Du Hamel.
Pom. Franc. T.t. 13. £ 21. Pom, Auſt.) —
Ein Pflaumenbaum zur Zierbe, mit- rofenähnlis
hen Bluͤthen. Ohngeachtet diefelben ı5 bis 18
PBlärtchen haben und flarf gefälle find, fo nennt
fie doch Du Hamel halbgefülle, weil fie nicht
alle Staubfäden in Blättchen verwandeln, als
welches die Befruchtung unmöglich machen wuͤr⸗
de. Gie bringen aber doch gelbe Fruͤchte, mel:
che gleichwohl von geringem Werth find, da ihr
Fleiſch und Geſchmack ſchlecht if, und der Re
neklode mit gefüllter Bluͤthe bey weitem. nicht
beykommen. Bie reifen im Auguſt. — Der
Ä D3 .. Baum
any
44 | Pflaume,
Baum hat flarfe Sommertriebe, und große,
glänjenbe, regelmäßig gezackte Blätter. — Die
om. Auſt. hat die blaue Pflaume mit gefüll:.
u F Bluͤthe, da meiſt zwen Fruͤchte beyſammen
ngen. |
| 34) Geißbart. (CHrift vom. Wört.) —
eine Srübzwetichenart, die befonders um Wal⸗
tershaujen im Grabfelde häufig gezogen wird,
Die Seuche ift größer und fänglichter, ala die
gewöhnliche Zwetſche, und hochroth von Tarbe,
Ihr Sleifch ift etwas fefter, und hat einen an⸗
genehm fäuerlichen Geſchmack. Der Stein ift
nicht abloͤslich. Die Frucht zeitigt 14 Pie zo
Tage vor der edlen Zwetſche — Der Baum
macht eben das Gewaͤchs, wie diefer, hat gleiche
Sommertriebe, aber dag Blatt ift nicht fo dun⸗
kelgruͤn.
3) Die Goldpflaume, die doppelte Mi⸗
rabelle. Drap d’or, Mirabelle double — (Du
Hamel, Pom. Franc. Pom. Auſt. Ehrifl’g
Hanpb.) — „Eine befannte und köftlihe Pflau⸗
me, von mittelmäßiger Größe. Sie ift etwas
oval, hat eine tiefe Susche, und gelbe zarte Haut,
die mit einem weißwollichten Staube bededt ifl,
und wie die Mivabelle biemeilen rothe Fleckchen
von dev Sonne befommt. Sie bat ein gelbes,
faftiges und delifates Fleiſch, von Zartheit und
Geſchmack der gelben Mirabelle ähnlich und eis
nen ablöslichen Stein. Sie reift mit der Mite
rabelle. — Der Baum wacht ein flärker Ge⸗
waͤchs, und trägt fehr gut, aber nicht fo außers
ordentlich als jener. Die Triebe find brauns
gruͤn gegen die Sonne und gegen die GSpiße
violet. Die Augen klein, fpiß, anliegend und
haben hohe Augenträger. Die Blätter find ſtark,
bellgeön, oval und fägefdemig gezahnt. nn
| u Ä aum
/
Pflaume. 55
Baum zeigt alſo Feine nahe- Verwandtſchaft mit
der. gelben Mirabelle; nur zufällig haben vie
Srüchte einige Aehnlichkeit.
36) Die grüne ſelbſtwachſende Pflaume.
Vertage. — (Pom. Auſt. Handb. Beytr.) —
Sie bat die Natur der Zwetſche, oder blauen
Hauspflaume, daß fie fid) aus dem Kern forte
vflanzet, und hat auch ihre Geſtalt, nur daß fie
etwas kleiner und von grasgrüner Farbe ift.
She Saft ift fehr Häufig und überaus füß, und
eeife früher, als die blaue Zwetfche, gegen An⸗
fang Septembers. Ä
37) Die Habnenhode, die gefprenkelte
Pflaume. Rognon de Coq. — (CEhriſt's
Handbuch. Guͤnderode und Borkh. II. 9.)
— Eine nicht geoße, runde Pflaume, mit faum
merflicher Furche, bellcoch, mit etwas wenigem
bioletten Staube, mit vielen rothen Punften bes
ſaͤet, auf der Echattenfeite gruͤngelblich, viele
aber gan; roth. Das Kleifch iſt zart, faftig,
gränfich gelb. Der Stein ift plart und länglich,
obfchon die Frucht rund ift, und föfer fich nicht
gern, er laͤßt ſich aber mit dee Zunge vom
Fleiſch abdruͤcken; reift Anfang Augufts, und
gehört nicht zu den fonderlid, guten Pflaumen,
— Der Baum macht ein großes zmwerfchenartie
ges Gewaͤchs, und iſt fehr fruchtbar. Seine
Triebe find lang, ſtark, auf der Sonnenjeite
roth, auf der andern grün, und haben einen
weißen Punkt am andern. Die Augen find
dünne, fehr fpiß, ſtark abftehend, und haben hohe
Aungenträger. Des Blatt ift groß, gelbgruͤn,
rundlich, mit einer kurzen Gpiße und fehr grob
und gebogt gezahnt. |
38) Der Herzog von Örleans, gewöhns
lich die Herrnpflaume genannt, Pruns de Mon-
. D 4 fieur.
56 | Pflaume,
fieur. — (Du Hamel. Pom. Franc. Pom.
Auf. Siriofeln. Hand.) — Eine große,
Ä ſchoͤn violette, ſtark beſtaͤubte, faſt ganz runde,
nur oben etwas eingedruͤckte und nicht tief ge⸗
furchte Pflaume, deren Fleiſch ſchmelzend, fein,
füß und ſehr fchmadhaft ift, wenn der Baum
eine gute Lage und Boden hat. Der Stein ift
eördehc); fie reift Ende Julius, und iſt eine von
den fhäßbaren Pflaumen. — Der Baum ift ziem⸗
lich ſtark uud fruchtbar, Kat ftarfe Sommertrie⸗
be, die auf der Sonnenfeite mit einem Silber;
häutchen bedeckt, auf der andern aber grün fin,
mit fehr Fleinen gelben Puncten befäet. Die
Augen find mittelmäßig groß, zugefpißt und abs
ftehend, und. haben breite hohe Augenträger.
Das Blatt ift. ‚groß, ſchoͤn grün, elliptiſch und
fein gezahnt.
39) Die frühe Herrnpflaume. Monſieur
hatif. — (Du Hamel.) — Baum und Frucht
gleicht dem ‚vorhergehenden fehr, und unterfcheie |
det fich die Seuche hauptſaͤchlich durch Die früs
here Zeitigung, gegen die Mitte des Julius.
40) Sundspflaume, Säupflaume, — ift
die fehlechteite und mildefte Art Pflaumen, die
am nächften an bie Schlehe graͤnzt, Elein, rund,
ſchwarz, gehet nicht vom Stein, hat kleine run-
de Blätter ıc. Sie taugen nicht zur Veredelung.
der Pfirfchen oder edler Pflaumenforten.
41) Die Hyacinthenpflaume. Tacinshe,
— (Du Hamel. Pom. Auſt. Handb.) —
ae ziemlich anfehnliche Pflaume, laͤnglich, *
weilen faſt herzfoͤrmig und am Stiel dicker. Die
"Rinne iſt nicht ſtark, der Stiel kurz, etwas
dick, in einer ſeichten Aushoͤhlung. Die Haut
iſt hellviolet und ſtark beſtaͤubt, das Fleiſch iſt
en haͤrtlich, mit etwas ſaueruchem, arhat
aft,
3
sg Pfirume,
mertriebe find braunroth, mit Wolle befeßr und
mit zarten weißen Punkten beſtreut. Die Augen
find ſchuppig, lang, rund und fpißig, und die
Augenträger glänzend und. did, doc gehen fie
nicht Über den Ruß des Auges. Das Blatt ift
ausgezeichnet, und gelbgrün der obere Theil, der
dritte Theil des Blattes ift oval und hat eine
kurze Spitze, die übrigen zwey Theile laufen
fhmal und ſpitz gegen ben langen Blattſtiel.
Die Zuhnung ift gebogt.
. 45) Die grüne "Infelpflaume, bie Sa;
-voyerpflaume. Auch, öfters unbeflimmt gerebt:
die grüne Zwetſche. Isle vert, Prune de Sa,
voye. — (Du Hamel, Hirſchfeld. Pom.
Franc. I. tab, 12. £. 19. Pom, Auft. Handb.)
— Sie hat viel Achnlichfeit mir der weißen In⸗
difhen Pflaume, ift aber bey weitem nicht. fo
delikat, ja gegen .biefelbe ſehr ſchlecht. — Die .
Frucht iſt ſtark, mittelmäßig groß und fang,
bäufig fchief gewachſen, und faft wie Die Dattels
pflaume gebildet. Am Kopf ift fie die und am
- Stiel ſchmahl. Der Stiel ift lang, kick und
ftumm gebogen. Die Haut ift gelbgruͤn, mit
einem weißen Staube bedeckt und weiß punktirt.
She Fleiſch ift gelb und zwar faftig, aber body
nicht fonderlich angenehm; zeitigt Ende Auguftes,
— Der Baum wird nicht groß, und mache
ſchwache und: kleine Triebe, Die an der Sonnen⸗
feite braͤunlich und an der gegenüber ſtehenden
geau find, mit langen, ſchmahlen, tief gezahnten
Blaͤttern.
. 44) Die Jobannispflaume, die Fruͤh⸗
pflaume. Prune de St. Jean, Precoca de
Van. — (Chriſt's Handb.) — Diefes ift eine
ſchwarzblaue, fat runde, mittelmäßig große
Pflaume, mit einer ftarfen Rinne, die ee
aͤlf⸗ u
Pflaume. 59
Hälften. macht. Gie hat einen ſtarken blauen
Duft über fi, und einen furzen, etwas einges
ſeukten ſtarken Stiel, Das Fleiſch ift grünlich
gelb, ſaftig, ſaͤuerlich, ſuͤß und angenehm. Der
Stein iſt rauh und hängt an, wenn bie Frucht
sicht fehe reif iſt. Sie reife im lebten Drittel
des Julius. — Der Baum hat etwas mollichte
Triebe, Die gegen die Sonne rotbbraun und im
Schatten roͤthlich gelb find, mit aͤußerſt feinen
Pünftchen befäet, Heine fpige Augen, mit flars
tea Trägern. Das Blart ift groß, faft enfürs
mig und gebogt gezahnt. Ä
45) Die blaue Rayferin, die Hoheits⸗
pflaume, die Prinzeffinn, die Flandriſche
Dfiaume. L’Imperatrice vielette, Prune de
: Prineelle, Prune d’Altelle. — (Du Hamel.
Pom. Franc. I. tab. ı0.- fi 15. Pom. Auſt.)
— Sie gleicht fehr der geflammten Kapferpflaus
me in ihrer faſt runden Geſtalt und Größe;
aber die Farbe ift ein dunkles Ladroch, violet
fchartiret, auf der Schattenfeite bläyfer, und mit
dichtem reifen Staube überzogen. Ihr Fleiſch
iſt lichtgelb, ins Grüne fpielend, feſt und fehr
gut von Geſchmack. Des Stein ift abloͤslich.
Sie zeitige mit Anfang Septembere. — Der
Baum wird nicht geoß, hat fhwache Triebe und
kleine Blätter, trägt jedoch feine guten Fruͤchte
reichlich.
46) Die blaue Raiſerpflaume. Imperiale
violette — (Du Hamel. Luͤder ©. 239.
No. 16. Miller. Pom, Franc. I, ©. 137.
No, z. 1: 6. Pom. Auli, Handb. T. 9. ©.
3800. No. M. ©, 151. 1. 9.) — Es iſt nach
Sickler's Beſchreibung eine große, Tängliche,
enförmige Pflaume, die die Zwetſchengeſtalt im
Großen hat. Ihre groͤßte Breite faͤllt ziemlich
in
‘
60, Pflaume.
in die Mitte ihrer Laͤnge. Gegen den Stiel iſt
ſie etwas ſpitziger, unten nimmt ſie auch etwas
ab, iſt aber mehr abgerundet. Dom Stiele äb⸗
wuaͤrts laͤuft eine ſtarke, doch etwas flache Fur⸗
che auf dem Ruͤcken herunter bis zum Bluͤthen⸗
‚sgrübchen, welches an einem’ grauen Punkt "in
einiger Vertiefung bemerflich ift, welche Furche
- aber die Frucht in zwey ungleiche Hälften zu
theilen fcheint. Sie hat zwey Zol in ber Laͤn⸗
Age, einen Zoll fünf Linien in bee Breite, und
"eben fo viet in der Die. Der Stiel it einen
halben Zoll fang, und feet in: einer fehr gerins
gen Vertiefung, auch ift er. nicht ſehr feft mit
der Frucht verbunden. Die Haut: ift fcharf über
das Flelſch gefpannt, etwas flarf, und läßt ſich
Hut abziehen. Sie wechſelt in der’ Sarbe mit
hell und dunkelroth ab und fällt an einigen
- Stellen flarf ins Violette, fie hat audy fehr bie
fe zarte weißgraue Punfte, oder vielmehr Stri⸗
chelchen auf ihrer Oberflähe. Das Fleiſch ift
grüngelb und in Anfehung feines Zuſammenhan⸗
ges der blauen Herbſtzwetſche fehr aͤhnlich. Die
ſtaͤrkſten Fibern ſtrahlen vom Stein "gegen die
Deinberie; auch im Geſchmack Hat fie erwas
“ ähnliches von obengenannter Zwetſche. Sie ift
füß und angenehm, doch hat fie dabey etwas
pikantes, wodurch die Zwetſche vor ihr den Vor:
zug behält, wird auch endlich etwas mehlig, wel⸗
ches jene nicht wird. Das Fleiſch loͤſet ſich gut
vom Stein, und hängt unten am meiften mit
demſelben zufammen. Er iſt gegen den Stiel -
‘Yang, fpißig, unten aber mehr gerundet, Er mift
Gin dee Länge einen Zoll und eine Linie, und in
Der Breite einen halben Zoll und eine Linie,
in. der Dicke aber nur vier Linien. Die breite
ante hat drey Eden und zwey bazwifchen
liae⸗
Pflaume, 6
Niegende Furchen, bie fich aber nicht fehr deutlich
augjeichnen. Die gegenüber ftehende ſchmale
Konte, ſcheint auf ihrer Schärfe eine Fleine
Suche zu haben. Die Barkenfeiten find flarf
genarbt und fehr ungleich. Sie wird zu Ans
fange des Auguftes am Baume nach und nad)
reif, und dauert wohl vier Wochen auf diefe
MWeife fort. Man kann fie fowohl zum frifchen
Genuſſe, als auch zum Trodnen benußen, beſon⸗
ders werden fie zum frifchen Genuſſe dadurch
gut, wenn man die Haut, vie fich leicht abzie⸗
Den laͤßt, abzieht, und auch etwas von dem Sleis
fhe, welches zu feit mit dem Steine zufammen
gehangen, ausfchneidet, wie dieſes bey den Aep⸗
fein und Birnen gefchieht. Auf dieſe Weiſe
Infien fie ſich auch welfen.
Der Stamm ift mittelmäßig flarf, Haupt:
und Drebenäfte ſetzen ſich gern nach einander.
und in Sabeln an. Die Zweige werden lang.
Das Tragholz wechfelt unorventlich, ift lang und
ſteht bald nahe an einander, bald weit entfernt.
Die Sommerfchoffe find fang und dünn und
an der Sommerfeite braunrotb, auf ber entges
gen gejeßten Seite fahl. Die Krone geht pyra⸗
midenförmig in die Höhe, ift aber nicht flarf
mie Zeigen bejegt und belaubt, daher ganz
durchſichtig. | Ä
Das Blatt ift ziemlich fang, und hat feine
größte Breite etwas über die Mitte feiner Län:
ge, nad) dem Ausgange zu, wohin es funft abs
nimmt und eine ſtumpfe Spiße auffeßt. Gegen
den Stiel dehnt es ſich länger und. läuft an
denfelben. fpißig an. Die Rippchen find weitläuf:
tig und ‚ganz ordentlich .gereibet, und laufen
ſehr nach der Spiße gebogen, auch etwas Frumm,
dem Rande zu. Die Zaͤckchen find in Anſetuua
wer... . i rer
62 Pflaume,
ihrer Größe fehe ungleich und rundlih, haben
aber gleihfalls eine fehr flarfe Richtung nach
der Spige. Die Farbe des Blattes ift fehr dıms
kelgrün, "der Stiel hat viele Fleine Knoͤſpchen
und ift etwas roͤthlich gefärbt,
47) Die blaue Rayferpflaume mit ges
fchechten Blättern. Imperiale violette ä feuil-
les panachees, — (Du Hamel. Pom. Auft.) .
— Eine DVBarierät von der vorigen, deren Blaͤt⸗
fer gelbe oder weiße Flecken haben, und Fleiner .
find, ‚aber die Frucht niche fo gut ift, als jene.
48) Die geflammte Rayferpflaume, die
glübende Rohle. Imperiale panachee —
(Pom. Franc, I, t. 11, £ 14.*) Chr. Handb.)
— Eine, mittelmäßig große, gelbe und rothe
Pflaume, die beynahe ganz rund, nur. am Stiel
etwas meniges eingedruͤckt if. Sie ift fchön
geld, hat auf der Sonnenfeite einen ‚hohen helle
rochen Anſtrich, und iſt flarf weiß bechaugt.
- Ihre Rinne ift fehr tief und ſtark. Das Fleiſch
feft, füß, angenehm und faftig; der Stein abs
löslich; reife Mitte Auguftes.
49) Die weiße Rayferpflaume. Imperia-
le Blanche. — (Du Hamel. Hirſchfeld.
Pom. Auſt.) — Eine fehr große enförmige
Pflaume, die wenig fehäßbar ift, und nur zum _
Kochen taugt. Die Haut ift weiß, zähe, und
hängt fett am Fleiſch. Dieſes ift trocken, und
hat einen fauren unangenehmen Saft. Des
große Stein geht nicht vom Fleiſch.
80) Die weiße Rayferinn, Imperatrice
blanche — (Du Hamel. Pom. Auf) —
Diefes iſt eine weit vorzäglichere Pflaume von
‚mittelmäßiger Größe, etwas länglich, der Höhe
| nach
* Mgidten diene dieſt Blvar zu Der rothes Dinpees oben
4
nah durch eine nicht fonverlich ſichtbare Rinne
getheilet, die fihb am Kopf mit einer Fleinen
Bertiefung endiget, Der Stiel iſt ganz kurz,
- and ſteht in eine: fehr engen und tiefen Aus:
bung. Die Haut ift hellgelb und beftäubt,
8 Fleiſch ift haͤrtlich, gelb und helle; Hat eis
nen zuckerhaften und angenehmen Saft und ads
ösfihen Stein. Sie zeitigt gegen Ende Au:
ufts Oder bey ungäünfligen Sommern Anfang
Septemberk — Diefeer Baum Hat zum Unter
ſchied von jenem ſchoͤn rubincothe Triebe, und
abfiehende Augen. Die Blätter find an beyden
Enden ſchmahl und doppelt fägezähnig.
. 51) Die Rirfchpflaume, in mandyen Ges
genden die türkifche oder die aſtatiſche Rirs
ſche genannt. La Prune Cerile, Cerilette, .
Engl. Cherry Plum. — (Du Hamel, Mira.
bollan, aber unrecht. Pom: Franc. I. ©. 137.
n. 18. t.9. Pom. Auſt. Willer n. 27. Chrift
Handb. T. O. ©. 1797. Na, 12. ©. 376. t.
19.) — Diele Pflaume ift nah Sickler's Bes
fhreibung von ganz runder Geſtalt, denn ihre
Höhe, Breite und Die liegt in einerley Zirs
kelraum, defien Durchmefler einen Zoll und viert
Linien hat, ausgenommen, daß fie da, wo der
Stiel ſich befindet, ein klein wenig Platter wird,
Die an den meiften Pflaumen gewöhnliche Zur:
che iſt bier nur durch eine ftarfe Linie bezeichs
net, welche dom Stiel auf der einen Hälfte Her:
ab bis unten gegen ihn überläuft, deſſen Ende
nur fehr wenig durd) ein unmerfliches Blüchens
sönftchen bezeichnet wird. Der Stiel hat eine
ganz Feine Vertiefung, ift grüngelb dünne, und
am ein Deircheil fürzer, als der Durchmeffer
der Pflaume if. Die Haut ift fcharf über das
Fleiſch geſpannt, und dünne Die Haut weh
elt
64 Pflaume.
ſelt mit braunroth und hellroth, und zwar oft
ſtellenweiſe ab, über beyde find biele weiße groͤ⸗
.. Bere und kleinere Puͤnktchen geſtreut. Das Fleiſch
iſt wachsgelb und zart. Kine Linie unter der
Haut laͤuft eine ſtarke Fiber rund um, und
vom Stein weg ſtrahlen mehrere dergleichen zarte
Fibern gegen die Peripherie. Saft ſcheint ſie
zwar wenig zu haben, daher halten ſie einige
fuͤr eine trockne und mehlige Pflaume, allein ſie
hat deſſen viel, man muß ſie nur vorher, ehe man
ſie genießen will, etwas mit den Fingern druͤcken,
und ſie dadurch uͤberall weich machen, dann er⸗
haͤlt auch dieſer Saft, der nun ſtark fließt, ei⸗
nen den Glaskirſchen ähnlichen Geſchmack, wes⸗
halb Sicfler auch glaubt, daß ihr der Nahhme
‚Rirfhpflaume in diefer Ruͤckſicht mehr zukom⸗
me, als in jeder andern. Man muß das Sieifch
nicht zu nahe unter der Haur und am Steine
genießen. Der Stein ift verhältnifmäfig Klein,
aber länglich. Er mißt fieben Linien in der Hös
be, fünfe in der Breite, und viere in der Die
und hat alfo allenthalben einen halben Zoll Steifch
um ſich herum, welches ſich fo ziemlich gut vom
- Steine löfer. Diefer Hat auf einer Seite eine
» E .
fcharfe Surche, in der eine flarfe Fiber fliegt.
Die gegenüber fiehende Kante ift ziemlich flarf
und did, und läßt nur wenig von einer Zurche,
‚in welcher die Fibern laufen, bemerfen, fonft has
ben die Seiten der Oberflächen noch einige Line
gleichheiten in Geſtalt Heiner Kügelchen. Die
Frucht fängt gegen die Mitte. des Auguſts an
zu reifen, und fie werden nad und nad am
Baume reif, fo daß man auch mohl im Sep⸗
tember noch welche an ihnen findet. Als eine
Pflaume zum vorzüglichen Genuß und häufiger
Nutzung ıft fie niche zu empfehlen, fondern mehr
der Seltenheit wegen, Der
Pflaune. 65
Der Stamm iſt ziemlich ſtark, und die
Haupt» und Mebenäfte geben mit ſehr ſpitzigen
Winkeln in die Höhe, und feßen ſich gerne in
Gabeln und nach einander an, fo auch bie‘
Zweige, die ziemlich lang wachen. Das Trag-
holz mwechfele ganz ordentlih, und flieht in pros '
portiönirlicher NBeite von einander. entfernet,
Die Sommerfchoffe find lang, dünne und von
fahlbrauner Farbe. Die Krone fcheine von ih:
tem Anfang am Stamm an eine kurze umgee
kehrte Pyramide vorzuftellen, denn fie iſt unten
fpisig, und oben breit und flach, und ſtark bes
laubt, da oben die Blätter Flein find, doc) ganz
durchfichtig.
Das Blatt iſt Fein, ſchmahl und länglich,
Seine größte Breite hat es ziemlich in der Mite -
te feiner Länge, es nimmt aber gegen beyde
Enden gemach ab, und läuft gegen den Stiel
faſt eben fo fpißig mie gegen den Ausgang nach
und nad) und zwar hier mit einer ftumpfen
Spiße zu. Die Nippchen find unordentlich ges
reihet, und laufen frumm und ungleich, und in -
verfchiedenere Entfernung dem Munde zu. Auf. |
diefem ftehen fehr feine tier ausgefchnittene ab⸗
gerundete Zädchen. Die Sarbe iſt dunkelgruͤn.
52) Reine Rirfhpflaume. (Sickl. T. 9.
&. 1802. No. IX. ©. 176. t. 10.) Diefe
Frucht ift nah Sickſer der großen Kirſchpflau⸗
me in allen. bis auf die Größe fehr aͤhnlich.
Sie iſt fat ganz rund; denn es if kaum eine .-
halbe Linie Unterfchied, zwifchen ihrer Höhe,
Dide und Breite, welche le&tere. einerley Maaf
haben, ſo daß alles beynahe in einen vollfommer
‚nen Zirkel eingefchloflen werben, kann, deſſen
Durchmeſſer ır Linien bat. Wenn fie einen fans
gen. Stiel.hätte, koͤnnte man fie in ber Entfers
Oec. techn. Enc. CRU, Theil. E nung
nung für eine ann Kirfche Halten, biefer aber
ift kurz und etwa vier Linien lang, mittelm&s
fig flarf und grün. Er fi itzt in einer. Ffeinen
Vertiefung, und hängt wenig mit der Frucht
zuſammen, daß diefelbe groͤßtentheils bey der
leichteſten Bewegung, beſonders in ihrer Reif⸗
“zeit, ohne benfelben vom Baume fällt. Vom
Stiele geht "eine haarduͤnne Linie über die Frucht
bis‘ zum entgegengefeßten Ende herunter, und
ihr Ende bezeichnet mit einem grauen Pünktchen,
die Stelle wo die Bluͤthe abgefloßen morden if.
Die Zarbe ift, befonders wenn der blaue Duft
noch daranf liegt, faft violer, wenn er aber abs
gewifcht worden, bey den recht reifen braunroth.
‚Die Schale ift duͤnne, aber außerordentlich sähe
und laͤßt fich daher abziehen. Das Feiſch ift
gelbgrän, und voll angenehmen füßen erfrifchens
den Saftes. Die noch mwahrgenommenen Fibern,
von denen die, welche am fichtbarften find, einen
Kreis unter der Haut bilden, fcheinen gleichfam
im Safte zu fchmwimmen.
| Das Fleiſch löfer ſich daher außerorbenelih
. Jeiht vom Steine, diefer ift Flein und ar
‚ ftalt länglih. Er rundet ſich unten wie oben
“auf einerley XBeife. nur bemerft man oben am
Stiele eine Fleine Breite, und unten eine Fleine
Spike. Die breite Kante zeichnet ſich außer
ihrer aufgeworfenen Hoͤhe, nur durch eine ſcharfe
aber zarte. Furche aus; die ſchmahle aber hat
gerade auf ihrer Schaͤrfe eine ſtarke Furche.
Die Backenſeiten find etwas ungleich. Der.
Stein if einen halben Zoll fang, fünf Linien
breit und vier, Linien did... Die Mandel hät
eine‘ ftarfe gelbe Haut "und faft gar feinen Ge⸗
ſchmack. Diefe Pflaume wird frühe und neben
den Sauerlitſchen reif, mit dem Anfange des
Julius“
Pflaume, 67
Julius und bis äns Ende deffelben. Außerdem
frifhen Genuſſe läßt fie ſich gut, wie. die Kir:
fchen, auf Kuchen baden. .
Der Stamm ift mittelmäßig ſtark. Haupt:
und Mebenäfte gehen in Feinen fonderlidy fchars
fen Winfel in die Höhe, und: feßen fih gern
quirlartig an. Dieſes hun auch die Zweige,
Das Tragholz flieht weitläuftig von einander ab,
wechfelt. aber ganz ordentlich. Die Sommer:
fchofle find ſchwach und mittelmäßig lang, und
faft ganz gelbgrün, nur hie und da etwas brauns
roth angelaufen, to fie die Sonne. vorzäglic)
beſchienen hat. . Die Krone wirft ihre Aeite fehr
aus einander. und läßt fich nicht gut unter einer
Sigur vorftellen. 0 .
Das Blatt. hat. feine größte. Breite mehr
rentheils über der, Hälfte feiner Länge, nach der
Spige zu, von da es gemachſam abnimmt, ſich
in eine ziemlich lange Spitze dehnt, und. eben
fo bilder es fi nad) dem. Stiele zu’, an wel
chen e8 gemadyfam anlaͤuft. Der Stiel iſt kurz -
"und auf einer Seite. etwas roth gefärbt, auf
ber andern aber iſt er gelbgrün. Die Rippchen
find eines um. das andere gereihet, ſtehen aper
in-fehr ungleicher Entfernung von einander ab.
Die Zoͤckchen auf dem Mande finp fein und
enge. Die Sarbe des Blattes iſt gelbgeün.
Nach Herrn Sicklers Vermuthung if,
dieſes eben die Art, welcher Thrift die. rothe
Allirabelle nennt, aber noch nicht genap befchgies
en hat. 0 4: RA
3) Die Rönigspflaume, die große. Ads
nigspflaume. Prune royale. — (Du Hamel,
iller. Pom, Franc. Pom. Auft.;.Hanpb.)
— Eine trefflihe Pflaume und eine Ber porzug⸗
lichſten. Sie iſt zroͤß kat rund, mit einem lans
u 2
gen,
68 Pflaume.
gen, dünnen, vertieften Stiel, und einer flars
“en Rinne . Die Grundfarbe der Haut ſcheint
dunfelgelb, worauf ein helles violee aufgetragen,
und mit vielen goldenen Puͤnktchen beſaͤet und
ſtark beftäubt iſt. Das Fleiſch iſt gelblichgrün,
hell, voll ſuͤßen Safts, durch die angenehmſte
Saͤure gemildert und von ſehr feinem kraͤftigen
Geſchmack; loͤſet ſich gut vom Stein, der nicht
groß, und faſt vierkantig und rauh iſt; reift
Mitte Auguſts. — Der Baum macht ein ſchoͤ⸗
nes Gewaͤchs, hat gruͤnlich blaue weiß vunktirte
“ Sommertriebe und längfichte, glänzende tiefges
zahnte Blätter.
54) Die Rönigspflaume von Tours, Ro-
- yale de Tours, — (Du Hamel. Hirfche
Kein. Pom,Franc. I. t. 4. £ 3. Pom. Auft,)
— Diefe ift noch vorzouoͤglicher und fieht jener
fehr ähnlich, daß fie ſchwer von ihe zu unter⸗
ſcheiden if. Sie ift aber mehr dunkelviolet, je⸗
doch auf dee Schattenfeite ſtatk ladrorh. Ben
naflen Jahren bleibt fie, fo wie jene, auch mei
nur roth, wie fie fange vor der Zeitigung aus⸗
fiege. Ihr Fleiſch iſt dunkelgelb zuderhaft, zart
und ſchmelzend, und gehet nicht gern vom
Stein, und reift ſchon gegen Ende Julius.
Beſonders aber find die Blätter an biefem
" Banme groß, rundlich, haben .eine ſtumpfe Spis
‚ He und find gebogt gezahnt. |
85); Die Waroccopflaume. — (Chriſt
Handb. Beytr.) — Diefes iſt eine fehr aroße
“konge Pflaume Am Kopfe ift fie etwas bit und
gegen den Stiel ſchmal. Die Haut ift dunkel⸗
xEoth, mit bläulichem Staube belegt und laͤßt im
. Kauen ‘eine Säure. zurücd. Ihr Fleiſch iſt gelb,
. ehe ſaftig und: von "gutem Gefchmad. Der
Stein if rauf, zwetſchenartig, und loͤſet Pu
— 77 *nicht
«
Pflaume. 69
nicht Teiche vom Fleiſch. Die Frucht zeitiget zu
Ende Zulius. — Der Baum gehört zur Zwet⸗
fhenfamilie.
56). Die Marunke. — (Chyriſt Hands.)
— Nicht die rorhe Marunke, mie einige Pos
mologen die Eyprifdye Pflaume nennen. Es
iſt dieſes auch eine fchöne, große, delifate rothe
Pflaume vom erften. Rang. Ihre Geſtalt gleiche
einer Aprifofe, nur dag ber Spalt nicht fo flarf
iſt. Sie ift ſchoͤn roth, .auf der Sonnenfeite
ganz violet, und. Überall mit ftarfen goldenen .
Punkten befäet, welche durch den ſtarken bläufis
hen Staub allenthalben burchichimmern. Der
Stiel ift ganz furz, und am andern Ende ift
ein Stempelpunft, wie ben den Kirfchen, in eie
ner Bertiefung. Ihr Fleiſch ift glafig, grünliche
gelb, voll füßen angenehmen Saft und Ger
fhmad. Der Stein, der nicht ganz rund iſt,
liegt, wie bey einer Aprifofe, trocden im Fleiſch.
Sie reift Mitte Auguſts. — Der Baum iſt
fehr fruchtbar und kann das Mefler leiden.-
Seine Sommertriebe find auf der Sonnenfeite -
roth und im Schatten grün, mit einer feinen
Wolle befeßt. Die Augen find Fein, rund, abs
fiehend, und Haben große Augenträger. Das
satt ift Mein, laͤuglich fpiß und ausgebogt.
57) Die Martinspflaume. Prune de St,
Martin. — (Hirſchfeld.) — Eine unbefanns
te Pflaume, welche Hirschfeld nicht meiter
befchreibt, als: fie gleiche der großen Damafces
ner von Tours, fey ſchoͤn violet, aber nicht fons
derlich. =
| 58) Die Wielotenpflaume. Vroege Me-
lote. — (Chr. Handb. Beytr.) — Diefe ſel⸗
tene Pflaume ähnelt nach Zarbe, Größe und
Geſchmack der Goldpflaume, hat aber einen flars
E 3 ken
ie die Eleine m Unter
von ei ir ine ie töfer A und die gi
* re se —— wird. — on
— wollen, iſt eine blet it,
= ER ie Sie hat aber faul in
u) vn " e.als im Düchfchtite
te en Zoll und zweh Bis
„nien en) ae — und dünn und
" fiße gleichfam auf der Rundung auf. Eine fleis
"Suce 8 läuft von ihm bis ans andere Ende
‚gegen; ie Barbe ift ſtrohgelb aber feſt. Mit
gegenüber, Mi
3 ein Safte ift ur nicht derjehen,
alle vorhandene
in if na ſtniß der Seuche fehe
in, ei nd Ik gut Se a Ei Ir
ah m als ihre, ftern einen weine
auf ihrer Haut, den man abwiſchen
—1* man ihre wahre Farbe ſehen will,
= B feine, er m als — In kin.
am i r feuchtbar roͤgt büns
= deine ei reift in der Mitte des Auguſts.
i⸗
ee
Mi t Zu t ie einen
® les Dr —
79 Pam
ten. langen Stiel. Ihr Fleiſch iſt ſehr zart und
ihr @aht {6 unb angineif, Ihre Reifjei if
Mitte Auguſts.
39) Die gelbe Wlirabelle, Kleine: Mira⸗
. belle. La Mirabelle. — (Qu Humel. Hirſch⸗
‘“ feid. Pom. Franc. Pom. Auft: Chr. Hands.
T. O. ©, 1794. No. 8 ©:.284. t. 13: £°r.)
7 Diefes iſt nach Herrn Pfarrer‘ Sickter
eine der vorzuͤglichſten Fflanpen ‚ und’ 'berdient
ſowohl wegen ihrer Guͤte als auch Mutzbafkeit
allgemein befdnnt und angebaut zu werben. Man
nennt ſie die Eleine YMirabelle, zum Unterfdies
de von einer andern, die größer ift, und bie gros
Be oder doppelte genannt wird. Diejenige, Yon
welcher wir jeßt reden wollen, ift eine Peine,
laͤnglicht runde Seuche. Sie hat aber faum in
der Höhe zwey Linien mehr als im Durchſchnit⸗
te der Breite, welche einen Zoll und zwey Li⸗
nien enthält. Der Stief'ift kurz und duͤnn und
fiße gleichfam auf der Rundung auf. Eine Hei
ne Surche läuft von ihm bis ans andere Ende
gegenüber. Die Sarbe ıft ſtrohgelb aber feſt. Mit
überflüffigem Safte ift fie zwar nicht verfehen,
allein der vorhandene iſt' ſtark und zuckerhaft.
Der Stein ift nach Verhaͤltniß der Frucht ſehr
Hein, und Töft fi) gut vom Kerne. Sie hat
eben ſowohl als ihre: Schweftern einen weißli⸗
ben Duft auf ihrer Haut, Ben man abwiſchen
muß, menn man ihre wahre Farbe jchen will,
ſonſt fcheint, fie. mehr meiß als gelb zu ſeyn.
Der Baum iſt fehr fruchtbar und trägt büns
delweiſe. Sie reift in der Mitte des Augufts.
In einigen Gegenden wird fie außer dem fris
Shen Genuſſe hauptfächlih zum Trodnen ge
braucht. Mit Zuder eingemacht foll fie einen
außerordentlich ſchoͤnen Geſchmack erhalten.
Pflaume, 71
Der Stamm iſt nicht ſtark. Die Aeſte
ſetzen ebenfalls mehr quirrlicht als auf eine an.
dere Weiſe an. Das Tragholz; mechfelt unors
dentlich, und fteht eng Hinter einander, ie
Sommerfchofle, fo wie auch die übrigen Zeige,
find zart und dünn, ohne Zweifel weil der .
Baum mehr an Frucht als an Holz wächft, und
die Krone ift mit den Aeften ſehr beſetzt.
Der Baum Hat viele aber Fleine Blätter;
einige davon verlieren ſich da, wo die Frucht
anfißt, außerordentlich ins Fleine. Das Blatt
bat eine länglichte Geſtalt und läuft fomohl am
Stiele als am Ausgange gemachſam fpißig zu.
" Die Nippchen find ganz ordentlich gereihet, und
“ der Nand hat fehr feine Zähne. Die Farbe iſt
. dunkelgrün.
Düpamel. führe fie im IL Theile unter
No. XXIX, ©. ı21 auf, und ftellt fie auf
‘ Tab. XIV. vor Er ift faft ganz übereinftims
mend mit obiger Beſchreibung. „Der Baum,
fagt er, erlangte nur eine mittelmäfßlge Größe,
ft aber ſehr bufchig und bringe viele Fruͤchte,
die. in Straͤußen bey einander hängen. Die
Triebe find dünne, an ber Spiße violetroth und.
®s
im übrigen hellgrau. Die Blätter find Flein,
ziemlich dunfelgrän, oval länglicht, am Rande
fein gezähnt. Die Srucht ift Elein, etwas längs
ich und dreyzehn Linien Hoch, zwölf Linien. im
Durchmefler, und mird durch eine merfliche
Rinne getheil.e Der Stiel iſt fieben Linien
5 fang und fieht der Srucht faft gleich, oder in
einer ſehr Fleinen Vertiefung Die Haut ift et⸗
was zähe, gelb, bey vollfommener -Zeitigung der
Frucht bernfteinfarbig, und wo fie von ber
Sonne befchienen worden, roth getüpfell.e Das
Fleiſch ift gelb, feſt und etwas. trocken, bekommt
E 4 aber
72 Pflaume,
aber doch Saft, wenn bie Frucht recht vollkom⸗
men reif iſt. Der Saft iſt ſtark gezuckert. Der
Stein iſt Hein und hängt nicht am Fleiſche.
Sie reift gegen die Hälfte des Augufts. Sie
ut roh ziemlich’ gut, wird aber hauptfächlich zu
Confituͤren und Kompoten hochgeſchaͤtzt, weil fie
im QZuder einen fehr angenehineh Parfüm bes
kommt. Man maht aud gute Prünellen von
ſelbiger.“
Die Beſchreibung ber Pomona Franconi-
ca it zwar dieſer auch in den meiften Stüden
. ähnlich, aber fehr kurz. Sie iſt Theil J. ©. 124.
“ N. 4 zu finden, wo die Mirabelle auch mit
. dem befondern Nahmen: Das LKercheney, auges
führe wird. |
Es verdient noch .angemerft zu werben, was
dee Herr Pf. Chrift zu ihrem Lobe, nach ih:
zer Befchreibung, welche mit der obigen übers
einfommt, von ihrem Gebrauche und Nutzen
©. 553. Theil IV. Kap. X. feines Handbuchs
ſagt. Er ſpricht naͤhmlich:
„Dieſe ſowohl koͤſtliche als wirthſchaftliche Frucht
iſt hier beſonders zu Haufe und wird fo häufig ges
- pflangt, daß zur Zeit ihrer Reife auf dem Felde ein
ſo ſtarker Geruch ift als ob man fi in einer Obſt⸗
“ "Sammer befände, und werden wohl jährlich bey 1000
Ctr. Miradellen getrodnet.” Man findet auch hier
die befte Art und Weife, ihre Bäume zu erzichen
und zu behandeln, welche bier folget.
„Wie pfeopfen die Mirabellen, ofuliren oder
fopuliren fie auf Zwetſchen und Pflaumenſtaͤmmchen,
und zwar nahe an der Erde. Da fie fi gar artig _
. in allerleyg Form, mie man nur will, ziehen laſſen,
als Köche, als Büfche ꝛc. fo werben fe ſehr haus
fig als Zwergbäume und halb hochſtämmig erzo⸗
gen, fo au vollhodftämmig zu 6 Fuß Sherthähe.
Hein diefe hochſtaͤmmigen werden in einer fleinen
runden Krone erhalten und alle Fruͤhjahre ihre Hefte
‚und Sommerlatten verſtutzt. Dadurch bieibt der
0 Ä aum
Pilaume. er
Baum Immer in feinen Kräften, treibt alle Jahre
frifde Sommerlatten und hängt fih bis an Den
Schaft fo außerordentlih voll, daß er Öfters mehr
Fruͤchte als Blätter hat. Die Feucht wird wegen
des frarfen Triebes und Kraft des Baums viel grös
Ber, ſchoͤner und faftiger, ald auf einem großen Die
zabellenbaume,, den man fortwachſen lägt. Diefer
J tehet immer duͤrres Holz, wozu er geneigt iſt, era
1 pft ih, und. dauert nit Halb fo fange, ale ein
folder , der inımer unter dem Meſſer gehalten wird. .
Ein alter großer Mirabellendbaum läßt fih zwar
auch verjüngen, wenn man die dicken Aefte abnimmt,
er treibt fodann einen’ neuen Wald; allein er wird
feinem gleich, der. klein und bufchig an: der Kro
erzogen wird. Außerdem gewinnt man —* |
man feine Mirabellendäumg Mlein ziehet und. gr
Diefen nüglichen Vortheil, daß man viel mehrere
Staͤmme in einen Mirabellengarten. fegen” kann.
Wenn z. B. in einer Reihe 12 fölche höchfiämihige
. Mirabellenbaumden fiehen, fo Daß jedes 10 Fuß von
einander entfernt if, fo Zaun zwiſchen : jedem fine
Bwer :Mirabelle fiehen, in Keſſel, Buſch oder ans
ver Geſtalt, ſo daß demnach ein foldyer angepflanzs
ger Mirabellengarten noch einmaht fo viel Fruͤchte
von diefen lauter Pleinen Bäumen einbringt, als
wenn die großen Mirabellenbäume darin ftänden,
Ein hiefiger Amtsgarten von ungefähr einem. halben
Morgen oder gegen drey viertel Morgen, Der fo
abmwechfeind mit Mirabellenbaͤumchen befegt ift, ttaͤgt
dfterd in einem Jahre fo viel Fruͤchte, daß 25 Etr,
davon getrocdfnet werden.“ |
Doppelte Wirabelle, ſ. Boldpflaume.
60) Die grüne Mirabelle. — (Handb.
Beytr.) — Der Baum hat glatte, rothe, un⸗
punftirte GSommertriebe, kleine, jpißige,. etwas
- weniges abflehende Augen, Heine, euförmige, gelbe
gruͤne Blätter, die grob gezahnt find und rothe
Plattftiele haben:
Die rothe Mirabelle. — S. No. 52. die
Heine Rirfchpflaume.
- 61) Die ſchwarze Mirabelle. — (Handb.
Guͤnd. und Borckh. IL ne. 12.) — Sie iſt
€ 5 dicker
⸗
74 Pflaume.
dicker und runder als die gelbe Mirabelle, quch
"mie einer ſeichten Rinne und kurzem Stiel,
braunſchwarz .mit viofertem flarfen Stoub. Ihr
,. Steifch if grünlichgelb, und erreiche: zwar nicht
die Delikateſſe der gelben Meirabelle, wird aber
doch gut, zumal in warmer Lage und wenn
fie recht reif ifl. Site zeitiget erſt ‚gegen Ende
» ‚&eptembers, ob’ fie ſchon lange vorher ſchwarz
wird. Sie mill lange hangen und. muß weid)
ſeyn, wenn fie reif ‚und gut feyn fol; alsdann
s.Jöft fie: ſich auch vom Stein. _
.: 62) Die'violerte oder blaue Perdrigen.
9 Pesdrigon violet. — (Du Hamel. Hirjchs
«feld. Pom. Franc, Pom. Auſt. Handb.) —
7 Diefes:ikt die größte unter,den Perdrigon, fehe
...weniges laͤnger als dic, mit einer ſeichten Rin⸗
ne, ſchoͤn violet, ins Rothe fpielend, mit eis
ßem filberfarberten Staub überzogen und mit
ſehr Eleinen ‚goldgelben Punkten getüpfele. Der
Stiel hat eine. farke, aber enge Vertiefung. Das
Fleiſch iſt gruͤnlich, hell, zart und delikat; der
Saft gezuckert und von einem eigenen Wohlge⸗
ſchmack. Am Stein bleibt. viel Fleiſch hängen.
Sie reift Ende Auguſts. — Der Baum wird
ftarf, macht lebhafte Triebe, die an der Son⸗
nenfeite dunfelblauroth find, Die Blätter find
doppelt gezahnt. | |
653) Die: rothe Perdrigon. Perdrigon
rouge. — Du Hamel. Pom. Auli. Hirſch⸗
feld. Handb.) — Eine ſchoͤne gute Pflaume
vom erſten Rang. Sie iſt anſehnlich groͤßer als
die weiße, faſt rund, mit einer unmerklichen
Nath ſehr ſchoͤn roth, mit einem blauen Staub
> "überzogen und wenn ſolcher abgewiſcht, zeigt fie
fin etwas gelb marmorirt mit feinen goldenen
Pünktchen uͤberſaͤet. Das Fleiſch iſt geldgelb,
* mit.
⸗ ®n
2 .
| Pflaume, 25
mit weißen Adern durchzogen, helldurchſſchtig,
vöͤll fügen Saftes, mie die grüne Neneffode
und sehr wohlfchmedend.- Die Haut ift zwar
etwas zähe, hat aber nicht die geringfte Säure,
©: und gibt daher getrocknet eben fo delifate Ptüs
nellen, als die weiße Perdrigon. Der Stein’ ift
“ Hein und hänge wenig am Fleiſch, reift-"im
September. — Der Baum iff, fruchtbar und
laͤßt feine‘ Bluͤthe nicht fe gern fallen, als “bie
"weiße Perbrigon. Seine Triebe find Tang, dünn
- und: braun; die Augen flein, ſpitz und auflie⸗
gend; die Blätter find ellipfifch, gegen den Stiel
etwäs breiter als vorn, haben eine ſchmahle Spi⸗
Ge, und find regelmäßig und fein gezahnt.
64) Die ſchwarze Perdrigon, ‚Dertrigen
aus der Normandie. Perdrigon noir,’ Perdri-
gon Normand. — (Du Hamel. Pom. Auf,
Handb.) — Diefe ift groß, etwas länglicheänd,
ohne vertiefte Rinne, ander Sonnenfeite ſchwaͤrz⸗
“blau, "auf der andern hellviolet mit Gelb ver⸗
mischt, ftarf beftäubt; von. hellgelbem, feſten, Feis
nen und ehr belifatem Fleiſch, und vielem für
fen erhabenen Saft, reif gegen Ende Augufls.
— Wenn fie im Regen auffpringt, ſchadet es
ihrer Güte nicht. — _ Der Baum ift fruchtbar
ind wird groß. Die Blätter find flarf und
ſchoͤn grün. . u
65) Die fpäte Perbdrigon. Perdrigon
tardif. — (Handb. Beytr.) Eine feltene, hoͤchſt
fhäßbare fpäte Pflaume, die aus Me ſtammt.
Ihre Geſtalt ift Fugelrund, beynahe bon’ der
- Größe der grünen Meneflode oder Dauphine,
ganz dunfelblau, von einem delikaten zuderfüßen
Fleiſch von fehr parfümirtem MWohlgeihmad.
Der Stein loͤſet fih nicht ganz vom’ Fleiſche.
Sie hat dabey das Verdienſt, daß fie ſehr ir
a | reift
6 Pflaume,
reift und bie Tafel und Küche verforgt, wenn
die andern Pflaumen längft vergefien find, ins
dem .fie auch in ſehr trodenen und warmen
Sommern nie eher als zu Ende Octobers reift,
und germöhnlich bis Mitte Movembers am Baus
me bangen bleibt, ehe fie von felbft abfaͤllt. —
Zum Trodnen ift fie auch fehr fhäßbar, und
- ‚wird gewöhnlich allen anderen Pflaumen vorge
„zogen, da fie ihre ganze Güte und Wohlge⸗
Ä mad und ihre völlige Suͤßigkeit, wie im fris
ſchen Zuftande, beybehäll. — Der Baum, ber
gemeiniglich ein Jahr ums andere, hingegen befto
reichlicher ‚träge, macht als Pflaumenbaum ein
gutes Gewächs. Seine Aeſte geben in fpißigen
Minfein In die Höhe. Die Sommertriebe find
‚bunfelviolet, gegen oben Bin roth und glatt. Die
Augen find fehr Flein, kurz und rund, haben 2
Afterbfärtchen und hohe Augenträger, Das Blatt
iſt gelbgrän, nicht groß, rundlicy, mit einem ro⸗
then Stiel und gebogt gezahnt.
66) Die weiße Perdrigen, das weiße
Rebhühner:Zy, die Brünioler Pflaume. Per-
igon blanc, Prune de Brugnolle. — (Du
Hamel. Hirſchfeld. Pom. Franc. Pom.
Auft, Hantb. T. O. ©. 1795. No. VIL ©.
209. 1.12.) — Eine gar herrliche Srucht, runds
lich, unten etwas gebrädt, mit einer feichten
Minne, die ungleicdy theilt, duͤnnem, nicht fangen, .
etwas vertieft lebenden Stiel, weißlich gelb mit
Häufigem Staub, Öfters an der: Sonnenfeite
roth getünfelt; das Fleiſch gruͤnlichgelb, hell, fein,
. und doch etwas fefl, mit einem eigenen Parfüns
‚ und überaus gezudertem Saft, und wird nie
mehlig. ‚Der Stein iſt Flein, did, unten rund,
und loͤſet ſich ae vom Fleiſche. Außer ihrer
. Güte und Wohlgeihmark bey dem frifchen er;
| nuß,
® re
Pflaume. 77
nuß, dienet fie auch zum, Trocknen ganz under
gleichlich, und werden in der Provence die bee
rannten und beliebten Pruͤnellen davon getrocknet
und verſendet ſie; reift von der Mitte bis gegen
Ende Auguſts. — Der Baum kann das Meſſer
nicht vertragen, und wirft dadurch feine Bluͤthen
ab, das uͤberhaupt ſein Fehler iſt Er wird
ſtark und macht einen fluͤchtigen Wuchs. Die
Sommertriebe find kurz und mittelmäßig ſtark.
Die Augen haben ſehr hohe Augenträger, daran
die Sorte ſehr kenntlich iſt. Das Blatt iſt gelb⸗
lich grün, länglih, und läuft gegen den Stiel
etwas fpiß zu, die vordere Spitze aber ift grös
ser Die Zahnung if ſtumpf.
67) Die Rartbäufer : Pfirfchenpflaume,
Prune ptche des Chartreux. (Allg. T. Gart.
Magaz. 1807..No, XI. t. 29.) |
Dieſes ift nach Herrn Sickler eine Fleine
mirabellenartige Frucht, nur eswas größer, als
Die gewöhnliche Fleine Mirabelle. Ihre Länge,
Dice und Breite ift wenig, und nicht eine hal
be Linie von einander verfchieden, davon Die
Höhe, als das laͤngſte Daß, gerade einen Zoll
ausmacht. Selten ift die Linie deutlich, die ge⸗
woͤhnlich vom Stiele bis zum entgegen gefeßten
Ende läuft; indeffen finder man doch das graue
Puͤnktchen, wo die Blüche abgeftoßen if. Der
Stiel befinde fih in einer Fleinen engen Der»
tiefung, ift duͤnn, grün und etwa 3 Zoll lang,
Die Sarbe tft hellroth, deren Grund ein fchmuts
ziges gelb ift, und har hie und da Fleine Baum;
flecken. Die Haut ift dünn und zähe und läßt .
fi) recht gut abziehen, wenigitens der vierte
"Theil dee Haut laͤßt ſich auf einmahl wegneh⸗
men. Das Fleiſch ift zart und hellgelb; Kar Feis
nen Sıbernfrang im Fleiſch under ihrer Ic
War _ ... ee B — 6
38 Pflaume,
fläche, aber ftarfe Fibern, die vom Steine nad)
der äußern Weripherie. hinfirablen. Es läßc ſich
gut vom Steine ablüfen, hat vielen Saft und
‚ einen fehr füßen Gefchmad.
7 Der Stein ift flein gegen die Frucht und
laͤnglich. Er ift einen halben Zoll lang, vier Lir
„.nien breit und drey Linien did. Die größte
“Kante hat drey aufgeworfene Linien, davon „Die
‚ mittelfte die höchfte und ſtaͤrkſte iſt. Zwiſchen bie:
fen dren Linien find zwey flache und ünbeutliche
Vertiefungen. Die ſchmale Kante hat auf ihrer
; Schärfe eine fehr zarte fBaltartige Furche. Die
Ä Backenſeiten find etwas genarbt und unter dem
. Stiele den Pflaume ift der Stein eben fo. ſtumpf⸗
fpißig, mie ‚unten an dem entgegen gefeßten
Ende, mo er nur ein Flein wenig abgerundeter
zulaͤuft. — Die Pflaume wird in der Mitte
des Auguſts ref und ift zum friſchen Genuffe
ſehr gut. | |
Da der Baum noch nicht völlig ausgewach⸗
fen if, ſo kann von feinen Aeften und Zweigen
| od nichts beflimmtes gejagt werden, nur daß
er bis jeßt ein freudiges Wacschum hat. Die
Sommirkhofe find mehr gelbgrüän, und zeigen .
auf der Seite gegen die Sonne einige fchwache
Roͤthe.
Das Blatt iſt lang und hat ſeine groͤßte
Breite in der vordern Hälfte feiner Länge, von
der es nad) und nad) flumpf abgerundet zus
läuft. Mach dem Stiele zu nimmt es länger. ab
und läuft endlich fpißig an denfelben an. Die
Rippchen find größtentheils eins um das Andere
gereihet, und laufen fehr gebogen nach vem Auss
gange des Blattes, zur Peripherie oder dem
Rande, und ſtehen weitläuftig aus einander,
Auf dem Rande fliehen Fleine abgerundtte —*
u en
Pflaume. | 8 |
. - ‚s
chen fehr enge an.einander. Der Stiel ift Fürz
, amd röthlich, das Blatt aber bünn und hellgruͤn.
Diieſe Pflaume ift ehemahls in der beräßm:
ten Baumfchule, welche bie Carthäufer in ihs
rem Klofter zu Paris hatten, entflanden, und
zum Andenfen deſſelben die Carthaͤuſer⸗-Pflau⸗
me genannt worden. Was fie aber mit der
Pfirſche gemein. hat, ift nicht einzufehen; doch
Bat fie viel ähnliches mit der Mirabelle ‚und
auch der rothen Mirabelle, die ro. ı2..im.2t.
‚Heft des von Hrn. von Günderodg und
Hrn. Bordhaufen herausgegebenen Pflaͤu⸗
menwerkes befchrieben worden, was fie aber in
‚anderen Beziehungen wieder nicht feyn kann.
u 68) Die. Purpurpflaume. — (Handb.
Beytr.) — Die Pom. Auf, nennt fie die große
rothe Seigenpflaume, (Prune figue grolse
. zouge). — Eine große lange, ſchoͤne Pflaume,
die fchön roch ift und wenig Staub hat. hr
Fleiſch ift röthlichgelb, füß, mohlfchmedend und
föfee fi). gut vom Stein. . Sie ift weder von
“den frühen, noch fpäten, und reift im Augafl.
— Der Baum madht als Pflaume. ein flarfes
Gewaͤchs; Hat dide lange Sommertriebe, die
geönrörhlich und ohne Punkte, aber etwas mol:
lich find. Die Augen en Hein, fpit und has
‚ben hohe Augenträger. Das Blatt ift fehr groß
und breit, unten und oben kurz fpißig, mit eis
nem langen rothen Blattſtiel, und ift hängen.
69) Die große Renellode (Röniginn
Claudia), die grüne Aprikofe, die Dopbine;
pflaume. Grolse Reine Claude. Abricot vert...
Vertebonne, Dauphine, Stal. Verdacia, --
(Du Hamel. Hirſchfeld. Pom. Franıs.
Pom. Ault. Frag T. O. G. II.B. ©.288.)
— Dieſe treffliche gute Pflaume ſtammt wahrs
ſchein⸗
go Pflaume.
ſcheinlich aus Griechenland, daher ſie auch Pru-
a graeca heißen. Sie hat ſeit ungefähr zo
Jahren angefangen, ſehr bekannt und gemein zu
werden. Sie ift groß, rund, tief gefurcht, grün,
mit gelblichen Adern durchzogen, von heller feis
ner. Haut, wodurch man die Safern fieher, wenn
der binne Staub abgewiſcht if. Einige befoms
men auf der Sonnenjeite einen leichten rörhli«
“chen Anftrich; manche befommen graue Oder rauhe
Sieden und das find gewöhnlich die ſchmack⸗
bafteften.. Das Fleiſch ift fehr ſchmelzend, voll
ſuͤßen Safts, ohne dadürch weichlich zu ſehn,
und hat einen eigenen delikaten Geſchmack; der
Stein iſt ſtark angewachſen. Wenn ſie mit
Achtſamkeit getrocknet wird, fo gibt fie delikate
Pruͤnellen, und friſch zum Einmachen und zw
Confituren ift fle vortrefffich, reift Anfang Aus
‚ guftes., — Der Baum treibt fluͤchtig und iſt
ſehr kenntlich an feinen Augen, da wenige Pflau⸗
» men fo hoße Augenträger haben. Das Befchneis
den will ee ſich nicht gefallen Taffen.
70) Die Renellode mit balbgefüllter
Blürbe La Reine-Claude àâ Afleurs [emi-
double, — (Du Hamel, Handb. Beyer.) —
Sie gleihet ganz der Reneklode, nur daß bie
Frucht etwas fleiner, und bie Bluͤthe gefülle ift,
and ı2 bis 18 Blumenblätter hat. Sie ſcheint
inwendig gruͤn, weil der Kelch innen und außen
geän if. Die Staubfäden liegen auf den Blus
menblärtern und der Stämpel ift groß.
71) Die Bleine Renellode. Petite Beine-
Claude — (Du Hamel. Hirſchfeld. Pom.
- Franc. Pom. Auſt. Handb. 3, O. ©. 1803.
No, VI ©. 17. t. 3.) — Sie kommt meift
mit der geoßen überein, außer, daß fie etwas
feſter und trockener von Fleiſch und daher beffer
on a und
Pflaume. gg
und bequemer zu trocknen ib, "En welcher Ruͤck—
ſicht fie. audy:ieden der großen‘ gepflanzt mir.
Ehe fie reif und von’ ver ’Scrne gefärbt
wird, ſieht ſie immer ſehr grün ’aud, be⸗
ſonders wenn ſie vom Duft uͤberlaufen iſt, wenn
ſie aber ihrer: Zeitigung ſich ˖ naͤherr“ſd Fänge. fie
an, in der Grundfarbe gelb zu Werden, ijnd
faͤlit zuletzt in das Ifabellgelde. Der Theil, welcher
der Sonne am meiſten ausgeſetzt ift, "wird kar⸗
mofineoth, zwiſchen welchem: die Grundfarbe in
- sehr ſchoͤnen geben‘ Punkten“ und ftellenmweife .
hindurchblickt. Die Karmoſinroͤthe iſt nicht üherse
all zuſammen Hängend "und erſcheint oft auch
nur in ſehr zarten Punkten. Die Frucht? iſt
oben und unten etwas platt gedruͤckt, und der
, Gtiel befinder:fih in einer'-Eleinen’ und engen
Vertiefung, ift mirtelmäßig ftatf' und einen Zoll
lang. Von⸗dieſem laͤuft bis zum entgegen ſtehen⸗
den Ende eine ziemlich deutliche Furche, die
fid) bey einer Fleinen Vertiefung in der, Miste
‚endiget. Bey. recht reifen fieht man unter ber
. Haut: auf: der andern Seite eine dänne Linie
hinſtreichen. Die: Größe ift einen’ Zod vier Li⸗
nien hoch und einen Zoll dred Kinien breit und
dick, ob fie gleich platt ins Auge fällt. "Die.
Haut ift zart, das Fleiſch gelb und zart und
voll füßen und erquickenden Suftes Die Fi⸗
been bilden unter der Haut einen zarten Kranz,
und fiheinen mehr von derfelben einwaͤrts, ale
„vom Stein auswärts zu’ fleeichen, "und nur üe⸗
nige fcheinen . diefen Gang von ihm nach. der
Peripherie zunehmen. Der Stein ift laͤnghih,
acht Linien hoch, fechfe breit, viere did. Unten
iſt ec abgerundet. aber wo ber Stiel. anfigt, '
ſtumpfſpitzig. Die große Kante ift fehe breit und
har viele aufgerworfene Linien und eingefenfte
Der, techn. Enc. CXIL Theil, 5 Fur⸗
1*
92 Pflaume.
Furchem Man zihlt von jenen gemeiniglich fuͤn⸗
— und von. diefen viere. Die kleine Kante ſcheint
bloß durch eine: ziemlich tiefe. Furche geſpalten
‚3
Er
zu feyn, an, melcher an beyden Seiten eine
ſcharfe Linie: hinlaͤuft. Die Backenſeiten find
‚zart genarht, und haben vom Gtielende. herabs
"wärs einige kurze Salten. Die Königinn Elaus
"Dia wird mit-ihege Schweſter reif, und iſt fo
. gut wie biefelbe,. -
Der Stamm; wirb. ziemlich ſtark. Haupt⸗
"und \ftebenäfte gehen - in--.nicht: fehe fcharfen
Winkeln -in die Höhe, und ſetzen fi gern quits
„ licht an. Die Zweige find kurz und fleif,. das
Tragholz mechfelt ordentlich - und flieht in pros
«
pertipn hen Entfernung von einander ah. Die
ommerfchoffe. find auf der, Sommerſeite Yell:
roth, oft. nur ſo punktiret und auf der Winder⸗
feite Meergruͤn. Die Krone bilder eine hohe
t .
Kugel. un ı
Das Blatt ift laͤnglich und har feine größte
Breite in ber Mitte, ‚nimmt gegen den Aus:
..gong zu, fo wie gegen den Stiel, gemachfam
Ab, und ‚gegen biefen etwas länger, und läuft
dann an den Stiel fpikig an. Gegen ben: Aus»
ng iſt es fürzer und läuft in eine ftumpfe
pibe aus. Die Mippchen find meitläuftig und
‚ganz ordentlich geseihet, fie laufen aber biswei⸗
“ten etwas frumm. Auf dem Rande ſtehen fei⸗
ne runde Zaͤckchen. An Farbe iſt es dunfels
gruͤn, etwas ſtark und fieht wie. gefrümpelt aus.
72) Die ſchwarze Reneklode. — (Chriſt's
Handb.) — Sie ifk eine wahre Reneklode, groß,
“rund, und hat. eine Furche, die ungleiche Hälfs
ten macht, Die Haut ift roth, mit blawem
Staub bedeckt, und gegen unten: hin barunker
ſchwartz das Steh HR belge, fafris;_ ber
Aen
Pflaume 8°
Stein abloͤslich; reift mit den uͤbrigen Anfang
Auguftes. — Der Baum. Hat rörhlihe Som:
mertriebe, die einen Punfe am andern haben;
die Augen find grau, fchuppig, eim wenig abfter
hend. Das Blatt iſt eundlich, mit einer kur⸗
zen Spiße und geboäch gezahnt.
73) Die Sqweitzerpflaume. Prune
Suiffe. — (Du Hamel. Hirfehfeld. Pom.
Ault, Handb. Bentr.) — Eine mittelmäßig gro⸗
fe, blaue, gute Pflaume, die ganz "rund ifl,
nur oben und unten etwas eingebrädt ſcheint.
Ihr Stiel, der drey Viertel Zoll lang iſt, ſteht
in einer ganz Heinen Aushöhlung und’ der Köpf
ift am Stempelpunft auch fo eingebogen. Die
Höhe iſt ein und ein Viertel Zoll und der Durchs
meffer oder die Die fait unmerklich ftärfer.
Die Haut ift ſchoͤn violet, ftatf beſtaubt und
laͤßt ſich Teiche vom Fleiſch abziehen. Das Fleijch
ift Heigelb, und auf. der Schattenfeite ermias -
gruͤnlich. Der Saft ift Häufig, ſtaͤrk gezuckert,
von einem erhabenen und angenehmen Geſchmack.
Der Stein hängt nur an etlichen Orten am
Fleiſch. Die Reifezeit diefer guten Pflaume ift
von Anfang Septembers bis faft den Monarch
durch. — Der Baum hat einen ftarfen Trieb
und wird groß, und fehr fruchrbär. Die Triebe
find fein wollig, und gegen die Sonne dunkel:
violet, hinten aber heller. Die Augen find groß,
kurz zugeipigt und ſtehen nahe beyſammen, und
haben erhabene Augeriträger. Das Blatt iſt oval,
unmer fi gezahnt, und har einen Furzen Blatt
ftiel, II
. 74) Die Septemberpflaume, Vacanz
pflanme, die St. Wirhelspfluume, (meil fie
um Michaelis reift). Damas de Septeinbre,
Prune de Vacatlcd; — zu Hammel, Hirſch
on 2. feld.
84 Pflaume,
‚feld. Pom..Franc. Pom, Aufin) :— Eine, et⸗
‚was Seine blaue, gute Pflaume, etwas über ı
. Bol hoch und ı Zoll Bid. Eine feihte Rinne
‚theilet ſie auf der vordern Seite. . Der dänne
kurze Stiel. fteht in einer engen tiefen Aushöhe
lung. Die Haur iſt dunkelviolet und fein ber
ſtaͤnbt. Das Fleiſch iſt gelb, der Saft erhaben
und angenehm, der Stein ablöslich; reift: Ende
Septemberd.. — Der Baum wird flarf and
fruchtbar. . Seine Triebe find fang, mittelmaͤßig
di, roͤthlich und mit weißlicher Wolle beſetzt,
bie Augen klein, ſtark zugeſpitzt und find bald
einfach, bald doppelt und dreyfach, die Blaͤtter
mittelmaͤßig groß, gegen die Spiße breiter, ‘als
gegen den Stiel, fein. und feicht gezahnt.
75) Der Spilling, ‚gelber Spilling, die
‚gelbe Sröhpflaume, gelbe Spindelpflaume,
aueraptlaume. Prune jaune hative, "—
(Du Damek Hirfhfeld. Pom. Franc.
Pom, Aufi. T. DO. ©. 1797. No.XlI. ©. 319.)
— Diefes Piläumchen, welches unter den eriten
des Jahrs erfcheint, iſt 'eyförmig, und mehr
lang, als rund. Das graue Bläthenpünftchen
ſteht etwas auf der Seite, Vom Stiel bis zu
jenem Ponkt läuft eine ziemlich. ſichtbare Linie,
die. bey ihrem Ausgange eine ſeichte Furche zu
machen ſcheint. Der Stiel fcheint etwas in bie
Frucht bineingeftedt zu feyn, und ift fehr locker,
daher fälle fie in ihrer Meife bey der geringften
Bewegung vom Stiel. Er ift mittelmäßig flarf
und halb fo lang, als die Srucht ſelbſt. Diefe
mißt in’ der Laͤnge ı Zoll 4 Linien, und io jie
am bereiteten ift ı Zoll und- in der Dice erwa
. eine Xinie weniger. Ihre Sarbe ift meißgelb,
- die Haut ſcharf Über. das Fleiſch gefpannt, und
"weiß beduftet. Das Fleiſch iſt noch etwas geb
| u er,
* .
Pflaume. 88.
ber, zart, und hihi unangenehm. Sie Kat mit⸗
telmaͤßigen Saft’ und einen zuckerſuͤßen zwet⸗
ſchenartigen Geſchmack, nur die Haut macht fie
etwas pikant, wenn than ſie mitißt, und iſt et⸗
was ſaͤuerlich. Der Stein loͤſet ſich nom Fleiſch,
- wenn die Frucht recht reif iſt, und hänge nur
an der ‘breiten Kante. mit dem Fleiſche zufams
min. Der Stein it Tänglich, beynahe unten fo
ſpitzig, wie oben, auf: beyden Seiten zart ge⸗
nardt. Die Pflaume‘ reift zu Ende des Julius,
oder auch Anfang. Auguſtes. — Der’ Baum hat
einen mittelmäßigen ſtarken Stamm, feine Haupts
und Mebenäfte gehen-in-fehr fpigigen Winkeln
„in die Höhe: Die’ Sommertriebe find fur; und
duͤnne, die Krone mädyt“eine Pyramive. Das
- Blatt iſt gruͤngelb, 'emficdy lang, und 'hat feine
größte Breite etwas über der Mitte feiner Loͤn⸗
- ge nach dem Stiele zu, und ift fehr fein’ getahnt.
Nah Sickler's Vermuthung' iſt dieſes
eine alte deutſche Frucht, fo wie man auch noch
alte Volkslieder hat, 'bie der Spillinge mit vie⸗
lem Lobe erwaͤhnen. N
76) Die fruͤhe gelbe Pflaume aus Ca⸗
talonien. Prune jaune hative ou Catalogne.
— (Allg. T. Gart. Magaz. 1808. No, VII.
S. 270. t. 17.) —Es iſt eine kleine, artige,
gelbe Frucht, dem deutſchen gelben Spillinge
ähnlich, nur nicht fo ſchmaͤchtig. Sie iſt längs
lich und mißt in ihrer Länge gerade einen Zoll,
und in-ihrer Breite, die mit der Dice faft. eis
neriey Maaß hat, zehn Linien. Sie würde bey⸗
nahe malzenförmtg feyn, wenn fie fih ungen
nicht etwas Dicfer zurundete, und gegen bem
Stiel etwas dünner abfiel. Die Linie vom Stiel
herabwaͤrtslaufend, ift nicht fehr fihrbar und .
ohne großen Eindrud, jo wie aud das Bluͤthen⸗
| 53 gruͤbchen,
86 Hflaume,
grübchen, ben welchem fie fih endet, wenig ber
merfbar if. Der Stiel hat. faft gar feine Vers
tiefung, iſt dünn und hat etwa bie Länge der
Pflaume felbfl., Die Farbe ift meißgelb, mit eis
nem zarten weißen Duft uͤberlaufen, wie die
kleine Mirabelle; doch iſt die Haut nicht ſo
.. rein, ſondern ſtellenweiſe mit ßarken roͤthlichen
Punkten beſtreut. Sie iſt zart und dünn und
ßt ſich auch abziehen. Das Fleiſch, iſt zart
und gallertartig und hat einen angenehmen ſuͤ⸗
sen Geſchmack.
Der Stein iſt ‚gleichfalls langlich. Er mißt
in ſeiner Laͤnge ſieben Linien, in feiner Breite
vier und in ſeiner Dicke zwey. Unter dem Stie⸗
le iſt er ſtumpf und. unten hat er auf ſeiner
Rundung eine kleine aufgeſetzte Spitze. Die
a
breite Kante hat an ber Höhe auf beuden Geis
ten zwey . Succhen.. Die Fleine Kante ebendas
. felbft- deren auch zwey. Die Badenfeiten find
zart auf.benden meitläuftig genarbt, und. haben
einige aufgeworfene Linien unter dem Stiel her⸗
abwaͤrts ſtreichend. Ungeachtet der Stein mit
ſtarken Fibern, die iq feinen Surchen liegen,
feftgebalten wird, fo fü fich boch das Fleiſch
gut pon ihm ab. Die Pflaume wird Ende Zus
. fius oder gleich Anfange Augufts reif, und ift
ſehr tauglich zum frifchen Genuß, dürfte fi
auch wohl in der Wirtbichaft eben fo gut, wie
bie Fleine Mirabelle gebrauchen laflen. Sie daus
ert, nad) und nach am Baume reifend, vierzehn
Tage bis drey Wochen.
Der Stamm ift ſchwach. Haupts und Ne⸗
benäfte gehen in fpißigen Winkeln in. die Hoͤ⸗
‚ he und feßen fih gern nach einander und in
" Gabeln an. Die Zweige find ſchwach, kurz und
ſteif. Das Tragholz wechſelt unordentlich uns
nn Ä ſteht
Pflaume, Ä 3)
ſteht in ungleicher Entferhung von Anunder! ab.
Die Sommerſchoſſe find gegen die Sonnenſeite
ſchmutzig aſchgranr und auf dei’ andern ſchmut⸗
zig gelb, lang und duͤnn. ti 0.
Das ansgewachſene Blase iR ſanglich und
bat feine größte. Breite in der "Yendern Haͤffte
feiner Länge, von da es nach dem Alsgange
. hin kur; abaimme,.:sund mehr rund aid. fptßig
zulaͤuft / Mach dem. Stiele zu dehnt es ſich Fine
ger und läufrfpigigian denfethene an. Die Rißp⸗
chen find mweitläuftig und laufen im einem Bo⸗
- gen dem Mandezii, "Auf dieſem fliehen runde,
eben : nicht ſehr Beutfihe Zaͤchchen, - weis" fich
gegen die Spitze hin, nach“ unße nach verlieren.
| Des: Blaro: ir Duntelgrän, der Saiel: aber hells
77). Der: blaue Sptliinge-i (TE. O. ©.
ıg01. No. VI. ©. 369. t. 19.) — &tine
: order. iſt laͤnglich, von ı Zoll Hoͤhe Ind hat
bey 10 Linien Breite und Did. !Am-Eriel;ift
dieſe Frucht etwas fpißiger,.‘ ale am entgegen
ſihenden Ende, wo fie kolbiger:aind runder iſt.
Der Stiel:ift: xtwa F Zoll lang, giemlich ſtatk,
und .hat eine bleine ſeichte: Moertieftimg umſich
herum. Bisweilen ſieht man"einE zarke Linie
wom Stiele bis! zum entgegengeſeßßzten Ende lau⸗
: :ferthi die. ſcch Ani einem brauvrochen Poͤnkt hen
endigt Die Darbe iſt wie DIE Faeble dar "genfeis
nm Ziveriche,i nenn der - Daft wäranf‘ Mühe,
sehgmlic, blaͤulich; adgewiſche duakelroth braun.
Die Haut iſt Jaͤhe und’ etwas Itau;, dus greife
:grAngelb undn zart, löfer ſich mar dann gur: vbm
Stein, wenn⸗die Frucht rechtneiß iſt. Slis iiſt
::faftig und von ernem augeneinen füßen RG
. festiadt. : Der hin iſt ame. Reife Eilde
Jnlius ober Anfang Augſes⸗ Der Baum if
4 + Alte
89 Pflaume,
„mittelmäßig. Bar: ‚die Sommeetriebe find kurz
2 if. der ‚anbern-Ähmußig * ‚und Die Rresne
bildet eine umgekehrte Pygamibe..: „Dos; Biptt
a:äft laͤnglich and, ſchimahl, auf: dent. Rande ſaͤge⸗
Formis gezahmtı- Seine Farbe. iſt dunkelgroͤng
ri: 78) . Die rothe. Spärpflaume.. Aaure
„tardive, — ER 9 ©. 1804: No; V. ©. :r36.
‚ 2:78) —:: Diele. Pflaume if ganz rumdu:ad
‚Zoll body und. sben fo breit. Sie hat an einer
Seite eins flache Rinne, und her etwası.digse, .
„einen. Zoll lange Fruchtſtiel -fißt:. oben: auf der
grucht. Die Schale iſt etwas zaͤhe, heil karmoi⸗
ſin, der Sommerſeite aber dunkeler. :
Das . Fleiſch iſt ariblich von ſehr angenehm
" fäuerlichem Geſchmack, das hinlanglich Saft
‚Se Der Heine: flachrunde Sttin. loſet ih dom
Das. Bart. ift dunkelgrün... az Zou lang
z.amd 12.Zoll breit, ift weitläuftig gerippt, und
ihr fein. gezahnt. Der Blattſtiel iſt 1 Zoll tang.
.. Der Baum hat einen : anfehnlichen Wuchs
"ggeibt; Karfe aufrecht ſtehende Zweige, die .wieit
RR Aug. einanvee fteßen, fie find. ‚Rarbihelaubt. ‚a
an & Mr fehr fruchtbar; -. -: R
Heerxe Großactuarius Ne ab. gu
- n "Son echieft dieſ⸗ flaun aus Fot An
des. dem Tohmen.Azure: heine fand abet. daß
"af: Statt -betiwe mit tardiue belegt werden muß⸗
‚nie. denn, fie. geiligätrerk. am Epde Occebars
ua: Anfange Mlopembers, haͤlt ſich lange uf
inbem Baume, und wenn. fie-abgenssmmen wird,
Itann fie ehenfalls noch lange aufbewahrt werben.
se Die uhr. Gsuchtbarkeit des Baums,“* die
s.fpäte Meife , and: daß die Frucht fo wohlſchmek⸗
Ikend iß, — ae fleißige Anpftanzung Des
Baums. 79)
PRaumes 5?
*. 79) Die Pflaume ohne Stein! ; Prune
ans noyau. — (Du Hamel. — |
Pom. Franc. .Pom. Aulir, Handb...2..©.:®.
. 3799. No. VIL ©..84 1.6. A) Stift
- eine Heine Feucht, die in der Hälfte ihrer Länge
mad) dem Stiefe zu ihre größte Breite hut, und
am den Stiel ſich platt: zurundet, gegen.:-has.
andere Ente wölbt fie -fich Hanglidy: ‚cund:;gu.
- Man findet. biameilen eine. Furche, die vom. Stiel
herabwoͤrts und nach dem andern "Ende zulaͤnft.
+ Die Zeuchr: iſt dann gewoͤhnlich etwas krumm
gezogen, unten auf der abgerundeten Spitze dat
J ie ein grauen: Btempelpänftchen:: _ Der Stiel
t faft .gartz platt auf Der. Rundung und iſt
u ftarfu:-. Sie mit 11 Linien in der: Höhe,
=.wo fie am ſtaͤrkſten ift, im Durchmefler 8; und
emo ſie am dännften if, 6 Linien. : Shre Sasbe
:aß-fihwarsblau,: aben der flarfe Duft fteller fie
7 himmelblau da Die Haut ift flasf. Das
Fleiſch iſt gruͤngelb, feſt und zuſammenhangend.
Saft befindet fi) wenig in demfelben. Der
Seſchmack iſt ſuͤß, aber ohne Nachdruck. Statt
des Steins findet man nur eine bittere Mandel,
.. oft nur eine Gallerte, in einem Häutchen ein⸗
x geichloflen.: Sie reife Ende Auguſts. — Mer
.: Baum waͤchſt nicht ſtark/ obſchon fein Nische
eine wilde Art anzeigt, und bornicht ausßeht.
r Die Haupt: und Nebenaͤſte fehen: ſich gern: in
Gabeln :an, und die Krone. bildet eine. Habe Py⸗
ramide. Das. Blatt iſt⸗ bellgeän , “läangfich " und
iſt ſcharf gezahnt. ei
80) Das Taubenbers. Coeur de Pigeon.
pe - (Chrifts Handb.) — Diefes. ift eine -fehr
«v.Hleine hersförmige und die alterfeühefte "Pflaume,
Aneren unb gran, und reift zue Zeit der
Kirſchen. ©. 0, WW
55° 81)
a Pflaume,
Egg). Das gruͤne Taubehhers: Coeur de
«Pigoeir verd. — (Pom. Aulir.) — Diefe Pfläus
me iſt · mittelmäßig. groß, herzfoͤrmig, mit einer
"Heinen Furche und einem etwas langen. Stiel.
Die Haut ik grün, mit einem. fahlen Staub
. belegt, Das Fleiſch iſt gelb, Härtlich,. von ziem«
lich angenehmen Geſchmack. Der Stein iſt rauh
und uneben. = - Der Baum hat zöchliche ins,
J.Piolette foielende. Gommertriebe, vie auf bee
. Gchattenfeite gelbgrän find. Die Blaͤtter find
ehe rund, als: enförmig, aß, tief und ſtumof
Hoaeſormig a
82) Die Virginiſche Dflaume:- Proneide
Virginia — (Bu Hamel, Pom. :Frana.: t.
. £. 25.) — Du Samelihennt. fie Man-
fer hatif, den frühen Monſisur,: weil er fiefür
eine Warierät don der Herenpfläume:häft,.. und
:Mayer vergleicht fie mit der Kirfchpflaume,
«:Prune Gerile, nur etmas länglichee. — Bie!ift
„ eine firfchroche Pflaume, mit viefen Goldpoͤkt⸗
“chen, zumahl gegen ben Hlüthenpunft hin,be⸗
Kreuet. Der Stiel iſt lang und‘ duͤnne. Das
Zleiſch iſt weißgelb, feſt, ſaͤuerlich und von ges
ringem Geſchmack. Der Stein iſt abloͤslich.
.Sie reift ‚gegen Ende: Septembers. —: Der
Baum wird nicht groß, und har ein fehr Jans
ges und breites Blatt, das rauh, banfefgein
und tief gefurcht iſt. Er bluͤhet ſchoͤn und Aus
jerordentlich ſtark, welches ſein Hauptverdionſt
3:dft, die Bluͤthen ſetzen aber wenig Sehthte, an,
fo wie eg bie Kirfhpflaume ‚machts °:.-
83) Die! Dirginifhe Ludwi aume.
Bt. Louis. — Prune de $t, Louis, = (Handb.
ce - Beptt.) — . Diefes iſt eine gang: andere And
-, zwar. ſehr belifate Pflaume, welche ein franzbſi⸗
ſcher Officier nach dem Amerikaniſchen Kriege
mit
Pflaume: 91
wit nad) Straßburg gebracht. und fie bamakle
Prune de St, Louis genannt, auch. :hernach
Hrn. Hofrath Vierort in. Carlsruh mirgerheile
bat, von wo fie. fi weiter. verbreitete —
Sie: ift groß, laͤnglichrund, violetblau, mit durch⸗
ſcheinendem Gelb, auch graugelben Punkten und
Strichen marmorirt, und mit hellblauem ſtorken
Duft uͤberzogen. Manche haben eine ſtarke
Rinne oder Furche, andere aber nicht, aber. doch
nur unmerklich, und der Stiel iſt uneingeſenkt.
Das Fleiſch iſt gelb, ſchmelzend, uͤberaus ſaftig,
außerordentlich füß und von herrlichem Ge—
ſchmack. Die Haut if ſtark und zaͤhe, aber
nicht fauer. Der Stein ift länglich, Flein und
abloͤslich — Der Baum madıt ein ſchoͤnes Ges
waͤchs, Hat fchwarzbraune Gommertriebe, mit
vielen feinen, rothen Punften, feine fpige Aus
gen, mit hohen Augentroͤgern. Das Blatt: ift
ziemlich rund, ohne fonherliche Spitze, rauh und
uneben, mit einee hohen Mittelrippe und kurdem
- Blattftiel, von Farbe grasgruͤn und ganz gebdgt
gezahnt. Ä in
84) Die grüne Weinpflaume. — (T. 0.
©. 1798. No. XL ©. 296. t. 15. B) — Ei:
ne ganz Fleine runde Pflaume, wie die blaue
Kriede, mic einer zarten Zinie flatt der Fucche
- amd einem geauen Stempelpunft. :: Der Stiel
iſt dünne, flach aufſitzend und nicht gar -ı Zoll
lang. . Die Haut ift grasgruͤn, bev: der-Meife.
etwas gelblich grün, das Fleiſch hollgruͤn, gart
und voll ſuͤß ſaͤuerlichen angenehmes Saftar Ben
. vollfommener Meife loͤſet ſich der. Gtein-: gaıt,
- nur nicht an der bereiten Kante. Des. Steim iſt
länglich, doch an.den Enden vundlich und nicht
fpiß. Die Zeitigung dieſer kleinen Pftaume
fängt Ende Augufles an. und. Dauert. gegen. bier
ochen.
% Pflaume,
IWochen: — Der Baum wird einet der groͤß⸗
eren under ben Pflaumenbaͤumen, hat ziemlich
i:Marfe, gruͤne Sonimerfhoffe- Das Biatt iſt
dunkelgtuͤn, hat eine etwas ſtumpfe Spite, und
dehnt ſich länger gegen.den Stiel zu, und ift
gebogt gezahnt. — Er pflanzt ſich wie die Zwet⸗
ſche durch Beh Kern fort.
85) Die blane Weinpflaume — @. D.
©. 1800. No. IV..&. 222. t. 12) — - Diele
. Meine Pflaume iſt "meiftencheils rund. Hoͤhe,
Breite und Die haben alle 11 Linien. -Bom
= Gtisle herabwaͤrts läuft über ihre - Dterfläche
* bis zum entgegenflehenden Ende eine flache Sur:
che, die fich mit einem kleinen grauen Blaͤthen⸗
puͤnktchen endiget. Der Stiel iſt um einige Li⸗
mnien länger, als der Durchmeſſer der Pflaume,
fehr duͤnne, und befindet ſich in einer kleinen
Machen Vertiefung "Die Haut ift zart und
e.-zähe,.und:läße fich: gut abziehen. Die Grund⸗
si farbe“ iſt rörhlich, geht meiftentheils ins Dunkel:
‚braune‘ über, aber der über fie verbreitete weiße
Duft gibt ihr ein bläuliches Anfehen. Das
Fleiſch iſt ˖gelb undmarkig, hat zwar keinen übers
fluͤſſigen, aber- doch ſuͤß “fäuerlichen, weinartigen
Geſchmack. Der Stein loͤſet ſich nicht gern vom
Sleiſche, iſt rund 3⸗ und hat eine am Stiele ab⸗
geießte " ſtumpfe Sri; am entgegenſtehenden
: Ende »aber :eine fleine etwas fchärfere Spitze.
Die breite "Kante bat drey ſtumpfe Ecken. Sie
— September reif und dauert vier Wo⸗
Gerziin welchen alleFruͤchte am Baum nad)
gndinadh reif werden.“Sie iſt Feine vorzägliche
Pflaume zum friſchen Genuß, aber zum Welken
"tar. Einmachen kann fie gut in der Wirthſchaft
s:benußt werden. —: Der Baum ift mittelmäßig
Rart.. : Die. Sommerfehofle find :ziemlich lang
u. und
“r
— [72
Pflaume, 92
und ſtark, und etwas roͤthlich an der Sonnyen⸗
ſeite. Die Krone iſt ſtark belaubt, und bildet
eine platte Kugel. Das Blatt iſt klein, Hat
feine größte Breite in der Mitte, und laͤuft wie
gegen den Ausgang, fp auch gegen den Sciel,
allmaͤhlig frißig zu. Es Hat fehr ungleiche Zaͤck⸗
chen, die gegen den Ausgang. immer kleiner wer⸗
den. Es ift zart und von, hellgrüner.-Karbe. -,
86) Die deutſche blaue: Zwetſche. In
Sachſen, die Pflaume, die Hauspflaume.
Prunus domeltica Linn, — (Handb, T. ©.
G.) — Dieje befannte und ‚vortreffliche Frucht
ift gewoͤhnlich enförntig, bisweilen hat fie -auf
einer Seite eine größere Arümmung, als uf
der antern, die gerade vom Stiel abwärts !äuft.
"Da, wo fie die größere Krümmung hat, .gleichs
fam am Rüden, läuft eine: ſehr zarte Linie vom
Stiel herabwärts bis zum anderen Ende,. und
endiger fih mit. einem grauen Puͤnktchen. Die
‚ Sarbe ift in ihrer rechten Reife fchmarz, welche
Sarbe man aber eher nicht recht fieht, bis: man
den weißen Duft, mit melchem fie faft. beflän:
Dig belegt ift, abwiſcht. Diefer Duft gibt ihr
auf der ſchwarzen Farbe eigentlich das Anfehen
“einer hellblauen Frucht. Der Stiel figt in einer
ganz geringen Vertiefung und ift mittelmäßig
lang. Am Fleiſch hängt er feft an, daß dieſe
Frucht auch fehr lange am Baum hängen Fann.
Die Haut iſt etwas Dider, ald bey anderen gu:
ten Pflaumenforten und laßt fich daher Teiche
abziehen. Das Fleiſch ift goldgelb, zart und feft
zufammenhängend, zuderbaft, ſaftig und von
einem trefflichen Geſchmack, daß fie gerrodnet,
außer ihrem mannigfaltigen Gebrauch und Ge:
nuß für Gefunde und Kranfe, auch friich eine
der beften Pflaumen iſt. Das Fleiſch loͤſet ſich
u leicht
9 7 gpflaume,
recht gukt vom Steine, wenn fie reif if. Der
Stein ift fänglih und rauf, Die Frucht reift
im September und Detober, und läße ſich ofe
bis in den December aufheben. — Der Baum
: wied flarf und macht anfangs einen wilden
Trieb. Zur Veredelung für die Aprikoſen ift’er
der beſte Grundſtamm. Die Sommertriebe find
mittelmäßig fang und ſtark, und hellroth "nes
. färbt, ohne Wolle, Die Krone bildet eine Py⸗
ramide. Das Blatt iſt hellgruͤn, laͤnglich, und
hat ſeine groͤßte Breite meiſtentheils etwas uͤber
der Hälfte feiner Länge nad) vorn, von da es
kurz zugeſpitzt zuläuft, und ift fehe ſcharf ges
zahnt. — Sie ift eine der erften Pflaumen,
- die in Deutfchland angepflanzt, und von einem
Wuͤrtemberger aus den befannten Kreuzzuͤgen
mitgebracht worden, Der deurfche Nahme Zwet⸗
Äche iſt flavonifchen Urfprunges, und in der rufe,
ſiſchen, ungarifchen, pohlnifchen, boͤhmiſchen und
mäßrifchen Sprache bepbehalten worden. Sie
taugt unter allen Pflaumen am, meiften in ndrds
lichere Gegenden, da andere Pflaumen fi in
ſſuͤdlichen am beften befinden.
839) Die bunte Zwerfhe. — (3. O. ©.
1804: No. IV. ©. 165. 1.14.) — Diefe zwar .
nicht befonders koͤſtliche, doch feltene Pflaume
ſcheint ziemlich rund zu ſeyn, fie ift aber doch
mehr platt. In ihrer Höhe mißt fie 1 Zoll und
.3 Rinien, in der Breite 1 Zoll und 4 Linien
und in der Dede ı Zoll und a Linien. Viele
“find Meiner, manche größer. Vom Stiele bis an
den ſtarken Blüthenpunft gebt eine feichte Linie
“und zwar größtentheils, ja faft durchgängig et:
"was ſchief, daß die Hälften ein weniges ungleich
find. Der. Stiel if 9 Linien lang und etwas
ſtark, und fiße wenig vertieft. Die Haut iſt auf
En Ä | | bey
- Pflauze. u 95
: der einen Beite und auch? eft:: genfentheile auf
Der andern lackroth. Einen Theil nimmt seine
gelblich grüne .Zarbe ein, bie. .Bisweilen in: Flam⸗
men und Streifen erfcheint ;.die aber⸗ auch: Öfs
ters an den. jchmahlen Seiten: fich zeigen, und
bisweilen : fließen‘ auch rofenfarbene Streifen mit
- unter. :Betrachtet man bie Pflaume genau; -dder
die Haut, wenn fie abgezogen, ſo befteht- die
. zothe Barbe in dauter rochen Punkten. Es. ift
aber die Srucht:gang und dicht mit einem him⸗
melblauen Staube bedeckt, und ohne denſelben
abzuwiſchen, erſcheint die Frucht ganz violett.
Mor der Zeitigung und in ihrem grünen Zuſtan⸗
de ift fie weiß geftreift:. und „untktirt. Das
Fleiſch iſt geib, heil und nicht allzu faftig, wie
etwa eine Reneclaude, doch hinreichend unk-ane
genehm ſuͤß, und von Geſchmackganz gut. ::Der
Stein liegt faft troden und ganz los im Fleiſch,
.. and’ hängt nur an der breiten Kante: an; befons
ders hat er oben gegen den Stiel zu eine flate
fe, weiße, teodene Faſer, woran ver Hauptſtiel
Hauptfächlich hängt. Der Stein ift ziemlich hoͤk⸗
kerig und flarf genarbt, nicht dick, ſondern mehr
‚breit und wenig fpiß, und zwar an beyden En⸗
den gleich fpiß. Seine Länge::hat adı Linien,
die Breite 6 und die Dicke 4% Linien. Die
‚Pflaume reift gegen Ende des Augufts.
Der Baum macht ein flarfes Gewaͤchs
und belaube fih did, hängt ſich außerordentlich
vol und. macht‘ viele Zwillinge. Haupte und
Medenäfte geben in fpigigen Winkeln in die
Höhe. Seine Sommerfhofle find ſtark, auf
der Sonnenfeite lackroth, öfters rofenroth gee
ſtreift, oder mit unzähligen, ganz jubtilen. weis
fen Püntschen befäer. Auf der Schattenjeite
find fie ſchoͤn papageygruͤn mit reißen Streifen
Sr Ba durchs
6 Pflaume.
1: darchzogen „u unb: dazwiſchen ebenfalls: mit vSelen
3.: weißen zarten Punften beſaͤet. Die: Augen find
Hein, rund,‘ abſtehend, gelb umd am Fuße vorh,
» mit 2 gezaͤhnten Afterblaͤttchen. Der Vaum
a. macht eine pnramidenfürmige Krone.
Das Blaͤtt iſt groß, facts: fleiſchig: hat
2:.feine- größte: Breite in der Mitte,:von da es
sit eben fo gegen den: Blattſtiel, als gegen die Spit⸗
: ze Allmaͤhlig zulaͤuft, und fich zuſpitzt. Die Ripp⸗
"schen: find nicht weiclaͤuftig gereihet. Seine Far⸗
be „iſt dunkelgruͤn und. untenweißlich und wol-
.. fig Am Rande kt es gleich und niedlich gezahnt,
80h mehr rundlich -als. fcharf. Der Blattftiel
F einen: Zelliiang.: Wenn bie Blaͤtter jung
+ fe ſo findfie im Ber. Mitte weiß gefleckt ind
erpunktiet, bay: ſich aber petlert, wenn fe. groß
3: Und: aͤlter werden.
‚Tri 898) Die große Zweiſche — CT. ð S.)
Dieſe ‚gleicht der gewoͤhnlichen Amerfche: an
— Fleiſch, Geſchmack und Mutzbarkeit, doch
iſt Der. Geſchmack nicht fo ergaben wie bey der
gemöhnlichen Zwetſche. Ihr Stein ift verſchie⸗
den und dreykantig. Sn der. Zeitigung. ift. fie
r etwas fpäter, und fängt erſt in. der, Mitte des
Septembers an: zu zeitigen, kann aber auch
« fange bangen. . An Geſtalt und Größe gleiche
fie ganz der blauen Eyerpflaume, die aber viel
“früher zeitiger. — Der Baum mird mittelmäßig
“ ftark, feine Sommertriebe ' mittelmäßig .lang und
ftarf, an.den Augen gebogen, die Augen ſtehen
ſehr ab. Die Blaͤtter find dunfelgrün, und has
ben ihre größte Breite in der vordern Hälfte,
da fie ſich mit einer breiten flumpfen Spiße en:
digen. Ste find fein gezahnt und der Blatts
ſtiel etwas rord. Die flarf belaubte Krone bile
"bet eine hohe Kugel, oc
Ä 89)
Pflaume.
89) Die Zwergpflaume. Prune nain. —
Eom. Aufi.) — Eine ganz kleine, etwwas laͤng ·
liche Pflaume, violetblau, mit einem etwas
verlängerten Stiel. Das Fleiſch iſt ziemlich ans
genehm, aber bey ungänftiger Witterung ſauer
und fade. Sie zeitiget im Auguſt. — Der Baum.
bleibt niedrig, hat Purpurcothe Triebe, Keine,
fpiße, eben fo gefärbte Augen,.. und kleine Jans
zetfdrmige, unten bläffe Blätter. Be
2.90) Die Reizenfteiner wetſche. — (Handb,
Beytt. T. O. ©. 1801. No. X. ©. 93.1.4
A.). — Eine Tänglihe Pflaume, von mittlerer
Größe, die eine fehe fichtbare Furche und einem
farfen Stempelpunft hat. Der ‚Stiel fie: in
einer engen Vertiefung, if dünne, gelbgeän, und
halb fo lang, als die Frucht, "Die mißt in ihe
zer Länge ‚u Zoll 3 Linien und in ber. Breite
x Zoll x Linie, und ift foſt eben fo did, ald.fl
lang iſt. Ihre Farbe ift groͤßtentheils Mach
gelb, aber mit einem ſtarken weißblaͤulichen Dufe
überzogen. - Hier und da gi fie unter der Haut
Heine, auch bisweilen große rothe. Nunkie, und-
wenn ber Baum der Sonne’ fehr ausgefege
fteht, fo befommen viele Frachte eine fehr ſchone
fanfte Roͤthe gegen die. Sonne. Die Hauf iſt
dünne und zähe, läßt fich duch einigermaßen abs
ziehen. Das Fleiſch ift fehr zart; und, markig, ,
" und dom Steine ftrahfen durch), das, Fleiſch viele
"und flarfe Fibern nach ißten Umfteife,hin, Der
Saft iſt fehr fÄß und angenehm. „Das, Sleifch
hänge fehr ftarf am Grein und, dert lang,
und oben und unten fpißig, doch am lehten
Orte fchärfer, als am erſten. Die breite Kante
ar. drey ſcharfe Eden, und daswilchen zwey
. — Furchen. Er iſt 20, Linien lang,. & breit,
4. did. Sie werden in.der mie dee, Septems
©x. chin inc. CKILTHEL "N ders,
va l
5 | Pfiaume. |
"pers, und zwar nicht alle auf einmaßl, ſondern
nach umd nach bis im October reife — Der
Baum macht ein fehr freches Gewaͤchs, und. ift
befonders ſehr tragbar; Haupt: und Mebenäfte
geben in ſpitzigen Winkeln in die Höhe Die
Zweige find lang und fleif, die Sommertriebe
“ find mittelmäßig lang und flarf. Die Krone
wäh breit und hoch und iſt ſehr durchſichtig.
‚Das Blart ift mehr länglich, als rund, und hat
+ feine größte Breite in der aͤußern Hälfte, do es
- fi vorn zurundet, auf dem. Rande ift es Sehr
"fein Und —* gezahnt. | u
91) Die gelbe Spaͤtzwetſche. — (T. O.
“&, 1798. No. 9. ©. 148. t. 10.) — Dieſes
AR nach Herrn Pfarrer Sickler eine mehr
laͤngliche als runde Seuche, die. fo ziemlich bie
Form einer gemeinen blauen Zmetjche hat. Ih⸗
2 ge größte. Breite hat fie nicht weit vom Stiel,
"nach demſelben runder fie fi) von ihrer größten
* Breite kutz ab, nad) dem Ausgange aber dehnt
fie ſich länger, und nimmt nach und nach ab,
and verliert fich in einer abgerundeten Spitze.
Vom Stiele bis zum entgegen gefeßten Punkte
läuft eine ſehr fichtbare. Furche, und mo fie
* aufhört, iſt ein ſchwarzes Pünktchen, welches
bie Stelle des Bluͤthenpunktes bezeichneg. Der
Stiel ſitzt in einer engen Vertiefung, iſt binn,
“gelbgrän und halb p lang,. als die Frucht. Die⸗
ge miße in ihrer Länge. einen Zoll drey Linien,
> und in der Breite einen Zoll und eine Linie,
Nund iſt faſt eben fo dic, als fie lang iſt. Ihre
Farbe ift grbßtentheils wachsgelb, - aber mit ei:
“ mem flarfen weißen Duft überzogen. Hier und.
“da bat fie, unter der Haut fleine, auch bisweis
. Ten geoße rothe Punkte. Die Haut iſt dünn und
.daͤtze, laͤßt ſich auch einigermaßen abziehen. ‚Das |
- Fleiſch
s
Pflaume, u 99
Fleiſch iſt fehr zart und marfig, und vom Geis
ne ſtrahlen durch das Fleiſch viele und ftarfe
Tibern nach ihrem Umfreife hin. Dee Saft ift
ſehr füß, aber nicht erhaben. Das Fleisch haͤngt
fehr flarf am Stein, und läßt ſich nicht ohne
Schmierigfeiten von demſelben losbringen. Der
Stein ift lang und oben und unten ſeitis doch
am letzten Orte ſchaͤrfer als am erſten. Die brei⸗
te Kante hat drey ſcharfe Ecken, und dazwiſchen
zwey flache Furchen. Die ſchmale Kante hat
dieſer Ecken zwey, und dazwiſchen eine ſchmahle
tiefe Furche. Die Seiten haben einige große
Ungfleichheiten oder fcharfe Erhöhungen, beſon⸗
ders vom Stiele her. Er ift 10 Linien lang,
6 breit und 4 did. Sie werden, in der Witte
des Septembers, und zwar nicht alle.auf eins
mahl, fondern nach und nach. big tief im Oeto⸗
‚ bei reife Der Baum ift befonders fehr tragbar,
Der Stanm iſt .niche fehr ſtark; Haupt
und Nebenaͤſte gehen in ziemlich ſpitzigen Wins
fein in die Höhe, und feßen gern in Quirlen
an. Die Zweige find lang und fteif, Das Trags
holz wechfelt unordentlih, und fleht bald nahe
. zufammen, bald weit von einander, Die Som:
merfchoffe find mitttelmäßig lang Und ſtark.
Die Krone wächft breit und body, iſt aber ive-
gen fehr zercheilter Aeſte unter Feiner befondern
Sorm vorzuftellen,. und. daher fehr durchfichtig,
obſchon die Zweige viel Laub haben.“ ..
Das Blatt iff mehr länglich als rund, und
bat feine größte Breite‘ in der Hälfte feiner
Länge. Nach dem Stiele zu läuft‘ es faſt eben
fo gemach fpißig zu, wie nach dem Ausgange,
und die Spiße hier ift in Anfehung der Ger
ftalf wenig von’ jener unterfchieden. Die Ripp⸗
hen fiehen fo ziemlich ordennich an dem durch
2 das
100 Pflaume.
das Blatt verlaͤngerten Stiel, nur laufen ſie
krumm und aͤſtig dem Rande zu. Auf dieſem
ſtehen ſehr feine und gegen die Spitze des Blat⸗
tes gerichtete ſcharfe Zaͤhne.
92) Die gruͤne Zwetſche. — (T. O. G.
1796. Mo. 8. ©. 318. t. 30.) — Dieſe hat
‚ die längliche Geſtalt unferer gemeinen Zwetfche,
iſt aber meiftentheild größer, als «ine ihrer groͤß⸗
ten, Dom Stiele bis zum Stempelpunft, den
man auch noch einigermaßen fieht, laͤuft eine
Faum fihtbate Linie, und an diefem Punfe ift '
ſie aud) fehr kulpicht; am Stiel aber: if fie et,
was fpißiger, und faft eben und ohne Vertie⸗
‚fung zugewachſen. Sie hat 2 Zoll 3 Linien
Länge, und wo fie am breiteften oder am dickſten
iſt, 1 Zoll 7 Linien; der Stiel aber ungefähr
2.300. Die Sarbe iſt geün und an manchen
Stellen weißgelb unterlaufen. Unter der Haut
ſchimmern viele weiße Pünktchen, die abet in
ihrer völligen Meife firhtbarer werden. Die
Haut ift feſt und zähe, und hänge daher fehe
mit dem Fleifche zufammen. Das Steifch iſt ſehr
‚zart, gruͤn, und enthält einen leicht fließenden,
. angenehmen, füßen Saft, fo wenig auch ber Ans
fchein dieſes vermuchen läßt; es. loͤſet fich nicht
gut vom Steine. Dieſer iſt ſchmahl und längs
: ich, did und hat Unten eine fehr fharfe Gpige,
aber oben am Stiele iſt er flumpf. Cie reift
Mitte Augufts, doch nach und nad. — Der
Baum wird ziemlidy flarf. Die Sommertricbe
’ find lang und dünne Die Krone wird platts
P\ .
rund. Das Blatt ift geüngelb, hat feine größte
Breite iin ber Mitte, dehnt fih in eine fehr
lange Spiße nad) dem Stiele zu, aber gegen
den Ausgang ziemlich ſtumpf. Der and ift
rund gezahnt,,
— 93)
Pflaume, 10t
93) Die Hollaͤndiſche geftreifte Zwetſche.
— (Handb. Beytr.) — Eine noch feltene Frucht,
bie ihrer Vegetation nad), wie auch in ihrer Ges
ftalt mehr. Pflaume, als Zweriche iſt. Sie ift
mittelmäßig groß, etwas laͤnglich, an beyden Eins
ben abgerundet, und bat eine feichte inne,
und gegen ı Zoll langen Stiel. Die Haut if
zart, auf der Sonnenfeite oft roth und auf der
- andern gelblich durchjcheinend, mit vielen rothen
Punkten, und bey zunehmendem Alter des Baus
‚ mes wird bie Srucht geflreift. Das Fleiſch iſt
gelblih, zart, hell, har einen häufigen füßen
Saft und guten Geſchmack; zeitigt Anfang
Septembers. — Der Baum madıt ein flarkes -
Gewaͤchs, hat theils braͤunlich rothe Sommers
triebe, theils ſchoͤn lackt oth und roſenroth geſtreif⸗
te. Sie find mit unzähligen, ganz ſubtilen weis
fen Punften befäet. Auf der. Gchattenfeite find
fie papagengrän und mit weißen &treifen bes _
zeichnet, dazwiſchen ebenfalls Kleine weiße Puͤnkt⸗
chen befindlid, find. Die Augen find Mein, rund,
abjtehend, gelb und am Anfang roth, mit zwey
gezackten Afterblättchen. Das Blatt ift groß, -
glänzend, bunfelgrün, did, unten weißwollig,
faft oval, aber gegen ben Stiel mit einer .‚lans
gen Spiße, rund gezahnt. Die fleineren Bläts _
ter an den jungen Trieben find flarf weiß ges
fprengt, rundlicher als bie großen, und ihre
Stiele find an ber oberen Seite roth.
94) Die zweymahl tragende Pflaume,
die venetianifche Pflaume. La bonne deux
fois lan, La: Venicienne — (Du Hamel.
Hirſchfeld. Pom.Franc. Pom. Auft. Handb.
“ Beyer. T. Gart.« Mag. 1808. No.7. S. 269. t.
16.) — Eine gelbrörhliche Feine Pflaume, die
nur ber Seltenheit wegen gepflanzt wird. Sie
| 3 hat
102 Pflaume,
‚ Hat die Größe und Geſtalt einer Olive, anftatt
dee Rinne einen Strich und einen dünnen &
Zoll langen Stiel, Ihre Haut ift röthlich gelb,
braun getäpft und faſt durchſichtig. Das Fleiſch
ift hellgelb, zwar ſehr füß, aber unſchmackhaft.
Der Stein hängt am Fleiſch. Die erften
Fruͤchte Fommen Anfang Augufls, die andern
mit Ende Octobers. — Der Baum wird nicht
groß, hat ſchwache Triebe, und fleine, wenig
ausgezackte Blätter,
95) Eine andere zweymahl tragende Pflau:
me. Prunier qui fructilie deux fois par an,
(T. O. ©. 1804. No. 3. ©. 123. t. 10.)
Dieſe Pflaume mar nah Heren Dre. Sickler
Ende Octobers vollfommen reif, - obgleih nad)
vieele andere an demfelben Baume fich befanden,
die ihre gehörige Reife noch nicht erreicht hat⸗
. in Fr diefem Zeitpunfte ihrer Ausbildung
atte fie 13 Zoll Höhe und ı$ Zoll Breite.
- Gegen die Blume und den Stiel zu war fie
etwas zugeſpitzt. Sie hatte faft gar feinen merke
lichen Einfehnice: nur der Stiel faß in einer
etwas ausgefchweiften Vertiefung, Der Stiel
felbft war gegen einen Zoll groß. Die Schale
war ziemlich flarf, lief fi) aber doch gut vom
Steifche losloͤſen. Die Farbe war ein viglettes
Roth mit dunfeloiofettem Schatten. Gelbe
Poͤnktchen oder Strichelchen vielmehr maren in
deer durchſichtigen Haut überall verftreuet. Ein
. leichter Duft überzeg im Ganzen die Haut,
Das Fleiſch hatte eine hellgelbe Farbe: es brach
ſich leicht und enthielt vielen Saft. Diefer wär
- sehe füR und äußerft angenehm. Ohnſtreitig ift
dieſe Frucht in diefer Sahreszeit die angenehmſte
An ihrer Art Im Geſchmacke näherte fie fih
> sehe unferen Teurfchen Zmerfhe Der Kern,
u et
. Pflaume, 103
ber von mittlerer Groͤße war, loͤſte ſich Teiche
vom Fleifche ab, und hatte feinen ſehr harten
Stein. Ohnfkreitig dürfte diefe wohlſchmeckende
und zu allerhand Käuslichen Gebraͤuchen ſehr
wohl dienlihe Seuche Fünftighin in den Dbfis
verzeichniffen unferer. Gärten und auf den Tas
fein zum Deſſert während des. Dftobers und
Novembers nicht fehlen. . Die erfte Beucht- reift
in dem Monathe Julius und Augufl. - Sie ift
von der befchriebenen Spätfrucht in, nichts ver⸗
ſchieden: außer daß ihr Fleiſch noch foftreicher iſt.
| e Baum erwächlt in einem: ziemlich ſtar⸗
ken Stamme, bildet fefte Aeſte, die fi in Ga⸗
bein häufig anfegen, und treibt lange Ruthen
an denſelben, woran bie Früchte erwachſen. Er
ift unter allen Plaumenbäumen. durch. feine
Tragbarfeit fehr ausgezeichnet. : Da fein Wur⸗
zeloermögen‘ vorzüglich gut ift, fo nimmt er viele
Nahrung in ſich auf, und man erkennt bald in
ihm einen vorzuͤglichen Krafttrieb. Dieß iſt
wahrſcheinlich auch die Urſache, warum er in ei⸗
nem und demſelben Jahre zweymahl reife Srädte
bringt. -
das Blatt ift ſehr breit, ſeht fleifchig, hat
eine etwas rauhe Oberflaͤche, ſtarke Rippchen
und ſtumpfe breite Zacken. Es endet ſich jedes⸗
mahl in eine ſchnabelfoͤrmige Spige.
Noch einige Bemerkungen Aber die Euß-
"tur der Pflaumenbaͤume.
Außer den im obigen S. 19 fl. befindlichen
Anweiſungen zur Vermehrung und Erziehung
dee Pilaumenbäume, wird. man ‚auch gern noch
das vergleichen, mas Mayer in. der Pomona
. Francon. und Dupomel üben een Segen,
„„. and fagen. #
uw‘ er ie 1% 1 Das
104 Pflaume
Das Pfropfen (alſo auch das Dculiren und Co⸗
yuliren) jagt erſterer TH, I. S. 94. bleibt immer
das ucherite und bequemfte Mittel zur Kortpflans
ung der guten Dflaumenforten, und man hat das
Gen noch überdieg den Vortheil. daß aud die Krüchs
. te volltommener werden. Zu Pftopfſtaͤmmen wählt
man dann gern die eigenen Pflaumenwildlinge, bes
fondere von den oben erwähnten Julianer⸗, Kirſch⸗
und ſchwarzen Damafcener Pflaumen, Jedoch ift die
legte Art zu denjenigen großen Gattungen, an wel⸗
ben der Pfropf mit einem ftarfen Knoten verläuft,
zu ſchwach, und man fieht bald, daß ihre. gegenfeis
tigen Kraͤfte nicht gleich Hark find. Zu verwundern
ift es, daß, wie oben fon gedacht, bey den beften
“ Sorten, ald Perdrigong, Aprifofen und Catharinens
pflaumen ‚ weder die Kerne zum Ausfteden, noch
+... die Schößlinge zum Pfropfen tauglich find. Wer
... gern wiedeigbleidbende und nicht in die. Höhe ſtreben⸗
de Bäume verlangt, kann die Pflaumen auf Schle⸗
: hendäume impfen, welche bier eben die Wirkung
thun als die Johannisſtaͤmmchen bey den Aepfeln.
: Die :ouf Pflaumenmwildlinge gepfeopften Pflaumen
„. tbiden fih auf jeden Grund, er müßte denn au«
.. eropdentlic mager and fandig ſeyn, tn welchem
Fallée man cher auf Mandelftämme äugeln muß.
„Dieſe nur erft gedachten Mandeltfämme find zwar
Der unangenehmen Wurzelbrut am mwenigfien uns
terworfen,, fie gelangen aber gar felten zu einem
lebhaften Wahäthum, und pflegen überhaupt fehr
ungern bey Dem Verſetzen wieder anzumürzeln, Zus
mahl went fie in die Kerne verfendet werden. Es
- herricht auch unter dieſen beyden Fruchtgattungen
eine gewiſſe natuͤrliche Unoͤhnlichkeit, die nach meis
ner Meinung ihrer Bereinigung widerfirebt, und
welche darin befteht, daß der Mandelbaum gemeis
niglich ſchon in voller Blaͤthe ſteht und ganz belaubt
ift, ehe noch der Saft in den Pflaumenbäumen recht
3:31 fleigen anfängt. Ferner fegt :man auch Pflaumen
. auf Pfirſchen- und Aprikoſenſtaͤmme. Dergleihen
. "Bäume treiben nun zwar feine Brut, allein fie bleis
“ben immer zärtlich, von geringer Dauer, und erfor⸗
Pr... :deen eine ganz befondere Wärtung-und Pflege 3 je
ee DM . * hinwiederum Deko größere und
ſchmackhaftere Fruͤchte. Einen dieſen Rath Heſtaͤti⸗
In venden Verſuch leſen wir bey dem Ben, de om-
— — — 65,
Pflaume. — | 105
bes, der ziven Spafierreihen "don Pfefchen : jeden’
1350 Klafter lang, aus Verdruß Über deren achtjaͤh⸗
rige Unfruchtbarkeit, endlid abwerfen und..mit
Meingclauden beyfropfen ließ, die im vierten Jahre
Darauf feine Mauer faft ganz bedediten und. fehr
große und herrlihe Fruͤchte brachten.
‚ Dübhamelfagt Th. IL ©. 133.: Es find wer
nig Bäume, deren Samen dem Ausarten fo unters
morfen find, afs die Pflaumendäume Ban fäet alſo
Peine Pflaumenfteine aus, als um neue Sorten. oder.
Barieräten zu befommen. Zum Pfeopfen kann man
Wildlinge genug von denen befommen, die man zie⸗
bet, und Die foldes verdienen; und alfo darf man
auch dieſerwegen Peine Steine von den rortrefflichen
Pflaumen ausſaͤen. Denn die Baumhändier verfis
Kern, daß tiefe von Steinen erzogenen Staͤmmlein
die Pfeopfung nicht gut annehmen, und auch das
auf. diefelden Gepfropfte ſchlechtes Gedeihen habe.
Man tut aber doch befler, wenn man durch Wusfäs
ung der Steine von Saint Julien, von der Cerilette,
von den großen und Eleineu ſchwarzen Damasflämms
lern zum Pfropfen zieht, ald wenn man Bruts und
Wurzelſchoͤßlinge dazu nimmt. ‚Denn diefeldben neh⸗
men alle Arten von Yflaumenbäumen mit gutem
Erfolge an. Die Saint-lulien ift den anderen vorzu⸗
ziehen. Der kleine ſchwarze Damas ift für einige
. Hark wachfende Sorten zu ſchwach, denn die Pfrop⸗
"fung, uͤberdeckt den Wildling mit einem großen
Wulſte, welches anzeigt, daß die Kräfte von beyden
Theilen nicht gleich ſtark find. Die vortrefflichen
Sorten von Pflaumen. als die Dauphine, Perdrigon.
zc. werden aud auf Aprifofens und Pfieſchſtaͤmme
gepfropft,, die man von Steinen gesogen, — beſon⸗
ders wenn folde an die Spaliere oder an folde
Orte gefegt werden, wo man die Unbequemlichkeit
der Brur febeuet, welche die Wurzeln der Pflaumen⸗
..., bäume, die nit don Steinen erzogen find, ſehr
‚.. Häufig audtreiben.
"Des Herrn DOberpfarrer Chrif's Erfah
0 rung über Pflaumenmildlinge *).
"Daß die Wurzelfhößlinge von Pflaumen und
Zwetſchenarten für die Baumföule gut taugen‘ +
.. oo. er ure 5 Be un e
+, Sickler's Teutſch. Obſtgaͤrt. 1301. No. IV, ©. 228 fl.
—
106 Pflaume,
. fie mit ihren Homogenen Steinedftarten und Sorten
zu veredeln, if aus ihrem MWurzelfufiem erſichtlich
- und durch die Erfahrung bewährt, Go geneigt der
Pflaumendaym if, feinen Stamm dur die häufigen
urzelaustriebe fortzupflanzen, fo gut forgt er auch
für ihre Ausfteuer. mit guten Wurzeln. Wie übers
baupt feine Oekonomie diefes eigene bat, daß er lich
mit feinen Wurzeln fehr nahe an. der Dberfläde der
Erde Hält, und dadurch die beften Duͤngtheile des
. gebauten Bodens und aus der eindringenden Luft
geniehrt, und beömegen auch die ſchoͤnſte Krone von
ahrungswurzein bilder, fo genießen ſolches auch
feine Sproͤßlinge, die Öfter6 durch einen einzigen
- Sommer hindurd die fchönften Wurzeln. erhalten,
Gumahl die nicht allzunahe am Stamm oder auf
icken Hauptwurzehn ftehen) dag fig mit Vortheil
im Herbſt fünnen ‚ausgezogen und in die Baum⸗
ſchule verfegt werden. Allein nicht jeder Baum⸗
erzieher hat die Gelegenheit, hinreidende Pflaumen⸗
wildlinge von ſchoͤnen Wurzefihöflingen zu befoms
men: er. will fie durch Ausfaͤung der Kerne oder
Steine aus Pflaumen erziehen. Hiebey ift nun die
T. O. ©. bereit angezeigte Art und Weiſe die
befte, die Pflaumenfteirie, fobald als man fie gegen
den Herbft fammeln kann, ohne fie.an warmen Orten
“ ganz außtrocdnen zu laffen, in flache Töpfe ſchichten⸗
weis in mäßig feuchten Sand zu legen und im Kel⸗
{ee was keimen will, feimen zu laffen, und hernach
im Schhjahr auf Die Gartenbeete zu bringen. Ä
Allein nit alte und jede Pflaumenferne, nit
"die Steine non allen und jeden Pflaumenarten und
Sorten taugen zur Ausſaat, und geben brauchbare
Wildlinge zur gluͤcklichen Veredelung mit Zwetichens
. und Pflaumenforten. Man wird finden, daß Pflau⸗
menmildlinge — fie ſeyen aus dem Kern gezogen
oder ald Wurzelfhößlinge ausgehoben — welche Reis
ne fraufen Blätter haben, die Veredetung, es fen
durch Oculiren, Copuliren oder Pfropfen, ehe ſchwer
annehmen, und man ſich oft 2, 3 Jahre vergedlich
mit ihnen plagt. Dergleichen untaugliche Wildlinge
eben die allermeiſten kleinen Pflaumen mit runden
ernen, beſonders die übrigens ſo edle gelbe Mira⸗
belle, die Kirfchoflaume (obſchon dieſe von manchen
Gartenſch iftſtellern zur Anzucht, um Pfirſchen dar⸗
auf gu veredeln, angeruͤhmt wird). und andere —
Pflaume, 407
Macht ſchon bisweilen eine oder die andere Sorte
eine Ausnahme, wie z. B. die ©t. Sulionspflaume,
wenn anders die Anpreifer derfelben Hinlängliche -
erfuche felbit gemacht haben) jo kann man doch
unter mehreren runden Steinen nicht immer von
der Sorte vollfommen überzeugt fepyn. Mari wähle
lieber: (guter große Pflaumenfteine, nebſt den Zwet⸗
fchenfernen jur YAusfaat, von Damafcenerpflaumen,
der Königspflaume, der Sohannispflaume' und ans
Deren dergleichen, die ein zartes mollige® Hol; an
den Sommertrieben haben. Dieſe Wildlinge neh⸗
men die Veredelung der eigenen und anderer feinen
Dflaumenforten, wie auch der Pfirſchen, Mandeln ıc.
. am liebfien an, ald wozu auch diefe in der Baum⸗
phute follen beſtimmt und zufammengefegt werden.
jejenigen Wildlinge aber, welche aus Zwetſchen
oder zwetichenartigen Pflaumenfernen entflanden
find, die fich fehr Leicht dem gehbten Auge entdeden,
Ceinmahl an den Stacheln, hernah an dem glättern
Holz, und dann an den rothen Sommertrieben und
endlich an dem minder ſchlanken Wuchs, au öfters
an den Blättern und ihrer Zahnung), merden zu
Weredlung der zmwerfaen und zwetſchenartigen Pflaus
men, mie auch der Aprikofen beftimmt und in der
Baumfchule in befondere Reihen zufammengefckt. —
Eben fo made man die Auswahl und Sorttſrung
bey Wurzelihößlingen von Pflaumen. Man fege
die ztvetfchenartigen und pflaumenartigen jede bes
fonders zufammen, und weiche bey ihrem Ausſchla⸗
gen kleine Fraufe Blätter zeigen, ziehe man ‚aus
und werfe fie weg, oder verfuche fie mit den Gars
ten, Schlehen zu bepfropfen oder zu beäugeln, wenn
man diefe Sorten ziehen wil, „T5
Was nun aber den Unterſchied der zwetſchen⸗
artigen Pflaumen und der eigentliden Pflaumen, _
die man aud die woligten Pflaumen nennen koͤnn⸗
te, anbetrifft, fo ifk derſelbe fuͤr die theorxetiſche und
praftifoe Domologie wichtig, und ſcheint gleichwohl
isher ſehr Aberfehen worden zu ſeyn, da die Bars
tenfchriftfiellee immer fo wenig daruͤber melden, und
e8 das Anſehen bat, als wenn mehrere derfelben an
dem Schreibtiihe mehr pflanzen. als im Garten oder .
der Baumſchule. Einem jeden Baumerzicher iſt bes
kannt, daß zwetfchenartige Wildlinge fuͤr Pfirſchen
nicht taugen, daR diefe nicht darauf befleiben: dab
ie
447 .⁊
108 Pflaume.
die Mandeln nicht darauf gut thun, und — wenn
fie auch bisweilen. darauf angehen — doch in den
erſtern Jahren. bis an den Piropf wieder darauf
abfiesben: er weiß, daß im Begentheil die Aprikofe
die zwetſchenartige Pflaume zum Grundflamm mehr
liebt, als die wolligte Pflaume, und auf diefer früher
ausgehet, leichter im &rähjahe erfrieet und mehr
zum arıfluß geneigt wird, als auf der Zwetice.
ie?
atur gibt uns ſelbſt diefen Theil der Claſſiſi⸗
fation der Pflaumen in zwetfchenartige Pflaumen
"und wolliigte Pflaumen an die Hand. Unſere edie
. Zwetiche har Holz, Trieb, Blatt, Stacheln ꝛc. fehr
verfhieden von der 3. DB. molligten Damaszener
aume. Jene hat ein glatte Holz ohne merkliche
olle, rothe Triebe, ein färfer gezahntes, gelblich
| He ſpitzeres Blatt von wilderem Unfehen als die
flaume. Diefe ift an ihren ı und 2 jährigen Tries
\ den grau von Wolle, fanft und. fammtartig anzus
n, hat feine oder felten Dornen ıc. ein größes
zes dunfelgrünes unten wolligtere® Blatt 2c Gehen
ſchon mandesmahl dergleihen mwolligte Pflaumen
auf zivetfchenartigen Wildlingen an, fo ift doch leicht
u traten, daß fie ihnen nicht ganz homogen find,
aß ihnen die Natur. ihres gleihen zu Grundſtaͤm⸗
men beftimmt habe, und daß leicht bie oder da,
über fur; oder. lang Nachtheile aus foicher ungleis
. den Verehlichung entfiehen müflen, die wir oft nicht
ſo bad Bahr werden, oder die wir nach der Hand
nicht mehr erkennen oder uns erinnern, we ſie her⸗
. fommen. —
| Bon der Benupung ver Pfiaumen zu ver
hiedenem Zwede *).
Die Pflaumen zeitigen nad Verſchieden⸗
beit ihrer Art vom 'Sunius an bis in ‘den
Herbſt; doch find die mehrften Herbfifrüchte.
"o.Ä
4343
Sie halten ſich befanntlich nad) ihrer Zeitigung
nur wenige Tage, weil ihre füßer gemilchter
Saft bey weichem Fleiſch bald in die Gaͤhrung
. und. fchleunige Faͤulniß übergeht. Sie werden
| | ih danee.. baber
6, Ehrifs pomologiſches Handwoͤrterbuch. S. 359 fl-
\ Pflaume 7109
daher entweber fobald friſch gegeffen,...oder ges
kocht, getrocknet, zu haltbarem Mus oder Ho⸗
mig bereitet, oder zu Branntwein und geifligen
Getränken gebrannt :c.
"Zum Trocknen ober Backen taugen dur .
hauptſaͤchlich folhe Arten, welche füß find und
Feine auffalende Säure weder im Saft, tod)
in der Haut haben, "und alfo zum Frifchfochen
gut anmendbar find. Dazu gebdren unter aͤn⸗
dern. vorzüglich Die Ametfihen oder Hauspflau⸗
u men, Prunus domelica, bie gelben Mirabel⸗
len, die weiße Perbrigon, die Damaftener .yon
Tours, die Menefloden, befonders die Eleinen,
die nicht fo fehr faftig find. Das Trocnen oder
Baden der Pflaumen gefchieht am hefien und
gemaͤchlichſten in einem eigends dazu eingerich⸗
teten Doͤrrofen mit zirkulirenden Rauchgaͤngen,
dergleichen im Art. Obſt beſchrieben und abges
bildet worden. Minder zutraͤglich, jedoch zum
Nothfall, dient dazu der. Badofen. Bey. dem
Trodnen der Pflaumen muß man zufoͤrderſt
darauf fehen, daß die Pflaumen mohl zeitig.
find. Sie find fodann nicht nur ſchmackhafter,
füßer und beſſer, ſondern auch leichter zu trock⸗
nen, unb erfordern weniger. Hol, Das Feuer
muß anfänglich niche zw ſtark ſeyn, weit fonft
zumahl die ſehr faftigen, wie die Mirapellen,
Rernekloden .:c. auslaufen und den Saft verlies
‚ren, bie Zwetfchen aber blafig oder gar. vers
brannt werden. Man muß fie ferner niche im
Dfen erfalten laffen, weil ihnen fonft der Fir⸗
nißglanz vergeht und fie nicht fo anfehnlich mer
den, fondern fie müflen aus der Hiße an die
LZuft fommen. Hat man es verſehen, und dag
Feuer —5 abgehen laſſen, ſo daß die Pflau⸗
men blaͤulich und blaß find, ſo muß das Feuer
En, Ils.
110 . Pflaume,
alsdann nochmahls angemacht und bie Pflau⸗
men wieder ermärmet, und ſodann in der Hiße
aus dem Dfen genommen werden. — Muß
man ſich aber beym Trocknen der Pflaumen eis
nes Backofens bedienen, fo gefchieht das Eins
legen entweder, wenn ber Ofen vom Brodbaf-
ken noch heiß ift, oder er muß dazu befonders
geheltzt werden. Die Pflaumen follen ſodann
“nicht auf ven bloßen Heerd gelegt, fondern auf
Horden, die don Weiden: oder andern Ruthen
geflochten und mit Leiften umgeben find, in ben
Badofen gefchoben werden, damit ſich fowohl
Feine Afche an die Pflaumen anhänge, als auch
" fie bequemer. zu behandeln fegen, wenn man fie
zu Zeiten wendet und unter einander ruͤhret,
und fie zu dem Ende auss und einheben muf.
* Wie übrigens das Trocknen im Badofen zu
bewerfftelligen fey, davon fehe man im Art. Obſt
das Weitere. ’
Will man gefhälte Pflaumen, oder foger
nannte Prünellen, Brignolen tepdnen, als
wozu vorzüglich die weißen Perbrigon und bie
Zwetſchen ſehr dienlich find, fo werben fie, um
die Haut abziehen zu koͤnnen, entweder in. ko⸗
hendes Wafler ein vaar Augenblicke Je
man läßt fie im heißen Dörtofe che
den liegen uͤnd abweiken, löfer bie Ha
druͤckt den Stein da, der
wird nad und Mi
gehdrig getrocknet
auf einer Kaumet
“ Pflaume, 111
fie in Schachteln feſt auf einander gedruͤckt,
oder in Schnuren eingefaßt, und zufammen
Binein gepreft. .
. Die Aufbewahrung ber getrockneten Pflau⸗
men erfordert eben die Vorſichtsregeln, welche
ben dem andern getrockneten DIR und Schnigen
zu beobachten find, wovon: im Art. Obſt ſchon
gefprochen wurde. u
Die Benußung der Pflaumen, befonders
der Zwetichen oder Hauspflaumen zu Roding
eines haltbaren Saftes, ber fait in jeder
Provinz feine eigene Benerinung hat, und bey
den Sacıfen Yus, bey den Schwaben Befalz,
bey den Franken Honig, ben den Heflen Lats
werge ꝛc heißt, ift allgemein befannt. Die Bes
. zeitung. diefes in: der Haushaltung für Kinder
und Gefinde überaus zuträglichen Confects, wo⸗
mit mandes Pfund Butter und Fleiſch erfpart
wird, kommt in der Hauptfache mit der Art
und. Weiſe ven Birnhonig zu veifertigen, übers
ein. Dan kann aber diefen ‘Pflaumenhonig zwar
mit Wafler kochen; hat man aber anftatt des
Maffers Birnmoft oder Apfelmoft, fo ift es
b t, Er wird zuvor abgekocht und ger
dem Birnhonig bereitet wird,
ef fo werden ſodann
Pfla
12 Pflaume,
ben. ift in Anfehung des Ausfernens her Pflaus
men oder Zmetfchen zum bemerken, daß die ber:
"" Aüsgenommenen Gteine oder Kerne berfelben
. sicht blos für die Schweine zu benußen jenen,
ſondern wohl verdienen, aufgeföhlagen und zu
Oekhl gemacht zu werden, indem das daraus bes
" geitere Debl dem Mandelöpl gleich Fonmmt, und
ſehr vortrefflich if. Hat man auch nicht zu ei⸗
nem Schlag hinreihend Kerne, fo fünnen fie
wenigſtens zu anderen Dehlproduften. gehommen
und mic Nußfernen, mit Sonnenblumenfernen,
. mie Magfamen, mit Sommers oder Minters
‚reps ꝛc. zu Oehl gefchlagen werben, und baffeb
‚be vermehren und fehe verbefleen. "
Hat man aber hinreichend Pflaumen: oder
Zwetſchenkerne, um fe zu Öhle zu ſchlagen,
fo ſcheidet man zuförderft die tauben Gteine
. von den vollen, welches dadurch gefchiehet, daß
"man fie nach und nach, und nicht zu viel auf
Fair) in einen Zober voll Waſſer fachte lau⸗
fen laͤßt, die oben fhwimmenden, die eben die
„ untauglichen find, binmwegnimmt, bie’ zu Boden
. gefunferten auch noch einigemahl umrüßret, dar
“mit ſich die leichten und hohlen vollends in bie
Höhe begeben. Sind nun die Vollkommenen an
der Luft etwas cibgetrodnet, fo werben fie ganz
leicht mit einem Hammer aufgefchlagen, das auch
‚Kinder verrichten fünnen, jumahl wenn man
.. ‚ ihnen Brethen von hartem Holz mit drey Zoll
‚ böhen Leiften auf drey Seiten gibt, damit
die aufgefchlagenen Kerne. nicht wegſpringen.
Dieſe Bretchen belegt man mit Steinen ber
metfchen und ſchlaͤgt fie nad) einander duf,
"schiebt fie nad) der offenen Seite. hin, und lieft
„pie Kerne, wenn der Haufe groß genug ift, aus,
‚und. belegt das Bret wieder aufs neue — Ei
.
2
Pflaume - 113
Abſicht des Oehlſchlagens ſelbſt hat man zu ber.
obachten, daß man fich auf der Oehlmuͤhle ers
Fundige, mie viel Kerne im Gemäß zu einem
Schlag erforders werden. Diejenigen Mühlen,
weiche auch auf Fleine Portionen zum Schlagen
eingerichtet find, taugen hier am beiten, damit
ſich die Löcher der Stampfen mit werigem an⸗
füllen laffen. Es ift aber allzu wenig nicht vors
Sheilhaft, weil die geringere Maſſe nicht fd feicht
erwärmet, und das Dehl nicht fo leicht zum
Fluß gebracht wird, noch ſich fd feicht im Preſ⸗
ſen abfondert. Allein in ben Waͤrmofen därf.
bie geftampfre und zum Pfteſſen fertig gemachte -
Maſſe nicht gebracht werden, wie bey Kein und
Reps gewoͤhnlich gefchiehet, Meil durch eine leicht
uͤbertriebene Hitze das Oehl einen ranzigen
Geſchmack erhält, und zum Eſſen untauglich
wird. — Ben dem Schlagen felbſt muß alfo .
verfahren werben. -XUbenn bie -Stämpfen eine
kurze Zeit gegangen find, fo daß die Mane
bein der Zwerfchenfteine gröblich find zerquetſcht
‚worden, und feine ganze Mandel mehr zu fehen
it, fo kann man die Maffe mir Waſſer zurich⸗
ten. Man thut nähmlich fo viel Waſſer hin«
zu, daß fih die Maſſe wenden kann, ind: die
Stampfe nicht duchfält.e Das erfenne nihr.
—
daran. wenn ſich die Maſſe wie ein harter Teig
in den. Händen anfuͤhlen läßt: - Laͤße mar nun
die Stämpfen fo lage gehen, bie die Mayfe in
den Händen nicht mehr klebrig tft, To witd fie:
zum: erfien Mahl gepreßt. Der Preſſe nwirv.ein :
zeines Gefäß untergefeßt, und In: derfifelßen dad: -
ansgepreßte Oehll aufgefangen: "Und da über
‚Haupt bey diefem Geſchaͤft die moͤhlichſte Rein-
lichkeit erfordert wird, da das frifchgefchlägene -
Oehl und. die Maſſe, woraus Oehl gefchlagen
Orc techn. Enc. CK. Theil. © 9 . Wird)
-
114 Pflaume.
wird, leicht eihen, fremden Geſchmack annimmt,
fo ift nörhig, daß die Preßtächer, che man
Schlägt, mohl gereinigt feyn, und zwar am beften
durch Magfamenöhl, wenn dieſes vorher darin
gefchlagen und gepreft worden. Den erſten Ku⸗
chen, der etwas Mohndhl verfchludt har, und
deshalb unrein ift, lege.man befondere. Ueber:
haupt thut man fehr wohl, daß man zum Prefr
fen feine Samentuͤcher nehmen lafle, mo gleich
der ganze Gang hinein gefaßt und gepreft wird,
. fondern Kuchentuͤcher; denn bey diefen bringt
‚man durch den erften Gang das Unreine auß
- dem Tuch weg. Die zum erften Mahl gepreßs
ten. Kuchen werben dann mit gehöriger Zu:
richtung zum zwehten Mahl in die Stampfe ges
kracht, und weiter ſo behandelt und gepreßt.
Das Dehl davon erhält eine reine hellgelbe
Sarbe. Sein Eeſchmack ift rein, angenehm und
gewuͤrzhaft. Es bat außerordentlich flarfe Bette
theile, daß ein Löffel -voll ſolchen Oehls fo viel
ſchmelzt, als zwey des gewöhnlichen Baumoͤhls.
Zu Salaten ift es unvergleichlich. Es hat zwar
Anfangs eine Beine Bitterfeit, die aber bey
dem. Salat nicht unangenehm ift; und wenn es
mit dem zehnten Theil Provenceroͤhl vermifcht
soird, fo ift -es fo gut als dieſes feine Dehl.
Den Zroetfhen: oder Pflaumenhonig fann
man mit. Hollunderbeeren fehr verfchönern und
verbeſſern. Er wird davon fhön dunkelſchwarz
und recht ſchmackhaft. Sie werden aber auf
folgende Weiſe ‚dazu angewendet; der recht reife
. ann. fehwarzgewordene Hollunder wird handvoll⸗
weiſe in einem Gieb, das über einen Keffel oder
ſo aſtiges Gefaͤß gelegr wird, mit den Händen
. ausgedrüdt, daß der Saft in den: Keffel abläuft,
die Hölfen und Stengel aber zurärfbleiben. *
er
Pflaume. 1 13
fer durchgelaufene Hollunderfaft muß eine Stunde
vorher allein gekocht und abgefchäumer werden.
Sodann erft werden die von Steinen befrejten
Dwerfchen dazu gefchüttet, und ſechs, fieben bis
acht Stunden gekocht. Die Hauptvorficht dabey
muß feyn, daß man es nicht anbrennen laffe,
und zu dem Ende von Anfang big zu Ende
beftändig auf dem ganzen Böden Auf und ab
rühre, welches Umrähren am beäuemflen mit eis
nem Butterfiößer, tem Nührfiod aus dem But⸗
terfaß, gefchehen Fann. Sobald Auf einem Feis
nen Fleck am Boden des Keflels etwas änbrens
net, fd geht das Anbrennen immer fort, und
das Umrähren wird auch ſchwerer. Man muß
daher das Seuer, befonders gegen das Eride des
Kochens nicht allzu ſtark werden laflen, und
hierdurch das. ſteißige Umruͤhren nicht vergeblich
machen; denn bey .allın. ſtarkem Feuer wuͤrde
. 08 des Umruͤhrens ungeachtet doch anbrennen.
Je ſteifer und dicker der Pflaumenhonig gekocht
wird, deſto beſſer und länger hoͤlt er ſich. —
Manche kluge Landwirthin wirft auch einige
unreife welſche Muͤſſe mit der gruͤnen Si ale
in den Keſſel und läßt fie mit kochen. Dikfe
befommen durch den füßen Saft- der Pflaumen,
der fi hinein kocht, einen überaus angenehmen
und den eingemachten Nuͤſſen ähnlichen &e:
ſchmack, zumahl wern man in Eine jede Nuß
ein, oder zwey ganze Naͤgelein fiel. .
Die Aufbewahrung diefes gekochten Pflau⸗
menhonigs iſt am beſten in Toͤpfen von Stein⸗
‚gun, welche ſodann nicht in feuchte Keller, ſon⸗
dern in trockene Kammern hingeſtellt werben.
Bey -icdenen Toͤpfen, wenn fie richt verglaͤſet
‚find, dringt der beſte Saft durch, und entſteht
leicht darin. Schimmel, . Diefen' Hu verhüten,
H 2 muß
*
16 Pflaume. ° .
. muß man audy darauf fehen, daß bie Töpfe
beym Finfällen recht voll werben, . und fie zu
den Ende einige Stunden nah dem Füllen
wohl ruͤtteln. Wenn die Töpfe falt find, bin-
Der man fie feft zu mir Schreibpapier, daß Feine
. Ameije dazu fomme, ats weiche ſich dabey fehr
gerne einfinden, wenn deren im Haufe find. Sehr
" zuträglich .ift es, wenn man die Töpfe mit braun _
gebrannter Butter zufchmelst. |
&s gibt Jahrgänge, in welchen bie Pflau⸗
men in einer foldhen Menge gerathen, daß man:
che Gegenden nicht wiffen, fie genug zu benußen.
Der treffliche Branntwein aber, den die Pflaus
. men geben, und der bey zweckmaͤßiger Behand:
—
lung dem Arrak gleich gemacht werden kann,
gibt dieſer Obſtfrucht bey der groͤßten Menge
‚einen entſchiedenen Werth, und zwar find die
fogenannten Zwerfchen das worgäglichfie. Mater
rial dazu; es taugen aber jedoch auch alle ans
.. bere Pflaumen und die Schlehen ſelbſt dazu.
Je mehr Suͤßigkeit inbefien eine Pflaumenart
‚.kat, deſto mehr und brennbaren Geiſt enchälc
dieſelbe. — Zum Branntweinbrennen taugen
„Se nun beſſer, wenn fie noch frifh ſind, als
"Aberzeitig und. eunzlid. Da man aber nicht alle
‚fogleih vom Baum wegbrennen fann, fo duͤr⸗
"fen fie nicht fange auf Saufen fiegen bleiben,
%
ſonſt würden fie fich erhißen, gähren und faus
len, fondern. fie muͤſſen fogleih, als fie vom
Baum abgefchättelt find, in Foͤſſer eingefchlagen
werden. Hat man beren viele und ein großes
Vaß mir einem Thuͤrchen, fo wird feiches, wenn
es voll ıft, mit dem Thuͤrchen verſchloſſen. Bey
‚andern Faͤſſern wird der Boden ausgefchlagen,
gefuͤllt und wieder feſt zugemacht. Es werden
aber die Pflaumen nicht eingedruͤckt, ſondern
nur
⸗
Pflaume, 117
nur ſo eingefuͤllt, wie ſie von ſeſbſt zuſammen
fallen. Und auf dieſe Art eingefuͤllt, vor bee
Luft verwahrt und in ben Keller gelegt, haften’
fie fih Fahr und Tag zum Brennen, und Fahn
man ſolches Gefchäfe nah Muße und Gemaͤch⸗
fichfeit verrichten. Wil man ſie aber fogleich
zum Branntweinbrennen anwenden‘, ſo werden
fie fofort gemahlen oder geſtoßen, in das Gährs
faß geſchuͤttet, feſt zugedeckt und an einen wars
men Ort zur Gaͤhrung hingeſtellt, da fie in zehm
bis vierzehn Tagen, je nachdem fie. mehr, oder
weniger warm ftehen, reif und zum Brennen
fertig ſeyn werden. ————
Die vollendete gehoͤrige Gaͤhrung hat, wie
ein anderes Material zum Branntweinbrennen,
den fäuerfich geifligen Geruch zum Hauptfenns
zeichen. Zf man mit der Gährung andetrer
zum Branntweinbrennen dienlicher Früchte bes -
fannt, fo wird man gar bald durch den Geruch
entfcheiven fönnen, welches der rechte Grad der
vollendeten geiftigen Gährung auch bey vieler
Obſtfrucht fen, und muß hierin. die Erfahrung:
die befte Zehrmeifterinn feyn. Ä |
Sobald nun die Zwetſchen oder Pflaumen
den gehdrigen "Grad von geiftiger Gährung eis
- reicht haben, fo :verden fie zum Rauhbrennen
in die Blafe oder Branntweinfeffel gerhan. In
demſelben werben fie anfänglich umgeruͤhrt, da⸗
. mit fie nicht anbrennen, und zur rechten Zeit
der Helm oder Hut aufgefeßt. Der Keſſel muß,
wie ſich von felbft verfteht, eine Queerhand leer
bleiben, und das Teuer anfangs flarf gemachte
‚werden, daß fie ins Kochen fommen; - alebanıs
aber, wenn der Keffel im Gang ift; fo wird das
Teuer gemildert: und gehörig regieret, Ss
23 . Das
*
us Pflaume.
Das Läutern des Zwetſchenbranntweins hat
bben die bekannten Regeln, wie bey Keudytr und
. anderem Branntewein. Die rauhe Käuter wird
in ein ſauberes Gefäß gerhan, und wenn fie zum
Adziehen kommt, der Keflel wohl gereinigt, das
Feuer bis zum Sieden ſtark gehalten, und wenn
es läuft, fchnell gedämpft, der Dfen wohl zuge:
macht, bie Zuglöcher verlegt und fofort dag Feuer
forgfältig regierer, damit der Geiſt nicht zum
. Schaden wegdunfte. — Ein Haß von 160 Maß
83 Maß zu 4 Pfunden) von friſchen Zwet⸗
ſchen gefüllt, gibe 183 Maß Branntwein, der ſehr
gut und ſtaͤrker, als theiniſcher Branntwein iſt,
wenn das Geſchaͤft mit Fleiß und Achtſamkeit
verrichtet wird. |
Diie Treber, oder die im Rauhkeſſel zurück
‚gebliebenen und ausgebrannten Pflaumen find
zum Sutter für die Schweine wohl zu benußen,
wenn fie abgefähle find. . |
| Um die gewöhnlihen Hauspflaumen einzu:
machen, läutert man ein Pfund Zuder, und
‚Lehr ihn ſtark einfieden: fchält alsdann eine
Quantitaͤt yon den beften Pflaumen, legt fie in
den Zuder, und läßt fie darin kochen, daß fie
durchfichrig werden. Dann nimmt man fie wie:
‚ber beraug, läßt fie gut ablaufen und wieder
„troden werden; kocht alsdann den übrigen Zuf-
„ger recht ſtark, tunft eine nach der andern dar⸗
„in, seht fie zu einem Dfen, und läßt fie gut ab«
grocknen. Der: man duchfliche die Pflaumen
Überall mis einer Heftnavel, legt fie jchichtweife
in ein Glas, - legt etwas gröblih zerfloßenen
‚ gimmt und Miysfatenblächen darin, gießt ges
„fauterten und wieder Falt geivgrdenen Zucker
darüber, üperfieder den Zucker einigemafl, und
wenn man. die Pflaumen, trocken haben will, jo
8«G a nimmt
. Pflaume, 419
nimmt man ſie nach einigen Tagen wieder aus
dem Zucker, und tunkt ſie wieder in ganz dick
geſottenen und gelaͤuterten Zucker, und laͤße fie
bey einem warmen Ofen trocken werden. |
Wie Eſſig eingemachte Zwetſchen. Dian
nimmt reife, aber noch nicht weiche Zwetichen,
laͤßt Die Stiele daran, wiſcht fie ab und durchs
flicdyt fie mit einer Spicknadel einige Mahl. Zu
60 Zwetſchen nimmt man 3 Pfund Zuder
und ein Quartier Effig; läßt diefen nebſt eis
nem Loch Zimmt auch halb jo viel Meifen in
einem verzinnten meflingenen Keffel kochen, bıs
der Zuder etwas did wird. Wenn er falt ges
worden, wird er über die Zwetſchen gegoſſen
und bleibt 8 Tage darauf fliehen; dann wird
er abgegoflen, abermahls dick gefocht, und mies
der über gegoflen. Mac acht Tagen werden -
die Zwetfchen mit dem. Zuder gekocht, bie fie
— anfangen zu plaßen: wenn fie kalt geworben,
: padt man fie. in Glaͤſer oder fteinerne Töpfe,
. und gießt den Zuder überher.
Trac) einer andern Vorſchrift, nimmt man
. zu 6 Pfund Zmetichen nur 23 Pfund Zuder
und ein Quartier Effig; klaͤrt den Zuder mir
dem Effig erft ordentfich ab, mittelft Zugebung
des zu Schaum ‚geichlagenen XBeiffen von eis
nem En; wiederhohlt auch dag Auffochen des
Eſſigs nur drey Tage fang nach einander, laoͤßt
die Zwetichen darin zum leßten Mahle nur ets
was aufföchen; verfähret übrigens mie vorher,
und bindet An die Stläfer feft zu. |
Die Zwetſchen gerathen uf beyde Art,
und balten fich zwey Jahre. |
. " Ziwerfchen » Yidarmelade. Werfet Zwet⸗
ſchen in heiß Waſſer, um die. Haut abziehen
zu koͤnnen; macht die Kerne heraus; wiegt
j 54 |.
zu 5 Pfund ein Pfund Zuder: kocht bie Zwet⸗
fhen mit dem Zucker unter fletem Umrühren,
mit einem hölzernen Loͤffel, um das Anbrennen
zu verwehren, über eirfem gelinden Feuer, bis
die Maſſe ſteif genug iſt; miſcht fodann die
aufgeklopften und geichäften Kerne barunter,
und verwahrt die Marmelade in fleinernen
Töpfen, Man füllt fie in Torten, oder mache
- guh mit Wein, AZuder und Kitronenfaalen
Suppen davon,
| Eine andere in Torten gut zu gebranchens
de Marmelade von Pflaumen oder Aprifoien
macht mar alfo: Man lat fie nach herausge⸗
nommenen Steinen gelinde zu einem Mus for
. hen, ſchuͤttet -diefes in ein Haarfieb und rührt
es mit einem Löffel ſtark durch; nach dem Ges
. wichte des Saftes läutert man fo ſchwer Zufs
ter, fchätter die Marmelade hinein, rührt bey⸗
"Bes unter einander, läßt es auf dem Feuer
heiß merden, aber nicht Fochen, fülle es in Ge⸗
..... faße und fireuet geftoßenen Zucker dic überher.
| | ", Die keichtefte Art Pflaumen einzumachen, wels
che die Sranzofen daher & la bourgeoile nen⸗
sen, iſt: . Ä
Mehmet Pflaumen, inbem fie reif werben
wollen, die grünen find die beſten; flecht mit ei⸗
ner dicken Nadel hin und wieder hinein; wiegt
- eben ſo ſchwer Zuder, auch wohl etwas weniger
ab, läutert ihn bis er fpinner, laſſet die Pflaus
men darin fieben bis achte Mahl auflieden,
fhäumet fie fleifig ab, bewegt fie auch beſtaͤn⸗
Die; wenn fie halb Falt find, werden fie mit eis
nem Schaumlöffel heraus gefifcht, in ein Glas
gethan, und der Zuder, wenn er vollends erkal⸗
..tet, uͤberher gegoſſen. |
, | Kenn
Pflaume. 121
Wenn die gruͤnen Pflaumen ober Reine
claude eingemacht werden, muͤſſen fie eine gruͤe
ne' Farbe behalten; Deswegen wirft man fie,
nachdem fie einige Mahle durchflochen worden,
in kochendes Waſſer; fie finfen darin. au Grun⸗
be; wie fie in die Höhe fommen, werben fie
vom Teuer genommen, und bes folgenden Tags
mit eben dem Waſſer wieder ans Feuer gefeßt,
ohne daß fie kochen. Wie fle weich werden und
fih mit den Fingern drüden laflen, werden fie
in faltes Waſſer geworfen, und za 100 Pflaus
. men 10 Pfund Zuder gefäutert; davon gibe
man zwey Drittel 24 Stunden lang auf die
Pflaumen, läßt den abgegofienen. nebft dem zus
rüf behaltenen etwa zwoͤlfmahl auffieden, gießt
ihn über die Pflaumen; nad) zwey Tagen muß
der Zucker abermahls fo oft auffochen, und wird
wieder über die Pflaumen gegoflen;s nah ag .
Stunden wird der Zucker gefocht, bis er Pers
len am Löffel macht, alsdann läßt man bie
Pflaumen darin ein paarmahl auffieden, fülle
fie in Gefäße, und gieft,den erkalteten Quder
überher— ———
In einem franzoͤſiſchen Kochbuche findet
man eine Regel, daß man die Pflaumen zum
Eſſen des Morgens vor Sonnenaufgang pflüfs
: ten folle. Vermuthlich gehört aber ein zärtlicher - .
franzoͤſiſcher Mund dazu, um zu fchmeden, ob
eine Srucht eben vor oder nach Sonnenaufgang
gepfluͤcket ſey. u
So viel ift jedoch gewiß, daß eine Frucht,
weiche gebrochen wird, wenn eben das Fleiſch
von der Senne recht durchgewärmt worden,
etwas mattes im Geſchmack habe. Man muß
alfo folche vorher in einem Seller oder Fühlen
Zimmer abkuͤhlen laſſen; alfo ift es befler, wenn
| —5 | mon
22 \ Pflaume,
man bie frifch zu eflenden Früchte überhaupt,
- fonverlih Kirfchen, des Morgens früh pflüde, _
‚ehe die Sonne fie erwärmt hat; denn was man
einmachen oder. aufheben will, muß vecht teofs
fen ſeyn. | |
Es kann auch fegn, daf die Seüchte ſchmack⸗
-Bofter find, wenn fie eben. den friichen Thau
eingejogen haben, ale wenn fie von der Sonne
durchgewaͤrmet worden.
Pflaumenmuscorte. Man verfährt hier
eben fo, wie mit der Kirfehmustorte, nur daß
man viel Zimmt an das Pflaumenmus fireuen
muß. Man füllt eg alsdann in den Teig, und
hackt es auf die gewöhnliche Art.
Dflaumeneeig. Die beften Pflaumen, die
man dazıı gebraucht; find die mirabelles, Isle-
vert, Perdrigons und mirabolans. Der Teig
- aber davon. mird auf feigende Art zubereitet:
Mean feßt die Pflaumen, wenn man die Kerne
- herausgenommen, mit Waſſer übers Teuer,
laͤßt fie weich. Eochen, heenach austrocdnen, und
seibt fie dann Buch ein Sieb. Hieraus wird.
eine Marmelade, deren man fich auf folgende
Art bedienen kann. Wenn die Marmelade fers
‚tig it, fo nimmt man etwas davon, und thut
‚am Gewicht eben fo viel Zucker dazu, als die
Pflaumen fihwer find. Den Zuder aber läßt
man fo lange fieden, bis er den Sud a calle
oder & la grande plume erreicht bat, dann
thut man die Marmelade darein, ruͤhrt mit ei:
nem Löffel alles auf dem Feuer um, und. läßt
es aufammen big zum fieden, warm werden,
Hernach thut man: einen Zöffel voll davon
in eine. Sorm, und fäßt fie in einer warmen
Stube trocken werden.. Am Abend bes fünfti-
: gen: Tages. mender man den Teig auf die andere
U | , eis
Pflaume. 123
Seite um, und wenn fie recht getrocknet find,
fo legt man fie in Schachteln, welche inwendig
mit weißem Papier ausgefüttert find.
Pflaumentorte. Man ſchaͤlt fchöne reife
Pflaumen ab, nimmt die Kerne heraus, reibt
hinlaͤnglichen Zucker darüber, und beſprengt bey⸗
‚des mit etwas Wein. Dann ſchlaͤgt man ein
Blatt Teig, beſtreicht eine. Tortenpfanne mit
Butter, überjieht ihn mit zerklopften Eyern,
lest alsdann die gefchalten Pflaamen zierlich
darauf, und zwar ſo weit als man die Fuͤlle
haben will, beſtreuet es mit Zucker, Zimmt und
geſchnittenen Citronſchalen, macht ein Gitter
daruͤber, beſtreicht es wieder mit Eyern, und
laͤßt ſie ſchoͤn gelblich backen. |
Eben diefelbe noch anders. Man feßt einen
Tortenteig wie zu anderen Torten auf, ftremet
geröftetes Brot und Trifenet auf den Boden
derjelben, und thut Flein gefchnittene Mandeln,
Kitronat und Pomeranzenfchaalen darunter. Ins
deſſen fchneider man Pflaumen auf, nimmt bie
Kerne heraus, und thut an deren Statt abgezo⸗
gene Mandeln barein, legt fie auf das gerüftere
Brot, freut: Weinbeeren oder Corinthen dazwi⸗
fhen, macht eine doppelte oder dreyfache Lage
und einen ausgeſchnittenen Dedel von dem
nähmlichen Teige darüber, und gießt etwas we⸗
niges Malvafier oder anderen füßen Wein bar:
an. Man fann auch die gerchälten Pflaumen
vorher ein wenig in Butter duͤnſten. —
Nun folge Hier noch die Befchreibung der
übrigen zu der Gattung des Pflaumenbaums
gehörigen Bäume. | |
360. Rriechen: Pflaume, Prunus infititie,
edunculis geminis, foliis ovatis Jubtus vil-
lolis convolutis, ramis. [pinelcentibus L. Sp.
‘
124 . Pflaume.
"Pl. ed. Willd, Tom. IL P. IL p. 996. Du
Roi ll. p. 246. Roth Fl. germ. II. p. sqı.
Prunus Iylveftris major Du Ham. arb, .
‚pl gr. Blackw. 1. 305. Kerner Abb. öfen.
Pf. 2.333. Pruna ſylvoſtria praecocia. Bauh,
in. 444. Die übrigen deutichen Nahmen dies
bes Baumes find noh: Krecke, Anguftpflaus
mc, Saferpflaume, Jakobspflaume, St. “Ju:
lians Pflaume, 3ipperle, Zipperlein. Engl.
- Bullace Tree. Ä
Ste iſt in Deutſchland, England und in
ber Schweiz wildwachſend. Die Blätter find
‚oval, am Rande gezahnt, auf ber unteren Flaͤche
v wollig.- Hin und wieder find die Zweige mic
kurzen Stacheln verfehen. Die Blumen gemeis -
niglich zwey Stuͤck auf einem Stiel. Die
Fruͤchte fugelrund, noch einmahl fo groß als die
- gemeinen Schlehen, von gleicher blauer Farbe, im
Geſchmacke etwas herbe, und werden deswegen
geſucht, weil fie früher als die Pflaumen reif
werden. Ä
‘ Der Baum wird mittelmäßig hoch und
traͤgt alle Zahre reichlihe Fruͤchte, Das Holz
» daft Schön buntgeſcheckt, und wird dem Pflaumen»
holze vorgezogen. Weil die Fruͤchte nicht fo
herbe als die Schlehen find, fo ſollte man glau⸗
ben, daf fie ſich beffer als jene zum Schlehen⸗
wein ſchickten, allein eben beswegen taugen fie
dazu nicht. Man vermehrt fie durch ihren Sas-
men und durch die Schößlinge aus ihren Wur⸗
zeln. Die Wildlinge diefes Baumes dienen nod)
zue Veredelung ber Pfirfhen; doch find bie
Wildlinge von den Damafcener Pflaumen, ber
‚fonders ' diejenigen, welche mollichte Triebe haben,
.: dazu beſſer. : J
31.
Pflaume 125
z1. Bunde Pflaume, Kirſchpflaume.
Mirobalane. Prunus cerafiferh, pedunculis |
folitariis; folüs ellipticis, glabris; fructibus -
pendulis; ramis fubinermibus, Willd. I c.
pP. 997. Deff. Berk Baum. S. 250. Prunus
cerafıfera , ramis [ublpinelcentibus; glaber-
rimis; foliis elliptiäis, glabris, convolutisz
peduncnulıs folitariis, tenuifimis, glabetrimisz
calyce reflexo; drupa fubglobofa, pendula.
Ehrhart Beytr. Bd. 4. ©. 17. Prunus do» -
meltica var. c. Du Moi Harbf. Baum. 1. .
Aufl. Bd. 2. © 164. Prunus ceralifera Du
Roi ꝛc. 2te Aufl. ©. 243. Prunus fructu ma-
jori rotundo rubro Mill. 27. Prunus dome-
ftica &, Myrobalan. Linn. Spec. pl. 680,
Cherry Plum. Prunus Cerifette, Mirabolan,
Du Ham, arb, fruit. Tom. 2. Pl. 20. Fig: ig
Das Vaterland diefes Baums ift Virginien.
Er wird groß und im Stamme did. Dagegen
derfihert Here Willdenow a. a. O., daß zu
Berlin fhon bejahrte Stämme biefer Art nur
: 216 Buß Hohe Sträude bifien. Gr habe fie
Bann nur baumartig Angelroffen, wenn fie auf
andere Stämme gepfropft geweſen finds! Die
Knoſden ſind längiich, heileöthfich braun: Die
Blätter duͤnn, glatt, fehr Flein, elliptiſch, nicht
. Über zwey Zoll lang, von frifcher, gräner Faͤrbe.
"Der Rand fein, dabey tief gezahnt. Sie mir-
den Teiche von Inſekten arigefallen. Die Blur
menkrone hat jmehrentheils fünf weiße Blaͤtter.
Du Hamel gibt fle auch wohl zu ſechs, ſieben
und mehreren Stüden an, und daß fie unten
roͤthlich find. Finden ſich mehr denn ſechs Blaͤt⸗
ter, fo Haben nad) dieſem Schriftftellet ſolche
Blumen geboppelte weibliche Befruchtungbtheile.
Die Blumendecke grün, in ihren’ Einfchnitten
e,s:;t - zuruͤck⸗
496 Pflaume.
zuruͤckgebogen, deren Nand mit einem hochrothen
Saum eingefaßt. Staubfäden weiß. Staub:
beurel gelb. Die grünen Blumenftiele einen Zoll
lang. Weil fie früh und bey une fchon in den
erfien Tagen des Mans hervorfommen, fo mer:
ben fie oft burd einen noch fpät einfallenden
Nachtfroſt befhädiget, und liefern wenig Fruͤchte,
. wenn glei die Blumen fehr reichlich zugegen
find. Die Frucht wird im Auguſt reif, und iſt
. hangend, ie unterfcheidet ſich ven ven Zwet—⸗
ſchen dadurdy, daß fie, wie tie Kırfche, auf eis
nem langen Stiele befeftigt ift, die Seftalt einer
. Heinen Mirabelle, eine rohe, glatte un) glän-
- zende Haut und an ibrem Ende eine feine, Mar
delähnliche, kurze Spiße bat. Ihr Fleiſch iſt
hellgelb und durchſichtig, im Geſchmacke aber
nichtebebeutend, Der Stein ift ein wenig höf:
. Terig, an vielen Orten mit dem Kleifche zufam«
. menhängend und wie ein Pflaumenfern geftalter.
Man fann fie nur zu Auszierung der Gär:
ten, und Pflanzungen anwenden, ba der Ge:
ſchmack der Seüchte ‚feinen Liebhaber zum Anbau
reizen wird, Ihre Kortpflanzung gefchieht durch
. Samen, Pfropfen, ader Deuliren. - =
32. Scleben» Pflaume. Prunus /pino/a,
edunculis ſolitariis, foliis elliptico - lanceo-
tis [ubtus pubefcentibus, fructibus erectis,
ramis [pinolis. Willd, 1. c. Prunus /pino-
Ja, pedunculis [olitariss, foliis lanceolatis
Blabris, ramis [pinofis L. Sp. Pl. Prunus ra-
mis [pinolis, pubeleentibus; foliis ellipticis,
. convolutis, [ubtus villofs; pedunculis lolita-
riis, [ubpübelcentibus; calyce patente; dru-
a globola. Ehrhart Beytr. Bd. 4. ©. 16.
Brunus [ylvefiris Mill. 33. Prunus Aoribus
breviter petiolatis Hall, hiſt. Tom, =, Prn-
4
nus
Pflaume. 12327
nus ſylveſtris, fructu parvo ferotino Du
Ham. arb „ The black Thorn, Sloe Tree,
Winter Creke, Chrifimas Plum- Prunellier
ou Prunier fauvage, Epine noire. Schwarss
Born, Schlebendorn, wilde Schlehen, Doms
ſchlehen Heckenſchlehen Heckdorn. Spinling,
wilde Kriecheln, wilde Pflaumen, Rietſchke⸗
Pflaumen. ©. Blackwell Tab, 494. Eva
mer Tab, 34. |
Dieſer in unfern Gegenden fehr gemeine _
Strauch wird in allen Ländern von Europa ane
getroffen. Die Blätter find länglich, auf beyden
©eiten glatt. Ihr Rand fein gezahnt, im Ges
ſchmacke find fie bitter. Die‘ Blumen brechen
theils einzeln, theild zu. zwey Stuͤck neben eine
ander früh. im Jahre bey der erften warmen
Witterung hervor Sie beveden die Bäume
in fo großer Menge, daß dieſe in Heden umd
Borbölzern tie befchneret ins Auge fallen Ihre
Blätter find. weiß, ihr Geruch ſuͤßlich, ihe Ge⸗
ſchmack bitter. Auf fie folgen die fpat im Herbſte
- zeif werdenden Srüchte, welche die. Größe einer
. Heinen: Slintenfugel haben, Im Anfange .erfchei:
nen folche grün, am Ende aber. dunkelbraun.
Die aͤußere Rinde der Zweige ift ſchwaͤrz⸗
Sich, glatt, Der Stamm: wächlt Enotig und mit
Stacheln beſetzt a: f, und die Wurzeln wuchern
auf zwanzig: und mehrere Fuß meit umher.
Wegen diefer en Eigenjchaft fchaden fie.
den Aeckern, befonders: wenn der Boden gut
und loder iſt, und es iſt alfo anzurathen, die:
ſerwegen fowohl, als meil die alten Stämme leicht
erfrieren, und dadurd) Lücken entfliehen, fie zu
‚Befriedigungsheden nicht anzupflanzen, fondern
an ihrer Stelle eher Weißdornen (Melpilus
- Oxyacantha) zu nehmen; welche überhaupt ie
. . . e
tere Herden liefern, 0:
128 Pflaume.
Die abgehauenen Zweige werden zu Bes
deckung todter Zäune, zum Durchflechten lebens
diger Heden nach ber von dem Hrn. Landdroſt
v. Mändhhaufen im deitten Theile des Hauss
vaters S. 97 andegebenen Methode, und ben
Salzwerken zu dee Ausfällung der Gradierhäus
ſer gebrauchte Das Holz gibt gute Dauerhafte
Sopatzierſtoͤcke. nn
Der gemeine Mann pflegt die Bluͤthen
noch dor dem Aufbrechen in Knoſpen zu fam:
mein, und fie mie Milch gekocht als eine Fruͤh⸗
fingsfur zu nehmen. ie führen, mie die rei:
fen Früchte, ab, und find in den. Apochefen un:
ter dem Nahmen der Acatiendlüchen befannt,
aus denen ein Waſſer abgezogen wird.
f Die ganz reifen Fruͤchte werben enttveber
friſch, oder getrocknet, oder mit Senf eingemacht
gegeſſen, vorzüglich aber die Früchte der folgens
den .edlern Sorte. Bergius *)'verfichert, daß
fie durch die fpiritudfe Gaͤhrung reichlich Brannts
wein ‚geben. | |
Unreife Keüchte find zuſammenziehend, und
eine gleihe Wirkung hat die Rinde, die deswe⸗
gen von einigen zu DBertreibung flarker Fieber,
„.‚oftzur Unzeit mit gefährlichen Folgen, Angemens
det wird. Mit Lauge abgefodyt färbt letztere
roth, und ber. Saft der erfteren gibt mit Wis
triol veemifcht eine ſchwarze Tinter ' .
. Die Zubereitung des Schlebenweins iſt
nad) der Anweiſung bes Hausvaters**) :folgende:
ı) Man läßt vorläufig ein Faß zubereiten.
Dazı nimmt man ein Kaß, worauf Wein gemes
fen, welches aber, Wenn man nicht recht verſichert
ft, ausgezogen, oder doch von einem Bottcher En
\ 408
) S. aAbpandt d. Schwed. Akad. d. Wiſſenſchaften von
1776. ©. 372.
*e) fir Th. & 126 — 231,
Pflaume, 119
nacht werden muß, In ſolchem wird das Spunds
oc gröffer gemacht; Damit man mit eine! Sand
die gefioßenen Schiehen hineinfällen,. auch folche mit
einem breiten Dolje ordentlihd umrühren koͤnne.
Vor dem au en wird ein kleiner dicu gefto tes
ner. Korb befeftiget; dieſer macht, daß der durchladu—
fende Wein defto Flarer wird, und daß fi don den
Schlehen nichts vor dem Zapfen fegen kann, wel⸗
der fonft leicht verftopft wird. Vermitteiſt dieſes
Korbes zapft man den Mein bis auf den legten '
Tropfen rein Ab. on DE
. 2) Wenn einmahl ein Faß dazu gebraucht mors
. den, thut man wohl, folches zu alljährlichem Gebraus
che aufzuheben. j
Der Wein Hält fih beſſer und wird angeneh⸗
mer, ald wenn das Kap frifh ift. Bu
. Man muß alfo das Faß, wenn der Wein ganz
erunter ift, gleich Öffnen laſſen, und die zuruͤckge⸗
liedenen Schlehen, welche ſich In einen feften härs
ten Klumpen fegen, herausnehmen, das Faß troda.
nen, und wenn es recht trocken ift, feft zugeſpundet
bis auf das andere Jahr hinlegen, aber alsdann
ja Acht geben, daß es nichts multriged angenoms
men habe. , | V
3) Man ſuche bey Zeiten einen genugſamen
Borrath von Schiehen. | ’
Auf jeden Anfer rechnet man einen guten Hims
ten voll, Hat man deren zu wenig, fo erhält der
Wein nicht die rechte Dunkle Farbe, nimmt auch
nit genugfam den Sefchmad Davon an; wie man
wahrnimmt, wenn man oft in Fahren, wo die Schle⸗
hen, fo wie andere Baumfruͤchte, ſchlecht gerathen
und rar find, eine geringere Dofe zu nehmen ges
gwungen wird. .
| in Ueberfluß von Schlehen wärde den Mein
unangenehm und ungefund maden, und man Fünns
te Aberhin.. wenig aufzapfen, hätte alſo weniger
Mugen davon. 55
4) Die Schlehen därfen nit zu früh geſam⸗
met werden. en W
Ehe die Schlehen völlig reif And und anfang
- welt zu werden, find fie herbe und theilen bien
Bee gem Wein. mit, welcher auch eine blaffe Far,
de ehaͤlt. ie
Oec. scchn: En, CXiL, cheil, 8 | Man
—
1
130 | Pfiaume.
—
fet And
ſchoͤd
Man pflegt zu warten, bis die Schlehen berei⸗
5) Die Schlehen zu fpät zu ſammeln, ik mehr
lich als gut. |
Wenn man zu lange warten will, um die Schles
. ben vecht gut zu baben, fallen viele ab, und fie wer⸗
‚ den oft rar: fie verlieren auch den Saft, geben al⸗
auetjiht, dieß ſ
fo dem Wein nicht mehr das angenehme, und man
verliert am Weine. Es wird auch jegt, da fie eins
teodnen, eine größere Menge erfordert.
6) Wo man die Gchiehen nicht zugleich haben
fan d ini it d | ,
| man ZA pn AR Hr —ã
verderben.
Man muß fie an einem, nicht zw Iuftigen Orte
"dann aus einander breiten und Öfters rähren; lies
| ge fie auf einander oder dumpfig, fo brennen fie
&, faulen, fhimmeln oder werden multrig: liegen
fie zu Iuftig, fo trocknen fie aus.
In Ermangelung frifhee Schlehen kann
| mon Zur Noth etwas getrodnete vom vorigen Jah⸗
ze zu Hülfe nehmen. _ |
Der Wein erhält zwar dadur& den Geſchmack
“ aber nicht das Angenehme, was diefen Schlehwein
beliebt macht. Sie mäflen aber in der Luft, oder in
‚einem Zimmer auf dem Dfen getrocdnet werden.
8) Wenn man die Ssiehen jegt zufammen bat,
werden drey Biertel davon in einem hoͤlzernen Ge⸗
faͤße, und mit einem hölzeenen Puͤmpel Hein geRo:
n. bis die Kerne durchaus gequerfht find. Da
etzte Viertel bleibt ganz, und wird fodann mit jes
nen durchgeruͤhrt, darauf aber die»ganze Mafle in
‚dab. Faß gefüllt.
| an prüft die Guͤte des Schlehweins, wenn er
ſtark nach den Kernen riecht und fhmedt, und das
au in, möehig, daß die Kerne gequeticht werden.
ärden alle. Schlehen gequetſcht, fo fest ſich
Die Mafle zu einem gar zu feften Klumpen, und der
Wein kann nicht fo durchziehen, wie denn der Wein
auch von den ganzen Schlehen eine höhere Farbe
ennimmt. @inige laflen gar den dritten Theil unges
heine aber doch zu viel zu feyn, und
ee Saft fann immer deſſer aus den zerdruͤckten
"gegogen werden.
9
Pflaume. 131
0) Nachdem die in ein Faß gehoͤrenden Schle⸗
hen —28 ſind, zapfet a seh darauf. Se
Kann man nicht foniel Schlehen, wie in ein
Faß gehören, auf einmahl zufammen Eriegen, fo ift
efaͤhrlich, welche nadyzugeben; es mÄßte denn in
en erftien Tagen geſchehen, ehe fih die Schlehen
gefent haben; die in ein Faß gefälleten muͤſſen ſo⸗
ort mit Wein bedeckt werden, fonft würden fie in
Gährung gerathen. h M
Auf die Schlehen ſchickt ſich am beften Fran
wein: fe beſſer ſoicher ift, deſto wohlſchme *
und geſunder wird der Schlehwein. Rheinwein taugt
nicht dazu, weil er gu viel Säure Bat; Der dicke
rothe Wein ift zu berbe; Bourgogne, Champagne
und ungarſcher Wein geben vortreffliden Schleh⸗
wein, find aber zu Foftbar, man mäßte denn einen
Vorrath davon haben, der zum Trinken nicht recht
gut wäre.
10) &8 darf fein Zucker noch Gewürz) Hinzus
Fommen. Ä
Der Wein wird dadurch nur unangenehm und
ungefunds die Schlehen muͤſſen ihm -überflüfige Sa⸗
ßigkeit geben.
11) Man darf ein Faß g Anfange nidyt gleich
vol Wein fällen, weil die Schtehen täglicd mit eis
nem Spohne umgerhhrt werden müſſen
Man läßt dazu einen breiten Spohn von: der
Länge maden, dak damit täglich die ganze, auf denk
Boden des Faſſes ſich feßende Mafle bewegt und
umgerährt werden Fann, weil fie ih fonft fekt, und
bee Wein die Kraft nicht heraus ziehen moͤchte.
12) Das Umrähren wird etwa vietzehn Tage
lang wiederhohlt, uud alsdann das Kaf- vollgefüllt,
worauf es einige Tage ruhen muß.
Der Wein ift zu Anfange von dem: fteten- Um⸗
ruͤhren traͤbe, muß ſich alfo, ehe er brauchbar wird,
vorher fegen. | A
13) Wenn das Faß einige Tage lang geruhet
bat, sapft man täglich eine Bouteille ab, Und
gießt foldde wieder auf das Bar J
Der anfangs ablaufende Wein iſt durchaus kra⸗
be und. nicht trinkbdar, durch Das wiederhohlte Ab⸗
pfen wird er allmoͤhlich klar, inſonderheitMu⸗
Ion die Pleinen Foͤſelchen, en fi in und vor 33
| ⸗
Zapfen geießt, ab, und man fann nachher bis auf
en legten Tropfen flaren Wein abzapfen.
14) Sobald der Wein Flar, ift er zum Gebrauch
dienlich. eh | *
Dieß geſchieht nach wenigen Tagen; man kann
auch die erſten Tage, wenn der Wein ſeine volle
Kraft hat, ſtatt des abgezapften noch wohl einige
Bouteillen frifhen Wein nachfüllen.
- 15) Diefer Wein dat für diejenigen, welche eis
nen ſtarken etwas heißen Magen haben, etwas fehr
angenehmes und fühlendes. Wer aber einen. ſchwa⸗
en falten Dragen hat, darf ihn nicht anders als
ſehr fparfam trinfen.
Den legtern pflegt er zu einer gelinden Purs
ganz au dienen. Sonſt hat er die Eigenfchaft, daß
er nicht beraufcht, vielmehr verhindert, Daß andere
in ziemlicher Menge genommene flarfe Weine feis
nen Schaden thun.
16) Er Hält ſich auf dem Faſſe nicht länger, als
wenn der Schwarzdorn wieder blüht.
Alddann wird er matt, verliert auch die Karbe
und den Geſchmack: auf Bouteillen habe ihn bis
mitten im Sommer trinfbar erhalten.
17) Der zuruͤckbleibende Sag gibt einen guten
Brandtwein. - | | |
Der Brenner muß fih nur in Acht nehmen,
na nie Steine nit andrennen, welches der Blaſe
ade |
Als eine Varietaͤt verdiene hier noch die
große blaue Schlehe, Prunts [ylveftris major
J. Bauh, und Miller, bemerkt zu werden.
Diefe ift anſehnlich größer, als die gemeine, und
ihe Fleiſch milder und befier, übrigens kommt
fie in Seftalt, Gewaͤchs ꝛc. mit jener überein. —
Sie iſt fehr vorzäglich zum Einmachen in Effig. ıc.
"und wird auf die vornehmften Tafeln gebracht.
— Die Pomona Auftriaca nennt fie bie fpa-
f
N
“
."’p
‚nifdye Schlehe, Epine d’Elpagne, (wie der ges -
meine Mann alles,. was befonders groß ift, fha«
niſch, ungerifch ıc. nennt); und befchreibt fie ale
Hein, (naͤhmlich in Vergleich der Daumen),
Ba u vVvoll⸗
Ir:
"u.
Pflaume (Amelic). Pflaume (Damen). 133
vollfommen rund und blau; das Fleiſch grüntich,
feft, von einem angenehm fäuerlichen Gefchmad,
der Stein unablöslih. Der Baum wird nicht
groß, hat lanzetformige, fein fägefdemige glatte,
glänzende Blätter und dornigte Zweige. - Die
Srucht reift im September.
Die weiße Schlehe, Prunus Sylvefiris,
fructu majore albo. — (Raji Syn, Miller). ‘
: Diefe hat auch jener Größe und Befchaffenheit,
nur daß die Frucht weißgelblich ift, und meniger '
herb im Geſchmack. Sie dienet zu gleichem '
Behuf. | j
33. Liegende Pflaume, Prunus proftra-
ta, pedunculis geminis, foliis ovatis :incilo-
ferratis eglandulolis ſubtus tomentofo- albi-
cantibus, caule proftrato. Willd. 1. c. Diefe
Art wächft auf den Gebirgen der Inſel Candia,
und auf dem Libanon. Sie ähnelt dem Pfirfiche
baume, der ‚Stein: ift aber glatt.
Pflaume (Amelia-) f. oben, ©. 29.
— (Apfel) ſ. oben, S. 27.
— (Apricofene) |. oben, ©. 9. 27. 28. 29.
— (Auguft:) |. oben, ©. 27. Auch iſt es ein
. - Dahme der Prunus infititia;z f. oben, ©. 124.
— (Bauerns) ſ. oben, ©. 84. 5
— (Birn:) ſ. oben, ©. 28. 30.
— (Brignoler) f. oben, .©..28. 76. |
— (canadifche) Prunus. canadenfis Linn, f.
oben, ©. 7. En GE BR
— (carolinifche) Prunas: caroliniana Willd,, -
fe oben, S.9. 7 E "
— (catalonifhe) ſ. oben, ©. 31, 85.
— (Catdarinen:)-|. oben, ©: I. 27. 31.
— (cyprifhe) f. oben, ©. 31. 51. 69.
— (Damen) ſ. oben, ©. 3
on F | 3 3 Pflaume
134 Pflaume (Damaſc.). Pflaume Gapan.)
Pflaume (Damafener) ſ. oben, ©. 1. 24 26.
27. 31. 32. 33. 35. 37. 38. 39.41. wo man
‚bie verfchiedenen Abänderungen. der Pflaumen
beichrieben findet, welche unter bem Natzmen des
Damafiener befannt find.
— (Dattels) ſ. oben, ©. 41.
— (Daupbine) f. oben, ©, 42. 79. |
a hläreeige) Prunus elliptica Willd,
. oben, ©. 7
— (Eyer) |. oben, ©. 1. 47. 48. 50, ST.
— (Seittens) f. oben, S. 79.
— ( Slandrifche) ſ. oben, S. 59.
— (frühe) f..oben, ©. 7 52. 53. 58. 84
— (gebadene) |. oben, ©. 109. -
— (gemeine) f. oben, ©. 17. 93.
— (gefprentelte) f. oben, ©. 55.
— (getrocknete) |. oben, ©. 109.
— (Gold) f. oben, ©. 54.
Na efer⸗ Prunus inſititia Linn, ſ. oben, ©,
. rue) Prunus domeftica Linn, fi oben,
— —— ſ. oben, S. 55. 56.
— (Geerz⸗) |. oben, ©. 25.
— (bolländifche) |. oben, ©. 48.
ee IN De 5 8 —
— (Hyacinthen) ſ. oben, 56.
— (immerbluͤhende) Prunus lemperſloren⸗
Willd., ſ. oben, ©. ı2.
— (indife) f. oben,. ©. 57
— (infels) f. oben, S. 57. 58.
— Citalienifche) fe oben, ©. 25.
— ( J H⸗er re⸗ Prunus inhtitia. Linn, f. oben,
— Ciapanifihe) Prunus jeponica Willd.,
‚den, ©. 17
— Pflaume
Pfanne (Johannis ·). Pflaume (pretug.) 135
Pflaume Nohannis.) f. oben, &. 58.
— (St. "ulians:) f. oben, S. 26. Auch ift «6
ein Nahme der Prunus inſititia Linn. &
oben, ©, 124.
— (Kaifer) f. oben, S 53 62. |
— (Rarthäufer:) f. oben, & . 77.
— Net) Prunus [pinofa Linn., f. oben,
©. ı
— Rirfebens) f oben, ©. 27. 63. 65. Auch iſt
es ein Mahme ber Prunus ceralifera Willd, _
ſ. oben, S. 125.
— (Rönigs-) f. Shen, ©. 67. 6
— Hie en«) Prunus inſititia L, ſ. oben, ©.
>, "eugelfsrmige) Prunus [phaerocarpa Li an,
. oben, ©.
— lang) Prunus Lauro-Cerafus L,
. oben, ©.
gabe runus Mahaleb Linn, ſ. oben,
— —õSS ſe oben, ©. 33.
— (Warokko⸗) f. eben, S. 68.
— (WMlartine:) ſ. oben, ©. 69.
— (Maugerou«) f. oben, ©. 33.
— (Wielotens) |. eben, ©. 69.
— Michels⸗) f. oben, ©. 83.
— (Mogulss) ſ. oben, ©. 48.
— (Worillens) |. oben, ©. 28.
— (Myrobalan⸗) Prunus ceralifera wille,
ſ. oben, S. 125.
— (niedrige) Prunus pumila Lina, ſ. oben,
©.
—— Prunus penlylvanioa W illd,
. oben J
— (porengiefifche). Prunus luſitanica Linn, 4.
oben, ©, 8.
J I J J
336 Plaume (Pficfijen). Pfläume Coirgin.)
Pflaume (Pfirſchen⸗) ſ. oben S. 77.
— (Durpur) ſ. üben, ©. 7
- ruhe) Prunus' dafycarna Willd., f. oben,
— Ceifbenbtächige) Prunus- paniculata Willd,
.f oben, 9:
— (Roßr) f. oben, & .
— —2* Prunus X Willd, ſ. oben,
_. (Sm) f. oben, S .. 56.
— (faure) Prunus Ceralus Linn, ' oben, ©.
12
— (favoyer) 2 oben, ©. 27
— harſolatterige) 7 alpera Willd, f.
‚sben, ©. ı
(Steben) Prunus Ipinola Linn., f. oben,
126.
— ——e— Prunus nigra WilId., ſ. oben,
©. 16.
> (fihweiser) f. oben, ©. 83.
— (felbftwachfende) f. oben, ©. 55,
— (Septemberr) |. oben, ©. 83.
— ſbiiſhe) Prunus ſibirica Linn, ſ. oben,
_ bindet) V oben, ©. 27. 84-
— (Spät:) f. oben, ©. 88.
— (fpärblähende) Prunus ferotina will, ſ.
oben, ©. 6
— (fi teinlofe) f. oben, ©. 89.
— (ftraudyartige) Prunus ‚ Chamae - Geralus
. Linn, $ oben,. ©, ı2..
— (füße) Prunus avium Linn, ſ. oben, ©. 12;
— (ungariſche) f. oben, ©. 1. 26. | \
— ——— ſ. oben, ©. ıon: :
— (virginifdhre) |. oben, S. 90: Auch iſt es ein
‚ Nabe, der Prunus virginiana Linn., f. oben,
Ss — Pflaume
— u BE vo‘
Pflaume (Wogel-). Flaumenfarbe, 137 |
Priaum ume Vogel.) Prunus Padus Linn, f. oben, |
— Weine) f. oben, ©. 91. 92. ;
Gmilbe) Prunus ipinofa Linn., f oben, ©.
_ (voeftindifche) Prunus occidenialis Wilid.,
u oben, ©. 8.
— Gwerg⸗) Prunus pygmaea Wilid., ſ. oben,
€ 15. 97.
— (weymableragende) f. oben, ©. ıor. 102.
Pflaumenbaum, |. im vorfiehenden Artikel, oben,
S. ı. 17. 19. 93. 203 und andermwärts.
Pflaumenbaumbols, das Holz von den Pflaumeng
baäumen, und insbefondere von dem gemeinen ,
oder Hauspflaumenbaum, Prunus domellica«.,
wovon oben, S. 17 und 93 die nähere Bes
fehreibung vorfommt. Es ift hart und. har eine
rochöraune Farbe. Der Drechsler gebraucht eg
zu allerlen Derzierungen feiner Arbeit, und dre⸗
het auch allerley Fleine Sachen daraus, als
Dfeifenröhre, Nadelbuͤchſen u. dgl. Der Tifchler
braucht es ſowohl zur Surnirung, ale auch zu
allerlen kleinen Stüden, die er daraus macht,
als Zoliftöcde, Ellen, Liniale ꝛc.
Pflaumenblart, der Nahme eines Nachrfalters,
Phalaena Pruni, der gelbe Fluͤgel mit zwey
braunen Streichen und einem weißen Punkte
hat. — Pflaumenbohrer, Pfiaumenenle, Pflaus
menfalter find andere Infecten, die fich vorgügs
lich an den Pflaumenbäumen aufhalten, und
die ich Hier übergehe, da eben nichts merkwuͤrdi⸗
ges von ihnen zu Jagen iſt.
Pflaumenfarbe, eine Farbe, die den Fruͤchten des
Hauspflaumenbaums aͤhnlich, und aus Falb und
Schwarz zuſammen geſetzt iſ. Nachdem der
Zeus falb gefaͤrbt iſt, und eine Schattirung da⸗
J 5 von
N
138 Pflaumengeländer,
von erhalten hat, thut man nach ber Menge
der Zeuge, die man färben will, Satänfel, Su
mad) und Erfenrinde in einen Keflel, laßt alles
eine Stunde kochen, und thut grünen Vitriol
Rinzu. Hernach werden die Zeuge, welche die
helleften werden follen, in die Bruͤbe gethan, und
fo fange darin gelaffen, als es die Schattirung
erforder. Man muß nad Erfordern, fo oft
es noͤthig iſt, Vitriol hinzuthun, zumahl, wenn
es nicht bald braun werden will. Man unter.
hält unter dem Keſſel beftändig ein ſchwaches
euer, daß die Brühe nicht kocht, fondern nur
Bandwarm fen, ,
Pflaumengelönder, Pflaumenfpalier. Die Pflaus
menforten befinden fich, wie die flarf treibenden
Kirfhen, an hohem Mauerwerk und Wänden,
am beften, wo fie ſich ausbreiten koͤnnen, wenn
ſchon die Lage etwas fchattig wäre, wenn fie
nur vor der Nordluft geſchuͤtzet iſt. Da indefs
fen ihre Bluͤthaugen von Laubaugen begleitet
find, und allermeift entweder ein ſpitziges Laubs
auge zwiſchen zwey Bluͤthaugen, oder ein Bluͤth⸗
auge zwiſchen zwey Laubaugen ſitzet, ſo ſind ſie
leicht, und faſt nach den Regeln des Kernobſtes
zu beſchneiden. Nur darf der Geiz nicht das
Meffer leiten. Da fie ihre Fruchtaugen hoch
und oft bis an das Einde des Sommerzweiges
anfegen, fo muß man ſolches, befonders in ben .
zwer erften Zahren, nicht achten, und um ben,
Baum inmendig zu befleiden, bis auf 2
Augen fie wegſchneiden. Es finder
auch unter den Pflaumenforten in Aı
res mehr oder minder flüchtigen
große Verſchiedenheit. Die
ſchwaͤrmen ſehr und treiben in
wenn man zumahll Harte Ri
Pliaumengeſalz. Pflaumengummi. 139:
dergleichen find: die Katharinenpflaume, bie uns
garifche Pflaume, die fhwarze frühe Damafces
ner, die Kirfchpflaume, die Apeifofenpflaume, Nie
Reneklode, die Perdrigon, die Kdnigspflaume,
die viglette Herzpflaume, die Herrnpflaume 26.
Unter allen Pflaumen, und allem Steinobft iſt
kein Baum beffer zu behandeln und zu allen
möglichen Geſtalten williger, als bie edle gelbe
- Mirabelle. Sie läßt ſich jeden Schnitt gefallen
und it überaus fruchtbar.
Die meiften guten Pflaumenarten, beſon⸗
ders die Renekloden, Perdrigons ıc. gewinnen
ungemein an Güte und Geſchmack am Spalier,
anftatt daß manches Obſt dabey verliert. — Als
die befte Lage für Pflaumenſpalire gibt Quins
tynie die Morgenfeite mit ihren Abweichungen
zur Rechten und Linfen bis auf 40 Grad gegen
Suͤden und Morden an. Das mag nun wehl
in dem wärmern Frankreich der Fall ſeyn; allein
in unferem nörblichern Clima würde ihnen die
Mittagsfeite auch fehr wohl behagen, aber wie
brauchen ſolche noͤthiget zu den fpätern Pfirſchen⸗
forten, da fich denn das Pflaumenfpalier bey ei
ner offenen Kage auch an der Morgenfeite gan
wohl befinde:
& eheiks pemotogifirs Handwoͤrterbduch. Leip⸗
dig 1802. 4. ©.
Pflaumengefals, ſ. im Art, Pflaume, oben, S.
A.
140 Pflaumenhönig, Pflaumenpalme
tungen, wo man eine völlige Aufloͤslichkeit im
Waſſer verlangt. Ueber die chemifche Natur
des Gummi findet man im Art. Pflanze, TE.
211, ©. 545 und 552 einige Bemerfungen.
- Pflaumenbonig, oder Pflaumenmus, f. im Art.
"Pflaume, oben. S. 111. - |
Pflaumenkaltefchale, eine Speiſe, melde man in
- Gegenden, wo diefe Frucht häufig ıft, für das
Geſinde zu bereiten pflegt. _Gefochte- Pflaumen
werden in eınem Topfe Flein gerührt, ohne die
Steine heraud zu nehmen, und Kofent oder
: Speifebier nebſt gefrumten Brote dazu gethan,
. und alles unter einander gerührt. |
| umenkern, der mandelartige Kern in bem
Steine der Pflaumen. Bon deſſen Benußung
: fehe man im Art. Pflaume, oben, ©. 112.
Pflaumenkernoͤhl, f. eben dafelbft.
Dflatimenkirfche, nennt Habnemann unfere ges
wöhnliche Hauspflaume, Prunus domeftica,
Dflaumenfuchen, if ein dünne gemachter Baͤrm-⸗
£uchen, der, wenn er einen Rand erhalten hat,
mit reifen Pflaumen, aus welchen die Steine
heraugsgeſchnitten find, belegt wird, Die Pflau⸗
: men, welche ber Breite. nach aus einander zu
legen, muͤſſen etwas in ben Teig hineingedrücdt
werden, damir fie bey dem Binfchieben und
Herausziehen des Kuchens in und aus dem
Ofen nicht hHerabfallen. Das Inwendige der
Pflaumen fommt unten auf dem Teige, die dus
: Bere blaue Seite aber oben zu liegen. =
Hflaumenlarwoerge, ſ. im Art. Pflaume, oben,
s III: n '
Hflaumenmus, f. eben dafelbft. | —
tlaumenmustorte, f. eben daſelbſt, S. 122.
Pflaumenpalme, ein Nahme der Tannenpalme,
Elate Linn.
Ze Pflaus
Pflaumenratafia. Pflaumenſuppe. 140
Pflaumenratafia, ſ. im Art, Liqueur, TE. 79,
©. 5823.
Pflaumenſchlehe, fo nennt Suckow die Prunus
inſititia Linn.; man ſehe im Art. Pflaume,
‚oben, ©. 125. Ä ur
Pflaumenſchmetterling, eine Art: Schmetterlinge,
deren Raupe fic) gern auf. den Pflaumenbäus
men aufhält; Papilio Nymphalis polychlorus
Linn. : | !
Pflaumenfieb, ein. grobdrähtiges und etwas meits
- löcheriges Sieb, weiches man an verfchiedenen .
Drten beym Einfochen der Pflaumen, Kirſchen
und anderer Obflarten zu einem Muſe gebrautht,
um das Fleiſch des Obſtes von den Steinen,
welche im Siebe zuruͤck bleiben, zu trennen. '
Pflaumenfpalier, ſ. Pflaumengeländer, oben,
S. 138. _ Br
- Pflaumenfuppe. Die reifen Nflaumen werden, in -
Der Mitte durchgefchnitten, ihrer Sterne entles
diger, mit Waſſer gefocht und mit Pfeffer ger
wuͤrzt. Hernach wird auf Kohlen geröfteres und -
. Flein gelhnitene Brot hinzu gethan. |
Der erfahrene Herr Prediger Germers—
haufen gibt in Betreff diefer Suppe noch fols
gende Vorſichtsregeln: u |
. DD Wo ſehr viel Obſt gemonnnen, und deflen. |
häufiger Genuß dem Geſinde frey ſteht, da muß dies
e Suppe eben nicht Tag für Tag gegeben werden,
damit felbiges nicht Dusch die @inerleyheit ermüder
werde. -. \ |
9) Da bdiefe Suppe eine Abendfuppe ift, fo wird
fie am bequemften geordnet, wenn des Mittags har⸗
te Speifen, ald Erbfen, Bohnen, Linfen, Kloͤße u. %
w. bie Mahlzeit außgemadt haben.
3) So gefund diefe Suppe übrigens ift, 8 fün.
nen doch Zeiten und Umftände von deren Darrei—⸗
chung abrathen. Wenn an’ einigen Orten, fonft wes
nig Obſt geroonnen, oder viele Fahre hindurch nicht
- gerathen, und das Geſinde durch zu fruͤhzeitigen Nur
742 * Bhlaumenfpfiem . -°
nuß des noch nicht recht reifen Obſtes ſich vielmahls
efährliche Bauchflüfle erregt, fo iſt es wohl gerhan,
be, Pflaumenfuppe nur fparfam oder ganz und gar
nicht zu geben. Ä |
. eo wird auch der Seſundheit des Befindes
nur fhtect geratben feyn, wenn man noch unreife
plannen, wie man zumeilen dlieſes ſich als gute
Witthſchaft einbildet, die vom Sturmminde mir Ges
walt abgemworfen find, jur Suppe kocht, und fie we;
gen ihrer Säure mit Eyrup oder Honig verfäßt,
- am fie ſchmackhaft zu machen. Bon. dergleihen Sup⸗
pen können Fiber, wo nicht gar rothe Muhr, erzeu⸗
. get werden. 88 ift eben nicht nöthig, die zwar biaus
en, aber noch meift harten und unreifen Pflaumen,
unter den Bäumen liegen und verfauien zu laflen.
„ Man kann fie nah Bequemlichkeit zufammen lefen,
und den Schweinen des Morgens und Abends vors
Inecfen laffen, denen es eine gute Fütterung feyn
ann.
Suppe von trodinen Pflaumen. Obgleich
die gebadenen oder trodenen Pflaumen in Ges
‚genden, wo viel Obſt gewonnen wird, eben nicht
“häufig vorkommen, indem die trocdnen Pflau⸗
"men, als eine coucrante Waare, in den Städs
ten gut abgefeßt werden können: fo wird doch
zuweilen, zur Veränderung, eine Suppe babon
gemacht. Die Bereitung ift dieſe. Die Pflaus
mern werden mit Waſſer weich gekocht, gerdftet
Brot angebrodt, und Pfeffer in geringem Ma⸗
e angeworfen. — Diefe Suppe ift eine Abends
ſuppe. — Die weich gefochten Pflaumen wers
den nicht durch einen Durchſchlag geflrichen
der gerührt, fondern ganz und die Steine bats
in gelaſſen. | u | |
Pflaumenſyſtem. Es iſt im Art. Pflaume, oben,
©. 24. bemerflid gemacht worden, daß man
noch wenig an eine Claſſifieation der Pflaumen»
forten gedacht Kat. Die erſten Grundlinien hat
Herr Oberpfarrer Chriſt entworfen; nur hat
man die. Pflaumenabaͤnderungen ſelbſt noch *
| nicht
Pflaumenſyſten. 143
nicht ſtrenge darnach zu ordnen geſucht, welches
aus verſchiedenen Urſachen auch immer ſeine
großen Schwierigkeiten haben wird. Vor eini⸗
ben Jahren ſtand in der Garten⸗Zeitung, Hals
le, 1804. No, 48. ©. 373. ein neuer Verſuch,
die Pflaumen zu claflificiren, den ich bier mit⸗
£heilen will, ba jeder Beytrag, die Pflaumen⸗
forten zu ordnen, willfommen jeyn muß.
Bey. der DObftlehre, heißt es, kann man ſich we⸗
der durchfinden, noch fib bey der großen Menge
Sorten, und den oft feinen Unterfchieden derfelben
andern verfländigen, wenn man nicht irgend eine
Ordnung beobachtet, die Früchte aufzuführen, ents
weder nad Karben, oder Geftalten, oder Geſchmack
oder fonftigen aufalenden Unterfeieden. in Eys .
Rem in ber Obftiehre if aber um fo befler, je mehr
es ſich an die Ratur anfchließt, je leichtere Ueber⸗
fiht e6 gewährt, und je beitimmter alle einzelnen
orten mit ibren Abweichungen und ihrem befons
dern darunter fann aufgeführt werden. Zeither
fehlte uns noch ein Spftem der Pflaumenforten. Die
Natur leiter uns bier. Alle Pflaumen, die wir has
ben, fommen von 4 wilden Arten her, nahmiich den
Zwetſchen, Spelgen, Zriden und Schlehen. Alle die⸗
fe haben im wilden Zuftande Stacheln. Wie die zah⸗
men oder edeln Pflaumen dazu gefommen feyn **
ten, nicht allein die Stacheln abzulegen, ſondern auch
ihr Kleifterliche® und ihren herben oder Faden Ges
ſibmack, und wie fie zu dem vielen Safte und dem
gonigreihen gefomwen? Vermuthlich durch Die
irſchen, da diefe Blärhen mit denen der Pflaumen
- nahe verwandt find, und nah Linnk zufammen ges
dren, und ſonach durch diefe und Vermiſchung des
amenftaubed mancher edieren Pflaumen s Sorten.
Daß die 4 Arten: 1) Swerichen, 2) Spelgen
(Spillinge), 3) Zreden (Kriechen und Kriechpflaus
men), 4) Schleben, weientlih verſchieden find, und
Doch zu einander gehören, beftätigt ſich auch dadurch,
dag auf Zwetſchen und Kredenftämmen gar nit
gern edele Dflaumenreifer beflciben, dies dadurch,
da man auf Spillingffämmen alle Sirten der Pflau⸗
‚men gut fortbringen fann, und Daß auf Sclehens
pflaumen fogar Aprikoſen gefegt werden Fönnen- an
144 Pflaumenſyſtem.
n Wenn nun.auf diefe natürliche Arten das Ey
ſtem zu gruͤnden iſt, und wenn die Unterabtheilun«
gen auch von etwas Innerem und Beftändigem
- müflen bergenommen werden: fo mödte man die
Pflaumen fo verfaden:
Pflaumen, Erfte Klaffe Zwerfchen. Adzeis
ben: Sie haben glatte glänzende Sommerſchoſſe,
" "fange Früchte und in den Scächten, lange breite
ı und platte Steine, fo daR die Breite ungefähr die
Hälfte der Länge, und die Die nit ganz die Hälfte
, der Breite beträgt. Dazu haben die Steine einen
ſcharfen Rand, 5. B. Karharinenpflaumen. A. Ords
Nung, die vom Steine laffen *), 3. B. die Achte blaue
3Zwetſche. Erſtes Geſchlecht, die faftig find. Arten:
a) hartfleifdig, b) weichfleiihig. 2) Gefchlecht, die
nicht faftig find. Arten: a) hartfleiſchig, b) weiche
Reifhig. B. Ordnung, Die nicht vom Steine laflen,
3. 3. die grüne Zwetſche. 1) Geſchlecht, die faftig
End. Arten: a) hartfleifhig, b) mweichfleifbig. 2)
Geſchlecht, die nicht faftig find. Arten: a) hartfleis
fig, 3. B die unädte, große, gelbe Eyerpflaume,
b) weichfleiſchig |
Ä Zweyte Klaſſe: Spelgen (im engern Verſtan⸗
de Pflaumen genannt). Abzeichen: Sie haben
.. graue oder braune mit feiner Wolle belegte and
5 er faftig anzufühlende Sommertriebe; lange,
. dide, runde und platte Fruͤchte, in welden die
Steine theild glatt, wie eine Vitsbohne, meift aber
taub und mit ſcharfen Kanten find, und nie platt
wie die Zwetichenfteine A, die vom Stamme laffen ꝛc.
erſtens die faftig, zweytens die nicht faftig find ꝛc.
B. die nicht vom Steine laflen, 1. faftig ꝛc. 2. nicht
faftig find ic.
Dritte Klaſſe. Krecken. Abzeichen: Die
jungen Triebe ſind weniger wollig, zum Theil glaͤn⸗
zend, das Laub iſt kleiner und krauſer; die Fruͤch⸗
‚. te find rund, die Steine in den Fruͤchten nähern
. fi fehe der Form der Kirfhfteine. Die Kirſchpflau—
.. me madt von diefen den.Uebergang zu den Kirſchen
- F bie bon den Steinen laflen, ı. faftig, 2. nicht
‚ faftig find ıc. |
Splertens, Schlehen. Abzeichen: Sie wachfen in
rauhen Büfchen mit kurzen ſtruppigen Zweigen, und
ers
*) Diefes Kennzeichen if. überhaupt aber ſehr unguverläffig,
3 ) ande laͤßt ſich darauf nicht bauen, ſebt un fies
@
.
Pflaumentanne. Pflege. 14%
erheben fi nicht zu eigentlihen Bäumen. . Die |
jungen Triebe find. wollid, von Farbe ſchwaͤrzuch,
die. Fruͤchte rund und die Steine in den Fruͤchten
füg, wie Weichfelfteine ꝛe. Gartenzeitung, Halle, den
25. May, 1804, Rt. 48, ©. 373. | N
Pflaumentanne, Elate Linn, f, Tannenpalre.
Pflaumenteig, |. im Art, Pflaume, oben, S.
122. “ EZ
aumentorte, ſ. dal. ©. 123.
DPflaumienwildling, ein nod) nicht berebelter, aus
dem Kern gezagener junger Pflaumenftamm,
Man ſehe im Art. Pflaume, oben, ©. 103,
"Jos
Dfldumfeder; f. Flaumfeder. —
Pflegamt, ein Kammeramt, ſo fern es der Pfle⸗
ge, d. i. der Verwaltung und Aufſicht eines an⸗
dern anvertrauet iſt, die Pflege; eine beſonders
in einigen Oberdeutſchen Gegenden übliche Bes
nennung, wofür man in Ober« und Tiederfächs
fen das freyfich zwendeutige Wort Amt braucht.
Daher der Pflegamtmann, welcher oft auch
nur der Pfleger ſchlechthin heißt, der’ Amtmann.
"Randpflegamt, ſ. Ranöpfleger ,Th. 6 1, ©.
408. \ > . .“
Pflegbefohlen, welches eigentlid das Mittelwort
ber Redensart, eines Pflege befehlen iſt, jes
mandes Pflege, d. i. Auffihe, anvertraut
Wein Pflegebefoblner, derjenige, welcher meis
ner Pflege und Erziehung anvertraut if
Pflege, ı) die Handlung des Pflegens, die Aufs
fiht und Vorſorge, wo es doch nur in einigen:
Bedeutungen üblich if. a. Die Verwaltung -
einer Sache, die Aufficht über diefelbe, in wel
chem Verſtande es befönders im Oberdeutſchen
vorkommt, da es denn wieder fd viele Arten
der Pflege gibt, als die Aufficht oder Verwal⸗
tung Abtheilnngen leider, Ein Kammeramt iſt
Oec.techn. Enc. CXH, Theil, 8 der
Fe.)
146 , Pflege
der Pflege eines Amtmanns befoblen,: bie
Eurantinn der Pflege ihres Curators, wo «es
im Oberdeutſchen für das Lat. Euratel üblich iſt.
So aud) ein Hofpital, eine Caſſe, eine verpachs
tete Sache u. f. f. der Pflege desjenigen, wel⸗
cher derfelben vorfiehet, die Einnahmen und Auss
gaben verwaltet, oder fie in Pacht hat, da e8
denn, fo wie Aufliche, Verwaltung und andere
ähnliche Wörter die Erhaltung derfelben in ih⸗
rem guten und nußbaren Zuflande zugleich mit
einſchließt. b. In engerer Bedeutung die Ers
jiehung und Erhaltung oder Verſorgung einer
Perſon, welche fich felbft zu erziehen und zu er
halten unfähig iſt. Beſonders von folchen Pers
fonen, welche dazu keine natürliche Verbindlich:
Feit haben. Ein Rind in der Pflege haben, .
zur Erziehung und Erhaltung. in der Pflege
eines andern anbefohlnes anvertrautes Rind.
c. In weiterer Bedeutung verfieht map unter
ber Pflege oft weiter nichts als die zur Bes
quemlichkeit nöthige Handreichung und Entfers
nung aller unangenehmen Empfindungen. Ki
nem Rranten alle Pflege leiften. Keine
- Pflege haben. Die Bienenpflege. d. Die
Ausübung oder Handhabung, doch wohl nur
noch in den Zufammenfeßungen Rechtspflege -.
und uftispflege, die gehörige Handhabung oder -
Ausübung der Gerechtigkeit, der Zuftiz.
2) Eine Gegend, und zwar a) eine bee
Auffiht und Verwaltung eines andern anvers
traute Gegend, mo es befonders im Dberbeut:
fhen üblih if, ein Amt oder Kammeramt zu
bezeichnen. b) Sn noch ‚weiterer Bedeutung
wird es ſowohl in Ober⸗ als Niederdeutſchland,
- fehr Häufig von einer Gegend gebraucht, ohne
Ruͤckſicht anf den Vorgefeßten berfelben, weil
aber
En
- 9, Pflegeäiterm, ‚147
aber allemahl in Beziehung auf den Ertrag, auf
die Nutzbarkeit; wo es denn unmittelbar von
Lage herzukommen ſcheint. Die Ackerpflege,
Kornpflege, Bienenpflege, eine Gegend in -
Unfehung ihres Ackerbaues, -ihres Kornbaues,
ihrer Bienenzucht. Kin in der beften Berreie
depflege gelegenes Gut. Im Oberdeurfchen iſt
"dafür auch Pfliche üblich. n
Pflegeaͤltern, Perſonen beyderley Geſchlechts, wel⸗
che die Erhaltung und Erziehung eines fremden
Kindes übernehmen, welche. Aeltern Stelle bey
einem fremden Rinde vertreten. Der Pflege:
vater; eine ſolche Perfon maͤnnliches, die Pfle⸗
emutter, eine ſolche Perſon meibliches Ge⸗
Pr
Die Rechte und Verbindlichkeiten, welche
ſowohl den Pflegeältern. als den Pflegekindern
zuftehen,. wird man aus nachfolgenden Saͤtzen
des Preuß. allg. Zandrechtes fennen ferner *),.
er ein von. feinen eltern verlaffenes Kind
‚in feine Aflege nimmt, erlangt Über Daffelde alle
perfönlichen t
dig, Das Kind in einer von den im Gtaate aufge⸗
nommenen Religionen gu erziehen, und daffeibe zu "
irgend einem nuͤtzlichen Gewerbe anzuführen. Sir
die eltern des Kindes mit dem Pflegevater von
gleichem oder höheren Stande: fo ift legterer ſchul⸗
dig, das Kind wie feine eigenen, zu verpflegen .und
u erziehen. Sind die Aeltern von geringer. m Stans
e, vdee iſt der Stand berfelben ganz unbefannt:
fo hängt es lediglich von dem Pflegevater ab, wel⸗
be Art des Unterhalt und der ersiedung er dem
Kinde will angedeihen laſſen. Auch ben der Mahl
der Fünftigen Lebensart des Kindes hat der Pfleges
vater alle Rechte des leidlihen Vaters. Bey ber
Verheiratfung des Pflegefindes iſt feine, und nicht
der leiblihen Aritern Einwilligung erforderiih. Hin⸗
gegen erlangt der Pfegenater auf. das etwaige
| ei
M u Th. TI RE I, 755 77
echte leiblider eltern. Er iſt fhule
148 Pflegeaͤltern. |
Vermögen: des Kindes gar Fein Hecht. ' Biefinehr
. wird es mit diefem Vermögen eben fo gehalten, wie
wegen des Vermögens angenommener Kinder ‚vers
‚ordnet iſt. Auch entitehen guifsen Dflegeältern und
. "Rindern Feine gefeglichen Erbrechte. Doch treten die
Ä a dey der gefeglichen Erbfolge, in die
. telle folcher Verwandten des Kindes, Die fich- def:
felden, da es verlaflen war, anzunehmen vorfeglich
und wiſſentlich gemeigert haben. . Much koͤnnen die
Dflegeältern die aufler dem Unterhalte und det ge⸗
woͤhnltichen Bekleidung dem Pflegefinde gemachten
Geſchenke aus dem Nachlaſſe deſſelben, fo weir fie
darin noch vorhanden find, zuräd nehmen. Von
Mflegefindern gemeiner oder unbefannter Herkunft
Fonnen die Pflegeättern Dienftleifiungen zur Entfthä«
"Digung fordern. Das Kind muß alddann, nad zus
ruͤckgelegtem vierzehnten Jahre, fo viel Fahre ohne
Lohn dienen, als es vorher verpflegt worden. Waͤh⸗
rend der-Dienfzeit muß dem Kinde, außer der noth⸗
mwendigen Kleidung, ein folchet Lebensunterhalt ges
reiht werden, wie ihn :andere, gleiche Dienfte ſei⸗
ſtende Perfonen erhalten. Die Dienfte der Pfleger
kinder därfen nicht an Kremde überlaflen werden.
‚ Sie hören auf, wenn die Pflegeältern mit Tode abs
gehen. zu einer Heirath des Pflegefindes Fönnen die
flegeäftern bloß um deswillen, weil die. Dienftzeit
deſſelben noch nicht geendigt ift, ihre Einwilligung
nicht verfagen. Mißbrauchen die PDflegeältern ihre
Rechte dergeftalt, daß Leben, Gefundheit, Ehre, Sits
‚ ten oder Gewiflensfrepheit :des Kindes darüber in
Gefahr kommen: fo ift das Kind von fernerer
Dienſtleiſtung freyzuſprechen. Ale perfönlihen Rech⸗
. te der Pflegeältern gehen verloren, wenn ſie vor
vollendeter Erziehung deflelden ihren Beyſtand zur
ruͤcknehmen. Wenn jemand ein fremdes Kind, außer
dem Fall der Hälflofigfeit, zur Derpflegung und
‚Erziehung ‚übernimmt: ſo mäfen feine Verhaͤltniſſe
gegen daſſelbe hauptſaͤchlich nah dem Inhalte des
. „ barüber gefchloffenen Bertrages beurtheilt werden.
In ſo fern feine Rechte und Pflichten folchergeftalt
“nice beſtimmt find, eritreden fie fih_nicht weiter,
als es der an der übernommenen Erziehung uns
.. mittelbar erfordert,
. — Pfles
Pflegegericht. Pflegen 149.
Pflegegericht, ein nur im Oberdeutſchen übliches
..MBort, ein der Pflege, d. i. dee Verwaltung,
» Handhabung eines andern anvertrautes Gericht,
zum Unterfchiede von einen Gerichte, welches
man erb« und eigenthuͤmlich beſitzt. In engerer
Bedeutung iſt ein Pflegegericht ein Gericht in
einer Pflege oder in einem Pflegeamte, deſſen
Verwalter oder Gerichtshalter daſelbſt zuweilen
der Pflegecommiſſarius genannt wird.
Pflegekind, ein der Pflege, d. i. Aufſicht, und in
engerer Bedeutung, ber Erziehung und Erhal⸗
tung eines andern anvertrautes Kind; ein
Pflegling. Der Pflegefohn, ein ſolches maͤnn⸗
liches,. die Dflegerochter, weibliches Geſchlechtes.
Die näheren Beziehungen, Mechte und
Verbindlichkeiten eines ſolchen Kindes findet man
im Art. Pflegeaͤltern angegeben.
Pflegemutter, |. unter Pflegeaͤltern. Ingleichen
figuͤrlich. Athen wer die Pflegemutter der
KRuͤnſte und Wiſſenſchaften, ſie hat ſie geſchuͤtzt,
geheget und zur Vollfommenheit gebracht.
Pflegen, ein Zeitwort, welches in doppeltet Ge⸗
ſtalt uͤblich iſ.
1. Als ein Activum. a) Befehlen, anorbs
‚nen u. ſ. mw. eine veraltete Bedeutung. b) Inne
baben, befißen. Gleichfalls veraltet. c) Ver—
‚walten, vorgejeßt feyn, die Aüfficht über etwas
haben. Doc auch diefe Bedeutung ift im Hochs
: deutfchen veraltet. d) Sorge für etwas tragen. .
Gleichfalls veraltet. e) In engerer Bedeutung,
nöthige Dandreichung leiſten, und zugleich alle
unangenehme Empfindungen von jemanden zu
- entfernen fuchen. In dieſer Bedeutung wird es.
im Hochdeutfchen regulär abgemwandelt, ich
pflegte, ich habe gepflegt, dagegen es im Ober⸗
deutſchen wie in den inorigen. Bedeutungen irve⸗
IT 83 gulaͤr
1
‚ gulär gehet. Seinen Leib pflegen, alles unan⸗
genehme von demſelben entfernen. Sn dem zus -
fammengefeßten ‚verpflegen bat es befonbers Ben
Degriff der Reichung des nöthigen Unterhaltes,
welcher in dem einfachen Zeitworte in manchen
Faͤllen nur dunfel hervorſiicht. D Sich einer
angenehmen Neigung mit Bequemlichkeit übers
laſſen, z. B. der Ruhe pflegen, fich derfelben
uͤberlaſſen. Seiner Belegenbeic pflegen, feis
nem Hange zur Bequemlichkeit folgen. Der
Liebe, der Wolluft pflegen, ven Benfclaf
ausüben, find mehrentheils nur biblifche Redens⸗
‚arten, die felten im gemeinen Sprachgebraudye
vorfommen. g) Endlich wird es in einigen aus
der oberdeutfchen Mundart bepbehaltenen Re⸗
densarten auch für üben, ausüben, handhaben,
„gebraucht, wo man zugleich die oberdeutfche ierre⸗
‚guläre Abwandelung idy pflog, babe gepflogen,
mit benbehalten hat. Rathes mit jemanden
‚pflegen, mit ihm ratbfchlagen. Unterhandlung
pflegen, unterhandeln. Der Steundfchaft. mic
jemanden pflegen, oder noch häufiger ohne Ar:
tifel, Freundſchaft mit jemanden pflegen,
Steundihaft mir ihm unterhalten. Umgang
-mit jemanden pflegen, mit ihm umgeben. Der
- Güte pflegen, in den Rechten, guͤtlich unter:
banvdeln, den Weg der Güte verfuhen Die
Gläubiger zur Pflegung dir. Büte einladen.
2: Als ein Neutrum, eine und eben diefelbe
Handlung in allen oder den meiften vorfommen:
Pa Fällen und Gelegenheiten thun und gethan
aben. -
Pfleger, 1) derjenige welcher einee Sache oder
Gegenden vorgeſetzt ift, diefelbe zu verwalten hat,
. bie Aufficht über. diefelbe führt; eine. im Hochs
„ beutfchen veraltete Bedeutung, in ‚welcher Fo
oo Ha er⸗
i.
Pflebeſchreiber. Pfleghaft i Ist
Oberdeutſchen noch völlig gangbar ift, mo es fo
viele Arten von Pfleger gibt, als die Pflege,
d. i. die Aufficht und Verwaltung Abrheilungen
leide. In Luthers Ueberfeßung der Bibel .
wird der Gouverneur oder Statthaltee einer
Provinz Häufig ein Landpfleger genannt. Im
Dberdeutfchen find die Pfleger bald Amtleute,
bald Schloßvögte, bald Gerichtsverwalter, bald
auch nur Caſſirer oder andere Aufſeher. Ein
Kirchenvorfteher heißt daſelbſt ein Rirchenpfleger.
2. Ein Bormund und Eurator ift im Obere
deutfchen fehr häufig unter den Nahmen des
Pflegers und Pflegevogts, befannt; eine Be:
deutung, welche flatt des Lateinifchen Lurarop
auch im Hochdeutfchen eingeführt zu werden
verdiente, |
| . Eine Perfon, welche. einer andern alle
zur Hochdurfe und Bequemlichkeit nöthige Hands
reihung thut, und alle unangenehme Empfin⸗
dungen von derfelben zu entfernen fucht, in
welchem Derftande es doch nur zumellen in ber
höheren Schreibart gebraucht wird.
Pflegefchreiber,, im Oberbeurfchen, der Schreiber
in einer Pflege, d. i. der Verwaltung und Aufs
fiht eines andern andertrauten Drtes oder Ges
gend, der Amtsſchreiber, Gerichtsfchreiber zc,
Pflegefohn, f. unter Pflegekind.
-Pflegetochter, |. eben, daſelbſt. E
Pflegevater, f. unter Pflegeältern. a ze
Pflegevogt, ſ. unter Pfleger. u
Pfleghaft, ein Wort, welches nur in einigen Ges
genden üblich ift, und von der veralteten Bedeu⸗
tung des Worts pflegen, verpflichtet feyn, abs
flammet. Beſonders werden in einigen Gegen⸗
. den leiheigene Unterthbanen, weil ſie dem Grund⸗
0 ' 84 herrn
2
154 Pflichtanfer, Pichtig, |
ten fleben, vermöge eines Eides. verpflichtet
feyn. Das ift wieder meine Pflicht. Jeman⸗
den feiner Pflicht entlafjen. Beſonders mit
dem Worte Kid. "In Eid und Pflicht nehmen.
In Lid und Pflicht ftehen. Wider Kid und
Pflicht handeln.
. 2. Von anderen Bedeutungen "des Worts
war es ehedem auch in verfchiedenen anderen
Bedeutungen üblich, welche aber im Hochdeuts
ſchen insgefamme veraltet find. So hieß bie
Pflege, Sorge, Vorſorge im Oberdeutſchen
Pflicht, im Niederſ. Plicht u. fi w. |
Pflidtanter, auf ven Schiffen, der vornehmfte
Anker oder Hauptanfer eines Schiffes, weil er
auf der Pflicht liege, damit er immer bey der
Hand ſey. | |
Pfuchtbar, ift nur in einigen Gegenden für
pflichrig üblich. Pflichtbare Guͤter, welche
dem Gutsherren zu gewiſſen Dienften und Ob:
Begenheiten verpflichtet find; im Gegenſatze der
freyen Güter, |
Pflichtbruͤchig, feine Pfliht brechend und darin -
gegründet; befonders fo fern Pflicht das eidliche
Verfprechen bedeutet, für eidbruͤchig. Ein
flichtbruͤchiget Beamter.
Pflichtey, ſ. unter 2. Pflicht.
pflichtfrey, von der Pflicht befreyet, beſonders in
der engeren Bedeutung, von gewiſſen Dienſten,
Abgaben ıc. befreyet, im Gegenſatze des pflicht⸗
bar und pflichtig. 0
Pflichrig, eine Pflicht auf fih habend, zu gewiſ⸗
fen Pflichten verbunden und darin gegründet,
pflichtige Unterthanen, welche zw gewiſſen
Dienſten, Abgaben ꝛc. verpflichtet find, pfleg⸗
haft, pflichtbar; im Gegenſatze der freyen. Im
Bochdeutſchen iſt es in den ee
| Ä “ ienſt⸗
Pflichtkorn. Pflichttheil. 155
dienſtpflichtig, ſteuerpflichtig, frohnpflichtig,
zehentpflichtig u. ſ. f. am uͤblichſten, zu Dien⸗
ſten, Steuern, Frohnen, zum Zehenten ver
pflichrig.” Ä . rer
Pflichtkorn, ein in einigen Gegendden für Zinss.
korn übliches Wort. | Ä
Pflichtleiftung. die Leiftung ber Pflicht, befonders
die Leiftung oder Ablegung bes Eides der Treue
und der Verbindlichkeit. 0
Pflichtlos, der Pflicht beraubt, Feine Pflicht auf
ſich habend, im Gegenſatze des pflichtbar oder
pflichtig. In engerer Bedeutung der Pflicht.
zumider handelnd oder laufend, pflichtbruͤchig.
Pfuchttheil, in den Rechten, derjenige Theil der
Güter, welchen ein Erbiaffer gewiflen Perfonen
aus Pflicht Hinterlaflen muß, morüber er nicht
nah Gutduͤnken fchalten fann, wenn fein Teſta⸗
ment nicht für ungültig gehalten: werden foll;
Legitima, im Oberdeutſchen aud) die Notherb⸗
ſchaft, das Erbrecht.
So wie, nach Verordnung des roͤmiſchen
Rechtes nicht jeder Menſch ein Teſtament mas
chen fonnte, fo war es auch demjenigen, der ein
Teftament machen durfte, nicht erlaubt, bey der
Ernennung feines Erben zu handeln, wie er
‘wollte, fondern bie: Gefeße feßten feſt, mer
fhlechterdings allemahl zum Erben eingefeßt wer⸗
den follte. Dergleichen Erben wurden VNother⸗
ben genannt, und die Ernennung derfelben zum
Erben, hieß die nothwendige Erbeseinſetzung.
Hatte der Teftator feine Notherben, fo vourde
weiter verordnet, wer alsdann zum Erben: einges
feßt werden Fönnte, und diefe Perfonen 'nenmte
man willkuͤhrliche Erben *) Da bie Belege
Ä ec .
Weßphal ˖von Deſtam. S. 56 und ac
Pe
ruͤber biefe beyden Arten ber Erbeseinfeßung nach
und nad) gegeben worden find, fo..muß man
auch mit der Gejchichte, wie die Verordnungen
in dieſer Materie auf einander gefolgt find, bes
kannt feyn, denn man ift fonft nicht vermögend,
die einzelnen Rechtswahrheiten zu verftehen *).
Anfangs hatten die.römifchen Bürger die völlige.
Freyheit, men fie zum Erben einfeßen wollten;
weil es in den Geſetzen der ı2 Tafeln hieß: mas
‚jeder römifche Buͤrger in feinem Teftament feft:
gefeßt bat, dabey foll eg bleiben (Paterfamilias
vti legallıt [uper familia tutelaue rei fuae,
ita ius elio, Der Vater fonnte vermöge Dies
fee Norte feine Kinder, und diefe ihre Eltern
enterben, und auch Geichwifter konnten einander
von ihrer Erbfchaft ausjchliefen, mie fie nur
wollten... . Da man aber diefe Freyheit fehr zu
» mißbrauchen anfing, und die naͤchſten Verwand⸗
ten einander ohne alle Urfache ausfchlofien, fo
trat der Prätor ins Mittel, und es wurde durch
«die Juriſten und den Prätor nach und nad)
eingeführt, daß Kinder, Eltern und Gefchwifter
ein Teſtament anfechten fünnten, worin fie obne
Binlängliche Uirfoche enterbe oder übergangen wor⸗
‚den. waren. Die Streitigfeiten diefer Art wur—⸗
den von dem fogenannten Hunderten, welche der
Praͤtor in ſchweren Fällen zu Nathe zog, untere
ſucht. Durch den Gerichtsgebraud) Fam es ends
-fich fo weit, daß man auch entfernten Anver:
‚wandten eine Klage gab, wenn fie von ihren
Anverwandten von deren Erbfchaft nichts bes
kommen hatten. Da diefes aber die Freyheit
zu; teftigen zu fehr einfchränfte, fo veroroneten
die toͤmiſchen Kapſer, daß nur. Kinder, Eltern
A" | und
’ dpfners Comment. über bie Inſtitut. ©. 405.
ua fin Bripe; bar. Rom. IV) ©., —* A ”
5 Pflichttheil. 157
und Geſchwiſter unter die Notherben gehören
follten. ' Schon Ulpian erflärte die Seitenver⸗
wandten, wenn: fie nicht Geſchwiſter waren, Für
feine Notherben, und zu ben Zeiten der Kanfer
Dioeletian und Muximilian wurden "die
Seitenverwandten, wenn fie nicht Geſchwiſter
des Verſtorbenen waren, ſchlechterdings nicht un⸗ |
ter die Notherben gerechnet *). Die -Mechte ver
Notherben waren nicht gleich ſtark, ſondern erſt
- Famen die Kinder, ſodann die Eltern, und’ Ends
lich die Sefhwilter. 0. ne
Da, nah dem roͤmiſchen Rechte, unter. die
Kinder fehr 'verfchiedene Perſonen gerechnet ver⸗
den, fo muß man fie:-einzeln durchgehen, wenn
man genau wiſſen will, mer in dieſer Ruͤrkficht
unter die Motberben gehört. - Man rechnete das
zu Rinder: des erfien oder von weitern Graben,
als Enkel, Urenfel, wenn fie zur Zeit des Todes
Des Erblafiers feiner väterlichen Gewalt wirters
worfen waren. Die Urfache, warum Kinder
für Motherben gehalten murden, lag darin; toeif
man fie für Fünftige Eigenrhümer des vättrlis
hen Vermögens hielt, welche aber erit nach dem
Tode des Waters die frene Verwaltung davon
befommen. Dach fpätern Gefeßen gehörten duch
die von der väterlichen Gewalt frey gewördenen,
oder emancipirten Kinder, unter die Notherben,
weil: ihnen die prärorifchen Edicte die Inteſtat⸗
erbfolge. beylegten **). Eben fo gehörten auch
Enfel, welche der Großvater in feiner Gemalt
behalten, nachdem er ihren Vater, als feinen
” Sohn
*) Höpfner über die Inſtit. ©. 406,
9 L. B. pr.
s
. de inofl. tef, — di ponas fillum eman-
cipatum praeteritum, et ex eo nepotem in poteltate re-
tentum heredem inititutum efle, tilius poteft contra Ali-
um juum teflatorie nepotem, petesg bomerum .‚pofless
fionem, . ot ten
/
+
158 Pflichttheil.
Sohn emancipirt hatte, unter die Notherben.
Adoptirte Kinder waren nur alsdann Nother⸗
ben, wenn bie Annehmung an Kindesſtatt die
värerliche Gewalt zumege brachte, welcher Fall
bey der Arcogation und der vollfommnen Adop⸗
., tion eintrat. Ein Adoptirter blieb aud) nad) der
. Annehmung an &indesflatt, immer .noch ein
Notherbe feines leiblichen Vater. Die größte
—ESchwierigkeit findet ſich bey Beilimmung der
„Frage, in wiefern nad) dem Tode des Vaters
geborne Kinder (pofihumi) unter die Notherben
. ju sechnen find. Wurde Semanden ein Kind
. geboren, nachdem er bereits fein Teftament ger
macht. hatte, fo nannte man ein folches Kind
ebenfalls einen Ttotberben. Eben fo wurde Ges
mand ein Motherbe, menn ihn ber Erblaſſer
nach feinem errichteten Teftament an Kindesſtatt
‚angenommen hatte. Diefe angenommenen ins
der machten ein Teflament ungültig, wenn fie
4 Bicht zu Erben eingefeßt worden waren. Jedoch
. „wurbe allemahl erfordert, wenn das Teftament
‚- pflichewidrig werden follte, daß die Annehmung
an Kindesſtatt, eine wuͤrkliche und gültige Adops -
tion war. Die, welche in der Ummünpigfeit arrogirt
. worden waren, fonnten ſtatt des Pflichttheils,
die quartam divi Pii, welche fich ebenfalls nad)
der Größe des wahren Pflichteheils richtete, fors
dern. Weil fie aber deswegen eine beſondere
.. „Klage hatten, fo durften fie die Klage aus dem
pflihtwideigen Teftamene nicht brauchen *).
Es ift zwar gefagt worden, daß nach bem
roͤmiſchen Rechte Kinder, Eltern und Gefchwifter
unter bie Motherben gehören. Diefes ift jedoch
nicht fo zu verſtehen, als ob fie das ganze Der:
" moͤgen
L. 8.5. 15 D. de inof, teſt.
Pflichttheil. 159
mögen eines Derftorbenen befommen müßten.
So weit gehen die Geſetze nicht, fondern fie ha-
ben nur feſtgeſetzt, dag fie einen beſtimmten
Theil des Vermögens befommen follen, und dies
fee Theil wird kunſtmaͤßig gefprochen, der Pflicht⸗
theil genannt. Der Pflichttheil ift alfo derjegige
Theil der Erbfchaft, welcher den Motherben
fchlechterdings hinterlaflen werden muß, wenn fie.
nicht enterbt werden fünnen *). Dach dem als '
ten römifchen Rechte war der Pflichecheil nicht
mehr als der vierte Theil der Kıbportion,
welche Semand befommen haben würde, wenn
der Erblaffer fein Teftdment gemacht hätte. Der
Kaifer Zuftinian machte aber. eine Aenderung,
und verordnete in der 18 Novelle, daß ver
Pflichttheil zuweilen der dritte Theil der Erb;
portion, zuweilen aber die Hälfte berjeiben ſeyn
ſollte. Alsdann ſollten naͤhmlich die ſaͤmmtlichen
Notherben den dritten Theil von der Verlaſſen⸗
ſchaft bekommen, wenn der Verſtorbene vier
oder weniger Notherben hinterlaſſen haͤtte. Die
Hälfte des ganzen Vermoͤgens aber ſollte den
Notherben binterlafjen werden muͤſſen, wenn es
mand wenigftens fünf, oder gar noch mehr Noch:
erben hätte *8). 23. DB. es ſtirbt Jemand, der
12000 Rthlr. hinterläßt, und dazu vier, oder
drey, oder zwey, oder nur einen Notherben.
Jetzt ift der Pflichttheil 4000 Rthlr., als der
dritte Theil der 12000 Rthlr. Hierin theilen ſich
die Notherben. Geſetzt aber er hinterließe fuͤnf
Notherben, und daruͤber, ſo wuͤrde ihr Pie £
| thei
®) Weftenberg D, de legitima, Chifletius de porti-
onibus legitimis. Iugd. 1584. in Ottonis Thes, Tom,
V. ©. 873. illufr, Zepernick fuh. prael, perill,
Nettelbladt D. hiftor, Iur, civilis de legitima pert,
parent. Dal, 1773.
. Noyella 18 c. & de
150 Hflichttheil.
theil ‚überhaupt die Haͤlfte der 12000 Rthlr⸗
ſeyn, nähmlidy 6000 Rthlt., und dieſe werden
unter fie zu gleichen Theilen vertheilt.
. Der Pflichttheil murde deswegen "einges
fährt, damit ein Teſtator feinen Notherben
nicht alles von feinem Vermögen entziehen und
g8 fremden Perfonen zumenden möhr. Man
wollte alſo durch Einführung deſſelben ven
Notherben gleichſam eine Wohlthat erzeigen.
Daraus folgte aber auf der andern Seite wier
detnum, daß die Gefeße ihnen diefen Wortheil ges
wi nicht zugedacht haben wollten, wenn’ fie
fi dieſer Wohlthat unwuͤrdig gemacht hatten.
Es wurde alſo verordnet, daß alsdann die Noth⸗
erben gar nichts bekommen ſollten, wenn fie ſich
an dem Verſtorbenen auf eine ſehr grobe Wei⸗
: fe vergangen hätten; und fo entſtanden nad)
und nad) die fogenannten Enterbungsurfachen *),
* Mach’ dem alten roͤmiſchen Rechte beflimms
ten die Gefeße nicht im Voraus die Enterbungs⸗
urſachen, fondern wenn Semand feine Nother⸗
* ben enterbt hatte, ſo unterfuchte das Centum⸗
viralgericht, 06 der Notherbe aus einer gegrüns
deten Urſache enterbt worden oder nicht **).
Weil aber aus dem Mangel einer gefeßlichen
. Beftimmung „der Gnterbungsurfachen allerley
uͤble Folgen. entftanden, indem es auf einer meits
laoaͤuftigen Unterfuchung beruhte, ob das Teſta⸗
ment beftehen fönne oder nicht, fo machte der
Kaiſer Fuftinian eine Abärberung, und feßte
in der -rısten Nevelle gemiffe Urfachen feſt, um
welcher willen eltern ihre Kinder, und Sin:
der ihre Aeltern enterben koͤnnten. Den Aeltern
et;
2 Madihn Princ. Iur. Rom, ‚Part. IV, ©, 157.
) Siccama de iudicio ceniumtiraliy ed, Iluit, Zeper-
nick Hal 1776, nn.
Pfüctthel. 161
erlaubte er, isre Kinder um folgender 14 Urſa⸗
chen willen enterben zu fönnen: Ä
1) Wenn fi bie Kinder an ihren Ael⸗
tern im Zorn thaͤtlich vergreifen. Schon 3 B.
Moſ. 20, 9. und 2 B.21, 15. wird erlaubt,
ungerathene Kinder. zu ſteinigen und zu verbrens
nen. Verſchiedene Landesgejeße haben ebenfallg
Eriminalftzafen darauf gefegt, Alsdann ift aber
feine thaͤtliche Beleidigung geſchehen, wenn der
Vater die Grenzen der vaͤterlichen Zuͤchtigung
uͤberſchreitet, und das Kind vertheidigt ſich das
gegen auf eine der angewandten Gewalt :;deg
Waters angemefjene Weiſe *), Die Nechtsfehrer
behaupten, der Water Fönne. fein Kind wegen
einer an der Mutter veruͤhten Mealinjarie eben⸗
falls enterben, und biefe, fen dagegen: berechtigt,
| bafielbe megen der dem Vater zugefügten: Real⸗
injurie zu enterben *x). Wenn aber-ein Kind
die Stiefmutter beieibigf, fo geht Die. Enters
bung nit an... - —B
.. 2) Können, Rinder enterbt werben; wenn
fie,die Aeltern auf ‚eine ehrenrtuͤhrige Weiſe ge⸗
ſchimpft haben. Darunter, verftehen die Rechts⸗
lehrer den Fall, wenn Kinder ihre Aeltern mis
einem. folchen Schimpfwort: beleidigen, - wodurch
ſie ſie zugleich zu: Verbrechern exklaͤren; z. B.
es hieße ein Kind feinen Water oder Mutter
‚einen Dieb, Spitzbuben, Mörder, Ehebrecher,
Sandesverräther u. ſ. f. Die Ehre macht gleichs
ſam das bürgerliche Leben aus. ker: bloße
Scheltworte, die nicht einmahl einen beſtimm⸗
ten Sinn Aaben, gehbren nie hierber; 3. B.
2 Flegel,
| ' RA:
Zlaztoth son Seftamenten. ©. x. Madihn Pring, |
4 de Pufendorf, Obt. Iur um, Tom, Al ‚poe, J a dr
Get, techn. Enc. CXiL Tpeih —J—
162 Pflichttheil.
Siegel, Hundsvott, Efel, Ochs, Bengel. Harte
Beſchimpfungen ſind jedoch dieſe und andere
Worte, wenn die Beleidigung unter ſolchen
Umſtaͤnden zugefügt worden, daß fie dadurch
weit größer werden muß, als wenn fie bey ei:
ner anderen Gelegenheit gefcheben wäre. Go
- würden die Worte Ochfe, Flegel u. ſ. f. eine
gegründete Urfache der Enterbung abgeben,
wenn fie vor mehreren Perfonen, mit angedroh⸗
..ter Thätlichfeie, an einem Ehrentage u. f. f. ge⸗
braucht worden. Der Richter muß dabey auf
die Umſtaͤnde ſehen *).
3) Die dritte Urſache der Enterbung be⸗
ſteht darin, wenn die Kinder den Aeltern nach
dem Leben geſtanden haben; oder
..4) dieſelben wegen eines peinlichen Verbre⸗
chens; den Hochverrath ausgenommen, angekla⸗
get, eber im Inquiſitionsproceß gegen fie benuns
cirt haben *). Es iſt einerley, ob dieſe Hand⸗
lung von dem Kinde ſelbſt geſchehen iſt, oder
das Kind jemanden anders dazu verleitet hat.
Claproth iſt der Meinung: wenn ein Kind
ſich in feinem Gewiſſen verpflichtet. hielte, ein
großes Verbrechen der Aeltern, welches, fie ent⸗
weder begehen wollen, oder bereits begangen ha⸗
‚ben, anzuzeigen): fg müßte es diefe Anzeige bey
dem Megenten thun, und dabey um Diſpenſa⸗
‚tiowidon der Enterbungsurfache anfuchen; fa
>08 fey :-fogar “zweifelhaft, ob die Anzeige eines
roben Verbrechens, weiches die Aeltern erſt bis
: geben ‚wollen, unter dieſe Enterbungsurfache
mit. Hecht. gezählt werden könne, weil dem ge⸗
‚weinen Weſen fehlechterdings dadurch ein Vor⸗
bei zuwaqhſe, wenn Verbrechen unterdruͤcket
wer⸗
9 Shrflets, Commen uRit. on.
SE dıhn Faine. pentar Bier, ke 3 i sh ur:
Pflichttheil. 163
werden, und uͤberdieß geſchaͤhe ſogar den Aeltern
dadurch eine Wohlthat, indem ſie dadurch vor
der Strafe verwahrt würden, bie fie betroffen
haben würde | |
5) Können Kinder enterbt werden, wenn
fie die Aeltern zwar nicht wegen eines. begangs
nen Derbrechens angegeben haben, fondern fie
zeigen bloß eine Vergebung berfelben an, wodurch
die Aeltern, wo nicht ihr ganzes Vermögen, doch
fehr viel daven zur Strafe der Vergehung vers
fieren. Dieſer Sal mürde eintseren, wenn die
Aelteen beym Zoll, Acciſe u. ſ. f. Unterfchleif
gemacht, oder verbotenen Waarenhandel getries
ben hätten, worauf eine fehr große Strafe ges
etzt ift.
2 6) Wenn Kinder ſich zu offenbaren Vers
brechern freywillig begeben, um mit ihnen eben
ſolche böfe Handlungen vorzunehmen. Man
rechnet hierher, Diebess und Mäuberbanven,
Giftmischer, Rebellen, Schaßgräber, Wahrfager.
Serner koͤnnen Kinder nn
7) Nach der Verordnung bes Juſtinians
deswegen enterbt werden, wenn fie fich, wider
Willen der eltern unter die Klopffechter und
Gaukler (mimi et arenarii), begeben, ba der
Vater diefe Lebensart doch nicht felbft trieb,
Heut zu Tage *) koͤnnte man vielleicht die Baͤ⸗
renführer, Marionettenfpieler, Bänfelfänger, Thiers
hetzer hiecher rechnen.
8) Wenn die Kinder den eltern verwehrt
haben, ein Teſtament zu machen, oder nur abs
zuänbern, und. die Aeltern machen in der Folge
doch eine andere legte Willensverordnung, fo.
Fönnen fie ihr böfes Kind wegen ber angeführe
, ea | ten
, . |
— RRR EL RS re
N
164 .Pflichttheik,
ten That enterben. Man nehme an: ber Water
will ein Teftament madyen, der Sohn merft,
jeße werde ihm der Vater nicht alles hinterlaf-
fen, fondern Vermaͤchtniſſe ausſetzen; er läßt
alfo Miemanden zu dem kranken Vater, ober
will Feine Zeugen zufammen rufen laffen, jagt
fie wohl gar weg, uf. fe Kömmt es in der
Bolge doch dahin, daß der Vater ein Teflament
machen kann, fo ift er. berechtigt, den Sohn ganz
zu enterben. Stirbt aber ber Vater, und fonnte
Fein Teftamene machen, fo nimmt ber Fiſcus dem
böfen Kinde die ganze Erbfchaft weg *).
Die Kinder Fünnen 9) auch alsdann ent
erbt werden, wenn der Water oder. Mutter blöds
finnig geworden waren, und die Kinder nahmen
fi) ihrer gleichwohl nicht an. . Kommen die Aels
tern. wieder zu Verſtande, fo koͤnnen fie ihr bdr
ſes Kind, wegen dieſer Pflichtvergeſſenheit ents
“erben. Wenn aber Jemand anders, es mag
ein Verwandter oder Fremder ſeyn, fi der
verftandlojen Aeltern angenommen, und den Kins
dern es angezeigt hat, daß ihre Aeltern fo uns
gluͤcklich wären, fie möchten fid) doch derfelben
gehörig annehmen, die. Kinder thun es aber
dennoch nicht, und nun fleeben die Aeltern, fo
befommen bie. Pflichtvergefienen Kinder zur
Strafe nichts von. ben Aeltern, fondern die
fremde Perfon, eder der entferntere Anverwanbte,
bekommt alles. Hat der Verſtorbene in geſun⸗
den Tagen ein Teſtament gemacht, und die Kin⸗
der zu Erben eingefeßt, fo tritt biefe Perfon 'an
die Stelle der zu Erben eingefeßten Kinder **).
Ehen dieſes gilt auch von einer beftändig Franf
| nn . lies
*) Madihn Princ, Jur, Rom, Part, IV, & ı5B:
H Elaproth von Teßamenten ©: 9m
Pfichttheil. 165
liegenden Perſon, wenn ſie Jemand bis an ih⸗
ren Tod verpflegt
10) Iſt die terbung der Kinder erlaubt,
wenn ein Kind von der chriftfichen Religion abe
fällt, oder fich zw einer Secte begibt, die nich
zu den in Deutſchland recipitten drey Religions⸗
partheyen gehoͤrt. Nach Juſtinians Verotdnung,
ſollen die uͤbrigen rechtglaͤubigen Kinder des ab⸗
gefallenen Kindes Erbtheil ſo lange benutzen, bis
der abgefallene wieder ein Chriſt wird. Sollten
alle Kinder Irrglaͤubige geworden ſeyn, fo kom⸗
men die noͤchſten Freunde jur Erbſchaft. Sind
aber auch dieſe nicht beffer, fo bekommt die Kir⸗
che des Geburtsorts ‘die Exbfchaft, fordert ‘fie
aber, innerhalb eines Sahres das Vermögen nicht
ab, fo fällt alles an den Fiſcus; ja er mußte
fogar alsdann bie Erbichaft allein befommen,
mit Ausfchluß der Freunde, wenn bie irrgläubis
gen Kinder weltlichen Perfonen angehört hatten ).
Diefe Zuftinianifhe Intoleranz wird. wohl nicht
angewendet werden koͤnnen.
11) Koͤnnen Kinder enterbt werden, wenn
der Sohn die Stiefmutter, oder Concubine des
Vaters beſchlaͤft. Obgleich Juſtinian nichts da⸗
von ſagt, ſo wird dennoch eben dieſe Strafe ein⸗
treten, wenn ſich bie, Tochter vom Stiefvater
beſchlafen ließe **).
12) Findet die Enterbung ſtatt, wenn die
Aeltern eines Verbrechens, oder Schulden we⸗
gen im Gefaͤngniß ſitzen, und der Sohn will fie
nicht losmachen, da er es doch Fonnte, wenn er
Caution gemacht hätte. Es wird aber erfordert,
daß es die Aeltern verlamgt haben **).
23 13) |
*) Madıhn Prince, Iur. Rom, Part. IV. &. 160.
) Madihn Fainc. Jur, Rom, Part, IV. Ss 157.
166 Pfpfiichttheil.
13) Können Söhne, welche 18 Jahr alt
find, enterbt werden, wenn Aeltern von ben
Ungläubigen in die Sclaverey geführt worden,
und die Söhne retten fie nicht, da fie doch koͤn⸗
‚nen. . Sind bie eltern in ber. Gefangenſchaft
‚geitorben, fie mögen nun vorher ein Teftament
. errichtet haben oder nicht, fo ‚wird ihnen: in
benden Sällen die Erbfchaft als unwuͤrdigen
: Erben entjogen, und das Vermoͤgen wird nad)
ASuftinians Befehl an die Kirche des Geburts:
ortes fallen, und zu Losfaufung der Gefange⸗
nen aus der Sclaverey angewendet werden *).
. Die Tochter kann aber um dieſer Urſache wil⸗
- Ien nicht enterbt werden, weil fie fih nicht ver:
buͤrgen darf. |
Die ı4te Enterbungsurfache geht nur auf
‚ die Töchter, welche Gelegenheit haben, fich an:
- ftändig zu verheirathen, und gleichwohl fchlagen
ur :
.. — “
fie es aus, fangen aber nachher eine öffentliche
Hurerey an. Gebt kann fie von den eltern
enterbt werden, doch wurde nach dem römifchen
Rechte noch folgender Unterfchied gemacht. Eine
Tochter, welche wider Willen der Aeltern einen
Scdclaven geheirathet hatte, Fonnte enterbt wers
den. Heirathete fie aber wider Willen der Aele
- tern einen freyen Menfchen oder wurde eine
‚Hure, fo Fam es darauf an, ob fie 25 Zahr
- alt war oben nicht. In diefem legten Falle konn⸗
- te fie ohne Unterſchied enterbt werden. War
bie Tochter aber 25 Jahr alt, fo Fonnten fie
bie Aeltern nur alsdann enterben, wenn fie ihr
eine anftändige Heirach vorgefchlagen hatten, fie
wollte aber nicht, und nachher wurde fie eine
Hure **). Haben aber die Aeltern die 25jaͤhri⸗
= ge
*, Claproth von Teſtament. &. 93
u Novell 115. c. 3. f 11. —
Pflichttheil. 167
ge Tochter nicht heirathen laſſen, ba fich doch
eine anfländige Gelegenheit fand, und nathher
führe fie ein liederliches Leben, fo kann fie des⸗
wegen nicht enterbt werben, Uebrigens find bie
Necytsiehrer über den wahren Verſtand der Vers
ordnung bes Zuftinians nicht. einerley Meinung,
- Einige, z. B. Elaproch vom Zeftament, bes
haupten: wegen einer unflandesmäßigen, wider
Willen der Aeltern eigegangenen Ehe, könne
die Tochter gar nicht enterbt werben, weil bie
Worte in der Movelle, aut fine conſenſu pa-
'rentum marito fe, libero tamen conjungere,,.
- - als eine Entfchuldigungsurfache angeführte wuͤr⸗
den, nnd Strafgefeße überhaupt mehr einges
fchränfe als ausgedehnt werden muͤſſen *). Ver⸗
ſchiedene deutſche Landesgefeße erlauben den Ael⸗
teen ebenfalls, ihre Kinder, wenn fie fich ohne
ihren Willen verheirathet haben, ganz oder zum
Theil zu enterben. ——
So viel von den Urſachen, um welcher
willen Aeltern ihre Kinder enterben koͤnnen.
Aber auch die Kinder haben das Recht, ihre
Aeltern und Großaͤltern zu enterben, wenn eine
oder gar mehrere von folgenden acht Urſachen
vorhanden ſeyn ſollten. Die Urſachen find fol⸗
gende:
1) Wenn die Aeltern ihre Kinder wegen
eines Verbrechens anklagen oder gegen fie des
nuncieen, den Hochverrath ausgenommen;
2) wenn fie den Kindern nach dem Leben
trachten; u
Ä e 000.09
9 Heislers Erörterung ber Srage: find Aeltern ibre Lin⸗
der, welche, Ach wider ihren Willen verbeiratben,. zu ents
erben befugt. Halle 1783: Eckazdt de exhexed, liliae
- turpiter vauentis Lipſ. 1746. ‘
Be") Pe
3) wenn ber Vater mit ber Schwiegertoch⸗
ter verbotenen Umgang bat. Eben biejes muß
alsdann ‚behauptet. werden, ı wenn. die Mutter
mir dem Schwiegerſehne Unzucht getrieben hat,
obgleich die Novellg dieſen Fall nicht ausdruͤck⸗
lich anfuͤhrt *) Die. Kinder koͤnnen +. |
O ähte Ueltern euterben, wenn fie von ihs
J en verhindert morben ‚And, .. ein Teſtament zu
machen / oder daſſelbe zu Anbern; -
= ...5).pwenn: der. Bater der. Mutter, vder die
m, fe jenem, nach dem Leben geſtanden, oder der
Geſundheit derfelben durch ‚fchädliche Arzeney fo
J geihaht. bat, daß fie den Verſtand verloren ha⸗
| Zum Bellen. der. Stiefältern : darf dieſe
Strafe wohl nicht ausgedehnt werden **),
Ä 6) Iſt die Enterbung ber Aeltern erlaubt,
„ wenn fie fich der Kinder, da fie in die Raferey
‚.. verfallen. moren, oder doch feinen Verſtand hats
ten, nicht angenommen, oder
| 7) die Kinder nicht aus ber Gefangenſchaft
bey den Tuͤrken ranzionirt haben, da ſie es doch
| vermögen waren. Endlich
5) iſt den Kindern erlaubt, ihre Aeltern
zu ———*—8 wenn fie vom chriſtlichen Slauben
Abgefallen ſind.
Dieſes ſind die in der Novelle 115, ‚Car.
3 und 4 mit beutlichen Worten angeführten
Urfachen, um melcher - willen. die Aeltern ihre
Kinder, und die Kinder ihre Aeltern enterben
fünnen. Nun fragen aber die Mechtsiehrer, ob
- es denn nicht audy Fälle geben koͤnne, mo bie
Enterbung ſtatt finde, obgleich dieſer Gall in der
Novelle nicht mit ausdruͤclichen Worten ange⸗
fü het
> 585 ner3 Comment. über die Jtit 6. *
6 pie von Rehamsufen 8,9
oe
; ferie:.continentur, Da aber dieſe Beßauptang "
Pfichttheilſſ. 169
fuͤhrt ivorden. Einige Rochtslehter find ver
Meinung, man muͤſſe ſchlechterdings ben ben
Worten der Novelle ſtehen' bleiben‘, "Denn der
Kaifer ſage auedraciche ur praeter. ipfos ul.
li licear:ex alis lege Igratitudinis : Cauılas
oppönere, nilı guae:in hujus confiftutionis
mit aller Billigfeit' freier; und die angeführte
Stelle. dieſes auch gar- wicht: ſagt, fondern Der
Kaiſer; bloß‘ Die. vorigen Geſetze, -weiheidon
Enterbungsüirfachen handelten **9, damit fuͤr un⸗
gültig erflärt, ſo iſt -im dem hörhften Gerichten
Die Meinung angenomaten, daß'- Handlungen,
weiche eben fo beſchaffen find, als vie angeführ,
ten, ober Handlungen: von: Meither Att⸗allervings
für gültige Enterbungsurfichen "gehalten meiden
fönnen. Unter dieſe: Fuͤlle gehören 5. Br" folgen:
de: wenn die Kinder füh von: ſelbſt anbitzen,
um wider die Aeltern das ihnen Schuldegege⸗
bene Verbrechen zu bezeugen; wenn dee Sohn
mit feiner leiblihen Mutter Blutſchande gerkies
ben; wenn der Sohn fi. zu einer Raͤuberban⸗
be gefellt; wenn jemand die Aeltern fchläge,:änd
das Kind wollte. zufehen, ba es Doch anımeder ,
um Hülfe rufen, oder felbft Huͤlfe ſeiſten könn⸗
te *) 672349
Die Rechtslehrer werfen ferner bey! Erklaͤ⸗
rung der Enterbungsurfachen die Frage auf,
ob die Enterbung auch dann noch Gtarr' finde,
wenn vor dem Teftamente eine Verzeihung des -
begangenen gejchehen fen? Schr viele von ihnen
| 8.5 BEE be⸗
®) Schlitte D. eo quod iuſtum eſt circa irgratitud. c. a,
4 Madihn Prince. lur. Rom, Part, IV. G. i61.
”*) & eſt yhal von Tefamenten ©. 417. und 433.
*) Locceji lus controv. tit. de inoff, teit, qu. 13. Vin-
nıus. ad pr. Inft, de moff. teft, n. ao. Walch Introd,
in contr, ©. 173. Stryck Caut, Teſt. c, 19. $. as,
ma Yflichttheil.
behaupten, wenn die. Ausföhnung vor Errichtung
des Teſtamentes gefchehen fey, fo habe weiter
Feine. Enterbung flart: fen fie aber erſt geſche⸗
hen, nach bereits errichtetem: Zeftamente,- fo werde
es dadurch nicht pflichewidrig, fondern gelte ).
‚Eine andere aͤußerſt beftrittene Frage iſt
es: ob der Kaifer- -Zuftinian auch gewiſſe Urſa⸗
- chen feſtgeſetzt habe, um welcher Willen Ges
ſchwiſter einander enteeben koͤnnen. Diefes be:
haupten einige, und fagen, er. habe drey Urfachen
feſtgeſetzt, um welcher Willen Gefchwifter ein:
"ander enterben fünnten, doch follten diefe Urſa⸗
chen nur alsdann flatt Haben, wenn der Bruder
oder. die Schwefter entweder eine wirklich ebrlofe,
oder doch wenigftens eine ſolche Perfon, welche
. einen gegründeten Schandfleck an fich habe, zum
Erben eingefeßt, und feinen Geſchwiſtern nichts
Gincerlaffen babe "").. Die drey Enterbungsure
ſachen follen nähmlich folgende ſeyn:
1) Wenn das. enterbte Geſchwiſter dem Erb»
laſſer nach dem Leben getrachtet, |
Ä 2) eine heimliche Anklage wider ihn ange:
bracht, und
| 3) ihm einen großen Nachtheil in feinem
Bermögen zu verurfachen bemüht gemefen ***),
Verſchiedene Mechtsiehrer behaupten aber,
nicht nur um dieſer drey Urfachen willen allein,
- tönnten Geſchwiſter einander enterben, ſondern
- audy aller der übrigen Urfachen wegen, um wel⸗
- her Willen Aeltern ihre Kinder auszufchliefen
befugt find, denn es würde ganz tiber alle Vers
nunft feyn, wenn man biefes nicht annehmen
| wollte,
*) de Pufendorf Obf. Iur, vn. Tem, Il. Obferu, 8.
Willenberg de exheredato exheredanti reconciliato ın
Exerc. Sab. T. 2. n. 27. Madihn |, c, G. ı6r.
»)Claproth von Teflamenten ©. 97.
.... @*) Novella 22. c. 47. -
Pflichttheil. Im
wollte, indem man hierdurch ven Gefchwiftern
offenbar ein flärferes Recht zugeſtehe, als den
- &indern, in NRäcdficht gegen die ‚Aeltern. .. So
koͤnne z. B. ein Vater. fein Kind enterben, weil
es ihn gejchlagen habe, aber beym Bruder würs
- de das nicht erlaube ſeyn, wenn er yleich von
ähm gefchlagen worden, weil Juſtinian von Dies
fer Enterbungsurfache in der. Novelle 22, C. 47
nichts ſage. Darauf antworten ‚aber diejenigen,
weiche nur drey Enterbungsurfachen bey Sefchwis
fiern annehmen;. Zuftinian habe deswegen ‚nicht
mehrere Enterbungsurfachen feſtgeſetzt, weil es
überhaupt ein feltener Fall ſey, daß Jemand eine
ſchaͤndliche Perſon zu Erben einſetze, und ſeine
Geſchwiſter ausſchließe, folglich wuͤrden Geſchwi⸗
ſter auch hier nur aͤußerſt ſelten den Pflicherheif
“fordern fönnen, wenn alle bey Aeltern und Zins
dern eintretenden 14 Enterbungsurfachen - felbft
unter Gefchwiftern in diefem Zalle ihre Anwen—
dung finden ſollten *). . on |
Zur Erläuterung diefer Behauptung: muf
ich noch folgendes anführen. Es ift jetzt allges
mein angenommen, daß. Gefchwifter ſchlechter⸗
dings niche fhuldig find, einander zu Erben
einzufegen, wenn fie nur Semanden ihr Ber:
mögen hinterlaflen, an beflen Lebenswandel: nies
mand etwas ausfeßen darf, oder der im Rechts⸗
verftande keine fchändliche Perſon (turpis per-
ſona) iſt. Schaͤndliche Perſonen werden dieje⸗
nigen genannt, welche ehrlos ſind, oder leuis
notae maculam haben. Die Rechtslehrer be⸗
haupten ferner, auch ſogar eine dergleichen ſchaͤnd⸗
liche Perfon koͤnne man zum Erben einfeßen,
und brauche feinen Gefchwiftern dennoch feinen
Pfens
°) Madıhn Prince. Iur, Rom, Part, IV,.®. 163,
«ı
172 Pflichttheil.
ꝛPfennig zu hinterlaſſen, wenn ſie ſich eine von
1 den drey Vergehungen zu Schulven kommen
" Jaffen; die. bereitd’ aus ber: 22. Nov. und deren
47. Cap. angeführt wurde. Damit: find aber-
"andere nicht zufrieden, fondern fagen, eine fchänds
nY’fiche Perfon "gehe: Geſchwiſtern wor, menn fie
seine von den 14 DVergehungen’ begangen haben,
vum welcher Willen Aeltetn ihre Kinder enterben
taten, dern:-von Geſchwiſtern kann man nicht
u:fo viel Verbindlichkeit’ fordern, Die begangenen -
1 Befeidigunger -zu verzeihen, als von Aeltern bile
2 ligezu exwarten iſt, und deſto mehr find fie ders
2pflichtet, einander nicht zu befeidigen.
€ Duch biefe Streitigkeiten find endlich ans
“dere Mechtöfehrer 7) verleitet worden zu behaups
lgarıder Kaiſer Suflinian habe bey Geſchwiſtern
gar feine Eniterbungsuirfachen, ſelbſt auch auf
ij den: Fall nicht eingeführe, wenn eine ſchaͤndliche
Perſon zum Erben eingeſetzt worden. Ihre
Gruͤnde ſind folgende: 1) ſey es ganz unglaub⸗
ch, dag Juſtinian in der 115 Novelle, wo er
. ‚die Enterbungsurfachen bey Erben und Kindern
:. Beftimmt habe, von den Enterbungsurjachen zwi⸗
:.fhen Sefchmwiftern ‘ganz und gar nichts‘ anges
- führt haben würde, wenn er darüber etwas neue -
es beflimmen mollen; 2) fen es unglaublich, daß
» ber Kaifer die Enterbungsurfachen unter Ge:
ſchwiſtern eher beſtimmt habe, als die. unter.
‚Aelteen, und doc, fey bie 22te Novelle fchon
im J. Chr. 536 und die zıste Movelle erft
: im $. 541. gegeben werben; 3) die 22te Ras
“ Ä Ä veelle
®) Madihn Princip, Iur; Rom, Part. IV, &. 163. Fuchs
D, de impugn. teft. fraterni per querel, inoff. Cocce-
ji Ius contr. tit. de inoff. teilt. qu. 9, Hert D, de fratr,
| germ. quaer, inoff. adverl, quoscunque 4. 15. in Opufc,
- Vol, 3. Part, 2 ©, 65. .
worden. —
Pflichttfeik 20493
delle handele gar nicht von. ber Enterbung, we
he im Teſtament gejchehen Tann, fondern darin
werde feftgefeßt, in welchen Sällen ein Bruder
‚den andern nicht folle beerben fönnen, wenn
derfelbe auch geftorben fey, ohne ein Teftament
zu hinterlaſſen. Ueberdieß faffe fi) von der Ins
teſtaterbfolge auf die Enterbung kein Schluß
machen, und es fen aud) die 22te Novelle ım
ber Solge durch Die 118te wieder aufgehoben
Nach den im Preußiſchen Staate gelten⸗
den rechtlichen Beſtimmungen haben Geſchwi—
: fer von einander überhaupt keinen Phichttheu
zu fordern und koͤnnen deshalb durch Vertr
und letzte Willensverordnungen von der Etb⸗
ge
Schaft ausgeſchloſſen werden. Bey Vermaͤchtniſ⸗
- fen an milde Stiftungen darf den Mocherben
“
“der ihnen gebührende Pflihrcheit nicht entzogen
werden. Die nothwendigen Erben, denen nad) -
dem Gefege' der Prlichteheil gebuͤhrt, koͤnnen ie
ne jede’ von dem Erblaffer innerhalb drey Jahre
vor feinem Tode gemachte Schenfung widerru⸗
. „fen, wenn der reine Betrag des Machlaffes nicht
die Hälfte des Betrags ber gefhenften Summe
—oder Sache ausmacht.˖ Doc) darf alsdann von
den Gefchenfnehmern nur fo viel, als su Diefer
Hälfte fehlt, zurücgegeben werden. Sind inner;
halb dieſer drey Jahre mehrere Schenkungen
teren Geſchenken nicht erfolgen kann.
geſchehen; ſo muͤſſen zwar, zum Behufe der
Beſtimmung, ob eine Verkuͤrzung im Pflicht⸗
theile vorhanden ſey, alle dieſe Schenkungen zu⸗
ſammen gerechnet werden; dagegen findet ein
wirklicher Widerruf der, ber Zeit nach älteren
Geſchenke nur fo weit flatt, als die Ergänzung
des Pflichteheils aus den zurücgenommenen fpäs
Auch
1] “
174 Pfiichitheil.
Auch bey dem Leibrentencontracte muß der
Pflichttheil unverletzt erhalten werden.
Der Pflichttheil der Aſcendenten.
Die Kinder find nach den preuß. Geſet⸗
zen *) berechtiget, die fonft gefeßliche Erbfolge
ber Verwandten in äuffteigender Linie durch ein
mit den gehörigen Erforderniffen verfehenes Ter
ftament zu ändern. Doc) fünnen fie, auch durch
‚ eine ſolche letztwillige Verordnung, den Aeltern
und übrigen durch das Gefeb zur Erbfolge bes
. zufenen Afcendenten den Pflichttheil nicht ents
. ziehen. Der Pflichttheil ift bey -jedem Verwand⸗
ten in auffleigender Linie, ohne Unterſchied der
Zahl, die Hälfte des ihm nach der gefeßlichen
Erbfolge zufommenden Antheils. Diefen Pflicher
theil können die Kinder nicht fchmälern, noch)
. buch Bedingungen einfchränfen, ober mit La:
ſten befchweren. SHinterläße der Verſtorbene
zwar Verwandten in abfteigender Linie, die er
„aber aus einer wahren und gefeßmäßigen Urſa⸗
che enterbt Hat: fo muß er denjenigen Afcenden-
‚ten, weldye das Gefeb in Ermangelung der Abs
koͤmmlinge zur Erbfolge ruft, den Pflichttheil
verlaſſen. Haben aber. die Abfömmlinge des Vers
ſtorbenen ſich ihres Erbtheils begeben: fo können,
wenn tiefe den Erbanfall erleben, die Afcendens
ten einen Pflichecheil nur in fo weit fordern,
als die Entfagung ausdruͤcklich zu ihren Gun:
‚Ren geſchehen iſt.
Kinder koͤnnen ihre Aeltern und weitere
Aſcendenten auch im Pflichttheile enterben, 1)
wenn dieſelben des Hochverraths oder des Las
fters der beleidigten Majeſtaͤt gegen die Perfon
bed
€: Ale: Laudrecht n. CH. I. Kit. 4. soo fl
Pflichttheil. 175
des Oberhauptes im: Staate fchuldia erfannt
worben; a) wenn fie dem Erblaffer, oder: deſſen
“ Ehegatten oder Abfümmlingen, nach dem Leben
getrachtet haben; 3) wenn fie durch üble Bee
bandfung der Geſundheit bes Erblafiers einen
- erheblichen und: dauernden. Schaden boshafter
Meife zugefügt haben; 4) wenn fie denfelben
eines groben Verbrechens, worauf in den Ges
feßen Zuchthaus» oder Feflungsftrafe verordnet,
it, wider befjeres Wiſſen, fälfchlich in Gerich⸗
ten angefchuldige haben. 5) Wenn der enterbte
Afcendene mit dem (Ehegatten des enterbenden
Kindes, während der Ehe, ehebrecherifchen Um⸗
gang gepflogen hat. 6) Wenn der. Enterbte bey
der. Förperlichen oder: fittlihen Erziehung des
Enterbenden die nad) den. Gefegen ihm obliegen«
den Pflichten gröblich verlegt hat. 7) Wenn er
fid der gefeßmäßigen Obliegenheit zut Ernähs
“zung des ohne grobes Berfehulden in Mangel
"und Elend gerathenen Kindes, bey eigenem bins
reichenden Vermögen dazu, vorfeßlich entzogen
hat 2
' Aus eben diefen Urfachen fann das Kind
den Pflichteheil der Afcendenten fchmälern, durch
Bedingungen einichränten, oder mit Laften bes
fchweren.
Wegen Enterbung ber Afcendenten aus gus
ter Abficht finden eben die Vorfchrirten Anmen:
dung, welche wegen dieſer Art von Enterbung
bey Kindern fefigefeßt find. Auch gilt. von der
Befugniß der zur Ungebuͤhr enterbten, oder über:
gangenen, oder im Pflichttheile befafteten Ael⸗
‘tern, alles. das, was für die gleichen Fälle, in
Anſehung der Kinder, verordnet if. Nur tre⸗
ten in dem Zalle, wenn die im Teflamente eins
"gefeßten Aeltern erfien Grades vor dem Ser
| ME EEE er
.
70. Pfuchttheil.
ſer verſtorben ſind, deren Aeltern nicht an ihre
Stelle. Vielmehr koͤnnen dieſe, wenn ihrer im
Teſtamente nicht gedacht worden, nur den Pflicht⸗
theil, und auch dieſen nur in ſo fern fordern,
ale bey dem Ableben des Erblaſſers keine voll⸗
buͤrtige Sefchwifter, noch deren Kinder vorhan⸗
, den find. " . .
Pflichttheil der Deſcendenten *).
Der Pflichttheil if, wenn nur ein oder nur
zwey Kinder vorbanden find, ein Drittel;. wenn
drey ‚oder vier Kinder vorhanden find, bie Hälfs
‚te, und wenn mehr als vier Kinder vorhanden
“find, zwey Drittel desjenigen, was jedes Kind
zum. Erbtheile erhalten-haben würbe, wenn bie
gejegliche Erbfolge flatt gefunden hätte Mur
‚ ber wirklihe Beytrag der erhaltenen Ausſtat⸗
‚gung, und det Geſchenke an Grundftüden ‚Ges
‚ rechtigfeiten und ausſtehenden Capitalien iſt ein
-
Kind fih auf dieſen Pflichttheil anrechnen zu
laſſen ſchuldig. Durch andre Anrechnungen Ehne
nen die Aeltern denfelben nicht fchmälern. "Hat
jedoch der Erblaffer für einen feiner Abfömmlinge
Schulden, zu deren Anerkennung er. nach ben
Geſetzen nicht verpflichtee war, dennoch. bezahlt:
fo ift er das Gezahlte demfelben aucdy. auf feis
nen Pflichetheil anzurechnen wohl. befugt. ;- Alles
‚was einem Kinde auf den Sterbefall, es fey
“unter welchem Nahmen es wolle, von den Aels
tern zugewendet wird, iſt auf den Pflichttheil
anzurechnen. Gerade, Niftel, Heergeräthe, Kehr _
ne, Sideicommiffe, und überhaupt alles, was bie
"Kinder nicht von den Aeltern, fondern nur Durch
die Aeltern erhalten, iſt darunter, nicht mit. be=
nn griffen.
*) ©. Allg, Landrecht a, a. D- 6. 397 fl
—
Pflichttheil. 177
‚griffen. Der :Pflichttheil kann mit Bedinguns
gen oder andern Einfchränfungen ‚nicht belafter
werden. ı- . . LE Fu Zu
Doch ſollen die Aeltern zur gänzlichen Ente,
erbung eines Kiupes berechtigt feyn: 1) wenn
daflelbe des Hochverraths, oder des Laflers der
- beleivigten Miejefkätzgegen die: Perſon des Ober⸗
haupts im Staate,“ſchuldig erfannt worden; 2)
wenn es Einem. der leiblichen oder Stiefältern
nach. dem Leben getsachtet-hatz 3) wenn es eins
ber leiblihen. Aeltern eines Verbrechens, auf
‚ ‚welches .eine härtere als old: nded bloße bürs
gerliche Gefaͤngnißſtrafe verordnet iſt, wider befs
feres Wiſſen, faͤlſchlich in Gerichten angeſchul⸗
digt hatz g):wenn.as. ſich an einem ber leihll⸗
- chen Aeltern mit Thoͤtlichheiten, außer dem Falle
.. tiner ˖ wirklichen Ratbacho, vergriffen vatz 5)
wenn: es die Ehre Dan Erblaſſers mit groben
ESchmahungen augelſſet hat. Ob die. Boleidi⸗
gungan ben Agltern von dem Kinde unmittelbar,
doder dutrch Andre zugefuͤgt worden, macht feinen
Unts⸗rſchied. 6) Wenn Kinder mit dem andern
Theile dee leiblichen oder Stiefältern blutfehäns
u deriſchen oder. ehebrscherifchen Almsang. gepflogen
. „haben; 7) wenn bas.: Kind durch grobe Ver⸗
brechen dem Erblaſſer einen beträchtlichen Theil
feines Vermögens entzogen hat. . Tür betraͤcht⸗
-. fich wird ein folher Schade angefehen, wenn er
wenigfiens. den Betrag des dem Kinde fonft zu-
.- Sommenden Pflichetheils erreiche: 8) Wenn das
Kind den Erblaffer, als verfelbe ‚nothleivend ges
wefen, nicht bat unterflüßen wollen. 9) Wenn
es bey erhaltener ehrbaren Erziehung, durch
grobe Lafter, ſchaͤndliche Aufführung, oder durch
die Wahl einer niederträchtigen Lebensart; ſich
bey feinen Standesgenofien Öffentlich entehrr har.
Ger, techn.Enc. CXII. Theil, mM Nur
”
178 Ä Pflichttheil.
Nur aus dieſen angefuͤhrten, nicht aber
aus andern, wenn auch demſelben gleich "oder
aͤhnlich feheinenden Urfachen, kann die’ gänzliche
Enterbung eines Kindes flatt finden. Aus eben
diejen Urjachen koͤnnen die Aeltern bern Kinde
den Pflichttheil fchmälermi: Daß eltern ihr
Kiind, welches ohne ihte, ertheilte oder von dem
Richter ergänzte . Einwilligung' geheirathet, bie
auf die Hälfte des Pflichttheils enterben koͤn⸗
nen, iſt im II Tg Erſten Tirel:G. 1009. 1010.
+ 1012. des Landrechtes derordnet. Ein Gleiches
: finder flat, weün ein. Kind durch unehelichen
Beyhſchlaf vie Einreilligung der Aeltern in fei-
© ne Deirath erzwingen wollen. .':::- |
| "Die in einem Teflamente gefchehene Enter«
bung beſteht fo lange, als der "Erblaffer die
‚Zement nicht wiberrufen, ober feinen Willen
3 dieſerthalb nicht deutlich erkläre har. Dergleichen
-: , Eiflärung muß, in:Anfelang der äußern Form,
wenigſtens mit "WER bey einer letztwilligen Ver⸗
ordnung unter ‚Kindern :vorgäfihriebenen Erfors
dernifien verſehen fen. Die bloße Merföhnung
mit dem Kinde, und beffen: Wiederaufnehtmung
in das vaͤterliche Haus, iſt' fuͤr einen Widerruf
der Enterbung noch nicht zu achten. Ein recht:
. mäßig: enterbtes Kind wird bey Berechnung des
Pflichttheils der Abrigen mitgesähle Aus eben
den Gründen, woraus die Aelteen ben Kindern
ihren Pflicheeheil zu nehmen, oder zu fchmälern
berechtigt‘ find, koͤnnen fie benfelben auch mie
Bedingungen belaften, oder die Verfügung des
Kindes darüber ſowohl unter Lebendigen, als
von Todes wegen, einfchränfen. ——
Außerdem koͤnnen Aeltern die Kinder in
der Verfuͤgung uͤber den Pflichttheil alsdann
einſchraͤnken, wenn das Kind dergeſtalt in Schul⸗
Zu den
Pflichttheil. 19
den verfunfen ift, daß durch felbige fein Pflichte
theil ganz, oder doch fo weit, daß ihm davon
der noͤthige Unterhalt nicht übrig bliebe, verzehrt
‚ werden würde. -Serner alsdann, wenn fid, das
Kind, einer unprdentlichen und verfchmenperi: _
ſchen /Wirthſchaft ſchuldig gemacht kat. Enpfich,
wenn das, Kind wegen Wahns oder Biddfinneg,
feinen Sachen felbft -vorzuftehen, unfähig iſt.
Sn allen Sällen aber muß die gefeßmäßige Ur⸗
fache. der Einfrhränfungen ausdruͤcklich anges
führt feyn. Aus einer folchen gefesmäßigen Ur⸗
ſache koͤnnen Aeltern dem Kinde die Verfügung
unter Lebendigen, auch in Anfehung des: Pflichte
theile, gänzlich unterfagen. Sie fünnen verorbs
nen, daß die gegenwärtigen und Fünfrigen Glaͤu⸗
- higen.des Kindes fi) an die Subſtanz des Erbs
theiles, zu halten nicht berechtigt fenn follen.
Sie koͤnnen aber dem Kinde den Miefbrauch
des Pflichttheiles nicht entziehen. Auch fönnen
.. fie daffelbe in der Verfuͤgung auf den Todes⸗
. . foll, in Anjehung des Pflichttheils, nur: zum
Beften feiner Abfömmlinge einfhränfen. Doch
tönnen fie ihm, wenn er ohne Kinder verfterben
follte, ‚feine Geſchwiſter und deren Abkoͤmmlin⸗
ge, auch im Pflicherheile fubftituiren. |
Wenn Aeltern ihre Kinder folchergeitafe
in der Verfügung über ihren Antheif einge
fchränft haben: fo muß der Nichter dergleichen
Einfhränfungen auf die unbeweglichen Guͤter
eintragen faflen, diefelben Öffentlich befannt mas
chen, auch, nach Befinden der Umftände, dem
Rinde einen Kurator beflellen. Auf den dem .
Kinde verbleibenden Nießbrauch können die -
Gläubiger defjelben nur in fo fern Anfpruch
machen, als ee zum nothduͤrftigen Unterhalte des
Kindes nichs. erforderlich iſt. Verlaſſen Aelteen
Ma einem
180 . Pflichttheil.
—
einem Kinde ſein volles Erbtheil; verfuͤgen aber
dabey, daß ſelbiges fuͤr die Enkel erhalten wer⸗
den fol: ſo muß das Kind ſich dieſer Verord⸗
nung unterwerfen, und kann ſtatt deſſen den
Pflichttheil nicht wählen. Alle letztwillige Ver⸗
fuͤgungen, wodurch den Kindern ihr Pflichttheil
genommen, gefchmälert, oder delaſtet werden ſoll,
muͤſſen, bey Strafe der Nichtigkeit, in der Form
eines wirklichen Teſtaments abgefaßt ſeyn, und
die Form einer privilegirten Diſpoſition unter
Kindern iſt dazu nicht hinteichend.
Behauptet ein in ſeinem Pflichttheile ent⸗
erbtes, verkuͤrztes, oder ſonſt belaſtetes Kind,
daß ihm ein ſolcher Nachtheil aus einer nicht
geſetzmaͤßigen, oder nicht gegründeten Urſache
zugefuͤgt worden: ſo muß demſelben rechtliches
Gehoͤr darüber verſtattet werden. Findet der
Richter die Beſchwerde gegränder: ſo muß dem
Kinde fein Pflichttheil aus der Erbſchaft verab:
-. folgt, ober ergänzt, oder die darauf gelegte Laſt
ober Einfchränfung durch Urtel und Medye für
aufgehoben erklärt werden. Zur Entrichtung oder
Ergänzung des einem folchen Kinde zufonmen-
"den Pflichttheils, muͤſſen die Übrigen Erben und
Legatarien nach Verhaͤltniß ihrer Portionen bey:
tragen. Hat. aber der Erblafler den dem ents
- erbten Kinde entzogenen Erbtheil einem der Mit«
. denfelben ein gefeßmäßiges Erbrecht zuſteht
erben oder Legatarien ausdruͤcklich beſchieden: jo
muß dieſer allein das zur Ungebuͤhr enterbte
Kind abfinden. In allen andern die Enterbung
nicht betreffenden Stuͤcken bleibt die letztwillige
Verordnung bey Kräften.
Was im Vorſtehenden von Enterbung ber
Kinder verordnet if, gilt auch von Enfeln und
andern Abfömmlingen weiterer Grade, in fo weit
ur
LU
Pflichttheil. 181
Pu in. einem einzigen Falle md Aeltern.
ſqhuldig, ihren Kindern, noch bey Lebenszeiten,
einen Pflichttheil auszuſetzen. Wenn naͤhmlich
bey Ehefcheidungen Einer von den Aeltern für
den fchuldigen Theil-erflärt wird: fo muß er den
aus folches Ehe erzeugten Kindern fo viel aus:
feßen, alg ihr Pflichttheil betragen haben‘ würde,
wenn die Ehe durch feinen Tod wäre getrennt
worden. Den der Berechnung diefes Pflichttheils
fommt das Vermögen des Schuldigen nur nad)
Abzug. der dem Unfchuldigen daraus gebührenden
ab nen in Anfchlag. Findet ſich bey der
Scheidung, daß beyde Aeltern in gleichem Grade
ſchuldig find: fo muß den Kindern ihr Pflicht⸗
theil aus beyder DBermögen angetviefen werden.
Diefer den Kindern ausgefeßte Pflichttheil, wird
das wahre Eigenthum berjelben. Doch bleibt
demjenigen, aus deflen Vermoͤgen der Ausfaß
geſchehen ift, die Verwaltung und der Nießbrauch
Davon auf Lebenslang. Sicherheit darf er da⸗
für nur in denjenigen Tällen leiften, wo ein
Mater dergleichen für das eigenthämliche Ver⸗
mögen der Kinder zu beftellen fchuldig if. Iſt
Feine befondere Sicherheit beftellt worden: fo ha⸗
- ben die Kinder deshalb in dem Mermögen des
Ausſetzenden eben das Vorrecht, was ihnen die
Geſetze, wegen ihres eigenthuͤmlichen nicht freyen
Vermoͤgens, in den Gütern des Vaters beylegen.
&o lange derjenige, aus deflen Vermoͤgen ber
Pflichttheil ausgefegt worden, noch) am Leben ifl,
fünnen die Kinder, weder unter Lebenbigen,
- noch von Todes wegen, darüber verfügen. Doch
. vererben fie denfelben auf ihre Abkömmlinge,
nad den Megeln ber geſetzlichen Erbfolge.
Stirbt ein ſolches Kind ohne erbfaͤhige Abkoͤmm⸗
linge; ſo wachſt der Pfuchechi feinen vollbuͤrti⸗
gen
182 Pflichttheil.
gen Geſchwiſtern und deren Abkoͤmmlingen zu.
Sind dergleichen Geſchwiſter oder Geſchwiſter⸗
kinder nicht vorhanden: fo fälle derſelbe in das
Vermoͤgen des Ausjeßenden zuräd; und der an⸗
dere Theil der gefchiedenen Aeltern bat darauf
‚ einen Anſpruch. Geht ein noch nicht ausge:
ftattetes Kınd, welchem der Pflichttheil ausge⸗
feßt worden, aus der väterlichen Gewalt, und
errichtet eine befondere Wirthſchaft: fo kann
e8 die Ausantwortung der ausgefeßten Summe,
flate der ihm fonft gebührenden Ausſtattung fors
bern. Alsdann erlangt es darüber ein uneinge⸗
ſchraͤnktes Eigenthum. Durch die vorläufige Aus:
feßung des Pflichtrheils werben die Kinder von
der künftigen Erbfolge der geichiedenen Aeltern,
nicht ausgefchloffen. Iſt der, welcher ihnen den
Pflichttheil hat ausfeßen muͤſſen, ohne letztwillige
Verordnung geftorben: fo haben fie in feinem
Machlaſſe ein volles gefegliches Erbrecht, gleich
jedem andern Verwandten in abfleigender Linie,
Auch ihnen iſt ein folcher Erblaffer, wenn er
legtwillig verfügen will, menigftens den Pflicht:
theil aus feinem alsdann vorhandenen Vermögen
zu hinterlaflen verbunden. Den bey’der Scheis
Bung ausgefeßten Pflichetheil nehmen fie aus
dem Nachlaſſe gleich einee Schuld. Nur in dem
einzigen Kalle, wenn Haldgefchwifter vorhanden
find, welche der Ausfeßende- aus einer andern
Ehe erzeugt hat, mäffen fie fih dieſen erften
Pflichetheil eben fo, wie oben wegen der Auss
flattungen verordnet ift, anrechnen laflen.
Auch zwiſchen Eheleuten findet in gewiſ⸗
fen Faͤllen ein Pflichttheil ſtatt; und zwar als⸗
dann, wenn der verſtorbene Theil gar Feine nahe
Verwandte hinterloͤßt; für nahe Verwandte mers
ben Diejenigen geachtet, welche von dem EN
nicht
5 Pfochttheil. | 183 5
nicht weiter als \im.fechfien Grade, voller ober -
halber Geburt entferne find... Die in einem fol“
hen Falle dem’ Überlebenden Gatten beftimmte
Erbportion beträgt: die Hälfte des Vermögen,
Diefen Pflichttheil kann ein Ehegatte dem ans
dern nur wegen ſolcher Werfchuldungen ſchmaͤh⸗
lern, oder gar entziehen, bie ihm berechtigt ha:
ben würden, auf Scheidung anzutragen.
Wenn man den Pflicheeheil eines Rine
des berechnen will, fo ift folder w-
bey 1 Kinde von der Erbfchaft
4 Kindern — — — —
Ei
— zZ
*
23 - - 2-2 5%
— 5 — 1X75Z . 7
— 6 — 3X3F .. 73
— 7 — 53x37 _ .x. 711
Ir N
n mr: "an.
Oder bey mehr als 4 Kindern
| au L
ne: xX — — —.
st * "sn 2(5+n)
3.8. ein Vater verläßt 7 Kinder, wovon
er eins enterbt und nur auf den Pflichttheil ges
feßt Hat; wenn nun feine DBerlaflenfchaft aus
10,000 Thlr. befleht, wie viel wird dieſe Legi-
tima betragen? Da bier 7 Kinder find, fo if
3+nZ7, fon = 2 und die Legitima
10000 __10000
= = —— 7143 Thlr. und bie
TORTE
andern Kinder erhalten auf jeden Auntheil
10000
(1 z3) = 164733.
6 x
M4 Pflinz
184 Mill gHNpffnen, |
fing," And Sfdhait, £ Yand! E6. 14 S. 206.
a en
FR Dios, ein kleiner kurzet HYfahl, ein hoͤlzerner
Naͤgel, etwas daran ober damit zu befefligen,
“ober denſelben feſt im ein Loch binein zu ſchla⸗
gen. Die Heinen Pfäßle, womit man die Lein⸗
wand auf der Bleiche, die Leinen zu ben Gezels
ten in der Erbe befeftigt, heißen Pflöde. Ein
kurzes ſpitziges Holz, welchez man in das Mau:
erwerf treibt, einen Magel’u,’f. f. daran zu
befeftigen, heiße ein Pflock, "in den gemeinen
Sprecharten aber auch ein Döbel, Das in ein
Geſtein, welches man fprengen will, gebohrte
Loc), wird, nachdem es geladen worden, oft wies
der mit einem Pflode ausgefüllt, ftatt deſſen
man an ben’ meiften Orten jegt Lehm braucht,
Die Heinen hölzernen Nägel der Schufter heißen
gleichfalls Pfloͤcke, fo wie auch die hölzernen
Mägel, melde die Zimmerleute zu Befeſtigung
der Balfen an einander und die Schiffbauer bey
den Schiffen häufig gebrauchen, fo genannt
werben *). .
Maſchine, um die großen Naͤgel oder
öche aus den Schiffen 3u ziehen, und fie
‚ beym Bau von Fahrzeugen von aller Art hinein
sv — ichtiger Gegenſtand beym Saifs
in ſehr wichtiger Gegenſtand eym iffbau
iſt die del wie mas die Shdde oder drogen Nägel
eintreibt, welche zur Verbindung der verſchiedenen
heile der Fahrzeuge dienen. So lange man fi des
Eifen® bediente, fonnte man den Stoß anmwenden;
aber die Leichtigfeit, womit die eifernen Nägel vers
kalchen, und die feonelle Vermüftung des Roſtes
waren Beranlaffung, daß man felt einiger Zeit un
h . *
Im Niederſ. Pluck und Plugge, im Engl. Plug und
— — ——
#9 nichts mit Zuverlämigfeit fagen.
2 Mode: . 28. |
Gebrauch dieſer Nägel aufgad; und die guten Baus
meifter ‘wählen jest lieber das geiamiedete Roth⸗
kupfer, anf welches das Seewaffer weniger wirket,
und an welchem ſeine Beſchaͤdigungen weniger merk⸗
lich find. Aber eine Schwierigkeit zeigt ſich: das
Kupfer hat weder fo viele Kraft, 10% a viele Stärs
te, wie das Eifen; um es in das Bauholz der Shife
“fe einzutreißen, : wärde ein ſtarker Drud nöthie
feyn, welcher ; indem er die Kafern des Holzes zus
ruck drängt, das Wafler am Eindringen verbinders
te; der Stoß würde in diefem Kalle unnuͤtz ſeyn.
Daher mußte man. ein Mittel Ya am diefe
Pflocke fo hinein zu treiben, daß fie, die nähmlicdhe
Wirkung thun, wie die elfernen. Der Hauptmann
Bolton ſcheint die Abficht erreicht zu haben, in=
dem zu gleicher Zeit feine Mafchine die Doppelte
Wirkung erfüllt, daß fie die Pfloͤcke heraus zieht,
wern die Ausbefleeungen diefe Arbeit nöthig mas
ben. Die Gefellfchaft zur Aufmunterung der Kuͤn⸗
fie und Wiffenfchaften in London gab im Jahre
1799 die goldne Medaille dem Hauptmann Bolton
für feine nägliche Erfindung.
Die Maſchine iſt aͤußerſi einfach, fie nimmt: wer .
nig Raum ein und if fehr leicht zu behandeln. °
Wenn man einen Pflod herausziehen muß, fo thur
fie diefes, ohne ihn zu. zerbrechen, Sie beſteht in ei⸗
nem Rahmen, welcher von eine Röhre mit einer ſchnek⸗
Penförmigen Schraubenmutter getragen wird, über
welcher ficy ein .gezahntes Rad befindet, das in eis
ne Schraube ohne Ende eingreift, die durch eine
Kurbel gedreht wird, und feft mit dem Rahmen vers
unden ift. | |
Die Erklaͤrung der Kupfertafel, Zig. 6 pird
diefen Mechanismus leicht erflären. ſis. 69194 @
* aa Rahmen oder Geftell der gefammte
aſchine.
B. Colindriſche Röhre mit einer Schraubenmut⸗
ser inwendig. Einige Gänge dieſer Schraube find
oben in der Roͤhre perfpektivifch zu feher.
C. Gezahntes Rad über der cylindrifhen Röhs
te B, und mit ihr in Verbindung.
D. Schraube ohne Ende, in Verbindung mit
dem Rahmen, welche in das Rad C eingreift, und
ju deſſen Bewegung dient.
| E. Kurbel zur Vewegung der Maſchine.
N 5
ı88 2 Pflock.
F. Pflocke, welche man heramsjiebt: -
G. G. Bloͤcke ober Träger des Rahme,
L. Ein hohles Stüd Stahl, von auflen mit eis
ner Schraube bekleidet, teren Gänge in die Schraus
.benmutter des Cylinders B eingreifen. Der Pflod
muß an dieſes Stuͤck Stahl befeftiget werden-
- 1 Ein halbrundes Siuͤck Stahl, welches in die
‚@infchntte von H eingelegt werden muß, ein @ins
ſchnitt von der nähmlichen Art ift in dem Kopf der
Maſchine angebracht, welche man fo verhindert, daß
„fie fid nicht dreht, indem man fie gjut sieht.
K. Der zur Aufnahme. der Maſchine bereitete
Pflock. |
. mn L. Eine ſtaͤhlerne Stange, deren. Durchmeflee
- immer geringer if, als der Durchmefler der Pflöke
fe, melde man herausziehen will; fie hat an ihrem
Ende eine. Schraube a, -und am andern Ende eben⸗
- falls eine Schranbe, melde in das. Innere der
Schraubenmutter der Röhre B einpaßt.
: M. Durchſchnitt einer Schraube, mit einem vier,
eckigen Loche, weiches größer ift als der Pflock.
N. Ein Pflod mit einer &chraude an feinem eis
‚nen Ende, welcher in die Bänder eingelaflen were
den folk
Behandlung heym Aussichen der Prlöde,
Der Kopf der: Pfloͤcke muß abgefchnitten, und
ein Loch in die Bekleidung des Schiffs gemacht wer,
den , von hinlänglicher Größe, um die Schraube H
aufzunehmen, welche den Pflock umfaßt; man mat
alsdann mit einer Säge, oder mit einem Meißel von
Stahl, einen Einſchnitt in den Kopf des Pflockes,
um den Schlüffel I aufgunehmen, melder in die
@infhnitte von H paßt. Die beyden Geiten des
Kopfs des Pflockes werden hernach an das Städf
Stahl H fehr ſtark befeſtiget; dann wird die cylin⸗
drifhe Nöhre R an die Schraude H angepaßt, und
die ganze Mafhine dreht fich, bis der Rahmen über
bee Bekleidung ſteht. Dann läßt man die Kurbel
und die Schraube ohne Ende fpielen, melde den
Pflock aupheben wird, wenn man ihn nähmlich gut
befeſtiget bat, oder ihn zerbreden wird, wenn er
hrer Wirkung widerfichen will, Ä
Be
2. Phfloch187
Behandfung beym'@infaffen der Pfloͤcke.
Die ſtaͤhlerne Stange L muß:von einer hinreis
enden Länge feyn, um durch die Breter des Swiffe
sehen zu koͤnnen; und von einem geringeren Durchs
meflee als der Durchmeſſer des Pfiocks ift, welchen
man einlaffen will. Diefes Städ L, nebft_ feiner
Schraube A iR eine Art von Leiter oder-Kührer,
Alle Pfloͤcke, welche eingelafien werden follen, mäfs
fen an ihrem unteren Ende mit einem Loch durch⸗
bohrt ſeyn, in welches man einen Schraubengang
bringt, welcher mit der Schraube A der ftählernen,
Stange L zufammen paßt. ‚An dem obern Ende
bringt man eine Schraube an, melde vollfommen
mit der Schraubenmutter der Röhre: B zufammen
paßt. Die Behandlung ift die nähmliche, wie beyın
Ausziehen der Pfloͤcke. Man läßt die Stange L in
das Loch, welches man mit dem Stichbohrer gemacht
hat. Man’ bringt die Schraube A in das Loch am
nde des Pflockes, derfelde wird alddann mit einem
leichten Schlage in das mit dem Bohrer gemachte
Loc hinein gelaflen, indem man zu gleicher Zeit den
Scraubenfopf der fählernen Stange L in die
Schraube B bringt, welche zu dieſer Abficht in das
Innere des Schiffs gebracht wird. Man dreht die
Kurbel, bis dag der Pflock völlig eingelaſſen ift, und
durch die Befleidungen gegangen ift. Ä
Sobald als der Pflock eingelafien und von der
Maſchine 108 ift, fo befeftige man ihn mit einer
Stistidraube, welches viel befler. ift, al wenn man
ihn mit einem Reif befeſtiget. Gut würde es fepn,
wenn man zuvor dad Ende jedes Pflockes zur Aufs
nahme diefer Schrauben einrichtere. Alsdann kann
man fie faffen wie Riegelnägel, und man wird die.
moͤglichſt größte Feſtigkeit für die Schiffe erhalten,
| Wiewohl diefe Mafchine nur achtzehn Zoll Hoͤ⸗
he hat, fo kann man doch mit ihr Pfloͤcke von je⸗
der_Länge ausziehen und einlaffen; denn fobald ale
dee Pflock bis an die Spige der Röhre gehoben
iſt, fo darf man nur die Schraube ohne Ende ums
drehen, um die ganze Mafchine achtzehn Zoll höher
zu dringen; und wenn man fie dann mit Blöden
verkeilt, wie bey GG, fo wird man jede beliebige
Höhe erhalten fünnen. Menn Der obere Theil der
Heffnung in dem Stud Stahl B viereckig, und bon
eine
!
188 Pflockbohrer. Pfloͤcken.
‚einer größeren Abmeſſung if, als. der Durchmeſßßer
der Mündung, wie man in dem Schnitt M eben
»dieſes Städes Rebt, ſo braucht man feine Sinfchnits
te zu maden , indem man zwey gleiche Stüde an⸗
bringt, welche einen vollfommenen Eplinder bilden
-werden, und wo die Scraubengänge, vermittelft
zweyer Merfmahle zu beyden Seiten, ſich genau vers
‚einigen werden; man vereinigt dieſe zwey Sıäde
unter dem Kopf des Dflodes K, welcher Kopf in
- Diefem Kau nicht abgefihnitten werden darf, und als⸗
dann bringt man das Stuͤck Stahl H (welches aber
aus er Theilen beftebt, aber doch nur ein einzie
ges Stück ausmacht) in die Röhre mit des Schraus
: benmutter B, und man zieht den Pflod heraus, ins
: dem man die Kurbel, wie bey dem anderen Vers
fabren, fpielen läßt. Dieſes Verfahren ift noch befs
fer als jene®, da man den Riegel LE befeftiget und
einläßt, ein Verfahren, welches die Maſchine vers
‚ widelter macht, und mehr Zeit und Arbeit erfordert.
Magazin aller neuen Erfindungen, No. 2, Leipzig
(1802) 4. ©. 96 fl. Taf... 1. A,
Pflockbehrer, ein Bohrer, welcher dazu beftimmt
ift, das Zuͤndloch duch den Pflock oder Schießs
‚pfloc zu bohren, wenn man beym Sprengen.
"der Steine fid eines Pflockes bedient, den
Kaum über dem Pulver in dem gebobrten Loche -
damit auszufüllen. Wenn man Diefes mit trock⸗
nem und feft eingefchlagenem Lehm thut, braucht
man feines Bohrers, fondern man flelle einen
meflingenen Draht in das Loch, welcher hernach
beraus gezogen wird, und mithin eine Deffnung
als Zuͤndloch Übrig läßt. Die leßtere Art hat
ein gewiſſer Zumbe 1687 erfunden, und fie iſt
auf jeden Fall ficherer. >
Pfloͤcken, mit einem Pftock befeftigen, befonders in
dem zufammehgefeßten anpflöcken. In der im
gemeinen Leben üblichen Redensart flächen und
pflöchen, in das Gefängniß feßen, ſcheint es
„für bloͤcken, zu fießen, in hen Stock legen
” ' und
floh. Püden, 7189
und an den Block ſchließen, ſo wie im: Niederſ.
Pluck ſowohl Block als Det -hebeutetsi?
Pflockfiſch, Balaena gibbofa ) Novae Angliae, .
der Nahme eines großen: zu. der Gattung dee
Wallfifche gehörigen Fiſches, den man befonders
- an Ver neuenglaͤndiſchen — findet. Das
Weitere ſehe mas. im Art. Wallfiſch.
Pflockhammer; in der Muͤnze, ein Hammer; das
4 Silber zu beffopfen, wenn *es .das letzte Mahl
-geglühee ift, und zum. Prägen. zugerichtet wird,
ehe man es norh wirklich praͤget.
Dflocnabt, bey den Wundaͤrzten Bi Wunden
nahe Narr
| Dfiscdert, Speilort, ‚Spilicte,:ten den Schuh⸗
machern, ein Ort, .& i. loaͤnglich viereckiges ſoitzi⸗
ges Werkzeug mit einem breiten Hefte, bie Eds. -
cher zu den: Pfloͤcken damit in die Abſate zu
machen. Bir
: Pflochfdvießen, fo nannte man chedem bas Speens
gen ves Gefins, wenn mian.nähmlich das. eins
. gWödhrte Loch, nachdem es mit der Patrone ges
laden war, mit einem Pflocke. zuſchlug, Jund
durch denſelben ein Loch bohrte, um bie Paerone
anzuzuͤnden.
Pflockſchwanz, der Mahme einer Art! ber. Beine
fifcye, Oftracion bicaudalis Linn,
Pfluͤcken mit den Spitzen ber zwey vorderen Bin
‚ger ausziehen, wo man es beſonders im Obere
deutſchen, und nicht ſelten wuch im Hochdeut⸗
ſchen fuͤr rupfen gebraucht. Vögel pfluͤcken,
ie — ihnen die Federn ausziehen. Huͤhner,
Gaͤnſe pfluͤcken. Wir baben.noch ein Huͤhn⸗
chen mit einander zu pfluͤcken, figuͤrlich, im
gemeinen Leben, wir haben, noch eine ee
Sache mir einander auszumachen. Nach einer.
nod) weitern Figur wird man im ‚gemeinen‘ ve
| . en
„190 SL Ping,
3: beit: gepfläckt, wenn man nad) und nad, von
dem andern feines Vermoͤgens beraubt wird, wos
für’ das Zeitwert rupfen noch üblicher ift.
. 2, Mit den Spiken der zwey vorderen Fin⸗
ger ausleſan, klauben, wo es beſonders im Ober⸗
—8 uͤblich iſt. Die Wolle, den Salat,
die Pererfilie pflücken, fefen, tlauben, das Une
ine mit den Singerfpigen weguchmen.
! . Mit den Spißen der zwey vordern Sins
: ger: bbredpen. Brot in die Wild. pflücken,
in den Küchen. Gepflücte Semmeln. Ein
gepfluͤckter Hecht, in den Küchen, ein in Fleine
J— gebrochener geſottener und von den Graͤ⸗
ten befreyeter Hecht, welcher in einer Schuͤſſel
mit Kapern, Bitrönen 2. gedaͤmpft wird, Be⸗
. fonders in den; Redensarten Hopfen pfluͤcken,
| u Nuͤſſe pfluͤcken. Erdbeeren pfluͤcken sc. fie mit
den vordern Fingern abreiffen. In weiterer Bes
deutung gebrauchterman es auch, doch nur in
einigen Fällen, :fün abbrechen, beſonders von den
. Blumen und bem Obſte. Eine Blume pfluücken.
aObſt pfluͤcken. Aeptel, Birnen, KRirſchen ⁊c.
pflucken.
1. Pflug, ein nur im Niederjaͤchſiſchen, wo es
x ‚Dlag: lautet, uͤbliches Wort, . eine Geſellſchaft
mehrerer, :zu: einer gemeinſchaftlichen Arbeit, und
:t Am weiteren. Verſtande, zu einer. gemeinſchaftli⸗
hen Abſicht verbundener Perfonen zu bezeichnen,
eine Bande. So wird bey dem Torfgraben eine
Geſellſchaft von Perſonen, welche erfordert wer⸗
den,/ ‚ein Tagewerk Torf in einer gewiſſen Zeit
zu beſchicken, ein Pflug genannt, wozu wenig⸗
ſtens fieben Perfonen erfordert werden. Auch)
bey den Deicharbeiten heiſſen biejenigen Arbei⸗
ter, welche bey einer Arbeit zugleich und in eis
nee gewiſſen Ordnung befchäfftiger find, ein
. Pflug,
2 Pflug, 1791
Pflug, Hollaͤnd. Ploeg; da denn in weiterer
Bedeutung ein jeder verbundener Haufen, eine
Parthey, Faction, Rotte ꝛc. mit dieſem Nah⸗
men belegt. wird. "Die Uebereinſtimmuing mit dem
folgenden. Worte ſcheint nur zufällig zu ſeyn,
indem Pflug in diefer Bedeutung, aller Wahr⸗
ſcheinlichkeit nad zu unferem Belag: und (Des
lichrer gehört. ur
2. Pflug , ein befanntes Werkzeug' des Ackerbau⸗
es, damit Furchen in den Erdboden zu ziehen,
. amd ihn”zur Aufnahme des Sainens oder- und
geſchickt zu machen. Es ift mit Rädern berfehen,
und unterftheidet, ſich unter andern auch dadurch
bon dem Haken .- "*" .
2). Figentlich.. Die, Pferde binter_.den
Pflug ſpannen, eine, Garde. verkehrt anfan⸗
en, bie, Pferde hinter den, Wagen ſpannen.
Das iſt fein Acker und Pflug, ader das iſt
ſein Wagen und, Pflug, das iſt fein, ‚ganzes
.: und ‚einziges Gewerbe, das einzige ewerhungs⸗
.mittei. feines Unterhaltes. —
2.3 2) Bigätlih, a.,Ein Theil des Pflages.
DMDer Alnterpflug, "der "urttere, Theil: defleiben,
zum Unterfchiede von dem Vberpfluge..b. «Ein
beipannter Pflug. Ein Bur bar an ſtaͤndigen
Spanndienften jährlih 97 ‚Pflüge, :tivenn fo
viele Unterthanen demfelben ;jährlich zur Frohne
pflügen muͤſſen. c. In vielen, beſonders nieders
beutfchen Gegenden, if der Pflug fo viek Al
fer, als ein Landmann mit einem einzigen Plus
ge das Jahr über beftreiten. kann, in. welchem‘
Falle es mit dem gleichbedeutenden Haken, Joch,
Tagewerk u. ſ. f. uͤbereinkommt, und ungefähr
fo viel ift, als in anderen Gegenden eine Hufe.
Sm Eiderftädtifchen, ‚wo 6q Demat auf einen
. .. re ' J Pflug
‚192 . 2. Piug.
... Pflug: gehen, hält derſelbe 12960, ein Demat
‚aber 216 Quadratruthen *).
. Unter allen unſern Haushaltswerkzeugen
if ben: Pflug das erfie und vornehmſte, wofuͤr
. indeße in einigen Laͤndern der „alten, (. Th.
— ar, © . 213 fl.) üblich if. '
- 0 Auf dem Pfluge beruhet das Weſenliche
von unſerm Ackerbau. Wer ſolchen recht zu
fuͤhren weiß, aͤrntet gut Korn, und wer ihn
., „ verabfäuime, wird. fein Land. nicht; zu rechter
‚Spuheberfeir, bringen, wenn er auch ſolches
ne ſtark duͤnget, und noch fo vielen Fleiß
— — des Samens wendet.
Man findet zu Zeiten ganze Dorfſchaͤften
oder einzelne Hauswirthe, welche vorzüglich vers
ſtehen,, den Pflu EN teche zu flellen und f fuͤh⸗
zen,’ und ihre Fruͤchte werden ſich merklich von
allen uͤbrigen — — Da aber in groͤßen
- Haushaltungen die’ Knechte, welche nicht‘ für
ſich, ſondern für ißren Brotherren pflügen, fih
wenig varum 'befämmern, ob der Plug recht
oder unrecht gehet, da ſie es ſelten recht verſte⸗
ee wie ſehr an. ichter Stellung des Pfluges
gelegen. ſey; for: iſt es um fo noͤthiger, daß Berjer
Znige, dem die Aufficht einer Haushaltung anvers.
> traue if, felbft darnach fehe, daß die. Pflüge,
welche er zu Felde ſchickt. auch gehörig gefteller
und geführee werben. . Es ift nicht felten von
großer Wichtigkeit, ob ein Pflug auch nur ei«
"nen halben. Zoll. breiter .oder fchmähler, flacher
oder tiefer "eingreift, weil: die Erdlagen fo fehr
verſchieden find: . Sol ein Haushalter feinen
Pflug aber. ‚recht ſtellen, ſo muß er- vorher. ihn
. und
®) Bey dem Ottfried * Im Tatian Phluog. Im
giiederf Angelf. und’ Schwed. Ping, im Engl, Plaw, und
5 r Plough, ip Peonsohasdifchen Gefege Ploum,
2. Pflug: 18
und feine Theile, auch wozu ein jebes nußze,
kennen. ge
So einfach biefes Inſtrument dem. erſten
Anfehen nad) ift, fo Fünftlich iſt es in. feiner Zus
fammenfeßung, und fd viel ift daran gelegen, daß
alle Theile fich in rechter Proportion und Stels
lung daran befinden. -— |
Es ift alfo ein Sehler bey. uns, wenn wie
deſſen DVerfertigung auf dem Lande. fchlechten
Pfufchern überlafien, melde gar feine Begriffe
von den Eigenfehaften eines guten Pfluges ha«
ben; fondern, wie es ihnen ungefähr gur duͤnker,
oder wie e8 ihnen bon ihrem Lehrmeiſter gezeigt
worden, einige Stüde Holz zufammen Ichlagen,
und foldhen das Geſchick eines Pfluges geben,
Daher fo mancher Dre, fo mandye Art von Pflü«
gen, und fo manche Veränderungen in deſſen
Theilen. | —
Man hat indeß in den neueren Zeiten die⸗
ſes wichtige Ackerwerkzeug auf verſchiedene Art
zu verbeſſern geſucht, um mit wenigerer Kraft
mehr auszurichten und den Acker beſſer zuzube—
reiten, als es gewoͤhnlich geſchieht, und ich werde
in der Folge verſchiedene neue Erfindungen der
Art befchreiben. Zuerſt wird es aber noͤthig ſeyn,
eine der. beiten Formen des allgemein üblichen
Pfluges darzuftellen, die Theile deſſelben zu bes
nennen,. und beflen Gebrauch zu zeigen; damit:
- man die neueren Erfindungen bamit vergleichen
und es beurtheilen Fönne, ob fie Vorzuͤge haben
oder nicht, A
9
/
Oet.techn. Enc. OXLL. BE Deo u. Date
1
194 2. Plug.
Derfelug und Beſchreibung e eines, gemeinen
einfachen Pfluges *).
Sig. 6480. Ein Pflug, wenn er ordentlich
ſtehet, wie er don der linken Seite anzufehen iſt.
Fig. 6451. Der nähmtiche Plug, wenn -
man von oben hineinfieher.
Sig. 6482. Der nähmliche Pflug, mie er
von unten anzufehen iſt.
Sig. 6483. Zeiger-einen lang. und tief ger
| ſtellten Pflug.
Fig. 6484. Zeiget einen kurz und flach ge⸗
ſtellten Pflug.
Sig. 6485. Das Vordbergeſtell allein, wie
- 88 von ber hintern Seite anzuſehen iſt.
Sig. 6485. Das zum Vordergeſtelle gehörige
Gezünge befonders, “und deffen Stellung zur red):
ten und linfen.
Big. 6487. Die zum Vordergeftelle gehoͤ⸗
rige, unten Nr. 39 beſchriebene, Lichte.
ig. 6488. Ein Sech, oder das Vorder:
| eifen vom Pfluge Fefonders. Deſſen oberer Theil
a von ı2. bis 14 Zoll fang, heißt der Griff;
der untere b, aber von 9 Zoll lang, bie Schneis
de bes Sehe.
Sig. 6489. Eine Dflugfchar ober Pflug⸗
ſchaar nad) einem Winkel von 45 Graden, dar—⸗
an die Schneide zı bis 13 Zoll fang, und die
Breite von e nah F 8 bis 9 Zoll iſt.
Fig. 6490. Stellt die Zucht (den 309) bon
dem Vordergeſtelle abgefondere dar. .
Sig. 6491. Die Zfchtkette befonders.
Un
Man fehe den Hansvater des Herrn von Maͤnch dau⸗
j 6, ı0 ſ. u u
“er
L
hſen, 1
2. Pflug. 155
An dem. Pfluge überhaupt find zu .
bemerfen.
Der ganze Theil AA iſt der eigentliche Plug, |
oder der Körper des Pfluges.
Der hintere Theil BB wird ber Pflugfaften ges. |
nannt.
CC ift der Grindel (Bründel; Grengel; Pflugs
balke; Pflugbaum) motauf -eigentlich der
Plug beruber, wodurch alles zufammen ges
halten wird, und feine Richtung erhäft,
‘
defien ganze Länge häft hier 6 Schuh 10
Zoll Salenberg. Maß.
D ift das Vordergeftelle ‚oder die Pflugkarre.
Die punftirte Linie EF zeigt die Direction an, .
welche der Pflug in jeder Stellung nimmt.
Erflärung der an dem Körper des
Pfluges zu bemerfenden Theile, als:
ı) Insbeſondere an Brindel,
1111) Vier, fünf bis ſechs, auch mohl bis ehn
—82 durch Beide der —* des —92—
ges mit dem Vordergeſtelle verbunden wird, zu⸗
gleich auch der Grindel lang und kurz geſtellt
werden kann.
2) Der Vorftednagel, welcher den Grindel am Bor⸗
dergeftetle fefthält. :
3) Das. Sed). (dad Säge; der Kolter; das fange
Mefler; das Vordereifen; das Pflugeifen).
Not, Das hier Fig. 6480. 83 und 84 abge⸗
zeichnete, ‚ftellt ein durch den Gebrauch
fon abgenugted und mehrentheild. wegs
geſchliffenes Seh dar: dagegen Fig. 6488.
zeigt, wie es neu geftaltet ſeyn muß.
4) Der Bauch des Grindels, von da er nach bepden
Seiten zugefpigt zuläuft.. |
5) Das Sechloch, 23 Zoll ins Gevierte weit, worin
das Sch d feſtgekeilet, und mittelſt Peraͤnde⸗
rung der Keile geſtellt A
N 2 $
x 2 Plug.
6) 6. Zwey Sechringe oder Zichbänder, welche an
begden Seiten des Sechloches um den Brindel
‚gelegt werden, um bey dem Feftkeilen das Auf⸗
berfien.ded Grindels zu verhindern.
7) Das Briesfäulenloch, worin die Griedfäule 9,
gezapfer wird. |
.:8) Das hintere durch den linken Sturz 13, gejapfte
9
85
ud
.’
“.
eo
=
f
n
Ende des Srindels.
2) Insbeſondere an dem Pflugkaſten. |
9) 3 Griesfäule (Gruͤes⸗; Griech⸗; Kriech⸗; Griff⸗
ugs oder. Hauptſaͤule), durch welche der Grin⸗
dei c mit des Pfluges Haupte 11 verbunden
wird. | „
Dieſe Griesfäule ift oben durch das Gries
Aulenioch 7 in den Grindel, und unten in des
fluges Haupt gezapfet. \
30) Die Pflugſchar, (da$ breite Eifen) ©. Fig.6489 :
am welchem a die Molderfeite, d die Schneide,
und e die Grifffeite genannt werden, FEf find
drey platte Eingelaflene Mägel mit breiten Koͤp⸗
ven Pd „ie Schar an des Pfluged Haupt
efefigt wird.
11) Das Pflughaupt, (das Heut) ein plattes ausge⸗
ſchnittenes Bret von feſtem Holze, in welches
die Griesfäule 9, und der linke Stur 13 gejas
piet BEN ‚ und weldes zugleich die flug bar
Io t.
12) Eine eiſerne Schiene, um das Abſchleifen des
gauptet an der Molderfeite zu verhindern.
13) Der linke Pfiugfturs, (dee Sattelrieſter, Pflug⸗
here), welcher bey 9 in das Pflughaupt ges
et, und bey 8 an den Grindel befeftigt wird:
ap
14) Der rechte Pflugfturs, welcher durch die Sproſſe
35) mit dem linfen Sturz verbunden, und vermits
telſt der. beyden hölzernen Nägel bh an das
Streihbret 16 befeftige wird. Er ift fürzer ale.
der linfe, Fig. 6481, und fteht oben auch nie>
driger. |
16) Das Streichbret, (Muhle oder Refterbret), wels
ches vorn durch die beyden hoͤlzernen Nägel ii
an. die Griesfäule 95 durch die Nägel hhan
den sehten Sturz 245 und durch die. Sproſſe
..17)
2. Mg. 197
17) an den finfen Sturz ı5 befefigt wird: dieſe
Sproſſe dient zugleid zum Xeitte, um den Kuß
darauf zu fegen, wenn der Pflug in die Erde ,
getrieben werden fol. a
218) Untere Seite, am hintern Ende des Streichbre⸗
. te6 16, welde etwas ausgefhnitten und von
der Erde erhaben feyn muß, damit die loſe Era
de darunter wegfpielet, ohne daß das Streich⸗
bye fhleppst. - . i |
19) ®in lederner am: Streichdrete fe ‚genageltge |
‚Riemen worin die Pflugreute geſteck: wirdee
| Erklärung ber am Vordergeitelle zu bemerkenden |
Teile. ©
20) Das rechte Rad 24 Zoll hoch. : '
an Das linfe Rad a2 ol bob; jedes iſt mit eis
fernen Schienen beſchlagen. J u
Die Theile des Rades find:
k, Acht Speichen.
b Die Nabe. Bon denen die rechte kuͤrzer if,
wie die linke. u
m, Die Kaufſpille, welche an beyden Geiten, fo
weeit die Räder ſtecken, vierfantig iſt.
a, Ein vorgeftechte® und umgebogenes Spilint vor
jedem Rade, um folddes an der Lauffpille Katt
der Lünzen feft zu Halten.
0, 0,0, Drey eiferne Speichentinge um ;jede Nabe,
um das Aufberſten zu verhindern. -
23) Der Rumpf, oder Die eigentliche Are; durch wels
he die Lauffpille duch und dur) geyt, und
„ mit den Mädern zugleih umlaͤuft. . -
‚Diefee Rumpf tritt oben dey pp an beyden
Seiten über die Naben von den Kadern, das
mit feine Erde an: die Lauffpilie falle. :
24) 24. Zwey Ars oder Pfluggeftellringe, weiche um
a umpf gehen, um deſſen — *2 zu ver⸗
indern. |
25) Dad Zungens. oder Deichſelloch, etwas mehr
rechter: Seit im Rumpfe.
26) Die dur den Rumpf gehende und darin bee
. fefligte Sunge, (in Sachſen dad Walterchen).
27) Die Suche, welche mit dem Kolben Fig. 6490 q
- ‚auf die Zunge paflet, und vermittelt des hoͤlzer⸗
nen Nagels 5 damit verbunden wird.
N 3 | Beydes
. i e
— ær
“m — -—- „=
. ur. 23
— — — un 7 .
m
un...
. — —
nn —
* - — . r
- C 5 »
m... om .. .. >.
—.“ n * > * -..“
.. =
“ U — Pr *
—— 100 000 »
*
2. Plug, 199
1) Die Pflugzug⸗ oder Juchtkette, ©. Fig. 6491.
aD welche, den Körper des Pfluges A 5: dem
Dorbergefielle D verbindet. Daran find zu bes
merken. Zu V
«) Ein eckiger Ring, welcher bey. a um die Zunge
gehangen wird. ' Zn
BB) Kettenglieder, an welche ein andrer Ring. >)
nget: diefer balt-den Vorſtecknagel oder Vor⸗
tecden $), welcher in: die zuerft beſchtiebenen Vor⸗
ſteckloͤcher Ar. 1: paſſet. u
Erflärung der Siguren 6492: —.:6503,
welche einzelne Theile von Pflügen aus andern
Gegenden darſtellen, um daraus die. Verſchie⸗
denheit derfelben zw erfennen,. auch Verglei⸗
Hungen anftellen zu. koͤnnen. nn
Sig. 6492. Ein Pflug mit einer einfachen Pflugftäre
je von des linken Seite, Ba
a). Bine gerade ausgehende Pflugfürze, mie fie
' bey Hannover gebraͤuchlich ift. |
b) Die Handhabe daran. I >
.c) Der Zapfen des Brindels, welcher gefeilt wird,
d) Der untere Grindefkeil. 2
e) Der obere Srindelfeil, |
H Ein krummes Sech. 4. in
g) Cine vorn zugerundete Griesſaͤule, mit einer
zu Verhinderung des Abfchleifend eingelaflenen
eifernen Schiene. Ä on
Bee im Grindel bewegliche Kopf. ber Gries⸗
ule,
i) Ein in die Pflugſturze gebohrter hoͤlzerner —
Nagel, wohinter der Neitel geklemmet wird,
um den Pflug damit zu vegieren, .
k) Ein Molderbrer, welches in die Griesfäufe und
Stürze eingekaffen oder eingefalzet wird, und
verhindert, daß feine Erde in den Pflugfaften
ale.
. D) Die Auffere Ede. des Pflughauptes, welche, um
das Abfchleifen zu vermehren, in Kndigeh umd _"
fteinigen Gegenden unten mit einer eingelaffes
nen eifernen Hauptſohle verſehen iſt.
Na ” m)
— —n
F
N
| gie 6493. Ein Vorderge
aoo 2. Pflug. |
m) Eim Zieh⸗Band um: den Beindel, um das Auf⸗
beiten des Griesſaͤulenlochs zu verhindern.
a) Zehn did dreyzehn durch den Grindel gebohts
te Vorſteckloͤcher.
9) Eine eiferne unter den Grindel genagelte Plat⸗
te / it er ſich nicht abnugen fann, wo er
aufliegt. .
p) Die Räder am Wordergeftelle, von einem ſaͤch⸗
ſiſchen Pfluge, das zur rechten 18, und das zur
linfen ı5 300 hoch; welche mittelft durchbohr⸗
ter Sreuzipeihen gleih an die hölzerne Laufe
ſpille befeftige find.
q) Ein. Knie unter der Zucht, damit diefe, beym
Ummenden mit dem Pfluge, nicht in die Erde
‚ .faffen möge,
x) Eine eiferne Krampe oder lederner Riem, wor⸗
in die Leitfchnäre I Ye werden.
ell von hinten zu anzufes
ben, nad ſaͤchſiſcher Urt, woran die Pfluglade
aus einem Stüde ift.
a) Die Pfluglade; (dad Pflugſtoͤckchen) anderthalb
Fuß breit, ı Fuß 2 300 Hoc, und 3 Zoll dick,
aus einem Stücke.
b) Das Deibfelloch (das Bungenlo@).
e) Das Zuchtloch, wodurch Die an der aͤuſſern
Seite mit einer Krampe befeftigte Zucht⸗ oder
Grindelferte geht. -
d) e) Die beyden, die. Lauffpille. feit haltenden
‚&aufbänder.
” . £) Die hölzerne frey liegende Laufſpille.
5: Das rechte Rad von i8 ZoU hoc,
) a hate Rad von 5 ol.
i) Dee Dflugfattel, (das Gicrholz).
‚k). Eine Hohlfehte, worin der Grindel ruht.
V m) Zwey eiferne Sattelnägel, womit der Gate«
tel i an die Pfluglade a befeftiget wird, und
melde zugleih das Ausipringen des Grindels
hindern. Man fiet auch an deren Stelle nur
“ _jwen hölzerne Stöde in den Pflugfattel.
in Suge im Sircholge, worin die Leyer des
eſtiget wird.
0) Die-linfe Seite der Age, worauf an andern
Orten die Leyer geftellt wird.
Sig. 6494. Das Vordergeftell von einem fteperbergis
fen Pfluge, von der Hinteren Seite. N
" a
2. Pflug 208
93 De m an die Laufſpille gedreheten Naben von
ern.
b)..b) Die deyden Räder von ‚gleicher Site , uns
befchlagen. .
ce) Der Rumpf.
d) Das Zungen: oder Deichſelloch. |
2, Die Bepden in den Rumpf zeſapften Staͤne
er, we
) £) Um unteren Ende mit einer doppelten Reihe
> eiher. duchbohrt find,
g) Die Lichte, weiche vermittelft zweyer durch die
Löcher F geftedier Nägel nad Belieben erhöht
oder. erniedriget wird.
Diele Lichte ift gleich dem Pflugbalken mit
verſchiedenen auf einander paſſenden Loͤchern
durchbohrt.
h) i) —8 durch den Balken und die Lichte ge⸗
ſteckte Stoͤcke, durch welche der Grindel rechts
Ider “inte geſtellet wird, nachdem es die Um⸗
fände erfordern.
k))D pn Der art meiden mit verſchiede⸗
nen Loͤchern durchbohret
2) Ein in dem Ballen befe igter hoͤlzerner Be.
gel, welcher das Ahfallen der Leitſchnuͤre bins
* — Beilloch auſerhalb des linken Staͤnders.
Fig. 6495. Eine Zunge von einem „aegerderg‘ fen
Dfiuge, von oben vorgeftellt.
Fig. 6496, Eben Diefelbe Zunge Don der. Seite,
: um den beweglichen Kloben zu jeigen,
Daran ift zu bemerfen:
a) Die Zunge ſelbſt, welche vorne breiter wird,
und Dep
b) c) d) dreymahl durchbohrt iſt.
e) Der oben aufliegende bewegliche Kloben, wo⸗
durch vermittelft des Nagels c, der Pflug
rechts oder links gerichtet wird. Man nımmt
auch wohl zu diefem Kloben einen frumm mit
einem Knie gewachſenen Aft, deffen Knie ſtatt
des Ma agele f durch die Zunge geſteckt wırd,
Fig. 6497. Das Gezünge mit einer Leyer von einem
an egeefgen Pfluge.
3 a Ru Beiae dag eine Ende der geper an
der er Zunge befeft iget.
C
22 00. 8. Pflug.
o) Die in dem Rumpfe von einer Seite zur ans
dern bewegliche Zunge. | 0
d) Die durch das hintere Ende der Leyer geboh—⸗
teten Löcher. |
e) Ein eiferner Hagel, durch welchen und vermit⸗
telft der Löcher d die Leyer Purz oder lang, mits
u bin der Pflug rechts oder links geteilt. wird.
5 Rage Nail die im Rumpf bewegliche Zuns
ge c je t.
g) Kloben, worin eine Deichſel befeſtiget wird,
nenn man mit Dchfen oder: mit vier Pferden
. pfluͤget.
Dyꝛèi) k) Drey durch die Wage gebohrte Loͤcher,
wodurch man einem oder andern Pferde eine
Erleichterung gibt, oder auch den Pflug richtet.
Fig. 6498. Eine Wage und Schwengel, zu dreyen
in eine Reihe zu fpannenden Pferden.
‚ a) Die votbefchriebene Zunge, Zig. 6495.
De ») Nagel, welcher den Kloben mit der Zunge vers
indet. Ä
- "c) d)’e) Brey durch die Vorlegewage gedohrte
Löcher, wodurch diefelbe rechts - oder links ges
r ftellet wur... 0 >
HD Nagel, welder an der rechten kaͤrzeren Seite
der Borlegemage den Kloben feft Hält.
8) Kloben, worin fh die Wuge bewegt. "
Je 5 i) k) Drey dur die Wage gebohrte Löcher
twodurch auch diefe vermittelt des Mageld h,
rechts oder links geftelt wird, -
1) m) n) Drey in einer Reihe fiehende Schwen⸗
gel, fo daf das Pferd in 1 in der vorhin gezo⸗
| genen gurse geht.
Fig. 6499. Eiue nicht feft genagelte, fondesn nur an
des Piluges Haupt geſchobene Pflugſchar, aus
einem Winfel von 38 Graden. |
. a) b) Deren Schneide ı2 300 lang, die aͤuſſere
| Sr b fteht von der Molderfeite c ungefähr
73094 ab. ⸗
0 Das Scharblech, wodurh die Schar befeftiget
wird. |
e) Eine in -die Griesfäule gefchlagene eiferne
Krampe, in melde das Scharblech d gefchos
ben, und vermittelft eines Bolzens oder Bor,
fredere von Holz befeſtiget, mithin die Schar
in ihrer Stellung erhalten wird, - mi
se it⸗
—
2. Plug 203
>. Mittel: Begziehung diefes Borſteckers
nimmt man die Schar. vom Haupte ab, fo oft
ald Man will, oder als etwas daran zu befkrn
- nöthig if. 2 I
Fig. 6500. Bine aͤhnliche Schar nebſt des Pfluges
Haupte AR
pen: Ä nn
-a) b) Die Schneide der: Schar nah einem Win;
fei von 32 Graden, 13 Zoll lang. |
e) d) Die Richtung des Streichbretes nach gleis
dem Winkel. | _ |
oe) Die vorne nach diefer Michtung zugefchärfte
Griesſaͤule.
f) Das eingefalzte Molderbret. a
Sig. 6501. Eine geſtuͤckte Pflugſchar. Ä
:a) by: Die Schneide von der Schar, melde mit
Wwey Nägeln an des Pfluges Haupt befeſtiget
wre . a om.
c) d) Eine beſonders geſchmiedete eifeene Schiene,
welche an der Molderſeite vorgelegt wird.
Big. 6502. Ein Streichbret von der rechten Seite.
= a)-Die. untere vorn voraud fiehende Spige.
b) Die hintere ſich almählig von der Erde erhes
bdende Seite. BEE a
„ c) Ein Yusfchnitt am hinteten Ende des Streich: .
bretes, damit die Erde defto befier unter; weg⸗
‚fpielen könne, .
d, d,:d,) "Eiferne an“ der Kante herum gelegte
Schienen, zu Verhütung des Abſchleifens.
e) Ein Einfhnitt oben am Streichbrete, worin
. der Neitel gefegt wird, um dem Pfluge einen
Druck an der rechten Seite zu geben. - -
H Eine eiferne Schiene, das Seitenblech genannt,
durch welche dad Streichbret mit MRägeln ˖ deſto
feſter an die Sriesfaͤule und den Grindel gefugt
gie. 650% Der Mlngreitel oder R .
. Kig. 6303. Der Priugreitel oder Ruute.
58, Das Eiſen. ar u
b) Der Stock.
) Die Handhabe,
Be TT Zu ' Er
204 2. Pugr
Erklaͤrnng der. ‚Figuren "654 — 6507,
welche bie verfchiedenen Richtungen ‘ber Rüge,
und deren Gebrauch, ‚anf dem Felde Aigen.
8. 6504- ABCDE jeiget, wie der Pflug die ge⸗
dis machten Furchen umwerfen, md alle —*
rt
u}
von der Iınfen zur rechten Seite fo. legen müfle,
daß die Oberfläche zu unterſt zu liegen komme.
R ıft eine nicht ganz umgelegte, fondern
‚über Kante ſtehen bfeibende Schwarte. ' .
7 G niſt eine im Grunde von dem Pfluge nicht _
völlig losgeriſſene, alfe wieder quratfallende
Schwarte.
9 Iſt die zuͤletzt ausgepflögte Suche, woraus die
1, Schwarte A genommen worden,
Ds it ber jegt von dem Pfluge umgumerfende
emen.
| c) De recte an der Kante der Burhe‘ hergehen⸗
d) Das infe „dos auf der Oberfläche det Geldes
9 laufende R
e) Die Höhe FH Feldes.
N} Die ſchief ftehende Are mit dem: Kumpfe. |
.g): Der in der Ede an dem rechten Stender hlice
gende Ga
8% 6505: Zeige im Orundeife, die Richtung des
Pfluges und von deflen Zubehör.
a) h) Iſt die vorhin von dem Sec. gezogene inie,
an welcher nun das rechte Rad.e her
BR a Die jegt vom ‚Se zu befgreibenbe neue
. 93 Dat rechte in der Furche tief laufende Rad.
DH) Das linke hoch: auf der Oderflaͤche des Landes
eo.
[)
laufende Rad
® Das. Pferd echter. Hand oder .in .der Furqhe.
h) Die vorhin gezoͤgene durche J worin das
ferd g tief geht.
i) Das Pferd linker Hand ‚oder auf der Furche.
k,k) Oberflaͤche des Bee, © peidr „ungebrogen
wird, und worauf das Pferd i
1) Der hinter dem Pfluge — * "und ihn tes
gierende Kührer. '
m) Die neue Zucche, melde der Pflug in der jegigen
Stelung ziehet/ und worin der Fuͤhrer Ugeht.
a, "
2. Plus. 2009
n,n) Die Mittellinie‘ zwiſchen den beyden Pferden.
o) Stellung des Sechs im Grindel. |
p) Das‘ hintere Ende des Grindel® zu des Kühe
rers linker Hand, alio auſerhalb der Linie c d,
q) Die Spige des f&iefliegenden Grindels, welde
auf der Are auflerhald der Linie cd liegt, aber
nad) der rechten Seiten zu.
x) @ine platt auf dem Rumpfe liegende Leder.
von einem hannöverfchen Pfluge.
SH Die beyden Stender, von weichen der linke,
um der Leyer Pag zu laffen, beynahe in die
‚ Mitte des Rumpfes_ fteht. 0 .
Sig. 6506. Zeigt, wie die Gelder durch das Pfluͤge
entweder erhöhet oder flader gemacht werden;
wovon die Erklärung im folgenden wird geges
ben werden, , -
A. B. C. drey Beete oder Städe von einerley
Breite und Rundung:; movon aber ce
B. zufammen gepflüger und auf dem Mittels
söden echöhet; und . .,
C. das dritte Beet, von einander gepflägt
und erniedrigt werden foll. |
,b,c) Iſt die Erde auf 4 bie 6 Zoll tief, fo weit =
fie umgebrochen werden, foll. Kommt nun die
Krume nach dem Umpflügen wie vorhin zu lie=
gen ‚ fo behält: das. Held A. nach dem Pflügen
ie naͤhmliche Rundung, wie in def. |
Wird aber das Keld B zufammen gepflüget, .
fo fommt auf den Mittelräcen bg mehr Erde
zu liegen, wie vorhin; mithin wird folcher von
g nach h erhöhet; und an den Furchen Fi ers
niedriget. |
Wird hingegen das Beet C von einander
gepflüget, fo fommt an beyden Seiten auswärts
nach. den Furchen im mehr Erde, und der Mita
telcäden wird von Inach k ausgehöhlet, folglich
die ganze Rundung des Beetes C fo viel flacher.
ie überber gezogene Linie no zeigt, um.
wie viel demnach das Beet B gegen A jegt era
höhet, dad Beet C aber gegen A erniedrigt worz -
den, und um wie viel merflicher jegt der Untere
fhied zwifhen B und C ſey.
Gig. 6567: Zeigt, wie die Oberflaͤche eines Feldes
- mit gleihen Furchen,' ſowohl in die Breite als
Tiefe, umgebroen werden fol, RK
206 2. Pflug.
.. ABCD iſt ein vierſeitiges umzupflägendes Feld.
»AIrbt zeigt die Tiefe an, auf welche es umgebro⸗
&en werden fol. Der Pflug muß alfo non a
nad b, und fo durchaus gesade Linien befchreis |
ben, nicht aber in Zidzad von einer Seite zur
.” andero nad c, d, e, f, g, b, ausweichen.
EFGH find Kurden von einer Breite.
IK find halb fo breit wie die vorigen, aber etwas
tiefer. .
LMN noch etwas fehmalere und ganz tief deraußs -
gehohlte Furchen.
OP ganz breite, aber flache Kurden. "
Bey pqr faßt der Pflug feinen ordentlichen
Riemen Erde, fondern geeift nur an der äußern
Kante bey q in gehöriger Tiefe ein, bleibt aber
an der Molderfeite bey r zu flach.
Ben Imp faßt hingegen der Plug an der.
Molderfeite m zwar in gehöriger Tiefe ein; die
äußere Kante der Schar bey p fteht aber in die
Höhe.
” In beyden Faͤllen Bleibt alfo ein Keil Erde
mpgq fiehben, welder mit umaebrochen werden
follen, und durch defien Zurädlaflung dag Zeid
in Unordnung geräth.
j Theorie des Pfluges *).
Da der Pflug das Land bearbeitet, ber
Erbboden aber von mannigfaltiger Stärfe ift,
fo fernen wir bald, daß mir nicht durchgängig
einerlen Pfluͤge "gebrauchen koͤnnen. I
Sn einem leichten fandigen Boden wird
nur ein leichter Pflug erfordert; man würde
: vergebene Muͤhe und Koſten anmenden, menn
man flarf mit Eifen beichlagene Pflüge von
fchwerem Hofze einführte,. wie fie in einem ſchwe⸗
. zen fleinigen Boden erfordert werden, wo bie
im Sande zureichenden bald zerbrechen würden.
Man bar im Sande bie fogenannten Hadens
W pfluͤge,
oem won Mändbanfens Hauevater 1 S. ss fl.
2. Pflug . 207
pfluͤge, welche .eine bejondere Betrachtung vers
dienen. Ä
Ein bloßer Pflug allein ift nicht zu ges
brauchen, fondern es fommen dabey mit in Bes
trat: theils die Perfonen, welche ihn regieren,
theils das Zugvieh, modurd) er gezogen wird.
Ein Pflug, der von Ochfen gezogen wirk,
muß ſchon anders geftelle feyn, als ein von
Pferden geführter: mo Fleine Pferde find, darf
der Pflug nie fo flarf und ſchwer feyn: wo
‚wegen fchweren Bodens drey oder bier Pferde
erfordert werden, en Pflug zu ziehen, und wo
folche durch eine zwepte Perfon regieret werben,
ift das Wordergeftell anders eingerichtet, als an
anderen Orten, wo zwey Pferde vor dem Pflu⸗
ge hinreihen, und die naͤhmliche, den Pflug⸗
führende Perfon aud) die Pferde regiert.
Wo drey Pferde neben einander gefpanner
werden, iſt der Schwengel auf eine befonvere
Art eingerichtet. E
Dieſemnach koͤnnen die Pfluͤge nicht an al⸗
fen Orten gleich ſeyn; In den Haupteigenſchaf⸗
ten aber muͤſſen alle Pfluͤge überein kommen:
“ Nähmlic)
ı) Ein jeder Pflug muß fo. mweyig wie
. möglich zuſammen gejeßt feyn. |
Da der Pflug ein Inſtrument ift, welches
jeder Bauer führen muß, und welches fo viel
und mannigfaltig gebraucht wird, fo erfennen
wir leicht, daß er, je einfacher, defto befler fen. In
Diefem Betracht allein find die neu erfundenen
fünftlichen Pflüge, womit man zugleich pflügen,
fen und eggen will, nicht allgemein zu machen.
2) Die zweyte Haupteigenfchaft. eines. Pflus
ges ift, daß er nicht. foftbar jegn parf. - -:-
9 u .*
“ ‘so ‘
Da
208 222. Pflug.
DE ein ſeder Bauer Pfluͤge haben muß,
und die wenigften fich koſtbare Inſtrumente ans
fchaffen können, mithin der mohlfeilfte Pflug,
für den gemeinen Mann wenigſtens, der befte,
feyn muß,
3) Die dritte Eigenfchafe if, daß er nicht
wandelbar fenn darf. |
Der Bauer kann fih nicht oft neue Pflä-
de machen laflen, und es verurfacht einen gros
+ gen Aufenthalt, wenn der. Pflug mitten in der
"Arbeit Schaden nimmt oder entzwey bricht; oder
menn er jedesmahl, wenn -bamit zu Selde gezogen _
werben ſoll, eine Hauptreparatur erfordert.
4) Der Pflug muß viertens von recht fer
ſtem, trodenem und zähem Holze verfertiget ſeyn.
Dadurch wird er fefter und dauerhafter,
iſt auch leichter zu regieren. Das Holz fpringet
und reißt fonft leicht. Man nimmt daher zu
dem Grindel frifches junges Eichenholzz zu dem
Haupte, Griesfaule und Stärzen, Weißbuͤchen,
Birfen oder anderes dergleichen feftes Holz.
| 5) Der Pflug muß ferner fünftens leicht
äu regieren feyn. u
| Er muß die von ihm zu ziehende Linie
ſelbſt ſuchen, ohne daß er faft regieret wird;
wenn er, fobald der Sührer die Hand davon zie⸗
het, austweicht, fo taugt er nicht; der Fuͤhrer
muß bloß den Pflug richten, und zu Anfang
des Stuͤckes in die Erde leiten, auch Achtung
geben, wenn etiwa ein Stein oder anderer Wis
derftand den Pflug aus feiner Richtung bringe.
6) Eben fo nörhig iſt fechftens, daß er
leicht zu ziehen ift. |
Ein jeder weiß, daß ein Wagen fich leich⸗
ter ziehen laͤßt ald ber andere, und mie viel das
bey an der inneren Ginrichtung liegt; eine *
2. Pflug, ) 209
de Bewandniß Hat es mit den Pfluͤgen. Wer
ſeinen Pfluͤgen, an einem Orte, mo davor bis⸗
her 3 oder 4 Pferde geſpannet worden ‚eine
neue Einrichtung gibt, fo daß zwey Pferde ihn
zu ziehen, ‚hinreichen, gewinnt im’ Großen ſchoͤn
viel, I *
7) Ein Pflug-muß ſiebentes die Erde leicht
durchſchneiden, und fi darin nicht leicht Hin«
dern laffen. - mitm oo
Der Erdboden iſt oft voller Steine 'ober
- Wurzeln von Unkraut; der Pflutz muß ſolche
ſodann aus: dem Wege räumen’ oder burchfchneie
den, nicht aber gleich davon in die Höhe ſprin⸗
gen oder gar ſich aufhalten laſſern.
8) Die achte nothwendige Eigenſchaft iff,
daß er die umgerifjene Furche recht und völlig
umwerfe, fo, daß die Oberfläche mit. allen dar.
auf befindfichen Stoppeln ganz unten zu liegen
-fomme:: Sig. 6504. A. B. C, D. E.
ESs iſt nicht hinreichend, wenn ber Pflug
die Furche nur losſchneidet und, zur. Seite legt.
Big. 6504 FL Oo: 2.2.0000 © en
Noch ſchlimmer iſt, wenn er die Furche im
Grunde nicht einmal durchaus losſchneidet, fons
detn gar zum Theil hanhen laͤſſet. Big. 6504 G.
9) So muß auch neuntend Der Pflug eine
geine Furche machen.’ a EZ
Die aufgebrochene Furche muß fo rein fen,
als wenn fie mit:einem Beſen auegefehrre waͤre.
Kruͤmelt ven Pflug, fo iſt es ein Zeichen, daß er
die Furche nicht gehörig ummirft, odet daß das '
Strrichbret zu breit iſt, oder daß’ Sech und
Schar nicht recht gerichtet find, ober daf, mie
an: dem abgezeichneten:pflüge Fig. 6481, der
rechte Sturz 13, zusweit über ber Lihie ER
hinaus ſtehet, und ſchabet. |
Denzechn, Ens GA Theil, 8 10)
410 2, Pflug.
10) Man muß fernen zehntens ben Plug
ſtellen fönnen,, x
Wir: werben in ver Folge ſehen, daß bald
flache, bald tiefe, bald, ſchmale, bald breite Tyrs
‚hen. umgebrochen werden; ‚gu einer jeden Ver⸗
" änderung wird eine andere Stellung des Pflu⸗
..928 erfordert und diefe muß leicht fallen, fonft
wuͤrde fih der Bauer darin irren, oder, wenn.
‘es ihm zu viel Mühe machte, bie Stellung. gar
unterlaſſen. Sf die Veränderung durch Umſteckung
eines einzigen. Nagels beſchaffet, fo iſt ſolches
geſchwinder geſchehen, als: wenn mehrere Keile
los und wieder feſt zu ſchlagen ſind.
11. Letzlich eilftens muß ſich der Pflug
auch — wenden - laſſen.
Der Pflug geht. auf einem Stuͤcke Landes
auf und nieder, und an jedem Ende wird. das.
mit gewendet; fälle die. Wendung ſchwer, fo iſt
"es mühfam. für die Fuͤhrer, das Zugvieh · wird
„mehr angegriffen, oder. der Pflug wirft gar um.
Eben des Wendens wegen darf der Grin;
vel nicht feſt im Vordergeſtell ſeyn, ſondern
‚Hänge nur an einer Kette, damit man den Koͤr⸗
per des Pfluges wenden und werfen, auch zur
Seite, legen. Foͤnne, wie man will; :um- bas
Wenden zu erleichtern, : wird: zu Zeiten. unter
dem Kioben vor der Zuchtzein Knie befefliget,
‚weil jonft in der Wendung. der Kloben fi ntet,
und in die Erde faſſet. Fig. 6492. "r-
Der Pflug mag uͤbrigens ſo einfach ſeyn,
als er will, ſo wird: Doc) daran. erfordert.
. 1) Ein Sifenz. welches die Erde urnbricht,
ader bie. Pflugfhan sun:
2) Ein- überhepr-fiegenber: Balfen, womit
das Eiſen segiert wirb;ceder ber: Grin —
edan I BAR N
ar | * 0} ge ‚ &
9) Das Haupt; : welches das Elfen befeſti⸗
geb und mie dem Grindel verbindet.
»:.4) Eine aufſtehende Sterze, wodurch der
Führer den Pflug regiert. |
Dieß find die Haupttheile eines Pfluges,
worauf. pas ABefentliche anfommt, und melde
an den allerfeichteften ſchwediſchen, , fiefländifchen
oder franzöfifchen Pflügen gefunden merben.
Das Hauptwerk bey DVerfertigung eines
Pfluges beruher in der Einrichtung :und Stel⸗
lung. diejer Theile. oo
Ein Pflug darf nicht an ber einen Geite
fo wie an der andern geftelle ſeyn, und die Eins
richtung daran iſt fünftlicher, wie man glauben
follte! Denn gefebt, a Sig. 6504: fey die vors
. bin ausgepflüägte Sure; b aber der Riemen
"von Erde, welcher jet umgebrochen werben foll:
fo muß das rechte Mad c vom Pfluge, tief in
"der alten Furche a, das andere -d an ber linfen
Seite aber hoch auf der Oberfläche der Erde e
laufen, mitgin liege und lauft die Are des Pflu⸗
ges £ fters fchief. Wiederum muß das Pferd .
von der rechten Seite 8 Fig. 65os ‚niedrig in
der alten Zurche hh, das von ber linfen i aber
hoch auf der Dberfiäche des Landes kk gehen,
Die Surche hh iſt höchftens nur ı0 bis
12: Zoll weir, mithin eben fo breit, daß das
Prerd g darin gehen: Fann, ohne daß es zur
sechten oder linken ausweichen duͤrfte; beyde
Pferde mäflen 5 Schuh 8 Zoll bis 6 Schuß
aus einander fenn, mithin Bann das Pferd i von
der finfen Seite, oder anf der Surche nicht weis
ter ausweichen, noch 'weniger näher an das. ans
dere dien g ruͤcken. | 209
er Knecht 1, der den Pflug führe, Fan
nicht anders als in der neuen Furche m gehen,
w Da Dicieſe
an .
un 2 Ze ca
al2 | 2. Plug
Dieſe Furche m ift wieder ungefäße zo bis 12
Zoll breitz michin gehe der Fuͤhrer I nicht seht
auf der Linie-nn mitten hinter: den. Pferden,
fondern etwas zur rechten Seite. Das Bed) o
foll die Linie cd zu der neuen Furche einfchnets
- den, und muß mitten im Grindel befefligt ſeyn;
das Ende des Grindels p muß aufferhalb "der
Linie cd, dem Führer 1 zur linfen Hand geben,
mithin muß die Gpiße deffelben auſſerhalb jener
Linie nach, q heräber liegen. Dadurch nun, daß
bag vordere Ende des Grindels q nad) der rech⸗
. ten Seite herüber liegt, der Hauptdrud aber an
der linfen Seite ift, erhält ber Pflug einen ge⸗
raden Zug.
Serner da der Grindel Fig. 6482 C fchief
liegt, die ganze linke Molderſeite des Pflugs
hauptes ı2, aber an der Kante der neuen Fur⸗
che gerade hingehen, mithin in der Linie E-F,:
‚ welche das Meſſer gezeichnet hat, folgen muß:
. fo erfennt .man, daß die Verbindung des Pflug⸗
hauptes an dem Grindel nad) einem fchiefen
Winkel gefchehen muf, und daß an einer sichtis
gen Abmefjung fehr viel gelegen fey, um .einen
Pflug leicht. und accurat gehen zu machen; obs
gleich die menigften der gemeinen Rademacher,
weiche Pflüge. verfertigen, Begriffe von diefer
Abmeffung und den dazu erforderlichen ſchiefen
MWinfeln haben werden. Es darf auch nicht
einmahl die Schneide des Meſſers 3, nach der
Linie bes Grindels C gerichtee werden, fondern
. folhe wird etwas zur Seite nach der Schärfe
der Molderfeite 12 in ber Linie EF gerichtet.
Durch) diefe Einrichtung und Stellung er⸗
langen wir 1) daß der Pflug gerade, auspeher
„und unverräder in ber nähmlichen Linie bleibt.
Es
2 Pflug 215
Es wuͤrde ein: großer‘ Fehler fenn, wenn
bee Pflug nicht gerade aus von a nad) b Fig,
6507. ginge, fondern im Zickzack, bald nad) der
einen, bald nach der andern Seite in c, d,e,
£, g, h, auswiche, Diefes würde die Arbeit aufs
: halten, und das Land fäme nicht gehörig herum.
- Bo man alfo an einem Pfluge dergleichen. Abs
weichung bemerft, ift es ein Zeichen, daß bas
Meſſer etwa nicht recht gerichtet, aber fonft in
der Stellung etwas verfehen en. —.. ..
BBeyd einer geraden Linie muß der. Pflug auch
2) einen vierfeitigen Riemen umwerfen.
Geſetzt, die Oberfläche des’ Feldes ABCD
Sig. 6507 foll, umgepfluͤgt werden, fo. muß: der
Plug die ganze Flaͤche tar faflen, und auf
der ganzen Unterflähe tq aud) alle Erde lose
brechen und in die Höhe bringen: daß 'ift, bie
Pflugſchar und das Pflughaupe müffen durchge⸗
bends parallel mit der Oberfläche der Erbe gehen
and einfaffen. Denn faßte die inwendige Mole
derfeite bey p nur flach, die Auffere aber bey q.
bis auf den Grund; oder es reicht Bann wieder
Die inmendige Molderfeite Im ben m auf ben
Grund, da die aͤuſſere Seite p in die Höhe fleht:
| ſo bfeibe bey mpq ein Keil Erde zuruͤck, der
umgebrochen werden foll,; und man kann in ber
Folge an ber Fruchtbarkeit allemahl vergleichen
ungleiche Beftellung erfennen.
Daß der Pfidg durchgehende gleich faſſe,
beruht auf die Megierung des Sührers.
| Denn druͤckt derfelbe den linfen Pflugfturz
links von fi, fo "hebt er die inwendige Seite
der Pflugſchar bey p Fig. 6507 in die Höhe,
"und der Pflug bringt. nur den Keil mlp herum.
Der Fuͤhrer kann diefes bald. ändern, wenn er
den Sturz nad) der rechten Seite herüber- Hält.
0 O 3 Faßt
%
214 2. Pins.
J Faßt hingegen der Pflug, in der Furche p
gr bey p nicht tief genug ein, ſo muß der Fuͤh⸗
‚rer den Sturz nur tiefer unter ſich brüden,
dabey mehr linke von fich "wenden.
Alſo, wenn auf einem Stuͤcke Landes, Fig.
6506 gepflüget twird, weldyes in einer Nundung .
. erhoben ift, fo darf der Pfug nicht horizontal,
fonvern mit der Oberfläche parallel. gehalten
werden. en
So wie der ‚Pflug eine gerade Linie. bes
ſchreiben muß, fo foll er auch 3) in gleicher
"Tiefe fortgehen, Zu
Wenn der Pflug A Fig. 6480,. gerichtet
ift, und das rechte Rad 20 flieht in der tiefen
Zurche: fo muß das. vordere Ende bes Grin⸗
dels G Auf ber Are 23 liegen, und des Pfluges
Haupt 11 fowohl, wie das Meſſer 3 muͤſſen
‚in der Tiefe, die man heben. will, horizontal
aufliegen, fo ‚fchleift des Pfluges Haupt. in der
nähmlihen Tiefe EF wie ein Schlitten fort
Ä Saflet in viefer "Stellung bie ande bes
Meflers tiefer, als die Pflugfchar nachher die
Surche umwirft, fo iſt folches vergebens, und
macht nur, daf der Pflug unndthiger Weiſe
ſchwerer geht. Das Meſſer kann vielmehr ſchon
etwas und bis einen viertel Zoll hoͤher wie die
Pflugſchar ſtehen, und dieſe wird doch die gan⸗
ze Furche eben ſo leicht loshrechen.
Iſt hingegen in dieſeß Stellung bie Spitze
der Pflugſchar 10 Fig. 6483, noch tiefer unter .
der Linie EF gerichtet, ſo ſagt man, der Pflug
ehe auf der Naſe, die Spitze ſucht alſo tie⸗
* Erde, als noͤthig iſt, und gehet nah E in
die Ziefe, bis fie wieder empor gehoben wird,
wo denn der Pflug auf einmahl in bie Höhe
faͤhrt, und von neuem niedergedruͤckt Eh
| | muß;
%
2. 77 Du 215
muß; mithin in der Tiefe eben Eine folche Linie
im Zickzack befchreibt, wie vorhin in- der Breite, -
Sig. 6507, h. "
Richtet Hingegen bie Pflugſchar die Naͤſe
Big. 6484 in die Hoͤhe, fo daß Bee’ Grindel
vorn auf der Are, und das Ende des Pflug⸗
hauptes auf der Oberflaͤche der Erbe liegt, oͤh⸗
ne daß die Pflugſchar horizontal mit aufliegt,
ſo ſagt man, der Pflug geht auf den Hacken,
und er kann keine Erde faſſen als durch ge⸗
waltſames Eindruͤcken.
Um ein ganz anmerkliches kann die Soitze
der Pflugſchar in die Höhe ſtehen, oder fie .
fehleife fid) bald als ein Keil zu, ba fie dahn
deſto befler einfchneiber. |
| Man pflüger nicht atlemaft gleich tief,
ſondern es iſt noͤthig, daß man das Land zu
einer Beſtellung tiefer umbreche, als zu der
andern; mithin muß man den Pflug tiefer und
flacher ftellen können, nachdem es erfordert wird.
Da der Pflug fo tief einſchneidet, bis
deſſen Haupt 11, mit den Raͤdern eine horizon⸗
tale Linie beſchreibt, wenn die Spitze des Grin⸗
dels auf der Axe feſt liegt, ſo folgt, daß je nie⸗
driger der Grindel vorn liegt, Fig. 6483, deſto
tiefer faſſet der Pflug ein: je mehr hingegen
derſelbe erhoͤhet wird, deſto mehr ſucht auch ‚die
Pflugſchar die Höhe, Fig. 6484.
Deshalb darf die Hauptrichtung bes Grin⸗
dels gegen deſſen Vorderende, wenn das Haupt
horizontal aufliegt, nicht zu hoch noch zu nie⸗—
drig ſeyn; iſt die Richtung zu hoch, ſo gehet
das Eiſen zu tief in den Grund; liegt der
Grindel zu tief, ſo koͤnnte man die Eiſen nicht
in die Erde zwinzen. us
Oo 4 Um
216 2 Put.
gr Yin den Mflug flacher ober · niedtiger · zu
" fiellen, ‚de n.:pir. qan unſern Pfluͤgen folgende
Wwiitlel vermittelſt der quf dem Vorderge⸗
fiel xp rp enden Lichte -Bigr.6494- 6.
edlen. wir diefe, ‚Richte höher, fo wirb.auch
ber Stindel erhoben, und der Pflug faſſet we⸗
. niger Erde Man erhebt aber
a) ‚bie Lichte, wenn zwiſchen berſelben und
ber Are ‚ein, ‚Eleines, Höljhen oder ein Stein
geftedt wird. Steckt man ſolche an der linken
Seite unter- Big. 6485. 39, fo wird die Lichte, .
. mithin der Grindel nur. wenig erhoben; etwas
“mehr aber, wenn man an der rechten Seite uns
- terlegt, und am mehrften, wenn an beyden Geis
ten. etwas untergeſteckt wird. Nachdem man
nun dazu dickere oder bünnere Keile oder Steine
‚nimmt, fann man den Pflug dadurd) auf ein
. Haar ftellen. Fleißige und erfahrne Aderleute
verſuchen fo lange, und erhöhen oder erniebrigen
bald Die eine, bald die andere Seite mehr oder
. weniger, big fie das rechte Maß treffen.
b) An einigen Orten find bie Säulen ee
Sig. 6494 mit einer doppelten Neihe Löcher FE
durchbohrt, am jeber Seite fledt ein Fleiner Na⸗
gel duch, und dadurch Fönnen fie die Lichte
‚ nah Gefallen höher bringen,
c) Wird Hingegen hie Lichte ganz wegge⸗
"nommen ‚, fo daß der Grindel auf dem bloßen
—
Peſteus rube „ So gebt der Pflug am allertief⸗
, fen. ‚Sig. 6483. An dem befchriebenen
| —5 wo die Lichte ſo oft weggenommen wer⸗
den muß, als der Pflug an die Waſſerfurchen
kommt, wird dieſe Lichte ſodann auf den Grin⸗
del gelegt, indem ihr einer Einſchnitt an den
Griff des Sechs, der andere aber an den Kopf
von der Griesſaͤule paſſet. |
as Al ü , | Die
2, Pflug. = 217 |
Die zweyte Art, den Pflug flacher oder
tiefer zu. ftellen, iſt durch Berkürzung ober Bere
längerung des Grindels.
Der. Srindel C- Fig 6483 - fälle Hinten
nach 8 niedriger, und macht mit dem: Fuße bes
- Pflughauptes 12 einen. ſpitzen Winkel. Je täne
ger man nun den Grindel ſtellt, deſto größer
wird der Winkel unter Ver Are nach B, und
deſte iefet faßt der Pflug ein
y
‚Ze näher hingegen die Pflugfchar Sig. Cap
an die Are gebracht witb, deſto mehr wird die |
Spige davon erhoben, und deſto weniger faße. -
fie Erde. Zu diefem Behufe find die Nr. ı.
befchriebenen Worftecklöcher im Grindel. Es iſt
nur dabey zu merken, daß je länger man den
Grindel ftellt, deſto breitere Erde faßt die Schar,
und umgefehrt; will man aber nicht, daß der
Pflug, indem er niedriger geht, auch breidere
Suchen machen jelle, fo muß man ihn, wie weis
terhin gezeigt wird, fchmaler ftellen, oder umgekehrt.
- Einige teilen diefe Vorfledlöcher Fig. 6492
‚in drey Claſſen ein, bie erſte nach bee Gpiße
zu nennt man die KHerrnlöcher, weil der Pflug
alsdann am tiefften geht, mithin der Herr felbft
ſolche gebraucht; die mittelften heißt man Lohn⸗
loͤcher, weil diejenigen, die um Lohn pfluͤgen, ſich
ihrer noch wohl bedienen; bie naͤchſten nach bem
Sch: zu, werden Srohnlöcher genannt,-mweil die
Srohndiener die Pflüge darin. zu fiellen pflegen,
um ihre Pferde zu ſchonen; daher der Hoffmeyer,
welcher über Frohnpfluͤge bie Aufficht hat, vor⸗
nehmlich die pfläge in dieſem Stuͤcke vorher
unterſuchen ſoll.
Die dritte Art, den flug in bie Tiefe au
\ richten, ift vermittelft. der Ankeilung bes’ Snn-
dels an den Sturz.
Os An
zuß8 2 Pflug.
An dem oben beſchriedenen Pfluge iſt ber
.Beinvel ©. Fis. 6490 an ben Sturz 13 feſt
und unbeweglich gefuget; es findet aljo daran
‚Feige Stellung ſtatt. An dem im den dfonomis
. fen, Nachrichten. befchriebenen ſaͤchſiſchen Pflu⸗
nk: Big. 6492. if der: Zapfen des Grindels o in
. den. Stturz a nur foje gefuget, fo wie der Grins
4. del auch auf der Griesſaͤule beweglich iſt; ins
dem man nun deu Keil‘ d unten zuruͤck ziehet,
„und den obern Keil von e weiter hinein treibt,
-.$o wird der Grindel hinten erniedriget, ‘ mithin
‚vorne erhöber; wird Hingegen. der Keil e oben
auruͤck, und der untere d weiter hinein getries
- ben, fo wird der Grindel hinten erhoben und
„ Horn. niebergetrieben,
Diefe Anfeilung ift anberwärts niche im
Gebrauche; man. hilft. aber dem Pfluge zu Zeis
‚ sen dadurch, daß ein oder zwey Schläge auf
ben Kopf der nicht feſt genagelten Griesſaͤult
hgefchehen, da denn ber Pflug tiefer fafler.
| Wenn nun der Pflug gerade aus gehet,
und in gleicher Tiefe bleibet, ſo iſt ferner nös
ba daß man ihn ſchmahl und. breit fielen
nme
| Sn Zeiten, wenn zur Saat gepflügt wird,
muß man ganz ſchmahle Futchen machen, ſon⸗
derlich wenn das Land mit Schafen behuͤrdet
iſt, damit ſich die Furchen nicht ganz umlegen,
weil der Duͤnger ſonſt zu tief in den Grund
kommen und: ohne Wirkung ſeyn würde. Das
. Land kommt fodenn in gleicher Tiefe, wie bie
- vorigen Mable herum, die, Zurchen, aber legen
ſich nur eine an bie andere, und.:der Dünger
‚bleibt in ber Ale zwiſchen dem Eatbeiteten |
Erdreiche.
27 a F Wie⸗
2. Pflug, | 2:9
| Wiederum firedt man bas Sommerfeld
zum erfien Mahl nur fehr flach; man kann als
fo dabey breite Furchen machen. Fig. 6507 OP,
| Sn lofem Erdboden darf man auch ‚breite
. ze Suchen machen, als in fleifen, zähem Boden. -
Ueberhaupt, man muß den Pflug fielen
£önnen, wie man mil, ſchmahl LMN, oder breit
OP, fl OP, tiefer IK, oder ganz tief LMN;
wie er einmahl geftelle ift, muͤſſen alle Furchen
- EFGH werben, wenn auch einige taufend nes
ben einander ‚gepflügt werben. BR
Da nun der Pflug, ſo wie er einmal ges
ſtellt iſt, fortgeht, fo bat man folgende Mittel,
um ihn ſchmahl oder breit zu flellen: - : .
1) durd) Velängerung oder Werfürzung bes
Grindels. | a . .
Es iſt oben, ©. 217 ſchon angemerkt wor⸗
den, daß je laͤnger der Grindel ſey, deſto meht
greift die Pflugſchar ins Land, und umgekehrt:
indem man aber tiefer pftuͤgt, will man ſelten
auch zugleich breitere Furchen vornehmen, alſo
iſt dieß Mittel nicht hinreichend.
Das zweyte Mittel iſt vermittelſt des Bal⸗
kens am Galgen. Wenn nähmlich oben in dem
Balken vom Worbergefielle ſowohl, als in der
Lichte auf einander paflende Köcher gebohrt wer;
den. Alsdann ſteckt man entweder an der rechs
ten Seite bey h Fig. 6494 nur einen Stod
durch, woran der Grindel fidy nunmehr lehnt,
oder man ſteckt gar neben über in ı noch einen
zwegten Stod; fo daß der Grindel zmifchen
, beyden geffemmt und feit gehalten wird; fo weit
nun der Grindel auf diefe Weiſe zur Seite ges
bracht wird, fo viel ſchneidet ee auch tiefer. ind
Seld ein, 2
Das
220 2. Plug.
2. Das dritte Mittel iſt vie Stellung vers
mittelſt des Gezuͤnges. Die Gezoͤnge ift oben
beſchrieben worden. Fig. 6486. 26. 27. Richtet
u.man die Zucht vermittelſt des Stiftes 28 links
nad) g, ſo macht bie Are dagegen an ber rech⸗
"gen Seite I einen ſtumpfen, und an der finfen
* K einen: fharfen Winkel; die Pferbe ziehen in«
deſſen gerade fort: die. Mäder Söhnen -älfe nicht
i. aecht⸗ ausweichen, obgleich die Axe dahin gerich⸗
tet tft, fondern folgen in paralleler Linie der
Zunge, w , wiewohl uͤber Kante: der Grindel folgt
-ändeffen nach der noͤhmllichen Richtung jederzeit
«dem. Bordergeſtelle, weil ihn bie Grindelferte
„ges sieht; das: Dieffee wird affo dadurch wei⸗
ter nach der linken Seite geführt, und der Pflug
KFeif ftärfer ins Land, mithin gibt er breitere
Furchen.
Wendet man hingegen die Zucht rechts
nach H, fo wird die Are links gedrehet, und der
“Pflug macht ſchmaͤhlere Furchen.
In Sandgegenden hat man eine beſondere
Art von Gezüngez die Zunge a Fig. 6495 96
"ft vorn breit wie ein Löffel, und ed find drep
Loͤcher bed durchgebohret. Der Kioben e liegt
oben auf, zwifchen demſelben und der Zucht wird
der Schwengel befeſtigt. Nachdem man nun
‚den Kloben fchiebt, und den Tlagel.e durch das
"eine oder. andere von den drey Löchern flicht,
: geht der. Pflug rechts oder linke.
‚Die vierte Art, den Pflug zu ftellen, ge⸗
ſchieht verinittelft der Leyer. . |
Man har naͤhmlich an einigen Orten vorn
am Pfluge noch ein bejonderes Nebenhol;z Fig.
. 6497 a Sig. 6505 r, welches von feiner Geftalt
den Nahmen der Leyer haben mag. Es ift dieſe
vermittelſ eines Nagels b Fig. 6497 an der
Zunge
2. Pflug. | 208
Zunge c feſt. Am andern Ende d finb mehrere
Köcher in zwey Reihen durchgebohret, dieß Ende
paßt auf der Pflugaxe e Fig. 6505 0 oder in
das Girholz Fig. 6493 i, worin die Fuge n.ges
fhnitten worden. Wird nun die Leyer vermits
..teift des Nagels e Fig. 6497 fürzer geftellt, fo
. wird die durch den Nagel E feftgehaltene, dabey
. aber nad) beyden Seiten. bewegliche Zunge nach
. der linfen Seite gezogen; und fo wieder rechts,
wenn die Leyer verlängert wird. Die Wirkung
von diefer Leyer ift die nähmliche, wie von dem
Gezuͤnge. WU
Bey Hannover beſteht die Leyer aus einer
ſchmahlen, geraden, duͤnnen Schiene Holzes, Fig.
5505 r, welche an dem einen Ende an der
Zunge feſt Hänge. In der Axe ſteckt ein. eifers
ner Nagel feſt; auf dieſen wird jene Schiene,
. nachdem es die Umſtaͤnde erfordern, kurz ober
"fang gehaket: damit man die Leyer deſto freyer
bewegen. koͤnne, ſteht der linke Stender beynahe
ig der Mitte des Rumpfes. Sig. 6505 rn, s,
Man fann auch fünftens den Pflug, auf
zweyerley Art zugleich flellen:. Wenn man nähms
fi) den Grindel verlängert hat, und der Plug
: faffer. zu weit ein, fo ftellee man die Zucht
rechts , oder Die Lener länger, um ben. Plug
-answärts zu: leiten. Ä
‚Zu Zeiten geſchieht es auch, daß ein vor
"dem Pfluge geſpanntes junges Pferd zu weit
auf die Seite drängt,.. und daß alfo der ſonſt
recht geftellte Plug noch nachgerichtet werden
muß, daher macht man in der Mage noch wohl
zwen Mebenloͤcher. U U
1.1: Wird ein junges Pferd linker Hand; in n
angefpannt, ‚weiches man ſchonen will: ſo wich
ber :Nagelcc vurth das zus vechten. Geise: in Aber
ae, Ofs
222. 8: Pflug:
= Vorlegwägd. befindliche Loch d geftedt; man.
„nennt diefes zu Steyerberg: dem Pfluge das
*" Bichrbholz geben, und erfennet an einer Schnell
wage, wie fehe man dadurch ein Pferd erleich«
tern koͤnne. Auf gleiche Weiſe fann man aud)
das mittlere Pferd in m, durch Veraͤnderung
des Nagels h, durch das Loch i oder k erleiche
. tern oder Rärker angreifen. An dem Pfluge
: ig. 6497 kann die Vorlegwage auf die naͤhm⸗
liche Art verändert werden,
x Mei man nun, wie man den Pflug breit
oder ſchmahl ſtellen ſolle, ſo muß man ferner
wiſſen, wie breit die Furchen auf dem gu bear⸗
. beitenden Selde ſeyn follen; da man beam aus
der Erfahrung lernet, wie der Pflug gerichtee
- werden muß, um biefe Breite zu geben.
Ein vorfichtigee Atbeiter verfucher fo lange
: amd. beffert nach, bis er das rechte Maß trifft;
oͤßt ſich auch feine Muͤhe verdrießen, wenn er
«in. ‚der Folge nachſtellen muß. Fig. 6485. 38.
„estalb füßrer ein jeder Pflug ein Beil bey
gn der Regel macht man die Furchen ſo
breit als moͤglich. Deun wenn ich ſtatt zweyer
Furchen IK Fig. 6507 mit einer -H zufommen
‚Eann, fo fpare ich fo viel Zeit und Arbeit, als,
um doppelt herunter zu sieben, mehr erfordert
"würde
Daber wird der Pflug ſo eingerichtet, daß
er in feiner ordentlichen Stellung breite Sur:
chen umwirft.,
Mil man auf ebener Erbe eine Probe
machen, ob ein Pflug recht eingerichtet ſey, oder
wie' ee geſtellet werden ſolle, ſo zietze man eine
Einie in b, Fig. 6505, welche die ſchon gezogene
Sure: anneieet ʒ danchen ſor breit u er
ren urche
2. Pflug 223
Furche verlangt, eine zweyte paralleele Linie
cd; ſetze ſodann den Pflug ſo, daß das rechte
Rad auſſerhalb der Linie ab in o ſtehet; erhod⸗
ze das linke £ fo viel Zoll, als die neue Furche
tief werden fol; fchiebe ſodann den Grindel ſo⸗
weit rückwärts. Dder vorwoͤrts, oder erhebe
- die Lichte, bie der Grindel beynahe auf der
Lichte liegt, wenn das Haupt nebfider Schar
platt auf ber Erde ruht; ziehe den Pflug
Darauf - vorwärts, und gebe Acht, ob bag
Meſſer und: die Molderſeite der Schar gerade
auf der Linie ed fortgehen ‚, oder in wie weit
ber Pflug: noch meiter gerichtet werden müffe,
oder ob er gar in feiner Bufammenfügung einen
Fehler zeige?!
Dieſe Probe wird jedoch nicht allemahl fo
zuberläflig. ſeyn, daß der Pflug, wenn er bare
anf wirklich -in die Erde gebracht wird, nicht
nech weiter nachgeſtellet werden muͤſſe.
Um die- Theorie eines Pfluges recht feſt zu
ſehen if es noͤthig, alle Theile deſſelben genau
gu betrachten. Unter: ſolchen konmmt ‘denn I)
Vorzüglich in Erwägung: das Sech oder dus
lange Meſſer. Sie. 6488
Die Haupttheile find oben ©. 210, ſchon
beſtimmt worden. Es gibt aber an unſern Pfluͤ⸗
gen noch mehrere Theile, welche beynaße eben
fo nothwendig find, Das Sch ſchneidet die
Hanptlinie zu der neuen Surche in der Tiefe
und Breite ein, und es lieget viel am Sech,
ob der. Pflüg gut und accurat gehet.“ Deshalb
ift die: Schneide - deffelben vorn ' gleich” einem
Meffer.zugeichärft, und der Ruͤcken hinten breis
ter. : Die Spitze der Schneide muß "unten vor⸗
aus ſtehen, damit fie als ein: Keil von unken
in die "Erde: wuͤhlet und ſolche oben uͤber ſich
treibt. Staͤnde
⸗
24 | 2. Pflug.
Stände, die Sehneide gerabe ober gar rück⸗
. wärts unten aus, fo wuͤrde der Pflug davon,
wenn: die Schneide nue den. mindeſten Wider⸗
Kand fände, über ſich, und in die Hohe gehoben
werden.
Es ift beffer, wenn. die Schärfe vorn eine
gerade Linie hat, denn fo wird ihre. Linie fürs
zer und findet weniger Widerſtand, als wenn
man ihr einen Bauch giebt, wie in der Big. 6488:
oder wenn die Schneide. gar gleich einerı Gars
tenmefjer ausgehöhfet. wird, wie-an bem Saͤch⸗
ſiſchen Pfluge Sig. 6498 £. Noch weniger Nußen
fcheint.. zu haben, wenn. man flatt‘ Des! Sechs
‚ein, rundes, ſcharfes, gleich einem Buchbinderhos
bel fi umbeeßendes Eiſen nimmt; dergleichen
‚unter andern Mortimer on einem Pfluge aus
..Zincolnspire: beſchreibt.
Da das Sech faſt die mehreſte Gewalt
aus zuſtehen hat, und ſich leicht : wegfchleift‘,.. fo..
‚wird: defien Schneide von dem . beiten Stable
- „norgeflähfet.. Die Schneide ſowohl als.;der Griff
‚Raten, ‚werden etwas -länger gemacht, ‘Sig. 6488.
„wie fie anfangs nöthig wären, damit die Schneis
"de, fo wie ſie fih unten abſchleift, Fig. 6480.
4483. 6484. weiter ‚herunter gelafen "werden
kann. Des Griff bed Sechs mird: sierfantig
‚gemalt, und die Eden etwas eingeſchaͤrft, das
‚mit der Grindel deſto beſſer befeſtiget werden
fünne.. |
Was weiter die Stellung des Sechs Ans
langet, fo darf deffen Schneide nicht nad) dem
Strindel, gerichtet werben, ſondern dieſelbe muß
genau in der Linie. EF Sig. 6482 fteben, welche
die Molderſeite des Pflughauptes ı2 nebſt
der Schar befchreibet. Inſonderheit muß die
Sri han ber Schneide: „sechs parallel in biefee
.Zinie
2
Pflug⸗
Linie ſtehen. St HR zu" —
Feld gerichtet, jo, faſſet das, SH
‚breit ins san, der Plug Kr)
„aus; und man “ift nicht ‚m. ER
Furche damit u; ieh Spiße inge⸗
gen’ zu weit aus Luce a rechten Seite,
ſo faͤhrt ber Pflug heraus, 9 man kann ihn
„mie aller Mühe nicht in Lande‘ erhaien. Um
ein ganz weniges "muß ‘de "Särele in varal⸗
leler ‘Linie weiter einwarts "ing Land” gerichtet
ſeyn, als die Molderſeite von“ Schar. dar
imit dieſe deſto beſſer In dieſer E
weitere Friktion zu veranlaſſen A
Da der Hauptnutzen [er Sechs darin
beſtehet, daß es. die, verbärtege Öberfläche der
Erde, und die darin befindlichen” Wurzeln ducdhe
„jehneiber, fo iſt eben” nicht nöthig, daß es völlig
"To 'tief-auf den’ Grund teiche,“ als die‘ Schar;
es. muß aber doch mit derſelben ahe in einer
borizontalen Linie ſtehen. .
7 Bamit man nun das © fo oft als ſes
ndͤthig iſt, aͤndern tind .nach| di Bönnie; darf
es nicht‘ im Gruͤndel unbewegilchbefeftigt were
den; fondern es wird nur olehergeftait darin
verfeilet, daß man die, Keile ‚allemahl heraus
„sbmen, und, dut h veren Veräuderung dem
Ba h die eet Richtung, geben, oder es weis
e laſſen koͤnne weshalb Derin, das
Mu im Grindel 5, ig, &r, un einen
Saal Ober halbeh Zoll weitet, 18 der Griff
“feyn Muß, damit man Kelle zwiſchen zu eintreis
"ben, “und fotche bald nad) der, eſnen bald nach
et ändern Seite verändern kann Zwifchen der
"Säjneide von’ dem Sch 3, und ber Schar To,
Fig 6489, müß. einige ER bteit Raum fern,
Font. ftopfen fi die Wurzeln von Unkraut
Ges, techn. Enc. CXIL Theil, P zwi⸗
wet, fähree
eeine gleithe
226 2. Pfut
; — beohen, und der -Mflug geht ſchwer
und ſchlep ppit
Weil’ an rechter Steluns bes Sechs ſo
viel gelegen. ft, ſo muß. ein Hausholter, che mit
® einem’ Pfluge zu Felde gejogen wird, has untere
"fe davon au hen kehten· Fis 6482; —V
bvemerkt ec dm ‚beften, . ob lies auch in feiner
“ gechten Ordnung. fey. - Es ift.beffer, dabry eine
Viertelſtunde zum Umteilen anjuwenden / qls
„ganze. Tone kalſch zu pfluͤgetj/ und ſich eine ganze
Erndte zu vetderben.
Iſt endlich das Sch zu weit weggeſchliffen,
und .die Schneide zu fürs, .fo. verfaume man
nicht, folches den Zeiten heraus zu nehmen, und
von neuem derflählen [ laſſen; gemeiniglich wird
Hieſe⸗ alle Fruͤpſahr, fo ‚oft, die Brache zumer⸗
“fen Mahl uUmgebrochen wird, nörbig fenn, weil
Das Land ſodann recht tief und vorzüglich mit
‘ Vleiß an, merden muß.
Der wehte Hauptehell nach dem Sc iR
„bie Schar van Saas an 'welcher mis‘ insbes
wendet zu Ineg haͤben:
eten Groͤße und Geſtalt.
F "Die Schneide, _
N 3) Die Stellung,
Pr 4). Die Befeftigung. .
Kun "Der Gaſtalt nad ift die Schar ein fü
„‚eine Spitze endigendes, hihten breites und,
© Mitte öftenes Eifen, welches unten ‚hohl, unß,;
„ der, Mitte jugrrundet iſt, und fonderlich an eis
nern faͤchſi jchen Pfluge Fig, 6487. 6488 die Korm
“einer umgewandten 4 hat, Es werden dazu 25
bis 4.Pfund, Eifen erfordert, und die äußere
"Seite, welde'die Schneide heißt, pflegt 10 bis
: Zol 4 ng.ju ſeyn, und von der Molderſeite
. fel von 32 bis 45 Graben. ab»
BE Br uuſtehen.
/
zuſtehen. Sie muß, des Abſchleifen⸗ wegen,
gleich dem Sech vorgeſtaͤhlet ſeyn. Die Schneide
muß vorn eine ‚gerabe Linie haben, ſo dringt ſie
als ein Keil beſſer in das Land; hat ſie einen
Bauch, fo wird die Linie, worauf das Erdreich
Widerſtand leifter, um fo viel länger... Die
Schar dringt beſchwerlicher ein, und ber Pflug
gebt ſchwerer.
' Es iſt nicht gut, wenn die Schrieide zu
ſcharf iſt, weil fie alsdann auf einmahl zu ſtark
einſchneidet und der Pflug geht nicht gewiß
Das mehxreſte beruhet in dem Winkel, den
die Schneide gegen die Molderſeite von e nach
£ Big.:6489 macht. Iſt der Winkel zu flarf
und Über 45 Grad, fo liegt die ganje Fläche
von der Schneide auf einmahl zu flarf -und ‚mit
dee ganzen Macht dor der Erde, Fann nicht,
2 "gleich. einem Seite, allmaͤhlig eindraͤngen, und, ‚der
> Pflap: geht fhmer,
Iſt der Winkel ſche ſpitz auf 34 Grabe
‚ ‚ober darunter, ſo muß die Schneide von a nach
b Rig: 6500 gu lang’ und- fchiver gemacht. wer⸗
den, oder die Breite von b-, näch c bfeibe zu
ſchmahl. Der: Plug Pan: nichts afe- msdie
RFurchen losbrechen, und geht doch "fchtweret, ! ins
dem er zu Ice linker Hand ‚gegen Ras and
»zandeängt. sn
©. Das beſte Berpäleniß; wird Alfe'- itgefähe
fogn, wenn die: Schneide aus einem PBinfel
bon 44 bis 45 Graden, »11 bis 12, Zoll lang
gemacht wird, ſo daß alsdann die Gpitze der
Schneide von der Molderſeite 8 "bis" 5 Zoll lab⸗
: fleheg ‚denn. breiter‘! wird eine Surche jelten ‚ges
nommen, ober wenn‘'Audh' ber PDilug auf 10
"bis 14 Zoll breit geſtellet mwitd,’”fo wird doch
das “äußere Ende- der u , "dadurch, daß
2 die
a
228 2. Plug
. die Schar die Erde in die. Höfe hebt, losgeriſ⸗
fen, und von dem Streic;brete vollends “umge:
9 worfen. Die Schar muß deswegen vorn erho⸗
ben ſeyn, damit ſie die losgeriſſene Erde auch
in die Höhe. hebt, und das Streichbret leicht
unterfaſſen kann; dabey iſt fie inwendig Hohl,
‚ eines Theils, weil fie ſonſt zu ſchwer von Eiſen
werden würde, und andern Theils, damit. fie
deſto. bequemer an des. Pfluges Haupt geſchoben
und befeſtiget werden kann.
Die Stellung der. Schar- ‚gefchieht f fo,: daß
deren Molderſeite in. paralleler Linie mit der
Molderſeite von des Pfluges Haupt zu (ehe
„komme; um ein ganz geringes muß bie. Molder⸗
ſeite. von. der. Schar vor dem Haupte vorfehen,
And gieichſam ins Land mweifen, fo weranlaffet
..da8 Haupt ‚weniger Friktion, und die loskruͤ⸗
melude Erde kann freyer fpieten.: Auf: gleiche
Weiſe kann die Schärfe von der Schneide: ge:
. gen der Hozizontallirie von. dem Haupge um ein
unmerkliches, gleich einem, Keil rin: .Wierdhöhe
. ſtehen, ober fie Schleift ſi $ vielmeht Cal. ic)
einem Sei Sumpf zu.
Befeſtigung der nunmeht radt geflell:
“tem Schar geſchieht entweder durch Annageln
⸗
320
oder Unfshieben, ——
Wo ein bequem zu verärbeitenber;z. ‚don.
Steigen; freyer Boden if, -wird die Schar fefl
genagelt, ſo kann ſie wenig verruͤckt werden⸗die
—8 muͤſſen aber , Rreite: platte: Koͤpfe ‚haben
and. ef eingglaflen..megdenz'denn-mwenn fie weit
, hervor aͤnden, fo veranlaſſen fie eine. Friktion.
| vom. Pfluge abgenommen werden muß: ‚darf: fie
0 hingegen. ein.. ‚fteiniger, beſchwerlicher
Boden iſt, mithin ‚die: Schar leicht Scharten
befom'nt ‚oder. gar unbrauchbar wird, alſo oͤfters
nicht
nicht feft genagelt werden, :fondeen man fchiebr
„fie nur an das Haupt, welches genau in bie
Hoͤhlung paßt. An der Meolderfeite ift aber eis
ne lange Spiße Angefchmieder; diefe nennt man
das Scharblech d Fig. 6499. Diefe Spitze wird
durch die in die Griesſaͤule gefchlagene eiferne
Krampe e gefledt, und darin ‚mit einem Vor⸗
ſtecker oder. Bolzen befefliget.
Ueberhaupt ift darnach zu fehen, baf bie
Schar rechr feſt und unbeweglich fißes ‚denn
sobald fie ſich nur etwas verfchiebt, hat ber
Pflug fofort einen ungewiſſen Gang.
| Da die gewoͤhnliche Schar etwas muͤhſam
zuſammen zu ſchmieden ift, fo hat man geras
then, ſolche aus zwey Städen‘ zufammen zu
zu feßen; mithin die Schneide ab Sig. 6501
beſonders zu faflen, und an ber ganzen Molvers
ſeite her eine eiferne Schiene cd zu legen, wels
che in die Spiße der Schar fchließt, und zus
gleich zur Sohle an das Haupt dient. Eine
folhe Schar wird aber nicht fo gut einfchnel:
den und ſchwerer geben.
Die Schar zu befeiligen und den Pflug
in dee Horizontalrichtung fortführen zu koͤnnen,
wird 3) das Pflughaupt erfordert.
Deffen Geftalt ift aus der Sig. 6482. ır.
am beften zu erfennen. Born muf es breit
zſeyn, "daB die Schar daran befeftiget werden
kann. Es mird aus recht trodenem und feitem
Hölze gemacht, weil es beftändig auf der Erde "
herſchabt, und fonft leicht entzieey gehen ober
"weggefchaber werben würde.
Man macht das Haupt gern fo feicht als
möglich, um die Seiftion zu vermindern, es wird
-auch Besmegen hinten ausgerundet; weil aber bie
‚ganze Laſt vom Pfluge darauf ruher, auch in
| P3 den
2330 2: Plng.:
den Pflugkaſten zu Zeiten Steine gelegt werben
-. . möffen, fo muß es feine völlige Stärke. haben.
Dorn, wo die Schar daran geichoben wird, muß
es nad) dem nähmlichen Winkel ſo zugerundet
Beet daß es eben in die Hohlung ber: Schar
paſſet
Hinten bey 1 Fig. 6492 pflegt eine eiferne
Sohle darunter gelegt. zu werden, welches die
Hauptſohle heißt, weil dieß Ende am meheilen
vom Adſchleifen leidet, und ſodann der- einges
zapfte Sturz mit meggeichliffen wird, ba deun
der ni Pflug unbraudybar wird, Ä
Das Haupt wird vornähmlidy bırcch’ den
Darin gezapften Grindel und Sturz mit: dem
übrigen Kaften verbunden. An einigen Orten
wird auch Das hintere Ende des Hauptes etwas
länger und breiter gemacht, damit der Kührer,
um dem Pfluge einen ſtaͤrkern Druck zu geben,
ſeinen Fuß darauf ſetzen koͤnne.
Es iſt weiter nicht genug, daß das Sech
und die Schar die Erde losarbeiten, ſondern die
ganze Furche muß in die Hoͤhe gehoben, und
zur Seite umgelegt werden; hierzu dienet 4)
bas Streichbret, Fig. 6480.
Man nimmt dazu ein dännes glattes buͤch⸗
nes Bret, deſſen Geſtalt aus der Figur 6502
am beften zu erfennen if. .
An deſſen rechter Einrichtung und Stel
lung ift nicht weniger gelegen.
Iſt es au kurz, oder nicht weit genug aus⸗
gebreitet, ſo wirft es die Erde nicht genug um.
Iſt es zu lang, ſo ſchleift es und macht
den Zug ſchwer.
Iſt es zu ſehr nach einem ſtumpfen Wins
kel ausgebreitet, ſo klemmt es ſich zwiſchen der
Erde und halt den Pflug auf au
RU. 2z
An es Fucz und Au ſo wife. ey die Erde
“zu fähling und uhotdengfich dm.
SM es zu iedfig, (0 fäle die Erde üben
‚über Deg in die Gurdje, Und ih den Pflugkaften.
ft es zu ho, fo beſchwert es den Pflug
j ohne Nutzen.
Greift es unten an die Erde, fo Ichlennt es.
Das Streichbret wird hut von duͤtinem
Holze gemacht, um den Pflug nicht ohne, Norg
au befchmeren. . Schleift es ſich in der Mitte,
wo vornähmlich die Kaft von der ganzen Furche
daran fiegt, ſonderlich in fleifem. Erdteiche ends
lich duch, fo nagele man ein Eiſenblech davor.
Die Oberfläche muß recht Hlacc fen; die
sefingte Angöhe gibt glei einen Widerſtand.
: e
, Höhe des Bletes richtet ſich wach der
Breite dee Schar, und bie "Bände darf nicht
- Über 32 bis 33 Zoll feyn. Born inufi es genug
hervortreten "und. über der Grlesfäüle hinaus ſte⸗
ben; damit es die geſammte losgebtocherie Erde
. auffange und ummwerfe: die‘ uffere Spitze a
flieht deshalb etwas voraus.
Nach dem hinteren Ende b muß bie ins -
- tere Seite b in bie Höhe gehen, Hämit die abs
. darin.
kruͤmelnde Erbe unten wegfpiele. Man macht
deswegen 'wohl gar einen groͤßeten Einfhnitt c
die Aufferen Kanten‘ dddE mit eifernen
Schienen einzufaffen, ſcheint überfläffig, teil
“bie gebfte Friktion mitten darauf gefchieht.
ie Stellung des Bretes muß fo geſche⸗
hen, daß bie untere Kante etwas voraus ftehet,
die obere aber Überflegt. Daher darf es nicht
nach) einem fo ftumpfen Winkel gerichtet were
ben, wie die Schar, weil es fonft die Erde zu
ſtari aufhält und nicht ordentlich umwerfen
P4 kann;
232 Z.Rflug.
kann; wenn aljo Rus Schar. aus einem Winkel
yon 45 Sräßen iſt, fo wird genug fen, menn
das Streichbtet nach. ‚einem ‚Wınfel von 30
bis 34 Graden geſtelict wird
Das Ahıfferg Enve vom’ Streihbret d Fig.
6500 datf bon der, von der Mofderfeite . von
des Pfiuges Haupt gezogenen Linie F nicht uns
ter 11 bis 12, und nicht.über 18 Zoll abſtehn.
* Die eifernen Sci, nen ober Anlagen: am
Etreichiiet ddd' und E ig. 6502. dürfen
nichr vorſtehen, ſondern muͤſſen ins Holz eins
gelaffen ſeyn.
Zwiſchen der’ Schar und dem Anfange des
Streichbrets pflegt des Pfluges Haupt etwas
ausgekehlet zu ſeyn, oder das Eiſen von .der
Schar ſteht menigfiens hervor. Man glaubt, daf
ber Pflug leichter gehe, wenn die losgebrochene
Erde In dieſem Zwifchenraum. erft ipielen könne,
- Die Erfahrung zeigt aber, daf der Smile
. zanm fih bald voll frifcher Erde. ſetzt. E
ſcheint deshalb beffer zu fepn, wenn die Ein,
wie fie von der jugerunderen Schar in bie Höhe
gehoben wird, gleich) vom Streichbret aufgenoms
* werde, ohne ihr Raum zum Zerſtreuen zu
laſſen.
Berg raͤth im uſten Theile der ſchwe⸗
diſchen Abhandlungen S. 200 an, daß man das
.Streichbret gebogen machen ſolle, und es ſcheint
zu verdienen daß man Verſuche anſtelle, obauf
die Weiſe die Erde nicht beſſer und. leichter ums
‚geworfen. werde, oder ob das Streichbret an
. ben durch die Biegung vorzüglic) erhobenen. Theis
len nicht zu ſehr abgefchabet ‚werde.
Ä 5) Die Griesfäule. Fig. 6480. 9. iſt gleich⸗
ſam die Stuͤtze, welche das Pfughaupt "mit
bem Grindel verbindet. on ESi
ie
2
2. Plug u 233
ie beſteht aus einem Aaͤnglich viereckigen
*Hotze ol unten in bag Plughaupt, - oben .
aber durch den Grindel gezapft. worden... Uinfen
wird «6 recht feit gefeilt; im. Grindel aber nur |
auf das fefielte bineingetrieben, ohne daf die
. Säufe darin-verbohrt würde, weil man. zu Zei-
. ten den Kopf der Griesfäule durch ein pgar
"Schläge zuräd treiben, und dadurch den. Plug.
ſtellen muß. .
\ Die Richtung der Sriesfäufe muß ſe ſeyn,
daß ſie nicht nach geradem Winkel in das Pflug⸗
haupt eingezapft wird, mie an. dem beſchriebe⸗
nen Pfluge Sig. 6480 8. 6692. ‚Sondern daß fie
unten nah einem Winkel von 85 Graden ets
was voraus flieht. Denn der Sührer muß ver⸗
miteelft dieſer Säule den Pflug. in die Erde
jiwingen, oder nad) Beſchaffenheit heraughohlen;
beydes fällt durch dergleichen Stellung leichter,
als wenn fie.vertical gerichtet wäre, Oder gar
vorn überhinge. |
| Einige haben .die Griesſaͤule vorn mie einen
" Bauche machen wellen, ohne. daß es abzufchen
waͤre, Fi dieſes fuͤr Nutzen haben koͤnne. Fig.
.6
w Dean findet. auch Pfluͤge abgezeichnet, wo
zu dem Grindel ein Baum mit einem herauss
ſtehenden, die Griesſaͤule abgebenden, Afte ges
‚nommen. worden. . Es wuͤrde aber fehr ſchwer
fallen, dergleichen Stämme zu finden. An eis
nigen Orten, wird ‚an bee Molderſeite herunter
gegen das « bfchleifen ‚eine eiferne Schiene Fig.
- 6492. g. eingelaffen , " foiche fcheint aber uͤber⸗
flüflig zu fen. Denn die Griesfäule muß ets .
was zuruͤck flehen, und die inwendige Seite bir
Furche eigentlich nicht. berühren, An der rechten
Seite der Griesſaͤule ei das Streichbret mit
zwey
234 a. Pflug.
ten‘ jdlzernen Nägeln befeſtigt. Sie muß alſo
nach dem, dem Streichbrete zu gebenden Win⸗
kel etwas zugeſchaͤrft werden.
—6 Der tim, Fig. 6480. 13. iſt der du-
fiere Theil des Piluges, wodurch derfelbe von
dem Führer regiert wird. Eigentlich ift nur
an der linken Seite ein Sturz noͤthig, den. man
. denn auch den Sattelriefter nennt. Es wird
aber zu Zeiten, und vielleicht an den mehrciten
Orten, an der rechten: Seite noch ein zweyter
angebracht; da man benn zum Unterfchiede die:
"fen den rechten, fernen aber den linken Sturz zu
nennen pflegt.
De Stun beſteht aus einem krumm ges
. wachfenen oder verarbeiteten Holze, welches oben
- hinten aus fiehet, und wovon ber obere Theif
rund, der untere etwas: flärfere aber vierkantig
- verarbeitet wird.
u ‚Der Sühret führt ihn in ber Hand, und
regiert damit den ganzen Pflug; er muß alfo fo
hoch ſeyn, daß das r ckwaͤrts ausſtehende Ende
eben in des hinterher gehenden Fuͤhrers ausge⸗
ſtreckte Hand paſſet. |
Der linfe Sturz iſt an dem beſchriebenen
Pfluge auf eine vlerfache Art befeſtigt.
1) Iſt er unten in das Pflughaupt bey
8 Sig. 6482 gezapfet.
2) Die Sproſſe 17 verbindet ihn mit dem '
Streichbret 16.
| 3) Das Ende bes Grindels iſt bey 8
durche zarſen und endlich
4) Hält die Schiene 15 ihn mie bem rech⸗
ten zuſammen.
Deſſen Richtung muß fo ſeyn, daß er von
der Seite anzuſehen, unten gleich der Gries⸗
ſaͤule ungefähr nach einem Winkel von 85 Sea |
u den
Du) 77 23
den etwas Vorausftehe, "; Inden föbänn ber
Sturz oben am Ende‘ nievergedrädt wied, fo
gibt es vorn bey der Griesſaͤule einen‘ Drud,
und man kann Meſſer und Schar dadurch dus
der Erde in bie Höhe heben. - Zugleich: aber
auch, nachdem es nörhig iſt, wieder hinein brüßs
fen, oder darin erhalten. Ä En
Er muß oben fo meit aͤberſtehen, or der |
Führer, wenn er die Spitze davon ih feiner
-linten „Seite hat, bequem Hinter dem Pfluge
hergehen kann, aber aud die Süße nahe bey
dem Pflugkaften Habe, um folhe, wenn es noͤ⸗
thig, gleich aufsufeßen, auch den Reitel gemäch:
li) zu gebrauchen.
Stände alfo der Sturz zu lang hinten
aus, fo würde es dem Fuͤhrer befchwerlich fenn;
wäre er zu ſehr übergebogen, fo wuͤrde ein ges
ringerer Druck darauf die Spiße von der Pflugs
fhar ſchon in die Höbe heben. |
Man mache auch wohl den Sturz aus eis
nem gerade aufgehenden Holie a Fig. 6492.
welches eine befonnere Handhabe b hat: Diefe
‚ dient aber dem Zührer, baf er fich bequemer
darauf lehne, und den Pflug mehr befchmere,
Ungefähr in die Mitte des Sturzes pflegt
man eine Kleine Krampe einzufchlagen, oder nur
ein Leder anzunageln, um datin die Leitfchnüre
zu befeftigen. In Ermangelung des einen ober
andern werden diefe nur bloshin an den Sturz
feftgebunden. Gefährlich aber if, wenn der Fuͤh⸗
zer die Leitfchnäre um den Leib hängt; denn
werden die Pferde flüchtig, ſo fchleifen fie ihn.
Der Sturz muß zwar oben etiwad wenis
⸗
ge6 zur linken Seite uͤberhangen, damit er dem
Fuͤhrer deſto weniger im Wege ſey; unten aber
ſell er nicht uͤber die Linie- von ber Mefoee
bers
236 | 3 Pflug: u
uͤberbangen, weil er ſonſt. an der inwendigen
Seite der Farche ſchabt, und bie Erde kruͤmelt.
Es iſt dieß ein Fehler an dem beſchriebe⸗
en Pfluge, wie aus der 6481 und 6482ten
Rn ju erieben iſt; da der Sturz weit über
der Linie EF überficht, und deswegen feine rei⸗
ne Furche macht.
Ein zweyter Sturz an ber rechten Seite,
Big. 6480. 14. ſcheint ohne Nußen, vielmehr
nachtheilig und dem Süprer im Wege zu fen;
‚ indem fidy auch der Fuͤhrer gemaͤchlich auf bey⸗
de Sturze zugleid lehnen kann, beichwert er
„den Pflug befte mehr, und die Pferde muͤſſen
ihn mit ziehen, er macht alio faule Knechte.
Die naͤhmliche Nichtung, die man dem
Pfluge mie dem rechten Sturze zu geben vers
mag, erhält ee auch von dem linfen allein. Will
‚man ja einmahl dem Wfluge einen flärfern
Druck an der rechten Seite geben, fo vertritt
der Meitel völlig die Stelle von jenem; wenn
man ihn entweder in dem zu folchem Ende ans
‚ gebrachten Einfchnirt e vom Streichbrete Fig.
6493, feßt, oder aber zwifchen dem Grindel und
dem in gleicher Abſicht in den linfen Sturz a
„eingebohrten hölzernen Nagel i Flemmt. Wenn
"die Noth erfordert, megen des harten und ſtei⸗
fen Erdreichs, den Pflug mit Gewalt in die
Erde zu treiben, fo Hilfe dazu ein Druck auf
den Sturz. nichts, ale welcher vielmehr die
Spiße dee Schar noch mehr empor hebt. Ein
zweyter Sturz iſt dabey ned, weniger von
Nutzen, fondern der Fuͤhrer tritt ſodann entwe⸗
der auf die Sturzfprofle, Sig. 6481. 17. oder
„auf. das an einigen Pflügen dieferkafb hinten
„verlängerte Pflughaupt. Oder aber er legt fich
‚gar mit. bem ganzen Leibe über. den a
aften
1 ar
2. Plug 338
Faften her. In recht fleifem Erbreiche Fälle man
auch wohl den Kaften mit ſchweren Stehen .
aus. ee
. Die alte Regel bleibt. gegrändet, „daß der
Führer nicht‘ müde „werden ſolle, Reitel und
Peile zu gebrauchen“. Hat. nun der Süfrer
einmal den rechten Sturz fehoh in der Hümd,
und geht. dabey gemäshlich, fo wird er- oft vers
fäumen, folchen loszulaſſen und den Reitel zu
gebrauchen; jener Sturz ift ihm babey. cher. sim
Wege, Has er aber nhuehin den Reltel beftäne
dig in der Hand, Jo wird er cher bedacht: ſeyn,
ſolchen zu "gebrauchen, und das Streichbret, ja
den ganzen Pflugkaſten, ven der ſich anſetzenden
Erde zu reinigen.
Un dem beſchtiebenen Pfluge iſt noch ins⸗
beſondere zu tadeln, daß der rechte Stürz ‘üben
“viel niedriger iſt. Big. 6480. Soll nun das
Pflughaupt, mie ſich gehoͤrt, horizontal’ auflies -
gen, fo muß der Fuͤhrer fih nad) der rechten
Seite herüber Iehnen, welches hoͤchſt Ungemaͤch⸗
lich iſt. Er beugt: deshalb den linken Sturz. fo
weit nuswaͤrts, bis ber rechte mit jenem. in ei⸗
ner Linie erhaben wird, alsdann erhaͤlt vie duſ⸗
ſere Seite des linken Giumcẽ noch eine ſtaͤrkere
Friktion und ſteht noch mehr üuͤber der Lhnie
‚.EF, Fig. 6482, und: da'vie rechte Seite des
Pflughauptes mit der Schar zugleich uͤbergebo⸗
gen wird, ſo bricht der Pflug nur einen Keil
:.Imp ‘von der Surche F, Big. 6507, um, und
"das Feld wirb unordentlich beackert.
7) Das Wolderbrer beſteht aus einem
vduͤnnen, unten an das Pflughaupt anſchließen⸗
den, etwa bis 6 Zoll hohen, vorn in die Gries⸗
ſaͤule, und Binten in ven’ Sturz eingefaflenen
Brete. Big, 6492. 0° ° ®
| | 8
238 2 Pflus.
.. .. Es dient dazu, daß in loſem, leicht kruͤ⸗
* melndem Boden kein Sand im den. Mlupfaften
falle, und den Gang des Pfluges beſchwere.
In ſteiferem Erdreiche fann es entbehre werden,
‚und wird, wie alle übrigen überfläfligen Theile,
billig zurücgelaffen, mie es denn arch “u dem
beſchriedenen Pfluge fehle - : :
» PR}
2 Mo es aber nörhig iſt, richtet fh bie Grd.
6 nach : der Entfernung. ber Grießſaule vom
Sturn.
8) Das Pflugkaipt, bie Siesfänfe, Das
Gtreihbret, das Molderbret und. den. Sturz
" begreift man unter dem ‘allgemeinen Nagꝛen des
Pflugkaſtens.
u Beym. Pflugkaſten iſt insbeſondere iu L
‚RER en:
2.8), "Ale Theile mäffen recht. feſt ie einanı
"ger verbunden fen: läffet das. Holz in Den. Fu⸗
gen nach, und der Pflugkaſten wird: wackeliig,
u iſt der ganze Pflug unbrauchbar, deshalb; iſt
han oben anempfohlen worben, zu dieſen · Thei⸗
len —* trockenes, fees, zoͤhes, hartes Ho
- zu en. Ä
F a "Die Eiüriding und Zufammenfeßtng
“pie hele muß: au eine ſolche Arc . gefcheien,
. bäß. r Kaſten fo wenjs Friktion, wie moͤglich,
beranlaſſet..
EGs iſt daher: in. Vorſchlag gebracht worhen,
m; mon lieber den ganzen Grund pom Pfluge
on Eifen. machen folk, Eine eiferne. Stange
. sen einem Duabratzoll puͤrde hinreichen.
‚2 Das, Friktion veranlaflende Holz vom Ka⸗
fen zechnet man 18 Zoll lang, 4 Zul hoch und
a Zol pecin mithin kommt iur Släche heraus,
rauf as Meiben ' wirft, 432 Quadratzoll,
ee Von
— —
Fe
wuͤrde die Fläche betragen 36 Zoll. -
Bon Eiſen, welches einen Quadratzoll dick iſt,
Das neunte, und Das größte und Hennte
lichſte Stüd vom Pfluge ift, der Grindel, Fig.
6480. 6481..82. 83. 84. 6. c. duxch welchen
der ganze Pflug. zuſammen gehalten und regie:
vet wird. ir Finnen ihn nad feiner Geftalt,
Länge, Stärke, Eintheilgug, Stellung und Be:
feſtigung betrachten.
Der Geſtalt nad), iſt der Grindel ein’ ges
soder Baum, an drey Seiten wird er gerade
verarbeitet, an der vierten aber wird ihm unge⸗
fähr auf ein Drittel vom Ende, ein Bauch ge:
laſſen. &inige nehmen dazu Bäume mit einer
Kruͤmmung, und richten bald das frumme Eins
de vorn in die Höhe, bald legen fie foldyes jur
linken Seite: Bey unferen Pflügen if dieß aber
ohne Mugen, und ein gerader Stamm behält
„„ ven Vorzug.
Ron dem Bauche ab wird er nach benben
* Enden etwas zugefpißt, und die vier Eden wer⸗
den abgeftoßen, fo daß ber Grindel eigentlich
bennahe achtedig verarbeitet wird, Man ninmt
dazu gern einen frifchen jungen . Eichenfiamm,
der Feine Riſſe hat, weil er viel ausfiehen muß.
Seine Zange ift an dem befchriebenen. Pfluge,
den durd den Stürz gehenden Zapfen mit. eins
gefcehloffen, 6 Schuh 10 Zoll, an andern. wirb
er wohl zu 8 Schub lang angegeben; die Länge
ſchadet ihm nicht leicht. Er muß vielmehr ‚Ane
“"anfehnliche Länge haben, um ihn beſſer führen,
"regieren, auch allenfalls kuͤrzer ftellen zu fünnen.
«
x
[2
Iſt er kurz, fo faſſen die Eifen nicht in die
Erde, und ein Widerſtand, der die Pflugräder
"in die Höhe hebet, wird aud) ben Grindel und
die Eifen aus ber Erbe ſchnellen. I
us der De A Auch
248 B Pflug.
Auch in dem leichteſten Gtunde darf ber
Grindel nicht zu ſchwach noch feicht ſeyn; er
wuͤrde ſich fonft ziehen, und bewegt fih Teiche
* auf dem Vordergeſtelle, oder die Spitze fährt in
die Höhe; wie man’ denn wohl bemerkt hat, daß
"ein folder, kurz in, das hinterfle Lohnloch ges
ſtellter, leichter Grindel, ‘vorn mit der Spiße
noch wieder at ‘ie Zucht. aepubden ‚werden
mußte, damit deſſen Sitze nicht in die Höhe
"fahren kvnnte. * |
„In der Mitte,‘ wo der Bauch ift, haben
dtey Seiten 3 Zoll’ Breite, und an 'der vierten
zur Then” Hand ſteht der Bauch um einen Zoll
meiter heraus; gm der Spike behält er unge:
fahr zwey ZoU im Durchſchnitt. Bu
Die Eintheilung des Grindels Fig. 6480,
richtet fich nach dem Pflugfaften, unp wie die
"Griebfänfe darin angebraͤcht iſt: wo das Sech
‚zu fiehen kommt, ‚wird. der eben beſchriebene
Bduch 4 ausgearbeitet, und mitten in demſelben
"ein viertantiget Schlod 5 für das Eiſen 3 Ans
"gebracht. Da das Eiſen darin mir Galt feft: -
gekeilt wird, ſo wetden än jeder Seite bes Lochs
zwey eiſerne Ziehbaͤnder 6,'6, umgelegt, um das
Aufberſten zu verhindern.
No die Griesſaͤule zu ſtehen kommt, wird
Ende in den Sturz gezapfet, und hier unbeweg⸗
Ich befeſtigt, in Sachſen aber nur fofe einge
fügt, und mittelft der beweglichen Keile de Sig,
6492 feft gekeilet.
Alsdann werden die Vorſteckloͤcher m durchs
“gebohrt, ..deren Anzahl und Entfernung unter
einander ſich darnach richtet, nahden an jedem
Orte nörbig iſt, dem Pfluge mehrete und oft
vers
4
2 Pflug. N‘ — 241
. veraͤnderte Stellungen zu geben. Bier iſt das
wenigfte und 13 das. mehrſte. Wo der; Grindel
hinten geteilt wird, alfo auf dem Sriesiäufens
kopfe beweglich ift, pflege man neben demjelben
. noch) einen dritten -Ziehband m umjulegen.
Die Stellung des Grindels gefchieht fo, .
daß defien Spiße o, Fig. 6492, etwas höher.
fiebt, ale das hintere ın ben Sturz gezapfte
Ende c, wenn das Haupt horizontal aufliegt;
fonft würde das Seh nicht in die Erde faſſen.
Steht Hingegen die Spiße o zuͤ meit indie
Höhe, fo werden de Eifen, wenn bie Spiße .
auf den Mumpf liege, zu tief in: die Erbe ger
eichtet, und der Pflug geht auf der Mafe.. -
Sieht man von oben barauf, fo muß ber:
Grindel C Fig. 6481 von der linfen nad) der
rechten Seite ſchraͤg über liegen, fo daß das
Hintere Ende 8 an der linfen, und bie Spitze
. ‚go an der rechten Seite über die Linie ef
tritt. Machdem er aber fürzer geftelle wird, liege
er nicht allemahl unmittelbar.-’an. den rechten
Stender an, fondern zu Zeiten nad) ber Mitte;
. wie venn allemahl nody die Zuchtkette Fig.
6485, zwiſchen dem Grindel und dem rechten
Stenver if. |
Die Befeftigung bes Grindels gefchieht
endlich bloß dadurch, daß das Griesſaͤulenloch
auf die Griesfänle gefuget, und das hintere
Ende in den linfen Pflugfturz gezapft, mithin
Darin verfeilt oder verbohrt wird. Das vordere
Ende darf. nicht befefliget werden, weil man
allemahl am. Ende des Stuͤcks mit dem Pfluge
kurz Eebren und wenden muß: das vordere Ens
de wird deswegen bloß mit einer Kette. an das
Vordergeftell gehängt, fo brauche der Körper
des. Pflnges, wena die Pferde das Vordergeſtell
Oet. iechn. Enc. CX. Theil, Q ‚ fort
242 2. Pflug.
» fortziehen, nicht unmittelbar zu folgen, ſondern
der Fuͤhrer wirft ihn nah Gefallen herum,
oder lege ihn zur Seite, damit er im enden
nicht einfchneide.. Es ift- deshalb auch befler,
Daß der Grindel oben auf den Rumpf liegt,
denn wollte man ihn: darunter befefligen, fo
würde ihn die Kette enimeder klemmen, oder
er möchte zu viel Willen behalten. |
= Da nun der Grindel fo geftelle ſeyn muß,
daß er ſchraͤg Über der Directionslinie EF liegt,
Fig. 6481; die Molderfeite aber vom Pflug
baupte dem Sech in diefer Linie EE folgen
muß: fo fieht man von felbfl, nady was für eis
nem Winkel der Pflugfaften an den Grindel
befefligt werden muß; dieß nennt man den
Pflug ins Seld richten. Iſt der Winkel zu
groß jo greife der Pflug zu weit ins Kand und
macht breite Furchen. Iſt der Winkel zu Fein, .
fo fann man die Eifen nicht ins Land bringen.
Ä Man bat das DVerhältnif von dieſem Wins
kel fo angegeben, daß, wenn man bie. Directi-
onslinie EF, welche die Spitze der Schar nebſt
der Molderſeite 12 befchreiben, bis zur Spiße
bes Grindels 40 fortführte, fo muͤßte der Abſtand
zwiſchen beyden allda 9 Zoll ausmachen. Es
> feheint dieß aber zuviel zu feyn, wenigitens
bringt der Abftand an dem befchriebenen Pfluge
nur anderthalb bis zwey Zoll.
| Veberhaupt ift die Anbringung der Winkel
- ben den Theilen eines Pfluges und deren Vers
Hhaͤltniß unter einander eins der wichtigſten
... Stüde in der Theorie eines Pfluges, deren näs
here Beſtimmung jehr ndchig iſt, und zu weites
rem Nachdenken vorzüglich empfohlen zu wers
den verdient, i |
IO)
2. Plug. 243
10) Dee Grindel wird vermitselft. der
Zuchtkerte oder Zugkette 41 Sig. 6491 am
Vordergeſtelle feſtgehalten.
Dieſe beſteht aus viererley Städen, als:
1) Dem eckig gebogenen Ringe, 2) toelcher
um die Zunge fchließt.
- 2) Einigen Kettengliedern BB)" welche an
jede Seite von jenem Ringe gehangen werben,
und dazu bdierien, daß der Grindel fi) in der
‚ Kette freu bewegen Fann.
3) Einem zweiten Ringe y) ver oben uͤber
den —— paßt, und an beyden Seiten an
die Kektenglieder hängt.
4) Einem an diefem Ringe beweglichen
Nagei d) welcher in die Zuchtlöcher vom Grins
del paßt. |
. Die bier abgezeichnete Zuchtkette ſcheint
vorzüglich gut zu ſeyn; , fie erhält den Grindel
in einer gewiſſen Stellung, , jo daß er doch das
bey fpielen kann; indem der Ning = unten um
die Zunge 26 in z Fig. 6483 gehangen wird,
die Zucht: oder Vorftedlöcher im Grindel 1, I,
1, aber unter ſich gebohrt find, fo giebt dieß eis
nen flärfern Zug, der Grindel wird mehr Yan
bie Are, auch in.die Erde gezogen, und. diefer
Druck kommt dem Zührer zu flatten, wenn er
auf den Pflugfaften vrüdt.
An leichten Pflägen wird ber Srindel ı nur
mit einem Bande von gedreheten Weiden an
das Mordergeftell geheftet, dergleichen flüge
geben dann aber im Grunde ſchwer ‚und doch
ungewiß, find auch übler zu regieren.
Die bisher befchriebenen zehn Theile rechs
net man zu dem Körper ’eines Pfluges; folchen
zu unterflägen und zu fuͤhren dient 11) bas
; Q 2 Vor⸗
244 2. Dig.
Vaordergeſtell, Sig. 6485, woran folgende ee
le vornaͤhmlich in Betracht kommen: . |
a) Die beyden Raͤder. |
b) Die Are oder Spindel.
c) Der Galgen.
d) Das Gezünge.
©) Das, diefe Theile zufammen balsenbe
Geſtell oder der Rumpf.
f) Die Lichte.
a) Die Raͤder pürfen nicht beweglch an
der Axe ſeyn, denn eine kleine Axe ſchliffe ſich
leicht weg, und eine groͤßere wuͤrde ſchwere Raͤ⸗
der erfordernz die in die Mäder fallende Erde
wuͤrde viele Schienen wegnehmen und den Pflug
aufhalten. Es geht deshalb an dem gegenwaͤrti⸗
gen Pfluge eine eiſerne Spille durch die ganze
Ate, welche in der Are beweglich und an bey⸗
den Enden vierfantig.zugefchmiedet if, auf fols
che werden die Räder gefchmieder. Bor den Räs
dern geht vor jedem Made durch die Spille.m,
Gig. 6481 und 6485 eine umgenietete Spiinte
.:2, daß die Mäder nicht ablaufen.
b) In leichterem Erbreiche wird bie Spil
le,£ Sig. 6493 von Holz gemacht, liegt. unter
dem Pfluggeftelle, und wird vermittelft der bey⸗
den Laufringe cd feſt gehalten. Die beyden Mas
ben. der Raͤder find daran gedrechſelt.Dieſe
. Spille, weil fie beſtaͤndig in Bewegung iſt, hat
am mehrſten auszuhalten.
Die Raͤder macht man gern ſo hoch aͤls
möglich, weil an. den .gar zu niedrigen bie Frics
tion flärfer if. Sie dürfen aber: nicht ‚über ei⸗
ne gewiſſe Hoͤhe kommen, weil fonft der Grins
del zu hoch zu liegen kaͤme, und dieß wuͤrde den
Pflug ſchwer machen; es wuͤrde auch die Wen⸗
dung beſchwerlicher machen.
Man
2 Plug. 245
Man hat zwar vergefchlagen, ben Grindel
uster der Axe zu befeftigen, allein fo wuͤrde
die Wendung gar fchwer werden, und der Pflug .
leicht. umwerfen.
An dem befchriebenen Pfluge hat das rechs
te Rad 22 Calenbergifche Zoll, und dieß ift
ſchon eine ziemliche Höhe. |
u Unftatt daß folches acht ordentlich verar⸗
beitete und eingefchobene Speichen hat, pflegt
man ‚in leichterem Erdboden die Mäder mit ei⸗
nem bloß durchgebohrten Kreuße zu machen,
Fig. 6402. 0. welches zwar leichter gemacht,
aber auch unbeftändiger ift. Ä J
Da das rechte Rad e Fig. 6505 in ber
Suche unmittelbar an der Kante her, und das
Pferd g nad aufferhald ‚gehen muß, das .linfe
Rad F aber aufferhalb freu lauft, fo muß bie
Nabe, Fig. 6485. von jenem fürzer, bon dies
fem 'aber-länger feyn. Denn wenn diefes eben
ſo kurz ſeyn follte, fo wuͤrde das Geftell zw,
ſchmabl ſeyn, gar zu leicht ummerfen, und bie
Pferde koͤnnten nicht gleich gerube ziehen.
. Das linfe Rad ift an dem befchriebenen
. Pfluge um zwey Zoll niebriger. An dem in ben
- -Defonom. Nachrichten befchriebenen fächfifchen
Pfluge ift der Unterfchied noch ſtaͤrker, und ber
trägt bey einer Höhe von 18 Zoll, 3 Zoll Fe
ſcheint dieß auch bey hohen Rädern, und mo
tief gepflüge wird, gut zu ſeyn, weil ber Plug
fon zu ſehr überhangen würde,
Das Eleinere Rad an der linfen Geite hat
noch den Nuhen, daß der Pflug ftets die linfe . .
Seite fucht, und fi) dicht an die Kante ſchieht,
. mithin mehr eine gerade Linie hält. .
... Dagegen aber ift die Unbequemlichfeit dae
bey, daß zwey Mäder von ungleihem Durch
| 93 fhnitte °
.
246 2: Pflug: |
ſchnitte, an einer Spille befeftiget, fi ‚air
“ zugfeih umwenden fünnen, das flelgere ad
bfeibe zurüd oder es muß ſchleppen.
Dan raͤth in den Oekonom. Nacht. im
XXXIX Städ, S. 190, das linfe Feing Rad
beweglich an der Spille zu machen; allein, fo
würde der Pflug noch ſchwerer gehen. Es wird
dieſes einer von den Punkten feyn, welcher in
ber Theorie der Pfluͤge eine nähere Ueberlegung
uzulaͤßt, ob eine Werbefferung möglich fey?
| o) Der Pfluggalgen dient zu . Befefti-
gung der Leitſchnuͤre, und zu Erhöhung und
Stellung des Grindels. | no.
Die Leitſchnuͤre werden durch die” beyden
Ringe gezogen, Fig. 6494. 36. Anftätt der
Ringe koͤnnen auch kleine durchgebohrte Hoͤlzer
in den Balken geſteckt werden, Fig. 6494.'n.5
oder man ſteckt Tinen Bügel von Weidenholz in
- den Balfen, wodurch das Leit geht.
| Mo die Pflüge mit DOchfen oder mit drey
oder vier Pferden befpannet werben, mithin der
Fuͤhrer ſolche nicht felbft regiert, folglich bie
Leitſchnuͤre wegfallen, fehlt an den Pflägen der
- ganze Galgen zu Zeiten, und der Grindel ruht
frey in einer Fleinen im Holze gemachten Aus⸗
hoͤhlung k, Big. 6493, damit er nicht auswei⸗
chenkann, ‘wie an dem mehr ermähliten fächfis
ſchen Pfluge: oder es werden aud in des Mits
te des Rumpfes ein paar 3 bis 4 Zoll ‚länge
‚ hölzerne Naͤgel eingebohre, an welche der Grin⸗
“del ruht. Man kann aber fodann den Grindel
nicht nach Gefallen nach einer oder andern
* Seite ſtellen und richten. '
‚Der Balken und die darin befindliche Deffs
"nung dienen au, um das Beil zu verwahren,
“welches bey jedem Pfluge. bey ber Hand 7
mu
2. Pu. 247
muß. Big. 6485. 38. Un ben Pflügen, woran
der Balken und bie Lichte zu Stellung des
: Grindels durchbohrt find, ſteckt das Beil außer⸗
halb an, dem fo viel verlängerten Balfen Im
in 0, Fig. 6494
d) Der Hnuhen des Gesönges it ſchon
oben gezeigt worden.
Es iſt ſolches und vornaͤhmlich die Leyer
ba noͤthig, wo der Galgen fehlt, und der Grin⸗
del auf dem Pflugfaften an einer Stelle liege.
Bo vier Pferde vorgefpannt werden, iſt vorn
-am Arm noch ein Kloben g, Sig. 6497 , worin
eine Deichſel befeftige wird, an der bie pordern
Pferde oder Dchfen ziehen.
Unter der Zucht wird an einigen Orten
noch ein Kinie.q, . Big: 6492. angebracht, wel⸗
bes zugleich dienen kann, um den Kloben an
der Zunge zu befefligen.. Der einzige Tuben,
‚den biefes Knie har, iſt daß e8 beym Wenden
. mit dem Pfluge, wenn bie Pferde nicht ziehen,
verhuͤtet, daß die Spitze der Zunge oder Zucht
nicht in die Erde, faffet.
| e) Das Hauptholz, woran biefe übrigen
heile befefliget “werden, nennt man das
fluggeſtell oder den Rumpf. |
Dieles iſt an dem befchriebenen Pfluge
"nur ein leichtes. Holz, in Geſtalt einer Achſe,
‚weiches durchbohre ift und die Spindel durchge⸗
hen läßt, bey leichtern Pflügen ift es unten
hohl ausgearbeitet, und bie bouerne Spindel
laͤuft frey darunter. Fig. 6494.
An beyden Seiten tritt das Geſtell über
die Nabe vom Made, damit ber Sand niche
an die Spindel falle.
Zwey eiferne Arc oder Pfluggeſtelltinge,
Fig. 6485. 24. möflen umgelegt werden, fpnft
Q4 moͤchte
248. 22. Ping:
moͤchte bas Geſtell aufberſten. Ben Pflaͤgen,
wo die Spille frey laͤuft, nennt man dieſe Rin⸗
ge Laufbaͤnder, an deren Stelle man ſich in
a oargenden mit umpeflöchtenen Weiden des
bilft
Un dem mehr erwähnten fächfifchen Pfluge
beſteht das Geſtell aus einem hohen ſchweren
Stuͤcke Holz, welches aber den Pflug mehr bes
-fchwert, und meniger Bemädhlicsteiten hat;, als
der beichriebene Pflug. Fig. 6493. a
Sn fehe mageren Gegenden, wo bie Pilds
ge von Ochſen gezogen werden, kann ein unter
dem Grindei angebrachtes Knie von Holz - den
Mangel des DVordergeftelles erfeßen.
Mortimer beſchreibt einen Pflug aus
Suffer, woran vorn nur ein Rad ifl.
N Die Lichte, Fig. 6487. 6494: €.
ift ein bännes, auf den Rumpf loſe auflies
gendes Bret, vermittelft deflen ber Grindel
erhoͤhet oder erniedriget wird. |
Der rechte Gebrauch der Lichte if ſchon
oben, S. 216, gezeigt worden.
An dem beſchriebenen Pfluge hat die Lich⸗
te genau die Länge, daß fie, wenn fie wegge⸗
nommen wird, welches fo oft, als der Pflug an
die Wafferfurchen fommt, zu geichehen pflegt,
auf den Grindel gelegt wird, und mit dem eis
nen Einichnitt an das Seh, mit dem andern
aber an den Kopf der Griesfäule paßt.
Hiernähft find nachfolgende Nebentheile
eines Pfluges zu bemerken, als:
12) Die Schleife.
13) Der Reitel.
14) Das Pflugsbeil.
15) Die Steife.
16) Die Vorlegwage.
| Die
Die Schleife befteht: aus zwey in einans
ber gefugten Stangen, oder wirb aus einen
Doppelt ausgewachfenen Afte gemacht, eine Seite
ift etwas länger und hält ungefähr 8 Fuß, fie
dient, um fie bey dem zur Seite gelegten: Hits
tertheile vom Pfluge zwifchen den Grund und
den Sturz durchzufteden, daß der Pflug bars
. auf ruht und fchleift, mithin bequem von einem
Orte zum andern geführt werben kann. Es wird
an der einen Seite ein hölzerner Nagel einge
jeplagen, der hinter den Sturz faßt und fell
hält, Ein eiferner fohabt in Pen Sturz -Die
längere Stange wird die eigentliche Schleife,
das eingefhhobene Stäf aber das Schmerdt
genannt. Man hat in fandigen Gegenden auch
wohl ein befonderes Hintergeftell mit zwey Raͤ⸗
dern. Ä |
Der Reitel ift ein nothwendiges Stuͤck,
um das Streichbret und die Schar rein zu
halten. Wo man fi) deſſen flatt des linken
Sturzes bedient, muß der Stod von zähem,
ſtarken Holze feyn, man pflegt einen Stock zu
nehmen, dee oben an der Seite ausgewadjjen
ft, um ihn deſto feichter :führen zu koͤnnen.
Sig. 6503: u Ä
Das Pflugbeil, Zig. 6495. 38. muß der
. Sührer ben der Hand haben, wenn etwag am
Pfluge losgeht, wenn die Keile zu verändern
find, oder wenn die Pflugſchar Scharten bee
kommt.
Die Steife iſt ein Stuͤck Hol;, welches
vorſichtige Hauswirthe, wenn der Pflug nicht
gebraucht wird, unter die Zucht ſtellen, damit
ſolche nicht ungleich, noch die Lage windſchief
gedruͤckt werde: denn ſobald ſich ein oder ande⸗
rer Theil am Pfluge nur etwas wirft oder
| D’5 zieht,
250: 2. Pflug...
: ziegt, macht folches fofort im Gange bes Pflus
s ges. eine Aenderung. An den Pflügen, mo ein
»Knie, Fig. 6492, ‚unter der: Zunge angebracht
iſt, vertritt ſolches die Stelle der Steife.
.% Die VDorlegewage, Sig: 6481. 33. ift mit
“9: Schwengeln verſehen, woran die Pferde ge⸗
fpannt werden; wo mit Ochſen gepflüge wied,
"muß am: deren. Stelle eine Deichfel eingefchoben
"werden, an. welcher das och befeftigt wird,
woran die. Ochjen ziehen. Ze
U» Bey Stegerberg, wo man bren Pferhe in
dee Reihe fpannt. ift eine eigene Art Wagen
gebräuchlith ,.. welche von einer eigenen Geftalt
At, die füh aus der Figur 6498 .beurtheilen _
"fügt. Man kann dadurch den Pflug rechts und
links ftellen, auch vermittelſt der Doppelten in
der Wage und dem Schwengel befindlichen. Loͤ⸗
cher "einem ſchwaͤchern Pferde bie Arbeit ſehr
-erleichtern. zarte '
=: Bo alle Pferde vor einander in einer Lis
nie geftellt werden, ift eine andere Einrichtung
nöthie. > —— on
Rennen wir die nothwendigen Eigenfchafs
ten. eines Pfluges sunzd: deſſen Theile nebft deren
Nutzen, fo Fann ein jeder Hauswirth überlegen,
"eb ee nach Beſchaffenheit des Erdreichs an ſei⸗
nem Orte an den gewöhnlichen Pflügen einen
« oder. andern Theil einfchränfen dürfe.
u 2.8 iſt viel Daran gelegen, einen Pflug fo
wenig wie möglich Foftbar zu machen. Ein je
“der Theil. alfo baren, der ganz uͤberfluͤſſig, oder
ber mwohlfeilee eingerichtet werden Fönnte, ver⸗
mehrt die Koften unnöthiger Weiſe. |
”. — Aus biefer Urfache bringt man fo wenig
- &ifen ale mögfid, am Pfluge an, fonderlih mo .
das Bien felten und bie Eiſenarbeit Fofibar
| e: 0 iſt.
2: "Pflug - at
iſt. Alſo kann man im Teldjten Sanbläne, mo
nur flach gepfläge wird, das Mefjer det Scch
gar entbehren, auch die Pflupfchar Ieiäter und
tleiner ‘von Eifen machen, woraus die, Hafens
pflüge entſtehen. In’ fehwärger, „leichter ‚Ede
ann man faſt alle” elferne"Soblen und Stier
nen; auch Vorſtecknaͤgel erfparen, auch das Holz
werk. leichter maden.
“3830 der Pflugbaffen und Galgen entbehr⸗
tich iſt, fpatt man ſchon einige eiferne, Ringe,
Krampen und Nägeh, . " .,
: MWenn die Spindel don. Holz dinreicht, fo
ift ſolche weniger koſtbar als eine eiferne. Ks
werden die Naben glei daran gedredhfeft, und
„bie 4 Speichen, welche das Rad hat, harin bes
feſtiget. Man ſpart Alfo alle eiſer i
Naͤgel daran. u ;
3In ſandigen Gegenden behiffe man ſich
mit unbefchlagenen Rädern, und mache fie wothl
gar aus "einem: maffiven Städt, welche aber
ſchwerer find. i ° —
An einem ſaͤchſiſchen Pfluge, wo die Pflug⸗
lade aus einem maſſiven Stuͤcke Hol; von 14
Fuß breit, 1 Fuß 2 Zoll hoch und 3 Zoll did
befteht, Fig. 6492, haben die Pferde eine. Laft
‚von ungefähr 600 Eubifzol Holz mehr zu zie⸗
“hen, als die unfrigen.
Durch Weglaffung des rechten Grurjes
wird der Pflug mohlfeler und leichter.
Hoͤlzerne Nägel kann ſich der Bauer ſelbſt
machen;iſt ein Stuͤck von Eiſen verloren oder
zerbrochen, muß er bey einem Schmidt ſchon
Seid dafür bezahlen, und, um es machen zu
faffen, den on einem Andern Orte wohnenden
Schmidt aufſuchen.
30
252. 2. Mag
Bey Hannover in bem fanbigen "Lande
“ findet man Pflüge, wo der Grindel unmittelbar
"auf deni Rumpfe, Big. 6494. c. zwiſchen zwey
eingebohrten hölzernen Nägeln ruht, und Lichte,
Stendel und alles Zubehör fehlt. In tightem,
ndisen Boden wird der Grindel. wohl mit
gedreheten [Weiden ſtatt ber Zuchttette an. das
Boraegeſten befeſtigt.
‚Wir werden biernach auch erklären fönnen,
"weißes der. vollkommenſte Ki für jeden ‚Det
feh. “Ein vollfommener Plug ift aber nur «in
„‚Joler, woran Fein. überfläfliges Städ iſt; wor⸗
n fein nöthiger Theil‘ fehlt, und. woran alle
A in gehoͤrigem Verhaͤltniß und Staͤrke,
auch nach den erforderlichen Winkeln ſo ver⸗
bunden find, daß der Pflug nicht koſthaͤr und
doch befländig und dauerhaft ift; und daf das
mit gefchwind, leicht, ordentlich, gut. und rein
geofluͤgt werden kann.
Wer demnach dieſen Pflug tadelt, und
daran ein neues Stuͤck eingefuͤhrt oder ein an⸗
deren verändert wiſſen will, muß zeigen;
1) Daß folches Stud nochwenbig ſey, und
einen augenfcheinlichen Nutzen habe,
3) Daß das abzufchäffende entroeber über:
glg ig oder weniget nüßlich fen.
3) Daß die neue Einrichtung ben Pflus
weniger koſtbar, oder doch
9 Dauerhafter und brauchbarer mache,
„indem,
5) Der Pflug dadurch beffer- ober leichter
geſtelle oder regiert werden kann.
‘In wie fern ſich nun nuͤtzliche Veraͤnde⸗
rungen bey dem Pfluge anbringen laſſen, wer⸗
den wir gleich im Folgenden ſehen.
Bu.
2 Plug, 293
in re
‚ Befdneibung des Smallidyen Pfluges )..
Die vorſtehenden Bemerkungen uͤber den
Plug und deſſen Theile: waren die Ideen des
Herrn von Muͤnchhauſen, wie er ſie in
dem Hausvater. aufgeſtellt hat. Jetzt wollen
wir zu einigen neueren Pfluͤgen und den Gruͤn⸗
den uͤbergehen, warum man dieſe oder jene we⸗
ſentliche Aenderungen gemacht hat. Ich wende
mich zuerſt zu demn Smallſchen Pfluge, den:
der Herr Staatsrach Thaer a. a. O. fo vor⸗
trefflich beſchreibt, und ihn mit ſehr ſchaͤtzbaren
Belehtungen uͤber den Pflug uͤberhaupt begleitet.
Zur Verhuͤtung der Mißverſtaͤndniſſe be⸗
merkt der. Here Staatstath über die: Benen⸗
nung der einzelnen Theile zuerft folgendes:
„Denjenigen Theil des Pfluges, welher in’
dem Erpboden hergeht und die Trennung und
Umwendung des Erdſtreifens unmitttelbar bes
wirft, nennen wir ben Körper des Pfluges;
Andere, z. B. v. Muͤnchhauſen, den Pflug:
kaſten |
„Zu bemfelben gehört das Meſſer, fonft
Voreifen, Sech, Säge, Rolter genannt. Wir
unterſcheiden daran, wie bey jedem Mefler, den
Griff, wodurch es feine Haltung erhält, und
die Nlinge, womit es wirft. Sodann feine
Schneide, und feinen didern Ruͤcken; endlich
feine linke oder Landſeite, und feine rechte
oder Surchenfeite. -. | | |
„Das Schar, „Hintereifen, Pflugeifen.
Wir bemerken daran den Griff, wodurch . es
am Pflugkörper befeflige und damit verbunden
| wird;
e) Man fehe Dr. U. Thaer's Beſchreibung der nugzbar⸗
fen neuen Adergeräthe. _ 1 Heft." Hannover bey Hahn
ee; 4 mit 9 Kupfertaf, € u fl, und tab. 1-5, '
254 2. Pfug.
wird; und bie Schneide, welche gewoͤhnlich .ein
rechtwinkfichtes Dreye ausmacht, moran folgs
‚Hihrdrey Seiten, die mehrencheils ſtumpfe Land:
. feite, die-fchräg fihneidende Seite und. die Hin.
‚tere Seite, welche e8 mit dem Griff verbindet,
nnd zwep ſpitze Winkel oder Eden, naͤhmlich
der vordere oder die Spitze des Schars, und
der zur rechten Seite, in Betracht kommen.
- ‚Man nennt dieſes Dreyeck auch wohl bie Fe⸗
der des Schars.“
„Diejenige Seite des Pflugs, ‚womit. er
.am feſten Lande hergeht, heißt die Kandſeite
oder die linke Seite, auch wohl bey einigen die
Molderſeite. Dasjenige Bret, welches, wenig⸗
ſtens an den meiſten Pfluͤgen, den Körper des
Pflugs auf diefer Seite fchließt, wird baher
von den meiften das Molderbret genannt. Wir
. werden diefe Seite die linte Wand nennen,
die bey unſern Smallfchen Pfluge aus meh:
reren Stüden befteht. Nur bey wenigen Pfluͤ⸗
‚gen ift diefe Seite, fehlerhaft, ganz offen.“
„Die andere, fchräg abftehende Seite des
Pflugkoͤrpers, welche vom Streichbrete gebildet
wird, beißt die rechte oder Furchenſeite. Dieſes
Streichbret wird auch das Strichbret, Muhl⸗
bret, Keeſterbret, oder Ohr genannt.“
„Die vordere ſpitze Ecke, welche das Mols -
derbret und das Streichbret zuſammen bilden,
heißt die vordere Kante des Pflugs. Zuweilen
wiird dieſe auch allein gebildet durch - |
„die Sätile, Gries⸗, Griff⸗ oder Haupts
ſaͤule, „welche alle Theile des Pflugfürpers unter
fih . und felbigen mit dem Baume verbindet.
Sie hat die größte Gewalt auszuftehen, und
muß dem Ganzen die Haltung und Seftigfeit
geben.“ .
2. Pflug. as
„Bon untenzu betrachtet, bemeffen wir an
dem Pfluge auf der Zandfeite das Heft der .
das Pflughaupt, das Hoͤft, das Heut, das
Pflugholz genannt. Selbiges iſt an allen guten
Pfluͤgen mit Eiſen; oder doch mit einer eifernen
Schiene belegt. Einige nennen dieſe Schiene
die Sohle. Wie werden aber Sohle des Pflugs
Die ganze untere Fläche, der Lanpfeite ſowodl,
als des Streichbrets nennen, mit welcher der
Pflug horizontal auf dem Boden ber Furche
herftreicht. Wegen der Aehnicchfeit mit einem
Sufe nennt man den hinteren Theif biefer
Sohle den Hacken, den vorderen, woran das
Schar befeftigt ift, den Zehen oder bie Spitze.“
„Der Pflugkörper . wird vermittelt ver
- Säule und der linken Stürse mit dem Baum
verbunden, welcher auch Bringel, Brindel ge
nannt wird. Die Mitte deflelben, wo das Mefe
fer und die Säule eingezapft find, und wo er.
folglih am dickſten zu fenn pflege, wird ber
Bauch genannt, Mach vorn und nach hinten
läuft er abgefhrägt zu, und man :unterfcheider
feine vordere und hintere Spiße.“
- „Die Hanphaben, momit der Pflug vom
Führer gehalten und gelenft wird, heiffen -die
Stürzen oder Sterzen, auch wohl Schwänze.
Die linfe Stürze ift die weſentlichſte, und in
felbiger ift der Baum eingezapft. Sie heißt das
ber auch wohl vorzugsmeife die Dflugftürze,
und die rechte, weiche an mandyen Pflügen ganz
“fehle, die Sproffe“ '
Ueber den Nutzen und die Entbehrlich⸗
keit Des Vorgeftelles und der Räder am
Pfluge bemerkt ver Here Staaisrath Thaer
folgendes,
„Der
256 2. Pflug.
„Der Gegenſtand dieſer Abhandlung find
vorzuͤglich die. raͤderloſen Pfluͤgt, welche die Eng⸗
‚länder Swing-Ploughs nennen. Man kann Dies
. fen. Uusdrud, wenn auch nicht ganz in bem
Sinne, doch füglic im Deurfchen beybehalten;
da der Baum an der Zuglinie des Pferdes *
wiſſermaßen auf. eine ſchwingende Weiſe befe⸗
ſtigt iſt und vorn auf nichts ruht. Ich werde
ſie daher Schwingpfluͤge zum Unterſchiede der
RWoͤderpfluͤge ſowohl, als auch derjenigen nennen, .
welche durch eine einfache oder doppelte Deichs
fel nahe am Zugpunfte der Thiere befeftige find,.
. und Dadurch fieif erhalten werden.“
„Diefe Schwingpflüge. find. in Deutfchs
fand, bis auf einzelne Gegenden, nody völlig
unbekannt, und man hält das Vorgeſtell mit
- feinen Raͤdern für einen weſentlichen unentbehrs
lichen Theil eines Pfluges. . Wir müflen daher
zuvoͤrderſt unterfuchen, cs ben wirklich fo fen,
oder ob wenigſtens das Mordergefiell zur moͤg⸗
lichſten Vollkommenheit des Pfluges unter al
‚ Ien oder unter einzelnen Umſtaͤnden etwas bey:
trage.“ . |
Der Dußen deſſelben kann nur auf zwey⸗
erley Weiſe gedacht werden: . - _
1) Es kann die Kaft erleichtern ober ben
Widerſtand' mindern. | |
23) Es fann den Pflug in feiner zweck⸗
mäßigen Richtung flätiger erhalten.
„Bas den erſten Vortheil betrifft, jo fins
bet man zwar, daß er von vielen Menjchen hoch
angefihlagen wird. Mancher Bilder fich ein, daß
‘ein Pflug mit Rädern gegen einen räderlofen
ſich wie ein Wagen gegen einen Schlitten ver:
halte. Aber Mäder fönnen nur als cin Hebel
auf diejenige Laſt wirfen und fie erleichtern,
| | welche
Mu 257
“welche auf ihnen ruht. Ein Schliften, hinter ein
Wagengeſtell gebangen, wird um nichts erfeichs .
tert, vielmehr das Ganze um fo viel erfchmwert,
: als der Zug des Wagengeſtelles berräge. Man
muß durchaus der -Echlutten auf den Wagen
[eben um ihn mit minderem Kraftaufwande
ortzugiehen. Vom Pfluge ruht nun nichts auf
dem Vordergeſtell, als die Spike des Baumes,
die ohnehin Ihon in der Richtung flehen muß,
in welcher fie auf jenem liegt. Wir werden als
lerdings fehen, daß fie zuweilen mit großer Laſt
auf das Vordergeſtell druͤcke. Aber diefe Laſt ft
eine, durch die Richtung der Zugkraft mircelft
des Borgeitclles feibft bewirkte Laſt, und alfo in
mehrerer Hinſicht eine Verjhmendung der Kraͤf⸗
te.“ ie fiu..
»Es muß zwar jedem, der die erſten Gruͤn⸗
de der -Mechanif‘Fenht, von ſelbſt einleuchten,
dag die Mäder am Pfluge nichts” zur Erleichte⸗
ruüg dee Laſt beytragen, ımd daß der gemeine
»Glaube., als thäten fie dieß, ein bloßes Vorur⸗
Otheil ſey. Man pflegt aber Doc, die Bermehrung
- des Lafl, welche durch das Vorgeſtell Bervorges
bracht wird, nicht Hoch genug anzufchlagen "ins
"dem man nur auf das Gewicht deſſelben und
: die gewöhnliche Friction, die es zu beftehen har,
Ruͤckſicht nimmt, welches denn -freylich mitrelft
der Raͤder unbedeutend zu werden ſcheint. Aber
nieht. hierducch, fendern durch Die. verdoppelte
Abweichung der Zuglinie von der horizontaken
"Binie, wird die Erſchwerung der Laſt oder die
Verſchwendung der Kraft hervorgebraht. Der
"Zug des Arbeitsviehes geht nähmlicd von dem
NPunkte, womit fie ziehen, nieberwärts zu den
Punkte, wo der Schwengel am Vordevbgeſtell Bes
feſtigt iſt; vom Vorgeſtell wieder aufwaͤrts: zu
Oec.techn. Enc CXI. Theil, R dem
a5sß8 2.. Pflug.
dem Punkte, wo der Baum mittelſt einer Ket⸗
te mit dem Vorgeftell duch. einen Einſtecknagel
jufammengebangen ift; und von diefem Punkte
durch den Yaum wieder niederwärts zum Pflug:
förper auf den Punkt, mo ſich der Widerſtand
. der Erde hauptſaͤchlich concentrirt.“
„Die Laft oder der Miderftand, welchen
bie Zugkraft zu überwinden bat, wird folglich
Pr] w
durch das Vordergeſtell vermehrt; und zwar bes
‚ trächtliher wie man glaube.“
„Vermuthlich if alfo das Vordergeſtell
nur der Richtung des Pfluges megen, und um
. ihn in diefer ſteten Richtung zu erhalten, bisher
. beubehalten worden, -und diefer Vortheil wird
‚ vielleiht alle die Machtheile, welche aus ber Er
> - -
fchwerung der Laſt und der mehreren Zufums
menfeßung her Mafchine entfliehen, aufmiegen ?“
„Wie wollen unterfuchen, we und in wie
. fern dieß der Fall fen.
„Wenn die Spitze des Schars in, ber Er⸗
de eine ganz ‚geringe Abweichung von ihrer Dis
rectionslinie, entweder nad). oben oder unten,
oder nach der Seite machen foll: fo muß, Pie
Spiße des Baums. eine weit -beträchtlichere. mas
chen, : ober einen. viel weiteren Zirfeibogen be
fehreiben, — um fo meiter, fe länger der Baum
. oder die Entfernung feiner Spiße vom Centro
iſt. Wenn, daher die Spitze des Baums. fo feft
. in. ihrer Richtung gehalten wird, daß ſie feine
beträchtliche ‚Abweichung, machen kann, ſo muß
auch das Schar in. der- feinigen bleiben. Ein
-
Widerſtand folglich), den das Schar nicht über:
winden, fondern dem es weichen würde, wenn
die Zuglinie unmittelbar an felbigem befeſtigt
wäre, wird durch den Hebel, den der Baum
.
w
ausmacht, überwunden. Ze länger alſo der
| 0 Bgm:
4
2. Plug. ag9
Baum und je flärfer die Haltung: ifk;: den die
Spitze des Baumes bat, um deſto fchmwerer
kann das Schar von der Richtung abweichen,
„ welche ihm Durch die Richtung des Baums ges
geben wird. Dieje, Haltung wird aber - Durch
dos Vorgeftell beträchtlich verſtaͤrkt, indem bie
Spiße des Baums auf ſelbiges feſt herabgezogen,
von unten aber fo unterſtuͤtzt wird, daß fie ſich
unmöglich fenken Fan.“ —
„Da das Schar der Richtung des Baums
durchaus folgen muß, und ein Fehler in ſeiner
Tendenz; durch die groͤßere Kraft, womit der
Baum wirft, verbeſſert wird, ſo kann eine feh⸗
lerhafte Tendenz in Anfehung dee Wirkung
nicht fo leicht von. uͤbeln Folgen ſeyn. ‚Ein feh⸗
lerhafter Bau. oder Stellung des eigentlichen
Pfluges, det dem Ungeuͤbten fo leicht nicht aufs
fällt, «wird durch die Sichtung bes Baums, bie
man mittelft des Vorgeſtelles leicht reguliren
kann, überwunden, Auch ein fehlerhafter Druck
dder Haltung von Seiten des Führers wird,
. wenn er nicht: zu arg iſt, durch das Gegenge⸗
wicht an der Spitze des Baumes Übermogen:
da. dieſe einen andern Hebel ausmacht, als bie
Stuͤrzen, zumahl wenn: fie. nach der. gewoͤhnli⸗
hen Art am Haden- des Pfiuges'befeftige find,
und faft Herpendiculär ſtehen. Indeſſen erſchwert
jene fehlerhafte Tendenz, hie der eigentliche Pflug
‚in der Erde durd feinen Bau und Haltung
bekommt, den Widerſtand nach Verbäftnig, und
‚ gefordert :eine fo viel größere Kroftanficengung,
.. um ihn zu uͤberwinden.“ .
Es hat alfo allerdings das Vorgeſtell durch
die feſtere Haltung, welche es der Epiße des
Baus gibt, und durch die mehrere Schwierig,
.„Beit, welche es feinen, Abweichung entgegen ſielit,
Na auch
"1. To 2, Pflug,
„auch wegen ber leichteren Beſtimmung feiner
Richtung, - in gewifler Hinſicht beträchtliche
Vortheile.“
2.0 der genauerer Erwoͤgung findet man aber
- auch Machteile, die um fo mehr in Anfchlag
zu bringen wären, wenn es ſich zeigen follte,
„ daß jene Wortheile auf eine: ändere Weile er⸗
ſetzt werden koͤnnten.“
„Daß durch das Borgeftell die Laft des
. Oänzen beträchtlich erfchwert, und ein Theil der
—. Kraft verſchwendet werde, ift oben erwieſen.“
— . „Auch wird der’ Widerſtand durch jede
fehlerhafte Richtung den’ Pflugs in der Erde,
- Die aber «durch. die KRichtung des Baums meh⸗
rentheils uͤberwunden und daher fo leicht uͤberſe⸗
hea wird, erſtaunlich vermehrk. Mancher ſieht
und fuͤhlt es deutlich, daß: kin Pflug, der’ einem
. andern im Ganzen aͤhnlich iſt, viel: ſchwerer ale
:;"biefer geht, ohne ben Fehler zu entdecken. Er
Nliegt dann mehrentheils in: einer verſchiedenen
Tendenzdes Pfluges ſelbſt, gegen bie des Baus
mes. Ohne Vergeſtell märde jener Fehler leicht
auffallen, =:weil er durch'die Abweichung - des
- Baumes. bemerklich ‘werden würde Mit" etnem
Vorgeſtell wiss er oft: mit eher bemerft, "als
‚. bis der:Pflug durch die: ‚Gewalt ber ‚entgegen:
geſetzten Richtung bricht.“ re er
— „Der Pflug ˖wird ferner durch das Vor⸗
geſtell zuſammengeſetzter, unter uͤbrigens gleichen
Unmſtaͤndem koſtfpieliget“imnd zerbrechlicher.
„Auſſerdem aber verliere der Fuͤhrer durch
das Vorgeſtell einen großen! Theil der Gewalt,
die er Über: dem raͤderidſen Pflug hat. Der gane
. je Pflug muß der Richtung folgen, die ihm bas
Vorgeſtell gibt. Wenn dieſes auf einem Aneb⸗
nen Boden hoͤher oder niedriger zu ſtehn Fon
I... 0:
2. Pflug, 261
ſo muß bie Spitze des Pfluges fi ebenfalls
. heben over. fenfen, folglich der Pflug aus hem
Boden heraus, oder zu tief eingeben. Man be⸗
merkt bieß am deutlichfien, menn. man gewoͤlbte
Beete, oder folde, die breite Furchen haben,
. „quer ducchnflägen will, Wenn die Raͤder höher
geben, als der Pflug fteht, . fo -faßt er ‚wenig
Erde, oder geht ganz heraus. Gehen bie Mäder
. in die Tiefe jo dringt die Spitze ‚des Pflugs
.. in loferem. Boden zu tief ein, oder wo fie dag,
. der feiten. Unterlage wegen, nicht, kann, wird
die Sohle des Pflugs völlig herausgehaben, ohe
„ne daß die ganze Kraft des Fuͤhrers, momit er
ſich hinten anzulegen pflegt, es verhindern kann.“
. nXeßteres gejchieht ebenfalls, wenn das
Schar in feiner Richtung einen Widerfland,
. etwa einen Stein, anteifft, den es nicht nieders
brüden oder an die Seite fchleben fann. Seine
Spiße kann fich nicht, wie beym Schwingpflug
durch den Drud won oben, ader durch eine ges
linde. Richtung, die ihm der Führer gibt, nad)
‚ unten fenfen, und fo. den Stein in. die Höhe
beben. Es fchleppt den Stein oder die Wurzel
fort, oder es muß heraus. ‚Sndem der. Wider⸗
ſtand die Kraft des Zuges Übermiegt, und dieſe
nachlaͤßt, preilt das Worgeftell etwas zuruͤckz
„Der Zug der Kette läßt auf dem Baume etwas
nach, die Spiße des Baumes. hebt fich, mic ihm
‚die Spiße des Schars, und der Pflug. gebt im
‚folgenden Momente. des Zuges: ans dem Boden.
. Dieß erfolgt fogar bey: fehr gebundenem, verhaͤr⸗
‚teten Boden häufig.“
| „In ſolchem Boden Hält daher das Ein:
bringen des Raͤderpfluges aͤußerſt ſchwer. Man
„muß ihn oft bey jeder neuen Furche umftellen,
„und ihm eine tiefere Dichtung: geben, als. er
| R3 haben
a
1.17 d. Plug:
..
}
”
fr-
oo.
haben SU, weil fonft die Soitze Über dem Bo:
Yen weggleitet. Der Drud, womit die meiften
‚Pflüger es hinten Zu jwingen ſuchen, iſt vere
geblich, denn die Spige kann ſich dadurch nicht
fenfen. Der Schwingpflug braucht nur hinten,
vermöge des langen Hebels feiner Stürzen, eis
was gehoben ju werden, um der Gpiße die
Tendenz in dem Boden zu geben“
‚_. „Endlidy tritt in’- Antehung des Merhält:
niſſes der Räder zu eınander'eine große Schivies
rigkeit ein.“ Ste koͤnnen entweder von zleicher
bdder ungleicher Höhe ſeyn. Im erſtern Kalle
hekemmt das Vorgeſtell eine ganz ſchiefe Rich⸗
fung, wenn das rechte Rad nur in einer vier
Zoll tiefen Suche gebt. Die Loft falle größtens
‚ theils auf dieſes Rab; «es fchiebt fi immer
Nrechts in die Zurche hineinz die Sricrion mird
fehe vermehrt, die Nabe ſtark abgefchliffen. Wo
man alſo nicht aͤußerſt flach pfluͤgt, da wird es
nothwendig, das rechte Rad höher zu machen,“
„Wenn aber die Mäder nicht von gleichem
Durchmeſſer find, fo laufen fie nicht gfeichmäs
fig um. Sind fie auf einer umlaufenden Wal
ze befeftigt, fo daß diefe, nicht die Räder, be⸗
weglich ift, — was in mancher andern Ruͤckſicht
wieder Borzäge hat: — fo entftehr eine Zirkele
bewegung, wie durch einen Segel, der um feine
- Spiße läuft; und um mitzufommen, muß ta
linke Mad zum Theil ſchleifen. Die Räder lau⸗
fen immer zit: linfen Cette; und werden dann
ploͤtzlich durch einen Müc wieder "zur. rechten
Seite hingezogen, mie man deutlich ander
Schlangenlinie wahrnehmen kann, die das linfe
Rad auf ſtaubigem Boden bildet. Daß hier⸗
durch die Friction auf mehr als eine Weiſe vers
mehet werde, auch ber Pflug ſelbſt kleine, wenn
9
gleich
2. 2863
“ ‚gleich unmerkliche Abweichrngen von der graden
Linie erhalte, "brauche ich wohl nicht zu erwei⸗
fen“ ‚ N
die Pflüge felbft werden dadurch ſehr angegrifs
"fen und durch das häufige Keilen und Klopfen
bald wacklig.“ oo
0, MBenn man alfo jene einzigen Vortheile
des Näderpfluges, nämlich eine feftere, gerddere
-- Richtung und Gang beym Pfluge ohne Raͤder
‚erreihen kann, fo wird er ohne Zweifel Vorzuͤ⸗
"ge vor jenem haben, da alle vorermähnte Nach⸗
teile des Näderpflugs wegfallen.“ |
- „Die Möglichkeit it da, wenn alle einzels
nen Stuͤcke des Pflugs mit Genauigkeit und in
gehoͤrigem Verhaͤltniß gearbeitet und zweckmaͤßig
zuſammengeſetzt find; zugleich aber der Pflugs
führer durch den flärfern Hebel, den er in ber
Hand. Hart, das Mermögen befommt und bie
Aufmerkſamkeit anwendet, alle Abweichungen bes
Pflugs, die bey zufälligem ungemöhnlichem Wi⸗
deitande möglich find, fogleich zu verbeſſern.“
„Ein richtiges und genau beobachtetes Ver⸗
haͤltniß aller Theile ift ben. diefen Schwingpfluͤ⸗
R4 | gen
284 22 Ping.
gen eine weit unbedingtere Forderung, als ben
Raͤderpflaͤgen. Der geringite Seyler daran, Ten
man bey einem Roaͤderpfluge kaum entdeden muͤre
de, macht diefen Pflug glei unbrauchbar. Das
" her muß das Verhältniß feiner Theile fo. genau
unterfucht und angegeben werden.“ —*
„Was die Geſchicklichkeit des Führers ‚ber
trifft, ſo iſt fie von der Art, daß fie fich ein
noch einigermaßen gewandter Menſch in wenig
" Stunden erwerben Fand. Ich habe Davon viele
‚ Benfpiele gejeben. Am, leichteften wird es ſylchen
Leuten, die fid) noch niche, an den Druck pel⸗
. hen, befonders fehlerhafte, Raͤderpfloͤge erfor⸗
been, gewöhnt haben. Wer feine Arme, und
:, Kräfte bey dem Pfluge fortdauernd anffgewgen
will, wird. nie mit diefen Schwingpflügen. ‚ogheis
- ten koͤnnen. Ein augenblidliher Drug ;ift din⸗
teihehd, wenn der Pflug aus feiner Nichtung
fommt, um ihn wieder hineinzubringen, Aufs
‚„ merffamfeit aber wird mehr wie beym Raͤder⸗
pfluge erfordert. Weil er aber die Aufmerkſam⸗
keit immer beihäftige und unterhält, ſo wird
mit diefem Pfluge weit feltener ein Fehler. ‚ger
macht, als mit dem Mäderpfluge; denn ber. ge⸗
ringſte Fehlet führe zum aͤuſſerſter, zum. Stefs
Fenbleiben oder zum Herausgleiten des ganzen
Pfluges. Bald wird aber auch dieß dem Kührer
mechaniſch. Ohne die Aügen darauf zu richten,
fühle er jede Abmeichung, die der Pflug machen
will, und daß Gefühl reißt ihm gleihfam uns
mittelbar zu der erforderlichen Gegenwirkung.
Die ganze Schmwierigfeit von Seiten des Fühs
rers beruht darauf, Daß er fi nur erft ent
schließe, mit dem Pfluge pfluͤgen zu wollen.“
„Man. hat von dieſen GSchmingpflügen
mandpepig "Akten in England. In Anfegung
Zu 72 , " es
2. Pflug. 365
des Materials hat man fie ganz von’ gesoflenem
Eifen, und unter folchen wird befonpers einer
.. gelobt, ben ein gewiſſer Brand verfentigt:. Dies
‚ fer wiegt romplet niche mehr als 143 Pfund.
Oder die wefentlichften Theile, welche den. Wis
berfland. hauptfächlich, überminden und bie Rärf:
fie Reibung, erleiden muͤſſen — auffer dem
Schar und Voreiſen, das Streichbret, das
Molderbret, die Saͤule, die Sohle — ſind von
Eiſen, der Baum und, die Sterzen aber bon
ol mie ben unferem SmalfhenPfluge.
Dber jene ‚Theile find .auch von Holz, an ihrer
, äußern Siäche aber, zur Minderung der Fric⸗
. tion, mehrentheils mit duoͤnnem Eifen belegt.“
3, Bo Auſehung ‚her, Sonftrustiomsfind.: fie.
auch inerflichyon. einander -ahweichend. Der er:
fie und urfprüngliche, menigftens berühmnarsor«
„ dene Pflug;,, war der im der Gegend von. Ro—⸗
therham ‚gebräuchliche und’daher Rotherhammer
genannte. - Er hatte ſich, feiner .Worgüge tegen,
. Ion ſehr durch Britannien verbreitet, als Ars
buißnot ihn in Anfehung der auffteigenden
Linie des Schars und der Schwingung des
Streichbrets verbefferte. Im zweyten Theile von
Poun g's nördlichen Sich durch England fine
det man Pie Gründe davon, aber etwas Dunfel,
vorgetragen. - Eine anderweitige Verbefferung ers
“ hielt er dürch den Pflug: und Mademacher Ja:
mes Small, der au) einen Meinen Tractat
. über vflace und Raͤdaerfuhrwerk geſchrieben
hat. Die von ihm verfertigten Pfluͤge wurden
: lange in: England für. die vollfommenften gehal⸗
ten. Und in der That ſcheinen ſie mit dag non
plus ultra, wo es auf etwas tieferes. Pfluͤgen,
befonders ‘in bündigem Boden, anfommt, zu
ſeyn. Indeſſen baben Einige neuerlich einen
R5 aAa:
266 2. Pflüg.
:: andern’ ähnfichen Pflug geruͤhmt, der, tie ich
“glaube, von Ballay und Culley Kerräßrr,
und ver in einer eigenen Abhandlung: An el
fay'on.the confiruction of the plough, de-
. duced from mathematical principles, befchries
- ben if, die ich aber nody nicht gefehen habe.
2. Gegoſſene eiferne Streichbreter zu letzterem
Pfluge und Schablonen für das Schar ſind zu
haden bey Whinfield et Comp., iron- foun-
‘ ders. Newcalile upon Tyne“
„Die. Seftält des Sma ffdyen .: Sfluges
wird. man nun aus den: nachfolgenden iguren
"erfehen ‚: woben ich indeß alle, die eine ausführs
‚ lichere "Belehrung über einzelne Theile deſſelben
‘zu haben wuͤnſchen, auf des Heren Staatsra⸗
the Thaer ö vorbin angezeigtes Wert verwei⸗
ſen muß: |
= «der Thelle am Ventlihneh io —
J Er 1: den, und Foldye‘ bey Zufammenfegung des
Bi 656 zeigt den Pflyg von der. linken Seite im
ide Das Mifer i im feiner "Breite.
1.1 Das Heft deſſelben⸗/ mömit es, mittelſ zwey⸗
ec Keile, in dem Baume befeftigt iſt.
G. Die eiferne Stange, weiche dur ein bemegli:
ches Niet an diefer Seite des Meſſers befenigt
ift, und am Baume durch
2. Plug 267 _
"1 ein Ohe, welches durch den: Baum gelafien
iR, durchgeht. —
i, Die Mutterſchraube, vermdge welcher die
oben in einer Schraube ſich endigende Stan⸗
ge hinauf und herab gelaffen, und folglich
das Mefter, nachdem feine‘ Werkeilung in a
= eloͤſt worden, geftellt werden fann.
F. Die Säule, wo fie in dem⸗Baume eingesapft
. - und: Durch DE „ a
r, eimen Bolzen befeftigt iſt.
B. Das Schar, welches auf den Kuh der Säule
ohne weitere Befeftigung aufgeſchoden ift, mit
“ feinem hinteren Rande dicht ün die Piarten C
“und D, mit dem oberen an die Platte E ans
liegend, +: —— Er re
nh. Die Spike: deifelben; welche um 4.300 nie⸗
driger als der übrige Theil deſſelben und die
Sohle des ganzen Pugs’Keht." 7:
2° €. welcheh den "unten Theil "diefer: Seite des
. Afngförpene ſchließt, Mmacht wit der. Sohle ein
aus, .
D. Die mittlere Pate: do: om
E, Die obere. Piatte;' deren vordere Kante fi
‚ in einen fſcharfen Mintel. vor der Saͤule na
‚ der rechten Seite (Big: 6510 0) umdiegti
K. Ein Hafen, woran die Kette des Stellungs⸗
bügels (Big. 6511 K.) eingehangen wird.
M. Der Baum, deflen Länge und Stärke in allen
⸗ feinen heilen der Waftap genugfam. ‚angeben
wird, |
N. Das Loch, durch welches der Bolzen des Stel⸗
lungsbuͤgels gebt. .
O. Die linfe Stuͤrze, in welche der Baum bey.m
. Hinten eingezapft ik. - ,..
p. Der Durchgang der eifernen Sproſſe, welche
die Starzen verbindet: on
Fis. FE Der Pflug im Profil von der rechten
eite
Die Bezeichnungsbuchlaben fimmen mit
—— Pyon der vorigen Figur moͤglichſt
überein, and erklaͤren ſich daher groͤßten⸗
© he No die umaifhla ne Seite deu Plat
e zeigt ſich 8 ⸗
ey e zeigt ſich die umgeſchlager⸗* ae
RB,
te E der, dorigen Figur, ‚melde, dem
Bier eine Abaite ante Fakke Fonteiglen
258 2. Pflug.
ri Bo Das Schar, auft den; EA dep. GSaͤule aufge
ſbvoben, dicht an das Streicbret anihließend
: und in deffen Krümmung hineinfließend
u. Die. Schneide oder Feder des Schars.
z- Ki RL darf. nur die Spige And: Schars, nicht
von. Die ganze; Schneide defleiben ,: unter Der
+ Kläde, de/ Sohle ftehen; welches. ſich aber
oa aufm, Zeahnung nicht wohl vemerklich
| machen ließ, indem der Pag... im den
Abſatz ‚Arr-ikeder : des Chart; zu zeigen,
Etwaß dorwaͤrts getebet zezeichnet? wer⸗
den mußte.
8. "Das Siteichhret deſen grammung durch die
Boegiruvgg ießg moͤglich, angedeutet worden.
Der Durchzug einer Schraube, mitteiſt wel⸗
yo vr —5 — bad Eierigeer feine. danuas. vorzüglich
«1? Ar beko |
s. Der hintere Wand.
„6 er: Der Smollie Pflug, nerfbectipifeh ge⸗
ohne. ‚an;wsihem hier defondese: we Ver⸗
T. des Stellungsbägels. mit u ;
©. sau Feiner Kette, welche in A —
ud — ‚Hafen eingegangen wirh: auch
| — worin der. Schioen —* eingehan⸗
un. ge “A n wıcd Pin. ‚bemerfeg itt. Die übrigen Bud
| aben Riıamen mit, denen ber vorigen Sigu:
“ ER übeseir. - A
ee —S bieſer pflugee und
.Heinigecandere” veafelben betreffende: Fragem be:
merft der pe Staatsrath Tha er a. a. D.
S.:35 folgender"
2 „Wer eingn menigflens 6 Zoll ulefen, durch
gute Cultur und Fruchtwechſel rein erhaltenen,
formt Aber :fteengen und bindenden- Boden hat,
‚ wird von der Einführung .diefeg Mfluges ſich
großen und auffallenden Nutzen verſprechen koͤn⸗
„men. Das dazu erforderliche gegoſſene Eiſen iſt
bereits auf_dem Harze ſowohl als auf den graͤf⸗
ich ven Einfiebelfchen Eiſenhuͤtten in Sa ſen
K etlaſten, usb wird vermurblch bald an meh⸗
rern
2. Pflug 269
rern Orten zu haben ſeyn, ba: faſt' nach aflen
Gegenden von Deutſchlands Pfluͤge dieſer Art,
ſowohl von Flotbeck als Hannover aus, verſandt
worden find. Auch würde ein aufmerkſamer Ars -
beiter, nad) den hier gegebenen, richtig :nbgemefs
fenen Zeichnungen —2* gar.. wohl im:: Stande
- feyn, die. Formen in Holz zu: ſchneiden, nad)
welchen das Eifen abgegoflen werden fann.- Die
Zufammenfeßung und die Form der hölzernen
Theile wird derjenige meined. Erachtens genau |
beſtimmen :fönnen,. der die SKupfertafeln, mit
Huͤlfe des Zirkels und Maßſtabes nachfieht, und
‚zugleich. die in dieſer Abhandlung angegebnen
: Gründe, warum es fo und nidyt anders ſeyn
muͤſſe, gehörig erwägt. Das. vom Herrn En⸗
gelfen zu Hannover verfertigte Modell wird
allerdings beytragen koͤnnen, alle Mißverfländs
niffe und Mißgriffe zu verhuͤten.“
„Einige Schwierigkeit wird es allerbings
haben, gewöhnliche Ackerknechte oder gar Hofe:
- dienfte an den Gebrauch .diefes Pfluges zu ges
. wöhnen. Der Wirchfchaftsführer wird anfangs
- Schon hinter und neben dem Pfluge hergeben,
und einen der gelenfigften und gelehrigften Knech⸗
te dazu anlernen und aufmuntern müflen.. Der
erfte Acer wird demnach ziemlich zerwühlt auss
fehen. Bald. aber wird .diefer Knecht Gefallen
daran finden, die Vorzüge :des Pfluges rühmen,
aber. auch nicht wenig: vom ver Kunſt, dieſen
Nlug zu führen, reden. Dief wird die andern
“begierig machen, ihn auch zu probierens ber er⸗
ftere. aber wird fie auslachen,; wenn. ihnen: Der
Pflus lle drey Schritt aus dem Lande ‚gleitet.
Dann
oo. i Ährten. Wert
j re in ine Er — rn, mer e
Hauptfiguren zur allgemeinen an entiehnen. F.
LEE = 1 5
Dann wird er ihnen aber
Oben, daß N —— Br fe Oi En Ser
“he ——
Nun: wird. eg Core cr —— und bald
. aoiep. ever fagen: ich'fann es auch! Dean muß
es er hen FR
—
In Gerber An
g ro wirds Biete Mk
f Bi Pflug 5 —— * ——
ſchnell allgemein eingefuͤhrt worden. Bo man
‚aber die Einfuͤhrung deſſelben mit zu großer
———— ‚betrieben. hat, und ſie dur) Dros
"gungen, Verfprechungen und Geſchenke hat er⸗
— ei = —* — ſo gut
, um en wohl gar wie⸗
der an die Seite feßen müffen.t ee N
Es kommt beh der: Führung des Pfluges
vot allem:daranf. an; fidy. des gewohnten Drucks
‚auf die Stuͤtzen und des bequemen Auflehnens
zu entwoͤhnen. Man muß * Pflug ſo anfaſ⸗
J I; als ob man. ‚ihn mehr in die Hoͤhe heben
als "niederbrücen; wollte; das heißt, die flache
Hand mehr unten und den Daumen’ mehr oben
legen. Dieferivegen muß ‘man fich gewöhnen,
Feng mit vorwärts gelehntem, ſondern mit geras
dem Körper, hinter dieſem Pfluge zu gehen.
Diejenigen, die, den Hacken zur führen gewohnt
find, werden damit eher in den ——— en
af fteif gewordene Pflüger. Wenn
Pflug in ke mei Sa einfeßen, il, fo fo Ku
ee hinten gehoben, fobald er aber im Boden iſt,
„gteid) ‚wieder race a a m a
echt,
258 2.:Pflug.
> Bo Das Schar ‚auf den ; Be dep: Gaͤule aufger
fboben, dicht an das meiebirt anihließend
und in deffen Kruͤmmung hineinfließend
b, “ol Schneide oder Keder des Schars.
Fr. 8 darf nur die Spige des Schars, nicht
. Sa ganze; Schneide deflelben ,. unter der
. Klädhe. der Gohle ftehen; welches fich aber
ni auf dar, Zanung nicht wohl vemerklich
| machen ließ, indem der Päug, um den
Abjag der⸗ Üeder: deg Share; zu jeigen,
m 2twap. dofrwaͤrts gekehrt gezeichnet : wers
an den mußte.
8. Das Streichhret, deffen. Srämmung durch die
Schattirung o;piel moͤglich, angedeutet worden.
t. Der Durdzug einer Schraube, untteift, tel:
-yir dei Herr das Grgyihhret feine. dalzung. vorzüglig
„1 noir befommt.-- 0
s. Der hintere Rand.
r Sia⸗ sun Der Smallide Dilugy nerfbectipifeh ge⸗
u net ...an weichen hier defondere: die Ders
ndung
T, des Stellungsbägels. mit Br N i
& en Kinee Kette, welche in — ...: E
. baden „Hafgnzeingegangen wixh; auch
* DeraHaken,, worin der Shwengel eingehan⸗
u WicdZu. ‚bemerken iſt. Die übrigen Buchs
| aben Riumen mit. denen ber vorigen Sigur
; 3 ii, ‚übegeir. - J
Fehl ciitettung bieſes Pfiuges und
neinigeandere deaſelben betreffende Fragen be:
merkt der Herr Staatstath Ttya er a a D.
"&.'35 folgendes:
| „Ber einen menigftens 6 Zoll lefen, durch
gute Cultur und Fruchtwechſel rein erhaltenen,
= fort Aber ſtrengen und bindenden Boden hat,
. wird von der Einführung dieſes Pfluges ſich
: großen und, auffallenden Nutzen verfprechen koͤn⸗
‚nen. - Das. dazu erforderliche gegoffene Eifen ift
bereits auf dem Harze ſowohl als anf den ‚gräfs
lich ven Einfiebelfchen Eiſenhuͤtten in’ Sachſen
"jur erlaſten, und wird vermushlih bald an mehe
I rern
>.
2 Pflug: | 269
rern Orten zu haben ſeyn, da faſt' nach allen
Gegenden von Deutſchlands Pfluͤge dieſer Art,
ſowohl von Flotbeck als Hannover aus, verſandt
worden find. Auch würde ein aufmerkſamer Ar⸗
“ beiter, nad) ben hier gegebenen, richtig :abgemeis
fenen Zeichnungen —2* gar wohl im:: Stande
ſeyn, die Formen in Holz zu: ſchneiden, nad)
welchen das Eiſen abgegoſſen werden kann. Die
Zuſammenſetzung und die Form der hoͤlzernen
Theile wird derjenige meines Erachtens genau |
beftimmen koͤnnen, der die -Kupfertafeln, mit
Huͤlfe des Zirkels und Maßſtabes nachfieht, und
‚zugleich die in dieſer Abhandlung angegebnen
: Gründe, warum es fo und nicht anders ſeyn
muͤſſe, gehörig erwägt. Das vom Kern En«
gelfen zu Hannover verfertiste Modell wird
allerdings beytragen koͤnnen, alle Mißverſtaͤnd⸗
niffe und Mißgriffe zu verhuͤten.“
„Einige Schwierigkeit wird es allerdings
haben, gewöhnliche Ackerknechte ober gar Hofe:
dienſte an den Gebrauch dieſes Pfluges zu ges
. wöhnen. Der Wirthfchaftsführer wirb anfangs
- fchon hinter und neben idem Pfluge hergeben,
und einen der gelenfigften und gelehrigften Knech⸗
te dazu anlernen und aufmuntern müflen.. Der
erfie Acer wird demnach ziemlich zermühlt aus⸗
fehen. Bald. aber wird .diefer Knecht Gefallen
daran finden, die Vorzüge des Pfluges rühmen,
- aber. aud) nicht wenig. von der Kunft, hiefen
Pflug zu führen, reden. Dieß wird die andern
begierig machen, ihn auch zu probierens der ers
ftere. aber wird fie auslachen,; wenn: ihnen. der
Ä Pflugsolle drey Schritt aus dem Lande —
J ann
D ham men in: a bh ten wire
ee zn eh und ih rer m
:: Hauptfiguren zur allgemeinen Anfich — entlehnen: F.
270 Pflug. |
: Dann wird er ihnen aber Auch begreiflich mas
ſchen, daß biefes nur Durch ihre Schuld und
durch ihr unzeltiges Niederdruͤcken geſchehe.
Nun wird fidy: der Ehrgeiz ruͤhren, und bald
- wied jeder fagen: ich kann es auch! Man mufl
es dann zu einer Art von Vorzug machen,
- wenn einer einen folchen Pflug erhält, und fie
dann anfmerffam. machen, daß das . Getreide
auf den mit foldhen Pfluͤgen bearbeiteten. Acker⸗
ftüden befier fiche, als auf den andern, was
‘unter übrigens gleichen Umſtaͤnden immer ber
Fall ſeyn wird. Auf diefe Weiſe menigftens iſt
. diefee Pflug auf verfchievenen Gütern ſehr
ſchnell ‚allgemein singeführt worden. Wo man
aber die Einführung deſſelben mit zu großer
Lebhaftigkeit betrieben hat, und fie durdy Dros
‚hungen, WBerfprechungen und Gefchenke hat .er:
zwingen wollen, ba: ift der Erfolg: nicht fo gut
geroefen, und man hat, den Pflug woh! gar wies
» Ber. an die Seite ſetzen müflen.‘ ©
„Es fommt bey Der Führung bes Pfluges
vor allem darauf. an, ſich des gemohnten Deucks
. auf die Stärgen: unb:des bequemen Auflehnens
- zu entmwöhnen. ‚Wlan muß den Pflug fo anfaf
fen, als 0b man ihn mehr in die Höhe. heben
ale niederdruͤcken wollte; das heißt, die flache
Hand mehr unten und den Daumen mehr: oben
legen. Diefermegen muß man fich gewöhnen,
nicht mit vorwärts: geleäntem, fondern. mit geras
dem Körper Hinter dieſem Pfluge zu Heben.
- ‚Diejenigen, bie: den Haden zu führen: gewohnt
find,. werden damit eher in: den Griff Fommen, .
ats fleif gewordene Pflüger, Wenn man den
Pflug In eine neue Surche einfeßen will, fo muß
er hinten gehoben, fobald er aber im Boden ifl,
gleich wieber niedergedruͤckt werden, bis er Bea |
2 end. j E eht.
⸗
2. Pflug | 271
ſteht. Auf ebenem Boden muß die linke Hand
ruhen, mit den rechten aber muß man gelinde
nieder And abwärts drücken, bejonders wenn die
umgeworfene Surche etwas zähe iſt. Sobald
man aber bemerft, daß der Pflug fich mir der
Spiße hebt, und aus dem Boden will, fo muf
man ihn hinten etwas heben;. wenn cr hingegen
zu tief eingeben will, muß. man ihn durch einen
abgemefienen Ruck niederdorüden. Um ihn in
grader parallelee Sichtung mit der Furche zu
halten, muß man fein Augenmerf nicht auf das
Schar , fondern auf den Baum .richten, und
dahin fehen, daß diefer den Balken, dem Augen«
maße nach, richtig abichneide. Denn ber Baum
zeige die Abweichung ungleich flärfer an, mie
der Pflugförper, und menn man an diefem die
Abweichung: eben erft fpürr, fo bat fich der
Baum fchon Weis zur Seite. gebogen. Drebt ee .
fidy etwas links, fo muß man den Haden linte
. an das Land druͤcken und zugleich etwas heben,
. damit fid) die Spiße wieder etwas rechts drehe,
Dreht er ſich mit der. GSpiße aber zu fehr nad)
der Suche, fo muß man bie Stuͤrzen rechts
halten. Man muß aber bey diefen Handgeiffen
die Kraft gehörig mäßigen, und. fie nicht gemalt«
fam und anhaltend vollführen; denn die langen
Stürzen wirken als ein mächtiger Hebel auf
ben Pflugkörper. Die Hülfen müffen aber nur
yon Zeit zu Zeit auf unebenem Boden und bey
befonderem Widerftande nothig fepn: Muß man
fie anhaltend auf eine oder die andere Weiſe
geben: fo iſt e8 ein Zeichen, daß der Pflug
nicht sichtig geftelle. fen.“ in
„Dieſer Pflug kann gleich gut mit Ochſen.
wie mit Pferden beipannt werden; vorausgefeßt,
daß man nicht mehr als drey Ochſen bebarf
ie
266 2..Pflüg.
zu anbern ähnfichen Pflug geruͤhmt, de, wie ich
glaube, von Ballay und Culley herräßrr,
:und der in einer eigenen Abhandlung: An el
fay:on.the conliruction of the plough, de-
duced from mathematical principles, beichries
ben ift, Die ich aber nody nicht geſehen häbe.
i. Gegofjene eiſerne Streichbreter zu letzterem
Pfluge und Schablonen fuͤr das Schar ſind zu
haden bey Whinfield et Comp., irön- foun-
ders. Newcalile upon Tyne.
Die Geftält des Sma chen . Sfluges
wies. man nun aus den‘ nachfölgenden iguren
erfehen ,:. moben ich indeß alle, die eıne ausführs
lichtre-Belehrung Über einzelne Theile deſſelben
. 1-30 haben waͤnſchen, auf des Herrn Staatsra⸗
che a aer s vorhin angegeigtes Wert verwei⸗
„fen. mu
„eig 6508 ſtellt den: ‘&m Teck Dig in feinem
Grundriß von. guten dar
88. ift bier —— u bemerken;
S., dag Streichbtet;
y. x.: deffen ünterer, ‚gerader, auf der äucchen:
. . Tote herablaufender Rand.
x * deffen- hintere Krümmung.
uß der Säule, auf Deldem. das Beft
des 8 ars, welches durch punktirte Linien an⸗
gedute if, defeftiger wird.
. “a iſt die unfere-Gpige des Meſſers in derjenis
‚gen Richtung, worin fie ſtehen muß.
er ‚Man wird. übrigens aus dieſer Figur, nach
7°" Betrachtung der anderen, die Verbindung
*. der Theile am deutlichſen ſich verſinni⸗
v BE den, und Wlche bey Zufammenfegung des
Dfluges vorzüglich benutzen können.
"gi, Kr, zeigt den Plug. von dir. infen Seite im
u. “A Das Meßßer if feiner Breite.
Das Heft deffiiben.- womit es, mittelft zwey⸗
ee Keile, in;zden Baume befeftigt ift.
GDie eiferne Stange, welche durch ein beweglis
J ches Niet an dieſer Seite des Meſſers befeitigt
At und am Baume dur
Pac BE
2. Plug 267
"I ein Ohr geiches dach den Baum gelaflen
‚dur
i, Die unecihraude, vermdge welcher die
oben in einer Schraube ſich endigende Stan⸗
ge, hinauf und herab gelaffen, und folglich
Dad Mefter, nachdem feine‘ Werkeilung in a
—F worden, geſtellt werden kann.
F; e Säule; wo ſe in ‚dem‘ Vaume eingezapft
"und. darch
:: €. wetch eg. den Be Seine des
D. Ans mittlere Vtatte. 5 7 1
E, Die obere. Piatte; deren 1 wordere Kante fi
in einen: fharfen Winkel: vor der Saͤule nach
der sehen Seite (Big; 6510 o) unidiegt
K. ‚Ein Hafen, woran die Kette des Stellungs⸗
bügels (ig. 6511 k.)- „eingebangen wird.
M. Der Baum, deflen Yange und Stärfe in allen
J aen Theilen der —2 genugſam. ‚angeben
N. Das Loch, durch welches der Bolzen des Stel⸗
2. geht.
O. Die linfe Gtürze, in welche der Baum bep.m
hinten eingezapft if. -
p̃ · Der Durbgang der eiſernen Sproſe⸗ welche
die Srtuͤrzen verbindet.
Sin, “ei. Der Pflug im Drofil von ‚der. rechten
eitt
ie Bezeichnun abuchſtaben ſtimmen mit
. Den Fon der vorigen Figur Möglichft
überein, und erklären ſich Daher. größten,
Bo. je —2 die om ſchla Be Seite der
e zeige fi umar
te £ det. Dorigen. Fi g: in
dier eine sdatfe und ——— len
268 2: Pflug.
m Bo Das Schar ‚auf den Fuß der. Säule aufger
ſchoben, dicht an das Streichbret anſchließend
und in deſſen Kruͤmmung bineiafliegend
5ñ. u. Die. Schneide oder Feder neh Schars.
* Es darf nur die Spitze deſ Schars, nicht
nina DIE game, Schneide defleiben,: unter der
+ Kläce Des Beble ftehen; weldes. fich aber
ra Aufdan, Beihuung nicht wohl Vengarfiih
| machen ließ, indem der. Päug, um den
Abfug Zer⸗ Feder: deg Share; zu zeigen,
nm etwas dofwarts getebet zezeichnet wer⸗
* : den..mußte.
8. ‚Das Steeihret „ deſſen grammung durch die
Scyattirungatſo; pieſ möglich, ‚angedeutgr, worden.
| t. Der Surchug einer Schraube, mitteiſt wel⸗
i * er Da Sieichhret feine. daltung. vorzüglig
12 An Defommt.:-
s. Der hintere Rand.
„88 —5* Der Smallſche Pflug, werſpectiviſo ge⸗
ga: an pelchem bier befondese: de Ders
T. dee "Stellungsoägels. mit
d. ic Blue Reue welde in - ....
nr a iden Dafen ‚eingegangen wixb; auch
PDergPaken⸗ worin der: Schwengel eingehans
— FA wird Ju ‚bemerfen iſt. ‚Die übrigen Buch
aben Binmen m mit..denen ber vorigen igu
ven ;übege
nne vie Erg dieſes Pftuges und
einige andere deuſeiben betreffende: Fragem be:
merft der pet Staatsrath Thza er a a. D.
"&.'35 fofgenbesr'""
Eu „Ver einen wenigſtens 6 Zoll tiefen, Durch
gute Culture und Fruchtwechſel rein erhaltenen,
= fort Aber ifteengen und bindenben- Boden hat,
. wird von der Einführung dieſes Pfluges fich
: großen und, auffallenden Nugen verſorechen koͤn⸗
„men. Das dazu erforderliche gegoſſene Eiſen iſt
bereits auf_bem Harze ſowohl als‘ auf den graͤf⸗
‚ich ven ‚Einfiebelfchen Eiſenhuͤtten in’ Sachſen
9 erhaͤſten, ugd wird vermusglig bald an imeh⸗
gern
2. Pflug 269
rern Orten zu haben ſeyn, da faſt' nach allen
Gegenden von Deutſchlands Pfluͤge dieſer Art,
ſowohl von Flotbeck als Hannover aus, verſandt
. worden find. Auch würde ein aufmerkſamer Ars -
beiter, nad) den ‚bier gegebenen, richtig «nbgemefs
fenen Zeichnungen *), gar wohl im:: Stande
- feyn, die. Sormen in Holz zu ſchneiden, nad)
- weichen bas Eifen abgegofien werden fann.: Die
- Zufammenfegung :und die Form ber hölzernen
Theile wird ‚derjenige meines Erachtens genau .
befimssen koͤnnen, der die -Kupfertafeln, wit
Hälfe des Zirfels und Maßſtabes nachficht, und
‚zugleich. die in dieſer Abhandlung‘ angegebrien
: Örände, warum es fo und: nidyt anders feyn
muͤſſe, gehörig erwägt. Das vom Herrn En⸗
gelken zu Hannover verfertigte Modell wird
alerdings beytragen koͤnnen, alle Mißverfländs
niffe und Mißgriffe zu verhuͤten.“ |
„Einige Schwierigfeit wird es allerbings
haben, gewöhnliche Ackerknechte oder gar Hofe:
- dienfte an den Gebrauch dieſes Pfluges zu ges
. wöhnen. Der Wirthfchaftsführer wird anfangs
: Schon hinter und neben dem Pfluge hergeben,
und einen der gelenfigfien und gelehrigfien Knech⸗
te dazu anlernen und aufmuntern muͤſſen. Der
erfte Acer wird demnach ziemlich zerwühlt auss
fehen. Bald. aber wird .biefee Knecht Gefallen
daran finden, die Vorzüge des Pfluges rühmen,
- aber. auch nicht wenig. von der Kunft, dieſen
Plug zu führen, reden. Die wirb.die andern
:begierig machen, ihn auch zu probierens. ber ers
ftere. aber wird fie auslachen; wenn. ihnen. ber
J Pflug vlle drey Schritt aus dem Lande Son
2. ann
ie hun ten. Wert
Beh Seine u on 9* en, auge em Finke
’ : --: Hauptfiguren zur allgemeinen aufſcht entlehnen.
270 29Pflug.
: Dantı wirb er ihnen aber auch begreiflich mas
hen, daß biefes nur Durch ihre Schuld und
durch ihr unzeitiges Niederdruͤcken -gefchehe.
Nun wird ſich. ver Ehrgeiz rühren, und bald
wird jeder fagen: ich kann es auch! Man mufl
es dann zu einer Art von Vorzug machen,
wenn einer einen folchen Pflug erhält, und fie
dann aufmerffam. machen, daß das Getreide
auf den mit ſolchen Pfluͤgen bearbeiteten. Acker⸗
ftüden beſſer ſtehe, als auf den andern, was
‘unter Übrigens gleichen Umſtaͤnden immer ber
Fall ſeyn wird. Auf diefe Weife wenigſtens iſt
. diefee Pflug auf verfchiedenen Gütern ſehr
* *
ſchnell allgemein eingefuͤhrt worden. Wo man
aber die Einfuͤhrung deſſelben mit zu großer
Lebhaftigkeit betrieben hat, und fie durch Dro⸗
bungen, Derfprechungen und Gefchenke. hat .er:
zwingen wollen, da ift der Eofolg. nicht fo gut
geweſen, und man hat. den Pflug woh! gar wies
ber. an die Seite: ſetzen müflen.‘“ - ..
„Es kommt bei) ber. Führung bes Pfluges
vor allem darauf. an, fidy des gewohnten Drucks
. auf die Stuͤrzen und :des. bequemen Auflehnens
- zu entwöhnen Man muß den Pflug fo anfafs
fen, als ob man ihn mehr in Die Höhe. heben
als niederdruͤcken wollte; das heift, die flache
Hand mehr unten und den Daumen mehr oben
legen. Diefermegen muß man. fich gewöhnen,
nicht mit vorwärts gelehntem, fondern mit geras
dem Körper Hinter diefem Pfluge zu gehen.
‚Diejenigen, die den Haden zu führen gewoßnt
find). werden damit eher in den Griff Fommen, .
als fteif gewordene Pfluͤger. Wenn man den
Pflug in eine neue Surche einfeßen will, fo muß
ee hinten gehoben, fobald er aber im Boden ift,
gleicy wieber niedergedruͤckt werden, bis er are |
.. FE Er j eht.
—
2. Pflug 271
ſteht. Auf ebenem Boden muß die linke Ha ıd
ruhen, mit der rechten aber muß man gelinde
nieder Und abwärts drücken, beſonders wenn die
umgemworfene Surche etwas zaͤhe iſt. Sobald
. man aber bemerft, daß der Pflug ſich mit ber
*
Spitze hebt, und aus dem Boden will, fo muß
man ihn hinten etwas heben; wenn cr hingegen
zu tief eingeben will, muß. man ihn durch einen
abgemefienen Ruck niederdruͤcken. Um ihn in
geader paralleler Sichtung mit der Furche zu
halten, muß man fein Augenmerf nicht auf das
Schar, fondern auf den Baum .richten, und
dahin. fehen, daß diefer den Balken, dem Augen«
maße nad), richtig abichneide. Denn der Baum
zeigt die Abweichung ungleich flärfer an, wie
der Pflugkörper, und wenn man an dieſem die
Abweichung. eben erft ſpuͤrt, fo bat fich der
Baum fchon Weit zur Seite. gebogen. Dreht er
ſich etwas line, fo muß man ben Hacken linfs
. an das Land drüäden und zugleich etwas heben,
. damit fi) die Spiße wieder etwas rechts drehe.
Drebt er ſich mit der Spiße aber zu fehr nach
der Suche, fo muß man die Stuͤrzen rechts
halten. Man muß aber bey diefen Handgriffen
Die Kraft gehörig mäßigen, und. fie nicht gemalt:
fam .unv anhaltend vollführen; denn die langen
Stürzen wirken als ein mächtiger Hebel auf
den Pflugkörper. Die Hülfen müflen aber 'nur
yon Zeit zu Zeit auf unebenem Boden und bey
befonderem Wiverftande noͤthig ſeyn. Muß man
fie anhaltend auf eine oder die andere Weiſe
geben: fo ift. es ein Zeichen, daß der Pflug
nuicht richtig geftellt. ſey.“ |
. „Diefee Pflug kann gleich gut mit Ochfen,
wie mit Pferden beipannt werben; vorausgefeßt,
dag man nicht mehr als drey Ochſen benarf
J ie
2372 a. Plug,
Sie dürfen aber nicht fleif mil. Stangen unb
. Sochen angefpannt fenn, jondeen mit Straͤngen.
Kumpten find Hier, fo wie allenthalben, die be
ſte Anfpannungsart. Durch den: Zug mir dem
Kopfe würde der Pflug vermuthlich zu oft ei
‚nen ſchiefen Ruck erhalten.‘
„Unerachtet man diefen Pflug bisher mit
z30 Thalern und mehr hat besahlen müfleu, jo
iſt er doch der wohlfeilite Pflug, den ich kenne.
„Er hält mwenigftens dren andere Pflüge aus, und
„erfordert außer der Borftahlung des Schars,
‚ Überall feine Reparationen. Sch gebrauche: in
‚meinem lehmigen Grandboden, welcher ſonſt bie
Pfluͤge fehe angreift, jet einen ins fünfte
Jahr, womit alle gewöhnliche Pflugarbeit ges
ſchieht, und der noch fo gut wie neu it.
| „Wo der Preis der Meußeit und die Ars
‚beit des erften Verſuchs der. Bufammenfeßung
. eines folchen- Pfluges, nicht mehr bezahle "zu
‚werden braucht, da wird man ihn für hoͤchſtens
18 Thaler haben können. Das gegoflene @ifen,
weiches in feiner erforderlichen Stärfe: etwa 76
Mund. wiegt, Foftet auf den Eifenhätten’s Tha⸗
ler; die übrige Schmiedearbeit etwa 8 Thaler,
. die Holzarbeit und Zufammenfeßung tönnte
. wohl über 5 bis 4 Thaler nicht kommen: d. h.
wenn fih ein Stellmacher ganz mit: diefem
Pfluge befchäftigt, und eine mechaniſche Ucbung
darin erworben hat. So lange Jemand die
- Verfertigung jedes Stüdes angeben: und es
ſelbſt zufammenpaflen muß, kann fie für das
Dreyfache nicht geliefert werden. „Und: wenn
ein gefchieftee Modelleue, wie Here: Ongelke,
„ein foihes Stuͤck beforgt, fo ift es nicht unbils
fig, wenn er fich feine Zeit bezahlen Tage.“
2 1 . .. vo
„In
2. Plug 273
Sri: jener Diãſicht iſt alſo dieſee Pflug
"anf ſchwerem ud "auf Wietelboden, : wo- man
wenigſtensnnauf. Zoll tief pfluͤgen will und
kann, ſehr zu empfehlen. Man kann freylich
damit auch flocher, ouf 3 Zell, pfluͤgen, wenn
man erſt eine Uebung hat. Allein dann iſt der
Wortheil nicht groß genug, und verlohnt der
ro. Muͤhey welche eine Veränderung in der Art des
Mffuges koſtet, nicht. Das groͤßere Gewicht des
Bin altfihen Pfluges, welches, wo es auf Lies
berwindung eines ſchweren Winderſtandes ans
. $onime;'nar- eine Kleinigkeit ausmacht, wird
v:dody vielleicht durch die Ueberwindung eines an
: fich "geringen - Widerſtandes kaum aufgemogen.
Wo man ferner aus zureichenden Gründen
nicht. tiefen pflügen will und darf, da fan
durch diefen Pflug leicht tiefer gepfluͤgt werben,
als‘ geſchehen fol. Denn dem Pflüger wird es
leichter, mir diefem Pfluge mäßig tief als ganz
"Pla zu: pflügen, befonders wenn er nicht Les
-. bung und Aufmerffamfeit genug hat, und dem
Zugvieh Foftet es wenig Anftrengung mehr. In
: kofem Sandboden wuͤrde man durch biejen
Pflug wenig gewinnen, weil man doc) mit ter
niger als zwey Pferden felten zufommen fann, _
und diefe auf ſolchem Boden mit jedem mittels
maͤßigen Pfluge nicht fehr angeftrengt werden.
Wenn man hier verbeilerte Pfluͤge einführen
will; ſo muͤſſen es folche feyn, vor die mar ’in
wDer erforderlichen Tiefe nur ein Pferd braucht,
und die ich in der Folge dieſer Hefte befchreis
ben werde. u
ZT Auch paßt fich der Pflug nicht zum flas
: chen Umbrechen der Grasnarbe oder des Dree⸗
aſches. Hierzu if im Durchſchnitt ein zweckmaͤ⸗
ßiger Nöderpflug vorzugiehen, der vorn eine fer
Ger, techn. Enc. CXI. Theil, . © fee
N
274 2. Pflug:
altung in gleichen; Tiefe Key: fla
de De eiäteis 1u Dehekende Aenfope
pel bricht er kingegen vortrofflcheum.n ren
vw. u
| - Der Pfiug mie beweglichen Gereihbrke,
Bu: 3: Pe 53
Als eine Dritte Art: der. Pflaͤge ionn ‚on
den Pflug mit dem bemweglichen Screichbrete
mit feſtem Streichbreite nur. wenigvarſchie⸗
karre iſt eben dieſelhe, und ˖wenn ber; Boden
leicht if, fo läßt man das-Vordecgeſtell "ganz
. weg. Im letztern Falle wird der Srindel -an
‚das Geſchirr des. Zugviches befeſtigt und von
demſelben in. der. nöthigen Höhe erhalten, : Der
anfehen, wiewohl er am.;ficdh:. von dem, Pflage
ven iſt. Das Vordergeſtell. oder dia: Pſug⸗
Pflugkaſten und der Grindel gleichen dem Pflue
ge mit unbeweglichem Streichbrete ebenfalls;
aber die. Stuͤrzen find ſtaͤrker geſchweift, und
. am Untertheile derſelben, dag bie Griesſaͤule
vorſtellt, iſt der Grindel eingezapft.
Im Grindel befinden ſich das Sechloch mit
dem eingekeilten Sech. Die Pflugſchar hat die
Geſtalt eines gleichſchenkeligen Dreyecks, an wel⸗
chem aber die. Molderſeite ſowohl als die eigent⸗
liche Schneide geſchaͤrft find. Vorn iſt die
Pflugſchar mit einer Art von Schuh und..mit
einigen platten eingelaſſenen Nägeln mit ihgeis
ten Köpfen verſehen, wodurch fie an. bie, mit gis
nem Fleinen Zahne verfehene Spiße des lu
Baupres befeſtigt wird.
Das Streichbret bilder eine Art eines ſpit⸗
zigen Dreyede, an deſſen ſpihigſtem Winkel m8
Fr ſebe das Magazin aller neuen Crfindun !
dep Baumgartuer. No, 3. (1908)! ph ef gen. geu⸗
v
2. Dig. ars
der. Schar zu. fih ein kleiner, mit.einem Loche
derjehener eiferner Schuß befindet, Der. in Anem
Heinen Hafen und mit einer Kſammer, .soe
., fih: 38 beuden Enden des Pfluggauntes befins
den, befeſtigt wird. Um breiten "Ende des
Streichhretes iſt ein Loch, welches ‚man in den
‚im Hintertheile der beyden Geiten. der. N flugs
ſtaͤrzen ſich befindenden breitföpfigen ‚Nägel ‚eine
" penfe, Man weclele das Strsihbeer, fo oft
man die Furchen entweder rechts oder links ums
wenden will, und erhält dadurch einen gleichern
" Acker bey meniger Muͤhe.
. ‚Diefer Pflug if befonders. in Frankreich
| „pörbuati, Schon 1771 empfahl ein Flamläne
iſcher Landwirth, mit Nahmen che nder
Erasquin, einen ähnlichen Pflug mit beweg⸗
lichem Streihdrere Auch bedient RL)
fon feit langer Zeit des Pflugs mit. bewegl
chem Streihbrete und mit einem Sch, ‚das
5% leicht auf.beybe Seiten lenken TÄßt, vorzäge
iüch in den Gebirgsgegenden der. Wetterau,
. weil man damit auf der abhängigen Flaͤche als
lemahl die Suchen abwärts werfen kann; das
bingegen die Pferde bey dem Pflüge mit unbe⸗
weglichem Streichbrete wechſelsweiſe bie Erbe
an die Hoͤhe werfen en
on demfelben iſt auch ein gleichſchenkeliges Drey⸗
“ed, und das Streichbret Fonn ohne Zeitverluſt
umgehenft werben. .
Kin Pflug mic mehreren Sechen. Sig. 6513.
‚Der Tullſche Pflug mit. vier Sehen,
welcher auch vorzüglich in Frankreich gebraͤuch⸗
lich iſt, unteefeeipet fih von dem vorhergehens
den Pfluge hauptſaͤchlich F feinem Wordergeitell
P 2 ö und
ji Ber
Die vier im Geindel befindlichen Seche
dienen zur Durchſchneidung des Bodens, bes
Raſens und der burjeln, und’ jedes muß zwey
*. Fuß und acht Zoll Länge haben. Sie gleichen
einer graben, unten ſchraͤg abgefpißten Degen«
* "Minge, ‚und find in den durch ven Grindel ges
= Kenden Sechloͤchern mit Keilen dergeftalt "befes
Nigt, daß fie gleich weit von einander flehen,
und das vorderſte Sech mit feiner Spitze "eine
gleiche Linie mit der Scharſpitze macht, die drey
——5 Seche aber jedes einen viertel Zoll
höher geftelle iſt. Hierdurch wird bey ihrem gleis
hen Einſchneiden in die Erde, letztere leichter
und beſſer durchſchnitten.
Die Pflugſchar muß aus gutem Stahle,
: deep Fuß neun Zoll lang, in Geſtalt eines ſehr
ſpitzig zufaufenden, Dreyecks geſchmiedet werden
- deffen Schuh an der rechgen Seite des Pflug⸗
: hauptes hinlaͤuft. Die Pflugflürzen find nur an
: den
2. Bu 2770
den Enden gekruͤmmt und der linfe ober Sattel⸗
ſturz ift durch eine Sproſſe mit dem rechten
Pflugſturz verbunden, "und beyde find in das
Pflughaupt eingezapfl,. en
Das Vordergeftell wird mit dem Pflugfas
ften durch zwey Ketten, die Zuchifette und in
der Schweiz der Zorn genanng, verhunden, wo⸗
von die eine über die andere unter dem Sie
wegläuft. . Diefer Pflug paßt befonders für
ſtark vermurzeltes und ſchweres Erdreich, wo.ee
theils die Neinheit der Furchen, theils das leichs
tere Umwenden und Losfchneiden" mir dem Scha⸗
te befoͤrdert. Die einzige Ausftellung, welche
man an ihm machen fönnte, wäre feine Kofte
barkeit und Schwere, welches Ießtere von weni⸗
ger Bedeutung ift, da man in ſchwerem Boden
ohnehin flärferes Zugviceh anment en muß. ""
Noch ein englifher Pflug ohne Raͤder
(Schweingpflug), welcher feit verſchiedenen
Fahren in der Srafichaft Eſſex mehr als ber
gewöhnliche im Gebrauch iſt ).—
Seit einigen Jahren hat man in der
Grafſchaft Efier große Veränderungen in Bes
treff der Feldbeſtellungen vorgenpmmen und
zwar mit dem beften und gemeinnäßigften Ers
“ folge, Bey gegenmwärtiger Einrichtung fpart man
beuifühe ein Viertel am Feld, was man fonft
zur Bepflägung beflimmen mußte, und wenn
‚man den -Derfirherungen eines dortigen Land:
wirthes trauen darf, fo werden Die Felder auch
weit beffer ald ehedem bearbeitet. Sonſt bradch⸗
te. man 4 Pferde, ı ‚Adersmänn. und x, Trei⸗
on Er 838-+- . ber,
ee
3 ai Plug?
"Ger, um in einem Tage einen einzigen Acker
umzupfluͤgen. Jetzt macht man die naͤhmliche
Arbeit mit 3 Pferden und einem einzigen
Mann, ja man verrichtet ſie ſogar mit zwey
‚ Pferden, wenn fie ſtark und dauerhaft find,
Alle diefe Vortheile entipringen ganz na⸗
tärlich aus dem befleren Bau des Pfluges und
aus der befleren Abtheilung der Felder zur Bes
ſtellung. Diefen Pflug wird man aus Fig.
. 6514 feinen lernen. |
Die Länge 1 des Grindeld oder Pflugbalkens
urchſchnitt vom Sch e an gerechnet, wo der
, ? 7 &uß 5 Zoll, feine Höhe helt 5 Zoll, ‚und der
flugbalfen ein wenig egen die Erde gebogen ift,
420
ann auch ungefähr ausmachen. Weiter vor⸗
waͤrts wird Dicke und Breite merklich geringer und
am Ende wird beydes nur gegen 3 zen betragen.
Das Dflughaupt 2 ift ein grades Stuͤrck Holz
von 3 Eu 6 Zoll in der Länge, deſſen Breite am
. Border
en Ende 4 und am hinterſten 3 Zoll beträgt,
die Dicke Hält durchaus 45 Zoll.
Damit nun der Grindel und das Pflughaupt
mit einander in das gehörige Verhaͤltniß zu ſtehen
$ommen, fo siehe man eine Linie von dem binterfien
und unterften Theil des Pflughauptes a bid an das
- Außerfte Ende des Grindels b gerade fo, wie es in
. unferer Zeichnung die Linie mit a und b bezeichnet,
pr
0’
ausweiſt, und mefle vermittelt diefer Linie die Hoͤ⸗
Ä be ober Entfernung von dem Grund der Furche
zum Geindel. Sollen nun beyde Stüde das ge
drige. Ebenmaß haben, fo mäflen am hinteren Theis
e a Dflughaupt und Pflugbaum 14 und aM vor⸗
dern Ende bd 12 300 von einander entfernt feyn.
"Und dieß gegenfeitige Verhältniß ift fo wichtig, daß
: Ber Pflug gar fehr an feiner Brauchbarkeit verlie⸗
auf irgend eine Weife abgeholfen we
dieſer iſt ganz ——
sen würde, wenn man ſich nur einigermaßen davon
entfernen wollte. Denn jedem andern gehlet fann
rben, allein
man müßte denn den
Pflug ganz aus einander nehmen wollen.
‚das Ko Ba Srindel® hoͤher als 12 Sn, fo
ahrt ver P
8 aus der Erde, weiches aber gewiß
nicht
2. Pflug. 279
:. nicht der Ball Feyn wird, wenn das Gleichgewicht
beſſer beobachtet worden iſt; denn alsdann behält er
wie ein Hebel ſeine richtige Stellung und die Arbeit
wird überall gleich und eben. |
Berner muß der Pflugbalfen c mit den Pflug⸗
aupt 3 durch den finfen Pflugfturz oder Satteltie⸗
ee 4 verbunden werden, welden man unten am
Dflughaupt in einem Zapfenloche und oben mit hoͤl⸗
jenen Pfloͤcken bsfefrigen muß. Seine untere Staͤr⸗
e erforderr die Dicke des Grindels. Seine Länge
muß ib auf 5 Fuß erftireden und der Greif 3 Fuß
Aber das Pflughaupt erhabenfeyn. : - -
AUuch der Dfiugfaften "3 verbindet den Srindel
ober Pflugbalken mit dem Pflughaupt. Und diefer
| EA aften enthält 12 Zoll Breite und 2 Zoll Dik⸗
. te Es kommt bey demjelben hauptſoͤchlich mit dar⸗
anf, an, daß er gut in die Zapfentöcher eingepaßt
wid. '
Endlich Hält noch die. eiferne Griesfäule 8 das
Aftusbaupt und den Grindel zufammen. Der Det
ter Derbindung mit dem Pflugfchas. maden ihn
gum Mittelpunft des Pflugs, und auf fie kommt
ie ganze Stärfe defielden an Gie darf nicht Aber
. einen halben Zoll in der Die betragen und muß
an den Brindel und das Pflughaupt- hindurch
gehen. .
Die Pflugſchar 6, deren man fih hier hr Lande
Bedient, wiegt 6 Pfund, wenn fie neu til. Ihre
Sriffeite beträgt in der größten Breite 13300 und
die Spige, welche mehr platt als vieredfig ıft, mißt
naefähr 4 301; ‚man pflegt fie aber ſo an das
Pflughaupt zu defefiigen, daß die Griff» und Mols
Derfeite & Zoll tiefer ald die bezeichnete Linie ab zu
Reben kommen. Wollte man die Spige nicht einbies
gen, fo würde die Pflugfhar weder" in die_ Erde
einfchneiden, noch gehörig in derfelben fortgehen.
Mun wüuürde aber der leere Raum am Bin.
haupte mir Erde angefällt werden, das Ei eis
den würde langfamer von flatten "geben ‘und die
ee weit mehr zu ziehen haben, wenn man dies
- fen Uebel nicht dadurch abhelfen wollte, daß mar
: ‚biefen leeren Raum mit einer eifernen Blatte 7 bes
Hhlägt, wo ich endlich die abengenannte Sriesſaͤule
mgeliest und gleichen daneiz, eingefaßt wird. von
*1 | 4 a
280 2. Pflug
achtet man diefe Vorfichtöregel, ſo adert man ges
wiß leicht und gut. Ä 7
Was das Sech5 betrifft, fo geben wir demſel⸗
ben eine Breite von 15 Zoll, feine. Die beſteht in
einem vieredigen Zoll und die Länge in 2 Fuß. Die
Spige fonn man nad Belieben bald näher an das
Pilugſchar binanräden, bald weiter davon entfers
nen. Alles dieſes hängt von der jedesmahligen Be⸗
ſchaffenheit des Bodens ab. nl
Bon dem Streichbreig merfe man, daß es uns
ten platt, oben auswärts gebogen, rund und unges
fahr 3 Fuß in der Länge und 1 Fuß in der Breite
haben muß. Denn .ift es zu dünn, fo mangelt ed
demſelben am gehdrigen Nahdrud. Die Geftalt des
Streihbrers muß fo viel moͤglich keilfoͤrmig feon,
allmaͤhrig an feiner Die abnehmen, "damit es deko
anfter und glatter in die Erde geht. Der hinterſte
beit deſſelben erfordert eine Vreite von 8 Zoll, um
es an dem. Pflughaupte mit Nägeln, die durch legs:
teres hindurch gehen und gut vernietet find, zu bes
feftigen, hingegen am rechten Pflugfturze verrichten.
es ſtarke hölzerne Pfloͤcke. Wo das Streichbret aus⸗
waͤrts gebogen ift, muß es 10 Zoll in der Breite
haben, fo wie auch der untere Mand oder die Soh⸗
le 3 Zoll Breite haben muß. Will man die Breite
vermehren, fo darf fie fid) nicht über 2 Zoll erſtrek⸗
ken, wenn die Laͤnge nur 3 Fuß betraͤgt. Dann
aber wird man gewiß Furchen von gehoͤriger Mit⸗
telbreite "machen, grade fo mie wir in ftarfem Bo⸗
den in einem Raum von 5 Fuß, 5 Kurden zu ma⸗
den pflegen. Wollte man aber breitere und höhere
Furchen machen, fo müßte man ungefähr auf fol⸗
gende Weife verfahren. mn’
., „Man befeflige ganz hinten auf dem obern Theil _
des Streichbrets eine ziemlich die eiferne Platte
von 18 300 in der Pänge und 4 Hr in der Breite,
Diefe-ride man nach Belieben höher oder tiefer,
und bohre zu dem Ende 3 oder 4 Löcher in das
:Streichbret, damit man der Platte die erforderlilhe
Döder:geben koͤnne. Hierdurch wird man in Stand
gefegt :merden, mit einem einzigen Pfluge eben. fo
: viel, al8. mit mehreren zu verrichten. Sollte ſich
-aber-tettba der Hals oder der vordere Theil Des
Steeichbrets abnugen ‚ fo dürfte man ihn nut auch
wit: einer eifeenen Platte beihlagen, weile nn
nt. j m
\
2. Pflug. 281
im Nothfall wieder mit einer neuen Platte verta
ſchen koͤnnte. Zu
Unmittelbar vor dem Streichbrete flebt die eis
ferne Platte, welche ebenfalld das Pflugſchar feſt
ufanımen hält und verhindert, daß die Wurzeln
ich nicht zwiſchen die Griesfäule und das Pflugs
bar anfegen. Diefe Platte muß 2 gevierte ZoU in
der Dide Faden und ihr platter ey
cil dem Hin ⸗
haupt geade gegenüber ſtehen. Gegen die Gries Aule
zu muß fie fid ein wenig frümmen, grade fo, wie
es in der Zeichnung. porgebilder ft. Daſelbſt fiehe
man auch .wie fie an dem Grindel befeftigt. iſt und
daß ihr anderes Ende mit dem Pflusfhar 6 in
Verhindung fteht. | "
Auch ver Pflugreitel g hat einen vielfachen
Mugen. Wir wollen ihn beſchreiben und daher erft
bey feiner Länge anfangen. Diefe muß 5 Fuß 6
Zoll betragen, übrigens aber. muß derfelbe gerade
fo deſchaffen ſeyn, dag man Ihn an feinem oberen
Ende mit der Hand angreifen Fahr, An dem untern
Ende hefeftigt man ein Städ. Yifen; mit der Spit⸗
ae ſteckt man ihn in ein Loch, welches fih an dem
inwendigen Theile des Streichbrets befinder, damit
man ihn nah Gurbefinden heraus vehmen, der
Schneide des Sechs die beliebige Richtung geben
oder den Pflug von der angefegten Erde reinigen
fönne. Uebrigens ruht er auf einem Pflod bey c,
welcher die Pflugftürze mit dem Grindel verbinder.
Niemand erwarte aber, daß wir die Theile Der
Vorderkarre und des Gezuͤnges d nebſt der Vorle⸗
gemwage 14 erklären ſollen, welche zur Pflugbefpans
nung erfordert werden. Die Zeihnung gibt hierüber
ſchon die nörhigen Auffbläfe. Wir wollen uns das
ber nur darguf einfhhränfen, daß wir bemerken,
Diefe Urt anzufpannen babe vor der gewöhnlichen
‚große Vorzüge; fie vertheile. die Laſt weit gleicher,
als es bey der gewöhnlichen der Kal if, und bey
einer an die Vorlegewage gemachten Beipannung
von 3 oder vier Pferden chen diejenigen, welde
Junädk am Pfluge find, nicht nur was auf ihren
Bintheil kommt, fondern tragen noch eine Laſt, die
mit der Stärke im Ziehen, melde die Riempferde
anmenden, in Ber unge u een
Der engliſche Sub In nur. 11. 200 nach frans
IE Ur BL RL Bor FE Bu 0
5 Von,
zoͤſiſchem⸗ en
383 2. Pflug:
. Bon; biefem Pfluge find "grit geärbeitete
Rodelle, das Stuͤck für einen Speciesthaler,
“ bey dem Herrn Herausgeber der dkonomiſchen
Hefte zu haben.
Mad) den in der Leipziger Gegend gemadchs
- ten DBerfuchen im Kleinen, dürfte der Gebrauch
- Biefes Pfluges fowohl zum. Stuͤrzen als aud)
. zum Sactpflügen fandiger Selver, befonders wo
man die Saat unterpflägt, und aud) zum Uns
terpfluͤgen der Kartoffeln, und zur Saatfurche
beym Krautpflanzen in jedem Boden mit tuts
. gen ‚zu gebrauchen feyn, weil er faft: um bie
Hälfte: et als dee gewöhnliche Pflug
a Rädern
In Kuflang ‘Kat man: in der Megel ebene
falls nur einen Pflug ohne Raͤder, der wohl
‚anter allen befannten Pflügen, felbft noch vor
vem Preußiſchen Zug, wovon in Bock's Na⸗
turgeſchichte des Königreichs Preußen, eine
A Abbildung ſich befindet, der einfach⸗
e iſt.
‚De Pflug mit doppelten, weit und enge
zu -fPannenden Streichbretern. Zum Ans
häufen ber Fruͤchte und zur Ziehung der
Waſſerfurchen. Sig. 6515 — 17 *),
„Wer den Bau der Wurzel⸗ und Kraut⸗
gewaͤchſe mit Pferdehacken im Großen einmahl
verſucht hat, ſagt der Herr Staatsrath Thaer
a. a. O., der wird die. moͤglichſte Vollkommen⸗
beit Alefer Werkzeuge mön (en, ‚und gern zu
7 oh, V e⸗
*4 Jay. —* Ne h
IM ' i
—E ee nn Eat
©. tab. I, f. ı und‘ —E
4
— 180€, 4.
M. f. 1.
2 2
feber Gradation der Arbeit, zu immer hoͤherem
Anpfluͤgen, ein beſonderes angemeſſenes Werkzeüg
zu haben wuͤnſchen. Deshalb iſt England fo reich
an Erfindungen, vorzuͤglich dieſer Art, und in je⸗
dem Jahre werden den practiſchen landwirth⸗
ſchaftlichen Verſammlungen neue, aber nicht
immer beſſere, vorgelegt.“
| „Das Bearbeiten :ber hervorgefchoffenen
Wurzel: und Krautgewächfe läßt ſich zwar mit
ber von mir erfundenen, jeßt fehr verbreiteten
Pferdehacke, die in ihrer verbeſſerten Geftalt -
auf der Gten Tafel diefes Heftes abgebildet iſt,
ganz gut verrichten *). Mean kann damit die
Erde 6 bis 8 Zoll hoch anhäufen, und eine
gute Erndte dadurch erhalten. Aber wenn bie
Kultur ganz vollkommen ſeyn Toll, wehn man
den Pflanzen eine. immer erneuerte Erbe geben,
die Oberfläche der zu Nüden angehäuften Erde
Cd
+
oft erfrifcehen und lockern will, fobald fie eine
Borke zu befommen anfängt, und dabey das
bervorfeimende junge Unfraut ſaͤmmtlich zu zer⸗
ftögren fucht, jo bleibt jenes Inſtrument nicht
wirkſam genug.“
„Mit dem hier abgebildeten aber -Ffann man
die Erde aus der Sohle der Zurche zwey Fuß
hoc) heraufheben und weit an bie Stengel ber
Pflanzen Hinanlegen, ohne die Wurzeln auf ei⸗
ne merkliche Weiſe zu verletzen. Denn unten
macht das Inftrument nur eine fpiß zulaufende
Suche, auf der Sohle kaum zwey Zoll breit,
wenn es bey feiner ‚größten Ausdehnung und
Tiefe einen Heinen Graben zieht, ber oben über
zwey Fuß beträgt.‘
Bon der großen Wirkung einer: ſe hä
figen und Karten Bearbeitung wire f ich vieleicht
ZZ |) -
¶ Weiter unten aund man dayan mehr Anden.
\
284. 2. Pflug.
nur ber. überzeugen, ber fie. gehörig. verfücht.
‚bat. Denn um zu, der größten Tiefe mit diefem
Prluge zu fommen, muß man. [don dreymahl,
und immer ollınäglig höher, angehäuft haben.
er auf einmahl. dieß bewirken wollte, wuͤrde
‚feine Erndte nur zerſtoͤhren. Die Bauern in
meiner Gegend fchrieben dieſem Pfluge, der
blau angeftrichen war, eine magiſche Kraft auf
Kartoffeln und Kobl zu. „Da folft du fehen,“
fagte einer zum andern, „wenn er erſt mit dem
blauen Teufel dazwiſchen fommt, was fie dann
wachfen!“““ | . |
„auf, jedem Boden iſt freylich ein fo tie:
fes Eindringen über einen Fuß unter der Dbers
fläche (denn. wenn ich von zwey Suß Hoher
Erhebung der. Erbe fpreche, ‚fo Heißt das: von
bee Sohle ber Furche bis zum Ruͤcken) nicht
moͤglich und nicht rathſam. Iſt der Boden uns
\
ter der gewöhnlichen Aderfeume fteinig, fo geht
es nicht. Auf bindendem Thon erfordert es
Ueberlegung. Denn altemahl erhält die Aders
krume eine Benmifhung von der Erde des Uns
tergrundes, bie ihr zwar mehrentheils vortheil:
haft iſt, zumeilen doch aber auch nachtheilig
„fegn kann. Stark ift diefe Beymiſchung grade
nicht; denn. wenn ber Pflug in feiner größten
‚Tiefe gehen foll, fo kann er nur alle bdrittehalb
Fuß eingefeßt werden. Wenn man die Dide
. der Aderfrume zu 6 Zoll annimmt, fo wird er
auf dieſen Fall aus dem Untergrunde einen
‚&rbfteeifen herauf bringen, der. vier und. zwan⸗
a
zig Zoll im Profil Hat. Ein. Theil dieſer Erde
gleitet aber allmählig von felbft wieder hinab.
Sommer. aber ift dirſe „wilde Erde der Einwir⸗
tung. der Atmofohäre ausgefeht. gemelen, und
nun feine rohe Erde mehr. Etwas wird bie
une en er:
Bei be, une Jh
‚a Bing, | c85
Ackerkrume dabnrch vermehrt und mie der Erbe
bes Untergrundes gemtenzt; welches nur in dem
VFalle Hachtheilig werden koͤnnte, wenn ber Bo⸗
ven fo zäße wäre,“ daß er auch eine ‚geringe
Benmifhung mehreren Thons wide. werkeige,
Hat. ein, Iehmiger ‚Boden oben ſchon eine ziemlis
che . Loerheir: :dercch Beymiſchung ven Sand,
Kalk over ‚Dammerbe- erhalten, - leivet aber tes
gen, der darunter liegenden Thons ober Lehmla⸗
ge an, Naͤſſe, fo wird das tiefe Ausfurchen theils
durch die Vertiefung der Ackerkrume, theils aber
dadurch “fehr‘ ek baß 'in dem feften: fters
grunde Heine Rinnen, eine Her von verdeckten
Abzugen, entftchen, * weiche den Waſſer einige
Jahre lang Abzug verſtatten. Denn: ber Zug
der Ninnen bleibt large, ob fie gleich mit locke⸗
rer Erde wieder ausgefälle werden.“ -
„Nach Verhaͤltniß der Tiefe, worin dieß
Inſtrument geht,: erfordert es eine ſehr mäßige
Kraftanftrengung wegen bee geringen Briction,
der feilfdrmigen Seflaft, womit es einbringt, und
"per gewundenen ſchraͤgen Flaͤche, womit es die
Erde wieder herauf hebt. Wenn man bey dem
Bau beferdehackter Fruͤchte allmaͤhlig einbringt,
ſo ſind auch bey der groͤßeſten Tiefe zwey Pferde
hinreichend. Auch beym Waſſerfurchenziehen,
wo es auf einmahl ſo tief gehet, habe ich nicht
mehrere angeſpannt; indeſſen wuͤrden ſolche dieſe
Arbeit doch nicht fortdauernd aushalten.“
„Anfangs ließ ich zwey Pferde hinter ein⸗
ander ſpannen; aber es iſt ſchwer, die Zuglinie
gleich zu machen oder ſie in einem Punkt zu
vereinigen. Das Inſtrument huͤpfte alſo. Jetzt
laſſe ich ſie neben einander ſpannen, aber mit
“einem fo’ breiten Schwengel, daß bie Pferde in
den beyden Nebenreihen ‚gehen, wenn der Pflug
bie
v
:286 2. Pflug.
; rDie mittlern bearbeitet. . Stehen. bie Gewächss
reihen guf drittehälß, Zuß, fo gehen. bie Pferde
fünf Fuß von —5 — wie nach ehende Figur,
worin **ddie Fruͤchte, et Die Furchen bes
deuten, zeiget.
ry .,
ei Pe ROOORODORDORURTETEHEEEHEBDUUER
b —D “... ren ®
oo — 64 — 00% v......... €. .0 ......
EIER ur
“ .
N, J > „v......:,:,
.....o .. .o rend +
Gieht noͤhmlich der Pflug in b fo geben bie
* Mferde in a und c. Sind bie "peerhe hieran
5 Abch nicht gewöhnt, Jo muß man ihnen eine
Stange zwiſchen den Koͤpfen befeſtigen, die ſie
‚bon einander. hält, wo es dann obne alle Schwie⸗
rigkeit geht.“
Außer dem Bau hehackter Fruͤchte iſt die⸗
.p: ne, Inſtruͤment aber auch zur Ziehung der Waſ⸗
erfurchen vortrefflich zu, gebrauchen. Es iſt un⸗
oandglih, die Waſſerfurchen mit, Spaten und
ESchaufeln ſo richtig zu ziehen, wie mit folhem.
n, Wenn fie einen: Zuß tief gemacht werden, fo
find fie an ver Sohle nur. zwey Zoll,. oben-aber
ſchraͤg zulaufend, über zwey Fuß breit, haben
Folglich eine. gehoͤrige Dreſſirung und werden
glatt und eben. Die Erde wird über ben Rand
ſo weit übergeftrihen, daf fie nicht wieder zus
ruͤckfaͤlt, muß dann aber mit der Harfe g ws
‚ ‚abgezogen und vertheilt werden. Bloß zu Waſ⸗
„‚jerfurchen ift daher dieſes Inſtrument fchon
ſchaͤtzbar. Will man die Waſſerfurchen ſehr tief
haben, fo iſt es doch beſſer, zweymahl durchzu⸗
ziehen, und dem Pfluge das erſtere Mahl eine
‚geringere Spannung und Tiefe, sum seien
‚Mate eine flärfere. zu geben.“ „
„aber
2... Pflug 282.
„„Aber auch zur- Anlegung yerdeckter; Ab⸗
zuͤge iſt dieſes Inſtrument hoͤchſt nuͤtzlich, und
man kann damit einen großen ‚Theil. den Hand⸗
arbeit erſparen. Man zieht. nähmlich -zimey. Fur⸗
chen mit einem einfachen Pfluge paraqllel neben
. einander, und.läft im ber, Mitte einem: Balfen
[1
"4
- fehen, -; Diefer, Balken wird dann mis dieſem
Pfluge gefpalten, und man fanı durch mehre.
. mahliges Durchziehen deſſelben, wenn er auch
‚. aur mit zwey Pferden beſpannt iſt, zu seiner
Tiefe von zwey Fuß kommen. Es bebarf- .gles
, dann. auf. flachem thanigem Boden entiveder
... gar. Feiner fernern Ausprbeisung der Zoͤge mit
dem jpißen Spaten, ader nusceiner sehn ger
Br 4...
‚AIR. a EL EE ei
" MWilefen - ind: Weide
nenpflug, hauptſaͤchtich -duf
ednt- zu gebeguden.
Big. Egrg Iris ME u 9F a
Dieſer Pflug: macht eine... fehe »regulalee,
rechtwinklichte, viexeckige Woſſerrinne ober Grip⸗
pe. Auf, loſerem Boden;: iſt er nmicht ziyeck⸗
‚ mäßig, weit, bier die Waſſerfurchen ghen. ‚um
vieles weiter, als an der: Sohle, ſeyn muͤſſen.
. Aber ‚auf gebundenem. Boden, und vorzüglich
auf Öraganger, macht er feine Arbeit npes
trefflich. j
. Man weiß, wie nachtheilig ftauendes Waſ⸗
| fer. auf Schafweiden, die einen anhaltenden Bo⸗
ben haben, werden fann. Eine ſolche Waſſer⸗
pfüge läßt ſich mehrentheils nach einer Geite hin
ableiten, wenn man nur eine mäßige. Rinne
ausſticht. Gewöhnlich unterbleibt das: aber, meil
bie Arbeit. mit dem Gpaten.:zu weichäufig, IR.
ec
°) Man ſehe Thaer a, a. O. ©. 15.
.Ag8 - Pflug.
Wer dieſen Pflug einmahl hat, kann in einem
Tage eine große Menge folcher Rinnen bamit
"ziehen, und einen ‘an fich nicht zu unebenen
Weideraum damit für ben“ ganzen Sominer ab⸗
waͤſſern.
| Es ſtreicht einen drey bis fechs Zoll tiefen
und 6 Zoll breiten rechtwinklichten Erdfireifen j
‚aus, hebt ihnherauf und flreicht ihn mit: feis
nem: ftarf abſtehendem Streichbrete weit genug
zur Seite, um keine weitere Arbeit u erfor⸗
dern.
Ze Despälb: if te auch ſehr anwendbar, um
- auf’ Bewoͤſſerungswieſen die Hrippen ‚anzulegen
und erſpart dabey viele AUrbeik : ::
Die Anfiht von der rechten Sit, Fig,
6521, gibt vom Ganzen bie deutlichſte Vor⸗
fſtellurg Er —
Das Schar. A. it. mie ‚einem längeren Tiefe
u b, und einem Türzeren © verbunden. . Indem
Das Schar den Streifen unten horizontal aus:
2 fhneidet, tdfen ihn die⸗Meſſer vertifal von bey«
„Ben Seiten ab. Er wird vom Schar auf Bie
- Abfchrägung d bes Klotzes e gehoben und zur
: gechtem Seite herausgeworfen. Der mit Eifen
belegte Klotz e ebnet und reinigt die Furche.
Das Rad g, mittel einer. eifernen Stans
ge h duch'den Balken gelaflen, beſtimmt vie
. Tiefe, worin der Pflug gehen fol, Die Stange
iſt naͤhmlich beweglich, und erhält ihre fefte
"Stellung duch eine Schraube i, melde ſich
auf Big. 6519 in der Anſicht von oben zeigt.
| Uebrigens werben ſich bey einer Verglei⸗
chung ber vier Anfichten, wovon dieſer Pflug
- gezeichnet worden, die Steuftur und die Vers
hälenife der Theile deutlich ergetn. —
. 2. Pflug | 288
. Der von Arndotſche mehrſcharige Saatpflug”).
Der Here Commiſſionsrath von Arndt
auf Zobel ꝛc. bey Hennau in Schleflem hat fich
vor verſchiedenen Sahren als’ ein fehr denkender
Landwirth ausgezeichniet, und durch Einführung
mehrfehariger Sgarpflüge zur Verbeſſerung des
Feldbaues bedeutend beygetragen. Sein vier⸗
ſchäriger Pflug iſt ſo zweckmaͤßig eingerichtet,
und gebt fo ſicher, daß derfelbe bey reinem gut
gerührtem Acer ganze Gewende lang, ohne Hals
tung und Berührung des Ackermanns, "ganz als
lein gehe, und nur beym Umwenden von dyme
ſelben gelenfe werden darf. Er kann aber bloß
bey der Saatfurhe angewandt werden. Das
Brachen und Stuͤrzen gefchieht. mit dem ges
wöhnlichen Pfluge; doch ſtets im Quadrat und
ohne Beete. 1 U
In dem angefuͤhrten Werke von Riem
und Heine ©, 34 fl. wird uͤber dieſen Pflug
und die Aderung mit demfelben folgendes bes
merkt. | | nn
„Herr von Arndt findet mit Recht ben
gewoͤhnlich naͤchſten Grund der Unfruchtbarkeie
in ber vernachläßigten, oder unzweckmaͤßigen Bes
reitung der guten, tie der fehlechten Böden,
* "und glaubt, den bewirften höhern Ertrag feiner
"Güter geößtentkeils feiner neuen Art, bie Saat⸗
acer mit eigends dazu erfundenen Inſtrumen⸗
ten,
Man fehe: Modellmagazin für Dekonomen, od
In und Sefchreibung AN und Gegen
Geräthichaften, Werkzeuge und Gefchirre für Haushals
tungen, Landmwirtbichaften, Viehzucht, Feld⸗ Gartens und
Wiefenbau, Brauerey uud Branntweinbrennerey, Mach
en are Ins uab chen Erfindungen und Mers
f gegeben von J. Riem u.5.%, Heine
11. Heft. Zeipsis bey Voß. 1803, 4 ©.31 * * Deine
Oec. techn. Enc. CXIL. Theil, z
290 2. Plug:
ten, bem mehtfcharigen Hafen und Pfluge, zu
. beftellen, verdanken zu. muͤſſen. cr hält dieſe
Inſtrumente, wenn gleich bin. und wieder mit
;. mehrern Schwierigkeiten, auf jedem Boden und
‚in:jeder, Lage. anwendbar und nuͤtzlich, wenn. ihr
». Gebrauch ‚gleich in ebnem und leichtem Baden
immer leichter ſeyn wird. Zum Zweck der Ane
„wendung dieſer Inſtrumente empfiehlt berfelbe
1, befonders, bie Neinigung der Böden von- allen
Unkraͤutern, oͤfteres ſchmales, und wo es die Uns
terlage zulaͤßt, quch tieferes Pflägen, zur gehoͤ⸗
‚tigen Auflockerung der dem Wachsthunje ber
Pflanzen.nöthigen Erdmaffe, das Nberaus nuͤtz⸗
: Üdhe Wenden oder zweymahlige enge Ruhren,
und alſo. mit Inbegriff. ver Unterackerung der
Saat mit der Maſchine, eine viermahlige, auch,
mo bie Umſtaͤnde es erfordern, elne fuͤnfmahlige
;: Bearbeitung des Bodens, indem jebe Furche
„mehr, befonbers in ſchwerem Boden, ein Kyrn
„‚mehr ‚erzeugt. Nach tiefer guten Zurihtung
und jedesmahligem fleifiigem Eogen, frönt end⸗
‚. lich. Dig. Ackermaſchine das Werk, wodurch fols
. gende‘ Vörtheife, erreicht werden: 1) fann .bie
"Tiefe genaner beſtimmt werden, in welcher die
"Oberfläche durchgeatbeitet werden fol, .ole es
"beym gewöhnlichen Pflüge je möglich ift,. dem
man feine, fo beſtimmte Richtung geben ·kann,
„und deſſen Furchen bald tiefer, bald feichter ger
“ zathen;-2) kommt der Samen aud) in gleiherer
Tiefe unter die Erde, nirgends zu tief, bleibt in
‚der. fruchtbaren. „Oberfläche den Einfluͤſſen von
> Than und Luft mehr ausgefeht. 3)-Der Sa
men wird: gleicher vertpeilt,. fälle nicht fo uns
gleich und did zufammen, wie bey der gewoͤhn⸗
lichen Beetackerung in ben Furchen oft zu ges
ſchehen pflege, wo theile beym Saͤen, theils auch
: ggen
3
2.Pflug. Sagt
Eggen viel Sanien in die Höffinger ind’ Surs
chen fälle und geriffen wird. Auch das- zäilen-
meife Stehen der Saäten” wird’ vermiedent 4)
Beyh der Saatfucche wird viele Zeil erfpart” und
die Arbeit beſchleunigt, weil'mit 2, hoͤchſtens 3
Pferden taͤglich 9 bis 10 Scheffel Ausſaat bes
quem untergebracht wird; 5) Beym vierſcharigen
Pfluge formiren ſich die Furchen viel- gleicher
zuſammen, ſchließen dicht an einander, werden
ſchmal und klein, weil die Schare dergeſtalt an
einander geſtellt ſind, daß fein Boden dazwiſchen
roh bleiben kann. 6) Wird das Eggen dadurch
außerordentlich erleichtert, und ein drehmahliges
Eggen macht den ſo bearbeiteten Boden gewiß
glatter und gleicher, als bey den Beeten ein
neunmahliges Webereggen. : 7) Ben der Beet⸗
aderung bleiben die Furchen unter den Zufchläs
gen roh, die Surchen werben häufig zu breit,
und, beym Theilen und Ausftreichen der letztern
Burchen viele Fehler begangen; auch werben die
Furchen bald tiefer, bald feichter, und ſelbſt bey
den Scladen und Claren, wo 2 dder 3 Beete
jafammen geadert werden, find Vertiefungen nie
ganz zu bermeiden, weil der gewöhnliche Pflug
ein zu einfaches wankendes Inſtrument ift, der
vom Zugviehe zu leicht auf die Seite geriſſen
wird, wogegen die Adermafchine flanphaft und
feft geht, dergleichen Sehler nicht auläße, Auch
"vie ganze Dberfläche durchaus Flein und kein
bearbeitet, mie e8 nur mit dem Grabſcheide ges
ſchehen Fünnte, als welches bekanntlich zur Höchs
fen Fruchtbarkeit führe, 8) Die Halme des
Getreides vom untermafchinieten Samen haben
mehrere Haltbarkeit, weil die Wurzeln ſich von
allen Seiten im lodern Boden befler einwurzeln
koͤnnen; fie leiden weniger vom Brofte, weil fie
T 2 mehr
492 2. Pflug.
mehr und. gleicher mit Erde bedeckt ſind. 9) Ed
wird bey dieſer gleichen Zurichtung und ſeichten
Unterackerung, wenigſtens der achte Theil am
Samen erſpart; denn jedes Korn kommt in die
Lage, ungehindert aufgehen und fortwachſen zu
koͤnnen, dahingegen da, wo nicht untergeackert
wird, der Boden dieſe milde und gleiche Zurich⸗
tung nicht echält, zumahl durch Beetfurchen
vieler Samen unbededt . bleibt und umfommt.
10) Die nößlihe Walze kann bey. dieſer Zus
richtung viel beffer angemandt werden, als, auf
den: fchmalen Beeten, mo ſie bald hoch, bald. nies
. drig. fpringen muß, nicht gehörig aufdruͤcken kann
und vielen Boden fo wie viele Klöße unberührt
läßt. 11) Erhält fi in trodnen Zeiten. die
Feuchtigkeit bey dem ins Ganze gepflügten Ader
länger, und ‚bey naflee Witterung zertheilt fich
das Waſſer in dergleichen gut bearbeiteter QOber⸗
fläche geichmwinder, und läuft durch bie ange
wu hrachten Waſſerfurchen beſſer ab. Je tiefeg ein
Acker bearbeitet wird, deſto tiefer kann ſich das
Waſſer einſenken und von der Oberflaͤche ent⸗
fernen, auch leider er weniger durch die Naͤſſe.
Wo Keſſel ſind, helfen auch die Beetfurchen
nichts, und da muß man zu Gräben und unters
irdifchen Abgängen feine Zuflucht nehmen. ‚Die
Erfahrung lehrt, dag in naffen Jahren das Ge:
treide auf fchmalen Beeten mehr als. auf breis
ten, und das auf gut und tief im Quabrate
ohne Beete geaderten Geldern, bey gut angelegs
.. ten Waſſerfurchen, am weaigften leidet.“
„Daß das tiefere Adern, nicht auf. «ine
. .mabl, fondern nad). und nach, gefchehen müffe,
. ‚damit, der .untere noch unfruchtbare Boden, in
kleinerer Maſſe leicht ducch Dünger, Luft und
\ Kultus fruchtbar gemacht werde, ift wohl ber
fannt,
2 Pflug.: | 293:
anne, fo wie auch, daß in“ Liner größeren,
fruchtbar gemachten Erbmafle die- Wurzeln des
Getreides fich, zum befleren Wuchſe der Halmen
"und Körner, tiefer -und beffer einnöurgeln Fine
nen; fo wie es fich dein gezeigt "har, daß bie
Wurzeln des Weitzens und Kornes ſchon im
Fruͤhjahre 8 bis 9 Zoll lang waren; daher für
diefe Krüchte denn allerdings ein? fruchtbare uhb
lockere Erdmaſſe, von’ wenigſtens 7 bis 8 Zoll,
zum beflen Gedeihen erforderfih iſt. Nur muß
man die Unterlage genau kennen Ternen, welches
durch einen Fleinen Erdbohrer von ein paar Eis
- fen bequem gefhehen fann. "Die gehärige und
tiefere Aufloderung des Bodens vermindert nad)
und nach das dem Wachshume des Getreides
ſchaͤdliche Unkraut und verfchafft den Wurjzeln
des Getreides mehr Gelegenheit, alle Nahrungss
theile aus dem Boden: einzuziehen und vollkom⸗
mener auszumachen, als da, wo die Wurzeln
überall Hinderniffe ihrer Ausbreickiig' im Boden
"finden. Daher muf- auch der Dünger auf vie
Brache, und nicht erſt auf die Saatfurche oder
: den ſchon zubereiteten, d. i. beegten Acer, ge⸗
- führt. werden, am twoenigften darf langer Miſt
- Hierher Fommen, Zum Weißen muß man öfter
als zum Korne, zur Gerſte öfter als zum Das
fer pflügen, weil die Wurzeln jener GSetreide⸗
"orten weniger Unkraut vertragen.: Nur verſteht
"es fi) von felbit, Das bey leichteren Aeckern und
über Sommer das zu viele Pflügen oft mehr
Schaden als Nußen bringen wäre.“ —- :
„Hr. von Arnde gibe nun noch über bie
zweckmaͤßige Zurichtung der vwerfchiedenen Arten
von Böden, zum Behufe der Anwendung feis
"nes vierfcharigen Saatpfluges, nüßlichen, durch⸗
dachten Linterricht, und hält dafür, dag man
' T 3 nach
294. Ze Pflug.
‚nach ſolcher Zubsreitung. auf jeber Art Boͤden,
; Cauf den. thonigften, den fleinigen und quedigen)
den viericharigen Saatpflug mit, gleichem Bor:
‚tbeil gehraunen könne, Er bracht, und ſtaͤrzt
„mit dem gemöhnlichen einſcharigen Pfluge 2 2.
„tief, fehmabl: und enge, im Quadrate, und eggt
den gleich, um vie Faͤulung zu befördern. Das
Quadratpfluͤgen wisd durch eine Zeichnung ers
lautert und- finnfich, gemacht. Der Ader kommt
« Dadurch in mehrere Gleichheit, die Furchea koͤn⸗
„nen ſchmahler und gleicher an einander gemacht
werden. nichts bleibt unberuͤhrt und die Beetzu⸗
ſchlaͤge und Furchen fallen weg; das Ruhren,
„welches in die Schräge aefchehen muß, wird Das
‚; durch erleichtert, dee Acer fault geſchwinder,
„als. wenn..er in. Beete geflürzt wird, ber Düns
‚ges wird gleicher und. leichter untergebracht.
Wenn des. Yder gefault iſt, wird er vier bis
:. fünf Zoll tief. mit dem ‚gewöhnlichen Pfluge ger
wendet, damit der Dünger wieder mit einer
. Schale von Boden bedeckt werde, Diefer gewens
dete Acker wird eingeeggt, und nach der gehoͤri⸗
gen Zwiſchenzeit mit dem gewoͤhnlichen Ruhrha⸗
‚Sen oder dem dreyſcharigen Hafen geruhrt, wel⸗
cher letztere fehr eng ruhrt und vortheilhafter
iſt, auch nun, nach guter Auflockerung des
Bodens, durchs Wenden, leichter angewandt
‚werden kann, wodurch alſo zwey Dritttheile der
Zeif erſpart werden. Hierauf wird der Acker
‚mit ber. Eage,,der Furche nach eingeriſſen, und
übers Kreutz und nach) ‚der Schräge völlig ein»
geegget. Iſt dieſer Acer noch nicht mild und
„tein genug, fo muß noch einmahl und zwar tie
..fer geruhrt md wieder geeggt werben, nad, jes
Desmahligem Eggen aber werden die Quecken
‚und. andere. Unfrautemariche forgfältig ann
2. Pflug 295
echt. Hierauf wird geſaͤet, nach einem von
Arndt erfundenen Saatzeiger, oder nad) dem
Merkmahle der Fußtritte der Säeleute, auf bes
ren gute Wahl. und Geſchicklichkeit vieles ans
fommt. Nun tritt. des viers oder fünffcharige
Saatpflug feinen Dienft an, dee Samen wird
dadurch nicht eigentlich untergeadfert, wie mit
dem Pfluge, fondern untergerubrt, oder gleich
fam.. untergemaplen, fo daß kein Zoll Boden
roh, und der Samen doch gehörig in der Obere
flache bleibt. Durch diefe Arbeit wird das Eg⸗
gen beynahe unnuͤtz, und Arndt ließ den Ader
nur mit Eggen, die hölzerne Zinfen hatten, wos
von ein Pferd zwey zieht, leicht übereggen, wo⸗
durch Diele Arbeit ſehr befchleunige wird. Here
auf läßt man nun endlich mit. Vortheil die
leichte Walze ſowohl beym Winters als auch
Sommergetreide, wenn der.. Boden nicht naß
ift, folgen. Auch kann dieß Walzen : nody ges
ſchehen, wenn die Saat ſchon mehrere Zolle
hoch if, ſelbſt bey der MWinterung noch im
Fruͤhlinge. Das. Walzen befördert das fchnellere.
AUufgehen des Samens, erhält: bey trockner
Wirterung die Geuchtigfeit im Boden, zerdrüde
die. Klöße, daß die in ihnen enthaltene Frucht⸗
‚ barfeit den Pflanzen zu gute. kommt, Dad ges
walzte Getreide:ift bey. der- Aerndte leichter und
näher am Boden wegzuhauen und reiner aufzu⸗
rechen, ja der Froſt fann die ur In ber eins
. I
“a *
*
gewalzten Saat nicht ſo in die Hoͤcke ziehen.“
„Soweit dieſes: aus eingeſendeten Nachrich⸗
ten; nun ſchreiten wir"zue Erklärung des drey⸗
und fünffcharigen Saatpfluges, ‚den man -bey
uns auch im Modell’befommen Fan.“
&ig. 6522. Aufriß eines Dreyı med. fanfſcharigen
| Saatpfluges von der Seite te nnuſeben.
7 4 hen n,
a8 2. Pflug.
. a— iſt' der Vorderpflug, b. b. b. Der Hinterpfing
—R
—X
24
Sint
Rab
en dab eine Rad, d, das Bretiben, worauf der
Dauptfrengel ruht. e. die Kette, memit-- der
. Worperpflug an dem Krengel mit dem Nagel f.
befeſtigt iſt. g. g. der Hauptkrengel in feiner
ganzen Pänge. h. b. h. drey Pflugfhare von
Der. linfen Seite, welde an das Haupt i.i. i.
durch die hinteren, Griesſaäulen k. k. k. und die
vorderen Griesſäulen L 1.1. u. ſ. f. oben im
den Krengel bey m. m. m. m. m, m. befeftiget
find. n. eine Stürge auf der linfen Seite. (die
vordere Griesſaͤule L 1, 1. wird vorn ſcharf, wie
ein Meſſer oder Pflugfeh, geſchaͤrft.) o. find
Querſchienen, in welcher hinteren nad der
Stuͤrze zu, Die beyden mittelftien Schare einges
japıt find. p. p. der linfe Seitenkrengel.
&ig. 65323. Die Anfiht des ganzen Pfluges von
oben anzuiehen; wir bemerfen folgendee:
a. ift ebenfalls der VBorderpflug, und b. b. b. der
Hinterpflug. c. c. find die Räder. d. das Bret⸗
&en. e. der Ring der Kette, welche den Hinters
.. Pflug mit dein vorderen verbindet. f. der Na⸗
ei, welcher den Ring hält. g. g- der mittlere
engel. |
Da im mittleren Krengel mehrere Löcher s.
8. gebohrt find, fo fann dadurch der Hinterpflug
Pur; oder lang geftellt oder geyangen werden,
um damit feicht oder tief. zu adern. h. die
Schar. m. m. die Zapfen, mit welden die
Griesfäulen befeſtigt werden. n. n. die 2 Stuͤr⸗
en. o. o. die Querriegel. p. p. die 2 Seiten⸗
vengelbalten. Bey den Worderpfiuge bemerfen
wir hier no, dag an jeder Axe zwey, alſo zus
| fommen vier Löcher .g- q. 44 ‚gefertigt find,
imit die Räder nößer und weiter, vermöge
ferner Nägel geſtellt werben koͤnnen: die 2 Aus
ßerſten Löcher dienen ‚zum fünffcharigen,: und
die zwey der Are am nächlten zum dreyſchari⸗
gen und jedem einicharigen Pfluge.
‚Big. 6524 Die Anfiht des Hinterpfluge® von
en anzufehen. Wie bemerken folgende Buche
en. U. \
8 . der mittlere Krengel. p. p- die Seitenfrengels
balfen. .:.».-0. die Quermaſchinen. n, n. Die
Stärze. b. h. h. h, h. die fünf Schare. Ihe ite
u a
Pflug 297
das Haupt Yon den 5 Scharen. K,k,k,k,k '
die 5 hinteren Grießfäulen, m. m. m. m, m.
die Zapfen, welche die Briedfäulen an den obes
ven Krengelbalfen und die Querfchienen befes
en. | |
rer 6525. Die Anfiht des Hinterpfluges von
- unten anzujehen..
g. g. der mittlere Krengel. p. p. die Seitenkren:
gelbalken. 0,0. die Dueridienen. b.hkkh,
die 5 Share, |
Sig. 6526. Die Anfiht des Vorderpfluges von.
hinten anzufihen. u
a. der mittlere Theil, c. c. die Räder. d. das
Bretchen, auf welchem der mittlere oder Haupt,
krengel ruht. e, die Kette mit dem ‚Ringe,
ur Befekigung des mittleren Krengeld an den
orderpflug. q. % die Zapfen zur Stellung
der Näder.an der Are; man fche hierhey au
die Erklaͤrung von Si 6523. r. Der Zapfen von .
der Deichfel, welche durch das Breshen d geht,
und daran befeftigt if.
Soll derfelde nun eg gemacht wer⸗
den, beſonders fuͤr ſchwere Thonfelder, dann hat
man weiter nichts noͤthig, als auf jeder Seite
einen Arm nebſt Schare wegnehmen.
Beſchreibung des vom Seren Gkonomiever⸗
walter Zille 1792 erfundenen dreyſcha⸗
rigen Pfluges. Sig. 6527—29 *).
Im Sahre 1790 machte der Here Comif
ſionsrath Arndt zu Zobel bey Liegnig in Schles
fien feinen vierfcharigen Saatpflug im Modelle
befannt, und fandte um 1791 bereits einen in
Schleſien erbaueten vierfcharigen Saatpflug nach
Sachſen, 109 der Herr Kriegscommiffarius Mies
ben zu Köttewiz bey Dohna Über: Dresden auf
- einer bereits. zweymahl geaderten Fläche von
u Tg „4380
*) ©. Wagäsin aller neuen Erknduügen. Ne. X. Leipzig
Ben Daum a N 214. (Ein Aufſatz von Dem Herrũ
N ®
298 u 2. Pflug.
4380 Quadratſchritten Flaͤchenranm bie Probe
machen, und mit zwey davor geſpannten Pfer⸗
ben funfzehn Dresdner Metzen ausgeſaͤeten Rog⸗
gen In Zeit von einer Stunde 34 Minuten uns
[>
cerpflügen. ließ, indeflen ee mit -eben den zmey -
Pferden, die an zwey dort gewöhnliche Pflüge
“einfpännig gefpannt wurden, den für funfzehn
Dresdner Meben beftimmten Flaͤchenraum von
‚3328 Quadratſchritten erft in deren Stunden
ı5 Minuten Zeit zur Saat zurichten fonnte,
- Diefe Probe zeigte daher nicht’ nur einen großen
Gewinn an Zeit, fonbern auch eine beträchtliche
Erſparniß an Samen, wozu noch fam, daß die
: mit dem vierfcharigen Pfluge einmaſchinirte Saat,
wie Hr. Kr. C. Rieben und die C. R. 9.
Arndt und Riem. diefe Beärbeitung des Saat⸗
afers zu nennen beliebt haben, noch oben drein
wie gepflanzt geftanden haben fol. Ein neuer
: wichtiger VBortheil, dee zur Nachahmung reißen
mußte. Zu gleicher Zeit, naͤhmlich im Herbſte
1791 ließ auch der Hr. Amtsverwalter Neitzſch
auf dem Kammergute zu Sedliz bey Pirna ı
»Scheffel 3 Viertel Roggen am 27ſten October
ausſaͤen, und mit. dem Arndtifchen. vierfcharigen
Pfluge unter gleich vortheilhaften Folgen unters
mafchiniren. J |
Die Aernte des Hrn. Kriegsc. Nieben
war 1792 folgende: am iſten Auguſt wurden
die 3328 Quadratſchritt, befaet mit 15' Dresdes
„wer. Meßen, gefehnitten und zwey Schod 42 .
..
Garben aufgebunden, woraus man act. Schefs
fel;.fieben Metzen ausgedrofchen hat; Alein von
den: mit-ıs! Metzen befäeten: und einmafchinirten
4380 Quadratſchritten, wo allo + Eamen auf
einem. groͤßern Slächenraume erfpart morben war,
= damd
% «arten ° . .
“ ® [nr \ e“: ⸗
| 2. Pflug. | 299
band man, bey Schock achtzehn Garben auf,
und draſch eilf Scheffel 54 Meßen aus. :-
Nach ‚folhen großen Wortheilen hätte man
eine zabllofe Menge Nachahmer vermutden fols
len; allein die meiften Landwirthe waren beym
Anblicke des Modells und des wirklich erbaueten
Drafchinenpfluges , etwas bedenklich gemorden,
und überließen daher einigen wenigen die Guͤte
‚und Brauchbarfeit dieſes viel verfprechenden
Ackerwerkzeuges mit Ruhe und Unpartheilichfeit
zu unterfuchen. Zu ben leßtern gehörte auch
der Hr. geheime Kriegsrath von Schleinig,
welcher beym Kriegse. Rieben einen. vierfcha«
rigen Saatpflug beftellte, und erhielt felbigen
gerade, fo verfertigt, wie ihn Hr. Kriegsc. Nie:
ben beſaß. Mit dieſem Arndtifchen Pfluge
mußte nun fein Verwalter. zu Saalhaufen, bey
Obſchatz, die Probe machen, welche aber ganz
misgluͤckte, denn er konnte nicht zehn Ellen lang
ohne Stodung fortpflägen, und zwifchen dem
erſten und zweyten Schar, rechter Hand blieben
41 Zoll Ackererde, zwiſchen dem zmwenten und
dritten 53 Zoll, und zwiſchen dem dritten und
vierten Schar endlich 23 Zoll, uͤberhaupt alfo
von den 354 Zoll Adererde, welche er .auf ein:
mahl wegnehmen follte, 123 Zoll ganz ungepflügt
fieben, daher man denſelben ohne alle weitere
Verſuche in der Defonomigs Piunderfammer zu
. Saalhaufen aufftellte Ä
Dagegen machte Hr. Defonomiebermalter
Zille, Her nachher in die Oberlaufiß nach Rei⸗
. bersborf als Defonomieverwalter u Ge; Excel⸗
len; dem Seren Cabinetsminiſter Grafen ven
Einfiedel kam und daſelbſt ftarb, bey feinem
‚ mit. dem -vierfcharigen Saatpfluge angeitellten
Verſuch einen dreyſcharigen Pflug befannt,.Her
X zu
JO a: Pflug.
sngleich drey Seche und Steeichbreter Hatte, und
mit dren Pferden oder drey Ochfen gezogen ers
den muß, dabey aber zu jeder Aderarl gebraucht
‚werden fann. Seine Freimuͤthigkeit zog ihm eis,
nige harte Aeußerungen von Seiten der Herrn
Arndt und Nieben zu, welche ihre Empfinds
Slichkeit darüber auch in Öffentlichen Blättern Aus
‚ferten, und Hr. Arndt mollte ihm fogar bie
‚Erfindung des dreyfcharigen Pfluges ftreitig ma:
chen, indem er verjicherte, daß er ſchon längft
"einen folhen Plug gehabt, und an Nieben
. fogar ein Modell davon eingefandt hätte. Allein
Bas Arndtiſche dreyfcharige Ackerwerkzeug war
‚ein- ſogenaynter Hafenpflug, und mithin vom
Zillefchen Aderpfluge ganz verfchieden,
Dieſer vom: verfiorbenen Zikle zuerft zu
Saalhauſen, dann: aber auch zu Reibersdorf eins
geführte dreyſcharige Pflug Fann im leichten, wie
‚im ſchweren Boden, im ungebüngten und ges
duͤngten Ader, zum Stuͤrzen der Brache und
. Stoppein und zum Saatpfluͤgen, ja auch zum
Arndrifchen Mafchiniren der aufgeläeten Saat
mit dem groͤßten Vortheile, und zwar in folchen
Gegenden gebraucht werten, wo man entweber
den Acer im breiten Beeten oder ohne alle
Beeteabtheilungen beftellt. —
-... Der verfiorbene Zille, welcher vorzüglich
ein guter, ja man Könnte faft fagen einer der
beften Aderleute oder Feldwirthe in Sachſen war,
hatte ganz’ Recht, daß er dieſes Ackerwerkzeug
nur in breiten DBeeten, welche vor den fchnialen
- febesmaht : den Vorzug behaupten, vorzüglich
"brauchte, oder wenn er, ohne alle Beeteabtheis
lung beftellte. Ben einer fölchen Beſtellung von
‚einem Dresdner Scheffel, drey Viertel x Mege
. Weitzenſaat im Kartoffelfelde aͤrntete er 1795
vier⸗
2 Pflug. | 04
vierzehn Schock, und im geduͤngten Kleefelde,
auf zwoͤlffurchigen Beeten nur fuͤnf und ein
halb Schock im Durchſchnitte vom Scheffel.
Leider hindert es nur zu oft die Örtliche Lage
der Gelder, daß man weder von den zwoͤlf und
mehrfurchigen Beeten, noch von der Beſtellung
‚ohne. alle Beete irgend eine Anwendung machen
fann, Sondern Immer bey. der alten ſechs⸗ und
achtfurchigen Beeteabtheilung bleiben. muß. _
Der Zillefche dreyicharige Plug ‚bearbeis
tet mit feinen durch das gejchobene viererfige
Dpergeftell, | Sig. 6527 in den Punkten 1.2.
3. 4. 5. und 6. mit einändet verbundenen und
in E 5. und 2. an dem Grindel befeftigfen Pflug:
fcharen und Sechen jebesmahl eine Släche von
drey und zwanzig Zoll Breite ganz rein und
wendet vermittelft in dem richtigen Verhaͤltniſſe
angebrachten Streichbreter A. f. Sig. 5529-atle
Furchen gut um %
+
Das Hauptaugenmerk ift bey diefem Pfluge
vornähmlich auf die Griesſaͤulen A.d. bey allen
drey Pflugkaften zu richten, Indem fie eine‘ fol-
che; genau abgemeflene Stellung und Bauart
haben, daß ‚fie nicht nur die vom Sech durch⸗
ſchnittene und vom Gchär- loögefchnittene Erde
feicht zum Abfall bringen, ſondern auch die Ar⸗
beit ungemein erleichtern, weil fi) niemahls ec
was anftemmen und vorlegen fann.
Bey der Anwendung biefes Zilleſchen
Pfluges erfpart man im Mittel: und ſchweren
Boden gegen den einzelnen Pflug jedesmahl drey
GStuͤck Zugvieh und zwey Menjchen, ſobald man
nur einen Pfluͤger anftelles aber beym Dünger:
un:
Dieſe Streichbreter find vieleicht nur zu gerade, ſe daß
alſo das Umwerfen ſchwieriger if, als bey Dem oben bes
- fchriebenen Smallihen Pfluge. \
302 2. Pflug.
unterpfluͤgen nur einen Menſchen, weil es als⸗
dann die Arbeit befchleunigt und verbeſſert, wenn
“ben jedem dreyfcharigen Pfluge zmey Mann ans
> geftellt werben. Hat Kingegen ber Landwirth
“einen leichten Boden oder einen an; den Mittels
boden angrängenden Ader zu beftellen, fo braucht
er bloß zwey Stuͤck Zugvieh arufpannen und
erfpart daher jedesmahl vier Städ, moben er
„ungefähr mit einem ein Zehntheif’größern Zeite
::.“.tufiwande, mit dem drenfcharigen Pfluge fo viel
Ackerland bearbeitet, ale: mit drey cinſchatigen
weyſpoaͤnnigen Pfluͤgen.
Anfänglich. erfordert es. einige Behutſamkeit
und genaue Uebung im Schreiten beym Pfluͤgen,
ei ber Pflüger. leicht durch die Streichbreter
des Pflugkaſtens Nr. 2 und 3 Fig. 6528 im Ge⸗
r ...ben und, zugleich im Halten der Pflugftergen Ac
"riet wird. Am gefchwindeften lernten pas
Pflügen damit, und ꝓfluͤgten am beften bie als
"Eofbaten gedienten Knechte, weil biefe bereits
-an einen regelmäßigen Schritt. gewöhnt waren.
„ud beiläufig mag es hier ebenfalls fichen, daß dies
jenigen Säeleute die beften find und. werben, welche
‚unter den Soldaten. und zwar unter der Infan⸗
terie gedient haben, indem fie jederzeit einen fe⸗
ſten Schritt belten . wobey beym Sn ſo viel
ankommt. |
Ein Mobeit von diefem Pfluge Fann theife
für zwey Thaler, theils für drey Thaler. durch
das Induſtrie, Comptoir von Heren Profeflor
Leonhardi erhalten werden, welcher auch die
Erbauung biefes Pfluges im Großen zu befors
‚gen ſich erbietet. Zille lieferte 1795 in GSaals
haufen einen dergfeihen Pflug für funfzehn
Thaler, als fo Biel er in geipsig auch zu ſtehen
fommt;
2 Plug 303
kommt; allein 'zu Retberäbotf betrugen bie Er
bauungskoſten nur ſechs Thale r.
| Verbeſſerter Pflug sum Anbäufelh der Bun
kelruben, des Srauts der Berteſſein u. ſ.
w. gig. 6530).
“On der Gegend von Zrenberg hediente
man ſich ſchon ſeit geraumer Zeit eines Pflugs,
zum Anhaͤufeln des Krauts, der Kartoffeln‘ u.
ſ. f. welcher von zwey Menſchen gezogen wird.
Dieſen Pflug hat der Beſitzer des Kanzleh⸗Erb⸗
lehngutes Lösniß bey Srenberä,: Herr Phitipp,
- fo’ verbeſſert daß er, nach Urt eines in vaſiger
und if’ ver Wöltenbubger, egend gebräuchlichen
£ - Springhäfens;; ‚von einem einzigen Ochſen oder
2. auch wohl bon einem. einjigen ftarfen Manne
gejogen und zu dee erwähnten Abficht gebraucht
- werden Tann, wodurch er befonbers für Haͤus⸗
ler und fleine Gärtner; welche nür ein paar
Scheffel Land befißen und. fein Viet haben,
ſehr vortheilhaft geworden iſt.
Du diefem Pfluge gehoͤft ein Reißſchar,
"Rio. A, ben a. Big. Bund BB und ein Breit⸗
: Shar,-Zig. G und CC, Erſteres iſt beym Ans
hoaͤufeln der Kartoffeln zum erſten Mahl, letzte⸗
res aber zum zweyten Mahl zu gebrauchen.
Die Streichbreter koͤnnen, nach Gutbefinden
- "des Ackermanns, auf fuͤnferley Art geſtellt wer⸗
den. Das Leder d, woran die Streichbreter,
wie an einem Charnier „befeſtigt find, iſt ger
branntes "Pfundfeder; doc kann man anflatt
beffen ‘auch eijerne Bänder nehmen. Der Kiel
e fann im Grindel k, an zwey Punkten n. u.
. hoch
D Magazin aller neiten Er nungen. No. Vi. Leipzig bey
"Baumgärtner (1302) 4. ©. 345 fl.
304 2. Pflug,
Goch und tief, ruͤckwaͤrts und vorwaͤrts geftellt
werden, und. wird durch die an der Geite ans
gebrachte Schraube v befeftigt.
Das im Grindel E angebrachte Sad h
kann ebenfalls rädmwärts und vorwoͤrts geſtellt
.® Pi
Stellung des Hafens erfolgt. -'
Am vorderen Schnabel i--wird das Ort⸗
werden, woraus wieder eine hoͤhere oder. tiefere
bes angelegt.
ſcheit k zum, Anfpannen eines Stuͤcks Zugvie:
- - Dieſer Hafen ift ferner mit großem Zeite
gewinn zum Anhäufeln des Krautes, der Kohl⸗
und Nunfelrüben, zu gebrauchen, wenn nähmlich
dieſe Srüchte nicht, wie bisher, quer über die
Beete, fondern ohne ‚Berge au machen; zeilene
weife, nach ber Länge, in den Ader gepflanzt
werben.. Nenn bie. Zeit zum Anbäufeln diefer
. Pflanzen gefemmen if, fo bebient man ſich Die:
..jes: Hafens, anflatt daß jet diefe Arbeit durch
viele Perfonen mit faurer Mühe verrichtet wird;
. wird.
„and außerdem geſchieht dieſe Arbeit. in vielen
Gegenden gerade zur Zeit der Heuärnte _
Anftatt des Zugviches wird hierbey nur
. ein einziger Mann eingefpannt, weil das einge⸗
fponnte Vieh fonft die Pflanzen zertritt. Hiers
zu wird die Deichſel, Sig. G, mit dem breiten
Ende I bey € fo eingefteift, daß ber ziehende
Mann fie zue rechten Hand bat; das Zuafeil
aber wird in den: Hafen eingehängt, welcher auf.
dem Grindel IE Binter-bem Rade bey g angebracht
Auf: [nie Art wird Diefe Arbeit erit mit
dem Reißſchar, Sig. A bey a, und Big. B bey
BB, dann mit dem Breitfchar C und CC, fehr
leicht verrichtet, wobey vorausgefeßt wird, daß
ber Ader gehörig und gut beym Pflanzenſtecken
vors
2* Pflug. 5
vorgerichtet worden iſt. Es kann damit durch
zwey Perſonen cbeh fo viel in gleicher Zeit ges
häaufelt werden, als zwölf Perſonen, nach der
“ fonft gewöhnlichen Art, mit Hafen fertig mas
chen koͤnnen. |
| Zur Erläuterung der verfchiedenen Neben⸗
: heile, welche bey diefem Springhaken vorfoms
men, nehmen wie hier das Ganze zufaminen.
‚a, das Reißſchar, welches unten am Kiel befeſtigt
ift: Man fehe Auch Fig. B. und BB, wozu das
. Beelrfihar C und EG gehört. .. |
c; e. die Heyden Strkeichbreter, welche bier eins
333 „ober bey Fig. D. und DD. doppelt ers
\ einen
d. das Leder, woran die zwey Streichbreter, wie
an Charnteren, befeftigt find; Oder man nimmt,
anftatt des Leders, eiſerne Charniere, damit. die
Erreichdreter an den zwey Aber einander gehen⸗
den Streben v, $ig. DD, mit’ seinem Nägel art
den fünf Löchern zwiſchen v. v. weit und enge
geftellt werden fönnen. . |
m. der Kiel oder die Griesſaͤule, woran dad Schar
unten befefligt wird. u N
TER. der Grindel oder Grengel, mit jenein Kiel eo
verbunden; er fann in zwey Punkte nn, erhoͤ⸗
bet oder erniedtiget werden. Eden Diefes wird
noch mehr bewirft, wenn ınan dä, wo dee
Srengel bey mm. gefpalten und mit eifernen
Bändern an beyden Drten befefligt ift, das dar⸗
in angedtachte Rad h, morduf der bordere
Theil des Pfluges ruht, init ſeiner Saͤule vors
und ruͤckwaͤrts ſchiebt. ln u
i. der vordere Schnabel, mit feiner Vorlegewage
“.k, wenn ein Pferd dorgefpaunt werden foll,
-.- Wenn man aber den Pflug Durch einen Mens
eſchen giehen laflen will, fo wird die Vorlegewa⸗
> ge weggenommen, und bey ) die Deichfel 11
7" eingeftedt, melde dem ziehenden Mann zus
rechten Sand ſtehen muß. | |
g r der Hafen der Zugleine: |
oo find punttitte Löcher am Bügel g, in melde
ein Magel geitedt wird, wenn der Pfhig Hoch
oder tier geftellt werden foll; daher muß bey ps
Oec. techn. Enc. CXII. Cheil. U. de
2: 2. Pflus—
der Bügel an einem. Gewerbe oder an einem
Daten hängen. . =
7. die Schraube, welche in de F. su ſehen if,
und womit der Kiel an den Örindel feſtgeſchrau⸗
det wird, wenn er einmahl richtig geftelit if.
s. dad drepfantige Blech, welches. vor das Yeder
d, oder vor die Gewerbbänder, an die zwey
Streihbreter angelegt, und unten Hinter dem
oberen Theil des Gchars bey yy eingeſchoben,
oben aber dey t an einen durchgehenden Gift,
weelcher durch ein Loch vorßeht, mit einem Vor⸗
" fietfnagel vor das Leder befeiligt wird.
J * —X Di, fieht man eine Storze, und in
ae . F, deyde. | “
w. ift der zu diefem Springhaken gehbrige Maß⸗
ab.
Sig. F, hat die Abſicht, daß man die in.
Fig. A. nice zu fehenden Gegenftände deutlicher
bemerfen koͤnne. Man fieht bey. un, die beys
den Stürzen, welche bep vv, mit einem eifernen
Bande x: bey zz mit einem Querriegel zufams
® mengehalten werden. |
z. Die mehrgedachte Schraube;
beym hinterſten n, das Lo im Brengel, wos
durch der Kiel geſteckt wird, wie.er in Fig. A,
bey e.«, abgebildet if. |
£f, dee Grindel oder Grengel in feiner ganzen
Länge, vom Hintern Epde bis zum vorderen
Schnabel; a
beym vordern n, der Dorfteddnagel, und
| auf der Oberfläche die Deffnung, wodurch der
, Bugel q, Fig. A, geht. ., '
‚m. m. die Beffnung, worin dad Rad vors und
ruckwaͤrts gefhoben werden kann; bey i fieht
man den vörderen Schnabel des Srindels oder
Grengels, worin das Loch zu fehen if, ducch
weldes die Vorlegewage k. mit einem ‚Nagel
angehängt wird et u
ig. G. die Deichfel,‘ welde als einfpännig
betrachtet, ihre Länge von I na I’ganz fehen
läßt; wobey man zuglei am hinterſten 1. das
. Lob wahrnimmt, wodurch ein Stift geht, wel⸗
‚ger diefe Deihfel befekigt, wenn fie in das
Loch, Lig. A, bey Cgeſteckt wird.
Fig.
2 Pflug. 30y
ig. D. zeigt das über Me "Bireihiwätte ec
gehende, und anfgtt Der. Mewerbbäntee hüfer
fligte: Leder dd ganz bloß, welches in Fig. A,-
bey ddenue etwas unbedeckt · zu ſel *
Fis. H. das dreyfantige Vorfegblaß,. woran
bey 1 dat eo für: den a bey
, ie ep unteren en, B
Dis ofen die Spare Kommen, 088 Made.
Sig. E. hhhh. zeigt mie die Binden Arme
am Rade, fammt feiner Säule, angebracht find,
worauf der Brengel ruht, um ünter Diefgns
herum gehen zu fönnen. 3 on
Fig. B. zeigt das Reißſchar mit feiner untern
Spige a von der Seite; und Fig. BB. wie’es
oben mit ber unteren Sp io —ã
ig. C. und CC zeigt en! das 8 t,
bey bb von vorn und von a KR
ausfieht. — Bu
i b ei erde⸗
Die ver ee ee DE Bam.
Den Kartoffelnbau im Großen zu treiben,
ift es bekanntlich ungemein vortheilhaft, bas Ber
haden nicht mit der Handhacke, fondern vers
mittelſt eines Werkzeuges zu befchaffen, das bon
einem Pferde gezogen wird. Im Art. Kar⸗
toffel, Th. 35, ©. 271 fl. ift diefes ſchon bemerk⸗
lich gemacht. Ausführlicher gefchahe es in Bers
gen’s Anleitung zur Viehzucht, befonders im.
des von Thaer beforgten Ausgabe (Berlin 1800.)
S. 194 fl. wo aud ber jeige Herr Staates
rath Thaer eine zu biefem Zwede von Ihm
erfundene Pferdehacke befchreibt und abbilder,
die viefen Beyfall gefunden hat, Vor ein paar
Jahren Kat nun der Herr Gtaatsrath. diefes
aum Kartoffelnbau fo brauchbare Werkzeug noch
— verbeſſert, und es in ſeiner Beſchreibung
der nutzbarſten neuen Adergeräthe II. Heft,
Ua. Hans
28: . 2 Pflug.
Hanueb. 1806. auf. Taf. VI. vorgeſtellt, woz
: Ge im Terte folgendes’ bemerkt: |
72h hatte in. meiner Ausggpe von Ber⸗
gend „Anleitung zur Viehzucht‘ ein Inſtrument,
welches ich aus einem gewöhnlichen Mecklenbur⸗
giſchen Hafen verfertigte,. abbilden laflen. So
‚vielen Beyfall diefes Inftrument auch fand, ins .
‚Lem es ſchon durch ganz Deutfchland verbreitet
iſt, und zur Befürderung des Kartoffelbaues im
Großen viel beygesragen hat, fo hatte es doch,
‚ wegen ber. fleifen Anfpannung mit einer Scheer:
deichfel, viel linbequemes; weil es bey einem
Fehltritte des Pferdes nothwendig mit zur Seite
"sing. Beſonders aber, weil es auf abhängigen
Feldern bey dem Hinaufpflägen aus dem Boden,
beum Hinabpflägen zu tief hineinging, und nur
mie Mühe in gehdriger Sichtung erhalten wer:
den fonnte |
..v Dieſem iſt nun dadurch abgeholfen, daß
ich ihm einen Baum und einen Stellungsbügel,
„nach: Art der engliſchen Pflüge, die im erften
- Heft ausführlicher befchrieben morden, gegeben
habe. Auch habe ich zwey Stangen, flatt einer,
. daran machen laflen. Tun hat der Sührer das
Inſtrument mehr in feiner Gewalt, und die Are
. beit wieb ihm und dem Pferde um vieles leichter.“
„Die drey Unfichten (nähinlid A von der
©eite, B von unten und C von hinten) ſtellen
das Inſtrument deutfih und in allen feinen -
- Dimenfionen dar. Wenn der Bügel (in der
Anficht von der Seite) hinten höher geftellt
wird, und der Hafen, woran mon das Pferd
ſpannt, dadurch tiefer herabbommt, ſo 'greift
das Inſtrument flacher, ümgefehrt tiefer, ein.“
“ * | \ Die:
2. Pflug. 309
% LE
‘ , * } FE .
Diefes wären einige ber am zweckmaͤßigſten
eingerichteten Pflugmafchinen, - Man' hat beſca⸗
ders in ben leßtern Sahren viele veränderte Pfluͤ⸗
ge angegeben; nur ſchaäde, daß Bie neueſten nicht
immer bie beften find, wie 5.3. der in dem
Archiv der teutichen Landwirchfchaft, Jan. 7809.
(Leipz. bey Gleditſch) S. 61 beichriebene und
abgebildete Pflug, weicher mit 2 Streichbretern
verfehen ift, vielleicht als MWäfferfurchenpflug
zu gebrauchen wäre, abet wohl ‚nicht: ald ges
wöhnlicher Acerpflug, (wozu er doch beitimme
ift) weil zwiſchen zwey fehe breiten. und tiefen
Furchen immer ein doppelter Ruͤcken liegen: bitibr,
welches ein zu. unebenes Feld geben. wuͤrde. :Sch
übergehe hier indeß viele Erfindungen ber Art,
and: befonders aud) die in entfernten Gegenden
üblichen, weil mid) dieſes vief zu: weit führen
würde. Doch werde ich; weiterhin in ber apha⸗
betifhen Nachweiſung noch einiger. Arten’ der
Pfluͤge kurz ermähnen. | 7
Der Pflug iſt übrigens uͤberhaupt eine ber
nößlichften Erfindungen für die Mienfchen, und
obgleich die Meinung bes Cognatus Sequanus,
daß Die, die Erde aufmählenden Schweint die
Menſchen auf die Erfindung des Pflugs geleitet
hätten *) wenig Glauben verdient: fo ifk doch
«fo viel gewiß, daß die Menfchen vor der Erfins
dung des Pflugs die Erde auf die muͤhſamſte
Weiſe bearbeiten mußten, welches noch die Bey⸗
fpiele‘ derjenigen Völker beweiſen, bey Denen. der
Pflug erſt ſpaͤter bekannt wurde. Die alten
Einwohner der canariſchen Inſeln geuben .bie
Erde mis: Ochfenhärnern um *"). Die Eins
| | u3 _. mohner
*%) Copnatus Sequanus invention. ®ylva. c, 13, p. 719,
en a eoragen, H. p. u 252. 1 8,709
ee}
| gip Ä 2. Pflug.
wohner von Neufrankreich bearbeiteten ihre Sels
er. mit,.oöfzeruen Hacken ). Die Meger von
AHPambia beatbeijeten die Erde bloß mit einer
Schaufel, wie ihren Rudern ähnlich war ”).
noere. haben eine Art yon Kelle ’) Die Dies
ger von Senegal flürzen ihre Feld mit dem De:
| an ym ). Solchen und ähnlichen mühfeligen
sbeiten wurde durch die Einfuͤhrung des Pflus
—* ein Ente gemacht. Hiob °) kannte ſchon
flug; woraus man auf das Alter beffelben
| el en. fanp; er war zu feiner Zeit fchon mit
Ochfen befpannt. -
Die: Egyptier. erfanden zuerſt das SGaoͤen
. bes Roms 9, baßet man auch den Pflug für
eine Erfindung der Egpptier halt. Die Egyptier
Schreiben diefelbe dem Ofiris zu ), der auch bie
Seythen unterrichtete, ſich beym Ackerbau der
Ochſen zu bedienen ). Man hält dieſen Oſiris
mit dem egyhptiſchen Könige Menes für eine
Perſon, und waͤre dieſes, fo fiel die Erfindung
des Pflugs um das Jahr 1900 nach der Mo⸗
ſaiſchen Geſchichte der Welt,
Die Phoͤnizier legen die Erfindung des
— dem Dagon, einem Sohne des Himmels,
Die Griechen fchreiben bie Erfindung Des
Pfige ber Teres zu, wie auch die Roͤmer R%
diefe
)Lescarbot hit, "de la Nouvr. "Franc. p. 77%
in en. "des oym Mı.p. ‚88. 189.
. 6%
. |
DELL de‘ origine Adol, Lib, 1. e. 17, Pı 13%
Tibull. 1. Bleg. 7. 29.
9 Euſtath. ad Monyſ. a v. 2
achon,. apud Euleb, p. 37,
we Georg, Lihe | v. der. "Ovid, Met. V. v. 341.
Le er 17
dieſe unterrichtete den Triptolemus im Pflägen,
daher ihn auch einige für den Erfinder ‚des
. Pflugs halten '”). Andere nennen den Buzpges
von Athen als den Erfinder des Pflugs ") jmd
noch andere meinen, der dom Jupiter und.der
Ceres ober der Proferpiga erzeugte Bachus
gi den Pflug ”), ober wenigſtens bie jehige
rt zu pflögen, erfunden, inbem - er zuerſt ge⸗
Ihre ‚Habe, Ochſen, vor den Pflug zu fpanpen,
da diefer vorher vch Menfchen gezogen. nn
ſey ©) So viel iſt grmiß, daß der flug
.. ‚den Griechen von ohem Alter mar ;, Air nie
"Anus, der um 2489 n. E. d. W rie⸗
chenland Fam, gatte bereits einen Ei 9— und
pflägte damit, als er. pie Schlangenzäßne füetei""),
"Sn Spanien „Pr U der König Habis zuerſt
das Pflügen gelehrt, und den Pfiüg mit, Ochſen
beſpannt haben F '
Andere ſchreiben bie Erfindung bes Hits
den Galiern zu, und Plinius 7) ) fügt 9
hinzu, daß man nur in Gallien Mäder an —*
Pfluge mu legen pflege.
ey den Chinefern erfand Chin⸗ mong, ein
Machfolger des oͤbi den Pflug; er machte das
Pflugmeſſer aus haͤrterem Hole, und die Pflugs
.. Herge.aus weichem ‚Hole
Der erſte und ältefte Pflug war ber Als
" kerhaken oder Seaniieh, welehe ver —
⸗
Ovid, Faft, Lib. IV, Servius in Virgil. Georg. Lib, I,
13) Pfin, N, H, Lib. VII, c. 56. ect, 57.
.13) Plutarch, aueh, grasc, P.533. adit, grasc, H,Steph, &
14) Diod, Sic, II, A
19) Or, Met, Li, Tv. 10%
76) luft N
17) Plin, Lib. —
18) Martini bift. de la "Chime, 1. pP. Sa. Socuet vom ur⸗
jrrunge der Gefene, TI. €. 2.
2374 Br. Pflug.
In den leßten Sahren Het nun auch bie
- Yderbaugefellfchaft zu Paris, auf. Veranlaffung
* ihres Stifters, Des Senators François von
Meufchateau, auf die Verbeſſerung des
-. Pfluges eine Prämie von 2000 Saufen auss
geſetzt. Die zur Bewerbung um den Preis eins
geſchickten Modelle haben aber feine .des .Preifes
. wuͤrdige Verbeſſerung -diefes unentbehrlichen Ak⸗
kerinſtruments geliefert. Die Preisfrage wurde
alſo in der öffentlichen Verſammlung am 2ten
:, Ergänzungstage des roten Jahres (Igten Sep⸗
.-, tember 1802) von neuem aufgegeben und- ber
Preis bis auf 6009 Franken (1500 Rthlr.)
‚vermehrt, auch wurden ziey .‚Mebenprämien, jes
de zu ı500 Franfen, (350 Rthlr.) für die zwey
naͤchſten Verbefferungen hinzugefügt. Die Mo:
belle ſollten bis zum, Srühjabr 1804 eingeſchickt
die Preiſe aber erſt ein Jahr nachher, alſo im
Fruͤhjahr 1805 vertheilt werden, weil man prak⸗
tiſche Verſuche im Großen damit anſtellen woll⸗
te. Die Geſellſchaft war der Meinung, - der
Pflug müffe höhere Raͤder als bisper, und mehr
„als ein- Pflugſchar ‚Haben,
In der am gten Floreal zu Paris gehals
tenen Sitzung der Aderbangefellichaft,. des Seis
‚ nes Departements famen nun die eingelaufenen
Beichreibungen und Zeichnungen eines verbefler«
"ten Pfluges gur Entfcheidung. Keiner der Preiss
bewerber hat daB Ideal der Geſellſchaft erreicht, -
indeſſen ward fünfen eine goldene Medaille zur
erfannt, wovon Here Zefferfon, Präfident
der vereinigten nordamerifanifchen Staaten, die
.jwegte erhielt. Man fann es nicht ohne Sntes
reſſe anjehen, fagen daher bie frauzoͤſiſchen Zours
naliſten, wie die ‚erfte e Megierunpsperfon einer fo
großen Repusii iien Nehmen v und d Ruhe an
die
2. 368
die Wervollflommnung des Werkzenzes zum
Pfluͤgen bindet. Es ift ein bemerfensmwerther
Zug in der Geſchichte unferes Jahrhunderts
amd der neuen Welt. Amerika erhielt ven Pflug
von Europa, und gibt num. die Gefdyenf ver:
beffert zuruͤck. Hr. 8. hat fich zu bemeifen bes
müßt, daß alle Schwierigkeiten in der. Werbefr
ferung ves Pfluges bloß in der Eonftruction
eines einzigen Theiles, in der Form der breiten
Seite der Pflügichar, welche die Erde aufwirft, .
fiegen, feine. Abhandlung iſt daher mit ber Zeich«
nung eines verbeflerten Theils ber Arc verliehen.
Die Geſellſchaft hat ſich daher von ihm einen
großen Pflug nach feiner DVerbefferimg, als ein
Foftbares Andenfen, erbeten, unb zugleich bes
fihtoffen, ihm, zum ausdrucksvollen Zeichen ih⸗
ser Danfbarfeit, die ganze Sammlung der eins
gelaufenen Arbeiten zu Äberfenden. (Landwirth⸗
fhaftliche Zeitung, 1805. Zul. ©. 311).
Die genannte Gefellfchaft erneuerte bie
Aufgabe zur DVerbefferung des Pfluges unter
Ausfegung eines Wreifes von 6000 Sranfen
abermahls und zwar für das Jahr 1806. Es
iſt mir aber nicht befannt geworden, daf irgend .
eine Erfindung ihr vbllig Genuͤge gefeifter hätte. —
Verſchiedene Arten der Pflüge, welche zu
einem befonderen Zwecke beftimme find, z. B.
zum Bearbeiten der Wieſen, der Heidegegenden
ꝛe. kommen in den Artikeln vor, welche von dies
fen Gegenftänden handeln, Die Pflüge, welche
zugleih mir Säemafchinen verbunden find, und
vermittelt welcher man zu gleicher Zeit den Afs
fer auflockert und befäet, werden im Art. Sie:
maſchine befchrieben werden. Dahin gehören
vorzüglich auch die. in den letzten Fahren fo bes
ruͤhmt gewordenen Drillpflüge und Drillme:
ſchinen. Die
316 - 2. Pflug,
- Die eigentlidhe Anwendung und Wirkung
des Pluges, wie auch die Vetgleichung deſſelben
mit anderen, zu aͤhnlichem Gebrauche beſtimm⸗
: ‚sen Ackerwerkzeugen, wird man im Art. Pfluͤ⸗
gen näher beleuchtet finden.
Moch einige Schriften uͤber ben Plug und
» einige Arten deſſelben. “
vo Heimburg, ld. 6. Progr. de info aratrorum,
1755- |
Brickil, A, "Ph, di, de- Tanditate aratrorum.
He
- Den —e— ſ. Huputs Topographie von
.Lieſland. Taf.
3.
Veui „Shttingifee ‚gemeinnägige Abhandlungen... 177%
Braun hweigifcht Sammlungen. I 305.
Dieue oͤkonomiſche Nachrichten. IL 186. j
nr Anleitung für bie andicute, in Abſicht auf den
x Pflug. Zürich, 1772. 8
; Angemein? Saushaltungs: und tandwifenfgaft. V
Mile Fetdmirchfeaft I. ©. 285.
— J tour tlırough ıhe Nord of England,
IL 36
— — tour through the Eaſt. II. 520,
Peters, the rational farmer. p. 93.
. geileys Advancements of arıs,
Ellis's Landwirthſchaft. 2 Bände. Leipj. 1774. 8.
Duhamel, traité de la culture .des terres. 1753.
‚Elemeng d’agriculture par Mr. Duhanuiel, Paris
1703.
Enetehopedie, planches. Tab, 1506.
Despoimmier Part de Penrichir. p- 114.
Je laboureur par Cralquin, Paris 1771,
De Grage ecole d’agriculture. p, 85.
Ephemerides du citoyen, IX,
Journal economique, 1754. Avril.
Allgemeines Magasin. VI. 78
. Giornale d’lıalice, VII, 377
Abhandlungen der (hmediigen Hfademie. XXI.
S. 192. Aub in verſchiedenen anderen Theilen
diefes Werkes kommen Abhandlungen über den
Pflug vor,
ww."
>
N Nova
Pflug (Abzieh). Pflug: (Sarbyfer gu7.
Nova ‚Acta Upfalienf, Soc. L. 39.
Dänmarks by Norkes ‚okonomüske: Magatin, IL
. 507.
Bibliorhec phyfica oeconomica, Tom. II. 79
et 17
Budanan Reife, duch die wehlihen Hebrie.
den. Berlin, 1795. |
Thaer's Einleitung dur Kenntniß der engliſchen
kandwirthſchaft. I
The Farmers — Stonomifches Woͤrter⸗
buch, unter dem Art. Ploug =
eoͤwe und Brieger again für Dekonomen.
om Pfluge der alten Römer |
winfeimanns Denfmähler der Sant. I.
©. 75.
Wittenbergifcbes Wochenblatt. 1780. .&. 229.
(Befcbreibung eines Pfluges, deſſen man ſich in.
der Wittenbergiſchen Aue bedient),
Baumann 6 Lands und Hauswieehfgaft. ©;
Ditonomifipe Nachrichten der pateistifihen Geſell⸗
ſchaft in Schleſien. 1782. ©. 2
Hiltenbrants wirshfgaftlige Meganif. Wien |
1783. ©. 75.
Riem's Encykiopädie. I. 279. Pu 99:
Leske's Reife durch Sachſen S. 187.
Maler som Fuhrweſen. Göttingen, 1787. ©.
—* der maͤrkiſchen odkonomiſchen :@e ellſchaft.
I. 1, 28. 37. 3, S. XXL der von Jaͤger ir
Zerbft verbefferte, dem die Hälfte des Preifes
juerfannt worden.
Anzei e der geipiger —S Societät. Oſter⸗
meſſe 1793 58. (Der Preußiſche Zoch).
Pflug (Abzieh⸗) nach dem dnaligen, * auch
Drainpflug genannt, |. Th. 1, ©. 189. |
— (Anbäufes) f. oben, ©. 282. 303. und
die ©. 307, befchriebene, "von Thaer verbeſſerte
_Pferdebad e.
ke Arndtiſcher) |. oben, ©. 289.
rbyſcher) ein in der Grafſchaft Barby der -
* gräuchlicher Pflug, welcher. von’ ven übrigen das
durch abweicht, daß «es Fein Sech hat, ve die
unge
318. Pflug (Eootifher). . Pflug Dappel).
Zunge, ober das MBalterchen im Rumpfe, an
‘der Seite’ nach dem rechten Rade zu fich befins
det, und das Gezuͤnge mit der Leier nach dem
Iinfen Nabe zu flieht, und die Lage des Graͤn⸗
gels durch die Lichte befeflige und gefiellt wird,
Die Näder laufen an einer Lauffpille um. Das
Streichbret ift Übrigens ganz gerade, und nicht
gefchmweift, wie bey dem oben, ©. 253 fl. be:
ſchriebenen mufterbaften Smallfhen Pfluge.
Eine genauere Beichreibung und Abbildung bie:
ſes barbyſchen Pluges hat Here Profefior Les
. onhardi in dem Magazine aller neuen Frfin⸗
u ah: 9 en. | | |
ookiſcher) ſ. Drilipflug, weiter unten.
EN Reosaninfaer) ſ. oben, ©. 275.
—C(Cultwator). Unter 'diefem Nahmen iſt eine
von dem Herrn Kullin von Chateauvieur
‚in Senf. vor 60 Jahren etwa erfundene Art
"der Pferdehacken befannt, die mein Vorgänger
Kruͤnitz im Art. Pflug. ausführlich, zu befehreis
ben verfprah. Da man diefes Werkzeug jetzt
ſchon fehe verbeflert hat, fo glaubte ich es- hier
‚übergeben zu muͤſſen. Will bilder fie gut ab.
— (Denfie's) ein Pflug, weicher ſcharf durch⸗
fihneidet, und bey ‚neu aufjureiffendem Acer
vor dem gemeinen Pfluge gebraucht werden muß,
Man fehe Denfer's Discours über die Sruchts
barkeit u. ſ. w. ©. 49: fl. mit Kupf.
— (Doppel) fo nennt man theils ſolche hin und
fieber in England gebeäuchliche Pfluͤge, welche
zwey Scharen haben ,. und alſo zwey Furchen
mit einem Mahle machen, wobey man alfg, wenn
auch nicht an verminderter Anfpannung gewinnt,
hoch einen Menſchen erfpart; — theils ſolche
Pfluͤge, wo eine flach und eine. rief eingreifende
Schar ſorzuſammen. geſtellt find, daß bie lebter⸗
n
Pflug (Drain-). Pflug (Dreher). 319;
in die von ber erfieren gemachte Surche aus ber,
Tiefe Herausgehohlte Erde wirft, und alfo eine .
Riolarbeit verzichtet. S. den Art. Riolen. —
Auch ben den Pferbehaden bat man verfuchr,
zwen Scharen anzubringen, wohin unter andern
der in Mills Feidwirthſchaft, Th. II. auf Taf.
7. votgeftellte doppelte: Eultivator gehört.
Thaer hat indeß in jeiner Befchreibung ber .
nußbarften neuen Ackergeräthe nur eine einfchas -
rige verbeſſerte Pferdehacke dargeftelle, welche auf
jeden Ball beym Behäufen der in Reihen gefäes
ten Fruͤchte mit, mehrerer Sicherheit zu lenken ift.
ug (Drains) f. Abziehyflug.
— (Drebe) auch Dreblingpflug, ein Pflug mit
einer Vorrichtung zum Chen des Getreides.
Die verfchiedenen dahin gehörigen Arten, befon:
ders den Drillpflug mic der Drillmafchine,
werde id) im Artikel Saͤemaſchine befchreiben.
— (Drebe) nad) dem Englifhen Turnvorifipflug,
it auch ein Mahme des oben, ©. 274. beſchrie⸗
benen und abgebildeten Pfluges mit bemeglichem
Streichbrete, welcher befonders in huͤgeligen
Gegenden gebraucht wird, um alle Furchen
bergabmwärts wenden zu fünnen.. Wilhelm
Ellis behaupter in feiner Landwirthfchaft *),
daß dieſer Pflug urſpruͤnglich in der Grafſchaft
Rent zu Haufe gehöre. Man hat daſelbſt dieſen
Plug ſowohl mis Rädern als ohne Räder, und
von leichter und ſchwerer Bauart, wiewohl das
letztere nicht zum Vortheile deflelben gereicht.
Ellis empfiehlt dieſen Pflug ſehr in allen den
Zällen, wo man in der Mitte des Stuͤckes Feine
leere Furche laflen till, fo wie er überhaupi im
huͤgeligen Gegenden faft unentbehrllch iſt. DR
| nf ug
Ya dem Enslifchen äherfent, u Sant. Rene 1774 8.
320.0: Plug Drill): 2:
g (Drill) ein mit bien fpißen, binten breiten,
alſo keilförmigen, mit Eifen beichlagenen Höls
jern verſehenes Aderwerkzeug, welches dazu
dient, in beliebiger Entfernung von eins
ander fleine Surchen in dem zur Saat zuberei: '
- teten Acer zu machen, in welche denn, vermite
‚teift der Saͤemaſchine, (die eben fo viele mit
Getreide angefüllte Trichter bar, als an dem
voraufgehenden Drillpfluge furchenziehende Höls
zer befindlich find) der Same in Die gemachten
Suchen gefireuer, und die aufgehende Saat in
der Folge mehrmahls mit der Pferdehade behäuft
wird. Diefes iſt die in den neueren Zeiten fo:
- berähmt geibordene Drillwirchfchaft *), und.
3
man hat jetzt vorzüglich zweyerley Drillmerkjeu:
ge, nähmlich die Eoofifhen und die Dufs
ketſchen, melde im Art: Sdemafchine aus:
führlich befchrieben werden follen, wenn in der
. Sroifchenzeit nicht nod) andere erfunden werben, .-
welche diefe verdrängen. Wir Deutfchen verdan:
ken vorzüglich dem verehrten Heren Gtaatsrarh
Thaer die genauere Kenntniß diefer von ben
Engländern erfundenen und zu ihrer. Vollkom⸗
menheit gebrachten MWirchfchaftsare, wie man
fi) davon fon aus feiner Einleitung zur
Kenntniß der englischen Lanbwirchichaft *"),
und nun auch aus feiner Befchreibung der nuß-
‚barften neuen Adergeräche III Heft, Hannover,
'.1806. 4. überzeugen fann, wo die zur Driks
wirthſchaft gehörigen Werkzeuge vortrefflich abs
gebildee find. Daß diefe Art, Das Beireibe a
| en
de
Ar Arild time liſchen eigentli bot u sh
meh, ale der Tebıne Font af vemmulikh Ban
weil man zuerſt mit einem Pflanzer Löcher machte, und
bie Samentürnes hineinwarf, welches man jegt aber nicht
”) 1%. afe Walläge, Haunever iron ne: ar. A.
Ping (drenfhariger).: Ping (Bades). 3ar;
fen und mit der Pferdehade zu behäufen,- gro⸗
fe Vorzüge vor der gewöhnlichen breitwuͤrſigen
Saat habe, ift nad) gerade auch bey’ uns durch
fo viele glädliche Verſuche erprobt worden, ba’
man dieſer Wirthſchaftsart immer mebreren
Eingang —*8 en, S
ug (dreyſchariger) ſ. oben, 9
2 —2 's) in zu. der Sr. zebbri⸗
ges, von dem Englaͤnder, Herrn Ducket erfun⸗
denes Werkzeug, kleine Furchen zur Saat Das
mit zu sieben. ©. den vorftehenden Artikel und
-befonders den Art. Saͤemaſchine.
— (Egen) f. im Art. Ege, Th. 10, ©, 116 fl.
— (iss) ein Werkzeug, mit welchem man das
€ ber Feſtungs⸗ oder Stabtgräben geſchwinde
durchſchneiden und öffnen kann; f. im Artikel
„is, Th. 10, ©. 491. |
—.($uß:) ein breitichariger Pflug, welcher in ei⸗
nigen Gegenden Englands gebräuchlich iſt. M
ehe Ellis’s Landwirthſchaft II. ©. 17;
— (Bäte:) oder Queckenpflug, f. im Art. Quecke.
— (gemeiner) der bisher am gemöhnlichften -in
Deutfchland übliche zweyraͤderige Pflug, welchen
Dito von Muͤnchhauſen etwas verbeflert
_ vargeftellt hat. Mean fehe oben, ©; 194 fl.
— (ÖBraben:) ein tief einfchneidender Pflug, defe
fen man fid) beym Ziehen ber kleineren Gräben
mit Vortheil en ©. Leipziger Intelligenz⸗
‚blatt, 1785, ©. 2
— (Saden) ein ak der Pferdebacke, welche
bey allen in Reihen gefaeten Selpfrächten, «8 .
mögen Getreidearten, XWBurzels. dder Blattge⸗
‚wächfe feyn, zum Behäufen berfelben fo über:
aus nuͤtzlich und Menfchenfräfte fparend if,
Man ſehe im Art. Pflug, am Ende veflelben, .
100 die neuefle, von Thaer angegebene verbeſ⸗
Oxc. techn. Enc CXII. Theil, £ ferte
372 Ming chaten). Pflug Help.
*ferte Pferdehacke beichrieben und abgebildet iſt.
Im Art. Saͤemaſchine wird die eigentlihe Ans
wendung derfelben gezeigt werben. |
Pflug (Haken) oder Pflughaken, gewoͤhnlich
‚aber. Mylechtweg nur Haken genannt, ift das in’
Medienburg und Pommern urfptänglich einheis
mifche, die Stelle des Pfluges vertretende Acker⸗
:werfzeug, das Th: 2i, ©. 213 fl. beichrieben -
und abgebildet und gehörig gewürdigt if. Dee
:eigentliche Unterfchied. des Hafens vom Pfluge,
deſonders auch in Hinficht der Wirkung, ift a.
a. O. ©. 214 fl. deutlich angegeben worden,
weshalb ich bier nichts. hinzuzufügen für nörhig
finde. Man nennt biefen mecklenburgiſchen Has
ten auch wohl den Shumacerfchen, weil _
der nun. verflorbene Herr Amtmann Schux
macher ihn am beften-befchrieben hat. |
(bannsverifcher) ein: etwas veränderter gemei⸗
ner Pflug; f. oben ©. 199. |
(Sebel-) eine neuere. franzöfifche Erfindung
‚deren ich am Ende des Artikels Pflug ermähns.
‚te, und die wohl nicht‘ vielen Beyfall verdient,
"weil fie von Menfchenfräften das verlangt, wo⸗
zu man fonft die Thierträfte zu benußen ſucht.
Menn es freyfich auch möglich iſt, vermittelſt
Hebelartiger Vorrichtungen den zäheften Boden
son einander yu brechen, "fo verliert man doc
wieder fo viel an Zeit als man an Kraft exe .
fpart, und die Arbeit wird um fo viel langfas
mer gehen. | n |
— (Seide) oder Pflug des Heren Ringrofe,
zum Aufreiſſen eines mit Heidekraut überwachs
fenen Feldes. S. im Art. Heidekraut, Th.22, '
S. 715. |
— EGolze) ein Pflug, deſſen man fich bedient,
wenn man Land zu Eichens und Buͤchenkaͤm⸗
— pen,
Pflug (Hopfen). Pflug (Maumani). 323
pen, auch Baumſchulen, aus dem Anger reiſſen
läßt. Man ſehe im Art. als, Th.24, S.
490 fl. " j ‚is . )
Pfiug (Sopfens) zu Bearbeitung des: Hopfenlan⸗
des; |. unter Hopfen, Th. 25, ©. 113:
— (jefferfons) ein verbeffertee Pflug, deſſen
Urheber der ehemahlige Präfident Der: vereinig⸗
ten Staaten Von Mordamerifa, Herr Jeffer⸗
fon ift, von. defien- eigentlicher Beſchaffenheit
aber nody nichts befannt wurde. Man. fehe die
am Ende des Artikels Pflug vorkommende
Notiz von der, zur Verbeſſerung . des. Pfluges
von der Acderbaugefellichaft des Seiner Depasd
tements aufgegebenen Preisfrage. : W
— (Rortoffels) zum Behäufeln der Kartoffeln
und anderer Erdfrächte, |. oben, ©. 282. 303,
Jede Pferbebade ift auch dazu zu, gebrauchenz
— (leichter) ein Nahme der Pferdehacke,ſ.
Hackepflug, in diefem Regiſter, und die dort
nachgemiefenen Stellen. a
— (Locarellifcher) ein’ zur Drillwirthſchaft gehoͤ⸗
riger Pflug, worüber der Art. Saͤemaſchine
nachzuſehen ift. | on.
— (Löfcherfdher) ein im Achiv ber Teutſchen
Landwirthſchaft, Jan. 1809. beichriebener neuer
Pflug mit einem Seh und einer zweyſeitigen
Schar und doppelten Streichbreteen, welcher
- alfo eine ſehr breite Furche macht, deshalb aber
zum gewöhnlichen Adern wohl nicht zu gebrau⸗
hen if. Will man einen Pflug zum flarken
Anhäufen der Früchte und zum Ziehen ber
Maflerfurchen Haben, fo werden die oben, S.
282 und 287 nach Thaer angegebenen. Vor—
‚richtungen alles leiften, was man wänfchen kann.
— (Meaulwurfs:) ein vom Heren. ;Adam
Ecott erfundener Pflug, womit. man..in fein
| | er loſem
324 Pnses:MäuchHauf.), PflugcPatentr).
nköfem: etwäs abhängigen Boden alle Feuchtigfeir
. mit ‘geringer, Mühe ableiten kann, und den der
Erfinder Maulwurfspflug (mole plough)
nenut, weil er’ unter Der Erde Fleine Gänge
macht. Die Befchreibung findet man im XVien
1. Bande: dex Transact. of the Soc. infütuted
““ at London for the Encourag. of Arts, Ma-
auf: and. "Comm. in the year 17797. Es ift
: eine. Art Pfluͤge, die ſonſt unter dem Nahmen
Drain⸗ odet Abziehpfluͤge bekannt find, wovon
der Art. Abziehpflug, im iſten Theile dieſes
.Werkes nachzuſehen iſt.
Pflug (von Muͤnchhauſenſcher) der gemeine deut⸗
ſche zweyraͤderige Pflug, nah Otto von
Rn a aunfeni Darftellung. S. oben, ©.
a If
een) ‚oder Patintpflug, ein in England
" erfundener leichter, aber doch fehr feſter Pflug,
„welcher zu den. Schwingpflügen gehört, alſo kei⸗
ne Raͤder hat, und nur mit einer leichten Schar
verſehen jſt. Ellis ruͤhmt in feiner Landwirth⸗
2ſchaft. II. B. ©. 20, von ihm, daß er bie
Furchen vortrefflich umwendet, und daß ſich
wicht. fopiel Schlamm daran hängt, als an ans
deren Pflügen.
= (Ober) eigentlich Urpflug, in einigen Ges
- ‚genden -ein Pflug, der ſehr tief, an 2 Fuß und
daruͤber, eingreift, um eine unter dem Ohr oder
Ur (mie man eine unfruchtbare Erdſchicht zu
„nennen pflegt) befindliche beffere Ervlage an
®
eben Tag zu bringen, und bamit die obere Erde
„zn vermifchen. ©. im Art. Riolen.
= (Patents) jeder Pflug, auf den ber erfte Er⸗
finder oder Verbeſſerer ein ausſchließendes Pas
tent zur alleinigen Verfertigung oder Veruͤuße⸗
rung auf beſtimmte Sabre erhalten hat. Eh
I... | J nge
| Pflug Queen). Pflug Robettſonch. 325
England Hat man. mehrere patentirte‘ Pfkäge,
wie 5. DB. der im vorftehönden Artikel bemetkte,
und ber oben, ©: 26% vorfommiende Rother⸗
hammer Pflug, dahin gehören, "Mor wenigen
Sahren zeigte der Lord Sommer ville, Praͤſi⸗
- dent des Landbau: Eollegiums in England, 'bey
dee Schaflhur in MWdburn der Verſammkung
wieder zwey neue Patentpflüge. Mit benf eis
nen fann man, vermittelft einer Schraube, eine
ſchmahle oder breite Furche machen, nah Maß⸗
gabe des befondern Bodens, den man pfligt,
oder nach dem Bebürfniffe anderer Umſtaͤnde.
Der andere macht zwey Furchen, und har Übris
gens diejelbe Einrichtung. Diefer leßtere Pflug
foll weniger Kraft erfordern, als zwey beſondere
Pfluͤge zuſammen genommen, und der König
von England hat ihn auf feinen Gütern einfoͤb⸗
ren laſſen. Daß er nicht mehr Kraft erfordere,
als ein einfacher, wie im Magazin aller neuen
Erfindungen, No. 8, 127. (1802.) behauptet
wird, fcheint mir eim Abertriebenes Lob zu feyn.
“ Man findet weitere Nachrichten von diefen Er⸗
findungen in den Communications tho the
Board. öf Agriculture. 1500. '
Pflug (Buecen:) auch Queckenzieher genannt, f.
im Art. Duede. 77
— Maͤder⸗) jeder Pflug, der ein Vordergeſtell
mie Nädern har, deſſen Entbehrlichfeir in den
mehrſten Fällen indeß oben, ©. 253 fl. nach
Thaer bewielen worden ift. Man (che übris
gens oben, ©. 197, mo der gemeine Raͤderpflug
befchrieben wurde. Zu
— (raͤderloſer) f. oben, &. 253. 277.
— (Riol«) f. im Art. Riolen. |
— (Roberrfon’s) ein, Pflug mit'vier Pflugſcha⸗
ren, teelchen der Hert Robertſon, Mitglied
BE Be x 3 der
36 Pflug (eosherhammer). Ping Schnee).
R der galvaniſchen Geſellſchaft zu Paris, erfunden,
and Sr. Ruſſiſch Kaiſerlichen Majeſtaͤt als ein
, Mittel, Die. Urbarmachung zu vervielfältigen,
. Übergeben: hat. Die Mafchine fol einfach und
Jeicht zu perfertigen fegn. Die vier Pflugfchas
‚zen bewegen fich zu gleicher Zeit, und ein ans
gebrachter Heber beflimmt genau bie Tiefe, die
„man den Surchen geben voll. Mehrſcharige
. Gaatpflüge hat man vortheilhaft gefunden, um
„Die Saat auf dem ſchon zugerichteten Ader in
J— Tiefe unterzubringen. Ob aber mehr⸗
AIcharige Pfluͤge zum erſten Aufbrechen des Lan⸗
des hbrauchbar ſeyn, und nicht einen zu großen
Widerſtand verurfachen würden, darüber iſt man
wohl faum in Lingemißheit, wenn man in cultis
F Fa Lande bisweilen auch doppelte Pflüge ge
raucht..
‚pfi (rotherhammer) ſ. oben, ©. 265.
| Bunt felrüben:) |. oben, ©. 303.
Sa) ein 3—5 fhariger Pflug, um. bie
Saat leichter und befjer unterzubringen, wie es
„gewöhnlich gefchieht. Dan ſehe oben, ©. 289.
— (ac ſiſch © ſ. oben, ©. 200.
— (Sie) fi den Art. Säemafchine, wo bie
sanıe. Drillwoischfhgft befchrieben werden wird.
— (Schäl-) zum Abjchneiden und Umfehren des
Raſens, |. im Art. Ra
— (Schaufel) ein Pflug mit einer ſehr breiten
—. Schar, um breite Furchen zu madens man ſehe
a ataere Befchreibung der ‚nußbarften Aderges
— iR, ae, Hannov. 1806. 4. mit Kupf.
lid) f. in S, und die Schleswig Hols
— geinifehen Provinzialberichte, 1792, ©. 357.
— Schnee) eine aus zwey in Geſtalt eines
F er eils zuſammen gefügten ſtarken Bohlen ‚befles
ende Vortichtuns⸗ womit, nach Be
u arfer
X
ku BF
Plug (Schwing), Pflugbeil. 327
Rarfer Pferde, die Landſtraßen, bey haͤufig fal⸗
len
Schnee an die Seite zu ſchaffen. Mehr
man im Art. Schnee, ſo wie im neuen hann
veriſchen Magazine, 1803, Col. 298 fl.
Pflug (Scwinge) ein Nahme der räderlofen ens
ghfchen Pflüge; |. im Arc. Pflug, oben, S.
256. 277.
Sch) ein: Pflug mit mehreren Gehen; f.
oben, ©. 275.
— (GSegel:) ein Pflug mit Segen, welcher alſo
des Zugviehes nicht bedarf. Es iſt eine von
den neueren franzöfiichen Erfindungen, die ins -
deß wohl keinen Benfall finden dürfte, da man
bey ſchwachem Winde nicht fegeln, und. alfe
auch nicht mit Segeln. pflügen, und bey ſtarkem
Binde denſelben nicht ſo beherrfchen Fann, daß
er gerade fo mwirfte, als man es „vente. Ä
— (Smallfcher) |. oben, ©. 25
— (Sommervillifder) ſ. * Parentpflug. 4
u ifcher) f. oben, ©. zoo.
(Tullſch 8 oben, S. 275. Den Nahmen
pe Tullfchen Pluges führt auch eine Art dee
Pferdehacken, womit ber Herr Jethro Tull,
biefer ‚Erfinder der Drillwirehfchaft, zuerſt ſeine
_* In reihen aeiheten Seiofrächte anhaͤufen ließ. |
vierfhariger) |. oben, &. 297. |
— Waſſerfurchen⸗ oder Waſſerrinnen) f oben
©. 282. 287.
— (Wiefens) |, im Wieſe.
— ee ein brepfchariger Saatpfiug; ſ.
oben, ©.
Pflugbalken, 7 im Art. Pflug, oben ‚©. 198.
Pflugbaum, f. eben daſelbſt.
Pflugbeil, ſ. daſelbſte S. 198. 248
*4 Pflug⸗
bem Schnee täglich befahren werden, um den
228 Pflugbuͤrger. Pfiügen, “
:Pflugbürger, eine ehemahlige Benennypg ber
Pfahlbürger.
Pflugbufch, derjenige Theil des Pluges, worauf
die Spille ruht. Diefe wird von der eijernen
Spindel und den beyden Rädern getragen, und
auf derfelben rukt der Graͤngel.
Pflugdamm, ein ‚Querriegel, mit ‘welchem das
Streichbret an die Hauptſohle befeſtigt wird.
Pflugdienſt, auf dem Lande, Frohndienſte, welche
der Unterthan dem Grundherrn mit dem Pflus
ge zu leiften verbunden ift, Srohndienfte, fofern
folhe im Pfluͤgen beſtehen; die Pflugfrobne.
In weiterer Bedeutung werden auch wohl 'alle
Spanndienfte, woben der Froͤhner mit Pferde
und Wagen erfcheinen muß, Pflugdienfte ges
nannt.
Pfugeifen, gewoͤhnlich das Seh, auch Rolter,
Ackermeſſer ꝛc. genannt, ſ. im Art. Pflug,
oben, ©! 194
Pflögen, eine Art des Ackerns, da die Erde mit
- dem Pfluge aufgeriffen,. und zur Aufnahme des
GSamens locker und geſchickt gemadıt wird; zum
Unterſchiede von dem ‚baten, welches mit dem
Haken gefhieht, und in einigen Gegenden ans
ſtatt des Pfluͤgens üblich iſt; aͤren, in einigen
> Gegenden, fabren. Der Landınann pflüger.
Zur Frohne pflügen. Einen Acker, ein Seld
= sflügen. Mit Pferden, mir Ochſen pflügen.
Da der Acer mehrmahls aepflüge werden muß,
ebe er den Samen empfangen fann, fo haben
N dieſe Arten: in der Landwirthſchaft wieder ihre
befondere Nahmen, und alsdann ift. pflügen in
engerer Bedeutung, den Acer unmittelbar vor
der Saat, alfo zum legten. Mahle pflügen, mel:
ches auch ſaatfurchen oder zur. Saar furdhen
„gengunt wird, zum Unterſchiede von dem Strei:
LH: hen,
Pfluͤgen. 329
chen; Felgen, Stuͤrzen oder Braͤchen, von
dem Wenden und von dem Rühren, welche
Ausdruͤcke weiterhin erklärt werden ſollen. —
In der Seefahrt pflüger der Anker, wenn er
nit feſt hält, fonvern dem Schiffe folgt, und
dabey mit feinen &Echaufeln "den Grund bes
Meeres aufreißt. ; *
Ben dem Pfluͤgen, als dem wichtigſten Ges
ſchaͤfte der ganzen Feldwirthſchaft, kommt nun
manches in Betracht, was einer naͤheren Be⸗
leuchtung bedarf, als 1) die Werkzeuge, womit
man pfluͤgt; 2) die Art und Weiſe, wie dieſe
den Acker bearbeiten; 3) wann, wie oft und
wie man den Acker, der zu dieſer oder jener
Getreideart beſtimmt iſt, pfluͤgen muͤſſe? 4) Ob
es vortheilhafter ſey, Pferde oder Ochſen vor den
Pflug zu ſpannen? und mehr dergleichen Fragen.
Was die sum Pflügen beftimmten Werk⸗
zeuge betrifft, fo iſt darüber ber Art. Pflug
nachzufehen, wofelbft man die gangbarftien und
am zweckmaͤßigſten eingerichteten Pflüge des Ins
und Auslandes befchrieben und abgebildet finder.
Auch ift daſelbſt an verfchiedenen Stellen, z. B.
©. 209 fl, die Art anfchaulich gemacht, wie ber
Pflug die Erde aufbricht und umlegt, fo daß
die mit Unkraͤutern befeßte Oberfläche nach uns
ten umgeflürzt, bie fonft: unten befindliche Seite .
aber nad) oben gefehrt, und den Einwi en
der Atmofphäre ausgefeßt, und dadurch milder
und fruchtbarer genracht wird,
Wenn das Pflügen regelmäßig, und mit
einem guten Werkzeuge gefchieht, fo iſt diefe
Bearbeitung des Ackers ein vortreffliches Mit:
. tel, ihn zur Aufnahme des Samens vorzuberei⸗
ten. Doch gehören dazu noch andere Geraͤthe
und andere Apbeiten, um bie. großen Kiöße, .
Be | s e
aha
330 Pfluͤgen.
che der Pflug beſonders auf bindigem Boben in
. Menge. gibt, noch mehr zu vertheilen, und aljo
die Dberfläche des Ackers locderer zu machen,
wie es jedem befannt” ıfl, mähmlich bie ge,
Walze ꝛc. In diefer Hinficht hat der medlens
. . burgifche Haken Vorzüge vor dem Pfluge, ins
dem diefer die Erde mehr sermalmt, unb wenige
fiens theilmeife ein mürberes Land wacht. Da
der Hafen aber mit einer mehrentheils Feilförs
mig..zulaufenden Schar fchräge in das Land |
3;1. eingreift, fo bleiben zroifchen zwen Furchen ime
. mer fpiße Ruͤcken, bie nicht zermalmt werben,
‚:. und wenn man auch im Quadrate Hafer, doch
allenthalben Eleine Pyramiden ftehen. Ein guter
. Pflug wirft aber alles um, und fehrt alles Uns
“Feaut nach unten... Diefes glaube ich ift der
Grund, warum man ben den. fonft fchon aners
Tannten Vorzägen des Hafens bennod) in den
mehrfien Ländern den Pflug zum gewöhnlichen
Ackerinſtrumente beybehält, deſſen ſich die Meck⸗
lenburger nur bedienen, wenn ſie einen feſten
. Li benarbten Dreeſch umbrechen, und bey ans
„. dern ähnlichen Gelegenheiten.
Wenn man feinen Pflug num übrigens
j auch kennt und zu dem jedesmahligen Zwecke
zu ftellen weiß, fo fommt es ferner vorzüglich
rauf an, wenn. und wie oft man damit zu
jieyen, und wie man ihn gehörig gebraus
hen muͤſſe. Diefes leidet natuͤrlich, nach Ber
fchaffenheit des Bodens und der Früchte, bie
— man zu bauen zedenkt, zwar große Verfchiebens
Beiten, und die fpecielle Anmeifung, wie man den
Acker zw jeder Getreideart zubereiten müffe,. ger
- hört daher für die befonderen Artikel, . wo bon
dieſen Srüchten gehandelt wicd. Gleichwohl muß
ich hier dieſe Materie berühren, weil: es verfchies
dene
—
Pflͤgen. 331
dene allgemeine Regeln gibt, die man kennen
muß, beſonders auch, da hier von ber Behand⸗
- Sung dee Brache das noͤthige zu bemerken iſt,
weil diefe Materie im Art. Brache Hierher. vers
wieſen wurde. Sch werde hierbey zufoͤrderſt die
Orundfäße des befannten Hausvaters anfühs
zen, und dann zu den Erfahrungen der Neuern
übergeben, da Otto von Muͤnchhauſen in
dieſem ˖ Stüde noch immer als ein claffifcher
Schriftſteller gilt. Ä
Bey mancher Länderen, fagt berfelße *),
Hegt viel an dem rechten Tage, ja oft an ber
. ,.zechten Stunde, wenn man folche beadern muß;
wenn ein Teld fünfmahl umgearbeitet zu werden
arfordert, fo wuͤrde «ein. anderes ben vierten
Pflug ſchon nicht vertragen, weshalb hierbey
die größte Vorſicht noͤthig if. Der Haushalter
‚pflegt gu fagen: man müfle dem Cande fein
Recht thbun;. das ift fo viel, "man muß es fo
ſtark und fo oft bearbeiten, wie feine Natur es
-erfordert.. oo Bi |
Menn wir unfer Geld bebauen, fo haben
wir eigentlich zweyerley Arbeiten; zu Anfange
wuͤhlen wir den Boden ein ober mehrere Mabhle
um, um ihn zur Fruchtbarkeit geſchickter zu ma⸗
‚hen; dieß iſt es, was wir unſer Feld beackern
‚nennen. And in fo weit wir unſer Feld ums
aflügen,. um es bald darauf noch einmahl um⸗
zupflügen, fo nennen wir bie, erfle Arbeit, das
Feld vergebens umpflügen, gleichfam als wenn
die erfie Arbeit vergeblich oder vergebens wäre,
‚da ‚fie.doch im Grunde hoͤchſt nörhig und nüßs
lich iſt. Ste ifk aber in fo weit vergebens, weil
nicht gleich darnach geſoͤer, fondern bald darauf
anderweitig gepflügt md. —: 2. : 5
oe Kenn
- 7 Man fehe feinem Hansvaten, —* 1 &.sı 8.
I 8
3323 Pplugen.
Wenn das Feld hinlaͤnglich vergebens ber
:adert ift, fo bereiten mir es endlich zur Saat,
..und beſaͤen ober bepflanzen es; dieſe letztere
Arbeit nennen wir insbeſondere: fein Feld be:
- flellen, und es ift die zmente Arbeit. Die Bes
ſtellung des: Feldes macht deshalb den Beſchluß,
und die Aernte folgt darauf. |
| Die Beitellung gefchieht nun entweber mit
-- Winterfruche oder mit Sommerfrucht. Mir
theilen daher unjere Selder in Winterfeld und
. Sommerfeld ein. Ein jedes wird auf eine bes
- :fondere Art vorher beadert, daher haben wie
„. die Winterbeftellung und die Sommerbeftels
„ Jung. Ä |
Wir nennen Winterfrucht diejenigen Ger
: 'teeidearten , welche vor Weihnachten gefäet wer⸗
„.den, vor dem . eintretenden Froſt keimen und
. 2:.Aufgehen ‚: alsdann einige. Monache im Wachs⸗
+ thum..einen Stillftand machen, und im Fruͤh⸗
v jahr in Aehren fchießen. |
Die Sommerftuche begreift Hingegen Dies
si jenigen Getreidearten, welche erft im Fruͤhlinge
geſaͤet werden, alsdann gleich keimen, in ſtetem
Wachsthum bleiben, und in demſelben Sommer
reife Frucht geben. Sie bringen in einer Zeit
.. von. 16. bis 18 Wochen nach der Ausſaat reis
... fen Samen. Doch dieſes altes find zu befannte
-.. Suchen, als daß fie hiek einer weiteren Auss
führung bedärften. Ä
‚Die Beftellung des Feldes folge nun ents
„ weder unmittelbar eine auf die andere, oder wir
laſſen das Feld einen Sommer ruhen, um es
. vergebens zu beadern; dieß nenne man das
Geld brachen, und. ein folches Geld, welches auf
diefe Art zur kuͤuftigen Beſtellung zubereitet
= MiRd, heißt die Brache. |
dr.” nn, ua ne Die
Pfrͤgen. 31
Die ‚Zubereitung der Brache (worſie nech
nicht ſtatt finder) iſt der wichrigfte Artief- im
Feldbaue, denn davon hängt die Fruchtbarteit
mehrerer Aernten hinter. einander ab. Man ers
kennet einen Fugen Haushalter aus der Socg⸗
falt, die er auf die Brache wendet. Das Wort
Brachen wird von Brechen hergeleitet, weil das
Seld öfter umgebrodyen- wird, -
Pen der Brache ift vorzüglich zu Semerfen,
1) wenn, fie umgebrocdyen und 2) wie aft fie
vergebens gepflügt werden mäffe?. -
Das erfie Umbrechen der Brache gefchiehe
im Fruͤhlinge, fobald -das Feld trocken genug
iſt. Man nennt diefe erfte Ardeit ftärzen ober
ſchlechtwes brachen.
- Auf dies erſte Stärzen kommt alles: an.
Iſt das Land noch zu naß und fteif, fo bleibt
es in der Folge zähe, fteif und man. fann es,
in den. folgenden Arbeiten nie recht zwingen.
Wartet man damit zu lange, fo bindet ein jüs
ber feſter Boden bey einfallender Duͤrre .oft fo
flart, daß er gar nicht gehörig umgebrochen
werden kann. Sn beyden Sällen empfinder man
“alle folgende Zahre den Schaden, bis das Feld
wieder ordentlich gebrachet wird.
Ein Haushalter kennt die Natur feiner
Gelder; er weiß, wo ber Boden am trodenfien
und loder ift, und wo er am erfien, wenn bie
andern Felder noch naß find, adern darf. Ober,
welches Feld am zäheften ift, und am eheften
bey zu befürchtender Dürre umgebrochen mer
den muß; welche er hingegen bis zuletzt verſpa⸗
zen kann, ohne Gefahr dabey zu laufen. : Ben
lofem Sandbovden darf er. 5.3. nicht befärchrin, |
Daß er zu Reif werden möchte,
Die
—
334 Pfluͤgen.
Die Regel zur Stuͤrzung der Brache iſt
alſo dieſe: „im Fruͤhlinge, ſobald der Pflug we⸗
gen des Froſtes oder wegen der Naͤſſe zu Felde
zu geben nicht mehr behindert wird, prüfe ein.
. Haushalter feine zur. Brache beftimmten Felder,
und wie er eines davon troden genug finder, -fo
fange er an, folches umzubrechen, ohne ſich an
eine Zeit oder an einen Tag zu binden.“ ...
+. Die Brache vor dem Winter zu pflügen,
„aß wegen des Abfließens gefährlih.
| Stiert die Brache nach dem Umſtuͤrzen noch
wieder aus, fo ift es deſto befjer, und man kann
bey dem Froſte duͤngen. |
Der Brachmonat Hat feinen Nahmen niche
davon, daß darin die Brache zum erften Mahl
umgeadert werden muͤſſe, fondern weil die Luft
darin am ftärkfien ift, und am mehrften auf
den zum zweyten Mahl vielleicht fchon umgebro⸗
-. enen Ader wirket. Man fagt alsdann: das
Land bracher recht aus, oder bat eine ſchoͤ⸗
ne Brachzeit. 5
Gleich beym erfien Umſtuͤrzen muß ein
Saushalter Überlegen, wie oft er feine Brache
umbrechen foll oder darf. Sch fage, wie oft er
‚ PU oder darf, denn oft und gemeiniglich iſt
ein Haushalter gezwungen, feine Brache gewiffe
Mahle und nicht öfter umzubrechen; zu Zeiten
ſteht es in feiner Wahl, ob er fie einmahl mehr
oder weniger bearbeiten laflen wid. In jenem
Falle muß er fich nad) der Natur des Landes
richten, und darf davon ohne den größten zu
befücchtenden Schaden nicht abgehen. In lehz⸗
term Kalle pflegt es je öfter deſto beſſer zu ſeyn.
Der Haushalter macht aljo feinen Weberfchlag,
od er wegen anderer "Arbeit dazu gelangen Föns
ne, ober aus gewiſſen Nebenbetrachtungen, bie
eine
| Pfügen. 335
eine Bearbeitung einzufhränfen oendthioet
werde.
In der Regel wird die Brache viermahl
“mit dem Pfluge bearbeitet. Die erſte Arbele,
. heißt, wie ſchon gefagt, in eigentlichem Verſtan⸗
de das Land Brachen.
‚ Diefes if, wenn das ben inter über: ru⸗
hig gelegene Feld zum erſten Mahl aufgeriſſen
wird, ſo daß die oben:zu: Tage gelegene Fläche
der Erde unterwaͤrts und in den Grund zu lie⸗
gen — mithin friſche Erde zum Vorſchein
gebracht wird.
Die zweyte auf jene folgende Arbeit nennt
man wenden, Diejes enden gefchieht im Zus
nius vor der Heuärnte. Das Land wird Das
durch wieder umgewendet, und die im Winter
oben gelegene Flaͤche kommt wieder zu Tage. ı
In Sadien, wo man an einigen Orten
ſtatt des Wendens die Brache zum erftein
Mahl aufreißt, und überhaupt nur dreymahl zu
beadern pflegt, nennt man: dies Wenden die
DDierart,. weiches fo viel ift, ‘als die vierte Art
oder vierte Bearbeitung. Man pflegt im Sprich
worte zu fagen: „die vierte Art, bie vierte
Sarbe mehr.“
Die dritte Arbeit nennt man ruͤhren, auch
wohl aufreiſſen. Es wird naͤhmlich der Boden
damit er ſich nicht feſtſetze, geruͤhrt. Dieſes ge⸗—
chieht zwiſchen der Winter: und Sommer⸗
nte.
Darauf erfolgt die vierte und letzte Ber
— zur Saat, welches wir daher zur
Saar pflügen, wieder zupflügen oder die
Saatfurche nennen. Denn es wird unmittelbar
darnach gefäet. Diefes zur Saat pflügen richtet
fit darnach, nachdem man ſaen twill oder muß,
etwa
‚335 Pfluͤgen.
etwa, vierzehn Tage vorher. In Mecllenburg
nennt man eine jede Arbeit eine Fahre, welches
‚fo viel als. eiue; Furche⸗heißt. Daher fagt man
ſtatt KRrachen die Brachfahre, ſiatt Wenden
bie Wendefahre, uud zuletzt bie Saatfahre.
Es iſt aber nicht genug, ' die Brache vier:
mahl umaupflägen, ‚jondern es .ift :jedesmahl das
‚ kin iu fehen, daß es gehörig geſchehe: bie groͤß⸗
‚‚te Sorgfalt .aber wird. erfordert ‚bey! Aufreife
fung verfelben. Denn, fo wie die Brache zum
erſten Mahle umgebrochen: wird, kann fie alle⸗
zeit umgearbeitet werden, nie aber: kann der
Pflug in der Folge tiefer eintreiben, wie bie
‚erfte Surche gegangen iſt. Die Regel aller: fau⸗
Sen Haushalter: „zum erften Mahle möchte: es
leicht gut genug feyn,“ wenn das: Land nur
herum fomme, iſt ſehr gefährlich.
| Die erfte Regel iſt: „Je tiefer man bey
dem Aufreiſſen den Pflug treiben kann, deſto
beſſer iſt es.“
Die Erde, welche alle Jahre geräße und
umgearbeitet wird, nimmt eine andere Natur
‚und Sarbe an, fie ift loder und man nennt fie
fruchtbare Erde. Die darunter fiehende, noch
nie gerührte, noch) am Tage geweſene Erbe,
pflegt man todte Erde zu nennen, weil fie
fleif, unbearbeitet, und etwas hervor zu brins
gen .nicht fähig. if. Bringt man deshalb !etwas
davon zu Tage, . ohne daß es mit der Übrigen
fruchtbaren Erde recht ducchgearbeitet und lok⸗
fer gemacht wird, fo bleibt diefe todte Erde in
harten Klumpen liegen, und man fann damit
den Ader auf einige Sahre verderben und feis
ne Seuchtbarfeit hemmen, welches man das
Land todt t pflügen nennt.
Die
A
e
Pflugen. fr
Die imehrſten Haushalter' haben vde ditſem
DTodtpfluͤgen eine zu große Surche,; -und pflugen
nur ſeht flach; erhalten: alſo daruͤver von ihrem
Ader nicht, mas fie haben koͤnnten. Wo nicht
—Steine im Grunde liegen, welche ben Pflug
einzudringen ‚hindern, lauft man. nicht leichtSe⸗
fahr, den Pflug zu tief au ftellen, und es wird
nice ſchaden, wenn beym' erſten Brachen von
der. todten Erbe’etwas hervor kommt, wenn fole '
he nur in den folgenden drey Beackerungen ges '
hörig mit der übrigen: guten Erde durchgearbei⸗
tec wird, Nenn im Grunde fefler Thon liegt,
muß man dahin. fehen, zur Zeit nur‘ wenig todte
Erbe zum Borjchein zu bringen. Wetr indeß
: + Die. todte Erde recht ‚hervor zu hohlen: und ges
‚hörig:zu. behandeln weiß, wird dadon eben ſol⸗
chen Nutzen haben, als wenn ein‘ Sarten tiolet
wird.
So weit die. Brache umgeriſſen, mithin der
*F Erdboren muͤrbe gemacht wird, neunt man es
die Krume. Dieſe Krume iſt es,worim die
neuen Pflanzen Wur eln ſchlagen und ſolche
ausbreiten. muͤſſen. Se tiefer: alfo ein Land
Krume bat, deſto beſſer iſt es.
Die zweyte Regel iſt, „daß man die Sure
| chen beym Aufreißen :fa ſchmal made", Denn
., davurch fommt die Erde ordentlicher herum; die
Furchen bleiben ſonſt unumgelegt ‚über : Kante
. fihen,. und die:alte Megel ift nicht’ ohne Grund:
|
„So viele Furchen mehr, ſo viele. Garten mis
Ä ' zen mehr In der Aernte zu hoffen.“ :
. Die dritte Regel ift, „daßn man’ ‚anf?das
Sehe Land den beften Fleiß wende.“. u
Man kann zwar das fchleihtete ind duch
Fleiß verbeſſern⸗ und. dadurchſich großen Vor⸗
theil ſchaffen.Man Hat :abeg von dem Voſten
08, sehn. Enc, COX, Th —— WM Lande
\
238 Pig
. Bande den beſten und fiherften Vortheil au Hofs
fm. Man fol alio diefes erft recht verpflegen,
and ihm fein völliges Recht thun, und alsdann
auf Werbeſſerung des fchlechtern bedacht feyn:
Die vierte Regel ift, „daß man. die Bra⸗
| de aufjureißen ja gutes und trockenes Wetter
erwähle"
Was bey Regen gepflägt wirb, wird ſchol⸗
lig oder glaſicht; brennt die Sonne nachher
darauf, fo wird es ſteinhart, und kann auch in
der Folge nicht zurecht gebracht werden.
Mod fchlimmer. aber ift es, wenn es im
. März ſchneiet oder es gibt Nachtfroͤſte, und
ww FR;
‚man pflüger die gefrorne Erbe oder den Schnee
mit unter; bas eine fomohl als das andere hat
alsdann eine gewiſſe Säure: und. Schärfe bey
ſich, die im Lande-bleibe und ſolches unfruihts
bar macht. Ber den Berfuch machen will, wird
die Richtigkeit diefer Erfahrung finden. Man
‚fol in folchee Zeit den Pflug nicht eher zu Fel⸗
de bringen als gegen Mittag, bis die Sonne
den Froſt oder Schnee aufgethauet hatz man
: Jann indeflen andere Arbeit vornehmen. Es iſt
beffer, etwas in der Arbeit zu verfäumen, . als
eine unrechte Arbeit zu thun, die uns in
der Folge fehr ſchaͤdlich iſt.
.Wird die Brache bey trockenem Wetter
umgebrochen, fo vertrocknen die Wurzeln von
Quecken bald, vornaͤmlich wenn ein ſtarker
Wind dabey geht. |
Die fünfte Regel: „man huͤte ſich, die
‚Bade: umjureißen, wenn ber Boden noch zu
naß iſt.“
Es hat dieſes verſchiedene uͤble Folgen.
1) Wird die Arbeit den Pferden ſchwer,
| man mattet folhe ab, und ‚braucht meht Pier |
.- . £ ” u 2
Pflügn. 339
2) Zum erften Mahl naß umgeriſſenes Land
bleibt allemahl unreufh, und kann nachher nie
recht Hein und Far gearbeitet werben. '
3 Eine jede folgende Beftellung wird: bes
ſchwerlich; die Ege kann bas Land nicht mürbe
machen. |
) Die im naflen- Erdreiche entzwey ge⸗
‚Adinittenen Quecken werden berdbppeft ünd mache
fen defto flärfer an. -
5) Das Unfraut, fatt daß es durch bie
Brache verrilget werden foll, vermehrt fih, und
zieht dem Ader die übrige Tlahrung weg. An:
ſtatt, daß fi der Ader ausruhen ſollte, wird
er mehe verwildert.
6) Das darnach wachſende Kraut iſt den
Schafen ſchaͤdlich, die von der Brache die beſte
Weide Haben muͤſſen.
27) WMan laͤuft Gefahr, bey jeder Veſtel
kung die Pfluͤge zu zerbrechen.
— EGs iſt aber ſchon oben erwaͤhnt worden,
daß man ben ſtarkem bindenden Boben auch
"nit zu fange warten darf; fondern fobald fols
cher nur etwas abgemelft ift, muß man damit.
eifen, und es fommt babeh oft auf einen hal⸗
ı ben Tag, den man verſaͤumt, vieles an
Die fechfte Megel: „mo in großen Haus
haltungen eigene Pfekde gehalten werden, ba
ſpare man folche fa zu Umbredyung der Brache,
und brauche die Dienfte zu andern Arbeiten.‘
Die Brahe Fann nicht forgfältig genug
bearbeitet werden. Die Frohndienſte ſchonen
;ähre Pferde; . ihre Pflüge find oft fchlecht und
“1er; fie pflügen alfo nit mit der Sorgfalt
‚um; wie eigene Leute; zumahl wenn die Diens
fe, wie. gemeiniglich gefchieht, ein n gewiſſes Tagen
wet bearbeiten: muͤſſen.
Ya Die
349 ‚Pflügen,
- , Die fiebente Regel: „wenn Frohndienſte
zum Brachen genommen werben müflen, fo hebs
me man bie: beften, und laſſe diejenigen, toelche
ſchlechte Pferde ‚oder Gefchiere haben, zuruͤck.“
*R Ein Dorf Hat vor dem andern fidrfe Pfer⸗
de und befiere Pflüge; mancher Hauswirth..hat
. edende Pferde; wenn ein folcher zmwifchen gute
Pfloͤge komme, kann er viel verderben oder hin⸗
. bern. — Man fehe nicht ſowohl darauf, Daß
: ein jeder Pflug: fein Tagewerk umarbeite, ale
daß das gepflügte mit möglichem Fleiße verar-
.. »beitet. ‚werde. ’ oe
2: ,,Die are Megel. „Ein Haushalter. forge
dafür, daß feine Pflüge den Winter über in
... guten Stand gefeßt werden, damit im Srühjahr,
wenn das Brachen angeht, nichts daran fehle.“
Nichts ift verdrießlicher, als wenn die Pflüge
: A bee Zeit, wo es doft auf, Tage ankommt ent;
zwey brechen oder mangelhaft- find, .Ein.ferg
‚ fältiger- Hauswirth wendet die. fchlechten Yin;
‚tertage, wo er nicht zu Felde ziehen kann, «an,
- alle Udergerächichaften zu beſſern und in Stand
: zu: jeßen. Ä Ä
Die neunte Regel: „ehe die Pflüge ans
feßen, foll: ver zur Aufficht dabey beftellte Acer
vogt fie forgfältig -unterfudgen, ob fie recht ger
ſtellt find.“ | | | |
...,Die Rnedhte find hierin nicht felten nach⸗
läfiig, noch: weniger kann man fi) auf: Dienfe
verlaſſen. Daher fieht der Hofineyer zu, ob das
. Geh auch jcharf und reche geftelle it? Ob die
Schar fharf it, oder auch Scharten har? Ob
der Grindel lang und tief genug. ‚liege,d;, In
Sachſen hat man bie richtige Regel: „wer Die
. Brache in. Herrnlöchern gepfluͤget hat, ., voede
allemahl vürchfommen, und eine gute Saatfurche
ge, 2" | haften.
u}
._
Pfluͤgen. 341
halten tdnnen; wer hingegen die Binde mit
Frohnloͤchern gefhunden und gefehaber habe, ..
fomme nie tiefer.“ Der Hofmeyer muß des⸗
Kalb ein Beil bey ſich führen,“ damit er allen:
falls das Sch zurecht Feilen, die Scharten in
der Schar ausklopfen, losgegangene Naͤgel be⸗
feſtigen, und die Pfläge in gehörigen Stand
fegen kann.
| Die zehnte Hegel: „ein Haushalter ordne
die Pfißge auf: jeperh Beete Paar und Paar
zuſammen.“
| Penn viele Nflüge in einer Reihe folgen,
und an dem erften geht etwas entzwey, fo muß
die ganze Reihe ftille halten, und die ganze Urs
beit wird vergögert..
Alle Pflüge find fih auch nicht einander
gleich. Ein beſtaͤndig dabey umgehender Hofe
meyer ferne bald feine Pflüge Fennen ımd uns
terfcheiden,, weld;es Paar fich am beftch aufäms u
men fchidt; diefe bringt er dann auf ein‘ Biker.
“ Er weiß weiter, auf ’welche Arbeiter er ſich am
mehrften verlaffen fann, und welche eine Aufe
fihe nörhig Haben, bey diefen häfe er. fich vor⸗
züglich auf, und geht nom einem zum andern,
Da auf einem Stüde nur zwey Pfluͤge find,
ſo kann er gleich, wenn er einen Sebler bemerkt,
anzeigen, mer folhen gemacht habe, und den
Pflug zur Nachbeſſerung anhaften. Die Arbeit
geht affo beſſer, ſicherer und geſchwinder I
ſtatten. |
Wo: die Leute ein gewiffes Tagewerk! zu
machen” ‘Haben, nehmen fie gern breite Zurchen,
um don 'der Arbeit geſchwinde wegzukommen.
Män mußalſo darauf ſehen, daß fie nicht zu
breit pfluͤgen. Wo Hingegen nur gewiſſe Stun⸗
| den ‘gearbeitet: wird ofne Zahl," ift dieſe Sorge
| | 3° nicht
342 Mluͤgen.
nicht noͤthigz die Dienſte vornaͤhmlich machen,
um die Pferde zu fhonen, bie Furchen mehr
"als zu ſchmahl.
Die eilfte Regel. : „Wo ber Plug aus⸗
ſchropfet oder Balken ſtehen läßt, muß er zuruͤck
Pin }
gezogen und: die Stelle narhgehohlt werden."
. Hierauf muß ein. Aufjeher vornähmlich fee
ben. Es fügt fich oft, daß das Pflugeiſen an
‚ einen Stein. flöße, und das Eifen in die Höhe
ſpringt; dieß nenne man ausfchropfen; ein glei:
ches gefchieht, wenn ber Boden zu feſt iſt, oder
wenn viele Wurzeln vom Unfraute barin find,
:. wodurch das Eiſen gehoben wird. Es bleibt
| hohlt, fo bleibt .au
alsdann ein Balken von der Erde fliehen, der
nicht umgebrochen wird; wird nun nicht der
Pflug zurücdgezogen, und diefe. S Stelle nachges
Wär ee Fleck das Erdreich
SR es fehlt die Krume, und wenn das
Feld nachher beſtellt ift, fo bleibe dieſe Stelle
leer. | | |
‚Das Zurüdziehn des Pfluges unb deſſen
Einfeßung von neuem, iſt aber eine verdrießlis
che und muͤhſame Arbeit; die Leute bequemen
ſich alſo nicht leicht dazu, wenn ſie nicht mit
Gewalt dazu angehalten werden.
Zwoͤlfte Regel. „Der umgebrochene Rie—
men Erde muß ja recht umgeworfen werden.“
Der Raſen muß völlig unten zu fiegen
fommen, wie Kig. 6504- ABCDE zeigt; bleibt
der Riemen nur auf der Kante fichen, FG, fo
fälle er gar leicht links in die alte Furche zuruͤck,
oder das auf deſſen Oberfläche ſtehende Unkraut
behalt Luft, wuchert fich feft, und der Erdſchol⸗
Nlen kann nachher. nicht Hein gemacht werden,
" fordern kommt heym enden mit feiner völlis
gen Narbe wieder, wie vor dem Brachen zu Gegen.
rey
Pfluͤgen. 343
Dreyzehnte Regel; „man muß beym Bras
chen gleich darauf ſehen, ob die Beete erhöher
oder erniedrigt werben ſollen.“ :.
Unfere Beete muͤſſen, außer in lofem Sands Ä
ande, der Naͤſſe halber in der Mitte einen er⸗
höheren Ruͤcken haben; vielen koͤnnen wir nun
durch das Pflügen noch mehr erhoͤhen oder er⸗
niedrigen, wie wir wollen, wie denn die Run⸗
bung dem Ruͤcken bloß durch bas Pflagen ges
geben wird.
Man nennt ſodann ein ſolches erhoͤhetes
Beet ABC Fig. 6506. in der niederſaͤchſiſchen
Sprache, ein Stuͤck. Man fagt 5; B. wir bo
ben fo viel Stüce Pd ein. la
Stuͤck; ein Querftäd; .ein breites Sch
ſ. w. Der niedrige Zwichenpfaß zwiſchen —*
Stuͤcken wird die Waſſerfurche genannt, weil
ſolche vertieft wird, um dem Waſſer einen ‚Abs
jug zu. geben. Die Anhöhe in der Mitte ber
. Städe eb, hb, 1b, iſt der Mittelräden; und
die eine Seite der Stuͤcke, welche am mehrſten
von der Sonne beſchienen wird, heißt de Sons
nenfeite. Hier .ift der. Trieb gemeiniglich am
Rärtften, fie hat aber auch im Fruͤhjahe bey ſpoͤ⸗
‚sen Seöften am mehrften auszuhalten, weil bie
Sonne bey Tage aufthauer, was bey Macht
wieder Bart friert, wodurch die Wurzeln aus
der Erde gejogen werden: Die gegen überftehene
“be Seite heiße die Vordſeite. Bängt man num
am Außern Ende des Städs C in s an zu
pflügen, und mirft die Furche o dußerhalb zur
Seite nah q, ehrt ſodann an der andern
- Seite des Staͤcks nah r zuräd, wirft wie Fur⸗
che außerhalb nach p, und fährt auf die Weile |
"bis zum Mittelruͤcken fort: fo wird der Grund
pq durch die aufgebrachten Furchen erhoͤhet,
94 hin⸗
344 Pfluͤgen.
2. hingegen: oben auf. dem⸗Mittelruͤcken Ikb ents
‚iu ftoht. durch die benden zur Geite gemorfenen lind
nicht wieder bededten Kurchen tu eine Ernies
vhriguug, mithin wird: das: Stuͤck um ein merk⸗
» fiches platter wie vorbin;. dDief nennt man von
s einander pflügen. Setzen wir hingegen zuerft
.:den Pflug am Mittelruͤcken an, ziehen an dems
ſelben herunter, fe daß die erfie Surche w in
‚ber. Mitte zu liegen fommt, ziehen wir ferner
gleich daneben nach x zuräd, fo daß die zweyte
»SFurcht uͤber der erſten zu liegen kommt, und
fahren ſo bis zum aͤußern Ende fort; ſo bleiben
‚endlich in y2 Vertiefungen, welche die Waſſer⸗
: furhen machen, und. der Mittelrüden h.gb wird
merklich eshöber. Dieß nennt man zuſammen
. pflügen..
1... Auf Diele Weiſe gibt man ben Stuͤcken die
‚erforderliche Kundung, auch wenn man neues
SLand macht, indem man. fodann drenmahl zur
ſammen, und etwa nur ein ober zweymahl von
einander. pfluͤget. Br |
..2,8n# ber Regel, ‚und ‚wenn bie Städe bie
‚erfordeskiche Rundung haben, muß man fo oft
- ‚bon ‚ginander als zufammen pflügen, und man
„muß. es jg einrichten, . daß man zum legten
Maple zufammen pflüger;
‚3)..m ſodann aen Stuͤcken die noͤthige
Anhdo⸗ zu geben, "und die Waſſerfurchen auf⸗
lin welches on RE. mehrſten Orten hoͤchſt
nöthig, |
2) Um bie. aute, aus einander und in die
. Waflerfurche geworfene Erde, welche des Win⸗
„ters wegflieſſen wuͤrde, in die Hoͤhe zu bringen
uns zu behalten. :.:
3}. Auf: ‚dem ‚Mittelcädten Ikb, wo "alle
gute Eine kerausgeofägt worden, m waͤrde ae
en,
Page? · 345°
wachſen, wenn: die Höhfung nicht wieder ausse⸗
fuͤllt wuͤrde.
Pñoen wir nun viermabl zur Saat, fo
iſt es leicht: beym Stuͤrzen oder Brachen wird
das Land aus einander, beym Wenden zuſam⸗
men,“ beym Ruͤhren wieder aus einander, und
zur Saat endlich zuſammen gebracht.
Mo dem Xande zugleich eine größere An⸗
hoͤhe gegeben werden ſoll, muß man etwa zum
erſten und zweyten Mahl zuſammen, zum dritten
Mahl nur Allein von einander, und zuletzt wie⸗
der zuſammen pflägen, |
Wo aber nur dreymahl gepflägt wird, mit⸗
hin entweder zweymahl zufammen und nur eins
mahl aus einander, oder zweymahl aus einander
und nur einmahl zufammen gepflüget werden
tann, muß man Acht geben, tie vorhin. gepfluͤgt
"worden, "und ob das Land eine größere Erhoͤ⸗
. Hung: vertragen wolle, oder. ob es ſchon zu hoch
:fey. In jenem Salle pflägt man es zu erſten
Mahl zuſammen, und zum zweyten aus einan⸗
der. In letzterm Falle aber wird es die bey⸗
den erſten Mahle aus einander, und nur zur Saat
zufomnmen. gebracht. -
.In dieſem Betrachte muß man es vorher,
ehe der erſte Pflug angeſetzt wird, überlegt werden,
wie oft ein Feld zu pfluͤgen ſey? denn es ge⸗
raͤth leiten, wenn man zur Saat aus einander
vfluet
"Dur dieß veränderte Zufammens und von
_ einamderspflägen, fann man aus einem Beete
zwey Stuͤcke, und im zweyten Jahre, da, wo
‚Ber Höhe Mittelruͤcken war, eine tiefte Waller
forch⸗ machen .·
Wo der Pflug am Ende des Beetes riſt
angefor wird, faßt er nicht gleich tief. Erbe,
Y 5 man
za Allgem
‚man muß auch daſelbſt, wenn man zuruͤck kommt,
den Pflug wenden; mithin dieſen Fleck nachher
in der Quere nachpfluͤgen; man nennt eine fols
‚ce in die Breite gepflügte Ede eine Ahne⸗
.. wendung.
„.Die vierzehnte Negel. „Iſt das Aufreif-
fen der Brache gehörig gefchehen, fo merden alle
. übrigen Arbeiten leicht, und. es iſt bakep nichts
beſonders zu ‚erinnern.‘
| So meit wie einmabf Krume auf ber
Drache haben, fo tief geht der Pflug bey bem
Wenden und NMühren fait von felbft hinein; es
iſt alſo bey dieſen folgenden Arbeiten weniger
zu erinnern; und man fann dazu fchon Dienfte
nehmen. Dabry muß ein Haushalter doch ſei⸗
- nen Acer kennen, und auf alle Nebenumftände
Acht geben, mithin einen ftäubichten Acer nie
. bey einem ausbärzenden Binde bewegen, welcher
‚bie wenige barin enthaltene Verbindung noch
heraus ziehen würde; wiewohl eben ber Wind
zur Bewegung eines andern. fehe. verwilderten
Felden zutraͤglich iſt.
Die funfzehnte Regel. „Wenn iur Saat
gepflügt wird, muß das Land allemahl zufame
‚men ‚gepflügt, und dahin gefehen werden, daß
ſolches ordentlich und: bey gutem Wetter herum
komme.“
Warum zur Saat zuſammen geyfluͤgt wer⸗
den ſoll, iſt eben gezeigt worden. Geſchieht dieſe
letztere Bearbeitung ordentlich, fo faßt der aus⸗
zuſtreuende Same durchgehends gleich, und nien
char eine gute Aernte zu hoffen, fo daß die
Frucht durchgehends gleichfoͤrmig ſteht. ‚Bleiben
hingegen benm Pflügen zur Saat Balfen ſtehen,
fo »ſind zwar ſolche ‚weniger ſchaͤdlich als beym
„ufeeifen Der. Brache, allein man wird doch an
“einer
Pflügen. 347.
einer folhen Stelle an der Frucht einen Abs
fehlag bemerken. 0 op
Mit den vorſtehenden Muͤnchhaufen⸗
fhen Regeln flimmt "ein anderer benfender
Landwirth, der Here Dekonomieverwalter AB.
Albert zu Kroſigk bey Halle, ſehr uͤberein.
Da er einiges aber noch näher beflimmt, und
manche nüßliche Erfahrungen vorträgt, fo wird
es intereflans ſeyn, feine Vorſchriften, die er in
den Öfonomijchen Heften XIIIB. IV Heft, oder
Detob. 1799 ©. 354 fl. mitgeteilt hat, Hiermit
vergleihen zu fönnen. Er fagt a. a. O.
Das Pflügen ift eins der vorzuglichſten Mittel,
wodurch ein Acker verbeffert und zu einem höhern
Ertrage gebrabt werden Tann. : Der berühmte
Engliſche Landwirt Tull rechnete fo viel auf die
Wirkung des Pflügens, daß er behauptete, eine
gehörige Bearbeitung des Bodens made den Duͤn⸗
ger entbehrlid. Ob er nun glei Hierin zu weit
ging. fo ift es Doch gewiß, daß nur durch gehörige
earbeitung, verbunden mit der Düngung, die
Fruchtbarkeit am. beften in einem Boden —
bracht werden kann. Das Pfluͤgen zerſtoͤrt das
Unkraut, macht den Boden loder, indem es .die
Erdiheilchen von einander trennt; fo daß die At⸗
mofpbäre diefelben mit mehr PflanzennahrungssStofs
fen befipwängern fann. |
Sol das Pflügen ganz feinem Endzwecke ents
ſprechen, fo muß man auf Folgendes dabey Rüde
fißt ‚nehmen: |
1) Db tief oder flach zu pflügen fey. Se tiefer
Die Krume von der Luft durchdrungen, und mit Nah⸗
. zungsftoffen angefüllt if, deſto größer Ik die Frucht⸗
barkeit des Bodend. Un der Michtigfeit dieſes
Srundfages wird wohl Keiner zweifeln. Denn es
iR allgemein befannt, daß die Gewäachſe in einem
Boden, weicher einige Spadenſtiche tief unigegraden
"AR, "und welches man riolen nennt, felbft bey we⸗
..piger. Düngung fehr gut gedeihen. Doc obiger
. Brundfag ann oft wegen einer ſchlechten Erd⸗
chicht, welche unmittelbar auf die obere folgt,
und welche beym YHeraufbringen den ur un
rucht⸗
348 | Pflügen,
“fru&tdae machen würde; wegen Mangel an Düns
er, und endlich auch oft wegen der narhrliden Bes
(dafenpei des Bodens und der Lage deffelben, nicht
mmer mit gleichem Bortheile befolgt werden; auch
richtet ſich das tief und fiach Pflugen nah den zu
: erbauenden Gewächſen: fo verlangen 3. B. verfchies
. dene Gewädfe, wie, Raps, Kohl, rothe und gelbe
Rüben, Luzerne u. a. m. einen 8 bis 10 Zoll, und
wohl noch tiefer geaderten Boden; da hingegen
Erbſen, Linfen, Wicken u. a. m. mit einem 3 die 4
ol tief geaderten Boden ſchon verkieb nehmen.
ar Allgemeinen fann man annehmen, daf bey Ge⸗
treidefruͤchten in fchwerem. Boden eine Tiefe.von 5
bis 6 Zoll, in leichtem Boden aber eine Tıefe von
3 bis 4Zo0U hinreichend iſt. Daß ein bisher flach ges
: pflägtee Acer nicht auf einmahl, fondern rur nad
"und nach zu'der. beliebigen Tiefe umgeadert,' und
‚ befonders vor Winters der Anfang gemaht werden
. muß; if allgemein .befannt. Die wilde Erde in .ei=
ner zu großen Quantität herauf gebracht, fann der
. —— nachtheilig werden, dieſe verliert aber
beynahe ganz ihre Unfruchtbarkeit, wenn fie wähs
. vend. des‘ Winters dem influffe des Froßes, des
Schnee und der Luft ausgefegt worden iſt; tiefer
darf Daher bey den nachher folgenden Pfugarten
‚ nie. gepflägt werden, als es im Herbſte geihap.
Eben fo ift es auch nachtheilig, einen Acker, der bis⸗
her immer 6 Zoll tief. gepfluͤgt wurde, auf ein Mahl
einige Z00 flacher zu pflägen. Ein Bauer zeigie
gie ein ‚Stoß Acker in der Uernte, wo dauf 10
- Sceltten an jeder Seite des StädE dag Geirei⸗
bve viel Tchlechter ftand ald das -Kbrige, 30" feagte
nach der Urſache davon, uud er fagte. mir: daß,
‚als er dieſes Stäc Acer gepflügt haͤtte, er Ge⸗
feäfte wegen: hinweg gerufen worden wäre, und als
fo einem Andern feine Stelle hätte annehmen’ Jaffen
‚möüffen; dieſer hätte nun den Acker piel flachet, 416
er. bisher gethan, gepflägt, und daher kaͤme ee,
‚daß das Setreide Bier viel Schlechter. fände; und es
fig’ genau unterfheiden ließe, wie. weit Jener ge⸗
. pflägt Hätte. ' a u
| 2) Pfluͤge man nicht in der Mäffe. - Denn, die
Erdtheilchen von einander zu trennen, iſt eine_der
‚porzäglichfien'Urfachen des Pflügens s beym Pfloͤgen
‚in naffer Wirterung bewirkt man aber gerade Fr
nt e⸗
loſes
Pfluͤgen. 339
Gegentheil; da fi die Erdtheilchen fo--zufammen
haͤngen, daß fie nur mit vieler Mühe durch nach⸗
mahliges Pflügen,. Egen: und Walzen wieder, ge:
trennt werden fönnen. Die übeln Folgen auf eis
nem zu folder Bet gepflügten. Acker merkt man
mehr als ein Jahr, und doch wird dieſe Kegel
noch immer, nicht ganz befolgt. — Eben fo ift es
auch nachtheilig zu plögen, wenn der Acker zu
troden, oder noch viel Kroft. in demfelben enthals
sen. iſt, ſo daß beym Umadern viele große Stuͤcke
entſtehen. — In hieſiger Gegend wagt es ebenfalls
fein Bauer zu pflügen, wenn noch Schnee auf dem
Acker liegt; indem fie vorgeben, die Erfahrung, ha:
be ihre Vordltern und aud fie gelehrt, daß durch
den untergepflügten Schnee vieles Unkraut auf: den
Acer fomme. Diefes. iſt nun wohl ein bloßes Por⸗
« -urtheil, denn mo Fein Unfraut iſt, kann der Schnee
auc Feind hervorbringen. Vieleicht ift aber der uns
tergepfidgte Schnee der Fruchtbarkeit nachtheilig:
das Unkraut, welches bey mehrerer Fruchtbarkeit im
Acker von den daher ſtärker wachſenden Getreide—
Pflanzen unterdruͤckt worden wäre, drängt ſich jetzt
muthig durch Das ſchwachhalmige und kuͤmmerliche
Getreide hindurch, und auf dieſe Art koͤnnte der
Schnee mittelbar jur Vermehrung des Unkrauts bey-
tragen. @rfahrung habe ich indeflen hiervon noch
nicht gemadt; aber daß vbiger Behauptung etwas .
—3— zum Grunde liege, iſt ſehr wahrſcheinlich;
da faſt alle Bauern hierin einſtimmig find. und ſich
auf ihre damit gemachte Erfahrung berufen. Wenn
fih das Erdreich beym Pfliägen nicht fo häufig.an
das Streihbrer hängt, fondern die Erdflöhe mehs
rentheils aus einander fallen; fo fann man fi die
befte Wirfung davon entfprecden. —
3) Laſſe man die Pflugarten nicht fo ſchnell
hinter einander folgen, ſondern warte 4 bis 5 Wo⸗
Ken, bis das Unfraut hervorgefproßt ift, Damit. e6
dur bernachmahlige® Pfluͤgen und Egen befler zer⸗
ſtoͤrt werden koͤnne. Auch ſcheint es, als ob die
Erdtheilchen mehrere Fruchtbarkeit aus der Atmoſ—⸗
phaͤre anziehen, wenn ſie eine gewiſſe Zeit derſelben
eh worden find, als wenn fie durch zweck⸗
flägen öfters ihre Lage verändern und fo den
nicht lange genoſſenen Cinfluß der Luft wieder ent:
dehren müllen. Bon diefer Behauptung iſt der hie-
| ge
3$0 Pfluͤgen.
“ fi Landwirth völlig Aberzeugt, und er ſagt gewoͤhn⸗
Mi
db: Ich muß meinen Acer erſt roſchen laflen _ bes
vor ich ihn wieber pflügen fann. Daß in einem
Acer viel Unfraut entfiehr, wenn man die Pflugs
arten zu ſchnell hinter einander folgen läßt, und
. nicht erft wartet bis das Unfraut gefeimt und hers
vorgefproßt ift, davon habe ich öfters ſchon die Ers
fahrung gemadt: von einem Stuͤck Acker, welches
u, rothen Rüben beftimmt war, ließ ib bie eine
Hälfte 5 Mahl die andere aber 6 Mahl pflägen.
Bey dem Stüde, welches 6 Mahl gepflügt worden
"war, folgte die-eine Pflugart io Tage nad vorhers
egarigenem Plügen; als dieß geſchah, war wegen
ö de teodenen Witterung nur wenig Unfraut aufs
* gegangen. In dem 5 Mahl gepflügten Acker ſtand
ernach viel mehr Unkraut als in jenem, wo zweck⸗
‚mäßiges Pfluͤgen das Unfraut zerftört hatte; auch
"wird Durch oͤfteres zweckloſes Pflügen ein Ader zu
ſehr ausgetrodnet. Doch eine allgemein geltende
egel anzugeben, wie lange ein Acker liegen mäfle,
- bevor man ihn wieder mit dem größten Bortheil
pflägen koͤnne, ift unmöglich: dieß hängt theild von
er Natur des Bodens, theils von Lofalumftänden
ab. Der fefte Klaivoden, der in Gründen liegende,
viel Feuchtigkeit enthaltende, kann weit früher ges
pflägt werden, als ber leichte Sandboden.
4) Kann man durch Bas Pflägen zu gewiſſen
Zeiten ſich noch größere Vortheile davon verſchaffen.
o iſt das Pflügen im Herbſte, befonderd wenn
während des Winter die Ruchen ungeegt liegen
bleiben, fehr vortheilhaft: die Luft, der Schnee, der
Froſt und die Sonne wirken da mehr als je auf
den Boden, und die Fruchtbarkeit wird merklich
vermehrt. Ehedem glaubte man, das Pflügen der
Brachoͤcker vor Winters wäre ſchaͤdlich; doc hat
bie Erfahrung mich und viele Andere das Gegens
theil gelehre Warum if denn das Pflügen der
Moggen: und Weitens Gtoppel und derjenigen Aek⸗
fer, welde zu Kraut, Raps, rothen Rüben u.f.w.
beſtimmt find, von fo allgemein anerfanntem Nutzen,
und marum folte dieß nidt auch der Kall mit je⸗
nen ANeckern feyn, welche Brache liegen follen? So
ift auch das Pflügen im Krühlinge, febald der Acker
troden ift, von dem größten Nugen; auch dann
fol die Luft auf den Boden mehr als wie Benin,
lich wirken,
4
Pflügen, 353
- 5) Damit: der Acker befler durchwuͤhlt werde,
De man kleine Furchen. Der Bauer: ift von dem
ugen diefer Kleinen Furchen fo fehr überzeugt, daß
er gewöhnlich fagt: fo viele Furchen mehr, fo viele
Barden Getreide mehr. ' *
6) Ein kleines Stuͤck Acker, welches nicht der
Quere gepfluͤgt werden kann, muß bald aus einan⸗
der und bald zufammen gepflägt werden, dergeftalt,
daß zur. Saat jedesmahl zufammen gepflägt wird,
Wollte man zur Saat aus einander pflügen, fo würs
den dadurch viele Nachtheile entiehen. Ba dann
befanntlich die Suche in die Mitte des Stuͤcks kaͤ⸗
me, ſo würde viel von derjenigen Flaͤche verloren
gehen, wo das Getreide immer am beſten zu ˖wach⸗
“ jen pflegt; das Städ wärde die nöthige Rundung
PH und das Waflee daher nicht fo sut abflie:
. Ben Fönnen, Zu
7) Bey einem großen Stuͤck Acker wird die
Fruchtbarkeit ungemein vermebrt, wenn man bald
det Fänge, bald der Breite nach pfluͤgt. .
. 8) Wenn mehrere N ftäge Hinter einander pflüs
‚gen, weiches aber befanntlich nicht ſehr rathfam t
- muß ‚man. darauf fehen, daß die Pflüge fo viel ale
möglich Alle gleich nd in die Erde dringen, und, die
Furchen auch air reichen. en DEE
79) Wenn es die Lage des. Ackers erlaubt, fo ift
es weit vortheilhafter, große Beete zu pflügen; bey
- Beinen Beeten geht "durch die vielen Furchen viele
läche. vom Acker verloren; denn nicht allein in den
urchen, fondern auch einige Fuß breit an beyden
eiten derfelben wächlt wenig oder gar fein Getrei⸗
de In naſſen Gegenden möäflen freylich Pleinere
Beete gepflügt werden; doch au hier fann man
durch verdeckte angebrachte Fleine Graben die vielen
gun br_vermindern. In diefen Graben zieht
ſich das Wafler viel leichter ab, und der beſſereEr⸗
trag des Bodens belohnt veihlih die Koften für
Binlegung derſelben. Bu |
Des
352 Pfluͤgen.
Des Herrn Staatsrath Thaers Bemer—
kungen uͤber das Pfluͤgen, beſonders in
Bezug auf die neuere engliſche Laͤnd⸗
wirchſchaft.
Da es anerkannt it, daß die Engländer
im Fache des Feldbaues, fe tie, in manchenans
dern Stuͤcken, bedeutende Fortſchritte gemacht
haben, die mit Auswahl Auch anderwärts zum
“großen Vortheil nachgeahmt werden können: fo
wird man begizrig ſeyn zu erfahfen, was in Ans
ſehung des Pflügens in England für‘ Methoden
: Sherefchend find... Der Herr Staatsrath Thaer
hat uns ſchon vor mehreren Fahren. in. Seiner
- Anleitung zur Kenntniß der: englifchen Land:
".n
.
wirthſchaft *) damit befannt gemalt, und vie:
‚les wird jeßt im der Beichreibung.. der nußbars
fien. neuen Adergeräthe. mit fauberen.: Rupfern
noch näher erläutert; In dem zuerfi angeführs
ten Werke jagt er überhaupt: —
„Eine. der verwickeltſten Meerien iſt ge⸗
wiß die vom Pflügen. Sie bolijtändig abzus
J handeln, erforderte ein eigenes Merf;: und fie
völlig ins Licht zu ftellen, noch die Beobagtun.
gen und Verſuche eines Menfchenafrers. Sch
... werde: nut, einige. ber wichtigſten Momente. ber⸗
flaoͤchlich beruͤhren.“
„Was die Werkzeuge anbetriffe, f m es
' in England noch nicht auögemacht, welche
..&a
ttung Der mancherley daſelbſt eingeführten
| und neuerlich erfundenen Pfluͤge die vorzägfich:
fie auf jeder Art von Boden ſey. Gewiß aber
ift es, daß die Engländer es in der Conftruction
ihrer Pflüge weiter gebracht haben, wie wir. Es
fommt alles darauf an, daß ein Pflug erftlich
ohne
Z9 1Band, Hannover igor, 8. ©, a17 fl;
Pfluͤgen. 3583
shne viele Benhülfe des Fuͤhrers fein Werk ge⸗
hoͤrig verrichte, Doch in gerader Linie und gleis
cher Tiefe bleibe, und die eingefchnittene Surche u
völlig und gleich ummerfe; zmentens, daß er den
möglich geringſten Kraftaufwand zum Fortziehen
erfordere. Drittens, daß er ſich hoch und nies
.deig, zu breiten und zu ſchmalen Surchen, auf
eine feichte Art ſtellen laffe; und viertens end»
- Sich, daß er dauerhaft ſey. Der Hausvater, ber
vortzefflih, und unter den Deutjchen wohl am
gruͤndlichſten, ‚über. den Pflug geichrieben hat, -
fordere aufer einigen ‚andern - Qualitäten, die
fhon mit in dem obigen enthalten find, noch,
daß er leicht und mohlfeil fen. Was die Leich«
‚tigkeit anbetrifft, fo ift e8 a priori und a polie-
riori in Engiand hinlänglid) ausgemacht, daß.
es darauf fehr wenig dnfomme. Die Größe
der zum Fortziehen erforderiichen. Keaft beruhee
auf dem Widerſtand der umzuwerfenden Erbes
und .diefer. wird nur durch bie ‘gehörigen Vers
häftniffe des Pfluges möglichft gehoben. Die
Schwere des Pfluges ſelbſt iſt fogar oft vors
theilhaft, und macht, indem fie ihm mehrere -
Stätigfeit gibt, daß er leichter geht. Die ließe
ſich leicht mathematiſch, nach Grundſaͤtzen der
Mechanik, erweiſen; es iſt aber augenfaͤlliger
durch Verſuche gezeigt, die man mittelſt einer
Federwage angeſtellt. — Man kennt ſolche Fe⸗
derwagen bey uns im Kleinen: "das Gewicht
wird durch die Spannung einer in einer Kaps
fel liegenden Feder deſtimmt. — Diele Feder⸗
. wage wird am Pfluge. oder Fuhrwerke bereftigt,
- und an ihr die Pferde, mittelft des Schwengels,
- gehängt, wodurch man in den Stand gefeßt
wird, die angemandte Kraft verfelben, nach dem
Gewichte, fehr Teiche zu beſtimmen. . Die Com⸗
Oec. techn. Eine, CXIE Theil, ' 2 EI Mi
er
Pr 11799
..miffton des Aderbaues ber Londoner Societaͤt
e
D
“
“
.r
ni
fieß Hierdurch eine große. Anzapl von Pflägen
unterfuchen, und es fand fich, daß verichiedene
Arten von Pflügen leichter gingen, wenn man
fie mit mehrerm Gewichte belaftete *).“
„Die Wohlfeilheit wäre allerdings eine
Empfehlung, wenn fie nicht auf Koften der
Zweckmaͤßigkeit und Haltbarkeit erlangt iſt.
Henn aber der theurere Pflug. feine Arbeit
beſſer und durch geringern Kraftaufwand Yers
- richtet und zugleich ‚dauerhafter ift, fo ift die
. Eriparung offenbar auf feiner Seite Daher
‚ der ganz don gegoflenem Eifen und ohne Mäder --
giebt man in England dem Guffolfer Pfluge,
ift, auf ſchwerem Boden vor allen gebräuchlichen
- Arten den Vorzug **).‘
„Der Hauptfehler unferer gewoͤthnlichen
. deutſchen Pflaͤge, wenn man fie mit ben beſ—
ſern engliſchen vergleicht, liege im Streichbrete.
4
Dieß muß bey feiner graden Bauart entweder
; zu lang ſeyn, oder in einem zu ftumpfen Wins
„tel abfleben; fonft wirft es die Surche nicht ges
‚.börig. um. In beyden Zällen hat es zu viel -
. Krietion und Widerſtand zu „überwinden, ers
ſchwert den Gang erftaunlih und macht ihn
. unficher. Auch ſcheint mie die Schuld groͤßten⸗
. theild am Streichbrete zu liegen, daß unfere
Pfluͤge die Furche nie gleich, fondern an ber
- Zandfeite immer tiefer, wie an der Streichbrets
ſeite, berauspflügen. Die englifchen guten
“ı
r
©teeichbreter, die von Eifen oder doch damit
ſtark befchlagen find, find viel Fürzer, und fiehen
‚mit
; ® Armelı of aricult. Vol, I. Weberfekung S. 28.
.. Pearce Vjew,.of the agrıculıure vi .zerkshire, pi. 66
Di wie er mit zwey Ochſen ‚geingen wird, abge
x .
Pfügen: E;};
mit ihrem hintern Winkel nie twelcer voin Vffuge
ab, als die hintere Gpige des Schars. Das
Schar fteigt in einer, gewiſſen Woͤldung in ‚die
Hoͤhe, die fi) in die Schweifung' der Streich⸗
breter fanft verliert. "Start daß unfre. Streich⸗
breter die Etde derumſchieben müflen, wird fie
"von den englischen," fo twie’ fie. äßgefchnitten iſt,
in- die Höhe gehoben und gleich hetumgeworfen.
Dadurch erlangt auch der Pflug —A—
keit, und wird auf den Boden niedergehalten.
Man darf einen ſolchen engliſchen Pflug nur
neben einem’ deutfchen witten feheh, um die
Leichtigkeit des erfteeit gleich” zu Fühlen. Bere
geblich würde ich mic) anſtrengen ‘Bier deutlicher
zu werden; es forderte eine große Weitlaͤuftig⸗
: feit und eine Menge von Zeichnungen und Fi⸗
uren, um don den Werhäfniffen, der Sam
—* die Schar und Streichbret haben muͤſ⸗
in, eine klare Idee zu geben. Arbuthnot
bar fie in einer Abhandlung, die Young dem
-ziwepten Bande feiner oͤſtlichen Seifen angehängt,
fehr genau nnd mathematifch angegeben, und die
Figuren anf det neungehnten und. zwanzigſten
Tafel machen fie deutlich .“
Man brauche übrigens in Englanb Falk
eben fo viele Pfläge ohne Räder (swing:plon
als. mit Raͤdern. Bey erſtern komint es ſehr
‚viel Auf die gehörige Zuglime an. Nagh der
Hoͤhe der Pferde oder Schſen verändert ſich Diefe,
imd bie Öfellung erfordert: große —
keit. Es gehoͤrt überhaupt ein weit geſchickterer
Pftugmann dazu. In Anſehung der Leichtigkei
urn Dauerhaftigkeit ua fe ſonſt met
or⸗
HFTour. trough the Eaf, T. IT, Small on plougbs and
— Beimk, 179% fürdbs Serkber Madre
36 Pfluͤgen.
Vorzuͤge. Sie gleichen dem-Branbenburger Jon
Man hat fie von maſſivem Eifen und von Hof.
© Bon leßterer Art iſt einer in den Deconomifchen
"Heften gten Bandes iſtes Heft abgebilder H.“
„Von den . Pflägen mir Raͤdern ift ber
Notfolker auf leichtem Boben, und ber Nothers
. ammer, — nicht. Rotterdamer, wie der Uebers
. "feßee der Annalen ihn nennt. . Zn Rotterdam
weiflen fie wohl faum, was ein Pflug iſt — auf
ſchwerem Böden der gebräuhlihfie Die Näs
‚der find immer von Eifen, der Grindel mehren
"tbeils gekruͤmmt, sind ruht auf einer im Galgen
"beweglichen Platte, wodurch der Pflug ſehr leicht
"geftelle werben kann.“ Ä
uch. fage nichts. don den zuſammen gefeß«
"teren Pflägen,. die man in England bat, -und
die zu gewiſſen Verrichtungen naͤtzlich zu ges
‚ brauchen find. Man hat Doppelpflüge, die. zwey
Furchen auf einmahl ziehen. .Sie follen nicht
.. ‚völlig Die doppelte Anfpannung erfordern, und
"man hat da,. wo doch ein Treiber erfordert wird,
einen Mann dabep zu erfparen gefucht. Man
"Hat andere Doppelpfläge, bie über die erfte flache
Furche eine zweyte aus der Tiefe heraus geholte
‚herüherwerfen, und aljo eine Riolarbeit verriche
ken. Dieſes Pflugs bediene ich wich bäufig.-
Er geht auf fechszehn: Zoll mie ſechs Pferden
‚ziemlich. leicht. Auch bat man. einen einfachen
Riolpflug (trenching-plough), ver hinter einem
‚gewöhnlichen hergeht. Die Pflüge mit boppels
tem beweglichem. Steeichbrete, welche man auch
in vielen Gegenden Deutſchlands Fennt, dat man
. m England fehr. hin. "Man erhält dadurch
eine völlige ebene Flaͤche ohne Furchen.“
Du u „Genug
Yam fe im an. Pfiug, aber, e, er % u
Pfluͤgen. 397
„Genug von den Pflugwerkzeugen! Es iſt
ſehr ſchwer, ein fremdes, etwas componittes
Ackerwerkzeng, auch bey ben genaueſten Bea .
ſchreibungen, Ausmeflungen und Zeichnungen, -
- nachmachen zu laffen. Gebt Modelle find, wo
man nicht fehr gefchicfte Arbeiter hat, unzurei⸗
“ end. Es giebt faft fein anderes Mitrel, ſich
foiche zu verfchaffen, als daß man fie im Gros
Sen formen fafle. Sehr oft wäre es dann aber
nöthig, einen Knecht, ber daran gewoͤhnt iſt,
mirfommen zu laflen. Sonft findet der Gebrauch
‚unendliche Schwierigkeiten, und das Inſtrument
. tft bald verdorben. Von den Pflägen, welche
zur. Drillwircdfchaft und zum Bam befonderer
Gewaͤchſe gehoͤren, werde ich An ihrem Orte.
reden.“ — —
„Leber die Zeit, die Art, die Tiefe und
Wieberhohlung des Pfluͤgens, bar man fit’ je⸗
her eine Menge von Fragen und Zweifeln dufs
> geworfen, bie zum Theil noch nicht erledigt Find.
"Sch werde meine Meinung über einige der wich⸗
-tigften ſagen.“ a 5
- „Soll man das Land vor ober nad) bem
Winter umbredien? Wan hat faft allgemein,
der Theorie mach, das erite behauptet, und, der
‚Krfahrung- zufolge, das legte gethan 1
| „Die Theoretifer berufen fich aufdie Feuthte
barfeit, welche die Winterfuft dem Lande gebe, .
- wenn es ihr in möglichft größter Oberflaͤche aus⸗
gefeßt wird. Den fleifen Boden mache der
Froſt überdieß muͤrbe; der lockere ziehe um deſto
mehr die Teuchtigfeiten an fi, je rauher er
liege. Dieß ift gewiß richtig und in ber Mas
"tur der. Dinge begründet. Aber der gemöhnliche
Landwirth beruft ſich auf feine Erfahrung: zu
Gunſten des Trühjahrepflügene; und bey vers
u 3 3 gleis
"38 Plgen,
2; gleichenhen. Verfuhen bat man. gefunden, daß
er nicht gang. Unrecht gabe *). Die rühre
Mahrſcheinlich daber: weil das Unfraut im Herbs
. „ste nicht zum Keimen fommt, fo bleibe eg un:
74 geſtoͤrt in..der Erde liegen... Vorausgeſetzt, daß
„man aljo dem Lande nur überhaupt zwey Pflug:
,..arten giebt, wird. eg befler durch zwey im Fraͤh⸗
jahre zerſtoͤrt, :alg wenn eine davon im Herbſt
gegeben wird. Der Machtheil des linfrauts
n wiegt aber den Morcheil der mehreren Frucht⸗
„.Harkeit aufs. - Def wird um: defto..wahrfcheinlis
her, da man Durd) . vergleichende MWerfuche ger
funden hat, vaß-das Kerbftpflügen foichen Fruͤch⸗
ten, denen Bas Unkraut nicht nachtheilig werden
ynFenn, weil, fie behackt werden, allemahl vorteil
bafter fen.“ | Ä
aan 9 NBer feinem Lande, außer der Untbrechung
„vor Winter, no zwey Pflugarten im Fruͤh⸗
sijahre geben fann, und will, der wird ſich für jes
es bingeichend belohnt finden. Ich muß indefe
amfen.aus. meiner eigenen Erfahrung fagen, daß
die ben feuchterem Boden, der eine anhaltende
er Kinterlage. bat, nicht immer möglich fy. Das
„uim Herbſte genflügte Land bleibt oft im Fruͤh—⸗
ejabre ſo-feucht, daß vor der Mitte bes Apriis
Fein Pflug darauf fommen kann, wenn das Un⸗
x: ’gepflügte ſchon ganz troden if. Da iſt denn
‚„ gn kein zweymahliges Pflügen weiter zu denken.
23*: In dieſem Kalle bat dag Herbſtofluͤgen, eine
2 Furche um bie andre, was man bey ung Strek⸗
chen — in England rice: balking — nennt,
x, geofie Vorzüge; denn da läuft das Waſſer ges
a. sfehwind ab.“ | | ‘
who das Land entweder von ber borjäßs
;; eigen Beſtellung fehr rein ifl, oder wo man eine
ee | Frucht
0... 9 Young's experiment, agricult. Vol, 2, p. 310, E,
NY m
Prlügen. 359
Frucht bauen will, bey ber man dem: Unkraate
kein Aufkommen verſtattet: da pfläge man alles
mahl vor Winter, wenn man duch Überhaupt
nur zwey Furchen geben will. Eine Brache,
oder ſpaͤt zu beſtellendes Land, zu Kohl, Rüben,
Ä Rapſaat, ſollte allemahl im Herbſte umgebrochen
werden. Ferner iſt es nothwendig, vor inter
zu pfluͤgen, wenn man mit dem Pfluge tiefer
gehen will, wie vorher, und rohe Erde herauf⸗
. "beinge, dee die Einwirkung der Luft zu ihter
Fruchtbarkeit hoͤchſt noͤthig if.“
„Wenn aber, ben einer fchlechten Wirth⸗
: ſchaftoert, Korn auf Korn folgt, und man im
Srübjahre, außer der Herbffuche, nicht‘ noch
awep Furchen geben fann, fo unterlaſſe man
jene.“
| „Bey fehr lofem fandigen Boden, der dem
Winde ausgelegt ift, pflüge man im Herbfie
auch niche ſpoͤt. Wenn trodener Froſt mit
ſtrengem Winde kommt, ſo wird der Boden zu
ſtark verwehen, wenn er ſich vorher nicht geſetzt
hat. Da wird denn der im Herbſte nicht um⸗
gebrochene Acker den Vorzug haben.“ —
„Die Frage: mie 'oft foll man oflägen 2
beantwortet ſich leicht. — Je öfter man kann,
deito beſſer ift es! Wenn man aber frägt: wird
mir ber um etwas größere Ertrag auch jebess
mahl die mehreren Koften bezahlen? fo wird Die
‚ Antwort ſchwer zu geben. Es kommt Kierbey
fo viel. auf Witterung, Jahrszeit und andere
zufällige Umftände an, daß ſich im Allgemeinen
keine Regel feſtſetzen läßt: wie oft man in einer
beftimmten Zeit und zu gewiflen Fruͤchten pflüe
Ä folle? Nur mache man es fi) zum Grund»
* „ fo oft zu pfluͤgen, als das Land ſich mit
Unkraut überzieht, wenn es der NBitterung mes
24 gen
360 | Pflügen,
. gen angeht, und man es mit feinem Geſpann
zwingen kann. Gewiß bezahlt es ſich dann
reichlich, wo nicht in dieſem, doch in den zu⸗
kuͤnftigen Fahren. Es iſt daher allemahl hause
aͤlteriſch, etwas Geſpann mehr, als durchaus
nothwendig iſt, zu haiten, wenn man auf nd
. liche Mebenarbeiten, wozu ſich allenthalben Sa
legenheit findet, denkt.“
Ä „Man: hat gefagt, vieles Pfluͤgen werde
dem feichten Boden nachtheilig. Ich kann dieß
aus meiner eigenen zehnjaͤhrigen Erfahtung wi⸗
derlegen. Meine Sandfelder, die. ſeitdem immer
beſtellt, und zu Ruͤben u. dgl. oft gepfluͤgt wire
den, ſtehen in der größten Fruchtbarkeit, bie
“ man ſich bey Sandlande nur denken kann. Ich
laſſe aber jedesmahl dem Pfluge die Wahtze
„Die verwickeltſte aller Fragen iſt die: we⸗
gen des Tief⸗ und Flachpfluͤgens. Man weiß,
was hieruͤber unter den deutſchen Oeconomen
fuͤr Streitigkeiten gefuͤhrt ſind, und wie wenig
ausgemacht worden. Unter den Englaͤndern iſt
die Sache eben ſo wenig entſchieden, aber, wie
es mir ſcheint, gruͤndlicher behandelt, und durch
“vergleichende Verſuche in ein helleres Licht ge⸗
ſtellt. Ich will ſuchen, das merkwuͤrdigſte, was
fi theoretiſch und. praktiſch darüber fagen läßt,
“Sur; und im Zufammenhange darzuſtellen. Man
"erlaube mir, es in einem Dialog, swilchen Mir
and Ihm, zu thun.“
„Ich. Ze tiefer die Krume iſt, deſto mehr
Nahrungstheile für Pflanzenwachsthum koͤnnen
darin enthalten ſeyn. Durch tiefes Pfluͤgen
bringt man eine tiefe Krume hervor; denn alle
sohe Erde, wenn fie nicht ganz widerſpenſtis iſt,
wird
Pfluͤgen. 361
wird an ber Luft und durch hiatzogliches Bear⸗
beiten zu guter, feuchtbarer Erde.
„Er. Richtig! Aber die Sähigfeit des Bo⸗
: bens, DMahrungstheile aufzunehmen, iſt nicht
‚ genug: fie mäflen wirflih darin feygn. Dun
‚ koͤnnen fie nicht anders hineinfommen, als dur
Düngung und durch Die Luft. Iſt aber mei
Dünger nur hinreihend, den Boden vier Zoff
tief gebörig zu befruchten, fo werde ich fehr
thöricht handeln, ihn auf eine Tiefe von zwoͤlf
= Soll zu vertheifen, weil ich nicht weiß, ob er
mir da zu nuße fommt, und ob. meine Pflanzen
aus Mangel an. Nahrung, nicht abfterben, ebe
fie mit ihren Wurzeln fo tief. eindringen. Eine
dreymahl flärfere Düngung würde, hoͤchſtens
nur nach einer langen Reihe von. Sahren, bins
. zeichen, der zwoͤlfzoͤlligen Krume die Güte zu
. geben, die eine vierzöllige vorher gatte. Denn.
diefe Hatte von jeder Düngung, die fie feit
| Sabrhunderten genoffen, doch einige Theile zu⸗
ruͤck behalten.“
„Ich. gennſt du den Inſtinct ber Plans
| zenwurzelin nicht, eine fruchtbaze Erde, ſelbſt in
: der Gerne, zu wittern und. ihe nachzugehen ?
Man hat ja bemerkt, daß Heden, Straͤuche,
: Die an einem Graben. flanden, auf beflen andes
. ser Seite fruchtbarer Boden ‚war, ihre Wur⸗
zen, unter dem Graben weg, wieder in die
Höpe getrieben, und fie da in dem Boden aus⸗
‚ gebreitee haben. ine Buche auf meinem Gar⸗
ten trieb ihre Wurzeln aus der Erde heraus
in einen Erdduͤngerhaufen Binein, der in. ihrer
. Atmofphäre lag. So merden auch bie jungen
Pfahlwurzeln, die aus dem Samen ſchlagen,
ſchon in die Tiefe gehen und ihre Nahrung da
nachſuchen, wo fi e folche finden,“
35 Er.
362 Pfluͤgen.
| „Er. Ich gebe das zu, fat bey allen
Claſſen vollfommneree Pflanzen, nur nicht: bey
den Graͤſern, voozu befanntlid) die Kornarten
gehoͤren. Nachdem fie eine kurze Stabwurzel
geſchlagen, treiben ſie lauter horizontale aus ih⸗
gen Knoten; jene vergeht, und dieſe breiten ſich
nabe an der Oberfläche aus. Selbſt in einem
.. Blumentopfe bilden fie ein Geſpinnſt auf der
Dberfläche, und geben felten einige Zell in die
Tiefe." a To
„Ich. Diele befondere Natur der grass
- artigen Pflanzen kann ich dir freylich nicht ab⸗
: Haugnen, Ich erfläre es mir daher, wie Youngs
- vergleichende Verſuche, die er uͤber das Tiefe
und Flachpfluͤgen anftellte *), bey den Kornars
ten allgemein nachtheilig rür erfteres ausflelen;
wogegen benm Kohl, Nüben, Earotien und Klee
Das zehns bis zwölfzolige Pfluͤgen ſich fo nüßs
: dich erwies. Da aber eine gute Wirchichaft nur
bey einer Abwechfelung des Rornbaues mit fols-
chen Früchten Statt finden kann, fo wirft Du
min wenigfiens den Nutzen des Tiefpflügens
behy diefer nicht: fkreitig machen.“
» „Er Mein, bey dieſer, leider aber noch
zu feltenen und unter meinen Verhältniſſen
noch unmdglichen Wirthſchaft, will ich es nicht:
vorausgeſetzt, daß Du wegen des dreyfachen
Düngers Rath ſchaffeſt; fonft feider wenigſtens
das Korn.“ — ln
33. Den Dünger ‚gibt biefe Wirthſchaft,
wenn ſie gehörig betrieben wird, Du erwaͤhnteſt
vorher aber des Luftduͤngers. Hier wirft Du
mir doch zugeben, daß fich mehr von in *
| ns he
| °) Ex etimental agriculture, Vol, 2. P- 300. Arbuthnot
— * daſſelbe. Tour through the Eust, T. I, p. 484
⸗
Pfluͤgen. 363
feuchtenden Princip in eine tiefe, der Luft ge
- + bffnete Krume abiegen fönne, als in eine flache.
In 99 Fudern 'präparirter Salpetererdd wird
doch mehr Salpeter generiret, als in 33 Fudern,
ſagt ſchon Schoͤnfeld N.“
„Er. Ohne mich darauf einzulaſſen, ob
has befruchtende Prinzip der Luft gerade daſſel⸗
be fen, was mit dem Azote und den Alfalien
der Erde den Salpeter erzeugt, fo läßt ſich doch
hieraus die Abfeßung der Luftcheile erfäutern.
: Jun gebe ich aber. Dir, oder Schönfelt,
- . nichts. weiter zu, als daß die 99 Fuder gerade
ſo viel mehr Salperer erzeugen, ale fie der Ate
:„mafphäre mehr Oberfläche darbteten, wie die 33
Fuder. Dieß iſt aber nicht der Fall mit Deie
nem tiefer gepfluͤgten Boden; er bietet nur ges
xade fo viel Oberfläche dar, als der feichte, Die.
‚Rufe ſetzt nur in DVerbältniß der Släche ab, wos
mit fie beruͤhtt. ·
Ich. Sollte die Luft nicht mehr abſetzen,
wenn ich ihr oft eine neue, noch nicht impräs
gnirte, noch nicht faturiete Oberfläche anbiete,
wie ich dieß bey meiner tiefen Krume thun
- kann? Aber wir fommen zu tief in die Theorie,
Eins wirft Du mir doch zugeoen? daß in meis
sem: tiefgelocferten Boden fich mehr Teuchtigfeit
‚anhäufen und halten fönne, als in dem flachen ?
und dieſe ift Doch wohl die Hauptnahrung der
Pflanzen ** | .
„Er Nicht fo allgemein ‚gebe ih Dir
dieß zu. Du erinnerft Dich, was ber fcharfs
ſinnige Beobachter Marſhal von der feften
Borfe, die: fi in der gewöhnlichen Pflugtiefe
unser dem Norfolker Boden geſetzt hat, tat,
. die
Landwirthſchaft. &. 746. Ä
®r) Rural Oeconomy of Norfolk, T. I. Pr II
364 pflügen,
die man dort mit dent befondern Ausbrude “the
an benennet. Unter derfelben liegt ein uner⸗
gruͤndliches Sandmeer. Wenn dieſer Pan aus
Unachtſamkeit durchgebrochen ward, ſo war das
Land auf lange Zeit verdorbenz denn alle Seuche
tigfeit ſenkte fich gleich in dem durfligen Sand, '
Die Morfolfer halten baßer ihren Pan : heilig, |
und braudyen alle mögliche Worktehrungen , "ihn
bey naſſem Wetter nicht zu durchbrechen. Sie
nehmen ſich dann fehr in Acht, mit ihrem Pfluge
. nur auf die gewöhnliche Tiefe zu fommen, Biel
leicht würde ſich eine ſolche Borke Öfter unter
ſandigem Boden antreffen laſſen, wenn wir meh⸗
rere ſo aufmerkſame Wirthe, wie die Norfolter,
und mehrere ſolche Beobachter, wie Marfhal,
harten.“ .
| „Ich. Diefe Bemerkung ift ſehr wichtig, .
und erfordert große Aufmerffamtkeit, Sch glaube
aber, daß diefer Morfolfer Dan nur durch :die
Kunſt erzeuget ift, und von dem vielen Thons
mergel herrührt, den fie dort auffahren. Dieſer
ſenkt fie) bis auf eine gewifle Tiefe, und bilden _
da dieſe Borke. Es hat aber, duͤnkt mic, Fels
nen Zweifel, daß der Boden da, wo fie auf:.eis
nen Fuß tief laͤge, beſſer ſeyn würde, als''mo
fie auf vier Zoll liege. Die ſcheint mie wirk⸗
lid) der Kal zu feyn; denn wenn Young, auf
„feinen Reifen durd) diefe Gegenden, vom vor⸗
zuͤglichen Ader, der hohe Pacht thut, ſoricht:
ſo nennt er ihn immer einen tiefen Boden.
Kann man nun dem Sandlande durch die Kunſt
allmoͤhlig eine folche, die Feuchtigkeit anhaltende
. Unterlage geben: fo thut man doch beffer,: fle
tiefer, als zu flach legen. Und fo bliebe es doc)
‚Im Allgemeinen richtig, daß man dem Sandlan⸗
de eine tiefe mit Dünger, und, wo möglich, mit -
. “aus
Pfiuͤgen. 3365
andern Erdtheilen durchdrungene Krume geben
muͤſſe, um ihn zu höherer Fruchtbarkeit zu
bringen“. . u
oe „Er. Sch gebe Dir zu, daß tiefes Pfluͤgen
-für den rathſam fen, der Dünger genug Hat,
‚eine. tiefe Krume damit zu verbeſſern, und der
Futtergewaͤchſe abwechfeld mit Korn banen will.
- Mur gehe er. nicht plößlich, ſondern allmaͤhlig
tiefer, bringe die Unterlage allemahl im Herbfte
herauf, und baue nie zum erſten Mahle Korn
darauf.“ | |
2 „Ber aber keinen Ueberfluß an Dünger
bey . der gewöhnlichen Wirthſchaft hat, bloß
Korn bauen oder mit Graſe abwechſeln ‚will, der
‚gehe wenigftens fehr vorfichtig damit um.“ —
„Die Anlegung der Aderbeete 'ift eine
Sache von großer Wichtigkeit.“ | Ä
»Bey trodenem loderen Boden ift es all:
‚gemein anerkannt, daß man fie fo flach und fo
Areit, wie möglid; machen muͤſſe. Wo aber dies
ſer Boden Anhöhen und Heine Berge Bat, ift
‚allgemein der Sehler begangen, die Nichtung ber
Feider an die Anhöhe hinauf gehen zu laſſen.
"Da läuft dann bie dem Boden fo riöthige
Feuchtigkeit glei) in den Furchen herab, ſpuͤhlt
‚einen großen Theil des Düngers und der frucht⸗
“Haren Erde mit herunter. Die Arbeit ift dem
Zugviehe fehr beſchwerlichz es ‚greift fih an,
| Pa binauf zu fommen, und arbeitet fih aus
‚Ber Achem. Man hat diefen Fehler in MPorkſhire
zuerſt eingefehn, und an einigen Orten gleich
nach der Verkoppelung bie Beete umgelegt, ſo
daß fie jetzt auf loferem Boden parallei mit der.
Spitze des Hügels laufen. Die hat im Ans
Fange ‚allerdings einige Mühe gekoftet, und ers
fordert fehr gute Werkzeuge und einen geſchick⸗
' a LE sen
36 Pfluͤgen.
ten Pflugmann, um die Furchen nach ber Seite
der Anhöhe herumzuwerfen. Man hat Pfläge
mit umklappendem Streichbrete dazu gebraucht,
ben Beeten zuerfi die gehörige Form zu geben,
Nun liegen fie zum Theil wie niedrige Terraffen
am Hügel herum. Man macht einige Quer
furchen, um den zu flarfen Regenguͤſſen Abfluß
zu geben. Die Pacht ſolcher Aecker ift, bloß
bierducch, aufs Doppelte geftiegen *).
„Ben naſſem, die Feuchtigkeit anhaltendem
Boden ift man faft allgemein auf die hohen ges
woͤlbten Aderbeete verfallen. Man Fonnte fich
auch in der ‚gemeinen Feldflur, mo bie Aecker
unter einander lagen, nicht anders helfen. : Un
Abzugsgraben, in gebdriger Richtung angelegt,
‘war hier nicht zu denken, da jeder fich fträubte,
von feinem Lande fo viel herzugeben, wie des
Falles wegen erforderlich war, und feinen .Ader
‚in zwey Theile fchneiden zu laſſen. ben. .$o
wenig konnte man fich wegen bes Aufraͤumens
‚der Graben vereinigen. Es iſt traurig anzu⸗
fehn, wie in folden Feldfluren der Ader nur
zum beitten Theile auf dee Höhe des Ruͤckens
gehoͤrige Früchte trägt, die abhangenden Seifen
aber nur einzelne Halınd aus einem Wuſte von
Unfraut in die Höhe kommen laflen. Der beſſe
Dünger fließt in den Zurchen ungenutzt heran
tee. Die Belißer folder Aecker kann man nit
bedauern. Aber was foll man fagen, ivenn mu
anze Koppeln ober Klagen antrifft, vie einem
igenthuͤmer ‚oder Pächter gehören, die mit we⸗
nigen Graben und Waſſerfurchen trocken gelegt
werden konnten, und fie nach auf dieſe batbal
eiſche Art beackert findet. 2
ne na ET u sah e
% Matshal Yorkshire, T. 1. p: 32 -
| Pfluͤgen. 867
„Ueber die Waſſerableitungen werde ich
in einem beſondern Kapitel ſprechen. Jetzt nur,
fo viel: es gibt keinen fo .naflen. Boden, mo man
ſich nicht ohne ſolche muldenfoͤrmige Beete hel⸗
fen könnte. Freylich, wenn die Beete ſeit vie
ien Jahren in dieſer Form gelegen haben, und
man ſie nun herabpfluͤgt, fo erhält man im der
Mitte halb rodte Erde, deren Ertrag in ben
erfien Jahren zuräd fchläge, wenn man fich
- nicht bemüht, durch Dung und MWinterpflügen
ihr Leben zu geben.“ |
. „Ein Grund, der auf Allen Seiten mit
Anhdobhen umgeben ift, wird befler zu Grasland
. benuße. Wo der Boden die Keuchtigfeit gar
- zu flarf anhält, da mache man fchmale Beste
von zwey bis drey Ellen breit, aber ganz flach, .
wie in Kent und Effer häufig geſchieht. Die
Zurchen werden forgfältig ausgepflügt. Wenn
das Korn in die Höhe geht, fo fiehe man die
‚Suchen nicht weiter: fo flarf lehnen fid) die
Hoalme an einander.“ |
= „Der große Werth des Duerpflügens iſt
auch von den Engländern faft allgemein aners
Sannt. So oft mehrere Maple gepflügt wird,
unterlaͤßt man fat nie, die mente Furche ins
- Kreuz zu geben. Man brauche hierüber. weiter
- nichts zu fagens denn jeder, der es gerhan, fe
: der, der es gefehn Hat, muß den Vortheil bieter
Methode und ihre Wirkfamfeit, den Boden fanft
Rund märbe zu machen, und bie Queden zu zer⸗
: ren, unmwiverfprechlich anertennen. Auch ken⸗
- ne ich Beinen, der fie ablaͤugnet, aber noch viele,
pie aus Indolenz und Neigung zum Schlendrian
es unterlaffen, ſelbſt wenn fie anfehnliche Brri⸗
cn haben.‘ .
„Dos
368 Pfluͤgen.
„Das hierzu vorzuͤglich geſchickte altdeutſche
Weerkzeug, den Haken, kennen die Englaͤnder
nicht. Er iſt zu dieſer Arbeit unuͤbertrefflich in
jedem Betrachte.“
„Zwey Furchen in ‚die Länge, und eine bas
zwifchen in die Quer, bereiten das Land gewiß
beſſer ald das Grabjcheit. Und ich bin daher
nicht der Meinung, daß man die Eulcur ‚nicht
eher ganz vollfommen nennen könne, als bis dies
fes alle Pflügen verdrängt habe. Ein fehr fchäßs
barer, von wahrhaft Pe Geifte befeels
ter Shriftfteller ‚, Here 2. 9. v. Engel,
empfiehle in feinen rien über bie Mares
gen, welche der Landwirth bey ber immer- michr
ſteigenden Menſchenmenge zu nehmen bot, Frey⸗
‚ berg 1797, — neuerlichft wieder das Bearbeis
- ten des Aders durchs Grabſcheit. Die Vorzüge
des gegrabenen Aderd vor dem genflügten, ber
ruhen aber gewiß auch nicht auf das Graben
felbft,, fondern auf die flärfere Beduͤngung, Pie
befiere Fruchtfolge und die nachmahlige - Sorge
-falt auf die, heranwachſenden Fruͤchte — auf
das, was bie Engländer vegetating procgla
nennen, und wovon man in Deutichland noch
wenig im Großen weiß. — Hierdurch könnten.
im Sommer noch einmahl fo viel Dienfchen, -
wie jeßt an ben meiften Orten zu haben. find,
und zwar zum unmittelbaren Vortheile des Lande
wirths, befchäftige werden, ohne die. Pflüge. abs
- zufchaffen, wozu noch das Spaunwerk, . der
- Dünger» und Herntefußren wegen, gehalten wer
den muß. — —
Auch ber Jetzt ſo viel ruͤhmſiches —
machende Emanuel Fellenberg zu Hefmpl
im Canton Bern in der Schiveiß ‚ erffärt ſich
in ‚inen „landwirthſchaftlichen Zlärten Pe;
Plägen, 3
Hofwyl, 1 Heft, Aran, 1808. 8. Goꝛgg fl.“
unter gehoͤriger⸗ Vorficht für das Tiefpfiäiden,
„Ein Hirtenland, fagt Er, wie die Schweitz
von jeher war, gab bis dahin wenig Gelegen⸗
heit, das Beduͤrfniß eines tiefen Landaufbruchs
wahrzunehmen, und die Sitten eines Hirten⸗
volks führten: nochweniger: darauf Bin. ⸗56
Wie koͤnnte⸗es wohl anders fepn Die ober⸗
flaͤchliche Krume des alten? Weibdlandes gab in
dir: That bis dahin ‘allein einen“ binleuglich
fruchtbaren oben; tiefer aufzubtechen: inäre
auch aus Mangel an Werkzeugen‘ unmdglich
gewefen, ſo wie tiefer zu duͤngen; aus Man⸗
hel an Bau: Immer: mehr: und mihr anwach⸗
-fende- Bepärfniffe führten jedoch endlkh-Hin- und
wieber, auch durch ben Anbau - vor: Waczelge⸗
wärdhfen und Fünftliher Grasarten, "iu ber
. Wahrnehmung, Baß-tiefere Gründung des Kels
des mÄasfich, und für lange Würzeln, Welche
sgieflih den Anfäng der Arbeit machen, zuttaͤg⸗
Ach ſey. Dem Werke der Natur-folgken zus
letzt hierin, wie in: andern Fuͤchern, vbasfenige
der Kunſt, und es zeigte ſich nun, däß man
zwar wohl. thut,? hierbey eben fo, wie allenthal⸗
“.. ben: im Naturgange, nur mit kleinen Scheilten
»fortzuruͤcken, um nicht durch unmaͤßtgeAuffuͤtz⸗
“gung zu vielen wilden Grundes;, -ie’ekiftihlilis
» ‘gen ernten gi ſchwaͤchen; man NEERBBE Sure
a gfeich auch immer allgemeiner erfennen. müffen,
daß jedes Geld bey guter Linterlage, durch alls
. wählig. fortſchreitende tiefere Anpiodterung‘ feines
Gründes, immerfort ‚und in verſchledenen Be
. iehüngen ‚jene. wiſxtheh an innerin Werthe ger
winnt .“ er som de
— sten 5 — FR "und geben
; len. ok ‚Die manche
ou techn. ncı 2* —*
Pfluͤgen.
2 3: Ben oberflächlichen. Ackern fehlt es den
‚ Wurzeln, mancher Gewoͤchſe nicht allein an fregs
em Srieraume, fondern das darauf fallende
MWafler out auch zu ſchnell über alle. Ges
„ toächle hinan, fobald .naffe Witterung eintritt,
„und. bey trodenen Zeiten hingegen wird der Bos
» den auch eben fo gefchwinde ausgebdrrt. Im
ief aufgebrochenen Felde aber hat das Waſſer
sbey. naffet; Witterung viel tieferen Raum ſich zu
wiegen „bevor es bis über die Wurzeln ber in
a-demfelben gepflegten Gewaͤchſe anfchwellen kaun,
and es findet. fich eben dadurch auch ein fehe
„ wohlehätiger, Seuchtigföitsbehälter für Zeiten ent⸗
„ogegengefeßter Noth unter der oberften Ackerkru⸗
2.me :gj8-Hülfsquelle; vorbereitet... Det Landeigen⸗
. ahüıpen; bat alſo zugleich ein zwehtes Gut. unter
asgeinem "esftern ‚gewonnen; will er nun .düngen,
230 fol det Bau zwiſchen dieſe feine heuven auf
a Ünander, suhenden Güter hinein gepflügs zu -lier
„gta; fommen, um fogleich in dem obern. bie ge
aujugte Vegetation zu treiben, und damit. in.bem
uters aufgehalten werde, ;teas fonft Dunghafs
is von Waflergüffen in:.eine unfultivicte KUns
iariase aus dem. Wirkungsfreife der Vegetation
Ainweggefpühkt worden wäre, Die alſo gebüngte
mm aupageräue untere Feldfchicht wird aber hann
ihrer „Sehe. wieder. obenauf gebracht, ſobald
die bisherige Oberfläche aufs; nee-begeaben wer⸗
. ee Er ‚den
—
— da mo.e®
glaub) adurch gewond
hielt; et.
Sharner ig Keria ineng, feiner
ABLE
bie dabie: für tpunli EHER ‚chen „sl
‚all
Pflügen 371
den muß, um wieder auszuruhen, oder auch um
gereinigt zu werden.“
„Auf diefe Weiſe getoinnt ber Landwirth
durch deriodiſch wiederkehrendes Tiefpflügen, nebſi
ſehr befriedigendem Spielraume für feine Kom⸗
binationen, auch ſicherere und reichere Aernten y.
Mit dem Tiefaufbrechen der Feldet ſteht auch
- der Kulturwechſel in einem merfwärdigen Mer:
hältnif. Er findet aber die gleichen Hinderniſſe
bey uns zu überwinden, wie / das Tiefpflügen,
und. doch gibt es aufer den Grasarten wenig
| nuͤtzliche Pflanzen, welche ohne Abwechslung, in
‚ber gleichen Erbe, zu mehreren befriebigenden
Aernten gedeihen koͤnnten, wie die Möhren und
der Hanf. Wenn baher die Marktbeduͤrfniſſe
rheifchen follten, daß irgend ein Lebensmittel
unausgeſetzt haͤufiger erzeugt werde, als andere,
-fo finden wir auch dazu große Erleichterung In
- der Werdoppelung unſerer Güter, welche durch
das CTiefpfluͤgen der Grundſtuͤcke bewirft werden
‚Mann. "Ein toohlberechneter Kultutrwechſel iſt
übrigens in allen Beziehungen von ſolchem Be⸗
‘lang, daß wir nicht leicht zu viele Mühe darauf
verwenden koͤnnen, einen folchen für uns aus⸗
wimitteln und in unferm Vaterlande einzufüh-
ten. Wäre die Wiffenfchaft, aus der wir deh«
vfelben ziehen mäßlen, und ihre zweckmaͤßigſte Ans
sendung" unfeen mehrſten Landwirten nicht ‘To
ders , fo würden zuverläßig auch nicht fo vidle
n Anden kuͤnſtlicher Grasarten beſchuldigin,
anſerm Ramsau. „Eintrag m ! thun; noch "ge Ä
* % ‚Der —* — Im m wie ‚618 1 babe fe ſelten ke is
ur —T AU En € —5— dir ee „gaine
or —355 ortheile, bie
Be 8 —* i * als der ferdhäde und
de en —*
72 Pille
ger würde man darüber zu Flagen haben, daß
I Klee nicht mehr mie ehemahls gedeihe, ober
‚daß die vermeinte Nothwendigkeit aufs neue bey
. uns eintrete, die reine Brache wieder einzufuͤh⸗
zen. Diefe koͤnnen wir nähmlic, wenige Faͤlte
ausgenommen, nicht umbin, befonders für ein
ſtark bevolkertes Land durchaus zu verwerfen,
weil die reine Drache den Umlauf ber nährens
‚ven Subftanzen vom Pflanzens durchs Thiers- -
‚seid, und von leßterm wieber ins erſtere zurüd,
"aufs nachtheiligfte unterbricht, anftatt daf Die:
„fer Kreislauf ohne Nachlaß in Tkaͤtigkeit erhals
..ten werben follte, indem es aufter allem Zweifel
AR, daß, eine hinlaͤngliche Befchleunigung deffels
ben allein Binreiche, eine weit größere Populas
tion im Ueberfluſſe auf eben demſelben Flaͤchen⸗
raume zu erhalten, auf foeldyem fonft bey lang: .
„famerm Umtreiben des Düngers dusch die. Erde
„zur Vegetation und ven. biefer zum auinafifchen
Behelf u. ſ. mw. eine weit geringere Anzahl kr
bendiger Geſchoͤpfe nur hoͤchſt kammerlich wine
Ber werden koͤnnen.“
IE der. Landbau in der Mt eins |
ice — aber eine hefriebigende Ex
‚haltung und Vollendung von. beyden find eben
er ianig mit einee guten: Wechſelkultur verbun⸗
den, als dieſe hingegen mit der reigen Brache
unperträglich. iſt. Sie find. lei: re mebs
‚seee Beziehungen in der wefentlichſten Verbin⸗
dung mit dem bluͤhendſten Kornbau. Fuͤr une
. fer. Vaterland läßt es fich indeß keineswegs Setchtr
: finnig a ori Bloß nach ' Theorien, heſtiinmen,
irelche Kultur „geilen die folgenföllende am
uns ar ‚eiften
374 pflügen.
Der Erſtirpator, oder die Pferdhacke zu 13, .
und diejenige zu IT, und aud zu 9 und / Fuͤßen
m. ſ. m. erheiſcht, um bergan zu fahren, hoͤchſtens
6, gemeiniglich aber, wenn fie nicht ſteigen muß,
nur 2,3, bis pferde. Diefes Inſtrument wird
Die noch leeren ER er nab “Belieben von 2 bis 5
Zoll tief Ducdarbeiten, und den Boden den atmos
härifchen Einfläffen fo oft man's begehrt, mit aus
erordentlicher Leichtigkeit durcbaus befriedigend ers
ffnen. Es wird ferner alles Unfraut von den Fels
deren abfchneiden, die Höhen nah den Tiefen forts
tragen und das Ganze alfo verebnen. Es dient bes
| peors mwohlthätig vor der Analaat und na der
eendte, wenn ſonſt feine Muße zu finken ſeyn
würde, um einige der gedachten Zwecke durch's
Pfluͤgen zu erreiden. Es bearbeitet in einem Gans
e einen Breiteraum von 4 bis 7 Schuhen: was
ie vordere Fußreihe fiehen läßt, das nimmt Die
bintere mit fid weg; fo wie hingegen die vordere
Fußreihe zu bearbeiten hat, was die hintere unbes
rührt ſtehen laſſen muß. ac den befondern - Bes
Dürfniffen jedes gegebenen Ackers können entweder
sund, oder ftumpfminflict, oder ſpitzwinklicht,
oder dregedig auslaufende, oder auch fhorrerartige
üße an dag gleihe Geftel, ja meiſtens auch at
ie gleihen Stäbe angeftedt werden. Die runden,
die ftumpfiwinflichten und die fohorrerartigen Küäße
ſchneiden das Unkraut, wenn man dergleichen zu
jeriören bat, beſſer ab, als die andern, fie tragen
auch mehr. Erde von den Höhen nach den Tiefen,
wenn man dad Land verebnen will, Die fpigwinfe
- . lichten Kühe hingegen gleiten leichter durch die Er⸗
: de hindurch, wenn e6 bloß darum zu thun if,
das Held uinzugähren, feine Oberfläche zu verändern
. und es in einen durchaus verarbeiteten und ges
en zuftand zu verfegen. Die dreyzadigten Fuͤ⸗
Be endlih dienen am beſten, wenn man in einem
unfrautlofen Felde mit der vordern Fußreihe bie
Zwiſchenraͤume der hintern duccharbeiten will, ohne
jedoch diefer eine aufgemworfene Furche in den Weg
. zu werfen; dieſes gefhieht zuweilen, wenn man den
Boideritand, den der Epftirpator fonit zu hberwins
den bat, verringern möchte, or jedoch bloß zu
ſtrauchen, oder nur die zweyte Furche zu bearbei⸗
ten. Dep der Wirkung des eigentlichen Erſtirpators
wer⸗
Pfluͤgen. 25
werfen nämlich die dordern Fuße, vor den Zwiſchene
räumen der Hinern, Furchen auf, welche fofort
auf die hintern Fuͤße qufzuliegen kommen, und das
iſt allerdings erwuͤnſcht, wenn man der hintern
Fußreihe zur Verebnung des Feldes fo viel Erde
als möglich aufladen will, um diefelbe won den Hoͤ⸗
en ın die Tiefen nadzutragen. Hat man aber Dies
e befondere Adriche nicht, und will gleimmohl fei«
nen Ader auch durchaus anfgerähet haben, fo reis
‘gen die dregzadigten Füße, ohne zu fürden, bie
Zwiſchenraͤume auf, weiche die Hintern Güße nicht
aufsulodern vermögen, und auf welche diefe legtern
' Hingegen eine Furche aufzumerfen haben, unter der
alſo, ohne die Vorkehrung der dreyzackigten Fuͤße,
die Erde unaufgelockert liegen bleiben müßte. Will
man ed aber beym für;ern bewenden laflen , fo fann -
man auch mit dem Surchenzieher, der nur eine
Reihe von Züßen hat, die Dberflähe des Feldes
durchaus nerändern und fie in einen gefurchten Zus
fand verſetzen. -Diefes Inſtrument eignet fib vors -
zuͤglich gut zu den Gebrechen unferer alt hergebrach⸗
sen vaterländifhen Kultur, und wird daher auch
jegt mehr als ein anderes non ung verlangt. Man
kann vermirtelft deſſelben dag Handhaden beym
Diügen duch das Pferdehacken erfegen,, ohne daß
diefed eine “gänzlihe Zerftdrung der Graswurzeln
zur Folge habe. Es wird dadurch, wie der Bere
uch von Kuͤnniwyl e8 beweiſt, eine Jucharte Landes
zu hoͤchſtens 10 Bagen gleih gut mit Pferden bes
hackt, als von der Hand zu % Baken, und das
‚goar mit dem großen Vortheil durch den Dferdiug
und durch zwey Perfonen in der gleihen Zeit, vier
mahl jo viel, als man fonft mit 13 Arbeitern bemwirs
en könnte. Berner kann unfern Bauern, mit Hölfe
des Furchenziehers, aub das fogenannte Strauchen,
oder über die zweyten Kurchen ackern, durchaus ers
„ art und das feld ugleih viel befler bearbeitet
werden, als fonft. ir muͤſſen das erflären; be
dem alt hergebrachten Zuſtande unſerer Felder i
der größte Theil der. auszuſaͤenden Körner, nur im
friſchgeackerrem Grunde, gehörig unter die Erde zu
deingen.. Man. darf daher die Kelder nad der
Aernte nicht- beadhpflügen, weil ſonſt durd das
+ Saatpflügen Halmen und Unkrant wieder obenauf
gsxbracht werden müßten, es wuͤrde auch zu —
326 Pfluͤgen.
. Zeit wegnehmen fo oft zu pfluͤgen, und doch darf
man die Felder, der zu beforgenden Verwilderung
wegen, noch. weniger völlig unbearbeitet liegen laflen.
Unfere Bauern pflügen daher Jet gemeinigli gleich
nad ter Urrnte nur jur Hälfte, alfo daß immer
eine aufgebrodene Zurde ouf eine liegenbleibende
umgefehrt wird, nämlid Stoppeln auf ©toppeln,
wder Ralen auf Rafın. In den Riemen Landes,
die bededt werden, wuchert Tas Unkraut jofort mes
niger als fonft, und in denjenigen, die umgefehrt
obenauf zu liegen kommen, leider es noch, mehr.
Die Erde wird zudem daducch den atmofphärsfeen
Einfläffen in etmas.geöffnet u..fe w. Einige Zeit
naher wird dann das ganze alſo geftrauchte Feld
wieder veregget, auf daß Halmen und Unkraut ſo⸗
fort Hinlänglich wieder obenauf zu liegen kommen,
Damit fie nachher durch das Gaarpflügen vollends
unter die Erde gebracht werden können; dans wird
auf das friſch geaderte und behackte Feld gefäck
und eingeegget. Dieje Berfahrungsart hat unfeeis
_ sig ihe Gutes, aber fie hat auch ihre großen Mäns
gel. Erſtens erreicht fie ihre Zwede alle nur. halb,
und dann zweytens auch auf eine alzufoftbare Weiſe.
Es gibt nähmlıch feine beſchwerlichere Arbeit beym
de als das Pflügen, weil duch dajjelbe nur
ehr fhmale Riemen Landes in einem Gange bears
. beitet werden fönnen. Bir finden es daher zweck⸗
mäßiger, in den Källen, in welchen man bis dahin
firauchte, das Zeld durchaus ein für allemahl gleich
nach der Wernte zu pflügen, fo kommen Stoppein
"und Unfraut ungerzüglih und ind geſammt zum
" Düngen unter die Erde. Das Keld gewinnt
—8 auf allen Punkten an atmofiphärifder Be
ruchtung. Aller Unfrautfämen, der ın jedım Kal
pdenauf zu liegen fommen, würde, muß nun vor
der Saatzeit Feimen und fofort entiweder durch's
Eggen oder durchs Pferdhaden zerfiört werben,
vwie das bey der Straucddenmethode nicht gefcheheh
, ann, Das Handhacden wird zugleih ganz fhr und.
erſpart. Anftatt die Knollen mit der: Dand zu zer⸗
ſchlagen, zermalmen wir fie viel leichter mit der
Walze, oder zerfchneiden fie auch mit ber Pferds
bade, wenn die Walze. diefelden in: einen feſten
Stand gepreßt Hat. Nun fönnen. wis vor deu Aus⸗
lagt no fo oft pferdhacen, ald.dje Deiplaung bes
* en i er
. . ” v
*
6
Plügem 33
daher nicht die. geſuchten Voetheile dabey gefun:
den. Denn, nicht zu gedenfen,. daß man bey
dieſen erſten Verſuchen die ſchon angelernten
Ochſen mit großen Koften aus entlegenen Ge⸗
genden muͤßte kommen laſſen, welches im erſten
Anfange, ‚wenn man, es wohl noch nicht genug,
verſtehen möchte, die Ochfen ſelbſt gehörig anzu⸗
„führten, wohl allerdings rathſam fenn möchke ;
o hat man aber auch diefe zum Feldbau ange⸗
—3— Ochſen mit unnoͤthigem Aufroande Busch
üũberfluͤſſiges Kornfutter mit der naͤhmlichen Guͤt⸗
..tetung erhalten, wie man es bey den Pferun
gewohnt, iſt, und daher das auf ber einen Sete
-wieber verloren, mas. auf der andern follte: ge
.Wwonnen. werden. Ta 2 iii
:.. Rein Wunder alfo, wenn man: bey fatchen
angeſtellten Berfuchen feine gewuͤnſchte Rechnung
nicht gefunden. hat, und wenn andere Landigirs
the, die diefe Verſuche beobachteten, feinen Ber
uf fanden, eine Sache nachzuahmen, vie jagen
‚fo wenig Vorteile brachte, Allein der verfefilte
Zweck diefer fehlgeſchlagenen Werfusche lege: nicht
in dee Sache felbft, fondern bloß in ber fehlen
rhaften Art, womit man. fie anſtellete. ai.
5. &$n den: angeführten Otheingegenben ,. 900
- man beyde Arten, ſowohl :mie Pferden als mit
Ochſen, ſein Aderland zu: beftclien, gar wohl
- ‚Bennet, iſt: es ‚aus langer: Erfahrung wine..ent«
aſchiedene Sache, daß für den Ackerbau Ochſen
weit vortheilhafter, als Pferde ſind. Nur findet
man es bey größeren. Gütern beſſer, neben den
Vchſen auch wohl einige Pferde, beſonders qur
Beſireitung der ben denfelben wohl oͤftets nor⸗
Ffallenden weiteren Reiſen und Frachtfuhren, qzu
Halten, weil ſich zu dieſen die Pferde befler:uin
Dehſen ficken, -.. Aber man. wäß auch. daſelbſt
eine
378 Pfluͤgen.
fie nicht rechts und linke die Samenreihen abſchnei⸗
den fol; Deswegen wollten fie meine Arbeiter auch
Paßauf benennt willen. If indeffen unfere Reiben
fast fo hoch gewachſen, daß fie mit Erde behäufelt
werden fann, fo dienen ung eins oder drey⸗ oder
fünffüßige Pferdhaden zu diefem Ende. Diefe
- zieht ein Pferd von einem Knaben gefähre mit der
rößten Yeichtigfeit und ſehr ſchneu zwiſchen allen
—**— durch, ſo oft die leeren Räume zwiſchen
denſelden unkrautig werden, oder auch fo oft Die
Erde Aufloderung bedarf, bis endtich das zuſam⸗
mengewachſene Beſtauden der Bflanzenreihen ein
unſchaͤdliches Durcfuͤhren des Pferdes unmdglid
macht. Run ift es Zeit, daß die Nübfaemafchine
von einem Manne durch diejenigen: Suchen geſto⸗
Sen: werde, welche die legtbemeldeten Pferdhacken
mitten zwifchen den Pflanzenceihen der erften Brach⸗
frächte bey ihrer Behäuflung gedilder haben müſſen;
die Rüben. wachen darauf hin unter dem Schutze
der ——— des Mais, des Mohnes, des Rebs
u. !. w..bi6 durch die Wegbringung dieſer erſten
Aernte, auch die der Rüben dahin gelangen ann,
eine befriedigende Vollendung au erreihen. Die
- Peinen. Pferdhaden dienen Hbrigens nicht weniger
vortrefflich zur Beacbeitung des Kohle, der Kartof⸗
feln, dee Erbſen, der Windkohnen , der Möhren u.
f. w. und ich hoffe fie zugleich auch auf den Rebens
bau anwendbar machen zu Finnen. : Vermittelſt eis
ner neuen Gombination ift es uns legthin gelungen,
Den Furchenzieher mie 6 Küßen , "den — die
ein s die drey⸗ die fünfe und die ſiebenfuͤßigen
Pferdhacken, mit der Rübfäemafchine unter ein und
ebendafleibe Geftell zu bringen, wodurch viele® ges
ee Schwingpfing ), d. bi der Ping eb
et wingpfin « d. der ug ohne
Vorgeſchirr, erfpart, Na’ fehr einfachen mechanis
{ben Regeln, die Hälfte des Zugs, weichen fonft
der Miderpflug zu einer ähnlichen Arbeit erheiſchen
würde, und Sielenige. fo der Schwingpflug made,
it vollendeter als feine andere in diefem Zach, au
iſt dieſes Inſtrument eben ſowohl a priori ale a
olteriori als der vollkommenſte Plug erwieſen, Es
iſt alſo nicht ergebens, Daß ich volle 6 Jahke hate
v
⸗
Pal | *) ©, im Art. Pflug, oben, ®, 256, 277. "
Pfiügen aBs |
gen wie vor dem Pfluge gebraucht werden; ats
fer bey dem Eife zur Winterzeit, weil fie
nicht mit Eifen befchlagen werden, welches ins
deß auch fehr wohl angeht, wie man davon im
hanndverifshen Magazin, 1798, S. 1238 ein
Beyſpiel findet. Ä Ä 0
Weil inzreifchen der Bauersmann gemeins
* Bin das Fahren mic Dchfen für verächtlich hält,
und aus einem befondern Stolze lieber mit den
ſchlechteſten Pferden als mit den ſchoͤnſten Ochjen
. fährt; fo wäre doch ſehr zu wuͤnſchen, wenn
er nun einmahl durchaus mit Pferden fahren
- will, daß er denn doch wenigfiens lernen möchs
te, mit .wenigeren Pferden fertig zu werben.
Ein Feld von dreyßig und mehreren Mor⸗
gen kann, wenn es nur recht angefangen‘ wird,
immer vollkommen mit einem mittelmäßigen Pfers
de recht gut bearbeitet werden ,,. ohne daß deſſen
Fruchtbarkeit nur das geringſte darunter vers
.: feet. Bey dem Pflügen muͤſſen die Furchen
23war, wie es ſich von felbft verfieht, mit einem
Dferde immer eben fo tief, wie mit mehreren
. gezogen werden; aber fie müflen fchmaler gehal«
- ten werden, wie man es in den nördlichen Ge⸗
„ genden gewohnt ift, und die Breite der Furchen
‘ muß immer nach den Kräften des Pferdes ab«
gemeſſen werden. Ben einem guten Pferde
: Fhnnen ſolche . wohl noch fo breit gezogen wers
. Den, daß fie Die umgepflügte Erde ganz umfchlas -
‚gen; wenn fie aber ganz fchmal gepflügt werden,
"fo fchläge fi) Die umgepflügte Furche bey dem
Acketn zwar nicht ganz um, fonbern lege fih -
nur zur Seite Allein das fchadet nicht, weil
bie Ege nachher das ganze Wurzelwerk noch
völlig. zerreißt, und deflo reiner herauszieht.
Und diefes Schmalgalten der Furchen — worin
Oec.techn. Enc COX, THE, > u 7?
380 Pfluͤgen.
. was bleibt denn bey dieſer Verfahrungsart ben
Eigenthuͤmer, nad) Abzug der Koſten, noch
uͤbrig?
Kann aber der Landmann des ſuͤdlichen
Deutſchlands mit einem Paar Ochſen oder mit
. einem Pferde vor jedem Pfluge fein Feld zue
treichſten Aernte pflügen, warum follten bann
im nördlichen Deutſchland immer vier Pferde
; dazu nörgig ſeyn? In dem fchwereren Boden
. ann einmahl “feine gegründete Urfache liegen.
- Dean wer zum Bepfpiel die Pfalz und ihre bes
nachbarten gefegneten Rheingegenden fennt, und
: ihren Boden mit dem nieberfächfiihen und.
..weftpbälifhen vergleicht, der wird. finden, daß
»- zwar bort, wie hier, der Boden nicht allenthals
ben gleich iſt, daß aber, im ganzen genommen,
jener gewiß nicht leichter, vielmehr, wenigſtens
in inanchen Gegenden, noch viel ſchwerer ift,
= wie diefer; und doch pflüge dort der größte Theil
: der Zandmirthe fein Zeld mit einem Paar Och⸗
. x fen oderemic einem Pferde, und bie flärfer Ber
« - güterten wenigſtens immer nus mit zwey Pfer⸗
:. den. Mehrere findet man da auch in den flärks
ſten Mieiereien, auf den größten Gütern und
bey dem allerſchwerſten Boden niemahls an. ei«
nem Pfluge. Dagegen fieht man in ben noͤrd⸗
licheren ‚Gegenden oft eben ſowohl auf den leich«
-‚.teften Geldern, wie in ſchwerem Boden, die ge
. wohnten vier Pferde an einem Pfluge ben
2. ſo wenig iſt in der mindern Stärfe der: Pferde _
ein Grund zu finden, warım hier vier Pferde
sum Pflägen noͤthig ſeyn follten. Denm, wenn
gleich der geringe Bauersmann hier zu. Lande
oft Pferde hält, die freilich fehmwach genug findz
ſo beſpannt doch auch der, welcher die ftärkften.
Pfeide beſitzt, gewöhnlich eben ſowohl An
ug
4
25 Pfluͤgen. u | 387
Der Hauptzweck dieſer Worfchläge. gef‘
| zwar hauptſaͤchlich dahin, daß vornaͤhmlich der
geringe und mittlere Bauersmann fich diefer gros '
ken Vortheile in ſeiner Landwiethſchaft bedienen
möge, um fein geringeres Feld deſto reichlicher
nüßen zu koͤnnen. Allein, da dieſe guten Leute
gewöhnlich nicht gern von ihrer‘ Gewohnheit im
folhen Dingen abgehen, wenn: fit ſich niche
durch den offenbaren Augenſchein eines beffern
:: belehren koͤnnen— welches auch an ſich bey
ihnen keinesweges zu tadeln iſt — fo waͤre doc
zu wuͤnſchen, daß. andere, die Einfiiten genug. _
haben, ſich, auch: ohne fihtbare Erfahrungspes
mweife, von den ficheren Vortheilen diefer Sache
zu. überzeugen, bier und da zuerft den Anfang
Damit machert® mögen; um jene durch augens
ſcheinliche Beweiſe zu ihrem Vortheile davon
: belehren zu koͤnnen, und fie auf dieſe Art zu
bewegen, ſich dieſe Vortheile auch zuzueignen.
Aber auch ſelbſt den größeren Kandwirthen würde
es doch gewiß viel vortheilhafter ſeyn wenigſtens
nur zwey ſtatt vier Pferde vor den Pflug zu
ſpannen, wenn. auch die Furchen gleich etwas
ſchmaͤler angeſetzt werden müßten.
Nun moͤchte man aber wohl noch bey jes Ä
ten Vorfchlägen fragen: „mie dann aber ber
geringe Bauersmann bey “einem Pferde feinen
. Dünger zu Selde und fein Getreide nach Haufe
‚bringen follte?“ Allein. das geht bey der gerins
gen Morgenzahl feines Feldes mit einem Pferde,
fo wie mit zwey Öchfen, fehr wohl, wenn er
ſich nur einen ganz leichten Wagen mit einer
Schere, wenn er ein Pferd hält, oder mit einer,
Deichfel, wenn er mit einem Paar Dchfen fährt,.
anfchaft. Allenfalis koͤnnte auch wohl ein gut
eingerichteter Karren mit zwey Nädern, menige
b2. ſtens
388 | Pflüger. Pflugkarre.
ſtens bey dem Miſtfahren, jene Stelle vertreten,
‚vie es wirklich in jenen. Gegenden ſehr baͤufis
geſchieht. — —
Von dem chineſi fehen. Ackerfeſte, wo der
Kaiſer und die vornehmſten Staatsbeamten eine
Strecke pfluͤgen, um dadurch den Landbau in
Ehren zu halten „ iſt im Art. Landmann, Th.
60, ©. 530 fl. ‚einige Nachricht gegeben worden.
Ps berjenige, welcher pfluͤget, doch mehr in
. ber höheren. und dichteriſchen Schreibart als im
gemeinen Leben.
Pflugfrohne, ſ. Pflugdienſt.
Pfluggaigen. f. im Art. Pflug, oben, ©. 198.
fluggeld, |. Pflugſchatz. 6
fluggeſtell, ſ. im Art. Pflug, oben, ©. 197.
3* aken, in einigen Gegenden, ein Nahme bes
Bakenpfluges; |. Th. 21, ©. 213 fl. Dych
. wird an einigen Orten nur ein ſolcher Haken
ſo genannt, der nach Amt eines. Raͤderpfluges
mit Vorgeftell und Raͤdern verfehen if, deſſen
man fich bedient, wenn man Pferde vor den
Haken fpannen will, für die das fonft bey Och⸗
ſen gewöhnliche Geftell, welches man das Joch
nennt, nicht paffen wuͤrde. |
re in einigen Gegenden, berjenige, wel⸗
eher die Pflugſterze im Pfluͤgen hält und leiter,
. zum Unterſchiede von bemjenigen, melcher bie -
- Pferde Ienfet,. welcher Ießtere in Sranfen ber
Mähnjunge genannt. wird, von dem alten maͤh⸗
‚_. Pen, meinen, führen.
Pflughaupt, in einigen Gegenden Pflugheut,
—* Pftughoͤt, ſ. im Art. pflug, oben,
—** ſ. im Art. Pflug, oben, ©. 251
Pflughoöt, ſ. Pflughaupt.
Pflugtarıe, ſ. im Art. Pflug, oben, ©, 1.
ug⸗
Pflugkaſten. Pflugrecht. a
Pflugkaſten, ſ. eben daſelbſt. | .
- Pflugtebre, die Kehre, d. i. die Ummendung mie
bem Pfluge am Ende des Aders oder eines
Theiles deſſelben, und. der Ort, mo der Aderd
mann mit dem Pfluge umwendet; ' die Pflug⸗
wende.
Pflugkoͤrper, ſ. im Art. „Pflug; eben, ©. 255 ä
. Pfluglade, ſ. daſelbſt, ©. 200. :
Pose ekbiner ‚ oder Pfluge und Soͤemaſchine-
aͤemaſchine. F
Dame, f Pflugeifen.
Pflugmufchel, der Nahme einer Art der Gera *
mujcheln, Chama rugofa Linn.
Pflugnaſe, derjenige Theil eines Pfluges, wo bas .
Streichbret und die Griechſaͤule vorn an einan⸗
der ſtoßen.—
Pflugochs, ein zum Pfluͤgen beſtimmter Ochs;
zum Unterſchiede won einem Maſtochſen.
Pflugpferd, ein ſolches Pferd, ein Acketpferd, zum
Unterſchiede von einem Reit⸗ und Wagenpferde.
| Pre , eines. von den zwey Mäbern an einen
- ., Mäderpfluge.
. secht, 1) das: Reche, welches die Geſehge⸗
Pfins dem Pfluge ertheile‘ abend da 3.3. deſſen
‚Entwendung von dem Felde ſchaͤrfer beſtraft
. wird, als ein anderer Diebſtahl. 2) In einigen
Gegenden wird auch die Eintheilung des Ackers
In drey Arten, das Pflugrecht gehanne, Kin
Stack Seld nad Pflugrecht übernehmen,
. heißt. alsdann fo" viel, als es auf drey Zahre
. übernehmen, fo lange, bis bie drey Arten herum:
ſind. 3) IR es and ein Mahme des Kaine
: jmeifchen den Ackerſtuͤcken, welche. in der Rege
als gemeinſchaftliches Eigenthuns angeſehen wer⸗
J den; die non einem der ten un
ohne .
—
39° Pugreitel, Pflugflürge,
ohne Einwilligung der Miteigenthůͤmer nicht
veraͤndert oder geſchmaͤhlert werden dürfen.
Hlugreitel, ſe im Art. Pflug, oben, ©. 203,
——— ſ. daſelbſt, ©. 197 Man nennt
- ee
— T. Pflugreute.
Pflugſchatz, in, einigen Gegenden, eine Abgabe
, auf dem Lande, welche der Landmann mad) den
. Pflägen geben muß, welche er hält, und zu
Bearbeitung feines Aders nöthig Kat; befondere
in denjenigen Örgenden, wo man den Ader in
Pflöge einzutheilen oder nad Pflügen zu bes
rechnen pflegt, wo dann der Pflugſchatz mit,
dem Hufenſchoſſe anderer Gegenden überein
kommt; der Pfiugſchoß, das Pflugaeld. In
manchen Sesgnden wird der Pflugſchatz auch
von folhen Landleuten entrichtet, welche feinen.
Ader haben, und alsdann werden derer ſechs,
acht und ni mehrere für einen Pflug gerechnet.
Pflugſchorrer, f. Pflugreute,
Pflugſech, f. Pfiugeen.
Pflugfterze, {. im Art. Pflug, oben, S. 196.
Pflugſtirʒe bebeuter eben den Theil des Pfluges.
Pflugſtoͤckchen, ſ. ım Art. Pflug, oben, ©. 260.
Pflugfturz, f. das folgende.
Pflugftörze, in einigen Gegenden ein Nahme des
Streichbretes an dem Pfluge, welches die von
"der Pflugſchar ausgehobene Erdſcholle umſtuͤr⸗
zet;
. Pflugwage, Pfingmetttämpfe. 394
jet; das Pflugbree. Ben einigen wirb auch
die Pflugfterze verderbt Pflugftürze -genannt.
Pflugwage, die Wage an einem Pfluge, welthe
‚von. der Wage eines Wagens im nichts ver;
ſchieden ift. :
Pflugwende, ſ. Pflugkehre.
Pflugwetter, ein langes, vorn zwieſeliges Holz an
dem Pfluge, welches hinten in dem Pflugſtoͤck⸗
chen vefeſtigt iſt, und vorn die Pflugwage trägt;
das Wetter, ingleichen Leyer, bendes bon’ ber
‚jitternden Bewegung, in ‘welcher «es ſich im
Pfluͤgen befindt. |
Pflugwettkaͤmpfe, eine in England ſeit verſchie⸗
denen Jahren aufgekommene Art der Wetten,
wo verſchiedene Pfluͤge ſich den Vorrang abzu⸗
gewinnen fuchen. Bekanntlich bat der berühmte
Landwirth Arthur Young einen e igenen Pflug
erfunden, der nad) Arbuthnoth's Beobach⸗
tungen noch neue Verbeſſerungen erhalten hat,
der Schwungpflug oder Scyweingpflug (tha
‚ Jwing-plow) genannt. Er hatte, um die Volle
fommenheiten biefes Pfluges zu beweiſen, alle
Pflüger, die Luſt Hätten, mit-ibm einen Weite
fampf zu beginnen, gu einer Pflugwette auf .
einem eingefchloffenen Plage, Stag⸗Park⸗ Farm
unmeit Lewes in Suffolf, aufgefordert, und fo
‚begann dann an einem fchönen Wintertage des
Winters 1797 das Nöertpflügen in Gegen⸗
wart einer ſehr zahlreichen Verſammlung -von
Wettenden und Zufchauern, und unter ber Aufs
fiht von beftimmten Kampftichtern, beren Proͤ⸗
fident, der um den Brittiſchen Ackerbau fo ſehr
verdiente Sohn Sinclair war. Sechs Pflüs .
ger ackerten neben einander, jedet einen Acker.
Die uͤbrigen Pflüge hatten ein jeder 4 Ochſen
vorgeſpannt, und außer dem Pfluglenker noch
F Bb 4 einen
- 388 Pflüger, Pflugtorre.
Rn CL
2 jepiare
rohne Pf ——
— Pflug, oben, ©. 198.
atz.— —J
Ba, f. im Art. Pflug, sn ©. 19
in einigen Gegenden ein Na
ae pfluges; f. Th. 214, ©: 213 fr
an einigen. Orten nur ein ——
man fi bedient, wenn man Pferde
‚Hafen fpannen will, für die. das ſonſt —
gewoͤhnliche Geſtell, welches man — Jo
nennt, nicht paffen würde.
ughalter, in einigen Gegenden, ——
cher die, Pflugfterze im Pflägen hält und
— Unterſchiede von demjenigen, welcher
ee lenket, welcher Teßtere in Sranfen ber
hnjunge genannt tird, von dem alten *
an meinen, führen.
t,. in einigen Gegenden Pf
Pfugbör, ſ. im Art. Pflug, S
—— Bm Dr Pflug, oben, ©. as —
3
rule " im Art. ben, ©.
r . Pflug, ol en, .
under. Pflugzugkette. 393
ungen, die zwey Furchen auf ein
— nd mit zwey Paar Ochſen hin⸗
— ſvannt werden, war aber durch
eigene Erfindung weſentlich
Paar fuͤnfjaͤhrige Stiere aus
pi e's eigener Zucht in Devonfhire
mas: Ein Mann führte fie, und
Ib fie an. Der Verfuch wurde
ei itonpeffeide von faterem Boden,
— Steine, gemacht. Sie pfluͤg⸗
ende und 22 Minuten gerade
—— — engliſchen Aders. Dagegen
z mit drep Pflügen, jeden mit 4
t, wovon ein jeder Zug aus einer
ift war, mit dem Sommer vil⸗
Iben dem Felde um die Bette
Devonfhirer Ochfen hielten ſich
und pflügten gerade in derfelben
mmerville's Ochfen ein fo uns
Pr vollendeten, faum etwas über
biel; die andern blieben noch weis
= Sn den Zeitungen wurde befannt
1.88 eigentlich gar Fein Wettkampf
und daß die koͤnigl. Gefpanne nur
iten, wie weit fie kommen koͤnnten. —
bey diefer Gelegenheit offenbar ges
saß der vom Lord Sommerville
Pflug alle übrigen weit hinter ſich
it, und auf fteinlofen MWiefens ober
in 6 Stunden fehe bequem ı und &
uf Bachlande aber 2% Ader pflägen
ahme ber Malva AlceaLinn.;
ve, Th. 83, ©. 491.
n Art, Pflug, oben, ©. 199.
865 Pfluͤ⸗
"392. Pflugmwettkämpfe,
> einen ’befondern Treiber. Arthur Young's
Pflugknecht hatte nur 2 Suffoftiiche Ochfen vor
feinen Schmungpflug gefpannt, und weiter Feis
nen Treiber, und doc mar er in 3 Stunden .
56 Minuten mit feine Acer fertig, wobey
jede Furche überall 3° Zoll tiefer gezogen wat,
als bey den Hbrigen, wovon 3 nur wenige Mis.
nuten fräber, 2 aber etwas spater fertig wurden. '
: Der erfte Preis wurde alfo von den Kampfrichtern
dem Pflüger des Heren Young zuerkannt, und
dieß in allen Zeitungen befannt gemacht. Ä
Dergleichen Pflugwerefämpfe find in Schott⸗
land fchon feit einigen Sahren gar nichts neues - °
. mehr. So wurde von einer eigenen Geſellſchaft
von Landmwirthen, die fi the Farming Society
- nennt, im Jahr 17796 zu Fotroſe ein dergleichen
Kampf gehalten und 1797 wurde am 7ten Novbr.
ein anderer ber Art zu Kirlome von einem Herrn
Urquhart veranflaltet. Hier firitten 7 Pflüge
mit ‚einander, wovon ein jeder nur eine Furche
- neben dem andern aderte. Die 3 dazu ernanns
: ten Kampfrichter kamen in große DVerlegenheit,
: . da faft alle Pflüge auf einmahl das Ziel erfurch⸗
: gen. Enplih erhielt Der Pflüger des Heren
. David. Urgubart den Preis, beflen Pflug
2 Öuineen gefoftee harte. Man begreift ohne
alle Erinnerung, wie fehr diefe Wettkaͤmpfe Ins
duſtrie und Ehrgeiz, -auf die loͤblichſten Zwecke
‚ gerichtet, beleben muͤſſen.
- , Am ı5ten Mobember 1798 wurde in Nor⸗
folk Farm, im großen Park von infor, in
BGegenwart einiger koͤnigl. Prinzen und vieler .
. Sutsbefiger in der Nachbarfchaft ein Wettpfluͤ⸗
gen zwilchen Lord Sommerville's und den
: Königlichen Pflugochfen gehalten. Der ‘Pflug des
Eords Sommerpille gehörte zu. den nn ers.
are un:
4
%
Pftuowurz. Pugingtetie. . 393
. fundenen Pflügen, die zwey Furchen auf ein
Mahl ziehen und mit zwey Paar Ochſen hin⸗
ter einander‘ beipannt werden, war aber durch
Eommerville's eigene Erfindung weſentlich J
- verbefjert.” Zwey Paar fünfjährige Stiere aus
Sommerville’s eigener Zucht in Devonfhire
waren vorgejpannt. Ein Dann führte fie, und
ein Zunge trieb fie an. Der Verſuch wurde
- auf einem Haferfioppeffelde von ſchwerem Boden,
doch ohne ſchwere Steine; gemacht. Sie pflüge
ten in einee Stunde und 22 Minuten gerade
drey Viertel eines englifchen Aders. Dagegen.
ließ ber König mit dren Pflügen, jeden mit 4
Ochſen befpanııt, wovon ein jeder Zug aus einer
. andern Grafſchaft war, mit dem Sommervil⸗
leihen auf eben dem Felde um die Wette
„dflügen. Die Devonfhirer Ochfen hielten ſich
nod) am beften und pflügten gerade in derfelben
- Beit, wo Sommerville's Ochfen ein fo uns
erhörtes ‚WWerf- vollendeten, faum etwas über.
die Hälfte fo viel; die andern blieben noch meis
„ger zuruͤck. — Sn den Zeitungen wurde befannt
gemacht, daß es eigentlich gar Fein Wettkampf
- gemwefen fen, und daß die fönigl. Gefpanne nur
verfucht hätten, wie "weit fie Fommen fönnten. —
So viel iſt bey diefer Gelegenheit offenbar ges
worden, daß der vom Lord Sommerville
verbeſſerte Pflug alle übrigen weit hinter ſich
zuruͤck laͤßt, und auf fleinlofen Wieſen⸗ ober
leelande in 6 Stunden fehr bequem ı und %
2 der, auf Brachlande aber 22 Ader pflägen
- Fann. -
Pflugwurs, ein Dahme ber Malva Alcea Linn.;
Le im Arc Malve, 76.83, ©. 491.
Pituasuateen ſ. im Art. Pflug, "oben, ©. 199.
Bu pfiü
394° Pfluͤtzicht. Pforte :
Pflüsicht, fo nennt man folche fehlerhafte mellete
' Tücher, in melden ganze Knoten von einerley
Farbe erſcheinen. | |
Pfnaiſchen, f. das folgende. W |
Dfneifihen ; ift nur in den gemeinen Sprecharten
einiger Gegenden für ſchnauben uͤblich; in eis
nigen Gegenden lautet es fnaufen, pfnaufen,
pfnäufen. Beſonders gebrauchen die Jäger Dies
fes Wort, theits für anfödern, locken, ein Thier
Buch den Geruch der Speife anloden, theils
aber auch für fürtern, zu eflen geben, doch nur
in engerer Bedeutung von demjenigen mit dem
Schweiße oder Blute beneßten Fleiiche, welches .
den Jagdhunden von dem erften auf der Jagd
gefällten Wilde, als ihr Ancheil gegeben. wird,
weicher Antheil auch die Drneifhe und das...
Gepfneiſche heißt. Die Hunde pfneifchen,
> wofür die Zäger auch fagen, ihnen das Benteß
geben, oder fie genofjen machen. Mit einem
noch andern Worte wırd folches bey den Sägern
auch paflen - genannt, welches mit dem Zar.
palci eine fidjtbare Uebereinfunft hat. Es kann
indeß auch fen, daß pfneifchen in diefer chäs
tigen Bedeutung zunächft von nafchen abflams
‚met, welchen vermittelft des ſtarken oberdeutſchen
Blaſelautes eine thätige Bedeutung gegeben
worden. | |
Dfortader, in der Anatomie, eine ber drey großen
Blutadern, melde das Blut aus den Teilen
des Unterleibes in die Zeber führe; Vena Pgr-
- tae, vermuthlich megen ihrer weiten Oeffnung.
. Pforte, die Definung, zu welcher man aus: oder,
eingehet. | Ä | “
| 1) Sm engften Beritande, die Deffnung zu
und an einem Gebäude, durch welche man auss.
und eingehet, wo es. eigentlich eine algemene
. ee
Pforte. . 39
- Benennung ift, welche alle befondere Arten un:
tee fich begreift. Am Niederrheine und in .eis
nigen oberdeutichen Gegenden werden auch nody
jeßt alle Thore und Thüren mit dem Nahmen
‘der Pforten belegt. Im Hochdeutſchen hinge⸗
gen führen in dem gemeinen Sprachgebrauche
nur Kleinere Thore. oder Thüren neben den grös
fern, Mebenthore oder Nebenthuͤren, ben Neh⸗
‚men der Pforten oder Pfoͤrtchen. So ift in
ben Städten die Pforte oder das Pförtchen,
Hein Beineres DMebenthor für Fußgaͤnger. Auch
in den Gärten, neben den Thormegen, in ben
“ Häufern u. ſ. w. hat man zuweilen ſolche Dfors
“ten. In der höheren’ und dichterifchen Schreib»
‚att hingegen wird es nod) häufig auch von gro:
ßen und prächtigen Thoren oder. Thüren gebraucht,
welche Bedeutung aud) in dem zufammeıt gefeßs
ten Ehrenpforte flatt finder.
Eine flämifhe Pforte, Franz. Porte fla-
mande, ift ein vor einem arten oder Hof bes
findficher Thorweg, welcher oben offen, und auf
beyden Eeiten nur mit Pfeilern verfehen ift,
worauf man zur Zierde Knoͤpfe, Vaſenꝛc. ſetzet.
"2. In weiterer Bedeutung, ein jeder Ort,
durch weichen man zu einem andern gelangt.
So murden die Päffe oder laufen, d. i. bie
engen und hohlen Wege aus einem Lande in
das andere, ehedem häufig Pforten genannt.
Ein Hafen hieß ehedem eine Weerpforte. -In
der“ deutfchen Bibel. fommen auch die figärlichen
Ausdruͤcke die Pforte des Brabes, des Zims
mels, der Hoͤlle vor, Jetzt ift es in dieſer meis
tern Bedeutung noch in dem zufammen gefeßten
. Stücpforte oder Geſchuͤtzpforte am üblichiten,
die mit ‚einer Klappe verfchloffenen. Deffnungen
. Ä am
t
- 396 Pforte.
am Schiffe zu bezeichnen, in welchen die Kano⸗
nen mir ihren Muͤndungen liegen.
3. Figuͤrlich, doch nur in dem Ausdrude
die ottomaniſche Pforte, morunter eigentlich
ber Pallaft des tuͤrkiſchen Kaifers, dann deffen
v
t
Hof, oder der tärfifhe Kaifer mit feinen bors
nehmſten Hof⸗ und Staatsbebienten, und end⸗
lih auch das türfiiche Meich verſtanden wird,
und wofür man auch nur ſchlechtweg die Pforte.
ſagt. Die Großfultane legen fih und ihrem
Hofe diefe Benennung in allen ihren Ausfeetis
gungen mit allerlen fchmwälftigen Beywoͤrtern, &
B. der glänzenden, der erhabenen Pforte ꝛc.
ſelbſt bey, worauf fie auch in den meiften eur
ropaͤiſchen Sprachen benbehalten worden. Der
Urſprung ift noch ungewiß. Herbelot behaup⸗
tet zwar, Pforte bedeute bey allen: Morgenfäns
bern den Hof eines Fürften, welches doch ans
dere nur allein von Perfien zugeben. Indeſſen
iſt es wohl gewiß, daß die Sigur von der Dförte
- oder dem Thore des Pallaftes entlehnt worden,
zumahl da in den älteren Zeiten in den Mor—
“ genländern alle wichtige Staats» und Gerichts⸗
" gefchäfte Öffentlich in ben Thoren verhandelt :
wurden, bie in einigen Gegenden noc) üblich iſt.
Diefes Wort lautet fhon im Ffidor Porta
im Tatian Phorta, und bey dem Notfer Porto, im
Niederfächfiichen Poorte, im Schwed. Port, im Fran⸗
öf. Porte. Es fommt mit dem Lat. Porta genau
überein, y»hne eben von demfelben abzuftammen, ins
dem es entweder den allgemeinen Begriff der Deffe
nung Hat, und alddann ein Berwandter von bohren,
Boͤrſe 2c. ift, oder auch von fahren, in deffen. weis .
tefter Bedeutung abſtammet, und einen Ort bezeichs
net, durch welchen man führet, d. i. ſich beweget.
Wenn es, dem Krifch zu Folge, an einigen Orten
Das Gefängni bedeutet, fo wird damit wohl auf
den noch in vielen Stätten üblichen Gebrauch. ges _
fehen, '
- Pfortengerichte Pfoſch. 397
- fehen, die Befängniffe Aber :den Stadepforten oder -
TIboren anzulegen. F
Pfortengericht, an einigen Orten, eine Art: bes
. Gerichts, welches in den Kloͤſtern vor Bew
Pfortentau, auf‘ ven Schiffen, befondere Taue,
womit die Stüdpforten verfchloffen werden: . _
Pfoͤrtner, derjenige, welcher in oder an der Pforte,
. & i. dem Thore eines Pallaftes, Kloſters ꝛc.
auf die Auss und Eingehenden Acht hat, ders
:; gleichen Pförmer. hefonders in ben: Klöftern üb:
lich find, Im gemeinen Leben auch der Chors'
waͤrter, Thorwächter. Niederſaͤchſiſch Peuro.
ner, Boͤhmiſch Fortnyr. Figuͤrlich wird in der
Anatomie das. rechte Mundloch des Magens
von einigen Dex Pfoͤrtner genannt; Orificium
dextrum. J | .
Dfofch, (der) ein nur bey den Sägern übliches
Wort, mo e8 alles Futter der wilden Thiere,
. einen jeden Fraß derſelben bezeichnet. So wird
Pforten, d. i. Thoren gehalten wurde, Bas
dasjenige Sutter, welches den wilden Sauen an .
Hafer, Serite, Eicheln ꝛc. im inter in den
-MBäldern vorgefchärtet wird, Pfoſch genannt. -
Auch dasjenige, womit man die wilden Sauen
.. und andere Thiere anförnet, 'ift unter bien
Mahmen befannt. Daher wird auch eine.
: + MWogelheerde, weiche auf dem bloßen Raſen an:
‚gelegt werden, und. mit feinem Gebüfche beſetzt
find, Pfofchbeerde genannt, ohne Zweifel, weil .
die Vögel durch Pfoſch, d. i. geftreutes Sutter,
dahin gelocft werden, im Gegenſatze der Buſch⸗
heerde. Es hat mit dem Lat. velci und palcı
eine unleugbare Aebnlichfeit, und beweiſet den
gemeinſchaftlichen Urſprung beyder Sprachen.
Friſch ſchraͤnkt diefes Wort zu enge ein, wenn
es es bloß von dem Aaße geftorbener Tiere
. .e. . eis .
m
E 396 0 Pforte.
am Schiffe zu bezeichnen, in welchen bie Kano⸗
nen mir ihren Muͤndungen liegen.
3. Figuͤrlich, doch nur in dem Ausdrucke
die ottomaniſche Pforte, worunter eigentlich
der Pallaft des tärfifchen Kaiſers, dann deſſen
Hof, oder der türfifhe Kaifer mit feinen vor⸗
nehmften Hof:' und Gtaatsbebienten, und ende,
lich auch das türfifche Reich verftanden wird,
und wofür man auch nur fchlechtweg die Pforte.
- fagt. Die Großfultane legen fih und ihrem
Hofe diefe Benennung in allen ihren Ausfetti⸗
“gungen mit allerlen ſchwuͤlſtigen Benmwörtern, &
B. der glänzenden, der erhabenen Pforte ꝛc.
ſelbſt bey, worauf fie auch). in den meiften eus
- zopäifchen Sprachen benbehalten worden. Der
Urſprung ift noch ungewiß. Herbelot behaup⸗
tet zwar, Pforte bedeute bey allen Morgenlaͤn⸗
bern den Hof eines Fürften, welches doch ans
dere nur allein von Perfien zugeben. Indeſſen
iſt es wohl gewiß, daß die Sigur von der Pforte
oder dem Thore des Pallaftes entlehnt worden,
zumahl da in den älteren Zeiten in den Mor⸗
“ genländern alle wichtige Staats: und Gerichts⸗
geſchaͤfte äffentlich in ben Thoren verhandelt -
wurden, wie in einigen Gegenden nod) üblich iſt.
Diefes Wort lautet ſchon im Ffidor Porta
im Tatian Phorta, und bey dem Notker Porto, im
MNiederſaͤchſiſchen Poorte, im Schwed. Port, im Fran⸗
Porte. Es kommt mit dem Lat. Porta genau
überein, vhne eben von demfelben abzuftammen, ins
dem es entiveder den allgemeinen Begriff der Oeff⸗—
nung hat, und alsdann ein Verwandter von bohren,
Boͤrſe 2c. ift, oder auch von fahren, in deffen. weis
tefter Bedeutung abſtammet, und einen Drt bezeichs
net, durch welchen. man führet, d. i. fich beweget.
Wenn es, dem Krifch zu Folge, an einigen Örten
dag Gefängni bedeutet, fo wird damit wobl auf
den noch in vielen Stätten. Ablihen Sebrauch ges
fehen, ze
Pfortengericht. Pfoſch. 397
ſehen, die Gefaͤngniſſe ͤber den Stadtpforten oder
Tbdoren anzulegen.
Pfortengericht, an einigen Orten, eine Art: bes
Gerichts, welches in den Klöftern vor bem
. Pforten, d. ı. Thoren gehalten wurde, ..
womit die Stüdpforten verfchloflen werden:
Pförmer, derjenige, welcher in oder an der Pforte,
d. i. dem Thore eines. Pallaftes, Kloſters ꝛc.
auf: die Auss und Eingehenden Acht hat, ders
gleichen Pförmer. befonders in den Klöftern üb:
Sich find, Sm gemeinen Leben auch der Chores
., wörter, Thorwaͤchter. Mieverfähfifh DPeurw
..ner, Böhmifh Fortnyr. Figürlich wird in der °
Anatomie. das. rechte Mundloch des Magens
von einigen Der Pförtner genannt; Orikcium
.. dextrum, | |
Pfoſch, (der) ein nur bey den Zägern oͤbliches
ort, mo e8 alles Sutter der wilden Thiere,
. einen jeden Sraß derjsiben bezeichnet. So wird
Dfortentau, auf den Schiffen, befondere Taue,
dasjenige Sutter, welches den wilden Sauen an
Hafer, Gerſte, Eicheln ꝛc. im Winter in ben
Waͤldern vorgefchärtet wird, Pfoſch genannt. -
Auch dasjenige, womit man die wilden Sauen
"und andere Thiere anförner, if unter bie
- Mahmen befannt. Daher wird and) eine. Art‘
Wogelheerde, weiche auf dem bloßen Nafen an:
gelegt werden, und. mit feinem Gebuͤſche beſetzt
find, Pfofchbeerde genannt, ohne Zweifel, weil -
die Vögel durch Pfoſch, d. i. geftreutes Sutter,
dahin gelockt werden, im Gegenſatze der Buſch⸗
heerde. Es hat mit. dem Lat. velci und palci
eine -unlengbare Aebnlichfeit, und beweiſet dem
gemeinſchaftlichen Uefprung beyder Sprachen.
Friſch ſchraͤnkt diefes Wort zu enge ein, wenn
es es bloß von dem Aaße geftorbener Thiere
. .. eis:
-
398 BEE) Dfofte, =
: erffärt, ungeachtet Auch biefes eine Art bes
Pfoſches üt, fo wie Aaß auf ähnliche Art von
eſſen abftammet. Ä
pfoite, (die) ein fenfrecht ſtehendes ſtarkes, ge⸗
Fa
meiniglich vierecfiges Holz, welches etwas trägt
- oder ſtuͤtzet. Die Brücenpfähle, welche das Joch
der Bruͤcke tragen, werden in vielen Gegenden
. Dfoften genannt. - Befonders heißen in- ded
- Zimmermannsfunft ‚die fenfrecht ſtehenden ſtar⸗
ken Hölzer, welche eine Thuͤr oder Teniteröffnung
zu beyden Seiten einfaſſen, Pfoſten, Fenſter⸗
pfoſten , Thuͤrpfoſten, dagegen daſelbſt andere
ſenkrecht ſtehende Bauhoͤlzer gemeiniglich Saͤulen
genannt werden. Auch Bas fenfrechte ſtarke
Holz in dee Mitte eines. Fenſters heißt eine
Pffoſte, fo wie verſchiedene andere Atten ſtarker
ſenkrechter Hoͤlzer, welche etwas tragen; dahin
die Bettpfoſten, welche die Seitenbreter de
Bettes tragen, die Bangpfoften, welche einen
Hang tragen ꝛc. gehören. In weiterer Bebeus
tung werden biy den Tifchlern, Zimmerleuten.:c.
ſtarke Bohlen, welche drey bis vier Zoll dick
find, - fo lange fie noch unverarbeitet find, Pfo⸗
. ſten genannt. Im Oberdeutſchen fuͤhren aüch
ſchwaͤchere Stuͤtzen, z. B. die duͤnnen Stangen,
welche zu den Bohnen, Erbfen ꝛc. geſteckt wer⸗
den, damit ſie ſich daran hinauf ranken, den
Nahmen der Pfoſten, Bohnenpfoſten, Erbſen⸗
pfoften ꝛc. Ja, im Ital. iſt poltare, ftäbeln,
ſtaͤngeln, ſolche Stangen zu den Gartengewäch⸗
ſen ſtecken.
Im Engl.-und Schwed. lautet es Poft,
im Walliſiſchen Poſt, im Franz. Poſto und Po-
teau, im Lat. Poſtis. Sn einigen Gegenden iſt
es männliche Geſchlechtes der Pfoſt oder
often.
Pfote,
‚pföre; ein Wort, welches im gemeine Leben: in
einer doppelten Bedeutung uͤblich iſt.
1. Der vordere und äußere Theil ber Hand,
oder des Sußes an den Thieren, fo fern er dazu
Dient, etwas damit zu faflen, .oder zu halten. .
Bon Dienfchen wird es nur noch im verächtlis
chen Verſtande, oder doch höchftens nur im ver⸗
traulichen Scherze gebraucht; die Hände und
Finger zu bezeichnen. Sich. die Pfoten vers
brennen. “jemanden auf die Pfoten klopfen.
pfotchen halten, eine in den niederen Schulen
für Kinder üblihe Strafe, da fie die Finger
der Hand zufammengelege herhalten, um auf die
Spigen eine Anzahl Schläge zu befommen, welche
‚ nachrheilige Art zu flrafen wohl fein vernünftiger
Schullehrer beybehalten wird. — Oft bedkuter im
: gemeinen Leben ein Pförchen auch fo viel, als man
mit der Spige ver jammtlichen Singer einer Hand
faſſen kann; Pugillus. Von Thieren mird es
im gemeinen Leben von den aͤußerſten Theilen
‚ der Fuͤße aller Thiere gebraucht, fo fern fie - -
- ihnen dazu dienen, etwas damit zu halten, da
. 28 denn aud) wohl don den: Vögeln vorfommt,
- ungeachtet Klaue und Kralle von denfelben
üblicher find. In engerer Bedeutung beißen
nur die vorderen Theile det vordern Süße an
- den vierfüßigen Thieren fo, fo fern fie ihnen
dienen, etwas damit zu halten. Der Baͤr fauge
an den Pfoten. er Hund gibt die Pforte,
oder gibt ein Pfoͤtchen Das Kichbörnchen
haͤlt feinen Fraß mir den Pfoten, die Maus
mic den Pfoͤtchen Den den Bären heift Dies
fer Theil. Funftmäßiger die Tatze, und bey andern
.geoßen Raubthieren Die Klaue.
2. Eben diefer Theil an dem Ende ber
Süße, fo fern er das Werkzeug des Gehens if,
— oder
400 Pfragner. | Pfrieme.
oder fo fern man darauf gehet. Bon Menſchen
gleichfalls nur im verächtlichen Verſtande, von
Thieren ‚hingegen im gemeinen Leben faſt wieder:
am von allen. Thieren, befonders aber von ben
mit Zehen verfehenen vierfüßigen Thieren; denn
ob man gleich zumeilen fagt Öchfenpfoten, Ham⸗
melpfoten, fo ift doch von den mit einem geſpal⸗
tenen Hufe verfehenen Thieren das Wort Alaue
üblicher. Die Jaͤger nennen diefen untern Theil
des Fußes an allen mit Zehen verfebenen Thies
K die Tatze. Die Porderpfote, die Hinter⸗
pfote. BE |
Pfragner, in einigen Gegenden fo viel als Hoͤker.
Pfrieme, die, oder der Pfriem, bey einigen. auch
der Pfriemen, Überhaupt ein jeder langer ſpitzi⸗
ger Körper, in welcher weitern Bedeutung:es .
doch veraltee ift, indem.es jeßt nur noch, von
einzelnen Körpern dieſer Art gebraucht wird, |
Bon ven langen duͤnnen Stängeln wird ſowohl
der Binfter, Genilta Linn., als auch bie das °
fenbeide, Spartium Linn., im gemeinen Leben
häufig Pfriemen und Pfriemenkraut genannt...
Bey den Tuchmachern ift der Pfriemen der «is
ferne Draht in dem Schüßen, worauf die Pfeife
ſteckt. Ein fohmahles, an einem Ende fpigig:
zulaufendes Stuͤck .Aders ift in der Landwirth⸗
fchaft Häufig unter: den Nahmen eines. Pfrie⸗
mens befannt., Am häufigften braucht man
‚ diefes Wort von einem fpißigen Eifen, Löcher
damit in einen Körper zu bokren, . dergleichen
Pfriemen befonders die Schneider und Sattler
haben, bey welchen legtern dieſes Werkzeug zu:
gleich mit einem. Hefte verfehen if. Die Ahlen
. oder Orte der Schufter find eine Art duͤnner,
ſchwacher und gemeiniglich gekruͤmmter Pfriemen. .
Pfriemen,
Dfelemen. Pfelenhorn. 40t
Pfriemen, fo werden verſchiedene Arten ver Geniſte
‚genannt, ſowohl ans der GSattung Genilia
als Spartium; ſ. den Art. Benifld, Th: 17,
©. 331 fl. Willdenow hat für Genilia den
Nahmen Ginfter, und für Spartium den Mah⸗
men Pfriemen beybehaltten. —
Pfriemengras, der: Nahme verſchiebener Gräfer.
1) Borſtiges Pfriemengras, Stipa jun-
cea Linn., ſ. unter Federgras, im Ari. Bras,
CET TE Ne SE
. 2) SHaatförmiges, öder Meines, Nardus
ftricta Linn, ſ. im Art: Nardengras, Th.
101, S. 259. |
3) Meer s Pfriemengtas, ein Nahme des
Sandrobrs, Arundo arenaria Linn, ſ. den
Art. Rlittag, Tb. 40, S. 625 fl . |
Pfriemenkraut, bedeutet bey einigen forwopl die
Arten der Gattung Genilta, als Spartium Linn,
Man fehe den Art. Genifle, Th. 17, ©. 33t
fl. Gewoͤhnlicher wird indeß unter Pfriemens
traut ober Pfriemen fchlechtweg die Gattung
Spartium verftänden, deren Arten man daſelbſt,
©: 345 fl. beſchrieben findet.
Pfriemenſetzer, ein kleines Werkzeug ber Form⸗
ſchneider, mit welchem die Drahtſtifte in die
Stippelformen geſteckt werden, damit ein Stift
nicht laͤnger als det andere aus dem Formbret
herausſtecke. .. Fa
Pfriemgeld, in der Schifffahrt, ein gewiſſes Selb,
welches der Schiffer außer der Kracht ale eine
Ergdglichfeit von jeder Tonne erhält; in Mies
derdeutſchland auch Kaplaken, gleichſam Lafer
pder Tuch zu einer Kappe, Franz. Drap over.
Droit de Chaulle. . | | |
Pfriemhorn, bey einigen eine Art Schraubhdener,
d. i. gewundener einfächeriger Schnecken, bey
Vec. tech; nic, CA, Theil, Ce weh
402 äßieile: Pfropfeiſen.
.. hen. ‚bie Windungen nicht merklich ſind, und
welche wie eine frieme ſpitz zulaufen; Pfriems
ſchnecke, Strombus.
Pfrill, der, oder die pfrille, der oberdeutſche
Dretme der Elritze, Cyprinus Phoxinus Linn,;
Th. Io, ©. 762. j
. Propfbeinden, ift ein Feines Snftrument zum
Kindenpfropfen,.um die Deffnung zwiſchen ber
Rinde und dem Splint zu machen, worein das
zugefchnittene Pfropfreis eingefchoben werden fol.
Es kann von Eifenbein oder Knochen, oder aud
| nur von hartem. Holze, als Buchsbaum,. Ebens
holz und dergl. feyn. Es wird zahnflöcherfürs
mig zugefeilt, unten etwas abgerundet und nicht
dick, damic fih der Keil am Pfropfreis noch,
jelbft etwas Luft machen mäffe, um recht bequem
zu ſitzen. Es ift in ein Fleines. Heft von Holz
eingeſteckt, um es bequem faſſen und gebrauchen
zu koͤnnen; man kann aber auch nur eine Ver⸗
dickung oben daran am Beinchen oder. Hol
laſſen und ſchnitzen. — Anſtatt des Beins Fönnte
man zwar audı ein Fleines Eifen zufeilen; allein,
da das Eifen i im faftigen Holze gern eine Schwärze '
zuruͤck läßt, die dem Anwachſen der Rinde hin:
‚derlich ſeyn koͤnnte, fo ift Bein oder Holz befier
- Pftopfeifen ein Werkzeug, welches beym Pfropfen
in den ‚Spalt deswegen bequem ift, . weil «es
zugleich das Miefler iſt, um damit den Spalt
am abgeplatteten Staͤmmchen zu machen, und
anſtatt des Stiels den Kiel hat, um den Spalt
offen zu halten, bis die Pfropfreiſer eingeſetzt
find. Bey, diefem Pfropfeifen ſteht der Seil
gerade aus md mwägerecht, auf die linfe Hand
zu, wenn man das Meſſer auffeßt. Die Klinge
iS theinlaͤndiſche Zoll lang, der Stiel bis
: zum Kiel bat 2 Zoll, und das Keitchen anberis
Ä TE
EZ
pfropfen. ı 1. Piopfen 403
halb Zoll Länge, und iſt oben # Zoll oder 2
Linien did, fol aber nicht über J Zoll breie
fenn. Das Inſtrument hat Bequemlichkeit und
fördert die Arbeit. S, Fig. 6538. Ä Ä
Pfiopfen, ein Stuͤck von einer gemeiniglich wei⸗
cheren Materie, welches feſt in eine Deffnung
hineingedruͤckt, gedrehet, oder geſchlagen wird,
dieſelbe damit zu verſtopfen. Der Pfropfen
- auf einer Bouteille oder Flaſche, er fen nun
von Kork oder von Papier, .oder von Lumpen;
ein Stöpfel oder: Stöpfel, im Dberdeurfchen
ein Zapfen, Ein Stöpfel fann aber auch von
Glas feyn, welchen man nicht leicht einen Pfro⸗
pfen nennen wird. — Auf die Ladung eines
Schießgewehres wird ein Pfropfen von Werk,
Papier, Gras ıc. gefeßt, d. i. feſt in das’ er
wehr hinein gebrüde. Die Mündungen der Ka⸗
nonen werden, wenn fie nicht gesraucht werden,
mit einem hölzernen Pfropfen verfiopft, damit
nichts unreines hinein fomme In der See
fahre werben auch die eifernen, bleyeenen und“.
- fupfernen Platten, womit man die Löcher oder
ſchadhaften Stellen in einem Schiffe auszubefs
ſern pflegt, Pfropfen genannt.“
Bon den gewöhnlichen Pfropfen oder Kork⸗
ſtoͤpſeln ift übrigens der Art. Kork, TH. 44,
S. 574 fl. nachjufehen, wo. die Att der Verfer—
tigung und alles, was dahin gehört, befchrieben -
"wird. ' a
1. Dfropfen, ı) mit Gewalt in eine Deffnung
Binein drehen, zwingen oder ſtopfen. Bluͤthen,
Aofenblätter in eine Bouteille pfropfen, fie
mie Heftigfeit hinein ftepfen. GBepfropft voll, _
‚ fo voll, daß auch mir Gewalt nichts mehr hin⸗
ein zu bringen if. Sich voll propfen, fih .
mit Speife uͤberladen. Das Komödienhaus. .
= Ce wer
!
7) 2. Dfropfen.
war gepfropft voll, von Menfchen. Im ge:
meinen Leben der Oberdeutfchen pferdyen. 2)
. Mit einem Pfropt verſtopfen, doch nur in
dem zuſammen geſetzten zupfropfen. |
u Iommen gelebte „supfropfe Schwediſchen
proppa, im Sriechiſchen in der zweyten Bedeutung
weoAvs.
2. Dftopfen , 1) eigentlich ein Hteis eines Baus
mes in einen in den Stamm eines andern ge
machten Spalt feßen, damit beyde zufammen
wachſen, welches befonders von den Gärtnern
su Veredelung ſchlechterer Stämme gefchieht. .
Auf einen wilden Stamm pfropfen. In den -
Spalt pfropfen, wenn ein junger. Stamm
oben ganz abgefchnitten, und das Pfropfreis in
den darein oben auf dem Gchnitte gemachten
Spalt gefeßt wird. In die Rinde pfropfen,
wenn das Pfropfreis in einen in die Rinde ei«
nes flärferen Stammes gemachten Spalt gefeßt
wird, In den Kerb pfiopfen, . wenn das
Pfropfreis in eine durch die Finde in das Holz
eines alten Baumes gehauene Kerbe gefeßt wird.
Start dieſes Zeitwortes ift in DMiederfachfen
rifen üblid, von Ris, ein Reis. Goͤttſched
behauptete, impfen fen, einen einzigen Knoſpen
in die Ninde einied andern Baumes fehen, und
+ pfiopfen, menn flatt des Knoſpens ein Reis
oder fleiner Zweig genommen würde. Allein, er
irrete fich, denn jenes heißt nicht ſowohl impfen,
als vielmehr Augeln und oculiren. Impfen
ift, jo wie pelzen, mehr im Oberdeutſchen übr
ih, und fann vermöge feiner Abflammung fos
“wohl äugeln als pfropfen, als auch pfeifeln ber -
deuten, wird aber daſelbſt am hoaͤufigſten für
pfropfen gebraucht.
⸗
2)
. 2. Pfropfen. on | 108.
2) Figuͤrlich pfropfen auch die Zimmerleus
te, wenn fie an ein fchadhaft gewordenes Zims.
‚merholz ein friſches Stuͤck anfeßen, und beyde
dergeftalt verbinden, daß fie an allen Seiten
gleiche Stärfe haben, und nur ein einziges Stuͤck
zu ſeyn ſcheinen.
Ob es gleich —7æ fuͤglich angeht, dieſes Zeit⸗
wort als eine bloße Figur des vorigen anzuſehen,
und es durch einſetzen, einpflanzen uͤberhaupt zu er⸗
klaͤren, ſo kann es doch auch als ein eigenes Wort
angeſehen werden, welches von dem bey dem Opitz
befindlichen Pfropf, ein Pfropfreis, abſtammet, mit dem
‚Ungelfächfifchen zyp, dem alten grow, warfen, und
andern aͤhnlichen Wörtern eines Geſchlechts ift, und
“eigentlich ein Reis, einen Schoͤßling bedeutet, zumahl
"da aub das Wort Trieb in eben diefem Verſtande
Bu gebraucht wird, und das Niederſ. zifen gleichfalls
‚von Ris, ein Reid abftammet.
Bon dem Pfropfen, als einer von ben Ars
Ä ten, bie Obſtbaͤume zu verebeln, ift nun zwar
i
—
im Are. Obſt, Th. 103, ©. 396 ſchon etwas,
berührt worden, inde nur fo viel, als zur Ers .
:Märung der Operation nöthig war. Die eigente
liche Beſchreibung wurde Hierher verwielen, wese
Ale id) mich hier etwas weiter darauf einloflen
"Man pfropft. überhaupt ‘aber nicht auf
einerſey Weiſe, fondern auf verſchiedene Art.
Die merkwuͤrdigſten davon find. das Pfropfen
:.im den Spalt, und das Pfropfen in die Rinde,
Man redet aber auch noch von einem Pfropfen
:$n den Sattel, in. den Rerb, vom Ablactis
. vet haben.
: zen, Kronen⸗ Aftpfropfen und dergleichen mehr,
von weichen allen bag Noͤthige bengebracht. were
ben ſoll, wenn wir. erſt werben von jenen geres
&ez .. - . Inter
406 2. Pfropfen.
a*
Dr,
uUnter dem Pfropfen in den Spalt .ver⸗
ſteht man, wenn, nachdem die Krone des Ham:
ſchens abgemworfen worden, in den Stamm deſſel⸗
" ben ein Spalt gemacht, und dahinein das Reis
geftedt wird, Unter dem Pfropfen in die Rinde,
wenn, nachdem eben daffelbe an einem Baͤum⸗
“ hen oder Aft defielben gefchehen, die Rinde am
* Ende des Staͤmmchens oder Aftes behutſam dbs
geloͤſet, und das edle Reis zwifchen das Holz
und die Rinde gefeßt wird.
Sonft Hat auch das Pfropfen, wie ed bors
bin fhon zum Theil erwähnt wurde, überhaupt
- genommen nod) verſchiedene andere Dahmen. Man
nennt es auch “Impfen, Delzen, Poflen, Zwei⸗
4
‚gen, und das leßtere vorzäglich. in der Schmelz,
Das Pfiopfen in den Spalt ijt unter:
ollen Mitteln, die zur DVeredlung des Baums
“gebraucht werden, das gewaltfamfte, und man
- muß fih wundern, daß die Menſchen eher: auf.
dieſe als auf eine andere Methode gefallen find
und fie fo allgemein ‚gebrauchte haben. Das
2°
Pfropfen in die Rinde ift fange fo gewaltſam
nicht, ob es fchon für ben Baum empfindlicger
ſeyn muß als das Topuliren. Das Pfropfen: in
"den Spalt wird auch nur: mehr bey jungen
. Stämmen sder dünnen Aeſten größerer Baͤu⸗
mie gebraucht ‚und nun, befonders da dag Copu⸗
liren bekannt worden. iſt, auch nur bey benen
angewendet, die beym Copulieren durch itgend
einen Zufall uͤberſehen worden, oder wegen eines
"zu ſtarken Markes einer Baumart nie gut -
- eopulieret werden. koͤnnen, oder ſonſt ein Umſtand
< :eimteitt, Ber: e8 verhindert. Sie dürfen daher
24
h4
N
"man fche Sicklers T. Obßgärtuer 13. 1V ER ©. -
nicht viel mehr oder weniger flarf fenn als ainen
| als
2, Pfropfim” 407°
Daumen ober einen Zoll im Durchmeſſer der
. Stärfe. Was' bis zur Staͤrke eines dederkiels
abfoͤllt, das copulirt man jetzt lieber.
Auch darin’ witd ein wichtiger Vorthell des
Copulierens ſichtbar, daß man ˖ das Veredlen in
Baumſchulen eher- unternehmen kann als ehedem.
Sonſt mußte man immer zwey Jahre länger
warten, bis naͤhmlich die Wildlinge Die gehörige
Stärte zum Pfropfen befanen, da man mit.
dem Copulieren anfangen Fann, fobald ſie nur
angewachſen und die Stärke eines Seberfiels haben.
| Man- werde nicht dagegen ein, daß man
doch nad) dem Copulieren wieder deſto länger
warten müffe, bis das Bäumen bie gehörige
Staͤrke zum Verſetzen erlange. Jedermann wird
wiſſen, daß, ſobald ein Staͤmmchen verebeft wor⸗
den, es anfängt viel flärfer zu: wachſen als vor⸗
her, und daß folglich nach dem fruͤhern Veredeln
ſie die gehörige Stärke zum Verſetzen früher
erlangen, als wenn fie vor dem Veredeln erft
fange in der Edelſchule haben warten müffen,
bis fie die gehörige ‚Stärfe zum Pfropfen erhiels
ten, wo fie weit fangjamer wachfen.
Damie ift aber nicht gefagt, daß man alls.
zufehe mit dem Derebeln der Sternreifer in ber
Edelſchule eilen.mäffe, -Diefes haben zwar Einige
in dem erfien Sabre, nachdem fie fie den Herbſt
‚vorher ans der Kernfchufe in die Edelſchule ver;
ſetzt harten, gethan, auch. haben fie dieſelben
beym Herausnehmen fogfeich copuliktt, und diefes _
fogar auf ihrer Stube, und-fle nun in die Edel⸗
fchule verſetzt. Das heißt aber dem Baum ohne
Moth viel zumuthen. Wer es übagen will, mag
8 zur Probe thun, wenn er ‚viele Kernreiſer
übrig und zuzubüßen hat. Es tft indeß zu vers .
mushen, daß die Wenigſten gehoͤrig gediehen fen
E 4 W
408 2 Pfropfen. |
Wie kann jemand, der gehen ſoll und mit. ben
Beinen zu thun hat, für den Kopf forgen? .
Sind aber die Beine gut, fo wird der Kopf
wohl nachlommen,. Here Pf. Chriſt ſagt aus⸗
druͤcklich, Handh. der Obſtbaumz. ©. 106. 23:
„ſoll dieſe Veredelungsart, naͤhmlich das Pfro⸗
pfen in den Spalt, von rechtem Gedeihen ſeyn,
ſo muͤſſen die Wildlinge wohl eingewurzelt ſeyn,
und wenigſtens einen Sommer in der Baum
ſchule geitanden Haben, Ben allzufruͤhem Pfror
pfen der Staͤmmchen gewinnt man nicht viel,
indem ein wohl bewurzeltes Stämmen ein
ſchlecht bewurzeltes, das nochwendig auch gerins
gen Trieb bat, zweymahl uͤberwaͤchſet. Soll ja,
Geht er ben obigem frühzeitigen Pfropfen Hinzu,
der Wunſch des, Baumerziehers erfüllr werden,
fo mäflen die Wildlinge, die er am befien dem
Herbſt zupon, oder auch wobl erft, wiewohl
nothgedrungen, im Srühjahr in die Baumfchule .
bringt, nicht nur mit wohlbehaltenen guten
Wurzeln. yerfehen fen, fondern auch bey dem
Einſehen eingefhlemme werden. Digfe nicht
- genug anzupreifende Methode erfeßt bier faſt
ein ganzen Jahr, als hätte der Wildling auf
feinem Platz geftanden, da er feine Verſetzung
‚nicht hart empfindet, und fich auch feine fleins
fin Wuͤrzelchen fogleih anfaugen, und ihre
Arbeit zu Gunſten des aufgefeßten Pfropfreiſes
fort beerichten Fönnen, und nicht foviel mit ſich
ſelbſt zu thun haben; als die nach der gewoͤhn⸗
lichen Weife ohne Waſſer verfeßten Wildlinge.
Die Fruͤhpfropfung kann nur bey ſtark und fruͤh
treibenden Obſtſorten, als Kirſchen ꝛc. angewen⸗
det werben.“
Wer Pfropfen will, der verſehe ſich mit
den Werkzeugen und andern Dingen, ve m
Ä aben:
2. Pfropfen. = 209 _
dabey nöthig Kat, und lege fie. zurecht; als bie
Säge, mit der er die Krome oder Aeſte abſetzet,
das Pfropfmeſſer, den Pfropfleil, das Pfropfs
beinchen, ven Pfropfkitt over opflehm,
deſſen er ſich bedienen will, und. im letzten Fall
auch einige ‚Lappen, oder zum wenigfien Dar
Bier, und: dann auc) einige Baͤnder, als zarte
Beiden, Baſt ober mollnen Band, vdiefes zu
befeſtigen. Von dem Baumwachſe :c. ift im
Art. Obft, Th. 103, ©. 433 fl., befonders ©.
441. ſchon geredet. Bon den Werkzeugen zum
Dfropfen find ‚vorhin ſchon das Pfropfbeinden
und das Pfropfeifen befchrieben;:bier muß nun .
moch des Pfropfmeflers und des Pfropfkeils
gedacht werden. Das erſtere beſteht bloß aus
einer alten Meſſerklinge, die nicht ſiark zu ſeyn
:hraucht, und feinen ſtarken Ruͤcken hat. Die
Spopitze wird abgrbrochen und fchräge zugefchlifs .
fen: — Es ift das Werkzeug zum. einfeitigen
Spaltpfropfen mit einem. Reis. u 2
2 Der Pfispfleil und zwar der gedoppelte
:giferne Pfropfkeil, Sig. 6532, gehört ebenfalls
zum einfeitigen Spaltpfropfen mit einem Pfropf:
reife. — Seine Länge iſt 14 Zoll Rheinl. und
weil derfelbe einen Stiel haben muß, der im
‚geraden Winkel ausläuft,. um ihn daran mit
dem „Hammer durch ‚einen Schlag von unien
hinauf: herautz zu Beben, mern er feine Dienſte
‚gerhan: hat, fo laßt. man zum. Gebrauch für
ftönfere zu bepfropfende Stämmchen eben einen
‚feichen Keil von 2 Zoll Länge daran machen. —
ESs find aber heyde Keile von befonderer Art.
Weil der Spalt. auf dem abgenlatteten Staͤmm⸗
chen nicht durchaus ‚geht, ſo macht er auch auf .
Der Seite einen fcharfen MWinfel, und folglig
‚muß auch jeder Keil: auf deiner Seite gleichſam
| 5 in.
.
410 | 2. .Pfropfen.”
in eine Schneibe ausgehen, und einigermaßen
einem Federmeſſer ähnlich fehen. Er muß aber
ſchmahl fen. e |
Die Pfropffäge gehoͤrt zu den unentbehn
lichſten Werkzeugen. Fig. 6333: ftelle die bequenw
fie Einrichtung berfelben vor. - Das Sägeblatt
ift von einer fläßlernen Uhrfeder, deswegen auch
die Schärfe ber gefeilten Zähne. von !auferors
dentlicher Dauer ift, und fann man auch bene
thigten Balls Eifen, Mefling und Bein damit
durchfchneiden. Weil der Strich und die Ber
wegung beym Sägen gerade und ftäte gehet, ſo
fpringt das Sägeblatt, ob es: gleich von Stahl⸗
feder iſt, nicht leicht. — Die Zähne an dem
Saͤgeblatte mäffen mic englifchen Feilchen fo go⸗
feift feyn, daß det fogenannte Stoß der Säge
‚nicht, wie gewhhnlich ‘bey andern Sägen,’ dom
‚Leibe. abgetze, fondern gegen fich zu. Diefe Ein⸗
rrichtung⸗ gefihieht deswegen: weil ber Arm meh
rere Gewalt hat im Stoßen ven fich ab, und
Deshalb auch dazu gewoͤhnt ift, ala bey dem Zus
ruͤckziehen, fo fchliffert man’ niche leicht einen Aſt
oder ein Gtämmihen, wenn es bald bucchfäge
eiſt, und die Hand’ Fann und muß behutfamer
den Saͤgeſchnitt beendigen. Auch muͤſſen die
Zähne nothwendig gefhränft ſeyn, fonft ftede .
die Säge im grünen Holze, und man kann das
mis nicht durchkommen. Der Bogen woran das
Saͤgeblatt befefligt oder gefpannt iſt, das Nies
mahls in einer fchiefen Lage ſeyn darf, muß
sticht, wie fonft bey den Baumſaͤgen gewöhnlich,
‚ein längeres: Vlereck vorftelen, ſondern ſpitzig
auslaufen; denn mit einer folchen feinen Spige
kann man zwiſchen ben engſten Winkeln der
Aeſtchen anfangen zu ſaͤgen, das aber ein vorne
gerade auflaufender Bogen unmöglich macht. —
Bey
3: Pfropfen. il:
: Ben X ift eine meflingene Zwinge an denr hoͤl⸗
zernen Griffe. Diefe Zwinge muß zur Hälfte
‚ hohl gelaflen werden, als welches Behaͤltuiß man
mit Unfchlitte ausftopft, - um’ ſoſches allernächft
ben der Hand zu haben, das Gägeblagt biswei⸗
len damit. zu ſchmieren. Diefer Fleine Umftand
macht eine große Bequemlichkeit, wie man im
Gebrauche finden wird. Denn da man allers
miiſt· in grünem fafrigen Holze ſaͤget, folches
- aber gar bald’ einen zoͤhen Kielfter an: den feis
"nen Zähnen: des Sägeblatts verurfacht, der firh
geſchwind verhärter, und den Fortgang der Ars
beit hindert, fo iſt ndtig, daß man das Saͤge⸗
blaͤttchen bisweilen mit Fette uoͤberſtreiche, daß
kein Kleiſter ſich anſetzen koͤnne. Das wenige Fett,
velches dadurch an das Baumſtaͤmmchen oder an den
Aſt kommt, wird ohnedem durch die: Abſchaͤrfung
und Ebenung mit dem Gartenmeſſer wieder weg⸗
genommen. — Hat ſich ein Kleiſter an den Zaͤh⸗
nen bes Sägeblatts verhärtet, ſo wird ſoſcher
nicht mit dem Meſſer abgefragt, um der Zähne
- und des Meffers zu fchonen, fondern man bes
neßt ein wenig das Saͤgebiatt, ſo weicht es
bald auf, und man kann es alsdann durch Ab:
wiſchen vollfommen wieder reinigen. — Mon
dergleichen Baumfägen kann man fich groͤßere
und kleinere, auch nur zu anberchalb Singer
lang verfertigen laſſen, bie oͤfters ſehr bequem zu
gebrauchen find. . 00 mtr ’
Man kann fih auch Pfropfreifer für. einis
ge Stämmehen ‚vorher zurecht ſchneiden und in
, einem Gefäß mit Waſſer neben ſich ſetzen. Beh
. zarten Pfropfreifern, ſjgt Hr. Pf. Chrifk, bes
. sen, Keil niedlich zu — und wegen des
Martkes mißlich iſt, wie 4. B. bey ber Henne⸗
Pe on ” berger
42. 92. Dfeopfen..
Berger Grafenkirſche, Iafle man etwas Holz baw'
an, um baraus den Kiel zu bilden.
Das Prropfen in den Spalt gefchieht bald
‚mit 3wey (Big. 6834.) bald mit einem
(Big. 6535) nachdem das Stämmen dick oder
-bünne if. Iſt es Did, fo ſetzt man lieber zwey
Meifer auf, in denfelden Spolt einander gegen
über; ift es dünn, fo nimmt man lieber aur
eins. Indeſſen nehmen manche doch lieber zwey
als eing, in der Meinung, daf wenn eins nicht
„gedeihe. doch das andere fortkomme. Es ift aber
bey dünnen Stämmen ganz unnoͤthig zwey
Reiſer zu feßen, auch nichr dienlich.
as die. eigentliche Verfahrungsart ans
‚Tangt, fo mil ich dieſe nach dem Hrn, Pf.
Cyhriſt befchreiben, weil fie doch nicht .beffer und
umſtaͤndlicher befchrieben werden fann, als hier
„gefchehen: if, (Siehe deſſen Handbuch der Dbfts
baum;. ©. ıza x. und pomologifches Handwoͤr⸗
‚serhuch, Leipzig, 1802. 4. ©, 38. fl.)
Erſtlich von den Handgriffen und der Art
‚und Meile in den Spalt zu pfropfen mit
zwey Relfern: (Sig. 6534): 0
, Das Geſchaͤft des Pfropfens in den Spalt
: beftchet. einmahl in zweckmäßiger Zurechtſchnei⸗
dung der Pfropfreiſer; hernach in Abplattung
des Wildlings und deffen Spaltgebung; fodann
..im Ginverfeiben der Pfropfreifer, und endlich
in der Merwahrung der Veredlungsſtelle mit
. Baumfalbe oder Kitr, anftart des fonft gewöhns
lichen Verbandes: wider Luft und Naͤſſe.
Zuvoͤrderſt werben bie Pfropfreifer auf 2; 3
ober 4 Augen abgeftußt. Die Anzahl diefer Augen
beſtimmt die Beſchaffenheit des zu pfropfenden
Staͤmmchens. Vier Augen erfordern noch ein⸗
mabl fü viel Saft alt zwey. Iſt alſo das ——
Zi Pfropfen. 413
ı .
chen ſchwach und dünne, ſo find zwey Augen
genug, und ob es gleich, aber zum Spalier
beftimmt oder zue Pyramide, fo find auch nicht
mehr als zwey Augen noͤthig. Nur muß man-
hier Ueberlegung madjen, ob nicht Pfropfſtamm
und Pfropfreis ſehr ſaftig bereits waͤren, und
zwey Augen eher an Saft erſticken moͤchten, als
vier Augen. Sodann werden Pfropfreiſer zuge⸗
ſchitten, als welches in der Bildung des Keils
beſtehet. (Fig. 65356 — 37.) Durch die zwey
erſten Schnitte auf jeder Seite des Reiſes, nahe
neben dem erſten Auge, wird die Gruͤndlage
zum Keil gemacht; und weil das unterſte Auge,
aus wichtigen Gruͤnden, inwendig hinein gegen
die Platte zu ſtehen kommen ſoll, ſo muß man
ſich folglich bey den zwey erſten Schnitten dar⸗
nach richten. Daß aber bey dem Zuſchneiden
- ver Pfropfreiſer das unterſte Auge gegen bie
Platte ‚hinein ſtehen muͤſſe, ift zu dieſem Ends
zweck: weil folches zum fchnellen Ueberwachfen
außerordentlich hilft. Und da der neu ausgetries
bene Zweig fchon flarf nach der innern Platte
zufteht und nach der Mitte wächft, ſo giebt fol:
ches dem Reiſe einen Widerhaft gegen die Winde.
“Ben dem höhen Pfropfen werden zugleich bie
Knorpel an der Pfropfftelle nicht fo unfoͤrmlich,
weil das Reis gegen die Platte zu wächlt; und
pfeopft man niedrig, fo kann Aus diefem Auge
das Schaftreis am zierlichften gezogen werben,
weil es faſt in der Mitte des Stoaͤmmchens ſtehet.
MNachdem das zu pfropfende Stämmchen
ſtaͤrker oder dünner ift, wird die Länge des Keils
auf 1 Zoll oder auf 4 Zock gerichtet. Durch
wiederholte vorfichtige Schnitte wird. es wohl.
geftaltet , nicht zu flumpf, ſondern in feiner gehdr
rigen Geſchmeidigkeit, und recht keilfoͤrmig I
| geſtellt.
4. ‚2 Pfropfen.
geſtellt. Ueberhaupt ſoil der. Keil ſcharf ſeyn,
„eben, gleih.und rein von allen Faſern. Gegen
.. die innere Rinde zu wird er etwas weniges dünner
zulaufend zugefehnitten, damit die aͤußere Rinde,
die mit der bes Wildlings zuſammen wachſen
muß, etwas geklemmt, und deſto feſter und zum
Empfang ned Lebensſaftes gedrängter an. dem
Daft des Wildlings fliehen möge; aber nur darf
er nicht, zu fehe verdünnet feyn, damit nicht zu
viel Leere des Spalts entfiehe, welche die Mer:
wundung. noch ftärfer und die Werheilung ohne
. Morh:fchwerere machen wuͤrde. Unten muß er
folglich ganz fcharf zulaufen (Fig. 6536.): und
oben wird ihm zulegt auf beyden Seiten ein
Abſatz eingeſchnitten. Daß die innere Rinde
am fehmälern und innern Theile des Keils abges
fehnitten und abgefcharft werde, iſt nicht unum—⸗
gänglich noͤthig. Zur Befoͤrderung der Arbeit
wird nach Befchaffenheit der Menge der Pfropf—
ſtaͤmme etwa ein’ Dugend Reiſer zugleich zuge⸗
Nrichtet und in einer offenen Buͤchſe oder- einen.
Eleinen Topf bey der Hand behalten und nachge
tragen. Jedoch muß man nicht zu viele auf
einmahl ſchneiden, damit fie nicht von ber Luft
ausgezogen werben. Es kommt barauf an,-06
man einen Gehülfen beym Pfropfen babe; wie
denn in großen Baumfchulen von dreyen Arbeis.
tern der erfle die Abplattung macht, der andere.
die Reiſer einfeßt, und der dritte das Werfchmies
ren oder den Verband beforger. .
| Sind die. Pfropfreifee alfo. zugerichter, fo.
wird das Stämmchen an feiner zu erhaltenden
Pfropffielle unten bey der Erde oder oben zur -
Krone abgepfattet, d. i. gerade und magerecht
abgefäger, und fodann mit dem fcharfen, Gartens
meffer das von ber Baumfüge raubgemachte glatt
oo ge⸗
2. Pfropfen. 415
eſchnitten. nu. bem Abfägen muß Vorſicht
gebraucht werden, damit man am Ende die. -
Rinde nicht fhliffere. Darauf wird der Spalt
gemacht. Die Klinge des Pftopfeifens (Fig. .-
6538.) wird in die Mitte des Kerns angefeget
und mit einem leichten Hammer fachte eingefchlas
gen. Es muß aber der Spalt oben ſchon etwas
länger als der Keil des Reiſes feyn, um ben
Keil des Pfropfreiſes nicht mit zu vieler Gewalt
und Beſchädigung der Rinde hinein ſtecken zu
muͤſſen, jedoch. nicht zu groß und zu lang wer»
. den, damit die Verwundung des Wildlings nicht
ohne Noth größer fey. "Sind etwa Safern oder.
Splitter am Spalte, fg werden fie behutfam
getrennet oder noͤthigenfalls weggenommen.
‚If dieſes gehoͤrig beſorgt, fo wird dem
Pfropfeifen mit dem Stiele des Hammers vorn
ein Schlag gegeben, da es zugleich bie linke
Hand am Keil mit in die Höhe hebt, das Pfropfs
eiſen umgewendet, und das daran befindliche
Keilchen in der Mitte des Kerns ſo weit einge⸗
ſchlagen, daß man die zugerichteten Pfropfreiſer
bequem, jedoch behebe, einſtecken und einſchie⸗
‚ben koͤnne. . Bey dieſem Einſtecken der Pfropfe
reiſer iſt das Hauptaugenmerk dahin zu sichten, .
daß der Baſt, die immer grüne Ninde zunaͤchſt
am Splint, mit dem Baſte und der gruͤnen Rinde
des Wildlings genau an- einander anſtoße und
anliege. Die aͤußere braune Rinde mag alfo,
. wenn fie Dünner ift, als die des Wildlings, eins
geruͤckt ſtehen, ſo iſt darauf nicht zu achten,
wenn nur die inneren Rinden genau zufammen
. paften. Nur muß man aud bey dem Einfchies
ben des Keils genau Acht haben, daß man bie
Rinde nicht losfchäle und abftreife, widrigenfalls
wuͤrde es untauglich ſeyn, und muͤßte ein neues
Reis
- 416 2. Pfropſen.
Reis zurecht geſchnitten oder genommen werden.
Sodann muß das Reis auf feinen zwey Abs
fügen auf der obern Platte behebe auffißen. Es
wüchfe zwar aud) ohne Abfäge en, und einige
Pfropfer, die geſchwind darüber wegmachen,
Ä Ispneiben den Keil bloß fchräg zu, ohne Abfaß;
allein fie find wefentlich nörhig, weil. erftlich das
Reis defto fefter und beheber fißet, und hernach
- weil bie Verwachſung dadurch etwas mehr bes
foͤrdert wird. | Zu 1
.Das Pfropfen in den Spalt (Fig. 6535.).
“mit einem Reife, braucht man mehrentheils nur
bey Pleinen AWildlingen, die nicht flärker find,
als ein Pfropfreis.feloft, oder auf melden, nenn
fie etwas flärfer find, nicht gemächlich zwey
Reiſer neben einander ftehen fünnen. Der Keil .
wird hier auf beyden Seiten gleich did und al
fo vollfommen Feilfdrmig zugefihnitten, daß,
wenn fle gerade einerley Stärke haben, auf beys
den Seiten die Rinde des Keils an die Rinde
des Wildlings ſtoͤßt und anliegt, Es ift folches
in der That mehr eine Art von Copulieren,
wobey die: Wunde vom Spalt unfchädlich if,
weil fie ſogleich wieder mit lebendigem Holjze
ausgefuͤllt wird, und mit demſelben zuſammen
wachſen kann. Dieſe Methode als Pfropfart
iſt die allergelindeſte. Sie findet aber nur bey
duͤnnen Staͤmmchen Statt, die man eben ſowohl
copulieren koͤnnte.
Um aber das Pfropfen in den Spalt mit
zwey Reiſern bey ſtaͤrkern Staͤmmchen weniger
gewaltſam zu machen, und ſich der oben beſagten
gelinden Pfropfmethode zu naͤhern, ſo macht
man nut auf der einen Seite des Wilblings
einen Spalt, der, wenn es gluͤcklich gehet, auf
der gegenüberfichenden Seite nicht fichtbar wird,
| | : oder
a. Pfropfen. 42
oder nur wenig auffpringe. Der Stamm hat
demnach hinten Feine Wunde. Der. Saft wird
in ſeinem Auffleigen nus durch :einen- Einſchnitt
gebemmet. : Die Rinde mölbt -»fih ſodann ‚bald
wieder zu und das Derwachlen ‚gebt fchnell. |
Es wird aber. bey dem: Pftopfen mit eins
feitigem Spalte auf‘ folgende. Weiſe verfahren,
. Nenn das Staͤmmchen, wie gewöhnfich, abge⸗
plattet und geebnet..ift, fo wird das Pfropfmeſſer
- anf die Kante einer'glatten Seite des Wüudlings
„ganz fchräge. mit der Spitze aufgelegt Und durch
. etliche .gelinde .Scyläge mit dem Hammer ber
Spalt gemacht, den man felten auf der anbern
Seite fehen wird.” Ehre man das Meſſer Bers
aushebt, feßet iman das eiferne Pfroͤpfkeilchen
. (ig. 6532. ein, um den Spalt dffen zu erbale
..ten, bis das Reis - eingefeget: ii’ Sit das
Meis gehörig in feinem Spalte, fo wird durch
„einen Schlag mit dem Hanmer auf die bräte
Seite des geradeaus ſtehenden Keilchens das in
‚. dem Wilbdling ſteckende herausgeijoben.: Alsdann
ſtehet das Meis ‚überall behebe.“ Wan muß 'es
daher gleich Anfangs vollfommen gut feßen; denn
„wenn man es hernach wieder herausſiehen, und
anders einſetzen wollte, ſo wuͤrde man ihm Scha⸗
Den thun. Der erſte Verſuch wirr einem- jeden
dieſe vorzuͤgliche Methode leicht nd angenehm
machen. ntmda7—
nr: 7 MBer vieſem genauen und zruͤndlichen Unter⸗
richt des An: PEhriſt's folat; und nun ſich
- „auch feines Baumkitts bedientyider hat jeßr wiefes
Geſchaͤft leicht beendigt. Er darfetzt nur noch,
nachdem die Meifer ſolchergeſtalt eingeſetzt woͤr⸗
den, die Riſſe um imb an wer Pfropfſtelle mit
Baumkitt wohl verſchmieren; ſo wie auch die
Platte damit bedecken, fo iſt er fettig, und es
Oec techn, Enc. CXIL Theil, - DD» be
-
418 . 2, Pfropfen
.. bedarf feines weitern Verbandes, inberh ſich
"nach einigen Stunden der Kitt verhäaͤttet, die
.Reiſer feit Hält, ihre Anmwachfen und Verwoͤlben
" befördert und alle Naͤſſe abhält. Wer aber ſich
des Pfropflehmens aus Kuhmil. und Lehmen
dder fonft einer ähnlichen Maſſe bedienen will,
„ber hat einige Umjtande mehr zu machen. Wer
ſich diefes Pfropfiehmens oder fonft einer durch
. bie Feuchtigkeit leicht aufzulöfenden, oder von,
« der, Luft und Sonne leicht auszugiehenden Maſſe
‚bedienen muß, der hat freylich nöthig, daß er
ed, wenn’ er..auch hier überall alles wohl vers
ſchmiert, mit einem Löppchen bebede, Manche
..ehmen auc nur bloßes Papier; aber dieſes
, widerfteht großer Naͤſſe, und -befonders den
Schlagregen nicht lange, es mÄfte Denn fehr dik⸗
undes von Zuderhücen u. d. gl. fenn, und dieſes
„bequeme fi aud) nicht ‚gut beym Herumfchla:
gen und Verbinden. Befler ift ein leinewands
nes Löppchen;: Es Fann- rund oder eckig feun,
„wenn. es nur den Pfropflehmen. bedeckt. Zn
„„biefes- fehneidet „man don der Seite her zwey ge⸗
. gen einander gerodeüber ſtehende Schnitte bis
Auf diejenige Weite, in welcher die Pfropfreifer
von einonper auf dem Stämmcen entfernt fies
.hen.; IE; nur ein Meis, fo bebarf es nur eines
„holchen Sehpittess, Nun breitet man es über
den Sfeoofleimen aus, fo daß die Reiſer in die
Schniite zu ſteahen kommen, ſchlaͤgt auf beyden
„Seiten die. Schnitte des Läppchens über einan⸗
+ der, und zieht :fie auf beyden Seiten und’ Über
den Pfropflehmen berabwärts mit Behutſam⸗
‚keit an, und umbindet fie mit dem mollenen -
Garn oder Baſte, oder in Ermangelung beyder
mit zarten Weidenruͤthchen, die man aber:
Schlinge, fehle Eeen
2, Pfropfen. | 419
Es iſt hierbey immer viele Behutfamkeit
noͤthig, damit man nicht wegen der ſo mancher⸗
ley Bewegungen, die mit den Haͤnden gemacht
werden, an die Pfropfreiſer ſtoße, und ſie ab⸗
breche, zum wenigſten verruͤcke. Herr von
Wilde in ſeiner monathlichen Anleitung zue
Befoͤrderung einer ergiebigen Erziehung Bes Dbs
fies (Halle bey Gebauer 1787.) ©. 60. mill,
daß man, ehe man noch den. Pfropflehmen aufs
: fireihe, die Fuͤche des Stämmdens, auf mel
her bie edlen Reiſer fliehen, mit einem Papier
„.. wohl bebeffe, damit Fein Pfropfiehmen in die
Riſſe oder den’ Spalt dringen fonne,. und nun
e erft auf diefes Papier den Pfropfiehmen ſtrei⸗
he, und dann darauf das Läppchen binde. Nur,
ſpricht er, darf man nie unterlaflen, ‘das Pa-
- pier unter den Lehm. zu legen. - Denn wenn
Ießterer, wie aufernem gejchehen müßte, in:ben
Spalt eindringen fönnte, fo verhinderte er ja
. den Stamm gleichfam mit allem Fleiße, daß er
an felbiger Stelle nicht verheilen noch zuſammen
wachſen duͤrfte.
Er bringt auch noch eine andere ‚äuferft
:. empfehlungsmürbige Art die Pfropfftellen‘ zu
-,,verkieiben bey, und fie ift folgende:, man nimmt
[22
ein gutes Baumwachs, desgleichen ein gutes fes
Bes Schreibpapier. Letzteres: breitet man auf
‚einem großen Tische völlig aus,:munb berfireicht.
; @8 mittelit eines Spatels Aber Aumb. über. mit
Baumwachſe. Dieb Aufftteichees muß alfo ger
ſchehen, daß das Baumwachs nur:iganz 'Bünne,
-.. jedoch recht egal und völlig eben ‚auf. dem Par
piere Flebe. Hierauf mird der beflrichene Bogen
feinee Länge nah in 8 gleiche Streifen zer
ſchnitten, und jeder Streifen wieberum in 6 gleis
. de Quadrate oder Viereck
e.· Auf ſſolche Art
ode. \ J q gibt.
D)
420 2. "Dfeopfen, Ä
a. gibt ung jeber Bogen Papter 48 fertige Pflafter.
Zedes Pflaſter ſchneide man mit der Scheere von
der einen feiner 4 Eden bis in die Mitte ein,
und nun fege man fie insgefammt über oder auf
. » einander, doch alſo, daß fih nicht alle 4 Ehen .
„einander berühren, wobey man fie nicht gut
wuͤrde anfafjen, noch aus einander nehmen- koͤn⸗
nen. So hebt man nun die auf: einander :lies
‚genden Pflaſter bis zur Zeit: des Pfropfens auf,
‚and wenn leßtere da ift, werden fie alſo appli⸗
eirt, daß man über die Platte jedes bepfropften
Wildlings ein Pflafter feſt aufpuieft, fo «Daß
. bie, durch den ins Pflafter gemachten nur erwaͤhn⸗
zis.ten Einſchnitt, entflandenen zwey Lappen Des
* Mflaſters, über den Keil auf feine Außenfeite
zuſammen und uͤber einander Herfehlagen, folglich
ſoewohl die Platte, als auch den Spalt nach
—38* obern Queere und herabgehenden beyden
| si fangen Geiten vollfommen? decken. Nichts fann
bequemer und fchöner anzumenden:feyn als dieſe
1: mortfeffliche Erfindung _*).
Man pflegt hierbey noch verſchiedene andere
2. Dinge in: Erwägung: zu ziehen, die manche für
- außerfi wichtig Halten, die es. aber in der That
nicht find, und daher wenige Ruͤckſicht auf: fie.
"genommen werden kann. „3. B. mo man-ein
Stämmhiri am. beften pfropfe; von welcher Bes
gend ber man. ven Spaft mache und die: Pfropf⸗
ren einſetze; ob es Hefler :fed den NBildling
;bortzomtat: ooer etwas abhaͤngig abzuplatten, und
endlich um welche Zeit des Jahres oder bes Tas .
des gepfropft werden muͤſſe? und was derglei⸗
FE gen Dinge mein had, — |
27°
—W
1 —— und - _ .
Ey a bi. darau
286 Li; ; —* au Din Hi heit, ven 2
2. Pfropfen.. 4er.
Es kommt Immer auf die Abſicht an, mag
"man ein. Stämmen; ziehen will. Soll es ein
Zwergbaum werden, fo muß das Pfeopfen tief
unten an’ der Erde vorgenommen werden. Goll
es aber ein hochflämmiger Baum merden, fo . .
:fann es auch zwey bis drey Schuhe Hoch von
der Erde an demfelben verrichtet werden, wenn
man ſonſt gewiß iſt, daß bie auf einander gebrach⸗
ten. Sorten ſich nicht im Safte. uͤberwaͤchſen.
Man gibt zwar vor: wenn man alle Staͤmmchen
tief pfropfe, fo habe man erftlich den Vortheil
dabey, daß, wenn man frühzeitig gepfeopft habe,
- man die Pfeopfreifer gegen die etwa Fommenden
Froͤſte verwahren koͤnne, indem man die Erve
leicht um fie ber anhäufelt und fie damit in eine
mwärmere Lage bringt, daß ihnen der Sroft nicht
fhaten Fünne. Sodann fen es ſowohl für das
Anfehn des Baums als auch für die künftige
Frucht beffer, wenn der Baum feinen veredelten
Schaft von der Erde an gemacht Habe, und
„nun der gute Saft durch alle mögliche Kanäle
bis zur Srucht hinbrange, wodurch Diefelbe die
: ihr eigenthümliche und natürliche Eigenſchaft ihrer |
„Art erhielte.
Da die Beobachtungen hierüber noch nichts
Gegwiſſes entfchieben haben, und diefe Behanp:
tung nur twahrfcheinfich ift, fo müffen wir. es
. genaueren barüber angeftellten Verſuchen ber kuͤnf⸗
- tigen Zeit Überlaffen, was. diefe etwa. davon lah⸗
ren möchten. Was das Anfehn des Baums
anlangt, fo hat es weniger zu fagen, wenn: man
nur weiß, was man für Gorten auf einander
zu bringen habe; hauptfüchlicd aber ſich huͤtet,
daß man feine Wildlinge aus den Waͤldern in
"die Baumfchule bringe, und auf diefe eine ftarfe
und ſchwuͤlſtig wachſende Baumart. ſetze. Man
od
3, erins.
2, Pfeopfen. 428
fängt man an zu pfropfen, ſobald ſich die Kräfte
der Natur regen, es ſey im Februar oder im
Marz — |
Zweytens, vom Pfropfen in die Rinde.
Das Pfropfen in die Rinde iſt von dem in den
Spalt nur darin verſchieden, daß, wie hier ‚die
Pfropfreifee in das Holz des Stammes, nach⸗
dem es geſpalten worden, geſetzt werden, dort
bie Reiſer zwiſchen die Rinde und das Holz,
nachdem jene“ etwas abgebogen oder gelüftet. wars
den ift, gefeßt werden, im Lebrigen ijt hierbey
wenig Verſchiedenes. Man nennt es auch das
Schalenpfropfen oder das Pfropfen in. die
Borke, und bedient ſich hauptſaͤchlich dieſer
Pfropfungsart, wenn der Stamm, den man
veredeln will, alt ift, oder wenn man einen Baum
‚ bat, der entweder gar nicht. ober doch feine gute
Seucht trägt, und ihn mit einer fruchtbarern
und guten Sorte verfeben will, und darum ihn
noch in feinen Aeften verebelt.
Vom Pfropfen in die Rinde und von deſ⸗
fen "Handgriffen fage Hr. Pf. Chriſt folgendes: -
Das Pfeopfen in die Rinde hat als Veredlungs⸗
. art dieſes Gebrechen, daß es zu wiel bloßes Holz
gibt, und bey langfamer Ueberwachſung daraus
feiche den verborgenen Schaden zurädlaflen Fann:
daß dürres Holz bleibee, und endlich daraus der
Brand entfteht. Jedoch iſt fie weniger gewalt⸗
ſam und gefaͤhrlich, als das Pfropfen in ben
- Spalt, welches außer Bloßftellung der abgeplate
. teten Stelle, auch noch einen Spalt gibt, wel⸗
‚cher, wenn er nicht verheilet, noch tieferes duͤr⸗
res Holz und fhädlichere Folgen verurfachen
kann als erſteres. Es iſt daher das Rinden⸗
‚pfropfen dem Pfropfen in den Spalt nicht nur
und vorzuͤglich bey Umpfepfung alter Baͤu⸗
me
44 = 2. Pfropfen.
me und ſtarker Aeſte, ſondern auch ben Ber
. pfropfung der Kernflämmchen vorzuziehen; ob⸗
ſchon bey legtern die Rinde an der Pfropffielle,
weil die Reiſer weiter in die Platte hinein reis
- Sen, äußerlich cher verwächfer, als beym Rin⸗
denpfropfen. E
. Das Pfropfen in bie Rinde fälle etwas -
: später als das Pfropfen in den Spalt, weil das
‚ ben die Rinde. des Baums, als in welche die.
. SDfropfreifer zu ſtehen kommen, fich ‚gut löfen
muß, und die reichlidhe Eintretung des Saftes
. vor Ende Aprils nicht leicht geichiebt. Wegen
dieſes reichlichen Safterguffes ift es daher auch
- norhig, daß man bey hochflämmigen ſaftvollen.
- Bäumen, die man oben zur Krone bepfropfen
will, ein Zugreis unter der Pfropfitelle ſtehen
laſſe, das aber weggenommen wird, wenn das |
. Pfropfreis in vollem Triebe if. Die Zufchneis
dung des Keils an den Pfropfreifern geſchieht
. in Form eines länglichen Zahnfiochers 1 oder
. 23 Zoll lang. Sind die Augen am Pfropfreife
nahe beyfammen, fo Fann es auf 4 oder 5 Aus
gen gefchnitten werden, find fie aber mweit von .
einander, auf 3 Augen. Der Keil befommt .
. oben einen Abfaß eingefchnitten, : womit er auf
- dem Holje des Wildlings aufüiget. Der Ein⸗
ſchnitt zu dieſem Abjage kann bis ins Mark
sehen, und mwenn das Meis etwas dick ift, fo.
ſchneidet man auch wohl bis durch das Mark.
Unten hinaus aber läuft der Keil rundlich ſpitzig
und dünne zu. Von dem Keile wird die aͤußere
braune Rinde von der grünen darunter liegens
Den mit aller Vorſicht, ohne leßterer zu ſcha⸗
‚ » den, entweder ganz abgezogen, oder, nach Er⸗
forderniß des Wildling, in dee Mitte herunter
ein ſchmahler Streifen von dem braunen Plun ⸗
| | | | ein
p .
2. Pfropfens Zr 1;
fein gelaſſen. Hu Anfegung und Einſchiebung
dieſer Reiſer muß nun zufoͤrderſt der Wildling
abgeplattet werden, wie beym Spaltpfropfen.
.Wenn dieſes geſchehen, wird entweder für die
Keile dee Pfropfreiſer in die Rinde ein Ein:
fehnitt gemacht, wie zum Dfultrauge; - oder fie
‚werden ohne aͤußerlichen Vorſchnitt eingefchos
- ben. Vermuthet man bey Bäumen, daf die
Rinde Ausdehnung vertrage, ohne zu zerreiflen,
ſo macht man feinen Einfchnict, und zieht ſodann
von dem Pfropfreife die braune Rinde ganz ab,
: fchiebt das Pfropfbeinchen fo. meit jwifchen Nins
de und Holz, als der Keil: des Reiſes Raum
- erfordert, zieht des Beinchen heraus, und fledt
das Reis mit feinem abgeſchaͤlten Keile Hinein,
" bis der Abſatz am Meife behebe auf dem Holze
“ des Stammes, auf der Platte anfiße Bey
- Biefem Einfchieben muß man forgfältig feyn,
-
Daß fih die Rinde am Keile nicht abftreife,
Bisweilen zerplaßt die Rinde, allein es fchadet .
nidye am Anwachſen des Reiſes, und muß fodann
durch den DBerband. vermahrer werden. Auch
Sann man öfters dem Zerfpringen der Ninde,
durch das Beinchen dadurch vorbeugen, daß
man bloß in die Auferen Nindenlagen einen
Einſchnitt macht, (Sig. 6539.) da denn bie dar⸗
unter liegende grüne Minde gefchmeidiger ift,,
und dem Snftrumente cher nachgibe, und alfo.
die Rinde nicht leicht völlig zerſprengt wird.
‘
ı
Ben feiner Rinde aber und bey allen ſchwa⸗
hen Stämmen wird in. den Wildling ein Vor⸗
fehniet gemacht. Man zieht naͤhmlich auf -ver
platten Seite von der Platte an mit dem Oculir⸗
meffer einen geraden Schnitt durch die Minde
bis auf das Holz nach der Länge des Keils.
(ig. 6539). Nun fehiebt man ganz fanft, um
nn 2 5 ade
426 2 Pfropfen,
‚nicht mehr Rinde abzulöfen als zur Aufnahme
des Meifes nöthig ift, Das Pfropfbeinchen zwi⸗
fhen Holz und Rinde ein, und nur bey fehr
ftarfen Reiſern etwas tiefer als der Keil if.
Ben ſchwachen Stämmchen, und denen, wo fich
die Rinde leicht löfer, ift es gut, wenn fich der
Keil felbft noch etwas Plaß machen muß. : Dies
giebt nicht allein dem Reiſe mehr Haltung, fondern
auh die Guftfugen werden dadurd genauer
‚zufammen verbunden. Und damit fich die feine
Rinde am Keile durch den ftärtern Drud ben
Einſchiebung deſſelben nicht zurüdichiebe, muß
man jederzeit unter dem Einſchieben des Keils
die runde Spitze, oder die Abrundung deifelben,
mit den Fingern fanft einmwärts biegen, als
swelhes fehr gute Dienfte leifter, zumahl da
oͤfters bey etwas eilfertigem Schnitte des Reiſes
das Ende des Keils erwas auswärts ſteht, das
dann ohne diefes Nachhelfen und fanfte Beps
brüden unter dem Einfchieben, nicht fo genay
an dem Stamme fchliefen würde, und auch beym
Einfhieben hinderlich wäre Weil nun aber
der eingefchobene Keil des Pfropfreifes in ben
langen Einichnitt der Rinde des Wildlings fo
viel austrägt, daß diefelbe ungefähr eines halben
Meſſerruͤckens breit von eingnder fteht, und
al'o die Klügel der Rinde am Stamme bie
Rinde des Keils. nicht ganz bedecken, fo wird
in der {Mitte deſſelben, nach ber Lage herunter,
ein fhmaler Streifen brauner Rinde, welcher
Sig. 6540. durch den ſchwarzſchraffirten Strich
vorgeſtellt ift, gelaffen und nicht abgeſchaͤlt, fondern
nur die auf beyden Seiten. Diefer braune
Rindenſtreifen ift dann in dem Einfchnitte fichtbar,
und dient zur Bedeckung und Verhuͤtung der
Anstretung Die abgefhärften beyden Seiten
| Ä Des
2Pfropfen. 427.
des Keile aber, welche die grüne Schaale zeigen,
‚und unter die Rinde des Baums zu liegen kom⸗
men, dienen dazu, daß der Saft des Baumes
durch die bepderfeirigen Nindenflügel die grüne
: Saftrinde des Pfropfreifes, worauf jene feft zu
liegen kommen, berühre, fi) mittheile und das
Zuſammenwachſen in Eins befördere. J
Alsdann kommt es vollends auf einen guten
und haltbaren Verband an, welcher durch das
Aufdruͤcken der Baumfitte gemacht wird. Sonſt
ſind gar keine Umſtaͤnde noͤthig, außer wenn
. etwa der Raum fuͤr das eingeſteckte Reis mit
dem Pfropfbeinchen zu groß gemacht wäre und
das Meis nicht wohl feft ſteckte; dann iſt rarh:
ſam, daß über den Kitt um die Gegend des
— Einſchnitts und den Seil ber ein Gtreifchen
Schilf, (deffen fich die Büttner und Küfer bey
den Faͤſſern bedienen) aufgelegt: und mit Baſte
umbunden werde. Hat man aber. nur Baume '
wachs, und mill fich deflen bedienen, fo verführt
“man alfo: wenn die Ninden die Ausdehnung
nicht aushalten koͤnnen, und einen infchnite
: erhalten müffen, um das Zerfprengen zu vermei⸗
ben, io sieht man ein Stuͤckchen Baumwachs
in die Länge, legt es darüber, doch 10, daß es
noch eben die Rinde des Stammes mit bevede,
- Bauptfächlich aber neben herum feſt anfchließe.
Auf jedes eingefchobene Reis legt man ein Stück-
hen Schilf, deflen fo eben erwaͤhnt morben,
und wenn man nur Ein Reis eingefeßt bat,
‚fo legt man auf tie Gegenfeite auch ein Stuͤck—
chen, und verbindet es fobann über diefes Sch ilf
weg feft mit Baſte. Durch diefes Dazwifchenlerien
desSchilfs erzielt man doppelten Nußen. Das Freis
" wird feit und fanft angebrädt, und meil das
Schilf nachgebend iſ und der Baſt nicht ſo
ſſcharf
428. 2. Pfropfen.
Scharf auf der Rinde einfchneiden fann, fo bebhft
der Saft mehr Kroft in die Hohe zu fleigen,
Die Meier befier zu nähren, und die baldige
Ueberwoͤlbung zu befördern. De
Wer ſich indeß des Pfropflehmens bediene
muß, ber verfährt hier eben fo wie beym Pfropfen
in ben Epalt. Er verfchmiert die ganze Wunde
überall mit dem- Pfropflehmen, und bevedt und
verbindet fie mit dem was er hat. Es iſt hier⸗
bey aber wohl zu merfen, daf, wenn man fieht,
daß die Pfropfreifer' gut angewachfen und nus
flärfer worden find, man das Band, mit welchem
Der ganze Verband befeiliae worden ift., füfte,
und jo meit löfe, daß der Wahschum des Baus
mes es felbft leicht abſtoßen kann. Unterläft '
man es, und marıet bis in das Fünftige Jahr,
fo wächft «8 Teiche ein und fchadet den Reiſern,
oder berurfacht dem Baume durch einen unförme«
lichen Pfropffnoten ein übles Anfehn.
Sowodhl Hirfchfeld al auch Henne ras-
then zur Bejchleunigung dieſes Gefchäftes, wenn
. man viel zu pfropfen habe, duß man nur ims
‚mer ‘den ganzen Tag fortfahren fonne Reiſer
einzufeßen,. ohne zu beforgen, daß fie austrock⸗
—
nen koͤnnten; gegen Abend aber habe man nur
Pech, Harz und Schaftalg zu, gleichen Theilen
in einen Tiegel zu thun, fie zufammen zu fchmels
: zen, und wenn Giefe Maſſe alt geworden ſey,
init ihr an den gepfropften Stämmchen vorüber.
zu geben, und die Pfropfſtelle uͤberall vermittelft
eines Pinfels damit zu beftreichen, um des Bin⸗
dens und des nachherigen Auflöfens dee Pfropfe
bandes überhoben zu fenn. Dieſe Methode will
indeß dem Heren Pfarrer Sickler wegen des
daheny zu viel Semagten nicht: gefallen, dagegen
ſich die des Hr. Chriſt mehr empfiehlt.
BE Leber:
2. Pfropfen. 429
=. Ueberbaupt iſt das Pfropfen ſowohl in den
- Spalt als auch in die Minve, ‚und befonders
dag Letzte, in ben Edelſchulen, und an jungen‘
Staͤmmchen, nachdem.-das viel Jeichtere Copulie⸗
ren eingeführt, wenig mehr in Gebrauh, Das
Pfropfen in die Rinde zeigt noch hauptfächlich
:. feinen Nutzen, wenn man fehon große und :ers
wachſene wilde Stämme in ber Krone beredeln
will, ober wenn fonft eine Sorte auf einem
.Obſtbaume nicht gefällt, und man an deren
-- Statt eine -andere auf diefem Baume zu haben
wuͤnſcht. Da fh :auf einem Baume nicht gut
« ‚Banthieren, am allermenigften ber. &paft bequem
. machen läßt, fo. hat man darin eine Erleichtes
zung, daß man die Rinde nur abzulöfen braucht.
Einige haben hieraus eine eigene. Pfropfungsart
—gemacht, und fie dgs Pfropten in die Rrone
; genannt; fie iſt aber darum feine eigene Art,
weil fie an .einem bejondern Theile des Baums
vorgenommen wird. Wenn Jemand, einen Baum
r. Hat, deffen Frucht ihm nicht gefaͤllt, jo pfropft
Ner nur ‚feine-Krone um, und ſetzt eine beffere
Frucht auf fi. Manche verjüngen ſogar ihre
„alten Bäume damit, aber nicht immer mit dem
: beten Erfolge. Sobald fie aufhören in ihren
- Gpißen Sommerfchoffe zu treiben, ‚fo fägen fie
„.gum. Theile die Aeſte ab, (ich fage zum- Theile,
„pe, wenn afle zugleich abgefügt und bepfropft
wuͤrden, her. Baum feinen Zug des Gaftes
behielt, und aiſo zu Grunde gehen würde, und
2: dieſes muß noch mehr bey jungen und gefunden
:. Baͤumen geſchehen) und pfropfen fie in die Rin⸗
bes und ſo machen fie es auch im zweyten Sahre
. mit der übrigen Hälfte der Aeſte. Es ift wahr,
der. Baum befommt dadurch: ‚ein jugendliches
Sabre
:. Anfeben: Die eingefegten Reiſer. wachſen einige
430 2. Pfropfen.
Jahre fehr gut, denn fie theilen fich im bie ganze
Kraft des Baumes. Sobald fie aber Älter wers
den, bören fie auf zu wachſen, bekommen ein
kraͤnkliches Anfeben und es ift merfbar, daß ein
° alter Baum, fo wenig aig ein Thier oder Menſch,
* ganz wieder jung werden koͤnne. Gefchieht aber
dieſe Operation an noch jungen Bäumen, fo ift
- der befte Erfolg davon zu erwarten. Nur find
: einige Vorſichtsregeln dabey zu beobachten. Die
- SP fropfreifer, wenn fie flarf gemachfen und dem
Sturme ausgefeßt find, brechen, wenn fie unten
noch nicht recht zufammen gewachſen find, leicht
: ab. Diefes zu verhindern, Werden zwey ober
drey Stäbchen an jeden Aft, der mit zwey 'oder
- drey Pfropfreifern in die Rinde bepfropft wor⸗
den ift, (mehr nimmt man nicht gern) mit Bäns
“ dern befeftigt. Un diefe Stäbchen, welche etwas
über die Pfropfteiſer hinausreichen, wird ein
Feiner Reif innerhalb ihres Umkreiſes gebunden.
- Sobald die Pfropfreifee Sommerfchofle gefchos
ben haben, werden fie innerhalb Diefes Meifes
"angebunden, und folchergeftalt gegen die Gewalt⸗
thoͤtigkeit des Sturms in Sicherheit gefeßt, bis
ſie unten verwachſen, und durch ihre eigene Kraft
ſich erhalten können. Nach Verlaufe einiger
Jahre bekoͤmmt folchergeftalt der Baum eine ſehr
- volltändige Krone. Hiermit ſtimmt auch ber
Herr Pf. Chriſt überein, deſſen befondere- Re⸗
geln ich hier noch beſonders in Anſehung der
Zeit dieſes Pfropfens anführen will. :?
Was die Pfropfzeit der aͤltern Baͤnine
betrifft, fo ift fchon ben dem Mindenpfropfen
“ohnehin noͤthig, daß man einen ſtaͤrkern Saͤft⸗
trieb als beym Spaltpfropfen abmwarte, well fi
‚die Rinde löfen muß, und diefer Safttrieb ift
fpäter bey alten Bäumen als bey jungen.. Ir
noſ⸗
2. Pfropfen. — - 43:
Knoſpen muͤſſen fihon flarf aufgeſchwollen ſeyn,
und es kann noch geſchehen, wenn eben der
Baum ausſchlagen will, nur daß ſie noch nicht
gruͤn ſind, oft erſt Ende —8 Etwas matte
Reiſer, die man ſchon im Winter geſammelt,
ſind hier aus oben gemeldeten Urſachen dienlicher
als die friſchen, ja ſogar noͤthig.
Sehr heilſam iſt, wenn im Februar zuvor,
. oder laͤngſtens mit Anfange des Maͤrzes, bie
u
Aeſte an dem umzupfropfenden Baume abgewor⸗
"fen werden, jedoch nicht bis an die Veredlungs⸗
: Melle, fondern fie muͤſſen nod) einen Fuß länger
: Binauf Holz haben. Erſteres geſchieht aus phy⸗
fikaliſchen Gruͤnden, weil font ver Baum in feir
nem ‚Safttriebe alterirt würde, wenn es fpäter
geſchaͤhe, welches den aufgefeßten Pfropfreifern
nachtheilig ſeyn koͤnnte; letzteres aber, der beys
vehaltene Fuß Holz, dienet zum Schutze der
Pftopfſtelle, daß fie nicht durch Luft und Froſt
austrockne, ſondern man beym Abfägen ſaftiges
. Holz finde. Deswegen man auch beym Abſaͤgen
- felbft, oder Abhauen der Aeſte mit dem Beile
: gehbrig zu Werke gehen muß, daß weder das
Holz noch die Rinde bis dahin gefplirtert werbe,
und man zuvor unten, wo der Aft vollends ab;
-brechen wird, etwas einhaue oder einfäge.
—8
“u.
Wie viel Pfeopfreifer man in einen Aft
einſetzen ſoll, muß die Dicke deſſelben beſtimmen.
Es kann ein Reis drey Zoll von dem andern
zu ſtehen kommen. Auch koͤnnen die Steifer
etwas’ ftark ſeyn, nach Verhaͤltniß des Baſtes;
"und beobachte man nur jederzeit, mas fchon
: geinnere worden, dab man das unterfte Auge
‚allemahl gegen’ die Platte hinein zu ſtehen richte,
- welches in der Höhe auf. den Bäumen, wegen
| dee Windfiöße, um fo noͤthiger iſt. Auch
ers
40.2 Pfropfen
Jahre fehr gut, benn fie theilen fich in bie ganze
. Kraft des Baumes. Sobald fie aber Alter were
“ den, bören fie auf zu machlen, befommen ein
- $ränfliches Anfehen und es ift merfbar, daß ein
alter Baum, fo wenig ais ein Thier oder Menſch,
ganz wieder jung werden koͤnne. Geſchieht aber
- diefe Operation an noch jungen Bäumen, fd ift
der befte Erfolg davon zu erwarten. Mur find
“einige DVorfichtsregeln dabey zu beobachten. "Die
: Pfropfreifer, wenn fie flarf gemachien und dem
Sturme ausgeſetzt find, brechen, wenn fie unten
noch niche recht zufammen gewachlen find; : Teiche
05, Diefes zu verhindern, tberden zwey ‘Oder
drey Stäbchen: an jeden Aft, der mit zwey oder
drey Pfropfreifern in die Rinde bepfropft wor⸗
den. ift, (mehr nimmt man nicht gern) mit Baͤn⸗
—dern befeftigt. Un diefe Stäbchen, welche etwas
“über die Pfropfteiſer hinausreichen, wird "ein
Fleinee Reif innerhalb ihres Umkreiſes gebunden.
- Sobald die Pfropfreifer Sommerſchoſſe gefchos
ben haben, "werben fie innerhalb diefes Meifes
"angebunden, und folchergeftalt gegen die Gewalt⸗
thaoͤtigkeit des: Sturms in Sicherheit gefeßt, bie
ſie unten verwachſen, und durch ihre eigene Kraft
[DL 95
ſich erhalten können. Nach Verlaufe einiger
Jahre bekoͤmme foldhergeftalt der Baum eine fehe
v
vollſtaͤndige Krone Hiermit ſtimmt auch: der
- Bere Pf. Chriſt überein, deffen beſondere Re⸗
geln ih bier noch beſonders in Anfehung der
Zeit dieſes Pfropfens anfuͤhren will.
Was die Pfropfzeit der Altern Baͤnme
betrifft, ſo iſt fchon bey dem Rindenpfropfen
"ohnehin noͤthig, daß man einen flärkern Säfte
trieb als beym Gpaltpfropfeh abmwarte, weil fich
‚die Ninde Idfen muß, und diefer Safttrieb ift
fräter ben alten Bäumen als: bey. jungen. Die
oo. . Knoſ⸗
N
2. Pfropfen. - 431
Knoſpen mäffen ſchon flarf aufgeſchwollen ſeyn,
und es kann noch geſchehen, wenn eben der
Baum ausſchlagen will, nur daß ſie noch nicht
gruͤn ſind, oft erſt Ende ie Etwas matte -
Reiſer, die man fchon im Winter gefammelt,
find hier aus oben gemeldeten Urfarhen dienlicher
als die friſchen, ja fogar nörhig,
Sehr Heilfam ift, wenn im Februar zuvor,
- oder laͤngſtens mit Anfange des Maͤrzes, die
Aefte an dem umzupfropfenden Baume abgewor⸗
"fen werden, jedoch nicht bis an die Veredlungs⸗
: elle, fondern fie muͤſſen noc) einen Buß länger
: Binauf Holz haben. Erſteres geſchieht aus phy⸗
ſikaliſchen Gründen, weil ſonſt der Baum in feis
:.nem Softtriebe alterirt würde, wenn es fpäter
:.:gefhähe, melches den aufgefeßten Pfropfreifern
nachtheilig ſeyn könnte; leßteres: aber, der beys
vehaltene Fuß. Holz, Dienet zum Schutze der
Pftopfſtelle, dan fie niht Durch Luft und Froſt
austrockne, fondern man beym Abfägen faftiges
Holz finde. Deswegen man auch beym Abfägen
ſelbſt, oder Abhauen der Aafte-mit dem Beile
gehörig zu Werke gehen muß, daß weder das
“ Hol; noch die Rinde bis dahin gefplittere merke,
and man zubor unten, to der Aft vollends ab;
: brechen wird, etwas einhaue ober einfäge.
Wie viel Pfropfreifer man in einen Aft
einfeßen fol, muß die Dice deflelben beſtimmen.
:&8 kann ein Reis dren Zoll von dem andern
"zu ſtehen kommen. Auch Eönnen bie: Reiſer
etwas ftarf feyn, nach Verhältniß des Baſtes;
und beobachte man nur jederzeit, mas fchon
: erinnert worden, daB man das unterfte Auge
‚allemal gegen’ die Platte hinein zu ftehen richte,
- welches in der Höhe auf den Bäumen, megen
dee Windſtoͤße, um fo mörhiger if. Auch
. ’ . ur ers
Fine.)
2. Pfropfen. 433
es dle Gleichheit raͤth. Wo nach Beſchaffenheit
der alten Aeſte überwiegend mehrere Aufſaͤtze
. von Pfropfreiſern auf die eine Seite als auf‘: .
die andere fommen würden, ſaͤgt man die ards
fern Aeſte hie und da ganz. weg, oder richtet
es mit dem Verkuͤrzen der Aefte fo, daß man
wenig Aufſaͤtze von Pfropfreijern dahin anzu⸗
bringen hat. Die vergeffe man vaben, jede
Platte eines abgefchnittenen Aftes mit dem Baumes
Fitte zu bededen. Sind fie ſtark und viel, fo
tft hierbey allenfalls der Forſythiſche Baummoͤrtel
anzuwenden. — |
„Die Apfelbaume und Birnbaume haben
ihre Eigenes ben Umpfropfung ihrer alten Aeſte.
Des Apfelbaums zu bepfropfende Aeſte dürfen
nicht zu dick ſeyn. Man ermählt lieber teiter
hinauf zwey Aeſte und bepfropft fi. Es iſt
daher bey einem fehr alten und großen Apfel
baume nicht viel zu thun, die Aeſte fommen zu
Hoch in die Luft, und werden leicht vom Winde
abgewarfen. Will man einen ganz alten Apfele
- baum, der aber doch noch cinen guten und
gefunden Stamm haben muß, bepfropfen, fo
muß er zuvor verjüngt werden. Man hauet ihm
naͤhmlich im März alle alten Aeſte ab, und
. Jäft ihm nur fo viel vom untern Theile der Aefte
fiehen, - daß der Baum mahricheinlicher Weiſe
- daran noch frifch austreiben Fönne Auch muß
‚er. .bin und wieder etlihe Zugreiſer behalten.
Er wird fodann in viele junge Aeſte ausfchlagen,
welche man in zwey Jahren bepfropfen kann.
Bey foldyen abgeworfenen Bäumen diene der -
Forſythiſche Baummoͤrtel fehr wohl, und darf
- fein. At ohne dergleichen Bedeckung ſeyn.
Die erften Fruͤchte bey einem umgepfrönfs
ten Sommerapfelbaume zeigeri ſich im dritten
*
YVa.scchn. Enc. CXII. Chel. Ee Zahre,
434 2. Pfropfen. |
Jahre, bey Winteräpfeln aber im 4ten Jahre,
jecody bey jehr fruchtbaren Arten, wie 5. B. bey
Streifiingen, auch ſchon im Zten Jahre.
Der Birndbaum unterfcheider fi) in dieſem
Solle von dem Apfelbaume dadurch, daß er
Furz gegriffen feyn wid, und es gerathen feine
Pfropfreifer befier, wenn fie auf diden Aeſten
ftehen. Man muß alfo bey ihm nicht viele Fleine
Aeſte bepfropfen, fonvdern anſtatt zwey ober drey
Heine Aeſte auf einem Afte zu bepfropfen, erwaͤhlt
man rarbfamer den dickern Theil des Aftes felbft,
fägt die obern weg und bepfropft diefen, wenn
er auch Mannes Arms Dide hat, und feßt
ihm deflo mehrere Reiſer auf. Es gibt? ſolches,
da der Birnbaum ohnedieß fehr in die Höhe
geht, einen weit fchönern und beflern Baum.
Der Zug des Saftes ift flärfer, und ſolche
benpftopfte ſtarke Aeſte uͤberwachſen diejenigen,
welche hoͤher und folglich auf kleinern Aeſten
bepfropft ſind, weit, und werden ſtaͤrker. Die
zu bepfropfenden Birnbaumäfte koͤnnen noch eins
mahl ſo dick ſeyn als bey dem Apfelbaume. Sie
find an ſich jedoch nicht ſo dick, als es dem
Auge ſcheint, weil die Rinde des Birnbaums
ſehr dick iſt. Da ferner der Birnbaum fruͤher
in Saft tritt als der Apfelbaum, ſo kann er
auch eher bepfropft werden. Sind alsdann die
aus dem alten Pfropfe erwachſenen Reiſer nicht
tauglich, und nur eines Daumens dick, ſo muͤſſen
ſolche weggeſaͤgt, und das Holz zum neuen
Pfropfen ermählt werden. Die Sommerbirnen,
die franzoͤſiſchen Herbfibienen, die gemöhntich ſehr
fruchtbar find, zeigen ihre Fruͤchte ſchon im
britten Jahre; die Winterbirn aber erſt im
De
Der Herr. Pfarrer Chriſt fagt: um einen
Baum zu verjüngen, mäfle man feine Aeſte
abwerfen, und neu ausfchlggen laflen; diefe neuen
Ausjchläge koͤnne man nachher im zten Jahre
pfropfen; eben dieſes muß. nun auch durch das
Eopuliren im erften Jahre bewirkt werben fönnen,
und fo würde man um fo viel leichter mit der
Sache fertig, und diefes würde die Hoffnung
zur fünftigen Srucht deflo eher erfüllen.
Dian hat auch noch von einem befondern
Pfropfen ın die Rinde geredet, wie z. DB. im
Leipziger Intelligenzblatte No. 8, 1795 gefchehen
ift, welches man aber, da es nur bey fchwachen
Stämmen, welche zum Pfeopfen zu flarf find,
zu gebrauchen fen, bey dem fo leichten Copus
liren entbehren fünnte, und welches ich daher nur
der Vellſtaͤndigkeit wegen auch anfühte,
„Diefe Art des Pfropfens, heiße ed daſelbſt,
iſt ſonderlich bey ſehr ſchwachen Staͤmmchen
brauchbar. Es geſchieht ebenfalls zu Ende des
Maͤrzes oder im April. Man kann ſich deſſen da
bedienen, wo das Pfropfen in den Spalt wegen
des ſchwachen Stamms des Wildlings nicht gue
‚angebet. Man fchneider die Gipfel an einer
glatten und geraden Stelle ab, und richtet das
Pfropfreis folgendermaßen zu. Man fchneidet
es von einem Knoten oder Auge an einer Seite
niederwärts fchief, und zwar fo, daß dieſer ſchie⸗
fe. Theil einen oder anderthalb Zoll lang ift.
Bey dem Schneiden hält man ſich fo, daß der
‚ Schnitt etwas gebogen geht, Damit das Pfropf—⸗
reis bey dem DBefefligen gerade aufwärts zu
fiehen kommt; deshalb macht man auch oben,
wo ber fcharfe Schnitt angeht,, einen: Abfaß,
mit welchem das Reis auf dem abgefchnittenen
"Stamme ruhet. Man auf bey allen vielen
e2 Ders.
F
iii) alapii nl Sf;
Bi is SOrBEBE TEN: et
Sei Bi — Be
Fr
ö
ENTER IM
I ar Keil Kl
FR
zu
&
⸗
Re Pfropfen · 437
bisweilen auch mit. Vortheil gebraucht werden
kann. „Ich habe ſie vor einigen Jahren zuerſt
. in des, Herrn Obriſten von Helmoldt Goaͤr—⸗
ten zu Kannenwurf geſehen, ſagt derſelbe, mo
ſie gut angeſchlagen war, und nun finde ich ſie
auch vom Hertn Oberpfarrer Chriſt in feinem
Handbuche der Obſtbaumzucht L Th. IV. Kap,
S. 127. unter dem Titel: Zweige. in erwachſe⸗
ne oder alte Bäume einznimpfen: ohne Abwer⸗
fen der Aefte, beichrieben.. Sch will deſſen An⸗
‚weifüng dazu hierher feßen.*. .-
„Um die gewöhnliche: Zeit des. Pfropfens
in die Rinde macht man in. die Rinde, wohin
man neue Aeſte haben will, einen Kreußfchnict,
wie beym Okuliren, (Sig. 6541 a) löfet die Rin⸗
de etwas mit dem Beinchen ad, Äehneibee das
- einzufeßende Pfropfreis mit. brey oder vier Aus ,
gen zurecht, auf. folgende Weiſe: anſtatt eines
Keils, den man, gewöhnlich an bas Pfropfreis -
ſchneidet, welches man in.den Spalt, oder in
die Minde feet, wird folches Im. Rehfußſchnitte,
mie zum Eopuliren, und alfo fehräg 15 bis.a
‚Bol lang zugefchnitten, ald welches eigentlich ben
Keil vorftellee. (Sig. 6542 b.). Diefer wird mie '
behm Rindenpfropfen von feiner, äußern braunen
-Sinde, fomweit er im Pfeopffchnitte zu liegen
kommt, befreyt, und. folhe fubtil und ohne Vers.
letzung der darunter befindlichen grünen Rinde
abgezogen, damit die darüber zu legende grüne ,
- faftige Rinde des Baums dem, Pfropfreife voͤl⸗
ligen Saft mittheile. Darauf wird dieſer Keil
in den Kreugfchnitt der Rinde eingefchoben, bis
der Anfang des fchrägen Schnitte an. dem obern
Duerfchnitte in der Minde anſteht (Fig. 6543
2) Die Pfropfftelle wird fodann mit Baum⸗
kiite oder Baumwachſe bebedt, cin Stoͤckchen
Ee 3z Schilf
438 2. Pfeopfen
Schilf darauf gelegt, und fer mit Bandweiben,
Die die Küfer gebrauchen, verbunden. Kann
man zu diefem SPfropfen frumme, ſchicklich ges
wachſene Reiſer finden, fo iſts gut, wo nid,
fo ſtelle man zwiſchen dem Aſte oder Stamme
‚:und dem Pfropfreiſe ein Hoͤlzchen auf, daß das
Pfropfreis ſacht angezwaͤngt werde, und in einer
gefälligen Lage wachſe (Kig. 6544 de und Fig.
6545). Bey Zwergbäumen thur oͤfters Diele
Pfropfungsmerhode angenehme Dienft. Auch
wenn man eine Sorte Obſt gern haben möchte,
und mit feinem Pfropfflamme dazu verſehen ift,
Tann man das Reis einfiweilen auf. einen ſchick⸗
lichen Baum einfegen.“ Sickler ſetzt hinzu:
auch bey Hochflämmigen. Wenn burdy Sturm
oder andere Zufälle ein Aſt in. der Krone zu
Grunde gegangen, und der Baum nicht nur
fein gutes. Anfchen, fondern auch das, Gleichges °
wicht der Krone zu verlieren ſcheint, ſo kann
man ihm, indem man ihm uͤberall wo es noͤthig
ſeyn will, Pfropfreiſer anſetzt, ſowohl das eine
als auch das andere verſchaffen.
Eine ähnliche Arc in die Rinde zu pfro⸗
pfen als die jetzt beſchriebene, liefert auch D uͤ⸗
hamel im 1. Theile feiner Abhandlung von den
Obſtbaͤumen ©. 24. Die Pfropfung in den.
Epalt fann auch an der Seite des Baumes
‚oder Stammes gebraucht werden, um foldye mit
- Zweigen zu befeßen, wenn feiner ba heraus ge⸗
wachſen, oder etwa verdorben iſt. Man ſchnei⸗
det das Reis als einen Keil zu, an dem das
Ende und die Einkerbung tief ſtehen, fo daß die
beyden zugeſchnittenen Seiten ein gefchobenes
Viereck vorftellen. An dem Wildlinge macht
man mit einem Fleinen Meißel einen Spalt, der
fo. lans und ſo tief ift, als der am Meis ge
ſchuit⸗
2. Pfropfen. 439
fchnittene Keil, und ftede das Reis fchief in
den Spalt, fo daß die Einferbungen des Keils -
an der Rinde von dem Wildfinge anflchen, wors _
auf man alles bedeckt, wie bey der gewoͤhnlichen
Pfeopfung in den Spalt. Diefe Pfropfungsare
ift eine von ben. beften, und fchlägt faft nie⸗
mahls fehl, und wird zu eben der Zeit vorge
nommen, als bie gemeine Pfropfung in den
Spalt. on
Man reber endlich auch noch von «einer
| Dfiopfung in den Sattel, welches alfo bes _ |
fehrieben wird. Wlan fchneibet bey dem Sat⸗
telpfropfen den Stamm fpißig, auf welchen man
pfropfen will, fpaltet das Pfropfreis und fchiebe
es fo auf die Spike. Es fommt hierbey vors
züglich mit darauf an, dag Stamm und eis
gleich ſtark find, In dieſem Salle ift es ſehr
zweckmaͤßig, weil hier die zu vereinigenden Theile
einander in ſehr vielen, ja faſt in allen Punkten
beruͤhren. Schon Duͤhamel redet von dieſer
—Pfropfungsart, Theil II. Buch IV. Cap. IV,
©. 52 und nennt es Greffer par enfourche-
ment. „Dtan hat, fpricht er, noch eine andere
\ Art, in den Spalt zu pfropfen; Die par en-
* fourchement (das GBabelpfropfen ) : genannt
wird. Anftatt das Meis Feilförmig zu fchneis
ka
den, gefchieht diefes am Stämmlein, welches here
nad) in das gejpaltene Meis gefchoben wirb
.. (&ig. 6546). Da der Baſt aber allezeit auf
einander paffen muß, fo ift bey diefem Pfropfen
vorhwendig, daß das Meis und das Stämmlein
von einerley Die ſind. Er empfiehlt es aber
. quch nicht weiter.
Bey diefer Gelegenheit muß auch vom Abs
lactiren oder Abfäugeln geredet werten. Da
die Zölle felten find wo es gebrauchte werden
Er fann:
8 — a.
ee ee
zu Dielen Mfropfen Frumme, fchicfich ges
"pfropf,
—— Reiſer finden, fo ifts gut, wo Hin,
“fo ſielle man zwiſchen dem Afte oder Stamme
„und: dem Pfropfreife ein Hölzhen auf, daß das
Pfronfreis ſocht ‚angeswängt werde, und in einer
—— age wachſe (Big. 6544 de und Fig.
Bar Bey Zivergbäumen 1 öfters Ya |
topfungemetjope angenehme Dienfte,
wenn man eine Sorte Obſt gern Wagen möchte,
"und mit keinem Pfropfſtamme dazu verfehen (it,
5* man das Reis einfimeilen auf. einen ſchick⸗
en Baum einfeßen.“ Sidter ſetzt hinzu:
hr ben Hocdflämmigen. Wenn durdy Sturm
oder andere Zufaͤlle ein Aſt in der Krone zu
Grunde 'gerangen,: und der Baum nicht nur
fein gutes Unfehen, fondern auch das, Gleichge⸗
"wicht der Krone zu derlieren ſcheint, ſo kann
man ihm, inden man ihm (überall wo es noͤthig
feyn will, Pfrodfreiſer anſetzt, ſowohl das ‚eine
Hs auch das andere verſchaffen.
" Eine ähnliche Art in die Ninde zu ——
— als die jetzt befchriebene, liefert auch Düs
‚ham el iim.x: Theile feiner Abhandlung von den
bftbäumen S. 24, Die Pfeopfung in den.
palt fanm Auch an der Geite des Baumes
* Stammes gebraucht werden, um ſolche mit
Zweigen zw befegen, wenn feiner da heraus ge
wochfen, oͤder etwa verdorben iſt. Man ſchnei⸗
det das Reis als einen Keil zu, an dem das
Ende und die Einkerbung tief heken, fo "daf'die
beyden zugeſchnittenen ' Seiten ein gefchobenes
Viereck dorftellen. An dem Wildlinge macht
man mit einem Heinen Meißel einen Spalt, der
‚fo en und fo def ift, als der am er we
hnits
442 2. Pfropfen.
worfen werben, formiren fie in kurzer Zeit
Bäume.“ | '
Wir haben Hierbey voraus geſetzt, baf bie
ablactirten Zroeige an ihrem Stamme bleiben,
bis fie mit dem Wildlinge vereinigt find; man
kann diefelben aber auch abfehneiden, das bide
Ende neben dem Wildlinge in die Erde ſtecken,
und das obere Ende einpfropfen, welches ſodann
bis auf drey oder vier Augen oberhalb ver Pfrop⸗
fung abgeichnitten wird, Diefe Zweige ziehen _
"aus der Erde Nahrung, die das Anfchlagen der -
Reiſer beförvert und gewiſſer mache. Bismweilen
ſchlaͤgt auch der untere in der Erbe flehende
Zweig Wurzeln, wenn das Meis oben fich mit
dem MWildlinge vereinige. Man befommt alſo
von dem nähmlichen Zweige zu Einer Zeit einen
Schnittling und eine Pfrepfung, : welche aber
vor der erſten Bewegung des Saftes nicht vors -
‚genommen werden kann. Diefes Abfaugen
braucht man faft nicht, als zur Vermehrung
ſeltner Bäume, ob folches gleich leicht auszuüben,
das Anfchlagen deffelden gewiß, auch der Vor⸗
theil dabey iſt, daß man einem Baume ‘auf der
‚Seite, wo ihm ein Zmeig fehlt, einen geben
kann, anderer Vortheile nicht zu gedenken.
u Miller, welcher in feinem allgemeinen Gärts
ner Lerifon Theil IE ©. 516, auch von diefer
Art des Pfropfeng reder, befchreibt eigentlich
nur die drirte Art des Duͤhamel's, beftimmt
aber die Zeit diefes . Pfropfens genauer und
fagt, daß fie niche fo früh im Jahr, fondern
erft im Monat April, wenn ber Saft fchon
im Fluſſe ift, vorgenommen werden müfle, und
daß um diefe Zeit fi. das eis mit dem Stamme
eheẽ vereinige als zu einer andern Jahreszeit.
Dann gedenkt er auch. insbefenbere, au weihen
= or⸗
2. Pfropfen. "443
Sorten 'man ſich diefer Art des Pfropfens vor ·
zuͤglich bediene; nähmlich an “Jasmin, Pommes‘,
ranzen und andern zarten auslänpijchen -Bäus .
men, und hauptfächlicy an, folchen Sorten, welche
auf andere Weiſe nicht anfchlagen wollen. So
fagt er z. B. die welſchen Nufbäume, Zeigen . '
und Maufbeerböume laſſen fic) auf diefe Weiſe
piropfen, Feiner aber von ihnen’ thut gut, wenn
man .ihn auf eine andere Arc pfropft. Auch
Hafen fich verfchiedene immer grüne Bäume durch
diefe Art des Pfeopfens vermehren. Ale auf
dieſe. Weiſe genfropfte Bäume find ſchwaͤcher,
und werden niemahls fo groß wie diejenigen, fo
nad) den andern Arten gepfrepft werben; daher
bedient man ſich derfelben nur bey folhen Sor⸗
‚gen von Bäumen, welche fit) nach den andern
Auvten nit pfropfen laſſen *). -
zu... Aus ber hier befchriebenen Art zu pfropfen,
ergibt fih nun auch, warum es den Nahmen
Ablactiven over Abfäugen erhalten habe; nähms
lid) das junge auf einen andern Stamm ges
brachte Reis, genießt den muͤtterlichen Saft
noder die Muttermilch noch fo fange, bis es in
„ben: fremden Stamm eingewachſen, und des
fremden Safts gewohnt worden ifl, wo es nach⸗
“her abgefegt wird und für ſich beſteht.
on
*) Mit diefer Meinung des Hrn. Millersif Herr Mayer
in feiner Pomfona Frauconica Theile ©. ı7 nicht zufzies
den, und befonders, daß das Ablartiren dem Steinobfte
nicht zuträglich fey,_und daß er von den durch das Mbr
Iaetiren veredelten Stämmen lauter jchwache, elende,
icche und dem Brande unteriwprfene Zöglinge prophezeibt.
jiederhoblte Verſuche, die er felb mit dem beften Ex-
folge angefielle , und dadurch eben jo ſchlue und lebhafte
Blume ale durch das eäilbpfengfen erlangt, bätten die
Bunerinfigfeit des guten Erfolgs diefer Pfropfart in alen
bfigattungen nunmehr jo beftätiget, daß man hoffen
Tönne, Kich in,Zufuuft mehr im Schmunige,, und bas
Mihleriche DBerurtheil Dagegen verfchwinden zu ſehon.
444 on 2. Pfropfen.
Von dieſem Ablactiren Bi bas Lateriren
oder Kollateriven, von welchem Hagedorn
redet, verichieden, und nichts anders ala bas
oben befchriebene Seitenpftapfen, nach weichem
man einem Baume ein Pfropfreis an einem
Drte in die Rinde einfegen kann, wo man will,
Zuletzt ift noch des Anplackens zu geden⸗
fen, welches bald in einer allgemeinen bald im
einer befondern Bedeutung genommen, und das.
her eine eigene Methode darunter verftanden,
wird; bald wird es für eine Art des Copuli-
rens bald des Pfropfens gehalten,
Schon Hirfchfeld in feinem Handbuche
der Fruchtbaumzucht S. 202, klagt über bie
Verworrenheit der Begriffe die man vom An:
placken habe. Er ſagt: „das Anplacken wel⸗
ches er da Greffe en bec de Aute im Franzoͤ⸗
ſiſchen nennt, iſt bisher theils ſo unbeſtimmt und
verworren beſchrieben, theils ſo oft mit dem Co⸗
puliren verwechſelt worden, daß man ſich faſt
Beinen deutlichen" Begriff davon machen kann.
Er befchreibe daher diefe Pfropfungsart, fo wie
fie in feinen Baumjchulen, und zwar, mie ee
fagt, mit tem beften Erfolge susgeübt werde,
und diefe ift folgende.
„Man fann, fpricht er, zwey Verfahrungs⸗
arten unterſcheiden: das Anplacken mit den
Abſatze, und das Anplacken mit dem Häkchen.“
nn as Anplachen mit-dem Abfaze wird -
auf viele Teile verrichtet. . Dan ſchneidet zue
foͤrderſt den Stamm da eben, wo er eine glatte
Stelle hat, die den weitern Zuſchnitt am beften
- zuläßt. Darauf wird das Pfropfreis das 3 bie
4 Augen behält, am untern Ende fchräg auf
Ä Anderzhalb ZoU zugefchnitten, fo daß es beym
— Anlenge des Sthnitts mit einem ven “en
' er
2. Pfrobfen. 445
| en wird, Demnaͤchſt wird der Zuſchnitt / des
Reiſes am Stamme angepaßt, und dieſer an
einer ebenen und glatten Stelle, fo fang als der
Zuſchnitt des Meijes ift, von. unten aufgefchnit: .
ten, fo.daß die Rinde bey viefem Echnirte völs
lig abgenommen wird, jedoch daß er von dem
Marfe entfernt bleibe, und es. nicht verlöße,
Alsdann wird: das Meis aufgefeßt, jo daß” fein
Abſatz auf dem Abſchnitt des Stammes: ruhe,
um wenigſtens auf einer- Seite fich Yüinde an
. Rinde fchließe Auf der andern, Seite bleibt,
wenn das Meis nicht gleiche Dicke an dem
Stamme hat, eine.Zeere zwiſchen Rinde und
Rinde, die aber bald ohne Schaden von ihnen
überwachen wird. Bey dem Zufchneiden des
Meifes ift noch zu merfen, daß der Abſatz nicht
auf der Seite, wo das unterſte Auge fißt, fons
dern ihm gegenüber gemacht werde. Endlich
twird Stamm und Meis mit Bafle verbunden, -
‚und Pfropflehm darum gefchlagen. Mit diefem
wird auch der oberfle Abjchnitt des Meifes bes
legt. Um Sohannis oder auch eher, wenn ber
zweyte Trieb früher eintritt, wird LUmjchlag und
» Verband ganz abgenommen, und der um den
Abfa des Reiſes leer gebliebene Theil des Stams
‚mes ſchraͤg und glatt abgejchnitten, damit die
‚Wurförmlichfeit vermieden werde, und die Pfropfs
ſtelle beſſer uͤberwachſe. Um ſowohl das Ab:
ſchlagen des Reiſes vom Winde, als auch ſein
Vertrocknen von ſtarker Sommerhitze zu verhuͤ⸗
ten, ift es oft noͤthig, die Pfropfſtelle, aber ſehr
vorſichtig, leicht mie Baſte wieder zu umbinden.
Das Anplacken mit dem Haͤkchen iſt mit
dem erſten in allen Stuͤcken uͤbereinſtimmend,
nur unterſcheidet es ſich dadurch, daß kein Abs ⸗
ſatz. gemacht, dagegen aber beym Anfange des
Ä Zu: nn
446 2. Pfropfen.
Zuſchnitts bes Pfropfreiſes oben von unten bins
auf ein kleiner Einfchnitt oder ein Häfchen
gefchnitten wird; eben ein, ſolcher Einfchnitt .oder
- MBiderhäfchen wird am Stamme an ber aufge
fehnittenen Stelle von oben nad) unten zu ange
draht. Beyde Einſchnitte werden mit dem
Meſſer etwas abgezogen, damit: fie ben der Zufams
menfügung genau in einander ſchließen. Nach
dee Zujammenfügung, nad welcher gleich das
Reis am Stamme feft fist, folgt der Verband.
Das Anpladen mit dem Abfage wird gewoͤhnlich
bey den Steinobfibaumen, und das Anpladen
mit dem Häfchen bey den Kernobfibäumen ges
braucht; jedoch) lehren hiefige Erfahrungen, daß
legte DVerfahrungsart auch bey jenen Bäumen
ſich anwenden lafle. Beyde Arten aber haben
den Vortheil, daß fie fehr einfach und natuͤrlich
find; daß die Arbeit leicht und gefchwind forts-
ruͤckt; daß der Stamm nur wenig verwundet
—
und beſchaͤdigt wird, und daß endlich der Erfolg
dieſes Pfropfen vorzäglich begänftige.“
| Die von Hirfchfeld befchriebene zweyte
Art des Anpladens, nähmlich mit dem Haͤkchen,
iſt im Grunde feine andere, als die im T. Obſt-
Gärten. beym Copuliren befchriebene fränkifche
Wierhode, die Bäumchen zu veredeln, und. das, -
im Leip. Sntellienzs Blatte No. 8, 1795 beſchrie⸗
bene Anpladen, iſt von diefem Anpladen mit
dem Häfchen nur dadurch verfchieden. daf, indem
Diefes zwey Häfchen, eins am MWildlinge unten
und eins am Reiſe oben, diejes nur das am
Reiſe oben hat, welches mit feinem Keile- am
Wildlinge ſich fanft anfchmiegt und fchief ausläuft.
Bon allen Methoden, die Bäume zu vers
ebein, bleiben wohl, aufer dem Dfuficen, Das |
Holykſche Copuliren, das gewoͤhnliche Pfropfen
2. Pfropfen. 0.447
in den Spalt und in. bie Rinde, die vorzuͤglich⸗
ſten Arten, deren man ſich am mehrſten zu be⸗
—
theilt.
dienen hat. Die andern haben nur wenig Faͤlle,
wo fie angebracht werben und nüßfich ſeyn koͤn⸗
nen; und paffen mehr dazu, Fünftliche Verſuche
zu. machen und Erfahrungen aus ihnen zu fams
meln. Es ift daher wohl wahr, was der Herr
Pf. Ehrift in feinem Handbuche der Obſtbaum⸗
zuht S. 99 fagt: „Ich übergehe alle diejenis
gen Mechoden zu veredein, welche mit Rünfte
leyen und mehrern Einfchnitten verbunden find,
und nur mit mehrern Umfländen und Zeitvers
fplitterung dennoh zu einem und vdemjelben
Zwecke führen, ba ich auch wohl verfichert feyn
‚Tann, daß die allermeiſten Gartenfreunde und
Baumerzieher fich lieber des Fürzeften Weges
zum Ziele zu gelangen bedienen, und das Eins
fache mehr als das Gefünftelte fieben werden.“
Methde des Herrn Major von Truchſeß
gu Bettenburg beym Pfropfen feiner
u Bäume *), | |
Dem Herrn Major von Truchſeß fommt
es bey: feiner Methode zu pfropfen vorzäglich
darauf an, daß die Fibern des durdy den Spalt
getrennten Staͤmmchens mehr gefchnitten als ger .
riffen werben, weil, wie befannt, das mit Ges
walt Getrennte weniger zum Heilen oder Zus
fammenwachfen geneigt ift, als das Gefchnittene,
Er hat dem Herrn Pfarrer Sickler Solgendes
nebſt einer erflärenden Zeichnung dazu mitges
| Gemeiniglich, fagt er, wähle ih den Ort zur
fropfftelle über einem Eleinen Afte, Auge oder
norpel, melden ich auf der bintern Seite der
- Pfeopfftelle nehme. Bekanntlich if an diefen Orten
ein
i ®) Sidlers Teutſch. Obſtg. 15 B. 4St. 1808, ©.234f.
4482 Pfropfen.
ein ſtarker Bufub des Saftes. Oft entfichen an.
diefem durchſchnittenen Knorpel, Auge oder Aeßchen.
wieder Augen; diefe können dann abgebrochen wers
den, oder man läht auc ein Aeſtchen fort wachſen.
Die hemmt den Wachsthum Des Reiſes nice, zieht
vielmehr mehr Saft herbey und wird im Pünftigen
" AH weggensmmen.- Die abfihtliche Wahl dies
. fee Stelle verhindert auch das Aufbderften der Hintern
‚ Rinde, und befördert Das jchnellere Ueberwachſen.
der Pfropfſtelle. Siehe Fig. 6338. a.
Sehr vieles kommt auf den Anfag des Meſſers
an, wenn der Spalr gerathen, Die Rinde Hinten
nicht aufterften, und auch der Spalt nicht queer
reißen fol, der etwa fo geführt werden muß, mie
es 8ig. 0348. b. zeigt. Bey ſtarken Staͤmmen bediene
ib mid dev Bartenhippe zum erften Borfeanitt, und -
made ſodann die Vergrößerung Des Einſchnitts nach
unten gu mit einem fleinen geraden Mefler. Bey
diefen Cinſchnitt kann man gleid Darauf Ruͤckſicht
nehmen, nicht zu tief herabzufchneiden, damit das
Reis den ganzen Spalt einnehme und -aus;ülle, und
feſt, wenn auch nit ganz umten aufſitze.
Der Keil, den man in den Spalt fest, muß
nach hinten zu’ dünner feyn, damit jib der Spalt
vorn gern erweitert, und gegen die Küudfeite das
Aufreißen verhindert wird. Bey Eintreibung des
Keils mug man mit dem Daumen und dem Zeige
finger das Stämmchen hinten zufammendrücden, denn
font berſtet bey aller Borfiht doch gern die hintere
inde. Bey einen etwas fehlerhaften oder Frums
men Vorſchnitt, auch bey windifh gewachſenem
olze, reißt ſehr oft der Spalt bey Eintreidung des
eils fharf aus, aber dieß hat gar nichts zu fagen.
Sig. 6548. d. find zwey Pfropfreifer frag
gef@nitten, das eine mir zwey Abfägen an dem Keil
es Pfropfreifes, Das andere mit nur ſcharf anges
laufenuem Keil und beyde nach meiner Lieblingsart
mit dem unteren Auge einwärte getehtt. Dep Aus⸗
ziehung des Pfropfkeils ift etwas Vorſicht nöthig
damir das Reis nicht verräcdt wird... Der Kell i
am befien, wenn er aus Knochen oder Horn befteht,
eine gute Faßon ynd einen ftarfen Griff Hartz: ee
Fann leichter ausgezogen werden, weil er glatt ifk
und nicht zu fehr mit den Holsfibern zuſammenhaͤngi.
Big. 6548. c. if ein Stämmen, auf welches das
ie nn, Pleopfe
2 Pepe 449 5
Pfropfreis eingefegt if, an deſſen Spalt aber, ehe
es verbunden wird, erſt etwas Schilf angelegt more
‚den mit vollem Verband. Die Unterlage des Schilfs x
halte ich für ſehr dienlich. Ich pflege das Wade
nur nebenan zu drücken, damit die Eirfulation ın
.den Zafern der Holzrinde dadurch nicht gehindert
wirt, Bey ſchwachen Stämmen wird, :weil fie
nicht fo klemmen wie die ftärfern, dee Werband.
"etwas fefter angezogen. \
Eine vortheilhafte Art, die Bälme zu -
‚pfropfen, ift die, deren fich die Tartaren in der
Krimm, befonders zu Bachtſchi⸗Sarai bedienen,
und welche darin beficht, daß man das Meid
faſt eine Spanne tief unter bee Erde in die
Wurzel des Wildlings ſetzt. Dadurch erhält
man nicht nur viel gefundere Stämme, fondern
das Pfropfreis felbft fchlägt mit ber Zeit einige
Wurzeln, und wird deito Bauerhafter.
Mach den Bernerfurigen des Heren Vikar
Lenſing's laffen fib in der Baumſchule noch
im ganzen Junius die Stämmihen, deren Pfrapfs
reifer nicht angefihlagen find, von neuent wieder
_ pfropfen, wenn man nur gute Reiſer vorräthig
bat, und dieje geben den früher veredelten an
Wachsthum nichts nad, Beſonders gilt dieſes—
" Son Apfelſtaͤmmchen, weil ihre Dieifer am länge . -c”.,
ften gut bleiben, |
Weber die Beefendung und Aufdewahrung
“der Pfropfreiſer im Winter.
— WVerſchiedene Domologen und Liebhaber der.
Obſtkultut haben ſchon einige Arten angegeben,
- wie man die Pfropfreifer mit Vorſicht den Win-
ter ber, bis zur Veredlungszeit aufbehalten,
md foiche im firengften Winter in die entferne
""teften Gegenden verſenden könne, ohne daß dies
-" felben vom Froſt und Kälte Schaden leiden.
Vet. techn Enc. Cxti. Chel. Bf Man.
450 | 2. Pfropfen.
Manche wollen, daß man bie Edelreſſer,
wenn fie im Jänner und zu Anfange des Febru«
ars gefammelt worden, den Winter über ' in
einem mit Erde angefüllten Blumentopf im Kel:
ler aufbewahren, oder fortenmeije in Mons ein«
hällen, und fie aufgeridhtet an die Wand einer
lüftigen gegen Dlorden gelegenen Kammer Hin
fielen, das Moos, wenn es troden worden, von
Zeit zu Zeit ein wenig mit Waſſer befprengen,
und, wenn fieim Winter in entiegene Gegenden
verſchickt werden follten, ſtark in gelinde anges
feuchtetes Moos einpaden folle. Auf diefe Art
fünne man die Neifer bis in die Mitte bes
Sommers erhalten, aud) mährend des Winters
. an andere Derter verfenden, ohne zu befürchten,
daß fie auf ihrer Reiſe durch Froſt und Kälte
leiden werden. |
Undere bingegen verlangen, daß die im Des
cember gefarrmelten Reiſer ım trodenen Sande
in einem nicht dumpfigen Keller aufbehalten,
und wenn fie über Winter verfendet werden
follten, auf oben ermähnse Art in feuchtes Moos
eingepadt werden müßten. |
Allein alle diefe Arten. der Aufbewahrung
und Verſendung der Edelreifer im Winter vers
dienen nach des Herrn Doctor Hennigs Er:
fahrung ”) keinen Benfall, weniaflens find ibm .
feine damit angeftellten Verſuche felten gelungen.
Reiche Mühe und Achtſamkeit ift nicht dabey
nörhig, um nur die Erde in den Töpfen ohne
Moder, das Moos immer mäfig feucht, und
den Sand troden zu erbalten, und wenn man
auch alle Sorgfalt darauf verwendet bat, fo fin«
det man doch zuleßt, daß die Reiſer zur Ver⸗
edelung
©) an fche Gidters Teutſch. Obfgärtn. XI. 8. IT.
Et. 1800 ©. of. u
3; Pfropfen?. GT:
ebelung ımbrauchbae find; Die Rinde, ober
Borke der: Meifer, wird ſchtumpfig, jchimmlich,
“und modrig, und’ die äußere Hülle des Auges
fiodig, wodurch endlich der darin fliegende
Keim, in welchem die ganze Lebensöfonomte des
künftigen Baumes verborgen ift, fo: angegriffen -
wird, daß er fich nach der gefchehenen Werede:
lung, meil ihm die innere Wirkungskraft erits
zogen worden, nicht entwideln kann. Oft tree
sen die Meifer vor der Zeit in Saft, die Augen,
wenn fie auch von dem Moder, oder Verſchim⸗
“meln verfchont geblieben, fangen an zu quellen
und auszufeimen. Sie ſchlagen alfo nachher bey
der Veredelung nicht aus, und koͤmmt ja ein
oder das andere Meis davon fort, fo entſteht
daraus ein krankes Baäumchen, das ſchon in
der DBaumfchule im erfien oder hoͤchſtens im
zwenten Jahre wieder dahin flirbr, und dem man
es gleich anſieht, daß ihm ſchon bey der Verede⸗
“(ung der Tod einaeimpft worden.
„Diefen Uebeln habe ich bey meiner Baums
zucht dadurch auszumeichen gefucht, fagt Herr
Doct. Hennig, daß ich immer meine Edelrei⸗
: fer, ehe ich noch ein anderes bewährtes und
zweckmaͤßiges Mittel zu deren Aufbewahrung aus⸗
-findig machen fonnte, zur Zeit des Pfropfens,
des Copulirens und Deulirens im Winter, ents
weder gleich) von den Mutterflämmen genommen,
. oder folche, nach der ‚bisher uoͤblichen und nicht
‚ gänzlich zu verwerfenden. Merhode, im Garten,
unter frenem Hımmel an einem fehattigen Drte
bis zur Hälfte ihrer Länge nad,, in die Erbe
geſteckt, und fie dafelbft bis zum Gebrauche liegen
laffen, ob ich gleich geftehen muß, daß auch das
durch viele Neifer verloren gehen, und nicht alles
mahl vor dem Verderben geichäßt werben. Das
ir | Ba Öftere
.ı \ —
J 452 | | 2: Mroßfene
„dftere: Gefrieren, Wiederaufthauen, Schnee,
Nuaͤſſe und Glatteis ift den .eingelegten Reiſern
„offenbar ſchaͤdlich, obgleich viele Baumerzieher
ſolches bezweifeln wollen. Ditjenigen Augen,
: welche in der Erde gelegen, und oft die beften
‚find, fchlagen beym Veredeln felten an, und
wenn auch manchmabl einige bavon bekleiben,
und ihre Bluͤthen kuͤmmerlich austreiben, fo
. gehen fie ſchon bey der erften eingetretenen Som;
‚mergige berloren. Iſt der Winter, wie der
vergangene, firenge und bie Kälte groß und ans
;haltend, fo kann man immer auf fämmtliche in
der Erde verwahrten Reiſer Verzicht leiften.“
„Wer bloß die DObftforten, die er in feine
Baumgarten hat, ober in der Mähe von, Obſt⸗
freunden befommen fann, fortpflanzen will, dee
hat eben nicht nöthig für die Aufbewahrung
der Edelreiſer aͤngſtlich zu forgen, weil er ſolche
gleich zur Zeit der Veredelung ohne viele, Mühe
haben, und von dem Mutterſtamme abbrechen.
kann. Diejenigen Liebhaber der Baumzucht aber,
die auch fremde und unbekannte Obſtſorten ans
"sieben und einheimifh machen wollen, haben
Kon mit mehreren, und zumeilen unangenehmen
Umfländen zu kaͤmpfen, weil fie die Edelreijer
nicht immer fogleich in der Naͤhe haben koͤnnen,
fondern folhe erft mit Mühe und vielem Kos
ſtenaufwande aus der Ferne verfchreiben, und
Daben gar befürchten müflen, daß fie, wenn fie
nicht vor dem Froſte tüchtig verwahrt, und
unter Weges gegen Waͤrme gefchüßt werden,
auf der Reiſe verderben, auch "dann, wenn fie
gut angefommen;,. für die weitere fichere Aufbes
wahrung derfelben, wenn fie folche nicht. fogleich
! verbrauchen koͤnnen, forgen müflen, um fie von
dem Derberben zu retten.“ an
„Um
2 Pfropfen. u 453 |
"lm. nun hen unangenehmen' Felgen, be:
nen ber Daumerzieher bey. Unserhatsung ;riner -
weitläuftigen Baumfchule -ausgefeßt iſt, wenn er
ſeine Evelreifer den Winter: über nicht ‚gutzaufe
bewahrt hat, ficher auszuweichen: ſo bringe ich
‚folgendes. bewährte und auf ‚eigene Erfahrung
fid) gründende Mictel. in Verſchlag, wie man bie
Edelreifes. den: Winter über. ficher conſerviren,
und ohne allen Schaden, während des Winters
in die entfernteiten Gegenden verſchicken koͤnne.“
„Ich pflege meine Edelreiſer, dveren:ich.mich
zur Wintercopylarion, und ber von mir im T.
D. G. befannt gemachten Winteroculation bes
biene, gleich im Herbſte nach abgefallenem Laube,
und ehe noch Froſt und Kälte eintreten, zu
ſammeln. Lege fie einſtweilen, wohl fortirt, an
einen fchattigen Drt,- und bedecke fie ‚mit ein
wenig Erde, Sobald ſtarke Machtfroͤſte „und
Kälte ſich einfinden, dann nehme-ich ſaͤmmiliche
Reiſer wieder heraus, binde jede, Obſtſorte; mit
einer Nummer hezeichnet, mit Baſt zuſammen,
. und umwickele jede Sorte beſonders, einigemahl
in Pads oder anderes fiarkea mit Baums oder
anderm Dehle wohl getränftes Papier ein. Dann
werden ſaͤmmtliche Sorten, wenn fie vorher in
ein Bund zuſammen gebunden worden, in Moos
eingepackt und in der Baumfehufe, oder fonft
‚. im Öarten an einen fohidlihen Ort, mo man
vor den Mäufen, die dem Geruche des Oehls
nachgehen, ſicher -ıft, fren und bis zur Verede⸗
lungszeit hingelegt. :Auf diefe Art und Weiſe
habe ich den, ganzen Winter ruͤber geſunde -und
friſche Reiſer. Keines derjelben, wenn es fonft-
nur unbefchädige vom Mutterflamme gefommen
ift, geht verloren, . Die Kälte und ber FKroft mag
noch fo Keftig. und anhaltend: fepn:: Das Oehl
Ä ee BE. melden
:484 8: Pfropfen.
. widerſtehet, feiner. Natur nach, der Heftigkeit bes
Froſtes und ver’ Kälte ſowohl, ale dem Aus
trodnen und Eindringen der Feuchtigkeit, mits
: "Bin man chne Bedenken die Meiier fiher unter
‚fregem Himmel im Schnee und Megerf liegen
laffen fann. Sie werden immer fo gefund und
friſch bleiben, ats wenn fie erft vom Baume ge
nommen wären. Auf diefe Ark tahn man aud
“ im Härteften Winter die Edelreiſer an entfernte
. Obſtfreunde verſenden. Sie werden allemahl,
wenn ſie nur unter Weges vor Stubenwaͤrme
0
1.
%
be
gefichert werden, unverleßt an Ort und Gtelle
"? gelangen, wenn fie auch eine noch fo weite Reife
u maden hätten. —
Das Dfropfen der Baum⸗ ſou abrigene
nach des Plinius's Erzählung ) auf fols
gende Weiſe etfunden worden feyn. Ein
auer, der:’fein Haus mit einen Zaun umge
:" ben wollte, hatte den Einfall, - Stämme von
Epheu in die Erde zu legen, und die äußeren
Enden ber Pföhle an feinen Zaun darin zu be
“ feftigen, damit er länger dauern möge. Diele
> Mrähle, die er dem Anfcheine nach ganz grün
: gepflanzt hatte, Feimten wieder, trieben Zrokige,
und mar ſchloß daraus, daß ſie ſich in den
:= Epheuftämmen: fo gut, wie in der Erbe, ge:
noͤhrt hatten, welches Gelegenheit gab, bie
1 Zunft zu pfropfen zu erfinden. Goguet vers
wirft billig dieſe Veranlaſſung als unzureichend ).
Lucrtetius ") gibt eine gluͤcklichere Vermu⸗
thung an. Boguet glaubt, daß die in ein⸗
| an—
1) Plin. N, Hift. Tib, XVII. feet: 24. edit, Bipeont. ı 83.
2) Bosuet som: "rtorange der Gehege, 7. Th, IL 1% 1
Kay. 5. Artik. G. 117.
3 Lucretius Lib, V. v. 1360. ſeq.
⸗
Pfeopfhammer. Pfrorfreis. | a5.
ander. gewachienen Aeſte von verschiedenen Baus.
men zum Pfropfen Veranlaſſung gegeben has
ben, weil man an biefen Aeſten weit ſchmack
haftere und größere Früchte fand ). Das-
Pfropfen der Bäume war bereitd ben Griechen
‚und Römern befannt, denn Heſiodus ?’),
Virgil ), EColumella’) und Plinius‘")
gedenken deflelben. Die Homer fchreiben Die
Erfindung diefer Kunft dem Saturnus zu’);
auch die Pomona, bie unter dem Procas,
‚einem Könige ber. Lateiner lebte, der von 3234
bis 3266 regierte, verftand fehon dieſe Kunft ”).
Pfeoptbammer, ein Hammer, der an einem Ens
. de’ eine fpigige Sinne, an dem andern eine
-ı breite. Bahn. hat, und gebraucht wird, ſchad⸗
Bi Schiffe ‚oder Kähne mie Pfropfen auszus
ern.
Divopfkcil, ſ. im Art. 2.Pfropfen, oben, ©. 409%.
p: ropflehmen, eine Mifchung aus Kuhmiſt und
Lehmen, welche. häufig ftatt des Baumwachſes
beym Pfropfen gebraucht wird; ſ. oben, S. 418.
Pfropfmeiſſel, ein langer eiferner Meiffel, der
unten zwey Finger breit, etwas did und feharf,
eben hinaus abes nad) und narh hänner wird,
damit im Ausziehen bey dem Pfropfen bie
Pfropfreiſer nicht verruͤckt werden, .
Dfiofaie, ſe im Art. 4. Propfen, oben, ©.
"Pfropfteis, ein Reis, di, jähriger gZweig mit
Knoſpen, welcher auf ‚ober in den Stamm eines
fg . an
“ Bössueta 4. ©. u a ——
1.) Giche Menkline Ikev. Prag ein
63 Visgil, Georg. II, 73 En:
“ONE umelda IV V. 26; Bi Tr S br a Bu
u —X NH Lihy IT, feat, DL, pdit, nt, 1783
| Macrab, Sat. J. — Mytholo age e ©. 5:8.
9, Ovid, Met. XIV. v, 630, 6
46 Pfropfſaͤge. Pfründe,
— Baumes gepfropft wird; ſ. daſeltſt. €.
449.
ge : dafelbft, ©. 4 10.
Pfropfſch te, eine Baumſchule von jungen ges.
pfeopften Stämmen, oder auf welche doch ge: '
pfropft werden fol; zum Unterfchiede von einer
Samenſchule.
pfropfwachs dasjenige zubereitete Wachs, wo⸗
mit die durch Pfropfen entbloͤßte Stelle eines
Stammes verſtrichen, und dadurch vor der Naͤſſe
en wird; Daumwadhe, S. im Art. Oft,
103, ©.
Pfropfzeit, diejenige Zeit, welche ſich am: beſten
dazu ſchickt, junge Baͤume durch das Pfropfen
zu veredeln; man ſehe im Att. 2. Pfropfen,
©: 420 fl.
Pfropfzieher, ein Werkzeug, bie Korkofropfen
damit aus den Bouteillen zu ziehen; der Kork⸗
ieber, Niederſ. Buttelworm, von Buttel, eine
outeille, weil er aus einem oder zwey ſchlangenfoͤr⸗
mu gekruͤmmten ftarten Drahten befteht, melche
übrigens bekanntlich an einem Handgriffe befe⸗
flige find.
Pfruͤndeollatur, beißt im Oberdeutfchen bas Pas
tronatrecht, Der Kirchenſatz.
Pfruͤnde, ein Wort, welches in der rdmiſchen Kie⸗
“he am uͤblichſten iſt, den Unterhalt zu begeiche
nen, welchen jemand auf Lebenszeit aus einer
geiſtlichen Stiftung genießt, ingleichen ein Theil
bder Kirchenguͤter, ein geiſtliches Amt, ein mit
Einkuͤnften begleiteter Ditel, ſo fern ſie jmanden
den noͤthigen Unterhalt gewaͤhren. So werden
die Bißthuͤmer, Abteyen, Priorehen, Pfarren,
Canonicate u. ff. in Anſehung bes —8*
welchen fie ihren Beſttzern gewaͤhren, Pfruͤnden
aehann. Eben dieſen Nehmen Me eine
te
2 Puh? 987
= Stelle: in einem KHofpitefe: oder, net, andern
aͤhnlichen Stiftung, welche. jemand dürch ‚Kauf
. oder auf-andere Art erhält, in Anſehung des
Unterhalts, melden ihm dieſelbe gewährtz: im
: welchem Verſtande es auch im. der evangelifchen
* Kirche üblich iſt. Im mittleren Lateine Prae-
- benda. und. Baneficium. Daher der Pfründs
ner, derjenige, welcher eine Pfruͤnde beſitzt,
weicher feinen Unterhalt aus Finer ..geiftlicheg
Stiftung hat,:-befonders fo: fern er:.zu:Fei
Amtsverrigtung verbunden iſt B sur! kun
| Was in Anfehung der Pfränden, .fo fern -
. man ‚Pfarren und andere geiſtliche Etiftungen
* Darunter verfteht, vordem in der: bmifchen Gire
de Rechtens war, befonbers in Hinſicht der -
. Bereinigung und der Zerſtuͤckelung derſelben,
findet man. in der deutſchen "Encyklopädie. oder.
allgemeinem Neal: Lericon aller Künfte und Wiſ⸗
fenfchaften, 17. Band, .Srauffiirt a. M. 1793:
Fol. ©. 504 fl. aus. einander gefeßt. In den
.. Jeßtern Jahren find die Pfränden in den ka⸗
thofifchen Ländern durch den Drang ber: Zeits
umftände immer mehr. ‚dem. &utbefinden . up
» Zandesregenten unterworfen worden, daß es jetzt
.. vielleicht weniger "darauf ankommt, welche Rechte
ihnen der pähftfihe Stuhl nach und nach den:
. gelegt habe, als darauf, welche Verfügungen der
Staat in Betreff verfelben nöthig finde; und
es ſcheint mie daher Überfläffig, diefe Materie
ausführlicher .zu berühren. :: : . Ä
Pfuchzen, ahmet den. Laut nach, welchen - bie .
: Hagen machen, wenn fie ſich gegen einen Hund
u a Sfs5: ders
Eee rt Be a
es gemeldiglich von dem ſchon gedachten lateiniſchen Prae-
benda ableitet,
458 Pfubeifen. Pfuͤhl.
vertheidigen, welcher dem Nieſen aleichet: Di⸗
KRatze pfuchzet. Im Oberdeutſchen, wo es auch
. niefen bedeutet, pfuchezen, im Ital. ſcuffare.
Im Niederſ. iſt pruften ſowohl pfuchzen als
nieſen. Im Hochoeutichen lautet es im gemei⸗
nen Leben auch pfutzen und pfautzen. Daher
jemanden anpfuchzen, oder anfutzen, ihn un⸗
geſtuͤhm anfahren.
fudeiſen, ſ. Pradeifen, Th. 109 ©. 347.
fuhl, in der Bankunſt, f. Pfuͤhl.
Pfuhl, eine Sammlung Waſſer von geringem
Umfange, weiches feinen Abfluß hat. Ein Re⸗
genpfuhl, eine. ſoſche Semmlung von zufams
men gelaufenem Regenwaſſer. In engerer Bes
ddeutung, eine folhe Sammlung unreinen oder
ftinfenden: Maſſers. Der Miſtpfuhl, das auf
dem : Hofe von dem Miſte zuſammen gelaufene
Waſſer. In der deutſchen Bibel wird die Hölle
.; Der feurige Dfubl genannt, .S. Pfüne, wel
1..ches 'mit diefem Worte oft gleich bedeutend ges
braucht wird. Im Lat, Palus, im mittlern Lat.
Faulnium.
Pfuͤhl, ein Wort, welches eigentlich ein jedes auf⸗
geſchwollenes, hervorragendes erhabenes Ding
„. bedeutet; aber nur noch :in. einem doppelten
Verſtande gebraucht wird.
"2. In der Baukunſt wird von einigen, z.
- DB, dem Goldmann, ein jedes rundes Glied,
.. welches einen halben Zirkel ausmacht, der Pfuͤhl,
oder nach oberdeutiher Mundart der Pfuhi
genannt, wofür doch das Wort. Stab uͤblichet
it. Bey dem Vitruv. age, ein ſolches Glied
Morus. Der Wilſt it eine Art deſſelben, und
wird auch der Viertelſtab genannt.
72 Ein. Bert oder Kuͤſſen, darauf zu ru⸗
| ben, pr es ehedem in der weiteſten Bedeutung
dieſer
#-
Pfuhlbaum. 1. Pfund. 459
..biefee Woͤrter Äblih mar. Daher 'iſt in ber
Heergewette der Heerpfuͤhl, ein wohl. bereiteres
.. Bett nach dem beiten. Beſonders wird es im
Oberdeutſchen von einem jeden Kıflen oder Pol,
ſter gebraucht. Der Bankpfuͤhl, Senfterpfühl,
Stuhlpfuͤhl u. ſ. f. Im Hochdeurfchen ift der
Pfuͤhl das Mittel zwiſchen dem größern Betie
: und dem fleineren KRüffen, und dasjenige Stuͤck
: eines (Beberres, welches die Breite eines Kopfe
föflens har, aber weit länger ift, und ſowohl
‚ unter ven — als sus unter die Süße gelegt
. wird: der Ro u J.
Im 7 — Beer Pöhl. oder
Päpl.*), im Englifpen Pillow, im Holländ. Peuluw,
im 2at. Pulvinus und Pulvinar.
Pfuhlbaum, auch Pfüblbaum, im Bergbaut 1)
"ver Baum, woran fid) der Korb eines Goͤpels
befindet. 2) Diejenigen horizontalen: Ballen,.
sborin die Haſpelſtuͤtzen eingezapft find.
‚Pfübteifen, f. Pfadeifen. 0
Pſfuhlfiſch, Fiſche, welche fih in Pfuͤhlen aufhal⸗
ten, in Pfuͤhlen gefangen werden. Von einigen
wird auch der Peißker oder Beißker fo genannt.
Pfuhlicht, einem unreinen Pfuhle ähnfih. "Das
Waſſer riecht oder ſchmeckt pfuhlicht.
Pfuhiſchnepfe; eine im nemeinen Leben übliche
Benennung' derjenigen Schnepfen, welche ſich
gern an Pfüplen und Suͤmpfen aufhalten, und
melde auch Riethſchnepfen . genannt werben;
Daher ‘bald die arofe Doppelfilinepfe, Bald bie
kleinere Heerſchnepfe oder Simmelsziege, fo wie
noch andere GSchnepfen unter diefem Nahmen
vorkommen. 0
2..Dfund, ein nur im Bergbaue uͤbliches Wort,
vo es ein gewifles Holz an dem Blaͤuel iſt, wors
in ber frumme Zapfen herum geht.
. lg 2
) Es if eigentlich ein Mittellaut zwiſchen $ und aͤ.
Gi.
R
40 -2: Pfund, 3. Mund;
a. Pflind, ein Schlag; ein nur noch bey : ben
Jaͤgern :übliches Wort, wo Diejenigen Gteeiche
mit dem Weidmeſſer, mit welchen: die Fehler
wieder die Weideſprache beſtraft werden,” und
deren gemeiniglich "breg find, .Dfunde heißen.
Die Pfunde befommen. "Jemanden die Pfun⸗
"de geben, Das folgende Pfund wird, jo.wie
Maker und Schilling zwar zumeilen auch von
"einer gewiſſen Zahl, und folglich auch von einer
*
1 .
beſtimmten Anzahl Streiche gebrauchtz allein
hier ſcheint es doch ein eignes dahin nicht ge⸗
hoͤriges Wort zu ſeyn, welches zu dem noch im
Schwed.“ uͤblichen bana, ſchlagen gehoͤrt, und
wovon ünfer bamſen und wamſen Sntenfie
find.
,‚ Pfund, ein Wort, welches ehedem die Schweie
und ein ſchweres Ding uͤberhaupt bedeutet haben
mag, jetzt aber nur noc, eigentlich von einem
beftimmten Gewichte gebraucht wird, figuͤrlich
aber auch eine Art Münzen, eine Zahl und
ein Maß bedeutet.
ı) Ein Gewicht, eine beſtimmte Schwere
zu bezeichnen, mo ed wieder mehrere Arten -vom
Pfunden gibt.
a) Die größte Art dieſes. Gewichtes iſt
das ſogenannte ſchwere Pfund, wornach die
Frachten, ſowohl zu Waſſer als zu Lande be
rechnet werben, daher es aud) das Sch nd
genannt wird. Es hält ungefähr drey ZJentner,
iſt ſich doch..aber nicht an allen Orten gleich.
In Celle hat ein Pfund ſchwer oder ein ſchwe⸗
res Pfund 320, in Qsnabruͤck und Hildesheim
300, an andern-Drten aber nur 280 sewöhne
- liche Pfunde, in der folgenden Bedeutung. Man
fee den Art. Schiffpfund, welcher Nahme in
ben meiſten Begenden üblicher iß op
3, Pfund. 461
by Das gewoͤhnliche Pfund eder Aramerr
pfund, welches im Handel und Wandel durch
ganz Deutſchland uͤblich iſt, und allemahl unter
dem Worte Pfund ſchlechthin verſtanden wird,
iſt ein weit kleineres Gewicht, aus welchem alle
groͤßere Gewichte zuſammen geſetzt ſind. Es
wird gemeiniglich in 16 Unzen oder 32 Loth
getheilt, iſt ſich aber auch nicht an.allen Orten
in der Schwere gleich. Es bleibt, fo wie in
der vorigen und allen folgenden Bedeutungen,
wenn es ein Zahlwort vor ſich bat, im Plutal
underändert, welches es mit allen andern Woͤr⸗
tern, welche ein Gewicht, ein Maaß, eine Zahl ıc.
bedeuten, gemein hat, Zwey Pfund, nide
‚Pfunde. Die Sache wäger ſechs Pfund. Kin
Viertel Pfund. Kin Pfund Brot, Sleifh sc .-
Ein Pfund fdywer, im Oberdeutfchen eines
Pfundes ſchwer. Etwas nach dem Pfunde |
kaufen. Wenn fein Zahlwort vorhergeht, hat
es feinen ordentlichen. Plural, Rechte Pfunde
- follen bey euch feyn, 3 Mol. 19, 36. d. i.
MP fundgewichte, Gewichte, melde ein Pfund
sorftellen. ey oder nach Pfunden verkaufen,
Wie ungleidy nun die Pfunde in den vers
ſchhiedenen Orten Eurepens find, und auch in -.
Frankreich und den Übrigen Ländern waren, die
das neue franzöfifche Mag und Gewicht (f. Th.
85, ©. 289 und 304 fl.) ſchon angenommen
. haben, wird man aus nachfolgenden Angaben
feben, und dabey münfchen, daf man fic ullent:
halben über die Annahme eines gleichförmigen
Maßes und Gewichtes vereinigen Fünnte, um
den mancherley Verwirrungen, die aus ten hun:
bertfältigen Verſchiedenheiten derfelben entfliehen,
fernerhin vorzubeugen,
. Das
462 3. Pfund.’
Das Pfund enthält nun nach holloͤndiſchem
Troys: Gewicht an Allen in Aachen 97285 Air
8506 ; Alicante, großes 11062, fleines 7371;
Altona 100805 Amberg 124805 Amſterdam
. 10279; Ancona 6988 ; Anfpady 10608; Ant⸗
werpen 9697; Apothekergewicht in Deutfchland
74575 Archangel8512; Arfcott96g7; Augsburg,
ſchweres 10232; leichtes 9837; Aurich, Hause
gewicht 10336, Waaggewicht 113705 Avignon
82035 Bamberg 10103; Barcellona 6430;
Darlerta, peſo groſſo 176085 Bafel 10202;
Baſſano 71055 Baußen 9020; Bayonne
102025 Banreuth 107705 Bergamo 66035.
Bergen in Norwegen 10388; Bergen op Zoom
9900; Bergftadt 10490; Berlin 97485 Bern
10840; DBenersdorf 10608; Beziers 10202;
Bilbao 10202; Eiſengewicht 9580; Bifenzona
10202; Bologna 7537; Boßen 10426; Yours
deaur 10228; Braunſchweig 9716; Bremen
10387; Brescia 6810; Breslau 8434: Brügge
95975 Bruͤſſel 56975 Cadix 9550; Calabrien
6877; Calais, ſchweres 10610, leichted 97655
Camenz 9687; Campen 9787; Eanarifche In⸗—
fein 6564; Canea 7052; Capua 3902; Cartha⸗
. gena 9569; Caſchau 11539; Eoflel 6589; Ca⸗
ftilien 9580; Catalonıen 6644; Sambery 9827;
Chur 10824; Civita Vecchia 10080; Coburg
10608; Colln 9728: Comes 6456; Conftanz
9822; Corfu 8500; Corſica 71665 Kortryf
6111; Koftiniz 9822; Cracau 8426; Cremona
6822; Erems 11656; Eulmbad). 107705 Däs
nemarf 103985 Danzig 9062; Delft 20279;
Deventer 97875 Dieppe 102865 Dinfelfpiel
- 102005 Dipmunden 89815 Dordredht 10279;
Dornif 8858; Douvers 9376; Dresden 97195
Dublin 94445. Duynkirchen 9081; Edinburg
102335
3. Pu 463
10233; Eger 12839; Elhingen 8342; Eniden
10336; England Troy 77705. Avoir du pois
9444; Eperied 104905 Erfurt 9822; Erlangen
10628; Falmouth 94445 Fano 6934; Ferrara
7068; $lorenz 72735 Forli 6854; Sranffurt
am Mayr, Zentnergewiht 10595, Pfundge: .
wicht 97205 Frankfurt an der Oder 9738;
Freyberg 11166; Sreyburg 9907; Gata 6138;
Gefrees 10770; Geldern 9714; Geneve, großes
‚31477, kleines 9564; Genua jchmeres Schaals
gewicht 7140, leichtes Schaalgewiht 6720;
Gerolzhofen 97545 Ghend 9697;. Gibraltar
"9728; Ölaz 10490; Goͤrlij 90205, Goldkronach
- 10797; Sothenburg, Viktualgewicht 9848 ,. Eir _
fengewicht 7078; Granada, ſchweres Gewicht
10391, leichtes 9248; Grodno 97913 Groͤ⸗
ningen 10182; Haag 10279; Hamburg Hans
delsgewicht 10080, Coͤllniſches Gewicht 9728;
Hannover 101295 Haarburg 10150; Harlem
10279; Haffurt 10608; Hapre de grace 10202;
Herzogenbuſch 9702; Heidelberg 10500; Hils
desheim 97165 Hof. großes 13260, kleines 11934,
Kramergewicht 106085 Hull 10080; Jereslaw
8400; Sifufh 10198; Irrland, Avoir du pois
. 2113335 Kiel 9916; Kißingen 106085 Koblin
9674; Königsverg neues Berlinergewicht 9748,
altes 9713; Kopenhagen 10388; Krems 11787;
Lauben 8719; Leipzig, Fleiſchergewicht 10179,
SHandelsgewicht 97165 Lenden 9697; Leutſchau
10490: Libau 8578; Lindau 9558; Linz 11787;
» Lion, Stadtgewicht 8840, Seidengewicht 9564 5
Liffabon 9560; Livorno 71315 Löbau 97165
Löwen 9697; London, Avoir du pois 9444.
Königsgewicht 14166, Trongemicht 77705 Lo⸗
. zient 102025 Lublin 8288; Lucca, Handelsge:
+ wicht 7746, Seidengewicht 6943 3 Lucern 1039 I ;
u Ä Luͤbe
464 J 3. Pfund.
a Luͤbeck 100553 Luͤneburg 10125; Luͤneburg an
der Ilmenau 8742; Luͤttich O703; Madera 9066;
Madrit 5580; Magdeburg 97485 Mahon 9255;
- Maforca 87465 Malaga 9580; Mannheim
‚10299; Mantua 6854; Diarfeille 8358; Maſſa
92585 Meceln 96975 Meißen 98224 Memel
: 8594; Memmingen 10655; Dieflina gu 13 0m
cen 6610; Mittelburg 97385 Milano, Peſo for:
. tile 6822, Pefo groffo 15918; Minorca 9255;
Modena 67025 Monaco 68945 Mons 67185 |
Montpellier 8470; Morea, Handelsgewicht 8316, :
Seidengewicht 10395; Morlair 102025 Moſcau
8512; Münchbera 10779; Münden 11671;
WMuͤnſter 9916; Namur 9799; Nancy 10202;
Mantes 10202; Mapoli 66775 Narva 97385 .
Naumburg 9716; Meucaftile 10080; Neufchatel
108425 Neuhoff 10608; Neumark 101403 Meus
ſohl 10432; Neuſtadt an der Aifch 210608 ; Nim⸗
megen 102995 Nizza 64535 Nordhauſen 9728;
Nördlingen 102005 Norwegen 103885 Movi
68945 Mürnberg 10610; Ochſenfurt am Mapn
10608; Ofen 10228; Oldenburg an der Hunte
20279; Orleans 10286; Oftende 96975 Dfters
lohe L0608 ; Dubdenarde 91113 Paderborn 99163
Padua 6932; Palermo 6610; Paris, Hanpelss
gewicht 10202, Ülebicingewicht 76483 Parma
"056; Paflau 9996; Patraffo, Handelsgewicht
. 8316, Geidengewidht 103955 Pernau :8670;
Perugia 7257; Piacenza 67145 Piemont 7730; '
Pillou 8311; Piſa 67795 Pontremoli 7145;
Porto 8960; Pofen 8288; Prag 106905 Prefr
burg 11616, Magufa 75605 Navenna 6233;
Mecanati 68575 Megensburg 116715 Reggio
6866; Reval 3960; Riga 87015 Robit 9983;
Rochelle 102025 Mom 73455 Roſtock 10634;
Rothenburg an der Tauber 10608; Rotterdam,
Ä ſchwe⸗
3 Pfund. 468.
ſchweres 10279, leichtes 9789; Monen, Poids
de Marc 10202, Poids de Vicomte 108314;
Roveredo 7088; Rußland 8512; Ryßel, ſchwere
9672, leichte 89495 Salee 9728; Saliburg
11652; St. Gall, ſchwere 12164, leichte 9678;
St. Lucar 9787; St. Malo 10202; St. Per
tersburg 8512; St. Nemo 6894; St. Seba⸗
ftian 10202; Saragoffa 6485; Sardinien 8343 ;
Schafhaufen 95645 Schottland, Avoir du pois
9444, Troy. 7770; Schweden, Viftwaliengewicht,
8848, DBergmwerksgewicht 7822, Landſtaͤdtege⸗
wicht 7450, Stapelftadt» oder Eifengewicht
"7078, Apothekergewicht 7416; Schweinfurt.
10608; Scio 10310; Sevilla 9580; Gicilien
6610; Siena 93095 Spanien 9580; Speyer
106085 Stade 9886; Stettin 9786; Stock⸗
holm, Viktualien 8348, Eiſen 70785 Stral⸗
fund 10059; Strasburg, ſchweres 10202, klei⸗
nes 9812; Surinam 10279; Syracuſa 68005
, Zanger 10011; Teneriffa 9555; Thorn 9766;
Tonloufe 86535 Tortofa 63395 Toulon 89305
Tournan 90615 Trevigo, fhwere 10752, leichte
70743 Trieſte, Siener 11690, Venez. groſſi
9955, ſottili 63003 Turin 7680; Um 97545
. Dalencia, große 11062, fleine 7371; Valencien⸗
nes 9797; Venedig, Peſo groflo 9955, Peſo
ſottile 6300; Verona, Pefo groffo 10350, Peſo
ſottile 69245 Wicensa, ſchwere 10143, leihte
„ 7074; Vliffingen 9692; Warſchau, Fleine 7863;
Wiburg 84505 Wien 11690,. Safran 10608;
‘
berg 97015 Wunſiedel 14759; Würzburg, Kra⸗
‚mergewicht 9926; Ypern 8960; Yvica 9633;
. Zante 9955; Zefalonia 99555 Zelle 10150;
Ziriczee 9081; Zittau 9735; Züri 10998;
Zytphen 9717; Zwoll 9787. |
; Os. iechn. Enc CALL Theil, ©g c)
8. 3 Pfund.
„Pfunde zu. überfegen pflegt, gehören vermuth⸗
- Sich zur ‚folgenden dritten Bedeutung.
| h) Figuͤrlich bedeutet.es, nad) dem Mufter
des Sriechifchen Talent, das einem jeden mits
‚getheilte beſtimmte Maß natürlicher Fähigkeiten,
doch nur in. den aus Luc. 19, 23. entlehnten '
Redensarten, mit feinem Pfunde wuchern,
fein Pfund gur anlegen, feine Gaben zu feis
‚nem und anderer. Mugen pflichtmaͤßig anwenden.
3) Da. das Pfund in den beyden vorigen
.: Bedeutungen allemahl eine beftimmte Anzahl
Unzen oder Muͤnzſorten in fich begriff, fo wur:
. De diefes Wort ehedem auch fehr häufig gebraucht,
-_ eine gewiſſe beftimmte Anzahl zu bezeichnen. So
‚dt im, mittleren Lateine Libra annorum, und
Libra tellium, eine Anzahl von 72 Jahren oder
.. Zeugen, nach der Libra occidua, oder der fpä:
- tern Libra auri, zu. und nah Valentinian’s
Zeiten, welche ‚von. diefem Kaifer auf 72 Soli-
. dos gejeßt murde. Auch im Deutfchen ift ein
. Pfund oft eine Zahl von 240, wo das ehemah⸗
‚ ige. Pfund Pfennige zum Grunde liegt, wel
ches 240 Pfennige, oder 8 Schillinge, jeden zu
30 Pfennige hatte. In einigen oͤſterreichiſchen
CThroniken fommen drey Pfund Menſchen, und
.. ef. Schilling Städte und Slechen vor, mo
.- die Örey Pfund 720 Seelen, und die eilf
Schillinge 330 Städte und Fleden machen.
„. Mod jeht. iſt in Nürnberg ein Pfund Kraut:
‚. Eöpfe oder Nuͤſſe eine Zahl von 240 Städ.
Zuwvweilen liege die Zahl der acht in einem Pfuns
* de begriffenen Schillinge zum Grunde, und alse
dann iſt ein Pfund eine Zahl von 8. So wird
in ven Schriften der vorigen Jahrhunderte zu⸗
. weilen eines Pfundes Scyläge oder Streiche
gedacht, welches 8 Schläge find, fo wie ein
Ba 20 She
- . Pfundbien. grande 2.7)
Schilling ihrer ch ,‚ von den 12 Hallerñ,
welche auf einen illing gingen. Vermuthlich!
gehoͤren hierher auch die franzoͤſiſchen Livres
und italieniſchen Lire, welches Rechnungsmuͤn⸗
zen, obgleich von ſehr verſchiedenem Gehalte find,
indem das franzoͤſiſche Pfund 6 Srofchen,, das
italienifche oft aber nur 2% Groſchen ſaͤchſiſch
betraͤgt, wo es gleichfalls eine Zahl von 8 klei⸗
neren Muͤnzen zu bezeichnen ſcheint.
4) Zuweilen, obgleich ſeltener, tft Pfuns
auch der Nahme eines koͤrperlichen und Flaͤchen⸗
maßes, ohne Zweifel auch ala eine Anfpielung
auf das Gewicht diefes Nahmens und die Zahl
feinee Theile So Hält in Megensburg kin
Pfund Sal g Schilling eder 248 Scheiben.
Sm Defterreichifchen merden die Weingärten
- nad) Dfimden, und die Aeder nach "jochen; fo
wie die Wieſen nah Lagewerten berechtiet,
wo vielleicht der nach Pfunden in ber zmwenten
Bedeutung geſchoͤtzte Werth zu verſtehen iſt,
wenn anders bier, nicht auch die dritte Bedeue⸗
tung einer gewiſſen Zahl eines kleineren Flaͤchen⸗
maßes zum Grunde liegt. In Ungarn iſt Pfund
auch ein Maß des Weingartenlandes zu 60
O Klaftern, welches in mittelmaͤßigen Weimjühe
ren ı Eimer von go bie 84 Halben‘ Weins
„bringt.
Schon bey dem Kero Funt, dey dem Notker
Phunt, im Niederfächfifhen Pund, im Engl. Pound,
im Sat. Pondo, mit welchem e& zu Pondus, das
Gewicht, die Schwere gehört.
Pfundbirn. f. im Art. Birnbaum, Ih. 5, ©. 463.
Pfundbude, f. unter Pfundzoll.
Pfünder, 1) im gemeinen geben, ein Ding, wel⸗
ches ein Pfund ſchwer iſt. So nennt man ei⸗
nen einxfuͤndigen „zweypfuͤndigen ꝛc. Fiſch, oft
| Ss 3 einen
\
40 Pfundgeld. u Pfundholz.
‚einen Pfuͤnder, oder Kinpfünder, Zweypfuͤn⸗
der :c. Auch eine Kanone, welche given, ſechs,
zwoͤlf Pfund zc. ſchießt, heißt in dieſer Hinſicht
im gemeinen Leben ein Zweypfuͤnder, Sechs
pfuͤnder. Swölfpfünder ıc. 2) In den nieder
ſaͤchſiſchen Seeſtaͤdten werden gewiſſe Lente fo
genannt, welche mit einer Wage herum geben,
‚und damit die Echwere von Raufmannsgätern
angeben.
Bfundgeb. ein bejonders im Oeſterreichiſchen uͤb⸗
„Jiches Wort, wo die Kaufs und Annehmelehen,
don .erfauften oder ererbren unfrenen Grund—
, ftüden, das Pfundgeld genannt wird. ©. Les
„‚penware, Th. 69, ©. 743. Es iſt in dieſer
Bedeutung ohne Zweifel aus dem Kat. Fundus
. entlehnt, fo Daß Pfundgeld nad, der Dberdeuts
ſchen Ausfprache für Sundgeld fleyr. Die deute
schen Provinzen jenfeir der Donau, welche fo
„‚.Jange unter der römifchen Herrſchaft ſtanden,
Haben mehrere lateinifche Woͤrter angenommen,
"welche in den übrigen Provinzen unbefannt find.
Pfundgewicht, 1) ein Gewidjt, welches ein Pfund
waͤget ‚ und ein Pfund vorſtellet, im gemeinen
Leben ‘ein Pfundftein, zum Unterſchiede von
einem Zentnergewichte, Lothgewichte ꝛc. 2)
Die Art und Weile, die Schwere der Körper .
nach Pfunden und deren kleineren Theilen zu
beſtimmen, wo der Plural nur von mehreren Are
ten üblich ift; zum Unterfchiede von dem Mark
ewichte, Karatgewichte :c.
Pfundhaus, | Pfundzoll.
1. Pfundholz, im Handel und Wandel, ausläne
difche feltene Hölzer. und Holzarten, welche nach
Pfunden verkauft werden. |
\
| 2. Dfunds
2. Pfundhoh. Pſundunn. 471
2. Pfundholz, im Bergbau, Hölzer, welche in
die Halvgerinne gelegt werden, und dem Studer
„die gehörige Weite geben.
Pfündig, 1)" ein Pfund haltenb oder waͤgend.
Kin pfündiger Rarpfen. Kin sweypfündige
Hecht. Lin schnpfündiger Stein. ) Dep
den Zinngießern iſt pfündiges Sinn ober
Pfundzinn, folcyes Zinn, welches eine beftimmte
Anzahl Pfunde Bley in dem Zentner Hält, zum
Unterjchiede von dem reinen englifhen Sinne
welches ohne alles Bley ift. Dreypfündiges,
ſechzehnpfuͤndiges, Ddreißigpfündiges Zinn,
welches drey, fechzehn, dreißig Pfund Bley in
dem Zentner hält. Auf ähnliche Art wird bey
den Silberarbeitern das Wort löchig gebraucht.
3) Pfündige Pfennige, waren ehedem ſolche J
Pfennige, deren die beſtimmte Anzahl ein voͤlli⸗
ges Pfund ausmachte, aljo michtige Pfennige,
- zum Unterfchiede von den unmichtigen. Inglei—
. hen folche, welche pfundmeije gerechnet wurden,
zum Unterſchiede von den geringern und feiche
„ten, welche nach Scillingen gezählt wurden.
Dfundtfammer, ſ. Pfundzoll
Pfundleder, dickes ſtarkes Sohlleder, welches nach
Pfunden verkauft wird. ©, im Art. Leder,
. 3h.68, ©.52, 629 und 661.
Dfundleben. ſ. im Art. Lehen, TH=69, ©. 249.
Pfundſchoß, —8 ſ. Grundſchoß, 8 20,
.S. 286.
Pfundſchreiber, ſ. im Art. Pfundz oll.
Pfundſohle, eine Sohle von diem ſtarken Pfund⸗
leder. |
Pfundftein, . Pfundgewicht.
Pfundtraube, auch Boſintraube, fs im Art. Ro⸗
fie, auch im Art. Wein.
VPfundzinn, |. im Art, pfünd: ig. =
Pf
Pfuſcher. 473
zen ift, fo daß fie dadurch ſchlecht und untäug⸗
lich wird. b) In engerer und gewöhnlicherer
Bedeutung ijt pfufchen eine Arbeit verrichten,
von welcher man nicht bie gehörige Kenntniß
bar; und c) in. der engften und befonders bey
den Handwerkern und Künftlern üblichen Bes
deutung, eine Arbeit verrichten, welche man
nicht auf die einmahl eingeführte Art erlernet
bat, oder zu welcher man nicht den gehörigen
Beruf bat, zu welcher man nicht auf Pie ein-
mahl eingeführte Art berechtigt iſt. Derjenige
pfufche, welcher Arbeiten verrichtet, zu welchen
die einmahl zunftmäßig eingeführten Kuͤnſtler
und Handmwerfer nur allein berechtigte ſeyn mols
fen. In eine Runft, in eine Wiſſenſchaft,
in ein handwerk pfufchen, fid) damir abgeben,
ungeachtet man Jelbige nicht auf die gehörige Act
erlernet hat, oder dazu gehörig berufen und ber
rechtigt it. Der Lehrling pfufche hinter dem
Rüden feines Weiters, wenn er ohne deſſen
Wiſſen Arbeiten übernimmt, die diefer verrich⸗
‚sen follte. Im gemeinen Leben auch pfufchern.
Bon dein Nachtheil, welchen das Pfufchen
den zunftinäßigen Handmwerfen bringt, ift im Art.
Handwerk, Th. 21, ©. 514 fl. gehandelt wors
den. Man febe indef aud) den folgenden Artikel.
Dfufcher, 1) ein zifchender Laut, aud) ein Verſe⸗
ben, ein Fehler; ſ. das vorſtehende Wort, in
“feiner erfien Bedeutung.
' 3) Eine Perfon, welche ihre Arbeit nur
in der Eife, und daher auch nur fchlecht und
obenhin verrichtet. In engerer und gemöhnli-
cherer Bedeutung, eine Perfon, welche eine Ar⸗
beit oder Handlung vereichter, von welcher fie
nicht die gehörige Renntnif hat. Ein Pfufcher
ſeyn, von demjenigen, was man zu thun übers
O9 5 nimmt,
An.
474: Prufden
nimmt, nicht. bie gehörige Kenntnif haben. Eine
ſolche Perfon pflegt man and) einen Scümper,
HZuͤmpler, Sudler, Prudler :c. zu nennen. In
dem engſten Verſtande eine Perfon, die Arbeis
ten und Handlungen verrichtet, weſche fie nicht
auf. bie gehörige und orbnungsmäßige - Art er⸗
lernet hat, oder wozu fie nicht auf die einmahl
eingeführte Arr berechtigt il. Es ift Feine
Wiſſenſchaft in der Welt, in welder es ſo
viele Pfufcher gibt, als in der Arzneykunft.
Die Handwerker nennen alle diejenigen Pfufcher,
welche ein Handwerk ausüben, ohne es auf die
gehörige Art erlernet, oder ohne das Meifters
recht auf bie gehörige Art erlangt zu haben,
welche ben ihnen auch Stöhrer, Huͤmpler,
Stuͤmpler, Fretter, Hauſirer :c. heiflen. Mans
che Handwerker haben bejondere Nahmen, bie
Pfuſcher in ihrem Handwerfe zu benennen. So
nennen bie Schneider die ihrigen, Böhnbafen,
die Tärber Srerter, die Raſchmacher Eſchwei⸗
ben, die Tudymacher Ludler und Ludelmacher, -
die Buchdrucker Hudler, vie Kärfchner Zunaͤ⸗
ther, die Bäder Wetſchelbaͤcker, die Fleiſcher
Löjterer und Buhlen, die Weißgaͤrber Sells
naͤpper, Schotten ꝛc.
Sm Art. Handwerk, Th. 21, S. 514 fl.
iſt nun zwar ſchon die Trage in Betracht ger
toramen, ob die Polizey die Pfufcher unter den.
Handwerkern dulden muͤſſe over nicht, und, wie
billia, mit einiger Einſchraͤnkung verneint wor⸗
den; da man in den leiten Jahren von fo -vies
len Seiten ber gegen die Zunftinißbräuche. und
oft auch gegen die Zunftverfaſſung der Hands
werfer Überhaupt geeifert, und behauptet hat,
es würde für das gemeine Weſen fehr vortheils
haft fen, wenn man jedem bie Erlaubuiß gäbe,
\ . j . u zu
y
Pfuſcher. 475
zu arbeiten, was und mie er koͤnnte, weil da⸗
durdy die wahre Induſtrie der Nation geweckt
und empor gehoben werden würde: fo halte ich
es für nöthig, über diefen Gegenftand noch einige
Bemerkungen hinzuzufügen, die der Herr G.L.
Woempner in Hannover mit eben fo vieler
- Erfahrung ald Ruhe und Partheylofigfeit nie
dergeichrieben hat. Derfelbe fast *): - |
Pfuſcher oder Boͤhnhaſen find unter. den: Hands
werkern Diejenigen Leute, .mwelcdye entweder ein Hands
were gar nicht, oder doch nicht zunftmäßig eriernt
haben, nicht weniger auch zuweilen folde, die zwar
n ihrer Kunft und Handwerk viele Geſchicklichkzit
befigen, fich aber gewiſſe Handwerksgebraͤuche und
die Verfertigung eines Meiſterſtuͤcks nicht gefallen
laffen wollen; ferner diejenigen, melche wegen Unmwifs
fenheit, wegen Berbrechen und, Sehlee abgemwiefen,
und nıcht als Meifter oder Gefellen aufgenommen
find; dann noch ſolche, welche amar in irgend einem
Handwerke zünftig und aufgenommen find, ſich aber
mit Berfertigung der Art Dinge und Arbeiten abs
eben, die micht zu ihrem, fondern zu cinem andern |
Sandierke ehören.
Die Enftehung der Pfufcher rührt gemeiniglich
.. aus folgenden Urfachen her: Erftlich, wenn ein Lehr⸗
ling. entweder durch fein eigenes Werfchulden, oder
durch Härte und üble Behandlung der Meifter und
Geſellen aus der Lehre weicht, bevor er frey geipros
chen und zum Gefellen erflärt ift.
Zweytens, wenn ein Meifter, Gefel oder Lehrling
wegen einer ſchimpflichen Handlung oder fonft boͤ⸗
fen That, aus der Zunft oder Bilde gefioßen wors
en. - |
Drittens, wenn das Meifterwerden einem Ger
fellen zu koſtbar ift, und fein Bermögen nicht bins
reicht, die uͤblichen Koften zu tragen.
Biertens, wenn jemanden der Eintritt ald Meis
ftee in eine Gilde unnöthiger Weife erſchwert, und
. derielbe bey Verfertigung eines Meiſterſtuͤcks, oft
... gefiört, befucht und beſchmauſet wird, gunf
uͤnf⸗
°) S Neues Hann ͤveriſches Magazin, 1804. Col. 235 fl
476 Pfuſcher.
Fuͤnftes, wenn ſich Leute mit Treibung eines
Handwerks ubgeben, wilches fie nicht regeimäßig ers
ſernt haben, und endlich
Sechstens, wenn die Handmwerfsarbeiten in Uns
ſehung der Graͤnzen nicht deutlich und kenntlich ges
nug vorgezeichnet nnd, au folge wohl mit Vorde⸗
dacht und mw ffentlih_ von einem Meifter oder Geſel⸗
len eines andern Handwerks, wegen der nahen Vers
wanttfhaft und Aehnlichkeit überſchritten werden.
Diefes find die bekannteſten Urſachen, welche zu
Der Pfufcherei Die Berantaflung geben, und hieraus
enftebt, daß ſolche Pfujcher, oder wie die Krangofen
fie nennen, Gätemetiers, Dundwerfenerderber, ents
. weder heimlich und verftedt arbeiten, oder ſich auf
irgend eine Art eınen Schug zu verſchaffen willen,
auch wohl Soldaten werden, oder jonft in Dierſte
und Verbindung treten, und unter dem VBorwande,
für das Militair, für fi und die Ihrigen zu arbeis
zen, fehr viele Arbeit für Bürger und den Civilſtand
Derfertigen. Sie wiſſen den Bifitirungen, dem Ja⸗
gen und den Nachforſchungen auf vielerlei Art zu
entgehen, und halten fi häufig vor den Thoren
in der Bannmeile der Staͤdte und in den nahe geles
genen Dörfern auf. Sie arbeiten mohlfeler und
koͤnnen es auch, als die ftädtifhen in Amt und Gils
de ftichenden Handwerfer, weil fie nur unbedeutende
Abgaben haben, feiner Laft unterworfen find, und
fo wie jene. feine Koften bey ihrer Niederlafſung
gehabt; fie haden daher vielen Zulauf, und entziehen
den in der Stadt anjäfligen Handwerkern dıe Rah⸗
rung.
Beym erften Anblick fcheint es, daß die Pfufcher
: dem gemeinen Wefen nicht nachtheilig, und denjes
nigen, welche fich ihrer bedienen, von einigem Yun
en find; allein wenn diefed auch für Einzelne der -
En it, fo Mind fie doch für das Ganze bey der noch
beftehenden Zunfteinrichtung, nicht a Aa ‚ wie
De mi aus nachftehenden Bemerfungen herporges
en wird.
Der zänftige in Amt und Bilde ftehende Hands
werfömeifter muß feine langen und mühfeligen Lehre
jahre aushalten, dabey auch, wenn gleich nicht durch⸗
gängig, ein anfehnliches Lehrgeld bezahlen, muß ſich
manches Unangenehme, und mande oft unverdiente
Zuͤchtigung, Verweiſe und Hudeleien gefallen jenen.
' enn
Pfuſcher. 477
| Wenn er frey gefprochen und zum Befellen ge
macht mird, hat er Koften, muß ſich auc bey einis
. gen Handwerken laͤppiſchen Ceremonien unterwerfen,
und wird ihm nun. eigentlich der. Aufenthalt nicht
länger gejtattet, fontern er muß Die gefeglicd) vorge⸗
.ſchriebenen Wanderjahre antreten, und fie in einer
Reihe vollenden, ſich küͤmmerlich in der Welt herum
treiben, fi vielen Gefahren und Verlegenheiten
ausiegen, dazu oft vergebens nach Arbeit weit und
breit. hrum laufen, und wenn das, jedoch nur bey
den gefchenften Handwerkern Äblicde Geſchenk nicht
Dinveict, welches felten der Fall ift, Hunger und
ummer leiden, daher der Noth nachgeben, und um
Almoſen bitten, Kriegs: oder Seedienfte nehmen.
“ Wenn endlih der Handwerksgefell wieder zurfck
in feine Vaterftadt kommt, oder es gefällt ihm, ſich
. in einer andern Stadt. wo Zunftredt if, nieder zu
laſſen und Meifter zu werden, fo erfordert folches .
Geld, ein Meifterfiäh, und bey manchem einen ans
fehnlihen Vorlag. ft er glucklich genug, dag erſte
zu haben oder zu erhalten, und die Bürgerfchaft:zu
. gewinnen, Nahrungs: und Amrögelber zu bezahlen,
2 hat er auperdem noch bey Verfertigung e:ned
Meiſterſtuͤcks in eines Amtsmeiſters NWerfftätte, wäh,
gend dem er, um ſich feinen Unterhalt zu verfchaffen,
für fid nicht arbeiten darf, noch alleriey Unkoſten.
Wenn das Meifterftäd fertig ift und vorgezeigt wird,
fo werden noch alleriey Sehler ‚gefunden, Schwierig⸗
. Seiten gemadt, und Hindernifle in den Weg gelegt,
; auch noch wohl Koſten perurfacht. .
Nachdem alles diefes übetftanden ift, fo iſt der
junge Meiſter Därger und Amtgenofle, hat die Er⸗
ubniß, nad den Regeln feines Handwerks freyg gu
arbeiten, und ift alddann glücklid genug, wenn er
Arbeit und prompte Bezahlung echäft. Er if nun
aber auch ſchuldig, bürgerliche Pflichten zu leiften,
und bey Gefahren bey der Hand zu fenn. bey Zeus
ersbruͤnſten an den ihm angewiefenen Plag zu tres
ten, Wachen zu thun, wenn es die Uinftände erfors
Deren, oder fonftige Pflichten zu übernehmen, melde
die bärgerlibe Geſellſcheft und feine Zunftverbine
dung erfordern. |
- Die Pfufcher hingegen find, wie es oben anges
fuͤhrt ift, von verſchiedner Urt, und leiſten alles dies
s nicht; und daß folche wohlfeiler und jumellen
eben
4
78 Pfuſcher.
eben fo auf arbeiten, als ein an der Reihe Anender,
die gemeine Laft mir tragender Vürger und Meifter,
unterliegt feinem Zweifel; aber fie, die Pfufcher,
find unmwideriprehiih von weit wenigerm Nugen,
als die anfähigen Handwerfsmeifter, weilder Staat
auf fie mit Zuverläßigfeit nicht rechnen fann, auch
bey weitem Die Hulfe und Dienſtleiſtung von ihnen
nicht har, als er mit Recht von einem anfäßigen
Bürger verlangen fann.
Wenn man annimmt, daß ein foldyer zänftiger
Dandwerfömeifter alles vorhin erzählte geleiftet hat
und nun ſchuldig ift, feine Ybgaben al® Nahrung
"teeibender Bürger fortwährend zu entrichten, fi
in der Zuverſicht häuslich niedergelaflen,, und allen
- Ihm obhegenden Pflichten ſich willig, jedodb in der
Norausfegung unterworfen, daß er nun ohne- Bin
derniſſe und ohne Beeinträhtigung der Pfufcher,
font unberufener Arbeiter und fremder Handwerks⸗
waaren, welche ihm die Nahrung entziehen, fein
Handwerk treiben und feinen linterhalt damit ers
werben fönne, wozu ihm noch das vor Niters er:
haltene, und nachher confirmirte Privilegium oder
: Gudebrief berecbtigt, fo bin ich geneigt zu glauben,
daß es die größte Billigkeit fey, den Gilden in Bies
ſem Falle beuzuftehen, und Die Pfufcherei ſowohl
als dar häufige Hereinbringen fremder Handmwerfds
waaren, in dee Maße, als foldes der Induſtrie
= nicht frhader „ abzuftellen und zu ftören.
Der zünftige angefeffene Handwerker ift, ver
möge feiner —A ſchon an eine gewiſſe
Ordnung, Gefegmußigkeit und Subordination ges
woͤhnt; er, muß nad vorgefchriebenen Regeln Hans
deln, und darf fih bey Vermeidung der Ausftoßung
feiner deni Handwerfe entgegenlaufenden Verge—
Bungen, no weniger ſchimpflicher Handlungen und
fonftiger Verbrechen ſchuldig machen.
Dee Pfufcer Hingegen wird nicht beachtet, er
fteht unter feiner Auffict und iſt an Peine Zunft«
ordnung gebunden; cr ıfann daher, zum Schaden
anderer, ſich mit allerley betruͤglicher Pfufcherarbeit
abgeben, aub manche Verbrechen begehen; und
folte er entdecht werden und Strafe leiden mäflen,
der er oft zu entgehen weiß, fo fann er bald an
diefem, bald an jenem Orte feine Pfufcherei von
neuem anfangen und immer forttreiben. Feen
489 Pfuſcher.
ſchaͤdlich ſeyn mag. Würde fie bey einer veraͤnder⸗
ten Lage der Dinge nöthig und nuͤtzlich befunden
werden, fo. dürfte ſolche mit großer Worficht und
nit auf einmal, fondern nach und nad zu bewerk⸗
lligen fen. _
A Mon höre jegt, daß in Amſterdam die Zänfte
"wieder eingeführt werden, daf in Petersburg neue
errichtet worden, daß Die Zunftverbindungen in den
der franzdjiihen Republik einverleibten Ddeutfchen
Provinzen auf feine Weife aufgehört haben, ındem
den Handmwerfögeichen noch nah der Zunftform
Kundſchaften eriheilt werden, die man auch in
Deutſchlaud ungeweigert ongenommen bat. Es
ſcheint mir daher um fo weniger verbuͤrgt zu feon,
- daß die Zänfte, fo viel die Meiſter anbetrifft, ohne
" Macbrheil zu entbehren find, da es ohnehin feinen
“ anverfennbaren NRugen hat, daß unter den Bewohs
. nern eine Stadt verfhiedene Abrheilungen Gtatt
Haben, und es übrigend Doch blos von einer Regie⸗
- zung oder Stadtobrigkiit abhängt, die Zünfte' in
Anſchung der Meifter ale anfäffıge Bürger in Ord⸗
nung zu halten. Ich wage daher nit eher Die
. Zünfte als gut oder ſolecht zu wärdigen, dis in
ewiſſer Maße die Erfahrung Aber diefe wichtige
ache entfehieden hat. |
Über in a der Handmwerfögefellen, welche
nicht an einem, fondern an allen Drten, wo Zunfts
recht ift, zu Haufe gehören, und duch nichts an
ein Land oder Etadt gebunden find, fann feine
Megierung allein, ohne ſich felbft zu fchaden, nad
. ‚Wilkkühr verfahren. | oo
Wenn jedoch alle Regenten Deutfhlands Aber;
einlommen, feine Handwerksgeſellen zu dulden, die
an irgend einem Orte Unfug getrieben, fo ift es
auch diefe zu ihrem felbfteigenen Beſten in gehoͤri⸗
gi Ordnung zu halten; aber fobald aufrährerifche
efellen irgendwo Schug und ſichern Aufenthalt fins
den, fo find auch die geſchimpften Gilden ihrer wills
kuͤhrlichen Prellerei ausgefegt.
Würde diefe Uebereinfunft wegen des verfchies
denen Intereſſes für zu ſchwer und unausführbar
gehalten, fo wirrde doch das viel leichtere Mittel:
Die Herbergen ſammt den Brüderfchaften und Gefek
lenvirbindungen abzuftellen, zu verbieren, und fo,
wie «8 hie und da bereits geſchehen, in Anfeaung
, . ' Is.
+
Pfuſcher. -agı
derſelben ehe. gang: andere Ordnung · einzuführen,
den Zweck nicht — 2 a“ H ’
BSo wie fidr:beßi allen: dergleichen ‚Werääderune
. ‚gen Schwierigkeiten und. ;Hindeumfie Anden, jo würde
es auch hier der⸗ Fall ſeyn: Den mbnigfeiten würde
maehr —— A, und manche. Unannemligfeit
.- für Meier und. Bslellen: eintketen, .. -
« Nicht boedigit —ütfte eine Einrkihtand' wegen
Aufbringung der Koften zur Kränfenpflege und ju
” Vegräbniffen gemadit. werben!? ll nr +
. Wenn.ic npn von dan Schädlichkeit der Pluſcher
_ and der ‚unberufng Öandweufsarbeitet. in, Diejem
= Wuffage verfciedenet gefngt Habe, fd meine
"fit jedoch nicht ‚Bahir , dap Viel Zunfte der In,
duftrie Bränzen fegen dürfen y-fondtrg-jeiieny; der
Befondere sr Dt — har tigkeit
efigt, muß allerdings. begunkigt, ügf, und
Abm nice die Gelegenheit — Beben aus
"feinen befondern tgfeiten jeden erfäußten. Geivinn
zu sieheh. Die Regigrungen Haben didſes in Häns
den, und die Drtsobrigfeiten ſinden Gelegenheit,
‚aug, Das Talent guter Künftker und, Handwerker,
deren Zunftmäßigfeit bezweifelt wird, zu begänftigen,
er die Rede ik haupiſoͤchlich von ſotchen Pfus
f&ern, die ein Handwerf treiben,.ohne es gelernt
"30 haben. oder welche zwar ein Hantwerk erlernt,
aber wegen Mangel an der nöthigen -Befhidlichfeit,
Hinlänglibem Bermögen und einem guten Rahmen
von den Zünften ausgeſchloſſen find; oder auch wohl
ausgefchlofien feyn woͤllen, und liebet auf eine ge—
heime, leichte und wohlfeile Art pfuſchen und dem
laſitragenden Bürger dad Brod nehmen, u
$c kann es noch einmahl nit unbemerkt Yaflen,
daß die vor den Thoren in der Bannmeile ſich aufs
altenden, gemiffermaßen unter Schutz flehenden
fuſcher, dedgleihen die Soldaten in «den Garnifos
nen fi bey weitem zu viel anmaßen. 5
Die erſten haben keine Koſten gehabt, und find
nur zu fehr ‚mäßigen Abgaben verpflichtet.
. m nähmlichen Falle find die andern, erhalten
dabed Sold und Brod und folken billig nach Vor⸗
f&eift der Verordnungen, und nur in der Maße,
- als folhe befagen, für das Militair, aber für Feine
Buͤrger und.feine andere Perfonen arbeiten,
Wer. techn. Enc. CXIL, Tpeih, 5 Segen
:482 Pfuſcherey. Rfuͤtze.
Segen dieſe Art von Pfaſcher kann der an der
Reihe figende, die gemeine Laſt mit tragende ſtaͤd⸗
Niſche —— aufkommen, ſondern muß,
wenn
*33457 bleibt oder gas noch zunimmt,
ohne fein Verſchulden zu Grunde. gehen.
Bon dem Unfuge der- mediriniſchen Pfus
ſcherey iſt im Art, Marktſchreyer, Th. 54, ©.
693 fl. gehandelt morden, an fehe uͤbrigens
auch den Art. Medicinalanſtaiten, Th. 86 ©.
* * fl. beſonders S. 633 fl. den Abſchnitt:
eper "einige Maͤngel und Vernachlaͤſſigun⸗
gen des Medicinalweſens in den meiſten
deneſchen Saaten. | | |
Pfuſcherey, 1) das Pfufchen, in der zweyten Bes
®
deutung des Zeitwortes. 2) Dergleichen oben:
bin, in der File und fehlerhaft verfertigte Ars
beit, - Ei den: Art. Sufcher.
' ern; ſ. Pfufchen.
Ba —— eine im Hochdeutſchen
Peraltete Bedeutung. Im Niederſ. iſt Puͤtte
⁊
ar,
—13.
noch jetzt ein Brunnen, und zwar ſowohl ein
Ziehbrunnen, als auch eine Pumpe Eben ba:
felbſt if Härte auch ein Stuͤck Moraſt, aus
welchem der Torf heraus gegraben worden, mel:
ches ſich Hernach mit Waſſer angefuͤllt hat. Im
Engl. iſt Pit, im Franz. Puits, im Lat. Puteus
leichfalls ein Brunnen.
Ein flehendes Waſſer, von einem nicht ſehr
= ‚großen Umfange, -welches ſich an einem tiefen
Orte geſammelt hat. So werden alle Fleinere
Sammlungen von Waſſer diefer Art auf den
Scldern in den Wegen und Strafen, auf ben
Höfen ꝛe. Pfüsen genannt. Die Wiftpfüge,
das von dem Mifte in einer Vertiefung auf
dem Hofe zufammen gelaufene Waſſer. In
eine Pfüge ‚treten. In engerer Bedeutung ver:
‚ binder man mit einer Pfüge zugleich) den Be
griff
Bageimer, Pfuͤtzen. 483
‚griff des teten und unteinen Waſſers. Im
Bergbaue werden die Sammlungen Waſſers in
den Berggebaͤuden gleichfalls Pfuͤtzen und Sims
pfe genannt. Daß Lateiniſche Puteus bedeu⸗
tete, dem Nonius zu Folge, ehedem gleichfalls
ein ſtehendes Waſſer. u |
Pfuͤtze, Pfubl, Lache, in. Schleſien Lu⸗
ſche, Goͤlle, oder KRoͤlke, Prudel, Sudel, Suhl⸗
iache, Dimpfel oder Tuͤmpfel, Sumpf, und
andere mehr find insgeſammt Woͤrter, welche
kleinere Sammlungen ven Waſſer ohne Abfluß
bezeichnen. Um hier nur, bey den beyden erſten
ſtehen zu bleiben, dein die uͤbrigen werben an
ihrem Orte erklärt, fd feßt Hert Stofch den -
Unterſchied derfelben datin, daß ein Pfuhl nies
mahls oder doch nur ſelten austrockne, bie
Pfuͤtze aber an niebrigen Orten bald entſtehe
‚bald aber nieder austrockne. Der Unterfchied
hat feine Nichtigkeit, nur muß er ein wenig an⸗
ders beſtimmt werden, Pfuͤtze wird nur von ſolchen
Hleineren Sammlungen von Waſſer gebraucht,
welche keinen erheblichen Umfang haben, und das
het eben fo leicht wieder entſtehen als fie verge⸗
: hen; Pfuhl zwar von dieſen auch, zugleich aber
auch von größeren Sammlungen ſtehenden Waſ⸗
‚fers, welche einem natuͤrlichen uber von ſelbſt ent⸗
ſtandenen Teiche ſchon nahe. kommen.
Pfaͤseimer, im Bergbaue, ein eichenet, mit eiſer⸗
nen Reifen beſchlagener Eimer, welcher dazu
gebraucht wird, das zuſammen gelaufene —*8*—
auszuſchoͤpfen. ©: das folgende.
Pfͤtzen, iſt nur im gemeinen Leben einiget Ge⸗
.. genden, z. B. im Bergbaue, für ſchoͤpfen und
Plumben uͤblich. Kine Grube prägen, Bas
Maſſer dus derfelben fchöpfen ober plumpen.
Daber der Pfuͤtzeimer, womit ſolches geſchieht.
2 Das
484 Pfuͤtzenwaſſer. Phacit.
Das Niederſ. puͤtten, das Sranzöf, prifen, has
‚ ben gleiche Bedeutung.
Pfügenwaffer, Wafler aus Pfügen.
Dfüsmade, im gemeinen Leben, Wuͤrmer, welche
jich unter den Mifthaufen an den Miſtpfatzen
aufhalten, und zum Köder im Siihfange.ges
braucht werden. Es find die Larven einiger
Fliegenarten und anderer Snfecten.
Pfuͤtznaß, fo naß, als wenn es aus einer Pfote
gezogen worden; pfuͤtzennaß.
Pfuͤnſchale, im Bergdaue, blecherne Schalen, das
Waſſer, welches ſich in den Berggebaͤuden ſam⸗
melt, damit auszupfuͤtzen, d. i. auszuſchopfen;
die Pfuͤtzſchuͤſſel.
Phaca Linn., eine Pflanzengattung, welche eimige
im Deutſchen Berglinſe, andere Rnofllenfraut
. nennen. : Unter dem leßteren Nahmen find tie
-. dazu gehörigen Arten,. Th. 41, ©. 611 fl. bes
fchrieben.
Pbacit, dee Nahme einer Art der Verſteinerun⸗
gen aus der Claſſe der einfchaligen Conchyfien,
+ deren Schale aber inwendig durch Scheidewäns
. de in Kammern oder Foͤcher ‚getheift ft. Nach
Verſchiedenheit der Lage in den Floͤtzen hat man
biefen Verſteinerungen auch verfchiedene Nah⸗
men gegeben; fo heißen fie naͤhmlich auch Xen:
ticuliten oder Linfenfteine, welches indeß mit .
Phaciten eigentlich gleichbedeutend ift, fFernes '
‚Dfennigfteine, Kümmelfteine und Fruchtſtei⸗
‚ne, Porpites, Lapis numularis, Helicites
.
»
Stanz. Camerine, Pierre lenticulaire, ober |
. numismale, Monnoie du diable. Auf des
. .Außenfeite find fie mit flachgewölbten blätterigen
Schalen belegt, inwendig enthalten fie aber eine
überaus zarte vielfammerige Spiralmindung von
- anfehnlicher Länge, Biumendags Abbild.
F natutth
486 Pha&ton. Phajofnee.
« Blumengnirlande Das Geftell iſt dunfelklau
und gelb ladirt und gefaßt. - u
Sig. 6550 ift ein Phaeton von. betitfrher
Erfindung zum Gpaßierenfahren ben fchöner
Witterung. Die Ruͤckwand und Geitenwäande
find von durchbrochenem Holze, welches benervt,
- behäuter „a lackirt und vergnidet wird, um. ihm
"mehr Dauer und Eleganz zu geben. Der .im
tere Theil des Kaſtens ift ſchwarz ladfiet, das
Geſtell iſt grün und. Geld. Der Himmel ruht
- auf 4 frummen eifernen Stangen, welche ver:
golder find. Er Hat rothfeidene limhänge, ‚die -
man gegen die GSonnenhiße und Stanb auf:
zieben und besablaflen kann, |
Die Phaetons haben neuerlich in England
nod) eine fleine Abänderung erhalten. Bisher
batıen fie hinten entweder ein: bloßes Packbret,
oder einen mit Leder uͤberzogenen Kaſten, und
Der Dediente ritt. Aber vielem wird nun auf
der Stelle des Packbrets ein eigener niedriger
Sitz elngeräumt. ‚entweder, weil er. auf dieſe
Art ſchneller ben der Hand ift, als zu Pferde,
oder weil man ein Pferd erfparen will.
Phaeton, her Nahme einer Mogelgattung, die im
Deusfhen unter dem Nahmen Tropikvogel bes
kannt ift, weil die dahin. gehörigen Arten,, be
fonders der Phaeton aethareus jih nur. inner
balb der Wendezirkel aufhält. |
Phagedaena, ein um fich frefienbes bösartiges
Geſchwuͤr. |
Phagus, der ben den Altern Botaniker auͤbliche
Nahme einiger Eichenarten, als der Quorcus
Cerris und Quercus Eloulus Linn, _
‚Pbajofnee, Pharofnee, ein leichtes japauiſches
Sahrzeug, eine Art Jacht, deren fich die Vor⸗
nebmen dokt zu Lande zum, Spaßierenfahren
bedienen, Ä Phake,
Piaft. Phalerappıg 487:
Phake, Phaca Lnn, ſ. Ryellendeaut. To 5,
©. 611... 0 g& |
Phalacrocorax, ‚diefen Nahmen ſhen wen. DB:
gel bey den älteren Naturforſchern, naͤhmlich
Corvus Eremita),: eine Att:deo: oben, und:
Pelecanus Onocrotalus, die Rropfgans, tan.
weichem leßteren Vogel det Art. Pelitan, Th.
108, S. 274 fl. nachzuſehen iſt. ne
Phalaena, ſ. Nachtfalter, Th. 109, ©...
Phalanger, der Buͤffonſche Nahme eines Thiexs,
das zu den Mrusekhiesen, Ditlelphis Liun.,
gehört, und im Art. 1. Rustus,. Th. 57,%.
134 fl. beſchrieben ift.
Phalangium,, der. ſuſtematiſche Maehme einer In⸗
fectengarrung , die man im Dentſchen Krcbs:
fpinne nennt. S. int Art. Spinne |
Phalanx, mar bey ben Macedoniern, Griechen
und Roͤmern eine. Art von. Schlachtordnung,sin
weldyer das Fußvolk fih fehe feſt an einander
fchloß, fo daß es mit dem über ſſch gehaltenen
Schilden sine zufammen Hangende. Bedeckung
bildete, und dadurch den Angriff erſchwerte.
vach einigen foll fie aus 4096; Mann, nah
andern aus gooo beſtanden haben, Das. wei⸗
tere fehe man im Art. Schlachtordnung. |
Phalarica,. ein. Kriegewerfzeug ber Roͤmer, sin
langer Balfen, yoen mit einer eiſernen pie,
weicher mit brennbaren Sachen umwunden, und
vermittelt einer Maſchine gegen feindliche ABerfe
gefchleudert wurde, diefelben anzuzuͤnden.
Phalaris, f. Blanzgras, im Art, Gras, Th. 19,
©. 757.
Phalaropus, ein Nahme der Tringe lobata Linn,
einer Art der Standläufer. die. auch Sturm:
fester genannt wird,
SB. Die
488: Phaleren. Phalltıs;'..
Phaleren, Woten: gerorfie Biereathen ,... welche ben.
&
roͤmiſchen Neutern, die fi) im Kriege bejonders
ausgẽzeichnet hatten als Exrrenzeichen gegeben
wurden.
Dballifiher Tan, ſ. im Art: Tans der Griechen.
.
us, 1) wär eine ungeheure Abbildung der
männlichen Seichledytstheite, welche ben den Fe⸗
fien des Priaps und Bachıs, Pballegogien
zoder Deripballien genannt, In Proceflion herum
. getragen wur": Kleinere ähnliche Bilder wurden
rhells als Anhaͤngſel gegen die Zauberen getragen,
theils von den. Phallophoren, oder Prieftern,
welche bey jenen Seiten unfierfiche Gefänge fangen.
2) Der Mahme einer Schwammgattung,
welche man .:im- Deutfchen Aderſchwamm ge⸗
nannt bati Da diefer deutſche Nahme im Buche
ſtaben Hräbergangen, an fi) auch fehr unbes
kannt it, fo will ich hier das noͤthige über diefe
Gattung fagen. :: -
Der Stiel des Schwammes ift unten mit
. einer Haut, die. man Volva nennt, eingefaßt,
ber Hur enfdrmig, auf dem Stiele fißend, ganze
zandig, und mit einem zerfliefenden Scyleime
hedeckt.
—2
‚rn. Der. Gichtſchwamm, Phallus impu-
dicus, füpite oribroſo ſubobliquo, pileo cel-
luloſo perrio Perſoon Synopſis metho-
diea fungorum. Gooett. 1801. 8. p. 242.
‘ ‚Phallus (impudicus) volvatus, l[tipitatus, pi
tung entiehnt worden. Dalehamp nannte
leo cellulofo. Linn, Syſt. veget. ed. 15. p.
1017. .Flor, dan. t. 175.. Bolt. fung. t. 92.
Bull. herb. p. 276. t, 182. Schaefk, fung.
bav. t. 196 — 198.
Von der Geſtalt diefes Schwammes ift ber
griechifche Nahme Phallus für die ganze Gat⸗
ihn
P hallus, | | | 489.
ihn den bolländifhen Phallus, meil er auf
: den fandigen.:Ufern der See. in Holland und .
Seeland einheimiſch angetroffen wurde. Dodoz
naàaus (p. 483.) fagt uns, daß diefer Schwamm
- Häufig aroifchen einer gewiſſen Grasart, Helm
genannt, (Helmus autem graminis eft genus
, Poetae Caricen vocant) dafelbft wachſe. Kor
bei nennt die Duinen von Harlem und Alkmar
‚und die benachbarten Gegenden. dafelbft, auf
"welchen ganz vorzüglich biefer Gichtſchwamm ges
..funden werde. Warrjcheinlich liege Hierin die
Urfache, warum Linne in der Befchreibung des
&liffortifchen Gartens Belgii arundineta zum
- ‚WBaterlande diefes Schwammes angiebt. Here von
Gorter verfichert, dag Rinne denſelben in den
arundinetis um Harlem angetroffen habe, Com⸗
melin bat- ihn auf ben Duinen und Sandfel⸗
‚ bern. ben Heemſteede in dem Herbſt gefunden,
8 wie in den Alleen bey Uilenpas in Geldern.
: Man finder ihn uͤbrigens am haͤufigſten in fehats
‚tigen Laubholzwaͤldern zu Anfange des Herbfles.
In dem nördlichen Europa fiheint er ſeltener
vorzukonmen, Dagegen befto häufiger in dem ſuͤd⸗
lichen, obſchon in demſelben auch verſchiedene
Plaoͤtze und Gegenden fegn muͤſſen, in welchen
er eben fo ſelten geſehen wird. Den Nahmen
. See Paddeſtoel oder See⸗Schwamm (un⸗
gus marinus Dodon.) ſcheint er in keinem Falle
zu verdienen.
Dieſer Schwamm erzeugt fi) aus weißen
enförmigen Körpern, die in der ‚Erde liegen, und
durch Wurzeln mit einander veibunden find. Es
ſind aber diefe fogenannten und alfo fcheinenden
.. per nichts anders, als die Volva ober ber noch
gefch:oflene Wulſt diefes Schwammes, in wel⸗
„sem er ste | in einer Gemma ober einem
5 - Hybem
450- Phallus
Hybernaculo verborgen liegt. Sleditſch Kat
bemerkt, daß diefe Ener zuweilen auch unten in
olien Bäumen figen, zwiſchen dem Holz und
der Rinde derfelben, zuweilen in größerer, zus
weilen in kleinerer Anzahl, die dann im der
Folge ben herausbrechenden Strunk und Hurk
durch den ganzen Umkreis des Baumes aus den
Ritzen deſſelben hervorſchießen laſſen. Zuweilen
fitzen fie auch auf den nackenden Wurjeln der
Ellern, ſo wie auf Moos, oder auch auf der
bloßen Erde ). In der Folge zerberſtet ein
ſolches Ey mit einem paffenden Geräufche, wor⸗
auf Der in demfelben enthaltene Strunk und
Hut etaftifh hervorbricht, und in der ziemlich
. natärlichen Geftalt eines feifen männlichen Slie⸗
des erſcheint. Dieler dann vollfommene an der
Spige durchbohrte etwa 56 Zou hohe
Schwamm wird fihtbar nach und nach dicker
und ſteifer, und duftet, wenn er in feinem
volltommenften Zuftande ift, einen aufferordents -
lich ſtinkenden füßlich cäbaverdfen Geruch aus,
der dem heftigſten und giftigſten gleich kommt.
Wenn nun dieſes En eder dieſer Wulſt zerriſſen
iſt, fo faͤlt derſelbe durch die gewaltſame Here
vorbrechung des eigentlichen Schwammes, zu⸗
ſammen, und umgibt dann fo ziemlich unfoͤrm⸗
lich bie Boſis des Strunkes, bleibe end an
>
*) Mir brachten inf einige @arkeharbeiten im Melevdun
ghen eine Schürze vol Eger der Art, die fe beym
Graben im Bieten seunnen hatten, ie waren eine
von dem Anfehen der ©: jetteyer, zum Theil aber 1
& ie wie Hühnereyer. 3 mitt 3 —9 —5
Fun en Durch, ab tete fie. ßen
in die Som, [13 — € nalen dis er]
Ka aut bald darauf: zerplagt‘ aM und
Phalloua ag
-. demfelben,.. bis zur völligen Deftruftion des
ganzen Schwammes fteben. Zuweilen geht quch
eine bald größere bald Kleinere Portion dieſes
.. Eyes femme dem. hervorbrechenden Schwamm
hinaus, und bleibt auf der. Spiße oder dem
Hute defielben. Eleben, woſelbſt fie nicht felten
.. einen großen Theil des nun fructefcirenden
Schwammes umkhuͤllt. Dun fängt der fich loss
- gemachte Schwamm fogleic) fein Kortpflanzungss
. geihäft an. _. Das grünlidy braune kleberige
Weſen, womit der ganze Hut wie mir einem
j Zeige überzogen ift, loͤſet ſich mit einem flarfen
. füßlicheen und edelgaften Geruch in einen waͤſ⸗
ferichten Schleim auf, und träuft von dem Hus
te auf die Erde herab. In diefem mwäfferichten
Schleim befindet fih eine unzählbare Menge
gunder Kügelchen, die, wie Here Paſtor Schaͤf⸗
fer vermucher, nichts anders ſeyn fönnen, als
die Kortpflanzungsgefäße diefer Gichtſchwaͤmme.
Zu diefer Zeit finden fich viele Inſeeten ſchwarm⸗
weife auf den Schwämmen ein, fallen ganz be:
gierig über den fchleimigen Hut deffelben her,
uüuͤberdecken folhen ganz und freflen den Schleim
fo gefchwinde und vollfommen ab, daß oft in
. Zeit von einer halben Stunde ber ganze Hut
vollig entblößt, und fo fchön weiß da ficher, als
.. wenn er auf das ſauberfte umd reinſte wäre ges
vr?
HR
waſchen werden.
Auch Batſch verſteht unter feinem Mor⸗
chelſchwamme mir dem Eye, diefen Gicht
Schwamm. Dach deſſen Beflimmung ifl der
“ Huch kegelfoͤrmig, fein Rand freyſtehend und
..geferbtz; fein Scheitel mit einem befondern Rans
‘de verfehen, und in der Mirte burchbohrt. Die
;. Belen des Gutes find ermad gefäohen un
° \ | . * er?
©:
“u
2 Phallus.
viereckig. Der Strunk iſt verlängert, und am-
untern Ende mit dem Eye umgeben.
Nah den Beſchreibungen die wir bon dem
Gichtſchwamme haben, wird bemfelben ein ge«
fleckter Strunf, der zuweilen mehr als fingersdick
. und länger ift, zugefchrieben, der aus einem Ey,
das einige mit einem Teſtikel vergleichen, heraus⸗
fommt. Innwaͤrts ift dieſer röhrig, oder mit eis
nem befondern Canal verſehen, und endigt ſich
mit einem fehr runzlichten, und mit vielen eins.
gedruͤckten Punften, rundlichten Hut, der bey
einigen mit einem Loch: gleichlam durchbohet, bey
andern aber ohne baffelbe geichloffen if. Dieſes
Umftandes wegen beflimmte Gleditſch zwey bes
fondere Arten, nad) Michelis Vorgange, und
nennt die erfie die rechte Hirſchbrunſt „über
der Erde, die andere aber Steertmorchel. Bon:
Sarbe ift diefer Gichtſchwamm gänzlidy weißlich,
wird aber‘ in der Folge, befonders oberwärts,
braun und ſchwarz. Er befteht aus einem ſpon⸗
gidfen- Fleiſch. Seines Geftanfes wegen wird
er im beutfchen auch Stinkſchwamm genannt.
| Die Alten haben diefem Gichtſchwamm
auch beſonders Kräfte und Wirkungen zugeſchrie⸗
ben, und ſie in deſſen wäfferihtem Schleim, fo
wie in den fogenannten Enern deffelben geſucht.
Diefe follten wider die Gicht niche nur heiffam
feyn, fondern auch die Faͤhigkeit befißen, zum
Beyichlaf zu reißen. Wir halten uns bey dies
fen Sabeln und Ungereimtheiten nicht.. auf, ‚und
erzählen nur, daß die Jäger und Kirten in
Thüringen dieſen Schwamm, wenn er noch. nicht
feinem Eye entfchlüpft ift, getrocknet zu einem
geilmachenden Mittel für Menfchen und Vieh
gebrauchen und anrathen; zu welchem Ende fie
ben vierten Theil von einem folchen pulberifien
on Ä he
Phallus : - 493
Eve in‘ Wein und Brandkewein su einer
- Gabe nehmen laflen. Oleditſch aber: hat
- bemerkt, daß oftmahls dergleichen Pulver fo ftarf
treiben, daß leicht ‘eine unzeitige Geburt davon
“ zus befürchten ift. Ohne alle Kräfte fcheint dies
fer Gichtſchwamm daher nicht zu fenn. -
Tode's Beytrag zur Gedichte des Gichtſchwam⸗
mes, in den Schriften ‚der Gefellfehait naturfors _
ſchender Freunde zu Berlin „Band IH. S. 242
— 246. und Band VI. ©. 278— 281: |
28 Ä
2. Chinefifcher Abderſchwamm, ; Phallus
Mokufin, [ipite pentagono, pileo acuto
qQuingue partito, laciniis . conniventibus,
Perl.l.c. p. 245: Fungus Sinenfium Mo-
kufin. Nov. Comm. Petrop. vol, 19. p. 373
[a 2
° Diefer Schwamm murbe in China bey -
Pekin auf den faulen Wurzeln des Maüfbeer:
baums fo wie felbft auf deſſen halbverfaulten
Blättern wahrgenommen. Die Subſtanz biefeg
Schwammes ift weich, zärtlidy weiß. Er wächft
faſt dem Gitterſchwamme ähnlich heran. Der
an der Wurzel fißende Wulſt, ift auf der Spiße
in zwey bis drey Lappen gefpalten, die den
Strunk fcheidenartig umgeben. Diefe ift länger
als der Wuiſt, fünfedig.. Die Eden find flach,
roͤhrig: von außen ift er ziemlich di, tindenars
tig und fleiſchig. Der Hut ift pfriemenförmig,
Ffaſt edig, roth und fünftheilig. - Die Lappen
- find afeichförmig, Und fchließen aufammen. Er
waͤchſt fehe. gefchminde, und volibringt feine
Sructification innerhalb eines Zeitraumes von
ı2 Stunden, nad) - deren Werlauf er dahin ..
welkt und faulet. Die Chineſen gebrauchen ihn
zum Heilen bösartiger Geſchwuͤre, auch eſſen
- fie ihn, fo lange er noch nicht von Inſeeten
34
angefreflen iſt.
492 j Phallus.
vieredig Der Strunt iſt verlängert, und am-
unteren Ende mit dem Eye umgeben.
Mach den Beichreibungen die wir bon ‘dem
Gichtſchwamme haben, wird demfelben ein ge«
- fledter Strunf, der zuweilen mehr als fingersbid
. und länger iſt, zugeſchrieben, der aus einem Ey,
das einige mit einem Teſtikel vergleichen, heraus⸗
kommt. Innwaͤrts iſt dieſer roͤhrig, oder mit ei⸗
nem beſondern Canal verſehen, und endigt ſich
mit einem ſehr runzlichten, und mit vielen eins.
i gedruͤckten Punkten, rundlichten Hut, der bey
einigen mit einem Loch gleichſam durchbohrt, bey
andern aber ohne daſſelbe geſchloſſen iſt. Dieſes
Umſtandes wegen beſtimmte Glediſtſch zwey bee
ſondere Arten, nach Michelis Vorgange, yund
nennt die erfie die rechte Hirſchbrunſt „Ab
der Erde, die andere aber Steertmorchel. Bon.
Sarbe ift diefer Gichtſchwamm gänzlidy weißlich,
wird aber‘ in. der Sn, befönders oberwärts,
braun und ſchwarz. Er befteht aus einem fpons
— gidfen- Fleiſch. eines Geftanfes wegen wird
er im beutfchen: auch Stinkſchwamm genannt.
Die Alten haben dieſem Gichtſchwamm
auch beſonders Kraͤfte und Wirkungen zugeſchrie⸗
ben, und ſie in deſſen waͤſſerichtem Schleim, jo
wie in den ſogenannten Eyern deſſelben geſucht.
Dieſe ſollten wider die Gicht nicht nur heiffam
feyn, fondern auch die Fähigkeit befigen, zum
Beyſchlaf zu reißen. Wir halten uns bey dies
fen Sabeln und Ungereimrfeiten nicht. auf, ‚und
erzählen nur, daß die Jäger und Hirten in
Thüringen dieſen Schwamm, wenn er noch „nicht
ſeinem Eye entfchlüpft ift, getrodnet zu einem
geilmachenden Mittel für Menfchen und Vieh
gebrauchen und anrathen; zu welhem Ende fie
den vierten n Seil von einem lolchen Pufberifleeen
pe.
‚Phallus.. . 293
Eve in‘ Wein. und Branbtewein zu einer
Gabe nehmen laſſen. Oleditſch aber: hat
. bemerkt, daß: oftmahls dergleichen Pulver fo flarf
treiben, daß leicht eine unzeitige Geburt davon
zu befürchten iſt. Ohne alle Kräfte fcheint dies
fer Gichtſchwamm daher nicht zu fen. -
To de's Beytrag zur Geſchichte des Gichtſchwam⸗
med, in den Schriften der Geſellſchait naturfors
ſchender Freunde zu Berlin Band IL. S. 242
— 240. and Band VI. ©. 278— 281. ”
2. Ehinefifcher Aderſchwamm, ; Phallus
Mokufin, [iipite pentagono, pileo acuto
quinque partito, laciniis . conniventibus,
Perl. 1. c. p. 245: Fungus Sinenfium Mo-
kufin. Nov. Comm. Petrop. vol, 19. p. 373
_ 378. .. SR | hr
| ° Diefer Schwamm murbe in‘ China bey
Pekin auf den faulen Wurzeln des Maufbeer:
- baums fo wie felbfi auf beffen hafbverfauften
Blättern wahrgenommen. Die Subſtanz biefes
Schwammes ift weich, zärtlidy weiß. Er wächft
faft dem Gitterſchwamme ähnlich heran. ° Der
an der Wurzel fißende Wulſt, ift aufder Spiße
- in zwey bis drey Lappen geipalten, die den
Strunk fcheidenartig umgeben. Dieſe iſt länger
als der Wuliſt, fünfedige Die Eden find flach,
röhrig: von außen ift er ziemfich di, rindenars
tig und fleiſchig. Der Hur ift pfriemenförmig,
Ffaſt edig, rorh und fünftheilig. - Die Lappen
- find afeichförmig, und fchließen aufammen. Er
waͤchſt ſehr gefhminde, und vollbringt feine
Stuctification innerhalb eines ‚ Zeitraumes von
12 Stunden, nad - deren Verlauf er dahin .
welkt und faulet. - Die Chinefen gebrauchen ihn
zum Heilen bößartiger Geſchwuͤre, auch eflen
fie ihn, fo fange er noch nicht von Inſeeten
E angefrefien iſt. 5%
454 Phaͤnomen.
Ich übergehe Hier verſchiedene Arten, bie
man im Perſoon beſchrieben finder, weil ſie
mit wenigerer Beſtimmtheit bekannt ſind. Aus⸗
fuͤhrlicher handelt davon der nun verſtorbene be⸗
ruͤhmte Ventenat in ſeiner Diſſertation fur
le genre Phallus in den Memoires de l’In-
ſtitut national des [mences et arts, Vol, 1.
p. 503 —$23.
* "der Phallus elculentus Linn., gewoͤhn⸗
‚ Ih die Spismordel genannt, wird jege zur
‚ Gattung Morchella gezogen, und ift im Art.
Mackhel, Th. 93. ©. 776. befchrieben worden.
nomen, (ber Ton auf dem langen e in bee
. legten Sylbe), aus dem Griech. und Kar. Phai-
nomenon, eigentlid) eine merkliche Vetaͤnde⸗
‚. tung in. bee Arnofphäte der Erde, eine Lufter⸗
fcheinungs; in weiterer Bedeutung auch wohl
eine jede feltene und merkwürdige Veränderung
. jeder Art. |
Moaͤnomene, Naturbegebenheiten, Erſchei⸗
nrungen heißen überhaupt alles das, was wir
ducch ungere Sinne wahrnehmen. Die Phänoe
mene, welche wir an den Körpern wahrnehmen,
find aber nichts weiter ald Wirkungen der Ma⸗
tue, die entweber wirflich ſo erfolgen, wie wir
‚fie wahrneßman, oder welche uns täufchen, ins
dem ‚wie glauben, fie gefchehen fo, wie es in
unſere Sinne fälle So iſt z. B. der Aufs‘
und Untergang der Sonne eine Erfcheinung;
der Erfolg davon iſt diefer, daß wir glauben,
‚die Sonne bewege ſich wirklich Yon Morgen:
.. gegen Abend; allein dieß iſt bloßer Schein.
| Das erſte und vornekmfle für ‚den, ber
„ durch Beobachtungen und Expetimentiten bie
Natur ‚tennen lernen will, wird fen, daß er
aus den Phänomenen die möglict ‚aigemelajenr
| es
2
*
Phaͤnomen. 095
Geſetze, berzufeiten fucht, welche ‚die Körper ber
folgen muͤſſen, wenn fie unter eben, benjelben
Umftänden die nähmlichen @rfcheinungen geben
follen. Es wird fich daher der Phyſiker einen
. großen Schaf von natürlichen Kentniffen gefams
welt haben, wenn er. im Stande: Ifi, die Ph:
nomene aus andesn Erfcheinungen nah ven
. Gefegen zu entwicdeln; hierbey muß er alsdann
natuͤrlich auf eine legte. Erjcheinung kommen,
.. welche die feßte unter allen ift,; und deren Les -
ſache nicht. mehr in das Gebiet. der eigentlichen
Naturlehre, fondern in eine höhere Wiſſenſchaft
gehoͤrt, Inzwiſchen gibt es noch eine ſehr große
Menge von Phaͤnomenen, bey welchen der Ta:
turforſcher noch gar nicht im Stande if, dies
. felben. bis auf die letzte Erfcheinung zuräczus -
. führen, worous fie ſich hetleiten laſſen.
. .. . Bey denjenigen Phänomenen, wo man bie
noaͤchſten Erfolge noch nicht zu beftimmen vermag,
nimmt man gemeiniglid) des Syſtems, nicht aber
. der Erklärung wegen, eine Hppothefe an, aus
welchen fich ſehr wahrfcheinlich die Geſetze ableis
ten laffen, wie z. B. bey der Eileftricirät, Mag⸗
nerismus, zwey verichiedene Materien. Der
ſicherſte Weg .bleibe aber immer diefer, die Phaͤ⸗
‚nomene nad) richtigen Erfahrungen, ohne eine
GHypotheſe dazu zu gebrauchen, abzuleiten, meil
- man ſonſt immer. in Gefahr it, die. Hypotheſen
Felbſt als Erklärungen geiten zu faffen.
In der Naturlehre verfteßt man auch .oft,
wiewohl uneigentlich, unter den Urſachen die Er.
ſcheinungen felbft, welche andere unter andern
Umſtaͤnden bewirken, und in diefer Rüdficht ge
braucht man. auch wohl ben. Ausdruck Phaͤno⸗
mene erklaͤren, in diefem Verſtande, daß man
bioß die Reihe von, rfcheinungen angeben fann,
| | aus
496 Phänonten,
ans welchen die beobachteten Phänomene “abge
leitet werden können. Fuͤr die Erklärungen ſol⸗
cher Marurbegebenheiten hat Newton folgende
Regeln vorgeſchrieben:
1. „Man muß keine Urſache als wahr ans
nchmen, welche nicht zur einfachften und tinges
zwungenſten Erflärung der Naturbegebenheiten
nothwendig und hinreichend find.“ Sie “ſind
‘ aber wahr a) wenn es erwieſen werden Tann,
daß fie wirklich zugegen waren, alle übrige’ Ur⸗
ſachen aber dabey völlig wegfielen; b) wenn uns
tee veränderten Umſtaͤnden eben dieſelben Urſa⸗
chen, das naͤhmliche Phaͤnomen hervorbringen;
c) wenn nicht allein die Urſachen möglich, fons
"dern offenbar da find; d) wenn fobald die Les
fahen wegfallen, auch das ganze Phänomen
wegfaͤllt. So erklaͤrt man, z. B. die Erftheis
nung des Hohen Queckſilberſtandes im Barome⸗
ter duch den Drud der nit der Flaͤche bes
Queckſilbers Tiegenden Lufrfäufe, ‚indem fie fos-
gleich wegfällt, wenn die äußere Luft weggenom⸗
men wird.
2. „Bey Phänomenen einerley Art möffen
auch einerley Urfahen Statt finden.‘ Z. B.
das Athmen bey Menihen und Thieren, "bie
Zuruͤckwerfung des Lichtes von der Erde und
von den Planeten. Mur muß hierbey die Vor⸗
ſicht gebraucht werden, daß man nicht ſogleich
den Schluß auf einerley Urfachen mache, wenn _
bey verjchiedenen Phänomenen ähnliche oder übers
einflimmende Umſtaͤnde eintreten, fondern man
muß genau das Weſentliche bon dem Zufälligen
unterfcheiden.
j 3. „Solche Eigenfchaften der Körper, wel⸗
che ben allen. angetroffen werben, und gar feine
Aenderungen leiden, muͤſſen als allgemeine Eigens
ſchaften
Phontaf e. Phantasm. 497
Fſſchaften beträchter werben.“ Als z. B. Unduͤrch⸗
ren Beweglichteit. Ausdehnung der Ma-
‚tee u. fı. .
4 „Diejenigen Site, welche aus den ver—
ſchiedenen Phänomenen durch Induktion ges
ſchloſſen werden, muͤſſen fuͤr wahr, oder doch
wenigſtens beynahe für wahr gehalten werben,
bis man auf andere Phänomene fommt, wodurch
fie. entweder genauer beſtimmt, oder gewiſſen
.. Ausnahmen unterworfen werden. —
Tu In der neueren Philofopkie verſteht man
"unter Phänomen überhaupt jeden finalicen, Ger
genfland, das ganze Sinnenweſen. R
genau f. Santafie, Th. ı2, ©.. 177...
———— eben daſelbſt.
rgermaſchine, f. Notenſeger, —* 102,
"Döankasn, Phantasma, eine eingebilbere Erſchei⸗
.nung, ein ſogenanntes Geſpenſt. Man har mit.
„. dieſem Nahmen befonvers folche Sinnentäufhuns
gen belegte, wenn jemand irgend eine Geſtalt,
die außer ihm nicht da iſt, ſieht. Don Traͤu—
men ift hier nicht bie Rede, au nicht von eis
gentlichen Phantaſien in hitzigen Krankheiten,
ſondern von Erſcheinungen, die ſich wachenden,
geſunden, wenigſten ſich nicht in Fieberhitze be⸗
findenden Perſonen zuweilen zeigen.
Daß es ſolche Erſcheinungen wirklich gebe,
leidet keinen Zweifel, da mehtere unbefangene
Maͤnner dergleichen gehabt zu haben oͤffentlich
bezeugen. So erzaͤhlt Herr Friedrich Nico⸗
lai in Berlin in feinem der & Akademie ber
MWiffenfhaften den gten Februar 1799 vorge
lefenen Auffaße, daß er im Jahr 11791, . nach
dem feine Gejunpdheit durch verfchiedene Zufälle
ſehr geſchwaͤcht geweſen, Erfheinungen zu fehen
Dec. techn. Enc. CXII. Theil, gi ans
\
498 Phantasm.
angefangen habe, jedoch mit ruhiger Beobach—⸗
tung und der Ueberzeugung, daß es nur Phan⸗
tasmen ſeyen. | |
„um 2aſten Februar 1791, fagt Herr
Micolai, Vormittags um ıo Uhr befand fich
meine Srau, nebft noch einer Perfon bey mir;
ih mar in einer heftigen Gemuͤthsbewegung.
Möglich fand, ungefähr 10 Schritte entfernt,
“eine Geſtalt vor mir, die Geſtalt eines Verſtor⸗
benen; meine Frau fahe nichts. Die Geftalt
bfieb wohl eine Halbe Viertelſtunde. Sch fam
’ endlich etwas zur Ruhe, und da ich Außerft
erschöpft war, fiel ich nach einiger Zeit "eine
halbe Stunde lang in einen unrubigen Schlums
mer. — Nachmittags nah) 4 Uhr erfihien: Vie
Geſtalt wieder, die ich Vormittags gefehen Hatte,
Ich wear allein, da es gefchah, und da mit "dies
ſes, wie leicht zu begreifen iſt, ſehr unangenehm
war, ging ich zu meiner "Grau, der ich es drs
zählte. Aber auch Hier erfchien die Geſtalt. Zus
weilen war fie ba, zumeilen war fie weg, immer
ſtehend. Ungefähe nah) 6 Uhr erfchienen auch
verfchiedene wandelnde Geftalten, welche mit der
fiehenden Figur nichts gemein hatten.— Die
Geſtalt des zuerft erfchienenen Verſtorbenen ers
fhien mir nachher nicht mehr, hingegen Famen
fehr deutlich viele andere Geſtalten zum Vorſchein;
zumeilen Befannte, meift ‘aber Unbefannte. Uns
"ter den Befannten waren Lebende und Todte,
mehrentheils erſtere; nur bemerkte ich, daß Pers
fonen, mit denen. ich täglich) umging, mir nicht
erfchierfen, fondern jederzeit entfernte. Auch
verfuchte ich, aber vergeblih, Phantasmen von
mir bekannten Perſonen felbft hervor zu bringen,
Die Phantasınen erjchienen mir ſchlechterdings
unwilltührlich, als würden fie mir von außen
| bars
Phantom. 499
dargefielft. gfeich ben mirflihen Dingen, ob fie
gleich blos in mir entflanden, und dabey Eonnte
"ich fie jederzeit von wirklichen Dingen genau
unterſcheiden, woben ich mich nicht ein einziges
Mahl geiert habe... Ich mußte genau, menn es
mir bloß fchien, daß die Thür fich öffnete, und
ein Phantom hereintrat, und wann die The
wirklich geöffnet ward, und jemand zu. mir trat.‘
. „Uebrigens erfchienen mir dieſe Geftalten
zu jeder Zeit und unter den verſchiedenſten Um⸗
ſtaͤnden gleich deutlich und beilimmt; wenn ich
allein und in Geſellſchaft war, bey Tage. und
in dunkler Nacht, in meinem Haufe und in
ftemden Häufjern; doch waren fie in fremden
- Käufern nicht fo haufig, und menn- ich auf..ofs
fener Straße ging, fehr felten. Wenm ich die
Augen zumachte, fo waren zuweilen die Geftals
ten weg, zumeilen waren fie anch ben geſchloſſe⸗
nen Augen da. Blieben fie aber alsbann weg,
ſo erfchienen nad) Deffnung der Augen wieder
ungefaͤhr die vorher gefehenen Figuren. Ich jprach
‚2
zumeilen mit meinem Arzte und meiner Frau
über bie. Phantasmen, welche eben um mich
herumwandelten; überhaupt erſchienen biefe Pils
‚der mehr mwandelnd ald in Ruhe. Meift ſah
id menſchliche Geſtalten beyderley Geſchlechts;
ſie gingen gewöhnlich durch einander, als hätten
fie nichts unter. ſich zu verkehren, ſo wie etwa
.auf einem Markte, wo ſich alles Nur forterängt.
i
Zuweilen ſchienen fie Gefchäfte m
‚einander zu
18 Einigemahl ſah ich unter; ihnen: auch
erſonen zu Pferde, desgleichen Hunde und
Voͤgel. Dieſe Geſtalten alle erſchienen mir in
Lebensgroͤße, fo deutlich, wie man Perſohen im
wirflihen Leben fieht. Keine der Siguren hatte
etwas befonders. Ausgezeichnetes, "fie waren we⸗
| Ji 2 der
800 | Phantasm.
der ſchrecklich noch komiſch, noch widrig; die
meiſten waren gleichguͤltig, einige auch angenehm.
Se länger es waͤhrte, deſto mehr häufte ſich bie
Anzahl der Phantasmen, und die Erfcheinungen
famen dfter. Mach etwa vier Wochen fing ich
auch an, reden zu hören. Zumeilen fprachen
die Phantasmen unter fi), mehrentheils aber
warb ich angeredet. Dieſe Reden waren meifl
tur, und hatten nie etwas Unangenehmes;
mehrmahl erjchienen mir verfländige und von
„ mir verehrte Sreunde und Sreundinnen, deren
Heben mich über Gegenftändg meines Kummers
troͤſteten. Dieſe Meden hörte ich doch mehr,
wenn ich allein war; indeß auch zumeilen mite
ten unter den Reden mirklicher Perfonen; oft
sur in einzelnen Phrafen, zumeilen auch zufams
menhaͤngend.“ |
Da indeß die Geſtalten nicht aufhoͤrten
. wieber zu fehren, fo brauchte Herr Nikolai
verſchiedene Arzenenen, und endlich ließ er fich
Blutigel auf den After feßen. „Während dies
. fee Operation, welche Vormittags um 11 Uhr
geſchah, wimmelte das Zimmer von menschlichen
Geſtalten allee Art, die ſich durch einander
draͤngten. Diefes dauerte ununterbrochen fort
. bis ungefähre um halb fünf Uhr Abende, die
. Zeit der anfangenden Verdauung. Da bemerkte
ich, daß die Geſtalten anfingen, fich langſamer
zu bewegen, Kurz darauf begannen ihre Far⸗
ben nach und nach bläflee zu werden; fie nabs
men mit jeber halben Viertelftunde immer mehr
ab, ohne daß jedoch ihr Umriß märe verändert
- worden. Etwa um halb fieben Uhr waren
alte Sheftalten ganz weiß, und bemeaten fidy nur
ſehr wenig, doch waren die Umrifje noch fehe
beſtimmt; nach und nach wurden fie mei
| .unbe⸗
Phantadın u 501
unbeſtimmter, ohne daß ihre Anzahl. abgenom⸗
men bätte, wie ſonſt wer Fall geweſen war.
- Die Geflalten gingen nicht weg, fie verſchwan⸗
‘den auch nicht, welches gleichfalls fonft fehr oft
. geihehen war. Jezgt zerflofien fie gleihfam im
bee Luft. Don einigen fogar waren eine Zeits
fang einzelne Stüde zu fehen, die nach und
nach auch vergingen. Ungefähr um acht Uhr
war gar nichts von den Geſtalten mehr da, und
nie Famen fie wieder.“
Sp erzähle Herr Nikolai in dem oben
: erwähnten Auffaße, der auch unter dem Titel:
Benfpiele einer Erfcheinung mehrerer Phantass
men nebft einigen erläuternden Anmerkungen.
Vorgeleſen in der K. Akademie der Wiſſenſchaf⸗
‚ten zu Berlin den 2gflen Zebr. 1799 von
Friedrich Nikolai. Berlin, 8. 38 S. ge⸗
druckt zu haben iſt.
Dieſer und aͤhnlicher Etſcheinungen wird
auch gedacht in der Berliner Monathſchr. 1799.
May Ne. J1. 1800. Sun. Octob. Mo. 1. und in
mehreren andern Zeitfchriften aurs eben den Jah⸗
ven. Eines ähnlichen Spiels der Phantafie ere
woaͤhnt der Here Profeffor Seiler in Altorf.
ECEG. Neichsanzeiger, 1905.17. Jun. Col. 1985
— 89). Nachdem er Bode's Berrachtungen
über das Weltgebaͤude gelefen, und es ſich oͤfters
borgeftelle hatte, mie bie dem. Flaͤchenraume nach
ben Mond 14 Mahl üÜbertreffende Erde vom
Monde aus angefehen erfcheinen müßte, erblickte
er fie einft bes Nachmittags _in feinem Zimmer
ſtehend. Es war ganz bas Bild, wie die Erd⸗
. globen es darftellen; . es blieb 5 Minuten hin⸗
durch unbeweglich.,. und folgte dem Auge nicht,
bis es endlich matter wurde und ee
Ji3
502 | Phantasm.
Auch dee Herr Profeſſor Seiler war krank
gewefen, und hatte fich noch nicht ganz erhohlt.
Dan Hat aufer Biefen nech viele andere
Bevyſpiele der Art, ſowohl von aͤuſchungen des
Geſichts als des Gehoͤrs. Ja eine alte ſeit
vielen Jahren ganz blinde Fran in Thuͤringen
pflegte immer darüber zu klagen, daß ſie fo vie
le ſchreckhafte Erſcheinungen von allerley Thie⸗
ren hätte, die mie in leibhafter Geſtalt vor, ihr
fiänden.
Erklaͤren läßt fich diefes Spiel der Phans
tafie-oder vielmehr diefe Sinnentaͤuſchung nicht,
da mir überhaupt das Wie unferer ganzen Ders
ganifation nicht ergründen. Daß es etwas an⸗
ders fen, als der im Ange fortvauernde Eins
druck einer blendenden Geftalt, ift einleuchtend,
denn dieſe folgt dem Auge, wohin es fich wens
Det, und verliert fich in wenigen Secunden. —
Wahrſcheinlich gibe es auch aͤhnliche Taͤuſchu
gen des Gefühls, und id) glaube, bie Erzaͤh⸗
Jungen von dem Ueberfahren mit einer Falten
Hand, welche in fo mancher Spufgefchichte vor⸗
Tommen, können dahin gerechnet werden, ba es
etwas fanderbar wäre, allen und jeden, bie fo
etwas erfahren zu haben betheuren, die gehabte
Empfindung ganz abftreiten zu ‚wollen.
Die Phantasmen mögen nun irgend eine
: Mobdifieation unferee Sinne zum Grunde haben,
welche fie mollen, fo ergibe fih aus allen zur
Genuͤge, daß außer ung feine Veranlaſſung dazu
da. iſt. Es wird aber fehr begreiflich, wie fi
aus den Phantasmen der Geſpenſterglaube faſt
ben allen Völkern hat. entwickeln koͤnnen, der in
‚der Folge durch mißverflandene Naturerſchei⸗
nungen senährt, und der jungen Generation von
den
2 Phantaft, Pfaraofihnedt. * 503
den abergläubifhen Alten immer mehr eingeimpft.
wurde ).
Pbantaſt, ein Schwärmer, der ſich mit,chimaͤ⸗
riſchen, uͤberſpannten Ideen beſchaͤftigt.
Phantom, ein Blendwerk, eine Erſcheinung, ein
GSefpenft. S. Phantasm. \ '
Pharao, cin fehr befanntes Haſard⸗ oder Sluͤcks⸗
fpiel, das diefen Nahmen indeß nicht Yon dem
Könige Pharao **), fondern eigentlich Yon dem
Zigeunern hat, da diefe Landſtreicher in Frank—
reich Aegypter oder Pharaonen heißen. Das.
übrige fehe man im Art. Spiel. .
Pbaraofeige, Ficus Sycomorus Linn., f. im
Art. Keige, Th. 12, ©. 468.
Pharaobubn, ein Nahme des gemeinen Perlhuhns,
Numida Meleagris Linn,; f. im Art, Huhn,
"x. 26, ©. 272. Bu
Pharaonis«Laus, was man barunter zu verfichen
babe, if Th.’ 66, ©. 252, fo wie im Art.
Chike, Th. 8, ©. 60 fl. ſchon bemerkt worden.
Pharaonis: Maus, |. das folgende,
Pharaoratze, ein Nahme des’ Ichneumons, Vi-
verra Ichneumon Linn.; f\ den Art. Ichneu⸗
mon, Th. 29, ©. 296.
Pbaraofihnede, Pharaoturban, Trochus. Pha-
raonisL. ſ. im Art, Kreiſelſchnecke, Th.48, 6.568.
N. Pas
®) Auch der. Herr Doctor Wönel erzählt in dem Buche:
Meiner Gattin wirkliche Ericheiuung nach ihrem Los
1 Bey ein Phantasm mit aller Miene der Wichtigkeit, ohne
es nur zu abuden, daß es eine bloße Täuichung ber Trans
ken Phantafle war. Der berächtigte GciRerfreund Jung,
"genannt Stilling, verdient feiner Erwähnung, da er felbk
nie einen Geif gejehen hat,“ ſouders alles nur Den Hands
werfsgefellen, —8 und andern Zengen im awey⸗
‘ten oder dritten Gliede nacherzählt. a
mas NabmePharan war uripröuglid Der. eigene
Nahe eines berühmten Aapptiichen Negenten , er wurde,
in der Folge aber zur Bezeichnung der Königemärde übers
haupt gebraucht. € ging damit eben fo, mie mit dem
Nahen Caſar. \
504 Pharanfpiel, Pharmacentifches Inſtitut.
Pberasfpiel, ein befanntes Gluͤcksſeiel, |. im, Art.
piel
Phariſaͤer, die Glieder einer Secte unter den.
ehenmhligen Suden, welche ſich durch eine Au:
Bere firenge Beobachtung des Geſetzes Mofis
dor andern hervor that.
Pharma’ eutik oder Pharmacevtik. 1) Die Apo⸗
theterkunſt. 2) Derjenige Theil ber Arzneykunſt,
welcher lehrt, mie die Atzneymittel beteitet, und
ven Kranfen eingegeben werden muͤſſen.
Pharmacentifches Inſtitut, eine Auſtalt, worin
junge Leute, die ſich der Apethekerkunſt wibmen
wollen, in den ihnen noͤthigen Wiſſenſchaften
unterrichtet, und zu den Apothekergeſchaͤften prak⸗
tiſch angeleitet werden.
Es iſt nicht leicht ein Stand, der mannigs
faltigerer Kentniſſe bedarf, und mo die Gelegen⸗
heit, welche die Zoͤglinge zu ihrer Ausbildu
gewöhnlich finden, unvollfommener und duͤrftiger
ift, als. bey den Apothefern. Saum. haben die
jungen Leute dgs ı5te Jahr zurüd gelegt, fo
werden fie bey einem Apotheker in die Lehre
gethan, wo fie oft als gemeine Handwerfäle ir |
linge vom frühen Morgen bis in die Nachtet
perlich arbeiten muͤſſen, und nur fo nebenber:
empiriſch von ihrer Kunſt etwas auffaffen koͤn⸗
nen. Von den Wiſſenſchaften, die dem Abo⸗
thefer jo hoͤchſt nothwendig find, verſteht ber
- Here oder Ber Proviſor der Dfficin off ſelbſt
Faum bie Anfangsgeünde, und wenn er. auch
befier unterrichtet ift, fo fehlt es ihm oft an Zeit
und Neigung, fi) mir der Bildung des Lehr
lings ernfihaft abzugeben. Der junge Menſch
reift alfo heran,. aber nicht an Kenntniſſen, fons
dern nur an Jahren und an empieifcher Kunſt⸗
fertigfeit, und treibt fein Sefpäft in ber Su
Pharmaceutiſches Inſtitut. 50%
eben fo mechaniſch, als. es fein. Lehrherr that.
Wenn es nun aud) Ausnahmen gibt, wo bie
Prinzipale der Offieinen ihre Zöglinge. auf eine
mufterhafte Art auszubilden Sähigkeit, Muße
und Meigung haben, und wenn felbft unter
den ungünftigften Umfländen fich öfters ein Ges
nie empor arbeiter, wie denn. die Pharmacie
der Melt mehrere der achtungsmärdigften Gelehr⸗
ten, befonders Chemiker, geliefert hat: fo iſt es,
nach dem gewöhnlicdyen Laufe der Dinge, doch
- immer fehr fchwer für den jungen Mann, ſich
die nöthigen Kenntnifle zu erwerben. Da num
die Pharmacie von fo bedeutendem Einfluffe für
pie. Sejundheitspflöge in den Staaten ift: fo
- machen fih die Miänner, welche an der Aufs
"nahme derjelben arbeiten, für das gemeine We⸗
: fen außerordentlich verdient. "
Zu den Mitseln, die Aufnahme ber Phars
.. macie zu ‚befördern, gehören vorzüglich die Bil
- Bungsanflälten, wo junge Leute für diefen Zweck
erzogen werden. Eine herühmte Anſtalt der Art
Hap-ber Herr Profeſſer und Aporhefer Dr. Joh.
Barthol. Trommsdorf in Erfurt fehon vor
mehreren Jadhren errichtet, die zugleich auch für.
Juͤnglinge, welche fi) dem Studium der Arzneys
kunde midmen wollen, berechnet iſt, und worin
vorzuͤglich die Naturkunde im, ihrem ganzen Um⸗
fange, nebſt den übrigen Huͤlfswiſſenſchaften ges
iehrt werden. Was alles dahin gehoͤrt, wird man
- qus nachfolgender von ihm daruͤber befannt ge
. machten: Dachriche mit. mehrerem erfeben.
wo
.. Schon vor. mehreren Jahren, fagt Kr Prof.
Zromms dorf, Habeich mit Beohülfe einiger gelehrs
ten Sceunde ein chemiſch⸗ phyſikaliſch⸗ pharmazenı
tiſches Inſtitut errichtet, welches noch bis jetzt ſei⸗
3: men erwuͤnſchten Fortgang hat. Der Zweck dieſes
miacertifarn zu buden, die ihr. Fach gründlich, theo—
4 iz. retiſch
Vaſtit uts iſt, Juͤngiinge theils zu brauchbaren Phar⸗
—
%
506 Yharmaceutiſches Inſtitut.
retiſch und practiſch verſtehen; theils auch Juͤnglinge,
Die ſich der Arzneywiſſenſchaft widmen wollen, vor⸗
zubereiten, und fie in allen denjenigen Wiſſenſchaf⸗
ten zu unterrichten, Die jedem Urzte unentbehrlich
fine. Es iſt längıt bekannt, daß jeden Arzte die
Chemie und Pharmarıe unentbehrlich iſt, wie wenig
Any aber tieibt dem “Jünglınge zur eriernung Ders
eiden auf Afapemien ubrıg? und wenn diefe Wiens
ſchaften jelbis von berühmten Männern gelehrt wers
den, fo darf man dennoch wohl behaupten, baß Die
Zuhörer wenigſiens in legterer Wiſſenſchaft eben Feine
große Fortſchritte machen werden. Sie erhalten
hoͤchſtens eine mangeihafte Ueberficht, ohne das
eigentlice dieſes Fachs nöher, kennen zu lernen,
ohne zu einer fpezielleen Kenntniß der Pharmäcie
zu gelangen. Daher kennen auch fo wenig Aerzte
- Die- Mittel, die ſie verfchreiben, und nur wenige -
koͤnnen über die Gute und Aechtheit derfelben urthei⸗
. wollen, vorzägli
len. Diefem ſichtbaren Mangel —R—
mehrere berühmte Männer vorgeſchlagen, daß die
Fünglınge, welche fih der Aranepfande widmen ,
woüten, vorher erit-in einer Apotheke die Pharma⸗
cie erlernen möchten, und ich glaube cuf alle Bälle,
daß der Borfchlag ſehr ‚gut ik; nur. treten zwey
Umfände ein, dıe kein kleines Hinderniß find: eins
maͤhl gehe eine Reihe non Jahren verloren, wenn
fih der Füngling ganz zum praftifchen Apotheker
bilden will, und zweytens möchten auch nicht alle
Apotheker fähig feyn, gruͤnlichen Unterriht in der
Bharmagie. zu ertheilen, da viele derfelben ihre
MBilfenfehaft ſehr empirif treiben. Diefem Mangel
glaube ih dur mein Inſtitut abzubelfen, indem
ich die Zöglinge u ſich der Arzneykunde widmen
mit dein befannt zu machen ſuche,
. was ihnen einjt ald Aerzten unentbehrlich und nöthig
ift.
‚ Chemie, Mathematik, Naturlehre und aturges
Fichte in Verbindung machen die Naturwiſſenſchaft
aus, und dad Studium wird erleichtert und an Zeit
gewonnen, wenn alle diefe einzelnen Zweige‘ nad
einem Plane und in einer befimmten un 2“
lehrt und vorgetragen worden — und das iR 6
meinem Inſtitute fo eingerichtet: ich und meine
Freunde arbeiten nad einem Plane, und. arbeiten
einander, wenn ich mid des. Ausdruds; nbienen
act,
N
Pharmaceutiſches Fafkttuf. 607
darf, in die Hände. Es wird in meinem Infinite
Unterricht ertheilt in der a
Botanif, Die Schüler werden mir den Termi:
. nologien befannt gemacht, und kehaften Mfleiting
im Selbſtunterſuchen; den Sommer hindurch wer—
den fleißig Ercurſionen angeftelt, Pflanzen befchties
“ ben, unterfucht und eingelegt. Eine pflanfnreice
— Gegend und ein detanıfer Sarten Hiefern alles
Noͤthige. Auch der phpfiologifde Theil der Bota⸗
nie, fo wie die Syftemfunde, werden nicht vergeſſen.
— Auf pharmaceptiſche Pflanzen wird beſonders
tuͤckſicht genommen. re
Zoologie, auf aͤhnliche Art, wie Botanik, au
die Ähnfologie der Thiere wird nicht Abergangen.
Ä a Mangel eined Kabinets wird durch Bilderwerfe
erſetzt. | er
inerafogie und „die einzelnen Theile dieſer
Wiſſenſchaft. Die otpftognofifen Borlefungen
werden mit Vorzeigung der Foſſilien begleitet. '
Mathematik, Uritmerhif, Algebra, Geometrie.
Die Zoͤglinge, welche diefen Eurfus bey mir vollen⸗
det Haben, erhalten dann auch in der angewandten
Mathematif und Höhern Groͤßenlehre Unterricht.
Naturlehre, ausführlich und mit den gehörigen
Erperimenten begleitet. ' " Zee
Chemie, im Umfange nad beyden? herrſchenden
Syſtemen. Ale bedeutende Verſuche werden anges
ftelit, und die Zöglinge in chemiſchen Unterſuͤchun⸗
gen, die fie ſelbſt anftellen mäflen, geübt. °'"
' Pparmacie, ſowehl theoretifh als praktiſch.
. Böglinge, die ſich ausſchließend dieſer Wiſſenſchaft
widmen wollen, werden in allen Arbeiten des Apo⸗
thekers geübt, und legen ſelbſt mit Hand an.
Mach der kuͤnftigen Beſtimmung der Zoͤglinge
wird auch der Unterricht eingerichtet, wie ich dieſes
in einem ausfuͤhrlichen Plane jedem, der ſich an
mich wendet, vorlegen werde. Hier erinnere: ich
nur noch: daß ib auch die Juͤnglinge, welche fih
den Kameralmiflenfchaften widmen wollen, aufneh⸗
me, un fie niit der Haturmiffenfchaft iverttauf zu
machen und ihnen gründliche Konntnifle zu erthrilen,
Auch Fünglinge, die fi ganz zu Apothefern bilden
wollen, nehme ich auf, wenn fie fich auch noch nie
mit Dharmacie beichäftige haben, und werde fie zu
brauchbaren Pharmucevten zu bilden fuer, m
u ann
N
sog Pharmaceutiſches Inſtitut.
‚ Zaun dieß freylich nicht in einem Jahre geſchehen. —
Mas die moraliſche Bildung der Joͤglinge anbelangt,
fo laſſe ib mir fie cben fo ſehr angelegen feyn, als
die wiſſenſchaftliche, und habe es mır auch zur fehen
Regel gemacht, feinen ſchon verdorbenen Juͤngung
aufzunehmen.
er die nähern Bedingungen, bie billig find,
wi will, beliede ib in franfirten Briefen an
mich ſelbſt gu wenden.
Seit etwa 12 Jahren eriftire in Berlin
aud) eine pbarmaceutifche Geſellſchaft, weiches
eine unter der Ditection des berühmten Klaps
zoth und dem Benfiße einiger wuͤrdiger Prinzis
. gale beitehende. Verbindungl der Apotheferge
huͤlfen ift, um fih in den zu ihrem Sache uns
entbehrlichen Wiflenfchaften noch weiter auszu⸗
bilden. In einem angemeflenen Locale find die
Bücher und Sammlungen der Geſellſchaft aufs
geftellt, und an den Ausgehtagen finden ſich die
Mitglieder dafeltft ein, um fic) gegenfeitig über
‚ ibe Fach zu unterhalten, Auch wird in den
Fruͤhſtunden von dazu angeflellten Lehrern Uns
terricht in der Chemie, Botanik und in andern
- Kächern ertheilt, und nach der neuern Einriche
tung halten die Mitglieder der Gefellfchaft alle
acht Tage ein Sraminatorium unter fich, mo
ein Abichnire aus einem Lehrbuche der Pharma⸗
cie durchgenoinmen wird. Man Fann fid) bey
der dermabligen Verfaſſung der Dfficnen Fein
zweckmaͤßigeres Inſtitut denfen, die Gehuͤlfen
zur Nacheiferung in den Studien aufzumuntern,
ſo wie dieſe Verbindung zugleich ein Mittel
wird, dieſelben von nachtheiligen Geſellſchaften
abzuhalten, und den Beſchaͤftigungen in ihren
Freyſtunden die nuͤtzlichſte Tendenz zu geben.
Schade nur, daß die Prinzipale der Officinen
in Berlin nicht alle gleich geneigt zu ſeyn ſchei⸗
nen ihre Gehuͤlfen zum Eintritte in die Geſell⸗
.. !
—*
Phdrmiaceutifche "te %69
ſchaft zu vermögen, weiches um fo auffallender
ift, da e8 ihnen feföft fehr darum zu thun feyn
müßte, denſelben Gelegenheit zu verichaffen, ſich
weiter auszubilden. Die Bepiräge, welche die
Gehuͤlfen zur Beſtreitung der. Koſten viertel⸗
jährlic) geben, find geringe, mir daͤucht, ſie be⸗
ſtehen in 18 Groſchen Courant; fie uͤbernehmen
mit dem Eintritie aber die Verbinpfichfeir, bie
Sammlung der Geſellſchaft auf die eine oder
andere Art bereichern ‘zu. heffen, welches bie
mehrſten mit ſehr ſchon Aaufgelegten Pflanzen
thun.
Pharmaceutifähe Doliseg, , "bie. obeigteitfiche Auf⸗
ſicht uͤber die Apotheken, damit fie. ſich nach der
Medicinalordnung des Landes richten, find das
Publicum, das die Arzenepen ohnehin fd thener
bezahlen muß, an feinee Selunppeit, ' durch
Schuld ber Officinen, nicht gefährdet, und aud
im Preife der Medicamente nicht zu fehr. über:
feßt werde. Das weſentliche, worauf etz ‚bierben
anfomme, ift fchon im Art. Medicinalanſtal⸗
en, Tr 86, ©. 579 fl. und im Art. Medici⸗
naltaxe, bajelbft, S. 686 fl. vorgetragen wor⸗
‚den. Wer die in mehreren andern Ländern zu
dieſem Zwecke getroffenen Einrichtungen kennen
‚ lernen will, wird in nachfolgenden Wirken bie
weiteren Nachrichten finden.
Das Eaflelifche Upotheferbuch. |
Das daͤniſche Aporheferbuc. 0
Meues englifhes Diſpenſatorium, oder Apetheker⸗
buch nad) der Londner und Edinburger Phars
macopäe ausgearbeitet von W. Lewis; aus dem
Enaliſchen uͤberſegt, mit Bermehtungen, und
aufn, von Dr. Kapp 1 — Zter Theil,
- 86.
Dibenfarorium, oder Urznegverzeichniß für Arme,
HH getragen von der mediciniſchen Facul⸗
ER zu a 1780 |
Phar-
519 ¶ Pyarmoeit. . Pharmagopaca
Pharmacopaea militaris navalis et eorum ului ao
ommodata, qui impenlis pubBcis curanlur,
Stockbulm, 1789. & 233 ©.
Reufs Difpenfatorium univerfale [, Lexicon Che-
mico-Pharmaceuticum ad tempgra nolira accom-
modatum, Vol, Il. Ed. altera 'aucta_et emen-
data. 1790.
Codico Farmaceutico per lo fato della Serenifli-
. ‚ma Republica di Venezis, Gompilato per ordi-
ne dell’ eccellentifimo Magiftrato della Sanita,
* Padua 1700. 4 maj. 274 ©.
Apothekerordnung der Stadt Buöningen, nebſt
Anmerkungen. ©. Aeſkulap, eine mediciniſche
Zeitſchrift, von D. Weber und. D. Ruhland.
DB. I. 179.8 203 — an 7*
.„ Handbuch der pharmaceutifhen Waarenfunde, von
5" . D. J. B. Trommsdorf, Erfunt-1799. 8. ;
2: „Mpothefertare für dad Churfürkenthum Hannos
vr: - per, bon kentim Hannover, 1399. 10.%0s
gen Fol..
Dbhatmacie, die Apolhekerkunſt.
Pharmacolith, oder Arſenikbluͤthe, Franz. Ar-
fenic occidé, iſt eine Miſchung von Kalkerde
[1
ae.
2) Ein Buch oder Vorſchrift, worin entbalknn
| iſt,
⸗ chreibt dieſes Wort gewoͤhnlich Pharmacopaea
m Rfhreibt Biel Das wire —8 das Briehlice
Guuunorea, und hiefe mithin die Aputbeferinn. Col
es die Kunſt, Arzeneymittel zu bereiten, ausbräden, fo
muß es Pharmacopocia heiben.
‚Pharmagum,, ein, Arsnsnimitteh, .. R
Pharmacum. ‚Bharus, ‚St
it, aus welchen Beſtandtheilen und .auf melde
Yrt alle in’ den Avothefen. genöhnliche- Mittel
bereitet werben. Man sehe die im Act; Phar⸗
maceutifche Polizey angegebenen Schriften und
nachgeroiejenen Stellen. int. Att. Meditinalan⸗
ſtalten se.
— der gie Monath ve anbracper aid
Aegypter, welcher dege 7ten März nachedem: für
; fanifchen „Kalender ‚anfängte «,
"Pharnaceum , Pharnacle, eine Planzengastung,
F ‚deren. Arten faͤmmtlich in entfernten Weltgegen⸗
Den wachlen,: und zu wenig merfwärbig. Tine, um
fie hier aufzuführen. —*
Pharofneeſ. Phujoſnęe 3.4 —
‚Plarus, ‚ing ‚Elrine, Juſel bey. Kegupten. und war
por Alerandrien.. ‚Sie, ſchloß—.und decte Iden
Hafen von Nerandrien, deur fie mit ihrem oͤſt⸗
‚chen Ende näher war, als mit ihrem weſtlichen.
Nur neben. dem oͤſtlichen Ende fonnte man in
den großen Hafen von: Alexandrien einlaufen.
Die Einfahrt aber war -mit ‚Gefahr verbunden.
.. Prolomaus IT. ließ daher. auf dem Öftlichen
Vorgebirge der Inſel von dem Enidier Sofhrar
tus einen vieredigen marmornen Leuchtthurm
158 Suß, nach andern.ıgo Ellen, und nad) noch
andgen Angaben 525 Fuß hoch aufführen, und
eben auf demjelben ein beftändiges Feuer unters
haften, deffen Schein 300 Stadien meit in. ber
See geſehen wurde, Der Thurm foll goo Ta:
Iente gefoftet haben. Won viefem Thurm., der
im Jahr 283 vor Chriſti Geburt vollendet wur:
de, bieß in der Folge jeder Keuchtthurm Pharus.
‚©. Bon Wiebeking's allgemeine theoretiſch⸗
ptaktiſche Waſſerbaukunſt. II. Abth. zter Ab⸗
ſchnitt, und die Anmerkungen in den göttingens
ſchen gelchsten Anzeigen, 1807. ı5 St. ©. 138
— 14, _ Auch
4
5 i2 Phaſan. Phaſen.
Auch vergleiche man die jenaiſche aͤngemeine
Literaturzeitung 1801. Ro. 293. vom 15ten Octob.,
wo bey Gelegenheit der Recenſion der Asgypti-
aca or Obſervations on certain Antiguities ul
Egypt von J. White, Prof. zu Oxford, un Kup⸗
fer mitgetheilt mırd, das unter andern au die
Lage des alten Pharus darftxll t.
Pbafan, Phafianus Colchicus L,, f. Safan, gu
"12, S. 214 fl. ”):
haſanenkraut, f. Linfenbaum, Th. 79. ©: 364.
bafanerie; |. im Art: Safan, Th. 12; ©. 221 fl.
‚Phascufn, der Mahme einer Mosgattung, die i
: Art. Mios, Th. 94, ©. 445 beihrieben if;
man.nenne fie im Deutſchen Obnmund, Dart:
mos.
‚Peafm: Lihrgeftalten,. ichtabwechſelungen
haſes, paritiones planetarum, Frau.
— W nennt man die veraͤnderlichen
—* ber Planeten und ihrer Monde, wel
“che zu verſchiedenen Zeiten: von ihrer: verſchiede⸗
nen Beleuchtung der Sonne herrühren,. "In
bverſchiedenen Stellungen biefer himmliſchen Kir
per gegen die Sonne erfcheinen fie und bald wie
“eine runde voͤllig erleuchtete Scheibe, bald oval,
bald’ als eine halbe Scheibe, bald fi chelfoͤrmig,
bald auch als ein dunkeler Fleck. Don den Pha⸗
ſen des Mondes ſ. m. Mondphaſen Th. 93,
©. 380 fl. Bey ber Venus und dem Mer—⸗
Fur bar man diefe Phafen erft mir der Erfindung
bet Sernröhre entdecket. Galilei machte fie
in feinem nuncio fidereo befannt; Hevel bat
fie nachher fehr genau kn ‚ und Abbilduns
gen von ihnen gegeben, nn dieſe beiden Pla⸗
sieten mit der Sonne in der obern Conjunftion
fiehen ‚fo kehren fie ihre ganze erleuchtete Seite
Ä gegen
°) Diefer Vogel bat den Nadmen von dem Fluſſe
in Mingrelien, von wo ihn Die Argonaufen zuerft
Europa gebracht haben follen.
Phaſen. sy
. gegen uns, und wie fehen fie baher, als fichre
“volle Scheiben. Hierauf werden fie des Abends
ſichtbar, und fangen an, ung etwas von ihrem
dunfeln Theile zu zeigen, bis fie in der größten
Entfernung von der Sonne al8 halbe Scheiben
erfsheinen, Von diefer Zeit an wird ihr erleuche
teter Theil immer Heiner, indem fie fich der Sons
ne wieder nähern, und erfcheinen baher fichelför«
mig, bis fie endlich. mit der Sonne in bie untes
‚re Sonjunftion fommen, wo fie dunfel find,
und auch als dunfele Flecken vor der fcheinbaren _
Sonnenſcheibe voräbergeben, wenn fie diefer nabe
genug fommen. Hierauf rüden fie gegen: vie
Abendſeite der Sonne fort, werden des Morgens
‚fihebar, mie eine helle Sichel; nach und nadh
wird ihr erleuchteter Theil immer größer bis zur
‚größten Ausweichung von dee Sonne, wo ſie
zur Hälfte erleuchtet erfcheinen. Hiernaͤchſt wird
‚ir erleuchteter Theil immer größer, bis fie ends
-Jidy wieder mit der obern Conjunftion ver Son⸗
ne als volle runde Scheiben glänzen. Bey allen
bieſen Erfcheinungen iſt ver erleuchtere Theil die:
fee Planeten jederzeit gegen die Sonne, der dun⸗
ele Theil aber der Sonne abwärts zugekehret.
Man finder die verfchiedenen Lichrgeftaften diefer
beyden Planeten von Monath zu Monath ange
zeigt in den wiener Ephemeriden und Bode's
Sahrbuch. u |
Was die obern Planeten betrifft, deren
Bahnen die Erdbahn umfchließen, fo werben
biefe jederzeit von der in der Mitte flehenven
Sonne gerade von der Seite erleuchtet, von mel
her wir fie ſehen, daher koͤnnen fie uns gud) nidıt
fihelförmig erfcheinen. Die Erde kann bloß als;
dann, wenn fie go Grade von der Sonne ent«
fernet find, einen Heinen Theil von ifrer dunkeln
Gec.techn. Enc. CXII. Theil, RE. Hälfte
514 7 Phaſele.
Hälfte wahrnehmen. Auch ſieht man wirklich
die Scheibe des Mars in dieſen Stellungen nicht
voͤllig als rund, beym Saturn, Jupiter und Ura—
nus iſt dieß wegen der großen Entfernungen
unmoͤglich zu erkennen.
Die Entdeckung der Phaſen an den Plaue⸗
ten hat bewieſen, daß ſie, wie unſere Erde, dun⸗
kele Koͤrper ſind, und ihr Licht von der Sonne
erhalten.
Phaſele, Faſele, ein Nahme, welcher aus Phalæ-
olus entſtanden iſt, und zunaͤchſt eine Pflanze
aus dieſer Gattung bezeichne. Da man im
Deutichen indeß für diefe Gattung den Nahmen
Bohne beybehalten hat, fo haben die Botaniker
‚in der Solge die Gattung. Dolichos Linn,
deren Arten vordem häufig auch den Gattungs⸗
‚nahmen Phaleolus führten, mit dem Nahmen
Phafele, Safele, oder im Plural, Safeln. bes
legt. Don Phaleolus handelt, der Art. Boh⸗
ne, Th. 6, S. 110 folg., wiewohl der Art. ip
botanifcher Hinſicht noch einft etwas genauer
beftimmt werden muß. Won Dolichos *) wei⸗
de ich hier das meitere Binzufügen muͤſſen.
Die Charaktere diefer Gattung, welche in
Diadelphia Decandria des Linnẽſchen Gy
ſtems gehört, find folgende: Pie ‚Ichmetterlingss
förmige Blume hat an der Baſis des Faͤhn⸗
chens zroey parallelftehende, Tängliche, cellutöfe
Körper angemahfen, welche die Slügel unten
jufammen drüden. Diefe Gattung begreift fchon
etlihe.und funfzig lauter ausländifche Arten uns
tev fi, wovon die meiften Fletternde fich wins
dende Stämme haben. Sc’ werde Hier indeß
nur einiger Arten erwähnen.
* Ge
) Dolichos war. eigentlich die größte Laufbahn ber deu
Mettläufen der alten Griechen und Römer, mwoson Ch. 66,
&,cı im Ark. Laufen eine Notiz mitgerheilk worden if.
Rhaſele. ur
*Gewundene (Volubiles), - :
1) Aegyptiſche Safele. Dolichos Tablab,
volubilis, legaäminibus ovato-acinaciformibus,
feminibus ovatis hilo arcuato verſus alteram
extremitatem. Linn. Spec. plant. ed Willd,
Tom. II. p. II p. 1057. Syli. veg. p. 547.
- Hasselquist. It. palaeli. 483. Phaleolus '
aegyptius, nigro feraine. C. Bauh. pin. 341.
Phafeolus niger Lablab, Alp. aegyt, 74.
t. 75. | |
| Fon diefer ıft Aegnpten das Vaterland, wo
fe ha Alpin ein baumartiges Gewächs if,
- welches Über hundert Fahre Dauert und. beftäne
:Hig:grün bleibt. Die Bohnen, melche in lan«
“gen, breiten Hüllen eingefchloffen, find ſchwarz
ipder auch roch, Und Fönnen gegeffen werden;
mit Safran abgefocht, follen fie wider verfchies
"dene Bruftfranfheiren, bejonders mider die Vers
daltung der monathlichen Meinigung und .des
Haͤrns mit Mugen gebraucht werden Fönnen,
- Hab: Besling fpielt man auch mit denfelben,
daher vermuthlich‘ der Nahme Laab, weiches ben
den Arabern ein gewiſſes Spiel ausprädt, ente
fanden. Heffelg wife perichter in ‚feiner eis
“Febefcjreibung, daß man in Aegppten fich biefes
72. e8 zur Umjiehlihg und Bedeckung der
"Gärtenbäuschen, Sommerlaüben ꝛc. bediene, ‚wie
benn deſſen ſteigender und Fletternber, Stamm,
vrſonders, wenn ihn die Kunſt unterſtuͤtzt, gar
" weh] bag dienlich iſt. ‘Eben —— Rei⸗
‚fit fagt, daß, obſchon Alpin Aegppien. für
"das Vaterland dieſes Gewaͤchſes hält, .:.felbiges
dennoch außer den’ Gärten, wa es in. enge
gezogen wird, von Ihm nie wild daſelbſt gefuns
den worden, Da fie in ber Zandesfpracdhe Ful
| Sta Rranghi
+
16 Phaſele. | |
Franghi ober Europaiſche Bohne genannt
wird, fo follte man faſt vermuchen, als ob die
Europäer diefelbe zuerſt dahin gebracht Härten.
. Wahrfcheinlicher ift fie aus Dflindien über das
soche Meer nad) Aegppten gefommen. Cie
bluͤht dafelbft im September. Die Hülfen find
an ihren Rüden rauf, . Der Stamm ift rund,
fo mie die Aeſte, und eben fo wie. die Huͤlſen
ruͤckwaͤrts mit ſteifen Haͤrchen beiegt. . Die Blu⸗
- menftiele ſtehen faft in Quirlen, je vier und yier
bey einander. Die Blumen find dunfelpurpur«
farbig, auch zuweilen weiß. Im Danjen kommt
das ganze Gewaͤchs mit der.gemeinen tuͤrkiſchen
Bohne in fehr vielen Überein. Im unfern.eus
topäifchen Gärten, wo fie. num wicht mehr ber
Seltenheit wegen gezogen wird, ift fie ein Gym
mergewaͤchs.
2) Chineſiſche Faſeie. Dolichos Sinenfis, |
: volubilis, leguminibus. pendulis cyliudrieis
Kor ol, poduncnlis erectis multifloris. Linn.
- Spec. p 1038. Sylt. V 547.
- Dolichos Sinenks. Rumph, amb, 5. p. 375.
t. 134.
Diefe ift jährig und in Oſtindien zu Haufe,
fie wird von den Malayen Katiang Sina genannt,
und nad Rumph in dem hollaͤndiſchen Antheil
von Oſtindien, wie unfere gemeinen, türkifchen
Bohnen, gezogen nd gebauet. Ihre Blumen
find weiß, un purpurfarbig; auf diefe folgen fehr
“viele, eine lange Hülfen, welche weiße und
rothe Bohnen von ſehr angenehmen Geſchmack
einfhjfießen. Man fpeift daſelbſt die Huͤlſen, wenn
fie noch jung und’ zart find ‚ abgebruͤhet und eins
gefhnitten: als Salat, P. wie die Saamen eber
Bohnen oetocht. | -
3)
Phafle 537
3) Salige Safele. Doliches unguicula-
tus, volubilis, leguminibus eapitatis ſubey-
lindricis: apice recurvo concavo. Linn.
c. p. 1039. Jacg. Hort. Vind. t. 93. Caca-
ra nigra. Rumpli, amb. 5. p. 381. t. 138.
Diefe if in. Dflindien und auf der Inſel
Barbados zu Haufe. Rumph nennt flefchware |
3e Cacara, weil ihre reifen Bohnen fo ſchwarz
wie Agat find. Roh find fie, wie die türfifchen,
ſehr ungefund, und dem Dich giftige. Doc
verliert fich diefe Eigenfchaft, wenn fie im Waſ⸗
fer geweiht und aufgefocht werden, man fan
fie alsdann ohne Nachtheil der Geſundheit ger
nießen. Die Javanen röften oder braten ſie in
heißer Alche. Ä
4) wWiereckige Faſele. Dolichos tetra-
gonolobus, volubilis, leguminibus membra-
naceo- quadrangulis. Linn. l. c. p. 1040. _
Lobus quadrangularis Rumph, amb. 3.p.
- 374. t. 135. Be u
Außer der befondern vieredigen Geſtalt
ihrer Huͤlſen, unterfcheiter ſich dieſe noch durch
eine knollige Wurzel. Ihre Staͤmme ſteigen,
fo wie andere; ihre Blaͤtter find glatt, und Die
Blumen fehr groß. Die noch grünen Häljen
werden etwa einen Schuh lang, und find, gleich
‚Den gemeinen Bohnen, fo mie ihre Wurzel eß⸗
bar, Dan nennt. fie in Java Catiang Botor.
Sie iſt auch in Dftindien zu Haufe
5) Juckende Safele. Dolichos pruriens,
. volubilis, leguminibus racemolis: valvulis
fubcarinatis hirtis, pedunculis ternis._Linn.
l. c. p. sogı. Muüurr. app. med. V.Il. p. 358.
“n. 500, Jacg. Amer. 201. t, ı22. - Catara
pruritus. Bumph. amb. 6. p. 393. t. 142.
Nai- Corana, Rheed, mal. 8. p. 61.
. Reg Diefe
518. Phaſele.
Dieſe waͤchſt in beyden Indien, vorzuͤglich
aber in Oſtindien, Bengalen, dem ſuͤdlichen Ame⸗
rika, in Guiena, jo wie auf den Caraibiſchen
Anfeln wild. Gie wird in der Landesiprade
in Dengalen Cadiuct, von den Engländern das
. felbft Couhage oder Gow-Itch, und von den
- Franzoſen auf den Garaibifchen Inſeln Pois &
grater genannt. Der Kelch iſt glodenförmig,
fünfzähnig und roͤthlicht. Der mittlere Zuhn iſt
etwas kuͤrzer. Das Hähnchen ift fleifchfarbig,
uͤberaus kurz, eyrund und dreymahl Fürzer als
die übrigen Kronblaͤttchen. Die Fluͤgel find vio⸗
let oder puspurfarbig. Das Hähnchen ıft gleiche
breit, fpißig und auf der Spitze fchiffförmig.
Die Hülfe ift zufammengedrüdt, vier bis fünf
Zoll fang, lederartig, fingerstid, über und über
mit fteifen, borftigen, eifenroftfarbigen, faft brau⸗
nen, glänzenden - Haaren bededt, welche, wenn
man fie an irgend einen unbedecdten Theil des
Körpers bringt, ein fo brennendes und ſchmerze
- baftes Jucken erregen, daß felbfi die Mohren,
deren Haut dody fo did iſt, fish vor denſelben
ſehr ın Acht nehmen müffen; an der Baſis ein:
wärts, und auf der Gpiße auswärts gebogen
oder gekruͤmmt, fo daß fie den Buchſtaben S.
regelmäßig vorſtellt. Die Stämme. find rund
und etwas haarig. Die Blätter find dreyfach;
Ihre Blätichen find glattrandig, ſcharf zugefpibt,
auf der Oberfläche glatt, und auf der Unters
fläche zottig.. Die Blumen blühen in Trauben:
diefe find einfach, rund, baarig, kommen ans
den Blattwinkeln heraus, und bangen unter: fidh;
ihre Zänge beträgt über anderthalb Schuh; bie
Plumen ſelbſt figen anf befonders Furzen Sties
fen, geruchlos, und anderchalb Zoll lang.
\ Der
v
Phaſele. ‘sig
Der Ritter Murray hält diefe Art fie -
biejenige, von welcher Bancroft in feiner Mas
eurgefchichte von Guiana p. 241. behauptet, daß
ihre, ein fo brennendes Juden erregenden ſteifen
Haare oder Borſten mit fo entfprechendem Erfolg
wider die Würmer, angerathen werben koͤnnten.
Eben diefer erzähle uns, daß die Einwohner auf
der Küfte von Guiana fi) der Borften diefer
Hölfen, in Syrup oder einer Latwerge eingehülft,
als eines fihern, unfchädliche, durch unzählige
Erfahrungen bewährten, murmtreibenden Mits
tels bedienen. Es ift fehe mahrfcheinfih, daß
"bie Arc und Weiſe die Würmer durch die Bors .
ſten auszutreiben, ganz alfein bon ihrer mecha:
nifch = reigenden und flechenden Eigenfchaft ‚here
geleitet werden koͤnne; deſſen ungeachter ift
es fehr zu verwundern, daß. noch nie ein Bey⸗
fpiel vorhanden, daß diefe Borften irgend einen
bedenflichen Zufall in dem Magen und übrigen
Darmcanal erregt hätten. So fehr bürgen die
vorhandenen Erfahrungen für deren Unſchaͤd⸗
lichkeit, daß diejelden fogar den Fleinen ‚Rindern
ohne irgend eine Gefahr zu beforgen, gegeben
werben fünnen, | |
* Daß übrigens diefe Borften deſto Heftiger
bie äußern Theile befchädigen fünnen, davon gibt
uns Rumph folgende Nachrichten. Die Fleis
nen Haare, welche die Hülfe ganz rauh machen,
laſſen fich leicht abwifchen, und verurfachen auf
ber bloßen Haut ein entſetzliches Juden oder
Brennen, wodurch in Indien fehr oft Unpeit
geftiftee wird, wenn fie einander dieſe Haare in
die Kleider blafen, oder in die Betten fireuen.
Mer folhe an feinen Körper befommen hat,
datrf den Theil nicht mir Waſſer abwaſchen,
weil dadurch ber Schmerz viel Kärfer wird, fon .
| | Kkt4 dern
520 Phaſele
dern muß ſich mit Oehl beſchmieren, oder mit
trockener Aſche reiben, wodurch der Schmerz
nach und nach aufhoͤrt. Aus eben der Urſache
darf man ſich auch nicht aus ſolchen Fluͤſſen,
an deren Ufern dieſe Faſele waͤchſt, waſchen,
oder in ſolchen baden, wenn es kurz vorher ges
regnet bat; indem bie Haare von den Hälfen
Durch den Regen abgewafchen werden, und in
dem Waſſer einige Zeit herumfchmimmen.
6) Brennende Safele.e Dolichos urens, .
. volubilis, leguminibus racemolis transverim
lamelloſis hirtis, ſeminibus hilo cinctis. Spec,
P- ed. Willd.l. c. p. 1042. Dolichos vo-
ubilis, leguminibus racemolis: ſulcis trans.
verim lanceolatis, feminibus hilo cinctis,
Linn. Sylt. Veg. p. 547. Jacq. Amer, 202.
t. 182. f. 84. Macuna. Marcg. bral, ı9.
Kaku virili. Rheed. mal ıo. p. 63. Ä
Dirfe ift frauchartig, und in dem mittägs
lihen Amerifa in Waͤldern und Geflräuchen
einheimifch. Die Stämme find rund. Die Bläts
ter drenfach; ihre Blättchen find beynahe eyrund,
alattrandig, und endigen fi mit einer Spitze;
fie find auf der Oberfläche glatt, und unten mit
einem fait unmerflidyen, _ fübernen, glänzenden
Filze überzogen. Die Blumen blühen in Trau«
ben, welche abwärts hangen, und felten länger
als das Blatt find: fie fiehen auf befondern, je
drey und dren beyfammenftebenden Blumenftiefen,
find ohne Geruch, zwey Zoll fang, gelb, und
an dem untern ande ber. Slügel roth. Die
Huͤlſe iſt fieben Zoll lang, und mir fleifen, brens
nenden Borften über und über hefeßt. Die.
Samen werden von den Sranzofen, wegen der
. Aehnlichfeit mit einem Auge, yeux bourrique
genannt, Bergius vermuthet eben die wurm⸗
ttrei⸗
Phaſel·. su
treibende igenfchaft der brennenden Borſten
der Huͤlſen, welche ben der vorigen erwaͤhnt wors
den, von dieſer. Das gemeine Volk in Amerifa
trägt, nad). Heren von Jacquin's Erzählung,
die Samen von diefer bey ſich, und erwartet
verſchiedene ungereimte Dinge von denfelben.
| 7) Rnollige Safele. Dolichos bulbofus,
volubilis, foliis glabris multar;gulis dentatis,
- Sp. Pl. I. c. p. 1084. p. 1021. Phafeolus ne-
vilenfis, foliis multangulis, tuberola radice.
Pluk. alm..292. t. 25. f,4. Caraca bulbola, °
Rumph. amb. 5. p. 373. tab. 132, _ .
Dieſe iſt im beyden Indien zu Haufe,
Ihre Würzeln gleichen den Ruͤben, ‚welche ge⸗
kocht ia Dftindien genoflen werben; fie follen
aber nicht für jedermanns Geſchmack fen. Die
Chineſer machen fie troden mit Zuder ein, und
“dann find fie ſchniackhafter. In Amboina find
fie fchon feit einem Jahrhundert befannt, und
von den Phitippinifchen Inſeln dahin gebradye
roorden. Tach Plufenet nennen die Englän:
der fie auf der Inſel Newis the Turnip-T'ree,
oder Rübenbaum.
| 8) Holzige Faſele. Dolichos Zignofus,
“ volubilis, caule perenni, pedunculis capita-
tis, leguminibus firictis linearibus, Linn.
" Spec. pl. 1. c. p. 1049. Tacara ſ. Phafeolus
perennis. Rumph amb. 5. p. 378. t. 136.
- Diefe Art, deren Stämme holzig find, und
gleich andern diefer Gattung an Stoͤcken hinauf
. fleigen, ift nicht nur in Oftindien, fondern auch)
auf dem Vorgebirge der guten Hoffuung zu Haus
fe. Houttuin 'erhielt von daher, fo wie aus
ZJava, verfchisbene Exemplare, mo man fie Ca«
"cara, und auf Malayiſch Karkarren, nenpt,
welche Beugnüungen fo viel als Bohnen ausdruͤk⸗
a; RE | fen
22 0 Phaſele.
ken ſollen. Man zieht ſie daſelbſt, wegen der
Schönheit ihrer Blumen, welche in purpurfars
bigen Trauben blühen, an Spalieren und Stöf
ten, fo wie wegen des Schattens, den ihre Blaͤt⸗
ter geben, über Sommers und Luſthaͤuſer. Man
kann auch ihre Hälfen, welche fodi wie ein Zins
ger find, noch grün wie Erbfen eſſen. Wenn
fie ceifen, find fie‘ braun, und enthalten brey
bis vier Fugelrunde Bohnen von zweyerley Far⸗
be, wovon einige ſchwarz mit weißen, einige gelb
mit ſchwarzen Flecken oder Tupfen gezeichnet
find. Sie ift auch in Amerifa einheimifch, und
wird von einigen ficbenjährige Bohne genannt,
weil fie fieben Jahre nach einander blühen und
Fruͤchte bringen ſoll Nah Rumph dauert fie
in Amboina nicht langer als vier bis fünf Jahre,
wofelbf fie eine gewiffe Arc ſtinkender Inſekten
naͤhret.
** Aufrechte. (Erecti).
9) Soia⸗-FSaſele. Dolichos Soia, caule
erecto flexuoſo, racemis axillaribus erectis,
leguminibus pendulis hilpidis ſubdiſpermis.
Linn. L. c. p. 1050. Phaleolus erectus, ſili-
quis lupini, fructu piſi majoris candido.
Kaempf. amoen. 837. t. 838. Act. Stock-
holm, 1764. p. 280. T. 9.
Diefe weft in Oſtindien wi. Man
macht aus den Bohnen diefes Cewächfes bie
. befannte und wohlſchmeckende Soia in China,
Japan und andern Orten mehr, welche nichts
anders als eine Tunfe ift, die faft durch ganz
Indien, bey Zubereitung verfchiebener Gerichte,
als befonders Fleiſch, Fiſche und grüne Sachen
hinein zu tunfen, gebraucht wird. Die Chine⸗
fer haben die Soia, wenn fie nicht ſelbſt Erfin⸗
‚ be
Phafete, 623
der derſelben ſind, wenigfiens ihren Nachbaren,
den Japanern, nachzumachen geſucht, deren
Soia die chineſiſche doch mehr am Preiſe als
an Güte uͤbertrifft. Der Capitaͤn der oſtindi⸗
ſchen Compagnie, Edeberg, bat: im a6flen
Bande der Stodholmiichen Abhandlungen, ©.
40. die Zubereitung der chinefifhen Soia mit
folgenden Worten befannt gemacht: Fuͤnf und
dreyßig Pfund folder Bohnen, rein gemafchen,
“ werden zwey oder drey Minuten lang in einem
verfchloffenen Keſſel gekocht. Man. verrichtet
dieſes in reinem Waſſer, über einem gelinden
Feuer, bis fie ſich zwischen den Fingern feicht
zerdruͤcken laſſen. Man gießt nad) und nad
Waſſer zu, damit die Bohnen nicht verbrennen.
Nachdem man fie herausgenommen bat, breitet
man fie auf weiten Sieben aus, damit dag
Waſſer abläuft, und indem fie noch feucht find,
waͤlzt man fie in feinem Mehle, das aus Bon:
nen von eben der Urt gemahlen ift, fo, daß
fie auf allen Seiten damit überzogen werden.
- Man fchütter fie hernach auf Eleinere Siehe, -
oder auf glatte Matten, worauf man fie duͤnn
--ausbreitet, daß fie anderthalb Zoll hoch uͤber
- einander zu Tlegen fommen; und jo bringt man
fie in einen offenen und glatten Korb, der mit
einer Matte oder Tuch bedeckt wird, daß fie in
drey Tagen wohl fchimmeln; nachher nimmt man
das Tuch ab, und laͤßt Luft Hinzu, daß fie welk
: oder etwas trocden werden, da man fle denn in
. flarfee Sonnenwärme, oder an einen andern
: warmen Drte trocknen laͤßt, bie fie fo hart wer⸗
ben, daß fie von Hammerfchlägen in Stuͤcke
fpringen, und die Stuͤckchen herum fliegen. Nun
fondert man Mehl und Schimmel davon, ins
dem man fie zwifchen den Händen reiht, BEN
6;
524 | ' Phaſe le.
ſchuͤttet ſie nachher in einen großen, oder meh⸗
rere kleine Toͤpfe, worauf man eine klare Salz⸗
lake gießt, die aus zwanzig Pfund feinen reinen
Salzes, und hundert Pfund reinen Quellwaſſers
zubereitet iſt. Die Toͤpfe ſtellt man bey Tage
offen an die Sonne, bey Nacht aber bedeckt
man fie, Kälte und Feuchtigkeit abzuhalten, oder
feßt fie aud) an eine andere warme Stelle, und
dieß fehs Wochen lang, daß alles fih wohl
aussieht. Wenn man bemerkt, daß die Salzlake
dunfelbraun und flarf wird; fo gießt man fie
ab, und kocht fie einigemahl zu mehrerer Stärfe
auf. Einige thun bey diefem Aufkochen, Zuder,
Ingwer, und andere Specereyen nad) Gefallen
dazu, und laflen es damit einige Tage ſtehen,
ebe fie es durchleigen. Prof. Bergius Bat,
im angeführten Bande ber Stockholmiſchen Ab«
handfungen, alle Veranlaſſung zu glauben, daß
fi) die Soia aus unfern gewöhnlichen tuͤrkiſchen
Bohnen machen lafle, weil der Geſchmack der
Soiabohnen mit denfelben übereinfomme,
10) Catiang s Phafele.e Dolichos Ca-
- ang, caule erecto, leguminibus geminis
linearibus erectiusculis. Linn. l.c. p. 1051.
. Sylt. Veg.n. 5348. Phaleolus minor. Rumph,
amb. 5. p. 383. t. 139. Peru, Rheed. mal,
3.p. 75. t. 41. | Ä
Ä Diefe ift in Oftindien zu Haufe, und nad
Verhaͤltniß der vorigen dieſer Gattung, ein fehe
Feines und niedriges Gewächs, deflen Stämme
nicht in die Höhe fteigen und klettern, fondern
geftreft auf der Erde liegen... Shre Blätter
find dreyfach, fo wie bey den tuͤrkiſchen Bohnen,
bach rauher, welches die vielen zarten, fteifen
Haͤrchen verurfachen, womit fie auf benden Seis
‚sen bejeßt find. Ihre Blumen find weiß, ihre
‚Hölfen |
Phaſeole. phasma.“ 525
Huͤtſen einen halben Schuh lang, und einen
halvben Finger breit, fie enthalten weiße Bohnen
mit einem ſchwarzen Ausfchnitt; fie ändern aud)
zumeilen mit gelben und rothen Karben ab, find
fo groß wie unfere Erbfen, und eine, unter
dem Nahmen Katiang, fehr vorzügliche und.
gewöhnliche Speije, deren fich die Indianer und
Chineler, fo mie das. gemeine Volk in Oſtindien,
“auf dem feflen Lande, fo wie. auf den Schif⸗
- fen bedient. .
hafeote „ſ. Phaſele.
Phaleolus, ſ. Phaſele, und ben Art. Bohne,
Th. 6, S. 110 fl. . n | | J
Dbafiant f. Safane, Th. 12, Sa.
Phaſianus, urſpruͤnglich der Nahme ver .eigenslis
chen Safane, Phafianus cölchicus Linn, ſ.
Th. 12, ©. 214 fl.; batm der foftemarifche
Nahme für eine Gattung huͤhnerartiger Vögel
überhaupt, wozu außer dem gemeinen Haushahn
auch alle Phafanarten und einige andere Vögel
“ gehören. Im Deutſchen Gaben wir Feinen.ale
gemein angenommenen Nahmen für dieſe Gate‘
fung‘, weshalb im Art. Safan, nur von den
“eigentlichen Faſanen gehandelt worden if. Da
man’ indeß anfängt, den Nahmen Safan auch.
als einen Sartungsnäkmen für Phahanus’"zu
"gebrauchen, fo fann in den Guppfementbänden
“dort einſt das norhige hinzugefüge werden.
'Phasma, tiefen. Nahmen führten fonft einige Apr
- ten der Geſpenſtkaͤfer, Mantis Linn.; |. Th.
17, ©. 719: Bor einigen Jahren hat nun
Herr Parkinſon ein fechs Zoll langes Inſett
aus Afien, vas ſchoͤne grüne und roche Flügel
hat, und der Mantis religiola nahe fommt,
Phasma dilatatum genannt. |
Pha⸗
526 Phatagin. Phelloplaſtik.
Phatagin, Manis tetradactyia Linn, ſ. im Art.
Schuppentbier.
Phellandriuin, der Nahme einer Planzengattung
aus der Familie der Doldengewaͤchſe, ‚welche im’
Deutſchen Waſſerfenchel heißt.
Dhelloplaftit, die Kunſt, aus Kork allerley Ges
genitande, befondess Gebaͤude und Rulnen im
Kleinen nachzubilden.
Vor meht als 20 Jahren erhielt man aus
Rom die erften Proben einer neuen Kunſt, bie
in Nachbildungen verfihiedener beruͤhmter Mon
‚menge der alten Hauptſtadt ber Welt beſtanden.
- Sie waren aus zufammen geleimten Korkſtuͤcken
verfertigt,, und flelten ‚die Driginafe täufchend
dar, beiönders da bie natürliche Beichaffenkeit
: bes SKorkes, jo wie aud) feine Farbe, dus alte
. Semäner. nwachzubilden ſehr paſſlich if. Auf
dem Mufeum in Caſſel befand ſich fchen im
Jahre 1788 eine intereflante Sammlung her
Art, die aber viel Geld gefofter Hatte, Diefe
Kunſt belegte man mit. dem Nahmen Philos
plaſtik, von dem Griech. Phellos, Korf, und
man könnte fie. alfe die Rorkbildnerey nennen.
Bald nachdem man die erften Proben diefer
Kunſt in Deuticyland ‚erhalten Harte, fanden
ſich einige gluͤckliche Nachahmer derſelben, bie
ſowohl italieniſche als deurfhe Monumente in
Kork darſtellten. Beſonders har der Here Dep,
‚Hofconditor des Fuͤrſten Primas in Aſchaffew
burg, vormahls in Erfurt, ſich in dieſem Sache
ausgezeichnet, und feine phelloplaſtiſch⸗ - Kunſt⸗
werke haben einen ſolchen Grad. von Vollkom⸗
menheit erlangt, daß fie hoͤchſt taͤuſchend find,
und es ſchwer feyn dürfte, fie zu übertreffen.
Unter andern hat Herr Mey für den. Fuͤeſten
Primas ein phelloplafiiches Kabinet verfercig:,
wel⸗
PHelloplafik,, 527
welches eben fo reichhaltig if, wie das berühmte.
Kabinet des Herrn Stamaty in Mlarfeille,
und auch eben die Gegenſtaͤnde enthält, mit
Ausnahme des Thurms von Nismes, und der
Gardbruͤcke, wogegen ſich aber uch in öemfelben
mehrere berühmte deutſche Monumente, z. DB.
die Paufinerzelle im Thuͤringſchen ıc. befinden.
Da viefe Kunſtwerke fo vielen Beyfall aes
funden haben, und auch als’ Auffäße auf Tas
feln reicher Kunſtliebhaber vortheilhaft benußt
wetden können, fo darf ich es hier nicht über:
„geben, daß die Gebrüder, Herren Gaͤdicke in
Berlin, mwenigftens als -fie noch in Weimar
waren, die Haupteommiflion. des Verkaufs "für
Herrn Mey übernonimen haben... Aus nachfols
gender Lifte wird man. fehen, was fchon im
Jahre 18900 vorräthig "war, oder feicht” zufams
nen ‚gefegt werden konnte. Die römifchen Mo⸗
nüimerite "find nach den beiten Nachbildungen
verfertigt, die man von römischen Kuͤnſtlern,
aber für einen viel böhern Preis, als ven hier
“angegebenen, 'schalten hat.“ |
1) Arco .di Conltantino, fang 2 Schuh 2 30lf, breit
r&4. ı 3. Hab 9 Zoll. Preis 35 Dufaten.
2) Arco di Seitimo Severo, 2 Sch, 3 3. lang, 1
So. breit, 1 Sch. 10 3. doch. 36 Dufaten,
9) Arco di Tito, h. 16, 83, br. 1 Sch., l. 1
oa Serere Pic h1® 3,18
Tco al Jever 10, 1) . se I . .
| Den 1, Sch. 33 Dufaten, 43 83
) Arco di Druso, h. 19, 83., l. 16. 72. breit
1Sch. 23. 33 Dukaten.
Dieſes Monument kann auch, ohne feiner
Schoͤnheit zu ſchaden, nach einem kleineren
Maßſtabe verfertigt werden. J
6) Arco di Giano, h. ı 8. 3 3., im Quadrat ı
Sch. 630. 28 Dufaten.
7) Tempio di Tivoli, 'h, 1 S. 33., im Quadrat
16. 73: zoDufaten. >:
Ein fleinerer 83. h. 103. im Quadrat Folter
11 Dub, 6 8)
28. Phelloplaſtik.
8) Tempio della Toſſe, 1 S. 5 2. h., im Quadr.
1 S. 3 3. 20 Dukaten.
Ein feinerer 10 3. h., 105 3. im Quadr. 11
) Tempio della Minerva medica, h. 1 S. 33.,
? im Quadt. ı ©. 73. 25 Dufaten, . 3.
Ein Mleinecer zu 8 3.9. und g J., im Qua⸗
drat 13 Zoll. a3 Dufaten.
10 Tempio Jdi Veſta, h. 1 &. 2 3., im Quadr.
.6 3. 22 Dukaten.
m) Tempio della Fortune virile, treu nad Pals
ladio, —— l. 1 S. 8 3., bt. 10 3.
13 Tempio di Giove Tonante, d. Sch. 3%,
m Quadr. ı S. 13 Dufaten. 3
34) Piranide di Celtio, 4. 1 Sch. 83., im Qua⸗
drat 2 Sch. 26 Ducuten.
Ein kleinerer 10 3.h., 1S. im Quadrat.
) Bagno delle Nimfa Egeria, h. 10 2, { 8
15 no della Nimfa Egeria, h. Io J., im Quas
drat S. 3 Z. 20 Dufaten,
16) Sepulcro see) Orazii in Albano, h. 95 3.,im
Quadrat ı 20 Dufaten.
Die Srabmahi fann auch nad. einem groͤ⸗
ßern Maßſtabe verfertigt werden.
3 di — del Sole et della Luna, h. ıc$ 2 l.
S. 9 3., br. 1 &. 20 Dukaten.
u nach einem größern Maßftabe.
18, Sepolcro di Plauzio, h. ı13., im Ouadrat 1
S.13. 16 Dukaten.
Auch nach einem groͤßern Maßitate.
19) Tempio della Concordia, h. ı .53,1
1 Sch. 103., br. ı Sch. 15 3. 22 Dufäten.
20) Tempio della Salute, $. 1 ©; 9 3., im Duas
drat ı ©. 6 3. 28 Dufaten.
21) Tempio della Fortuna muliebre, h. 1 S. 523,
br. 18 1 3.,1. 1. 9 3. 23 Dukaten.
22) Ponte Salara, l. 4 Sh. ıı 3., br. 1 S. 4 3.,
b. 16. 53. 33 Bufaten.
.. 3) Koro di Pallade, 9.1 SG. 83, Lı ©.8
3., dr. 1 Sch. 24 Dufaten,
2 Foro di Nerva, h. 1 Sch. 5 3, br. ı Sch. 6
„l. LS. 9 3. 30 Dußaten,
/ 25
\ „‚Phellos«: le * 529
.3 3, .1ı © ır 3. 35 NAH
07) — ar "Ag ua Claudia, 5. ı ©. 23: l.
2 S. 6 3., br. 1 & 23. 33 "Dufaten.“
2) Caftello dell’ A ua Marcia, 5. ı G. 52 I.
2 6.9 2, bu ı ad 30 Pal
2 aſilica d’Antonio, h. 1
0% ı ©. 28 Dufaten. 38. 83%
Auch in einem kleinern Maßſtabe. J
30) Emiſſario del Lagodi Caſtello Gandolfo, 1 G.
h. 23., br. 18. 63.,1. 3S.6 3 ‚0 Bufoten,
31) Portico d’Ottavia, bh. IG. 92. „br. 1@. 6 Bir
.2 ©. 32 Dufaten.
St aud in 12 3 öhe, 8 3 Breite: 1 os.
X Fänge, au 22 a borräth bie i 3. Ä
2 alazzo ecenäte, 0. .
5 a br. F S. —— 4e
eatro arcello, h. 1 G.
22 br. 18.82. SEM: 497 7.8
34) Pantheon,. h 3., br 2 —2 !. 2 Ed.
se Ifeo, bat * 8 3. gpälfd la
oliſoo, h. Pi v rin n
* 3., bt. 2 S. 43. 120 : Dur katen 1 ß 3%
Kann no hald und nod einmapl fo groß
26) Tempo de werben. Gi 8.6 3; j 8 6
empio della. Pace, h. .
63,0.1©332, —E 3
37) Der Zempel von Paͤſtum, 7.33: h., *
S. l. 1 3. dr. 45 Dukaten.
38) Ein fieined gothiſches Monument, welches
ſich vor dem Brühlers Thor zu Erfurt befinder,
ı@s5 2. 1 1 ©. be. 20 Dufaten. -
39) Die Fliofäufe des Ehurfärften. von Mahn,
die ib in Erfurt befindet.
49) Mehrere Uhrgehäufe. in antifem Geſchmacke
Kür Emballage wird bey großen Stuͤcken
Ein, und bey kleinern ein halber Dufaten bey⸗
gelegt.
‚Phellos, Quercus Phellos Linn, ſ Berteihe,
im Art. Kork, Th. 44, ©. 54.
Oec. sehn. En. KL —53—OM Phen⸗
—
290 Phengit. Philander.
Phengit, fo werben in den ſoͤchſiſchen Gebirgen bie
Salfipatharten genannt. Phengites märe alſo
ver ‘lateinifche Nahme der Kaltſpathe; man
gebtaucht das Wort aber gewöhnlich von dem
" gelben Diarmor. Nach andern fol es ein gelbe
" licher Stein. ſeyn, der mit Scheidemwaffer nicht
aufbraufet, toelches wohl ein Mißverſtaͤndniß iſt;
..* denn alsdann müßte es gar Fein Falkhaltiger Stein
ſeyn, welches nach den ficherften Angaben doch
der Fall ſeyn ſoll.
Phiala, eine Schale, Taſſe, glaͤſerne Flaſche, Fiole.
Phiahiten, Steine, welche in der Form Aehnlich⸗
„;.teit mit einer Flaſche haben. ‘
Pbidias, ein fehr berühmter griechiſcher Bildhauer,
4: poelcher zur Zeit bes Perifles lebte und einige
treffiiche Meifterwerfe verfertigte, daher man ſich
auch noch jeßt zumeilen ſeines Nahmens bedient,
si. den hoͤchſten Grad der Volltommenheit in der
Bildhauerkunſſt auszudräden. Ä
ditiä, waren ben den Griechen und Roͤmern
«. frugale Mahlzeiten, zu welchen jeder Theilneh⸗
mer feine Schäffel mitbrachte; daher auch. aber
v Haupt ein Frugales Mahl. |
Philadelphiſche Befellfchaft, eine Geſellſchaft in
England und Schweden, welche Wohlthätigfeit
: "zu :ihrem Zmwede hat; von Philadelphia, bie
v: Bruder: oder Mächftenlicbe. |
Philadelphus, der Pfeifenſtrauch, ſ. im Artikel
Jasmin, Th. 29, ©. 188 fl.
Philander, ein Nahme, den die Taturforfcher
verfchiedenen Thieren aus ber Gattung bet
Bentelchiere, Didelphis Linn., bengelegt has
ben; vorzüglich hat eine Art, welche Zimmers
- mana Didelphis Bruinii neant, den Mahmen
Silander insbeiondere behaften. Sn den Arti⸗
tein Kängerub, Th. 34, ©. 123, Auen
Philaleth. Philipp, * 31
®h. 57, ©. 134. und Opoſſum, Tb. vos, ©. .
183. find einige zu der Öattung Didelphis: ges
börige Thiere befchrieben, und man wird dars
aus das Augzeichnende berfelben überhaupt“ tens
"nen lernen. Die Verwirrung: in den’ Nahzmen
iſt bey den Schriftſtellern aber ſehr groß,‘ und
wer ſich eine Ueberſicht aller zu den — —
ren gehörigen Arten verſchaffen will, mird’des -
- Herrn von Buͤffon's Naturgefchichte der viet:
füßigen Thiere, deutfche Ueberf. VII. B. Ber:
lin 1783. 8. ©. 96 fl. zu Rathe zu ziehen ha⸗
ben. Im Art. Beutelthier, in den Supple⸗
mentbänden wird einft das noͤthige nachgehoßtt
werden.
Philaleth, ein MWahrkeitsfreund. In Frankreihh
gab es ſonſt eine geheime Geſellſchaft, deren Mit⸗
glieder ſich Philalethen nannten.
Philantropin, nennt man gewiſſe Erziehungsan⸗
ſtalten nach Baſedomw, welcher damit den Be⸗
griff verband, daß die Kinder darin auf eine,
bee menſchlichen Natur gemaͤßere Weiſe behan⸗
delt, und beſſer als bisher fuͤr die Beſtimmung
des Menſchen ausgebildet werden ſollten. Man
ſehe den Art. Schul: und Erziehungsanſtalten.
Pbilantropifä) menjchenliebend, menfchenfreunds
ih. Man bat mit diefem .MWorte verfchiedene
Verbindungen belegt, deren Zweck bie Wohl⸗
thätigfeit iſt; z. B. die Philantropiſche Vers
bindung in Krakau, (Meiner’s polnifche Bi⸗
bliothet. 6 Heft, ©. 23) die Pbilantropifche
Geſellſchaft in Paris, (Deutſches semeinmüpi
ges Magazin, 7 St. ©. 245.) u. a. m.
Philipp, ein aus dem Griechiſchen entlehnter
Taufnahme des männlichen Geſchlechts, welcher
eigentlich einen Pferdeliebhaber bedeutet.
2la Phi
532 Philippica. Philiſter.
Philippica, nennt man eine Gtraf: ober Schwmaͤh⸗
rede, von den heftigen Delamationen, welche
ver Redner Demoſthenes gegen den König
Philipp von Macedonien hielt, um die Grie⸗
chen abzumahnen, daß fie ſich ihm nicht unters
werfen möchten.
Pbilippiften, fo wurden die Reformirten don eis
nigen genannt, nah Philipp Melanchton.
Philippsthaler, Rönigsrhaler, Ducaton, eine
Silbermuͤnze, welche König Philipp II. von
Spanien für die Niederlande prägen ließ; 1 TE
12 Gr. mwerth, wenn der Louisd'or zu 5 Thas
fer gerechnet wird. |
Hoilifter, ein noch in vielen Städten im gemeis
gen Leben üblicher Dahme, womit folche, bie
Feine Bürger find, die Buͤrger, und befonbers
die gemeinen Bürger aus Verachtung zu beie
‚ gen pflegen. Der Pferdephilifter, ein. Pferdes
verleiher. Man irrer fih, wenn man glaubt,
daß diefer Nahme nur allein auf Univerfitäten
in dem Munde der Studenten üblich fey, da
man denn wohl allerley Aehnlichfeiten zw ers
zwingen pflegt, um ihn von ben ehemahligen
Dhiliftern an der Graͤnze des jüdifchen Landes
abzuleiten. In Wien werden die Stabtjoldaten
im gemeinen Leben fehr gemöhnlid Philifter
genannt. Es ift vielmehr erweislich, daß dieſes
Wort aus dem mittlern Latein Baliltarii, Ba
liltaei verderbt worden, womit man eheden bie
Stadtloldaten und gemeinen Buͤrger benannte,
weil fie mit Balifüs und Armbruͤſten ſcheſſen.
Bey Veränderung der Kriegesart ift ber Nah⸗
me im gemeinen Leben geblieben, und in vebs
aͤchtlicher Bedeutung auf alle Bürger ausgerehnt
worden. Aus Kapriani Hungaria diplom,
©. 312 erhellet, daß die Baliltarii oder Arm
| | bruſt⸗
Phitomele. Philoſophie. 1533
bruſtſchuͤhen in den mittlern Zeiten in Ungarn
wirklich Philifiaei genannt und gefchrieben wor⸗
den. — | Ä |
Wenn bey ven Boͤttchern ein Reif zu wert
ift, fo daß ein Stuͤck dazwiſchen gefchlagen
werden muß, fo tizd diefes Stuͤck in Schwa⸗
ben ein Pbilifter, außerhalb Schwaben aber
ein Schivabe genannt. Ä
Philiſter bedeutet bey den Tuchmahern
auch die abgenußten Kardätfchen,. mit welchen
fie oͤſters, (hatt der Karben, die Tücher rauhen,
welches für diefe aber nachtheilig ift.
Philomele, der dichterifche Nahme der Nachti⸗
galt, weil Philomela, des Königs Pandion's
zu. Athen Töchter, nach dem Dvid, in eine
Hrachtigall verwandelt wurde.
Philoneon, Philonium, ı) ein langer Leibrod
ohne Ermel, welchen die griehifhen Priefter
teugen. 2) Ein mit Opium -verfeßtes, ſchmerz⸗
flillendes Arsnegmittel, von mancherley Zuſam⸗
menſetzung, von feinem Erfinder Philo vom‘
Tarfen benannt, welcher zu der Zeit Auguſt's
lebte. |
Philoſoph, 1) jemand der vie Philoſophie vers
„ſteht und lehrt. 2) In weiterer Bedeutung, eine
jede Perfon, welche deutliche. Begriffe fucht, fich
deutlicher Begriffe befleißigt. -3) Wegen des
Mißbrauchs, welcher von manchen unter dem
Vorwande des Aufjuchens Leutliher Begriffe
begangen wird, pflegt man auch oft eine Pers
fon, welche ſich nicht allein über roirflihe Vor⸗
urtheile, fondern auch Aber Pflichten und Ob⸗
liegenheiten hinaus feßt, einen Philoſophen zu
nennen. — |
Fbilofspbie, die Sammlung folder DBernunfte
wahrbeiten, worin die Natur und Eigenſchaften
| 23 der:
534 Philoſophie.
derjenigen Dinge unterſucht werden, die von
der Natur ſelbſt, und nicht von der veraͤnderli⸗
den Einrichtung der Menſchen ihren Urfprung .
haben, und deren miflenfchaftlihe Erkenntniß.
Sn diefem Berftande ift die Philoſophie nach
‚Errichtung der Univerfitäten ein Gegenſtand eis
ner eigenen Saculrät geworden, welche ben uns
terfien Mang befommen hat, die pbilofopbifche
genannt wird, und den drey obern oder höhern
entgegen gefeßt wird, Sm Deutfhen if pas
. More Weltweisheit gangbar, welches bey weis
tem nicht fo befcheiden iſt, als der griechifche
Ausdruck, "welcher Liebe zur Weisheit ober
Gelehrſamkeit bedeuter, aber dafür auch deſto
unbeftimmter, und- dem heutigen Gebrauche die⸗
ſes Wortes nicht angemeſſen iſt.
Da die Geſchichte unſerer ganzen Cultur
mit der dee Philoſophie fo genau zufammen
hängt, fo werden hier nachfolgende Züge über
die Ießtere nicht am unrechten Drte ſtehen.
In den alten Zeiten war Philofophie pnd
Gelehrſamkeit einerleg, und die Gelehrſamkeit
traf man ehedem nur bey den Prieftern der alten
Voͤlker an. Um die Gefchichte der Philofophie
beſſer überfehen zu fünnen, hat man die Phil
fophie in die heydniſche und chriftliche eingetheilt.
Unter den Henden machten ſich hauptiächlich die’
Griechen um die Philofopdie verdient. Tartias
nus, Theodoretus und andere haben aber
gezeigt, daß ſchon vor den Griechen die Barbas
ren, wie die Griechen alle andere Wölfer u
nennen pflegten, Philoſophen gehabt baden, und
daß felbft die’ griehifchen Weltweiſen erſt von
jenen Barbaren lernten. Man theile daher die
heydniſche Phrlofophie in die barbarifche, grie⸗
chiſche und römijche ein. Die barbarifche Phi⸗
loſophie
Philoſophie⸗ ss
fofophie wird wieder in die ee af atis
fche und Europäifche eingerheilt.- Die Phitofes
phen der Barbaren warten meiſtens Diihe bie
ihre Weisheit fehr geheim hielten, fie wenigſtens
. nicht jedem mitrheilten, und. dieſelbe auch nicht
in Schriften befannt mädhten. ; .;..
In Afrika behaupten bie Aegpptier und
Aethiopier, daß fie NBeltmeifen gehabt hätten;
. vorzüglich wollen die Aegyptier unter allen Voͤl⸗
fern zuerſt die Philoſophie gelehrt haben. - inter
den Äegyptiern eignen ſich befonders die Thebäer
bie Erfindung der Weltweisheit zu; andere fas
gen, Bulcan, ein Sohn des Nilus, habe bg
den Aegyptiern zuerft Philoſophie gelehrt, und
noch andere halten den Thaaut, Thogt oder
Thoyt, den die Griechen Hesmes. Trismegiftus
und die Römer, Mercurius nannten, für ‚ben
Urheber der Philofophie bey. den Aegpptiern.
Das meifte, was von ihm gejagt: wird, ift aber
fabelkaft. Die Aegyptier waren indeffen wirk⸗
lich eins von den Wölfern, bey, denen die Ger
Ichrfamfeit gefchäßt wurde; doch fand man. fie
nur bey den Prieſtern. Schon ju des. Mofes
Zeiten waren die Aegnptier ald ein Wolf bes
rühnt, das gelehrte Priefter Hutte, denn. es
heißt (Apoſt. Geſch. 7, 22): Moſes wurde un⸗
terrichtet in aller Weisheit der Aegyptier .. und
vom Salomo wird geſagt, daß ſeine Weisheit
groͤßer geweſen ſey, als die der Aegyptier. Auch
iſt bekannt, daß die erſten und beruͤhmteſten
Philoſophen der Griechen nach Aegypten reiſeten,
um da ihre Kenntniſſe zu erweitern. Die Haupt⸗
wiſſenſchaften der Aegyptier waren Theologie
oder Kenntniß der Golierlehre und der Cere⸗
monien beym Gbsendienft, Aſironomie, Feldmeß⸗
kunſt, Rechenkunſt, geheime Schteibekunſt, Geo⸗
214 graphie
536 Philoſophie.
graphie und Nativitatſtellen, auch phyſikaliſche
Kenntniſſe ſchreibt man ihnen zu. Zu geſchwei⸗
“gen, daß dieſes nicht Philoſophie im eigentlichen
Derftande genannt werden koͤnne: fo waren bie
Aegyptier nicht einmahl in den angeführten Wiſ⸗
fenfiharten weit.
Außer der ägnptifchen Philoſophie if in
- Afrika noch. zu merken, die mohrifche oder aͤthi⸗
vppiſche und Lobiſche Philofophie. Die Philoſo⸗
- phen der Mohren und Aethiopier hießen, fo wie
die Philoſophen der Indianer, Gomnoſophiſten
oder Gymni, d. i. Nackende, vielleicht von ihrer
geringen Kleidung. Sie hielten ſich auf einem
aàña]”thiopiſchen Gebirge, neben dem Nilfluß, unter
frenem-Himmel auf. Ste ſollen zuerſt gezeigt
"hen, wie man auf bie Gerechtigkeit halten, wie
: man ben Göttern dienen müfle, auch follen fie
zuerſt die Aſtronomie aufgebracht und zuerſt ents
det haben, daß der Mond fein eigenes Licht
Habe, fie follen zuerft den Lauf der Planeten und
Die Kunft, aus den Geſtirnen zu wahrfagen ers
funden haben. : In Enbien mar der berühmtefte
Philoſoph Atlas, ein König der Lybier.
Andere ſuchen den Urfprung ber Philoſophie
nicht in Afrika bey den Aegnptiern, fondern in
Afien. Zu der aftatifhen Philoſophie rechnet
man befonders die Philofophie der Babylonier
“oder Chaldaͤer, der Perſer, Phönizier, Araber
odee Sabder und Indianer.
Die Philoſophen der Chaldaer und Perſer
« heißen .Magi. Die Chaldäer hatten den Zoroa⸗
fer, die Perfer den Zerdusht und die Phönizier
den Mochus oder Moſchus aus Sivon, der vor
dem Trojanifchen Kriege lebte und eine Geſchich⸗
re der Phönizier fchrieb, zu Stiftern der Philos
ſophie. Goguer macht den Tyrier Sanchunia⸗
ton
Philoſophiec 537
ton zum erſten Philoſophen der Phoͤnizier und
| ſetzt ihn in die Zeiten des Joſua ”), andere ſetzen
ihn aber weit fpäter, mähmlich nach dert Mochus,
: in das Jahr der Welt 2790. Bon der Philos
ſſpophie des Sanchuninten ift noch ein Zragment .
uͤbrig ). Daß die Phhnizier die Philojophie
mit Sleiße trieben, Fann man daraus fehen, daß
Thales ein geborner Phönizier war, welcher
fib) in der Stade Mileto in Sonien niederließ,
und die Anfangsgründe. der Weltweisheit zu
den Griechen brachte "). | u
Unter den Arabern waren die Sabäer oder
die Zabii die aͤlteſten Philoſophen. Einige wols
len fie uralt machen, ‚und meinen, fie hätten
ſchon zu des Mahors Zeit eriftiet, und ihren -
Urſprung von den Chaldaͤern, oder, wie antere
“wollen, von den Perfern genommen. Beſonders
ſoll der Perfer Zaradehar oder Zarabfchat, den
“ andere Tachmurat, auch Mazarıb oder Javan
nennen, den Grund der Philofophie unter den -
Sabaͤern gelegt haben, welches aber fabelhaft..
- if )3 denn die Sabäer wurden erſt zur Zeit-
des Mahomeds befannt. Der berühmte arabis
ſche Fabeldichter Lofman ift zwar weit älter,
. er kann aber fehmerlich unter die Philoſophen
gerechnet werden, höchftens unter Die, welche zur
mythiſchen Philofophie beygtrugen. Die Philos
fophen der Araber Hießen Magi, welches XBort
fogar arabifchen Urſprungs feyn fol.
| u £l5 Die
2) Bognet vom Urfprunge der Befege IT. ©. aro,
4) Beym Eufebius de Praep. Evang. Lib. 1. c. 6 et 7.
uvenelde Carlencas Gefchichte der ſchoͤnen Wifs
2 haften und freyen Künfte, uͤberſezt von J. E. Kaps
pe. 1749. 1. Th 2. Abſchnitt. 2. Kap. ©. 182 — 135.
J. u Sabricii Alg. Hiſt. der Gelehrſamkeit 2752. 2.
., ©. 201»
u
538- Philoſophie.
Die Philoſophen der Indianer waren die
Gymnoſophiſten oder Brachmanen, die man
auch Braminen nennt. Der Vornehmſte un⸗
tee ihnen war Jarchas, dem. Buddes oder
Buddas nachfolgte, dem man fogar göttliche
Ehre erwies, daher man ihn auch für den Stife
ter der Gymnoſophiſten bie. Ihm folgte um
3648 n. E. d. Welt Dondamis, der es in ber
Ueberwindung des Leibes au einer großen Voll⸗
kommenheit brachte. Diefem folgte Caranus,
der die von den Alten hergebrachte Gewohnheit
zu leben verließ und veränderte. — Jetzt bemühen
fi) einige deutiche Gelehrten, die Mythen und
Phyloſopheme der Indier aus ihren Schriften
fennen zu lernen, und es werden, befonders von
Schlegel, verfchievdene Gedichte sc. aus Dem
Indiſchen uͤberſetzt. Es ſcheint indeß nicht, daß
der Gewinn bedeutend ſeyn werde; auch nicht
von der hiſtoriſchen Seite, da es jetzt erwieſen
iſt, daß die Geſchichte der Indier nur einige
Jahrhunderte uͤber die chriſtliche Zeitrechnung
hinausgeht. Das uͤbrige verliert ſich durchaus
in Fabeln, auf die man nicht bauen kann.
Die Chineſer leiten den Urſprung ihrer
Philoſophie vom Fohi her, der nach ihren fas
beipaften Meinungen 30 Jahrhunderte vor ”).
Ehrifti Geburt, nad) andern aber um 2950 n.
E. d. W. lebte °%). Aber der Haupturbeber der
chinefifchen Philoſophie war Confucius, der
erft fpät berühmt geworben ift, ob er gleich ſchon
551 Jahr vor Chriſti Geburt lebte. Er fliftete
unter ten Chinefern die erjte philofophifche
Secte, nahmlih die Secte der Gelehrten ').
Ihm
5) Ebend. 1754. 3. B. ©. 344. |
2 Ebendaf. Se 2 B. ©. 159. 160, |
7) Ebendai, 1756 3- B. ©. 344.
Phiofophie 539
ghm ſetzte ſich der Philoſoph Li. Lao⸗Kinn ent⸗
gegen, daher Memcius die Lehren des Confu⸗
cius aufs neue befeſtigte“). Der Chineſer Lau⸗
zu, der zu des Confucius Zeit lebte, ſtiftete un⸗
ter den Chineſern die zweyte philoſophiſche Secte,
die ſeinen Nahmen fuͤhrt. Im erſten Jahr⸗
hundert nach Chriſti Geburt wurde Xakam auf
der Inſel Ceylon geboren; er nannte ſich Foe
und -fliftete die dritte Secte, naͤhmlich die Secte
des Abgotts Foe, deſſen Philoſophie 65 Jahr n.
C. G. in China eingeführt wurde ).
⸗
Bey den Japoneſern wollten beſonders die
Bonjen oder Prieſter auf die Gelehrfamkeit An⸗
ſpruch machen. Eine von ihren philoſophiſchen
Secten hieß Xenru, welche weder Himmel noch
Hölle glaubte, auch die Seele nicht für einen
unſterblichen Geift Hielt, weil fie nichts für wirk⸗
lich hielt, ald was man mit Augen fehen Fonnte.
Eine andere ihrer Secten hieß Kaca. Ihre Urs.
heber Kaca und Amida, zwey Philofophen oder.
vielmehr Betrüger, wollten flüger feyn, als die
andern, und wurden zu Hauptgottheiten ge:
mad.
Bey den Siraeliten waren. bie Prieſter die
Bewahrer der Weisheit ). Die Juden ſelbſt
- theilen ihre Weltweiſen in ſechs Klaſſen. Die
erfte fah noch den Tempel ftehen. Einer der
vornehmiten darunter war Rabban Gamas
liel der erfte oder der alte. Die zweyte Klaſſe
fing nad) der Zerfiörung Jeruſalems an, und
ihre Häupter waren Rabbi. Tarpbon ader
Tryphon und Rabbi Akiba. Die dritte
⸗
Klaſſe hießen Tannaim oder Deuterotaͤ, welche
die
6) Ebendaf. 1752.
9) I. * Sabrieit ig, Sp v Set I7s2 2.8.
S. 3
10) aſach. 9,7
Phitofophie 5441
2) Die zweyte Gattung der Druiden nann-
ee ſich Eubages, die die Ceremonien des
Goͤtzendienſtes beforgten; 3) die dritte Klaſſe
beſtand aus den Druiden im eigentlichen Sinn,
welche die Oberlehrer waren und bie damahls
‚ übliche Gelehrfamfeit in ihrer Gewalt hatten.
Die Sallier hatten auh an dem Hilde .
‚gaft einen Mbilofoppen und Wahrſager, der
um 240 bed Königs Suno Leben in Verſen
befchrieb.
So viel aber auch manche auf tie barbaris
ſche Philoſophie halten; ſo kann ſie doch keinen
ups
Theil der Geſchichte der Weltweisheit ausmachen.
Die Griechen find das erſte Wolf, bey denen
. wahre Philofophie gefunden wird. Anfangs tru⸗
. gen fie diefelbe nicht in- Kunftform,. fondern in
Fabeln, Hiftorien und politiſchen Regeln vor.
Dieſen Zuſtand der Kindheit der Philoſophie
. nennt man die empiriſche Philoſophie, der man
‚ die theoretische entgegenfeßt. Die empirifcdye
Philoſophie wurde entweder in Sabeln vorge ,
tragen und führte ben Mamen der. mythifchen
. Pbilsfopbie, oder fie wurde offenbar, d. i.
. ohne: fie in Sabel zu hüllen, vorgetragen, wie
. die fieben Weiſen und die Poeten Theognis
und Phocnlides thaten. Zur mythiſchen
Philoſophie oder zu der Philoſophie in Fabeln
werden die Gedichte von den Goͤttern gerechnet;
. man nennt fie auch die myſtiſche oder mytholo⸗
giſche Philoſophie, und will in dieſer Hinſicht
die Dichter zu den erſten Philoſophen der Grie⸗
chen machen. Den Grund zur mythiſchen Phi⸗
loſophie legten Prometheus, Orpheus, Li⸗
‚nus aus Chalcis, Muſaͤus, Tamyris, Am⸗
phion, Melampus, Homer, Heſiodus
und Epimenides. Alle dieſe trugen in en
| ien
—
7
540 Philoſophie.
die Aufſaͤße der aͤlteſten erhielten; fie fänge am
mit Rabbi Simeon dem Gerechten, und
fchlteße fih mie Rabbi Juda dem Heiligen,
der auch Naſi oder Fuͤrſt genannt wurde; er
brachte zuerſt die mündlich vorgetragenen Lehren
der Juden in eine Sammlung, die Miſchnajoth
genannt wird und ‚dee Grund zum Talmud
war. Die vierte Stlaffe waren die Amoräer,
welche mit dem Rabbi Raf im dritten Jahr⸗
hundert anfingen *). Diefen folgten noch bie
Seboräer und Geonim. Zur Zeit des Ariftotes
les lebte ein Aleranbeinifcher Jude Ariftohos
Alus, den man auch unter die Philofophen rech⸗
net 2
In Europa hatten vor Zeiten bie Thracier,
Geten, Seythen und Eelten, unter welchen leßs
tern man die Gallier und Deutſchen verfteht,
ihre Weiſen. Der Urheber der Toracifchen
Weisheit war Orpheus, diefem folgte bey den
Öeten Zamoirts. Unter den Scythen, welche
Mächbaren der Thracier waren, find befonders
Foraris, Anacharfis und Abaris berühmt Die
Phyhlloſophen der Celten, d. i. der Gallier und
Deutfchen, fo wie auch der Dritten, waren bie
Druiden ”). Die Druiden theilten fich in drey
Klaſſen; 1) in die Barden, unter denen ſich
Tuiſto, Thuifton oder Tuifco und Mans
nus am meiftlen auszeichneten. Tuifco gab: den
Deutichen die erften guten. Gefeße, woraus
Hornius *) fchlieft, daß die Philofophie von
den oͤlteſten Zeiten her bey den Deutſchen ges
bluͤhet habe, welches aber ſicher ganz uͤbertrieben
iſt.
zı) — — A. Jaicii ung. Hiß d. Gel, 175% 5. 8. ©. 303.
1: Ebendaf,
13: Ebend. e io
14) Georg Hornius in Hift, Tinlei, Lib, IE. in
⸗
*
Phitofopfie SAL
2) Die zweyte Gattung der Druiden napn:
I ſich Eubages, die die Ceremonien des
Goͤtzendienſtes bejorgten; 3) die dritte Klaſſe
beſtand aus den Druiden im eigentlichen Sinn,
welche die Oberlehrer waren und die damahls
uͤbliche Gelehrſamkeit in ihrer Gewalt hatten.
Die Gallier hatten auch an dem Hilde⸗
gaſt einen Philoſophen und Wahrſager, der
um 240 des Königs Suno Leben in Verſen
; beſchrieb.
So viel aber auch manche auf die barbari⸗
ſche Philoſophie halten; ſo kann ſie doch keinen
Theil der Geſchichte der Weltweisheit ausmachen.
Die Griechen ſind das erſie Volk, bey denen
. wahre Philoſophie gefunden wird. Anfangs frus
gen fie diefelbe nicht in- Kunſtform, fondern in
. Kabeln, Hiftorien und politifchen‘ Regeln vor.
Diefen Zuftand der Kindheit der Philoforhie
. nennt man die. empirifche Philofophie, der mar
‚ die theoretiſche entgegenfeßt. Die empirifche
Philoſophie wurde entweder in Sabeln vorge ,
tragen und führte den Damen der. mytbifchen
Philofopbie, oder fie wurde offenbar, d. i.
ohne ſie in Gabel zu Hüllen, vorgerragen, mie,
. die fieben Weiſen und die Poeten Theognis
und Phocylides thaten. Zur mythiſchen
Philoſophie oder zu der Philoſophie in Fabeln
werden die Gedichte von den Göttern gerechnet;
man nennt fie auch die myſtiſche oder mytholo⸗
giſche Philofophie, und will in dieſer Hinfiche
Die Dichter zu den erſten Philofophen der Gries
chen madhen. Den Grund zur mythiſchen Phi⸗
fofophie legten Promerheus, Orpheus, Li
nus aus Chalcis, Mufäus, Tampris, Am⸗
phion, Melampus, Homer, Hefiodus
und Epimenides. Alle diefe trugen in re
oo. ien
542 Philoſophie.
ſien unter Fabeln theils Hiſtorie der aͤlteſten Zei⸗
ten, theils Sittenlehren, theils phyſikaliſche Lehre
ſaͤtze vor »).' Einige meinen, die alten griechi⸗
: fhen Weltweiſen hoͤtten ſichs angelegen ſeyn
laſſen, ihre Lehren aus dem Homer berzufeiten,
welches aber bezweifelt wird. Die mythiſche
Philofophie der Griechen verdient überhaupt noch
nicht den Nahmen Phifofopkie, doch muß fie als
- ein Städ der Gefchichte des menfchlichen Geis
fies der eigentlichen Geſchichte der Philoſophie
vorangehen. Die empirische Phtlofophie Der
Griechen wird aber nicht bloß in die mythiſche,
ſondern auch noch in die biftorifche und pelitis
ſche eingerheilt. | |
Die politifche Pbilofopbie der Griechen
befchäftigte fich damie, Regeln zu einer "gisten
Megierung und heilfame Gefeße zu geben, daher
fie im eigentlihen Sinne nicht den Rahmen der
Philofophie verdient. Sie entftand durch die
Gefeßgeber. Die erfien Griechen, bie ein ges
fehriebenes Geſetz hatten, waren bie Eretemfer,
deren Gefeßgeber Minos und Rhadaman⸗
tus waren, und bey den Lofriern, die in Groß⸗
Griechenland, d. i. in Unter: Sstalien wohnten,
gab Zaleucus. die erften geſchriebnen Geſetze;
ein andrer von ıhren Gefeßnebern hieß Ehas
rondas. Der erfie Sefeßgeber zu Athen mar
Triptolemus, dem Drako, Solon, Klis⸗
thenes, Demetrius Phalereus, Hippar—
hus, Pericles, Pififtratus, Sophocles
und Thefeus folgten. Sn Sparta that biefes
2neurg Zur Bildung der politifchen Philoſo⸗
phie unter den Griechen trugen auch noch die
fieben Weiſen (fo nannten die Griechen vor Fi
| gr
15) Clemens Alex, Strom, V, f, Oper. p, 178. feq. adde
p. 182. oo. |
2
Philoſophie. 543
Pythagoras Zeit ihre Philofopken)! vieles ben,
deren Nahmen folgende find: Dhales,, Sos
fon, Chilon, Pitracus, Bias, Cleobu⸗
— Ius und Periander, mozu einige noch, mie
billig, den Aefopus rechnen, der unter feinen
Fabeln Sitreniehren vortrug. Auch die Dich⸗
ter Theognis und Phocylides trugen in ib:
ren Gedichten Lehren der Weisheit, befonders
Sittenlehren, vor.
Die griechifchen Philofopken machten eine
“eigne Gattung von Gelehrten aus, bie eben
Feine Prieftee waren, wie bey den alten Völkern,
und auch ihre Grundſaͤtze jedem mündlich und
die Probe und machte eine Zeitlang Seheims
niffe aus feinen Lehren.
Die Weltweifen ber Griechen waren: ent
weder Dogmatiker, welche etwas gewiſſes ber
- hauptetenz; welches fie in gemiffe Difciplinen
brachten und darin vortrugen, oder fie waren
Seeptiker, die man auch Pyrrboniften nannte,
weil Pyrrho ihr Urheber war. Die Dogmas
so w“ .
titer theilten ſich wieder in Eklektiker und Sec⸗
| tarier.
Bey den Alten war die Philofopbie "eine
Erfenntniß göttlicher und menfchlicher Dinge,
d. i. Gottes, der ganzen Welt, des Menfchen
und feiner Pflichten; nach andern war fie übers
: Haupt eine Wiffenfchaft von den Qualitäten der
Dinge. Die Griechen brachten die Philofophie zus
erſt in ein Syſtem. Im weiteren Sinne waren
“bey ihnen auch die frenen Künfte mit darunter
:begriffen, aber nad) der engeren Bedeutung mas
ten die freyen Künfte davon ausgefchloflen.
Sie theilten die Paitofopkie in infiramentalem,
wor;
ſchriftlich mitcheilten. Mur Pythagoras ftellte
“ erft bie, die feine Schüler werden wollten, auf
—
544 Philoſophie.
worunter fie bie Logik verſtanden, und in prin-
cipalem, welche leßtere entweder theoretica, war,
: wozu man Phyſik und Metaphyſik rechnete, ober
practica, woruntee man die Ethik, Politik und
Oekonomie begriff. j
Die theoretifche oder bogmatifche Philoſophie
ber Griechen oder diejenige, welche in Kunſt⸗
form vorgetragen wurde und ber fabelhaften for
wohl als der politifchen Philofophie entgegen ges
feßt war, entfiand durch den Thales, der die
Joniſche Secte ftiftete, und durch den Pyt ha⸗
goras, den Urheber der Italiſchen Secte. Won
diefen zwey Hanptfecten haben alle griedhifche
Secten ihren Urfprung. Andere feßen zwar noch
die -Eleatiſche, welche Zenophanes fliftere,
als die dritte Hauptſecte hinzu, aber ſie gehoͤrt
mit zu denen, die aus der Italiſchen Secte
- entfprangen. Ä
Thales war, wie bereits erinnert worden,
ein geborner Phoͤnizier und ließ. fih in Mileto,
einer Stadt in Senien, nieder , daher feine Secte
den Nahmen der Joniſchen Secte erhielt °”).
Er war in der 35. Olympiade geboren und flarb
in der 58. Olhmp. 96 Jahr alt. Er. war der
erfie, der in Griechenland philofophirte und. in
der Joniſchen Stade Milero die erſte Haupts
fhule der Philofophie, naͤhmlich die Joniſche
Secte fliftete ““. Um 3439 fammelte er die
von den Gefeßgebern, nad) Art ihrer Lehrer,
ber Drientaler, zerfireut vorgerragenen Wahrhei⸗
sen und brachte fie in ein Syſtem, Bas feine
Schüler erwmeiterten. Er felbft führte noch den
Nahmen eines Weiſen, wie er denn auf unter
bie
16) Suvenel de Carlencas Gefhichte a. a. O. 179%
1. Theil. I. Abſchnitt, 1. Kap, S. 192 — tig,
57) Acıa Phuloſ. Vol. II, p. ibi.
Philoſophie. > 545
: bie ſteben Weiſen Griechenlands gerechnet wird.
Er nahm das Waſſer als die Grundurſache der
.Dinge an, ſchraͤnkte ſich hauptſaͤchlich auf —9
. fit over Naturkunde, auf Mathematif, beſon⸗
ders Feldmeßkunſt nad Steenfunde, ein; Doch
. wollen einige, Daß er auch den Grund zur Me:
taphyſik gelegt habe, Diefe Wiſſenſchaften blie⸗
ben die Hauptgegenſtaͤnde der. Joniſchen Secte,
bis endlich S ocrates die Moral damit verband,
| ‚Anarimander, der in der 42. Oiymp.
‚geboren wurde. und noch in der Sg; Olymp. lebte,
„ war en Landsmaun und Schüler des Thales I
Er that zu.den Anmerkungen - feines. Lehrers
neue Hinzu, fehrieb und lehrte zuerſt von natürs
2 fihen Dingen: offentfich, über die Thales philo:
; sfophire harte ""),. und fliftere auch die erite öffent:
- che philoſophiſche Schule in Athen “”),. wiewohl
‚ andere behaupten; daß Angxagoras der erſte ges
wefen fen,. der die. philofophifhe Schule, die feit
ihrem Stifter Thales in Sonien geblüher hatte,
-‚ nach. Athen gebracht Habe °’). Dieſer Anaras
Joras hielt ein ewiges Weſen fuͤr die erfle wir⸗
1: Fende Urfache. Bu der Joniſchen Secte gehoͤ⸗
ten. noch Anarimenes, der dig Luft: für die
erſte wirkende Urfache hielt, Diogenes Apol⸗
‚Joniares und Archelaus.
Pherecydes von der Inſet Syros ober
1 &eiros, dee der. Lehrer des Pychagoras mar,
iſt der erſte eeweſen, der unter den Griechen
die
J Zr A. Fabricii au— Geſch. d. Gel. 1752. 2. B. ©.
10) oh, N Hr de Philof, Ital. c. VI, p. 33. Acta
ao 3 Babrieti Alk. Hi. d- GBelehrſ. 1752. 1. B.
1) Bayıe Hiſtoriſch⸗Kritiſches Worterbuch. Leipzigl. 6.
Oec. —8* Enc. CXII. Theil, Mm.
546 Philoſophie.
die Lehre von der Unſterblichteit der Gere be
kannt machte ”°).
Nach dieſer Zeit kamen beſondere echrge
bäude und Secten auf, r) in Groß⸗Griechen⸗
land oder Unterr Stalien, 2) im eigentliche fos
genannten Öriechenlande, 3) außer Griechenland.
Pythagoras don &amos, der den Thas
les und den Pherechdes ver Sciros zu Lehrern
gehabt hatte, lebte nach einigen in der 60. Dfens
piade oder 650 Zahr vor Cheiſti Geburt ”),
nach andern aber etwas fpäter, naͤhmlich "zus
Zeit des Servius Tullius, des ſechſten römifchen
Königs, und brachte die Philofophie suerfb nach
Stalien, indem er fi) im unteren Theile von
Stalien, nähmlih in Groß Griechenland, in
der Gegend von Negpel niederließ, wo .er’bie
Pythagoraͤiſche oder Zraliänifche Secte fliftete, .
die 200 Zahr dauerte. Er leate die Schule zu
Tarent, Sroton und Metepont an, die aber'nur
Privarfchulen waren. „Seine Kenntniffe Harte
er nicht bloß, vom Thales und Pherechdesy.$ons
“ Bern zum Thell auch in Aegypten erlange.: Die
Strenge feiner Lehrfäge, „fein eigenes: Beyſpiel
und die Enthaltung, die er von feinen Schuͤ⸗
lern forderte, befierte die Sitten und befefligte
das Buͤndniß ber Crotoniaten ). Er verbeſ⸗
ſerte die Philoſophie und nahm zuerſt den bes
fheidenen Nahmen eines Pbilofsphben, wi.
eines Liebhaders der Weltweisheit an “), weil
er glaubte, vof der Titel eines Weiſen, der zu
ſeiner
22) Cicero Tuſc. Quaoft. Lib.
23 3 Bi Fabricii Alp. Hi. ® Belehrf. mon s 2% B.
20 — de Garleuens Bei. a. a. O. 1749. 1. Th.
189.
1I Abſchnitt. 1. S. 1854 —
25) Ifıdor. Orig. Fit: "van. <.6. Lın, XIV, c. & Ci;
cero Tuſe, Quasit. Lib, N, 3, P- 2816, ed. Verbu erdur},
Philoſophie. 94
* feiner: Zeit in Griechenland. gemein war, nur
: &ott allein zukaͤme. Außer dem Pythagoras
-foll befonbers Porpänrius unter den Alten
den ' Rahmen eines Philofopben geführt «has -
ben *). Die Fraudes Porbageras, Nahmens
Theano aus der Stadt Crocona, die nebſt ihren
Soͤhnen, nach des Pythagoras Tode, die Philos
ſophie lehrte, fol” zuerſt philsſophiſche Schriften
gejcheieben haben ). Andere ſchreiben aber
dieſes Verdienſt dem Anarimander zu;
Aus den Trümmern ber Stalifchen oder
. Potbagorifhen Secte entftand die Eleatiſche
Secte, die ihren Urſprung und Nahmen von
ber Stadt Bella oder. Elea Hat, die in demjenis
gen Theile von Stalien lag, der Groß; Öriechen«
land hieß. Der erſte Stifter dieſer Secte war
Kenophanes aus Colophon, der. dem Telaus
:. ges, einem Sohne des Purhagoras, folgte, da⸗
her mian die Eleatifhe Secte ‚für eme Tochter
Ver Porhagorifchen Secte hält. Die’ Philofophie
des Xenophanes ift aber dunfel, und';man theilt
feine. Schuͤler in Metaphyſiker und Phnfifer ein.
Die Eleatifche Secte wurde fie aber deswegen
genannt, weil aus der Stabt Elea drey berühms
te Lehrer: derfelben, nöhmlih Parmenides,
Zeno und Leucippus entiprangen ; beſonders
foU fie vom Parmenides aus Elea diefen Nah⸗
men erhalten haben. Die Eleatiſche Seete theilt
ſich in Rüdfihr ihrer Hauptfäge in zwey Theile;
1) Zenophanes, Parmenides. und Melif.
fus harten ein Hauptprincipium; Zeno, ein
Schüler und adoptirter Sohn des Parmenides
Ä führte in der Philofophie die Schlußreben ein,
er Un2 ‚und
s6) Holftenıus in vita Porphyr. c
27) Clem. Alex, Strom, Lib. I, Shders ls. u
7 jehrtensBegic. iṽ. & 1731. —* ©. 1097. °
548 Philoſophie.
und lehrte die Logik; er bluͤhete in bet 79. Olm
piade. 2) Leucippus, des Zeno und Melifs
ſus Schälee, machte ein eignes Syſtem, und
.. war der Urheber einer neuen Art von Liarses
lehre, die man insgemein die atomiſtiſche nennt.
Bis auf den Demorritus und Epieurus lehrte
die Eleatiſche Schule nur die natuͤrliche Philos
fophies aber Democritus, ber Der Eleatiſchen
Schule einen großen Glanz gab, erweiterte ihre
Grenzen, und hielt die Stäubchen für Die erfte
yoirfende Urſache.
Nach des Democritus Zeit entfland aus
der Eleatiſchen Secte bie Kpicurifihe, Die- den
. Epicurus zum Vater bat. Diefer eröffnete
er eine Schule in Lampfacus und dann in
Athen. Er theilte die Philoſophie in zwey Theile,
An den phufifchen und moralifchen; was. aber ans
dere den vernünftigen Theil nannten ,- napmte er
partem canonicam und achtete die Logik ,: bie
er in Canones brachte, für ein Nebenwerk.
Das Lehrgebäude des Epicurus erhisiten - ber
Dichter Lucretius, Diogenes Laertius
‚ uud. Gaſſendi ”). Ä .
Pyrrho von Elena, der die Schriften bes
Demoerits gelefen hatte, ein Schüler des Anax⸗
archus war und mit diefem nad Indien uud
Perſien reifete, wurde der Stifter der Pyrrho⸗
niften oder der Skeptiker, die durch Zweifel
fuche und beißende Kritif befannt wurden und
behaupteten, es fey unmöglih, das Gute vom
Boͤſen und das Wahre vom Saljchen zu uns
terſcheiden. | ZZ
Nach dem Urtheil des Cicero hat So⸗
.. crates die Weltweisheit juerft vom Himmel
Res
1 "
25 Baylea. a. O. II, 399.
Philoſophie. 549
heranter gezogen und ſie unter die menſchliche
Geſellſchaft gebracht. Cicero ſpricht aber Hier
mehr als Redner und will nur dadurch anzeie
gen, daß Soecrates große Verdienſte um die
Philsſophie habe. Wirklich begann auch mit
-.tom der erite denkwuͤrdige Zeitpunft Der Philo⸗
ſophie „ denn er. legte den Grund zu. großen
Veraͤnderungen in derſelben, indem er die Sit-
tenlehre mit ihr verband, die er hauptfächlich in
Athen öffenslich lehrte; er erfand auch die Metho⸗
.de, für und wider eine Sache zu difputiren,
welche Arcefilaus hernach erneuerte und eben
‚beswegen juerft ein Neuling genannt wurde.
>. Won den Zuhörern bes Goerat?s blieben
nur wenige feiner Zehre ganz getreu; die meiften
ſtifteten eigene Seeten, z. B. Phaͤdo ans Elis,
der den Socrates gehoͤrt hatte, ſtiftete die Elia⸗
kiſche oder Elienſiſche Secte, die nachmahls
von einem feiner Nachfolger, Menedemus,
der die Eliskifhe Schule in fem Vaterland
Eretrien verlegte, die Eretriſche Secte, vom
Guefides von Megara die Megariſche und
vrm Plato die Platoniſche oder Akademiſche
Secte genannt wurde. Ariſtippus von Cyrene,
der auch ein Schuͤler des Sokrates war, ſtiftete
die Cyrenaiſche Secte.
Plato und am meiſten Ariſtotekes vol⸗
fenbeten die großen Meränderungen in ber: Phi⸗
loſophie der Griechen. . Durch dieſe erhielt ‚die
Philoſophie beitimmte Graͤnzen, genauere Abrheis
ve
jung und Zufommenhang durch alle ihre Theile;
durch fie, wurde. der Vortrag der Philoſophie erit
recht wiflenfchaftlich, ‚daher rechnet man auch
won ihrer Zeit an das „Sänglingealter Der Phi⸗
loſopbie. J A
| m; u Biate,
sso Philoſophie.
Plato, geboren zu Athen in der 88. Olym⸗
piade, geftorben 348 Jahre vor Chriſti Geburt,
gı Jahr alt, war ein Schüler des Gocrates
und Cramlus, erweiterte aber auch feine Kennt:
niſſe in Aegypten, lehrte hernach in Sicilien und
ging von da nad) Arhen, wo er in einer Vor⸗
ſtadt von Athen einen arten von dem Akade⸗
mus faufte und daſelbſt eine Schule ſtiftete, die
er, nach dem vorigen Beſitzer des Gartens, die
Akademie nannte, datzer ſeine Secte die Aka⸗
demiſche oder auch die Piatoniſche genannt
wurde.
Ein anderer Schüler des Sorrates, Drake
mens Antifthenes, fliftete die Cyniſche Secte;
er beftrebre fih, die Geduld und Herzhaftigfeit
Des Socrates anzunehmen, und behauptete, man
muͤſſe der Dtarur folgen, heiße jo viel, als ben
natürlichen Bewegungen folgen, die wir mit ben
Thieren gemein haben. Seine berühmteften
Nachfolger waren Diogenes, Denippus
und Menedemus.
Außer den verfchiedenen Afademien, die ans
der Schule des Plato entſtanden, folgte auch aus
derfelben noch die Schule des Ariſtoteles.
Ariftoteles, geboren in der 93. Olumpi⸗
ade, wurde 63 Jahr olt und war ein Schüler
Des Plato. Er fand fich beleidiget, daß ihn Pla⸗
to nicht zu feinem Nachfolger ernannte, ſondern
ben Kenecrates vorzog; er wollte fich daher bie
Art, wie Zenoecrates die Weltweisheie trieb night
länger gefallen laffer, verließ die Akademie und
errichtete feine Schule an einem Drte, den man
Lyceum nannte. Da er feine Schüler im Spa⸗
zierengehen unterrichtete: ſo wurde feine Seete
die Peripatetiſche genannt. Sein Nachfolger
in der peripatetiſchen Schule war Theophr a ft.
vis
Silo 551
t
Ariſtoteles brachte bie Philofopgie zuerf- in eine
Kunſtform, und ſchrieb das erfte philoſophiſche
Lehrgebuͤude. Ariſtoteles verbot es, feine Schrif⸗
ten bekannt zu machen und hinterließ ſie ſeinem
Nachfolger Theophraſt und dieſer dem Ile:
leus; erſt nach 160 Jahren wurden fie cus
der Duntelheit hervorgezogen und an ben Apel⸗
licon verkauft, hernach aber durch den Sylla
nach Rem gebracht >), Ariſtoteles erfand bie
Metaphyſik, richtete die Logik zuerft. ordentlich
ein, theilte die letztere in die Dialektik und
Analytik, er trug die Lehren von den terminis,
_ propolitionibus, [yllogismis, .definitionibus,
und von der demonliratione zuerſt recht ots
dentlich und deutlich vor. Er theilte die Philos
- fopbie in die theoretische und prattiihe Zu jer
ner rechnete er die Metaphyſik oder die "Theo-
- logiam naturalem, d. i. die Lehre von Gott,
ferner die Aftconomie oder.die Lehre vom Him⸗
mel und die Phyſik oder die. Lehre von den nas
, türlichen Körpern. Er hielt die theoretifche Phi.
loſophie allein für die rechte Philojophie. Die -
“ praetifche Philofophie war ben ihm nur eine Po:
: Sitif, davon er die Echif zu einem Theile machte,
: Hingegen andere Philofophen, die Platoniker,
E
Stoiker und Epicuraͤer verſtanden durch die
Moralphiloſophie blos die Ethik, welche mit der
innerlichen Einrichtung des Gemuͤths beſchaͤfti⸗
et fen, daher auch Diogenes Laärtius")
Saat: es wären drey Theile der Philoſophie, die
Phyſik, Ethik und Dialeftif, Zu diefer Eine
theilung der Philofophie, in bie natürliche, mo⸗
traliſche und vernuͤnftige, ſetzten einige Peripate⸗
| Mm 4— tiker
7 49) Met de Earlentas Geid: 1700 1. m 1.
7 ã—ã— 193,
x» ‚Diog. Laert. Lib, I Seim 18.
5,2 | Philofopfie
tiker noch ben vierten Theil, naͤhmlich die Poli⸗
tif und andere die Defonomie, hingegen war hey
ihnen die Ethik ein Städ der Politif, Die
Logik bielten fie nur für ein Anftrument wer
Philoſophie, worin aber die GStoifer von ihnen
abgingen.
- Aus der Cyniſchen Secte ging Zeno aus
- Eittium in Cypern aus, der erft den ‚Ennifer
Erates, dann den Stilpo, dann den Kenn
crates, den Diodorus Ehronus, den Por
lemo und entli den Zeno von Sidon gehoͤrt
. hatte, der zur Zeit Aleranders des Großen leb⸗
te; endlich aber fliftete er eine eigene Secte,
welche von der bedeckten Gallerie "= (porticws),
wo er in Athen lehrte, die Stoiſche Secte ge
nannt wurde ’"), melde bald nad) dem Ariſto⸗
seles berühmt wurde. Die Stoifer theiften bie
Philoſophie ebenfalls in drey Diſciplinen ab,
naͤhmlich in den vernünftigen, natürlichen und
moralifchen Theil.‘ Zene behauptete ebenfalls,
wie die Cyniker, man müfle der Natur folgen,
aber er erflärte diefen Satz anbers, indem er
fehrte, der Natur folgen heiße fo viel, als der
- gefunden Vernunft. folgen. Zeno hielt feine Vor⸗
lefungen zur Zeit des Autigonus und Pros
lemäus »).
| Poramen von Alerandrien, der zu bes
Kanfers Tiberius Zeiten . bluͤhete, war der
Urheber der eklektiſchen Philofophie ”
Der aͤlteſte Gefchichtfchreiber ber philoſoẽ
phiſchen Hiſtorie iſt Kenophon, der 3623 n.
E. d. Welt ftarb,
Der
31) Ifıd, Orig, Lib, @.
32) Javene Be —8 —8 a. a.O. 1749; un
Qbich. ı
dDin 3. Gel 17623. 2. ®-
' * 3: 8* SE in proaemo ig Bad po Po-
8333 |
Philoſophie. U 53 ö
Der Sophiſt Theodotus Ju“ Athen mar
der erſte Philoſoph, der. vom. Kaiſer Antonds
‚aus Pius eine Befoldung. von 10000 Drahs
: men oder 1250 Meicherhalern. erhielt ’*). ,
-
Tach Stalien kam die Philofophie früh:
‚zeitig durch den Pythagoras, aber bie Roͤ⸗
‚mer felbft nahmen dieſelbe erft fpät an. - Evft
. Carneades von Cyrene, Critolaus und
L
Diogenes, die von Athen nach Rom geſchickt
wurden, machten daſelbſt die Philofopkie beliebt.
. Panärins. fol. der. erfie Roͤmer gemefen ſeyn,
: der als PHilofoph berühmt wurde; er war ber
Ä Stoiſchen Secte zugethan. Seibio Africa:
nus, Laͤlius und Furius befoͤrderten bie
Philoſophie zu Rom; aber. unter dem Conſulat
des Fannius und Meſſala, 59a n. R. Erb.
. wurde ein Senatus Canlultum gemacht, Kraft
4
Deifen alle Philofophen und Medner aus Rom
mußten ’). Hierauf brachte Solla, nad) der
« Eroberung Athens, juerft die Bücher des Aris
ſtoteles und Theophraſtus nad. Kom,
-Amafanius war der erfie Roͤmer, der um
: 3888 "etwas von der Weltweisheit fehrich. Huch
4
die aus AUlerandrien vertriebenen gricechiſchen
Philoſophen mandten fi) nady Nom und uns
“terrichteten den Atticus, Cato von Utica und
: Brutus. Die meiſten Weltweiſen in Rom
waren Griechen, als Epictet, Plutarch,
Taurus, Apollon, Mumenius und andere,
- obgleich ſonſt die Philoſophie ihre Verehrer uns
tee den Roͤmern und felbft unter den Kaifern
fand. Die Römer errichteten auch Feine neue
Secten, fondern behielten Die Gecten der Grie⸗
chen bey und zwar 1) die Pythagoriſche, Fe
Mm5
Philoftratus vit. Sophift. IF, =, 566
Gellius Noct. ‚Atticae, N
554 Philoſophie.
»cher' P. Nigtdius Figulus und ber alte
GSextius aufzuhelfen ſuchten: 2) viele Roͤmer
ließen ſich auch die eklektiſche Secte gefallen,
worunter Cicero oben an ſtand, der auch um
3921 unter den Roͤmern die erſten rhiloſophi⸗
ſchen Lehrbuͤcher ſchtieb. Eben ſo hielten ſich
Plinius und Galenus zu den Eklektikernz
auch den Plutarch wollen einige dazu zählen,
andere rechnen ihn aber unter die Platonifchen
Sectirer. 3) Auch die Epicurifhe Secte fand
Beofall unter den Römern, ihr waren Zucre
tius, Atticus und Mäcenas zugethan. 4)
Kerner fand auch die Placonifdye oder Akade⸗
miſche Secte ihre Verehrer unter den Roͤmern;
Apulejus war ihr zugerhan und nach einigen
auch Eicero, welches jedoch ungemiß if. 5)
Um beliebteiten war bey den Roͤmern die Stoie
ſche Philofophie, welher Cato, Lucius An⸗
näus, Geneca und Martus Antonius
Phitoſophus folgten. 6) Themiftius lehrte
noch im vierten Jahrhundert die Peripatetifche
Philoſophie. Macher wurden tie Porhagoräee
sorgen der Magie verhaft, daher gab Kaiſer
Antonin den Befehl, daß bloß folgende vier
Secten: die Platoniſche, Stoifche, Epicurifche
und Peripatetifche geduldet werden folten.
Ben den Chriften mill man ;uerft dem
Paulus einige Kenntniß ber Päiefonpie zu⸗
ſchreiben, naͤhmlich Kenntniß der juͤdiſchen Nhi⸗
loſophie, die ee vom Gamaliel erlernte, wie
aus den Briefen an die Coleſſer und Hebräer
erhellet, und Kenniniß der griechifchen Philoſo⸗
die, die er zu Tarſus erlernt haben fol ).
36) Joh, David Strehbachii diffentat, de esuditione Pauli
Apofſtoli. eap. 3. f. det 10.
Die
Philoſophie. 555.
Die Kirchenvaͤter wollten. eigentſich Eklekti.
Aer ſeyn und die Häupter darunter waren Cke⸗
mens von Alerandrien und Ammonius Sace⸗
tas, der zwar von chriſtlichen Aeltern geboren
war, aber 241 als ein Heide ſtarb. Viele Kir⸗
chenvaͤter der drey erſten Jahrhunderte hielten
fi) aber auch zu den Platonikern, als Zuftis
nius im 2ten Jahrh., Drigenes im zten
and auch Ausuftinus im sten Jahrh. Eis
|
nige wollen auch den Elemens von Alexan⸗
drien zu den Platonikern und ‚nicht zu den
Ekiektitern rechnen. Auch die Lehre des Ari:
fioteles fand bey’ einigen Bepfall; Anatolis
us, Biſchof zu Laodicea im zten und 4ten
Jahrh. erflärte den Chriſten zu Alerandrien,: zu
den Zeiten des Diocletians, zuerſt den Ari
ſtoteles öffentlich. Der Pythagoriſchen Pbilofos
phie half unter den Chriſten Theodoretus im
‚sten Zahrh. auf. Anicius Manlius Tor -
“quatus Severinus Boetius, ein Chriſt,
war unter: den alten Roͤmern der letzte, der et⸗
: was philoſophiſches geſchrieben hat, und ber er⸗
fie, dee den Ariſtoteles fateinifch erklärte,
Gottfried Arnold will ihn aber nicht für
einen Chriften gelten laſſen.
Durch den Ruin des occidentaliſchen Kai⸗
ſerthums wurde alles von der. Barbarey übers
ſchwemmt, daher im Sren Jahrhundert bie Phi⸗
loſophie in Italien aufhoͤrte.
Nach dem Tode des griechiſchen Kaiſers
Zeno Iſaurieus, der 491 erfolgte, kamen
Zuch die philofophifchen Schulen: in. Griechens
- fand nach und nad) ab. Im rzten Jahrhundert
wurde die Philofophie durch bie Saracenen gan;
‚.- aus Griechenland verdraͤngt,:: ob man gfeich im
zosen Jahrh. norh: den Ploſoph Enfiratius
tt in
56: Philoſophie.
in Micha und im ııten Jahrh. ben Philoſoph
Michael Pfellus zu Conftantinopel-- farb.
Indeſſen fingen die Araber oder. Saracenen im
: gten Jahrh. an, die griechiichen Bücher zu lies
ben, daher ſich auch Bie philoſophiſchen Schulen .
in den mittleren Zeiten bey ihnen erhielten“
Ihre erfien Philoſophen waren Almanfur, ber
762 ftarb, des Kalife Abdalla, Al NRafhid
um das Jahr goa, und Al Mamun,. um das
Jahr 813. Alle diefe waren Verehrer des Ariis
ftoteles; deflen Schriften auch in die arabiſche
Sprache uͤberſetzt wurden. Hier fing fih num
in der Philoſophie eine neue Epoche an, ‚welche
Die Arifiorelifchs Arabifche Philoſophie begriff,
- Die man aud) geradehin die Arabifche Philofos
. Pbhie nannte. Als die Araber im gten Jahr⸗
- hundert Spanien erobert hatten, fo wurden ſpaͤ⸗
- terhin auch die ins Arabifche und aus dem Arar
biſchen wieder ins Lateinifche uͤberſetzten Schrifs
. ten des Arifioteles, nebſt tem Coemmentar des
Avicenna, weicher Gelehrte im ızten Jahr⸗
Bundert lebte, und Avenroes, ber im 12ten
Jahrhundert lebte, mit nad) Spanien gebradt
von welchem Reiche fie bernach nach Frankrei
und in andere Länder Europens kamen. &e
Sam bie Philofopgie Durch die Araber wieder an
die Chriften, deren Geiftliche an der Arabiſch⸗
Ariſtoteliſchen Philoſophie Gefchmad . fanden.
Die Geiftlihen der Chriſten vermifchten aber
mit der Ariftotelifchen Philoſophie die Bibel, die
atres und endlich auch. die beyden Ccorpora
‚juris, woraus die Scholaſtiſche Philoſophie
entſprang, die wieder eine ‚befondere Epoche in
der Geſchichte der Philofophie ausmacht. Zn
diefer Epoche entftanden unter den Chriſten die
erſten gllgemeinen philoſophiſchen Sculan mer
ni⸗
Philoſophie. 557
Alnivarfitäten, wodurch tie ‚pSilofonhifche Facul⸗
taͤt weiter ausgedehnt murde, ſo daß ‚auch: die
freyen Künfte nun mit zur Philoſophie gerechnet
wurden, Die Lehrer der Philoſophie ˖ hießen Ar⸗
riſten, Lehrer der freyen Rünfte, Scholaftici,
weil fir ſich auf- holen“ Schulen qufbielten,- und
Magiſtri, welche die aͤlteſte und: erſte akademi⸗
ſche Wuͤrde waren.
Johann Erigena Seotus i. 886)
wandte ſchon im gten Sahrburdert- die: Ariſtote⸗
liſche Philoſophie auf Die Religion anz:aber erſt
. m: ten Kahrbundert, wo Hildebert die Ari-
* .ſtote liſchen Voto lov bie mit dee Religion vermiſchte,
erhielt dieſe Bermiſchung der Ariſtotelſchen Phi⸗
„dejophie mit der chriſtlichen Religion den Nabgıen
der Scholeftifchen Philoſophie. Sn. eben diefem
'ııten Jahrhundert bebte auch Lanefrank, derſich
»""Gantuarienfem Episeopum et Scholaſtiqum
mnanute.“ Andere. machen sanch den Nucklinus
‚dder. Rofcelinus zum Vorgänger ‚ver Schola⸗
sn .r »fliftpen Philoſophie, befonders. der. Nominali⸗
ſten. Man theilt die Scholaſtiſche Philoſophie
in drey Perioden ein, wovon die erſte. vom A:bes
lard anfängt, der 1141 ſtarb und ein Schoͤler
des Rucelinus war. Thomaſius: haͤlt erſt
: den Abelard für den rechten Urheber. dee Scho⸗
Vſtiſchen Philoſophie; gewiß iſt es, daß ſich von
ihm. das erſte Syliema Theologiae Soholaſſicas
herſchreibt, obgleich fein Zuhörer Petrus Lom⸗
bardus, der 1164 zu Paris ſtarb, Sur) bie
Libros Sententiaram weit berühmter. wurde.
Alerander Aleſius, der 1248: zu Paris
ſtarb, commentirte zuerſt über des Peſttin Go m⸗
bardi Libros Sententiarum. Des Alex. Ale—
ſii Schüler waren Bonaventura and Tho-
mas von Aquino, Der Zeitgenoffe des uler.
’ ©:
%
55 Philoſophie. |
Aleſius war Albert der Große, der: ago
unm zwar 87 Jahr alt farb. Er fliftere unter
den Scholaſtikern die erfte Secte, nähmticdh die
Albertiften.. Thomas von Aquin, der aud)
Allbbert den Großen gehoͤrt hatte, wird fuͤr den
erſten gehalten, der ſich die arabifche Art zu phis
loſophiren, desgleidyen die Terminologien aus dem
Avicenna, und aus ähnlichen Philoſophen gefals
‚len lieg. Er fliftere die zweyte Secte der Scho⸗
‚taten nähmlich die Thomiften. Aber Jo han⸗
mes Duns Scotus, der 1308 zu. Cdin flach,
- ging von ihm ab, und fliftete eine neue: Seccte,
W naͤhmlich die Scotiften; er war der: Watts: der
N Zäcceiräten und das Haupt der Kealiften;: in:
dem er behauptete, daß alle univerfalia entia
sealia wären. Guilielmus Occam aus
England, hernach ein baarfüßer Mönch, der
r347 zu Münden flarb, und Caput Mominas
Hliſtarum genannt wurde, war ein Schüler des
— Sohannes Duns Scotus, vertheidigte aber. die
„ Zeinve feines Lehrmeifters, naͤhmlich die Momi⸗
V. naliſten, und ſtiftete eine eigene ſcholaſtiſche
Seecte, die den Nahmen der Occamiſten führte,
In Frankreich erflärten Alexander von Ales und
St. Thomas die Perinatetifchen Lehrfäge and
in den Grund zur Scholaftifchen Weitweis—
eit.
Im Anfange des 13ten und 14ten Jahr⸗
hunderts machte man Verſuche, die alten philo⸗
ſophiſchen Secten ju erneuern oder neue einzu
ren. .
Johannes Argyrophilus, der ſich
nach der Eroberung Conſtautinopels nach Itali⸗
en begab, war der erſte Grieche, der wieder zu
Rom Pritofopgie lehrte. '
Kutz
Dbilcfopkte, 6
Kur) vor Luthern fing: man dr: das Scho⸗
laftifche Joch abzuwerfen, mid. die alten Welt⸗
weiſen zu ſtudiren,! da denn einige 6 Die ges
meinen Mängel. der Schofaftifchen. Philoſoͤphie
anmerkten, andere ‘aber bie. ‚alten Secten wieder
auf die. Bahn. brachten. . Die. exften,. bie fich
der Barbärey Ber Scholaftifchen Philofophiä wis
derjeßten, waren Laurentius Walla’(geb. .
: zu Mom 1415 ſt. 1465), Rudolphus Agris
Ur ” “ad %
- cola ..(fl. 1485); Marius Nipplius Bri—
g.ellenfis, deflen Schrift zu Parma 1533 ers
‚austam, DefideriusErafmus, der. vie Leh.
re de quatuor cauſis, nähmlıd,. oauſam for-
malem, materialem ,: efäctenten: und finalem
a. für unnüß erklärte, ferner Eldnvicus'Bives,
bder 1537,.. oder, wie. Thuamud well, 1541
zu ‚Brüggerflarh,. auh Sueobus Faber: (ft.
: 25377) ſuchten die-Arciftotelische Philofophie von
der Scholaſtiſchen Barbarey zu fäubeen ‚und
>. Broancisens Sanchez beſtritt ebenfalls die
. Ariforeifep> Schoafifdie Phliofengie. ı--
Mit. der Meformarion::fing | fidy ‚zugleich
‚eine neue Epoche in der Geſchichte der. Phildſo⸗
| eurifche und Sceptiſche Secte; andern aber ge⸗
phie an. Luther beſtrtitttdie Ariſtoteliſch - |
Scholaſtiſche Philoſophie, und - wollte “wicht lei⸗
den daß man ihre Terminologien in die Theolo
gie menge; deſſen ungeachtet las aber Melacuch-⸗
ton (ſt. 1560) wieder über den Ariftoteles,:ine
befien reinigre. er die Ariftorelifche Philoſonhie
don den allzugroben Irrthuͤmern und ſpitz findi⸗
gen Subtilitoͤten, und .hieft auch gar nichts von
der Scholaſtiſchen Theologie. Einige ſuchten
nun die: alten Secten wieder hervor, beſonders
die Joniſche, Pythagoriſch⸗Platoniſche, Peripa⸗
tetiſche, Parmenidiſche, Stoiſche, Democrtt⸗epi⸗
ſiel
Bo Philoſophie.
2 fiel die eklektiſche Philoſophie, welche mit gutem
Vortgange getrieben wurde. |
Zu Als Eklektiker zeichneten ſich befonders aus,
u. Petrus Ramus, das Haupt der Mamiften,
‚ die das Wort Philofophie in der weiteren Be
deutung ımabmen, uͤnd auch die Grammatif,
Rhtzetorik, Mathematik u. f. w. für Theile dere
.s felben bielten;. ferner Telefius, der 1588 zu
.; :Cofenza ſtarb, Nolanus (blühete 13532) Cars
2::Banus (fl. 1576: in.Nom), Campanella (ft.
1639 zu Paris), Beancifcus Baro von Des
ersulom (geb. im: England 1560 fl. 1626), der
Un: 1608 die wahre Art zu philsfophireh zeigte,
1: bie:&ebler der gewöhnlichen Philofophie Fannte
und vieles; zur Abwerfung des fectirifchen Joches
: beytrug. Renatus Carteſius, geb. zu Touraine
.;1596 ſt. zu Stockholm 1650, welcher beſonders in
:: Mer erſten Hälfte des 17ten Jahrhunderts die
v. MPhiloſophie verbeſſerte, und dem Ariſtoteles mit
2 vielein Beyfall den Gehorſam aufkuͤndigte. Sein
erſter öffenclicher Anhänger "war Henricus
n.Negins, er war aber auch ber erſte, der in
‚ci mehreren Dingen wieder von ihm abging; indeſ⸗
ce. fen har’ er doch. die Cartefifche Philoſophie zus
5 erft in ein Syftema univerlale . gebracht. ° Er
c hatte den. Grund zur Carteſiſchen Philoſophie
- beym Henricus Renerus gelegt: "Zu den. EHefs
tifern gehörten ferner Thomas Hobbes.,;geb.
50 Malmesbum in England: 1588 fl. 1679,
Gaſſendus, Grorius, Bufendorff, Hin
aricus Morus, Benedift Spinoza, Soh.
Andreas Schmidt, Joh. Cleriens, Joh.
Branc Buüddeus, Andreas Ruͤdiger,
Nicol. Hieron. Gundling, Frane. Al⸗
bert Aepinus, Gottfried Wilhelm Lrib⸗
nitz, geb. 1646 fl. 1716, durch den die Scho⸗
| | laſtiſche
Philoſophie. 561
laſtiſche Philoſophie einen wichtigen Stoß erhielt,
Joh. Chriſtoph Sturm (fl. 1703), ber zu
Altdorf ſtatt der ſectiriſchen Philofophie zuerſt
die efleftifche Philofophie einführte "), -Sthaac
Newton, geb. zu Volſtrope in der. Pröpinz
Lincoln 1642 fl. 1727, Chriftian Thomas
fiug, geb. zu Leipzig 1655 fl. 1728, der bie
Freyheit zu philofophiren wieder herftellte, und
der erfte war, der das Joch jowohl der, Carte⸗
fianifchen, als audy der Peripaterijchen, ja. aller
‚feetirifehen Phitofophie gänzlich) abwarf. Er hat
zuerfi die Philofophie deutidy vorgetragen, und
die ſubtilen oder dunfeln Terminologien bey Seite
geſetzt. Er theilte die Philojoppie ab in In⸗
ſtrumental⸗ und Prinzipal⸗Philoſophie; zu
der erſten rechnete er Grammatik, Poeſie, Rhe⸗
. .torif und Hiſtorie. Chriſtian Wolff, geb.
. zu Breßlau 1679 ſt 1754, that noch mehr, es
führte Ordnung und Gruͤndlichkeit in der Phi⸗
Iofophie ein, und fchaffte die leeren. Wortklau⸗
bereyen der Scholaflifchen Philofophie ab”); er
bediente ſich auch in der Philoſophie zuerft der
deutſchen Sprache. | Ku FR
Alerander Piccolomini, Erzbiihoff
zu Patras im ı6ten Jahrhundert, wird. Äe den
erften gehalten, der -fish. feinee Mutterfprache
bey Aufſetzung philofophifcher Werke bediente “).
- . Die Spnirenftifbe Philoſophie war. dies
“ jenige, welche, alle philofopbifche Secten zu vers
‚einigen. fuchte, eter de VBillemandy har
fid) befonders darin "hervor getban. Bartho⸗
u En SA EEE % . - [0s
17 27—* BA Are BE 2? 55 oo
37) Me few mıs. ©. 2: FE
3%) Machrichten En Wehen und den Erfhpngen der
bvberubanagen Ma kei738, Ve II fo
+3) Bayle a. a. D. 1741. Ill, 727. %
Orc. techn. Enc. CXU, Cheii. Na FERN
562 Philoſophie.
lomaus Keckermann aus Danzig, geb. 1571
oder 1752, geſt. 1609 wird fuͤr den erſten ge⸗
halten, der in Deutſchland die Ariſtoteliſche
Philoſophie mit der Ramiſtiſchen zu vereinigen
ſuchte '*).
In den letzteren Jahren hat die Philoſophie
durch Kant's Kritik der reinen Vernunft eine
ganz neue Geſtalt gewonnen, indem Kant ſich
bemuͤhete die Graͤnzen zu beſtimmen, wie weit
der Menſch ven Forſchungen feines Geiſtes
trauen dürfte, wodurch denn eine Menge Spe—⸗
eulationen, die über das Sinnliche hinausgehen,
als ziemlich Aberflüffig erfchienen. Durch Kants
Schriften erhielten die deurfchen Philoſophen eis
nen neuen Stoß; und fo groß, wie gewöhnlich,
auch die Zahl der Nachbeter war, fo wurden
doch auch verfchiedene felbfiftändige Köpfe ers
weckt, die ihren eigenen Weg gingen, unter des
nen fh Reinhold, Kichte und andere vor
zuͤglich augzeichneten, die ſich wieder Schu
len bildeten, fo daß es unter den jüngeren Ges
lehrten wohl keine orthodoxe Kantianer mehr
gibt. Jetzt hat ſich unter Schelling, Stefs
fen und andern nun endlich bie Vaturphilo⸗
fopbie aufgefhmwungen, die neben einigen gro⸗
fen Seen über das Weſen der Dinge auch fe
viele anmafende und in einer fehr verworrenen
Sprache vorgetragene Behauptungen enthält, daß
fie bey ruhigen Männern wenig Benfall finder,
und man ihe auch mohl Feine lange Eriften;
prophejeiben kann.
Fe mehr die Philoſophie nun aber ein ganz
fperielles Sad) geworden iſt, movon die andern
Doectrinen, die man in älteren Zelren dawit zu
verbinden. pflegte r- ausgejchloffen. in ; und je
0) Ebendaſ. II, 1. a, BL — ti ME...
Philoſophiſch ealciniren. 563
mehr dieſelbe ſich bloß mit Erforſchung der Ver⸗
nunftwahrheiten beſchaͤftigt: deſto weniger ſteht
ſie mit dem Plane dieſes Werkes in Verbin⸗
dung, und ich erachte es daher fuͤr unnoͤthig,
außer ver gegebenen Ueberſicht, was die Phil -
fophie fonft war, (worin ih dem’ Handbuche
der Erfindungen des Herren Pfarrer Buich
- gefolgt bin) mich Hier weiter auf ihre jegige
Kom einzulaffen. Indem Zedlerfchen Unis
- verfallericon mird man noch mehr Ausführlich:
: $eit finden, und von der Kantifchen Philofos
phie liefert das Converjationslericon 3. B. ©,
421 fl. eine furze, gut gearbeitete Darftellung,
Die hermetiſche oder fpägyrifdye Philofo-
: pbie, die Solomacherfunft, |. im Art. Gold⸗
machen, Th. 19, ©. 534. |
= Unter Bauernphiloſophie verficht man
faßlich vorgetragene Aufftärungen fiber manche
Gegenſtaͤnde, die fonft zue Nahrung des Aber,
- glaubens Dienen könnten. Man fehe: Bauerns
philofophie, oder Belehrungen für Bürger und
Sandleute, über mancherley Gegenflände des
Aberglaubens und anbere nügliche Kenntniſſe.
Bon dem Verfafler des Buchs vom Aberglaits
ben. (Leipzig bey Rod) 1800 ıc. 8. einige Baͤnd⸗
hen), Da in der Enchklopaͤdie allenthalben
darauf Mäcflicht genommen wird, die unwuͤrdi⸗
-gen Vorurtheile und den Aberglauben zu unters
druͤcken, fo würde es Hier überfläffig feyn, dies
- fem Gegenſtande ‚einen bejonderen Abſchnitt zu
vidmen. ”
Philoſophiſch calciniren Heißt Horn ober Kno⸗
dien einige Stunven lang über fiedendes Wäſ—
“fee hängen, bis fie allen Schleim verloren haben,
„und leiche zu Pulver gefloßen werden koͤnnen.
Nu 2 | Philo⸗
564 Phitofophifcher Baum...
Npitofopbifher Baum, Silberbaum, Dianen:
baum, fo nenne man einen baumförmigen kry⸗
ſtalliniſchen Anſchuß des in Salpeterfäure aufs
‚geldieten Silbers, welcher durch Zufeßung einer
größeren Quantität Quedjilbers, als zum lies
. derichlagen des Silbers nöthig ift, bewirkt wird.
(S. im Art. Metall, Th. 89, ©. 572). Das
Quieckſilber iſt nahmlich der Salpeterfäure mäher
verwandt, als das Silber. Nenn man daher
zu der Anfiöfung des leßteren in der erwähnten .
Säure Queckſilber febr, jo wird das Silber im .
zeaulinifchen Zufande aus Ber Saͤrre niederge
ſchlagen. Nach Bergmann-find 135 Thale
"Qurdfilbee noͤihig, um soo Theile Silber aus
der Salpeterfäure völlig zu fällen. Wenn mau
in diefem Kalle mehr Queckſilber zugeſetzt wind,
als zum Üliederfchlagen des Silbers nöthig iſt,
ſo amalgamırt fi) das feßtere beym Miebers
"fallen mit dem überflüfligen Queckſilber, .und
bildet damit beyin Ruhigſtehen kryſtalliniſche
leicht zerbrechliche Anſchuͤſſe, over fogenannte
Wegetationen, die unter den obigen Nahmen bes
bekannt find. Man kann, um diefen Baum zu
"Herfertisen, einen Theil Silber in einer gefäts
tigten Aufloͤſung mit 20 Theilen Waſſer ver⸗
imiſchen, in einem cylindriſchen Glaſe zwey Theile
Queckſilber zuſetzen, und ganz ruhig ſtehen laflen;
pder drey Theile gefättigte Silberauflöfung, zwey
Theile gefättigte Queckſilberaufloͤſung und ‘20
Theile reines Waſſer mit einander vermiſchen,
und auf drey Theile von einem Amalgama gie:
Sen, das aus. einem Theile Silber und ſieben
Zheilen Queckſilber gemacht ifl. U
.. Man hat noch ſehr viele andere Vorſchrif⸗
ten zur Bereitung des Dianenbaums. Jede
Silberaufloͤſung in Salpeterſaͤure gibs mit üben
Röffig
Philoſophiſcher Stein. Phlebbidnie. 765
flͤſſig zugeſetztem Queckſtlber dieſen Dianenbalmi.
en er gut gelingen ſoll, ſo iſt durchaus noͤ⸗
- thig, daß alle Ingredienzien den gehörigen Srad
x der Meinigfeit haben, daß die Silberauflbſung
gefärtigt und mit "ganz reinem Waſſer hinlängs
lid) verdünnt fey, und endlich ! alles ganz ruhis
ehe.
f Ne moire tonchant: les vegetations . ertficellen,; ;par-
. Mr. Hgmbezg;. in. N Mem. de l’ac. des [a
de Paris, 1710. ©, 4
Philoſophiſcher "Stein, 7 Stein. der Weißen,
im Art. Goldmachen, Th. 19, ©. 534. +:
Pet ei Bold oder Silbet,, nennt
ſolches, welches vermittelſt der hervi
gebracht worden ſeyn fol. Wa davon zü hal⸗
ten Yen, findet man im eben genähuten at
Goldmachen aus einander gefehr.
"Bhitspphifbe Zeichen nannten. bie, Aſtrolooln
den Sieinbock und den Waſſermemt, weil diefe
die Menſchen durch ihren Einfluß . Pelle
phie gefehitt machen folen. j
, " Pilotechnie, Liebe zur Kunſt.
Philtrum, ein Liebestrank, |, TE. 7% ©. 535.
Phima, f. Phyma.
Plimofis, derjenige Zufall, wenn'die Borhant am
männlichen: Gliede fo enge iſt, doß die Sichel
nicht entblößt werden kann. Diefer Fehler iſt
entweder natuͤrlich, oder zufällig, ‚nd danp ges
woͤhnlich eine Solge venerischer Geſchwuͤre.
Phiole, Fiole, ein rundes gläfernes Gefäß go ei
' im langen engeh Halfe, Lat. Phiäla' vder
la. Ben, ben 'cftniifchen‘ Arbeiten wird ein fols
des Gefdß häufig gebraucht, vornägmlih jun
Digeftiom. °
Phiebotomie, das Aderlaſſen. Phlebotomum, das
„dazu erbrlat. xertzeus ·
— . Pileg-
566 . Phlegma. Phlogiſton.
Phlegma, 1) das Waͤſſerige in geiftigen Sub⸗
ftangen. als Branntwein :c. 2) Das Waͤſſerige
und Schleimige im Blute und andern Säften
Bes ‚menfchlihen Körpers. Beil ein Menſch,
defien Säften viel. davon beygemiſcht iſt, das
durch gelaflen und bebächtig, und bey einem hoͤ⸗
beren Grade träge und unbehälflid) wird, fo
druͤckt dieſes Wort 3) audy bie eben genannten
Eigenfhaften aus. Das pblegmariihe Tems
perament, der Phlegmatiker, |. im Art. Lei:
denſchaft, Th. 75, ©. 60 fl.
‚Pb:cgmatiter, | das vorfiehende,
"Pblegmarittb, |. eben dafelbft.
Phlegmatiſche Seichen, heißen bey ben Aftrolos
‚gen der "Krebs, Skorpion und die Kifche,
"Phleum, ſ. Lieſchgras, Th. 78, S. 667 fi.
Phlogiſton, Brennfloff, Brennbares, brennbas
res Weſen, brennbarer Stoff, (principium
. änflammabile [. ignelcens, materia inflamma-
“" bilis, phlogifion; Stanz. Phlogilüque) iſt ein
von den Chemifern angenommencer Grundſtoff
Der verbrennlichen Körper. Es ift eine befannte
Erfahrung, daß ſehr viele Korper beym Zutritt
. der Luft und bey einer gewiflen Temperatur in
“eine Slamme ausbrehen, und diefelbe aus ſich
ſelbſt jo lange zu unterhalten fcheinen, bi8 fie
voͤllig zerſetzt find, und zuletzt ein unverbrenns
liher Theil, naͤhmlich die fogenannte Aſche,
... Brig bleibe. Sm Gegentheil gibt es aber aud)
Koͤrper, denen man von aufen her einen ſalchen
Grad von Hiße beybringen fann, daß ſie gluͤ⸗
bend werden; allein ftart in eine Flamme aussus
brechen, und diefelbe aus fich felbit zu unterhals
ten, hören fie vielmehr nach und nach alıf- zu
glühen und verlieren die Wärme, wenn ihnen
die Wirfung des Feuers Yon außen entzogen
6 wird.
Phlogiſton. 567
wird. Dieß hat die Veranlaſſung der Einthei⸗
lung der Koͤrper in entzuͤndliche, verbrennliche
und unentzuͤndliche, unverbrennliche gegeben.
Man iſt daher beſtaͤndig der Meinung geweſen,
daß die verbrennlichen Koͤrper einen Beſtandtheil
beſitzen muͤſſen, welcher nicht allein zur Entzuͤn⸗
dung, ſondern auch zur Unterhaltung der Flam⸗
me entzuͤndbarer Koͤrper diene; dahingegen bey
den unverbrennlichen Koͤrpern dieſer Beſtandtheil
nicht anzutreffen waͤre. Woraus aber dieſer
Beitandızeil beſtehe, und was er eigentlich fen,
barüber hat man verfchiedene Meinungen gehabt.
Die älteften Chemiker behaupteten nur, daß die
Entzuͤndbarkeit der Körper allein den in den
Körpern befindlichen Dehlen oder Schwefel oder
Geiſtern zujufihreiben fy. Becher *) nah
zjuerfi gegen das Ende des 17ten Jahrhunderts
ein gewiſſes eigenes Weſen an, weldyes die Ur⸗
fache der Zähigfeit zum Brennen in den vers
brennlichen Körpern wäre, Er bielt es für eloe
mentarifch, und, wie alle feine Grundanfaͤnge,
für eine ferre Erde, welche er die entzündliche,
fertige, febweielige Erde (terra lecunda, in-
Hammabilis, pinguis, [ulphurea ) nannte,
Sein Commentarse, Stahl”*), aber fuchte den
Begriff von Bechers Weſen näher zu beflins
men, und war fo zu fagen der Schöpfer des
Brennſtoffs, und nannte denfelben das erſte,
eigentliche, grändfiche brennliche Mefen Er ers
klaäͤrt dieſen Stoff mit folgenden Worten: „ma-
teriam et principium ignis ego phlogiflon
„mn 4 ap-
©, Phyfica fubterranea Lipf, 1703, 6. Specimer. Becheria-
num, esh, Gen. Ern. Stahl Liuf 1703. 8.
°.) Zufällige Gedanfen und nuͤtzlicke Bedenken über den
Streit von dem fogenannten duipture. Halle 1718. Ix-
perimenta, ovlerugliiones CCC. numero, ciumcae et
phyficae, Berol. 1721, & —
568 Phlogiſton.
appellare eoepi: nempe primum ignefecibile,
inlammabie, directe atque eminenter ad
caloreın {ulcipiendum habile principium;
nempe li in mixto aliquo cum aliis princi
piis concurrar.“ Er nahm demnad einen in
- den verbrennlihen Körpern entpaltenen Grunds
| fof an, weicher die Urſache des Keuers fen, und
in deflen Entweichung das Verbrennen beſtehe.
Dieſetr Hauptbegriff liegt ben allen Meinungen
über dieſen Stoff zum runde, und ifi nur
. in der Folge, megen neu entdedter Thatſachen,
ben dem Verbrennen ber verbrennlichen Körper
abgeändert worden. Stahl dachte fi) nad
Bechers Grundfäßen den Brennftoff in einer
. erdigen Korm, und glaubte, daß er das Ele
mentarfeuer gebunden enthielte, welches bey dem
Verbrennen daraus frey werde, und daß er
‚eine Schwere bejiße.
Verſchiedene Chemifer haben den Begriff
für nichts weiter gehalten, als für das Teuer
felbft. welches nur in den verbrennlichen Koͤr⸗
pern auf verfchiedene Art gebunden fen, ben der
Verbrennung aber fren werde. Dohin gehören
Port *), Baume *), Weigel *"), Wat
lerius —**) und andere. Macquert) glaubt,
der DBrennftoff ſey die Lichtmaterie felbft, welche
- in .den verbrennlichen Körpern in gebundenem
Zuſtande fid) befinde und befiße Feine Schmere.
Andere Chemiker hingegen unterſcheiden *
druͤck⸗
—2** — Nnter ſudungen „son der eithogeognofie. Ber⸗
lin 1757 4. Th. 1. ©.
»REr läuterte Epejmentaihgmie aus d. Franz. Th. L
eip
5. 177
*) —* der nn! und angewandten Chemie. Breiföw.
. 8
et, Ne materiali differentia luminis et ignis in difp.
sad, falr, 1. Holm, et Lipf. 1780: 8, n. VII,
+) Ehomifches Wörterbuch: "Artikel Brennbares;
Phlogiſton. 6
druͤcklich ven Brennſtoff von dem’ Feuer, sie
Doerhaave *), Johann Sriedrith Den
er **) und andere, und‘ feßterer behauptet Jos .
gar, daß ber Brennftoff zufammengefegt ſey aus
Licht, einer ferien Säure, Waſſer und !Erwi.
Nach den Entvedungen der berfchiederfen
Luftarten hat man- ganz andere" Borftellungen
von dem Verbrennen und von dem Brennftoff
erhalten. Man fand als eine ausgemachte Thats
ſache, daß beym Verbrennen der reine Theil der
atmoſphaͤriſchen Zuft ale Bedingung vorausge⸗
ſetzt werden muͤſſe. Hierdurch find ‘wieder ver⸗
ſchiedene Hypotheſen entſtanden, nach welchen
der Akt des Verbrennens angepaßt nnd erklaͤrt
worden; aber eben daher ſind auch die Vorſtel⸗
lungen uͤber die Natur und Eigenfchaften des
Phlogiſtons verfchiebenlic, abgeändert worden.
Alle diefe verfchiedenen and mancherley Ideen
über den Brennftoff werden deſto anfchauficher.
“ und einleuchtender dargeftellt werben koͤnnen,
wenn zuvor die bermeinten Wirkungen Bes
fe toͤrzlich werden angefuͤhrt worden
ſeyn
Soll der Brennſtoff einen weſentlichen Be⸗
ſtandtheil der verbrennlichen Koͤrper ausmachen,
ſo muͤſſen dieſe Koͤrper nothwendig eine Veraͤn⸗
derung erleiden, wenn ihnen der Brennſtoff ent⸗
zogen wird. Eben ſo werden ſich auch Körper
unter einer veränderten Geſtalt zeigen muͤſſen,
- wern man mit ihnen das Phlogiflon verbindet.
Mac) den Behauptungen der Chemifer wird
den Körpern der Brennſtoff entzogen durch Bas
Verbrennen in atmolpgärifcher Luft und durch
Nnz | bie
*) Flementa chem, T. J. de |
” role Verfuche zur übern Erfenntnif des unge
loͤſchten Falkes Hannen. u. Kein. 1770. $-
570 Phlogiſton.
die Einwirkung anderer Koͤrper, welche mit dem
Brennſtoff näher verwandt find, wie z. B. bey
Aufloͤſungen der Metalle in Säuren, welche letz⸗
sere den Mietallen das Phlogiiton entziehen, und
fie in Metalltalfe verwandeln. Im Gegentheil
wird der. Brennſtoff mir den Körpern verbuns
den, wenn fie mit andern, die viel Phlogifton
beißen, in Beruͤhrung fommen und mit dem
Phlogiſton eine nähere Verwandſchaft haben,
wie 53. 3. bey der Reduktion der Metallfalfe
vermittelft eines Fettes oder des Koblenftaubes
2. dgl. Durch die Verkindung der Körper mit
dem DBrennfloffe follen fie weder warm noch
leuchtend, noch flüflig werden, auch follen fie
mehr Sefchmeidigfeit. eine größere Schmelzbarfeit,
sine geringere Seuerbeftändigfeit u. dgl. erhalten.
Benm Verbrennen der Körper in atmospbäs
rifcher Luft wird der Umfang und das abfolute
Gewicht derfelben deſto geringer, je größer ihr
seiner Ancheil iſt. Beſonders merfwärdig dabey
ift es, daß diejenigen Körper, welche durch das
Teuer nicht in Dampf oder Dunft aufgelöfer
werden, nad) der Zerfeßung am Gewichte gera⸗
de fo viel zugenommen. haben, als die Luft abs
genommen bat, wenn Sorge getragen worden if,
daß während des Verbrennens nichts hat entwi«
ſchen fönnen. Wenn z.B. das Verbrennen des
Phosphors in einem verfchloffenen Gefaͤße gehoͤ⸗
rig von Starten gegangen iſt, fo berzebret ı
. Sran Phosphor 3 Cubikzolle annosphärifche Luft,
und der Ruͤckſtand des Phosphorsy nähmlich die
: weißen Blumen, wiegen 14 Gran, meldye einen
ganz fauern Geſchmack haben. Wenn ferner
100 Pfund Bley nach und nach verfalft werden,
fo b:trägt das Gewicht des daraus erhaltenen
Bleykalkes 110 Pfund, Ueberhaupt nehm:n als.
u Ä de
)
Phlogiſton. 571
. je Mektallkalke am Gewichte zu; durch bie Re⸗
duktion derſelben aber nehmen ſie am Gewichte
gerade wieder fo. viel ab. Wenn daher bey
Verwandlung der: Metalle in Metalltalte fenen
der Brennfloff entzogen, bey der Reduktion aber
berfelbe mit ihnen wieder verbunden wird, fo
fcheint es, als ob der Brennfloff ein folcher Stoff
waͤre, welcher das Gewichte Durchs Entziehen
vermehrte, durch bie Verbindung aber vermin⸗
derte.
Der Brennfloff wird als ein Beſtandtheil von
verſchiedenen Gasarten, der Saͤuren, der regu⸗
liniſchen Metalle der thieriſchen und vegetabilie
ſchen Theile betrachtet; mit einem Worte, man
. nimmt ihn als einen Stoff an, "der durch alle
Reiche der Natur verbreitet iſt. Faſt alles, mas
in der Natur Merfwärbiges :geichieht, Bänge
von dem Brennfloffe ab: Alle Naturprodukte,
: melde aus dem Schooße der Erde gegraben
:. mwerden, als die Metalle, Evelfteine u. d. gl.
baben ihre Eigenſchaften, als Geſchmeidigkeit,
Dehnbarkeit, Glanz, Härte, Sorddigkeit, Far⸗
ben u. ſ. f. dem Brennſtoffe zu verdanken, und
beweiſen durch ihre Veränderung im Teuer fein
Daſeyn. Auch ift die Mirfung diefes Btoffe
auf die Pflanzen und deren Theile merkwuͤrdig.
Beym Gluͤhen der Pflanzen in verfehlofienen
Gefäßen verbindet fi der Brennftoff ihrer Oeh⸗
le und Settigfeisen mit dem .erdichten Theile zu
einer Kohle, welche beym Zutritt der atmosphäs
riſchen Luft die ftärffte Hitze ohne Veränderung
aushalten fann. Der angenehme und erquiden:
de, ſo wie auch der unangenehme und midrige
Geſchmack fo vieler Fruͤchte, mit welchen die
guoͤtige Matur uns beichenfe, rührt von dem
Pplogiften ber. Die. lieblichen und erfriſchen
den
572 Phlogiſton.
den Geruͤche: und bie verſchiedenen Farben der
Blumen haben ihren Urſprung dieſem Stoffe
zu verdanken. Auch iſt der Brennſtoff als ein
. Beſtandtheil der Nahrungsmittel der Thiere zu
- ‚;beteachten. Er .theilet dadurch dem rhierifchen
+ Körper in den feften und fläflıgen Theilen Waͤr⸗
me mit, und gebt alsdann durch ‚die Zunge,
durch die Haut und durch andere natürliche We⸗
‚ge. wieder, weg, und vermiſcht fich mit der Luft.
Wegen der großen Elaſticitaͤt, welche man
s..dem Brennſtaffe zuſchreibet, dehnt er fich in uns
‚„.serirdifchen Hoͤhlen aus,. und verurſachet Erd⸗
beben und Feuerflommen ſpeyende Berge.
Kurz, „viefer Grundſtoff foll den den ents
‚. ‚zönblichen -Kärpern in ihrer Ditchung enthalten
ſeyn - und fein Daſeyn gäbe veri den Körpern
a. die Eigenſchaft, doß fie entzündet: werden Föns
non, Wöre der Körpern der Brennſtoff ent zo⸗
ar"
gen, fo koͤnnten ſie auch fo fange nicht entzuͤn⸗
det werden, big fie dielen Grundſtoff auf irgend
sine Meife. wieder erhalten hätten.
,. Da mar diefen Grunditoff.. bloß hypothe⸗
ruiſch angenommen und nie abgeſondert fuͤr ſich
hat darſtellen koͤnnen, ſo kam Lapoifier*) auf
den Gedanken, daß vielleicht alle Die Erſcheinun⸗
gen, welche man. ‚bisher durch Wirkung des
. Brennfioffs erklaͤrt hatte, auf eine andere ber
Natur mehr: angemeffene Art erflärt werden
Knaten, ohne Hierzu einen Brennſtoff nörhig zu
a en,
9 Miroire fur la cambuftion en general etc. in den aa
de P’Ar, roy. iles’ friei.c. de Parıs an, 1777- 2.3
beutih m Crells neneſt. ‚Entdesfungen in der Pehenie
gb. V. S. ıB3. traaté eldme:: naite ac chımk. prelentte
da::$ un ordre en et Ei wre decouvertes modernes
. a Farıs 1789 15 Vol, - Herrn Lavoiſier Sy
. Bm der antioplosififche: nie. aus d Zrang. von
11. ©. F. HermbRädt. Berlin u" Stettin 179. IB
‚Bände gt, 3 i ie
Phlogiſtonß 577
haben. Seine vielfaͤltig angeftellten Verſurhe
über die Gewichtszunahme ver :Merullfalfe tin
dephlogiſtiſivter Luft beftinimeren. ihn wirflich, Bas
ſtahliſche Phlogifton: atsırein Unding zu betrach⸗
ten, und 'alle Erſcheinungen allem aus der Zere
- feßung ber dephlogiſtiſirten Luft zu. erklaͤren.
Hieraus. ift das. jest fo berühmte und: vonnden
größten Chemikern in der Hauptſache angentens
miene antiphlogiftifhe Syſtem entſtanden, wel⸗
ches Lavoiſier ſeit 1777, vorgetragen und
vertheidigt hat. Mach: Diefem Syſteme faͤllt Der
Brennſtoff gänzlich weg und ‘der Akt des: Niere .
s1.brennens der verbremmlichen Koͤrver wird allein
aus der Zerjegung der defhlegififirten Lufssin
: "ihre beyden "Beltandtheile, :den Waͤrmeſtoff und
den fauermachenden Stoff, Sauerftoff. (prin-
""cipiam oxygenium) hergelsitet. . Beym Ber:
brennen der Koͤrper verbindet ſich hiernach der
Sauerſtoff mit diefem, und dev Waͤrmeſtoff wird
frep, daher Feuer, . da hierbey nad). ftahlifchen
Begriffen Entweichung bes Brennitoffs Statt
: findet. Alles Berbrennen beſteht demnad). nad)
Adieſem Syſteme in einer Gäuerung der ver
„drennlichen Körper, und es bildet daher der
: Sauerfoff mit dem Ruͤckſtande der zerjeßten
Körper ganz neue Zufammenfeßungen, als z. B.
: mit den Metallen, metolliihe Kalke; mit dem
Schwefel, Schwefefäure; : mit-dem Phosphor,
"Miosphorjäure u f. fe Die Meduftionen hins
gegen gefchehen durch die Befreiung des Sauers
„ſtoffs, da fie nach. ſtahliſchen Begriffen durch
Verbindung des Brennftoffs erfolgen. Hieraus
“erklärt ſich nun fehr. leicht und. einfady die Ges
wichts-Zunahme der metalliihen Kalfe, ' der
Phosphorſaͤure, Schmwefelfäure u. f. f. wegen
des Hinzufommens des Sauerſtoffs. Dieſes ein
. er. MP
»
574 Phlogiſton.
tipblogiftiiche Syſtem fand in Frankreich, wo
ſchon Baͤffon *) das Phlogiſton als ein bios
- Bes Weſen der Safleme annahm, ungemeinen
Berfall. Die Engländer feßten demſelben wichs
tige Zweifel entgegen, und nahmen bas Phlo⸗
..gifton in Schuß; die Deutichen betrachteten es
anfänglid mit einer gewiflen Verachtung und
Gerinsfhägung, bis man body nad und nad
auf einige Verſuche aufmerffam wurde, welche
ſich nach dem antiphlegiftifchen Syſteme einfas
her und beffee erflären ließen, als nach dem
vrhlogiſtiſchen; bey alle dem aber vertheidigten
doch die mebrfien das Phlogiſton mit-«rheblichen
Gruͤnden. Jedoch verurfachte dieſes Syſtem,
daß man ſich ganz andere Vorſtellungen vom
- Beennftoffe machte. WB
Scheele), welcher genaue Verſuche über
die dephlogiſtiſirte Luft angeſtellt hat, nahm den
Brennſtoff fuͤr ein ganz einfaches elementariſches
Weſen an. Iſt dieſer Grundſtoff mit der des
phlogiſtiſirten Luft verbunden, fo entſteht nach
ibm eine umherſtrahlende Hitze. Er ſtuͤtzet biefe
ſeine Behauptung auf Verſuche, die eigentlich
nichts weiter zeigen, als daß die Luft durch die
Verbrennung deſto mehr vermindert werde, je
- mehr fie reine Luft enchäft. .
Crawford *) nimmt in feiner Theorie
- der Waͤrme und des Feuers an, baf das an
| | | | giſton
9 Supplem, de Phiftoire naturelle T, IT, p. 61, edit;.in
ame,
>) Chemiſche Abhandlung von Luft und Fener, «te Aus⸗
gabe von Joh. Gnttfr. Lesnhardi. Leipz. 178: ©.
©) Experiments and oblervatıons ou anımal Heat and the
inflammation of combnitihble bodies, Lond. 1783 8
Adair Cramford’s Verſuche und Yerbachtungen über
Bis thieriſche Wärme aud die Entzündung breunbaree
..Körper, mit W. Morgans Erianerungen wider Die The⸗
drie des H. Er. Leipz. 1785. 8.
Phlogiſton. 575
giſton ein Stoff ſey, welcher der Waͤrmematerie
entgegengeſetzt iſt. Durch die Gegenwart deſſel⸗
ben in den Körpern werde die Faͤhigkeit derſel⸗
ben, Wörmeftoff zu binden, vermindert, durchs
Entziehen deſſelben aber dieſe Sähigfeit-vermehrr,
Zugleih nimmt er in der dephlogiftifirten Luft
“eine Menge gebundenen Waͤrmeſtoffs, und eine
ſtarke Anziehung gegen ben Brennſtoff an.
Wenn nun der Brennfloff des verbrennlichen
Körpers auf irgend eine Weiſe frey gemacht
wird und mir der atmofphärifshen Luft in Bes
ruͤhrung koͤmmt, fo zieht ihn der reinere Theil
derſelben an, und vereinigt ſich damit zu einer
Materie, von welcher ſich oft ein berrächtlicher
Theil mit dem Ruͤckſtande des verbrennliden
Körpers verbindet und die Gewichtszunahme befs
felden verurfacht; dabey läßt die Luft eine bes
trächtlihe Menge von gebundenem Waͤrmeſtoff
fahren, welcher theils zur Unterhaftung ber
Hitze in den Körpern überftrömt, theils aber
auch zur Bildung der Slamme verwenden wird.
Diefe Theorie betrachtet alſo das Phlogifton als
einen elementarifchen ‚Grundfloff, welcher zwar
die Urfache des Feuers in. fi) ſelbſt nicht: bat,
aber doch durch die Verbindung mit der Luft
daffelbe daraus entbinner, und in biefer Rüde
fiht fann auch diefer Stoff als ein entzändbare
machendes Prineip betrachter werden. Die Eins
mwendungen, welche man gegen die Theorie des
Eramford’s gemacht hat, wird man in den
Art. Verbrennung und Wärme finden. Nach
diefer Theorie laͤßt fi) auch die Reduktion der
Metallkalke erklären: es kann ſich nätmlich. ders
- jenige Theil, welcher in dem durchs . euer zers
ſetzten Körper vie Gewichte zunahme verurſachte,
. 7 X „Dach
IL Dar
576 PYhlogiſton.
durch die Hitze wieder zerſetzen, und das Phlo⸗
giſton zur Reduktion verwendet werden.
Eine andere Vorſtellung vom Phlogiſton
macht ſich Kirwan *), welcher ſonſt der Theo:
rie des Crawford's in allem foigt: er nimmt
an, das Phlogiſton ſey die reine brennbare Luft
ſelbſt, und behauptet, es verbinde ſich mit ‚ber
dephlogiitifi rten Luft zur Zuftfäure. Allein das
erftere, daß das Phlogiſton die brennbare Luft
ſelbſt ſey, Nimmt mit Crawford's Theorie wicht
überein; denn nach diefer foll die Gegenwart
des Phlogiftons ben Waͤrmeſtoff nicht binden,
- fondern vielmehr vertreiben; demnach kann auch
das Phlogiiton in der Geſtalt einer Luftart,. als
weiche ja Wärmefloff gebunden enthält, nicht
eriheinen. Das andere, daß fid) das Phlogis
fton mit der dephlogiftifirten Luft zur Lufefäure
verbinde, ift nicht allgemein wahr, weil bey vie:
Sen Verbrennungen, wobey ber Ruͤckſtand bes
zerſetzten Körpers am Gewicht ſtark vermehrt
wird, gar keine Luftſaͤure erzeugt wird, wie
z. B. bey dem Phosphor.
. Gren hat den Begriff vom Phlogiſton. ver⸗
ſchiedentlich abgeändert, Zuerſt hielt er. ben
Brennſtoff für eine, gebundene Materie der
Märme und des Lichtes zugleich, oder für ge
bundenes Teuer, vorzüglich aus dem runde,
weil man bey jeder Verbrennung der verbrennlis
en Körper Waͤrme fühle und Licht fehe”*).
Wenn ber Brennfloff duch Erhißung aber
durch andere Mittel frey gemacht wird, fo vet
” ‚weriade und Beobachtungen ie die An uud 1 bie
entdeckte Natur dee Phlogiſto
eld. Berlin u. eatin 1783. % les "ei
* —— Handbuch der gefanım vu Chem ee hi
Fr A r — der —X Halle 1288.
7
Phlogiſton. 577
er ſich alsdann mit Waͤrme und Licht, wird
von der dephlogiflifirten Luft angezogen, und
wieder als Phlogifton gebunden, wodurch die
Luft ſelbſt phlogiftifiret wird, Ohne reine Luft
findet gar feine Trennung des Brennſtoffs Statt,
weil kein Aufloͤſungsmittel fuͤr denſelben vorhan⸗
den iſt. Wenn in einem Koͤrper der Brennſtoff
ſo loſe gebunden iſt, daß feine äußere Hitze noͤthig
iſt, damit die reine Luft es frey mache, fo geht
daſſelbe ungerfegt, oder ohne Feuer zu bilden,
an die Luft uͤber, oder phlogiftifiret fie, wie ;.
: 8. das Roſten der Metalle an der Luft, Um
. aber die Gemichtszunahnte des Ruͤckſtandes und
.: die Verminderung des Gewichtes und bes Um⸗
fanges der dephlogiftifirten Luft zu erklären, nahm
es mit be Morveau, Bladund Marggraf
.. das Phlogifton als eine Materie an, welche eine.
‚negative Schwere beſitze, d. h. welche durchs
: Hinzufommen das Gewicht der Koͤrper vermins
dert. Gren fagt, was er aufer -allem. Zweifel
ſetzt, daß ber Waͤrmeſtoff durch feine Verbin⸗
dung mit dem ſchweren Stoffe das Gewicht des⸗
ſelben vermindern kann, iſt die —F rung, daß
bey. gleihem Bolumen und. gleiche emperatur
des Ganzen das Gewicht abnimmt, wenn frey:
er Waͤrmeſtoff fotent ‚wird und zunimmt, wenn
der latende Wärmeftoff wieder geſchieden wirb.
Dieß ſoll Fordy ce ) beym Gefrieren des Waſ—⸗
ſers in einem verſchloſſenen Gefäße, und beym
| Aufigauen deflelden, und Eimbfe *") bey dem
Loͤſchen
| ueber den Verſuch des Gewichts, neidhen die geichmols
genen oder erhisten Körper erleiden; im Lichtenb Ma—⸗
; für das Neu. aus der Dhyf. u Noturg B. IV,
.. ——— —8 uͤber ee Waͤrmeſtoff. in Grent Wur⸗
Get. techn. nc. CXI. Tpeh, 90
. 478 Phlogiſton.
Löfchen des Kalkes in verſchloſſenen Gefäßen,
beym Abwaͤgen vor und nach dem Loͤſchen des
Kalkes in einerley Temperatur gefunden haben.
Allein dergleichen Abmwägungen find viel zu uns
gewiß, um hieraus den Schuß zu ziehen, daß
der Wärmeftoff, mithin auch das Phlogiften,
negativ fchwer wäre. Denn vermöge hydroſta⸗
tifcher Geſetze kann das kalte Gefäß deswegen
mehr wiegen, weil es durch den von der Kälte
bewirkten geringern Umfang weniger Luft aus
der Stelle treibt, oder auch deswegen, weil fi
von aufen Feuchtigkeit angehängt hat. Auch
die Verminderung des Umfanges der Luft beym
Phlogiftifiren wird aus der Verminderung ifres
. Gewichtes allein nicht begreiflich. Denn bekann⸗
. ter Maßen verhalten fid) bey unveränberter
Mafle die Bolumina der elaftifchen Stüffigkei-
ten, wie die fpecifiichen Elaſticitaͤten. Es kann
alfo DBerminderung des Volumens nur auf
zweyerley Weiſe erfolgen, naͤhmlich entweder
durch Verminderung der Maſſe oder durch Ver⸗
minderung der ſpecifiſchen Elaſticitaͤt. Allein
Gren nimmt feine Verminderung der Luftmaͤſſe
beym Phlogiſtiſiren an; es muͤßte alſo nach bie.
ſer ſeiner Theorie das Phlogiſton nicht allein die
Eigenſchaft beſitzen, die Luftmaſſe leichter zu
machen, fondern auch die Elaſticitaͤt derſelben
gu vermindern. Dieſe feine Meinung von der
negativen Schwere des Brennftoffs hat jedoch
Gten ſchon in der zweyten Ausgabe !feines
Grundriſſes der Naturlehre aufgegeben, und den
Lichtftoff und MWärmeflof, aus deren Zufams
menſetzung das Phlogiſton befteht, als inponde⸗
rable elaſtiſche Fluͤſſigkeiten betrachte. Um
nun aber die Gewichtszunahme der. zerſetzten
Körper und die Gewichtsabnahme der. Luft bes
| Tre
Phlpgiſton. 379
greiffich zu machen; nimmt er an, daß beyde
Stoffe, der Licht⸗ und Waͤrmeſtoff, urſpruͤng⸗
liche Expanſivkraft beſitzen. So wie nun, jagt
er, in einem urſpruͤnglich erpanfisen Stoffe, wie
Licht⸗ und Waͤrmematerie find, durch die dhee
miſche Vereinigung‘ deffelben mit einem nicht ex⸗
panfiven, alle feine :Erpanfivfeaft gewiffer Mas -
‘Gen ruhend und unthärig gemacht, oder aufges
hoben werden Fannz:eben. fo kann auch hinwie⸗
derum in den ſchweken Beltanprheilen; mir denen
diefe nicht ſchweren Fluͤſſigkeiten in Zuſammen⸗
ſetzung treten, die Schwerkraft derſelben ganz
ruhend und gewiſſer Maßen aufgehoben werden,
fo daß das aus beyden zuſammengeſetzte Produkt,
außer der Cohäfiondfuaft, Feiner andern Grund⸗
kraft folge, und info fern bloß als träge ans
zufehen if. Da nun in denjenigen Theilen des
verbrennlichen Körpers, melde das Feuer ger
bunden enthielten, die Schwerkraft verfelben
aufgehoben war, fo muß nad) Abfcheidung des
Brennſtoffs der denhlagiftifirte Ruͤckſtand mehr
wiegen, als er. vor.dem Verbrennen wog. Die
Luft, welche mit mehrerem Brennfioff beladen
entlih zum Stüfgas ‚wird, muß dadurch eben
fo in ihrem Gerichte vermindert. werben, als der
dephlogiftifirce Ruͤckſtand daran zugenommen har.
Wird nun das Gewicht ber eingefchloffenen Luft
vermindert, ohne daß ihre Elaflicität vermehre
wird, fo ift es alsdann eben fo gut, als ob ein
Theil der Luft weggenommen worden wäre, und
der Druck der äußern Luft muß fie natärlich in
den Fleinern Raum bringen. Allein auch dieſe
Erfiarung ift niche befriedigend. Wenn man
auch zugeben muß, daß Lichte und MWärmeftoff
urſpruͤngliche Erpanfivfraft beſitzen, fo ift es
doch nicht begreiflih, wie durch eine chemiſche
>77 | Ver⸗
4
580 Phlogiſton.
Verbindung bes Brennftoffes mit andern Koͤr⸗
gern die Schwere dieſer Körper durch bie Ex⸗
panfivfraft des erſtern ruhend gemacht oder aufs
gehoben werden fünne,: ‚ba. feine einzige Erfah:
gung nur auf irgend ‚eine -Art diefes beweiſet;
denn die Erfahrungen. des Fordyce's und
Eimbfes find ganz unficher. Auch hängt, wie
bereits erinnert worden... die Verminderung bes
Umfanges der Luft feinesmeges von ber Ger
.. wichtsabnahme derſelben ab,
Den. den hHeftigften Streitigkeiten, welche
bie Phlogiſtiker mir den Antiphlogiftifern Hatten,
zoapten es doch bie begben Herren, Sirtam
nee und Hermbfläbt, das antiphlogiftifche
Syſtem auf deutfchen Boden zu bringen. Gir⸗
tanner *) führt verfehiedene Gründe an, mar
mit die Exiſtenz des Brennfloffs beftritten wor⸗
den if. Diele betreffen bloß Kirwan's Bes
hauptung, daß die brennbare Luft felbft Bas
Phlogiſton ſey, einige aber die Gewichtszunahme
der Metallkalke. Enplich jagt er, das Phlogi⸗
fton ſey ein hypothetiſcher Grundſtoff, welchen
die Chemifer noch nicht Außer den Körpern haͤt⸗
: ten darftellen fönnen; dagegen werde in Lapois
fier's Theorie nichts Hypothetiſches vorausge⸗
feßt, fondern alle Säge mwürben mit der Wage
in der Hand bemiefen. Alles, was für und wi⸗
der das Phlogiſton gejagt werden Fann, findet
man kurz beyfammen ben Herrn Scherer **)
und
*) Anfangsgründe der antipblogiifegen Chemie. Berlin 1798.
8 ©. 463. U. f.
=) Serutinium hypothefeos principii inflammabilis, ig Jac-
in collectan. Vol. 1V. %. 3. Scherer gennue Pri⸗
ng der Hypotheſe vom Breunfioff, 6, 9. son Carl
Bretfeld. Prag 1793. 8.
Phlogiſton. 581
und in den Ueberfeßyungen won Ritwan’s Abs
handfungen *). 0
Alle Gründe, welche Girtanner gegen
die Eriftenz eines Phlogiſtons angeführt hat,
find mit vieler Gräupfichkeiet von Hr. D. Rich⸗
tee **) beanttoorter tootden. Er Jucht zu bewei⸗
fen, daß unter allen Erfahrungen, welche bie
Antipblogiftifer: angeben, auch nicht eine elingige
zu finden fen, welche fchlechterbings noͤthigte,
die Eriftenz eines Brennfloffs zu verneinen, und-
daß ſelbſt elles, nnd. dem Phlogifton entgegenge⸗
ſetzt würde, nicht fo wohf aus den Erfahrungen
felbft, als vielmehr gus ihren Erklaͤrungen abs
geleitet werde, Hieibey nehme man ganz wills
führlih an, daß. alle. Erfcheinungen des Bers
brennens durch eine'i einfache Verwandtſchaft
erfolge, wobey nur dtey Stoffe, vähmlich ber
verbrennliche Körper, der Sauerftoff und Waͤr⸗
meſtoff, wirkſam wären. Außetdem hätten. die
Antiphlogiftiter bey dem Aft des Verbrennens
noch eine Erfcheinung. vergeffen, nähmlich das
Eiche, welches Boil afenbar von der Wärme
verfchieden fey, und’ daher einen, vierten Stoff
zu erkennen gebe, fo daß die Erfcheinungen des
Verbrennens duch eine doppelte Verwand⸗
ſchaft erflärt werden muͤßten. Und eben dieſer
vierte Stoff, welcher in nem verbreunlichen Koͤr⸗
der liegen müffe, ſey es bermuthlich ;"fnelcher in
Roy 0 Vers
*) Effai für je phlögiffigue, traduit de Fanglois de M.
Kırwan avec de notes de.MM, de Morveau, La-
voifier, de la Place.ete,. à Paris. 170% 8. Antiphlo⸗
gikifche Anmerkungen ber_ Herzen be Morveau, Las
Boifier:zc. nebk Kirwald-Repliß, und der Duplik des
anz. Chemiker, aus deimm Gr. 2. Engl. non: D. Fried.
olff. Berlin 1791..8- u
) Ueber die neuern u. Ande der. Chemie: Drittes
Gtuͤek, enthaltend den Deriuch einer Kritik des antipblo,
gißiſchen Syſtems. Breslau. nm Hirfchberg. 1793... gr..8,
‚582 Phlogiſton.
Verbindung mit dem Waͤrmeſtoffe das Licht bilde.
Man muͤſſe vor allen Dingen erſt erweiſen, daß
der Waͤrmeſtoff mie dem Lichtſtoffe einerley fen,
fo fange dieß aber noch nicht geicheben märe, fo
feg man auch berechtigt, den vierten unbefanns
ten Stoff, „weicher wahrſcheinlich mit dem Waͤr⸗
meftoffe das Licht verurſache, Brennſtoff oder
Phlogiſton zu nennen, fo wie man berechtigt
fen, den unbefannten Stoff, welcher die Ems
‚ pfindung der Waͤrme bervorbringe, mit bem
Nahmen des Wärmeftoffes zu befegen. Dem
zu Folge nimmt Richter an, daf der Brenn:
ftoff oder das Pbloyiften dasjenige fey, mus
mit dem Waͤrmeſtoffe den Licheitoff hervorbringt,
und daß ein jeder verbrennliche Körper aus eis
. nem ihm.eigenen Subftrat und diefem Breun⸗
fioffe zuſammengeſetzt ſey. Hierauf zeigt er aus⸗
führlich, daß fih alle Erfcheinungen der Ver⸗
‚ brennung, der Verfaltung, der Gemichtszunaßs
me, der Salpeteriäure, der Waſſererzeugung,
der Schwefelleberluft, des Ammoniaks u. |. w.,
welche die Antipblogiftifeer ohne Annahme eines
Brennſtoffs zu erklären fi Mühe gegeben hats
ten, durch Einführung des Phlogiftons chen fo
befriedigen, und cft noch befler, durch eine
doppelte Wahlverwandſchaft, Katt der wellführs
lich angenonimenen einfachen, erflären laſſen.
Weil naher alle diefe Erklärungen mit den Er⸗
fahrungen eben fo gut, als die antiphlogiftifchen,
übereinjtimmend wären, jo beweife dieß, daß die
Eriftenz eines Stoffs, melcher im verbrennlichen
Koͤrper ſich befinde, und den Grund des Ver:
brennens enthalte, weder ber Vernunft noch den
Erfahrungen: entgegen. ſey. | |
Girtanner furhr in feiner neuen Ausga⸗
be der antiphlogiflifchen ‚Chemie den ir
. de ic
Phlogiſton. 583
Richter's zu begegnen. Er ſagt, Richter
thue ihm ſehr unrecht, wenn er ſpreche, daß er
: alle Erſcheinungen des Verbrennens durch eine
‚einfahe Verwandtſchaft erfläre; er erfläre fie
- alle durch eine ‚doppelte Verwandtſchaft. Es
machen nähmlich die benachbarten Körper, mit
denen fich der freygewordene Waͤrmeſtoff vers
‚.binde, das vierte Glied in der Verbindung
aus. Und was den Lichefloff anbetreffe, fo fen
: ee bloß ein hypothetiſch angenommener Stoff,
deſſen Erfiftenz noch nicht bewiefen ju ſeyn fcheis
06, ‚Vielleicht fey das Licht Feine eigene Mates
gie, fondern eine blaße Mobififation des Waͤr⸗
Ä . meftoffs, durch. welche berfelbe fähig wird, auf
die Organe unſees Geſichts einen gewiſſen Ein⸗
druck zu machen.Jedoch geſteht er ein, daß
das Liebe auf die⸗Wirkung der Körper Einfluß
habe; nur fen es goͤnzlich unbekannt, von wel:
cher Art diefer Einfluß des Lichtes fen, und wie
daſſelbe wirke. Allein. man follte meinen, dag
man- mit eben fo vielem Rechte die Wärme als
eine- Modifikation des Lichrftoffes betrachten füne '
ne und wenn alle Stoffe, welche die Antiphlo⸗
giftifer angenommen ‚haben, in Anfehung ihres
Daſeyns bewiefen-werden follten, wie viele wärs
. den »arftellbar feyn ? Ä
„Nachdem ren vorzüglich durch den Ver
ſuch des .gänzlichen Verſchwindens des Luftrau⸗
mes beym Verbrennen des Phosphors in reiner
Luft bewogen wurde, das bisher von ihm verthei⸗
ı: digte phlogiſtiſche Syſtemn : zu verlaflen, und in
„den Bauptpunften Die Saͤtze der Anriphlogiftifer
anzuerkennen „ſo änderte er den bisherigen Des
geiff des Breunſtoffs dahin ab, daß er, wie .'
Leonhardi.t) uud wine die. Baſis “
fra
°) ziehe In weit u —R Woöͤ :terbücle B.!
584 Phlogiſton.
ſtrahlenden Lichtes verſteht y. Er behauptet
noͤhmlich, daß das ſtrahlende Licht eine Zuſam⸗
menſetzung aus einer eigenen Baſis und dem
freyen Waͤrmeſtoff ſey, welcher fuͤr diefe Baſis
Das fortleitende Fluidum wird. In Anſehung
des Waͤrmeſtoffs aber behielt er noch die Meis
nung bey, daß er duch die Cohaͤſion mit den
Körpern eine Abnahme des Gewichtes derfelben,
durch Ausſtrahlung aber eine Zunahme des Ges
wichtes verurfache. In feiner neueiten Ausgabe
des Srundriffes der Naturlehre vom Fahre 1797
verläßt er aber auch diefe Meinung, und be
Baupter, daß der Waͤrmeſtoff eine rein expan⸗
fible Fluͤſſigkeit ohne alle Schwere fen, und fee
ne Vermehrung oder Verminderung in den Koͤr⸗
pern könne, wie auch die Erfahrung lehrte, das
Gewicht des Körpers weder vermehren noch
vermindern. Es ſey alfo der Waͤrmeſtoff ale
inponderabfe Subftanz zu betrachten ). Aus
dem Saße, daß das Licht eine aus Brennfloff
und Wärmeftoff zufammengefeßte Fluͤſſigkeit ſey,
fuhrt er eine Menge von Erfcheinungen des
Lichtes und des Feuers zu erklären, welche fonft
ganz unerfläre bleiben müßten. Diefer Begriff
vom Brennftoffe ift nun frenlich ganz verſchie—
den von dem flahfifchen Phlogiſton, deſſen Wir⸗
fung alle nur mögliche Erſcheinungen des Ders
brennens umfaßte, und fo genommen fcheint er
noch gar. nicht ven den Antiphloaiftifern wider⸗
legt zu ſeyn vielmehr ſcheint er eine Luͤcke aus⸗
zufuͤllen, welche das antiphlogiſtiſche Syſtem bis⸗
ber gelaſſen hatte, indem es bon den Erſchei⸗
nungen
*) Eofematitches Handbuch des gefammten Chemie Th. I.
Halle 1754 f. 220.229. ,
. 9) Grundriß der Naturlehre, wen bearbeitet van Sren.
Halle 1797. $. sı2. a DE
Phlogiſton. 585
"nungen des Lichts noch gar. feine befriebigende
Erfiärungen har geben fönnen. Daher fchlägr-
auch Richter diefen neuen Begriff vom Brenn⸗
ſtoff als ein gürliches Mittel vor, beyde Syſteme
mit einander zu vereinigen. Fuͤr bie Exiſtenz
des Prenuftoffs. find ebenfalld in einer kleinen
Schrift des Herrn Joh, Bapt. af. Zaufche
ner”) ſehr wichtige Gründe angeführt worden.
Ueberhaupt 'ift die Annahme : des Brennfloffs
von den Antiphlogiftifern bey weitem noch nicht _
widerlegt, und es ift gewöhnlich "nur Leidens
fchaft, wenn fie das Phlogiſton geradeweg laͤugnen.
Lichtenberg **), welcher gewiß dem ans
eiphlogiftifchen Syſteme an verfchiedenen : Stel
len das gerechte Lob nicht verfagt, gibt dem
wahren philofophifchen Naturforſcher noch fols
gende Umftände zu überlegen, ehe er fein Ur⸗
theil Über die Nonexiſtenz des Phlogiſtons fälle:
1) fen die Einfachheit dee Metalle, des Schwe⸗
: fels, Phosphors u. |. f. im antiphlogiftifchen
Syſteme eben fo hypothetiſch ale ihre Zufams
mengefeßtheit im alten Syſteme; man muͤſſe das
her die Meinung, daf fie beum Verkalken oder
Verbrennen etwas hergeben, nicht jo geſchwind
verlaſſen, zumahl da einige Metalle in ter Hiße
einen eigenthümlichen. Geruch von fid) geben,
und ſich fchon dadurch als zufammengefegte Koͤr⸗
per verrathen: 2) .wifle man bloß mit apobdiftis
fcher Gewißheit, daß die Luft duch die H je
im Freyen fehr ausgedehnt, und dadurch fehr
flüchtig von dem heißen Körper . aufwärts weg⸗
gettieben wird, und der Böltden Platz macht; daß
005 fe
“ Vindicize phlogifi eonfeiiptäe I. B. Iac. Zaufchner,
R — der Naturlehre von *8 Erxeleben
mit Sup. von LiQEOFRETK. Brig, 3790." Fame. 1.
%
584 Phlogifton,
ſtrahlenden Lichtes verſteht yY. Er behauptet
nähmlich, daß das firahlende Licht eine Zuſam⸗
menießung aus einer eigeneh Baſis und dem.
freyen Wärmettoff ſey, welcher für diefe Bafis
Das fortleitende Fluidum wird. In Anſehung
des Wärmefloffs aber behielt er ncch die Meis
nung bey, daß er durch die Cohaͤſion mit den
‚Körpern eine Abnahme des Gewichtes derfelben,
durch Ausftrahlung aber eine Zunahme des Ges
wichtes verurfache. In feiner neuelten Ausgabe
des Grundriſſes der Maturlehre vom Zahre 1797
verläßt er aber auch dieſe Meinung, und be
Bauptet, daß der Wärmelloff eine rein expan⸗
fible Stüffigfeit ohne alle Schwere fen, und feis
ne Vermehrung oder Verminderung in den Koͤr⸗
pern fönne, wie auch die Erfahrung lehrte, das
Gewicht des Körpers weder vermehren noch
vermindern. Es ſey alfo der Waoͤrmeſtoff als
inponderabfe Subftanz :zu betrachten *"). Aus
"dem Sage, daf das Licht eine aus Brennfloff
und Wärmeftoff zufammengefeßte Fluͤſſigkeit ſey,
fuhrt er eine Menge: von Erfcheinungen des
Lichtes und des Feuers zu erklären, welche ſonſt
ganz unerfläre bleiben mäßten. Diefer Begriff
vom Brennfioffe ift nun frenlich ganz verſchie⸗
ben von dem flahlifchen Phlogiſton, deſſen Wir⸗
fung olle nur mögliche Erfcheinungen des Vers
brennens umfaßte, und fo genommen fcheint er -
noch gar nicht von den Antiphfoniftifern roiders
legt zu ſeyn vielmehr fcheint er eine Luͤcke aus⸗
zufüllen, welche das antiphlogiftifche Syſtem bis⸗
ber gelaffen hatte, indem es bon. den "Erfcheis
Ä Ä nungen
*) Eyſtematiſches Handbuch dee gefammmten Chemie Th. J.
ale 1704 fi. 220.229 . .
Srundriß der Naturlehre, wen bearbeitet van Sren.
Halle 1797. $. sı2. N
Phlogiſton. 585
"nungen des Lichts noch gar. feine befriebigende
Erfiärungen hat geben fönnen. Daher fchlägr-
auch Richter diefen neuen Begriff vom Brenn⸗
ftoff ale ein gürliches Mittel vor, beyde Spfteme
mit einander zu vereinigen. - Fuͤr bie Eriften;
des DBrenuftoffs. find ebenfalls in einer Tleinen
Schrift des Herrn Joh. Bapt. Sat. Zaufche
ner”) ſehr wichtige Gründe angeführt worden.
Ueberhaupt 'ift die Annahme : des Brennfloffs
von den Antiphlogiftifern bey weitem noch nicht
widerlegt, und es ift gewöhnlich "nur Leidens
fchaft, wenn fie das Phlogifton gerademeg läugnen.
. Lichtenberg **), welcher gewiß dem ans
tiphlogiftifhen Syſteme an verfchiedenen : Stel
len das gerechte Lob nicht verfagt, gibt dem
wahren philofophifchen Naturforſcher noch. fols
gende Umftände zu überlegen, che er fein. Urs
theil Über die Nonexiſtenz des Phlogiſtons fälle:
1) fen die Einfachheit der Metalle, des Schwes
. fels, Phosphors u. f. im antiphlogiflifcyen
Syſteme eben fo hypothetiſch ale ihre Zufams
mengejeßtheit im alten Syſteme; man muͤſſe das
her die Meinung, daf fie beym Verkalken oder
Derbrennen etwas hergeben, nicht fo gefchwind
verlaſſen, zumahl da einige Metalle in ter Hiße
einen eigenthümlichen. Geruch von ſich geben,
und fi fhon dadurch als zuſammengeſetzte Koͤr⸗
per verrathen: 2) .wifle man bloß mit apodikti⸗
fcher Gewißheit, daß die Luft duch die H A
im Sreyen fehr ausgedehnt, und dadurch
flüchtig von dem heißen‘ Körper. aufwärts weg⸗
getrieben wird, und der Föltden Platz macht; y
"905
8 Vindicize phlogifti eonfeiipeäe al.B, Iac. Zaufchner,
Sifangsgrhube der Naturiehre von P —8 Errleden.
Fe f son £ arts Sättieg. 877 14 Famert. in.
536 . Phlogiſton.
fie bey großer Erbißung endlich von manchen
beißen Körpern ohne weiteres Zwifchenmittel ans
gehalten werde, die fie furz vorher noch fo fehr
Schnell floh und immer fchnellee, je heißer fie
wurden, ift alfo eine bloße Hypotheſe, Pie kaum
fo annehmlich iſt, als die, Daf der verbrennende
oder der fich verfalfende Körper endlich auch et⸗
was hergebe und fich mit ihr verbinde, wodurch
fie, ihres Seuerfloffs und ihrer Fluͤchtigkeit bes
raubt, ihren noch übrigen Theil an ‚den heißen
Körper abſetzt: 3) muͤſſe man nicht fragen,
was denn aus biefem Brennfloff werde, 3 B.
ben ber Verbrennung des Phosphors in reiner
Luft, mo nichts ald Säure übrig bleibe, fe
lange man nich: weiß, was das Zicht eigentlich
it. Wie ſey es nur möglich, über die Non⸗
exiſtenz eines DBrennftoffs fo abzufprechen, fo
lange wian die frappanteftie Erfcheinung beym
Derbrennen, das Leuchten nicht erkläre, zumahl
da man in burchfichtigen brennbaren Körpern,
als im Demant und im Terpentinfpiritus einen
fo merkwuͤrdigen Zuſammenhang zwifchen Brenns
barfeit und Brechung des Lichtes entdeckt habe.
' Der erbeblichite und flanphaftefie Gegner
ber antiphlogiftifhen Chemie, Here de Lüc *),
Hält das Phlogiſton für eine befondere Subſtanz
welche einen Beſtandtheil aller brennbaren Luft
ausmache, eben fo wenig,.wie das Feuer, wäg:
bar fey, und vermöge ihrer Eigenfchaft, ſich bey
einem gewiflen Waͤrmegrade mit einem eigens
thümlichen Stoffe der reinen Luft zu bereini:
gen, die nrimittelbare Urſache der. Entzündung
‚ werde, Dach de Luͤc unterfcheidet diefes Phlos
sifton bie feichte brennbare Luft vom Waſſer⸗
dampfe;
® Ln. 3 ĩ
EL heev
Phlogitom 67
dampfe; außerdem möüfle es aher noch eine eige«
. ne Subfianz 'geben, welche alle fchwere brenns
. bare Luftarten von der leichten unterfcheide, und
durch ihre Verbindung, ‚mit dem Phlogiſton .ein
. Hinderniß der letztern werde, die reine Luft zu
zerſetzen. Selbſt diefe Subſtanz verwandele die
zeine Luft iu fire. \ |
Herr Hofrath Voige.*) in Jena, iſt zur
erfi durch die Analogie der Erklärungen, melche
fi) ben ven elektriſchen Verſuchen durch die
Annahme zweyer verjchiedener eleftrifchen Mate⸗
rien geben laffen, auf den Verſuch geleitet wors -
den, aud) für die beym Verbrennen vorfommens
den Erfcheinungen eben folche zwey Grundftoffe, -
die übrigens von den eleftriichen mefentlich vers
fchieden find, anzunehmen. Ein jeber dieſer hey-
den Stoffe it nad) ihm im höchſten Grade «las
ſtiſch, und diefe Elaſticitaͤt kͤmmt von der wes
fentlihen Eigenſchaft diejer beyden Stoffe her,
nach welcher die Theile eines jeden durch eine
beſondere Kraft in einer gewiflen Entfernung
von einander yehalten werden, in welche fie fich
allemahl wieder begeben, wenn fie etwa durch eis
nen aͤußern Zwang näher an einander getrieben
und hernach wieder von demfelben befreyt wor⸗
den find. So fehr aber die gleichartigen Theile
auf diefe Seite einander abfioßen, fo ftarf ziehen
fid) dagegen die ungleichartigen, als welche theils
zu dem einen, theils zu dem andern Brennſtoff
gehösen, einander an. Sobald alfo beyve frey
werden und einander nahe genug kommen, fo
fahren die Theile des einen mit größter Heftige
eit
Verſuch einer neuen Theorie. des Feuers, der Verbren⸗
nung, der Fünflichen Luſtarten, des Athniens, der Gaͤb⸗
“zung , der Eleftrieisät, der. e, de& Lichtes und dee
Maynerisnns, aus Analogien hergeleitet. Jena 1795, dr
588 Phlogiſton.
keit gegen die des! andern, ſtoßen ſich durch ihre
Eiafticität wieder ab, ziehen ſich wieder an, und
fo mwechfelsmweife Tore. bis fie endlich zur Ruhe
+ tömihen und ein gebundenes Paar ausmadyen,
In dem Zuftände Einer mäßigen Schuͤtterung
verurfachen fir die Wirkung der XBärme, einer
heftigen Schätterung Hiße, und einer jo hefti⸗
gen, daß der Lichtfloff dadurch in Wirkſamkeit
geſetzt wird, Glut oder Feuer. Den einen
Brennſtoff bezeichnet er mit + F, und dieſer iſt
der maͤnnliche, den andern mit — FT und das
{ft der weibllche, und den gegen einander ſchla⸗
genden mit I5 F und bas ift der gepaarte, wo
man bey dem letztern mwieter den wirkſam und
ruhig gepaarten unterfcheiden muf. Der maͤnn⸗
liche Brennftoff befinder ſich in ben verbrentlis
hen: Körpern, und macht in Verbrennung. des
Waſſers das männliche Brenngas (entzänd
bare Luft); der weibliche Brennſtoff hingegen
made in Verbindung mit dem Waſſer das
weibliche Breringas (dephlogiftifirte Luft). Diele
beyden Stoffe haben weder eine pofitive noch
negative Schwere. Sobald der männliche Brenn⸗
ftoff von dem verbrennlichen Körper weiche, ſo
verbindet fich mit dieſem ein mwelentliches Waſ—⸗
ſer, und vermehrt daher fein Gewicht, vereinigt
er fich aber wieder mit dem Körper, fo entweicht
dieß Waſſer, und fein Gewicht wird vermindert,
Außer dieſen beyden Brennftoffen nimmt
er noch folgende als einfache für fich beftehende
Stoffe an, einen erdigen, einen woͤſſrigen, ei⸗
nen luftigen, einen fauern, einen alkaliniſchen,
einen für das Licht, zwey eleftrifche und zwey
magnetifhe. Der Iuftige Grundſtoff hat mit
dem permanent bampfartigen Waſſerſtoff große
Aebniichkeit, und it die Matrix, in welche bie
j wu 9 ne Bern
_ Phlogifiop. sb9
verſchiedenen Gasarten gegilt find, ober der
Schauplatz, auf. welchem. ſie ihre Rolle ſpielen.
In ſeiner einfachen Geſtalt hat er bloße Dusche
ſichtigkeit, Elaſticitaͤt und Fluͤſſigkeit, ſonſt aber
weder Geruch noch Geſchmack, und iſt Das vor⸗
nehmſte Werkzeug zur Erzeugung und Fortpflan⸗
zung des Schalles. Der Lichtſtoff hat nach der
Vorſtellung des Herrn Hofr. Voigi's eine
geringe Dichtigkeit, und beſteht aus einer
Menge aͤußerſt feiner Kuͤgelchen, welche allent⸗
halben in der Natur gleichfoͤrmig verbreitet ſind.
Dieſer Stoff wird vornaͤhmlich durch Das (es
‚geneinanderfchlagen der beyden Brennftoffe . oder
der beyden eleftrijchen Stoffe und durch andere
- Urfadyen in ſchwingende Bewegungen geſetzt.
Ein Paar Benfpiele mögen: hinreichend ſeyn,
um ſich von ber Theorie des Herrn Hofr.
Voigt's einen Begriff zu machen, Wenn man
mie Stahl und Stein Feuer jchlägt, fo. befindet
fi) dee männliche -Brennfioff im Stahl: in der
Eifenerde gebunden, ‚und der Stein iſt ein bar
ter und fcharfer Körper, welcher durch die Ges
walt des Zufammenfcdhlagens an einigen Stellen
beyde Materien von einander ſondert. So wie
nun der männliche Brennfioff von der Eifenerbe
bis auf eine gewiſſe Entfernung getrennt ift,
reißt fih auch der ihm. aunachfl liegende Theil
des weiblichen Brennfteffs in. dee benachbarten
Luft los, und fchläge fo Keftig gegen ihn, daß
Dadurch ein Bunfe und die Entzündung bes
. Schwammes erfolge. - Aus. dem entzündeten
Schwamm wird nun der männliche Brennfloff
losgemacht, und es wird aus dem Antheil von
- dem weiblichen Brenngas in. der benachbarten
Luft fo viel ausgelodt, daß die Glut fo. Jange
unterhalten werben kann, als noch männlicher
Brenn:
590 Phlogiſton.
Brennſtoff im Schwamm, und weiblicher im
benachbarten Gas iſt Hierbey wird zugleich al
ler der Waſſerſtoff niedergeſchlagen, der den weib⸗
lichen Brennſtoff vorhin gebunden hielt. Dieſes
Waſſer ſammelt ſich auf dem Feuerſtein ſehr
hoͤuſig on, anf welchem der Schwamm liegt.
Wenn man Duedfilber in ein Gefäß thut,
in welchem fich viele Frifche Luft befinder, und
wo fie auch in der Folge einen leichten Zugang
zu deſſen Oberfläche hat, alsdann aber fo viel
Feuer darunter macht, daß das Quedfilber ohne
zu verdbampfen zum Sieden fommen fann, fe
“wird der männliche Brennftoff, weicher an feiner
Erde hängt, durch die Hitze beträchtlidy aufge⸗
lockert, fo daß ſich einige Theile wirflidy davon
trennen. Diefe entbinden alsdann aus eben dem
weibfichen Brenngas, welches in ber frifchen
Luft vorhanden ift, meiblihen Breunftoff, fo
daß gepaarter daraus entſtehet, welcher als
Wärme davon geht und die Erbe zuräd laͤßt;
mit diefer Erde aber verbindet ſich dagegen das
niedergeſchlagene Waſſer, als ein Ernftallifationg«
waſſer, und macht die rothe Erbe des Quedfils
bers beträchtlich ſchwerer, als fie vorhin war, da
fie nod mic dem abgeſchiedenen männlichen
Brennſtoff in Verbindung ftand.
Ä - Wein man Braunflein oder Salpeter gluͤ⸗
Het, fo wird das Cryſtalliſationswaſſer, welches
diefe Materien enthalten, ſo Iofe gemacht, daß
fig) aus dem gegebenen Brennfloff des eingedrun⸗
genen Slühefeners ber weibliche Theil. mit dies
fem Waſſer zum Brenngas verbindet, indem
Sich der männliche mit der Erde des Braunfteins
oder dem Alfali und der Säure des Salpeters
‚ bereiniger,
| Dieje
Phlogoſtop. 391
Diefe Theorie ..ift vorzuͤglich dieferndegeh
nicht Benfalls: würdig, weil. ſie zu ‚viele willkoaͤhr⸗
liche Erklärungen: zulaͤßt, "die fich oft felßfige:
gen einander aufheben; auch.ift es! ganz Dan'Ers
Härungsfunft. entgegen, Stoffe aufzuführen; die
man zur Errlaͤrung der Erfcheinungen des Zeus
ers, des Derbrennens u. |. f. gar nidjeindthig
har, zumahl da weit leichtere und ber: Natur
der Sache angemeffenere Erflärungen aus allge
- mein befannten Thatfachen von allen biefen Er:
foheinungen gegeben werden“ koͤnnen.
Vorſtehende gebrängte Darſtellung der vor⸗
zuͤglichſten Meinungen Aber den Brennſtoff und
die Erſcheinungen des Verbtennens uͤberhaupt,
Habe ich aus Fiſcher's phyſikaliſchem Woͤrter⸗
buche, I. Th. Göttingen, 1798. 8, ©. 476 fl.
entlehnt. Sonſt fehe man hierüber noch folgens
be Schriften: |
Macquer's chymiſches Woͤrterbnch durch Leon
hardi. Art. Brennbares.
Gren's ſyſtematiſches Handbuch ‚der geſammten
Chemie ıte und 2te Ausgabe. Ba
Deflen Srundeiß der Naturlehre, ıte, nte und 3te
usgabe.
—** nner's Anfangsgruͤnde der antiphlogiſti⸗
84 Ehemie. Berlin 1795. 8. an verſchied.
tellen. '
De !ür neue Ideen über die Meteotofpgie a. d.
tanz. Th. I. Berlin u. Stett. 1787. $. 132.
Deſſelden funfzehnter Brief an Herrn: de la Me⸗
therie, ans dem journal de pbylique 1791, p.
. 378. überf. in Gren's Journal der — 2 —
VIi.S. 105 u. f.
Lampadinug kurze Darſtellung der vorzuglich⸗
ſten Zv orien des Feuers. Goͤtting. 1793. S.
12 u f. J
Phlogoſtop, ſ. im Art. Ofen, Th. 104, ©. 258.
276. Phi⸗⸗
9 Phlomis.
Phlomis Linn., dee Nahme einer Plan: _
.» gengattung, die in Didynamia Gymnolpermia
DR Linnefchen Spitems gehört, und von eis
.. nigen Wullkraut oder Filzkraut genannt mich,
weil mehrere Arten mwollichte oder filsichte Bläts
.. ger haben, wofuͤr Willdenow mit andern Bor .
r ;sanifern. aber den Nahmen Phlomis benbehals
;. ten hat. Ihr Blumenkelch iſt länglicht, roͤhren⸗
förmig,. fünfedig, . und hat an der Mündung
fünf gleiche Zähne; die Blumenkrone bat eine
Drenipaltige Untetlippe, deren mittlerer Abſchnitt
größer als die andern, .und in zwey ſtumpfe Zaps
den getheilt Aft, und eine gerodlbte, zufammenges
druͤckte, haarige, auf der Unterlippe liegende
")Dherlinpe; die Scaubbeutel find fänglich und
"ohne Punfte; nach der Bluͤthe enthält der Kelch
- vier längfiche, dreyeckige Samen. Die Zahl der
Arten fleigt nah Willdenomw’d Ausgabe der
. Speo. Plant, ſchon auf 27, wovon hier einige
artgeführt werben müflen.
1) Staudartige Phlomis. Phlomis fru-
ficoſu, foliis ſuhrotundis, tomentoſis, cre-
natis; involucris lanceolatis; caule fruticoſo.
Linn, Spec, plant, ed. Willd. Tom. Il.
P. Ip. 117. Phlomis involucrisg tomentolis
lanceolatis, fokis cordatis villofis, caule fru-
ticolo. Hort. Upſ. 171. Verbalcum latis Sal-
viae foliis. G. Bauh. pin. 240. Verbalcum
fylveftre alterum. Dod pempt. 146. ä. Phlo-
mis Cretica, fruticola, folio (abrotando, flore
lüteo Tournef. Cor. 10. Phlomis latifolia,
capitata, lutea, grandiflore. Dill. .Elth. Sı6.
t, 237. & 306. - | or
Diefe ift auf der Inſel Candien, ingleichen
- in Spanien md Gicilien zu Haufe; in dem
übrigen Ländern von Europa misd fie. zur. Zierde
18
plomis. 53
in den Gärten gezogen, und iſt insgemein unter
- dem Namen, Salbeybaum oder Jeruſalems⸗
ſalbey bekannt; fie kommt in England in einee
warmen Lage und einem trocknen - fleinichten
Erdreich das ganze Jahr hindurch in freyer
Eüuft fort, dauert zwoͤlf bis vierzehn Jahre, und
*bluͤht jaͤhtlich vom Zunius bis in den Augufl.
"Sie wird eine drey, fünf bis fehs Schuh hohe
Staude, und befommt ein ziemlich ftarfes Staͤmm⸗
chen ; ihre jungen Zmeige find, ehe fie holzig
werden, viereckig, und wie die Blätter und
—Wlumenwirtel, mit einem weißen Filz befleidet.
Die Blätter. bleiben das ganze Jahr hindurch,
und find geftielt, herzfoͤrmig, und übrigens bald
* breiter, bald fchmäler, länger oder fürzer, rund⸗
Aicht ober eyrund und fängliht. Die ſchoͤnen
großen, bald bellgeiben, bald goldgelben Blumen
wachſen in anfehnlihen dichten Wirteln in den
+ -infeln der oberfien Blätter. Ä |
2) Rothe Phlomis. Phlomis purpuren,
‚bracteis lanceolatis aeutis pungentibus, ca
' Iycibus pentagonis acuminatis, foliis [ubtus
| denfius Tanatis. Willd.l.c p. 118. Smith
fpicil. I. p. 6. t. 7. Verbalcum, fubrotundo
Salviae folio. C. Bauh. pin, 240. Barr,
var, 23. t⁊ 405, | Ä
Diieſe Arc ift in Portugal, Spanien und
Stalien zu: Haufe; und ebenfalls eine Staude,
die zwar bisweilen vier bis fünf Schub hoch
‚wird, aber doc) meiftens ſchwache Stengel hat.
ihre Blätter, von. denen die unteren auf -fehe
langen Stielen ſtehen, find herzfoͤrmig, laͤnglich,
sugefpißt, am Rande geferbe, bey vier Zoll fang
und an der Baſis anderthafb Zoll breit, und
auf benden lächen, ſowohl, als die Stengel und
Blumenhuͤllen, mit einem weißlichen Filz befleis
Oet. scchn. inc, CXIL Theil, Pp be,
1
9 | Phlox. . Phoca,
{ft feuergelb und mit fammerartigen ."Särihen-
betleidet; fie hat eine ſehr lange, filzichte, wit
Härchen eingefoßte, unzertheilte Oberlipye, und
eine kurze, nadte, häutige, dreyſpaltige inter:
fippe, deren Seitenlappen troden und zueädiges
bogen find, der mittlere aber ausgeſchnitten iſt;
die Staubfaͤden find ſchneeweiß, und haben gels
be zweylappige Staubbeutel. Ihre Blätter bleis
ben das ganze Zahr hindurch, und haben ‚wie
Die übrigen Theile, einen bitteren Geſchmack und
einen ftarfen aromatifchen Geruch, weicher auch
an den getrödneten fange dauert, Im Artikel
Leonurus, Th. 77, S. 152 ift die Vermehrung
dieſes fchönen Semächies gezeigt worden.‘ =»
9) Köwenohr. Wieliffenblärtrige - Phlo⸗
mis. Phlomis Zeonotis, foliis ovatis, ob-
tulis, fubtomentolfis, crenatis; calycibus ſep-
temdentatis, ariliatis; caule fruticole. Lian.
l. co. p. 178. Syſt. veg. p. 451. Leonurus
minor. Cap. bonae Ipei. Boerh, Lugdb.
1. p. 180. Mill, Diet, u, 2. Ic, t. 162, &a,
ed. germ. t. 167. f. 2.
| Diefe ift mit der nächft vorhergehenden nahe
. Verwandt, und hat einerfey Vaterland mit ihr;
in den: eutopaͤiſchen Gewaͤchshaͤuſern wird fie
insgemein der Kleine Loͤwenſchwanz genannt,
und waͤchſt ungefähre drey Schuh hoch. Gie
unterſcheidet ſich von der naͤchſt vorhergehenden
hauptſaͤchlich durch eyrunde und mehr flilzige
Blätter, und durch die langen ſpitzigen Zaͤhne
.. an ber Mündung der Blumenkelche.
Phlox, f. Stammenblume, Th. 14, ©. 34 fl
Phoberos, f, Schreckſtrauch. u
. Phöbus, 1) Apollo, ale die Sonne genommen.
- a) Schwulſt im Neben und Schreiben,
Phoca, fi" Phoke. 3
: a E Pho-
Phocaena. Shore, 399
Phocaena, Delphinus Phocaena Linn;, f. im '
Art. Weerfchwein, Th. 87, ©. 212.
Pbofe, Phoca Linn., der Nahme einer Oats
tung der Säugethiere, deren Arten faft eben fo
gur im Waſſer als auf dem Lande leben koͤn⸗
nen. Man begreift die dahin gehörigen. Arten
im Deutfchen oft auch unter dem Nahmen der
Robben oder der Seetälber; "dd: beyde Aus:
beäde 'urfpsänglich aber nur Benennungen einer
Art find, nähmlidy der Phoca vitulina Linn,,
die fie noch eigenthuͤmlich fuͤhrt: fn ift es befler,
einen allgemeineren Nahmen für die ganze Gat⸗
tung aufzuftellen,: wozu: fi der nach dem Las
teinifchen - geformte‘ Dahme Phoke vorzüglich
empfiehlt. J *
Dieſe Thierfamilie, iſt nun halb Lande und
halb Seerhier, und hat ſowohl in ihrem. Koͤr⸗
perbaue als in ihrer Lebensart mit dem Wall⸗
roffe, Trichehus Rosmarus, viele Aehnlichkeit.
Ihr Körper ift eben fo fiſchartig geftredt, vie
Fuͤße find eben fo kurz, unter dee Haut bers
fett und mehr zum Schwimmen, als zum Ge⸗
ben beſtimmt. Die äußern Ohren fehlen eüts
weder ganz, oder find ſehr Hein; fie verfchließen
biefelben unter dem Waſſer mit einer Klappe,
ſo wie fie auch die Naſenloͤcher zufammenziehen
und die Augen etwas einziehen Fünten.. Won
dem MWalleoffe find fie: aber am deutlichſten wies
der unterſchieden durch die fpißigen. Borberzähr
ne, deren in der obern Kinnlade fechs und in
der untern vier find, von verfihledener ‚Größe.
Die -abgefonderten Eckzaͤhne find noch einmahl
fo Tang als die Vorderzjaͤhne, gefrömmt und
ſpitzig. Die 5 bis 6 Badenzähne an jeder
Seite find dreyzackig. Wie Zunge iſt gefpalten.
u BE Yys Zu
609 Phoke.
Zu ihrer Lebensart, nach welcher ſie balb
auf dem Lande, bald im Waſſer ſich aufhalten,
find fie beſonders eingerichte. Bey den Mens
ſchen und den Landthieren ſchließt fich die Schei⸗
dewand im . Herzen, 'vermöge deren das hier
im’ Murtterleibe ohne Athemhohlen leben kann,
glei oder bald nach der ©eburt und bleibt zeits
lebens verichloffen; bey den Phoken aber bleibt
fie immer offen, durch ein eyrundes Loch läuft
das Blut aus des rechten Höhle des- Herzens
in die linfe, und deswegen koͤnnen fie ſich bes
Athembohlens enthalten, wenn ed noͤthig if.
Jedoch koͤnnen fie nicht lange ohne Athemboßlen
feben, und nicht nach Willfaͤhr unter dem Waſ⸗
fer bleiben. Man will auch bey einer Art bie
Deffaung im Herzen verichloffen gefunden His '
ben, und fomit wären wir immer noch nicht
ganz darüber einig, wie diefe Thiere unter bem
Waſſer länger ale andere Thiere Bauern koͤnnen.
Hierher gehört auch ein befonderer Mecha⸗
nismus ihres Auges, das fih, je nachdem fie
fi) mit dem Kopfe im Waſſer oder in der Luft
Befinden,. auf eine eigene Are modificirt. Blu⸗
menbac ſagt in feinem Hanpbuche der Mas
turgeſchichte. „Im Zahre 2784 habe ich bey
ber Zerglieberung eines Seehundauges eine merk
wuͤrdige Einrichtung entdeckt, wodurch diefe Thies
se im Stande find, nach Willkuͤhr die Achſe
deffelben zu verlängern oder zu verkürzen, und .
- Buch zweyerley Medium von fo verfchiebener
Dichtigkeit, durchs Waſſer nähmlich eben ſo gut
| als durch die Lufe deutlich ſehen zu koͤnnen.
: Diefes wird durch den Druc der überaus ſtar⸗
. Sen Augenmufleln auf die Aufßere Haut des
Augapfels bewirkt, welche leßtere an verfchiebes
nen Stellen von verfchiedener Dice: If. j er
| von | ou
Phoke. 601
durchſichtige Hornhaut voͤhmlich iſt duͤnne und
nachgiebig; von der harten weißen Haut hinge⸗
gen iſt der zunaͤchſt an die Hornhaut ſtoßende
Theil, ſo wie auch der Hintergrund, dick und
knorpelartig, ihr mittlerer Gürtel aber wieder
dünne und gefchmeidig;. und fo begraft fi
leicht, vie Durch die, nach den LUmfländen acs
eommobirte Action jener robuften Muſtkeln vie
erforderlichen inneren DBeränderungen bewirkt
werden, um die Augenachfe, wenn das Thier -
durch die Luft fehen will, zu verkürzen, die
Rinfe dem Hintergrunde des Auges mäher zu
bringen, fo wie es bie flarfe Brechung ber Lichts
ſtrahlen erfordert, die dann aus dem dünnen
Medium ber Luft in bas bichtere des Auges
gehen, und umgekehrt *)“ oo
Die Phoken leben übrigens fall in allen
Meeren, ober eigentlih an den Käften ber '
Meere, vorzüglih an unbewohnten, felfichten
Kuͤſten und an wuͤſten Inſeln und Eisbergen.
- Man finder fie gefellfchaftlih in größern und
Heinern Haufen. Sie find wild, beißig und has
ben ein zaͤhes Leben. Ihr Sell wird bey uns
und faft Überall gebraucht, und ihe Kerr gibt
uns Thran. Ihre Familie ift aber fo zahlreich,
daß ich nur die befännteflen Arten ausführliche
. befchreiben Fann.
1) Die gemeine Hundsrobbe, der See
hund, das Seekalb, Phoca vitulina, capite
laevi, auriculis nullis, corpore grileo. Blu
. menbach Abbild. naturbifi. Gegenli. t. 73.
a .
Phoca capite inauriculato et cervice laevi,
corpore fulco. Sehreb. Säugth. III. p. 303.
9» 5 t. 84.
®) Commentat. focietat, feientiar. Goettingenf. vol. VIE,
&
d b t Goͤtt in⸗
ae |
602 Phote.
t.84. Phoque. Buffen hiſt. nat. XIII. P.
t. 45.
” Diefes Thier wird an ſechs bis acht Fuß
lang, ber Kopf if ziemlich rund und bat eine
Aehnlichkeit mir einem furzen Hundebopfe. Die
äußern Ohren fehlen ganz, die Augen find groß,
die breite Schnauze, fo wie bie Naſe und Aus
gen find mir Bartborſten befegt, die Zähne ſtark
und fcharf, wie Wolfszaͤhne, die Zunge an der
Spige rund ausgehähle. Der Leib ift langge⸗
firedt. an der Brut am flärkflen, mir kurzen
ftarfen Haaren befeßt. Die Vorderfuͤße beftchen
aus zwey Häucen, welche fünf Zehen enthalten,
von ungleicyer- Länge, indem der aͤußerſte am
längften iſt und die übrigen immer fürzer wers
den. Die Hinterfüße find nach dem Schwanze
zu gewachfen und haben ebenfalls 5 Zehen, vor
denen der mittelfte der kleinſte iſt. — Wegen
der fonderbaren Geſtalt diefer Seethiere, bie
beym fluͤchtigen Anblicke noch ſonderbarer ſchien,
wurden ſie wie das Wallroß die Vetanlaſſung
zu den alten Fabeln von Sirenen, Tritonen
u. ſ. w. Man konnte aus ihnen bald Weſen
mit Menſchenkoͤpfen, Thierkoͤpfen und Fiſch⸗
ſchwaͤnzen bilden. Fand doch noch Buͤffen
die groͤßte Aehnlichkeit zwiſchen ihrem und der
Menſchen Köpfe, zwiſchen ihren Fuͤßen und
Menſchenhaͤnden *).
Bon der Farbe läßt fh faum beflimmt
fprechen, weil man Mobben von verfchiedener
Farbe finder, von denen noch nidyt ausgemacht "
ift, ob fie zu einer und berjelben Art des gemei⸗
nen Seehundes gebdren. Gewoͤhnlich iſt die
Sehe
u ©. ©. Mt Batuciäne der vierf. <piere * ot
Phoke. 603
Karbe dunkelbraun mit weiß geſprenkelt, gelb und
gelblich mit ſchwarz gefleckt.
Der gemeine Seehund iſt weit verbreitet.
Man findet ihn faſt in allen nordiſchen Meeren
an den Kuͤſten der nördlichen europäifchen Laͤn⸗
der, ſelbſt Deutſchlauds, und an den noͤrdli⸗
chen uud nordoͤſtlichen Kuͤſten Aſiens. Ferner
findet man ihn auch mit andern Robbenarten
an’ den Kuͤſten von Nord⸗ und Suͤdamerika
und auf vielen felſichten Inſeln in deſſen Naͤhe.
In vielen Gegenden ſind ſie der groͤßte Reich⸗
- thum der Menſchen, wie wir aus dem Folgen⸗
den ſehen werden.
Ohne daß ſie gemaͤſtet werden, ſind die
Seehunde ſehr ſpeckreiche Thiere, denen das
Fett drey bis vier Finger dick unter der Haut
ſitzt. Dieſe Fettabſonderungen haben zunaͤchſt
den Zweck, das Thier gegen die Kälte zu ſchuͤt⸗
jen und fie für die raubern Klimate, wo wenig
andere Thiere leben, gefhict zu machen. Ihr
Gang ift zwar fehr lahm, vermöge der fonderbas
ren Seftalt ihrer Süße, indeflen Elettern fie doch
hoch und behende auf das Eis und fchlingen ſich
aud) fo hurtig fort, daß fie oft ſchon verwun⸗
det dem Jaͤger noch entkommen. Im Schwim⸗
men find fie ſehr geſchicke, in einem Augenblicke
tauchen ſie an einer Stelle unter und kommen
auch ſchon weit davon wieder in die Hoͤhe. Sie
pflegen bey jedem Geraͤuſche die Naſe in die
Hoͤhe zu halten und einen langen Hals zu ma⸗
chen, mehr vielleicht aus Furcht, als aus Neu⸗
gierde. Deswegen machen die Robbenjaͤger ein
großes Geſchrey, wenn ſie an den Kuͤſten oder
auf den Eisſchollen die Seehunde anfallen wol⸗
len. Sie mögen auch wohl durch das Geraͤnſch
eines Gewüters ſtutzig gemacht werden woraus
man
604. | Phoke.
man vielleicht die Behauptung genommen Bat,
daß ſie den Donner und Blitz ſehr liebten.
Wenn ſie bey Gewittern ans Land gehen, ſo
kann dieß eher deswegen geſchehen, weil es zur
Zeit eines Gewitters gewoͤhnlich ſehr warm iſt,
als deswegen, um ſich an Donner und Blitz zu
beiuftigen. Auf der Flucht werfen fie mit ben
Hinterfüßen Sand, Steine und Schlamm Hins
ter fi), daß fie aber Waſſer ausfpegeten, um
ſich den Weg fchlüpfrig zu machen, ift nice
glaublih. Die Männchen laffen ſich nicht alles
mahl in die Flucht jagen, fondern ftellen ſich zur
Wehre und beißen um fid); in der Begattunges
zeit find fie fo wild, daß man ſich nicht aufs
Eis in ihre Nähe wagen darf. Andere follen
auf der Flucht einen flinfenden gelben Unflath
‚ gegen die Jäger nr Hi Sie haben ein fehr
zähes Leben und beifen auch bey den fchwerfien
Dermundungen noch um fich: mandye lebten
nad) 30 Stichen und Schlägen, die fie erhalten
hatten, noc) einige Tage. Sie fchreyen wie heis
fere Hunde und die ungen mauen wie bie
Kaben. Ob fie gleich zur Gefellichaft dee Mens
ſchen gar nicht geeignet zu feyn fcheinen,, fo If
. 8 doch dann und wann gelungen, einen See—⸗
hund zahm zu machen, ihn fogar zu alleriey
Bewegungen und Sprüngen abzurichten. Biss
mweilen wırd ein Seehund in einem Faſſe mit
Waſſer zur Schau herumgeführt. |
Ihr Aufenhalt ift allemapl in ven Mex⸗
resgegenden, wo fie die. Küfte des Landes, ober
hervorragende Selfen, oder Eisberge in dee Nähe -
haben, indem fie als Eandthiere leben und die
See nur um der Nahrung willen befuchen. Ge .
kommen auch) in die Muͤndungen ber Fluͤſſe, fehr
felten aber tief in den Fluß, am wenigflen Fe
=
“ Phoke. 605
bevdͤlkerten Gegenden. Der, welcher einmahl bey
Koͤtſcheubroda zwey Stunden unter Dresden in
der Elbe gefangen worden und im Naturalien⸗
Fabinet zu Dresden Aufgeftellt ift, harte fich, vers
muthlich nur zufälliger Weiſe jo meit verirrt.
— Sm : Sommer bleiben fie länger: auf dem
Lande Als im Winter: gefellfchaftlich und ſchaa⸗
senweis zu Hunderten liegen fie ben einander
und ſchlafen, oder wärmen ſich an der Sonne.
= Sm Winter machen fie ſich Löcher durch das
Eis, theils um unter dem Waſſer Luft zu ha⸗
ben, theüs um hinunter und hervorgehen zu
koͤnnen. Diefe Löcher machen fie von tinten,
und von der Wofferfeire herauf, und man hat
allerley gemuthmaßt, Durch welche Mittel. fie
diefe Löcher wohl zu Stande bringen. Es if
wohl am natürlichiten, baß fie dazu die Zähne
und die Krallen brauchen, denn das Eis mit
: dem Athem wegzufchmelzen, wie man vermüthet
- hat, iſt bey der Dido des Eifes in den nördfie-
schen Meeren zu beſchwerlich und faſt unmoͤglich,
befonders, da fie unter dem Waſſer ja auch
nicht athmen. — Sehr gern halten fie ſich in
den Höhlen der Eisberge auf, und laflen fich
von denjelben auf dem Meere forttragen. |
Ihre Nahrung beftept in Wuͤrmern, von
. denen fie fo fett werden, und kleinen Fiſchen, viel:
leicht auch Seegewoͤchſen, ſie haben alſo einerley
Futter mit den Wallfiſchen, daher dieſe beyden
Thiergattungen nicht leicht neben einander leben.
Ueber ihre Fortpflanzung haben wir noch
nicht ganz gewiſſe Nachrichten. Gewöhnlich ſoll
die Paarung im April, und das Werfen der
ungen im Februar erfolgen, beydes auf’ bem
Zande oder Eile. Andere haben bie Paarung
im November beobachtet. Dos Zunge wird et
wa
606 Phoke.
wa 14 Tage geſaͤugt und beſchuͤßt. Es Kat lan⸗
ge weiße, oder gelbliche Haare, weldye nach. vier
Wochen mit den gewöhnlichen Seehundshaaren
vertaufcht werden, zuerfi am Kopfe und an ben
SHinterbeinen. Die Zungen bleiben immer auf
dem Rande des Eiſes liegen, wohin fie die Mut⸗
ger geſetzt hat, fcheinen aljo gar nicht ſchwim⸗
men zu koͤnnen. Wenn ein Jaͤger fommt, fo
nimmt die Mutter das Zunge in die Schnauße,
und trägt es auf eine fichere Eisfchnie, aber
nicht ins Meer.
In manchen Gegenden, 3. DB. am cafpl:
ſchen See werden die Seehunde von Schakallen
und Woͤlfen gefreſſen, außerdem macht faſt nur
der Menſch Jagd auf ſie. Das Schießen iſt bey
ihnen nur ſelten anwendbar, weil fie nach em
. . pfangenem Schuſſe in dag Meer fpringen und
entkommen würden, ba fie von einer Kugel nicht
gleich gerödtet werden. Gemöhnlicher iſts, fie zu
. erichlagen. Die Robbenſchlaͤger oder Mobbenjäs
ger, deren eine große Anzahl in den Monaten
April und Mai an die nördlichen. Küften und
JInſeln ausſchiffen, fuchen die Robbenheerden,
wenn ſie auf dem Eiſe liegen und ſchlafen, zu
umringen, ſie durch ein Geſchrei zu erſchrecken
und wenn ſie die Koͤpfe in die Hoͤhe heben und
bellen, ihnen mit einem Pruͤgel einen Schlag
auf die Naſe zu geben, wovon fie betäubt mer:
den. Da fie ſich jedoch gemeiniglich won dieſer
Betäubung bald wieder erhoblen, fo muß man
ähnen durch einen zweyten Schlag das Ende ge:
ben. Europäifche Schiffe, welche auf ven Wall⸗
fiſchfang ausgehn und in dieſem Fange nicht gluͤck⸗
lich geweſen ſind, halten ſich an die Robben.
Die Groͤnlaͤnder find eine der fleißigſten
Mationen im Gechundsfang, Sie Bee
| | ge
Phoke. | on «607
fih dazu: einer. kleinen Harpune, bie fie an eis
nem Stricke befefligen und auf ben Seehund
werfen. Sie begeben fi auf das mit Eis. bes
deckte Meer ,. fuchen die Löcher auf, welche ber
Seehund gemacht hat, „um Luft zu fchönfen,
lauern fo lange, bis er feinen Kopf herausſtreckt
und fiehen mit der Harpune nach ihm, Iſt dere
‚ felbe. feſt ſtecken geblieben, To. machen fie das
LNuftloch größer und ziehen das Thier bermittelft
des Sırides hervor. . Dover fie madjen neben dem
. Loche durch welches der. Seehund aufs Eis zu
kommen pflegt, ‚ ein: kleineres Loch, ſtecken eine
Stange mit der Harpune durch) und, ſtoßen auf
das Thier, wenn es unter dem Loche weggeht.
Oder ſie verkleiden fi ich- iu. Seehundsdelz, „nche
„ men.die Stimme der Seehunde an und friechen
an. biefelben ‚geran, bis fie fie. mit der Suange
. erreihen.und ‚harpuniren Fönnen.
0. Die Kamfidadalen bedienen .fich aͤhnlicher
| Mittel, befonders aber ‚ded Spiefies, ‚um . die
„. Geehunde zu erlegen, oder fie vertoehren den Thies
ren den Nüdzug, wenn fie, in die Fluͤſſe gegan⸗
gen ſind, mit Netzen und toͤdten ſie mit Keulen
und Spießen in großer Menge. Sie haben ei⸗
ne große Fertigkeit, mit Slinten dem Seehunpe
.. gerade auf den Korf zu Ichieken, wo bie, Kugel
noch am erften tödtet, denn auf den Leib Fang
er wohl 20 Kugeln vertragen, ohne zu fterben,
— Dan gräbt ihm auch Gruben an Orten, mo
er aus dem Waſſer zu gehn und fich hinzulegen
pflegt, bedeckt diejelben mit ſchwachen Latten
und Raſen, durch welche er durchbrechen muß.
— Die Islaͤnder ſollen in einem Tage 60 bis
100 Seehunde in Netzen fangen koͤnnen.
Weil die Seehunde viele kleine Zifchen Bes
fonders Heringe verzehren, ſo hat man ſie nos
608 Phoke.
die ſchaͤdlichen Thiere gerechnet und in Schwe⸗
den, wo der Heringsfang ſehr wichtig iſt, machte
man den Vorſchlag, die Seehunde ganz auszu⸗
rotten. Sollte dieſer Vorſchlag auch für ein
Land zu entſchuldigen ſeyn, welches durch die
Seekhunde mehr verliert als gewinnt, fo find
doch die Seehunde nicht blos für mehrere enties
" gene Länder der größte Neichthum, ſondern auch
für uns Europäer faft unentbehrlich geworben,
und da die Menfchen immer mehr Bebürfniffe
erhalten, fo muß man die Produfte der Natur
nicht ohne ſchuͤchterne Bedenklichkeit einfchränfen
wollen. |
EGs iſt faſt Fein Theil am Seehunde, weis
cher nicht von den Menfchen gebraucht wärbe:
er tft für vie Kuͤſtenbewohner der nördlichen :
Gegenden eben fo unfchäßber, wie für uns das
Rindvieh. Die Ordnländer, Esfimos, Zeläns
der, Farder, Gothlaͤnder, Kamtſchadalen, fo auch
die Peſcheraͤhs auf dem Feuerlande und mehrere
Inſulaner beym ſuͤdlichen Amerika eſſen das
Zleiſch der Seehunde, manche dieſer Vdiker ha⸗
ben faſt fein anderes Fleiſch. Ob es nun gleich
ſehr thranicht ſchmeckt, auch fuͤr verzaͤrtelte Ma⸗
gen hoͤchſt ungeſund ſeyn wuͤrde, ſo ſind doch
jene Menſchen ſo ſehr daran gewoͤhnt, daß ſie
ohne daſſelbe nicht leben zu koͤnnen glauben.
Das Fleiſch der Alten ift ſchwarz und feſt, befs
fer das der Zungen. In England und Norwe⸗
gen, wo man es fonft ebenfalls af, verachter es
“ .jeßt der feinere Gaumen. — Mod) beliebter iſt
. ber Sped des Seehundes, welcher theils roh
von jenen genannten Völfern gegeffen, theils an
“den Speifen verbraudhr, rheils zu Oehl und
Thran geſotten wird. Eben um bes Lehrern:
willen ſchicken die Holländer und. ‚Dambenan
Be |.) |.
jährlich eine: —* aunf-den: Seehunds⸗
fang aus, welche Z70 bis 100 Laſten *) groß
find, ſechs große Schaluppen und 30 bis 40
Mann haben, in des Mitte des Maͤrzesn ausſe⸗
geln. und im. Jultus oder. Auguſt zuruͤckkommen.
Der ausgepreßteThran von jungen Seehunden
ſoll recht wohl anſtatt. Baumoͤhl gebraucht wer⸗
den. koͤnnen. Gewoͤhnlich aber’ fiedet man aus |
. dem Robbenſpecke einen: gelbbraunen-Thran, der
j —9— zum Brennen in den Wampen dient.,
Eineinziger Seehund, wenn er recht fett iſt,
„gibt: 50 bis 60 Pfund Spef, im Winter. aber
ı nur die Hälfte. In Island ſalzt· man ihn. mit
“ber Aſche: des Meergraſes ein und :verſpeiſt ihn
zu teodnen Kitchen In Aſttachan macht. man
: au8. den Seehundsthran mi, Bottaichk ;eine
Sr —8*— Seife, welche zum Walienvottreffich
ſenn ſoll und unter dem Mahmen der aftrachani⸗
ſhep oder tatariſchen Seife in: kleinen platten
und weichen Kuchen verfauft wird." Die Esfis
mos wiſſen aus dem Fette einen Leim: zu ma⸗
chen ; mit dem fie bie Fugen ihren Kaͤhne ‚vers
-fütten.
Die Milch der Sechunte if ſetze dich und
fett, manche Völfer nehmen: ſie Als .-Arzeuen,
Das Blur wird in Würften. und. Suppem ges
. : neflen. - Die zufammiengenähten Daͤrmen geben
den Srönländern Segel, Tenfter, Vorkänger vor
ben Zelten, Hemden. anftart: der - Leinewand,
- und. Beinkleider der Sehnen: bedienen: fe! ſich
zum Nähen, der Magen gu Schlaͤuchen, der
Knochen zu alleriey Werkzeugen.
Der
"Eh iffelaſt 6 3
* ee — ke zu n u) ni gi
, Weite und Größe eine Schiffa be
Oct; dehn, Rus: Cal. Eos. u a. a
608 Phoke.
die ſchaͤdlichen Thiere gerechnet und in Schwe⸗
den, wo der Heringsfang ſehr wichtig iſt, machte
man den Vorſchlag, die Seehunde ganz auszu⸗
rotten. Sollte dieſer Vorſchlag auch fuͤr ein
Land zu entſchuldigen ſeyn, welches durch die
Seehunde mehr verliert als gewinnt, fo find
"doch Die Seehunde nicht blos für mehrere entle⸗
"gene Länder der größte Neichtbum, fondern auch
für uns Europäer faft unentbehrlich geworben,
und da die Menſchen immer mehr Beduͤrfniſſe
erhalten, fo muß man die Produfte der Natur
nicht ohne ſchuͤchterne Bedenklichkeit einfchränfen
wollen. | |
EGs iſt faſt Fein Theil am Seehunde, wel
her nicht von den Menfcdyen gebraucht wärbe:
er tft für Die Kuͤſtenbewohner der nördlichen:
- "Gegenden eben fo unfchäßbar, wie für uns das
Rindvieh. Die Grdnländer, Esfimos, Islaͤn⸗
der, Farder, Gothländer, Kamtſchadalen, fe auch
bie Peſcheraͤhs auf dem Feuerlande und meßtere
Inſulaner beym füdlihen Amerika eſſen das
FZFleiſch der Seehunde, mandye diefer Voiker Has
.berr foft fein anderes Fleiſch. Ob es nun gleich
ſehr ehranicht fchmedt, audy für verzärtelte Ma⸗
gen höchft ungefund feyn würde, fo find doch
jene Menſchen fo fehr daran gemöhnt, daß fie
ohne daſſelbe nicht feben zu fönnen glauben.
Das Kleifch der Alten ift ſchwarz und feit, befs
fer das der Zungen. In England und Norwe⸗
gen, wo man es fonft ebenfalls af, verachtet es
* jeßt der feinere Gaumen. — Doch beliebter ift
. ber Sped des Seehundes, welcher theils roh
von fenen genannten Völfern gegeffen, theils an
“den Speifen verbraudhr, theils zu Oehl und
Thran geſotten wird. Eben um des Leßtern-
willen ſchicken die Holländer und. Hambere
lahf⸗
Phoke. 5609
jährlich eine AnzahlSchiffe auf-deni Seehunds.
- fang. aus, welche 70 bis 100. Laſten *) groß
find, ſechs große Schaluppen und :30- bis 40
Mann baden, in: bes . Mitte des Maͤrzes ausſe⸗
geln.und ini. Jultus ‚ber: Auguft.juridfommen,
Der ausgepreßte Thron von jungen Seehunden
foll recht wohl: anſtatt Baumoͤhl gebraucht: wer⸗
den foͤnnen. Gewoͤhnlich aber Fedet manaus
dem Robbenſpecke einen gelbbraunen; Thram, der
.vorzuͤglich zum Brennen in. den Lampen dient.
- Ein:einjiger Seehund, wenn er recht fett iſt,
n. gibt: 30 bis 60 Pfund Sped, im Winter aber
nugdie Hälfte In Island fjalztezman: ihre «mic
"der Aſche: des Meergrafes ein und :werfpeifb ihn
31 -teodnen Fiſchen In Aſttachan macht man
rn aus dem Seehundsthran mil, Pottaiche :eine
gpauo Seife, welcde zum Walien.wortrefflich
ſenn fol und unter dem Nahmen der aftrachanie
ſchen oder tatariſchen Seife in : kleinen platten
.. und weichen Kuchen berfauft wird. Die Eski⸗
mos: wiſſen aus dem Sette einen Leim: zu 'ma«
chen; mit dem fie Die Fugen ihrer Rahme. ‚vers
- fütten.
Die Mil der Sechunde, if ſetz dick/ und
fett, manche Völfer nehmen ſie als Arzeuey.
Dos Blut wird in Wuͤrſten und Suppem ges
F noſſen. Die zuſammengenaͤhten Daͤrmen geben
den Srönländern Segel; Zenfter, Vorkäuger vor
den Zelten, Hemden. anftaen: Der. Leinewand,
und Beinkleider der Sehnen: bedienen: fied ſich
zum Naͤhen, der Magen zu Schlaͤuchen, der
‚ Knochen zu allerley Aerhjeugen,
Dee
— Sa ga a an ae ir
oo. ,
Weite und Ordße ie sin 1 hang ni
“Der; don, Bene: CA TI RR; 55
ee
2 .
14
‚610 | Phoke.
Die Seehundofelle werben von uns fe
a als von auslaͤndiſchen Voͤlkern gebraucht.
. Wir benußen fie gewöhnlich mit den Haaren
*
zugerichtet zum Ueberziehen ber Koffer, Ba fie
,. Sein Waſſer durchlaſſen, zu Deden, zu Tabacks⸗
beuteln, Torniſtern ꝛe. Ihr Preis richten ſich
‚nad dee Größe Air erhalten fie aus Hok
. Iand, Hamburg, Preußen und Rußland, —
Die Groͤnlaͤnder kleiden fi von oben bis. unten
in Seehnudsfelle, und bedecken ihre Hätten und
Fahrzenge mit denfelben. So au die Eski⸗
mos und zum Theil die Islaͤnder, welche ſchon
reicher ſind, als jene und ihre Beduͤrfniſſe wicht
bloß mit dem "Seehunde. zu befriedigen ndchig
haben... Die Pefcherähs hängen die Sechunde⸗
felle ohnte alle Zubereitung um, wodurch ihr
: jämmerliches . und hoͤßliches Anfehn nod vers
mehrt wird,. welches ung die Meifenden nicht
elend genug .befihreiben fünnen. Die Lappläns
.: ber machen Scuhfohlen daraus, bie Koräfen
nähen mehrere Häute an einander und bilden
. .Jeichte und geräumige Kähne. Die Kamtſcha⸗
dalen verfertigen aus den Sellen allerien Leder
«.., wert, auch: rothen Saffıan, noch beſſer die Tun⸗
.. gufen. . Die Chineſer kaufen Seehundsfelle von
den Ruſſen ein und brauchen fü e zu Verbrömuns
gen, beionvers die Zelle der Zungen, welche fie
.: färben *).
- Man unterfcheidet übrigens noch einige
. Varietaten, die man zum Theil wohl für eigene
;.. Arten gehalten hat, naͤhmlich:
4)
*. Die Nachrichten uͤber den Seehund muß man zuſammen
—37 sus Steller's Deihreibung von dem Lande De Bam
Ey atka, 1774 © — Olafſens Reife ur 3 ——*8
Da: en von Rt un Om:
nd Pallasn. a Neil, -
10%
Phoke. sr
8) Phoca-botnica, Linn. Faun, fuee.
2 4. p-2- welche eine breite Mafe, längere Nägel |
und eine dunflere Farbe Hat.
5) Phoca fibirica, die von filberweißer
‚Barbı iſt.
3) Phoca cafpiea, mit gefprenfeftem Belle,
| 2) Der glatte Seelöwe. Phoca Ieoniua,
capite antice criltato, corpore fulco, Schreb,
-‚Säugeth.. HI. p 297. 1.85. Leo- iarinug
. Anlon :itin, 200. t. 100. Ellis hudion,
1.6. f. 4.
Der Nahme: füht eine Aehnlichteit mit dem
. eöwen. vermuthen, meiche aber vielleicht . mehr
Son der Stimme und Sarbe, ale von der Ger
„ ftaitihergenpmmen ift. Ein Seefahrer gab dien
:.fem Thiere diefen Mahmen, in Ermangelung kis
„ags:ıbeflern; man fand aber naher eine Mobs
benart, ‚welche mit dem Löwen mehr Achntichs
keit bar; weil fie gemähnt äft. wie dieſer, nannse
fie foiglich aud) den Sedoͤwen. Da nun Die
Maͤhne den vornehmften Unterfchleb ausmacht,
fo befam der erflere den Nahmen des glatten
— und. diefer — des. zottigen Seelbwen, vom
welchem letztern hernach die Dede feyn wird.
Der glatte Seeldwe ift eine der größten
Mobbenarten‘, wird 13 bis 18 Suß lang und Hat
einen Almfang von 7 bis 8 Huf. Der Körper
ift mit kurzen Haaren befeßt. Das Männchen
hat sin. auffallendes Untericheivungszeichen, nähme
lich wine runzlihte Haut ‘über dem Maule, wels
che anfgeblajen einen Kamm bilder. Diefes Aufs
blafen ſoll im Zorne geihehen ). ⸗ Die au⸗
ßern Ohren fehlen.
ng 2 De
“) Unfow’s Reiſen enthalten den Geelönen mit dem: zams
me; Surfer bat aber dieſe Haut nicht aufgebla „so
612 Phoke.
Die Farbe iſt hellbraun, an ben Käfen
ſchwaͤrzlich; die Jungen ſehen dunkelgrau, ins
olidenfarbene ipielend, aus, j
Mon finder ihn im Nord⸗ und Saͤdme ere
ebenfalls häufig genug, doch fcheint er im letz⸗
tern häufiger zu ſeyn, fo wie der gemeine See⸗
‚ Hund mehr im erftern angetroffen wird.
Er ift ungeachter feiner Groͤße nicht fo
grimmig als mandye andere Mobbenart, aber ſo
‚ fett, daß man einen Fuß tief ſtechen muß, ehe
man aufs Fleiſch kommt, und von einem einzi⸗
gen Thiere an fuͤnfhundert Pariſer Kannen
. Shran- erhält. Er iſt auch ſehr blutreich. Sei⸗
ne Stimme iſt bald brummend, bald heulend.
Er lebt im Ganzen genommen eben ſo, wie
Die vorige Art, hält ſich in Sommer auf In⸗
feln und Kuͤſten auf, wo bie Weibdhen idre
Jungen abſetzen und erziehen.
Man benutzt dieſes Thier eben ſo wie den
. gemeinen Seehund, es wird aber von den Eu:
‚zopäern feltner gefangen. Wenn die Robben:
jagd im nördlichen Meere nicht mehr eintaͤglich
genug feyn wird, dann werden die Seeloͤwen
im füdlihen Meere wohl häufiger aufgefucht
werden. Daß fie den meilten Thran geben, tft
ſchon geſagt. Ihr Zell ift dicker, als das ber
Seehunde, und kann faft nur zu Kofferbeſchlaͤ⸗
gen und flarfem Lederwerfe gebraucht werden.
3) Der zottige Seelöwe, Phoca jubata,
cervice (maris) jubata. Schreb. Säugetb,
III. p. 300. t. 83. B. Phoca capite: police
jubato. Molina hift. nat. Chil. L. IV. p.
25% Leo marinus, Steller nov. act. Pe-
| trop.
sehen. Vieleicht koͤnnte man dieſes Thier den Geciümen
m —5 —— und den gemaͤhnten — den Seel
Phoke. 613
trop. II. p. 360. Leon marin. Pernettes voy.
II. p. 47. t. 10. '
Er iſt ebenfalls groß, ro bis 12 Fuß fang
auch noch länger, nicht fo fchlanf als der vorige,
faft gleich Bid, doch find die Weibchen fchlanfer
: und kleiner, hat äußere kurze Ohren und über
die Stirn, den Hals und die Bruſt ein dichtes,
wellenfbtmiges Haar, welches eine Maͤhne bil⸗
det und im Zorne fich in die Höhe ſtraͤubt, wo⸗
durch das Thier ein fürchterliches Anfehn erhält.
Der übrige Körper hat ein kurzes glarted Haar.
Dem Weibchen fehlt die Mähne Der Kopf
it Fein mit einer etwas erhabnen Schnauze,
die Augen find groß, Die ‚Lippen mit flatfen
Borften beſetzt. Die Süße find floſſenoͤhnlich,
die Zehen mit: einer Haut umwachſen. -Das
- ganze ausgemachfene: Thier vom ‚männlichen Ge⸗
fchlechte wiegt an 1600 Pfund. .-.
J Die maͤnnlichen Seelöwen gaben eine gelb⸗
- bräunliche oder. röthliche Zarbez Vie Weibchen
eine Ockerfarbe. Die Jungen ſehen dunfler aus
und die alten ſollen mit der Zeit grau werden.
Das Vaterland: bat der zottige Seeloͤwe
mit dem glatten Seeloͤwen gemein‘, denn‘ Rei⸗
fende haben ihn ſowohl im Nordmeere bey Kümte
fchatfa und den Eurilifchen Inkeln, als nudy auf
der ſuͤdlichen Halbkugel in der Magellansſtraße
und mehrern benachbarten Yufeln - angetroffen.
In Morden beobachtete ihn Steller und in
: Süden Forſter. Da nım beyde in ihren Bes
ſchreibungen gleich ſorgfoͤltig geweſen find und
beyde faft’in allen Punkten uͤbereinſtimmen, fo
fönnen wie mit 'jtemlichee < Gewißheit annneh⸗
men, daß folgende, zum Theil ſonderbare, Mache
sichten nicht zw den Maͤhrchen ‘gehösen.:: -
i ne HT Dan
243 Ds
| 614 Phoke.
Obgleich die gemähnten Seeloͤwen große
und ſtarke Thiere ſind, ſo ſind ſie doch keines⸗
weges jo wild und gefaͤhrlich als fie auͤsſehen.
Die Erſcheinung oder auch die Stimme des
Menſchen bringe fie zur Flucht, mie großer Eik
Fertigkeit kürzen fie kaufenmweife ins Meer. -Biss
soeilen bleiben fie auch mit einer dummen Gleich,
güftigfeie liegen und laflen den Menſchen wahe
kommen, welches, wie es fdeint, dann der Ball
ſehn wird, wenn fie noch niemable von Men⸗
ſchen angefallen und ſcheu gemacht worden find.
An dieſem Falle gewöhnen fie fi an den Ans
blick des Menſchen fo, daß fie ganz ruhig ben
Verrichtungen deſſelben zuſehen. Sie vertheidi-
gen ſich ſelbſt dann nicht, wenn man ſie bloß
mit einem Stocke anfaͤllt, ſondern nehmen aͤch—⸗
gend die Flucht; viel weniger find fie ſeldſt je⸗
mahls Der angreifende Theil. Wenn fie im
Schlafe uͤberrumpelt und aufgeweckt werden, fo
Beben fie den Kopf in die Höhe, fchnieben und
- zeigen bie. Zähne, ald wollten fie Alles zerneißen;
ſo wie man fich ihnen aber nähert, fliehen fie
bdavon. Mur dann, wenn fie vermunder oder
aufs Außerfle in vie Enge gerieben find, werden
fie wuͤthend und fuchen fi) zu rächen, weswe⸗
— gen ſie auch geen die Fahrzeuge ummerfen, wenn
man ſie von denſelben aus verwundet hat.
Idhre Stimme iſt nach dem Alter und Ge
ſchlechte verſchieden und man kann von weitem
Bas. Geſchrey der Männchen, der Weibchen
md der Jungen unterfcheiden. Die Männchen
bruͤllen fat wie Ochfen, ihren Zorn geben fie
Durch ein ſtarkes Schnarchen zu erfennenz die
Weibchen brüllen fchwächer und ihre Stimme
iſt mehr dem Bloͤken eines Kalbes ähnlich; die
Zungen ſchreien wie Laͤmmer, fo daß man glaus
Se, ben
Phoke. sıE
ben follte, man hoͤre Rindvieh⸗ und Scart
beerben.
Sie haben einen ſchwerfaligen und unge⸗
ſchickten Gang, indem ſie ſich mit Huͤlfe der
Vorderfuͤße auf der Erde fortſchleppen. Manche
find jo unbehuͤlflich, nermuthlich vor ter, daß
fie den ganzen Tag auf einem Flecke mit Schlas
fen und Schnaschen zubringen. Sie pflegen
überhaupt viel und feſt zu . fchlafen: Im
Schwimmen find fie, defto behender, ‚auch Füne
. wen fie lange unter -dem Waſſer bleiben, ohne
Athen zu hohlen. Sie hauche einen flarfen
Geruch von fih. Das steif der Alten iſt
faſt ſchwarz.
Sie waͤhlen ſi ch immer wüſte Inſeln und
felſige Ufer zu ihrem Aufenthalte, ich moͤchte
ſagen, zu ihrem Sommeraufenthalte, während
deflen fie ihre Jungen werfen und erziehen. Sie
find gefellig und leben in ‚größeren. Haufen beyr
fammen, auch neben den Geſellſchaften ‚anderer
Pobbenarten, ‚mit denen fie jedoch, feine weitere
&emeinfchaft halten. Zwiſchen der Gliedern
einer Familie herrſcht eine gewiſſe. Zaͤrtlichkeit;
aber die Maͤnnchen der verſchiedenen Familien
halten oft ſo fuͤrchterliche Kaͤmpfe mit einander,
daß man Einige mit Wunden und Marben bes
. deckt ſieht. Wenn Eins dem Andern das Weib⸗
chen abſpenſtig machen oder Eins das Andere
von feinem Lagerſteine verdrängen will, fo wird
bad Recht nur durch die Flucht oder den Tod
des Einen entichieden.. Bisweilen kommen. einie
. ge oder mehrere Maͤnnchen den Streitenden zu
‚Hälfe, dann wird dee Kampf und das Blutver⸗
‚gießen allgemein, .. Die Weibchen nehmen an
dieſen Kämpfen: Heinen, Zei und nd. auch uns
ber u) ſelbſt vertritliat am aber Zutchen
616 Phoke.
er der Kämpfe und wenn ihre Männchen unter
liegen, fo fchlagen fie fih zu den Stegern, mit
fammt ihren Zungen, von melden fie begleitet
werden: Auf tiefe Weiſe fann es gefchehen,
‚daß ein Geelöme das Oberhaupt von mehrern
: Samilien wird, denn man bar gefunden, daß
ein Männdjen mit gehn und zwoͤlf Weibchen zus
fammen lebte: Manche Männchen, welche man
für alte und fchwächere haͤlt, halten fich abgefon«
dert, nehmen an den Kämpfen feinen Theil und
leiden weder Männchen noch Weibchen um fich.
Gefuͤhllos fißen fie immerfore auf ihrem zum
Lager gewählten Steine und brummen, ein aufs
fallendes Bild des ungefelligen Alters. i
Die gemähnten Geelöwen fcheinen ſich alles
mahl zu Ende des Sommers zu begarten und
“In der Mitte des folgenden Sommers die Jun⸗
gen zur Welt zu bringen. Da nun aber der
"Sommer auf der ſuͤdlichen Halbkugel in andere
Monache fälle, als in der nördlichen, ſo fälle
"De Paarungszeit an den magellanifchen Küften-
in den December und Januar, menn fie auf'den
- Küften von Kamtſchatka in den Auguft und
September fällt‘, fo wie es auch von den Meis
fenden beobachtet worden ifl. — Zur Paarung
thut wider die gewöhnliche Ordnung das Weib⸗
chen der Seeloͤwen den erſten Schritt, indem fie
ſich dem Männchen mit Liebfofungen mähert.
Diefes fcheint Anfangs unzufrieden und gleiche. .
"gültig: dann ſtuͤrzen bende Theile ins Meer,
"machen einige Wendungen, ſchwimmen eine Zeitz -
lang eben fort und fommen wieder ans Ufer,
:"wo:die Vegattung erfolge, Während ber Paa⸗
zungszeit follen fie feine Nahrung zu ſich neh⸗
: men, und alfo*daben fehr abfalken. Bey einigen
bat man zu der Zeit IM: Magen Kieſellteinege⸗
Funden, “ n | en ‚or Dat
Phoke. > GR
Das Meibchen geht etwa ır Monathe
trächtig und bringt ı bis 2 Junge zur Melt.
Man rühmt an den Muͤttern eben feine große
Sorgfalt für die Jungen, indem fie fich Diefels .
ben ungeahndet rauben ließen. Doc follen fie
auch zumeilen ıhre Sungen im Maule forttra:
gen, wenn fie Gefahr merfen. — Die Jumgen
find eben nicht lebhaft, man finder fie oft an den
Ufern eingefchlafen; aber ihr Schlaf ift fo teicht,
daß“ ſie bey dem geringften Geräufche aufwar
chen und nad) ver Seefeite fliehen. Sind fie -
im’ Schwimmen ermüpdet, fo legen fie fidy ihrer
. Mutter auf den Ruͤcken, wo fie aber der Das
« ter nicht fange liegen läßt, gleihfam ale wenn
er fie nörhigen wollte,‘ ſich im Schwimmen zu
üben.
Was die Jagd diefer Thiere berrifft, ſo kann
man fie ebenfalls ‚mie Stintenfchäflen erlegen,
wenn man fie am Kopfe oder an der Bruſt
- trifft. Don Schlägen auf der Naſe mit ftars .
. ten Keulen werben fie wenigftens beräubt, da
fie vollends getödtet werden fönnen. Die Kants
ſchadalen find in der Jagd der. Seclöwen fehr
- eifrig, weil fie es für eine befondere Ehre hal⸗
“sen, viele ſolcher flarfer Thiere erlegt gu haben.
Sie teren 'oft mehrere Tage auf dem Meere
- herum, um diefelben aufzufuchen und. fchiefen
fie mit Pfeifen, welche zum Theil vergifter find,
urd anderen Wunden das Thier in 24 Stuns
- den flerben maß, ober werfen ihnen an lange,
- Riemen ‚gebundene Harpunen in die. Bruft und
" Warten‘ es ab, bis die Thiere ſich ermattet ‚has
u. .
“ben, und mit: "Pfeilen oder mit Keulen gerbptet
werdätriörrken. Ihre Bente zuruͤck zu laffen,
halten? fie: für eine fo große Schande, daß fie
ihre Be oft dis pi" Umtvefhefen überladen.
Q03 Dieſe
618 Phoke.
Dieſe Art nuͤtzt den Menſchen auf eben
die Art, wie die vorher beſchriebenen Robben.
Das Fleiſch der Jungen iſt genießbar, ihr Fett
nicht ſo thranig und ihr Kell zu Schuben,
Stiefeln und Riemen brauchbar.
4) Der Seebaͤr, Robbenbaͤr. Phoca
urfina, capite aurieulato. Schreb. 1. c.
289. t 82. Urſus marinus. Steller nov. act,
Petrop. Il. b 331. t. ı5.
Der Seebär ift Heiner, als die beyden
Eeelöwenarten, nidyt über 8 bis 9 Fuß lang,
das Weibchen noch Fleiner.. Leber den ganzen
„Körper ift ein rauhes, dies und langes Haar,
unter welchem ein fürzeres und meldeten, liegt,
wie bey vielen Landthieren. Kr has äußere
‚Ohren , welche furz, fegelförmig und mit feinen
Häcchen befegt find. Die Augen find groß und
hervorftehend, die Schnauße ift ſtumpf und auf⸗
: geworfen, mit Bartborften befegt, die Zunge,
wie bey allen Robben, an der Spitze etwas ges
fpalten. Die Fuͤße find wie bey ben übrigen
beſchaffen.
Das Haar am Koͤrper ſieht ſchwarz aus,
auf den Fuͤßen und an den Seiten gelblich, im
„Alter werden die Spitzen grau oder weiß. Die
Haare der Weibchen ſind bald mit aſchgrau,
bald mit einer gelbroͤthlichen Farbe vermiſcht.
Die Jungen haben im Mutterleibe und in den
nerften Tagen nad). ihrer Geburt eine- “ gends
ſchwarze Sarbe, weswegen ihr Bell als: lzwert
geſuch wird.
Man findet den Seebaͤr ziemlich in den
nöhmhe Gegenden, wie ven Seeloͤwen, nahm:
Nlich im noͤrdlichen Meere an den Kuͤſten von
Kamtſchatka und den Inſeln zwiſchen Aſien und
Amerita, und im ſoͤduchen Meere au: der —*
eite
wo.
Me 619
ſeite von Amerifa. Er verändert feinen Aufente
- halt nach der Jahreszeit, geht im. Sommer: in
die fältern Gegenden und kehrt im Herbite zus
ruͤck. Wegen dieſer Wanderungen wird er faft
. in allen Weltmeeren-gefehen, felbit in den wärms '
*. Gegenden, wo. ſonſt feine Robben zu leben
pflegen.
Die Serbären haben zwar ebenfalls einen
matftheinden Gang, fönnen aber doch fo gut
laufen, daß man fie ſchwex einhoblen kann. Ges
ſchwinder noch find fie im Schwimmen. Wenn
man die von ihnen vorhandenen Nachrichten
vergleicht, fo ergibt ſich, daß die Seebaͤren im
Ganzen genommen munterer und beißiger ſind,
als die Seeloͤwen, daß fie weniger den Men—⸗
fehen fürchten, denn man Hat gefunden, daß
ſelbſt junge Seebaͤren fchon den Menſchen nach⸗
liefen, um fie zu beißen, und ältere mit aufge⸗
fperrtem Machen auf fie losgingen. Die Weib⸗
: hen. find fchwächer und furchtſamer. — Sehr
. fonderbare Dinge werden ung erzählt von der
Zaͤrtlichkeit, welche unter den Kamilien diefer
biere herrfchen joll: fie follen Thränen vergies
fen, wenn «ins das andere beleidigt bat, und
das andere durch Liebfofungen gleichſam um.
Verföhnung bittet, desgleichen wenn ein Stuͤck
aus der Familie geraubt worden iſt. Bis jetzt
wollen wie ſolche Behauptungen als übereilte
Schluͤſſe aus flüchtig beobachteren Erfcheinungen
anſehn, bis uns Jemand bewiefen haben wird,
daß ein vernunftloſes Thier vor Traurigfeit weir
nen könne — Ihre Stimme iſt nach ihrem
Zuftande verichieden, gewöhnlich fchregen fie. wie
Kühe, im Streite wie Bären und nad) erhaltes
nem Siege nehmen fie ‚une: feinern auitenden
Ton an. 7 221
| Sie
n
625 Phoke.
Sie halten ſich in einzelnen Geſellſchaften
beyſammen, welche aus einem Männchen, einem
oder einem- Paar Dutzend Weibchen nebft den
Jungen, welche nody unter emem Jahre find,
beftehen. Die Männchen find die Herren und
Beſchuͤtzer der Familie und laffen fidys fehr un:
gelegen ſeyn, ihre Weibchen zu behalten, "Das
her eben fo-würhende Kämpfe, wie unter den
Seeloͤwen entfichen. — Sie find gefchworne
Zeinde von den Mieerottern, und mie fie von
diefen gefürchtet werden, fo fürchten fie ſich
felbft vor Ben größern Seeloͤwen, denen fie über:
au das Vorrecht laffen und ausweichen. — Die
Alten fondern fich eben fo einfam ab, wie die
alten Seelöwen, und find unverträglicdher und
‚wilder. — Wenn fie am Ufer fpielen, fo mas
chen fie allerley Beregungen im Waſſer, bald
ſchwimmen fie auf dem Bauche, bald auf“ dem
Ruͤcken, fie waͤlzen fi), tauchen unter, fpringen -
bisweilen einige Fuß hoch aus dem Waſſer; in
der hohen See liegen fie faſt immer auf dem
Ruͤcken, indem fie von Zeit zu Zeit ihre’ Hin⸗
.. .terfüße über dem Waſſer erheben. .
' Ihre Nahrung ift die bey allen Robben ges
- wöhnlihe. Im Mangel an Fiſchen fangen fie
am runde des Meeres Krabben, Mufcheln und
- Schneden. Ä a
Die Paarungszeit ift ben den Seebaͤren
unſtreitig Die nähmfiche, wie bey den Seeloͤwen,
die Begattung erfolge auf eben die Art. In
der nördlichen HalbFugel werden die Zungen im
Sunius geworfen, von jedem Weibchen gemöhns
lid eins, felten gwey. Die männlichen Zungen
find gleich in dee Geburt größer und ſchwaͤrzer.
- Alle kommen fie mit offnen Augen zur Welt
und werben einige Monate gefäugt, : nach *
“ es
Phoike. 621
Ger Zeit fit ae fon ſtark find, mit einander fvies
fen? wid: Künpfen.. Wieder eine Bemerkung,
welche etwas auffallend "tlingt,. daß nähmlic, dem
‘: Bihgerrunter' den jungen Streitenden vom Va⸗
ter gefchmeichelt. und der Belege von der Mut⸗
„Rt beihägt,immied. + ‚Das junge Männchen
lebt' ſe lange in der. Aeltern Geſellſchaft, dis es
Pr 5
erachten. und ſtark geriug. ik, ſich an die Spiße
iniger Weibchen zu ſtellen, die ihm nachfolgen
müflen 5. :und mit welchen es bald eine zahlrei—
chere Bamitie. bilder: .
sh Der. Satıg der Seebären gefchieht vermite
telſteben: ber Werkzeuge, wie der Gang ‚der
Seeldwen ‚, beſonders mit Harpunen.
Das Seid) der: Alten iſt ungenießbar, leid⸗
cher das der Jungen und der Weibchen. Der
Speck gibt Thran. Das haarige ſtarke Fell
wird zu: Kofferbeſchlaͤgen und ähnlichen ‚Dingen
‚gebraucht. Das Kell der aus dem Mutterleibe
gefähuittehen Jungen fleht bey den Ruſſen und
Chinefen als ein gutes Pelzwerk in hohem Preife,
Ueber die bisher befchriebenen Phoken ſehe man
. Bas. volitändigr Handbuch einer technologiſchen und
: ‚Öfonomiihen Naturgeſchichte. ITh. III B. Leipzig
1798. 8. ©. 100 fil. Sonſt vergleiche man, was die
drey letztern betrifft, vorzuͤglich auch Eteil ers -
Beichreibung von fonderbaren Meerthieren, Halle
1753. undForfter's Reiſe um die Welt, in 8. ger
Theil ©. 340 — 44. 347. 337. 301.
s)- Der: Robbe mit dem Mond. Phoca
‚groenlandica, capite laevi inauriculato,
corpore grileo, lateribus luna nigra. Linn,
- Syli.-Nat, ed Gmel. Tom.I. P.I. p 64
Sol II, ꝑ. 422, a. 280, II, pP: 278.
Erxleb. {yfiem. mammal. pag. 588. n. 5.
Der ſchwarzſeitige Seehund. Schreb. Saͤu⸗
gethiere IV. p. 310. n.5. Zimmerm. gesgr.
Diele
622 Phoke.
2. "Diefe Art ber. großen Phoken oder Mobs
. ben heiße bey den Groͤnlaͤndern Atrarſoak. "Er
" verändert im der groͤnlaͤndiſchen Sprache. aber
‘feinen Mahmen, ſo wie das Haar verfchießene
"Karben annimmt, Der: ungeborne, :Dee gan
: weiß und mit mwolligen Haaren. .bebedt iſt, Heißt
DIblau; im erfien Jahr ift das Haar nicht poll
::1o weiß, und Was Thier heißt Attarak; im
* gmwenten Jahr wird «es grau, und har den. Nah—⸗
men Atteitſiak; im dritten Jahr veraͤndert ˖ es
ſich noch mehr, und dann nennt man es Aglek⸗
tok; im vierten Jahr iſt es gefleckt, und daher
gibt man ihm den Nahmen Milektok; und nur
‚erft im fünften Jahr hat das Haar eine weiße
graͤue Fatbe, und auf dem Müden bat er zwey
ſchwarze Monde, wovon die Spitzen gegen ein⸗
ander ftehen; der Robbe hat dann feine: vbdllige
“Stärke, und führe den Nahmen Atrarſoak.
J Die Haut dieſer Robben mit dem Monde
iſt mit einem ſteifen und ſtarken Haar bekleidet.
Seinen Koͤrper umgibt ein dickes Fett, woraus
man Thran macht, der in Abſicht des Geſchmacke,
des Geruchs und der Farbe ziemlich dem alten
Oliven⸗Oehl glei fommt. | J
Uebrigens ſcheint es, daß man zu dieſem
Thier die dritte vom Heren Kracheninnikow
angeführte Robbenart rechnen fann, die, wie er
fagt, auf dem gelblichen Rauchwerk, große kirſch⸗
Farbige Zirkel hat, und ſich in der Oſtſee finder,
Herr Pallas rechnet noch zu diefer Art einen
- Robben, den man zumeilen in den Münbungen
des Lena. Dbi und Senifei finder, und den die
Rufen Meerhaſen (Morskoizaetz) megen feis
ner weißen Sarbe nennen, ba bis Hafen in Im
em
Phoke. *603
ſem Lande im Winter alle weiß find ). Sollte
dieß letzte Thier in der That eben das ſeyn, was
der Attorſoak des Herrn Cranz, und der
Robbe des Herrn Kracheninnikow ift,- fo
ſieht man, daß er fih nicht nur im der. Meer⸗
. enge Davis.und um Grönland herum, fondern
auch an den Küften von Sibirien, und bie nach
Kamticatfa findet. Da übrigens das Haar
: biefes Mobben mit dem Monde, nad) dem Als
ter verjchiedene Schattirungen: in der Farbe an:
> nimmt, fo- könnten die grauen gefleckten, neti-
gerten, und mit einem Zirfel: gezeichneten Mobs
.. den, wovon die in Morden Reiſenden reden, ja
: einerley Thiere feyn, und alte ju der‘ Mobbens‘
- art mit dem: Monde gehören, die man in ‘ver:
ſchiedenem Alter gefehen, und in dieſem Ball
>. Hätten wir Urfache, nod) «ine andere Robbenart
: zu Ddiefem zu rechnen, der nach) Herrn Krache⸗
ninnifomw:'einen gelblich weißen Bauch Hat,
wo die übrige Haut mit vielen Sleden, wie bey
den Leoparden, bedeckt ift, und deſſen Zunge,
wenn fie eben geboren find, fo meiß wie "der
Schnee ausfehen **). |
Herr Fabricius fagt: „die Schriftftellee
verwechjein. viefe Art fehr mit der gemeinen Mobs
be, obgleich fie ganz verichieden davon ift; Diefe
grönländische Mobbe ift ſechs Fuß lang, und ber
troͤgt
”) €8 gibt im Eidmeere mehr als eine Art von Seehnn⸗
den,’ wenigfiens find Diejenigen, welche man am Dh, Je⸗
ailen und Lenaftrom unter dem ruſſiſchen Nahmen Morss
ot Saoz (Geehaie: Attarfuf, Cranz Gr. 163) kennt, vom
der gemeinen Art völlia verichieden. Die jungen Seeha⸗
fen, wovon ich Selle gehabt habe, find ſchneeweiß, glaͤn⸗
zend wie Silber, und Haben ein längeres. mollichteres
Haar, ale andere Seehunde, So daß man fie, wenn nicht
der Kopf und die TiEe daran find, leicht für Kelle ung
jungen Eeebären halten kaun RNallas Reif. 3 r.9u:
ke) Diefes iR Wrafchenninifoms zweyte “art, die er fo g
als ein jäbriges Stier angibt. Kamtichatta P. 341. .
625 Phoke.
Ste halten ſich in einzelnen Geſellſchaften
beyſammen, welche aus: einem Männchen, einem
oder einem. Paar Dugend Weibchen nebft den
Jungen, welche nody unter einem Fahre find,
beftehen. Die Männchen find die Herren und
Beſchuͤtzer der Familie und laflen ſichs ſehr un:
gelegen jeyn, ihre Weibchen zu behalten, "das
: her eben ſo wuͤthende Kämpfe, wie unter den
Seeloͤwen entſtehen. — Sie’ find gefchworne
Teinde:von den Meerottern, und mie fie von
diefen gefürchtet: werden, fo fürchten fie fi
felbft vor den größern Seeloͤwen, denen fie über:
au das Vorrecht laffen und ausweichen. — Die
- Alten fondern fi eben fo einfam ab, mie bie
alten Seelöwen, und find unverträglicher und
- wilder. — Wenn fie am Ufer fpielen, fo mas
chen fie allerley Bewegungen im Waſſer, bald
ſchwimmen fie auf dem Bauche, bald auf‘ dem
Rüden, fie waͤlzen fich, tauchen unter, Tpringen -
bisweilen: einige Fuß hoch aus dem Waſſer; in
der hohen See liegen fie faſt immer auf. dem
Rauͤcken, indem fie von Zeit. zu Zeit ihre’ Hin⸗
. .terfüße ‚über dem Waſſer erheben. a
©...» Shre Nahrung ift die bey allen Robben ges
woͤhnliche. Im Mangel an Sifchen fangen fie
= "am Grunde des Meeres Krabben, Mufcheln und
- Schneden. U
Die Paarungszeit iſt ben den Seebaͤren
unſtreitig die naͤhmliche, wie bey den Seeloͤwen,
die DBegattung erfolgt auf eben die Art. " Im
der noͤrdlichen Halbfugel werden die Zungen im
Junius geworfen, von jedem Weibchen gewoͤhn⸗
lich eins, ſelten zwey. Die männlichen Zungen
ſind gleich in der Geburt groͤßer und fihmärzer,
+ Alle kommen: fie mit: offnen. Augen zur Welt
und werben einige Mionate gefaugt, nach *
iu er
Phole. 6aꝛ
der Zeit :e ſchon ſtark finb:, mit einander ſpie⸗
len? wid füinpfen. Wieder eine Bemerkung,
welche etwas auffallend klingt, daß naͤhmlich dem
iger unter den jungen fpeitenden vom Va⸗
22
ter geſchmeichelt und der Befiegte von der Mur
te deſchoͤtzt wird. + ‚Das junge Männden
lebt: ſo lange in der Aeltern Geſellſchaft, ‚Dis es
erwachſan und ſtark geriug. iſt, ſich an die Spiße
einiger Weibchen zu fiellen,. die ihm nachfolgen
müflen ;::und mit welchen es bald eine zahlrei⸗
a⸗ Zeamin bildet.
= -@er, Fang ber Seeblren geſchiebt vermit⸗
telſtneben: ber Werkzeuge, wie der Fang der
J Seeldwen ‚, beſonders mit :Harpunen, ...
ı Das Seid) der: Alten iſt ungeniefbar, l (ride
| cher das der Jungen und der Weibchen. Der
ESpeck gibt Thran. Das haarige, ſtarke Zell
wird zu Rofferbeſchlaͤgen und "ähnlichen ‚Dingen
‚gebraucht. Das Kell der aus dem Mutterleibe
zeſchnittenen Zungen ſteht ben den Ruffen und
Chinefen als ein gutes Pelzwerk in hohem Preife,
Ueber die bisher befchriebenen Phoken ſehe man.
. Das. Dolſtaͤndige Handbuch einer technologiſchen und
hkonomiſchen Naturgeſchichte. 1Th. III B. Leipzig
1798. 8. &. 100 fl. Sonſt vergleiche man, was die
drey letztern betrifft, vorzuͤglich auch Stellers Ä
Beichreibung von fonderbaren Meerthieren, Halle
1733. und Forſter's Reiſe um die Welt, in 8. zter
Theil S. 340 — 44. 347. 337. 361.
5) Der Robbe mit dem Mond. Phoca
‚groenlandica, capite 'laevi inauriculato,
corpore grileo, lateribus luna nigra. Linn.
- Syli.:Nat, ed Gmel., Tom.I. P.I. p 64
Erxleb. [yfiem. mammal. pag. 588. n. 5.
Der ſchwarzſeitige Seehund. Schreb. Säu:
gethiete IV. p. 310. n.5. Zimmerm. gesgr.
Sol II, P- 422, 0. avo. IL, p. 278.
Diele
623 Phoke.
». Dieſe Art ber. großen Phoken oder. Mobs
. ben heißt bey den Groͤnlaͤndern Attarſoak. "Er
" verändert im ber "grönländifchen Sprache aber
: feinen Mahmen, ſo wie das Haar verfchießene
"Karben annimmt, Der ungeborne, :der gan;
= weiß und mit wolligen Haaren. .bebedt. iſt, beißt
Wlau; im erfien Jahr ift das Haar nicht: poll
90 weiß, und Was Thier heiße: Attatak; im
jweyten Jahr wird es grau, und har den. Nah⸗
men Atteitſiak; im dritten Jahr veraͤndert ˖ es
ſich noch mehr, und dann nennt man es Aglek⸗
tok; im vierten Jahr iſt es gefleckt, und daher
gibt man ihm den Nahmen Milektok; und nur
‚erft im fünften Jahr hat das Hager eine weiß⸗
"graue Barbe, und auf dem Müden Kat er zwey
ſchwarze Monde, wovon. die Spitzen gegen ein⸗
ander fiehen; der Mobbe hat dann feine: völlige
-: Stärke, und führe den Mahmen Attarſoak.
. Die Haut diefer ‚Robben mit dem. Monde
iſt mit einem fleifen und flarfen Saar bekleidet.
Seinen Körper umgibt ein Dies Fett, woraug
man Thran macht, der in Abficht des Geſchmacke,
des Geruch und dee Farbe ziemlih dem alten
- Dliven: Dehl gleich kommt. J
Uebrigens ſcheint es, daß man zu dieſem
Thier die dritte vom Herrn Kracheninnikow
angeführte Robbenart rechnen kann, die, wie er
Sagt, auf dem gelblichen Rauchwerk, große firfche
- $arbige Zirkel hat, und ſich in der Oſtſee finder.
Herr Pallas rechnet noch zu diefer Art einen
. Jobben, den man’ zumeilen in den Mündungen
des Lena. Dbi und Senifei finder, und den die
Ruſſen Meerhaſen (Morskoizaetz) wegen feir
net weißen Sarbe nennen, da bis Hafen in Im
em
f Phoke. 693
. Sem Lande im Winter alle weiß find ). Sollte
dieß lehrte Thier in der That eben das fenn, was
der Attorſoak des Heren Eranz,' und der
Robbe des Herrn Kracheninnikow iſt, fo
ſieht man, daf er ſich nidyt nur in der Meere
enge Davis-und um Erönland herum, fondern
auch an den Küften von Sibirien, und bis nach
Kamtichatfa finde. Da übrigens das Haar
1: biefes Mobben mit dem Monde, nah) dem Als
ter verjchiedene Schattirungen in der Farbe ans
. nimmt, jo. fönnten die grauen geflecften ‚- neti-
gerten, und mit einem Zirkel gezeichneten Mob:
. ben, wovon die in Morden Reiſenden reden, ja
einerley Thiere ſeyn, und alte ju der‘ Mobbens‘
‚art mit dem: Monde gehbren, die man in "ber:
- fchiedenem Alter gefehen, und in- diefem Gall
‘5: hätten wir Urfache, nod) eine andere Robbenart
uu diefem zu rechnen, ber nach Herrn Krach e⸗
ninnifomw-'einen gelblich weißen Bauch Hat,
wo die übrige Haut mit vielen Sleden, wie ‘bey
ben Leoparden, bededr ift, und deſſen Zunge,
wenn fie eben geboren find, fo weiß wie der
Schnee ausfehen **).
Herr Fabricius fagt: „die Schriftfieller
verwechſein viefe Art fehr mit der gemeinen Mobs
be, obgleich fie ganz verichieden davon ift; Diefe
grönländische Mobbe ift fechs Fuß lang, und ber
trägt
”) Es gibt im Eidneere mehr als eine Art von Seehng⸗
den,’ wenigftens find Diejenigen, weiche man am Dh, Je⸗
iſey und Venaftrom unter dem ruffiichen Nahmen Morss
oi Saez (Seehaſe: Attarfuf, Cranz Gr. 163) Fennt, von
der gemeinen Art völlig verichieden. Die Jungen Sechas
fon, wovon ich Zelle gehabt habe, find fchneeweiß, gläu⸗
zend wie Silber, und haben cin laͤnaeres, mollichteres
Haar, ald andere Seehunde, jo dag man fie, wenn nicht
der Kopf und die Eike daran find, leicht für Selle voß
jungen Eeebären halten kaun Nallas Reif. 3 p. 98:
se) Diefes iR Krafchenninifows zweyte Art, die er jo g
als ein jähriges Stier angibt: Kamtichatka P. 341. ro
024 Phote.
traͤgt im groͤßten Umfange vier Fuß. Sie hat
38 Zähne, nähmlidy Vorderzähne oben ſechs,
unten vier; Eckzaͤhne vier, (5 ift ein Druckfeh⸗
leer) und Backenzaͤhne an jeder Seite unten und
oben ſechs. Der Kopf ift lang, niebergedrädt,
. die Schnauze macht die Hälfte des Kopfs- aus,
der Hinterkopf flebt mehr hervor. Die Bart:
borften find grau, etwas sufammengebrüdt, mit⸗
‚ten gewellt, an dem Ende etwas ſpitz.“ Die Au⸗
‚gen, die Ohren, die Zunge und Beine find tie
an der gemeinen Robbe. Der Leib iſt etwas
niedergedrudt, hinten dünn. "Die Haare ‚fliehen -
‚. dünn, find kurz, glänzend, dick, zaub, :am
- Grunde Iparfam molligt. - Die Farbe. der Alten
iſt weißlich, die Stirn und ein großer mondfoͤr⸗
miger Flecken der Seite ſchwarz, (bey andern
grauweißlich), und die Fuͤße faſt braun; bie
x. Güngern find weißlih, mit fehe- vielen ſchwar⸗
‚zen ftreifigen Flecken; die ganz. Jungen faſt
braun, mit weißem Bauche und. fchwärzlichen
Flecken; Die ungebornen find ganz weiß, und has
ben eine weiche Wolle. Der Speck von diefer
Arc ift das befle, did, und ſehr chranreich.
Das Fleiſch iſt ſchwarz. Es gibr unter ihnen
. „folgende Abänderungen, erſtlich folme,. welche die
Flecken der Zungen, und zugleidy ‚eine fchwarze
- . Stirn haben, dieje nennen die Örönländer Ra:
natis; zweytens gibt es melche, die, obaleich fie
ausgewachſen find, doch ganz ſchwarz fi find, diefe
beißen Kernektaͤt.“
- Er pält ſich allerorten in ‘den Einbuchten
auf, und zieht zweymahl im Jahr fort, nähms
fich zuerft im Maͤrz, und kommt im Man zus
ruͤck; zwentens im Julius, und kommt im Sep
tember zurud.
rin
Phoke. on 625
| Seine Nahrung beſteht uͤberhaupt in Fi⸗
ſchen, beſonders in Meerſchorb (Cottus Scor-
pius) und in dem Polarlachs (Salmo arcticus); .
oft werden auch Sardellen (Clupea Encrafico»
lus), Garnelen und andere Krebfe in ihrem
Magen’ gefunden. Ä |
Sie begatten ſich im Julius, und werfen Ä
ein, felten zwen Zunge am Ende des Märzes
oder Anfange bes Aprils auf Eisſchollen weis
vom Lande.
u Man fieht dieſes Thier niemahls auf feſtes
Eis, aufs: Land oder Klipprn ſteigen, wenn es
nicht dazu genoͤthigt iſt; aber auf ben Eisftäden,
die nicht ans Land fommen, liegt es ſehr gern,
ſchlaͤft darauf heerdenweiſe, und finder daran ſo
viel Vergnügen, daß es oft aus Mangel an
Futter mager wird, und diefelben nicht verlaſſen
will. Gewoͤhnlich ſchwimmen fie in Schaaren, ſo
daß einer anfuͤhrt und umherſieht, und die
uͤbrigen ſicher folgen. Wenn es athmen will,
ſteckt es nur den Kopf aus dem Waſſer, und
taucht wieder unter, ohne die Stelle zu veräns
dern... Gelten ſchwimmt es allein auf dem
Waſſer, aber unter demſelben ſchwimmt und
fiſcht es; oben verzehrt es Far ausgeſtrecktem
Kopfe die große Beute. Es hat verſchiedene
Arten zu ſchwimmen, auf dem Ruͤcken, auf den
Bauche, auf den Seiten, und waͤlzend gleich⸗
ſam zur Luſt; bisweilen ſchlaͤft es auch auf dem
Waſſer. Es iſt unvorſichtiger als der gemeine
Robbe, am meiſten auf dem Eiſe. |
Man nußt fie wie die vorigen Arten ,. were
Fauft auch den. Sped und das Fell, Es iſt
fuͤr die Groͤnlaͤnder faſt alles in allen, oßne wel⸗
ches ſie nicht gluͤcklich leben; auch ziehn die nach
Groͤnland und Spitzbergen ſegelnden großen Der
vec. sehn enc, CXIL apa .. Nr inn
—
626. Phoke.
winn daraus. Einzelne Menſchen fangen ſie
mit Harpunen und Lanzen; ſelten Geſellſchaf⸗
ten mit Wurfſpießen. Wenn es vor dem klein⸗
aͤugigen Cachelot eiligſt bis an das Ufer flieht,
wird es auch von den Menſchen umgeben, ges
zmüngen auf das Land zu fleigen und Bafelbit
durchbohrt. Wenn fie bey ihren Zuͤgen in Meer⸗
engen fommen, merden fie auch wohl gefchoflen.
Sabr. Fauna Groenland, p. 11. n. 7. |
6. Der Moͤnchsrobbe. Phoca Monachus,
capite inauriculato, dentibus inciloribus
utriusque maxillae quatuor, palmis indivi-
«+ fis, plantis exunguiculatis. Linn. Sylt. na-
< tur, ed. Gmel, Tom. LP. TI. p. 64. Herz
mann, in den Schriften der Geſellſchaft na⸗
furforich. Sreunde in Berlin. IV. p. 456. -
XII. XIII. | on
| Der Moͤnchsrobbe ift größer als der ge
meine Hundsrobbe, hat feinere in die Höhe ſtehende
- Haare, und ift, einige ganz ſchwarze Flecke auss
genommen, und in dee Geftalt des Kopfs und
Halſes, was das aͤußere Anjehn betrifft, infons
derheit verfchieden. Der Scheitel ift ſehr flach,
die Stirn menig ‚erhaben, ber Kopf in Vers
hoaͤltniß des Ganzen Hein, im Umfange fleiner
"als der ausgeſtreckte oder eingezogene Hals, Der -
- Hinterkopf ift nicht fehr gemölbt, und bildet eine
ſtumpfe Ede, oder macht mit dem fih flach
: herabfenfenden Nacken beynahe einen rechten
Winkel Mur in Anfehung der weiten Naſen⸗
löcher mochte der Kopf einige Achnlichfeit mit
dem Kalbsfopfe haben, eher mit dem Köpfe ber
Fiſchotter. Der DOberfiefer ift wohl viermafl
dicker als der untere, den man faum bemerft,
wenn das Thier nicht den Machen öffnet, oder
ſich fehr aufrichtet, daß man⸗es wohl vn ber. -
. N Bi J Pre nr or site”.
Phoke. | 627
"Seite betrachten kann. Die ‚Lippe iſt zwar
ſehr dich, aber nicht fo kugelicht wie an dem
Kalbsrobben in der Daubentonfchen Figur. Der
Unterfiefer iſt auch fehr kurz, bis zur Halte der
Kehle faum vier Zoll, von wo an der Hals foft
gerade herabgeht. Die Naſe ift- flach, gedruͤckt,
kurz und breit, oder eigentlich gar Feine befon-
dere Naſe da, wie in der Büffonichen und Ans
fonfchen Figur. Das aͤußerſte Ende davon ift
etwas ausgeferbt. Die DMafenlöcher liegen in
‚der obern Fläche der Schnauße, und das Thier
zieht fie im Waſſer zufammen, und verfchliege'
fie ganz genau, fp daß von aufen nur zwey
fange. fihhmahle Rinnen übrig bfeiben‘, die etwas
mondförmig gekruͤmmt, fo gegen einander fliehen,
daß der Bauch der Krümmung fich der entges :
gengefeßten mehr nähert als. das Hintere Kom -
bes haften Monds, noch mehr aber. nähern. fich
die 'beyden bordern Enden. Wenn der Robbe
Athem hohft, fo. öffnen fich die Naſenloͤcher, be⸗
kommen dann eine enförmige Geſtalt, daß man
tief hinein fehen fann, wie in. einen Trichter,
denn von innen verengern fie fih. Dieſes OQeff·
nen der Naſenloͤcher fallt vorzüglich auf. : Zus
gleich dehnt fih auch eine längliche ſchmahle,
nicht tiefe Surche in dem Zuufchenraum der -
Mafenlöcher etwas mehr aus. Das Deffnen dee
Naſenloͤcher geſchieht öfters mit einem Ausath⸗
‚ men, Schnauben und Nieſen, wo zugleich meis
fientheils ein weißer fchaumiger Rotz herum ge:
fprißt wird. Beynahe har es das Anfehn,. als
ob e8 den Zufchauern zum Poflen geſchehe, im⸗
mer aber erfchrift man etwas darüber, mer
man es nicht gemohnt if. Die Augen find vegs
häftnigmäfig groß und lebhaft, erwas länglidy,
und fiegen fchief gegen einander, ° Der Megen:
— ra bogen
628 Ppßobe.
bogen im Auge iſt groß und braungelber Farbe,
und von dem Weißen im Auge ſieht man nicht
viel. Die Pupile ſtellt ein umgekehrtes gleiche
ſchenklichtes Dreyeck vor, deflen Grundlinie etwa
“eine Linie, und die Scyenfel drey Linien betras
gen mögen. ' Die Augen gehen mit der Släche
des Ungefihts in einem fort, ohne. hervor oder
-vertieft zu liegen, Augenwimpern find an den
Augenliedern nicht zu fehen. Wenn die Augen
- ganz geöffnet waren, nahm man feinen merklis -
“chen Unterfchied zwifchen dem innern und Aus
“gern Augenmwinfel wahr; wenn fie fid aber zue
Hälfte fchließen, fa bildet die von. den Augen⸗
liedern fortgefeßte Haut, die fich in drey Kalten
-zufammen zieht, in dem innern Augenwinkel eine '
‚Mertiefung Fine eigentlihe Blinzhaut wurde
nicht bemerkt, wohl aber eine andere aus dem
aͤußern Augenwinkel nicht Hoch herauf fteigende
- ‚etwas Bide und runzlichte Haut, welche mit Blut
“unterlaufen war, die der Befißer für eine Ent⸗
»zuͤndung angab; der Waͤrter aber fagte, fie wäre
sdmmer «fo. | \
Die Ohren ficehen eben fo meit von ben
_ Augen nach hinten zu entfernt, als die Mafens
löhyer nach vorn, von den. Augen abfleben.
Sie zeigen fih nur durch eine Heine Erben
große Deffnung, deren Größe ſich nicht merk,
ich zu verändern fchien. Man ficht fie deuklis
cher, wenn das Thier troden, als wenn es naf
iſt. In der Daubentonfchen Figur (des Kalbss
zopben) ift die Dhrendffuung viel größer, und
fißt. nur halb fo weit von den Augen weg. An
dem Fleinen ſchwarzen Robben deſſelben fißt fie
iſehr viel tiefer‘ unten. Ueber dem innern Augens
-winfel ftiehen zwey Borften, die etwa zwey Zoll
lang ſeyn Eönnen, nebſt zwey andern Heinen.
a ur . ’ on ! , . u e
Phoke. — 629
Die Bartborſten ſtehen in fuͤnf Reifen, in deren
oberſten und unterſten ſie kleiner und in gerin⸗
ger Anzahl ſind. Der betraͤchtlichern zoͤhlte man
ungefähr in allen zwey und zwanzig. Die mitt⸗
leren inſonderheit ſind ſehr ſtark, ſteif wie die
vom Tiger, ſechs bis fieben Zoll Tang alſo vers
hoaͤltnißmaͤßig nicht fo groß als an dem Kalbs«
robben des Daubenton; meiftens find fie ſchoͤn
weiß, einige such ſchwaͤrzlich, glatt und nicht
wellenförmig.
Diie Oeffnung des Rachen⸗ iſt nicht ſehr
groß, und der Mund ſpaltet ſich nicht weiter,
als bis unter dem vordern Augenwinkel. In
der obern Kinnlade findet man nicht mehr als
vier Schneibezähne, die klein und von einander.
abfiehend find. In ber untern find ihres auch
viere, davon die zwey innern kleiner und weiter
nach hinten zu eingeſenkt find, als die äußern,
fo daß fie nicht gerade in einer Linie fiehen *).
Auf jeder Seite, in jeder Kinnlade, fießt ein ziem⸗
lich ftarfer Eck⸗ oder Hundszahn, der zwar nur
ungefähr von der Länge eines Zolls iſt, und
alſo verhaͤltnißmaͤßig nicht fo. groß, wie bey. vie⸗
len andern Raubthieren. Bey geſchloſſenem Ra⸗
chen legen ſich, wie gewoͤhnlich, die untern Eds
zaͤhne in den zwiſchen ben obern Schneide⸗ und
Seitenzaͤhnen befindlichen Raum. Die Backen⸗
zaͤhne ſind zackig, fuͤnf oben und fünf unten,
die vordern Feiner als.bie Hintern. Sie find
nicht von emer ſchoͤnen weißen, fondern von
ſchmutziger Farbe. Der Rachen ift gang glatt
und ohne Runzeln. Die Zunge wird nad vorn
Nez bin
”) Vey dem galberodden der fie fand, Dit Die: vier
untern Borderzähne in einer graben Reihe, und obem
ſechs Vorderzähne, von melden der Auferbe viel größer,
als die vier mittlern de
Sn
630 = Phoe. J
hin ſchnell durch einen kleinen Abſa 8 ſchmaͤler
und nicht viel breiter als ein Zoll. Die Spitze
iſt etwas eingekerbt. Sie ſieht vollkommen je
“aus, wie ſie in Herrn d'Aubentons Figur (des
Kalbsrobben) vorgeſtellt it. Sie iſt glatt und
ohne ſchatfe Warzen.
Auf die Frage, ob das Thier die Zunge auch
zu Zeiten herausftredte, antwortete der WBärıer, °
Laß es zu Zeiten, wenn es nach einem Such
begierig fen, ſolche Bewegung machte, wobey
es eine Zunge ſehr wenig herausſtreckte und
hohl zufammen legte.
Der Hals iſt' did, und wie geſagt, Bier‘.
als der Kopf, und wenn es ihn auch nod fo
ſehr ausfiredt, jo wird er doch nie um vieles
länger, da hingegen der gemeine Kalbsrobbe
durch fein fchnelles Ausſtrecken feines eingezogen
nen Halſes jedem, ber es nicht gewohnt iſt, ei⸗
niges Schrecken berurſacht.
Der Ruͤcken geht flach fort, und erhebt
ſich nur etwas in der Gegend der Schultern,
von da der Koͤrper ſich allmaͤhlich gegen den
Schwanz zuſpitzt. Der Körper iſt, wie an dem
ganzen —89 — durchaus eben, zugerundet,
gedrungen, ausgeſtopft und glatt; Fein Wirbel:
bein des Ruͤckens, feine Ribbe laͤßt fid) unters
fheiden, auch das Schulterblatt nicht. Einige
‚Kalten fieht man nur, wenn es ſich erämmt,
aber vielleicht zu anderer Zeit quch weniger ale
jest, da es, mie man fagte, magerer geworben
war.
Das Haar iff fehr furi, vier Linien fang,
- und liege rüdmwärts ganz glatt an dem Leibe an;
fo lange das Thier im Waſſer if, und im-
Strich nach vorn kin, fätte mar eb 325
an
Pheke. Br 638
Man muß mit Ffeiß mit den Naͤgeln die Haare
auffragen und zu ergreifen fuchen, fonft würde
‚man fie nicht bemerfen. Iſt aber das Thier
trocken, fo fiehen fie gerade in die Höhe, doch
. fo, daß fie einen ſanften Stridy nach hinten zu
haben, nad) vorne hin aber etwas wiberfichen.
- Sie fehen alsdann wie ein ſchwarzer. Pluͤſch aus,
und wenn das. Thier noch nicht gänzlich trocken
ift, fo daß an einigen Stellen die trocknen ‚Haare
ſich aufgerichtet haben, an "andern aber bie nafs
fen Haare, nody barnieder liegen, und mehreren
Glanz haben, fo hat die Haut ein Anſehn wie
ein gemwäflerter Zeug. Unter dem Halfe find die
Haare fleifer und rauber, welches dem Thiere
wohl zu flatten zu fommen fcheine, wenn es fi
an Seifen hinan windet. Auch fcheinen ihm die
an dem hintern Rande der flachgedrädten Bor:
. derfüße ftehenden etwas längeren, ungeführ ‚acht
Linien langen, braunen Haare dazu behuͤlflich
zu ſeyn.“
Das Vergrößerungsglas - jeigte bie Haare
‚ganz einfach, nicht wellenförmig, ned von einer
bejondern Bildung.
Die Hauptfarbe bes Thiers if zwar die
ſchwarze, es hat aber doch verſchiedene Flecken.
Inſonderheit iſt an dem Bauche in der Gegend
des Nabels ein großer ſchmutzig weißer Fleck,
- der beynahe die grauglaͤnzende Sarbe des gemei:
nen Seekalbs hat; er mag etwa”. zwey Schuh in
der Länge und anderthald Schuh in der Breite
haben; im ‚Ganzen genommen ifl er vieredig,
doch fo, daß feine Seiten verſchiedentlich aus⸗
gezackt und eingekerbt ſind. Er ſcheint nicht re⸗
gelmäßig zu ſeyn, denn er endigte ſich an der
rechten Seite durch eine eingebogne, und an
der linken durch eine ausgebogne Linie; wenn der
Reg. Reobbe
Robbe ganz dicht auf dem Bauche aufliegt, fieht
man gar nichts davon, oder faum die Auferfte-
©eitenfpiße, und daß in demſelben einige ſchwaͤrz⸗
. Iiche Sieden erfreut find”). Eine Menge von
Heinen rundlichen und ins Graue ſchießenden
Flecken find auf dem Scheitel des Kopfes zu fins
den. Die Kehle und der vordere Theil des Hals -
fes find noch fchediger und die Kleden fallen
. "bdafelbft ins gelblihe. Auf dem Nüden freußen
fit) eine: Menge von weißlihen Striemen, die
Das Anfehn haben, als wenn Schläge von eis
ner Spießgerte die Haare dafel+ft in Unordnung
gebraiht härten. Die hintern Fuͤße find an ei«
nigen. Stellen gegen das Ende glatt, an andern
ſteht ein furges, rauhes, fteifes meiſtens graues
Haar nach Hinten zu, und liegt immer an, aud)
‚wenn das Thier ganz treden iſt. Die zwen Aus“ .
Bern Singer waren mehr gefledt als die drey ins
nern. © “ 0 . >
Vom Schulterblatt ift nichts zu fehn. Der
Arm iſt kurz, unter der Haut verbotzen, und
zeigt fi nur im gewiflen Stellungen; an der
vordern Seite ijt er viel weiter nach oben ale
‘an der hinteren Seite zu bemerken. Der Bors
derarm nebft dem Handgelenf und ben Singern
find ebenfalls ſehr Furs, flach gedruͤckt, und mit
einer gemeinjchaftlihen Haut umgeben, . Die
Selenfe befommt man nur alsdann in etwas zu
fehn, wenn man die DVorderpfoten mit Fleiß.
- biegt, oder. das Thier fi) auf daflelbe ſtemmt.
Die Singer unterfcheidet man nicht anders, als
durch die Mägel, und durch kaum merfliche Vers
tiefungen in der Haut, welche in ber innern
| Ä : Hands,
„m: ; \ Rn
nn
zu biefem SRönchsrobben zu rechnen.
Phoie. 633
Handflaͤche deutlicher au bemerken find, als auf
Dem Ruͤcken der Hand; und das zeigen die Ge⸗
lenke derfelben aud) bey tem Biegen.
Dieſe Süße legt das Thier, wenn es ruht,
nach hinten zu, hart an den Leib an; wenn ‘es
ſich aber fortfchlerpt, fo ſteht der Borderarn
beynahe ſenkrecht, und die Hand gerade von dem
Körper ab, in einer auf ihm ſenkrecht ſtehenden
Linie. Der Winfel des Gelenfs wird alsdann
deutlich, wie an einer Hand ‚ auf deren innern.
Siäche man ſich ſtemmt / denn in diefem Gebrauch
der vorderen Pfoten befteht der Hauptvorrheil,
- deflen das Thier ſich bedient, indem es fich auf
dem Trocknen fortbewegt, daß es fich auf dieſel⸗
be ſtuͤtzt, und alsdann den Körper fo viel es
kann nach ſich zieht.
Der Hinterleib wird wie bey andern Robben⸗
arten ſchmaͤler, und verliert ſich in die hintern
Fuͤße, ‚ohne eine Hüfte oder Schenfel zu zeigen.
Nur in einigen Stellungen und Wenoungen
bes Thiers, kann man unter ber Haut etwas
von dem Schenfelgelenf bemerken.
Die Hintern Fuͤße find viel größer und
. breiter als. die vordern, ; und ven ganz anderer
Bildung... Albin fagı in gewiſſem Betracht nicht
uneben, daß es läßt, als wenn zwey Hände aus
dem Leib herausfämen, und nach hinten zu fläns
den. Dur muß man fih Feine ordentlichen
| Hände denfen,
>
Zreifchen den Füßen zeige fich der Furze,
feinen :halben Schuh lange, aber ziemlich breite,
undbewegliche, ffumpfe Schwanz, an deflen Bas
ſis zwey Falten auf jeder Seite ſchief nach hin-
ten zu. und auswaͤrts gehen. Don unten her
iſt gerade am Grund deffelben der After. Don
dieſem iſt in einer Entfernung von fechezehntre
Rrszs | balb
—
634 Phoke.
halb Zoll nach vorne hin, eine andere runde
Oeffnung, welche auch Parſons (Philoſ. Tran-
ſact. Vol. XLVIII. p. 110.) bemerkt hat, aus
welcher die männliche Ruthe hervortritt. Hoden
und Hodenbeutel zeigen ſich von außen nicht,
men kann fie aber unter der Haut fühlen.
Seine Stimme ift . kurz, und wie bie
" Stimme eines heifern Hundes, die ungefähr auch
wa, wa herauskommt: hintennach zu Zeiten
etwas heulend, doc gar nicht ſtark.
7) Der Robbe mit dem weißen Bauche.
Phoca barbata, capite laevi inauriculato,
corpore nigricante Linn. [yfi. nat. ed.
Gmel. ].c. p. 65. Müller Zool. dan, prodr.
. VII. Sea calt. Parſons act. angl. n. 469.
P 383. t. 1. ££ 1. Grand phoque. Buffon
iſt. nat. XIll. p. 333. 343.
Diefe Art Hält fi) bey Schottland und
dem füdfichen Grönland auf. Auch an der Is⸗
landtichen Kuͤſte ift fie fehr gemein. Im Do;
vember oder December wirft fie weiße Zungen.
Die Haut ift Did, und mit ſchwarzen Haaren
bevedt. Der Körper ıft 12 Fuß lang.
Herr von Büffon, der ein im adriati:
ſchen Meere gefangenes Männchen djefer Art
ſahe, macht folgende Bemerfungen darüber, wor⸗
-
aus man noch verfchiedene Eigenthämlichfeiten
diefer Thierfamilie kennen lernt. „Der Blick dies
fes Thiers ift fanft, und feine Gemuͤthsart gar
nicht wild; feine Augen find aufmerffam und
fcheinen Verſtandeskraft angufündigen; wenig
ſtens drücden fie Empfindung der Zuneigung und
Anhänglichfeit an feinen Herrn. aus, dem er mit
aller Gefaͤlligkeit gehorcht. Mac) feiner Stims
me fahen wir ihn fich beugen, ſich mälzen, dre⸗
ben, ihm eine von. feinen vorbern Sanimun
Ä - ben
„>
Pe 635
fen zureichen, ſich auftichten, indem er ſeine
Bruſt, das heißt ſeinen ganzen Vorderleib, aus
dem Kaſten voll Waſſer erhob, worin man ihn
eingeſperrt hielt; er antwortete auf ſeine Stim⸗
me oder auf ſeine Zeichen mit einem heiſern
Ton, der unten aus der Kehle zu kommen ſchien,
und den man mit dem heiſern Bruͤllen eines
jungen Ochſen vergleichen koͤnnte; das Thier
ſcheint dieſen Ton eben ſo gut hervorzubringen,
wenn es die Luft von ſich ſtoͤßt, als wenn es
vieſelbe einhaucht, nur iſt er bey dem Einhau⸗
chen, etwas heller, und. bey dem Aushauchen
rauher. Ehe fein Lehrer. ihn abgerichret, bifi er
fehr. ftarf, wenn man ihn zwingen wollte, einige
Bewegungen zu machen; aber fobald er zahm J
gemacht war, wurde er fo. ſanftmuͤthig, daß man
ihn anrähren, ihm die Hand in das Maul fick:
ten, und fid ohne Furcht bey ihm niederfeben,
und den Arm oder den Kopf auf den -jeinigen
‚legen konnte; rief ihn fein‘ Herr, fo antwortete
* .
er ihm, wenn er. auch noch fo. weit entfernt -
war; wenn er ihn nicht fahe, fchien er ihn mit .
den Augen zu fuchen, und fobald er ihn nach
der "Abmwefenheit von einigen Augenbliden ges
mahr ward, fo unterließ er nicht, Durch eine Art
son flarfem Brummen, ihm feine Steude zu bes
zeigen.‘ on —
„Wenn dieß Thier, das ein maͤnnliches
war, den Reiz zur Liebe fuͤhlte, der ſich beynahe
von Monath zu Monath bey ihm fand, ſo ver⸗
aͤnderte ſich ſeine gewoͤhnliche Sanftmuth in eine
Art von Wuth, die ihn fuͤrchterlich machte;
fein Feuer zeigte ſich dann durch Bruͤllen, das
mit einer ſtarken Erection begleitet war, er
wandte und aͤngſtigte ſich in feinem Behältnif,.
mochte ungeflüme und: unruhige Bewegungen,
' | und
636 . Phoke. |
und bruͤllte fo einige Stunden hinter einander,
durch ein beynahe ähnliches Geſchrey druͤckte er
‚die Empfindung des Schmerzens aus, wenn man
ihn mißhandelte; aber er hatte nody andere fahfs
: tere: ſehr ausdrücksvolle und faft artikulirte Ts
ne, um feine Freude und Vergnügen zu zeigen.
" Bey diefem Anfall der. verliebten Vuth, die ein
Beduͤrfniß bey dieſem Thier erregte, das ea nicht
ganz ftillen fonnte, und die acht bis zehn Tage
Dauerte, fabe man es aus feinem Raften beranss
geben, den es zerbrochen hatte, und in diefem
Augenblif war, es fehr gefährlich und fogar
wild; denn es Fannte niemand, folgte auch nicht
- mehr der Stimme ‚feines Heren, und er durfte
-
ſich ihm nur nähern, wenn man ihm einige Stun⸗
den fich erft mieder zu beruhigen gelaffen hatte.“ .
„Dieß Thier fchien uns einen langen Athem
zu haben, denn: es behielt die Luft ziemlich lange
bey fih, und fchöpfte nur nad einiger Zwi⸗
ſchenzeit neue, unter welcher feine Naſenloͤcher
ganz verfchloffen waren; und in diefem Zuftande
fahe man fie nur wie zwey große Striche, die
‚an der Spiße der Schnauze länglich gezogen
waren. &s öffnet fie nur, um durch ein jtarfes
Athemhohlen die Luft von fich zu geben und
wieder einzuziehen, nachher fchließt es dieſelben
mie vorher wieder zu, und es gehen oft zwiſchen
jedem Athemzug zwey Minuten bin. Die Luft
derurfacht ben diefer Bewegung des Athemhoh⸗
lens einen Schall, der einem ftarfen Schnaußen
ähnlich if. Aus den Dtafenlöchern fließt faſt
beftandig eine Art von weißem Schleim, der eis
nen fehr unangenehmen Geruch hat.“ on
„Dieſer große Robbe wurde, wie alle Thiere -
dieſer Art, verfchiedene mahl des Tages . fchläfs
rig und ſchlief cin; man hörte ihn von weitem
ſchnar⸗
Phoke. 637.
ſchnarchen, und wenn er eingefchlafen war,
wedte man ihn mit Mühe auf. Man. fonnte
ihn nur aus feinem Schlaf bringen, wenn man
ihm nahe vor der Naſe einige, Kifche hielt, fon
gleich fing.eg an, fi) zu bewegen und fogar
lebhaft zu werden; er hob den Kopf und Den
Vordertheil feines’. Leibes in.die Höhe, indem
er. fi auf feine bendem Vorderhaͤnde bis. zu der
Höhe der Hand, worin man ihm den Fifch vor⸗
‚ hielt, erhob; denn mit andern Nahrungsmitteln
naͤhrte man ihn nicht, befonders waren dieß
‚Karpfen und Aale, bie er noch lieber als Karpe
fen mochte: man gab fih die Mühe, fie ihm
zujurichten, ob fie gleic) roh waren, indem ‚man
‚fie im Salz umfehrte; er mußte auf 24 Stuns
‚ ven ungefähr 30 Pfund .von diefen lebendigen
und mit Salz betreuten Fiſchen haben; er
ſchluckte die Aale uud aud):die erften „Karpfen,
die man ihm anbot, febe begierig und ganz und
. gar hinunter, .aber. fobald er zwen bis Drey von
diefen Karpfen ganz herunter gefchlucft, fo fuchte
er die folgenden, ehe er fie aß, auszunehmen;
zu diefer Abjiche nahm er fie zuerft beym Kopf,
den er mit feinen Zähnen zerquetfchte, dann
‚ ließ er fie follen, machte ihnen, den Bauch 'guf,
„um bie Leber mit dem, was daran hängt ‚ ber
aus zu nehmen, und zuleßt nahm er fie wieder,
bey dem Kopf, um fie herunter zu: Schlucken.“
„Sein Auswurf, gab einen fehr flinfenden
Geruch, er hatte eine gelbliche und zumeilen
eine blaue Farbe, und wenn er hart war, hatte
er die Seftalt einer Kugel. Die Fuͤhrer diefes
Thiers verficherten uns, e8 koͤnnte derjchiedene
Tage, ja länger als einen Monath leben, ohne
daß es im Waſſer ſeyn dürfte, wenn man «8
dann nur alle Abend mir reinem Waſſer ea
" , e
6 \ Phoke.
ben jeder fünf ſchwarze etwas gekruͤmmte Naͤgeh,
. und find fo gebildet, daß die mittlere Zehe die
fürzefte und die beyden Seitenzehen die länpften
- find.“ ;
ſu „Die hintern Schwimmfuͤße haben die Ges
flalt der vordern an dem Ende, das heißt, die
Mittelzehe ift auch fürzer ale die Seitenzehen.
- Gie gehen mit dem Schwanze gleih, und find
zwölf bis dreyzehn Zoll lang, und ungefähr fies
‚ benzehn Zoll breit, wenn die Shwimmhaut ganz
.. auögedehnt. iftz fie find an den Seiten di und
fletichig, in der Mitte dünn und am Rande in
Feſtons ausgefchnitten. Es waren an diefen
‚ Binteren Schwimmfüßen Feine ſichtbare Noͤgel,
- aber ohne Zweifel fehlten fie nur zufällig, weil
. fi) das Thier viel hin und ber warf, und biefe
. bintern Schwimmfüße flarf gegen den Boden
. des Behältnifies rieb, ſelbſt vie Haut dieſer
Shwimmfüße war durch das Reiben abgenußt
„und an verſchiedenen Drten zerriffen.““
„Der Schwanz, der zwiſchen ben beyben
Schwimmfuͤßen liegt, ift nur vier Zoll fang und
‚brey Zoll breit, er hat eine beynahe dreyedige
Geſtalt, am Anfang breit und am Ende rund
geſpitzt; er ift nicht fehr did und feheine in feis
„nem ganzen Umfange platt.‘
„Diefer große Robbe wurde am 28ten Dctbr.
1777 in dem Adriatiſchen Meerbufen nahe an
‚Der Küfte von Dalmatien auf der Eleinen Infel
Guarnero, gefangen; man hatte verfchiebene:
mahl ohne Erfolg Jagd auf ihn gemacht, und
‚er war ſchon fünfe bis fechsmahl entwifche, ins
dem er die. Sifcherneße zerriſſen. Er war nad
‚dem Bericht alter Sifcher an dieſer Küfte ſeit
mehr als fechs;ig Sahr befannt, fie hatten ihn
oft verfolgt, und glaubten, daß man feinem *
I . F » ” en
N
Diode: 64
ben Alter feinen großen Wuchs zuſchreiben muͤſ⸗
fe, und was diefe. Muthmaßung gu beftärigen
fcheint , iſt, daß ferne Zähne ſehr gelb und abge;
nugt.maren, daß fein Haar in feinen. Sarben
dunkler als bey..dew.meiften ung bekannten Mob:
. ben, un) fein Knebelbart lang wriß und flare
war. “..
„Es find Änproifchen einige andere Robben
‚bon eben der Groͤße in: demſelben Adriatiſchen
Meerbuſen gefangen, und ſeit dem Jahr 1760
ſo wie dieſer in Frankreich und Deutſchland |
berumgeführt worden.“ . |
Außer den hier befchriebenen gibt es nech
einige andere Phoken, die: fich. vorzüglich bey
Grönland und in. andern Gegenden ver nördlis
chen Meere aufhalten, nähmlich Phoca hilpida,
Phoca pußlla Linn, wozu noth andere Nahmen
‚Sommen, 3. B. der WOolfsrobbe,.Phoca lupi-
wa, her Schweinseobbe, Phaca.:..porcina.
‚Der Kürze wegen übergebe ich fie hier aber;
es ift auch von einigen noch nicht gewiß, .ob
‚man fie für eigene Aeten oder nur für Abkn:
derungen von andern Arten halten foll, da fo
felten geübte . Naturforſcher Gelegenheit haben,
dieſe Thiere zu unterſuchen. Daß einige Arten
Diefee Gattung wiederkaͤuen follten, mie man
aus der Beſchaffenheit ihres Magens wohl vers
mutbet bat, iſt gar nicht glaublich da kein von
Animalien lebendes Thier wiederkaͤuet. Auch
hat der Magen oder vielmehr die Speiſerohre
einiger Phoken nur Anhaͤnge oder Ermeiteruns
gen, nicht aber: ſolche und ſo geſtaltete Abthei⸗
lungen, wie bey den wiederkaͤuenden grasfreſ⸗
ſenden Thieren.
Pholade, Bohrmuſchel, Dattelmuſchel J Pholas
Linn, der Nahme einer Gattung: vielfchaliger
Oec. techn. Enc. CXIL Theil. Ss Con⸗
63 Pholabe.
Conchhlien, deren Arten ſich in Uferſteine boh⸗
gen, und.in denſelben ihr Leben zubringen.
| Die griechiſche Benemming-Pholas, welche
ſo viel als einen Gegenftand, der fich verbirgt
‚oder verkriecht, bedeutet, ift nähmlich den Mu⸗
ſcheln dieſer Gattung darum gegeben, weil fie
in den Steinen, Klippen, ſteinigen Strandufern,
Korallen und. andern Koͤrpern ſtecken. Bey den
. Engländern: beißen fie Pidaks, und in ben vers
ſchiedenen franzoͤſiſchen Provinzen fennt mar. fie
„auch unter den Benennungen Pitaut Dails und
Dattes, wiewohl fie gemöhntich.Pholades; Heißenn.
“ Das Thier diefer Schalen Bar eine Aehn⸗
: Hchfeit mit den Seeſcheiden (Alcidia), und. be:
ſteht aus einem langen ‚murmartigen eylindriſchen
Koͤrper, der ſich bey einem Finger fang aus ber
Schale hervorfireft, und vorn am Ende Aber
einander zwey Deffnungen bat, wovon eine das
Maul und vie andere den After ausmacht.
| Die Schale befteht eigentlich aus zwey
‚ großen Hlaffenden Schalen, welche am Schloſſe
noch einige kleinere Nebenſchalen haben. Die
Angel des Schloſſes iſt zuruͤckgebogen, und fir
vermittelft einer Enorpeligen Sehne fell.
Die Eigenfchaft dieſer Mufchet ift ni,
durch Falfhaltige Uferfleine, oder Korallen, ja -
fogar durch Selfen durchzubohren. Es gefchieht
dieſes, wenn fie nicht größer als ein Senfforn
find, vermutblich durch ihre eigene Äßende und
| fteinbrechende Seuchtigfeit; indem fich den Stein
- Durch diefelbe au einem Mehl und Pulver. auf;
Nloͤſt, welches ‚vielleicht mit der Steinfeuchtigfeit
« zugleich ihnen zur Nahrung gereicht; menipftens
bohren fie fich ganz tief in die Felſen hinein,
und wenn’ fie. ihre‘ fchiefliches Lager gefunden ha⸗
ben ſo werden ſie sro und bleiben immer. in
pe en ihrem
Pholade. 643
ihrem Gefaͤngniß ſtecken, ja vermehren ſich fo
darin, daß man oft in zerſchlagenen Felſen viele
taufend große, fingerlange und daumensdicke
Pholaden beyfammen fleden findet, ohne daß
. man aͤußerlich an den Selen eine Spur gewahr
‚ wird, aufer daß fich Bin und wieder Fleine Loͤ⸗
cher, wie ein Stecknadelknopf, zeigen, und aud)
diefe find oft nicht einmahl zu feben. Das eins
gefperrte Thier loͤſt alfo um ſich herum den
Saft des Steined auf, je nachdem es mit der
Schale größer wird, und die Feuchtigkeit defs
felben ift mie ein mahrer Phosphor bejchaffen,
denn das Thier leuchtet im Sinftern, fo, daß,
wenn man das übrigens ſehr wohlfchmedende
Fleiſch im Sinftern Fäuer, man einem Seuers
freffer ähnlich fiehe. | J
So wunderbar nun auch die Eigenſchaft,
in Stein zu bohren, ſcheinen moͤchte, ſo hat
man doch mehrere Muſchelarten unter den Zwey⸗
ſchaligen, welche ſich gleichfalls ganz und gar in
die Klippen hineinbohren; auch gibt es unter
den Meolluffen vergleihen Thiere, 3. B. den
Steinbobrer, Terebella lapidaria L. Wenig⸗
fiens fand Herr Bohadic alte Säulen eines
Tempels, die in Pozzuoli bey Neapel mit uns
ſaͤglichen Koflen aus der Erde hervorgegraben .
waren, auf der Höhe von drey Schuh ganz
und gar von Pholaden durchbohrt, vie auch
noch darin ſaßen. Ja Donati fand zwifchen
Piemont und Provence einen Kelfen, welher
ganz und gar durch Pholaden ausgehoͤhlt war.
Die zweyſchaligen Pholaden find braun, und
gehdren nicht hieher,. fondern kommen im Art,
Mießmuſchel, Tb. 90, S. 66. vor, aber bie
Vielſchaligen haben am Schloffe noch zwey Fleine
breite, und eine oder zwey Tängere Fleine Scha⸗
Ss 4 len,
644 Pholade,
fen, die aber gleich abfallen. - Die Zahl der Ar⸗
ten ift im digfer Gattung fhon bis auf ı2 ans
gewachſen, von denen Bier einige angeführte
werben Jollen. u
1) Der Steinbobrer.. Pholas Dactylus,
telia oblonga hinc reticulato-[iriata. Lian.
Syfi. nat. ed Gmel, T. I P. VI. p. 3214.
R.ondel,. Teftac. 23. .=. Lift, hit. conch,
4433. f. 276. Exerc, anat. t. 19. Lı2, An,
angl. app. t. 2. f. 3.
Dieſe gemeine Pholade hat eine laͤngliche
Schale, die am Ende netzartig geſtreift iſt. Die
großen Schalen ſtechen mit einer Spitze hervor,
und klaffen immer, daher bie kleinern noͤthig
waren, den übrigen Theil des Thieres beym
Schloß zu deden, und doch wie eine gebrachene
Thür aufzugeben, damit das Thier herworfoms
‚ men, und den Stein durchbohren oder äßen
kann. Vermuthlich helfen alfo die Fleinen Scha⸗
len zur Bewegung, und das netzartige Gewebe
an den Spitzen dient ſtatt einer Feile, zur Ab⸗
reibung des muͤrbe gemachten Steins. Man
zahlt aͤn dieſer Arc ſechs Schalen. Der finger;
förmige Cplinder, der von dem Thiere einen
Heinen Singer fang ausgeftredt wird, hat zwey
Kanäle und zwey Deffnungen an der Spitze, die
das Maul und den After ausmachen. Hinter
r dieſem Cylinder liegt der Eyerſtock. Das Fleiſch
iſt gut zu eſſen, und diejenigen, welche ſich in
Frankreich darauf legen, dieſe Pholaden zu fan⸗
gen, und aus den Steinen zu hacken, heißen
Pitoquiers, weil fie die Muſcheln fſowohl Pitaut
als Dail nennen. Jedoch trifft man fie nicht.
nur an der franzdfifchen Küfte, als Dieppe,
Rochelle, und in andern Gegenden, ſondern auch
Pholade. 643
im mittellaͤndiſchen und adriatifchen, ja auch im
norwegiſchen Meere, in feſten Klippen an.
2) Die gerippte Pholade. Pholas coſta-
ta, teſta ovata, coliis elevatis ſtriata. Linn,
I. c. p. 3215. = u
. Diefe Art kommt aus den Klippen, an den
Stranden ber füdlihen Gegenden Europens,
Sie har die Länge herab hohe Rippen, und in
die Duere viele Runzelin, welche die Schale ger
gittert machen, Linne gibe die. Schale als ey⸗
förmig an, jedoch weicht fie in der Geftale nicht
piel von der vorigen Art ab, außer daß fie ges
rippt, und viel größer iſt, benn fie erreicht wohl
gegen vier Zoll. Sie har eine weiße, dünne, faſt
durchfichtige Schale, die aber auch zumeilen gelb-
lich und undurchſichtig iſt. Weil Die Spitze der
. Schale vorn weit hervorſticht, wird fie auch
Langhals⸗Doublet, und weil fie fich nicht fchlies
fen fann, auch wohl ewiger Klaffer, (eeu-
wige Gaper) genannt. | |
Knorr, I, Theil, Tab. XXV. Ag. 4. Lift. conch.
t. 434 f. 227.
3) Die geftreifte Pholade. Pholas firiata,
telta ovata. multifariem firiata, Lion. |. c,
Gualt. teft. 105. £. F. U
Linne gibt diefer Art ebenfalls eine enfüre .
mige Geſtalt, und. berichtet, Daß ihre Schale
„vielfach geftreife, ‚ber Aufenthalt aber in den
Klippen des ſuͤdlichen Europens ſey. Hieher
wäre auch bie. Holzyholade des Rumph's zw
rechnen, welche nur fünf Schalen. Haben, in. der
Länge ı Zoll, in der Breite aber dreyviertel
Zoll Halten, und in aften Pfählen an der See
gefunden werben fol. Die Sarbe. berfelben ift
dunfeltarbig weiß, nach dem dien. Ende zu: pure
purfarbig, Als einmahl ein fpanifhes Schiff aus
” ®s 3 Weſt⸗
—R
644 Pholade.
fen, die aber gleich abfallen. Die Zahl der Ar⸗
ten ift in digfer Gattung ſchon bis auf 12 ans
gewachſen, von denen bier einige angeführt
werben Jollen. NEE
) Der Steinbobrer. Pholas Dacıylas,
teſia oblonga hinc reticulato-firiata. Linn.
Syfi. nat. ed Gmel, T. I. P. VI. p. 8214.
Rondel, Teftac. 23. 2. Lift. hift. conch,
1433. 276: Exerc, anat. t. 19. Lı2. An,
angl. app. t. 2. f. 3.
Diefe gemeine Pholade Hat eine Tängliche
Schale, die am Ende neßartig geftreift if. Die
großen Schalen flechen mit einer Spitze hervor,
- and Maffen immer, daher die Fleinern nöthig
waren, den übrigen Theil des Thieres beym
Schloß zu deden, und doch wie eine gebrachene
Thuͤr aufzugeben, damit das Thier herworfoms
‚ men, und den Stein durchbohren ober. äßen
Tann. Vermuthlich Helfen alfo die Fleinen Scha«
‘fen zur Bewegung, und das neßartige Gewebe
an ben Spigen bient flatt einer Seile, zur Ab:
reibung des mürbe gemadıten Steind. Man
zählt aͤn diefer Art fechs Schafen. Der finger;
förmige Chlinder, der von dem Thiere einen
Heinen. Singer lang ausgeftrede wird, bat zwey
Kanäle und zwey Deffnungen an der Gpiße, die
das Maul und den After ausmachen. Hmter
r diefem Enlinder liegt der Eyerſtock. Das Fleiſch
iſt gut zu eflen, und diejenigen, welche fih in
Frankreich darauf legen, dieſe Pholaden zu fans
gen; und aus den Steinm zu baden, heißen
Pitoquiers, weil fie die Muſcheln fowohl Pitaut
als Dail nennen. Jedoch triffe man fie nicht
nur an der franzöfifchen Küfte, als Dieppe,
Rochelle, und in andern Gegenden, fondern auch
W Am
\
Polen 645
im mittelländifchen und adriatifchen,. ja auch im
norwegifhen Meere, in feften Klippen am.
3) Die gerippte Pholade Pholas cofla-
ta, telia van, colüis elevatis ſiriata. Linn,
I. c.
Sie! Art kommt aus ben Klippen, an den
Stranden der ſuͤdlichen Gegenden Europens.
Sie har die Länge herab hohe Rippen, und in
die Duere viele Runzein, welche die Schale ges
gittert machen, Linne gibt die Schale als ey⸗
fürmig an, jedoch weicht fie in der Geſtalt nicht
viel von der vorigen Art ab, außer daß fie ges
rippt, und viel größer iſt, benn fie erreicht wohl
gegen vier Zoll. Sie har eine weiße, dünne, faſt
durchfichtige Schale, die aber auch zumeilen gelb-
lich und undurchſichtig iſt. Weil die Spiße ber
Schale vorn weit hervorſticht, wird fie auch
Langhals⸗Doublet, und meil fie fich nicht ſchlie⸗
ben fann, aud wohl ewiger Rlaffer, (eeu-
wige Gaper) genannt.
Knorr, N. — Tab. XXV. Ag. 4, Lift. conch.
t. 434 S
3) Die gefiteifte Dbolade. Pholas ‚firiata,
tefta ovata multifariam firiata, Lion. u C,
Gualt. telt. 105. £ F.
Linnẽ gibt diefer Art ebenfalls eine eyfoͤr⸗
mige Geſtalt, und berichtet, daß ihre Schale
„vielfach geſtreift, der Aufenthalt aber in den
Klippen des ſuͤdlichen Guropens ſey. Hieher
wäre auch die Holzpholade des Rumph's zu
rechnen, welche nur fünf Schalen. haben, in der
Länge 13 Zoll, in ber Breite aber deeyvigrtek
Zoll halten, und in alten Pfählen an der See
gefunden werden fol. Die Sarbe derſelben ift
bunfelfarbig weiß, nach bem dien Ende zu pure
purfarbig. Als einmahl ein ſpaniſches Schiff aus
Ss 3, Weſt⸗
646 Pholade.
Weſtindien Falfatert wurde, fand man eine un⸗
zählige Menge diefer Conchylien inwendig in
dem Kiel fteden. Es beweiſet biefes alfo, daß
fie fait undenklich Hein fich in das Holz hinein⸗
bohren, und darin erſt zur Grdße wachlen. "Wie
fi) aber diefe Tierchen im Holze oder Gteine
Piss machen, iſt unbegreiflich, denn mo kommt
die abgeäßte Stein« oder Holjmaterie bin? da
fle doch feinen Platz haben, folhe auf die Seite
zu werfen? fie mäßte denn als ein flüßiger duͤn⸗
ner Brey durch die zuerft. gemachte kleine Deffs
nung herausgefprüßt werden.
4) Die weiße Pbolade. Pholas candida,
oblonga undique liriis decullatis muricata,
- Linn. L c.
Die Schale ift länglih, allenthalben von
Strichen, die ſich kreuzen, rauf, der Farbe nad)
fhneeweiß, und in den Klippen der europäifcdyen
. und amerifanijchen Meere befindlich. Diefe und
andere Arten bohren auch durch die GSeeeicheln
und. Auitern durch, fißen häufig in den runden
Korallenmafien der Gehirn⸗ und Sternſteine,
und find nicht Über einen Zoll lang.
5) Die."Zwergpbolade. Pholas pufilla,
telia oblonga rotundata arcuato-[iriata. Linn.
l. c. p. 3216.
Dieſe - fleine Pholade hat auf dem Ruͤcken
nur einfache. Klappen, : und fcheint daher. faft
eine eigene Gattung auszumachen. Die Schale -
iſt *länglich, abgerundet und bogenmeile geſtreift.
Der‘ Aufenthalt biefer befondern Art iſt in
Amerita. u
| 6) Die Lockenpholade. Pholas crifpata,
tefta ovali hinc obtufiore crilpato - liriata,
eardinis dente curyo. Linn. |, c,
Die
‚Phojass Phönien 647
‚Die Schale iſt oval; am Ende stwas ſtumef
und lockenartig geſtreift. Das Schoß iſt muͤt
einem krummen Zahn gewafnet. ‚Die Länge
diefee Schale trägt etwa zwey Bingerbreit aus,
und hält vom: Scäloffe-his zum-untern. Rande
nur einen Singer breit,. jedoch gibt «8 auch eis
nige, die von ginem Endg zum andern drey Zoll,
und die Quere über anderthalb Zoll haften,,das
runde Ende ift.mit. bogenfürmigen, das fpißige
- aber mit wellenförgigen Lockenſtrichen bezeichnet.
Der krumme Zahn am Schloſſe ift--oft einen
halben Zoll fang, und biegt ſich nach dem Wir⸗
bel der gegenſeitigen Schale. Der Aufenthalt
dieſer Pholaden iſt in den Kreidenbergen bey
‚Dieppe, und da heißen fie Piteau. In England
findet man fie gleichfalls, ſowohl in den Krei⸗
dengebuͤrgen, als im Alqungeſteine. Die Urſache,
Warum dieſe Art auch noch unter den vielſcha⸗
‚ fgen. Mufcheln vorkommt, ift diefe, ‘weil fich; am
Schloſſe noch eine Feine dritte Schale befindet.
Das Thier ſtreckt fich, auch cylindriſch hervok,
und hat die Gewohnheit Waſſer auszuſpruͤtzen,
wiewohl es in den Klippen lebt, und auch da
erzeuget wird. Dieſer-Cylinder iſt gleichfalls
mit zwey Oeffnungen durchbohrt, und fuͤhrt
auswendig purpurfarbige Querſtriche. Es iſt
auch noch⸗ anzumerken. daß da andere Pholaden
. mit dem dicken Ende zuerſt in den Stein boh⸗
ren, dieſe hingegen das dicke Ende nach oben
gekehrt hat, und in ber Mitte eine eingepeütte
Grube auf der Schale führt, .
Pholas, :f} den. vorftebenden Artifef,
Dhönice, fo hieß fonft der Polarſtern, meil. fi
die ‚phönicifchen . Schiffer zuerſt nach demſelben
richteten. .
4 u Hp,
648 Phoͤnir. Phormie,
Pbonix en fabelhaftee Vogel der Alten, ſelbſt
‘der alten Diorgenländer, auch Sonnenvogel ges
nannt, ven welchem man jagte, daß nur immer
einer in dee Welt fey, der fehr alt werde, oder
nach andern, der. fi) nur aller 500 Sabre ein:
mahl fehen ließe, umd fi auf einem Berge in
- Arabien in einem aus mohlrtechenden SKrautern
und Hölzern bereiteten Neſte ſelbſt verbrennte,
woraus aus ſeiner Aſche ein junger Phoͤnix
bervorginse. 2) Ein Saiteninſtrument der Al⸗
‘een. "3 Dee Stein der Weiſen. |
Phoenix ift in der. Naturgeſchichte auch
der Dahme einer Paſlmengattung, weiche im
Deutichen gewoͤhnlich Darrelpalme heißt, und .
im Art. Palme, Th. 106, ©. 288, und Dats
tel, Th. ð8, ©. 752. beichrieben fl.
Phonolithe, .ver franz Nahme ves Rlinufleins,
eine zu der Thongattung gehörigen Steinart,
die uncer andern: in - Böhmen und in ber. Lau⸗
fiß gefunden wird.
‚Pboras, find baummollene Nefſelt aͤcher, Die: vors
mahls aus Oſtindien 'gehohlt wurden, jeßt aber
um Rouen häufig geroebt werden. Man führte
fie vordem in Menge nach der afrieanifchen
. Kühe mus: Sie find in Städen von 9—10
Stab in der Länge,
:Phorbion, ein Leder, wwelches die Pfeifer ber Al⸗
», ten vor den Mund nahmen, theils die Lippen
zu. schonen theils den Inſtrumenten einen an⸗
genehmen. Klang ju geben. |
_ Phormie, Slachstilie, auch neiufeeländifiher Sladhe, |
Phormium, it der Dahme einer lilienartigen
© Pflanze, welche auf Meufeeland wählt, und
durch Forſter's Reiſe als ein vortrefflicher .
Flachs oder Hanf befannt geworden iſt. Als
‚ Gattung ‚betrachtet gehdrt fie in Hexandria
4 le 0-
Phormie. | ‘649
* Monngynia bes Linnefheh Syſtems, und fie
bat 6 unter dem Sruchtfnoten fitzende Blumens
blätter, von benen die 3 untern länger ſind, ale
bie übrigen. Die Staubfaͤden fleigen aufwaͤrts
und ragen hervor. Die Kapſel ift länglich und
dreyeckig. Die Samen find breitgebrüdt. - °
Man- fennt bisher nur eine Art, naͤhmlich
die zäbe Phormie, oder Slachslilie, Phormium
ienas, Spec. plant, ed. Willd. Tom. II: p.
171. Forlier 'Chäract. plant, t. V. p. 24.
Prodr. 153. Forſter's Meife L 235. t. 4.
Coot's Reiſe U. 1. 96. Chlamydia tenaciſſi-
ma. Gaertner de fruct. et lem. pl. 1. 7r.
t. 18. & 3. Mill, Fafc. 1. mit einer vortreffli-
ehen Abbild. Phorm. foliis plurimis, inflorel-
centia ramofa. Linn. [uppl. 204. °
- "Der Stengel: diefer Pflanze wird einige
Fuß hoch, Bat viele fange Blätter und oͤſtig
fiehende Blumen, welche bey- einer Abänderung
"gelb. und ben einer andern dunkelroth find. Aus
den Blättern diefer Pflanze bereiten die Neuſee⸗
länder ihre gewöhnlichen Kleidungsſtuͤcke, Schnuͤ⸗
re, Mebe und allerfey Sachen, welhe an Staͤr⸗
- Fe den aus Hanf verfertigten weit vorzuziehen
Ind Auch wiffen fie durch andere Bereitung
aus bdiefer Pflanze lanae, dünne Säferhen zu
jiehen, melde ſchneeweiß find, und wie Seide
olanzen. Dieſe find ebenfalls ſehr flarf und
werden zu ihren feinern Kleidern gebraucht.
Da die Inſel Meufeeland fo ziemlich unfer Kli⸗
ma hat, fo leidet es faft Seinen Zweifel, daft
dieſes näßlihe Gemächs, wie es auh Coof
meint, bey uns forttommen, und mit Sorgfalt
angepflanzt großen Vortheil bringen wuͤrde. In
?. den botanifchen Gärten hot man fie zum Theil
: wie auch Wilfdenow fie-in feiner. Ennnme-
Ss5 ratio
00 Pbhosphor.
‚ ratio ‚plant. Horti.bot, Berol, (1809. 8.) ©,
378. auffuͤhrt. "
Mbosphor, Phosphorus. Der Etymologie nad
. bedeutet diefes griechiſche Wort, welches man
wiburch Lichttraͤger überjegen fann, jeden Körper,
welcher, wenn.er eine Zeitlang dem Lichte auss
geſetzt war, im Dunkeln leuchte. Ehemahls.
kannte man nur fehr wenig dergleichen Körper;
. jest:ift das Verzeichniß derſelben fehr anſehnlich.
Man theilt die Phosppore (im eigentlihen Sınne
. des Worts) im narärlihe und Fünftliche ein.
. Unter, den natürlichen zeichnee fich befonders
‚der berühmte : bononifche Stein aus, welcher.
Die Idee von der Körperlichfeit des. Lichts zuerft
peranlaftee Lange Zeit blieb der bononifche
Stein der einzig befannte Körper, der. auf eine
fo auffallende Weiſe das Licht an fich zog, oder
gleichfam einfog, und dann im Dunfeln wieder
von fih gab. Endlich entdedte Chriſtoph
Adolph Balduin in Ehurfachien in der legten
. Hälfte des 17ten Jahrhunderts zufälligermweije,
daß der Ruͤckſtand der Deftillarion einer Kreides
- auflöfung in Scheidemäffer gleichfallg Licht eins
-fauge, und im Dunfeln. wieder von fih gebe
Man nennt dieß den balduinfchen Phosphor.
Gegen das Ende veffelben Jahrhunderts enngdedte
Homberg eine ähnliche Eigenſchaft an der Wer:
bindung der Kalkerde mit der Salzſaͤure. Dieß
iſt der hombergifche Phosphor. Du Fay fand,
daß eine Menge Körper die phosphorescirende
Eigenschaft durch. das Calciniren erhalten. Hie⸗
ber gebören 3. DB. Aufterfchalen, Sins, Kalk
fein, Marmor, Diamant und andere. Nom
letztern bemerkte er befonders, daß er im. Dunkeln
ftarf feuchte, wenn er vorber dem Sonnenlichte
ausgefeßt wur, und daß er die leuchtende Kraft
, eine
Phosphor. 651
eine Zeitlang behielt, wenn man ihn gleich nad) -
der Sättigung mit dem Lichte in ſchwarzem
Wachſe einſchloß. Marggraf fand, daß ſich
aus allen Schwerſpathen Lichtſauger, alfo Phos⸗
phore, bereiten ließen. Wenn man fie in
u Schmelztiegeln zum Gluͤhen bringt, in ſteinernen
oder glaͤſernen Moͤrſern zerreibt, das Pulver
mit einem Schleime von Gummi Tragant zu
einem Teige knetet, aus welchem man Kuchen
formt, und dieſe Kuchen, wenn ſie trocken ſind,
mit Rohlen umlegt, im offenen Ofen calcinirt;
fo leuchten fie, dem Lichte ausgeſetzt, im Duns
fein wie glühende Kohlen.
u Diele andere Beyſpiele der Art findet. man
im Art. Lichreinfaugende Körper, Tu. 78,
©. 322 fl. angeführt,
Wenn in der Chemie und Phyſi k von
Vhosphor die Rede iſt, fg wird darunter ges
meiniglich der Harnphosphor verſtanden, wel⸗
chen man in großer Menge aus dem Urin und
ſonſt aus allen thieriſchen und einigen vegetabili⸗
ſchen Subſtanzen erhält, Dieſer Phosphor heißt
auch brandtiſcher von ſeinem Entdecker, einem
verarmten Kaufmanne Brandt in Hamburg.
Dieſer lebte gegen das Ende des 17ten Jahre
hunderes, und befchäftigte fi mit der Goldina⸗
herey. Er fuchte dieſes Metall auch im Urim,
und erfand dabey zufällige Meile den Harn⸗
phosphor. Kunkel bemühete fich vergeblich,
fein Geheimniß zu erfahren, und arbeitete das
her mit unerfchätterlicher Geduld fo lange, bis
er es ſelbſt entdeckte. Weil er die Erfindung
jum smentenmahle machte, fo pflegte man den
Harnphosphor auch kunkelſchen Phosphor zu
nennen. Einige fchreiben dem berühmten Mo:
bert Bonle ebenfalls die Erfindung zu, daher
boylifher Phosphor, - . Man.
62 Phosphor.
Man kennt verſchiedene Methoden, den
Phoͤſsphor aus Harn zu bereiten. Im Jahre
1737. lie die parifer Akademie eine durch Hel⸗
lot befanne machen, die aber ſeht mählam und
’ Foftipielig war. Im Sahre 1743 gab Margs
graf ein beſſeres Verfahren an. (S. deſſen chy⸗
miſche Schriften. B. J. ©. 57.) Die Bereitung
bleibt indeß, wie man denken kann, immer ekel—
haft und bdeſchwerlich; daher mußte die Entdek—
kung der Phosphorfäure in den Knochen: um fo
wirkſamer ſeyn, da fie Gelegenheit gab, den
Phosphor aus dieſen thierifchen Subftanzen zu
bereiten. Die beſte Bereitungsart ft ‚nad
Girtanner (ſ. veflen Anfangsgruͤnde ber .ans
‚tiphfogift, Chemie. S. 67) folgende: man kalci⸗
nirt Knochen von erwadjienen Thieten fo lange,
bis fie völlig weiß find, zerftößt fie dann. zw.
Pulver, und fchlägt dieſes durch ein feines
Haarſieb. Nun gieft man mit Waſſer vers
mifchte Schmefelfäure auf das Pulver, aber
nicht fo viel, als nöthig ift, das Knochenpulver
ganz aufzulöfen Ben dieſer Operation verbin⸗
det ſich der Schwefel mit der Knochenerde, und
bildet mit ihr eine geſchwefelte Kalkerde, oder
Die jogenannte Schmefelleber. Der et
verbindet fih mir dem Phosphor der Kno en,
und fo entfiehe die Phosphorſaͤure, welche mit
Waſſer miſchbar if. Man gieft nunmehr das
Slüfige von der Maſſe ab, und f&ßt das Les
brige vollends über einem aelinden Beuer abraus
hen, um die geſchwefelte Kalkerde abzufendern,
Hiebey erhält man die Phosphorfäure in Ges
ftaft eines meißen, durchſichtigen Glaſes, welches.
zerſtoßen und dem der britce Theil feines Ge⸗
wichts Kohlenſtaub zugeſetzt wird. Der Kohſen⸗
ſtaub raubt der Prespherſaͤure den Sauerſtoff,
und,
Phosphor. 63
und es entſteht bey-der Deſtillation. Lohlengefaͤju⸗
ertes Gas und Phosphor. Die durch digſe
Operation erhaltene. Phosphorfaͤure iſt niemahle
rein, und kann daher zu feinen chemiſchen Un⸗
„„terfucjungen - nicht, gebraucht, werden. Der Phos-
phor erſcheint in Tropfen, die bey der Deſtilla⸗
tion ins Waſſer fallen. Dieſe werden nachher
‚in warmen Waſſer geſchmolzen und durch Leder
gepreßt. Laͤßt man den geſchmolzenen Phosphor
langſam 'erkalten, ſo fchiefit- er. in aanenden
blaͤtteraͤhnlichen Kryſtallen an.. ir.
Man kann dieſe Subſtanz auch dadurch
erhalten, wenn man effigfaures Bley, d. zi.
Bleyzucker, in reinem Waſſer aufloͤſt,die Auf⸗ |
löfung allmäplig in feifchen Urin gießt; dann
die uͤberſtehende Fluͤſſigkeit langſam vom Nieder⸗
ſchlage ablaufen läßt, den Niederſchlag abwoͤſcht,
ihn mit Kohlenpulver vermiſcht, trocknet, und in
verſchloſſenen Deſtillirgefaͤßen einer hoͤhern Tem⸗
peratur ausſetzt. Man erhaͤlt den Phosphor
hiebey in der Vorlage.
Der Phosphor iſt, nach der Lehre der An⸗
tiphlogiſtiker, ein einfacher. Körper, welcher mit
dem Schwefel zwar einige Aehnlichkeit hat, aber
dennoch weſentlich von ihm verſchieden iſt. Bey
der gewöhnlichen Temperatur der Atmofphäre
ftellt er, mie der Schwefel, einen Fefien Körper
por, welcher weiß, und mehr oder weniger gelbs
lich ift; im Waſſer und Weingeiſt nicht, wohl
aber mit Hülfe höherer Temperatur in fetten
und ätherifchen Dehlen auflösbar und leichtfluͤſſi⸗
ger iſt, als der Schwefel. Er ſchmilzt im hei:
gen Waſſer ſchon beym 1 noten Gr. Fahrenheit.
Ben der Erkaͤltung nimmt er feine feſte Geſtalt
wieder an. Er. ift flüchtiger ale Schwefel, und
aber, daher er A ih nicht fo, mie biefer, zu
Staub
654: Phosphor,
Staub zermalmen läßt. In Hinlänglich langen
Stuͤcken kann man ihn bey gelindeer Wärme
etwas biegen. Wenn man ihn in freger Luft
bis zu 212 Gr. Fahrenheit erhitzt, fo entzuͤndet
er ſich ſchnell, wid brennt mit flarfer Flamme
und hellem weißem kichte Jedes brennende
Phoͤsphortheilchen verwandelt ſich dabey Ih Phoss
“ phorfäure, und die auffteigenden weißen Dämpfe
find nichts anders, als folhe. Durch diefe ei:
« gene Shure wird der Phosphor ganz befonders
vom Schwefel unterfchieden. In einer Tempe
"zafue, die den Schwefel gar nicht verändert,
und felbft in der Sroftfälte, verbrennt der Phos⸗
phor langſam mit flarfriechenden weißen Däms
pfen, die in unvollfommener Phorphorfäure be⸗
fiehen, und leuchtet dabey im Dunfeln. Im
Hellen, zumahl beym Sonnenſchein, ift fein Licht
zu fchwach, um bemerkt zu merben, fo mie auch
feine Wärme nicht fo beträchtlich ift, daß man
fie ben jenem langfamen Verbrennen wahrneh⸗
men koͤnnte. Bey diefem Dampfen des Phose
phors entfteht zugleich Waſſer, welches man in
Tropfen an den Phosphor hängen flieht. Dams
pfen und Leuchten find bey diefer Subſtanz uns
zertrennlich verbunden. In gar gu niebriger
Temperatur, z. B. bey o rad Fahrenh. dampft
und leuchtet der Phosphor nicht. Im völlig
Iuftleeren Raume und in mebrern Gasarten, z.
B. im reinen, gefohlten. geichwefelten und phoe⸗
phochaftigen MWaflerftoffgas, im ſalpeterhalbſau⸗
ten Gas, im foblenfauren Gas, Amoniafgas
u. ſ. w., dampft und feuchter der Phosphor
nicht. Geſchieht es Anfangs ja, fo iſt etwas
atmofphärifhe Luft, melde jenen Gasarten
beygemiſcht ift, die Urfah davon. Merkwuͤrdig
iſt s, daß der Phosphor in einem Stickgas, 7
N 6
. ches nur wenig Lebensluft enthaͤlt, "Mäcker ale
- in atmofphärifcheer und Lebensluft leuchtet. In
einem ganz reinem Sticdgas;:! welches durchaus
feine .Zebensluft (Sauerſtoffgas) enthält, kaun
der Phosphor nach der allgemein angenymmen⸗en
Theorie ‚gar. nicht leuchten: :: Goͤttling's Wer
haupfüng des Öegentheils iſt purd die Buͤrger
Bauquelin und Fourcroy (ſ. Scherers
allgem.‘ Journal der Ehemie B. J. Heft. S.
4920) zur Genuͤge widerlegt worden. 63
7Man nimmt an daß⸗ der Phosphor aus
dem allen brennbaren Körpern‘ eigenen Lichtſtoffe
Und ſeinem eigenthümficher: Stoffe, d. i. dm
Phosphorſtoffe, beſtehe. Letzteret kantz fuͤr ſich
allein nicht dargeſtellt werden. Bey der Ver⸗
. brennung' des: Phosphors wird ber Phosphorſtoff
mit den. Sauerftoffe der atmosphärifchen Luft
zu Phosphorſaͤure umgebildet; der fich entbindens
de. Richtftoff -effelben verurſacht das Leuchten,
und da der Sauerftoff daben feinen fuftartigen
Zuftand verliert, fo wird die gebundene Wärme
deffelben frey. — Da der Phosphor durch. das
“ganze Thierreich, und zum Theil au im Plan:
zenreiche verbreitet ift, fo ifts fein XBunder, daß
man feine Erfcheinung fo häufig wahrnimmt. Er
entbindet fich nähmlicdy aus den faufenden Koͤr⸗
pern als phosphorhaltiges Waſſerſtoffgas. Hiers
aus muß das Leuchten faulender Sifche, des fau⸗
fen Holzes und dergleichen erklärt werden, welches
mwahrfcheinlich nichts anders ift, als ein fortges
ſetztes allmaͤhliges Entbinden von phesphorhalti:
gem NBafferftoffgafe auf der ganzen Oberfläche
der faulenden Subſtanzen. Die befannten Ser:
fichter fcheinen ein folches Gas zu feyn, welches
aus Sämpfen, in welchen thierifche und begetabis
liſche Körper faulen, in Menge entbunden wird,
| und
[7
»
.
*
65% Phosphor.
und vielleicht iſt auch bas Leuchten‘ ber ſogenann⸗
ten Sohonnismürmchen und anderer, zumahl im
:. Meere‘ lebender Sefchöpfe, bloß ein fahftes Ente
binden des phospherhaftigen Waſſerſtoffgaſes. —
„Mein finder fi) ber Phosphor nirgends in der
Natur,, ſondern er ift größtentheils, mit Sauer:
»Koff verbunden, als Phosphorfäure den Körpern
dengemifht. ":: : =. 2
Da der Phosphor, wie aus dem vorigen
erhelet, in: freyer Kuft verbrennt, ſo muß men
‚ihn. im: MWafler ;aufberakren. Sein größter
„Mugen befteht darin, daß er durch die Erſchei⸗
„mungen; bie ec. im: beu::verfchiebenen Gasarten
"Sarbietet, den Antiphlogiftifern viele Reſultate
liefert, .die als Stüßen ihres Syſtems und als
eben fo viele WWiderlegungen: der alten ſtahliſchen
Theorie anzufehn find... Auf feine leichte Ents
zuͤndbarkeit gründet fidy die Verfertigung mehres
zer Kunſtſtuͤcke und Spielwerfe, 5. B. daf man
den eben audgeblafenen , noch heißen Dochr eines .
Wachslichts mittelſt einer Mefferfpiße anzuͤndet,
an welcher man ein Wenig Phosphor mit Wachs
anklebte; ferner die Verfertigung der turiner
Lichtchen und des feu portatif. Letzteres beſteht
darin, daß man ein mit engem Halſe verſeheyes
Riechflaͤſchchen zur Haͤlfte mit Phosphor anfuͤllt,
und es leicht bedeckt oder offen an einem war⸗
men Orte fo lange ſtehn laͤßt, bis der Phosphor
obenauf zerfegt und braun zu werden anfängt;
ſodann ſtopft man das Glas zu. Druͤckt man
nun die Gpiße eines Schwefelhoͤlzchens in die
Maſſe des Phosphors, fo daß etwas daran haͤn⸗
gen bleibt, und bringg das Hoͤlzchen heraus fo
zieht es gleich Teuchtigfeiten aus der Luft an,
erbigt und entzündet fich, und das Schwefelhoͤlz⸗
Ken brennt, Die turiner Lichechen werden
N aus
Phosphor | 657
aus glaͤſernen „Röhren: mit Thermometerkugeln
verfertigt. Man thut etwas Phosphor in die⸗
ſelden, läßt ihn über einer hinlaͤnglichen Wärme.
Schmelzen, und ſteckt ſodann einen duͤnnen Wachs⸗
ſtock hinein, deſſen Docht mit Zimmt⸗ und Nel⸗
- Eendl befeuchtet und mit einem Pulver von gleie
- then Theilen Schwefel und Kampfer beſtreut wor⸗
‚den iſt. Diefer Docht muß bis in die Kugel
hinab reichen und in dem .gefchmofzenen Hoss
pbor. umgedreht werden, Sobald dies gefchehen
—iſt ſchmeizt man die Roͤhre zu: Zerbricht man
fie hernach, und zieht den Wachsſtock ‚heraus, fo
entzündet er fi an ber Luft von ſelbſt. Es
iſt nicht rathſam dieſe turiner Lichtchen ben. fich
zu fuͤhren, oder an einem Orte aufzubewahren,
wo ſie zerbrochen werden und irgend eine feuer⸗
fangende Materie ergreifen koͤnnten. Wenig⸗
ſtens ſollte man fie in metallene Kapfeln vers
ſchließen. —
-In der Arzeneykunſt bat man den Phos⸗
phor als Pulver irgend einer Conſerve beyges
miſcht. bisweilen als nervenſtaͤrkendes und krampf⸗
ſtillendes Mittel in boͤsartigen Fiebern, in der
Raſerey, Epilepſie u. ſ. w. angewendet. Er
ſcheint in dieſen Faͤllen nicht wenig zu vers.
rechen. V | J
” Der Phosphorfäure hat man fi) bis jege
bloß äußerlich wider .den Knochenfraß bedient.
Außerdem: wendet man den Phosphor auch
zu eudiometrifchen Verſuchen an, und verfertige
. eigene Inftrumente, welche Phosphor Kudıos
‚meter genannt werden, wovon der Arc. Luft⸗
sütemefjer, Th. 83. ©. 417. nachzuſehen iſt.
Or, techn. Enc. OK. Then. Te Veh
658. Phosphor,
Noch verſchiedene Bereitungsarten des Phos⸗
phors, und anderer mit Phosphor sus
fammen gefester Dinge.
Phosphor nah Baumé.
Hiezu nimmt man eine Art Hornbley, wel⸗
ı ches bereitet wird, indem man eine Mifchung von
vier Pfund Mennig, und zwey Pfund pulveri«
firten Salmiakſalzes deflilirt, von welchem leßtes
sen man den flüchtigen alkaliſchen Geift, der
ſehr durchdringen» ift, abgezogen hat. Das was
nach der Deftillation in dem Kolben zuruͤck
bleibe, iſt das Hornbley, weiches mit neug bis
zehn Pfund Urinertract, der bis zur Honigdicke
verdickt mworden, vermifcht wird. Der Urin
.. braucht vorher nicht zu faulen, und die Mis
ſchung gefchieht in einem eifernen Keffel über‘
dem Feuer, nad) und nad) unter zuweiligem
Umruͤhren, wobey man nad) und nad) ein bald
Pfund Koblenpulver hinein trägt, und fo lange
fortfährt, bis die ganze Maſſe zu einem ſchwat⸗
zen Pulver gemorben. N
Dieles Pulver wird nun in eine Stetorte
gethan, und durch ein mäfiges gradwirtgs Feuer
‚alle flüchtigen Produkte des Urins abdeſtillirt,
naͤhmlich das flüchtige Alkali, das ftinfende Oehl,
und eine falmiafartige Materie, die fih in dem
Hals der Retorte anhängt. Das Feuer wird
nur fo weit verflärfe, bis die Metorte mäßig '
gluͤht, fo bleibt zuletzt ein ſchwarzes, fehr zer
reibliches. Pulver zuruͤck, aus weichem mit ſtaͤr⸗
kerem euer der Phosphor bereitet wird.
. .. Bevor man dieß Pulver zum letztenmahl des
-filliee, fo probire man es, und freut etwas
‚davon auf glühende Kohlen; ift es gut gerachen,
fo erhebt ſich ein Knoblauchgeruch, und die .
—
Phosphet. cca
a. len leuchten mit einer blauen phosnhorifchen Flam⸗
„me, Dann ‚nimmt man eine florfe Metorte, bie
"Fyem Zeuer widerſteht, befchlägt fie mit Leim und
„ Haaren, und füllt drey Viertel davon mit obis
gem ſchwarzen Pulver an...
' rn ge wird fie in einen gemößnfichen Dee
*filieo en gelegt. der ‚aber. ftatt den, gewöhnlichen |
“Quglöcern, mit. einem Windofenauffag, und
. siner. Möhre von ſechs Zoll im Ducchmefler, und
gcht bie, neun Schuh Höhe yerfehen if. Dies
ift nothwendig, theild um dem Feuer mehr Wirk⸗
"fänifeit zu geben , theils auch um eine hinlänglie-
che Quantität Kohlen. dur die Thuͤre des Auf⸗
ſatzes eintragen zu koͤnnen.
"7 Die Retorte uf an eine Vorlage von mitte
erer Groͤße lutirt werden, die mit einer kleinen
—— mach rerſehen if, und zue Hälfte mit
aller angefüllt wird. Dazu nimmt man ein
e . fettes Lutum, daß aus Kalf und Eyweiß gemacht,
und mit Leinwandflreifen ummidelt, wird. Auch:
"der Ausschnitt des Dfens, durch welchen die Pes
torte herausgeht, muß mit Thonerde ‚gut vers
‚macht werden. Zuleßt errichtet .man nod eine
Feine Mauer von Baditeinen jröifchen dem Dfen‘ |
und der Vorlage, damit die leßtere fo viel mögs
lich vor der Hiße geichäge wird. Alles. diefes
wird dem Abend vorher zugerichtet, fo. it das
“ oͤbrige leicht.
—
Waͤhrend der erſten änderihalß Stunden |
wird die Metorte immer fluffenweis mehr erhitzt,
nachher verftärkt man das Feuer bis fie glähr,
.und der Phosphor in leuchtenden Dämpfen übers
geht. Wenn die Netorte beynah braunroth gluͤht,
ſo geht der Phosphor in Tropfen uͤber, die ſich
in dem Waſſer der Vorlage figiren, und ſo haͤlt
man mit dieſem Zeuersorad an bis nichts mehr
t 3
ber⸗
660 Phosphor.
Abergeht. Dieſe Arbeit dauert ohngefaͤhr Fünf
Stunden, wenn bie Netorte ohngefähr zivey Kan⸗
men und baräber hält, |
2 Dee Phosphor geht nicht rein aber, ſon⸗
dern wegen der kohlichten rußartigen Materien,
: ie ſer mit fich fortreißt, ganz ſchwatz, aber man
: San ton leicht reinigen und ſchoͤn weiß machen,
wenn man ihn zum zweytenmahl in einer Meinen
- gläfernen Retorte deftillirt, bie mit einer Wors
- lage verfehen wird, welche hafb mir Wafler am
*;:gefühle if. Hiezu wird nur eine gelinde Waͤr⸗
- me erfordert, weil ber einmahl fertige Phospho⸗
rus ſehr fluͤchtig iſt, Teicht auffleige, und rein
übergeht, während die rufigen ſchwarzen Theile
im Grunde zuräcbleiben. .
=... Macher wird biefes Phosphor zur Bes
quemlichkeit der Verſuche in Feine Stengel ge⸗
bracht, und zu dem Ende in Glasroͤhren gefuͤllt,
Die man an Waſſer taucht, welches mehr als
lauwarm ft. Diefe Waͤrme ift hinreichend, um
dern" Phosphor Adffig zu machen, der beynah fo
Ichmelzbar ift als Talg. Seine Theildyen verei
nigen fich, nehmen die Form ber Glasröhre an,
- und wenn er fi figiret hat, nimmt man ihn
Heraus, Roch leichter wird dieſe Arbeit, wenn
die Slasröhren etwas koniſch zugefpißt find; fie
muß aber’ befländig im Waſſer verrichtet mer
den, weil ſich ſonſt der Phosphor entsänden
möchte,
Siäffiger Dhosphor.
"Der Phosphor laͤßt fih in Fleinen Qua
titäten in den mefentlichen Deblen aufldfen, und
ſo Kann man einen Gran Phosphor mir fünf
Sfrupel Nelkenoͤhl und einer halben Drachme
Kampher zerreiben, und mit einander digeriren
| laſſen.
Be 73
laſſen, Das Oehl wird dadurch feuchtend, und
‚Reit alsdann fläffiger Phosphor: man kann ſich
3 B. das Geſicht damit beſtreichen, daß es’ in
der Dunkelheit leuchtet, ohne zu brennen; auch
mahlt man mit dieſer Miſchung Buchſtaben
‚und andere Figuren, die im Dunkeln Teirdjtehd
erſcheinen ſollen. N
Dhosphonifhes Pulven.
0 Hierzu caleinirt man 'eine gewiffe Menge
Auſterſchalen eine halbe Stunve. lang im Feuer,
und wenn fie ganz’ jur Pulver zerfallen find, jo
fondert man den reinern. Theil durch das Sieb
ab, und milcht unter drey Viertel dieſes Puls
"vers ein Viertel! Schwefelblumen. "Mit. diefer
Miſchung wird. ein Tiegel, der anderthalb Zoll
hoch iſt, Bis an den Rand angefüllt,. und eine
Stunde ing in ſtarkes euer gejeßt, ſo daß er
gluͤht. enn er. wieder kalt geworden, nimmt
man die Materie heraus, und zerſchneidet ober
zeriihlägt fie; dann werden die glaͤnzendſten Theil⸗
chen zerrieben, die, wenn der Phosphor gut ge⸗
gathen, ein weißes Pulver geben, welches man.
in einer gut verſchloſſenen Stafıhe. dos alter Luft
dewahrt. I |
Wenn. man einige Stuͤckchen diefes Pulvers
zwey bis drey Gefunden der freyen Luft auss
feßt, und fie hernach plöglich in ein dunkles
“ Zimmer bringt, fo leuchten fie arf genug, um
Die Stunden auf einer Uhr zu erfennen, wenn.
man vorher die Augen: ein paar Minuten vers
Schloffen, ober fi) im einem. dunklen Zimmer
aufgehalten Hat. 0
Man kann auch vermittelſt dieſes Phosphors
einen andern artigen Verſuch machen, und die
Planeten vorſtellen. Zu dem Ende ft man
662 Phosphor
ihre Figuren in Holz drehen, beſtreicht fie mir
Eyweiß, und beflreut fie mit Phosphor, dann
näberg man in der Nacht die Kette einer. cicke
triſirten Flaſche diefen Figuren, fo werden fie fo
leuchtend erfhheinen, wie am hellen Tage. _..
Diefer Phosphor wird durch die Wirfung
ber Sonne richt verändert, "wohl aber durch
Waſſer und. feusgre Luft, die ihn binnen zwey
Monathen zerflören. Eben fo wenig verändert
‚ ihn der. XBeingeift, und noch weniger der Accher,
in benden finft der Phospher zu Boden, .ber
‚Aether bleibt hei und klar, der Weingeiſt .aber
wird etwas gelblicht. |
Durch die Hiße des ſiedenden Waſſers wird
fein Leuchten vermehrt, vericywinder aber wieder
„Binnen zehn Minuten. Die Wärme der Hand
hingegen ift ihm zuträglich.
. Die Hiße. eines beynahe gluͤh A. Eiſens
wirkt ſo ſtark auf ihn, daß er ſeinen Glanz da⸗
durch wieder erhaͤlt, wenn er ſechs Monathe
lang vorher in der Dunkelheit gelegen. |
>
. »geuctenber phosphorifher Liquor. .
3 Man nimmt ein Feines Stuͤck engliſchen
Pheosphor von der Größe Einer Erbfe, zerfhnei«
det es in voch Fleinere Städchen, legt fiein. ein
halbes Glas reines. Brunnenwaffer, feßt diefes
‚In ein irdenes Gefchire, und läßt es bey gelins
bem euer etwas Fochen., Dann nimmt man
eine lange ..und -enghalfige. Phiole von meißem- :
Glaſe, die mit einem genau paffenden Glasſtoͤp⸗
fel versehen ift, Öffnet fie, fledt. den Hals davon
in das fiedende Waſſer, zieht fie wieder zuruͤck/ daß
daos Waſſer herausläuft, und unmittelbar nache
ber gießt man bie ganze ſiedende Miſchung Kine
Phosphor. | . 663
ein. Der Stöpfel wird fogfeich eingerieben und
Iutirt, damit keine äußere Luft dazu kommen fann,
Dieſe Phiole wird mehrere Menate fang
in der Dunkelheit feuchten, ohne daß man ſie
zu berühren braucht; fchürtelt man fie aber bey
_ warmem trodnen Wetter um, fo werden hells
‚leuchtende Bliße mitten aus dem Waſſer aufs
fhiegen. Man fann noch einen andern befus-
fligenden Verſuch mit diefem leuchtenden‘ Waſ⸗
ſer machen, wenn man die Flaſche, worin es
enthalten ift, mit einem Papierſtreifen umwindet
und einige Worte darin ausſchneidet, bie man
alsdann in ber Dunkelheit lefen kann.
Urinoͤſer Phosphot.
Man nimmt eine gute Menge Hein, und
fegt. ihn in Glaͤſern während ‚der Hundstage
en bie Sonne, bis er. ganz ftinfenb wird: So
wie er Durch die Berbänftung in den Släfern
abnimmt, gießt man fie wieder voll, und wenn
er ganz faul iſt, thut man ihn’ in eine Retorte
bon Glas, lege ſie ins Sandbad, luͤtirt einen
Mecipienten vor, und fängt an zu deſtilliren;
es wird zuerft ein Geift, und. dann ein Phlegma
übergehen. Wenn nichts auffteige, laͤßt man
bie Retorte Falt werben, oͤffnet fie, gieft aber⸗
Mahis faulen Urin hinein und lutirt und deſtil⸗
‚liet wie vorher den Geiſt und das Mhlegma af.
So fährt man fort mit Aufgießen und Deſtil⸗
liren, bis man eine gute Menge Feces hat.
Beſy jeder Deſtillation wird das Teuer ‚nicht
weiter getrieben, als bis das‘ Phlegma uͤbergeht,
ſonſt würde das Oehl Übgrgehen, welches die Ma⸗
terie des Phosphors iſt. Wenn alſo die Retor⸗
te wieder kalt geworben, Öffnet: man fie, nimmt
das Phlegma aus dem Cyu lutirt i
t 4 wie⸗
1
⸗
664 Phosphor.
wieder vor, und verſtaͤrkt fiufenweis bas Temer,
bis.das Oehl aufſteigt. So fährt man. fort,
bis das Oehl nicht mehr auffleigt, alsdann vers
färft man das Teuer, um alles vollends übers
äutreiben, was.noch geben kann, und wenn die
..Metorte kalt geworden, zerfhlägt man fie. Man
findet eine fchwammichte Materie, welche oben
fist. und eine andere ſchmutzige weinfteinartige
Mafle darunter. |
Die fhwammichte Materie wird mit einem
Stock abgelöft, und in einer neuen Metotte bey
einem Gradfeuer im Sandbad deſtillirt. Es
geht zuerſt ein Oehl uͤber, welches beſonders
aufbewahrt wird, dann kommt eine dem geſchmol⸗
zenen Schwefel ähnlihe Maſſe. Die Dehl
wirdmit jenem, welches von der erften Deftillation _
zurüdgefeßt worden, vermiſcht, und auf bas
Produkt der zwenten gegoflen, dann alle Seuche
tigkeit mit: gelindem Feuer davon abgezogen. .
Nachher nimmt man das Phlegma aus demm
Reeipienten, gießt Waſſer dafür hinein, und
deſtillirt das fette, harzige Debl über, fo gebt
die Phosphormaterie ſternfoͤrmig über, und fälle
gleich einem fläffigen Feuer in den Mecipienten;
alsdann darf aber. das Feuer nicht übertrieben. .
werden, weil fonft bie Retorte zerfpringen moͤch⸗
te. Wenn die Arbeit wohl von flatten gegand.
gen, fo findet Imen den Phosphor im Grunde
des Mecipienten „ den man ſtuͤckweiſe in Glaͤſer
mit Waſſer thut, und fie gut verftopft.
Phosphor mit Salmiak und Kalk.
Man smifcht einen Theil Salmiakſalz jund
zwey Theile an. der Luft geldfchten Kalk unter:
einander, und thut die Mifchung in einen Lies.
gel, wopon wenigfiens ber dritte Theil leer bleibt.
41*
F =
gar R _
3 “
0 Phosphor. u 665 J
und welcher mitten in gluͤhende Kohlen geſetzt
wird. Die. Materie wird beym Zergehen ſich
ſtatk aufblähen, und dann. mit einem eifernen
Spatel umgeruͤhrt. Wenn fie gut fließt, fo ..
taucht man. Eleine Stäbchen Eifen oder Kupfer
‚hinein, damit fie ſich mit diefer Materie, wie
mit einem Email, überziehen. Nenn fie guet
damit überzogen find, bewahrt man fie an einem |
trocknen Ort auf.
Bill man fi 5 deren bedienen ‚fo nimmt
man eins dieſer Staͤbchen, und ſchlaͤgt mit eis
nem kleinen eiſernen Hammer barauf, fo wird -
die gefchlagene Stelle’ ganz feurig und’ Teuchtend -
erfcheinen, fo daß man ein Licht dabey anzuͤn⸗
den kann. Die. einmahl'gefchlagene Stelle kann
aber . nicht zum zweytenmahl bienen, weil ber
Veberzug zertruͤmmert iſt, und deswegen nimmt
man Eiſenſtaͤbchen dazu, damit man an mehres
sen Stellen haͤmmern kann. Dieſe Stäbchen
muͤſſen indeſſen ſorgfaͤltig vor aller Feuchtigkeit
bewahrt werden, weil ſie ſonſt keine Wirkung
thun wuͤrden.
Brennender. Phosphor nach Homberg.
Man laͤßt eine ziemliche Menge friſchen
Urin uͤber dem Feuer evaporiren, bis eine ſchwarze,
beynahe trockene Materie zuruͤckbleibt. Dieſe
Materie ſetzt man zwey bis drey onarhe lang
zum Faulen in den Keller, und miſcht hachher
zwey Pfund derjelben mit doppelt fo viel feinem
Sand oder armienifchen Bolus. Diefe Miihung
thut man in eine fleinerne Retorte, lutirt fie,
und vermifcht fie mit einem langhalſigen glaͤſer⸗
nen Decipienten, in welchen man ein big zwey
Kannen Waſſer gießt. Wenn die Gefäße In:
tirt find, fe feße man die Metorte ins frene
Tt 5 Feuer,
66 0 Dfodoher.
Feuer, und gibt die erſten zwey Stunden gelinde
Hitze, dann verflärft man das Feuer nad) ‚und
nach bis zur Heftigkeit, und faͤhrt mit dieſem
Grad drey Stunden lang fort, Dann wird zus |
erft ein wenig Phlegma in den Mecipienten
übergehen , nachher etwas flüchtiges Salz, und °
dann viel ſchwarzes ftinfendes Oehl. Endlich
ſteigt die Phosphormaterie in weißen Doͤmpfen
auf, die ſich an den Waͤnden des Recipienten
als eine gelbe Haut anhängen, oder als kleine
Körner in den Wecipienten fallen. : Alsdana
läßt man das Teuer abgehen, und nimmt den
Recipienten nicht eher ab, bis er ganz Falk ge
worden, denn wenn man Luft zufieße, während.
er noch warm ift, fo Fönnte ſich bee Poosptor
leicht entzänden. "
Damit man dieſe Fleinen Körner. in eine
Maffe bringt, thut man fie in eine Fleine Form
von Blech, gießt Waſſer darüber, und erwärmt
| u es, damit alles wie Wachs ſchmelzt; hernach
gießt man kaltes Waſſer daruͤber, und erwaͤrmt
es; damit alles wie Wachs ſchmelzt; alsdann
gießt man kaltes Waſſer darüber, bis die Phose
phormaterie die Konfiftenz und Form eines gel⸗
ben Wachſes erhalten hat. Dieſe Maſſe wird in
kleine Stuͤckchen zerſchnitten, in Glaͤſern aufbe⸗
wahrt die mit Waſſer angefuͤllt ſi nd, und- dw
verſtopft gehalten werden. |
Amalgamirung des obigen 06 086
3 mi nadct sbigen vooer 2
Don obigem Phosphor thut man ungefäße:
zehn Sran in eine large Phiole, und gieft eine:
Drachme Spifs oder Lavendelähl darüber, ſo
daß zwey Drittel der Phiole leer bleiben. Dann
erwärmt man bie Phiole bey ber Warne 3
Lichts,
Phosphor. — 66h
Lichts, und wenn das Lavendeloͤhl anfängt den
‚ Phosphor mir Schäumen aufzulöfen, fo gießt
man eine halbe Drachme Duedfilber dazu, und
ſchuͤttelt es zwey bis drey Minuten unter eins
ander. Go wird man den Phosphor mit“ dem
Queckſilber amalgamirt finden, und wenn man _
dieß Umalgama in einen dunfeln Drt bringt, fo
wird die Stelle wo es ‘gelegen, ganz feurig und
leuchtend ſcheinen.
Kunkels —XR
Man ſammelt in einem Faß eine Menge
Urin, und laͤßt ihn drey bis vier Monarke an
einem bedeckten Ort gaͤhren und faulen. Nach:
bee feßt man ihn in großen Schuͤſſeln übers
zZug, nd bampft alle Teuchtigfeit ab * bis er
die Koiffften; eines Honigs erhalten. In bies
fem Zuftande thut man ibn, mit dreymahl fo viel
weißen Sand vermifht„in einen Kolben oder
Metorte, welche aber. flarf genug feyn muß, das
heftigfte Feuer auszuhalten. Auch wird ein halb
mit: Waſſer angefüllter Recipient borgelegt und
‚ bie Sugen gut lutirt.
| Die Retorte wird nun in einen Defillie
ofen gelegt, und mie freyem euer, welches man
prabweife verftärfe, fünf bis fjechs Stunden
ang deftillire, fo daß alles Slüchtige und Phlegg .
ma übergeht... Dann verflärft man das Teuer
noch mehr, und hält noch ſechs Stunden damit,
an, fo’ geben viele weiße Dämpfe über, wie bey
der Deſtillirung des Vitrioloͤhls. Dieſe Daͤmpfe
ehen häufig in den Recipienten, verdicken ſich
daſelbſt, und der Recipient wird wieder helle.
Nachher gehen andere Dämpfe über, welche eia
nem’ bläulichten. Schein, gleich dem angezuͤndeten
Schwefel haben, und wenn man das Feuer läns
ger
668 | Phosphor.
j ger anhäft,. fo fleigt endlich. eine noch ſchwergre
Subſtanz aͤber, die durch das Waſſer durch⸗
dringt, und ſich auf den Grund des Recipienten
t *
Dieſe Phosphormaterie wird hernach her⸗
als genommen, und von dem übrigen abgeſon⸗
‚dert, man kann fie auch noch warm in Peine
blecherne Zormen gießen, und Stengel daraus
I mahen. Die muß aber ſchnell und mit Ges
fchicflichkeit gefchehen, Denn der Phosphor muß
fobald als möglich in eine Phiole mit Waſſer
gethan werden, fonft würde er fich. felbft verzeh⸗
ren, inbem er fich bey der Berührung ber Luft
entzündet, Wenn man ihn gebrauchen will, fo
nimmt man einen Stengel davon, und jeiche
net oder fchreibt etwas bamit auf eine Mauer
. oder fonft wohin, fo werben die Zügeggoldfeuers
farbig erfcheinen. Wenn man fich feiner bedient
‚ bat, muß man ihn wieder in die Phiole unter
Waſſer bringen. .
Hombergifder Bhosphor. Ä
‚ Man nimmt gleiche Theile alten tredinen-
Menſchenkoth und Alaun, beides wird pulveri⸗
4
fire, gemifht, und in einem elfernen Ziegel :
Über dem Feuer, unter anhaltendem Umruͤhren
getrocnet, und dur die Umruͤhren wird bas
Verbrennen verhindert, und alle Feuchtigkeit
ausgetrieben. Dann zieht mon ver Tiegel nom
Seuer, pulverifirt. die Materie, und calciniee
. fie nachher, bis fie zu einer ſchwarzbraunen
Maſſe wird. 5 —
Hierauf wird ſie vom Fouer genommen,
abermahls pulveriſirt, und dann in kleinen Phieo
len in's Sandbad geſetzt, und das Feuer grad⸗
weiſe verſtaͤrkt, bis endlich ber Sand ehr.
| n
, 4
4
- Wim Tg" man bie Gefäße erfaften, und ninme
” das. Pulver Heraus, welches etwas graulich iſt,
„and nachher ſchwatz wird, Wenn man etwas
davon anf Papier freut, fo breint es’ mit. eis
nem blauen Schein, vampft eirfen Schwefelgeruch
" aus, und verbrennt das Papier. Nenn man
.
und evaporirt ihn bis zur Kon
die Ppiolen ins Feuer feßt, dürfen fie nur mit
Papier Verftopft werden, wenn die erfien Däms
pfe heraus find. — nn
gwepte Borfgeift. |
Man nimmt Urin ber ange geftanben bat,
f
rups. Diefer wird dann in einer Retorte deſtil⸗
Nlirt bis alles Fluͤſſige und Phlegma uͤbergegan⸗
“gen, und rothe Tropfen kommen. Dann legt
‚man eine‘ Morläge. vor, um das Dehl zu ſam⸗
mein, und wenn bieß übergegangen, zerſchlaͤgt
" man die Retofte um den Ruͤckſtand zu. erhalten;
der "untere Theil deſſelben befieht aus einem bare
‚ren Salz, welches weggeworfen wird, der obere
“ Ringegen. ift eine fchwarze, ſchwammichte, leichtere .
Maſſe, die man behalten. muß.
Nun .thut man das oben erhaltene Dept.
in eine andere Retorte, und treibt alles wäfltige .
mit Feuer bavon, fo bleibt ein ähnlicher Ruͤck⸗
fiond übrig wie der eben befchriebene. Diefe .
beyden Mlaterien werden nun mit einander ges
miſcht, und 3. DB. zwölf Unzen davon in eine
irdene Retorte gethan, und ein Mecipient vor⸗
gelegt und daran Iutirt. Dann gibt man Grade
feuer bis die Retorte gluͤht, und hält mit hef⸗
tigem Feuer noch fechzehn Stunden, hauptfächs
lid aber .die lebtern achte an. Zuerfi gehen
weiße Dämpfe Über, dann fommt eine. fehleimige
Materie, und nachher eine feſtere dickere, Hr |
. |
x
ftenz eines Gyr
so Phosphor.
ſich an den Wänden des Recipienten wie. Zuder °
" anhängt. Diefe Materie ' enthoͤlt die eigentliche
Kraft des Phosphors.
.. Mimme man biefe Deftillatien an. einem
. dunkeln Drte vor, fo erfcheint der Mecipient
“ Bährend der ganzen Arbeit leuchtend; auch das
was übergeht gibt einen ſtarken Schein von ſich,
hauptſaͤchlich die trockne Materie, weiche der ei⸗
gentliche Phosphor iſt, und dieſer zuͤndet Schieß⸗
pulver, Leinwand, Papier und dergleichen an.
Porophor. | |
Man thut vier Unzen Honig und zwey
Unzen klein zerſchlagenen Alaun in einen eifers,
nen oder irdenen Tiegel, und laͤßt die Miſchung
zergehn und austrocknen bis fie zu einer Kriſte
wird, die man in Feine Städchen zerbricht, um
. fie leichter zu trocknen. Mit diefen Stuͤckchen
‚füllt man eine Phiole bis auf zwey Drittel an,
und feßt diefe mit Papier verftopft in einen Tie⸗
gel, welcher groß genug ſeyn muß, daß unter
"und über der Phiole eine Fingers Dice Ede
Sand geftreut werben kann. Das euer
gradweiſe verfiäsfe, bis feine Dämpfe mehr *
ſteigen, dann ſteigt man mit dem Feuer bis die
Phiole gluͤht, und die darin enthaltene Materie
ganz roth erſcheint. In dieſem Zuſtande erhaͤlt
man fie eine gute viertel oder halbe Stunde, zieht
nachher den Tiegel. langlam aus dem Feuer zus
ruͤck, und hebe die Phiole fachte aus dem San⸗
be heraus. Dann nimmt man den Papierftos
pfen weg, und hält an die Deffnung der Phiole
. die Deffnung einer andern gläfernen Flaſche ganz
dicht an, und umwickelt beyde Haͤlſe mit zwey
bis dreyfacher Leinwand, fo daß feine Luft eins
Bringen fann. So ſtuͤrzt man die * PU, de
4
Br Phosphor. 67x
Oberſte zum Unterſten, damit das noch gluͤhen⸗
de. Pulver in die Flaſche fällt, die man nachher
mit einem Glasſtoͤpſel feft verſchließt. Schuͤttelt
man zwehyh bis drey Körner dieſes kalt geworde⸗
nen Pulvers auf die Hand oder auf Papier, ſo
- erbißt es ſich ſogleich wie es die Luft beruͤhrt,
und jedes Koͤrnchen wird. eine kleine gluͤhende
Kohle, auf deren Oberflaͤche man im Dunkeln
eine violette Flamme wahrnimmt. Dieſe Wirs
kung erfolgt noch ſicherer und ſchneller wenn die
Hand von Ausduͤnſtung etwas feucht iſt.
Diies Pulver welches mehr.brennt. als leuch⸗
tet, erhält fih mehrere Sohre, wenn man es: vor
der Luft bewahrt, und wenn man :feine zu klei⸗
. ne Quantität in einer zu großen, obwohl vers
ſtopften Slafche behält. Wird Hingegen die Zlas
: fche zu oft geöffnet, und dann der Finger nicht
gehoͤrig auf. die Mündung gehalten, ſo daß mehe
Euft hineindringt, fo verliert das Pulver nad)
und nad; feine Kraft, fo daß es fih bloß no -
erwaͤrmet, ohne ſich zu entzuͤnden.
Zweyte Vorſchrift.
Man pulveriſirt ungeloͤſchten Kalk, Salpeter,
Galmey und Storag, von jedem eine halbe Unze,
mifcht alles unter einander, fiebt es durch, und wife
kelt das Pulver in ein Leinwandſaͤckchen, " welches
ſtark zufammen gedreht, und in einen Tiegel gethun
wird: Auf Diefen Tiegel fegt man einen zweyten,
Dindet fie mit Drath zufammen, und futirt die Zus
gen, damit die Dämpfe nit durchdringen koͤnnen.
So ſetzt man die Tiegel in einen Zöpferofen, und
‚Jäßt fie fo fange darin, bis die Materie Falcinirt if.
Dieb erkennt man daran, wenn die Tiegel hellroth - -
täben dann läßt man fie kalt werden, bevor man
e oͤffnet. "
Bill man ſich dieſes Pyrophors bedienen, fo
darf man nur einige Tropfen Wafler darauf wer
fen, er wird ſich im Augenblid entzunden, und wenn
U man
E 672 Phosphor.
man alsdann ein Schwefelholz in die Klamme Hält,
ſo kann man ein Licht dabey anzünden,
Dritte Vorſchrift.
Huf eine Flaſche, die eine Kanne hält, nimmt
“man ein Pfund Mlaun, und ein halb Pfund Gtärs.
fe, zerreibt beydes Fein mit einander, und ſchlaͤgt es
dur ein Sied. Dann wird das Pulver in einen
eifernen Ziegel gethan, und Falciniet, bis es fchWwarz
wird. Während Des Kalcinirend wird es etwas
flüflıg, und backt nachher wie eine Krufte zufammen,
Die man grob zerſtͤßt, und in eine neue Bouteille
thut, welde in einen neuen mit Aſche angefälten
Topf gefegt wird, fo daß nur der Hals davon her⸗
ausragt, das Uebrige aber alled mit Aſche bedech if,
. Diefer Topf wird nun in einen Dfen von Bades
fleinen gefegt, und mit Kohlen ringsherum belegt,
doch fo, daß Peine die Bouteille berührt. Dann
feyneidet man eine Kohle in Form eines Stoͤpſels,
und fegt ihn auf Die Mündung der Bouteille; fo
oft diefer Stöpfel nachher fi entzündet, nimmt
man ıhn weg, und fegt einen neuen an feine Stelle.
Diefe Arbeit Dauert —— bis drey Stunden, und
wird.fo lange fortgeſetzt, bis man eine blaue Flam⸗
me aus dem Halfe der Bouteille auffteigen firht.
- Dann nimmt man das Feuer weg, ohne die Flaſche
zu becühren, "und. verftopft fie fachte mit einem
Korfftöpfel, den man nicht einzwingen darf, weil fie
ſonſt Jeripringen möchte. j
Dann vertheilt man das Pulver in -Fleinere
Phiolen, und gwar mit der Vorſicht, deß noch beym
Aufſchuͤtten nicht viel Luft dazu kommt. Zum Ges
brauch nimmt man bernach weiße, trocdene Sägen’
ſpäne, eben fo viel Salpeter, und fo viel Schwefel⸗
biumen, miſcht und reidt alles fein unter einander,
und thut während des Reibens ein bis zwey Gran
des chigen Pulvers dazu, fo entzändet es ſich fo
Karl, daß man ein Lit dabey anzünden fann,
%
Vierte Vorſchrift.
| Man fegt einen neuen irdenen Topf ans euer,
und thut ein Pfund pulverijirten Alaun, und ein
Bald Peund Rindsblut hinein, zerſtoͤßt alles, Fre
a || |) 3
Phosphor, 693
rührt fo Tange um, bis alle Feuchtigkeit verdunſtet
it. Dann pulverifirt man die Materie aufs neue,
und thut fie in eine kleine Phiole von ſtarkem Blafe,
derftopfs fie mit Papier, und fest fie im einem Tier
el, der mit Sand: oder gefiebter Aſche angefälft ift.
Der Ziegel wird in den Dfen gelegt, und vier Stuns
. den lang ein Gradfeuer gegeben, welches man zus
letzt ganı heftig werden läßt. \
un bört man auf au feuern, verſtopft die
Phiole genau, und laͤßt fie Falt_ werden, worauf
‚ man dag Yulver in ein.andered Gefäß gießen, oder
in der Phiole laffen kann, die aber fehr gut vers
ſchloſſen gehalten werden. muß.
Will man damit ein Licht oder Schwefelhoͤlzer
anzänden, fo fest man einen Teller auf die Erde,
oder an einem andern Drt, wo nichts zu Berderben
if, fo wird es ſich augenblidlich entzuͤnden.
Diefen Pprophor kann mar au mit Honig,
Zucker, Mehl, Excrementen von Menfchen und Thies
‚ten, dem Weiben und Gelben vom Ey,. Blut von
Kaͤlbern, Schöpfen, Pferden u. f. w., wie auch aus
Kräutern, Pflanzen, und überhaupt. aus allem, mag
entzündbar tft, bereiten. Die Grundlage der Mia
fhung aber ift immer der Alaun, ohne welchen
nichts verrichtet werden kann.
Bänfte Vorſcheift.
Dan fällt eine Phiole mit Haaren, Klauen,
Meinftein und Ererementen von Menſchen an, und
egt fie in „einem Gefäß mit Sand angefüllt .ine
euer. Wenn fie anfängt zu glühen, fo Lutirt man.
e fefe gu, und erhält denſelben Fenergrad, bis die
Miſchung ſich in ein graues, ins Braune fallende
zuler verwandelt, welches man in einer verſchloſ⸗
enen Flafhe gut verwahrt. Dieß Pulver sänder
jede brennbare Materie an, auf die es gelegt wird.
Der einfachſte Poroohor ift übrigens befanntli
der ımgeldfhte Kalk, wenn man dieſen auf Häders
ling oder andere leicht brennende Sachen legt, und’
idn mit Waſſer befprengt, |
Oer.techn. Eine, CXIL, Theil: uU Bu
674 Phosphor, '
d
Bereitung eines Steine, der fih im Wafs
fer entzündet.
Man thut Magnetftein in einen Topf, ‘mit
gleichen Theilen ungeloͤſchten Kalt und Geigens
barz, alles pulveriſirt. Wenn der Topf mit
dieſem Pulver angefuͤllt ift, fo verſchließt man
‚ beflen Oeffnung mir Lutum, oder einer fetten
"Erde, feßt ihn ins Seuer, und fäßt ihn darin,
Bis alles recht gut kalcinirt iſt.
Der daraus entftehende. Stein mwirb dann
. aus den Topfe genommen, und mit neuem Pule
ver in einen andern Topf gethan, den man gleich:
falls lutirt und ins Feuer ſetzt, diefe Arbeit wird
fo. lange mwiederhohlt, bis der Stein eine ſchoͤne
weiße Barbe erhält, den man nachher an einem
warmen trodnen Drte aufbewahrt. |
Wenn man Waſſer auf diefen Stein
ſpruͤtzt, fo entzuͤndet er ſich fogleih, und wenn
bie Flamme wieder verfchmunden, legt man, der
“ Stein wieder an den marmen trodnen Ort,
“welches fo oft gejchehen muß, als man den Vers
| pulverifirt, und fiebt jedes befonders durch ß und
“
*
“
be) .
fuch wiederhohlt. |
| 3weyte Vorſchrift.
Man pulverifirt gereinigten Salpetet, Galmey
und ungejoͤſchten Kalt, von jedem - einen Theil;
Kampher und Schwefel, von jedem zwey Theile,
miſcht hernach alles unter einander. Die Mi
— wird in einen Knoten von neuer Leinwand
eft gebunden in einen, Tiegel gelegt, Diefer mir eis
nem andern bededt, und lutirt, und alles ind Dampf.
bad oder an Die heiße Sonne geſetzt; zuletzt ſetzt
man den Tiegel in einen Ziegelofen,, und wenn die
‚Siege "gebrannt find, iſt auch der Gtein fertig.
irft man einen Tropfen Waſſer darauf, fo ent:
zündet er fich fo ſtark, daß man ein Nicht dabey ans
feden kann; die Flamme läßt fich mit dem Athem
ausblafen. rn
- — Den
.»
Phoepher 675
Verſchiedene blaue Farben, welche durch die .
Mutterlauge des mineraliſchen Phosphore
ſalzes hervorgebracht werden, und die Art
ihrer Bereitung ”). ——
Man verdankt dem Zufall die Entdeckung dieſer
Karben, wovon ſich manche Vortheile für die Maͤh⸗
lerkunſt Hoffen allen. Die Hervorgebradhten Far⸗
ben haben das Anfehen wie das preußifße oder.
- Berliner Blau, Here Willis in London entdedkte
Die Eigenſchaften diejer Karben; ee ftich dabey aber
auf einige neue Erfheinungen, melde er nicht er«
flären tonnte, und welche ‚er den Unterfuchungen '
der Sachverftändigen uͤberlaͤßt. Um diefen Gegen⸗
NA a zu prüfen, müßte man feine Arbeit
verfolgen. ‘ 0
. Wenn man alle Kryſtalle aus der Mutterlauge
des mineralifhen Phosphor⸗ Salzes (Soda : Phoss
phat)**, gejugen hat, fo hat man ziemlich allges
mein die Gewohnheit, daß man die Mutterlauge
als unnüg rregſchuͤttet. Als Here Willis einen
Theil dieſer Mutterlauge durch ein eiſernes Gitter
geſchuͤttet hatte, fo ſpruͤtzte etwas auf die Steine
zuruͤck, welche dieſes Bitter um.,aben, : &e erſtaunte,
als er auf dieſen Steinen eine ſchoͤne Blaue Farbe
erblicte; und diefer Umſtand, weiber eine Folge des
AZufalld war, veranlafte ihn, Hbder die Wirkungen
nachzudenken, wovon er Deuge geweſen war, ihre.
Urſachen aufzuſuchen, und für die Künfte zu bes .
nugen. Er loͤſte vier Unzen Alaunvitriol (Alsun⸗
Sulfat) und eine Unze Eiſenvitriol (Eiſen-Sul⸗
fat) in zwey Maaß FZlußwaſſer quf, indem er
ſie zuſammen ſieden ließ. Auf einen Theil der
Mutterlauge vom Phosphorſalz ſchuͤttete er ein
wenig von einer — ———— Anfangs bil:
dete ch ein Gag von einer graulihen Karbe; als
er aber ein wenig mehr von der Aufloͤſung hinzu
— Uu2 that,
üffigfeit in ſi 5 ie eaufg;
es, morm ſi ⸗
es gebildet haben, i die Srutterlauge dieſes Neutral⸗
6785 Phosphor.
⸗
. von. einem
| ‚that, fo. entftand eine ſhoͤne blaue Farbe, welche fi
Feicht niederfchlug Wenn diefe Brühe in vollem
Wafler gewafcben wurde, bis daß die oben ſchwim⸗
mende — nötig unſchmackhaft wurde, fo gab
Be eine Far
’ e, welcher man den Rahmen RN. 1. beps
egte. | '
. i Here Willis wollte verfchiedene Arten von
.MYlaun verfuhen; und nahm ein wenig Römifhen
YUlaun-in den nähmlichen Berhältniffen wie vorher;
und der Erfolg diefer mit der Mutterlauge des mis
neralifben Phosphorſalzes vermifchten Auflöfäng
. gab nah dem Waſchen eine fehr:blafle blaue Zarbe,
...welbe mit R. 2. bezeichnet wurde, Bey dieſen
wey Verſuchen fand fich eine große Menge eines
Kehr leiten Niederſchlags, welcher werlig färbende
- Materie enthielt, ein an der Luft zerfallendes Salk
lieferte, und aus der Mutterlauge des mineraliſchen
pnosphortitien entftand, wenn. er bis zu einem dik⸗
en Sauthen abgedampft wurde.
nn die übrig bfeibende Brähe vermittelt eis
ner Aufloͤſung von Alaun» und Eifenvitriol in den
bereits angezeigte Verhältnifien niedergefchlagen
wurde, fo erhielt man einen Niederſchlag, welder
nicht völlig eben fo leicht, wie die bepden andern,
und nad dem Unfchn geringer an Menge war; als
er gewaſchen und getrodner war, fo gab er unges
faͤhr das näpmliche Gewicht wie die andern; er war
lafleeen Blau ald RN. ı., aber. von’ eis
ner glänzenden Fatbe; man bezeichnete Ihn mit MR. 3.
Man verfuchte dieſe verfcbiedenen Karben zur
- Waflermahlerey. “ Die Neuheit dieſer Entdeddung
hat noch feine Zeit verftattet, ihren Nuten bey der
ehlmahlerey, Sowohl für die ſchoͤnen Künfte, als
aub für den häuslichen Gebrauch zu unterfuchen.
Man glaubte bey den verfchiedenen angeftellten Vers
ſuchen, daß die Alaunerde die Urſache des rohen
Anſehens wäre, welches ınan bey diefer Farbe bes
- merfte, wenn man fie zur Waſſermahlerey brauchte
‚Man vermuthete, dag man, durch Niederfchlagung
‚der Mutterlauge des mineralifhen Phosphorſalzes
mit. einer Rifenauflöfung, eine Farbe erhalten koͤnn⸗
te, welche von diefen Fehlern frey wäre; man that
‚Mutterlauge zu einer gejättigten Auflöfung von
&ifenvitriol, und mon erhielt einen reichliben Nies
derſchlag, aber von einer minder fchönen Farbe ol
Phobphor. 677
die von N. 1. und 2; der RNiederſchlag mar ſehr
leicht, und erforderte viele Zeit zum Möfegen. Man
wuſch ihn, bis er völlig unſchmäkhaft wurde; und
wienshl er in Anfehung feiner Ausdehnung vielen
Kaum einnahm, fo gab er dennod viel weniger
trodne Farbe, als die andern Verfahrungsarten,
und war nicht von fd tiefer Karbe al N. 1.
Wenn diefe letztere Farbe trocken war, fo Batte
fie ein bräunliched Anfehn auf ihrer. Oberfläche:
man erflärte ed aus einem oderigen Körper, welr
cher etwa damit vermifcht feyn koͤnnte. Alm fie das
von: zu befteyen, wurde ein wenig Schwefelfäure
Bınzu gethan, und aus dem Ganzen’ wurde ein
ſchmutziges Gruͤn, welges fi in dunkles Blau ver⸗
wandelte, als es in Waſſer geſchuͤttet wurde. Man
wuſch es volllommen, um ihr alle Art von. Säure
zu benehmen; uber die Farbe Hatte nichts Dabey
gewonnen. | a
Ser Wittis, weicher die Urſache diefer faͤrben⸗
aterie zu finden begierig war, machte folgens
de Verſuche: , | \
Erſtens. Mineralifhes PhospHorfalz wurde aufs
geloͤſt; eim Theil von der @ilenalaunauflöfung wurde
hinzugethan. Ein ſchmutzig weißer Gag bildete fi,
welcher dur BR Da von. etwas "mehrerer Ries
derichlagender Bruhe fih ganz auflöfte.
weptend. Zu einer Menge der näßmlichen
Aufloͤſung mincrealifchen Ahnphorjalges that man
eine — von Eifenvitriotz ein ähnlicher Sag
entftand hieraus; und als diefer mir der nahmlichen
Auflöfung Üderladen worden war, fo wurde der
arögte Theil von neuem -aufgelöft, und der Reit bar
feine weitere Veränderung der Narbe erlitten. —
Drittens. ‚Mit einer in Waſſer aufgelöften
Soda erhielt man Alaunvitkiot — t)»-
und aus der Auflöfung von Eiſenvitriol eine ſchmu⸗
gig weiße Farbe; und als diefe mit der niederfchlas
enden Brühe überfattigt worden war, fo wurde ein
Shen von neuem aufgeföft, und dem Reft widerfuhr
feine weitere Veränderung der, Sarde. — —
| Biertens. Ein Theil der nähmiichen Sodaauf⸗
fung wurde duch eine Auflöfung von Eifenvitriof
niedergefohlagen; man erhielt eine große Menge eis
nes braunen Niederfchlage, welcher, nachdem er mit
der Eijenauflöfung überlsden worden war, ein haͤu⸗
u Uuu3_ — ñges
678 Phosphor,
ges Aufbrauſen hervorbrachte, und der Nieder
ſchlag wurde von neuem aufaelöfl. Dieſer Berſuch
war nad einiger Zeit mıt einer andern Scdauuflös
fung und mit einec Aufidöfung von @ifenpitriof mies
Dernohlt worden; man erhielt einen Riederſolag von
einer äyn.ihen Karbe; al6 er aber mit der legten
Yur:dfung Aberladen war, fo wurde bloß ein Theil
Bes Niederſchlags von neuem aufgeidſt, und es zeigte
fi feine Zurden: Veränderung. —
Adnitens. Die duch die Alaunsund Fifenaufs
fung nicdergefhlagene Godalauge gab anfangs
nur eine ſchmuzig braune Karbe, welche ſich nitt
aufloͤſen konnte; aber nach ihrer Ueberfättigung vers
wandelte fie ſich in ein blafles Biau: dieſes mar der
Erfoig einer einzigen Art von Eodamutterlauge;
denn deym Berfuchen mehreser Sodamutterlaugen
erbielt man ganz verfchiedene Erfolge; einige gaben
ein ſchmuziges Braun, andere eine graue Farbe,
und noch andere endlih ein ſchmuziges Weil. Weil
ie alikantiſche Soda fehr ungleid in ıhrer Staͤrke
und in ihrer Beibaffenheit iſt. fo darf man fi
Aber diefe Werfiedenheiten nicht wundern: —
Sechſtens. Mir der rähmlicen Wutterlange,
deren man —F bey dem vorhergehenden Vexrſuch
bediente, und mit einer Aufloͤſung von Eiſenvittiol,
erhiele man die nähmlihe Wirfung mit einem mins
der reichlichen Niederſchlag und eine blaflese Karbe;
aber ben mehreren andern Verſuchen mit andern
Sodamutterlaugen erhielt man nur ginen Nieder⸗
fblag von einer braunlichen Farbe. —
Sierentens. Das Natrum, oder die Soda,
write aus dem Morgeniand gezogen wird, gibt, im
Waſſer aufgelöh, und mit diefen Auflöfungeu nies
.. bergefchblagen, einen ſchmuzig weißen Niederſchlag;
wenn er mit der Alauneiſenbruͤhe überladen rourde,
fo zeigte fich ein häufiges Aufbraufen s ein Theil des
Miederfhlags wurde von neuem aufgelöft, und der
Meft .debielt feine Karde. —
| Achtens. 343 der nähmfichen Sodaauflöfung
that man eine Aufldöiung von Kifenvitriol; eine
groge Menge Aloden von olivengrünce Karbe erfchien
auf der DÖberfläche; durch Weberfättigung erregte
‚man eın jtarfe® Aufbraufen, und der ganze Gas
. wurde von neuem aufgelöft, indem er eine fehr heile
.. grüne Sarbe gab. Man lieh ihn während ber gaus
zen
-
. hätt: dag aber die durch die Sodamutterlauge *
Phosphor. 69
zen Nacht in einen: Slaſe zum Niederſchtagen, und
eb zeigte ſich ein gruͤnlich brauner Riederſchlag. -
Neuntens. Die Phosphorſaͤure mar zu den Auf⸗ |
Iöfungen von, Alaun und Eifen hinzugethan worden,
und man erbieit einen blaßweißen Rıederfchlag. —-
Zehntene. Als man Phospherfaure zu der Auf⸗
ibſung von Eifenvitriot hinzu that‘, zeigte ſh ‚feine
weitere Zerfegung. — .
Man Sieht daher, daB man aus der durch Lie.
Verbindung der Phosphorſaͤure und des minerdlis -
fhen Alfalı hervorgebrachten Mutterlauge jederzeit
vermittelft einer Eiſenaufloͤſung eine blaue Farbe er⸗
vorgebrachte Farbe ungewiß oder bleib if. Zur
Betätigung diefed Umſtandes kann hinzu geſetzt
werden, daß die Sodamutterlaugen, welche bey als
faſt immer ein ziemlich ähnliches Blau gibt, aber.
"d
e [4
len diefen Verſuchen gebraucht wurden, Diejenigen
waren, aus welchen man die reine Soda erhält. -
Wahr ik, daß die Mutterlauge des Natrums
nicht mit einer phyſiſchen Genauigkeit, und uͤber⸗
haupt ‚zeigt es eine ſehr blaſſe Farbe, Bey allen
Werfuchen, weile mit Mutterlaugen aus alfalifchen
Dhosphorfalzen gemacht wurden, bat man jederzeit
“eine dunfie blaue Farbe erhalten, ausgenommen
in dem einzigen Fall, wo man mit Roͤmiſchem Alaun
gearbeitet hatte. | —*
Die Phosphorſaͤure war mit zwey niedergeſchla⸗
enden Bruͤhen verſucht worden, und es erfolgte
eine blaue —*
ten übrig, wie dieſe blaue Farbe beitändig durch die
bereitd genannte Verbindung hervor gebracht wurde,
- befonderg wenn man erwägt, daß die Phosphoͤr⸗
füure aus Knochen erhalten worden war, welde
man big zu einer vollkommnen Weiße calciniet hatte,
und weiche man für Hinlänglich halten mußte, nm
jede Art von färbendem Stoff in diefen Körpern zu
zerſtoͤren. |
Ein Theil des beften preußifehen Blaues, welches
man ſich verſchaffen fonnte, war gu ber verdichtes
ten Schwefeliäure hinzu gethan worden, Es vers
twond-Ite fih in Grin, war aber nah dem Grad
v’el ſchwächer, als die durch die, vorige Fifenaufld.
fung niedergefhlagene Farbe, wenn man die nähme
liche Menge von Schwefelſaͤure hinzu that; Wenn
| Una man
e, Es bleibt daher noch zu erfläs-
‚680 Phosphore
man aber das in der Schwefelſaͤure zerlaſſene Yan
mit Wafler verdünnte, fo beiherfte man, daß ehe
große Menge eines weißen Pulvers fib niederſchlug,
welches norhwendig das Alaunpulver ſeyn muß.
Wenn man dieſe Miſchung noch mehr verbännte
und umrührte. fo vermiſchte ich die Erde vollfoms
. men mit der färbenden Materie, und zeigte ſich
aberall in_der innigften Verbindung.
Ein Theil der biauen Zarbe M. r. war auf ähns
liche Art mit verbichteter Schwefelfäure zerlaſſen
worden; fie verwandelte ich anfangs in ein dunkles
Gruͤn, wie bey dem vorinen Berfahren; aber mit
Waſſer verdünnt, wurde fie ein gleihförmiged Blau.
Als mit eben diefer Säure ein Theil der Farbe WM.
a. zerlaflen wurde, fo erfolgte eine Abfonderung, ſo⸗
bald als dir Mifhung mie Waller verdünnt worden
. war. Unfangs war die Karbe ein dunkleres Geun
als das von dem in der Schwefelfäure gerlaffenen
preußifen Blau; und als man fie mir WBafler pers
Önnte, fo veränderte fi die Brühe im Anfang
nur fehr wenig; aber in weniger als dreufig es
kunden wurde he dunkler al$ die anfängtıche Brühe,
und die Flüfigfeit ließ eine große Menge von einer
ſchmutzig weißen Materie zu Boden fallen.
Es ſcheint nach den verfchiedenen Verſuchen,
:. daß fehe wenig Verfchiedenheit zwiſchen dem oftins
Difhen Natrum und der alikantiſchen Soda Gtatt
"finder, befonderd wenn man beyde von dem gemei—⸗
"nen Salz (Soda. Muriat) frey macht.
» Sönnte man nicht aus der dunfelfarbigen Ma⸗
terie, weile durch die Auftäfung dee mit. ber
Schwefelſaͤure zerlaſſenen und mit Waſſer verdünns
ten preußiſchen Weiß fi davon abfonderte, ein
fdöneres Blau erhalten, ald dasjenige ift, welches
‚man jegt beige, indem man die mit diefer dunkel⸗
blauen Farbe tingirte Brühe abgießt, um fie von
dem weißen Hiederflag zu befreyen, und indem
man fie hernach mit Waffer verdünnt, um die Mirs
fung der Säure zu vernirkten, und diefer fehr ver⸗
Binnten färbenden Materie Gelegenheit zu geben,
Ah niederzuſchlagen? J oe
Die Körper, melde uns die färbenden Materien
tiefeen, finden fi in fo geringer Anzahl, daß mar
diefe Umſtaͤnde für wichtig genug halten muß, um
das Nähere von diefer Herrlihen Entdeckung —8
ewa
‚ Phosphor, 688:
bewahren. Eine Farbe, melde. der BBirfung : der
Euren widerfieht, ik ein Schag für die Faͤrbekunſt,
und die Vortheile laffen ſich berechnen, welde für
"den Drud der bunten’ Zeuge, u. f- f. daraus gezo⸗
gen werden können. — |
Lieber den medicinifchen Gebrauch des
Phosphors ift oben, ©. 657. fchon etwas ges
fagt worden. . Da die Posphorfäure einer viels
feitigen Anwendbarbeit fähig zu feyn fcheint, fo
will ich Hier noch einige: Reſultate der Unterſu⸗
Hungen hinzufügen, welche .dver Herr Doctor .
Herder in Weimar in bdiefer. Hinfiht ange
ſtellt hat, woräber ‚man: das Augführlichere in
Hufeland's Journal IX. B. 5. St, findet.
“ Die Srundfäße, durch welche fid) Herr D.
Herder bey feinen Verſuchen leiten ließ, von:
zen folgende:. .: | Et |
ı) Phosphorfäure ift ein dem menschlichen
. Körper völlig homegenes Mitte. — Denn bes
kanntlich befieht Die Phosphorjaure aus Phos⸗
phor And Sauerſtoff, beyde find wefentliche Ber
ſtandtheile des thierifchen Körpers, beyde fpielen
. getrennt und gebunden eine fehr wichtige Nolle -
‘in der Chemie des belebten Körpers. Ge homo⸗
gener aber ein Mittel mit den thierifchen Sub⸗
fangen ift, deſto vorzüglicher ift fein Werth,
deſto groͤßere Wirkungen fann man von ihm. ers
warten. —
2) Die Phosphorſoͤure ſcheint unmittelbar
auf das Lebensprincip zu wirken. — Hr. D.
Herder fieht das Lebensprineip als die Quints
eſſenz tbierifcher Stoffe an; fie fen ein fubtiles
eomvonirtes Fluidum, aus bem beſonders der
Lichte, Sauer: und Phosphorſtoffe Hervorleuchte,
3) Phosphorfäure, als eine Säure mit ei«
nem bucchbringenden Excitans verbunden, Wird
Uus5 Ra
6682 Phosphor. 5
ba vorzuͤglich wirfen, wo uns bie andern Saͤu⸗
een berlaflen. .. u
u Die Phosphorfäure wirkte alfo nicht nur als
Heiz in ber paflenden Dofe, auf den Franfhaft
veränderten Stand der Erregbarfeit, ſondern
fie gibt augleih dem Organismus einen zu feis
“nee Exiſtenz weſenrlichen Stoff, erſetzt deſſen
Verluſt, erhaͤlt alſo die Gruͤndpfeiler der beleb⸗
ten Maſchine. |
ESs gibt daher in allen Schwächen, wo thies
riſche Subſtanzen, uud vorzüglich Phosphorſaͤure,
verloren gegangen, und Lebensſtoffe entzogen wor⸗
den ſind, kein groͤßeres, ſchneller wirkendes Mit⸗
tel, als dieſes. Vorzuͤglich rechnet er hieher:
| 1) aſtheniſche Blutfluͤſſe aller Art‘, fomohf
durch Mafe, Mund, Maſtdarm, Blaſe, als auch
vorzuͤglich durch die Gebärmutter. In mehrern
"schon hoffnungslofen Fällen, two die bemwährteften
"Stiptica fruchtlos angewandt worden waren, und
die Toresgefahr ſchon die höchfle Stufe erreicht
hatte, half fie allein dem Kranfen mit Wunder⸗
kraft. Sie umfaßt hier alle Bedingungen:
a) wirkt fie analeptifch — führt dem ſchwa⸗
hen Lebensprincip Nahrung zu;
b) wirft fie als Säure adflringiremd;
c) ift fie dem Stande der Erregbarkeit bey
Blutfluͤſſen angemeffen. Irritable Schwäde
pflegt gewoͤhnlich damit verfnüpft zu ſeyn, und
gegen. diefe zeige Phosphorfäure beſonders ihre
Kraft, da fie Feiner der ftärkften Reize ift, fone
dern gelinde wirkt. M j
d) Wirkt fie ſchnell. Sie ift Beſtandtheil
des Körpers, wird alfo reforbirt,
2) Wirkt Phospporfäure in Phthyſis und
Tabes als Erfagmirtel für bie entflohenen Sub⸗
ſtanzen. J
Die
—
Phosphor. 68
Die Verſuche hierüber find zwar noch
. nicht hinlaͤnglich ‚um ein Reſultat zus gewinnen,
‚aber es loͤßt ſich aus dem Weniger ſchon eine
„gute Solgerung ziehn. Lentim brauchte fie bey
‚ ‚einem heftiichen Kranken, mie Milch vermifche,
und fie that ihm gut. Auh Hr D. H. fah
dieſelbe Wirkung, wiewohl feine wlsllige Gene⸗
ſung, da die rgahifation mehr ober weniher
. zerfiöer war, und die Phosphorſoͤ ure fo wenig
- wie ein anderes Mittel die Ihaffenbe Kunſt ei⸗
24 |
Zzı
‚nes Prometheus. befißt.
3) In allen Kuochentranffei. ten ift fie das
:- erfie Mittel, da die Geſundheit, Dauer. und
Feſtigkeit diefer animalifchen Felſen maffen einzig
auf der richtig -proportionirten Berk indung dieſer
Säure mit den Äbrigen Subftanzen: -zu beruhen
(Seint, Mit vorzüglichem Nußen hat er fig
der ſelben
a) in Rhachitis, in Verbinbung der paſſen⸗
den Beyhuͤlfe bedient;
b) übertrifft fie in caries alle bisher ges
-.zühmten Arzneymittel. Auch im Zahntnochens
fraß war Hr. D. 9. einigemahl gloͤcklich damit,
- wo er nody nicht zu alt und zıı tief war;
4) In Mervenfranfheiten, Kraͤmpfen, Ohn⸗ |
machten, kurs in allen Aſthen ien wirkt fi fie Aus
ßerſt wohltha tig.
5) Sn Kinderfranfheiten , 00 gewöhnlich
Die Keigbarkeit fehr erhöht, die Gefahr dringend,
und ein ſchnell wirfendes, nicht zu flarf reizen:
des, Mittel erfordert wird, wirft fie vortreffs
lih. Durch fie rettete ee mehrere Kinder, die
bey einem nicht zu zählenden Puls, einem hefti⸗
gen Klopfen aller Adern, einer mit Hiße und
Schweiß verbundenen toͤdtlichen Schwäche, ver .
bunden mit convulfinifchen Pewegungen in sen
1 ILEeK
Ü -.-
684 Phosphor: _.,
3, Bfiebern, mit einem-fidenden, aͤngſtlichen Achern,
‚ gebrochenen, flarrenden Augen, dem Tode nitht
: zu entkommen fhienen. Alle Viertels alle Habs
-, beftunden einige Tropfen mif .einer angenehmen
.. Siäfligfeit verdünnt, eingeflößt, retardirten den
Puls, Killten die heftigen Erfheinungen. In
, Der Periode des Zahnens, mo die Zufälle ers
fcheinen, würde diefes Mine willkommen tind
ſchaͤtzbar ſeyn. Noch Fürzlih hat er duch
x. Dhosphorfäure allein ohne einige Beyhuͤlfe geyer
ben, die heftigen epileptifchen Anfälle beym
. Durchbruch der Spibzähne gehoben.
, 6) Sey fie ein vortrefflihes Mittel in Dis
‚ zelten. Nervenſiebern. Hier koͤnne er fie nüht
. genug empfehlen, ba er ihr die Rettung mehres
rer folcher. Steberfranfen verdanke. Mur muͤſſe
"man den Stand ber Erregbarteit gehörig "bey
ihrer Anmendung ermägen. J
J In indirekten Nervenfiebern hingegen koͤnne
er ſie nicht ſo ſehr empfehlen; ſie wirkt hier zu
gelind, durchdringt zwar ſchnell; aber nicht in
dem Grade, daß bey der erſchoͤpften Erregbar⸗
tete fo ſchnelle Wirkung ſich aͤußern khnnte.
ieſe Fieber erforderten die reizende Methode
. in ihrem ganzen Umfange; China, Opium, Al⸗
kohol, wären bier bie ficherften Fuͤhrer. Die
naphtha. phosphorata fen diefen Sällen noch
am angemzflenfien.
Unter die übrigen Fieber von Schwäche,
in denen er die Phosphorſaͤure empfehlen koͤn⸗
ne, gehörten noch die heftifchen fchleichenden Fies
ber, da fie gewöhnlich mit irritabler Schwaͤche
verbunden wären, und bie Organiſation durch
- Eiterungen oder einen andern fubftanziellen Ver⸗
luſt zugleich mis leide, fo finde hier bie Phos⸗
phorföure einen vorzuͤglichen Platz. Kein Dir
| . \ : kei -
! .
72.7.»
| Phosphor. = 685 Ä
tel fey eeſchicter auf das vitale chemiſche Labo⸗
ratorium, auf .die Organiſation ſchneller und
ſtaͤrker zu. wirken; der Phosphorſtoff, der bey
allen Vereiterungen in. Menge verloren gehe,
werde ſchnell erſetzt, die Lebenskraft gehoben,
und das Fieber getilgt. Selbſt in jenen hekti⸗
“.
dieſem ‚neuen Mittel anzuftellen, fehlte es Hrn. |
fchen. Siebern, die mit Vereiterung . der Lunge
verknüpft find, wobey ſich Häufige Machtſchweiße
einfinden, ‘habe die Phosphorfäure den Kranken
lange ( gefriſtet.
In intermittirenden Fiebern Perſuche mit
D. H. an Gelegenheit. Es laſſe ſich indeſſen
vermuthen, daß die Phosphorfäure auch in dies
fer Siedergattung von großem Nußen feyn wers
de, wenn bie zu ihrer Anwendung, ‚angegebenen
‚Bedingungen damit verbunden wären.
| Die Art der. Zubereitung und der. Dofiı 8,
in. welcher Hr. D. H. die Phosphorfäure feinen
- Ktanfen reichte, mar folgende: er erbielt die
soncentriste Phosphorfäure. zuerſt vom Prof.
Goͤttling zu Jena, und vermiſchte davon ı 1
Quent. mit-5 Quent. beflillirtem Waſſer, und
einem Quent. Syrup. paeon. und gab nach
Umſtaͤnden alle halbe, ganze, oder alle 2 Stuns
den, 10, ao und mehr Tropfen. Die Kranfen-
nahmen fie auf diefe Art fehr gern; Geſchmack
und Sarbe diefer Miſchung fey angenehm, und
gewaͤhre dadurch dem durchdtingenden Medica⸗
ment einen doppelten Vortheilſ. — Spaͤterhin
bereitete er die Phosphorſaͤure theils ſelbſt, theils
ließ er ſie vom Hrn. Prof. und Hofapotheker
Hofmann zu Weimar, anf folgende Art bes
reiten: 1 Quent. Phosphor wurde auf einem:
Serpentinſtein verbrannt, die zuruͤckbleibende con⸗
centrirte Zluͤſſigkeit mit roͤthlicher breyartiger
Eu
'
686 Pho bphoraͤther. Phosphoreſeen.
Subſteiz wurde dann mit einer Unze beftiflic.
‚tem Miafler filtrirt, und von dieſer reinen Dis
luirten Säure gab er mit oder ohne Sorup 15.
20, 300 Tropfen pro doli. — Ben dem Beffers
werden der Patienten wurde die Trequenz ber
. : Dofen vermindert — Große feltene Gaben pafe
- fen nicht für den Zuftand des Kranken. Zuweilen
feßte ee Dpium zu, wodurch die Wirfung, zus
mahl in dringenden Fällen jehr erhöht wurke. - -
S. Neues Hatur« und Kun gericon, von Lips
pold und Funfe. II. Th. S. 666
Brens fpftemat. Handbup der Chemie. I. S. 304.
Hildebrandt's Encpfiop. der gefammten Chem,
Th. l. 2cheorie S. 168.
Scerer's Verſuch einer populären Chemie.
.Wuͤhlha ufen 1795. 8. ©. 119.
Deflen al zemeines gertnal der Chemie ©. —
1. G. 112. H. 3. S. 2 1.8.5, 9,49%, .
774 8, II. dent 10. Es 9.12. *
VHit⸗ S. 243. H. 28. S. 389. SV
' 38.
Botat's 31 agazin a den neueften Zuftend der
Naturfuntve B. II. Et. i. ©, 15
Derfuge und Bemerfungen über die Zrzeugung
des Lichts in verfchiedenen Körpern irch Dige
und Reiben von Joſ. Wedgwood ın Gren's
u oncnal wer Phyſik. B. VII. ©. 45. und yın
‚ Phonpboräiher, ein aͤtheriſches Produckt, das
man erhält, wenn man reine Phosphorfäure
mie waſſerf reyem Alfohol deſtillirt. Dieſer Ae⸗
ther unterſ Heidet ſich in vieler Hinſicht vom
Sihwefelättier, und befißt Eigenfchaften, bie
"weder diefern noch anderen Arten des Aethers
eigenthuͤmlidj ſind. Mehr davon findet man in
Trommsdarff's Journal der: Chemie, 10 B.
2 Heft ©. 115
Phosphoreſcenʒ "der Rörper ift diejenige Eigen
ſchaft, nad) welder manche an ſich dunkle Koͤr⸗
der in der ‚ad € einen Glanz von ſich geben
ober
yyhophoreleez. > .6B7
4 wer leuchten. Dieſe leuchtenden Körper find
entweder natürliche, die nicht durch menfchliche
Kunſt erfi zubereitet werden durften, oder Fünfts
liche. Don den leßtern wird in dem vorfichen:
den Artikel gehandelt, fo wie zum Theil auch im
Art. Lichteinſaugende Körper, Th. 78, ©, 322
fl. Hier gedenfe ich bloß der leuchtenden Koͤr⸗
per, die bon Natur die Eigenfchaft haben, daß
fie feuchten, ohne erft kuͤnſtlich behandelt worden
zu ſeyn. Die von Natur im Dunkeln feuchten«
den Körper (von denen jedoch hier die Him⸗
mefsförper ausgefchloffen find, weil das Leuchten
derfelben nichts ungewöhnliches ift) find. entwe⸗
der aus dem Thierreiche, - wohin die Later
nenträger, bie Johanniswuͤrmer, einige Arten
der Affen, u. ſ. w. oder aus dem Pflanzen:
reiche, wohn faules Holz, Blumen, Waͤſche
u. f. w. unter gewiſſen Umftänden, ober aus
dem Mineralreiche, wohin die Diamanten: und
Smaragde gehören. Einige dieſer Körper
leuchten im Dunfeln micht eher, ala bis fie eine
Zeitlang durch die Sonne, durch Tageslicht,
oder auch nur Kerzenlicht vorher erleuchtet wor⸗
den find, daher man fie Lichtfaugende Körper
nennt, weil fie im Dunkeln von dem Lichte
leuchten, welches fie vorher erft von einem ans
dern leuchtenden Körper eingejogen haben, non
welchem gleichfalls im Art. Lichreinfaugende
Rörper, Th. 78 gehandelt ‚wird. .
Plinius *) bemerkte ſchon, daf die Pho⸗
laden, eine Art von Mufcheln, welche fich. in
Falfartige Felſen, Korallen und Schiffe einboh
ren, und die Plinius Dactylos nennt, des
Nachts mit einem phosphorifchen Glanze leuch—
ten,
*) Plinius Hift, Nat. IX, 6.
BB. -Phodpherefcen,,
ten. Reaumuͤr und Beccaria haben viele Ders
fuche Aber diefes Leuchten der Pholaden angeftellt.
Das Leuchten bes faulen Fleiſches bemerkte
Fabricius ab Aquapendente zuerfi om
Zanımfleifche, und machte dieſes 1600 befannt ”).
Bartholin beſchreibt eine 1647 zu Montpels
lier gemachte Probe, da ein Stuͤck Fleiſch in
einzelnen Punkten leuchtete, als ob es mie Dia
manten überfireut wäre Boyle fahe 1672
etwag ähnliches an einem noch efbaren Stuͤcke
Kalbfleiſch, an friſch gefchlachtetem, auch abgen
kochtem Hammelfleifh und in Salzwaſſer geleg⸗
tem Schweinefleiih. Eben dieſer Boyle machte
1667 die meiſten Verſuche uͤber das Leuchten
des faulen Holzes; er bemerkte ferner, daß ein
Weißfiſch, der in die Faͤulniß uͤbergehen wollte,
des Nachts leuchtete, und entdeckte, daß das
Leuchten durch Hinwegnehmung aller Luft ober
im luftleeren Raum abnehme oder ganz vers
ſchwinde *).
D. Beal fand eine Salzbruͤhe, worin fri⸗
ſche Makrelen geſotten worden waren, nach ei⸗
nigen Tagen leuchtend. Canton hat die genau⸗
eſten Verſuche über das Leuchten der Weißfiſche
gemacht, aus welchen ethellet, daß das Leuchten
aus dee Meigung zue Faͤulniß herruͤhrt, die,
wie Pringle behauptet, durch Seewaſſer oder
ſchwach gefalzenes Waſſer befördert wird.
Sorfler und Sömmering entdedten,
. baß das Leuchten der Körper in bepblogiftifirter
Luft weit flärfer und. anhaltender wird.
. Das Leuchten einiger Diamanten und Sms;
ragden bemerfte Du Zap: zuerfi. Sie leuchte
sen vorzüglich flarf, wenn fie an der Sonne
geiles
2) Geber Dhpital, Wirtebue II 2
— nem
b
N
¶ Phoedhoreſdem. 68
geltgen hetten und verloren dieſe Eigenſchaft
wieder, wenn fie dem Tageslicht lange nicht aus⸗
geiekt geweien waren. : Nach dem Du Fay
nahm auch Zacob Bartholomäus das zeude
ten der Diamanten wahr.
Aud) der Regen leuchtet zuweilen, wenn er
. Viele Electricität bey ſich führt. Bergmann fahe
1759 im September zwey folche Geuerregen, des
zen Tropfen auf dem Felde und gegen anders
Körper Sunfen gaben, jo daß, es in diefen zwey
dunfeln Mächten. nicht anders ausfaße, als oh
das ganze Feld mit Geyer überzogen wäre *). :
Das Meer wirft bey Macht oft ebenfalls
einen leuchtenden "Schein von fi, . Ben filler
See erfcheint dieſes Licht wie taufendfältige
Sternen auf der Oberfläche -zerftreut; bey der
. Bewegung der See erfcheint es da, mo vie
. Wellen brechen oder an feſte Körper anfchlagen;
oft leuchtet nur dig naͤchſte Gegend um das Schiff, -
befonders die Furche, die das. Schiff im Waſ⸗
fer gemacht hat, auch die Spur. der ſchwimmen⸗
den Schiffe.
—Americus Befpucei fol, wie Kircher
erzoͤhlt, dieſes Leuchten des Meeres be Nacht⸗
zeit zuerſt entdeckt haben ). |
Wie man. bas Hborpboreſciren mandhef
Kötper, befonderd der faulenden, erflären mäfle,
ift im vorſtehenden Artikel, oben, ©.:655 fl,
„.geseigt worben. Mir dem Leuchten der licht
einfaugenden Körper hat es eine andere Bewandts
niß, worüber Th. 78, ©. 322 fl: nachaufehen if.
Bey dem. leuchtenden Regen, unb dem Leuchten
des Dieerwaflers, fo fern fein Gewuoͤrm oder
| J fous
— us rn en
Oec, techn. Enc. CXI. TH, Xx
| 699 Phorphoreudiometer. Mhosphorſaͤure.
faulende Materien daſſelbe bewirken, kann man
‚ ohne Zweifel die Elektricitaͤt als die Urſache das
- von anfehen. Zm Artitel Meerwaſſer, Th. 87,
. ©. 312 fl. wird man hierüber das weitere finden.
Dhospboreudiometer,: ein Werkieug, die Beſchaf⸗
fenheit der Luft vermittelt angebrannten Phos-
phors zu beflimmen; f. im Art. Luftguͤtemeſſer,
TH. 81, ©. 417.
Phosphorgas, f. im Art. Luftarten, TH. 81,
S. 280 fl. |
Phosphoria, ein Feft, welches die Griechen dem
Phosphor ader Lucifer zu Ehren feyerten. Fak—⸗
- telträger, welche man Phosphoren nannte, hiel⸗
- ten daben eine Proceflion. on
Phosphorit, oder erdiger Apatit, ift ein rhoe:
phorſaurer Kalfftein, gelblichweiß, undurchſichtig,
von erdigem Bruche und magerem Korn, auch
von ſplitterigem Bruche, der theils auch ins Fa⸗
ſerige übergeht. Er iſt übrigens halbhart, ſchwer,
und gibt im Dunkeln, wenn man ihn mit“' ei⸗
„nem ſcharfen Eiſen kratzt, einen leuchtenden
Strich, und auf Kohlen gebroͤckelt, fo wie der
Adpatit, ein grünes Licht: Man finder ihn bey
Truxilla in Eftremadüra in abwechfeinden Schich⸗
ten von gemeinem Duarg. a
,
Phosphorluft, ſ. im Art. Luftarten, Th. 89, ©.
3 280 ® R .
Dhospborfalmta®, f. im folgenden Artikel.
Pbosphorfäure, eine eigenthuͤmliche Säure, wel⸗
che man in verfchiedenen thierffchen Beftändthellen
‚und dem daraus bereiteten Phosphor finder, und
. Lie Man: au Rnochenſaͤure denannt hat." Man
: Ber nach Scheel e's Vorſchrift reine, weißge⸗
. brannte und gepulverte Knochen vermittelft: der
Woaͤrme in Salpeterfäure auf, fo daf- die Aufs
loͤſung gefättige iſt, verbännt dieſe hierauf mit
- . P dreßs
Phosphorſaͤure. 691
dreymahl ſo vielem Waſſer, ſeihet ſie durch, und u
ſetzt nach und nad) Vitrioloͤhl hin. Es ſchlaͤgt
ſich dann ein häufiger Gyps nieder. Man fährt
mit dem Zutröpfeln der Schwefelſaͤure fort, bis
‚Sein meißer Ttiederfchlag mehr erfolgt. . Denn
die Schwefelfäure hat nicht nur eine mähere
Verwandtſchaft zur Kalkerde, als die Salpeter⸗
fände, fondern auch als vie Phosphorfäure das -
gegen hat. Die Slüffigfeit Scheider man durch
Abgießen, Durchfeihen und Auslaugen von dem
- entftandenen Gyps, und dampft fie in einer
offenen gläfernen oder porzellanenen Schale fo
lange ab, bis fih die Salpeterfäure durch den
-
”
: Geruch bemerken läßt, da man diefe nach wies
derböltem Durchſeihen vollends aus einer gläfer:
‚nen Metorte im Sandbade von der damit vers
bundenen Phosphorfäure abveflillirt, und das
..Abziehen bis. zur Trockniß fortſetzt.
Da aber hierbey_die zuruͤckbleibende Phos⸗
phorfäure immer noch einen beträchtlichen Ancheil -
Gyps⸗ und Kalkerde enchält, fo muß man nach
"Hrn. Wiegleb’s Vorſchlag den Ruͤckſtand ber
erwähnten Deftillation nochmals im Waffer auf⸗
‚ löfen, und ie ber Aufldfung fo lange Fohlenfaus
res Ammoniak feßen, bis fich feine Erde mehr
präcipitiet. ‚Nachdem dieſe durch ein Siltrum
forgfältig abgefchieden, und ausgefüht worden ift,
wird die durchgefeihete Lauge abermahls bis zur
Trockniß abgeraucht, und die Salzmaſſe in einem
porzellanenen Tiegel, erft bey gelinderem und nachs
her bey verftärftem Feuer fo lange geichmolzen,
bis alles Ammoniaf wieder verflogen ift, und bie
Maſſe nicht mehr ſchaͤumt, fondern ruhig flieht.
Dan erhält eine burchfichtige giasähnliche Sue
ſtanz von einem fehe ſauren Geſchmack, welche
die Seuchtigfeit ber Luft for ſtark anzieht, Die
Ä | Fa ER
692 Phosphorſaͤure.
iſt die reine Knochenſaͤure oder Phosphor⸗
ure.
ſa Die aus den Knochen erhaltene, und nach
der angezeigten Weiſe von aller anhaͤnglichen
Kalkerde gereinigte Saͤure, unterſcheidet fi von
allen befannten Säuren dergeftalr, daß gar. Fein
Zweifel weiter gegen ihre Eigenthämlichkeit flatt
finden kann. Sie fommt in allem mit der bey
dem Verbrennen ‚des Phosphors erhaltenen Saͤu⸗
se überein. Ihr faurer Geſchmack ift ſehr ſtark,
wenn fie trocken iſt, nicht unangenehm, wenn
man fie mit Waſſer verdünnt bat, dem der
Schmefeljäure ähnlich; aber characteriftifh und
merfroärdig iſt ihre große Feuerbeſtaͤndigkeit.
Sie fließt nähmlih in der Hiße-zu einer Art
von durchſichtigem Glaſe und fann das Gluͤhe⸗
Ffeuer vertragen ohne verfluͤchtigt zu werden. Das
eigenthuͤmliche Gewicht dieſer verglaſten Phosphor⸗
ſaͤure iſt nach Bergman 2,687. Sie zieht
an der Luft ſehr bald wieder Feuchtigkeit an,
und zerfließt. Man muß fie daher in einem
soohlverftopften teodnen Glaſe vor dem Zugang
der Luft bewahren. Mit Waſſer erhiße fich die
trockne Säure bey der Auflöfung.
Wenn die Phosphorfäure noch Gyps⸗ und
Kalkerde enthält, fo fließt ſie damit im Keuer
zu einem, harten, mehr oder meniger burchfichtis
‚gen Glaſe, das um defio weniger, auflösbar im
Waſſer und zerfliegend iſt, je unreiner es if,
oder je mehr Kalkerde es enchäle ine folhe
unreine Whosphorfäure war es, welche Hrn.
Crell ein ſo hartes Glas gab, daß es das ge
meine Glas ritzte, deſſen eigenthuͤmliches Gewicht
gegen das Waſſer 3,000 war, and fich ſelbſt
an kochendem Waſſer nur wenig aufloͤſte. Ein
aͤhnliches Glas aus ſolcher unreinen a Ha
- Mhosphorfänre 693
fäure verfeitete auch Hrn. Pro uſt, anzunehmen,
daß die Knochenſaͤure eine-von der reinen Phssr-
phorfäure weſenilich verfihiebene enthalte .
Die Phosphorſaͤure macht nun nicht allein
einen Beflandeheil der Knochen ber Mens
fen, und. aller warmblätigen Thiere aus, fons
dern fie finder fich auch in def Afıhe aller thies
riſchen Subſtanzen. Man glaubte fonft, daß '
- fie im thierifchen Körper erfk erzeugt, und-ducch
Animalifirtung der. Nahrungsmittel hervorge⸗
bracht würde, und fieht fie auch deswegen bors
zuͤglich als eine Säure des Thierreichs an;
allein wir wiſſen jet, daß ihre Grundlage auch
einen Beſtandtheil der Gewaͤchſe, befonders bes
Klebers und Eyweißſtoffs ausmacht, und, braus
en daher feine ſolche Erzeugung dieſer Säure
in dem thierifchen Körper anzunehmen,. um ung
ihren Urfprung zu erflären. Yuc im Minerals
reiche ift fie ſchon Häufig -angerroffen worben,
wie Gahns, Meyers, Klaproth's und
Prouſt's Entdeckungen. beweiſen ).
&r 3 Der
©) Lettre für un verre blane, retird de 'acide phorphori-
©: 145. DBerfuche aus menichl. Muschen einen Whosphor ;
zus m bereiten, von Erell; in deffen Sem Seurmals
1. ©.32 8 orHen dal:
©. 1377. Chemie
gun Mosphorfäure, in Übficht ihrer vergtafenden
al itt
fogenannte fege Phospbarfäure feine biobe, «du
Ye ein im Bbuf Anaufdsliher aplarfa
. 321. überfent in Erella neueſten Entdeck. Cd 7. ©. 92.
Hieher gehören: Babn’s vhosphorſaures DI der
a räne ———— nach ck la ve
rotb, das Waſſere ſen nach Hrn Meyer und Klaps
zath; und die natäsliche Anachenerde nad Prauß.
“ D
“ b
694 I Phosphorſaͤure.
Der Unterſchied der Phosphorſaͤure von
allen uͤbrigen bekannten Saͤuren erhellet beſon⸗
ders aus ihren Verbindungen zu Meutrals und
Mittelſalzen, und aus ihren Verwandtſchaften.
Mit dem Gewaͤchsalkali vereinigte ſich die Phoss
phorſaͤure zu einem leicht aufldslichen Neutral⸗
fatze, pbospharfaures Gewaͤchsalkali (Potalli-
num phosphoricum, alkali vegetabile phos-
phoratum, tartarus phösphoratus, Phosphas
otaflae, Phosphate de potalle), das ſich durchs
dkuͤhlen Ernftaflifiren‘ laͤßt. Die Kroftalle find
vierſeitig, ſaͤulenfoͤrmig, und endigen.fich in eine
vierſeitige Pyramide, deren Geiteflächen auf
den Zlächen der Säule aufgeiebt find. Mad
Lavoiſier enthält es ein Uebermaß von Säure.
- Sm Feuer ſchaͤumt eg nah Wenzel auf, wie
Borax, und fließt endlich in eine durchfichtige
glasoͤhnliche Mafle, die fih nah Morveau
wieder im Waoſſer aufloͤſen laͤßt *).
Mit dem Mineralalkali genau geſaͤttigt,
gibt die Phoophorſaͤure beym Abrauchen und
Abkuͤhlen Feine Kryſtalle, fondern eine gummichte
zaͤhe durchſichtige Maſſe, von einem dem Küs
chenſalz ähnlihen Geſchmacke. Hingegen bey
einem Webertchuffe des Mineralaffali läßt fie ih
allerdings kryſtalliſiten. Die Kryſtalle dieſes
phosphorſauren Mineralalkali (Natrum phos-
phoricum, Alkali minerale phosphoratum,
Soda phosphorata, Phosphas Sodae, Phos-
‚ Phate de Sonde) find groß, durchfichrig, - und
u ftellen,
®) Lavnifier Üben das Werbreunen des Kunkelſchen Phos⸗
pherus, und Die Natur der Säure, welche bey dieſem
Verbrennen entfieht; aus deu Me ce ?«, my. der Ic,
e Karks 177% © 66 Äberf. in ErelPs neueflen Kutt.
2 V. © 14 @ en 1 * Don —— sin.
210 rveau Aufangsgr. der tet. und praet.
Ebemi EU Sign.
Pe 69
. Bellen, wenn. fie regelmäfig ſind, Rhomben vor,
die aus rhomboibalifchen Flaͤchen, untes Winkeln
theile von 6a und theils von 120 Gr. zuſam⸗
‚mengefeßt find. Sonſt wechfelt die Geſtalt ber
Kryſtalle mannigfaltig.. Der- Gefhmad dieſes
"Salzes ift ohne alle Bitterfeit, rein falzig, tie
das Kochſalz. Im Waſſer loͤſt es ſich leicht auf,
und laͤßt ſich durchs Abkuͤhlen kryſtalliſiren. Das
Salz ſchmelzt im Feuer, nach einigem. Aufſchaͤu⸗
men, zu einer durchſichtigen glasaͤhnlichen Maſſe,
ohne zerſetzt zu werden; es verliert bloß fein
Kryſtalliſationswaſſer, welches darin viel betraͤgt,
und Urſache iſt, daß es ſchon in gelinder Hiße
zergeht. An der Luft verliert es durch den Ver⸗
luſt des Kryſtalliſationswaſſers ſeine Durchſich⸗
ca behält aber. doc) feine Zorm. Es macht
be Wielenfyrup grün, Man wendet es jagt: in
dee Medicin als ein Larirmitte| an; Förnte ‚es
aber aud) flatt des Borares zum Loͤthen gebraus |
chen *). | Ä —
Ob das phosphorſaure Mineralalkali durch
Gewaͤchsalkali zerlegt werde, und die Saͤure
eine nähere Verwandtſchaft gegen dieſes, als ge⸗
gen das Mineralalkali habe, iſt noch nicht auge
gemacht. Bergman ſtellt indeſſen in feiver
Verwandtſchaftstafel der Phosphorſaͤure das Ge⸗
waͤchsalkali vor dem mineraliſchen.
Aus der Vereinigung der Phosphorfäure
mit dem Ammoniaf entipringt der Phosphors
ſalmiak; das phosphorfaure Ammoniak (Am-
| ra moni-
9 Lavviſier a. a. O. S. 144. Wenzel a. a. O. ©.
als. Meorvean a. a. O. y pı. . Sur la fabrıcation
du Phosphate de Soude, par M. Hafflanfrat2z in deu
Annal. de chım. T. X. ©. ı81. Weber die phospborfaure
in Rhomben angefchoffene Soda, und ihren Nutzen, als
ein Abfuͤhrungsmittel, vom Hrn. D. Geo. Pearionz .
in Erell’s chem, Annal, 1299, But. &. ı2. |.
696 Ä | Phosphorſaͤure. |
moniacum‘ phosphoricum, Alkali volatile .
phosphoratum, Phosphas ammoniaci, phos- -
phate d’ammoniaque), der falmiafartig ſchmeckt,
an der Luft. beftändig if, und im fpiefigen, viers
feitig fänfenförmigen, nach dem Unterſchiede des
Abdampfens aber auch in rhomboibalifchen, Kr
- Ballen anſchließt. Er loͤſt ſich im Waſſer nicht
ſchwer auf, erfordert vom kalten Waſſer s—6
- Zpeile, und laͤßt fi durchs Abkuͤhlen fenftalls :
firen. An der Luft find die Kryſtalle beftändig.
Nah Wenzel enthält das ganz trockne Salz
‚38% Ammeniaf, und 43 Phosphorfäure, Wegen
der Feuerbeſtaͤndigkeit feines fauren Grundtheils
laͤßt es ſich nicht ſublimiren, ſondern im Feuer
blaͤhet es ſich auf, und wird zerſetzt; das Am⸗
moniak entweicht in aͤtzender Geſtalt, die
reine Phosphorſaͤure bleibt zuruͤck, wie mie vor⸗
ber ſchon bey der Bereitung und Reinigung der
letztern angefuͤhrt haben. Dieß Salz findet ſich
auch natuͤrlich im Harne, und macht einen Ber
ſtandtheil des ſogenannten Harnſalzes oder mi⸗
trokosmiſchen Salzes (ſal urinae, ſal micro-
colmicum) aus, das auch wegen feiner Schmelz
barkeit im Seuer, fehmelsbares Harnfalz (Tal
fufibile urinae) genannt werden ift *). |
Bende feuerbeftändige Alfalien zerfeßen we⸗
gen ihrer nähern Verwandtſchaft mit der Phoss
vhorfäure den PHosphorfalmiaf, und. entbinden
das Ammoniak deflelben in äßender oder Fohlen.
faurer Befchaffenheit, je nachdem fie ſelbſt ägenb
oder Fohlenjauer find. | BEN
| Von
*) Wenzel a. a. O. E.220. Morvean a a. O. G.
—* —* et ——ã— in a de
e 3 N) .
miſches Schriten, 6,5% 9*
Phophorſelenit. Photometer. 697
| Bon den phosphorfauren hinelfalsen iſt
im Art. Wiittelfal;,. Th. 92, ©. 146 fi. ſchon
gehandelt worden. . |
Voaon der Anwendbarkeit der Diyospbore
- fäure in der Medicin fehe man im Art. Phos⸗
phor, oben, ©. 681. *4
Gren's Handbuch der Chemie TH. Halle 1764.
| 8. ©. 294 8. fl
DPhospborfilenit, oder phoepborfaure Ralterde,
ſ. im Are. Mittelſalz, Th. 92, ©. 146.
Phosphorſoda, ift eben fo viel ale Sodaphos:
pborfalz, d. i. ein aus Soda und Phosphor:
* deſtehendes Meutralſalz. S. im Art. Phos⸗
pphorſaͤure, oben, S. 690.
Phosphorus, ſ. Phosphor, oben, S. 67
Phoromerer, oder Lichtmeſſer ‚ (photometrum,
photomeitre). Eine” eigene DBorrichtung, um
- damit die Intenſitaͤten des Lichtes leuchtender
Gegenſtaͤnde zu meſſen.
Bougurr bediente ſich unter dem Maps
men eines Photometers folgender Einrichtung.
Zwey Nöhren (Sig. 6551) ab und cd find
“ Inwendig ganz ſchwarz gemacht, in deren jede
ben a und c eine Ölaslinfe fo befeſtigt iſt, daß
ſie diefelbe gleichfam mie ein Dedel verſchließt,
am andern Ende bey b und d iſt jede, mit ei⸗
nem Dedel verjchloffen, worin fich eim. freisenine
des Loch von 3 bis 4 Linien im Dutchmeffer
befinder, dag mit einem’ Stuͤckchen von feinem
weißen, Papier. oder matt gefchliffenem Glaſe be:
deckt iſt. Jede von beyden Roͤhren kann man
alsdann gegen ein eigenes leuchtendes Objekt
richten, damit das deutliche Bild davon auf das
weiße Papier oder das matte Glas bey b und
d fale. Am beiten wird alſo eine jede von bey
ben. Roͤhren au zwey in einander geſchobenen
Xx5 Stüfs
698 . Photometer. .
. .
Stüden zufammengefegt, damit man fie verläns
. gern und verkürzen kann, um jedes Mahl ein
Paar deutliche Bilder zu haben. Durch Be
deckung eines Theiles der Deffnung des einen
⸗
‚dem Objekt zugekehrten Glaſes kann man. es
‚ferner dahin bringen, daß beyde Bilder gleich
bell erfcheinen. Setzt man alsdann die Entfer⸗
nung des Bildes von dem eriten Glaſe — ß,
bie des andern Glafes — a, die halbe Breite
des erften Glafes — ,: und die andere == d,
und..den Glanz beyder Objekte S, L, fo findet
man auf: folhe Art das Berpältniß des Glan
zes beyder Objekte S:[ — 5 Die Linſen,
welche die beyden Roͤhren enthalten, waͤhlt man
ſo viel moͤglich ſo, vofı fie einander gleih und
ähnlich find, welche. folglich gleiche Brennweiren
.befigen. Ben weit entiegenen Objekten ift bey:
nahe A’ = «*, und daher S:[ = Y’ıd.
Diefer Lichtmeffer wird noch einfacher, wenn
"man beyde Roͤhren (Fig. 6552) bey Fg vermit⸗
teift eines Gewindes zufammenfeßt, damit maR
fede davon gegen ein beliebiges Objekt richten
Tann; nur eine diefee Möhren ac wird fo eins.
gerichtet, daß man fie nach Gefallen länger als
die andere machen kann. Bey c und d find
die runden mit weißen Papier oder martem
Glaſe bedeckten Löcher; bie Glaslinſen bleiben
weg, und ſtatt derſelben ſind in der Mitte der
Deckel bey a und b freisförmige Orffnungen
von gleicher Groͤße, etwa von einem Zoll ‚im
Durchmeſſer. Mean richte die Möhre dh ges
rade gegen dasienige Objekt, welches ven ſchwaͤch⸗
fen Glanz bat, und ca gegen dasjenige, wel⸗
5 om ſtaͤrkſten glänzt Wenn alsdann, mie
: - er
| Photometer. BE 9
hier angenommen werben‘ muß, bende Objekte
eine‘ fo große fcheinbare Ausdehnung haben, Haß
. das Auge aus den Stellen c und d feines von
beyden durch die Deffuungen a und b überfehen
koͤnnte, fo wird c flärfer als d erleuchter fenn,
wenn bende Möhren gleich lang find. Um ale
die Erleuchtung in c zu vermindern, verlängere
man die Roͤhre ca, bis c, und d wird gleich
heile werden; alsdann -ift das Verhoaͤitniß des
Glanzes beyder ‚Objekte einerleg mit dem Ver⸗
bältriffe der Quadrate der Längen, beyder Möhren.
Weil aber diefe Vorrichtung Feine völlig
genauen Reſultate gewährt, fo bag fich in den
neueſten Zeiten der. Herr Benjamin Thomps
‚fon Graf von Rumford veranlaßt gefuns
den, eine genauere Einrichtung anzugeben, welche
ganz eigentlich den Tlahmen eines Photometers
verdient. *). In einem Kölzernen Gehäufe '
(Big. 6553) abed, des 7420| breit, 10%
Zoll fang, und 35 Zoll im Kichten hoch Äft, ie
die innere Flaͤche allenthalben ſchwarz angeftri:
chen, außer auf-der hintern Wand. Auf diefe:
Hintern Wand befinder fich in einer Falze ein:
geichiiffene Stlasfcheibe, auf welcher weißes Pa⸗
pier 'aufgeflebe ift, welches der. Graf das Feld
nennt. Die Glasjcheibe ift SE Zoll breit, um:
eben fo hoch wie das Gchäufe; das ˖ Feld be
Snftruments aber behält feing gehörige Breit
durd) einen Schirm von ſchwarzer Pappe, wel-
cher vor die vordere Flaͤche bes üÜberzogenen
Glaſes unmittelbar geftellt wird, und worin ein
freisförmiges Zoch g von 1,8 Zoll im Durchs
| | meſſer
* Beſchreibung einer neuen Methode, die eomraratiyen
Intenſitaͤten des Lichtes leuchtender Koͤrper zit meſſen,
‚vom Hrn. Generallieutenant Benjamin. Thempſon,
Srafen ven Numpford; in Erens neuen Journal
der Phoſik. B. Al. ©, 15 u f. e | = ‘
700 | Photometer.
meſſer geſchnitten iſt. Uebrigens muß dieſer
Schirm weit genug ſeyn, um die ganze Flaͤche
der Hinterwand des Gehäufes zu bedecken, und
kann an feinem Standorte durch Salze in den
Seitenwänden des Gehäujes feſt gehalten. wers
den, worin man ihn hinabſchiebt. Der Boden
des Gehaͤuſes ſteht vermittelt einer Nuß auf
‚einem Stativ; oben ift es mir einem in Angeln
beweglichen Deckel verſchloſſen, damit ed leicht:
geöffnee werden fann, um im möthigen Salle
die darin enthaltene Geraͤthſchaft zu ändern,
Die Vorderjeite diefes Gehaͤuſes ift auch) vers
fchloffen, an welcher aber zwey horizontale Roͤh⸗
‘ren dhik und Imno befefligt find, deren Axen
unter einem Winkel von 60° fo fteben, daß diefe
verlängerten Aren fih in dem Deittelpunfte x
nes Feldes ſchneiden. Zwiſcheñ diejen benden
‚Möhren ift in der Mitte der Vorderwand des
Gehäufes eine Deffnung angebracht, durch wels
che man nach dem Felde ſiehet. Vor dem Selbe
273 Zoll davon flehen auf Dem Boden des Ges
haͤuſes zwey Cylinder p und q fenkrecht in pas
ralleler Lage mit der Hintermand des. Gehäus
: "fe, welche von ihrem Mittelpunfte der Grunde
fläche aus 3 Zoll von einander abftehen. Wenn
die bey dem Verſuche gebrauchten Lichter gehoͤ⸗
rig geſtellt ſind, jo werfen diefe beyden Cylinder
vier Schatten auf das weiße Papier des Feldes;
zwey davon find genau in der Mitte dieſes Fel⸗
des in Berührung, und auf dieſe allein muß
Nüdficht genommen werden. Die beyden uͤbri⸗
gen Schatten. fann man leicht dadurch vers.
ſchwinden mahen, daß man das Feld fchmahl
macht, da alsdann die Schatten auf bie des
ſchwaͤrzte Flaͤche fallen, wo fie unfichtbar find.
Hat jeder Eylinder zE im Durchmeſſer und 2,3
Photometer. 7001
Zoll in wer Höhe, fo iſt bie Breite bes Gefichts⸗
feldes von 273 ZoU hinreichend; uͤberdieß muß
die Höhe. des Geſichtsfeldes nicht Über 23 ZU.
mehr als bie Höhe, des Cylinders bettagen, weil
fonit das Licht wegen ver zu flarfen: Blendung
nachteilig fen würde, Um nun die Kichter feiche
und genau fiellen zu fönnen, ift durch die Mitte
des Feldes von oben nad) dem Boden zu eine
feine ſchwarze Linie gezogen, und eine andere
horizontale, welche jene unter einem rechten
Minfel ſchneidet, in der Höhe der erweiterten
obern Grundflähen der Cylinder. Berühren.
alsvann die ‘obern Graͤnzen der Schatten bie
horizontale Linie, ſo ſtehen die Lichter in ber
gehörigen Höhe, und wenn ſich ferner die beys
den Schatten einander in ber Mitte des Fel⸗
des berühren, fo ftehen bie Lichter in der gehds
sigen Richtung, _
Die beyden Cylinder find um ihre Are bes
weglich, und jeder iſt noch mit einem Fluͤgel r
and [von 33 Zoll Breite und -„E Zol Dide,
“
und von gleiher Höhe, als die Eplinver find,
verſehen, und daran genau befeftigt, um Dadurch
die Schatten in jedem Falle auf: einerlen Dusch:
meſſer zu bringen, weil fich. alsdann leichter bes
urtheilen laͤßt, ob die Schatten von gleicher Dichs
tigkeit find. Gewöhnlich, steht dieſer Flügel ‚in
der Mitte des Schattens des Cylinders, in wels
her Lage er ganz unwirkſam ift; ift es aber nde
tbig, den einen Durchmefler des Schattensd zu
vergrößern, fo wird der dazu gehörige Cylinder
fo lange um feine Are gedreht, bis der Flügel
aus der Are des Schattens tritt, und dadurch
ven Schatten zur nöthigen Breite bringt. Hie⸗
bey muß immer ber Cylinder auswärts. gebreht
werden, ober jo daß die. Zunahme der Breite des
| Bun Schat⸗
2 : __ Photometer.
Schattens an der äußern Seite deſſelben Statt.
finder, nicht .an der innern, wo beyde Schatten
an einander gränzgen. Durch Hülfe diejer Fluͤ—
gel können die Groͤßen der⸗ Schatten fb. zuneh⸗
men, daß fie das ganje Feld bededen. Uebrigens
muͤſſen dieſe Cylinder befländig genau perpendis
kular auf dem Boden des Gehaͤuſes ſtehen, und
mit einer ſchwarzen Sarbe überzogen jepn.
Um die Lichter mit größerer Genauigkeit
- und Leichtigkeit dem Photometer nähern oder
mehr davon entfernen zu fünnen, find mit dem
Geftelle, melches das Photometer trägt, zwey
lange und fchmale, aber ftarfe und feite Tifche
A, und B feft verbunden, in deren Mitte ein
gerader Falz läuft, worin ein beweglicher Schie⸗
bee C, auf weldyen das Licht geftellt wird, durch
ülfe einer Schnur gezogen wird. Diefe Schnur
iſt Hinten und vorne an dem Schieber befefligt,
geht an jedem Ende des Tifches‘ über Rollen,
und unten um einen Eylinder, welcher mit’ einer -
Kurbel verfehen ift, und dem Ende des Tifches
beym Photometer fo nahe fteht, daß ihn der Bes
obachter drehen fann, ohne das Auge vom Ge⸗
ſichtsfelde abzuwenden. Diefe Eintichtung ge:
waͤhrt folgende Vortheile: 1) kann der Beobadfe
ter die Lichter bewegen, wie er es für noͤthig
findet, ohne dazu einen Gehuͤlfen zu gebrauchen,
und ohne felbft das Auge von dem Schatten abs
zuwenden; 2) ift jedes Zieht genau in der Rich⸗
tungslinie, in welcher es ſeyn muß, damit die
Schatten in der Vertifalebene des Photometers
in Berührung kommen; und 3) fann die Berne
gung der Lichter allgemädy und ſanft gefcheben,
ohne auf fie ſelbſt Einfluß zu haben, oder ihren
Glanz zu vermehren und zu vermindern,
’
Dieſe
Photometer. 703
Dieſe Tiſche ‚ welche 10 Zoll breit und 35
er hoc, find, und von denen der eine 12 Fuß
“und der andere 20 Fuß lang iſt, werden’ unter
einem Winkel von 60 Grad’ gegen einander, und
R. gegen das Photometer geſtellt, daß Linien
laͤngſt ihrer Mitte gezogen und gehörig verlängert
genau in einem Punfte in ver Mitte der Verti⸗
kalebene ober des Feldes bes Photometers zuſam⸗
. menftoßen; von dieſem Punkte an merden die
Entfernungen der Lichter gemeffen. Die Sein
tenwaͤnde der Tiſche find in Zolle getheilt, und
ein Vernier, welcher Zehntelzolle zeigt, iſt an
jedem Schieber, von welchem bie Lichter getras -
gen merden,. angebracht. ..
Auf den Schiebern laffen fich die Lichter 68;
‚Bee und niedriger ftellen, um fie beftändig in eis
nerley Horizontalebene mit den obern Grundflaͤ⸗
chen der Cylinder des Photometers zu haben.
Damit die Bewegung dieſer Schieber ‘auf dem
Tiſche fo fanft als möglich fey,. gleiten fie auf
Meflingbrärken ‚ die-9 Zoll von einander ſtehen,
ya Zoll etwa im Durchmeffer haben, wohl po⸗
fire, und auf dem Tifche von einem Ende zum
befeſtigt ſind.
Um mit dieſem hotometer die relativen
Intenſitaͤten des Lichts leuchtender Körper ges
hdoͤrig zu meffen, hat der Graf bey der Anwens
dung defielben aus der Erfahrung gefunden,
daß man dabey folgende Vorfichtsregelm in Acht
zu nehmen habe: 1) wenn das ſchwaͤchere Licht
"von zwey Lampen, deren ntenfitäten verglichen
“werden follen, faft fo flarf ift, als das einer
gemeinen Wachsterze, fo iſt e8 am vortheilhaf:
teften, daflelbe 30 bis 36 Zoll vom Mittelpunfte
des Feldes entferne zu ſtellen, und fo verhaͤlt⸗
‚ nißmäßig näher oder ferner, je‘ nachdem Ki)
(dus
104 PHotometer,
‚schwächer ober flärker if. Denn find bie Lich
ter zu nahe, jo find die Schatten nidyt gut be⸗
gränjt, und wenn jene zu fern find, fo find
dieſe zu ſchwach; 2) iſt es zur Erleichterung der
Rechnung. vostheilbaft, ein Licht von einem ger
wiſſen Grade der Stärke als ein Maß anzuneps
wien, womit alle andere verglichen werben koͤn⸗
nen. Hierzu ‚bat der Graf. eihe argandifche
‚ Rampe gewählt,‘ welche eine beträchtliche Zeitlang
Das Licht weit gleichfoͤrmiger ausftrömt, als irs
gend eine andere Lampe und noch mehr als irs
‚ gend eine Kerze, Dieje flelie er auf dag bewege
Uche Geſtell des Photometers: vom Mittelpunkte.
Des Feldes auf 100 Zoll ab, nimmt alsdann
ein chlindriſches Wachslicht von befanntem Ge
wicht und Stärke, welches angezünder, gepußt,
und dahin gebracht ift, Daß es mit den größts
möglichen Grade von Helliäfeit breunt, ftellt es
"jener in einer gewiſſen gegebenen Entfernung
(33 Z00) gegen über, und zieht hiernächfl den
Draht der Lampe mehr hinein oder heraus, je
nachdem es nöckig if, bis die correfpondirenden
Schatten der Lampe und der Kerze genau von
einerley Dichtigfeit find. Alsdann mird bie
Wachskerze zum fernen Gebrauch aufgehoben.
Diefe beyden Lichter, nähmlih die argandiſche
. Lampe und Wachskerze, nennt der Graf Pros
belidyter (ſtandard).
Mit diefem Apparate hat der Graf vers -
ſchiedene Verſuche Über die Schwächung des
Lichts beym Durchgange durch die Zuft,. durch
las, und bey feiner Meflerion von einem -gläs
fernen Planfpiegel. angeitellt.
Man fehe übrigens auch den Art. Lichts
meſſer, Th. 78, ©- 376. und den folgenden
Artikel. 4..
Pb
u Photometrie. ob
Photometrie (photomeria, ‚pkotom£trie) heißt
diejenige Wiſſenſchaft, welche ſich mit der Aus⸗ |
meffung der Stärfe des Lichts befchäftige. Lam
bert war der erſte, weicher dieſe Lehre mit
gluͤcktichem Erfolge bearbeitete, und feit biefer
Zeit ift fie als ein Theil der optiſchen Wiſſen⸗
fchaften betrachtet worden. BE
Bouguer führe an, daß fhon Huygens
einen Verſuch gemacht habe, das Licht der Sonne
mit dem des Sirius zu vergleichen. Auch ein.
pariſer Capuziner, Sranzifeus Maria, gab
im Sabre 1700 eine kleine Schrift, nouvelles
‘ decouvertes [ur la lumiere, heraus, worin’ er
‚glaubte, daß das Licht, welches durch mehrere
Glaͤſer gebt, in arimethifcher Progreſſion abs
nehme, und fuchte diefem gemaͤß die Stärke des.
Lichtes durch die Anzahl der Glaͤſer, die es ganz
unmerflid machten, zu beflimmen. Celſius
zu Stodholm gab den Vorſchlag, die Staͤrke
des Lichtes zu meffen: man folle durch Huͤlfe
der Srleuchtung, welche nötbig ift, um Objekte
in verfchiedenen Entfernungen deutlich zu fehen,
auf die Stärfe des Lichtes fehließen. Allein alle
dieſe Methoden hatten noch viel zu viel Unbe⸗
- flimmtes, um die Stärke des Lichtes baburch
genau zu erhalten. —
Der erſie, welcher hierin mehr, als alle vor⸗
hergehende Naturkuͤndiger, leiſtete, war Bous
guer, welcher hierzu durch einen Aufſatz von
Mairan *), in welchem das Verhältniß des
Sonnenlichts zur Zeit des Sonnenſtillſtandes
als bekannt war angenommen worden, veranlaßt
wurde. Dieſe ſeine Unterſuchungen oͤffneten ihm
ein ganz neues Feld optiſcher Kenntniſſe. Seine
erſte
*) Memoir, de Paris ı7a1. '
Der. sechn, Ene. CHLL, Theil, VYd
706 Photometrie.
erſte Arbeit. erfchien uͤn Jahre 17729 unter dem
Ditel, eſſai d’optique, welche gleichſam nur eine
Vorbereitung zu einem groͤßern Werke war,
an. welchen er unter vielen andern Befchäftiguns
...gen bis zu ‚feinem 1758 erfolgten Tode gearbeis
ter hat.. Die Herausgabe dieſes Werks wurde -
von feinem Freunde de la Eaille, beforget ”).
. Es ift auch zu Wien 1762 ins Lateiniſche übers
. feßt worden.
Zu gleicher Zeit erfchien auch über ben nähe:
"ihen Gegenftand in Deutfchland das ſchͤne Wert
. son Lambert ""), weldhes in Roͤckſicht fufter
matiſcher Gruͤndlichkeit und Vollſtaͤndigkei, am
tieferer mathematiſcher Berechnung, und ſogar
an Erfindung und Benutzung ber dienlichen Vers
ſuche dem franzöfiichen vorzuziehen ifl. In dem
..erften Theile ſetzet Lambert die erſten Gründe
. and Begriffe diefee Wiſſenſchaft feR. In dem. -
. ten Theile redet er von den Veränderungen, weis
r %
che das Licht beym Durchgange dukch durchſich⸗
tige Körper, beſonders durch Glas, leide. Der.
dritte Theil enthält die Berechnung bes von uns
durchſichtigen Körpern, beionders von Spiegeln,
zuruͤckgeworfenen Lichts, und ber fünfte von .der
. Zerfireuung des Lichts durch bie Atmoſphaͤre.
Alle diefe Unterfuchungen find ganz neu. Der .
vierte und fechfte Theil betreffen die Lehren von
der gefehenen Helligkeit, befonders durch Fern⸗
zöhre und die Erleuchtung unfers Sonnuenfuflems,
. von weichen bereits manche fchöne Unterfuchune
gen waren angeftsllt worden, Der letzte Theil
endlich enthält Nechnungen und Berfuche. über
Ä a. bie
O Teaitẽ d’optique fur le gradation de Ja lumière de .MT.
Bouguer Paris 1760.
*°) Photometria 1, de Meniura et gradibys luminis, colo-
zis ei vmbras, Auguli, Vindelie, 1760. 8
Photophobie. phrodtiterim. 07
die Staͤrke des gefärbten Lichtes: und dee Schats
tens.
| Auszöge aus Bougners und Lambert's
Schriften finder man in Prieftley’s vom Herrn
Klügel Überfegten und. vermehrten Gefchichte '
der Optik. Aus den beyden Schriften der Herrn
Bouguer und Lambert hat Herr Karſten
bie ganze Photometrie im gen Bande feines Lehr⸗
begriff der geſammten Mathematik eg
S. Kifhers ein icalifehre Wörterbuh UL TH,
| Soͤttingen 1800. 8. ©. 880 fl.
Photophobie, Die —88 iſt bey Augenkrank⸗
beiten derjenige Zuſtand, wenn ber Kranke nicht
den geringfien Schein des Lichtes vertragen kann, |
Photophor, oder Lichttraͤger, ift der Nahme eis
ner Lampe, deren Schirm die Lichtfirablen weit
weg wirft. Man gibt nad) Berards Erfins.
bung dem Schirm bie: Geſtalt einer Parabolois
de, weil diefes die einzige Släche iſt, welche die
Strahlen aus ihrem Brennpunfte parallel mit .
ihrer Are zuruͤck ſendet. Da auf dieſe Weiſe
aber nur ein Meiner Fleck erleuchtet wird, fo ifk .
eine ſolche Lampe nur zu menigen Geſchaͤften zu
gebrauchen, und die Augen muͤſſen dabey auf je⸗
ben Fall ſehr angegriffen werden, wiewohl der
Erfinder dieſes nicht bemerkt haben will.
Iurellige HE der allgemeinen Üiteratur-Zcitangs
1801
Phragmites, Arundo Phragmites Linn,, |. im
Art. Rohr.
Phricti, Sackelfigmale, f. im Art. Signal.
Phrontilierium, hieß in den erften - Beiten der
chriſtlichen Kirche, wo Monaſterium noch eine
Einſiedeley bedeutete, ein Ort, in welchem ſich
mehrere, die fi ausſchließend der Beichäftigung
mit geiflicen Dingen widmeten, berfammelten,
Hy hrys
N
706 — —
erſte Arbeit
Ditel, ellai
Vorbereitu
an welche
gen bis ;
tet bat.
von fein.
Es if ec
fege we
lichen {
von t
matiſe
tiefer
an &
ſuche
erſter
und
Phryma. Phylica. 709
Phryßtziſche Tonart iſt eine der Tonarten
alten griechiſchen Muſik, der die Alten eie
heftigen, troßigen und friegerifchen Charafe
zuſchreiben. Es läßt fich daraus’ abnehmen,
viefe Tonart nicht die ift, der man gegens.
ig den Mahmen der. phrugifchen gibt, denn
ift, nady jeßiger Art zu veden, unfer E,
hat fo wenig von dem Charakter, den Arie
teles (Politicor. L. VIIL c.5. et 7.) ber.
jengifchen: Tonart beylegt, daß fie vielmehr ins
fagende fällt. Die alte phrngiiche Tonart iſt
jenige,iwelche man insgemein Doriſch nenat,
ift eine Tonart aus D, nach der biatonis
ven Weiſe, und zwar in Dur geftimmt.-
ma, Phryma Linn,, der Nahme einer
Mflanzengattung, aus der Familie der Verticil⸗
Taten. Man fennt indef nur eine in Morbamer
J riks vorkommende Art, von welcher nichts intes
> veffantes anzumerken iſt. .
’"® Ohthiriafis, die Läufefucht, Laͤuſekrankheit.
= Ohthifis, überhaupt die Schwindſucht, befonbers
aber die Lungenſucht.
®Phu, Valeriana Phu Linn., großer Baldrian,
" £.im Art. Valeriana, .
Phyeiter, ein: Nahme des Donnerſteins. S. Dons
- nerteil, Th. 9, ©. 375. .
« Piglarteeium, 1) ein Amulet oder Anhängfel,
" * Ktankpeit oder Zaubereg damit zu vertreiben;
” 2) ein Sleines Behaͤltniß, in welchem ſich eine
Reliquie befindet, und welches zu gleichem Bes
hufe angehangen wird. 3) Dentzettel, auf wel⸗
chem die Zuden die 10 Gebote fehreiben.
Pbylica, Phylica Linn., eine Pflanzengattung,
welche ia bie erſte Ordnung ber fünften Claſſe
bes Lin nẽe ſchen Pflanzenfoftens, (Pentandria
Monogynia) gehört. Die Blumenkälle iſt 8
A Yu fig
theil
’
-.
theifig und Freifelförmig Die Blumenblaͤtter
fehlen. 5 Schuppen umgeben die Staubfäden.
Die Kapfel beftebt aus 3 Knoͤpfchen und: if
dreyfächerig, in jedem Fache mit einem Samens
forn. Sie ſteht unter der Blume. |
Man fennt jeßt ſchon ı9 Arten dieſer
Gattung, die ſaͤmmtlich am Vorgebirge der gus
ten Hoffnung und in andern Gegenden Afrikas
zu Haufe find. Hier darf ich nur einiger Ar
sen, erwähnen, die ben Blumenfreunden inter
font fine. | — |
1) Heidenartige Phylica. Phylica Eri-
eoides, foliis linearibus, verticillaus. Linn
Spec. pl. ed. Willd. Tom.I, p.ı108. Mill,
Dict. n.ı. P. foliis lanceolatis glabris, ramis
fübumbellatis, capitulis terminalibus tomen-
toſis. Thunb. prod, 44. Alaternoides Afri-
cana, Ericae foliis, Äoribus albicantibus et
mulcofis. Comm. Hort. ap. tr. _
Diele Ars iſt nicht allein in Afrika auf dem
Worgebirge der guten Hoffnung zu Haufe, ſon⸗
dern wächlt auch in Portugal bey Liffabon wild,
wo ganze Belder, wie an andern Drten mit Heis
dekraut, davon bebedt find; in Holland und Enge
land wird fie, nebft andern dieſer Gattung, im.
den Gärten gezogen, wo fie auch ohne kuͤnſtliche
Wärme in frener Luft gur fortfommt, wenn man
fie nur im Winter unter ein Obbach bringt, und
vor ſtrenger Kälte beſchuͤtzt. Sie ift eine niebri«
ge bufchige Staude, die felten über 3 Schu
‚hoch wird, und viele Stengel treibt, welche ſich
in viele unregelmäßige, ausgebreitere Zweige zer⸗
theilen,, die nachgehends wieder in Bleinere zer⸗
theilt find. Die jungen Zweige find bicht mit
: angeftieften, kurzen ſchmalen, fcharf zugefpißten
Blaͤttern boſetzt, welche eine bunfelgrüne Barbe
Ä baden,
=
+
Pool 1, JR
- Haben, bas ganze Jahr hindurch dauren, und in
Wirteln rings um die Zweige herum ftehen. ."Die
Blumentöpfchen entipringen an den Enden. der
.. _Zweeige, haben eine reine weiße Faxbe, und find
dicht mit Blätteen umgeben, fie fangen im Herbſt
an, zum Vorſchein zu kommen, behalten den gan⸗
jen Winter über ihre Schönheit, und vermwelfen
erſt im Fruͤhjahr. Auf die Blumen folgen -fas
« Panienbraune ‚dreyfächrige Kapſeln, welche in jee
dem Fach einen dreyedigen Saamen enthalten,
eis aber in Europa der Saame .felten..seif _
wird, fo muͤſſen die Pflanzen meiftens aus den
abgefchnittenen Zweigen vermehtt werden, welche
entweder zu Ende des Märzmonaths, oder zu
Anfang des Augufts eingelegt werben, und nad)
zwey Monathen Wurzeln zu fchlagen pflegen.
2) Sedrige Phylica. Phylica plumofa,
foliis lineari - [ubulatis; ſummis hirlutis,
Linn. I. c. p. 1109. P, foliis. linenri - lan-
ceolatis [ubpubelcentibus, bracteis. lanatis.
ſpica oblonga.. Thunb. J e. p. 45. Rici-
nus arborelcens Africanus, tomentofis capi-
‚tulis. Seb. Mul, 2.'p. 38. t. 2.6 4. 5
Chamaelea Africana tricoccos,. et tetracoc- _
"ces Teaxifolia,. villofa caelarie coronata.
Pluk. mant, 45. 342. £ 3. Alaternoides
Africana, Roris marini latiore et: piloliere
folio, Comm. Praelud, 63. t. 13. .
Diefes iſt eine aufrechte, drey Schuh hohe
Staude, deren Zweige mit einer purpurrothen
Rinde bedeckt find, die. Hin :und wieder. eb
was weiße Wolle hat. Ihre Blätter fisen ofne -
Stielchen wechſelsweiſe auf. allen Seiten der
Zweige, und find kurz, fchmal, ſcharf zugeſpitzt,
dick, aderig, auf der obern Flaͤche dunkelgruͤn
und auf der untern grau. An den Enden der
| 99.4 Zweige
710. . Phylica.
theilig und kreiſelformig. Die Blumenblaͤtter
fehlen. 5 Schuppen umgeben bie Staubfoaͤden.
Die Kapſel beſteht aus 3 Knoͤpfchen und iſt
dreyfoͤcherig, in jedem Fache mit einem Samen⸗
korn. Sie ſteht unter der Blume. |
, Man Kennt jeßt fchon 19 Arten dieſer
Gattung, die fümmtlih am Worgebirge der dus
ten Hoffnung und in andern Gegenden Afrikas
zu Haufe find. Hier darf ich nur einiger Ar
sen, erwähnen, bie ben Blumenfreunden interefe
fant fine. mn
1)9 Heldenartige Phylica. Phylica Eri-
eoides; foliis linearibus, verticillatis. Linn,
Spec. pl. ed. Willd. Tom.I. p. 1108. Mill,
Dict. n.ı. P. foliis lanceolatis glabris, ramig
fubumbellatis, capitulis terminalibus tomen-
tofis..Thunb. prod, 44. Alaternoides ‚Afri-
cana, Ericae foliis, floribus albicantibus et
mulcofis. Comm. Hor. 2. p. ı. tn _
‚Diele Arc iſt nicht allein in Afrika auf dem
WMWorgebirge der guten Hoffnung zu Haufe, ſon⸗
dern wächit auch in Portugal bey Liffabon wild,
wo danze Kelder, wie an andern Orten mit Heis
dekraut, davon bededt find; in Holland und, Eings
fanb wird fie, nebft andern dieſer Gattung, im.
den Gärten gezogen, mo fie auch ohne kuͤnſtliche
Wärme in frener Luft gut fortfommt, wenn man
fie nur im Winter unter ein Obbach bringt, und
- vor flrenger Kälte beſchuͤtzt. Sie iſt eine niebrir
"ge bufhige Staude, die felten über 3 Schuß
hoch wird, und viele Stengel treibt, welche ſich
in viele unregelmaͤßige, ausgebreitete Zweige zer⸗
theilen, die nachgehends wieder in Pleinere zer⸗
theile find. Die jungen Zweige find dicht mit
> ungeſtielten, kurzen ſchmalen, ſcharf zugefpigten
Blaͤttern beißt, weiche eine dunkelgruͤne —*
| on et,
. .
4
ghylica. , JIK
.» Haben, bas ganze Jahr hindurch bauren, und in
Wirteln rings um die Zweige herum ſtehen.Die
Biumentöpfchen entipringen an den Enden. ber
Zweige, haben eine reine weiße Karbe, und find
dicht mit Blättern umgeberf, fie fangen im Herbſt
an, zum Dorfchein zu fommen, bebalten den gan⸗
jen Winter über ihre Schönheit, und verwelken
erſt im Fruͤhjahr. Auf die Blumen folgen ka⸗
. anienbraune dreyfaͤchrige Kapſeln, welche in je
dem Fady einen breyedigen Saamen enthalten,
Weit aber in. Europa der Saame -felten:.seif
wird, fo muͤſſen die Pflanzen: meiflens aus ben.
abgejchnittenen Zweigen vermehrt werden, welche
entweder zu Ende des Märzmonaths, oder zu
Anfang des Auguſts eingelegt werben, und nad)
zwey Monathen XWurzeln zu fchlagen pflegen.
2) Sedrige Pbylica. Phylica plumofa,
foliis lineari - [ubulatis; fummis hirlutis,
Linn. I. c. p. 1109. P. foliis. lineari - lan-
ceolatis [ubpubefcentibus, .bracteis.. lanatis.
fpica oblonga. Thunb. |, e. p. 45, Rici-
aus arborelcens Africanus, tomentolis capi«
‚tulis. Seb. Mul, 2.’p. 38... 23. & 4. 5
Chamaelea Africana tricoccos, et tetracoc- .
"ces Taxifolia,. villofa caelarie coronata..
Pluk. mant, 45. 342. £ 3. Alaternoides
Africana, Roris marini latiore. et piloliere
folio, Comm. Praelud. 63. t. 13.
Diefes iſt eine aufrechte, drey Schuh. hohe
Staude, deren Zweige mit einer purpurrothen
Rinve bevedt find, bie. hin und wieder ‚Ele
was weiße Wolle hat. Ihre Blätter fisen one -
Stielchen wechfelsweife auf. allen Seiten der
Zweige, und find kurz, fchmal, ſcharf zugefpigt,
dick, aderig, auf der .obern Fläche dunkelgruͤn
und auf der unterm gran. An den Enden. bee . u
. VYy 4
\
r22 Phyllanthus.
‚Zweige entfpringen ‚Heine Ylumenföpfehen; "bie
Blumen find weiß, wollig, und. am Rande ger
franſet, daher ſie wie federig ausfehen; fie foms
< men zu Anfang des Winters zum Vorſchein,
und behalten ihre Schönheit fehr lange. Sn
:. Afrifa wächlt diefe Staude auf offenen lägen;
: uud in Holland und England zieht man fit um
der Schönheit willen in den Gärten.
> 3) Buch⸗blaͤtterige Phylica. Phylica
: Buzifolia, folijs ovatis ſparſis ternisque, ſub-
: zus. tomentofis.- Linn. Spec. pl, 283. Mill
“ Diet. n. 5. Chamaelea folio fubrotundo,
: fabtus incand, floribus in oa itulum col-
‚lectis. Burm, Afr, ı19. t. 44. *
Dieſes iſt eine ſchoͤne, aufrechte, fünf bis
che Schuh hohe Staude, .mit dicken ‚runden
Zweigen, welche, wenn fie noch jung find, wol⸗
ig und braun, wenn fie aber älter werden, purs
- querorh und rauh find. Ihre Blaͤtter ſtehen
auf kurzen Stielen, und find ungefähr fo groß
- a8 Buchsblätter, eyrund, aderig, und auf der
- Oberfläche glatt und glänzendgrün, auf der uns
. teen aber mit einer’ grauen oder weißlichen
Wolle bedect. Die Blumenkoͤpfchen entfptins
gen an ben Enden und Geiten ber Zweige
- Die Blumen haben eine grasartige Sarbe, Sie
wird, wie bie vorigen, gleichfalls in den Gaͤr⸗
ten gezogen und blähet im Minter, weil dieſes
die Zeit ift, mo.fie in ihrem Waterlande, das
alsdann Sommer hat, zu blühen pflegt,
Phyllanthus, eine Pflanzengattung, die man im
. Deutfhen mit dem Nahmen Blattblume ber
legt bat. Eine dazu gehörige Art, die Phyl-
- Janthus Emblica L., ift im Art. Wiyrobalane, .
Th. 99, ©. 456 (hen genannt werden. Das
Übrige fehe man in den Supplements Bänpen,
im Art. Blattblume. Phyl⸗
ee 7; Sag
Phyllis, Phyllis Linn., eine Pflanzengattung,
aus der zweyten Drbnung ber fünften. Claſſe
tes Linnefchen Syſtems, Pentandria Digymia.
Die Kennzeichen dieſer Gattung find folgende:
bie Blumen mwachjen in "einer Nifpe; jede Blu:
me fißt auf dem Fruchtkaoten, und bat einen
- jeher. Beinen, kaum merflihen, jmeyblätterigen
Kelch, Fünf lanzenförmige, ftumpfe zuräcgebos
gene, an der Bafis ein wenig sufammenhängende
Piumenblättchen und fünf Staubfäden. Der
. Fruchtknoten hat feinen Griffel, fondern nur
zwey pfriemenfürmige, zuruͤckgebogene, zottige
Narben, und verwandelt ſich, wie bey den Dol⸗
dengewaͤchſen (umbellatis), in zwey laͤngliche,
eckige, mit ber flachen Seite zuſammengefuͤgte
Samen. Es iſt nur folgende einzige Art be⸗
kannt: |
Die ſchoͤne Phyllis. Phyllis Nodla, ſti-
pulis dentatis. Linn. Syfi. veg. p. 223. Sp.
‚pl. 355. Valerianella Canarienlis frutelcens
. fimpla Nobla dicta, Dill, Elth. 405. t. 299.
f. 386. Bupleuroides, quae arbor Umbellife-
ra. Walth. Hort. 11. t. 6.. Bupleuroideg,
quae ſimpla Nobla Canarienhum. Boerh.
Ind, alt. 1. p. 72. , |
Diefe Staude ift urfprünglich auf den Ca⸗
rarieninjeln zu Haufe, woſelbſt fie von den Ein⸗
mwohnern Simpla Nobla genannt wird. Sie
macht einen ziemlich weichen Stamn, der 'unges
fähr zwey bis drey Schuh hoch, und felten dicker
wird, als ein Mannsfinger; diefer Stamm ifl
von grasgräner Tarbe, und voller Knoten, und
treibt gegen den Gipfel zu verfchiebene kleine Zwei⸗
ge, welche mit lanzenförmigen Blättern beſetzt
find. Die Blätter ftehen ohne Stiele meiftens
zu drey beyfammen, und find bey vier Zoll fang
| 995 und.
714 Phyllyrea. Phyfema,
und in ber Mitte zwey Zoll breit, an beyben
Enden.zugefpißt, am Rande glatt, auf der obern
Flaͤche von einer ſchoͤnen glänzenden, auf bee
untern aber von einer blasgrünen Farbe; fie has
ben eine flarfe weißliche Mittelribbe mit verfchies
Denen tiefen bis an ben Rand binauslaufende
Nerven, und find von einem zuſammziehenden
Geſchmack. Die Blumen find Fein und: ohne
Geruch, wachſen in fodern Riſpen an den Ens
den der Zweige, und haben anfänglich eine grüns
liche Farbe, welche aber, ehe fie gar, ———
braun oder verſchoſſen purpurroth wird.
zieht dieſe Staude um ihrer großen, —
grünen und perennirenden Blätter willen in Hol⸗
land und England in den Gärten, wo fie im
Zulius bluͤhet, und im Herbſt reifen Saamen
traͤgt. Die jungen aus den Saamen gezogenen
Pflanzen muß man im Sommer fleißig begießen,
and im Winter vor ber Kaͤlte verwahren, doch
- immer ben gelindem Better, fo viel möglich, ihnen
frifche Luft geben. - Zın zweyten Zahre pflegen
die Pflanzen au blühen , daher man fie alsdann
im Fruͤhling ip die freye Luft ſetzt, weil fie das
ſelbſt ihren Saamen viel beſſer zur Zeitigung
bringen, als in den Toͤpfen. Selten bleiben die
Pflanzen über vier ober fünf Jahre gefund, das
her es gut ifl, wenn man immer junge. nachzies
bet. Der Saame muß zu Ende des Märzmos
naths geiäet werben, und geht ungefähr nach
vier ABochen auf.
. Phyliyrea, |. Steinlinde.
Phyfalis, ſ. f. Judenkirfche, Th. 39, S. 621 fl:
Phyſalus, ein Nahme einer Art der Seeraupen,
Aphrodita aculeata Linn,
Prylme. Phylefis, Aufb/ähung des Leibes, eine.
Art ber Trommelſucht. Zuweilen wird es ur
Phyſeter. Phyſikat. 715
fuͤr Emphyſema, eine Windgeſchwulſt, Luftge-
ſchwulſt gebraucht. |
Phyleter, ſ. Pottfiſch. |
Pbyfic, ſ. Pbyfit. 2
Phyſicotheologie, der Verfuh der Vernunft, aus
der Natur. und. ihren Zweden, welche nur aus
Erfahrung erfannt werden können, auf das höhe
-fle Weſen und deflen Eigenfchaften. zu fchließen,
Dhyfit, ſ. Vaturlehre, Th. IOl, S. 614 fl.
Phyſikat, die Stelle eines Phyfitus, d. i. eines _
. ebrigkeirlich beftellten Arztes, weicher bahin zu
fehen hat, daß ‚die Anordnungen ber mebicinie _
ſchen Polizey aufrecht erhalten werben, und der
daher auch bey gerichtlichen Unterfuchungen, ders :
gleichen Segenftände betreffend, zugegen fen,
und fein Gutachten abgeben muß; ingleichen
der Bezirk, welcher einem Phnfifus, ee fe
Kreisse oder Stadtphyſikus, zur Aufficht ans
. bertrauet if. BB
Was zu den Pflichten eines Phyſikus ge⸗
hoͤrt, iſt im Art. Medicinalanſtalten, Th. 86,
beſonders ©. 568 fl. ſchon vorgetragen worden.
Als ein Benfpiel, was 'man in dem neueſten Zeis
ten außer den am genannten Orte ſchon anges
gebenen Obliegenheiten von einem Phyſikus noch
verlaugt, mag bier ein Auszug der Bayerſchen
Medicinalordnung eine Stelle finden. Die Lane
Desdirection. von Bayern befiehle nähmiich ven
eeihtadrgten, Topogsapbien ıprer Phyſikate abe
ufaflen. Ä t
zuf Die Gemeindeaͤrzte müſſen mit dem Antritte
ihrer Aemter anfangen alle Kenntniſſe zu fammeln,
die ſie in den Stand ſetzen, eine mediciniſche Topo⸗
graphie dieſes Phyſicats verfertigen zu koͤnnen. Sie
alten fib alſo ein Tagebuch, worin die Witterung,
Ber Stand des Baros und Thermometers, daB Des
finden der Thiere und Pflanzen hiebey aber in län
-... gein Zwiſchenraͤumen bemerkt werden. Sie erhals:
TE 7
1° Phofifat,
ten die Beburtsliften von ‚den Hebammen, die Ster⸗
beliften von den Wundärzten und Badern, welchen
.legtern die Beſchauung der Todten in jenen Drks
ſchaften obliegt, die von dem Gig des Pooficate eine
Stunde entfernt find. Sie befhreiben die Endemien,
Epidemien und Epizootien, die Quellen, aus denen
fie wahrſcheinlich entftanden find, die Mittel und
den. Erfolg derfelben. Gie unterrichten hierin die’
Bund: und Thierärzte, welche fie zur Mitbeforz
gung det 'ausgebreiteten Krantheiten beyziehen. Sie
nehmen ihnen hierüber Berichte ab, und ſetzen Bow
f&läge Hinzu, . wie diefen Uebeln vorgebeugt,. oder
dieſelden doch minder ſchaädlich gemacht werden koöm
“nen. Ihnen liege ob, die Waccine zu verbreiten
und der Spphilis auf ſchicklichen Wegen nachzufpüren.
» te diefe &egenftände müflen in eine oder zwey Ras
. bellen gebracht, quartalweife an das Lanogericht und
das Duplicat hiervon zu der burfürftl. Landes; Dis
rection eingefhicht werden. Bey vorzuͤglichen Vor⸗
-falienheiten aber, welche «ine Höhere Berathung
. oder Häülfe fordern, müflen die Berichte bald möge
lihft eingefandt werden. 2
- Zur DVerfertigung der medicinifhen Topographie
werden den Landgerichtäärzten zwey Jahre einges
. zäumt. Formey ſey hiebey ihe Mufter. Folgende
figd die Eeitungebegeifie, nach welchen jeder Phyſi⸗
kus die medicinifhe Topographie feines Bezirks zu
. “entwerfen und auszuarbeiten hat. 1) Angabe der
phyſiſch geographiſhen Beſtimmung des Bezirkes,
als Rahme, Lage, Graͤnzen, Berge, Thaͤler, Füge
Däche u. f. m. 2) Statiſtiſche Rüdfihten. Volks⸗
menge, Eulturzuftand, mittlere Zahl der Gebornen,
Gefterbenen u. f. w. 3) DBeichreibung der koͤrperli⸗
hen Beſchaffenheit der Einwohner. 4) Aufzählung * --
der äußern Einfläfe, welche das Geſundheitswohl
ber Einwohner beffimmen. a) Der climatifchen
Einflüffe. b) Die Nahrungsmittel. c) Die Wohse -
nungen. d) Die Gewerbe. e) Der Lurus und die
Veranögungen. N) Die Gewohnheiten, Sitten, Le⸗
bens⸗ und Kleidungsert. 5) Beſtimmung des Diehe
gufandee. 6) Entwerfung einer Fauna und Flora
es Bezirks *). 7) Genaue Angabe der. Rationären
un
*) Hiermit darf man es indeß fo genau wohl nicht nehnen;
denn jedes dieſer Bächer erfordert das ganze Leben eins
Dännet, wenn bie Angaben nabmiih Aiher fegn 2
Hofer. „Phfomemif, «717°
und epidemifhen ‚Krankheiten, beſonders iR Mäds
fiht auf die Menfchenpoden zu nehmen. Die Bars
Me muß. befördere werben. 8) immung der
Anzahl Wahnfinniger, Blinder, Epileptifcher, Taube.
- ftummer, Gebredlicher, Armer, Greife 9) Beſon⸗
2. ders ift anzumerfen, welde Medicinalanftalten biss
‚ ber in. dem Bezirke errichtet waren. Wer ib in
dem Bezirk mit de? Wusäbung der Heilkunde befaffe.
Wie der Zuftand der Apotheken fey. (Man fehe:
die neueften Einrichtungen und Ereigniſſe der chür⸗
.e baierifhen Staaten, in Augufin’s Archiv der
. Staatsarznepfunde, 3. Bandes 18 &t, G,7ı u. 102, |
“ Berlin 1806.) Z—. et
Phyſiker, ift eigentlich nur bie deutfche Sorm bes
Wortes Phyficus, Phyſikus; doch ift es in den
letzteren Jahren üblich geworden, unter Phyfis
us einen Gerichtsarzt zu verflehen, deſſen Ger
ſchaͤfte und Obliegenheiten im Art. Phyſikat
‚angegeben wurden, unter Phyſiker Bing:gen eis
‚ hen Kenner der Naturlehre, oder Phyſik, im
- engeren ©inne biefes Wortes, —
Phyſikus, f. das vorſtehene. W
hyſiognomie, die Geſichtsbildung eines Men⸗
ſchen, beſonders ſofern ſie dazu dient, den Cha⸗
rakter deſſelben daraus zu erkennen. Phyſiog⸗
nom, derjenige, der nach der Geſichtsbildung
eines Menſchen feinen Charakter beurtheilen zu
fonnen glaubt. S. den folgenden Artikel. |
Phyſiognomik, die Gefishesforfchungsfunft, oder
die Kunſt, aus den. angebornen Zügen bes Ge:
fihts, .fo wie aus der Form bes Kopfes übers
haupt, den Charakter eines Wenfchen zu erfens
‚nen *); in weiterer Bedeutung die Kunft,, aus
, . j H dem
+) Da dieies Wort von dem Griechifchen Hurioyraueımın
abfammet, fo müßte man es eigentlih Dhyfiognomonit’. — .
fchreiben , fo wie Phyſiognomie eigentlich Dhy: ognomo⸗
. . nie. Der Eprachgebrauh bat dieſe Verlaͤngerungen aber
oa weggemorfen, und man läßt dieſe Woͤrter daher wohl am
nr heben Im ihren. xdigen. Ferm. Jede Gprache maßt *
MB. Phpfiognomif,
dem ganzen duferen Menfchen, alfo aus feinem
Körperbau und ben Eigenheiten allee Bewegune
gen und Handlungen deſſelben auf fein Inneres
zu fchließen, mund Daflelbe zu enthuͤllen, doch mis
Ausnahme der eigentlihen Micnen, in fo fern
man barunter die durch den Ausbruch der Zeis
denſchaften veranfaßten Veränderungen der Ges
ſichtszuͤge verſteht.
Zieht man das Mienenſpiel mit zur Phyo⸗
fiognomif, fo ift dieſe gewiß die Ältefle Kunſt,
in ber auch ſogar die Thiere nidyt fremd find,
Zecder Hund weiß den freundlichen DBli von
dem zornigen Blicke feines Herren zu unterfcheie
den, fchließt Baraus auf bie gute oder aufges
brachte Laune defielben, und richter fein Benche
men darnach ein. Eben fo macht es auch ver .
Menſch von. den eingejhränfteften Begriffen.
Allein, wenn man von der eigentlichen Phys.
ſiognomik fpriht, hat man es nur mit. den.ans.
gebornen Formen ber. Theile des Körpers zu
thun; und auch in diefer Kunſt haben fich von
je ber viele Menſchen verfucht, weil man immer
ſo fehr wuͤnſchte, am Aeußern des Menfchen
Merkmahle für feine innern Sähigfeiten und Ge⸗
muͤthsanlagen aufzufinden, um fi im Umgange
⸗
mit ihm darnach richten zu koͤnnen. Dieſe Kunſt
oder Wiſſenſchaft liegt bis auf dieſen Tag aber
noch fehr im Dunkeln, und wenn auch in ben
leßtern Jahren einige Gelehrte durch' ihre mit
fo vieler Zuverfiche befannt gemachten Entidek⸗
kungen Auflehen erresten: fo überzeugte man
bey ber, Aufgahme fremder Wörter in bie-ihri
\ ge
. Gcmaltfhätigfeiten an, gegen die_der Etywologe FA
DOG meh Iana age dem
wanches den
α
fi doch bald, daß dieſe zu ſehr auf rilfügetiche
a a
0 Phofioguomil, 719
Annahmen, von einigen wenigen Beyſpielen her⸗
"geleitet, beruheten, die bey weiterer Umficht feis .
ne Betätigung fanden. Wie widerſprechend
die von dem’ einen oder. andern im Älteren oder -
‚neueren Zeiten aufgeftelltgn Srundfäge der Phye
. fiognomif find, und mie wenig man ihnen aliges
mein beypflichten kann, wird fich bey der erfien
Unficht ergeben. Wie mehrflen find Ausſpruͤche,
. von denen man nicht weiß, wie ihre Urheber
auf dieſelben verfielen, und die, wenn fie zufäls
fig auch bey einigen Menfchen zutrafen, - do
‚nicht zu einer allgemeinen Norm dienen fönnen,
| Hippofrates fagt z. B. Wer einen
großen Kopf, Feine Augen, und eine flammelnde
ſich überplaubernde Zunge hat, ift von Natur
zum Zähzorn geneigt. Die großen Hauptfnos
hen deuten auf-flarfe, die Meinen Augen auf
lebhafte Empfindungen. Wer viel Zähne hat,
- "wird ein hohes Alter erreihen. Wer andere
- mit einem unverwanbdten Auge anzufehen gemohnt -
ift, it zum Zorn geneigt; es iſt mehr Ausfpäs
Hungsgeift, ale Sechterblid. Wer einen großen
Kopf, große ſchwarze Augefl, dicke und einge
sogehe Naſenloͤcher har, den Hält man für ei:
nen guten Mann. Große grünfiche Augen,
ein Heiner Kopf, dünner Hals, eine ſchmale
Bruſt find für Zeichen anzufehen, daß die uͤhri⸗
gen Theile ein gutes Verhaͤltniß haben werden.
Mer einen fleinen Kopf hat, wird weder ftam:
meln, noch eine fahle Platte befommen, es fap
denn, daß er grünblaue Augen hätte. Blonde,
mit einer langen, fpißen Naſe, und Fleinen Au-
gen, find boßhafte Leute. Die roch ausfehen,
ftumpfe Naſen und große Augen haben, fink
für gute Meufchen zu balten. Wer bey einer
| on großen
720 u Phyſiognomik.
großen Leibeslaͤnge wenig Haare hat, und ſtot⸗
tert, der hat viele Empfehlung fuͤr ſich.
| Das erfte vollitändige Werk Äber. bie Phy⸗
- flognomif haben wir vom Ariftoteles. Mach
ihm deutet eine lebhafte Fleiſchfarbe eine hitzige,
fanguinifche, das mir Roth untermengte Weiß
. eine gute Natur, ‚bey einer glatten Haut an.
Weiche Haare bedeuten eien Furchtſamen, harte
. einen Unerfchrocdinen, meil Thiere von weichem
Haar und die fraufen Südländer wenig Muh,
und die nordlichen Thiere und Menſchen dickes
. Haar, harte Haut haben, und durch das Ge⸗
fühl der innern Stärfe unerfchroden gemacht
werben. Langfame Bewegungen find Bebächts
fichfeit, und ſchneller Gang Geſchaͤftigkeit. Die
laute fleigende Stimme verräch einen Muthigen,
die leife ſinkende einen Kleinmürhigen.
Benauer genommen find vor der Zeit bes
Üriftoteles aber ſchon drey Arten der Phyſi⸗
ognomik befannt gewefen, die auch zu jeiner, fo
wie in fpäreen Zeiten Benfall fanden. Man ſchloß
erfilich von der Aehnlichfeit der Menfchen mit
den Neigungen bes Thiers, dem fie ihrer natürs
‚ lichen körperlichen Beſchaffenheit nach am naͤch⸗
ſten famen. So hielt man diejenigen für nei⸗
difh, die Feine Augen Hatten, weil man dere
oleichen ben den Affen antraf, ‘die für neidiſch
gehalten wurden. Große Augen hielt man für
ein Zeichen der Dummheit, weil der Ochfe als
ein dummes Vieh mit. dergleichen verſehen iſt.
So ging man in der Vergleichung weiter, wer
ftarfe Arme, breite Schultern, große Knochen
u. f. w. beſaß, den feßte man einem Loͤwen an
die Seite, und man hielt ihn daher für einen
tapfern und unerfchrodnen Wann. Wer bins
gegen ſchwache und leicht" bewegliche Süße. harte,
ben
Phyſiognomik. 721
den ſah man fuͤr furchtſam an, weil der Haſe
von der Art zu ſeyn pflegt. Man darf ſich aber
dabey gar nicht einbilden, daß man ganz ohne
Grund dergleichen behauptet hätte, nein, man
“ fuchte auch Beweiſe hinzuzufügen. Und hier
machte man einen folden Schluß: der meife
Schöpfer und große Kenner dee Matur bat
einem jeden Thiere, fo wie es der Natur deſſel⸗
ben gemäß ift, dergleichen Werkzeuge verlieben,
die es in feiner Art gebraucht und die. es von
den andern merklich unterfcheiden; daher gab.er
Den wilden und wuͤthenden Thieren Klauen. flarke
Zähne und Hörner, wie wir an dem Löwen,
wilden Scheine und Stiere fehen; den furcht⸗
famen im Gegentheil, wohin der Hafe und Hirjch
ju rechnen, gab er folche Gliedmaßen, vermöge
weicher fie ſich mit der größten Geſchwindigkeit
auf die Flucht machen fünnen. Den Thieten,
Deren man fich zum Aderbau, Lafttragen- und
andern fchweren Arbeiten bedienen follte, ale das
Kameel, das Rind, das Pferd und alle faftbare
Thiere, verlieh er ſtarke Knochen und Ruͤcken.
Da nun die Menichen auch _zu verfchiedenen
Verrichtungen auf der Welt beſtimmt find, fo
bat er auch biezu bie Anlagen in ihren Körper
gelegt, und fie auch durdy aͤußerliche Kennzeie
chen befannt machen wollen. Nur fchade, daß
in der wirklichen Welt die Menfchen nicht im⸗
mer mit den Anlagen geboren werden, welche fie
ihrem Stande nach haben müflen!
Zweytens urtheilte man aus ben Sitten eis
ner ganzen Nation und Provinz, und beflimmte
darnach phyſiognomiſche Regeln. Die Lage, das
©
Klima der Länder, die Nahrungsmittel und felbit
die Lebensart der Menfchen wirken in ihren Koͤr⸗
pern verfchiedene Beränderungen, die auch aͤußer⸗
en techn. ænc. CXIL Theil, 2 lich
722 | Phyſiognomik.
lich in die Augen fallen; wer nun in Anſehung ſei⸗
nes Temperaments dieſer oder jener Nation am
naͤchſten kam, von dem glaubte man auch, daß
er in Anſehung feiner geiſtigen Natur und Sit:
ten ihr ähnlich wäre. Wer daher mit den Mobs
ren große. Aehnlichfeit hatte, die ihrer Natur
nad) für dumm und halsftarrig gehalten wurden,
von dem glaubte man, daß er ebenfalls von gleis
cher Beichaffengeit wäre, und Öfters irrte man
ſich in der That audy nicht, weil der Erfolg ges
meiniglic) diefe Meinung für richtig erklärte,
&s war alfo diefes der Nationalcharakter, dars
nach man ſich richtete, und der ſich auch noch
zu unfern Zeiten in gutem Anſehen erhalten
bat. Hauptſaͤchlich liege hier die Mifchung der
Säfte, die das Temperament ausmacht, zum
Grunde, und man ſchloß, daß bie Oberfläche
des Körpers auch darnach eingerichtet ware, und
® Daß daher der Phyfiognom aus ber Betrachtung
der Haut auf die Temperatur ficher urtheilen
koͤnnte. Die Regel, wornach man fid) richtere,
: war biefe, wo gleiches Temperament angetroffen
wird, da find auch gleiche Sitten; wer alfo mit
den Morgenländern eineriey Temperament hat,
ber ift auch in Anfehung ber Sitten mit ihnen
zu vergleichen.
Die dritte Art wurde von den Geſchlech⸗
tern hergenommen; da man zum Benfpiel be:
merkte, daß das andere Geſchlecht gemeiniglich
mit einer meichen und meißen Haut verfehen
‚, fo wurden denjenigen, bie eine gleiche
Abrnerliche Beſchaffenheit beſaßen, auch ähnliche
Sitten zugeeignet. Da nun die Weichheit der
Theile von der Schlaffheit der Fleiſchfaſern zeu⸗
get, und dieſe ben furchtſamen und leichtfinni⸗
gen Semüthern angetroffen wird: fo hielt man
die⸗
Phyſiognomitk. 723
diejenigen fuͤr leichtſinnig und furchtſam, die
eine ſolche Ueberkleidung des Koͤrpers hatten.
Man ſtuͤtzte ſich hierbey ebenfalls auf das Tem⸗
perament, das hier vermoͤge der Miſchung gleiche
Sitten erzeugte. | I
Nach dieſen drey Arten wurden die phyſi⸗
ognomiſchen Kenntniſſe in den aͤlteſten Zeiten
beſtimmt, doch bediente man ſich dabey noch an⸗
derer, indem man von der Bewegung der Glie⸗
der und ihrer Tragung auf die Gemuͤthsneigun
gen ſchloß. Mean bemerfte zum Erempel, daß
Diejenigen, die mit flarren Augen einen Gegen:
fand betrachteten, zornig oder nachdenfend wäs
ren, und daher machte man dergleichen Befchaf-
fenbeit der Augen zu Zeichen bes Zorns und-
des Nachdenkens. Oder man verglich felbft die -
Außerlichen Kennzeichen mit einander, und brachte .
dadurch fo viel Heraus, daß der, . welcher einem
Affecte ergeben wäre, auch etwas bon dem nahe
daran gränzenden bejäße. Und ganz recht, denn
wer zum DBenfpiel zornig und neidifch ift, bey
dem wird auch Betruͤbniß und Bosheit ange⸗
. troffen; Bosheit um ſich zu rächen, Betruͤbniß
aber, wenn man fieht, daß .man feinen Zwei -
_ verfehlt Habe. Bu
So unbillig waren inzwiſchen die Alten
nicht, daß fie auf ein einziges Kennzeichen ihr
ganzes Vertrauen hätte feßen .und ihren Aus⸗
fprüchen eine apodictifche Gewißheit beylegen for -
len. Vielmehr machten fie gleichſam eine ges
wifle Nangoronung, mo die Augen ‚den JOre
nehmften Plaß einnaßmen. Und fie ſird «8
auch, aus denen man vieles abnehmen fann,
Hiernähft nahmen fie die andern Kentzeichen,
bie in dem Gefichte anzutreffen waren, zu Huͤl⸗
fe, und fie machten ben Grundjag, daß man
Ä 35 2 wicht
724 Dhnfioguom --
nicht aus einem Zeichen allein fchließen, fondern
nad) allen zufammen genommen fein Urtheil ein:
richten muͤſſe. Da fie auch durch die Erfah:
rung belehrt worden waren, daß die Erziehung,
der Linterricht, die Lebensart und andere Aufers
lihe Dinge einen merflicdyen Unterfchied in der
menfchlichen Natur machten, und die Gemuͤths⸗
arten durch die Kunft verreflert und gleihfam
umgefhmolzen würden: fo gaben fie den guten
Rath, dag man fein Augenmerk auf diefe Dinge
zuafeih mit richten und bie Phyſiognomik nicht
für eine unträgliche, fondern nur wahrjcheinfiche
Kunft zu halten habe.
| So fah es mit der Phnfiognomif vor, zu
und nah Ariftoteles Zeiten aus. Polemo
und Adamantıus, von welchen man zwar ei
gentlich nicht weiß, wenn fie gelebt haben, tra:
ten in die Fußtapfen des Ariftoteles, und erwei⸗
terten die Pinfiognemif. In den Hauptfäßen
. folgten fie zwar ihrem großen MWorgänger nach,
- aber fie geriethen doch auf unterfchiedene Spitz⸗
findigfeiten und Abwege, die fchon merkliche Abs '
weihungen fichtbaer machten. Als aber Mer
lampus fein Bud) von den Murtermählern
und von ber Bewegung der lieder frhrieb,
waren ſchon fo viel Aberglaube, Unfinn und
phyſiognomiſche Alfanzereyen berrfchend geworben,
daß das Gute, was die Vorfahren davon noch
\gelast batten, wo nicht gang verdrängt, Doch
venigſtens mit folchen abgeſchmackten Mäbrchen
vberchwebt wurde, daß man fchmerlich das Wah⸗
re von dem Sälfchen unterfcheiden fonnte: Nah
dieſen Plane-fheinen auc die Ttachfölger fort
gearbecet zu haben, doch koͤnnen mir hichts Ge⸗
wiſſes avon beflimmen, weil uns darüber zu⸗
verläffige Nachrichten mangen, :
Zu . \ J In
Phyſiognomik. 725
In dem traurigen Zeitpunkte, wo die Dun⸗
kelheit der Barbaren das Licht der Wiffenihafs
ten verdrängt harte, war auch die Phyſiogno⸗
mif in Verfall gefommen. &s fing endlich eine
neue Periode an, die wir pie mittlere nennen
wollen, nicht meil fie in die mittlern Zeiten zu
jegen, fondern weil fie das Mittel zwifchen den
alten und neuen: ausmacht, indem einige. noc)
an den alten Lehrjäsen fefthingen, einige aber
auf Thorheiten verfielen. - Hierher kann man:
das Ende des fechszehnten:, das ganze fieben-
zehnte und den Anfang des achtzehnten. ZJahrs
hunderts rechnen Dieſe Phyfiognomen kann
man füglich in zwey Klaſſen cheilen, davon wir
die eine vernönftig, die Andere unvernuͤnftig
nennen wollen. Zu der vernünftigen rechnen:
wir jene Männer, die vermöge ihrer Kennt⸗
niffe und Gelehrſamkeit weniger auf phnfiognos
menijche Abfurdicäten fallen konnten. Sie blier
-
ben der Natur mehr getreu, folgten dem Arts
jloteles und andern Schriftftellern, und fuchten
für ihre Benauptung zureichende Gruͤnde auf.
Zu diefer Klaffe rechner man den Caſpar
Peucer, welcher unter andern de’ praecipuis.
diuinationum generibus gefchrieben, Srancifs
cus Valefius, in feiner Sacra philolophia,
Scipio Clarämontius-on Ceſena in feie
nem Bud) de coniectandıs hominum: mori«
bus, et latitantibus animi affectibus, Frans
ciſcus Porta in feiner Phyfiognomonia,
Herm. Follinus in feinem Speculo naturze
humanae, Zuftus Joſephus Scaliger in
feinee Phyhogremonia, 9 Eardanus in
feinee Metopoitopia, Herrmann Copring
über: den Scipionem 'Claraemontium, Peter
Motius de’ multiplici. temperamento. et
83 cogno-
722 | Phyſiognomik.
lich in die Augen fallen; wer nun in Anſehung ſei⸗
nes Temperaments dieſer oder jener Nation am
naͤchſten kam, von dem glaubte man auch, daß
er in Anſehung ſeiner geiſtigen Natur und Sit⸗
ten ihr ähnlich wäre. Wer daher mit den Mohs
ren große. Aehnlichfeit hatte, die ihrer Natur
nad) für dumm und halsftarrig gehalten wurden,
von dem glaubte man, daß er ebenfalls von gleis
cher Beichaffenheit wäre, und öfters irrte man
fih in der That auch nicht, weil der Erfolg ges
meiniglich) diefe Meinung für richtig erflärte,
Es war alfo diefes der Mationalcharafter, dars
nach man ſich richtete, und der fich auch noch
zu unfern Zeiten in gutem Anſehen erhalten
bat. Hauptſaͤchlich liegt hier die Miſchung der
Säfte, die das Temperament ausmacht, zum
Grunde, und man fchloß, daß die Oberfläche
des Körpers auch darnach eingerichtet wäre, und
® daß daher der Phnfiognom aus ber Betrachtung
der Haut auf die Temperatur ficher urtheilen
koͤnnte. Die Regel, wornach man fich richtere,
* war diefe, wo gleiches Temperament angetroffen
wird, da find auch gleiche Sitten; wer alfo mit
den Morgenländern einerley Temperament hat,
‚ bee ift auch in Anfehung der Sitten mit ihnen
zu vergleichen.
— Die dritte Art wurde von ben Gefchleche
teen hergenommen; da man zum Benfpiel be
merfte, daß das andere Gefchlecht gemeiniglich
mit einer meichen und weißen Haut verfehen
war, fo murden denjenigen, die eine gleiche
koͤrperliche Beichaffenheit befaßen, auch ähnliche
Sitten zugeeignet. Da nun die Weichheit ber
Theile von der Schlaffheit der Steifchfafern zeu⸗
get, und dieſe ben furchtſamen und leichtſinni⸗
gen Gemürhern angetroffen wird: fo hielt man
bier
Phyſiognomik. 723
diejenigen fuͤr leichtſinnig und furchtſam, die
eine ſolche Ueberkleidung des Koͤrpers hatten.
Man ſtuͤtzte ſich hierbey ebenfalls auf Das Tem⸗
perament, das hier vermoͤge der Miſchung gleiche
Sitten erzeugte.
Nach dieſen drey Arten wurden die phyſi⸗
ognomiſchen Kenntniſſe in den aͤlteſten Zeiten
beſtimmt, doch bediente man ſich dabey noch an⸗
derer, indem man von der Bewegung der Glie⸗
der und ihrer Tragung auf die Gemuͤthsneigun⸗
gen ſchloß. Man bemerkte zum Exempel, daß
diejenigen, die mit ſtarren Augen einen Gegen⸗
ſtand betrachteten, zornig oder nachdenkend waͤ⸗
ren, und daher machte man dergleichen Beſchaf⸗
fenheit der Augen zu Zeichen des Zorns und
des Nachdenkens. Oder man verglich ſelbſt die
aͤußerlichen Kennzeichen mit einander, und brachte
dadurch ſo viel heraus, daß der, welcher einem
Affeete ergeben waͤre, auch etwas von dem nahe
daran gränzenden bejäße. Und ganz recht, denn
wer zum DBenfpiel zornig und neidifch ift, bey
dem wird auch Betruͤbniß und Bosheit . anges
. teoffen; Bosheit um fich zu rächen, Betruͤbniß
aber, wenn man fieht, daß man feinen Zweck
verfehlt Habe. |
Sp unbillig waren inzwifchen bie Alten
nicht, daß fie auf ein einziges Kennzeichen: ihr
ganzes Vertrauen hätte feßen .und ihren Aus⸗
fprüchen eine apodictifche Gewißheit beylegen for .
len. Vielmehr machten fie gleichſam eine ges
wiffe Rangordnung, mo die Augen den Or
nehmften Platz einnabmen. Und fie. -fird «6
auch, aus denen man vieles abnehmen fann,
Hiernähft nahmen fie die ‚andern Kentzeichen,
die in dem Gefichte anzutreffen waren, ju Hülse
fe, und fie machten den Grundjag, daß man
Ä 353 nicht
226 Phyſiognomik.
cognolcendis hominum moribus, und Con:
rad Wimpina, der mir vielem Fleiß alles,
was Arittoteles. und Galen von der Phyſiogno⸗
mif gejagt haben, ins Kurze zufammenzog, und
Mart. Ant Delrio in feinen Dilquilitioni-
bus magicis; und überhaupt verdienen hıer
alle diejenigen eine Stelle, weiche die Vernunft
zu ihrer Fuͤhrerinn in dieſer Wiſſenſchaft waͤhl⸗
ten, und. nicht dloß ihren Augen, ihren Vorur⸗
theilen, ihren Lieblingsmeinungen und Enthu⸗
ſiaſtereyen gefolgt ſind. Die andere Klaſſe iſt
“weit zahlreicher, wie es denn zu allen Zeiten
mehr Thoren als Fluge Zeute gegeben bat. Man
309 die Geſtirne mit ins Spiel, fihrieb ihrem
Einfluffe auf ven menfchlihen Körper und def
fen Bildung ungemein viel zu, berechnete vie
Eonftellation in der Geburtsflunde und gab je
ber Linie einen Nahmen, der ihrer Bedeutung
- gemäß war, man nahm die Punctirfunf zu
Huͤlfe, und mahrfagte fo herrlich daraus, daß
man ſich Darüber vermundern und erfiaunen muß.
Man prophezeyhte aus dem Sefichte, mann und
wie einer fterben werde. So beftimmt Joh.
Abrah. Zac. Höpping in feinee Harmonia
chiromantica zuverläflig, was für Linien in bem
Geſichte einen gewaltſamen Tod anzeigen, und
er ſetzt hinzu, dergleichen Charafter bey vielen
. Malefizperſonen, die entweder gehaͤngt, erfto:
cken oder erfauft worden, gejeben zu haben.
Die Ehebrecher und Ehebrecherinnen, die Diebe
und DMäuber, die Feuichen Junggeſellen und
Sungfern, die eine gluͤckliche oder unglädliche
Ehe zu hoffen Haben, werden alle mit beſondern
Linien bezeichnet. Es find auch Holzichnitte
in dieſer. Schrift beygedruckt, damit man ſich
einen deſto beſſern Begriff davon machen tünne
)
Phyſiognomit. 727
So gibt es auch Linien, welche die Hexen bes
zeichnen, die doch duch Chriſtian Thomas
fius’s Scharfſinn glädlich aus der Weit bins
aus .philofphirt worden find. Inzwiſchen fehlte
es nicht an Männern, die ſich biefem Unfinn
widerſetzten. So erfhien 4. B. eine Schrift
unter dem Titel: „die von Aberglauben, Danis .
täten und Täufcheregen ‚gereinigte Chiromantie
und Phnfiognomie Chriſtian Schalitzens, Leipzig
1716. in 8.“ Mas fchreibt aber. der Mann?
Nach ihm lerne man aus ben Liniamenten ber
Hände und des Geſichts „judiciren von der
„Complexion, vom Humor und Ingenio eines
„Menſchen, wozu einer von Natur inclinirt ſey:
„ob einer eine ſtarke oder ſchwache Natur has
„be: vom Leben, Gefundheit und Krankheit, vom
„natürlichen und gemaltfamen Tode, von ben
„Heftigen Affecten oder Gemuͤthsbewegungen, von
„guten und boͤſen Sitten, von daraus entſte⸗
„hendem Gluͤck oder Ungluͤck, von Nahrung,
„Erwerb, Gewinn und Reichthum, von Befoͤr⸗
„derung und Ehrenaͤmtern; vom Eheſtande und
„Kinderzucht, wie geſchickt einer zum Eheſtande
„ſey, um welche Zeit man heyrathen und andre
„Geſchaͤfte werde fuͤrnehmen, zu welchem Stande
„einer am geſchickteſten ſey, wofuͤr ſich einer fuͤr⸗
„naͤhmlich zu huͤten habe. Und ſolchergeſtalt kann
„man zu rechter Zeit viel Gutes befoͤrdern, viel
„Boͤſes verhindern, und vermeiden, den Krank
„heiten und Leibesjchmerzen vorbeugen, daß fie
„einem nicht fo bare und gefährlich anfommen,
„und wohl gar das Leben vor der Zeit verkürzt
„werde. Dach dem allen. kann ein Chriſt auch
„bey guter Zeit fange vorher auf bie natärlichen
„Urfachen und innerlichen Triebe mit gutem Ges
„wiflen nachforfchen, das Gute erbethen, das '
834 „Boͤſe
„28 Phyſiognomit.
„Boͤſe verbitten, und ſich deſto gebulbiger in
„Gottes Willen begeben, fo kommt ihm auf
„das zuftoßende Kreuß, darauf er ſchon vorher
„bedacht geweſen, nicht fo unvermutber und fo
: „iauer an.“ So weit der Autor. So fehr hat
er die. Phyſiognomik von den abergiäubiichen
Schlafen gereinigt, ſich aber noch nicht recht
auf die Schmelzkunſt verſtanden. In dieſer
Geſtalt erſcheinen die mehrſten Werke dieſer Art,
- und man muß über die Weisheit erſtaunen, die
dabey übertlüflig angebracht und verſchwendet
worden. So ſah es in dem mittlern Zeitpunßte,
wie wir ihn benannt haben. mir der Phyſiogno⸗
mif aus. Unterdeſſen verloren fih nad und
nach ihre Liebhaber, und Diele jo hoch geprieiene
Kunft fing an gänzlich einzuichlafen, es ſey nun,
dag man mit ihre, wie fie damahls war, nicht.
mehr zufrieden geweſen fenn mag, oder daß es
an mwigigen Köpfen fehlte, die nach dem Leitfas
ben fortgedacht und ihr mehrere Vollkommenhei⸗
ten zu geben gejucht bärten.
Nach einer ziemlich fangen Paufe wurde
in der lebten Hälfte des vorigen Jahrhunderts
bie Yhnigognomif aus ihrem Schlummer geriſſen.
Die Träumerenen, womit fie in dem vorherge⸗
lhenden Zeitpuntte angefülle gemefen, wurden zum
Theil verbannt, und fie erfchien gleikfam in die
nem verbefferten und viel veriprechenden Glanze.
Der Einfluß der Geſtirne und andere abergläus
biiche Dinge famen nicht mehr in Betracht, und
e8 wäre gu wuͤnſchen gemwelen, daß nicht ihren
Platz andere und eben fo ſchaͤdliche Dinge eins
genommen hätten. Allein fo pflegt es gemeinigs
lich zu geſchehen, daß man bey der Vermeidung
des einen Sehlers in den entgegengefeßten vers
faͤllt, da man unftreitig am ficherften vn
“ en.
Phyſiognomit. 729
ſeyn würde, wenn man fich den beliebten Mits
| telweg erwaͤhlt haͤtte.
Das Hauptwerk, welches in neuern Zeiten
über die Phyſiognomik erſchien, waren La va⸗
ter's phyſiognomiſche Fragmente. Dieſes ent⸗
haͤlt nun zwar, wie man es nach dem ſchon ſeit
laͤnger als einem halben Jahrhundert herrſchen⸗
den Geiſte erwarten kann, keine Aſtrologie, kei⸗
ne Chiromantie und. Ähnliche Träume des bar⸗
bariſchen Zeitalters; allein, wer hierin ein auf
feften Grundſaͤtzen ruhendes Syſtem zu finden
glaubt, irre fich fehr. Altes ift auf Erfahruns
gen von einzelnen Beyſpielen geftüßt, "und das
hdchſte Tribunal, woran Lavater immer ap⸗
pellire, um feine Behauptungen zu befräftigen,
ift fein Gefühl, oft auch das Gefühl. feiner
Gattin, die eben das bey dem Aublicke eines
Kopfes empfunden hat, als er. Da nun feine
Sache fhwanfender ift, als das intividuelle Ges
fühl und Pie davon. abgeleiteten: Begriffe, fo
darf man fih auch nicht wundern, daß viele
taufend Menfchen ganz andere Eindruͤcke von
dem Anblide diefer oder jener Gefichtsbildung
‚hatten, und daß fie daher mit Lavater fehr
im Widerfpruche waren. Nimmt man nun. das
zu die große Zahl von Benfpielen, wo Lava
ter’s Ausfprüche über den Charakter der Leute,
Die ihm im Portrait zugefchieft wurden, mit der
Wahrheit in geradem Widerſpruche flanden, fo
darf man wohl behaupten, daß die lavateriſchen
Bemühungen die Phyſiognomik eben nicht weiter
gebracht, fondern nur zur Unterhaltung des uns
befongenen Publikums gedient haben, das ben
ſchweitzeriſchen etwas ſchwaͤrmeriſchen Lehrer nur
belöchelte. Daß ein Haufen Dachbeter begier
sig jede Sylbe auffaßte, wird man von fetbft
di5 ver⸗
730 Phyſiognomik.
vermuthen, da jeder etwas Aufſehen erregende
Mann eine Heerde Nachahmer zu haben pflegt.
Man wird es mir erlaſſen, eine naͤhere An:
ſicht der lavateriſchen Ideen zu geben, da es
unmoͤglich iſt, das Wahre von dem Wuſt der
ſchwaͤrmeriſchen Behauptungen abzuſondern; denn
‚wenn wirklich auch ein Satz, z. B. von der
Maſe, von den Augen, LZippen sc. bergenommen,
richtig feyn follte, jo fann man doch feinen Bes
- weis von feiner Wahrheit führen, da alles nur
auf einigen Erfahrungen beruhet. Um indeß
die Bemühungen Lavater's mit denen des Herrn
Doctor Gall's aus Bien zu vergleichen, der
in den leßteien Zahren als ein neuer Lehrer
der Phyſiognomik auftrat, will ich folgende Züge
hinzufügen. |
Lavater und Gall unterfcheiden fich
durch Zweck, Abfichten und Beobachtungsmittel;
treffen aber in verichiedenen Punften und Vers
.. hältniffen zufammen. Beyde juchen das Innere
im Ueußern, den moralijchen Menfchen im phy⸗
-fifhen auf; beyde haben die Geheimniſſe des
Herzens und tie Richtungen des Verſtandes in
Schriftzügen lefen wollen, die die Hand der
Natur den feften Theilen der menfchlihen Des
ganiſation eingegraben hat. Gewoͤhnlicher Weiſe
ſehen die Menſchen auf die redende Phyſiogno⸗
mie, auf die gegenwaͤrtige Empfindung, auf den
Charakter der Leidenſchaft. Kavater und
Gall Hingegen befchäftigen fich in ihren Natur⸗
forfchungen über den Schädel mit der ruhenden,
ſchweigenden, ja einigermaßen mit der pafliven
Phzyſtognomie. Bende behandeln diefen Theil
des menichlihen Körpers als ein Monument,
welches dem gewöhnlichen Menfchen nichts fagt,
befien Verſchiedenheiten aber, gehörig abftrahirt
Zu | und
Phyſiognomik. 731
und klaſſifiecirt dem Phyſiognomiſten zu ben wich⸗
tigſten Aufſchluͤſſen Anlaß. geben.“ Beyden hat
die Biegung und Krümmung . der Stirn, die
Woͤlbung und der Bau des Hinterfopfs zu man«
den Entdeckungen verholfen. „Bis dahin geben
Beyde neben einander; weiterhin trennen. fie fich.
Lavater zieht in fein Studium der Phnfiognos
‚ mie: alle Theile des Geſichts, und fogar den gans
- zen Körper hinein; Stellungen, Gebehrden,
Stimme, Handſchrift, kurz alles was. ım "Aus
fern Menſchen eine Beziehung auf feinen Cha⸗
rafter eine Sprache für das Auge haben kann,
- gehören ihm zu. Hr. Bald hingegen Hat ſich
‚ bloß auf deu Ecäbel beſchraͤnkt; bat das
Feld ſeiner Beobachtungen eingeengt; um
es deſto tiefer bearbeiten. zu. muͤſſen. Ea⸗
vater beurtheilte oft beym erſten Anblick, und
beurtheilte überhaupt, und bloß mit den Augen.
LPT
- Gall beobachtete mit dem ' Gefühl ;: Die: Kenn⸗
zeichen, nach welchen er uetheilt, find erhoben
und gleihfam die Basreliefs des menfchlichen
Schoaͤdels. Lavater bleibt ben der: Phyfiogno⸗
mifchen Beobachtung ſtehen, ohne fich in Die
Anatomie oder Phnfiologie zu verſteigen. Er
fagt bloß: --diefe Wölbung, jener Vorſprung
zeigt auf diefe oder jene. Anlage das Geiftes oder
Herzens hin; verfuchts,aber nie, bie materielle.
und organifche Urſach diefer oder jenen Anlage
aufjufinden. Er begnuͤgt ſich mit dem aufgefun«
denen : Zeichen der Wirkung; Gall hingegen will
die Urfachen ergründen, ‚und befchäftigt fich vor⸗
züalich mit der Krage, wie das Gehirn auf ben
Geift wirft, und fo vielfache moralifche und ins
tellettuelle Verſchiedenheiten hervorbringt.
Wenn man nun alles zuſammen nimmt,
ſo JE e6 einfeuchtend, daß Gall ein viel. guͤn⸗
fligeres
732 Phyſiognomik.
ſtigeres Vorurtheil für ſich hat, als Lavatet;
denn da das Gehirn notoriſch der Hauptſitz der
ganzen geiſtigen Individualitaͤt des Menſchen
iſt, ſo darf man annehmen, daß man in und
- an demſelben auch Spuren finden werde, die zu
. einiger Erkenntniß der Geiſtes⸗ und Gemuͤths⸗
: aniagen des Menſchen führen, mehr als wenn
man fich, wie Xavater, vorzüglich nur mit den
.
Zügen des Geſichts beichäftige, deren zufällige
+ Bildung mit den Anlagen des Geiftes in einem
garız unbekannten und vielleicht in gar feinem
R Berhältnifle ſtehen. Gibt es alfo eine wahre
Poyſiognomik, fo varf man hoffen, auf dem
.. bon Sall betretenen Wege fidy ihr mit einiger
Sicherheit zu nähern; wenigftens iſt ‚vieles bie
- Bermuthung vieler der unbefangenften Männer,
und gerade hieraus muß man fid) die große
.Votliebe 'erflären, mit welcher der berühmte
t.
Ar: Doctor Gall’ auf feinen Seifen in den
vorzäglichen Städten: Deutfchlande und zum
. Theil auch im Sranfreich aufgenommen murbe,
ad weshalb man ſich ſo zu ſeinen Vorleſungen
»draͤngte.
Bey allem: vieſemn iſt der eigentlich bone o⸗
- gnomifche Theil der Gallſchen Hirn⸗ und Schaͤ⸗
dellehre nur gleichſam' eine Nebenſache. Das
wichtigſte Stuͤck feiner Entdeckungen find die
neuen Anſichten, die er uͤber die Structur und
Ben innern Bau des Gehirns zu haben ‚glaubt,
.ba man bisher über dieſes Eingeweide noch fehr
in Ungewifheit war. Die Gallſche Zerlegung
:. des Gehirns machte daher bey allen Aerzten
und. bejonders bey den Kiehabern der Anatomie
bas .mehrfte Aufſehn; fie wurde aber bald auch
‚der Gegenſtand einer Fehde, die bejonders ber
beruͤhmte Verliniſche Anatem ‚ der Herr Seh.
“il Rath
Phnfiognomi, 1993
Rath Walter gegen Gall begähn,. die, mie
es gewöhnlich ‘geht, aber nicht mit der gehäris
gen Ruhe geführte wurde, fo daß man fie zum
Theil auf jich beruhen laſſen kann. Auh Hus
feland, Winfelmasn und andere machten
. ihre Einwendungen gegen Gall's Lehre bekannt,
| Nachdem der Herr Doctor Hall in Deutfchs
- fand an vielen Drten über feine Gehirn: und
Schaͤdellehre Vorlefungen gehalten, wendete .er
fih nad) Paris, wo er auch bey vielen Eins
sang fand. Mor zwen Jahren hat 'nun das
Prationals Inftitut einer eigenen Commiſſion
eine genaue Prüfung der Gallfchen Ideen aufs
‘getragen, welche auch. einen langen Bericht dar⸗
über abftattete, worin das, was Gall neues
angegeben hat, mit Unpartheiligkeit gewürdigt
wird. Dieſe Commiſſion Hat indeß vorzuͤglich
nur auf den anatomifchen Theil des Gallſchen
Syſtems Ruͤckſicht genommen, da es. billig iſt,
erſt dieſen aufs Reine zu bringen, ehe man ſich
auf die weiteren Folgerungen einlaͤßt. Ganz
kuoͤrzlich ſtand indeß in der Zeitung, daß der
Here Doctor Gall, in Verbindung mit feinem
Sreunde, dem Herrn Doctor Spurzheim,
viele von feinen fonitigen Behauptungen wider
rufen hätte, und ein ganz neues Syſtem auf:
ftellen würde; es war dabey aber nicht bemerft,
05 diefes die innere Drganifation des Gehirns
oder die äußere Form des Schädels und bie
darauf gegrändere Phnfiognomif vorzüglich bes
treffe. In dieſer Ungemißheit mug man alleg,
was man bisher von Gall weiß, nur mit
Schuͤchternheit als feine Lehre betrachten, bu er
es jeßt vielleicht miderrufen bat, und in vieler
Hinſicht haben die fonft von ihm befannt ge:
machten Behauptungen nur einen —
Wert
N
232 Phyſiognomik.
Werth. Da Gall bisher indeß fo viel Auf⸗
ſehen erregte, und man ihm den Blick eines ru⸗
. bigen Forſchers, einen hohen Grad der Bes
fonnenheit und Kenntniſſe allee Art nicht ab»
- fprehen fann, und er ſich alſo auch, in diefer
Hinſicht von dem ſchwaͤrmeriſchen Lavater fehr
vortheilhaft auszeichnet: fo wird es immer in«
- ‚gereffane feyn, fich mit feinen Ideen befannt zu
“ machen, wenn das eine oder andere durch feine
jüngften FSorichungen auch eine andere Modifi⸗
fation erhalten follte,
Gall felbft har nun zwar noch Fein voll:
ſtaͤndiges Werk über feine Gehirn: und Schaͤ⸗
Dellehre herausgegeben, fondern was wir von
ihm miffen, beruht, außer feinen mündlichen
Vorträgen nur auf gelegentlichen Aeuferungen -
in Öffentlihen Blättern, und einigen gedruckten
Auffägen, welche feine Freunde verfaßten. Aus
nachfolgenden Sägen, welche aus der in Weis
mar vor, wenigen Jahren erfchienenen „Dars
flellung der neuen auf Unterfuchungen
der VBerrichtungen des Öehirnsgegrün:
deten Theorie der Pbnfiognomif des
. Herren Doctor Gall in Wien‘ gezogen '
“ find, wird man fich eine Lieberfiht des Ganges
‚bilden, den derjelbe eingefchlagen hat, um zu
fihereren Grundfäßen der Phnfiognomif zu ges
-Jangen, als Lavater und andere Bearbeiter
dieger Wiſſenſchaft. | Ä |
Ä Dieje genannte Darftellung hebt fo an:
Lavaters Phyſiognomik und das durch fie ers
eegte Aufſſehn, fo wie der mit ihre getriebene Hnfug
iſt noch in zu friſchem Andenken, als dag nicht je=
Der neue Berfub, eine Theorie der Phyſiognomik
- aufjuftellen und zu bearänden, das allgemeine Inte⸗
efie auf fib ziehen follte. Einen ſoichen Verſuch
hat feir einiger Zeit Herr D. Joſeph Gall in
Bien gemacht, und feine gewiß nicht wenig ae
| Ä nnis
Phyſiognomik. 735
finnigen Ideen darkber in Vorlefungen, die er, von
Zeit zu Zeit dor einer zahlreiden Verſammlung
hält, öffentlich vorgetragen. Außerhalb Wien find
aber dıefe Ideen nur wenig befannt geworden: ein
in Wieland's neuem deutſchen Merkur, Jahrg.
1798. Die. ı2. abgedrudter Brief des D. Gall an
den Freyherrn Reger, welcher als Aufündigung
eines bald herauszugebenden Prodromus der neuen
Theorie zugleıd die Rubrifen der dahin gehörigen
Unterfuchungen liefert, ift das Einzige, mas über
die Eriſtenz diefee Theorie bis jegt ins Publifum
gefommen ıft. Die gegenwärtige Darftellung, welche
verfürze zuerſt in Boigt's Magazin flr den neues
ften Zuftand der Naturkunde Il. Bandes 38 Städ
erſchien, ift dazu beftimmt, eine gedrängte Webers
fit der von Deren Gall aufgeftellten Theorie zu
even, und fo die Aufmerffamfeir auf Herrn Gall's
erk, von welchem fehr zu wünfchen ift, daß feine
fo lange verfprochene Herausgabe etwas beſchleu—
nigt werde, zu erregen.
Es beſchaͤftigt ich nun diefe Theorie mit zweyerley.
a) Die. VBerrichtungen des Gehirns überhaupt; und
feiner_einzelnen Theile kennen zu lernen und,
zu beftimmen.
b) Zu bemweifen, daß man mehrere Fähigkeiten
und Neigungen aus den Wölbungen der finde
en: des Kopfs oder Schädeld erfennen, und
dag man alfo aus den Wölbungen am Schädel
auf den Charakter des Menfchen fließen koͤnne.
Da nun die Theorie zuerft und vorzüglich den
Zwed hat, die Berrihtungen des Gehirns zu Le
ftimmen, und erft nachher zu bemeifen fucht, daß
man $ähigfeiten oder Neigungen aus dem Bau des
Schädel oder Kopfes erkennen fönne. fo ift e8 auch
einleuchtend, daß der Nahme Phyſiognomik auf die
Theorie nicht ganz pafle, indem diefer Nahme nicht
das Ganze umfaft, nur den zweyten Punkt genau
bezeihnet, und dagegen den erfien unberährt läßt,
Man bat die Theorie Phufiognomif des Schaͤdels,
Kraniognomif, Kraniographie, Araniofcopie genannt;
allein alle diefe Nahmen find nur zum Theil pafs
fend. Der Hauptgegenftand der Unterfuhung ift
das Gehirn; der Schädel oder Kopf ift nur Mitge⸗
genftand derfelben, und ift es nur in fo fern, ale
er ein getreuer Abdruck der äußern Oberflähe Fi
. te
736 Phyſiognomik.
Gehirns iſt, der Schaͤdel iſt alſo nur ein Theil des
Hauptgegenſtandes; und obgieich die Theorie in Der
Anwendung Phyſſognomik werden Bann, (in fo fern
nıan nahmlich von den Erhabenheiten und Vertie⸗
fungen am Schädel auf Fahigkeiten und Neigungen,
oder was daffelbe fugen will, auf den Eharafter
ded Menſchen fchließt), fo enthält fie doch eigentlich
mehr als Phofiognomik. Indeſſen bis wir einen
paſſendern, das Ganze umjaflenden Nuhmen erhal,
ten werden, mag immer ein Theil das Ganze bes
zeichen, und big dahin mag immer der Ausdrud
— beybehalten werden. — Allein, durch
ieſen Ausdruck verführt, hat man nun dieſe Theo:
tie mit Lavater's Phyliognomif. verwechfelt, und
fie *ür einen Abkoͤmmling von diefer legten gehalten.
Dagegen proteftirt Dr D. Gall nun ganz förmlich,
weil nach feiner Behauptung Lavater's Säge keine
Allgemeinheit, Feine Veftändigkeit, keine innere GSuͤl⸗
- tiafeie haben; fie find, wenn fie auch zumweilen wahr
befunden werden, bloß zufällig wahr, und im Gans
zen genommen muß Lavater's Phyſionomik als eine
unftatthafte Ohpotheſe verworfen, uud kann keines⸗
weges als eine auf fefe Beingipien gegründete Theo⸗
rie betrachter werden. Es iſt zwar nicht zu leugs
nen, daß in den Geſichtszuͤgen des Menſchen ganz
eigenthämliche Berfhiedenheiten des Menſchen ftatt
finden, und daß man von dirfen Berfhiedenheiten
manchmahl nicht mit Unrecht auf das innere des
Menſchen fließt, allein dieſe eigenthuͤmlichen Vers
ſchiedenheiten der Gefichtszüge ind Durch bloß zus
fällige &ufere Urfachen hervorgebracht, beruhen
nicht auf Eigenthimlichfeiten der innern Organiſa⸗
tion. Und Doch find es bloß innere Eigenthuͤmlich⸗
feiten der Drganifation, auf weiche eine Theorie
der Phyſiognomik gegründet werden fann, und nicht
zufällige, und in Beziehung auf deh Organiſmus
als etwas Aeußeres zu betrachtende Dinge, |
Exen fo wenig muß man Gall's Theorie mit eie
ner ohnlängft vorgefdlagenen und auf die Phyſio⸗
anomif angewandten Methode verwecfeln, deren
weſentliches darin beftand, daß man von den größern
Hersorragungen der Knochen auf häufiger uud ans
haltender geſchehene Zufammenziebungen der an dies
fe Knocenhervorragungen attaſchirten Musfeln und -
fo immer weiter auf die Geiſtes- und Geelenftime
| | mung
Phyſiognomik. 77
ng ˖ ſchloß, welche die haͤuftgern und anhaltendern
2* ehungen jener Muskeln veranlaßte;: z.
‚ ein ſtatk hervorſtehender Augenbraunbogen läßt
auf ſtakke und häufige Zufammenziehungen des Muse
kels ſchließen, den man den Runzler der Augendraus
naen neunt, durch welchen die Stirne wahrſcheinlich
‚oft in Falten gezogen wurde; weil man nun gewoͤhn⸗
lich bemerkte» dat der Runzler der a AR
und die — vorzüglich oft in duͤſtrer Ge⸗
muͤtheſtimmung —BV wird, ſo ſchloß
man nun endlich, Daß der Menfch, bey dem vorzuͤ
1% ftarfe Augenbeaunbogen vorhanden: waren, ein
‚Mifantrop feyn müfle. Gefegt der Sag, daß jede
Anöchenhernorragung von der Wirfung der an die
Hervorra ung attafhirten Muskeln herrühre, ſty
richtig, fo if jener Schluß doc viel zu voreilig;
indem jener Muskel durch viele andere .Urfschen zuk
Kontraktion gebracht werden fann, un? nicht bloß
durch die Geiſtesſtimmung, in welcher fih ein Wis
$önsrop: befindet. Man Acht leiht ein, daß dieſe
Ideen über die: Dervorragungen an den. Knochen
guar Intereflant und unterhaltend find, daß fie aber
Nnichts weniger ald Säge find, durch weiche fich eis
ne Theorie der Phyſiognomik begründen läßt. -
Ueberhaupt haben nab Gaild Meinung bie
bisherigen Phyfiognomifer die Lehre der Phpfiognds
mil fehr verwirrt; indem fie in ihren ‚Behauptuns
‚gen viel zu weit gingen. Wenn fie gleich annahs
men, daß bey gewiflen von ihnen beitiminten Ges
fihtszügen ein Menſch ein ehrliher Dann, bey ans
dern ein Schurke ſeyn muͤſſe, fo war das unftreitig
zu viel behauptet; denn bey diefer Behauptung
singe offenbar das größte Vorrecht des‘ Menſchen,
Die. Frepheit des Millend und der Handlungen ver⸗
sen. 0.
Nun kommen wir zu den eigentlichen Grund⸗
fügen des Gallſchen Syſtems. |
1) „Wenn ſich eine Keaft äußern foll, fo
muß etwas: Materielles vorhanden fenn, wodurch
fie ſich äußert: diefe materielle Bedingung eıner
Kraftäußerung nenne man in der lebenden Na⸗
tue Ergan; es muß baber in der lebenden Mas
tur jede Kraft ein Organ befigen, durch welches
Os, techn. Eins, GCXII. Theil, Aaa ſie
238 Phnfoguamif,
fie ſich aͤußert, oder durch welches fie wirft,
‚ Ohne ein ſolches Organ kann man ſich Feine
“einzige Kraft, fie fey melche fie wolle, in Wirk
ſamkeit gefeßt- denken.“
| „Geiftess und Gemürhseigenfchaften, oder
Faͤhigkeiten und Neigungen find auch als Kräfte
"zu betrachten, melche, wenn, fie wirffam find,.
- und ſich Aufern follen, ebenfalls ein Orgam ha:
ben möflen, durch welches fie wirken‘ —
j „Seifless und Gemuͤthseigenſchaften, oder
Faͤhigkeiten und Neigungen haben Organe, durch
welche fie wirfen, und burch melde . fie ſich
; äußern.“ Ä nt
" 2) „Die Geifteseigenfchaften (Säbigfeiten)
"und Gemüthseigenfchaften (Meigungen). und
ihre Organe, durch welche fie wirkſam find, ha⸗
ben ihren. Sitz im Gehirn und das Gehirn
‚enchäft die Organe aller Faͤhigkeiten und Nri⸗
gungen in ſich.“ W .
Zu Beweiſe: |
»’ a) Das Gehirn if nicht zum ‚Leben nöthig, denn
=" 6 werden Fruͤchte von Menfchen und Thieren
2:12 ohne Gehirn geboren, und man har oft eine
*. tädtige Portion Gehirn weggenommen, . ohne
| daß das Leben verloren gegangen wäre. Die
Matur Hat aber nichts umfonft gemadt, am
wenigften einen fo Pünfllich gebauten Theil ale
das Gehirn ift, ed muß daher das Gehirn eis
nen anderweitigen wichtigen Zwed Haben.
b) Die Fätyigfeiten und Meigungen der verſchiede⸗
‚nen Thiergattungen ftehen ohne Ausnahme mit
der Groͤße des Gehirns in Verhältniß; fo daß
. die Anlage (Fähigkeiten, Neigungen) eines Thies,
res um 2 ausgezeichneter find, je größer die
Mafle des Gehirns in Proportion Fır den Mer
ven und dem übrigen. Körper des Thiered if,
‚daß umgefert das Thier um fo ipeniget 5
higkeiten beiigt, je Pleiner fein Shin ‚und
daß alle Anlagen, die ſich von Gehirn ableiten
laſſen, mangeln,. wenn das Gehirn nicht ‚porhans
. “u L: . / 1
6: r
Phnföhnoinif, 29
"den if. — Daß diefes auch bey Menfchen der
Fall ſey, wird weiter unten vorfommen.
c) Rranfheiten und Berlegungen des Gehirns ha⸗
ben einen unleugbar unmittelbaren Einfluß auf
die Erhöhung, Verminderung oder gänzliche
Bertilgung der Thätigkeiten. und Neigungen.
—* ein Schlag auf's Sehirn raubt entweder
as Gedaͤchtniß ader die Urtheilungskraft, oder
etwas anderes, ohne gerade das Leben in Ge⸗
fahr zu ſezen. nn
3) „Die Zähigfeiten und Steigungen find
mit’ ihren Drganen,. durch. welche fie wirkſam
find, angeboren, und nicht erfi durch Erziehung
bervorgebrahe. . . |
„Der ‚Keim. zum kuͤnftigen Organ bes
Scharffinns odes des Mißes liegt eben fo gut
Schon in der noch ungebornen Frucht, als der
Keim zur fünftigen, Naſe in ihr, und ber Keim
‚ zum fünftigen Baum’ im Fruchtkern enthalten
iſt. „Sol aus dem erflen .ein großer Denker, -
aus dem andern eine ſtark gebogene Naſe, und
aus der dritten eine Palme werden: fo können
die äußern Umflände die Entwidlung ber drey .
Reime entweder verzögern und zuruͤckhalten, oder
unterſtuͤtzen und begünfligen; niemahls merden
die äußern Umflände aber bie Keime ganz ums
ändern oder verwandeln koͤnnen. Selbſt unter
dem flärffien Geiſtesdruck würde Fichte's Geift
nicht ganz unthätig geweſen ſeyn; ee würde be;
fländig tief gedacht haben. Bey dem forgfältigs
ften Ziehen und Drüden wird die Habichtsnafe
zu feinee Stumpfnafe werden; umd auf dem
magerſten, und auf einem noch fo fonderbar vers
änderten Boden wird bie. Palme Fein Wachhol⸗
derftrauch werden. — Durh Erziehung und
Uebung kann .die Entwidelung einer Kähigfeit,
mozu das Organ ſchon vorhanden ift, wohl bee
guͤnſtigt werden, fo wie man durch Nichtuͤbung
Aaa 2 X
749 Phyſiognomit.
die Ausbildung derfelben nerhinbern kannz nies
mals aber wirb man burch Erziehung und Ue⸗
bung eine Faͤhigkeit Hervorbringen, wenn fie
nicht mit ihrem Organ ſchon vorhanden mar.
Es it ganz falfh, wenn man glaubt, man
wolle aus einem Menſchen etwas machen, mas
nicht vorher fhon in ihm liege. Gebr viele
- Menichen, die die befte Erziehung genießen, ben
befien Willen zeigen, und einen eifernen Fleiß
‘ anwenden, um etwas Rechtes zu lernen,- bleis
ben doch nur elende Stümper; dagegen wahre
Genies (wo eine oder die andere Fähigfeit im
vorzüglichen Grade angeboren if) fich “oft unter
den ungünftigfien Lmfländen mit wenig Blei
: fehe ſchnell emporbeben. Wie oft ſieht man
nicht, daß mehrere Kinder, die ganz eine und
- Diefelbe Erziehung genießen, doch die verfchiebens
ften Talente in den verjchiedenften Graden zeigen.
Ss iſt faum zu begreifen, auf welche Art man
es leugnen will, daß die Menſchen die zu ben
verſchiedenen Gefchäften und WBebärfniflen des
menſchlichen Lebens nörhigen Anlagen urfprüngs
fih von Mutterleibe aus mitbringen.- Man
braucht Hier nur an Mozart's Zugend zu er:
innern, wo ſich fchon in den erften Jahren des
Lebens fo unaufdaltfom das mufifalifche Genie
äußerte, wodurch er fich nachher einen fo uns .
ſterblichen Nahmen erworben hat. — Will man
jest etwa erfahren, mas angebornes Talent zur
ufif vermag, fo höre man nur die Gebruͤder
: Dıris! Wie wenig Menſchen werden es felbft
bey ausgezeichnetem Fleiß in mehreren Jahren
fo weit bringen, als es die Kinder ſchon jegt
gebracht haben!“ U U
„Wollte man den Einwurf machen, daß
bie Sähigfeiten und Neigungen dem Man
" nicht
Phyſiognomik. 741
nicht angeboren ſeyn koͤnnten, weil ſie ſich erſt
langſam entwickeln; ſo antworte ich, daß man,
ſo wie man dieſen Einwurf macht, eben ſo gut
auch ſagen koͤnne, dem Menſchen ſey das Zeu⸗
gungsgeſchaͤft, dem Stier das Stoßen, und dem
Hengſt das Schlagen nicht angeboren; weil dies
ſes alles ſich auch nur ſtufenweiſe zu feiner
Vollkommenheit entwidelt. So wie es fi mit
den Körperfräften verhält, fo iſt es auch mit
den Geiftesfräften. Die Ideen find ung zwar
nicht angeboren, aber das Vermögen, die Ideen,
‚welche wir erhalten, aufzubewahren und zu vers
gleichen. — Die Vernunft ift uns angeboren.*
„Sin anderer Einwurf von größerer Wich⸗
tigfeit iſt: wenn uns bie Sähigfeiten und Nei⸗
gungen mit ihren Organen angeboren find, was
wird da aus der Freyheit bes Willens‘ und ber
Handlungen? Werden wir da nicht mehr zu
Werkzeugen, als zu Herren unſerer Handlun⸗
gen? Sind wir da nicht ganz dem Innern Ans
ftoße Preis gegeben? Und wie können uns da
unfere Handlungen beygemeffen, wie koͤnnen wir
über fie zur Verantwortung gezogen wetden?
Gegen dieſen Einwurf bemerft nun Gall fole
gendes.“ on
„Ber da glaubt, „unfere Sähigkeiten und
Neigungen fenen uns nicht Üllgeboren, ber leitet
fie von der Erziehung der. Wuͤrden nun aber
dann nicht unfere Handlungen durch die, Erzies
bung beſtimmt, und if es nicht im runde efs
nerley, ob wir von Natur durch angeborne Eis
genfchaften, oder durch Erziehung auf gerifie
Weiſe gearter find? Wärbe man im legte
Galle nicht auch etwa fagen koͤnnen, daß unfer
Mille durch die Erziehumg beſtimmt, daher nicht
ganz fr ee
Aaa 3 „Ue⸗
742 Phyſiognomib.
„Ueberdem verwechſelt man noch in dieſem
Einwurfe die Foaͤhigkeiten und Neigungen, (bloße
Anlagen) mit der Handlungsweiſe ſelbſt. Die
Anlage hat ja die wirkliche Handlung noch nicht
zut Folge. Die Organe und die in ihnen ge⸗
gründeten Anlagen find nur als’ Reize zu ber
teachten, durch welche der Menfch angetrieben
wird, das zu thun, wozu er die Anlage befißt.
8. 3. Wenn jemand das Organ bes Diebſtahls
befißt, fo hat er zwar immer den Hang zum
Stehlen, aber aus dieſem Hang folgt nod
nicht, daß er wirklich ſtiehlt; fondern dieſer
Hang zu flehlen Fann vorhanden feyn, und body
seht gut durch den Willen unterdrüdt werben.
Selbſt die Thiere find nicht ohne alle Willkuͤhr
ihren Trieben untergeordnet... So maͤchtig ſich
bey dem Hunde ber Hang zum Tagen zeigt,
und fo. fehr die Kaße den Trieb zum Mauſen
befißt, fo laffen fie, bey wiederhohlten Zuͤchti⸗
gungen, beyde doch die Ausführung diefer Triebe,
Der Menfch Kat nun aber, außer den thierifchen
Eigenichaften, Spradjfähigfeit und Erziehungs:
Fähigkeit, er. hat Sinne für Recht und Unredt,
für Vorſtellungen eines unabhängigen Weſens,
ee iſt mit dem Gefühl der Sittlichkeit, mit
dem beutlichfien Bewußtſeyn der Gegenwart und
Vergangenheit begapt,. ;und felbft der Blick in
die Zukunft ſteht ihm einigermaßen offen. Mit
dieſen ſtarken Waffen kaͤmpft der Menſch gegen
feine. Neigungen, welche zwar immer noch Reize
ſind, und ihn in Verſuchung fuͤhren, die aber
, doch ſelten fo ſtark ſind, daß fie. nicht koͤnnten
abgeftumaft und unterdruͤckt werben. Erſt ans
dieſem Kampfe, entfpringe Tugend und Lafer,
and. erſt nach, diefem Kampfe kann Beymeffung,
Strafe und Belohnung fatt finden. Waz wäre
.. die
5 ine
Phyfiognomil, 743
bie fo theuer empfohlne Selbſtwerlaͤugnung/ wenn
fie nicht einen Streit in unferem Innern vors
ausfegte? Iſt wohl die Enthaltfamfeit eines
Dienfchen zu lobrreifen, der Deswegen ver. Wol:
luſt nicht fröhne, weil er nie den Trieb dazu
empfunden hat? Wenn eine Meigung von Na⸗
tur beträchtlich ftarf ift, fo fann im erften Aus
genblick manchmahl nur wenig durch flärfere Ges
genreize, Sittlichfeit, Neligion, durch anhaltens
des ernftliches Wollen aber kann ſelbſt die ſtaͤrk⸗
ſte Neigung unterdrädt, und gleichfam das Uns
mögliche möglich gemacht werden. Und auf dieſe
Art bliebe denn die Freyheit bes Willens, dies
ſes Vorrecht des Menfchen, ziemlich in Sicher⸗
heit. Statt alfo, daß die. Annahme angeborner
Neigungen dem Menfchen feine Willensfreyheit
benehmen follte, wird feßtere nur noch um fo
feftee begründer. Se ſtaͤrker die innern. Antriebe
find, deſto flärfer möäffen die oben angegäbenen
Gegenreize wirken. — In äuferft feltenen Faͤl⸗ |
len fann:e8 aber auch wohl geſchehen, daß die
innern Antriebe ſo ganz außerordentlich ſtark
und heftig ſind, daß die angegebenen Gegenreize
(vorzüglich wenn fie, wie bey ungebildeten Per⸗
fonen wohl der Fall ift, nicht fehr ausgebildet
find) nichts gegen dieſe innern Triebe vermögen,
So fann ed fommen, daß Menſchen einen ganz
unmiderfiehlichen Trieb zum Stehlen oder Mor⸗
. den empfinden, ben fie, wenn fie. auch das Uns.
techtmäßige davon "völlig einfehen, doch nicht wo
übermältigen im Stande find.“
4) „Die Sähigkeiten (Geifteseigenfchaften)
find deutlih und weientlih von den Meigungen
(Gemuͤthseigenſchaften) verſchieden und unab⸗
bängig; ja ſelbſt die einzelnen Faͤhigkeiten, ſo
wie die einzelnen Neigungen, fi find unter fi) une
Ana 4: abo⸗
244 Phyſiognomit.
abhoͤngig, und haben mittelſt ihrer Organe, übe
ren Sitz in verſchiednen und unabhängigen ‚Theis
len des Gehirns.“
mature iRe6s und Gemäthteigenfdaften
L) tan kann Seiſtes⸗ un em:
) weten in Ruhe und Thätigkeit werfegen;
die eine fann eemäder ſeyn und id — jen,
während die andere wirffam ik. — Geiftetaus.
rengungen einerley Art ermäten fehr, wie dies
[1 — einem jeden bekannt if; wecfelt man
aber mit den Beſchaͤftigungen ab, fo fann man
«6 lange aushalten. 3. ®. Wer duch das
Studium der Geſchichte ermäder hat, hat noch
wohl Kräfte zu metap! pie pefulationen,
und find au diefe erihöpft, fo kann ein guter
Dichter noch feine Phantafle befchäftigen.
b) Man fann die Geiftedeigenfhaften ganz oder
um Theil verlieren, 3. 3. ganz biödfinnig_wers
en, oder man fann nur einzelne Zähigfeiten
verlieren, 3. B. das Gedäheniß,. ja ſeibſt nur
einen Theil des Sedaͤchtniſſes. Man har Beys
fpiele von Menſchen, welche plöglich oder nach
einer Krankheit die lateinifhe Sprache, die fie
vorher ‚völlig inne batten, gänzlid vergaßen,
ohne dabep etwas anders aus dem Gcdädtnifle
4 verlieren. — Mander Menfcb verliert fein
edaͤchtniß nur für einen gewiſſen Zeitraum;
alle6 was vor und nad diefem Zeitraum vorge⸗
fallen, I; ihm vollkommen gegenwärtig, nur
je den befimmten Zeitraum verfagt das Ge⸗
htniß feine Dienfte, er weiß nipt_ein Wort
von allem dem, was während Diefer Zeitperiode
mit ihm vorgegangen if. So ging es einem
Kaufmann, der von dem Otte, wo er etablist
war, nad einer andern 20 Meilen entfernten
Stadt rei jete, and kurz vorher, che er das Ziel
feiner Reife erreichte, dad Ungläd batte, aus
- dem Wagen und auf den Kopf zu fürgen; er
Hagte nur Aber geringen Schmerz an der Stelle
des Kopfes, auf welche ex gefallen war; allein
ein fonderbarer Umfand harte fi eingeſtellt;
er hatte das Gedaͤchtniß für alles verloren, was
‚feit feines Abreife von feinem Wohnorte mit ihm
vorgegangen wär; fein ganzes voriges aan
Phyſiognomik. J 745
aber bdis zu dem Anfang der Reife mußte er
enau, nur der Reife ſelbſt fonnte er ſich auf
eine Weiſe entfinnen. — So wie dies mit dem
Gedaͤchtniß der Fall feyn kann, fo auch mit der
Deurtheilungsfraft. Alle Irrenhaͤuſer . liefern
die Bepfpiele davon in Menge. Manche dafebfk
- befindlide Narren urtheiten nur über einen eins
zigen Segenfiand miderfinnig, während fie über
alled andere fo vernünftig reden, daß man fich
oft Stunden lang mit ihnen unterhalten Sann,
ohne ihre ea zu bemerfen, bis man ends
lich, vießeicht zufällig, den far fie kitzlichen Punkt
beruͤhrt. Wem follten bey dem Beſuchen der
Serenhäufer nicht Narren veorgefommen feyn,
die fi einbildeten, Gott Bater, Jeſus Ehriftus,
ein Fuͤrſt, Kaiſer oder fonft etwas zu feyn; die
beftfändig vernünftig reden, und nur dann Ihre
Narrheit zeigen, wenn man fie auf. diefe ihre
fire dee (aber? Andere hingegen find hber als
les verwirrt, und nur bey einem einzigen Gegen.
ftande zeigt fi ihre Bernunft regelmäßig thäs
tig; fo konnte eine völlig närrifch gewordene
Goldſtickerin bey allem Unſinne, den fie ſchwatz⸗
te, Bo die zu einer Weite nothwendige Duans
tität Goldes, fo wie dad Maß deg nöthigen Zeus
ges auf das genaufte angeben, wenn man fie
darnach befragte.
e) Durch die Kranfheiten und Verletzungen einzels
ner Stellen des Gehirns fönnen einzelne ‚Sabig
keiten des Geiftes verloren gehen , .oder verftärkt
werden. Go hat man dfterd beodachtet, daß
Menſchen nach einem heftigen Schlage vorn auf
die Stirne ihr Gedachtnig eingebüßt haben.
Dagegen fönnen auch manche verlorne Faͤhigkei⸗
ten wieder erflastet werden, wenn gemwifle oͤrt⸗
lie Hindernifle außen auf dem Gehirn aus dem
Weg geräumt. werden. Wenn man Menſchen,
welde nach erlittener . Gewaltthaͤtigkeit auf den
. Kopf eine oder die andere Faͤhigkeit eingebüfßt
hatten, trepanirte, fo fand man häufig unter
der Hirnfchale auf dem Gehirn geronnenes Blut;
nahm man daflelbe hinweg, und hob den Dru
auf, fo fehrte auch oft die bie dahin verloren:
geweſene Faͤhigkeit wieder zuräd,
Aaa5 d)
146 Phyſiognomit.
d) Fähigkeiten und Reigungen koͤnnen in hoͤchſt
| verſchiedenen Berhältnifien beyſammen feyn; eins
eine Sähıgfeiten fönnen außerordentlih ver»
aͤrkt und ausgebildet werden, während andere
kaum mittelmäßig find; z B. ed kann ein Menſch
ein vortrefflicher Rechner ſeyn, und em ſehr
chlechtes Sachgedaͤchtniß beſtgen, oder es kann
emand außerordentlich gut Rahmen behalten,
und vielleicht Aber die leichteſten Dinge kein ges
ſundes Urtheil fällen.
e) Die Kähigfeiten und Neigungen werden uns
gleichzeitig entwidelt, einige verfehwinden, ohne
Daß die andern im geringfien abnehmen, ja ſelbſt
während fie färfer werden. 3. B. Beobads
tungsgabe und Gedaächtniß nehmen in höheren
Zehren gewoͤhnlich ab, während, die Urtheils⸗
raft oft noch beftändig ftärfer wird.
| „Aus. biefem theilweifen Ausrußen, Bere
letztwerden, Verſchwinden, Entfiehen und Ders
flärftwerden der Kähigfeiten und Neigungen
glaubt, fih Gall nun berechtigt, auf die Ver⸗
fchiedenheit und Unabhängigfeit der diefen Gäs
bigfeiten zum Grunde liegenden Organe jchließen
zu dürfen.“ u
: „Diefe Annahme der Derfchiebenheit und
Unabhängigfeit der Tähigfeiten und Neigungen
und ihrer Drgane foll Feineswegs die Eiriheit
‚der Drganifation, jenes nothwendige Verhoͤltniß
der einzelnen Theile des ‚Körpers, durch. welches
fie einander beftändig Mittel und Zweck zugleich
find, aufheben; fondern diefe Annahme foll nur
“andeuten, daß das Organ einer Fähigfeit in
Thoaͤtigkeit gefebt werden könne, ohne daß die
übrigen Organe der Übrigen Kähigfeiten eben fo
‚fehe an dieſer Thätigfeit Ancheil nehmen müßs
ten, und daß der jeder Anlage (Sähigfeit oder
‚Meigung) als Organ zufommende Theil des Ge⸗
"piens in Thätigfeit gefeht werden koͤnne, ohne
daß das ganze Gehirn in Täätigfeit geſetzt zu
„ . - Wels
Phyſiognomik. 747
werden brauche. Jede Faͤhigkeit und Neigung
und jedes denſelben zukemmende Organ iſt ſelbſt⸗
ſtaͤndig und unabhängig; doch ſcheint es, als
‚wären einige von ihnen den andern unterge⸗
‚ordnet. | | WB
„Man hat es laͤcherlich gefunden, daß bie
verſchiednen Faͤhigkeiten und Neigungen in ver⸗
ſchiednen Stellen des Gehirns ihren Sitz ha⸗
ben ſollen. Wenn dieſes laͤcherlich iſt, fo muͤſſe
es auch laͤcherlich ſeyn, meint Gall, daß die
verſchiedenen Sinne an verſchiedenen Theilen
des Koͤrpers angebracht ſind. Warum ſollten
die Denkorgane gerade nur in einen Punkt zu⸗
fammen gedrängt feyn? Warum follten fie fi
nicht eben fo ‘gut getrennt finden, als es die
verfchiedenen Sinnesorgane find, mit denen fie
uͤberdem die größte Aehnlichkeit haben. Denn
Sehen und Hören find nach Gall eben fo gut
Seelenfähigfeiten, als es bie verjchiedenen Vor⸗
fielungsarten find; jene find äußere, dieſe innere
Sinne Die fchon angeführten Erfahrungen bes
flätigen. es, daß der Geift einzelnen Fähigkeiten
nad ausruhen fönne, während er mit andern
ſehr charig iſt. Können niche innere Werkzeuge
eben ſowohl als die äußern zum Theil in voll;
fommene Ruhe, zum Theil in größte Thärigfeit
verſetzt werden? Wenigſtens wird das durch
Träume, Irrereden, vorzüglich aber durch Nacht⸗
wandeln in hohem Grade mwahrfcheinlich gemacht,
we einige Geiftesfähigfeiten, 3. B. das Ber
wußtſeyn ganz unthätig find; bahingegen andere
fo in Thätigfeit gefeßt werden, daß. die Perſo⸗
nen oft. fehr verwidelte Gefchäfte verrichten
können.“ 0
5) „Da die Sähigfeiten und Neigungen
mit ihren Organen angebaren find, und im bin
Ä | " hirn
3 Senne iim,vorgdg
Wegen, du werlne —
her „werden, — het, Ss wie, aan
Du oe 2 m ji n —
die gkeit — Sean
‚eben, jo, wie die deg — — —9*
de
de. ü
5 = mer
niglic) „alle vorhandene Organe gereist, —
ic aber ‚min, Di —
arten Grade,
man das Hauptorgan nennen kann.
Er in Muſiker, "das Organ des Tone
„ finns in — — de ek erhoͤhet,
„wer er Mein trinkt;
... Eu Bm oft Min Badia, die ed
Compofitionen zit "verfertigen. ander
, — ſchteibt feine Ka Det £eäftigften - er
"Bu te, wenn bey einem
zh
fe Champagner die
‚ feiner Otgane, und, Vorbei des
Organs det Phantafie erhöher if. — So läßt
"es fih aud) erflören, watum wirkliche Genies
ſo Er leicht närtifch, werden. Bey diefen Mens
{chen iſt ‚die Fähigkeit und ihr Organ, wedurch
fie eigentlich Genies: werben, in fo vorzüglich ho⸗
hem Grade vorhanden, daß fehon ein nicht übers
"mäßig jtarfer Reiz 3. B. leichter Weintauſch,
Freude, Kranfheit, im Stande ift, eine ‚auss,
fihmeifende Thätigfeit und Ueberreigung des Or⸗
gans ‚hesvorzubringen, die leicht N zut
oige
Ne “ *
——
J—————
uch auf vie pp Der,enigein An-
dels der innern gleicht bleibe, ‚fann man mit
! a See
748 Phyſiognomik.
ten ihren Sitz haben, das Gehirn alſo gleich⸗
am als der Dereinigungsore aller Organe zu
betrachten ift: fo. folge daraus, daß durch das
Angeborenfegn der Organe im &ehien, auch
gleich) anfangs die Form des Gehirns, wo alle
Drgane fich befinden, beflimmt werden mäffe.“ —
„Dusch das Angeborenfeygn der Organe ges
voiffer Anlagen ift uns alfo auch eine beftimmte
Form des Gehirns angeboren. Ben gewiſſen
Sähigfeiten und Dleigungen hat das Gehirn eine
eigne beflimmte Korm, welche fehlt, wenn jene
Anlagen fehlen. Die Beweiſe, welhe Gall für
"Diele Annahme angibt, werden weiter unten,
wo von den einzelnen Organen die Rede iſt,
angeführe werden.‘ | .
„Iſt nun gleich bie Sorm bes Gehirns ur⸗
fpränglich, und bie größere oder geringere Voll
fommenheit der einzelnen Organe angeboren; fo
kann doc) durch Freyheit und Gebrauch bie
mannichfaltigite Mopififation möglich werden.“
„Durch Entwidelung und Pflege kann aud)
ein ſehr ſchwaches Degan, eine ſchwache Anlage
gu einem gewiflen Grade von Vollkommenheit
gedeihen, und durch gänzlihe Nichtuͤbung kann
ein fehr flarkes Organ und feine Anlage bis zu
einem feinen Weberbleibfel verfchwinden. Dieß
wird durch bie Kolgen des Müfligganges und
der Geiftesanftrengung, durch Pie Folgen der
guten und fchlechten Erziehung bewieſen. Es
ift Hier ganz der Ball, wie mit ben Kräften des
Körpers und den lieben, durch welche bie.
Kräfte fih dußeen So ann ein ziemlich
ſchwacher Menſch durch allmoͤhliche Uebung ſei⸗
ner Glieder nach und nach ſtaͤrker werden, und
fo geſchieht es, daß Menſchen, die ihren Körper
auch nicht im geringften anflrengen, faſt fe
nicht
Phyſiognomie. 749
„nicht bewegen, am Ende die Kraft, ſich zu: bes
wegen, zu verlieren ſcheinen, und immer ſchwaͤ⸗
cher werden. Ueberhaupt herrſcht, wie ſchon ges
ſagt iſt, zwiſchen den Kraͤften des Koͤrpers und
des Geiſtes, fo wie zwiſchen ihren Organen, bie
größte Uebereinſtimmung. Ein Weinraufehfieber
erhöhet die ‚Thärigkeit der Organe des Geiftes
eben fo, wie die des Körpers. Wie Häufig iſt
nicht der Sal, daß Mienfchen im Rauſch ſehr
geläufig eine fremde. Sprache ‚reden, die fie. im
nüchternen Zuflande nur mit. großer Mühe ſyre⸗
- hen können? In fo einem Salle. werben gemei⸗
niglich .alle vorhandene Organe gereizt, vorzuͤg⸗
. Sich aber wird die Thätigfeit des Organs erhds
het, ‚das: im, vorzüglich ſtarken Grade vorhanden
iſt, und das man das Hauptorgan nennen fann,
88. Ein Mufifer,..der das Organ.des Tons
- finne in vorzuͤglichem Grade befißt, erhoͤhet,
wern er Wein trinkt; die Thäcigkeit aller Or⸗
gane verhältnißmäßig, von allen aber Das Or⸗
gar des. Tonfinns, mobucrd er, wenn er feine
Ezxeceſſe beaeht, oft fähig gemacht wird, die ſchoͤn⸗
fien Compofitionen zu verfertigen. Mancher
Dichter Ichreibe feine ſchoͤnſten Fräftigften Ger
dichte, wenn bey einem Glaſe Champagnet bie
Thätigfeit. feiner Organe, und vorzüglich des
Odrgans der Phantafie erhöher if. — Go laͤßt
es ſich aud) erklären, warum wirkliche Genies
fo ſehr leicht naͤrriſch werden. Bey dieſen Men—
ſchen iſt die Faͤhigkeit und ihr Organ, woedurch
ſie eigentlich Genies werden, in ſo vorzuͤglich ho⸗
hem Grade vorhanden, daß ſchon ein nicht übers
mäßig ſtarker Reiz 3. B. leichter Weintauſch,
Freude, Krankheit, im Stande iſt, eine aus⸗
ſchweifende Thaͤtigkeit und Ueberreizung des Or⸗
gans hervorzubringen, bie leicht Nertbel zur
. " . “ . . oige
750 Phyſiognomik.
Folge hat; da hingegen fuͤr gewoͤhnliche Mens
J
ſchen, welche kein Talent, Fein Organ in’ ſo ganz
vorzuͤglichem Grabe befißen, zum Naͤrriſchwer⸗
ben faft immer eine fehr heftig wirkende. Veran⸗
laſſung noͤthig iſt.“ el
6) „Steht die Stärfe einer Anlage (Faͤ⸗
higfeit und: Neigung) in beftändigem Verhaͤlt⸗
nie zu dem Volumen des diefer Anlage zum
‚Grunde liegenden Organs ? Darf man ben groͤ⸗
ßerer Keaftauferung auch an größeres VPolu⸗
men des Organs denfen? Und darf man von
dem groͤßern Volumen eines. Organs auf grös
ßere Stärfe der durch dieſes Organ ſich au
- "Bernden Faͤhigkeiten oder Neigungen fchließen ?“
Diefe Tragen, welche für die Theorie fehr
“wichtig find, bejaht nun Gall ohne Bedenken
und zwar aus folgenden: Gruͤnden.
a) Wo die Natur die Kraft erhöhen und veredeln
wollte, mußte fie allemahl auch die Organe
veredein, 3. B. dep flärferem Geſchmacksſinn ift
. die Zunge größer und mit ftärfern Rervenwoͤrz⸗
den’ befegt; fo fließen wir von einer hohen
gewoͤlbten Bruft auf eine große gute Funge,
- und fo mit Recht weiter auf freyed ungehemms
‚tes Athmen; dagegen. eine platte gufammenges
drückte Bruft Pleine Lungen fürchten läßt, die
in ihrer Ausdehnung befhränft find, und io
das Athmen mit Beklemmung verbunden feyn
wird. So lehrt die Beobachtung vergleihender
Anatomen, daß bey allen Thieren Die Rernen
defto ſtaͤrker und dicker find, je feiner ſich bey
ihnen die Sinne finden, für welche die Nerven
beftiimmt find. Eine große, mit hervorfiehenden
Mervenwärzchen bededite Zunge läht faft immer
mit Sicherheit auf ftarfen Geſchmacksſinn fchlies
Ben wie große Nafenhöhlen auf ftarken
eruch.
by Durch die ganze Stufenleiter der Thiere ſteht
die Staͤrke der Foͤhigkeiten und Neigungen in
beſtaͤndigem Verhaͤltniß zu der Groͤße des Se⸗
hirns, wenn man naͤhmlich das Gehirn in De
Phyſiognomik. = 751
"i... zug auf. die ganze Körpermafle und auf die Mers
"ven des Körpers betrachtet. Der Menſch, der
: unser .allen Thieren iu Ruͤckſicht der Fähigkeiten
": oben an fteht, hat auch verhältnifmäßig dab
größte Behien.. Allein au felbit bey der «ins
, zelnen Menfbengattung wird Diefe Bemerfüng
u beränir Die Eretinen, Menſchen, weiche fi
"= befanntii durch den Außerfien Abgang, von
Geiſteskraͤften auszeichnen, haben ein" beteägpts
lich Tleines Gehirn. Gall hat den Echädel .eis
ned durchaus biödfinnigen alten Weibes mit
dem - Schädel eineds Mannes vergliden, der
durch manche Talente hetdorftach, und die Hitns
Höhle dee kettern noch einmahl fo groß gefuri⸗
ben, als die der Erſtern.
v6) Dusch ovielfaͤltige Erfahrung an allen Thiergat⸗
tungen finder Gall es ‚betätigt, daß, wenn eine
Anlage, Kähigfeit oder Neigung fehr beiräuht:
u lich und deutlich .ift, auch aflemiahl der Theil
des Gehirns, in welchen Gall dad Organ dies
ſer Anlage.legt, und woraus er die Anlage abs
leiter, um ein Berrächtlided größer bem.erft
wird, als wenn jene Anlagen nicht fo ftarf And.
"Die nimmt Gall für fo ganz ſicher arsge⸗
macht an, daß er, wenn. fib nur eine einzige
wirkliche Ausnahıne finder, erboͤtig ift, fein gans
zes Syſtem aufjugeben. | |
Ale Thiere mit einerley‘ Hirnform; und
eben fo alle Menſchen, bey denen das @iehien
eineriey Korın zeigt, müflen diefelben Un lagen
aben. : FR diefes immer und. ohne Ausnahme
er Fall, fo ift es auch erlaubt, den E5chluß
umzufehren und weiter audzudehnen, un'd aus
der vorzäglichen Größe eines Theil des Gehirns,
auch auf die vorgägliche Stärke der;enigen An:
lagen zu fchließen, dıe in Diefem Theil des "Ges
hirns ihe Organ hat.
7) „Die Sorm des Gehirns drädt (ich in
dem Schädel ab, fo daß die innere Flaͤche des
‚Shädels ganz durch das Gehirn geformte wird,
So lange daher die aͤußere Flaͤche des Schaͤ⸗
dels der innern gleicht bleibe, -Fann manı mit
. | 0 Sicher
752 Phyſiognomik.
Sicherheit aus der Form des Schaͤdels auf die
Form des Gehirns ſchließen.“ a*bv
„Nun iſt aber bis jeht angegeben, daß
die Form bes Gehirns wieder von den in ihm
* befindlichen Organen beflimmt werde,. und daß
„man von ber Gräfe und Geſtalt des Gehirns
auf die Stärke und Schwäche ber Drgane und
ihrer Anlage ſchließen koͤnne. Kann es nur bes
wieſen werden‘, daß. die Form des Schaͤdels eis
nen ganz ſichern Schluß auf die Form bes Ges
birns erlaube, fo kann man aus der Form des
Schaͤdels auf die größere und geringere Stärfe
der im Gehirn befindlichen Organe, und der in
ihnen gegruͤndeten Anlagen fchliefen; und fo
wuͤrde es dann möglich, die Anlagen (Foͤhigkei⸗
ten und Neigungen) aus der Form und dem
Bau des Schädels zu.beflimmen.“
„Daß dee Schädel feiner Sorm nach, ganz
durch das Gehirn beſtimmt werde, beweiſen fol⸗
gende Thatſachen.“
a) Das Gehirn iſt früher da, als bie Schaͤdel⸗
knochen. Der ganze Schädel ift anfangs nur
eine weiche knorplichte Haut, die fi leicht in
ede Form dringen läßt, und ſich ganz nach dem
ehien, was beftändig auf fie wirkt, formen
fann.
b) Die Eindruͤcke und Rinnen an der Innern
Flaͤche der Schaͤdelknochen, die nicht von Uns
fang an da find, fondern erfi nab und nach
entitehen, zeigen deuti:h, daß das Gehirn nad
außen auf die Schaͤdelknochen wirken koͤnne
und wirklich wirke.
ce) Verſchiebungen der Kopfknochen neugeborner
Kinder, die während der Geburt ſtatt fanden,
und mwodurd der Kopf des Kındes oft ein ganz
verunftaltete® Anfehn erhält, werden allein duch
die Wirkung des Gehirns wieder ausgeglichen,
und die gewöhnlibe Procedur der Hebammen,
Den verfhobenen Kopr des neugebornen Kindes
urecht zu braden, ıft daher auch fehr uͤbet⸗
uͤſſig, und oft ſchaͤdlich. d)
Myſiognomik. 73
a) Knochendbruͤche und Einbiegungen der Hirn⸗
ſchale, die nach cinem heftigen Schlag, Fall
oder Steh auf den Kopf erfolgen, werden, wenn
Die Derlegung nicht gar zu flarf war, durch
‚die Wirkung des Gehirns wieder gehoben und
ausgeglihen. Die Natur übertrifft da oft. die
fühnften Hoffnungen des Wundarzted. Wenn
auch an der Außern Fläche der Schädelknochen
der Eindruc noch fehr beträchtlich ift, fo if er
doch an der inneren Flaͤche, durch die Wirfung
. des Gehirns, ſehr bald wieder ausgeglichen.
e) Die Subftanz der Anochen wird bejtändig er=
neuert, die fon vorhandene wird eingefogen,
und neue dafür abgeſetzt; Durch diefen beſtaͤndi⸗
gen Wechfel der Knochenmaterie wird es moͤg⸗
lich, daß auch in ſpaͤtern Jahren, wo. die Kno⸗
chen ſchon eigentlich ausgebiiter find, Doch noch
Veränderung ihrer Form ſtatt finden kann.
„Iſt nun ein Organ irgend einer Foͤhigkeit
im Gehirn fehr ausgebildet und groß, fo druͤckt
es fid) immer in ven Schädel ein, und bewirkt
fo äußerlich) eine Heraustreibung oder Wölbung
am Schädel. Eine flarfe Woͤlbung der- Art
laͤßt alfo auf ein ftarfes unter ihr befindliches
Organ fließen. — Iſt ein Organ dagegen hicht
ſtark, wird es wenig geübt, unb efttöldelt es
fih nicht, fo entſteht audy - Feine" Wolbung am
Schaͤdel. eher eine‘ Fähigkeir verloren, und
verminderte ſich alsdann das ihr zukommende Or⸗
gan, ſo entſteht uͤber der Stelle, wo Das’ Dr⸗
gan befindlich iſt, unter der Hirnſchaͤle ein lee⸗
ser Raum, der erſt nach und nach Hurch'den
Knochen ausgefüllt wird. Ein Bepipiel wird
dieſes deutlicher mahen. 7.
„Das Beobahtungsorgen, durch welches
der Menſch die Faͤhigkeit befommt, Beobachtun⸗
gen anzuftellen, wird von Gall in die- Gegend
des Gehirns gefegt, welche gleich unten hinter
der Stirne liegt. Diefe Stelle Fig. 6555. 56.
- 57. Nr. 16. ift bey Kindern fehr gewoͤlbt, und
Oec.techn. inc. CXU, Theil, Bbb —X
*54 Phyſiognomit.
—429 FB Ze
bekanntſich Haben auch Kinder die Beobachtungs⸗
gabe info hohem Grade, daß ihrer Aufmerk
ſamkeit nichts, auch nicht die geringfte Kleinigs
feit entgeht. Spoͤterhin verliert fi) gewöhnlich
die Faͤhigkeit Mu beobachten ſehr, Burch die Ab:
nahme der Kähigfeit wird auch das Organ der
Foͤhigkeit Fleiner und finft ein; es entſteht ale:
dann Aber diefer Stelle des Gehirns und un
ter den Schädelfnochen Raum, welcher erſt nad)
und nach durch die Schädelfnechen, die etwas
einjinfen und dicker werden, ausgefüllt wird.
Daher - wird man auch ben- erwachjenen Diens
ſchen biefe Gegend der Stirne meiftens einge:
“ fallen finden, ausgenommen bey großen. Beobs
. achtern, ben welchen das Drgan vorzäglich ftarf
- war. und aud) ‚nach den. Kinderjahren ftarf blieb.
— Ben Blödjinnigen und Narren gehen viele
Anlagen (Fäpigkeiten und Neigungen) und ihre
Drgane verioren, und das Gehirn wird Fleiner;
dadurch läft es fi) ganz augenfcheinlich bewei«
- fen, Daß die. Form des Schädels von der Form
des Fehirns nicht allein anfangs in der Jugend
abhängig ift, fondern das ganze Leben bindurd,
bleibt; . denn ben allen Narren und Bloͤdſinni⸗
gen,.fo auch bey ganz Alten, wird, fo wie das
Gehirn „durch das Verſchwinden der Organe
feiner: wird, auch der Schädel immer Kleiner,
Dichter, und fchmerer.‘“ |
. „Wenn bey einem Menfchen fih an dem
Schäbel viele Wölbungen finden, fo find quch
gewiß viele Sühigfeiten da; und fo läßt ſich auch
eine, höufig ſtatt findende Bemerkung -erflägen,
daß außerordentlich ſchoͤne Menſchen, die einen
jegr.ichönen runden Kopf haben, gemwöhnlich.mes
nig ‚Säbigfeiten, wenig Geift beiten; denn: an
einem fehr. runden Kopfe fehlen die WWölbungen,
. .. welche
Phyſiognomik. 755
welche durch die Organe gewiſſer Faͤhigkeiten
hervorgebracht werben wuͤrden, wenn dieſe Or⸗
gane ſelbſt vorhanden waͤren.“ |
| „Daß man aud bey Thieren, aus dem
Bau ihres Schäbels, auf die Anlagen derfelsen
fchließen fönne, dafür. führt Gall als Beweiſe
folgende Beobadhtung an. Nenn man sinen
Thierfchädel mit feiner untern Släche, ma ſich
die Unterkinnlade finder, auf. eine horizontale
Flaͤche feßt: fo fann man aus der Lage des dus
fern Sehörganges beſtimmen, ob. das Thier fich
von DVegetabilien, oder von Fleiſch, oder: von
- Benden zugleich naͤhre. Man zicht nähmlich
eine fenfrechte Linie an dem äußern Gehoͤrgang
in die Höhe, if dann die größte Wölbung
beffelben nach born vor der gezogenen Linie, fo
frißt das Thier Degetabilien; fleigt die Linie
vorn an dem Schädel in die Höhe, fo daß die
größte Woͤlbung der Hienhöhle nach Hinten zu
ſich findet, fo naͤhrt fih dag Thier von Fleiſch;
... findet fid) aber die Linie gerade mitten an ver
größten Wölbung des Schädele, wie sum Bey:
fpiel bey den Menfchen, fo nährt fi das Thier
von Fleiſch und Wegetabilien zugleich.“
Sind nun alle diefe Säge 1. 2. 3.4 5.
6. 7. wahr, fo hält Gall feine. Theorie für
hinlaͤnalich gegeündet, und es bleibt ihm nur
. noch zu bemweifen übrig: daß mit gewiſſen Wöls
bungen am Schädel durch Die ganze Thierſchoͤ⸗
pfung auch immer und obne Ausnahme gewifle
Kähigfeiten und Mleigungen verbunden find, wels
che fehlen, wenn jene Woͤlbungen mangeln.“
‚Da Gall für jede ſelbſtſtaͤndige unabs
- Hängige Fähigkeit und Neigung ein eigenes Drs
»gan im Gehirn vorausfeße, jeder felbfifländigen
GEicgenſchaft ein ſolches eigenes Organ. zuſchreibt:
Bbb 2 ſo
756 Phyſiognomik.
: fo ift es vor allen Dingen nothwendig zu wife
fen, weiche Eigenfchaften felbfiftändig und unab⸗
bängia, und welche es nicht find. Hier gefieht
. un Ball felbfi ganz unendlihe Gchwierigfeis
ten angetroffen zu haben; und hier ift es, wo
. es alle Unterfuchungen a priori ganz und gar
. verworfen haben, und nur einzig und allein
Thatſachen gefolgt ſeyn will.“. E
7 9Die Hälfsmittel, um die Organe felbfis
ftändiger und unabhängiger Eigenichaften- zu
sntdeden, find nun folgende: .
:..a) Man muß die natürlichen Verſchiedenheiten
des Schaͤdels überhaupt fennen, und zu dem
Ende recht viele Schädel fehen und befählen.
Zum Befühlen braucht man nicht die Kingerfpis
gen, fondern Pie ganze Fläche der Hand, die
man fo hält, als wolle man Harmonica fpielen;
denn es find nicht Knochenhervorragungen, on:
dern nur fanfte Wölbungen, die man fülflen
will, und die man dur Betaften mit den. Hinz
gerſpitzen nicht entdecfen würde. |
b) Man unterfucht die Köpfe von Menſchen, welche
mit ganz ausgezeichneten Talenten begabt find,
and merkt fib die ganze Form des Kopfes, vor⸗
ahglic ander die Stelle defielben, wo fi bes
trächtlihe Wölbung findet. — Damit vergleicht
man. nun die Köpfe von Menfben, die etwa
eineelen Talente mit den vorher unterfuchten
haben, und fieht zu, ob bie Woͤlbungen bey
Diefen Jeßtern ſich an Derfeiben Stelle des Kop⸗
fes finden, wo .man fie bey den erftern bemerfte.
. Bann unterfubt man die Köpfe von Menfcen,
.von denen man weiß, daß ihnen die Talente
| fehlen, wodurch fi die @rflern auszeichneten.
| PH man nun bey diefen an der Stelle des
Schaͤdels feine Wölbung, wo man dad bey den
Erſtern eine bemerkte, ja findet ſich vielleicht
an der Stelle, wo man bey den mit ausges
geineten Zulenten begabten Menſchen eine
oͤlbung bemerfte, bey denen, welchen diefe
Talente fehlen, nicht allein - feine folhe Woͤl⸗
bung, fondern eine Vertiefung, und lie. .ne
“ ‘ . - [4
[03
Phyſiognomik. 757
ſes niemahls eine Ausnehme: fo kann man
ſchon mit ziemlicher Sicherheit beſtimmen, daß
an dieſer Stelle das Organ des Talents ſich
finde, wodurch die Erſtern ſich auszeichneten,
und was den Lestern fehlt.
c) Men unterfuht Menfhen, die man gae niche
fennt, von deren Charafter und Gählgfeiten
‚man gar nichts weiß. Man merkt fi Die
an ihren Köpfen aufgefundenen Wölbungen,
befttiumt, nad den bey der vorigen Unterfus
bungsart gemachten Erfahrungen, die Kähigs
feiten und Neigungen dieſer Menfchen, und
zteht nun vorfictige Erkundigungen ein, ob
auch. alles zutreffe. Um dieſe Erkundigungen
einzuziehen, muß man ficd aber nicht an die
Ausſage defielben halten, den man unterſucht
bat, jondern man muß andere fragen, melde
ihn von Jugend auf gefannt Haben; denn der
Unterfuchte mwärde in manden Städen gewiß
oft nicht die Wahrheit ſagen. Mancher 5. B.
bilder fich ein, das Organ des Scharffinng zu
‚ befigen; dieſer würde es fehe übel nehmen,
wenn man e8 ihm abfprechen wollte, und würde
den Mangel deffelden gewiß nie eingeftehen, u.
fe. w. Mander denft Wunder, was er für ein
Talent zur Muſik befige, und. glaubt, daß en
ein $nftrument fehr ſchoͤn fpiele, während ans -
dere beym Zuhören wielleiht den Ohrenzwang
befommen; gin folder wird es 5. B. nie zuges
ſtehen, daß er fein Muflforgan habe.
d) ®ine Sammlung von Menjhenfhädeln, wo
ma: den Lebenslauf des Menfchen, dem der
Schädel bey Lebzeiten angehörte, genau weiß.
Eine ſolche Sammlung if nun freylich ſchwer
zu befommen. Gall Po hat, ungeachtet der
großen Mühe, Die errangemwendet, doch nur
menige zuſammengebracht. Unter den wenigen:
Shädeln, die er erhalten hat, finden ſich meh:
rere intereffante, 3. ©. Wurmſers, Blumauers,
Alxingers und einige andere Schädel von Wahns
innigen, ‚deren Wahnſinn fich dur eine fire
dee auszeichnete, find ats fehr fchägbare Bey⸗
scäge zu einer folchen Sammlung anzufehenz
j. ®. der Schoͤdel eines Menſchen, ‘der ans
Stolz, Geiz oder Religionsfhwärmereg närzifch
bb 3 gewor⸗
78 | Phyſiognomik.
geworden war. Das Organ, durch deffen aus⸗
ſcoweifende Thaͤrigkeit dieſe Menſchen in den
Zuſtand der Narrheit verſetzt waren, findet ſich
da immer ſehr Hark»
©) Mit dieſer Sammlung von Menſchenkdofen
verb:ndet man nun eine Sammlung von Thier⸗
fwädeln aller Arts die Vergleihung der Thies
und Menſchenſchädel iſt eıne außerordentlich
reichhaltige Quelle der Unterſuchung. Vorzüge
lich unterfuht nıan die Schädel folder Thiere,
die gewiſſe Eigenfhaften in hohem Grade bejis
gen, und verglciht das Gefundene mit dem,
was die Schädel ſolcher Thiere darbieten, des
nen dieſe Eigenſchaften fehlen. Manche Eigens
ſchaften finden fi bey Thieren gar nicht, und
von diefen darf man auch die Drgane nicht ſu⸗
den; wo aber Organe vorhanden find, da fins
den fie ib aud bey aufınerffamer Unterfuhung
ganz an der nähmlıchen Stelle des Gehirns und
. des Schäteld, wo man fie bey Menſchen bes
merkt. Der Menſch befigr niot alein alle Ei⸗
genſchaften der Thiere, ſondern er hat au
noch einige vor andern Thieren voraus; er het
aber auch unter allen Thieren verhältnißmäßig
das meine Gehirn. Durch die VBergieichung der
Thiers und Menſchenſchädel kann man, wenn
man die vergleichende Zergliederung von Thier⸗
und Menichengehirnen damit verbindet, gewiß
Hber vıele Theile des Gehirns (an denen man
jwar immer die Berändigkeit des wunderbaren
Waurd bemunderte, wovon man aber die Bes
fimmung aub nicht im geringften anzugeben
vermochte) nod die mwichtigften Auffchlüfle ers
warten. Vorzüglich wichtig ift die Unterſuchung
der Köpfe von Thieren, deren Charafter man
genauer beobacheet hat. 3. B. von Hunden,
die ſic ſehr, ſehr weit zu ihren Herren zuräds
fanden, oder von Hunden, die nichts fraßen,
was fe nicht gefiohlen hatten. Schädel von
Affen, Katzen ıc., deren Lebensgefhichte man
fennt; nur müflen die Lebensgefhichten nicht
von den Menſchen, denen das Thies angehörte,
und deren Liebling es war, verfertigt werden;
weil fonft gewiß die Kähigfeiten und Eigen⸗
fchaften mander Lichlingsfage und mauches
Schoß⸗
Phoſioonamit. 259
Schoßhuͤndchens gar zu ſehr hexgusgeſtrichen
werden mögten. Uederhaupt erfordert die Un
terfuhung und Dergleigung der Thler⸗ und
Menfhenfhädel auch die geößte Behutlamifeir,
weil man fonft zu gar zu gewagten Schluͤſſen
verleitet wird. —
en Da es aber, wie geſagt, außerordentlich ſchwer
. hält, eine nur einigerinaßen volftändige Samms
lung von Gchädeln befannter Menfden zu ers
halten: fo mag man fib mit Gnpsabdrüden
von Köpfen lebender und todter Perfonen zu
helfen ſuchen. el B
g) Fin fiebented und wichtiges Hilfsmittel, die
Drgane und ihren Sig zu enweden,, ift die forgs
fältige Beobachtung der Erfcyeinungen, die bey
- Rrantheiten und Berlegungen des . Gehirns
ftatt finden. 755*
) Bey manchen Krankheiten wird oft ein Or⸗
gan vorzüglih gereist, und zwar gewoͤhnlich das
gan, dur‘ welches ſich der Menſch vorzüglich
auszeichnet, das aupter gan: diefeß und die in dies
fem Digan gegründete Zahigkeit oder Neigung wird
vorzüglid fihtbar. Die auffallendſten Benfpiele hiers
von findet man in den Phantafien während einer
Menge Krankheiten, vorzügli aber in allen Irren⸗
Haufern, die überhaupt fehr viele Beweiſe für Hals
heorie liefern. Bey durdaus biödfinnigen Mens
ſchen finder ſich gar fein Drgan entwidelt; daher
aud die Schädel derſelben Mein -find. Bey ſolchen
Narren, wo vorzägli eine Art von Ideen dorſticht,
iſt auch das Organ, durch welches diefe figen Ideen
« hervorgebrat find, fehr entwicelt, . B. Dep ,
einem Narren aus Stolz if das Drgan des Stol⸗
w fehr entwidelt und hervorragend; fo önnte man
uch bloßes Befuͤhlen des Kopfes fglaer Menſchen
die Art der Narrheit beſtimmen. Der Arzt an dem
großen Narrenhauſe zu Wien, Herr Dr. Nord, bey
welchem fi der Verfaſſer diefer Darftellung eikun⸗
wigte, hat Heren Doktor Gal’s Ideen oft befiätige
gefunden. Hierauf fann ſich in der Folge noch
mancher Beptrag Fin Erflärung und Bchandlung:
des Wahnfinns gründe: Und Hieraus läßt es ſich
nun auch erklaͤren, woher es fomme, daß drtlich
. auf den Kopf. angewandte Mittel fo ganz vorgdgiat
172 en 07
760 Yhyſiognomik.
Wirfung in manden Gattungen von Wahnſinn ge
shar Haben.
s) Realegungen des Gehirns und ihre Felgen.
chi ofı wurden bey Verlegungen des Gehirns an
gemifien Eteilen gewifle_Kähınfeiten und Neigungen
entweder erhöpt,.od.r far verriigt. Auf dieſe Vers
fegungen mus man ſehr ſorgfältig Achtung- geBEns
denn man Pann dur fie den Sitz mander Organe
entdecken, oder befiätigt finden.
Diergegen koͤnnte man den @inwurf maden: .
. man bat fehr Häufig eine betraͤchtliche Quantitaͤt
der Mafle ded Gehirns weggenemmen, ohne daß
NMachtheil für die Beiftesfähigkriren entſtanden wäre;
wie fann man aiſo in der Bchirnmafle den Gig der
Drganc der Beiftesfähigfriten annehmen, wenn die
Letztern auch bey der Wegnahne der Gehirnſabſtanz,
wo ſich doch ihre Digane finden ſollen, ungeſtoͤrt
bliejben? Es ı aber bier folgendes zu demerken.
Die meiften Drgane find doppelt vorhanten;
wurde nun die Dirufubftanz auf der einen @eite
weggenommen, und blieb auf der andern Seite uns
verfchrt: fo wurde auch nur das Dryan auf Der
einen Seite ver!cgt. das auf der andern Seite hine
gegen konnte vollfommen thätig bleiben, und fo bes
merkte man den Berluft des Organs auf der einen
©eite nivt; oder es ging fo viel Schirnſubſtanz vers
loren, daß von dem ganzen Organ aud nichte, wes
der auf Der einen, noch auf der andern Eeite zurüds
blieb; in folbem Kalle geht nug auch mit dem Drs
gan allemal die Faͤhigkeit oder Neigung ſelbſt vers
loren. Allein wenn auch die Kähigkeit oder Reis
guı.g verloren geht, fo kann es doch geſchehen, daß
man dieſen Berinft nicht bemerkt. Denn die Berfon,
melde das Drgan verloren hat, hat auch dadurch
die Foͤhigkeit verloren, fi des gehabten Verluſts
Diefed Organs bewußt zu ſeyn; indem alle in diefem
Organ gegränderen Vorſtelungen mit dem Dr
ſeibſt verkoren gegangen find. . Andere Menſchen
. koͤnnen wohl den Berluft bemerfen, ten die Perſon
. erlitten bat, nur ift man felten aufmerfiam genug
v zu diefer Bemerkung, vorzuglich wenn das verlorens
. gegangne nicht ein fehr auffallendes Drgan und Gas
higkeit war. Wenn 3. DB. bey einer Trepanatıon
durch Wegnahme der Behirnfubitanz dad Degan ber
Guthmuͤthigkeit, des Stolzes, der Beharrtlichkeit oder
der
Phyſiognomik. 761
der Theoforhie verioren ging: wer bemerkt das eben
genau? Wer hat Beobachtungen darüber angeftellt,
dag diefe Kähigfeiten blieben ? Wohl. aber bat man
mehrere Beobachturgen, daß nah Verletzung bes
ftlimmter Stellen der Gehirnſubſtanz auch beftimmte
Sähigfeiten verioren gingen. Hierüber iſt freylich
no viel zu entdecken übrig.
Uebechaupt ift zu wünfden, daß man in der
Solge anfange, Menfbens und Thiergehiene .mit
brfonderer Ruͤckſicht auf die Kähinfeiten und Rei—
gungen des Menfchen oder des Thiers zu zergliedern;
es ıft dieß ein fait neuer Zweig Der Unterfuchung,
aber ein Zweig,:der die herrlioften Fruͤchte verfpricht.
Nach Feſtſetzung der Huͤlfsmittel macht der
Verfaſſer nod in folgendem einige Erinneruns
gen, und fährt fort: — „Durch Anwendunz
dieſer Hälfsınittel und durch mehrjährige Erfah:
sung bat Gall nun eine beträchtliche Reihe
ber gleich. anzugebenden ſelbſtſtaͤndigen Eigenfchafs
ten (Sähigfeiten und Neigungen) entdedt und
- ihre Organe beſtimmt. — Eine Menge anderer
bis jetzt als ſelbſtſtaͤndig betrachteter. Eigenfchaf:
ten find es garnicht, jondern find nur Produfte
der Combination von Wirkungen mehrerer Dr,
gane. — Vielleicht find auch einige. Eigenſchaf⸗
ten.der Geele nur Mopifitationen der Wirkuns
gen eines einzigen Organs, vielleicht mur dem
Grade nah. — Mehrere Eigenfchaften hat aber
Gall auch noch gar nicht felbfiftändig. entdeckt,
weiß noch gar nichts beſtimmtes darüber zu jas
gen. 3. DB’ Meid, Eiferfuht, Sehnſucht u. a.
m. — Es bleibt aljo noch fehr viel zu entdecken
übrig. Don den bis jetzt entdeckten Sähigfeiten
und Steigungen befißen nun die Thiere mehr oder
weniger, je nachdem bie Größe ihres Gehirns
im Verhoaͤltniß zu ihrem Körper zus oder abs
nimmt. Dee Menfch, weil er verhäftnigmäßig
das größte Gehirn hat, befißt, mie ſchon gefagt,
J Bbb 5 ade
762 Phyſiognomik.
alle Eigenſchaften der Thiere, und außerdem
noch einige, die man bey keinem Thiere findet,
und welche wohl eigentlich den Menſchen zum
Menſchen machen.“ |
„Ben dem Gebrauch der genannten Huͤlfs⸗
mittel, fo wie bey Ver Anwendung der. Theorie
" feist, kann man nicht vorfichtig genug zu Wer—⸗
ke gehn, indem man ſich fonft oft täufchen wird,
und zugleich zu unzähligen Medereien Gelegens
heit geben kann. 3. B. Wenn man bey jemane
den das Organ des Diebſtahls entdeckt, fo muß
man dieſe Entdedung ja nicht gleich laut wer⸗
: den laflen ; denn
* A) „folgt aus dem Vorhandenſeyn des
Organs, wie fchon vorhin gejant, blos bie
Anlage, keineswegs aber die wirkliche Ausuͤ⸗
bung der Anlage; jo wie bey einem Menſchen
der ernftliche ABılle - die Zeugungstriebe uns
kerdruͤcken und beherrfchen kann: fo fann die
»Vernunft auch jede andere Neigung beherrs
hen |
BY „Man Pann fi irren, was bey eis
nem Lingeäbten doppelt leicht iſt. Allein auch
ſelbſt für Geuͤbte iR in feleneen Faͤllen wohl
Irrthum moͤglich, wenn naͤhmlich, wie es bey
Altern Perſonen durch bejondere LUmftände
geſchehen kann, die aͤußere Knochenplatte
nicht mehr mit der innern voͤllig uͤberein⸗
kommt; dann iſt die äußere Knochenplatte
nicht mehr ein treuer Abdruck der Hirnform,
und man kann nicht mehr mit Sicherheit
von jener auf dieſe ſchließen. Doch iſt eine
folche Abweichund nur aͤußerſt felcen.“
Reiter fchreibt der Verfaſſer:
„An zmwecnäßisften werden mir Die von
Gall eatdeckten Organe kennen lernen, wenn
| . wir
Phyſtognomik. 763
wir die allmaͤhlige Veredlung der thieriſchen Nu,
. tur: durchgeben, fo wie er fie. darſtellt.
Stufenleiter der Veredluͤng der Thiere.
„Die erſte und unterſte Claſſe umfaßt die
Thiere, welche gewiſſermaßen den Uebergang ber
Pflanzen in die Thierwelt machen; bey welchen
man noch gar Feine andere Erſcheinung, als Les
ben bemerft. Ale einzelne Theile find gleich bes
. Iebt, Fein Theil fcheint vollfommner zu feyn, cils
olle andere, fo daß, wenn man das Thier over
"vie Tpierpflanze zerfchneider, die einzelnen Theile
eben fo gut fortieben, als vorher das Ganze;
dieje Thiere pflanzen fich durch Austreibung von
Zweigen fort; es eriftiren bey ihnen noch keine
Drgane der. Fortpflanzung. Der Polyp gehört
hierher; er ſteht gewiſſermaßen auf der-unterfien
Stufe der Thiere.“
„Die zweyte Claſſe enthaͤlt die Thiere, wel⸗
che, außer dem Leben, ſchon mehr Empfindiung
und Bewegung zeigen, bey welchen ſich fchon
Nerven und etwas Ruͤckenmark bemerfen Kift,
3. D. der Regenwurm ꝛc. Ben foldhen Thieren
find einzelne Theile nun fchon mehr belebt, be
fißen fhon mehr Lebenskraft als andere. Wenn
man ein ſolches Thier zerfchneidet, fo behalten
nicht alle Theile das Leben gleich lange, fondern
nur der Theil des Körpers ſcheint fortzuleben,
wo fid) dag obere Ende des Streifens finder,
der das Ruͤckenmark des Thiers bilder. In dies
fem Theile glaube ſich Gau berechtigt, das Dr;
gan der Lebensfraft anzunehmen, mas man bey
allen ‚vollfommnern Thieren beobachtet. Ben
vollfommnern Thieren finder fich die Stelle, we
Las Organ der Lebenskraft angenommen wird,
da, mo das Gehirn in das Nüdenmazf übergeht, -
naͤhm⸗
704 Phyſiognomik.
naͤhmlich im verlängerten Ruͤckenmarke. Gebe,
- auch noch) fo Peine, Verlegung dieſes Theils Fos
- ftet unausbleiblih das Leben. Damit ftimnien
die Beobachtungen aller Wundaͤrzte überein. In
manchen Gegenden Deutjchlands weiß man bie.
fes fehr gut, und tödter die Ochfen fo, daß
man ihnen einen Stich in diejen Theil Keys
bringt, worauf fie denn augenblidlih zufamuien
fallen, ohne nur das geringfte Zeichen von Le
ben mehr von ſich zu geben. Ze flärfer das
verlängerte Ruͤckenmark ift, deſto zäher iſt das
Leben. Diefes verlängerte Ruͤckenmark liege nun
in dem großen Hinterhauptsloch, oder fleigt
durch daffelbe Fig. 6554 Mr. 1. zu dem Kanal
des Ruͤckenmarks herab.“ \
» „Bey allen Thieren alfo, mo diefes Loch
ſehr groß iſt, ſchließt man auf größere Staͤrke
Des verlängerten Ruͤckenmarks, und von dieſem
“auf zäheres Leben. Man findet auch bey callen
Zhieren, welche zäheres Leben haben, das -Hins
terhauptloch größer, 5. B. bey Saßen, dem
Dachs u. f. m. Zärtliche, empfindliche Affenars
ten haben ein fehr Fleines Hinterhauptloch, ein
dünnes verlängertes Nücenmarf, und ein zärts
liches nicht zaͤhes Leben. Der Erfahrung zu
Kolge, har das weibliche Geſchlecht ein viel zaͤ⸗
beres Leben, als bas männliche; auch finder man
an den Schädeln von Weibern dieſes Loch vers
hoͤltnißmoͤßig größer, als an dem Schädel von
Männern.“ ut "
„zur dritten fehon mehr vollfommnen Klaſſe
von Thieren gehören die, welche fi) durch Bes
gattung fortpflanzen. Bey allen Tieren, welche
ſich nicht mehr als Zreitter fortpflanzen, fondern
ſich wirflich begatten, findet man über dem
obern Ende des Ruͤckenmarks, alfo über dem
Organ
166 Phyſiognomik.
Orjyan des Begatiungstriebes ſehr ſtark iſt, fo
wird es Organ der Wolluſt, oder Geilheit.“
„Man erkennt dieſes Organ, was den Hin⸗
terkopf unten ſehr gewoͤlbt macht, was man
aber, da es unten am Schädel ſich finder, nicht
. ‚anmittelbar bey lebenden Mienfchen fühlen kann,
- an der Die ber an das Organ ſich feßenden
Hulsmusfeln. Ber Thieren mit diden Haͤlſen
iſt' das Dregan metftens ſehr entwickelt; daher
man auch zu Zuchthengſten gern ſolche zu waͤh⸗
Men pflegt, an denen man einen dicken Hals
- wahrnimme. Sehr deutlich iſt das Organ an
. den Schäden von. Tauben, Affen, Kaninchen,
fehlend ben Mäantefln u. f. w. Schon die "Al
4
r
::ten feheinen geiwirßt zu haben, daß biefe Stelle
Bes: Schädels In eitter gewiffen Verbindung mit
Sem Zeugungstriebe- ftehe; denn: in Hippocratis
operib. [purlis de’ genitura findet fidy ber
Satz: quibus ſectio elt facta retro aures, iis
vis genitura exilis eſt.“ ="
„Gehe ſtark hat Gall es m dem Kopf
eined--NBeibes gefunden, das Nymbhomanie Kat:
te — Gall fol ſogar eine für viele Aerzte une
beilbare Impotenz dadurch gehoben haben, daß
er fie als Örtliche Krankheit diefes Draans des
Pegattungstriebes betrachtete, und Aüchtige teis
gende Mittel in diefe Stelle einreiben ließ.“
Die fernern Worte bes Derfaflers lauten:
© MBollte die Natur ein Thier noch mehe
deredeln, fs erlaubte ſie demſelben, durch Sinne
-- mit der fie umgebenden Welt in Berührung zu
fommen. Die Organe der äußern Sinne liegen
von dem Organ des Pegattungstriebes vorwärts
.. und machen den ımteen Theil des Gehirns aus. '
Aus‘ diefer Gegend des Gehirns entfpringen
alle Merven, die in Sinneswerkzeuge (Auge,
* | Ohr
Phyſiognomik. 967
Odhr ꝛc.) übergehen und biefelben mit Mervenäftchen
verforgen. Da dieſe Organe an der untern Släs
che des Gehirns auf dem Boden des Schoͤdels
liegen, fo kann man. natürlicherreife Außerlic)
nichts von ihnen entdeden. Jeder Sinn hat
im Gehirn fein Organ, von melchem er feine
Nerven erhält, und was dazu geeignet iſt, die
Eindrüde, die die. Einneswerfzeuge von außen
erhalten, aufzunehmen, 3: B. das Auge, ift es
eigentlich nicht, welches fieht, fondern das ifnes
re Organ im Gehirn fieht Dusch das Auge. Oft
-ift das Auge, und felbft der in das Auge, 'ge-
hende Sehnerve, völlig: gefund; "und both’ ift
Blindheit: (Ihmarzer Staat) vorhaikden; dann
bat Alemahl das innere Organ, die Sehnerden⸗
hügel, aus welchen der Sehnerve entſyringt, ges
litten.“ SEE | 2 Bu x
Der Verfaſſer kommt nun feinen Organen
naͤher indem er ſchreibt: | 0
„Ben noch größerer Veredlung des Thföres
finden fi nun immer mehrere "Organe, ‚die wir
der Reihe nach durchgehen wollen.“ .
„Organ der Empfindlichkeit Tiegt zwi⸗
zwiſchen den Organen des Begattungstriebes hin⸗
ten und etwas nach oben Nr. 3 Fig. 6554.
Bey allen ſehr empfindlichen Perſonen figdet man
dieſen Theil. des Hirnfchädels, ſehr gewoͤlbt her⸗
vorragend. Bey Weibern iſt im Ganzen genom⸗
men das Organ der Empfindlichkeit ſtaͤrker, als
bey Männern; vorzuͤglich ſtark iſt es ben hyſte⸗
riſchen Damen, wenn anders die Hnfterie nicht
affectirt iſt. Parallel mit dieſem Organ in der
Mitte des Gehirns, fo daß man uus dem Au:
ferlihen Ban des Schädels nichts beflimmen
kann, liegen mahrftheinlid ‚die Organe einer
Menge Eigenfchaften, vie für jet noch unbe⸗
u Ä ſtimmt
768 | Phyſiognomik.
ſtimmt ſind, durch ſorgfaͤltige Zergliederung recht
vieler Gehirne wohl aber noch beſtimmt werden
koͤnnen. Hier reſidirt vielleicht das Organ der
Sehnſucht, der Eiferſucht, des Neides und
anderer. In der Mitte des Gehirns hat
auch wahrſcheinlich das Organ des Lebenserhals
tunsstriebes feinen Sitz, eines Triebes, der fait
by allen Thieren fo auffallend bemerft wird,
Sal glaube jich berechtigt, Für diefen Trieb ein
eigenes Organ annehmen zu müflen, meil es
Menſchen gibt, die diefen Trieb in ganz außer:
. ordentliches Stärke befißen, fo daß fie unter. den
unguͤnſtigſten und fürchterlihfien Umſtaͤnden
„doch ihr Leben immer zu friften fuchen; dage⸗
gen andere ohne .alle Urfache gänzlicy die Liebe
zum Leben fo verlieren, dag ihnen an ber Exs
baltu: - deffelben gar nichts gelegen iſt, ja, daß
. fie fih oft. felbft ohne befondere Urſache das Les
ben nehmen. Er nimmt den if vieles Dr:
„„gans des LZebenserhaltungstriebes vorläufig in
.. dem Theil des Gehirns an, den man. die Hirn
ſchwiele nennt, weil ber berühmte Humzowsky
bey elf Selbſtmoͤrdern, die fid) ohne alle andere
Urſache, bloß aus Lebensuͤberdruß, felbft getoͤdtet
harten, dieſen Theil ganz verändert, entmweber
.. ganz aufersrdentlich hart, oder ganz breiweich
gefunden hat.‘
Es folgt das Drgan des. Muths, nebft
den übrigen von Gall angegebenen Organen:
„Durch die Erfahrimg genau beflimmt bins
. gegen ift das Organ des Muthes Nr. 5. Sig.
6554 und 6555. etwa einen Zoll inter und
über dem Ohre, an ber Stelle des Schaͤdels,
wo ber untere hintere Winfel des Scheitelbeins
fi mit dem Hinterhauptbein und dem Zitzen⸗
theil des Schlafbeins verbindet, Muthige Ehiere.
und
Phyſiognomif. — 769
und Menſchen Haben an diefer Stelle eine
Woͤlbung, die allen Muthloſen, Feigen fehlt.
Starf finder man es bey beifigen- Hunden und
wilden Schweinen... Sehr muthige Pferde das
ben daher hinten einen fehr breiter Kopf und
weit von einander fiedende Ohren, weil ben ih⸗
nen bie Organe ſe entwickelt ſind. Dies wiſſen
die Pferdehaͤndler ſehr gut. Scheue, nicht mus
thige Thiere haben bie Ohren immer nah an
einander; z. B. Haſen ꝛc. weil die Organe da
nicht entwickelt ſindd. An Wurmſers Schaͤdel
iſt die Woͤlbung an dieſer Stelle ſehr ſtark,
ſo bey allen unternehmenden muthigen Menſchen,
z. B. ruͤſtigen Wiener Fiakers ꝛc. Bey allen
fehr feigen Menſchen iſt an dieſer Stelle ein
Eindruck. — Es ſcheint dieſes Organ mit dem
benachbarten Organ Nr. 2. in genauer Ver⸗
bindung zu ſtehen, und zugleich mit jenem ent⸗
- widelt zu werden; baher es fich erklären läßt,
wie es fomme, daß furchtiame Thiere während
ber Begattung mutbig werden, daß Menfchen
und Thiere fih fo muthig um ihr Weibchen
wehren, und daß mancher furdhtfame Knabe mit
Der Mannbarkeit zugleich Muth erhäfe.
| „Organ der freundſchaftlichen Anhänge
lichkeit, xDefelligkeic, Treue und der böhbern
Kiebe, Nr. 4. Fig. 6554 und 6555" zwifchen
ben benden Drganen. des Muths Über dem Or⸗
gan der Emrfindlichkeit. Bon :Thieren haben
es vorzäglih Hunde, Pudel, zahme Affen ‘und 5
alle. Thiere, die mit. Menſchen ſehr gefellig find.
Bey allen Menfchen, die fehr treue -Sreunde,
und für höhere Liebe fehr empfängfich find, -Ift
an diefer Stelle Nr. 4. eine beträchtliche Woͤlbung.
Die Kenntnif dieſes Drgans wäre zur Stiftüng
von Sreundfchaften und Heyrathen fehr wichrid‘“
Gec. techn. Enc. CXU, Theil, Cee „Or
770 Phyoſiognomit.
„Organ der Schlauheit. Die Mittel⸗
olbung etwa 13 Zoll über dem Ohr in die
dhe Nr. 6— 6. Fig. 6555. Die Woͤlbung,
die fih in der Mitte der Scuppennaht des
Schlafbeins finde. Bey dem Fuchs und der
Kae zeigt es ſich beträchtlich. Sehr fchlaue
. Menfchen haben hier auch eine beträchtliche
Woͤlbung, Hingegen folche, denen Schlauheit
‚ feblt, und. vie. daher feicht. von andern Men⸗
. fhen gemißhraucht werden, haben an biefer
Stelle nicht allein Feine Wölbung, fondern oft
ſogar einen Eindrud.“
„Wird das Organ fehr ſtark, und erſtreckt
ſich die durch daſſelbe bewirfte Wölbung mehr
nach ˖ vorn, Nr. 6. b. Fig. 6555, fo koͤnnte man
es, in jo.feun der Menfch dadurch zu Bevor:
theilung -anderer fähig wird, das Drgan des
. Diebesfipnes: nennen, Alle Menſchen, die einen
betroͤchtſichen Hang zum Stehlen beſitzen, (der
"übrigens recht gut durch den Willen unterdruͤckt
“werben kann) haben diefe Woͤlbung. Manche
- Mtenfchen.,: die an. diefer Stelle eine Wölbung
3
—
.
|
‚haben, empfinden immer einen Hang zum Steh
len, wenn es ihnen auch an gar nichts.mangelt.
Die Kenntniß diefes Organs koͤnnte einmahl,
wenn man gegen die ganze Theorie nichts mehr
einzuwenden vermag, bey der Auswahl der Des
meftiten gute :Dienfte leiften. Bon Thieren ha«
ben. es Naben, Elftern und manche Hunde: recht
Hart“, .
>
.: Hrgan ‚der Lircumfpection, Bedaͤcht⸗
lichkeir, liegt glei) über dem Organ ber Schlaus
beit, hinter der größten Woͤlbung des Scheitel,
beins., Nr. 7—7. Fig. 6554. 35: 56. Wenn
‚ed. ſehr ſtark vorhanden ift, fo befömme der
Sr F
. Kopf, wenn man ibn von. oben anfieht, ein ganz
">. bier
Phyſiognomik. 977
viereckiges Anſehen, und dann aͤrtet die Bedaͤcht⸗
lichkeit leicht in Zweifelſucht aus.» Die gaͤnzliche
Abmefenheit diefes Organs ſcheint Leichtfinn herz
vorzubringen, — gerade das Megarive der Ber
vaͤchtlichkei. Don Thieren bat der Hamfter
dieſe Woͤlbung.“
„Die Organe der Gedaͤchtniſſe, deren Gall
ſechs Arten annimmt, und von denen er bemerkt
>.
bat, daß fie einzeln und unabhängig von einans
der vorhanden und fehlend ſeyn koͤnnen, liegen
alle auf den Fndchernen Augendeden, vorn und
unten binter der Stiene. |
ea) Sachgedächtniß in der Gegend der Schaͤ⸗
delhoͤhle, wo inmwendig. der. Hahnenkamm ſich
findet, gibt ſich aäͤußerlich durch eine Woͤlbung
gleich uͤber der Naſenwurzel zu erkennen. Nr.
Fig. 6556. 57. Alte Menfchen, die beträchtli⸗
8
.ches Sachgedachtniß haben, zeigen. au hier
zine ſtaͤrkere Woͤlbungz dagegen mon bey Mens
fyen, denen Sachgedaͤchtniß fehlt, hier einen
Eindruck findet. — Unter, den Thiesen- findet
‚man es am Elephanten beträchtli.;...
b) Drtgedädtniß am untern und. mittlern
Theil der Stirne, wo der Anfang: der; beyden
Augendbraunbogen if, Nr. 9 - 9. Ale Zugvoͤ⸗
el, die nach halbjaͤhriger und längeres Aoͤwe⸗
enheit ihre. Heimath und Befter wieder finden,
3. B. Schwalben haben diefe: Stellen des Schaͤ⸗
dels fehr gemölbt, fo auch: manche Aunde, die
ſich befanntlich auf ungeheure: Streden wieder
Jurecht finden: koͤnnen. Ulle Menfchen,-die an
diefer, Stelle. eine ſtarke Wölbung: Haben, koͤn⸗
nen ſich Wege, welche fie einmiahl gemacht har
ben, .nach vielen Jahren eben fo gut wieder
‚vorftellen, und ficb eben fo gut wieder zuräd
finden; alg wenn fie den Weg den Augenblick
zuvor erft gemacht hätten; dagegen Menfchen,
denen diefe Wölbung fehlt, manzig Mahl eis
nen und .denfelben Weg machen koͤnnen, und ..
- ihn doch zum ein und. swanzigften Wähle vers
fehlen. — Reifende, die in geographiſcher Hin⸗
| &cca cht
172 Phyſiognomik.
ſicht viel und gevau erzaͤhlen koͤnnen, haben
faſt immer dieſe Woͤlbung.
>) Nahmengedoöͤchtniß auf dem hintern Theil
der Dede dee Aunenhöhle, der in Gig.. 6558.
mit Nr. 10. bezeichnet Yin : Man kann dieſes
natuͤrlicherweiſe nicht fühlen, fondern erfeunt
es daran, daß, wenn das Drgan dieſes es
Dächtniffes ſtark if, die Augen gewöhnlich here
vorgetrieben find, zu fogenannten Ölogaugen
werden. Da den Leuten, welche dieß Drgan
befigen, das Auswendiglernen ganz verſchiede⸗
ı ner Nahmen ſehr leicht' if, fo bemerft man,
"Daß die, bey denen die Kennzeichen diefed Or⸗
e gand ſich finden, geröhnlid Liebhaber von
Sammlurigen allee Art find, wobey fie die Ras
„men mit außerordentliher Leichtigkeit merken.
I) Wort: und Sprabgedächtniß liegt glei
> vor. dem zulegt angegebenen an dem vordern
7Theil Der Rnochendede der Augenhöhle, Sit.
6556. Nr. 11. Bey Menidben, wo dieſes Die
- gan fih auszeichnet, wird das Auge etwas nies
dergedruͤckt, was man im gemeinen Leben
» Shwappaugen nennt; wer ſolche Augen hat,
dem if! es gewöhnlich ſehr leicht, mehrere Spra⸗
then Zu lernen. Die Organe des Gedachtniſſes
baden Gall zu allererfi auf die Spur zur Ent
- dedung feiner Theorie geleitet.
e) Zahlengedächtniß liegt neben dem Nah
mens und Sprachgedachtniß ‚etwas nach außen,
ebenfals auf- der knoͤchernen Dede der Aus
genhählen, Kid. 6556. Nr. 12. Durch: diefes
„Organ, wenn es ftarf ift, wird, wie bey den
„vorigen, die Augenhöhle verengert, und der
Augapfel hervorgetrieben; da Das Drgan aber
etwas nach außen auf der Seite liegt, fo wird
Der Augapfel etwas nach innen (eief herausge⸗
Jeet Durch dieſes Organ bekommt ein
enſch die Kähigfeit, leicht Zahlen zu behal⸗
.ten, und aus dem Kopf zu rechnens und dieſes
Zolent fann, wenn das Drgan dazu da iſt, in
einem hoben Srade vorhanden feyn, wenn auch
fonft der Menſch fehr bornirt if. Alle große
Rechner haben es, und bey ihnen ſtehen Daher
die Augen etwas ſchief nad innen hervor. Bey
Thieren hat man den Zahlenfinn noch nicht, ents
e
Rd
‘ ba
“
Phyſiognomik. 773
deckt, obgleich man ihn der Gifter zuſchreiben
mbar weitere Verſuche müfen darüber ents
cheiden. oo.
H Tongedähtnig, Toufinn, Muſikſinn
hat fein Drgan Aber dem Aufern Augenwinfel,.
und gibt fih Durch eine Wölbunga am Ende der
beyden Augenbraunbsgen nach dem Schläfbeine
zu, zu erkennen, Ne. 13. Ale Thiere, welche
Sinn für Mufif Haben, haben auch bier eine
Woͤlbung, vorzäglihd die Singvoͤgel Unter den
Menſchen haben e8 wahre Mufifer am ftärkfien.
Mozart hat diefe MWölbung beträchtlich gehabt. -
Menſchen ader, welche keinen fonderlihen Ge⸗
ſchmack an der Mufit Haben, haben meiftens
an diefer Steffe eine Lücke.
„Ergan der Mahlerey, des Mahlerſin⸗
nes liegt zreifchen dem Ortgebächeniß und dem
Tonſinn etwas nad) oben gewoͤlbt, Fig. 6556.
57. Mr. 14. Der Direktor der Zeichenafades
mie in MWien,. Herr Tüger, bat .diefes Organ
ſtark. Wenn die Woͤlbung, die dieß Drgan
bildet, ſich gegen das Organ der Schlauheit ge⸗
gen Nr. 6. hinzieht, und da nach hinten zu
ſtaͤrker wird, ſo wird es
„Organ des Runſtſinnes, der Mecha⸗
nie x. Mr. 14*. Menſchen, die hier eine ſtarke
Woͤlbung haben, haben gewöhnlich viel mechanis
fhes Kunſtgeſchick; es wird ihnen leicht, Dinge, -
die fie. verfertigen fehen, nachgumachen. Unter
den Thieren findet man es bey dem Hamfler,
Biber, und den Vögeln, die recht Fünftliche Ne—
ſter bauen.‘ Bu —
„Organ der Gutmuͤthigkeit in der Mitte
der Stirne Nr.15. Sig. 6555. 56. 57. Bey
fehr gutmärhigen Menſchen fteht die Stirne an.
diefer Stelle fehr hervor; im Gegentheil haben
Menfchen, die weniger gutmäthig find, an dies
fer Stelle eine Vertiefung. ‚Dieß Drgan ift bes -
fonders bey manchen Thieren ſehr auffallend.
- | Cce3 Die
172 | Phyſiognomik.
ſicht viel und genau erzählen koͤnnen, haben
faft ımmer dieſe Woͤlbung.
c) Nabmenaedöchtnif auf dem hintern Theil
der Dede Dee Aunenhöhle, der in Fig..6558.
mit Nr. 10. bezeichnet en Man kann dieſes
“nerhrlihermeife nicht ‚fählen, fondern erfeunt
es daran, daß, wenn das Drgan dieſes Ges
Dächtnifles ſtark if, die Augen gewöhnlich here
vorgetrieben find, zu fogenanzten &logaugen
‚ werden. Da den Leuten, weldhe die Drgan
Defigen, das Ausmwendiglernen ganz verfchiedes
ner Nahmen fehe leicht ift, fo bemerft man,
.. daß die, bey denen die Kennzeichen dieſes Ot⸗
c —* ſich finden, gewoͤhnlich Liebhaber von
Sammlungen aller Art find, mobey fie die Mas
men mit auferordentlier Leichtigkeit merken.
.: Wort⸗ und Sprahbgedächtniß liegt glei
vor. dem zulegt angegebenen an dem vordern
: Shell Der Ruochendede der Augenhoͤhle, Kig.
. 6356. Nr. IT. Bey Meniben, wo dieſes Dres
“ gan fih auszeichnet, wird das Auge etwas nies
dergedruͤckt, was man im gemeinen eben
” Schwappaugen nennt; wer folde Augen hat,
» dem if: e8 gewöhnlich ſehr leicht, mehrere Spra⸗
then Zu lernen. -Die Organe des Gedaͤchtniſſes
baden Gall zu allererfi auf die Spar zur Ents
: + dedung feiner Theorie gefeitet. |
e) Zahlengedähtniß liegt neben. dem Nah
mens und Sprachgedaͤchtniß etwas nach außen,
ebenfalis auf- der: knoͤchernen Dede der Aus
genhoͤhlen, Kid. 6556. Nr. 12. Durch: diefed
. „Organ, ‚wenn es ftarf ift, wird, wie bey den
„vorigen, die Augenhöhle. verengert, und der
Augapfel heroorgetrieben; da das Drgan aber
etwas nach außen auf der Seite liegt, fo wird
Der Augapfel etwas nah innen idief herausge⸗
. arddt. Durch dieſes Drgan befommt ein
Ä enſch die Faͤhigkeit, leicht Zahlen zu behal⸗
‚ten, und aus dem Kopf zu rechnen; und dieſes
Talent fann, wenn das Drgan dazu da ft, in
einem hohen Grade vorhanden feyn, wenn auch
ſonſt der Menſch fehr bornirt if. Alle "große
Nechner haben es, und bey ihnen fiehen Daher
die Augen etwas ſchief nad innen hervor. Bey
Thieren hat man den Zahlenfinn noch nicht, ent
e
Phyſiognomik. 773
‚ dedt, obgleich man ihn der Elſter uſcreiben
möchte weitere Verſuche müfen darüber ents
eiden.. BEE Er Se
D Tongedöchtniß, Toufinn, Muſikſinn
hat fein Organ Aber dem äußern Augenwinkel.
und gibt fi duch eine Wölbung am Ende der
beyden Augenbraunbogen nah dem Gchlafbeine
zu, zu erfennen, Nr. 13. Ale Thiere, welche
Sirn für Mufif Haben, haben auch bier eine
Woͤlbung, vorzäglid die Singvoͤgel Unter den
Menſchen haben e8 wahre Mufifer am ftärfften.
Mozart Hat diefe Moͤlbung beträchtlich gehabt.
Menſchen aber, welche feinen fonderlihen Ge⸗
ſchmack an der Muſik haben, haben meiftens
an diefer Stelle eine Lücke.
„Ergan der Mahlerey, des Mahlerſin⸗
nes liegt zreifchen dem Ortgebächeniß und dem
Tonſinn etwas nad oben gewoͤlbt, Fig. 6556.
57. Nr. 14. Dee Direktor der Zeichenafades
mie in Wien, Herr Fuͤger, bat diefes Organ
ſtark. Wenn die Wölbimg, die dief Organ
bildet, fich gegen das Drgan der Schlauheit ger
sen Tr. 6. hinzieht, und da nach Hinten zu
ftärfer wied, fo wird es
„Organ des ZAunftfinnes, der Mecha⸗
nie x. Dr. 14*. Menfchen, die hier eine flarfe
Woͤlbung haben, haben gewöhnlich viel mechani⸗
ſches Kunſtgeſchick; es wird ihnen leicht, Dinge, -
die fie. verfertigen fehen, nachzumachen. Unter
den Thieren findet man es bey dem Hamſter,
Biber, und den Voͤgeln, die recht Fünftliche Ne⸗
fier bauen.“ nn ——
„Organ der Gutmuͤthigkeit in der Mitte
der Stirne Nr. 'ı5. Sig. 6555. 56. 57. Bey
fehr gutmuͤthigen Menſchen ſteht die Stirne an.
diefee Stelle fehr hervor; im Gegentheil haben
Menſchen, die weniger gutmäthig find, an dies
fer Stelle eine Vertiefung. .Dieß Organ ift bes -
fonders bey manchen Tieren ſehr auffallend.
- | Ccez Die
774 Phyſiognomik.
Die Tauben und Schafe haben es ſehr ſtark;
alle Hunde, welche an diefer Stelle eine fehr
sunde Stiene haben, fallen: nicht leicht jemand
‘an. Raubthieren fehle dieſe Woͤlbung gänzlich,
und’ es findet fich flatt derfelben eine Vertiefung,
3.2. ben dem Tiger; auch an dem Kopf des
- Bnchfes und des Geyers findet man bier feine
Woͤlhung. Gall har in feiner Sammlung den
Kopf. eines Haushahns, mo an biefer Stelle
des Schaͤdels fi ein beträchtliher Eindruck fins
- bet, der an den Köpfen anderer Hähne fehlt.
- Diefer Hahn war aber audy fo bösartig, daß
ihn der Eigenthämer fchlachten mußte, weil er
alles Federvieh in der Nachbarſchaft biß.“
„Organ der Beobachtung unter bem
Organ der Gutmuͤthigkeit gleich über dem Sach⸗
gedaͤchtniß Mr. 16. Dieß iſt bey Kindern ſehr
ſtark gewoͤlbt, im hoͤhern Alter, wo die Faͤhig⸗
keit zu beobachten verſchwindet, verringert ſich
auch dieſe Woͤlbung, und nur bey guten Beob⸗
achtern bleibt ſie; an den Koͤpfen mehrerer gro⸗
fer Aerzte bemerkt man fie.“
Organ der Steygebigkeit über der Woͤl⸗
bung, welche das Drgan der Muſik bezeichnet,
an den mittleren Seitentheilen der Stirne, Me.
17. Sig. 6555. 86. 57. Sehlt dieß Drgan, fo
ift Geiz vorhanden. Alle Geizhälfe und Abus
cherer haben meift diefe Stelle der Stirne nicht
erhaben. Don Thieren hat der Hund, der bes
Fanntlich geizig ift, an diefer Stelle eine Lüde.“
.. „Brgan des Scharffinns Mr. 18. liegt
an dem obern Theil der Stirne, oben und et
was zur Seite des Organs den Guthmuͤthigkeit.
Ben allen Menfchen, welche Proben vom wah⸗
ren Scarffinn abgelegt haben, bemerft man
diefe Stelle der Stirne fehr gewoͤlbbt. Wer an
z- dieſer
Phyfiognomit. 775
diefer Stelle ber Stirne ſtatt der Wölbung eis
nen Eindeud hat, iſt zu ſcharffinnigen Unters
fuchungen wohl nicht geſchickt. Gleich unter
dem Drgan des Scharffinns, und wohl mit ihm
sufammenhängend, liegen die Organe des Witzes
»—* Fig. 6556. 57. an der Stelle‘, wo die
Stirnhäger fich finden. - Wenn ſich dieſe Stels
len als ein Paar runde bervorfichende Kugeln
zeigen, fo. ift die Perfon zu witzigen Einfällen
gewiß fehr fähig; an Blumauers Schädel iſt
das Drgan des Witzes ſehr deutlich wahrzu⸗
nehmen. Zwijchen beyden Organen des Wißes
liegt, vote fehon angegeben, das Organ der Gut⸗
muͤthigkeit; ift diefes zwifchen den Organen bes
Witzes ſtark gewoͤlbt, fo ift der Witz gutartig;
findet fi) aber zwifchen ben Organen des Witzes
eine beträchtliche DVertiefung, eine Grube, wie
man es z. DB. an Voltaires Bäfte finder, fo iſt
der Witz meiftentheils etwas boshaft.“ nn
| „Organ der Phantafie, Kinbildungs«
kraft und des Vorftellungsvermögens über
dem Drgan ber Gutmuͤthigkeit, Mr. 19. Alle
gute Dichter haben’ Hier eine Woͤlbung. Mane
gelnd findet man die Organ fehr häufig —*bey
oben ſchlechten Dichtern. Iſt die Woͤlbung
halbkugelicht hervorragend, ſo zeigt ſie ſtarkes
Darſtellungsvermoͤgen, und qualifizirt zu einem
guten Schauſpieler.“
„Organ der Theoſophie. Auch für die
Theoſophie nimmt Gall ein eigenes Organ an,
und ſetzt es uͤber und hinter das Organ der
Phantaſie. Mr. 20. Aus dem Daſeyn dieſes
Drgand, was bey manchen Dienfchen febr ftarf,
bey andern fchwächer if, ſchließt Gall auf die
Nothwendigkeit der Meligion, die, feiner Mei⸗
nung nach, tief in unferer ratur gegründet
| | Cee 4 ſeyn
976 Phyſiognomik.
ſeyn ſoll. Bey allen Menſchen, bie. einen Hang
‚zur frommen Schwäarmerey haben, iſt dieſer
Theil des Schaͤdels ſehr erhaben, fo erhaben, daß
vie Haare von ſelbſt geſcheitelt zu beyden Geis
ten dieſer Erhabenheit herunter fallen. Z. B.
an allen Chriſtus- und Maͤrtyrerkoͤpfen. Gall
Bat dieſes Organ ſelbſt ſehr ſtark.“
„Organ des Stolzes, der Ruhmſucht ꝛc.
noch weiter nach hinten in der Mitte der Pfeile .
nach Mr. 21. Dieß Organ läßt den Menſchen
. immer aufwärts fireben, fpornt feinen Ehrgeiz :c.
Ben. allen ehrfüchhtigen Menſchen ift dieſe Woͤle
bung ſtark. Sit die Stelle vertieft, was bey
nur- wenigen Dienfchen der Fall ift: ſo iſt der
Hauptzug des Charakters Demuth. Don Thie:
ren haben alle diejenigen, welche ſehr hohe Bere
ge zu erflimmen gewohnt find, an diefer Stelle
eine Erhabenheit, fo auch der Adler u.a. m.“
„Zwiſchen dem Organ des Stolzes, und
zwiſchen dem Drgan der freundfnaftlichen Ans
bänglichfeit liegt das Organ der Beharrlich⸗
keit, Beſtaͤndigkeit, Nr. 22. Es findet ih
bey allen Menjchen, die in ihren Vorſaͤtzen eine
rechte Ausdauer beweifen. Die DBerferriger von
mechanifchen Kunſtwerken ‚pflegen es vorzüglich
zu befißen. Iſt es in fehr hohem Grade vors
“ Banden, fo wird es Hartnädigfeit. Alle Diens
fhen, bey denen fi an diefer Stelle eine Woͤl⸗
bung findet, laflen in der Ausführung ihrer Vor
ſoͤtze nicht nach, und wenn ſich ihnen auch die
groͤßten Schwierigkeiten entgegen ſtellten.“
Einwendungen gegen das Gall'ſche Syſtem.
Die im vorſtehenden angeführten Säße des
Gall'ſchen Syſtems haben nun zwar bey vielen
Phys
=
Phyſtognomit. u 777
Phyſiolsgen Benfäll gefunden; doch find nach
und nad) auch manche Gegner aufgeflanden.
Einige beflreiten durchaus jede Gall ſche Bes
hauptung, und fellen alles ale ein chimärifches
GHrrageſpinnſt dor, 5. DB. der DVerfafler der Bes
leuchtung der Gall'ſchen Gehirn: und Schäbels
lehre *). Mur jchade, daß der Verfaſſer fi
nicht genannt hat, und man es alfo nicht beurs
theilen kann, ob er ein Mann ift, beffen. Erfaßs
rungen, auf bie er fich beftändig beruft, "Zus
‚trauen einzufloͤßen fähig find oder nicht. Andes --
re haben nur den eigentlich anaromifchen Theil.
des Gall'ſchen Syſtems zu widerlegen gefucht, _
ohne ſich um feine phyſiognomiſchen Säße zu
befümmern, weil die von ſelbſt mit der Anfiche
bed Gehirns fliehen oder fallen. Dahin gehört -
vorzüglich der Hert Geheime Hard Walter in
Berlin, in einigen befonders gedruckten Blättern,
die man in dem eben angeführten Werke, ©.
263 fl. auch wieder abgedrude findet. Doc) ers
Härte der Herr Geh. Nach Walter die ganze
Hirnſchaͤdellehre fuͤr nichts mehr und nichts we⸗
niger als für eine angenehme Fabel, die der
Herr Doctor Gall zum Scherz erdacht, und
vielleicht auch aus Sacra auri Fames im Pus
blicum muͤndlich verbreitet. Uber. auch gegen
die eigentliche Gallſche Rranioffopie find manche
Gegner aufgeflanden, bie nicht nur widerſpre⸗
chende Erfahrungen aufitellen, und dadurch die
Gallſchen Regeln ungewiß machen, fondern die
auch die don Gall angenommenen Geiftesfä-
higfeiten und Gemuͤthsanlagen felbft aus logi⸗
ſchen Gründen theils ganz verwerfen, theils
ganz anders modificiren. DVerfchiedene von Gall
Ce 5 ans
*) Berlin ben Schine 1305. 203 S. 8.
778 Phyſiognomik.
angenommene Faͤhigkeiten exiſtiren nach ihrer
Anficht nicht abgeſondert, ſondern fließen uns
mittelbar aus einer andern davon als getrennt
gedachten und mit einem befondern Drgane be
fhenften Kraft, und fo auch umgefehre. Da
Gall felbit aber gefteht, daß er. hier zu viele
Schwierigkeiten gefunden habe, um alles gleich
aufräumen zu fönnen, und da er fein Syſtem
noch nichr für vollendet ausgab, ſondern in ſei⸗
nen DBorlefungen noch alle Tage daran änderte,
fo fann man diefes ihm einftweilen noch anbeim
geben. Auch war, nad) feinen mündlichen Aeu⸗
ßerungen, als er ſich in Berlin befand, ihm ei:
ne große Stelle au der Seite des Kopfes noch
ganz eine Terra incognita, je daf er noch
Epielraum zu nachmahligen Aenderungen- übrig
behielt.
\ Ich mil diefes alles auf fich beruhen lafs
fen, da Gall jeht vielleicht eine andere Anficht
über diefen Theil feines Syſtems befommen has
ben mag. Gleichwohl halte ich es aber für ins
tereflant, bie Bemerkungen einiger Maͤnner uͤber
die. Gall'ſche Schaͤdellehre herzuſetzen, von denen
man amuehmen darf, daß fie Gall völlig ver⸗
ſtanden; man Wird daraus wenigftens fehen, daß
es mirflih manche Ausnahmen gibt,. die bie
Gallſchen Saͤtze bejchränfen oder wohl ganz auf:
heben. So hat 3. B. ber Herr Geh. Rath
Hufeland in dem neuen Zournaf der praftis
| —J Arznepfunbe und Wundarzneykunſt, z4ten
B. 3. St. ©. 114 fl. einen Aufſatz über bas
Saltse Syſtem geliefert, der im Weſentlichen
nachfolgendes enthaͤlt.
Hervorſtehende Augen, Kiogaugen, follen
nach Gall immer vom Dafegn eines flarfen
Wortgedoͤchtniſſet zeugen, allein ® hat fie a
meh⸗
Phyſiognomik. 779
mehreren Menſchen mit einem ſehr ſchwachen
Gedaͤchtniſſe dieſer Arc gefunden. Dos Organ
der Theoſophie bemerkte H. in einer außeror⸗
dentlichen Vollkommenheit, wie eine Kugel erha⸗
ben, bey einem Menſchen, der nicht die min⸗
deſte bedeutende Neigung dazu verrieth. Bey
Verwundeten ſind Beyſpiele vorhanden, daß be⸗
troͤchtliche Portionen der Gehirnoderflaͤche (Gall'⸗
ſche Organe) weggenommen wurden, und Fort⸗
dauer des Lebens ſtatt fand, und Hrn. H. iſt
es nicht bekannt, daß man an einem dieſer
Verungluͤckten nachher den Mangel der beſtimm⸗
ten, diefem Orte eigenen Seelenanlage oder Nei—
gung, oder Gefchidlichkeir, wahrgenommen hät:
te). Größe und Energie eines Organs ftehen
nicht immer in direftem Verhaͤltniß. Die inner
re Qualität und mehr oder weniger fraftige An⸗
lage der Maſſe, beſtimmt die Energie. ber. Kraft
gerwiß eben fo fehr. Es ift befannt, daß krank⸗
bafte Dergröferungen organifcher Theile entftes
ben fünnen, die keineswegs ein Beweis. vermehts
ter Vollkommenheit, fondern vielmehr einer Franfs
baft vermehrten Anbäufung der Dahrungsfäfte
eines foichen Theile find, die keineswegs die
Energie feiner Kraftäußerungen erhöhen fondern
vermindern. in ähnlicher Zuftand fann nad
H. auch einzelne Organe des Gehirns treffen,
und dann wäre es falſch, wenn man aus ihrer
Vergrößerung auf eine größere Thaͤtigkeit ders
felben fchließen wollte. Es koͤnnen ktankhafte
Veraͤnderungen im Innern eines Drgans entfles
ben, wodurch feine Thärigfeit aufgehoben wird
(Laͤhmung eines Organs). Hierdurch wird aber
E u | nicht
») Dieſes erflärt Ball, nach dem obigen fo, daß jedes
Organ doppelt if, vnd der Verluſt der einen Seite Nie
davon abhäugende Faͤhigkeit wicht ganz zerboͤrt.
790. Phofn ognomik.
nicht die Groͤße des Organs, wenigſtens nicht
die Knochenerhebung des Schaͤdels abgeplattet,
ja ſelbſt wenn das Innere ſchwindet, ſinkt nicht
immer der Schaͤdel, ſondern es füllt ſich der
Raum an dieſer Stelle mit Knochenmaſſe aus.
Hier gilt demnach wieder kein Schluß von der
vorhandenen Erhabenheit auf die vorhandene
Kraft. Selbſt die Nervenſudſtanz kann im ges
laͤhmten Zuſtande noch ſehr lange ihre Größe
und Ausdehnung beybehalten, wie die Erfahs
rung an dußern Merven lehrt. Nah H. Meis
nung find nicht alle Erhabenheiten der äußern
Schaͤdelflaͤche für Produfte der innern ausdeh⸗
nenden Kraft der Hirnmaffe zu halten. Die
Erhabenheiten an den untern Theilen des Stirn
being über den Augen, rühren fichtlich oft mehr
von den inneren Ausdehnungen des Knochens
ber, die wie Stirnhöhlen nennen, als vom Ges
dirne felbft, und die Beuerheilung der fich bier
befindenden Drgane fammt ins Gedraͤnge. Herr
H. ſah mehrere Schaͤdel, mo ſich bie gedachten
Hoͤhlungen bis über die Hälfte der Stirnknochen
hinauf erfiredten. Aeußere und innere zufällige
Urſachen fönnen Snochenerhabenheiten am Kopfe
hervorbeingen, 3. B. durch flarfe Schläge, Faͤlle,
Gicht, und die venerifche Krankheit. Diefer
Irrthum wird durch Gall dadurdy verhindert,
daß ſolche Erhebungen nur auf einer Seite find,
die Erhebungen der Drganr aber fich auf beyden
Seiten zeigen. Hiergegen macht H. folgenden
Einwurf: Nenn es aber einen folhen Pab
trifft; mo die Organe beyder Seiten zufammens
teeffen und in Eins fließen, alfo auch nur eine
Erhabenheit bilden, z. B. das Dfgan des Hochs
- finns, der Theofophie, der SKinverliebe? Hier _
ſieht H. nid, wodurch der Taͤuſchung ausge⸗
| | wichen
Phnfiognomi, 781
wichen werden kann. Auch wuͤnſcht er, daß
man in denen Gegenden genaue Unterſuchungen
anſtellte, mo die Gewohnheit herrſchend iſt, von
der Kindheit an die ſchwerſten Laſten auf dem
Kopfe zu tragen. Ein anhaltender Druck von
außen muß nothwendig nach eben den Geſetzen
die Hirnſchale nach innen druͤcken, (und alſo
die Ausbildung der Organe an dieſer Stelle hin⸗
dern) als der fortdauernde Eindruck des Ge⸗
hirns von innen heraus den Schädel nach au⸗
ßen druͤckt. gepteree ift ein Fundamentalſatz
der Gall'ſchen Lehre, und wenn er wahr ift, fo
muß auch das erftere wahr ſeyn. Dieſemnach
muͤßten bey den Bewohnern jener &egenden bie
Organe des Hochfinns, der Theoſophie und Se:
ſtigkeit niedergedruͤckt ſeyn, und auch biefe. Gei⸗
ſtesanlagen muͤßten fehlen, denn die Organe
ſind ja mechaniſch in ihrer Ausbildung gehindert.
Faͤnden ſich aber entweder die. Organe, troß je⸗
nes Drucks, oder fänden ſich die Organe nicht
und doch jene -Seifteseigenfchaften, in beyden
Fällen. wäre es ein. Gegenbeweis gegen Gall's
Lehre, denn das erftere ‚zeigte, daß ein anhal⸗
tender Druf die Bildung des Schaͤdels nicht
‚veränderte, und folglich wäre auch Pie Geſtal⸗
tung des Schädel dur den Drud des Ges
hirns unermwiejen; das zweyte zeigte, daß die
Geiſteseigenſchaften da fenn könnten, ohne Aus
ßerlich bemerfbare Organe, und dann wäre die
ganze äußere Drganenlehre falſch. Gall theilt
Die sanze Nervenmaſſe in Hinaustretende und
zurücktretende, und vehauptet, daß überall, wo
bie eine ift, auch die andere angetroffen werde;
jeder Nerve, und fo auch das Gehirn, vereinigt.
beyde. Heren H. ift es zwar nicht unbefannt,
bag bie eine ‘Portion Ganglien, die ankese Koms
| Ä mi
782 Phyſiognomit.
miſuren biſdet, daß die eine etwas derber, als
die andere iſt; aber daß die eine hinaus, die
andere zuruͤcktritt, dieß ſieht er nicht und fann
es nicht ſehen. Er fragt deshalb, wo iſt der
Mittelpunkt für die hinaus-⸗ und zurädtretende
Mervenmafle? u. f. w.
Auch Winfelmann flellt richtige Brände ges
gen D. Sall’s Schäbellehre auf.
Daß die Erhabenheiten des Schaͤdels von
erhabenen Windungen des Gehirns gebildet, der
Schaͤdel von diefen Bindungen gleihfam hin
und wieder nad) aufen gebräcdt werde, bezweifelt
W. aus folgenden Gründen:
ı) Der Schäbdel beſteht befanntlih aus
zwen Knochenplatten, einer innern und einer
äußern, welche bende durch die bazwifchen lies
gende lockere Diploe getrennt find, und nicht
immer parallel laufen. Senn alfo auch Eins
"drüde von den Bindungen des Gehirns anf
die innere Knochenplatte ftatt finden, wenn diefe
wirklich Eindräde von ihnen erhält: fo ift nicht
"einzufehen, warum und wie fich dieſe Eindräde
durch die Diploe mittheilen fellten. Daß aber
beyde Rnochenplatten nicht parallel laufen, daß
bafd an der aͤußern Platte Erhabenyeiten find,
ohne correfpondirende Einbiegungen der innern,
und umgekehrt, Eindrüde auf dee innern, ohne
Erhabenpeiten der äußern, beweifen durchgefägte
Schaͤdel.
2) Die Windungen des Hirns machen
zwar Eindruͤcke auf die innere Schaͤdelplatte,
welche man als viele kleine Gruben auf derſelben
bemerkt, und die unter dem Nahmen im 2
nes digitatae befannt find; allein, dieſe Eins
brüde correfpondiren: nie ben Erhabenheiten auf
der äußern Platte. 37
. Popfognomif 783
0) Einige Erhabenheiten am Schaͤdel, wel⸗
he Organe darſtellen ‚follen ,: finden ſich au Stel⸗
len, wo Musfeln angebeftet ſird. Da biefe,
wie auch Gall felbft zugibt, und an einem Loͤ⸗
wenkopfe befonders zeigt, den Schädel ausmwirs
fen, oder Vertiefungen an demfelben machen:
- fo fallen die Drgane 'weg, ;. B. das Organ der
Kinderliebe und der Kunſtſinn.
4) Mehrere Organe legt Gall vorn an
dem Schädel, unten an der. Stirn, über den
- Augenhöhlen umher. Die Erhabenpeiten, wel⸗
che fidy hier finden, Fönnen in feinem Zufams
menhange mir Windungen ‚des Gehirns fichen,
- oder von ihnen gebildet werden, weil fich hier
‘die Platten des Schaͤdels gar nicht berühren,
ferner liegt alıch ein Raum dazwiſchen, melcher
- bald größer, bald Fleiner ift, nähmlich die Stirn-
Höhlen. Die in diefer Gegend gefeßten Drgune
- fallen alſo fammtlicdy weg. Eben fo — Hoͤe
heſinn, Beharrlichkeit, Theoſophie, Gutmuͤthig⸗
keit und vergleichender Scharfſinn, aus folge
dem Grunde gang Meg: dieſe Erhabenheiten
Siegen genau außen am Schädel da, wo ſich ins
nen der Sinus longitudinalis erfiredt; beyde
Organe (auf jeder Halbkugel eins) koͤnnen alſo
nicht ſo nahe zuſammen liegen, daß ſie beyde
eine zuſammenfließende Erhabenheit bildeten. Es
ſpringt demnach leicht in die Augen, daß man
dieſe der Laͤnge nach uͤber den Scheitel herlie⸗
genden Erhabenheiten nicht fuͤr Abdruͤcke von
Windangend des Hirns halten darf.
Nach W. iſt es nicht noͤthig, noch ein Or⸗
"gan des Beſchlechtstriebes im Gehirn anzunehs
‚men. Die Phnfiotogie lehrt, daß beym maͤnnli⸗
:chen Geflecht durch die Abfonderung des Sa⸗
mens, und beym weiblichen Geſchlecht durch ae
234° PYhyſiognomik.
Abfonderung dee weiblihen Samenfeuchtigkeit,
(Entwickelung der Eperftöde) eine Reizung des
Merveninftems hervorgebracht wird, welche ber
Gehirnthätigfeit (dem Gemuͤth) eine beftimmte
Richtung gibt, die wie Geſchlechtstrieb nennen.
Mir finden die Urfache des Gefchlechtstriebes
alſo in ber Gegend des Mervenfuftems, welcher
zu den Gefchlechtscheilen gehört. Ohne Hoden
finder Fein Gefchlechtetrieb ſtatt; er erwacht erſt,
wenn fich diefe Theile entwideln; er verſchwin⸗
det, wenn diefe Theile durch Alter oder Kranke
beit verloren gehen,
. Dos Organ ber Erziehungẽfaͤhigkeit ift eis
ne Ervichtung. Die Anlage zur geifligen Bils
dung fehle nach W. einem gefunden Dienfchen,
- und er begreift nicht, wie die Kähigfeit, duch
Die Eindräde der Außenwelt modifizirt und ger .
- bildet zu werden, ein Organ haben kann. Ber
bar denn dieſe Sähigfeit ? Doch wohl der ganze
Menſch, das ganze Gehirn, oder ſelbſt nad
Gall, ade geiftigen Organe. Lebterer behauptet
ſelbſt, alle Organe Fönnen durch die. Erziehung
‚entwidelt, die verfchiedenen Anlagen ausgebildet
ober zuräcdgehalten werden; dieſe Faͤhigkeit has
ben die Organe. Beſitzen fie biefelbe an und
für fih, fo ift die Organ nach W. ganz unnds
thig; befißen fie diefelbe durch diefes Organ, fo
Find fie bedingt durch daflelbe; und wie wirb es
mit ihrer Unabhängigkeit ? — ur
Nach Galle Behauptung follen alle Zugs
voͤgel den Drtfinn haben. Mach AB. aber ziehen
diefe Voͤgel deshalb ab, weil fie die Kälte ber
Sohreszeit und mit biefer den Abgang ihrer
Nahrung empfinden, melk: in Samenkoͤrnern,
Inſekten u. dgl. m. beſteht. Darum find vide
Vögel in wärmern Ländern und mildern Jah⸗
"seh
\
Phyſiognomik. 785
ren Standvoͤgel, welche ſonſt ziehen; darum
richten ſich die Zuͤge der Voͤgel ſo genau nach
den Jahreszeiten. In ſehr kalten Wintern
kommen Voͤgel vom Norden herab, welche ſonſt
nicht beg ung erfcheinen. Haben dieſe etwa dief
Organ nur in falten Wintern? Andere, z 8.
die Schwalben, werden oft von der Kälte fo
“ überrafcht, WR: fie fi) in Suͤmpfe verfriechen,
- Sollten denn einige Schwalben das gedachte Drs
gan haben, und andere nicht? Und warum ſoll
es der Storch größer haben, als fein Weibchen?
das eben fo gut wandert?
Auch der Perfonenfinn widerſpricht ganz
den Erfahrungen. Man erkennt und unters
ſcheidet die Gegenftände durch die Sinne, bes
hält ihre aus zeichnenden Merfmahle im Gedaͤcht⸗
niffe, und erfennt Perfonen, welche man ein:
mahl geſehn hat, in dem Verdzunige ſchnell und
dẽerutlich wieder, in welchem und ihre Merkmahle
eingeprägt find, und unſer Gedaͤchtniß ſchwach
oder ſtark iſ. Wozu ſoll denn dieß Organ
ſeyn? Daß unſere Sinne die Merkmahle aufs
faſſen, oder daß die verſchiedenen Gedaͤchtniß⸗
organe ſie bewahren?
Das was ©. über den Tonfinn ſagt, fälle
wirklich ins Lächerlihe. „Un allen Thieren,
welche Tonfinn haben, wie an _Papageyen, an
Elftern und allen männlihen Singvügeln, ber
merkt man dieſes Drgan ausfchließlih.“ Den
hier. zu führenden Beweis ift ©. fchuldig ge-
blieben, Wo Töne hervorgebradht werden und
Melodien, ift darum noch feine Muſik, fonft
müßte ein Drgan des Tonfinnes an jeder Floͤ⸗
tenuhr und Windharmonika gefunden werden.
Das Organ des Kunſtſinnes weiſet G. an
dem Schaͤdel des Bibers und auumfiers nad).
Oec. sechn. Enc. CXI Thel. Dpdd ' Der
486 Phyſiognomik.
Der Biber bauer nicht, wenn er nicht in Ge
fellichaft lebt. Und was beweiſen zwey Bey⸗—⸗
ſpiele fuͤr dieſes Organ, das bey allen Voͤgeln,
welche Neſter bauen, ja, bey allen Inſekten,
nachgewieſen werden muͤßte? Dieſes Organ muß
die Raupe haben, und dem Gchmetreriinge, wels
cher feinen Kunſttrieb zeigt, muß es fehlen.
Diefe Beobachtung des Kunſitriedes, welcher
von Biber an auch in den unvollfommeniten
Thieren fich zeigt, ließe fih, wenn man wollte,
bis zum Kryſtall, der fich bilder, verfolgen, wenn
es deſſen bedärfte, um zu zeigen, wie laͤcherlich
eine Vorftellung fey, nad welcher das Genie
eines Naphael, die Schöpfungen einer Wiener
Putzmacherinn und die Vortathsfammern Des
Hamfters, als Erfcheinungen. einer und der ſel⸗
ben Art betrachtet werden.
Daß die muthigſten Pferde diejenigen naͤch
©. ſeyn ſollen, an welchen die Ohren weit von
einander ſtetzen, iſt nach W. fehr zu bezweifeln.
Einige ſeiner — A ſehr gut Pferde
Pennen, verficherten ihn, ©. fen wahrscheinlich
dadurch verleiter worden, daß er gehoͤrt, das
Pferd lege die Ohren zuſammen, wenn es ſich
fürchte; es ſoreiʒẽ ſie aber von einander, wenn
es boͤsartig fen. Die Anatomie zeigt hinreichend,
daß die fleljchfrefienden Thiere in Hinficht ihret
Zaͤhne und ‚des Baues der Verdauungsorgane,
ſich merklilh von denen unterſcheiden, welche von
Vegetabilien leben; jene haben demnach eine in⸗
nere eigene Ynloge um den Wuͤrgſi inn auszu⸗
üben. Allein G. nimmt auch ein Plaͤtzchen im
Gehirn für den Wirgfinn an. Wie foll aber
„ber Beweis den foldien Thieren geführt werben,
welche; mie’ der Menſch, von Fleiſch und Pflanzen
ſpeiſen leben; ben fo vielen Thieren, welche, wie,
z.
Phyſiogonie. Yhyſiokratiſches Spſtem. 787
z. B. das Schwein, unter gewiſſen Umſtaͤnden,
ſogar ihre Jungen freſſen? Die von ©. ange⸗
nommene natürliche Anlage zum Stehlen bey
Menſchen iſt nah SB: "eine fehr_ widrige Ber
hauptung. „Die Diebftähle der Elſter und einis
ger Hunde, find bekannt. Da aber an ben
Schäbeln tiefer. Thiere, z. B. der Elſter und
Naben, deren Schädel Gere Wi mit andern
Woͤgelſchaͤdeln verglich, ſich keine bemerkliche Ver⸗
ſchiedenheit findet: ſo gehoͤrt das Ganze zum
Fabelhaften *) u. ſ. w.
Ueber den menſchlichen Kopf in anthropologiſcher
Ruͤckſicht, nebſt einigen Bemerkungen über Doe⸗
tor Sale“ Hirn: und Schädellehre; von Dr. J.
D. Metzger, Koͤnigl. Preuß. —— Kath und
.Leibarzt. Königsberg 1803. 133
Abhandlung über die Phnflognomif, von Hors
ftig. Minden bey Körber. 1801. 48 ©. 8.
Verſchiedene andere Schriften aber &all’E
Theorie find in der neuen allg.- Deutſch. Biblio—
thek, 85 DB. 2 St. 5—8 Heft ©. 289 fl, ange
jeigt worden.
Phyſiogonie, vie Naturgeſchichte.
Pbyfograpbie, die Naturbeſchreibung.
Phynottatiſches *) oder oͤkonomiſtiſches Syſtem,
nennt man dasjenige Syſtem der Staatskunſt,
welches eine allgemeine Handels⸗ und Gewerbs—
freyheit, Die Aufhebung aller Frohndienſte und
aller Auflagen, gegen die Einführung einer cin«
ige 4uNluflage auf den reinen Ertrag der Län
dereren, Wälder und Bergwerfe vorfchlägt. Der
Erfinder deffelben war der franzöfifche Leibarze
Auesnoi, welcher 1774 BC Es fand Une
fangs
ns Zeeba htan n Aber. den Mahn An uebk Pruͤfung -ber
"Salrden € 2 — von x. Winfelmann, Ber⸗
n
ec) Phyſiokratie heißt wörtlich eine. hatuͤrliche Negierungss .
27 erfaifung, nn
788 Phyſiokratiſches Syſtem.
fangs viele Anhaͤnger, und ſelbſt der beruͤhmte
Tuͤrgot wollte es in ganz Frankreich einfühs
ren, wie denn auch verichiedene Verſuche ım
Kieinen gemacht murden; doc) fland bald eine
‚ Menge Gegner auf, und. die meiften Gtaats:
‚wirthe verwarfen es, weil es eifte Claſſe der
Staatsbürger zu ſehr bebrüden, alle andere auf
Koſten derfelben zu, ſehr erleichtern würde. Ans
dere mache ihm den Vorwurf, daß es vice
Unsrdnungen und Inconſequenzen veranlaffen
roürde, meil es die Grundeigenthuͤmer berechtigt,
ihre Produfte in einem höheren Preife zu ver«
taufen, um bierdurch von den Confumenten
wieder zu erhalten, was fie für dieſelden zu den
Staatsbedärfniffen beygetragen hätten, welches
endlich den Taglöhner und andere Individuen
der geringeren Claſſen ganz zu Boden brüden
muͤßte. Daß diejes Project in Branfreich jo
viele DVerrheidiger finden Fonnte, da es für den
suhigen Prüfer doch bie ſchreiendſten Mängel
hat, läßt fich nur aus dem Drucke erflären, ven
Die Generalpaͤchter und die dortige Acciſeverfaſ⸗
fung dem Lande auferlegten. Bon beyden follte
dieſes neue Steuerfhfiem das Land erlöfen. Es
Fam. aber nicht dazu, weil zum Gluͤck für bie
NMation das Mangelhafte und Nachtheilige befs
felden noch zur. rechten Zeit aufgedeckt wurde.
Jetzt wird wohl Fein Staat mehr in Vetzſuchung
gerathen, dieſen laͤngſt widerlegten Ideen wieder
Gehoͤr zu geben, beſonders da unter den langen
Kriegen die Staarsabgaben allenthalben zu einer
ſolchen Hoͤhe geſtiegen ſind, daß man alle moͤg⸗
liche Claſſen der Einwohner mit Steuern aller
Art belegen zu muͤſſen glaubt. Im Art. Steuer⸗
weſen werde ich mehr uͤber dieſen Gegenſtand
ſagen. In nachfolgenden Schriften finder man
A 7 a
\
Phyſiolratiſches Syſtem. 789.
das phyſiokratiſche Syſtem theils vertheidigt,
theils widerlegt.
- Mayimes Generales de Gonvernement economi-
que, par fr. Quesnoi 1758.
Tableau economique, par Fr. Quesnoi, 1758.
Ami des hommes ou traite de la population. Avi-
gnon ı759. in 8. rn
_ Trait€ de l’Impot, par Mr. Mirabeau, 1760,
Element de la pltilofophie rurale, a Per, 1761.
Journal de Scavans, 1768. Aoüt, p, 244. ..
De la Riviere ordre. naturel et ellentiel. de Goci-
‚etes politiques, a Par. 1767. 4.
Table raifonnee des principes de. l’Economie po-
. - „liäque, etc à Carla. 1775. | a
Die erften Grundſaͤze des okratiſchen Sy⸗
—8 ſiehe S ne i ns ee ee 268.
Antimirabeau oder unpartheyiſche Anmerkungen
von Mirabeau's natürlicher Regierungsform.
Frkf. und Leipz. 1771. 8.
Schlettwein's Erläuterang und Bertheigigung
der natärlihen Ordnung in der Politik. Carlsr.
1772. | |
Du Pont Table raifonnge des principes .dep PE-
conomie politique. 1773. j |
anndverifehe gelehrte Anzeigen vom J. 1778
u 48. hi * de eine (ch ren ewoesihe re |
. handlung Äber die Nactheile des. phyſiokrati⸗
(gen Steuerfoftems, vorzüglih gegen Maus
v on
Des Hın, le Trosne Lehrbegriff der Staatsord⸗
nung. oder Entwickelung des von Franz Duess
no» erfundenen phyfiofratifhen Regierungsfys
ſtenis, aus dem Kranzäfifchen überfegt, mit noͤ⸗
thigem Megifter, das die Gtelle eines Bloffaris
ums vertreten fann, von M. Ehrifl. Aug.
Wichmann. Theil. .U. 1780. in 8 f
Ueber das phufiofratifhe Syſtem an Hrn, Bafch,
Eu Dohm, Fürſtenau, Ifelin, Schlettwein,
von dem Verf. der oͤkönomiſchen und tameralis
ftifchen Tabellen Narnberg 1781. 8.
A Dvd 3 Dohm
\
ji
p=-= m wi — Einem ap m
Bi .
J
q
i
F
t
‘
J—
i
I
'
i
1
pn
D
'
pe um m ---Z-
—
2
„m.
—2 0 vo. vn ... nm wien .n
[N
——
N
‘
ı no, [1 o . 0“
“ P “ .
2. 6.
“.
> ?
I .
*
una
[ze ;
Ar
x
u
-
Lo
b) *8
a. "
.} ".
%«
rn — nn — u. nn
vo. nn
[1
u TERN
—p (0707
— —
rn
u.
!
!
1
FL.
74
. ; D ⸗
%
”.
.. „in
’
L.
. ..
-
u
ii
.* Di
« a.
4 a a
4
"Ayu, 5,
ars tage. ...
-. - be:
. .?
t
4
are
. 4
ah
..
- 7
ut, “
Ze
ER Br
*6
x
‘
.
sy
.
.
x
X
5 2) Ur
DE
05 dau 590 D
Stanford University Libraries
Stanford, California
Return this book on or before date due.