UNIVERSITY OF TORONTO
LIBRARY
WILLIAM H. DONNER
COLLECTION
purchased from
a gift by
THE DONNER CANADIAN
FOUNDATION
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ÖSTERREICHISCHE
0iiafe5t|rift ftir kn #rM
Herausgegeben vom
K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUM
IN WIEN.
CS SOo^f
Redigirt von Ä. von Scala.
, JEDNOTA -^
V PRUMYSLU
^-- V CECHÄCH y
SECHZEHNTER JAHR&AN&.
1890.
WIEN, 1890.
VERLAG DES K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUMS.
DRUCK VOK eil, RRIsailK * M. WEBTRIIKR.
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K N I H Q / r>l A P
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INDEX.
Seite
A.
Aberglauben der Türken, Vom ........ 103
Afrika, Im dunkelsten 81, 97, 150
Afrikanischen Orden, Die symbolische Rose in den
Dord- 8
Albinos im indischen Archipel 48
Alterthümer der Khmer in Kambodscha 116
Arabien, Die Bauten in 71
Arsenal zu Kiang-Nan, das chinesische See- ... 80
Asiatischen Nordküste, Zustände an der Klein- . . 32
Asien, Musik und Tanz in Ost- lO
Ausstellung im Handels-Museum, Teppich - . . . . 160
„ in Taschkent 1889 31
„ „ Tokio, Dritte National- 64
„ von kunstgewerblichen Objecten im
Handels-Museum 160
B.
Bahnfrage, Der heutige Stand der Sahara- . . . .124
Bauten in Arabien, Die 71
Bengalische Jute 170
Bevölkerung Siams, Die 193
Bild aus dem chinesischen Leben, Ein 78
Binger's Reise im Sudan, Capitän 40
Botanische Gärten zu Buitenzorg, Der 64
Buddha und Jina 87
Buitenzorg, Der botanische Garten zu 64
c.
China, Die Ehe in 128
„ Landesposteinrichtungen 32
„ Ueberschwemmungen in 127
Chinas Erschliessung, West- ■ ... 176
Chinesinnen, Die kleinen Füsse der 15
Chinesische Namen der europäischen Geschäftshäuser
in Hongkong 64
Chinesische See-Arsenal zu Kiang-Nan, Das ... 80
^ Staatsprüfungen 16
Chinesischen Leben, Ein Bild aus dem 78
Cholera in Mesopotamien 1889, Die 17
Colonialunternehmungen bei Beginn des Jahres 1890,
Die deutschen Schutzgebiete und ... 4, 22, 44, 60
Colonisationeprojecte, Philippinische 14
D.
Datum auf den Philippinen, Das 192
Dayakische Kunst 119
Deutsche Emin Pascha-Kxpedition 65
Deutschen Schutzgebiete und Colonialunternehmungen
bei Beginn des Jahres 1890, Die ... 4, 22, 44, 60
Druckes, Neue Entdeckungen zur Geschichte des
Papieres und 161
E.
Edelsteine, Indische '94
Ehe iu China, Die . . ia8
8«iU
Ehe in Japan, Die 4g, 74
Emin Pascha-Expedition, Deutsche 65
Entdeckungen zur Geschichte des Papierei and
Druckes, Neue .... 16I
Entwicklungsgeschichte des Islam. Zur ....... 181
Europäischen Geschäftshäuser in Hongkong, Chine-
sische Namen der 64
F.
Fabriksindustrien in Indien 1,19
Fayencen, Satsuma- 113
Feueranbeter oder Monotheisten ? 33
Füsse der Chinesinnen, Die kleinen 15
Genussmittel des Orientes, Die . . 37, 54, 76, 95, 107
Geschäftshäuser in Hongkong, Chinesische Namen
der europäischen 64
Geschichte der Null, Zur 'S8
H.
Handels Museum, Ausstellung von kunstgewerb-
lichen Objecten im 160
Handels-Museum, Programm der Vorlesungen im
k. k. Oesterreichischen . ' . 160
Handels-Museum, Teppichausstellung im 160
Hanfstadt, Leskovac, Die serbische. . . 113
Harem, Eine Stimme aus einem .... iio
Hongkong, Chinesische Namen der europäischen Uc-
schäftshäuser in 64
I.
Indien, Fabriksindustrien in I. I9
Indien, Wilde Thiere und giftige Schlangen in Ost- 194
Indischen Archipel, Albinos im 48
Indische Edelsteine I94
Indischer Volksschmuck und die Art, ihn in tragen 1 29
Islam, Zur Eutwickluagsgeschichte des 181
J.
Japanische Theater, Das 179
Japanischen Papier-Industrie, Zur ... . . 190
Jina, Buddha und 87
Jute, Bengalische 170
K.
116
119
Kambodscha, Alterthümer der Khmer in
Kunst, Day.ikische
Kunstgewerblichen Objecten im HandcU-.Siuscum,
Ausstellung von 160
Seite
L
Lage und Producte des Landes Punt 173
LandesposteinrichtuDgen in China 33
Leskovac, die serbische Hanfstadt 112
M.
Malakka, Die Halbinsel 27
Mesopotamien, Die Cholera in 17
Missionäre in Shanghai, Conferenz der 96
Monotheisten?, Feueranbeter oder 33
Musik und Tanz in Ostasien 10
N.
Nationalausstellung in Tokio, Dritte 64
Nordküste, Zustände an der kleinasiatischen ... 32
Null, Zur Geschichte der 158
o.
Orden, Die symbolische Rose in den nordafrika-
nischen 8
Orientes, Die Genussmittel des . . 37, 54, 76, 95, 107
P.
Papieres und Druckes, Neue Entdeckungen zur
Geschichte des 161
Papierindustrie, Zur japanischen IgO
Philippinen, Das Datum auf den I92
Philippinische Colonisationsprojecte 14
Posteinrichtungen in China, Landes- 173
Prüfungen, Chinesische Staats- 32
Producte des Landes Punt, Lage und 16
R.
Religiösen Orden, Die symbolische Rose in den
nordafrikanischen 8
Seite
s.
Saharabahnfrage, Der heutige Stand der 124
Satsuma-Fayencen 112
Schlangen in Ostindien, Wilde Thiere und giftige . 194
Schutzgebiete und Colonialunternehmungen bei Be-
ginn des Jahres 1890, Die deutschen . 4, 22, 44, 60
See- Arsenal zu Kiang-Nan, Das chinesische ... 80
Serbische Hanfstadt, Leskovac, Die 113
Shanghai, Conferenz der Missionäre in 96
Siams, Die Bevölkerung I93
Staatsprüfungen, Chinesische 16
Sudan, Capitän Binger's Reise im 40
Symbolische Rose in den nordafrikanischen religiösen
Orden, Die 8
T.
Tanz in Ostasien, Musik und 10
Taschkent, Ausstellung in 31
Teppichausstellung im Handels-Museum 160
Theater, Das japanische 179
Thibet, Aus 80
Thiere und giftige Schlangen in Ostindien, Wilde . 194
Tokio, Dritte Nationalausstellung in 64
Türken, Vom Aberglauben der 103
u.
Ueberschwemmungen in China 127
V.
Volksschmuck und die Art, ihn zu tragen. Indischer . 120
Vorlesungen im k. k. Oesterr. Handels-Museum, Pro-
gramm der 169
II
Jänner-Heft 1890.
JEONOTA X
Nr. 1,
OESTERREICH ISCHE
P0Mt5sr|rift für kn #rient
HerausgeKebcD vom
K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUM IN WIEN.
Redigirt von A. von Soala.
Monatlich eine Nummer.
VERLAG DES K. K. ÖSTERR. HANDELS- MUSEUMS IN WIEN.
Pr«it Jlbri. 3 f. -- K) Maii.
INHALT: Fiil'rikMiiiduslrien in Indit'u. Von iCmil Schlaginttveit.
— Die deutschen Hcliutzfrfbiet-^ un'l t'olonialunterDoliuiunKen
lel H-Kinn des Jahres I8li0. — Die Nyintjolitcljo Hose in den
Nordafrikani^c•hen religii^sen Orden Von Dr. Jgn. Ooldxiher.
— Musik und Tanz hiOstaKion. — PIHIippinischo ColoniKalions-
Projocte. Von l'rof. h\ Blumentritt. — M i h c e II o n : Die
kleinen Fllsse der Chinesinnen. — Chinesische ätaatuprUfungen.
FABRIKSINOUSTRIEN IN INDIEN.
Von Emil Schlagintweit.
US den Kornkammern Indiens kommt
fortgesetzt die Klage, dass die Lage
des Kleinbauern eine so unsichere
bleibe, weil er in guten Jahren für
seineErnte keineAbnehmer zu annehm-
baren Preisen findet. Noch ist der Getreidehandel
nicht zu so festenVerbindungen vorgeschritten, dass
er fähig wäre, den Ueberschuss des einen Jahres
oder Uistrictes auf ein anderes Jahr zu über-
tragen oder in entfernte Provinzen zu überführen.
Der Handel mit dem Ausland in Reis leidet
unter dem Ausgangszoll und zeigt eine Abnahme,
wenn gute Ernten anderwärts billige Waare
liefern ; so ist der Ausfall in der Ausfuhr seit
l88i auf eine halbe Million / gestiegen. Die Pro-
vinzen Bengalen und Uurmah, die hauptsächlichen
Reis bauenden Länder, werden deshalb immer
eindringlicher um die Aufhebung dieses einzigen
noch bestehenden Finanzzolles vorstellig. Die Aus-
fuhr von Weizen nach Europa weist i888 — 1889
eine niedrigere Ziffer auf als seit 1881 ; die Nord-
westprovinzen, in deren Norddistricten mehr Land
mit Weizen bestellt wird als irgendwo sonst,
sind so dicht bevölkert, dass jeder Ausfall an
der Durclischnittsernte eine Einfuhr von Weizen
aus den Nachbargebieten bedingt. Dazu kommt,
dass die Handelsberichte der erforderlichen Ge-
nauigkeit entbehren ; noch hält es für die grossen
Handelshäuser in Europa schwer, rechtzeitig zu-
verlässige Schätzungen über die zu erwartenden
überschüssigen Mengen ru erlangen. Die Re-
gierung gibt sich alle erdenkliche Mühe, jährlich
die Ernteaussichten festzustellen und bekannt zu
machen ; allein Sammelstelle bei diesen Erhebungen
sind die Grossgrundbesitzer, im nördlichen Indien
Zemindare genannt, und diese haben den Werlh
einer genauen Wirthschaftsstatistik noch nicht
begriffen. Der Grossgrundbesitzer greift zu dem
Auskunftsmittel, Handelsgewächse anzupflanzen ;
so hat sich in den Nordwestprovinzen nördlich
Houktsschrlfi fUr den Orient. Jltuugr 1880.
des Gograstromes, der bei Patna in den Ganges
einmündet, eine bedeutende Zuckerindustrie ent-
wickelt, zu welcher das nöthige Capital aus-
schliesslich von den eingeborenen Capitalisten
vorgeschossen wird. Anderwärts hilft man sich
mit Indigo, Opium, Oelpflanzen u. A. ; immer all-
gemeiner bricht sich aber die Ueberzeugung
Bahn, dass der Verbrauch der Producte im Inlande
gesteigert werden muss, und bei der geringen
Kaufkraft des Kleingewerbes, dessen Träger ihre
ganze Arbeit nicht an das Gewerbe setzen, sondern
zugleich bäuerliche Landwirthe oder 'l'aglöhner
sind, ergibt sich als das einzige Mittel hiezu die
Einführung von Maschinen in uralte Industrie-
zweige. Hierin hatten die Europäer mit dem Bei-
spiel voranzugehen ; der Indier bringt es aus sich
nicht zur That, solange er nicht durch den per-
sönlichen EinHuss Einzelner fortgerissen wird.
Die alte ostindische Compagnie war der
Niederlassung von Europäern und der Errichtung
von Factoreien abgeneigt; ein Circulär von 1827
verbietet noch, „Engländern und anderen Zu-
läufern aus Europa" in der Niederlassung zu
Handelszwecken, zur Anlage von Indigo- Fac-
toreien und dergl. Vorschub zu leisten : „es finden
sich darunter Leute, welche durch Betrug zu
Vermögen gekommen sind und nun trachten, den
Handel an sich zu bringen. Es darf nicht ge-
duldet werden, dass Fremde Einfluss gewinnen
und Handel und Gewerbe für ihren Vortheil aus-
nützen." Sieben Jahre später sind aber Europäer
als Aufkäufer von Getreide, von Holz und den
örtlichen Gewerbsgegenständen selbst in ent-
legenen Gegenden anzutreffen; der Bergbau ist
der erste Erwerbszweig, in welchem sich euro-
päisches Capital auf die Bereitstellung grösserer
Massen wirft.
Bergbau, Braunkohle. Das grösste und am
längsten bekannte indische Kohlenfeld ist jenes von
Ranigandsch, zwischen 200 und 260 km Entfernung
westlich von Calcutta gelegen. Genau vor 1 15 Jahren
wird das Bergregal an eine Gesellschaft von Eu-
ropäern verliehen, und die Regierung verpflichtet
sich, jährlich 400 / zu dem hohen Preise von % £ ^ sh.
6 d. die Tonne abzunehmen ; sie ist aber über die
geringe Güte enttäuscht, verweigert die .\bnabme,
und das Unternehmen kommt zum Stillstand. 18 lö
wird auf's Neue eine Concession verliehen, die
OESTtRREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
Ostindische Compagnie leistet vorschussweise den
Betriebsfond mit 4000 if. aber der Uebernehmer
kann die Rückzahlung nicht leisten, sein Bürge
muss eintreten, und dies führte nach mancherlei
Zwischenfällen 1843 zur Bildung der Bengal-
Kohlenbaugesellschaft ; zeitweise wurde Dwakar-
nath Tagor, ein gelehrter Indier, Besitzer der
Lager, dessen Grundbesitzungen eine fürstliche
Rente abwarfen. Diese Gesellschaft ist in das
Birbhum genannte Actienunternehmen überge-
gangen, ihre Papiere erzielen an der Börse
einen Curs von 194, die Dividende ist 13 Per-
cent. Neben dieser Hauptgesellschaft nahmen
später theils Gesellschaften, theils Einzelne Erwer-
bungen vor und legten Gruben an; heute zählt man
mehr als fünfzig Bergwerke, ihre Zahl und Ausbeute
erfährt fortgesetzt eine Zunahme. Die Kohlenpreise
sind in Indien sehr hoch; man zahlt heute in
Calcutta den Maund von 80 Pfd. Bengalkohle mit
Ö'/j — 7'/, Anna (ä 6 kr.) und die Tonne englischer
Kohle mit I iJP 5 sh. 7 d. Die Ranigandschkohle ist
eine sehr gute Braunkohlenart, vercoakt aber nicht
und hat hohen Aschengehalt, 20 — 30 Percent; sie
findet Verwendung für Locomotiven und stehende
Dampfkessel, eignet sich auch für Hochöfen ; für
grosse Seeschiffe bringt sie zu viel Ballast, um
eingenommen werden zu können. Der Abbau der
Kohlen erfolgt seitens der grossen Gesellschaften,
welche Europäer als Directoren anstellten, nach
den in England gemachten Erfahrungen ; die
Schächte sind regelrecht ausgelegt, mit Holz ver-
schalt und werden mit den erforderlichen Schutz-
vorrichtungen betrieben. Die Plötze sind durch-
gehends sehr stark, l'S m (5 engl. Fuss) Mäch-
tigkeit ist die Mindeststärke der genützten Plötze ;
dabei liegen die Plötze dicht beieinander, das
trennende Gebirge ist nicht dick. Die ältesten
Gl üben sind bereits zur zweiten Sohle getrieben,
ihre tiefste Lage ist 45 m. Schienengeleise sind
gelegt, Dampfmaschinen besorgen die Förderung
wie das Auspumpen des Gi ubenwassers. Anders
bei den kleinen Gruben unter Führung von Ein-
geborenen. Das Wasser wird hier regelmässig
mittelst der Tera genannten Hebevorrichtung
herausgeschafft : an einer langen Bambus-Quer-
stange, die im Gleichgewicht an einem hohen
Pfosten hängt, ist an der Spitze das Seil mit dein
Kübel befestigt und dieser steigt ab und auf, je
nachdem die Arbeiter das entgegengesetzte Ende
zur Erde ziehen oder emporschnellen lassen. Von
Juni bis October bringt die Regenzeit so starke
Niederschläge, dass der Betrieb eingestellt werden
muss, weil die Gruben volllaufen. Die Förderung
wird durch das Gin genannte Drehwerk bewirkt.
Eine weite Holztrommel, vertical drehbar auf-
gestellt, wird durch Einstecken von Balken um
ihre Axe gedreht und dadurch das Seil aufge-
wunden, an welchem die Fahrkörbe von Eisen
hängen mit einem Rauminhalt für fünf Centner;
die Arbeiter drücken zu zwei an einer Stange
und begleiten die Arbeit mit einem einförmigen
Gesang.
In den Gruben arbeiten unter Tag wie über
Tag Männer, Weiber und Kinder. Das .ausbrechen
der Kohle besorgen Männer. Den Leuten stand
keine Erfahrung zur Seite, schottische Bergleute
wurden die Lehrmeister, und in der Tschina-
Kuri-Grube arbeiten die Knappen mit der Haue
wie bei uns; sonst führen sie Brechstange,
Hammer und Keil. Es kam zum Aufstand und
blutigem Zusammenstoss, als die Birbhumgesell-
schaft die Haue aufzwingen wollte. Pulver wird
nicht angewendet. Der Häuer fängt nicht von
unten an auszubrechen, sondern macht an der
Decke des Schachtes ein Loch und erweitert
dieses nach unten zu; es gibt viel Gries und die
europäischen Ingenieure geben sich alle Mühe,
das Anbrechen von unten einzuüben. Einen festen
Knappenstand gibt es nicht ; selbst die Häuer
sind Kleinbauern zu Eigenthum oder auf Pacht-
land und fahren im October erst an, nachdem
sie ihre Reisernte geborgen haben; die günstige
Wirkung davon ist, dass die Arbeiter nicht von
der Hand in den Mund leben, sondern mittelst
des Bergbaues ihr Plinkommen erheblich erhöhen.
Der Verdienst ist für indische Verhältnisse sehr
gut. Für einen Förderkorb von 6 Maund (4'/»
bis 5 Centner) Rauminhalt werden 12 Kreuzer
bezahlt und ein Häuer füllt 6 bis 10 Körbe
per Tag, korhmt also auf einen Verdienst von
60 bis 80 Kreuzer. Die Schlepper sind F'rauen
und Kinder: ihr Tagesverdienst ist 12 — 20 kr.
Der Schichtlohn über Tag stellt sich eben so
hoch. Im Ganzen sind diese Sätze das Doppelte
desTaglohnes landwirthschaftlicherArbeiter, und die
Unternehmer haben nie über Mangel von Angebot
an Arbeitskräften zu klagen. Unfälle kommen sehr
wenige vor ; schlagende Wetter gibt es nicht,
und die Art des Abbaues ist keine gefährliche.
Durchschnittlich kommen 80 Unfälle im Jahre
vor. Ganz im Gegensatz zu den europäischen
Gruben steht die schlechte Ventilation, und die
grenzenlose Unordnung. Gries und Staub wird nicht
bezahlt, die Arbeiter lassen sie deswegen liegen.
Dann ist Wahrzeichen aller Arbeiter grösste
Trunksucht; die Knappen gehören sämmtlich den
untersten , verachteten Arbeiterkasten an und
fahren nicht ein, ohne sich nicht in der Branntwein-
bude, die an keinem Einfahrtschacht fehlt, mit
einem tüchtigen Vorrath schlechtesten Land-
schnapses versehen zu haben. Die Ausbeute des
gesammten Ranigandschfeldes ist eine Million /;
die grösseren Gruben fördern 80- bis loo.ooo /
im Jahre, die kleinsten kaum tausend. Dabei
sind, die Regenzeit und die Feiertage abgerechnet,
zweihundert Arbeitstage im Jahr.
Echte Steinkohle, „so gut wie englische", ist
angehauen in Central-Indien bei der Stadt Warora
im Wardha-Thale ; leider kam gleich im Beginne
der .Arbeiten Minenbrand aus, dessen Auslöschung
noch immer nicht gelingen will. Eine Zweigbahn
schliesst die Gruben an das grosse indische
Eisenbahnnetz an. Die Grubenfelder sind der
Narbada - Kohlen- und Eisen - Gesellschaft zur
I
OBSTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
I
I
I
Ausbeutung überlassen ; die Gesellschaft vertheilte
im letzten Jahre 7*7 Percent, schlug neue Bohr-
löcher im Narbada-Thal bei Narsingpur und legte
Hochöfen in Sambalpur, an der Grenze von
Orissa, an , wo bisher Eingeborene einfache
Schmelzöfen mit Holzkohle speisten, es dabei
aber dennoch zu einer Ausfuhr von 200 Centner
besten Werkzeugstahls brachten. Die erhöhte
Thätigkeit der Gesellschaft spricht sich in den
Handelsziffern sehr deutlich aus; 1888 wurden aus
Cential-Indien i '/^ Millionen Centner Kohle und
1/5 Million Kisenscbienen aus- und nur '/j Million
Centner Kohle, 120.000 Centner Roheisen und
2 Millionen Walzeisen, sämmtlich aus England,
eingeführt. Der Preis stellt sich bei Kohle um
^j^ niedriger, bei Fatjoneisen nahezu gleich der
englischen Waare. — Ebenso günstig wie in
Central-Indien liegen die Förderungsbedingungen
im Makum-Kohlenfeld an der nordöstlichsten Ecke
des Reiches, in Assam, am linken Ufer des
oberen Brahmaputra-Thaies. Hier wurden hart bei-
einander die für den Abbau geeignetste Kohle von
ganz Indien, daneben Eisenerze und Petroleumquel-
len aufgedeckt. Sofort fanden sich englische Capita-
listen, welche von den Haupthäfen am oberen,
bis zur Reichsgrenze für Dampfer fahrbaren
Brahmaputra-Strome eine schmalspurige Bahn
nach den Grubenfeldern anlegten. Die Kohle er-
zielte in Caicutta den hohen Preis von 2 sh. 4 d.
per Doppeicentner, die dargestellten Coaks finden
bei den 'I'heegärtenbesitzern zum Trocknen der
Blätter reissend Absatz. Allein noch ist die
Arbeiterfrage nicht gelöst. Die Provinz Assam
ist dünn bevölkert und auf fremde Arbeiter an-
gewiesen; die Kulis gehen lieber der einladenderen
Arbeit in den 'Iheegärten nach, wo der Lohn
doppelt so hoch ist als in den Gruben, die am
Schichtlohn noch reduciren. Die Förderung hat
in Makum noch nicht voll 200.000 Centner im
Jahre erreicht; die Maschinen sind auf zehnfachen
Betrieb eingerichtet und man hoftt neuerdings
auf Arbeitskräfte aus dem jetzt erschlossenen
Über-Rirma und den angrenzenden chinesischen
Landschaften, deren Bevölkerung an bergmän-
nische Arbeit von Alters her gewöhnt ist.
Die Eisenindustrie leidet unter dem Mangel
von Kalk als Flussmittel. Vortreffliche Eisenerze
lagern überall bei der Kohle und selbst die
Ranigandsch-Kohle eignet sich zur Verwendung
in Hochöfen seit Einführung von Gebläsen mit
heisser Luft. Dagegen würde ^ie ganze ben-
galische Tiefebene mit mehr als 40 Millionen
Einwohnern noch nicht einmal für einen einzigen
Hochofen den Kalk liefern. Zur Zeit besteht ein
einziges grösseres Hüttenwerk im Ranigandsch-
Grubenfelde; es ist Eigenthum der Regierung,
liefert Schwellen und Eisenschienen und erhält
den Kalk für den Hochofen aus dem ent-
fernten Punjab; solchen kostspieligen Transport
verträgt nur ein Werk, dem die Fracht auf
der Staatseisenbahn kostenfrei zu Gebote steht.
Eine nennenswerthe Arbeiterzahl wird in der
nicht beschäftigt; io dem
knapp 10.000 Männer an-
Eisenindustrie noch
Kohlenbergbau sind
gestellt.
Sah. Eine hohe Einnahmstjuelle fflr den
Staat bringt der Abbau der Salzlager, die in
seltener Reinheit und Mächtigkeit im Salzgcbirge
auftreten , das nördlich vom 32. Breitengrade
vom Dschelam- zum Indusflusse streicht. Mittel-
punkt des Betriebes ist das Dorf Kheura ; bis
1870 herrschte mehr oder weniger Raubbau
vor, damals wurde der Mayo-Stollcn angelegt
und für die zahlreichen Gruben eine eigene
technische Centralstellc geschaffen. Die Gipfel
der Hügel zeigen grünen Sandstein ; wo längs
der Abhänge und am Fusse ziegclrothc Gyps-
adern hervortreten, ist dies ein Zeichen von
Salzbildung im Innern ; man könnte diese Adern
auch Mergel nennen, aber ihr Hauptbcstandtheii
ist Gy[>s. Die salzführende Schicht hat eine
Mächtigkeit von 180 — 200 m; davon sind 80
bis 90 m reines Salz. Früher schlug jeder Unter-
nehmer einen Tunnel in die Mergelschicht, wo
es ihm beliebte ; je eher die Erde feucht wurde,
desto näher war das Salz und .desto weniger
todtes Gestein war zu bewegen. Man holte das
Salz sorglos heraus und Hess keine Pfeiler stehen,
so dass Verschüttungen von Arbeitern an der
l'agesordnung waren. Beim Fortgang der Arbeit
stellten sich diese Gruben als mächtige Höhlen
dar, die jedoch ihres Salzinhaltes niemals ganz
beraubt sind, weil der Eingeborene die Arbeit
einstellen lässt, sobald das Salz aufhört ganz
rein angehauen zu werden. Diese Höhlen füllen
sich schon kurze Zeit, nachdem sie aufgelassen
wurden, mit schmutziger Salzmasse und Mergel
an, die von der Decke herabfallen. Die Mayo-
Mine ist ganz nach europäischem Muster angelegt
und hält den Vergleich mit jeder bergmännischen
Anlage der Welt aus ; sie liefert 80 Percent der
gesammten Ausbeute und mit welch hohen Ziffern
hier gerechnet werden muss, mag zeigen, dass
die Summe des herausgeholten Salzes bis 1870
auf 22 Millionen Cubikfuss veranschlagt ist und
die Abgabe hievon der Regierung jährlich zwischen
2 — 3 Millionen Rupien (ä nominal i fl.) eintrug;
bis 1889 sind aus der Mayo-Mine allein i'/f Mil-
lionen / Salz abgegeben worden und die Rein-
einnahme übersteigt jährlich 3 Millionen Rupien.
Die Umgebung der Stollen kennzeichnet
sich als echter Minendistrict, Fördergcräthe und
Directorialgebäude allein zeigen ein südländi-
sches Gepräge. Die Dörfer sind längs der Ab-
hänge auf Terrassen angelegt, die stellenweise
aus reinem Salz ausgehauen sind und in der
Sonne glitzern ; der Dorfweg ist mit Geröll und
Schutt überführt, die in der Regenzeit den Berg
herabgeführt wurden. Widerliche Schmutzhaufen
bedecken die schmalen Terrassenwege ; dazu kommt
der üble Geruch der Rückstände der .\laungruben,
die am Fuss des Gebirges bei den Dörfern an-
gelegt sind. Schon die indischen Herrscher legten
Gewicht auf einen festen .Arbeiterstamm ; alle
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
Bergmannsdörfer sind zum Bezug von Brennholz
in den Niederwaldungen berechtigt, sowie mit
Erbpacht des Ackerfeldes zu günstigen Bedin-
gungen bevorzugt. Eine Familie arbeitet immer
zusammen und da mit der Verheiratung wohl
die Tochter, nicht aber der Sohn aus der Ge-
meinschaft ausscheidet, dieser vielmehr in ganz
altväterlicher Weise der Hausgewalt des Vaters,
beziehungsweise Grossvaters unterstellt bleibt,
bis dieser stirbt oder wegen Altersschwäche mit
der Führung des gemeinsamen Haushaltes den
ältesten Sohn belastet, so bildet eine Familie,
deren Männer, Frauen und Kinder einem gemein-
samen Verdienst nachgehen, in ganz natürlicher
Weise die „Partie", die in europäischen Berg-
werken durch Zusammenstehen und Verbindung
verschiedener Arbeiter gebildet werden muss.
Eine brauchbare Arbeitsstatistik wird für Indien
erst die Volkszählung von 1891 bringen. Für den
Salzdistrict wurde 1882 die Zahl der Männer in
den Gruben zu 3600 erhoben; die Zahl der be-
schäftigten Frauen und Kinder schwankt, über-
steigt aber nach Art des Betriebes die Zahl der
Männer um das Doppelte. In den nicht unter
europäische Leitung gebrachten Gruben findet
Pulversprengung nicht statt, die ganze Anlage
verbietet es. Die Männer hauen mit einem Hammer,
dessen eines Ende als Picke geformt und gestählt
ist, während der Rücken zum schweren Schlage
breit und gewichtig ist, eine Rinne 20 — 25 cm
tief im Geviert um das loszulösende Stück Salz von
durchschnittlich zwei Quadratfuss Fläche, legen
Keile in die Rinne und bringen durch ihr Antreiben
die ganze Masse zum Fall. Die Arbeit geht von
unten nach oben. Die Gänge haben bedeutende
Höhe, der Eingeborene arbeitet aber nur die
ganz weissen Adern aus; während die ganze Höhe
15 — 20« beträgt, werden selten mehr als 8 — 10«
herausgeholt. Mit dem Fortschreiten der Arbeit
besteigt der Häuer einen Dreifuss und dieser
Arbeitsstuhl zeigt bedenklicheSchwankungen, wenn
an der Decke gearbeitet wird und der Dreifuss
die Höhe bis zu 8 m erreicht. Auf der Sohle der
Grube wird der herabgefallene Salzblock in ent-
sprechend grosse Stücke zerschlagen, damit sie
die Frauen und Kinder auf dem Rücken zum
Lagerplatz schleppen; diese Art des Behandeins
der Blöcke gibt überaus viel Abfall und diesen
kehrt man der tiefsten Stelle der Höhle zu, wo
regelmässig Wasser sich zu einem mehr oder
weniger grossen Salzsee sammelt.
Der Mayo -Stollen ist bergmännisch genau ver-
messen und wird nach dem Kammernsystem abge-
baut; zwischen den einzelnen herausgeholten Flötzen
bleiben Salzpfeiler von 7 — 8 m Mächtigkeit als
Tragwände stehen. Der .Abbau geht von oben nach
unten und beginnt mit dem Einbrechen eines Ar-
beitsstollens, 2 m hoch, oberhalb der reinen Salz-
schicht. Das überhängende, mit Salz durchtränkte
Mergelgebirge wird mit Pulver abgesprengt, bis
die reine mergelige Gypsschicht erreicht ist ; diese
wird sorgfältig abgekratzt, damit später kein Un-
rath mehr herabfällt, der Stollen selbst rein gekehrt,
und dann wird das reine Salz mit Pickel, Keil und
Hammer herausgeholt, wie in den Gruben unter
eingeborener Leitung. Sobald die Sohle der salz-
führenden Schicht erreicht ist, wird das Schienen-
geleise vorgeschoben, um ein weites Tragen des ge-
wonnenen Salzes zu vermeiden. Die Kammern sind
bei 36 m Höhe und 13V2 '" Breite bereits zu 75 m
Tiefe ausgebaut, die Länge aller Grubengeleise ist
über 360 OT. Für Ventilation sind grosse Anstren-
gungen gemacht ; aber das schlechte Oel in den
Grubenlichtern, Tschiragh genannt, und der starke
Pulverdampf machen es unmöglich, die Kammern
während der Arbeitsstunden von schwerer Luft
ganz frei zu machen. Die Auslöhnung der Arbeiter
erfolgt nach der ausgebrochenen Menge ; für den
englischen Kubikfuss werden 5 Kreuzer bezahlt;
80 Centner Salz bringen einen Lohn von 4 Rupien,
und der Taglohnverdienst geschickter Häuer stellt
sich auf 2*40 Rupien frei Geld. Die Schlepper laden
60 Pfund auf den Rücken und kommen auf 70 — 80
Kreuzer, die Kinder auf die Hälfte. Abzüge gibt es
für Oel, Gezäh, Beitrag zum Lohn des Wagmeisters;
durchschnittlich gehen hiefür 30 Percent ab, ein
sehr hoher Betrag. Der Minenarbeiter feiert in der
Woche Sonntag, Donnerstag und Freitag, dann vier
Monate in der Regenzeit; die Zahl der Arbeitstage
im Jahre ist nur 138. Die Temperatur in den Kam-
mern ist sehr hoch, 22" R. oder um 4 — 5* höher
als im Freien. Die Leute arbeiten fast nackt, nur
an brüchigen Stellen wird gegen Verletzung durch
abfallende Stücke ein dickes Wollentuch, Namdah,
umgelegt. Unter der Ausdünstung bedeckt sich der
Körper des Arbeiters mit einer weissen Salzkruste.
Die ökonomische Lage der Arbeiter ist keine un-
günstige ; die Leute gehören aber zu den streit-
süchtigsten Arbeitern Indiens. Arbeiterausstände sind
keine Seltenheit, Klagen über ungerechte Abzüge
und vorübergehender Stillstand einer Grube, einer
Kammer an der Tagesordnung, bis der Beschwerde
abgeholfen oder ihr Unbegründetsein nachge-
wiesen ist. (Schluss folgt.)
DIE DEUTSCHEN SCHUTZGEBIETE UNO COLO-
NIALUNTERNEHMUNGEN BEI BEGINN DES JAHRES
1890.
I.
Die deutschen Schutzgebiete und Colonial-
unternehmungen sind im Jahre 1889 von sehr
verschiedenen Schicksalen betroffen worden und
haben daher auch einen sehr verschiedenen Ent-
wicklungsgang genommen. Diejenige Colonie, in
welcher von Anfang an die wirthschaftliche Aus-
nützung und die Ausübung der Staatsgewalt ge-
trennt wurde, die in Kamerun und im Togoge-
biet, hat sich auch in neuerer Zeit in befriedi-
gender Weise weiter entwickelt. Seit daselbst
durch die deutsche Besitzergreifung Sicherheit
für Handelsniederlassungen geschaffen .»worden,
wird an der Aufschliessung des Hinterlandes ge-
arbeitet, und ist zu dem Handel die Anlage von
u
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
l'lantagen hinzugcUoinmcn. I<',bcns() ruhig und
stetig ist das Colonialunternelimen auf Neu-Guinea
fortgeschritten, dieses allerdings noch im Stadium
der ersten, die Iciinftige Ausnützung vorbereitenden
Anlage. Die Uebtrnahme der I^egierungsgewalt,
welche bis vor Kurzem von der Neu-Guinea-Com-
pagnie geführt wurde, durch einen Reichsbeamten,
hat sich im Laufe der allerjüngsten Zeit voll-
zogen.
Von den beiden Gebieten, auf welche sen-
sationelle Ereignisse die Aufmerksamkeit am stärk-
sten hingelenkt, dem südwestlichen und dem ost-
afrikanischen ist das crstere augenblicklich wieder
Gegenstand einer heftigen Polemik zwischen den
deutschen Autoritäten einerseits und der einge-
borenen Bevölkerung, wie den fremden Einwan-
derern andererseits. Man kann das südwestafri-
kanische Gebiet als die zweifelhafteste aller
deutsch-colonialen Erwerbungen ansehen, weil dort
Alles auf den Glücksfall der Auffindung reicher Mine-
ralschätze anzukommen scheint; es ist auch be-
kannt, dass die jetzige Nutzniesserin, welche das
Land von dem ursprünglichen Erwerber desselben
(Lüderitz) übernommen, d. h. die Südwestafri-
sche Compagnie, dies nur that, um das Land,
welches sich möglicherweise später doch als werth-
voll erweisen könnte, nicht in fremden Besitz
gelangen zu lassen. Ausserdem ist dieses Schutz-
gebiet auf allen Seiten fast von feindseligen Ele-
menten umgeben ; im Süden blickt die Regierung
der Capcolonie eifersüchtig und misstrauisch auf
die in ihrer Nähe entstandenen deutschen Nieder-
lassungen, im Osten bietet die Südafrikanische
Compagnie, welche Betschuanaland, sowie Mata-
beleland, als zu ihrer Machtsphäre gehörend be-
trachtet. Alles auf, um die deutsche Colonie von
einer Annäherung an die Transvaal - Republik
fern zu halten, und jede Verbindung zwischen
denselben zu hintertreiben. Dazu kommen dann
noch die fortwährenden Händel und Reibungen
mit wilden, ungezügelten Stämmen, wie den Ovam-
bos, den Namas und anderen üottentottenvölkern,
welche Deutschlands Schutzherrschaft nicht an-
erkennen wollen.
In üstafrika ist noch immer mit dem Trotze
und dem zähen Widerstände, den das Araber-
thum den deutschyi Culturbestrebungen entgegen-
setzt, zu rechnen. Erst wenn das Land völlig
pacificirt und die einheimische Bevölkerung zu
friedlichem Erwerb zurückgekehrt sein wird, wird
sich die Wiederaufnahme der wirthschaftlichen
Betriebe bestimmter in's Auge fassen lassen.
So weit die Erträge aus den Zöllen fliessen,
wird es, wenn die Ausübung der staatlichen Eunc-
tionen dauernd vom deutschen Reiche übernommen
wird, einer Auseinandersetzung über Rechte und
Pflichten zwischen diesem, der Deutsch-ostafrikani-
schen Gesellschaft und dem Sultan von Sansibar
bedürfen.
Auf die einzelnen Schutzgebiete näher ein-
gegangen, ist das l'ogoland, in Bezug auf sein
Hinterland , nach mehreren Seiten hin durch-
forscht, und sind neue, zur Belebung des Handels
zwischen dem Inneren und der Küste dienende
Stützpunkte gewonnen worden. Eine dieser Posi-
tionen, die schon im Vorjahre von dem Stabs-
arzt Dr. Wolff im Adelilande gegründete Station
Bismarckburg, war eigentlich dazu bestimmt, einen
Basispunkt für ein Vordringen gegen das wenig
zugängliche Reich Dahomey abzugeben, woselbst
der Herrscher jährlich noch immer tausendc von
Sciaven abschlachten liess, mit der Begründung,
er sei zu solchem Morden gezwungen, weil die
Europäer ihn an dem Verkaufe der Sciaven hin-
derten. Wolff, der thätige und umsichtige Stations-
chef von Bismarckburg meint, dass man den
König lehren müsse, die Sciaven zur Arbeit zu
verwenden. Man würde nicht nur Dabomey, son-
dern auch der Sache der Humanität den grössten
Dienst erweisen. Neben Wolff hat sich Haupt-
mann von Eran(;ois um die Erweiterung der Be-
sitz- und Interessensphäre im Binncnlande der
Goldküste grosse Verdienste erworben.
U.
Was das wirthschaftliche Gedeihen und den
Fortgang der Station Bismarckburg angeht, so
wurden die Anpflanzungsversuche im grösseren
Massstabe an verschiedenen Stellen, besonders
auch in dem überaus fruchtbaren, kürzlich er-
worbenen Oibathalc , westlich am Kusse des
Adadü, fortgesetzt und sind deshalb noch nicht
etwa als abgeschlossen zu betrachten. Bis jetzt
sind die Arbeitskräfte in erster Linie durch An-
lage, Bau und Einrichtung der Niederlassung in
Anspruch genommen worden. Von nun an sollte
mehr Sorgfalt auf die Pflanzungen verwendet
werden , welche bereits erheblich vergrössert
sind, so dass in Zukunft die Erträge derselben
wesentlich zur Unterhaltung des Stationspersonales
beitragen werden. So sind bereits 4700 Yams
gepflanzt , welche nach 6 Monaten geerntet
werden können, und hier bis vierfache Erträge
geben. Zwei Yams von Durchschniitsgrösse ge-
währen einem Erwachsenen hinreichend Nahrung
für einen Tag. Yams (Dioscorca) bildet hier die
Hauptnahrung der Eingeborenen. Maniok kommt
erst in zweiter Linie in Betracht. Mais hat auf
der Station bereits zwei gute Ernten gegeben.
Der am 20. Mai gepflanite wurde am 22. Sep-
tember geerntet und der vom 28. August am
14. November. Auch Erdnüsse, zwei Arten, ge-
diehen vorzüglich. Die Saat vom 10. Juli wurde
am 3. Jänner geerntet. Erdnüsse können eben-
falls zwei Ernten im Jahre geben, und werden
dann am besten im März und im Juli gepflanzt.
Einheimischer Tabak und Baumwolle geben
höchst befriedigende Erträge und scheint beiden
der Boden hier sehr zusagend zu sein.
Süsse Kartoffeln, Hirse und auch, Zwiebeln
wurden ebenfalls auf der Station mit Erfolg an-
gepflanzt. In Adeli werden drei verschiedene
Pfefferarten cultivirt. Ausser dem roihen sp.ini-
schen und dem weniger scharfen rotben Sudan-
OESTeRREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
pfeffer gedeiht hier auch vorzüglich der schwarze
indische.
Auch Ingwer wird von den Eingeborenen
mit gutem Erfolge angebaut. Hohe Ricinusstauden
finden sich vielfach in unmittelbarer Nähe der
Ortschaften.
Dem verdienstvollen Begründer der Station
Bismarckburg, Dr. Wolff, ist es nicht vergönnt
gewesen, die errungenen Erfolge zur Förderung
und Befestigung deutschen Einflusses und deutschen
Ansehens zu vefwerthen. Derselbe erlag im Laufe
des Sommers einem perniciösen Fieber, das ihn
auf einer Expedition nach Kebu ereilte. An seine
Stelle ist zunächst Premierlieutenant Kling ge-
treten.
Viele bemerkenswerthe und neue Aufschlüsse
bat Francois auf seiner im vorigen Sommer in
den westlichen Theil des Togo-Hinterlandes über
Salaga hinaus unternommenen Reise erhalten.
Haupthandelsplätze der dortigen Gegend sind die
Städte Salaga, Jendi, Kratschi und Kpandu ; der
erstgenannte Platz ist der bedeutendste. Besonders
rege ist der Karawanenverkehr vom Nigerbecken
und vom Norden und Osten her. Karawanen aus
dem Haussalande tauschen Rindvieh und Pferde,
solche aus Hofi Esel, Schafe und Ziegen gegen
Kolanüsse ein, die von Karawanen aus Ateobu
und Kintempo auf den Markt gebracht werden.
Gasari- und Daboja- Leute bringen Sclaven, letztere
auch noch Salz, und handeln dafür Gewehre,
Pulver und Schnaps ein.
Trotzdem Jendi an der Karawanenstrasse
Sansanne — Hangho — Salaga und nicht fern der
Strasse Mofo — Salaga gelegen ist, ferner an
Einwohnerzahl Salaga um ein Bedeutendes übertrifft
und vor diesem den Vorzug der gesunden Lage
hat, will der Handel daselbst nicht aufblühen.
Die Schuld trägt der Sultan, der \'on den Kara-
wanen hohe Abgaben fordert und das gleiche
Recht seinen Unterhäuptlingen einräumt. Die
meisten Karawanen aus dem Haussalande um-
gehen aus diesem Grunde das Land Jende
südlich.
Von europäischen Artikeln sind am be-
gehrtesten Garne und Kauri , darnach bunte
Stoffe (roth-blau), Gewehre, Pulver. Englische
ganze, halbe und Viertelschillinge haben von der
Küste bis Salaga Giltigkeit, wenn das Gepräge
erkennbar ist.
Ein milder, verständiger, die Interessen des
Handels fördernder Herrscher und geographisch
begünstigende Umstände machen Salaga zum
Handelsemporium des oberen Wolta, ja des
Nigergebietes. Das seiner Sagenhaftigkeit ent-
kleidete Timbuktu dürfte ihm kaum den Rang
streitig machen. Salaga liegt der Mitte des Niger-
bogens gegenüber, ziemlich gleich weit von allen
Hauptplätzen am Niger entfernt , wie Segu,
Bandjagara, Timbuktu, Say und Kirotaschi.
Ebenso hat es einen gleichmässigen Abstand
von den wichtigen Küstenorten der englischen
Goldküste und der deutschen Togocolonie.
Salaga liegt also in einer Gegend, in welcher
natürliche Verbindungen zusammenlaufen, und ist
der Schlüssel für das Wolta-Gebiet und die Ge-
birgsdefileen.
Radienförmig kommen hieher aus dem weiten
Niger-Becken von der westsudanesischen Hochebene
vier grosse Karawanenstrassen zusammen, und vier
weitere gehen von Salaga aus strahlenförmig der
Küste zu.
Seit altersher dienen diese Wege einem leb-
halten Verkehr nach der Hochebene und in jüng-
ster Zeit auch dem Verkehr nach dem Togo-Gebiet.
Salaga liegt in dem Dreieck zwischen Wolta und
Daka, 4 bis 6 Stunden von der ungesunden Wolta-
und 3 Stunden von der Daka-Niederung entfernt,
auf einer leichtgewellten Hochfläche in circa 170OT
Meereshöhe.
Die Hochfläche ist von niedrigem Savannen-
gras, das ein prächtiges Weideland abgibt, und
zwei Fuss hohen Sträuchern bedeckt und fruchtbar
genug, um gut angebaute Mais-, Hirse- und Yams-
felder zu tragen, und die Bedürfnisse der Stadt an
Lebensmitteln aller Art zu decken. Alles in Allem
macht sie aber einen sehr kahlen, schattenlosen
Eindruck. Denselben öden Eindruck macht die
Stadt. Von Weitem sieht man nichts wie eine halbe
Stunde weit von West nach Ost und 20 Minuten
von Nord nach Süd gestreckte Fläche, bedeckt von
niedrigen, meist kegelförmigen, seltener viereckigen
Dächern und einigen vereinzelten Schattenbäumen.
Der Sultan ist vor dem Schmutz geflohen und
hat seine Residenz im Pembi, eine Stunde südöst-
lich von Salaga gebaut.
Trotz des Schmutzes und der verpesteten Luft
ist Salaga ein lebhafter Ort. Unter den anstecken-
den Krankheiten sind besonders die Pocken zu er-
wähnen, welche dauernd herrschen. Einige Ein-
wohner stehen in dem Rufe, die Krankheit mit Er-
folg heilen zu können.
Salaga ist der beste Ort für den Anthropologen,
Ethnographen und Sprachforscher , welcher die
Völker des Niger studiren will. Nicht nur alle Er-
zeugnisse des Niger-Beckens, sondern auch alle
Volksstämme des Niger kommen hier zusammen.
Täglich kommen und gehen Karawanen. Die meisten
treffen aus den Haussa-Staaten und dem Lande der
Fellata über Gomba, beziehungsweise Say-Bisuggu,
Nikki, Konjaffi hier ein.
Der Weg über Sansanne, Mangu-Jendi wird
weniger benützt. Die Karawanen führen Waaren,
Pferde und Rindvieh mit sich, um Kolanüsse einzu-
tauschen, viele kommen aus Muschi über Gambaga
mit Sclaven, Eseln und Schafen, die sie gegen
Kolanüsse absetzen. Die Gasari-Leute verkaufen
Sclaven und erhandeln Gewehre, Pulver und die
besten Pferde, um neue Sclaven zu fangen. Die
Kolanüsse werden von Kintempo aus auf den Markt
gebracht. Karawanen aus Daboja am Wolta bringen
Salz und Sclaven, wofür sie Schnaps und Kola-
nüsse fordern.
Salaga ist auf den regen Verkehr von Frem-
den, die mindestens ein Drittel der Bevölkerungs-
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
Ziffer ausmachen, vollständig eingerichtet. Die
meisten auswArtigen Händler haben ihre Gast-
freunde, bei denen sie stets absteigen, aber sie sind
billige Gäste, da sie nur den Herd und die Schlaf-
stelle benützen, alles Andere bringen sie mit.
Der Handel im 'I'ogo-Gcbict hat eine Zukunft,
da das I^and ziemlich dicht bevölkert ist und noch
manche Producte, wie Kautschuk und Indigo, welch
letzterer hier wild wächst, in grossen Mengen ge-
wonnen werden können. Die Kautschukliane ist im
Gebirge sehr verbreitet, doch ist ihre Verwerthung
den Eingeborenen dort noch unbekannt, welche
immer noch ein einseitiges Wirthschaftssystem für
den Export, nämlich die Gewinnung des Palmöls
betreiben. Die an der Küste gangbarsten 'l'ausch-
artikel sind : Taschentücher und Kattune, roth-
geblümte Muster und sogenannte Fancy- Points,
Blättertabak in Bündeln (hcads), billige Löffel und
Messer, gewöhnliche Perlen , sogenannte Popo-
Beads, Glaskorallen und echte Korallen, Feuersteine
für Steinschlossgewehre, Decken und billige Filz-
hüte, sogenannte „Triumphhüte", und Hemden,
weiss oder gestreift, beliebt als Geschenke für
Häuptlinge; Parfüms wie Lawcndel, und weiter:
Kothgarn in Päckchen, Blaugarn, dicker Messing-
drath (brassrods), rothe Fez, Spiegel (Soldaten-
spiegel), Sammt, Nähnadeln, Shirting, türkisch-
rother Kattun, weisse Baumwollcnzeuge (Cirey baff
und Grey superior). Langschäftige Steinschloss-
gewehre, sogenannte üaneguns und rothangestri-
chene mit grosser Mündung, sogenannte Buccaneer,
für Elephantenjagd, sowie Pulver, sind sehr geeignet
zum Ankauf von Pfer<len und Rindvieh, ferner Seide
in Stücken oder Tüchern, roth oder rothgeblümt.
Taschentücher und die eingeführten Kattune sind
überall sehr beliebt als Tauschartikel. An der Küste
sind kleine Silbermünzen, bis jetzt noch englische
3 und 6 Pencc höchst erwünscht und vortheilhaft
zu verwertlien. Kisenwaaren, wie kleine und grosse
Messer (sogenannte butcher knives) Haumesser und
Hacken, Taschenmesser haben als Exportartikel
hierher eine Zukunft.
Was den Handel und Waarenaustausch zwischen
dem Togo-Gebiet und dem benachbarten König-
reich Dahomeh betrifft, so fehlt es demselben noch
an Stetigkeit. Im Grossen und Ganzen befuidct sich
der Dahomeh-Handel noch in dem Anfangsstadium;
es werden nur geringwcrthige Waaren eingeführt,
wie sie zur Befriedigung der Bedürfnisse eines noch
uncivilisirttn Menschen nöthig sind, von ICinführung
irgendwelcher Luxusartikel ist noch keine Rede,
ausgenommen was die Mulatten, die irgend eine
Missionsschule besucht haben, bestellen, um sich
wenigstens mit dem Schein eines Civilisirten zu um-
geben.
Der Handel mit Dahomeh wird in gleicher
Weise betrieben, wie derjenige längs der ganzen
Westküste. Europäische Waaren werden eingeführt,
um gegen Landesprodurte umgetauscht zu werden;
letztere sind hauptsächlich Palmöl und Palmkerne,
Elfenbein dagegen nur in sehr kleinen Quantitäten;
doch unterliegt es keinem Zweifel, dass von letzterem
grosse Mengen im Hinterlande von Dahomeh zu
erhalten sind, durch das Abscblusssystem D^homehs
aber nicht zur Küste kummcn. Unter den einge-
führten Waaren sind deutschen Ursprungs Salz von
Strassfurt, Gcneverund Rum von Hamburg, während
die anderen Artikel von den einzelnen Häusern aus
ihrem Mutterlandc bezogen werden, so unter An-
derem Pulver, Eisenwaarcn, Provisionen und Ga-
lanteriewaaren. Baumwollcnwaaren werden nur von
England genommen; wiederholte Versuche mit
deutscher Waare waren nicht von Erfolg gekrönt,
da der Preis sich den englischen Waaren gegenüber
noch zu hoch stellt, und der deutsche Fabrikant die
Wünsche desBestellers demGeschmack entsprechend
nicht genug berücksichtigt.
Die aus den Einfuhrzöllen seit I. August 1887
sich ergebenden Einnahmen im Betrage von 80.000
Mark im Etat für 1889/go genügen, um die Kosten
der Verwaltung zu decken. Die Colonie steht unter
Verwaltung des Reiches: Regierungscommissär war
im letzten Jahre Herr v. Putikamer, der auch zu-
gleich Consul für die unter fremder Hoheit stehen-
den Gebiete an der Gold- und Silberküste war.
Ausserdem befindet sich dort ein Secretär, ein
Polizeimeister, ein Regierungsarzt und andere Be-
amte. In Deutschland hat sich am 8. Mai 1888 eine
deutsche Togo-Gesellschaft als eine offene Handels-
Gesellschaft constituirt, nachdem Dr. Henrici Land
am Sio-Fluss erworben hatte. Die erste Station der
Gesellschaft ist in Gapo, einige Tagereisen von der
Küste. Fran<;-ois spricht sich über diese Erwerbung
günstig aus.
Um die Auffindung neuer und sicherer Wege
aus dem Binnenlande nach der Küste hat sich auch
Premierlieutenant Kling, welcher dem Stabsarzt
Dr. Wolff beigegeben, verdient gemacht. Der ge-
nannte Officier ist auf der von ihm zurückgelegten
Tour von Bismarckburg nach Klein Popo meist auf
Eingeborene -Stämme gestossen, die eine den
Deutschen freundliche Haltung zeigten. Besonderes
Interesse gewährte ihm der Marsch durch die Da-
homeh benachbarte Landschaft Atakpamc, in welcher
seit kurzer Zeit einzelne deutsche Niederlassungen
eingerichtet worden sind, und wo zum ersten Male
eine Berührung mit der einheimischen Bevölkerung
stattgefunden hat.
III.
Die Hauptbeschäftigung der .Atakpamcleutc ist
der Handel, neben welchem sie aber bedeutende
Weberei und Mcfscrschmi<-dcarbcit betreiben. Die
Einwohner waren sehr zurückhaltend, hatten sie
sich ja doch die Europäer bis jetzt fernzuhalten ge-
wusst, bis ein Besuch bei einem Fetischpriester das
Eis brach. Der Weg über Atakpamc ist von allen
Verbindungswegen zwischen der Station und der
Küste der beste, und wird nun auch wohl, nachdem
seine Erschliessung gelungen, allgemein benutzt
werden. Die Entfernung von Klein-Popo nach Sa-
laga über Bismarckburg beträgt 22 Marschtage, führt
ausschliesslich durch deutsches Gebiet und ist kürzer
als die bis dahin bekanntgewesenen Handclsstrassen
zwischen Lome und Salaga oder .\kkra auf der
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
englischen Goldküste und Salaga. Die Constatirung
dieser Thatsache ist für den deutschen Handel von
grosser Wichtigkeit, wenn dieser in dem vielver-
sprechenden Gebiete mit den Engländern zu con-
curriren beabsichtigen sollte.
Die Verhältnisse liegen in der Togo-Colonie
in handelsjiolitischer Beziehung insoferne günstig,
als es geglückt ist, die Station im Rücken derjenigen
Volksstämme anzulegen, welche den directen Handel
zwischen der Küste und dem Innern durch List und
Gewalt zu verhindern suchten. Bismarckburg sichert
in Folge seiner günstigen geographischen Lage dem
deutschen Handel ebensowohl eine gute Verkehrs-
strasse nach Salaga als auch nach Fasuga und
weiter nach Nordosten,
Die Grenzverhältnisse der Togo-Colonie nach
Westen sind noch nicht festgestellt und die An-
sprüche der Engländer und Deutschen collidiren an
mannigfachen Punkten, während nach Osten hin,
gegen die französische Besitzung, die Grenze
längst regulirt ist.
Wirthschaftlich ist das deutsche Togo-Gebiet
Jahr für Jahr vorwärts gegangen. Der Handels-
umsatz, namentlich in dem dicht an der englischen
Grenze gelegenen Lome, ist in fortdauerndem Steigen
begriffen und beläuft sich auf weit über sieben Mil-
lionen Mark, von welchen für das laufende Jahr an
Zöllen gegen neunzigtausend Mark einkommen,
durch welche die Verwaltungskosten vollauf gedeckt
werden. Durch den Aufschwung des Handels haben
sich drei neue Firmen veranlasst gesehen, ihr Ge-
schäft in der Colonie aufzuschlagen. Das Aufblühen
des Handels in Lome ist dem Umstände zu danken,
dass die Engländer höhere Zölle erheben, und dass
die Eingeborenen deshalb weither aus dem Innern
von englischer Seite nach Lome gehen, weil sie
dort billiger kaufen. Darunter leidet der englische
Handel allerdings. Der Grund dafür liegt einerseits
darin, dass sie höhere Zölle haben, anderseits, dass
gar ke'ne natürliche Grenze vorhanden ist.
Nicht nur mit Bezug auf den Handel ist Togo
in einen neuen Abschnitt der Entwicklung getreten,
sondern man hat auch begonnen, Plantagenbau zu
betreiben. Ausser einer kaufmännischen Firma,
welche kürzlich eine kleine Cocospflanzung an der
See angelegt hat, arbeitet die „Deutsche Togo-
Gesellschaft", als Plantagen-Gesellschaft im Innern
und will für umfassende Verkehrsmittel und Schiff-
barmachung der kleinen Küstenflüsse sorgen. Ge-
baut wird dort Baumwolle, 'l'abak, Ricinus und
Kaffee. (Scliluss folgt.)
DIE SYMBOLISCHE ROSE IN DEN KORDAFRI-
KANISCHhN RELIGIÖSEN ORDEN.
Wollte man eine Liste aller jener falschen Be-
griffe und irrigen Angaben anlegen, die noch heute
über muhammedanische Dinge im Umlauf sind, so
erhielte man wahrlich ein stattliches Verzeichniss
von Missverständnissen. Populäre Darstellungen
und Reisewerke sind die vermittelnden Organe
solcher Irrthümer, über welche die Kritik fachkun-
diger Orientalisten nicht die nothwendige Controle
übt. Durch dilettantische Führer irregeleitet, wird
z. B. noch heute in den weitesten Kreisen die grund-
falsche Anschauung verbreitet, dass der Unterschied
zwischen den beiden grossen Abtheilungen des
Islam, zwischen Sunniten und Schiiten darin be-
stehe, dass diese blos den Koran als Autorität an-
erkennen, während jene ausser diesem geoffenbarten
Religionsbuch noch die Sunna als Quelle des re-
ligiösen Verhaltens und Glaubens betrachten.')
Viele solcher falschen Angaben sind durch
Reland'x und Mouradgea d'Ohsson's für ihre Zeit
denkwürdige Arbeiten aus der Welt geschafft wor-
den. Man spricht nicht mehr von Muhammed's Grab
in Mekka als Zielpunkt der muslimischen Wall-
fahrten ; die Fabel von den magnetischen Wänden
derKa'ba ist längst aus dem Verkehr geschwunden ;
die Türkenbücher und Reisebeschreibungen des
XVI. und XVII. Jahrhunderts sind voll davon. Die
in früheren Jahrhunderten allgemein verbreitete
Anschauung, dass jeder Jude, der Muhammedaner
werden will, zuerst mittelst regelrechter Taufe
durch den christlichen Glauben hindurchgehen muss,
weil der Islam auch die Anerkennung Jesu's voraus-
setzt — ist wohl gleichfalls aus dem Wege ge-
räumt. MartinusBaumgarter von Breitenbach (l 507)
ist gewiss nicht der Letzte, der dieser Fabel
Glauben schenkte. ^)
Lange hafteten falsche Worterklärungen. Es
wäre nicht ohne Interesse, die Geschichte, Leben
und Sterben solcher Irrthümer zu verfolgen. Von
einem Buch in's andere ging, um ein Beispiel aus
diesem grossen Kreise anzuführen, die uns heute so
sonderbar anmuthende Angabe, dass die Muham-
medaner ihre Geistlichen Talisman nennen. Darüber,
was man unter Talisman zu verstehen habe, sind
die verschiedenen Verfasser nicht einig. Martin
Crusius ") citirt bereits nach einer altern Autorität,
Genfraeus, dass man die türkischen Priester Talis-
manlar nenne ; dasselbe lehrt auch Ricaut an
mehreren Stellen seines noch heute interessanten
Buches über muhammedanische Dinge, zu dessen
religiösen Abschnitten er sich seine Informationen
von einem unter Türken erzogenen Polen holte.
„ Besagter Polack hiess Albertus Bohonius, und inuss
ich bekennen, dass ich das meiste, so ich in diesem
Buche angemerckt, von ihm herhabe." *) Der böh-
mische Freiherr v. Wratislaiv, der im Jahre 1591
dem Gesandten des Kaisers Rudolf II. am Hofe
des Sultans Muradlll., Friedrich Kreywitz, attachirt
war, nennt die Minaretrufer hartnäckig Talisman *),
und dieselbe Bedeutung gibt diesem Worte /ohann
Ulrich Wallich aus Weimar: „Diese Ausruffer —
') So lehrt noch mirkwürdigerweise der Professor de.^ Islam
an der Parise ■ ..Eeole de» hautes-etudee** in eeioer Antrittsvor-
lesung, Hartw. Derenbourg. La science des religions et Vlalamisme
(Paris, Leroux 1886), p. 76.
') Peregrinatio in Aegyptum, Arahiam, PalaeMnam et Syriam,
edid. M. Clirisr. Donaveriua (Nürnberg j5it4), p. \fi: Nam si (iuis
Judaeus tldem suair (uämticli de» Muhai» niedaners) aniplecti vellet,
non priu.s aiimittittir donec Christiani niore baptizatus.
') Tiircograeciiie libri octo. Haeil. 1584 in fol., p. 67.
•) Die Nen-tröffnete Ottomanische Pfortt. (Deutsche Ueber-
setzung.) Augsburg 1694. Bil. ), p. »8a.
»j Des Freiherrn von Viratislaw merhvirrdige ilesandtschafis-
reise von Wien nach Konstantinopel. (Aus dem Böbmischeu über
setzt., Leipzig 1787, p. 3-t.
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEN ORIENT.
[•sagt der Tliüringer*) — werden genennet 'I'idism.in
[ oder Mesin. Wenn etwa diese an dem Abruffcn ver-
hindert werden, können an deren statt es wohl die
jüngere Studenten verrichten, so sich desswegen zu
den Kirchen begeben und darinnen exercircn."
Üesgieiciien meint der eifrige Agitator Bartholo-
mäus Georgivits, dessen Flugschriften gegen die
Türken gewürdigt wurden , im lateinischen Ori-
ginal in Theodor Ribliander's bekanntes Sammel-
werk ') aufgenommen zu werden , woraus dann
einiges „von einem Thüringer aus dem Lateinischen
in's Hochdeutsche gezogen" wurde**): „Sacerdotis
vero illorum lingua Talismanlar vocati" und der
»Franzose Villamont:*) „11 faut que le sainton ou
Talisman (qui est leur Prestre ouCure) vienne pour
consoler le malade et lui represenier l'etat de son
salut". Auch der Sachse Wilhelm Hurchard, der in
der Mitte des XVII. Jahrhunderts in der Türkei
verkehrte, 1") schreibt in seinem siebenten Ca|)ilel :
„Die Priester , so auff ihre Sprach Talismonlar
heissen, haben einen geringen Unterschied vom ge-
meinen Volk". Von den Mu'eddins spricht er in
einem frühern Capitel besonders, von den Schul-
meistern in einem spätem, und es darf beiläufig
hervorgehoben werden, dass er sich bei dieser Ge-
legenheit zu derKemerkung veranlasst findet: „Man
hält die Schulmeister in Türekey sehr wehrt und
thun kein Überlast, lassen auch nicht geschehen,
dass ihnen ein einizig Leid wiederfahre, worinnen
sie uns Teutschen hefftig beschämen, als da viele
gar Fussschemel aus ihren Schuldienern machen
und alles Hertzeleid den armen Leuten zufügen."
Die Verbreitung völlig aus der Luft gegriffener
oder auf argem Missvei-ständniss beruhender sprach-
licher und sachlicher Angaben über muhammeda-
nische Verhältnisse hat aber auch angesichts der Ver-
tiefung unserer modernen Kenntnisse nicht aufge-
hört, die populären Berichte über den Orient zu
verunstalten. Aus einer grossen Reihe von Bei-
spielen, die sich jedem Fachmanne darbietet, der
es nicht verschmäht, die Reiseliteratur mit einiger
Aufmerksamkeit zu verfolgen, möchte ich hier ein
charakteristisches Detail hervorheben, das mir
durch ein vor nicht langer Zeit erschienenes popu-
läres Buch über Algier wieder nahegeführt worden
ist. In der Reihe populärer ethnographischer Werke
über den Orient, welche in Paris bei E. Plön er-
scheinen, ist Algier durch ein Buch Ai^% Dr. Bernard
vertreten. Im Capitel über die geheimen Brütler-
schaften (Kliouän) in Nordafrika wird uns hier zum
so und so vielten Male folgende Mär erzählt: „II
n'y a peut-etre un musulman du nord de l'.'^frique
•) Biligio Uircica et Maliomitta Yiln. Dnt ist: h'urlii, Kahr-
hoffligt grtind- und rigtndliche Htichrtihung Tarckiaclur Ktligion,
If.« auch I.ilien, Winidel uud Tod des ArabiscInH /alicIilH l'ro-
(ihilen Maliometia. Aligcfa«»t^l. bei» Urieben und In Teuuclier Sprache
herausifßie« bf n (o. O. KiW), p. 2.5.
•) Uli. III. p. 183.
•) rüTcken-llüMtin Barlholomel Oeorijl VI» EInei Unj[»rn,
welcher 1» Jmbr bei den Türcken gcf.ingen gewesen. Vonder
'Mrcken (lebrüllchi'U und Oeivi.linh<'lteu flu. elf. NOrnbffg ItlCT.
•) /.es Yogai/ta du Srigoiur de l'iUamoHl, ChevalliT, de
l'Ordro de llienuiilcin, gentiluomme urdlnalre de U CU»mbr« du
Kov (T.von IßlHi), p. 301.
'") Anns IM dt» 19 Jahr um TürektH gtfttmgen gene»e»tn
Sachten auffs ihm triiffnete lürck/i/ (,1. Au.g. Uüts, ü. Aii»g. IR»!.
Magdeburg).
<|ui , se/on l'exprtsiion comacrie n'ail pris la rote
de l'une de ces pieuses et politic|ue» confr^ries*,
unci weiter nochmals: „La province d'Alger prtnd
volontiert la rose dt Sidi Abd el Kader etc." '*)
Also ^die Rose nehmen'^ ist der geheiligte Aus-
druck für den Begriff: in einen religiösen Gebcim-
bund initiirt werden. Bernard ist nicht der Kntdccker
dieser Definition, denn wie eine ewige Krank-
heit erbt sie sich von Buch zu Buch und darum wird
es wohl nicht als überflüssig erscheinen, auf die-
selbe eingehender hinzuweisen ; vielleicht gelingt
es, der allenthalben verbreiteten unsinnigen Be-
hauptung endlich ein Ende zu bereiten. Wir müssen
da freilich den touristischen Schriftstellern einen
Schnitzer zu Gute halten ; denn, ohne dass sie
sich dessen bcwusst sind , könnten sie sich
für das ^Nehmen der Rose^ auf ein wissenschaft-
liches Specialwerk über nordafrikanische Culturver-
hältnisse' berufen, auf kein geringeres nämlich, als
auf das HanoUau-Lelourneux'sc\\G Werk über die
Kabylen und ihre Sitten. In demselben wird uns
die Rosenerklärung mit der höchst auffallenden Be-
merkung vorgeführt: „.^u moins c'est ainsi (|ue
l'cntendent Ics musulmans". "') Da dürfen wir uns
dann nicht verwundern, wenn in einem populären
Werke über Marokko, in welchem uns unter An-
derem die nicht wenig sonderbare Belehrung ge-
boten wird : Verlangt man nach einem arabischen
Buche, so sehen uns die Leute erstaunt an und
sagen: „In Fez habe niemand ein Buch, es möge
wohl der Eine oder der Andere eines besessen
haben, in welche Hände es aber mit der Zeit ge-
langt, sei unbekannt" — wenn, sagen wir, in dem-
selben Buche die „Rose" der nordafrikanischen Ge-
heimbünde als ausgemachteThatsache hingenommen
und den Lesern weitergegeben wird : „In einen
Orden eintreten — so lesen wir da kategorisch — •
heisst die Rose nehmen." ") Wie kommt aber die
Rose dazu, diese Rolle in den Gcheimbünden des
Islam zu spielen ? Darauf hat uns früher schon Herr
Pfarrer Bernhard Schwarz recht gründlich geant-
wortet: „In einen Orden eintreten — so sagt auch
er — heisst „die Rose nehmen". Bekanntlich war
diese Blume schon im ältesten .Asien ein verbreitetes
Symbol, bei den Christen Sinnbild des Martyriums
und im Mittelalter so wie heute noch ein Zeichen
für manche Gcheimbünde". '*)
So wäre denn nun auch der Zusammenhang in
symbolischer Weise hergestellt. .Aber vergeblich !
Wir müssen auf die Rose in diesem Kreise ver-
zichten, so schwer es uns auch wird, den Duft der
Rose mit einer dumpfen Litanei ru vertauschen.
„Wird", so nennen die Muhammedaner zunächst
eine Partie des Korans, die sie als andächtige üebung
zu einer gewissen Tageszeit regelmässig recitiren ;
dann nennt man auch mit diesem Wort eine Art
Litanei, welche religiöse Bruderschaften wahrend
") L'lltirtt fHi »•«>• r« (PmiU I8»7), p. »4», »SO.
") La KahgUe et le* coutumet k'aiglu (P»H» 18«^ Vi. II.
p. 96, Ann. ». ...._,
") Kdm. d« Amirls: JTurvUa. (N»«h «»n U».Hm»>Mthtm (nl
be rbitlel, IS83), p. U«, üi
■•) Al/tritn. (L.«lpilg IStl), p. t»l.
OD
ro
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
ihrer regeltnässrgen Vereinigung gemeinschaftlich
hersagen. Unter dem Namen „dhikr" sind diese
andächtigen Uebungen besser bekannt. Die ein-
zelnen Derwisch-Körperschaften haben ihre Eigen-
thümlichkeiten hinsichtlich der Zeit und Art dieser
Recitationen. Um daher die religiösen Uebungen
einer solchen Körperschaft mitmachen zu können,
muss man in die Eigenthiimlichkeit ihres „ Wird"
eingeweiht sein, und die Bekanntmachung m.it dem
Wird eines Ordens ist demnach eine nothwendige
Vorbedingung der Zugehörigkeit zu demselben.
Wenn man nun sagen will: ,, Jemand ist in den
Orden X eingetreten", so drückt man dies so aus:
„er hat den Wird dieses Ordens empfangen".
Mit diesem Wird haben nun die Schriftsteller,
die wir oben anführten, sowie jene, denen sie gefolgt
sind, das graphisch identische und lautlich ähnliche
Ward verwechselt; dies bedeutet /^ö« und so ist
wohl zu allererst die Rose als symbolisches Zeichen
der Initiation in einen muhammedanischen Orden
(merkwürdigerweise aber nur mit Bezug auf Nord-
afrika) entstanden.
Budapest. Dr. Ign. Goldziher.
MUSIK UND TANZ IN OSTASIEN.
Es dürfte kaum einem Zweifel begegnen,
dass der Ursprung aller Musik in der Biegsam-
keit der menschlichen Stimme wurzelt, dass mit
anderen Worten Gesang die ursprünglichste Musik
gewesen ist. Ermögliciit wird diese Biegsamkeit
der Stimme durch die aufrechte Körperhaltung,
worauf schon der Gesang der Vögel hinweist.
Aber auch unter jenem Affengeschlechte, welches
dem menschenähnlichen Affen der Vorzeit am
nächsten steht, beim Gibbon, finden sich Arten,
die mit dem aufrechten Gange eine solche Ge-
walt über die Kehlkopfmuskeln vereinen, dass sie
die Tonleiter für das Ohr musikalischer Beob-
achter richtig singen können. Dies ist beim
Hylobates agilis der Fall. Die Intervalle der von
diesem anthropoiden Affen ausgestossenen sehr
musikalischen Töne liegen um einen halben Ton
auseinander und die von ihm auf- und abwärts
gesungene Scala umfasst eine Octave. So sind
denn Anlage und Befähigung zum Singen ein
Gemeingut aller Menschen, und in der That ist
die Neigung für Vocalmusik fast bei allen Völ-
kern und Stämmen, wenn auch in recht ver-
schiedenem Masse vorhanden. Nicht selten äussert
sie sich in ganz roher Weise, ohne Rücksicht
auf das, was wir Harmonie nennen, die erst als
Angebinde eines verfeinerten Geschmackes sich
kundgibt. Schon auf sehr niedrigen Gesittungs-
stufen nehmen wir Versuche wahr, Töne künst-
lich zu erzeugen, die ersten Spuren der Instru-
mentalmusik, wenn man sich so ausdrücken darf.
Die Südseeinsulaner, wie die Neger Innerafrikas,
haben alle schon mehr oder weniger sinnreiche
Instrumente erdacht, welchen sie in der ver-
schiedensten Art Töne zu entlocken verstehen.
Im Allgemeinen daif man alle diese musikalischen
Instrumente in die drei grossen Gruppen der
Schlag-, I-ilas- und Saiteninstrumente theilen, die
ja auch unserem eigenen, hoch ausgebildeten
Orchester zu Grunde liegen. Die einfachsten und
zugleich unbeholfensten unter ihnen sind zweifels-
ohne die Schlaginstrumente, welche nur eine sehr
beschränkte Anzahl von Tönen hervorzubringen
vermögen, daher auch hauptsächlich bei den
niedrigen Völkerstämmen verbreitet sind. In
Afrika spielt die Trommel mit ihren Verwandten
eine gewaltige Rolle, hat sich aber auch in
höhere Cullui kreise gerettet. Uebrigens sind die
Schlaginstrumente je nach dem zu deren Her-
stellung verwendeten Stoffe einer ansehnlichen
Vervollkommnung fähig. Zwischen der hölzernen
Negertrommel und dem metallenen Gong Ost-
asiens ist ein bedeutender Unterschied.
Es bezeichnet allemal eine höhere Entwick-
lungsstufe, wenn Vocal- und Instrumentalmusik
sich mit einander zu verbinden beginnen, wenn
der Gesang nach Begleitung verlangt, ganz ab-
gesehen von dem musikalischen Werthe beider.
Auf dieser Stufe treffen wir die Nationen Ost-
asiens, die ja in der That auch einer alten,
eigenartigen Gesittung sich rühmen dürfen. Die
Musik der /apaner hat F. Kallenberg seinerzeit
in diesen Spalten geschildert.') Darnach bilden
dreisaitige Guitarren, Samsing, nach J. Rein Sa-
misen genannt, nebst kleinen Tarabukken oder
Trommeln, die verschieden gestimmt sind, aber
mit dem Klang der Guitarren harmoniren, die
Hauptinstrumente. Professor Rein nennt, ausser-
dem noch die dreizehnsaitige Koto, eine Art
Zither, welche liegend gespielt wird. Ihre Töne
sind viel harmonischer, wohlklingender als jene
des Samisen, doch ist ihr Spiel ungleich schwie-
riger. Die Biwa, eine Mandoline mit vier Saiten,
wird meist von Greisen gespielt. Die Satzver-
bindung de;- Melodie, sagt Kallenberg, ist dem
Gehör kaum wahrnehmbar; es ist ein fort-
währendes Durcheinander von Tönen, wobei
weder Trommel noch Guitarre dissoniren ; die
Schlusscadenz kommt so unerwartet als möglich,
da eine eben begonnene Steigerung eher die
Fortsetzung erwarten liesse. Gesang und Instru-
mentalmusik sind Künste, die in Japan, wie im
gesammten Morgenlande, in der Regel nur von
Mädchen ausgeübt werden. Diese werden stets
im Spielen des Samisen, in besseren Häusern
wohl auch der Koto unterrichtet. Diejenigen,
welche diese Künste gewerbsmässig betreiben,
heissen Geisha und stehen dem Ansehen nach in
der Mitte zwischen den zwei anderen niederen
Berufsciassen, den Yakusha und Joro, welche
dem Vergnügen dienen. Sie sind Vertreterinnen
nicht blos der neun Musen, sondern auch einiger
anderer Göttinnen, insbesondere der Hebe. Auch
die Chinesen bevorzugen die Schlaginstrumente ;
sie haben zuerst entdeckt, dass gewisse Steine
') Siebe Bd. XII., Seile 184.
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FOR DEN ORIENT
11
I
das Vermögen besitzen, musikalische Töne lier-
vorzubringen und so bearbtitet werden können,
dass sie die Töne der Octave wiedergeben.
Einige alte Instrumente wurden aus dem von
ihnen hochgeschätzten Nephrit gemacht und dem
kaiserlichen Gebrauche vorbehalten ; jetzt werden
dieselben aus einem schwarzen Kalkstein ver-
fertigt. Daneben gibt es Trommeln in den ver-
schiedensten Grössen und Gestalten, und ebenso
Saiteninstrumente, die entweder mit der Harn!
oder mit einem Plectrum angeschlagen oder wohl
auch mit einem Hogen gestrichen werden. Dar-
unter verdient die Pi-Pd lirwähnung, eine ballon-
förmige Guitarre, welche in den voiksthümlichen
, Capellen unentbehrlich ist. Die Musik ist bei
I den Chinesen nach ihren eigenen Aussagen uralt
und stand ursprünglich sogar mit Mass, Gewicht
und Münze im Zusammenhang. Europäischen
Geschmack vermag dieselbe aber nicht zu be-
friedigen. Im Allgemeinen scheinen die Chinesen
auf genaue Einhaltung der Tonstufe und der
Intonation keinen besonders hohen Werth zu
legen; sie begnügen sich mit einer gewissen
Annäherung, und in dem Umfange von zehn oder
zwölf unveränderten Noten finden die Musiker
eine unendliche Zahl von Melodien, welche den
Anforderungen des bescheidenen Geschmacks
vollkommen genügen. Diese Melodien aufzufassen,
ist anfänglich sehr schwer; sie hinterlassen keinen
bleibenden Eindruck, da sie sich fortwährend von
Dur in Moll und umgekehrt bewegen, so dass
sie keine entschiedene Klangfarbe zeigen. Immer-
hin ist Musik eine der beliebtesten Unterhaltungen
der Chinesen und in den meisten Städten be-
stehen Concerthallen, wo es dem Publicum für
ein Geringes erlaubt ist, ein Lied oder eine
Ballade anzuhören. Im Theater ist Gesang das
Privilegium der Hauptperson des Stückes, häufig
eine Art Recitativ, und die Art, wie das Orchester
in gebrochenen, kurzen Accorden oder in langen
getragenen Tönen denselben begleitet, ist dem
sogenannten Recitativstyl des Abendlandes sehr
ähnlich. Im Allgemeinen freilich läuft das Urtheil
der meisten Europäer darauf hinaus, dass die
chinesische Musik, wie die japanische desgleichen
„rein nicht zum Anhören" ist, und strenge Richter
brandmarken sie gar als „Ohrenschinderei".
Bei weitem erträglicher klingt die Musik auf
der hinterindischen Halbinsel, besonders in Siam
und Birma. V.\r\ siamesisches Orchester, aus fünf
bis sechs Instrumenten bestehend, ist ziemlich gut
zusammengestellt. Ausser der Flöte gibt es aber auch
hier blos Schlaginstrumente, und zwar nebst der
Trommel solche aus Bronze, Eisen oder Bambu,
die auf eine Octave von acht Noten gestimmt sind.
Diese Metallplatten, dem chinesischen „Gong'' oder
„Tamtam" entsprechend, sind an beiden Seiten an
schiffförmigen Schnüren aufgehängt und werden
nicht mit den Fingern, sondern mit Stäbchen ge-
spielt, die in einer kleinen Scheibe enden. Die
melodischesten dieser Miniaturclaviere sind jene
aus Bambu. Die Birmanen besitzen vollends eine
Anzahl höchst merkwürdiger, ihnen eigenthamlicbcr
Musikinstrumente. Das grösstc davon ist eine Art
„Trommelharmonika", Pal sc haing genannt. Das Ge-
häuse selbst gleicht einer grossen offenen Trommel
und ist so geräumig, dass derVirtuos darin sitzen kann.
An den inneren Wänden sind i8 — 20 'IVommeln
und Pauken von 7 — 25 cm Durchmesser angebracht
und verschieden gestimmt. Der Spieler schlägt sie
mit den Fingern, so dass man das Instrument auch
ein Trommelciavier nennen könnte. Aehnlich ist
das Gehäuse einer Beckenharmonika , die aber
mit Troinmristöcken geschlagen wird und von
besonderem Wohlklange ist. Die birmanischen
Blasinstrumente, Clarinetten und Trompeten, ver-
dienen wenig Lob, bemerkenswerth sind aber die
Harfen, die einen Resonanzboden aus Büffclledcr
und 13 Saitenstränge besitzen. Sie haben eine
äusserst elegante F'orm ; wie die altegyptischen
besitzen sie keinen Pfeiler oder kein Frontstück,
sondern die Saiten sind nuran einem schön geschwun-
genen Hals gespannt. Ganz vorzüglich ist aber ein
anderes, den Birmanen eigenthümliches Instrument,
welches unserer Glasharmonika gleicht, nur dass
statt der Glastasten, auf doppelten Schnüren kleine
Bambusplitter mit der convexen Seite nach oben
schweben. Die Abstufung der Töne wird dadurch
hervorgebracht, dass der mittlere Theil der Bambu-
Stäbe mehr oder weniger ausgehöhlt ist. Die Cla-
viatur hängt über einem luxuriös geschnitzten
Kästchen von aninuthiger Form, und die Stäbchen,
die mit zwei Stöcken geschlagen werden, geben
einen äusserst weichen Ton. Man darf diesem In-
strumente sonder Zweifel schon einen hohen Rang
der Ausbildung anweisen, ja dasselbe wohl für das
höchstentwickelte in Ostasien halten. Schliesslich
gedenken wir noch einer dreisaitigen Guitarre, die
aber wie eine Zither gespielt und deren Gehäuse
sehr sinnreich in der Form eines Alligators aus-
geschnitzt wird.
Wie man sieht sind es bei aller Vervollkomm-
nung doch immer die Schl.iginstrumcnte, welche
die Grundlage der oslasiatischen Musik bilden. Das
Nämliche beobachtet man auch in Java, bei der
dortigen Tantak Musik, welche durch Schlagen mit
hölzernen Klöppeln auf kupferne Becken und auf
eine Trommel hervorgebracht wird. Die Instru-
mente für die Tantak-Musik sind: 10 — 20 messingene
runde Becken von verschiedener Grösse, die in zwei
oder drei Reihen auf einem Gestelle liegen und mit
Ilolzklöppeln geschlagen werden; dann 10 — 15
nebeneinander auf einem Gestelle liegende 1 5 — 20 rM
lange und 5 — 7*5 cm breite Stücke Metall die man
ebenfalls mit hölzernen Hämmern schlägt ; ferner
8 — 12 Stücke verschiedenen Holzes von der Form
der erwähnten Metallstücke ; auch sie liegen auf Ge-
ste llcn und werden mit hölzernenHämmem bearbeitet.
Dazu kommen zwei runde kupferne Becken von
60 cm bis I m Durchmesser, in Schwebe hängend
und gleichfalls mit Ilolzklöppeln geschlagen, sowie
eine meterlange Trommel von 30 cm Durchmesaer,
die mit dem Klöppel oder wohl mit der Faust ge-
schlagen wird. Nur zuweilen betindct sich bei der
12
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
Tantak noch eine Zither mit zwei Saiten. Schon diese
Schilderung der üblichen Musikinstrumente genügt
hinlänglich zur Kennzeichnung der ostasiatischen
Musik, die noch weit entfernt ist von dem, was wir
unter diesem Namen begreifen.
Müssen wir es nun an der Erkenntniss ge-
nügen lassen, dass selbst Völker von unbestreit-
barer Gesittungshöhe, wie Chinesen und Japaner,
doch nur auf sehr schwache musikalische Leistungen
blicken dürfen, so zeigt ein Gleiches sich auf dem
verwandten Gebiete des Tanzes. Rudolf Voss, der in
seinem Buche überdenTanzauch einenAnlaufnimmt,
denselben geschichtlich zu verfolgen, erklärt: das
'l'anzen ist in der menschlichen Natur begründet ;
die Ansicht hat Vieles für sich, denn Tänze sind
selbst den rohesten Menschenstämmen eigen und
fast noch bei allen beobachtet worden. Freilich ist
bei diesen der Tanz etwas ganz Anderes als bei
den gesitteten Nationen der Gegenwart. Bei Völkern
niederer Gesittungsstufe bildet er wie Edward B.
Tylor treffend bemerkt, den Ausdruck der grössten
Leidenschaftlichkeit und Feierlichkeit. Bei Wilden
und Barbaren äussern sich Freude und Trauer,
Liebe und Zorn, selbst Zauberei und Religion im
Tanze. Man hat daher auch verschiedene Arten
von Tänzen zu unterscheiden, worunter die Kriegs-
tänze und die religiösen Tänze die wichtigsten sind.
Erregung des Muthes ist der Zweck der wilden
Kriegstänze, welche sowohl bei ganz rohen
als auch bei höher cultivirten Völkern weit ver-
breitet sind. In den alten Religionen wurde der
Tanz als eine der wichtigsten gottesdienstlichen
Handlungen angesehen ; ja , Plato erklärte alles
Tanzen für eine religiöse Handlung. Während nun
bei den modernen Culturvölkern die religiöse Musik
einen hohen Grad der Ausbildung erreicht hat, ist
der religiöse Tanz fast ganz ausser Gebrauch
gekommen. Bei vielen weniger fortgeschrittenen
Völkern hat er sich jedoch noch als ausschliess-
lich priesterliche Verrichtung erhalten. Aller Tanz,
auch der kriegerische und der religiöse ist aber
ohne Frage erotischen Ursprungs, eine mimische
Aeusserung des Geschlechtstriebes. Erwägt man,
wie sehr die Erotik in das Religionswesen der
alten wie auch der heutigen Naturvölker hinein-
spielt, so kann dies kaum befremden. Es wird auch
nicht entkräftet durch den Umstand, dass die Wilden
im Tanze die Geschlechter noch nicht vereinen. Ur-
sprünglich tanzte der Mann allein, das Weib musste
sich im günstigsten Falle mit dem Zusehen begnügen.
Was jedoch dieses MännertanzesSinn war, lässt unter
Anderem jener der westaustralischen Watschandi
am Murchisonstrome deutlich erkennen. Aber selbst
die Tänze in den europäischen Ballsälen, so ver-
feinert und ceremoniös sie auch sind, weisen in
Form und Zweck Spuren jenes Ursprunges auf.
Auf niederen Stufen der Cultur gibt es noch
keine Grenze zwischen der Tanzkunst und der
Schauspielkunst. Der nordamerikanische Hundetanz
und Bärentanz sind mimische Darstellungen, wobei
höchst naturgetreu und drollig nachgeahmt wird,
wie sich die Thiere auf der Erde wälzen, wie sie
sich kratzen und beissen. Sehr frühzeitig hat sich
auch der Bund von Tanz und Musik vollzogen. In
der That erheischt der einfachste Rhythmus der
Bewegungen irgend eine „musikalische" Begleitung,
So sehen wir denn überall den Tanz unter nicht
unbeträchtlichem Aufwände von Schallerregung vor
sich gehen. Bei sehr vielen ungesitteten Stämmen
bildet das Geschrei der Tänzer selbst die einfachste
„Tanzmusik". Aber auch die makassar'schen und
buton'schen Tänzer kennen keine andere Musik bei
den Tänzen, die sie gewöhnlich nur bei Festlichkeiten
aufführen. Diese selbst tragen durchaus den Cha-
rakter der Kriegstänze und bestehen darin, dass ein
oder mehrere Männer sich mit Schwert und Schild
bewaffnen untl nachher jeder einen besonderen
Platz im Kreise umlaufen, wobei die Tänzer fort-
während ihre Schwerter und Schilder rechts und
links, zuweilen aber auch über ihre Häupter drehen
und schwingen. Wenn letzteres geschieht, schreien
sie laut auf und wenden für diesen Augenblick ihren
Oberleib mit hochausgestreckten Armen nach der
Aussenseite des Kreises. Auf diese Weise dauert
der Tanz wohl eine halbe Stunde und länger fort.
Bei den weniger kriegerischen Timoresen sind die
Tänzer roth gekleidet und mit Säbeln oder langen
Messern bewaffnet; diese umschreiten bei ihren
Tänzen nur einen Kreis von l'3 bis I'5 vi Durch-
messer mit kleinen Schritten und krummgebogenen
Knien. Die Schritte müssen ebenso wie die Zuckungen
ihrer steifgehaltenen Arme nach dem Takte der
Musik, der Tantak, geschwinder oder langsamer
ausgeführt werden. Ein solcher Tanz dauert oft
mehrere Stunden lang ununterbrochen fort. Alle
diese 'Tänze werden durch berufsmässig^ Tänzer
ausgeführt, das Volk selbst betheiligt sich nicht
daran. Ueberall auf den Sunda-Inseln, Celebes und
den Molukken finden die Eingeborenen, Moslemin
wie Heiilen, es unterhaltender, das 'Tanzen nur zu
sehen, als selbst mitzutanzen. Wilde Kriegstänze
sind dagegen unter den Dayaken auf Borneo zu
Hause. Dem dänischen Naturforscher Carl Bock zu
Ehren veranstaltete einen solchen der Rajah des
Stammes der Modong- Dayaken zu Melan. Der Tanz
bestand aus fortgesetztem lauten Stampfen mit den
Füssen, begleitet von wildem Geschrei und drohen-
den Stellungen mit Mandau (Säbel) und Schild.
Gleichzeitig spielte ein Dayake mit aller Kraft auf
einem zweisailigen Instrumente, einem Mitteldinge
zwischen Banjo und Violine. Es war roh aus einem
einzigen Stück Holz gearbeitet, mit hohler offener
Rückseite. Die Saiten aus dünnen Bambufäden
wurden nur mittelst der Finger gerührt. Die sehr
gefürchteten 'Tring-Dayaken rannten bei einem sol-
chen Kriegstanze rund herum, stampften gleich-»
falls heftig mit den Füssen, schrieen mit hoher
Stimme, schwangen ihren Mandau, als ob sie einen
Feind treffen wollten, deckten sich dabei mit ihrem
Schilde und wurden allmälig so aufgeregt und
wüthend in ihren Bewegungen, durch das Geschrei
ihrer Genossen angefeuert, dass Herr Bock sich nicht.,
leicht einbilden konnte, einem Ballettanze beizuwoh-;
nen. Viel zahmer nehmen sich die Kriegstänze auf
I
i
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIi^ fOr DEN ORIENT
13
Idei
f."
Im
Java aus. Der französische Reisende Dcsirt-Charnay
eobachtftc am Hofe des Fürsten von Soerakarta
einen ^Lanzentanz". Die höchst originell geklei<ieten
Tänzer gruppirten sich, entfernten sich, drohten
und kämpften, aber Alles dies mit so abgemessenen
Bewegungen und in so langsamem Rhythmus, dass
man schwerlich einen kriegerischen Tanz darin ent-
decken konnte ; sie heben die Füsse, drehen sich
m und treten auf, als ob sie auf Eiern gingen,
eniger langsam sind Kampf und Paradebewegung
m „Cris-Tanz". Die Cris (dolcliähnliche Messer)
treffen sich, schlagen los und ertönen beim Klange
der Musik, die ihren dang etwas beschleunigt. Noch
bestimmter wird die Bewegung im 'l'anz mit Stöcken.
Da ist Hieb, Nachhieb, Parade ; sie schlagen wirk-
lich darauf los, man hört Holz gegen Holz, und die
Schilde erdröhnen unter den Schlägen der Kämpfer.
Das Orchester, der „Gamellang", lässt kriegerische
Klänge hören, die Geigen kreischen, die Gong
donnern und die Casserolen gerathen in Aufruhr.
An all den erwähnten Tänzen betheiligen sich
blos Männer. Carl Bock sagt , dass malayische
Frauen niemals tanzen. Doch erzählt Alfred Rüssel
Wallace von dem Tanze der Orang Kaya auf Bor-
neo in einem Tone, der auch auf Betheiligung des
schönen Geschlechtes schliessen lässt. In Java ver-
einigen sich jedoch beide Geschlechter zu diesem
Zeitvertreibe, sagt Bock. Der Ausdruck scheint un-
genau, denn die darauffolgende Schilderung lässt
wiederum keine Vereinigung der Geschlechter, son-
dern blos eine einseitige Betheiligung, diesmal der
Weiber, erkennen. Kin Zusammenwirken von Män-
nern und Frauen oder Mädchen ist nicht vorhanden ;
an Stelle des oder der Tänzer tritt eine oder
mehrere Tänzerinnen; das ist Alles. Gewöhnlich
aber zeigen sie einzeln ihre Kunst. Bock's Tänzerin
war ein Mädchen, bekleidet mit einem rothgestreilten
Sarong und einem violetten Slendang oder Shawl
über der rechten Schulter, das Haar mit natürlichen
Blumen geschmückt und Juwelen im Ohr und an
den Fingern. Das Mädchen machte verschiedene
Stellungen und der Tanz war eher eine Reihe von
Geberden als jene anmuthige Körperbewegung,
welche die Europäer unter diesem Namen verstehen.
Sie nahm einen rothen Shawl und schlang ihn um
Oberleib und .Arme, wobei sie zuweilen einige
Worte sang ; hin und wieder bedeckte sie ihr Ge-
sicht bis zu den Augen mit dem Shawl. Der grössere
Thcil der Vorstellung bestand jedoch blos in einer
Veircuikung der Hände und Finger in der Art, als
ob dieselben völlig aus den Gelenken wären.
Recht übel ist Charnay auf diese Tänzerinnen
und ihre Kunst zu sprechen. Sie reckt sich aus,
erzählt er, verschränkt die Arme, windet die
Hände auseinander. Alles mit einer vcrzwciflungs-
vollen Langsamkeit; sie spielt die Besiegte und
zu Boden Geworfene, während man bis lOo zählen
könnte. Ihre Hüften sind unbeweglich; der Tanz
ist züchtig; man sieht kaum die Füsse der
Künstlerin; nur ihre Extremitäten bewegen sich
wie die l'^ühlfäden kranker Insecten oder ster-
bender Spinnen, ohne dass man eine Ahnung von
den Gefühlen hat, die sie ausdrückt. Von Zeit
zu Zeit stossen ihre Gefährtinnen einige klagende
Töne aus, als ob Katzen heulten, und sie selbst
murmelt, wie einen Todtcngesang, unverständ-
liche Worte. Indess gibt es in diesen l'änzen
der Rongkäng, so hcissen die gewerbsmässigen
javanischen Tänzerinnen, mancherlei Schattiruogen.
Aber stets tanzen sie, wenn auch mehrere zu-
gleich , doch jede nur für sich mit kleinen,
höchstens 5 cm langen Schritten, wohl aber mit
Bewegungen des Oberleibes, der Knie und mit
Gesticulationen nach dem Takte der Tantak-
musik; die Arme werden dabei nicht über die
Schultern erhoben. Die Tänzerinnen bewegen
sich auf diese Weise nur 2 — 3 m vorwärts, singen
alsdann eine Strophe ihres Liedes und zittern
mit den Fingern, wobei viele Triller der Musik
erklingen. Hierauf tanzen sie nach der rechten
oder linken Seite hin oder auch wohl rückwärts
und singen alsdann wieder eine Strophe, worauf
die Zahl der Triller noch vermehrt wird. Auf
diese Art dauert der Tanz bis der Gesang zu
Ende ist. Aehnliche Darstellungen gaben die ja-
vanischen Tänzerinnen auf der jüngsten Pariser
Weltausstellung zum Besten. Ein launiger Be-
richterstatter eines Wiener Blattes fand ihre
Tänze stets als eine Serie stereotyper müder Be-
wegungen und einschläfernd bis zum Hypnotis*
mus, und wenn die Bezeichnung „Ratten" für
Ballerinnen je gerechtfertigt war, hier traf sie
jedenfalls am bestimmtesten zu.
Die Sitte, dass nur Frauen oder Mädchen
allein tanzen, bildet das Gegenstück zu der
älteren, ursprünglichen, welche den Tanz aus-
schliesslich den Männern vorbehielt. Sic ist un-
gemein weit verbreitet, kennzeichnet aber stets
Stämme oder Völker von einer schon vorgerück-
teren Cultur. Insbesondere herrscht sie im ganzen
grossen Bereiche des Ulam, wo der Mannet tanz,
von wenigen Ausnahmen abgesehen, blos als
priesterliche Handlung auftritt. .Aber auch China
und Japan kennen keine andere Art des Männer-
tanzes. Von den Chinesen behauptet Gustav
Kreitner geradezu, dass sie das Tanzvergnügen
als solches nicht kennen, so wenig wie den Kuss.
In der That ist Schreiber dieses keine Schilde-
rung eines chinesischen Tanzes bekannt. Rudolf
Voss führt einen solchen unter dem Namen Todou
an, welcher der Gesundheit halber eingeführt
worden sein soll. Zudem sagt er, jedoch ohne
Angabe einer Quelle, Männer und Weiber tanzten
gemeinschaftlich, ohne sich die Hände zu reichen,
im Kreise oder in Schlangenwindungen beruin.
Nach einer gewissen Zeit bleiben sie, um auszu-
ruhen, stehen. Während dieser Pausen tanzen
öffentliche Tänzerinnen ihre Solo. Der Bericht
klingt bis auf letzteren Punkt wenig wahrschein-
lich. Sonst weiss man blos von religiösen 'l'änzen,
welche am kaiserlichen Hofe oder bei den Cere-
monien der In-tschiao, der Religion der Literaten,
unter Absingen von Hymnen ausgeführt werden.
Die Tänzer sind würdige Leute, welche durch
14
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
Haltuag und Bewegungen dem Auge die Gefühle
der Anbetung und Verehrung, wie sie die Hymne
ausdrückt, zur Anschauung bringen sollen. In
Japan hören wir gleichfalls blos von einem Solo-
tanz der Mädchen. Nach Herrn Kallenberg's
Beschreibung hat er viel Aehnlichkeit mit dem
der Javaninnen. Er verbietet eine hüpfende Be-
wegung nach europäischer Weise, die Füsse
müssen stets vom Gewände bedeckt bleiben. Der
wesentlichste Antheil an der Uebung fällt somit
dem Oberkörper zu, welcher in gefälligen Beu-
gungen nach vorne, rückwärts und seitwärts sich
bewegt. Vornehme Sitte ist, die Füsse während
des Gehens einwärts zu richten und kurze Schritte
zu machen. Die Tänzerin bewegt sich demnach
auch in Japan auf sehr kleinem Räume, und ihr
Hauptbestreben bleibt, jede auch noch so unbe-
deutende Bewegung in formvollendeter Weise zur
Darstellung zu bringen. Verschwiegen darf indess
nicht bleiben, dass doch auch Tänze anderer Art
den Japanern nicht fremd sind. Da ist insbe-
sondere der Odori, welcher Fremden oft zu Naga-
saki vorgeführt wurde und in seiner obscönen
Form dem berüchtigten, lasciven Hulahulatanze
der Hawai'schen Inseln wohl wenig nachgibt.
Recht herzliches Ergötzen findet endlich das Volk
an den religiösen Tanzvorstellungen der Bonzen.
Beim Feste des Odschi Gonghen springt und
hüpft Alles, was im Kloster Beine hat, und ein
alter Mönch schlägt die Pauke. In manchen
Bonzereien wird das Erntefest mit Charakter-
tänzen gefeiert; in anderen Tempeln aber Mas-
keraden aufgeführt, genau so wie sie in alten
Zeiten am Hofe des Mikado stattgefunden haben.
Dazu gehört namentlich der Hahnentanz, Die
Tänzer haben einen mächtig grossen Kamm und
tragen Hahnenmaske mit Schnabel und Schellen
am Halse. Bei den Priestern von Funabas glaubt
man sich unter mohammedanische Derwische ver-
setzt. Die Bettelbruderschaften des Kamicultus
endlich führen ebenfalls Tänze auf und singen
dabei ihre Litaneien ab.
Tänze, in welchen beide Geschlechter vei eint
wirken, kommen in Ostasien nur bei einzelnen
urwüchsigen, von der Cultur noch wenig be-
leckten Stämmen vor; so bei den Hochzeitsfesten
einiger Negrito auf den Philippinen und bei den
Pepohoan der Insel F'ormosa, welche in mond-
hellen Nächten einen wilden Rundtanz, Mädchen
und Bursche bunt zu einer festen Kette ver-
schlungen, aufführen. Alles in Allem sind die
choreographischen Leistungen der Ostasiaten eben
so schwach wie ihre Musik, Der Einzeltanz der
Geschlechter herrscht vor, und überall wo dies
der Fall ist, kann vom Tanze als Volksvergnügen
keine Rede sein.
PHILIPPINISCHE COLONISATIONSPROJECTE.
Von Prof. F. Blumentritl.
Das Jahr 1889 hat eine grosse Anzahl von
Colonisationsprojecten für diePhilippinen gezeitigt.
Sowohl im Mutterlande, wie in der Colonie wurde
diese Frage von den verschiedensten Seiten her be-
leuchtet und erörtert. Die Einen erwärmten sich für
Ackerbaucolonien, die Andern wünschten blos die
„Einfuhr" annamitischer und anderer asiatischer
Kulis. Bezüglich der ersteren herrschte unter ihren
Förderern keine Einigkeit; die Einen strebten, den
Strom der spanischen Auswanderer, welcher bisher
nach den LaPlata-Ländern und nach Algier sich er-
goss, nach den Philippinen abzulenken. Andere
schlugen die Gründung von Sträflingscolonien vor,
auch fehlten nicht Vorschläge, gemischte Ackerbau-
colonien, das heisst solche bestehend aus Weissen
und Indiern (das heisst philippinischen Eingebornen)
zu gründen.
Die meisten dieser Projecte sind eben Projecte
geblieben, greifbare Gestalt haben nur die Vor-
schläge des Marine-Officiers Canga-Arguelles und
der Regierungsplan, auf der Insel Mindoro eine
Sträflingscolonie zu errichten, angenommen.
Canga-.Arguelles war längere Zeit hindurch
Gouverneur von Puerto Princesa, das heisst der
Südhälfte der Insel Palawan. Seine Verwaltung war
eine musterhafte zu nennen, unter ihm blühte diese
Colonie förmlich auf. Nach seiner Enthebung kehrte
Canga-Arguelles nach Spanien zurück und machte
unermüdlich Propaganda für die Gründung spani-
scher Ackerbaucolonien auf jener ihres schlechten
Klimas wegen verrufenen Insel. Es gelang ihm
thatsächlich, ein Patent zu diesem Zwecke von der
Regierung zu erwerben, und in diesem .Augenblicke
weilt er bereits an Ort und Stelle, um seine Ideen
zu verwirklichen. Ich zweifle sehr, dass dies dem
wackeren Manne gelingt ; in seinem edlen Enthu-
siasmus unterschätzt er nach meiner Ansicht die
Schwierigkeiten, welche das tropische Klima dem
weissen Landarbeiter entgegensetzt. Die Philippinen
dürften von dieser allgemeinen Regel wohl keine
Ausnahme machen. Jedenfalls halte ich auch bei
einem zufälligen Gelingen dieses vereinzelten Unter-
nehmens es für undenkbar, dass die europäischen
Spanier in Masse nach den Philippinen auswandern
werden. Die Leute wandern ja nicht nur aus dem
Grunde aus, um jenseits des Oceans ein besseres
Dasein zu fristen, sondern auch um den politischen
Lasten, die im Vaterlande ihre Schultern drücken,
zu entfliehen. Auf den Philippinen haben sie in
beiden Beziehungen nichts Gutes zu erwarten. Die
besten Ländereien in den civilisirten Provinzen sind
bereits in festen Händen, in den heidnischen und
mohammedanischen Landestheilen aber sind sie den
Ueberfällen blutdürstiger Wilden oder fanatischer
Assassinen ausgesetzt. In politischer Hinsicht ver-
lieren sie aber durch ihre Niederlassung im Ar-
chipel alle Rechte, welche dem modernen Menschen
ebenso lieb und theuer wie unentbehrlich sind : er
kommt in ein Land, das keine Vertretung in den
I
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEN ORIENT
Ift
f
(Portes des Muttci landcs besitzt, wo er alle Ver-
gewaltijjunjj von Seit<m der geistlichen wie welt-
lichen Behörden schweigend ertragen muss, weil
es keine freie Presse giln und weil Niemand es
wagt, gegen die Willkür der Behörden Kinsprache
zu erheben, ausser es wäre ihm gicichgiltig, seine
Freiheit zu verlieren und seine ganze Zukunft zu
gefährden. Solche Aussichten sind für den Aus-
wanderer nicht eben verlockend ; ich glaube, Ar-
entinien und Uruguay mit ihrem dem Spanier so
sagenden Klima werden jedenfalls mehr An-
liehungskraft ausüben.
Die Cirüntlung von Strafcolonien auf der Insel
Mindoro scheint mir ein sehr unglücklicher Ge-
danke zu sein. Abgesehen davon, dass hier dieselben
klimatischen Schwierigkeiten anzutreffen sind, wie
auf der Insel Palawan, so fällt vor .'MIem in's Ge-
wicht, dass jene Insel an der Küste von civilisirten
Tagalen und im Binnenlande von friedfertigen, zu-
gänglichen Heiden, den Manguianen, bewohnt wird.
Für beide cingeborne Stämme wird es gewiss kein
Segen sein, wenn man unter sie den Abschaum der
spanischen Bevölkerung als Eilerbeule setzt. Die
Spanier sprechen so viel von dem Prestige ihrer
Nation, das unter allen Fniständcn gewahrt werden
müsse, dennoch gründen sie Colonien von spani-
schen Verbrechern, welche jedenfalls nicht dazu
beitragen werden, das spanische Prestige zu wahren.
Die grösste moralische Gefahr droht da den Man-
guianen, welche bisher von den Schattenseiten
unserer Civilisation glücklich verschont geblieben
sind. Die ärgsten Verbrecher werden gewiss bald
desertiren und bei den friedlichen Heiden Zuflucht
suchen. Ob das zum Segen jenes Volksstammes und
zum Ruhme Spaniens gereichen wird, das möge
die spanische Regierung beantworten.
Mögen auch diese und ähnliche Projecte
scheitern, sie beweisen schliesslich, dass man im
Mutterlande den so lange vernachlässigten Philip-
pinen eine grössere Aufmerksamkeit als bisher zu
widmen beginnt, und diese Thatsache wollen wir
mit Freuden constatiren. Sie lässt uns hoffen, dass
das Mutti'rland nicht mehr dieColonie als eine Melk-
kuh für seine Beamten und parlamentarischen Pa-
rasiten ansehen, sondern durch eine weise Gesetz-
gebung sich die Liebe und Anhänglichkeit der Phi-
lippinen und (dies ist der einzige Weg hiezu) den
Bestand der nur von denSpanii^n selbst bedrohten
spanischen Herrschaft sichern wird.
MISCELLEN.
Die kleinen Füsse der Chinesinnen. Der
.,North China Herald" bringt im .Anschlüsse an
eine Mittheilung des ,,Journals der ethnologi-
schen Gesellschaft l'-rankrcichs" einen Aufsatz über
die Unsitte des Fussverschnürens bei den Frauen
in China, welcher auf die älteren Beobachtungen
des Herrn de Fusier im Jahre i86i zurückgreift.
In Deutschland hat der treffliche Anatom H. Wclcker
gleichfalls schon Vorjahren (1871 und 1872) „die
Füsse der Chinesinnen" im IV.. und V. Kande de«
„Archiv für Anthropologie" einer grQadlichea
Untersuchung unterzogen und Alles zusammen»
getragen, was über diesen Stoff sich ermitteln
liess. Es scheint nicht, dass seit Weltkcr's mit
lehrreichen Abbildungen ausgestatteten Abhand-
lung unsere Kenntniss über den Gegenstand sick
merklich erweitert habe. Insbesondere ist der Ur-
sprung der Unsitte immer noch herzlich dunkel.
In den classischen Schriften der Chinesen geschieht
derselben keine Erwähnung, woraus sich annehmen
lässt, dass sie zu Konfu-tse's Zeiten wenigstens
noch nicht bestand. Selbst Marco Polo, der im
13. Jahrhundert China bereiste, gedenkt derselben
mit keinem Worte, was freilich nichts beweist, da
der edle Venetianer von gar Manchem geschwiegen
hat, was damals nachweislich in China schon vor-
handen war. Der „North China Herald" lässt e«
als ziemlich ausgemacht gelten, dass eine Grille
des wüsten und unbeliebten Kaisers Li-Yuh, dessen
Hof in Nanking war, die Veranlassung gewesen
sei. Dieser regierte von q6i — 976 und wurde von
Tschao-kuang-yin, dem Gründer der Jung-Dynastie,
bezwungen, zuerst in ehrenvoller Gefangenschaft
gehalten, aber schliesslich vergiftet. Es scheint,
dass er sich in seinem Palaste die Zeit vertrieb,
als ihm einfiel, dass er dem Fusse seiner Lieb-
lingstäozerin, Vao Niang, ein besseres Ausseben
geben könnte. Er bog daher ihren Fuss, so dass
er den Spann zu einem Bogen erhöhte, der dem
Neumonde glich. Dies wurde von den Höflingen
sehr bewundert und sofort bei ihren Famihen ein-
geführt. Neben dieser Lesart, welche Dr. Macgowan
bekannt gemacht hat, gibt es aber noch andere.
Während nach Einigen eine böse Kaiserin, Tan-ku,
die mit Klumpfüssen geboren war, bereits im Jahre
II 00 v. Chr. ihren kaisei liehen Gemahl zu dem
l^rlasse eines Edictcs bewogen haben soll, welches
die Einzwängung aller Füsse nach dem kaiser»
liehen Vorbilde angeordnet habe, nennt eine andere
Uebrrlieferung den Kaiser Yang-te aus der Suy-
16
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
Dynastie 695 v. Chr. als den Urheber. Er habe
seiner Nebenfrau Pwan befohlen, ihre Füsse zu
wickeln, und es sei auf der Sohle ihres Schuhes
ein Stempel der Lotosblume, mit Specereien darin,
befestigt worden, so dass sie bei jedem Schritte
einen Abdruck dieser Blume auf der Erde hinter-
liess und man daher sagte, ihre Tritte brächten
den goldenen Lotos hervor. Schon vor 150 Jahren
bemerkte Du Halde : „Man kann nicht sagen, wie
diese seltsame Mode entstanden ist", und dieser
Ausspruch gilt heute noch ; ja man kennt nicht
einmal den Sinn, in welchem diese grausame Be-
handlung ursprünglich gemeint war. Welcker ver-
muthet aber wohl mit Recht, dass ihr einfach
weibliche Eitelkeit, unterstützt durch den Beifall
der Männer, also die Despotie eines auf Abwege
gerathenen Schönheitsbegriffes, zu Grunde liegt.
Hinsichtlich der Verbreitung dieser Sitte ist nach
Ständen und nach Landschaften zu unterscheiden.
Dass sie sich ausschliesslich bei den höheren Ständen
finde, ist ein Irrthum ; sie findet sich nur vorzugs-
weise und in ihren höheren Graden bt;i den Vor-
nehmen. Den Landschaften nach herrscht sie vor-
wiegend in Nordchina, während im Süden, in Kanton
und Macao, viele Frauen die Füsse gauz frei und
von der gehörigen Gestalt haben. Auch die tatari-
schen Frauen haben die chinesische Sitte im Allge-
meinen nicht angenommen und ebenso wenig die
kaiserliche Mandschu-Dynastie. Ihr huldigen auch
nicht die Frauen der auf den Sundainselu lebenden
Chinesen. Die künstliche Verkrüppelung des Fusses
wird lediglich durch Binden bewirkt. Mit ihnen
wird der F'uss, erst in der Zeit vom 5. bis 6. Lebens-
jahre, umwunden. Sie sind und bleiben das einzige
Mittel und werden täglich fester angezogen. Die
Nachtheile, welche die Verkrüppelung der Füsse
auf Gang und Lebensweise der Chinesinnen aus-
übt, sind übrigens vielfach übertrieben worden.
Immerhin steht fest, dass die chinesischen Frauen
ihr ganzes Leben lang durch diesen Gebrauch zu
leiden haben.
Chinesische Staatsprüfungen. Ein in der
„Pekinger Staatszeitung" vom 19. September v. J.
publicirter Erlass wegen Hintanhaltung von Un-
zukömmlichkeiten, die — wie überall in China —
auch in der Provinzhauptstadt Kiangsu vorge-
kommen sind, weckt in dem Europäer merk-
würdige Keminiscenzen an die längst vergangene
Gymnasialzeit, die verbotenen Uebersetzungen
tauchen wieder vor uns auf, wir sehen den unter
den Bänken kräftig blühenden Tauschverkehr mit
Aufgabenheften und das chinesische Edict liefert
ein auf den ersten Blick erkennbares Conterfei
unseres wackeren Schuldieners.
„Ein Prüfungs-Reglement — so sagt das Edict
— hat immer bestanden, allein die Prüfungs-Com-
missäre sehen dasselbe nur mehr als eine leere
Form an, die Candidaten kümmern sich gar nicht
mehr darum. Es hat sich ein höchst unpassender
Zustand herausgebildet." Der Erlass ruft nun die
geltenden Bestimmungen in's Gedächtniss der Be-
theiligten zurück und geht zu einer wahrhaft köst-
Verantwortlicher RedacMnr: A. v. Scala.
liehen Schilderung der verschiedenen Kniffe über,
die der Verfasser des Erlasses merkwürdig genau
zu kennen scheint:
„Unter allen Betrügereien ist die verwerf-
lichste das Unterschieben von fremden Personen an
Stelle der Candidaten, die Beamten haben daher
vor Allem jeden Candidaten beim Eintritt in die
Halle zu identificiren ; den Studenten ist es ge-
stattet (!), jeden, der dagegen sich vergeht, zur An-
zeige zu bringen, üf-r Andrang an den Prüfungs-
tagen ist derControle nicht sehr günstig ; es werden
drei Thore mit Barrieren versehen, durch welche
die Candidaten truppweise in beschränkter An-
zahl nacheinander einzulassen sind. Das Ein-
schmuggeln von Büchern oder gedruckten Copien
alter Abhandlungen wird verhindert werden und
kein Diener darf die Thore passiren. Kann Jemand
wegen körperlicher Schwäche seine Schreib-
requisiten wirklich nicht selbst tragen, so darf der
Diener mit diesen nur bis zum Thore gelangen, wo
die Wachsoldaten die Gegenstände übernehmen.
Wer eingetreten ist, darf unter keinen Umständen
wieder fortgehen!"
Der Erlass gebt nun auf die Clausurarbeiten
über, welche bisher zu keinem richtigen Bilde über
die Fähigkeit der Geprüften verholfen haben dürften:
„Die Candidaten müssen in den ihnen einmal zuge-
wiesenen Zellen verbleiben, das Pa|)ier wird mar-
kirt, und wenn eine Arbeit aus einer nicht mit der
Bezeichnung übereinstimmenden Zelle abgegeben
wird, so gelangt sie nicht vor die Commission. Oft
werden Abhandlungen von Freunden ausserhalb des
Gebäudes geschrieben und mit Hilfe unehrlicher
Diener eingeschmuggelt, und nicht selten befördert
man Briefe mittelst Bindfaden und Steinen über die
Mauern und durch die Fenster."
Ist die geringe Gewissenhaftigkeit der Can-
didaten zu missbilligen, so wirft der Erlass ein
noch grelleres Licht auf die Niedertracht der
amtlichen Schreiber. Die schriftlichen Arbeiten
der Geprüften werden nämlich von amtswegen
durch die Schreiber in Reinschrift übertragen,
um von der Commission anstandslos gelesen werden
zu können. Der E^rlass tadelt nun, „dass die
Schreiber sehr schöne Abschriften machen, wenn
sie gut dafür bezahlt werden, und schleuderhaft
arbeiten, wenn sie nichts bekommen. Auch un-
richtige -Abschriften kommen vor und müssen
strenge bestraft werden." Zum Schlüsse spricht
der Erlass die Erwartung aus, dass alle Be-
theiligten die Vorschriften genau beachten werden,
„damit reiche Candidaten nicht aus ihrem Gelde
Vortheil ziehen und arme Studenten nicht in
Versuchung gerathen."
^•^-
y
Druck von Ch. Reriter & M. Werthnar in Wien.
wr
Februar-Heft 1890.
OESTERREICHISC
Nr. 2.
P
1^ Monatll(
0iiat55t|rift für kn #ri0t
Herausgegeben vom
K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUM IN WIEN.
Redigirt von A. von Scala.
Monatlich ein» Numm«r.
VERLAG DES K. K. ÖSTERR, HANDELS-MUSEUMS IN WIEN.
Prdi )Url. S I. — tO Marie.
inHAI.T: Hie Cholera in Mesupotamicn 1H8U. — Kalirilisindu-
slrien in Indien. Von lüml i^dtluginliveit. — Die deutschen
Schutzgebiete und Colonialunternebnjungen bei Ileginn des
Jahres 1880. — Die Halbinsel Malakka — M i « c e I i e n :
Autstelluni? in Taschkent 1890. — LandesposteinrichtuDgen In
China. — Zustände an der kleinaslatischen Nordküste.
li^
b(
i
DIE CHOLERA IN MESOPOTAMIEN 1889.
Bai^'datl, am 28. Jänner 1890.
m verflossenen Jahre wurde das türkische
Reich von zwei schweren Epidemien
heimgesucht. War schon früher in der
I Provinz Assir, dem Hochlande zwischen
Ilidjäz und Ycmen die Bubonenpest aufgetreten,
so hatte Irak - Arabien mit dem Erscheinen der
Cholera im Juli vorigen Jahres eine vielleicht
noch schwerere Periode der Heimsuchung durch-
zumachen. Was die crstere Epidemie in Assir
anlangt, so scheint dieselbe daselbst endemisch
aufzutreten. Alle sieben bis zehn Jahre kehrt sie
wieder und man schiebt das Vorkommen der
Bubonenpest in Assir den Egyptern in die Schuhe,
die die Krankheit unter Ibrahim Pascha nach der
Halbinsel Arabien gebracht hätten. Jedoch nicht
allein die Provinz Assir, sondern auch Irak-Arabien
stehen in üblem Rufe bezüglich des Auftretens der
est, wie dies die letzten Epidemien in Bagdad 1872,
eschhed Ali 1881, dieselbe an der türkisch-per-
sischen Grenze in Mt^ndeli, Bedre - Djessan 1884
begründen. Dass es die richtige Bubonenpest war,
rgab sich aus den Symptomen und Mortalitätsziffern,
ie von Sanitäts- und Militärärzten constatirt wurden,
r. Kastorski, der damals vom Ministerium des Innern
der k. russischen Regierung nach Bagdad gesandt
wurde, die Epidemie von Bedre-Djessan zu studiren,
kam leider zu spät daselbst an und begnügte sich,
blos die inlicirten Orte zu besuchen. Mitte Juli
vergangenen Jahres waren viele beunruhigende Ge-
rüchte von dem Auftreten einer „bösen" Krankheit
in Muntefik, und zwar in Schattra, in der guten Stadt
Bagdad verbreitet. Wie gewöhnlich verheimlichte
auch diesesmal die Regierung den wahren Sach-
verhalt. Man hörte nur von Privatpersonen, dass
die Beamten der Regierung, sowie die wohl-
habende Classe der Bevölkerung von Schattra das
Weite gesucht hätten. Der in Schattra stationirtc
Militärarzt scheint auch anfangs nicht den Muth ge-
habt zu haben, die Krankheit als Cholera zu be-
zeichnen, aus Furcht vor der Verantwortung im
Falle einer falschen Diagnose, die einen Schreck-
Monatsschrift für den Orient. Februar 1890.
schuss für Constantinopel bedeutet hätte. Wie es
nun sei : Thatsache ist, dass die Krankheit von
Schattra aus ihren verheerenden Weg nahm.
Was diesen Ort selbst anlangt, so zählt der-
selbe beiläufig 2000 Seelen, ist der Sitz eines
Kaimakams, liegt am rechten Ufer des Schatt-el-
Häi, jenes Verbindungsarmes des Euphrates und
Tigris, der sich gegenüber von Küt-el-Amara, be-
ginnend bei Nasrie, einer von Nasir Pascha, dem
ehemaligen Chef der Muntefik-Araber, neuerbauten
Stadt, in den Euphrat ergiesst. Nachdem die
türkische Regierung, was Stromregulirungen an-
langt, aus leicht begreiflichen Gründen alles beim
Alten lässt, so ist auch die Mündung des Schatt-el-
Häi gegenüber von Küt-el-Amara versandet, so
dass im Sommer kaum ein Segelboot passiren
kann. Wenn im Frühjahre dem Tigris ungeheure
Wassermassen aus Persien und Kurdistan zugeführt
werden, die manchmal die Chalifenstadt auf das
äusserste bedrängen, so können im Nothfalle auch
die Dampfschiffe der Oman-Gesellschaft zu militäri-
schen Zwecken auf dem Schatt-el-Hai verkehren,
wie es zur Zeit des Aufstandes der Muntefik-Araber
unter Mansur Pascha 1881 der Fall war.
Wie kommt es nun zu einem Auftreten der
Cholera in Schattra ? War sie eingeschleppt worden?
Oder entwickelte sich der Krankheitskeim in Folge
der schlechten sanitären Verhältnisse des Ortes?
Von Schattra bis zu dem nächsten Hafen Bassorah
sind folgende Hauptorte zu passiren : Nasrie, Sük-
el-Schejüch, Hamär, Kurnäh. Es ist nicht leicht an-
zunehmen, dass ein Cholerakranker die Krankheit
von Bombay via Bassorah nach Schattra gebracht
hätte. Bei der Incubationszeit der Cholera, die sich
nach Niemeyer auf das Maximum von i4Tagen be-
läuft, was zu beobachten jedoch eine grosse Selten-
heit sein dürfte, ist eine Einschleppung der Krank-
heit von Indien aus von vorneherein ausgeschlossen,
da die oben genannten Orte, sowie Bassorah bis
lange vor dem Auftreten der Cholera in Schattra
von derselben vollständig verschont geblieben sind.
Die Ursache der Entwicklung des Krankheitskeimes
muss demnach in den örtlichen Verhältnissen des
Ortes selbst zu suchen sein und da ist es wieder in
allererster Beziehung die Beschaffenheit des Trink-
wassers, das in den Sommermonaten besonders in
Schattra zu dem allerschlechtesten gezählt werden
muss. Wenn bei der ungeheuren Hitze im Sommer
1^
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
flie Wasser des Tigris rapid fallen, so sieht man in
Schattra den Schatt-el-Hai Tag für Tag abnehmen,
das Wasser „fiiesst" nicht mehr, der Fiuss wird, da
die Mündung desselben gegenüber von Küt-el-
Amara versandet ist, nicht mehr in dem Masse vom
'I'igris gespeist, die Verdunstung erreicht einen
hohen Grad und so bilden sich im Flussbette kleine
Seen, Lachen, was der Schreiber dieser Zeilen
während seiner Anwesenheit daselbst im Juli,
August, September 1881 zu beobachten Gelegen-
heit hatte. Derselbe lag eine Viertelstunde von
Schattra mit den türkischen Truppen am Ufer des
Schatt-el-Häi unter Zelt und betrug die Temperatur
Ende Juli 57 " Celsius (im Schatten). Die Schattra
am nächsten gelegene Lache wird als Trinkwasser
für Mensch und Thier benützt.
Darin werden zugleich auch die Kupfer-
geschirre gereinigt, Wäsche gewaschen, religiöse
Reinigungen und dergleichen vorgenommen, bis
das Wasser nicht mehr trinkbar ist; in diesem
Falle wird zum zweiten Tümpel gegangen. Dies
geht so weiter bis die Entfernung den Arabern
zu weit wird, dann trinkt man Brunnenwasser.
Wenn man die hygienischen Verhältnisse Schat-
tras zusammennimmt, die grosse Unreinlichkeit
des Ortes, die Anhäufungen von Kehricht, or-
ganischen Abfällen, die zu fauligen Zersetzungen
geneigt sind, vor Allem, wie oben bemerkt, das
schlechte verdorbene Trinkwasser im Hochsommer,
so ist hauptsächlich das letztere Moment als
Hilfsursache bei dem Ausbruche der Cholera in
Schattra anzusehen. Der Ausbruch der Cholera in
Schattra wurde constatirt, aber erst mit der Ab-
reise des Inspecteur sanitaire von Bagdad und
zweier Militärärzte vom Range eines Lieutenant-
Colonels und Colonels — von denen der letztere
factisch beinahe mit Gewalt expedirt werden
musste — wurden die Bagdader der emi-
nenten Gefahr inne, in der sie schwebten und
ängstlich harrte man der Telegramme, die von
Nasrie kamen. Das nächste Ziel der Epidemie
war die von Schattra 7 Stunden am Euphrat ge-
legene Stadt Nasrie, wo sie grosse Opfer forderte,
bis zu 84 Todesfälle an einem Tage. Doch war
an ein Verhindern des Weiterumsichgreifens der
Cholera trotz Cordons und Quarantaine nicht
mehr zu denken.
Was die Cordons anlangt, so eignen sie sich
besonders für solche Länder, die von derCultur und
Civilisation noch nicht so sehr beleckt sind, denn
in Europa wird wohl Niemandem mehr einfallen,
in Folge einer Choleraepidemie Cordons ziehen
zu lassen — vielleicht noch in Russland. Die Cor-
dons, die man in Schattra und Nasrie zog, waren
viel zu spät anbefohlen, die Krankheit war schon
längst durch Flüchtlinge weiterverbreitet; dann
braucht man zu Cordons Soldaten, die Niemanden
jiassiren und keinen Bakfchisch (Trinkgeld) an-
nehmen sollen. Das soll man einem türkischen
Soldaten begreiflich machen können! Hakschisch
ist das Zauberwort in der Türkei, das alle Berge
ebnet! Cholera in Bassorah ! Neuer Schrecken
geht durch Bagdad ! Die Beamten der Regierung
in Bassorah, die bis Küt-el-Amara geflüchtet
waren, wurden mit Gewalt zur Wiederaufnahme
ihrer ämtlichen Thätigkeit durch den Vali S. E.
Muschir Hidajet Pascha gezwungen. Er hatte
schoii den Befehl von Constantinopel in der
Tasche, die Ausreisser im Falle sie nicht auf
ihre Posten zurückkehren würden, erschiessen zu
lassen !
Alle Welt verlangte jetzt Quarantaine !
Früher schon war dieselbe auf dem Wege
nach Kerbeiah in Mussejib am Euphrat und im
Hän Mohävil auf dem Wege nach Hilleh er-
richtet worden, weil die Cholera von Nasrie aus
ihren Weg auch nach Norden dem Euphrat ent-
lang nahm. Das Conseil sanitaire von Constan-
tinopel entschliesst sich endlich, in Küt-el-Amara
die Schiffe der Compagnien „Oman" und „Lynch"
zehntägige Quarantaine halten zu lassen und da-
selbst ein Choleralazareth zu errichten. Die Ordre
wird gegeben. Zwei Schiffe waren unterwegs von
Bassorah nach Bagdad: der „F"rat" von der Oman,
die „Medjidie" der Lynch-Compagnie. Durch ein
Missverständniss gingen beide Schiffe bei Küt-
el-Amara vorüber, der „Erat" wurde am Aus-
flusse der Diäla in den Tigris zwei Stunden
unterhalb Bagdad von Beamten der Quarantaine
erwischt und zum Halten gezwungen, die „Medjidie"
kam mit Sack und Pack nach Bagdad herein.
Die Stadt zitterte. Ob nun die „Medjidie" die
Cholera brachte oder nicht — genug einige Tage
nachher kamen schon einige Fälle mit lethalem
Ausgange vor; langsam, langsam — bis eines
schönen Tages die Cholera-Comrai^sionen in
Permanenz erklärt wurden.
Nun brach die Panique aus. Rette sich, wer
sich retten kann! Wohin? Nur aus der Stadt
hinaus in die Zelte ! In Bagdad ist es gebräuch-
lich, dass fast jede F'amilie Zelte besitzt, weil
man im Spätherbste auf das Land geht, sich
von dem heissen Sommer zu erholen. Diese Sitte
ist zugleich auch ein Ergebniss der uralten Ge-
wohnheit, im Falle einer Epidemie die Stadt zu
verlassen. Die Quarantaine und das Cholera-
lazareth in Küt-el-Amara werden aufgehoben und
drei Tagereisen weit nach Hit am Euphrat ver-
legt, Quarantaine und Choleralazareth in Bacouba
für die Provinzen Chalis und Chorassän errichtet,
deren Herrlichkeit jedoch nur drei Tage währte,
um in Silachie auf dem Wege nach Kerkuk und
Mossul neuerdings errichtet zu werden. Die Valis
von Bagdad und Mossul werden durch eine Ordre
des Sultans für das Erscheinen der Cholera in
Anatolien verantwortlich gemacht! Constantinopel
wirft 15.000 Pfund (angeblich) für Stadtreinigung
aus. Wer Kassim Pascha und die anderen Augias-
ställe Stambuls kennt, darf sich über eine der-
artige Auslage nicht wundern. In Bagdad werden
die strengsten Befehle behufs Reinigung der Stadt,
Verbrennen der Kleider, Wäsche und Betten der
Choleraleichen sowie Desinficirungen etc. er-
theilt. Schnell nahm die Mortalität bei einer Be-
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
19
völkerung von nahezu 180.000 Seelen zu. Die
Christen flüchteten grösstentheils nach Grara,
^m^ einem sehr gesundem Orte '/^ Stunden südlich
IB. von Bagdad gelegen, die reichen Muselmänner
in die Gärten nach Imam Asam, die Perser nach
Kasimein (Imam Mussa), die Juden in die Dörfer
der Provinzen Chälis und Chorassan bis nach
► Chanegin an die persische Grenze.
m^g In Bagdad selbst blieb nur der ärmere Theil
I^K ^^'^ Bevölkerung, die Beamten der Regierung und
IHi das Militär zurück. Der Kazar, der sonst als der
- - Mittelpunkt des Handels und Verkehres von
Menschen wimmelte, war wie ausgestorben.
Sämmtliche Läden waren geschlossen, nur hie
und da sah man einen Menschen mit ver-
störter Miene dahinschleichen. Bagdad glich einer
Stadt der Todten. Unter dem zurückgebliebenen
ärmeren Theile der Bevölkerung raste die Epi-
demie und forderte unerbittlich ihre Opfer, man
gibt die Zahl der Dahingerafften auf mehr als
10 000 an. Herzzerreissender Jammer und Weh-
B^B klagen erfüllten besonders zur Nachtzeit die
I^P Lüfte. Man muss, um sich eine Vorstellung von
" den Schrecknissen zu machen, die Gewohn-
|. heiten der Araber kennen, die sie, im F"alle ein
W^m Familienmitglied stirbt, beachten . . .
I^B Doch auch die Flüchtlinge wurden nicht ver-
I^V schont, besonders die Schiiten in Imam Mussa und
I^B° der Theil der Bevölkerung, der sich nach Feredjat
IHr nördlich von Bagdad flüchtete. Am besten kamen
' die Christen in Grara davon. Den Höhepunkt
erreichte die Krankheit Anfangs September. Mit
der zusehenden Abnahme der Intensität der
Krankheit nahm auch das Vertrauen der Flücht-
linge zu und die Bevölkerung kehrte langsam
Ende October und Anfangs November zu ihren
Penaten zurück.
IVon Bagdad nimmt die Cholera ihren Weg
nach den bisher verschont gebliebenen Euphrat-
gegenden, stattet den heiligen Orten der Schiiten
' Nedjef und Kerbela einen argen Besuch ab,
wendet sich nach Osten in die Provinzen Chälis
und Chorassan nach Persien, dann nach Norden,
Kerkuk, Mossul bis nach Diarbekr und Um-
I gebung, wo sie mit dem liintritte der kühleren
Jalireszeit erlischt. Aiu zudh heissen die Araber,
die Cholera, d. h. der Vater des Erbrechens.
Alle Gerechtigkeit muss den Valis von Bassorah
und Bagdad gezollt werden, desgleichen den
Aerzten, wie denn ein jeder seine Pflicht und
Schuldigkeit that, so weit er es vermochte.
i
FABRIKSINDUSTRItN IN INDIEN.
Von Emil Schlagintweit.
(Schluss.)
Bei Einführung von Dampfmaschinen zum Be-
triebe mechanischer Spinnereien und Wehereien an
Stelle des Handbetriebes konnte den Landcsge-
wohnheiten der Arbeiter nicht mehr Rechnung ge-
tragen werden ; hier führte der Wettbewerb gleich-
artiger Fabrikationen in der alten wie in der neuen
Welt zu einer Ausnutzung der menschlichen Arbeits-
kraft, wie sie bei uns im Beginne der Industrien
vereinzelt vorkam, aber jetzt schon längst durch
Gesetzgebung und Praxis beseitigt ist. Die Her-
stellung von Seidengespinnsten liess sich bereits die
Ostindische Compagnie angelegen sein ; heute
liegt der Grosshandel ausschliesslich in den Händen
weniger europäischer Firmen. Dampfmaschinen
finden vereinzelt Verwendung zum Zwirnen des ab-
gehaspelten Fadens ; zum Weben nimmt man da-
gegen mit grösserem Vortheil die Handwebstühle der
Eingeborenen in Anspruch. In Murschedabad, einem
der ältesten Sitze derBengal-Seidenindustrie, weben
in der Hausindustrie nicht weniger als 1900 Stühle
nach den vorgegebenen Mustern für den europäi-
schen Markt; wie niedrig die Arbeitslöhne sich
stellen, zeigen folgende Zahlen: 1875 wurden fast
voll hunderttausend Stück feinsten Seidenstoffes
abgeliefert im Werthe von i '^'. Millionen Mark ; an
Arbeitslohn erhielten die Weber 200.000 M. Nicht
viel besser werden die Spinner und Zwirncr be-
zahlt ; das ganze Geschäft ist grossen Schwankun-
gen unterworfen und wirft, von besonders günstigen
Jahren abgesehen, geringen Ertrag ab. Die Auf-
zucht der Raupe bringt das meiste Geld, und des-
wegen hat sich im Staate Maissur (Südindien) eine
Gesellschaft mit Unterstützung der Regierung die
dankbare Aufgabe gestellt, die Cultur des Seiden-
spinners einzuführen.
/nie, die Gespinnstfaser von verschiedenen
Corchorus-Arten, liefert den Beweis, dass der In-
dier bei allen seinen wirklichen und zugeschrie-
benen Fehlern wohl im Stande ist, seine Interessen
wahrzunehmen ; ohne alle Einwirkung seitens der
Regierung und ohne jegliche Unterstützung seitens
der Handelswelt schuf der bengalische Bauer und
Weber zwischen 1858 — 1864 eine Industrie, die
heute Werthe nach Millionen schafft. Die Pflanze
wird grösstentheils auf Land gebaut, das früher
keine Rente brachte, und die starke Nachfrage nach
Jute-Säcken führte 1860 dazu, dass in der Um-
gegend von Caicutta jede Familie den einfachen
Webstuhl der Eingeborenen aufstellte und Gunny-
Stoff herstellte ; man bekam kaum mehr einen Tag-
löhner, die .Arbeitslöhne stiegen reissend. Mit der
Aufstellung mechanischer Webstühle nimmt die
Handweberei in der bengalischen Tiefebene ab, sie
breitet sich aber nördlich des G.inges unter der
kleinbäuerlichen Bevölkerung aus. Mittelpunkt des
Handels in Gunny-Stoff ist hier Kriscbnagandsch
an der Mahanadi, einem schiffbaren Zuflüsse des
Ganges. Jährlich werden 5 Millionen Gunny-Stücke
verschifft, jedes 5 englische Fuss lang, 3'/» — 4
breit. Der Verdienst der Arbeiter ist sehr gering ;
wenn die ganze Familie zusammenhilft, Männer,
Frauen und Kinder, und sich in die verschiedenen
Arbeiten des Reinigens, des Herstellens der Faser,
des Aufziehens der Fäden u. s. w. thcilt, so entfällt
auf den Kopf nur ein Taglohn von 1 — i'/^ .Anna
(l2 — 18 Kreuzer). Für die Maschinenweberei
wurden Mittelpunkte der europäischen Industrie die
20
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
Dörfer im Norden von Calcutta (Baranagar), dann
Seradscbgandsch am Dschamuna-Arm des Brahma-
putra, kurz vor seiner Vereinigung im Delta mit
den Ganges-Armen. Die Zahl der Fabriken und der
Arbeiter darin steht nicht fest ; bei der letzten
Volkszählung gaben sich in Calcutta und Umge-
bung 52 Personen als Besitzer mechanischer Spin-
nereien und Webereien, an zweitausend als Vor-
arbeiter darin an. Die Verhältnisse in der Jute-
Industrie schildert für Calcutta ein amtlicher Be-
richt wie folgt : Die Männer verdienen 1 1 Anna bis
I Rupie den Tag (66 kr. bis 1 fl.), die Weiber
5 Anna an der Maschine, 9 Anna im Packraum, die
Kinder ^/^ — i '/^ Anna (4^ — 12 Kreuzer). Die S])in-
nereien verwenden eine ausnehmend hohe Zahl von
Kindern; um ihre Arbeitskraft besser auszunützen,
ist das Ablösungsverfahren eingeführt und verlangt
man von Kindern nicht mehr als sechsstündige un-
unterbrochene Arbeitsleistung im Tag. Sonntag ist
stets Ruhetag, ebenso ist Stillstand an den hoben
Feiertagen der Hindus, beziehungsweise Moslims.
Die BauviwoUen - Spinnereien und - Wehereien
haben ihren Mittelpunkt in der Stadt und Präsident-
schaft Bombay ; heute entbehrt ihrer zwar keine
Provinz, und selbst in Binnenländern, wie Maissur,
werden von Seite der Regierung grosse Anstren-
gungen gemacht, längs der neuen Schienengeleise
derartige Fabriken entstehen zu sehen. Die Be-
sitzer sind nur zum Theil Europäer ; Parsi- und
Dschaina- Kaufherren haben sich mit ihnen in die
Anlage getheilt, eine nicht geringe Zahl dieser
Unternehmungen ist unter Führung eingeborener
Bankhäuser durch Ausgabe von Actien gegründet
worden. 1856 begann die erste Fabrik den Betrieb,
erst unterm 15. März 1881 erschien ein Fabriks-
gesetz ; inzwischen hatten sich unhaltbare Zustände
herausgebildet. Allen Fabriken eigen war die Ver-
wendung einer Schaar jugendlicher Arbeiter im
zartesten Kindesalter; Kinder von kna])p 5 Jahren
waren gleich Erwachsenen mit sechsstündiger
Arbeitszeit ohne Essenspause angestellt; gegen Un-
fälle waren keinerlei Sicherheitsmassregeln getroffen,
für Abführung der dicken heissen Luft geschah
nichts, die Arbeitssäle zeigten eine Temperatur bis
zu 30" R. oder um mehrere Grade höher als in den
engsten Strassen der dichtest bewohnten Stadt-
viertel von Bomba)-. Zur Einnahme der Mahlzeiten
fehlten selbst die einfachsten Buden; die Leute
kauerten im Hofe unter den vorspringenden Dächern
im dicken Schmutze, für Latrinen war nirgends ge-
sorgt. Dazu eine zu lange Arbeitszeit ohne Unter-
brechung durch Ruhetage, so dass der Körper selbst
bei Erwachsenen erschlaffen musste. Die Arbeit
beginnt mit Sonnenaufgang und dauert bis Sonnen-
untergang, 12 Stunden; zweimal soll Ruhezeit sein
von je einer halben Stunde, aber Alle können nicht
darauf rechnen. Der Indier kocht nicht gemein-
schaftlich. Wer auf Kaste hält, hat Morgens mit den
Waschungen, Gebeten und dem Zurichten des Mahles
zwei Stunden hinzubringen; deshalb muss um 3 Uhr
Morgens aufstehen, wer zum Verlesen vor 6 Uhr
ohne Verspätung eintreflen will. Ueberstunden
werden rücksichtslos auferlegt, nach der BaumwoU-
Ernte sind sie die Regel ; dem Arbeiter bleibt des-
wegen nicht einmal genügend Zeit, sich durch
Schlaf zu stärken. Dabei fehlt ein fester Ruhetag
in jeder Woche, viele Fabriken arbeiten Wochen,
ja Monate durch, ohne Unterbrechung ; Entschul-
digungen wegen Krankheit werden sehr strenge ge-
nommen und werden nur zu leicht als Simulationen
behandelt und mit Strafabzügen geahndet. Ein Miss-
stand, unter dem viele eingeborenen Werke litten,
war der gefahrdrohende Zustand der Dampfkessel ;
aus Ersparungsrücksichten wurden häufig alte ab-
genützte Maschinen angekauft und wieder in
Verwendung genommen.
Acte 15 vom 15. März 1881, genannt das
indische Fabriksgesetz, führt sodann Kesselrevi-
sionen ein, fordert Sicherung aller Maschinen-
theile, bei denen die Berührung Schaden bringen
kann, und bringt eingehende Regelung der Kinder-
arbeit. Als Kind wird jeder Arbeiter unter 12 Jahren
erklärt. Kein Kind darf vor Beginn des siebenten
Lebensjahres zur Arbeit angenommen und niemals
länger als neun vStunden, eingerechnet eine Stunde
Ruhe- und Essenspause, beschäftigt werden ; ebenso
müssen Kindern vier Ruhetage im Monat eingeräumt
werden. Schliesslich sind zur Controle Verzeich-
nisse der beschäftigten Kinder einzureichen, und
besuchen Fabriksinspectoren die Arbeitsräume. Die
sanitären Verhältnisse besserten sich, die Lage der
Kinder wurde menschenwürdiger, das Ablösungs-
verfahren bürgerte sich auch in der Baumwollen-
Industrie ein. Die Löhne stellen sich überall höher
als der örtliche Taglohn, obgleich die Arbeitskräfte
in überreichlicher Zahl angeboten werden ; entsteht
im Innern des Landes eine Fabrik, so brechen ganze
Sippen, Grosseltern, Eltern und Verwandte in der
Seitenlinie bis in das siebente Glied nach der neuen
Arbeitsstätte auf, um dort Unterkommen zu finden.
Eingeborene, denen die Bedienung der Dampf- und
Arbeitsmaschinen anvertraut werden kann oder die
als Werkmeister den einzelnen .^btheilungen vor-
stehen, beziehen feste Monatsgehalte von 60 bis
150 fl., Vorarbeiter die Hälfte. F"ür die Arbeiten
ist Stücklohn die Regel ; Kinder bringen es im
Monate auf g, Frauen auf 5, Männer auf 10 bis
20 fl. ; der Schichtlohn für ständige Taglöhner
ist nahezu ebenso hoch, vorübergehend beschäftigte
Arbeiter erhalten den ortsüblichen Taglohn, und
zwar Kinder und P'rauen 18 — 20 kr., die Männer
40 kr. P2ingehende Berechnungen haben nach-
gewiesen, dass der Kleinbauer, der zwei Hektar
seines Landes mit Getreide-, Handels- und Garten-
früchten bestmöglich bestellt und eine gute Ernte
hatte, schlechter daran ist, als der Arbeiter, der
8 Rupien (= Gulden) im Monat an Lohn einnimmt;
aus der Fabrik bringt jedes Glied der Gesammt
familie Verdienst nach Hause. Dazu kommt, dai
die Angehörigen der besseren Kasten, voran d
Brahinanen, den Pflug mit grösstem Widerwillen
ergreifen, weil dieses unentbehrliche Werkzeug
noch immer als unrein gilt, weil es in längstver-
gangenen Zeiten nur die unreinen Kasten führten.
t;
i
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEN ORIENT
«1
Maschinen können unter diesem vorgeschichtlichen
Fluch nicht stehen ; die Brahmanen, unter denen es
vielen sehr schwer fällt, innerhalb des engen, von
der Religion gezogenen Raiimens ihren Unter-
halt zu verdienen, arbeiten anstandslos mit Ange-
hörigen anderer Kasten an den Maschinen zusammen
und fassen an, wenn auch am anderen Ende des
Ballens oder F'adens das Mitglied einer Kaste steht,
dessen Schatten sonst den Brahmanen schon be-
fleckt, wenn er auf ihn fällt.
Die Lohnfrage gibt zu Wünschen und Aeusse-
rungen der Unzufriedenheit keinen Anlass, dagegen
erweist sich die Beschränkung des indischen
Fabriksgesetzes auf die Sorge für die Kinder als
ein Fehler und die Annahme, der erwachsene Ar-
beiter sei im Stande, berechtigten Forderungen
selbst Anerkennung zu verschaffen, als ein Irrthum.
1884 bringen englische Interessenten eine Ver-
schärfung der gesetzlichen Bestimmungen für Indien
in Antrag ; die Provinzregierungen werden ein-
vernommen, sprechen sich für Ablehnung aus, und
die Angelegenheit schien vertagt. Da treten im
November vorigen Jahres die Arbeiter auf der
Insel Bombay, auf welcher mehr als ein Drittel
aller indischen Fabriken für mechanische BaumwoU-
Fabrikation sich befindet , zusammen und be-
schliessen, zu Händen der Regierung eine Denk-
schrift einzureichen mit folgenden Forderungen:
I. Jeder Sonntag sei Ruhetag. 2. Zum Einnehmen
der Mittagskost muss eine halbe Stunde Pause
gewährt werden. 3. Ueberstunden haben wegzu-
fallen, mit Sonnenuntergang müsse der Arbeiter
entlassen werden. 4. Die Lohnauszahlung dürfe
über den 15. des nächsten Monates hinaus nicht
verschoben werden. 5. Bei Betriebsunfällen ist
Krankengeld, beziehungsweise Rente zu bezahlen.
Zur Begründung ist in der Einleitung gesagt:
„Wir müssen es als entmuthigend bezeichnen, wenn
unsere Arbeitgeber in einer ihrer Denkschriften
an die Regierung bemerken, wir würden nicht so
angestrengt arbeiten, wie unsere Genossen in
l£ngland, welche in gleicher Zeit die dreifache
Menge von Producten darstellen. Die wahre Ur-
sache unserer geringeren Leistungsfähigkeit ist der
schlechtere Zustand der Maschinen und die gröbere
F'aser des Rohstoffes. Wir geben zu, dass hier viele
Maschinen von drei Mann bedient werden, wo in
b^ngland nur einer nothwendig ist; aber wir bitten
zu beachten, dass diese drei Arbeiter ihre Auf-
gabe in längeren Werkstunden zu lösen haben,
unter einem entnervenden Klima und mit nur einem
Drittel der Bezahlung des europäischen Genossen.
Endlich sind uns nicht die mancherlei Erleichte-
rungen gewährt, welche in England die Last der
Arbeit vermindern und den Mann bei Kraft er-
halten." Die Regierung hat inzwischen die Fabriks-
inspectoren über die Petition einvernommen ; diese
Inspectoren sind durchwegs Parsis, und ihr Gut-
achten lautet zu Gunsten der Bittsteller. Zunächst
wird betont, dass das Verlangen nach Sonntags-
ruhe mit religiösen Fragen nicht zusammenhänge,
sondern nur als Wunsch nach festen Ruhetagen
aufzufassen sei. Jetzt feiert jede Fabrik, wenn das
Geschäft es wünschenswerth macht; der Indier
liebt aber Geselligkeit und sucht an Ruhetagen
den Verkehr mit Freunden ; dieser wird durch
solche Unsicherheit unmöglich gemacht und An-
träge der Verlegung auf gemeinsame Mooatstage
sind bei den Directionen an der Tagesordnung;
Geradezu empörend ist die Weigerung einer Essens-
pause ; sie wird zwar von einsichtigen Directionen
ermöglicht, aber die Regel bildet doch, dass der
Nachbar die Arbeit des Nebenmannes mitversehen
muss, während sich dieser zum bescheidenen Mahl
niedersetzt. Sehr empfindlich wird dem Indier der
Ausfall einer Ruhezeit, weil er leidenschaftlicher
Raucher ist und diesen Genuss sich den ganzen
Tag versagen muss, wenn keine Pause gemacht
wird. Die dritte Forderung hängt mit der Klage
der Abzüge zusammen. Urlaub wird selbst bei
Familienfesten, hohen Feiertagen nicht für länger
als I — 2 Tage gewährt; kleine Strafen wegen
ungenügender Arbeit sind bei der Ueberanstren-
gung der Arbeiter unvermeidlich. Es wird nun
behauptet, diese Abzüge seien zu hoch berechnet,
und um Controle eintreten zu lassen, ist Abrech-
nung möglichst nahe dem Zahltage erbeten. Bei
Erkrankung und Erwerbsunfähigkeit durch einen
Betriebsunfall wird jetzt dem Arbeiter im Gnaden-
wege eine kleine Entschädigung gereicht; es ist
die Regelung dieser Leistungen kraft Rechtens
verlangt, ganz in Uebereinstimmung mit der Gesetz-
gebung des Deutschen Reiches.
Die eingeborene Presse verbreitet diese Be-
schlüsse im ganzen Reiche; sie finden überall Zu-
stimmung und Unterstützung, selbst die Regierungen
eingeborener Fürsten stehen einer umfangreichen
gewerblichen Gesetzgebung für Indien wohlwollend
gegenüber. Die grundbesitzenden Classen jeden
Grades haben die Bedeutung einer Industrie als
Abnehmer der landwirthschaftlichen Producte er-
kannt ; vortrefflich sind die Bemerkungen, welche
der Dewan oder Minister-Präsident von Maissur,
Ranga Tscharlu am 26. October 1882 in der
Eröffnungsrede vortrug, welche er an den Landtag
des Staates richtete. Maissur ist der einzige Staat,
der sich eines aus gewählten Mitgliedern bestehenden
Provinzial- Landtages erfreut; keine englische
Provinz ist mit einer gleichen Einrichtung aus-
gestattet, obgleich der Maissur-Landtag seit 1881
jährlich 3 — 5 Tage versammelt ist und mit Be-
merkungen zu den Vorlagen, mit dem Vortrag von
Wünschen und Beschwerden, die von Seite der
Regierung theilnehmende Berücksichtigung finden,
nicht kargt. Es ist hervorzuheben, dass der Dewan
Englisch vorträgt, dass auch alle Petitionen
englisch verfasst sind und das Sitzungsprotokoll
ebenfalls englisch geführt wird, obgleich sämmt-
liche Landboten Eingeborene sind und der Staat
Maissur ein einheitliches Sprachgebiet ist ; Kanarc-
sisch ist ausschliesslich die Landessprache. „Ich
bedauere, dass die Industrie in unserem Lande
noch wenig Fortschritte gemacht hat. Die Aus-
sichten auf die Anbohrung bauwürdiger Goldlager
22
OESTeRREICHlSCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
sind noch geriug ; der Anlage von Baumwoll-
spinnereien steht hindernd der geringe Anbau von
Baumwolle im Staate entgegen und wird es hiezu
erst kommen, wenn unser Eisenbahnnetz ausgebaut
ist und damit die Einfuhr von Getreide er-
möglicht wird, zu dessen Erzielung jetzt noch die
besten Felder benützt werden müssen. Keine Ver-
werthung findet bis jetzt unsere Wolle; bei der
Bedeutung der Aufzucht von Schafen im Staate
darf die Anlage von Tuchfabriken als lohnender
bezeichnet werden als solche für Baumwolle. Re-
gierung oder einzelne unternehmende Fremde
können nur wenig dazu beitragen, die Bevölkerung
zu lohnender Beschäftigung aufzustacheln ; noch
ist in Indien der Staatsmann nicht erstanden,
der seine Landsleute von der bleiernen Schwere
des Amtsgeistes entlastet und sie dazu bringt, aus
eigenem Antriebe auf Fortschritte auf dem Gebiete
der Gewerbe und Industrien zu sinnen. Wenn die
ganze Welt um uns herum ganz ausserordentliche
Umwälzungen zeigt, so dürfen die 260 Millionen
Indier in ihrem Schlafe nicht länger verharren ;
sie haben Unrecht, an den veralteten Ueber-
lieferungen ihrer Vorfahren von 2 — 3000 Jahren
zu hängen und ein kaum menschenwürdiges Dasein
zu fristen, dessen sie bei jeder Missernte unter
bejammernswerthen Erscheinungen vor der Zeit
verlustig gehen. In Europa begann man den Dampf
zur Erzeugung unzählbarer Mengen hochbegehrter
Waaren erst im Beginne des laufenden Jahrhunderts
zu benützen. Damals versorgte Indien Europa mit
Baumwollstoffen, heute versieht England trotz cmes
beispiellosen Wettbewerbes von ganz Euro;)a und
Amerika den grösseren Theil der Erde mit
Kleidungsstücken. Dieser Erfolg ist nicht die Folge
einzig dastehender Erfindungen einzelner von dem
höchsten Wesen begnadeter Menschen, sondern
das Ergebniss der unausgesetzten Bemühungen
zahlreicher Männer aus dem Gewerbestande, der
Gelehrten und der Kaufmannsgilde, die in ihren
verschiedenen Beschäftigungen ihren Verstand und
ihren eisernen Fleiss an die Nutzbarmachung
weniger Haupierfindungen setzten. Dieses Zu-
sammenwirken einer ganzen Nation bewirkte den
nahezu märchenhaftenReichthum und den allseitigen
Wohlstand, der Grossbritannien vor unserem
Vaterlande auszeichnet."
DIE DEUTSCHEN SCHUTZGEBIETE UND COLO-
NIALUNTERNEHMUNGEN BEI BEGINN DES JAHRES
1890.
(Schluss.)
Aus dem Kamerun-Gehiele sind im Laufe des
letzten Jahres nach zwei verschiedenen Richtungen
hin Vorstösse in die benachbarten Binnenland-
schaften unternommen worden, die den Zweck
hatten, einerseits der wissenschaftlichen Erkennt-
niss des Landes neue Anhaltspunkte zu gewähren,
anderseits den Interessen der praktischen Coloni-
sation zu dienen.
Dr. Zintgraf, unterstützt vom Premierlieutenant
Zeuner wandte sich bekanntlich im Sommer 1888
von der am Elephantensee errichteten Barombi-
Station dem Quellgebiet des Kalabarflusses zu. Mit
dieser Station, welche durch ihre Producte und
Bodenerzeugnisse sich von den Eingeborenen un-
abhängig gemacht hat, ist am Fusse des Kamerun-
gebirges ein Terrain gewonnen worden, das die
Basis zu weiterem Vorgehen landeinwärts abge-
geben hat. Dasselbe geschah in nordöstlicher Rich-
tung und führte die beiden Reisenden durch nie be-
tretenen Urwald an den Rand der Savanne, welche
so weite Strecken des innerafrikanischen Plateaus
bedeckt. Die neu angelegte Station, auf welcher
ausgedehnte Reisculturen angepflanzt worden, steht
mit den umwohnenden Stämmen auf freundlichem
Fusse, und es ist Aussicht vorhanden, dass es ge-
lingen wird, die Bewohner zu bewegen, ihre Pro-
ducte zur Küste zu bringen.
Auf dem weiteren Vorgehen landeinwärts ist
es dem Reisenden im Jahre 1889 gelungen, den
Oberlauf des Kalabarflusses in nordnordöstlicher
Richtung von der am Elephantensee von ihm ge-
gründeten Barombi-Station aus zu erreichen und
zu überschreiten und in das Land der Banyong ein-
zudringen, welche schon mit Adamaua in Handels-
beziehungen stehen. In diesem Gebiet leben als
Sclaven zahlreiche Vertreter eines Volksstammes,
die sich Bayong nennen. Von diesen erfuhr der
Reisende, dass in der Heimat zwei grosse Flüsse
sich befinden, von denen der westlichere Disumm,
der östlichere Liba heisst. Diese beiden Wasser-
läufe sollten nach den Angaben des Dolmetsch der
Expedition, der ebenfalls dem Bayong-Stamm an-
gehörte, als der von der Kund'schen Expedition
zum Theil erforschte Sannaga bei Malimba das
Meer erreichen. Falls sich diese Erkundigung be-
wahrheiten sollte, würde derLibasee, welcher viel-
leicht eine sceartige Erweiterung des gleichnamigen
Flusses darstellt, weder zum Stromgebiet des Congo
noch des Schari gehören. Das Räthsel des mysti-
schen Libasees im Hinterland von Kamerun er-
fährt auf diese Weise durch die Erkundigungen,
welche Dr. Zintgraf im nordwestlichen Hinterland
von Kamerun einzuziehen vermochte, eine neue
Beleuchtung.
Nach den Eindrücken, die der Reisende auf
dieser Tour hatte, drängt in diesem Theil des deut-
schen Schutzgebietes die Bevölkerung aus dem
Innern der Küste zu, und sind auch die Küsten-
gebiete stärker bevölkert, als die dahinter liegenden,
wenngleich auch diese noch viele Menschen beher-
bergen. Eine auchnur annähernd richtige Schätzung
der Dichtigkeit der Bevölkerung zu liefern, erklärt
sich Dr. Zintgraf noch nicht im Stande. Die Gründe,
welche die Leute treiben, aus ihren alten Wohtt
sitzen auszuwandern, sind nicht in abgewirthschaf-
tetem Boden zu suchen. Derselbe trägt reichlich
genug, und die Pflanzungen nehmen nach dem Innern
sowohl an Grösse als an Mannigfaltigkeit der ge
zogenen Producte zu.
In der Noth wären die Gründe wohl nicht zu
I
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FOR DEN ORIENT.
w
suchen; es ist vielmehr ein bestimmter Drany, der
allcrdinjjs nicht ausgesprochen zur Geltung kommt,
welcher die Leute zur Küste hinzieht. Auch wird er
nicht hervorgerufen durch einen Druck, den weiter
im Innern wohnende Stämme auf die Vorderlcute
ausüben, durch einen Druck kriegerischer Natur.
Es scheinen vielmehr mit den Binnenstämmen ganz
gute Beziehungen zu bestehen, wenngleich die
elenden Bettelkönige in diesen Gegenden einen ge-
wissen Respect vor ihren kriegerischen und unter-
nehmenderen Handelsfreundcn haben , die ihnen
wohl Sclaven und lilfenbein verkaufen, ihnen aber
gelegentlich auch Flintenmündungen und S[)err-
spitzen unter die Nase halten.
Dr. Zintgraf, welcher im September 1888 mit
einer ziemlich starken Karawane, die darauf be-
rechnet ist, den Widerstand der auf ihr Handels-
monopol eifersüchtigen Ban3ang- Häuptlinge am
oberen Kalabar zu brechen, von Kamerun nach
diesen Gebieten ausgezogen ist, hat inzwischen den
Benue bei Ibi erreicht, und damit den Anschluss an
das einst von Flegel durchforschte Gebiet gewonnen.
Bevor Zintgraf im Auftrage des Reiches mit der
letzteren Aufgabe betraut wurde, war er längere
Zeit am Congo thätig gewesen, und hatte darauf
ein Jahr lang unter dem Gouverneur von Soden die
Flussläufe der Colonie befahren. Wenn es ihm ge-
glückt ist, von Kamerun aus den Benue zu erreichen,
so darf man in ihm, den ein tückisches Fieber vor
drei Jahren hinwegraffte, wohl den Vollender des
letzten Werkes des grossen Entdeckers der Quellen
des Benue begrüssen.
Als Robert Flegel vor drei Jahren nachUeber-
windung der vielen Schwierigkeiten, die der Er-
langung der nöthigen Geldmittel in Deutschland
erwachsen waren, endlich im Auftrage d<?sColonial-
vereines wieder am Benue ankam, fand er den
unteren werthvollen Flusslauf bereits in englischen
Händen ; er wollte dann wenigstens im östlichen
Theil retten, was zu retten war, und von da wo-
möglich durch das von ihm schon zum 'l'heil durch-
forschte Adamaua nach Kamerun vordringen. Da
Dr. Zintgraf, wie er kurz gemeldet hat, vom Süden
her am Benue eingetroffen ist, so muss er durch
Gebiete gekommen sein, die bisher noch von keinem
weissen Forscher betreten worden sind. Ibi liegt
bereits in der englischen Interessensphäre; jedoch
hat ihn jedenfalls der grössere Theil seines Weges
durch deutsches Interessengebiet geführt, dessen
Grenze in schräger Linie nach dem Punkte ver-
läuft, wo der 12. Grad östlicher Länge auf den
oberen Lauf des Benue stösst.
Von Ibi aus hat sich Dr. Zintgraff nicht,
zur Küste begeben, sondern ist nach Benjum, dem
Land der Pferde, weiter gegangen. Es darf an-
genommen werden, dass hierunter Adamaua zu
verstehen ist, welches Land das eigentliche
Forschergebiet Zintgraff's bilden sollte, und welches
er bei dem erstenmale auf seinem nunmehr
glücklich vollendeten Zug zum Benue nur an seiner
äussersten westlichen Grenze berührt hatte. Nach
den neuereu in Reglin eingetroffenen Nachrichten
ist der Reisende am 8. Januar nach zweimaliger
Durchquerung des Adamauagebietes nach Kame-
run glücklich zurückgekehrt. Dr. Zintgraff gibt
an, er habe 30 Tage zu dem Marsch zum
mächtigen Häuptling von Jola gebraucht, dessen
Eiiifluss sich weit nach Süden erstrecke. In Jula
am Benue, und ebenso in Gasebka bat der ge-
gennante Forscher freundliche Aufnahme gefunden,
und ist er längere Zeit zurückgehalten worden.
An zweiter Stelle ist im südlichen Theile
von Kamerun von der Expedition Kund-Tappen-
beck wiederum ein Zug in das Innere unter-
nommen worden, der ursprünglich den Zweck
hatte, Aufklärung darüber zu schaffen, ob in dem
nur sehr wenig bekannten Malimbatbal die An-
lage einer Station ausführbar sei. Der wasser-
reiche, weit hinaus schiffbare Strom bildet eine
in das Vorland eindringende Wasserader, deren
Stromgebiet von Stämmen bewohnt ist, die dem
Handel und dem Verkehr mit Fremden zugeneigt
sind. Unter diesen hat sich ein strenges Gewohn-
heitsrecht bezüglich des Handels herausgebildet,
welches gleich einem lästigen Zollsystem die Auf-
schliessung des Innern hemmt und erschwert.
Die an der Mündung des Malimba wohnenden
Leute nämlich, dürfen nach den dort geltenden
Gesetzen nur bis zu dem Bakoko, um zu handeln,
gehen. Letztere holen Palmöl und Palmkerne
bei den India ab. In dem District von India sollte
die Stationsanlage stattfinden. Es ist aber wieder
davon abgesehen worden. Wie auf ihren früheren
Reisen, haben die beiden verdienstvollen Forscher
auch diesmal ein lehrreiches Material über die
wirthschaftlichen und Productionsverhältnisse des
Malimbabezirks gesammelt.
Von der Batanga-Expedition, über welche bereits
früher ausführlich berichtet worden und durch
die sich beide Officiere einen so ehrenvollen Platz
unter den Afrikaforschern errungen, liegt jetzt
ein Bericht vor, der ein fesselndes Bild von den
Naturverhältnissen Batangas entwirft. In demselben
heisst es :
Die Expedition durchzog vier, durch ihre Boden-
beschaifenheit und die Art ihrer Vegetation ver-
schiedene Regionen : Das Gebiet des dichteren
Buschwaldes oder auch lichteren Hochwaldes,
welches sich von der Küste aus über den grössten
Theil des Berglandes, im Süden noch darüber
hinaus bis auf das innere afrikanische Plateau
erstreckt; die Parklandschaft der dichter bevöl-
kerten Gegenden, in welchen die ursprüngliche
Waldbedeckung zum grössten Theile den Pflan-
zungen des Menschen zum Opfer gefallen ist ;
die mit hohem dichten Grase bestandenen Sa-
vanne mit ihren eigenartigen Zwergbäumen und
endlich die engbegrenzten Gebiete der grosseren
Wasserläufe, des Njong- und des Sannagaflusscs,
denen sich das schmale Küstengebiet zwanglos
anschliessen lässt. Die Verschiedenheit des Unter-
grundes und der Vegetation dieser vier Regionen
bedingt auch faunistische Eigeathümlichkeiten,
welche es angebracht erscheinen lassen, jedes
24
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
dieser Gebiete hinsichtlich seiner Thierwelt ge-
sondert zu betrachten.
Zu bemerken ist noch, dass die Expedition
diese Gegenden in der Zeit vom October bis
zum März, also in der sogenannten grossen
trockenen Zeit , durchzog , welche sich zwar
durchaus nicht durch Regenlosigkeit auszeichnet,
aber doch trocken genannt werden kann im Ver-
gleiche zu der eigentlichen Regenzeit mit ihren
andauernden, ausgiebigen Niederschlägen. In die
trockene Zeit, welche dem Winter der gemässigten
Zone entsprechen würde, fällt auch die Periode
spärlicher Vegetation. Diesem Umstände dürfte
daher das seltenere Vorkommen derjenigen Thier-
formen zuzuschreiben sein, welche auf blühende
Pflanzen angewiesen sind oder grösserer F'euchtig-
keit bedürfen. Das Gebiet des Urwaldes zeigt
auf den ersten Blick nur geringe Spuren thierischen
Lebens. Eine modrige, feuchte Luft, und ein ge-
heimnissvolies Halbdunkel, an welches sich das Auge
erst allmälig gewöhnen muss, herrschen in diesem
regellosen Durcheinander von Bäumen, Gebüschen
und Schlinggewächsen. Nur hie und da schlüpft
ein neugieriger Sonnenstrahl durch das dichte,
hoch über dem Wanderer gewölbartig Luft und
Licht abschliessende Laubdach, und nur selten
findet sich eine lichtere Stelle, welche dem Zu-
sammenbrechen eines altersschwachen Waldriesen
mit dem ihm anhängenden Lianengewirr ihren
Ursprung verdankt. Durch dieses Chaos von
Baumstämmen und Schlingpflanzen windet sich
der schmale Pfad, bald über Urgesteinbrocken
oder spitze Felstrümmer, bald über feinkörnigen
Sand oder lehmigen Laterit, bald durch pflanz-
lichen Mulm oder zähen schwarzerdigen Schlamm
und Morast führend, hier über Riesenwurzeln und
Wurzelpfeiler kletternd, dort einen Bach als Weg-
spur benützend. Zu beiden Seiten des Weges finden
sich zahlreiche, aus Erde zusammengeklebte
Ameisenhaufen, oft von zierlichster Form, ent-
weder freistehend und dann pilzförmig mit dünnem
Stiel, einer oberen Erweiterung und einem oder
mehreren etagenförmig übereinander sitzenden,
tutenförmigen Dächern, deren unterer Rand in
zahlreiche spitze Zipfel ausgezogen ist, oder an
Baumstämmen angeklebt, die einzigen Spuren
thierischen Lebens, welche das Auge in der
ersten Zeit eines solchen Waldmarsches zu ent-
decken vermag. Dagegen gellen die Ohren von
dem andauernden schrillen Gezirp der Cicaden,
welche bei der herrschenden Dämmerung den
ganzen Tag ihre auf die Dauer nichts weniger
als angenehme Musik ertönen lassen. Dabei ähneln
diese kleinen Musikanten in Grundfarbe und
Zeichnung ihrem Lieblingsaufenthalt so täuschend,
dass es ein geübtes Auge erfordert, um sie auf-
zufinden.
Die Erfolge, welche die Expeditionen Kund
und Zintgraf für praktisch coloniale Zwecke ge-
habt haben, beruhen nicht allein darin, dass die
Bewohner der Küstengegenden dadurch zu einem
regeren Geschäftsverkehr mit den Weissen an-
geregt worden sind, sondern auch darin, dass die
berüchtigte Handelssperre, welche allein dazu da
ist, die am Meeresgestade wohnhafte Bevölkerung
zu bereichern und die wie ein Alp auf dem Lande
lastete, durchbrochen wurde. Natürlich würden die
Handelskarawauen der Binnenleute in der ersten
Zeit eine Bedeckung etwa aus den auf der Station
eingeübten Negersoldaten erhalten müssen. Ist der
Versuch aber einmal erst gelungen, ist der Beweis
geliefert, dass der Schutz der deutschen Behörden
mächtiger ist, als die Rachegelüste der in ihrem
Verdienst geschmälerten Küstenneger, so ist damit
das Haupthinderniss des gerade in Kamerun viel-
versprechenden Handels beseitigt.
Ein besonderer Unstern hat übrigens über
der Forschungsexpedition Kund-Tappenbeck von
der Mitte des Vorjahres an gewaltet. Der Premier-
Lieutenant Tappenbeck erlag einem Fieber; der
Geologe Dr. Weissenborn musste wegen Krank-
heit aus dem Innern an die Küste zurückkehren
und starb an Herzschlag in Kamerun; der Botaniker
Braun musste ebenso wie Hauptmann Kund aus
Gesundheitsrücksichten nach Europa zurückkehren.
Die Expedition Kund-Tappenbeck hat vor
Allem den Handelsbestrebungen der in Batanga
etablirlen Geschäfte einen neuen Aufschwung ge-
geben. So beabsichtigte die Hamburger Firma
Woermann am unteren Sannaga eine Handels-
station in Verbindung mit dem Vorgehen der
Kund'schen Expedition zu gründen und auch am
Njong die Handelsposten thunlichst nach dem Innern
vorzuschieben, so dass von Regierungswegen be-
absichtigt werden kann, wie schon früher in Victoria
geschehen, jetzt in Kribi dauernd einen Amtmann
zu Stationiren. Diese Absicht gründet sich auf die
erfreuliche Erfahrung, dass in Folge der Kund-
schen Batanga-Expedition der Kautschukhandel
an der Batangaküste und der Verkehr mit den
Bewohnern des Binnenlandes nach den Berichten
dieses Hauses sich seit jener Zeit ganz bedeutend
gehoben hat. Allerdings hat sich in neuerer Zeit
die bedenkliche Erscheinung gezeigt, dass die
kriegerischen und kräftigen Fan sich schon in den
nördlichen Häfen gezeigt haben, um Handel zu
treiben.
Der Handel des Batangagebietes hat überhaupt
eine merkwürdige Ausdehnung. Er erstreckt sich
weit in's Innere und stösst am Sannaga mit Handels-
beziehungen am Niger und Benue zusammen. Der
Handel von Kamerun dagegen dehnt sich nur sehr
wenig nach Osten aus, er scheint vielmehr haupt-
sächlich den Wasserwegen wesentlich in nord-
östlicher Richtung zu folgen. Die Händler in
Kamerun klagen über schlechte Geschäfte, dagegen
entwickeln sich die Plantagen sehr erfreulich. Es
existiren in Kamerun vier Plantagen, wo allerdings
zwei erst im Entstehen begriffen sind. Geschter,
ein Württemberger, früher Gouvernementsgärtner
und interimistischer Postmeister in Kamerun, der
die Cacaopflanzung anlegt, ist im Februar i88g
dort hinausgegangen. Weiter vorgeschritten und
viel versprechend ist die Cacaopflanzung an der
OESTBBRBICMI8CHE MONATSBCHRIPT FOr DEN ORIENT.
II
i
i
Kriegsschiffhafenbucht, südlich von Victoria. Der
Leiter derselben, Herr 'I'heusz, hat in verhältniss-
mässig kurzer Zeit viel erreicht. Er hat über
100. ooo Cacaobäume gepflanzt, die sehr gut ge-
deihen. Auch der geerntete Tabak erweist sich als
vorzüglich und hat seiir gute Aufnahme in Hamburg
gefunden. Endlich besteht noch eine Tabaks-
pflanzung in Kribi bei Gross-Batanga, südlich von
Kamerun. Sie wird von einem Pfäizer Tabakpflanzer
geleitet. Die erste Probesendung des Tabaks von
dieser der Kameruner Land- und Piantageng(-sell-
schaft gehörigen Pflanzung war im Jänner 1880
in Hamburg angekommen. Es wird der Betrieb
daselbst allmälig bedeutend erweitert, wozu als
Hilfskräfte noch mehrere 'l'abakspflanzer hinaus-
[. gesandt worden sind.
Mit ganz besonderen Schwierigkeiten und
Widerwärtigkeiten hat, wie schon bemerkt, das
südweitafrikanische Schutzgebiet im letzten Jahre zu
kämpfen gehabt. Ein Umstand, welcher daselbst
tjeden gedeihlichen Fortschritt hemmt , ist die
Rechtsunsicherheit und Gesetzlosigkeit, tue in jenen
jeder st.aatlichen Organisation entbehrendenl^ändern
herrscht, und welche namentlich den auf die berg-
männische Ausbeutung der Gegend gerichteten
Unternehmungen der deutschen Colonisation sehr
im Wege ist. Einen unzweideutigen .Ausdruck fanden
diese anarchischen Zustände in dem Auftreten des
Herero-Häuptlings Maharero, welcher die Richtig-
keit der von dem deutschen Reichscommissär gel-
tend gemachten Landansprüche bestritt, und er-
klärte, dass die Priorität des Anrechts auf gewisse
Gebiete einem englischen Besitzer (Lewis) gebühre.
In Folge dieses Vertragsbruches, dem noch andere
folgten, und in Folge der zunehmenden Gewalt-
thätigkeiten und Ausschreitungen seitens der Ein-
geborenen gegen die Deutschen, zog sich der
Bevollmächtigte des Deutschen Reiches von
seinem Amtssitz Otyimbingue, nach Walfischbay
urück. Damit war nun auch den nach Mineralien
und namentlich nach Gold suchenden deutschen
Bergleuten jeder Halt im I^ande genommen. In der
Anarchie, welche sich nun desselben bemächtigte,
begann Lewi s schnell sein ."ansehen zu verlieren, zumal
sein Plan, im Damaraland die englische Schutzherr-
schaft an die Stelle der deutschen zu setzen, nach
den zwischen Deutschland und Grossbritannien be-
stehenden Abmachungen, ohneAussicht aufErfolg war
und Maharero selbst schliesslich nachtheilige Folgen
aus seinem Vorgehen zu fürchten begann. Dieser
veranlasste daher seinen, inzwischen bereits selbst
sehr schwankend und unsicher gewordenen Schütz-
ling, sich nach derCapcolonie zurückzuziehen. Seit-
dem ist im Hererolande wieder mehr Ruhe einge-
treten , der stellvertretende Reichscommissär ist
wieder nach Otyimbingue zurückgekehrt, und es
entsteht nun die Frage, ob es gelingen wird, die
Wirksamkeit und jjraktische Thätigkeit der Berg-
behörde zu ermöglichen, welche auf Grund eines
Gesetzes vom 15. August 1889 eingesetzt werden soll.
Aus den vorliegenden neueren Berichten über
das Naturlcben und die wirthschaftlichen und Vcr-
kehrsverbältnisse der Culonie, sei Nacbsteheodes
mitgetheilt :
Das Schutzgebiet in Südwestafrika ist wegen
seines Regenmangels berüchtigt. Die längs der
Küste von Süd nach Norden fliessenden Strömungen
kommen aus kalten Gegenden ; die in Folge dessen
erkaltende Luftschichte nimmt daher die Feuchtig-
keit auf, ohne sie als Niederschlag abzugeben. Die
Gluth der Sonne ist daher leicht zu ertragen, weil
die vom Körper ausgeschwitzte Feuchtigkeit sofort
verdampft. Das Klima ist daher ausserordentlich
gesund. Die Niederschläge fehlen aber doch nicht
gänzlich. Im Innern des Landes erfolgt im Sommer
(December und Februar) tagsüber eine ausser-
ordentliche Erhitzung des Bodens. Die in die Höhe
steigende Luft wird durch das Zuströmen von
Luft aus Nordost und Südwest ersetzt. Die nord-
östlichen Winde bringen die Feuchtigkeit der
Tropen, die südwestlichen sind trocken und kühl.
Wo beide zusammenstossen, entladen sich heftige
Gewitterregen, deren Häufigkeit von Nordost nach
Südwest , vom Damara- zum Gross-Namaland ab-
nimmt. Im Winter (Mai bis Juli) kühlt sich in der
Nacht der Boden bedeutend ab, es wehen daher in
der Nacht und Morgens trockene, staubführende
Winde gegen die See, die gegen Mittag, wenn sich
der Boden wieder erwärmt, schwächer werden und
Winden weichen, die vom Meer die Nebel Ober das
Küstengebiet bringen ; diese Nebel schlagen als
leichter, anhaltender Regen nieder. Die Nebelregen
gehen landeinwärts bis tief in das Binnenland
hinein nieder, so dass dieses Gebiet an den Sommer-
und Winterregen theilnimmt.
Vom wirthschaftlichen Standpunkt betrachtet
ist das Land an verwcithbarcn Froducten, die als
Zahlung angenommen werden können, nicht eben
reich ; Ebenholz und das Harz der Kastanien können
eventuell verwendet werden, aber auf sie allein kann
sich der Handel nicht stützen. Früher war die Jagd
lohnend, der Ertrag derselben an Elfenbein und
Straussfedern beträchtlich ; aber es wurde zu un-
vernünftig gejagt; die Jagdthiere sind selten ge-
worden. Das einzige übject worauf im Damara-
Namaland der Tauschhandel sich begründen kann,
ist das Vieh : Rindvieh, Schafe und Ziegen. Man
muss überlegen, wie man daraus exportfähige Ar-
tikel herstellen kann, die Verwerthung der lebenden
Thiere hat ihre Schwierigkeit. Für Ackerbau- und
Plantagen-Colonien können nur die Thäler in der
Nachbarschaft der austrocknenden Flüsse in Betracht
kommen. Das zugänglichere Damaraland wäre in
dieser Beziehung günstiger als das Namaland. Der
Wassermangel steht aber der Cultivation entgegen;
es ist die Frage, ob die Kosten der Errichtung von
Dämmen zur Schaffung von Reservoirs durch den
Erfolg derselben sich lohnen würden. Auch fehlt
der Markt, die Abnehmer für die Producte des
Ackerbaues ; der Farmer ist auf Viehzucht ange-
wiesen. Geeigneter noch als Damaraland, wäre
das Ovamboland für den Piantagenbau, aber es
liegt zu entfernt von der Küste. Der Fischfang an
der Küste ist einer Entwicklung fähig. Seiner gcolo-
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT,
gischen Beschaffenheit nach ist ganz Südafrika süd-
lich vom Zambesi auf einer Flächenausdehnung
von etwa 70.000 geographischen Quadratmeilen als
ein einziges Hochland mit gleichartiger Bodenge-
staltung zu betrachten. Ueberall finden sich Urge-
steine vor, namentlich Gneis, Granit und krystallini-
sche Schiefer. In Gneis und krystaliinischem Schiefer
kommt namentlich in Südafrika wohl Eisenerz vor,
in dem sich bisweilen Gold findet. Krystallinische
Schiefergebilde kommen in reichhaltigem Masse in
Deutsch-Süd Westafrika vom Oranje-Flusse bis zum
Kunene in einer Ausdehnung von 200 deutschen
Meilen vor. Quarz- und Dioritgänge sind dort be-
sonders reichhaltig vorhanden, in denen Kupfer-
massen mit 70 — 80 Kilogramm Kupfererz eingebettet
sind. Dies sind auch die Gesteine, in welchen Gold
thcils in grösseren gediegenen Massen, theils in
Stücke eingesprengt sich vorfindet.
So bietet denn die wirthschaftliche Entwicklung
der Colonie im Ganzen keine besonderen Aussichten.
Die gewaltige Ausdehnung der Küste von nicht
weniger als 550 Meilen entspricht auch keineswegs
ihrer Eignung für die Schifffahrt. In dieser Be-
ziehung erweist sich die deutsche Niederlassung so
recht als ein Theil des Continents, der von allen
die einfachste, monotonste, am wenigsten gebrochene
Urafassungslinie besitzt, mithin arm an Häfen ist.
Dieser Uebelstand fällt bei Südwest-Afrika übrigens
noch besonders in's Gewicht, weil daselbst, zum
Unterschied von den fast ganz sturmfreien Re-
gionen, welche weiter nördlich in der Nähe des
Aequators liegen, speciell die oft heftigen Südost-
passate, sogar die Regel bilden.
Im Gebrauch sind zur Zeit auf der ganzen langen
Uferlinie nur zwei Häfen, einer im Süden, Angra
Pequena, der Eintrittspunkt fürGross-Namaqualand,
und — mehr im Centrum — Walfischbai für die nörd-
lichere Hälfte der Colonie, das Gebiet der Herero-
Neger.
Der erstere gilt im Allgemeinen als recht wohl
geeignet zum Landen, ja, er ist vielleicht sogar der
beste, der einzige wirklich gute Hafen des Schutz-
gebietes, indess wird dieser Vorzug leider wieder
dadurch abgeschwächt, dass daselbst das Gestade
besonders trostlos ist und eine wirkliche wasser-
lose Wüste mehrere Tagereisen weit in's Land
hinein sich erstreckt. Demgemäss ist dann dieser
Punkt neuerdings auch so gut wie aufgegeben, so
sehr er seinerzeit auch in Aller Munde war. Hier
konnte sich ja kaum ein lebhafterer und lohnenderer
Handelsverkehr mit den Eingeborenen entwickeln.
Wohl stehen jetzt an diesem Punkt noch die Factorei-
gebäude, welche die deutsche Colonial-Gesellschaft
für Südwest- Afrika von Lüderitz mit übernahm, aber
sie haben wenig Werth. Ein Beamter derselben sitzt
daselbst in Einsamkeit als Verwalter. Man hofft
wohl hie und da noch, dass, wenn sich das Gebiet
des mittleren und unteren Oranje-Flusses, einschliess-
lich des Thaies des grössten rechten Nebenflusses
desselben, des grossen Fischflusses, weiter ent-
wickeln sollte, woselbst der Boden ziemlich frucht-
bar ist und eine Berieselung leichter als sonst im
Lande durchführbar ist, auch thatsächlich schon
einige recht blühende Plantagen gedeihen, wo ferner
bedeutungsvolle Anzeichen von Mineralschätzen,
sogar angeblich selbst von Diamanten entdeckt
wurden, dass dann über Angra Pequena ein leb-
hafterer Verkehr sich entwickeln werde, allein der-
selbe würde immer bedeutendere Vorkehrungen,
wie Anlage einer mit Wasserreservoirs versehenen
Bahn durch die Uferwüste und dergleichen, zur
Voraussetzung haben.
Ungleich günstiger als Angra Pequena stellt
sich der andere Hafen des Landes, Walfischbai,
dar, und zwar deshalb, weil hier im Rücken,
landeinwärts, nicht wie sonst fast überall an
diesem Gestade, hohe, schwer übersteigliche
Sanddünen aufragen — so beispielsweise hinter
dem noch zu erwähnenden Sandwichhafen —
sondern vielmehr eine weite, stetig, aber doch
fast unmerklich ansteigende, von vereinzelten,
tiefsandigen Partien abgesehen, auch hartgründige,
aber gut zu befahrende ebene Fläche, die soge-
nannte Namib, sich aufthut. Dieselbe ist zwar
ebenfalls eine völlige Wüste ohne Gras und
Wasser, auf alle Fälle aber doch für eine Passage
viel günstiger als das Hinterland von Angra
Pequena, da man sie zu Pferde in 8, mit Ochsen-
wagen in 16 — 20 Stunden überwinden kann.
Ausser Angra Pequena und Walfischbai
war bis vor Kurzem noch die einige Meilen
südwärts von Walfischbai gelegene Bucht von
Sandwichhafen im Gebrauch, die gut geschützt
und nur wenig seichter als Walfischbai ist. Sie
hat den grossen Vorzug, dass es daselbst nahe
am Meer ein gutes und reichliches Trinkwasser
gibt, während solches in Walfischbai eine Stunde
entfernt ist, beziehungsweise noch bis vor Kurzem
aus Capstadt dahingebracht werden musste. Da-
gegen steigt hier dicht hinter dem Strande ein
wahrer Wall von mächtigen Sanddünen empor,
die nicht nur eine sehr rasche Versandung des
Hafens bedingen, sondern denselben auch von
dem Hinterlande, namentlich dem an sich ganz
nahen, grasreichen Khuisethale, welches ehemals
an dieser Stelle gemündet zu haben scheint, für
Fuhrwerk völlig abschliessen. Nur Lastochsen
vermögen auf einem neuerdings aufgefundenen
Pfade das böse Hinderniss zu passiren.
So steht denn die Trockenheit und Sterilität
des Landes einer ausgedehnten Cultivation des-
selben hindernd entgegen und in den trockenen
Flussbetten wird nur hie und da eine Bebauung
des Landes mit regelmässiger Bewässerung durch
Quellen, den Oranjetluss oder durch Reservoirs
sich ermöglichen lassen, das aber dann ausge-
zeichnete Erträge gibt. Als günstig für Ackerbau
sind in Damaraland etwa Deepdal , Horebis,
Tsaobis, Otyikango, die Gegend nördlich des
quellenreichen Waterberg bei Grootfontein, Oma-
ruru u. s. w. anzusehen, in Gr.-Namaland höch-
stens Rehoboth, Hoachanas und einige Uferküsten
des Oranje River, auf welche mit den benach-
barten Grasländereien jetzt auch capjtädtische
B
OESTERREICHISCHE MOKATSSCHRIFT POR DEN ORIENT.
27
Speculanteii ihre Augen gewendet, nachdem die
Deutschen dort die Pionnierarbeit verrichtet
haben.
Für Viehzucht, Kinderzudit und Schafzucht
kommen in Damaraiand in FJetracht das Berg-
damaraland, ütymbinguc, Okahandya, das rechte
Khan-Ufer.
Eine grosse Schwierigkeit bildet aber auch
ihier die Wasserfrage, da die Eingeborenen ge-
' rade in dieser Beziehung, die oft eine Lcbcns-
I frage für sie bildet, sich nicht leicht zu Con-
cessionen bereit finden dürften. Die Buren haben
zwar in den letzten Jahren schon angefangen,
den Nama die Quellen abzukaufen, aber wenn
die Nama sehen, dass dies für sie den Untergang
■ bedeutet, wird die Folge davon ein neuer Auf-
stand sein. Vielleicht lässt sich auch die Kameel-
zucht einführen.
Für f^lantagenbau sind wohl nur die nörd-
lichen Gegenden von Amboland geeignet. Doch
ist hiebei die bedeutende Entfernung von der
■Küste und ein ungesundes Klima, abgesehen von
1 der Unsicherheit im dortigen Lande, in Rück-
r sieht zu ziehen. Der Anpflanzung von Datlel-
' palmen beabsichtigt man in den Wüsten mit
^ Grundwasser eine grössere Aufmerksamkeit
[schenken.
DIE HALBINSEL MALAKKA.
Noch manches Jahrzehnt wird die Halb-
insel von Malakka, welche man besser die ma-
layische nennt, der Forschung jungfräulichen
I^K Boden in ziemlicher Ausdehnung darbieten, denn
^B ausser den vier Besitzungen, welche die Eng-
länder dort haben, nebst ihrer nächsten Nachbar-
schaft, sind nur einzelne Flussthäler und Weg-
züge bekannt, während namentlich in der öst-
lichen Hälfte fast alles Gebiet unerforscht geblieben
ist. Es mag sich somit verlohnen, über das, was
wir von diesem Lande wissen, Uebcrschau zu halten,
wobei sich Gelegenheit finden wird, der in der
jüngsten Zeit dort vorgenommenen Untersuchungen
zu gedenken.
Wie ein Blick auf die Landkarte lehrt, bildet
die Halbinsel Malakka einen zungenartigen, gegen
Süden und Südosten gerichteten Ausläufer Hinter-
indiens, der in seinem unteren Ende mit dem
westlich daneben liegenden Sumatra gleiche
Richtung hält. Sie erstreckt sich von 13" 45'
bis l" 35' n. Br., und zwar bis 8" 50' n. Br.
südwärts, von da ab gegen Südosten. Die Schei-
dung zwischen diesen beiden Richtungen be-
zeichnet die Landenge von Kräh. Jenseits, d. h.
südlich von derselben erhebt sich dann selbst-
ständig als Landzunge das Rombaungebirge oder
Gebirge von Malakka mit Cap Büros (i" 35'
n. Br.) und Cap Romania (i" 22' 30" n. Br.) als
äussersten Ausläufern. Der gegen Süden ver-
laufende 'I'heil der Halbinsel und ein nicht un-
beträchtliches Stück der gegen Südosten gerich-
teten Hälfte gehört politisch unmittelbar zum
Königreiche Siam mit Ausnahme des an der
Westküste hinziehenden britischen Gebietes von
Tenasserim. Der übrige Theil wird von Malayen-
staaten eingenommen, die thcils im Verhältnisse
der Zinsbarkeit zu vSiam oder zu den Briten stehen,
theils völlig unabhängig sind. Längs der West-
küste liegen zerstreut verschiedene Parcellen bri-
tischen Gebietes : die sogenannten Strait-Settlc-
ments. Es sind dies die Prinz von Wales-Insel,
besser unter ihrem einheimischen Namen Pulo
Penang bekannt , die Provinz Wellcsley, dann
Malakka mit Naning und das auf einem kleinen
Eilande ganz im Süden der Halbinsel gelegene,
weithin berühmte Singapore, auf welches als hin-
länglich bekannt hier keine weitere Rücksicht
genommen wird.
Wir beginnen unseren Streifzug durch die
Halbinsel an der Landenge von Krab. Nur wenig
nördlich von dieser fliesst der Pakhschan, welcher
die Püdgrenze Tenasscriros gegen das Siam'sche
Gebiet bildet. Er ist kein eigentlicher Pluss,
sondern eine weit in's Land eingreifende Föhrde.
deren Barre nur 3 m Wasser hat. Der englische
überstlieutenant Fytshe fuhr denselben 25 im
aufwärts und die Capitäne Fräser und Forlong
benützten die günstige Gelegenheit, um quer durch
die hier nur 104 km breite Halbinsel vom Uorfe
Kräh bis zum Haien Tayung zu gelangen, der
am Golfe von Siam liegt. Kräh ist eine von
Leuten des ShanvolKes bewohnte Ortschaft von
etwa 50 Häusern, worunter sich auch einige
chinesische Familien befinden ; sie liegt am Pakh-
schan, in welchen hier der Krahlluss einmündet.
Nur 13 km entfernt stosst man auf die Wasser-
scheide, von welcher nach Osten hin der Tschuni-
phong dem Golfe von Siam zufliesst. Im ver-
flossenen Jahrzehnt beschäftigte man sich ernst-
lich, ganz besonders in Frankreich, mit dem Ge-
danken einer Durchstechung dieser Landenge und
Herstellung eines Canals durch dieselbe, um der-
gestalt eine Wasserstrasse zu gewinnen, welche
die Fahrt von Westen her nach Cochinchina,
China und Japan um vier Tage verkürzen würde.
Derartige Canalprojecte tauchten mehrere auf.
Jene von Tremenhere und von Schomburgk
nahmen den Pakhschan zum Ausgang, ebenso
der Plan des Ingenieurs F. Deloncle, welcher am
19. Juni 1882 in Begleitung des Dr. Harmand,
französischen Consuls in Siam, sich von Bangkok
an den Isthmus zu dessen genauerer Erforschung
begab. Auch er beabsichtigte einen Canal aus
dem Pakhschan nach dem Tschumphong zu leiten,
aber nicht so weit im Norden wie Tremenhere
und nicht so weit im Süden wie Schomburgk.
Die canalisirte Strecke sollte 53 km, die ganze
Schifffahrtslinie vom Bengalischen zum Siamesi-
schen Meerbusen 1 1 1 ^m lang sein. Deloncle und
Harmand waren im Stande, die ganze Länge des
beabsichtigten Canals, sowie die beiden Flüsse
Pakhschan und Tschumphong und die Wasser-
scheide zwischen denselben aufzunehmen ; was sie
fanden, sprach nach ihrer Meinung zu Gunsten
28
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
des Planes. Im Jänner bis April 1883 entsandte
die französische Regierung eine eigene Vermes-
sungsexpedition nach der Landenge. Sie brach
von der Ostküste bei Tschumphong auf, folgte
nach Ueberschreitung eines schmalen Landstriches
dem Laufe des Langsuen aufwärts und gelangte
über den nur 76 m hohen Krah-Pass zum Pakh-
schan, welcher bis zu seiner Mündung in einer
Dampfbarkasse befahren und eingehend unter-
sucht wurde. Diese Expedition begleitete als
britischer Regierungscommissär für Siam Com-
mander A.J.Loftus, welcher den ganzen Plan jedoch
auf das Entschiedenste verurtheilte. Die haupt-
sächlichsten Schwierigkeiten für die Anlage des
Canals fand er in den ungünstigen Verhältnissen
des Pakhschan, dessen Einfahrt sehr gefährlich
und dessen Bett durch Felsen vielfach versperrt
ist, sowie in den zu bewältigen Gesteinsmassen.
Um die nämliche Zeit, im Frühjahre 1883, führte
übrigens Deloncle eine neue Untersuchung einer
Abschnürung der mala)'ischen Halbinsel, jedoch
an anderer Stelle, viel weiter südlich aus, indem
er von der Ostküste von Singora aus zunächst
die Lagune Tale-Sab, welche durch die Insel
Tantalam vom Golfe von Siam getrennt ist, auf-
nahm, längs des Flusses Klong Talung die Wasser-
scheide des Luanggebirges erreichte und amTzang-
flusse nach Westen zum Bengalischen Meerbusen
gelangte. Letzteren Isthmus hatte auch nebst
jenem von Schaija (zwischen 8" 20' und 9" 20'
n. Br.) der französische Ingenieur Leon Dru em-
pfohlen. Indess ist es von allen diesen Plänen
wieder stille geworden. Die Landenge von Kräh
hatten übrigens die Engländer schon seit 1843
in's Auge gefasst, auch mehrere Expeditionen
dahin abgesandt, um die Anlage einer Eisenbahn
zu Studiren, die freilich ebensowenig zu Stande
gekommen ist.
In der Gegend des Isthmus von Kräh treten
Zinnminen auf, an welchen die ganze Halbinsel
ungemein reich ist. Die eigentliche Zinnregion
Malakkas erstreckt sich vom 8." n. Br., also
etwa von der Landenge von Kräh bis zum 3."
nördlicher Breite ; die Lager breiten sich am
westlichen Fusse der Gebirgskette, welche so-
zusagen das Rückgrat der Halbinsel bildet, über
deren ganze Länge aus. Diese Kette erhebt sich
bis zu 2000 m und ist eine Fortsetzung des
grossen asiatischen Zuges, der am Himalaya an-
fängt und sich bis an die Südspitze der Halb-
insel im Staate Dschohor ausdehnt. Der üppigen
Vegetation wegen, welche das Land bedeckt, ist
es sehr schwierig, eine Uebersicht der geologi-
schen Formationen zu gewinnen, doch ist es
sicher, dass viele Quarzadern die massiven Granit-
gebilde, deren Geschiebe zinnführend ist, durch-
setzen, und das Ganze hat eine der Formation
von Cornwallis ähnliche Structur. In diesen mas-
siven Adern sind noch keine Bergwerke eröffnet;
alle bis jetzt bearbeiteten Zinngrubjn liegen im
Alluvialboden; das gewonnene Mineral ist also
Stromzinn. Wie alt die Entdeckung dieses seltenen
Metalles auf der Halbinsel ist, lässt sich nicht
mehr ermitteln, doch reicht sie sicherlich in sehr
frühe H^pochen zurück. Schon lange wird dasselbe
abgebaut, doch ist der Reichthum so unendlich
gross, dass wahrscheinlich noch nicht ein einziges
Thal durchgängig bearbeitet und von unzähligen
Thälern kaum eines noch berührt ist. Einen
höheren Aufschwung nahmen die Arbeiten erst
gegen Ende der Vierzigerjahre und besonders
nach dem .•\ufruhr der Taiping. Chinesische
Flüchtlinge waren es, welche sich der Zinn-
gewinnung zuwandten, ihr Werk eifrigst aus-
dehnten und den Engländern in den besten zinn-
führenden Thälern zuvorzukommen trachteten. Da
iudess die britische Regierung sich das Monopol
aller auf Malakka gelegenen Zinngruben vorbehält,
so mussten sich die Chinesen verbindlich machen,
ihr den zehnten Theil alles gewonnenen Metalles
abzugeben. Neben den Chinesen sind noch Ma-
layen sowie Kling von Madras und der Malabar-
küste, aber keine Europäer im Bergbau beschäf-
tigt. Doch sind die Chinesen die eigentlichen
Bergleute und Schmelzer, liefern auch alle Hand-
werker, welche direct zur Gewinnung des Metalles
mitwirken. Die Zinngruben bilden die bedeutendste
Einnahmstjuelle des Landes, doch hat in den
letzten Jahren in manchen Gegenden allerdings
der Ackerbau einen solchen Aufschwung ge-
nommen, dass er dem Bergbau wohl an die Seite
gestellt werden darf.
Die malayischen Vasallenstaaten Siams auf der
Halbinsel sind Ligor mit Talung^ welches aber
wahrscheinlich nur eine Provinz Siams ist, die
Lakon oder Lachen genannt wird. Die Bevöl-
kerung, dünn und arm, besteht vorwiegend aus
Siamesen nebst einer beträchtlichen Anzahl Ma-
layen und einigen Chinesen. Aus der Vermischung
der Siamesen und Malayen ging ein Halbblut
hervor, welches die Malayen Samsam nennen.
Sie sind zum Islam bekehrte Siamesen und reden
eine Mischsprache. Die Stadt Ligor liegt in der
Nähe der Ostküste, aber nicht unmittelbar an
der See, sondern am Flusse Tadschang, den all-
jährlich einige chinesische Dschunken des Handels
wegen herauffahren, und wird auf 5000 Ein-
wohner geschätzt. Weit bedeutender, ja der be-
deutendste Platz des siamesischen Malakka ist
Toneah auf der zu Ligor gehörigen Insel Salanga
oder Junk-Ceylon an der Westküste ; die Stadt
zählt wenigstens 30.000 Einwohner und hat eine
schöne, gegen die Südwestmonsune gesicherte
Rhede, ist ganz von Stein gebaut, mit regel-
mässigen, meist gut gepflasterten Strassen und
sogar numerirten Häusern und wird fast aus-
schliesslich von Chinesen und einigen Surati-
kaufleuten bewohnt. Siamesen und einige Malayen
wohnen in den Vorstädten in Häusern von Holz
oder Bambus. Dicht bei der Stadt befinden sich_^
auf einer grossen Ebene, von Bergen umkränz^fll
sehr bedeutende Zinngruben ; der Sand der Ebene
ist derartig mit Zinntheilchen gemengt, dass nur
wenig Pflanzenwuchs aufkommen kann und der
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIr-T FÖR DEM ORIENT
29
»i
Boden einen grauen Schein besitzt. Das Innere
on Ligur ist mit völlig unbekannten Gebirgen
erfüllt, welche den wilden Orang -Semang als
Aufenthalt dienen. Doch kommen diese auch sonst
r^noch auf der Halbinsel vor.
An Ligor und die Landschaft 'l'alung grenzen
im Süden die Vasallenstaaten Patani und Keda
(Quettah, Quedah). Patani, welches seinen Zins
an Siam in Geld und Getreide entrichtet, liegt
zwischen 6 — 7 " n. Br., grenzt im Westen
an Keda, welches eine Bergkette davon trennt,
und zerfällt in fünf Provinzen, zwei äussere und
drei innere. Es gibt zwei Städte Namens Patani,
eine ältere und eine neuere, wovon die erstere
an einem sehr seichten Flusse (in 7 " n. Br.)
liegt. Medhurst hat sie 1832 besucht und
damals im Verfalle befunden. Die Bevölkerung
»betrug um jene Zeit 54.000 Köpfe, jetzt werden
für den ganzen Staat ihrer blos 30.000, und für
die Hauptstadt lo.ooo angegeben. Letztere be-
sitzt einen kleinen Hafen, der mehr für kleine
: Küstenfahrer geeignet, von europäischen Schiffen
nur selten besucht wird. Das Land ist aber
sehr fruchtbar und erzeugt viel Reis, Tabak und
j. Gewürze. Die Berge sind reich an Affen und
Elephanten. Das Mineralreich liefert Zinn, Eisen-
erze in den Gebirgen, etwas Gold, dann Salz,
womit viel Handel getrieben wird. Die Siamesen
Verheben von diesem wichtigen Artikel eine Steuer.
Der ansehnlichste unter den malayischen
Vasallenstaaten Siams ist Keda an der West-
küste, dem man gleichfalls blos 30.000 Ein-
wohner gibt. Längs der Küste sumpfig und
waldig, im Hintergründe von hohen Gebirgen
durchzogen, in welchen der isolirte Gipfel des
^^brjerai 1187 m Höhe erreicht, erstreckt es sich
I^B zwischen 5 — 7 " n. Br. Zum Mindesten drei
^K- gangbare Wege vermitteln den Verkehr über
^■r-das Gebirge nach der Ostküste, doch ist das-
Hpselbe nur wenig erforscht. Auch hier gibt es
reiche Zinnlager, nebst etwas Gold, der Boden
ist sehr fruchtbar, dicht bewaldet und wird von
sechs schiffbaren Flüssen durchströmt. An einem
I derselben, dem Parlis, liegt im Innern die Stadt
Kangah, deren Häuser auf Pfählen erbaut sind
und wegen der vorspringenden Dächer sowie
der Sauberkeit der Ausführung an die Schweizer
Bauart erinnern. In den Wäldern Kedas fehlt es
nicht an glänzend gefiederten Vögeln, lisch ver-
tilgenden Pelikanen, an Affengesellschaften, hin
I^_ und wieder zeigen sich auch Rehe, während in
^Kden Gewässern nirgends die überaus feigen, aber
ungemein starken und lebenszähen Alligatoren
vermisst werden. Die kleinen Inseln im Meere
^^Kian der Küste liefern in kleineren oder grösseren
^^■•Mengen die von der Hiiundo esculenta gebauten
^^Ressbaren Vogelnester, deren gefahrvolles Ein-
'^" sammeln von den Malayen betrieben wird. Kedas
gleichnamige Hauptstadt zählt 7 — 8000 Einwohner.
Der Staat Keda grenzt im Osten an das Vasallen-
reich Kalantan, das sich zwischen dem Basut-
'Sind dem Barunastrome ausbreitet, 50.000, meist
^
malayische Plinwohner zählen soll und vorwiegeod
Gold und Zinn nebst schwarzem Pfeffer erzeugt.
Die Residenz des Fürsten liegt an einem kleinen,
nur für Boote schiffbaren Flusse in 6 * 16' n. Br.
In den Bergen hausen dunkelbäutige Wilde. Gegen
Westen umfängt Keda die von diesem Reiche
l8o2 erworbene britische Provinz WelUsley, deren
Bevölkerung 50.000 Köpfe, meist Malayen, zählt.
Sie bauen grosse Mengen Zuckerrohr zur Ausfuhr.
Ihr gegenüber liegt die reizende kleine Insel
Pulo Penang mit ihrer befestigten Hauptstadt
Georgetown in der Nordostecke. Pulo Penang, was
auf malayisch Arakanuss-Insel bedeutet, weil sie
ihrer Gestalt nach einer solchen gleicht, liegt am
Nordeingange der Malakkastrasse 3*5 km vom Ufer
der Halbinsel entfernt und ist an 25 km lang, bei
13 km breit. Der Osten des Eilands ist eine weite,
3-5 bis 5 km breite Ebene, an der Westseite erhebt
sich bis zu 760« Höhe ein gespaltener, zum Meere
steil abfallender Granitklumpen, dessen Gipfel eine
Signalstation trägt. Pulo Penang ist durch seine
Lage wichtig für den Handel, ein Vorposten für
den Verkehr nach Hinterindien, dem ostindischen
Archipel und ("hina. Es liefert mannigfaltige und
werthvolle Erzeugnisse, darunter die Cocosnuss,
deren Haine fast alle steilen Küsten der Insel be-
decken. Reis, Pfeffer, Gewürznelken, Muscatnuss,
Betelrebe, Thee, Baumwolle, Tabak, Kaffee und
Zuckerrohr. Obgleich der Handel beständig im
Steigen begriffen ist, vermögen die Strait-Settle-
ments sich doch noch nicht selbst zu unterhalten,
sondern kosten dem Mutterlande noch bedeutende
Zuschüsse für ihren militärischen Schutz zu Wasser
und zu Land.
Der südlichste und letzte Zinsstaat Siams ist
Tringano, an der Ostküste der Halbinsel in 4° 15'
bis 6" n. Br. Er grenzt im Norden an Kalantan, im
Westen an Perak ; seine wichtigsten Erzeugnisse
sind Elfenbein, Pfeffer, Kampher, Gold und Zinn.
Die Bevölkerung schätzt man auf 35 — 37. 000 Köpfe.
W^ie man sieht sind unsere Kenntnisse von
den meisten dieser Landschaften recht spärlich und
fast noch schlimmer ist es um jene der unabhängigen
Malayenreiche bestellt, welche den äussersten
Süden der Halbinsel einnehmen. Die wichtigsten
darunter sind Ptrak, Salangor, Rumbo, Pahang und
Dschohor, letzteres auf dem der Insel Singapur
gegenüber liegenden Festlande. T. J. Newbold
zählte aber 1839 ferner noch die kleineren Staaten
von Sungia, Ujong, Dschobol, Srimenanti, Dsch<tlyOj
Dschellabu, DschompoU und Segamtt auf, welche
alle einheimischen und despotisch herrschenden,
muhammedanischen Fürsten unterstehen. Doch sind
die staatlichen Verhältnisse nicht selten ziemlich
unklar und über die Abgrenzungen dieser Gebiete
unter einander geben die bestehenden Landkarten
keine oder nur unsichere .\uskunft. Erst in neuerer
Zeit ist einer dieser Staaten, Perak, in den Vorder-
grund getreten und etwas genauer bekannt ge-
worden.
Als einer der reichsten Fundorte des Zinns
war Perak freilich schon lange bekannt. Vor fünf-
30
OESTERREICHICCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
zehn Jahren ward derselbe jedoch in einen Streit '
mit England verwickelt und hat seitdem die Auf-
merksamkeit mehr als andere auf sich gelenkt.
Zwischen Keda im Norden und Perak im Süden
liegt nämlich das seit 1824 von den Engländern
erworbene Gebiet von Malakka, 1657 kni'^ gross,
mit der fast ganz chinesischen Stadt gleichen
Namens. Von hier aus ist Perak leicht erreichbar.
Da fügte es sich, dass der britische Gouverneur zu
Singapur, Sir Andrew Clarke, eine Politik auf
eigene Faust gegen die Malayenstaaten der Halb-
insel trieb, von welcher das Londoner Cabinet gar
keine Kenntniss hatte und die in Perak als „Politik
freundschaftlicher Protection" zuerst eine definitive
Gestalt annahm. Die Erhaltung friedlicher Be-
ziehungen zu den malayischenF'ürsten, die sich vor
allen anderen durch Launenhaftigkeit, Willkür und
Hartnäckigkeit auszeichnen, war immer von
Schwierigkeiten begleitet. Zwar machten schon
seit 1818 Verträge mit Perak dem Seeraub ein
Ende, der sonst für die Küstenbewobner den Er-
werb bildete, dagegen dauerte dieUnbotmässigkeit
unter den Grossen des Landes fort. Als nun 1875
der Sultan von Perak starb, brach eine Revolution
los und vertrieb des Sultans Sohn, Abdullah, um
den ältesten Häuptling, Ismail, zum Herrscher aus-
zurufen. Da schien dem englischen Gouverneur der
Augenblick für die Einmischung gekommen ; er
versprach vorerst die Wirren ^u schlichten, setzte
dann den Vertriebenen als Sultan ein und schloss
mit ihm einen Vertrag, wonach England ein ansehn-
liches Gebiet abgetreten erhielt und die Zinnberg-
werke unter die Leitung englischer Techniker
kamen. Dies wusste man in London und auch dass
der besagte Vertrag die Beglaubigung eines briti-
schen Residenten einschloss, der daraufsehen sollte,
dass in Zukunft Alles hübsch ordentlich zuginge.
Dieses Abkommen ward auch auf Salangor aus-
gedehnt. Was man aber in London nicht wusste,
was Sir Andrew Clarke auf eigene Hand bedungen
hatte, war, dass den Residenten richterliche Ge-
walten ertheilt, und sie als Bevollmächtigte des
Sultans mit unumschränkter Befugniss in seinem
Namen erklärt wurden, endlich, dass die britischeRe-
gierung aufVerlangen des Sultans und der Häuptlinge
von Perak beschlossen habe, im Namen des Sultans
die Regierung von Perak zu übernehmen, und dass
der Gouverneur zu diesem Ende Beamte aufstellen
werde, die unter dem Titel königlicher Commissäre
und Untercommissäre dieVerwaltung führen würden.
Ein malayischer Rath der Radscha von Perak werde
ernannt werden, um die Commissäre in den Regie-
rungsangelegenheiten zu unterstützen. Von solchen
Massregeln, die einer Annexion ziemlich nahe kamen,
war, wie gesagt, in London nichts bekannt, aber
auch den Eingebornen gefiel diese weitgehende
Fürsorge nur schlecht und sie ermordeten am
I. November 1875 meuchlings den britischen Re-
sidenten Herrn Birch. Zugleich machten sie Miene
sich gegen die Engländer überhaupt zu erheben
und dieselben von der Halbinsel verjagen zu wollen.
Sie setzten sich in Vertheidigungszustand, während
England zur Bestrafung der Schuldigen Truppen
unter General Colborne aussandte, zugleich aber
strenge Weisungen ergehen Hess, sich jeder An-
nexionspolitik fernzuhalten. Es kam zu mehreren
blutigen Gefechten, in welchen die Malayen erbittert
kämpften und die Engländer nicht immer siegten ;
im März 1876 waren indess die Rädelsführer ge-
fallen, England aber stand davon ab, das Land in
eigene Verwaltung zu nehmen, sondern begnügte
sich, dasselbe unter seinen Schutz zu stellen.
Lieber dieses Perak berichtete schon der er-
mordete Birch. Das wesentlichste Moment des Lan-
des ist darnach der Perakfluss, welcher etwas nörd-
lich vom 4" n. Br. in das Meer mündet ; er ist für
Kanonenboote etwa 64 — 80 km stromaufwärts
schiffbar und hat viele Nebenflüsse. Sein Ursprung
scheint sich nördlich vom Flusse Kreean zu be-
finden, der bis vor Kurzem die Südgrenze der Pro-
vinz Wellesley bildete. FJirch hat den Perak in einer
Strecke von etwa 480 km und beinahe alle seine
Nebenflüsse erforscht und schätzte die Uferbevöl-
kerung auf etwa 8ü.ooo, die im Innern, worunter
an 10.000 Ureinwohner, auf 20.000 bis 30.000
Köpfe. Das Land längs beider Perakufer ist ausser-
ordentlich fruchtbar und wird von den Malayen mit
Tabak, Zuckerrohr, Tapioca, indischem Korn be-
baut. In den undurchdringlichen Rohrdickichten
gibt es viel Wild, Elephanten, zwei Gattungen Nas-
hörner, wilde Büffel, Tapire, drei Gattungen Hoch-
wild, Tiger, Leoparden und verschiedene Katzen-
gattungen. Larut, der nördliche Theil von Perak
an der Küste, ist der reichste Theil des Landes, ein
prächtiges Gebiet mit wunderbarer Naturscenerie
und sehr gesundem Klima. Der Boden eignet sich
für die mannigfaltigsten Culturen, doch ist Reis die
einzige Cerealie, welche von den Eingeborenen ge-
baut wird.
Im Auftrage des französischen Unterrichts-
ministeriums führten die Herren Brau de Saint Pol
Lias und J. Errington de laCroix 1880 — 1881 eine
wissenschaftliche Reise auf der Halbinsel Malakka
aus, die sie zu Aufnahmen in Perak vervvertheten.
Sie erforschten insbesondere die Nebenflüsse des
Perak, den Kinta und Batang Padang, bestimmten
zahlreiche Höhen und untersuchten die Minenbezirke
am Unterlaufe des Perak, die besonders reich an
Zinn sind. Auch Gold wird in diesem Gebiete nicht
unbeträchtlich durch Auswaschen des Flusssandes
gewonnen. Die Minen erstrecken sich über einen
Flächenraum von 300 km^. Noch reichere Gold-
minen wurden später durch Sir Hugh Low, den
britischen Residenten, am Oberlaufe des Perak ent-
deckt. Mit seinen Ingenieuren drang der Resident
bis über 5" 50' n. Br. längs des Flusses vor, wobei
sich ergab, dass dessen Quelle nur etwa 25 km vom
Golf von Slam entfernt ist. Der Perak scheint be-
stimmt, für diesen Theil der Halbinsel die grosse
Handelsstrasse der Zukunft zu werden. Eine Reihe
weiterer F"orschungen hatte I'885 den an der OsNvh
küste mündenden Fluss Pahang und das gleichilBH
namige kleine Fürstenthum zum Ziel. Der Feld-
messer W. Cameron nahm den ganzen Flusslauf
OEStERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIEMT
31
I
;iu(; G. Scaife befuhr seinen rechtsseitigen Zufluss
Sttmjintcn, kreuzte die Wasserscheide und erreichte
hlngs des Flusses Klang durch das Fürstenlhum
Salangor die Westküste. Von dieser letzteren ging
der britische Resident in Salangor, F. A. Swettcn-
ham, zu einer Durchkreuzung der Halbinsel von
Perak bisPahang aus, welche dieZeit vom i 2. April
bis 5. Mai 1885 inAnspruch nahm. Längs des Slim
wurde bis Kuala Slim der Wasserweg benützt, dann
ging es längs desselben und seines Quellbaches
Briseh aufwärts zur Wasserscheide, welche zugleich
ie Grenze zwischen Perak und Pahang ist. In einer
pHöhe von 960 m ward dieselbe überschritten. Nur
wenige Schritte von einander durch die Passhöhe
getrennt, entspringen der Briseh im Westen, der
Sungei Sambilan, einer der Quellflüsse des Lipis
im t)sten. Noch wurde Permatang Linggi in ig5 w
erreicht und von jetzt ab auf Flössen der Wasser-
weg benutzt, welcher einer regelmässigen Schiff-
fahrt wiederholt durch Stromschnellen Hindernisse
bereitet. Bei Kuala Temelin vereinigen sich der
Lipis und Jelei zum Pahangflusse, welchen Swetten-
ham bis zur Hauptstadt Pekan hinabfuhr. Im Juli
führte J. E^. 'I'enison-Wood eine Fahrt auf dem
Pahang aus, um die an seinem Oberlaufe befind-
lichen Goldminen zu untersuchen. Er gelangte bis
l'unjom am Lipis, 16 km von dessen Mündung,
300 km von der Küste; in unmittelbarer Nähe beim
Uorfe Jelei liegen die alten Goldminen, welche seit
Kurzem eine europäische Gesellschaft übernommen
hat. Auf der Rückreise wurde der Semanten auf-
wärts verfolgt bis zur Quelle, in deren Nähe sich
ebenfalls Goldlager fanden.
Fs ist kein Zweifel, dass die malayische Halb-
insel eines der mineralreichsten Gebiete der Erde
ist; allein auch für den Anbau von Thee, China-
rinde, Kaffee u. dgl. eignen sich die tiefer gelegenen
Landstriche. Es wäre dringend zu wünschen, dass
die geographische Forschung in ernsterer Weise
als bisher diesem interessanten Gebiete sich zu-
wende.
MISCELLEN.
Ausstellung in Taschkent i890. Das 25jährige
Bestehen russischer Herrschaft in Westturkestan
wird im Jahre l8go durch ei ne Ausstellung in
Taschkent gefeiert werden, wel che sehr interessant
zu werden verspricht, und deren Besuch, vermittelst
der transkaspischen Eisenbahn unschwer nusführ-
'bar, wissbegierigen und unternehmungslustigen
^Touristen empfohlen wird. Das Interesse dieser
; Ausstellung beruht darauf, dass im Princip nur Be-
wohner des turkestanischen Gebietes und der be-
|. nachbarten asiatischen Landstriche und Reiche als
^ Aussteller aufzutreten berechtigt sind — eine Regel,
I die freilich Ausnahmen, wie sich sofort zeigen wird,
nicht ausscliliesst. Die Ausstellung wird in folgende
1 1 Abtheilungen zerfallen: I.Feld- und Landwirth-
schaft, 2. Garten- und \\''einbau, 3. Baumwollen-,
Seiden- und Bienenzucht, 4. Viehzucht, Pferde- und
Gellügelzucht, 5. Waldwirtlischaft, 6. Fischfang und
Jagd, 7. Haus- und Fahriksindustrie, 8. Bergbau,
g. eine wissenschaftliche, 10. eine kriegsgcscbicht-
liche, II. eine Lehrmittel-Abtheilung. Aus dem
europäischen Russland und dem Auslande werden
zur Ausstellung zugelassen : Landwirthschaftlichc
Geräthe und Maschinen, namentlich solche, welche
eine verbesserte Bearbtitung in den für Ccntral-
asien besonders wichtigen ICrwcrbszweigen, wie
Baumwollen- und Seidenzucht, Weinbau, Trock-
nung von Früchten etc. einzuführen geeignet sind.
.Auch l'-abrikserzeugnisse russischen Ursprungs,
welche speciell für Centralasien hergestellt werden,
sollen Aufnahme finden. Im Ganzen hofft man durch
die Ausstellung ein Bild des Aufschwunges, den
seit 25 Jahren die verschiedensten Zweige des
Lebens in Turkestan genommen haben, vorführen
zu können ; so soll z. B. die letzte Scction, die der
Lehrmittel, veranschaulichen, welche Fortschritte
in dieser Zeit auf dem Gebiete der N'olksbildung
gemacht worden sind Lieber die Reise nach
'l'aschkent geben die njvchstehenden, mit Odessa
beginnenden Notizen, die wir dem Tagebuchc eines
im vorigen Jahre aus Centralasien heimgekehrten
Oesterreichers entnehmen, einigen Aufschluss.
„Fahren wir weiter nach Odessa, das mit
seinen breiten, mit Alleen versehenen Strassen
auf jeden Reisenden den besten Eindruck macht,
fahren wir weiter nach Sebastopol, der blutge-
tränkten Stätte, weiter nach Yalta, das die Russen
gern ihr Nizza nennen, das trotz seiner schönen
Villen und nahen Wälder, comfortablen Hotels,
becjuemen Wagen, Früchte und Rosen, wegen
seiner staubigen Strassen und verstaubten und
sonnverbrannten Vegetation mir doch keinen Ge-
fallen abgewinnen kann ; fahren wir weiter nach
Firdusi, das mit seinen Windmühlen und kahlen
Bergen nicht zum Aussteigen einladet, weiter
nach Batum, wo der Spiegel des Meeres mit
Petroleum überzogen ist, wo Alles nach dem
edlen Nass duftet, wo, wie die dort wohnenden
Deutschen scherzend erzählen, selbst die erlegte
Waldschnepfe den hautgout vom Petroleum an-
nimmt. Willst du nicht in Tiflis bleiben, dort das
Lied Rubinstein's singen: „Gelb rollt mir zu
Füssen der brausende Kur", und kachctischen
Wein dazu trinken, dich überzeugen, dass die
grusinischen und tscherkessischcn Frauen ihren
Schönheitsruf nicht verdienen, so fahre an dem
Elbrus und Kazbek, den Riesen des Kaukasus,
vorbei und gehe nach Baku, dem F^lndpunkte der
Bahn. Dort wirst du staunend sehen, wie das
Erdöl thurmhoch Fontainen schleudert, und hören,
dass das Pud (40 Pfund) Cerosin soviel kostet
wie in Wien ein halbes Pfund Petroleum.
Geht der Wind vom Lande, so kannst du
versuchen, ein Seebad im Kaspischen Meere xu
nehmen, denn der Wind treibt die Cerosinschicbte,
die auf dem Wasser schwimmt, in die hohe See.
Das Kas|)ische Meer, dessen Wasser salzig und
ausserordentlich bewegt ist, macht dir die zwanzig-
stündige Ucberfahrt quer über dasselbe zur un-
angenehmen, und am zehnten Tage nach der .Ab-
reise von \\'ien landest du in L'sun .Ada, dem
32
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEN ORIENT
Anfangspunkte der transkaspischen Militärbahn,
die dich mit einer Geschwindigkeit von circa
22 Werst per Stunde in 36 Stunden nach Merw
bringt. Von Usun Ada bringt den Reisenden eine
49stündige Eisenbahnfahrt an die Ufer des Amu
Darja, von wo er in weiteren 8 Stunden in den
Bahnhof von Bocharä einfährt. Noch 15 Stunden
bringen ihn nach Samarkand, dem im Vorjahre
letzten Punkte der Transkaspischen Militärbahn.
Zur Jubiläums-Feier wird wohl die Bahn bis Tasch-
kent ausgebaut sein und man statt 40 Stunden im
Tarontest nur 1 3 Stunden im be(|uemen Waggon
zuzubringen haben.
Landesposteinrichtungen in China. Die De-
peschen der Regierung werden nach ihren Be-
stimmungsorten durch besonders zu diesem Zwecke
angestellte Leute befördert, welche unter der
Aufsicht des Kriegsministeriums in Peking ste-
hen. Sie reiten von einer Station zur anderen
mit ziemlicher Schnelligkeit, und wichtige Docu-
mente werden so auf grosse Entfernungen täg-
lich 45 Meilen weit befördert. Das Publicum ist
von der Benützung dieses Verkehrsmittels aus-
geschlossen, hat aber, durch die Bedürfnisse des
Handels dazu geführt, für sich einen eigenen Post-
dienst eingerichtet. In jeder chinesischen Stadt
von einiger Grösse befinden sich sicherlich einige
Postämter, von denen jedes einer oder mehreren
Provinzen vorsteht, nach und von denen es Briefe
und kleine Packete befördert. Die Sicherheit
alier ihnen anvertrauten Gegenstände wird garantirt
und der Werth ersetzt, wenn sie verloren gehen ;
gleichzeitig muss der Inhalt aller Packete bei
der Aufgabestelle declarirt werden, damit ein
entsprechendes Porto für ihre Beförderung er-
hoben werden kann. Die Briefträger gehen haupt
sächlich zu Fuss ; mit 80 Pfund Postgepäck laufen
diese Boten eine Meile in der Stunde , bis sie an
ihrem Bestimmungsorte angelangt sind, händigen
hier den Pack einem anderen Boten ein, welcher,
gleichviel ob Tag ob Nacht, ob schlechtes oder
gutes Wetter, aufbricht, bis auch er sich seiner
Verantwortlichkeit entledigt und den Pack einem
dritten Boten eingehändigt hat. Der Portosatz ist
sehr gering. Ein Brief von Peking nach Hankau,
ca. 150 Meilen Luftlinie, kostet nur 8 Cts. Etwa
30 Percent des Portos trägt der Absender, um die
Post vor Betrug und Verlust zu schützen ; der Ueber-
schuss kann von dem Adressaten erhoben werden.
Diese Postämter werden von den Kaufleuten bei
ihren Handelsgeschäften viel gebraucht , und
Wechsel werden stets so verschickt. Solche Docu-
mente, sowie kleine Packen chinesischen Fein-
silbers bilden eine ziemlich werthvolle Last und
würden oft den Wegelagerern zur Beute fallen,
wenn nicht die Militärbehörden Reisende, welche
die Gasthäuser vor Tagesanbruch verlassen, von
Soldaten würden begleiten lassen , bis der
Tag sie vor den Gefahren eines plötzlichen
Angriffes sicherstellt. An anderen Orten hat man
wieder Trupps gut eingeübter Männer, welche
sich in Gesellschaften von drei bis fünf den
Reisenden zum Schutze vor Wegelagerern ver-
miethen.
Zustände an der l(leinasiatischenNordl(üste.
Im Auftrage der Senckenbergischen naturfor-
schenden Gesellschaft zu F~rankfurt a. M. führte
Staatsrath O. Retowski aus Theodosia im Sommer
1889 eine siebenwöchentliche Reise nach der klein-
asiatischen Küste des Schwarzen Meeres aus, wobei
die Plätze Sinope, Samsun, Trapezunt und Batüm
besucht wurden. Sinope, einst der wichtigste Punkt
der ganzen Nordküste Kleinasiens, ist trotz seiner
fruchtbaren Umgebung und günstigen Handelslage
heute tief gesunken. Das nicht mehr als 7162 Ein-
wohner zählende Städtchen zeigt im Innern den
gewöhnlichen Verfall. Dabei ist der Steuerdruck
enorm. Für ein Schaf, das hier etwa 3 fl. kostet, ist
ein Gulden Steuer zu entrichten. Etwa ein Drittel
der Bevölkerung sind Griechen, die übrigen zwei
Drittel Türken. Samsun, in dessen Nähe die spär-
lichen Trümmer des alten Amisos liegen, besitzt
einen schlechten Hafen und in der Umgebung ge-
sundheitsgefährliche Sümpfe. Dennoch hat sich die
Stadt bedeutend gehoben und seit 1860 ihre Be-
völkerung etwa verfünffacht, von 3000 auf 16.000
Köpfe. Samsun ist nämlich einer der Hauptplätze,
nicht blos des Handels, sondern auch des Tabak-
baues, zugleich Sitz eines der vier Bezirke der
Tabakregie für das türkische Reich, weshalb hier
auch eine grosse Tabakfabrik besteht und zahl-
reiches Verwaltungspersonal stationirt ist. Trapezunt
ist Sitz eines der zwölf Vilajete, in welche die
asiatische Türkei eingethcilt ist. Hier haben elf
auswärtige Mächte ihre Vertreter. Es herrscht reger
Verkehr und besonders die Karawanen bringen viel
Leben in die Strassen. Die Stadt zählt 45.000 Ein-
wohner und ist sehr ausgedehnt wegen einer Menge
Gärten innerhalb der von Christen bewohnten
Viertel. Vier Stunden von 'IVapezunt entfernt liegt
Risa oder Risch im Lande der Lasen, die nächste
türkische Stadt an der russischen Grenze, von
europäischer Cultur aber noch so wenig berühit,
dass man wohl thut, sich möglichst wenig auf der
Strasse zu zeigen. Batüm hatte Herr Retowski seit
1879 nicht gesehen. Damals bot es noch ganz den
Anblick einer orientalischen Stadt. Die verflossenen
zehn Jahre haben aber hier mehr gewirkt, als 500
Jahre unter türkischer Herrschaft. Die winkeligen
schmutzigen Gassen mit den hölzernen unansehn-
lichen Privathäusern und den kleinenVerkaufsbuden
haben breiten Strassen mit grossen, mehrstöckigen,
steinernen Häusern und eleganten Läden Platz ge-
macht und blos ein paar unbedeutende Moscheen,
die türkischen Bäder und einige Buden auf dem
Bazar erinnern noch an die einstige Herrschaft der
Osmanen. Die Erklärung zum Freihafen, die gross-
artigen Hafenbauten und die Eisenbahn nach Baku
am Kaspischen Meere haben einen solchen Zuzug
von Europäern veranlasst, dass die ursprüngliche,
Bevölkerung nur einen kleinen Bruchtheil der heute
auf 10.000 Köpfe angewachsenen Bewohnerschaft
bildet.
gw-
Verantwortlicher Reda-'teur: A. v. Scala.
Druck von Ch. Reissflr 6, M WertI
März-Heft 1890.
OESTERREICH ISCHE ^s<^><'
Nr. 3.
|aMt55t|rift für \m §xmi
Herausgegeben vom
K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUM IN WIEN.
Redigirt von Ä. von Scala.
Monatlich ein« Nummer.
VERLAG DES K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUMS IN WIEN.
Pra!i |lhrl. S «. » 10 Marii.
I
INHALT: l''eueraul»ftler u(Ut ^Ioiii»tli(M.sipn ? Von Berniattn t'eigh
-— li\t' Genusxmittel dt» Orieutr:<. Voii o'usUiv Troll. — Capttän
BiDger^s Reisu im Sudan. Von F. r. H. — Die Deutschen
äcbatzgebieto bei Begiiin des Jahren 18*.>0. — - M i s c e 1 1 e :
Albinos im Indiitcben Archipel.
1
sc
i
FEUERANBETER ODER MONOTHEISTEN ?
Von Hermann Feigl.
em das Gerücht einmal einen Namen
erfunden hat, der mag ihn nur schwer
wieder los werden, und eine Verleum-
dung, die drei Jahrtausenden getrotzt
hat, widersteht auch mit einem gewissen Anscheine
von Recht der besseren lirkenntniss. Das haben
die Parsis, die Anhänger der Lehre Zoroaster's,
an sich selbst am besten erfahren. Ihr Religions-
gcdanke, als ein Innerliches von den alten Völkern
nicht verstanden, ist auch von den neuen bis in
die jüngste Zeit nur aus Aeusserlichkeiten ge-
schlossen worden. Die Parsis heissen und hiessen
.iKeueranbeter*^, obwohl sie das Feuer weder
heute, noch wohl auch jemals in alter Zeit an-
gebetet haben.
Es ist wahr, die Feueraltäre, welche sich
llenthalben in den von den Zoroastriern früher
ewohnten Gebieten noch als Ruinen finden,
sprechen ebenso für die Begründung des Ver-
dachtes, wie die Art und Weise, auf welche die
heute noch lebenden Parsis ihr Gebet verrichten.
Nun, der Mohammedaner wendet beim Gebete
das Gesicht gegen die Ka'ba, jenen uralten'Stein,
der schon in vorislamischer Zeit als vom Himmel
gefallen mit heidnischen Gebräuchen verehrt
wurde, und doch ist der Muslim nicht als F'eti-
schist verschrieen, der einen Stein anbetet ; russi-
che (Christen lassen sich in Jerusalem an der
tätte des heiligen Grabes von geweihten Kerzen
icbt geben, das, indem eine Kerze an der an-
deren entzündet wird, weit hinausgetragen wird
in die Welt und in den Häusern der Gläubigen
nie erlischt, und doch wird ihnen niemand nach-
sagen, dass sie das Licht verehren, vor welchem
sie in heiliger Andacht knieen ; die Parsis aber
sind „Feueranbeter" und der Name wird ihnen
trotz seiner Fälschlichkeit bleiben, wie Ma.v Müller
sagt, auch „wenn Ormuzd's letzter Verehrer längst
von der F>de verschwunden ist". Das Evan-
gelium der Christen und der Koran der Muham-
medaner sind eben mit ihren Lehren bekannt,
Monatiachrift fUr den Orient. Mürz 1890.
während das Zandavesta, die heilige Schrift der
Zoroastrier, erst in der neuesten Zeit an's Tages-
licht gezogen und untersucht wurde ; und nun
wird man sagen, steht es kaum mehr dafür, fflr
das verschwindend kleine Häuflein der bis heute
übrig gebliebenen Parsis eine Lanze einzulegen.
Es leben ihrer heute in der That nicht
mehr als im Ganzen beiläufig loo.ooo, die sich
zum weitaus grösserem Theilc auf Indien, zum
kleineren auf Persien vertheilen ; eine furcht-
bare Mahnung an die Vergänglichkeit aller
Grösse !
Die Nachkommen der Eroberer der alten
Welt des Orients, der Beherrscher von Persicn,
Babylonien und Assyrien, von Judäa und Egypten
etc. sind heute mit ihrer Religion im eigenen
Vaterlande nur geduldet und seitdem Araberthum
und Islam in Persien ihre siegreichen Fahnen
aufgepflanzt haben, geht der „Gaebr", der „Feuer-
anbeter" verachtet durch das Leben.
Und doch hat dieser „Gaebr" eine Religion,
mit welcher sich der Islam an Reinheit und Er-
habenheit nicht im Entferntesten messen kann,
eine Religion, die zu Höherem berufen war, als
mit einer Nation unterzugehen, jene Religion, die
ewig bestehen wird, gleichviel welchen Namen
sie tragen mag : den reinsten Gottesglauben.
Lange vordem, ehe das ("hristcnthum die heid-
nischen Religionen der in Europa lebenden Arier
verdrängte, ja lange vorher, ehe diese im Westen
wohnenden, sogenannten nordarischen Völker ihre
Mythologie in eine systematische Form gebracht
hatten, waren sich die Anhänger Zoroasters schon
des einzig richtigen Weges bewusst, den der
Mensch im Streben nach der Erkenntniss Gottes
zu gehen hat, des Monotheismus.
Ob das ursprüngliche ReligionsgefQhl aller
Menschen ein monotheistisches ist, ob also alle
Mythologien und vielleicht auch der Fetischdienst
uncultivirter Völker nur auf eine Entartung der
vollkommensten Gottesidee zurückzuführen sind,
das ist wohl eine Behauptung, die schwer zu
beweisen, eine Frage, die heule noch nicht zu
beantworten ist. Die Betrachtung der Religionen
der arischen Völker scheint jene Annahme über-
aus zu begünstigen.
Die grosse lockenhaarige Völkerfamilie be-
zeichnet die Gottheit mit einem gemeinsamen
C^»
34
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
Worte, und wenn dieses von der Sanskrit-Wurzel
div abgeleitete Wort auch nicht bei allen indo-
europäischen Völkern den obersten Gott be-
zeichnet, so glaubt man doch annehmen zu dürfen,
dass es ursprünglich der Name der monotheisti-
schen, vor alten Zeiten allen arischen Völkern
gemeinsamen Gottheit gewesen ist. Da die Wurzel
div nun glänzen bedeutet, so liegt wieder die
Annahme nahe, dass der Begriff des Göttlichen
mit dem des Lichts zusammenhängt, es lässt sich
aber wohl nicht entscheiden, ob die Urarier
durch die Betrachtung des leuchtenden Sonnen-
balls zur Idee der Gottheit geführt wurden oder
ob sie die schon vorher gefühlte, über Alles er-
habene Gottheit in sinnlich poetischer Ausdrucks-
weise mit Glanz und Licht identificirten, wie die
Juden in philosophischer Ueberlegung ihren Gott
mit der Ewigkeit.
Gewiss ist, dass die nordarischen Völker
irgend einen oder ihren höchsten Gott oder Gott
überhaupt mit einem Worte bezeichneten, dessen
Bedeutung ihnen völlig unbekannt war, während
die Südarier in dem Worte deva noch leicht ihr
altes Spracheigenthum erkennen und sich erklären
konnten. Ob sie es aber auch thaten ?
Schon in den Veden gibt es so viele devas,
Götter, dass wir von jener angedeuteten sinnlich
poetischen Bezeichnung eines einzigen Gottes
von jeher zweifeln müssen. Allerdings konnte das
Wort, wenn die ursprünglich monotheistische
Religion einmal entartet war, ebensogut in der
Mehrzahl wie in der Einzahl gebraucht werden.
Aber konnten dann Diejenigen, welche am Mono-
theismus festhielten, nicht umsomehr den Singular
zu Ehren bringen? Nichts von dem! Im Zend-
avesta wird das von der Wurzel div abgeleitete
Wort mit Abscheu verworfen, und datvas be-
zeichnet dem Zoroastrier durchaus nichts Gött-
liches, denn er bekennt : Ich will kein Verehrer
der daevas sein. Es mag ja sein, dass das Avesta,
wie Max Müller sagt, eine bewusste Opposition
gegen die Anbetung der im Veda verehrten Na-
turgötter darstellt, aber hätte denn Zoroaster
nicht erklären können, es gäbe nur einen dalva?
Warum gab er ihm einen anderen Namen, nannte
ihn .Ahura mazda und verwarf den Titel daeva
ganz? Wenn wir uns Zoroaster's Religion als
Frucht philosophischen Denkens vorstellen, wird
die Sache erklärlicher, als wenn wir Zoroaster
als von religiösen Vorurtheilen befangen, be-
trachten. Ist aber Zoroaster's Lehre das Werk
eines persönlichen Genius, dann dürfen wir sie
weder mit der vedischen noch mit der vorvedi-
schen Religion der Inder in Zusammenhang
bringen, denn das Genie bedarf keiner Anleh-
nung. Dann gebührt aber auch den alten Ira-
niern von allen arischen Völkern allein der An-
spruch auf die originäre Idee des Monotheismus.
Die Religionsgeschichte als Wissenschaft ist
heute noch viel zu jung, um Hypothesen zu ver-
theidigen, geschweige denn sie zu Wahrheiten zu
erheben, und so bleibt uns in unserer Sache
Nichts übrig, als den weiten Boden historischer
Kritik zu verlassen und uns auf das kleine
Plätzchen der Erfahrung zu beschränken. Dass
die Religionsbücher der I'arsen manches Wunder-
liche und Mythische enthalten, wollen wir ganz
bei Seite lassen, da sie ihm in der Praxis selbst
nicht die geringste Bedeutung beimessen. Dies
dürfen sie heute umsomehr, als sie vom Zend,
in welchem ihre heiligen Schriften abgefasst sind,
kein Wort verstehen, und selbst die Gebete
daraus ohne Verständniss recitiren. Es wäre aber
falsch, aus diesem letzten Umstände den Schluss
zu ziehen, dass der Parsi nicht weiss, zu wem
und warum er betet. Er betet eben mehr im
Geiste als mit Worten.
Ormuzd ist sein Gott, Zoroaster dessen Prophet
und das Zendavesta die heilige Schrift, die Gott
seinem Propheten geoffenbart hat.
Was die Glaubenssätze der Zoroastrier betrifft,
so bestehen diese aus Fundamentallehren ohne
dogmatische Zusätze ; wer könnte auch solche
machen, da den Priestern die heilige Schrift in
ihrer alten Sprache ebenso unverständlich ist, als
den Laien?
Der Parsi glaubt an einen Gott, dessen Ein-
zigkeit besonders betont wird. Gott hat Alles
erschaffen, den Himmel und die Erde, mit Allem
was diese beiden Welten enthalten.
Gott ist ein Geist, der weder Gestalt noch
Farbe hat und an keinem bestimmten Ort wohnt.
Er ist für den menschlichen Geist unfassbar und
so gross und erhaben, dass er sich mil Worten
nicht beschreiben lässt.
Kann man Gott treffender charakterisiren,
als es der Parsi thut?
Religion ist dem Parsi die Verehrung Gottes
und diese Religion hat er von Gott durch dessen
Propheten Zoroaster erhalten.
Die Gebote Gottes, welche der Prophet den
Gläubigen gegeben hat, sind, kurz zusammen-
gefasst, in dem folgenden Glaubensbekenntnisse
enthalten :
\yir erkennen Gott als eineti Gott, wir
glauben an den erhabenen Zoroaster als den
wahren Propheten, wir halten die Religion und
das .Avesta über jeden Zweifel erhaben, wir
glauben an die Güte Gottes, wir übertreten kein
Gebot der Mazdaiaschna-Religion, wir meiden
alles Böse, wir bemühen uns Gutes zu thun und
wir beten täglich fünfmal ; wir glauben, dass wir
am vierten Tage nach unserem Tode gerichtet
werden und dass uns Gerechtigkeit widerfährt,
wir hoffen auf den Himmel und fürchten die
Hölle, wir glauben, dass ein Tag der Zerstörung
und der Auferstehung kommen wird, dass Gottes
Wille stets geschehen ist und stets geschehen
wird, und wir wenden beim Gebet unser Antlitz
einem leuchtenden Gegenstande zu.
Wenn wir dieses Glaubensbekenntniss Punkt
für Punkt betrachten, werden wir kaum auf eine
Aeusserung stossen, die wir, den Gottesglauben
OESTERRBICHISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEN ORIENT.
85
nd seine Bethätigung durch Gebet und gute
'Werke vorausgesetzt, verwerfen könnten.
Was die Stellung Zoroasters betrifft, so ist
s ohne Zweifel ein Glanzpunkt in der Religion
er Parsis, dass sie ihrem IVojjheten weder gött-
liche noch übermenschliche Eigenschaften zu-
B schreiben. Gott hat seine Gebote einem Menschen
iVertraut, den er seiner Gnade und des unmittel-
baren Verkehrs würdig fand. Zoroaster ist ein
Weiser und dass ihn der Farsi als Menschen un-
mittelbar mit Gott verkehren hisst, beweist, dass
er den menschlichen Genius als einen Theil von
Gottes Geist zu schätzen weiss. Ein unendlich
hoher Standpunkt, vielleicht der höchste, der sich
in Hinsicht auf das Verhältniss der Gottheit zum
M^^Menschen je erreichen lässt.
I|P Ebenso gereicht es dem religiösen Verständ-
nisse des Zoroastriers nur zur Ehre, dass er auch
-an die Güte Gottes glaubt und von der Gnade Gottes
■^■Vergebung seiner Sünden erwartet. Das Vermeiden
■^*alles Bösen wird anders durch das kategorische
Gebot ausgedrückt : Reinheit der Gedanken, Rein-
heit der Worte und Reinheit der Handlungen. Damit
wird aber nicht nur sittliche, sondern auch physische
Reinheit anbefohlen, und bei der grossen Rolle,
L^_wclche die Reinigung des Körpers im Oriente
IHnbcrhaupt und dann besonders noch als äusseres
. Heiligungsmittel spielt, dürfen wir nicht erschrecken,
wenn wir im Zendavesta Reinigungsceremonien
finden, die uns als das gerade Gegentheil dessen
erscheinen, was sie sein sollen. In dieser Hinsicht
kommen die Parsis den Hindus sehr nahe, und gilt
auch ihnen die Kuh und was von ihr kommt als
Reinigungsmittel. Ich will mich hier nur auf diese
.Andeutung beschränken, und nicht weiter auf die
Beschreibung von Gebräuchen eingehen, die uns
nur ekelhaft erscheinen. Bemerkt aber sei dazu
noch, dass ein Reisender, der in jüngster Zeit aus
ndien zurückkam, erzählt, dass er in der Brah-
manenschule , welche er dort besuchte, in der
li^cke des Lehrzimmers eine Kuh stehen fand,
welche — i's ist kein Spott, sondern ernste Wahr-
heit! — das Zimmer ilurch ihre Anwesenheit —
I^Brein zu erhalten hatte. Nun gilt dem Indter die
'^^Kuh als geheiligtes Thier und lässt sich also gegen
das althergebrachte Herkommen auch mit dem ge-
lehrtesten und aufgeklärtesten Brahmanen nicht
streiten. Ein Anderes ist es bei den Parsis. Diese
haben sich im Laute der Zeit in zwei Parteien, eine
conservative und eine liberale getheilt, von denen
die erstere an den .^eusserlichkeiten der Religion
zäh festhält, während die letztere sie zum grossen
rheile, wenn auch mit Schonung ihrer beschränkteren
Glaubensbriider, verwirft, — wozu auch jene ab-
scheulichen Reinigungsceremonien gehören.
In Bezug auf das Gebet ist zu bemerken, dass
es zwar genügt, im Tage fünfmal zu beten, dass
aber ein frommer Parsi täglich wenigstens sechzehn-
mal beten soll. Der conservative Parsi betet beim
.\ufstehen, dann bei der eben früher angedeuteten
Reinigungsceremonie, dann, wenn er sich badet,
wenn er sich die Zähne putzt und wenn er- mit
seinen Waschungen zu Ende ist. So oft er sich die
Hände wäscht, wiederholt er dieselben Gebete,
jede seiner drei täglichen .Mahlzeiten fängt mit
einem Gebete an und hört mit einem Gebete auf
und endlich wird noch vor dem Schlafengehen
ein Gebet gesprochen.
Es ist schon oben der sonderbare Umstand
bemerkt worden , dass die Gebete in der alten
Zendsprache verrichtet werden, von welcher nicht
nur das Volk, sondern auch die Priester meistens
kein Wort verstehen.
„Bei manchen Gelegenheiten", sagt der Parsi
Dadabhai Naoroji, der ims über das Leben der
Parsis berichtet, „bei manchen Gelegenheiten, wie
bei den zweimonatlichen Festen, den Cbumbars,
bei den Ceremonien für die Todten, die am dritten
Tage stattfinden, und bei sonstigen religiösen oder
festlichen Gelegenheiten finden Versammlungen im
'i'empel statt. -Gebete werden hergesagt, in die
Einige mit einstimmen, aber in der Volkssprache
wird keine Rede gehalten. Gewöhnlich gebt jeder
Parsi, wenn er Lust hat oder wenn es ihm passt,
in den Feuertempel, sagt, so lange es ihm gefällt,
seine Gebete her, und gibt vielleicht den Priestern
eine Kleinigkeit, damit sie statt seiner die Gebete
sagen."
Das spricht nicht sehr für die Bigotterie des
Volkes, dafür wird jene von unserem Gewährs-
manne den Priestern umsomehr zum Vorwurf ge-
macht.
„Statt die wahre Lehre zu verbreiten," sagt
er, „und das Volk seine religiösen Pllichten zu
lehren, sind die Priester von .■Xllen am bigottesten
und abergläubischesten, und üben besonders auf
die Frauen, die bis vor Kurzem gar keine Erziehung
erhielten, einen höchst verderblichen Eintluss aus.
Die Priester haben aber angefangen, sich ihrer un-
würdigen Stellung bewusst zu werden. Viele von
ihnen erziehen, wenn sie irgendwie können, ihre
Söhne für einen anderen Beruf. Nur wenige von
der Priesterschaft können auf Kenntniss des Zend-
avesta .-\ns|)ruch machen, und die Meisten sind nur
darin ihren Glaubensgenossen überlegen, dass sie
die Bedeutung der Wörter in den heiligen Büchern,
so wie sie eben gelehrt wird, kennen, ohne aber die
Sprache philologisch oder grammatisch zu ver-
stehen."
Fürwahr ein unschönes Bild von den Ver-
tretern einer der schönsten Religionen, aber bei
der Erblichkeit der Priesterwürde kaum anders zu
erwarten.
Ganz eigenthümlich muthet uns in dem parsi-
schen Glaubensbekenntnisse der Gedanke des
jüngsten Gerichtes und der .Auferstehung an, sowie
der Glaube an eine Belohnung des Guten im Himmel
und eine Bestrafung des Bösen in der Hölle. .\bcr
einen Fürsprecher und einen Erlöser erkennen sie
nicht an. „Wenn Jemand sündigt", sagen sie, «in
dem Glauben, dass ein Anderer ihn erlösen kann,
so werden der Betrogene und der Betröger am
Tage Rastä Khez verdammt werden. Einen Er-
löser gibt es nicht, eure Handlungen und Gott
36
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
selbst sind eure Erlöser. Er gibt und er vergibt.
Wenn ihr eure Sünden bereut und euch bessert,
und der grosse Richter euch seiner Vergebung
wt'rth findet oder euch gnädig sein will, so kann
und wird er allein euch erlösen." So erwidern sie
auf die Bekehrungsversuche, die von Seiten christ-
licher Missionäre gemacht werden, und wider-
stehen hartnäckig der Zumuthung, die von ihren
Vätern ererbte Religion zu verlassen.
Fast wie Fatalismus klingt ihre P2rgebung in
den Willen Gottes. Dass „Gottes Wille_ stets ge-
schehen ist und stets geschehen wird", das drückt
nur noch der Mohammedaner auf so nackte Weise
aus, und es wäre nicht uninteressant, von solchen,
die unter den Parsis zu leben Gelegenheit haben,
zu erfahren, w(-lchen Spielraum die Zoroastrier der
freien Selbstbestimmung des Menschen und andern-
theils dem unabänderlichen Schicksale gönnen.
Der letzte Punkt des Glaubensbekenntnisses,
der uns nach diesem zu erörtern bleibt, betriftt
eigentlich nicht den Glauben selbst, sondern nur
eine Aeusserung des Glaubens. Der Parsi wendet
beim Gebete sein Antlitz einem leuchtenden Gegen-
stande zu, doch wohl gemerkt, er betet den leuchten-
den Gegenstand nicht an ! Warum aber das? fragen
wir. Vor Allem lässt sich hierauf erwidern, dass
der Parsi nicht der einzige ist, der beim Gebete
sein Gesicht nach einer gewissen Seite oder nach
einem gewissen Gegenstande wendet. Es gibt
christliche Secten, die beim Gebete auf das leere
Firmament starren, und Juden, die dabei das Ge-
sicht nach Osten kehren, — warum denn das, wenn
es mit dem transcendentalen Begriff Gottes nicht
zusammenhängt? Das sind äusserliche Gebräuche,
die mit der Vorstellung von Gott gar nichts zu
thun haben, die aber, mögen sie wie immer erklärt
werden, nicht ganz so sinnlos sind, als sie auf den
ersten Blick erscheinen mögen. Der betende Mensch
soll gesammelt, er soll von dem Bewusstsein durch-
drungen sein, dass er mit seinem Gotte Zwie-
sprache hält ; das wird er aber wohl am besten,
wenn er sein Auge von der ihn umgebenden Welt
abkehrt und seinen Blick dorthin wendet, — nicht
wo Gott ist, sondern wohin er im Verkehre mit
Gott zu schauen gewohnt ist. Das wäre eine Er-
klärung des parsischen Gebrauchs, und sie müsste
für die Gegenwart Stich halten, wenn die Parsis
nicht selbst erklärten, dass sie ihr Gesicht beim
Beten deshalb einem leuchtenden Gegenstande zu-
wenden, weil sie das Feuer, wie jede grosse Natur-
erscheinung als Symbol der Gottheit betrachten.
Doch nothwendig sei es, sagen sie, durchaus nicht,
sich beim Gebete an Ormuzd irgend einem Sym-
bole zuzuwenden. Und hierin liegt das Schwer-
gewicht der ganzen Entgegnung, dass die Parsis
mit Bewusstsein keine Feueranbeter sind. Wenn
sie dag Feuer beim Gebete auch entbehren können,
wo es doch immer leicht ist, ein solches anzu-
machen, so muss es ihnen doch von ziemlich unter-
geordneter Wichtigkeit sein.
Heute wenigstens ii,t es so, denn „während
der ungebildete Theil der Parsis sich — wie über-
all — an das Symbol und nicht an das Wesen hält,
und nicht allein Sonne, sondern Mond, Sterne,
Feuer u. s. w. verehrt, kann man von gebildeten
Parsis die Zumuthung, sie seien Feueranbeter, mit
fintrüstung zurückweisen hören. Im Cultus der
Parsis spielt allerdings das Feuer eine vornehme
Rolle Die parsischen Tempel oder Bet-
häuser (in Bombay) sind innen vollkommen einfach
und schmucklos, oft von geradezu hässlichem
Aeussern ; im Innern wird ein abgeschlossener
Raum zur Unterhaltung des heiligen Feuers ver-
wendet. Ein Priester besorgt diese Arbeit, zu
welcher meist wohlriechende Hölzer, Sandelholz
u. dgl. verwendet werdeni*.')
Eine andere Frage wäre nun die, ob die Zo-
roastrier nie das Feuer angebetet haben .■' Gewiss
nicht, denn wenn sie es auch selbst leugnen wollten,
so könnte sie ihr Religionsbuch Lügen strafen.
Vielleicht aber sind sie vor der Verfassung ihrer
heiligen Schriften, vor Zoroaster Feueranbeter ge-
wesen? Auf diese Frage lässt sich freilich weder
mit Ja noch mit Xein antworten; aber erwidern
lässt sich darauf, dass dann wohl die Parsis nicht
die einzigen Arier gewesen sein dürften, denen
das Feuer eine göttliche Erscheinung war und bei
denen es auch göttliche Verehrung genoss, dass
aber dann gerade sie, die als die ersten und einzigen
Arier wieder zum Monotheismus zurückkehrten
oder durch philosophische Speculation zum Mono-
theismus gelangten, sonderbarerweise am längsten
die Erinnerung an den uralten Cult behielten. Ein
Räthsel, das heute weder wir, und noch weniger die
Parsis selbst uns auflösen können.
In Max MüUer's Essay „Die heutigen Parsis"
findet sich über diese strittige Frage eine Stelle,
die ich des Interesses wegen nicht übergehen zu
dürfen glaube. „Diejenigen Parsis aber", heisst es
dort, „die wirklich aufrichtig sind, und der .'\nsicht,
dass sie der Sonne und dem Feuer göttliche Ehre
erwiesen, am eifrigsten widersprechen, gestehen
doch zu, dass jeder Parsi eine unerklärliche Scheu
vor Licht und F'euer empfindet. Das Factum, dass
die Parsis die einzigen Orientalen sind, die nicht
rauchen, ist höchst bezeichnend, und die meisten
von ihnen vermeiden es gern, ein Licht auszublasen.
Ein derartiges Gefühl ist schwer zu erklären, es
scheint sich aber mit dem vergleichen zu lassen,
welches viele Christen vor dem Kreuze hegen. Sie
beten das Kreuz nicht an, haben aber eine gewisse
Verehrung dafür und es ist mit einigen von ihren
heiligsten Gebräuchen verknüpft."
Wir sehen, dass Max Müller selbst, der be-
deutendste Forscher auf dem Gebiete der Religions-
wissenschaft, sich nicht an die Lösung dieser heiklen
Frage wagt, da uns alle historischen Anhaltspunkte
fehlen, mit deren Hilfe wir dem Problem mit Er-
folg an den Leib rücken könnten.
Gewiss ist nur das, dass der Parsi, wenn er
ja vor urdenklichen Zeiten einmal das Feuer an-
') B e n k o, J. Frh. v. Die Reiae S. M. Schiffes „Fruodsberg"
iin Rothen Meere und an den Küsten von Vorderindien und Ceylon
in den J»hren 188S-1886. Pola, 1888. 8".
OESTER REICHISCHE MOMATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
I
gebetet haben sollte, heute nur eine ebenso matte
Erinnerunjf daran besitzt, wie der Muslim, der sich
beim Gebete der Ka'ba zuwendet, ohne sich be-
wusst zu werden, dass er zugleich mit der An-
betung Gottes einen Act heidnischen Götzendienstes
vollzieht. Dann aber bleibt noch immer die Frage
offen, üb der alte Perser der einzige Arier gewesen
ist, welcher vor Zoroaster's ICrscheinen das Feuer
oder die Sonne anbetete, — und wie es denn ge-
kommen ist, dass der Parsi, wenn er nicht der
einzige lichtverehrende Arier gewesen ist , und
trotzdem er sich als der einzige aus dem Natur-
dienste zu dem reinen Monotheismus emporgerungen
hat, dennoch am längsten, d. h. bis heute die Kr-
innerung an den uralten allen Ariern gemeinsamen
Cult behalten hat.
DIE GENUSSMITTEL DES ORIENTES.
Von Gustav Troll.
r.
Zu allen Zeiten und bei allen Völkern gab
es nebst den zur Aufrechthaltung des Organis-
mus erforderlichen Nahrungsmitteln noch andere,
lediglich dem Genüsse dienende Stoffe, deren
Wesenheit im Allgemeinen in der I lervorrufung
angenehmer Geschmacksempfindungen uud eben-
solcher Nervenreize besteht. An solchen Mitteln
waren die Länder des Orientes von jeher besonders
reich und bis auf den heutigen Tag gilt das
Morgenland in der Vorstellung europäischer Nord-
länder als die Zauberstätte aller nur erdenklichen
sinnlichen Genüsse, ein Paradies voll Sinnenlust
und Nervenrausch, dessen Bewohner nur den
einzigen Lebenszweck kennen, der im schranken-
losen Genüsse enthalten sein soll. Und doch gibt
es kaum in irgend einem Erdenwinkel Menschen,
welche bedürfnissloser und massiger sind, als
z. B. die genügsamen Kinder der Wüste Arabiens
und Lybiens. Dass die Morgenländer im Allge-
meinen für genusssüchtig gelten, hat seinen Grund
einestheils in der unter der heissen Sonne des
Landes üppig gedeihenden Phantasie des Orientalen,
welche der kleinsten Annehmlichkeit, die das Leben
und die Natur bietet, einer spärlich fliessenden
Quelle, einem halbverdorrten Baume, die schönsten
Seiten abzugewinnen und in dem Masse zu ver-
grössern weiss, als es die thatsächliche Unbe-
deutsamkeit des Gegenstandes zu seiner Verherr-
lichung erfordert, anderntheils darin, dass die
Abendländer sich von jeher die abenteuerlichsten
Vorstellungen über das Leben im Oriente gemacht
haben. Uie durch die Religion bedingte eigen-
thümliche Weltanschauung des Orientalen, äussert
ihre physische Wirkung zunächst durch eine ge-
wisse äusserliche Apathie, welche weniger als Träg-
heit, sondern als natürliche Vorliebe für Ruhe
und Bewegungslosigkeit aufgefasst werden will,
die aber der stets beschäftigte, unruhige Abend-
länder nur zu oft als Schlaffheit, Energielosigkeit
und Arbeitsscheu betrachtet. Richtig ist das nicht.
Dieser Hang zur Ruhe ents[)ringt nicht aus ."arbeits-
scheu, sondern aus einer fast glücklieb zu nennen-
den Bedürfnisslosigkeit, welche die Arbeitsleistung
naturgeraäss stark beeinflusst, dann aus der
orientalischen fatalistischen Weltanschauung und
nicht zum geringsten Tbeile auch aus den klimati-
schen Verhältnissen. Der Orientale liebt vor
Allem die Ruhe, aber Ruhe ist nicht identisch
mit Genuss. Der Orientale, der den ganzen Tag
auf seinem ärmlichen Teppich liegt und nichts
thut als höchstens rauchen und zwei oder drei
Tassen Kaffee trinken, wobei er sein Nahrungs.^
bedürfniss mit einigen Hand voll Reis, Datteln
oder Oliven befriedigt, ist in diesem Sinne nicht
so genusssüchtig wie etwa ein enropäischer
Arbeiter, der nach vollbrachtem Tagewerk seine
Zeitung liest, im Gasthause einige Gläser Bier
oder Wein trinkt, die politischen F'reignisse
bespricht und in einer Vereinsversammlung sociale
Predigten anhört. In den Glanzzeiten des Orients
war die Lebensweise allerdings eine üppige, sie
war reich an irdischen Genüssen, alles, was die
Sinnenlust zu erregen vermochte, wurde geboten,
aber heute ist der Orient arm, die Lebensweise
ist im Allgemeinen kärglich zu nennen und das
schrankenlose Genussleben, wie es die märchen-
getränkte Phantasie des Abendlandes sich vor-
spiegelt, e.xistirt höchstens noch für einige Wenige
mit Glücksgütern gesegnete Feudalherren, die es
aber auch schon vorziehen ihre Genüsse im Abend-
lande zu suchen.
Betrachtet man die Summe von Genussmitteln,
welche selbst dem ärmeren Europäer daheim
geboten ist, und von welchen ihm eine grosse An-
zahl bereits zum Lebensbedürfnisse geworden ist,
so erscheint der Morgenländer dagegen überaus
genügsam und bescheiden. In gewissem Sinne ist
der Orientale aber trotzdem genusssüchtiger als
sein abendländischer Gefährte, denn die von ihm
gebrauchten Genussmittel haben fast ausschliess-
lich nur den Zweck, Genuss zu verschaffen, während
der europäische Arbeiter häufig geradezu ge-
zwungen ist, solche Mittel wie z. B. alkoholische Ge-
tränke anzuwenden, um sich die Kraft zum Weiter-
ringen in dem allgemeinen Wettkampfe unserer
Zeit zu erhalten. Die 'IVicbfeder zur Benützung
der Genussmittel ist hier nicht allein in dem
Genüsse, den sie schaffen, zu suchen, sie haben
vielmehr eine durch die ganze Lebensweise und
die klimatischen Verhältnisse bedingte sehr hohe
Bedeutung für die Arbeitsfähigkeit und das Wohl-
befinden des Menschen. Nur zu häufig sollen diese
Stoffe als physiologische Nervenreize wirken, die
das durch Arbeit hervorgerufene Schwächegefühl
der Muskeln und Nerven, das sich als Ermüdung,
Erschlaffung äussert, für einen Augenblick be-
seitigen und durch künstliche Erregung zu
grösserer Arbeitsleistung anspannen soll. So wirkt
ein Glas Branntwein auf einen mit Ein- und Aus-
laden hart arbeitenden Fuhrmann genau wie der
Peitschenschiag, den er seinen Pferden gibt : beides
hat den Zweck, durch Erregung der Nerven zu
grösserer .Arbeitsleistung anzuspornen.
38
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
Solchen Zwecken dienen namentlich Thee,
Kaffee und der Alkohol in seinen verschiedenen
Formen. Der Verbrauch dieser Stoffe ist bereits
in's Ungeheuere gestiegen und steigt täglich mehr,
weil das Bedürfniss darnach thatsächlich wächst.
Unsere socialen Verhältnisse, unsere ganze Lebens-
weise bedingen eine fortwährend zunehmende Er-
schlaffung der Nerven, die nur durch künstliche
Erregungsmittel den ebenfalls stets wachsenden
Anforderungen zu entsprechen vermögen, die wir
an sie stellen.
Die Arbeitsleistung des Abendländers ist,
seinen Lebensverhältnissen entsprechend, eine
bedeutend grössere als jene des Morgenländers,
daher ist aber auch der Verbrauch nervenreizecder
Genussmittel ein ungleich grösserer bei jenem als
bei diesem. Trotzdem ist die Anzahl von Genuss-
mitteln, welche der Orient bietet, nicht gering,
ja sie ist ebenfalLs täglich im Zunehmen begriffen,
in demselben Masse als die Cultur steigt. Ob-
wohl nun die meisten Genussmittel Gemeingut der
gesammten Menschheit geworden sind, so dass sie
heute bei keinem, noch so niedrig stehenden Volke
zu vermissen sind, und die meisten derselben sich
auf einige wenige Typen zurückführen lassen, so
sind die Formen, unter welchen sie auftreten,
insbesondere in jenen weitläufigen Gebieten, die
man als Orient im weiteren Sinne aufzufassen
pflegt, so mannigfaltig, dass es sich gewiss der
Mühe lohnt, eine Zusammenstellung der haupt-
sächlichsten Genussmittel des Orientes zu geben,
was mit diesen Zeilen eben versucht werden soll.
Die heute bekannten menschlichen Genuss-
mittel sind sämmtlich pflanzlichen Ursprunges.
Sie lassen sich auf zwei Haupttypen zurück-
führen : alkoholische und nicht alkoholische. Zu
den ersteren müssen zunächst die ausgesprochen
alkoholhaltigen Getränke, also Branntwein und
brantweinartige Flüssigkeiten, dann Wein und
weinartige, sowie Bier und bierartige Getränke
gerechnet werden. Zu den nicht alkoholischen
Genussmitteln gehören solche, die vermöge ihrer
Bestandtheile beim Rauchen, Kauen, Essen, Trinkf.n
einen Nervenreiz ausüben, also Kaffee, Thee,
Tabak, Opium u. s. w. Viele dieser letzteren
Genussmitteln verdanken ihre Wirkung hauptsäch-
lich irgend einer organischen Base, welche sie
enthalten. So wirkt das Opium durch sein Mor-
phin, der Tabak durch das Nicotin, das er ent-
hält, die Pituripflanzen der Australneger durch
das in ihnen enthaltene Piturin, der Fliegen-
schwamm der Kamtschadalen durch ein dem
Atropin (dem wirksamen Princip der Tollkirsche)
ähnliches Alkaloid. Andere wieder, wie Haschisch
Kawa, Betel wirken durch verschiedene Harze,
die sie enthalten. Hiezu kommt bei Stoffen, die
zum Rauchen verwendet werden, noch die Wirkung
von sich beim Verbrennungsprocesse bildenden
Picolin- und Pyridinbasen, welche alle mehr minder
betäubende Eigenschaften besitzen.
Die physiologische Wirkung der verschie-
denen Genussmittel ist durchaus nicht gleich.
Während z. B. die coffeinhältigen Stoffe, also
Thee, Kaffee, Guarana u. a. (Cacao kann füglich
auch dazu gerechnet werden, da dessen wirk-
sames Princip, das Theobromin grosse Aehn-
lichkeit mit dem Coffein besitzt) direct auf die
Muskeln einwirken, ist dies bei andern, wie 'J'abak,
Opium, Haschisch etc. nicht der Fall, die Wirkung
dieser letzteren äussert sich zunächst als eine
erregende auf die Gehirnthätigkeit, dann aber
setzt sie das Empfindungsvermögen merklich herab,
so dass beim Genüsse grösserer Mengen auch
gänzliche Empfindungs- und Bewusstiosigkeit ein-
treten kann. f3ie Wirkung des Alkohols und aller
alkoholhaltigen Getränke besteht in der Erregung
des Gehirns und Beschleunigung des Blutumlaufes,
wodurch eine raschere Bluterneuerung hervor-
gerufen und das Individuum leistungsfähiger ge-
macht wird. Bei Genuss grösserer Mengen von
Alkohol tritt auch hier wieder ein Rückschlag,
d. h. eine allgemeine Erschlaffung ein.
Bei übermässigem Gebrauch rufen sämmtliche
Genussmittel, auch die coffeinhältigen, Störungen
im Organismus hervor und geben Anlass zu ver-
schiedenen P>krankungen. Zu häufiger Genuss
von starkem Kaffee z. B. bringt Zittern hervor,
Opium- und Haschischgenuss zieht mit der Zeit
Blödsinn nach sich, fortgesetzter übermässiger
Alkoholgenuss erzeugt verschiedene Krankheiten
des Magens und der Leber, schliesslich Delirium
tremens.
Es ist bezeichnend für den Orient, dass diese
letztere Krankheit dort äusserst selten vorkommt,
freilich sind dafür die in ihrer moralischen Wirkung
vielleicht noch mehr Abscheu erregenden Folge-
krankheiten des Opium- und Haschischgenusses
dort zu Hause.
Betrachten wir nun zunächst die alkoholi-
schen Getränke , die im Oriente gebräuchlich
sind. Zur leichteren Uebersi'cht empfiehlt es sich,
dieselben in drei Classen einzutheilen, und zwar
in Branntwein und branntweinartige, Wein- und
weinartige, Bier und bierartige.
Unter den dem Oriente eigenthümlicben
Branntweinen ist am bemerkenswerthesten der
Arak, auch Rak, Araki, Arrak genannt. Der
eigentliche Arak ist ein aus Reis erzeugter Brannt-
wein, aber was unter diesem Namen in den
Handel kommt, erweist sich oft sehr verschieden.
Im weiteren Sinne ist das Wort Arak oder Raki
im ganzen Oriente überhaupt die Bezeichnung
für Schnaps, selbst bei den slavischen Völkern
der Balkanhalbinsel bis zu den Rumänen („Ra-
chiu") ist dieser Name allgemein verbreitet. An
der Malabarküste wird der vergohrene Zucker-
saft der Blüthenstände einiger Palmenarten, den
man Toddy nennt, der Destillation unterworfen
und das Destillat als Arak bezeichnet. Auf Java
und in Jamaika wird zu dessen Bereitung eine
vergohrene Reismaische als Grundlage genommen
und diese mit Toddy (Palmwein) oder mit Toddy
und Melasse versetzt, vergohren und destillirt.
Nach Europa wird hauptsächlich der Batavia-
OESTERRBICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
39
Arak (Mandarinen-Arak) ausgeführt, welcher für
den beste.-n gehalten wird. Minder gut ist der
Goa-Arak , geringe Sorten sind Ceylon- und
Pariah-Arak, die aus Frucht- und Baumsäften
unter Zusatz scharfer, aromatischer Stoffe (i'feffer,
IHanf, Stechapfelsamen etc.) gewonnen und im
l'-rzeugungsgebiete selbst verbraucht werden. In
Java beschäftigen sich hauptsächlich eingewan-
derte Chinesen mit der Erzeugung von Arak und
befolgen dabei zumeist die Methode, das erste
Destillat durch weitere Destillation zu reinigen,
wodurch in den späteren Destillaten der Alkohol-
Bgehalt steigt und das Aroma feiner wird ; sie
unterscheiden hauptsächlich drei Sorten, welche
sie I. Sichew, 2. Tampo, 3. Kiji nennen. Echer,
feiner Arak, bildet eine farblose oder schwach
gelbliche, klare Flüssigkeit von lieblichem Aroma
und ist ein sehr angenehmes Getränk.
In I'urkestan wird Arak aus Gerste und
Hirse bereitet, in Persien, Mesopotamien und
Syrien aus Datteln, in Egypten aus verschiedenen
B Palmen. Hier wird zumeist ein Zusatz von Stern-
anis oder Fenchel gemacht, wodurch das eigentliche
Aroma des Getränkes verloren geht. Die heute im
Gebiete des Mittelmeeres, besonders in den Küsten-
städten unter dem Namen Arak verkauften Brannt-
weine sind jedoch fast ausschliesslich europäisches
Fabrikat und werden, namentlich von Frankreich
aus, in Blechgefässen und Blechkisten in grosser
Menge eingeführt. Natürlich besteht dieses Kuost-
product aus gewöhnlichem Alkohol, der durch
etwas Zusatz von Zucker und Anis möglichst
mundgerecht gemacht wird, meistens aber nicht
einmal fuselfrei ist. In Tunis wird aus Datteln
und Feigen mit Zusatz von Sternanis ein dem
persischen und syrischen Arak ähnlicher Brannt-
wein erzeugt, der jedoch den Namen Bucha führt;
ein Kriterium der Echtheit soll der Umstand sein,
dass die Bucha bei Zusatz von Wasser milch-
weiss wird, das französische Kunstfabrikat wird
aber in Folge seines Gehaltes an ätherischem
Anisöl natürlich auch milchig, so dass diese
Probe ganz unzuverlässig ist. In Marokko und
in der Sahara erzeugt man ebenfalls einen Dattel-
s(hna])s, welcher hier Machia genannt wird. Der
echte Dattel- oder Feigenbranntwein ist ebenso
wie der echte Reisarak ein mildes, angenehmes,
völlig fuselfreies Getränk. Demselben ähnlich ist
ein namentlich in Persien aus Rosinen destillirter
Branntwein.
In allen Dattelländern wird aus dem überaus
zuckerreichen Safte der Dattelpalme, welcher auch
auf Zucker verarbeitet wird, durch Gähren der
bekannte Palmwein (Toddy) und aus diesem durch
Destillation Arak gewonnen; ferner wird aus dem
unreifen, milchigen Endospcrm (Sameneiweiss) der
Cocosnüsse, welches frisch angenehm kühlend
schmeckt, durch Zertiuetschen, Gährenlassen und
Destilliren ebenfalls Branntwein erzeugt, der in
Zanzibar den Namen Tempo führt.
In einigen Gegenden .Afrikas wird aus den
Beeren des Frdbeerbaumes (.'\rbutus uneda L.)
ein Arbuce, Arctrobe genannter Schnaps erzeugt.
Der Mahwobaum oder Butterbaum (Bassia L. zur
Gattung des Sapoteen gehörig) liefert ebenfalls
branntweinartige Getränke. In Ostindien bilden
die geniessbaren zuckerreichen Blüthen von Bassia
longifolia L. eines der wichtigsten Nahrungsmittel
der Eingeborenen und werden getrocknet auch
zur Bereitung eines Schnapses verwendet. la
Westafrika liefert Bassia Parkii Hassk. einen vege-
tabilischen 'l'alg, im Handel unter dem Namen
Galambutter, Baml)ukbutter bekannt, und ausser-
dem ein branntweinartiges Getränk Mahuari, das
in anderen Gegenden unter demselbeo Namen aus
Bananen erzeugt wird.
In Ab(rssinien ist der Araki, ein l?ranntwein
von 25 — 28 Percent Alkoholgehalt, der aus Honig,
zerkleinerter Gerste und Fenchdsamen hergestellt
wird, gebräuchlich.
Die grosse Mehrzahl der orientalischen Brannt-
weine wird jedoch aus Reis erzeugt, so in Süd-
afrika der Guarazo, auf Borneo der Towak, in
Japan der Saki, in Siam der Watky, dessen Name
die Verwandtschaft mit dem russischen Wudki
nicht verläugnen kann. Der letztere wird übrigens
ebenfalls aus Reis, zum Theil auch aus Weizen
und anderen Getreidearten erzeugt. Der Raki in
Griechenland ist ursprünglich auch ein Reisschnaps
gewesen, wird jedoch heute schon grösstentheils
aus billigeren Stoffen erzeugt. Erwähnung verdient
noch die auf der Balkanhalbinsel und in Egypten,
zum Theil auch in anderen Gebieten des Mittel-
meeres vorkommende Mastika oder Mastik, ein
arakartiger Schnaps, der durch einen Zusatz des
feinen Mastixharzes aromatisirt wird, welcher
Zusatz aber bei den geringen Sorten gewöhnlich
unterbleibt. Ferner die Zuica, ein schwacher
Pflaumenschnaps, in Rumänien und theilweise auch
in den Balkanländern bekannt. In Palästina er-
zeugen die Juden aus Weinhefe einen Brannt-
wein, den sie corrumpirt Brumpfen nennen. Eine
grosse Rolle bei der Herstellung branntwein-
artiger Getränke spielt auch der Mais, aus welchem
ebenfalls verschiedene alkoholische Getränke er-
zeugt werden, so in Beludschistan das Baksuin
genannte Getränk, das unter dem Namen Seksuin
auch in der Tatarei vorkommt. In .■\bessynien
wird die Baganis-Dagussa und in Mittelafrika der
Pombck aus Mais erzeugt, aus den Berichten der
Reisenden ist es jedoch schwer zu entnehmen,
welcher Classe diese Genussmittel beizuzählen
sind. Jedenfalls ist es, besonders bei den höchst
primitiv hergestellten zahlreichen berauschenden
Getränken der Negervolker .Afrikas, Oberaus
schwer, den Charakter genau zu definiren, daher
denn auch die hier gewählte Eintheilung durchaus
keinen Anspruch auf Vollkommenheit erheben
kann.
Solcher zweifelhafter Getränke gibt es noch
mehrere. So kommt z. B. auf Madagaskar unter
dem Namen Btisabesse, und in Hindostan als Raek
ein aus dem Safte des Zuckerrohres hergestelltes
Getränk, das theils als weinartig, theils als brannt-
40
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
weinartig geschildert wird. Wahrscheialich bildet
es im Anfang einen Most, später eine Art Wein,
aus weiciiem dann zur besseren Aufbewahrung
ein schnapsartiges Getränk hergestellt wird. In
Japan und Korea kommt unter dem Namen Senele
ein aus Hagedornfrüchten erzeugtes Getränk vor.
Im Gebiete des Himalaya wird von den dort
sesshaften Völkern aus zerschrotteter und gegoh-
rener Hirse ein berauschendes Getränk „Afurwa'^
erzeugt, welches seinen sonstigen Eigenschaften
nach zu den bierartigen gehört, jedoch einen ziem-
lich hohen Alkoholgehalt aufweist und daher hier
angeführt wird.
Weiters kommt in Westafrika, im Congo-
gebiete ein aus Cacao erzeugtes alkoholisches Ge-
tränk Melalo vor, dann in Mittelafrika das Mapiri,
ein aus jungen Hanfpflanzen hergestelltes, stark be-
rauschendes Getränk.
Wie aus Vorstehendem zu ersehen ist, gibt
es eine ganz erkleckliche Anzahl specifisch orienta-
lischer Getränke, die einen mehr oder minder aus-
gesprochenen branntweinartigen Charakter be-
sitzen. Hiezu kommen noch in allen Gebieten,
welche dem europäischen Handel erschlossen sind,
die höchst zweifelhaften Kunstfabrikate Europas,
welche theils als Cognac, Rum, Ratafia u. s. w.
verkauft werden, theils die reinen, einheimischen
Producte durch nur zu häufig geradezu schädliche
Kunstfabrikate ersetzen sollen. Der Verbrauch von
Branntweinen ist demnach im gesammten Oriente
kein geringer, wenn er auch lange nicht jene Höhe
erreicht, wie in Europa. Der orthodoxe Mohamme-
daner verwirft den Schnaps geradeso wie den
Wein, daher in jenen wenigen Ländern des Islam,
welche bisher dem europäischen Handel noch nicht
völlig erschlossen wurden, wie z. B. in Marokko,
der Verbrauch von Branntwein ein sehr geringer
ist und sich vornehmlich auf die gemischte Bevöl-
kerung der Küstenplätze beschränkt. Bei den Be-
duinen der afrikanischen und arabisch-syrischen
Wüsten-Region ist der Branntwein, wenn auch
nicht unbekannt, doch sehr wenig in Gebrauch.
Freilich lehrt die Erfahrung, dass, sobald die Han-
delswege sich mehren und der europäische Handel
in irgend einem Gebiete, welches er noch nicht be-
herrscht, festen Fuss fasst, auch der Gebrauch des
Feuerwassers stark zunimmt, und so wird auch
die Wüstengegend der Beduinen hievon keine Aus-
nahme machen.
Bekanntlich gilt der Alkohol als eine arabische
Erfindung, worauf schon der Name hindeutet. In
der That erwähnt eine aus dem XI. Jahrhundert
stammende Schrift des arabischen Arztes ^te/to^w
die Bereitung von Alkohol aus Wein. Diese Kunst
wurde aber unter den arabischen Aerzten und Al-
chemisten des Mittelalters lange Zeit hindurch ge-
heim gehalten. Nach neueren F'orschungen soll
jedoch schon im VIII. Jahrhundert von Marcus
Graecus durch Destillation von Wein Alkohol in
sehr verdünntem Zustande gewonnen worden sein.
Dem gelehrten Raymund is Lullus (1235 — 1315)
gelang es zuerst durch Rectification einen concen-
trirten Alkohol herzustellen, aber die Erzeugung
desselben blieb noch lange Zeit auf die Laboratorien
der Alchemisten beschränkt und das Product war
sehr kostbar. Erst 1796 gelang es Lowitz, den Al-
kohol ganz rein herzustellen und seit daher datirt
der grosse Aufschwung, den die Fabrikation dieses
Stoffes namentlich in Europa genommen hat. Der
arabische Name „Alkol" soll ursprünglich in der
Bedeutung von „Pulver" in Gebrauch gewesen sein
und erst später auf den Weingeist übertragen
worden sein.
Die orientalischen Länder beziehen ihren Be-
darf an Alkohol fast ganz aus Europa, nur in den
civilisirten Gebieten, wie in der Türkei, in Egypten,
Algerien, Britisch-Ostindien u. a. wird Spiritus im
Lande selbst erzeugt, doch ruht die Erzeugung
dieses Productes auch hier f.ist ganz in den Händen
der Europäer.
CAPITÄN BINGER'S REISE IM SUDAN.
Seit einer Reihe von Jahren ist das Augen-
merk der Welt auf Ostafrika und die Befestigung
der deutschen Macht in jenem Theile des schwarzen
Continentes geheftet. Mittlerweile ist indess auch
eine andere Culturnation Europas, wenngleich
wenig beachtet, nicht unthätig geblieben, ihren
Einfluss und ihr Machtbereich in Afrika nach
Kräften zu erweitern. Die Franzosen haben näm-
lich dort gleichfalls an mehreren Stellen festen
Fuss gefasst und ausgedehnte Länderstricbe an
sich gebracht. Nirgends jedoch haben sie vielleicht
grössere Erfolge errungen als in Senegambien, wo
sich in aller Stille ein achtunggebietendes Colonial-
reich aufgebaut hat, dessen Machtsphäre bis tief
in den mohammedanischen Sudan hinein sich er-
streckt. Schritt für Schritt sind sie dort in der
Richtung zu dem so lange verschleierten Ober-
laufe des Nigir vorgedrungen, jenes Riesenstromes
des Westens, welcher im Berglande der Man-
dingo entspringend, in nordwärts mächtig ausge-
krümmten Bogen bis in's Saharagebiet einschneidet,
um dann wieder nach Süden gewendet im Meer-
busen von Guinea mit einer der grössten Delta-
mündungen der Erde in's Meer zu fallen. Schon
vor einem Jahrzehnt wurden die langgesuchten
Nigirquellen entdeckt, seither schoben die Fran-
zosen vom Senegal her ihre Vorposten immer
weiter gegen den oberen Nigirlauf vor, heute
erheben sich an dessen Ufern französische Schanz-
werke, die Uferstaaten der Eingeborenen sind ver-
tragsmässig unter französischen Schutz gestellt
und französische Dampfer fahren fast alljährlich
hinab von Bammako nach dem berühmten Handels-
centrum Timbuktu, dem langjährigen früher so
selten erreichten Reiseziele so vieler Sahara-
pilger. In jüngster Zeit brachte fast jedes Jahr
einen neuen F'eldzug, welcher Frankreichs Macht
erweiterte, denn fast unablässig gab es neue
Feinde zu bekämpfen. Mit dem „Almamy" oder
geistlich-politischen Herrscher von Segu-Sikoro
war man endlich nach langer Fehde zur Ruhe
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRirr fOr DEM ORIENT.
41
I
gelangt, als vor einigen Jahren ein anderer isla-
mitischer Em[)orkömmling mit dem Titel „Samory"
am oberen Nigir ein ausgedehntes Reich auf-
richtete, das sich nordwärts l)is gegen Segu er-
streckt. Aber auch der Samory bekam die Ueber-
macbt der französischen Waffen zu kosten und
musste sich schliesslich dazu verstehen, in seiner
Hauptstadt Wassuiu einen französischen Unter-
händler zu empfangen und mit diesem einen
Schutzvertrag einzugehen. Afrika ist ein merk-
würdiger Boden für staatliche Schöpfungen ; denn
auch der schwarze Mensch hat seinen Staat und
seine Politik ; er führt Kriege um Macht und
Einfluss, oder wenn er das Recht auf seiner Seite
glaubt, er schliesst l'Vieden und Verträge, und
wenn er sie nicht hält, so ist dies eben nicht
die Kluft, welche ihn vom Weissen trennt. Manch
schwarzes Genie weiss auch die Gunst der Um-
stände zu nützen, um seine Macht in's Unglaub-
liche auszudehnen, und ein Reich zu stiften, das
aber, wenn der starke .Arm erlahmt, der es zu-
sammenhält, eben so rasch zersplittert, als es
pilzartig aufgeschossen ist.
Zu dieser Classe von Staatsgebilden, die sich
heben und senken wie Wogen, gehört auch wohl
das neue mohammedanische Reich des Samory,
welches einen ansehnlichen Theil des fast noch
unbekannten Raumes zwischen den beiden auf-
und absteigenden Zweigen des Nigir einnimmt.
Nur zwei Reisende, Rene Caillie, 1828, und
Dr. Heinrich Barth, 1854, hatten auf ihren Wande-
. .rungen Stücke dieses grossen Dreieckes gesehen,
Q 'das im Süden, gegen den Guineabusen hin die
yBodenschwelle des sogenannten Konggebirges
abgrenzt. lirst in neuerer Zeit, 1876, gelang es
dem kühnen Franzosen Bonnat, von der Gold-
küste her, den dort mündenden Voltastrom auf-
wärts, über das Konggebirge zu dringen und einen
Vorstoss nach dem wichtigen Handelsplatze Sä-
laga zu machen, welcher seitdem wiederholt von
Franzosen, Engländern und auch Deutschen be-
sucht worden ist. Ja die letzteren drangen seit
ihrer Festsetzung im Togölande noch weiter nord-
wärts : Dr. Krause und Hauptmann v. Francois
gelangten bis in das Binnenreich von Mossi oder
Muschi, dessen Name bislang völlig unbekannt
war, Krause überdies bis in die Nähe von Tim-
buktu. Dadurch ward unsere Kenntniss des so
lange unerforschten Dreiecks im Hohlräume des
Nigirs schon beträchtlich erweitert. Die grösste
geographische Heldentliat in diesem Gebiete des
moslimischen Sudans vollbrachte indess der fran-
zösische Capitän /,. G. Biuger, der kürzlich durch
noch niemals von Europäern betretene Land-
striche vom oberen Nigir nach den französi-
schen Besitzungen an der oberen Guineaküste
gewandert ist.
Selten war ein Reisender für seine Aufgabe
besser vorbereitet als der genannte französische
Oflicier. Drei vorhergehende Reisen in Sene-
gambien und im französischen Sudan hatten ihn,
der dem unlängst verstorbenen Geneial Faidherbc
^i
als Ordonnanz-Officier beigegeben war, mit Land
und Leuten vertraut gemacht. Auch die Sprache
der Mandingo oder Malinke war ihm geläufig.
So ausgerüstet trat er am 20. Februar 1887 die
schwierige Mission an, um die er beim Aus-
wärtigen Amte und dem Unterstaats-Secretär der
Colonien sich selbst beworben hatte. Binger be-
gab sich zunächst nach Dakar, dem bekannten
französischen Hafenplatze an der afrikanischen
Westküste und von da in's Innere nach dem
Fort Bakel am Senegal, wo er alle für seine
Expeditif)n erforderlichen Veranstaltungen traf.
Die Reise von Bakel nach Bammako am oberen
Nigir vollzog sich ohne Zwischenfall ; die Strasse
dahin schützen befestigte I'osten der Franzosen,
welche mit ebenso grosser Sicherheit wie in
l'Vankreich selbst zu reisen gestatten. Von Bam-
mako aus boten sich nun dem Forscher zwei
Wege : der eine durch das Reich von Segu, der
andere durch den Staat des Samory. Binger ent-
schied sich für die letztere Route, theils weil der
Samory den Franzosen geneigt zu sein schien,
theils weil ihm als nächstes Ziel die noch nie-
mals besuchte Stadt Kong vorschwebte und er
auf diesem kürzesten Wege dahin nur geringen
Schwierigkeiten zu begegnen hoffte. Leider war
dem nicht so. Der Samory befand sich eben
damals im Kriege mit dem Nachbarkönige Tieba
und belagerte dessen Hauptstadt Sikaso. Noch
vor Wolosebugu, an 80 km von Bammako, ward
Capitän Binger in seinem Marsche von den Leuten
des Samory aufgehalten, welche ohne dessen
Bewilligung den freien Durchzug nicht zu ge-
statten wagten. Einen ganzen langen Monat musste
er auf die Rückkehr eines nach Sikaso abge-
sandten Boten harren. Da dieser länger ausblieb
als die Unterhäuptlinge jenes Gebietes dachten,
verwandelte sich deren ursprüngliche Gleich-
giltigkeit bald in Feindseligkeit, so dass Binger
es gerathen fand, nach Bammako zurückzukehren,
um dort die Entscheidung abzuwarten. Wenige
Tage darauf erhielt er einen lakonisch gefassten
Brief des Samory, mit der Erlaubniss zum Durch-
zug durch dessen Staaten.
Zum dritten Male kreuzte also Binger den
Nigir und gelangte ohne weiteren Anstand an den
Baule, den ersten rechtseitigen Nigirzutluss in jener
Gegend. Dort erreichte ihn ein zweiter Briet des
Samory, welcher ihm seine keineswegs glänzende
Lage schilderte und um Unterstützung von 30
Soldaten und ein Geschütz .bat. Binger brach
demnach mit seinem Diener Diawe und einem
anderen nach Sikaso auf, nachdem er seine übrige
Karawane, 18 Esel und 10 Mann, nach Benokho-
bugula am Bagoe dirigirt hatte. Krieg und Hungers-
noth hatten den zu passirenden weiten Länderstrich
in ein weites Todtenfcld verwandelt : überall ver-
lassene Dorfschaften, umherliegende Leichen. Sie-
ben beschwerliche, fünfzehnstündige Tagemärsche
brachten den französischen Capitän nach Sikaso,
einer Stadt von 4000 — 5000 Einwohner, welche
ein ungeheuerer Lehmwall mit grossen, alsBastioncn
42
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
dienenden Thürmen umgibt. Für die Schwarzen ist
diese rohe Befestigung immerhin fast uneinnehmbar,
und es war dem Samory sogar nirht einmal gelungen,
Sikaso vollständig zu blokiren, obgleich derselbe
über ein Heer von 1 2.000 Mann verfügte; freilich
war davon höchstens die Hälfte mit Steinschloss-
flinten bewaffnet ; der Rest bestand aus „Griots",
Weibern und Sclaven. Auch war die Organisation
dieses Heeres ungemein ursprünglich ; die Anführer
befehligten nur Horden von schwankender Kopf-
zahl ; von taktischer Gliederung keine Spur. Ringer
bot dem Samory seine Dienste als Vermittler bei
Tieba an, da ersterer jedoch in thörichtem Dünkel
ablehnte, drang er in ihn, ihn das \'erlassen des
Kriegsschauplatzes und den Weitermarsch nach
Kong zu gestatten. Nur mit Mühe gelang es ihm,
dessen Widerstand zu besiegen und endlich nach
Henokhobugu zurückzukehren, wo die Verpflegung
seiner Leute Binger neue Schwierigkeiten bereitete,
zumal er nunmehr auf Samory's Unterstützung nicht
weiter zählen durfte. Er beschloss daher, dessen
Reich zu verlassen und sich nach Tengrela zu
wenden, von welchem Orte er durch sieben starke
Tagemärsche getrennt war. Ohne alle Führer
machte er sich auf den Weg und kreuzte dabei
dreimal die Route Rene Caillie's. Doch war es nicht
leicht, aus Samory's Reich in jenes Tieba's zu ge-
langen ; schon im Dorfe Tintschinime sah Binger
sich von seinen zwei gedungenen Führern verlassen,
und der Häuptling von Tengrela Hess ihm, ehe er
noch diesen Platz erreichte, bedeuten, unverweilt
Kehrt zu machen, falls es ihm nicht übel ergehen
solle. So musste er eilends zurück bis Tiong-i, und
dieser Zwischenfall gab Anlass zum Gerüchte seines
Todes, welches sich bis nach Frankreich verbreitete.
Etwa nach vierzehntägigem Aufenthalte in
Tiong-i hatte Binger das Glück, das Wohlwollen
der Einwohnerschaft in der ganzen Umgegend zu
gewinnen, und konnte nunmehr den Bagol über-
schreiten, um sich bei den Senufu von Furu fest-
zusetzen. Diese Race bevölkert das Reich Tieba's,
ferner die Landschaften FoUona, Tengrela und
selbst einen Theil Worodugus. Die Senufu sprechen
ein eigenartiges, noch fast einsilbiges Idiom, und
sind sehr fortgeschritten in der Cultur, in Viehzucht
und der Kunst des Metallausbringens ; sie ver-
fertigen Pfannen, Oefen und dergleichen aus Eisen,
und ihre Töpferwaaren sind in der Art der Aus-
schmückung bemerkenswerth. In Furu musste
Binger einen ganzen Monat verweilen, um die
Nachbarstämme auf seinen bevorstehenden Durch-
marsch vorzubereiten und von Pegue, dem mäch-
tigen Häuptling Follonas, die Erlaubniss zum Be-
treten seines Landes zu erlangen. Man braucht drei
Tagemärsche von Furu nach Follona, erst am
sechsten Tage jedoch erreichte Binger die Haupt-
stadt Niele. Er hatte dabei zuletzt ein reiches,
ehemals mit Dorfschaften übersäetes, aber damals
verlassenes Gebiet durchwandert. Der aber-
gläubische Pegue weigerte sich zwar, den Weissen
zu sehen, von dessen Anblick er den Tod be-
fürchtete , bewies ihm jedoch seine wohl-
wollenden Absichten , indem er den am Gallen-
fieber Erkrankten täglich Lebensmittel zustellen
und ihn schliesslich sogar bis Kanniera, der Resi-
denz Yamory-Wattara's, geleiten Hess, eines Häupt-
lings des Konglandes. Zwischen letzterem und
Follona sciess Binger zum ersten Male auf ein Ge-
wässer, das südwärts floss. Erhielt dasselbe vorerst
für einen Zweig des Volta, überzeugte sich aber
später, dass es der westliche Arm des Comoe sei,
eines Flusses, der bei Gross -Bassam in den Guinea-
busen mündet. Seine Quellen liegen in der Luft-
linie am 500 km östlich von Bammako und fast in
der nämlichen Breite. Dort, wo Binger ihn über-
schritt, war er schon 40 m breit und trotz des
niedrigen Wasserstandes noch i m tief. Dieser
Fluss scheidet die Senufulande von einem Gebiete,
das ein Conglomerat von acht verschiedenen Racen
bewohnt; sie alle sind wenig oder gar nicht be-
kleidet und reden »Sprachen, die unter einander
keinerlei Verwandtschaft oder Aehnlichkeit haben.
Sie flüchteten in diese ausgebrannte, granitische
Region, bedrängt wie sie sind von gesitteteren
schwarzen Stämmen, die aus Süden und Westen
gekommen waren. Das merkwürdigste dieser Völker
sind die Mboin, deren ganze Tracht sich auf einen
kegelförmigen Strohhut, bei den Männern mit
schmalem, bei den Weibern mit breitem Rande, be-
schränkt. Wenn letztere „bekleidet" sind, so be-
sorgt ein Blätterbüschel den ganzen Toilettenauf-
wand. Als Schmuck tragen beide Geschlechter in
der durchbohrten Unterlippe ein Stück blauen
Glases, manchmal auch blos ein Blatt. Der Häupt-
ling Yamory empfing unseren Reisenden sehr
freundlich und stellte seinen Sohn Sabana zu dessen
Verfügung, um ihn nach Kong zu geleiten, von
welchem wichtigen Platze ihn nur der Lauf des
oben erwähnten Comoe und ein siebentägiger
Marsch in Südostrichtung trennten.
Zwei Stunden vor Kong machte sich schon
die Annäherung an einen grossen Verkehrs-
mittelpunkt fühlbar ; die Kette des Konggebirges
jedoch, welches auf den meisten Karten prangt,
hat nach Binger's Versicherung niemals anders
als in der Einbildung schlecht unterrichteter
Reisender bestanden. Der französische Officier
bestätigt somit die Beobachtungen seiner wenigen
Vorgänger, wie Duncan und Skertchley. Tag für
Tag, gerade ein Jahr nach seiner Abfahrt von
Bordeaux, am 20. Februar 1888, hielt Capitän
Binger auf einem bescheidenen Reitochsen seinen
Einzug in das noch niemals von einem Europäer
besuchte Kong, dessen Bevölkerung reinlich und
wohl gekleidet, weder feindlich noch freundlich
gesinnt, aber ungemein begierig erschien, den
Weissen zu sehen. Alle Dächer, Strassen, Bäume
und Plätze waren mit Menschen dicht besetzt.
Feierlich ward unser Franzose vom König des
Landes Karamokho-Ale und seinen Freunden so-
wie von dem Oberhaupte der Stadt Diarawary
und seinen Beamten empfangen. Neben diesen
beiden höchsten Würdenträgern gibt es in Kong
auch einen Imam, ein geistliches Oberhaupt, d.is
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIrT FÖR DEM ORIENT.
43
nebst den C'ultusanjjelcjjenlieiten auch das in
diesem Lande sehr fortgeschrittene Unterrichts-
wesen unter sich hat. In Kong selbst gibt es
wenige Illiteraten; alle schreiben arabisch und
legen den Koran aus, ohne jedoch so fanatisch
wie die Fulbe oder Fiilah und besonders als die
Araber zu sein. Der Mandel steht in hoher Bliithe,
und auf dem Marktplatze geht es zu wie auf
einem Jahrmarkte ; nebst allem erforderlichen
Lebensbedarf, einschliesslich frischen Fleisches
kann man sich hier auch europäische Artikel
verschaffen, welche von der Guineakiiste kommen,
wie Zeuge, Waften, Scliiessbedarf, Quincaillerien
und dergleichen. Als Geld dient die Kaurimuschel,
auch Goldstaub aus den Landschaften Lobi,
Bonduku, Nienegue und Gurunsi. Die einheimische
Gewerbsthätigkeit erzeugt Cotonnaden, welche
als die besten im ganzen Mündungsgebiete des
Nigir unil bis nach Asante und zur Goldküste,
hin gelten. Daneben bestehen Indigofiirbereien
und Pferdezucht. Während seines Aufenthaltes
in Kong wusste Capitän Binger sich Itinerare
nach dem im Norden befindlichen Reiche Mossi
und einen Geleitsbrief nach Robo-Diulasu zu
verschaffen, das zwanzig Tagemärsche nördlich
von Kong liegt; von da gedachte er dann in
schräger Richtung Woghodugu zu gewinnen.
Nachdem der Capitän am 12. März zwei seiner
Leute nach Bammako zurückgesandt hatte, um
Nachrichten von seinem Vormarsche dahin ge-
langen zu lassen, b.rach er selbst mit einem an
alle Moslemin gerichteten ICmpfehlungsschreiben
und einem Gefolge von sieben Mann nebst zehn
Ftseln nach den Norden auf. Diese Reise ge-
stattete ihm eine Strecke des Comoelaufes, so-
wie jenen einiger Voltazuflüsse aufzunehmen,
doch entging er nur Dank der Kaltblütigkeit
zweier alten mohammedanischen Greise aus Kong
einem geplanten Mordversuche , was ihn zu
einigem Verweilen bei den Tiefo und den Bobo
nöthigte. Im Lande der letzteren liegt Sia oder
Bobo-Diulasu , halbwegs zwischen Kong und
Dschenne, ein wichtiger Knotenpunkt mit etwa
3000 — -4000 lunwohnern. Fremde Händler bringen
Salz dahin, um es gegen Kolanüsse, Gewebe
und Gold einzutauschen. Bobo-Diulasus Markt
gleicht jenem von Kong und wird von diesem
Platze, ferner von Kintampo, Buna, Dschenne,
Sofurula und Woghodugu aus versorgt. Von hier
wandte sich Hinger durch die Landschaft Niene-
gue und die Gebiete der Bobo-Diula und Sommo
nach Wahabu, der Residenz des mächtigsten
Häuptlings in Daftna. Der crasse Aberglaube
der Bewohner erschwerte ungemein den Durch-
zug für den Franzosen, welcher allgemein für
einen Zauberer und ein bösartiges Wesen ge-
halten wurde. In dieser Gegend entspringt der
bedeutendste QuelKluss des Volta aus zwei etwa
20 tn breiten Gewässern; sie fliessen vereinigt
dann im Bogen, ehe sie die Südrichtung durch
die goldreichen Gebiete von Nienegue und Gu-
runsi einschlagen. Durch letzteres Land gelangte
Binger nach dem Reiche Mossi, das er in völliger
Zerrüttung fand; Haussa- und Sonrhayborden
hatten dasselbe völlig verheert. Nur mit den
Waffen in der Hand und unter Anwendung der
äussersten Vorsicht konnte Binger diese höchst
unsichere Gegend durchwandern und nicht ohne
dass ihm in Lava dennoch vier seiner Esel ge-
stohlen wurden. Dagegen fand er in dem Dorfe
Ranema bei Bukary-Naba dem Bruder des Königs
und Thronfolger von Mossi, die königlichste
Aufnahme, welche ein schwarzer Häuptling einem
Weissen zu Theil werden lassen kann. .Auch
Naba-Sanom, Mossi's Herrscher, empfing unsere
Franzosen auf das huldvollste als zu Wogho-
dugu sich die Nachricht vom Herannahen einer
militärischen Expedition der Deutschen ver-
breitete, die von Togo aus den Volta aufwärts
zog. Die Schwarzen Woghodugus meinten sich
dadurch von einem Einfalle der Weissen be-
droht, brachen die Verhandlungen ab, welche
Binger wegen Abschluss eines Schutzvertragrs
mit ihnen begonnen hatten, und rietben ihm, zu
Bukary-Naba zurückzukehren. Seine Absicht, die
eigenen Arbeiten mit jenen Barth's zu verbinden,
musste er also sehr wider Willen aufgeben und
trachten, durch Gurunsi, Mampursi und Dagomba
Sälaga zu gewinnen. Hatte der Aufenthalt in
Mossi auch blos einen Monat gedauert, so konnte
Binger sich doch überzeugen, dass dies Land
eine schöne fruchtbare Ebene sei und wie ge-
schaffen zur Rinderzucht, welche in der That in
hoher Blüthe steht. Daneben gibt es eine Menge
Esel, aber weniger Pferde. Der Gcwerbefleiss
der Einwohner liefert blos einige Flecbtwaaren
und weisse, sehr wohlfeile Cotonnaden.
Bukary-Naba empfing den französischen Rei-
senden abermals sehr freundlich und schenkte
ihm sogar zur Ehe drei junge Weiber, die er
jedoch an seine Diener vermählte ; dagegen ver-
mochte er für die Weiterreise keine Führer auf-
zutreiben, seine Empfehlungsbriefe konnten ihm
nur noch in den nächsten zwei Tage dienen,
denn dann stosst man auf keine Moslemin mehr
bis Wal-Wale in Mampursi. Wegen der feind-
seligen Stimmung der Bewohner benöthigte Binger
bis dahin achtzehn höchst beschwerliche Tage-
märsche bei schmaler Kost und unter der stetigen
Gefahr eines Ueberfalles. Krank und erschöpft
erreichte er Wal-Wale, dessen Einwohner ihm
viel Uneigennützigkeit bewiesen; doch strebte er
ehebaldigst nach Sälaga, der schmutzigsten Stadt,
die er je besucht hat. Dieser wichtige Handels-
platz zählt. 6000 Einwohner, besitzt aber kein
trinkbares Wasser, und wegen der herrschenden
Miasmen ist der Aufenthalt daselbst für die Euro-
päer, ja selbst für die Eingeborenen ungemein ge-
fährlich. Von Sälaga wandte sich Binger auf dem
rechten Voltaufer durch das nördliche Asante
nach Kintampo und erreichte nur mühsam durch
sumpfiges Waldland Konkrosu, wo die Wege
nach Okwawu sich abzweigen. Binger findet nicht
Worte genug, um die IJeppigkeit des Baum- und
44
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
Pflanzenwuchses in diesem Theile Afrikas zu
schildern. Kintampo, das 3000 Einwohner zählt,
könnte unter den Händen der Europäer ein
wahres Paradies werden. Von hier wollte Binger
sich auf dem kürzesten Wege nach Bonduku be-
geben, fand aber diese Route über den Tainfluss
und durch Fugula in Folge kürzlicher Kriegs-
verheerungen unpassirbar. Er musste demnach
nach dem Diammaralande sich wenden und zweimal
den -Volta überschreiten, ehe er nach Bonduku
gelangte, wobei er jedoch den ansehnlichen Ge-
birgsstock untersuchen konnte, welcher den Volta
zwingt, seine nordsüdliche Richtung gegen eine
westöstliche zu vertauschen. In Bonduku, einer
Stadt von 3000 — 4000 Einwohnern, weilte nun seit
etwa vierzehn Tagen ein Landsmann Binger's,
Herr Treich - Lapicne, welchen die besorgte
Heimat ihm von der Guineaküste aus zur Unter-
stützung entgegengesandt hatte. Da er den Ge-
suchten in Bonduku nicht antraf, hatte Treich-
Laplene sich inzwischen nach Kong begeben,
das von Bonduku neunzehn Tagemärsche entfernt
ist. Auch Binger zog wieder dahin, musste aber,
da er sein letztes Pferd eingebüsst hatte, den
ganzen Weg zu Fuss zurücklegen. Bis zum Comoe
folgte er der Route Treich-Laplene's, dann aber
durchzog er das ungemein goldreiche Gebiet von
Samata, welches von 40 — iio w hohen Hügeln
bedeckt ist. Auch auf dem 700 m hohen Tafel-
lande von Kong gibt es goldführende Quarz-
gänge.
Nach elfmonatlicher Abwesenheit hielt Capitän
Binger am 5. Jänner 1889 wieder seinen Einzug
in Kong, wo er mit Herrn Treich-Laplene zu-
sammentraf und bei der Bevölkerung die beste
Aufnahme fand. Wenige Tage darauf unter-
zeichnete er mit König Karamokho-Ule einen
Vertrag, welcher dessen Reich unter französischen
Schutz stellte , dem französischen Handel mit
Ausschluss aller anderen Nationen namhafte Be-
günstigungen sicherte und sowohl Missionäre als
französische Kaufleute zur Niederlassung im Lande
ermächtigte. Im Vereine mit dem Vertrage, welchen
Capitän Septans einige Monate zuvor in Bammako
mit König Tieba und Treich-Laplene zu Bonduku
abgeschlossen hatten, war somit eine Verbindung
zwischen den französischen Besitzungen am oberen
Nigir und jenen an der Goldküste hergestellt. Das
sehr ausgedehnte Kongland erstreckt sich über
nahezu drei Grade der Länge und Breite bis
etwa 250 km südlich von Dschenne. Dann sandte
Binger einen Theil seines Gefolges nach Bam-
mako zurück, während er selbst mit Treich-
Laplene südwärts nach der Guineaküste zog. Auf
dem Wege dahin besuchte er die Landschaft
Dschimini und beweg deren Herrscher zum Ab-
schlüsse eines für Frankreich ebenso vortheil-
haften Vertrages wie jener von Kong. Die Ein-
wohnerschaft von Dschimini ist sehr friedlich und
baut viel Indigo und Baumwolle, erzeugt auch
baumwollene Decken, sowie weiss- und blau-
gestreifte Zeuge, welche gegen Eisen und Salz
ausgeführt werden. An Dschimini grenzt die
Landschaft Anno, bei den Malinke Mangotu ge-
nannt, ein schmaler Länderstreifen auf dem linken
Comoeufer bis zum Indenieflusse; die Einge-
geborenen scheinen die Gan zu sein, welche sich
mit Acker- und Landbau beschäftigen, während
die zahlreichen Mande-Duila hauptsächlich Handel
treiben. In Auabu, der Residenz des Königs
Komona-Guin von Anno, gelang es den beiden
Franzosen, diesen Herrscher gleichfalls zum Ab-
schlüsse eines vortheilhaften Schutzvertrages zu
bewegen, der überdies den Franzosen das alleinige
Recht der Schifffahrt auf dem Comoe gewährt.
Krankheit und Erschöpfung setzten Binger ausser
Stand zu marschiren ; er liess sich daher zum
Comoe tragen, erkundete mit Treich-Laplene den
richtigen Lauf des .^ttakru und gelangte nach
zwanzigtägiger Wanderung nach dem Dorfe Bettie,
bei dessen freundlichem Häuptling die Reisenden
sich einigermassen von ihren Beschwerden erholen
konnten. Ueber Malamalasso und Ale|)e erreichten
sie endlich die französischen Factoreien zu Gross-
Bassam an der Guineaküste, wo eine der denk-
würdigsten Wanderungen auf afrikanischer Erde
ihren Abschluss fand. F. v. H.
DIE DEUTSCHEN SCHUTZGEBIETE BEI BEGINN DES
JAHRES 1890.
(Fortsetzung.)
Deutsch- Ostafrika.
Deutsch- Ostafrika hat unter den Kämpfen, die
dort in der letzten Zeit mit den Eingeborenen ge-
führt werden mussten, schwer zu leiden gehabt.
Die aufständischen Araber waren bis zum vorigen
Sommer im Besitz der ganzen Küste, mit Aus-
nahme zweier Plätze, die Beamten der Ostafrikani-
schen Gesellschaft waren vertrieben, die See-
blockade, welche gegen den Sclavenhandel und
die Waffenzufuhr errichtet war, konnte an den
Verhältnissen auf dem Festlande nichts ändern.
Die ersten Operationen Wissmann's, der am
31. März in Sansibar eintraf, fanden am Kingani
im Hinterlande von Bogamoyo statt. Bis Ende
October war die Aufgabe der Wissmann'schen
E^xpedition, die Küste vom äussersten nördlichen
Punkt der deutschen Interessensphäre bis Pangani
aufzuklären, gelöst. Die Bevölkerung war beruhigt
und der Beweis geliefert, welch grosse Vortheile
das energische H^ingreifen im Gefolge gehabt hatte.
Es erübrigt nun noch die Zurückeroberung
des südlichen Theiles der Küste, der sich noch
in Gewalt der Aufständischen befindet. Was den
Widerstand im Süden betrifft, so sollen die vor-
läufigen Recognoscirungen ergeben haben, dass
die Aufständischen dort nicht nur viel zahlreicher
sind als im Norden, sondern dass sie auch ver-
hältnissmässig feste Stellungen besitzen, die ohne
artilleristischen Angriff nicht genommen werden
können. Von dem Bestände der Wissmann'schen
Truppenmacht, der sich zu Anfang d. J. auf etwa
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FOR DEN ORIENT,
46
I loo .Mann belief, werden mindestens 600 Mann
den Herechnunjjcn zufoljje im Norden zurückbleiben
müssen. Zu dc^n übrijjen 500 Mann Süllen, wie
man hört, im Ganzen etwa 800 bis 900 Mann noch
angeworben werden, so dass für die südliche
Hälfte circa 1400 Mann zur Verfügung sein würden.
Die für die Vermehrung erforderlichen Officiere
und Linterofficiere sind dem Ueichscommissär be-
kanntlich soeben zugeführt worden.
In einzelnen Küstenpiätzen Ostafrikas haben
nach Niederwerfung des Aufstandes im nördlichen
Theil des Schutzgebietes, Handel und Verkehr
wieder einigen Aufschwung genommen. Das be-
lebende lilement dabei waren die gewinnsüchtigen
Inder, welche die Araber, durch die Art, wie sie
mit denselben Wuchergeschäfte betreiben, stets
von Neuem zum Sciaven- und Elfenbeinhandel an-
stacheln. Da die Araber ebenfalls wieder nur auf
ihren eigenen Vortheil bedacht sind und die Neger
theils von der Rodenarbeit, theils vom Handel
zurückhalten, so hat in der ganzen Zeit der
Insurrection Froduction und Handel an der Küste
und im Binnenlande darniedergelegen. Eine
Hesserung dieser Verhältnisse ist nicht zu erwarten,
so lange nicht das civilisatorische Element seinen
starken ICinfluss auf die Küste geltend macht und
so lange nicht der Europäer die Macht hat, den
Negern gej^enüber ihren Feinden, den Arabern
und Indern, zu Hilfe zu kommen, und eine Um-
gestaltung der Zustände zu Gunsten der Neger
anzubahnen.
Was die humanitären Zwecke betrifft, die
von Deutschland im Verein mit den anderen
Mächten durch die gemeinsame Blockade verfolgt
wurden, so kann die erfolgte Schliessung der
Sciavenmärkte auf den Inseln Peinba und Sansibar,
wohin die meisten der aus dem Inland an das
Meer transiioitirten Neger gebracht wurden, als
ein nachhaltiger Erfolg angesehen werden. Das
von den Mächten bei Verhängung der Blockade
erstrebte Ziel, dem unwürdigen Sclavenhandel
in den ostafrikanischen Küsten[)lätzen und den
menschenmörderischen Sclavenjagden im Innern
.Afrikas Einhalt zu thun, wird durch die jetzt
gesicherte Mitwirkung des Sultans von Sansibar
besser erreicht, als dies selbst bei unbegrenzter
Fortdauer der Blockade möglich sein würde. Nach-
dem die Sciavenmärkte in Peinba und Sansibar
ilelinitiv geschlossen, die Einfuhr von Pulver und
Waffen nach Sansibar und dem ostafrikanischen
Festland gesperrt, sind ausreichende Garantien
gegeben, dass wenigstens in diesem Theile .Afrikas
dem Schrecken des Menschenhandels ein Ziel
gesetzt ist.
Zu den .Aufgaben, die sich die Dcuisch-
Ostafrikanische Gesellschaft stellte, nämlich im
deutsch- nationalen Interesse die Civilisirung des
Schutzgebietes zu übernehmen, daselbst den Boden-
bau und Verkehr, insbesondere Handel und Ge-
werbe anzubahnen und zu fördern, trat noch als
zweite Aufgabe die Einrichtung einer Zollver-
waltung und einer den Gewohnheiten und Sitten
der l'"ingeborenen möglichst entsprechenden alige-
meinen Verwaltung, wie sie die durch den Vertrag
dem Sultan gegenüber eingegangenen Verpflich-
tungen erheischten.
Bei der Entwicklung, welche die Gesellschaft
anstrebte, wären auch durch die Hebung des
Exports ihre Einkünfte gestiegen und auch die
Interessen des Sultans gewahrt worden. Nur durch
eine Productivmachung der Küstenländer lässt
sich der Export heben, und kein Factor besteht
seither an der Küste, der dieser .Aufgabe ge-
wachsen gewesen wäre. Die Gesellschaft hatte
bereits Saaten von feinen Erdnüssen von Marseille
bezogen und dieselben zur Vertheilung gebracht,
sie hatte Vesuchsfelder für liberischen Kaffee an-
gelegt, ihre Baumwollenplantage stand im schönsten
Flor. Wäre die Gesellschaft nicht in ihrer Ent-
wicklung gestört worden, so ist anzunehmen,
dass ihre Bemühungen, die Eingeborenen zur
Cultur heranzuziehen und das Land productiv
zu machen, von Erfolg gekrönt worden wären.
Wuchs aber die Production, so wuchsen mit ihr
die Zölle, und hiebei war der Sultan mit 50 Percent
der Mehreinnahmen interessirt. Die Gesellschaft
versuchte Mögliches und war sich der Bedeutung
ihrer Aufgaben nicht nur in ihrem eigenen, sondern
auch im Interesse der Gesammtheit des deutschen
Vaterlandes sehr wohl bewusst. Der Sultan, die
deutschen Ansiedler, Araber und Eingeborene
hätten durch ihre .Arbeit Vortheil gefunden, wenn
die Entwicklung ruhig hätte fortschreiten können
und wenn sie nicht gewaltsam durch culturfeind-
liche Elemente gestört worden wäre. -An Sclaven-
händlern und gewissenlosen .Arabern, die in der
.Ausbeutung friedfertiger Neger seither ihren Vor-
theil gefunden und die sich in ihren Interessen
gefährdet sahen und dem mit ihnen gemeinsam
handelnden oder sich wenigstens sehr zweideutig
benehmenden Sultan ist indess das Bestreben der
Gesellschaft gescheitert.
Wenn nun auch durch die Zerstörung der
Stationen der Gesellschaft einerseits das Resultat
jahrelanger und fleissiger .Arbeit vernichtet worden
ist, welche nach vielen Richtungen das Beste
versprach, so ist doch andererseits diese Einbusse
mit der Erwägung aufzunehmen, dass die Mehr-
zahl der Niederlassungen vor der Zeit ihrer
Verfügung über die Küstenlandschaft angelegt
war und dass beim Wiederangriff der .Arbeiten
noch günstigere Operationsfelder gewählt werden
können. Es kommt in Zukunft für die Gesellschaft
nicht mehr die .Anknüpfung an vorhandene Unter-
nehmungen in Frage, vielmehr ist die Freiheit
ihrer Entschliessungf n und Bewegungen durch
keinerlei Rücksicht auf die frühere Methode ihres
Vorgehens beeinflusst. Durch Vernichtung der
Willkürherrschaft der Wali und Sclavenhändler,
welche vor Ausbruch des .Aufruhrs an der Küste
uneingeschränkt obwaltete und jegliche wirth-
schaftliche Niederlassung und somit die culturelle
Erschliessung des Gebietes ausserordentlich er-
schwerte, wird ihre Lage noch weiter verbessert
46
OESTERREICHT<=CHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
Die Vorbedingungen für die Wiederaufnahme
des wirthschaftlichen Programnas der Geseilschaft
sind nach einer Eingabe an den Reichskanzler:
1. Die vollständige Unterwerfung und Pacifi-
cation des Küstengebietes durch den entsendeten
kaiserlichen Commissär, und
2. die weitere Regelung der Verhältnisse
zum Sultan von Sansibar sowohl hinsichtlich der
Streitpunkte und beiderseitigen Ansprüche aus
der Vergangenheit als der zukünftigen Normen
und Bedingungen des Länderschutzes im Wege
einer Vertragsrevision.
Nach völliger Pacification des Küstenlandes
und nach Herstellung der Autorität der deutschen
Verwaltung beabsichtigt die Gesellschaft etwa
folgendes Programm zur Ausführung zu bringen :
Einrichtung einer Central-Zollerhebungsstelle und
Aufnahme der Zollverwaltung an der Küste ;
Etablirung von Facloreien in allen Häfen und
an allen Hauptendpunkten der Karawanenstrasse
für den Ein- und Verkauf afrikanischer und
europäischer Producte; Entsendung von Expedi-
tionen von den kaufmännischen Niederlagen
an der Küste aus in das Innere, um mit den
Häuptlingen der dort wohnenden Stämme Freund-
schafts- und Handelsverträge abzuschliessen und
Verkehrsbeziehungen anzuknüpfen; Anlage einer
Versuchs[)lantage zum Behuf der Anleitung und
Unterstützung der Eingeborenen zum Anbau der
für den Handel erspriesslichen Erzeugnisse ; Wieder-
aufnahme der Plantagenwirthschaft und Austheilung
von Samen an die Eingeborenen der Küstenzone,
um diese zur Anlage und Pflege von Anpflanzungen
anzuregen; Herstellung von regelmässigen Dampfer-
fahrten zwischen den Küstenplätzen und Zoll-
stationen, Bau von Strassen nach dem Innern
und Förderung und Unterstützung aller Arten von
wirthschaftlichen und Erwerbsunternehraungen,
wie Bergwerken, Baumschulen, Fruchtgärten, An-
lagen von Banken und Creditinstituten u. s. w.
Binnen welcher Zeit die feindlichen Elemente
beseitigt sein werden, so dass Handel und Wandel
sich wieder in den früheren Verhältnissen bewegen
können, ist augenblicklich noch nicht abzusehen.
W^ofern die Ergreifung oder Vernichtung der Haupt-
anführer gelingen sollte, dürfte, wenigstens einst-
weilen, ein geordneter Zustand zu erhoffen sein. In-
dessen wird man ohne dauernde Unterhaltung einer
bewaffneten Macht an den wichtigsten Punkten
nicht auskommen. Die zukünftigen deutschen Unter-
nehmungen auf dem Festlande und die eingeborenen
Neger, auf deren ungestörte Arbeit für die Er-
schliessung des Landes gerechnet werden muss,
bedürfen eines Schutzes gegen Feindseligkeiten
gewisser Araberkreise, welche der Festsetzung
einer deutschen Verwaltung und der Mitwirkung
der Neger dabei auf das Eifrigste widerstreben.
Eine Erneuerung des ehemaligen Zustandes einer
Raubwirthschaft der Sclavenhändler, welche die
Bevölkerung des Landes und die Karawanen
durch Abgaben ausbeuteten, ist unter allen Um-
ständen, soll eine Cultivation der Gebiete erreicht
werden, zu verhüten. Nach wie vor ist aber das
Capital bereit, sich bei wirthschaftlichen Unter-
nehmungen in Ostafrika hauptsächlich in jenem
gesegneten Landstriche, welcher sich von der
Küste von Usambara nach dem Kilimandscharo
erstreckt, zu betheiligen, wenn die Vorbedingung
der Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung
erfüllt ist.
Wie Meinecke in seinem verdienstvollen
Werke über Ostafrikas Colonien hervorhebt,
nehmen unter den Landschaften, welchen in der
letzten Zeit eine grössere .Aufmerksamkeit ge-
schenkt wurde und die durch die Natur des Landes
und ihrer Bewohner bestimmt zu sein scheinen
bald unter Cultur genommen zu werden, diejenigen
am Kilimandscharo und in Usambara jetzt die
erste Stelle ein. War schon früher durch die ab-
gesandten Reisenden der Dcutsch-Ostafrikanischen
Gesellschaft und des Dr. Meyer das Unheil,
welches Kersten, 'l'homson und andere Reisende
über diese Gebiete gefällt haben, bestätigt worden,
so wurde volle Aufklärung doch erst in neuerer
Zeit geschaffen.
Moschi, der Sitz des Häuptlings Mandara,
war im Jahre 1888 am Kilimandscharo der Central-
punkt der dortigen deutschen Interessen, welche
di^rch tüchtigeBcamte der Deutsch-Ostafrikanischen
Gesellschaft wahrgenommen wurden. Ihnen ver-
danken wir werthvoUe .Aufschlüsse über die
Möglichkeit einer dortigen Ansiedelung von Euro-
päern. Das Kilimandscharogebiet wird politisch
von einer .Anzahl kleiner Fürsten beherrscht, welche
mehr oder weniger von der Suaheli- und arabischen
Cultur beleckt sind und deren Wadschagga-
Unterthanen (einige brachte als .Abgesandte des
Häuptlings Mandara der Reisende Ehlers im
Berichtsjahre nach Deutschland) möglicherweise
den europäischen Einflüssen sich weniger hart-
näckig verschliessen werden als die Stämme an
der Küste. Die Wadschagga sind ein Bantustamm,
welcher in seinen ganzen Lebensgevvohnbeiten'
mit den Massais grosse Aehnlichkeit und deren
Tugenden und Laster besitzt. Sie bewohnen ein
von allen Beobachtern als paradiesisch gerühmtes
Land an den Abhängen des Kilimandscharo.
Endlich ist noch Deutsch- Witus zu gedenken.
Sowohl die Witu-Gesellschaft als auch die Englisch-
Ostafrikanische Gesellschaft behauptete, die Zoll-
pacht auf der Insel Lamu von der Sansibar-Re-
gierung zugesichert erhalten zu haben. Ein Schieds-
spruch des belgischen Ministers Baron Lambremont
entschied zu Gunsten der englischen .Ansprüche.
Hiedurch, wie durch die weiter versuchte .Aus-
dehnung des englischen Einflusses, schien die
kleine, wenig bemittelte Witu-Gesellschaft in eine
bedrängte Lage kommen zu sollen. Nachdem
jedoch die deutsche Regierung das Protectorat
über die Küste von der VVitu-Grenze bis Kismaju
am Juba erklärt hat, wurden Verhandlungen wegen
Verschmelzung der Witu-Gesellschaft mit der
Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, von der
vor Jahren Expeditionen nach Kismaju (Jühlke's
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
47
Ermordung) und Hohenzollernhafen am Wubuschi
ausgegangen waren, eingeleitet, die hoffentlich
von Erfolg gekrönt sein werden.
In Folge der Verschiebung aller Verhältnisse
sind in Ostafrika verwickelte und schwierige,
besitz- und vermögensrechtliche Streitfragen
zwischen dem Sultan und der ostafrikanischen
Gesellschaft entstanden.
Kraft des Vertrages des Sultans mit der
Deutschen Ostafrikanischen Gesellschaft vom
28. April 1888 war letzterer die „Regie" oder
Pacht der Zölle in sämmtlichen Häfen des ihrer
Verwaltung überlassencn Territoriums für 50 Jahre
zugesagt worden. Im Einvernehmen mit dem
Sultan war festgesetzt worden, das 7 Haupt- und
7 Nebenzollstationcn an der Küste eingerichtet
und die einzigen Verschififungsplätze sein sollten.
Als Hauptzollstationen waren bestimmt : Tanga
Pangani, Bogamoyo, üar-cs-Salaam, Kiloa, Ki-
windje, Lindi und Mikindani. Auf Wunsch des
Sultans war festgesetzt, dass sämmtliche indische
Beamte der Küstenzollämter in den Dienst der
Ostafrikanischen Gesellschaft übernommen werden
sollten. Während des Aufstandes errichtete die
Gesellschaft auf der Insel Sansibar eine Central-
zoUerhebestelle, in welcher die Zölle auf die vom
Continent nach Sansibar kommenden Waarcn von
\ om Sultan Angestellten, welche unter Aufsicht und
Leitung der Gesellschaft standen, für Rechnung
der Gesellschaft erhoben wurden. Die Zölle auf
die aus fremden Ländern in Sansibar eingehenden
Waaren (Importzölle) erhob der Sultan selbst-
ständig, wurde aber für diejenigen dieser Waaren,
welche von der Insel nach der deutschen Küste
des Continents weitergingen, von der Gesellschaft
mit dem Zollbetrage (Rückgebühr) belastet.
Zwischen dem Sultan und der Gesellschaft ent-
standen darüber Differenzen, dass Ersterer der
.Ansicht war, die Ostafrikanische Gesellschaft
müsse, während sie nur auf Sansibar die Zölle
verwaltete, beträchtlich geringere .Ausgaben ge-
habt haben, als zu normalen Zeiten ; es dürfe
daher nicht jene Bestimmung des Vertrags vom
28. April 1888 in .Anwendung gebracht werden,
wonach dem Sultan in jedem Monat für die Aus-
gaben der Zollverwaltung 1 70.000 Rupien, sowie
5 Percent (Kommission in Abzug zu bringen sei.
Die Gesellschaft ihrerseits erklärte, dass die Zoll-
verwaltung auf Sansibar und den beiden gehaltenen
Zollplätzen Bogamoyo und Dar es-Salaam bei den
ganz ausseiordentlichen Verhältnissen nicht
weniger als die oben genannte Summe erfordert
habe. Dank der kräftigen Hilfe des (Konsuls und
des Dragomans gelang es nach schwierigen Ver-
handlungen den Zwist mit dem Sultan zu be-
gleichen und einen neuen Contract zu unter-
zeichnen. Die Berechnung der dem Sultan als
Entgelt für die Zollabtretung zu zahlenden Rente
findet nach der Durchschnittssumme der Netto-
zolleingänge des vergangenen, laufenden und
nächsten Jahres statt.
Deutschland erhält als l<>satz der Unkosten
70.000 Rupien jährlich und verzichtet auf Ge-
winnbetheiligung im Probejahr. Dagegen schenkt
der Sultan zwei werthvollc Stationsbäuser ia
Dar-es-Salaam und vermiethct auf vierzehn Jaiire
die Zollstelle auf Sansibar mit Magazinen und
Beamtenhäusern,
Eine Erweiterung erfuhr das dcutsch-ost-
afrikanische Schutzgebiet dadurch, dass das an
der ostafrikanischen Küste zwischen der .Nord-
grenze von Witu und der SOdgrenze der dem
Sultan von Sansibar gehörigen Station Kisraaya
gelegene Gebiet unter den Schutz des deutschen
Reiches gestellt wurde. Diese deutsche Schutz-
erklärung hat wenig mehr als formelle Bedeu-
tung. Man entnimmt aus ihr, dass die deutsche
Regierung unter allen Umständen beabsichtigt,
an dem Schutzverhältniss mit Witu festzuhalten,
auch nachdem den Engländern eine der wich-
tigsten Positionen auf diesem Gebiete, nämliclf
die Insel Lamu, eingeräumt worden ist.
Das deutsche Schutzgebiet Süd-Somaliland
umfasst zur Zeit eine Küstenstrecke von 35 Meilen
Länge. Im Norden grenzt es an das dem Sultan
von Sansibar gehörige nur 10 Quadratmeilen
grosse Gebiet des Hafens Kismaju, welcher den
Schlüssel zum Juba, dem grössten Flusse des
mittleren Ostafrika und damit zu den weiten,
gesegneten Ländern der Somali und Galla bis
nach Abessinien hin bildet. Der Haupthafen des
neuen deutschen Gebietes liegt etwa unter i '
s. Br. an der Mündung des Flüsschens Wubuschi,
wo vor drei Jahren die deutsche Station Hohen-
zollernhafen gegründet wurde. Im Süden schliesst
die deutsche Somaliküste den Hafen Kweio ein,
von wo aus Dr. Peters mit der deutschen Emin
Pascha-Expedition seinen Marsch in's Innere an-
trat. Nicht weit von der Kweiobai folgt nach
Südwesten hin die Mandabucht, deren tiefer Ein-
schnitt die Grenze zwischen Deutsch-Somali land
und dem kleinen deutschen Witulande bezeichnet.
Letzteres reicht dann südwestlich bis zu dem
Tanaflusse, der Nordgrenze der Interessensphäre
der Britisch-ostafrikanischen Gesellschaft. Im
Süden wie im Norden der letzteren erstrecken
sich also jetzt grössere deutsche Schutzgebiete.
Wenngleich zu dem deutsch-ostafrikanischen
Schutzgebiet in keiner unmittelbaren Beziehung
stehend, ist doch bei Gelegenheit der Betrachtung
desselben noch des im südöstlichen Afrika vor
einiger Zeit in das Leben gerufenen Colonial-
unternehmens im Pondoland» hier Erwähnung zu
thun. Gerade an dieser Stella ist die Festsetzung
deutschen Einflusses im gegenwärtigen Zeitpunkt,
wo dort verschiedene nationale Elemente nach
Einfluss ringen, von grosser Bedeutung.
Den Bemühungen der Unternehmer ist es
gelungen, von dem Häuptling der Poudos Usikav
grössere Landparacellen zu erwerben, um an
fünf verschiedenen Stellen Stationen anzulegen.
Da das Klima in jeder Beziehung ein vorzügliches
ist und der Plantagenbau entschieden mit Vor-
theil betrieben werden kann, so war es vor
48
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
Allem nöthig, der Gesellschaft grössere Land-
complexe zu sichern. Die Deutschen haben daher
für Jahre lang ausreichend Land, um den Plan-
tagenbau in ausgedehntester Weise zu betreiben.
Man darf annehmen, dass sich sämmtliche
Stationen schon im nächsten Jahre erhalten
können und nicht blos für die Beamten und Ar-
beiter die nöthigen Nahrungsmittel abgeben
werden, sondern auch Getreide zum Verkauf.
Die Anlage der zweiten Station ist nahezu
fertig ; sie zeichnet sich namentlich dadurch aus,
dass sie sehr ausgedehnte Flächen von culturfähigem
Land besitzt, auch ist das Klima milder wie in
Wilhelmsburg. Erschwert sind die ersten Anlagen
durch die hohen Preise des Mais. Während in
früheren Jahren Mais fast gar nicht verkäuflich
war, steht er jetzt hoch im Preise und wird mit
15 Schilling per Sack bezahlt, und da nun der
«Mais eine Hauptnahrung für Menschen und Vieh
ist, so bedarf man desselben in grösseren Massen.
Es ist also auch bei den jetzigen Preisverhältnissen
eine grössere Anpflanzung von Mais entschieden
eine gute Capitalsanlage. Wenn die deutschen An-
siedler sich zunächst auf Tabakbau und Mais be-
schränken, so ist damit ganz entschieden ein Gewinn
zu erzielen. Es wird das immer die Hauptsache
bleiben, dabei ist nicht ausgeschlossen, dass man
auch mit Erfolg zur Anpflanzung von Kaffee, Thee,
Ananas und Zuckerrohr in grösserem Massstabe
übergeht, und dabei ebenso bedeutende Erfolge
erzielt wie dies bereits an der Mündung des Um-
zikuluflusses geschehen ist. Zunächst bleibt aller-
dings das Hauptaugenmerk auf den Anbau von
guten Tabakarten gerichtet, die sich vortheilhaft
verkaufen lassen; ausserdem wird aber beabsichtigt,
möglichst bald zu den Anpflanzungen von Thee
und Kaffee überzugehen, die allerdings erst nach
fünf Jahren Gewinn abwerfen können ; während-
dessen können die Anlagen vollständig durch Tabak
und Mais gewinnbringend gemacht werden, so dass
die ersten Schwierigkeiten überwunden sind und
das Unternehmen nur noch bis zum nächsten Früh-
jahre von Berlin aus unterhalten zu werden braucht,
und dann schon Gewinn abwerfen wird.
M IS CELLE.
Albinos im Indischen Archipel. Unter diesem
Titel veröffentlicht Professor Dr. G. A. Wilken (in
Bydragen tot de Taal-Land-en Volkenkunde van
Nederl. Indie XXXIX, i) eine Abhandlung, in
welcher er zunächst über die Art und die Er-
scheinungen des Albinismus spricht, um dann alle
ihm bekannt gewordenen Fälle dieser Anomalie
aufzuführen, wobei er sich an Dr. R. Andree's
„Ethnographische Parallelen und Vergleiche'",
Neue Folge, zum Theil eng anschliesst. .Als Er-
gebniss dieser Untersuchung zeigt es sich, dass Al-
binismus bei den Bewohnern des malavischen Ar-
chipels nicht ungewöhnlich, bei einzelnen Stämmen,
z. B. den Dajaks, ferner bei den Bewohnern von
Bangka so häufig ist, dass man ihn als endemisch
betrachten kann. Weiter wird noch bemerkt, dass
alle Beobachter einstimmig die helle Farbe der
Haut und der Haare hervorheben, während nur
einzelne die rothen Augen erwähnen, andere nur
von blauen, hellblauen, grauen, hellbraunen oder
dunkelgrauen .Augen sprechen.
Obwohl Albinismus eine pathologische Er-
scheinung ist, wird doch von verschiedenen Seiten
mitgetheilt, dass die beobachteten .Albinos aus-
nahmsweise stark und kräftig sind.
Die Mittheilung, dass .Albinos alsXachkommen
ganz normaler Eltern geboren sind, wiederholt
sich mehrfach, während andererseits Berichte vor-
liegen, dass die Erscheinung bei mehreren oder
allen Personen derselben Familie vorkommt, aber
auch dass Grosseltern oder noch weiter entfernte
.Angehörige der aufsteigenden Linie damit behaftet
sind. Dies scheint anzudeuten, dass .Albinismus
erblich ist, doch grösstentheils atavistisch auftritt.
Dr. Blume und Dr. Monnike wollen die Erschei-
nung auf schwächere und Ivmphatischere Con-
stitution zurückführen, Dr. .A. B. Meyer auf con-
sanguinare Heiraten ; der zuletzt geäusserten Mei-
nung tritt Dr. Wilken entgegen. Im .Archipel wird
im .Allgemeinen an eine übernatürliche .Abstammung
der .Albinos gedacht; mit Rücksicht hierauf werden
sie zum Theil sehr schlecht behandelt, zum Theil
geniessen sie grosses .Ansehen, und werden zum
Theil nach dem Tode selbst verehrt. Von ersterem
werden namentlich die Masser als Beispiel ange-
führt, für letzteres finden sich Beispiele bei Malayen,
im inneren Celebes, auf Ceram Laut und anderen
Inseln. Bei anderen Stämmen ist es ungewiss,
welche .Stellung sie einnehmen, doch scheint man
sie im Ganzen gerne zu sehen. Schon in alten
Zeiten — und auch jetzt noch geschieht dies —
werden sie an die Höfe gebracht, um den Fürsten
zur Kurzweil zu dienen. In dem malayischen Reich
Matan in der West- Abtheilung von Borneu be-
steht ein Gesetz, wonach .Albinos, Zwerge u. s. w.
Sclaven des Fürsten werden müssen. Vielleicht dass
sie auch hier als Gegenstand der Heiterkeit dienen
sollen, obwohl, wie es heisst, die Verurtheilung zum
Sclavenstand stattfindet, weil solche Leute als un-
heilbringend betrachtet werden.
Zum Schluss folgen noch einige .Angaben über
partiellen Albinismus; in solchen Fällen sind nur
einzelne Stellen der Haut von Pigment entblösst
und also weiss (was übrigens auch eine Folge ver-
schiedener Krankheiten sein kann). Ueber das Vor-
kommen solcher Fälle auf Nias und bei den Mc-
nangkabauschen Malayen liegen verschiedene Be-
richte vor ; vielleicht gehört hieher auch das
Vorkommen von ebenso wie der übrige Körper,
doch heller gefärbten Flecken, wofür Malayen und
Atjehers besondere Namen habear'
S^^L^i
Verantwortlicher Redacteur: A. v. Scala.
Drmok von Ch. Rettter & M. Werthner*
April-Heft 1890,
Nr. 4.
OESTERREICHISCHE
Herausgegeben vom
K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUM IN WIEN.
Redigirt von A. von Scala.
Monatlich «Int Nuinmtr.
VERLAG DES K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUMS IN WIEN.
Pr«b JIM. 9 t — M) Mwk.
IIBALT: Die Kbe in Japan. Von Dr. H. Wliftrt. — Die Qannst-
millel dl!« Orieit.s. (11.) Vi n (lutlac Troll. — Die Deutlichen
Schutzgebiete Lei Begiuu ilis Jahres 181K). (Schlus«.) — H i s-
cellrn; Der botanisihe Garten zu Buitenzorg. — Dritte
NationaIau£8telIung in Totiio. — Chinesiacbo Namen der euro-
päiscben (iesrhäftshttuser iu HonglioDg.
DIE EHE IN JAPAN.')
Von ßr. H. Weipert
I.
Geschichtliches.
ie ly[)ische Entwicklung der Ehe ist die
von der Weibergemeinschaft zur Ehe
des Mutterrechtes und von dieser zur
Ehe nach Vaterrecht, die zuerst durch
Kiauenraub, später durch Kauf und schliesslich
durch blossen Vertrag begründet wird. Daneben
läuft eine andere l'^ntwicklungsreibe von der Poly-
gamie durch das Concubineosystem hindurch zur
Monogamie.
Wir finden Japan in der ältesten halb-mythi-
schen Periode, d. h. vom Kaiser Jimmu bis Mommu
(660 v. Chr. bis 707 n. Chr.) im Stadium der
Ehe nach Vaterrecht, geschlossen durch blossen
Consens, beziehungsweise Cohabitation, aber poly-
gamisch in dem Sinne, dass zwischen Frau, Con-
cubine und Maitresse keinerlei Unterschied ge-
macht wird , und die Frau jederzeit entlassen
werden kann. So wenigstens berichtet Chamber-
lain in seiner Vorrede zum Kojiki, Die Stellung
der rechten Frau im Gegensatze zur Nebenfrau,
wie sie sich im Wesentlichen bis heute erhalten
hat, scheint sich erst am Ende dieser Periode
unter chinesischem Einflüsse entwickelt zu haben.
Jedoch fehlt es nicht an Spuren der früheren
Stadien. Nach dem Berichte des Herrn Professor
Naito ergibt sich aus alten Erzählungen und
Märchen, insbesondere auch aus dem Manyöshü
(10.000-Blättersammlung), einer der ältesten Ge-
dichtsammlungen, dass in einer früheren Zeit die
Frauen gar nicht mit ihren Männern zusammen
wohnten, sondern die Männer nur ihre (gewöhn-
lich mehreren) Frauen des Nachts besuchten, was
Yobai (von yobavvari, laut rufen, vermuthlich um
Einlass) genannt wurde. Auch die Kinder blieben
im Hause der Mutter. Ein Rest dieses ältesten,
offenbar mutterrechtlichen Zustandes ist es, wenn,
wie Chamberlain a. a. O. erzählt, nach dem
') Den MiltbellangeB der deutschen aMellaobafl für Katur-
und Völkerkunde Osta>:ens In Tokio entnommen.
MonaUachrift fDr den Orient. April 1890.
Kojiki noch bis in's Mittelalter hinein die Ehe
häufig zuerst nur heimlich war, bis nach einiger
Zeit der Mann statt die Frau nur nächtlich zu
besuchen, sie öff'entiich in das Haus seines Vaters
brachte.
Nach einer weiteren Mittbeilung Herrn Naito's
bestand in alter Zeit die Sitte, dass ein Nicht-
Shinnö, der eine zu einer Shinnöfamilie gehörige
Frau heiratete, erst ein bis zwei Tage im Hause
des Schwiegervaters wohnen musste. Darnach
nahm er die Frau mit sich, indem zum Scheine
eine Art Raub aufgeführt wurde.
Darin liegt zugleich ein offenbares Residuum
des früheren Frauenraubes. Ein ähnliches wird
in einem alten Sprachgebrauch der Kuge (Hof-
adel) zu finden sein, wornach für „eine Frau
nehmen" der Ausdruck „nusumu" = „stehlen"
angewendet wurde.
Noch heute ist nach dem Minji Kwanrei
Ruishu auf der Insel .Amakusa bei Nagasaki eine
Form der Eheschliessung in Uebung, welche
„tanin no musume wo nusumu" {== die Tochter
eines Anderen stehlen) heisst und direct auf dem
Frauenraub beruht. Sie kommt einmal vor als
heimlich zwischen beiden Familien verabredeter
Scheinraub, wenn man zu arm ist, um die Kosten
einer Hochzeitsfeier zu bestreiten, oder wenn
zwar die Eltern der Braut einwilligen, ein naher
anderer Verwandter aber die Einwilligung ver-
weigert. Sie kommt aber auch vor als wirkliche
Entführung, wenn die Eltern ihre Einwilligung
versagen, und endlich sogar als echter Raub,
wenn weder die Eltern noch die intendirte Braut
ihre Zustimmung erklärt haben. Freilich geht im
letzteren Falle die Sache nur soweit, dass der Räuber
die Geraubte in Güte zur Ehe zu überreden
sucht. Schenkt sie ihm kein Gehör, so kehrt sie
einfach alsbald zu ihren Eltern zurück. Gegen
.Ausschreitungen ist dadurch gesorgt, dass die
Verwandten und Nachbarn des Mannes ihn bei
seinem „Raubzug" begleiten müssen. Bleibt die
Frau, so wird am folgenden Tage der sonst bei
der Eheschliessung übliche Vermittler in das Haus
der Eltern geschickt, um Verzeihung zu erbitten,
worauf dann meist noch nachträglich die Hoch-
zeit gefeiert wird. Schon vorher findet aber ge-
wöhnlich ein Gastmahl am Tage des Raubes im
Hause des Mannes statt.
50
OESTERREICHl-~HE MONATSaCHRIFT FÖR DEN ORIENT
Auch den im Minji Kwanrei Ruishu für den
Sarara-Bezirk in Kawachi constatirten Gebrauch,
beim Auszug der Braut vor der Hausthür der-
selben mit Flinten zu schiessen oder ein Feuer
anzuzünden, halte ich für ein Residuum des Frauen-
raubes, obwohl die japanische Auslegung dahin
geht, dass dadurch der Wunsch ausgedrückt
werde, die Braut möge nicht — geschieden näm-
lich — in das Eiternhaus zurückkehren.
Ein anderer interessanter Zug ist die in der
Zeit der Kojiki - Erzählungen herrschende Ge-
schwisterehe, bekanntlich gleichfalls ein verbreitetes
Charakteristicum gewisser frühzeitiger Entwick-
lungsstufen. Es war ganz selbstverständlich, dass
der Mann seine jüngere Schwester zur Frau nahm,
selbst die Bezeichnung der Frau war stets „imo",
d. h. „jüngere Schwester". Auch Ehen mit Tanten,
Stiefmüttern und Halbschwestern werden nach
Chamberlain berichtet.
Nach dem Vorgang von Mabuchi und dem Ko-
jiki-Commentator Motoori will auch Naito die Ge-
schwisterehe durch den oben geschilderten Zustand
des Yobai erklären, durch welchen es möglich ge-
macht werde, dass Kinder desselben Vaters von
verschiedenen Müttern in den Häusern der letzteren
getrennt von einander und, ohne sich als Ge-
schwister zu betrachten, aufwachsen. Allein solche
Consanguinei wurden in der Zeit des Mutterr^chts
offenbar überhaupt gar nicht als Geschwister an-
gesehen. Nur die Mutter konnte das Verwandt-
schaftsmittelglied bilden. Wenn aus dieser Zeit von
der Ehe von Geschwistern berichtet wird, so können
damit nur Uterini gemeint sein. ■
Dieser extreme Grad der Endogamie ver-
schwand wahrscheinlich erst unter demEinfluss der
chinesischen Cultur etwa im VI. Jahrhundert n. Chr.
Andererseits findet sich von der in China herr-
schenden Exogamie in, Japan auch nach dieser Zeit
keine Spur. Man beschränkte sich darauf, die Ehe
zwischen den nächsten Verwandten zu verbieten.
Verschiedene Arten der Ehe.
Es gibt in Japan eine in rechtlicher, wie in
wirthschaftlicher Hinsicht wichtige Unterscheidung
der Ehen je nach derHausangehörigkeit derselben.
Der gewöhnliche F"all ist ja freilich, dass die Frau,
wie bei uns, in das Haus des Mannes (als sog.
Yome = Brautj eintritt und nun bis zur Auflösung
der Ehe Kazoku desselben ist. Daneben aber findet
sich ausserordentlich häufig auch der für unsere
Auffassung undenkbare Fall, dass der Mann, nicht
nur wirthschaftlich, sondern auch rechtlich in das
Haus der Frau aufgenommen wird. Dies ist wieder
in zweierlei Weise möglich. Einmal kann der Mann
von dem Schwiegervater als Sohn adoptirt und
gleichzeitig oder später mit der Tochter verheiratet
werden. Ein solcher Ehemann wird als Mukoyoshi
(Schwieger-Nährkind) bezeichnet. Es kann aber
auch eine Frau, die selbst durch Erbgang Koshu
geworden ist, einen Ehemann in ihr Haus auf-
nehmen. Der Letztere heisst dann Nyü-fu oder Iri-
muko. Hier wird der Ehemann alsbald Koshu an
Stelle der Frau, im ersteren Fall dagegen nur
dann, wenn der Schwiegersohn zugleich als Erb-
sohn adoptirt worden und der Vater der F'rau stirbt
oder sich zur Ruhe setzt. In beiden Fällen ergibt
sich aber eine äusserst abhängige Lage des Ehe-
mannes daraus, dass unter Umständen eine Tren-
nung der Ehe und der Adoption herbeigeführt
werden kann, die ihn natürlich seiner Stellung als
Koshu und Inhaber des Familienvermögens wieder
entkleidet, beziehungsweise ihm die .Aussicht darauf
nimmt.
So fremd uns die Vorstellung einer solchen
Adoptivehe ist, so findet sie doch in dem Rechte
vieler anderer Völker ihr .^nalogon. Sowohl die
indische Tochterbeauftragung — d. h. Beauftragung
der Tochter durch den sohnlosen Vater, sich für
ihn einen Sohn zeugen zu lassen — , als die ma-
layische Ambelanakehe — die wesentlich auf ein
Erdienen der Braut durch Eintritt des Mannes in
ihr Haus zurückweist — lassen sich zur Erklärung
des Ursprungs heranziehen. Zunächst freilich scheint
dieser Ursprung, wie der so vieler anderer japani-
scher Sitten auf China zurückzuführen zu sein. Nach
dem Ta-Tsing-Leu-Lee muss in China dieselbe
^Einrichtung seit alter Zeit bestehen, wenn auch
das Gesetzbuch dieselbe nicht ohne Tadel lässt.
„Whoever eitherejects thehusband of hisdaughter,
whom he had received into his house as his son-in-
law, or receivcs into his house another person as
the husband of such daughter, shall be punished
with lOO blows. — It is remarked in a note in the
original Chinese, that the bridegroom, who instead
of taking home his bride to his own house, lives
with her at the house of her parents, by so doing,
deviates from the stablished forms of espousal, but
that having been once so received as a son-in-law,
the law protects him in the right, which he had
acquired of either remaining there with his wife, or
taking her away with him to a separate establish-
ment." Neben dem hienach wahrscheinlich vor-
liegenden Import sind aber bezüglich der grossen
Verbreitung der Sitte in Japan alle diejenigen Fac-
toren zu berücksichtigen, welche wir als Gründe
der ausserordentlichen Bedeutung der .Adoption
überhaupt in Japan unten zu erörtern haben werden.
Die Frage, welche Gestalt und Stellung eine
neue Ehe haben soll, hängt natürlich von den Ver-
hältnissen im einzelnen Fall ab. Hat ein Mann einen
Sohn und F2rben und massiges Vermögen, so sucht
er für diesen eine Yome. Hat er -v iel Vermögen, so
wird er wünschen, die Zukunft seines Hauses durch
Begründung von Nebenlinien noch sicherer zu
stellen; er wird einen oder mehrere Söhne oder
Töchter hinzu adoptiren, diese verheiraten und
ihnen die Mittel zur Begründung e'nes Nebenhauses
(bunke) geben. Dasselbe wird er natürlich thun,
wenn er mehrere eigene Kinder und ausreichendes
Vermögen hat. F'ehlt es an den nöthigen Mitteln,
so müssen die jüngeren Kinder unverheiratet im
Hause bleiben, wenn es nicht gelingt, die Tochter
als Yome, den Sohn als Muko in einem anderen
Hause unterzubringen. Hat Jemand nur eine Tochter,
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEM ORIENT.
so wird er für diese in der Regel einen Muko-ySshi
als Ehemann und Erben zu adoptiren suchen. Doch
kommt es bei Acrmeren auch vor, dass die Tochter,
wenn sie schön ist, als Yome weggegeben und ein
Erbsohn adoptirt wird. Sind mehrere Töchter da,
so hängt es wieder vom Vermögen ab, ob die
jüngere Tochter als Yome weggegeben oder durch
Adoption eines Muko ihr die Begründung eines
Nebenhauses ermöglicht werden soll.
Abschluss der Ehe.
Der Ehevertrag.
Was den Abschluss der Ehe angeht, so kennen
die Japaner den Begriff unserer Verlobung nicht.
Vielmehr wird ohne präliminarischen Vorvertrag
alsbald die Eheschliessung selbst in allen Einzel-
heiten durch einen Ehevertrag fest vereinbart.
Voraussetzung des Ehevertrages ist vor Allem
die Einwilligung der beiderseitigen Eltern und in
der Regel auch der nächsten höheren anderen Ver-
wandten, als welche insbesondere älterer Bruder
und Vatersbruder namhaft gemacht werden. Die
Einwilligung des Paares selbst tritt in den Hinter-
grund, und wird sogar z. B. in Suwo direct als un-
nöthig bezeichnet. Die Ehe ist, patriarchalischer An-
schauung gemäss, wesentlich Sache der Familie,
nicht der Eheleute.
p-ür das Zustandekommen des Vertrages ver-
langt die gute Sitte unbedingt die Thätigkeit eines
Heiratsvermittlers, nicht nur, wenn es gilt eine
passende Partie ausfindig zumachen, sondern sogar
bei bereits vorhandenem Einverständniss.
Der, oder richtiger die Vermittler — denn es
soll eigentlich ein Ehepaar dazu genommen werden,
das zum ersten Mal verheiratet ist und ein Kind
hat — heissen Naködo {= naka-udo = chünin =
Mittelsmann, auch baikainin, Vermittler, oder na-
ködo-oya, Vermittler - Eltern, oder kari-oya, in-
terimistische Eltern). Sie werden aus Verwandten
oder Freunden gewählt , selten gemiethet, und
haben ein recht verantwortliches Amt. Auf ihrer
wahrheitsgetreuen Darstellung der beiderseitigen
Verhältnisse und Eigenschaften beruht das Glück
der Ehe ; sie haben ferner auch während der Ehe
bei allen Schwierigkeiten und Streitigkeiten zu
vermitteln und schliesslich eine eventuelle Scheidung
zu reguliren, insbesondere dabei die Auseinander-
setzung des Vermögens zu bewirken. Dafür ge-
niessen sie — und zuweilen sogar noch ihr Erbe,
auf den dann auch die Pflichten übergehen —
lebenslang die respectvolle Verehrung der Eheleute,
die ihnen die üblichen Höflichkeitsbesuche und Ge-
schenke zu machen und nach ihrem Tode im
Leichenzug zu folgen haben. Auch nach der Hoch-
zeit erhalten die Vermittler häufig Geschenke. Es
ist ein Gegenstand des Stolzes häufig Vermittler
gewesen zu sein.
Manchmal wird von jeder Seite ein Vermittler-
paar in Thätigkeit gesetzt, und zuweilen sogar agirt
zwischen diesen beiden wieder ein Dritter, soge-
nannter Shita-baikainin (Untervermittler). Während
diese nur den Vertragsabschluss besorgen, kommt
manchmal bei reichen Häusern noch ein Hon-bai-
kainin (hon = Haupt-) hinzu, dem die Abfassung
der Urkunden und die Anordnung des Ceremoniells
und der Geschenke obliegt.
Eigenthümlich ist die Gestaltung des Ver-
mittlerverhältnisses in Nagato. Hier wird jedem
Mädchen im ii. bis 13. Jahr ein älterer Verwandter
als sogenannter Kanc-oya bestimmt, welchem
dann ein für allemal die gesammte Sorge und Ver-
mittlungsthätigkeit hinsichtlich der Verheiratung
des Mädchens obliegt. Zur Hochzeit schenkt er der
Braut dann die Utensilien zum Schwarzfärben der
Zähne, welches bei den verheirateten Frauen lan-
desüblich ist. Dieses Färben geschieht mit einem
Metalloxyd, daher der Name Kane-oya (kane =
Metall, oya hier = Vater).
Die Perfection des Ehevertrages wird durch
bestimmte symbolische Handlungen, welche in den
einzelnen Landesthfilen sehr verschieden geartet
sind, aber meistens in Geschenken bestehen, zur
sichtbaren Wahrnehmung gebracht.
Am verbreitetsten auf dem Lande ist die Ueber-
sendung eines Fasses Sake (Reisswein). Sie beisst
z. B. in Rikuchü: Odaru (grosses Fass), in Echigo:
Tokurizake (Flaschensake), in Sanuki : Nageire
(wörtlich : llineingeworfenes == Geschenk), in
Bungo: Sumidaru (Abschluss-Fass), im Shimozuke:
Kuchikime (Mundabschluss), in Omi : Shimedaru
(Abschlussfass). In Iwaki und Hizen wird ein Sack
Thee geschickt. In Osumi besucht der Mann die
Braut und dann die Braut den Mann, und beide
bringen Mochi (Reismehlkuchen) mit. In Hiuga
bringt die Schwiegermutter Sake und Fisch in das
Haus der Braut, was Deiri (Ausgang-Eingang) ge-
nannt wird. In Buzen wird ein Trinkgelage gefeiert
(sumizake = Abschluss-sake). In Awa und Theilen
von Hiuga begibt sich der Vermittler in das Haus
der Braut und trinkt feierlich ein paar Schalen
Sake (sakazuki = Sakeschale, genannt). In Rikuzen
werden nur die Vertragsurkunden ausgetauscht. In
Iga wird ein Fass Sake an die sämmtlichen Be-
wohner des Ortes vertheilt. In Kawachi werden an
alle Kinder des Dorfes Puppen aus gebranntem
Thon vertheilt, was Hinamorai (Puppen-Empfang)
genannt wird.
Von diesen symbolischen Geschenken oder
Handlungen ist das Yuinö, das eigentliche Hoch-
zeitsgeschenk zu unterscheiden. Es wird zwar zu-
weilen mit dem vorgenannten Geschenk verbunden,
meistens aber und eigentlich erst nachher kurz vor
der Hochzeit übersandt. Es besteht in Fisch, Ge-
flügel, Seetang, Kleidungsstoffen, Flachs oder Geld,
verschieden im Werth je nach Rang und Reichthum.
Auch die Frau schickt dem Manne häufig ein Gegen-
geschenk, welches aber im Werthe unter dem des
Mannes bleibt und meist die Hälfte desselben nicht
überschreitet. Der Gebrauch dieser Geschenke ist
uralt. Er lässt sich nach Küchler a. a. O. bis in's
8. Jahrhundert n. Chr. verfolgen und scheint ein
Residuum des an Stelle des ursprünglichen Frauen-
raubes später getretenen Frauenkaufes zu sein. Das
52
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
Gegeojjeschenk der Frau ist vermuthlich erst
späterem Höflichkeitsbedürfniss entsprungen.
Die Hochzeitsfeier.
Bezüglich der nun folgenden Hochzeitsfeier
kann ich mich auf das Wesentlichste beschränken
und im Uebrigen auf die eingehende Schilderung
der Einzelheiten und ceremoniellen Vorschriften
verweisen, welche Küchler a. a. O. gibt.
Sie besteht heutzutage wesentlich in einem
feierlichen Gastmahl, welches bei der gewöhnlichen
Ehe im Hause des Bräutigams, bei der Adoptivehe
dagegen natürlich im Hause der Braut gehalten
wird. Im ersten Falle heisst sie Yome-iri (Bfaut-
Eingang), im zweiten Muko-iri (Bräutigams-Ein-
gang), im Allgemeinen Konrei oder Shügen. Dabei
spielt das sogenannte San-san-ku-do (= drei-drei-
neun-mal) eine Hauptrolle, das ist ein neunmaliges
abwechselndes Trinken der Brautleute aus der von
den Shakutori — zwei, Ochö und Mechö (= männ-
licher und weiblicher Schmetterling) genannten,
Schenkmädchen — ihnen dargereichten Sakeschale.
Vor dem Sansankudo und bei diesem trinkt die
Braut zuerst, nachher alsbald pflegt der Mann eine
Gelegenheit zu ergreifen, um an den Tag zu legen,
dass nun das Verhältniss umgekehrt sei. Die Braut
trägt auf dem Wege zum Hause des Bräutigams
einen langen weissen Schleier, der das ganze Gesicht
verhüllt. Derselbe wird während des Sansankudo
bis zur Stirn gehoben. Nachher wird er abgelegt
und die Kleidung gewechselt (iro-naoshi = Farben-
Wechsel).
An das Yome-iri schliesst sich in vielen Ge-
genden an einem der folgenden Tage noch das
Sato-gayeri (Dorf-Rückkehr) an, ein Besuch der
Eheleute bei den Eltern der Braut, und zuweilen
auch das Hatsu-aruki (erstes Gehen), ein Vor-
stellungsbesuch, den die Braut in Begleitung ihrer
Schwiegermutter oder der Frau desNaködo in allen
Häusern des Dorfes macht.
Charakteristisch ist, dass bei sämmtlichen
Hochzeitsfeierlichkeiten weder eine priesterliche,
noch eine behordliclie Mitwirkung stattfindet. Der
Ortsvorstand wird zwar an vielen Orten zum Mahle
eingeladen, aber er sitzt dann bezeichnender Weise
unter dem Naködo, der den obersten Ehrenplatz
einnimmt.
Die Heiratsanzeige.
Man darf aber deshalb nicht annehmen, dass
der japanische Staat sich um die. Eheschliessung
gar nicht kümmere. Zur Zeit des Feudalismus fand
sogar eine sehr energische Einmischung des Staates
statt, freilich nur soweit derselbe ein Interesse hatte.
Dies war der F'all bezüglich der Eheschlies-
sungen der Daimyo (d. s. die jetzt mediatisirten
feudalen Landesfürsten), der Kuge (oder Hofbe-
amten) und der Samurai, (der Kriegerclasse).
Die ersten beiden bedurften der Genehmigung
des Shögun, die letzteren der ihrer unmittelbaren
Verwaltungsvorgesetzten, des Kashira oder Waka-
doshiyori. Das Gesuch war nach der Vertrags-
schliessung, aber vor der Hochzeit einzureichen.
Was die P'olge der Vernachlässigung dieser Vor-
schriften angeht, so droht lyeyasu im lo. der so-
genannten i8 Gesetze nur Strafe an. In einem Ge-
setz des Shögun Yoshimune vom 28. April 1733
(18. J. Kyohü) dagegen heisst es, dass P'rauen „nicht
erlaubt sei, Ehefrauen zu werden" ohne Erfüllung
der vorgeschriebenen Gesuche und Hochzeitsfeier-
lichkeiten. Aehnliche Vorschriften s. b. Rudorff,
Tokugawagesetzsammlung, a. a. O. in den Buke-
shohatto. Bei den Heimin dagegen, dem Bürger-
und Bauernstande , genügte eine auch nach der
Hochzeit zulässige Anzeige an den Ortsvorstand,
bald unmittelbar, bald durch Vermittlung des lyenushi
oder Yanushi (des Hauseigenthümers), die lediglich
der Richtigstellung der Register halber vorge-
schrieben war.
Die Regierung des neuen Regime blieb zu-
nächst bei diesem System. Gebauer berichtet über
eine Verordnung vom 4. Januar 1870, wonach die
Eheschliessung zu ihrer Giltigkeit der vorherigen
staatlichen Erlaubniss bedurfte. Die japanische Ge-
setzsammlung enthält den Wortlaut nicht, so dass
ich nicht feststellen konnte, ob sich die Verordnung
— was indessen unwahrscheinlich ist — auch auf
die Heimin bezogen hat. Erst durch Verordnung
vom 23. August 1871 wurde das Princip geändert
und bestimmt, dass alle Classen der Bevölkerung
zur Eheschliessung keines vorherigen Gesuches
um Genehmigung (negai) mehr bedürften, dass viel-
mehr eine nachherige Anzeige an den Kocho (Ge-
meindevorstand) oder Kuchö (Bezirksvorstand)
zwecks Registrirung genüge. Eine Ausnahme be-
steht jedoch für die Kwazoku, welche nach § 9 des
Gesetzes vom 7. Juli 1884 zur Eheschliessung der
Genehmigung des Kunaisho (Hofministerium) be-
dürfen.
Was die Folge der Nichtanmeldung anlangt,
so wurde durch V. O. vom 27. December 1874 und
nochmals durch V. O. vom g. December 1875 (Nr.
209) bestimmt, dass Ehen ohne Anmeldung zu den
Registern ungiltig seien. Die praktische Durchführ-
barkeit dieser strengen Consequenz scheint indessen
auf Schwierigkeiten gestossen zu sein. Man änderte
jedoch das Gesetz nicht, sondern half sich durch
eine etwas kühne Legalinierpretation. Durch Ver-
fügung der Ministeriums vom 19. Juni 187 7 wurde
erklärt, dass trotz der in der V. O. vom g. De-
cember 1875 vorgeschriebenen .\nzeige die Ehe
als giltig zu betrachten sei, wenn ihre thatsächliche
Existenz von den Verwandten und Nachbarn nach
freiem richterlichen Ermessen als anerkannt anzu-
nehmen sei.
Wir finden die Erklärung in dem Bericht des
Minji Kwanrei Ruishu, wonach in vielen Landes-
theilen die Anzeigeerstattung gewuhnheitsrecht-
lichermassen eine äusserst la.xe war und vermuth-
lich trotz der neuen Vorschriften noch ist. Sie findet
•danach z. B. Chisagata-gori in Shinano und im
Miike-göri in Chikugo nur jährlich einmal vom i.
bis II. Januar, in Suwo in jedem August für alle
im Jahre geschlossenen Ehen statt, im Takai-gbri
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIiT pOr DEN ORTEMT.
53
daselbst erst dann, wenn die Frau schwanger ge-
\^m worden ist, in Bitchu erst dann, wenn ein Kind ge-
'^» boren ist, in Mimasaka und Kawachi erst dann,
wenn das Zusammenleben ergeben hat, dass die
Eheleute gut zu einand<;r passen und sich vertragen,
in Izumi und im Ni-i-gori in Chikugo zuweilen erst
nach drei Jahren. Hesonders vorsichtig scheinen die
Leute inMikawazusein. Dort findet sich der Brauch,
dass zuerst ein blosses factisches Zusammenleben,
Ashi-ire (Kusshineinsetzen) genannt, stattfindet,
danach bei erkannter Friedfertigkeit der Frau die
Anzeige erfolgt und dann erst das Yuinö, das Hoch-
zeitsgeschenk, gegeben wird.
Ptrfeclion der Ehe.
Nach dem Vorstehenden erhellt, dass es gar
nicht einfach ist, zu sagen, von welchem Moment
an denn eigentlich eine Fhe in Japan als geschlossen
gilt, von wann an also z. R. die Frau die Strafe des
Ehebruches trifft, oder dieTrennung durch formelle
Scheidung möglich ist u. s. w. Japanische Juristen
geben die Antwort, dass die Ehe jedenfalls dann
als perfect anzusehen sei, wenn die Anzeige er-
stattet sei, in deren I'>manglung aber auch dann,
wenn nur das Sansankudo stattgefunden habe, und
höchst eventuell auch schon durch das factische
Zusammenleben im Sinne der citirten Verfügung
vom ig. Juni 1877. Man wird danach diese drei
Momente als ebensoviele I'ormen der Eheschliessung
zu betracliten haben, von denen jede allein genügt,
wenn auch in der Regel alle drei sich vereinigt finden.
Was die Folgen der Ferfection des Ehever-
trages angeht, so ist von einer Klage auf Vollzug
der Ehe oder Schadenersatz keine Rede, doch
stimmen alle Berichte in Minji Kwanrei-Ruishu da-
hin überein, dass nach dem Vertragsschluss in der
Regel keine Partei mehr zurücktrete. Im fiebrigen
scheinen die einzigen Conseiiuenzen des blossen
Ehevertrages zu sein, dass die Rrautkinder den ehe-
lichen gleichgestellt werden, und die Braut die
Trauerptlicht gt;genüber den näheren Verwandten
des Bräutigams auf sich zu nehmen hat.
Ehehindernisse.
d) Was das erforderliche Alter angeht, so ist
in dem 44. der 100 Gesetze des lycyasu : „. . . .
Nach dem 16. Jahre soll der junge Mann sich einen
Brautwerber suchen", das 16. Jahr für den Mann
vorgeschrieben. Die Frauen sind mit dem 13. Jahr
heiratsfähig. Beide Grenzen scheinen bisher nicht
geändert zu sein.
V) Standesunterschiede,
Im Keishiryo (Theil des Rio no Gige) ist be-
züglich der Eheschliessungen der Mitglieder der
kaiserlichen Familie bestimmt, dass den Shinno ge-
stattet werden kann, sich untereinander und mit den
ü des 4. Grades inclusive zu verheiraten, nicht
aber mit O vom 5. Grad oder mit tiefer stehenden
Unterthanen. Den O vom 5. Grade an dagegen
war nicht nur die lilhe untereinander, sondern auch
mit Unterthanen gestattet. Unter Shinnö wurden
damals die Geschwister und die Kinder eines
Kaisers oder einer Kaiserin verstanden, unter Ö
die Nachkommen der Shinnö. () des vierten Grades
sind die Ururenkel eines Kaisers oder einer
Kaiserin. Spätere Nachkommen heissen noch O,
gehijren aber nicht mehr zur kaiserlichen Familie
im engeren Sinne. Heute heissen nach dem Haus-
gesetz von 1889 die O überhaupt bis zum Urur-
enkel Shinnö (bezw. die Frauen Naishinnö) und die
späteren O (bezw. Nio-ö). Für die Ehe derselben
ist Artikel 3g entscheidend, wonach die Mitglieder
der kaiserlichen Familie nur untereinander und
mit solchen adeligen Familien sich verheiraten
dürfen, welche durch kaiserliche Verordnung be-
stimmt sind.
Seit alter Zeit waren Ehen zwischen den ver-
schiedenen Ständen der Daimyo, Kuge, Samurai
und Hciinin nur mit staatlicher Genehmigung ge-
stattet. Doch war die Handhabung des Verbotes
wohl nur bezüglich der beiden obersten Classen
eine strenge. Im Uebrigen scheinen vielfach Um-
gehungen ül)lich gewesen zu sein. So wird im Minji
Kwanrei Ruishu aus dem 'I'oshima-gori in Musashi
berichtet, dass man, um die Ehe einer Frau aus den
Heimin mit einem Samurai zu ermöglichen, früher
der Frau einen Karioya (interimistischer Vater),
also einen fictiven Vater nur ad hoc bestellt habe, ^t^~-p
später aber die Frau von einem Mann aus dem ,5
Samuraistande, der dann die Frau in die Ehe gab, '■ ^
habe adoptiren lassen. /'^^^
Dieses Ehehinderniss ist durch V. O. vom ^'^'
22. August 1871 für alle Classen beseitigt. Jedoch ^ "j
soll eine geheime Verordnung für die Kwazokuexi- ^
stiren, welche ihnen auch jetzt noch die Einholung *--^ '
der Genehmigung der Regierung zur Pflicht macht. Mi^
c) Verwandtschaft und Schwägerschaft. Weder
geschichtlich noch für das geltende Recht ist eine
positive umfassende Anordnung über die Grenze
der Ehe zwischen \'erwandten aufzufinden. Dass
die chinesischen Grundsätze strenger Exogamie
keinen Eingang gefunden haben, ist indessen zweifel-
los, trotz des 44. der 100 Gesetze des lycyasu, in
welchem es — nach der Kempermann'schcn Ueber-
setzung im 2. Heft der Mittheilungen — ziemlich
allgemein lautet: „. . . . man soll aber aus seinem
eigenen Geschlechte kein Weib nehmen, sondern
bei der Auswahl auf Familien- und Blutabstammung
Bedacht nehmen". Gewöhnlich wird die Regel auf-
gestellt, die Ehe sei verboten mit oji (Bruder der
Eltern), oi (Geschwistersohn), oba (Schwester der
l>2ltern), mei (Geschwistertochter), kyodai (Bruder)
und shimai (Schwester), so dass das Verbot bis
zum dritten Grade unserer Verwandtschaftsberech-
nung einschliesslich reichen würde. Die gerade
Linie ist dabei als selbstverständlich weggelassen.
Für die letztere kommt auch Schwägerschaft, sowie
die Adoptivverwandtschaft in Betracht, was in einer
Ministerialverfügung vom 14. Januar 1S87 bezüg-
lich der Ehe mit der Adoptivtochter (Yöjo) auch
nach deren Entlassung aus der Adoption, ausdrück-
lich ausgesprochen ist. Nach derselben Verfügung
54
TSESTERREICHISCHE MONATSSCHRrPT FÜR TJEW OHIENT.
ist auch die Ehe mit der Schwester des Schwieger-
sohnes und nach einer Verfügung vom 28. Februar
1888 die mit der Schwester des Adoptivsohnes
schlechthin verboten. Dagegen bildet (im vollstän-
digen Gegensatz zu unserer Anschauung) die Adop-
tivverwandtschaft kein Hinderniss für die Ehe
zwischen Adoptivgeschwistern. Sonst wäre ja das
ganze Institut dts Mukoyöshi, bei dem häufig die
Ehe erst nach der Adoption geschlossen wird, gar
nicht möglich. Die Ehe mit der Schwester der Frau
ist nicht unzulässig, wird vielmehr in Suwo z. B. ge-
radezu als üblich bezeichnet.
Damit stimmen die Vorschriften über den
Incest im Wesentlichen überein. Der Kwampö-
ritsu bestraft den Geschlechtsumgang mit der
Yöjo (Adoptivtochter), Shimai (Schwester), Oba
(Tante), Mei (Nichte). Das nach chinesischem
Muster gearbeitete Strafgesetzbuch aus dem Jahre
1871 kennt den Incest mit i.der Concubine des
Vattrs oder Grossvaters, 2. der Vatersschwester
und Schwester, 3. der Frau oder Concubine des
Sohnes und Enkels, der Mutterschwester, der
Brudersfrau und Neffenfrau, der Nichte, Stief-
tochter und Halbschwester. Der hier statuirte
weitgehende Schutz in der Seitenlinie ist wohl
nur dem chinesischen Vorbild entnommen und
ohne Anhalt im japanischen Rechtsgefühl. Das
neue jetzt geltende Strafgesetzbuch hat merk-
würdigerweise über den Incest gar keine Vor-
schrift.
li) Bestehende Ehe ist Ehehinderniss und
macht, wie es scheint, die zweite Ehe nichtig.
Nach Art. 354 des jetzigen Strafgesetzbuches,
wird der, welcher trotz bestehender legitimer
Ehe (baigüsha aru mono) eine neue legitime Ehe
eingeht, mit Gefängniss von fünf Monaten bis zu
zw«i Jahren und mit Geldstrafen von 5 — 50 Yen
bestraft.
Eine Besonderheit ist, dass im Oitama-göri
in Uzen nach Scheidung einer Ehe für beide
Theile auf drei Jahre hin eine neue Eheschliessung
verboten ist.
e) Die ehebrecherische Ehefrau und ihr Mit-
schuldiger dürfen nach Ministerialverfügung vom
6. October 1886 keine Ehe schliessen. Die Be-
stimmung scheint gänzlich neu und die Rechts-
folge ist nicht ausgesprochen. Die Vorschrift
trifft den Ehemann nicht, da nach Art. 353 des
jetzigen Strafgesetzbuches nur die Ehefrau wegen
Ehebruches bestraft wird.
f) Ein eigenthümliches Ehehinderniss bestand
früher (und wurde noch bestätigt in der Mini-
sterialverfügung vom 22. Mai 1873) für die On-
nakoshu (weiblicher Hausherr), d. h. die Tochter,
w^che in Ermanglung vorgehender männlicher
Erben in die Hausherrschaft succedirt ist. So
lange sie diese Stellung einnimmt, war ihr zur
Fortpflanzung des Hauses nur die Adoption, nicht
die Ehe gestattet, weil im Falle der Verheiratung
die Kinder das Haus des Mannes fortsetzen würden.
Jetzt ist ihr aber durch Zusatz vom 22. Juli 1873
zu der V. O. vom 22 Jänner 1873 (in welcher
der Erbschaftsantritt durch die Tochter geregelt
wird) ausser der Adoption auch gestattet worden,
einen Ehemann in ihr Haus aufzunehmen, mit
der selbstverständlichen FolgCj dass (ebenso, wie
im Falle der Adoption ihr Adoptivsohn, so hier)
ihr Ehemann alsbald in die Hausherrschaft als
Erbe eintritt. Es wird also dadurch derselbe
Effect erreicht, als wenn der Mann vom Vater
der Frau adoptirt worden wäre. Durch Verord-
nung vom 31. August 1877 ist der Erbin er-
möglicht, sich trotz des Erbschaftsantrittes mit
Genehmigung der Behörde von einem Manne in
sein Haus aufnehmen zu lassen, mit der Folge
natürlich, dass dann ihr Haus erlischt.
g) Während der Trauerzeit für Eltern oder
Grosseltern durfte eine Ehe nicht geschlossen
werden. Zuwiderhandlung wurde nach dem Straf-
gesetzbuch von. 187 I mit Zuchthaus bis zu neunzig
Tagen bestraft. Heute besteht indess, wie es
scheint, ein Rechtszwang in dieser Richtung nicht
mehr.
h) Die Eheschliessung zwischen Japanern und
Ausländern ist in der Verordnung vom 14. März
1873 geordnet. Darnach verliert sowohl die Aus-
länderin, welche einen Japaner, als die Japanerin,
welche einen Ausländer heiratet, ihr Indigenat.
Japaner bedürfen der Erlaubniss der Regierung.
Jedoch ist es nach Verfügung vom 11. März 1881
auch gestattet, dass ein Japaner einen Ausländer
zu seinem Adoptiv-Schwiegersohn (mukoyöshi)
macht, und nach Verfügung vom 8. Juni 1881
kann auch eine selbstständige Japanerin einen
Ausländer als Ehemann und Hausherrn in das
Haus eintreten lassen, beides selbstverständlich
unter der Bedingung, dass der Ausländer japani-
scher Unterthan wird.
;■) Erbliche Krankheit in der Familie eines
der Eheschliessenden (namentlich Schwindsucht
und Lepra) wird (z. B in Echigo) als Grund
zum Einschreiten der Verwandten gegen die Ehe
erwähnt.
j) Die Ehe ist den buddhistischen Priestern,
ausser denen der Shinsecte, verboten, nicht je-
doch den Priestern des Shinto, des nationalen
Ahnencultus.
DIE GENUSSMITTEL DES ORIENTES.
Von Gustav Troll.
II.
Die Weinrebe und der Wein haben schon zu den
ältesten Zeiten in den Ländern des Orientes eine
grosse Rolle gespielt. Die Bibel berichtet uns, dass
seit Noah's Zeiten her das auserwählte Volk Gottes
das köstliche Geschenk der Rebe würdig gehegt und
gepflegt hat. Dass Trauben sowohl als Rebensaft,
bei den Kindern Israels in hohem Ansehen standen,
beweist auch der Umstand, dass sie, nach dem Aus-
zuge aus Egypten, sich erst dann entschlossen, das
gelobte T^and zu betreten, als die ausgesandten
Boten mit der Kunde von seiner grossartigen Frucht-
I
OBSTBRRBICHISCHE MONATSSCHRIFT pOr DER ORIENT.
55
barkeit zurückkamen und als Beweis dafür zwei
küstiiciie Riesentrauben mitbrachten. Das alte, so-
wohl als das neue '["estament spricht sehr häufig
vom edlen Rebensafte und schon dies beweist, dass
die Weincultur in jenen fernen Zeiten in hoher
Blüthe stand. Von den alten Griechen und anderen
Bewohnern des damaligen Morgenlandes weiss man
es auch, dass sie einen guten Tropfen wohl zu
schätzen wussten, ja es wurde sogar ein eigener
Gott für die Weinseligen eingesetzt, dessen An-
sehen bei seinen opferwilligen Anhängern sich so-
gar bis auf unsere prosaischen und allen Göttern
abholden Zeiten erhalten hat. Bacchus und seine
Verbündete, Venus, haben ihr Reich trotz aller
Götterstürze bis auf den heutigen Tag erhalten und
die Medicinmänner wissen auch heute noch von
einem mitunter übertriebenen Cultus dieser Gott-
heiten zu erzählen, den sie freilich etwas prosaisch
als Exccsse in baccho et in venere bezeichnen.
Mit der Herrschaft des Islams begann der
Verfall des Weinbaues im Oriente. Dem finsteren,
fanatischen Charakter dieser Religion entsprach die
heitere, sorglose Lebensauffassung, wie sie der
Weinbau und Weingenuss mit sich brachte, nicht,
deshalb erliess der Prophet sein Weinverbot und
begrüntlete damit, man kann es wohl allen Ernstes
behaupten, die Macht und die Schreckensherrschaft
seiner Anhänger und Nachfolger. In allen Ländern,
welche sich der Islam unterwarf, schwand die Wein-
cultur zum Zwecke der Weingewinnung fast gänz-
lich. Nur die Traube als Frucht war geduldet, ilires
Wohlgeschmackes wegen geschätzt und im Ge-
heimen von manchem sonst glaubenseifrigen Moslim
sorgsam gepflegt. Wie manche Gartentraube ward
im Verborgenen in Most und Wein verwandelt und
wie mancher Rausch mag wohl daraus schon ent-
standen sein ! In jenen Ländern des Islam, deren
ursprüngliche christliche Bevölkerung ihrem Glauben
trotz aller Bedrückung treu blieb, blieb auch der
Weinbau erhalten, musste sich aber auf das ge-
ringste Ausmass beschränken und hatte mit zahl-
losen Schwierigkeiten zu käm[)fen. Erst seit unser
Jahrhundert die Macht des Islams gebrochen und
den christlichen Völkern seiner Herrschaft eine
relative Freiheit gebracht hat, ist der Weinbau im
Oriente wieder in Schwung gekommen. Die von
Alters her vveingesegneten Länder haben nach und
nach ihren natürlichen Reichthum auszubeuten ge-
lernt, aber im Ganzen und Grossen ist der Weinbau
auch heute noch im Oriente auf eine ziemlich
niedrige Stufe gestellt. Inder grossen Mehrzahl der
orientalischen Länder kann von Weinbau eigent-
lich keine Rede sein. In Syrien wurde vonaltersher
von der christlichen Secte der Maroniten Weinbau
betrieben und seit dieses Volk im Libanon eine ge-
wisse Freiheit geniesst, hat auch der Weinbau auf
den Abhängen des Libanon wirklich zugenommen.
Die Libanonweine zeichnen sich durch Stärke,
edles Feuer und Wohlgeschmack aus, berühmt ist
besonders der Wein von Sehtora, eines Dorfes am
Fusse des Libanon in der sogenannten Bekaa ge-
legen, an der Kunststrasse, die von Beirut nach
Damaskus führt. In Palästina verdankt die Wein-
cultur den deutschen Colonisten (Templern) ihre
Wiedergeburt und die Weine von Jerusalem und
Bethlehem zeugen von der untilgbaren Fruchtbar-
keit des einstigen gelobten Landes. In Europa sind
die Palästina- und Libanonweine noch viel zu wenig
bekannt, obwohl sie sich ihres grossen Alkohol-
und Phosphorsäure-Gehaltes wegen auch ganz be-
sonders zu stärkenden Medicinalweinen eignen
würden. Der natürliche Reichthum dieser gesegneten
Landstriche wird jedoch früher oder später sicher
zur Geltung kommen.
An der ganzen nordafrikanischen Kflste ist der
Weinbau, einestheils wegen der Bodenbeschaffen-
heit, anderntheils wegen der ausschliesslichen Herr-
schaft der Mohammedaner ganz in Verfall gerathen.
Selbst Trauben wurden und werden auch heute
noch von Spanien, Slcilien, Malta und Griechenland
eingeführt. Nur Algier macht seit einiger Zeit eine
rühmliche Ausnahme. So jung die dortigen Wein-
culturen auch sind, so bilden sie doch schon jetzt
einen Hauptreichthum des Landes und liefern den
Hauptartikel im Waarenaustausch der C'olonie mit
dem Mutterlande. Die Weine von Algier können
sich an Güte und Feinheit mit den besseren Sorten
der Palästina- und Libanon-Weine zwar nicht
messen, aber sie eignen sich vortrefflich dazu, die
im Niedergang begriffene Weinproduction Frank-
reichs zu ersetzen.
In Griechenland gewinnt die Weincultur eben-
falls immer mehr und mehr an Boden und die
griechischen Weine bilden schon heute einen
wichtigen Handelsartikel. Kleinasien dagegen pro-
ducirt wenig Wein, aber viel Trauben. DieSmyrnaer
Trauben geniessen eines wohlbegründeten Rufes, sie
versorgen nicht allein Constantinopel , sondern
werden auch weiter exportirt. Auch die Balkan-
halbinsel ist verhältnissmässig arm an Wein. Der
ungemein rasche Aufschwung der Weincultur in
.Algier erweist jedoch zur Genüge, dass der Wieder-
aufschwung des Weinbaues im Oriente nur eine
Frage der Zeit ist.
Viele Länder des Orientes würden sich vor-
züglich zum Weinbau eignen, obwohl sie ihn gegen-
wärtig noch gar nicht betreiben. Das Klima von
Abcssynien z. B. ist namentlich in den höher ge-
legenen und besser bewässerten Theilcn für die
Anpflanzung des Weinstockes wie geschaffen. Trotz-
dem wird der Weinbau dort gar nicht betrieben,
ja der Wein selbst ist fast ganz unbekannt.
Mit der Zunahme europäischer Cultur und
europäischen Einflusses ist in den Ländern des
Orientes im engeren Sinne auch der Verbrauch
von Wein bedeutend gestiegen, und da die eigene
Erzeugung hicfür noch lange nicht genügt, so er-
gibt sich die Nothwendigkeit fremder Einfuhr. In
jedem einzelnen Gebiete des Orientes hat sich
naturgemäss dasjenige Land dieses Bedürfnisses
bemächtigt , welches vermöge seiner Lage und
setner Handelsverbindungen hiezu am nächsten be-
rufen war. So bezieht Marokko, das übrigens auch
heute noch sehr wenig Wein verbraucht, seinen
56
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
Bedarf fast ausschliesslich von Spanien. Algier, das
noch vor zwanzig Jahren fast seinen gesammten
Weinbedarfvom Mutterlande bezog, ist heute schon in
der Lage, seinen eigenen Bedarf zu decken und
namhafte Weinausfubr zu betreiben. In Tunis hat
seit Kurzem der Weinbau ebenfalls begonnen,
doch wird noch sehr viel von Frankreich (Kunst-
wein), Algier und, besonders früher, von Italien
eingeführt. Tripolis bezieht seinen Wein meist von
Griechenland und Italien, doch ist der Verbrauch
gering, in Egypten wurden früher hauptsächlich
italienische und französische Weine getrunken ; in
neuerer Zeit werden griechische Weine (nament-
lich von Cypern) und Weine aus Oesterreich-Ungarn
stark eingeführt. Palästina und Syrien deckt so
ziemlich den eigenen Bedarf, doch werden noch
ziemliche Mengen von Cyperweinen eingeführt,
namentlich die geringeren Sorten des sogenannten
Schlauchweines, der von seiner Aufbewahrung in
Bocksschläuchen einen ziemlich unangenehmen Bei-
geschmack erhält, und der nicht minder unangenehm
schmeckende Harzwein, dessen Beigeschmack von
einer Behandlung des Weines mit Pech herrührt.
Kleinasien erzeugt zum Theil selbst Wein (der
bekannteste ist der Brussa-Wein), zum Theil be-
zieht es denselben von Cypern und Griechenland.
Das eigentliche Weinland der Mohammedaner ist
jedoch Persien, wo von altersher der Weincultur
grosse Beachtung geschenkt wurde. Die berühmteste
Sorte Perser-Weine ist der schwere , braunrothe
^ Wein von Schiras, daran reihen sich die Weine
/■von Ispahan und Hamadan. In Constantinopel wird
ausser den feineren französischen und deutschen
Flaschenweinen hauptsächlichgriechischer, in letzter
Zeit auch viel rumänischer und ungarischer Wein
getrunken.
Die übrigen Balkanländer, soweit sie noch
zum Oriente zählen, erzeugen ihren geringen Be-
darf an Wein entweder selbst, oder beziehen ihn
aus den Nachbarländern, namentlich von Rumänien
und Ungarn.
Im Verhältniss zu dem geradezu enormen
Verbrauch von Branntwein, ist der Weinconsum
des Orientes ein sehr geringer und beschränkt sich
hauptsächlich auf die eingewanderten Fremden.
In der letzten Zeit hat auch hier der Pseudo-Gott
Gambrinus allenthalben seinen siegreichen Einzug
gehalten und der Bierconsum ist fortwährend im
Steigen begriffen.
Der geringe Verbrauch von Wein erklärt sich
nicht sowohl aus religiösen, als aus den wirthschaft-
lichen Verhältnissen der orientalischen Länder.
Die einheimische Bevölkerung ist im Allgemeinen
sehr arm, sie muss in den meisten Fällen hart
arbeiten, um sich den kargen Lebensunterhalt zu
verdienen. Nichts ist daher natürlicher als dass die-
jenigen, die der Stärkung bedürfen, oder die Be-
täubung wünschen, zum billigen leicht erhältlichen
Branntwein oder zu einem Narcoticum greifen. In
den Küstenstädten des Orientes, da, wo die Ein-
geborenen im Kampfe um ihre Erhaltung den ein-
dringenden Fremden gew-enüber gezwungen sind,
ihre Arbeitskräfte auf das Aeusserste anzuspannen,
findet man daher überall die Thatsache, dass der
Eingeborene mehr dem Branntweingenusse, der
Fremde aber dem Weingenusse ergeben ist. Die
Vornehmen unter den Einheimischen trinken öffent-
lich Bier, auf welches sich das Verbot des Pro-
pheten natürlich nicht bezieht, Wein aber nur im
Geheimen.
Dringt man weiter in das Innere orientalischer
Länder, wo die Cultur immer mehr und schliesslich
ganz schwindet , so findet man zahlreiche ein-
heimische Getränke mit berauschender Wirkung,
aber auch hier verhältnissmässig wenig weinartige. Es
sind dies vornehmlich die Palmweine, zu deren Be-
reitung die culturell wichtigste Pflanze jener Gegen-
den, die Palme dient. Die Zellen der Blüthenscheiden,
ferner die Fruchthüllen und das Gewebe des Stammes
vieler Palmarten enthalten einen eiweiss- und zucker-
reichen Saft. Dieser Saft wird nun auf irgend eine
Weise gewonnen (häufig indem man den Stamm
anbohrt und in das Bohrloch ein Rohr bringt, durch
welches der Saft ausfliesst und dann der Gährung
überlassen wird ; natürlich leiden die Bäume bei die-
ser Behandlung sehr) und gibt in frischem Zustande
ein mostähnliches Getränk, gegohren den Palm-
wein. Im tropischen Asien dient namentlich die
Weinpalme, Palmyrapalme (Borassus flabelliforius
L.) zur Bereitung des Palmweines. Auf Ceylon und
Java bereitet man denselben aus den Blüthenkätzchen
der Weinpalmen. In einigen Theilen Ostafrikas dient
Raphia vinifera, in anderen Elais guinensis zur Be-
reitung des Palmweines, den man dort Bourdon und
Malaffa nennt, in Marokko Lagmi. im indischen
Archipel und auf den Molukken Sagawir (aus dem
Safte von Arenga und anderen Palmen bereitet). In
Indien nennt man den Palmwein auch Toddy, doch
ist Toddy eigentlich ein englisches Getränk aus
Branntwein, Zucker, Eis und Wasser. Auf den Ge-
sellschaftsinseln findet sich der Palmwein unter
dem Namen TU und wird aus Arenga saccharifera,
Cocos nucifera und anderen Palmarten bereitet. In
Afghanistan, Beludschistan und Turkestan kommt
unter dem Namen Arza Arki ein Getränk vor,
welches eine Art von Fruchtwein darstellt und aus
Maulbeeren, Pfirsichen und Tamarinde bereitet
wird; auch ein Schnaps wird daraus destillirt. Gut
ausgegohrener Palmwein gibt ein ganz angenehmes,
süssliches Getränk, in seinem Geschmacke ähnlich
dem Traubenweine, ohne jedoch dessen physiolo-
gische Wirkung zu besitzen. In Europa findet sich
etwas Aehnliches im Ahorn und im Birkenvvein, die in
Norddeutschland gebräuchlich sind.
Bedeutend umfangreicher ist jene Classe
alkoholischer Getränke, welche unter der Be-
zeichnung Bier die grosse Menge der halb-
gegohrenen Berauschungsgetränke des Orientes
umfasst, die freilich mit den in Europa gang-
baren Biersorten in den meisten Fällen keine
besondere Aehnlichkeit aufweisen. Das Bier wird
gewöhnlich als eine deutsche Erfindung betrachtet,
und die Sage nennt den mythischen König
Gambrinus von Brabant als den Entdecker der
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEN ORIENT
57
angenehmen Eigenschaften des Gerstensaftes. Es
ist jedoch längst nachgewiesen, dass das Bier
bereits im Alterthum wohl bekannt war. Ver-
schiedene griechische und römische Schriftsteller
(Aeschyius, Sophokles, Flinius u. A.) erwähnen
dasselbe in ihren Schriften. In der ägyptischen
Stadt Pelusium, an einer der Nilmündungen ge-
legen, wurde in alten Zeiten ein berühmtes Bier
gebraut, wie etwa heute in München, und man
nannte in Folge dessen das Bier auch vielfach
Pelusisches Getränk, Von Egypten aus soll
das Geheimniss des Bierbrauens sich weiter
verbreitet haben und auch nach dem Norden
Europas gekommen sein. Indessen ist es ziemlich
wahrscheinlich, dass das Bier der alten Welt mit
unseren heutigen Bieren keine grosse Aehnlichkeit
gehabt haben dürfte und dass die culturgeschicht-
liche Bedeutung dieses Getränkes erst durch die
grosse Verbreitung, die es von den deutschen
Ländern aus in allen l'heilen der Welt fand,
bedingt worden ist.
Nach den zu ihrer Bereitung dienenden Stoffen
kann man die Biere in drei Classen einreihen.
Die erste Classe, zugleich die älteste, kenn-
zeichnet sich durch die gänzliche Abwesenheit
von Malz, die zweite wird ausschliesslich mit
gekeimter Gerste erzeugt und umfasst die ver-
schiedenen Bierarten, wie sie in Europa gangbar
sind. Die dritte Classe nimmt eine Zwischen-
stellung unter den beiden ersten ein: als Be-
reitungmateriale dienen für diese Bierarten rohe
Kornfrüchte, jedoch wird auch Malz zugesetzt.
Während die zweite Classe, also das, was der
Europäer gewöhnlich unter Bier versteht, einen
verhältnissmässig hohen Alkoholgehalt aufweist,
enthalten die beiden letzteren (für die als typisch
der Meth und die Busa gelten können) viel
weniger Alkohol, dagegen mehr Extractivstoffe
und stickstoffhaltige Substanzen, sie besitzen dem-
nach einen ganz hervorragenden Nährwerth und
sind nicht nur Genuss- sondern auch Nahrungs-
mittel.
Solche bierartige, zumeist der zweiten Classe
angehörige Getränke finden sich im ganzen
Oriente und ist dafür besonders der Name Busa
(Kuza, Boza) verbreitet. Bei den mongolischen
Völkern in Turkestan wird die Busa aus Reis
erzeugt und gerade nur bo viel Malz zugesetzt,
als zur Umwandlung der Stärke in Zucker er-
forderlich ist. Dieses Malz wird aus Hirse be-
reitet. Nach einer vorgenommenen Analyse dieser
Busa enthielt dieselbe drei Tage nach der Be-
reitung 3'I5 Percent Alkohol, 8m8 Percent Ex-
tractivstoffe, 2' 15 Percent Stickstoffsubstanzen und
0'i52 Percent Milchsäure. Durchschnittlich enthält
dasselbe also i '/j — 2 Percent weniger Alkohol,
als das gewöhnliche (europäische) Bier, zweimal
mehr Extractivstoffe, 2 2 7mal mehr Stickstoff-
Substanzen und etwa 4 — 5ma! mehr Milchsäure;
ausserdem enthält die Busa auch noch circa
0'65 Percent Fett. Aehnliche Getränke sind Bagari
im Kaukasus und die bei dfii Kosaken gebräuch-
liche Braga, aus Hafermehl oder Hirse mit Zusatz
von Malz, theilweise auch mit Hopfen dargestellt.
In der Krim wird von den Tataren ebenfalls
ein bierartiges Getränk, Murra oder Burra, erzeugt,
welches jedoch der ersten Classe der Bierc an-
gehört, indem es ohne Malzzusatz aus Reis er-
zeugt wird. Dieses Getränk enthält blos an
0"25 Percent Alkohol, dagegen fast 8 F'ercent
Extractivstoffe und über 2 Perceot Stickstoff-
Substanzen. In ähnlicher Weise verhalten sich die
übrigen bierartigen Getränke, welche bei allen
orientalischen Völkern verbreitet und besonders
in Afrika sehr zahlreich sind. Alle diese Biere
werden, soweit sie der dritten Classe angehören,
aus Getreide dargestellt. Bei ihrer Bereitung
spielen der Reis und die Durra eine grosse
Rolle. Die Durra oder Mohrenhirse, auch Kaffern-
korn, Negerkorn, Kolbenbirse, Besenkraut ge-
nannt (Sorghum persic. vulg.), ist in ganz Afrika
und (^entralasien die verbreitetste Culturpflanze.
Sie dient als Brotfrucht, als Viehfutter, zur Er-
zeugung alkoholischer Getränke, von Spiritus
und Essig; selbst die Rispen werden noch zur
Anfertigung von Besen verwendet. Die grosse
Nützlichkeit dieser Pflanze für jene Gebiete lässt
sich nur mit jener der Cocos- oder Dattelpalme
vergleichen. In primitivster W^eise wird die Durra
bei den Negervölkern zwischen zwei Steinen ver-^
rieben und mit Wasser, unter Zusatz eines Gäh-
rungserregers (Malz) angesetzt. Das trübe, milchige,
säuerlich schmeckende Getränk, das auf diese
Weise erhalten wird , hat wohl sehr wenig
Aehnlichkeit mit dem, was wir Europäer unter
Bier verstehen, dennoch erfreut sich dasselbe
bei seinen Consumenten grosser Beliebtheit und
wird in ansehnlichen Mengen genossen. Am ge-
bräuchlichsten ist dieses Bier, für welches als
typisch die Busa gelten kann, bei den Nilvölkern
und im Sudan. In Egy[)ten stellt die Busa ein
schmutzig - weisses , dickflüssiges, tintenartig
schmeckendes Gebräu dar, dass die grösste
Aehnlichkeit mit einem dünnen Mehlpapp bat
und nach unseren Begriflen nichts weniger als
angenehm schmeckt. Der Alkoholgehalt desselben
ist sehr gering. In Nubien und Kordofan, dann
im Sudan kommt ein ähnliches Getränk, aus Hirse
bereitet, unter dem Namen Butbal vor, welches
meist bedeutend stärker ist, d. b. berauschender
wirkt, als die egyptische Busa. Der Name Dalla
oder Talla ist für ein Bier aus Küschelraais im
Sudan gebräuchlich und wird auch in Abessyoicn
für ein aus Gerste bereitetes Getränk verwendet.
Die Darstellung der abessynischen Dalla er-
folgt in nachstehender W^eise : eine bestimmte
Menge ausgewählter, gleichkörniger Gerste, die
von aller Spreu gereinigt wurde, wird in eine Grube
gebracht, welche man in den trockenen Erdboden
gräbt und mit Blättern auslegt. Der Gerstenhaufen
wird ebenfalls mit Blättern überdeckt und hierauf
die Grube mit Erde zugeschüttet. Drei Tage nach-
her wird die Gerste aus der Erde wieder ausge-
graben, durch die fruchte Wärme des Bodens hat
58
DESTERT«EICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
dieselbe theilweise schon den Keimungsprocess
durchgemacht und spielt nun die Rolle des Malzes.
Man bereitet daraus einen flachen breiten Brot-
kuchen, den man Bekel nennt. Nun wird weiters
Gerste mit einer gewissen, kleineren Menge von
MaschiUa (Sorghum) gemischt, geröstet und zu Mehl
verrieben. Dazu kommen noch die getrockneten
und gepulverten Blätter e.\ne.r Dschischu oder Gischu
genannten Pflanze, welche die Würze bildet und
somit die Rolle des Hopfens besitzt (sie soll mit
demselben auch eine ziemliche Aehnlichkeit haben).
Dies innige Gemisch von Gersten- und Sorghum-
mehl mit Dschischu wird in ein grosses Gefäss ge-
bracht, worauf der Bekel, der vorher mit Wasser
zu einem Brei angerührt und langsam unter fort-
währendem Umrühren bis zum Kochen erwärmt
wurde, zugesetzt und das Ganze mit Wasser über-
gössen wird. Das Gefäss wird nun gegen Abküh-
lung geschützt und etwa zehn Tage lang ruhig
stehen gelassen, in welcher Zeit die Gährung lang-
sam vor sich geht.
Die so erhaltene trübe, halbgegohrene Flüs-
sigkeit wird vor dem Gebrauch durch ein Tuch
tiltrirt und bildet die Dalla. Aehnlich ist die Be-
reitungsweise aller dieser Getränke.
In Mittelafrika wird ein aus Getreide her-
gestelltes Bier Merissa und in Tumala Ngaslo
.genannt. Ferner wird da in manchen Gebieten
aus den Wurzelknollen von Cyperus esculentus
(Erdmandel) eine Busa erzeugt. In Südafrika wird
das Kafferbier, Mapira-Mabli bei den Kaflern
aus Durra, bei anderen Völkern das Pombi aus
verschiedenen Getreidearten dargestellt. In Nord-
afrika dient der Lotus (wahrscheinlich Nimphea
stellata W.), dessen Samen und Wurzelstöcke
äusserst stärkereich sind und daher auch als
Nahrungsmittel Verwendung finden, zur Bereitung
eines bierartigen Getränkes Damutsch.
Die zur ersten Classe gehörigen methartigen
Biete sind ebenfalls recht zahlreich, zeichnen sich
aber vor den anderen durch einen meist geringeren
Alkoholgehalt, dagegen durch angenehmeren Ge-
schmack aus. Unter dem Namen Busa kommen
besonders in Nordatrika verschiedene Getränke vor,
welche gewöhnlich aus Hirse mit ^satz von Honig
bereitet werden und dieser Classe angehören. In
Abessynien werden theils aus Honig und Kräutern
(Tetsch), theils aus Getreide {Techl) verschiedene
methartige Getränke hergestellt, ebenso weiter
unten in Ostafrika aus Durra, Honig und allerlei
Gewürzen die Boyaloa oder Oaloa.
Der Tetsch oder Teg wird aus Honig, Wasser
und Dschischublättern bereitet, indem man in einem
grossen Gefässe den Honig mit einer grösseren
Menge Wasser mischt, so dass eine schwach süsse
Flüssigkeit erhalten wird. Hierauf gibt man die ge-
trockneten und dann leicht gerösteten Dschischu-
blätter hinzu und giesst das Ganze in ein grosses
Thongefäss, welches verschlossen und dann mit
glühenden Kohlen umgeben wird. Die Kohlen be-
zwecken eine leichte Erwärmung der Flüssigkeit
und werden nach kurzer Zeit wieder entfernt. So
dann wird die Flüssigkeit von den Blättern klar
abgegossen. Kurze Zeit danach stellt sich schon
eine starke Gährung derselben ein und nach vier-
undzwanzig Stunden ist das Getränk bereits ge-
niessbar, am wohlschmeckendsten wird es aber
erst nach drei bis vier Tagen. Es ist ein ange-
nehmes, erfrischendes Getränk, welches, in Folge
der Gährung, in der es sich befindet, stark kohlen-
säurehältig ist. Es wird am Ende der Mahlzeiten
genossen und häufig mit Araki gemischt, um die
berauschende Wirkung zu erhöhen.
In den Küstenstädten, wo die europäische
Cultur festen Boden gefasst hat, nimmt der Ver-
brauch des europäischen Bieres stetig zu und
ist schon heute zu einem ansehnlichen Export-
artikel für den Orienthandel geworden. In manchen
Ländern des Orientes (so namentlich in Algerien,
Tunis, Egypten, Palästina, Türkei) bestehen sogar
schon eigene Bierbrauereien , die Erzeugnisse
derselben lassen jedoch noch viel zu wünschen übrig.
Im Gebiete des Mittelmeeres ist das sogenannte
Wiener Bier (Birra di Vienna) allgemein ver-
breitet. Es ist dies zumeist Dreher'sches Export-
bier aus der 'Priester Brauerei, aber auch Grazer
und Marburger Biere, und von österreichischen
noch Liesinger, meist in Flaschen finden ihren
Weg bis tief in's Innere dieser Gebiete. Selbst-
verständlich wird, besonders in Egypten und in
den grösseren Hafenstädten des türkischen Reiches,
auch viel bayerisches Bier consumirt, ausserdem
englische Biere und in den französischen Colonien
Elsässer Bier.
Bezüglich des Bieres stellen sich die Moham-
medaner bekanntlich auf den Standpunkt, dass
dasselbe durch den Koran nicht verboten sei,
in Folge dessen wird der Genuss desselben als
gestattet angesehen. Ich habe aber schon häufig
beobachtet, dass biertrinkende Mohammedaner
damit gewissermassen nur der Mode huldigen,
während in Wahrheit das bitterlich schmeckende
Getränk ihrem an Süssigkeiten gewohnten Gaumen
wenig Reiz bietet.
Hiemit wären die eigentlichen alkoholischen
Getränke erschöpft, dagegen eröffnet sich noch
eine ganze Reihe von Genussmitteln, welche theils
in Form von Getränken, theils als Rauch- und
Kaumittel, oder in Form von zubereiteten Zucker-
plätzchen und Pillen bei den orientalischen Völkern
allgemein in Gebrauch sind und wie die alkoholischen
Getränke entweder erregend oder berauschend
wirken. Je nach ihrer Wirkung kann man sie
in zwei Gruppen eintheilen und zwar in solche,
welche Coffein oder ähnliche Alkaloide enthalten
und in Folge dessen eine erregende Wirkung
auf das Nervensystem ausüben, also bei nicht
übermässigem Genuss unschädlich, in vielen
Fällen sogar zuträglich sind und in solche, die
eine berauschende, zum Theil betäubende, also
narkotische Wirkung auf die menschlichen Nerven,
ausüben. Zur ersten Gruppe gehören insbesondere
-Kaffee, Thee, Cacao, die Kolanuss und das Kath
OESTERRBICH1SCHB MOWATSSCHBtFT FDR OEW ORIENT.
M
Uer Kaffee ist das orientalische Getränk par
excelience, zugleich ein Genussmittel von echt
orientalischer Herkunft und Abstammung, welches
aus dem Morgenlande seinen Siegeszug durch die
ganze Welt angetreten hat und heute für alle Cul-
turvölker in socialer und volkswirthschaftlicher
Hinsicht einer der wichtigsten und bedeutendsten
Verbrauchsartikel geworden ist. Die Stammpllanze
des Kaffees ist bekanntlich ein zur Gattung Coffea L.
gehöriger Strauch, der im tropischen Afrika und
Asien einheimisch ist und dessen wichtigste Art
Coffea arabica L. im Sudan und in Abessinien ihre
Heimat hat. Ob der Kaffeestrauch auch in Arabien
einheimisch ist, hat man bisher nicht mit Bestimmt-
heit feststellen können, es ist aber im hohen Grade
wahrscheinlich. Gegenwärtig wird in fast allen, der
Cultur erschlossenen tropischen Ländern, beson-
ders aber in Südamerika und Westindien, Kaffee
angebaut, die beste und geschätzteste Sorte ist
aber immer noch der sogenannte Mokka, der echte,
arabische Kaffee, der freilich in Europa so gut wie
gar nicht zu haben ist.
Der ungeheuere Verbrauch von Kaffee im
Oriente ist bekannt, ebenso, dass die Bereitung
dies vorzüglichen Genussmittels gegenüber der
in Europa und anderen Culturländern gebräuch-
lichen sehr verschieden ist. Unstreitig gebührt der
orientalischen Kaffeebereitung der Vorzug, denn
sie liefert einen wirklichen, duftigen Kaffee-Auszug,
während der nach fränkischer Art zubereitete
Kaffee wenig, oder gar kein Kaffee-Aroma besitzt
und grosstentheils mit Milch vermischt genossen
wird, was im Oriente nicht der Fall ist. In Persien
wird feiner Kaffee häufig trocken gegessen und
zwar entweder die massig geröstete Bohne selbst,
oder zu feinem Pulver gestossen löffelweise, in
der Art wie Bonbons oder Conserven. Die Araber
trinken ihren Kaffee meist ohne Zucker, weil sie
behaupten, dass das Aroma desselben auf diese
Weise besser zur Geltung gelangt. In der 'l'hat hat
dies Manches für sich und ich muss Jedem, der
echten, feinen Kaffee kennen lernen will, anrathen,
sich eine Tasse dieses duftigen Getränkes bei den
Beduinen der syrisch-arabischen Wüste anbieten
zu lassen, dann wird er wissen, wie dieser von den
orientalischen Dichtern so gepriesene Wundertrank
wirklich schmeckt. IJebrigens erhält man in den
meisten Kaffeehäusern des Orientes, besonders aber
in den arabischen Ländern, vorzüglichen Kaffee,
und man muss gestehen, dass eine Schale dieses
Getränkes nebst duftigem Tabakrauch aus Narghilc
oder Cigaretten zu den wenigen wirklichen Ge-
nüssen gehört, welche der Orient auch dem Euro-
päer gewährt. Freilich ist nicht Alles Gold, was
glänzt, und nicht Alles Kaffee, was in Kaffeeschalen
ausgeschänkt wird. Habe ich doch schon so man-
chen dicken Eft'endi und Sidi gesehen, der sich
seine Kaffeeschale so lleissig füllen liess, dass es
ihm darnach etwas schwer wurde, das Kaffeehaus
zu verlassen. Dieser besonders starke Kaffee war
aber hell und klar wie Wasser und hatte eine ver-
dächtige Aehnlichkeit mit dem verpönten oder
wenigstens unschicklichen Arak. So wahrt man die
Form und thut doch, was das Herz begehrt, im
Oriente so gut, wie anderwärts.
Ein nicht minder wichtiges Genussmittel für
die ganze heutige Welt ist der Thee, dessen Heimat
bekanntlich in China liegt. Aber mit Ausnahme der
chinesischen und russischen und einiger angrenzen-
den asiatischen Völker, hat sich der Thee im Oriente
als allgemeines Genussmittel nur noch bei den
Persern und in Marokko eingebürgert, während er
bei den übrigen orientalischen Völkern entweder
gar nicht, oder sehr wenig gebräuchlich ist, jeden-
falls aber nicht die dem Kaffee zukommende Wich-
tigkeit besitzt. In Marokko ist der Gebrauch von
Thee fast noch grösser, als jener von Kaffee. In
Persien wird der Thee von bemittelten Leuten
Morgens und Abends genossen, und zwar Abends
meist mit einer Opiumpille. Die Afghanen und Ta-
taren setzen ihrem Theeaufguss statt Zucker Salz
zu, während die russischen Theetrinker bekannt-
lich entweder gar keinen Zusatz machen, oder ein
Stückchen Zucker in den Mund nehmen und darauf
den Thee trinken, wodurch der feine Theeduft
besser zur W^irkung gelangen soll.
Cacao (von Theobroma Cacao L.) ist im tropi-
schen Amerika einheimisch, wird jedoch auch in
vielen anderen Tropenländern cultivirt und in den
Culturländern stark verbraucht. Für den Orient be-
sitzt der Cacao als Genussmittel keine Wichtigkeit,
blos in einigen Gegenden Westafrikas werden aus
demselben von den Eingebornen Getränke zu Ge-
nusszwecken dargestellt.
Ein wichtiges Genussmittel für einen bedeu-
tenden Theil Afrikas bildet die Kolanuss (Guru-
oder Ombene-Nuss). Es ist dies der Same von
Sterculia acuminata Beauvais, eines 200 — 300 m
hohen Baumes, der an der westafrikanischen Küste
wächst und sich von dort weiter in's Innere zieht.
In neuerer Zeit wurde der Kolabaum auch in San-
sibar, Indien, Ceylon etc. gcptlanzt. Die Kolanuss
stellt eine kastanienähnliche Frucht dar, welche in
dem politischen und religiösen Leben der Neger-
völker jener Gebiete eine bedeutende Rolle spielt.
Wie seinerzeit die Cacaobohne in Mexico, so wird
von Negern die Kola als Münze benutzt, ferner
dient sie zur Bereitung eines kaffeeäbnlichen Ge-
tränkes und wird wie die Hetelnuss gekaut. Die
Kolanuss enthält nahezu 2'/, Percent Coffein und
etwas Theobromin (das wirksame, dem Coflfern
ähnliche Princip derCacaobohne),ausserdem Zucker,
Stickstüffsubstanzen und Stärke. Der Cofftingehalt
der Kola ist bedeutender, als jener des Kaffees und
aller anderen bisher bekannten Droguen und diesem
hohen Gehalte an dem wirksamen Principe ver-
dankt die Kolanuss ihre Verwendung, die in ihrer
Heimat eine so wichtige und ausgedehnte ist, wie
jene der Coca in Südamerika.
Es heisst, dass der Genuss einiger Kolanüsse
bei ganz ungenügender Nahrung die Neger zu den
grössten Anstrengungen befähigen soll, ja dass
derselbe sie in Stand setzt, tagelang ohne Nah-
rung auszuhalten und dabei die grössten Strapaze a
6Ö
OESTERRfilCHISCHE MONATSSCHHIPT FÜR DEN ORIENT
ZU ertragen. Jedenfalls sind diese Berichte ebenso
übertrieben als jene über die Wunderwirkung der
Coca, bei dem grossen Coffeingehalte ist jedoch
eine stark erregende Wirkung ausser Zweifel. Die
Neger halten nur die frische Nuss von weisser oder
rother Farbe für brauchbar und trachten daher, die-
selbe durch allerlei Mittel möglichst lange frisch
zu erhalten. Zu diesem Zwecke wickelt man die
Früchte einzeln in feuchte Blätter und schichtet
sie auf einander in Körbe ; um jedoch die Schimmel-
bildung zu verhindern, müssen dieselben häufig um-
gepackt werden. Auf diese Weise sollen sich die
Früchte acht bis zehn Monate lang frisch erhalten.
Wahrscheinlich ist es hierauf zurückzuführen, dass
die Kola in Europa noch so wenig Verbreitung ge-
funden hat, es wurde aber bereits nachgewiesen,
dass die trockene Nuss zwar den angenehmen
aromatischen Geschmack der frischen verliert und
nur bitter schmeckt, jedoch den vollen Coffei'ngehalt
der frischen besitzt, demzufolge stände ihrem Ge-
brauche als eines wirklich schätzbaren Ersatzmittels
für Kaffee nichts im Wege.
In Ostafrika und Arabien werden unter dem
arabischen Namen Kath (Khat) die Blätter von Catha
edulis Forsk. als Genussmittel verwendet. Der Auf-
guss derselben schmeckt aromatisch erregend, wie
Kaffee oder Thee, die Blätter enthalten jedoch kein
Coffein, wie man anfangs glaubte, sondern ein an-
deres Alkaloid in geringer Menge, dessen physio-
logische Wirkung sich mit jener des Coffeins ziem-
lich deckt. Man bereitet aus den Blättern eine
extractartige Masse, welche mit grosser Vorliebe
gekaut wird, oder mit kochendem Wasser oder
Milch abgebrüht ein theeähnliches Getränk liefert,
das schlafvertreibend wirken soll.
DIE DEUTSCHEN SCHUTZGEBIETE BEI BEGINN DES
JAHRES 1890.
(Schluss.)
Die Südsee-Schutzgebiete.
Die wirthschaftltche Entwicklung der deutschen
Schutzgebiete in der Südsee hat im abgelaufenen
Jahre mit manchen durch äussere und Verwaltungs-
gründe herbeigeführten Schwierigkeiten zu kämpfen
gehabt. Eine wesentliche Ausdehnung der Cultur
und Interessensphäre hat nicht stattgefunden, da-
gegen haben die meisten Stationen in Kaiser Wil-
helmsland und Bismarckarchipel sich eines guten
Fortganges zu erfeuen gehabt.
. Was zunächst die Verwaltung betrifft, so
ist durch Allerhöchsten Erlass vom 17. Mai ein
Uebereinkommen zwischen der Neu-Guinea-Com-
pagnie und dem auswärtigen Amte erzielt worden,
durch welches die staatliche Verwaltung des Schutz-
gebietes auf Beamte des Reiches übertragen wird
und die Compagnie sich aller ihrer Hoheitsrechte
begibt. Die Uebernahme der Verwaltung durch
einen kaiserlichen Commissär ist am l. October
1889 geschehen. Die Kosten für die Mehrzahl der
Verwaltungsbeamten bezahlt nach wie vor die
Compagnie. An die Spitze der geschäftlichen Ver-
waltung ist ein Director getreten, so dass die Com-
pagnie den ganzen Apparat los wird und sich nun
auf die wirthschaftliche Entwicklung des Schutz-
gebietes mit um so grösserer Kraft werfen kann.
In Kaiser Wilhelmsland hat sie, abgesehen von
geographischen Untersuchungen, welche zur Ent-
deckung einer neuen Gebirgskette im Innern, des
Bismarckgebirges führte, mit einem Kostenaufwand
von etwa 8 Millionen Mark Bedeutendes für die
Cultur des Bodens und die Sicherung der Aft^beiter-
verhältnisse gethan. Auf den Stationen wird Baum-
wolle und Tabak gebaut, welche beide recht gut
sein sollen und hohe Preise in Bremen erzielten,
und Viehzucht getrieben.
Wenn trotzdem die coloniale Action hier den-
noch nur im langsamen Tempo vorrückte, so trugen
die Schuld daran neben manchen Verwaltungs-
schwierigkeiten, auch die Hindernisse, die einer
regelmässigen Verbindung der Colonie mit Australien
sowohl als mit Ostasien von Seiten einer feind-
seligen Concurrenz bereitet wurden und die nun-
mehr allerdings beseitigt worden sind. Auch die
drohende Haltung der Eingeborenen, namentlich in
den nördlichen Theilen von Neu-Guinea , den
Fremden gegenüber, war eine lästige Fessel für
das Colonisationswerk. Mehrfach waren die Co-
lonisten gezwungen sich den Schutz und die Sicher-
heit ihres Besitzes mit den Waffen in der Hand zu
erkämpfen. Die Verwaltungsthätigkeit der Neu-
Guinea Compagnie, deren administrativer Apparat
eine ansehnliche Vergrösserung im letzten Jahre
erfahren, war hauptsächlich darauf gerichtet, das
Innere von Kaiser Wilhelmsland zu erforschen, die
Küsten desselben genauer kennen zu lernen uod
neue Stationen zu gründen, um weitere Ausgangs-
punkte für die Ansiedler zu gewinnen. Die in geo-
graphischer und ethnographischer Beziehung über
Land und Leute gesammelten Informationen haben
die Wissenschaft um manches neue Blatt bereichert
und die Vorstellungen, die man bisher von der Con-
figuration der Gestade, von der Zugänglichkeit, der
Culturfähigkeit und dem Productenreichthum des
Binnenlandes, sowie von der Vertheilung von Ge-
birge und fliessendem Wasser hatte, wesentlich be-
richtigt. Dank den durch die verschiedenen Expe-
ditionen angestellten Ermittlungen kann es als
feststehend gelten, dass die ganze Nordostküste
Neu-Guineas, von der man früher glaubte, dass
sie nur wenig eingebuchtet sei, verhältnissmässig
reich an guten Häfen ist. Seeleute hatten früher die
Angabe verbreitet, dass die Küste gefährliche
Fisse enthalte ; diese Behauptung ist neuerdings
durchj die Thatsachen widerlegt worden. Die
Flüsse an der nördlichen Hälfte der deutschen
Küste bieten überraschend günstige Gelegenheiten,
in das Herz des Landes einzudringen, wenngleich
die Uferlandschaften, ihrer der Ueberschwemmung
ausgesetzten Lage wegen, dem weiteren Vor-
dringen der Reisenden bisweilen frühzeitig ein Ziel
setzten. Auch die Annahme, dass das Innere voir
OESTERRElCHrSCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
I
Neu-Guinea selir dünn mit Menschen besetzt sei,
ist eine irrthümliche gewesen, dagegen fehlt es, das
haben die neueren li.xpiorationen ergeben , an
grösseren Gemeinwesen und an mächtigen Volks-
stämmen.
Neben dem Kaiser Wilhelms-Land ist auch
derBismarck-Archipel in seinen weniger bekannten
Theilen neuen Durchforschungen unterzogen
worden, namentlich in Bezug auf die Arbeiter-
verhältnisse auf den Salomon-Inseln. Die Ein-
geborenen dieser Inseln sind als vorzügliche
Arbeiter geschätzt, aber in P'olge von Gewalt-
thätigkeiten gegen dieselben sind sie jetzt den
Weissen so feindlich gesinnt, dass sie Niemanden
in das Innere eindringen lassen.
Das grösste Interesse bieten bei einem Rück-
blicke auf die colonisatorische 'I'hätigkeit und die
der wirthschafilichen Ausbeutung dienenden Re-
cognoscirungszüge, die im Laufe des letzten Jahres
im Südseeschutzgebiete unternommen wurden,
die Reisen des Landeshauptmannes und der
nach verschiedenen Theilen entsandten Gelehrten
und Techniker.
Als das Ergebniss dieser sowohl längs der
Gestade als im Inneren ausgeführten Forschungs-
reisen lässt sich Folgendes auf Grund der vor-
liegenden Berichte sagen : Die Schifffahrt längs
der Küste des Kaiser Wilhelms-Landes bietet im
Gegensatze zu den darüber verbreiteten Nach-
richten weder für Dampfer noch für Segelschiffe
Schwierigkeiten oder gar Gefahren. Schwere
Stürme und anhaltend schlechtes Wetter kommen
kaum vor, das Fahrwasser ist von Klippen und Riffen
frei, und die wenigen Küstenvorsprünge reichen
so wenig weit in die See hinein, dass sie auch
in der Nacht leicht zu vermeiden sind, weil man
auch in der Dunkelheit die fast überall sehr hohe
Küste wahrnimmt, ehe man einem Vorsprunge
zu nahe kommt.
Die vorangeführten Verhältnisse sind alle
dazu angethan, die Navigirung zu erleichtern,
und es kann für Dampfer, die zwischen der ost-
asiatischen Küste und der Ost- und Südküste
Australiens fahren, die Route längs des Kaiser Wil-
helms-Landes, welche auch die kürzeste ist, nur
empfohlen werden, umsomelir, da auch der
weitere Weg nach Süden, wenn er zwischen
Trobriand und Jurien-Insel hindurch an der t)st-
küste von Normanby-Insel entlang genommen
wird, keinerlei Gefahren birgt. Die die Küste
umsäumenden Gebirge bestehen von der Nord-
seitc des Huon-Golfes an überwiegend aus
Korallenkalk und vulkanischen Gebilden, während
weiter sütllich, d. h. an der Südseite des ge-
nannten Golfes Gesteinforniationen sich zeigen,
mit flachgewellten Berglehnen dazwischen, auf
denen Felsgruppen in Gestalt von Nasen, Würfeln,
Kö[)fcn ausgesetzt sind. Von den Hafenstationen,
welche die Ausgangs- und Stützpunkte der
Cülonisation und der sich allmälig immer er-
weiternden Culturzone sind, ist Finschhafe^, der
Sitz des Landeshaupimannes sowie der Verwal-
tungs- und Gerichtsbebörden, für Kaiser Wil-
helms-Land ein nicht sehr geräumiger, aber sicherer
Hafen. Er besteht aus einer Aussenrhede und
drei durch Verengung des Fahrwassers von ein-
ander getrennten Abtbeilungen, von denen die
Rhede und der äussere Hafen für Schiffe jeden
Tiefganges geeignet sind. Tiefen zwischen 15
und 40 m bietend.
Der Constantinhafen hat nur Raum für wenig
Schiffe und ist seiner grossen Tiefe wegen nicht
bequem, immerhin kann er, da er zähen Unter-
grund hat, als ein sicherer Hafen gelten, nament-
lich wenn man in seinem nordöstlichen Winkel
ankert.
Dem Friedrich Wilhelms - Hafen mangelt
wegen der Landgeschlossenheit aller Luftzug,
weshalb sich das Ankern im äusseren liafen,
und zwar westlich der Fischel-Insel, empfiehlt,
wo man auch gegen Nordwinde geschützt liegt,
da ein unterseeisches Riff, das von den östlichen
Inseln ausgeht, den Hafen von Norden schliesst.
Soweit festgestellt werden konnte, reicht dieses
Riff indes nicht ganz bis an die westliche Reibe
kleiner Inseln, so dass dort wahrscheinlich eine
nördliche Ausfahrt existirt.
Hatzfeldt-Hafen liegt zwischen zwei Land-
spitzen und der kleinen Insel Tschirimotscb.
Schutz empfängt derselbe, ausser durch das Riff
dieser Insel , auch durch ein unterseeisches
Korallenriff im Norden der den Hafen begren-
zenden Westspitze. Westlich vom Hatzfeldt-Hafen
liegen fünf mehr oder weniger tiefe und nicht
sehr geräumige Buchten mit Untergrund, aber
zum Ankern wenig zu empfehlen. Kleinere Hafen-
einfahrten sind : Heinrichs-Hafen, Friedrich-Carl-,
Alexis-Hafen. Der Charakter dieser Häfen ist
derselbe : sie sind gebildet durch Hebung eines
sehr unregelmässig gestalteten Korallenriffes, wes-
halb alle Küsten Kalk oder Sandstrand besitzen
und nur mit Alluvien von geringer Mächtigkeit
bedeckt sind. Es finden sich Dutzende von Dörfern
in den Häfen vertheilt, und können dieselben als
stark bevölkert gelten. Wie fast überall in Kaiser
Wilbelms-Land, ist auch hier die Bevölkerung
eine durchaus friedfertige.
Wie in den Vorjahren, so haben auch in
neuerer Zeit die das Land durchforschenden
Reisenden ihre besondere Aufmerksamkeit dem
Studium der Vegetation zugewendet.
Eine gründliche Kenntniss der Flora von
Kaiser Wilhelms-Land ist aus verschiedenen
Gründen äusserst wichtig Einmal setzt sie in
den Stand, ein Unheil über den Gebalt der Flora
an nutzbaren Producten zu gewinnen ; sodann
gibt sie nach der Feststellung des zwischen den
australischen Kaiser Wilhelms-Land- und indisch-
malagischen Floren bestehenden Verwandtschafts-
grades den Fingerzeig beim .Ausschauen nach
bewährten Vorbildern ; sie erleichtert ferner dem
Geologen die .Arbeit, da gewisse geologische
Formationen bestimmte Ptlanzenformen tragen ;
sie ist es endlich, von welcher die Beantwortung
62
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
der rein wissenschaftlichen Frage nach der Stel-
lung Neu-Guineas zu seinen Nachbarländern er-
wartet wird.
Von Interesse ist auch, was die genannten
Forscher über die Sprachen, Sitten, Bräuche und
die socialen Einrichtungen der Stämme berich-
teten, die sie an den Ufern des Augusta-Flusses
angetroffen.
Ein unerlässlicbes Hilfsmittel zum Studium
derselben ist jedenfalls eine vollständige Kennt-
niss der Sprache. Eine solche Kenntniss besitzt
bis jetzt aber noch Niemand, die im Kaiser
Wilhelms-Land befindlichen Missionäre nicht aus-
genommen. Der Grund hiefür liegt hauptsächlich
in den abnorm kleinen Sprachgebieten, zum
Theile auch in dem Bestreben der Eingeborenen,
dem Weissen durch die Anwendung einer mit
dem Pitschen-Englisch zu vergleichenden Sprech-
weise entgegenzukommen. Im Durchschnitte mag
ein Sprechbezirk 15 km Küstenlänge besitzen,
nach dem Inneren hin ist die Ausdehnung noch
viel geringer. Beispielsweise spricht ein etwa
2 km vom Meere entfernt liegendes Dorf bereits
einen anderen als den an der Küste herrschenden
Jabbim-Dialect und in Tschirar, einem Dorfe,
welches von der Stationsinsel in Hatzfeldt-Hafen
aus sichtbar ist, konnten sich die Reisenden mit
dem erlernten Küstendialect (Tsimbin-Dialect) nur
durch Dolmetscher verständlich machen. Die
Dörfer Gumbu, Bongu, Meale in der Astrolabe-
Bai, welche in höchstens 2'/» Stunden nach-
einander zu erreichen sind, besitzen ein jedes
einen eigenen Dialect. Desgleichen herrscht
zwischen Junohuk und Cap Craisilles fast in jedem
Dorfe eine andere Sprache.
Verhältnissmässig weite Ausdehnung besitzt
der Jabbim-Dialect, derHatzfeldthafener-(Tsimbin)-
Dialect von Cap-Gourdon bis Bilau, circa 15 km,
und der Raluaner Dialect, welcher im Norden der
Gazelle-Halbinsel sehr verbreitet ist. Für die Er-
forschung des Landes ist der überaus häufige
Wechsel der Sprachen recht hinderlich, denn der
Weisse, welcher nicht direct mit den Eingeborenen
verkehren kann, darf sicher sein, von seinem Dol-
metsch hintergangen zu werden.
Ein Zusammenhang irgend eines der bis jetzt aus
Kaiser Wilhelms- Land bekannten Dialecte mit
anderen Sprachen der Südsee, Australiens oder des
malayischen Archipels hat sich bis jetzt noch nicht
feststellen lassen, wenn auch in einigen der Dialecte
Anklänge z. B. an das Malayische vorhanden sind.
Eine Schrift irgend welcher Art kennen die Ein-
geborenen nicht, was immerhin angesichts ihrer
Leistungen in der Schnitzkunst und in dem Erfinden
von gefälligen Mustern auffällig erscheint. Die
meisten Eingeborenen sprechen wenig mehr als
ihren eigenen Dialect; es befinden sich aber in
jedem Dorf einige Bewohner, welche die Nachbar-
sprachen beherrschen ; um zu dieser Kenntniss zu
gelangen, pflegen jene eine längere oder kürzere
Zeit in dem betreffenden Sprachbezirk zu leben. In
Dörfern, welche vorwiegend Handel treiben, sind
dagegen Eingeborene, welche 3 — 4 Sprachen ver-
stehen, die Regel.
Das Verhältniss der verheirateten Frau zum
Mann erscheint äusserlich als ein sehr untergeord-
netes, denn während die wirkliche eigentliche Arbeit
des Mannes nur in dem Niederschlage der Bäume
bei der Anlegung einer neuen Pflanzung besteht,
und alles Andere, wie das Jagen und Fischen ledig-
lich ein Sport für ihn ist, muss die Frau alle übrigen
Arbeiten verrichten. Ihr fällt das Reinhalten und
Abernten der Pflanzung, das Heimholen der Früchte,
das Herbeischaffen des Feuerholzes, das Heim-
schleppen der schweren Sagolasten, das Kochen,
das Fischen mit dem Netz und sogar im Bedarfsfalle
das Säugen neugeborener Hunde und Schweine zu.
Bei alledem steht das Weib in keinem sclavischen
Verhältnisse zum Mann ; sie ist eben von Jugend
auf an keinen anderen Gedanken als den, arbeiten
zu müssen, gewöhnt. Im Uebrigen scheint die Frau
häufig von Einfluss auf EntSchliessung des Mannes
zu sein.
Gewöhnlich besitzt der Eingeborene nur eine
Frau, angesehene und reiche Eingeborene, na-
mentlich Häuptlinge, haben aber auch mehrere
F"rauen. Ob es ein Vorrecht der Häuptlinge ist,
mehrere Frauen zu nehmen oder ob nur ein grösserer
Reichthum sie in den Stand setzt, Vielweiberei zu
treiben, ist noch nicht festgestellt.
In den Küstendörfern pflegt jede Familie ein
Haus ausschliesslich für sich zu bewohnen, dagegen
herrscht am oberen Augusta-Fluss die Sitte, zu
mehreren F'amilien in einem Hause zusammen zu
leben. Die Junggesellen leben getrennt von den Fa-
milien in einem Junggesellenhaus, welches häufig
an der übermenschengross aus Holz geschnitzten
Figur, welche sich in ihm befindet, leicht er-
kennbar ist.
Einzeln lebende Individuen oder Familien
kommen nur selten vor, meist sind letztere zur Bil-
dung von Dörfern zusammengetreten, deren Grösse
ausserordentlich verschieden ist. Die bedeutendsten
Dorfschaften wurden am Kaiserin Augusta-Fluss ge-
funden, woselbst Malu etwa 1000 Einwohner und
das sogenannte „feindliche" Dorf sicherlich noch
über 1000 Seelen aufweist. In den Dörfern ist
immer eine Art Häuptling vorhanden, dessen Ein-
fluss aber vielfach begrenzt zu sein scheint. Dann
und wann haben gleichsprachige Dörfer eine .Art
Gauverband gebildet, dessen Vorhandensein aber
nur bei gewissen Festlichkeiten, wie z. B. der Be-
schneidung , deutlich hervortritt; im Uebrigen
pflegen die verschiedenen Dörfer verschiedene Inter-
essen zu verfolgen und verkehren dementsprechend
zwar nicht feindselig, aber auch nicht ganz rück-
haltslos mit einander.
Bei Gelegenheit der längs der Küsten von
Kaiser Wilhelms-Land vorgenommenen Fahrten,
wurden auch die Purdy-Inseln in den Bereich der
Forschung gezogen. Die Purdy-Inseln, welche zwi-
schen der Küste von Kaiser Wiihelms-Land und der
Gruppe der Admiralitäts-Inseln liegen, haben durch
die auf ihnen entdeckten, wie es scheint abbau-
OESTBRREICHISCHB MONATSSCHRIFT fOr DEN ORIENT.
H
II
II
I
würdigen Lager von phosphorsaurem Kali, wie
sie auf den koralllnischen Inseln der Südsee öfter
vorkommen , eine praktische Bedeutung erlangt.
Sie s'nd unbewohnt und ragen nur einige Fuss über
den Meeresspiegel empor. Zeitweise werden sie
von den Bewohnern der Admiralitätsgruppe besucht,
welche die auf ihnen befindlichen Cocospalmen-Be-
stände anlegten. Eingegangene Proben erwiesen
die Brauchbarkeit des Phosphats, welcher auf 60
bis 70 M. per Tonne geschätzt wurde, und bereits
im vergangenen Herbst ist eine grössere Menge
zur Versendung bereit gemacht und nach dem Auf-
hören des Nord-West-Monsuns im April verladen
und nach Deutschland gebracht worden.
Die Einwanderung Deutscher aus Australien
hat sich nicht in Fluss bringen lassen. Die Gründe,
welche zusammenwirkten, den Deutschen in Austra-
lien die Auswanderung nach Neu-Guinea zu ver-
leiden, sind nicht recht durchsichtig. .Australische
Zeitungen behaupten, das bureaukratische Regle-
ment und die Preise der Eändereien hätten von der
Ansiedlung abgeschreckt, aber es ist nicht wohl
anzunehmen, dass sich unter den vielen Tausenden
von Deutschen nicht trotzdem tüchtige Leute
befunden haben sollten , die noch dorthin zu über-
siedeln geneigt gewesen wären.
.Aus den bisherigen Erfahrungen ist übrigens
zu entnehmen, dass eine Nutzbarmachung des Landes
durch Verkauf oder Verpachtung an kleinere An-
siedler, obwohl die Niederlassung von Europäern
zum Zwecke der Bodencultur, zumal in den höher
über dem Meere gelegenen Gebieten, keineswegs
ausgeschlossen ist, doch langsam von Statten gehen
wird. Die australischen Einwanderer , auf welche
früher ein Auge geworfen war, haben es abgelehnt,
unter den von der Compagnie gestellten Bedingungen
anzusiedeln, und seitdem die Dampfer der Com-
pagnie Kooktown nicht mehr anlaufen, besteht auch
keineVerbindung mehrzwischen den beiden Ländern.
Was aber die Einwanderung Deutscher betrifft,
so ist die Verbindung mit dem Mutterlande zur Zeit
noch zu kostspielig und umständlich, und ist die Mög-
lichkeit des Gedeihens noch zu wenig bewiesen, als
dass aus Deutschland eine grössere Auswanderung
nach dem Schutzgebiet gelenkt werden könnte.
Diese Mängel der Verbindung halten auch zur Zeit
noch grössere heimische Capita's'cräfte zurück, in
ausgedehntem Grunderwerb im Schutzgebiet .An-
lage zu suchen ; dieselben wenden sich lieber nach
Borneo, obwohl dort schon viel Geld verloren ist,
oder nach Sumatra, wo eine regelmässige und re-
lativ billige Verbindung ihnen gesichert ist.
Zu dem Schutzgebiete der Marschall-Inseln ist,
wie bekannt, die einen l~heil der Gilbert-Gruppe
bildende sehr unbekannte Insel Nauru, auch Pleasant-
Island genannt, neuerdings hinzugekommen.
Wie aus den Mittheilungen des kaiserlichen
("ommissärs für die Marschall-Inseln hervorgeht,
sind die Eingeborenen von Nauru, deren Zahl vor
Kurzem noch etwa 1200 betragen hat, in Folge der
Kriegführung der letzten Jahre jedoch auf 900 bis
1000 zusammengeschmolzen sein Süll, ein kräftig und
schlank gebauter Menschenschlag, welcher an kör-
perlichen und geistigen Eigenschaften bedeutend
über den Bewohnern der Marschall-Inseln steht.
Insbesondere das weibliche Geschlecht, an Zahl
dem männlichen überlegen, zeichnet sich durch an-
genehme Gesichtszüge und körperliche Wohlgestalt
aus, welche bei älteren Individuen jedoch durch den
vielleicht in Folge unverhältnissmässig langen
Säugens der Kinder bedingten Verfall der Brust-
partien wesentlich beeinträchtigt wird.
Die äussere Erscheinung der Nauru-Leute ist
derjenigen der Kingsmill-Eingeborenen am ähn-
lichsten. Die Sprache soll eine eigenartige sein,
aber manche Anklänge an diejenige der letzteren
enthalten. Ob dies lediglich auf den durch ver-
schlagene Kingsmill-Eingeborene geübten Einfluss,
der thatsächlich bis in die neueste Zeit festzustellen
ist, zurückgeführt werden muss — dies zu ent-
scheiden mag der Untersuchung berufener Ethno-
graphen vorbehalten sein.
In seinen Schilderungen von Land und Leuten
weist der Reichscommissär namentlich auf die fröh-
liche Sinnesart der Bewohner hin, welche angeb-
lich neben dem hübschen Aussehen der Insel und
der Fülle der den Walfischfahrcrn dargebotenen
Nahrungsmittel derselben den Namen „Pleasant-
Island" verschalTt hat. Jedes Schiff wird mit Hände-
klatschen und Geschrei begrüsst, die Eingeborenen,
insbesondere die Weiber, stürzen den .Ankommen-
den entgegen und drängen sich dazu, irgend etwas
zu tragen. Alles mit lauten Rufen und Gesang be-
gleitend.
Im Gegensatz zu dieser kindlichen und fröh-
lichen Sinnesart der Bewohner stehen scheinbar die
traurigen anarchischen Zustände und die blutigen
F"ehden, unter denen die Insel bis in die neueste
Zeit gelitten hat. Die Kriegsschiffe, welche in den
letzten Jahren die Insel angelaufen, beschränkten
sich auf Friedensmahnungen. Dies vermochte eben-
sowenig den Krieg aus der Welt zu schaffen, als
die von der englischen und deutschen Regierung
erlassenen Verbote der Waffeneinfuhr , so lange
eine dauernde Controle an Ort und Stelle nicht be-
stand. Bei der Fahrt an der Küste entlang sah man
massenhaft Leute, ja Knaben, mit Gewehren auf
der Schulter, denen Frauen häufig noch ein zweites
Gewehr und die Patronentasche nachtrugen, und man
versichert, dass ein über zwölf Jahre alter männ-
licher Eingeborener seine Hütte ohne Schusswaffe
nie verlasse. Walfischfänger haben bis in die neuere
Zeit die Insel häutig besucht, um dort Wasser und
Mundvorrath zu holen. Die ersten Weissen, welche
dauernden Aufenthalt auf Nauru nahmen, sind ent-
flohene australische Deportirtc gewesen. Sie haben
die Insel mit jeder Art von Gräueln erfüllt und sind
dann meist eines gewaltsamen Todes gestorben.
l<:in alter Händler, Namens G. W. Harris, soll der
einzige Ueberlebende sein.
Seitdem der Handel mit Cocosöl und später
mit Kopra zur Bedeutung gelangte, haben sie''
weisse Händler auf der Insel angesiedelt. Ihre Zah'
beläuft sich beute auf 10, von denen 2 deutschen
64
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
3 scandinavischen, 4 englischen und i holländi-
schen Ursprungs sind. Diese Personen sind theils
selbstständige Händler, theils Angestellte der in
der Marschall-Gruppe angesessenen Handelshäuser,
mit welchen jedoch auch die sclbstständigen Leute
ausschliesslich Geschäfte betreiben.
MISCELLEN.
Der botanische Garten zu Buitenzorg. Die
Anzahl der in den Tropen gelegenen botanischen
Gärten ist grösser, als man gewöhnlich annimmt;
in den englischen Besitzungen gibt es deren
fünfzehn, in den französischen Colonien fünf, in
den spanischen zwei, in den niederländischen nur
einen, den zu Buitenzorg. Einige derselben sind
allerdings im strengsten Sinne des Wortes keine
botanischen, sondern agronomische oder Accli-
matisationsgärten, andere, worunter der zu Calcutta,
zu Peradeniya und zu Buitenzorg, vereinigen das
wissenschaftliche Interesse mit dem für den tropi-
schen Landbau; wenden wir uns zu dem zuletzt
genannten Garten. Derselbe wurde schon im Jahre
18 17 gegründet, gleich nachdem die Holländer
von ihren Colonien in Indonesien wieder Besitz
ergriffen hatten. Aus nur kleinen Anfängen her-
vorgegangen, die je nach dem Bedürfniss weitere
Ausdehnung erfuhren, besteht er jetzt aus drei
verschiedenen Theilen, welche zusammen gegen
140 ha Oberfläche haben. In dem ältesten Theil,
der sich zu Buitenzorg in der unmittelbaren Nähe
des vom General-Gouverneur bewohnten Palais
befindet, werden gegen 9000 Pflanzenarten auf
einer Grundfläche von 36 ha cultivirt ; in dem
agronomischen Garten, der etwa eine Stunde weit
entfernt liegt und etwa 70 ha gross ist, findet
man nur für den colonialen Landbau wichtige
Pflanzen, während der dritte, der „Berggarten",
etwa 1500 m über dem Meeresspiegel, auf dem
Abhang des manchmal noch thätigen Vulkan
Gedeh liegt und eine Fläche von etwa 30 ha ein-
nimmt ; dort werden diejenigen Arten angepflanzt,
welche ein kühleres Klima nöthig haben und die
theils aus den Tropen, theils aus Australien, aus
Japan, aus China und anderen Ländern kommen.
Endlich ist der Gartenverwaltung noch ein etwa
250 ha grosses Stück Urwald überwiesen worden,
welches in den Preanger Regentschaften liegt und
gegen Verwüstungen durch die Eingebornen ge-
schützt wird, um demselben seinen ursprünglichen
Charakter zu bewahren.
In dem botanischen Garten befindet sich u. A.
ein Herbarium mit etwa 1 20.000 Arten, welches
möglichst gegen den Einfluss des Klimas geschützt
ist, und eine botanische Bibliothek von mehr als
5000 Bänden. Es bestehen drei (bald werden es
vier sein) Laboratorien, von denen eines für
botanische Studien bestimmt, den Beamten des
Gartens, ein zweites den fremden Gelehrten, welche
vorübergehend dort arbeiten, zur Verfügung ge-
stellt ist. Das pharmakologische Laboratorium, an
dessen Spitze ein Militärapotheker steht, hat, wie-
wohl erst im Anfang seiner Thätigkeit, doch schon
Nutzen bewiesen. Gleiches wird mit dem agrono-
mischen Laboratorium, zu dessen Errichtung die
Regierung ihre Zustimmung gegeben hat, der Fall
sein. Ein Botaniker und ein Chemiker sollen in
demselben thätig sein ; durch diese Vermehrung
des Personals wird sich eine strengere Trennung
der rein theoretischen Thätigkeit von derjenigen
Thätigkeit, welche mehr praktische Ziele in's
Auge fasst, durchführen lassen und für beide mehr
Müsse vorhanden sein. Zu den Einrichtungen des
botanischen Gartens gehört noch ein photographi-
sches und ein lithographisches Atelier und die
nöthigen Geschäftszimmer.
Dritte Nationalausstellung in Tokio, im
Uyeno-Park zu Tokio, welcher auch die National-
ausstellungen von 1877 und 1880 beherbergte,
ist am 26. März d. J. die dritte japanische Landes-
ausstellung mit einem Kostenaufwande von einer
halben Million Yen eröffnet worden. Die Bau-
lichkeiten bieten, wie dem „North China Herald^
geschrieben wird, wenig Lobenswerthes an künst-
lerischer Gestaltung. Die Ausstellung nimmt einen
Flächenraum von 8 Acres ein und ein gewissen-
hafter Besucher wird, wenn er alle Galerien und
Sectionen durchwandern will, etwa 15 — 16 eng-
lische Meilen zurücklegen müssen. Den grössten
Anziehungspunkt der Exposition wird wohl die
einzig dastehende Collection von Kunstgegen-
ständen aus der der gegenwärtigen (Meiji) Aera
vorangegangenen Epoche bilden. Diese Collection,
zu welcher die Edlen des Landes und der Kaiser
selbst die kostbarsten Stücke beigetragen haben,
ist in einem besonderen Pavillon untergebracht.
Von der Ausstellung erwartet man eine Erweite-
rung der Handelsbeziehungen, eine wesentlich
geklärte Kenntniss von Land und Leuten Japans
sowie einen starken Fremdenzuspruch. Die „Japan
Mail" meint, die Ausstellung biete eine vor-
zügliche Gelegenheit, um festzustellen, wie weit
Japan zu alten Traditionen zurückkehren kann,
ohne sich zu sehr von den F'orderungen seiner
modernen Civilisation zu entfernen.
Chinesische Namen der europäischen Ge-
schäftshäuser In Hongkong, Da die Chinesen
alle Dienstleistungen wahrnehmen, aber keine
fremden Sprachen verstehen ausser dem Pidgin-
Englisch, so haben die europäischen Häuser,
Consulate etc. chinesische Namen angenommen, |
um sich so den Kunden, dem Postträger u. s. w.
bekannt zu machen ; dieselben werden amtlich
protokollirt und dürfen nicht geändert werden.
So heisst Oesterreich Ta-ao-ling und das k. und
k. österreichisch-ungarische Consulat Ta-ao-ling
shih Kwan, Kruse-Kolosa, Meyer = Me-ya, Med.
Dr. Gerlach = Kalack Esang ; Blackhead =
Pek-lik-hot. Das Wort Hongkong bedeutet „guter
Hafen", sowie das nahe Canton „geräumige
Stadt", auch die Stadt der Genien (Heiligen)
und Widder (auf denen die Heiligen vom Himmel
herabstiegen, um hier zu Stein zu werden) heisst.
Verantwortlicher Redacteur: A. v. Scala.
Druck von Ch. Reitser it M. Werthner in Wien.
MaIHRft 1890.
OBSTERREICHISCHE
Nr. 5.
P0Mt5st|rift für kn #rM
Herausgegeben vom
K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUM IN WIEN.
Redigirt von A. von Scala.
Monatlich ein« Nummgr.
VERLAG DES K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUMS IN WIEN.
Prall jttH. S I. ^ K) Mark.
!■
I»
INHALT: I>Jc fltnitM'lift Kiinu PuHclia • KxpedititioD. Von A.. r.
Schnfitjtr - [.erchenf€(d. — Dil- Hauten in Arabien. — IMe K'm
iu Ju|>au. Vou Dr. If. Weiptrt, (II.) — l>ie Ueuussmittül du.-i
OrieiitcK. Von (iititluv Troll. (HI.) — K'U Itild aus den)
chiiicMitichtMi Leben. — M i s c <• 1 1 cn : Das cliincsUcho Hee-
Ar«oual äu K'^ing-Naa. — Aus Tbibet.
DIE DEUTSCHE EMIN PASCHA-EXPEDITION.
Von A. V. Schweiger-Lerchenfeld.
s vergeht fast kein Monat, dass nicht
das eine oder andere Werk, das von
afrikanischen IJingen handelt, auf den
Hücliermarkt gelangte. Die Zeit, in
der solche Fublicationen Aufsehen
erregen konnten, sind aber längst vorüber, denn
in Folge der grossartigen Entwicklung der Be-
ziehungen zwischen Europa und dem scliwarzen
Erdtheile in seiner Gesammtheit vom tripolitani-
schen Gestade bis zur Delagoa-Bai, hat sich die
Zahl der Afrikareisenden in's Ungeheure ver-
mehrt. Man reist heutzutage nach Zanzibar so
leicht und guten Muthes, wie vor etwa zwei Jahr-
zehnten nach Constantinopel oder Salonich. Auf
sämmtlichen Schifffahrtsrouten nach der Ostküste
und nach der Westküste von 7\ec)uatorial-.\frika
sind beständig politische Functionäre und üffi-
ciere unterwegs. Seit Stanley's erstem Congozuge
ist die Situation so gründlich verändert, dass
selbst der „Hismarck der Afrika-Forschung" die
ungeheuerliche Robinsonade durch den „grossen
Wald" bewirken musste, um die Si)annung und
das Interesse, welches sich an seine Person
knü()fte, rege zu erhalten. Sein Marsch mit Emin
vom Albertsee bis Ragamoyo — an sich eine
respectable Leistung — wurde kaum mehr be-
achtet. Und wer hätte es sich noch vor einem
Jahrzehnt träumen lassen, dass deutsche Waffen
auf einem ausgedehnten afrikanischen Gebiete
Kebellen niederzuwerfen haben würden?
Indessen ist ohne weiteres klar, dass diese
Dinge nur dem Fernstehenden gewissermassen als
selbstverständlich sich darstellen. Die Verviel-
fältigung der Beziehungen einerseits und die Ver-
mehrung der Zahl Jener, welche sich in irgend
welcher Form der Forschung oder dem Dienste
in Afrika widmen, ändert nichts an der That-
sache, dass die zu bewältigenden Aufgaben immer
gleich schwierig bleiben, dass sie einen hohen
Grad von Thatkraft und t)[)ferwilligkcit seitens
.V^unUschrlfX rar den Orient. Mai 1890.
aller Betheiligten verlangen, und dass auf Grund
der ungeheueren räumlichen Verhältnisse immer
ein Unterschied gemacht werden muss zwischen
dem, was bisher geleistet worden ist und dem,
was noch zu leisten sein wird. Es kommt aber noch
ein anderer Umstand sehr in Betracht. Die un-
geheure Mehrheit Jener, die sich für afrikanische
Dinge interessirt, lebt sich in Vorstellungen ein,
welche, gewissermassen den engen heimatlichen
Verhältnissen angepasst, ganz verkehrter Natur
sind. Die gemachten Erwerbungen, die Ausdeh-
nung des Protectorates über weite, mitunter
noch gänzlich unbekannte Gebiete, die Absteckung
von Grenzen u. dgl. mehr wird als etwas positiv
Zuverlässliches, formell und de facto zu Recht
Bestehendes aufgefasst, als handelte es sich um
die Sicherstellung eines unter jeder Bedingung
unanfechtbaren Gutes. Dass das afrikanische
Geschäft vorläufig über das Stadium einer ver-
wegenen Speculation nicht hinausgekommen ist,
wagen Wenige offen auszusprechen. Es werden
Generationen vorübergehen, ehe man sich gegen-
über all dem, was schon derzeit als erringens-
werth und realisirbar hingenommen wird, klare
und sichere Ziele gesteckt haben wird.
Dass die Erbtheilung eines ganzen Con-
tinentes am Ende des neunzehnten Jahrhunderts
unter anderen Formen vor sich geht, dass sie
mit der ungemessenen Energie des Zeitgeistes die
Verwickeltesten Fragen dem kategorischen Im-
perativ unterordnet, ist ohne weiteres klar. Wenn
vor einem Jahrhundert die Colonisirung der neuen
Welt im Schneckengange vor sich ging, liegen
die Dinge heute mit Afrika ganz anders. Es sind
der Bewerber viele und damit keiner dem an-
deren zuvorkomme, werden mit Pinsel und Koth-
stift einfach ganze Reiche, Gebiete so gross wie
halb Europa, als Colonien dieser oder jener Macht
erklärt. Manche dieser Länderstrecken von ge-
waltiger .Ausdehnung werden unter Proteclorat
genommen, indem man sie einfach für herrenlos
erklärt, da — noch keine andere Macht sie in
die Tasche gesteckt hat. Ein solches Vorgehen
hat nur dann einen Sinn, wenn man mit derlei
.Vnnectirungen nach der .\nsicht des Fürsten
Bismarck sich — Compensationsobjccte schafft.
Aber darin liegt ja an sieb die Voraussicht künfti-
ger Complicaiionen. Sind diese zu hochgradiger
66
OESTüRRCICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
Spannung gelangt, dann wird das Compensations-
ubject losgeschlagen.
Wir haben diesen Vorgang erst in jüngster
Zeit erlebt. Des lieben Friedens halber haben
England und Deutschland in Ostafrika ein Ab-
kommen getroffen, bei welchem ein solches
Compensationsübject losgeschlagen wurde, näm-
lich die südliche Sovtaliküsle. Es. kam aber noch
ein zweites Übject dieser Art hinzu, das Sultanat
Witu. Auf Colonialpolitiker machen derlei Trans-
actionen einen gewaltigen Eindruck. Was aber
bedeutet beispielsweise das Sultanat Witu?
Bekanntlich hatte es sich eine deutsche Colonial-
gesellschaft, die den Namen dieses Sultanates
führt, angelegen sein lassen, dortselbst Betriebe
in's Leben zu rufen. Nebenher behielt man den
Tana-Fluss, in dessen Mündungsbereich das ge-
nannte Sultanat liegt, als Handelsstrasse in das
Innere der Galla-Länder, nach dem Kenia-
Gebiete und in letzter Linie nach den Nilquellen
im Auge. .411 diese grossartigen Fernsichten haben
aber nicht verhindert, dass die Colonnen der
deutschen Emin Pascha-Expedition fortgesetzt
dem Hunger ausgesetzt waren, dass sie mit den
ungeheuerlichsten Schwierigkeiten zu kämpfen
hatten, um die nothwendigsten Bedürfnisse be-
streiten zu können und dass auf der als „Han-
delsstrasse" declarirten Tanaroute von einem
Handel keine Spur anzutreffen war.
Man fragt also, welcher Werth solchen Er-
werbungen innewohnen könne, und ob es nicht
besser sei, dieselben gelegentlich als .,Cümpen-
sationsobjecte" loszuschlagen. Die Weisheit der
deutschen Staatsmänner hat nicht verfehlt, mit
richtigem Gefühl das Zweckdienliche solchen
Vorgehens zu erkennen. Wenn übereifrige Co-
lonial-Enthusiasten von „Opfern" und dergleichen
sprechen, so sind die damit begründeten und ge-
festigten guten Beziehungen zwischen zwei mäch-
tigen Reichen des Opfers unbedingt werth. Man
darf den Engländern das Wituland und die öde
Somaliküste ohne patriotische Beklemmungen
gönnen. Dass es ihnen gelingen werde, von dort
aus den Handel des Sudan nach der Küste des
Indischen Occans abzulenken, kann für jetzt und
für eine ziemlich fernliegende Zukunft doch wohl
nur die Bedeutung einer akademischen Frage
haben. Bis wir einmal so weit sind, werden sich
die Verhältnisse im Sudan gewiss derart ver-
ändert haben , dass die Tanaroute möglicher-
weise völlig in Vergessenheit gerathen könnte.
Und Uganda, das Stanley die „Perle von Afrika"
nennt, und dem zu Liebe die Engländer es
hauptsächlich auf die Tanaioute abgesehen hatten,
wird schliesslich doch wohl nicht werthvoller sein,
als das zu Deutsch-Ostafrika gehörende Tangan-
kijagebiet, das die Verbindung mit dem Congo-
staate herstellt. Auf all diesen unermesslichen
Landstrichen können also England und Deutschland,
ohne Entfaltung eines sinnlosen Rivalitätsstreites
ganz gut bestehen, denn die Aufgaben, welche
jedes dieser Reiche in dem ihm zufallenden Ge-
biete zu lösen hat, entzieht sich vorläufig noch
jedem Calcul und wird auf Jahrzehnte hinaus die
finanzielle und geistige Kraft der Civil isatoren
in Anspruch nehmen. Welche Wandlungen bis
dahin die internationale Politik genommen haben
wird: wer vermöchte dies vorauszusagen?
Mit der Nennung des Witulandes und der
Tanaroute haben wir die Anknüpfung zu einer
der merkwürdigsten Exjjeditionen, welche jemals auf
afrikanischem Boden in Scene gesetzt wurden, ge-
geben — merkwürdig auf Grund ihrer Voraus-
setzungen und nicht minder wegen der politischen
Complicationen, welche sie im Gefolge hatte —
merkwürdig wegen der Hindernisse, die zu be-
wältigen waren und ihres bisher noch völlig un-
aufgeklärten Verlaufes. Der Leser weiss, dass es
sich hier, wie schon aus der Ueberschrift dieses
Aufsatzes hervorgeht, um die deutsche Emin Pascha-
h'xpedition handelt. Dass dieselbe nicht verfehlt
hat, allgemeines Interesse zu erregen, ist nach
dem vorher Gesagten erklärlich, lieber den ersten
Verlauf der Expedition bis zu dem Augenblicke,
wo dessen Organisator und Führer, der energische
und schneidige Dr. Peters , verschollen ging,
wurden bisher nur etliche abgerissene und zu-
sammenhanglose Berichte bekannt. Nun liegt die
erste authentische Darstellung seitens eines Mit-
gliedes dieser Expedition, des Capitän-Lieutenants
a. D., Rust, vor, ein Bericht, der in mehrfachen Be-
ziehungen zu denken gibt. ') Aus diesen Darlegungen
ersieht man zunächst die hässlichen Folgen eines
Rivalitätsstreites zwischen zwei sich sonst so nahe
stehenden und blutsverwandten Völkern, deren Zu-
sammenwirken aus civilisatorischen und politischen
Gründen nicht nur wünschenswerth, sondern ge-
boten ist; man ersieht ferner, welcher Ueber-
griffe sich eine befreundete Macht schuldig machen
kann, wenn deren F'unctionäre von der über-
hitzten Phantasie massloser Si)eculanten auf dein
Gebiete des Ländererwerbes beeinflusst werden,
und auf Grund gänzlich fictiver Voraussetzungen
sich zu förmlichen Gewaltacten hinreissen lassen.
In letzter Linie erhärtet der Rust'sche Bericht
die gänzliche Bedeutungslosigkeit Witus und der
Tanaroute von wirthschaftlichen Gesichtspunkten,
indem aus den Schilderungen der mannigfachen
Verdriesslichkeiten, denen die Expedition ausge-
setzt war, klar hervorgeht, dass Witu und sein .;
Hinterland nicht zu jenen lirdstrichen gehören, in 1
welchen Milch und Honig fliessen. Doch darüber |
später.
Die Odyssee des Dr. Peters als Leiter der
seinerzeit viel genannten und commentirten deut-
schen Emin Pascha-Expedition darf wohl als in
allgemeinen Zügen bekannt vorausgesetzt werden.
Dem Unternehmen wurde von keiner Seite Sym-
pathie entgegengebracht, so dass es buchstäblich
auf sich selbst gestellt war. Vom Fürsten Bis-
marck weiss man nicht nur, dass er die Knochen
des in diesem Sinne zu weltgeschichtlicher Be-
') Die deutsche hmin Pascha- Expedition von Rust, Capitiui-
Lieutenaut a. D. mit 1 Karte. Berlin, Friedrich Luctthart, 1890.
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
67
dcutung gelanjjten pummerischcn Grenadiers für
Bulg.irien nicht opfern mochte, sondern auch, (hiss
er ähnlichen Ansichten auch in afrikanischen Dingen
huldigte. Das Rust'sche Buch gibt die nöthigen Illu-
strationen hiezu. Dr. Peters war Anfangs April 1889,
in Heglcitung des 1 lerrn Rorchert, in Zanzihar ein-
getroffen, nachdem von Ca[)itän-Lieutenant Rust
schon früher die in Aden angeworbene Somali-
truppe zuerst nach Zanzibar, und da sie hier nicht
geduldet wurden, nach Bagamcjyo gebracht hatte.
Schon dieser Umstand gab dem Dr. Peters
einen Anhalts[)unkt für die zu erwartende ICnt-
wicklung der Dinge. Von vSeite des Sultans Said
Chalifa und der deutschen Behörden war nichts
zu erwarten, von dem englischen Einflüsse in
Zanzibar, den kein Gegendruck paralysirte, nur
Hindernisse jeder Art. Dem Lieutenant von Tiede-
mann, dem Kust die vSomalitruppe unterstellt hatte,
wurde in Bagamoyo von ,, massgebender" Seite
bedeutet, dass er dort Jedem ein Dorn im Auge
sei und Rust selbst wurde vom Admiral Deinhard
kurz ,, angefahren'', was er in Zanzibar eigentlich
suche ; „aus der Expedition würde doch nichts
werden."
So wurde dem Dr. Peters in Zanzibar der
Boden zu seiner Action entzogen und er sah sich
unfreiwilliger Weise auf das Festland des deutschen
Schutzgebietes verwiesen. Durch dasselbe in die
Ae(|uatorialprüvinz vorzudringen, war nach dem
damaligen Stande der Dinge unmöglich ; das
Küstengebiet von Witu war aber in den Blockade-
bezirk einbezogen und damit die einzig denkbare
Zugangsroute, diejenige des Tana, gesperrt.
Die Zeit bis zum Eintreffen der ausstehenden
Ausrüstung wollte Peters zu einer Recogno-
scirungsfahrt längs der Küste benützen, aber da
zeigte sich sofort der verhängnissvolle Einlluss
der Engländer, den zu beleuchten wir für nöthig
halten, um die künftige Tragweite des eng-
lischen Protectorates über Zanzibar klarzulegen.
Um jene Recognoscirungsreise unternehmen zu
können, mussten Peters und Rust einen der Sul-
tansdampfcr benützen, welche den Passagier- und
Fraihtcnvcrkehr zwischen Zanzibar und einigen
Küstenplätzen vermitteln. Die Dampfer fahren
nun zwar unter der Sultansllagge, doch hat sich
die „British India Steam Navigation Co." einen
Vertrag erwirkt, kraft dessen jene Route zu einer
Zweiglinie der Gesellschaft geworden ist, welche
natürlicherweise auch der britischen ostafrikani-
schen Gesellschaft zu Gute kommt. Die Linie
berührt die Häfen Mombassa, Melindi, Lamu,
Barava, Merka und Makdischu.
Dr. Peters und Rust benützten die „Kilwa",
um di(^ geplante Fahrt durchzuführen. -Als in
Mombassa gehalten wurde, lief das englische
Kanonenboot „Mariner", das die Reisenden noch
vor ihrer Abfahrt in Zanzibar gesehen hatten,
gleichfalls in Mombassa ein, verliess jedoch schon
nach einigen Stunden wieder den 1 lafen. Der
Zweck dieses Besuches wurde den Reisenden
erst klar, als ihnen vom Capitän der „Kilwa"
bedeutet wurde, er hab4e Urdre, Lamu nicht an-
zulaufen. Wie man weiss, ist Lainu die wichtigste
maritime Zugangsstation zum Mündungsgebiete
des Tana, beziehungsweise zum Sultanat Witu.
Lamu ist aber, in englischen Mänden. Die weiteren
Combinationen sind also nicht schwierig. Dem
Dr. Pct<;rs war autgefallen, dass die ,, Kilwa" Posl-
stücke für Lamu führte und verlangte vom Capitän
Aufklärungen, welcher unumwunden mit der Be-
merkung herausrückte, dass er gemessenen Befehl
habe, Dr. Peters in Lamu nicht zu landen, worauf
dieser bedauerte, die Veranlassung zu sein, dass
in Lamu die Post ausbleibe. Zugleich gab er die
Erklärung ab, in Lamu überhaupt nicht landen
zu wollen. Daraufhin lief die ,, Kilwa" diesen
Hafen an, wo trotz alledem in der Hauptsache
das erreicht wurde, was vorerst beabsichtigt
war. Tiedemann und die Herren der deutschen
Colonie erschienen sofort an Bord und es konnten
Berichte empfangen und Ordres ertheilt werden.
Dr. Peters hatte seinen Plan, der streng
geheim gehalten wurde, bald fertig ; ein Dampfer,
die ,,Neera", wurde in Bombay gechartert. Der
Dampfer gehörte einer englischen Gesellschaft,
aber der Capitän war von Geburt Italicner, was
der Expedition zu Gute kam. Inzwischen ereilte
aber diese selbst ein schwerer Schlag. Trotz
aller Vorsicht seitens des Dr. Peters kamen die
Waffen der Expedition auf einem englischen
Dampfer nach Zanzibar, wurden dort mit Be-
schlag belegt und an Bord des ,\dmiralschiffes des
englischen Blockadegeschwaders, der ,,Boa<licca",
gebracht. Es handelte sich uij i8o Vorderladc-
flinten, 150 Hinderladeflinten, mehrere Elephanten-
tlinten, 120 Remington-Gewehre für Emin, Re-
volver und die Jagdausrüstung der Mitglieder der
Expedition. Schon dieser erste Eingriff der Blo-
ckadebehörden erregte deutscherseits gewaltige
Entrüstung. Nun stand allerdings in der Bluckadc-
erklärung : ,,Die Blockade ist nur gegen die Ein-
fuhr von Kriegsmaterial und die Ausfuhr von
Sklaven gerichtet." Dass obige .Ausrüstung unter
diese Bestimmung fiel, ist ohne weiteres klar
und bedürfte keines Commentars. Es fragt sich
aber, warum der Befehlshaber des britischen
Blockade-Geschwaders, Admiral Freemantle, in der-
selben Zeit die bewaffnete Expedition Mr. Smith 's,
eines Beamten der britischen ostafrikanischen
Gesellschaft von Melindi zum Tana unbeanstandet
hatte abgehen lassen ?
Dass hiermit zweierlei Mass gemessen wurde,
ist völlig klar. Es sollte aber noch besser kommen.
Dr. Peters' Remonstrationen blieben unberück-
sichtigt. Der deutsche General-Consul lehnte ab,
sich in diese Angelegenheit zh mischen. .Admiral
Freemantle verhielt sich gleichfalls ablehnend, wozu
er nicht unwesentlich durch das Benehmen des
ileutschen .Admirals Deinhard bestärkt wurde. .Als
die beiden .Admirale auf die Waffenkisten zu
sprechen kamen und Freemantle fragte, was er mit
den Sachen anfangen sollte , erwiderte Dein-
hard: -Schmeisscn sie dieselben über Bord," So
68
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
wurden die Waffen der Expedition grösstentheils
zwangsweise nach Aden zurückgebracht. Ein Theil
der kostbaren Ausrüstung wurde nachträglich durch
die Vermittlung des deutschen Reichscommissärs
Major Wissmann beschafft.
Unter solchen Störungen und Enttäuschungen
wurde die Expedition in der Zeit bis zum Eintreffen
der „Neera" in Bagamoyo organisirt. Die Umtriebe
der Engländer hatten auch hier mancherlei böse
Folgen gehabt; das feuchte den Somali unge-
wohnte Klima hatte Fieber unter sie getragen, die
Leute wurden ungeduldig und wollten marschiren.
Erst am 6. Juni traf die „Neera" in Bagamoyo ein
und bereits drei Tage später verliess sie diesen
Hafen mit der Bestimmung nach der Delagoa-Bai,
um hierselbst Träger zu werben. Man weiss
heute, welche Bewandtniss es mit dieser Fahrt
nach dem Süden hatte. Das Geheimniss des eigent-
lichen Zieles der Expedition wurde so streng ge-
heim gehalten, dass selbst die Herren der Wiss-
mann'schen Truppe keine Ahnung davon hatten.
In einem weiten Bogen ausser Sicht von Zanzibar,
wurde dieses im Süden und Osten umschifft und
derCurs gegen die ausserhalb des Blockadebezirkes
gelegene Somaliküste genommen. Der eben herr-
schende Südwest-Monsun brachte die Expedition
wiederholt in schwere Bedrängniss. Das Ziel, die
Kweihu-Bai, nordöstlich von Lamu und der grossen
Insel Pata, durfte nicht verfehlt werden, da man
sonst Gefahr lief, unter die Kanonen der bei Lamu
liegenden englischen Kriegsschiffe zu kommen.
Hoher Seegang, ungenügende Oirentirungsbehelfe,
schwere Regenböpn u. a. m. brachten die Ex-
pedition in eine schiefe Lage, bis es endlich am
14. Juni gelang, in die Kweihu-Bai einzulaufen und
vor Anker zu gehen.
Nun hiess es keine Zeit verlieren. Behufs Aus-
schiffung und Ausrüstung der Mannschaften der Ex-
pedition mussten Dhaus gemiethet und zu diesem
Ende mit dem nahen Pata Verbindungen angeknüpft
werden. Das Beginnen war bedenklich, denn Pata
gehört dem Sultan von Zanzibar, und von Pata
nach Lamu ist es nicht so weit, dass das Vorgefallr:ne
daselbst nicht in kürzester Zeit bekannt werden
konnte. Dr. Peters erwog diese Möglichkeit und be-
schleunigte seine Massnahmen, welche nicht ohne
Störungen und Zweideutigkeiten seitens der an-
fangs wohlgesinnten Behörden und Notabilitäten
von Pata durchgeführt werden konnten.
Es würde zu weit führen, über alle Einzel-
heiten des aussergewöhnlich beschwerlichen und
umständlichen Zuges der Expedition im Hinter-
lande von Pata und Lamu bis zu deren Eintreffen
in Witu hier zu berichten. Von Wichtigkeit ist
das Detail, dass an Bord der ,, Neera" sich noch
80 Lasten (nicht Waffen, sondern Tauschartikel)
befanden, als für diesen arg mitgenommenen
Dampfer die Nothwendigkeit eintrat, in See zu
gehen. Dort traf ihn eine Havarie, so dass die
mittlerweile entsendeten drei britischen Kriegs-
schiffe „Boadicea", ,,Cossack" und ,, Mariner",
welche auf die ,, Neera" Jagd machen sollten,
leichtes Spiel hatten. Das Schiff wurde mit
Beschlag belegt • und nach Lamu gebracht.
Dass sich hier der britische Blockade-Comman-
dant eines gewaltthätigen Eingriffes schuldig ge-
macht hatte, ist ohne Weiteres klar. Admiral
Freemantle hatte dem Dr. Peters etwa drei Wochen
vor diesem Zwischenfall formell erklärt, gegen
sein Schiff nichts zu unternehmen, wenn es keine
Kriegscontrebande führe. Die ,, Neera" war Herrn
Borchert in aller Form übergeben worden. Herrn
Toeppen, dem Vertreter der Witu-Gesellschaft,
waren alle auf der ,, Neera" befindlichen Tausch-
artikel mit dem Auftrage consignirt, theils aus
den mitgebrachten Vorräthen, theils aus den neu
anzukaufenden die Expedition billig und zweck-
entsprechend mit Rücksicht auf die Tanaroute
zu versehen. Herr Toeppen reclamirte in Folge
dessen die auf der „Neera" befindlichen Lasten
als ihm gehörig, indess ohne Erfolg. Der „Neera"
wurde eine Wache von 25 Matrosen des „Ma-
riner" gegeben und dieselbe nach Zanzibar über-
führt, wo sie vor das Prisengericht gestellt wurde.
Bekanntlich theilte dieses letztere nicht die Auf-
fassung des Admirals Freemantle, und gab, aller-
dings in einer Zeit, wo die Rückwirkung eines
solchen Bescheides für die Expedition selbst nicht
mehr in Betracht kam, das Schiff frei. Das Er-
eigniss von Lamu war die mittelbare Veranlassung,
dass die Peters'sche Expedition gezwungen war,
sich in zwei Colonnen zu trennen, da neue Tausch-
artikel von Zanzibar abgewartet werden mussten.
Es war diesen Colonnen nicht bestimmt, sich je
wieder zu vereinigen.
Anfangs Juli war Peters endlich in Witu
eingetroffen, und vom Sultan Fumo Bakari mit
all den üblichen Ehrenbezeugungen empfangen
worden. Der Sultan versprach, die Expedition
nach Kräften unterstützen zu wollen, erklärte
aber hinterher, mehr naiv als offenherzig, er sei
nicht Herr aller Gebiete, die nominell ihm unter-
ständen. Schlimmer als dieses Selbstbekenntniss
liest sich eine Darlegung Rust's über die älteren
Zustände im Witulande. Dieses Gebiet wurde
1885 durch die Brüder Deinhard unter deutschen
Schutz gebracht und dem damaligen Sultan von Pata,
dessen Sohn der jetzige Sultan von Witu ist, zu-
gesprochen. Es ward die Witu-Gesellschaft ge-
gründet, welche Ländereien kaufte, an welchem
Geschäfte sich auch Deinhard betheiligte. Doch
sehr bald entstanden unliebsame Eifersüchteleien,
Besitzstreitigkeiten und nun spielten die Ränke
um den Einfluss beim Sultan, dessen General-
vertreter Deinhard war und heute Toeppen ist.
Hie Deinhard, hie Toeppen war die Losung ;
jeder der Herren hatte seinen Anhang; es er-
neuerte sich hier auf afrikanischem Boden der
alte sprichwörtlich gewordene: „Querelle d'alle-
mand".
Von Witu war geraume Zeit kein Weiter-
kommen. Die Trägerfrage zog sich endlos hin,
Gewoibene desertirten, neu zu Werbende wurden
von den Sclavenhaltern zu horrenden Preisen
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
69
I
11
II
angeboten. Kam es zu der üblichen Belastungs-
probe, trat einer der Schwächsten hervor, lüftete
die Last mit meist fingirten Anstrengungen un<l
erklärte, sie nicht tragen zu können, worauf die
anderen Träger im ('horus raisonnirten. lindlicli,
am 26. Juli, nachdem in Witu weder Träger noch
Lastthiere zu erlangen waren, entschloss sich
Peters zum Aufbruche, während Rust die zweite
Colonne zu führen hatte, und mit ihr aufbrechen
sollte, sobald die 100 von Zanzil)ar her erwarteten
Lasten eingetroffen sein würden. Indess sollte
diese Colonne sich erst in tiamiji, stromauf des
Tana, organisiren. Dazu bemerkt Rust: «Am
.'Vbende vor dem Aufbruche sassen wir noch spät
in die Nacht hinein am Feuer ; es waren ernste
Stunden. Den hässlichen Plackereien und Intri-
guen in Zanzibar waren wir ja entronnen, aber
sie hatten viel unersetzlichen Schaden angerichtet.
Das p-ehlen der Tauschartikel durch Wegnahme
der „Neera" war der Grund, dass die Karawane
nicht vereint vorgehen konnte, die erste Colonne
auf dem Lande und in gleicher Höhe mit ihr die
Boote auf dem Tana. Ks trat eine unglückliche
Zersplitterung der Kräfte ein, die sich nicht
wieder zusammenfinden konnten. Noch einmal
traten die für uns Deutsche beschämenden Er-
eignisse klar vor unseren Geist, aber die Zukunft
lag in Dunkel gehüllt."
Dieses Dunkel ist vorläufig nicht gelichtet.
Von Dr. Peters weiss man nur so viel, dass er,
der mehrmals Todtgesagte, unerwarteter Weise
am Victoriasee auftauchte, mit dem König von
Uganda Blutsbruderschaft schloss und mit Er-
reichung dieses Zieles den Beweis erbracht hat,
dass die deutsche Kmin Pascha-Expedition ihren
Zweck gewiss erreicht hätte, wäre sie früher ab-
gegangen und hätte sie nicht in Folge der ge-
schilderten Zwischenfälle ein Vierteljahr verloren.
Mit welchen Hindernissen Dr. Peters auf der von
ihm eingeschlagenen, der wilden Massais wegen
selbst von Stanley als ungangbare Tana-Kenia-
Route zu bewältigen hatte, wird früher oder
später bekannt werden. Selbst ohne Kenntniss
der Einzelheiten und des Verlaufes dieses kühnen
Zuges darf man Dr. Peters ebenbürtig dem „Emin-
Befreier" Stanley zur Seite stellen, angesichts der
Jugend und iler bisherigen geringen Erfahrenheit
des schneidigen, von eiserner Willensstärke be-
herrschten Mannes. Wie Alles in der Welt, ist
auch der Ruhmeserwerb auf afrikanischem Boden
vorwiegend eine Sache des Zufalls und des
Glückes. Unter ganz gleichen Voraussetzungen
können dem Einen Triumphe, dem Anderen
Niederlagen zutheil werden. In entscheidender
Stunde bleibt es völlig einerlei, ob das kritische
Hinderniss der Aruwimiwald oder eine wasser-
lose Wüste, ein mächtiges Heeresaufgebot oder
ein aus dem Hinterhalle abgeschossener ver-
gifteter Pfeil ist. Verhungern oder elend am
Fieber verschmachten kann man im „grossen
Wald" so gut, wie in einer Steppe des Galla-
laudes. Treffer und Nieten sind immer gleich
vertheilt. Mag der Engländer Stanley als kühner
Bahnbrecher und durch die Romantik der Er-
lebnisse populärer sein als Peters; die Befähigung
zum Afrikaforscher wie er sein soll, wohnt diesem
im gleichen Masse inne wie jenem.
Gehen wir nun zur Sache. Von seinem Auf-
enthalte in Witu weiss Rust nichts Gutes zu be-
richten. Dicht neben Witu liegt Kau, das dem
Sultan von Zanzibar gehört. Der verstorbene
Sultan Said (^halifa hasste Dr. Peters, und dies
um so heftiger, als die Engländer diese Stimmung
schürten. Nichts war den Engländern unwill-
kommener, als das Erscheinen der deutschen
Emin Pascha-Expedition im Witulande. Englisches
Geld (loss in Massen ; Manda und Pata waren
davon überschwemmt ; die hervorragendsten
zanzibarischen l'unctionäre waren davon be-
stochen, zu dem Zwecke, Witu zu chikaniren,
um es zu zwingen, die deutsche Schutzherrschaft
mit der englischen zu vertauschen. Nun hat Eng-
land dasselbe Ziel auf anderem Wege erreicht
und man darf sich fragen, ob Deutschland —
von allen englischen Intriguen und Händeln,
welche gewiss Niemand billigen wird, abgesehen
— nicht klug gehandelt hat, sich dieses Eris-
apfels zu entledigen. Wenn man in deutschen
C'olonialkreisen geltend macht, man habe „ein
ganzes Reich für die Felsklippe Helgoland** ge-
0()fert, darf man nicht vergessen, dass ein afrika-
nisches „Reich" ein Ding ist, welches sich in
dem Begriff, den man mit einem Reiche ver-
bindet, nicht einordnen lässt. Wenn Rust selber
gesteht, die Langsamkeit. Trägheit und Bosheit
der Mohammedaner (von Witu) übersteige alle
Grenzen, so fragt man sich, welchen Nutzen man
zu erwarten habe, wenn man sich mit solchem
Pack einlässt
-Den Arabern und Suaheli
ist es schon an und für sich nicht angenehm,
wenn Europäer in das Gebiet kommen ; sie
fürchten für ihren Handel mit dem Wapokomo
(beiläufig bemerkt einem ganz unzuverlässigen
Volke), den jene ihnen wegnehmen könnten,
sowie dass die Wapokomo durch den Handel
mit Europäern weniger gefügig werden und
ihren Absatz in diesen für sie so wichtigen Ge-
bieten schmälern."
Was nun den Tana anlangt, bildet sein
Thal den einzigen Culturboden inmitten der
grossen ostafrikanischen Sandsteppe, welche die
ganze Nordostecke des Erdtbeiles ausfüllt, das
Massailand umschliesst und in ihren Ausläufern
bis Usugara verfolgt werden kann. Peters weist
darauf hin, dass der Tana gleich dem Nil (wenn
auch im kleinen Massstabe) erst ein Culturland
in die Wüste hineingetragen hat. Die Thalrinne
mit ihrem .-Mluvion ist von grosser Fruchtbarkeit
und überall dicht angebaut ; ausserhalb dieses
Thalstriches hört aller Anbau auf. Wenn aber
Peters auf die Producte des Culturstriches hin-
weist und Mais, Tabak, Bohnen, Bananen und
Kürbisse besonders aufzählt, will es uns denn
doch bedünken, dass solche Schätze der Strapa*
70
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT PÖR EHN ORIENT.
und der Opfer nicht werth seien. Dazu kommt,
dass die unzähligen Windungen und die wech-
selnden Stromstärken des Tana, ihn zu einer
Handelsstrasse ungeeignet machen. Ob derselbe
thatsächlich bis Hamiji, also bis in die unmittel-
bare Nähe des Kenia schiffbar ist, darf vorläufig
noch nicht als sichergestellt gelten und sind die
Berichte des Dr. Peters abzuwarten. In der
Regenzeit bildet der Strom gefährliche Strudel
und Schnellen, er steigt um 4 Meter über sein
gewöhnliches Niveau und richtet allerlei Schaden
an den Ufern an ; in dieser Zeit ist also an ein
Befahren mit kleinen Canoes nicht zu denken. Bei
Niederwasser aber tauchen überall Sandbänke
auf, zwischen denen sich die Canoes hindurch-
winden müssen. Dies gilt aber, wenn wir den
Bericht Rust's richtig deuten, nur für den Unter-
lauf, etwa bis Massa. Dieser Ort ist aber nur
170 Kilometer von der Mündung des Tana, da-
gegen etwa 300 Kilometer von Hamiji, dem an-
geblichen Endpunkte der Schiffbarkeit, entfernt;
wie mag es sonach mit dieser im Oberlaufe des
Tana bestellt sein, nachdem Rust hervorhebt,
dass der Strom (wobei er wohl den ihm be-
kannten Theil, nämlich den Unterlauf meint) zur
Zeit des Niederwassers für „kleinere Canoes"
schiffbar sei? In einem Briefe, datirt den 28. Sep-
tember in Oda Galla am oberen Tana, erklärt
Peters allerdings, dass der Fluss bis dorthin
„unzweifelhaft das ganze Jahr schiffbar" sei.
In die Einzelheiten der Expedition des Ca-
pitän-Lieutenants Rust können wir uns nicht
einlassen. Es war kein F"ortkommen — - es war
ein Schleichen. Die fast unabhängigen „Vasallen"
des Sultans von Witu, die sich selber „Sultane"
nennen, eigentlich aber nichts anderes als Orts-
älteste sind und sehr geringe Autorität gegen-
über ihren Untergebenen besitzen, zeichneten
sich entweder durch Stupidität oder Uebelwollen,
oder Heimtücke und dergleichen schöne Eigen-
schaften aus. Bei diesem Anlasse gesteht Rust
ein, welch geringen Werth das blosse Flaggen-
hissen und „unter Schutz stellen" hat, wenn man
das betreffende Land nicht sofort festhält durch
Anlegung von Stationen. „Unter dem moralischen
Drucke vielleicht unterwirft sich ein Eingeborener,
aber sobald dieser nicht ins Thatsächliche über-
setzt werden kann, hält er sich zu nichts mehr
verpflichtet. Afrikanische Unzuverlässigkeit !" So
erging es Rust in Malalulu, wo Dr. Peters kurz
zuvor gewesen und die Flagge gehisst und dem
Ersteren in einer brieflichen Mittheilung gute
Aufnahme seitens des dortigen Sultans zugesichert
hatte. Dieser liess sich aber nicht blicken. Rust
sandte nach ihm und verlangte gleichzeitig Reis,
auf das angebliche freundschaftliche Verhältniss
des Dr. Peters zum Sultan hinweisend. Nach
einiger Zeit erschien der „kleine Sultan", eine
„Galgenphysiognomie", und eine Anzahl Bewaff-
neter; der „grosse" Sultan ist abwesend. Auch ist
die Reisration ungenügend. Rust erklärte, dass er,
erhielte er die gewünschte Ration nicht vor
Sonnenuntergang, handeln würde, wie es das
ungastfreundschaftliche Vorgehen des Sultans er-
fordert. Dies wirkte.
Gab es keine Reibereien mit den Ortsvor-
stehern , so stellten sich mit den gemietheten
Bootsleuten, welche gerne ausrissen, Schwierig-
keiten ein. Hunger und Krankheiten blieben nicht
aus. Rust selber wurde vom Gallenfieber heim-
gesucht und lag eine Zeit hindurch in bewusst-
losem Zustande. Um das Uebermass des Miss-
geschickes voll zu machen, brach im Lager bei
Kemakombo Feuer aus, welches werthvolle Habe,
darunter Pulver und Patronen zerstörte. Unge-
ziefer, Reibereien mit den Uferbewohnern, Heu-
schreckenschwärme, anstrengende Ruderarbeit bei
schmälster Kost bildeten eine fortgesetzte Reihe
von Unannehmlichkeiten auf diesem Zuge. Ueber alles
Lob erhaben erwiesen sich die Somali, diesen ehr-
geizigen, tüchtigen, ausdauernden Repräsentanten
eines grossen, stolzen Vdlkcs, welches die Wapo-
komo mit Verachtung behandelte. In der grössten
Noth vermittelten die Somali den Verkehr stromab.
Auch stromauf, als Boten zu Dr. Peters, wurden
Somali verwendet. Aber weder konnte Dr. Peters
erreicht werden, noch traf der heissersehnte Nach-
zug unter Borchert ein. In der englischen Station
Kone wurde der erste Brief Peters vorgefunden, in
Malalulu (Massa) der zweite und — letzte. Peters
berichtet über die von ihm bei Oda Galla unweit
des Kenia errichtete Station und seine Absicht,
auch bei letzterem einen ähnlichen Postt;n zu er-
richten. Der Marsch durch die wasserlose Steppe
hatte die Expedition furchtbar mitgenommen, wobei
an manchen Tagen von Sonnenaufgang bis Sonnen-
untergang ununterbrochen marschirt wurde. Peters
hatte die Losung ausgesprochen: „was fällt, das
fällt!" Die letzten Nachzügler langen sehr ver-
spätet und „drei Viertel todt" in Oda Galla ein.
Bald darauf kam es zu einem Zusammenstosse
mit den Galla, wobei mehrere der letzteren fielen
und der Sultan Hujo tödtlich verwundet wurde.
Die Galla räumten hierauf ihre Dörfer, welche,
sowie auch die Ernte des Jahres und die Boote
Dr. Peters zufielen. Peter.? berichtete ferner, dass
die englische Expedition unter Mr. Smith auf dem
Wege von Kidore durch die Steppe von Somali
angegriffen worden war. Mr. Smith war dann nach
Kidore nochmals zurückgekehrt, hatte zwei Tage
daselbst gelagert und war abermals marschirt.
Später war der englische Führer durch Ukamba
nach Mombassa zurückgekehrt. Peters hatte einige
der verwundeten Träger in Massa getroffen und in
seine Dienste genommen. Auf Grund dieser zwei
Zwischenfälle entstand offenbar jenes bis nach
Europa gedrungene Gerücht von der Nieder-
metzelung der Expedition Peters', welches lange
Zeit hindurch geglaubt wurde und zum Theile mit
Veranlassung war, die noch unterwegs befind-
lichen Colonnen zurückzurufen. Von dieser Sach-
lage hatte Rust indess erst bei seinem Zusammen-
treffen mit Borchert Kenntniss erhalten , einem
OESTBRREICHISCHE MONATSSCHRIFT FOR DEN ORIENT.
71
Zusammentreffpn, das eines Zwischenfalles wegen
früher stattfand als vorausgisetzt war.
Das kam so. luncsder Hoote, mit «•inem Somali
und zwei Wapokoino wurde, vermisst. Das Layrr
befand sich damals olierhalh Mui. Nach lantjem
I Warten kam endlich der Sumali in einem bejam-
mernswerthen Zustande an. Er hatte sich, ohnedies
am Kusse in Folgt; eines Sturzes in eine Wildfalle
schwer verletzt, mühsam durch zwei 'iage, zum
'l'heile durch Urwald fortgt schl(p|)t und die ganze
Zeit ülier gehungert. Hei seiner Vernehmung stellte
-sich heraus, dass die beiden Wapokomo in der
Nacht vom Wachtfeuer geschlichen, in die zu-
sammengek()p|)elten Boote ges[)rungen und mit
dem Strome i)feilschnell liinuntergetrielien waren.
Wii; er aufwacht, findet er sich allein in der Wildniss.
„Diese knechts(digen, f(Mgen Wapokomo haben in
ihrer Hinterlist und Bosheit sich nicht gescheut,
das Leben des unglücklichen Somali preiszugel)en.
Die Wuth meiner Somali über die Niedertracht der
Wapokomo ist grenzenlos und muss ich Excessen
sieurrn."
Wenn auch für den Fortgang der Expedition
nicht zweckdienlich, musste Rust in den Augen
seiner treuen und als ritterlich geltenden Somali
demnach moralisch sehr gewinnen, dass er persön-
lic;h ohne Verzug daran ging, den Flüchtigen nach-
zusetzen. Also wieder zurück — stromab ! Der
Zeitverlust wurde von Kust auf vierzehn Tage
veranschlagt — und Peters harrte mit Ungeduld
der Ankunft der Nachhut! Mit solchen Fac-
toren rechnet man kaum bei Aufstellung eines
Reiseprogrammes. Kust versorgte und \erpro-
viantirli' seine Leute und begab sich sodann mit
fünf Somali und seinem „Roy" auf die Wapo-
komo-Jagd. Dabei befand sich Rust noch obendrein
in einem bedenklichen F'ieberzustande, der später
in Delirien ausartete. Rust war vier Tage und vier
Nächte in ununterbrochenen Gt fahren, f)hn<' in dieser
Zeit bei voll» m Hewusstsein gew(;sen zu sein. Die
Unterhandlungen mit dem Sultan von Wakolessa,
dem die beiden Flüchtlinge gehörten, führten zu
nichts. Es kam zu scharfen Auseinandersetzungen
und der Ausbruch von F^eindseligkeiten schien un-
ausbleiblich. Gleichwohl verlief der Zwischenfall
ohne üble Naehwehen. Nach fünf jämmerlichen
Rasttagen kam endlich die Erlösung. Es war am
22. November, als Borchert auf dem Landwege in
Wakolessa eintraf. Das Aussehen Rust's entsetzte
ihn. Der Fieberkranke wurde in Pflege genommen,
und er empfing zugleich die Nachricht über die
N iedermetzeliing der Colonne des Dr. Pet«rs, vom
Anmärsche Stanley's und ICmins und von der De-
(lesche des C'omite's mit der Weisung zur Rückkehr.
Während Borchert das Rust'sche Lager oberhalb
Mui aufsuchte, wurde Rust, seines elenden Zustan-
des wegen, gedrängt, nach Lamu zurückzukehren,
was der wackere Reisende endlich n.ich langc-m
Widerstreben zugab. In Kau bei Lamu musste er
noch von einem clorligen Suahili-Kaufmanne die
weisen Worte hören : .,|a, ja, ihr Europäer kommt
in dies Land und wollt alles schnell erreichen ; ihr
seid das Klima nicht gewohnt und werdet hier
krank ; das geht hier nicht ; poll I poll ! (langsam !
langsam!)."
Mit der Ankunft Rust's in Aden scliliesst der
c-igentliche Bericht, an den eine wcrthvolle Ab-
handlung über die Somali und eine vortreffliche
Schilderung afrikanischen Naturlebens anschliesst,
ab. Mit gr<')sster S])annung darf man nun den au-
thentischen Nachrichten über den weiteren Verlauf
der Peters'schen Expedition entgegensehen. Wir
werdctn nicht verabsäumen, zu geeigneter Zeit auch
über diesen kühnen Zug des energischen, von be-
wunderungswürdiger Willensstärke beherrschten
Reisenden zu berichten.
DIE BAUTEN IN ARABIEN.
Seit jeher war Arabien von zwei ethnisch
und sprachlich nahe verwandten Racen bewohnt,
den Kindern Isinaels, den unruhigen Beduinen
des Nordens, und den sesshafteren, an staatliche
Onlnung seit lange gew(')hnten Leuten des Südens,
welche man nXs Joklaniden oder, wenn auch nicht
genau, als Hirnjänten zu bezeichnen pflegt. So
alt wie die Geschichte, ist auch der Gegensatz
zwischen beiden. Im Allgemeinen fänden wir in
den Männern des Südens das eigentliche Araber-
thum am reinsten dargestellt; in der geschicht-
lichen Zeit kehrt sich das freilich um, und der
Ismaelite, der Beduine, fühlt sich bis heute als
den eigentlichen Vertreter arabischen Wesens;
aber die ältesten Spuren der Geschichte weisen
in der That darauf hin, dass lange vor den
Ismaeliten die Joktanidcn zu einer achtunggebie-
tenden Culturentwicklung gediehen sind. An dem
Siyle ihrer Bauten wie in der Mythologie der
Sabaer in Yemen begegnet man die deutlichen
Spuren unmittelbaren Einflusses der assyrisch-
babylonischen Gesittung, welche sich also bis in
jene entfernten Gegenden geltend machte; später
ist die Landschaft Nedschrdn ganz dem Christen-
thume gewonnen, und auch das Judenthura strebt
in Yemen in die Höhe zu kommen. Bis in unser
Jahrhundert hinein konnte man sich von der
alten Geschichte Südarabiens nur ein schatten-
haftes Bild entwerfen. Ivtwas klarer wurde die
.Anschauung durch die seit dem Ende des vorigen
Jahrhunderts von • europäischen Forschungs-
reisenden gelieferten Beschreibungen grossartiger
Ruinen alter Tempel und Paläste, welche weithin
das Land bedecken und von untergegangener
Herrlichkeit Zcugniss geben. Heute noch ragen
gewaltige Zwingburgen von den Hc")hen nieder,
wo in alter Zeit mächtige Geschlechter hausten.
Wie das bürgerliche Wohnhaus dieser alten
vorislamitischen Siidat aber beschaffen war, darüber
geben die Ruinen geringe Auskunft. Bei der .Ab-
geschiedenheit des Landes wird man jedoch nicht
stark irren mit der Annahme, dass der Zeiten
Lauf nur geringe .'\banderungen in diese Ver-
hältnisse gebracht haben dürfte, dass somit das
72
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
alte Wohnhaus dem heutigen ziemlich ähnlich
sah. Der französische Reisende Josef Halevy,
welcher 1870 bis in die Landschaft Dschauf vor-
drang, fand nun auf seinem mühevollen Marsche
von dem Küstenplatze Hodeida nach Sana die
Häuser theils aus Stein, theils aus Ziegeln auf-
geführt, während in den Dörfern auch Rohr als
Baustoff Verwendung findet. Die städtischen
Häuser sind in Yemen gewöhnlich mehrstöckig,
solche mit blossem Erdgeschosse selten, Stadt-
vesten dagegen allgemein. In Sana, der grössten,
schönsten und reinlichsten Stadt Südarabiens,
erheben sich überall mehrstöckige, von aussen
geweisste Steinhäuser in den geraden, breiten,
meistens gepflasterten Strassen. Sana besitzt auch
mehrere sehr schöne und grosse Bauwerke, dar-
unter Moscheen, deren Architektur an die be-
rühmtesten Denkmäler der moslimischen Spanier
erinnert. Leider hat Halevy nicht erfahren, aus
welcher Zeit sie stammen. El-Medid, eine Stadt
neueren Ursprungs, bezeichnet er ausdrücklich
als einen offenen Platz, die adeligen Familien
hausen in befestigten Thürmen der Umgebung.
Fast jedeS Dorf besitzt einen solchen Thurm,
der, wie in alter himjaritischer Zeit, dem Edel-
manne als Wohnsitz dient. Manche Thürme, wie
jene von El-Hazm, sind mit Zinnen versehen.
Halevy schweigt über die innere Anlage der
Häuser, einer gelegentlichen Andeutung ist blos
zu entnehmen, dass sie flache Dachterrassen be-
sitzen. Im Dschauf sind Steinhäuser nur das
Eigenthum Ton Begüterten; der gemeine Mann
erbaut sich sein Haus aus Lehraziegeln, die an
der Sonne getrocknet sind.
In der Landschaft Laheg, nahe an der Strasse
von Bäb-el-Mandeb, sind alle Häuser, so berichtet
Freiherr von Maltzan, wie Burgen gebaut, mit sehr
vielen, oft fünf bis sechs Stockwerken, aber be-
wohnt scheinen nur die obersten. Der Palast des
Sultans in der Stadt El-Hauta ist eine wirklich im-
posante und dabei keineswegs unharmonische Bau-
masse, obwohl durchaus nicht regelmässig. Die
Stirnseite des Hauptbaues erinnerte den deutschen
Reisenden sogar lebhaft an einen Theil des Heidel-
berger Schlosses. Hier befand sich zur Seite eines
hohen, breiten Rundthurmes eine schöne P'enster-
front mit Rundbogen, fünf Stockwerke überein-
ander. Die beiden unteren Geschosse sowohl des
Thurmes als des Schlossflügels waren von natür-
licher Farbe, die höheren blendend weiss ange-
strichen, was diese oberen Theile noch höher er-
scheinen liess, als sie wirklich waren, gleichsam als
ein auf einem anderen ruhendes Gebäude. Sonst
fand Herr von Maltzan den Anstrich hier nirgends
angewendet. Alle diese Burgen und Schlösser
waren roth von der Farbe der Luftziegel, die
hier aus einer eigenthümlich rothen Lehmerde ver-
fertigt werden. Steine hat man in Laheg nicht, und
zu Backsteinen hat es die einheimische Industrie
noch nicht gebracht. Aber das Material der Luft-
ziegel ist ein so ausgezeichnetes, dass alle diese
Gebäude, selbst die schon alten, noch gerade und
glatte Wandflächen zeigen, und nicht jene Uneben-
heiten und Rauhheiten, wie sie anderwärts die Luft-
ziegelbauten charakterisiren. In den Dörfern wech-
seln Steinbauten mit solchen aus Luftziegeln und
Reisighütten ab, die sich gewöhnlich um ein Castell
(„Hisn'" oder „Hosn")gruppiren. Gemauerte Häuser
haben meist nur die Häuptlinge und ihre Hareme ;
Bauern und Beduinen wohnen in Hütten aus Stroh
und Reisern, die an Farbe kaum vom Boden zu
unterscheiden sind, mitunter, wie in ("hlifa, in
Häusern von Rohr, Reisern und Dumpalmzweigen.
Das Zeltleben ist in Südarabien ganz unbekannt :
selbst die Beduinen unter der Bevölkerung wohnen
nicht in Zelten, sondern in Strohhütten, die nur auf
beschränktem Räume der Weide wegen zu Zeiten
verlegt werden.
Die Wahrzeichen sesshaften Lebens erstrecken
sich nicht blos auf die ganze Südküste Arabiens
und die in deren Bereich gehörenden Landschaften,
wie z. B. Hadramaüt, sondern auch auf die Gestade
des Ostens, am Golf von Oman und am Persischen
Meerbusen. Zu (;ho reibe in Hadramaüt, einer von
einem Schlosse beherrschten Stadt, sah Adolf von
Wrede meistens vier- bis fünfstöckige, oben schmä-
lere Häuser. Glasscheiben waren unbekannt, dafür
starke Holzläden an den Fenstern ; die Fundamente
der Gebäude, etwa 2 m hoch, aus unbehauenen
Steinen, der obere Theil aus dauerhaften Lehm-..'
Ziegeln. Die Terrasse steht etwa 60 f?« vor; die'
Hausthür ist niedrig, oft gut geschnitzt, die Zimmer-
einrichtung einfach ; nach aussen haben die Häuser
Schiessscharten. Weiterhin im Osten matht sich
der Einfluss des nahen Persien geltend. In Maskat
herrscht nicht mehr das yemenische Haus, sondern
das persische, meist aus dem Serpentin der Um-
gebung gebaut. Ueberall in den Küstenplätzen und
selbst weiter im Innern sieht man hohe feste Häuser,
wie in Sohar, dessen festes Schloss zugleich ein
schmuckvoller Bau ist und dessen Strassen oft mit
Schwibbogen überbaut sind, in Scharga auf den
Bahreininseln und selbst in El-Hofut, der wichtig-
sten Stadt in der Landschaft El-Hasa. Die Burg
der Festung („Kot" genannt) dieser Stadt ist ein
Viereck von tiefem Graben umgeben, mit dicken
und hohen Mauern und 15 — -16 Thürmen an jeder
Seite. Ueberall aber gibt es auch hier wie an der
Südküste, endlose Reihen von Holz- und Palm-
blätterhütten für die ärmere Bevölkerung, eine
schnell nach den Anforderungen der Temperatur und
des Raumes herstellbare Gattung von Wohnungen.
Im Westen, an der Küste des Rothen Meeres, er-
stj-eckt sich diese vSitte ziemlich weit nach Norden,
über Yemen hinaus in's Hedschas. Im yemenischen
Küstenorte Lahoia sahen Ehrenberg und Hemprich
in den niedlichen Zweighütten mit Mattenthüren,
worin dort die Bewohner gleichsam in Villeggiatur
lebten, Gestelle zum Sitzen und Liegen, ja sogar
Tische, was sonst unerhört in Arabien ist. Herr von
Maltzan fand diese Bauart sogar in dem der arabi-
schen Küste gegenüberliegenden Massaüa , auf
afrikanischem Boden. Auch in Aden haben viele
Häuser, namentlich die der Engländer, gar keine
■'*
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
78
1^
yemaut:tt(-ii Wände, soiulern nur solche von l'leclit-
werk, so dass man auch im Zimmer stets im Zuge ist.
Aber auch im Innern der Halbinsel, inCxntral-
arabien, sowohl im NeJschd als in dem neuen
Schainviar-':^\.,VAW, welcher sich auf den Trümmern
des Wahabitenreiches aufgebaut hat, wohnen sess-
lafte Leute , diese jedoch schon ismaelitischen
Stammes. Diese ethnographisch den Nordarabern
beizuzählenden Riiwohncr des centralen Gebietes
haben dt)rt Städte und Ortschaften. Selbst jenseits
der grossen Sandwüste Ne/uJ, deren Schrecken
neuerdings wieder durch den deutschen Reisenden
Julius liuting ungemein lebendig geschildert
wurden , im Wadi IJschof — dieser Name wie
Dschauf „F^ohlIand" bedeutend, kehrt in den Ge-
bieten arabischer Zunge mehrfach wieder — sind
feste Siedlungen, zwar keine Stadt, aber Dürfer,
II wohl von Alters her, vorhanden. .Sie verdienen
^pdeshalb Beachtung und können wohl als Anhalts-
■ ^"punkte für die ursprüngliche Baukunst der Araber
dienen. Hat doch William Gifford I'algrave an einer
Seitenmauer des Schlosses in lil-Dschof zwei tief
eingegrabene Kreuze, zweifellos sehr alten Datums
»und ganz ähnlich jenen entdeckt, welche sich nicht
Selten in den Ruinen des syrischen Haurän finden.
Man darf sie wohl als Zeugen des früheren Vor-
-^^ waltens des christlichen Glaubens in jenen Ge-
k ^i»Venden betrachten, womit man deren Alter an sich
T r '''' \ oiislamitische Zeit hinaufrückt.
\..'J Diese Architektur Innerarabiens ist nun <lurchaus
'■^ roh. An der obenerwähnten Burg von El-Dschof
beobachtet man einen Cyklopenbogen ganz nach
Art jenes am sogenannten Paläste des Atreus in
Mykenä. Nahe vom Mittc-lpunkte des Schlosses er-
hebt sich ein viereckiger, sehr breiter 'I'hurm,
welcher jünger .als der südliche Wall zu sein scheint
Iund mit engen Schiessscharten versehen ist. Man
sieht, dass hier versucht wurde, den Steinblücken
eine gewisse Regelmässigkeit zu geben, während
in einer jüngeren halbkreisförmigen Courtine die
rohen Blöcke unsymmetrisch aufeinandcrgescliichtet
sind. Auch der alte verfallene, das Thal über-
schauende, einsame runde Thurm von MArid ist
offenbar ein arabisches Bauwerk und nach arabi-
schem Plane entworf(m. In Mail, der Hauptstadt
des Schainmarreiches, mit breiten ungepllastcrten
Strassen, herrscht Lehmziegelbau vor. Der „Palast"
des Fürsten hat gewaltig dicke, etwa lO m hohe,
I20 — 1 60 « lange Mauer wände, an deren oberen
Rande Oeffnungen eher an Schiessscharten als an
Fenster erinnern, uml aus welchen der ganzen
änge nach halbrunde Bastionen hervortreten.
Dieser Palast ist ein grosser Hofbau mit mehreren
Höfen. Die übrigen Häuser von Hail haben meist
zwei Stockwerke und wenige, aber beijueme Räume,
in welche das Licht durch die Thüre und schmale
Wandritzen unter der Decke gelangt. Fenster sind
nicht vorhanden. Ueber den Zimmern liegt das Hache
Dach, rings von einer hohen vSchutzmauer umzogen,
das eine becjueme Schlafstätte gewährt. Kein<-m
Hause fehlt der „Kahwa", der Kaffees.aal zum
Empfang der Gäste; er ist ein unentbehrlicher Bc-
standtheil jedes arabischen Hauses auf der ganzen
Halbinsel und ändert sich höchstens in Grösse und
Ausstattung. Ueberall ist der Kahwa alicr eine
grosse , längliche Halle, deren Wände in roher
Weise farbig getüncht und mit dreieckigen
Nischen zur Aufnahme von Büchern oder anderen
Geräthen versehen sind. Das Holzdach ist flach,
der listrich mit feinem, reinem Sand bestreut und
rings an den Wänden mit Teppichen und Diwanen
ausgestattet. Die ganze Stadt Hai! ist von 6 — 7 m
hohen Mauern umgeben, welche mit grossen Flögel-
thoren und FestungsthOrmen versehen sind. Auch
für das (lache Land sind die WachthOrme kenn-
zeichnend, die von Ort zu Ort bis zum Tueik-
Gebirge im Süden sich erheben als Schutz und
Auslug gegen die etwaigen Ueberfälle der Beduinen.
Solche Befestigungen, mehr oder minder stark,
kehren überall wieder. Palgrave gedenkt derselben
in Ujun, südlich vom Dschebel Selman, wo die
Wartthürme ihn an Dam|)fschornsteine erinnerten,
in Fl-Tueim, Horeimele, in der Umgebung von Rr-
Riad, der Hauptstadt des Nedschd und des halben
Arabien, und in dem aus zweistöckigen Luftziegel-
häusern bestehenden Teima, das ein Kranz von
5 — 67« hohen Thürmen schützt. Freilich darf man
diese Befestigungen nicht für alt halten, viele wurden
nachweislich erst in neuerer Zeit aufgeführt ; es
unterliegt aber wohl keinem Zweifel, dass die Sille,
derartige Schutzbauten zu errichten, in ein hohes
Alterthum zurückreicht und so hinge besteht wie
der Gegensatz zwischen der beduinischen und der
ansässigen Bevölkerung. In den älteren arabischen
Städten sind es blos die Häuser, welche die Ring-
mauer umzieht ; die Gärten liegen ausserhalb der-
selben und bleiben in der Regel ungeschützt;
manchmal zieht sich noch ein zweiter Mauer- und
Thurmgürtel um dieselben.
Die Ismaeliten, 2u welchen auch die Be-
wohner Mittelarabiens gehören, erstrecken sich
dem Rande des Ruthen Meeres entlang südwärts
bis in's Hedschas (die „Grenzmarke") herab, wo
so viel sich erschliessen lässt, eine Urbevölkerung
mit allerhand fremden Kiementen, die von Norden
eindrangen, sich vermischt hatte. L.inge vor
Christi Geburt hatte sich dort auf diese Weise
aus verschiedenen Bestandtheilen eine Misch-
bevölkerung zusammengefunden , die allmälig
vollkommen arabisirt ward und ihren Mittelpunkt
in Mekka besass. Diesem Platze, wo sich schon
früh ein Heiligthum gänzlich unarabischer Art,
die „Kaaba" (d. h. Würfel) befand, lAsst sich
schon in jener ersten Zeit der Charakter einer
städtischen Siedelung nicht absprechen, doch
wird man sich keine allzu grossartigen Vor-
stellungen davon machen dürfen. Heute aller-
dings bietet diese Stadt ein ziemlich stattliches
Bild und macht nach dem Zeugnisse Snocks van
Hurgronje mit ihren breiten Strassen und hohen
Häusern einen fast modernen Findruck. In den
Nebengassen siebt man allerdings neben mehr
oder weniger stattlichen Häusern auch elende
Beduinenhütten und bienenkorbartige W^ohnungen.
|(^r ^-.
o
74
OESTliRREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
Die besseren Häuser sind aber aus Granit^ Sand-
steinen oder Ziegeln erbaut, haben drei und
mehrere Stockwerke und keine Spur eines Hofes,
nähern sich also der sogenannten Steinkasten-
architektur. Im Erdgeschoss bildet das Haupt-
gemach für die männlichen Insassen eine Art
grosser Vorhalle, aus welcher man zur Linken
auf eine geräumige „Mastabah" oder Terrasse
tritt, und eine zweite, aber kleinere ist auch im
Hintergrunde des Hauses angebracht. Hinter ihr
liegt eine Vorrathskammer. Der Mastabah gegen-
über steht in der Vorhalle ein kleiner Feuerherd
und seitwärts führt ein thürloser Gang zur Bade-
stube sowie zur dunklen, gewundenen Treppe,
auf deren mit einer harten Erdkruste bedeckten
Steinstufen man in der zweiten, nördlicher ge-
legenen Stadt des Landes, zu Medina, in das
„Medschlis" oder den Empfangssaal gelangt. Die
Häuser zu Medina sind wie jene in Mekka flach-
dachig, unterscheiden sich aber von ihnen durch
einen geräumigen Hof mit Gartenanlage, Spring-
brunnen und Dattelbäumen. Vergitterte Balcone,
wie der Europäer sie zuerst in Alexandrien er-
blickt, sind hier häufig, und auch die Fenster,
eigentlich blosse Ritzen in der Wand, haben
blos einen Plankenverschluss. In Medina dienen
als Baumaterial Lavaschlacken, Backsteine und
Palmholz, die Umwallungsmauer der Stadt ist
aber aus Granit- und Lavablöcken aufgeführt,
die mit Mörtel verbunden sind. In den übrigen
Plätzen des Hedschas herrscht ziemlich dieselbe
Bauart, ohne sich zu grösseren Leistungen zu
versteigen. Die angeblichen, in den Fels, einen
weichen Sandstein, gehauenen Höhlenwohnungen
von El-Hidschr, halbwegs zwischen Medina und
Petra, hat Charles M. Doughty als Grabkammern,
nicht als Behausungen für Lebende, wie man
bislang meinte, nachgewiesen. Die Menschen
wohnten auch hier in Häusern, von denen sich
bei einigen noch die Grundmauern verfolgen
lassen ; sie waren aus behauenem Stein, und
Doughty fand auch zwei kleine Steinbrüche,
welche das Material lieferten; der Hochbau
scheint, wie in anderen Dörfern der Wüste,
Stampfbau gewesen zu sein. Sie sind heute meist
blos eine Anhäufung solcher Hütten aus Lehm-
ziegeln und Koth, mit Palmblättern eingedeckt
und Luftlöchern in den Wänden versehen.
Diese Bauten des .südlichen und mittleren
Arabiens pflegen gewöhnlich völlig unbeachtet
zu bleiben, gewähren aber sehr wichtige Finger-
zeige für die Geschichte des arabischen Hauses
wie der arabischen Baukunst im Allgemeinen.
Geblendet von dem Glänze der arabischen Ge-
sittung, welche in die Geschichte unseres eigenen
Mittelalters so mächtig eingriff, sind unsere Vor-
stellungen über die Araber meist so falsch, wie
jene über ihr Land. Gemeiniglich glaubt man,
das ganze Innere Arabiens sei von nomadischen
Beduinenstämmen durchzogen, die man auch für die
eifrigsten Bekenner des Islam hält. Gerade das
Gegentheil ist wahr. Der Islam ist bei ihnen nie-
mals tief eingedrungen und im Innern Arabiens
sind sie selten; sie sind nur auf die Wüstenstriche
angewiesen, in welchen sie bloss in sehr be-
schränkten Grenzen sich bewegen, denn auch
über die nomadische Lebensweise herrschen die
irrigsten Vorstellungen. Gleichviel nun, ob man
die Beduinen mit Palgrave für eine Verschlechte-
rung oder Verwilderung des reinen Arabers halten
wolle oder nicht, zweifellos stehen diese Zelt-
bewohner hinter dem sesshaften Theile des Volkes
an Gesittung weit zurück und ist man berechtigt,
in letzterem den Massstab für das ursprüngliche
Können der Araber zu suchen. Dasselbe zeigt
sich nun, wie wir sehen, höchst geringfügig. Wo
sie sich selbst überlassen blieben, haben sie es
in der Baukunst niemals so weit gebracht, um
einen einfachen Bogen zusammenzusetzen, ge-
schweige denn ein Gewölbe oder eine Kuppel ;
ihre Originalleistungen in Schammar, Kasim und
Nedschd, die alten wie die modernen, bringen
dafür die schlagendsten Beweise. Zu höherer
Stufe vermochten sie sich blos unter fremder
Anleitung emporzuschwingen. Als sie der über-
legenen griechischen und persischen Vorbilder
in Syrien und Eran ansichtig wurden, ahmten
sie diese so lange nach, bis sie, nach Palgrave's
Ausdrucke, selbst erträgliche, aber niemals vor-
zügliche Baumeister wurden.
DIE EHE IN JAPAN/)
Von Dr. H. Weipert
II.
Verhältniss während der Ehe.
Persönliche Stellung der Ehegallen.
Die sittliche Stellung der japanischen Ehe-
frau hat schon häufig eingehende Schilderung
erfahren. Ich kann mich daher hier auf die Haupt-
punkte beschränken und im Uebrigen auf die
Darstellung von Gebauer und Küchler -a. a. O.
und von Hering im 41. Heft der „Mittheilungen"
verweisen.
Wenn es auch im Einzelnen hier wie ander-
wärts von der Frau selbst abhängt, welche Stel-
lung sie sich verschafft, so bestimmt sich f
dieselbe doch im Allgemeinen dem durchaus |
patriarchalen Charakter der japanischen F"amilie
entsprechend, weiche die Frau dem Hausherrn
gänzlich unterordnet. Nach ihm aber ist sie die ;
lirste im Hause. Sie theilt auch Rang und Stand
des Mannes, wenngleich die Japaner nicht soweit
gehen, wie die Chinesen, welche der Frau das
Recht geben, die Amtsabzeichen des Mannes zu
tragen. Wo das Recht den Hausherrn durch den
Rath der Verwandten beschränkt, hat auch sie
ihre entscheidende Stimme in den Hausangelegen-
heiten, so insbesondere bei der Verheiratung der
der Kinder. .Andererseits ist dem Ehemanne Ehe-
bruch und Concubinat erlaubt, während der Ehe-
') Den Milthpilungen der deutschen Gesellschaft für Natur-
und Völkerkunde Ostasieus in Tokio entnommen.
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEN ORIENT
76
bruch der Krau nach dem Strafgesetzbuch von
1871 mit einem Jahr Zuchthaus und nach g 353
des jetzigen Strafgesetzbuches an ihr und ihrem
Mitschuldigen (auf Antrag) mit Gefängniss von
sechs Monaten bis zu zwei Jahren gestraft wird.
Nadi früherem wie nach heutigem Rechte kann der
lll Jihemann sogar den IChebruch in flagranti durch
P" 'I'ödtung der Frau wie ihres Mitschuldigen be-
strafen.
C'.harakteristisch ist ferner, dass nach dem
Strafgesetzbuche von 187 1 der Mann wegen
'l'ödtung der Frau nur mit einem Jahr Zuchthaus
bestraft wurde, wenn die That wegen Beleidigung,
und nur mit 90 Tagen, wenn sie wegen Körper-
verletzung der Frau gegen seine Eltern oder
Grosseltern erfolgt war. Nach demselben Gesetze
waren Thrulichkeiten des Mannes gegen die l'^rau
straflos, ausser wenn eine Wunde verursacht war,
in welchem l'\ille nur Milderung eintrat, während
Thätlichkeiten seitens der Frau mindestens mit
100 Tagen Zuchthaus bestraft wurden. (Long-
ford a. a. O., S. 63.)
Eine Prostituirung der Ehefrau wider ihren
Willen war im Kwamporitsu (Vgl. Rudoiff a. a.
O. Art. 47, Nr. 13) mit Todesstrafe bedroht, so
dass dieselbe . erheblich günstiger stand, als die
Tochter. ]3asselbe Verhältniss zeigt sich noch im
Strafgesetzbuch von 187 1, wo die Prostituirung
der I'^hefrau wider ihren Willen mit 70 Tagen
Zuchthaus, die einer TocWter nur mit 50 Tagen
bestraft wird. (Vgl. Longford, Trans. V. 2, S. 38.)
Ehescheidipi^.
Küchler gibt a. a. O. S. 130 ff. eine Zu-
sammenstellung der Ehescheidungsgründe seitens
eines japanischen Gelehrten, welche auf dem
Taihoryo beruht und deren fortdauernde Gellung
im Wesentlichen behauptet wird. Danach kann
1. der Mann die Scheidung verlangen bei
Kinderlosigkeit der Frau trotz erreichten 50.
Lebensjahres, Ehebruch, Ungehorsam derselben
gegen ihre Schwiegereltern, Schwatzhaftigkeit,
Dieberei, Eifersucht und erblicher Krankheit,
ausgenommen, wenn die l'rau ihre kranken
Schwiegereltern besonders treu gepflegt hat oder
nach der F,he im Rang gestiegen ist oder keinen
Zufluchtsort hat.
2. Die Frau kann die Scheidung \er/angen,
wenn der Mann drei Jahre bei kinderloser Ehe
und fünf Jahre bei vorhandenen Kindern die Frau
^» verlassen hat oder verschollen ist.
^H 3. Die Scheidung muss erfolgen, wenn der
Mann Gcwaltthätigkeiten gegen die Verwandten
der l""rau oder die Frau Gcwaltthätigkeiten oder
Beleidigungen gegen die Verwandten des Mannes
,^^ oder auch nur einen Vcrietzungsversuch gegen
^^B ihren Mann sich hat zu Schulden kommen lassen ,
^^ oder wenn die Verwandten eines Theils Gcwalt-
thätigkeiten gegen den andern 'I'heil begangen
haben.
Indessen bemerkt Küchler selbst, dass ein
Theil dieser Vorschriften jetzt veraltet sei, und
in der That kann kaum ein Zweifel sein, dass
dieser wie so mancher andere Import chinesi-
scher Moral- und Rechtsliteratur lediglich auf
dem Papier steht und für die Praxis keinerlei
wesentliche Bedeutung hat oder auch gehabt hat.
Nach dem im Minji Kwanrei Ruishu be-
zeugten Gewohnheitsrecht ist die Scheidung zu-
lässig :
1. Mit beiderseitiger Einwilligung.
2. Für den Mann : bei Ehebruch der Frau,
Diebstahl, Ungehorsam gegen den .Mann oder
seine Eltern, Uneinigkeit mit den Geschwistern
des Mannes und erheblichem Verstoss gegen die
Haussitte.
3. Für die Frau : bei Verschwendungssucht
und gewissen Bestrafungen des Mannes und hei
ungerechtem und lieblosem Benehmen des Mannes,
der Schwiegereltern oder Geschwister des Mannes.
Die grundlose Entlassung eines Schwiegersohnes
wurde nach dem Strafgesetzbuch von 1871 mit
Zuchthaus bis zu 90 Tagen bestraft. (Longford
a. a. O. S. 29.)
Durch Verordnung vom 15. Mai 1873 ist
der Frau der Antrag auf Scheidung sogar ge-
stattet, wenn das Zusammenleben durch irgend
welche Gründe gestört ist.
Bei Verschollensein des Ehemannes wurde
nach Art. 44, Nr. 3, des Kwamixlritsu (vergl.
Rudorff a. a. O.) nach zehn Monaten der Frau
die Wiederverheiratung gestattet. Spätere Ge-
wohnheit erlaubte nach dem Minji Kwanrei
Ruishu, dass nach angemessener Zeit ein älterer
Verwandter des verschollenen Mannes an dessen
Stelle die Scheidung ausspreche. Durch V. O.
vom 12. Juli 1874 war speciell für den Fall der
Verschollenheit, beziehungsweise des Entlaufens
eines Mukoyushi bestimmt, dass nach zwei Jahren
Scheidung verlangt werden könne. Heute kann
die Frau eines in unbekannter Ferne Abwesenden
nach Ministerialveifügung vom 9. Mai 1884 nach
24 Monaten, in dringenden Fällen nach 10 Monaten,
geschieden werden, und zwar durch die Provincial-
behörde, wenn die beiderseitigen Verwandten
einverstanden sind, andernfalls durch richterliche
Entscheidung.
Das Concuhinal.
I. Das Halten von Nebenfrauen war von
jeher ein Lu.\usprivilegium der oberen Classen.
Für die unteren Stände von den Heimin abwärts
verbot es sich in den meisten Fällen schon durch
die Vermögensverhältnisse von selbst, es war
ihnen aber auch gesetzlich allgemein untersagt.
Im 52. der sogenannten 100 Gesetze des lyeyasu
heisst CS nach der citirten Kempermann'schen
Uebersetzung : Der Kaiser (tenshi) hat 12 Bei-
schläferinnen, die Fürsten haben ihrer 8, die
Taifu 5 und die Krieger 2, alle Personen von
niedrigerem Stande haben nur ein eheliches Weib;
so haben es die alten Weisen im Buche Raiki
angeordnet und so ist es seit alten Zeiten Brauch
gewesen.
76
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
Im Minji Kwanrei Ruishu ist gleichfalls aus-
drücklich bezeugt, dass das Concubinat als öffent-
lich anerkanntes rechtliches Institut den Heimin
nicht gestattet ist. In Uebereinstimmung hiemit
ist durch V. O. vom 7. Juli 1874 für die Kwazoku
und Shizoku bestimmt, dass ihre Nebenfrauen
„wie rechte Frauen", d. h. als Angehörige des
Hauses behandelt werden sollen, wenn das Ver-
hältniss zum Eintrag in das Hausstandsregister
angemeldet sei. Heute wird auch bei den Shizoku
das Verhältniss der Nebenfrau nicht mehr ge-
setzlich anerkannt, insbesondere werden dieselben
seit I. Jänner 1882 nicht mehr als Hausange-
hörige im Kosekichö eingetragen, und zwar
angeblich lediglich deshalb, weil das neue Straf-
gesetzbuch bei Bestimmung der Angehörigen die
Nebenfrauen nicht erwähnt. Eine besondere Vor-
schrift konnte ich nicht finden. Wie es bei den
Kwazoku gehalten wird, ist nicht zu constatiren,
da deren Hausregister beim Kunaishü (dem
Ministerium des kaiserlichen Hauses) geführt
werden (nach Gesetz vom 7. Juli 1884).
Die allgemeine Bezeichnung für Nebenfrauen
ist Shö oder Mekake (auch Tekake). Die Neben-
frauen des Kaisers heissen anfangs Gontenji. Gon
bedeutet Vice, tenji Palastdame, Hofdame. Die
Gontenji werden im vorgerückteren Alter in der
Regel zu Tenji befördert. Die Nebenfrauen des
Shögun hiessen Otetsukichürö. Churö war die
Bezeichnung für eine Palastdienerin des Shögun.
Otetsuki bedeutet „Hand auflegen". Wenn die
Nebenfrau des Shögun ein Kind geboren hatte,
erhielt sie den Titel Oheyasama (die geehrte
Frau im Zimmer).
Bei der gebildeten, mit westlicher An-
schauung befreundeten Classe scheint das Con-
cubinat heute bereits äusserst selten geworden
zu sein.
2. Die persönliche Stellung der Nebenfrau
ist mit der Zeit immer mehr herabgedrückt
worden.
Während sie im Taihöryo noch so sehr zur
engsten Familie gerechnet wird, dass ihr ein
Erbrecht auf gleicher Stufe mit der Tochter ge-
geben ist (beide bekommen von dem zur Ver-
theilung gelangenden Vermögen je einen halben
Kopftheil, die rechte Frau dagegen zwei Kopf-
theile), heisst es im 52. Gesetz des lyeyasu :
„Zwischen Ehefrau und Beischläferin soll der-
selbe Unterschied bestehen wie zwischen Herrin
und Dienerin." Doch wurde noch nach dem
Strafgesetzbuch von 187 1 der Ehebruch der
Concubine gestraft, wenn auch um einen Grad
geringer als der der rechten Frau (vergl. Long-
ford a. a. O. S. 87). Im heutigen Strafgesetz-
buch findet sich keine Bestimmung dieser Art.
Bei vermögenderen Männern scheint die Gewohn-
heit zuzunehmen, die Mekake nicht im Hause,
sondern in einer abgesonderten Wohnung (shö-
taku) zu halten. Aber auch wo sie — wie früher
wohl die Regel — im Hause wohnt, hatte sie
von jeher keinerlei näusliche Rechte, sogar die
mütterlichen Rechte gegen ihre Kinder übt nicht
sie selbst, sondern an ihrer Stelle die rechte
Frau aus.
Ihre Entlassung ist selbstverständlich in
keiner Weise beschränkt, und von Aussteuer
oder Dos ist keine Rede. Früher bekam sie bei
Shügun und Daimyö immer, bei Samurai je nach
den Vermögensverhältnissen, auch wenn sie nicht
mit der Familie wohnte, ein Nadelgeld (teate).
Heute wird sie vielfach wie eine Dienstmagd für
einen bestimmten Monatslohn (ausser den Unter-
haltungskosten) gemiethet.
t 3. Die rechtliche Bedeutung des Concubinats
äusserte sich früher vor Allem darin, dass bei
allen Classen (auch bei den Heimin, obwohl hier
das Verhältniss nur als sexueller Umgang mit
einer Magd bezeichnet wurde) die demselben ent-
sprossenen Kinder als eheliche Kinder, wenn
auch zweiter Ordnung, anerkannt werden. Nach
dem Taihöryo ist der Sohn der Nebenfrau (shoshi)
nach dem Sohn der Hauptfrau (tekishi) zur Nach-
folge in die Hausherrschaft berufen, und bei der
Vermögensvertheilung erhalten die Shoshi (ebenso
freilich die, gleichfalls Shoshi genannten, jüngeren
Sühne der rechten Frau) einen Kopftheil, während
der Tekishi zwei Theile bekommt. In einem Ge-
setz des Shögun lyeshige vom 23. October des
3. Jahres Höreki (1753) ist bestimmt, dass auch
der jüngere Sohn der rechten Frau dem älteren
Sohn der Nebenfrau #n Erbrecht vorgeht. Das-
selbe wird im Minji Kw.^nrei Ruishu als Gewohn-
heitsrecht bezeugt. Eine Ausnahme ist zu machen
für einen Theil von Sagami, wo das Alter allein
entscheidet, ferner für Theile von Echizen,
Echigo und Aki, wo die Söhne von Nebenfrauen
gar nicht successionsberechtigt sind, vielmehr
besonders adoptirt werden müssen, wenn sie
erben sollen.
Heute wird, wie gesagt, das Concubinat
nicht mehr öffentlich anerkannt, aber die Kinder
erhalten genau dieselbe Stellung wie früher durch
Anerkennung seitens des Vaters.
In dem Strafgesetzbuch von 1871 war die
Enterbung eines ehelichen zu Gunsten eines
Concubinensohnes mit 90 Tagen Zuchthaus be-
straft (vergl. Longford a. a. O. S. 28).
DIE GENUSSMITTEL DES ORIENTES.
Von Gustav Troll.
III.
Das hervorragendste der zur Gruppe der Nai
Gotischen gehörigen Genussmittel ist unstreitig der
Tabak, keines der anderen Genussmittel besitzt eine
solche Bedeutung für den gesammteu Weltverkehr,
als dieses. Der Gebrauch des Tabaks als Genuss-
mittel verliert sich in vorgeschichtliche Perioden,
über welche keinerlei bestimmte Anhaltspunkte
vorliegen. Bekanntlich ist der Tabak ein amerika- *
nisches Gewächs, dessen Verwendung als Genuss-
mittel Columbus 1492 beider Entdeckung Amerikas
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIr-T FÖR DEN ORIENT
77
auf der Insel Guanahari bereits vorgefunden hat,
wo die Eingeborenen Tabak in cylinderförmigen,
durch ein Maisblatt ^eliildetcn Rollen rauchten.
Auch auf Haiti und in Mexico war das Tabak-
rauchen vor Ankunft der Europäer bekannt, ebenso
ist das Kaudien bei den Indianern Nordamerikas
eine uralte religiöse Sitte, welche als ein der Sonne
und dem grossen Geist dargebrachtes Opfer auf-
gefasst wurde. Dagegen war der Tabakgenuss den
Eingeborenen Südamerikas bei der ersten Durch-
forschung dieser Gebiete durch Europäer noch un-
bekannt. Der Name des Tabaks soll von der Insel
Tabago herrühren. Im Jahre 1496 lieferte der spa-
nische Mönch Romana Pane zuerst eine Beschrei-
bung der'1'abakptlanze, welche hierauf nach Spanien
und Portugal eingeführt wurde und dort als Zier-
pflanze diente. Der französische Gesandte in Por-
tugal, Jean Nicot, führte die Pflanze 1560 in Frank-
reich ein und empfahl sie als Heilmittel. ICs heisst,
dass er damit Wundercuren verrichtet haben soll.
Von dort aus verbreitete sich die Anwendung des
Tabaks zunächst als Heilmittel. Wann der Genuss
des Tabaks in l^uropa zuerst auftrat, lässt sich nicht
mit Bestimmtheit ermitteln, sicher ist, dass derselbe
zuerst als Schnupfmittel Verwendung fand. Das
Tabakrauchen wurde um die Mitte des XVI. Jahr-
hunderts von spanischen Matrosen, die aus Amerika
heimkehrten, nach Spanien gebracht, später trat es
in England auf und verbreitete sich im Anfang des
XVII. Jahrhunderts über ganz Europa. InderTürkei
soll es 1655 aufgekommen sein. Gegenwärtig ist
der Tabak ein über die ganze Erde verbreitetes
Genussmittel, das namentlich im Oriente zu einem
unentbehrlichen Lebensbedürfnisse geworden ist.
Der Orient wird als die Heimat des feinen Tabaks
angesehen und man kann es kaum glauben, dass
der Tabak hier nicht heimisch, sondern eine ver-
hältnissmässig spät eingeführte Culturpflanze sein
soll. In der That sollen neueste Forschungen, die
noch im Zuge sind, es bis zu einem gewissen Grade
wahrscheinlich erscheinen lassen, dass die Tabak-
pflanze den Arabern schon zu einer Zeit bekannt
war, als Amerika noch nicht entdeckt war. Mög-
licherweise hat man es hier mit einer .\bart zu
thun, jedenfalls wird diese Frage bald klar gestellt
werden. Der Tabakverbrauch im Oriente ist gegen-
wärtig sehr stark. Von den dort cultivirten Tabak-
sorten wird bekanntlich die türkische besonders
gerühmt und dürfte jedenfalls die beste Sorte
europäischen Tabaks sein. Vortrefflicher Tabak
wird in Syrien (im Libanon) gebaut, ebenfalls gute
I Sorten erzeugen Oberegypten, Tunis, Algerien,
Kleinasien. Als feinste Sorte des orientalischen
Tabaks gilt der persische, namentlich der südlich
von Schiras gebaute, der unter dem Namen
„Tumbak" im ganzen Oriente verbreitet ist. Nach
Europa gelangt dieser Tabak fast gar nicht, er
wird auch im Oriente grösstenlheils nur zum
Narghilc, der orientalischen Wasserpfeife, ver-
wendet. Das Narghile-Rauchen ist die eigentliche
orientalische Art zu rauchen and stammt von den
Persern. Da der Rauch bei dieser Raucbweisc
durch das Wasser abgespült wird, erfolgt nicht
nur eine Abkühlung desselben, sondern er wird
auch von den brcnzlichen Producten befreit und
erhält, wenn das Wasser parfumirl ist, noch einen
feinen Geruch, Das Rauchen mit Wasserpfeifen
gilt sogar als hygienisch, es dürfte jedenfalls ge-
sünder sein, als die europäische Pfeife. Das Nar-
ghilc spielt eine grosse Rolle im Oriente, man
findet es in jedem Haushalte, in jedem Kaflee*
hause. Kaffee und Narghilc sind überhaupt zwei
Begriffe, die fast immer in einander fallen. Ausser
diesem langschläuchigen, mit einem gläsernen
Gefässe zur Aufnahme des Wassers versehenen
Narghile, kennt der Orientale noch ein kleineres,
mit kurzem Rohr, wo das Wassergefäss aus einer
Cocosschale gebildet ist und welches er auf Reisen
zu rauchen pflegt, sei es nun, dass er in Geschäften
mit einer Karawane reist, oder den Pilgerzug
nach Mekka und anderen heiligen Orten mitmacht,
gleichviel ob er zu Fuss geht, oder auf einem
Esel, Maultbier, Pferd oder Kameel sitzt.
Neben dem Narghile kommt im Oriente haupt-
sächlich die Cigarette vor. Cigarren werden von
Orientalen gar nicht geraucht, daher ist ihr Ver-
brauch im Oriente sehr gering. Auch die Unsitte
des Tabakkauens ist bei den Orientalen so gut wie
gar nicht verbreitet. Dagegen wird Opium mit Tabak
geraucht, und zwar meist in eigenen Tschibuks. Um
dem Tabak einen feinen Geruch zu verleihen, wird
ihm, besonders bei Cigaretten, in vielen orienta-
lischen Ländern (Tunis und Algerien) Ambra zu-
gesetzt. Die Ambra ist eine an der nordafrika-
nischen Küste gewonnene Substanz, welche, nach
den neueren Anschauungen ein aus dem Darme
des Pottwales stammendes Product darstellt, wahr-
scheinlich die verhärteten Fäces des Thieres. Der
stark aromatische Geruch der Masse, die auf
dem Meere schwimmend gefunden wird, soll von
den zur Nahrung des Wales dienenden Seepolypen
und Tintenfischen, namentlich von Eledone (Sepia)
moschata herrühren; er erinnert an Moschus, ist
aber nicht so durchdringend.
Seit Einführung der Tabakregie im türki-
schen Reiche ist der Tabak bedeutend schlechter
geworden. In Egypten dagegen verdient er noch
heute seinen alten Ruf. Freilich wird schon jetzt
auch viel amerikanischer Tabak eingeführt.
Vom Tabak bis zum Opium ist im Oriente
nur ein Schritt. Ist der Tabak ein allgemeines
menschliches Genussmittel geworden, so sind
Opium und Haschisch specilisch orientalische
Mittel für den Genuss und haben ausserhalb des
Orientes so gut wie gar keine Verbreitung ge-
funden. Der eingedickte Mohnsaft , den man
Opium (Afuin) nennt, kam ursprünglich als Heil-
mittel auf und wurde als solches auch nach Eu-
ro|)a gebracht. Bald aber fand man ein ausge-
zeichnetes narkotisches Genussmittel darin und
cultivirte den Mohn im Grossen. Gegenwärtig
wird hauptsächlich in Kleinasien, Persien, Indien
und China Opium erzeugt. Das kleinasiatische
und Smyrnaer Opium ist fast ausschliesslich fOr
78
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
den europäischen Handel bestimmt. Das persische
versorgt ausser . dem Productionslande einen
grossen 'I'heil des Orientes und wird besonders
nach China ausgeführt. Die üpiumerzeugung in
Indien wird namentlich im mittleren Gangesgebiete
und im Tafellande von Malwa betrieben. Das in-
dische Opium wird, zu grossen Kugeln geformt,
grösstentheils nach China exportirt und liefert
der britischen Regierung in Indien ihre Haupt-
einnahms(|uclle. Das sogenannte Akbari-Opium,
eine sehr feine Sorte, wird durch Eintrocknen des
Mohnsafles an der Sonne erzeugt, in Tafelform
gebracht und ausschliesslich in Indien selbst ver-
braucht. Das persische Opium gelangt in Form
niedriger Kegel oder länglicher Stangen in den
Handel und ist das alkaloidreichste.
In China war das 0[)ium um die Mitte des
vorigen Jahrhunderts noch ganz unbekannt, heute
verbraucht China mehr Opium, als die ganze
übrige Welt zusammen. Nirgends hat der ver-
derbliche Opiumgenuss eine solche Ausdehnung
gewonnen, wie im „himmlischen Reiche", dessen
Söhne zu leidenschaftlichen Opiumrauchern ge-
worden sind. Ein düsteres Verhängniss scheint
über diesen sonst so genügsamen, anspruchslosen
und arbeitsamen Menschen zu walten und sie zu
Sclaven des Opiumrausches zu machen. Es scheint
eine Eigenthümlichkeit der mongolischen Race zu
sein, dass sie stets vor einem Götzen huldigend
im Staube liegen muss, begründet in der melan-
cholischen Seite des Volkscharakters und in dem
Hang zu mystischen Ungeheuerlichkeiten.
Zum Rauchen wird das Opium in der Weise
hergerichtet, dass man es durch Ausziehen mit
Wasser in eine Paste verwandelt und diese
langsam über einer mit Asche bedeckten Gluth-
pfanne röstet, wobei ein grosser Theil der gif-
tigen Alkaloide zerstört wird. Nach dem Rösten
wird es häufig nochmals aufgelöst und abermals
abgedampft. Zum Rauchen legt man erbsengrosse
Stücke des so erhaltenen „Tschandu" auf die
eigenthümlich geformte Pfeife und unterhält durch
häufige Annäherung an die kleine Flamme einer
Lampe eine mangelhafte Verbrennung. Der Rauch
wird, wie beim Narghilc in die Lunge eingezogen.
Der in der Pfeife verbleibende Rückstand ist noch
reich an narkotischen Alkaloiden und wird unter
dem Namen „Tye" oder „Tinea" nochmals ge-
raucht. Ja, der nun verbleibende Rückstand „Sam-
sching" wird auch noch von der ärmsten Classe
der Opiumfreunde genossen, die die Paradieses-
speise nur in dieser Form erschwingen können.
Bei den islamitischen Völkern des Morgen-
landes ist der Opiumgenuss, besonders das Opium-
rauchen, weniger verbreitet, diese unterstehen
mehr dem Zauber des Hanfes. Trotzdem ist Opium
im ganzen Oriente als Gcnussmittel bekannt. Die
Araber und Türken geniessen es zumeist mit
Liqueuten, die Perser dagegen in Form von so-
genannten „Frohsinnspillcn", die aus Mastix, Rha-
barber und anderen Stoffen hergestellt und meist
mit Thee genommen werden. In manchen Gegenden
sind kleine Opiumbonbons gebräuchlich, welchen
das Wort „Maschallah", d. i. „Wie Gott will"
aufgepresst ist.
Die Ansichten über die grossere oder ge-
ringere Schädlichkeit des Opiumgenusses gehen
bezüglich der Art desselben ziemlich auseinander.
Die Opiumesser behaupten durchwegs, dass das
Essen von Opium lange nicht so schädlich auf
den menschlichen Organismus wirkt , als das
Rauchen. Wer nur einmal Gelegenheit halte
chinesische oder indische Opiumraucher in einer
jener berüchtigten 0|)iumspelunken zu sehen, in
welchen sie sich zu versammeln pflegen, der wird
den widerlichen Eindruck, den diese zitternden,
schwankenden Gestalten mit den fahlen, einge-
fallenen Gesichtern und den erloschenen Augen auf
jeden Unbetheiligten machen, nicht sobald vergessen
und die Ansicht von der besonderen Schädlichkeit
des Opiumrauchens theilen. Andererseits wurde
gerade in neuerer Zeit von hervorragenden Fach-
gelehrten geltend gemacht, dass beim Rauchen
nur ein geringer Theil des Opiums überhaupt
zur Verbrennung gelangt (was durch die stark
opiumhaltigen Pfeifenrückstände erwiesen ist) und
auch in diesem durch den Verbrennungsprocess
ein grosser Theil der narkotischen Alkaloide, be-
sonders aber das Morphium zersetzt wird. Freilich
ist es überhaupt fraglich, ob es das Morphium
ist, welchem die narkotische Wirkung beim Opium-
rauchen zukommt, und ob sich nicht gerade durch
den Verbrennungsprocess eigenartige neue Al-
kaloide bilden, deren Wirkung nachhaltiger und
für den Organismus schädlicher ist, als wie sie
sich im Opium direct vorfinden und beim Essen
desselben aufgenommen werden. Die physiologische
Opium wirkung ist vorerst erregend, dann beruhigend,
schlafmachend, betäubend, es folgt ein von leb-
haften Träumen und Hallucinationcn begleiteter
Schlaf. Den Höhepunkt des Opiumrausches be-
zeichnen die auftretenden Sinnestäuschungen,
deren Natur stets eine mehr oder minder indi-
viduelle ist, jedoch auch von den unmittelbar vor-
hergegangenen Eindiücken und dem Geistes-
zustände des Betäubten abhängt und die den
Hauptreiz des Opiumgenusses bilden. Der Zauber
des Haschischgenusses beruht ganz auf denselben
Erscheinungen.
EIN BILD AUS DEM CHINESISCHEN LEBEN.
Edwin Arnold, einer der Orienlreisenden,
dessen Name bei allen Denjenigen, welche sich
mit dem Studium asiatischer Zustände beschäf-
tigen, einen guten Klang hat, veröffentlichte
kürzlich im „Daily Telegraph" einen Bericht über
seine neueste Reise nach Japan, dem wir nach-
stehende Skizze entnehmen :
In San Francisco kamen ausser go Salon-
passagieren auch 670 nach der Heimat zurück-
kehrende chinesische Auswanderer an Bord, die
im Hintertheil des Schiffes auf drei Verdecken
untergebracht wurden ; sie lagen natürlich dicht-
I
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
7»
gedrängt aufeinander. Mit Ausnahme der (Jfficiere
befanden sieb nur chinesische Mannschaften zur
Hedienung des Schiffes und der Reisenden an
Mord, die ihre Arbeit in ausgezeichneter Weise
verricliteten und durch deren Vermittlung es
möglich war, tiefere Blicke in das Leben der
chinesisi'hen Mitpassagicre zu werfen. Auf die
Frage, weshalb tlie Chinesen, wenn sie schon
dem Tode nahe sind, doch so häufig noch an
Rord gehen, um ohne Hoffnung, die Heimat lebend
zu erreichen, noch die Reise anzutreten, meinte
Ah-Kat, der zur Bedienung Arnold's bestimmte
Kajütendiener, in seinem gebrochenen (Ridgern)
Knglisch : „Sie wissen vielleicht viel, aber Sie
kennen doch die Bodenseite eines chinesischen
Gemüthes noch nicht; nehmen Sie an, ich sterbe
an Bord, so komme ich wohlfeil nich China."
Und das ist auch wirklich der Kall. Eine ver-
zehrende Sehnsucht erfüllt jeden Chinesen, der
ausserhalb seines Vaterlandes lebt, dass seine
Gebeine nach seinem Tode der heimatlichen Erde
anvertraut werden, und diese Sehnsucht wird
noch durch die Lehren der Religion und die
Macht der Gewohnheit verstärkt. In jedem ("on-
tractsverhältniss, welches ihn ausserhalb seines
Vaterlandes führt, bedingt sich der Chinese aus,
dass im Falle seines Todes seine sterblichen
Reste einem chinesischen Grabe anvertraut werden
sollen. Diejenigen, welche in Californien -aus dem
Leben scheiden, werden vorläufig von ihren
Freunden zur Erde bestattet, aber nur, um nach
einer gewissen Zeit wieder aufgegraben und für
die letzte Reise nach der Heimat eingepackt zu
werden. Die Dampfer auf dem Stillen Ocean sind
daran gewöhnt, solche weniger angenehme Fracht,
natürlich gegen hohe Bezahlung, anzunehmen und
zu befördern ; gewöhnlich werden sie unter dem
Namen „Fischgräten" in den Listen verzeichnet.
Sieht man übrigens den schlitzäugigen Passa-
gieren nicht scharf auf die Finger, wenn sie an
Bord kommen, so machen sie häufig den Versuch,
Alles, was von einem verstorbenen Freunde oder
Verwandten noch übrig ist und ohne zu grosse
lJnl)e(|uenilichkeit verführt werden kann, in einem
Koffer oder einer Theekiste an Bord zu bringen,
indem sie nicht nur der Gesellschaft einen Streich
spielen, was einem chinesischen Herzen immer
eine gewisse Befriedigung gewährt, sondern auch
ihre gesellschaftlichen l'llichten im Geiste der
Grundsätze des Confucius erfüllen. Das Schiff,
auf dem Arnold die Reise machte, stand unter
einer vorzüglichen Leitung, welche mit den
Listen der Chinesen vollständig vertraut war,
so dass nichts, was der Gesumlheit schädlich
sein konnte, Zugang zu dem Hinterdeck, dem
Aufenthalt der Chinesen, gefunden hatte. Den-
noch muss der Aufenthalt dort, selbst für Je-
mand, der gewohnt war in den Höhlen des
chinesischen Viertels zu leben, manchmal ent-
setzlich gewesen sein und Gefühle, wie Dantes
Hölle erweckt haben. Die Dünste, welche -aus
den zum Schutz gegen Regen und überschla-
gende Wellen mit gcthcertcr Leinwand über-
deckten Luken entstiegen, schlössen schon jede
persönliche Untersuchung aus. Wenn man sich
aber eine Gesellschaft von 700 Chinesen, die zu
drei übereinander verpackt sind, vorstellt und
dabei eine Reihe nasser Nächte und unruhiger
'läge berücksichtigt, während welcher das Schiff
Sprünge wie ein Delphin macht und die ganze
Schaar bezopfter Gesellen zu einem hilflosen
Chaos zusammenschüttelt, so wird man sich eine
schwache Vorstellung von dem Bilde machen
können, welches die Schiffswändc einschlössen.
Im Laufe der ersten fünf oder sechs Nächte en-
deten zwei der armen gelbhäutigen Burschen
ihre Laufbahn. Sie waren sterbend an Bord ge-
kommen, in dem letzten Stadium körperlicher
Erschöpfung ; nur den einen hatte man eines
Morgens todt auf seinem Schlafplatz gefunden,
während <ler Tod des anderen in einer Nacht
durch das Geschrei seiner Nachbarn kundgegeben
wurde ; selbst Chinesen finden es unangenehm,
wenn bei jeder Schlingcrung des Schiffes ein
todter Körper gegen sie anrollt. Das Verfahren
in solchen Italien ist durchaus gleichmässig. Da
die Gesellschaft sich contractiich verpflichtet hat,
den Chinesen lebend oder todt in seine Heimat
zu bringen, wenn er sie entsprechenci dafür ent-
schädigt, so hat das Schiff eine Anzahl roh be-
arbeiteter Särge an Bord. Einer dersell)en wird
aus dem Raum heraufgeholt und der Kajüten-
wächter der Chinesen verlangt nun 30 Dollars für die
liinbalsamirung. Nur selten findet sich das Geld
in den Taschen des Verstorbenen oder in seinem
Gürtel oder seinen Schuhen, denn wiewohl seine
Landsleute den bereits Verstorbenen nicht leicht
bestehlen würden, machen sich doch manche
derselben weniger Gewissensbisse, sich das Geld
eines im Sterben liegenden Gefährten anzueignen.
Doch die Mehrzahl derselben ist recht freigebig,
eine' zinnerne Schüssel wird mit gebranntem
Zucker gefüllt, in welchen einige geweihte Kerzen
hineingesteckt sind, und dann umhergetragen,
um Beiträge für das Begräbniss zu sammeln.
Jeder gutgesinnte Chinese nimmt mit den Finger-
spitzen etwas Zucker und legt seine Gabe, sei
es lo Cents, '/« oder '/^ Dollar in die Schüssel; dies
dauert so lange, bis die erforderliche Summe
gesammelt ist. Dann öffnet der Kajütendiener
oder einer seiner Gehilfen die Schenkelschlag-
ader des Verstorbenen und spritzt eine starke
.Auflösung verschiedener, die Verwesung ver-
hindernder Stoffe, wie Carbolsäure, .Arsenik u. A.
in die Gefässe ein. Der so beschützte Körper
wird in Leinwand gewickelt, in einen der roh be-
arbeiteten Särge gelegt und an das Geländer
des Schiffes festgebunden ; ein an demselben be-
festigtes Papier trägt in chinesischen Schriftzeichen
Namen und .Adresse des unglücklichen .Auswan-
derers, der aus einem Passagier ein Theil der
Ladung geworden ist. Friedlich standen während
der weiteren Reise zwei Särge fest an das Ge-
länder des Hinterdecks gebunden, die früheren
80
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
Genossen des Verstorbenen sassen ruhig und
gleichgiltig auf denselben oder um dieselben hin
und rauchten ihre Pfeife.
MISCELLEN.
Das chinesische See-Arsenal zu Kiang-Nan.
Dieses Arsenal liegt am Ufer des Flusses Hoangpu
und circa 2 Meilen stromaufwärts von den Conces-
sionen der Europäer in Shanghai. Es besteht seit
etwa 20 Jahren und wurde vom General-Gouverneur
der beiden Kiang, auch Viecekönig von Nanking
genannt, dem bekannten Tso - Tsung - tang • —
berühmt durch die Campagne von Kaschgar, in
welcher er die chinesischen Truppen siegreich
befehligte — gegründet. Das Arsenal von Kiang-
Nan, welches zu dem Zwecke erbaut wurde, um
als Reparaturs- und Vorrathsarsenal für die chine-
sische Südflotte zu dienen , verlor durch das
überwiegende Anwachsen der Nordflotte viel an
Bedeutung, und wird jetzt in ein Arsenal für die
Landarmee umgewandelt werden. Die Schiff-
bauwerften sind seit Jahren unthätig und das
Trockendock, welches nicht mehr als 8u m Länge
hat, dient nur zum Reinigen des Bodens kleinerer
Flusskanonenboote und Schleppdampfer. Die
administrative Leitung des Arsenales ist in die
Hände dreier Mandarine gelegt, die ein Comite
bilden, dessen Secretär den Titel „Unterdirector"
führt. Der techniche Theil der Leitung ist
Europäern anvertraut. Das Arsenal besteht aus
8 Werkstätten, nämlich: Montirungswerkstätte,
Kesselwerkstätte, Gewehrfabrik, Kanonenfabrik,
Werkstätte für die Erzeugung von Geschossen,
Giesserei, Schiffswerfte, Trockendock. Folgende
Europäer functioniren in diesem Arsenale: Ein
Maschineningenieur (Engländer) ; ein Director
der Kanonenfabrik, Engländer, Ingenieur der
F"irma .Armstrong ; ein Director für die Fabrikation
der Projectile, Engländer ; ein Uebersetzer für
die Uebersetzung von in europäischen Sprachen
geschriebenen Werken ; ein Professor der französi-
schen Sprache, Director der französischen Schule
des Arsenals. Trotz der Absicht, dieses See-Arsenal
in ein rein militärisches umzuwandeln, scheint man
doch das Trockendock für die etwa erforderlichen
Reparaturen an den Schiffen der Südflotte erhalten
zu wollen. Die Gewehrfabrik, ausschliesslich von
Chinesen geleitet, besitzt eine vollständige Ein-
richtung an Maschinen; die Aufsicht über diese
letzteren führt ein englischer Maschineningenieur.
Erzeugt werden Remington-Gewehre, doch wurde
auch die Herstellung jener von Lee und Mauser
versucht. Die Zahl der jährlich fabricirten Gewehre
beträgt 2800 — 3000 , doch kommen dieselben
doppelt so theuer zu stehen, als wenn man sie
in Amerika kaufen würde. Die Werkstätten für
die Erzeugung von Geschützen sind grossartig,
ihr Maschinencomplex ist vollständig und ganz
gleich jenem der Firma Armstrong. Man baut
dort Armstrong-Geschütze von 30 / und weniger.
Obwohl die maschi.ielien Einrichtungen auch für
die F'abrikation der Rohre genügen würden, bezieht
man letztere doch schon fertig von England. Alle
anderen Geschütztheile werden in der Werkstätte
erzeugt, und zwar nach dem gleichen Systeme,
wie sie die Firma Armstrong herstellt. Die
Direction dieser Werkstätte ist, wie schon erwähnt,
einem Ingenieur der Firma Armstrong anvertraut.
Bis zum Jahre 1888 erzeugte man nur Armstrong-
Vorderlader ; später begann man Armstrong-
Geschütze mit dem De Bang-Verschlusse herzu-
stellen. Bis jetzt wurden von diesem Systeme
4 Stück 203 /«»/-Geschütze gebaut ; 2 25 /-Ge-
schütze sind nahezu vollendet. Das Arsenal kann
jährlich im Durchschnitte 24 Geschütze zu 30 /
herstellen. Die dort erzeugten Geschütze dienen
für die Armirung der festen Plätze und der Schiffe
des Vicekönigs von Nanking. Falls andere Pro-
vinzen des chinesischen Reiches Geschütze aus
dem Arsenale beziehen wollen, müssen sie die
Kosten derselben dem Arsenalsfond ersetzen.
Kürzlich wurden 2 8zöllige Geschütze für die
Vertheidigung von Uei-Hai-Nei bestellt, die —
wie es scheint — - auf Verschwindungslafetten
installirt werden sollen. Auch die Werkstätte zur
Herstellung von Projectilen ist vorzüglich ein-
gerichtet. Die Geschosse, welche hier erzeugt
werden, entsprechen den Calibern der Krupp-
und Armstrong-Geschütze, mit denen China ver-
sehen ist. Auch diese Werkstätte ist von einem
Engländer geleitet ; sie fabricirt täglich im Mittel
20 Geschosse für schweren und 200 Geschosse
für leichten Caliber. Ein grosser Theil der!
erzeugten Geschosse geht nach den anderen-1
Provinzen Chinas. Dieses Product des Arsenales'^
ist das einzige, welches billiger zu stehen kommt,
als man dasselbe in Euroija kaufen würde.
(Rliltheilungen aus dem Gebiete des Seewesens.)
Aus Thibet. Vor der letzten Versammlung
der Pariser Geographischen Gesellschaft erstattete
der Abbe Desgodins Bericht über seine Thätig-
keit in Thibet. Nach einem vierunddreissigjährigen
Aufenthalte daselbst ist er nach Frankreich zu-
rückgekehrt, um ein französisch-englisch-thibetani-
sches Lexikon herauszugeben, welches er im
Vereine mit seinen Collegen in Thibet während
dieser Zeit zusammengestellt hat. Die thibetani-
schen Hochebenen schildert er als sehr spärlich
bevölkert, die Bewohner müssen aber als ein
schöner Menschenschlag gelten. Die Thierwelt ist
ziemlich reich vertreten , hauptsächlich durch
Pferde, Yaks und Schafe. Die Hauptstadt des
Landes, Lhassa, zählt 15.000 Einwohner, be-
stehend aus Chinesen, Mongolen und Leuten aus
Nepal und Kaschmir. In dieser Zahl sind aber
die 22.000 Lama-Mönche, welche in grossen und
kleinen Klöstern zerstreut leben, nicht inbegriffen.
Der Dalai-Lama ist nur das geistliche Hau|)t der
Secte der sogenannten „gelben Lamas" und ge-
niesst keinerlei Autorität über die Buddhisten im
Norden von Thibet. Die Regierung Thibets ist
thatsächlich die chinesische, und dieselbe besteht
aus drei Gesandten, welche von sieben Manda-
rinen und einer, durch das ganze Land zerstreuten
Armee von 4000 Mann unterstützt werden.
Yernntwortliclur Bedaeteur: A. v. Soala.
Druck Ton Ch. Reiiter & M. W«rthn«r in Wien.
D
Juni-Heft 1890.
OESTERREICHISCHE
ünateclrift für kit #ritnt
Herausgegeben vom
K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUM IN WIEN.
Redigirt von A. von Soala.
Monatlich eine Nummer.
VERLAG DES K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUMS IN WIEN.
Preis jflhrl. S fl. » 10 Mark.
IHHALT : iiii dunkeihten Afrika. Vm\ A.v. Schweigtr-Lerchenfeld.
— liudrilui und Jiua. Von Hermann Ftigl. — Die GenusHmittel
de» Oriente». Von Oustav Troll, (IV.) — Mlscelle: Confureuz
der Misiiionäre in BhauKbaf.
IM DUNKELSTEN AFRIKA.*)
Von A. -von Schweif ir - Ltrchenfeld.
I.
Stanley und Emin Pascha.
Ijelten hat ein Erforschungszug so sehr
die öffentliche Meinung beeinflusst, die
Urtheile Einzelner, ganzer Parteien,
ja ganzer Völker von leidensciiaft-
licher isrregung getrübt, wie der unbeschreiblich
mühevolle und ereignissreiche Marsch Stanley's
nach Ae(|uatoria und von dort nach der Küste
von Sansibar. In der Regel werden solche Ex-
peditionen im Dienste der Wissenschaft, oder zu
Nutz und Frommen der Civilisation unternommen und
darnach beurtheilt, auf ihren Werth geprüft. In
diesem Falle war es anders. An sich ist der Stan-
ley'sche Zug so grossartig, wie nur irgend ein
früheres Unternehmen dieser Art; aber durch die
Ver(|uickung rein menschlicher Dinge mit Zwischen-
fällen von unverkennbarem politischen Anstrich
haben hässliche Flecken den Glanz der Stanley'schen
Leistung getrübt. Nicht dass einen der beiden
llau|)tl)ctheiligten hiebei ein besonderes Ver-
schulden träfe, denn die Charaktere Stanley's und
Emin's sind, jeder in seiner Weise, von jeder Vcri
unglimpfung geschützt. Die Disharmonie, weldie
<ias Ergebniss des Unternehmens in vielfacher
Weise beeinträchtigt, liegt weit tiefer, sie liegt
ausserhali) der Personen, wenngleich diese es sind,
dii- den Ton angeschlagen haben, der so störende
Missklänge ergab. Die im Stanley'schen Rettungs-
werke in die Erscheinung tretende Disharmonie
ist kurz gesagt das Ergebniss eines wechsel-
seitigen Misstrauens, das ,von der Parteien Hass
und Gunst'" getragen und geschürt wurde und
schliessli<'h auf das Gebiet der grossen Politik hin-
übersiiielte, auf dem bekanntlich alle Gemüthlich-
keit ein Ende findet.
Wer das umfangreiche, an den nu-rkwünhg-
sten Dingen überreiche Stanley'sche Reisewerk
vom Anfange bis zu h'nde aufmerksam ilurchliest
*) AufMurlning:, Kottuug und Uitrkzug AVii« Paacha's, Gouver-
nenrn i)<>r Ac«|U»toi-ialprovinz. Von Henry M. S(aHt*if. AutorUirte
dculsche AiitifCHbe von H. v. WobesiT. 3 R&ndfl mit l&O Abbll-
ilnngen und 3 Karlen (.\II, 51S und VllI, 480 Selten). I.eipllg,
F. A. UroekhaUB, ISSK).
Munatiicbrift fir d«n Orient. Juni 1890.
— nein : durchstudirt — hat behufs Gewinnung
eines zutreffenden Urtheiles Dreierlei zu berück-
sichtigen : erstens das eigentliche Endziel des Un-
ternehmens in allen seinen Wechselwirkungen, ein-
schliesslich des Verhältnisses der Hauptbetheiligten
dieses Unternehmens zu einander; zweitens die nur
mit der Person Stanley's verknüpfte Leistung als
solche, als Forschungszug, die in ihren Einzel-
heiten von einer dramatischen Beweglichkeit, die
ihresgleichen nicht findet, und von ebenso gross-
artiger als erschütternder Gesammtwirkung ist ;
drittens die wissenschaftlichen Ergebnisse der Ex-
pedition mit Losschälung alles dessen, was rein
persönlicher Natur ist, die objectivc Beurthcilung
der Leistung vom rein sachlichen Standpunkte.
Auf Basis dieser dreifachen Beurthcilung gliedern
wir unsere Besprechung des Stanley'schen Werkes
in drei Theile und beginnen wir mit dem dem all-
gemeinen Interesse zunächst liegenden Gegenstande
— „Stanley und Emin" — der freilich derjenige
Abschnitt des Gesammtunternehmens ist, den die
öffentliche Meinung, bei förmlicher .Ausschliessung
alles Anderen, bereits vor einiger Zeit aufgriff und
in mehr oder weniger leidenschaftlicher Weise be-
handelte. Wer ausserhalb des politischen und na-
tionalen Parteihaders steht, hat die Aufgabe, die
Dinge streng objectiv zu beurtheilen. Es soll den
Lesern überlassen bleiben, zu beurtheilen, inwie-
weit der Referent dieser schwierigen Aufgabe sich
gewachsen zeigte.
Halten wir uns zunächst eine rein mensch-
liche Angelegenheit vor Augen. Ein schwer be-
drängter, hilfsbedürftiger Mann, der sich um die
Civilisation und Humanität die grössten Verdienste
erworben und durch seltene Geistes- und Cha-
raktereigenschaften die .Aufmerksamkeit aller Ur-
theilsfähigen auf sich gezogen hat, wird von einer
Schaar opferwilligster und ausdauerndster Pfad-
finder aufgesucht, um gerettet zu werden. Die
Hindernisse, welche hiebei zu überwinden sind, ge-
stalten sich so ungeheuerlich, dass Naturen von
seltener physischer und psychischer Constitution
dazu gehören, sie zu bewältigen. Der Schrecken
dauert nicht Wochen, nicht .Monate — er dauert
jähre lang. Hunger und Kr.inkheiten, feindliche
Angriffe und schier unglaubliche Strapazen lichten
die Schaar, welche sich den Führern angeschlossen
hat, in Schrecken erregender Weise ; jeder
82
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
Tag fordert seine Opfer; die Lagerplätze werden
zu Friedhöfen, welche Pestilenz aushauchen ; die
Führer selber gerathen in einen Zustand des Elends,
der grauenerregend ist : sie sehen ihre freute ver-
schmachten und können nicht helfen; sie haben nur
ein Ziel — die Rettung des Bedrängten — vor
Augen ; sie hungern mit ihren Leidensgefährten,
die sie in diese Wildnisse geführt haben ; sie werden
selber von todbringenden Krankheiten ergriffen,
und die Sorge, die Schutzbefohlenen möglicher-
weise sich selbst überlassen zu müssen, fügt zu dem
physischen Elend die grössten moralischen Qualen.
Schliesslich wird Alles — allerdings mit un-
geheueren Opfern — überwunden, und die Wackeren
scheinen am Ziele ihrer Bestrebungen zu sein. Aber
der Gesuchte ist nicht dort, wohin zu kommen ihm
ein Leichtes gewesen wäre und die Erschöpften
ringen noch Monate, um aus ihrer verzweifelten
Lage herauszukommen . . . Nennen wir nun die
Dinge bei ihrem wahren Namen . . . Bekanntlich
waren Stanley und seine Leute das erste Mal Mitte
December 1887 an den Albertsee gekommen, und
hatten erwartet, daselbst Emin, der von dem Her-
annahen des Zuges wusste, anzutreffen. Diese Er-
wartung wurde grimmig enttäuscht. Mit Recht durfte
Stanley sagen: „Als ich darüber nachgrübelte, wie
die Hoffnungsfreudigkeit, welche uns bisher be-
seelte, so seltsam ein plötzliches Ende gefunden
hatte, kam mir der Gedanke, dass sich wohl nie-
mals einem Reisenden im wilden Afrika eine ent-
muthigendere Aussicht gezeigt habe, als sich uns
hier (am Albertsee) enthüllt hatte. Von dem Augen-
blicke an, als wir am 21. Jänner 1887 England
verlassen hatten, bis zu diesem 14. December war
keinem von uns die Idee gekommen, dass unsere
Pläne so nahe am Ziele, wie wir es waren, noch
vollständig vereitelt werden könnten. Wir hatten
gehofft, hier Nachrichten vom Pascha anzutreffen;
nach unserer Ansicht musste der Gouverneur einer
Provinz, die zwei Dampfer, Rettungsboote, Canoes
und Tausende von Leuten besass, an einem so
kleinen See, wie der Albert-Njansa, den man an
zwei Tagen von einem Ende zum anderen umfahren
kann, überall bekannt sein. Als wir durch äusserste
Schwäche gezwungen waren, unser Stahlboot in
Ipotü zurückzulassen, hofften wir, dass eines von
dreien der Fall sein würde : entweder, dass der
Pascha, der durch mich von unserem Kommen in
Kenntniss gesetzt war, die Eingeborenen von un-
serem Erscheinen vorbereitet hätte, oder dass wir
ein Canoe kaufen , oder ein solches anfertigen
könnten. Allein, der Pascha hatte das südliche Ende
des Sees nie besucht (!) und ebensowenig war ein
Canoe zu haben, oder ein Baum zu finden, aus dem
ein solches hergestellt werden konnte."
Emin Pascha hatte im November 1887 an
seinen Freund Dr. Felkin geschrieben: „Es ist Alles
in gutem Gange; in den besten Beziehungen mit
den Häuptlingen und den Leuten ; werde mich binnen
Kurzem nach Kibiru am Ostufer des Albertsees
begeben. Habe, um nach Stanley Umschau zu halten,
eine Recognoscirungs - Abtheilung ausgeschickt,
welche noch nicht zurückgekehrt ist. Erwarte
Stanley ungefähr am 15. December . . ." Merk-
würdigerweise war die Entsatz-Expedition fast auf
den Tag genau am Albertsee angekommen ; sie
fand Niemanden und nichts. Schon eine rein mensch-
liche Erwägung hätte Emin bestimmen sollen, für
seine Retter zu sorgen. Alles aufzubieten, um die
— • wie es in der Natur der Sache lag — sehr
herabgekommenen Eintreffenden entsprechend zu
empfangen.
Es ist ein Räthsel, wie ein Mann, in dessen
Charakter die Weichmüthigkeit und das humanitäre
Empfinden vorherrschen und in dessen Herzen der
Undank keinen Platz hat, sich einer solchen Ver-
säumniss schuldig machen konnte. Von Wadelai
bis zum Südende des Albertsees sind es nur wenige
Tagereisen und Emin konnte diese Strecke bequem
im Dampfer zurücklegen. Und dennoch war, wie
bereits erwähnt, sogar der Name Emin's in jener
Gegend unbekannt! Stanley aber hätte 25 Tage-
märsche bis Wadelai zurückzulegen gehabt, wobei
es immerhin zweifelhaft war, ob Emin dortselbst
anzutreffen war. Um aber den Wasserweg ein-
schlagen zu können, bedurfte es eines Bootes. Es
war keines zu haben; das Stahlboot „Advance" lag
in Ipoto, also etwa zwanzig Tagemärsche rück-
wärts.
Man kann es Stanley nicht verdenken, wenn
ihn diese Sachlage sehr bekümmerte. Immer ener-
gisch und pflichttreu, versäumte er keinen Augen-
blick, und machte sich auf den Weg nach Ipoto . . .
„Das Unvermeidliche umgab uns, damit das Gesetz
sich erfülle, dass man das Erstrebenswerthe nur
mit Mühe und Geduld erreichen kann. Wohin wir
blicken mochten, überall war uns das Vordringen
verschlossen, ausgenommen unter Kämpfen, Tödten,
Zerstören, Vernichten und Vernichtetwerden. Für
Unjoro hatten wir kein Geld und keine passenden
Waaren ; der Marsch nach Wadelai war nur eine
nutzlose Vergeudung von Munition, deren -Mangel
uns wahrscheinlich an der Rückkehr verhindert und
in dieselbe Hilflosigkeit versetzt haben würde, in
Welcher Emin Pascha sich befinden sollte. Richteten
wir unsere Blicke auf die See, so wurden wir daran
erinnert, dass wir Zweifüssler waren, die etwas
Schwimmkraftbesitzendes brauchten, das sie über
das Wasser zu tragen vermag. Alle Wege, mit
Ausnahme desjenigen, auf dem wir gekommen
waren, waren uns verschlossen und unsere Lebens-
mittel inzwischen erschöpft."
Der Gedanke an diese fast tragisch zu nen-
nende Wendung der Dinge, kann nur mit einem
stillen Vorwurfe gegen Emin vereint werden. Er
hatte Tausende von Leuten, zwei Dampfer und
einen Weg von nur vier Tagereisen bis zum Süd-
ende des Sees.
Was würde es dem Gouverneur von Ae(]uatoria
weiter gekostet haben, dortselbst ein fliegendes Lager
von nur etwa fünfzig Mann zu Stationiren und Vor-
räthe aufzuhäufen? Die Provinz war ja damals noch
vollkommen ruhig und Emin selber schildert in dem
üben citirten Schreiben seine Lage als eine ganz
^
OESTERRE1CHISCHB MONATSSCHRIFT F0R DEN ORIENT.
gute. ICs ist auffällig, dass in der Besprechung der
Controversc zwischen Stanley und Emin die Presse
diesen Punkt bisher gar nicht berührt hat. Das ist
unseres Eracbtens denn doch eine sehr einseitige
Bcurtheilung des vielbesprochenen Verhältnisses
zwischen den beiden Hauptacteuren in dieser Epopöe.
Zur Ehre Stanley's sei's gesagt, dass er diesen be-
schämenden Zwischenfall in keinerEmin ungünstigen
Weise commentirt; er beschränkt sich auf die
blosse Verwunderung, dass Emin — nicht ge-
kommen.
Am 7. Jänner 1888 traf die Expedition im
Fort Bodo ein, am 18. April war sie wieder am
Albertsee. Es waren also volle vier Monate ver-
loren gegangen. Am 29. April erfolgte die erste
Begegnung mit Emin Pascha, der mittlerweile auf
Grund eines „Gerüchtes", dass im Süden des Sees
weisse Leute gesehen worden seien, dahin aufge-
brochen war. Die Begegnung geschah in später
.Abendstunde im Lager zu Kavalli. Emin sagte zu
Stanley: „Ich bin Ihnen viel tausend Dank schuldig,
und weiss wirklich nicht, wie ich Ihnen denselben
aussprechen soll . . ." Stanley war von der Persön-
lichkeit Emin's im Grossen und Ganzen enttäuscht.
Er hatte, wie dies seinem eigenen Wesen entsprach,
einen strammen, körperlich starken und schneidigen
Soldaten erwartet, und fand das Gegentheil. Wenn
nun auch nicht jeder Mensch einen unternehmungs-
lustigen, temperamentvollen Huszarenofficicr vor-
stellen kann und neben solchen auch andere Indi-
vidualitäten zu bestehen das Recht haben, war mit
obiger Begegnung gleichwohl eine der Illusionen
Stanley's zerstört. Das kann ihm, dem kühnen
Afrikareisenden, unmöglich verübelt werden. Von
seiner Unparteilichkeit und Ausserachtlassung allen
persönlichen Geschmackes spricht der Umstand,
dass er Emin liebevoll und mit grösster Nachsicht
behandelte. Das war sehr schwer, denn Emin zeigte
gleich bei Beginn der Unterredung wenig Lust,
Afrika zu verlassen ; nicht so sehr seiner Person
wegen, als der vielen Leute halber, im Ganzen
10.000, welche fortzuschaffen waren. In diesem
Punkte scheint auch Stanley sich keine richtige
Vorstellung von den Hindernissen gemacht zu
haben.
Die späterhin von Kavalli aufgebrochene Ka-
ravane von über 1500 Köpfen nennt er ,, ungeheuer" ;
welche Bezeichnung würde er für die zehnmal
grössere Menschenmenge — fast vorwiegend Frauen
und Kinder — gewählt haben?
Das Ergebniss aller Unterhandlungen war, dass
Emin entschlossen war, Afrika zu verlassen, wenn
seine Leute bereit seien; sonst wollte er bei ihnen
bleiben. Es handelte sich um 65 Egypter und zwei
Bataillone sudanesische Truppen, im Ganzen rund
1450 Mann und deren Familien. Schon nach wenigen
'lagen erklärte Emin, dass er überzeugt sei, seine
Leute würden niemals nach Egyptcn gehen; höchstens
die l^gypter. Diese los zu werden, wärel^min herz-
lich froh. Nun rückte Stanley mit seinen Vorschlägen
heraus. Ausser dem glatten .'\bzuge im Sinne der
chcdivialen Ordre — die übrigens die Clausel ent-
hielt, dass Emin bleibeo könne, wenn er dies für
gut befinde, aber fortan auf eine officicile Unter-
stützung nicht mehr zu rechnen habe — kamen
noch weitere zwei Eventualitäten in Betracht : ent-
weder trat Emin in die Dienste des Congostaates,
oder er zog sich an den Victoria-Njansa zurück, um
späterhin seine Erfahrungen einer Privatgesellschaft
zu widmen. Zu beiden Anträgen war Stanley autori-
sirt. Der König der Belgier, als Souverän des
Congostaates, bot 1500 Pf. St. Jahresgchalt und
10.000 — 12.000 Pf. St. als jährliche Subsidie für
die Verwaltung von .'\equatoria. Alle Ueberkostcn
sollten aus den Einnahmen der Provinz bestritten
werden. Emin antwortete, er sei dem Könige der
Belgier sehr verpflichtet, aber . . . „so lange ich
hier bin, gehören die Provinzen Egypten und sie
bleiben sein Eigenthum, bis ich fortgehe. Wenn ich
weggehe, werden sie Niemands Land. Ich kann
meine Flagge nicht in solcher Weise streichen und
die rothe mit der blauen vertauschen.. Ich habe der
ersteren mehr als zwanzig Jahre gedient, die letztere
sah ich nie ?"
Das war gewiss die Antwort eines Mannes,
der das Herz am rechten Flecke hatte. Dagegen
erscheint, wie so Vieles an Emin, räthselhaft,
dass ihm der dritte Vorschlag, der .Abzug nach
dem Victoria-Njansa so halb und halb zusagte.
Es scheint also damals bei dem Pascha die Er-
wägung vorgewaltet zu haben, unter gewissen
Voraussetzungen Dienste bei der britisch-ostafri-
kanischen Gesellschaft zu nehmen. Oder freute
sich Emin lediglich darüber, neue Länder kennen
zu lernen, um für seine ornithologischen und en-
tomologischen Sammlungen neue werthvoUe Oh-
jecte zu erobern ? Fast scheint das Letztere der
Fall zu sein, denn Stanley hebt wiederholt die
Freude hervor, welche Emin an Reisen und Ex-
cursionen — natürlich nicht „Reisen" im Sinne
Stanley's — hatte.
Im Uebrigen hatte es mit der Entscheidung
für den einen oder den anderen Vorschlag keine
Eile, da Stanley die Nachhut, welche unter Major
Barttelot in Jambuja zurückgeblieben war, ein-
zuholen hatte. Wir kommen in einem zweiten
Artikel, welcher den Einzelheiten der Expedition
speciell gewidmet ist, auf die Erlebnisse der
Barttelot'schen Coloane zurück, und halten einst-
weilen an allen jenen Dingen und Vorfallenheiten
fest, welche mit Emin verknüpft sind. Zunächst
wünschte dieser die Leute nicht direct zu be-
einflussen, sondern bat Stanley, durch eine Pro-
clamation den Auszug vorzubereiten. Die .Art
und Weise, wie Stanley solche Kundgebungen
an die Afrikaner stylisirt, ist sehr bemerkens-
werth. Er trifft vorzüglich den Ton, der dem
Verständnisse dieser Leute angepasst ist ; zu-
gleich gibt er sich das .Ansehen eines um das
Schicksal seiner Schutzbefohlenen besorgten Vaters,
lässt aber überall eine gewisse Autorität, die so
gut wie inappellabel ist, durcbklingen. In eben
solcher Fassung wurde die Proclamation an die
egyptischen Officiere und Truppen in Wadelai
84
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEN ORIENT.
erlassen und mit der Verlautbarung derselben
Stanley's Officier Jephson betraut.
Am 24. Mai war Stanley mit seinen Leuten
aufgebrochen, um den ungeheueren Weg durch
das Grasland, durch den „grossen Wald" und
längs des Iti'iri-Aruwimi nach dem Lager der
Nachhut bei Jambuja anzutreten. Darüber später.
Am 17. August wurden die Trümmer der Bartte-
lot'schen Colonne bei Banalja aufgefunden und
bereits am 21. sehen wir Stanley, obwohl furcht-
bar erschüttert über das Vorgefallene, physisch
und moralisch leidend, wieder nach Osten auf-
brechen. Erst am l8. Jänner trifft die Entsatz-
Expedition wieder am Albertsee ein. Es waren
also inzwischen fast acht Monate verstrichen.
Was Stanley bei seiner dritten Ankunft am See
erfuhr, war niederschmetternd genug : Emin und
Jephson in den Händen der egyptischen Truppen,
die mittlerweile rebellirt hatten ; blutige Kämpfe
bei Redjaf und üufile mit den in der Aequatorial-
provinz eingebrochenen Mahdisten. Schon bei
der Ankunft im Fort Bodo, nördlich vom Ituri,
schöpfte Stanley Verdacht, dass etwas Unheim-
liches vorgefallen sein musste. Jephson, der dort
einzutreffen hatte, fehlte, lieber seinen Verbleib
war nichts in Erfahrung zu bringen. Stanley
liess daher im Fort Bodo unter Lieutenant Stairs,
einem der tüchtigsten Officiere der Expedition,
eine starke Besatzung zurück und machte sich
nach dem See auf. Hier empfing er Briefe von
Emin und Jephson aus Dufile, welche die be-
kannten Ereignisse schilderten. Es war am
18. August 1888 eine partielle Meuterei unter
den egyptischen Truppen ausgebrochen , und
wurden Emin und Jephson zu Gefangenen ge-
macht. Der Letztere schrieb unter dem 7. No-
vember desselben Jahres Folgendes an Stanley :
„Die Rebellion ist durch etwa ein halbes Dutzend
Egypter (Officiere und Beamte) in Scene gesetzt
worden und nach und nach haben sich Andere
angeschlossen. Einige aus Neigung, die Meisten
aber aus Furcht. Die Soldaten, mit Ausnahme
derjenigen von Labore, haben sich niemals an
dem Aufstande betheiligt, sondern in Ruhe dem
Befehle der Officiere Folge geleistet. Die her-
vorragendsten Schürer der Rebellion waren zwei
Egypter, welche, wie wir später gehört haben,
sich nach Nsabe begeben haben, um bei Ihnen
Beschwerde zu führen. Der eine war des Paschas
Adjutant Abdul Wahab Effendi, der früher auch
an der Empörung Arabi Paschas theilgenommen
hat, der andere Achmed Effendi Mahmud, ein
einäugiger Beamter. Als der Pascha und ich uns
auf dem Wege nach Redjaf befanden, zogen
diese Beiden und einige Andere umher und er-
zählten, sie hätten Sie gesehen ; Sie seien nur
ein .Abenteurer und nicht von Egypten gekommen,
die von Ihnen überbrachten Briefe von Khedive
und NuSar Pascha seien Fälschungen ; es sei
unwahr, dass Chartum gefallen sei, und der
Pascha und Sie hätten ein Complot gemacht, um
sie, ihre Frauen und Kinder aus dem Lande zu
führen und sie als Sclaven den Engländern zu
überantworten."
Man kann sich denken, welche Wirkung
diese Lügen unter einer unwissenden und fanati-
schen Menge hatten. Es erfolgte eine allgemeine
Rebellion, l'^min und Jephson wurden gefangen
gesetzt. Einige der schlimmsten der Rebellen
waren sogar dafür, Emin in Eisen zu legen, doch
hegten die Officiere Furcht, diesen Plan auszu-
führen, da die Soldaten erklärten, sie würden
nie zugeben, dass an ihren Führer Hand gelegt
werde. Zugleich wurden Pläne geschmiedet, Stan-
ley in eine Falle zu locken, um ihn auf irgend
eine Weise unschädlich zu machen. Mitten in
diesen Wirren fiel ein schwerwiegendes Ereigniss
vor: die Mahdisten waren in Lado eingetroffen
und hatten drei Pfauen-Derwische mit der Auf-
forderung in's Rebellenlager geschickt, dem Kha-
lifen von Chartum sich zu ergeben. Die drei
Sendboten wurden in's Gefängniss geworfen. Aut
das hin griffen die Dangala Redjaf an und ver-
trieben unter empfindlichen Verlusten die Egypter.
Unter den Rebellenofficieren war die Bestürzung
gross. Man war entschlossen, den Pascha frei-
zugeben, zögerte aber damit, weil man dessen
Rache fürchtete. Zugleich verweigerten die Sol-
daten ihren Officieren den Gehorsam. Als über-
dies die Rebellenofficiere bei dem Angriffe aut
Redjaf eine zweite empfindliche Niederlage er-
hielten, forderten die Soldaten stürmisch die Frei-
lassung Emin's, die dann endlich erfolgte. Man
schickte ihn, sowie Jephson — der, beiläufig be-
merkt, während der dreimonatlichen Gefangen-
schaft frei umhergehen konnte — nach Wadelai,
wohin auch die Soldaten und Beamten und deren
Familien folgten, da die Mahdisten mittlerweile
bis Dufile vorgedrungen waren, wo erbitterte
Kämpfe stattfanden.
Für Stanley war nun die Zeit für entschie-
denes Handeln gekommen, doch machte er die
Rechnung ohne den Wirth, d. h. ohne den säu-
menden und zögernden Emin Pascha, der, selber
ohne jede autoritative Gewalt, so weit Einfluss
auf seine Leute zu haben meinte, dass er auch
jetzt noch ungefährdet in ihrer Mitte zubringen
durfte. Stanley verlangte positive Entschlüsse und
stellte hiefür einen Termin von 20 Tagen auf.
Dieses Auftreten kränkte Emin. Es ist ganz un-
erklärlich weshalb; denn überschaut man Alles, was
Stanley an Opfern gebracht, an Strapazen durch-
gemacht und an Enttäuschungen erlebt; erwägt
man ferner, dass er seine Scliutzbefohlenen nicht
den Fährlichkeiten eines Aufenthaltes auf unbe-
stimmte Zeit im Herzen von Afrika aussetzen
konnte, so ist die Empfindlichkeit Emin's ganz
unverständlich. In dieser Zeit schrieb Jephson,
mit dem Stanley fortgesetzt im brieflichen Ge-
dankenaustausche stand: „Das Gefühl ist der
schlimmste Feind des Paschas. Emin Pascha hält
Niemand zurück als Emin selbst . . . ." Es sollte
aber noch schlimmer kommen. Emin beantw'>rtete
das entschiedene Begehren um positive Entschlüsse
OESTERHEICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
85
ausweichend ; am Sciilusse dieses Schreibens heisst
es: „IJa Herr Jephson mit diesem Dam[)fer ab-
fährt und mir freundiiclist versprochen hat, Ihnen
dieses Schreiben zu überbringen, benütze ich die
Gelegenheit, um Ihnen die grosse Hilfe und Unter-
stützung, die seine Gegenwart mir gewesen ist,
zu bezeugen. Unter den schwierigsten Verhält-
nissen hat er einen so grossartigen Muth, eine
so unerschütterliche Freundlichkeit und Geduld
erwiesen, dass ich nicht umhin kann, ihm jeden
Erfolg im Leben zu wünschen, um ihm für alle
seine Langmuth zu danken. Da ich Sie wahr-
scheinlich nicht mehr sehen zverde, möchte ich Sie
bitten, seinen Verwandten von meinem Dank an
ihn und sie Mittheilung zu machen . . . Ehe ich
schliesse, bitte ich Sie, mir zu gestatten, auf's
Neue Ihnen, Ihren Officieren und Mannschaften
meinen herzlichsten Dank auszusprechen und Sie
zu ersuchen, meine ewige Dankbarkeit den freund-
lichen Leuten zu- übermitteln, welche Sie uns zu
Hilfe gesandt haben. Möge Gott Sie und Ihre
Truppen schützen und Ihnen eine glückliche,
rasche Heimreist geben."
üass diese Weichmüthigkeit durchaus nicht
am Platze war, haben die weiteren lireignisse
bewiesen. Aber Stanley war nicht der Mann, sich
irremachen zu lassen. Zunächst zog er die Colonne
des Lieutenants Stairs aus Fort Bodo heran.
War diese eingetroffen, plante Stanley mit
300 Gewehrträgern und 2000 Mann eingeborner
Hilfstruppen den ."ilbertsee nordwärts entlang abzu-
raarschiren und Emin gewaltsam zu befreien. Ihm
war es unerklärlich, was der Gouverneur von
seinen Leuten überhaupt noch Gutes erwarten
konnte. Dass sie sich nun ihrem Oberhaupte
demüthig erwiesen, konnte zwar einen Mann von
dem Charakter Emin's täuschen, nicht aber den
in der Beurtheilung der Afrikaner weit erfahreneren
Stanley. Dieser calculirte so: Es ist leicht, die
Motive der Officiere, welche Rebellen sind und
Verräther und Mahdisten unter sich haben, die ihre
Berathungen beeinflussen, zu verstehen und die
natürlichen I'^olgen vorherzusagen. Sie werden um
die Gunst des Khalifen buhlen, indem sie ihre
angeblichen Befreier, ihren früheren Pascha und
seine weissen Gefährten verrathen und in seine
(des Khalifen) Hände bringen, um dafür Ehre und
Ruhm zu erringen. Für die Schnellfeuergeschütze,
die Magazin- und Remingtongewehre und einen
Trupp weisser Gefangener würde der Khalif sie
hübsch belohnen. Diejenigen, welche an der Ge-
fangennahme derselben hauptsächlich betheiligt
waren, zu Ehre und Geld bringenden Stellungen
befördern und sie mit Staatskleidern ausstatten.
U. s. m.
Inzwischen hatte sich Emin dennoch ent-
schlossen, Wadelai zu verlassen. Es wurden An-
stalten getroffen, ihn und seine Gefährten einzu-
holen. Wie aber die Hilfeleistung aufgefasst wurde,
entnimmt man aus Folgendem. Das vorläufig an-
gemeldeteGepäckwarungeheuer: l'"min 200 Lasten,
Casati (der geklagt hatte, durch Kabba-Rega, den
grimmigen Häuptling cer Wanyoro, „Alles ver-
loren zu haben") 80 Lasten, der Apotheker Vita
40 Lasten, der Grieche Marco 60 Lasten, zu-
sammen 380 Lasten (d. s. ebensoviele Träger)
für vier Personen! Ahttr Stanley ist ehrlich genug,
um in seiner Verzweiflung auszurufen: „Allerdings
habe ich versprochen. Alles nach dem Lager zu
schaffen; nun, wenn ich ein solches Versprechen
gegeben habe, muss ich es wohl halten."
Am 17. Februar 1889 traf Emin mit seiner
Karawane (65 Personen) im Lager ein. Es war
auch eine Deputation der meuternden Officiere,
geführt von Major Selim Bey, dabei. Es wurde
eine grosse Parade abgehalten, und Stanley ver-
stand es, sich Ansehen zu geben. Seine Officiere
erschienen zum ersten Male in funkelneuen Uni-
formen, was grosse Sensation erregte. Den nächsten
Tag ereignete sich noch ein anderer aufregender
Zwischenfall : Lieutenant Stairs (vom Fort Bodo)
war im Lager eingetroffen . . . „mit gewaltigen
Rcichthümern aller Art, fertiger Remington-,
Maxim- und Winchestermunition, Schiesspulver,
Zündhütchen, Ballen von Taschentüchern, weissen
baumwollenen und blauen Leinwandstoflfen, ge-
streiften prächtigen Kleidern, Perlen aller Arten.
Rollen von blitzendem Draht u. s. w. Es waren
Sansibariten, Mahdi, Leute aus Lado, Sudanesen,
Manjema, Balegga, Bandussuma, Zwerge und Riesen,
insgesammt 312 Träger."
An demselben Tage hatte Stanley eine lange
Unterredung mit der Deputation der meuternden
Officiere, welche für diese die Erklärung abgab,
nach Egypten abzuziehen. Zu diesem Ende erliess
Stanley eine seiner schneidigen, lapidaren, dem
Geiste der Afrikaner vortrefflich angepassten
„Prociamationen", welche Selim nach Wadelai
zu überbringen hatte . . . Nun begann aber das
schreckliche Geschäft des Gepäcktransportes. Der
Ausschiffungsplatz am Seeufer war drei Stunden
vom Stanley'schen Lager entfernt und dieses lag
auf dem hohen, steilrandigen Plateau des West-
randes des Albertsees. Unter dem Gepäck befand
sich alles erdenkliche Gerumpel, darunter zahl-
reiche schwere Mahlsteine ! Die Träger murrten,
und einmal musste Stanley, gegen seine innere
Ueberzeugung und nur der Disciplin zu Liebe,
gegen die widerhaarigen Sansibariten einschreiten.
Als aber bekannt wurde, dass die Egypter die
säumigen Träger sogar thätlich misshandelten,
fand er sich veranlasst, gegen diese Art von
„Dank" einzuschreiten. Ueberhaupt stellte es sich
heraus, dass die Leute Emin's das Rettungswerk
so auffassten, als müsste Alles ihrem Willen sich
bereit finden. In Stanley kochte es, aber er unter-
drückte den überschäumenden Groll gegen diese
undankbare, anmassende und dabei über alle Massen
hinterlistige Horde, die noch kurz zuvor kein
Gewissen sich gemacht hätte, Emin, Stanley und
alle Weissen den Mahdisten auszuliefern. Auch
hierin erwies sich Stanley als ein Held, der nur
die Erfüllung seiner Mission, die Ausübung seiner
Pflicht vor Augen hatte. Im Uebrigen war er sich
86
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
vollkommen darüber klar, wie er diese ver-
kommene, feige und verrätherische Rotte zu be-
handeln haben würde, sobald er sie einmal ganz
in seiner Gewalt hatte.
Und Emin ? Er hatte in dieser ganzen schweren
Zeit nichts Besseres zu thun als — Vögel auszu-
stopfen und Insecten zu conserviren! Allen Respect
vor der Wissenschaft — aber Alles zur rechten
Zeit. Die Gutmüthigkeit Stanle)''s ging so weit,
dass er seinen Leuten den Auftrag gab , alles
fliegende und kriechende Gethier, dessen sie hab-
haft würden, dem Pascha zu bringen. Er wusste ja,
dass er dem Gouverneur damit eine grosse Freude
machte !
Am 26. Februar war Selim Bey mit der Frocla-
mation Stanley's nach Wadelai zurückgekehrt, am
26. März, also genau einen Monat später, traf ein
Brief von ihm an Emin ein, mit der Nachricht, dass
wahrscheinlich alle Rebellen sich unterwerfen und
nach Kavalli kommen würden . . . Emin war ent-
zückt . . . „Was habe ich gesagt? St-hen Sie jetzt,
dass ich Recht hatte? Ich wusste es bestimmt, dass
sie sämmtlich kommen würden" . . . Bezeichnend
für Stanley's Auffassung der Dinge , gegenüber
jener Emin's, ist, dass jener den Pascha auf den
folgenden Umstand aufmerksam machte. Am
26. Februar war Selim nach Wadelai gefahren,
innerhalb acht Tagen sollte er zurück sein. Er ist
aber nach einem Monat noch immer nicht da und
sagt überhaupt nicht, wann er und die Anderen zu
kommen gedenken. Alle Befehle sind also un-
beachtet geblieben, alle Versprechen sind gebrochen
worden . . . Aus Tagen seien Wochen, aus Wochen
Monate geworden, und es würden ohne Zweifel
noch Jahre vergehen, ehe an ein Fortkommen aus
Afrika zu denken sei. Stanley bezeichnet es als
eine Thorheit, diesen Leuten auch nur ein Wort zu
glauben.
Ganz unbegreiflich war die Vertrauensselig-
keit Emin's; er hoffte noch immer auf ein gutes
Ende. Da riss Stanley die Geduld. Er sagte zu
Emin : „Ich habe ganz seltsame Dinge erfahren.
Major Auasch Effendi vom 2. Bataillon, Osman
Latif Efendi (der Vice-Gouverneur) und der Ma-
schinist Mohammed haben mir insgeheim erzählt,
dass weder Selim Bey, noch Fadl el Mulla Bey
(das Haupt der Verschwörer) nach Egypten gehen
wollen. Ersterer wird vielleicht bis hieher kommen
und sich in diesem District niederlassen. Aber was
die Officiere in Wadelai auch sagen mögen was
sie zu thun beabsichtigen, jedenfalls bin ich gewarnt
worden, so dass ich auf meiner Hut sein muss.
Niemand hegt Vertrauen zu ihnen, nur Sie selbst.
Sie müssen zugeben, dass ich die besten Gründe
habe , ihre guten Absichten zu bezweifeln. Sie
haben dreimal gegen Sie revoltirt, haben Herrn
Jephson gefangen genommen. Sie haben es weit
genug verbreitet, dass sie auch mich gefangen zu
nehmen beabsichtigen. Aber lassen Sie mich Ihnen
das sagen: es steht nicht in der Macht sämmtlicher
Truppen der Provinz, mich gefangen zu nehmen,
denn ehe sie sich diesem Lager bis auf Büchsen-
schussweite nähern, wird jeder Officier in meiner
Gewalt sein."
Als Emin fragte, was geschehen werde, ant-
wortete Stanley damit, dass er seine Officiere zu
sich berief, denen er den Sachverhalt noch einmal
auseinandersetzte und sie fragte, ob es unter den
gegebenen Umständen räthlich sei, noch über den
10. April hinaus zu warten. Alle Officiere ant-
worteten verneinend. „Nun, Pascha," sagte Stanley,
„da haben Sie Ihre Antwort. Wir marschiren am
10. April." Auch jetzt noch fragte Emin, ob Stanley
und seine Officiere ihn von dem Vorwurfe frei-
sprächen, seine Leute verlassen zu haben, falls die-
selben bis zum 10. April noch nicht eingetroffen
sein sollten. Stanley und seine Officiere zögerten
keinen Augenblick, Emin's Gewissen zu entlasten.
Alsdann sandte Stanley am 27. März die Botschaft
nach Wadelai, dass er am 10. April mit Emin den
Heimmarsch antreten und keine Stunde länger
warten würde.
Unterdessen hatten Stanley's Träger mehr als
Liebesdienste verrichtet; sie hatten 1355 Lasten
vom Seeufer in das Lager auf dem Plateau ge-
schleppt. Stanley selbst pflog Besprechungen mit
dem Vice-Gouverneur Osman Latif und forschte
ihn über die Stellung Emin's zu seinen Leuten aus.
Osman Latif gestand, dass der Pascha geachtet,
vielleicht auch beliebt, im Uebrigen aber den
Leuten gleichgiltig sei. Sie sagen : „O, mag er sich
mit Käfer- und Vögelsammeln beschäftigen — wir
brauchen ihn nicht. Alsdann fand folgender, für
beide Theile charakteristische Dialog statt:
„Glauben .Sie, dass er (Emin) beliebter ge-
wesen wäre, wenn er einige aufgeknüpft hätte?"
,, Vielleicht, das weiss nur Gott."
„Glauben Sie , dass Sie ihn lieber gehabt
hätten, wenn er streng gegen Sie gewesen wäre ?"
„Nein, aber ich würde ihn mehr gefürchtet
haben."
,,0 ja, natürlich."
Osman Latif bat Stanley, von dem geführten
Gespräche nichts dem Pascha wissen zu lassen.
Stanley beruhigte den Vice-Gouverneur.
Zum Ueberflusse trat nun auch Casati in
die Action und hielt Emin eine förmliche Straf-
predigt, dass er fortgehen wolle. Sogleich eilte
Emin zu Stanley und erklärte, bleiben zu wollen.
Es gehörte in der That die Geduld eines Engels
dazu, derlei zu ertragen. Casati war von der
Unsinnigkeit seiner Zumuthung nicht zu über-
zeugen. Emin aber war nun wieder entschlossen,
zu gehen. Er musste wissen warum. Von seinem
ganzen Haushalte, etlichen fünfzig Personen, er-
klärten nur zwei Diener, Serur und Belal, mit-
gehen zu wollen. Und doch war Serur, wie es
sich später herausstellte, ein Verräther. Auch
sonst mehrten sich die Anzeichen, dass nicht
Alles in Ordqung sei. Emin aber kümmerte sich
um nichts. Als verschiedene Zuschriften aus
Wadelai eintrafen, welche die Unordnung und
Noth daselbst schilderten, stopfte Emin seine
Vögel aus. Trotzdem blieb Stanley ruhig. Er
OESTEHREICHISCHE MONATSSCHRIr-T fOr DEN ORIENT
bedeutete aber Emin, dass von seinen Leuten
Versuche gemacht worden seien, im Stanley'schen
Lajjer Gewehre zu stehlen. Kr musste nun ener-
jjisch einschreiten. Emin sollte seine Leute zur
Musterung allarmiren. Ehe es noch dazu kam,
hatte Stanley das gleiche Signal gegeben, und
ehe fünf Minuten vergingen, stand Alles militärisch
stramm unter Waffen. Die Egypter aber benahmen
sich so lässig, dass noch nach zehn Minuten
Niemand zur .Stelle war. Da Hess Stanley eine
Compagnie Sansibariten interveniren. Die säu-
migen Egypter wurden mit Stöcken und Knütteln
aus den Zelten in Reih und Glied getrieben. Als-
dann erklärte ihnen Stanley, dass von nun an
er ihr Herr sei und mit den strengsten Mass-
regeln vorgehen werde, um die Disciplin auf-
rechtzuerhalten. Die Leute waren eingeschüchtert
und erklärten nun, weder conspirirt zu haben,
noch bleiben zu wollen. Nicht ohne Anflug von
Ironie bemerkte Stanley zu Emin :
,,Nun, Pascha , Sie sind sicherlich falsch
unterrichtet gewesen. fJiese Leute behaupten
sämmtlich, dass sie treu sind. Es ist nicht ein
einziger Verräther unter ihnen."
„Ich sehe meine Diener und Ordonnanzen
nicht," bemerkte Emin.
„Ach, Lieutenant Stairs, nehmen Sie eine
Abtheilung und treiben Sie Alle heraus; bei dem
geringsten Widerstände wissen Sie, was Sie zu
thun haben."
In wenigen Minuten waren die Leute am
Platze. ICmin sollte sie befragen, was sie zu thun
gedenken. Alle erklärten, mitzugehen, bis auf
Serur . . . Wieso diese plötzliche Wandlung bei
Letzterem ? . . „Das ist der Hauptverschwörer
in meinem Haushalte," bemerkte Emin . . . .
Stanley : ,,0, es bedarf nur einer Patrone, um
seine Angelegenheit zu erledigen." Emin er-
schrak über diese schneidige Aeusserung Stanley's
so sehr, dass er ausrief: ,,Um Gottes Willen,
Sie werden doch eine Untersuchung anstellen
und nicht auf meine Worte hin handeln?" Und
ein solcher Mann wollte Rebeilen meistern und
unter den schwierigsten Verhältnissen bei dieser
Horde, die er noch immer werth hielt , sich
ihr zu Liebe zu opfern^ ausharren ! Ganz treffend
bemerkt Stanley, ,,dass der wissenschaftliche
Forscher, der Mann mit dem arglosen Herzen
vollständig ungeeignet ist, diese speichelleckenden,
hinterlistigen Schurken zu bekämpfen, die Betrug
und Treulosigkeit zu ihrem Geschäfte gemacht
haben."
Am lo. .'Vpril wurde aufgebrochen. Es setzte
sich eine Colonne von 1510 Köpfen in Be-
wegung. Schon am dritten Tage musste die Reise
wegen schwerer Erkrankung Stanley's unter-
brochen werden; die C'olonne blieb bei Undissuma
am 12. April liegen und kam erst wieder am
8. Mai in Bewegung. Stanley war dem Tode
nahe, Anlass genug, dass die Leute Emin's
wieder zu conspiriren begannen und Unordnung
stifteten. Ein erneuter Gewehrdiebstahl wurde
mit der Hinrichtung des Urbebers^lsestraft. Als
der Delin(|uent gehenkt werden sollte, Hess sich
Stanley aus dem Bette hi naustragen. Obwohl
selber ein Sterbender, vermochte ihn seine un-
beugsame Energie dennoch a ufrecht zu erhalten
und er hielt eine flammensprühcnde Standredc
dem versammelten Volke. Als der Ucbeltbäter
zwischen Himmel und Erde baumelte, wurde
Stanley wieder nach seinem Schmerzenslager ge-
bracht.
Als Stanley halb und halb genesen war,
fügte sich ein wunderbarer Zufall. Leute aus der
Nachbarschaft des See-Ufers hatten zwei Packete
Briefe Stanley überbracht. Sie hatten ihr Ziel
offenbar verfehlt, denn es waren Briefe der kurz
vorher aus dem Lager nach Wadelai abgegan-
genen Post. Aus einigen dieser Briefe ging das
verrätherische Treiben der Egypter klar hervor.
In dem Schreiben eines sich im Lager befind-
lichen Hauptmannes hiess es: „Ich bitte Sic im
Namen Gottes mit der Absendung der Leute
nicht zu zögern, weil, wenn wir sie zur Hilfe
haben, wir den Marsch der Expedition vielfach
hindern können ; wenn Sie aber selber mit 200
Soldaten kämen, könnten wir Alles erreichen,
was ich und Sie wünschen."
Damit war die Situation völlig aufgeklärt.
Stanley hatte ausgerufen : „Das nenne ich eine
Entdeckung, Pascha !" und Emin dazu secundirt :
,,Das hätte ich von Ibrahim Efendi Elham nicht
erwartet; ich bin stets freundlich gegen ihn
gewesen."
Am 8. Mai setzte die Colonne ihren Marsch
fort. Obwohl sie fast einen Monat dicht bei Kavalli
liegen geblieben war und obwohl die einzelnen
Tagesmärsche nur wenige Kilometer betrugen,
war von Selim und den reuigen Rebellen nichts
zu sehen. Dagegen desertirten Egypter Tag für
Tag. Einer der Getreuen, Schukri Aga, Befehls-
haber vn der Station Mswa, war endlich nach-
gekommen. Er war mit 20 Soldaten aufgebrochen;
in Kavalli hatte er nur noch 10 und beim Ein-
treffen in Stanley's Lager nur noch zwei Be-
gleiter — den Fahnenträger und den Trompeter ;
alle Uebrigen waren ihrem Hauptmann davon-
gelaufen.
Dies in knappen Zügen die Geschichte der
Rettung li^min's aus der Gewalt seiner ver-
rätherischen Untergebenen. Auf die Details des
Rückmarsches kommen wir im zweiten Artikel
zurück.
BUDDHA UND JINA.
Von Hermann Feigl.
Wenn von der Kraft der Reaction ein Rück-
schluss auf die Kraft des Druckes zu ziehen ist,
so müssen die religiös-socialen Verhältnisse Indiens
um das VI. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung
ziemlich trostlose gewesen sein. Fehlt in einem
hierarchisch regierten Staate schon überhaupt die
Voraussetzung der Gleichheit aller Staatsbürger,
88
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
SO wird dieser Mangel um so fühlbarer, je weniger
die Möglichkeit vorhanden ist, die Gegensätze aus-
zugleichen und den Zurückgesetzten für den Ver-
lust gewisser bürgerlicher Rechte eine Compen-
sation zu bieten. Von einem Ausgleiche der Gegen-
sätze konnte aber in Indien schon deshalb nicht die
Rede sein, weil diese vorerst gar nicht willkürlich,
sondern von der Natur selbst geschaffen worden
waren ; von jeher und noch heute stehen in Indien
die dunkelfarbigen dravidischen Ureinwohner und
die hellfarbigen arischen Einwanderer einander
schroff gegenüber, und wenn es auch möglich wäre,
alle Kastenunterschiede aufzuheben , die Kluft
zwischen dem hellfarbigen Arier und dem dunkel-
häutigen (j^udra bliebe doch immer unüberbrückbar.
Doch abgesehen von dem Racenunterschiede,
welcher die Grundlage der Kastenbildung gewesen
ist, hatten sich unter den Ariern selbst Standes-
und Berufskasten gebildet, von denen die einen
mit Prärogativen ausgestattet waren, deren die
anderen weder theilhaftig wurden, nocl\ theilhaftig
werden konnten.
lieber allen anderen arischen und nichtarischen
Kasten steht die Kaste der Brahmanen. Sie sind die
Erdengötter, die selbst über dem Könige stehen,
den sie salben, sie sind die Auserlesenen, deren
Seele die Wiedergeburt nicht zu fürchten hat. Und
im Gegensatze zu diesen Auserwählten steht der
arme Qudra verachtet da und seufzt umsonst nach
Erlösung; er ist vomStudium der heiligen Schriften,
der Veden , ausgeschlossen, er kann darum in
diesem Leben noch nicht, wie der Arier, nach Er-
lösung streben. Um dieses Ziel zu erreichen, muss
er erst in einer höheren Kaste wiedergeboren sein,
in welcher er durch das Studium der Veden zur
Erkenntniss und durch die Erkenntniss zur Erlösung
gelangen kann, welche über den allen Guten er-
reichbaren Freuden des Himmels steht.
Je härter dieser geistige Druck auf den
Niedrigen und von der Erlösung Ausgestossenen
lastete, umsomehr wurde das Bedürfniss fühlbar,
sich von Brahmanenthum und vedischer Tradition
zu emancipiren und von jenen unabhängige Wege
einzuschlagen. Im Sinne einer solchen Emanci-
pation mögen um die Zeit des VI. und V. Jahr-
hunderts V. Chr., und zwar an verschiedenen Orten
Indiens, Lehrer aufgestanden sein, welche, als
Reformatoren wirkend, Secten gründeten, in
deren Schooss jedem treuen Anhänger der einzig
wahre Weg zur Erlösung gezeigt werden sollte.
Dass die Lehren, auf welche jene Reformatoren
ihre Glaubenssätze gründeten, verbessernd an das
Alte anknüpften und das Alte dort bestehen Hessen,
wo es mit ihnen nicht in Collision gerieth, dafür
brauchen wohl keine entschuldigenden Gründe
herangezogen zu werden, ebenso einleuchtend ist
es, aber besonders betont muss es werden, dass
die von einander mehr oder weniger unabhängigen
Lehrer oder Reformatoren — sowohl in Rücksicht
auf die bestehenden Verhältnisse wie auch in Rück-
sicht auf das Verständniss ihrer Anhänger — zur
Behebung und Verbesserung der alten Mängel und
Schäden sich derselben oder wenigstens ähnlicher
Mittel bedienen mussten. Mögen sie auch in Diesem
und Jenem von einander abgewichen sein , im
Wesentlichen mussten sie wohl mit einander über-
einstimmen.
Wenngleich man aber auf eine solche Ueber-
einstimmung gefasst ist, so kann man kaum genug
staunen über die Aehnlichkeiten, welche die Lehr-
gebäude zweier zeitgenössischer Reformatoren oder
in diesem Falle besser gesagt, Religionsstifter —
ich meine Buddha und Jina — aufweisen. Mögen
wir immerhin über diesen Umstand hinwegsehen
und ihn mit Rücksicht darauf, dass der Buddhismus
und die Religion Jina's, der Jainismus, derselben
Zeit und derselben Reaction gegen das Brahmanen-
thum entstammen, begreiflich finden, wir sehen
uns bei Betrachtung der Ausbreitung der beiden
Religionen einem neuen Räthsel gegenübergestellt.
Wie kommt es, dass der Buddhismus heute bei
fünfhundert Millionen, also ein Dritttheil der ganzen
Menschheit zu seinen Bekennern zählt, während der
Jainismus zwar in Indien selbst und besonders im
Kaufraannsstande noch seine Bekennerhat, sonstaber
ausser Indien kaum dem Namen nach gekannt ist?
Sollte der Buddhismus am Ende doch volks-
thümlichere Lehren haben, und der Jainismus für
die grosse Masse weniger leicht begreiflich sein?
Eine Vergleichung der beiden Religionssysteme
beweist uns nichts dergleichen.
In gleicher Weise wie der Buddhismus trägt
auch die Jaina-Religion den Charakter der Univer-
salität an sich, indem sie sich nicht nur an den
Arier, sondern auch an den Nicht-Arier, den triedrig
geborenen (^udra und an den verachteten Aus-
länder, den MIechha, wendet.')
Wie im Buddhismus, so sind auch die An-
hänger des Jainismus in einen geistlichen und einen
Laienstand geschieden. Nirgrantha, „die von allen
Banden Befreiten" heissen die Asketen der Jainas,
Bikshus oder Samanen nennen sich die buddhisti-
schen Mönche ; diese wie jene bilden einen Orden
oder eine Brüderschaft.
„Da im Weltleben," heisst es im Buddhismus,
„die allseitige Erfüllung der zehn Gelübde und die
Erlangung der wahren Erkenntniss nicht möglich
ist, so kann der im Weltleben verharrende Mensch
das Nirwana nicht erreichen, und so bleibt seine
Erreichung schon in diesem Leben nur denen vor-
behalten, die der Welt entsagen und unter Ab-
legung der zehn Gelübde den achttheiligen Pfad
zur Erleuchtung und Erlösung beschreiten." *)
Und für die Jainareligion gilt: „Die Asketen
allein sind befähigt, die Wahrheiten, welche der
Jina lehrt, vollständig zu ergründen, seine Satzungen
ganz zu befolgen und den höchsten Lohn, den
er verspricht, zu erlangen. Die Laien aber,
welche sich nicht ganz der Erforschung der Wahr-
') Bezüglich der Daten über die Jainas stütze ieti mich auf
die Schrift meines verehrten Lehrers (7. Bühler. Ueber die indische
Secte der Jaina. Vortrag, gehalten in der k. Akademie der Wissen-
schaften. Wien, 1887. 8».
^) H. Feigl. Der Buddhismus. In Oesterroichisrher Monats-
schrift für den Orient, XIV. Jahrgang (15. November 1888). Nr. 11.
,^ poVZBUlEHl
PRÜMVSUU
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRTKT FÜR DEN ORIENT.
89
lieit zu wiiimcn und dem weltlichen Lehen nirht
zu entsagen vermögen, finden trotzdem im Jainis-
mus eine Zuflucht, lis ist ihnen gestattet, als
Hörer seiner Grundsätze theilhaftig zu werden
und Pflichten zu übernehmen, die ein schwaches
Abbild der an den Asceten gestellten Forde-
rungen sind. Ihr Lohn ist natürlich ein geringerer.
Wer in der Welt bleibt, kann das höchste Ziel
nicht erreichen, aber er kann doch den Weg
betreten, der zu demselben führt." ^)
Das höchste Ziel ist auch dem Jaina die
Erreichung des Nirwana oder Moksha, nämlich
der Befreiung des Individuums von dem Samsara
oder dem Kreislauf der Geburt und des Todes.
Nach buddhistischer Lehre führt nur die Rr-
kenntniss der vier lleilswahrheiten zum Heile:
das Leiden, die Ursache des Leidens, die Auf-
hebung des Leidens und der Weg, der zur Auf-
hebung des Leidens führt. Der Weg, der zur
Aufhebung des Leidens führt, heisst : rechte Er-
kenntniss, rechtes Wollen, rechtes Wort, rechte
That, rechtes Leben, rechtes Streben, rechtes
Denken, rechtes Sichversenken.
Für den Jaina heissen die Mittel, das höchste
Ziel zu erreichen, die drei Kleinode: der j-echte
Glaube, die rechte Erkenntniss und der rechte
Wandel.
Unter dem rechten Glauben versteht der
Jaina die volle Hingebung an den Lehrer, den
Jina, und die feste Ueberzeugung, dass dieser
allein den Weg des Heiles gefunden hat und nur
bei ihm Schutz und Zuflucht zu finden ist. Die-
selbe Auszeichnung wird auch im Buddhismus für
Buddha verlangt, welcher beim Antritt seines
Lehramtes selbst erklärte: Ich allein bin Meister
in dieser Welt, ich bin der Allerhöchste ; unter
Göttern, Dämonen und Geistern gibt es Niemand
mir Gleichen.
Buddha und Jina, beide kommen auf gleiche
Weise, und zwar durch eigene Kraft zur Er-
kenntniss und finden den Weg des Heiles, den
sie aus Mitleid mit der leidenden Menschheit ge-
sucht haben.
Deshalb führen aber auch beide die gleichen
Namen! Man beachte: „weil er C/ina) die Welt
und die Feinde im menschlichen Herzen be-
zwungen hat, heisst er /iiia „der Sieger", Ma-
AäZ'/ra „der grosse Held" ; weil er die höchste
Erkenntniss besitzt, wird er Sarvajria oder Ke-
valin „der Allwisseqde", Buddha der „Erleuchtete«
genannt; weil er sich von der Welt befreit hat,
erhält er die Namen Mukta „der Erlöste«, Siddha
und Tiühdgala „der Vollendete", Arhal „der
Heilige", und als der Verkünder der Lehre ist er
der Tirthakara, „der Finder der Fürth« durch
den Ocean des Sanisära. In diesen Bezeichnungen
des Stifters ihrer Lehre begegnen sich die Jaina,
wie das die Gleichheit seines Charakters mit dem
des Buddha erwarten lässt, beinahe durchwegs
mit den Buddhisten. Sie gebrauchen jedoch mit
>) B«Mm, a. •. O.
Vorliebe die Namen Jina und Arhal, während
die Buddhisten es vorziehen, von dem Buddha,
Tathägata oder Sugata zu sprechen. Der J'itel
'Itrlhakara ist dem Jaina eigenthOmlich. Bei dca
Buddhisten ist es eine Bezeichnung für Irr-
lehrer.«*)
Ist es nicht erstaunlich, den dem Buddha
xat i$oy_Y,v zukommenden Namen auch einem
Manne zugetheilt zu finden, dessen Anhänger nur
auf ihn schwören und ihn über Alles erheben?
Um das Mass des Erstaunlichen aber noch voller
zu machen, sagt der Buddha xo!t '^i'^X'i* 8*^"
legentlich jenes obenerwähnten Auss|)ruches, wo
er sich als einziger Meister anerkennt, von sich
weiter: Ich bin der unendliche _/;>i(7, und Die-
jenigen, welche wie ich, die Unreinheit besiegen,
sind auch Jinas. "*)
Es ist wahrhaft zum Verwitren : Buddha und
Jina sollen von einander verschiedene Personen
sein, ihre Nachfolgerschaft in der Lehre erkennt
jede nur ihren Meister an, und doch nennt sich
Buddha selbst Jina und Jina wird Buddha genannt!
Sollte man bei der Gegnerschaft der beiden
Secten nicht eher erwarten, dass sie es sorgfältig
vermieden, ihrem einzig verehrten Lehrer und
Meister einen schmückenden Beinamen zu geben,
der den Meister der gegnerischen Secte, den
Irrlehrer, zierte ? Unter den vielen Attributen
wäre, sollte man vermuthen, der eine oder der
andere Name doch noch zu entbehren oder bei
dem Reichthum der indischen Sprache wenigstens
leicht durch ein synonymes Wort zu ersetzen
gewesen.
Aber die Concurrenz geht noch weiter.
Wie der Brahmanismus Demiurgen kennt,
die vierzehn Manu, die in verschiedenen Wclt-
perioden erscheinen, um das Werk der Schöpfung
zu vollbringen und das brahmanische Gesetz zu
verkünden, so auch der Buddhismus und der
Jainismus.
Nach der Lehre der Jainas hat es nicht blos
einen, sondern 24 Jinas gegeben, die in langen
Zwischenräumen erschienen sind, um die alte
Reinheit der entarteten Lehre wieder herzu-
stellen; der 24. Jina ist Vardhamdna, der in der
letzten Hälfte des VI. oder in der ersten Hälfte
des V. Jahrhunderts v. Chr. auftrat. Nach der
Lehre der Buddhisten ist Buddha der 25. Buddha
und sein Auftreten fällt in dieselbe Zeit, wie das
des Jina, nur um einige Jahre oder Jahrzehnte
später.
Die rechte Erkenntniss. die den Buddhisten
sowohl wie den Jainas eines der Mittel — wohl
das wichtigste und bedeutendste! — ist, um auf
dem einzig richtigen Wege zum höchsten Ziele,
dem Nirwana, zu gelangen, die rechte Erkennt-
niss also der Jainas umfasst die Welt im kosmo-
logischen wie im teleologischen Sinne beiläufig
also : „Die Welt ist unersch.iflfen und besteht
•I Bikln, *. a. O.
') H. A'<rH, D«r llii<Ulbi:)iiin9 and Min« a«t«hirhl<> in Indtrn
i-ic. tthnnuiiii von ii Jacobl. Lriptlir, ISSS— IWS. 8°, i Bdr. Bd. I.,
p«(. 1U4.
90
OESTERREICMISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEN ORIENT.
ohne Lenker, nur durch die Kräfte ihrer Bestand-
theile und ist ewig. Die Bestandtheile der Welt
sind sechs Substanzen: die Seelen, Dharma oder
das moralische Verdienst, Adharma oder die
Sünde, Raum, Zeit und die Atome der Materie.
Aus den Verbindungen der letzteren entstehen
vier Elemente, Erde, Feuer, Wasser, Wind und
weiterhin die Körper, sowie andere Erscheinungen
der Sinnenwelt und der übernatürlichen Welten.
Die Formen der Erscheinungen sind meist un-
veränderlich. Nur die Körper der Menschen und
ihre Dauer nehmen in Folge des grösseren und
geringeren Einflusses der Sünde oder des Ver-
dienstes während unermesslich langer Perioden
ab oder zu. Die Seelen sind jede für sich unab-
hängige reale Existenzen, deren Grundlage reine
Intelligenz ist und die einen Trieb zum Handeln
besitzen. In der Welt sind sie stets an Körper
gefesselt. Der Grund dieser Fesselung ist, dass
sie dem Thätigkeitstriebe, den Leidenschaften,
den Einflüssen der Sinne und der Sinnesobjecte
sich hingeben oder einem falschen Glauben an-
hangen. Die Thaten, die sie in den Körpern
ausüben, sind das Karman, das Verdienst und
und die Sünde. Dieses treibt sie, wenn ein
Körper nach den Bedingungen seiner Existenz
vergangen ist, in einen anderen, dessen Qualität
von dem Charakter des Karman abhängt und
besonders durch die daraus entspringenden
letzten Gedanken vor dem Tode bestimmt wird.
Tugend führt in den Himmel der Götter oder
zur Geburt unter den Menschen in edlen, reinen
Geschlechtern. Sünde stösst die Seelen in die
Höllen, in die Leiber von Thieren, in Pflanzen,
ja in die Aggregate der leblosen Materie. Denn
nach der Jainalehre finden sich Seelen nicht
blos in den Organismen, sondern auch in den
scheinbar todten Massen, in Stein, in Erdklumpen,
in Wassertropfen, im Feuer und im W inde. Durch
die Verbindung mit den Körpern wird die Natur
der Seele afficirt. In den Aggregaten der Materie
wird das Licht ihrer Intelligenz vollständig ver-
hüllt. Sie verliert das Bewusstsein, wird unbe-
weglich und je nach den Dimensionen ihres Sitzes
gross oder klein. In den Organismen hat sie
stets Bewusstsein. Sie ist aber, je nach der Natur
derselben, beweglich oder unbeweglich und mit
fünf, vier, drei, zwei oder einem Sinnesorgane
begabt.
Die Knechtschaft der Seelen kann, wenn
dieselben einen menschlichen Körper bewohnen,
durch die Unterdrückung der Ursachen, welche
zu ihrer Fesselung füJiren, und durch die Ver-
nichtung des Karman aufgehoben werden. Die
Unterdrückung der Ursachen vollzieht sich durch
die Ueberwindung des Thätigkeitstriebes und
der Leidenschaften, durch die Bändigung der
Sinne und durch das Festhalten an dem rechten
Glauben. Hiedurch wird die Ansammlung von
neuem Karman, neuem Verdienst oder neuer
Schuld verhindert. Die Vernichtung des noch
aus früheren Existenzen vorhandenen Karman
kann entweder spontan durch die Erschöpfung
des Vorrathes oder durch Askese herbeigeführt
werden. Im letzteren Falle ist ihr Endresultat
die Erlangung einer Erkenntniss, welche das All
durchdringt, des Kevala Jiiäna und des Nirwana
oder Moksha, der vollen Befreiung von allen
Banden. Diese Ziele können schon erreicht
werden, während die Seele noch in ihrem Körper
ist. Zerfällt aber ihr Leib, so wandert sie in die
Nicht-Welt, wie der Jaina sagt, d. h. in den
ausserhalb der Welt liegenden Himmel der Jina,
der Erlösten. Dort dauert sie in ihrer ursprüng-
lichen rein intellectuellen Natur ewig fort. Ihr
Zustand ist der einer vollkommenen Ruhe, die
durch nichts gestört wird." '')
„Mit allen brahmanischen Religionen," setzt
Biihler hinzu, „und dem Buddhismus berührt sich
der Jainisraus in seiner Kosmologie und den Vor-
stellungen üb°r die Weltperioden, und stimmt
er genau in Bezug auf die Lehren von Karman,
von der Fesselung und von der Erlösung der
Seelen. Der Atheismus und die Ansicht von der
Unerschaffenheit der Welt ist ihm mit dem Bud-
dhismus und der Sänkhya Philosophie gemeinsam."
Wir brauchen dem in Bezug auf den Buddhis-
mus Gesagten nur noch hinzuzufügen, dass „wer
nach Erlösung strebt, sich hüten muss, zwei Irrwege
zu gehen. Der eine, das Trachten nach der Be-
friedigung der Leidenschaften und der sinnlichen
Genüsse, ist niedrig, gemein, entwürdigend, ver-
derblich ; es ist der Weg der Weltkinder. Der
andere, die Selbstpeinigung und Askese, ist
trübselig, peinvoll und nutzlos. Der Mittelweg
allein, den der Vollendete gefunden hat, ver-
meidet diese beiden Irrwege, öffnet die Augen,
verleiht Einsicht und führt zum Frieden, zur
Weisheit, zur Erleuchtung, zum Nirwana." ')
Also auch im Buddhismus kann das Nirwana
schon erreicht werden, während die Seele noch
in ihrem Körper ist!
Und was die Wiedergeburt betrifft, so hängt
sie im Buddhismus wie im Jainismus von der
moralischen Beschaffenheit des Menschen ab und
in beiden Religionen stimmt die Ansicht über
den rechten Wandel, der zur Erlösung führt, bis
auf einen Punkt — die Askese — überein.
Der rechte Wandel, mit anderen Worten,
das moralische Verhalten des Menschen hat sich
vor Allem nach den fünf grossen Gelübden zu
richten, welche auch den brahmanischen Büssern
bekannt sind. Der Buddhist wie der Jaina ge-
loben :
1. Nichts zu tödten oder zu verletzen.
2. Nicht zu stehlen.
3. Keine Unzucht zu treiben.
4. Nicht die Unwahrheit zu reden.
5. Entsagung zu üben.
Im Buddhismus bezieht sich das fünfte Gebot
auf den Genuss berauschender Getränke, welche
den Mönchen überhaupt verboten, den weltlichen
») Bühler, a. a. O.
') Vgl. Fcigl, a. a. O.
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
91
Anhängern aber nur zu massigem Genüsse er-
laubt sind.
Währfind aber der Buddhismus selbst von
den Mitgliedern der Brüderschaft nur noch ver-
langt, dass sie die Benützung üppiger Betten
meiden und auf einem harten niedrigen Lager
schlafen, sowie alle und jede Weltlichkeit und
den Genuss thierischcr Nahrung meiden, endlich
dass sie immerdar in freiwilliger Armuth leben,
verlangt die Satzung der Jainas von dem Asketen
viel mehr.
■ Der Jaina-Asket darf auch weder Haus noch
Habe besitzen und er soll auch gegen angenehme
wie unangenehme Sinneseindrücke gleichgiltig
sein und jede Anhänglichkeit an Lebendes oder
Todtes aufgeben; auch er soll begangene Ver-
gehen bereuen, sie vor dem Lehrer beichten und
Busse dafür thun; auch er soll gegen die Lehrer
und Tugendhaften demüthig sein und sie be-
dienen, fromme Betrachtungen anstellen, massig
sein, aller schmackhaften Speisen sich enthalten
und seinen Unterhalt durch Betteln erwerben.
Aber der Jaina-Asket kennt zur Läuterung und
Reinigung des Geistes auch noch eine körperliche
Askese, welche der Buddhismus, wie wir oben
bemerkt haben, entschieden verwirft. Der Jaina
peinigt sich selbst, indem er in unnatürlichen
und ermüdenden Stellungen sitzt, die Thätigkeit
der Organe hemmt und oft sogar bis zum Ein-
tritte des Hungertodes fastet. Ja, der freiwillige
Tod durch Entziehung der Nahrung ist nach der
strengeren Lehre für alle Asketen, welche die
höchste . Stufe der Erkenntniss erlangt haben,
durchaus nothwendig. ")
In dieser Hinsicht steht \Vohl Buddha's
Lehre höher, da sie zwischen sinnlichen Genüssen
und Selbstpeinigung den Mittelweg zu gehen
befiehlt und solche dem Brahmanenthum ent-
lehnte und oft übertriebene Askese vollends ver-
wirft.
Haben wir hier einen Differenzpunkt zwischen
Buddhismus und Jainismus zu verzeichnen, so
gehen die beiden Religionen schon wieder den-
selben Weg, wo es auf die äussere Bethätigung
des Glaubens, auf den Cult ankommt.
Wie der Buddhismus dem Cultus nicht ent-
gehen konnte, sobald er anfing, in die Massen
einzudringen, ") wie er in späterer Zeit Gebete,
Predigten, Opfer, Weihungen, Wallfahrten und
Fest- und Fasttage kennt, ebenso der Jainismus.
Und aus denselben Gründen.
„Die Verbindung eines Laienstandes mit dem
Orden der Asketen hat natürlich eine gewaltige
Rückwirkung auf diesen und seine Entwicklung,
sowie die seiner Lehre ausgeübt und für den
Jainismus ganz ähnliche Folgen wie für den Bud-
dhismus nach sich gezogen. Was zunächst die
Aenderungen in der Lehre betrifft, so ist es ohne
Zweifel dem Einflüsse der Laien zuzuschreiben.
•) BüliUr. a. a. O.
*) Küppf», »Die Kftllgion des Itiuldti.i und ilire Botartuiig .**
llerliD, 1857.
dass das atheistische Jaina-System ebenso wie
das buddhistische mit einem Cultus ausgestattet
wurde. Der Asket mochte das natürliche Bedürf-
niss des Menschen nach einer Verehrung höherer
Mächte in seinem Streben nach dem Nirwana
unterdrücken. Bei dem weltlichen Hörer, der
jenem Ziele nicht unmittelbar zustrebte, konnte
dies nichtgelingen. Da die Lehre keinen anderen
Anhalt bot, so klammerte sich das religiöse Gefühl
des Laien an die Person des Stifters derselben.
Der Jina und mit ihm seine mythischen Vor-
gänger wurden zu Göttern. Denkmäler und mit
ihren Statuen geschmückte Tempel wurden er-
richtet, besonders an solchen Orten, wo die
Propheten der Sage nach die Vollendung er-
reicht hatten. Hieran schloss sich eine Art von
Cultus mit Spenden und Blumen und Weihrauch
für die Jina, mit ihrer Verehrung durch Loblieder,
mit der Feier ihres Eingangs in das Nirwüna,
den der Jaina zu einem grossen Freudenfeste
macht mit feierlichen Processionen und mit Wall-
fahrten zu den Orten, wo derselbe erfolgte." "j
Der Buddhismus, dessen beschaulicher Cha-
rakter dem Mönchswesen förderlich war, kennt
nicht nur Bettelmönche, die mit der Almosen-
schale in der Hand das Land durchziehen, sondern
auch Eremiten und sesshafte Mönche, die in
Klöstern oft in grosser Zahl beisammen wohnen,
und sich der Beschaulichkeit und dem Studium
hingeben. Ebenso der Jainismus.
„Die Pflicht, den Laien zu lehren und sein
Leben zu überwachen, bedingte mit Nothwendig-
keit die Verwandlung der wandernden Büsser in
beinahe sesshafte Mönche, die sich der Seelsorge,
der Missionsthätigkeit und der I'flege der Wissen-
schaft widmen und nur hie und da die Pflicht,
den Wohnort zu wechseln, erfüllen. Die Bedürf-
nisse der Laiengemeinde erforderten die stetige
Gegenwart . von Lehrern. Mochten diese auch von
Zeit zu Zeit wechseln, so war es doch noth-
wendig, für ihr Unterkommen zu sorgen. So ent-
standen die Jaina-Klöster, welche genau den
buddhistischen Sanghärama entsprechen. Mit den
Klöstern und der Sesshaftigkeit in denselben kam
sodann eine bestimmte Gliederung des Ordens,
die bei dem Jaina-Princip des unbedingten Ge-
horsams gegen den Lehrer sich strenger und
fester gestaltete als im Buddhismus. Mit der Ent-
wicklung des Ordens und der Müsse des Kloster-
lebens folgte weiter der Beginn einer literari-
schen und wissenschaftlichen Thätigkeit etc." ")
Unter anderen verfassten diese Mönche auch
die sogenannten Anga (vielleicht im III. Jahr-
hundert V. Chr.), welche, im volksthümlichen
Prakrit-Dialecte geschrieben. Legenden über Jina
und seine Lchrthätigkeit. sowie Bruchstücke von
systematischen Darstellungen der Lehre enthalten.
„Sic zeigen," betont Bühler ausdrflcklicb, „ob-
schon der Dialect verschieden ist. in der Form
der Erzählungen und in der Ausdrucksweise eine
■•) BtUiUr. a. ■. O.
») BMItr, a. a. O.
92
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
ausserordentliche Aehnlichkeit mit den heiligen
Schriften der Buddhisten!"
Wie Vieles müsste zu einer erschö[)fenden
Darlegung der Vergleichspunkte zwischen Bud-
dhismus und Jainismus noch beigebracht werden,
und was für überraschende Details kämen hiebei
noch zum Vorscheine. Doch lassen wir es uns
an dieser gedrängten und mehr skizzenhaften als
tiefer eindringenden Vergleichung der Haupt-
momente der beiden Religionen genügen, und
sehen wir uns nach ihren Stiftern selbst um.
Da der Jainismus gegenüber dem Buddhismus
den Anspruch auf Priorität hat, so möge auch
das Leben Jina's zuerst betrachtet werden.
Schon oben ist erwähnt worden, da?s der
eigentliche Name des 24. Jina *^) Vardhamäna ist.
Vardbamäna, der letzte Prophet der Jainas,
war nach Bühlei's Darstellung der jüngere Sohn
des Siddhärtha, eines Adeligen, der dem Ge-
schlechte der im Sanskrit Jnäti oder JnAta, im
Prakrit Näya genannten Kshatriya angehörte und
nach dem alten Brauche der indischen Krieger-
kaste auch den Namen eines brahmanischen Ge-
schlechtes, der Käsyapa, trug. vSeine Mutter, die
Trisalä hiess, stammte aus dem Geschlechte der
Herrscher von Videha. Siddhärtha's Wohnsitz
war Kundapura, das heutige Basukund, ein Vor-
ort der reichen Stadt Vaisäli, des jetzigen Be-
sarh, ia Magadha oder Bihär. Durch seine Ge-
mahlin war Siddhärtha mit dem Könige von
Vaisali verschwägert. 30 Jahre lang führte Var-
dhamäna, wie es scheint im elterlichen Hause, ein
weltliches Leben. Er heiratete und seine Frau
YaSodä gebar ihm eine Tochter Anojjä, welche
mit einem Adeligen Namens Jamäli vermählt
wurde und wiederum eine Tochter hatte. In
seinem 31. Jahre starben seine Eltern. Da sie
Anhänger des 23. Jina, des Pärsva waren, er-
wählten sie nach der Sitte der Jaina den Hunger-
tod der Weisen. Unmittelbar darauf beschloss
Vardhamäna der Welt zu entsagen. Er holte die
Erlaubniss seines älteren Bruders Nandivardhana
und der Machthaber seines Landes zu diesem
Schritte ein, vertheilte sein Hab und Gut und
wurde ein heimatloser Asket. Mehr als 12 Jahre
wanderte er, nur während der Regenzeit rastend,
in den Ländern der Lädha in Vajjabhümi und
Subbhabhümi, dem heutigen Rärh in Bengalen,
umher und lernte grosse Beschwerden, harte
Misshandlungen von den Bewohnern jener
Gegenden mit Gleichmuth ertragen. Dazu legte
er sich die strengsten Kasteiungen auf — nach
dem ersten Jahre warf er auch die Kleider ab
— und gab sich ganz der tiefsten Meditation
hin. Im 13. Jahre dieses Wanderlebens glaubte
er die höchste Erkenntniss und die Würde eines
Heiligen erlangt zu haben. Er trat dann als
'*) Wenn ich Jina weiter oben duich „Siegor" wiedergegeben
habe, 80 bin icti damit lifililer's Ueber.>etzung gefolgt. Kern über-
setzt das Wort mit „Ueberwältiger, Bezwinger un<l Maebthaber,"
Indem er es von jinäti = überwältigen, bezwingen und niclit von
jayali = besiegen ableitet, wie sehr auch, wie er hiezu bemerl«t,
die Begriife beider in einander übergehen. (Vgl. Kern, 1. c. Bd. I,
pag. 104.)
Prophet auf, predigte die Nirgrantha-Lehre, an-
geblich eine Modification der Religion Pär.sva's,
und organisirte den Orden der Nirgrantha-
Asketen. Seit der Zeit führte er den Namen der
ehrwürdige Asket Mahävira. S^ine Laufbahn als
Lehrer währte nicht ganz 30 Jahre, während
welcher er, wie früher, ausser in der Regenzeit,
im Lande umherzog. Er erwarb sich zahlreiche
Anhänger des geistlichen wie des Laienstandes,
unter denen aber schon im 14. Jahre seiner
Lehrthätigkeit ein durch seinen Schwiegersohn
veranlasstes Schisma entstand. Die Ausdehnung
seines Wirkungskreises fällt ungefähr mit der
der Reiche von Srävasti oder Kosala, Videha,
Magadha und Anga, dem jetzigen Oude und den
Provinzen Tirhut und Bihar im westlichen Ben-
galen zusammen. Besonders häufig verbrachte er
die Regenzeit in seiner V^1terstadt Vaisäli und
und in Räjagriha. Als der Ort seines Todes wird
die Stadt Päpä oder Pävä, das heutige Padraona
angegeben, wo er während der Regenzeit seines
letzten Lebensjahres in dem Hause der Schreiber
des Königs Hastipäla weilte. Unmittelbar nach
seinem Tode fand eine zweite Spaltung seiner
Gemeinde statt.
Betrachten wir nun auch in Kürze das Leben
des Buddha.
Buddha, dessen eigener Name Siddhärtha und
Familienname Gautama war, soll von der Königin
Maya ihrem Gemahle Suddhödana in Kapilavasiu
geboren worden sein, sich in seinem 16. Jahre
mit der Prinzessin Yasödhara vermählt und mit
ihr 13 Jahre lang in glücklicher Ehe gelebt
haben. Die dem jungen Manne fremden Er-
scheinungen voa Alter, Krankheit und Tod sollen
ihn zum Nachdenken über die Leiden dieser Welt
bewogen, und seine Meditationen in ihm den
Entschluss gereift haben, der Welt zu entsagen
und ein Bettelmönch zu werden. Aber die Brah-
manen, von denen er sich Belehrung holen wollte,
konnten ihm diese nicht geben; ihre Gebete,
Opfer und religiösen Gebräuche, das hatte
Siddhärtha bald eingesehen, konnten die Seele
nicht läutern und nicht zur Erlösung vom Tode
und von der Wiedergeburt führen. Auch ihre
Bussübungen und Selbstpeinigungen, denen er
sich im Walde von Uruwelä selbst sechs Jahre
lang hingab, befriedigten ihn nicht, und da er
zur Erkenntniss gekommen war, dass weder reli-
giöse Formeln noch die Askese zum Heile und zur
Erlösung führen können, so beschloss er, fortan
nur den Eingebungen seines Innern zu folgen
und er strebte nach völliger Entfaltung der
höheren geistigen Kräfte. Und nachdem er den
Kampf gegen die irdischen Neigungen und Be-
gierden , welche im Menschenherzen wohnen,
überwunden, da er die letzten Anwandlungen
menschlicher Schwäche unterdrückt hatte, da zog
der tiefe Friede des Nirwana in sein Herz ein
und sein Geist erhob sich durch alle Stufen
mystischen Schauens bis zu jener erhabenen Höhe,
wo dem Strebenden volle Erleuchtung zutheil
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FCR DEN ORIENT.
\:^ Jf ^?^
93
wird, llr war ein vollendeter, weltcrieuclitender
Buddha geworden. Er erkannte die Ursache des
lintstehens und Vergehens der Wesen, die Ur-
sache des Leidens, des Todes und der Wieder-
geburt, und das Mittel, allem Leiden ein iCnile
zu machen, dem unablässigen Kreislauf von Ge-
burt und Tod zu entgehen und die Erlösung, das
Nirwdna zu erreichen. ^^)
Vierundvierzig Jahre lang übte Buddha predi-
gend, belehrend und bekehrend sein Lehramt aus
und achtzig Jahre alt soll er um das Jahr 480 v.Chr.
in Kusinärä gestorben sein.
Wenn wir das Leben des Buddha Siddhärtha
so betrachten, wie wir es eben gethan haben, so
könnte wohl, di(! historische Wahrheit natürlich vor-
ausgesetzt, auch der grüsste Skeptiker nichts da-
gegen einzuwenden haben. Wer aber die Buddha-
Legende kennt, wer es weiss, wie es im Leben
dieses Rcligionsstifters von Wundt^rn wimmelt, der
wird CS nicht begreifen können, wie wir zu einer so
nüchternen Darstellung von Buddha's Lebenslauf
gelangen konnten. Und doch haben wir vielleicht
noch zu viel gesagt!
Dieses Wenigen aber bedurften wir doch, um
zwischen dem Leben Buddha's und dem Jina's Pa-
rallelen ziehen zu können. Vergleichen wir die
Lebensläufe der beiden Religionsstifter, so finden
wir in ihnen manches Verwandte oder Gemein-
same.
Vardliamäna Jina und Siddhärtha Buddha,
Beide stammen aus vornehmem Geschlechte, Beide
führen bis um ihr dreissigstes Lebensjahr beiläufig
ein weltliches Leben, und Beide entsagen dann der
Welt un<I verlassen W<'ib und Kind, um sich als
Asketen der Meditation hinzugeben und enillich die
Früchte dieses Meditirens der Welt als neue, als
einzig wahre Heilslehre mitzutheilen.
„Bei der Betrachtung von Vardhamäna's Leben,"
sagt auch Bühler, „fällt es sofort auf, dass der
Schauplatz von Vardhamana's Thätigkeit in den-
selben 'l'heil von Indien verlegt wird, wo Buddha
wirkte, und dass mehrere Persönlichkeiten, welche
in der Geschichte Buddha's eine Rolle spielen, auch
in der Jaina-Legende auftreten. Es sind gerade die
Königreiche von Kosala, Videha und Magadha,
welche Buddlia predigend durchzogen haben soll.
Auch von den Bewohnern von Vaisäli wird erzählt,
dass sich viele seiner Lehre zuwandten. Es ist somit
klar, dass schon die älteste Jaina-Lcgcndc Vard-
hamäna zum Landsmanne und Zeitgenossen Buddha's
macht und es liegt nahe, in den Schriften der
Buddhisten nach Bestätigung dieser Behau[)tungen
zu suchen. Wirkli<-li finden sich solche in nicht
gering<-r Anzahl." ")
Die Nigantha (sanskr. Nirgrantha), das sind
nämlich die Jainas, werden mit ihrem Oberhaupte
Nätaputta in buddhistischen Schriften nicht allein
des Oi'fteren erwähnt, sondern auch so charaktcri-
sirt, dass an ihrer Identität gar nicht zu zweifeln ist.
Und wenn man schon dem geschricbcnea Worte
'») Vdl. Ftigt, a. a. O.
") liUhter a. .^. O.
kein Vertrauen schenken will^tW^e/ftigen In-
schrifttafeln des altindiscben Königs A4<Aa, der
während der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts
v.Chr. über ganz Indien mit Ausnahme d('s Dtkhans
herrschte, und der ein grosser Förderer des Bud-
dhismus war, dass ihm auch dieSecte der Nigantha
wohl bekannt war, und dass sie zu seiner Zeit auch
schon eine so bedeutende .Anhängerschaft gehabt
haben muss, dass sie der grosse König der beson-
deren Berücksichtigung in seinem Edictc für werth
hielt.
Was damit gesagt sein soll? Dass die Jainas
vor Allem nicht Unrecht haben, wenn sie den
Ursprung ihrer Religion in die Zeit des Ursprungs
des Buddliismus zurückvcrlegen und Jina und Buddha
als Zeitgenossen hinstellen.
Dass, als die Aehnlichkeit der beiden Reli-
gionen, ihreUcbereinstimmung in den Dogmen und
mutatis mutandis auch im Leben ihrer Stifter der
Wissenschaft bekannt geworden war, auch bedeu-
tende Zweifel sich zu regen begannen, ist einzu-
sehen. Bei dem unleugbaren Vorhandensein von
religiösen Schriften der beiden rivalisircnden Reli-
gionen zweifelte man wohl nicht an deren uralter
Sonderexistenz, aber man warf die Frage auf,
welches von den zwei einander so ähnlichen Syste-
men das ältere sei. Die Einen traten für die Priorität
des Buddhismus, die Anderen für die des Jainis-
mus ein.
Ueber den Stand dieser Frage lässt sich Bühler
in einer Anmerkung zu seinem Vortrage über die
fainas also vernehmen : ,, Abgesehen von der sehr
schwach begründeten Vermuthung Colebrooke's,
Stevenson's und Thomas', der zufolge der Buddha
ein abtrünniger Schüler des Stifters der Jaina sein
sollte, war die besonders von Wilson, Weber und
Lassen vertretene Ansicht, dass die Jaina eine alte
Secte der Buddhisten seien, bis vor zehn (heute
dreizehn) Jahren die allgemein herrschende. Die-
selbe gründet sich einerseits auf die .Aehnlichkeit
iler Jaina-Lehren, Schriften undTradition mit denen
der Buddhisten, andererseits darauf, dass die cano-
nischen Werke der Jaina einen jüngeren Dialect
zeigen als die der Buddhisten, und dass sichere
historische Zeugnisse für ihre frühere Existenz
fehlten. Ich selbst (Bühler) bin früher von der
Richtigkeit dieser Annahme überzeugt gewesen und
habe sogar geglaubt, in der buddhistischen Schule
der Sammitfya die Jaina zu erkennen. Bei eingehen-
derer Beschäftigung mit der Jaina-Liieratur, zu
welcher ich durch die für die englische Regierung
unternommene Sammlung derselben in den Sieb-
zigerjahren gezwungen wurde, fand ich zunächst,
dass die Jaina ihren Namen gewechselt haben und
sich in der älteren Zeit stets Nirgrantha oder Ni-
gantha nennen. Die Bemerkung, dass die Buddhisten
die Nigantha kennen, und v(m dem Haupte und
Stifter derselben, dem Nätaputta, erzählen, er sei
ein Rivale Buddha's gewesen und zuPävä gestorben,
wo der letzte Tirthakara das Nirwana erreicht haben
soll, veranlasste mich, anzunehmen, dass die Jaina
und die Buddhisten derselben religiösen Bewegung
94
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
entstammten. Meine Vermuthung wurde durch
Jacobi, der unabhängig von mir auf einem anderen
Wege zu derselben Ansicht gelangt war, bestätigt,
indem er nachwies, dass der letzte Tirthakara im
Jaina-Canon denselben Namen wie bei <len Bud-
dhisten trägt. Nach der Veröffentlichung unserer
Resultate, welche seitdem durch y^acoii mit grossem
Scharfsinne weiter begründet sind, sind die An-
sichten über diese Frage gethcilt. Ohhnberg, Kern,
Hoernle und Andere haben die neue Ansicht unbe-
denklich angenommen, während A. Weber und Barth
auf dem früherenStandpunkte beharren, üieletzteren
trauen der Jaina-Tradition nicht und halten es für
wahrscheinlich, dass die Angaben derselben ge-
fälscht seien. Einer solchen Behauptung stellen sich
zwar grosse Schwierigkeiten entgegen, besonders
die UnWahrscheinlichkeit, dass die Buddhisten die
Thatsache des Abfalls ihrer verhassten Gegner
vergessen haben sollten. Indessen ist dieselbe nicht
absolut unmöglich, da der älteste erhaltene Jaina-
Canon erst im fünften oder sechsten Jahrhunderte
unserer Aera seine endgiltige Redaction erhalten
hat und bis jetzt der Beweis, dassdiejaina in älterer
Zeit eine feste Tradition besassen, nicht gelie-
fert ist. '*)
Wir ersehen hieraus, dass die Frage nach
der Priorität zwar stets eine sehr rege gewesen,
aber bis heute noch nicht endgiltig entschieden
worden ist.
Wurde in der oben citirten Stelle der Ver-
muthung gedacht, dass Buddha ein abtrünniger
Schüler des Stifters der Jaina sein sollte, wurde
dem Buddha, zu dessen Fahne sich heute bei
fünfhundert Millionen Menschen bekennen, gegen-
über dem Vardham.ina, dem Stifter einer heute
zusammengeschmolzenen Secte, also die inferiorere
Rolle zugetheilt, so ist man seinerzeit noch weiter
gegangen, und hat, ohne Rücksicht auf den Be-
stand der Jaina-Secte und nur mit Benützung der
buddhistischen Tradition, schlechtweg geleugnet,
dass ein Buddha, so wie er uns als Religions-
stifter dargestellt wird, überhaupt jemals existirt
habe.
Wie schon angedeutet, wimmelt es in der
Lebensgeschichle Buddha's von Wundern, nach
deren Hinweglassung uns von dem grossen Re-
ligionsstifter beinahe nicht mehr übrig bleibt als
sein Name.
Der Franzose Emile Senarl hat diese Wunder
in Rücksicht auf ihre mythologische Bedeutung
untersucht und ist zu dem Schlüsse gekommen,
dass zwar ein wirklicher Buddha einmal existirt
haben mag, dass aber jener Buddha, von welchem
die buddhistische Ueberlieferung erzählt, nie ge-
lebt habe. Dieser Buddha ist kein Mensch ; seine
Geburt, die Kämpfe, die er besteht, und sein Tod
sind nicht die eines Menschen.
Von alten Zeiten her weiss die Natursage
der Inder, wie die der Griechen und der Deut-
schen, von den Schicksalen des Sonnenheros zu
") BühUr a. a. O.
sagen : von seiner Geburt aus der Morgenwolke,
welche kaum, dass sie ihm das Dasein gegeben,
vor den Strahlen ihres leuchtenden Kindes selbst
verschwinden muss ; von seinem Kampf und Sieg
über den finsteren Dämon der Gewitterwolke ;
wie er dann triumphirend über das Firmament
einherzieht, bis endlich der Tag sich neigt und
der Lichtheld dem Dunkel erliegt.
Schritt für Schritt meint Senarl in der Ge-
schichte vom Leben Buddha's die Geschichte
vom Leben des Sonnenheros wiederzuerkennen:
Wie die Sonne aus den nächtlichen Wolken,
geht er aus dem dunklen Mutterschooss der
Mäyä hervor; ein Lichtglanz dringt durch alle
Welten, da er geboren wird ; Mäyä stirbt gleich
der Morgenwolke, die vor den Sonnenstrahlen
verschwindet. Wie der Sonnenheros den Gewitter-
dämon, überwindet Buddha unter dem heiligen
Baume in heissem Kampfe Mära, den Versucher;
der Baum ist der dunkle Wolkenbaum am Himmel,
um den der Gewitterkampf tobt. Als der Sieg
errungen ist, macht sich Buddha auf, aller Welt
ein Evangelium zu predigen, „das Rad der Lehre
rollen zu lassen"* ; das ist der Sonnengott, der
sein leuchtendes Rad über das Firmament rollen
lässt. Endlich neigt sich das Leben Buddha's
dem Ende zu ; noch erlebt er den schrecken-
vollen Untergang seines ganzen Hauses, des
(^akya-Geschlechts, welches von den Feinden
vernichtet wird, wie beim Sonnenuntergang die
Mächte des Lichts im blutigen Roth der Abend-
wolke hinsterben. Nun ist auch für ihn selbst
das Ende gekommen ; die Flammen des Scheiter-
haufens, auf dem der Leib Buddha's verbrannt
ist, werden von Wasserströmen, die aus der Luft
herabregnen, gelöscht, wie der Sonnenheld im
Feuermeer seiner letzten Strahlen stirbt und in
dem Nass der Abenddünste am Horizont die
letzten Flammen seiner göttlichen Leichenfeier
verschwinden. '^)
Einer solchen Erklärung des Wunderlichen
in Buddha's Lebensgeschichte lässt sich gewiss
nur beipflichten ; aber warum, fragt man, nur das
Legendarische zur Grundlage der Untersuchung
machen, und das übersehen und vergessen, was
wir mit demselben Rechte historisch nennen
können, wie irgend alltägliche und gewohnte Er-
eignisse im Leben eines anderen Religions-
forschers? Allerdings wirft man dieses mit Recht
ein, aber wie gesagt, was bleibt uns denn vom
historischen Buddha, wenn wir das Legendarische,
das Mythologische weglassen ?
Nicht umsonst haben wir Vardharaäaa's
Leben so ausführlich wiedergegeben; wir wollten
zeigen, dass es den Anstrich der Historicität
überhaupt an sich trägt, was sich von Buddha's
Leben durchaus nicht behaupten lässt. Der Vater
Vardhamäna's, Siddhärtha, wohnte doch in einer
Stadt, die wir heute noch geografjhisch bestimmen
**) Senart, Kssai sur la legende du Buddha. Paris, 187,5.
Oldenberg. Buddha. Seiu Leben, seine Lehre, seine Gemeinde.
Berlin, 1881.
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
können, während wir Buddlia's Geburtsort Kapila-
vastu vergebens suchen ; und führen die in
Vardhamana's Leben auftretenden Personen Namen,
unter denen man sich reale Menschen vorstellen
kann, so hat schon Ruddha's Mutter Mäyä, „die
Wundermacht", einen Namen, der zum Mindesten
sehr allegorisch klingt, wenn er es nicht wirk-
lich ist.
Mit diesen Bemerkungen soll nur angedeutet
sein, dass die wirkliche Existenz des Buddha
gegenüber der des Vardhamäna gar sehr in Frage
gestellt werden kann und dass uns die Zeit, d. h.
die wissenschaftliche Forschung in dieser Hin-
sicht noch manche Ueberraschung bringen kann.
Wie wäre es, wenn Vardhamäna Jina und
Siddhärlha Buddha gar ein und dieselbe Person
wären, deren Zweitheilung auf das Schisma in
der Lehre zurückzuführen ist? Dass keiner von
beiden Keligionsstiftern jemals gelebt habe, das
könnte nur deshalb nicht behauptet werden, weil
die Realität der gestifteten Gemeinde, der Lehre,
dagegen beweisend auftritt; doch wer der ur-
sprüngliche Stifter sowohl des Jainismus wie des
Buddhismus ist, darum könnte mit Umgehung
von Jina und Buddha noch immer gefragt werden.
DIE GENUSSMITTEL DES ORIENTES.
Von Gustav 2'roll.
IV.
Der indische Hanf, weicher das unter dem
Namen „Haschisch" bekannte Genussmittel der
Morgenländer liefert, wird besonders in seinem
Stammlande in Indien (Bengalen), jedoch auch
in verschiedenen anderen orientalischen Ländern
cultivirt. IJie zu Genusszwecken bestimmte Masse
besteht aus den Blüthenständen der weiblichen
Pflanze, welche einen harzigen Stoff von be-
täubender Wirkung und ebensolchem Gerüche
ausschwitzen. In diesen Hanfharzen ist der
mystische Zauber enthalten, dem so viele Mor-
genländer ihr ganzes Leben lang unterworfen
bleiben. Der Werth des indischen Hanfes als
Handelsartikel richtet sich nach dem Harzgehalte
und man unterscheidet hauptsächlich drei Sorten :
I. Churus (Charas, 'I'schers, Momeka), welcher
nur von den jüngeren Theilen der weiblichen
Blüthenstände gesammelt wird unil fast reines,
gelblichgrünes, oft in Kugeln geformtes Harz vor-
stellt. Diese Sorte gilt als die wirkungsvollste
und theuerste und wird in Indien selbst als kost-
barstes Berauschungsmiltel verbraucht. 2. Ganjah
(Gunjah, Kalpam, arabisch Ganga, Kinab, ])ersisch
Kanab). Besonders geschätzt ist das bengalische
Ganjah von Rajschahi und Bagrah, nördlich von
Calcutta. Diese Sorte besteht aus den Blüthen-
köpfen, ist harzreicher und zehnmal theurer als
die nächstfolgende, jedoch immer noch bedeutend
billiger als die erste. 3. Bang (indisch: Bhang,
Bheng, Siddhi, Sabzi, arabisch Haschisch) wird
in den ostindischen Tiefebenen (Bombay, Cal-
cutta) und 'I'urkcstan gesammelt. Für den als
Genussmittel verwendeten Hanf ist jedoch der
Name Haschisch, ohne Rücksicht auf die Sorte,
im (Jriente allgemein üblich geworden.
Das Hanfkraut war schon in den ältesten
Zeiten im Morgenlande als Berauschungsmittel
bekannt, es lässt sich jedoch heute nicht mehr
mit Sicherheit feststellen, ob dessen Gebrauch
zuerst in Indien oder in Persien bekannt war.
Im Sanskrit heisst die Pflanze Vijaya, d. i. Erfolg
verheissend. In der Rajanighantu (einem indischen
Arzneibuche aus dem XIII. Jahrhundert) wiid der
Hanf ausführlich beschrieben und verschiedene
Namen demselben angeführt : Vijaya, Wjaja, jaja,
sämmtlich in der Bedeutung „Erfolggeber", dann
Vrijpatta (starkblätterig), Chapala (taumeln
machend), Ananda (zum Lachen reizend), Har-
schini (Erreger des Geschlechtstriebes). In ara-
bischen und persischen Werken wird der Hanf
häufig erwähnt. Das älteste Werk, welches ihn
anführt, ist eine Schrift Hassan's, welcher erzählt,
dass Haider, der Stifter des unter seinem Namen
bekannten Derwisch-Ordens, die wunderbare
Wirkung dieses Krautes zuerst entdeckt habe.
Haider lebte in strengster Enthaltsamkeit auf
einem Berge zwischen Nischabar und Rama in
Khorassan, wo er ein Kloster gründete. Nach-
dem er zehn Jahre in dieser Zurückgezogenheit
gelebt hatte, kam er eines Tages von einem
Spaziergange überaus heiter und angeregt zurück
und erzählte auf Befragen, er habe die Blätter
einer fremdartigen Pflanze genossen. Dann führte
er seine Gefährten an die Stelle, wo diese Pflanze
wuchs und sie assen alle von derselben und
fühlten sich ebenso fröhlich, wie ihr Meister.
Haider scheint von seiner Entdeckung sofort
umfassenden Gebrauch gemacht zu haben und
sich eine Art Tinctur daraus bereitet zu haben,
wenigstens besingt ein arabischer Dichter jener
ICpoche den wonnespendencten Smaragdtrank
Haiders. Auf Wunsch ihres sterbenden Scheiks
pflanzten die Mönche um Haiders Grab eine
Hanflaube und von da an soll die Cultur der
Hanfpflanze in Khorassan verbreitet worden sein.
Bei den Chosru's in Indien soll die Pflanze schon
vorher bekannt gewesen sein, man nannte sie
,,Kakirkraut", weil die Fakire seinem Genüsse
besonders ergeben waren. Thatsächlich hat der
Haschischgenuss bei den indischen Asketikern
und Mystikern von jeher eine grosse Rolle ge-
spielt und erklärt so manche, sonst ganz un-
fassbare Thatsache von grässlichen Qualen und
Martern, denen sich diese Leute unterzogen.
Die verheerende Wirkung des Haschisch-
genusses ist frühe bekannt geworden. Schon
Ibn Baijtar berichtet gegen Ende des XII. Jahr-
hunderts, dass Haschisch in kleinen Gaben be-
rauscht, grössere Mengen aber Geistesverwirrung
und Wahnsinn erzeugen und der gewohnheits-
mässige Gcnuss Geistesschwäche oder Tobsucht
hervorruft. Makrizi erwähnt den Gebrauch des
Haschisch in Egypten und eifert gegen dessen
96
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
aphrodisische Wirkung. Marco Polo berichtet im
XIII. Jahrhundert über den Gebrauch, den die
Assassinen (Haschischin) von diesem Stoffe
machten : sie schläferten den in ihren Bund Auf-
zunehmenden ein und brachten ihn in die Feen-
gärten von Alamut oder Massiat, dem Zauber-
reiche des „Alten vom Berge", wo Alles, was
menschliche Sinne zu reizen und zu entzücken
vermochte, vereinigt war. Aus dem Schlafe er-
wacht, glaubte sich der Novize in's Paradies
versetzt und genoss in vollen Zügen die ver-
meinten himmlischen Freuden mit irdischen
Sinnen. Dann wurde er wieder bewusstlos ge-
macht, in seine alten Verhältnisse zurückgebracht
und erwachte nun mit der verzehrenden Sehn-
sucht im Herzen, jenes wonneduftige Paradies
wieder zu betreten. Damit war er dem Alten
vom Berge und seinen Genossen rettungslos ver-
fallen. Seltsam und märchenhaft klingen die be-
geisterten Schilderungen der arabischen Dichter
über die wunderbaren Genüsse, welche das
Rauschkraut selbst dem Aermsten zu verschaffen
vermag und so ist es denn nicht zu verwundern,
dass dessen Gebrauch immer mehr aufkam. Zur
Zeit der Fatimiden-Khalifen schwelgte ganz
Egypten in einem nicht enden wollendeti Hanf-
rausche und die schwersten Strafen, die später
auf den Haschischgenuss gesetzt wurden, konnten
es nicht hindern, dass er immer mehr Ausbrei-
tung und Anhänger gewann. Auch heute ist der
Haschisch in Egypten und in verschiedenen an-
deren orientalischen Ländern strenge verboten,
aber der Dämon des Hanfes zählt trotzdem im
ganzen Oriente eine grosse Schaar begeisterter
Anhänger, [dieselben zerfallen, wie die Opium-
freunde, in Hanfesser und Hanfraucher. Letztere
dürften in der Minderheit sein, nur die Afghanen
sind ausschliesslich leidenschaftliche Hanfraucher
und wissen den „Tschers"*, das Rauchpräparat
des Haschisch, m«t grosser Sorgfalt zu bereiten.
Die verschiedenen Latwergen und Süssigkeiten
aller Art, die mit Hanfkraut zubereitet werden,
sind sehr zahlreich. So wird aus der Sorte Bheng
durch Zerreiben mit Wasser oder Milch und Zu-
satz von Zucker und Gewürz eine „Bang" ge-
nannte trübe F"lüssigkeit erzeugt, von welcher
30 Ä genügen, um Betäubung hervorzurufen. Die
frischen Blüthenspitzen werden mit Butter aus-
gezogen und man erhält auf diese Weise das
.,Maju", ein fettes Extract, welches allerlei Con-
fituren zugesetzt wird, die dann noch durch
Vanille, Pistazien, Moschus u. dergl. verfeinert
werden. Aus Hanfbarz, Bilsenkrautsamen, Butter
und Honig bereiten die Inder den „Madschuhu",
kleine runde Kügelchen, die mit Kaffee oder
Thee genossen werden. Die Egypter lieben die
Conservenform, worunter besonders „Dawamesk",
aus Haschisch, Butter, Zucker und allerlei Ge-
würz bereitet, sehr verbreitet ist. In der Türkei,
in Tunis, Algerien etc. bereitet man mit Honig,
Zucker, Kampher, Ambra, Moschus, Kanthariden,
Opium, Datteln, Feigen, Pistazien, Mandeln,
ätherischen Oelen und färbenden Stoffen allerlei
Haschischpräparate in Form von Latwergen,
Conserven, Scherbet etc. In den Bazaren wird
der Haschisch meist in Form von dunkelbraunen,
harten Täfelchen verkauft, die gewöhnlich zum
Rauchen im Narghile verwendet werden. In Süd-
afrika ist bei den Zulukaffern, Hottentotten und
Buschmännern ein eigenthümliches, „Dacha" ge-
nanntes Haschischpräparat in Gebrauch, welches
entweder rein oder mit Tabak vermischt geraucht
wird und dessen betäubende Wirkung so stark
ist, dass schon nach wenigen Zügen Unzurech-
nungsfähigkeit eintritt. Auch in Westafrika wird
aus jungen Hanfptlanzen ein „Mapiri" genanntes
berauschendes Getränk erzeugt und man kann
mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass der
Genuss des Haschisch auch in Innerafrika nicht
unbekannt sein wird. Zweifellos ist Haschisch
das verbreitetste und wichtigste, weil schädlichste
unter allen Genussmitteln des Orientes und es
wäre im Interesse der Wohlfahrt der sonst so
anspruchslosen und genügsamen Morgenländer zu
wünschen, dass die verderblichen Eigenschaften
des Hanfkrautes niemals entdeckt wären. Aber
der Hang zu Erregungs- und Reizmitteln ist bei
allen Völkern aller Zeiten zu finden und hätten
die Orientalen ihren Haschisch und ihr Opium
nicht, so hätten sie zweifellos ein anderes Mittel
zur Befriedigung dieses Hanges ausfindig ge-
macht.
M I S C E L L E.
Conferenz der Missionäre in Shanghai. Der „London
and China Telegraph' lierichtet in eingehender Weise
über die vor Kurzem in Shanghai stattgehabte grosse
Conferenz der chinesischen Missionäre. Zu derselben waren
430 protestantische Missionäre beiderlei Geschlechtes er-
schienen, welche etwa 40 verschiedenen Congregationen
und Gesellschaften angehörten. Die Anwesenden bildeten
genau den dritten Tbeil der 1295 dermalen in China
thätigen Missionäre, welche sich in 390 verheii>atete
Frauen, 316 unverheiratete Frauen und 589 männliche
Mitglieder theilen. Dazu kommen noch 209 in die Orden
aufgenommene eingeborene Priester. Die Conferenz re-
präsentine im Ganzen 37.000 Gemeindeangehörige, welche
jährlich etwa 37.000 $, das heisst i $ per Kopf zur Er-
haltung der Kirchen beisteuern.
Abgesehen von den vielleicht in der Natur der
Sache liegenden und den eigenthümlichen Verhältnissen
entsprechenden mehr oder weniger abstracten Verhand-
lungsgegenständen weist der Congiess auch recht prak-
tische und nützliche Resultate auf. So die beschlossene
Revision und Neuauflage von chinesischen Bibelüber-
setzungen, eine Resolution gegen den Missbrauch mit
Opium und Morphium. Nicht ohne Interesse ist die zur
Discussion gestandene Frage, ob der von den Chinesen
geübte „Ahnencultus-' absolut zu bekämpfen sei, eine
Frage, die der Congress nicht völlig zu bejahen ver-
mochte. Angesichts der zahlreichen christlichen Secten,
welche in China missionsweise thätig sind, hat sich die
Conferenz auch mit dem Project einer Verschmelzung
derselben zu einer „Church of China" beschäftigt, doch
verliefen die diesfalls stattgefundenen Verhandlungen ohne
praktisches Resultat.
VerantworUicher Redactbur; A- v. Scala.
Druck von Ch. Reiner & M. Werlhner iu Wien.
Juli-Heft 1890.
OESTERREICHISCHE "^
Nr. 7.
üMtsstlrift für ku #rknt
Herausgegeben vom
K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUM IN WIEN.
Redigirt von A. von Scala,
Monatlich «lue Nummtr.
VERLAG DES K. K. ÖSTERR, HANDELS-MUSEUMS IN WIEN.
Prdi jlhri. 3 I. — K) Maifc.
IIIHAI.T: Im duukelhleu Afrika. \on A.t. Schweiger-Ltrehen/eld.
- Vimi Aberuliuilion di^r Tüikiii. Von F. v. H. — Dledonus».
niiltel d«8 Orieutea. Vud Gusiuv Troll. — Kino titimnie aus
einem Harem. — Mlacelle: Satanma-Fayenoen.
IM DUNKELSTEN AFRIKA.
Von A. von Schweiger - Lerchenfeld.
II.
Durch den Conlinenl.
ic man weiss, wurde die Route, welche
Stanley zur Befreiung Emin Paschas
einzuschlagen gedachte, erst im letz«
ten Augenblicke entschieden, obwohl
lirsterer von Haus aus für die Congo»
route eingetreten war. Der Reisende ging hiebei von
der Voraussetzung aus, dass er von der Regierung
des Congüstaates ausgiebige Unterstützung finden
würde. Das Entsatz-Comite aber war anderer An-
sicht und empfahl die östliche Route. Eigentlich
waren es zwei östliche Routen, welche in Betracht
kamen : jene durch das Massailand und jene über
Msalala, Karagwe, Ankori und Asungora nach dem
Albertsee. Die erstere wurde von Stanley auf
i8 Monate, die zweite auf zo Monate, die Congo-
route auf i8 Monate berechnet. Auffälligerweise
wurde die letztere thatsächlich in der für ihre Be-
wältigung angesetzten Frist zurückgelegt — ein in
die Augen springender Zufall, da Stanley unmög-
lich voraussetzen konnte, dass er den Weg zwi-
schen dem unteren Aruwimi und dem Albertsee
dreimal zurücklegen würde. Dass schliesslich, trotz
der entgegengesetzten Ansicht des (^omites, den-
noch die Congoroute gewählt wurde, ist dem König
der Belgier zuzuschreiben, welcher mit grösstem
Nachdrucke für dieselbe eintrat.
Da man ausserhalb der betheiligten Kreise
von dieser Sachlage keine Kenntniss hatte, musste
die Wahl der Zufahrtsroute, welche bekanntlich
über Egy|)ten und Sansibar ging, zu der Auslegung
Anlass geben, als ob Stanley in der 'l'hat von der
Ostküstc her nach dein Albertsee vordringen wolle.
Da verliess Stanley ganz unerwartet Sansibar auf
dem Seewege nach dem Cap der guten Hoffnung,
und es war nicht zu verwundern, dass diese plötz-
liche Acnderung des Reisevveges Interpretirungen
erfuhr, die der grossen Aufgabe, welche hier zu
lösen war, als nicht würdig sich erwiesen. Man
ging so weit, dem Leiter der Expedition geheime
Monataachrm für den Orient. Juli 1890.
I'läne unterzuschieben, dessen spurloses Verschwin-
den von der Aruwimi-Mündung in einen bis dahin
noch unbetretenen Theil von Aecjuatorial-Afrika
als etwas Absichtliches hinzustellen, damit ein un-
durchdringlicher Schleier Stanley's Pläne aller
Welt verhülle. Jetzt wissen wir, dass dies Alles
müssige Combinationen waren und dass der that-
kräftige Reisende, wie immer vorher, nur das sich
selber vorgesteckte Ziel und nichts Anderes vor
Augen hatte.
Uebrigens genügt ein Blick auf die Karte, um
zu erkennen, dass der Weg von der Aruwimi-Mün-
dung bis zum Albertsee unter allen gegebenen weit-
aus der kürzeste ist. Wenn Stanley ausser der Be-
freiung Emins überhaupt noch eine andere Aufgabe
zu lösen hatte, war es die, für die Gegenden des
mittleren Congo eine neue Verbiodungsroute mit
den Seen, beziehungsweise dem Nil aufzusuchen.
Dies konnte aber nur in der Richtung eines der
rechtsseitigen Zuflüsse des Congo stromab der
Stanley-Fälle geschehen, und da erwies sich wieder
der Aruwimi als der von der Natur vorgezeichnete
Weg. So war Alles wohl überlegt, und die Ergeb-
nisse der Expedition beweisen, dass Stanley, wie
nicht anders zu erwarten, richtig caiculirt hatte.
Am 21. Jänner 1887 war Stanley von England
nach Egypten abgereist, wo mit den massgebenden
Persönlichkeiten alle in Frage kommenden politi-
schen Factoren durchbesprochen wurden. Am
22. •'"ebruar erfolgte die Ankunft in Sansibar, wo
Stanley Alles wohl vorbereitet fand, da Herr Eduard
Mackenzic rührig vorgearbeitet hatte. Indess han-
delte es sich noch um eine wichtige Angelegenheit,
von der das Gelingen der Expedition vielleicht
mehr abhing, als von der Tüchtigkeit des ange-
worbenen Menschenmaterials und der Trefflichkeit
der Ausrüstung. Diese Angelegenheit bezieht sich
auf Vereinbarungen mit dem berühmteoTippu-Tib,
dem grössten und einflussreichstenKarawanenhändler
in Ost- und Aetjuatorial-Afrika, aber zugleich dem
grausamsten und geldgierigsten Sciavenjägcr in
jenen Gebieten. Stanley nennt diesen unzuver-
lässigen, raubsüchtigen und barbarisch eigen-
nützigen Halbwilden den „ungekrönten König der
Region zwischen den Stanley-Fällen und dem Tan-
ganjik.a". Er hat ein schwer erworbenes Vermögen
in Waffen und Pulver angelegt, und Tausende von
abenteuerlustigen Arabern haben sich unter
98
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
seine Fahne geschaart. Stanley kannte den Mann
nur zu gut, und er musste wissen, wie er daran war.
Entdeckte er bei ihm feindselige Gesinnungen, dann
wäre Stanley gezwungen gewesen, möglichst weit
ausserhalb der Einfkisssphäre Tippu-Tib's zu ope-
riren ; denn, wenn die Munition, welche für Emin
Pascha bestimmt war, von Tippu-Tib erbeutet und
verwendet wurde, gerieth die Existenz des jungen
Congostaates in Gefahr und waren alle Hoffnungen
der Expedition illusorisch.
Der Wortlaut der Unterredung Stanley's mit
Tippu-Tib ist in mehrfacher Beziehung interessant,
insbesondere das Detail, aus welchem hervorgeht,
dass Stanley neben dem humanen Werke der Be-
freiung Emins gleichwohl auch ganz geschäftlich-
praktische Dinge vor Augen hatte... „Ich brauchte
Tippu-Tib's Hilfe nicht, um Emin Pascha zu er-
reichen oder mir den Weg weisen zu lassen . . .
Allein Dr. Junker hatte mir mitgetheiit, dass Emin
Pascha im Besitze von etwa 75 Tonnen Elfenbein
sei. Ein solches Quantum Elfenbein würde, das
Pfund zu 8 Mark gerechnet, einen Werth von
1,200.000 Mark repräsentiren. Die Betheiligung
Egyptens am Fonds zum Entsätze Emin Paschas
ist in Anbetracht der schlechten Finanzen des
Landes eine bedeutende; in diesem Quantum hatten
wir möglicherweise das Mittel, um den Staatsschatz
wieder aufzufüllen, und behielten noch eine grosse
Summe zur Deckung der Unkosten und vielleicht
auch zu einem hübschen Geschenk für die über-
lebenden Sansibariten übrig . . . Weshalb sollten
wir nicht den Versuch machen, dieses Elfenbein
nach dem Congo zu befördern ? Ich wünschte des-
halb Tippu-Tib und seine Leute zu engagiren,
damit sie mir bei dem Transport der Munition zu
Emin Pascha und auf dem Rückwege beim Tragen
des Elfenbeins behilflich seien. Nach langen Feil-
schen schloss ich mit ihm einen Vertrag ab, nach
welchem er sich verpflichtete, 600 Träger zu
6 Pfd. Sterl. für jeden belasteten Mann und jede
Rundreise von den Stanley-Fällen nach dem Albert-
see hin und zurück zu liefern. Auf diese Weise
würde, da jeder Mann 70 Pfund Elfenbein trägt,
jede Rundreise dem Fontls die Su.-nme von 13.200
Pfund Sterling netto ^n den Stanley-Fällen zu-
führen." /
Diese etwas ijCgenirte Weise Stanley's, über
fremdes Eigenthj((m im Vorhinein zu verfügen,
überrascht umsjDmehr, als er des Umstandes gar
nicht gedenkl/ dass Emin, seine Ofiiciere, Beamte
und Truppeil für eine lange Reihe von Jahren
Gehälter uijd Löhne zu beanspruchen hatten und
dass das aufgehäufte Elfenbein überhaupt als Er-
trägniss ^er Provinz, beziehungsweise zur Deckung
der VeA^waltungskosten in Betracht kam. Die
Stanley'sche Auftheilung ist also ein Curiosum,
das nebenher deutlich beweist, dass in dieRettungs-
Ange,''legenheit sehr praktische geschäftliche Aus-
sichtjen mitunterliefen. An sich erklärlich, berühren
sie gleichwohl anstössig' durch die kühle Klarht-it
der '[Pendenz und die gänzliche Ausserachtlassung dt-r
Periion des Eigenthümers dieser Schätze Emin
Paschas, Würden sich die Verhältnisse derartig
gestaltet haben, dass Letzterer im vollen unbe-
strittenen Besitze des Elfenbeines gewesen wäre,
ist ohne Weiteres anzunehmen, Emin würde sich
der, gelinde gesagt, unverfrorenen Transaction
vStanley's mit aller Energie widersetzt haben. Es
wäre dasselbe, wenn ein Forschungsreisender ohne
weitere Umstände über die Regierungscassen eines
noch officiell an der Spitze der Verwaltung
stehenden Functionärs verfügen wollte.
Um Tippu-Tib zu gewinnen, hatte Stanley
demselben den Gouverneursposten im Districtc
der Stanley-Fälle angeboten. Die Station ist be-
kanntlich die exponirteste der Congolinieund wurde
1883 von Stanley organisirt. Später gerieth der
Commandant dieser Station, Capitän Dräne, in
Streit mit den Arabern, wobei Tippu-Tib's Plan-
tagen mit Krupp'schen Granaten beschossen, die
Station selbst aber von den zwangsweise sich
zurückziehenden Officieren niedergebrannt wurde.
Ti()pu-Tib war noch immer im höchsten Grade
erbost, doch gelang es Stanley, ihn zu beruhigen,
wobei natürlicherweise das oben erwähnte An-
erbieten seine Wirkung nicht verfehlte. Der schlaue,
geldgierige Araber nahm den Posten an und damit
war der — Bock zum Gärtner bestellt. Denn dass
Tipjju-Tib seinen Verbindlichkeiten nachkommen
würde, musste selbst einem Stanley mehr als illu-
sorisch erscheinen . . . Und worin bestanden diese
Verbindlichkeiten? Tippu-Tib musste sich laut
Vertrag verpflichten: in der Fall-Station die Fahne
de^ 'Congostaates zu hissen ; einen Residenten,
dfer über die Zustände in der genannten Station
an den König der Belgier zu berichten hatte, an-
zunehmen; keinen Sciavenhandel zu treiben und
keine Sclavenjagden unterhalb der Fälle zu ver-
anstalten; das Eigenthum der Eingebornen in
jenem Districte zu schonen. Eine weitere Bestim-
mung betraf die bereits erwähnte Trägerfrage.
Für alle diese Dienstleistungen sollte Tippu-Tib
einen festen Gehalt beziehen, der in die Hände
seines Agenten zu Sansibar auszubezahlen war.
Ueberdies wurden Tippu-Tib und seinen Leuten
(g6 Köpfen) freie Fahrt von Sansibar nach dem
Congo, einschliesslich der Verpflegung, gewährt.
Am 18. März (1887) langte die Expedition
an der Mündung des Congo an, von wo Tags darauf
abmarschirt wurde. Die Kataraktenstrecke, obwohl
ein bekannter, von Stanley mehrfach betretener
Weg, brachte die ersten Beschwerden der Reise.
Nach kurzer Rast zu Leopoldville am Stanley[)ool
setzte die Expedition am l. April die Reise auf
mehreren Dampfern und grossen Booten fort und
erreichte endlich am 28. Mai die Mündung des
Aruwimi. Am 15. Juni war Stanley bei den Jam-
bujafällen eingetroffen und hatte hier ein befestigtes
Lager unter Befehl des M.ijors Eduard Barttelot
errichtet. Am 28. Juni brach Stanley mit der
„Vorhut" von Jambuja auf, womit die eigentliche
lixpedition ihren Anfang nahm. Wie Alles, was
Stanley unternimmt, wohl erwogen ist, hatte auch
die Theilung der Expedition einen bestimmten
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
99
Zweck, lir hatte annähernd Kenntniss von der
Unwegsamkeit des von ihm zurückzulegenden Ge-
bietes und wollte es vermeiden, seine ganze Colonne
einem unv(;rherzusehenden Schicksale anheim-
zustellcn. Insbesondere sollten ilie für liinin be-
stimmten Lasten so lange im Jambujalager zurück-
bleiben, bis Stanley über das Schicksal, bezie-
hungsweise den Aufenthalt des zu Befreienden
volle Kenntniss erlangt liaben würde.
Dieses kluge Abwägen aller Möglichkeiten
ist bezeichnend für Stanley's Handlungsweise, und
Alles würde programmmässig sich abgespielt haben,
wäreMajorHarttelüt nicht ermordet, dessen Colonne
nicht zersprengt worden . . . Die mehrfachen
Züge Stanley's längs des Aruwimi bis zum Albertsee
nahmen folgenden Verlauf: Nach dem Aufbruche aus
dem Jambujalager marschirte die aus 389 Leuten
bestehende (gewissermassen eclairirende) Colonne
durch einen dichten Wald, welcher die Expedition
durch volle 160 Tage in seinen schattigen, feuchten,
und unheimlichen Gründen einschloss. Stanley
schildert diesen ungeheuerlichen Marsch wie folgt :
,,Uer September, October und die erste Hälfte des
November (1887) werden niemals meinem Ge-
dächtnisse entschwinden. Stellen Sie sich die Be-
schwerlichkeiten vor: ein undurchdringliches
Dickicht, in den Schatten von 100 — 180 Fuss
hülienHäumengchüllt, voller Sträucher und Dornen,
versumpfte Wasserläufe, stellenweise ein tiefer
Strom. Stellen Sic sich diesen Wald und dieses
Gestrüpj) in allen Stadien der Vermoderung vor,
der Boden wimmelnd von Insecten aller Arten,
Farben und Grössen ; Affen auf den Bäumen, selt-
same Thierstimmen nah und fern, im Hinterhalte
lauernde Zwerge mit vergifteten Pfeilen und starke
Ureinwohner mit entsetzlich scharfen Speeren ;
jeden lag Fieber und Ruhr erzeugende, von
Wasserdunst gesättigte Luft, eine niemals von
der Sonne durchhellte Dämmerung bei Tag und
eine undurchdringliche, fast greifbare Finsterniss
bei Nacht: fassen Sie dies Alles zusammen, so
können Sie sich ungefähr eine Vorstellung von
den Beschwerden machen, welche wir in der Zeit
vom 28. Juni bis 5. December 1887 zu besiegen
hatten. Schlimmer als Alles aber waren die Zwerge.
Auch das Thierleben ist so unbeschreiblich wild
und unnahbar, dass die Jagd kein Vergnügen
gewährt."
Stanley durchzog das Waldgebiet, indem er
eine Zeit hindurch dem Laufe des Aruwimi folgte.
Drei Wochen wurde kein Rasttag gehalten. Am
13. August tödteten die Eingebornen fünf Mann
durch Pfeiischüsse und verwundeten den Lieutenant
Stairs. Ende August stiess die Expedition auf eine
arabische Karawane, an deren Spitze ein gewisser
Ugarrowwa, vormals Diener bei Capitän Speke,
stand. Der Karawanenführer verleitete 26 von den
Leuten Stanley's zum Abfall von diesem. Da die
Vorrälhe zu schwinden begannen, sah sich St mley
selber gezwungen, 5O Mann an Ugarrowwa ab-
zugraben Der Weitermarsch nach Kilonga-Longa
forderte neuerliche Opfer : 56 Mann, welche iheils
dem Hunger erlagen, theils flüchtig wurden. In
dieser Schreckenszeit bestand die Nahrung vor»
wiegend aus wilden Früchten und Schwämmen.
Zu seinem Schmerze musste es Stanley in Kilonga-
Longa erleben, dass seine Leute Ihre Waffen und
Habseligkeiten verkauften. Als die Expedition
wieder aufbrach, zeigte es sich, dass die übrig
gebliebenen Mannschaften so ausgehungert waren,
dass 70 Lasten und das Boot zurückgelassen
werden mussten.
Bald nach dem Aufbruche von Kilonga-Longa
überschritt die Colonne den Iluri — wie der
Oberlauf des Aruwimi heisst — und gelangte
in ein von den Arabern gänzlich verwüstetes
Gebiet. In Ibwiri, wo Stanley zwei Wochen lang
rastete, zeigte sich unter dessen Leuten ein der-
art bedenklicher meuternder Geist, dass der un-
erschrockene und unbeugsame Forscher zwei
Haupträdelsführer summarisch hängen licss, um
die Ordnung zur Noth aufrecht zu erhalten. End-
lich, am 5. December, war der grosse Wald
zurückgelegt. Nun kam es aber, kurz vor dem
Ziele, zu höchst störenden Zwischenfällen. Zu-
nächst verwehrte der mächtige Häuptling Masam-
boni den Durchzug. Stanley Hess sein Lager (ein
Dorf) befestigen, um hierauf, da Unterhandlungen
nichts fruchteten, die Stellungen der Gegner an-
zugreifen, welche in wilder Flucht auseinander-
stoben. Das geschah am 11. December; Tags
darauf wurde der Spiegel des Albertsees sicht-
bar. Da die Eingeborenen sich abermals zum
Kampfe stellten, Stanley's Leuten aber die Mu-
nition ausging, zog sich Stanley nach Ibwiri, das
er befestigen liess, zurück. Hier erkrankte der
Forscher an einer Magenentzündung und war
gezwungen, einen vollen Monat in hilfloser Unthä-
tigkeit zu verharren. Nachdem durch diese Stö-
rungen im Ganzen fast sieben Wochen verloren
gegangen waren, brach die Expedition abermals
nach dem .Albertsee auf. Merkwürdigerweise ver-
hielt sich diesmal Masamboni freundlich und ent-
gegenkommend, offenbar deshalb, weil er von der
Anwesenheit Emins am Albertsee erfahren haben
musste. Denn als Stanley nur noch eine Tag-
reise von letzterem entfernt war, erhielt er durch
die Vermittlung des Häuptlings Nachricht von
ICmin, dahin lautend, Stanley möge in Kavalli
(am Südwestende des Sees) verbleiben. Am
2g. April, 5 Uhr Nachmittags, kam der Dampfer
Emin'sin Sicht, und wenige Stunden später konnten
sich die kühnen Männer die Hände schütteln.
Welchen Verlauf die Begegnung nahm, haben
unsere Leser im ersten .'Artikel erfahren. Hlrst
gegen Ende Mai war die Situation so weit ge-
klärt, dass Stanley nun an die schwierigste Auf-
gabe schreiten konnte, die Nachhut einzuholen.
Am 25. Mai wurde der Rückmarsch mit Aufgebot
eines feierlichen Ceremoniells angetreten. .Am
17. traf er in Banaija ein, wo er durch Bonny
erfuhr, dass Barttelot ermordet und seine Colonie
zersprengt sei. Von den 257 Leuten waren nur
71 übrig geblieben; von diesen waren nach vor-
100
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
genommener Musterung kaum 51 diensttauglich,
und diese „waren zum grössten Theil Vogel-
scheuchen". Noch bevor Stanley von der Kata-
strophe, welche Barttelot ereilt hatte, Kenntniss
erhielt, schrieb er letzterem vom „Fort Bodo"
aus. Uiese Station, am Aruwimi gelegen, ist von
Kavalli am Albertsee westwärts 120 englische
Meilen (77 Stunden Karawanenmarsches), von
Jambuja in gerader östlicher Richtung 527 eng-
lische Meilen (352 Stunden Karawanenmarsches)
entfernt. Die ganze Marschroute, welche Stanley
in den 170 Tagen vom 28. Juni bis 14. üecember
zurückgelegt hatte, ist sonach 647 englische
Meilen oder logi Kilometer lang — eine Strecke,
welche (in der Luftlinie gemessen) derjenigen
zwischen Hamburg und Genua ungefähr gleich-
kommt. Da sich die Expedition 160 Tage indem
grossen mittelafrikanischen Urwalde befand, wurde
dieser in einer Breite, welche annähernd der-
jenigen von Mitteleuropa entspricht, durchquert!
Dieses vergleichende Beispiel wird gewiss dazu
beitragen, von allen anderen Factoren abgesehen,
die grossartige Leistung Stanley's in's richtige
Licht zu stellen.
Ausser der ersten Begegnung Stanley's mit
Emin und den hieran sich knüpfenden Zwischen-
fällen und ausser den aufregenden Ereignissen,
welche der zweiten Begegnung vorausgingen, ein-
schliesslich der langwierigen Vorbereitungen, ist
keine Episode dieses grossen Unternehmens von
annähernd gleichem Interesse, als die Geschichte
der Nachhut. Stanley widmet ihr einen beson-
deren Abschnitt, und wenn wir auf die Einzel-
heiten seiner Ausführungen näher eingehen, ge-
schieht es aus dem Grunde, weil die Schicksale
der Barttelot'schen Colonne ein grelles Licht auf
jene Verhältnisse, welche zur Zeit am Ober-
Congo herrschen, werfen und als deren Urheber
der berüchtigte Tippu-Tib, recte Hamed ben
Mohammed, anzusehen ist.
Unter welchen Voraussetzungen Stanley die
Aruwimi-Route gewählt und die Barttelot'sche
Colonne in Jambuja zurückgelassen hatte, ist be-
kannt. Dem Major waren zugetheilt : William
Bonny, J. S. Jameson, ein reicher Privatmann, den
der Drang nach Abenteuern und geographischen
Entdeckungen in das Lager Stanley's geführt
hatte ; ferner Herbert Ward und Troup. Neben
der Wortbrüchigkeit Tippu-Tibs hat die Bartte-
lot'sche Colonne nichts so sehr demoralisirt, als
die wiederholt aufgetauchten Gerüchte von der
Ermordung Stanley's. Zwar glaubte Barttelot nicht
daran ; um aber leichter die Nachsuche nach dem
Verschollenen anstellen :ju können, entledigt er
sich eines Theiles der Lasten, was ihm Stanley
hinterher sehr verübelte
„Er schickt alle
meine Kleidungsstücke, Skizzen und Karten, die
Reservevorräthe der Expedition an Arzneien,
Chemikalien zum Photographiren, die Extrafedern
für die Winchester- und Remingtongewehre,
wichtige Theile der Zelte und meine ganze Privat-
ausrüstung zurück nach Bangala (am Mittel-
Congo). Er versetzt mich in den Zustand völ-
liger Nacktheit, und ich bin so arm, dass ich
gezwungen bin, mir ein Paar Beinkleider von
Herrn Bonny zu leihen, ein zweites aus einer
alten weissen wollenen Decke im Besitze eines
Deserteurs und ein drittes Paar aus dem Vor-
hang meines Zeltes zu schneiden . . . Ferner
macht er (Barttelot) eine ausgewählte Sammlung
von eingemachten Früchten, Sardinen, Weizen-
mehl, Sago, Tapioca, Arrowroot u. s. w. zurecht
und verladet dieselben mit dem Dampfer, welcher
Herrn Troup heimträgt. Und doch gibt es
33 Sterbende im Lager." Des weiteren macht
Stanley folgende Bemerkungen : Im Ganzen waren
Barttelot 158 Kisten mit 80.000 Patronen über-
geben worden. Während des elfmonatlichen Lager-
lebens war dieser Vorrath bis auf 35.580 Pa-
tronenzusammengeschmolzen, obwohl kein Marsch,
kein Kampf stattgefunden hatte. Ausserdem waren
die Hälfte des Schiesspulvers und zwei Drittel
der Stoffballen verschwunden. Obwohl in Jam-
buja ursprünglich ein Vorrath von 300.OOO Zünd-
hütchen vorhanden war, hielt man es doch für
nothwendig, solche für 48 Pfd. St. von Tippu-
Tib zu kaufen.
Angesichts der Schneidigkeit Barttelot's, des
Pflichteifers und der Regsamkeit der anderen, dem
Major zugetheilten Hilfsarbeiter erscheint es wie
ein Räthsel, dass die Nachhut mit ihren reichen
Vorräthen an Munition und Provisionen fast ein
Jahr lang am unteren Aruwimi festgenagelt blieb.
Auch Stanley findet dieses Verhalten unerklärlich,
umsomehr, als er klare Instructionen für den Be-
fehlshaber und dessen Mitarbeiter hinterlassäen hatte.
Wir denken, dass gerade diese letzteren Mitursache
der Verzögerung, beziehungsweise der gänzlichen
Desorganisation der Nachhut waren, denn die
stramme Disciplin, das stricte Befolgen aller Be-
fehle, wie überhaupt die militärische Organisation
der Expedition schränkte den Wirkungskreis des
Einzelnen auf ein Minimum ein. Zwar verwahrt sich
Stanley, „Befehle" gegeben zu haben; es wären
nur „Weisungen" gewesen, welche auf Grund der
jeweiligen Sachlage nach eigenem Ermessen der
betreffenden Colonnenführer befolgt oder nicht be-
folgt werden sollten. Nun denke man sich in die
Lage eine.s, an stramme Disciplin gewöhnten Offi-
ciers, welcher den Auftrag hat, mit Hilfe der von
Tippu-Tib beizustellenden Träger die von Stanley
getroffenen Marschdispositionen durchzuführen, diese
Träger aber trotz aller Urgenzen nicht erhält. Wenn
Stanley selber volles Vertrauen in Tippu-Tib setzte
und hinterher hierin grimmig getäuscht wurde : wie
sollte der auf afrikanischem Gebiete und im Ver-
kehr mit Araberhäuptlingen gänzlich unvertraute
und arglose Barttelot mit einem Manne von der
Verschlagenheit und dem heimlichen UebelwoUen
— bei äusserlich tadelloser Freundlichkeit und
scheinbarer Dienstbeflissenheit — eines Tippu-Tib
fertig werden? Und wenn alsdann die Träger statt
in „neun Tagen" noch nach Ablauf von elf Monaten
nicht zur Stelle sind und ausserdem zahlreiche
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEM ORIENT.
101
störende Zwischenfälle störend einwirken : wie kann
man es da verargen, wenn die Colonne nicht vom
Flecke kommt?
Stanley ist im höchsten Grade darüber auf-
gebracht, dass Rarttelot Munition und Lebensmittel
nach Bangala zurücksendet, angesichts der Noth,
welche die Vorhut litt. Erstens konnte Barttelot
von diesem Zustande der Dinge keine Kenntniss
haben, wobei noch weiter in Betracht kommt, dass
Stanley todtgesagt wurde ; zweitens nahmen die
Verhandlungen mit Tippu-Tib, der Träger wegen,
Monate in Anspruch ; ohne Träger aber war an ein
Nachrücken überhaupt nicht zu denken ; drittens
erwiesen sich auch die Instructionen als ein Hinder-
niss. Stanley, der mit Recht auf die Befolgung
solcher Instructionen grosses Gewicht legt, ist un-
gehalten darüber, dass Barttelot's Mitarbeiter alle
Dinge geschehen lassen, wie sie ihr Befehlshaber
anordnet, was doch nur in Conse<iuenz der von
Stanley hochgehaltenen Disciplin geschieht. Ais
dieser mit Bonny, dem einzigen noch zur Stelle
weilenden Officier Barttelot's, mit den Trümmern
der Nachhut in Banalja zusammentrifft, ents[)innt
sich folgender charakteristische Dialog :
Stanley: „Nun, Herr Bonny, wenn es wahr ist,
dass sie Alle so begierig waren und eifrig und
dringend wünschten, fortzukommen, dann sagen Sie
mir, weshalb Sie nicht auf einen besseren Plan
verfallen sind, als zwischen Jambuja- und den
Stanley-Fällen hin- und herzureisen ?"
Bonny : »Das weiss ich wahrlich nicht. Ich
war nicht Chef, und wie Sie bemerken werden,
haben Sie in dem Instructionsschreiben nicht einmal
meinen Namen genannt."
Stanley: „Uns ist sehr wahr, und ich bitte
deshalb um Entschuldigung." . . .
Diese Entschuldigung ist doch wohl nur eine
schwache Ausflucht, ja gewissermassen eine Selbst-
bekenntniss mangelhafter Instructionen. Aber selbst
den Fall gesetzt, die Nachhut, beziehungsweise
deren Führer, hätten ganz nach eigenem Ermessen
gehandc'lt: wurden nicht in Sansibar unter den
Augen der competentcn Behörde mit Tippu-Tib
bindende Abmachungen vereinbart, welche die
Basis für das Verhalten der Nachhut abgaben ?
Sehen wir einmal zu, wie es sich damit verhält.
Am 17. August 1887 hörten die Führer der
Nachhut jenseits des Aruwimi, didit gegenüber
von Jambuja, Gewehrfeuer. „Weissgekleidete
Männer" (d. h. Araber) trieben Rudel von Ein-
geborenen gegen den F'luss. Es stellt sich heraus,
dass es Marodeure Ti]ipu-Tib's sind, weiche von
den Stanleyfäilen kommen. I lierbei erfährt Barttelot,
dass diese letzteren nur sechs Tagmärsclie von
Jambuja entfernt seien. Nichts ist begreiflicher, als
der lilntschluss des Majors, in Anbetracht der ge-
ringen Entfernung des Aufenthaltes Tippu-Tib's,
diesen aufzusuchen, um nachzusehen, wie die Dinge
stehen. Barttelot sendet Ward dorthin, und am
2g. August bringt dieser die Botschaft, 'l'ip[)u-Tib
werde die erforderlichen Träger innerhalb zehn
Tage schicken. . . Das erste, im Juni gegebene
Versprechen lautete „innerhalb neun Tagen", das
Versprechen im August lautete „innerhalb zehn
Tagen". . . . Einige Tage später kommt Jameson
in Begleitung des Selim ben Mohammed, eines Neflfcn
Tippu-Tib's, von den Fällen zurück. Diese Truppe
soll die Vorhut des Trägcrcontigentes sein, das
Tippu-Tib binnen Kurzem persönlich mitbrin-
gen will.
Während man in Jambuja auf ihn wartet,
brechen aber Unruhen am Somumi aus, und Tippu-
Tib ist gezwungen, dorthin zu eilen. Des langen
Harrens müde, begibt sich Barttelot persönlich
nach den Stanley-Fällen und begegnet hiebei dem
Gesuchten, der sich auf dem Marsche nach Jambuja
befindet. Es stellt sich heraus, dass Tippu-Tib nicht
im Stande ist, die contractiichen 600 Träger zu-
sammenzubringen, doch glaubt er, sie in Kasongo
aufbringen zu können — 560 Kilometer oberhalb
der Fälle 1 Zur Bewältigung dieses Weges (hin und
zurück H20 Kilometer) waren aber 42 Tage er-
forderlich.
Unterdessen macht sich im Lager zu Jambuja
der nacKtheilige Einfluss der Manjema bemerkbar,
indem der Tauschhandel fast gänzlich aufhört. In
Folge dessen sendet Barttelot Herrn Ward zum
dritten Male nach den Fällen, damit dieser Klage
gegen den Manjema-Führer vorbringe. Die Be-
schwerde hat Erfolg, und der Führer wird sofort
abberufen. Zu Beginn des Jahres 1888 trifft Selim
ben Mohammed zum zweiten Male in Jambuja ein
und zeigt ein derart feindseliges Verhalten, dass
der Major und Jameson um die Mitte des Februar
den vierten Besuch der Fälle unternehmen. Selim
ist vorsichtig genug, mitzugehen, und es ist auch
sonst ohne Weiteres klar, dass der Onkel den
Neffen nur pro forma desavouiren werde. In der
That erscheint Selim zum dritten Male in Jambuja,
und es kommt abermals zu Differenzen zwischen
ihm und dem Major, wodurch dieser gezwungen ist,
den fünften Besuch an den F'ällen zu machen, damit
jener entfernt werde. Um die Mitte des April kehrt
Barttelot in's Lager zurück, und Selim erhält den
Befeld, Jambuja zu verlassen. Statt sich aber nach
den Fällen zu begeben, unternimmt er einen Raub-
zug, kehrt jedoch bereits nach kurzer Zeit zurück
und behauptet, er habe ein Gerücht vernommen,
demzufolge die Vorhut auf dem Aruwimi herab-
komme.
Am 9. Mai 1888 begibt sich der Major zum
sechsten Male nach den Fällen und am 22. des-
selben Monates kehrt er mit dem unermüdlichen
Jameson, der den Spuren Ti|)pu-Tib's n.ich Ku-
songo gefolgt war und eine grosse Truppe von
Manjema-Trägern aufgebracht hatte, zurück. Drei
Tage später trifft der grosse afrikanische Cunctator
ein — am 12, Mai 1888, anstatt am 18. Juni 1887,
wie er versprochen hatte. Nun begannen .iber neue
Schwierigkeiten. Da Tippu-Tib erklärte, die Lasten
zu 60 Pfund seien zu schwer, musste alles Gepäck
in Lasten zu 40, 30 und 20 Pfund umgepackt wer-
den, so dass die Expedition — insgcsammt 100
102
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR I^N ORIENT.
Mannschaften und 900 Manjema, Männer, Frauen
und Kinder — erst am 11. Juni aufbrecl.en iionnte.
Es ist ohne Weiteres klar, dass die Nachhut,
würde sie die 1290 Kilometer, welche Harttelot
auf seinen sechs Reisen nach und von den Stanley-
Fällen gemacht hatte, auf der directen Aruwimi-
Route zurückgelegt haben, längst am Albertsee ein-
getroffen sein würde. Der grenzenlose Wirrwarr ist
jedenfalls auf das starre Festhalten Barttelots an
den Abmachungen mit Tippu-Tib, beziehungsweise
auf die Saumseligkeit des letzteren, der damit offen-
bar das Unternehmen zum Scheitern bringen, sich
selber aber schlauer Weise nicht biosssteilen
wollte, zurückzuführen. Aber gesetzt den Fall, Hart-
telot verliert schon nach den ersten Versuchen
an den F'ällen die Geduld und marschirt von Jam-
buja ab ; wäre unter solchen Umständen Barttelot
nicht in die zwingende Lage versetzt worden, alle
nicht transportfähigen Lasten zurückzulassen? Und
welche Aussicht hatte das Unternehmen, wenn es
in unfertigem Zustande in Scene gesetzt wurde?
Man steht hier in der 'I'hat vor einem Dilemma,
das keineswegs damit aus der Welt geschafft wird,
wenn Stanley einmal den Verlust so vieler herr-
licher Sachen des Reserve-Gepäcks, ein andermal
den Träger-Wirrwarr bekrittelt und schliesslich
gleichwohl mit keinem Worte eröffnet, was eigent-
lich hätte geschehen sollen. Prüft man alleFactoren
objectiv, so ergibt sich klar und deutlich das Ver-
halten Ti])pu-'ribs als das Grundübel. Wenn es
aber ein schwerer Irrthum war, sich auf diesen
habsüchtigen und übelwollenden Araber-Chef zu
verlassen, trifft die Schuld hieran keineswegs den
Befehlshaber und die Officiere der Nachhut, son-
dern — Stanley, der den ganzen Plan auf Tippu-
Tib aufgebaut hatte.
Dreizehn Tage nach dem Abmärsche der Horde
von Manjema und der blutleeren Sansibariten von
dem Unglückslager bei Jambuja unternimmt Bart-
telot die siebente Reise nach den Stanley-Fällen
und überlässt es der Colonne, sich ohne ihn nach
Banalja durchzukämpfen. Am 43. Tage erreichte
die Spitze der Nachhut auf dem 144 Kilometer
langen Marsche das mit Palissaden umgebene Dorf
Banalja, welches inzwischen eine Station Tippu-
Tib's unter Befehl .Abdallah Karoni's geworden ist.
Fast zur selben Stunde trifft der Major von den
Fällen ein. Aber schon am nächsten Tage geräth
er mit Karoni in Streit und droht, am 20. Juli die
achte Reise nach den Fällen zu unternehmen und
sich bei Tippu-Tib zu beschweren.
Da ereignete sich am 19. die Katastrophe.
Früh Morgens begann ein Manjema- Weib in ge-
wohnter Weise das Tamburin zu schlagen und zu
singen. William Bonny erzählt weiter: „Der Major
sandte seinen Jungen Saudi, der erst etwa 13 Jahre
alt war, hin mit dem Befehl, damit aufzuhören,
worauf man sofort laute, ärgerliche Simmen hörte,
sowie zwei Schüsse , die zum Trotz abgefeuert
wurden. Nun schickte der Major einige Sudanesen
hin, um die Leute, welche geschossen hatten, zu
holen, während er selbst aus dem Bette sprang und,
seine Revolver aus den Kasten nehmend, sagte :
„Ich werde den ersten, den ich beim Schiessen
treffe, niederstrecken." Ich bat ihn, sich nicht in
die täglichen Gewohnheiten der Leute zu mengen,
sondern lieber drinnen zu bleiben, da sie sich dann
bald wieder beruhigen würden. Er begab sich je-
doch mit dem Revolver hinaus, wo die Sudanesen
waren. Sie sagten ihm, sie könnten die Leute nicht
finden, welche geschossen hatten. Der Major stiess
hierauf einige Manjema zur Seite, drängte sich
durch, ging auf das das Tamburin schlagende und
singende Weib zu und forderte es auf, stille zu sein.
In demselben Augenblicke feuerte Sanga, der Gatte
des Weibes, durch ein Luftloch in einer gegen-
überliegenden Hütte einen Schuss ab, dessen Kugel
den Major gerade unterhalb der Herzgegend traf,
am Rücken wieder herauskam und in einem 'Theile
der Veranda stecken blieb, unter welcher der Ge-
troffene todt zu Boden stürzte."
Man denke sich den Wirrwarr nach diesem
entsetzlichen Vorfall — innerhalb eines Raumes
von 1507« Länge und 24 w Breite, in welchem ins-
gesammt 1000 Personen anwesend waren, darunter
900 Kannibalen. Ein allgemeines Schreien, Flüchten
und Plündern begann. Niemand, auch die Suda-
nesen und Sansibariten nicht, machten hievon eine
Ausnahme. Einen Augenblick hatte es den An-
schein, dass es auch Bonny an den Kragen gehen
sollte, doch schüchterte derselbe die auf ihn in
drohender Haltung zukommenden Manjema durch
seine Kaltblütigkeit und Geistesgegenwart ein. Herr
Jameson war nicht im Lager, sondern eine Tage-
reise entfernt, mit dem Transport der zurückge-
bliebenen Lasten beschäftigt. Am 22. Juli, trifft er
im Lager ein, und schon am 25. tritt er die (achte)
Reise nach den F'ällen an, um Tippu-'Tib zu be-
wegen, persönlich die Führung der Nachhut zu
übernehmen. Jameson, ein reicher Mann, erbot sich,
10.000 Pf. St. aus seiner Tasche zu zahlen, und
sollte diese Summe eventuell verdoppelt werden,
obwohl er keine Garantie übernehmen könne, dass
das Comite den Rest bestritte. Während difses Auf-
enthaltes bei 'Tippu-Tib wurde der Mörder Sanga
an den Stanley-Fällen eruirt, durch 'Tippu-'Tib, im
Beisein des belgischen Residenten in der Fall-
Station als Schuldiger erkannt und sofort erschossen.
Da schon früher Herr Ward nach der Küste mit
einer De[)esche an das Comite, welches die Bitte
um neue Instructionen enthielt, entsendet worden
war, hegte Jameson den Wunsch, Herrn Ward ent-
gegenzueilen. E^r machte sich in einem Canoe mit
10 Sansibariten von den Fällen auf, zog sich aber
auf der strapaziösen Reise ein Gallenfieber zu, wel
ches den 'Tod des wackeren Mitgliedes der E.xpe
dition herbeiführte. Tag und Nacht ruderten die
Canoeleute, um das Ziel, die Station Bangala,
zu erreichen, wo sie gerade noch früh genug ein-
trafen, um den Sterbenden Herrn Ward in die Arme
zu legen und wo er seinen letzten Athemzug that.
Es war dies in derselben Stunde, da Stanley in
Banalja anlangte; und die Fi age that : „WoistJame-
%
1
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
103
Da 1 1< ir 'rroup sclion von Jambuja aus als
Invalide dii; RiUkreise nacli liuropa angetreten
hatte, war William Honny der letzte der Officiere,
in dessen Händen das Schicksal der ICxpedition la^.
Wahrhaft jjrauenerregend ist die Sciiildening,
welche Stanley von dem Lajjer in Banaija, wo er
am 17. August eintraf, entwirft . . . „lis waren noch
sechs Leichen unheerdigt, und zu Dutzenden sahen
wir die Lebenden mit Eiterheulen vor uns. Andere
waren in Folge von Dysentrie und Blutleere bis
auf Haut und Knochen abgemagert; andere wieder,
mit Geschwüren so gross wie Untertassen, krochen
herbei und riefen uns mit hohler Stimme ihr
schreckliches Willkommen zu — Willkommen auf
diesem Kirchhofe! . . . Ich vernahm von Mord und
Tod, von Krankheit und Sorge, von Kummer und
Noth, und wohin ich sah, begegn(;ten meinen
Blicken die hohlen Augen der vSterbenden mit
solchem vertrauenden, flehenden Ausdruck, dass
ich glaubte, das Herz müsse mir brechen, wenn
nur ein Seufzer hörbar wurde . . . Hundert Gräber
in Jambuja, 33 Mann im Lager zuiückgelassen, um
umzukommen, 10 Leichen am Wege, etwa 40 Per-
sonen im Dorfe, die im Begriffe standen, den
schwachen Halt am Leben fahren zu lassen, über
20 Desertirte und 60 im leidlichen Zustande ge-
rettet!" . . . Das war der Rest von den 271 Mann,
welche Stanley in Jambuja zurückgelassen hatte.
Nachdem Stanley die Reste derBarttelot'schen
Colonne gesammelt hatte, trat er am 21. August
1888 (also nachdem er sich nur vier Tage Rast
gegönnt hatte), den dritten Marsch nach dem
Albertsee an, wo Je|)hR(m bei Kmin zurückgeblieben
war. Von der aus.st'rordentlichcn Fürsorge Stan-
ley's für seine Leute spricht der Umstan<l, dass
Jener auf diesem beschwerlichen Marsche auch die
Kranken mit sich nahm, und zwarinCanoes. Später
mussten diese zurückgelassen werden. Ks wurden
hartnäckige Kämpfe mit den lüngeborenen geführt,
und schliesslich raffte der Hunger die Leute massen-
haft hinweg. Line Abtiieihing Fourageure kam durch
die aufopfernde Thätigkeit Stanley's gerade noch
rechtzeitig zurück, um den grössten Theil der (-o-
lonne vom Hungertode zu retten. Später wurden
Pisang[)flanzungen betreten, das Land der Wam-
bulti-Zwerg<' dur<h<iuert und am 20. Decendier
endlich Fort Biido erreicht. 1 lier hatte Lieutenant
Stairs während der siebenmonatlichen Abwesenheit
Stanley's wacker ausgeharrt. VonlCminund Jeplison
fehlten alle Nachrichten. Krst Mitte Jänner 1889
wurde der Albert-See erreicht.
Hier, zu Gavirass, erfuhr Stanley von der
völlig veränderten Situation in Ac(iuat()ria. Wir
hallen in unserem ersten Artikel hierüber ausführ-
lich berichtet und aller Freignisse eingehend ge-
dacht, bis zu dem Zeitpunkte, da Stanley und Kmin
mit Gefolgschaft am 10. April das Lager von Ka-
valli verliessen und wie nur zwei Tage später
Stanley lebensgefährlich erkrankte, wodurch die
("olonne gezwungen war, 28 Tage im Masamboni
liegen zu bleiben. Nach der Genesung des Reisen-
den wurden die Balaggaberge überstiegen, wobei
mehrere Gefechte mit den Bewohnern stattfanden.
Fnde Mai gelangte Hie Expedition zu dem 1877
von Stanley aus der Ferne gesehenen See, dem
Muta Nzige, dessen Umfang nun festgestellt werden
konnte, und der den Namen All)ert Fdward-See
erhielt. Der Weitermarsch ging längs des Süd-
westufers des Victoria-Sees — welcher hier eine
bisher unbekannte grosse Ausbuchtung nach Süd-
westen, gegen den Tanganjika hat — und am
27. August wurde die Missionsstation IJsam-
biro am Südufer des Victoria-Sees erreicht.
Nun ging der Marsch nach Süden, gerade
aufTabora zu, auf die Plateaufläche von Unjamwesi.
Am 10. November endlich wurde die erste deutsche
Station, M[)wa[)wa, erreicht, und am 5. üecember
trafen die Langersehnten in der Küstenstation Ba-
gamoyo ein, nachdem sie kurz vorher von einer
vom Major v. Wissmann entgegengeschickten Co-
lonne unter v. Gravenreuth, welche Kleider und
Provisionen mit sich führte, begrüsst worden waren.
Das erste officiellc Willkommen wurde den Ge-
retteten vom Kaiser Wilhelm zutheil, zur freudigen
Ueberraschung der so lange Zeit von der Civili-
sation abgeschnitten gewesenen heldenmüthigen
RtMsenden. Mitten im Festjubel aber ereilte die eine
der beiden Hauptpersonen dieser afrikanischen
Anabasis ein tragisches Geschick — der Sturz
ICmin Pascha's von der Terrasse des deutschen
Hauses, das die Heimgekehrten gastlich aufge-
nommen hatte. Bekanntlich ist es der ärztlichen
Kunst gelungen, das kostbare Leben Kmin Pascha's
zu retten. Während Stanley daheim auf seinen Lor-
beeren ausruht, ist Kmin längst wieder in das
Innere des dunklen Krdtheiles vorgedrungen, und
harrt die civilisirte Welt mit grösster Spannung der
Dinge, welche die Rückkehr Emin's nach Aequa-
toria im Gefolge haben wird.
Obwohl wir mit den beiden vorausgegangenen
Artikeln über die ohnegleichen dastehende letzte
grosse Expedition Stanley's die Geduld der freund-
lichen Leser bereits mehr als billig in Anspruch
genommen haben, erweist es sich gleichwohl als
unumgänglich nothwendig, noch ein drittes Mal
auf dieselbe zurückzukommen. Dieser Schluss-
artikel soll ausschliesslich den geographischen Ent-
deckungen und wirthschaftlich-commerciellen That-
sachen gewidmet sein.
VOM ABERGLAUBEN DER TÜRKEN. ^^.^CnJlfh^iJ
Wenn Goethe den Aberglauben „Die Poesie
des Lebens" nannte, so ist man heute zu der gewiss
weit richtigeren Erkenntniss fortgeschritten: der
.■\berglaube ist das Wissen der Vorzeit. Was uns
vom Standpunkte strenger Forschung als »Vcr-
irrung des menschlichen Geistes" gilt und, wie die
Geschichte lehrt, oft unsägliche Greuel hervor-
gerufen hat, die im Dienste eines Wahnes begangen
wurden, ist daher gerade vom Standpunkte strenger
l'orschung selbst der höchsten Beachtung werth,
denn auch der .\berglaube hat seine Geschichte,
104
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEN ORIENT.
und diese ist innerhalb der allgemeinen Geschichte
der Menschheit eines der allerfesselndsten Capitel.
Schon haben wir daraus die überraschende That-
sache gewonnen, das antiker und moderner Volks-
glaube in ihrer Wesenheit übereinstimmen. Ebenso
aber wie trotz des tausendjährigen Ringens nach
Licht und Freiheit des Geistes nur einzelne Geister,
nicht die Massen, von dem schnürenden Alpdruck
der alten Wahnvorstellungen befreit haben, welche
blos milder und gefahrloser geworden sind, ebenso
müssen wir angesichts derLehren der vergleichenden
Völkerkunde das demüthigende Geständniss ab-
legen , dass der Aberglaube bei den höchst-
gestiegenen wie bei den niedrigsten Menschen-
stämmen in seiner Wesenheit derselbe ist; auch
hier sind nur Abstufungen des Grades zu erkennen.
Dieses Mehr oder Weniger ist es demnach, welches
für die Culturstellung der einzelnen Völker in's Ge-
wicht fällt.
Prüfen wir von diesem Gesichtspunkte den
Aberglauben des Morgenlandes, worunter ich be-
sonders das Reich der islamitischen Turkvölker ver-
stehen möchte, so sehen wir dort zunächst den
Glauben an das Geschick mit aller Kraft entwickelt.
Eigenthümlich ist ihnen derselbe nicht, denn die
Germanen und mehr noch die Slaven hatten und
haben noch ihre drei Schicksalsgöttinnen, welche
bei der Geburt eines Kindes dessen Lebensgang
vorherbestimmen, bei den Türken jedoch ist das
Kismet iehnü olahjak (d. h. das Geschick muss sich
erfüllen), ein Bann, der schwer auf dem Einzelnen
wie auf dem ganzen Volke lastet und dessen beste
Kräfte nicht selten lähmt. Wie sehr sie auch in Ge-
schlecht, Alter und Lebensstellung von einander
verschieden sein mögen , festgewurzelte Ueber-
zeugung Aller ist, dass man ebenso wenig den
Lauf des Geschicks in der Zukunft beeinflussen,
wie die Vergangenheit abändern könne. Wer eine
der überlieferten Schicksalssatzungen bricht, wird
daher von allen Türken auch schon als dem Un-
heile verfallen betrachtet. Und dennoch ! Das reli-
giöse Bedürfniss der Annahme übernatürlicher
Kräfte , welches mit so tausendfach verästelten
Klammerwurzeln im Gemüthe der Menschheit haftet,
weiss das Unheil zu beschwören und auf mystischem
Wege das Möglichste zur Sicherung des Daseins
zu thun. So ist einer der unerschütterlichsten Aber-
glaubenssätze : dass das Kismet sich nicht an einen
Menschen heranwage, der einen Bau unternommen,
so lange dieser nicht gänzlich ausgeführt ist. Des-
halb sucht Jeder, der es vermag, sich sein Leben
durch einen Bau zu verlängern, und mit Neid be-
trachtet der Arme diese Hilfsmittel der Reichen.
Ein Bau, der trotz des Glaubenssatzes durch den
Tod seines Eigners unterbrochen wird, bleibt bei-
nahe immer als vorzeitige Ruine stehen, soweit er
eben gediehen ist. An den Ufern des Bosporus kann
man eine Menge derartiger Häuserüberbleibsel ge-
wahr werden. Wird irgend einmal ein solches aus-
gebaut, so finden gar viele Opfer- und Besch wörungs-
ceremonien statt, die „Scheitan", „Afrit" oder
„Ghul", die darin Sitz genommen haben, daraus zu
vertreiben. Erstere sind Teufel, die Afrit sind böse
Geister und die Ghul eine Art Vampyre, die sich
von Leichen nähren und deren Wächter, wenn sie
Widerstand leisten, in das Höllenreich entführen.
Mit diesen Dämonen tauchen auch die Türken tief
in das graue Alterthum. Den Teufelsglauben haben
sie wohl von den Juden, von welchen so Vieles
in den Islam übergegangen ist ; im Satan der
späteren Schriften des Alten Testaments erkennen
wir aber den altpersischen Ahriman wieder, mit
dem die Juden in der babylonischen Gefangenschaft
bekannt geworden waren. Die Afrit treiben aber
nicht allein in unbewohnten Räumen ihr unheim-
liches Wesen, sondern machen es sich auch in be-
wohnten gern bequem. Darum legt man inmitten
jedes zur Nachtruhe vorbereiteten Bettes ein flaches
Kissen, damit nicht ein Afrit den Platz des fiigen-
thümers einnehme und ihm einen bösen Streich
spiele, wenn er zur Ruhe gehen will. Die Ghul sind
blos eine der vielen Formen des Vampyrglaubens,
der zwar bei den slavischen Völkern am aus-
geprägtesten erscheint, im Uebrigen aber über die
ganze lirde verbreitet ist. Nachweislich wird er
nicht blos in Ostasien, sondern auch in Afrika wie
in Amerika und selbst in der Südsee angetroffen.
Wenn Manche den Türken den Vampyrglauben ab-
sprechen, so haben sie eben die Ghulen ausser-
acht gelassen. Orthodox im Islam ist ferner der
Glaube an die „Dschinn" (Genien, Nachtgeister),
auf türkischem Gebiete sind diese indess ganz nebel-
hafte Spukgestalten, die man nur vom Hörensagen
kennt. Nachweisbare Schädigungen werden ihnen
nicht zugeschoben.
Auch das Traumauslegen ist sehr im Schwünge
bei den Turkvölkern und liefert einen der ergiebigsten
Gesprächsstoffe nicht blos im Harem, wo die Weiber
grosses Gewicht darauf legen, sondern auch in
den Kaffeehäusern. Jemand, der in dieser Kunst
geschickt ist, ist in jedem türkischen Hause will-
kommen. Wahrhaft gefürchtet ist der „Böse Blick'
oder das „Böse Auge", und dieser Glaube, dass
ein Mensch den anderen durch den blossen Blick
schädigen und Krankheit oder Leiden über ihn
bringen könne, ist eben so alt als weitverbreitet.
Wir begegnen diesem Aberglauben schon im An-
beginn der Geschichte und sehen ihn mit über-
raschender Uebereinstimmung bei den verschie-
densten Völkern durch den Lauf der Jahrhunderte
sich bis in die Gegenwart fortpflanzen. Seinen
geographischen Mittelpunkt hat er in den Ge-
stadeländern des Mittelmeeres, von wo er sich
concentrisch über die angrenzenden Erdtheile
verbreitet. Kindern insbesondere soll der Böse
Blick tödtlich sein ; die Bagdader Türken fürchten
aber noch mehr als diesen den Bösen Geruch,
von dem sich die Leute keine deutliche Vor-
stellung machen können. Kein Kameel , kein
Rind, kein Schaf, kein kleines Kind bringen die
Türken ohne Schutz gegen das Böse Auge in's
Freie. Solchen Schutz gewährt das Tragen von
Amuletten oder Talismanen, worin sich ein Rest
von altem Schamanismus ausspricht. Die türkische
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIi»T fOr DEN ORIENT
105
Legende führt, wie fast alle Cultureigenheiten,
so auch den Talisman auf die Zeit und die
Umgebung Mohammeds zurück. Amulette zum
Schutze vor bösen Geistern und zur Heilung von
Krankheiten sind aber weit älter und finden
schon in den Schriften des Alten Testamentes
Krwähnung. Es gibt deren sehr verschiedene
Arten ; bei den Türken Mittelasiens bestehen sie
entweder aus vollgeschriebenen Papierstreifen
oder aus dem Augapfel der vSchafe, aus schwarzen
Steinchen, aus Adlerkrallen, aus liulenfedern oder
solchen sonn- und wettergebleichten Fetzen, die
der Wind von irgend einer Votivstaude abge-
weht hat. Man heftet sie theils an die Kappe,
theils an den linken Aermel des Kleides. Gegen
den Hosen Blick leistet irgend eine Verzierung
von blauer Farbe, blauen Glas[)erlen u. dgl. gute
Dienste ; in der Ermanglung dessen thut es auch
ein Büschel Knoblauchknollen. Eine Specialität
gegen das Böse Auge hat die Abbildung des
mystischen Thieres Akama, das dem egyptiscben
Sphinx ähnlich, aber weiblich ist, also so wie
die Sphinxe bei uns häufig unrichtig dargestellt
werden : Körper eines Löwen, Kopf und Brust
einer Frau. Gärten und Felder schützt man —
ähnlich wie in Niedersachsen — durch Pferde-
köpfe und an manchen Orten, indem man einen
ganzen todten Dachs mit Haut und Haaren, den
Kopf nach oben, auf einen Pfahl steckt. Es gibt
noch andere Amulette gegen den Bösen Blick,
die zum Theile wenigstens offenbar noch aus
dem classischen Alterthume und dem alten By-
zanz herstammen: Vogelklauen, Hirschkäferhörner,
geschnitzte Thiere u. s. w. Solche Talismane
werden noch jetzt geschnitzt und wie Handels-
waare verkauft; in der Regel sind es abgerundete
viereckige Plättchen von hartem Stein, Achat,
Karneol, Jaspis u. dgl. mit einem Bannspruch,
der sich meist auf Allahs Macht, Güte und Hilfs-
fähigkeit bezieht. Solche Täfelchen, mit magi-
schen Worten beschrieben, kommen mehrfach
in mannigfacher Form schon in den Keilschriften
vor, ja gelegentlich werden kleine babylonische
Keilschriftcylinder jetzt noch als Amulette ge-
tragen; sie thun also noch immer den Dienst,
zu dem sie vor 4 — 5000 Jahren augefertigt
wurden. Den Haremsdamen ist es von grosser
Wichtigkeit, ein Amulet zu tragen, in welchem
der innigste Herzenswunsch verzeichnet steht.
Kein menschliches Auge aber darf es erblicken
und dies zu verbergen, ist eine sehr wichtige
und schwierige Aufgabe. In der Regel leitet sich
die Kraft des Amulets von nichts Anderem ab
als von der Weihe und Kraft des eingegrabenen
Spruches ; doch läuft zuweilen auch dunklerer
Zauberglaube mit unter. Jedenfalls hält aber die
türkische Frau, welche z. B. ihrem Kinde einen
solchen Talisman umhängt, dasselbe gesichert
gegen Unfälle, in ganz ähnlicher Weise wie etwa
die Italienerin oder Spanierin, die ihrem Jungen
ein Scapulier oder ein Madonnenbildchen um den
Hals bindet.
Nebst dem Bösen Auge erregt grosse Angst
auch das „Berufen" oder „Beschreicn". Der
Fremde thut nicht gut daran, ein hübsches,
kleines Türkenkind aus nächster Nähe freundlich
zu bewundern. Entschlüpft ihm etwa der unvor-
sichtige Ausruf: Ne guzel tschudjuk ! (welch
hübsches Kind!) so wird er schleunigst gebeten,
dem bewunderten Kleinen in's Gesicht zu spuken
oder das angestiftete Unheil doch mindestens durch
ein Masch-AIIah ! (wie Gott will) zu mildern. Dies
sind aber nicht hier und dort auftauchende Züge,
es ist die Regel im türkischen Leben. Die Sage
„vom Neid der Götter" gehört ja überhaupt zum
haltbarsten und vertrautesten Besitze der Mensch-
heit. Sind die Kinder einige Jahre alt, so lässt
die Sorge, dass ihnen ein Zauber angethan werde,
nach ; sie kommt erst später und nur beim weib-
lichen Geschlechte wieder zum Vorscheine, näm-
lich dann, wenn die Frauen Hoffnung haben,
einen Sohn oder eine Tochter zu bekommen,
dann aber auch mit grosser Heftigkeit; sie werden
deshalb von ihren sämmtlichen Freundinnen und
Verwandten mit Amuletten und sonstigen Sachen
behängt.
Von schädlichem Zauber höre man, ausser
vom Bösen Auge und dem Berufen, wenig im
türkischen Morgenlande, behaupten einige Quellen ;
es sei selten, dass eine bestimmte Person als
gewohnheitsmässige Urheberin von allerlei Unheil,
als Hexe oder böser Zauberer, bezeichnet werde.
Für gewöhnlich sei der Zauber bei den Türken
gutartig ; er soll fördern, nicht bedrohen. Dieser
Ansicht wird von anderer Seite widersprochen.
Darnach wäre man vielmehr den Zauber- und
Hexenkünsten gar hold, und Zauberinnen und
Hexenmeister seien sehr viel umworbene und
gefeierte Persönlichkeiten. Sie spielen im Harems-
leben eine wichtige Rolle, und gar häufig komme
es vor, dass sich zwei Frauen eines und des-
selben Herrn bei äusserlicher Freundlichkeit heim-
lich mit „Hexereien" förmlich duelliren. In Bag-
dad befassen sich mit Hexengeschichten fast aus-
schliesslich nur die alten Weiber, doch gibt es
auch jüngere, die dies einträgliche Handwerk
treiben. Bei der Verhexung handelt es sich ge-
wöhnlich darum, seinem Nächsten einen Schabernak
anzuthun, ihn, seine Kinder und sein Vieh krank
zu machen oder gar zu tödten. Sehr oft ist die
Beschwörung darauf gerichtet, die Männer im-
potent und die Weiber unfruchtbar zu machen,
wenigstens ermangelt man nicht, dergleichen Fehler
dem Einflüsse derselben zuzuschreiben. Zur Hexerei
gehören das Bilden von Knoten in Fäden, das
Bestreichen mit Erdpech, doch auch Esswaaren,
namentlich Butter und Zucker, sind dazu er-
forderlich, welche von der Zauberin, wie die
verwendeten Gelasse, späterhin zu eigenen, sehr
ungeisterhaften culinarischen Zwecken benützt
werden. Ein Haupthexenwerk ist aber der uralte
Zauber mit Wachsfiguren, die Ceromantie, welche
schon den vorbabylonischen Akkad bekannt war
und bei Arabern und Türken bis auf unsere Tage
106
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
sich erhalten hat. Auch egyptische und griechische
Magier bilden Figürchen aus Wachs, den Per-
sonen ähnlich, welchen sie Böses zudachten. Man
verstopfte dann dem Figürchen den Mund, stach
ihm die Augen aus, stiess ihm einen Speer in sein
Herz, prügelte es weidlich durch, bewarf es mit
Koth u. dgl., immer im Glauben dadurch das
Gleiche dem Originale zuzufügen. Die Türken
bewahren noch heute den Glauben an diesen
Wachszauber.
Daneben gibt es Wahrsager und Wahr-
sagerinnen wie Kartenaufschläger in Fülle, in
der Regel aber wird die Wahrsagerei von Frauen
betrieben. Jede Zigeunerin ist von Rerufswegen
dazu befähigt, doch geben sich auch ganz ehr-
bare Türkinnen damit ab. Die Formen sind sehr
mannigfaltig; die Eine wirft Figuren aus Glas-
perlen, die Andere schaut in einen Brunnen, lässt
aber den Kunden nicht hineinblicken, die Dritte
hat grüne und geschälte Stäbchen, die Zigeune-
rinnen lesen gewöhnlich die Zukunft aus den
Linien der Hand (Chiromantie) oder sie haben
einen Haufen von bunten Bohnen, den sie vor
den Glücksjäger hinwerfen. Einige sind berühmt
und sollen sich manchmal durch eine merkwürdige
Bestimmtheit ihrer Aussagen auszeichnen; Manche
haben wieder den Kniff, das Geheimnissvolle
ihrer Weissagung durch eine kleinliche, aber
sehr bestimmt gehaltene Vorschrift zu erhöhen.
Ist der Kunde eine junge Dame, so beziehen sich
sämmtliche Prophezeiungen mit rührender Ein-
stimmigkeit auf den Zukünftigen. Seher und
Seherinnen, die mit der Geisterwelt in Verbindung
zu stehen vorgeben, sind ebenfalls eine ganz
häufige Erscheinung in Stambul und erfreuen sich
grossen Zudranges ; doch ist zu bemerken, dass
die Türken stets nur an gute Vorhersagungen
glauben, und dass Unglückspropheten, ja auch
nur Geschickswarncr in höchster Ungunst bei
ihnen stehen. Häufig auch pilgern sie an heilige
Quellen, um aus deren Spiegel ihre Zukunft
berausleuchten zu sehen. Eine solche befindet
sich in Ejub am Ende des Goldenen Hornes.
Tief beugen sich die Neugierigen, meist Mädchen
über den Steinrand, das Bild ihres zukünftigen
Gatten zu erschauen, und das Bild, welches ihre
Phantasie derart der schönen Türkin vorspiegelt,
bleibt oft für ihr ganzes Lebensgeschick ent-
scheidend.
Verlorenes oder GestoliJenes wieder zu Stande
zu bringen, wendet der Orientale sich nicht an
die Polizei, sondern an die weisen Frauen oder
weisen Männer; letztere sind stets Derwische,
welche durch ihre Beschwörungsformeln der
Sache auf die Spur kommen. Sie wie ihre Kunden
sind von der Untrüglichkeit ihrer Mittel über-
zeugt. Auch die Türken Mittelasiens haben ihre
Wahrsager, , Palschi", in den Chanaten „Faldschi"
genannt, welche über verborgene Dinge Auf-
schluss geben. So wie man in Westasien auf
einer zufällig geöffneten Seite des Korans oder
Mesnewis den Ausgang irgend eines Unter-
nehmens erforschen will, so pflegt der mittel-
asiatische Türke hierzu sich einer bestimmten
Anzahl kleiner Stäbe zu bedienen, die, mit ge-
schlossener Hand unter die Anwesenden ver-
theilt und einzeln abgeliefert, je nach der ent-
sprechenden Zahl und Länge das Substrat der
Wahrsagung bilden. Manchmal werden die
Stäbchen auf einen Haufen geworfen, und aus
deren zufälliger Form und Lage pflegt der Sach-
kundige zu prophezeien. Dies heisst „Tschöbfali"'
und war, wie Ammianus Marcellinus erzählt, auch
von den Hunnen angewendet worden, denn Attila
liess vor dem Treffen von Chälons eben auf
diesem Wege von seinen Zauberern den .Ausgang
der Schlacht prophezeien. In Ermanglung von
Holz werden hiezu kleine Steinchen gewählt, und
da die Steppe weder das Eine noch das Andere
hat, so ist bei den Kosak-Kirgisen .zu diesem
Behufe der Schafsmist, d. h. die kleiqen Kügelchen
desselben, „Kumalak", in Gebrauch gekommen.
Der „Rimschi" oder „Irimtschi'' bildet ebenfalls
eine (Masse der Wahrsager, die sich aus den
Reihen der Weiber recrutirt. Der Rimschi weis-
sagt Glück oder Unglück aus dem Blöken der
Schafe, aus dem Züngeln der Flamme, aus dem
Zischen des in heisses Fett gegossenen Wasser-
tropfens, aus dem Kräuseln des durch den „Tün-
dük" aufsteigenden Rauches u. s. w. Nur werden
derartige Prophezeiungen von Männern nicht
ganz ernst genommen, daher die Redensart
Chatun-irimi : Weiberprophezeiung, d. h. Unsinn.
Zu erwähnen ist endlich noch der „Dschau-
rundschi", der Wortbedeutung nach der Schulter-
blattmann, von Dschaurun, Schulterblatt,, weil er
sich mit der Kunst abgibt , aus dem halb-
verkohlten Schulterblatte der Thiere, namentlich
der Schafe, Pferde, Rinder und Kameele wahr-
zusagen. Das Schulterblatt wird mit Vorliebe aus
dem Vordertheile des Thieres genommen ; es
darf weder mit den Zähnen abgerissen noch mit
einem Messer abgeschnitten werden, und pro-
phezeit wird nur aus den Richtungen der Sprünge,
welche das Bein nach längerem Liegen im Feuer
erhalten hat. Die Auslegung des auf diesen Sprüngen
beruhenden Orakels ist verschieden; der Eine
I)rophezeit aus dem Sprunge das Gelingen oder
Fehlschlagen einer Reise, der Andere wieder das
Genesen oder .Sterben eines Kranken u. s. w.
Schon Willem Ruysbroek berichtet über diese
Art des Wahrsagens bei den Mongolen, doch ist
dieselbe bei den Kosak-Kirgisen jetzt nicht mehr
stark verbreitet, und Hermann Vambcry hat auf
seine darauf bezüglichen Fragen nur in ver-
schämter Weise Antwort erhalten.
Wie überall steht auch bei den Türken der
Aberglaube wie die Zauberei in engster Ver-
bindung mit der Heilkunst. Schon bei den Talis-
manen oder Amuletten, die das Unheil allgemeinhin
ablenken sollen, denkt man zumeist an Schutz
gegen Krankheit und körperliche Unfälle. Im
Uebrigen findet sich die Stufenleiter vom rein
abergläubischen Heilungsverfahren bis zur Vcr-
OESTER REICHISCHE MONATSSCHRIFT FOR DEN ORIENT.
107
binciunjj der wirklichen rationellen Miidicin mit
einer überflüssigen, magischen l'^ormel bei den
Türken vollständig ausgebildet. Zu unterst stehen
jene Heilkünstler, die man füglich als schaina-
nistische bezeichnen kann. Hei allen 'rurkvölkern
ist der (jjaube an Zauberpriester, die man ge-
meiniglich Schamanen nennt, wie bei den Mon-
golen und Nordasiaten eingebürgert und stellt in
der riiat ein Stück jener alten, ja uralten Ge-
dankenwelt dar, welche dem Türkenthume viel-
leicht schon seit Jahrtausenden eigen ist. Bei-
l.lufig bemerkt ist es ganz falsch, von schama-
nistischen Religicmen oder vom Schamanismus als
einer Religion besonderer Art zu sprechen, denn
das Schamanenthum ist blos eine l<^igenart des
Priesterthums, ein Ausfluss besonderer Lebens-
haltung; die Culturvorstellungen der Völker, bei
welchen diese Schamanen auftreten, gehen aber
wie die vieler anderer von der Seelenvorstellung
aus und diese knüpft wieder insbesondere an
das lireigniss des 'I'odes an.
Bei den asiatischen Türken ist der Glaube an
diese Zauberpriester, welche durch Zaubermitttl
Gespenster bannen und mittelst Beschwörungen
Krankheiten heilen, tief eingewurzelt, und weder
Buddhismus noch Islam haben den „Kam", wie die
türkischen Stämme den Schamanen nennen, gänz-
lich zu beseitigen versucht. Bei den Völk(;rn des
Altai spielt derselbe mit seiner unerlässlichenZauber-
irommel noch immer die grösste Rolle. Die west-
lichen Türken, namentlich die Osmanen, sind er-
starkt in den Lehren des Islam und haben damit
den Schamanenglaubcn besser überwunden, ohne
jedoch einzelne Spuren desselben gänzlich zu ver-
wischen. So sind einige Züge des alten Schamanen-
thums auf die mohammedanischen Derwische über-
gegangen. Menschen dieses Schlages sind auch die
niedrigsten Meilkünstler, ihr Werk ist ausschliess-
lich Magie. Den Rücken der Klinge eines gewöhn-
lichen Messers setzen sie z. B. auf den Kopf des
Kranken, fahren damit in cabbalislischen Figuren
über dessen Scheitel sowie über die leidenden
Körpertheile und murmeln dazu allerltM unverständ-
lichen 1 lokusjxjkus. Andere führen ähnlichen Zauber
mit einem Strick aus, und Keinem frhit es an Zu-
spruch, denn sie heilen Alles was vorkommt. Dieser
Art am nächsten stehen Jene, welche mit magisch-
religiösen Formeln arbeiten. Ihre Heilkraft ist aber
nicht blos an die Formel, sondern auch an die
Person gebunden. Der einzelne „fromme Scheich"
befasst sich damit, Kranke zu heilen, indem er sie
anhaucht oder einen Koranvers über sie sjjricht,
auch etwa einen solchen auf Papier schreibt, das
Papier verbrennt, die Asche in ein Glas Wasser
wirft, über das Wasser hinhaucht und dasselbe dem
Patienten zu trinken gibt. Vielfach wird die Sym-
pathie der Derwische in Anspruch genommen. Bei
schwereren und hartnäckigeren Leiden wird der
Patient in die Moschee geführt, und der Derwisch
oder der Imam liest ihm aus dem Koran vor, haucht
und schreit ihn an, bestreicht und bedrückt ihn mit
den Händen und beschwört die Geister in so treffen-
der und kunstgerechter Weise, dass ein europäi-
scher Magnetiseur es wirklich nicht besser machen
könnte. Hat diese Art von Heilverfahren auch einen
anderen Namen als bei uns und geht dort auf Rech-
nung der Dämonen, was hier als ein Nervenübel
gilt, so sind doch die lirgcbnisse dieselben, und es
ist unzweifelhaft, dass der lirfolg sehr häufig den
anscheinenden Hokuspokus krönt. Haider Künstler
aber gar einen Ruf von Heiligkeit, so macht er
ganz gute Geschäfte dabei. Gewisse Personen be-
sitzen eine derartige Heilkraft von Amtswegen, wie
z. B. die Scheiche der heulenden Derwische, welche
über die auf dem Boden liegenden Kranken hin-
schreiten ; der Tritt des segnenden l-'usses ist für
Manche offenbar die letzte Hoffnung. Diesen folgen
die limpiriker, die eine wirkliche medicinische Me-
thode haben, deren Wirkung aber nicht ausschliess-
lich dem rationellen Verfahren zuschreiben, sondern
vielmehr einen übertragbaren, besonderen Heilgeist
für sich in Anspruch nehmen. Ihre Kunst vererbt
sich in gewissen Familien. Der Vater bringt dem
Sohne die Handgriffe bei, lehrt ihn aber dieselben
mit einem gewissen Hokuspokus zu verbinden und
überträgt ihm schliesslich seine Heilkraft durch An-
hauchen. Manche von den Leuten sind berühmt und
werden weithin gerufen. liin Heilkünstlcr der letz-
teren Art übernimmt in der Regel das ganze Frbe
seines Lehrers, dieF~ormein sowohl wie das eigent-
liche Heilverfahren, auf Treu und Glauben und
gibt Alles zusammen unverändert an seinen Nach-
folger ab. Ks ist das die höchste Stufe des lleil-
zaubers, denn von dem Manne, der in der Haupt-
sache therapeutisch arbeitet und nur nebenher
einige „Sym|)athie" mit einfliessen lässt, ist nur ein i» .
Schritt zum eigentlichen Arzt, der die Zauberformel \)"-^
ganz bei Seite setzt. Erwägen wir, dass sympathe- \\lf- -^
tische Curen auch in einigen Theilen des hochge-
sitteten Deutschland noch im Schwange gehen und QO
sogar in gebildeten Kreisen mitunter Beachtung ^mm^
linden, so würde es uns schlecht anstehen, dieser ^n i^
Seite ihres Aberglaubens willen die Türken geringe CLTI
zu behandeln. Wir müssten vielmehr zuvor vor der , p^^
eigenen Thüre kehren. ^»
Im Allgemeinen freilich ist das Reich des
Aberglaubens im türkischen Morgenlande ungemein
gross, und blos die wichtigsten Züge konnten hier
zur Sprache gebracht werden. Deutlich aber geht
aus diesen hervor, wie einestheils der Aberglaube
auch bei den Türken an uralte Vorstellungen an-
knüpft und zugleich im tiefsten Grunde mit allge-
mein und weit verbreiteten Gedankenströmungen
der Menschheit übereinstimmt. /' t>. H.
DIE GENUSSMITTEL DES ORIENTES.
Von Gustav Troll.
V.
Fin eigenartiges, bei den sfld- und ost-
asiatischen Völkern allgemein verbreitetes Gcnuss-
mittel ist der Btltlpfefftr, kurzweg Beltl genannt,
worunter man die Blätter von Piper Bctie L.
^^^^
108
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
versteht. Aus den frischen, aromatisch-brennend
und bitter schmeckenden Betelblättern wird in
Verbindung mit zusammenziehenden Stoffen
(Gambir, Catechu und Betel- oder Arecanüssen)
und mit etwas frisch gebranntem Kalk oder
Muschelkalk ein Kaumittel hergestellt, dessen
Gebrauch so allgemein ist, dass es nicht nur bei
den Eingeborenen, sondern sogar bei den dort
lebenden Europäern zu einem unentbehrlichen
Lebensbedürfnisse geworden ist. Die Heimat der
Betelpflanze ist Ostindien, dieselbe wird jedoch
auch auf den Sunda-Inseln, den Molukken, in den
chinesischen Provinzen Kwantung und Yunan und
in manchen anderen Gegenden cultivirt. Im
Bengalischen und auf Hindostanisch wird die
Betelpflanze Pan genannt, in der Tamilensprache
Vettilei, im Sanskrit Tamhul. Das Betelkauen er-
folgt in der Weise, dass ein Stückchen der
jungen und zarten oder gekochten Areca- oder
Betelnuss (die Samen der Catechupalme Areca
Catechu L., auch Pinang genannt) mit Kalk und
Gewürz (Kardamom, Kampher, Aloeholz, Moschus)
in ein frisches Betelblatt gewickelt, in den Mund
geschoben und wie Kautabak von einer Seite
zur anderen geschoben werden. In Folge des
Kauens entsteht eine starke Speichelabsonderung,
welche angeblich die Mundhöhle rein erhalten
und Zahnfleisch und Zähne gut conserviren soll.
Der Speichel nimmt hiebei eine blutrothe Fär-
bung an und die Zähne werden schwarz. Früher
wurde gewöhnlich nur die Arecanuss allein mit
dem Betelblatt gekaut, jetzt kommen noch andere
zusammenziehende Stoffe, wie Catechu und Gambir
oder Lyciumextract dazu. Natürlich gibt es in
der Zusammensetzung der sogenannten Betelhappen
(Buyos oder Pan-supari genannt, von Pan=BeteI,
Supari=Arecanu3s) eine grosse Mannigfaltigkeit,
wie bei allen Genussmitteln, deren Gebrauch in
allen Ständen und Gesellschaftsclassen eingeführt
ist. Die Sitte des Betelkauens ist jedenfalls sehr
alt, denn schon der mittelalterliche Orientreisende
Marco Polo berichtet darüber Ende des XIII.
Jahrhunderts. Der Weltumsegler Antonio Pigafetta
beobachtete als Theilnehmer an der Magellan-
schen Expedition den Betelgenuss anf den Phi-
lippinen, und Garcia de Orla, der in der zweiten
Hälfte des XVI. Jahrhunderts in Vorderindien
lebte, gibt ebenfalls ausführliche Nachrichten
hierüber, wie noch viele andere ältere Schrift-
steller. Die durch das Hetelkauen beabsichtigte
Wirkung ist mit der durch das Kauen von Coca-
blättern und Tabak erzielten zu vergleichen,
jedenfalls verschafft es seinen Liebhabern Genuss.
Eine besondere Schädlichkeit dieses Mittels für
den menschlichen Organismus ist bisher nicht
nachgewiesen worden.
Kaum weniger sonderbar erscheint uns ein
anderes Genussmittel des extremen Orientes, die
Kawa, oder Kawa-Kawa, auch Yakona, Yangona
genannt, der Rauschpfeffer. E^s ist dies die Wurzel
von Piper methysticum F'orster (Macropiper
methysticum Miq.), einer auf den Inseln des Stillen
Oceans stark verbreiteten Piperacee. Der Name
stammt nach Fahrer von der polynesischen Kawa
oder Awa, d. i. scharf, und bedeutet in der Ver-
doppelung : sehr scharf. Die Wurzel enthält sehr
viel Stärke und harzige Bestandtheile, welchen
die berauschende Wirkung derselben zukommt.
Der Geruch ist eigenartig, der Geschmack zu-
sammenziehend und bitter, das Kauen ruft ver-
mehrte Speichelabsonderung hervor. Die Wirkung
der Wurzel ist narcotisch, die Schleimhäute ver-
lieren ihre Empfindlichkeit und die Zunge wird
taub. Die Eingeborenen erzeugen aus der Wurzel
durch ein kurzdauerndes Ausziehen mit Wasser
nach vorhergegangenem Durchkauen ein Getränk,
das stark berauschende Eigenschaften besitzt.
Dies geschieht meist in folgender Weise: Die
Männer eines Dorfes versammeln sich in ihrem
öffentlichen Kawahause, oder, falls ein solches
nicht besteht, in einem anderen. Die gereinigte
Wurzel wird zerschnitten und sodann von jungen
Leuten (auf manchen Inseln auch von F'rauen
und Mädchen) mit gesunden Zähnen gekaut. Das
Kauen geht langsam und feierlich, wie bei Wieder-
käuern vor sich. Die einzelnen durchgekauten
Bissen werden aus dem Munde genommen und
in eine grosse, ^Tanoa" genannte Holzschüssel
gelegt. Auf die in der Tanoa befindlichen Bissen
wird hierauf Wasser gegossen und das Ganze
mit den Händen umgerührt. Bis zum Aufgiessen
des Wassers herrscht in der Versammlung tiefes
Schweigen. Von diesem Zeitpunkte an beginnen
feierliche Gesänge, die durch Aufschlagen von
Stöcken auf Bambus oder Holzklötze begleitet
werden und bis zum Fertigstellen des Getränkes
dauern. Mittelst eines Bündels Cocosfasern holt
nun der Bereiter der Kawa alle erreichbaren festen
Bestandtheile heraus und drückt sie unter vor-
geschriebenen Körperbewegungen aus. Damit ist
das Getränk fertig und wird in Cocosschalen ge-
füllt, die dem Range nach an die Anwesenden
vertheilt werden. Dabei wird ein bestimmtes
Ceremoniell beobachtet, Gebete und Ausrufe an
die Götter werden von den Trinkern streng ein-
gehalten. Das Kawagetränk sieht, auf diese Weise
dargestellt, schmutzig-grau aus und schmeckt
aromatisch, bitter und prickelnd. Um Ekel zu
vermeiden, geniessen die Trinker, wie schon Cook
berichtet, etwas Speise und Cocosnüsse dazu.
Was sollen wir nach allen diesen absonder-
lichen Genussmitteln noch zu dem Flt'egenschwamm
der Kamtschadalen sagen? Es drängt sich bei
Betrachtung dieser so verschiedenartigen Stoffe,
welche alle dem gleichen Zwecke, der Beschaffung
von körperlich zu empfindendem Genüsse dienen,
der Gedanke auf, dass die Bewohner jener so
verschiedenartigen Länder bei der Befriedigung
dieses Triebes mit Naturnothwendigkcit jene Sub-
stanzen ergreifen mussten, welche in ihrem Bereiche
lagen, und dass hiebei selbst die schädlichsten
und giftigsten Stoffe nicht ausgeschlossen blieben.
Aus dem Fliegenschwamme (Amanita muscaria
Pers.), der äusserst giftige Eigenschaften besitzt.
OESTEBREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
K»
bereitet man in Kamtschatka mit den Blättern
der Sumpfheidelbeere und verschiedenen Epilobien-
Arten ein berauschendes Getränk, das so jjut
und schlecht seinen Zweck erfüllt, wie der I laschisch
der Araber oder der Absinth der Franzosen. Und
wie die fanatischen Mystiker Indiens ihre Ver-
zückunjjen zumeist den dunklen Gewalten, die
im Hanfkraute einj^eschlossen sind, verdanken, so
holen sich wahrscheinlich auch die Geisterbe-
schwörer des hohen Nordens, die Schamanen, ihre
Kraft und Hegeisterung aus dem Fliegenschwamme,
um durch Zaubergesänge die Götter zu bezwingen
und alle Krankheiten zu heilen, als Aerzte und
Priester ihres gläubigen und abergläubischen
Volkes.
Dies sind in kurzen Umrissen die haupt-
sächlichsten Genussmittel des Orientes. Manche,
deren Gebrauch auch in Kuropa iheilweise sich
vorfindet, wie z. B. das im Morgenlande eben-
falls vorkommende Arsenikessen, will ich hier nicht
weiter berühren. Es erübrigt nur noch, einige
Genussmittel zu erwähnen, die eigentlich mehr
zur Classe der Erfrischungsgetränke gehören.
So namentlich der Kumys oder Kumis, Milch wein,
Milchbranntwein, Brausemilch, Galazyme, ein Ge-
tränk, das die Tataren aus Stuten- oder Kameel-
milch bereiten. Das Wort Kumys wird abgeleitet
von dem Namen des altasiatischen Volksstammes
der Kumanen. Diese sollen zuerst von dem
Kumys Gebrauch gemacht haben und nach ihrer
Besiegung durch die Tataren 12 15 auf diese,
nebst anderen Sitten und Gebräuchen, auch den
Gebrauch des Kumys übertragen haben. Wilhelm
Rubruck, der 1253 vom heil. Ludwig in die Tatarei
geschickt wurde, erzählt viel von einem Getränke
„Kosmos", worunter jedenfalls Kumys gemeint
ist. Die Bereitung des Kumys geschieht in der
Weise, dass man zu 10 Theilen frisch gemolkener,
noch warmer Milch einen Theil fertigen Kumys
zusetzt und das Gemisch unter öfterem Umrühren
zwei bis drei Stunden stehen lässt. Dann füllt
man die Milch in Flaschen und überlässt sie in
einem kühlen Räume einer schwachen Nachgährung.
Nach fünf bis sieben Tagen bildet der Kumys
eine stark schäumende Flüssigkeit von angenehmem
süss-säuerlichen Geschmacke, die fast 2 Percent
Alkohol und ausserdem Milchsäure, Kohlensäure,
Fett und Zucker enthält. In den Steppen und
Niederungen, die sich von der Wolga bis zum
Uralgebirge hinziehen, bereiten die Kirgisen den
Kumys in einer etwas absonderlichen Art, Uie
frische Haut einer ganzen hintern Extremität eines
Pferdes dient als Gefäss hierzu. Die Haut von der
Hüfte bis zum Ende des Unterschenkels wird
zusammengenäht, so dass der breite Theil zum
Boden und der schmale zum Halse des Gcfässes
wird. Da wird nun die Milch hineingegossen, mit
einem in das Gefäss hineinreichenden und oben
luftdicht schliessenden hölzernen Kolben öfter
umgerührt und der Gährung überlassen. Die
Milch gährt, besonders im Frühjahr, sobald die
Stuten ein Füllen geworfen haben, ziemlich
schnell. Die orenburgischen Bascbkireo bereiten
zwei Sorten Kumys, den jungen oder Kumys Saumel
und den alten, echten. Der junge Kumys gährt
nur zwei bis drei Tage, ist daher weniger stark und
schäumend als der alte. Durch Destillation wird
aus dem Kumys ein Branntwein dargestellt, den
man Araca nennt und der, einer nochmaligen
Destillation unterworfen, den Arsa liefert. Die
Kuhmilch gibt ein ähnliches Getränk, den Airak,
doch eignet sich die Kuhmilch überhaupt weniger
zur Kumyserzeugung als die Stutenmilch, weil
sie bedeutend weniger Milchzucker enthält.
Ein ähnliches Getränk ist der im Kaukasus
unter Anwendung eines eigenen Fermentes, der Ke-
firkörner (Bacterien-Conglomerate, wahrscheinlich
von Saccharomyces cerevisiae) aus Kubmilch dar-
gestellte Kephyr (Kefir). Die Kefirkörner werden
drei Stunden lang in lauwarmes Wasser gelegt,
dann in auf 30" erwärmte Milch gegeben und
die Milch acht Tage lang erneuert. Sodann werden
die aufgequollenen Körner mit der sechs- bis
achtfachen Menge abgerahmter Milch 24 Stunden
lang stehen gelassen und dann die Milch abgeseiht.
Das erhaltene Product ist der Kefir. Die Körner
werden abgewaschen und weiter benützt. Der ge-
wöhnliche Kefyr-Kumys oder Kapyr wird bereitet,
indem man einen Theil Kefir mit zwei Theilen
Milch in einer verschlossenen Flasche ein bis zwei
Tage hindurch stehen lässt. Der Geruch und Ge-
schmack des Kefir ähnelt der frischen Sahne,
Sein Alkoholgehalt ist sehr gering (ungefähr
0'8o Percent), ausserdem enthält er noch Fett,
F^iweissstoffe und Milchsäure. In Folge seines
grösseren Gehaltes an Eiweissstoflfen ist der Kefir
viel dicker als der flüssigere und leichter trink-
bare Kumys. ICinc besondere .^rt von Kefir kommt
unter dem Namen Btdgarsky vor, eine andere wird
als Karagrut bezeichnet, überhaupt gibt es eine
grosse Menge solcher durch Gährung der Milch
erzeugter Getränke, die aber ihres geringen Alkohol-
gehaltes und erheblichen Nährwerthes wegen
nicht als ausschliesslich Genusszwecken dienend
angesehen werden können.
An Erfrischungs-Getränken aller Art herrscht
im Oriente, wie begreiflich, kein Mangel, Einige
wenige enthalten einen geringen Theil von
Alkohol, die meisten jedoch Säuren, und zwar
hauptsächlich Essig, Citronensäure und allerlei
Fruchtsäuren, Unter den saueren Getränken gibt
es unzählige Arten von Limonaden, Rosen- und
Rosinenwasser, wasserhell, schmutzig - grau,
gelblich, gelbgrün, gelbbraun, rosenroth und
purpurroth. Eine zweite Classe dieser Getränke
bilden die aus Johannisbrot, Süssholz, Rosinen,
u. s, w, erzeugten, meist fad-süss schmeckend
und von bräunlicher Farbe, als deren Typus der
Chuschaf der Araber und Perser gelten kann.
Dann folgen die mandelmilchartigen Getränke,
die bereits unter den Bieren erwähnte Braga,
die in manchen Ländern (z. B, auch in Rumänien)
ein halbgegohrenes, aus Kleie oder Hirse bereitetes
säuerlich schmeckendes Getränk darstellt und
110
OEST£RREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
lediglich Erfrischungszwecken dient. Selbst in
Ungarn findet sich in manchen Gegenden auf
dem Lande unter dem Namen Korpaczibere ein
ähnliches, aus Kleie hergestelltes Getränk. In
den französischen Colonien, besonders in Algier
und 'lunis, wird das in Südfrankreich einheimische,
Coco genannte Getränk stark verkauft. Der Coco
besteht aus gepulvertem Lakritzensafte, der mit
Anisöl oder Pfefferminz und dergleichen aromatisirt
und dem Trinkwasser zugesetzt wird.
Wer einmal im Oriente gewesen ist und
in den Bazaren von Kairo oder Damaskus das
ohrenzerrcissende Geklapper, das die Verkäufer
dieser Erfrischungsmittel mit ihren Messingstliaien
machen, gehört hat, der wird es gewiss nicht ver-
gessen, ebensowenig, als die hohläugigen, asch-
fahlen, gespensterhaften Gestalten der Haschaschir
in den schmutzigen versteckten Vorstadt-Kaffee-
häusern in Tunis oder Kairo und die finsteren
Opiumhühlen in den indischen und chinesischen
Hafenstädten, wo die Sclaven ihrer unseligen
Leidenschaft sich zusammenfinden, um in wenigen
Stunden die noch erübrigte Lebenskraft zu ver-
zehren. Die Natur hat dem Menschen gewiss wohl
wollen, als sie ihm Mittel an die Hand gab, sich
durch Erregung seiner Nerven körperlichen und
seelischen Genuss zu verschaffen, um in rasch ver-
rauchten Augenblicken einen kurzen Anklang
himmlischer Wonnen zu em[)finden, aber das hat
sie gewiss nicht gewollt, dass der Mensch durch
übermässigen Genuss ihrer Gaben zum stumpf-
sinnigen, noch unter dem Thiere stehenden
Wesen herabsinke. Leider aber kennt der
Mensch, wenn es sich um den Genuss handelt,
nur selten das richtige Mass und Ziel, das einzu-
halten war«.
EINE STIMME AUS EINEM HAREM.*)
Angesichts der grossen Zahl von Eng-
länderinnen, die in der letzten Zeit türkische
Harems besucht haben, und dank ihrer Kennt-
niss unserer Sprache in der Lage waren, rich-
tige Urtheile über unser Dasein abzugeben, ist
es schwer Neues über ein Land zu schreiben,
dessen Sitten und Gebräuche im Auslande fast
ebenso gut bekannt sind wie bei uns selber.
Auch ist das Interesse für das Orientalische in
dem Masse geschwunden, als der Schleier, der
über demselben lag, thatsächlich gelüftet, die
Geheimnisse des Orientes nach und nach vor der
Welt in ihrem wahren Lichte erschienen, das
nicht selten des poetischen Reizes entbehrte, den
man ihnen angedichtet hatte.
In einer Beschreibung Constantinopels aus
dem Jahre 1840 wurde das türkische Weib als
ein Geheimniss hingestellt, dessen Entschleierung
gefahrbringend sei, während Thakeray in seiner
„Voyagefrom Cornhill to grandCairo" uns von einer
Dame erzählt, auf die alle Rechtgläubigen mit
*) Dem Nineteenth Century eijtiiümmen.
Fingern zeigten, weil sie in ihrem eigenen Wagen
vor der Moschee vorfuhr. Was die Schatten dieser
braven Gläubigen sagen würden, wenn ihnen ein Blick
auf unsere heutige Welt gestattet wäre, ist schwer
zu bestimmen.
Es bedurfte nur kurzer Zeit, den türkischen
Müttern das erkennen zu lassen, was sich als
wissenswerth für sie zeigte und während ehe-
dem einige Kenntniss der französischen Sprache
das Maximum dessen bildete, was eine Türkin
lernte, ging sie nun daran, sich mehrere fremde
Sprachen, (Klavier, Zeichnen und Malen anzueignen
und sich so zur Frau heranzubilden, die in der
Gesellschaft erscheinen kann. Uazu kam die
Leetüre von Romanen und Novellen, und so kam
das junge Mädchen, das ehedem das höchste
Mass der Seligkeit darin erblickte, von einem
ihr unbekannten Mann in Gemeinschaft mit einem
halben Dutzend Rivalinnen tyrannisirt zu wer-
den, dazu, Andeutungen einer irdischen Sec-
ligkeit zu empfinden , die das übertrafen,
was sie vom Paradies erwartete. Sie hörte
von Bällen, Festen und Unterhaltungen, bei
welchen Frauen offen mit Männern sprachen, die
weder Doctoren noch ihre Vettern waren ; zum
ersten Male vernahrti sie es,' dass das Weib
ebenso hoch geschätzt wurde als der Mann, ja,
dass sie von diesem jene Huldigung beanspruchen
durfte, die sie bisher einzig als das seinem Ge-
schlechte gebührende Vorrecht gekannt hatte ; in
den Büchern begegnete sie den Darstellungen des
glücklichen Familienlebens, in dem ein Weib die
Liebe und das Vertrauen ihres Gatten genoss,
und nach und nach drang das so eingesogene
Gift in ihre Adern. Sie fühlte, dass sie Anrecht
habe auf ■ mindestens einen Theil dieser Vor-
rechte; allein die Scheu davor, die erste zu sein,
die sie begehrt hätte, hätte manche Frau veran-
lasst, noch für längere Zeit das ihr nun ver-
hasste Joch zu tragen, wenn sie nicht von Rath-
gebern umgeben wäre, die sie vorwärts drängen.
Schlimm genug, dass die Bewegung gerade in
den höheren Classen den Anfang nahm, welche
in Folge ihres Ranges von einer Legion von
niedrigen Armeniern und Griechen, dem Ab-
schaum ihrer Nation, umgeben sind, welche stets
mit dem Lobe an der Hand waren, wenn sie die
Möglichkeit einer Belobung sahen und deren
Beispiel bei den Türkinnen keine allzuhohe Meinung
von europäischem Leben aufkommen Hessen.
Das Dasein, welches sie im Harem geführt
hatte, war nicht dazu angethan, sie für die plötz-
lichen Veränderungen vorzubereiten, die in ihrer
Lebensweise eintreten sollten. Es war ihr un-
bekannt, dass es andere Ketten gebe als die-
jenigen, welche die Tyrannei eines Mannes auf-
erlegt und dass das Leben höhere Ziele biete
als das der Existenz allein ; in der That ist die
Selbstsucht eine Eigenschaft der Haremsinsassen,
die Alle, welche leben wollen, besitzen müssen
und unfassbar ist es ihnen, dass man an Andere
denken könne , ehe man an sich selbst ge-
■^•<?
N-
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
111
(lacht. AiulcrKiseits sind die Mütter niclit be-
fähiijt, iliren Töchtern jene reinen und hohen
Priiicipicn zu lehren, welclie jede europäisdie
Frau ihren Kindern beizubringen trachtet. In der
That fehlt es ihnen auch an dem hiezu nöthigen
Einflüsse. Die Mütter sind der grösseren Zahl
nach Sclavinnen und erfreuen sich als solche
nicht jener zarten Mochachtung, die eur(;|)äi-
schen Müttern entjjegengebracht wird. Jedes Kind
hat eine andere Mutter, für die es eine gewisse
l'arteianhänglichkeit hat und die es gegen ihre
Rivalinnen vertheiiligen wird. Gleichwohl fehlt
die Achtung und auch der Grund für eine solche,
da dem Kinde nichts als das Princip der Selbst-
sucht gelehrt und dieses allein von der Mutter
selbst geübt wird. „Jedermann für sich selbst"
ist das Motto in den Harems, hat man dieses
den Kindern einmal beigebracht, so lässt man
sie nach ihrem Charakter aufwachsen, ohne ihnen
das Rechte zu lehren oder das Unrechte zu wehren.
Vor Kurzem wurde in einem englischen Blatte
behauptet, die Moral in den Harems sei nicht
schlimmer als jene in manchen Kreisen der euro-
|)äischen Gesellschaft. Das mag wahr sein, doch
sind es gewiss solche Plätze, die man nicht für
die Erziehung junger Mädchen wählt, wogegen
das Harem die Heimat für tausendc und aber-
tausende von jungen Mädchen ist, die dort die
ersten Hegriffe von Recht und Unrecht erlangen
sollen, wozu das schlechte Heispiel der sie um-
gebenden Sclavinnen wenig geeignet ist. Eine
Türkin von 15 Jahren weiss so viel vom
Leben wie eine Europäerin von 40 —
ein gewiss unnatürlfcher Zustand. Unter diesen
Umständen kann ein Mädchen kaum beschei<len
sein und es ist begreiflich, dass mit der Reaction
die Extreme erreicht wurden, die wir heute wahr-
nehmen.
Der Sprung von der Unwissenheit zur Kennt-
niss war zu plötzlich; das türkische Weib war
vom hellen Glänze, der auf einmal auf dasselbe
einwirkte, geblendet, sie wusste nur schwer Recht
und Unrecht von einander zu unterscheiden,
und es darf uns kaum in Erstaunen versetzen,
wenn sie ihren Weg verfehlt. In einer solchen
Krisis bedurfte sie eines stärkeren Armes, um
sie zu stützen, eines solchen aber musste sie in
Folge der Position, in der sie sich befand, ent-
behren. Denn keine anständige l*'rau aus der
europäischen Gesellschaft könnte in einem Harem
leben, ohne dasselbe, von Ekel erfüllt, zu ver-
lassen, oder aber veranlasst zu sein, um der
Selbsterhaltung willen es den Anderen gleich
zu thun.
Je vvenigei' die I'tlichten gegen unseren Mit-
menschen in unserer Religion l'>wähnung finden,
desto eingehender .ist das bezeichnet, was wir
uns selber schulden, die Gesetze sind in der
That zu strenge, als dass das türkische Mädchen
nicht nach dem ersten Heraustreten aus dem
hergebrachten Leben nicht fühlen müsste, dass
sie damit vom Himmel ausgeschlossen sei. Wer
l'-uropäerinnen nachahmt, zählt mit diesen, hcisst
es in unseren Büchern, und so wusste die Frau gleich
vom Anfange her, was ihr, wenn sie trachtete,
CS den Euroiiäerinnen gleich zu thun, bevorstand ;
wissend, dass es zu spät war, zurückzutreten,
entschloss sie sich vorwärts zu schreiten. Vod
der Narrheit zum Laster ist mitunter nur ein
Schritt, und in diesem F'alle war er rasch gc-
than — hoffen wir, dass er über Kurz nach rück-
wärts erfolge. Bereits lassen sich Beispiele von
Frauen aufzählen, die, wohlerzogen, manches Jahr
in Eurüjja verbrachten, befreit von den alten
l'"csscln leben, ohne darum die Vorschriften der
Ehre ausser Acht zu lassen, die in jedem Lande
bestehen ; es wäre Zeit, dass solche Beisiiielc
häufiger befolgt würden. Wenn das türkische Mäd-
chen zur Erkenntniss gekommen sein wird, dass
keine wohlerzogene Dame einem ihr unbekannten
Herrn Zeichen gibt, keine, die noch über einige
Selbstachtung verfügt, einem Manne antworten
würde, der sie in der Strasse anspricht, dass die
Trennung der Ehe überall in der Welt als eine
Schande dann betrachtet wird, wenn sie eine
l-'ülge der Pflichtvergessenheit der Frau ist, dass
alle Frauen, die aus diesem Grunde geschieden
sind, ihre Stellung einbüssen: dann wird sie in
der That fortschreiten, und wir mögen hoffen, dass
wir endlich glücklich , geachtet und frei wie
jene Frauen sein werden, die wir nachzuahmen
wünschen.
All dies ist gleichwohl von secundärer Be-
deutung. Was uns am meisten fehlt, nach was
wir mit all unseren Kräften streben müssen, ist
die Abschaffung der Vielweiberei, und dazu wird
uns die Freigebung der Sciaverei verhelfen. So
lange die Sciaverei besieht, wird die Vielweiberei
in unseren Harems in der schlimmsten Form fort-
bestehen. Von der humanitären Frage ganz ab-
gesehen, stellt sich die Sciaverei als ein härteres
Joch für uns dar als für die Sciaven selber. Ohne
die Sciaverei wird sich kein türkisches Mädclicn
dazu hergeben, die zweite Stelle in tiem Hause
eines Gatten einzunehmen, und wir werden ohne
jene ununterbrochene Eifersucht leben , ohne
jene tausende von Schmerzen, die unser Unglück
ausmachen. Man weiss in Europa nicht, dass ein
Harem selten mehr als eine legitime Frau hat,
die mitunter eine Circassierin, meist aber eine
Türkin ist. Ist letzteres der Fall, so bringt sie
ihrem Gatten meist zehn oder zwölf Sclavinnen
mit, die als Theil ihrer Ausstattung gelten ; ist
sie selbst eine Sclavin, so kauft der Gatte eine
solche Zahl für sie, was schliesslich dasselbe be-
deutet. Wie immer civilisirt nun auch unsere
Ehemänner seien, jeder von ihnen ist noch zu sehr
Türke, um sich sehnsüchtiger Blicke nach diesen
Sclavinnen enthalten zu können, während diese
selber zu furchtsam sind oder zu niedrig stehen,
um diese Ermuthigung zurückzuweisen. Thatsäch-
lich wissen sie, dass dies der einzige Weg für sie
sei, eine hohe Position in der Gesellschaft ein-
zunehmen, und kaum können sie für eine Herrin
112
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
fühlen, die nie für sie Gefühl gezeigt hat. In der
Regel erreichen sie, was sie anstreben, und die
Frau steht ihnen machtlos gegenüber, da der Mann
das Gesetz für sich hat. Ist die erstere energisch,
so verkauft sie mitunter die Sclavin — was ihr
übrigens gegenwärtig verwehrt wird — • oder sie
kehrt zurück nach dem Hause ihres Vaters. In
jedem Falle ist sie verlassen, da der Gatte sich
über Kurz eine andere Sclavin wählt, der Vater
aber, der vielleicht selbst ein halbes Dutzend
Frauen hat, nur auf die Seite seines Schwieger-
sohnes treten kann.
Im Laufe der Zeit wird die Sclavin eine Oda-
liske, die Kinder fast im Alter jener der Herrin
hat, so mächtig wie diese selber ; trotzdem ist
ihr Contract kein geschriebener und sie bleibt
immer eine Sclavin.
Begreiflicherweise versteht sich kein türki-
sches Mädchen zu einer solchen Position, während
andererseits kein Mann gewillt ist, thatsächlich
zwei Frauen zu heiraten ; so wird man der Poly-
gamie an den Leib rücken, wenn die Sclaverei
unterdrückt, und zweifelsohne geschieht damit
nur Gutes für uns.
Dagegen wird man gleichwohl manchen
Widerstand erheben, wie sich dies zeigte, als die
englische Regierung diese Angelegenheit in
Egypten in die Hand nahm. Es kostete manche
blutige Schlacht, die Vereinigten Staaten von
der Sclaverei zu befreien, aber keines der Argu-
mente, die man dort anwandte, wäre bei uns
von Nutzen. Die Amerikaner benützten die Sclaven
als Vieh, sie waren für sie die Quelle grosser
Reichthümer und kaum entbehrlich, wie dies aus
der grossen Zahl der Landeigner hervorgeht,
die während des Krieges zu Grunde gingen. In
unserem F"alle verursachen die Sclaven eine Aus-
gabe, ohne die wir es leicht richten können.
Allerdings müssen wir zugestehen, dass wir ausser
Armeniern und Griechen in Constantinopel und
den Fellahs in Kairo Niemanden finden, der uns
dient ; allein hat dies nicht seine Ursache darin,
dass wir nie nach Anderem für diesen Zweck
suchen?
Gibt es nicht in Constantinopel Tausende
und aber Tausende, die oft nahe daran sind,
Hungers zu sterben, und die, wenn sie dazu
ausgebildet würden, gute Diener abgeben würden ?
Man mag dagegen einwenden, dass die Armen
der Türkei zu stolz sind, sich als Diener ver-
wenden zu lassen, und dass es kaum möglich
sein würde, sie zu meinen Ansichten zu bekehren.
Es kommt dies nur daher, weil sie es nicht
besser verstehen und der erste Schritt wäre,
ihnen Gelegenheit zu geben , sich etwas von
jener freieren Beurtheilung zu erwerben, die wir
erlangt haben, wobei wir Sorge tragen sollen,
jene Schollen zu meiden, an denen wir selber
Schiffbruch gelitten haben. Durch eine Anzahl
freier Schulen von begabten Directoren geleitet
und mit Lehrern aus der grossen Zahl jener
reinen gutherzigen Frauen versorgt, wie sie sich
in Europa finden, würde dies leicht erreicht
werden. Bald würden sie zu der Ueberzeugung
kommen, dass der Dienst keine Schande und es
besser sei, zu arbeiten, als zu hungern.
Ich glaube den Beweis erbracht zu haben,
dass die Sclaverei nicht nothwendig sei und
deren Aufhebung unsern Zustand bessern würde.
Wir machen auf Civilisation Anspruch, während
wir nur die Lasten der Christen imitiren, ohne
das Gute ihrer Sitten zu studiren ; im Kampfe
um unsere Freiheit vergessen wir, an unsere
Ruhe zu denken, und vergessen, dass, während
die Sclaverei tausende unserer Mitmenschen um
ihr Geistesleben bringt, wir kein Recht haben,
uns zu beklagen, dass wir getreten werden. Erste
Pflicht gegen uns und sie ist es, den grössten
Flecken in unserem Dasein, der auch nicht einmal
durch die Religion herbeigeführt wurde, auszu-
löschen; nach und nach, erst wenn wir uns reif
zeigen, können wir hoffen, jene Rechte zu er-
langen, die man uns heute verweigert.
Ohne dieses werden alle Bestrebungen nach
Freiheit, statt auf die Erweiterung unserer Privi-
legien abzuzielen, nur dazu dienen, uns in einem
verächtlicheren Lichte den Millionen gegenüber
erscheinen zu lassen, die auf uns blicken.
M I S C E L L E.
Satsuma-Fayencen. Die Menge der grossen, von Gold
und bunten Farben gleissenden Vasen und Figuren, welche als
„Altes Satsuma", als „Kaiserliches Satsuma" oft mit einem
falschen Ursprungszeugnisse über die Herkunft aus einem
buddhistischenTempel den europaischen Markt überschwem-
men, kann auf die Bezeichnung „Satsuma" keinen Anspruch
machen, sondern ist von Töpfern in Kioto, Os'aka, Shiba
bei Tokio und Ota bei Yokohama aus eingeführtem Sa-
tsuma-Thon angefertigt und so decorirt worden, wie es
den mehr und mehr verwildernden Anspiücheu unserer
Curiositätenhändler entsprach ; oder es wurden echte Sa-
tsun:.a-GefKsse undecorirt in die Malerwerkstätten der
Hauptstädte geschickt, um decorirt nach Satsuma zurück-
gebracht und dort, nachdem sie noch scheinbar alt ge-
macht waren, an solche Europäer abgesetzt zu werden,
welche an der Quelle zu kaufen für sicherer hielten.
Wurden Töpferwaaren auch schon seit Jahrhunderten in
mehreren Orten Satsumas hergestellt, so reicht doch die
Anfertigung des „Nishiki de Satsuma", wie die mit Gold
und Emailfarben auf elfenbeinfarbener, fein gekrackter
Glasur verzierten Halbporzellane wegen der Aehnlichkeit
ihres Decors mit den Goldseidengeweben genannt werden,
nach dem Urtheile der japanischen Autoritäten nicht über
ein Jahrhundert zurück. Gegen Ende des XVIH. Jahr-
hunderts sandte ein Fürst von Satsuma zwei Arbeiter in
die Kaiserstadt Kioto, bei den dortigen Künstlern die
Schmelzmalerei und die Vergoldung auf Thon zu erlernen.
Dort in der Werkstatt des berühmten Töpfers Dohachi
sammelten sie die Erfahrungen, mit denen sie dann in
ihrer Heimat das „Nishiki de Satsuma" schufen. Das neue
Verfahren wurde nicht auf grosse Prunkstücke, für welche
im japanischen Haushalte keine Verwendung war, ange-
wandt, sondern blieb auf kleine Gebrauchsgegenstände,
Kümmchen zum Bereiten und Trinken des Thees, kleine
Räuchergefässe, Dosen zur Bewahrung von Räucherwerk
und andere Kleinigkeiten beschränkt. Auch war die Her-
stellung keineswegs eine massenhafte, da die neue W.iare
zu kostspielig war, um in Jedermanns Haushalte benützt
zu werden, und die schönsten Stücke waren wohl nur
für den Fürsten zu dessen persönlichem Gebrauch oder
zu Geschenken bestimmt. [Jahrbuch der Hamburgischen
Wissenschaftlichen Anstalten l890.)
Verantworüicher Eedacteur: A. v. Scata.
Druck von Ch. Reisser it M. Werthner in Wien.
AuKust-Heft 1890.
Nr. 8.
0£ST£RRE1CH ISCHE
P0iiats5t|rift für kii #rient
Herausgegeben vom
K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUM IN WIEN.
z' JEDNOTA >
, K pou/:3U2:Em
\ PBiJiAY-SJL4J —
Redigirt von A. von Scala.
y nWrty'ÄnCyui
VERLAG DES K. K. ÖSTERR. HANDEIS-MUSEUHS IN WIEN.
frdt jUiri. 5 I. — H) Hark.
INRAI.T: l.rtikovai', diu bh-IiIbiIh^ llanf«laclt. Von F. Ii<nlilz. —
Itip Alterlhünier dor Khiucr in Kninbuilht-ha. Von Friedricti
p. lltltwttld. — DayukiHrh« Ivtiiisi. Von llerntiinn Feiql. — \>v.r
hculiui; Statu! der .Saliarabalinfrane. Von l'rofeasor Or. Philipp
PnuiiUchke. — MiHcirlleii: Die lIet)er«c)iWfiiiinitugL-ii lu Cbtna.
— Die Kilo iii Cliina.
LESKOVAC, DIE SERBISCHE HANFSTAOT.
Von /''. Kamlz.
iertnal berührte ich während des
Herbstes 1889 Leskovac auf ver-
schiedenen Routen. Von Ni5 aus er-
reiclit man diese neuserbische Stadt,
deren malerisclie Lage durch viele
ihre weciiseireiche Vergangenheit bekundende
Rauten noch an Keiz gewinnt, auf dem Vranjaer
Schienenstrange in zwei Stunden.
Drei Brücken verbinden die von der Veter-'
nica durchllossenen Stadttheile, in welchen dunkles
Laub ülierragende Minarehs und Konakfirste von
der einstigen Türkenherrschaft erzählen. An diese
mahnt auch der „llisar", der 350/« hohe Schloss-
berg auf dem linken Klussufer. George Brown sah
noch im Jahre 1677 ^^^ ''"^ krönende, die nahe
sumpfige Niederung beherrschende Castell. In alt-
serbischer Zeit IJibo^ica genannt, war es auch ab-
wechselnd bulgarisch oder Byzanz unterworfen.
Kaiser Manuel trat Leskovac und sein Gebiet an
Stefan Ncmanja ab, fortan theilten beide die Ge-
schicke des Serbenstaates. Nach Kosovo türkisch,
im Frieden zu Szegedin (1444) dem serbischen
Despoten Djuro Brankovic wieder zugesprochen,
wurde Leskovac nach den Alles niederwerfenden
llalbmondssiegen 1455 dem Sultansreiche dauern<l
einverleibt. Erst i68g eroberten Prinz Eugen's
Schaaren die Zwingburg, und von da ab verfiel sie.
Nun bedecken köstlichen Wein zeitigende Cul-
turen mit eingestreuten edlen Obstbäumen den
blutgetränkten Boden, der ursprünglich eine bis
auf wenige Ziegelreste verschwundene n'>mische
Akropolis trug, Kaum lässt sich ihre einstige Ge-
stalt mehr bestimmen, denn ihre Mauerreste wurden
zum mittelalterlichen Schlossbau, für Moscheen und
Konaks verwendet, die, obschon seit 1878 dem
Verfalle jireisgegeben, uns ilen im Schwinden be-
griffenen orientalischen Zuschnitt dieses einst viel-
gepriesenen Ilallimondshortes vergegenwärtigen.
Zu Beginn unseres Jahrhunderts war Leskovac
noch das Centrum eines ausgedehnten Paiialiks,
dessen Grenzen selbst die fernen, seit 1833 ser-
Monatucbril't lUr doa Uriout. August 1890.
bisch gewordenen Kreise KruSevac, ('"uprija und
Aleksinac umschlossen. Später fiel Leskovac aber
den Ejalets Priätina, Ni5, Kusi'^uk und zuletzt, als
Mithad's Stern in NiS glänzte, diesem zu. Das durch
die fortgesetzte arnautischc Einwanderung sich
stetig stärkende moslimische Element übte wieder-
holt solch starken Druck auf die mehr als zweimal
so starke christliche Majorität, dass es 1841 in und
um Leskovac zum lange vorbereiteten Kajah-
aufstande kam. Er gab dem Gouverneur Mohamed
PaSa viel zu schaffen, und lange nachdem er von
den Albanesen blutig niedergeschlagen war, zeigten
Flintenkugelspuren an dt^n Mauern den versuchten
Angriff auf das Regierungsgebäude. Bald darauf
sank Leskovac zum Mudirsitze herab ; zuletzt jedoch
amtirte dort wieder ein Kaimakam.
.^Is Serbien 1877 in die russische Action ein-
trat und dessen Colonnen sich Leskovac näherten,
flüchteten seine wohlhabenderen Moslims nach
Vranja und anderen Städten des Kosovo -Vilajets.
Zu diesem Zwecke retjuirirten Spahics und Zapties
in tler ganzen Umgebung alle auffindbaren Wagen
und Gespanne von der Rajah, welche dadurch über
tausend nicht mehr zurückgekehrte Ochsen, Büffel
u. s. w. einbüsste. Die ärmeren mohammedanischen
Leskovacer eilten aber nach der schwer zugäng-
lichen Grdili<5ka Klisura, wo sie mit Zuzüglern vom
Lande durch den Kaimakan Afis PaSa .^gic und
Esat Beg zu BaSibozuks organisirt wurden. Mit
ihnen wollten sich 1500 Amanten unter Sumber
und Suli Aga aus der Pusta und oberen Veternica
vereinigen , um das serbische Vordringen abzu-
wehren. Die christliche Bevölkerung schnitt jedoch
durch ihre tapfere Verthcidigung der Dilaverbeg-
Kula zu Vui''je dieser ("olonne den Weg ab. Beide
erbittert kämpfende Theile erlitten grosse Verluste.
Hier fiel Vladimir Radcnkovic, der Führer der .Auf-
ständischen, am 3. Jänner 1878. Mit ihm starben
viele Tapfere für die Befreiung des angestammten
Bodens und die Bewahrung des .schon am 23. De-
cember 1878 von einer schwachen serbischen .\W-
thcilung besetzten Leskovac vor Brand und Plün-
derung. Ein Decenniuni genügte, um die Stadt ihres
türkischen Charakters nahezu gänzlich zu ent-
kleiden. Von den vor der serbischen .\nnexion in
900 Häusern wohnenden 4500 Mohammedanern
traf ich im Herbste 1889 kaum 60 in 15 Häusern,
von den 8 Diamien mit 6 Minarehs blieben 3 er-
114
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
halten, von den lo Tekies nur eines; selbst das
Türkenbad wurde rasirt! Auch die eine noch' „ar-
beitende" Moschee wird bald verödet sein, denn
wie allerorts, fühlt sich der Moslim auch hier nicht
wohl unter christlichem Regiment. Kr verkauft sein
Haus, seine Landgüter selbst zum halben Werthe
und zieht dahin, wo er wieder der Vorrechte des
Echt- und Rechtgläubigen über die waffenlose
Rajah theilhaftig wird. Zu den vornehmsten einge-
wandertenArnautenfamilien zählte jene SaSir PaSa's.
Aus einem der angesehensten Ipeker Arnauten-
geschlechter stammend und mit der einflussreichen
Buäatlisippe aus Skodra nahe verwandt, sammelte
er zu Leskovac grosse Reichihümer; sein Nach-
komme Sahsuvar Paäa und dessen Sohn Ismail
Pasa mehrten dieselben so sehr, dass des Letzteren
Einfluss zu Constantinopel bis vor wenigen Jahren
unbestritten war.
Sasir Paäa erbaute im Centrum des rechtsuferigen
Stadttheiles ein imposantes, fünfzig Schritte langes
„Saraj" mit vorspringenden Flügeln, von welchen
einer des PaSa's Frauen und üdalisken beherbergte ;
der andere alsSelamlik diente. Der sie verbindende
lange Mittelbau mit breitem offenen Cardak und
grosser doppelseitiger Freitreppe enthielt die
Gerichts- und Administrationsräume. Mit echt-
orientalisch gemalten Ornamentfriesen , Festons
u. s. w. geschmückt, macht das Saraj noch heute einen
guten Eindruck, obschon es durch seine Verwen-
dung als Tabakdepöt viel gelitten hat. Das von
den Vlasotincer und Leskovacer Bezirken ange-
kaufte Gebäude soll dem geplanten grossen Gym-
nasium zum Opfer fallen, für welches die noth-
wendigen Gelder und viel Baumaterial bereits l88g
gesammelt waren, dessen Beginn aber die ersehnte
ministerielle Entscheidung verzögerte. Der einer
anderen, reich begüterten Familie entstammende,
zu Leskovac und Pe^enjevci zwei grosse Liegen-
schaften besitzende Pasaagic erbaute neben dem
Saraj die seinen Namen tragende , nun verlassene
Moschee mit Minareh.
Gewöhnlich ist der arnautische Beg, dieser
spanische Hidalgo und magyarische Edelmann des
illyrischen Dreiecks, lange nicht so koranseifrig,
wie stolz und unduldsam gegen die seiner Herr-
schaft verfallene orientalische Christenheit. In noch
viel höherem Grade als dem asiatischen Moslim sind
ihm alle Klöster und Kirchen verhasst; den Bau
neuer sucht er aber meist gewaltsam zu hindern.
Consul Hahn erzählte ganz merkwürdige erlebte
Beispiele von unerhörtem Fanatismus während
seiner albanesischen Amtscarriere. Als die Lesko-
vacer christliche Gemeinde durch Bitten und reiche
Baksis zu Constantinopel einen Ferman erwirkte,
der ihr den Bau eines grosseren Gotteshauses ge-
stattete , suchten ihre arnautischen Zwingherren
diesen durch arge Bedrohungen lange zu hindern.
Man griff zur List ; gab vor, ein neues Popenhaus
zu bauen. So entstand im entlegensten Südlhtile
des Christeni|uartiers, zwischen Bäumen versteckt,
die von Aussen kaum sichtbare, tiefliegende drei-
schiffige Basilika Sveta-Bogorodica, deren Länge
ausser allem Verhältnisse zu ihrer Höhe steht, ohne
Thurm, Kuppeln oder sonstige aus der Ferne auf-
fällige Zierde, wohl aber mit einem der Nordseite
angefügten Schornsteine, der — wie erzählt wird
— die Moslims über die wirkliche Bestimmung der
Baute täuschen sollte.
Im Jahre 1839 wurde die Kirche gründlich
renovirt. Ein breiter, von 18 Säulen gebildeter Ar-
kadengang an der West- und Südfronte bildet ihren
einzigen monumentalen Aussenschmuck. Sechs
Stufen führen zum bescheidenen Haupteingange
hinab, über dem die ,,Roi>anstvo Sveta Bogoro-
dica" im Bilde und ein später eingebrochenes kleines
Fenster. Dieses und einige spärliche schmale Ein-
schnitte an der Südfacade lassen nur wenig Licht
in das Innere der mit grossen (juadratischcn Ziegeln
gepflasterten Schiffe dringen. Man wähnt sich in
einer Katakombe ; die starken Säulen, der dunkle
Freskenschmuck erhöhen den mysteriösen Eindruck.
Der Reflex riesiger, vor der reichgeschmückten
Ikonostasis brennender Wachskerzen fällt auf den
„Sto za Kraljica" (Königinstuhl) und lässt auch hier
die natürliche Begabung der Bulgaren für das Kunst-
handwerk bewundern. Der thronartige Betstuhl ist
eine prächtige Arbeit des zu Vlasotinci lebenden
• Holzschnitzers Majstor 2asa aus Samakov. Krone,
Wappen, Blumen und sonstige Zier sind in Nuss-
holz überraschend schön geschnitten ; die empfan-
genen 60 Ducaten waren wohl verdient. Und gleich
kunstreich ist der den Altar schmückende Baldachin.
Es sind Werke von bleibendem Kunstwerth. Nahe
der Hauptfa(;ade erhebt sich seit 1879 ein unge-
schlachter sechsseitiger Glockenthurm ; zierlicher
ist der Kiosk, der den treffliches Wasser spenden-
den Brunnen überdacht und das Centrum des an-
heimelnden, durch das Schul- und Popenhaus ab-
geschlossenen Platzes bildet.
Seit der serbischen Besitznahme hat sich das
städtische Bildungswesen sehr gehoben. .'\n der
sechsclassigen Normalschule für Knaben und Mäd-
chen mit vielen Parallelcursen ertheilen 14 Lehrer
und .} Lehrerinnen nahezu 900 Schülern Unterricht.
Das vierclassige Unter-Gymnasium wird von 150
männlichen und 20 weiblichen Zöglingen besucht.
Es zählt einen Director, fünf Professoren, einen
Gesangslehrer, einen Meister für Gymnastik und
militärisches Exercitiuin, eine Lehrerin für Hand-
arbeiten ; die Religion lehrt an beiden Anstalten
der gewesene Pfarrer im syrmischen Ireg, Herr
Luka Botovic. Dieser gleich gefällige, wie gebildete
Geistliche war mir ein stets bereiter kundiger Be-
gleiter. In seiner Gesellschaft stieg ich an einem
herrlich blauenden Sonntagsmorgen zur neuen
Kirche Sv. Ilija hinan, deren weisser Bau mit blin-
kender Metallkuppel weit hinein in's Moravathal
leuchtet.
Er steht auf der westlichen Hisarhöhe , um-
schlossen von Rebengärten, neben dem Friedhofe,
in herrlicher Lage auf der Stelle einer gleich-
namigen, im Volke als heilthätig gepriesenen
Kirchcuruine, zu der Kranke selbst aus weiter Ent-
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT PÖR DEN ORIENT.
115
fsrnung pilgerten oder gebracht wurden. In einer
mit allerlei Bildern, Kreuzen und Ampeln kapcllen-
artig ausgestalteten Hütte curirte hier eine viel
aufgesuchte Baba durch Hesprcchungen, mysteriöse
Arzneien u. s. w. die schlimmsten Gehrechen. Uic
Geistlichkeit eiferte vergebens gegen diesen Ein-
griff in ihren Wirkungskreis; denn die Bauern
nahmen die Partei der frommen Wunderfrau, die
sich auch mit kleinsten Geschenken begnügte.
Alimälig wuchsen diese zu einer bedeutenden
Summe an und bildeten den von der Baba gestifteten
Grundfond zum Baue des neuen Gotteshauses. Bald
flössen Liebesgaben in Geld und Materialien von
allen Seiten. Architekt Ivackovii'- vom Belgrader
königlichen Bauamte entwarf den l'lan, Werkmeister
Kadojiü aus Crna trava führte ihn aus und am Hin
dan 1889 wurde die im byzantinischen Style ge-
haltene Kirche durch den bald darauf durch die
Radicalen seines Amtes entsetzten Niser Bischof
üimitrije Pavlovi(^ feierlich geweiht. Die ansehn-
liche Kuppelbaute zeigt sehr harmonische Verhält-
nisse und wäre gelungen zu nennen, wenn nicht an
der Westfacade der unansehnliche Eingang zu auf-
fallend mit dem unmittelbar über demselben ange-
brachten riesigen Fenster contrastirte. Im noch
kahlen, weiss getünchten Innenraume führt eine
Stiege zur Frauengalerie. Die Ikonostasis zieren
erst zwei Bilder eines macedonischen Samouks
(Autodidakten) und ein Symantron in schlichtem
Holzstuhle ersetzt den noch fehlenden Glocken-
thurm. Der Gottesdienst in dieser von der Stadt
etwas fernliegenden Kirche wird von einem ihrer
acht Geistlichen gehalten. Während der Muezin nur
mehr von einem Minareh .'\llah preiset, besitzen
nun (i88g) die in 2343 Häusern wohnenden 10.914
orientalischen Christen von Leskovac zwei Kirchen
und seine 15 spanisch-israelitischen Familien eine
kleine Synagoge mit Schule.
Die Communal Verwaltung wurde zu Leskovac
rasch nach serbischem Muster organisirt. Wie alle
1878 annectirten vStädte, besitzt es bereits seine
vollständige Autonomie. Das Obsstinski sud (Ge-
meindegericht) zählt : I Vorsitzenden, 3 Kmetcn,
16 Ausschüsse, 8 Beisitzer, I Rechnungsführer,
I Notar, mehrere Schreiber und Diurnisten. Den
Sicherheitsdienst \ ersieht I Polizeibeamter mit 4 Ge-
hilfen, 12 Panduren und 18 Nachtwächtern. Die
Feuerwehr steht unter einem besonderen Com-
mandanten. Für die Gcsundheits[)flege sorgen ein
Gemeindearzt, eine Geburtshelferin und zwei .Apo-
theken. Das Haupteinkommen der Stadt aus den
Abgaben von I läusern, Gewölben, Kaflee- und
Gastlocalen, Waaggeldern, vom Jahrmarkte u. s. w.
mit 60.000 Frs. balancirt sich mit den .'Vusgaben ;
das Baarvermögen betrug 1889 gegen 20.000 Frs.
Eine städtische Sparcasse macht den nur gegen
riesige Zinsen zugänglichen Geldverleihern wohl-
thätige Concurrenz. Sehr viel geschah bereits für
die Kegulirung und Verschönerung der Strassen
und Plätze ; auch die Pflasterung und Beleuchtung
machen gute Fortschritte , und schon heute ist der
Charakter dieser vor einem Jahrzehnt noch . halb-
asiatischen Stadt ein mehr occidcnlalen Forderungen
entsprechender.
An diesem überraschend schnellen Umschwünge
haben die aus dem Fürstenthum entsendeten Offi-
cierc und Beamten grossen .Antheil. Es dürfte in-
teressant sein, den staatlichen Apparat einer ser-
bischen Bezirksstadt kennen zu lernen. Zu Leskovac
befanden sich im Herbste 1889: der Stab des 'I'cr-
ritorial-Bataillons, ferner : I. Das„Srezko nafelstvo"
(Bezirksamt) mit dem leitenden Bezirkshauptmann,
I -Adjuncten, 7 i'raktikanten für den Kanzleidienst,
I Steuerbeamten, i Tabakrcgic-Aufseher und seinen
Gehilfen, 1 Bezirksarzte und lo Gendarmen. II.
l<'ine Abtheilung des Ni.^ier Kreisgerichtes für die
Lesküvacer und Vlasotincer Bezirke, bestehend aus
I Präsidenten, 3 Richtern, l Secretär, l Rech-
nungsführer, 2 Schreibern und 3 Praktikanten. III.
Das Post- und Telegraphenamt, das i Chef, i Post-
beamten und 3 'I'elegraphisten beschäftigt.
Die l<2isenbahnstation II. Classe, mit i Vor-
stande und 2 Gehilfen, welche Leskovac mit Niä
undVranja verbindet, gewinnttäglich an Bedeutung.
Der Bezirk führt ansehnliche Quantitäten von Ge-
treide, Wein, Obst und anderen Bodenproducten
aus. In erster Linie steht aber der Verkehr mit
Hanf und Seilerwaaren. Man darf ohne Ueber-
treibung sagen : Leskovac und seine Umgebung
leben vom Hanfbau. Schon Herodot rühmte den
thrakisch-dardanischcn Hanf. Der Leskovaccr gilt
allgemein als der vorzüglichste im ganzen Toplica-
und Moravagebiete ; denn die Pflanze gedeiht hier
bis zu 3'5 m Höhe. Zur Samengewinnung wird der
schwarze, im Herbste geerntete Hanf bevorzugt.
Man versetzt ihn Ende April ; der weisse wird schon
im .\ugust abgeschnitten. Durchschnittlich gewinnt
ein Bauerngehöft lO q Hanf, einzelne sehr wohl-
habende z. B. in Pe<>enjevce bis 35 y, welche 1889
mit 56 Frs. per^ bezahlt wurden. .Anfangs October,
wenn aller geerntete Hanf pyramidenförmig in end-
losen Reihen getrocknet wird, erscheinen die Ort-
schaften wie von ricsigi-n Zeltlagern eingehüllt, die
später als Flachs meist nach Leskovac wandern.
Dieses bildet gewissermassen die Börse, aufweichen
nach dem jeweiligen Ernteausfall und Zuströmen
der Waare ihr Marktpreis bestimmt wird. Die leider
in ilcn letzten J.ihren häutig versuchte Fälschung
des Gewichtes durch Befeuchtung des Ballenkerns
oder Zusatz von I leu u. s. w. machte die fremden
Käufer sehr vorsichtig. Noch immer gehen aber
grosse (Quantitäten nach Ungarn, Bulgarien, Ru-
mänien, .Albanien u. s. w. Der überschüssige Rest
wird von der ärmeren Bevölkerung zu Seilen in
verschiedenster Stärke verarbeitet , für welche
Skopija (Skoi)lje), Philippopel, .Adrianopel, Buk.-irest
und die Dobrut^a die bedeutendsten auswärtigen
Abnehmer sind.
Zu Leskovac schnurren in und bei jedem
Hause der entfernteren Quartiere Räder und Räd-
chen ; man glaubt sich in eine einzige riesige Stricke-
und Schiffstaufabrik versetzt. Daneben ist man auf
zahllosen primitiven Webstühlen thäiig, denn die
aus Ziegenhaar erzeugten Lesküvacer „Bissacke"
116
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR tEN ORIENT.
und aus Wolle hergestellten Pferdedecken, Kotzen
u. s. w. erfreuen sich gleichfalls guten Rufes. Die
Leskovacer PVauen verstehen es auch, [)r;ichtig ge-
musterte gazeartige Stoffe aus feiner Baumwolle mit
eingewebter selbstgesponnener Seide lierzustellen,
die lohnenden Absatz finden. Von Gewerben wird
namentlich die Töpferei schwungvoll betrieben;
die beliebten Formen weisen auch hier häufig An-
klänge an die Gefässe auf, welche aus den zer-
störten Römerslätten der Umgebung zu Tage ge-
langen. Die städtische Industrie beschränkt sich
vorerst auf eine bescheidene, immerhin aber als
grcsser Fortschritt zu begrüssende Buchdruckerei
und eine sehr gut arbeitende Dampfmühle.
Vom Balkone des ganz europäisch mit Cafe,
Billard und Speisesaal eingerichteten „Hotel Solun"
(Salonik) sieht man auf den Hisar und die zierliche,
ungemein malerische Lepenicabrücke, über welche
an Samstagen das rege Markttreiben in der langen
Bazarstrasse seinen Weg nimmt. Oft sperren endlose
Ochsen- und Büffelwagenreihen die Strasse. Eine
denkbar bunte Staffage, 'darunter einzelne um
Lebane siedelnde Arnauten, drängt sich lärmend
durch die Hecken der ambulanten Händler und vor
den ihr Bestes in die Augen rückenden Verkaufs-
läden, bis am Nachmittag sich der Knäuel immer
mehr lichtet und die Stadt wieder ihre ruhige All-
tagsphysiognomie gewinnt!
DIE ALTERTHÜMER DER KHMER IN KAM-
BODSCHA,
Von Friedrich von Hellwald.
Tiefes Dunkel lastet auf der Vergangenheit
der grossen, in ihrem Innern heute noch sehr un-
genügend bekannten hinterindischen Halbinsel.
Indess wendet die Forschung der Gegenwart mit
immer regerem Eifer diesem bisher vernachlässigten
Felde sich zu, die ebenso zahlreichen als mannig-
fachen Völker und Stämme, welchen sie zum Wohn-
sitze dient, werden uns näher gerückt und auch ein
Zipfel von dem Schleier gelüftet , welcher uns
neidisch die Geschichte derselben verhüllt. Ins-
besondere arbeiten die Franzosen mit ebenso be-
wundernswerthem Fleisse als Geschick an der Ent-
schleierung Hinterindiens , dessen geschichtliche
Wichtigkeit selbst heute erst von tiefer blickenden
Völkerforschern geahnt wird. Fast alle hervor-
ragenden Beiträge, welche die letzten dreissig Jahre
zur Geographie und Geschichte Hinterindiens
brachten, sind französischen Ursprungs. Sie eröff-
neten einen allmälig immer deutlicheren Einblick,
einen bis dahin gänzlich unbekannten und in seinem
Dunkel übersehenen Culturkreis mächtiger Trag-
weite, der seinen Mittelpunkt in Kambodscha, dem
Lande am unteren Mekhong, hat, auf der einen
Seite aber nach Indien, auf der anderen nach China
übergreift , im Norden bis Tibet hinauf und im
Süden im ostindischen Archipel bis an die Grenzen
Polynesiens reicht.
Von den zahlreichen Stämmen der Halbinsel,
die gegenwärtig die verschiedensten Gesittungs-
stufen bis hinab zu tiefer Barbarei darstellen, sind
im Zeitenlaufe viele verschwunden, andere sind nur
noch durch einige Familien vertreten, während vier
von ihnen eine grosse Ausbreitung noch in ge-
schichtlicher Zeit erfahren haben ; es sind dies die
eigentlichen yl/a/(i;)'«a, d'nt favanen, die Cham oder
Tsiampa und die Khmer. Die beiden letzteren sind
es allein, die uns hier interessiren, denn sie haben
in der Geschichte des südlichen Hinterindien eine
grosse Rolle gespielt und prächtige Denkmäler
ihres Daseins und ihrer Grösse hinterlassen, beide
aber sind in unseren Tagen von ihrer vormaligen
Höhe stark herabgesunken. Das Volk der Cham findet
sich schon seit ältesten Zeiten im Süden Hinter-
indiens ; als der Buddhismus in Hinterindien ge-
predigt ward, was schon frühe geschah , muss
Kambodscha schon ein Jahrhundert vorher den
Cham unterworfen gewesen sein ; sie hatten den
mächtigen Staat Tsiampa gegründet, welcher beim
Beginne der christlichen Zeitrechnung ganz Cochin-
china bis Hue umfasste und in den darauffolgenden
Jahrhunderten die indischen Cultureintlüsse erfuhr,
welche so mächtig auf das Volk wirken sollten.
Einige Jahrhunderte später drängten die Khmer
dieses ansässige Volk ostwärts zurück oder unter-
warfen es, gelangten aber ihrerseits im V. oder
VI. christlichen Jahrhundert unter den Einfluss der-
selben Cultur. So herrschten noch im IX Jahr-
hundert die Cham im heutigen Kambodscha und in
Cochinchina ; ja als Marco Polo im XIII. Jahrhundert
Hinterindien besuchte , blühte noch das Reich
Tsiampa, wie er es nennt, d. h. das Reich der
Cham. Die Inschriften der Cham haben indi.sche
Schrift, und es sind drei Dialecte zu unterscheiden :
das Dalil oder die heilige Sprache, das eigentliche
Cham, die alte Vulgärsprache, und das Bani, wel-
ches heute ihre Stelle einnimmt. Man weiss nichts
über die Zeitrechnung der Cham, oder ob sie über-
haupt eine besassen. Endlich veranlassten die
Khmer einen Theil der Cham nach Norden bis
Bassak zu ziehen, indem sie selbst das mittlere
Mekhongbecken besetzten. Schliesslich drangen auch
die Annamiten vor und drückten gleichfalls auf die
Cham, die, man kann sagen, durch zwanzig Jahr-
hunderte mit jenen kämpften. Erst im XVII. Jahr-
hundert machten die Annamiten dem Reiche der
Cham ein Ende, und in den Kämpfen mit diesen
waren die Khmer, die aber schon vorher den Sia-
mesen erlegen waren, ihre Verbündeten. Die Cham
sind heute auf ein paar Zehntausend zusammen-
geschmolzen, der Mehrzahl nach Mohammedaner
und in Sprache und Schrift von den Malayen ver-
schieden. Die Khmer sind noch durch ein paar
hunderttausend Kö])fe vertreten.
Die alten Khmer, als deren Nachkommen die
heutigen Kambodschaner zu betrachten sind, waren
ein hochgesittetes Volk, wie die von ihnen hi'nter-
lassenen Baureste, Meisterwerke aus Stein, glänzend
beweisen. Ganz Kambodscha ist mit Ruinen —
man kann sagen übersäet. Sie bilden um das
Nordende des grossen Tonle-Sap-Sees einen unge-
heueren Halbkreis, der an den (jaellen des klemen
i
/-' JE D NOTA
OESTER REICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
IIT
Flusses von Hattamijanjj lieginnt und sich Ijis in die
unbewohnten Waldunjjttn erstrecict, die nach Osten
hin zwischen dem Tonle-Sap und dem Mekhong
hinziehen; in diesen verliert er sich. Aber auf der
ganzttn weittin Strecke trifft der Reisende auf Schritt
und 'IVitt Spuren einer hohen, nun länj^st ver-
schwundenen Gesittung, Spuren, die jjleich ihren
Urhebern in Verjjesscnheit bleiben zu sollen
scheinen, denn man bat Mühe, sie unter der tropi-
schen Vegetation, welche sie umwuchert, wieder-
zufinden. Krst durch chinesische Annalen des
XIII. Jahrhunderts wurde man auf sie hinjjewiesen ;
im Jahre löoi sj)rach davon Ribadeneyra, und
1606 berichtete Cristobal de Jai|ue, dass man 1570
in Kambodscha eine alte Stadt mit herrlichen Bau-
werken entdeckt habe. Die 'I'hatsache ward 1672
durch den französischen Missionär P. Ohevreul be-
stätigt, lirst indess im XI.K. Jahrhundert wandte
sich das allgemeine Augenmerk jenen fernen Ge-
genden zu, und der Abbe C. li. Houillevaux, ein
ehemaliger Missionär, war der lirste, welcher im
Jahre 1850 die Khmer-Alterthiimer der Provinzen
Battambang und Angkor besuchte und nach seiner
Rückkunft in seinem 1856 erschienenen Buche
schilderte. Ihm folgte ein Jahrzehnt später sein
Landsmann Henri Mouhot, dessen Berichte zuerst
grossen Wiederhall fanden und Aufsehen erregten.
Seither häuften sich die Forschungen und Ent-
deckungen. Im Jahre 1864 konnte Adolf Bastian
diese Wunderbauten besuchen und ihren brahmani-
schen Charakter in seinen Bezi<diungen zur buddhisti-
schen Weihe feststellen, 1866 kamen die Kngländer
Kennedy und Thomson, während DouJart de Lagrce
im Vereine mit Francis Garnier wnA DelaporU 1866
bis 1867 die ersten gründlichen Studien begann.
Seitdem brachte Hr. Dtlaporte auf zwei hinter
einander folgenden Bereisungen die herrliche Samm-
lung von Alterlhümern zusammen, welche zuerst in
Compi«:gne, dermalen aber im Museum des 'I'ro-
cadero in Paris aufbewahrt wird. In der jüngsten
Zeit wurden die Ruinenstätten von Z. B. Rochedragon
und dem Architekten L. Fournereau besucht, der
1887 mit einer archäologischen Mission in Kam-
bodscha betraut ward.
Die Trümmerstädte westlich und südlich vom
Ponle-Sap-See gehören alle einer viel jüngeren
Zeit an, als die Prachtüberreste im Norden. Dort
liegen gleich in unmittelbarer Nähe von Battam-
bang die Ruinen von lianon, Wal Kk und Hasel,
an welchen noch im vorigen Jahrhundert gebaut
worden sein soll. Letztere bestehen theils aus
Ziegel, theils aus Stein, haben von der Zeit viel
gelitten, sind, von der üppigen tropischen Vege-
tation überwuchert, ganze Galerien eingesunken,
doch steht noch ein et«a"'2i m langes und 6'1 m
breites Gebäude ziemlich wohlerhalten da. Man
erkennt noch manche Bildnerei, z. B. einen
sitzenden Mann' mit langem Barte, auch vier-
köpfige Elephanten und andere phantastische
Figuren. Iii der Nähe gewahrt man prächtige
Säulen ; einige stehen noch, andere haben sich
geneigt, viele sind umgestürzt gleich den Thürmen,
welche sich einst neben diesen Säulen erhoben.
Der Ueberlieferung zufolge war Baset ein Lust-
schloss, das oftmals von den Königen besucht
wurde. Unfern liegen die Ruinen des Tcmpel-
klosters Wat Fk auf dem Gipfel eines kleinen
Hügels, der aus dem Gestrüppe und dem Wald
emporragt. Eine moderne Mauer bildet die Um-
wallung. Der innere, wenig grosse Hofraum,
welcher das Denkmal umgibt, ist mit Gesträuch
überwuchert und enthält mehrere zertrümmerte
kleine Bauwerke. Steile Treppen führen zu den
vier hohen Thürmen in der Mitte jeder Schau-
seite. IJiese alte Pagode zeigt wenig Skulpturen,
aber mehrere Inschriften, welche die Eingebornen
nicht zu entziffern vermögen. Banon gleicht einer
Burgruine aus unserer Ritterzeit. Acht ThOrme
sind durch Galerien verbunden und stehen von
zwei Seiten her mit einem centralen Thurmc in
Verbindung, der etwa 9 m im Durchmesser und
I9W Höhe hat. Das Ganze ist trefflich gearbeitet
und aus Sandstein, bildet also schon dadurch
einen Gegensatz zur siamesischen Baukunst,
welche Ziegelsteine und Fayence verwendet.
Banon war gewiss ein Tempel ; man findet im
mittleren Hofraume und in zwei kleinen, durch
einen Gang verbundenen Thürmen eine grosse
Menge kolossaler buddhistischer Götzenbilder, die
wohl so alt sind als das Gebäude selbst, sodann
kleinere Idole aus sehr verschiedenen Zeiten.
Alles übertrifft an Grossartigkeit der Tempel
von Angkor- Wat (Ongkor, auch Nakhon oder
Nokhor genannt), etwa 22 km nördlich von Tonle-
Sap; er bedeckt für sich allein einen ebenso
grossen Flächenraum, wie der von Karnak. Der
Eindruck dieses Riesenwerkes ist geradezu über-
wältigend. Ungeheure steinerne Löwen behüten
die erste 'Terrasse. Dann folgt eine gepflasterte
Brücke über einen breiten Graben und mündet
in eine grosse, gerade Galerie, welche drei
'Thürme überragen. Phantastische Schlangen von
herrlicher Ausführung recken fächerartig ihre neun
Köpfe an den Seiten des Haupteinganges. Zu
beiden Seiten der 'Thürme verlängern die Galerien
sich in finstere Gänge, worin grosse Bildsäulen
heute noch die Verehrung der Gläubigen em-
pfangen. Jede der beiden Galerien ist an ihrem
Ende von einem Porticus durchbrochen. Der
Gesammtbau ist ein stufenartiger Terrassenbau
aus Sandstein ; drei umlaufende Säulengänge mit
dazwischen liegenden Höfen steigen von 10 zu
10 m über einander empor, während eine in der
Verlängerung der drei vorgeschobenen Thore
liegende Haupttreppe des innersten, Baues zur
Basis des Domes selbst emporführt. Die 6 und
4*3 m hohen, auf piner doppelten Säulenreihe
ruhenden Galerien dieses Tempels bilden ein
Rechteck von 134 und 197 "5 m. Die Zahl der
verwendeten Säulen wird auf 1532 angegeben.
Diese ganz herrliche Golonnadc bewundert man
umsomehr, je näher man ihr tritt. Die hohen
viereckigen Säulen, zu welchen man vom Ein-
gange her zuerst kommt, sind alle aus einem
118
OESTtRREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
einzisjen Stück; jeder Porticus, alle Capitäle und
die runden Dächer sind aus grossen Blöcken
zusammengefügt, Sculptur und Politur überall
geradezu bewunderungswürdig, die Steine so voll-
kommen an einander gepasst, dass man die Ritzen
suchen muss. Keine Spuren von Mörtel oder
vom Meissel sind sichtbar, die Flächen geschliffen
wie Marmor. An den Wänden sind meistens in
trefflichen Rasreliefs wohl über loo.OOO einzelne
Figuren oder wenigstens Köpfe ausgehauen, die
alle möglichen Menschen- und Thiergestalten dar-
stellen. Zwei der Basreliefs im Peristyl des
zweiten und dritten Stockwerkes haben Paradies
und Hölle nach buddhistischen Vorstellungen zum
Gegenstande; weitaus die Mehrzahl der Bildhauer-
arbeiten in Angkor Wat wie in den übrigen
Ruinen Kambodschas stellt indess Scenen aus
dem Ramayana und Mahabharatha dar. Angkor Wat
steht Alles in Allem an Grossartigkeit auf Erden
keinen anderen Ruinen, selbst den egyptischen
nicht nach, und einer seiner Tempel kann den
Vergleich mit unseren schönsten Basiliken aus-
halten.
Vier Kilometer von Angkor Wat liegt Angkor-
Thom, die Hauptstadt desehemaligen Khmer-Reiches.
üelaporte liess hier den alten Palast der Könige
entblössen und ausgraben, der ein einziges, gross-
artiges, staunenerregendes Werk alter Sculptur
ist, dessen übereinander gesetzte Terrassen mit
einer Fülle von Basreliefs verziert sind ; auch hier
finden sich überall Rama und Wischnu wieder, auch
hier der riesenhafte dreiköpfige Klephant, der überall
am Ehrenplatze thront, so wie er auch alle Thore
der Stadt krönt. Mit diesen elephantentragenden
Thoren, welche das vierfache Antlitz Brahma's in-
mitten von hundert anderen Personen schmückt,
mit seinen Alleen von Riesen, welche ungeheuere
„Naga" (Schlangen) stützen, seinen von Elephanten,
Löwen und prächtigen „Garudas" getragenen
1 errassen, mit seinem noch seltsameren Tempel,
dessen fünfzig zu Pyramiden gru])pirten Thürme
fünfzig vierfache und von abgestuften Tiaren ge-
krönte Gij)fel bilden, ist Angkor- Thom zweifelsohne
die |)hantastisclieste Schöpfung, die jemals einem
menschlichen Gehirn entsprang. Die prachtvollen
Strassen, die zu der alten Stadt führen, die Mauern,
von denen sie umgeben ist, die daran angebrachten
Thürme, die als 'l'hore dienenden Triumphbogen,
die gigantischen zu den IVmpeln führenden Trep-
pen und die Tempel selbst, auf denen sich hunderte
von Glockenthürmen erheben — alles dies über-
trifft an imposanter Erscheinung Alles, was jemals
die Architektur der Griechen und Römer geleistet
hat, lässt unwillkürlich an einen noch unbekannten
Michel Angelo denken und neben der griechischen
eine ihr würdig zur Seile siehende asiatische Kunst
erscheinen.
Diese Kunst der alten Khmer stellt unzweifel-
haft eine andere Form des Schönen dar, aber doch
unbedingt des Schönen. Sie gipfelt in der Baukunst
und der Bildhauerei. Erstere war nach kirchlicher
wie nach weltlicher Richtung gleich hoch ent-
wickelt, doch ist es schwer, sie beide strenge aus-
einander zu halten, denn nur zu häufig treten sie
vermischt auf; so sind z. B. in manchen Palast-
anlagen Tempel eingefügt, während umgekehrt oft
ein Tempel eine grosse Centralanlage bürgerlicher
Gebäude beherrscht. Ganz überraschend ist die
Mannigfaltigkeit der einzelnen Elemente, aus welchen
diese khmerische Baukunst sich zusammensetzt.
Da sehen wir Brücken aus schmalen Wölbungen
an einander gereiht und dabei so fest gebaut, dass
sie bis heute den Einwirkungen der Hochwasser
widerstehen, reich ausgeschmückte Terrassen, auf
welchen Tempel und Paläste sich erheben, gedeckte
Säulengänge, oft dreischiffig und mit gewölbter
Ueberdachung angelegt, endlich Thürme an den
Ecken der Galerien. Eine besondere Gruppe von
Bauten bilden die Stufenpyramiden, welche vom
einfachen Hügel bis zum mächtigen Bauwerk sich
erheben, und aus der Verbindung mit den in der
Fläche angelegten Tempeln entstehen die erstaun-
lichsten Werke der kambodschanischen Kirchen-
architektur ; die aus stufenweise übereinander empor-
steigenden Stockwerken sich aufbauenden Tempel-
anlagen, bei welchen die Thürme die Ecken und
Treppen flankiren und das Prachtgebäude des
Allerheiligsten die Spitze der architektonischen
Pyramide krönt. Auch die zahlreichen Thürme
lassen sich häufig als langsam aufsteigende Pyra-
miden von leicht gebogenem Umriss bezeichnen.
Eigentliche Kuppelthürme kommen nicht vor, wie
denn überhaupt die Wölbung, obgleich in ihren
Grundzügen bekannt, im Allgemeinen nur wenig
zur Anwendung gelangt.
Reicher bildnerischer Schmuck überzieht alle
diese khmerischen Bauwerke, zumeist in geradezu
überwuchernder F'ülle. Die meisten Bildwerke sind
aus Stein gehauen, doch kam auch Gold, Silber,
Kupfer und Holz zur Verwendung. Die hölzernen
Bildwerke waren alle bemalt und die steinernen
scheinen es grösstentheils gewesen zu sein. Den
Stoff dazu liefert hauptsächlich die indische Sym-
bolik, deren künstlerische Aus- und Umgestaltung
die Khmer sich angelegen sein Hessen. Gerade
in der selbstständigen Verwerthung der mythologi-
schen Motive liegt das Kennzeichnende ihrer Kunst.
In den Figuren vermisst man freilich das eindrin-
gende Studium des menschlichen Körpers, sie haben
etwas Schematisches, das, immer wiederholt, zu
flachen, inhaltlosen Formen führt. Viel sorgfältiger
ist der Schmuck des Körpers als dieser selbst
nachgebildet, ebenso sehr grosse Sorgfalt der
Ausprägung der verschiedenen Racentypen zu-
gewandt.
Die Zeit, aus welcher diese Bauten stammen,
lässt sich schwer mit Sicherheit bestimmen ; viele
sind gewiss das Ergebniss einer sehr langen
Periode. Doch ist im Allgemeinen anzunehmen,
dass sie in der Zeit vom Anfang der christlichen
Aera bis in das XV. und X\T Jahrhundert ent-
standen sind und insbesondere die schönsten
Werke zwischen dem VIII. und XIII. bis XIV.
Jahrhundert aufgeführt wurden. Einen Anhalts-
OESTER REICHISCHE MONATSSCHRIFT fOR DEV ORIENT.
119
punkt liefern auch die Inschriften, welche Pro-
fessor Kern und Aymonier zu entziffern begonnen
haben. Sie lassen keinen Zweifel, dass die alten
Khmer von der Aera Cakas oder Calevahanas an
rechneten. Daraus lässt sich auch das Alter ge-
wisser Hauten vermuthen, vor Allem jenes des
'rem|)els von Angkor Wat, der mit Wahrschein-
lichkeit dem Könige Surya Rarman zugeschrieben
wird, welcher im Jahre I012 n. Chr. den Thron
bestieg und unter dessen Herrschaft der Buddhismus
an die Stelle des Hrahmaglaubens trat. Letztere
'J'hatsache scheint viel dazu beigetragen zu haben,
das Reich der Khmer zu schwächen, welches im
XII. und XIII. Jahrhundert von endlosen inneren
Wirren heimgesucht ward, die seine Grrtsse für
immer begruben. Innerhalb ihrer Gesammtdauer
lassen sich deutlich drei Perioden in der lint-
wicklung der khmerischen Kunst unterscheiden.
Die erste ist die phantastische Epoche, in welcher
die Künstler ihrer Einbildungskraft die Zügel
schiessen liessen und die grossartigen Zierwerke
von Angkor Thom, Preakhan u. A. schufen.
Dabei erfanden sie eine Unzahl von Schmuck-
motiven, die sich weiter ausbildeten, vielleicht
verbildeten in der zweiten Epoche, deren Haupt-
typus Angkor Wat darstellt. Darin bewundert
man namentlich die Grösse der Anlage, die Ent-
wicklung der Linien, der V^erbindungen, der
Ausladungen, den Reichthum der Gesimse, die
Feinheit der Ornamente und die prächtige Aus-
führung aller einzelnen Theile. Die dritte Periode,
jene des Ziegelbaues, bietet keine Säulengänge
mehr, und die in ihrer Erscheinung einfachen
ThOrme sind nicht mehr mit Auszackungen über-
laden ; aber sie ruhen wunderbar auf ihrem
Unterbaue, haben imposante Verhältnisse und
ihre trefflich ausgeführte Ornamentik überrascht
durch die Phantasie, die Mannigfaltigkeit und
glückliche Anordnung der Motive, sowie durch
das vollendete Verständniss der Wirkung.
Das gleichzeitige Vorkommen buddhistischer
und brahmanischer Symbole schien den Entdeckern
lange unerklärlich. Das Räthsel hat wohl auf-
gehört eines zu sein, seitdem Gustave Le Hon
in Indien selbst und besonders in Nepal die
Verquickung des Buddhismus mit den wieder auf-
lebenden brahmanischen Vorstellungen dargethan
hat. Aehnliches dürfte wohl auch in Kambodscha
im Spiele gewesen sein. Man kennt dort übrigens
noch andere Bauwerke von gänzlich verschiedenem
Charakter. Da sind zunächst grosse, ausgehauene
Felsen, an welchen man Bildwerke ersten Ranges
bewundert, d.\nn Mischwerke, wie Kaker, die
gleichfalls sehr bemerkenswerthe Leistungen der
Rildnerei aufweisen, ferner Denkmäler aus ge-
branntem 'Phon, die in verschiedenen Gegenden
zerstreut sind, endlich oft sehr schöne Hauten,
die sich zu Hunderten im Thale des Menam,
den Wäldern Slams und Hirmas erheben und
die als üebergangs- oder Rindeglied zwischen
der Kunst Indiens und jener Hinterindiens ge-
dient zu haben scheinen. Denn es unterliegt
keinem Zweifel, dass die Kunst Kambodschas,
dessen Verkehr mit Indien zu einer Zeit sehr
lebhaft war, an jene Indiens sich anschliesst,
dass Kambodscha dem indischen Culturkreise
angehört. Bei allem indischen Charakter hat aber
die khmerische Kunst umgestaltende Einflüsse
erfahren, an welchen, wie die Drachen beweisen,
auch China nicht fremd blieb, während sie sich
andererseits zu einer unleugbaren Selbstständig-
keit emporarbeitete. So ist denn die khmerische
Kunst, entsprossen aus der Verbindung Indiens
mit China, gereinigt, veredelt von Künstlern, die
man die Athener des äussersten Morgenlandes
nennen könnte, in der 'Ihat als der schönste
Ausdruck menschlichen Genies in diesen weiten
Gebieten zu betrachten, weshalb Fergusson, der
grosse Kenner indischer Baukunst, mit vollem
Rechte sagen könnte: Seit der Aufdeckung der
assyrischen Ruinen ist die Entdeckung der ver-
fallenen Städte Kambodschas die wichtigste That-
sache in der Kunstgeschichte des Orients.
DAYAKISCHE KUNST.
Von Hermann Feigl.
Einen schätzcnswerthen Beitrag zur Kunst-
geschichte der ostasiatischen Völker liefert Pro-
fessor A. R. Hein in dem jüngst erschienenen
Werke, welches der Besprechung der bildenden
Künste bei den Dayaks auf Borneo gewidmet ist. ')
Für Diejenigen, welche in dieser Besprechung
mehr suchen, als ihnen darin geboten ist, sei
bemerkt, dass Hein ausdrücklich betont, dass er
in seinem Werke nicht eine Geschichte, sondern
eine Schilderung der dayakischen Kunst gebe,
da zur ersteren die nothwendigen wissenschaft-
lichen Behelfe fehlen, zur letzteren aber der Um-
stand dränge, dass die Eigenartigkeit des natür-
lichen Volkes bald dem Anstürme fremdländischer
Cultur zum Opfer fallen und verschwinden werde.
So schildert er auf Grund des heute auf Borneo
befindlichen und in den Museen gesammelten
Materials die d.-iyakische Baukunst, Plastik, Malerei,
die technischen Künste (Textilarbeiten und Klein-
kunst) und die Tätowirung und schliesst endlich
mit Betrachtungen über die künstlerischen Erzeug-
nisse der 'Dayaks und über den EintUiss, den
fremde Völker wohl darauf genommen haben
mögen.
Ueber die Baukunst der Dayaks lässt sich
nicht viel mehr sagen, als über die anderer
Naturvölker, es wäre denn cl;e mehr für den
Ethnographen als für den Kunstfreund bedeutungs-
volle Thatsache, dass auf Borneo wie auf Java,
Sumatra, auf den Philippinen und den übrigen
Inseln des Archipels das Pfahlbausystem — aus
hier nicht näher zu erörternden Gründen — vor-
•) Hein, Aloli Ralmniid: Die bnd»drn KBoste b«l den
havaks auf Borneo. Bin Re.traK 'ur allftemcineu Kilaslfe»obleht«.
.Mit pinfin Tiu-Ibilitr, lehii rafeln, SO Textllla«trallOB*li and «law
Karl«. Wi«n, ISM. 4». XIV— »8 SS.
120
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
herrscht. Desgleichen ist auch die Anlage der
Bedachungen sowohl der dayakischen wie der
malayischen Bauten überhaupt in steil ansteigenden
und tief herabreichenden und vorladenden Giebel-
dächern nicht auf frei wählende künstlerische
Absicht, sondern auf das praktische Bedürfniss,
den in jenen Gegenden häufigen Niederschlägen
zu begegnen, zurückzuführen.
Einfach und zweckents[)rechend wie die Bau-
kunst ist auch die Plastik der Dayaks. Ihre zu-
meist in Holz gearbeiteten Sculpturen entbehren
zwar nicht eines gewissen Charakters und ver-
rathen oft treffliche Beobachtung, nichtsdesto-
weniger aber sind sie meistentheils nur ziemlich
rohe Gebilde, die jeder feineren Ausführung er-
mangeln. Sie verdanken ihre Entstehung wohl
meistentheils den religiösen Vorstellungen, und
da es bei Abgottsbildern und Talismanen weniger
auf die äussere Form als auf den inneren Werth
ankommt, so begnügt sich der üayak oft auch nur
mit einem Holzstäbchen, an dessen Ende ein
menschliches Angesicht geschnitzt ist. Daneben
Vorderseite eines dayakisclien Scliildes.
(Lient. V. Tyszli a.)
Vorderansicht einea dayalciscbcn Schiides
aus Surawalc. (Bieber.)
Dayakscliild aus Kutai.
(v. De Waii.)
kommt auch die ganze menschliche Gestalt zur
Darstellung, und manche Figuren sind ziemlich
gut ausgearbeitet, während bei anderen wieder
Ohren, Nase und Mund nur durch charakteristische
Einschnitte angedeutet sind ; manche sind fratzen-
haft mit aus dem Munde hangenden Zungen,
theilweise wohl auch sehr obscön, und einige
erinnern an das asiatisch-semitische Urbild der
sogenannten mediceischen Venus , ^) welches
') Vergl. Bocic, C. Reis in Oost-en-Zuid-Borneo van Koetei
naar Ban.lerniassin (in I87ilen 1880). S. Gravenhage 1881—1887. 4°.
Atlas pl. XXVII. Fig. 6—8, Verschillende tambatongs (amuietlen).
letzteren Umstandes Prof. Hein auffallender Weise
gar nicht erwähnt hat.
Auf einer bedeutend höheren Stufe als die
Plastik steht bei den Dayaks die Kunst der Ver-
zierung von Flächen, doch sind es auch hier
keineswegs die figuralen Darstellungen, in welchen
die Dayaks ihr Bestes leisten. Da, um mit Heitis
eigenen Worten zu sprechen, „die weitaus
wichtigsten und originellsten Hervorbringungen
der dayakischen Malerei die bizarren Decorationen
der Schilde sind", so hat er demgemäss das
Capitel über die Malerei der Dayaks auch der aus-
'^A
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT PÖR DEN ORIENT.
121
Ornftiiifiilation (mhih «iiiya
kiRt-tien t'rancnrockna
(Sarong). (Dr. Hai-/..)
schliesslichen Betrach-
tunjj ihrer Schilde ge-
weiht.
Hein sieht in den
jjemalten Verzieninjjen
tier dayakischen Schilde
durchwegs figurale Dar-
stellungen, von denen
einzelne so zum Orna-
mente umstylisirt seien,
dass die Figureneie-
mente in ihnen nicht
mehr zu erkennen «der
wenigstens sehr schwer
zu reconstruiren sind.
Die Richtigkeit dieses
Satzes ist, scheint uns,
ebenso schwer zu be-
weisen als zu bestreiten.
Wenn auch die überwiegende Mehrheit der dayaki-
schen Schilde mit Kratzengesichtern oder Dämonen-
gestalten l)emalt erscheint, während eine geringere
Anzahl aus Kreisen, Spiralen und Curven bestehende
Ornamente zeigt, so ist es doch wohl sehr ge-
wagt, diese letzteren insgesammt als Umstyli-
sirungen figuraler Formen zu betrachten. Es mag
ja sein, dass diese Annahme in manchen Fällen
richtig ist, aber verallgemeinert darf sie wohl
schon deshalb nicht werden, weil es dem Natur-
menschen gewiss näher liegt, aus einigen leicht
hingeworfenen krummen Linien ein Gesicht zu-
sammenzusetzen, als ein Gesicht in ein Ornament
zu verwandeln, in welchem die ursprüngliche
Form der Darstellung völlig verschwindet. Zur
Bildung einer Spirale gehört weder zeichnerisches
Genie noch künstlerische Anleitung ; noNhe krumm-
linige Figuren trifft das ungelehrte Kind ebenso
leicht wie der cuiturlose Wilde, und gewiss viel
leichter, als eine tadellose gerade Linie, Das
Spiralmotiv ist so alt wie die bildende Kunst,
und wir finden es ebenso im alten Egy[iten wie
in Phönikien und Griechenland ; ob es nun überall
dort seinen Ursprung der Metalltechnik verdankt
oder nicht, es ist gewiss das älteste krummlinige
Ornament und charakterisirt die Anfänge der
bildenden Kunst. Und dem wilden Dayak sollte
die Spirale nicht Urmotiv, sondern Ableitung und
Stylisirung sein? Lind was liegt wieder nfdier, als
dass der naive Wilde wie ein Kind in zwei
nebeneinander stehenden Spiralen zwei Glotz-
augen sah? Dann bedurfte es nur noch eines
daruntergesetzten Querstriches, um den Mund
anzudeuten, und mit einigen weiteren Strichen,
die sich von selbst ergaben oder tler Phantasie
ihre lintstehung verdankten, war das mehr oder
minder carikirte Menschenantlitz oder Hall)thier-
gesicht in rohen Umrissen fertig.
So liesse sich die Bemalung der dayakischen
Schilde mit Dämonengesichtern und -Gestalten
ganz wohl erklären, ohne erstens die Dayaks zu
besonderen Meistern in der l'",ntwicklung von
Ornamenten aus Figuren machen ^u müssen, und
r)hne zweitens sie auf isntichnuagen von fremdea
Völkern anzuweisen.
Was den fremdländischen fMntluss auf die
eben besprochenen Gebilde der dayakischen Kunst
betrifft, weist Frof. //<■/■« auf ähnliche Schöpfungen
der indischen und chinesischen Kunst hin. Vor
Allem sind es die indischen RAkschasas, böse
Luftgeister, deren menschendrachenäbniiche
Häupter nach Hein die Darstellungen der dayaki-
schen Schilddämonen beeinflusst haben können.
Vor diesen ist es der in Ostindien wie in
China und Japan bekannte Drache, der den
Dayaks bei Bemalung ihrer Schilde als Vorbild
gedient haben mag; die grösste Bedeutung für
die Lösung der Frage nach einem eventuellen
V^)rbilde der dayakischen Dämonenschilde scheint
aber nach Hein den chinesischen Tigerfratzen
innezuwohnen, Tiger und Drache spielen in der
chinesischen Kriegführung eine grosse Rolle ;
nach dem Tiger ist eine Schlachtordnung ge-
nannt, und Tiger und Drache schmücken die
I hinesischen Feldzeichen, Fahnen und Schilde.
Nicht nur in der Darstellung des Kopfes, sondern
auch in der der Tatzen des Dämons so manchen
Dayakschildes findet Hein überraschende Aehn-
lichkeiten mit der Gesichtsmaske und den drci-
klauigen Vordertatzen eines chinesischen Tiger-
decors, was nicht riu leugnen ist. Doch die Ver-
niuthung Hein's, dass die auf den Dayakschilden
vorkommenden Dämonenköpfe ohne Körper jenen
religiösen Vorstellungen der Dayaks, wonach
gewisse Geister (Vampyre) blos in der Form
freischwebender Köpfe erscheinen, ihren Ursprung
verdanken, liesse sich wohl besser ilurch den
Verdacht des ultra non posse ersetzen, da es
immerhin leichter ist, ein Fratzengesicht, als
einen ganzen Körper zu zeichnen.
Sonderbar ist es, dass Prof. Hein ausdrück-
lich anerkennt, dass Dämonenfratzen in China,
Japan, Indien und im ostindischen Archipel ganz
allgemein und daher die dayakischen Dämonen-
bilder keine vereinzelte Erscheinung sind, und
dass er trotzdem an der Annahme einer Ent-
lehnung mehr festhält, als es vermöge der zu
erbringenden Beweise geboten erscheint. Er be-
zweifelt zwar sehr, dass die für die balinesischen
Käkschasas charakteristischen, stark entwickelten
Mauer einen berechtigten Schluss auf eine Vor-
bildlichkeit derselben für die Dayakschilde zu-
lassen, da chinesische Masken mit Mauern sehr
häufig sind und da auch die Tigermaskenschilde
der chinesischen Armee dieselbe Erscheinung
aufweisen, dafür aber sieht er selbst in Details
der Dayakschilde chinesischen Einfluss und er-
klärt z. B. Linien, welche nichts weiter als un-
symbolische Spiralen zu sein brauchen, für die
chinesischen Yin- und Yang-Symbole. Und doch
ist /fein, der mit grossem Fleisse sein Material
gesammelt und Analoga zusammengestellt hat,
nicht der Schuld eines apodiktischen Fehlschusses
zu zeihen, denn er erklärt ausdrücklich : Obzwar
ein aufmerksames Studium der dayakischen Schild«
122
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
malereien viele Details erkennen lässt, die auf
China zurückweisen, und wenn auch angenommen
werden kann, dass die chinesischen Tiger- und
Drachenschilde den dayakischen Schilddämonen
in vorbildlicher Weise vorhergingen, so sind
doch die Dayakschilde keine Copien, sondern
selbst wenn ursprünglich von aussen beeinflusst,
doch in ihrer eigenartig bizarren Ausgestaltung
durchaus von dayakischem Kunstgeiste erfüllt.
Seine besten Früchte trägt dieser Kunstgeist
in den technischen Künsten, den decorativen und
Kleinkünsten, und Gegenstände aus Wolle und
Holz, Hörn und Bein, Metall und Thon geben den
Dayaks reichliche Gelegenheit, ihre Begabung in
der Kunst der Ornamentirung zu bethätigen. Hein
hebt auch besonders lobend das Stylgefühl der
Dayaks hervor, vermöge dessen sie die Ornament-
formen der verschiedenen Gruppen nie vermengen,
sondern so strenge auseinander halten, dass man
bei jeder Form genau bestimmen kann, in welchem
Stoffe und in welcher Art sie zur Ausführung ge-
bracht wird.
Im Gegensatze zu den grösstentheils aus
krummen Linien zusammengesetzten Schildbemalun-
gen zeigen die dayakischen Textiiarbeiten aus-
nahmslos Ornamente geometrischer Art, welche in
Dayakischer Frauenhut aus
den drei F'arben: roth, blau und gelb, ausgeführt
sind. Das Muster besteht hauptsächlich aus rhom-
bischen und deltoidischen Figuren und die eckig
abgebrochene Spirale, welche es durchzieht, dient
auch oft als Bordüre. Der Mäander, das Zickzack-
band, Dreiecke, Quadrate, Rechtecke, Rhomben
undDeltoide, selbst auch Kreise sind die Elemente,
aus welchen sich die Ornamente zusammensetzen.
Nach dem von verschiedener Seite ausgesprochenen
Grundsatze, dass der Naturmensch Ornament und
geometrische Figur nicht selbstständig kennt, son-
dern aus figürlichen Objecten ableitet, und nach
seinen eigenen Erfahrungen besteht Hein darauf,
dass die complicirten geometrischen Gebilde nur
allmälig schematisirte Nachbildungen von be-
stimmten Objecten sind und dass die Muster alle
Uandjermasin. (Har rasen.)
gegenständliche Namen und in der Regel sym-
l)olische Bedeutung haben. Mag dem auch in einigen
Fällen so sein, so spricht dagegen der Umstand,
dass die dayakischen Gewebe in ihrer Ornamen-
tirung oft grosse Aehnlichkeit mit indischen Textil-
erzeugnissen aufweisen, wir aber dem Culturvolke
der Indier in diesem Punkte weder Schematisirung
von Objecten, noch die Beilegung symbolischer
Bedeutungen nachweisen können. Im Falle einer
I<;ntlehnung also fällt diese Annahme bei den dayaki-
schen Objecten ebenso weg wie im Falte einer zu-
fälligen Uebereinstimmung, denn worauf der in-
dische gewiss auch geometrisch ungebildete Weber
verfallen konnte, das konnte wohl auch der Dayak
ohne Stylisirung und ohne Symbolisirung bilden.
Wie in den dayakischen Geweben die gerade
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEN ORIENT
123
'i
Linie vorherrscht, so findet
in den aus Hambu und Palm-
l)lattstreifen gefertigten Ge-
flechten besonders der Kreis
ornamentale Verwendung und
die unterbro(:h<;nen und in
Tangenten auslaufenden Kreis-
linien bilden oft Muster der
anmuthigsten Form. Besonders
EU bemerken ist hier die uns
gänzlich ungeläufige diagonale
Lagerung der Symmetralen,
die übrigens auch auf ("elebes
und Sumatra gefunden wird,
wie denn ülierhaupt auch die
anderen Inseln des indischen
Archipels eine dem dayaki-
schen Ornamentstyl ähnliche
Ornamentirung pflegen.
Die in Holz, l^amliu, Hörn
und Bein ausgeführten Ar-
beiten der Dayaks zeigen,
wie es die Natur des ver-
arbeiteten Materials eben zu-
lässt, schon eine bedeutend
freiere und ungebundenere
Darstellungsweise in denZeich-
nungen, und besonders ist es
ein Motiv, das Kyma, die
Woge, das in den verschie-
densten Varianten auftritt.
Pflanzliche und thierische Ge-
bilde werden ebenso wie rein
lineare Zeichnungen dazu ver-
wendet, das Kyma zu variiren
und die zierlichsten Arabesken-
gewinde zu bilden.
Wenn die Dayaks schon (fie
Gegenstände des Friedens,
Spinnräder, Ruder, Särge,
selbst Tüpferschlägel mit ge-
schnitzten und geritzten Orna-
menten zu verzieren lieben, so
ist es nur zu erwarten, dass sie
auch auf die künstlerische
Ausstattung ihrer Waffen be-
sonderen Werth legen. Nicht
nur der Griff, worin die Klinge
befestigt ist, sondern auch die
Klinge selbst wird verziert,
mit Kujifer und Silber ein-
gelegt und mit in Reihen ge-
ordneten Stiften beschlagen.
Höheren Werth noch, als auf seine Waffen, legt
der Dayak auf gewisse I'>zeugnisse der Keramik.
Die Bedeutung der Keramik für die Bewohner Bor-
neos müsste auffallend erscheinen, wenn wir ni<-ht
wüssten , dass die Verehrung alter Gefässe als
Gegenstände religiösen VaiUs in ganz Ostasien, in
China sowohl wie in Japan, wie auch im ostindi-
schen Archipel gang und gäbe ist. So ein heiliger
Topf kostet oft tausende Gulden, er wird dem
MaDda-i (Si-bwort) des
Sallin'! von Kiitai.
Figenthume der Familie unter besonderlichen Feier-
lichkeiten einverleibt, und mancher Krug ist seinem
Besitzer um Nichts in der Welt feil, wenn dem be-
treffenden Gegenstande ausgezeichnete Figen-
schaften, selbst z. B. sogar die Gabe der Weis-
sagung, beigelegt werden. Da nun die keramischen
Producte Borneos selbst, welche ohne Tö|)fer-
scheibe und aus gewöhnlichem Thon hergestellt
werden, nur für den praktischen Bedarf berechnet
sind, so ist von ihrer künstlerischen Ausstattung
nichts zu erwarten, und die kostbaren heiligen Ge-
fässe, die sich auf Borneo finden, dürften wohl
sämmtlich aus China importirt sein. Ihre Verzierun-
gen bestehen aus Drachen, Spinnradhaspeln, Rhom-
benfiguren, Arabesken, Blumen und Anderem.
Wie die meisten Naturvölker, so lieben es
auch die Dayaks, ihren grossentheils unbedeckten
Körper zu tätowiren, und Männer wie Frauen legen
Gewicht darauf, ihren Leib, Brust und Rücken,
Beine und Arme mit geschmackvollen Mustern ver-
zieren zu lassen. Schachbrettfiguren, Spiralen und
Curven in hübscher ornamentaler Anordnung bilden
auf den menschlichen Kör|)ern ebensolche Zeich-
nungen, wie wir sie theils an den dayakischen Ge-
weben, theils in ihren Schnitzereien und Bambu-
ritzungen als geometrische Gebilde oder Arabesken
wiederfinden.
Wenn nun schliesslich auch die Frage nach
dem ßinflusse fremder Völker auf die Kunstpro-
ducte Borneos erörtert werden soll, so wissen wir,
dass die Araber schon im IX. Jahrhundert China
und Japan und die Inseln des malayischen .Archipels
besucht haben, und Vieles weist darauf hin, dass
sie auch auf die
Bewohner Borneos
einen gewissen
Finfluss genom-
men haben. Eben-
so ist der Einfluss
der Indier auf diese
Inselbewohner aus
Manchem zu er-
schliessen,doch ist
dieser wie jener
der Araber nur
vorübergehend
und von verschwin-
dender Bedeutung
gegen das , was
den Bewohnern
Borneos von ("hi-
nesen überbracht
und gelehrt wurde.
Chinesische Ein-
wanderer haben
seinerzeit die Insel
colonisirt, sich an-
sässig gemacht
und Dayakinnen
geheiratet ; und .i..u»i «BKk«g".
j ■' o-L j DJmiTrt (bciUger Topf) tod Tunil>uu
dass die Sohne des ;*. ,. _, „ \. rr /^
bltog, mit Tl«r K><rok< (L«(aM>)
ältesten Cultur- T«nii»rt.
124
OESTEHREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
reiches ihrer neuen Heimat nicht nur gegenständlich
Manches mitgebracht haben, sondern ihren neuen
Genossen auch manche Anleitungen gegeben
haben müssen, das geht aus vielen künstlerischen
Schöpfungen der Dayaks unzweifelhaft hervor.
Schwer aber, sehr schwer dürfte es sein, die genaue
Grenze zu ziehen zwischen chinesischem Import und
dayakischer Selbsterrungenschaft. Unter allen Um-
ständen hat der Verfasser unsere Aufmerksamkeit auf
ein Gebiet gelenkt, das bisher nur zu stiefmütterlich
betrachtet und eingehenderer Behandlung kaum für
werth erachtet wurde. Mögen wir auch auf so
Manches nicht schwören, was ffein in seinem Werke
vorbringt, wir legen das Buch doch mit dem dank-
baren Gefühle aus der Hand, dass der Autor viel
Fleiss, Mühe und Kenntnisse aufgeboten hat, um uns
zum Studium einer Sache anzuregen, an welches er
sich als der Erste gewagt, und dass er sich seiner Auf-
gabe nach Massgabe des vorhandenen Materials und
von seinem Standpunkte aus als Künstler trefflich
entledigt hat.
DER HEUTIGE STAND DER SAHARABAHNFRAGE.
Von Professor Dr. Philipp Paulitschke.
Der Gedanke an eine Eisenbahn durch die
Saharawüste tauchte in concreter Form das erste
Mal in den Siebzigerjahren unseres Jahrhunderts
auf. Der Ingenieur Duponchel war jes, der in einer
Anzahl von Broschüren und Fachschriften sich
über die Verkehrs-, Handels- und Productions-
verhältnisse der sogenannten Algierischen Sahara
zu dem Zweche näher erging, für die Verlängerung
des algierischen Bahnnetzes nach dem Süden,
nach den fruchtbaren und grösseren Oasen im
Süden der afrikanischen Colonie, in seiner Heimat
zu wirken. Er machte die Franzosen darauf auf-
merksam, wie man dem grossen Karawanenverkehr
der Provinz Oran nach den Gurära-Oasen (mit all-
jährlich 20.000 Kameelen), der die Verfrachtung von
Gerste und Datteln bezweckte, Concurrenz bieten
könne, denn der blosse Transport verzehnfachte
den Verkaufspreis der beiden Tauschobjecte, wobei
die Erhaltungskosten für ein Lastthier sammt
Führer per Tag nicht mehr als Frs. 1-50 betrug
und der Tarif pro Kilometer-Tonne o"05 cts.
nicht überstieg. Den Umsatz des Dattel- und Ge-
treidehandels veranschlagte man mindestens auf
lOO.OOO q, und selbst nach Abzug von 80 Percent
für den Transport konnte man nach Duponchel's
Berechnungen, im Falle man z. B. eine Bahn von
looo km von Oran nach Gurära erbaute, auf eine
sichere Einnahme von 10.000 Frs. auf den km.
rechnen. Auch dem Gewinne aus dem Salzhandel
der Sahara (22.000 bis 30.000 Kameellasten u
150 bis 200 kg jährlich) stellte der französische
Ingenieur ein sehr günstiges Prognostikon, von
dem Handel mit Reis, Baumwolle, Indigo, Sesam,
Erdnüssen u. A. m. mit dem Sudan ganz abgesehen.
Diese mercantilen und zahlreiche philanthro-
pische und politische Verheissungen beschäftigten
lebhaft die französische Welt. Duponchel baute
ein ganzes ökonomisches System auf der Basis
seines Bahnprojectes auf und berechnete den Um-
satz, der sich aus der Ausbeutung der agrarischen
und commerciellen Vortheile des Sudans nur
durch 60.000 seiner französischen Landsleute
adäquat den in Algier und am Senegal erreichten
Resultaten ergeben sollte, auf eine Milliarde. Ihm
schwebte damals der Ausbau der E^isenbahn von
Larruat zum Niger (1920 km also '/g weniger
als die Pacificbahnstrecke von Omaha nach San
Francisco, die 3080 km beträgt) vor Augen,
richtiger wohl die Strecke von Affreville bis an
den Niger (2574 *"^)> welche nach Duponchel's
Berechnungen mit einem Kostenaufwande von
400,000.000 Frs. hätte hergestellt werden können.
An Einnahme hätte man jährlich von dieser Bahn,
so versicherte Duponchel, 45,400.000 Frs. erhoffen
können, was die Betriebskosten und die Zinsen
des Actiencapitals decken sollte , im Ganzen
günstige Chancen, die durch das Inslebentreten
einer staatlich garantirten Actiengesellschaft von
höchstens Frs. 100 bis 150 Millionen gesichert
würden.
Für die Bahnlinie hatte man damals drei Wege
in Betracht gezogen, einen westlichen über Igelli
und durch das Thal des Gir mit der Provinz Oran
correspondirend, einen östlichen über Wargia längs
des Thaies der Mia, mit der Provinz Constantine
correspondirend, und einen mittleren über Larruat
und an den Ufern des Lua entlang, mit der Provinz
.\lgier correspondirend. Der erste und zweite Weg
wurden nicht empfohlen, weil sie einerseits über
marokkanisches Gebiet zogen, anderseits ungesunde
Gegenden durschnitten und weil Höhendifferenzen
von 1400»/ auszugleichen waren. Die Strecke in
der l^rovinz Algier beabsichtigte Duponchel von
Algier nach Affreville, dann im Thal des Scheliff
und nach Larruat, El-Golea, Bugemma und Taudeni
(Angerutgruppe) zu führen. Von der letztgenannten
Station bis an den Nigerfluss (über Kamba nach
Burrum) beträgt die Entfernung nur mehr goo km.
Duponchel schlug vor, den Bau mit 3000 Arbeitern,
die er für das erste Jahr leicht aufzutreiben gedachte,
anzufangen und 300 km pro Jahr auszufertigen. Mit
zunehmender Arbeiterzahl schmeichelte er sich, in
4 — 5 Jahren den Niger erreichen zu können. Mit
einem Arbeiterstande von 15.000 Köpfen, führte
Duponchel aus, könnte die Bahn in das Herz des
afrikanischen Continents mit einer jährlichen
Schnelligkeit von 1200 bis 1^00 km fortgeführt
werden.
Der Gedanke Duponchel's wurde in Frankreich :
rasch ergriffen, von der Fachpresse des In- und
Auslandes lebhaft commentirt, und es bildete sich
1870 eine Commission, die der Regierung ein Gut-
achten über das Project abgab. Ein Credit von
480.000 Eres, wurde bekanntlich auf den \^orsch!ag
C. de Freycinet's, damaligen Ministers der öffent-
lichen Arbeiten (am 13. Juli 1879 vom Präsidenten
Grevy genehmigt), bewilligt und mehrere Sectionen
einer Sahara-E.xpedition ausgesandt, von welcher
dieFlatter'sche wegen ihres Unsterns sehr bekannt
geworden ist.
I
OESTEBREICHISCHE MON ATSSCHRIiT PÖR DEN ORtENT
125
Natürlich tloss noch viel Wasser die Seine
hiiial), l)is man die Arbeiten in Süd-Algerien, die von
inililärisclier Seite ungemein jjefürdcrt wurden,
durchjjeführt, das Material zusainmengetrajjcn und
gesichtet hatte. Ein ganzes iJecennium hiedureh be-
theiligten sieh Staat und Private in Frankreich
(Mission Klatter's, Pouyannc, Mission Choisy, Pont*
& Chaussces, Du|)onchel, Rolland, Fock, HIanc) an
denselben. IJasKrj/ebniss derselben war dielCrkrrint-
niss der Natur und der geringen Bedeutung des l''lug-
sandes auf dem grösseren Theile des für die Bahn
in Aussicht genommenen Terrains, die Ueberzeugung
von der feindseligen Haltung der die Sahara mit
ihrer Handelsvermittlung beherrschenden Tuareg-
stämme, eine genaue Uebersicht über die physischen
Hindernisse des Hahnbaues nach deren Wesen und
Extension und die mögliche Anwendung von Rc-
medien gegen dieselben, die Feststellung der Art
und Weise der bestmöglichen Wassergewinnung
auf der von der Bahn zu durchlaufenden Strecke
durch artesische Brunnen. Selbstverständlich war
es ganz unmöglich, über den 26. Grad nördlicher
Breite von Algier aus in die Sahara einzudringen,
und man musste über diese Region hinaus alle Be-
rechnungen und die Richtung der 'l'race nur an
der Hand von Analogien aufstellen.
Mitten in die Zeit, in welcher diese Arbeit
gethan wurde, fiel der mächtige Pulsschlag des
colonialen Aufschwunges in Europa, und in unseren
'lagen ward derselbe zu einem fieberhaften.
Politische Arrangements und Compensationcn,
wie sie bisher in der Politik und Weltwirthsehaft
einzig dastehen, secundirtcn und steigerten das
Interesse an Afrika derart, dass man auch an
die Beschreibung von Interessensi>hären in der
grossen Wüste schritt oder schreiten musste.
Wohl hatte auch die .■\usbrcitung der französi-
schen Herrschaft vom Senegal aus über die Re-
gionen des oberen Niger und bis fast in die
geographische Länge von Algier und vor die
'1 höre von Timbuktu den Wunsch rege gemacht,
Algier mit Senegambien durch einen Babnstrang
zu verbinden. Seit dem im Jahre l88g gelegentlich
der Weltausstellung abgehaltenen Colonialen Con-
gresse von Paris, wo alle möglichen wirthschaft-
liehen Projecte erörtert wurden, blieb die Frage
der Erbauung der Saharabahn unausgesetzt auf
der Tagesordnung in l>~i ankreich, und das englisch-
Iranzösische Abkommen vom Juli 1890, namentlich
aber die Absicht, der französischen Kammer bei
ihrem Zusammentritte ein Saharabahnproject zur
Schlussfassung vorzulegen, machte die in Rede
stehende Frage zu einer brennenden. Kein Wunder,
dass angesichts der nähergerückten Entscheidung
dieser Frage das wichtigste, die Saharabahn be-
Ireflende, wissenschaftlich wie praktisch ver-
wendbare Materiale exponirt und in 'Vereinen,
wie in der Fach- und Tagespresse nach allen
Seiten durchgegangen wird.
Eine Grup|ie von Materialien betrifft die
Natur der Sanddünen der Sahara, die von dem In-
genieur Georges Rolland (Bulletin de la Socicte
gt(jlogique de france, 9. November 1881) ein-
gehend behandelt wurde, während der Genie-
capitän E. Courbis, der von dem Service geo-
graphique de l'armee mit deren eingebendem
Studium in der Umgebung von Wargia betraut ge-
wesen war, über den Gegenstand in eine lebhafte
Controverse geologischer Natur mit den lagenieuren
Blanc und l^'ock sich einliess (Compte reodu des
seance.s de la commission centrale der Pariser Gco-
grajjhischen Gesellschaft 189O, Nr. 5,6, I 2 und 13)
und auch andere Fachmänner, wie Virlet d'Aoust,
Jules Garnier u. A., hierüber ihr Votum abgaben.
Uie Sache drehte sich um die Beziehungen und
den C^onnex zwischen den Dünenketten und dem
Terrainrelief. Blanc machte nach seinen Studien
das Vorkommen der Uüneoketten von „accidcnts
topographifjues du sol", wie er sagt, abhängig,
während Courbis behauptet, „que lä oü sc trouve
une nappe acjuiftTe pcu profonde, il y a des
dunes et (|ue l'absence de oappe correspond ä
l'absence de dunes". Mit den Beweisen und den
Phasen der Controverse. können wir uns an dieser
Stelle nicht beschäftigen. Es wird genügen,
darauf hinzuweisen, dass man in Ueberelnstim-
mung constatirte, die Dünen bildeten kein physi-
sches Hinderniss des Bahnbaus, ja sie seien nicht
einmal ein solches Hinderniss, das gar so viel zu
schaffen geben würde.
In erhöhterem Grade als dieser mehr wissen-
schaftlich denn praktisch bedeutenden Meinungs-
differenz wendet sich das Interesse der Franzosen
den für die Sahara-Eisenbahn in Vorschlag ge-
brachten Tiacen zu. Diese bleiben die piece de
resistance für alle Talente und für alle Mitthei-
lung und Discussion von Erfahrungen. Es gibt
wohl keinen Weg, welcher vom Nordrande Afrikas
nach dem Westen und dem Centrum der Sahara
führt, der für eine Sabarabahnlinie nicht mit in
Combination gezogen worden wäre. Von dem
Projecte einer einfachen, die Saharawüste über-
schreitenden schmalspurigen Bahn ging man in
der Erwägung und Speculatlon nach und nach
zu dem Projecte einer grossen Sudanbahn über,
indem man, wie es scheint, alle die Babnprujcctc,
die seinerzeit Chediw Ismail Pascha von Egypten
den Nil entlang nach dem Sudan zur .Ausführung
zu bringen gedachte, wenigstens in der Con-
ception weit übertraf. Nichts Geringeres als
„faire un tout de l'.AIgerie, du Senegal et du
Congo, par Ic Sahara Touareg et par Ic Suudan
central et Occidental" schwebt den Franzosco bei
den Saharabahnprojecten vor, und von dieser
.Auffassung der Dinge scheint die Mehrzahl der
Projectanten zielbcwusst auszugehen.
Indessen der wirklich annehmbaren und
realisirbaren Projecte des Transsaharicn sind heute
nicht gar so viele an der Obertläche der all-
gemeinen Discussion. Die Natur der Dinge und
die Ivntwicklung der französischen Herrschaft in
.Algier und am Senegal unificirte die projectirten,
d. i. in der Oeffentlichkcit aufgetauchten Tracco
zu einigen wenigen, deren Verfechter gegen-
126
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
wärtig die Ingenieure G. Rolland und E. Blanc
sind und die darzulegen Zweck der nachfolgenden
Darstellung ist. Ein eigenartiges Project, welches
Rene Allain in der Sitzung der Geographischen
Gesellschaft zu Paris am 21. März 1890 vor-
legte, mag hier nur beiläufig erwähnt werden.
Allain fasste nämlich das Cap Nun an der atlanti-
schen Küste (südwestlich von Marokko, circa
29" nördlicher Breite) als Ausgangspunkt einer
Saharabahn in's Auge, also einen Küstenpunkt,
der bislang von keiner der Colonialmächte und
auch von Marokko nicht beansprucht ward, wie-
wohl in allerneuester Zeit der Sultan von Marokko
sein Land bis an das Wadi Draa, also über
das Cap Nun gegen Süden und Südwesten, in
Anspruch nimmt. Vom Cap Nun will er die Bahn
über das Wadi üraa gelegt wissen, bei dem
Punkte Tizgi, dann das Tendüf passiren lassen
und über 'I'aodeni, ünan, Arauan Timbuktu er-
reichen. Dies sei, so plaidirt er, die allerkürzeste
und vortheilhafteste Route, einfach auszuführen und
alle Projecte längs des Senegal übertreffend. Da
diese Trace sozusagen neutrales Gebiet durch-
zöge längs der Strasse, die Mardochee, Lenz und
Caillie zum Theile beschritten, käme es vor
Allem darauf an, mit den anwohnenden Mauren
sich auf guten Fuss zu stellen und in der Ex-
ploitation den Vorgang General Annenkoff's zu
befolgen. Die Franzosen scheinen diesen Vor-
schlag nicht ernst genommen zu haben. Algier
bliebe durch eine solche Bahn eben dann nicht
mit dem Soudan francais verbunden und somit
hat dieser Vorschlag, der natürlich nur aka-
demisch gemacht wurde, keine Bedeutung oder
wenigstens keine Protectoren oder Interessenten.
Das die öffentliche Meinung in Frankreich
am meisten beschäftigende Transsaharienproject
ist gegenwärtig das des Ingenieurs Georges Rol-
land, eines Mannes, der bisher die umfassendsten
Studien mit Ausdauer und Hingebung über die
Sache gemacht hat. Er ging von dem Grundsatze
aus : ,,L'Algerie est la porte de la France sur
notre route directe vers le Soudan", und damit
hatte er seinen Standpunkt sattsam charakterisirt.
Rolland will die Saharabahn von Algier aus nach
dem Sudan geleitet wissen zu dem Zwecke einer
,,contjuete pacifique de l'interieur africain'-. Die
Niederwerfung der Tuareg oder doch den Zu-
sammenbruch ihrer Macht über die Sahara, wenn
nicht die Eroberung des Kernes ihrer Heimat, er-
hofüt er von dem Bahnbaue. Die Trace soll so ge-
leitet werden, dass sie die wichtigsten gegen den
Süden reichenden t)asen berührt und sich deren
als bequemer, den effectiveu Bau durch ihre Mittel
fördernder, wie später das grosse Gebäude er-
haltender Stützpunkte bedient. Von den drei Traten,
der Trace uccidentale (.Arzew — Saida — A'in Sefra
— Igli — Tuarrit — Timassao — Burrum am Niger,
2100 km), der Trace centrale (.-Mgier — Blidah —
Berruaghia — Laghuat — El Golea — Tuarrit — Bur-
rum, 2800 hni) und der Trace Orientale (Philippe-
ville — Constantiue — Biskra — Wargla — Aingid —
Timassao — Burrum , 2600 km in weiterer Fort-
setzung als Sudanbahn bis Kuka am Tschad-
See 3400 km, bis Massina 3600 kni) will er ledig-
lich die östliche Route als „seul practicable, le seul
raisonnable, le seul susceptible d'une mise en train
immediate" anerkennen und stellt sehr genaue Be-
rechnungen über deren Realisirbarkeit an. Bis
Wargla gilt ihm die Bahnstrecke als in jeder Hin-
sicht wühlfundirt, physisch sowohl wie vom Stand-
punkte der Kosten. Die Strecke Biskra — Wargla
könne, berechnet Rolland, mit 40.OOO — 45.000 P'rs.
per km gebaut werden. Die Kosten der Ex-
ploitation überstiegen 2500 Frs. per km nicht.
Ingenieur Fock will gar nur 19.000 Frcs.
Baukosten per Kilometer annehmen. In zwei
Wintercampagnen soll diese Section ausgebaut
werden können. Von Wargla müsse man die
Bahn bis zum Posten Timassinin und von diesem
bis zu dem Zweigpunkte Amgid mit Raschheit ver-
längern, lieber den Verlauf der Bahn von Amgid
ab hat Rolland noch keine detaillirte, ökonomische
oder technische Darlegung enthaltende Aeusserung
gethan. Er beschränkt sich nur hervorzuheben :
,,D'Amguid nous dominerons tout le Sahara central ;•'
damit soll natürlich auch darauf hingewiesen werden,
dass der weitere Bahnbau glatt von Statten gehen
werde. Keineswegs würden die Kosten 50.000 Frs.
per km bei der Fortsetzung der schmalspurigen
Bahn nach dem Sudan übersteigen können. Die Höhe
derGesammtbaukosten schwankt nach französischen
Angaben zwischen 135 und 300 Millionen Frcs.
Neben dem skizzirtenTracenprojecteRolland's
werden in Frankreich zur Stunde noch zwei
andere lebhaft ventilirt und ganz besonders vom
Ingenieur Edouard Blanc verfochten. Im Ganzen
scheint es sich hiebei darum zu bandeln, dass
bei eventueller officieller Annahme des Rolland-
schen Projectes die Möglichkeit der Ausführbar-
keit anderer Projecte nicht geleugnet, sondern
anerkannt werde. Die Discussion läuft also auf
moralische Satisfaction gegenüber jenen Männern
hinaus, die sich das Studium anderer Tracen als
der Rolland'schen angelegen sein Hessen. Rolland
beantragte die sofortige Verlängerung der bis
Biskra gehenden algierischen Bahnen bis Wargla,
definitive Studien und Niederlegung derselben
über die Verlängerung dieser Bahn von Wargla
bis Amgid und die Absendung einer Colonne
zur sofortigen Occupation von Amgid und
Temassinin. Damit glaubte der Ingenieur den
ersten Theil der bevorzugten Strecke des Trans-
saharien durchzusetzen und auch hinsichtlich der
materiellen Opfer und der politischen Bahnen,
die die Saharabahn noch immerhin wandeln
möchte, die Richtung gewiesen zu haben, von
welcher kaum jemals mehr würde abgewichen
werden können.
Blanc verweist nun zunächst darauf, dass eine
Saharabahn von Algerien aus zunächst nach der
fruchtbaren und grossen Oase Tuat mit der
Hauptstadt Ain Salah (Insalah) gerichtet sein
müsse, die zwar von Frankreich leider noch nicht
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FOR DEM ORIENT.
127
einmal occupirt worden sei, wo jedoch durch
die Bahn ein prädominanter französischer Ein-
fluss geschaffen werden müsse. Diese Strecke
sei auch technisch leichter zu bewältigen, als der
Aufstieg auf das Gebirgsmassiv von Ahaggar
(das Kernland der Tuareg). Politische Schwierig-
keiten mit dem Nachbarstaate Marokko beständen
nicht, da Tuat der Machtsphäre des Sultanats
entrückt sei. Militärisch wäre Insalah leicht zu
halten und keineswegs, wie Kolland meinte, „un
point strat^gicjue en l'air", vielmehr wären dies
Amgid ■ und Temassinin auf Rolland's Trace.
Drei wichtige Linien liefen von französischen
Vorposten in Süd-Oran nach Tuat und dies ga-
rantire eine hinreichend lebhafte und zweck-
mässige Verbindung. Als Mittelglieder auf dem
Wege nach Insalah könnten die grossen Oasen
von Gurara und 'I'idikelt benützt werden.
Eine zweite Linie, deren Berechtigung Blanc
vertritt, ist die Koute vom Golf von Gabes über
das zum türkischen Reiche gehörige Hhadames
und Rhat. Dieser Route stehen die bedeutendsten
politischen Schwierigkeiten entgegen. Blanc wünscht
die Route eingeschlagen zu sehen, um den leichtesten
Zugang zum Tschad-See zu erlangen. Rhadames
hält er seiner Lage nach eher für eine Depen-
dencc von Tunis als von Tripolis und deducirt
aus diesem Umstände ein Anrecht l-'rankreichs
auf diese Oase, während Rolland eine Bahnstrecke
mit Berührung der beiden Oasen als „pas ligne
fran^aise" erklärt hatte. Blanc geht so weit, seinen
Landsleuten an's Herz zu legen, bei der bevor-
stehenden Erneuerung der türkisch-französischen
Handelsverträge, von der Türkei die Cession von
Rhadames zu verlangen. Die grosse Route vom
Mittelmeere nach dem 'l'schad - See , meint
Blanc, sollte vollständig neutralisirt werden, wie
das schon von Seiten mehrerer Mächte in Vor-
schlag gebracht worden sei. Dabei ist der Ein-
wand wohlberechtigt, dass es schwer halten
dürfte, Plätze occupiren zu wollen, wo eine be-
freundete Macht, wie das ottomanische Reich zu
Rhadames, Garnisonen unterhält. Im Ganzen lässt
sich behaupten, dass auch die von Blanc em-
pfohlenen Routen einer Saharabahn über Tuat
oder Rhadames ihre bedeutenden Vortheile hätte,
wenngleich anerkannt werden muss, dass die
Lösung der an und für sich nicht einfachen Frage
durch politische Complicationen nur erschwert
und in die Ferne gerückt würde.
MISCELLEN.
Die Ueberschwemmungen in China. Grosse
Flüsse sind in der Kegel ein Segen für das Land,
welches sie durchströmen. .-Xls .Arterien, durch
welche der Handel der Völker pulsirt, als billigstes
und bestes Transportmittel für Reisende und
Waaren sind sie von unschätzbarem Werthe und
gelegentliche Ueberschwemmungen müssen als
ziemlich leicht zu nehmende Nachtheile betrachtet
werden. In keiner Weise aber gilt dies für den
Hoang-ho oder Gelben Fluss.
Dieser grosse Strom ist für die ScbifTfabrt
wenig werthvoll und seine häufigen furchtbaren
Ueberschwemmungen machen ihn zu eiocm
wahren Fluche für mehrere Provinzen des chine-
sischen Reiches. Sein Gefälle ist ungewöhnlich
stark, seine Ufer sind besonders schwach und ge-
brechlich. Jahrhundertelange ungeschickte Ver-
suche zur Regelung dieses „irrenden" Stromes
haben denselben nur noch gefährlicher gemacht,
indem seine Ufer durch fortwährendes Erhöhen
der Dämme über das Niveau des Landes ge-
hoben wurden.
Soeben ist dieser Strom wieder aus seinen
Ufern getreten und ärger als sonst sind die
Folgen dieser Katastrophe. Die sommerlichen
Wasserläufe, welche mit grosser Schnelligkeit
in Lung-Wang-Miao münden, wo der , Grosse
Canal" in den Gelben F'luss einströmt, verur-
sachten das Bersten der Ufer und setzten etwa
200 // Landes unter Wasser. Der also über-
füllte „Grosse Canal" entleerte seine Wasscr-
inassen in den Peiho, der seinerseits aus den
Ufern trat und das Land zwischen Peking und
Chang-Chih-wan überschwemmte, so dass der ge-
sammte Verkehr stockte und der District von Tung-
chow in einen riesigen See verwandelt wurde.
Dieses neuerliche Unglück sollte denn doch
die Regierung zu Peking zum Nachdenken ver-
anlassen. Der Fluss ist eine chronische Ursache
zu grossen Geldausgaben und liefert kaum ent-
sprechende Vortheile. Er findet in zahllosen
kleinen Wasserarmen seinen Weg durch das ' _
versandete Delta in's Meer, und keiner dieser ^ ■"
Arme ist von der See aus schiffbar. Fast alUcr^j'P^^
jährlich werden grosse Läuderstrecken untcr^C.-^
Wasser gesetzt, Dörfer und manchmal Städte' '^>i —
mit enormen Erntevorräthen hinweggespült unn-,;"^™o
fast immer sind dabei grosse Verluste aPjT, "[/H
Leben :^' rn-*^/
Menschenleben zu beklagen. Die am
bleibende Bevölkerung wird zu Bettlern und
muss verhungern. Zu ihren Gunsten geschieht
unendlich viel durch Wohlthätigkeitsacte und
dennoch gehen sie elend zu Grunde.
Aber die chinesische Regierung lernt nur
langsam und verwendet das Gelernte noch saum-
seliger. Es geschieht .Allerlei, um dem Unglück
zu steuern, die Dämme werden wieder zusammen-
geflickt und die geschädigten Bewohner werden
„gewissennassen" unterstützt. Aber nichts ist
bisher geschehen, um einer Wiedtrholung solcher
Katastrüi)hen vorzubeugen.
Und doch könnte die Nation, die die grosse
Mauer erbaute und den Grossen Canal gegraben,
das Regulirungswerk mit tüchtigen Ingenieuren
und bei ihren billigen .Arbeitslöhnen in .Angriff
nehmen. Dies Werk wäre wichtiger als die Eisen-
bahnbauten. Trotzdem dürfte dies kaum unter-
nommen werden ; man wird weiter „repariren'',
habgierige .Mandarine werden dabei ihre Taschen
füllen und die bedauernswerthen Völker werden
stets von Neuem in Noth und Elend versinken.
(CkiHa Overland Tradt Report.)
c':z
128
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
Die Ehe in China. ') in China gibt es zwei
Arten von Eben, welche etwa dem römischen
connubium und concubinatus entsprechen, und
von denen die erstere schon melir ein formeller
Vertrag, die letztere aber zumeist noch ein reiner
Kauf ist. Die erste Ehe darf von dem Manne
giltiger Weise nur mit einer Frau eingegangen
werden, welche ihm vom Vater oder einem älteren
männlichen Verwandten seiner Familie, in dessen
patria potestas er steht, aus einer Familie von
gleichem Range und gleichen Vermögensverhält-
nissen erwählt wird. Diese Frau (ch'i) erwirbt
alle Rechte der ersten oder Hauptfrau und ist
gegen Zurücksetzung gegenüber den anderen
Frauen, die der Mann noch heiraten kann, durch
das chinesische Strafgesetz geschützt. Der Chinese
kann nämlich gesetzlicher Weise noch eine Art
Eheschliessung eingehen, namentlich dann, wenn
die Ehe mit der ersten Frau kinderlos geblieben
ist. In diesem Falle empfiehlt es ihm die Frau
oft selbst an, weil sie dann als die Mutter aller
im Mause geborenen Kinder gilt.
Bei dieser Art von Ehcschliessung kann sich
der Mann die Braut selbst ohne Rücksicht auf Rang
oder sonstige Verhältnisse wählen, auch geht die
Hochzeit nicht unter so viel Ceremonien vor sich
wie die erste. Solcher Nel)enfrauen (chich) kann
der Chinese so viele heiraten, als er Lust hat und
erhalten kann ; unter einander stehen sie gleich,
sind aber der ersten Frau untergeordnet, wie wir
das bei allen Völkern finden, bei denen Polygamie
herrscht. Nichtsdestoweniger ist diese zweite Ehe
nicht ein Concubinat in unserem Sinne, denn die
Eheschliessung geht immer unter gewissen For-
malitäten vor sich, die Kinder sind alle legitim und
gleichgestellt und haben ein gegründetes Erbrecht.
Die erste Frau gilt übrigens, wie bereits erwähnt,
juristisch als die Mutter aller Kinder, welche in der
Familie geboren werden, wie dies auch nach indi-
schem und islamitischem Rechte der Fall ist.
Die Ehe wird in China geschlossen auf Grund
eines Contractes, welcher entweder nur mündlich
oder schriftlich von den Familienhäuptern, in deren
patria potestas sich Bräutigam und Braut befinden,
in Verbindung mit den Heiratsvermittlern (mei Jen)
aufgesetzt wird. Wurde das Uebereinkommen nur
mündlich abgemacht, dann gelten — ein bezeich-
nender Ueberrest des ehemaligen Brautkaufes —
die lleiratsgeschenke , welche' der Bräutigam
seiner Braut gegeben hat, als genügender Beweis
für den Abschluss des Contractes. Einen Ehecon-
tract fordert auch das römische und germanische
Recht, der Hauptunterschied besteht aber darin,
dass, während nach modernem Rechte der animus
matrimonii der Nupturienten Haupterforderniss ist,
in China ohne Rücksicht auf Neigung derselben der
Contract nur zwischen den Familienhäuptern abge-
schlossen wird. Braut und Bräutigam können
niemals selbst einen giltigen Ehecontract unter-
zeichnen, ausser wenn gar keine älteren männ-
*) Wir entnehmen diese Notiz einem interessanten Artiltel
des „Globus" aus der Feder des Herrn Dr. Jos. h, Grunzel.
liehen Verwandten mehr am Leben und sie in Folge
dessen sui juris geworden sind.
Nur einen Fall gibt es noch, wo der Sohn zeit-
weise sui juris werden kann, wenn er nämlich in
amtlicher Stellung von seiner Heimat abwesend ist.
Eine Witwe aber ist nicht sui juris, sie gehört, falls
der Gatte todt ist, der Familie des Gatten, wurde
die Ehe aber geschieden, wieder ihrer früheren
Familie an und muss, wenn sie sich zum zweiten
Male verheiraten will, einen älteren Verwandten
haben, der für sie den Contract schliesst, sonst wird
die Ehe mit dem neuen Gatten nicht anerkannt und
die Schuldigen werden bestraft. Ilaben den Con-
tract Verwandte ersten Grades unterzeichnet, so
sind sie, in zweiter Linie auch die Heiratsver-
mittler, für ihn verantwortlich, sind aber die Unter-
zeichner entferntere Verwandte, dann fällt ein Theil
der Verantwortlichkeit auf die V^erlobten selbst. Die
contrahirenden Parteien haben sich von der gei-
stigen und körperlichen Gesundheit der Verlobten
zu überzeugen und zu prüfen, ob keine Ehehinder-
nisse vorliegen. In den Contract wird auch der Be-
trag der Heiratsgeschenke aufgenommen, welche
der Bräutigam dem Vater der Braut gibt, und we|i;he
oft mehrere tausende von Taels im Werthe haben.
Besondere Feierlichkeiten sind, wie bei allenVölkern,
auch bei den Chinesen, insbesondere für die Heirat
mit der Hausfrau gebräuchlich, aber nicht absolut
nothwendig, namentlich entbehren sie jedes reli-
giösen Beigeschmackes.
Entgegen den Satzungen des römischen
Rechts, in Uebereinstimmung aber mit dem ca-
nonischen, haben nach chinesischem Recht beide
Parteien das Recht, auf Vollzug der contractlich
vereinbarten Heirat zu dringen. Jede dem Con-
tracte zuwider laufende Handlung muss rück-
gängig gemacht werden und wird streng bestraft.
In Folge dessen ist eine gewaltsame Entführung
der Braut vor der im Contracte festgesetzten Zeit
strafbar, ebenso aber auch die Vorenthaltung der
Braut über den festgesetzten Zeitpunkt hinaus
von selten der Familie. Für Ueberschreitungen
der Ehegesetze im Falle einer Heirat zweiter
Art, einer Concubinenehe, treten mildere Strafen
ein. Ein eigener Fall ist der folgende. Befindet
sich ein Sohn in officieller Sendung abwesend
von der Familie, so ist er während dieser Zeit
sui juris, und er kann in Folge dessen selbst-
ständig Ehecontracte schliessen und die Ehe auch
wirklich vollziehen. Aber auch das Oberhaupt
seiner Familie hat das Recht, für ihn während
dieser Zeit giltige Contracte zu schliessen. Ist
nun der Sohn die von ihm contrahirte Ehe wirk-
lich eingegangen, dann ist der von seiner Familie
aufgestellte Contract ungiltig, ist die Ehe aber
noch nicht vollzogen, dann haben die von der
Familie eingegangenen Contracte Vorrang vor
denen, welche er selbst abgeschlossen hat. Diese
Thatsache illustrirt so recht schlagend die hohe
juristische Bedeutung, welche der chinesischen
Familie innewohnt, und die Machtvollkommenheit,
welche ihrem Oberhaupte eingeräumt ist.
Verautworüicher Redacteur: A. v. Scala.
Druck von Ch. Reisser & M. Werthner in Wien.
September-October-Heft 1890.
Nr, 9 und 10.
ÜESTERREICHISCHE
P0Mt55t|nft für kn #mnt
Ileraustieeeben vom
K. K. ÖSTEKR. HANDELS-MUSEUM IN WIEN.
Redigirt von Ä. von Scala.
Monatlich eine Nummer.
VERLAG DES K. K, ÖS7ERR. HANDELS-MUSEUMS IN WIEN.
Prait jlhrL S I. — H) Mark.
INHALT: Indischer Volksschimick un i die Art, ihn zu trafen.
Von Ludwig Jlana Fischer. — Im dunkelsten Afrika. Von
A. V. Üiliweii/er-Lerc'ieti/elU. — Zar Ufscbichti: der Null. Von
llr. M. Huherlandt. — M I »c.el 1 en ; TeppichausstcUui g und
Aut:8tellUDg von kunslffewcrblichon Objecton im Handelii-Museum.
— Programm der Vorlesungen Im IlandnU-Musoum.
INDISCHER VOLKSSCHMUCK UND DIE ART, IHN
ZU TRAGEN.
Im jüngsten Hefte der .'\nnalen des k. k. natur-
historisclien Hofmuseums, welche vom Intendanten
Hofralh von Hauer redigirt werden und Original-
abhandlungen aus dem Gebiete der Naturwissen-
schaften, Praehistorie und Ethnographie bringen,
findet sich eine Abhandlung des bekannten Malers
Herrn Ludwig Hans Fischer über „indischen Schmuck
und die Art, ihn zu tragen", welche nicht verfehlen
wird, sowohl durch ihren interessanten sachlichen
Inhalt wie durch die Fülle schöner und genauer
Illustrationen die lebhafte Aufmerksamkeit der
Fachkreise zu erregen. Herr L. H. Fischer, der
den Orient vielfach bereist und sein durch seine
künstlerische Beschäftigung ohnedies geschärftes
Auge dabei für die Eigenart des Orients in Farben
Fig. 1. Indibclier miberarbeiter aus dem Fondschab.
und l<"ormen ausserordentlich geübt hat, hat ge-
legentlich seiner Reise durch Indien im Jahre 1889,
die er mit Herrn Grafen Carl I.anckorohski unter-
nahm, einer Anregung des Leiters der ethnogra-
phischen Sammlungen des naturhistorischen Mu-
seums, Herrn Custos />a«s Heger, folgend, seine
besondere Aufmerksamkeit dem durch seine rei-
zenilen Formen wie durch seinen Reichthum und
Fülle als auffallend bekannten indischen Schmuck
Sachen sich befand,') eine vortreffliche Typen-
sammlung hauptsächlich aus dem Gebiete desV'oIks-
schmucks angelegt, welche sich nun im Besitze des
Hofmuseums befindet , und in Verbindung damit
sorgfältig die Daten gesammelt, welche sich auf
Material, Erzeugung, Verwendung u. s. w. be-
ziehen. Vor -Allem aber hat sein Stift und Pinsel
mit Schärfe und Genauigkeit den Eindruck fest-
gehalten, welchen der Schmuck, wenn getragen,
zugewendet. Er hat parallel mit den reichen Samm- '' am Menschen selbst, in Harmonie oder Contrast
lungen des Grafen Lanckoroiiski, worunter eine
kleine, aber erlesene CoUection indischer Schmyck-
Monatsschrift für den Orient. September und October läiH).
1) DIeselb« war zuglelcb mit dca Qbrigea Sammlangeo im
Frllliling d. J. im K. k Ilaudrls-Museum «xpoairl.
130
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
mit Hautfarbe , Haar und Tracht u. s. w. ausübt
— gewiss ein sehr belangreiches Moment, auf wel-
ches noch selten geachtet worden ist. So ist eine
Abhandlung entstanden, welche interessant genug
erscheint, in diesen Blättern auch einem anderen
und weiteren Leserkreise als dem der Annalen zu-
geführt zu werden. Wer die vortrefflichen und reich-
haltigen Sammlungen indischen Schmuckes mit
ihrer mustergiltigen Bestimmung und Etiquettirung
im Berliner Museum für Völkerkunde — ein grosses
Verdienst der Herreu Dr. Jagor und Dr. Grün-
wedel — gesehen hat, wird allerdings in der Arbeit
des Herrn L. H. Fischer nur in Einzelheiten hie
und da Ergänzungen finden, andererseits Manches,
namentlich bezüglich der vielen Schmuckformen zu
Grunde liegenden Anschauungen — Blumen und
Blüthen , Flechtmuster u. s. w. , worüber die
Schmucknamen häufig Aufschluss geben — ver-
missen; aber die Literatur über indischen Schmuck
ist noch so arm, dass der vorliegende Beitrag für
weitere Kreise nurmit Freude begrüsst werden kann.
*
„Auf meiner vorjährigen Reise durch Indien,"
so beginnt Hans Fischer seine Abhandlung,
„hatte ich Gelegenheit, eine Collection indischen
Volksschmuckes für das k. k. Hofmuseum zu
sammeln, und habe bei dieser Thätigkeit auch
Beobachtungen zu machen nicht versäumt, in
welcher Weise diese Gegenstände getragen
werden. Die in Folgendem in Zeichnung bei-
gegebenen Schmuckgegenstände sind grössten-
theils dieser Sammlung entnommen und stellen
die wichtigsten Typen dar, welche zum besseren
Verständnisse der nach der Natur aufgenommenen
Figurentypen dienen sollen, auf denen die Art
des Tragens von Schmuck ersichtlich gemacht
ist. Ich habe mich um so eher entschliessen
können, diese Beobachtungen der Oeffentlichkeit
zuzuführen, als gerade über diesen Gegenstand
wenig publicirt worden ist. Zusammenhängendes
über indischen Schmuck gibt es nur in Herklot's
Qanoon -i -Islam ; Baden - Bowell , Handbook of
the manufactures and arts of the Panjäb ; Manches
der Art, aber dürftig auch in den: „Indo-Aryans"
von Räjendra Lala-Mitra. Ein ganzer Satz
von Schmucksachen einer Masslafrau steht im
„Orientalist" , leider aber ohne Bilder. Sehr
schöne Illustrationen finden sich in den Werken :
Alwar and his treasures von Thomas Holbein,
Hendley, und Les civilisations de l'Indes, von
Dr. L e Bon. In der indischen Reiseliteratur ist
eigentlich nur Einiges aus Nordindien im Buche
Ujfalvy's: „Aus dem westlichen Hymälaya"
zu finden, wo zahlreiche Illustrationen beigegeben
sind, deren einige den meinen sehr nahe kommen.
Die prunkende Putzliebe der Orientalen
findet in den Völkern Indiens ihren Gipfelpunkt
und kommt am meisten in den Schmuckgegen-
ständen derselben zum Ausdruck. Nirgends in
der Welt entfaltet der Schmuck so mannigfaltige
Formen und wird auf so mannigfaltige Weise
angewendet wie eben dort, wo die schöpferische
Phantasie, in allen Kunsterzeugnissen übersprudelnd ,
auch auf diesem Gebiete in's Masslose sich steigerte,
nicht nur was die einzelnen Objecte anbelangt,
sondern auch in der Art und Weise, wie und
wo die Schmuckgegenstände verwendet werden.
Das zuweilen sehr einfache Costüm lässt, be-
sonders im Süden, viele schmuckfähige Körper-
theile unbedeckt, welche dann mit Vorliebe mit
Schmuck geziert werden: Ohren, Nase, Hals,
Ober- und Unterarme, Finger, Fussgelenke und
Zehen erscheinen oft, so weit als nur zulässig,
mit Schmuck beladen. Nur eines ist auffallend,
dass die Lippen nie zur Aufnahme von Schmuck
dienen, wie dies bei anderen, namentlich afri-
kanischen und amerikanischen Völkern der Fall ist.
Zum Schmuck dienen auch bei Völkern primitiver
Stufen häufig das Bemalen und Tätowiren der
Haut, sowie Aufkleben von Blattgold oder aus-
gestochener Blättchen von Goldpapier, insoweit
diese Behandlungen der Haut nicht speciellen
religiösen Gründen entspringen.
Cultur und Geschichte eines Volkes sind so
innig verwoben, dass man deren Beziehungen zu
einander in jedem einzelnen Culturproducte
wahrnehmen und der Zeit nach verfolgen kann.
Die Geschichte Indiens ist so wechselvoll und
hatte stets Verschiebungen der Völkermassen
zur Folge, dass heute Indien beim ersten
Anblicke als ein kaum zu entwirrendes Conglo-
merat von Racen , Religionen , Sprachen und
Staaten erscheint. Es scheint fast ein Naturgesetz
zu sein, und die Geschichte erzählt oft genug
davon, dass die Völker des Nordens stets nach
Süden drängen. Was für Europa die südlichen
Halbinseln, das ist für Asien Indien, und da
lässt sich genau verfolgen, wie von dem grossen
Macedonier angefangen stets Eroberer vom
Norden her auf Indien eindrangen und ihre
Spuren zurückgelassen haben. Es ist daher leicht
erklärlich, dass wir im Norden Indiens Formen
in der Kunstindustrie begegnen, deren Ursprung
wir weit ausser den Grenzen Indiens zu suchen
haben, wie denn auch die Kunst, namentlich die
Architektur im Norden, fast durchwegs moham-
medanischen Ursprungs ist, wenn sie auch in
Indien sich eigenartig entwickelt hat.
Bei dem heutigen Völkergemische in Indien
und bei dem fortschreitendem Einflüsse euro-
päischer Cultur ist es gegenwärtig sehr schwierig,
sich nur halbwegs darüber klar zu werden, was
einem oder dem anderen Volke speciell eigen
ist, welche Schwierigkeit noch dadurch wächst,
dass der Verkehr der einzelnen Provinzen unter-
einander durch die vielen Bahnen ein sehr reger
geworden und der Handel ein sehr verbreiteter,
ist. Man findet daher einzelne Schmuckgegen-
stände über ganz Indien verbreitet und findet
einen Anhaltspunkt für die eigentliche Prove-
nienz oft nur darin, wenn man berücksichtigt,
wo dieselben erzeugt werden.
So schwierig, ja gerade unmöglich es anfangs
erscheint, Typen für die einzelnen Völkerschaften
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
131
Fig. i.
BlnfhaiMisob« Uaarnadula
(Cud]r, Ceylon).
festzustellen, so gelang es mir doch, mit der
Zeit solche aufzufinden, namentlich bei den
\\ niedersten Volksschichten, welche auch gewöhnlich
strenger an den hergebrachten Formen hängen.
Der üorfschmied vererbt seine Kunst vom Vater
auf den Sohn und Enkel stets mit denselben
alterthümlichen Gussformen, denselben einfachen
Gerätben, denselben Zeichnungen, und es ist ja
nur der gegenwärtige Luxus, der die Mode
hervorruft.
Leider sind meine Bemühungen durch die
sehr reichen Sammlungen in Indien nicht viel
gefördert worden, denn wenn auch Schmuck-
gegenstände oft sehr reichhaltig und in allen
Formen vertreten waren, so waren sie stets unter
iehr allgemeinen Namen und Bezeichnungen aus-
gestellt. Es kommt doch gerade bei indischen
Schmuckgegenständen häufig darauf an, dass
man seine wirkliche Bestimmung kennt, da man
dem einzelnen Gegenstand dieselbe durchaus
nicht ansieht. So gibt es Finger- und Zehen-,
(Jlir- und Nasenringe, Arm- und Knöcbelringc,
welche Eines für das Andere angesehen werden
könnten.
Ich habe daher hauptsächlich mein Augen-
merk darauf gerichtet, welchen Schmuck die Haupt-
masse des Volkes trägt, und wie er getragen
wird. Der Schmuck der Reichen scheint mir in
diesem Falle für den Ethnologen von geringerer
Wichtigkeit, weil er einestheils in jedem Juwelicr-
laden zu haben, anderentheils bereits häufig euro-
päischen Fabrikaten nachgebildet oder selbst
solches ist.
Das Material, welches in Indien zu Schmuck
verwendet wird, ist hauptsächlich Silber und in
Ermanglung dessen Zinn, Zink und Blei, ebenso
häufig aber verschiedene Legirungen, welche gold-
ähnliche Metalle liefern. Im Allgemeinen herrschen
im Süden die gelben Metalle vor, während nach
Nordwest zu die weissen Metalle, und namentlich
Silber, immer vorherrschender werden. Beispiels-
weise kommt in Peshawar fast nur Silber vor.
Gold kommt in Indien sehr wenig zur Verwendung
und wird von den niederen und Mittelständea fast
gar nicht getragen. Diese Verhältnisse finden ihre
natürliche Basis in der Art und Weise, wie die
Metalle in Indien vorkommen. An Gold ist Indien
arm, dagegen findet sich stark silberhaltiges Blei
und Zinn an zahlreichen Punkten und in Massen,
womit ein Licht auf die Eigenthümlichkeit des
indischen Schmuckmetalls fällt.
An Edelsteinen werden in Indien alle be-
kannten Arten getragen, sowie Halbedelsteine.
Der Schliff ist aber in der Regel sehr primitiv,
soweit nicht in Europa geschliffene Steine zur
^>röv
Fig. 3. Ohrscbmuck nach den Ueoi&lden Im F«Ueotemp«l tn
Adsch&nt«.
Fig. 4. Ohrscbmuck einer Singbalesin.
„ 5. Erweitertes Ohrläppchen .der Tamilen.
„ 6. MetallriQg. t ■—'*•' •*•
„ 7. Holzfeder a's Ohrschmuck (Tamilen).
, 8—10. Ohrscbmuck der Tamilen.
Fig. 11. Ohrläppchen eines Knides, durch Bleiringe ausgedehnt.
„ 12, 13. Männlicher Ohrschmuck der Tamilen.
„ 14. Männlicher Ohrschmuck aus Madras.
^*\ 15. Hiudu-Ohr8t.bmuck aus der Provinz Bombay.
-f^i
OESTER REICHISCHE MONATSSCHRIFT KÖR DEN ORIENT.
183
Verwendung kommen, Fiinzelne Provinzen scheinen
eine besondere Vorliebe für bestimmte Steine
oder Farben zu haben; so fiel es mir auf, dass
in dtr Provinz Madras besonders zu Ohrringen
für Männer fast durcliwegs grüne Steine getragen
werden. In Dschcyi)or vericauft man in grossen
Mengen Sclimuck aus indischen Granaten, und
für die Himälaya-Districte ist der Türkis charak-
teristisch.
Glas ersetzt natürlich in Imitation alle Stein-
sorten, wobei erwähnt werden mag, dass flache
S()litter von Glassatz durch eine färbige Zinnfolie
zur Aehnlichkeit mit den betreffenden Edelsteinen,
die in Indien fast durchwegs nachgeschliffen sind,
gebracht werden; es wird aber auch in Form
von Perlen der verschiedensten Art verwendet.
In Süd-Inditn sind Armringe aus Glas, welche
hauptsächlich in Puna, Taragalla und Surat erteugt
werden, ein beliebter Schmuck.
Perlen und Corallec sind ebenso häufig in
Verwendung wie Steine.
Elfenbein wird hauptsächlich zu Armringen
verarbeitet.
Ein eigenartiges Material zur Erzeugung von
Schmuckgegenständen, in allen Theilcn Indiens
verwendet, ist eineComposition aus Harzen, welche
vergoldet und bemalt hauptsächlich zu Armringen
billigster Sorte verarbeitet wird.
Conchylien, sowie Perlmutter kommen selten
in Verwendung. Von ersteren sieht man öfters
Kaurimuscheln und eine grosse weisse Schnecke,
Changu {Turbinella rapa), von der das Mittelstück
als Bracelett verwendet wird. .Ausserdem werden
im Daccadistrict (Rengalen) ans dieser Muschel
/' JEDNOTA ^>
/K POVZBUZtlM'
\ PRÜMYSLU
V CECHACM
Flg. 16. Schmuck der Tamilen,
a Naeenscbmuck für den Nasen(lU«rel, iNaRenschmuck fllr die Na«en«cheldewand, c, d Knopf für den zweileo NasenSügel, < ObrrlD(,
/ Schmuck für den oberen Kand der Obrleiste, ; doügleioben Ton Männern und Frauen getragen.
die verschiedenartigsten Formen von Braceletten
geschnitten, einfache und breite Reifen sowohl,
als jene breiten, aus dem Mittelstück der Muschel
geschnittenen. Bei letzteren fehlt jede weitere
Bearbeitung und bleibt die natürliche, glänzend
weisse Oberfläche der Muschel erhalten. Perl-
mutter habe ich nur gelegentlich als Amulet und
in Ceylon zu Ringen verarbeitet gesehen.
In gewisser Beziehung ganz isolirt stehen die
Singhalesen auf Ceylon und charakterisiren sich
schon durch den Umstand, dass sie keinerlei
Schmuck in den Nasenflügeln tragen. Die Form
der weiblichen Ohrringe (Fig. 4) kommt in Indien
nirgends mehr vor, ebenso haben sie einige Arten
Halsketten und Haarnadeln (Fig. 2), welche nur
von ihnen in dieser Form getragen werden. Zehen-
ringe werden meines Wissens von den Sin-
ghalesinnen gleichfalls nicht getragen, und unter-
scheiden sie sich dadurch von den Tamilen, welche
in grosser Anzahl in Ceylon leben.
Die Tamilen Ceylons sind aus Süd-Indien
eingewandert und sind mit den Tamilen Süd-
Indiens zu identificiren. Für diese ist der reiche
Schmuck der Ohren charakteristisch, dem sich
die Männer nicht verschliessen (Fig. 12, 13). Be-
sonders jene üoppelknöpfe, welche in dem oberen
Rand der Ohrleiste getragen werden (Fig. l6^),
sind bei beiden Geschlechtern gleich beliebt.
Aehnliche Schräubchen mit einem stets grünen
Stein (oder Glas) sind für die Männer der Provinz
Madras charakteristisch (Fig. 14).
Der Schmuck des weiblichen Ohres liegt
schon allein in der weiten Durchbohrung des
Ohrläppchens. Schon die Ohrläppchen der Kinder
«erden durch Bleiringe (Fig. 11) allmälig erweitert
und in die Länge gezogen, bis das Ohrläppchen
134
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR tEM ORIENT.
nur mehr zum schmalen Streifen wird und häufig
bis an die Schultern herabhängt (Fig. 5).
Diese erweiterten Ohrläppchen scheinen ein
Ueberrest des Costumes aus alten Zeiten zu sein.
Buddha wird bekanntlich stets mit solchen Ohren,
wenn auch ohne darin gehängten Schmuck, ab-
gebildet. (Er hat sich eben, um seine weltab-
gekehrte Sinneswandlung auch äusserlich zu zeigen,
alles Schmuckes begeben.) Auf den ältesten Fres-
ken, die uns in den Felsentempeln von Adschanta
erhalten sind und welche vom 2. Jahrhundert v.
Chr. bis zum 5. Jahrhundert n. Chr. zurückgreifen,
haben alieFiguren solcheOhren und ist der Schmuck
den tamilischen am ähnlichsten. Besonders häufig
sieht man auf diesen Fresken Ringe durch das
Ohrläppchen gesteckt, die ich nach der Malerei
Fi;. 17. Tamilin aus Madras.
für Elfenbein halte (Fig. 3). Auch die alten
Dichter erwähnen der bis an die Schultern aus-
gezogenen Ohren.
Letztgenannten Ringen ganz ähnlich sind
Metallringe oder spiralförmig gewundene Streifen
aus Holzbast (Fig. 6, 7), welche bei den Ta-
milenfrauen der ärmsten Classen sehr häufig zu
finden sind. Ausserdem kommen auf den Fresken
in Adschanta noch Ohrringe, welche den singhale-
sischen ganz ähnlich sind , vor. Die wohl-
habenderen Classen sind sehr erfinderisch in den
Formen und der Art, wie der Schmuck am
Ohre befestigt wird, wie aus den F"iguren 8,
g, 10 zu entnehmen ist.
Alle Schmuckgegenslände bleiben sich im
Wesentlichen durch ganz Süd-Indien gleich und
erleiden nur geringe Variationen. Madras, Tanjore,
Tritschinapali, Madura sind in dieser Beziehung
ziemlich gleichartig. Der Ohrschmuck wird zu-
weilen noch durch glockenförmige Anhängsel,
OESTCRREICHISCHE MONATSSCHRIFT FOr DEN ORIENT.
135
mit Perlen verziert, ergänzt (Fig. 15 und 16 e),
die Nase tritt ebenfalls als Träger von Schmuck-
gegenständen auf, von welchen drei Formen zu
bemerken sind: einfache fJoutons (Fig. i6 f, d),
aus einem einzelnen weissen Stein oder einem
Stern aus Metall bestehend, in dem einen, ein
mit Steinen und Perlen verzierter Ring (Fig. 16 a)
in dem anderen Nasenflügel und ein Ornament
mit einem angebängten Tropfen, zumeist eine
Perle, in der Nasenscbeidewand (Fig. 16 b").
Den Kopf ziert weiters zuweilen eine runde
gravirte oder mit Steinen besetzte Metallplatte
in der Form eines Kugelsegmentes, welcher
häufig eine schuppenförmige, oft reich vczierte
IJecoration des herabhängenden Zopfes, in zwei
Quasten endigend, angefügt ist (Fig. 19). In die
l PRUMYSUJ '
Flg. Ifi. Tamllin aas TrlUchinapall.
Stirne hängt in der Regel eine Perle oder ein
kleines Ornament, von welchen aus längs dem
Scheitel breite Ketten gegen die Ohren zu laufen.
Finzelne Ornamente können überdies noch in die
Haare gesteckt werden.
Den Hals zieren Ketten verschiedenster Form
ohne besondere Eigenheiten. Aber nur im Süden
Indiens vorkommend sind die V-förmigen Ober-
armreifen, wie in Fig. 18 ersichtlich ist, die oft
sehr reich und schön verziert sind, aber auch
bei niederen Classen vorkommen und da zu einem
blossen Drahtgestelle herabsinken.
Den Unterarm zieren gleichfalls einige Arm-
reifen, bei armen Frauen nicht selten von Glas
oder Harzmasse.
Die Knöchel des Fusses sind mit Reifen,
oft mit kettenartigen Ringen geziert, und in der
Regel steckt an der zweiten Zehe ein einfacher
Metallring. Auf Ceylon sah ich bei den Tamilinnen
Ringe als Zehen- wie als Fingerringe getragen,
136
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
welche nach demselben Principe geformt waren
wie die V-förmigen Armringe. Dieselben waren
sehr roh aus weissem Metall gearbeitet und an
der einen Ecke mit einem viereckigen Knopf ver-
ziert, welcher nach vorne zu liegen kam. Selten
aber geht der Schmuck des Fusses über einen
Reifen und einen Ring hinaus; dies unterscheidet
die Süd-Inderinnen auffallend von den Frauen der
nördlichen und Central-Provinzen.
Ich kann nicht sagen , dass mir in Süd-
Indien ausser den wenigen genannten Gegen-
ständen solche aufgefallen wären, welche ein
Volk oder eine bestimmte Gegend auszeichneten.
Im Allgemeinen sind jene angeführten Schmuck-
gegenstände überall mit geringen Variationen zu
finden; es scheint eben, dass jedes Individuum
den Schmuck trägt, den es besitzt, und je nach
seinem Wohlstande mehr oder kostbarer.
Nur auf der Hochebene im Innern des Dek-
kan wird das Bild mit der veränderten, sonnver-
brannten Landschaft ein anderes; schon das Co-
stüm verändert sich, die meist rothen, gelbgrünen
oder gelben Costüme der Frauen machen den
fast ausschliesslich indigoblauen Tüchern Platz,
auf welche ich noch zu reden komme; die Männer
zeichnen sich durch grosse Turbane aus und
tragen ein Tuch um den Oberkörper gelegt und
Sandalen an den Füssen. Ganz anders als alle
Frauen des Dekkan sah ich eine Frau aus Ka-
nara. Dieselbe trug eine Unterjacke, Blau mit
Gelb und rothe Stickerei, und ein blaues Tuch
um den Körper gelegt. Sie trug in den Ohren
Schmuck wie die Tamilinnen und hatte einen
Nasenring aus Draht, der zur Verstärkung an
der Aussenseite wieder mit Draht umwickelt war.
Hinter den Ohren kamen aus den schwarzge-
lockten Haaren Quasten hervor, ähnlich wie jene
auf Fig. l8 und 19 am Zopfe angehängten, und
hingen auf die Schultern herab. Das Auffallendste
an ihr waren ziemlich roh gearbeitete Elfenbein-
ringe, welche den Ober- und Unterarm bedeckten,
so dass nur das Ellbogengelenk frei war. An
den Knöcheln trug sie schwere Ringe und an
jeder Zehe gleichfalls einen Ring.
Das Costüm der Süd-Inderin besteht in der
Regel nur aus einem langen, meterbreiten Baum-
wollstoffe, den sie sehr malerisch erst um die
Lenden wickelt und den Rest über die Brust um
die Schulter wirft oder zum Schutze gegen die
Sonne über den Kopf legt. Der persönliche Ge-
schmack kommt im Legen dieses Gewandes ebenso
zur Geltung, wie dies bei dem Himation der
Griechinnen der Fall war.
Die Farbe dieses Tuches ist bei den Tamilen
fastdurchwegs roth, in Tritschinapali häufig gelb,
grünlich oder orange mit andersfarbigen Stieifen
an den Enden. Nur auf der Hochebene des Dekkan
ist es fast durchwegs indigoblau mit carminrothen
oder gelben Streifen am Rande.
Ein weiteres Kleidungsstück, übrigens in
ganz Indien zu finden, ist eine Art kurze Jacke,
wenn man dieses Costümstück so nennen darf.
Es besteht aus einem oft mehrfarbigen Stück
Zeug, an welches kurze enganliegende Aermel
befestigt sind. Der Rückentheil fehlt zuweilen
ganz und wird dann nur durch Schnüre am Halse
und unter den Schulterblättern befestigt. Dieses
Costümstück vertritt eigentlich die Stelle eines
Mieders, auf welches die Süd-Inderinnen in der
Regel ganz verzichten, in civilisirteren und nörd-
licheren Gegenden fehlt es aber nie und ist bei
Mohammedanerinnen zu einer Art Hemd ver-
längert ; dies unterscheidet das Costüm der Mo-
hammedanerin wesentlich von dem der Hindus,
bei welchen der Bauch stets unbedeckt bleibt,
ausser er wird von der Sari verhüllt.
Der untere, um die Lenden und Beine ge-
legte Theil dieses Tuches wird zuweilen zwischen
den Beinen durchgezogen und in der Kreuzgegend
wieder befestigt, wodurch eine Art Hose entsteht.
Auf ähnliche Weise tragen fast alle Männer ihren
Lendenschurz, die Frauen aber nur bei der Feld-
arbeit. Es erinnert mich dieser Lendenschurz ganz
an die Art und Weise, wie solche auf den egyp-
tischen Hieroglyphen bei Darstellungen von
Männern der unteren Volksschichte stets vor-
kommen.
Bei Männern bleibt aber der Oberkörper zu-
meist ganz nackt und sehr häufig auch der Kopf.
Bei den niedersten Classen reducirt sich der
Lendenschurz oft nur auf einen Streifen Leinwand,
der durch eine Schnur um die Hüften befestigt
wird. Der Turban wird in ganz Süd-Indien ge-
tragen und variirt sehr in der Grösse.
Fussbekleidungen werden so gut • wie gar
nicht getragen, nur in den Städten findet man
solche, und auf der Hochebene des Dekkan, wo
der Boden steinig, kommen Sandalen oder Schna-
belschuhe vor.
Der Schmuck der Männer beschränkt sich
hauptsächlich auf Ohrringe einfacher Art, ohne
bestimmten Typus und ist meist den Formen,
welche die Frauen in der Ohrleiste tragen, ent-
nommen, so bei den Tamilen (Fig. 16 g), oder
in Madras die schon erwähnte Form (Fig. 14),
selten dass ein einfacher Hals-, Arm- oder Fuss-
ring getragen wird.
In Bezug auf Costüm und Schmuck könnte
Bombay als die beiläufige Grenze zwischen Süd-
und Nord-Indien genannt werden, oder besser
gesagt, hier beginnt der Einfluss der vom Norden
eindringenden arischen Bevölkerung fühlbar zu
werden.
Hier, wo von allen Seiten das Volk zu-
sammenströmt, bedarf es einer genauen Kenntniss
der umliegenden Provinzen, um mit einiger Sicher-
heit die einzelnen Typen zu erkennen, namentlich
da durch den Verkehr die Eigenart der einzelnen
Stämme immer mehr verwischt wird. Die Hindu-
frau behält noch den Typus der Süd-Inderin in
ihren Schmucksachen bei, einzelne Kasten scheinen
ihre eigene Art, sich zu schmücken, angenommen
zu haben, so z. B. die schön und edel geformten
Brahmaninnen der Parsukaste, welche mit Vorliebe
' OE8TERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
187
\ PRu;
Flg. ID. Kopficbmnck «na 8fld-Indlen.
grosse , dünne Nasenringe mit Perlen besetzt
tragen und dafür wenigen Wertii auf den reichen
Ohrschmuclc legen (Fig. 20). üie Muselmanin
hingegen trägt keine Nasenringe, kleine Ringe
in den Ohren und Arm-, und Fussringe wie die
Hindus. Silberne Halsketten, meist mit kleinen
Silberkugeln verziert, welche in Bombay in jedem
L:tden zu sehen sind, werden von allen Frauen
138
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
getragen und auch von den Europäerinnen nicht
verschmäht. Die Formen sind so bekannt, dass
eine Zeichnung davon zu bringen überflüssig wäre.
Die Parsis, welche einen bedeutenden Bruch-
theil der Bevölkerung in Bombay ausmachen,
haben in ihren Schmuckgegenständen nichts Cha-
rakteristisches, die Frauen verschmähen jeden
anderen Schmuck, den nicht auch eine Europäerin
tragen würde, höchstens dass zu dem Ohrring
noch ein zweiter knopfartiger in die Ohrleiste
gefügt wird.
Nördlich von Bombay, bei Ahmedabad, be-
gegnet man zuweilen den dunkelfarbigen, kräftigen
Bhils, jenem Stamm, welcher hauptsächlich die
südlichen Gebirge von Radschputana bewohnt.
Die Frauen tragen eigenartige, mühlsteinförmige,
grosse Ohrringe, welche des Gewichtes wegen
oft durch Kettchen gehalten werden müssen. Der
Ohrrand ist mit kleinen Ringen behängt, an welchen
Knöpfchen oder muschelförmige Anhängsel be-
festigt sind. Der linke Nasenflügel ist durch einen
Ring oder Knopf verziert. Am Halse werden
Perlschnüre und Ketten verschiedener Form ge-
tragen, während den Arm stets glatte, starke
Ringe aus Elfenbein oder bei den ärmer en aus
Glas zieren. Ein einfacher F'ussring und ein oder
zwei Zehenringe vervollständigen den Schmuck
(Fig. 2 1, 2 2).
Fig. iO, Brabmauili, Parsu-Kaste (Bombay).
In den nördlichen Theilen von Indien werden
Schmuckgegenstände und Costüme immer com-
plicirter, letztere schon wegen der oft ganz
empfindlichen Winterkälte. Bei den Frauen wird
Ober- und Unterkleid zuweilen ganz getrennt;
ersteres bildet ein beliebiges Stück Zeug (Sari),
oft reich verziert, oft schleierartig, das stecs über
den Kopf gelegt und dessen Ende mit der Hand
über die Brust gehalten wird; letzteres wird zum
wirklichen genähten Frauenrock oder bei den
Mohammedanerinnen zur Hose. Auch die Männer
erscheinen reicher gekleidet und besonders die
Mohammedaner unterscheiden sich wenig von ihren
Glaubensbrüdern in Arabien, was sogar so weit
geht, dass sie auch den Bart in derselben Weise
zuschneiden und diesen nicht wie die Radschputen
vom Kinn nach beiden Seiten gestrichen tragen.
Es wäre eine sehr lohnende .Aufgabe, das nörd-
liche Indien in Bezug auf die Costüme zu studiren ;
man müsste ein eigenes Studium daraus machen,
welches gewiss von grossem Nutzen für die Ethno-
graphie wäre.
Selbst die ärmste Frau besitzt in Nord-Indien
mehr Schmuck als Frauen irgendwo anders. Die
Masse der Ohr- und Nasenringe, die vielen Hals-
ringe und Ketten, die oft vollkommen mit Reifen
bedeckten Unterarme fallen nicht so auf wie die
schweren Ringe am Fussgelenke und an den
Zehen. Wenn Frauen des Weges kommen, so
glaubt man das Kettengerassel einer escortirten
OESTBRRfICHISCHE MONATSSCHRIFT FOr DEN ORIENT.
139
Verbrecherbande zu hören ; das sind die schweren
Siiberringe, häufijj hohl gemacht, mit Steinchen
darin, oder es hänjjt eigens ein HQndel Schellen
daran. Ebenso sind viele Zehenringe zu Schellen
gemacht oder klappern im Gehen von selbst
aneinander.
Diese Zehenringe haben mannigfaltige Formen,
sind meist aus Zinn oder Silber, in Amrizar auch
emaillirt. Häufig sind es einfache, flache Keifen,
oft mit einem Bündel Silberperlen verziert, und
jttner der kleinen mit dem der grossen Zehe durch
Ketteben verbunden. Manchmal sind sämmtlicbe
Y^l'^"i
Fig. ül. Bhil'Frau aus Katlilanar (l'roTtnx Uombay).
Zehen mit Ringen besteckt und jeder einzelne
durch ein Kettchen mit dem Fussgelenkc ver-
bunden. Auf diesen Ringen ist dann stets eine
zugespitzte Metallplatte befestigt, welche gleichsam
als Schild über der Zehe liegt. Diese Schilde sind,
besonders häutig in Amrizar, zuweilen blau oder
grün emaillirt (Fig. 27). Der Ring der grossen
Zehe hat oben eine entsprechend grosse verzierte
l'latte, unten aber einen Querstab, auf welchem die
beiden nächstliegenden Zehen ruhen (Fig. 260, 6).
In der Regel sind die Zehenringe nicht ge-
schlossen, sondern werden durch Zusammendrückea
an der Zehe befestigt; jene einfachen Reifen als
Zehenringe, welche in Süd-Indien getragen werden,
kommen im Norden nicht vor.
Die Fussringe, welche am Knöchel aufliegen.
140
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
sind zumeist kreisrund, hohl, mit eingeschlossenen
Steinchen und geschlossen, oder offen und in
zwei Kugeln endigend, welche nahezu aneinander
stossen. Sehr häufig sind diese Fussverzierungen
aus Ketten gebildet, am unteren Rand mit allerlei
Kugeln oder Plättchen verziert und schmiegen
sich an den Fuss an (Fig. 34 a, Ö). Das Material
ist durchwegs weisses Metall, zumeist Silber, nur
in Radschputana sah ich auch solche aus polirtem
Eisen.
In ganz Radschputana herrscht derselbe Typus
mit geringen Variationen vor, das Princip ist
stets dasselbe, nur die Form wechselt zuweilen.
Der Schmuck des Kopfes besteht aus fol-
genden wesentlichen Stücken: Vom Beginn des
Scheitels in die Stirne hängt eine Perle oder ein
Flg. 22. Bhil-Frau (Mahratta).
verziertes Ornament, von diesem laufen längs der
Haarscheitel nach beiden Ohren Ketten, meist
aus Silber, die zu Beginn und Abschluss vier-
eckige oder runde Platten eingefügt haben, welche
die einzelnen Kettchen tragen und auseinander-
halten. In Amrizar sah ich solche Ketten, bei
welchen die Platten nahe dem Ohre die F'orm
eines phrygischen Schildes hatten und so gross
waren, dass sie die Schläfen fast bedeckten.
Je nach dem Reichthume der Trägerin sind
diese Ketten mehr oder weniger reich und oft
sehr schön gearbeitet. Sie kommen, sowie die
Nasenringe kleinerer Gattung, stets auf alten
Bildern vor, wobei mir aber auffiel, dass diese
abgebildeten Frauen nie so überladen an Schmuck
sind, wie dies heute der Fall ist. Es scheint des-
halb diese Mode erst neueren Datums aufge-
kommen zu sein.
Das Ohr selbst ist zumeist der ganzen Ohr-
leiste entlang durch kleine Ringe, oft 10 — 15 an
der Zahl, geziert, während im Ohrläppchen 3 — 5
grössere Ringe stecken (Fig. 40, 42, 43). Letztere
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
141
sind zumeist aus Siiberdrabt und durch aufgelegte
viereckige oder runde schildförmige Platten ver-
ziert. Uebrigens kommen auch vielfach Ohrringe
in der Form von Manchettenknöpfen vor. Das
Ohrläppchen ist nicht, wie im Süden, ausgedehnt,
das Loch darin ist nur so gross als nöthig, um
den Schmuck aufzunehmen, das Gewicht des
Schmuckes wird oft durch tragende Ketteben
oder Fäden aufgehoben, die am Ohransatze oder
in den Haaren befestigt werden. Wo immerhin
Platz zum Anbringen von Ohrschmuck ist, wird
dieser ausgenützt, der Rand der Ohrmuschel wird
nicht selten durch das Gewicht der vielen Ringe
nach abwärts gebogen, ja sogar die Ohrecke
wird durchlöchert und dient zur Aufnahme eines
grossen Ringes von lO Centimcter Durchmesser
(Fig. 24). Derselbe Ring mit Steinen und Perlen
verziert wird auch sehr häufig als Nasenring im
linken Flügel getragen (Fig. 36) und hängt so
über Mund, Kinn und Wange. Unwillkürlich fragt
man sich: Wie essen, wie küssen diese Mädchen?
Auf jeden Fall aber macht dieser Nasenscbmuck
den Eindruck, als hätte er den Zweck, die Leiden-
schaften zu massigen. Als Maler, der oft stunden-
X-
«S;i'-0^.
^\^;
Fig. 23. Rad8cb|)ute nach einem moderneu indischen QemUde.
lang unbeobachtet in einem Winkel bei der Arbeit
sitzt, hatte ich häufig Gelegenheit, zankende und
kreischende Weiber zu beobachten, welche die
schmelzende, einschmeichelnde Stimme der indi-
schen Mädchen schon längst abgelegt hatten; wie
die Kampf hähne fuhren sie gegeneinander, blieben
aber stets in respectvoller Entfernung von den
Fingerspitzen der Gegnerin, denen der Nasenring
einen zu willkommenen .'\nhaltspunkt geboten hätte.
Nicht immer sind es dünne Drahtreife, oft
sind solche Ringe reich verziert und werden von
einem Faden, der hinter das Ohr geht, theiis ge-
tragen, theils an die Wange gedrückt. Diese
Ringe im Nasenflügel werden stets nur in einem,
gewöhnlich dem linken Flügel getragen, der andere
Nasenflügel wird durch eine knopfartige Verzierung
bedeckt; gewöhnlich fehlt auch nicht die Perle,
welche in der Nasenscheidewand befestigt wird.
In der Nähe des nördlichen Indus scheinen diese
manchettenknopfartigen Nasenverzierungen die
Ringe oft ganz zu verdrängen. Ich sah dort
Frauen, welche in jedem Nasenflügel einen solchen
Knopf trugen.
Armspangen, welche nur die Hälfte des Um-
142
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FOR DEN ORIENT.
fanges vom Oberarme decken und durch Schnüre
befestigt werden, kommen sehr häufig und iu ver-
schiedenen Formen vor; zumeist sind sie schuppen-
förmig oder bestehen aus einer Reihe länglicher
Kapseln, zuweilen sind sie auch aus kleinen Glas-
perlen gemacht. Dieser Schmuck ist für Radsch-
putana, namentlich Adschmir und Dscheypur,
charakteristisch.
Dort, wo die beiden Enden geknüpft werden,
nämlich an der unteren Seite des Oberarmes,
hängt häufig noch eine längliche quasten- oder
dütenförmige Verzierung oder eine Art Knopf
mit einem Stein darin.
Der Unterarm ist stets mit mehreren Ringen
bedeckt, welche verjüngend gegen das Handgelenk
die Form des Armes mitmachen. Die einfachste
Form sind Bronzeringe, welche nicht zu öffnen
sind, oder jene aus Harzcomposition, die man in
ganz Indien sieht. Diese Armbänder sind stets so
klein, dass ich annehmen muss, dieselben werden
den jungen Mädchen angesteckt und werden im
Wachsthume durch grössere vermehrt, so dass
Fig. 24. Fran aus Ämrizar.
schliesslich die ganze Reihe von Ringen nicht
mehr vom Arme zu trennen sind. Bei aller Zart-
heit der indischen Frauenhände ist doch nicht
anzunehmen, dass jene Armbänder, welche ich
mitgebracht, dazu bestimmt sind, über die Hand
gezogen zu werden. In Europa ist es mir wenig-
stens nicht gelungen, einer noch so zarten Mäd-
chenhand ein solches Armband anzustecken. Andere
Armbänder sind entweder elastisch oder haben
einen Verschluss zum Oeffnen, bei welchem ein
Stück des Armbandes herauszunehmen ist, wie in
Fig. 48 ersichtlich. Der Verschluss wird durch
einen eingeschobenen Stift hergestellt, wie bei den
arabischen Schmuckgegenständen.
Am meisten charakteristisch für die moham-
medanischen Völker Indiens oder solche, welche
mit ihnen in Verbindung stehen, sind eine Art
Halsketten, wie dieselben bei arabischen Stämmen
in Afrika oder Asien vorkommen, und welche
Form offenbar auch von dort ihren Ursprung
herleitet. Dieselben bestehen aus einer meist
länglich viereckigen Schliesse aus Silberblech,
flg. 25. Ring ilnr grossen und kleinen Zohe durch Keltrbcn vor-
liunden.
, S« n, *. Ring für die grosse Zehe, Zink.
, 27. Zellenring bUu eniaiilirt (Amriiar), Sillier.
y, 29, .12. Zebenriuge aus l>Mciieypur.
Kig. 29, 30. Zehenring fllr die gross« Zehe (l>esh»w«r), Silber.
, 31. Zehenring (Peahowarl, Silber.
, 3.1. Knssring mit Schelle (Ahm»d«biid), Silber.
„ 34 (I fc. Fnssringe au« Teshawar.
, »6. Uracelett (Pe»b»w»r), Silber.
144
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
vielleicht auch zum Aufbewahren von geschrie-
benen Amuletten zu verwenden, sind reich mit
Ornamenten verziert und am unteren Rande mit
Kettchen und Anhängseln behangen. Zu beiden
Seiten geht eine Reihe von Ketten ab oder ein
Bündel Glasperlen, die in eine Schliesse endigen.
Auf Fig. 36 ist ein solcher Halsschmuck ersichtlich.
Massive Halsringe (Fig. 47) sind in ganz
Nord-Indien gebräuchlich, ein ebenso häufiger
Schmuck' besteht aus kleinen viereckigen Amulet-
kapseln, welche an einer Schnur in gewissen
Abständen aufgereiht werden und tief auf die
Brust hängen, ähnlich auch die aus Münzen her-
gestellten Halsketten auf Fig. 37.
Fingerringe weisen keine charakteristischen
Formen auf; jene runden schalenförmigen Auf-
sätze, in welchen ein kleiner runder Spiegel ein-
gesetzt ist, kommen in ganz Indien vor und werden
von den Frauen stets am Zeigefinger getragen
(Fig. 45). Dieselben fehlen auf älteren Bildern
fast nie bei weiblichen Darstellungen.
Der Schmuck der Männer besteht haupt-
sächlich in Ohrringen und Halsketten verschiedener
Formen. Erstere werden bei Reichen meist als
grosse Brillantboutons, letztere als Ketten mit
einer Art Medaillon um den Hals getragen. Arm-
bänder sind ebenfalls nicht selten. Die Abbildung
F'g- 23, welche einem indischen Originalgemälde
Fig.^SG. Ilindu-Mädcl en aus Labore.
entnommen ist, macht den Schmuck ersichtlich,
auf älteren Bildern ist der Schmuck zumeist reicher,
Ohrringe fehlen wenigstens nie.
Alles über den Schmuck im nördlichen
Indien Gesagte ist für ganz Radschputana giltig,
zum grossen Theile auch für das Pendschab und
die Gebiete am Ganges. In Benares beispiels-
weise ist mir gar nichts aufgefallen, was ich
nicht an anderen Orten schon getroffen hätte,
vielleicht dass ein Armband zu erwähnen wäre,
welches dort vielfach verkauft wird. Es ist dies
ein tiicht ganz geschlossener Reifen aus Bronze,
dessen Enden durch Tigerköpfe abgeschlossen
sind, und erinnert an eine altrömische Form mit
Widderköpfen. Ganz ähnliche Armbänder habe
ich in der Provinz Sikkim begegnet, nur war
die Arbeit eine andere und der Charakter
chinesisch.
Das Eigenthümliche in den Schmucksachen
der verschiedenen Städte ist wohl aus den Zeich-
nungen am besten zu ersehen und habe ich ab-
sichtlich solche Typen gewählt, welche am
häufigsten in einer Stadt vorkommen.
Besonders reich und schön ist der Silber-
schmuck in Peschawar, anderer wird dort kaum
getragen. Die auffallende Menge von Silber-
arbeitern lässt darauf schliessen, dass diese einen
ausgebreiteten Handel mit ihrer Waare treiben,
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
146
nicht nur nach den nördlicher gelegenen Städten
Indiens, sondern auch namentlich nach Afgha-
nistan.
Die Charakteristik dieser Schmuckgegen-
stände ergibt sich aus den Abbildungen.
Was die reichen Schmuckgegenstände an-
belangt, muss ich auf die Museen, die oben an-
geführte Literatur und die darin enthaltenen
Zeichnungen verweisen, da diese gar nicht in
den Rahmen dieses Aufsatzes gehören, ausserdem
mir solche gar nicht immer zugänglich waren.
Die Silberarbeiter führen gewöhnlich nur die
billigeren gangbaren Sorten, während die kost-
baren Schmucke stets nur auf Bestellung ange-
fertigt werden.
Ganz anders als im Obrigen Indien ist der
Schmuck in der Provinz Sikkim, welche ja geo-
graphisch auch gar nicht mehr zu Indien zu
zählen ist. Die grösstentheils mongolische Bevöl-
kerung oder deren Mischracen hat ihre Schmuck-
WVS»-
Fig. 87. Ttnxerin ani Delhi.
formen nur zum Theile von indischen Völkern
entlehnt, denn ßhotan, Tibet, ja selbst China
liegen denselben in jeder Beziehung viel näher
als Indien. Es darf daher nicht Wunder nehmen,
wenn wir fast durchwegs centralasiatischen
Formen begegnen. So fällt schon das Material
auf; Silber ist sehr selten zu sehen und fast alle
Schmuckgegensiände sind aus vergoldeter Bronze.
Der Türkis ist der fast ausschliessliche Stein,
und auffallenderweise gesellt sich diesen die
Coralle als häufige Begleiterin bei, so bei dem
diademartigen Kopfschmucke der Frauen (Fig. 49),
wo auf einem rothen Wulste aus Tuch abwech-
selnd je ein Türkis und eine Corallc aufgenäht
erscheinen. Die langen Ohrringe der Frauen,
sowie Finger und Ohrringe der Männer sind
stets mit Türkisen besetzt, ebenso sind diese
sehr geschickt bei jenen .'\muletkapsela ver-
wendet, welche jede Frau an einer Pcrlschnur
um den Hals trägt. Die Steine sind wie Mosaik
eingefügt und sind selten von guter Qualität.
Armbänder der Frauen sind gewöhnlich aus
Fig. 3s. Bracelett (Peshawar), bilber.
„ 89. Bracelett aus Pcsbawar.
„ 41. Ohrring (Amrizar), vergoldete Bionze.
„ 40, 42, 43. Ohrringe (vdliäQ, Labore), Silber.
Fig. 44. Chi ring (Pesbawar), Silber.
f, 45. Spiegelriug für den Zeigefinger (Pesbawar), Silber.
„ 46. Ohrringe aus Dscbeypur.
UESTERnEICinOCHE MONATSSCHRIFT ffln DEN ORTEN'l
U7
Fig. 47. Hulsrlng (Hllber) aus Peshaw&r.
Muscheln (Changu) geschnitten. Dieselben be-
stehen aus dein etwa 8 — lo Centiraeter breiten
Mittelstück dieser Masche/ und werden den jungen
Mädchen an die Arme gegeben, so lange sie
/ JEDMOTA
, K P 0 V Z B U 2. £ N I ,
\ PRUMYSLM /
- V cechAch
Flg. 4S. ArrareireB (Silbor) itua Pntaawar.
noch im Wachsthum sich befinden, und sind bfi | zu trenneo. Ausserdem sah ich Armbänder aus
eiwa<hsfnen Flauen nicht mt hr vom Handgelenke j Hronzc und Silber, letztere sehr schön gearbeitet.
148
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
Fig. 49. Lepcha-Fran. (Dardacblling).
Fig. 50. Ilindumädchen (Mi.?cbras8e). Uardscbiiing.
OESTERREICHI8CHE MONATSSCHRIFT POR DEN ORIENT.
149
Es sind dies Reifen , welche nicht ganz ge-
schlossen sind und an welchen die beiden Enden
durch styiisirte Tigerköpfe im chinesischen Style
verziert sind.
Hier tragen fast alle Männer, ausser anderen
Ringen , grosse mühlsteinförmige Ringe aus
Elfenbein am Daumen, die ursprünglich den
Zweck hatten, den Daumen vor dem Zurück-
schnellen der Bogensehne zu schützen. Auch die
Sikb tragen diesen Ring.
Zum Schmucke gehört schliesslich, wie bereits
erwähnt, auch das Tätowiren und Bemalen der
Haut. Erstcres ist in ganz Indien gebräuchlich,
aber nirgends auffallend. In Süd-Indien wohl
häufiger als im Norden ist diese Sitte weniger
allgemein als bei den nordafrikaniscben Arabern.
Hingegen tritt die Bemaluog der Haut ia Indien
in den Vordergrund und entspringt in der Regel
religiösen Gebräuchen. Namentlich alle Hindu-
völker tragen das Abzeichen ihres Glaubens an
der Stirne. So vor Allem zeichnen sich die
Vishnuiten durch zwei senkrechte weisse Streifen
an der Stirne, welche sich an der Nasenwurzel
verbinden, aus, zwischen welchen eine rothe
Linie eingezeichnet ist. Die Qivaiten hingegen
haben einen breiten, weissen Querstreifen über
der Stirne, oder i — 3 feine weisse Qucrlinien.
Um bei der von Natur aus niederen Stirne der
Malerei die nüthige Fläche zu bieten, ist der
Schädel zumeist zur Hälfte geschoren, oder es
wird blos die Partie über der Stirne viereckig
ausgescboren, so dass an den Schläfen die Haare
Flg. 51. fichmuckgogenst&nde aus Sikklm.
[a Weibliolier Ohrring, b minDlicber Ohrring, e Fingerring, i minnlleher Ohrring.
Stehen bleiben. Aber nicht nur das Gesicht wird
bemalt, manchmal sieht man Männer aus den
Tempeln kommen, welche den Oberkörper, Arme
und Beine mit breiten weissen Streifen bekleckst
haben, welche ihnen die Priester als Zeichen
einer gewährten Absolution aufgemalt haben.
Am tollsten wird in dieser Weise bei einem Feste
im Frühjahre vorgegangen, welches ich in Radsch-
putana mitmachte. Alle Männer, welche die
Tempel verliessen, erschienen mit grellroth be-
schmierten Gesichtern und waren überdies mit
einer rothen P'lüssigkeit vom Turban bis zu den
Sandalen besprengt. Fakire sind fast stets am
ganzen Körper mit Asche eingerieben und er-
halten dadurch eine abschreckend hässliche graue
Farbe, über welche überdies noch verschiedene
Abzeichen mit Farbe j.emalt werden.
Weit bescheidener tritt die Malerei bei den
Frauen auf, gewöhnlich beschränkt sich diese
auf einen kleinen kreisrunden rothen Fleck mitten
auf der Stirne.
Nur in Tritschinapali und Madura, sowie in
Madras sah ich Mädchen, welche ihr Gesicht mit
einer safrangelben Schminke eingerieben hatten
und dadurch nach unseren Begriffen sich wenig
verschönerten. Es ist mir nicht bekannt, ob diese
Manipulation diesem oder einem religiösen Motive
entspringt.
Häufig tragen Frauen an der Stirne Ab-
zeichen von aufgeklebten Sternchen aus Gold-
papier oder ein Stückchen Blattgold, dem soge-
nannten altindischen Tilaka. Bei Hoch Zeitsfeier-
lichkeiten werden hiemit wahre Orgien gefeiert.
Das Gesicht des Bräutigams und der Braut wird
150
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
mit rother Farbe beschmiert und überdies mit
Gold und GoldpIättcVien förmlich bepflastert. Die
Mohammedanerinnen Indiens färben sich die Finger-
spitzen und die innere Fläche der Hand wie die
Araberinnen und auch die Männer die weissen
Barthaare roth, wahrscheinlich mit Henna.
Nur in Sikkim sind die Frauen einzelner
Stämme an den Wangen röthlich geschminkt und
dürfte dies rein der Erhöhung ihrer Schönheit
gelten. Die Leptscha-Frauen bemalen sich das
Gesicht mit einer bräunlichen harzigen Flüssigkeit,
welche auf der nie gewaschenen fetten Haut zu
Perlen zusammenrinnt und so den Eindruck von
Sommersprossen erzeugt. Da diese Bemalung
auch wirklich an jenen Stellen des Gesichtes am
häufigsten vorkommt, wo gerade die Sommer-
sprossen am dichtesten sind, so Nasenrücken,
Stirne und unter den Augen, so drängt sich die
Vermulhung auf, dass diese Frauen geradezu
Sommersprossen — als Beweis einer zarten Haut
— imitiren wollen. Man sagt übrigens, dass diese
Entstellung des Gesichtes den Zweck habe, die
Tugend der Frau vor etwaigen Angriffen zu schützen.
Als Analogon hiezu sei der Sitte der Ladakh-
frauen erwähnt, ihr Gesicht mit Kleister zu be-
schmieren und dann mit kleinen Samenkörnern
von Grasarten oder Aehnlichem in ziemlich regel-
mässigen und symmetrischen Linien zu belegen,
was in dem trockenen Klima, da auch nur selten
gewaschen wird, ziemlich lange währt und den
widerlichen Eindruck einer stark entwickelten
Hautkrankheit macht (H. v. Schlagintweit, Reisen
in Hochasien, Bd. II, p. 298). Endlich ist in
dieser Hinsicht zu erinnern, dass das Bemalen
des Gesichtes mit rother Erdfarbe, selbst mit
Russ, in ganz Tibet von den Frauen geübt wird
(vergleiche Huc und Gäbet, Reisen durch die
Mongolei etc.)."
IM DUNKELSTEN AFRIKA.»)
Von A. von Schweiger - Lerchenfeld.
III.
Geographische Ergebnisse.
In den vorangegangenen beiden Artikeln
haben wir das, je nach dem Parteistandpunkte un-
gleich commentirte 'Ihema „Stanley und Emin",
sodann die grossartige Gesammtleistung der Ex-
pedition beleuchtet. Es erübrigt noch, einen orien-
tirenden Blick auf die wissenschaftlichen For-
schungsergebnisse des Unternehmens zu werfen.
Es ist eine auffällige Erscheinung, dass Stanley,
der bei passenden Anlässen mit Vorliebe in fach-
wissenschaftliche Erörterungen eingeht, und sogar
grossen Werth auf die sachliche Commentirung geo-
graphischer Dinge legt, im Grossen und Ganzen
dennoch mit einer unverkennbaren Absichtlichkeit
sich in einen mitunter peinlich berührenden Gegen-
satz zu den Männern der Wissenschaft und deren
Bestrebungen stellt.
Zunächst beweist dies sein Verhalten gegen-
über den naturwissenschaftlichen Arbeiten Emin's,
>) Siehe Nr. 6 und Nr. 7 dieses Blattes.
denen er theils ziemlich respectlos , theils mit
schlecht verhüllter Ironie begegnet, als wollte er
gewissermassen verschämt bekennen, dass solche
Thätigkeit allenfalls einem bebrillten Professor,
nimmer aber einem afrikanischen Bahnbrecher ge-
zieme. Diese Erscheinung spricht gewiss nicht zu
Gunsten Stanley's ; denn Achtung vor der Wissen-
schaft ziemt jedem V Gebildeten, umsomehr einem
Manne, der mit Auszeichnung auf dem Gebiete der
Ländererforschung gearbeitethat und der von seinem
Standpunkte aus selbst geringfügigen Dingen eicen,
wie er meint, allgemein anzuerkennenden Werth
beilegt. Wenn es nun in den Augen Stanley's als
ungemein wichtig erscheint, dass dieser oder jener
Fluss diesem oder jenem Stromgebiete angehört,
wenn er eingehend Wohnstätten, Waffen, Sitten
und Gebräuche schildert, so sollte man meinen,
dass er gute Gründe hätte, auch der naturwissen-
schaftlichen Forschung das Recht zuzuerkennen, in
ähnlicher Weise zu verfahren.
Die Sache hat aber noch einen anderen Haken.
Stanley, der unverhüllt zur Schau trägt, dass er
nicht als Mann der Wissenschaft gelten wolle, lässt
sich häufig genug in wissenschaftliche Erörterungen
ein, die einen erstaunenerregenden Mangel an Me-
thode und exacter Grundlage verrathen. Man fühlt
überall die Lücken einer gründlichen höheren Fach-
bildung und manches kritische Rankenwerk, ins-
besondere auf historischem und ethnologischem
Gebiete, mit welchem er seine Beobachtungen aus-
schmückt, lassen Einem die Haare zu Berge stehen.
Mit Recht behauptet Fr. Ratzel, dass Stanley's
geologische Speculationen haarsträubend seien.
Einen unerklärlichen Abscheu trägt er gegenüber
den Kartographen zur Schau. Aus manchen An-
spielungen liest man heraus, dass Stanley der streng
wissenschaftlich vorgehenden Kartographie rund-
weg die Berechtigung abspricht, das von ihm ge-
lieferte Material kritisch zu sichten, als ob allem,
was der Forschungsreisende oft und unter den
schwierigsten Verhältnissen und mit den unzu-
reichendsten Mitteln — von anderen störenden
Factoren ganz abgesehen — zu Wege bringt,
der Werth des absolut Wahren und des Unum-
stösslichen zukäme. Man achtet sich selbst, wenn
man das Streben jener ehrlich arbeitenden Männer
achtet, die mit Hintansetzung jedes persönlichen
Vortheiles einzig nur auf die Sicherstellung voll-
wichtig beglaubigter Thatsachen bedacht sind.
Dagegen schätzt Stanley, wie nicht anders zu
denken, seine eigenen Forschungsergebnisse un-
gemein hoch. Lassen wir dieselben vorerst in
knapper Uebersicht vor uns Revue passiren. Sie
betreffen in erster Linie das Aruwimi-Gebiet, als-
dann die Gegenden zwischen dem Albert Edward-
See und dem südwestlichen Theile des Victoria-
Sees. Was den Aruwimi betrifft, stellt es sich
jetzt heraus, dass er keiner von den grösseren Neben-
flüssen des Congo ist. Uelle-Ubangi, Kassai, Lubi-
lasch übertreffen ihn bedeutend und auch der
Tschuapa dürfte grösser sein. Der Aruwimi. wel-
cher das ungeheuere Waldland zwischen dem Congo
OE6TERRE1CHISCHE MONATSSCHRIPT FÖR DEN ORIENT,
161
und den Seen durchströmt, hat mehrere Namen ;
er hf.isst in den verschiedenen Abschnitten seines
Laufes Dudu, Dugerre, Luhali, Nevwa, Itire. Auf
den letzten 300 englischen Meilen bis zu seiner
Quelle geniesst er einen besonderen Ruf als Ituri.
Der Hauptstrom des Ituri ist in einer Entfernung
von 680 englischen Meilen vor seiner Mündung
125 Yards breit und 9 Fuss tief. Seine Quellen ver-
legt Stanley in die Nähe der Berge, welche die
Namen Schweinfurth's Junker's und limin's tragen
(südwestlich von Wadelai). Die Stromentwicklung
schätzt Stanley auf etwa 800 englische Meilen, wo-
von 680 Meilen längs seiner Ufer zurückgelegt
wurden. Auf dem ersten Marsche nach dem Albert-
See zog die Expedition 150 englische Meilen seinen
Ufern entlang, oder doch in deren unmittelbaren
Nähe ; als Stanley umkehrte, um die bei Kilonga-
Longa zurückgelassenen Boote zu holen, wurde
dieselbe Strecke zurückgelegt; 480 englische Meilen
weit wanderte die Expedition längs den Ufern
dieses Stromes, oder befuhr ihn mit Booten, als es
sich darum handelte, die Barttelot'sche Colonne auf-
zusuchen. Dieselbe Anzahl von Meilen musste zurück-
gelegt werden, um zum dritten Male den Aibertsee zu
erreichen. Der Aruwimi dürfte sonach heute einer
der bestbekannten Nebenströme des Congo sein.
Die Beschreibung des Waldgebietes selbst,
dessen Flächenausdehnung Stanley auf 260.OOO
englische Geviertmeilen schätzt, steht an Lebendig-
keit und Anschaulichkeit weit hinter einer ähnlichen
Schilderung, die Schweinfurth gibt, zurück; völlig
begreiflich, da Stanley auf naturwissenschaftlichem
Gebiete ein Laie ist. Freilich versteht er ganz vor-
trefflich , die Lücken seines Fachwissens durch
phantasievolle Ausschmückungen zu verschleiern,
was den oberflächlichen Leser ohneweiters be-
sticht. Die Wirkung hiebei aber wird kaum eine
andere sein, als sie von den gewandten Federn bei
der Schilderung exotischer Hintergründe zu roman-
haften Vorgängen erreicht wird.
Mehr an die gegebenen geographischen
Thatsachen als an alles von der Einbildungskraft
eingegebene malerische Beiwerk hält sich Stanley
rücksichtlich des Albertsees. Er erklärt es für
unbegreiflich, wie Samuel Baker annehmen konnte,
dass der See sich vom Ausgangspunkte des hoch-
gelegenen Landes, oder der Terrasse, oberhalb
Vakovia zu so ungeheuerer Länge nach Süd-
westen erstreckte. Der entlegenste südwestliche
Punkt desselben ist ungefähr bei l " li" Nord-
breite, das ist etwa 4 — 5 englische Meilen von
dem Punkte, wo Baker sich befand. Was die
Sache noch unerklärlicher macht, ist, dass Baker
behauptet, der Tag, an welchem er den See er-
blickte, sei ein ungemein heller gewesen. War dies
der Fall, so hätte — wie Stanley nachweist —
Baker sehen müssen, dass er blos eine seichte,
10 englische Meilen breite Bucht vor sich hatte,
in welche ein Fluss (der Semliki) mündet, der aus
Südwesten durch eine fast ebene Fläche kommt.
War nun der Tag thatsächlich hell, so musste
Baker den Sihnecberg gesehen haben, dcrgerade
vor ihm lag. Dagegen berichtet Baker über die
,, Blauen Berge", <lie sich als der etwa looo m
über dem See aufragende Rand des Plateaus ent-
puppen. Interessant ist, das sowohl Stanley als
ICmin ein allmäliges Einschrumpfen dc3 Sees con-
V
^i.^
i^.
€
T>rall-rraa, Sa<l-Indi«ii. (Sieh« .ladtwliar VolkuekmMk.*)
152
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
Statinen. Vor hundert oder mehr Jahren musste der
See IG — 15 englische Meilen länger und bei Va-
kovia Weit breiter als derzeit gewesen sein. Emin
berichtet: „Inseln, die früher in der Nähe des west-
lichen Ufers sich befanden, sind nun Vorsprünge
des Ufers geworden, und unsere Stationen, sowie
Dörfer der Eingeborenen wurden darauf angelegt."
Die Entdeckung, der Stanley weitaus den
grössten Werth beimisst, betrifft den 5500 m
hohen Ruwenzori oder den „Wolkenkönig". In
ihm wurde das seit den ältesten Zeiten in die
Quellregion des Nil verlegte hypothetische „Mond-
gebirge (Lunae Montes) erkannt. Die ausführ-
lichen Darlegungen über diesen Gegenstand sind
die einzigen in Stanley's Reisewerk, die einen
gewissen wissenschaftlichen Anstrich erhalten, da
sie auf die meisten der vorhandenen Quellen sich
erstrecken. Aber hier scheint der berühmte
Reisende in der Person des ehrenwerthen Herrn
Richard Charles P. Daly, Vorsitzenden der ameri-
kanischen geograpischen Gesellschaft in New-
York, einen sehr achtbaren Mitarbeiter gehabt zu
haben, wie aus einer flüchtigen Bemerkung
Stanley's hervorgeht. Gleichwohl würde ein ge-
lehrterer Bearbeiter dieses Themas ganz anders
verfahren sein, als die beiden Amerikaner in
corpore, eingedenk des reichen historischen und
culturgeschichtlichen Materiales, welches in den
classischen Quellen des Alterthums zu finden ist.
Was Stanley hauptsächlich abgeht, ist die Fähig-
keit, sich ein zutreffendes Gesammtbild von den
ältesten Völkerbeziehungen zu machen, das frei-
lich nicht ohneweiters zu gewinnen ist, son-
dern eingehende Culturforschungen voraussetzt.
So musste sich denn auch unser Forscher damit
begnügen, die ihm von anderer Seite gelieferten
Thatsachen aneinander zu reihen, und diese That-
sachen sind im Vi'^esentlichen nichts Anderes, als
das kartographische Material aus älterer und
ältester Zeit, das längst bekannt ist. Auch die
mitgetheilten Bruchstücke aus arabischen Kosmo-
graphien dürfen den Reiz der Neuheit nicht für
sich beanspruchen. Neu hingegen ist ein Docu-
ment, das für die Beurtheilung dessen, was die
geographische Wissenschaft der Araber vor etwa
zwei Jahrhunderten für plausibel und wissenswerth
hielt. Es handelt sich hier um eine Handschrift,
die sich im Besitze des jetzigen egyptischen
Unterrichtsministers Ali Pascha Mubarek befindet,
und welche von Vandyk, Lehrer der englischen
Sprache an den Staatsschulen in Cairo, für das
Stanley'sche Werk übersetzt wurde. Das Ela-
borat, welches eine Compilation einer Anzahl
wunderlicher F'abeln über die Quellen des Nil
und das Mondgebirge ist, trägt die Jahreszahl
1098 der Hedschra, d. i. 1686 n. Chr.
Es kann nicht Zweck dieses Referates sein,
auf diese und ähnliche Phantastereien arabischer
Kosmographen näher einzugehen. Gegenüber der
Stanley'schen Beurtheilung dieser Dinge aber hätten
wir, wie uns scheint, begründete Einwendung zu
machen. Da Stanley auf die modernen Karto-
graphen schlecht zu sprechen ist, lässt er logi-
scherweise auch die Kartenzeichner des Alter-
thums und des Mittelalters nicht verschont ....
„Ein Kartograph ist der grösste Sünder, den es
gibt", ruft der erzürnte Reisende aus. Ein anderes-
mal beklagt er sich, dass die Kartographen Details
seiner Aufnahmen umgeändert hätten und fügt die
Bemerkung (es handelt sich um den Entwurf der
Karte des Victoriasees) bei : „Ich thue das mit
dem schmerzlichen Bewusstsein, dass irgend ein
dummer (!) englischer oder deutscher Karten-
zeichner aus Laune oder Unverstand das Becken
vielleicht innerhalb der nächsten zehn Jahre 500
oder 700 km weiter nach Osten oder Westen,
nach Norden oder Süden verlegen und unsere
Arbeiten vollständig wegwischen wird. Indessen
tröste ich mich damit, dass sich in den Schränken
des britischen Museums ein Exemplar des Werkes
„Im dunkelsten Afrika", welches diese Karte ent-
hält, vorfinden wird, und ich dann Aussicht habe,
als ehrlicher Zeuge der Wahrheit angeführt zu
werden, in derselben Weise, wie ich zur Be-
schämung der Kartographen des 19. Jahrhunderts
die gelehrten Kartographen des Alterthums citire."
Das nennt man stolz gesprochen! Aber was
in aller Welt mag Stanley mit jener Beschämung
meinen ? Glaubt er vielleicht, dass Niemand ausser
ihm (beziehungsweise dem Herrn Daly, der das
Material geliefert) etwas von der Existenz der
kartographischen Darstellungen eines Homer,
eines Hekatäus und Hipparchus, eines Ptolemäus
und Edrisi, nichts von John Ruysch, Sylvanus,
Hieronymus de Verrazano, Sebastian Cabot u. s. w.
weiss ? Steht bei uns nicht in jedem Leitfaden
der Geschichte der geographischen Entdeckungen
ganz dasselbe — und noch viel mehr — was
Stanley seinem Reisewerke als „kritisches"
Material anhängt? Wen also will der Reisende
damit „beschämen", da doch jeder deutsche
Quartaner über dieselben Dinge Aufschluss zu
geben vermag?
Da Stanley von der fixen Idee ausgeht, dass
die „dummen Kartographen" Alles wieder weg-
streichen , was Andere mühsam aufgezeichnet
haben, ist er der naiven Meinung, er hätte mit
der Wiederbelebung ältester und älterer karto-
graphischer Darstellungen des Nilgebietes die
wissenschaftliche Ehre jener Wackeren gerettet.
Diese Ehre aber wurde von gar Niemandem an-
gegriffen, am allerwenigsten von den Männern
der Wissenschaft. Bei allem Aufblähen geht aber,
wie schon einmal erwähnt, Stanley die Fähigkeit
ab, gegebene Thatsachen einander entgegen zu
halten, und vor Allem fehlt ihm die tiefere wissen-
schaftliche Bildung, um sich darüber eine klare
Vorstellung zu machen, in welchem Zusammen-
hange die kartographischen Quellen mit den ge-
schichtlichen Thatsachen und culturhistorischen
Erscheinungen der Vorzeit stehen. Wäre Stanley
in die Wesenheit dieser Dinge eingedrungen,
würde er nicht die kindische Behauptung aufge-
stellt haben : die nachgeborenen Kartographen
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
IftS
liätien die Aibeiten der Vorgänger aus purer
Laune verstümmelt.
Es steht demnach ausser Frage, dass unser
grosser Reisender hier einer gründlichen und
eingehenden Belehrung bedarf. Zuvörderst möge
derseliie darauf aufmerksam gemacht werden, dass
die vergleichende Culturforschung den Beweis er-
bracht hat, dass die Beziehungen der alten Völker
nach Massslab der damaligon Verkehrsverhältnisse
von einer überraschenden Vielseitigkeit und räum-
lichen Ausdehnung waren. So weit unsere Kenntniss
von diesen Beziehungen zurückreicht, findet man,
dass die Völker immer die Gelegenheit suchten
und fanden, miteinander in Verkehr zu treten.
Weder die mächtigen Staatengebilde, noch die
alten Culturkreise waren von ,, chinesischen" Mauern
umgürtet. Die zwischen Nordafrika und West-
asien hin- und herwogenden Kriegszüge, die
uralten Völkerbewegungen aus dem Herzen Asiens
nach den Ostgestaden des Mittelmeeres, die kühnen
und erfolgreichen Handelszüge der Phöniker und
die so gut wie unbekannten zu beiden Seiten
des Ruthen Meeres, d. h. zwischen Südwest-
arabien und „Aethiopien" sich abspielenden Er-
eignisse, welche erst im salomonischen Zeitalter
in einzelnen greifbaren Zügen aus der Dämme-
rung der Mythe hervortreten : dies Alles gestattet
gewisse Voraussetzungen, welche der Geographie,
wenn auch vorerst nur in hypothetischer Form,
zugute kommen.
Wendet man diese Voraussetzung auf die
Nilquellen an , so wird sich ohneweiters die
Nothwendigkeit ergeben, an der Muthmassung
festzuhalten, dass insbesondere die Egypter ein
grosses Interesse für den Ursprung des „heiligen
Stromes" hatten. Zur Befriedigung eines solchen
nationalen und religiösen Interesses sind die
Wege, welche zum Ziele führen, bekanntlich
niemals zu weit. Wie weit stromaufwärts die
Kenntniss der Egypter über den Nil reichte, ist
documentarisch nicht festzustellen. Dass sie aber
mindestens bis dorthin, wo heute Chartum liegt,
vortrefflich zu Hause waren, darüber berichten
vor Allem die — Steine. Wo der vereinigte Nil
den Asbam aufnimmt, bilden beide Flüsse die
sogenannte „Insel Meroe", auf welcher über 170
Pyramiden, mehr oder weniger zerstört, die Lage
der alten Residenz Aethiopiens bezeichnen. An
der grossen Beuge des Nils bei Dongola lag die
alläthiopische Hauptstadt Napatra ; sie wurde von
Petronius, einem General des Augustus, er-
stürmt.
Es ist sonach die Frage erlaubt: wenn
römische Truppen nilaufwärts so weit vorge-
drungen sind, dass seitdem nur ein einziges
europäisches Heer (das englische unter Wolseley)
diesen Zug wiederholen und um eine verhältniss-
mässig kurze Wegstrecke überbieten konnte:
sollte der antike Gesichtskreis über Meroe wirk-
lich nicht hinausgereicht h.aben ? Die grosse
Wasser- und Dschungel wildniss des Nil muss
allerdings als die Grenze jedweden Machtein-
flusses und jedweder Culturbcstrebung angeseben
werden. Dies schliesst aber nicht in sich, dass
jeder Verkehr in dieser Richtung gesperrt war.
Die Pygmäen des Homer, des Herodot und der
;'^V:'
*•■
Lcptecht-Frau aoi DCrdMJiUliiic. (Slrbe .Indiscbar VolkHcbanck*.)
154
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
anderen alten Schriftsteller sind gefunden worden,
zuerst von Scliweinfurth, dann von Felkin, zu-
letzt von Stanley, und zwar in einem Verbrei-
tungsgebiet, welches annähernd richtig in den
ältesten kartographischen Darstellungen angegeben
ist. Woher diese Kunde? Und woher jene andere
Kunde vom Mondgebirge, von welchem die
silberschimmernden Wasser der Nilquellen nieder-
stürzen ?
Wenn Stanley sich darüber ereifert, dass
die kartographischen Darstellungen aus ältester
und älterer Zeit von den Nachfolgern entstellt
wurden — was übrigens gar nicht zutrifift — so
vergisst er, dass die Informationen, über welche
das Alterthum verfügte, späterhin ganz einfach
deshalb ignorirt wurden, weil die ohnedies nur
als Hypothesen aufgefassten Anschauungen durch
den Unsinn mittelalterlicher Kosmographen, ins-
besondere der arabischen, um allen Credit ge-
bracht wurden. Wenn nach Stanley's Ansicht jede
kartographische Arbeit „Tabu", d. h. unantastbar,
sein sollte, hätten ja auch die lächerlichen Dar-
stellungen der arabischen Geographen respectirt
werden sollen. Die Wissenschaft und der gesunde
Menschenverstand konnten selbstredend mit
solchen Phantastereien sich weiter nicht abgeben,
und mit diesen zugleich wurde das „Moudgebirge"
zu einer Fiction, die von den Karten wegzu-
streichen die neue geographische Wissenschaft
sich beeilte. Nach der Entdeckung der Quellseen
des Nil, welche in ein Plateau von gewaltiger
Ausdehnung eingebettet sind, ergaben sich keine
Anhaltspunkte für die Existenz* eines mit dem
Nilsystem zusammenhängenden mächtigen Ge-
birges. Baker, Gessi, Emin und Andere, welche
den Albertsee bereisten, nahmen im Gesichtskreis
desselben keine bemerkenswerthe Gebirgsfor-
mation wahr. Die imposanten centralafrikani-
schen Alpengipfel im Osten des Victoriasees —
Kilimandscharo und Kenia — Hessen sich in das
Nilsystem nicht einfügen.
So standen die Dinge , als Stanley — oder
richtiger, einige seiner Begleiter — aus den Wolken
und Nebeln der Treibhausluft des Semlikithales
zwischen dem Albertsee und dem Albert Edvi'ard-
see die gleissenden Schneefelder eines in seiner
Gesammtheit verhüllten Gebirges aufblitzen sahen,
eine Wahrnehmung, welche selbst mit massigem
Aufwände von Einbildungskraft die Anknüpfung an
das lang gesuchte Mondgebirge gab. Was die
Priorität der Entdeckung betrifft, hat bekannt-
lich Casati hinterher dieselbe wenigstens theihveise
für sich beansprucht. Daraus ergibt sich, dass Emin
eben durch Casati von der Existenz des Gebirges
Kenntniss hatte, während Stanley den Sachverhalt
s(> darstellt, als wäre seine Mittheilung als grosse
Ueberraschung aufgenommen worden.
Gleich dem Kilimandscharo und dem Kenia ist
auch der Ruwenzori ein Massiv von geringer Aus-
dehnung nach Länge und Breite, eine isolirte ge-
waltige Erhebung des innerafrikanischen See-
plateaus. Die höchsten Gipfel (5500 — 5800 ni)
liegen im Norden, in einem Grate von west-
östlicher Richtung; der Steilabfall des Gebirges,
durch eine grosse Zahl von Querspalten, in denen
die seitlichen Quellbäche des Semliki abfliessen,
reichlich gegliedert, liegt auf der Westseite. Die
Stanley'sche Karte gibt eine grosse Zahl von
Kämmen und anderen Detailformen im Innern des
Gebirges an, denen lediglich die Bedeutung einer
kartographischen Ausschmückung zukommt, da
diese innere Region des Massivs von Niemandem
betreten worden ist, und Detailaufnahmen ä la vue
angesichts der tiefen Lage der Marschlinie (die
Cöten derselben bewegten sich zwischen 400 und
1500 rn) gewiss nicht gemacht werden konnten. Es
drängt sich da unwillkürlich die Frage auf, ob auch
diesfalls Stanley über die „dummen" Kartographen
raisonniren wird, wenn sie sein grösstentheils will-
kürlich entworfenes Detailbild vom Ruwenzori nach-
mals corrigiren werden. Oder sollte jeder Strich,
den der berühmte Reisende auf das Papier wirft,
in der That für alle kommenden Zeiten unantast-
bar sein ?
Anlass zu Misstrauen gibt übrigens der fol-
gende Sachverhalt. Die neben Seite 292 (der deut-
schen Ausgabe) gegebene Darstellung des Ruwen-
zori, des Semlikithales, der beiden Seen und der
näheren Umgebung weist gegenüber der karto-
graphischen Darstellung ganz wesentliche Wider-
sprüche auf. So ist die Lage des Gordon Benett-
Berges und der Mackinnon-Spitze falsch und deren
Zusammenhang mit dem Hauptgebirge nicht ersicht-
lich. Noch auffälliger ist, dass auf der Karte
zwischen dem Gebirge und dem Albert-Edwardsee
eine Gestade-Ebene von wechselnder Breite (10
bis ^okm) sich erstreckt, wogegen die vorerwähnte
Ansicht aus der Vogelschau das Gebirge direct aus
dem -See mit steilen Abstürzen aufsteigen lässt. Der
Gegensatz, welcher in den beiden Darstellungen
in die Erscheinung tritt, wirkt verwirrend.
Auf die Detailbeschreibung des Ruwenzori
wollen wir, obwohl die Expedition des Lieutenants
Stairs vieles Interessante enthält, nicht weiter ein-
gehen. Dagegen verlohnt es sich, Stanley als ,, Geo-
logen" reden zu hören. Ueberlassen wir ihm das
W^ort. ,,Ohne Zweifel gibt es viele Leute, die wie
ich bereitwillig zugestehen, dass sie beim Betrachten
eines alterthümlichenWerkes, mag es eine egyptische
Pyramide oder eine Sphinx, das Parthenon in
Athen, der Sonnentempel in Palmyra, der
Palast von Persepolis oder nur ein altes eng-
lisches Schloss sein, eine gewisse Erregung fühlen
. . . Aber noch mächtiger und grösser ist das Ge-
fühl, welches beim Anblickeines eisgrauen Berges,
wie der Ruwenzori, erweckt wird, von dem man
weiss, dass er unzählige Jahrtausende alt ist. Wenn
man bedenkt, wie lange Zeit es für den geschmol-
zenen vSchnee bedurfte, um diese Hunderte von
Faden tiefen Schluchten aus dem felsigen Scheitel
der Kette auszuhöhlen, oder wie viele Zeitalter es
brauchte, um die von den Seiten und aus dem
Schoosse des Gebirges herabgespültenTrümmer aus-
zubreiten und über das Semlikithal und die Njansa-
OE8TERBEICHI8CHE MONATSSCHRIFT KÖR DEN ORIENT.
165
Ebene auszustreuen, wird man staunen über die
Unermesslichkeit der Zeit, die vergangen ist, seit-
dem der Ruwenzori zum Dasein emporstieg. Es
befällt uns auf die leise kleine Frage: Wo warst
du, als die Grundlagen der Erde gelegt wurden? Er-
kläre dies, wenn du es verstehst?^ eine wt)lil-
thuende Ehrfurcht und man gewinnt die
frohe Ueberzeugung, dass es gut war,
dies gesehen zu haben !"
Man traut seinen Augen nicht, derlei
Zeug in dem Werke eines berühmten
Forschungsreisenden stehen zu sehen . . .
Noch seltsamer nimmt sich der nach-
folgende Erguss aus: ,, Bedenkt man,
dass solche Naturereignisse (langdauernde
Regengüsse) seit der Zeit der Erhebung
der grossen Gebirgskette und der ge-
waltigen Versenkung, durch welche die
jetzt vom Albert Edward-Njansa, dem
Semlikithal und dem Albertsee einge-
nommene Schlucht entstanden ist, perio-
disch stattgefunden haben, dann wird man
sich nicht sehr darüber wundern, dass
der Ruwenzori jetzt nur mehr ein Skelet
ist von dem, was er ursprünglich war.
„Du bist Staub und sollst wieder zum
Staube zurückkehren." Sein Haupt ist
viel von seiner glorreichen Höhe abge-
schoren, seine Schultern sind abge-
scliliffen und abgewetzt, durch seine Seiten
haben "Dutzende von Flüssen sich tiefe
Canäle gebahnt und die Rippen treten,
wenn auch nicht kahl und nackt, so doch
als unbestreitbare Merkzeichen hervor von
den Erschütterungen und Zerstörungen,
denen das Gebirge ausgesetzt gewesen ist,
seitdem es vom Feuer geboren wurde.
Langsam, aber sicher kehrt der Berg
dahin zurück, woher er gekommen ist.
Nach einigen Generationen (! !) wifd der
Albert Edwardsee eine grosse Ebene sein,
und später wird der Albertsee dasselbe
Schicksal theilen. Die Geographen jener
fernen Zeit werden sich dann die Augen
reiben müssen, wenn sie zufällig die Um-
risse der beiden Njansas, wie ich sie im
Jahre i88g beschrieben habe, entdecken
sollten."
Es ist kaum möglich, noch laien-
hafter über diesen Gegenstand zu schrei-
ben. Insbesondere ist es die kindliche
Umschreibung der Wirkungen der De-
nudation, welche vorweg verbUiflft, von
den ,, einigen Generationen", nach deren
Ablauf den bodenplastischen Verhältnissen
jenes Gebietes eine so durchgreifende Ver-
änderung bevorstehen soll, gar nicht zu
reden. Ein Forscher, der auf seine Re-
putation etwas hält, sollte doch über
wissenschaftliche Fragen, die ihm nicht
geläufig sind, sich so weit orientiren, um
wenigstens etwas zur Sache sagen zu
können. Damit lässt sich ja, was bei Stanley
nicht ohneweiters von der Hand zu weisen ist, noch
weit wirkungsvoller flunkern, als mit seichten
Phrasen.
Doch genug davon. Eine wichtige geographi-
sche Entschleierung betrifft den von Stanley 1877
Pr»B «u Owalto-. (8i«h« Jndlioh« VwKMchiBack*.)
156
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
zuerst gesehenen Müta Nzige, jetzt Albert Edwardsee |
genannt. Die Expedition war, nachdem sie am
I. Mai an dem Ruwenzori vorübergezogen war,
am 27. Mai zum Müta Nzige gelangt. Etwa 50 km
weit wurde längs seinen Ufern marschirt und
etwa 100 km weit nach »Süden konnte die Ufer-
linie verfolgt werden. Der Albert Edwardsee hängt
mit dem Albertsee durch den Semlikifluss zusammen,
und zwar strömt dieser aus dem ersteren in den
letzteren. Es ist also festgestellt, dass der Albert
Edwardsee, worüber bis dahin Zweifel bestanden,
tiem Wassersystem des Nil und nicht dem des Congo
angehört . . . Auch die Karte des Victoriasees
'(Ukerewe) hat durch Stanley eine erhebliche Cor-
rectur erfahren. Die bisherige fast kreisrunde Dar-
stellung stimmt mit der Wirklichkeit nicht überein,
da sich der See beträchtlich nach Südwesten aus-
dehnt. Die äusserste Spitze liegt 2" 48' Süd-
breite und ist nur 155 englische Meilen vom Nord-
ende des Tanganjikasees entfernt. Durch diese
Correctur erhält der Ukerewe einen Zuwachs an
Areal von ca. 27.000 englischen Geviertmeilen.
Die neue festgestellte Uferlinie wird von vielen,
meist stark bevölkerten Inseln umlagert.
Die vielen ethnographischen Aufschlüsse,
welche von Stanley gegeben werden, bilden zweifel-
los die werthvoUste Bereicherung, welche wir dem
kühnen Reisenden verdanken. Dies gilt insbesondere
von dem Zwergenvolke des Grossen Waldes und
von den ,, Völkern des Graslandes". Leider aber
wirken auch hier wissenschaftlich sein sollende
Reflexionen und allerlei weit hergeholte Commen-
tare sehr störend. Mitunter passiren dem wackeren
Pionnier ganz unglaubliche Dinge. Was soll man
sich beispielsweise von der salbungsvollen Reflexion
denken, welche Stanley bei Betrachtung eines
Avatiko-Zwerges anstellt? . . . ,,Mir war der Mann
noch weit ehrwürdiger als die Memnonssäule (!) —
Theben". Jeder Schulknabe weiss, dass die Alter-
thümer, auf welche der Reisende hier anspielt, die
beiden Memnonskolosse in der Ebene der thebani-
schen Todtenstadt sind. Weiter erläutert Stanley:
,,Der kleine Körper des Zwerges repräsentirte die
ältesten Typen des ursprünglichen Menschen-
geschlechtes, die Abkömmlinge der ältesten Zeit-
alter, die Ismaels der primitiven Race u. s. w."
Das Alles ist baarer Unsinn. Ist die deutsche
Uebersetzung wortgetreu, dann hat in obigen Sätzen
Stanley ein stylistisches Meisterstück geschaffen,
das selbst mit dem urclassischen Dictum ,,Im
Schatten kühler Denkungsart u. s. w." sich messen
darf . . . Abkömmlinge von Zeitaltern — was soll
das heissen? —
Von den Zwergen im „Grossen Walde" sagt
Stanley : „Ihre Verwandten sind in den Cap-
colonien als Buschmänner, im Becken des Lu-
congo als Watua, in Monbuttu als Akka, bei
den Mabode als Balia, im Thale des Ihuru als
Wambutti und unter dem Schatten des Mond-
gebirges als Batua bekannt." Hier schliesst sich
also Stanley der Anschauung Schweinfurth's,
dessen Bedeutung als Afrikaforscher er ganz un-
berufenerweise gelegentlich herabgesetzt , an.
Schweinfurth erblickt nämlich in den bisher be-
kannt gewordenen Zwergvölkern die versprengten
Ueberreste einer grossen afrikanischen Urrace, eine
Ansicht, welcher auch Gustav Fritsch beipflichtet,
indem er die Buschmänner als ein Volk bezeichnet,
das jedenfalls Jahrtausende unverändert in seiner
Entwicklung geblieben sein muss. Es dürfte dem-
nach von Interesse sein, hier die Ziffern sprechen
zu lassen. Nach Gustav Fritsch betrug die durch-
schnittliche Grösse von sechs erwachsenen Busch-
männern aus verschiedenen Gegenden nur l'444 m,
während die Zahl für fünf Frauen f448 m be-
trug. Für die Akka sind von Felkin folgende Ziffern
mitgetheilt worden: Höhe I'364 m, Umfang des
Kopfes über den Ohren 0-549 m, Kopfhöhe von
Ohr zu Ohr 0-278 »?, Länge der Hand Ol 55 m,
des Fusses 0^204 m,- des Beines 0*683 m,
des Oberarmes 0*324 m, des Unterarmes 0'382 m,
Brustumfang o'768 m. Hiezu die Daten Stanley's
über einen Avatikozwerg : Höhe I'2I9 m, Um-
fang des Kopfes 05 14 m, Länge der Hand
o*io2 m, des Fusses 0-158 m, des Beines 0*559 m,
des Armes 0'5oi m (bei Felkin Ober- und Unter-
arm zusammen o 706 m), Brustumfang 0'647 m.
Der Avatikozwerg ist also noch kleiner als
der Akka, wenigstens den vorstehenden Daten
nach. Dass aber Stanley nur eine einzige Mes-
sung vornehmen liess, ist sehr bedauerlich, da
eine derartige einschichtige Untersuchung nichts
entscheidet. Felkin bezeichnet die Hautfarbe als
chocoladebraun, Stanley als „kupferig". Der
Körper des Avatikozwerges fühlte sich beinahe
pelzartig an, da er mit Haaren von fast i"3 cm
Länge bedeckt war. Die weiteren Commentare
Stanley's sind mehr erlustigend als belehrend.
Sie lauten: „Man denke, vor 26 Jahrhunderten
nahmen seine Vorfahren die fünf nassamanischen
Erforscher gefangen und vergnügten sich mit
ihnen in ihren Dörfern an den Ufern des Niger.
Und sogar schon vor 40 Jahrhunderten waren
sie als Zwerge bekannt und wurde die berühmte
Schlacht zwischen ihnen und den Störchen in
Gesänge gebracht. Seit den Zeiten des Heka-
täus, 500 Jahre v. Gh., sind ihre Wohnsitze auf
jeder Karte in die Gegenden des Mondgebirges
verlegt worden. Als Moses die Kinder Jacobs
aus dem Lande Gosen führte, herrschten sie als
unbestrittene Herren über das dunkelste Afrika."
Setzen wir hier die sachliche Belehrung des
deutschen Gelehrten und Reisenden Dr. Gustav
Fritsch hinzu: „Der geringe Unterschied in der
Gestaltung beider Geschlechter (bei den Busch-
männern) ist ein Zeichen, dass die Ausbildung
des Körpers überhaupt auf einer verhältnissmässig
niedrigen Stufe stehen geblieben ist, und ein Be-
weis dafür, dass die v-ollkommene Entwicklung
des Menschen gemäss der in seinem Organismus
vorhandenen Anlage nur unter dem Einflüsse der
Cultur erreichbar ist. Je geringer der Grad der
Cultur, umsomehr nähert sich der Habitus in
vielen Beziehungen dem thierischen, ohne dass
OESTBRREICHI8CHB MONATSSCHRIFT f4r DEN ORIENT.
157
man deshalb die Schranken zwischen Mensch
und Affe fallen sähe, was wohl kein Vernünfiiger
erwarten wird. Das Thier im Menschen hat wohl
Niemand geleugnet, aber wenn es auch wegen
Vernachlässigung der höheren Anlagen in manchen
Fällen stärker zu Tage tritt, bleibt das Indivi-
duum doch immer noch ein menschliches Thier,
d. h. ein Mensch, der nur nicht in der cigen-
artigfn Weise entwickelt ist."
Während Felkin mittheilt, die Sprache der
Akka sei unbekannt, gibt Stanley eine tabellarische
Uebersicht einer ziemlich ansehnlichen Zahl von
Vücabeln der Sprache der Wambutti, welche
aber von diesen Ku-mbutti oder Biikwa ge-
nannt wird. Aus letzterem Worte hat Schwein-
furth wahrscheinlich „Akka" heraus gehört. Im
(Jebrigen glauben wir, dass es angezeigt sein
wird, der Liste Stanley's, sowie den Erläuterungen,
welche er hieran knüpft, mit Vorsicht zu be-
gegnen. Wo immer der berühmte Reisende in
wissenschaftliche Erörterungen sich einlässt,
tragen sie unverkennbar das Gepräge von ge-
wagten Speculationen oder unmethodischen Schluss-
folgerungen. Er hätte diesfalls von seinem grossen
Stammesgenossen Huxley lernen können, dass —
wie dieser sagt — eine inductive Hypothese nur
dann als bewiesen gilt, wenn es sich zeigt,
dass die Thatsachen völlig im Einklänge damit
sind. Die logische Basis jeder inductiven Unter-
suchung ist Uebereinstimmung der beobachteten
Thatsachen mit den theoretischen Folgerungen.
Stanley unterscheidet unter den Zwergen
des Waldlandes zwei „Species", die sich nach
Hautfarbe, Form des Kopfes und charakteristi-
schen Gesichtszügen durchaus unähnlich sind.
Der Unterschied ist so gross wie der zwischen
„einem Türken und einem Skandinavier". Das ist
sicher ein sehr misslungener Vergleich. Die beiden
„Species" sind die Batua und die Wambutti.
Letztere haben ein rundes Gesicht, gazellen-
artige, weit von einander entfernte Augen, hohe
Stirn, die ihnen den Ausdruck unverhüllter Offen-
heit gibt, und sind von dunkelgelber Elfenbein-
farbe. Die Batua haben längliche Köpfe, lange,
schmale Gesichter und röthliche, kleine, sehr
nahe zusammenstehende Augen, die ihnen einen
mürrischen, ängstlichen und zänkischen Blick
geben.
Ueber die Wirkungen des Pfeilgiftes, dessen
sich die Zwerge bedienen, berichtet Stanley, dass
zweierlei solche Gifte in Verwendung kämen ;
das eine habe Farbe und Consistenz des Peches,
das andere solche eines hellen Leimes. Als Gegen-
mittel bei Verwundungen durch Pfeile mit solchen
Giften haben Injectionen von kohlensaurem
Ammonium sich als wirksam erwiesen. Immerhin
beweisen die mitgetheilten Thatsachen, dass die
Wirksamkeit eine begrenzte war. Frisches Gift
— im Gegensatze zu bereits längere Zeit in
Verwendung gestandenem — rief ausserordent-
liche Schwäche, Herzklopfen, Uebelkeit, Todtcn-
blässe und Schweisspericn auf dem ganzen Körper
hervor. Der Tod erfolgte in der Regel sehr bald;
ein Mann starb innerhalb einer Minute, ein
anderer erst in fünfviertel Stunden. Eine Frau
starb, nachdem man sie lOO Schritte weit ge-
tragen, eine andere nach 20 Minuten. Es kamen
aber auch Fälle vor, in denen der Tod erst nach
mehreren Tagen eintrat , was als Beweis zu
nehmen ist, dass das Gift alt war. Uebrigcns
haben die Zwerge selber grossen Respcct vor
den Giften, deren sie sich bedienen, und darf die
Herstellung desselben nur ausserhalb der Lager
vorgenommen werden.
Nächst den Zwergen sind es die Eingeborenen-
stämme des „Graslandes", ober welche Stanley
weitläufiger berichtet. Auch hier lässt es sich
der berühmte Reisende nicht entgehen, dem Ethno-
graphen einen Klaps zu versetzen. Er pole-
misirt gegen die Bezeichnung „Bantu", welche
er unwissenschaftlich nennt Eine zutreffendere
Bezeichnung aufzustellen, hat er nicht den Muth,
weil „jeder Reisende, der den Ehrgeiz besitzt,
sich bei den wissenschaftlich Gebildeten ver-
ständlich zu machen", ^azu beizutiagen gezwungen
ist, sich jenes unwissenschaftlichen Ausdruckes
zu bedienen. Nun bezeichnet „Bantü" — richtiger
aba-niu — allerdings nichts Anderes als „die
Menschen". Sie ist von Dr. W. G. J. Blenk,
den ,,)akob Grimm Südafrikas", zuerst gebraucht
worden, und zwar aus nachfolgendem Grunde.
Der eigentliche Stamm, die Wurzel des Wortes,
ist nlu, die Vorsilbe, das Präfix ist aba, und
dieses zerfällt wieder in a-ba, wobei ba das
eigentliche, den Begriff der Mehrzahl in sich
schliessende Präfi.x, a aber eine Art von Artikel
bildet. Die wunderbare Uebereinstimmung , in
welchen die Wurzeln ntu == Mensch sammt ihrem
Präfix durch all die südafrikanischen Idiome geht,
hat ihnen und den sie redenden Völkern, unter
Zugrundelegung der Kafirform, den Namen der
Bantu verliehen — ,,ein nach Form und Inhalt
treffender und würdiger Name". Stanley beweist
also auch hier durch seine Spötteleien, dass ihm
das wissenschaftliche Verständniss fQr solche
Dinge völlig abgeht.
Unter den Bantustämmen des „Graslandes"
zeichnen sich vor Allem die Wahuma durch ihre
Grösse, körperliche Wohlgestalt und „fast euro-
päischen Gesichtszüge" aus. Nun aber kommt
wieder eine jener Behauptungen, mit der Stanley
seine wissenschaftlich sein sollenden Commentare
auf den Kopf stellt. Er sagt: „Die Wahuma sind
die echten Abkömmlinge Act semitischen Stämme (!),
welche aus Asien über das Rothe Meer ausge-
wandert sind und sich an der Küste und den einst
unter dem Namen Aethiopicn bekannten Hoch-
landen von Abessinien niedergelassen haben."
Da hört denn doch die Gemüthlichkeit auf. Nach
dem Urthcile der massgebendsten Gelehrten —
Waitz, Haeckel, Fr. Müller — bilden die Baatu
eine eigene Race, welche der Ncgerrace zunächst-
steht. Nach Fr. Müller sassen die ß.intu wahr-
scheinlich im Osten des Verbreitungsgebietes der
158
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
Neger, wo sie frühzeitig im Verkehr mit den von
Asien eindringenden Stämmen der mittelländischen
Race, speciell den Hamilen, standen. Den Zusam-
menhang mit der mittelländischen Race weist
übrigens G. Fritsch entschieden zurück, und Robert
Hartmann erklärt die Bantu für echte Nigritier.
Auch O. Peschel bezeichnet es als einen Miss-
griff, die Bantu von den Negern abzutrennen.
Und nun kommt Stanley und macht aus dem
Bantustamme der Wahuraa vollends ein Volk von
semitischer Abkunft. Man sollte kaum glauben,
dass eine derartige ethnologische Begriffsverwirrung
möglich wäre. Der Kaffer aber ist nach diesen
grossen ethnographischen Gelehrten, „eine feine
Verschmelzung des Hindu- und des westafrikani-
schen Typus." Stanley begnügt sich also in seiner
phantastischen Ethnologie nicht mit den Bantu-
Semiten, sondern greift sogar nach dem fernen
Indien hinüber. Von den Zulus behauptet er, sie
hätten „kaukasische Köpfe." Weiter in die „wissen-
schaftlichen" Speculationen, die Stanley ent-
wickelt, einzugehen, wäre wahrhaftig Zeitver-
schwendung.
So gewinnt man denn aus der Gesammt-
beurtheilung des von Stanley in seinem jüngsten
Werke niedergelegten Materiales ein Bild von
wechselnden Umrissen, indem es uns einerseits
den schneidigen und erfahrenen Pionnier, den
energischen Bahnbrecher, den „Strategen" der
afrikanischen Ländererforschung vor Augen führt,
andererseits aber den gefeierten Mann in einer Be-
leuchtung zeigt, an der das eigene Licht, d. h.
die wissenschaftliche Schulung, oder auch nur
der geniale Funke eines methodischen Erfassens
der Dinge, wesentlich zurücktritt vor den Reflexen
des bengalischen Lichtes, das durch das selbst-
gefällige Auftreten die Reclame und die jederzeit
in solchen Dingen urtheilslose öffentliche Meinung
auf den „Bismarck der Afrikaforschung" geworfen
haben. Jedem verdienten Manne soll der Antheil
am Ruhme werden, der ihm gebührt — darüber
hinaus aber ist es Pflicht jedes Unbefangenen,
Prätensionen entgegenzutreten.
ZUR GESCHICHTE DER NULL
Von Dr. M. Haberlandt,
Jeder Gebildete weiss oder sollte es wenigstens
wissen, dass wir unsere Ziffern, welche nach ihren
Ueberbringern die „arabischen" heissen, eigentlich
dem Volke der Inder verdanken. Weniger bekannt
aber ist, dass wir nicht nur die äussere Figur
unserer Ziffern, sondern das ganze innere Princip
unserer Ziffernschrift, das nach dem Stellenwerth,
von jenem alten Volke erhalten haben, an welchem
neben seiner philosophischen vielleicht seine rech-
nerische Begabung am höchsten zu bewundern ist.
Ebenfalls eine indische Erfindung, jünger als
die Stellenwerthschrift, ist die unscheinbare Null,
dieser Talisman des Rechnens, der jene kürzeste
Methode der Ziffernschrift allererst möglich machte.
damit aber zugleich in der wohlgeordneten Welt der
Zahlen jenes Ideal darstellte, das auf gar wenig
Gebieten vorläufig noch irgendwie erreicht ist.
Selbst ein Nichts, ein Zeichen für Nichts, von dem
der naive Verstand mittelalterlicher Abacisten nicht
glauben mochte, dass man damit — mit einem
Zeichen für Nichts — etwas Wirkliches richtig
herausrechnen könnte, ist es doch ein sehr brauch-
bares Etwas, das der Menschheit bisher einen un-
messbaren Zeitgewinn eingebracht und den rech-
nenden Verstand um mehr als die Hälfte seiner
Arbeit entlastet hat. Jedenfalls war diese Erfindung
eine Bekrönung und Vollendung der Stellenwerth-
schrift, wodurch diese erst zu ihrer epochalen Be-
deutung gelangte. Wie weit immer an der Hand
der Sprache die Ziffernschrift geführt war, die
Krücke von Stufenzahlzeichen, von Werthmarken
und ähnlichen Behelfen war ohne die Null nicht
zu entbehren ; denn wie sollte man ohne dieselben
Zahlen wie 1900, lOQO, 1009, 19 u. s. w. unter-
scheiden ? Erst durch ein Füllzeichen, ein Zeichen
für Nichts, das an die Stelle der nicht vorhandenen
Stufenzahlen einzutreten hatte, konnte das Streben,
durch gänzliche Fortlassung der Stufenzahlzeichen
die Ziffernschrift zu vereinfachen, von Erfolg sein.
Wie den Indern, die sich selbst bis ungefähr
in's 3. Jahrhundert n. Ch. G. ohne die Null bei
ihren Rechnungen behalfen, die Erfindung jenes
Zeichens gelang, ist bei ihrer offenbaren Wichtig-
keit und der anscheinenden Simplicität dieses Ein-
falles nicht ohne ein tieferes Interesse. Es erscheint
uns fast wunderbar, dass so viele scharfsinnige und
gutrechnende Völker des Alterthums, dass der be-
deutendste Mathematiker der Zeit , Archimedes,
welche ihre complicirten Berechnungen in den
schwerfälligsten Ziffernschriften, mit kolossalem
Aufwand von Mühe und Zeit durchführten, nicht
daran gedacht haben, durch Einführung eines
Zeichens für Nichts das von der Sprache ja bereits
verrathene Princip desStellenwerthes durchführbar
zu machen. Aber wie sollte ein immer nur die
Wirklichkeit der Welt in's Auge fassender Grieche
auf den Gedanken kommen, dass man für etwas,
was gar nicht da ist, ein Zeichen, also etwas Wirk-
liches setzen könne ! Es scheint, dass nur einem
Geiste, der mit dem Nichts als einem gewohnten
Denkbegriff umging, dieser feine Kunstgriff ge-
lingen konnte, dass der indische Verstand durch
seine sonstige Richtung auf das nicht Vorhandene
wie dazu angelegt war, „in dem Nichts ein brauch-
bares Etwas zu sehen und durch das Nichts die
Vollendung des Etwas zu bewirken".
Welches andere Volk möchte wie dazu präde-
stinirt scheinen, die Null zu erfinden, als das der
Inder, welches im Kern jeder Erscheinung Hohlheit
und Leere gewahrt, dem die Welt wie eine leere
Wasserblase, wie eine verkörperte Null (cünya)
erscheint? Diese kühnen Leugner aller Realität,
welche das Nichts in ihrer Dialektik zu hundert
Tinten gebrauchen und mit dem Begriff des Nicht-
seins (abhäva) virtuos herumspielen, sind wohl auch
die wahren Väter der NuU in der Kunst der Zahlen,
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FOr DEN ORIENT.
159
WO thatsächlich einmal das Nichts ebenso viel
werth war als das lüwas.
Freiiicii ist mit dieser aligemeinen Beziehung
der Idee von der Null auf eine tiefeinjjewurzelte
liigenthiimlichkeit des indischen Geistes und eine
wiciitige Kategorie seiner Logik, nichts für die
Kenntniss des eigentlichen Herganges der wichtigen
Erfindung gewonnen. Man konnte wie bei so
manciien indischen Hervorbringungen den Zu-
sammenhang mit dem ganzen indischen Wesen
ausgeprägt finden, ohne doch die Ideenbildung und
Ausgestaltung des Einfalls in ihren historisch-inter-
essanten Einzelheiten irgendwie zu erkennen. Die
„Weisheit der Brahmanen" war bislier allein citirt
worden, wo man gern nach Erfinder und der ur-
sprünglichen Form seines Einfalles gefragt hätte.
Durch neues Material, das uns durch einen
sehr verdienten Alterthumsforscher, Herrn Dr.
Hörnle, bekannt geworden, durch Auffindung einer
alten indischen Arithmetik, 'J welche in höchst
interessanter Weise den alten originalen Gebrauch
der Null aufzeigt, sind wir nun in der Lage, in die
Entstehungsweise des Gebrauches der Null Ein-
sicht zu nehmen. Zu unserer Ueberraschung und
doch für die culturhistorische Betrachtung nicht
ganz unerwartet, stellt sich dabei die Thatsache
heraus, dass es mehr ein mechanischer äusserlicher
Weg gewesen, auf welchem die indische Rechen-
kunst zur Einführung der Null in die Ziffernschrift
gekommen, als durch den zündenden Lichtblitz
einer Intuition. v
Nach den gelehrten Auseinandersetzungen
ihres Herausgebers ist besagte altindische Arith-
metik, von der leider nur Bruchstücke erhalten
sind, etwa in das 3. Jahrhundert unserer Aera
zu setzen, und wäre in ihr das Fragment eines
ehemaligen buddhistischen oder Jaina-Werkes zu
erkennen (vielleicht der Theil einer grösseren
Schrift über Astronomie, von welcher Arithmetik
und Geometrie unter den Indern immer nur als eine
Abtheilung vorgetragen werden). Es scheint, dass
hier eine der Quellen vorliegt, aus welchen die
späteren indischen Arithmetiker und Astronomen,
wieAryabhatta,Varähamihira,Brahmaguptau. A.m.,
ihre arithmetischen Kenntnisse schöpften. Wie dem
auch immer sein mag, sicher ist, dass in jenem
arithmetischen Bruchstück uns der älteste Gebrauch
der Null entgegentritt, wovon bisher erst in be-
trächtlich späterer Zeit und an einem ganz un-
erwarteten Orte, nämlich in einem Lehrbuch der
Metrik, das dem Pingala zugeschrieben wird und
in eine viel spätere Zeit gehört, die ersten Spuren
aufzufinden waren.
Hier nun aber beobachten wir die Null, man
möchte fast sagen in ihrem prähistorischen Ge-
brauch, oder mit einem Bilde zu reden, als Larve
oder Puppe, aus welcher der künftige Schmetter-
ling sich erst hervorzumetamorphisiren hat. Wir
treffen nämlich in der Kechengewohnheit jener
>) Od tba DakliskaU-Maniisorlpt, lly K. IIürDle. Vi^rband-
lungeD des VII. internal ioDulen Orisnullalen-CoDgronsei. Aiiarho
Scf-rion.
Zeit, deren arithmetischer Spiegel jenes alte
Werkchen ist, die Null als ein FüUzeicben für
jede aus irgend einem Grunde leer bleibende
Stelle in den Rechenoperationen an ; ja, die Form
dieses Zeichens als eines kleinen Ringelcbens o
belehrt uns sogar noch weiter über seine Vor-
geschichte, indem wir erkennen, dass es aus der
indischen Schriftübung, wo es als Kürzungszeichen
für ausgelassene Worttheile sowohl am Anfang
wie am Schlüsse der Wortkörper seit ältester
Zeit vorkommt, in die Rechenschrift berüber-
genommen worden ist. Dadurch widerlegt sieb
von selbst die bisher geltende Annahme (Weber,
Indische Literaturgeschichte, p. 274. Anm.), dass
das Zahlzeichen für die Null analog den übrigen
Zahlzeichen für i — 9, welche die abgekürzten
Formen der Anfangsbuchstaben der Zahlwörter
sein sollen, ') aus dem Anfangsbuchstaben des
Wortes „(jiünya", „leer", hervorgegangen sei. In
den Anschreibungen der Rechenoperationen fungirt
das Ringelchen schon hier unter dem Namen
„^ünya", d. i. „der leere Platz", also für alle
Auslassungen, zumeist im Sinne der zu suchenden
unbekannten Grösse, unseres X, des „pbalam",
der „Rechenfrucht", wie die Inder sagen. Diese
älteste indische Null ist also nichts weniger noch
als eine Ziffer, welche den mathematischen Begriff
des Nichts bezeichnete, wie die Null des 5. Jahr-
hunderts in Indien bis auf heute, sondern sie ist
vorerst nur ein mechanisches Hilfszeichen, das
von seiner ursprünglichen allgemeineren Verwen-
dung her allmälig erst seinen Platz in der Stellen-
werthschrift und damit seine epochemachende
Bedeutung erhielt. Wenn der Inder im Besitz des
Stellenwerthprincips angesichts der Schwierigkeit,
fehlende Stufenzahlen in einer bestimmten Zahl-
grösse auszudrücken, zu seinem altgewohnten
Mittel, den leeren Platz auszufüllen, zum „(;ünya"
griff, so war das einerseits für ihn keine beson-
dere Geistesthat, andererseits und überhaupt be-
trachtet lag darin aber wieder die eigentliche
Vollendung der Stelienwerthschrifu In dieser Ver-
wendungsweise wurde das 9Ünyam o erst zur
eigentlichen Null, zur Ziffer, welche die Ziffern-
reihe nun mit einem solchen geistreichen Apert,'u
zu eröffnen scheint.
Wie wir uns hier überzeugen, war die Null
nur der letzte Nagel zu dem Kunstwerk des Stellen-
werthprincips. Diese wunderbare Idee, so einfach
als universell, den Ziffern in Anlehnung an das
in der Sprache gelegene decadische Zahlsystcm
mit abgekürztem Verfahren, durch Nebenordnung,
wachsende Werthe zu verleiben, ist eine solche,
wie sie die Inder in verschiedenen ihrer Wissen-
schaften mit höclistem Scharfsinn und schönem
Erfindungsgeist zu Hunderten producirtcn. An
eine formelhafte, den Raum auf's Aeusserste sparende
Darstellungsweise gewöhnt und den höchsten Ehr-
geiz darein .letzend, immer noch Regeln und Wörter
■) Dlew Anaicht wird bokaanllli-h tob Aoderca wU Bursall
(ID i«liicn Kleiuent« o( South Indlan PalaMgraph;, p. 47— -M) Im-
atritlcn.
160
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
ZU Sparen , besitzt beispielsweise die indische
Sprachwissenschaft und nach ihrem Muster Juris-
prudenz, Philosophie, Astronomie u. s. w. eine
grosse Reihe künstlicher formelhafter Bildungen,
welche ganz den gleichen findigen Geist athmen
wie die Idee des Stellenwerthes der Z ffern. So
ist an die erste Stelle der indischen Grammaliken
ein lautphysiologisch sehr richtig geordnetes
Lautsystem gerückt, dessen einzelne Laute mit
entsprechenden stummen Buchstaben als Indices
versehen sind, welche gestatten, gewisse Laut-
gruppen, wie Vocale , Diphthonge, Gutturale,
Tönende, Aspiraten u. s. w., nach allen möglichen
Gesichtspunkten kurz und schlagend zu bezeichnen,
indem der erste Laut mit dem Index des letzten
der betreffenden Reihe zu einem Worte zusammen-
treten und nun namenartig jene Gruppe bezeichnen.
Die grammatischen F'unctionen sind in ähnlicher
Weise mit höchster Vorausberechnung und all-
seitiger scharfsinnigster Rücksichtnahme zum
Zwecke höchster Kürze der Gesammtdarstellung
formelhaft benannt, so dass nun der Vortrag des
grammatischen Stoffes in lauter kurzen anägmati-
schen Formeln, in welchen selbst die Stellung
der Formeltheile und gewisse Ellipsen ihre fest-
bestimmte Bedeutung haben, sich vollzieht. Von
dieser das Unglaublichste an Oekonomie und
Formelkunst leistenden Geistesrichtung ist die
Idee der Stellenwerthschrift ein echter Sprosse;
wenn aber jene in letzter Instanz der esoterischen
Stellung indischer Wissenschaft diente, ihre Ge-
heimhaltung im Kreise der Wissenden verbürgte,
so hat jener Scharfsinn mit der Erfindung des
Princips des Stellenwerthes einmal auch aller
Welt gedient und das wimmelnde Reich der
Zahlen jedem Kinde fernster Zonen,jMnl 'S|p'4teiiJ.eir
Zeiten mühelos ausgeliefert. / J t U ■ '•;
; K POVZ.MJ^t.
\ PRUWlVt]L'.l
nur spärlich verbreitet, wie denn auch die Literatur
über orientalische Teppiche nur wenig bietet.
Man will darum den Anlass dieser Ausstellung
benützen, um ausser der Herausgabe eines be-
schreibenden Kataloges die Publication einer um-
fangreicheren, mit Illustrationen versehenen Studie
über orientalische Teppiche zu veranlassen. Die
Anmeldungen für diese Exposition werden ab
1. November d. J. im Museum entgegengenommen.
Ausstellung von kunstgewerblichen Objecten
im Handels-Museum. Wie in früheren Jahren,
soll auch heuer in den Räumendes Haadels-Museums
in der Zeit vom i. December bis Ende Jänner
eine kleine Ausstellung von solchen verkäuflichen
Objecten stattfinden, die unter der Aufsicht der
k. k. Fachschulen in der Provinz von Kunst-
gewerbetreibenden hergestellt wurden. Die Aus-
stellung wird Objecte der Holzindustrie, der Korb-
flechterei, Silberschmuck und Keramisches bieten
und wurde die Mehrzahl derselben nach den vom
Museum beigestellten Originalen hergestellt.
Programm der Vorlesungen im Ic. k. öster-
reichischen Handels-Museum. Das Programm für
die Vorlesungen im llandels-Museum in der Winter-
saison i8go — 91 ist nachstehendes:
Am 26. Nov. Prof. Dr. J. Karabaiek : Neue
Entdeckungen zur Geschichte des
Papieres und Druckes.
Dec. Julius Böhm : „Reclame".
„ Dr. R. V. Scala : Die sociale Frage
im römischen Kaiserreiche.
„ Dr. F. Ritter v. Haymsrk : Charles
Dickens und dessen Bedeutung
für die Socialreform in England
und Amerika.
3-
10.
'7-
ii
V CECKftCIi
MISCELLEN. "^ "^
Teppichausstellung im Handels-Museum. In
der am 13. d. M. unter dem Vorsitze des Ministerial-
rathes Grafen Latour im k. k. Handels-Museum
abgehaltenen Sitzung der kunstgewerblichen Section
dieser Anstalt wurde die Abhaltung einer grösseren
Ausstellung von orientalischen Teppichen in den
Räumen des Museums beschlossen. Diese Aus-
stellung, für welche die Zeit vom 1. April bis
15. Juni n. J. in Aussicht genommen, soll vor
Allem eine möglichst vollständige Collection muster-
giltiger modertier Teppiche der verschiedenen Pro-
ductionsländer des Orientes bieten ; ausserdem
aber sollen alte Einzelstücke hervorragender Art
aus dem Besitze von Amateurs, Museen und
Händlern vorgeführt werden und wird in dieser
Richtung auch auf die Mitwirkung des Auslandes
gerechnet. Wiewohl sich der orientalische Teppich
in jenen Kreisen des Publicums, dessen Geschmack
eine gewisse Verfeinerung bekundet, allgemeiner
Beliebtheit erfreut, sind Kenntnisse über Qualität
und Herkunft dieses Erzeugnisses im Allgemeinen
14. J.inn.
Fcbr
18.
25-
März
I I.
Prof. Dr. Ph. Paulilschke : Stanley
und die Culturarbeit in Afrika, I.
Prof. Dr. Ph. Paulitschke : Stanley
und die Culturarbeit in Afrika, H.
Dr. Friedr. Carus : Die Stickerei-
Industrie Vorarlbergs.
Dr. Jacob Simon : Das alte und
neue Athen. Eine Reiseerin-
nerung.
F. V. Hellwald: Die Insel Formosa.
F. V. Helhvald: Kambodscha und
seine Alterthümer.
C. V. Vinienti : Die Athos-Mönche
und ihre Kunst.
Prof. Aug. Oncken: Der Artikel ii
des Frankfurter F'riedens und
der Ablauf der europäischen
Handelsverträge im Jahre 1892.
VerautwortUchsr Bedactear: A. v. Scala.
Druck Toa Ch. Rejtter & M. Werthner in Wien.
November-December-Heft 1890.
Nr. 11 und 12
0£S lERREiCHlSCHE
üMtetlrift für kn #runt
Herausgegeben vom
K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUMJJi_WIEN.
Redigirt' von A. von Scala./ '^^u-i^iinzEi''
Monatlich eine Nummer.
r
VERLAG DES K. K. ÖSTERR, HANDELS-MUSEUMS IN WIEN.
V cim
CTv
f. = 10 Hark.
INHALT: Neuo Entdcckuntfen iiir Uesc-hUhle tUs Papieres UDd
I>rtK>kea. Von Joseph Karabactk. — BeogaHscbe Jute. Von
Kmtl SchUigintunit. — Lage und Producte des Landes Punt.
Von J. Krall. — Wcrtt-Chlua» Erachliesiiunc. — Das Japanische
Theater. — Zur Kutwicklunifugeschichte des Islam. Von Htr-
mann Feigl. — Zur JapaniHi-hcn Fapicrindostrie. — Mi scellen:
Das Datum auf de» Philippinen. — Die Uevötkening .Siaiiis.
— Indische Edelsteine. — Wilde Thlere und giftige .Schlangen
in Ostindien.
NEUE ENTDECKUNGEN ZUR GESCHICHTE DES
PAPIERES UND DRUCKES.')
Von Josef h Karabacek.
Unter den zahllosen Fragen und Pro-
blemen von allgemeinem und speciellem
Charakter, welche durch wissenschaft-
liche Bestrebungen zu unserer Erkenntniss
gebracht werden sollen, gehören unstreitig zu
den interessantesten jene, welche aus unserem
jihysischen und intellcctuellen Leben resultiren,
deren Erforschung uns auf tiefen Spuren in der
Entwicklung der Menschheit bis zu den ersten
unscheinbaren Keimen zurückleitet.
Dahin gehört vor Allem das Capitel der Er-
findungen, das dunkel in seiner ersten Anlage,
dennoch zur höchsten Vollendung sich entwickelt,
fesselnd und zugleich anregend, den genialen
Schöpfer in seiner Werkstatt aufzusuchen gebietet.
Ja, den genialen Schöpfer ! — wenn nicht dessen
Name in den allermeisten Fällen von der undank-
baren Nachwelt vergessen worden wäre !
Wer kennt wohl den gesegneten Erfinder des
Plluges? Wer den Erfinder der Schrift? Niemand
vermag die Namen der Erfinder der Töpferscheibe
und des Stahles zu nennen.
Man wird mich nicht corrigiren dürfen, wenn
ich behaupte, dass wie so viele Andere, auch Ber-
thold Schwarz das Schiesspulver nicht erfunden
habe und dass wir den .Namen des chinesischen
[ersten Pulvermachers auch nicht kennen. Und ist
das die Welt regierende Geld, wie in so vielen
Fällen, trotz seines guten Klanges nicht auch von
unbekannter Herkunft?
Die menschliche Wissbegierde also, der die
wissenschaftliche Forschung unterthan ist , bleibt
den anonymen Urhebern dieser und noch vielen
anderen grossen revolutionär wirkenden Welt-
erfindungen gegenüber unbefriedigt, indem sie sich
über das Leben und Wirken derselben nicht
') Vorlrag, gelmUen am 2«. November 181)0 im k. k. Oeater-
ralchiachrn Haudels-Musonm.
MouaUicIirift fttr deu Orieot. Noveiubi-r Uccaiobcr ItiW.
pflichtschuldigst zu unterrichten vermag. Und viel-
leicht ist es ganz gut so ; denn besässen wir von
gewissen Erfindern etwa gar autobiographische
Daten, wie solche in unseren Tagen üblich ge-
worden sind, dann hätten wohl Manche derselben
— wie ein lachender Philosoph von einigen Selbst-
biographen behauptete — dereinst vor Gott zwei
Leben zu verantworten gehabt.
Preisen wir also unsere kleinste Jugend glück-
lich, welcher in dieser Beziehung in den Schul-
büchern hie und da noch unverfälschte Ideale ge-
boten werden und die auf solche Weise den be-
glaubigten Stempel der Erfindung in die wiss-
begierige Brust sich versenken darf. Darin
unterscheiden sich ihre Lehrbücher in Nichts von
den chinesischen Annalen, in welchen man bis in
das dritte Jahrtausend vor Christi Geburt hinauf,
die Geschichte der Erfindungen mit allen er-
wünschten Einzelheiten verfolgen kann. Der Mensch
bleibt sich eben gleich, im Osten wie im Westen
unserer Erde, wenn es sich darum handelt, den der
geschichtlichen Erinnerung entbehrenden Facten
des menschlichen Ingeniums ein entsprechendes
Denkmal zu setzen. Es sind dies freilich keine Altäre,
wie sie die Alten dem Erfindungsgeiste zu errichten
pllegten, sondern — ich kann sie nicht anders
nennen — Märtyrer der Geschichte der Erfindungen !
Solche , .Märtyrer'' kennt den Namen nach die
Culturgeschichte recht viele. Ich will sie gar nicht
nennen, alle die Erfinder aus der Literatur gewisser
höherer Töchterschulen, wo z. B. der Nach-
weis auch des Erfinders des Strickstrumpfes von
dem Ernste des betreffenden Berufsstudiums gewiss
ein befriedigendes Zeugniss gibt. Aber, wir sollten
doch nicht über derlei Ungereimtheiten lächeln, da
wir Alle ja unbestreitbar Sinn für das edlere Ko-
mische haben, das, weit entfernt von dem Lächer-
lichen der Thorheiten, unbekümmert um Zeit und
Ort, um Individualität und Nationalität an der Ober-
fläche des Lebens sich zeigt. Denn blicken wir nur
zurück auf jene Zustände, welche durch die graue
Vorzeit von uns getrennt erscheinen, so finden wir
in dieser Beziehung beileibe nicht den Zusammen-
hang mit der sogenannten aufgeklärten Gegenwart
unterbrochen. Nur charakterisiren wir jene, also
die Vorzeit, mit den Schlagwörtern .Aberglaube,
Vorurtheil und Unwissenheit, während wir heute
alles dieszusammengenommen — Imponiren heissen!
162
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
Den heutigen Chinesen imponirt es nun ge-
wiss auch, lernen zu müssen, wie ihre ersten mythi-
schen Kaiser im dritten Jahrtausend vor Christo zu-
gleich die ersten Erfinder waren.
Die Araber, sicher ein nicht minder hochstehen-
des Culturvolk, gehen noch weiter, indem sie un-
seren gemeinsamen Stammvater Adam als Erfinder
der Schrift preisen. Dies imponirt auch, beein-
trächtigt aber sicher nicht die Wirkung, wenn die
Muhammedaner in ihre Ruhmeshalle als erste
Preisgekrönte in allen Künsten (also auch der Le-
benskunst) noch sämmtliche Erzväter und Propheten
hinein versetzen, so um nur Einige zu nennen, Seth
als den ersten Knopfraacher, Enoch als den ersten
Schneider, Noah als ersten Zimmermann und
Tischler, Abraham als ersten Milchmann, den bibli-
schen Josef als ersten Uhrmacher , Aaron als
ersten Inhaber eines Ministerportefeuilles, Hiob als
den Ersten der Geduldigsten, endlich Jakob als
den Ersten, welcher ein beschauliches Leben führte.
Die solcher Weise zum Ausdruck gelangende
Naivetät der Orientalen hängt auf's innigste zu-
sammen mit der Entwicklung des Culturlebens,
mit dem Fortschritte des Naturvolkes zum Cultur-
volke. Bei dem wachsenden, mannigfachen Einfluss
der Producte eigener und fremder Erfindungen
auf die Gestaltung so vieler Verhältnisse des socialen
und geistigen Lebens, war es nur die reciprokp
Wirkung, wenn den Arabern bei der unter ihren
Augen sich unausgesetzt prakticirenden Vervoll-
kommnung der Künste, endlich der Gedanke auf
die Erforschung ihres Ursprungs geleitet wurde.
Allein es war schon zu spät. Je mehr Jahrhunderte
die Berichte der Schriftsteller von dem wirklichen
Zeitalter der Erfindung trennen, desto mehr sehen
wir auch bei dem gänzlichen Mangel von Anhalts-
punkten den Kreis ihrer Vorstellungen vom Natür-
lichen zum Wunderbaren erweitert, und so kommt
es, dass bei der oft nicht geringen kindlichen Ein-
falt des orientalischen Gemüthes, dem ernsten For-
scher mitunter die abenteuerlichsten und lächer-
lichsten Angaben begegnen.
Der Culturhistoriker von heute, welcher etwa
ein Buch der Erfindungen schreiben sollte, befände
sich in dieser Beziehung also in keiner angenehmen
Situation, indem er zumeist an der Stelle positiver
Daten, blos hypothetische Lückenbüsser zu bieten
vermöchte. Denn nur selten, äusserst selten dürfte
es sich überhaupt ereignen, dass die Epoche einer
grossen Welterfindung der Vorzeit noch genau wird
fixirt und die Erfindung selbst in ihrer Weiter-
entwicklung zu uns herauf wird verfolgt werden
können. Wenn ich nun trotzdem solch einem seltenen
Fall gegenüber in beneidenswerther Lage zu sein,
mich erklären darf, so sei gleich hinzuzufügen ge-
stattet, dass dieser besondere GUicksumstand wohl
kaum sobald eingetreten wäre, wenn nicht die aus
edler Begeisterung entsprungene munificente That
unseres erlauchten Protectors der Wissenschaften
den Anstoss gegeben , wenn nicht die Weiter-
förderung unter huldreichen Schutz gestellt worden
wäre.
Ich erbitte mir nun Ihre Aufmerksamkeit,
indem ich das Wagniss unternehme, bei knapp
bemessener Zeit auf zwei der allermerkwürdigsten
Erfindungen einer entlegenen Cultur hinzuweisen,
welche, plötzlich hervortretend, den treibenden
Anstoss zu einer blühend sich emporschwingenden
Kraft im Fortschritte der Menschheit gegeben
haben.
Ich meine das Papier und den Druck,
Diese beiden Culturerscheinungen hängen,
historisch oder retrospectiv betrachtet, zunächst
zusammen mit der geistigen Individualität der
Araber.
Indem dieselben frühzeitig frem ie Bildung
an sich zogen, erstiegen sie mit staunenswerthem
und weitgreifendem Wissenseifer rasch die Zwischen-
stufen hinauf zu dem Gipfelpunkt höchster Geistes-
thätigkeit.
Und wie wir die Nation in mächtigem Ringen
von der Barbarei zur Cultur sich emporarbeiten
sehen, müssen wir eben den auf die fremde
Bildung gerichteten Trieb derselben als einen
ihrer intellectuellen Vorzüge anerkennen. Das arabi-
sche Element erscheint uns da gewissermassen
als der Krystallisationspunkt, zu dem sich die
verschiedenen fremden Culturen hingezogen fühlten.
Auf solche Weise also sind die Araber unsere
Lehrmeister, die Pfadfinder auf kaum od^r nie be-
tretenen Wegen menschlicher Geistesarbeit ge-
worden, indem auch das von fremdher Empfan-
gene unter ihren kunstgeschickten Händen neue
Form und Gestalt von individualisirtem Charakter
annahm, Ihre Leistungen in dieser Richtung be-
zeichneten mit wenigen Ausnahmen stets einen grund-
legenden Fortschritt.
So geschah es im Jahre 751, dass durch
ein Spiel des Zufalls im Kriegsglück in dem
fernen Transoxania, an der Ostgrenze des Reiches
unter gefangenen Feinden der Araber einige
Chinesen sich befanden, welche Papierarbeiter
waren. Denn in China verstand man seit ge-
raumer Zeit Schreibpapier aus verfilzten Bastfasern
zu erzeugen. Alsbald mussten jene Kriegsgefan-
genen unter staatlicher Aufsicht ihre Kunst aus-
üben, und damit war der Anstoss zur Papier-
fabrikation auch im Khalifenstaate gegeben.^)
Schon in den Jahren 794 auf 795 wurde zu
Bagdad die zweite Reichs-Papierfabrik errichtet
und von da an datirt der rapide Aufschwung
dieses Industriezweiges, dessen Siegeszug durch
die ganze civilisirte Weit kein anderes Schreib-
material, selbst nicht der aegj'ptische Papyrus, mehr
aufzuhalten vermochte.
Aus dieser fernen Zeit und nahezu an. die
Grenze jenes ersten Versuches der Papierbereitung
zu Samarkand hinaufreichend, sicher aus den
letzten Jahren des VIIF. Jahrhunderts, besitzt die
Sammlung Erzherzog Rainer bereits Papierproben,
welche sich zu tausenden Exemplaren verviel-
') J. Karabacek, „Das arabische Papier", 1887, p. 22 ff.; Der-
selbe, nErgebuisse aus dem Papyros Erzherzog Rainer" 1889, p. 21.
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FOr DEN ORIENT.
163
I
fältigend, von da weiter durch die Jahrhunderte
gehen. Diese einzige Serie hat einen völligen Um-
schwung unserer althergebrachten Anschauung
über diesen Gegenstand herbeigeführt. Einen
Umsturz allerorten, sowohl was die materielle als
die historische lirkenntniss der Papiergeschichte
betrifft. Die materielle oder naturwissenschaftliche
Prüfungunserer Papiere verdanken wirdemPflanzen-
physiolügen der Wiener Universität, meinem
verehrten Collegen Julius Wiesner. Seine Arbeit')
bezeichnet, wie es ein Berufenerer ja aussprechen
durfte, „eine Art Denkstein auf dem Gebiete der mi-
kroskopischen Untersuchung von Producten mensch-
licher Tluitigkeit".-) Sie ist das Ergebniss einer
auf Grund unseres ausserordentlichen Materiales
zu Stande gekommenen Erweiterung und Er-
gänzung der bisherigen mikroskopischen Methoden
der Papieruntersuchung. Welche Schwierigkeiten
diese Art von Untersuchung aber bot, wie zeit-
raubend und mühevoll dieselbe gewesen ist, vermag
auch der Laie zu beurtheilen, wenn er die Ge-
legenheit findet, die bei der Papierbereitung ein-
tretenden Zerstörungsformen der in Betracht
kommenden Fasern durch das Mikroskop zu beob-
achten. Dank dem eindringenden Scharfsinn Wies-
ner's sind nunmehr neue, unwiderlegliche Kriterien,
untrügliche Erkennungszeichen geschaffen , um die
Identificirung der mechanisch sehr stark ange-
griffenen Papierfasern, also die Unterscheidung
zwischen Flachs- und Hanffaser oder zwischen
Leinen- und Baumwollfaser, auch Demjenigen mit
Hilfe des Miktoskopes zu ermöglichen, welchem
der geübte Blick der Pllanzenphysiologen mangelt.
So hat also das Resultat der materiellen
Prüfung Wiesner's im Vereine mit der eigenen
historischen Untersuchung die Tliatsache ergeben,
dass unser bisheriges Wissen über den Ursprung,
das Wesen und die Weiterverbreitung des Papieres
auf falschen Grundlagen aufgebaut war, dass dem
Oriente schon um viele Jahrhunderte früher die
Erfindung des lladernpapieres und der uns heute
bekannten technischen Bereitungsweise desselben,
nicht aber Europa gebühre, wie man bisher an-
zunehmen sich berechtigt glaubte.
Und weiter, nicht nur allein diese Streitfrage
über die Priorität, welche heftige und langwierige
literarische Fehden hervorgerufen, wird nun mit
einem Schlage beseitigt, sondern auch das über
die Technik der Papierbereitung des Mittelalters
gebreitete Dunkel ist mit einemmale materiell und
historisch aufgehellt. Die vielgestaltige Wolken-
decke, welche den Sternenhimmel der Wahrheit
verhüllte, ist, um mit dem persischen Dichter zu
sprechen, gelüftet, entschwunden. Bisher galten
zwei Fundamentalsätze, die wichtigsten der
ganzen Papiergeschichte, allgemein als erwiesen,
nämlich :
I. Die ältesten (gefilzten) Papiere sind aus
roher Baumwolle erzeugt worden. Zwei der jüngsten
■) „Die mlkroikopUcbe Uulcrsuchunv dos Papiere».* 1887.
3) Slittheilangen de.i k. k. techootog. Gewerbe-Museums, IX.,
1888, p. 69.
Zeugnisse hiefür will ich angeben, blos deshalb,
weil sie literarische Extreme sind: das „Lehrbuch
der Papierfabrikation" von Prof. Hoyer und die
neueste Auflage von Brockhaus' Conversatioas-
Lexikon.
Der zweite Fundamentalsatz lautet :
2. Die ßaumwollenpapiere sind die Vorläufer
des Hadernpapieres gewesen, dessen Erfmdung
den Deutschen oder Italienern des XIII. Jahr-
hunderts zuzuschreiben ist.
Der erste, uns zunächst interessirende Punkt
steht mit dem frühesten Vorkommen des Papieres
in Mittelasien in Zusammenhang: die Araber
— so die bisherige Annahme — sollen nämlich die
Methode, ausBaumwolle Papier zu bereiten, um das
Jahr 704 von den Chinesen erlernt und dann nach
dem Abendlande weiter verbreitet haben. Nun zeigt
es sich aber, dass die Araber die Papierbereitung
aus Baumwolle — einem, nebenbei gesagt, für
diesen Zweck wenig tauglichen Materiale — von
den Chinesen gar nicht gelernt haben konnten, da
die Cultur der Baumwolle in China in so früher Zeit
gänzlich unbekannt war.
Damit stimmen auch unsere arabischen Nach-
richten. Sie führen in eine Zeit zurück, in welcher
wir das arabische Volk in seiner staatenbildenden
Grosse bewundern dürfen. Wie ich früher schon zu
streifen mir erlaubte, brachte die angestrebte Su-
prematie über die turkestanischen Staaten die
Araber schon um die Mitte des VIII. Jahrhunderts 1» .
in kriegerische Berührung mit den Chinesen. Als^^/^
nämlich in der bezeichneten Epoche zufolge Zwistig-iiTvi *^
keiten ein Krieg zwischen zwei turkestanischen
Machthabern ausbrach und der eine, zu schwach (~)/r)
im Widerstände, den Kaiser von China um Hilfe ^.^^
anflehte, glaubte der arabische Statthalter der an- ^ _ ^
grenzenden Provinz den richtigen Zeitpunkt für (* r\
eine militärische Intervention gekommen. AmTharaz- r-^
flusse fand der blutige Zusammenstoss statt. Der r^
Kampf endigte mit einer völligen Niederlage der
vereinigten Türken und Chinesen, welche nach
schweren Verlusten an Todten und nach Zurück-
lassung zahlreicher Gefangener von den Siegern
bis zur chinesischen Grenze verfolgt wurden.
Unter den Gefangenen, welche in die Haupt-
stadt Samarkand gebracht wurden, befanden sich
einige Chinesen, die, wie bemerkt, von Profession
Papiermacher waren. Dass sie alsbald ihre Kunst
auszuüben veranlasst wurden, habe ich gleichfalls
erwähnt. Die Aufgabe der historischen Forschung
war nun, den Zeitpunkt dieses epochemachenden
Ereignisses zu fixiren, und da ergab es sich, dass
dasselbe, nicht wie angenommen, im Jahre 704,
sondern im Juli des Jahres 751 stattgefunden haben
müsse. Nicht gering war nun die Genugtbuung, a1*
jetzt, drei Jahre nach dieser historischen Unter-
suchung von China her die Bestätigung dessen kam,
was auf Grund der arabischen Quellen damals fest-
gestellt werden konnte. Angeregt durch diese Er-
gebnisse, hat der Sinologe Friedrich Hirth in
Shanghai in den chinesischenGeschichtswerken'nach-
geforscht und in der Palastausgabe der .Annairn
164
OESTiiRREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
T'ang-shu gefunden, dass der Feldherr KaoHsieu-fa,
ein Koreaner von Geburt, thatsächlich im 7. Monat
(d. i. im Juli) des Jahres 751 von den Arabern bei
Kangii, einer Stadt im Gebiete des Tharazflusses,
eine vollständige Niederlage erlitten habe. ^)
Die wunderbare Uebereinstimmung zwischen
der arabischen und chinesischen Ueberlieferung
bezüglich der den Feldzug hervorrufenden Um-
stände, des Ortes, des Monates und Jahres, lassen
also die berichtete Thatsache von der Gefangen-
nehmung der chinesischen Papierarbeiter durch die
Araber als ganz besonders beglaubigt erscheinen.
Somit kann historisch sicher das Jahr 751
n. Chr. als die Epoche und Samarkand als der Aus-
gangspunkt der Papierfabrikation des Morgen- und
Abendlandes angenommen werden.
Nun, die Freude an dieser Entdeckung ver-
möchte freilich einigermassen herabgestimmt zu
werden, wenn man sich an den bespöttelnden Aus-
spruch des deutschen Demokritos erinnern wollte,
demzufolge „unter allen Entdeckungen wohl zu-
unterst die hochgelehrten Erfindungen stehen, z. B.
ein in der Geschichte vergessener König oder (wie
in diesem Falle) eine richtige Jahreszahl". Von diesem
Gesichtspunkte aus bescheideich mich daher gerne,
diese unterste Stufe der Entdecker einzunehmen
und blos das richtig gestellt zu haben, was durch
mehr als ein Jahrhundert den Streit der Gelehrten
bildete : die Epoche einer der grössten Welt-
erfindungen , woran sich weitere hochwichtige
historische Thatsachen knüpfen, welche dazu an-
gethan sind, den für unseren Erdtheil, in gewisser
Beziehung auch von unserer Zeit unverdient in
Anspruch genommenen Ruhm der Entdeckung in
der Vervollkommnung eines wichtigsten Cultur-
trägers gebührend einzuschränken.
Eine Entdeckung gewaltigster Tragweite war
es in der That, welche sich an das historische Er-
eigniss zu Samarkand knüpfte. Denn das „Samar-
kander Papier", welches in raschem Siegeslaufe in
der ganzen islamitischen Welt berühmt wurde, be-
zeichnet bereits einen unendlichen Fortschritt in
der substantiellen Darstellung des Papierzeuges,
einen Sieg fremden Ingeniums über die Erfindungs-
gabe der Chinesen. Denn sobald von diesen das
Princip der Darstellung gefilzter Papiere, d. h, die
Herstellung eines feinfaserigen Ganzzeuges und das
Schöpfen desselben zur Papierform gegeben war,
schritt man gleich zur Bereitung des Beschreib-
stoffes aus linnenen Hadern oder Lumpen.
Auch dieses F~actum konnte historisch sicher-
gestellt werden und erhielt jüngst in gleich über-
raschender Weise eine, wenn auch indirecte Be-
kräftigung aus dem Chinesischen. Die Sache ver-
hält sich so: Mit der Materie, also dem Beschreib-
stoffe, haben die Araber auch den Namen uns so
überliefert, wie sie ihn kennen gelernt haben. Es
ist die von den Arabern aufgenommene persische
Bezeichnung ä*lS oder ^\S Koghiz (sprich : Köghtz)
für „Papier". Die etymologische Bedeutung dieser
') Fr. Hirlh, Chinesische Studien, I, 1890, pag. 270.
Bezeichnung war bis heute unbekannt geblieben,
doch konnte dieVermuthung ausgesprochen werden,
dass damit ein Lehnwort vorliege, das auf den
chinesischen Papierterminus zurückführe. *) Und so
ist es auch. Der schon genannte Sinologe Hirth
hatte diese Bemerkung wiederum zum Anlass seiner
Nachforschungen genommen und richtig in einem
buchärisch-chinesischen Wörterbuche die persi-
sche Bezeichnung Kdghiz gleichgestellt gefunden mit
dem chinesischen Kok- dz' , d. h. „Papier aus der
Rinde des Papier- Maulbeerbaumes". -)
Es ist dies in der That das Papier, welches die
Chinesen damals fabricirien und heute noch fabri-
ciren, mit welchem allein sie im Jahre 751 die per-
sischen Bewohner Samarkands unter der .\utorität
des arabischen Statthalters bekannt gemacht haben
konnten. Indess der Mangel an nöthigem Rohmate-
rial (der Papier-Maulbeerbaum war in Samarkand
unbekannt) führte die gelehrigen Schüler der Chi-
nesen sogleich zur Verwendung der Bastfasern de«
Leines oder Flachses in ausgenützten Geweben, also
Hadern. Dagegen fällt es nicht in's Gewicht, wenn der
mehrfach genannte Sinologe Hirth jüngstens nach
seinen chinesischen Quellen die Erfindung auch des
„Lumpenpapieres" aus Missverständniss seinen
Chinesen vindicirt, welche dasselbe, wie es die
mikroskopischen Untersuchungen durchaus er-
wiesen, thatsächlich ja gar nicht erzeugt haben.
Der ganze Bericht trägt, um es kurz zu sagen, so
sehr den Stempel der Kritiklosigkeit an sich, dass
er schon von obenhin betrachtet, völlig bedeutungs-
los erscheinen muss. ^)
Im Gegentheil, die historisch festbegründete
Thatsache der Bereitung des ersten Linnen-
Hadernpapieres zu Samarkand •*) steht in vollstän-
diger Uebereinstimmung auch mit dem Resultate,
zu welchem der mikroskopische Befund an den
ältesten, fast gleichzeitigen Beweisstücken der erz-
herzoglichen Sammlung geführt hat. Und diese
zweifellos auf dem Wege der Correspondenz aus
dem fernen Osten nach Aegypten gelangten Hadern-
papiere, also greifbare Belegstücke, datiren aus
einer um nahezu fünfhundert Jahre früheren Zeit,
als diejenige ist, welche man bisher zu Gunsten der
Erfindung der Deutschen oder Italiener in .Anspruch
nahm. *) Es ist natürlich, dass, nachdem einmal die
hochwichtige Erfindung des L'nnenpapiers prak-
*) Das arabische Papier, 1. c. p. 31.
') F. Hirth, Chine«. Studien, p. 269.
') Chinesische Studien, p. *.^G!). Die Gründe hiefur werden
in den „Mittheiluogen aus der Sammlung der Papyrus Erzherzog
Rainer" dargelegt werden.
*) Welche von Herrn Hirth übersehen wurde.
*) Abgesehen von mehrfachen Inthtimarn und Missverstdnd-
nissen, welche in Herrn Ilirth's Abhandlung „Die Erfindung des
Papiers in China" (in Foung pao, Archives pour servir ä Tetudc
de l'histoire ... de l'Asie Orientale elc, redigees par MM. G,
Schlegel et H. Cordier, Leide 1890. Extrait du Vol I und in „Chi-
neiisohe Studien" 1890,(1. B, p. 259-271) zu Tage treten, .'scheint
es doch geboten, ein sehr arges Versehen gleich hier zu corrigireo,
weil es Anlass zur Verbreitung eines neuen Irrthmus neben könnte.
Herr Hirth schreibt nämlich: „Wenn es (das Hadernpapier) trotzdem
der arabischen Welt bis in's 12. oder 13. Jahrhundert hinein fremd
blieb etc.", und beruft sica dabei auf meine Abhandlung „Das
arabische Papier", Seite 31. Dort ist aber nicht von den Arabern
sondern von den — Italienern und Deutschen die Rede. Nur eine
sehr flüchtige Lectttre Itonnte hier die Thatsachen gewissermassen
auf den Kopf stellen und das i;;noriien, was Wiesner und icli
materiell unti historisch eben zu begründen vermochten, nämlich
dass die Araber schon Mitte des S. Jahrhunderts Hadernpapier er-
zeugten.
OESTERREIClnüCME MONATSSCHRIFT r " . : DEN ORIENT.
166
ticirt wurde, sehr bald auch die Befreiung von der
ihm anhaftenden Localisirung in Samarkand nach-
folgen musste, worauf es rasch zu allgemeiner
volkswirthschaftlicher Bedeutung gelangte. So be-
zeichnet <lenn der nun beginnende Siegeslauf durch
die civilisirte Welt in Ost und West einen wichtigen
Abschnitt in der Geschichte dieses Beschreibstoffes.
Dieses grosse, in der Culturgeschichte der Mensch-
heit epochemachende Ereigniss ward zunächst ver-
anlasst durch die Entwicklung der Staatsverwal-
tung auf einer breiteren Grundlage des Kanzlei-
wesens' und stand in innigstem Zusammenhange
mit dem Em|)orblühen geistiger Thätigkeit, mit dem
Aufschwünge einer nationalen Literatur und der
eifrigen Pflege wissenschaftlicher Studien. Als im
Jahre 794 — 95 unter der Regierung Harün-al-
Raschid's in der Chalifenresidenz Bagdad die zweite
Reichspapierfabrik errichtet wurde — ein histori-
sches Factum, welches gleichfalls unbekannt ge-
blieben iät — erfolgte die Weiterverbreitung des
Papieres nach Westen und erst von diesem Zeit-
punkte an kann von einer Bekanntschaft mit dem
Papiere in den Staaten der abendländischenChristen-
heit ernstlich die Rede sein.
In rascher Aufeinanderfolge entstanden auf
allen Gebieten des arabischen Weltreiches Papier-
fabriken in Arabien, Aegypten, Syrien, Nordafrika,
Spanien und Persien. Es zeigt sich unseren er-
staunten Blicken das Bild einer glücklich blühenden
Industrie von ungemessener örtlicher Ausdehnung.
Fast jede Fabriksstätte wies ihre Besonder-
heiten auf. Durch Damascus gelangte das Papier
unter dem Namen chart? Damascena auch in Europa
zur Berühmtheit. Gleich berühmt und wenn man
will, auch verhängnissvoll, wurde für die gelehrte
europäische Forschung aber das Papier der nun-
mehr mit Grund vermutheten F"abriksstätte zu
Hierapolis oder Mambedsch in Nordsyrien, denn
dasselbe bot unverschuldeterweise wohl den
Anlass zu der seit Jahrhunderten bis in diesen Tagen
bestandenen und mit zäher Begeisterung vcr-
fochtenen Fabel von der Existenz des BaumwoUen-
papieres. Nun löst sich die Sache sehr einfach und
mit einem Schlage ist der alte Irrthura, welcher
von den Lehrstühlen herab immer wieder Ver-
breitung fand, entwurzelt.
Durch die Aehnlichkeit der äusseren Erschei-
nung veranlasst, hat man den mittelalterlichen
Namen dieses Papieres als Bambycin oder Bombycin
Papier auf den Stoff, auf die Baumwolle bezogen,
aus der es bereitet worden sein soll, weil bomby.x
im späteren Sprachgebrauche auch Baumwolle be-
deutet. Einer der grössten Irrthümer in der Wissen-
schaft! Ein Baumwollenpapier hat es niemals ge-
geben, das lehren die mikroskopischen Unter-
suchungen Wiesner's zur Evidenz.')
Dazu kommt, um den letzten Zweifel zu be-
seitigen, dass die früher erwähnte Stadt Hierapolis
oder Mambidsch auch den Namen Bambyce führte,
dass von ihr nachgewiesen werden konnte, wie ihre
') I)>Minn(^ii spricht Herr lUrtli. 1. <-., von der liaamvTollo als
Papiermalerial in Cuiua!
Industrieerzeugnisse, welche besonderen Ruf ge-
nossen, im Auslande nach ihr benannt worden sind,
so die bambycischen Zeuge, so auch das bamby-
cische Papier, nicht aber wie in Folge naheliegender
Namensvcrwechslung das „Baumwolleopapicr". •)
Unter den anderen Fabriksstätten waren es
namentlich die aegyptischen, welche mit Bagdad
rivalisirten und durch die Massenerzeugung im-
ponirten. Die aegyptischen Papiere waren imX. und
XI. Jahrhundert so sehr schon verbreitet, dass der
persische Reisende Nasiri Chosrau, als er im Jahre
1035 das Nilland besuchte, bemerken konnte, wie
die Gemüseverkäufer, Specerei- und Kurzwaaren-
händler im Bazar von Altkairo jeden Artikel, den
sie verkauften, in I'apier eingewickelt, den Kunden
einhändigten. Es mag vielleicht interessiren, bei dieser
Gelegenheit zu erfahren, auf welche Weise jenes
von den Kaufleuten so zweckmässig verwendete
Packpapier entstanden ist. Darüber klärt uns der
um das Jahr 1200 Egypten bereisende Bagdader
Arzt Abdellatif auf, indem er erzählt, wie die Be-
duinen und Fellähen sämmtliche Grabkammern
durchsuchten, um die darin gefundenen Mumien-
leinwanden oder Todtenlappen entweder, falls sie
noch genügende Maltbarkeit hatten, für sich zu
Kleidungsstücken zu verwenden oder an die Papier-
macher zu verkaufen, welche daraus das Pack-
papier für die Specereihändler verfertigten.^
Um die Massenhaftigkeit des aegyptischen
Papierverbrauches des frühen Mittelalters an einem
greifbaren Beispiele zu erhärten, will ich Zahlen
nennen. In der ungezählte tausende Stücke ent-
haltenden Sammlung der Papyrus Erzherzog Rainer,
deren Bestand sich zum grössten Theil aus der
mittelaegyptischen Fundstätte von el-Faijüm zu-
sammensetzt, befinden sich auch mehr als 20.000
Urkunden-Papiere, welche aus einer zweiten Fund-
stätte von Hermoupolis stammend, ihrer Haupt-
masse nach in die beiden genannten Jahrhunderte,
nämlich in das X. und XI. Jahrhundert, gehören und
sich darin Jahr für Jahr aneinander reihen !
Aegypten deckte in der That den enormen
Bedarf an Kanzlei- und Actenpapieren der Staats-
verwaltung zum grossen Theile. Berechnungen,
welche auf Grund unseres Materiales und der
historischen Berichte angestellt werden konnten,
ergaben die Maasse aller officiellen Kanzleiformate,
von dem grössten Bogenformat von 73*3 : 109 9 fW
und einen Flächeninhalt von 8065*7 ^"^^ ^'^ herab
zu dem kleinsten Format von 6"1 : 9'i cm. Dieses
feinste Beschreibmaterial führte den Namen
J>jU».J((_5j^ (loarai el-baihJik) Papier der Depeschen
oder jAi^\^^j^ (warak tl-thdr) Vogelpapier, weil
es für die Taubenpost bestimmt war und eigens
zu diesem Zwecke fabricirt wurde. Die Kosten für
dasselbe wurden auf Anweisung des Chefs der
Staatskanzlei aus dem Erträgnisse der Kairiner
Seidenfärberei bestritten. Die Depesche wurde
aus solch einem Bogen herausgeschnitten und an
■) T>*a arabische Tapler, p. *3 S. nnd mrin« ,Kpj* Qaallwi
lur Papierm.«ohirhlc", 1S8.1, p. 43 tl.
*) Da« arabisch« I'apier, p. 97.
166
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEN ORIENT
dem P'lügel der Brieftaube befestigt. Die Brief-
taubenstationen lagen drei gewöhnliche Post-
stationen von einander entfernt. Jeder Vogel flog
stets nur von einer zur andern, d. h. zu seiner
Station, ohne dieselbe zu übergehen. Daselbst
wurde dem gefiederten Boten die Depesche abge-
nommen und dem nächsten an die Reihe kommen-
den Vogel an dem Flügel befestigt, und so ging es
fort von Station zu Station, bis die letzte Post-
taube an die Endstation bei dem Sultanspalast in
der Bergcitadelle von Kairo anlangte. Von hier
brachte sodann der Taubenthurmwächter die Taube
dem Chef der Geheimkanzlei, welcher die Depesche
abnahm und sie las. Auf diese Weise langten täglich
Taubenposten aus Syrien und Aegypten, ja aus der
Hauptstadt selbst an, aus welcher demnach alle
Neuigkeiten und Ereignisse, als : Brände, Mord-
thaten, Diebstähle und dgl., wie sie eben die Tages-
chronik einer Weltstadt bot, schnellstens zur Kennt-
niss des Herrschers gelangten. Man ersieht daraus,
dass auch der Verbrauch der feinsten und kost-
barsten aller Papiersorten ein immenser gewesen
sein mag.i)
Unser unvergleichliches Material gestattete
aber noch viel weitergehende Studien zu machen,
welche uns jetzt die materielle Seite der ganzen
mittelalterlichen Papierbereitung genau erkennen
lassen.
So wurden auch in dieser Beziehung wieder,
dank dem Zusammenwirken der naturwissenschaft-
lichen und historisch-antiquarischen Prüfung, die
wichtigsten Streitfragen der Papiergeschichte end-
giltig gelöst. Auf diesem Wege der merkwürdigsten
Coincidenz zweier an sich so divergirenden For-
schungsmethoden haben wir festgestellt, dass die
Araber von Anbeginn schon die Leimung und
Füllung des Papierzeuges kannten und dieselbe
mittelst Reiswasser , Weizenstärke oder Tra-
ganth ausübten. Dass sie schon frühzeitig auch auf
der Drahtform geschöpfte, also gerippte Papiere
zu erzeugen verstanden, hat sich ebenso aus den
Stücken der erzherzoglichen Sammlung, wie aus
altarabischen Quellennachrichten feststellen lassen.
Auch in der Erzeugung von sogenannten
Modepapieren sind uns die Araber weit voraus-
gegangen. So verstanden sie durch Beimischung
von gewissen Farbstoffen in die Stärkekleister-
leimung, z. B. Safran oder Sykomorensaft, den
Papieren einen Stich in's Gelbe oder Rothbraune
zu geben, als wären die Blätter in F'olge des Alters
vergilbt oder gebräunt. Man nannte diese Operation
das „Antikisiren" des Papieres, und wir haben
Fälle zu verzeichnen, aus denen hervorgeht, dass
insbesondere Urkundenfälscher sich auf ein solches
,, Antikisiren" bestens verstanden haben. Sehr in-
teressant ist, wenn wir in dieser Beziehung weiter
gehen, was wir über die mittelalterliche arabische
Papierfärberei überhaupt erfahren. Wir finden dabei
sowohl Körperfarben , wie Saftfarben , theils in
selbstständiger Anwendung, theils in Mischungen.
*) Da« arabische Pai^ier, I. c. p, 70 f.
Die Pigmente sind meist Abkochungen von Pflanzen-
theilen, die nach dem Kochen manchmal zur Er-
höhung der Modification oder Schattirung mit einem
Mittel als Beize, stets aber mit einem klebenden
Bindemittel (Stärke) versetzt wurden. Das Auftragen
der Farbe geschah oberflächlich auf das fertige
Papier, und zwar:
I. Durch ,,Eintauchen", 2, durch Einreiben
oder Verstreichen auf einem Streichbrett , und
3. durch das Abziehen, indem der schwach ange-
feuchtete Bogen ausgebreitet auf die Oberfläche
der in einem genügend weiten Gefässe befindlichen
Farbenbrühe gelegt und wieder davon abgehoben
wurde.
Muss es nicht in uns das höchste Erstaunen
hervorrufen, wenn wir also sehen, dass wir heute
in der Buntpapierfärberei genau so verfahren, wie
die Araber vor achthundert und mehr Jahren es
prakticirt haben?
Auch die Farbenliste ist hochinteressant. Es
gab blaue Papiere, die man insbesondere zum Ein-
hüllen der Medicamente und zur Ausfertigung von
Todesurtheilen verwendete. Zur Färbung ge-
brauchte man entweder Indigo oder Alocsaft. Zu
ölgrünem Papier wurde Aloesaft mit Safran tem-
perirt. Violette Papiere entstanden aus der Mischung
des Aloesaftes mit aufgelöstem Lack der Coccus-
schildlaus. Rothes Papier, dessen Gebrauch in den
Kanzleien, sowie zur Correspondenz der Grossen
mit dem Herrscher, als ein Vorrecht hohen Ranges
und Beweis auszeichnender Bevorzugung galt, wurde
durch die Färbung mit dem eben genannten Lack
erzeugt. F^erner gab es aloeholzartige Papiere. Die-
selben zeigten ein rosiges Pigment, das durch
einen Absud des Brasilienholzes hervorgebracht
wurde. Saatfarbige Papiere brachte man zustande
aus einer Mischung von Safranlösung und einer aus
krystallisirtcm Grünspan bestehenden Beize. Gelbes
Papier endlich wurde hervorgebracht, indem man
eine Safranlösung zur Erhöhung der Pigmentirung
mit einem Absud von Citronrinde (Limonschale)
versetzte.
Wollte ich die Zeit meiner Zuhörer übermässig
in Anspruch nehmen, was mir ferne liegt, so könnte
ich den abgerissenen Faden in der menschlichen
Culturentwickelung, welchen ich eben aufgenommen
habe, wohl noch viel weiter bis in die Gegenwart
spinnen, um Sie unvermuthct dabei zu überraschen,
wie Sie tagtäglich unter ihren Händen — vielleicht
sogar unbewusst — die Erinnerung an die glän-
zende Erfindung des von dem Schauplatze seiner
Culturmission längst abgetretenen arabischenVolkes
pflegen. Denn weoa Sie morgen etwa aus täglicher
Gewohnheit einen Bogen Papier in die Hand
nehmen werden, oder ein Buch, vielleicht gar ein
Riess betrachten wollten, so wird sich dabei nichts
Anderes ereignen, als wie vor 1000 Jahren, da die
Araber den Bogen zum Buche und das Buch zum
Riess vervielfachten. Trotzdem Sie sich dabei euro-
päisch fühlen, werden Sie doch arabisch handeln,
ja noch mehr, Sie werden dabei unbewusst arabisch
sprechen. Denn das, was Sie Bogen, Buch und
h
OBSreRRBICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
167
Riess nennen, haben die Aralier schon so benannt.
Das französische main de papter, Huch Papier, ist
nichts Anderes, als die wörtliche (Jebersetzunfj aus
dem Arabischen Kifa Hand (metonymisch für
Blatt), die Bezeichnung für das Buch Papier. Und
rizma die arabische Benennung für Kiess, wörtlich
Bündel, Packet, ging gleichlautend als risma in's
Italienische über, wurde im S()anischen restna, im
Französischen zu rame, im Englischen ream und im
Deutschen mit Abwerfung der letzten Silbe von
rizma zu Riess (altdeutsch rizz).
Doch verlassen wir die Gegenwart und fassen
wir noch einmal rückgewendeten Blickes die
Epoche der Erfindung des Leinenhadernpapiers in's
Auge.
Da ist es vielleicht noch überraschender als
dieses zu sehen, wie sich damit eine zweite, nicht
minder epochemachende Erfindung verbindet, der
zur Huldigung und zum Danke noch keine Denkmals-
Commission amtszuhandeln in der Lage war.
Sowie nämlich die Araber, wenn auch nicht
,^^ Selbstschöpferisch, doch in findiger Erkenntniss
^^■tnit dem Papiere vorbedächtig Neues ergriffen,
haben sie aus gleicher Bezugsquelle wohl nicht
lange darnach auch die Kunst des Formschnittes
bezogen. Unter dieser Bezeichnung verbergen sich
die Origines der Kunst Gutenberg's, welche bisher
so sehr mit Dunkelheit und Vorurtheilen aller Art
umgeben war.
Bevor jedoch die Araber zur Anwendung des
Modeldruckes zum Behufe der Vervielfältigung
literarischer Erzeugnisse gelangten, machten sie
dieselbe Schule durch, welche wir um einige Jahr-
hunderte später für Deutschland und Italien in An-
spruch zu nehmen gewohnt sind: ich meine die vor-
bereitende Ausübung des Zeugdruckes. In dieser
Beziehung schritten also die Araber wiederum
voran. Ja noch mehr, sie übten nebenbei die Kunst
der Zeugpolychromirung aus, welche schon in alter
Zeit, wie auch heute, zur Verwechslung mit dem
eigentlichen Zeugdruck Anlass gab. Sie verstanden
nämlich, wie die westlichen Völker der malayischen
Race. namentlich auf Java, die Herstellung von
bunt gemusterten Zeugen, denen bei Anwendung
der Wachsreservage ein combinirtes Dessiniren
und Färben zugrunde lag. Ausser dieser uralten
„Reservage" mit Wachs prakticirten sie indess
noch ein anderes Verfahren, das bisher gänzlich
unbekannt blieb. Sie verwendeten nämlich in der
Zeugfärberei auch festes thicrisches, aber schmelz-
bares Fett : den Ziegentalg als farbenabweisendes
Mittel, indem er .heiss geschmolzen und applioirt,
bei leichter Erstarrung eine ganz vorzügliche Re-
servage abgab, so dass der damit etwa im[>rägnirtc
Stoff durch irgend welche Farbstofflüsung gezogen,
von derselben unangegriffen herauskam. M.in be-
nützte diese Wirkung der an der Gewebcllächc
keine Spuren hinterlassenden Reservage zu dem
Kunststückchen, ein weisses Schnupftuch in die
Farbbrühe zu tauchen, um es alsd.inn ungefärbt
herauszuziehen.
Dies konnte nur geschehen, indem man das
Schnupftuch vorher in heissen geschmolzenen
Ziegentalg so lange eintauchte, bis es von dem-'
selben vollständig durchtränkt war.
Indem wir also den Auftrag der Reservage
mittelst Aufgiesscns oder des Pinsels, sei es aus
freier Hand oder nach Vorschrift der Patrone, bis
in die arabische Zeit und noch weiter hinauf ver-
folgen können, wird dieses technische Verfahren
der Zeugmusterung doch nur als Vcläufcr des
eigentlichen Zeugdruckes betrachtet wer<len können.
Was diesen letzteren selbst betrifft, so finden
wir die Araber schon in der ersten Hälfte des
VII. Jahrhunderts, genau in der Epoche der Grün-
dung ihres Einheitsstaates, von Byzanz und Persien
her im Besitz der Kenntniss des Zeugdruckes,
während zur selben Zeit im äussersten Osten Asiens,
in China, die Anwendung des Models zum Buch-
drucke eine völlig neue Epoche des civilisatori-
schen Fortschrittes eröffnete.
Freilich ist der Zeitpunkt dieser neuen Erfin-
dung der Söhne des Mittelreiches auch wieder nicht
genau zu fixiren möglich. Die Angaben schwanken
sehr, und Einige meinen, der chinesische Model-
druck auf Papier sei gar erst zu Beginn des
.\. Jahrhundertes in China aufgekommen.
Wie dem auch sei, Thatsache ist, dass um die
Mitte des \. Jahrhundertes der Tafel- oder Model-
druck in China schon ganz allgemein in Gebrauch
war, so sehr, dass ein erfinderischer Kopf sich mit
gedruckten Anweisungen auf Geldzahlung, welche
die schweren Metallmünzen vertraten, zu helfen
suchte, ein Ausweg, der etwas später, um die
Wende des X. Jahrhundertes, dazu führte, von
Staatswegen Papiergeld auszugeben.
Unter solchen Umständen wird man es gewiss
mit mir als ein besonderes Forscherglück be-
trachten, dass es mir gegönnt war, zur grösstcn
Ueberraschung und höchsten Freude unter den
tausenden von Papieren der erzherzoglichen Samm-
lung nicht weniger als dreissig arabische Model-
drucke schon des X. Jahreshundertes, zwei wohl
noch aus dem I.\. Jahrhundertes, aufzufinden.
Und merkwürdig ! Alle diese phänomenalen
Stücke reichen eben in die Wiegenzeit des chinesi-
schen Druckverfahrens hinauf und erweisen sich
•mit demselben gan.« und gar als identisch. Sie
documentiren, dass man in den muhammedanischen
Ländern des vorderen Orientes , also auch in
-Aegypten, den Druck zu einer Zeit bereits allgemein
ausübte, zu welcher sich auch für Ostasien der
Ursprung desselben nahe zurückleitct.
So sehr wir uns nun dieser Entdeckung freuen
dürfen, so unangenehm mischt sich in dem Freuden-
kelch auch ein bitterer Tropfen des Acrgers. Kaum
hatte ich von diesem Funde nur mit einem Worte
in der Ocffentlichkeit Erwähnung gclhan, als ein
grausamer Zufall mich un.l meine Drucke mit einer
unerhörten Sagenbildung zu umgeben begann. In
einigen Berichten über die Entdeckung, welche die
VV'iener Tagespresse mit liebenswürdiger Schnel-
ligkeit brachte, war nämlich gesagt, dass diese
168
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN pRlENT.
unsere Drucke mittelst „Holznadeln" hergestellt
worden seien. Jedermann konnte den Druckfehler
erkennen und die sonderbaren Holznadeln still-
schweigend in Holzmodeln corrigiren. Allein, wie
schon einmal der Druckfehlerteufel zuweilen auch
seine Laune hat, fanden flugs einige französische
und amerikanische Journaleheraus, dass der Wiener
Gelehrte in der berühmten Sammlung der Papyrus
Erzherzog Rainer einen mit beweglichen Typen
hergestellten Druck aus vorgutenbergischer, ja aus
der Zeit der Pharaonen, circa lOOO Jahre vor Christi
Geburt, auf Papyrus entdeckt habe. Denn was
Anderes konnten die „Holznadeln" gewesen sein
als bewegliche Typen. Es ist selbstverständlich
Alles geschehen, um dieser unsinnigen Mythen-
bildung Einhalt zu thun. Vergebens ! Sie scheint in
Amerika unausrottbar zu sein.
Vielleicht bieten gegen solch teuflische Hexerei
unsere Drucke selbst den wirksamsten Schutz,
wenigstens sind sie ja zumeist talismanischer Natur.
Es sei daher gestattet, einen dieser Talismane
hier anzurufen.
Es ist ein Streifen gerippten Papieres von
0"4i m Länge und o'oSm Breite. Er charakterisirt
sich wie alle anderen Stücke als sogenannter
Reiberdruck, welcher mittelst drei Platten herge-
stellt worden ist. Der Vorgang hiebei war eine
Art Abziehverfahren, ähnlich dem bei unseren
„Bürstenabzügen".
An der Spitze unseres ornamentirten Schrift-
streifens steht nun in für uns unverständlichen
Zeichen der grosse magische Name Gottes :
C\\\\ f^\\\
Darunter folgen einige talismanische Buchstaben
des Korän's und sodann der Text des ersten Ge-
betes. Merkwürdig ist dabei, dass in demselben die
talismanische Kraft zu dem Besitzer und dieser zu
jener spricht. Hier die wörtliche Uebersetzung') :
(T) Tritt näher und fürchte Dich nicht, denn
Du bist sicher.
(B) Befreie mich von .... (Hier fügt der Be-
sitzer seinen diesbezüglichen Wunsch ein.)
(T) Wenn Du den Koran vorliesest, so machen
wir zwischen Dir und Denen, die nicht
glauben an ein zukünftiges Lebefl, einen
dichten Vorhang, und Gott wird Dir bei-
stehen mit mächtigem Beistande.
(B) Der Heilende ist Gott! Der Genügende ist
Gott! Der Verzeihende ist Gott! Er ist
der beste Beschützer und der beste Helfer !
In Gottes Schutz ziehe ich mich zurück.
(T) O Träger des Namen Gottes, da! nimm!
(B) Bei dem Besitzer der Allmacht und der
Allherrlichkeit: ich setze mein ganzes
Vertrauen auf den Allmächtigen, den
Wahrhaften, den Ewigdauernden, welcher
nicht stirbt.
(T) Ich habe getroffen und getödtet Den-
jenigen, welcher Dir verderbenbringendes
Uebles wollte.
') (T) = Tnllamaniscbe Kraft; (B) = Besitzer des Talismans.
(B^ Es ist keine Macht und keine Kraft ausser
in Gott, dem Allerhöchsten, demGrössten;
ich stelle meine Angelegenheit Gott an-
heim, denn Gott blickt auf seine Diener.
(T) Er ist es, welcher Dich zum Islam einlädt.
Dich behütet und von Dir das Uebel eines
jeglichen Unglückes abwendet.
Der zweite Theil unseres Modeldruckes ent-
hält als Schutzgebet die erste Sure des Koran's,
welche bekanntlich dem frommen Muhammedaner
in allen Lagen und unter allen Umständen Hilfe zu
bringen vermag.
Sie lautet :
„Im Namen Gottes des Allbarmherzigen, des
Allerbarmenden ! Lob sei Gott, dem Herrn der
Welten, dem Allbarmherzigen, dem Allerbarmen-
den, dem Herrscher am Tage des Gerichtes ! Dir
dienen wir! Dich rufen wir um Beistand an, führe
uns den geraden Weg, den Weg Jener, gegen die
Du wohl wohlthj^tig warst, auf denen nicht Dein
Zorn lastet und die nicht irre gehen. Sprich : Er
ist Gott der Einzige, Gott der Ewige, er zeugte
nicht und ward nicht gezeugt, und kein Wesen ist
ihm gleich !"
Das dritte talismanische Schutzmittel ist sehr
alt, sein Text stammt aus dem Anfange des
VII. Jahrhunderts und ist historisch wohl begründet.
Einer der Gefährten des Propheten Muhammed,
Namens Abu Dudschana, hatte nämlich einstmal
während eines nächtlichen Spazierganges ein un-
angenehmes Abenteuer zu bestehen. Er begegnete
einer Persönlichkeit, deren Haut, als er sie be-
rührte, wie die eines Stachelschweines sich an-
fühlte. Es war der leibhaftige Satan. Abu Du-
dschana begab sich des Morgens zu dem Propheten
und bat ihn um ein Amulet, um künftig gegen ähn-
liche Fährlichkeiten einer nächtlichen Excursion
geschützt zu sein. Muhammed that mehr, als ver-
langt worden war, und dictirte nun dieses vor-
liegende Amulet, welches nach der Ueberlieferung
erprobt ist für die Abwehr von Unglücksfällen,
Leibschäden, Zauber, Krankheiten, Schreck-
gespenstern, des bösen Blickes der Geister und
Menschen sowie ihrer Schlechtigkeit und Schäd-
lichkeit.
Es ist in Briefform gefasst. Muhammed adres-
sirt es an Denjenigen, der es bei nächtlichen Fahrten
benützen will. Der Text lautet :
„Lob sei Gott, welcher Himmel und Erde
geschaffen hat ! Und dennoch gibt es Welche, die
im Unglauben verharren, um ihrem Herrn andere
Wesen gleichzusetzen ! Dieses ist der Brief des
arabischen, koreischitischen Propheten, des Herrn
des Stabes und der Kameelin, der Cisterne, der
Fürbitte, des Lichtes, des deutlichen Beweises,
der nächtlichen Himmelfahrt und des Korans, des
Besitzers einer richtigen Sentenz unseres Erlösers
von dem Höllenfeuer (welche lautet): Es gibt keinen
Gott ausser Gott, Muhammed ist der Gesandte
Gottes !
An Denjenigen, der sich zur Nachtzeit zu dem
Wohnort von den Wohnörtern eines bewohnten
^' JE D NOTA ,
. K POVZBUZENI ,
\ PRUMYS L 'J (icSTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT pOR DEN ORIENT
i \t PP P M»0 W * *
169
V CECMACH
Landes begibt, auf dass it nur mit Glück reisen
möge
Bei Gott: O Allbarmherziger! Aber darnach:
O Satan ! O Herrscher (der Dämonen) ! Wer von
Euch verliebt und begierig, oder ausschweifend
und unüberlegt, oder grausam und zerstörungs-
süchtig ist, so lasst ab von dem zur Nachtzeit
reisenden Träger des Wortes Gottes und geht
davon zu den Götzendienern und zu Jenen, welche
vorgeben, dass mit Gott zugleich eine andere Gott-
heit existire: Es gibt keinen Gott ausser Ihm, dem
Allmächtigen !
Bewahre den Besitzer meines Briefes vor dem
Einfluss des bösen Auges und vor dem bösen Blick!
Beschütze ihn vor der Schlechtigkeit des Menschen-
geschlechtes und ungläubiger Individuen."
So der vollständige Inhalt unseres Druckes.
Wie man daraus entnehmen kann, enthält er Gebete
talismanischer Tendenz. Auch die anderen Drucke
bieten ähnlichen Inhalt; es sind zuweilen auch
fromme Tractätchen, deren Herstellungsart eben
auf die Massenhaftigkeit ihres Consums zu schliessen
berechtigt.
Wenn schon überhaupt diese Modeldrucke
vermöge ihres ehrwürdigen Alters unser Erstaunen
zu erregen vermögen, wird dieses nur um so grösser,
indem wir in einigen von ihnen gleichfalls wieder
die Vorläufer einer Kunstübung zu erblicken ver-
mögen, deren Ursprung man viele Jahrhunderte
später auf europäischem Boden gefunden zu haben
glaubt. Schreibt doch unser vielgelesener Kunst-
ästhetiker Moriz Carriere in seinem Werke: „Die
Kunst im Zusammenhange der Culturentwicklung"
(IV, 103 f) wörtlich ;
„Von entscheidender Wichtigkeit für die
deutsche Kunst endlich war, dass mit der Buch-
druckerkunst auch die Vervielfältigung der Zeich-
nungen durch Holzschnitt und Kupferstich in
Uebung kam. Schon im .»Mterthum grub man Zeich-
nungen in Metallplatten, um Kästchen oder die
Rückseite von Spiegeln zu verzieren; in Italien
stellte man das Niello her, indem man die ver-
tieften Linien mit einem andersfarbigen Metall aus-
füllte ; aber sie abzudrucken warder neue Gedanke,
und dies ist eine deutsche Erfindung, die zu künstleri-
schen Zwecken zuerst bei uns verwerthet ward."
Dieser Anschauung steht nun die unleugbare
Thatsache gegenüber, dass unter unseren arabischen
Modeldrucken auch die ältesten Versuche iler An-
wendung von Zeichnungen in zweierlei Farben,
schwarz und roth, als Textdrucke vorliegen. Vor-
erst ornamental, erscheinen sie sowohl in geschrie-
benen als gedruckten Texten als Eindrucke.
So befinden wir uns denn wiederum in der
fatalen Lage, die Priorität der einem Culturvolke
zugeschriebenen Erfindung abweisen zu müssen,
einer Erfindung, welche sich in dem bezogenen
l'alle unter Anwendung einer Art kunstwissen-
schaftlicher Reduplication für uns lediglich in eine
blosse Ehrerfindung auflöst.
Wahrhaftig , wir wollen uns über diesen
Abzug keineswegs kränken ; können wir uns doch
vollaufdamit begnügen, die bahnbrechende Richtung
für den Holzschnitt in Deutschland durch unseren
Albrecht Dürer eingeleitet zu sehen.
Verweilen wir noch einen kleinen Augenblick
bei unseren Modeldrucken, so fällt noch insbe-
sondere eine merkwürdige Erscheinung an ihnen
in's Auge.
Bekanntlich leitet man die Entstehung der
sogenannten xylographischen Werke, d. h, der
Holztafeldrucke zurück auf die Bilderdrucke, indem
der Entwicklungsgang in folgender Weise ange-
nommen wird : ,,Beim Fortschreiten der Kunst be-
kommen die Zeichnungen Andeutungen von Schat-
tirung. Auf die einfachen Unterschriften der Bilder
folgen ganze Sprüche, gewöhnlich Bibelstellen und
Verse , oft in der Form von Devisen aus dem
Munde einer Figur hervorgehend. Aus den Sprüchen
werden schliesslich ganze Textseiten, die dem Bilde
gegenüberstehen. Das Bedürfniss der weltlichen
Belehrung führte schliesslich zu einem Buch ohne
Bilder.*) Nun, sollen wir wirklich an diese Ent-
wicklung glauben?
Im Morgenlande wenigstens , sehen wir an
unseren Beispielen den Textdruck um Jahrhunderte
früher zur Vollkommenheit entwickelt, und während
man im Abendlande selbst nach der Erfindung der
beweglichen Typen den Tafeldruck nicht ganz
aufgab , namentlich für Sachen , wozu kleinere
Typen erforderlich, deren Guss noch zu schwierig
war,'') zeigen die meisten unserer arabischen Tafel-
drucke schon einen ausserordentlich, hie und da
fast mikroskopisch kleinen und zarten Schnitt der
Schrifttexte, so dass der Rückschluss auf eine noch
längere Kunstübung wohl berechtigt erscheint.
Unter solchen Umständen darf es gar nicht Wunder
nehmen, dass sich dieser arabische Formschnitt
sehr bald auch ungeahnten Zwecken höherer Staats-
nothwendigkeit dienstbar zu erweisen vermochte.
Denn als in der Bedrängniss des II. Kreuzzuges,
1 147, die finanzielle Noth in den muhammedani-
schen Staaten Nordsyriens am höchsten stieg, indem
dort dem Geldmarkte bereits alles gemünzte Edel-
metall entzogen worden war, begann man gedruckte
Papiergeldnoten mit Zwangscurs in fabelhafter
Menge auszugeben. Im Jahre 1147 Papiergeld!
Dieses Wort erregt in uns sofort eine Fülle geistiger
und materieller Beziehungen, Begriffe und Vor-
stellungen für die Gegenwart und Vergangenheit :
doch was konnten wir in dieser Beziehung bisher
unter Vergangenheit verstehen ? Wir dachten dabei
zurück an unsere Bankozetteln, an die Assignaten
der ersten französischen Republik , noch weiter
zurück an den berüchtigten Schotten John Law zu
Anfang des XVIII. Jahrhunderts und führen sodann
einen zeitlich wie räumlich gewaltigen Sprung aus
zu den Arabern des XII. Jahrhunderts, ja noch
weiter zurück in das XI. Jahrhundert zu den Chi-
nesen, welchen hierin der Vorrang gebührt.
Die Verbindungsglieder fehlen. Eine Zeitlücke
^) Lorek, nandbiicb <lpr <Twhlcht^ drr ItuehdrnekerkaiMt,
ISSi, 1., V t» f-
•} Lork, 1. r. |i. «0.
Ifc
170
OESTERREICHISCHE M0N;^TSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
von 700 Jahren gähnt uns entgegen, welche nur
noch durch spärliche Angaben nothdürftig aus-
gefüllt wird. Und so müssen wir uns denn zufrieden
geben mit der blossen lirkenntniss, dass es nichts
Neues mehr unter der Sonne gebe, dass die Welt
in finanziellen Dingen uns eben auch so erscheint,
wie sie der persische Dichter schildert :
als ein Weib, ein altes,
Voll Tücken, schlau, erfinderisch an Qualen,
Ihr Anfang ist, ihr Ende unbekannt,
Und, ach, ihr Alter über alle Zahlen;
Wer je sie schaute, fand sie, wie sie ist,
Nie wird dem Blick in and'rer Form sie strahlen!
Das Elend, welches die Druckherstellung des
ersten Papiergeldes über einen grossen Theil der
muhammedanischen Welt herbeiführte, lässt sich
begreifen, wenn wir in dem arabischen Berichte
lesen, dass jede Anweisung auf i Golddinär, also
etwa 13 Frs. lautete. Die Folgen dieser unsinnigen
Papiergeldwirthschaft blieben nicht aus.
Indem Niemand an die Zahlungsfähigkeit des
Staates auch nur im Entferntesten glauben konnte,
wurden die Papiere bald so sehr entwerthet, dass
selbst der Aermste mit Leichtigkeit in den Besitz
von 10 — 20.000 derselben gelangen konnte. Sehr
anschauliche Berichte liefert hierüber der gleich-
zeitige arabische Historiker Abu Schäma in der
Lebensbeschreibung des Sultans Nur ed d;n Mahmud,
in dessen von den Kriegsstürmen zunächst be-
troffenen Ländern diePapiergeldnöthen am höchsten
gestiegen waren.
Der edle Sultan erlebte nicht die Befriedigung,
ruhige und gesunde wirthschaftliche Verhältnisse
einkehren zu sehen.
Wie dann in der Folge der wirthschaftliche
und dynastische Ruin in diesen Ländern eintrat, ist
bekannt; unbekannt war aber bisher die Ursache,
welche ihn herbeigeführt.
Seit dieser Zeit des ersten verunglückten
Experimentes mit den Staats-Papiergeldnoten im
Islam tritt eine Pause in der Erzeugung von derlei
Drucksorten ein. Erst zum Schluss des darauf-
folgenden Jahrhunderts brach wieder über einen
grossen Theil Mittel- und Vorderasiens die Calamität
der Papiergeldwirthschaft herein, welche von China
ihren Ausgang nahm.
Aber während das chinesische Papiergeld
bereits seinen Weg gegangen und schon im Jahre
1287 vollständig entwerthet war, ergiesst sich die
Fluth desselben mit neuer vernichtender Gewalt ein
paar Jahre später, 1293, über die westlichen Ge-
biete Asiens, d. h. über das grosse Reich der persi-
schen lichäniden, in Folge massloser Verschwen-
dung der Hofhaltung und der Eingebung einer
momentanen Laune.
In Tebriz wurde in dem genannten Jahre 1293
die erste Druckerei hiefür eingerichtet. Das da-
selbst erzeugte und emittirte Papiergeld war nach
chinesischen Vorlagen gearbeitet und adjustirt.
Dann folgten Schlag auf Schlag die Städte des
arabischen und persischen Irak, Kirman und Chorä-
sän , sowie Mesopotamien , Dijär Bekr , Mossul,
Meijafarikfn und Schiräz : allüberall entwickelte
sich eine fieberhafte Thätigkeit in der Erzeugung
gedruckter Geldnoten, bis der elementare Aus-
bruch der Volkswuth und die Geissei des dichteri-
schen Spottes auch dieser Episode ein schnelles
Ende bereiteten. Sie war glimpflich genug abge-
laufen und hinderte nicht, dass nach ihr mit dem
Thronwechsel eine drei Decennien währende Blüthe-
zeit des Ilchaniden-Reiches hereinbrach.
Aus diesen von mir angeführten ältesten Bei-
spielen von Erzeugnissen des Holzmodel- oder
Plattendruckes, welcher die Etappe zum Druck
mittelst beweglicher Lettern bildete , geht also
augenscheinlich hervor, dass der Druck hauptsäch-
lich für solche Objecte Anwendung fand, welche in
Massenhaftigkeit erzeugt, in die Massen des Volkes
einzudringen bestimmt waren.
So sehen wir denn schon in sehr früher Zeit,
fast genau siebenhundert Jahre vor dem Erscheinen
unserer ersten europäischen Tafeldrucke in Buch-
form, Papier und Druck als wichtige Hebel in die
Culturbewegung morgenländischer Volker wirksam
eingreifen. Und diese beiden Culturträger von einst
und jetzt tragen den offenbaren Stempel der Sieges-
gewalt eines Volkes an sich, das gross in geistigen
Eroberungen, energisch in der praktischen Ver-
werthung derselben, zu dem Aufbau menschlicher
Cultur mächtige Quadern geliefert hat, die unver-
gänglicher als seine Siegeskränze die Jahrhunderte,
selbst seines nationalen Lebens, zu überdauern ver-
mochten.
Freilich sind es nur vereinzelte Wegspuren
auf diesem ungeheueren Gebiete des menschlichen
Culturfortschrittes, welche ich hier durcji ein halbes
Jahrtausend zurück zu verfolgen im Stande war.
Darum mag auch hie und da die Befriedigung
hierüber keine vollständige sein. Aber in wissen-
schaftlichen Dingen gilt wohl auch das Wort des
Zweiflers Cartesius, dass wir Grosses hoffen dürfen,
wenn nur das Kleinste gefunden ist, das zweifellos
und unerschütterlich feststeht. Sollte dieses Letztere
darzuthun mir gelungen sein, dann darf ich miih
reichlich belohnt fühlen.
BENGALISCHE JUTE.
Von Emil Schlagintweii .
Als während des Krimkrieges, 1854 — 1856, in
England der Bezug von Flachs aus Russland zum
Stillstand kam, brachten Handelsfirmen in Calcutta
Jutefaser der besten Sorte auf den Markt, und
während die Pflanze 1851 auf der Londoner Aus-
stellung keine Beachtung gefunden hatte, wurde
man jetzt in Indien durch den überaus starken Anbau
der neuen Handelspflanze bange und fürchtete Ver-
nachlässigung der NahrungsfrOchte ; im Februar
1873 wurde eine eigene Centralbehörde geschaffen,
um über die Ausbeute und die Herstellung von Jute
jährlich zu berichten und, der Uebersicht, erstattet
von Babu Hem Tschandar Kar, entnehmen wir die
nachstehenden Angaben.
Der Ernte von 1890 war die Witterung sehr
günstig. In einzelnen Districten litten die Pflanzungen
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
171
unter übermässigem Regen, aber im Ganzen ist eine
jjute Mittelernte erzielt worden. Im Vorjahre ge-
langten 8'/^ Millionen Centner zur Ausfuhr; in
diesem Jalire wird den Ausfuhrfirmen ein Fünftel
mehr an Rohmaterial zur Verfügung stehen.
Jute gehört zur Gruppe der Lindenbäume
und ist die wichtigste Gespinnstpflanze in Unter-
bengalen; neuerdings beginnt sie in Behar und
Tschota-Nagpur , den 'I~afelländern westlich von
Unterbengalen, über welche man die mittleren
Gangesländer erreicht, San oder Hanf zu ver-
drängend Die Wissenschaft unterscheidet zwei Arten :
('orchorus olitorius und C^orchorus capsularis; die
liingeborencn haben örtlich verschiedene Bezeich-
nungen. Grundnamen sind Pat für die Pflanze,
Koschta für die Faser.
Der Anbau von Jute zum Hausgebrauch lässt
sich für Unterbengalen schon in sehr alter Zeit nach-
weisen ; als Packmaterial kommen Gewebe im XVII.
und XV III. Jahrhundert in den europäischen Handel,
auch Seile gelangen zur Ausfuhr. In rohem Zu-
stande ging Jute damals nicht auswärts ; die
ersten Versuche hissen sich für das Ende des ab-
gelaufenen Jahrhunderts erweisen, und zeitweise
sollen die Umsätze bedeutend gewesen sein; 182g
war die Ausfuhr auf 364 Centner zurückgegangen
und hat diese t2 '£ gewerthet. Nach fünfjahren wurde
das Zehnfache in der Quantität ausgeführt, die Ziffer
hob sich aber niemals auf eine Viertelmillion, weil
russischer Flachs billiger zu haben war. Nach dem
russischen Kriege im Jahre 1858 wurden 969.724
Centner verschifft; in zehn Jahren verdreifachte
sich die Ziffer und nahm- seither stetig zu; allein im
Jahre 1872 stieg die Zahl der mit Jute ange-
bauten Fläche um ein volles Drittel. Vom wirth-
schaftlichen Standpunkte aus erwies sich die ne<ie
1 landelspflanze als grosse Wohlthat für die Bevöl-
kerung ; der Zuiluss von Silber entriss einen bedeu-
tenden Percentsatz der Bevölkerung der drücken-
den Verschuldung, die sie der Früchte der Arbeit
beraubt hatte. Die Frage, ob durch die neue Ge-
s|)innst[)flanze die Menge von Nahrungsgetreide zu-
1 iickgegangen sei, verneint der Berichterstatter, weil
der Preis von Reis nicht in höherem Masse stieg,
■ds das Silber an Werth einbüsste, und weil der
lauer meist Land zweiter Güte zur Verfügung hat,
las sonst fast nichts eintrug und sich für Jute
eignet, während das beste Land den reichsten Er-
trag in Reis abwirft. Man kann behaupten, dass der
bengalische Bauer mit Jute sein Einkommen,
das er sonst aus Reis und Oelsamen erzielte, mehrt,
nicht aber den Reis zurücksetzt. Nur in solchen
Dörfern mag zu ■ Jute im Uebermass gegriffen
ein, wo der Mahadschan oder Dorfkrämer eine
jössere Lieferung übernahm und, um sich die er-
lorderlichc Menge zu sichern, den Bauern zur Zeit
der Saat Vorschüsse auf die Jute-Ernte gegen
die Verbindlichkeit macht, eine bestimmte Menge
Ljutcn Landes damit zu bepflanzen.
Am meisten sagt Jute ein feuchtes Klima zu,
mit wechselnder Witterung während der Reifezeit ;
zu viele Feuchtigkeit macht die Faser zu markig
(rooty ist hiefür der technische Austiruck), Trocken-
heit dagegen hält sie im Wachsthum zurück und
bewirkt Sprödigkeit.
Die Bearbeitung des Feldes und die Zeit der
Ernte wechselt nach Districten. Das Land erfordert
viele Arbeit; es muss so oft geackert werden, bis
jede Krume gestürzt, der Sonne ausgesetzt und
zu Pulver gebracht ist. Die Saat wird im April-
Mai eingegeben, nur auf magerem Boden später.
Den Samen zieht der Bauer selbst, sortirt ihn aber
nicht und erzielt deswegen sehr ungleiche Pflanzen.
Ist die Saat aufgegangen, so erfordert die Pflanzung
geringe Aufmerksamkeit ; nur sieht man darauf,
dass die Schösslinge nicht zu dicht stehen und
dünnt man in solchen Fällen aus. August bis Mitte
October sind die Erntemonate. Die richtige Zeit
zum Schnitt ist gekommen, wenn die Pflanze in
voller Blüthe ist und eben die Samenkapseln sich
bilden. In dieser Zeit ist aber die Thätigkeit des
Landmannes durch andere Arbeiten stark in An-
spruch genommen, und die Regel ist, dass die
Samen ausgebildet sind, wenn der Schnitt beginnt.
Häufig ist auch der Fall,' dass die Pflanze zu früh
eingebracht wird, selbst noch vor Eintritt der
Blüthe; meist gibt das Anschwellen der Flüsse beim
Eintritt der Regenzeit den Anlass dazu, aber auch
der Wunsch, mit frischer Waare bald auf dem Markte
zu sein, führt hiezu. Solche Faser ist aber schwach,
reisst ; dagegen verliert Faser, die nach der Samen-
bildung abgenommen ist, an Glanz und ist nur zu
gröberer Waare verwendbar.
Die Halme werden in Büschel gebunden und
diese vom Felde weg in den nächsten Teich oder
Wasserlauf gebracht, hier mit Stämmen von Pi.sang-
bäumen, meist aber durch eine Lage Stroh, auf die
Lehmbrocken gelegt sind — Steine fehlen in Unter-
bengalen — beschwert und einem Gährungspro-
cesse, wie Hanf und Flachs bei uns, ausgesetzt,
damit die holzigen Theile des Stengels sich leichter
von der Faser ablösen. Ist die Zersetzung genügend
rasch vorgeschritten, dann schlägt man auf die
Stengel, so lange sie noch im Wasser liegen und
kann dann die Faser ausziehen. Je reiner das Wasser
und je öfter nach den Stengeln gesehen und der
Process der Fäulniss überwacht wird, desto weisser
und seidenartiger wird die Faser. Der Bauer ist
aber hierin äusserst sorglos ; fliessendem Wasser
vertraut er seine Ernte nicht gerne an aus Furcht,
sie möchte weggeschwemmt werden ; die Teiche
dagegen sind klein, abflusslos und vielfach so dicht
belegt, dass tlie Ausdünstung lästig und die Be-
nützung des Wa.ssers selbst zum Waschen unmög-
lich wird.
Ertragsschätzungen von Jute nach Bodengrösse
und Bodenbeschaffenheit sind vielfach versucht
worden ; Thatsache ist, dass Juteland zu hohem
Preise in Pacht genommen wird und auch sonstige
Wahrnehmungen lassen die Schlussfolgcrung zu,
dass die Rente hieraus eine hohe ist. Dagegen ist
ebenfalls festgestellt, d-iss Jute den Boden aus-
saugt. Die Regel ist, dass auf dem Juteacker
als Winterfrucht noch Senf oder andere Oelfrüchte
172
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
gezogen und im nächsten Jahre Reis gepflanzt wird;
Bestellung mit Jute zwei Jahre hintereinander
verträgt nur das bauwürdigste Land.
Man hört häufig behaupten, Jute sei in Güte
zurückgegangen. Es ist zuzugeben, dass die Bauern
auch schlechtes Land mit Jute bestellen und
Jahr für Jahr geringwerthige Waare abliefern.
Neuerdings erzielen niedere Sorten schlechte Preise ;
der Bauer ist dadurch sorgsamer geworden, hält
besser auf die Zeit der Ernte, röstet die Stengel
sorgfältiger und zieht die Faser mit Fleiss aus,
alles Bedingungen für feine Waare.
Die fertige Waare wird, je nach dem Standort
des Feldes, zum nächsten Hat oder Dorfmarkt ge-
bracht, lieber aber führt man sie nach den grösseren
Zwischenmärkten. Hier sind kleine Händler, die
sich je nach der Oertlichkeit Paikar, Pharia oder
Bepari nennen, die Aufkäufer, die dann ihre Vor-
räthe den Mahadschans oder Inhabern von Lager-
häusern anbieten. Es kommt auch vor, dass Bepari
als Unterkäufer der Mahadschans von Dorf zu Dorf
gehen und in den einzelnen Gehöften ihre Einkäufe
machen ; diese Mittelspersonen heissen Bhasania
Bepari und bringen von Jahr zu Jahr grössere Vor-
räthe an sich. Die Mahadschans suchen sich Abneh-
mer bei den Ausfuhrfirmen; man kann sagen, die
Hälfte des Preises, den die Ausfuhr-Grosshandlung
erhält, bleibt in den Händen der Bepari und Mahad-
schans hängen. Ein wichtiges Glied in diesem
Zwischenhandel bildet der Bootsmann, welcher die
von den Mahadschans gesammelte Ernte nach den
Ausfuhrmärkten liefert ; Unterbengalen ist mit schiff-
baren Flussarmen so reich ausgestattet, dass flache
Schiffe von fünf Tonnen Laderaum fast überall hin-
gelangen. Die grossen Stapelplätze für Jute
(Siradschgandsch an der schiffbaren Dschamuna,
Name für den Unterlauf des Brahmaputra und
Naraingandsch bei Dacca) sind mit Calcutta durch
Wasserwege verbunden und Naraingandsch ist von
dem wichtigen Eisenbahn-Knotenpunkte Goalanda
nur wenige Kilometer entfernt. Dennoch wird
nahezu die Hälfte der Jahresernte zu Schiff nach
Calcutta verfrachtet und hievon haben Dampfer ein
Viertel an sich gezogen. Die Segelboote der Ein-
geborenen fassen bis zu 40 Tonnen und bringen
bis Calcutta 30 Tage zu, während die Dampfer in
fünf Tagen und die Bahnen in so viel Stunden
verkehren. Die Preise stellen sich halb so hoch
bei Segelfracht als bei Dampfbenützung. Auf die
Stapelplätze gelangt die Waare in offenen Bündeln,
mit Stricken verschnürt ; hier werden Ballen gebildet
mitUeberzug, die aber in Calcutta wieder ausein-
andergenommen werden müssen, um sortirt und
zum Seetransport durch hydraulische Pressen fest-
gepackt zu werden.
Am lebhaftesten ist der Handel vom November
bis Februar. Welche Bedeutung der Jute für
Unterbengalen zukommt, zeigt sich am besten an der
Entwicklung des Hauptmarktes Siradschgandsch,
heute eine Stadt von 700.000 Einwohnern. Vor
dreissig Jahren machte Siradschgandsch den Ein-
druck einer Stadt ohne Häuser ; heute zeigt schon
meilenweit, ehe man sich den Ausladequais nähert,
das Treiben auf dem Flusse die Nähe einer Gross-
stadt an. Flotten kleiner Boote kommen von Norden
herabgeschwommen; grössere Fahrzeuge, darunter
cjualmende Dampfer suchen den Weg thalwärts
nach Calcutta. Am Ufer sind Haufen von Kulis mit
dem Ausladen der rohen Bündel von Jute be-
schäftigt, die Andere sofort in Ballen bringen und
in dieser Verpackung grösseren Schiffen übergeben.
Kommt die Zeit des täglichen „Bazars" oder der
Börse, so besteigen die Aufkäufer kleine Ruder-
boote und machen von Schiff zu Schiff Abschlüsse.
Das Ufer ist eine völlig schattenlose Sandwüste ;
die Stadt liegt 8 km landeinwärts. Der Weg dahin
in der brennenden Sonne ist so anstrengend, dass
selbst gering bemittelte Arbeiter sich einen elenden
Klepper sichern. Im Juni steigt der Fluss und dann
gelangen Schiffe in einer canalartigen Rinne bis
zur Stadt, und der Bazar findet in den Strassen der
Stadt statt, bis der Fluss im October wieder in
sein Bett zurücktritt.
Man unterscheidet im Handel nicht weniger
als zehn Sorten ; daneben laufen noch eine Menge
örtlicher Bezeichnungen. Uttariyä, wörtlich Nord-
Jute, ist die preiswertheste Sorte : zart, weiss,
stark und lange Faser. Deswal gilt als weich und
kräftig ; sie wird neuerdings vernachlässigt wegen
grösserer Sorglosigkeit der Pflanzer, kommt aber
aus klimatisch bevorzugten Districten, ist zuerst
am Platz und ist guter Preise sicher, so oft die
Nachfrage nach Jute rege ist. Dacca ist eine
Sorte für Seilerwaaren ; sie kommt aus dem Ueber-
schwemmungsgebiete östlich von Calcutta, ist grob-
faserig, weil die Ausbildung der Pflanze unter über-
grosser Bodenfeuchtigkeit leidet, wird aber für
starke Stricke gesucht. Dasselbe gilt von Bhatial.
Naraingandschi wird der dunkleren Farbe wegen,
Folge zu starker Verwesung unter Wasser, ge-
mieden, ist aber eine ausgezeichnete Gespinnst-
faser. Als feinste Waaren gelten Bakrabadi und die
Erzeugnisse von Maimansingh, nördlich von Dacca.
Die Eingeborenen fertigten seit Alters Ge-
treidesäcke aus Jute, Gunny, für den Hausge-
brauch. Die Weberei für den europäischen Markt
lohnte, solange als Jute nicht in Europa auf me-
chanischen Stühlen verarbeitet wurde ; die traurige
Lage des Gewerbes in der Gegenwart veran-
schaulicht nachstehender Bericht :
„Schon das Aeussere zeigt an, dass die Weber
halb am Hungertuche nagen; sie sind schwächlich
und unsauber. Ihr ganzes Leben geht innerhalb
der Mauern unglaublich unreiner Häuser dahin. Ihr
Lohn ist sehr gering, wird nicht regelmässig bei
der Ablieferung bezahlt, erleidet mancherlei Ab-
züge und dabei fehlt es häufig an Aufträgen. Man
kann es beinahe ein Glück nennen, dass die Nach-
frage von Gunnytuch von Jahr zu Jahr abnimmt ;
denn dann stirbt das Handvi'erk allmälig ab." An
Stelle der Handweberei ist für Jute auch in
Indien Fabriksarbeit getreten; Hauptsitz für Jute-
Webereien ist die Umgegend von Calcutta ge-
worden. Eine solche Fabrik hat vorwiegend Weiber
OESTERREICHI8CHE MONATSSCHRIFT PÖR DEN ORIENT.
173
und Kinder zu Arbeitern; die Mehrzahl der Kinder
ist unter zehn Jahren. Üie Maschinen laufen zwölf
Stunden im Tag, die Arbeiter werden aber von
sechs zu sechs Stunden abgelöst, weil die In-
haber die Erfahrung machten, dass frische Kräfte
viel mehr leisten.
Indien eigen ist noch die Darstellung von
l'apicr aus Jute; Hauptsitz ist die Umgegend
von Kangpur, an der Caicutta-Dardschiling-Bahn
gelegen, einer der ältesten üistricte, in denen
Jute gepflegt wurde. Das Papier ist grob,
dient aber den Lithographien der Eingeborenen
zum Druck und in den englischen Kanzleien zum
Concepti)apier. Die Bereitung ist folgende : 40 Pfund
Jute werden 20 Pfund Leim beigegeben und beide
während 24 Stunden in einem gemauerten Trog
von 3 m Länge, bei 2 m Tiefe und 0-50 m Breite
unter Wasser gehalten. Dann nimmt man die Masse
heraus, entfernt das Wasser durch Druck und lässt
das Gemenge im Schatten während vier Tage ab-
trocknen. Dann wird wieder Leim beigemengt, der
Process der Sättigung im Wasser und des Trock-
nens wiederholt. Hierauf wird das Gemenge in
Cubus von 20—30 cm geschnitten in einem Mörser
zerstossen, woran sechs Arbeiter sich ablösen.
Dann wird das Pulver auf eine feine Bambusmatte
gelegt, genässt und mit den Flüssen geknetet unter
Zuführung von Wasser nach Bedarf. Dieser fein
gearbeitete Stoff wird nun wieder in einen Trog
gebracht, und unter fortwährendem Umrühren mit
Wasser verdünnt. Die feinsten 'l'heilchen steigen
nach aufwärts und werden mit einem behutsam unter-
geführten feinen Bambussieb abgehoben; ist die
Lage genügend abgetrocknet, so lässt man eine
zweite Schicht oberen Schaums sich auflagern. Erst
zwölf Schichten gelten als genügend, um Papier-
starke zu geben ; das trockene Blatt wird unter
einer Presse geglättet, auf beiden Seiten mittelst
einer Bürste mit Reisstärke überstrichen und ist
nun zum Verkauf fertig.
Ueber die Zukunft der Jutefaser äussert sich
.Mii amtlicher Bericht sehr günstig: „Lässt man die
Ziffern von Land unter Jute und vom Ertrag
der Aecker auch nur als annähernde Schätzungen
gelten, so nehmen diese Pflanzungen nicht mehr als
den dreizehnten Theil des Ackerlandes unterm Pflug
ein; ein sehr erheblicher Percentsatz der ange-
bauten Fläche lag aber früher Öde und fortgesetzt
wird hiefür Brachland nutzbar gemacht; des-
wegen thut Jute dem Anbau von Nahrungs-
getreide keinen Abbruch. In einem Lande, wo am
Herkommen so ängstlich gehangen wird, wie in
Indien, werden Neuerungen nicht willig aufge-
nommen, und Handel wie Fabriken in Jute
brachten anfangs mancherlei Störungen, die sehr
unangenehm empfunden wurden.
Der Gewinn wirkte jedoch aneifernd, und die ge-
sammte Bevölkerung hat sich in dem neuen Laufe
der Dinge völlig zurechtgefunden ; manches lästige
Vorurtheil ist abgelegt worden, und der Beweis
ist geliefert, dass Handcisanforderungen auch auf
die indischen Kasten umgestaltend einwirken."
LAGE UND PROOUCTE DES LANDES PUNT.
Von 7. Krall.
Die politischen Vorgänge, vor Allem das
Vorgehen der Italiener gegen Abcssynien haben
in den letzten Jahren zu wiederholten Malen die
allgetoeine Aufmerksamkeit auf die ostafrikanischen
Küstengebiete von Suakin und Massaua an bis
zu dem Lande der Somalen hin gelenkt. Hiero-
glyphischen Texten verdanken wir die merk-
würdige Kunde, dass ein Theil dieser Küsten-
gebiete unter dem Namen Punt schon vor Jahr-
tausenden in der Handels- und Culturgeschichte
des Orients eine hervorragende Rolle gespielt
hat. Schon in der ersten Hälfte des dritten Jahr-
tausends V. Chr. hatten, wie eine hieroglyphische In-
schrift aus der Zeit des Königs S-ncheres lehrt,
die Fahrten der Aegypter nach dem Lande Punt
begonnen. Näheres erfahren wir über dieses Land
durch die Inschriften und Darstellungen des be-
rühmten Terrassentempels von Deir el-Bahari,
welche die Königin Machere (um 1520 v. Chr.)
zur Erinnerung an eine grosse Flottenexpedition
nach Punt im westlichen Theben hat aufführen
lassen. Unter ihrem Bruder und Nachfolger, dem
grossen Eroberer Thethmosis III., bildet Punt
einen Bestandtheil des egyptischen Reiches.
Regelmässige Tribute des Landes Punt werden in
den Annalen Thethmosis III. verzeichnet. Noch
in der Zeit der Ptolemäer wird das Land Punt
in hieroglyphischen Texten widerholt erwähnt.
Es ist bei der grossen Wichtigkeit des
Gegenstandes begreiflich, dass von verschiedenen
Seiten Versuche gemacht wurden, die genaue
Lage dieses Landes Punt festzustellen. Dümichen,
Chabas, Mariette, Brugsch, Maspero, Golenischeff,
Lieblein und noch neuerdings Schweinfurth ') und
Glaser 2) haben sich mit der Frage mehr oder
minder eingehend beschäftigt. Massgebend war die
Liste der Producte des Landes Punt, welche uns
an zwei Stellen, in den Inschriften des Tempels
von Deir el-Bahari und in einem Petersburger
Papyrus ganz ausführlich und in fast gleich-
lautender Weise aufgezählt werden. In erster
Linie war es eine feine Anteart, welche die
aegyptischen Seefahrer nach dem Lande Punt
lockte. Wir sehen in Deir el-Bahari an der Rinde
der Aute - Sykomoren kleine eckige Körper,
welche das Ante bezeichen, das Einschnitten an
diesen Bäumen entquoll. Dieselben Darstellungen
zeigen uns, dass schon unter Königin Machere
Antebäume — 31 an der Zahl — in Kübeln
auf die Schiffe gebracht wurden, um in Aegyptcn
acclimatisirt zu werden, ein Vorgang, der sich
in späterer Zeit oft wiederholte. Nach dem Ante
folgen in der Liste der Producte Ebenholz,
K 10' allt'ma" «pporU mm PAnbl« llearaiue et l'ucieona
1S90, Nr. J7, 8. SSI u. ff. Der »Jagnoiebiirte K«Qnrr SOdarablon.
Iiemerkt mit Rocht, daa« Puot nnmöitlicb dem •Oilllchro Arabieo
ouuprefheo kSnne, dk das ch»r»kteritUiK'he Thler Ar.bk-n., du
lv»meel, unter den Praducten dea Landea •um fel.l^ dageien ferad-
rBcklge Rinder, welche et an der arabiarhan Welbranrbkllalc nicht
(ibt, unter denaelben eracheloeu.
174
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
Elfenbein, Gold, Electron, Antimon (?), mehrere
Aflfen- und Hundearten, Pantherfelle, Perlmutter (?),
Bumerangs, Strausseneier, Sclaven, Sciavinnen,
Vieh. Bezeichnenderweise fehlt das Silber in
diesen Listen der Producte des Landes Punt.
Indem das Ante bald als Weihrauch^ bald
als Myrrhe aufgefasst wurde, schien die Gleich-
setzung des Landes Punt mit den Weihrauch-
ländern xat" i^'-'XV» ^^^ Somaliküste und dem
südlichen Arabien von selbst geboten zu
sein.
Nur darüber schien ein Zweifel gestattet
zu sein, ob das eine oder das andere der beiden
genannten Gebiete unter der aegyptischen Be-
zeichnung zu verstehen sei. Der afrikanischen
Küste ward von der Mehrzahl der Fachgenossen
der Vorzug gegeben, wenn sie nicht die Ansicht
Dümichen's theilten, dass das Land Punt auf
„beiden Seiten des Meeres" lag.
Der Weihrauch gehört zu jenen Producten,
welche auf die Culturgeschichte des Alterthums
einen massgebenden Einfluss geübt haben.
Aegypten war der Hauptabnehmer des Weihrauchs
in alter Zeit; in dem anderen Culturherde der
alten Welt, in Babylonien scheint der Verbrauch
des Weihrauchs ein viel geringerer gewesen zu
sein. Schon in den ältesten Texten, deren Nieder-
schrift in das IV. Jahrtausend v. Chr. fällt, wird
der Weihrauch (Sontr) häufig erwähnt. In dem
aegyptischen Culte ward von demselben ein sehr
ausgiebiger Gebrauch gemacht. Speciell bediente
man sich des Weihrauches bei dem Todten-
rituale. Unter den Dingen, welche dem Ver-
storbenen dargebracht werden, deren er bedarf
und von denen auch „die Götter leben", wird
der Weihrauch erwähnt und in den Gräbern des
alten Reiches in mannigfacher Gestalt dargestellt.
Merkwürdigerweise ward der Weihrauch oft in
Form von Obelisken in den Handel gebracht.
Eine Inschrift aus der Zeit Thethmosis III. er-
wähnt „vier Weihrauchobelisken". Inder ältesten
Zeit, im IV. Jahrtausende v. Chr., für welches
Beziehungen Aegyptens zum südlichen Syrien nicht
nachzuweisen sind, scheint man Weihrauchsorten
aus dem fernen Süden bezogen zu haben.
Wenigstens möchte man dies aus den Stellen
der Pyramideninschriften schliessen, in denen der
Weihrauch als Product der unmittelbar an
Egypten grenzenden äthiopischen Landschaft be-
zeichnet wird, ähnlich wie Elephantine (Abu)
von dem Elfenbein (Ab) den Namen erhalten
hat, der hier auf den Markt gebracht wurde.
Wie dem auch sei, Thatsache ist, dass bereits
in den Annalen Thethmosis III. der Weih-
rauch zu den regelmässigen Tributen des südli-
chen Syrien (des Lothennui)-Landes) im XV. Jahr-
hunderte V. Chr. erscheint. Wir werden an die
Ismaeiiter erinnert, welche in den Geschichten
Josephs Weihrauchsorten vom Ostjordanlande
nach Aegypten brachten (i Moses 37, 25).
') Merkwürdig iai, dass dieser Name eine gute Transcription von
„luden", dem aabäisci'en Namen der Myrriie, darstellt.
Bei diesen sudsyrischen Gebieten stehen wir
am Ausgange der Karawanenstrasse, welche aus
dem südwestlichen Arabien, aus dem Lande der
Sabäer, das in der Geschichte Salomo's zuerst
erwähnt wird, nach Norden, speciell nach der
philistäischen Stadt Gaza führte. In Gaza fand
Alexander der Grosse so riesige Quantitäten von
Weihrauch und Myrrhe vor, dass er seinem Pä-
dagogen Leonidas, der ihm als Knaben beim Opfer
Verschwendung von Weihrauch vorgehalten hatte,
so lange er nicht Herr des Weihrauchlandes sei,
500 Talente Weihrauch und 100 Talente Myrrhe
mit der Mahnung schicken konnte, fortan nicht
kleinlich gegen die Götter zu sein. Nach der
Eroberung von Gaza sah sich Alexander als
Herrn der aficüjj.ato'föfio? an. Diese „Weihrauch-
strasse", deren Zurücklegung nach Plinius an
70 Tage erforderte, hat den Gebieten, welche
sie berührte, vor Allem den Reichen der Sabäer,
Minäer und Nabatäer einen verhältnissmässig
hohen Grad von Cultur und bedeutenden Wohl-
stand gebracht. Die Somaliküste erscheint durch-
wegs als eine Art Colonialland der Sabäer.
Die Kenntniss des Karawanenweges ward
naturgemäss von allen daran betheiligten Stämmen
als grosses Geschäftsgeheimniss gehütet, umso-
mehr als die jeweiligen Machthaber im Nilthalc
oder in Syrien und Mesopotamien mit Vorliebe dar-
nach strebten, Herren der Weihrauchstrasse zu
werden. Wir erinnern an die verunglückten Ex-
peditionen des Demetrios Poliorketes und seines
Feldherrn Athenaios gegen die Nabatäer, an die
Unternehmungen des Herren Aegyptens, des
Kaisers Augustus, dessen Feldherr Aelius Gallus
von dem Statthalter der Nabatäer, Syllaios, so
gut geführt wurde, dass die römischen IVuppen
auf einen Weg, den sie auf dem Rückmarsche
in 60 Tagen zurücklegten, nicht weniger als
6 Monate verwendeten. Nicht anders steht es mit
dem Zuge, welchen von einer anderen Richtung
her Antiochos III. der Grosse 205 gegen ' die
arabischen Gerrhäer am Persischen Meerbusen
unternommen hat. Er begnügte sich mit einem
Geschenke von 500 Talenten Silber, 1000 Ta-
lenten Weihiauch und 200 Talenten axaxT"^. Die
in dem XIV. Capitel der Genesis erwähnte Unter-
nehmung babylonischer F'ürsten, welche in die
Geschichten Abrahams verflochten erscheint, stellt
wohl auch nur einen ungemein kühnen Beutezug
in die Gebiete dar, welche von der Weihrauch-
strasse Vortheil zogen. An der syrisch-arabischen
Wüste entlang, auf jenem Wege, den Nebu-
kadnezar viele Jahrhunderte später in umgekehrter
Richtung zurücklegte, kam der Zug in die
Gegend von Damaskos, von da durch das Trans-
jordanland, das Wadi-el-Arabah nach Elath am
Golfe von Akabah, dann nach Kadegch Barnea.
Es bestand wohl die Absicht von hier aus Gaza
zu überfallen. Die Umstände, welche die baby-
lonischen Fürsten nöthigten, diesen Plan auf-
zugeben, kennen wir nicht.
Mit Recht ist schon von Sprenger darauf
JEDNOTA .
K P0VZBU2EUI ,
, PRÜMYSU|J /
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FOR DEM ORIENT.
hingewiesen worden, dass von dem Momente an,
wo in der römischen Kaiser/eit der Seeweg auf-
kam, man den Weihrauch von den südarabischen
Häfen zu Schiffe nach dem Westen brachte, der
lanjjwierigere und beschwerlichere und darum
nicht concurrenzfähige Karawanenverkehr langsam
einging und die Verhältnisse auf der arabischen
Halbinsel eine total veränderte Gestalt gewannen.
Vor Allem war damit der Macht und Hlüthe des
Sabäerreiches sowie der anderen an dem Kara-
wanenhandel betheiligten Stämme, namentlich den
Minäern, der Todesstoss versetzt worden. lirwägt
man alle die angeführten Momente, so wird man
zugeben müssen, dass der viel schwierigere Kara-
wanenverkehr sich kaum entwickeln konnte, wenn
ein auch kürzerer Seeweg von den Weihrauch-
ländern nach Aegypten, wie dies nach den all-
gemein üblichen Ansätzen für das Land Punt
folgen würde, bereits seit ältester Zeit in Blüthe
stand. Diese und ähnliche Erwägungen nöthigen
uns ') die Frage aufzuwerfen, ob die Gleich-
setzung des Ante mit dem Weihrauche — es ist
dies, wie bereits bemerkt, der springende Punkt
der ganzen Frage — hinlänglich gesichert ist,
und ob nicht vielmehr eine andere Auffassung
des Ante den gegebenen Bedingungen besser
entspricht.
Es gab zahlreiche Arten von Ante. Sie
werden als Ausflüsse aus den Augen verschie-
dener Götter bezeichnet und dadurch als gummi-
oder harzartige Substanzen charakterisirt. In einer
Inschrift des Laboratoriums des Edfutempels,
welche der Ptolemäerzeit entstammt, werden nicht
weniger als siebzehn Antearten aufgezählt, von
denen die meisten in den aegyptischen Tempeln
Verwendung fanden. Zeigt es sich, dass das .^nte
allgemein als ,, Gummi" oder ,, Gummiharz" zu
fassen ist, so ist Gewicht darauf au legen, dass
das aus dem Lande Punt gebrachte ' Ante zu
wiederholten Malen als „Gomi" (Gummi)-Ante oder
einfach als Gummi bezeichnet wird.
Das Ante-Gummi ward von den aegyptischen
Malern zum Anmachen der Farben gelsraucht,
wozu noch jetzt feine Gummiarten verwendet
werden. Nach einer Inschrift aus Denderah über
die Osiris-Mysterien wurden Götterbilder mit in
Wasser aufgelöstem Ante viermal bestrichen ;
nachdem einige Tage zum Trocknen verflossen
waren, wurden die Farben aufgetragen, welche
durch das Gummi consistenter wurden. Bei der
Bereitung der Tinte spielte, wie die erhaltenen
Recepte lehren, das Ante-Gummi ebenfalls eine
grosse Rolle. Endlich ward das Ante-Gummi bei
der Mumification verwendet. Nachdem der Leich-
nam siebzig Tage lang, so erzählt uns Herodot
(II, 86) in Natron gelegen, ward er aus dem-
selben genommen und mit Gummi überstrichen.
So sind die Stellen der funerären Texte zu ver-
stehen, in denen von Salbung des Verstorbenen
') Vurg;!. unsere Sludkn inr Geschichte de« >ll«n AegypKni.
IV, Da. I,«n.l l'unt, 181K) (Sllr.nng-borlchto d«r Wiener Akudomio
clor ■\Vi!«ousi'haficu, Bd. CWl, Nr. XI).
mit .^nte-Gummi die Rede ist. Es ist wahrschein-
lich, wenn auch vorläufig nicht zu bciegco, dass
die Myrrhe, welche zu 40 Percent Gummi ent-
hält, auch zu den vielen Antearten gezählt wurde.
Eine Prüfung der einschlägigen Stellen führt
etwa zu folgenden Ergebnissen : Alle Stellen, in
denen das Ante vorkommt, lassen sich durch die
Annahme, dass wir es mit dem Gummi arabicum
zu thun haben, und mehrere derselben nur durch
diese Annahme erklären. Oft würde auch die
Myrrhe eben wegen ihres grossen Gehaltes an
Gummi entsprechen, der Weihrauch ist jedoch
ganz ausgeschlossen.
Wenn auch mindere Gummisorten in Aegypten
selbst gewonnen werden und dementsprechend
auch das Ante in den Pyramidentexten, deren
Entstehung lange vor den Beginn der Fahrten
nach dem Lande Punt fällt, erwähnt wird, so
wurden doch die feineren Sorten, welche speciell
für die Malerei in Betracht kommen, aus der Ferne
bezogen. Die Acacia Senegal, von welcher das
vorzüglichste Gummi arabicum gewonnen wurde,
wächst im Stromlande des weissen Nil und des
Atbara und in Kordofan. Von Kordofan wird das
Gummi nach El-Dabbe in Dongola oder nach Cbar-
tiim gebracht. Kiesige Quantitäten werden in die-
sen Gegenden gewonnen ; 1876 gingen in Cbartiim
10.000 Centner ein. Auch die Landschaft Sennaar
am blauen Nil lieferte ein Gummi von so gutem
Aussehen wie das kordofanische. Dagegen ist
die Qualität des Gummi, welches in den Gegenden
zwischen Sennaar und dem Kothen Meere, dann
in Gezireh, gegenüber der Mündung des Atbara
auf der Hochebene Takka, im Gebiete der
Bischarin und an der Küste des Rothen Meeres
von Massaua an gewonnen wird, eine mindere.')
Als Ausfallspforte für alle diese Gebiete
dient die Küste von Suakin pach Massaua, und
es wird nach den bisherigen Darlegungen als
berechtigt erscheinen, wenn wir an diesem Küsten-
striche das Land Punt suchen. Wie in unseren
Tagen, so kamen in alter Zeit grosse Quantitäten
Gummi an diesen Theil der Küste des Kothen
Meeres, um von da nach den Culturtändcrn der
alten Welt gebracht zu werden. In einem sehr
instructiven Aufsatze von Sidney Sonnino (L'Africa
italiana, Nuova Antologia, III. Serie, Bd. XXV)
werden als Producte, welche an die Küste von
Suakin bis Massaua kamen : „penne di struzzo
(dal Darfur), gomme (dal Kordofan), avorio (da
Bahr el-Ghazal), caffe, [>elli e cereali" angeführt
und dazu bemerkt „per la via di Suakioi si
esportavano specialmentc una parte dellc gomme,
dell' avorio, del caffe e una piccola quantilä di
penne". Man wird bei dieser Liste an die Pro-
ductenverzeichnisse des Landes Punt deutlich
gemahnt.
Wenn in den aegyptischen Texten Tributge-
genstände des Landes Punt vielfach als Producte
■) Terfl. Flockiger, Pbarmakotnoaia 4ea PlaBimreirlie«
S. 3, i, 10, 11, Wletner, die teehnUch Tsrwradelra Oaninlarmi,
IUr«e und Ualsame, S. 3 IT., und die KohitolTo de* I'iUoienreickn,
8. 13 IT.).
176
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT,
Aethiopiens bezeichnet werden, wenn dieselben
fast durchgehends mit denjenigen Aethiopiens
identisch sind, überhaupt die Zugehörigkeit von
Punt mit Aethiopien überall gebührend hervor-
gehoben wird, so lehrt uns ein Blick auf die
Karte, dass die Küste von Suakin nach Massaua
in vorzüglicher Weise diesen Bedingungen ent-
spricht. Das Nilthal nähert sich in der Breite von
Suakin ganz bedeutend dem Meere. ,,Von Meroe
bis zu diesem Meere — sagt Strabo — kann
der Weg von einem raschen Wanderer in fünf-
zehn Tagen zurückgelegt werden."
Es ist bekannt, dass man zur Zeit der aegyp-
tischen Herrschaft im Sudan sich ernstlich mit
dem Gedanken an den Bau einer Eisenbahn vom
Nilthale, von Berber aus nach Suakin getragen
hat, um dem Handel des Sudan mit Aegypten
raschere und sichere Bahnen zu weisen.
Der Verkehr nilabwärts ist ungemein lang-
wierig und beschwerlich und musste es in ältester
Zeit noch mehr sein, wo die Herrschaft Aegyptens
nach Süden bis zum ersten Katarakt, bestenfalls
bis Wadi Haifa reichte. Das Aufblühen und Zu-
rücktreten einzelner Gebiete und Häfen an der
unwirthlichen Küste des Rothen Meeres ist durch
die politischen Verhältnisse der Hinterländer, durch
den Gang des Welthandels bedingt. Nach der
Gründung des axumitischen Reiches gewann der
Hafen von Adulis, welcher den Verkehr des an
Rühproducten so reichen, an Industrieerzeugnissen
so armen Hinterlandes mit der vorderasiatischen
Culturwelt vermittelte, eine grosse Bedeutung.
In früherer Zeit war das Gebiet um Suakin von
grösserer Bedeutung wegen seiner bequemen Ver-
bindung mit Nubien, dessen Residenzen Napata
und Meroe auf die natürlichen Centren des weit
ausgedehnten Gebietes hinweisen.
Die Bewohner von Punt werden in den
aegyptischen Texten als friedfertig und den
Aegyptern stammverwandt (als rothe Menschen)
bezeichnet. Daneben erscheinen auch Neger als
Bewohner des Landes. Sie standen unter Häupt-
lingen, deren einer P-rohu genannt, sammt seiner
Centnerschweren Gemahlin in Deir el-Bahari ab-
gebildet erscheint. Die Darstellung derselben er-
innert, wie schon von verschiedenen Seiten be-
merkt wurde, an die dicken Weiber afrikanischer
Völkerschaften. „Ich halte dafür," sagt Schwein-
furth, dass ,, Weiber, deren Körpergewicht drei
Centner beträgt, unter den Bongo durchaus nicht
zu den Seltenheiten gehören." Als Gott des Landes
Punt dachten sich die Aegypter in späterer Zeit
den zwerg- und fratzenhaft gestalteten Gespielen
und Diener des Sonnengottes, mit Namen Bes.
Alle Momente sprechen dafür, dass das Land
Punt in dem Küstenstriche von Suakin gegen
Massaua hin zu suchen ist, wo die Producte der
reichen Hinterländer, vor Allem das Ante-Gummi,
zum Theil aus weiter Ferne, zusammenkamen.
Ein stricter Beweis wird jedoch erst dann ge-
liefert werden können, wenn es gelingt, in jenen
Gebieten aegyptische Inschiiften oder Denkmäler
vorzufinden. Aehnlich wie in Syrien am Nähr «1
Kelb oder am Sinai, vor Allem im Wadi Maghara,
so hat das vielschreibende aegyptische Volk gewiss
auch in Punt ;;weifellose Spuren seiner Anwesen-
heit hinterlassen. Möchte es diesen Zeilen ver-
gönnt sein, die Anregung zu geben, dass sie an
jenem Küstenstriche gesucht werden, weicher der
näheren wissenschaftlichen Erforschung bald zu-
gänglich werden dürfte.
WEST-CHINAS ERSCHLIESSUNG.
Durch einen am 31. März 1890 zwischen der
britischen und chinesischen Regierung verein-
barten Zusatzartikel zum Vertrage von Chefoo
vom Jahre 1876 ward Tschung-King, am Yangtse-
kiang, die Haupthandelsstadt im westlichen China,
zum Range eines Vertragshafens erhoben. Damit
gewinnen diese entfernten Gebiete für uns erhöhte
Bedeutung. „Westliches China" nennen sie die
Leute in den Seehäfen und für diese liegen die
Provinzen Sz-Tschwan, Kwei-tschou und Yünnan
allerdings im Westen ; für den Abendländer, der
sich nicht vergegenwärtigt, dass das eigentliche
China mit seinen 18 Provinzen nur einen dritten
Theil des gesammten chinesischen Reiches um-
fasst, ist die Bezeichnung doch recht irreführend,
denn er ist irrthümlich gewohnt, das westliche
China hart an der russischen Grenze zu suchen,
in Ostturkestan und der Dsungarei, Landet, über
die sich Chinas Scepter, nicht aber der Name er-
streckt. Dem Europäer dünken die genannten
Provinzen noch stark im Osten und erst ein genauer
Blick auf die Landkarte erlöst ihn von seinem
Irrthume. In Wahrheit bilden dieselben indess den
südwestlichen Theil des chinesischen Reiches.
Yünnan ist der Grenznachbar von Birma und
Tonking.
Erst in den jüngsten Jahrzehnten ward der
Schleier gelüftet, welcher bis dahin diesen ent-
legenen Theil des himmlischen Reiches bedeckte.
Der edle Venetianer Marco Polo hatte allerdings
schon im dreizehnten Jahrhundert seine Reisen in
Sz-Tschwan beschrieben und von dem Reichthume,
der Fruchtbarkeit des Landes erzählt, aber seine
Berichte wurden nahezu sechshundert Jahre lang
ungläubig hingenommen, bis endlich die moderne
Forschung deren Richtigkeit erwies. .Aber selbst
Europäer, die in China ihren Wohnsitz auf-
schlugen, blieben ohne Kenntniss vom Grossen
Westen. Zumeist in den Seeplätzen der Ostküste
in Handelsgeschäfte verwickelt, hatten sie keine
Verbindung oder Berührung mit jenen entfernten
Gebieten, und sprach einmal davon einer der
seltenen Reisenden oder ein Missionär, so hinter-
liessen ihre Reden kaum mehr als einen nebel-
haften Eindruck.
Die löblichen Bestrebungen der indischen Re-
gierung, einen Handelsweg von Indien durch das
damals noch selbstständige Reich Birma nach dem
südlichen China zu eröffnen, brachten diese Region
OE8TERREICMISCHE MONATSSCHRIFT PÖR DEM ORIENT.
177
zuerst dem allgemeinen Interesse näher. Bezie-
hungen zu derselben hatten sich freilich schon
einige Jahre zuvor ergeben. Yünnan, ein theils
von Mohammedanern, theils von rohen Bergvölkern
bewohntes, rauhes, wenig zugängliches und von
Europäern damals so viel wie gar nicht erforschtes
Ali)enland, hatte sich nämlich gegen die chinesische
Herrschaft erhoben, zur Unabhängigkeit empor-
geschwungen und in das mohammedanische Reich
der Panthay oder Pansi verwandelt, dessen Sultan
Soliman in Talifu Hof hielt und lange Zeit die
gegen thn ausgesandten Heere der Pekinger Re-
gierung mit Glück bekämpfte. Nur der Osten der
Provinz mit der Hauptstadt Yünnan-fu verblieb
in der Gewalt der Chinesen. Als Soliman's Herr-
schaft so weit befestigt war, dass er daran denken
konnte, Freundschaftsbündnisse mit auswärtigen
Mächten anzuknüpfen, wandte er sich 1867 an
seine nächsten, wahrhaft machtvollen Nachbarn,
die Briten, wozu die Mission des englischen Major
Sladen willkommenen Anlass zu bieten schien. Aus
Sladen, Capitän William und A. Bowers, dann dem
Naturforscher Dr. John Anderson und den Herren
Stuart und Burn zusammengesezt, hatte sie die
Aufgabe, zu untersuchen, inwieweit eine Möglich-
keit vorhanden sei zur Wiedereröffnung einer
llandelsstrasse, die seit uralten Zeiten den Jrawaddy
I^^hinauf bis Bamo und von da durch die Land-
^■schaften der unabhängigen Schan-Staaten bis Talifu
^"^in Yünnan zog. Der Sladen'schen Mission gelang
es indess nur bis Momei'n im Gebiete der Schan,
nicht aber in's eigentliche China vorzudringen,
weil die Panthay damals eben in der Eroberung
des noch chinesisch gebliebenen Landestheiles be-
griffen waren. Später indess, im Winter 1872 — 73,
fiel nach langem erbitterten Kampfe das Reich
der Panthay, und am ig. Jänner 1873 eroberten
die Chinesen die Hauptstadt Talifu. Jetzt schien
der Weg von Birma nach Yünnan wieder offen,
und der britische Gesandte in Peking verhandelte
alsbald wegen Empfang einer britischen Mission
in Yünnan. Darauf hin erfolgte die Entsendung
des Obersten Horace Browne, welchen Dr. Anderson
und Herr Elias Ney, sowie eine Leibwache von
fünfzehn Sikh begleiteten; am 21. November 1874
segelten sie von Calcutta nach Rangoon und am
15. Februar 1875 brach die Ex()edition von der
birmanischen Grenzstadt Tsitkau, 25 km von Bamo
entfernt, nach Manwein auf. Es ist dies ein den
('hinesen zinspflichtiges Schandorf, vier Märsche
von Tsitkau. Unterdessen war Herr Margary, ein
junger, vielversprechender Consulatsbeamter be-
ordert, von China aus der Gesandtschaft entgegen-
zugehen und dieselbe über die Grenze zu geleiten.
In der Ausführung dieses Auftrages begriffen,
ward er jedoch am 2i. Februar durch den Militär-
gouverneur von Momefn in Yünnan ermordet. Api
nächsten Tage sahen sich Oberst Browne und
seine Leute beim Dorfe Tsurai, in Sicht von
Manwein, von mehreren hundert Chinesen umringt
und angegriffen, und nur tapferste Gegenwehr be-
wahrte ihre Schädel vor dem Geschicke, die
Mauern von Momefn in Gesellschaft jenes des
armen Margary zu schmücken. Aber die Expedition
war zum Rückzuge gezwungen und kehrte unver-
richtcter Dinge heim.
Das Schicksal des unglücklichen Margary und
der traurige Ausgang der Browne'schen Expedition
hätten nahezu einen Krieg zwischen England und
China zur Folge gehabt, doch wurden die entstan-
denen Schwierigkeiten endlich 1876 durch den
Vertrag von Chefoo beigelegt. Derselbe sollte
einen regelmässigen Grenzverkehr zwischen Birma
und Yünnan anbahnen und den Handel entwickeln.
Man bewerthete diesen auf 500.000 t im Jahre,
die sich hauptsächlich auf die Einfuhr roher Baum-
wolle aus Birma nach Yünnan und auf Opium ver-
theilten, welches letzteres Land als Stapelartikel
lieferte. Inzwischen öffnete der Bericht des Herrn
E. Colborne Baber über seine mit Herrn Grosvenor
1876 im amtlichen Auftrage ausgeführte Reise durch
Yünnan, allmälig den Engländern die .Xugen über
den Werth oder richtiger Unwerth der „Gold- und
Silber-Handelsstrasse" nach China. Bis dahin dachte
man, der Weg ins Herz von Yünnan, wenn man
einmal das Kachyen-Gebirge überstiegen habe, sei
ein vergleichsweise leichter. Herr Baber zeigte
indess, dass die wirklichen Schwierigkeiten des
Weges erst in Momei^n anfangen und schilderte die
Handelsstrasse von dort nach Talifu als „die mög-
lichst schlechteste Strasse mit dem möglichst
geringsten Handelsverkehr." Sie ist in der That
ein sogar für einen vorsichtigen Fussgänger äusserst
gefährlicher Saumpfad, blos für Maulthierc und
Last-Kuli benutzbar ; Reiter sind oft genöthigt
abzusitzen und ihre Thiere weite Strecken über die
steilen Hänge der Gebirge und an den gähnenden
-Abgründen vorbei, am Zügel zu führen. Der Luft-
linie nach beträgt die Entfernung von Bamo nach
Yünnan-fu freilich blos 580 km, in Wirklichkeit
aber windet sich der Pfad an 1560 km lang durch
rauhes Alpenland bis zu einer Meereshöhe von
7925 m empor. Die Entfernungen sind weit grösser
als man glaubt. Von Talifu hat man noch 2300 km
(oder in der Luftlinie 1730) nach Tschung-King,
der eigentlichen Handelsmetropole des westlichen
China. Herr Baber schloss mit der Bemerkung,
dass „wie abgeneigt auch die meisten Engländer
sind, es zuzugeben, der einfache und offenbare
Weg nach dem östlichen Yünnan vom Golf von
Tonking ausgehe."
Dort im Nordosten Hinterindiens hatten nun
seit Jahren die Franzosen Fuss gefasst, welche auf
der ganzen Halbinsel die natürlichen Nebenbuhler
der Briten wurden und im Osten sich ebenso zu
Herren des Landes machten, wie jene im Westen.
Mit der politischen Herrschaft allein nicht zufrieden,
waren indess auch sie unausgesetzt bestrebt, den
Süden Chinas dem Handel zu erschliessen und einen
dafür tauglichen Ueberlandweg ausfindig zu machen.
In diesem Wettbewerb verblieb der Sieg den
Franzosen, welche handelten, während die Eng-
länder unterhandelten. Indess die verschiedenen
britischen Gesandten Jahr für Jahr mit der Pekinger
178
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
Regierung wegen der Eröffnung neuer Ilandels-
wege nach Tibet und Westchina verhandelten,
machten die Franzosen allen fruchtlosen Erörte-
rungen ein kurzes Ende, indem sie im Lande selbst
sich festsetzten und dasselbe für immer der ohn-
mächtigen Oberherrschaft Chinas entrückten. Das
Ergebniss war, dass Frankreich den Wettlauf
gewann; indem es Tonking seinem hinterindischen
Reiche einfügte, verläuft dessen Grenze längs jener
der chinesischen Provinzen Kwang-si und Yünnan,
in welche der Eintritt von den günstigsten Punkten
ermöglicht ist. Der sogenannte Rothe Fluss ist die
natürliche Abzugsstrasse für die Erzeugnisse des
südwestlichen China nach dem Meere. Die Entfer-
nung von Laokai, an der Grenze von Yünnan, bis
Hanoi, der neuen französischen Hauptstadt von
Tonking, beträgt keine 320 km. Dieser besser unter
den einheimischen Namen Song-koi, Song-ka oder
Hong-kiang bekannte Strom entquillt den Bergen
im Süden von Talifu in Yünnan und mündet bei
Haiphong, im Golf von Tonking, etwa 800 km von
dem grossen Nachbarstapelplatze Hongkong ent-
fernt. Hanoi liegt an den Ufern des Stromes unfern
von seiner Mündung. Im Juli 1889 gelang es den
Franzosen in achttägiger Dampferfahrt von Hanoi
aus das Ende der Schiffbarkeit in Laokai zu er-
reichen, auch glückte es ihnen für Ein- und Ausfuhr
günstige Zollsätze zu erwirken, so dass aller Vortheil
auf ihrer Seite liegt.
Die Chinesen, welche mit ihnen in Wettbewerb
auf ihren eigenen Gewässern treten könnten,
namentlich auf dem Si-kiang oder Weststrome,
welcher dem Songkoi parallel ganz auf chinesischem
Gebiete fliesst, dann auch auf dem Yangtsekiang,
der bis zu den Grenzen von Yünnan und Sz-Tschwan
schiffbar ist, thun im Gegentheil wenig, die Ent-
wicklung ihrer eigenen Hilfsmittel zu fördern,
während die Vorschriften der Behörden den eigenen
Handel grösstentheils zum Vortheil auswärtiger Be-
werber lähmen. Der Weststrom entspringt im west-
lichen Yünnan, durchfliesst die beiden Provinzen
Kwang-si und Kwang-Tung, bespült die Mauern
der grossen Stadt Canton und ergiesst sich in's
Meer durch die Tigermündung gegenüber von
Hongkong ; er ist schiffbar aufwärts bis zur Stadt
Pe-se an der Grenze Yünnans und könnte eine
wichtige Handelsstrasse sein ohne die Hemmungs-
politik der chinesischen Regierung. Der Si-kiang
bietet weit mehr natürliche Vortheile als der Song-
koi; er ist viel wasserreicher und hat einen gerin-
geren Fall, daher auch schwächere Stromschnellen.
Aber er ist brach gelegt durch das Verbot, ihn mit
Dampfern zu befahren und durch Zölle, die doppelt
so hoch sind als jene auf der französischen Strasse.
Ferner steht den Franzosen frei, die Schiffbarkeit
des Songkoi in mannigfacher Weise zu verbessern ;
auf den chinesischen Flüssen darf kein Stein an-
gerührt, kein Hinderniss hinweggeräumt werden.
Die chinesischen Behörden verschanzen sich hinter
den Widerstand des Volkes, so oft Verkehrsver-
besserungen zur Sprache kommen. Wer immer
aber in China gelebt, und die Telegraphendrähte
das Land kreuzen, einen Dampfbetrieb nach dem
anderen widerstandslos eröffnen gesehen hat, weiss,
dass es ein' blosser Vorwand ist, um ihren nicht un-
natürlichen Widerwillen gegen fremde Einmischung
in ihre Angelegenhe iten zu bemänteln.
Der nächste w ichtige Schritt, um Zutritt zu
Westchina zu erlan gen, ward in dem seltsam ab-
gefassten Artikel des Chefoo -Vertrages gethan,
wodurch Tschung -king dem britischen Handel
bedingungsweise erschlossen ward. Der Artikel
lautet nämlich: „Der britischen Regierung wird es
ferner freistehen, Beamte zum Aufenthalte nach
Tschung-King zu entsenden, um die Verhältnisse des
englischen Handels in Sz-Tschwan zu beaufsich-
tigen. Britischen Handelsleuten wird es nicht ver-
stattet in Tschung-King zu wohnen oder Nieder-
lassungen oder Waarenhäuser dort zu eröffnen, so
lange nicht Dampfschiffe zu diesem Hafen Zutritt
erlangen. Wenn es Dampfern glücken wird, den Strom
so weit aufwärts zu kommen, können weitere Ver-
einbarungen in Betracht gezogen werden." Auf
Grund dieses Artikels ward der Consulatsbeamte
.\lexander Hosie nach Westchina entboten, wo er
drei Jahre zubrachte ; er nützte diese Zeit , um auf
verschiedenen Bereisungen ungemein werthvolle
Nachrichten und Erkundigungen über dieses inter-
essante Land zu sammeln.
Um seinen Posten in Tschung-King in Sz-
Tschwan anzutreten, verliess Hosie Ende October
i88i Wuhu, welcher Hafenort am Yangtsekiang
etwa 480 km oberhalb Schanghai liegt und fuhr
auf einem prächtigen Dampfer weitere 480 km den
Strom hinauf nach Hankow, das er in den üblichen
zwei Tagen erreichte. Von da nach den 640 km
entfernten I-tschang benöth igle er aber, des seichten
Fahrwassers halber, acht Tage. Dort langte er am
17. December an und miethete eines der üppigen
einheimischen Reiseboote, welche als „Kwa-tse"
bekannt sind; dieses brachte ihn an seineBestimmung,
nach Tschung-King, abermals 720 ^ot weiter. Dieser
Platz zählt an 200.000 Einwohner und bietet nicht
das geringste Be merkenswerthe, ist aber, wie ge-
sagt, die Handelsmetropole des westlichen China
und diente Herrn Hosie als Ausgangspunkt zu
mehreren Reisen, die er nach Norden, Süden und
Westen unternahm. Die erste derselben im
Frühjahre 1882 dauerte 68 Tage. Sie führte ihn
südwärts von Tschung-King durch die Provinz
Kwei-tschou, die chinesische Schweiz und Heimat
der Miao-tse, eines Stammes der Ureinwohner, von
dem nicht wenige Familien schon im südlichen Sz-
Tschwan getroffen werden. Uebrigens sind die Miao-
tse von den Chinesen fast gänzlich ausgerottet und
das nördliche Kwei-tschou kann man geradezu als
einen einzigen Friedhof dieses Volkes bezeichnen.
Nach einem Besuche der Provinzialhauptstadt Kwei-
jang-fu wandte Hosie sich westwärts nach Yünnan-
fu, der Hauptstadt Yünnans und von dort über die
Gebirge im Nordosten dieser Provinz am Nan-
kwang- Flusse hinab zum Yangtsekiang, um auf
diesem wieder nach Tschung-King zu gelangen.
Auf dieser Wanderung stiess Hosie zuerst auf die
OESTERRBICHISCHB MONATSSCHRIPT fOR DEN ORIENT.
179
Wachslaus (Coccus ceriferus), eine Schildlaus, welche
eine Flüssigkeit liefert, die zu einer weissen, wachs-
artigen Masse erhärtet und zu Kerzen verwendet
wird. Die Zucht dieses Insects ist nebst jener des
Seidenwurms ein glänzender Reweis des chinesi-
schen Scharfsinnes, welcher die winzigen Leistungen
von Insecten für grosse industrielle Zwecke zu ver-
wenden weiss.
Hosie's zweite Reise, vom Februar bis Juli
1883 erstreckte sich über ein noch grösseres und
auch noch interessanteres Gebiet. Von Tschung-
King in Nordwestrichtung wandernd, kreuzte er die
berühmte Ebene von Tsching-tu-fu, das einzige
grosse Flachlandstück im westlichen China. Sie
bildet ein Tafelland von etwa 330 m Meereshöhe
am Fusse der Gebirge Tibets und umfasst einen
Flächenraum von 6200 km^, worauf etwa 3^/2 Mil-
lionen Menschen wohnen. Dann wandte er sich süd-
westlich zum Lande der Lolo, eines Volksstammes,
der eine unabhängige „Insel", wenn wir uns dieses
Ausdruckes in ethnographischer Bedeutung be-
dienen dürfen, im südöstlichen 'I'heile der Provinz
Sz-Tschwan mitten unter den Chinesen bildet. Diese
Lolo sind schon zuvor sowohl von Baber als von
F'rancis Garnier geschildert worden. Als er das
Lololand hinter sich hatte, kam Hosie in das be-
rühmte Tschien-tschang -Thal, das Baber 1877
ebenfalls besucht hatte, und welches nach den Er-
mittlungen Henry Jule's das Cain-du Marco Polo's
ist. Zugleich ist es auch die vornehmlichste Ge-
burtsstätte der Wachsschildlaus, welche hier ihre
ersten Entwicklungsstadien durchlebt, ehe sie durch
Kuliläufer, die nur bei Nacht reisen, zur Vollendung
ihrer Aufzucht in den Bezirk von Kia-ting, 320 km
weiter im Nordosten, gebracht wird. Dann über-
stieg Hosie die schneebedeckten Kämme des Tsang-
schan und kreuzte auf der ,, Sonnenbrücke" den
Goldstaubiluss, wie in jener Gegend der Yangtse-
kiang heisst, um nach Talifu zu gelangen, dem Ca-
rajan Marco Polos. Von hier begab sich der eng-
lische Reisende auf den Rückweg, denen wieder über
^"ünnan-fu im östlichen Yünnan nahm. Durch das
nördlich gerichtete Thal des Tschi-sing erreichte
er den schiffbaren Yangtsekiang und traf nach
sechsmonatlicher Abwesenheit wieder in Tschung-
King ein'.
Eine dritte Wanderung fiel in den Sommer 1884
und bezweckte hauptsächlich Genaueres über die
Wachsschildlaus in Erfahrung zu bringen. Diesmal
durchzog er zunächst das Thal des Kialing, eines
Flusses, der von Norden kommt und unter den
Mauern Tschung - Kings in den Yangtsekiang
mündet. Drei Tagemärsche brachten ihn nach dem
Markte von Ho-tschou am Zusammenflusse des Fu,
welcher dem Kia-ling von Westen zuströmt. Der
Platz ist berühmt wegen seiner Soja-Industrie. Die
pikante Sauce wird aus der Sojabohne gewonnen,
von welcher ausgedehnte Pflanzungen in der Nach-
barschaft vorhanden sind. Durch ungemein wohl-
bebaute Landschaften, wie sie in Sz-Tscliwan typisch
sind, kam Hosie in die Bezirke von Kia-ling und
Omei, wo der Schildlausbaum gedeiht, einer Eschen-
art, welche die Chinesen unter dem Namen Pai-Ia-
schu kennen. Von hier bestieg Hosie den hüben
Berg Omei, ein ungeheurer Kalkfels, dessen Gipfel,
3350 m hoch, in den Wolken thront. Die ganze
Gegend ist dem Buddhadienst ergeben, welchem der
Berg durch die frommen Kaiser der Tangdynastic
im VIII. Jahrhundert unserer Zeitrechnung aus-
schliesslich geweiht worden sein soll. An den
schluchtenreichen Abhängen des Berges stieg Hosie
herab und wandte sich dann südlich durch eine
arme, gebirgige Gegend nach den Ufern des Gol-
denen Stromes , den er wieder hinabfuhr. Auf
dieser Wanderung hatten er und seine Genossen
grosse Beschwerden zu ertragen ; sie Alle wurden
vom Fieber niedergeworfen, welchem auch einer
von ihnen erlag.
Die Frucht dieser ausgedehnten, umfassenden
Forschungen ist eine ausführliche Monographie
über Sz-Tschwan, wie sich deren keine andere der
achtzehn Provinzen Chinas rühmen kann. Die
Völkerkunde insbesondere verdankt dem umsich-
tigen Beobachter höchst werthvolle Nachrichten
über die noch so wenig bekannten Stämme der
eben in diesen Gegenden hausenden Urvölker, die
um so willkommener erscheinen, als die Erhebung
Tschung-Kingszu einem Vertragshafen dieses reiche
und interessante Land endlich dem abendländi-
schen Unternehmungsgeiste eröffnet hat.
F. V. H.
DAS JAPANISCHE THEATER.')
Beschränken sich die japanischen Schauspieler,
gleich den unseren, darauf, den Gedanken des
Autors zu erfassen und ihn so wiederzugeben, wie
sie ihn verstehen? Keineswegs. Sic können weit
mehr; sie arbeiten an der Abfassung des Stückes
selbst mit, sie componiren es, wenn man so sagen
darf, denn der Autor gibt ihnen in der Regel nur
eine Idee, den breiteren oder schmäleren Canevas,
in welchen sie die ihnen beliebigen Muster sticken.
So spielt denn der Verfasser eine untergeordnete
und wenig rühmliche Rolle. Ohne ihn weiter zu be-
fragen, corrigircn und modeln die grossen Mimen an
iliren Rollen, an der Handlung selbst, bis hinab in
die Tiefen der Intrigue. So wird oft wochenlang dem
Publicum ein Stück vorgeführt, bevor es noch eine
definitive Gestalt angenommen hat. Offenbar sind
die japanischen Schauspieler Improvisatoren ersten
Ranges. Derartiges lässt sich schwer mit unseren
dramatischen Regeln in Einklang bringen. Die Ein-
heit der Handlung, des Ortes und der Zeit
machen dem japanischen Dramaturgen nicht viel
Kopfzerbrechens. Am wenigsten wird die Einheit
der Handlung respectirt. Das japanische Drama
ist mehr ein Bild des wirklichen Lebens als ein
ideales, künstlerischen Principicn unterworfenes
Gemälde. Daher nehmen denn auch Autor und
Schauspieler gleichen Anthcil an der Mache des
Stückes und scheuen sich nicht, es mit Beiwerk tu
■) Siner der jüngalrn Nnmioarn tob S. Blnc't ,L« Jap«*
arUsttqie" r tnomnion.
180
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
überladen, das mit der eigentlichen Handlung in keinem Zusammenhange steht. Nicht nur erblicken
sie hierin keinen Fehler, sie glauben vielmehr sich damit. ihrem Ziele, der Wahrheit, zu nähern; und in
der That gelingt ihnen dies auch, indem sie im Drama des realen Lebens nicht den gewöhnlichen Lauf
der Dinge einschränken und in dessen Entwicklung eine Fülle fremdartiger, mehr oder minderbanaler
Episoden einflechten. Derartige Regeln lassen der Phantasie und dem Erfindungsgeiste des Schauspielers
den weitesten Spielraum. Er soll eine Rolle nicht spielen, er soll sie auf der Scene durchleben. Es genügt,
wenn er den Grundgedanken des Dramas erfasst und sich mit der Person, die er darstellen soll, identificirt.
Man ersieht aus dem Gesagten, wie die dramatische Kunst dort eine ganz andere ist, als die
unserige. Die Grundzüge eines Stückes wechseln allerdings nicht von einem Tag zum andern, doch
ist die Recitation keine solche, dass sie die Schauspieler binden würde. Diese sind demnach darauf
eingeschult, im Grossen und Ganzen der Entwicklung der Intrigue zu folgen, ohne sich durch die mehr
oder minder unvorhergesehene Wendung, die dieselbe nehmen kann, aus der Fassung bringen zu
lassen. Immer hat der Schauspieler die richtige Antwort bereit, und die grösste Schwierigkeit des
Metiers, das sie in dieser Richtung völlig beherrschen, liegt darin, einerseits die ungelegenen Ueberstür-
zungen, welche Unordnung und Verwirrung herbeiführen, andererseits aber Pausen und Ueber-
raschungen zu vermeiden, die den Dialog in ungeschickter Weise in's Stocken bringen können.
Begreiflich findet der Souffleur hier keinen Raum. Dessen-
ungeachtet wird der Text in extenso von gewissen Stellen ge-
schrieben, deren Worte für im Vorhinein berechnete Effecte wesent-
liche Bedeutung haben. In solchen Fällen bedient man sich ab und
zu eines Souffleurs, welcher jedoch nicht, wie bei uns, in einer Nische
verborgen ist; er kauert ungenirt im Rücken des Schauspielers; das
Publicum kann ihn mit dem Hefte in der Hand sehen, achtet aber
seiner Thätigkeit, die übrigens nur von kurzer Dauer, kaum.
Aber nicht durch die Zwischenfälle allein entfernt sich das
japanische Drama — nicht selten im Interesse der Wahrheit — von
der einheitlichen Handlung. Man würde auch Mühe haben, eine Lösung
des Knotens in der Handlung zu finden, deren es eigentlich keine,
oder wenn man will, mehrere gibt. Die Intrigue variirt vom Beginn
bis zum Ende der Vorstellung in eigenthümlicher Weise. Eine und die-
selbe Serie von Begebenheiten, die zu einer Lösung führen, zieht
sich nicht über zwei oder drei Acte des sechs oder acht .Acte bieten-
den Stückes hinaus. Man sieht also drei oder vier, unter sich kaum
im Zusammenhange stehende dramatische Situationen sich successive
aufrollen, und es fällt schwer, herauszufinden, wodurch Anfang und
Ende zusammengehalten werden.
Gleichwohl sind dies nicht ebensoviele voneinander unter-
schiedene Dramen, und bei genauer Prüfung ist es nicht unmöglich,
dem Faden der Ereignisse zu folgen, die man während zehn Stunden
vor Augen hat. Dieses lose Gefüge ist so eigentlich ein Abbild des
Lebens. Dass alle agirenden Personen in einem gegebenen Momente
sterben, ist für die Japaner kein Grund, die Vorstellung zu schliessen.
Die Todten sind ausser Spiel, aber
ihr Ende kann dramatische Con-
sequenzen nach sich ziehen, die kennen
zu lernen von Interesse ist.
Dieser Gesichtspunkt kommt
umsomehr in der japanischen Kunst in
Betracht, als dort — nicht wie bei
uns, die Eifersucht, die hier nur als
Zwischenfall auftritt —
sondern die Rache die
dominirende Leiden-
schaft ist. Die Heraus-
forderung , der Plan
und die Vorbereitung
der Rache, das ist die
Basis der dramatischen
Kunst, auf der sie voll-
ständig ruht. Der Ja-
paner ist in hohem
Grade rachgierig und
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
181
die Geschichte Japans eine unendliche Epopfie
der Rache.
So erklärt sich denn auch die lange
Dauer der Vorstellungen : Eine Rache hirgt
in sich den Keim zu einer weiteren ; kein
Grund demnach, auf diesem Wege innezu-
halten. Gleich Corsica hat Japan seine be-
rühmten vendette, die Jahrhunderte lang
währten und eine endlose Kette von Morden
bildeten. IJas, was das vStück zum Abschluss
bringt, ist nicht eine definitive Lösung, son-
dern die vorgerückte Zeit. In die Ewigkeit
hinaus kann ja doch nicht fortgespielt werden.
Das japanische Drama ist gleichsam ein
Fenster mit dem Ausblick auf einen Winkel
irdischen Lebens; solch ein ganzer Tag
Theatervorstellung führt nothgedrungen zur Er-
müdung, und da schliesst man eben das Fenster.
In früheren Zeiten begann man die Vorstellung am
frühen Morgen, um erst in der sinkenden Nacht zu
schliessen ; das konnte so fünfzehn bis achtzehn
Stunden ohne Unterbrechung fortgehen. DieCivili-
sation hat auch hier mildernd gewirkt ; heutzutage
meint man mit zehn (!) Stunden Drama genug zu
ha6en; man fängt später an und schliesst früher.
Die grösseren Theater werden in jüngster
Zeit bei einbrechender Dunkelheit durch Gas-
llammen erhellt; sie haben eine Rampe wie bei
uns. Die Schauspielhäuser zweiten Ranges sind
jedoch noch nicht soweit und behelfen sich mit dem
ursprünglich allein gekannten Beleuchtungssystem,
das so phantastische Effecte erzielt. Es ist dies so
echt eine japanische Specialität, die leider zu
schwinden scheint und mit ihr eine locale Färbung
der schönsten Art.
Der Zuschauerraum wird nicht beleuchtet, die
Besucher können im Dunkeln bleiben, auch die
Scene ist völlig finster ; nur das Antlitz des einzelnen
Schauspielers wird in's Licht gestellt. Was der
Japaner in erster Linie auf dem Theater sucht, ist
eben das Physiognomienspiel, daher auch der Schau-
spieler in all seinen Bewegungen von einer Art
neutralen Wesens begleitet wird, das ihm ein Lam-
pion, welches an einer Stange hängt, ununter-
brochen unter das Antlitz hält; jeder Auftretende
hat seinen „Schatten", der nicht von ihm lässt.
Man mus zugeben, dass das auf die Darstellung der
Wahrheit sonst so erpichte japanische Publicum,
was diese Beleuchtung anlangt, viel von seinen
Ansprüchen fallen lassen muss.
Die Mode des Händeklatschens, die noch nicht
ganz im Schwange ist, aber sich einnisten wird,
wurde gleichfalls Europa entlehnt. Der alte Brauch,
den Namen des Autors laut zu schreien, überwiegt
heute noch, verliert jedoch täglich an Terrain.
In Europa ruft man den Künstler, wenn er
die Scene verlassen hat, in Ja[>an aber mitten im
Monolog oder Dialog, ja oft auch gelegentlich
einer stummen Scene. Der Japaner legt in diese
Rufe einen schwer zu besfhreibenden Ausdruck,
ein Gemisch von Wohlwollen und manirirter Affec-
tation.
N
Bei einem Zustande der dramatischen Kunst,
wie wir ihn geschildert, darf es nicht Wunder
nehmen, dass die japanische Literatur nahezu keine
geschriebenen Dramen aufweist; wenige, soge-
nannte classische Dramen bilden eben die Aus-
nahme. Will man ilas Drama „lesen", so muss man
mit einer Art Libretto vorlieb nehmen, das eine
Analyse des Stückes enthält. Solcher Bachelchen
gibt es mehrere für ein und dasselbe Schauspiel
und stimmen dieselben nicht immer miteinander
überein. Dies rührt davon her, dass sie von ver-
schiedenen Zuschauern für die Buchhandlungen und
die einheimischen Zeitungen zusammengestellt
werden, und das nur während einer Reihe von
Vorstellungen, in denen, wie früher eingehend er-
wähnt , das Stück so sehr an Form und Inhalt
wechselt.
Die berühmten Künstler spielen nur in Tokio
und Kioto. Alle anderen Städte, Osaka, das an
Einwohnerzahl die frühere kaiserliche Residenz
überflügelt hat, nicht ausgenommen, haben nur
Truppen zweiten Ranges. Letztere Stadt ist zu sehr
ein Handels- und Industrieemporium geworden, als
dass sie genügend Zeit für das Theater opfern
könnte. Dieses ist eben in Japan keine Erholung
am Abend eines durchgearbeiteten Tages, sondern
ein Tageswerk selbst.
Ein grösseres Theater in Tokio fasst an zwei-
tausend Personen. Die dortige Bevölkerung ist
ebenso z.ihlreich als enthusiastisch, und so macht
deshalb ein Drama mehrere Monate volle Häuser;
anders wären aber auch die riesigen Kosten der
Inscenirung nicht hereinzubringen.
ZUR ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES ISLAM.
Von Heitnann t'eigl.
Ist es schon interessant, die Kämpfe zu be-
trachten, welche die Lehre Muhammed's mit dem
arabischen Volksgeiste zu bestehen hatte, um
Boden fassen zu können, so ist es nicht minder
anziehend, den Entwicklungsgang der muslimi-
schen Religion in Bezug auf ihr inneres Wesen
zu verfolgen. Wie es kein weltliches Gesetzbuch
gibt, welches in casuistischer Darstellung für alle
182
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
Rechtsfälle des civilen Lebens erschöpfend Vor-
sorgen kann, so gibt es auch kein Religionsbuch,
in welchem aller Kundgebungen des geistlichen
Lebens gedacht sein könnte, in welchem der
fromme Gläubige auf alle Gewissensfragen Ant-
wort fände. In letzterer Hinsicht hilft über den
Mangel detaillirter Gesetzgebung der Umstand
hinweg, dass jeder Glaubenssatz als eine Summe
von Gesetzen betrachtet werden kann, welche
aus ihm nach Massgabe des jeweiligen religiösen
Bedürfnisses mehr oder minder leicht abzuleiten
sind. Wenn wir nun auf Grund dieser in Bezug
auf die Moral kaum bestreitbaren Behauptung
weiter annehmen dürfen, dass der philosophische
Auf- und Ausbau einer Religion um so voll-
kommener ist, in je weniger Lehren und Gebote
diese Dogmen und Moralgesetze zusammenfasst, so
stehen wir bei Betrachtung der Lehre Muhammed's
keinem Zweifel gegenüber, dass ihr ursprüng-
licher Aufbau von einem Beispiele der Vollkommen-
heit sehr weit entfernt ist.
Muhammed's Lehre war so inconsequent wie
sein Leben und seine durch Abu Bekr im Koran
gesammelten und von Osman neuerdings redigirten
Aussprüche zeigen manche Lücke, welche die das
heilige Buch um Rath fragenden Gläubigen oft
wichtige oder präcise Entscheidungen sowohl in
moraltheologischer wie in ritueller Beziehung nicht
leicht verschmerzen Hessen. Das praktische religiöse
Bedürfniss liess es bald erkennen, dass der Koran
unzureichend sei und einer Ergänzung von dem-
selben Gewichte und derselben Autorität bedürfe,
wie das ewig unveränderliche Buch AUah's selber.
Diese Ergänzung fand der Koran in der Sunna
und im Hadith. Lässt sich auch für das, was im
Islam die Sunna heisst, in anderen geoffenbarten
Religionen eine Parallele finden, die wir gewöhn-
lich mit dem vagen Begriffsausdrucke „Tradition"
zu bezeichnen pflegen, so finden wir für das
muslimische Hadith, weder in Rücksicht auf seine
Bedeutung, noch in Hinsicht auf sein formales
Auftreten, nirgendwo ein passendes Seitenstück.
Und doch ist das Hadith ein integrirender Be-
standtheil des Islam, ohne welchen wir uns heute
die Religion Muhammed's so wenig vorstellen
können, als der Muslim seiner zum Ausbaue des
lückenhaften Religionssystems des Propheten be-
durfte. Von welcher Bedeutung das Hadith für
die verschiedenen Beziehungen des muhammedani-
schen Lebens ist, darüber belehren uns Dr. Gold-
Ziher's „Muhammedanische Studien^ *) mit einer
Ausführlichkeit und einer Gediegenheit, welcher
der behandelte Gegenstand würdig ist, und wofür
dem ausgezeichneten Gelehrten nicht nur die
vollste Anerkennung des ^Fachmannes, sondern
auch der Dank aller Gebildeten gebührt, denen
Geschichts- und Religionswissenschaft nicht blos
vom Hörensagen bekannt sind.
*) Mohammedanische Studien. Von Ignaz Goldziher. II. Theil.
Halle a. 8. 1890. 8" X, 420 S. — Der I. Theil des Werkes erschien
im Jahre 1888. Man vergleiche hiezu den besprechenden Artikel
„Araberthum und Islam" von H. Peigl in Nr. ,5 und 6 (Mai- und
Junibeft) 1889 der „Oesterreichischen Monatschrift für den Orient".
Was versteht man unter Hadith? Wozu dient
es? Wozu wird es gebraucht und missbraucht?
Das sind die hauptsächlichsten Fragen, welche
uns in den folgenden Zeilen beschäftigen werden
und bei deren Beantwortung wir Goldziher als
dem besten Gewährsmanne folgen können.
Hadith bedeutet zwar im Allgemeinen : Mit-
theilung und Erzählung; dass das Wort aber schon
seit den ersten Zeiten des Islam zur Bezeichnung
einer bestimmten Art von Erzählungen und Mit-
theilungen gebraucht wurde, geht aus Rede-
wendungen, wie „das schönste Hadith ist das
Buch Alläh's'' unzweideutig hervor. Hadith heisst
alles Dasjenige, was der Prophet ^^hinsichtlich der
Ausübung der von ihm vorgeschriebenen religiösen
Pflichten, hinsichtlich der allgemeinen Lebens-
führung und des gesellschaftlichen Verhaltens oder
mit Bezug auf Vergangenheit und Zukunft, ob
nun in öffentlicher Versammlung oder im privaten
Verkehre" seinen Anhängern gelegentlich mit-
getheilt hat und was diese zur Erbauung und Be-
lehrung der Gemeinde aufbewahrt haben. Solche
„Hadithe" genannten Mittheilungen des Propheten
wurden denen hinterbracht, welche in fernen
Ländern wohnten und also nicht Ohrenzeugen der
Aussprüche des Propheten sein konnten; zu solchen
Hadithen — und dies wolle als hochbedeutsam
bemerkt werden! — dichteten aber auch die
frommen Ueberlieferer »manches Heilsame aus
Eigenem hinzu, was sie als im Geiste des Propheten
gedacht, ihm unbedenklich zuschreiben zu dürfen
glaubten oder von dessen Heilsamkeit sie im
Allgemeinen überzeugt waren." Nach diesem lässt
sich urtheilen, dass die Authenticität der Hadithe
eine sehr zweifelhafte Sache ist; ebenso schwierig
ist es auch, über den ältesten Bestand des Hadith,
selbst in der auf Mohammed folgenden Generation
zu entscheiden. Goldziher spricht deshalb die An-
sicht aus, dass wir den weitaus grössten Theil
des Hadith als Resultat der religiösen, historischen
und gesellschaftlichen Entwicklung des Islam in
den beiden ersten Jahrhunderten betrachten können.
Daran knüpft er zugleich auch die Bemerkung,
dass uns das Hadith nicht als Document für die
Kindheitsgeschichte des Islam, sondern nur als
Mittel dienen kann, dessen reifere Entwicklungs-
stadien zu verfolgen. „Es bietet uns ein unschätz-
bares Material von Zeugnissen für den Entwick-
lungsgang, den der Islam während jener Zeiten
durchmacht, in welchen er aus einander wider-
strebenden Kräften, aus mächtigen Gegensätzen
sich zu systematischer Abrundung herausformt.
Und in dieser Bedeutung des Hadith liegt die
Wichtigkeit der gehörigen Würdigung und Kenntniss
desselben für die Erfassung des Islam, dessen
merkwürdigste Entwicklungsphasen von der succes-
siven Entstehung des Hadith begleitet sind."
Jedes Hadith besteht aus zwei Thcilen, deren
einer so wichtig und nothwendig ist wie der andere.
Man begnügt sich nicht damit, zu wissen, was über-
liefert ist, sondern man Trill auch die Ueberlieferer
kennen ; deshalb hat dem Wortlaute des Aus-
OE8TERRBICHISCHB MONATSSCHRIFT pOr DEN ORIENT.
188
Spruches, dem Texte [Main) <les Hadi'th die wohl-
geordnete Reihe oder Kette der Gewährsmänner
vorauszugehen, welche vom letzten Ueberlieferer
angefangen bis hinauf zum ersten Urheber die be-
treffende Mittheilung von einander übernommen
haben. Ohne diese Kette, welche die Stütze {Isndd)
des Hadith genannt wird, gibt es keine Ueberliefe-
rung, welche auf Glaubwürdigkeit Anspruch er-
heben könnte. Die Muhammedaner selbst glauben
zwar annehmen zu dürfen , dass das Hadith ur-
sprünglich nur auf mündliche Ueberlieferung be-
rechnet war, doch Manches spricht dafür, dass es
schon von jeher schriftlich auf|;ezeichnet und auf-
bewahrt wurde. Bei der Wichtigkeit, welche man
den Aussprüchen des Propheten beilegte, ist es fast
undenkbar, dass man sie dem Zufalle mündlicher
Aufbewahrung preisgab, und in der That wird uns
auch eine Reihe von Büchern aus der ersten Gene-
ration des Islam genannt, in denen Aussprüche
Muhammed's gesammelt worden sein sollen. Ja
selbst die Schiiten, von denen man irrthümlicher-
weise gerne behauptet, dass sie nur den Koran als
Richtschnur des religiösen Wandels anerkennen,
selbst sie berufen sich gerne auf alte Schrift-
werke, in welchen die Berechtigung ihrer Lehre zu
fmden ist.
Wenn nun, wie wir gesehen haben, Hadith die
Ueberlieferung ist, was ist dann Sunna, womit man
stets den Begriff der Tradition zu verbinden ge-
wohnt ist? Sagen wir es kurz: „Hadith ist eine auf
den Propheten zurückgeführte mündliche Mit-
theilung; Sunna ist, ohne Rücksicht darauf, ob dar-
über etwas mündlich Mitgetheiltes vorliegt oder
nicht, der in der alten muhammedanischen Ge-
meinde lebende Usus mit Bezug auf ein religiöses
oder gesetzliches Moment." Wenn also in einem
Hadith eine Regel enthalten ist, so hat diese selbst-
verständlich auch als Sunna zu gelten; nicht jede
Sunna lässt sich aber aus einem Hadith ableiten,
ja es ist sogar möglich, dass die in einem Hadith
enthaltene Weisung mit der Sunna, dem Gewohn-
heitsrechte geradezu in Widerspruch steht.
Eine Sunna kannten schon die heidnischen
Araber in vormuhammedanischer Zeit; ihre Sunna
lehrte sie, den Sitten und Gewohnheiten ihrer Vor-
fahren treu zu bleiben und ihr Leben danach ein-
zurichten. Der Regriff der Sunna wurde nur aus
der Heidenzeit herübergenommen und den neuen
muhammedanischen Anschauungen in der Weise
angepasst, dass „den frommen Nachfolgern Muham-
med's und seiner ältesten Gemeinde Dasjenige als
Sunna galt, was als die Uebung des Propheten und
seiner ältesten Getreuen nachgewiesen werden
konnte."
Auf das strenge F'esthalten an der Sunna wird
umsomehr Gewicht gelegt, als der junge Islam so-
wohl in politischer als auch in ritualistischer Hin-
sicht sich gegen die Zumuthung mancher Neuerungen
zu wehren hatte. Niemand soll im Islam anders
handeln oder anders den religiösen Gebräuchen ob-
liegen, als es die traditionelle Sitte, die Sunna vor-
schreibt. Die eigene Handlungsweise, die ausdrück-
liche .Anordnung oder dir stillschweigende Billigung
des Propheten ist der Massstab für das, was als
Sunna zu gelten hat. Nach der Sunna richtete man
sich nicht nur in ernsten und wichtigen Phallen des
Lebens, man fragte sie auch in den kleinlichsten
Dingen um Rath.
Was die Sunna für den Mohammedaner be-
deutete, wie hoch sie von allem Anfange an im
Islam gehalten wurde, dies bezeugt der Grundsatz,
der sich schon im I. Jahrhundertc herausgebildet
hatte: „Die Sunna ist der Richter über den Koran,
nicht umgekehrt." Und die Macht der Sunna hat
seitdem bedeutend zugenommen ! Eher war es noch
in alter Zeit möglich, der Sunna zuwider zu handeln
oder ihr praktische Geltung abzusprechen , als
später. Gewann die Sunna neben dem Koran immer
mehr Boden, bis man so weit gekommen war, sie
so wie den Koran als von Gatt geoffenbart zu be-
trachten, so war man endlich auch an dem Punkte
angelangt, Sunna und Koran als vollständig gleich-
werthig nebeneinander zu stellen und schliesslich
scheute man sich auch nicht mehr zu behaupten,
dass Gebote der Sunna solche des Korans abrogiren
können. Als die Werthschätzung der Sunna so weit
gediehen war, wetteiferten fromme Muhammedaner
in der Nachahmung jener Altvordern [Sola/), welche
ihre Lebensgewohnheiten unter den Augen und
nach dem Muster des Propheten gebildet hatten,
und forschten eifrig nach den Lebensgewohnheiten
Muhammed's und seiner Genossen, um ihr eigenes
Leben darnach, einrichten zu können. Gebräuche,
die längst aus der Uebung gekommen waren,
wurden auf diese Weise wieder eingeführt und Je-
dem wurde es von den frommen Gläubigen als hohes
Verdienst angerechnet, wenn er durch Wiederein-
führung einer solchen alten Gewohnheit „die Sunna
wieder belebte." Um den Ruf und das Verdienst
eines „Wiedcrbelebers der Sunna" zu gewinnen,
verüben die Ueberfrommen die einfältigsten Dinge.
Obwohl die Rechtsgewohnheit des öffentlichen Eid-
fluches längst ausser Gebrauch gekommen ist, ver-
flucht ein Gelehrter von Cordova im IV. Jahrhundert
(d. H.) sein Weib in öffentlicher Moschecversamm-
lung, weil es einmal so Sitte gewesen ist; der an-
dalusische Fürst Al-Hakam greift im Kriege die
Christen zu jener Tageszeit an, in welcher der
Prophet einst gegen die Ungläubigen gekämpft
hat ; ein .\nderer lässt gar noch im Jahre 693
wieder das alte Hohlmass einführen, welches zur
Zeit Muhammed's in Medina in Gebrauch gewesen
war, u. dgl. m.
Je mehr man auf die strenge Befolgung der
Sunna zu halten angefangen hatte, mit desto
grösserem .\bscheu verwarf man jede Neuerung
als Ketzerei. Was nicht im Zeitalter des Propheten
geübt worden war, was ohne entsprechendes Beispiel
aus der alten Zeit geübt wurde, galt als etwas
Willkürliches, was unbedingt zu verwerfen und zu
verdammen war. Dergleichen brauchte nicht einmal
dem Geiste der Sunna zu widersprechen, es ge-
nügte, dass es in ihr nicht nachzuweisen war, und
es wurde mit aller Strenge verpönt.
184
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
Der Gebrauch von Kaffee und Tabak, des
Buckdrucks, die Benützung von Tischen, Messern
und Gabeln, von Sieben etc. Alles, was nach der
Zeit Muhanimed's aufgekommen war, wollten
fromme Fanatiker verworfen wissen und legten zu
solchem Zwecke dem Propheten selbst das Ver-
dammungsurtheil in den Mund.
Nur der besseren Kinsicht verständiger Theo-
logen ist es zu danken, dass derartige Uebertrei-
bungen sowohl in Hinsicht auf die Wiederbelebung
dervSunnaals auch in Hinsicht auf die Verwerfung
von Neuerungen als Ketzereien nicht so weit aus-
arteten, dass sie das gesellschaftliche Leben be-
hinderten und die allzu Frommen in den wieder
erweckten patriarchalischen Zuständen der An-
forderungen einer fortgeschrittenen Zeit vergessen
liessen. Man fing an, die Neuerungen nicht sammt
und sonders ohne Rücksicht auf ihren Zweck und ihre
Nützlichkeit für das praktische Leben zu verwerfen,
sondern man machte Unterschiede zwischen guten,
lobenswerthen und schlechten, verwerflichen Neue-
rungen.
Nachdem wir das Wesen von Sunna und Ha-
dith und den Unterschied zwischen beiden kennen
gelernt haben, sehen wir nun zu, was für eine be-
deutungsvolle Rolle in der Entwickelung des Islam
sie sowohl in theologischer wie in hierarchischer
Hinsicht gespielt haben.
Nicht allerorten, wo die Herrschaft des jungen
Islam Boden gefasst hatte und selbst nicht in den
berufensten Kreisen, das heisst, am Hofe der Kha-
lifen, erfreute sich die Religion Muhammed's der-
selben Aufmerksamkeit und Pflege, wie die unter
dem Deckmantel der Religionsforderung sich breit
machenden weltlichen Interessen. Mag die Sunna
in Medina, dem Ausgangspunkte der muhammeda-
nischen Lehre , für welche man hier auch das
meiste Verständniss hatte, mag die Sunna auch
dort von allem Anfange an zur Grundlage des reli-
giösen Lebens gemacht worden sein, in den ent-
fernteren Provinzen musste sich der Islam, we-
nigstens im ersten Jahrhunderte seines Bestehens,
mit einem ziemlich fremden und frostigen Ent-
gegenkommen begnügen. Wollen wir schon der
gleichgiltigen und in religiösen Dingen unwissenden
grossen Masse der unterworfenen Völker ihre ab-
sichtliche oder unabsichtliche Indifferenz zu Gute
halten, so können wir doch unser Staunen nicht
unterdrücken, wenn wir hören, dass selbst von
regierungswegen zur Festigung der religiösen An-
gelegenheiten sehr wenig geschehen ist. Die Dy-
nastie der Umejjaden fasste den Khalifenberuf
keineswegs so ideal auf, wie wir uns gerne vor-
stellen. Sie lebten zwar auch nach der Sunna, aber
nur dort, wo es ihnen genehm und ihren ma-
teriellen Interessen förderlich war.
Unsere Bewunderung, die wir dem rasch um
sich greifenden und die Gemüther entflammenden
Islam entgegenzubringen gewohnt sind, schrumpft
auf ein bedenkliches Kopfschütteln zusammen,
wenn wir hören, dass die guten muslimischen Unter-
thanen nicht einmal wussten, wie sie beten sollten.
und dass die tapferen muslimischen Eroberer zwar
überall eiligst für Allah Moscheen bauten, nichts-
destoweniger aber in den Elementen des Cultus
ganz unwissend waren. Freilich entsetzten sich
die Frommen, wenn sie einen Prediger von der
Kanzel herab profane arabische Verse als Koran-
stellen citiren hörten, aber die Regierung fühlte
sich keineswegs genöthigt, Missständen abzuhelfen,
die ihr nicht in materieller oder dynastischer Hin-
sicht direct schaden konnten.
Die umejjadischen Herrscher fühlten sich
eben nicht als Khalifen, als Nachfolger des Pro-
pheten, dessen geistiges Erbe sie in einem theo-
kratischen Staate zu vertreten hatten, sondern als
Könige eines weltlichen Reiches.
Umsomehr hatten die Frommen Ursache, das
von Muhammed gelegte Samenkorn des Glaubens
mit aller Fürsorglichkeit zu pflegen, und wenn sie
im Eifer für die gute Sache des Guten zu viel
thaten, können wir es ihnen in Rücksicht auf den
Zweck, den sie verfolgten, durchaus nicht übel
nehmen.
Sie sammelten aus dem Munde der unter
ihnen lebenden „Genossen" und „Nachfolger" des
Propheten das Material zur Sunna, welche dem
muhammedanischen Gesetze und Rechte zu Grunde
liegen sollte, sie unternahmen Reisen in ferne
Gegenden, um Hadithe und Sunnas zu sammeln,
und endlich scheuten sie sich auch nicht, Lehren, die
sie dem Sinne des Islam zusagend fanden, mit einer
beglaubigenden Kette von Gewährsmännern zu
versehen und als von Muhammed selbst herrührend
auszugeben und in Umlauf zu setzen.
Was die gute Meinung der Frommen- zu ihrem
Zwecke thun konnte, das glaubte sich auch die re-
gierende Macht zu ihren Absichten erlauben zu
dürfen. Erdichteten die Gläubigen Hadithe gegen
die gottlose Regierung, so liess diese wieder Ha-
dithe verfertigen, wenn es galt einer ihrer .An-
sichten allgemeine Anerkennung zu verschaffen
oder die opponirenden Frommen zurückzuweisen.
Da es an willigen Werkzeugen niemals mangelte,
welche solchen officiellen Traditionslügen als Ge-
währsmänner ihren wohlklingenden Namen liehen,
so waren die Herrscher auch nicht in Verlegenheit,
durch erlogene Hadithe ihren persönlichen oder
dynastischen Wünschen Geltung zu verschaffen.
Dass solche käufliche Traditionsschmiede von den
wahrhaft Frommen gebührend verabscheut wurden,
ist ebenso einleuchtend, als dass Jeder, der sich
reine Hände und ein reines Gewissen bewahren
wollte, der Regierung aus dem Wege ging. Es
gab da eine Zeit, wo man es geradezu als Schimpf
betrachtete, in die Dienste der Regierung zu treten,
und charaktervolle Männer sich weigeren, ein von
derselben abhängiges Amt anzunehmen.
Wie zu politischen und dynastischen Zwecken,
so machten sich die Umejjadenfürsten die Tradition
auch hinsichtlich religiöser Dinge ihren Wünschen
dienstbar. Die patriarchalische Sitte verlangte es,
dass der Imäm am Freitage zwei Ansprachen an
die versammelte Gemeinde hielt, und die umejjadi-
JEONOTA X
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
185
sehen Herrscher legten auch Werth darauf, sich
ihren Unterthanen von der Kanzel aus zu zeigen.
Dünkelhaft aber, wie sie waren, glaubten sie bei
dem feierlichen Acte, der von jeher stehend voll-
zogen wurde, nicht wie irgend ein armseliger
Prediger stehen zu müssen, sondern angesichts
des ihnen unterthänigen Volkes auch sitzen zu
dürfen. Ua nun die sunnatreuen Frommen gegen
diese unerhörte Neuerung ihre Stimme erhoben,
die aristokratisch gesinnten Umejjaden aber dem
Volke gegenüber ihr angemasstes Recht behaupten
wollten, so musste ein officieller Theologe den
Leuten erklären, dass schon der Khalife Osman
die Gewohnheit gehabt habe, wenigstens die
zweite Ansprache an die Gläubigen sitzend vor-
zutragen.
Erdichtete Hadithe dienten, wie wir schon be-
merkt haben, nicht nur egoistischen Zwecken,
sondern auch als Mittel, die gute Sache des
Glaubens zu fördern. Was der Prophet nicht
wirklich gesagt hatte, das konnte er ja, wenn
Gelegenheit gewesen wäre, gesagt haben, und
auf kleine Unrichtigkeiten in der Anführung der
Gewährsmänner kam es dann auch nicht gerade
mehr an, wenn man im Auge behielt, „dass die
Anlehnung eines neuen, dem angestrebten Ziele
entsprechenden Lehrsatzes an die Autorität
Muhammeds die J<'orm war, in welche man die
hohe religiöse Berechtigung der Lehre zu fassen
für gut fand."
Im II. Jahrhunderte (d. H.) wusste man recht
gut, dass unter den guten Hadithen sehr viele
falsche waren, doch eben weil sie gut waren,
sah man ihnen die fälschliche Zurückführung auf
den Propheten nach, ja man führte zu Gunsten
der unechten Hadithe wieder Aussprüche Muham-
med's an, welche selbstverständlicherweise eben-
falls unecht waren. „Nach meinem Hingänge",
soll der Prophet gesagt haben, „werden die mir
beigelegten Aussjjrüche sich vermehren, ebenso
wie man auch den früheren Propheten in grosser
Anzahl Aussprüche zugeschrieben hat. Was man
euch nun als meinen Spruch mittheilt, dass müsst
ihr mit dem Gottesbuch (Koran) vergleichen;
was mit diesem in Einklang ist, das ist von mir,
ob ich es nun wirklich selbst gesagt habe oder
nicht.-' Damit erklärte man also unumwunden,
dass die religiöse Correctheit eines apokryphen
Ausspruches ihn den authentischen Aussprüchen
des l'ropheten gleichwerthig erscheinen lasse.
l''ür gewisse Arten von Traditionen genügte
es aber nicht, sich auf mündliche Anordnungen
des Pro|)heten zu berufen, und in solchen Fällen
brachte man die Schriftstücke bei, welche den
Willen Muhammed's beurkundeten. Gewöhnlich
[)roducirte man nur sogenannte Copien, zu welchen
natürlich das Original fehlte, worum sich gläubige
Gemüther auch nicht bekümmerten. Geschah
Letzteres dennoch oder hatte man es zu erwarten,
so war man auch um die Originalstücke nicht
verlegen und wies sogar Documente vor, welche
mit dem Insiegel des Propheten versehen waren.
Kennzeichnet eine solche Lässigkeit in religiösen
Dingen die Herrschaft der Umejjaden, so sehen
wir nach deren Sturz unter der Regierung der
Abbäsiden die Verhältnisse sich sehr verändern.
Wie die umejjadische Herrschaft eine weltliche
war, wie die Umejjadenfürsten sich als Könige
gefühlt hatten, so zeigte sich die Herrschaft der
Abbäsiden als eine religiöse Institution und die
Abbäsiden fühlten sich als wahre Kbalifen und
herrschten als echte Hierarchen über den Staat
und die Staatskirebe. Als Imämc, als Nachfolger
des Propheten betrachteten sie sich als Inhaber
einer von Gott einges:tzten Würde und legten
auf das Jcönigliche Scepter weniger Gewicht, als
auf den Mantel des Propheten, mit welchem sich
der erste Abbäside bekleidete und den auch alle
seine Nachfolger bei feierlichen Gelegenheiten als
Abzeichen ihrer Würde zu tragen pflegten.
Die Theologen, welche während der Umejjaden-
zeit mehr im Stillen arbeiteten, anstatt auf öffent-
liche Angelegenheiten Einfluss zu nehmen, konnten
unter den Abbäsiden die Sunna wieder zur
praktischen Geltung bringen, und wenn sie auch
„für die sunnawidrige Lebensweise eines genuss-
süchtigen Herrschers religiöse Titelchen zu finden"
hatten, so wurde nun doch mit gewissenhaftem
Ernste nach dem Erlaubten und Verbotenen ge-
forscht und das Studium des Gesetzes konnte,
von oben her begünstigt, einen freien Aufschwung
nehmen.
In der Ausbildung der Gesetzwissenschaft
schlug man zwei verschiedene Wege ein. Um nicht
neue Traditionen erdichten zu müssen, suchte man
ehrlicherweise aus dem geringen Vorhandenen
Gesetze zu deduciren oder man nahm auch
Rechtsbestimmungen aus dem römischen Rechte
auf. Andererseits wollte man alles Gesetz auf
die Autorität des Propheten zurückgeführt wissen,
und in diesem Falle blieb eben nichts Anderes
übrig, als bei dem geringen Material von Ueber-
lieferungen die Lücken mit neuen, also falschen
Hadithen auszufüllen. Da nun die .Autorität des
Korans und der Aussprüche des Propheten dem
Muhammedaner höher stehen, als jede noch so
vernünftige persönliche Meinung, so blieb Jenen,
welche die Gesetze auf die erstere Weise gebildet
hatten, zur Bekräftigung ihrer angezweifelten
Doctrinen nur der Ausweg, sie ebenfalls mit —
wenngleich echten - ■ Hadithen zu unterstützen.
So konnte es dann vorkommen, dass in einem
und demselben Rechtsfalle, der beiden Rechts-
schulen zur Beurtheilung überkam, verschieden
geurtheilt wurde, und dies dort und da auf Grund
von Hadithen ! Um diesem Dilemma zu entgehen,
suchte man sich auf verschiedene Weise zu helfen.
Entweder unterzog man die Ueberlieferungen und
ihre Gewährsmänner einer Kritik und bevorzugte
dann jenes Hadith, dessen Gewährsmännern man
mehr Vertrauen schenkte ; oder man suchte die
einander widersprechenden Hadithe miteinander
in Einklang zu bringen und so die Widersprüche
aus der Welt zu schaffen.
186
OESTERREICHISCHE MOMATSSCHRIPT POr DEN ORIENT.
Die nahen Beziehungen, in welchen Religion
und innere Politik in jedem theokratischen Staate
zu einander stehen, haben es auch im Islam mit sich
gebracht, dass die erstere der letzteren als Stütze
oder, um einen den ungesunden politischen Verhält-
nissen entsprechenderen Ausdruck zu gebrauchen,
als Krücke dienen musste. Die Form, in welcher
die Religion der Politik zu Hilfe kam, war die
Ueberlieferung, das Hadith, und dieses leistete den
verschiedenen politischen Parteien Dienste, welche
durch kein Mittel, selbst nicht durch physische Ge-
walt ersetzt werden konnten. Die Ueberlieferung
war das beste Werkzeug, einem religionswidrigen
Regiment, einer den Strenggläubigen verhassten
Obrigkeit den Gehorsam des Volkes zu sichern, der
sich sonstwie weder erkaufen noch erzwingen
liess. Die Rechtgläubigen beruhigten ihr zweifeln-
des Gewissen mit Hadithen, wenn sie nicht mit
sich im Klaren waren, wie sie sich unter Herr-
schern zu benehmen hatten, deren Leben mit den
Gesetzen der Religion in Widerspruch stand ; die
unversöhnliche Oppositionspartei stützte sich auf
Hadithe, welche die gottlosen Fürsten im Interesse
des Glaubens zu bekämpfen befahl ; und im Gegen-
satze zu dieser Partei standen wieder Elemente,
welche die loyale .Richtung vertraten (die Mur-
dschiten), welche behaupteten, dass das den Glaubens-
gesetzen widersprechende praktische Verhalten der
Herrscher durchaus kein Grund sei, diesen als Un-
gläubigen den Gehorsam zu versagen, sondern dass
man deren Rechtgläubigkeit anerkennen müsse,
wenn sie sich nur im Allgemeinen zum Islam hielten.
Dass diese letztere Partei mit ihrer milden Nach-
sicht aus gefügigen Werkzeugen der Regierung be-
stand, ist nicht erst besonders hervorzuheben.
Die grösste Bedeutung ist ohne Zweifel jener
Partei beizumessen, welche zwischen der unnach-
sichtlichen Opposition und der loyalen Nachgiebig-
keit zu vermitteln suchte und zu diesem Zwecke
durch Hadithe den Beweis erbrachte, „dassman den
thatsächlichen Machthabern im Interesse der Ord-
nung des Staates und der Einheit des Islam in
jedem Falle gehorchen müsse, auch wenn man da-
von überzeugt ist, dass sie persönlich die unwürdig-
sten Menschen seien." Wir würden jenen Theologen
Unrecht thun, die solche Grundsätze verbreiteten,
wenn wir sie als im Solde der Machthaber stehend
betrachteten ; wohl leisteten sie den herrschenden
Kreisen durch Verbreitung beschwichtigender Tra-
ditionen einen bedeutenden Dienst, die Absicht je-
doch, die sie verfolgten, war nur die, die bestehende
Ordnung zu unterstützen und bürgerliche Wirren
zu verhüten. „Wenn eine Zeitlang eine tyrannische
Regierung besteht, so ist dies besser, als eine Weile
Revolution."
Solche Grundsätze Hessen zwar keine offene
Empörung aufkommen, waren aber dem Gedeihen
von Verhältnissen günstig, welche kaum dem Sinne
des Stifters des Islam entsprechen konnten. Wir
können sagen, dass die gefälschten Hadithe, welche
solchen Grundsätzen das Wort sprachen, den Is-
lam nur dadurch zusammenhielten, dass sie ihn zer-
fahren Hessen. Wenn die Erblichkeit der Chalifen-
würde von den Orthodoxen auch entschieden be-
stritten wurde, so wurde sie gerade von diesen,
allerdings indirect, ebenso entschieden vertheidigt,
wenn sie lehrten, dass die Berechtigung des Herr-
schers durch die übereinstimmende Huldigung der
Gemeinde erwiesen sei. Da der Prophet ohne männ-
liche Nachkommen gestorben war und auch keine
testamentarischen Verfügungen getroffen hatte, war
es ein Leichtes, für die Berechtigung der actuellen
Herrscher, ob es nun Umejjaden oder Abbäsiden
oder Aliden waren, in irgend einem Hadith einen
Titel zu finden, und ebenso leicht war es auch der
gegnerischen Partei, diesen zu bestreiten.
Vielleicht waren es gerade die gefälschten
politischen Traditionen, welche dem gläubigen
Volke die Augen über den Unfug öffneten und es
offen bekennen Hessen : „Wenn wir eine unserer
Meinungen aufstellten, so pflegten wir sie in die
Form des Hadith zu fassen." Ebenso wie in der
Politik wurde in rein religionsgesetzlichen Fragen
das Hadith zur Entscheidung strittiger Punkte auf-
gerufen, und jede Strömung und Gegenströmung im
Leben des Islam hat ihre Tradition gefunden oder
gebildet, aus welcher sie ihre Berechtigung ab-
leitete. Der Frevel am überlieferten Worte, seine
Fälschung und sein Missbrauch konnten natürlich
den Strenggläubigen nicht gleichgiltig bleiben und
sie suchten dem Unwesen auf verschiedene Weise
zu steuern. In der Wahl der Mittel war man nicht
gerade engherzig.
Am leichtesten machten es sich jene ehrlichen
Männer, welche die falschen Hadithe wieder mit fal-
schen Hadithen bekämpften. In der frommen Absicht,
die Traditionsfälschung zu brandmarken und ihr ein
Ende zu machen, erdichtete man Aussprüche desPro-
pheten, welche die erlogenen und verfälschten Hadithe
in den strengsten Worten verdammten. „Wer mit
Bezug auf mich geflissentlich lügt, dermöge eintreten
in seinen Ruheplatz im Höllenfeue r" oder „Am Ende
der Zeiten werden Fälscher, Lügner sein, welche
euch Hadithe bringen werden, die weder ihr gehört
habt, noch eure Vorväter. Hütet euch vor ihnen,
damit sie euch nicht irreleiten und in Versuchung
führen," so soll Muhammed selbst, und „Im Meere
gibt es gefesselte Teufel, die Salomon, der Sohn
David's dort hingebannt hat; gar leicht ist es mög-
lich, dass diese ausbrechen und den Menschen einen
(falschen) Koran vortragen", so soll ein anderer
frommer Mann die Gläubigen vor der Annahme
falscher Hadithe gewarnt haben. Religiöse Bedenken
hatten die Erfinder solcherTraditionenumsoweniger,
als sie sich bewusst waren, nur im Dienste der
orthodoxen Religion zu stehen und ketzerische oder
sonst sündige Ansichten zu bekämpfen.
Schärfer rückten dem Traditionsschwindel
Diejenigen zu Leibe, welche unbekümmert darum,
ob ein Hadith im Sinne der orthodoxen Kirche war
oder nicht, das Traditionswesen überhaupt abfällig
beurtheilten. Die Heiligthuerei und die Wichtig-
macherei, womit die Traditioasverbreiter dem allzu
gläubigen Volke mit ihren „Traditionen" Sand in
Rp
OE6TERRBICH1SCHE MONATSSCHRIFT FAr DEN ORIENT.
187
die Augen streuten, schien den vorurtheilsfreien und
weniger gläubigen Leuten ihres beissendsten Siiottes
nicht unwerth zu sein und im II. und III. Jahrhun-
derte (d. H.) fanden geistvolle Muslimen ein be-
sonderes Vergnügen daran, Personen und Dinge,
welche bei dem gewöhnlichen Volke in religiösem
Ansehen standen, ironisch zu betrachten und das
Heiligste zu verspotten. Nicht nur die Traditionen
selbst, sondern auch ihre Form wurde zum Gegen-
stände des Spottes gemacht, indem man sich nicht
scheute, gemeine Zoten mit Anführung von Ge-
währsmännern zu erzählen, alsob esHadithe wären.
Die Tradition selbst aber bot der scherzenden Satirc
wie dem ernsten Widerspruche genug des Materials,
da sie einestheils die kleinlichsten Vorschriften für
die intimsten Beziehungen des alltäglichen Lebens
enthielt, und anderntheils vielen einander wider-
sprechenden dogmatischen und gesetzlichen Thesen
als Stütze diente. Waren es in erster Linie die
ketzerischen Kreise, von welchen die Tradition
ziemlich allgemein angegriffen wurde, so konnten
doch auch orthodoxe Muslimen deren Einwürfe
nicht völlig entkräften und mussten wenigstens zu-
gestehen, dass der Kreis der Glaubwürdigkeit und
der Autorität der Traditionen ein sehr beschränkter
und dass manche der verspotteten Ueberlieferungen
unglaubwürdig sei. Absichtliche Entstellung und
der Einfkiss jüdischer und christlicher Legenden
auf die Tradition wird auch von den orthodoxen
Theologen nicht geleugnet, sondern ausdrücklich
zugestanden.
Ernster zu nehmen und von der nachhaltigsten
Wirkung war jene Art der Reaction gegen das
üppig wuchernde Traditionswesen, welche sich als
Traditionskritik äusserte. Der Leichtgläubigkeit
des frommen Volkes, welches ohne Bedenken die
in traditioneller Form auftretenden Aussprüche des
Propheten als echt gelten Hess, und der Nach-
giebigkeit jener Theologen, welche das Gemein-
gefühl der Gemeinde als obersten Richter über die
Giltigkeit von Traditionsaussprüchen anerkannten,
stand die Gewissenhaftigkeit solcher Männer gegen-
über, welche mit scharfem Blicke die Gefahr er-
kannten , die der rechtgläubigen Gemeinde von
Seiten der tendenziösen Hadithe drohte, und welche
die Bewilligung der Gemeinde durchaus nicht als
Gewähr für die Glaubwürdigkeit der Ueberliefe-
rungen gelten Hessen ; letzteres umsoweniger, als
sie die Erfahrung gemacht hatten, dass das un-
kritische Volk auch der orthodoxen Lehre feindliche
Hadithe zur Geltung kommen liess. Da man übrigens
auch den Verbreitern von Hadithen, und zwar in-
soferne eine wichtige Bedeutung beimessen musste,
als von ihrem persönlichen Ansehen in einer be-
stimmten Provinz auch das Vertrauen, welches man
in ihre Lehren setzte, und folglich auch die Ver-
breitung ihrer Lehren abhing, so schien es doppelt
geboten, darauf zu achten, wer die Autoritäten und
Gewährsmänner seien, auf welche sich die Glaub-
würdigkeit der einzelnen Hadithe stützte.
Im Hinblicke also auf die Gefahr, welche durch
die Verbreitung von Hadithen irgend einer Partei-
richtung der Sunna in Religion und Staatsicbeo
drohte, sollten nur , .solche Hadithe als correcter
Ausdruck des religiösen Geistes der Gesammtge-
meinde passiren, deren Träger sowohl in ihrer per-
sönlichen Glaubwürdigkeit als auch in ihrem Ver-
bältniss zum orthodoxen Bekenntniss keinem Be-
denken unterliegen, also im vollen Sinne des Wortes
als „zuverlässig" gelten können, von denen nicht
die Gefahr droht, dass sie, ob nun aus purer Leicht-
fertigkeit, aus Mangel an religiöser Integrität oder
aus Parteiinteresse dem Propheten Aussprüche zu-
schreiben, welche im Widerspruch mit der allge-
meinen Lehre ihren besonderen Interessen dienlich
sind. Dieser Gesichtspunkt bestimmte die ganze
Richtung der Traditionskritik, wie sich dieselbe im
Islam entwickelte." Man untersuchte also nicht den
Text einer Tradition, ob er mit dem anderer Tra-
ditionen oder mit dem Koran im Einklänge stehe,
sondern man legte das Hauptgewicht auf die In-
tegrität der Gewährsmänner und ihre unanfecht-
bare Reihenfolge (Isndd). Die Traditionskritiker
unterschieden je nach dem Resultate ihrer Unter-
suchungen verschiedene Grade von Glaubwürdig-
keit, deren höchster darin zum Ausdrucke kam,
dass man den Ueberlieferer „zuverlässig" nannte,
und deren niedrigster dem Gewährsmanne nur das
Lob zutheil werden lässt, dass er „nicht lüge".
Nebst der Qualität der Gewährsmänner hatten aber
die Kritiker noch andere Umstände im Isnäd zu be-
achten und waren es da besonders Anachronismen,
die sie blosszulegen hatten ; überdies erschwerten
die Fälscher der Kritik ihr Amt noch dadurch, dass
sie zwischen zwei Glieder der Isnäd-Kette, zwischen
denen kein thatsächlicher Zusammenhang nachge-
wiesen werden konnte, den Namen eines Unbe-
kannten einschoben, um einen Zusammenhang herzu-
stellen. Wenn wir auch nicht verkennen dürfen, dass
die strenge Prüfung des Isnad, der Kette der Ge-
währsmänner, unbedingt nothwendig und von heil-
samen Folgen war, so konnte es doch der guten
Sache nicht dienlich sein, wenn man für die Beur-
theilung der Glaubwürdigkeit und Authenticität der
Traditionen nur fot male Momente massgebend sein
liess. Es ist leicht einzusehen, wohin die einseitige
Methode führen musste, die den Werth des Isnäd
zuerst und allein untersuchte und das Urtbeil Ober
den Werth des Jnhalts einer Ueberlieferung von
dem Urtheile über die Correctheit des Isnäd
abhängig machte. Als Regel für die Beurtheilung
der Traditionen konnte beiläufig gelten, was Gold-
ziher in die Worte zusammenfasst : ,,Wenn das
Isnäd, an welches ein unmöglicher, mit äusseren
und inneren Widersprüchen behafteter Salz ge-
hängt ist, die Probe dieser formalen Kritik besteht,
wenn die Continuität der in demselben angeführten,
vollends glaubwürdigen Autoritäten ununterbrochen,
weun die Möglichkeit ihres Verkehrs miteinander
nachgewiesen ist, so wird die Tradition als glaub-
würdig anerkannt. Niemandem darf es beikommen
zu sagen : weil der Inhalt Main eine logische oder
historische Absurdität enthält, darum zweifle ich
an der Correctheit des Isnäd."
188
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
Allerdings kann dann der Fall eintreten, dass
zwei vollkommen correcte Ketten von unanfecht-
baren Gewährsmännern zwei einander wider-
sprechende Traditionen stützen; dann wird ent-
weder die Correctheit des einen Isnäd zu Gunsten
des anderen herabgedrückt, oder, wenn dies nicht
gelingen will, sucht man die einander wider-
sprechenden Texte auf spitzfindige Weise mit ein-
ander auszugleichen, oder man iässt bei gesetz-
lichen Traditionen die eine die andere abrogiren,
oder man Iässt auch hier wieder formelle Grund-
sätze entscheiden, in dem z. B. von zwei Berichten,
deren einer affirmativer , der andere negativer
Natur ist, dem affirmativen vor dem negirenden der
Vorzug eingeräumt wird. Selbst Anachronismen
werden ruhig hingenommen, wenn das Isnäd in
Ordnung ist und „die prophetische Gabe Muham-
meds ist ein ausgleichendes Moment für solche
Schwierigkeiten.
Die Strenge, mit welcher man die Traditionen
in Bezug auf ihre Echtheit prüfte, konnte über-
haupt nur auf jene Ueberlieferungen Anwendung
finden, die gesetzliche Fragen behandelten oder
den Gelehrten als Quellen für gesetzliche oder dog-
matische Deductionen dienen konnten ; jene Tradi-
tionen, weiche im Volke lebten und für das Volk
gemacht waren, welche fromme Erzählungen, erbau-
liche Sätze und ethische Belehrungen im Namen
des Propheten enthielten, wurden auch von Seite
der Theologen mit milderen Blicken betrachtet,
und wenn man Fälschungen in dieser Hinsicht auch
nicht ausdrücklich genehmigen konnte, so ging
man in der Nachsicht doch so weit, dass man auf
den sonst wichtigen Bestandtheil des Hadith,
nämlich auf die Anführung der Gewährsmänner gar
kein Gewicht legte. Bei solchen ethischen Hadithen
fragte man nicht danach, ob ein Gewährsmann ,, zu-
verlässig" oder ,, schwach" sei, da wurde bald ein
Ueberlieferer für glaubwürdig genug gehalten,
welchem man in Bezug auf Sunna-Traditionen das
Vertrauen versagt hätte.
Die Fälschung und Unterschiebung von Ha-
dithen zum Zwecke der Belehrung und Erbauung
des Volkes wurde von Theologen nicht nur theo-
retisch sanctionirt und praktisch geübt, sondern es
wurde zur Schaffung falscher Traditionssätze ge-
radezu ermuntert und erdichtete Hadithe mit mora-
lisirender Tendenz scheinen in den Predigten häufige
Anwendung gefunden zu haben. Da der Prophet
die Unterschiebung von Aussprüchen selbst aus-
drücklich verboten hat, wussten Diejenigen, welche
sich zu der Ansicht bekannten, dass man zu mora-
lischem Zwecke auch Traditionen erdichten und
diese weiterverbreiten dürfe, kein besseres Aus-
kunftsmittel, ihre Ansicht auch theoretisch zu be-
gründen, als dass sie gerade jenes ausdrückliche
Verbot des Propheten zu ihren Gunsten interpretirten
und den also veränderten Text zur Entschuldigung
ihres zwar incorrecten, jedoch wohlgemeinten
Treibens anführten.
Der sicherste Weg, einen moralischen Satz in
Umlauf zu bringen, war der, ihu Muhammed in den
Mund zu legen, und dass man zu diesem Mittel
gerne seine Zuflucht nahm, das ersehen wir daraus,
dass in der Traditionsliteratur nicht selten Aus-
sprüche auf den Propheten zurückgeführt werden,
die im Islam lange Zeit einem anderen Urheber zu-
geschrieben wurden. So finden wir dem Propheten
aber nicht nur fremde moralische oder gesetzliche
Traditionen, sondern sogar Aussprüche aus der
heidnischen Zeit zugeschrieben. Man wusste ja auch,
dass Muhammed selbst dem Koran Sentenzen aus
der heidnischen Zeit einverleibt hatte und einige
traditionelle Aussprüche Muhammed's sind nach-
weisbar altarabische heidnische Sprichwörter oder
Redensarten, die den Muslimen wahrscheinlich so
gut gefielen, dass sie sie dem Propheten zueigneten.
Bekannt ist ja auch, dass Sätze aus dem alten
Testamente und den Evangelien als Aussprüche
Muhammed's bezeichnet werden, wie denn überhaupt
der Islam aus dem Christenthume Manches gelernt
und entlehnt hat.
Wir wollen an dieser Stelle nur gelegentlich
erwähnen, dass das Bild, welches man von Muham-
med entwirft, dem christlichen Bilde von Jesus
ähnlich gemacht ist, und dass man Muhammed trotz
seiner eigenen, oft wiederholten Erklärung, dass er
keine Wunder wirke, sondern nur ein Gesandter
Gottes sei, dass man Muhammed ähnliche Wunder
wirken Iässt, wie sie von Jesus in den Evangelien
erzählt werden. Des Weiteren sind es die lehrenden
Aussprüche in den Evangelien, die Einfluss auf die
Bildung muhammedanischer Lehren im Hadith aus-
geübt haben. Von den interessanten Beispielen,
welche uns Goldziher namhaft macht, sei hier nur
der Entlehnung des „Vater unser" gedacht, welches
im Islam in der Form eines Hadith erscheint. Der
Prophet soll nämlich gesagt haben : „Wenn Jemand
leidet oder es leidet sein Bruder, so möge er
sprechen : Unser Herr Gott, Du im Himmel, geheiligt
werde Dein Name, Deine Herrschaft im Himmel und
auf Erden; sowie Deine Barmherzigkeit im Himmel
ist, so übe deine Barmherzigkeit auch auf Erden ;
vergieb uns unsere Schuld und unsere Sünden etc."
Kehren wir nach dieser Abschweifung wieder
zur Betrachtung des Geschickes der Tradition zu-
rück, und knüpfen wir an die Bemerkung an, dass
man im Interesse der Religion und zur Förderung
der Frömmigkeit, dem Propheten Aussprüche zu-
schrieb, welche er nie gethan hatte, so können wir
nun auch gleich hinzusetzen, dass der Beweggrund
zu solchen Fälschungen nicht immer ein frommer
geblieben ist. „Aus den erbaulichen Erzählungen
entwickelten sich die unterhaltenden, und man war
bald bei den possenhaften angelangt, und alles
dies im Rahmen der Tradition des Propheten. Be-
reits im III. Jahrhundert — vielleicht auch schon
früher — konnte man im Namen des Propheten
folgenden Weheruf verkünden: Wehe dem, der
lügnerische Hadithe verbreitet, um die Leute damit
zu belustigen !"
Es mag allerdings nicht mit einem Schlage so
geworden sein, dass man Erbauung und Belustigung
mit einander verwechselte, sondern allmälig nurmö-
I
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIi»T FÖR DEN ORIENT.
18»
gt;n sich solche Zustände entwickelt haben. Wenn wir
uns erinnern, was für eine grosse Rolle im Oriente
der Märchenerzähler spielt und wie die Leute seinen
Erzählungen gerne zulauschen, und wenn wir hinzu-
fügen, dass es von jeher so gewesen ist, dann
werden wir uns kaum darüber verwundern, dass
sich auch Erzähler fanden, welche Unterhaltung
und Erbauung mit einander vereinten und in den
Strassen und Moscheen das Volk um sich versam-
melten, um ihm ihre Geschichten vorzutragen. Da
sich nun aber auch gelehrte Theologen kaum zur
Uebernahme der Erzählerrolle verstanden haben
dürften, können wir wieder nur annehmen, dass
jene Erzähler selbst Leute aus dem Volke gewesen
sind, die mehr zu wissen vorgaben als sie wussten.
Wenn sie Hadithe citirten, waren sie natürlich
auch nicht um die Form verlegen und wussten stets
eine Reihe erlogener Gewährsmänner anzuführen.
Manche von ihnen mögen es wohl mit dem selbst-
gewählten Berufe des Volkspredigers ernster ge-
nommen haben und in den Schranken religiösen
Anstands geblieben sein; viele aber, vielleicht die
meisten der späteren Erzähler hatten es nicht auf
religiösen Erfolg, sondern auf die Unterhaltung des
Volkes und auf ihren eigenen Gewinn abgesehen.
Als die massgebenden Kreise die Gefahr bemerkten,
welche der richtigen Erhaltung der Traditionen von
Seiten dieser Erzähler drohte, erhoben sich zum
Schutze der gefährdeten reinen Religion hie und
da missbilligende Stimmen gegen die Strassen-
prediger, doch wie wir bemerken dürfen, ohne
nennenswerthen Erfolg. Das Volk unterhielt sich
eben bei den Erzählern, welche zugleich oft Astro-
logen oder Wahrsager waren, besser als bei
ernsten Predigern, und die Erzähler hatten einen
um so besseren Verdienst, je ärger sie zu lügen und
zu übertreiben verstanden. Anekdoten und frivole
Curiositäten, besonders nach biblischen Legenden,
waren bald an die Stelle der in der früheren Zeit
gehaltenen erbaulichen Vorträge getreten , und
besser als die gelehrten Theologen verstanden sie
es, vor dem Volke ihr Licht leuchten zu lassen und
mit ihrer Kenntniss der heiligen Geschichte zu
prunken. Was der gelehrteste Theologe nicht
wissen konnte, das wussten die Erzähler, der Eine
wusste den Namen des goldenen Kalbes, ein Anderer
wusste wieder den Namen des Wolfes, welcher
Josef gefressen hatte und vertheidigte sich gegen
den Einwand, dass Josef von keinem Wolfe ge-
fressen wurde, mit der Antwort, dass also jener
Wolf so geheissen hätte, der Josef nicht gefressen
habe. Die gewiegtesten Theologen konnten der
Unverfrorenheit der Erzähler nicht Stand halten
und mussten ihnen selbst mit Spott beladen das
Feld räumen. Dass diese Strassenprediger mit ihren
dreisten Lügen eine grosse Gefahr für die Integrität
des Iladith bildeten, ist ebenso leicht begreiflich,
wiedieThatsache, dass wir solchen freien Predigern
noch heute in muhammedaniscben Städten be-
gegnen.
Der Ergänzung halber haben wir noch einer
besonderen Art von Traditionsschwindlcrn zu ge-
denken, nämlich der sogenannten Langlebigen
(Muammarin), welche ihre Hadithe mit keinem er-
logenen Aufwände von Gewährsmännern zu be-
kräftigen brauchten, da sie sich selbst noch im
III. oder IV. Jahrhunderte d. H. als Genossen des
Propheten ausgaben, von dem sie ihre Hadithe
empfangen haben wollten. Wir können es uns hier
erlassen, diesen Betrügern viele Worte zu widmen,
wollen aber nicht übergehen, dass auch diese
Schwindler eine gläubige Gemeinde fanden und
dass der Glaube an die Existenz von Muammarin
auch dem religiösen Gebiete nicht fremd blieb.
Bei der wichtigen Bedeutung, welche die Tra-
dition für die Religion hat, darf es uns nicht Wunder
nehmen, wenn man auf Alles, was vertrauenswürdige
Männer überlieferten, ein grosses Gewicht legte,
und wenn fromme oder ehrgeizige Leute viel darauf
hielten, von jenen unvermittelt eine Ueberlieferung
zu erhalten. Da .Aussprüche des Propheten aber in
alle Welt zerstreut waren, so blieb den frommen
Sammlern nichts übrig, als oft die weitesten Reisen
zu unternehmen, um die Ueberlieferung sammt dem
ganzen Isnad zu übernehmen und mit ihrem eigenen
Namen die Kette der üeberlieferer zu scbliessen.
„Diese Reisen hatten auch für die praktische Ent-
wicklung des Hadfthwesens im Islam ein einfluss-
reiches Resultat. In Folge der immer mehr und
eifriger unternommenen Reisen (zum Zwecke des
Sammeins von Hadithen) ist es den Theologen ge-
lungen, die provinziellen Sondertraditionen in den
gemeinsamen, sich immer einheitlicher gestaltenden
Rahmen des Hadith einzufügen. Ohne diesen Erfolg
wäre die Conception von Hadilhsammlungen kaum
möglich gewesen. " Zu diesen anerkennenden Worten
Goldziher's müssen wir leider hinzufügen, dass das
Sammeln von Hadithen mit der Zeit zum Sport
wurde, und dass in Folge der wachsenden Nach-
frage auch die heilige Waare der Hadithe mit
klingender Münze bezahlt werden musste. Einer-
seits jagte man der Erwerbung von Hadithen ohne
Verständniss nach und andererseits scheute man
sich nicht, die eifrigen Sammler nach besten Kräften
zu betrügen, so dass ernste Theologen ihre Stimme
erhoben, um den Schwindel, der auf beiden Seiten
getrieben wurde, zu kennzeichnen und davor zu
warnen. Nachdem das Traditionsunwesen im V. Jahr-
hunderte seinen Höhepunkt erreicht hatte, wurde
im VI. Jahrhundert durch die Gründung von Spe-
cialhochschulcn für Hadithwissenschaft der .Anlauf
gemacht, den wilden Strom der Sammellust in ge-
regelte Bahnen zu lenken; doch leider waren diese
Fachschulen von keiner langen Dauer, denn sie
gaben den Tausenden, die da nach Traditionen
jagten, nur beschränkte Gelegenheit, neues Material
zu erwerben.
Man würde sehr irren, wenn man glaubte, dass
die Ueberlieferungen nur von Mund zu Mund gingen
und der schriftlichen Aufzeichnung entbehrten.
.Allerdings herrschte auch in der alten Generation
des Islam die Ansicht, dass zur schriftlichen Auf-
zeichnung nur das heilige Buch, der Koran, be-
stimmt sei, und dass neben ihm das Haditb als
190
OESTüRREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
mündliche Lehre einhergehen sollte; wir wissen
aber, dass auch ausserkoranische Aussprüche des
Propheten niedergeschrieben wurden, ja dass sogar
schon Zeitgenossen Muhammed's diesem Hadithe
nachgeschrieben haben. Wenn das Niederschreiben
von Hadithen auch seine Gegner hatte , dieser
Widerwille gegen die schriftliche Ueberlieferung
ist erst eine Folge später entstandener Vorurtheile
und bestand nicht etwa nur noch zur Zeit, als
schon kritisch gesichtete IVaditionssammlungen
vorlagen, sondern selbst noch dann, als schon der
Ruchdruck eingebürgert war. Für beide Meinungen
hatte man natürlich wieder Aussprüche des Pro-
pheten bereit, und während sich die Einen darauf
beriefen, dass er gesagt habe: „Schreibet von mir
nichts nieder mit Ausnahme des Koran ; wer aber
etwas aufgeschrieben hat, der lösche es aus,"
wussten Andere wieder Worte Muhammed's anzu-
führen, aus denen unzweifelhaft hervorgehen sollte,
dass er mit der schriftlichen Aufzeichnung seiner
Aussprüche einverstanden war.
Wenn wir nun Alles, was wir in diesem be-
schränkten Rahmen über das Hadith erfahren
haben, zusammenhalten, wird es kaum schwer
fallen, sich über die Bedeutung der Traditions-
wissenschaft im Islam ein Urtheil zu bilden. Der
Koran allein, das ist klar, wäre nicht im Stande
gewesen, erstens so verständlich und zweitens so
ausführlich zu dem gläubigen Volke zu sprechen,
wie dies die Tradition gethan hat, und in Folge
dessen wäre er auch nicht im Stande gewesen, dem
Islam rasche und volksthümliche Verbreitung zu
verschaffen. Wohl ist das heilige Buch als die
Grundlage der muhammedanischen Lehre zu be-
trachten, doch die friedliche Waffe, mit welcher
sich der Islam Eingang und Ansehen verschaffte,
ist die Tradition. Sie ist zwar schuld an dem Schisma,
aber ihr kommt auch das alleinige Verdienst zu,
den theokratischen muslimischen Staat vor bedenk-
lichen inneren Zerwürfnissen, vor Volksrevolutionen
bewahrt zu haben. Mögen auch die Wege, welche
die Ueberlieferung ging, keine geraden gewesen
sein, mag mit ihr viel und schwerer Missbrauch ge-
trieben worden sein, wir müssen heute mit dem Er-
folge rechnen und nicht mit dem Mittel rechten.
Der Erfolg aber hat bewiesen, dass das in Bezug
auf die Moral sehr zweifelhafte Mittel die Religion
Muhammed's zwar vielfach sich selbst entfremdet
und die reine Lehre ganz bedeutend getrübt, dass
es aber staatenbildende und staatenerhaltende
Macht gehabt hat. Und da wir den Islam nie als
reine Religion für sich, sondern stets auch als po-
litische Institution betrachten müssen, können wir
mit dem Satze schliesscn, dass die Ueberlieferung
auf seine Entwicklung sowohl in religiöser wie in
staatsrechtlicher Beziehung den bedeutendsten Ein-
fluss geübt hat. ^ --^
/ K POVIBUIENI )
\ PRilMYfi'-tJ
ZUR JAPANISCHEN PAPIERINDUSTRIE.
Die Papierindustrie in Japan ist sehr alten
Datums. Vor 1200 Jahren schon wurde hier,
allerdings in unvollkommener Weise, Papier fa-
bricirt, und zwar waren es besonders 14 Pro-
vinzen, die sich nach dieser Richtung hin aus-
zeichneten. Wie alle Industriezweige in Japan, so
hat sich auch die Papierfabrikation in den letzten
Jahren sehr vervollkommnet, und auf den ver-
schiedenen internationalen Ausstellungen hatte
man Gelegenheit, die überraschenden Fortschritte
zu bewundern, welche diese merkwürdige Nation
auf diesem wie auf allen anderen Gebieten ge-
macht hat.
Vor Jahren noch genügte die Papierproduc-
tion in Japan keineswegs der Nachfrage des
eigenen Landes, und die japanische Regierung
bezog eine beträchtliche Quantität ausländischen
Papieres. Besonders war es Zeitungs-, Zeichen-
und Bücherpapier, dessen Bedarf vom Auslande
gedeckt wurde. Jetzt werden alle diese Sorten
auch in Japan erzeugt und es scheint, dass die
primitive Herstellungsweise des Papiers mittelst
Handarbeit langsam durch die Maschinenarbeit
verdrängt wird, die ein besseres Papier zu billi-
gerem Preise aus einer minderen Sorte Roh-
material herstellen kann.
Es ist auffallend, dass man nicht in grösserem
Massstabe den Versuch gemacht hat, in Europa
jene Pflanze anzubauen, deren Faser in Japan
zur Papierfabrikation verwendet wird, da dieses
Reich doch dieselbe geographische Lage hat wie
Spanien, Italien oder Griechenland.
Die bemerkenswertheste Eigenthümlichkeit
des japanischen Papiers, nach welchem in Frank-
reich und England eine bedeutende Nachfrage
herrscht, besteht nämlich in der Länge und Zart-
heit der Phaser, die es ermöglicht, das Papier zu
Zwecken zu benützen, die der Verwendung dieses
Materiales in Europa ferne liegen.
Das Papier dient in Japan nicht nur zum
Beschreiben, Bemalen oder als Emballage, son-
dern es wird z. B. auch ein Faden daraus her-
gestellt, welcher mit einer Kette von Seide ver-
webt, einen leichten Stoff liefert, der zu Sommer-
kleidern verwendet wird. Derselbe Faden, zu
einer Schnur gedreht, findet gefärbt oder ver-
goldet seine Verwendung beim Verpacken von
Bonbons oder anderen Luxusartikeln. Wird Papier
von einer solideren Structur in Oel getränkt, so
leistet es als wasserdichte Umhüllung für Gegen-
stände, die über See versandt werden, gute
Dienste; auch werden Mäntel und Ueberröcke aus
diesem undurchdringlichen Papiere gemacht. Das-
selbe findet ferner doppelt aufeinander geheftet,
mit färbigen Mustern verziert, Verwendung als
Tisch- oder Zimmerdecken, die sich durch grosse
Haltbarkeit auszeichnen. Ausserdem wird das
Papier zu Hüten, Laternen, Taschentüchern,
Schirmen, Schuhen, Fächern, Matten, Trögen,
Spielsachen und dergleichen Dingen verwendet.
OESTER REICHISCHE MONATSSCHRIFT KOr DEN ORIENT.
191
Auch Lederimitationen werden daraus verfertigt,
ebenso alle Arten Börsen und Tabaksbeutel, der
verschiedenen Arten der Verwendung, die es auch
bei uns findet, gar nicht zu gedenken.
Was das Rohmaterial und den Erzeugungs-
process anlangt, so sind beide schon öfters be-
schrieben worden. Das japanische Papier ist,
wie schon erwähnt, früher immer mit der Hand
angefertigt worden, daher die kleinen Hogen, die
gewöhnlich nur eine Grösse von g'/g Zoll Breite
und l2'/g Zoll Länge haben.
Das Papier, wie es im Allgemeinen verkauft
wird, ist nicht geleimt, die dicke Tusche, welche
zum Schreiben verwendet wird, macht dies nicht
nöthig, doch gibt es auch eine Sorte Papier
sehr dünn und durchsichtig, die davon eine Aus-
nahme macht. Das japanische Papier wird nie-
mals gebleicht und hat daher gewöhnlich einen
gelblichen oder grünlichen Stich. Sein Gefüge
ist ziemlich lose und sehr faserig. Im Allgemeinen
laufen die Fasern parallel zu der kürzeren Seite des
Bogens. In dieser Richtung ist das Papier auch leicht
zu zerreissen, während man sonst immer einige
Kraft anwenden muss. Bei gewissen Papiersorten,
die für Regenmäntel verwendet werden, scheinen
die Fasern einander zu kreuzen, so dass es über-
haupt schwer ist, dieselben zu zerreissen.
Gewöhnlich wird das Papier in kleinen
Städten oder Dörfern erzeugt, wo dann aber die
ganze Bevölkerung sich damit beschäftigt. In so
einer Papiermacherfamilie betheiligt sich Alles an
der Arbeit, von den alten und schwachen Gross-
eltern bis zu dem kleinen Enkel herab, einem
frühreifen Knaben von 5 oder 6 Jahren. Ob-
gleich von den Papiermachern immer eine grosse
Anzahl auf einem Punkt vereinigt ist, so scheint
doch unter ihnen keinerlei Cooperation zu be-
stehen, vielmehr arbeiten alle Familien oder
Häuser für sich, indem sie die gesammte Fabri-
kation, also alle Operationen, die den Rohstoff
in das verkaufsfähige Product umwandeln, selbst
vornehmen.
Wie bekannt, producirt Japan auch eine
Menge Sorten von Phantasiepapieren. Eines der
hübschesten ist das zarte Seidenpapier, auf
welchem Muster mit undurchsichtiger weisser
Tinte gezeichnet sind, welche den Eindruck einer
erhabenen Wassermarke machen.
Dieses Papier wird zur Anfertigung von
Phantasielaternen verwendet, oder es werden auch
hin und wieder die F'ensterrahmen damit über-
spannt, obschon es für diesen Zweck etwas zu dünn
ist. Auf gewöhnliches Glas geklebt, macht es einen
täuschenden Eindruck von geätztem Glas. Wie
herrlich oft japanische Fächer, Tapeten oder das
Papier in poetischen Werken durch Malerei oder
Buntdruck geschmückt und verziert sind, dürfte
hinreichend bekannt sein. Die gewöhnlich ver-
wendete Tapete ist aber weiss, mit Mustern, die
mit einer ebenfalls weissen, aber perlglänzenden
Farbe aufgetragen worden sind. Bunte Tapeten
sind seltener im Gebrauch, ausgenommen für
Vestibules. Alle diese Tapeten werden gleich
den anderen japanischen Papieren nur in schmalen
Bügen hergestellt.
Doch nicht nur zur Bekleidung der Mauern
und Wände wird im japanischen Haushalte Papier
verwendet, es dient auch in Rahmen gespannt
als ThQre, die leicht schiebbar, die verschiedenen
Räume des Hauses abschliesst, oder als spanische
Wand. Ferner wird dasselbe ebenfalls in leichte
Hulzrahmea gespannt, vor den F^enstern aufge-
stellt und gestattet so wohl dem Licht, nicht
aber den Sonnenstrahlen Zutritt zu den inneren
Räumen, von denen es auch, ohne den Luftzu-
tritt gänzlich zu hindern, den Wind abhält.
Ein für den Japanesen unentbehrliches Ge-
räth ist der F'ächer, von denen es zwei Arten
gibt, einen zusammenlegbaren und einen nicht-
zusammenlegbaren. Das Papier bildet natflrlich
bei der Herstellung derselben einen wichtigen
Bestandtheil ; für das Gestell, insbesondere der
billigen Sorten, wird das Bambusrohr verwendet.
Das Papier ist entweder mit Bilderdruck in den
verschiedensten Stylarten der japanischen Kunst
verziert, oder sonstwie hell gefärbt, oder es er-
scheint wie überdeckt mit goldenen und silbernen
Blättern. Diese Fächer werden in allen denk-
baren Qualitäten und Preisen hergestellt. Die am
reichsten ausgestatteten und grössten kommen
bei den ceremoniellen Tänzen in Verwendung,
wobei sie ein Zugehör von grosser Bedeutung
bilden. Als Hauptsitz der Fächerfabrikation gilt
Nagoya, doch werden auch bessere Sorten in
Kioto erzeugt, während die minderen Qualitäten
aus Fushimi und Tokio auf den Markt kommen.
Es werden davon jährlich einige Millionen nach
Amerika und Europa ausgeführt.
Der F'ächer ist von dem japanischen Costüme
unzertrennlich; selten sieht man einen Eingebore-
nen ohne Fächer. Er ist sein Schutz gegen die
Sonne, sein Notizbuch und sein Spielzeug.
Seine Qualitäten und seine Form sind ausser-
ordentlich verschieden, und es würde eine merk-
würdige Collection geben, wenn man diese
Mannigfaltigkeit zur Anschauung bringen wollte.
Der höchste Preis, der, solange Japan gegen
das Ausland abgeschlossen war, daselbst für
einen Fächer bezahlt wurde, betrug nicht mehr
als 5 Yen oder 15 s., aber gegenwärtig werden
hier F'ächer für den Export erzeugt, die 2
bis 3 £ kosten. Der allgemeine Preis für ge-
wöhnliche Fächer variirt zwischen 2 und 3
Guineen per loo Stück. Merkwürdig ist aber
die verschiedenartige Verwendung, die dieses
Gerätb in Japan findet. So hat z. B. der Schieds-
richter bei Preisringea oder -Fechten einen
Fächer in der Hand, der die Gestalt eines un-
geheueren Schmetterlings hat ; der Griff stellt
den Leib desselben dar, und die verschiedenen Be-
wegungen, die der Richter mit dem Fächer macht,
bilden eine ganze Sprache, welche die Kämpfenden
verstehen und respectiren. Früher führte in Kriegs-
zeiten auch der Comroandant der Truppen einen
192
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT.
grossen Fächer, dessen Gestell aus Eisen und
mit dickem Papier überzogen war. Im Falle der
Gefahr konnte derselbe geschlossen werden und
bildete nun mit seinen Eisenstäben keine zu
unterschätzende Waffe.
Eine bemerkenswerthe Gattung Fächer wird
aus wasserdichtem Papiere hergestellt; dieselben
können ganz in Wasser eingetaucht werden und
gewähren dann in Folge der raschen Verdunstung
des letzteren beim Fächern eine grössere Kühlung,
ohne die Kleider nass zu machen. Die flachen,
aus grobem Papiere fabricirten Fächer dienen
als Futterschwingen, an Stelle des Blasebalgs
zum Anfachen der Holzkohlenieuer und als
Kehrichtschaufeln. Der Japanese aus der alten
Schule, der niemals einen Hut trägt, benützt den
Fächer als Schild für seine Augen gegen die
Sonne. Sein Haupt, das von Kindheit an kahl
ist, braucht kaum einmal Schatten; wenn es aber
nothwendig wird, so spannt er einen Schirm auf
und dirigirt mit dem Fächer seine Diener, wo-
durch er sich das Reden erspart. Für die japani-
schen Damen ist der Fächer gleich unentbehr-
lich, er vervollkommnet die Grazie der jungen
Mädchen und erhöht die Würde der alten PVauen.
Ebenso wichtig ist er auch für den Jongleur,
bei dessen Productionen derselbe eine bedeutende
Rolle spielt. Ein Fächer wird immer als ge-
eignetes Geschenk angesehen; oft vertreten F'ächer
die Stelle von Neujahrsgratulationskarten, und in
jedem Hause hängen oder lehnen ein oder
mehrere Fächercassetten an der Wand.
Ein anderer Gegenstand des allgemeinen Be-
dürfnisses ist der Schirm, der sicherlich weder in
so grossen Mengen noch so billig hergestellt
werden würde, wenn man nicht in dem Bambus-
rohre ein vortreffliches Material für den Stock
und das Gestell und in dem festen Papiere, das
?u diesem Zwecke geölt und geleimt wird, einen
so ausgezeichneten Stoff für den Ueberzug hätte.
Auch in China werden davon grosse Quantitäten
erzeugt, die unter dem Namen „Kitty sols" einen
bedeutenden Exportartikel nach Indien und anderen
Ländern bilden. Indien allein bezieht jährlich unge-
fähr eine Million davon. (^The paper makers nwnthfy.)
MISCELLEN.
Das Datum auf den Philippinen. Unter
diesem Titel kommt uns von befreundeter Seite
eine kleine Abhandlung') zu, welche die Auf-
merksamkeit weiterer Kreise aus dem Grunde
verdient, weil sie einen Irrthum in unanfechtbarer
Weise berichtigt, der durch Jahrzehnte hindurch
in der geographischen — zumal deutschen —
Literatur sozusagen zäh festgehalten worden ist.
') Separatabdrurk des 32. Capilels aus dem domnäclist bei
Gerold's Soha in Commissionsverlag erscheineudeu Werke ^bie
Schiffsbtaiioii der k. u. k. Kriegsmarine in OstasieW; auf Befehl
des k. u. k. Reichs-Kriegsministerium Marinesectiou verfasst von
Jerolim Freibern von Bonko, k. u. k. Pregaltencapitän d. K.
Wie es der Titel der Broschüre schon aus-
spricht, handelt es sich um die Dalumszählung
auf den Philippinen. Diese Datumszählung hat von
der Zeit der Besiedlung der Philippinen an, um
einen Tag vor jener Datumszählung diffcrirt,
welche der gegenüberliegenden asiatischen Fest-
landsküste, überhaupt dem ganzen alten Continent,
den Kurilen und japanischen Inseln, Formosa,
dem ganzen übrigen ostasiatischen Archipel,
Australien und Neuseeland zukam.
An der Hand auszugsweise wiedergegebener
historischer Documente und kurz berührter ge-
schichtlicher Thatsachen werden in der gedachten
Broschüre dem Leser die verschiedenen Ursachen
vorgeführt, welche zu dieser anormalen Art der
Datumszählung auf den Philippinen geführt haben ;
es wird nämlich gezeigt, dass die bekannten Welt-
tlieilungsbullen der Päpste Alexander VI. und
Julius II. (nach welchen der westliche Entdeckungs-
und Eroberungsbereich den Spaniern, der östliche
aber den Portugiesen gehören sollte), sowie die
hierauf gegründeten spanisch-portugiesischen Staats-
verträge, in noch höherem Grade zu der Ursache
der Art der Datumszählung auf den Philippinen
wurden, als dieThatsache der Entdeckung und Besied-
lung dieser Inselgruppe von Osten her. In Folge der
mangelhaften Methoden zur Bestimmung der geo-
graphischen Länge, über die man im XVI. Jahr-
hunderte erst verfügte , blieb die Lage des
philippinischen Archipels lange Zeit hindurch
eine strittige, und die Spanier nannten diese
Gruppe ebenso consequent die Inseln des Westens,
als die Portugiesen bei der Bezeichnung, die Inseln
des Ostens beharrten.
Als nun durch die Gestaltungen späterer
Zeiten die päpstlichen Bullen längst aufgehört
hatten, die Grundlage für die Abgrenzung der
spanischen und portugiesischen überseeischen
Dominien zu bilden, fiel ausser der schon einge-
lebten Gewöhnung an die differirende Datums-
zählung, für welch letztere auch eine] Art von
historischer Pietät bestanden haben mag, noch
ein anderer Umstand gegen die Vornahme einer
Rectification in's Gewicht : die Philippinen bil-
deten nämlich eine administrative Dependenz des
luentlichen spanischen Amerika, und es war der
äussere Verkehr der Philippinen völlig auf das
westliche Amerika beschränkt. Deshalb erschien
es zweckmässig und be(|uem, ein Datum weiter
zu führen, welches — gewissermassen von Amerika
abhängend - — es den Schiffen ersparte, bei jeder
Fahrt zwischen den Philippinen und Amerika
einen Tag auszulassen oder einen solchen zwei-
mal zu zählen.
So lange also die Philippinen in ihrem
äusseren Verkehre auf das westliche .Amerika
beschränkt blieben, hatte die fehlerhafte Art der
Datumszählung auf den Philippinen — wie der
Verfasser es ausdrückt - — ihre praktische Seite-,
Diese ,, praktische Seite" musste in ihr gerades
Gegentheil umschlagen, als die Philippinen nicht
allein den geschäftlichen, innigen Zusammenhang
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
198
mit Amerika verloren, sondern begannen, in Ver-
kehr mit der nahe benachbarten asiatischen Küste,
dem holländisch-ostindischen Archipel u. s. w.
zu treten. Dieser letztere Zustand wurde vor-
zugsweise durch die Eröffnung der chinesischen
Vertragshäfen herbeigeführt, welche bekanntlich
durch die Gewall englischer Waffen erzwungen,
aber nicht auf England beschränkt blieb, sondern
allen seefahrenden Nationen zugute kam.
Man kann sich nun leicht in die unangenehmen,
namentlich in commercieller Beziehung störenden
Verwirrungen hineindenken, welche nothwendiger-
weise eingetreten wären, falls die Philippinen auch
jetzt noch an ihrer veralteten, anormalen Art der
Datumsführung hartnäckig hätten festhalten wollen.
Jede noch so einfache commercielle Transaction
— ein Wechsel, eine Lieferungsfrist oder dgl. —
zwischen Manila und z. B. dem kaum drei Tag-
reisen entfernten Hongkong oder Canton wäre
erst, je nach Umständen, einmal in einem, das
andere Mal im entgegengesetzten Sinne bezüglich
der in's Spiel kommenden Tagesdaten zu recti-
ficiren gewesen.
Diese Sachlage mit ihren drohenden unan-
genehmen (Konsequenzen gleich richtig erkannt
zu haben, ist ein Verdienst des General-Gouverneurs
D. Narciso Claveria, welcher im Juli des Jahres
1844 an die Spitze der Colonialregierung trat.
Der neue General-Gouverneur muss sofort nach
seinem Amtsantritte sich mit dieser Angelegenheit
befasst haben, denn schon am 16. August 1844
war er in der Lage, nach gepflogenem Einver-
nehmen mit dem Erzbischofe von Manila, die
Regulirung der Datumszählung in der Weise zu
decretiren, dass der bevorstehende 31. December
1844 auf den Philippinen (und Marianen) gänzlich
zu übergehen sei und dass auf Montag den 30. De-
cember 1844 unmittelbar Mittwoch der i. Jänner
1845 zu zählen war, d. i. das gleiche Datum,
welches auf letzteren Tag in der ganzen ,, alten
Welt" und Australien mit Neuseeland fiel.
Seither — es sind difs nahe an 50 Jahre —
besteht auf den Philippinen die alte Anomalie nicht
mehr, welche dort Jahrhunderte hindurch rück-
sichtlich der Datumsführung geherrscht hat.
Der Verfasser unserer Broschüre bringt nun
für die Thatsache der stattgehabten, und zwar
der in oben erwähnter Art stattgehabten Recti-
fication des Datums auf den Philippinen den un-
anfechtbarsten Beweis , indem er das in aller
Form beglaubigte Beeret vollinhaltlich wiedergibt,
welches der General - Gouverneur D. Narciso
Claveria in dieser Angelegenheit an den Erz-
bischof von Manila am 16. August 1844 richtete.
Zur Erhärtung seiner Ansicht aber, die That-
sache der stattgehabten Regulirung sei beinahe
gar nicht, jedenfalls aber nicht am gehörigen
Orte und nicht mit der entsprechenden Positivität
zur Kenntniss genommen worden, tritt der Ver-
fasser eine Art von Indicienbeweis an, den wir
als recht gelungen bezeichnen dürfen. Es wird
nämlich in der Broschüre nachecwic&en
1. dass die neuesten Auflagen der grossen
Conversations - Lexica von Meyer, Brockhaus und
Pierer gänzlich übereinstimmend, unter Beigabe
eines die Sache illustrirenden Kärtchens, irriger-
weise die Datumsgrenze im Stilieo Oceaa im
Westen der Philippinen vorbeiführen ;
2. dass eine hochstehende geographische
Autorität, wie Oskar Peschel, noch im Jahre 187 1
in einem eigenen, der Angelegenheit der ,, Datums-
grenze" gewidmeten Schriftchen, diese Grenze
ebenso unrichtig führte ;
3. dass Rudolf Falb, für dessen Arbeiten
doch correcte Reductionen von Zeitangaben von
eminenter Wichtigkeit sind, zur Zeit der Ab-
fassung seines bekannten Werkes ,,Sterne und
Menschen" (1882) nicht zur Kenntniss gelangt war
es sei das Datum auf den Philippinen gegen-
wärtig übereinstimmend mit jenem der Alten Welt ;
4. dass aus einem sehr gediegenen, wenn
auch vielleicht weniger verbreiteten Facbblatte
(1868) die irrige Ansicht nach kurzer Zeit in die
gewiss auch sehr gediegene, aber sehr weit ver-
breitete „Leipziger Jllustrirte Zeitung'* übergegangen
ist (1869).
Diese Umstände berechtigen gewiss, den Irr-
thum bezüglich des Weiterbeslehens der anormalen
Datumszählung auf den Philippinen als einen sehr
weit verbreiteten zu bezeichnen.
Der Verfasser bemerkt im Laufe seiner Aus-
führungen , dass er vor mehr als 20 Jahren
(l. April 1870) der „Leipziger Illustrirten Zeitung"
(von Manila aus) eine Widerlegung das eben
damals ihm zu Händen gekommenen irrigen Ar-
tikels eingesendet habe ; diese Widerlegung wurde
zwar (in der Correspondenzrubrik des Journals)
zur Kenntniss genommen, der irreführende Artikel
aber nicht in genügend auffälliger Weise berichtigt
oder widerrufen. Wenn wir die oben gemachten
Zeitangaben vergleichen, so ist es vielleicht
nicht unzulässig, in dieser Unterlassung die Ur-
sache der später in gleicher Weise wiedergegebe-
nen irrthümlichen Angaben (Peschel, Falb, Meyer,
Brockhaus, Pierer) zu erblicken. Etwas befremdend
bleibt es aber immerhin, dass während des ganzen
langen Zeitraumes zwischen 1845 ""^ der Gegen-
wart die Thatsache der Datumsregulirung auf
den Philippinen in der deutschen geographischen
Literatur nicht genügend bekannt gemacht wurde,
und vielleicht noch eigenthümlicher ist es, dass
— seit 1868 — den gegentheiligcn, irrthümlichen
Behauptungen von keiner Seite mit entsprechendem
Nachdrucke entgegengetreten worden ist.
Die Bevölkerung Slams. Der belgische
General-Consul in Singaporc sagt in seinem letzten
Berrchte Folgendes über die siamesische Bevölke-
rung : Die Schätzungen, welche über die Bevölkerung
Slams und der ihm tributpflichtigen Staaten gemacht
wurden, zeigen starke Differenzen. Nach Einigen
betrage sie sieben, nach Anderen fünfundzwanzig
Millionen Einwohner. Dieser grosse Unterschied
lässt sich durch die eigenthümlichen Umstände er-
klären, welche über die Bildung von Ansiedlungen
194
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT. \
jrr.HOTA >,
PRUMYSLU
in Slam entscheiden. Da das Land keine anderen
Verkehrswege als seine Wasserstrassen hat, so sind
die Eingeborenen sehr natürlicherweise mehr dafür,
sich längs der Flüsse anzusiedeln, so lange sie
daselbst noch Platz für ihre Häuser und fruchtbares
Land finden, durch dessen Bebauung sie leben
können. Dadurch nun, dass man mehr oder minder
bevölkerte Gegenden in dem Hinterlande dieser
Flussansiedelungen voraussetzt, kommt es, dass
man gewöhnlich Slam eine Bevölkerung von fünf-
undzwanzig Millionen Köpfen zuschreibt. Was nun
die sieben Millionen betrifft, so rühren sie augen-
scheinlich von Schätzungen her, bei denen auf die
Bevölkerung der wenig bekannten Theile des
Landes nicht genügende Rücksicht genommen
wurde. Wenn man die dürftigen Mittheilungen ver-
schiedener Reisender und Ingenieure, welche das
Land in der Absicht, Eisenbahnen zu bauen, durch-
forschten, zusammenfasst, so erhält man eine Summe
von zwölf Millionen, welche sich folgendermassen
vertheilt: 3,500.000 Siamesen, 3,500.000 Chinesen,
2 ,6oo.oooSchans, Laotiens und Birmanen, i ,000.000
Kambodschaner, 1,000. OOO Malaien und Hindus,
400.000 Pegins, Karenen, Kamuken, Kamaizen und
andere kleine Stämme.
Indische Edelsteine. Der belgische General-
Consul in Singapore constatirt in einem Berichte,
dass Rubinen und Saphire in den siamesischen Pro-
vinzen von Chantaboun und Battambang im Ueber-
flusse vorhanden seien. Mehrere Minen seien zwar
schon früher von den Eingeborenen ausgebeutet
worden, doch brachte man lange Zeit grösstentheils
nur Steine von geringem Werthe zutage. Es war
im Jahre 1874, als die erste Mine für Saphire von
guter Qualität durch einen eingeborenen Jäger in
der Nähe von Chantaboun entdeckt wurde. Der
Platz war schwer zugänglich, so dass sich die
Nachricht von der Entdeckung nur langsam ver-
breitete. Rangoon war zu dieser Zeit noch der
nächste Markt für den Verkauf von Edelsteinen aus
Slam und so kam es, dass die Birmanen durch die
in Rangoon ausgebotenen Steine zuerst von dem
Vorbandensein der neuen Mine erfuhren. Einige
Birmaleute begaben sich dorthin, und die grossen
Summen, welche sie bei ihrer Rückkehr durch den
Verkauf ihrer Producte erzielten, gaben zu einer
starken Auswanderung während der Jahre 1878
und 1879 Anlass. Die Neuangekommenen ent-
deckten mehrere ebenso reiche Minen als die erste.
Aber sowohl dort als in Bantuphan richteten Fiebei
grosse Verheerungen in den Reihen der Arbeiter
an, so dass die Zahl der neu angekommenen im
Jahre 1880 stark abnahm und gegenwärtig besteht
die Bevölkerung dieser Minen, die einst 10. OOO be-
trug, aus einigen Pegu Toung-Thons, welche sich
besser gegen die üblen F"olgen des fürchterlichen
Klimas des Landes schützen können als andere
Racen. Rubinen, Onyxe und Jaden werden auch in
grosser Menge in Chantaboun gefunden, doch lässt
ihre Qualität viel zu wünschen übrig. Battambang
soll an Edelsteinen ebenso reich sein als Chanta-
boun, und es heisst, dass an der Grenze von Kam-
bodscha vor Kurzem Diamanten gefunden wurden,
aber die Minen dieser Provinz sind in Folge unge-
sunden Klimas und der Schutzlosigkeit, für aus-
ländische Arbeiter fast ganz verlassen.
Wilde Thiere und giftige Schlangen in Ost-
indien. Die indische Regierung hat soeben wieder
die Frage der Vernichtung wilder Thiere und
giftiger Schlangen einer Prüfung unterzogen, zu der
die letzten statistischen Berichte Anlass bieten.
Im letzten Jahre wurden 2724 Personen ge-
tödtet, und da die Durchschnittsziffer der letzten
10 Jahre genau ebensoviel beträgt, so scheint er-
wiesen, dass die bisherigen Mittel wenig Erfolg hat-
ten, obwohl im abgelaufenem Decennium 1,450.000
Rupien verausgabt wurden. Immerhin ist der Kampf
zwischen den Menschen und den wilden Thieren
ein ziemlich ungleicher, denn in den abgelaufenen
10 Jahren wurden durch wilde Thiere gegen 30.000
Menschen vernichtet, während in derselben Zeit Be-
lohnungen für die Vernichtung von 166. OOO Thieren
ausbezahlt wurden, die sich auf die einzelnen Thier-
gattungen wie folgt vertheilen : 17.885 Tiger,
44.464 Leoparden, 16.216 Bären, 61.404 Wölfe
und 15.976 Hyänen. Im Uebrigen sind nicht alle
diese Thiere unmittelbar gefährlich, und es wäre
vielleicht besser, das System der Schussprämien
ausschliesslich auf die Tiger zu beschränken, wie
dies ursprünglich der Fall war.
Unter den Mitteln zur wirksamen Ausrottimg
des „Man-Eater "-Tigers wird namentlich die Er-
höhung der Prämie, die Unterstützung der Jagd
durch die amtlichen Organe und eine minder strenge
Anwendung des Waffengesetzes empfohlen^ damit
Leute, diesich fortwährend in derGefahr befinden,
in derLage seien, sich auch gehörig zu vertheidigen.
Weit grösser als das durch Raubthiere ange-
richtete Unheil ist die Zerstörung von Menschen-
leben durch giftige Schlangen. Die letzten 11 Jahre
weisen 219.967 Todesfälle in Folge von Schlangen-
bissen auf, d. h. etwa 20.000 pro Jahr. Enorm ist
die Anzahl der getödteten Schlangen in der
Präsidentschaft Bombay im Verhältniss zu der
Gesammtzahl der Schlangentödtungen in Indien.
Im letzten Jahre wurden Prämien für 577.770
getödtete Schlangen in Indien bezahlt, von denen
nicht weniger als 433.795 Stück auf Bombay ent-
fallen, während in Bezug auf tödtliche Schlangen-
bisse diese Präsidentschaft nicht das Zehntel der
Anzahl von Bengalen erreicht. Die Präsidentschaft
Bombay ist aber eben die eigentliche Heimat der
„Phursa" (Echis carinata), deren Zahl trotz des
unausgesetzten Vernichtungskrieges noch immer
nicht abzunehmen scheint. .i.
Die indische Regierung ist übrigens der An-ÄB
sieht, dass der Kampf gegen diese Schlangen in "" '
den Jungles aussichtslos sei, während das Haupt-
augenmerk auf die Nachbarschaft der Dörfer zu
richten wäre, wo diese Schlangen in den grossen
Mengen von Abfällen, die der indische Dorf-
bewohner ohne Rücksicht auf die sanitären Ge-
fahren in seiner unmittelbaren Nähe aufhäuft, eine
willkommene Brutstätte finden.
Verantwortlicher Redacte r: A v Scala.
Druck von Ch. Rei*l«r A M. Werthner in Wien.
OESTERREICHISCHE
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SECHZEHNTER JAHRGANG..
WIEN, IM JÄNNER 1890.
N« I, BEILAGE.
])ie „Oesterreichische Monatsschrift für den Orient"
erscheint im Verlage des k. k. österr. Handels -Museums in Wien (I., Börse-
gasse 3).
Das Blatt, herausgegeben unter der Mitwirkung hervorragender Fachschriftsteller
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das genannte Blatt wie bisher/Qurch alle Buchhandlungen bezogen werden kann.
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OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
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I Export nach dem gesammten Orient, Indien, China etc. |
1 Etablirt 1856. 1
Höchste Aiiszeichnuni; : Aiisslellnng Graz 1880: Ehren - Diplom.
Auszeichnungen: Graz 1870, Triest 1871, Silberne Medaille.
Melbourne 1880, Yerdienst - Diplom. Triest 1882, Goldene Medaille.
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OE3TERREICHI3CHE MONATSSCHRIFT FÜR DEM ORIENT^
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iP^ Export nach allen Weltgegenden. "Vt
K. K. PRIV. SÜDBAHN-GESELIiSCHAPT.
Auszug aus dem Fahrplane der Personenzüge, giltig vom 21. October 1889.
Abfahrt von Wien
6. — Früh: (Prsz.) Payerbach, Kanizsa, Budapest;
Pakracz-Lipik ; — Essegg, Sarajevo; Agram;
— Hainfeld, Gutenstein.
7. — Früh: (Schnellz.) Triest, Görz, Fiume, Agram,
Sissek (via Steinbrück), Brod ; Villach, Wolfs-
berg; Radkersburg, Köflach, Ilainfeld, Guten-
stein; Leoben, Vordernberg, Aussee, Ischl;
Venedig, Kom, Mailand (via Pontebba); Bozen,
Meran, Verona (via Leoben) ; Kanizsa. Buda-
pest; Pakracz-Lipik; Agram, Essegg, Sarajevo;
Neuberg.
1.20 Nachm.: (Posti.) Triest, Görz, Venedig;
Finme; Sissek, Brod, Banjaluka; Leoben,
Vordernberg, Neuberg; Oedenburg, Kanizsa,
Güns, Budapest.
5. — Nachm.: (Persz.) Steinamanger.
7.40 Abds.: (Persz.) Kanizsa, Budapest, Pakiicz-
Lipik; Essegg, Bosn.-Brod; — Agram, Sissek,
Banjaluka.
8.16 Abds. : (SchneUz.) Triest, Gürz, Venedig, Rom;
— Pola, Rovigno; — Fiume; Sissek, Ban-
jaluka, Budapest (via Pghf.). Franiensfest^,
Meran, Ala, Innsbruck (via Marburg).
8.45 Abds.: (Postz.) Triest, Görz, Venedig, Rom,
Mailand; Pola, Rovigno, Fiume; Agram; Buda-
pest (via Pghf); Wolfsberg, Meran, Verona,
Innsbruck (via Marbj;.) ; Radkersburg, Köflach,
Wies ; Leoben, Vordernberg; Aussee, Ischl,
' Villach (via Leoben).
Ankunft in Wien:
6.40 Früh: (Postz.) Triest, Kora, Mailand, Venedig,
Görz; i^ gram, Budapest (via Pghf.); Verona,
Innsbruck (via Marburg); Radkersburg; Köf-
lach, Wies; Venedig; Villach (via Leobea).
8.68 Früh: (Persz) Kanizsa, Bosn.-Brod, Esse.'g;
— Pakricz-Lipik, Agram, Budapest (via Oeden-
burg).
9.40 Vorm. : (Persz.) Steinamanger, Güns..
9.50 Voim.: (Schnellz.) Triest, Rom, Mailand,
Venedig, Görz; Pola, Rovigno: Fiume,
Sissek, Agram; Budapest (via Pghf.); Ala,
Meran, Innsbruck, Franzensfeste (via Marburg),
Leoben, Neuberg.
1.Ö2 Nachm.: (Persz.) Oedenburg (nur Moatag und
Freitag); Aspang, Hainfeld.
8.40 Nachm. : (Perss.) Kanixsa, Budapest (via
Oedenburg).
4. — Nachm. : (Postz.) Triest, Görz. Venedig, Pola;
Fiume, Sissek, Agtam, Radkersburg, Köflach,
Wies; Vordernberg, Leoben; Neuberg.
930 Abds.: (Persz.) Sarajevo, Kssegg; Agram,
Budapest ; Kanizsa, Pakricz-Lipik (via Oeden-
burg); Hainfeld.
10.16 Abds. : (Schnellx.) Triest, Gön, Pola, Rovigno ;
Fiume; Brod. Sissek tvia Steinbrück) ; Villach.
Wolfsberg; Radkersburg; Köflach, Vordern-
berg, Venedig, Rom, Mailand (via Pontebba);
Verona, Meran, Innsbruck (via VUlacb, Leoben);
Ischl, Ausser, Keuberg.
IV
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT
Giitig bu auf Weiteres. jfafjrplan tll!^^ „a^cftcrrciff)irri)'iinqnrirrf)cn IClatiö'
Gütig bis auf Weiter««.
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Eilliuie TKIEST-CAITARO.
Ab TRIEST jeden Mittwoch 11 Uhr Vorm., in
Cattaro Freitag Ö'/iUhrNm., berühr.; Pola,LiiB8in-
piccolo, Zara, Spalaio, Macarsca, Curzola, Gra-
vosa, Casteliiuovo (oder Megline), Ferasto,Risano
und Peizagüo.
Retour ab CATTARO Samstag 10 Uhr Vorm.,
in Tricst Moniag 11 Uhr Vorm.
DALMATIKISCH-ALBAKESISCHE
LINIE BIS PREVESA.
a) Zwischen TRIEST und COR EU.
Ab THIEST jeden Montag 11 Uhr Vorm.,
in Corfu ."^onntag Va^ Uhr Nrn., berührend :
Rovigno , Pola , LuMsinpiccolo , Selve , Zara,
Zaraveccliia, Morter, Sebenico, Trau, öpalato,
Milnä, l.eMna , Curzoia , Orebicb , GraTosa,
Ragu-avecchia, Castelnuovo (oder Megline),
Cattaro, Budua, Spizsa, Antivari, Dulcigno,
Medua, Durazzo, Valona und Santi-Quaranta.
Ab COHFU Donnerstag 6 Uhr Früh., in
Trii'st Mittwoch Va^ Uhr Nrn.
AnschliiRS an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Hinfahrt.
bj Zwischen CORFU und PREVESA.
Ab CORFU jeden Montag 11 Uhr Nachts, iu
Prevpsa DienetagÜUhrVorm-, berührend: Parga,
Sta. Maiira.
Ab PREVESA Mittwoch 7 Uhr Früh, in
Cqrfn Mirtwoch 6V2 Uhr Abds,
Wälirend des Aufenthaltes in Prevesa unter-
nimmt der Dampfer eine Fahrt nach Salahora
und zurück; das Anlaufen dieser Station ist
jedocli facultativ.
DALMATINISCH-ALBAKESISCHE
LINIE BIS CORFU.
Ab TRIEST jeden Freitag 11 Uhr Vorm., in
Corfu Donnerstag 8'/3 Uhr Abends, berührend:
Rovigno, Pola, Lussinpiccolo , Melada, Zara,
Sebrni< o, Rngosnizza, E^palaio, Milnä, Civita-
veccbia, Lissa, Comi^a, Vallegrande, Lagosta,
Terstenik, Meleda, Gravoea, Castelnuovo (oder
Megline), Peranto, Risano, Cattaro, Perzagno,
}iudua, Medua, Durazzo, Valona und Santt-
Quaranta. Auf derRückfabrt wi d auchDulcigno
und Aniivari angelaufen.
Ab CORFU Samstag 6 Uhr Früh, in Triest
nächsten Samstag IVj^ Uhr Vorm.
AnschluBs an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Rückfahrt.
Linie FIUME-TKIEST.
Ab FIUME Mittwoch 11 Uhr Vorm., Ank.
in Triest Donnerstag Vjl Uhr Mittags, be-
rührend : Malinsca, Rabac, Cberso, Pola, Rovigno
und Parenzo.
Ab TRIEST Samstag 11 Uhr Vorm., in
Fiume Sonntag 12 Uhr Mittags.
Waarenlinie FIUME - CATTARO A)
jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh. Ank.
in (Cattaro Sonntag 5 Uhr Nm. , berührend:
Malinsca, Veglia, Lussingrande, Selve, Zara,
Sebenico, Trau, Spalato, Porto Carober, Milnä,
Lesina, Lis^a, Curzoia, Gravosa, CastelnuoTo
(oder Megline), Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh, in
Fiume Donnerstag 4 Uhr Nm.
Anschluss an die Linie Triest-Melcovich in
Spalato hei der Hin- untl Rückfahrt.
Waarenlinie FIUME-CATTARO £)
jede zweite Woche vom 9. Jänner,
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Ubr Nm., berührend: Ma-
linsca, Lussinpiccolo, Selve, Zara, Sebenico,
Trau, Spalato, Porto-Carober, Milnä, Lesina,
Li^sa, Curzoia, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh , in
Fiume Donnerstag 5 Uhr Nm.
Anschluss an die Linie Bpalato-MetcoTieb
in Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Eillinie FIUME-CATTARO.
Ab FJUME Sonntag H/3 Uhr Nachts. Ank. in
Cattaro Moniag 4Va UhrNm., berührend: Zara,
Spalato, Gravosa.
Ab CATTARO Donnerstag 5 Uhr Früh, in
Fiume Freitag 6 Uhr Abends.
Anschluss an die Linie Trieit-Metcovicb
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie TRIEST-SPALATO-METCO-
VICH.
Ab TRIEST Donnerstag 11 Uhr Vorm , in
Metcovich Samstag 12V2 Uhr Mittags, berührend :
Zara, Sebenico, Spalato, Macarsca, Qradas und
Fort Opus.
Ab METCOVICH Dienstag 10'/, Uhr Vorm.,
in Triest Donnerstag O'/a Uhr Vorm.
Anschluss an die Waarenlinie Fiume-Cattaro
.4) in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie SPALATO-METCOVICH.
Ab SPALATO Montag A% Uhr Früh, in Met-
covich Montag 5 Uhr Nrn., berührend: S. Pietro,
Almissa, Macardca, Gradaz, Trapano und Fort
Opus.
Ab METCOVICH Donnerstag 10 Uhr Vorm.,
in Spalato Donnerstag O*/« Uhr Abends.
Anschluss an die Eillinie Fiume-Cattaro B)
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Periodische Fahrten zwischen TRIEST
und VENEDIG.
Ab TRIEST und VENEDIG jeden Dienstag,
Donnerstag und Samstag um 12 Uhr Nachts im
Winter, und um 11 Uhr im Sommer.
Ank. in VENEDIG und in TRIEST jeden
Mittwoch, Freitag und Sonntag 7 Uhr Früh im
Winter, und um (> Uhr Früh im Sommer.
LE"V.A.lSrTE-DIElSrST.
Eillinie TRIEST-CONSTANTINOPEL.
Ab von TRIEST jeden Samstag 11 UhrVorm.
mit Herührung von Brindisi, Corfu, Patras,
PiräuH, Ank. nächsten Freitag 9 Uhr Vorm. ;
Rückfahrt von Constantinopel jeden Montag
f» Uhr Nm. Ank. in Triest Sonntag 5Va Uhr
Abends.
Ausserdem wird auf der Hinfahrt Dar-
danellen berührt.
Anschluss an die griechisch-orieutaliscbe
Linie in Corfu auf der Hin- nnd Rückfahrt.
Anpichluss an die Zwf-iglinie Piräus-Smyrna
auf der Hin- und Rückfahrt ucd an die ihessali-
»che ijinie auf der Hin- und Rückfahrt.
AnHchluss an die dalmatinisch-albanesische
Linie in Corfu auf dei Hin- und Rückfahrt.
GRIECHISCH-ORIENTALISCHE
LINIE.
Ab von TRIEST jeden Donnerstag 6 Uhr
Nm., Ank. in Smyrna den zweitnäch^ten Sonntag
5 Uhr Früh, berührend: Fiume, Corfu, Argos-
toli (Cephalonien\ Zante, Cerigo, Canea (Suda),
Retbymo, Caudia, Samos (Valhy), Tschesme
und Chios; Rückfahrt von Smyrna jeden
Samstag 4 Uhr Nrn., Ank. in Triest zweit-
nächsten Montag 11 Uhr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constanti-
nopel -n Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die syrische Linie in Smyrna,
auf der Hin- und Rückfahrt (jede zweite Woche).
Eillinie TRIEST-ALEXANDRIEN.
Jeden Freitag 12 Ubr Mittags über Brindisi,
Ank. nächsten Mittwochs Uhr Früh; Rückfahrt
von Alexandrien Dienstag S* Uhr Früh, Ank, in
Triest Samstag 7 Uhr Abends.
Anschluss an die syrische Linie in Ale-
xandrien auf der Hin- und Rückfahrt.
THESSALISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 7. Jänner.
Ab TRIEST Dienstag 6 Uhr Nrn., Ank. in
Constantinopel den dritten Donnerstag (j';, Uhr
Früh mit Berührung von Fiume, Corfu, Santa
Maura, Palras, Catacolo, Calamata, Piräus,
Syra'), Volo, Salonich, Cavalla, Lagos, Dedca-
gatscb, Dardanellen, Gallipoli, Constantinopel;
Rückfahrt von Constantinopel vom 8. Jänner
an jede zweite Woche Mittwoch 2 Uhr Nm.,
Ank. in Triest den dritten Donnerstag 11 Uhr
Vorm.
Linie FIUME-ALEXANDRIEN-
BEIRUT.
Jede vierte Woche vom 16. Jänner.
Donnerstag 1 Uhr Nm. mit Berührung von
Lissa und Corfu, Ank. in Alexandrien nächsten
Dienstag 3 Uhr Nachm. ; nach Beirut Samstag
vom 2.^. Jänner angefangen Mittags mit Berüh-
rung von' Port Said nnd Jaffa; Ank. in Beirut
folgenden Dienstag 7 Uhr Früh.
Rückfahrt von Beirut Dienstag vom 28,
Jänner angefangen 7^3 Uhr Abends, Ank. in
Alexandrien nach Berührung von Caiffa, Jaffa
und Port Said Samstag 10 Uhr Vorm. ; Abfahrt
von Alexandrien nach Fiume Sonntag vom
5, Jänner angefangen 11 Uhr Vorm. Ank, in
Fiume Freilag 2 Uhr Nm.
SYRISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab CONSTANTINOPEL Donnerstag 4 Uhr
Nrn., Ank. in Alexandrien den zweiten Sonntag
') Der Hafen von Syra wird auch auf der
Rückfahrt nach Piräus angelaufen.
11 Uhr Vorm. mit Berührung von Gatllpoli,
Dardanellen, Tenedos, Mytilene, Smyrna, Chios,
Rhodus , Limasso] , Larnaca, Beirat, Caiffa,
Jaffa, Port-Said, Alexandrien ; Rückfahrt von
Alexandrien jeden zweiten Samstag vom 4.
.änner angefangen Mittags; Ank. in Con-
stantinopel den zweiten Dienstag 7Va Uhr Früh.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Smyrna aut der Hin- und Rückfahrt.
Linie CONSTANTINOPEL-BRAILA.
Samstag 2 Uhr Nm., Ank. in Braila Mitt-
woch 4 Ubr Nm. mit Berührung von Varna,
Küstendje, Sulina und Galatz ; Rückfahrt Freita;.^
2 Uhr Nm., Ank. in Constantinopel Dienstag
8 Uhr Früh.
Diese Fahrten sind während des Winters
eingestellt und beschränken sich auf die Unter-
haltung einer wöchentlichen Verbindung
zwischen Constantinopel, Varna und Küsteadje.
Linie CONSTANTINOPEL - BATUM.
Jede zweite Woche vom 4. Jänner.
Abfahrt Samstag 3 Uhr Nrn., Ank. in Bstam
Mittwoch G'/a Uhr Früh mit Berührung von
Ineboli, Samsun, Kerasüot, Trapezunt; Rück-
fahrt vom 9. Jänner ab jede zweite Woche
Donnerstag 6 Ubr Abends, Ank. in Constanti-
nopel Mittwoch IV5 Uhr Nm.
Eillinie PIRÄUS-SMYRNA.
Ab PIRÄUS Mittwoch 4 Uhr Nm., Ank. in
Smyrna Donnerstag 2 Uhr Nm. mit Berübruug
von Chios; Rückfahrt Dienstag 11 Uhr Vorm.,
Ank, in Piräus Mittwoch Ü Ubr Vorm.
Anschluss in Piräus an die Eillinie Triest-
Constantinopel bei der Hin- und Rückfahrt.
IlSTIDO-CüinsrESISOXiEI^ IDIEISrST-
Eillinie TRIEST— BOMBAY. Ab Triebt
am 3. eines jeden Monates, 4 Uhr Nachm.,
berührend: Brindisi, Port Said, Suez, Aden.
Anschluss in Bombay abwechselnd an die
Linie Triest — Rotbes Meer — Hongkong und an
die Zweiglinie Bombay— Hongkong. Rü'kfahrt
von Bombay vom 1. Feber ab jeden 1. des Mo-
nate* bis iucl. Jänuer 1891.
Linie TKIEST— ROTHES MEER— HONG-
KONG. Ab Triest am 1>. der geraden Monate')
') Februar, April, Juni, August, October,
December.
des Jahres, 4 Uhr Nachm., berührend : Port Said,
Suez, Djeddah, Stiakim, Massauah, Hodeidah,
Aden, Bombay, ('olorabo, Penang. Ringapore.
Rückfahrt von H -ngkong am 18.|4., 17.JG., 17. ]8.,
18.J10., 18.112. 1890 und IC ]2. 189).
Anschluss in Bombay an die Eillinie Triest
— Bombay; Anschluss in Colombo an den
Dampfer der Zweiglinie Calcutta — Colombo.
Zweiglinie BOMBAY — HONGKONG. Ab
Bombay am 21. der geraden Monate des Jahres,
berührend: Colombo, Penang, Singapore. Rück-
fahrt von Hongkong am 19. März, sodann am
18. der ungeraden Monate des Jahres bis iucl.
Jänner 1891.
Anschluss in Bombay an den Eildampfer
Triest — Bombay auf der Hin- und Rückfahrt;
Anschluss in Colombo an den Dampfer der
Zweiglinie Calcutta — Colombo auf der Hin- und
Rückfahrt.
Zwciglinie CALCUTTA— COLOMBO. Ab
Calcutta am 18. eines jeden Monates, berührend:
Madras. Rückfahrt von Colombo vom 5. Fe*>er
ab jeden 5. des Monates bis iucl. Janner 1891.
Anschluss in Colombo abwechselnd einmal
an den Dampfer der directen Linie Triest —
Rüthes Meer— Hongkoji^ und einmal an den
Dampfer der Zweiglinie Bombay — Hongkong
auf der Hin-und Rückfahrt.
BB,A.siLiLA.3srisa:Eg:E lustie ti^iest-sa-isttos-
Ab Triest am 1. jeden Monates von August bis December 1890, berührend: Malaga, Gibraltar, Insel St. Vincent, Pernambuco, Bahia,
Rio de Janeiro; Rückfahrt von Santoa 4« April, dann am 18. jeden Monates vom September 1890 bis Jänner 1891.')
') Bei evi ntueller Ausla.' mng der Berührungen eines oder der beiden Häfen von Bahia und Pernambuco auf der Rückfahrt verfrühen
sich die Ankünfie in den folgeuden Echellen uui die entsprechende Zeit.
Ohne Haftung für etwaige Aendernngen in den Zwischenhäfen und ohne Verbindlichkeit für die Kegelmäasigkeit des Dienstes während
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Die „Oesterreichisclie Monatsschrift für den Orient"
erscheint im Verlage des k. k. österr. Handels - Museunu in Wien (I., Börse-
gasse 3).
Das Blatt, herausgegeben unter der Mitwirkung hervorragender Fachschriftsteller
und Reisender, bringt Artikel und Miscellen handelspolitischen, kunstgewerblichen,
ethnographischen und geographischen Inhaltes, Reisebeschreibungen, Literaturberichte etc.
Abonnements-Anmeldungen werden dortselbst entgegengenommen, wie denn auch
das genannte Blatt wie bisher durch alle Buchhandlungen bezogen werden kann.
Das Jahres-Abonnement beträgt ohne Postversendung fl. 5. — ö. W. ■- 10 Mark.
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Pakräcz-Lipik ; — Essegg, Sarajevo; Agram;
— Hainfeld, Gutenstein.
7. — Früh: (Schnellz.) Triest, Görz, Fiume, Agram,
Sissek (via Steinbrück), Brod; Villach, Wolls-
berg; Radkersburg, Köflach, Hainfeld, Guten-
stein; Leoben, Vordernberg, Aussee, Ischl ;
Venedig, Korn, Mailand (via Pontebba) ; Bozen,
Meran, Verona (via Leoben); Kanizsa. Buda-
pest; Paknicz-Lipik ; Agram, Essegg, Sarajevo ;
Neuberg.
1.20 Nachm. : (Postz.) Triest, Görz, Venedig;
Fiume; .Sissek, Brod, Banjaluka; Leoben,
Vordernberg, Neuberg; Oedenburg, Kanizsa,
Güns, Budapest.
6. — Nachm.; (Persz.) Steinamanger.
7.40 Abds.: (Persz.) Kanizsa, Budapest, Pakidci-
Lipik; Essegg, Bosn.-Brod; — Agrara, Sissek,
Banjaluka.
8.15 Abds.: (Schnellz.) Triest, Görz, Venedig, Rom;
— Pola, Rovigno; — Fiume; Sissek, Ban-
jaluka, Budapest (via Pghf.), Franzensfeste,
Meran, Ala, Innsbruck (via Marburg).
Ö.45 Abds.: (Postz.) Triest, Görz, Venedig, Rom,
Mailand; Pola, Rovigno, Fiume; Agram ; Buda-
pest (via Pghf.); Wolfsberg, Meran, Verona,
Innsbruck (via Marbg.); Radkersburg, Köflach,
Wies ; Leoben, Vordernberg; Aussee, Ischl,
Villach (via Leoben).
6.40 Früh: (Postz.) Triest, Rom, Mailand. Venedig,
Görz; /* gram, Budapest (via Pghf.); Verona,
Innsbruck (via Marburg): Radkersburg; Köf-
lach, Wies; Venedig; Villach (via Leobea).
8.58 Früh: (Persz. I Kanizsa, Bosn.-Brod, E»se.'g;
— Pakrdcz-Lipik, Agiam, Budapest (vi« Oeden-
burg). '
i).40 Vorm. : (Persz.) Steinamauger, Güns..
9.50 Voim.: (Schnellz.) Triest, Rom, Mailand,
Venedig, Görz; Pola, Rovigno; Fiume,
Sissek, Agram; Budapest (via Pghf.); A'a,
Meran, Innsbruck, Franzensfeste (vi« Marburg),
Leoben, Xeuberg.
1.52 Nachm.: (Persz.) Oedenburg (nur Montag und
Freitag); Aspang, Haiofeld.
3.40 Nachm. : (Persz.) Kanizsa, Budapest (via
Oedenburg).
4.— Nachm.: (Postz.) Triest. Görz, Venedig, Pola;
Fiume, Sissek, Agram, Radkersburg, Köflach,
Wies ; Vordernberg, Leoben; Neunerg.
9.30 Abds.: ( Persz.» Sarajevo, Essegg; Agram,
Budapest ; Kanizsa, Pakract-L'pik ;via Oeden-
burg); Hainfeld.
10.15 Abds. : (Schnell! ) Triest, Gör«. Pol«, Rovigno ;
Finme; Brod. Sissek (via Steinbrück); Villach,
Wolfsherg; Radkersburg; Köflach, Vordern-
berg, Venedig, Rom, Mailand (via Pontebba);
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Ischl, Aus«e, Neuberg.
IV
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
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Ab TRIEST jeden Mittwoch U Uhr Vorm., in
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Retour ab CATTARO Samstag 10 Uhr Vorm.,
in Triest Montag 11 Uhr Vorm.
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a) Zwischen TRIEST und CORFU.
Ab TRIEST jeden Montag 11 Uhr Vorm.,
in Corfu Sonntag ^/jl Uhr Nrn., berührend :
Rovigno , Pola , Lussinpiccolo , Selve , Zara,
Zaravec'chia, Morier, Sebt-nico, Trau, Spalato,
Milna , I^er-ina , Curzola , Orebich , Grarosa,
Ragusaveechia, 'Castelniiovo (oder Megline),
Cattaro, Budua, Spizta, Antivari, Dulcigno,
Medua, Durazzo, Valona und Santi-Quaranta.
Ab COKFU Donnerstag 6 Ubr Früh., in
Triest Mittwoch Vjl Uhr Nm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Hinfahrt.
bj Zwischen CORFU und PREVESA.
Ab CORFU jeden Montag 11 Uhr Nachts, in
Prevesa Dienstag y Uhr Vorm., berührend : Parga,
Sta. Maura.
Ab PREVESA Mittwoch 7 Uhr Früh, in
Corfu Mittwoch G'/a Uhr Abds.
Während des Aufenthaltes iÄ Prevesa unter-
nimmt der Dampfer eine Fahrt nach Salahora
und zurück; das Anlaufen dieser Station ist
jedoch facultativ.
DALMATINISCH-ALBAIS'ESISCHE
LINIE BIS CORFU.
Ab TRIEST jeden Freitag 11 Uhr Vorm.. in
Corfu Donnerstag- S'/j Uhr Abends, berührend:
Rovigno, Pola, Lussinpiccolo , Melada, Zara,
Sebenico, Roposnizz:», ^patato, Milna. Civita- |
veccliia. Liswa, Cumisa, Valiegranae, Lagoaia,
Tersteuik, Meleda, Gravosa, Castelnuovo (oder
Äleglinf), Perasto, Risano, Cattaro, Perzagiio,
iiiidua, Medua, Durazzo, Valuna und Santi-
Quaranta. Auf dprRüchfaLrt wi d auchDulcigno
und Aniivari angelaufen.
Ab CORFU SamPtag fi Uhr Früh, n Triest
nächsten Samstag 11'/* Ubr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Rückfahrt.
Linie FIUME-TK lEST.
Ab FlUME Mittwoch 11 Uhr Vorm., Ank.
in Triest Donnerstag »/jl Uhr Mittags, be-
rührend : Malinsca, Rabac, Cherso, Pola, Rovigno
und Parenzo.
Ab TRIEST Samstag 11 Uhr Vorm., in
Fiume Sonntag 12 Uhr Mitiags.
Waarenlinie FIUME - CATTARO A)
jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Uhr Ni:i. , berührend:
Malinsca, Veglia, Lussingrande, Selve, Zara,
Sebenico, Trau, Spalato, Porto Carober, Milnä,
Lesina, Elss^a, Curzola, Gravosa, Castelnuovo
(oder Megline), Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh, in
Fiume Donnerstag 4 Uhr Nm.
Anschluss an die Linie Triest-Metcovich in
Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Waarenlinie FIUME-CATTARO B)
jede zweite Woche vom 9, Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Uhr Nrn., berührend: Ma-
linsca, Lussinpiccolo, Selve, Zara, Sebenico,
Tran, Spalato, Porto-Carober, Milnä, Lesina,
Li-sa, Curzola, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Perasto. Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh , in
Finme Donnerstag .*) Uhr Nm.
Anschlubs au die Liuie Spalaio-Metcuv
in Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Eillinie FIUME-CATTARO.
Ab FIUME Sonntag l'/^Uhr Nachts. Ank.
Cattaro Montag 4Va Uhr Nrn., berührend: Zs
Spalato, Gravosa.
Ab CATTARO Donoersfag 5 Uhr Früh,
Fiume Freitag (J Ubr Abends.
Anschlus.s an die Linie Triebt Metcov
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie TRIEST-SPALATO-METCC
VICH.
Ab TRIEST Donnerstag 11 Uhr Vorm
Metcovich Samstag li'/j Uhr Mittags, berühre
Zara, Sebenico, Spalato, Macarsca, Giadaz ■
Fort Opus.
Ab METCOVICH Dienstag 10»/, Uhr Vo»
in Triest Donnerstag Ü'/a Uhr Vorm.
Anschluss an die Waarenlinie Fiume-Catt;
Ä) in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie SPALATO-METCOVICH.
Ab SPALATO Montag 4'/2 Uhr Früh, in M
covich Montag öUhrNm., berührend: S. Pie
Almissa, Macarsca, Gradaz, Trapano und F
Opus.
Ab METCOVICH Donnerstag lO Uhr Vor-
in Spalato Donnerstag i)>/^ Uhr Abends.
Anschluss an die P^illinie Fiume-Cattaro
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Periodische Fahrten zwischen TRIEv
und VENEDIG.
Ab TRIEST und VENEDIG jeden Dienstj
Donnerstag und Samstag um 12 Uhr Nachts
Winter, und um 11 Uhr im Sommer,
Ank. in VENEDIG und in TRIEST jec
Mittwoch, Freitag und Sonntag 7 Uhr Früh
Winter, und um 6 Uhr Früh im Sommer.
H. E"V.A.]SrX E - HD I E IST S X-
EiUinieTRIE^T-COKSTA]STlNOPEL.
Ab von TRIEST jeden Samstae 11 UhrVorro.
mit Berührung von Brindii^i, Cort'ii, Pairas,
Piräus, Ank. nächsten Freitag 9 Uhr Vorm. ;
Rückfahrt von Constantinopel jeden Montag
.*> Uhr Nm. Ank. in Triest Sonntag ö^/j Uhr
Abends,
Ausserdem wird auf der Hinfahrt Dar-
danellen berührt.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Ziinie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
AuRchlutäs an die Zweiglinie Piräus-Sniyrna
auf der Hin- und Rückfahrt und an die ihessali-
sche Linie auf der Hin- und Rü<kfahr*.
Anschluss an die dalmatinisch-albanesische
Linie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt,
GRIECHISCH-ORIENTALISCHE
LINIE.
Ab von TRIEST jeden Donnerstag 6 Uhr
Nrn., Ank. in Sniyrna den zweiInäch^Ien Sonntag
5 Uhr Früh, berührend: Fiume, Corfu, Argos-
toli (Cephalonienj, Zante, Cerigi), Cauea (Suda),
Rethynio, Candia, ^amos (Vaihy), Tschesme
und Cbios; Rückfahrt von Smyrna jeden
Samstag 4 Uhr Nui., Ank. in Triest zweit-
nächsten Montag 11 Uhr Vorm.
Anschluss au die Eillinie Triest-Constanti-
nopel -n Corfu auf der Hin- und Rückfahrt,
Anschluss an die syrir^che Linie in Smyrna,
auf der Hin- und Rückfahrt (jede zweite Woche),
Eillinie TRIEST-ALEXANDRIEN.
Jeden Freitag 12 Uhr Mittags über Brindisi,
Ank. nächsten Mittwoch 5 Uhr Früh ; Rückfahrt
von Alexandrien Dienstag 9 Uhr Früh, Ank. in
Triest Samstag 7 Uhr Abends.
Anschluss an die syrische Linie in Ale-
xandrien auf der Hin- uud Rückfahrt.
THESSALISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 7. Jänner.
Ab TRIEST Dienstag 6 Uhr Nm., Ank. in
Constantinopel den djitten Donnerstag 6'/a Uhr
Früh mit Berührung von Fiume, Corfu, Santa
Maura, Pairas, Catacolo, Calamata, Piräus,
Syra'), Volo, Salonich, Cavalla, Lagos, Dedea-
gatsch, Dardanellen, Gallipoli, Constantinopel;
Rückfahrt von Constantinopel vom 8. Jänner
an jede zweite Woche Mittwoch 2 Uhr Nrn.,
Ank. in Triest den dritten Donnerstag 11 Uhr
Vorin.
Linie FIUME- ALEX AND PUEN-
BEIRUT.
Jede vierte Woche vom Iß. Jänner.
Donnerstag 1 Uhr Nm. mit Berührung von
Lissa und Coriu, Ank. in Alexandrien nächsten
Dienstag 3 Uhr Nachm. ; nach Beirut Samstag
vom 2.i. Jänner angefangen Mittags mit Berüh-
rung von Port Said und Jaffa; Ank. in Beirut
folgenden Dienstag 7 Uhr Früh.
Rückfahrt von Beirut Dienstag vom 28.
Jänner angefangen 7^,', Uhr Abends, Ank. in
Alexandrien nach Berührurg von Caiffa, Jaffa
und Port Said Samstag 10 Uhr Vorm.; Abfahrt
von Alexandrien nach Fiume Sonntag vom
5. Jänner angefangen 11 Uhr Vorm. Ank. in
Fiume Freitag 2 Uhr Nm.
SYRISCHE LINIE.
Jede zweite Woch« vom 2. Jänner.
Ab CONSTANTINOPEL Donnerstag 4 Uhr
Nm,. Ank. in Alexandrien den zweiten Sonntag
') Der Hafen von Syra wird auch auf der
Rückfahrt nach Pirsus angelaufen.
11 Uhr Vorm. mit Berührung von Ganip(
Dardanellen, Tenedos, Mytilene, Smyrna, Chi
Rhodos , LimasBol , Larnaca, Beirut, Caii
Jaffa, Port-Said, Alexandrien ; Rückfahrt \
Alexandrien jeden zweiten Samstag vom
. änner angefangen Mittags; Ank. in C<
stantinopel den zweiten. Dienstag 7'/i Uhr Fri
Anschluss an die griechisch-onentalisc
Linie in Smyrna aut der Hin- und Ruckfah
Linie CONSTANTINOPEL-BRAIL
Samstag 2 Uhr Nm-, Ank. in Braila Mi
woch 4 Uhr Nm. mit Berührung von Van
Küstendje, Sulina und Galatz; Rückfahrt Freii
Ä Uhr Nm., Ank. in Constantinopel Dienst
8 Uhr trüh.
Diese Fahrten sind während des Wint*
einge^tellt und beschräbken sich auf die Unti
haltUDg einer wöchentlichen Verbindu
zwischen Constantinopel, Varna und Rüstend
Linie CONSTANTINOPEL - BATU:
Jede zweite Woche vom 4. Jänner,
Abfahrt Samstag ,^ Ubr Nrn., Ank.inBati
Mittwoch G'/a Uhr Früh mit Berührung v
Ineboli, Samsun, Kerasunt, Trapezunt; Rüc
fahrt vom 9. .1 änner ab jede zweite Woc
Donnerstag 6 Uhr Abends, Ank. in Constan
nopel Mittwoch iVi Uhr Nm.
Eillinie PIRÄUS-SMYRNA.
Ab PIRÄUS Mittwoch 4 Uhr Nrn., Ank.
Smyrna Donnerstag 2 Uhr Nm. mit Berühru
von Chios; Rückfahrt Dienstag :i Uhr Vorr
Ank. in Piräus Mittwoch 9 Uhr Vorm.
Anschluss in Piräus an die Eillinie Trie
Constantinopel bei der Hin- und Rückfahrt.
insriDO-cmisrESisonER, idieistst.
Ausciiiuüs in Bombay an den Eildamp
Xriesi — Bombay auf der Hin- und Rückfah
Anschluss in Colombo an den Dampier c
Zweiglinie Calcutta—Colombo auf der Hin- u
Rückfahrt.
Zweiglinie CALCUTTA—COLOMBO. .
Calcuttaam 18. eines jeden Monates, beriihrei
Madras. Rückfahrt von Colombo vom 5- Fei
ab jeden 5. des Monates bis iucl. Jänner 38
Anschluss in Colombo abwechselnd eiuu
an den Dampfer der directen Linie Tries
Rothes Meer— Hongkong und einmal an d
Dampfer der Zweiglinie Bombay— Hoügko
auf der Hin-und Rückfahrt. ^^^^^
Eillinie '1 RIE&T— BOMBAY. At> Tnewt
am 3. eines jeden Monates, 4 Uhr Nachm.,
berührend: Brindisi, Port Said, Suez, Aden.
Anschluss in Bombay abwechselnd an die
Linie Triest — Rot lies Meer — Hongkong und an
die Zweiglinie Bombay — Hongkong. Rü' kfahrt
von Bombay voni l.Feber ab jeden 1. des Mo-
nates bis iucl. Jänner 1891.
Linie TrtlEST-ROTHES MEER— HONG-
KONG. Ab Triest am lö. der geraden Monate»)
') Februar, April, Juni, August, October,
December.
des Jahres. 4 Uhr Nachm., berührend : Port Said,
Suez, Djeddah, Suakim, Massauah, Hodeidah,
Aden, Bombay. Colombo, Peuang, Singapore.
Rückfahrt von H -ngkong am 18.14., 17.16., 17.J8.,
IS.JIÜ., 18.|12. 1S90 und 10 |2. I89t.
Anschluss in Bombay an die Eillinie Triest
— Bombay; Anschluss in Colombo au den
Dampfer der Zweiglinie Calcutta—Colombo,
Zweiglinie BOMBAY — HONGKONG. Ab
Bombay am 21. der geraden Monate des Jahres,
berührend: Colombo, Penang, Singapore. Rück-
fahrt von Hongkong am 19. März, sodann am
18. der ungeraden Monate des Jahres bis incl.
Jänner 1891.
Bü-A.siiji^A.3sriscpa:E lustie ti^iest-s-A-Isttos-
Ab Triest am 1. jeden Monates von August bis December IS'JU, berührend: Malaga, Gibraltar, Insel St. Vincent, Pernambuco, Bah
Rio de Janeiro; Rückfahrt von Santos 4. April, dann am 18. jeden Monates vom September 1890 bis Jänner 1891.^)
OESTERREICHISCHE
0iiatssc|rift für kn #riat
SECHZEHNTER JAHRGANG.
WIEN, IM MÄRZ 1890.
N"- 3. BEILAGB.
Die „Oesterreichische Monatsschrift für den Orient"
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erscheint im Verlage des k. k. österr. Handels -Museums in Wien (I., Bürse-
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Das Blatt, herausgegeben unter der Mitwirkung hervorragender Fachschriftsteller
und Reisender, bringt Artikel und Miscellen handelspolitischen, kunstgewerblichen,
ethnographischen und geographischen Inhaltes, Reisebeschreibungen, Literaturberichte etc.
Abonnements-Anmeldungen werden dortselbst entgegengenommen, wie denn auch
as genannte Blatt wie bisher durch alle Buchhandlungen bezogen werden kann.
Das Jahies-Abonnement beträgt ohne Postversendung fl. 5. — ö. \V. = 10 Mark.
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S. REICH &C
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— Hainleld, Gutenstein.
7. — Früh: (Schnellz.) Triest, Görz, Fiume, Agram,
Sissek (via Steinbrück), Brod; Villach, Wolfs-
berg; Radkersburg, Köflach, Ilainfeld, Guten-
stein; Keoben, Vordernberg, Aussee, Ischl ;
Venedig, Korn, Mailand (via Pontebba); Bozen,
Meran, Verona (via Leoben) ; Kanizsa, Buda-
pest; Pakracz-Lipik; Agram, Essegg, Sarajevo;
Neuberg.
1.20 Nachm.: (Postz.) Triest, Görz, Venedig;
Fiume; Sissek, Brod, Banjaluka; Leoben,
Vordernberg, Neuberg; Oedenburg, Kanizsa,
Güns, Budapest.
5. — Nachm.: (Persz.) Steinamanger.
7.40 Abds.: (Persz.) Kanizsa, Budapest, Pakiacz-
L'pik; Essegg, Bosn.-Brod; — Agrara, Sissek,
Banjaluk.a.
8.1.') Ab.is. : (Schnellz.) Triest, Görz, Venedig, Rom;
— Pola, Rovigno; — Fiume; Sissek, Ban-
jaluka, Budapest (via Pghf.), Franzensfeste,
Meran, Ala, Innsbruck (via Marburg).
b.45 Abds.: (Postz.) Triest, Görz, Venedig, Rom,
Mailand; Pola, Rovigno, Fiume; Agram; Buda-
pest (via Pghf.); Wolfsberg, Meran, Verona,
Innsbruck (via Marbg.); Radkersburg. Köflach,
Wies ; Leoben, Vordernberg; Aussee, Ischl,
Villach (via Leoben).
Ankunft in Wien:
6.40 Früh: (Postz.) Triest, Rom, Mailand. Venedig,
Görz; A gram, Budapest (via Pghf.); Verona,
Innsbruck (via Marburg); Radkersburg; Köf-
lach, Wies; Venedig; Villach (via Leobeu).
ä.58 Früh: (Persz ) Kanizsa, Bosn.-Brod, EsiCig;
— Pakricz-Lipik, Agram, Badapest (via Oeden-
burg).
9.40 Vorm. : (Persz.) Steinamanger, Güns..
9.50 Vorm.: (Schnellz.) Triest, Rom, Mailand,
Venedig, Görz; Pola, Rovigno; Fiume,
Sissek, Agram; Budapest (via Pghf.); Ala,
Meran, Innsbruck, Franzensfeste (via Marburg),
Leoben, Neuberg.
1.52 Nachm.: (Persz.) Oedenburg (nur Montag und
Freitag); Aspang, Hainfeld.
3.40 Nachm.: (Persz.) Kanizsa, Budapest (via
Oedenburg).
4.— Nachm. : (Postz.) Triest; Görz. Venedig, Pola;
Fiiune, Sissek, Agram, Radkersburg, Köflach,
Wies; Vordernberg, Leoben; Neunerg.
930 Abds.: (Persz.) Sarajevo, Essegg; Agram,
Budapest ; Kanizsa, Pakracz-L'pik ^via Oeden-
btirg); Hainfeld.
10.15 Abds. : (Schnellz.) Triest, Görz, Pola, Rovigno ;
Fiume; Brod. Sissek (via Steiubrück); Villach,
Wolfsberg; Radkersburg; Köflach, Vordern-
berg, Venedig, Rom, .Mailand (via Pontebba) ;
Verona, Meran, Innsbruck (via Villach, Leoben) ;
Ischl, Anssee, Neuberg.
IV
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
Giltig bi8 auf AVeiteres,
jFafirplan beö „O^eftcrrciriiirrij^nmjarifrfjcn 1C!oiib'\ Gimg m« auf weiteres.
-a.di^i.a.tisc:e3:ek, üieistst.
Eillinie TKIEST-CATTARO.
Ab TRIEST jeden Mittwoch llUhrVorm., in
Cattaro Freitag S'/aUhr Nrn., berühr.: Pola,Lu88in-
piceolo, Zara, Spalato, Macarsca, Curzola, Gra-
vosa, Castelnuovo (oder Megline), Perasto, Risano
und Perzagno.
Retour ab CATTARO Samstag 10 Uhr Vorm.,
in Triest Montag 11 Uhr Vorm.
DALMATINISCH-ALBANESISCHE
LINIE BIS PREVESA.
a) Zwischen TRIEST und CORFU.
Ab TRIEST jeden Montap 11 Uhr Vorm.,
in Corfu ^onntag Vjl Uhr Nrn., berührend :
Rovigno , Pola , Lussinpiccolo , Selve , Zara,
Zaravecchia, Morter, Sebenieo, Trau, Spalato,
Mi Ina , Le^ina , Curzola , Orebich , Grarosa,
Kagusavecchia, Castelnuovo (oder Megline),
Cattaro, Budua, Spizea, Antivari, Dulcigno,
Medua, Durazzo, Valona und Santl-Quaranta.
Ab COKFU Donnerstag 6 Uhr Früh., in
Triest Mittwoch Vil Uhr Nm.
Anscbluss an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Hinfahrt.
öj Zwischen CORFU und PREVESA.
Ab CORFU jeden Montag 11 Uhr Nachts, in
Prevesa DienstagöUhrVorm., berührend: Farga,
Sta. Maura.
Ab PREVESA Mittwo'h 7 Uhr Früh, in
Corfu Mittwoch GVi Uhr Abds.
Während des Aufenthaltes in Prevesa unter-
nimmt der Dämpfer eine Fahrt nach Salahora
und zurück ; das Anlaufen dieser Station ist
jedoch facultativ.
DALMATINISCH-ALBAKESISCHE
LINIE BIS CORFU.
Ab TRIEST jeden Freitag 11 Uhr Vorm.. in
Corfu Donnerstag S'/j Uhr Abends, berührend:
Rovigno, Pola, Lussinpiccolo , Mplada, Zara,
Sebenieo, Rngosnizza, spalato, Milni, Civita-
vecchia. Lissa, Comit^a, Vallegrande, Lagosia,
Terstenik, Meleda, Gravosa. Castelnuovo (oder
Megline), Perasto, Risano, Cattaro, Perzagno,
Kudua, Medua, Durazzo, Valona und Santi-
Quaranta. Auf derRück fahrt wi, d auchDulcigno
und Amivari angelaufen.
Ab CORFU Samstag fi Uhr Früh, n Triest
nächsten Samstag 11*/« Uhr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Rückfahrt.
Linie FIUME-TRIEST.
Ab FlUME Mittwoch 11 Uhr Vorm., Ank.
in Triest Donnerstag Vil Uhr Mittags, be-
rührend : Malinsca, Rabac, Cherso, Pola, Rovigno
und Parenzo.
Ab TRIEST Samstag 11 Uhr Vorm., in
Fiume Sonnlag 12 Uhr Mittags.
Waarenlinie FIUME - CATTARO A)
jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Uhr Nrn., berührend:
Malinsca, Veglia, Lussingrande, Selve, Zara,
Sebenieo, Trau, Spalato, Porto Carober, Milnä,
Lesina, Lispa, Curzola, Gravosa, Castelnuovo
(oder Megline), Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh, in
Fiume Donnerstag 4 Uhr Nm.
Anschluss an die Linie Triest-Metcovich in
Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Waarenlinie FIUME-CATTARX) J5)
jede zweite Woche vom 9. Jänner.
Ab FlÜME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Uhr Nm., berührend ; Ma-
linsca, Lussinpiccolo, ^elve, Zara, Bebenico,
Trau, Spalato, Forto-Carober, Milnä, Lesina,
Li^sa, Curzola, •- Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh , in
I Fiume Donnerstag 5 Uhr Nm.
Anschluss an die Linie Spalato-Metcovicb
in Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Eillinie FIUME-CATTARO.
Ab FJUME Sonntag l'/j Uhr Nachts. Ank. in
Cattaro Montag 4Vi Uhr Nrn., berührend: Zara,
Spalato, Gravosa.
Ab CATTARO Donnerstag 5 Uhr Früh, ia
Fiume Freitag G Uhr Abends.
Anschluss an die Linie Trieat-Metcovich
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie TRIEST-SPALATO-METCO-
VICH.
Ab TRIEST Donnerstag 11 Uhr Vorm., in
Metcovich Samstag 12V3 Uhr Mittags, berührend:
Zara, Sebenieo, Spalato, Macarsca, Gradaz und
Port Opus.
Ab METCOVICH Dienstag 10'/, Uhr Vorm.,
in Triest Donnerstag öVa Uhr Vorm.
Anschluss an die Waarenlinie Fiume-Cattaro
Ä) in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie SPALATO-METCOVICH.
Ab SPALATO Montag 4Va Uhr Früh, in Met-
covich Montag 5 Uhr Nrn., berührend: S. Pietro»
Almissa, Macarsca, Gradaz, Trapano und Fort
Opus.
Ab METCOVICH Donnerstag 10 Uhr Vorm.,
in Spalato Donnerstag 9% Uhr Abends.
Anschluss an die Eillinie Fiume-Cattaro B)
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Periodische Fahrten zwischen TRIEST
und VENEDIG.
Ab TRIEST und VENEDIG jeden Dienstag,
Donnerstag und Samstag um 12 Uhr Nachts im
Winter, und nm 11 Uhr im Sommer.
Ank. in VENEDIG und in TRIEST jeden
Mittwoch, Freitag und Sonntag 7 Uhr Früh im
Winter, und nm 6 Uhr Früh im Sommer.
XjE"V.A.3srTjB-x:)iEnsrsT.
Eillinie TRIEST-CONSTANTINOPEL.
Ab von TRIEST jeden Samstag 11 UhrVorm.
mit Berührung von Brindisi, Corfu, Patras,
Piräus, Ank. nächsten Freitag 9 Uhr Vorm.;
Rückfahrt von Constantinopel jeden Montag
5 Uhr Nm. Ank. in Triest Sonntag S'/j Uhr
Abends.
Ausserdem wird auf der Hinfahrt Dar-
danellen berührt.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die Zweiglinie Piräus-Smyrna
auf der Hin- und Rückfahrt urd an die thessaU-
sehe Linie auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die dalmatinisch-albanesische
Linie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
GRIECHISCH-ORIENTALISCHE
LINIE.
Ab von TRIEST jeden Donnerstag 6 Uhr
Nrn., Ank. in Smyrna den zweitnäch^ien Sonntag
5 Uhr Früh, berührend: Fiume, Corfu, Argos-
toli (Cephalonien), Zante, Cerigo, Canea (Suda),
Rethymo, Candia, Sanios (Valhy), Tschesme
und Chios*, Rückfahrt von Smyrna jeden
Samslag 4 Uhr Nrn., Ank. in Triest zweit-
nächsten Montag 11 Uhr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constanti-
nopel -n Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die eyrische Linie in Smyrna,
auf der Hin- und Rückfahrt (jede zweite Woche).
Eillinie TRIEST-ALEXANDRIEN.
Jeden Freitag 12 Uhr Mittags über Brindisi,
Ank. nächsten Mitiwoeh5 Uhr Früh; Rückfahrt
von Alexandrien Dienstag 9 Uhr Früh, Ank. in
Triest Samstag 7 Uhr Abends.
Anschluss an die syrische Linie in Ale-
xandrien auf der Hin- und Rückfahrt.
THESSALISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 7. Jänner.
Ab TRIEST Dienstag 6 Uhr Nrn., Ank. in
Constantinopel den dritten Donnerstag 6'/, Uhr
Früh mit Berührung von Fiume, Corfu, Santa
Maura, Patras, Cataeolo, Calamata, Piräus,
Syra'), Volo, Salonich, Cavalla, Lagos, Dedea-
gatsch, Dardanellen, Gallipoli, Constantinopel;
Rückfahrt von Constantinopel vom 8. Jänner
an jede zweite Woche Mittwoch 2 Uhr Nrn.,
Ank. in Triest den dritten Donnerstag 11 Uhr
Vorm.
Linie FIUME-ALEXANDRIEN-
BEIRUT.
Jede vierte Woche vom 16. Jänner.
Donnerstag 1 Uhr Nm. mit Berührung von
Lissa und Corfu, Ank. in Alexandrien nächsten
Dienstag 3 Uhr Nachm.; nach Beirut Samstag
vom 25. Jänner angefangen Mittags mit Berüh-
rung von Port Said und Jaffa; Ank. in Beirut
tolgenden Dienstag 7 Uhr Früh.
Rückfahrt von Beirut Dienstag vom 28,
Jänner angefangen 7*,', Uhr Abends, Ank. in
Alexandrien nach Berührung von Caiffa, Jaffa
und Port Said Samstag 10 Uhr Vorm. ; Abfahrt
von Alexandrien nach Fiume Sonntag vom
5. Jänner angefangen 11 Uhr Vorm. Ank. in
Fiume Freitag 11 Uhr Vorm.
SYRISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab CONSTANTINOPEL Donnerstag 4 Uhr
Nm,. Ank. in Alexandrien den zweiten Sonntag
11 Uhr Vorm. mit Berührung von Gallipoli
Dardanellen, Tenedos, Mytilene, Smyrna, Chios,
>) Der Hafen von Syra wird auch auf der
Rückfahrt nach Piräus angelaufen.
Rhodus , Limassol , Larnaca, Beirat, Caiffa,
Jaffa, Port-Said, Alexandrien ; Rückfahrt von
Alexandrien jeden zweiten Samstag vom 4.
Jänner angefangen Mittags; Ank. in Con-
stantinopel den zweiten Dienstag 7V» Uhr Früh.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Smyrna aut der Hin- und Rückfahrt,
Linie CONSTANTINOPEL-BRAILA.
Samstag 2 Uhr Nm., Ank. in Braila Mitt-
woch l» Uhr Vorm. mit Berührung von Varna,
KÜ3tendje,Sulina und Galatz; RückiahrtDonners-
tag 8 Uhr Früh, Ank. in Constantinopel Mon-
tag 8 Uhr trüh.
Anschluss in Varna an den Orientexpress-
zug von und nach Paris, Wien, Budapest,
Bukarest, in ionstantinopel an den Eildampfer
Triest-Constantinopel in beiden Richtungen.
Diese Fahrten sind während des Wiolers
eingestellt und beschränken sich auf die Unter-
haltung einer wöchentlichen Verbindung
zwischen Constantinopel, Varna und Kü^tendje.
Linie CONSTANTINOPEL - BATUM.
Jede zweite Woche vom 4. Jänner.
Abfahrt Samstag 3 Uhr Nrn.. Ank. in Batum
Mittwoch 6V2 Uhr Früh mit Berührung von
Ineboli, Samsun, Kerasunt, Trapezunt ; Rück-
fahrt vom 9. Jänner ab jede zweite Woche
Donnerstag 6 Uhr Abends, Ank. in Constanti-
nopel Mittwoch 1'/, Uhr Nm.
Eillinie PIRÄUS-SMYRNA.
Ab PIRÄUS Mittwoch 4 Uhr Nrn., Ank. in
Smyrna Donnerstag 2 Uhr Nm. mit Berührung
von Chios; Rückfahrt Dienstag 11 Uhr Vorm.,
Ank, in Piräus Mittwoch 9 Uhr Vorm.
Anschluss in Piräus an die Eillinie Trie.it-
Constantinopel bei der Hin- und Rückfahrt.
ÜN^IDO-CIEiinsrESISOIEiER, IDIEISrST.
Eillinie TRIEST— BOMBAY. Ab Triest
am 3. eines jeden Monates, 4 Uhr Nachm.,
berührend: Brindisi, Port Said, Suez, Aden.
Anschluss in Bombay abwechselnd an die
Linie Triest — Rothes Meer — Hongkong und an
die Zweiglinie Bombay — Hongkong. Rückfahrt
von Bombay vom 1. Feber ab jeden 1. des Mo-
nates bis iucl. Jänner 1891.
Linie TiilEST— ROTHES MEER— HONG-
KONG. Ab Triest am 15. der geraden Monate')
') Februar, April, Juni, August, October,
December.
des Jahres, 4 Uhr Nachm., berührend : Port Said,
Suez, Djeddah, Suakim, Massauah, Hodeidah,
Aden, Bombay. Colombo, Penang. Singapore.
Rückfahrt von Hongkong am 18.|4., 17.16-, 17.18.,
18.|10., 18.[12. 1890 und 10 |2. 1891.
Anschluss in Bombay an die Eillinie Triest
— Bombay ; Anschluss in Colombo an den
Dampfer der Zweiglinie Calcutta— Colombo.
Zweiglinie BOMBAY — HONGKONG. Ab
Bombay am 21. der geraden Mouate des Jahres,
berührend: Colombo, Penang, Singapore, Rück-
fahrt von Hongkong am 19. März, sodann am
18. der ungeraden Monate des Jahres bis incl.
Jänner 1891.
Anschluss in Bombay an den Eildampfer
Triest — Bombay auf der Hin- und Rückfatirt;
Anschluss in Colombo an den Dampfer der
Zweiglinie Calcutta — Colombo auf der Hin- U)id
Rückfahrt.
Zweiglinie CALCUTTA— COLOMBO. Ab
Calcutta am 18. eines jeden Monates, berührend:
Madras. Rückfahrt von Colombo vom 5. Fe-'i-^r
ab jeden 5. des Monates bis iucl. Jänner l8yi.
Anschluss in Colombo abwechselnd einmal
an den Dampfer der directen Linie Triest —
Rothes Meer — Hongkone und einmal an den
Dampfer der Zweiglinie Bombay — Hongkong
auf der Hin-und Rückfahrt.
B:RA-SIXjILA.3SriSCJE3:E ILIISriE T:EiIEST-S.AJSrTOS-
Ab Triest am 1. jeden Monates von August bis December 1890, berührend: Malaga, Gibraltar, Insel St. Vinceut, Peruambuco, Bahia
Rio de Janeiro; Rückfahrt von Santos 4. April, dann am 18. jeden Monates vom September 1890 bis Jänner 1891.')
') Bei eventueller AusKasung der Berührungen eines oder der beiden Häfen von Bahia und Pernambuco auf der Rückfahrt verfrühen
sich die Ankünfte in den folgenden Echellen um die entsprechende Zeit.
(Jhne Haftung lUr etwaige Aenaerungeu in aeu Zwidcnenüaieu una ouue Veroindlichkeu ttlr aie Kegtjimassigkeit aett Uieames wänreuu
d^r ContumaKmassreereln.
OESTERREICHISCHE
SECHZEHNTER JAHRGANG.
WIEN, IM APRIL 1890.
<" 4. BEILAGB.
Die dritte ordentliche General-Versammlung der (•.■sciischau
„K. k. österr. Handels-Museum"
findet Freitag den 9. Mai 1890, 6 Uhr Abends, im Saale des Museums statt.
Tagesordniang :
Erstattung des Jahres- und Rechenschaftsberichtes.
Wahl von zwei Revisoren zur Prüfung der Gesellschafts-Rechnungen (jj 1 7
der Statuten). .<
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Auszug aus dem Fahrplane der Personenzüge, giltig vom 21. October 1889.
Abfahrt von Wien:
6. — Früh: (Prsz.) Payerbach , Kanizsa, Budapest;
Pakracz-Lipik ; — Essegg, Sarajevo; Agram;
— Hainfeld, Gutenstein.
7. — Früh: (Schnellz.) Triest, Görz, Fiume, Agram,
Sissek (via Steinbrück), Brod; Villach, Wolfs-
berg; Radkersburg, Köflach, Hainfeld, Guten-
stein; Leoben, Vordernberg, Aussee, Ischl;
Venedig, Rom, Mailand (via Pontebba); Bozen,
Meran, Verona (via Leoben) ; Kanizsa, Buda-
pest; Pakracz,-Lipik ; Agram, Essegg, Sarajevo ;
Neuberg.
1.2Ü Nachm. : (Postz.) Triest, Görz, Venedig;
Fiume; Sissek, Brod, Banjaluka; Leoben,
Vordernberg, Neuberg; Oedenburg, Kanizsa,
Güns, Budapest.
5. — Nachm.: (Persz.) Steinaraanger.
7.40 Abds.: (Persz.) Kanizsa, Budapest, Pakiäcz-
Lipik; Essegg, Bosn.-Brod; — Agram, Sissek,
Banjaluka.
8.15 Abds. : (Schnellz.) Triest, Görz, Venedig, Rom;
— Pola, Rovigno; — Finme; Sissek, Ban-
jaluka, Budapest (via Pghf.), Franzensfeste,
Meran, Ala, Innsbruck (via Marburg).
8.45 Abds.: (Postz.) Triest, Görz, Venedig, Rom,
Mailand; Pola, Rovigno, Fiume; Agrara ; Buda-
pest (via Pghf.); Wolfsberg, Meran, Verona,
Innsbruck (via Marbg.); Radkersburg, Köflach,
Wies ; Leoben, Vordernberg; Aussee, Ischl,
Villach (via Leoben).
Ankunft In Wien:
6.40 Früh: (Postz.) Triest, Rom, Mailand, Venedig,
Görz ; JS gram, Budapest (via Pghf.) ; Verona,
Innsbruck (via Marburg); Radkersburg; Köf-
lach, Wies; Venedig; Villach (via Leoben).
8.58 Früh: (Persz.) Kanizsa, Bosn.-Brod, Essegg;
— Pakräcz-Lipik, Agram, Budapest (via Oeden-
burg).
9.40 Vorm. : (Persz.) Steinamanger, Güns..
9.50 Vorm.: (Schnellz.) Triest, Rom, Mailand,
Venedig, Görz; Pola, Rovigno; Fiume,
Sissek, Agrara; Budapest (via Pghf.); Ala,
Meran, Innsbruck, Franzensfeste (via Marburg),
Leoben, Neuberg.
1.52 Nachm.; (Persz.) Oedenburg (nur Montag und
Freitag); Aspang, Hainfeld.
3.40 Nachm. : (Persz.) Kanizsa, Budapest (via
Oedenburg).
4. — Nachm.: (Postz.) Triest, Görz, Venedig, Pola;
Fiume, Sissek, Agram, Radkersburg, Köflach,
Wies; Vordernberg, Leoben; Neuberg.
9.30 Abds.: (Persz.) Sarajevo, Essegg; Agram,
Budapest ; Kanizsa, Pakräcz-Lipik (via Oeden-
burg); Hainfeld.
10.15 Abds. : (Schnellz.) Triest, Görz, Pola, Rovigno ;
Fiume; Brod, Sissek (via Steinbrück); Villach,
Wolfsberg; Radkersburg; Köflach, Vordern-
berg, Venedig, Rom, Mailand (via Pontebba) ;
Verona , Meran, Innsbruck (via Villach, Leoben) ;
Ischl, Aussee, Neuberg.
OC3TERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FOR DEM ORIENT,'
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OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
öiltig bis auf Weiteres. ^ B^tplüll llEÖ „<l^eftCrrCirf|ifrtjmngarifrijEU 1ClDpb*'\ ^ms bi« auf weiterem.
EilUnie TRIEST-CATTARO.
Ab TRIEST jedenMiltwoch 11 Uhr Vorm., in
Cattaro Freitag S'/sUbrNm., berühr.: Pola, Lnssin-
piccolo, Zara, Spalato, Macarsca, Curzola, Gra-
vosa, Castelnuovo (oder Megline), Perasto, Risauo
und Perzagno.
Retour ab CATTARO Samstag 10 Uhr Vorm.,
in Triest Montag 11 Uhr Vorm.
DALMATINISCH-ALBAKESISCHE
LINIE BIS PREVESA.
a) Zwischen TRIEST und CORFU.
Ab TRIEST jeden Montag 11 Uhr Vorm.,
in Cortu P«onntag */»! Uhr Km., berührend :
Roviguo , Pola , Lussinpiccolo , Selve , Zara,
Zaravecchia, Morter, Sebenico, Trau, Spalato,
Mi Ina , Lesina , Curzola , Orebicli , GraTosa,
Ragusavecchia, Castelnuovo (oder Megline),
Cattaro, Budua, Spizza. Antivari. Dulcigno,
Medua, Durazzo, Valona und Santi-Quaranta.
Ab CORFU Donnerstag 6 Uhr Früh., in
Triest Mittwoch Val Uhr Nm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Hinfahrt.
bj Zwischen CORFU und PREVESA.
Ab CORFU jeden Montag 11 Uhr Nachts, in
Prevesa Dienstag ÖUhrVorm., berührend: Parga,
Sta. Maura.
Ab PREVESA Mittwoch 7 Uhr Früh, in
Corfu Mittwoch 6Vj Uhr Abds.
Während des Aufenthaltes in Prevesa unter-
nimmt der Dampfer eine Fahrt nach Salahora
und zurück; das Anlaufen dieser Station ist
jedoch facultativ.
DALMATINISCH- ALBAKESISCHE
LINIE BIS CORFU.
Ab TRIEST jeden Freitag 11 Uhr Vorm.. in
Corfu Donnerstag S'/a Uhr Abends, berührend:
Rovigno, Pola, Lussinpiccolo , Melada, Zara,
Sebenico, Rogosnizza, t^palato, Milnä, Civita-
veccbta. Lissa, Comisa, Vallegrande, Lagosta,
Terstenik, Meleda, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Perasto, Risano, Cattaro, Perzagno,
Budua, Medua, Durazzo, Valoua und Santi-
Quaranta. Auf derRückfahrt wiid auchDulcigno
und Antivari angelaufen.
Ab CORFU Samstag 6 Uhr Früh, n Trieat
nächsten Samstag IIV4 Ubr Vorm.
Anßchluss an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Rückfahrt.
Linie FIUME-TRIEST.
Ab FlUME Mittwoch 11 Uhr Vorm., Ank.
in Triest Donnerstag Va^ Uhr Mittags, be-
rührend : Malinsca, Rabac, Cherso, Pola, Roviguo
und Parenzo.
Ab TRIEST Samstag 11 Uhr Vorm., in
Fiume Sonntag 12 Ubr Mittags.
Waarenlinie FIUME - CATTARO A)
jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Uhr Nci. , berührend ;
Malinsca, Veglia, Lussiugrande, Selve, Zara,
Sebenico, Trau, Spalato, Porto Carober, Milnä,
Lesina, Ijissa, Curzola, Gravosa, Castelnuovo
(oder Megline), Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh, in
Fiume Donnerstag 4 Uhr Nm.
Auscbluss an die Linie Triest-Metcovich in
Spalato bei der Hin- und Rückfalirt.
Waarenlinie FIUME-CATTARO £)
jede zweite Woche vom 9. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Uhr Nm., berührend : Ma-
linsca, Lussinpiccolo , Selve , Zara , Sebenico,
Traii, Spalato, Porto-Carober, Mtlnii, Leaina,
Lifsa, Curzola, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Perasto. Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh , in
Flame Donnerstag 5 Uhr Nra.
Anschluss an die Linie Spalato-Metcoricb
in Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Eillinie FIUME-CATTARO.
Ab FIUME Sonntag 1'/» Uhr NachU. Ank. in
Cattaro Montag 4Vi Uhr Nrn., berührend: Zara
Spalato, Gravosa.
Ab CATTARO Donnerstag 5 Uhr Früh, in
Fiume Freitag (i Uhr Abends.
Anschluss an die Linie Triest-Metcovich
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie TRIEST-SPALATO-METCO-
VICH.
Ab TRIEST Donnerstag 11 Uhr Vorm-, in
Metcovich Samstag 12V3 Uhr Mittags, berührend:
Zara, Sebenico, Spalato, Macarsca, Gradaz und
Fort Opus.
Ab METCOVICH Dienstag lOV, Uhr Vorm.,
in Triest Donnerstag Ü'/a Uhr Vorm.
Anschluss an die Waarenlinie Fiume-Cattaro
A) in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie SPALATO-METCOVICH.
Ab SPALATO Montag 4Va Uhr Früh, in Met-
covich Montag 5 Uhr Nrn.. berührend: S. Piotro,
Almissa, Macarsca, Gradaz, Trapano and Fort
Opus.
Ab METCOVICH Donnerstag 10 Uhr Vorm.,
in Spalato Donnerstag ü'i^ Uhr Abends.
Anschluss an die Eillinie Fiume-Cattaro B)
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Periodische Fahrten zwischen TRIEST
und VENEDIG.
Ab TRIEST und VENEDIG jeden Dienstag,
Donnerstag und Samstag um 12 Uhr Nachti im
Winter, und um 11 Uhr im Sommer.
Ank. in VENEDIG und in TRIEST jeden
Mittwoch, Freitag und Sonntag T Uhr Früh im
Winter, und um 6 Uhr Früh im Sommer.
LE^S7".A.lSrTE-r>IE3SrST-
Eillinie TRIEST-CONSTANTINOPEL.
Ab von TRIEST jeden Samstag 11 UhrVorm,
mit Berührung von Brindi.si, Cprfu, Patras,
Piräus, Ank. nächsten Freitag t» Uhr Vorm.;
Rückfahrt von Constantinopel jeden Alontag
.5 Uhr Nm. Ank. in Triest Sonntag 5Vj Uhr
Abends.
Ausserdem wird auf der Hinfahrt Dar-
danellen berührt.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die Zwciglinic Piräus-Smyrna
auf der Hin- und Rückfahrt und an die thessali-
sche Linie auf der Hin- und Rückfahrt,
Anschluss an die dalmatinisch-albanesische
Linie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
GRIECHISCH-ORIENTALISCHE
LINIE.
Ab von TRIEST jeden Donnerstag 6 Uhr
Nm., Ank. in Smyrna den zweitnäch»ten Sonntag
5 Uhr Früh, berührend: Fiume, Corfu, Argos-
toli (Cephalonien), Zante, Cerigo, Canea (Suda),
Rethymo, Candia, Samos (Vathy), Tschesme
und Chios *, Rückfahrt von Smyrna jeden
Samstag 4 Uhr Nrn., Ank, in Triest zweit-
näcbsten Montag 11 Uhr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constanti-
nopel -n Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die syrische Linie in Smyrna,
auf der Hin- und Rückfahrt (jede zweite Woche).
Eillinie TRIEST-ALEXANDRIEN.
Jeden Freitag 12 Uhr Mittags über Brindisi,
Ank. nächsten Mittwochs Uhr Früh; Rückfahrt
von Alexandrien Dienstag 9 Uhr Früh, Ank, in
Triest Samstag 7 Uhr Abends.
Anschluss an die syrische Linie in Ale-
xandrien auf der Hin- und Rückfahrt.
THESSALLSCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 7. Jänner.
Ab TRIEST Dienstag C Uhr Nrn., Ank. in
Constantinopel den dritten Donnerstag C'/, Uhr
Früh mit Berührung von Fiume, Corfu, Santa
Maura, Patras, Catacolo, Calam^ta, Piräus,
Syra'), Volo, Salonich, Cavalla, Lagos, Dedea-
gatsch, Dardanellen, Gallipoli, Constantinopel;
Rückfahrt von Constantinopel vom 8. Jänuer
an jede zweite Woche Mittwoch 2 Uhr Nrn.,
Ank. in Triest den dritten Donnerstag 11 Uhr
Vorm.
Linie FIUME- ALEXANDRIEN-
BEIRUT.
Jede vierte Woche vom 16. Jänner.
Donnerstag 1 Uhr Nm. mit Berührung von
Lissa und Corfu, Ank. in Alexandrien nächsten
Dienstag S Uhr Nachm.; nach Beirut Samstag
vom 2.5. Jänner angefangen Mittags mit Berüh-
rung von Port Said und JaflFa; Ank. in Beirut
folgenden Dienstag 7 Uhr Früh.
Rückfahrt von Beirut Dienstag vom 28,
Jänner angefangen 7^/3 Ubr Abends, Ank. iu
Alexandrien nach Berührung von Caiffa, Jaffa
und Port Said Samstag 10 Uhr Vorm.; Abfahrt
von Alexandrien nach Fiume Sonntag vom
5. Jänner angefangen 11 Uhr Vorm. Ank. in
Fiume Freitag 11 Uhr Vorm.
SYRISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab CONSTANTINOPEL Donnerstag 4 Uhr
Nrn., Ank. in Alexandrien den zweiten Sonntag
11 Uhr Vorm. mit Berührung von Gallipoli
Dardanellen, Tenedos, Mytilene, Smyrna, Chios,
') Der Hafen von Syra wird auch auf der
Rückfahrt nach Piräus angelaufen.
Rhodos , Limassol , Larnaca, Beirat, Caiffa,
Jaffa, Port-Said, Alexandrien ; Rückfahrt von
Alexandrien jeden zweiten Samstag vom 4.
.iänner angefangen Mittags ; Ank. in Con-
stantinopel den zweiten Dienstag 7^» Ubr Früh.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Smyrna aut der Hin- und Rückfahrt,
Linie CONSTANTINOPEL-BR AILA.
Samstag 2 Uhr Nrn., Ank. in Braila Mitt-
woch it Ubr Vorm. mit Berührung von Varna,
KÜ8tendje,Sulinaiind Galatz; RückfahrtDonners-
tag 8 Uhr Früh, Ank. in Constantinopel Mon-
tag 8 Uhr rrüh.
Ansihluss in Varna an den Orientexpress-
zug von und nach Paris, Wien, Budapest,
Bukarest, in Constantinopel an den Eildampfer*
Triest-Constantinopel in beiden Richtungen.
Diese Fahrten sind während des Winters
eingestellt und beschränken sich auf die Unter-
haltung einer wöchentlichen Verbindung
zwischen Constantinopel, Varna und Küstendje.
Linie CONSTANTINOPEL - BATUM.
Jede zweite Woche vom 4. Jänner.
Abfahrt Samstag 3 Ubr Nrn., Ank. inBatum-
Mittwoch Ö'/a Uhr Früh mit Berührung von
Ineboli, Samsun, Kerasunt, Trapezunt; Rück-
fahrt vom 9. Jänner ab jede zweite Woche
Donnerstag ü Uhr Abends, Ank. in Constanti*
nopel Mittwoch iVa Uhr Nm.
Eillinie PIRÄUS-SMYRNA.
Ab PIRÄUS Mittwoch 4 Ubr Nm. Ank. in
Smyrna Donnerstag 2 Uhr Nm. mit Berührung
von Chios; Rückfahrt Dienstag 11 Ubr Vorm.,
Ank. in Piräus Mittwoch 9 Uhr Vorm.
Anschluss in Piräus an die Eillinie Triest-
Constantinopel bei der Hin- und Rückfahrt.
insriDO-OHLIISrESISCHEiR IDIElSrST.
Eillinie TRIEöT— BOMBAY. Ab Triest
am 3. eines jeden Monates, 4 Uhr Kachm.,
berührend: Brindisi, Port Said, Suez, Aden.
Anschluss in Bombay abwechselnd an die
Linie Triest — Rothes Meer — Hongkong und an
die Zweiglinie Bombay — Hongkong. Rückfahrt
von Bombay vom 1. Feber ab jeden 1. des Mo-
nates bis iucl. Jänner 1891.
Linie TrtlEST— KOTHES MEER— HONG-
KONG. Ab Triest am l,i. der geraden Monate*)
») Februar, April, Juni, August,* OctohAr,
Deceraber. *";
des Jahres, 4 Ubr Nachm., berührend : Port Said,
Suez, Djeddah, Suakim, Massauah, Hodeidah,
Aden, Bombay, Colombo , Penang, Singapore.
Rückfahrt von Hongkong am 18.|4., 17. ]6., 17.|8.,
18.|I0., 18.|12. 1890 und lfi.|2. 1891.
Anschluss in Bombay an die Eillinie Triest
— Bombay •, Anschluss in Colombo an den
Dampfer der Zweiglinie Calcutta— Colombo.
Zweiglinie BOMBAY — HONGKONG. Ab
Bombay am 21. der geraden Monate des Jahres,
berührend: Colombo, Penang, Singapore. Rück-
fahrt von Hongkong am 19. März, sodann am
18, der ungeraden Monate des Jahres bis incl.
"Jänner 1891.
Anschluss in Bombay an den Elldampfer
Triest — Bombay auf der Hin- und Rückfalrt;
Anschluss in Colombo an den Dampfer der
Zweigltnie Calcutta — Colombo auf der Hin- und
Rückfahrt.
Zwciglinie CALCUTTA— COLOMBO. Ab
Calcutta am 18. eines jeden Monates, berührend:
Madrau. Rückfahrt von Colombo vom Ö. Fe^er
ab jeden 5. des Monates bis incl, Jänner 18!)I.
Anschluss in Colombo abwechselnd eininat
an den Dampfer der directen Linie Triest^
Rothes Meer — Hongkong und einmal an den
Dampfer der Zweiglinie Bombay — Hongkong
auf der Hin-und Rückfahrt.
BI^.A.SIim^!INriSOI3:E LIlSriE TI?,IDBST-S./^2SrXOS.
Ab Triest am 1. jeden Monates von August bis Deceniber 1890, berührend: Malaga, Gibraltar» Insel St. Viuceut, Pernambuco, Bahia,
Rio de Janeiro-, Rückfahrt von Santos 4. April, dann am 18. jeden Monates vom September 1890 bis Jänner 1891.')
') Bei eventueller Auslassung der Berührungen eines oder der beiden Häfen von Bahia und Pernambuco auf der Rückfahrt verfrühen
sich dip. Anltiinfto in <^l«i. f^lrtonrlon T7!/>lw.Ilan .ir« Ai^ ..„ »i.,.„„„V.„„ J„ "7-,!.
OESTERR EICHISCHE
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SECHZEHNTER JAHRGANG. WIEN, IM MAI 1890. '*'" $• BBILAOB.
Die „Oesterreichisclie Monatsschrift für den Orient"
erscheint im Verlage des k. k. österr. Handels -Museums in Wien (I., Börse-
gasse 3).
Das Blatt, herausgegeben unter der Älitwirkung hervorragender Fachschriftsteller
und Reisender, bringt Artikel und Äliscellen handelspolitischen, kunstgewerblichen,
ethnographischen und geographischen Inhaltes, Reisebeschreibungen, Literaturberichte etc.
Abonnements-Anmeldungen werden dortselbst entgegengenommen, wie denn auch
das genannte Blatt wie bisher durch alle Buchhandlungen bezogen werden kann.
Das Jahies-Abonnement beträgt ohne Postversendung fl. 5. — ü. W. ■= lo Mark.
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OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
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Abfahrt von Wien:
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7.—
7.30
1.20
1.35
4.30
5.05
7.40
8.15
Früh : (Personenzug) Payerbach ; Kanizsa , Budapest ;
Pakräcz-Lipik-, Essegg, Sarajevo; Agram ; Aspaug.
Früh : (Schnellzug) Leoben, Vordernberg, Aussee, Ischl;
Venedig, Rom, Mailand {via l'onlebba); Bozen, Meran,
Verona (via Leoben) ; Neuberg ; Kanizsa, Budapest, PakrÄcz-
Lipik; Agram, Essegg, Sarajevo; Aspang.
Früh: (Schnellzug) Triest, iiörz, Fiume, Agram, Sissek
(via Steinbrück); Brod; Klagenfurt, ViUach, "Wolfsberg;
Uadkersburg, Köflacb.
Nachmittags: (Postzug) Triest, ü-örz, Venedig; Fiume;
Sissek, Brod, Banjaluka; Leoben, Vordernberg; Neuberg.
Nachmittags : (Personenzug) Oedenburg, Kanizsa, Güqs,
Budapest.
Nachmittags: (Personenzug) Graz, Neuberg.
Nachmittags : (Personenzug) Steinamanger.
Abends: (Personenzug) Kanizsa, Budapest, Pakräcz-Lipik;
Essegg, Bosnisch-Brood; Agram, Sissek, Banjahika; Haiu-
feld, Gutenstein.
Abend.s: (Schnellzug) Triest, Görz, Venedig, Rom; Pola,
Roviguo ; Fiume ; Sissek, Banjaluka, Budapest (via
Pragerhof), Klagenfurt, Franzeusfeste, Meran, Ala, Inns-
bruck (via Marburg).
Abends: (Postzug) Triest, Görz, Venedig, Rom, Mailand;
Pola, Kovigno. Fiume, Agram ; Budapest (via Pragerhof) ;
Klagenfurt, Wolfsberg, Meran, Verona, Innsbruck (via
Marburg); Radkeraburg, KÖflach, Wies; Leobeo, Vordern-
berg; Aussee, Ischi, Villaeh (via Leoben).
Ankunft in Wien:
6.40 Früh: (Postzug) Triest. Rom. Mailand, Venedig, Görz;
Agram, Budape-^^t (via Pragerhof); Verona, Innsbruck,
Klagenfurt (via Marburg); Uadkersburg, Köflach, Wies;
Venedig; ViUach (via Leobeu).
8.58 Früh: (Personenzug) Kanizsa, Bosnisch-Brood, Essegg;
Pakräcz-Lipik, Agram, Budapest (via Oedenburg).
9.40 Vormittags: (Personenzug) Steinamanger, Güns.
9.50 Vormittags; (Schnellzug) Triest, Rom, Mailand, Venedig,
Görz; Pola, Rovigno; Fiume, Sissek, Agram; Budapest
(via Pragerhof), Ala. Meran, Innsbruck, Klagenfurt (via
Marburg), Leoben, Neuberg.
1.05 Nachmittags: (Personenzug) Graz.
1.52 Nachmittags: (Personenzug) Oedenburg (nur Montag und
Freitag); Aspang; Hainfcld, Gutensti-ia.
3.40 Nachmittags : (Personenzug) Kanizsa, Budapest (via
Oedenburg).
4._ Nachmittags : (Postzug) Triest, Görz, Venedig, Pola ; Fiume,
Sissek, Agram; Radkersburg, KÖflach, Wies: Vordernberg,
Leoben, Neuberg.
8.44 Abends: (Personenzug) Sarajevo, Essegg; Agram, Budapest,
Kanizsa, Pakräcz-Lipik (via Oedenburg), Hainfeld,
Gutenstein.
it.30 Abends: Schnellzug) Triest, Görz, Pol», Rovigno; Fiume;
Brod, Sissek (via Steinbrück); ViUach, Klagenfurt, Wolfs-
berg; Radkersburg, KÖflach, Vordernberg.
10.15 Abends: (Schnellzug) Venedig, Rom, Mailand (via Pon-
tebba), Verona, Meran, Innsbruck (via Villaeh— Leoben) ;
Ischl, Aussee ; Neuberg.
Sohlafipagreu verkehren mit den SchneUzügen (Wien ab 8.15 Abends, Wien an 9.50 Vormittags) zwischen Wien -Venedig'
via Cormons und Wien-Merau via Marburg.
Dlrecte Wag'en I., ZI, Olasse verkehren mit den obigen Schnellzügen zwischen TtTien-Finme (Abbazia), ferner mit den
SchneUzügen (Wien ab 7. — Früh und Wien an 10.15 Abends) zwischen Wlen-VenedigT via Leoben.
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Ab TRIEST jeden Mittwoch 11 Uhr Vorm., in
Cattaro Freitag 3'/jUhrNm., berühr.: Pola, Lussin-
piccolo, Zara, Spalato, Macarsca, Curzola, Gra-
vosa, Castelnuovo (oder Megline), Perasto, Risano
und Peizagno.
Retour ab CATTARO Samstag 10 Uhr Vorm.,
In Triest Montag 11 Uhr Vorm.
DALMATINISCH-ALBAKESISCHE
LINIE BIS PREVESA.
a) Zwischen TRIEST und CORFU.
Ab TRIEST jeden Montag 11 Uhr Vorm.,
in Corfu Sonntag V»l Uhr Nrn., berührend :
Rovigno , Pola , Lussinpiccolo , Selve , Zara,
Zaravecchia, Morter, Sebenico, Trau, Spalato,
Mi Ina , Leeina , Curzola , Orebich , Grarosa,
Rsgu-^aveccbia, Castelnuovo (oder Megline),
Cattaro, Budua, Spizza, Antivari, Dutcigno,
Medua, Durazzo, Valona und Santi-Qnaranta.
Ab CORFU Donnerstag 6 Uhr Früh., in
TriePt Mittwoch »/jl Uhr Nm.
Anschluss an die Eillinie Trlest-Constan-
tinopel in Corfn bei der Hinfahrt.
l/J Zwischen CORFU und PREVESA.
Ab CORFU jeden Montag 11 Uhr Nachts, in
Prevesa DienstagOUhrVorm., berührend : Parga,
Sta. Maura.
Ab PREVESA Mittwoch 7 Uhr Früh, in
Corfu Mittwoch 6Va Uhr Abds.
Während des Aufenthaltes in Prevesa unter-
nimmt der Dampfer eine Fahrt nach Salahora
und zurück; das Anlaufen dieser Station ist
jedoch facultativ.
DALMATINISCH-ALBANESISCHE
LINIE BIS CORFU.
Ab TRIEST jeden Freitag 11 Uhr Vorm.. in
Corfu Donnerstag S'/^ Uhr Abends, berührend:
Rovigno, Pola, Lussinpiccolo, Melada, Zara,
Sebenico, Rogosnizza, Spalato, Milni, Civita-
veechia. Lissa, Comi^a, Vatlegrande, Lagosta,
Terstenik, Meleda, Gravosa. Castelnuovo (oder
Megline), Perasto, Risano, Cattaro, Perzagno,
Biidna, Medua, Durazzo, Valoua und Santi-
Quaranta. Auf derRtickfabrt wird auchDulcigno
und Aniivari angelaufen.
Ab CORFU Samstag 6 Uhr Früh, n Triest
nächsten Samstag ll'/4 Uhr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Rückfahrt.
Linie FIUME-TRIEST.
Ab FIUME Mittwoch 11 Uhr Vorm., Ank.
in Triest Donnerstag */al Uhr Mittags, be-
rührend : Malinsca, Rabac, Cherso, Pola, Rovigno
und Parenzo.
Ab TRIEST Samstag 11 Uhr Vorm., in
Fiume Sonntag 12 Uhr Mittags,
Waarenlinie FIUME - CATTARO A)
jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh. Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Uhr Nrn., berührend:
Malinsca, Veglia, Lussingrande, Selve, Zara,
Sebenico, Trau, Spalato, Porto Carober, Milni,
Lesina, Lissa, Curzola, Gravosa, Castelnuovo
(oder Megline), Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Monteg 7 Uhr Früh, in
Fiume Donnerstag 4 Uhr Nm.
Anschliies an die Linie Triest-Metcovich in
Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Waarenlinie FIUME-CATTARO B)
jede zweite Woche vom 9. Jänner,
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Uhr Nm., berührend: Ma-
linsca, Lussinpiccolo, Selve. Zara, Sebenico,
Trau, Spalato, Porto-Carober, Milnä, Lesina,
Lissa. Curzola, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Perasto. Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh , in
Fiunie Donnerstag 5 Uhr Nrn.
Anschluss an die Linie Spalato-Metcovich
in Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Eillinie FIUME-CATTARO.
Ab FIUME Sonntag l'/» Uhr Nachts. Ank. in
Cattaro Montag i'/a Uhr Nrn., berührend: Zara
Spalato, Gravosa.
Ab CATTARO Donnerstag 5 Uhr Früh, in
Fiume Freitag 6 Uhr Abends.
Anschluss an die Linie Trieät-Metcovich
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie TRIEST-SPALATO-METCO-
VICH.
Ab TRIEST Donnerstag 11 Uhr Vorm., in
Metcovich Samstag U'/j Uhr Mittags, berührend:
Zara, Sebenico, Spalato, Macarsca, Gradaz und
Fort Opus.
Ab METCOVICH Dienstag 10'/, Uhr Vorm.,
in Triest Donnerstag 9Va Uhr Vorm.
Anschluss an die Waarenlinie Fiume-Cattaro
Ä) in Spalato auf der Hiu- und Ruckfahrt.
Linie .SPALATO-METCOVICH.
Ab SPALATO Montag 4';a Uhr Früh, in Met-
covich Montag 5 Uhr Nrn., berührend: S. Pietro,
Almissa, Macarsca, Gradaz, Trapano und Fort
Opus.
Ab METCOVICH Donnerstag 10 Uhr Vorm.,
in Spalato Donnerstag 9'/, Uhr Abends.
Anschluss an die Eillinie Fiume-Cattaro B)
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Periodische Fahrten zwischen TRIEST
und VENEDIG.
Ab TRIEST und VENEDIG jeden Dienstag,
Donnerstag und Samstag um 12 Uhr Nachts im
Winter, und nm 11 Uhr im Sommer.
Ank. in VENEDIG und in TRIEST jeden
Mittwoch, Freitag und Sonntag T Uhr Früh im
Winter, und um G Uhr Früh im Sommer.
LE^V.A.ISrTE-r>IElSrST.
Eillinie TRIEST-CONSTANTINOPEL.
Ab von TRIEST jeden Samstag 11 UhrVorm.
mit Berührung von Brindisi, Corfu, Patras,
Piräus, Ank. nächsten Freitag 9 Uhr Vorm. ;
Rückfahrt von Constantinopel jeden Montag
5 Uhr Nm. Ank. in Triest Sonntag SV^ Uhr
Abends.
Ausserdem wird auf der Hinfahrt Dar-
danellen berührt.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die Zweiglinie Piräus-Smyrna
auf der Hin- und Rückfahrt und an die thessali-
sche Linie auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die dalmatinisch-albanesische
Linie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt,
GRIECHISCH-ORIENTALISCHE
LINIE.
Ab von TRIEST jeden Donnerstag 6 Uhr
Nm,, Ank. in Smyrna den zweitnäch»ten Sonntag
6 Uhr Früh, berührend: Fiume, Corfu, Argos-
toli (Cephalonien), Zante, Cerigo, Canea (Suda),
Relhymo, Candia, Samos (Vathy), Tschesme
und Chios-, Rückfahrt von Smyrna jeden
Samstag 4 Uhr Nrn., Ank. in Triest zweit-
nächsteu Montag 11 Uhr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constanti-
nopel in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die syrische Linie in Smyrna,
auf der Hin- und Rückfahrt (jede zweite Woche).
Eillinie TRIEST-ALEXANDRIEN.
Jeden Freitag 12 Uhr Mittags über Brindisi,
Ank. nächsten MitiwochS Uhr Früh; Rückfahrt
von Alexandrien Dienstag 9 Uhr Früh, Ank. in
Triest Samstag 7 Uhr Abends.
Anschluss an die syrische Linie in Ale-
xandrien auf der Hin- und Rückfahrt.
THESSALISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 7. Jänner.
Ab TRIEST Dienstag 6 Uhr Nm., Ank. in
Constantinopel den dritten Donnerstag 6'/, Uhr
Früh mit Berührung von Fiume, Corfu, Santa
Maura, Patras, Catacolo, Calamata, Piräus,
Syra'), Volo, Salonich, Cavalla, Lagos, Dedea-
gatsch, Dardanellen, Gallipoli, Constantinopel;
Rückfahrt von Constantinopel vom 8. Jänner
an jede zweite Woche Mittwoch 2 Uhr Nrn.,
Ank. in Triest den dritten Donnerstag 11 Uhr
Vorm.
Linie FIUME-ALEXANDRIEN-
BEIRUT.
Jede vierte Woche vom 16. Jänner.
Donnerstag 1 Uhr Nm. mit Berührung von
Lissa und Corfu. Ank. In Alexandrien nächsten
Dienstag 3 Uhr Nachm. ; nach Beirut Samstag
vom 2.Ö. Jänner augefangen Mittags mit Berüh-
rung von Port Said und Jaffa; Ank. in Be'rut
folgenden Dienstag 7 Uhr Frfih.
Rückfahrt von Beirut Dienstag vom 28.
Jänner angefangen T',, Uhr Abends, Ank. in
Alexandrien nach Berührung von Caiffa, Jaffa
und Port Said Samstag 10 Uhr Vorm.; Abfahrt
von Alexandrien nach Fiume Sonntag vom
5. Jänner angefangen 11 Uhr Vorm. Ank. in
Fiume Freilag 11 Uhr Vorm.
SYRISCHE LINIE.
Jede zweite Woch« vom 2. Jänner.
Ab CONSTANTINOPEL Donnerstag 4 Uhr
Nrn.. Ank. in Alexandrien den zweiten Sonntag
11 Uhr Vorm. mit Berührung von Gailipoli
Dardanellen, TenedoB, Mytilene, Smyrna, Chios,
') Der Hafen von Syra wird auch auf der
Rückfahrt nach Piräus angelaufen.
Rhodus , Limasso] , Larnaca, Beirut, Caiffa,
Jaffa, Port-Said, Alexandrien ; Rückfahrt von
Alexandrien jeden zweiten Samstag vom 4.
Jänner angefangen Mittags; Ank. in Con-
stantinopel den zweiten Dienstag 7*/« Uhr Früh.
Anschluss an die griechiseh-orienlalisclie
Linie in Smyrna aut der Hin- und Rückfahrt.
Linie CONSTANTINOPEL-BK AILA.
Samstag 2 Uhr Nm., Ank. in Braila Mitt-
woch 9 Uhr Vorm. mit Berührung von Varna,
Küstendje,Sulina und Galatz; RQckfahrtDonners-
tag 8 Uhr Früh. Ank. in Constantinopel Mon-
tag 8 Uhr Ir-rüh'.
Anschluss in Varna an den Orientexpress-
zug von und nach Parts, Wien, Budapest,
Bukarest, in v^'onstantinopel an den Eitdampftrr
Triest-Coustaniinopel in beiden Riehtungen.
Diese Fahrten sind während des Winters
eingestellt und beschräiiken sich auf die Unter-
haltung einer wöchentlichen Verbindung
zwischen Constantinopel, Varna und Küstendje.
Linie CONSTANTINOPEL - BATUM.
Jede zweite Woche vom 4. Jänner.
Abfahrt Sarnstag 3UhrNm., Ank.inBatum
Mittwoch G'/a Uhr Früh mit Berührung von
Inebolt, Samsun, Kerasunt, Trapezunt; Rück-
fahrt vom 9. Jänner ab jede zweite Woche
Donnerstag 6 Uhr Abends, Ank. in Constanti-
nopel Mittwoch iVa Uhr Nm.
Eillinie PIRÄUS-SMYRNA.
Ab PIRÄUS Mittwoch 4 Uhr Nm. Ank. in
Smyrna Donnerstag 2 Uhr Nm. mit Bfcrührung
von Chios; Rückfahrt Dienstag 11 Uhr Vorm.,
Ank. in Piräus Mittwoch 9 Uhr Vorm.
Anschluss in Piräus an die Eillinie Triest-
Constantinopel bei der Hin- und Rückfahrt.
insrüo-OiHiiisrEsisci^iEi^ idiehstst-.
Eiliime TRIEST— BOMBAY. Ab Triest
am 3. eines jeden Monates, 4 Uhr Nachm.,
berührend: Brindisi, Port Said, Suez, Aden.
Anschtu.-is in Bombay abwechselnd an die
Linie Triest — Rothes Meer — Hongkong und an
die Zweiglinie Bombay — Hongkong. RÜL-kfahrt
von Bombay vom l.Feber ab jeden 1. des Mo-
nates bis iucl. Jänner 1891,
Linie TtilEST— ROTHES MEER— HONG-
KONG. Ab Triest am 15. der geraden Monate i)
') Februar, April, Juni, August, October,
December.
des Jahres, 4 Uhr Nachm., berührend : Port Said,
Suez, Djeddah, Suakim, Massauah, Hodeidah,
Aden, Bombay, Colombo, Penang. Singapore.
Rückfahrt von Hongkong am 18.(4., 17.|6., 17.|8.,
18.110., 18.|12. 1890 und IG |2. 1891.
Anschlusi in Bombay an die Eillinie Triest
— Bombay ; Anschluss in Colombo an den
Dampfer der Zweiglinie Calcutla— Colombo.
ZweiglinJe BOMBAY — HONGKONG. Ab
Bombay am 21. der geraden Monate des Jahres,
berührend: Colombo, Penang, Singapore. Rück-
fahrt von Hongkong am 19. März, sodann am
18. der ungeraden Monate des Jahres bis incl,
Jänner 1891.
Anschluss in Bombay an den Eildampfer
Triest — Bombay auf der Hin- und Rückfahrt;
Amicnluss m Colombo an den Dampfer der
Zweiglinie Calcutla — Colombo auf der Hin- und
Rückfahrt.
Zweiglinie CALCÜTTA— COLOMBO. Ab
Caicutta am 18. eines jeden Monates, berührend:
Madras. Rückfahrt von Colombo vom 5. Feber
ab Jeden 5. des Monates bis incl. Jänner 1891.
Anschluss in Colombo abwechselnd einmal
an den Dampfer der directen Linie Triest —
Rothes Meer — Hongkong und einmal an den
Dampfer der Zweiglinie Bombay — Hongkong
auf der Hin-und Rückfahrt.
Ab Triest am 1. jeden Monates von August bis December 1890, berührend: Malaga, Gibraltar, Insel St. Vinceut, Pernambuco, Babia,
Rio de Janeiro; Rückfahrt von Santos 4. April, dann am 18. jeden Monates vom September 1890 bis Jänner 1891. >)
') Bei eventueller Auslassung der Berührungen eines oder der beiden Häfen von Bahia und Pernambuco auf der Rückfahrt verfrühen
sich die AnkUnfie in den folgenden Echellen um die entsprechende Zeit.
Ohne Haftung für etwaige Aenderungen in den Zwischenhäfen und ohne Verbindlichkeit für die Rege)m&ssigkeit des Dienstes wabreaa
der Gontumazmassregein.
Verantwortlicher Redacteur: A. v. Scala.
Druck von Gh. Reisser & M. Werthner in Wien.
p
OESTERREICHISCHE
SECHZEHNTER JAHRGANG. WIEN, IM JUNI 1890. \j^/t^^i'^ N"* ^ BEILAO«.
Die „Oesterreichische Monatsschrift für aen Orient"
erscheint im Verlage des k. k. österr. Handels -Museums in Wien (I., Börse-
i^ gasse 3).
^K Das Blatt, herausgegeben unter der Mitwirkung hervorragender Fachschriftsteller
und Reisender, bringt Artikel und Miscellen handelspolitischen, kunstgewerblfchen,
ethnographischen und geographischen Inhaltes, Reisebeschreibungen, Literaturberichte etc.
Abonnements-Anmeldungen werden dortselbst entgegengenommen, wie denn auch
Idas genannte Blatt wie bisher durch alle Buchhandlungen bezogen werden kann.
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Auszug aus dem Fahrplane der Personenzüge.
Giltig vom 1. Jaul 1890.
Abfahrt von Wien:
6. — Früh: (Personenzug) Payerbach ; Kanizsa , Budapest •,
Pakräcz-Lipik; Essegg, Sarajevo; Agram; Äspang.
7. — Früh: (Schnellzug) Leoben, Vordernberg, Aussee, Iscbl;
Venedig, Rom, Mailand (via Pontebba); Bozen, Meran,
Verona (via Leoben) ; Neuberg ; Kanizsa, Budapest, Pakräcz-
Lipik; Agram, Essegg, Sarajevo; Aspang.
7.30» Früh: (Schnellzug) Triest, GÖrz, Fiume, Agram, Sissek
(via Steinbrück); Brod; Klagenfurt, Villach, Wolfsberg ;
Radkersburg, KÖflach.
1.20 Nachmittags: (Postzug) Triest, GÖrz, Venedig; Fiume;
Sissek, Brod, Banjaluka; Leoben, Vordernberg; Neuberg.
1.35 Nachmittags: (Personenzug) Oedenburg, Kanizsa, Güns,
Budapest.
4.30 Nachmittags: (Personenzug) Graz, Neuberg.
5.0.5 Nachmittags; (Personenzug) Steinamanger.
7.40 Abends: (Personenzug) Kanizsa, Budapest, Pakräcz-Lipik;
Essegg, Bosnisch-Brood; Agram, Sissek, Banjaluka; Hain-
feld, Gutenstein.
8.15 Abends: (Schnellzug) Triest, Görz, Venedig, Rom; Pola,
Rovigno ; Fiume ; Si-ssek, Banjaluka, Budapest (via
Pragerhof), Klagenfurt, Franzensfeste, Meran, Ala, Inns-
bruck (via Marburg).
8.45 Abends: (Postzug) Triest, Görz, Venedig, Rom, Mailand;
Pola, Rovigno, Fiume, Agram ; Budapest (via Pragerhof) ;
Klagenfurt, Wolfsberg, Meran, Verona, Innsbruck (via
Marburg); Radkersburg, KÖflach, Wies; Leoben, Vordern-
berg; Aussee, Ischl, Villach (via Leoben).
Ankunft in Wien:
6.40 Früh: (Postzug) Triest. Rom, Mailand, Venedig, Görz;
Agram, Budapest (via Pragerhof); Verona, Innsbruck,
Klagenfurt (via Marburg] ; Radkersburg, KÖflach, Wies;
Venedig; Villach (via Leobeuj.
8.58 Früh: (Personenzutt) Kanizsa, Bosnisch-Brood, Essegg;
Pakräcz-Lipik, Agram, Budapest (via Oedenburg).
9.40 Vormittags: (Personenzug) Steinamanger, Güns.
9.50 Vormittags: (Schnellzug) Triest, Rom, Mailand, Venedig,
Görz; Pola, Rovigno; Fiume, Sissek, Agram; Budapest
(via Pragerhof), Ala, Meran, Innsbruck, Klagenfurt (via
Marburg), Leoben, Neuberg.
1.05 Nachmittags: (Personenzug) Graz.
1.52 Nachmittags: (Personenzug) Oedenburg (nur Montag und
Freitag) ; Aspang ; Hainfeld, Gutenstein.
3.40 Nachmittags: (Personenzug) Kanizsa, Budapest (via
Oedenburg).
4. — Nachmittags: (Postzug) Triest, Görz, Venedig, Pola; Fiume,
Sissek, Agram ; Radkersburg, KÖflach, Wies; Vordernberg,
Leoben, Neuberg.
8.44 Abends: (Personenzug) Sarajevo, Essegg; Agram, Budapest,
Kanizsa, Pakräcz-Lipik (via Oedenburg), Hainfeld ,
Gutenstein.
9.30 Abends: Schnellzug) Triest, Görz, Pola, Rovigno; Fiume;
Brod, Sissek (via Steinbrück); Villach, Klagenfurt, Wolfs-
berg; Radkersburg, KÖflach, Vordernberg.
10.15 Abends: (Schnellzug) Venedig, Rom, Mailand (via Pon-
tebba), Verona, Meran, Innsbruck (via Villach— Leoben) ;
Ischl, Aussee; Neuberg.
Sohlafwagren verkehren mit den Schnellzügen (Wien ab 8.15 Abends, Wien an 9.50 Vormittags) zwischen Wien -Venedier
via Cormons und Wien-Meran via Marburg.
Dlreote Waffen I., II. Olasse verkehren mit den obigen Schnellzügen zwischen Wien-Flame ' Abbazia), ferner mit den
Schnellzügen (Wien ab 7.— Früh und Wien an 10.15 Abends) zwischen Wlen-Veoedigr ^'ia Leoben.
OZoTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT ID
Im VERLAGE des
K K. ÖSTERR HANDELS-MUSEUMS
erscheint die
Yolkswirth Schaft liehe Wochenschrift:
mit Beilage :
Comiiiirciiile Berite Jiir 1 1 1 isterr.-ii. Coisttlar-Ailer.
— >— K Abonnements - Bedingungen für ,,Das Handels - Museum" +— «—
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Export nach dem gesammten Orient, Indien, China etc.
Etablirt 1856.
HöcliHle AiiszelchnniiK: AiisHlelliiiiK (^irnz 1880: Klireii - Diplom.
Auszeichnungen: Graz 1H70, Triest 1S71, Silberne Medaille.
Melbourne 1880, Verdienst •Diplom. Triest 1882, Ooldene Medaille.
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OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
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jfafitplan öeö „o^ßftErrcittifrij'iingarifcÖEn IClopö'
Olltig bis unf Weiteres.
3?^^
' Ey3^(JR€EST-CATTAR0.
AbTjRIElST jeden Mittwoch 11 Uhr Vorm.
Cattaro FreltagSVsUhr Nrn., berühr.: Pola,Lu88in-
piccolOf Zara, Spalato, Macarsca, Curzola, Gra-
Tosa, Castelnuovo (oder Megline), Perasto, Ribhdo
und PeizagDo.
Retour ab CATTARO Samstag 10 Uhr Vorm.,
in Triest Montag 11 Uhr Vorm.
DALMATINISCH -ALBAKESISCHE
LIKIE BIS PREVESA.
a) Zwischen TRIEST und CORFU.
Ab TRIEST jeden Montag 11 Uhr Vorm.,
in Corfu (Sonntag */>! Ubr Nrn., berührend :
Rovigno , Pola , Lussinpiccolo , Selve , Zara,
Zaravecchia, Morter, Sebenico, Trau, Spalato,
Mi Ina , Lewina , Curzola , Orebich , Grarosa,
Ragu-avecchia, Castelnuovo (uder Megline),
Cattaro, Budna, Spizza, Antivari, Dulcigno,
Medua, Burazzo, Valona und Santi-Quaranta.
Ab CORFU Donnerstag 6 Uhr Früh., in
Triest Mittwoch V3I Uhr Nm.
Anscbluss an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Hinfahrt.
bj Zwischen CORFU und PREVESA.
Ab CORFU jeden Montag 11 Uhr Nachts, in
Prevesa DienstagSUhrVorm., berührend : Farga,
Sta. Maura.
Ab PREVESA Mittwoch 7 Uhr Früh, in
Corfu Mittwoch 6V2 Uhr Abds,
Während des Aufenthaltes in Prevesa unter-
nimmt der Dampfer eine Fahrt nach Salahora
und zurück ; das Anlaufen dieser Station ist
jedoch facultativ.
DALMATIKISCH-ALBANESISCHE
LIME BIS CORFU.
Ab TRIEST jeden Freitag 11 Uhr Vorm., in
Corfu Donnerstag 8'/a Uhr Abends, berührend;
Rovigno, Pola, Lussinpiccolo , Melada, Zara,
Sebenico, Rogosnizza, ^palato, Milnä, Civita-
J^üK.IJ^TISOüEIi IDIElSrST.
veccbia, Lissa, Comisa, Valtegrande, Lagoata,
Terstenik, MeJeda, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Perasto, Risano, Cattaro, Perzagno,
findua, Medua, Dnrazzo, Valona und Santi-
Quaranta. Auf derRückfabrt wird aucbDuIcigno
und Antivari angelaufen.
Ab CORFU Samstag 6 Uhr Früh, n Triest
nächsten Samstag 11'/« Uhr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Rückfahrt.
Linie FIUME-TRIEST.
Ab FIUME Mittwoch 11 Uhr Vorm., Ank.
in Triest Donnerstag Vjl Uhr Mittags, be-
rührend : Malinsca, Rabac, Cherso, Pola, Rovigno
und Parenzo.
Ab TRIEST Samstag 11 Uhr Vorm., in
Fiume Sonntag 12 Uhr Mittags.
Waarenlinie FIUME - CATTARO A)
jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Uhr Nm. , berührend:
Malinsca, Veglia, Lussingrande, Selve, Zara,
Sebenico, Trau, Spalato, Porto Carober, Miln&,
Lesina. Lis^a, Curzola, Gravosa, Castelnuovo
(oder Megline), Perasto. Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh, in
Fiume Donnerstag 4 Uhr Nm.
Anschluss an die Linie Triest-Metcovicb in
Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Waarenlinie FIUME-CATTARO £)
jede zweite Woche vom 9, Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Uhr Nm., berührend: Ma-
linsca, Lussinpiccolo, Selve, Zara, Sebenico,
Trau, Spalato, Porto-Carober, Milni, Lesina,
Lissa, Curzola, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh , in
Fiume Donnerstag 5 Uhr Nra.
Anschluss an die Linie Spatato-Metcovicb
in Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Eillinie FIUME-CATTARO.
Ab FIUME Sonntag 1»/, Uhr Nachts. Ank. in
Cattaro Montag 4>/a Uhr Nrn., berührend: Zara
Spalato, Gravosa.
Ab CATTARO Donnerstag 5 Uhr Früh, in
Fiume Freitag C Uhr Abends.
AnscblusH an die Linie Triest-Metcovich
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie TRIEST-SPALATO-METCO-
VICH.
Ab TRIEST Donnerstag 11 Uhr Vorm., in
Metcovich Samstag 12';2 Uhr Mittags, berührend:
Zara, Sebenico, Spalato, Macarsca, Gradaz und
Fort Opus.
Ab METCOVICH Dienstag lO»/, Uhr Vorm..
in Triest Donnerstag 9*/» Uhr Vorm.
Anschluss an die Waarenlinie Fiume-Cattaro
A) in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie SPALATO-METCOVICH.
Ab SPALATO Montag 4»/, Uhr Früh, in Met-
covich Montag öUbrNm., berührend: S. Pietro,
Almissa, Macarsca, Gradaz, Trapano und Fort
Opus.
Ab METCOVICH Donnerstag 10 Uhr Vorm.,
in Spalato Donnerstag 9«/, Uhr Abends.
Anschluss an die Eillinie Fiume-Cattaro B)
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Periodische Fahrten zwischen TRIEST
und VENEDIG.
Ab TRIEST und VENEDIG jeden Dienstag,
Donnerstag und Samstag um 12 Uhr Nachts im
Winter, und »im II Uhr im Sommer.
Ank. in VENEDIG und in TRIEST jeden
Mittwoch, Freitag und Sonntag 7 Uhr Früh im
Winter, und um 6 Uhr Früh im Sommer.
nLE^v.A.isrTE-r>iEisrsT.
Eillinie TR lEST-CONSTANTINOPEL.
Ab von TRIEST jeden Samstae 11 UhrVorm.
mit Berührung von Brindisi, Corfu, Patras,
Piräus. Ank. nächsten Freitag 9 Uhr Vorm. ;
Rückfahrt von Constantinopel jeden Montag
5 Uhr Nm. Ank. in Triest Sonntag ö'/a Uhr
Abends.
Ausserdem wird auf der Hinfahrt Dar-
danellen berührt.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die Zweiglinie Piräus-Smyrna
auf der Hin- und Rückfahrt ui'd an die ihessali-
fiche Linie auf der Hin- und Rü< kfahrt.
Anschluss an die dalmatinisch-albanesische
Linie in (orfn auf der Hin- und Rückfahrt.
GRIECHISCH-ORIENTALISCHE
LINIE.
Ab von TRIEST jeden Donnerstag 6 Uhr
Nrn., Ank. in Sniyrna den zweitnäch^ten Sonntag
5 Uhr Früh, berührend: Fiume, Corfu, Argos-
toli (Cephalonien , Zanle, Cerigo, (;anea (Suda),
Rethynio, Candia, ^amos (Vathy), Tschesme
und Chio.s-, Rückfahrt von Smyrna jeden
Samstag 4 Uhr Nm., Ank. in Triest zweit-
nächsteu Montag 11 Uhr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constanti-
nopel in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
Anspliluss an die syri^che Linie in Smyrna,
auf der Hin- und RiU-kfMhrt (jede zweite Woche).
Eillinie TKIEST-ALEXANDRIEN.
Jeden Freilag 12 Uhr Mittaps über Brindisi,
Ank. nächsten Mittwochs Uhr Früh; Rückfahrt
von Alexandrieu Dienstag 9 Uhr Früh, Ank. in
Triest Samstag 7 Uhr Abends,
Anschluss an die syrische Linie in Ale-
xandi'ien auf der Hin- und Rückfahrt.
THESSALISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 7. Jänner.
Ab TRIEST Dienstag 6 Uhr Nrn., Ank. in
Constantinopel den dritten Donnerstag G'/j Uhr
Früh mit Berührung von Fiume, Corfu, Santa
Maura, Pal ras, Catacolo, Calamata, Piräus,
Syra'), Volo, Salonich, Cavalla, Lagos, Dedea-
gatscb, Dardanellen, GalHpoIi, Constantinopel;
Rückfahrt von Constantinopel vom 8. Jänner
an jede zweite Woche Mittwoch 2 Uhr Nrn.,
Ank. in Triest den dritten Donnerstag 11 Uhr
Vorm.
Linie FIUME- ALEXANDRIEN-
BEIRUT.
Jede vierte Woche vom 16. Jänner.
Donnerstag 1 Uhr Nm. mit Berührung von
Lissa und Corfu, Ank. in Alexandrien nächsten
Dienstag 3 Uhr Nachm. ; nach Beirut Samstag
vom 2.^. Jänner angefangen Mittags mit Berüh-
rung von Port Said und Jaffa; Ank. in Beirut
folgenden Dienstag 7 Uhr Früh,
Rückfahrt von Beirut Dienstag vom 28,
Jänner angefangen 7^/a Uhr Abends, Ank. in
Alexandrien nach Berührung von Caiffa, Jaifa
und Port Said Samstag 10 Uhr Vorm. ; Abfahrt
von Alexandrien nach Fiume Sonntag vom
5. Jänner angefangen 11 Uhr Vorm. Ank. in
Fiume Freitag 11 Uhr Vorm.
SYRISCHE LINIE.
Jede zweite Woch« vom 2. Jänner,
Ab CONSTANTINOPEL Donnerstag 4 Uhr
Nm.. Ank. in Alexandrien den zweiten Sonntag
11 Uhr Vorm. mit Berührung von Gallipoli
Dardanellen, Teuedos, Mytilene, Sniyrna, Chios,
•) Der Hafen von Syra wird auch auf der
Rückfahrt nach Piräus angelaufen.
Rhodus , Limassül , Lamaca, Beirat, Caiffa
Jaffa, Port-Said, Alexandrien ; Rückfahrt von
Alexandrien jeden zweiten Samstag vom 4.
Jänner angefangen Mittags; Ank. in Con-
stantinopel den zweiten Dienstag 7Vj Uhr Früh.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Smyrna aut der Hin- und Rückfahrt.
Linie CONSTANTINOPEL-BRAILA.
Samstag 2 Uhr Nm., Ank. in Braila Mitt-
woch 9 Uhr Vorm. mit Berührung von Varna,
Küstendje,Sulina und Galatz; RückfahrtDonners-
tag 8 Uhr Früh, Ank. in Cons{autinopel Mon-
tag 8 Uhr Früh.
Anschluss in Varna an den Orientexpress-
zug von und nach Paris, Wien, Budapest,
Bukarest, in Constantinopel an den Eildampfer
Triest-Constantinopel in beiden Richtungen.
Diese Fahrten sind während des Winters
eingestellt und beschränken sich auf die Unter-
haltung einer wöchentlichen Verbindung
zwischen Constantinopel, Varna und Küstendje.
Linie CONSTANTINOPEL - BATUM.
Jede zweite Woche vom 4. Jänner.
Abfahrt Samstag 3 Uhr Nrn., Ank. in Batnm
Mittwoch 6Va Uhr Früh mit Berührung von
Ineboli, Samsun, Kerasunt, Trapezunt; Rück-
fahrt vom 9. .länner ab jede zweite Woche
Donnerstag 6 Uhr Abends. Ank. in Constanti-
nopel Mittwoch l'/a Uhr Nm.
Eillinie PIRÄUS-SMYRNA.
Ab PIRÄUS Mittwoch 4 Uhr Nm. Ank. in
Smyrna Donnerstag 2 Uhr Nm. mit Berührung
von Chios; Rückfahrt Dienstag 11 Uhr Vorm.,
Ank, in Piräus Mittwoch 9 Uhr Vorm.
Anschluss in Piräus an die Eillinie Triest-
Constantinopel bei der Hin- und Rückfahrt.
IISriDO-OHCIlSrESISCIEiEI^ IDIElSrSX-
Elllinie TRIEST— BOMBAY. Ab Triest
am 3. eines jeden Monates, 4 Uhr Nachm.,
berührend: Brindisi, Port Said, Suez, Aden.
Anschluss i' Bombay abwechselnd an die
Linie Triest — Rothes Meer — Hongkong und an
die Zweiglinie Bombay — Hongkong. Rü'-kfahrt
von Bombay vom 1. Feber ab jeden 1. des Mo-
nates bis incl. Jänner 1891.
Linie TKIEST-ROTHES MEER— HONG-
KONG. Ab Triest am 1"). der geraden Monate*)
*) Februar, April, Juni, August, October,
December.
des Jahres, 4 Uhr Nachm., berührend : Port Said,
Suez, Djeddah, Saakim, Massauah, Hodeidah,
Aden, Bombay. Colombo, Peuaug, Singapore.
Rückfahrt von H -ngkong am 18.|4., 17.]6., 17. |8.,
18.|10., 18.112. 1890 und IG |2. 1891.
Anschluss in Bombay an die Eillinie Triest
— Bombay ; Anschluss in Colombo an den
Dampfer der Zweiglinie Calcutta— Colombo.
Zweiglinie BOMBAY — HONGKONG. Ab
Bombay am 21. der geraden Monate des Jahres,
berührend: Colombo, Penang, Singapore. Rück-
fahrt von Hongkong am 19. März, sodann am
18, der ungeraden äionate des Jahres bis incl.
Jänner 1891.
AuächtuHs in Bombay an den Eildampfer
Triest — Bombay auf der Hin- und Rückfahrt;
Anschluss in Colombo an den Dampfer der
Zweiglinie Calcutta — Colombo auf der Hin- und
Rückfahrt.
Zweiglinie CALCIJTTA— COLOMBO. Ab
Calcutta am 18. eines jeden Monates, berührend:
Madras. Rückfahrt von Colombo vom 5. Feber
ab jeden 5. des Monates bis incl. Jänner 1891,
Anschluss in Colombo abwechselnd einmal
an den Dampfer der directen Linie Triest —
Rothes Meer — Hongkong und einmal an den
Dampfer der Zweiglinie Bombay— Hongkong
auf der Hin-und Rückfahrt.
BE,A.SI]liIA.]Sr3:SO:E3:E I^IJSTIE TIÜEST-SA-ZSTTOS-
Ab Triest am 1. jeden Monates von August bis December 1890, berührend; Malaga, Gibraltar, Insel St. Vincent, Pernambuco, Bahia,
Rio de Janeiro; Rückfahrt von Santos 4. April, dann am 18. jeden Monates vom September 1890 bis Jänner 1891.')
') Bei eventueller Auslassung der Berührungen eines oder der beiden Häfen von Babia und Pernambuco auf der Rückfahrt verfrühen
sich die Ankünfte in den folgenden ^chellen um die entsprechende Zeit.
Uhne Haftung für etwaige Aenderungen in den Zwiscbenhäfen und ohne Verbindlichkeit für die RegeJmasälgkeic des Dienstes wahrend
der ContumaKmassrei^eln.
Verantwortlicher Redacteur: A. v. Scala.
Druck von Gh. Reisser & M. Werthner in Wien.
OESTERREICHISCHE
SECHZEHNTER JAHRGANG. WIEN, IM JULI 1890. «"• ?. BEILAG».
Die „Oesterreichische Montitsschrift für den Orient"
erscheint im Verlage des k. k. österr. Handels -MuseumB in Wien (I., Börse-
gasse 3).
Das Blatt, herausgegeben unter der Mitwirkung hervorragender Fachschriftsteller
und Reisender, bringt Artikel und IMiscellen handelspolitischen, kunstgewerblichen,
ethnographischen und geographischen Inhaltes, Reisebeschreibungen, Literaturberichte etc.
Abonnements-Anmeldungen werden dortselbst entgegengenommen, wie denn auch
das genannte Blatt wie bisher durch alle Buchhandlungen bezogen werden kann.
Das Jahies-Abonnement beträgt ohne Postversendung fl. 5. — ö. W. = 10 Mark.
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7.30
1.20
1.35
4.30
5.05
7.40
8.15
Früh: (Personenzug) Payerbach ; Kanizsa , Budapest;
Pakräcz-Lipik; Essegg, .Sarajevo; Agram; Aspaug.
Früh: (Schnellzug) Leoben, Vordernberg, Aussee, Iscbl;
Venedig, Rom, Mailand (via Pontebba); Bozen, Meran,
Verona (via Leoben) ; Neuberg ; Kgi'nizsa, Budapest, PakrÄcz-
Lipik; Agram, Essegg, Sarajevo; Aspaug.
Früh: (Schnellzug) Triest, Uörz, Fiume, Agram, Sissek
(via Steinbrüok); Brod; Klagenfurt, Villach, Wolfsberg;
Radkersburg, Köflach.
Nachmittags : (Postzug^ Triest, Görz, Venedig ; Fiume ;
Sissek, Brod, Banjaliyka; Leoben, Vordernberg; Neuberg.
Nachmittags: (Per^nenzug) Oedenburg, Kanizsa, Güns,
Budapest. >
Nachmittags : Personenzug) Graz, Neuberg.
Nachmittags :^^Personenzug) Steinaraanger.
Abends: (Personenzug) Kanizsa, Budapest, Pakräcz-Lipik;
Essegg, Byjsnisch-Brood; Agram, Sissek, Banjaluka; Hain-
feld, Gu^instein.
Abendsj^: (Schnellzug) Triest, GÖrz, Venedig, Rom; Pola,
Rovigao; Fiume; Sissek, Banjaluka, Budapest (via
Praga^hof), Klagenfurt, Franzensfeste, Meran, Äla, Inns-
brucK (via Marburg).
Abwnds: (Postzug) Triest, Görz, Venedig, Rom, Mailand;
PoJIa, Rovigno, Fiume, Agram ; Budapest (via Pragerhof) ;
"' agenfurt, Wolfsberg, Meran, Verona, Innsbruck (via
arburg); Radkersburg, Köflach, Wies; Leoben, Vordern-
berg; Aussee, Ischl, ViUach (via Leoben).
Ankunft in Wien:
6.40 Früh: (Postzug) Triest, Rom, Mailand, Venedig, Görz;
Agram, Budapest (via Pragerhof); Verona, Innsbruck,
Klagenfurt fvJa Marburg) ; Radkersburg, Köflach, Wies ;
Venedig; Villaeh (via Leoben).
8.58 Früh: (Personenzug) Kanizsa, Bosnisch-Brood, Essegg;
Pakräcz-Lipik, Agram, Budapest (via Oedenburg).
9.40 Vormittags: (Personenzug) Steinamanger, Güns.
9,50 Vormittags: (Schnellzug) Triest, Rom, Mailand, Venedig,
Görz; Pola, Rovigno; Fiume, Sissek, Agram; Budapest
(via Pragerhof), Ala, Meran, Innsbruck, Klagenfurt (via
Marburg), Leoben, Neuberg.
1.05 Nachmittags; (Personenzug) Graz.
1.52 Nachmittags: (Personenzug) Oedenburg (nur Montag und
Freitag); Aspang; Hainfeld, Gutenstein.
3.40 Nachmittags: (Personenzug) Kanizsa, Budapest (via
Oedenburg).
4. — Nachmittags: (Postzug) Triest, Görz, Venedig, Pola; Fiume,
Sissek, Agram; Radkersburg, Köflach, Wies; Vordemberg,
Leoben, Neuberg.
8.44 Abends ; (Personenzug) Sarajevo, Easegg ; Agram, Budapest,
Kanizsa, Pakräcz - Lipik (via Oedenburg), Hainfeld,
Gutenstein.
9.30 Abends: Schnellzug) Triest, GÖrz, Pola, Rovigno; Fiume;
Brod, Sissek (via Steinbrück); Villaeh, Klagenfurt, Wolfs-
berg; Radkersburg, Köflach, Vordernberg.
10.15 Abends: (Schnellzug) Venedig, Rom, Mailand (via Pon-
tebba), Verona, Meran, Innsbruck (via Villach — Leoben);
Ischl, Aussee; Neuberg.
BoUStafwagron verkehren mit den Schnellzügen (Wien ab 8.15 Abends, Wien au 9.50 Vormittags) zwischen Wien *Veiiediff
via Cormons und ^len-Meran via Marburg.
I^ipeote Waffen I,, ZI. Olasse verkehren mit den obigen Schnellzügen zwischen 'Wien*Fllime (Abbazia), ferner mit den
Schnellzügen (Wien ab 7. — Früh und Wien an 10.15 Abends) zwischen W^len-Venedlff via Leoben.
OtSTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT III
Im VERLAGE des
K K ÖSTERR. HANDELS-MUSEUMS
erscheint die
Volks wirthachaftliche Wochenschrift:
mit Beilage:
Cffliercimiß Berlie 1 1 o. i Mm.-mi Cisnlar-ABitBr.
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incl. Postversendung:
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Export nach dem gesummten Orient, Indien, China etc. |
Etablirt 1856. f
ÜAcbfitte AiiszeichnniiK: AiiHstelliiiiK (>>rHK 1880: Klireii • Uiploiii.
Auszeichnungen: (Jraz 1H7(), Tricst 1871, Silberne Medaille.
Melbourne 1880, Yerdieust' Diplom. Triest 1882, Goldene Medaille.
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OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
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Eillinie THIEST-CATTARO.
Ab TRIEST jeden Mittwoch 11 Uhr Vorm., in
Cattaro Freitag S'/^Uhr Nm-, berühr.: Pola, Lussin-
piccolo, Zara, Spalato, Macarsca, Curzola, Gra-
vosa, Casteluuovo (oder Megline), Perasto, Rtsano
und Perzagno.
Retour ab CATTARO Samstag 10 Uhr Vorm.,
in Trieat Montag 11 Uhr Vorm.
DALMATIKISCH-ALBANESISCHE
LINIE BIS PREVESA.
a} Zwischen TRIEST und CORFU.
Ab TRIEST jeden Montag IX Uhr Vorm.,
in Corfu Sonntag Val Ubr Nrn., berührend:
Rovigno , Pola , Lussinpiccolo , Selve , Zara,
Zaravecchia, Morter, Sebenico, Traii, Spalato,
Milnä , Lesina , Curzola , Orebich , GraTosa,
Ragusavecchia, Castelnuovo (oder Megline),
Cattaro, Budua, Spizea, Antivari, Dulcigno,
Medua, Durazzo, Valona und Santi-Quaranta.
Ab CORFU Donnerstag 6 Uhr Früh., in
Triest Mittwoch V»l Ubr Nm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Hinfahrt.
bj Zwischen GORFU und PREYESA.
Ab CORFU jeden Montag 11 Uhr Nachts, in
Prevesa Dienstag 9UhrVorm., berührend: Parga,
Sta. Maura.
Ab PREVESA Mittwoch 7 Uhr Früh, in
Corfu Mittwoch 6V3 Uhr Abds.
Während des Aufenthaltes in Prevesa unter-
nimmt derDimpfer eine Fahrt nach Salabora
und zurück; das Anlaufen dieser Station ist
jedoch facultativ.
DALMATINISCH-ALBAKESISCHE
LINIE BIS CORFU.
Ab TRIEST jeden Freitag 11 Uhr Vorm., in
Corfu Donnerstag S'/a Uhr Abends, berührend:
Rovigno, Pola, Lussinpiccolo , Melada, Zara,
Sebenico, Rogosnizza, Spalato, Milnä, Civita-
vecchia, Lissa, Comisa, Vallegrande, Lagosia,
Terstenik, Meleda, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Perasto, Risano, Cattaro, Perzagno,
Budua, Medua, Durazzo, Valoua und Santi-
Quaranta. Auf derRückfahrt wi d auchDulcigno
und Antivari angelaufen.
Ab CORFU Samstag 6 Uhr Früh, n Trieat
nächsten Samstag IIV4 Uhr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Rückfahrt.
Linie FIUME-TRIEST.
Ab FlUMB Mittwoch 11 Uhr Vorm., Ank.
in Triest Donnerstag */al Uhr Mittags, be-
rührend ; Malinsca, Rabac, Cherao, Pola, Rovigno
und Parenzo.
Ab TRIEST Samstag 11 Uhr Vorm., in
Fiume Sonnlag 12 Uhr Mittags.
Waarenlinie FIUME - CATTARO A)
jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonnlag 5 Uhr Nm. , berührend :
Malinsca, Veglia, Lussingrande, Selve, Zara,
Sebenico, Trau, Spalato, Porto Carober, Milnä,
Lesina, Lissa, Curzola, Gravosa, Castelnuovo
(oder Megline), Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh, in
Fiume Donnerstag 4 Uhr Nm.
Anschluss an die Linie Triest-Metcovicb in
Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
"Waarenlinie FIUME-CATTARO B)
jede zweite Woche vom 9. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag SUhrNm., berührend: Ma-
linsca, Lussinpiccolo , Selve, Zara, Sebenico,
Traxi, Spalato, Porto-Carober, Milnä, Lesina,
Lissa, Curzola, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline). Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh , in
Fiume Donnerstag 5 Uhr Nm,
Anschluss an die Linie Spalato-MetcOTieb
in Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Eillinie FIUME-CATTARO.
Ab FIUME Sonntag l'/j Uhr Nachts. Ank. in
Cattaro Montag 4Va Uhr Nrn., berührend: Zara,
Spalato, Gravosa.
Ab CATTARO Donnerstag 5 Ubr Früh, in
Fiume Freitag 6 Uhr Abends.
Anschluss an die Linie Triest-Metpovich
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie TRIEST-SPALATO-METCO-
VICH.
Ab TRIEST Donnerstag 11 Uhr Vorm , in
Metcovich Samstag 12V2 Uhr Mittags, berührend:
Zara, Sebenico, Spalato, Macarsca, Gradaz und
Fort Opas.
Ab METCOVICH Dienstag lO'/, Uhr Vorm.,
in Triest Donnerstag 9Va Uhr Vorm.
Anschluss an die Waarenlinie Fiume-Cattaro
Ä) in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie SPALATO-METCOVICH.
Ab SPALATO Montag 4Vi Uhr Früh, in Met-
covich Montag .0 Uhr Nm., berührend: S. Pietro,
Almissa, Macarsca, Gradaz, Trapano und Fort
Opus.
Ab METCOVICH Donnerstag 10 Uhr Vorm..
in Spalato Donnerstag 9'/, Uhr Abends.
Anschluss an die Eillinie Fiume-Cattaro B}
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Periodische Fahrten zwischen TRIEST
und VENEDIG.
Ab TRIEST und VENEDIG jeden Dienstag-,
Donnerstag und Samstag um 12 Uhr Nachts im
Winter, und um 11 Uhr im Sommer.
Ank. in VENEDIG und in THJEST jeden
Mittwoch, Freitag und Sonntag T Uhr Früh im
Winter, und um 6 Uhr Früh im Sommer.
LE^S7".A.3SrTE-X)IElSrST-
Eillinie TRIEST-COKSTANTINOPEL.
Ab von TRIEST jeden Samstaer 11 UhrVorm.
rait Berührung von Brindisi, Corl'u, Patras,
Piräus, Ank. nächsten Freitag 9 Uhr Vorm.;
Rückfahrt von Constantinopel jeden Montag
5 Uhr Nm, Ank. in Triest Sonntag ö'/a Uhr
Abends.
Ausserdem wird auf der Hinfahrt Dar-
danellen berührt.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
Anachlnss an die Zweiglinie Piräus-Smyrna
auf der Hin- und Rückfahrt und an die ihessaÜ-
^che Linie auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die dalmatinisch-albanesische
Linie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
GRIECHISCH-ORIEKTALISCHE
LINIE.
Ab von TRIEST jeden Donnerstag 6 Uhr
Nrn., Ank. in Smyrna den zweitnächhten Sonntag
5 Ulli' Früh, berührend: Fiume, Corfu, Argos-
toli (Cephalonien), Zante, Cerigo, Canea (Suda),
Rethymo, Candia, Samos (Valhy), Tschesrae
und Chiosj Rückfahrt von Smyrna jeden
Samstag 4 Uhr Nrn., Ank. in Triest zweit-
nächsten Montag 11 Uhr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constanti-
nopel in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die syrische Linie in Smyrna,
auf der Hin- und Rückfahrt (jede zweite Woche).
Eillinie TKIEST-ALEXA^'DRIEN.
Jeden Freitag 12 Ubr Mittags über Brindisi,
Ank. nächsten MitiwochS Uhr Früh; Rückfahrt
von Alexandrien Dienstag 9 Uhr Früh, Ank. in
Triest Samstag 7 Uhr Abends.
Anschluss an die syrische Linie in Ale-
xandrien auf der Hin- und Rückfahrt.
THESSALIiiCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 7. Jänner.
Ab TRIEST Dienstag 6 Uhr Nrn., Ank. in
Constantinopel den dritten Donnerstag 6'/, Uhr
Früh mit Berührung von Fiume, Corfu, Santa
Maura, Patras, Catacolo, Calamata, Piräus,
Syra'), Volo, Salonich, Cavalla, Lagos, Dedea-
gatsch, Dardanellen, Gallipoli, Constantinopel;
Rückfahrt von Constantinopel vom 8. Jänner
an jede zweite Woche Mittwoch 2 Uhr Nrn.,
Ank. in Triest den dritten Donnerstag 11 Uhr
Vorm.
Linie FIUME-ALEXANDRIEN-
BEIRUT.
Jede vierte Woche vom IG. Jänner.
Donnerstag 1 Uhr Nm. mit Berührung von
Lissa und Corl'u, Ank. in Alexandrien nächsten
Dienstag 3 Uhr Nachm. ; nach Beirut Samsiag
vom 2ö. Jänner angefangen Mittags mit Berüh-
rung von Port Said und Jaffa; Ank. in Beirut
folgenden Dienstag 7 Uhr Früh.
Rückfahrt von Beirut Dienstag vom 28,
Jänner angefangen 7^', Uhr Abends, Ank. in
Alexandrien nach Berührung von Caiffa, Jaffa
und Port Said Samstag 10 Uhr Vorm.; Abfahrt
von Alexandrien nach Fiume Sonntag vom
5. Jänner angefangen 11 Uhr Vorm. Ank. in
Fiume Freitag 11 Uhr Vorm.
SYRISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab CONSTANTINOPEL Donnerstag 4 Uhr
Nm., Ank. in Alexandrien den zweiten Sonntag
11 Uhr Vorm. mit Berührung von Gallipoli
Dardanellen, Tenedos, Mytilene, Smyrna, Chios,
') Der Hafen von Syra wird auch auf der
Rückfahrt nach Piräus angelaufen.
Rhodus , Limassül , Larnaca, Beirat, Caiffa
Jaffa, Port-Said, Alexandrien ; Rückfahrt von
Alexandrien jeden zweiten Samstag vom 4.
Jänner angefangen Mittags; Ank. in Con-
stantinopel den zweiten Dienstag 7Vi Uhr Früh.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Smyrna aut der Hin- und Rückfahrt.
Linie CONSTANTINOPEL-BRAILA.
Samstag 2 Uhr Nrn., Ank. in Braila Mitt-
woch 9 Uhr Vorm. mit Berührting von Varna,
Küstendje,SuIina und Galatz; RückfahrtDonners-
tag 8 Uhr Früh, Ank. in Constantinopel Mon-
tag 8 Uhr Früh.
Anschluss in Varna an den Orientexpress-
zug von und nach Paris, Wien, Budapest,
Bukarest, in Constantinopel an den Eildampfer
Triest-Constantinopel in beiden Richtungen.
Diese Fahrten sind während des Winters
eingestellt und beschränken sich auf die Unter-
haltung einer wöchentlichen Verbindung
zwischen Constantinopel, Varna und Küsttndje.
Linie CONSTANTINOPEL - BATUM.
Jede zweite Woche vom 4. Jänner.
Abfahrt Samstag 3 Uhr Nrn., Ank. in Batum
Mittwoch 6V2 Uhr Früh mit Berührung von
Ineboli, Samsun, Kerasunt, Trapezunt; Rück-
fahrt vom 9. .länner ab jede zweite Woche
Donnerstag Ü Uhr Abends, Ank. in Constanti-
nopel Mittwoch IVa Uhr Nm.
Eillinie PIRÄUS-SMYRNA.
Ab PIRÄUS Mittwoch 4 Uhr Nm. Ank. in
Smyrna Donnerstag 2 Uhr Nm. mit Berührung
von Chios; Rückfahrt Dienstag 11 Uhr Vorm.,,
Ank. in Piräus Mittwoch 9 Uhr Vorm.
Anschluss in Piräns an die Eillinie Triest-
Conslantinopel bei der Hin- und Rückfahrt.
IISriDO-OIEaillSrESISOIEiEI^ idieistst.
Eillinie TRIEST— BOMBAY. Ab Triest
am 3. eines jeden Monates, 4 Uhr Nachm.,
berührend: Brindisi, Port Said, Suez, Aden.
Anschluss in Bombay abwechselnd an die
Linie Triest — Ro.thes Meer — Hongkong und an
die Zweiglinie Bombay — Hongkong. Rückfahrt
von Bombay vom 1. Feber ab jeden 1. des Mo-
nates bis incl. Jänner 1891.
Linie TftlEST-ROTHES MEER— HONG-
KONG. Ab Triest am 15. der geraden Monate')
') Februar, April, Juni, August, October,
December.
des Jahres, 4 Uhr >Jachm., berührend : Port Said,
Suez, Djeddah, Suakim, Massauab, Hodeidah,
Aden, Bombay. Colombo, Penang, Singapore.
Rückfahrt von H mgkong am 18.|4., 17.|6., 17. |8.,
18.110., 18-112. 1890 und If. |2. 1891.
Anschluss in Bombay an die Eillinie Triest
— Bombay ; Anschluss in Colombo an den
Dampfer der Zweiglinie Calcutta— Colombo.
Zweiglinie BOMBAY — HONGKONG. Ab
Bombay am 21. der geraden Monate des Jahres,
berührend: Colombo, Penang, Singapore. Rück-
fahrt von Hongkong am 19. März, sodann am
18, der ungeraden Monate des Jahres bis incl.
Jänner 1891.
AnsclilusH in liombay an den Eildampfer
Triest — Bombay auf der Hin- und Rückfahrt;
Anschluss in Colombo an den Dampfer der
Zweiglinie Calcutta — Colombo auf der Hin- und
Rückfahrt.
Zweiglinie CALCUTTA— COLOMBO. Ah
Calcutta am 18. eines jeden Monates, berührend:
Madras. Rückfahrt von Colombo vom 5. Feber
ab jeden 5. des Monates bis incl. Jänner 189K
Anschluss in Colombo abwechselnd einmal
an den Dampfer der directen Linie Triest —
Rothes Meer— Hongkong und einmal an den
Dampfer der Zweiglinie Bombay — Hongkong
auf der Hin-und Rückfahrt.
Ab Triest am 1. jeden Monates von August bis December 1890, berührend: Malaga, Gibraltar, Insel St. Vinceut, Pernambuco, Bahia,
Rio de Janeiro; Rückfahrt von Santos 4. April, dann am 18, jeden Monates vom September 1890 bis Jänner 1891. »)
') Bei eventueller Auslassang der Berührungen eines oder der beiden Häfen von Bahia und Pernambuco auf der Rückfahrt verfrüheu
sich die Ankünfle in den folgenden Echellen um die entsj rechende Zeit^
Ohne Haltung für etwaige Aenüerungen in aen Zwiscüenhalen una onne VerDindiichkett für üie Kegel massigkeit des Dienstes wahrend
der Contumazmassregeln.
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Die „Oesterreichische Monatsschrift für den Orient"
erscheint im Verlage des k. k. österr. Handels- Museums in Wien (I., Börse-
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IH^ Das Blatt, herausgegeben unter der Mitwirkung hervorragender Fachschriftsteller
und Reisender, bringt Artikel und Miscellen handelspolitischen. kun.stgewerblichen,
1^^ ethnographischen und geographischen Inhaltes, Reisebeschreibungen, Literaturberichte etc.
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Oiltig vom 1. Juni 1890.
Abfahrt von Wien:
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Ankunft in Wien:
6.40 Früh; (l'ostzug) Triest, Rom, Mailand, Venedig, Görz ;
Agram, Budapest (via Pragerhof); Verona. Innsbruck,
Klagenfurt {via Marburg); Radkersburg, Köflach, Wies;
V^enedig; Villach (via Leoben).
8.58 Früh: (Personenzug) Kanizsa, Bosniseh-Brood, Essegg;
Pakräcz-Lipik, Agram, Budapest (via Oedenburg).
9.40 Vormittags: (Personenzug) Steinamanger, GQus.
9.50 Vormittags: (Schnellzug) Triest, Rom, Mailand, Venedig,
Görz; Pola, Rovigno ; Fiume, Sissek, Agram; Budapest
(via Pragerhof), Ala, Meran, Innsbruck, Klagenfurt (via
Marburg), Leoben, Neuberg.
1.05 Nachmittags: (Personenzug) Graz.
1.52 Nachmittags: (Personenzug) Oedenburg (nur Montag und
Freitag); Aspang; Hainfeld. Gutenstein.
3.40 Nachmittags : (Personenzug) Kanizsa, Budapest (via
Oedenburg).
4. — Nachmittags: (Postzug) Trieat, Görz, Venedig, Pola; Fiume,
Siasek, Agram; Radkersburg, Köflach, Wies; Vordemberg.
Leoben, Neuberg.
8.44 Abends; (Personenzug) Sarajevo, Essegg; Agram, Budapest,
Kanizsa , Pakräcz - Lipik (via Oedenburg) , Hainfeld ,
Gutenstein.
9.30 Abends: Schnellzug) Triest, GÖrz, Pol», Rovigno ; Fiume;
Brod, Sissek (via Steinbrück); Villach, Klagenfurt, Wolfs-
berg; Radkersburg, Köflach, Vordemberg.
10.15 Abends: (Schnellzug) Venedig, Rom, Mailand (via Pon-
tebba), Verona, Meran, Innsbruck (via Villach— Leoben);
Ischl, Aussee ; Neuberg.
Schlaf^vagren verkehren mit den Schnellzügen (Wien ab 8.15 Abends, Wien an 9.50 Vormittags) zwischen 'Wlem •▼eii«dlff
via Cormons und Dtrieil-Merail via Marburg.
Dlreote Waffen I., II. Glasse verkehren mit den obigen Schnellzügen zwischen Wlen-Ftnme (Abbazia), ferner mit den
Srlmellzügen (Wien ab 7.— Früh und Wien an 10.15 Abends) zwischen 'Wlen-Venedlff via Leoben.
Früh : (Personenzug) Payerbach ; Kanizsa , Budapest ;
Pakräcz-Lipik: Essegg, Sarajevo; Agram; Aspang.
7. — Früh: (Schnellzug) Leoben. Vordernberg, Aussee, Ischl;
Venedig, Rom, Mailand (via Pontebba); Bozen, Meran,
Verona (via Leoben) ; Neuberg ; Kanizsa, Budapest, Pakräcz-
Lipik; Agram, Essegg, Sarajevo; Aspang.
7.30 Früh: (Schnellzug) Triest, Görz, Fiume, Agram, Sissek
(via Steinbrück): Brod; Klagenfurt, Villach, Wolfsberg ;
Radkersburg, Köflach.
1.20 Nachmittags: (Postzug) Triest, G:8rz, Venedig; Fiume;
Sissek, Brod, Banjaluka; Leoben, Vordernberg; Neuberg.
1.35 Nachmittags: (Personenzug) Oedenburg, Kanizsa, Güns,
Budapest.
4.30 Nachmittags: (Personenzug) Graz, Neuberg.
5.05 Nachmittags: (Personenzug) Steinamanger.
7.40 Abends: (Personenzug) Kanizsa, Budapest, Pakräcz-Lipik;
Essegg, Bosnisch-Brood; Agram, Sissek, Banjaluka; Hain-
feld, Gutenstein.
8.15 Abends: (Schnellzug) Triest, Görz, Venedig, Rom; Pola,
Rovigno; Fiume; Sissek, Banjaluka, Budapest (via
Pragerhof), Klagenfurt, Franzensfeste, Meran, Ala, Inns-
bruck (via Marburg).
8,45 Abends: (Postzug) Triest, GÖrz, Venedig, Rom, Mailand;
Pola, Rovigno, Fiume, Agram; Budapest (via Pragerhof) ;
Klagenfurt, Wolfsberg, Meran, Verona, Innsbruck (via
Marburg); Radkersburg, Köflach, Wies; Leoben, Vordem-
berg; Aussee, Ischl, Villach (via Leoben).
OZÖTERnEICHISCHE MONATSSCHRIFT fOr DEM ORIENT
III
Im VERLAGE des
K K ÖSTERR. HANDELS-MUSEUMS
erscheint die
Volks wirthschaftliche Wochenschrift:
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mit Beilage :
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Höeliüile AiisixeicbiiuiiK: AiiHMtelliiiiK tiirnz 1880: Ehren • Ulploin.
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OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
Giltig bis auf Weiteres. jfaStplaH facg „«J^cftcttciitlifrij^unganfcöen IClopb". aimg ms auf weit««.
Eillinie TKIEST-CATTARO.
Ab TRIKST jeden Mitiwoch 11 Uhr Vorm., in
Cattaro Freitag S'/jÜhr Nrn., berühr.; Pola,Lu8sin-
picci'lo, Zara, Spalaio, Macarsca, Curzola, Gra-
vosa, Castelnuovo (oder MegÜDe), Perasto, Risano
und Peizagno.
Retour ab CATTARO Samstag 10 Uhr Vorm.,
in Triest Montag 11 Uhr Vorm.
DALMATINISCH-ALBANESISCHE
LINIE BIS PREYESA.
a) Zwischen TRIEST und CORFU.
Ab TRIEST jeden Montag 11 Uhr Vorm.,
in Corfu Sonntag '/3I Uhr Nrn., berührend :
Rovigno , Pola , Lussinpiccolo , Selve , Zara,
Zaravecchia, Morter, Sebenico, Trau, Spalato,
Milnä , Lesina ^ Curzola , Orebich , Graroea,
Ragn^avecchia, Castelnuovo (oder Megline),
Cattaro, Budua, Spizta, Antivari, Duk-igno,
Medua, Durazzo, Valona und Santi-Quaranta.
Ab CORFU Donnerstag 6 Uhr Früh., in
Triest Mittwoch »/a^ Uhr Nm.
Aiischluss an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Hinfahrt.
bj Zwischen CORFU und PREYESA.
Ab CORFU jeden Montag 11 Uhr Nachts, in
Prevt-sa Dienstag OUhrVorni., berührend : Parga,
6ta. Maura.
Ab PREVESA Mittworh 7 Uhr Früh, in
Corfu Mittwoch G'/a Uhr Abds.
Während des Aufenthaltes in Prevesa unter-
nimmt der Dampfer eine Fahrt nach Salahora
und zurück-, das Anlaufen dieser Station ist
jedoch facultativ.
DALMATINISCH-ALBANESISCHE
LINIE BIS CORFU.
Ab TRIEST jeden Freitag 11 Uhr Vorm., in
Corfu Donnerstag S',^ Ulir Abends, berührend:
Rovigno, Pola, Lussinpiccolo , Melada, Zara,
Sebeni« o, Rogosnizza, Spalaio, MilnÄ. Civita-
vecchia. Lissa, Comisa, Valiegranae, Lagosia,
Terstenik, Meleda, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Perasto, Rieano, Cattaro, Perzagno,
Kudua, Medua. Durazzo, Valona und Santi-
Quaranta. Auf derRfickfahrt wi, d auchDulcigno
und Aniivari angelaufen.
Ab CORFU Samtlag 6 Uhr Früh, n Triest
nächsten Samstag ll'/, Uhr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Rückfahrt.
Linie FIUME-TRIEST.
Ab FIUME Mittwoch 11 Uhr Vorm., Änk.
in Triest Donnerstag >/al Uhr Mittags, be-
rührend: Malinsca,Rabac, Cherso, Pola, Rovigno
und Parenzo.
Ab TRIEST Samstag 11 Uhr Vorm., in
Finrae Sonntag 12 Uhr Mittags.
Waarenlinie FIUME - CATTARO A)
jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh. Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Uhr Nm. , berührend:
Malinsca, Vegiia, Lassingrande, Selve, Zara,
Sebenico, Trau, Spalato, Porto Carober, Milnä,
Lesina, Lis^a, Curzola, Gravosa, Castelnuovo
(oder Megline), Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh, in
Fiume Donnerstag 4 Uhr Nm.
Anschluss an die Linie Triest-Metcovich in
Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Waarenlinie FIUME-CATTARO B)
jede zweite Woche vom 9. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag C Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag ö Uhr Nrn., berührend: Ma-
linsca, Lussinpiccolo. Selve, Zara, Sebenico,
Trau, Spalato, Porto-Carober, Milnä, Lesina,
Li^sa. Curzola, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Peraslo. Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh , in
Fiume Donnerstag ö Uhr Nrn.
Xj E"V-A.2Sr T E - ID I E IST S T.
Anschluss an die Linie Spalato-Metcovich
in Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Eillinie FIUME-CATTARO.
Ab FIUME Sonntag 1',, Uhr Nachts. Ank. in
Cattaro Montag 4Va Uhr Nrn., berührend: Z»ra,
Spalato, Gravosa.
Ab CATTARO Donnerstag 5 Ubr Frü
Fiume Freitag 6 Uhr Abends.
Anschlug» an die Linie Triest-Met*
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt, x
Linie TRIEST-SPALATO-MET( .-
VICH.
Ab TRIEST Donnerstag II Uhr Vorm., in
Metcovich Samstag 12',;. Uhr Mittags, berührend:
Zara, Sebenico» Spalato, Macarsca, Gradaz und
Fort Opus.
Ab METCOVICH Dienstag IOV4 Uhr Vorm.,
in Triest Donnerstag öVj Uhr Vorm,
Anschluss an die Waarenlinie Fiume-Cattaro
Ä) in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie SPALATO-METCOVICH.
Ab SPALATO Montag 4';a Uhr Früh, in Met-
covich Montag öUhrNm., berührend: S. Pietro,
Almissa, Macarsca, Gradaz, Trapano und Fort
Opus.
Ab METCOVICH Donnerstag 10 Uhr Vorm.,
in Spalato Donnerstag B»/, Uhr Abends.
Anschluss an die Eillinie Fiume-Cattaro B)
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Periodische Fahrten zwischen TRIEST
und YENEDIG.
Ab TRIEST und VENEDIG jeden Dienstag,
Donnerstag und Samstag um 12 Uhr Nachts im
Winter, und nm 11 Uhr im Sommer.
Ank. in VENEDIG und in TRIEST jeden
Mittwoch, Freitag und Sonntag 7 Uhr Früh im
Winter, und um 6 Uhr Früh im Sommer.
Eillinie TRIEST-CONSTANTINOPEL.
Ab von TRIEST jeden Samstair 11 UhrVorm,
mit Berührung von Brindisi, Corfu, Patras,
Piräus, Ank. nächsten Freitag 9 Uhr Vorm.;
Rückfahrt von Constantinopel jeden Montag
5 Uhr Nm. Ank. in Triest Sonntag öVa Uhr
Abends.
Ausserdem wird auf der Hinfahrt Dar-
danellen berührt.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Corfu auf der H»n- und Rückfahrt.
An>chluß8 an die Zweiglinie Piräus-Smyrna
auf (1fr Hin- und Rückfahrt und an die ihessali-
ßcbe Linie auf der Hin- und Rückfahrt,
Au>chluss an die dalmatinisch-albanesische
Linie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
GRIECHISCH-ORIENTALISCHE
LINIE.
Ab von TRIEST jeden Donnerstag 6 Uhr
Nm., Auk. in Smyrna den zweitnächhten Sonntag
5 Uhr Früh, berührend: Fiume, Corfu, Argos-
toli (Cephalonien), Zante, Cerigo, Canea (Suda),
Rethymo, Candia, iSamos (Vathy), Tschesme
und Chiosj Rückfahrt von Smyrna jeden
Samstag 4 Uhr Nrn., Ank. in Triest zweit-
nächsteii Montag 11 Uhr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constanti-
nopel in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die syrische Linie in Smyrna,
auf der Hin- und'Rückfahrt (jede zweite Woche).
Eillinie TRIEST-ALEXAKDRIEN.
Jeden Freitag 12 Uhr Mittags über Brindisi,
Ank. nächsten Mittwoch 5 Uhr Früh; Rückfahrt
von Alexandrien Dienstag Q Uhr Früh, Ank. in
Triest Samstag 7 Uhr Abends.
Anschluss an die syrische Linie in Ale-
xandrien auf der Hin- und Rückfahrt.
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Jede vierte Woche voni 16. Jänner.
Donnerstag 1 Uhr Nm. mit Berührung von
Lissa und Corr'u, Ank. in Alexandrien nächsten
Dienstags Uhr Nachm. ; nach Beirut Samstag
vom 2.^. Jänner angefangen Mittags mit Berüh-
rung von Port Said und Jaffa; Ank. in Beirut
folgenden Dienstag 7 Uhr Früh.
Rückfahrt von Beirut Dienstag vom 28.
Jänner angefangen 7';^ Uhr Abends. Ank. in
Alexandrien nach Berührung von Caiffa, Jaffa
und Port Said Samstag 10 Uhr Vorm. ; Abfahrt
von Alexandrien nach Fiume Sonntag vom
5. Jänner angefangen 11 Uhr Vorm. Ank. in
Fiume Freitag 11 Uhr Vorm.
SYRISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 2. Jänner,
Ab CONSTANTINOPEL Donnerstag 4 Uhr
Nrn.. Ank. in Alexandrien den zweiten Sonntag
11 Uhr Vorm. mit Berührung von Gallipoli
Dardanellen, Tenedos, Mytilene, Smyrna, Chios,
') Der Hafen von Syra wird auch auf der
Rückfahrt nach Piräus angelaufen.
insriDO-OKciisrESisonEn iDiEnsrsT.
Rhodus , Limassol . Larnaca, Beirut, Caiffa,
Jaffa, Port-Said, Alexandrien ; Rückfahrt von
Alexandrien jeden zweiten Samstag vom 4.
Jänner angefangen Mittags ; Ank, iu Con-
stantinopel den zweiten Dienstag 7*/» Uhr Früh,
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Smyrna aut der Hin- und Rückfahrt.
Linie CONSTANTINOPEL-BRAILA.
Samstag 2 Uhr Nm., Ank. in Braila Mitt-
woch 9 Uhr Vorm. mit Berührung von Varna,
KÜ3tendje,SulinaundGalaiz;RÜckfahrtDonner8-
tag 8 Uhr Früh, Ank. in Constantinopel Mon-
tag 8 Uhr Früh.
Anschluss in Varna an den Orientexpresa-
zug von und nach Paris, Wien, Budapest,
Bukarest, in Constantinopel an den EilHampfer
Triest-Coustantinopel in beiden Richtungen.
Diese Fahrten sind während des Wiuters
eingestellt und beschränken sich auf die Unter-
haltung einer wöchentlichen Verbindung
zwischen Constantinopel, Varna und Küstendje.
Linie CONSTANTINOPEL - BATUM.
Jede zweite Woche vom 4. Jänner.
Abfahrt Samstag 3 Uhr Nrn., Ank. in Batnm
Mittwoch 6V3 Uhr Früh mit Berührung von
Ineboli, Samsun, Eerasunt, Trapezunt; Rück-
fahrt vom 9. Jänner ab jede zweite Woche
Donnerstag 6 Uhr Abends, Ank. in Constanti-
nopel Mittwoch 1^/3 Uhr Nm.
Eillinie PIRÄUS-SMYRNA.
Ab PIRÄUS Mittwoch 4 Uhr Nm. Ank. in
Smyrna Donnerstag 2 Uhr Nm. mit Berührung
von Chios; Rückfahrt Dienstag 11 Uhr Vorm.,
Ank. in Piräus Mittwoch 9 Uhr Vorm.
Anschluss in Piräus an die Eillinie Triest-
Constantinopel bei der Hin- und Rückfahrt.
Eillinie TRIEST— BOMBAY. Ab Triest
am 3. eines jeden Monates, 4 Uhr Nachm.,
berührend: Brindisi, Port Said, Suez, Aden.
Anschluss in Bombay abwechselnd an die
Linie Triest — Rotbes Meer — Hongkong und an
die Zweiglinie Bombay — Hongkong. Rückfahrt
von Bombay vom 1. Feber ab jeden 1. des Mo-
nates bis incl. Jänner 1891.
Liuie TftlEST— ROTHES MEER— HONG-
KONG. Ab Triest am 15, der geraden Monate')
») Februar, April, Juni, August, October,
December.
des Jahres, 4 Uhr Nachm., berührend : Port Said,
Suez, Djeddah, Suakim. Massauah, Hodeidah,
Aden, Bombay. Coiombo. Penang. Singapore.
Rückfahrt von Hongkong am 18. j4., 17. |6., 17.18.,
I8,jl0., 18.!12. 1890 und 18.(2. 1891.
Anschluss in Bombay an die Eillinie Triest
— Bombay, Anschluss in Coiombo an den
Dampfer der Zweiglinie Calcutta— Coiombo.
Zweiglinie BOMBAY — HONGKONG. Ab
Bombay am 21. der geraden Monate des Jahres,
berührend: Coiombo. Penang, Siugapore. Rück-
fahrt von Hongkong am 19. März, sodann am
18. der ungeraden .viouate des Jatires bis incl
Jänner 1891.
Anschluss in Bombay an den Eildampfer
Triest — Bombay auf der Hin- und Rückfahrt;
Anschluss in Coiombo an den Dampfer der
Zweiglinie Calcutta — Coiombo auf der Hin- und
Rückfahrt.
Zweiglinie CALCUTTA— COLOMBO. Ab
Calcutta am 18. eines jeden Monates, berührend:
Madras. Rückfahrt von Coiombo vom 5. Feoer
ab jeden 5. des Monates bis incl. Jänner 1891.
Anschluss in Coiombo abwechselnd einmal
an den Dampfer der directen Linie Triest —
Rothes Meer — Hongkong und einmal an den
Dampfer der Zweiglinie Bombay — Hongkong
auf der Hin-und Rückfahrt.
Bi^.A.sii.i.A.nsrzsci3:E i^insriE triest-s^a^hsttos.
A* Triest am 1. jeden Monates von August bis December 1890, berütirend: Malaga, Gibraltar, Insel St. Vinceut, Pernambuco, Bahia,
Klo de Janeiro; Rückfahrt von Santos 4. April, dann am 18. jeden Monates vom September 1890 bis Jänner 1891.')
') Bei eventueller Auslassung der Berührungen eines oder der beiden Häfen von Bahia und Pernambuco auf der Rückfahrt verfrühen
sich dift Ankünfte in den foigeaden Echellen um die entsprechende Zeit.
Ohne Haftung für etwaige Aendernngen in den Zwischenhäfen und ohne Verbindlichkeit für die Regelmässigkeit des Dienstes während
OESTERREICHISCHE * po?^?3v,vj
0naf55t|rift für kn mimi
SECHZEHNTER JAHRGANG. WIEN, SEPTEMBER-OCTOBER 1890. N«- 9 UND lO. BEILAGE.
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Die „Oesterreichische Monatsschrift für den Orient"
erscheint im Verlage des k. k. österr. Handels -Musenms in Wien (I., Börse-
gasse 3).
Das Blatt, herausgegeben unter der ^Mitwirkung hervorragender Fachschriftsteller
und Reisender, bringt Artikel und Äliscellen handelspolitischen, kunstgewerblichen,
ethnographischen und geographischen Inhaltes, Reisebeschreibungen, Literaturberichte etc.
Abonnements-Anmeldungen werden dortselbst entgegengenommen, wie denn auch
das genannte Blatt wie bisher durch alle Buchhandlungen bezogen werden kann.
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Auszug aus dem Fahrplane der Personenzüge.
Oiltig vom 16. Ootober 1890.
Abfahrt von Wien:
6. — Früh: (Personenzug) Payerbach ; Kanizsa , Budapest;
Pakracz-Lipik; Essegg, .Sarajevo; Agram; Aspaug.
7.— Früh : (Schnellzug) Triest, Görz, Fiume, Agrani, Sissek
Brod (via Steinbrilck) ; Klagenfuit, Villach, Wolfsberg;
Eadkersburg, Köflach. Kanizsa, Budapest, Pakracz-Lipik;
Agram, Kssegg, Sarajevo; Leoben, Vordernijerg, Aussee,
Ischl; Venedig, Rom, Mailand (viaPcntebba); Bozen, Meran,
Verona (via Leoben) ; Neuberg; Heinfeld, Gutenstein; Aspang.
1.20 Nachmittags ; (Postzug) Triest, G6rz, Venedig; Fiume;
Sissek, Brod, Banjaluka; Leoben, Vordernberg; Keuberg;
Kanizsa, Güns, Budapest.
.5.05 Nachmittags: (Personenzug) Steinamanger.
7.40 Abends: (Personenzug) Kanizsa, Budapest, Pakracz-Lipik;
Essegg, Bosnisch-Brood; Agram, Sissek, Banjaluka.
8.15 Abends ; (Schnellzug) Triest, Görz, Venedig, Rom ; Pola,
Rovigno; Fiume; tSissck, Banjaluka, Budapest (via
Pragerhof), Klagenfurt, Franzensfeste, Meran, Ala, Inns-
bruck (via Marburg).
8.45 Abends : (Poatzug) Triest, Gürz, Venedig, Rom, Mailand ;
Pola, Rovigno, Fiume, Agram ; Budapest (via Pragerhof) ;
Klagenfurt, "VVolfsberg, Meran, Verona, Innsbruck (via
Marburg); Radkersburg, Köflach, Wies; Leoben, Vordern-
berg; Aussee, Ischl, Villach (via Leoben).
Ankunft in Wien:
6.40 Früh: (Postzug) Triest. Rom, Mailand, Venedig, G«rz,
Agram, Budapest (via Pragerhof); Verona, Innsbruck;
Klagenfurt (via Marburg); Radkersburg, Köflach, Wies;
Venedig; Viliach (via Leoben).
8.58 Früh: (Personenzug) Kanizsa, Bosnisch-Brood, Essegg;
Pakracz-Lipik, Agram, Budapest (via Oedenburg).
9.40 Vormittags: (Personenzug) Steinamanger, Güns.
9.50 Vormittags: (Schnellzug) Triest, Rom, Mailand, Venedig,
Görz; Pola, Rovigno; Fiume, Sissek, Agrain ; Budapest
(via Pragerhof), Ala, Meran, Innsbruck, Klagenfurt (via
Marburg), Leoben, Neuberg.
1.52 Nachmittags: (Personenzug) Oedenburg (nur Montag und
Freitag); Aspang; Ilainfeld, Gutenstein.
3.40 Nachmittags: (Personenzug) Kanizsa, Budapest (via
Oedenburg).
4.— Nachmittags: (Postzug) Triest, Görz, Venedig, Pola; Fiume.
Sissek, Agram; Radkersburg, Köflach, Wies; Vordernberg,
Leoben, Neuberg.
9.20 Abends ; (Personenzug) Sarajevo, Essegg ; Agram, Budapest,
Kanizsa , Pakracz - Lipik (via Oedenburg) , Haiufeld ,
Gutenstein.
10.15 Abends: (Schnellzug) Triest, Görz, Pola. Rovigno; Fiume ;
Brod, Sissek (via Steinbrilck); Villach, Klagenfurt, Wolfs-
berg; Radkersburg, Köflach, Vordernberg. — Venedig, Rom,
Mailand (via Pontebba), Verona, Meran, Innsbruck (via
Villach— Leoben); Ischl, Aussee; Neuberg.
Schlafwagen verkehren mit den Schnellzügen (Wien ab S.ln Abends, Wien an 9.50 Vormittags) zwischen 'Wien- Venedig
via Cormons und Wien-lleran via Marburg.
Sireote Wagren I., II. Olasse verkehren mit den obigen Schnellzügen zwischen VTlen-flume CAbbazia), ferner mit den
Schnellzügen ^Wien ab 7.— Früh und 'Wien an 10.15 Abends) zwischen Wlen-Venedigr via Leoben.
0=3TERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
III
Im VERLAGE des
K K ÖSTERR HANDELS-MUSEUMS
erscheint die
Yolkswirthschaftliche Wochenschrift:
mit Beilage :
Berlie äer 1 1 i österr.-ii Coisii
Abonnements - Bedingungen für „Das Handels - Museum"
incl, Poslversendun
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IShrlleli ». W. fl. 4
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:> d.. halbJShrllrh Frr«. I.'> - li 8kiU.
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Insertions-Bedingungen für das Handels-Museum:
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KeratCH In '>, Itlatthrcilo von 4 4 m. Hüht' fl. 1*J.—
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IIAoliste AiiszetclinnuK : AiiHHielliiiiK d*Hz 1880: Ehren • Diplom.
Auszeiclinungen: (iriiz IHK), Trlest 1871, Silberne Medaille.
Melbourue 1880, Verdienst- Diplom. Trlest 1882, tioldene Medaille.
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OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
onus bis »uf Weitere,. jfaf)rplan bEö „(j^EftErrciföifrtj'iinaarifd&cn KCtopö'
Giltig bis auf Weiterea.
,A.r>IiI.A.TISCKCEI^ IDIE3^TST-
Eillinie TRIEST-CATTARO.
Ab TRIEST jeden Mittwoch 11 ührVorm., in
Cattaro Freitag 3 VjUhr Nm,, berühr.: Pola, Lussin-
piccolo, Zara, Spalato, Macarsca, Gurcola, Gra-
▼osa, CastelnuoTO (oder Megline), Ferasto, Risano
und Perzagno.
Retour ab CATTARO Samatag 10 Uhr Vorm.,
In Triest Montag 11 Uhr Vorn».
DALMATINISCH-ALBANESISCHE
LINIE BIS PREVESA.
a) Zwischen TRIEST und CORFU.
Ab TRIEST jeden MonUg 11 Uhr Vorm.,
in Corfu Sonntag Vi^ Uhr Nrn., berührend:
Rovigno , Pola, Lussinpiccolo , SeWe , Zara,
Zaravecchia, Morter, Sebenico, Trau, Spalato,
Milni, Leoina , Curzola , Orebicb , Grarosa,
Ragu!)avecchia, Castelnuovo (oder Megline),
Cattaro, Budua, Spizza, Antivari, Dulclgno,
Medua, Durazzo, Valona und Santi-Quar&nta.
Ab COKFU Donnerstag 6 Uhr Früh., in
TrieBt Mittwoch V»l Uhr Km,
Anschlüge an die Eillinie Trlest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Hinfahrt.
bj Zwischen CORFU und PREVESA.
Ab CORFU jeden Montag 11 Uhr Nachte, in
Prevesa Dienstag 9UhrVorm., berührend : Parga,
8tB. Maura.
Ab PREVESA Mittwo.h 7 Uhr Früh, in
Corfu Mittwoch 6'/» Uhr Abds.
Während des Aufenthaltes in Prevesa unter-
nimmt der Dumpfer eine Fahrt nach Salabora
und zurfick ; das Anlaufen dieser Station ist
j«docb facultativ.
DALMATINISCH-ALBAKESISCHE
LINIE BIS CORFU.
Ab TRIEST jeden Freitag 11 Uhr Vorm., in
Corfu Donnerstasr S'/a Uhr Abends, berührend:
Rovigno, Pola, Lussinpiccolo, Melada, Zara,
JSebenico, Rngosnizza, l^palaro, Milni, Civita*
Tecchia, Lissa, Comisa, Vallegrande, Lagosia,
Tersteoik, Meleda, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Perasto, Risano, Cattaro, Perzagno,
Budua, Medua, Durazzo, Valona und Santi-
Qaaranta. Auf derRückfahrt wi: d anchDulcigno
und Antivari angelaufen.
Ab CORFU Samstag 6 Uhr Früh, n Trieat
n&chaten Samstag IIV4 Uhr Vorm.
Anscblusa an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu bei der Rückfahrt.
Linie FIUME-TRIEST.
Ab FlUME Mittwoch U Uhr Vorm., Ank.
in Triest Donnerstag Vjl Uhr Mittags, be-
rührend : Malinsca, Rabac, Cberso, Pola, Rovigno
und Parenzo.
Ab TRIEST Samstag 11 Uhr Vorm., in
Finme Sonntag 12 Uhr Mittags.
Waarenlinie FIUME - CATTARO A)
jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab FlUMB Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonnlag 5 Uhr Nrn., berührend:
Malinsca, Veglia, Lassingrande. Selve, Zara,
Sebenico, Trau, Spalato, Porto Carober, Milnii,
Lesina, Lisi^a, Curzola, Gravosa, Castelnuovo
(oder Megline), Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTAIO Montag 7 Uhr Früh, in
Fiume Donnerstag 4 Uhr Nm.
AnscLluss an die Linie Triest-Metcovich in
Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Waarenlinie FIUME-CATTARO £)
jede zweite Woche vom 9. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Uhr Nrn., berührend: Ma-
linsca, Lussinpiccolo, Selve, Zara, Sebenico,
Trau, Spalato, Porto-Carober, Milnä, Lesina,
Lifsa, Curzola, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Perasto. Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh , in
Finme Donnerstag 5 Uhr Nrn.
Anschluss an die Linie Spalato-MetcoTieh
in Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Eillinie FIUME-CATTARO.
Ab FIUME Sonntag 1'/, Uhr Nachts. Ank. In
Cattaro Montag 4Vs Uhr Nm., berühren-l: Z»ray
Spalato, Gravosa.
Ab CATTARO Donnerstag 5 Uhr Früh, in
Fiume Freitag 6 Uhr Abends.
Anschluss an die Linie Triest-MetcoTich
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie TRIEST-SPALATO-METCO-
VICH.
Ab TRIEST Donnerstag 11 Uhr Vorm., in
Metcovich Samstag lü'/a Uhr Mittags, berührend:
Zara, Sebenico, Spalato, Macarsca, Gradaz und
Fort Opus.
Ab METCOVICH Dienstag 10'/, Uhr Vorm.,
in Triest Donnerstag 9*/» Uhr Vorm.
Anschluss an die Waarenlinie Finme-Cattaro
A) in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie SPALATO-METCOVICH.
Ab SPALATO Montag 4»/, Uhr Früh, in Met-
covich Montag 5 Uhr Nrn., berührend: 8. Pietro,
Almissa, Macarsca, Gradaz, Trapano und Fort
Opus.
Ab METCOVICH Donnerstag lO Uhr Vorm.,
in Spalato Donnerstag ä*/« Uhr Abends.
AnschlusH an die Eillinie Fiume-Cattaro B)
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Periodische Fahrten zwischen TRIEST
und VENEDIG.
Ab TRIEST und VENEDIG jeden Dienstag,
Donnerstag und Samstag um 12 Uhr Nachts im
Winter, und nm 11 Uhr im Sommer.
Ank. in VENEDIG und in TRIEST jeden
Mittwoch, FreiUg und Sonntag T Uhr Früh im
Winter, und um 6 Uhr Früh im Sommer.
Il.E-V:A.3SrTE-IDIElSrST.
Eillinie TRIEST-CONSTANTINOPEL.
Ab von TRIEST jeden Samsta« 11 UhrVorm.
mit Berührung von Brindiei, Corfu, Patras,
Piräus, Ank. nächsten Freitag 9 Uhr Vorm.;
Rückfahrt von Constantinopel jeden Montag
5 Uhr Nm. Ank. in Triest Sonntag 5'/a Uhr
Abends.
Ausserdem wird auf der Hinfahrt Dar-
danellen berührt.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Ijinie in Corfu auf der H»n- und Rückfahrt.
Anschluss an die Zweiglinie Piräus-Smyrna
auf der Hin- und Rückfahrt und an die thessalt-
scLe Linie auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die dalmatinisch-albaneslscbe
Linie in Corfu auf der Hin- und RÜcktahrt.
GRIECHISCH-ORIENTALISCHE
LINIE.
Ab von TRIEST jeden Donnerstag 6 Uhr
Nrn., Ank. in Smyrna den zweitnächsten Sonntag
5 Ulir Früh, berührend: Fiume, Corfu, Argos-
toli (Cepbalonien), Zante, Cerigo, Canea (Suda),
Rethymo, Candia, Samos (Vathy), Tschesme
und Chios-, Rückfahrt von Smyrna jeden
Samstag 4 Uhr Nrn., Ank. in Triest zweit-
nächsten Montag 11 Uhr Vorm.
Anschluss an die Eillinie Triest-Constanti-
nopel in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die syrische Linie in Smyrna,
auf der Hin- und Rückfuhrt (jede zweite Woche).
Eillinie TRIEST-ALEXANDRIEN.
Jeden Freitag 12 Uhr Mitlags über Brindisi,
Ank. nächsten Mittwoch 5 Uhr Früh; Rückfahrt
von Alexandrien Dienstag 9 Uhr Früh, Ank. in
Triest Samstag 7 Uhr Abends.
Anschluss an die syrische Linie in Ale-
xandrien auf der Hin- und Rückfahrt.
THESSALISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 7. Jänner.
Ab TRIEST Dienstag 6 Uhr Nrn., Ank. in
Constantinopel den dritten Donnerstag 6'/] Uhr
Früh mit Berührnng von Fiume, Corfu, Santa
Maura, Patriia, Cataeolo, Calamata, Piräus,
Syra'), Volo, Salonich, Cavalla, Lagos, Dedea-
gatsch, DardaneHen, Gallipoli, Constantinopel;
Rückfahrt von Constantinopel vom 8. Jänner
an jede zweite Woche Mittwoch 2 Uhr Nrn.,
Ank. in Triest den dritten Donnerstag 11 Uhr
Vorm. V
Linie FIUÄE-ALEXANDRIEN-
BEIRUT.
Jede vierte Woche vom 16. Jänner.
Donnerstag 1 Uhr Nm. mit Berührung von
Lissa und Corfu, Ank. in Alexandrien nächsten
Dienstag 8 Ubr Nachm.; nach Beirut Samstag
vom 2.1. Jänner angefangen Mittags mit Berüh-
rung von Port Said und Jaffa; Ank. in Beirut
folgenden DienslSfc 7 Ulir Früh.
Rückfahrt v6n Beirut Dienstag vom 28.
Jänner angefangen TV, Uhr Abends, Ank. in
Alexandrien nach Berührung von Caiffa, Jaffa
und Port Said Safcstftg 10 Uhr Vorm.; Abfahrt
von Alexandrien nach Fiume Sonntag vom
5. Jänner angefangen 11 Uhr Vorm. Ank. in
Fiume Freilag 11 Uhr Vorm.
SYRISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 2. Jänner.
Ab CONSTANTINOPEL Donnerstag 4 Uhr
Nrn., Ank. in Alexandrien den zweiten Sonntag
11 Uhr Vorm. mit Berührung von Gallipoli
Dardanellen, Tenedos, Mytileue, Smyrna, Chios,
*) Der Hafen von Syra wird auch auf der
Rückfahrt nach Piräus angelaufen.
Rbodus , Limassol , Lamaca, Beirat, Caiffa,
Jaffa, Port-Said, Alexandrien ; Rückfahrt von
Alexandrien jeden zweiten Samstag vom 4.
Jänner angefangen Mittags ; Ank. in Con-
stantinopel den zweiten Dienstag 7*/, Uhr Früh.
Anschluss an die griechisch -orientalische
Linie in Smyrna aut der Hin- und Rückfahrt,
Linie CONSTANTINOPEL-BRAILA.
Samstag 2 Uhr Nm., Ank. in Braila Mitt-
woch 9 Uhr Vorm. mit Berührung von Varna,
KÜ3leudje,Sulina und Galatz; RQckfahrtDonoers*
tag 8 Uhr Früh, Ank. in Constantinopel Mon-
tag 8 Uhr früh.
Anschluss in Varna an den Orientexpress-
zug von und nach Paris, Wien, Budapest,
Bukarest, in Lonstantinopel an den Eildampfer
Triest-Constantinopel in beiden Richtungen.
Diese Fahrten sind während des Winters
eingestellt und beschränken sich auf die Unter-
haltung einer wöchentlichen Verbindung
zwischen Constantinopel, Varna und Küatendje.
Linie CONSTANTINOPEL - BATUM.
Jede zweite Woche vom 4. Jänner.
Abfahrt Samstag 3 Uhr Nrn., Ank. in Batum
Mittwoch 6Va Uhr Früh mit Berührung von
Ineboli, Samsun, Kerasunt, Trapezunt; Rück-
fahrt vom 9. Jänner ab jede zweite Woche
Donnerstag G Uhr Abends, Ank. in Constanti-
nopel Mittwoch iVa Uhr Nm.
Eillinie PIRÄUS-SMYRNA.
Ab PIRÄUS Mittwoch 4 Uhr Nm. Ank. in
Smyrna Donnerstag 2 Uhr Nm. mit Berührung
von Chios; Rückfahrt Dienstag U Uhr Vorm.,
Ank. in Piräus Mittwoch 9 Ubr Vorm,
Anschluss in Piräus an die Eillinie Triest-
Constantinopel bei der Hin- und Rückfahrt.
insriDO-OHEiisrESisoiEaiEi^ diektst.
Eillinie TRIEST— BOMBAY. Ab Triest
am 3. eiaes jeden Monates, 4 Uhr Nachm.,
berührend: Brindisi, Port Said, Suez, Aden.
Anscbluf:» in Bombay abwechselnd an die
Linie Triest— Rotlies Meer— Hongkong und an
die Zweiglinie Bombay — Hongkong. Rückfahrt
von Bombay vom 1. Feber ab jeden 1. des Mo-
nates bis incl. Jänner 1891,
Linie TaiEST-ROTHES MEER— HONG-
KONG. Ab Triest am 15. der geraden Monate')
') Februar, April, Juni, August, October,
December.
desJahres, 4Uhr Nachm., berührend : Port Said,
Suez, Djeddah, Suakim. Massauah, Hodeidah,
Aden, Bombay. Colombo. Penang. Singapore.
Klickfahrt von HmgkoDg am 18. |4., 17. |C., IT-jS-,
18.|10., 18.|lä. 1880 und 11V|2. 1891.
Anschluss in Bombay an die Eillinie Triest
— Bombay, Ansihluss in Colombo an den
Dampfer"der Zweiglinie Calcutta— Colombo.
Zweiglinie BOMBAY — HONGKONG. Ab
Bombay am 21. der geraden Monate des Jahres,
berührend: Colombo, Penang, Singapore. Rück-
fahrt von Hongkong am 19. März, sodann am
18, der ungeraden Monate des Jahres bis incl.
Jänner 1891.
Anschluss in Bombay an den Eildampfer
Triest— Bombay auf der Hin- und Rückfahrt;
Anschluss in Colombo an den Dampfer di:r
Zweiglinie Calcutta— Colombo auf der Hin- und
Rückfahrt.
Zweiglinie CALCUTTA— COLOMBO. Ab
Calcutta am 18. eines jeden Monates, Derührend:
Madras. Rückfahrt von Colombo vom 5. Fe"t!r
ab jeden 5. des Monates bis iud. Jänner 1891.
Anschluss in Colombo abwechselnd einuial
an den Dampfer der directen Linie Triest —
Rothes Meer — Hongkons und einmal an den
Dampfer der Zweiglinie Bombay— Hongkong
auf -der Hin-und Ritckfahrt.
B^l^SILrA.I^TISCI3:E X^I3SriE TI^IEST-SAlSrTOS.
Ab Triest am 1. jeden Monates von August bis Decemt^r 1890, berührend: Malaga, Gibraltar, Insel St. Vincent, Pernambuco, Bahia,
Rio de Janeiro; Rückfahrt von Spntos i. April, dann am 18, jeden Monates vom September 1890 bis Janner 18:il. )
'■ Ifiei eventueller Auslawrang der Bertthrnngcn eines oder der beiden Häfen von Bahia und Pernambuco anf der Rückfahrt Terfrühen
»ich die Ankünfte in den folgenden Echellen um die entsprechende Zeit. ^ _
Ohne Haftung für etwaige Aenderangen in den Zwischenhäfen und ohne Verbindlichkeit für die Regelmassiskeit des Dienstes während
OESTERREICHISCHE
0Mfesr|rift ffir kn imnt
SECHZEHNTER JAHRGANG. WIEN, NOVEMBER-DECEMBER 1890. N«- H und 12 BEILAOE.
^Rer
Die „Oesterreichiscbe Momitsschrift für den Orient"
rscheint im Verlage des k. k. österr. Handels -Muaeums in Wien (I., Börse-
gasse 3).
II Das Blatt, herausgegeben unter der Mitwirkung hervorragender Fachschriftsteller
Lnd Reisender, bringt Artikel und Miscellen handelspolitischen, kunstgewerblichen,
ethnographischen und geographischen Inhaltes, Reisebeschreibungen, Literaturberichte etc.
t Abonnements-Anmeldungen werden dortselbst entgegengenommen, wie denn auch
pas genannte Blatt wie bisher durch alle Buchhandlungen bezogen werden kann.
I Das Jahres-Abonnement beträgt ohne Postvcrsendnng fl. 5. — ö. W. "=> 10 Mark.
Vom 1. April bis 15. Juni 1891
findet in den Räumen des
K. K. ÖSTERR. HANDELS-MUSEUMS
eine
Ausstellung
Orientalischer Teppiclie
atatl.
-A.3Sr:^/^EI-.IDXJ2SrC3-E3Sr
werden ab 2. Jänner im Bureau des Museums
entgegengenommen.
n
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÖR DEN ORIENT.
K. l. laBdesMngte^l Glasfabrikanten
Gegründet 1813,
Gegrünlet 1813.
ijnu)itnukrla9( nnii (Etiitralt fümmtlidjcr (Elnliliffcincnls :
WIEN
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Ungarn, umfassend 10 Glasfabriken, mehrere Dampf-
und Wasserschleiferelen, Glas-Raffinerien, Maler-
Ateliers etc., in denen alle in das Glasfach ein-
schlagenden Artikel erzeugt werden.
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für Petroleum, Gas, Oel und elektro-techn.
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Handelsplätzen des Orients.
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Auszug m dem Fahrplane der Personenzüge.
Oiltlg vom 16. Ootober 1890.
Abfahrt von Wien :
Ankunft in Wien:
6.— Früh : (Personenzug) Payerbacli ; Kanizsa , Budapest ■,
Pakräcz-L-ipik; Essegg, Sarajevo; Agram; Aspaug.
7. — Früh : (Schnellzug) Triest, GÖrz, Fiume, Agram, Sisaek
Brod (via Steinbrück) ; Klagenfurt, Villach, Wolfsberg;
Radkersburg, KÖflach. Kanizsa, Budapest, Pakräcz-Lipik;
Agram, Essegg, Sarajevo; Leoben, Vordernberg, Aussee,
Ischl; Venedig, Rom, Mailand (via Pontebba); Bozen, Meran,
Verona (via Leoben); Neuberg; Heinfeld, Gutensteiu; Aspang.
1.20 Nachmittags: (Postzug) Triest, Görz, Venedig; Fiume;
Sissek, Brod, Banjaluka; Leoben, Vordernberg j Neuberg;
Kanizsa, Güns, Budapest.
5.05 Nachmittags: (Personenzug) Steinamanger.
7.40 Abends: (Personenzug) Kanizsa, Budapest, Pakräcz-Lipik;
Essegg, Bosnisch-Brood ; Agram, Sissek, Banjaluka.
8.15 Abends: (Schnellzug) Triest, Görz, Venedig, Rom; Pola,
Rovigno ; Fiume ; Sissek, Banjaluka, Budapest (via
Pragerhof), Klagenfurt, Fraazensfeste, Meran, Ala, Inns-
bruck (via Marburg).
8.45 Abends: (Postzug) Triest, Görz, Venedig, Rom, Mailand;
Pola, Rovigno, Fiume, Agram; Budapest (via Pragerhof) ;
Klagenfurt, Wolfsberg, Meran, Verona, Innsbruck (via
Marburg); Radkersburg, Köflach, Wies; Leobeu, Vordern-
berg; Aussee, Ischl, Villach (via Leoben).
Schlafwagen verkehren mit den Schnellzügen (Wien ab 8.15 Abends, Wien an 9.50 Vormittags) zwischen Wien- Venedig
via Cormons und Wleu-Ueran via Marburg.
Directe Wagen I., II. Classe verkehren mit den obigen Schnellzügen zwischen Wlen-Finme fAbbaziu), ferner mit den
Schnellzügen (Wien ab 7.— Früh und Wien au 10.15 Abende) zwischen Wien-Venedig via Looben.
6.40
S.58
9.40
y.50
1.52
3.40
4.—
9.20
10.15
Früh: (Postzug) Triest, Rom, Mailand, Venedig, GÖrz ;
Agram, Budapest (via Pragerhof); Verona, Innsbruck;
Klagenfurt (via Marburg); Radkersburg, Köflach, Wies,
Venedig; Villach (via Leoben).
Früh: (Personenzug) Kanizsa, Bosnisch-Brood, Essegg;
Pakräcz-Lipik, Agram, Budapest (via Oedenburg).
Vormittags: (Personenzug) Steinamanger, Gfins.
Vormittags: (Schnellzug) Triest, Rom, Mailand, Venedig,
Görz; Pola, Rovigno; Fiume, Sissek, Agram; Budapest
(via Pragerhof), Ala, Meran, Innsbruck, Klagenfurt (via
Marburg), Leoben, Neuberg.
Nachmittags: (Personenzug) Oedenburg (nur Montag und
Freitag); Aspang; Ilainfeld, Gutenstein.
Nachmittags : (Personenzug) Kanizsa, Budapest (via
Oedenburg).
Nachmittags: (Postzug) Triest, Görz, Venedig, Pola; Fiume,
Sissek, Agram; Radkersburg, Köflach, Wies; Vordemberg,
Leoben, Neuberg.
Abends : (Personenzug) Sarajevo, Essegg ; Agram, Budapest,
Kanizsa, Pakrücz - Lipik (via Oedenburg) , Hainfeld,
Gutenstein.
Abends: (Schnellzug) Triest, GÖrz, Pol». Rovigno; Fiume;
Brod, Sissek (via Steinbrück); Villach, Klagenfurt, Wolfs-
berg; Radkersburg, Köflach, Vordernberg. — Venedig, Rom,
Mailand (via Pontebba), Verona, Meran, Innsbruck (via
Villach— Leoben) ; Ischl, Aussee; Neuberg.
OLÖTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEM ORIENT.
III
Tni VERLAGK d.-s
K K ÖSTERR. HANDELS-MUSEUMS
erscheint die
Volks wirthschaftliche Wochenschrift:
mit Beilag-e:
Cmeriiielle Berlclilii ier i i i IMmi CoBselar-AB*.
-^^-^'t- Abonnements - Bedingungen für „Das Handels - Museum" h— ^—
incl. rostvcrsenduiif;:
, bnib-
Kllr Ocslcri-ciili-l ni?urn: JIhrllrh 8. W. fl. »
jaiirllcli ii. W. II. t.— .
Für IIcutM'liUnil : jaiirllrli Mark 1«.- , ImlbJBlirllrh
Mark S.-.
Kln/.clniiriiinern 'M) kr.
FDr dir UniliT <ii"> W<'ll|)ii»lvcrrlnrii: Jihrllrh Krra. So. -
= ■>() ShIIl.. hnllijührl. Krra. Kl = 10 ShIII. 4 d.
Kür das rihrlc Ausland: Jährlleh Irr«. i<i = 22 Hhlll.
:> d.. halbjahrlirli Krr». I.'i.— =: 12 Hblll.
rroticnuniiurrn sratU.
Insertions-Bedingungen für das Handels-Museum:
l'Ur dir lUmaliKO »niind'rhrorhciio Aurnahaio rini's In-
Koratvs tu Vi Ulatlbrcltc von 4 C'iii. UShc 11. 1-2.—,
für jeden weiteren Centlnieter 0. 3.—.
Für alli'rniri'nde InKeraIr lU", ZuM'hlax. — Hrnrklbrlle
eine» ('entlmeterii worden Tür toII KererhHrt.
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Export nach dem gesammten Orient, Indien, China etc. |
Etablirt 1856.
I
bD
C
u
:D
3
II
llilcliHte AiiSKelcliiiiiiiK : AiiM8(elliiiiK (>>rnK 1H80: Kli reu • Diplom.
Auszeichnungen: (Jraz 1N70, Triest ISTl, Silberne Medaille.
Melbourne 1880, Verdienst ■ Diplom. Triest 1882, Ooldene Medaille.
Die k. k.
privlleglrte
Grösste süd - österreichische
ZÜNDWAAREN-FABRIK
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in Deutschlandsberg bei Graz (Steiermark)
OEBTERKEIOH
erzeugt alle im Orient gangbaren Sorten Zündhölzchen, sowie Zündschwamm (Esca).
Die Fabrikate besitien eine gani beaondere Wlderatandaf&hlgrkalt (egen fanehtas KUata od«r LmT**
uuil breuDcn unl'eblbar.
Specialitäten, rauchlos brennend:
AUnmettea Impörlalaa, runde BUcbnen mit Portratlj und ßlldora, scbr elegant und dennoch billig.
Fearl Matches in St-hubern und Kii^tcben, «ebte AspenböUcben mit vor«Qglicber Drennkralt.
Flammlferl Iglenlol Uao Camera, KIpabSlichen in achOnen lacklrten Scbubcm mit ortentallacbea Bildern
und IMiotoKraiilliun.
Ausserdem : Wiener i^aloub51zcUeu iu allon Sorten, scbwediscbe Sicberbeit-siünder elo.
Offerte sowohl direot von der Fabrllc, als duroli die General-Repräsentanz:
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= ca
i'^
£.
I
m
IV
OESTERREICHISCHE MONATSSCHRIFT FÜR DEN ORIENT
Giltig vom Jänner 18'J1
bis auf Weiteres.
ifafirplan beö „^eflcrrcicöifdi'iingarffrfJEn KClonb'
Gilllg vom Jänner 18Ö1
bis auf Weiteres.
-a.id:ri-a.tiso:e3:ei^ idieistst.
Eillinie TRIEST-CATTARO.
Ab TRIEST jeden Mittwoch 11 Uhr Vorm., in
Cattaro FreitagSVaUhrNm., berühr.: Pola, Luaein-
piccolo, Zara, Spalato^ Macarsca, Curzola, Gra-
vosa, Castelnuovo (oder Megline), Perasto, Risano
und Perzagno.
Retour ab CATTARO Samstag 10 Uhr Vorm.,
in Trießt Moatag 11 Uhr Vorm.
DALMATINISCH-ALBAKESISCHE
LINIE BIS PREVESA.
a) Zwischen TRiEST und CORFU.
Ab TRIEST jeden Montag H Uhr Vorm.,
in Corfu Sonntag Val Uhr Nrn., berührend:
Rovigno , Pola, Lussinpiccolo , Selve, Zara,
Zaravecchia, Morfer, Sebenico, Trau, Spalato,
Mi Ina , Lesina , Curzola, Orebich , GraTosa,
Ragusavecchia, Castelnuovo (oder Megline),
Cattaro, Budua, SpizBa, Antivati, Dulcigno,
Medua, Durazzo, Valona und Santi-Quaranta.
Ab COBFU Donnerstag 6 Uhr Früh., in
Trieat Mittwoch Vjl Uhr Nm.
Anecbluse an die Eillinie . Triest-Constan-
tinopel in Corfu auf der Hinfahrt.
ÖJ Zwischen CORFU und PREVESA.
Ab CORFU jeden Montag 9 Uhr Abends, in
Prevesa Dienstag VÜhrVorm., berührend: Farga,
StA. Maura.
Ab PREVESA Mittwoch 7 Uhr Früh, in
Corfu Mittwoch 6V2 Uhr Abda.
Während des Aufenthaltes in Prevesa unter-
nimmt der Dampfer eine Fahrt nach Salahora
und zurück; das Anlaufen dieser Station ist
jedoch facultativ.
DALMATINISCH-ALBAKESISCHE
LINIE BIS CORFU.
Ab TRIEST jeden Freitag 11 Uhr Vorm.. in
Corfu Donnerstag ß'/a Uhr Abends, berührend:
Rovigno, Pola, Lussinpiccolo , Melada, Zara,
Sebenico, Rogosnizza, Spalato, MilnJi., Civita-
veecbia. Lissa, Comi^a, Vallegrande, Lagosta,
Terstenik, Meleda, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Pera«t0j Risano, Cattaro, Perzagno,
Budua, Medua, Durazzo, Valona und Santi-
Quaranta. Auf derRÜckfabrt wird auchDulcigno
und Antivari angelaufen.
Ab CORFU Samstag 6 Uhr Früh, in Trieat
nächsten Samstag IIV4 Uhr Vorm.
Anachlusa an die Eillinie Triest-Constan-
tinopel in Corfu auf der Rückfahrt.
Linie FIUME-TRIEST.
Ab FIUME Mittwoch 11 Uhr Vorm., Auk.
in Triest Donnerstag Vil Uhr Mittags, be-
rührend : Malinsca, Rabac, Cberso, Pola, Rovigno
und Parenzo.
Ab TR1ES,T Samstag 11 Uhr Vorm., in
Fiume Sonntag 12 Uhr Mittags.
Waarenlinie FIUME - CATTARO A)
jede zweite Woche vom 1. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Ubr Nrn., berührend:
Malinsca, Veglia, Lussingrande, Selve, Zara,
Sebenico, Trau, Spalato, Porto Carober, Milnä,
Lesina, Lis^a, Curzola, Gravosa, Castelnuovo
(oder Megline), Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh, in
Fiume Donnerstag 4 Uhr Nm.
Anscbluss an die Linie Triest-Metcovich in
Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Waarenlinie FIUME-CATTARO B)
jede zweite Woche vom 8. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 6 Uhr Früh, Ank.
in Cattaro Sonntag 5 Uhr Nrn., berührend: Ma-
linsca, Lussinpiccolo, Selve, Zara, Sebenico,
Trau, Spalato, Porto-Carober, Milnä, Lesina,
Li^6a, Curzola, Gravosa, Castelnuovo (oder
Megline), Perasto, Risano und Perzagno.
Ab CATTARO Montag 7 Uhr Früh , in
Fiume Donnerstag 5 Uhr Nrn.
Anschluss an die Linie Triest-Metcovich
in Spalato bei der Hin- und Rückfahrt.
Eillinie FIUME-CATTARO.
Ab FIUME Sonntag l'/jUhr Nachts. Ank. In
Cattaro Montag 4*/j Uhr Nrn., berührend: Zara,
Spalato, Gravosa.
Ab CATTARO Donnerstag 5 Ubr Früh, in
Fiume Freitag 6 Uhr Abends.
Anschluss an die Linie Spalato-Metcovich
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie TRIEST-SPALATO-METCO-
VICH.
Ab TRIEST Donnerstag 11 Uhr Vorm., in
Metcovich Samstag IS'/a Uhr Mittags, berührend:
Zara, Sebenico, Spalato, Macarsca, Gradaz und
Fort Opus.
Ab METCOVICH Dienstag 10»/« Uhr Vorm.,
in Triest Donnerstag 9Va Uhr Vorm.
Anscbluss an die Waarenlinie Fiume-Cattaro
in Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Linie SPALATO-METCOVICH.
Ab SPALATO Montag 4Va Uhr Früh, in Met-
covich Montag 5 Uhr Nrn., berührend: S. Pietro,
Almissa, Macarsca, Gradaz, Trapano und Fort
Opus.
Ab METCOVICH Donnerstag 10 Uhr Vorm.,
in Spalato Donnerstag 9'/4 Uhr Abends.
Anschluss an die Eillinie Fiume-Cattaro in
Spalato auf der Hin- und Rückfahrt.
Periodische Fahrten zwischen TRIEST
und VENEDIG.
Ab TRIEST und VENEDIG jeden Dienstag,
Donnerstag und Samstag um 11 Uhr Nachts
Ank. in VENEDIG und in TKIEST jeden
Mittwoch, Freitag nnd Sonntag 6 Ubr Früh
IjE^V.A^lSra7E-IDIEISrST-
Eillinie TRIEST-CONSTANTINOPEL.
Ab von TRIEST jeden Samstag 11 UhrVorm.
mit Berührung von Brindisi, Corfu, I'atras,
Piräuß j Ank. in Coustantinopel nächsten Freitag
9 Uhr Vorm.; Rückfahrt von Constantinopel
jeden Montag 5 Uhr Nm,, Ank. in Triest Sonntag
5V» Uhr Abends.
Ausserdem wird auf der Hinfahrt Dar-
danellen berührt.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrf.
Anschluss an die Zweiglinie Piräus-Smyrna
in Piräus auf der Hin- und Rückfahrt und an die
thessalische Linie auf der Hin- und Rückfahrt.
Anschluss an die dalmatiniscb-albanesische
Linie in Corfu auf der Hin- und Rückfahrt.
GRIECHISCH-ORIENTALISCHE
LINIE.
Ab von TRIEST jeden Donnerstag 6 Uhr
Abds., Ank. in Smy rna den zweitnächhtenSonntag
5 Uhr Früh, berührend: Fiume, Corfu, Argos-
toli (Cephalonien), Zante, CerigACanea (Suda),
Rethymo, Candia, Samos (^njfe' Tschesme
und Cbios; Rückfahrt vojj^\t$F]y'na jeden
Samstag 4 Uhr Nrn., Anl^jp "Tfriest zweit-
näcbsten Montag 11 Uhr Vorm^r',
Anschluss au die Eillinie s^est-a(T>^stanti-
nopel in Corfu auf der Hin- und IMtmtAbrt.
Anschluss an die syrische Lini&jJSjfy^a,
(jede zweite W'oche) auf der Hin- und Kiirkt^iri^
Eillinie THIEST-ALEXANDRM^^^
Jeden Freitag 12 Uhr Mittags über Bri&4
Ank. nächsten Mittwoch 5 Uhr Früh; Rückfahrt'
von Alexandrien Dienstag li Ubr Früh, Auk. Vti
Triest Samstag 7 Uhr Abends.
Anschluss an die syrische Linie in Ale-
xandrien auf der Hin- und Rückfahrt.
THESSALISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 6. Jänner.
Ab TRIEST Dienstag 6 Uhr Abds., Ank. in
Constantinopel den dritten Donnerstag 6'/^ Uhr
Früh mit Berührung von Fiume, Corfu, Santa
Maura, Patras, Cata colo, Calamata, Piräus
Syra, Volo, Salonich, Cavalla, Lagos, Dedea-
gatsch, Dardanellen, Gallipoli, Constantinopel;
Rückfahrt von Constanlinopel vom 7. Jänner
an jede zweite Woche Mittwoch 2 Uhr Nrn.,
Ank. in Triest den dritten Donnerstag 11 Uhr
Vorm.
Anscbluss in Piräus an die Eilfahrt Triest-
Constantinopel und zurück.
Facultative Fahrten von TRIEST nach
SALONICH alle 14 Tage, mit Verlängerung bis
Constantinopel und Batum ab Triest jeden
zweiten Dienstag vom 13. Jänner.
Linie FIUME- ALEX AND RIEN-
BEIRUT.
Jede vierte Woche vom 15. Jänner.
Ab FIUME Donnerstag 1 Uhr Nachm. mit
Berührung von Lissa und Corfu, Ankunft in
Alexandrien nächsten Dienstag 3 Ubr Nachm.;
nach Beirat Samstag vom 24. Jänner angefangen
12 Uhr Mittags mit Berührung von Port Said und
Jaffa; Ank. in Beirut folgenden Dienstag 7 Uhr
Früh.
Rückfahrt von Beirut Dienstag vom 27.
Jänner angefangen 7^/3 Uhr Abends, Ank. in
Alexandrien nach Berührung von Caiffa, Jaffa
und Port-Said Samstag 10 Uhr Vorm. ; Abfahrt
von Alexandrien nach Fiume Sonntag vom
4. Jänner angefangen 11 Uhr Vorm., Ank. in
Fiume Freitag 11 Uhr Vorm.
SYRISCHE LINIE.
Jede zweite Woche vom 1. Jänner.
Ab CONSTANTINOPEL Donnerstag 4 Uhr
■Nrn., Ank. in Alexandrien den zweiten Sonntag
' 11 Uhr Vorm. mit Berührung von Gallipoli
Dardanellen, Tenedos, Mytilene- Smyrna, Chios,
Rhodus, Limasol, Larnaca, Beirat, Caiffa,
Jaffa und Port-Said ; Rückfahrt von Alexandrien
jeden zweiten Samstag vom 3. .länner angefangen
12 Uhr Mittags; Ank. in Constantinopel den
zweiten Dienstag 7*/» Uhr Früh.
Anschluss an die griechisch-orientalische
Linie in Smyrna auf der Hin- und Rückfahrt.
Eillinie PIRÄUS-SMYRNA.
Ab PIRÄUS Mittwoch 4 Uhr Nm., Ank. in
Smyrna Donnerstag ^ Uhr Nm. mit Bbrübrung
von Chios; Rückfahrt Dienstag 11 Uhr Vorm.,
Ank. in Piräus Mittwoch 9 Uhr Vorm.
Anschluss in Piräus an die Eillinie Trieat-
Constantinopel bei der Hin- und Rückfahrt.
Fahrten von CONSTANTINOPEL Lach
der unteren Donau.
Giltig vom März ab bis inclusive November.
Ab CONSTANTINOPEL Samstag 2 Uhr Nrn.,
Ank. in Braila Mittwoch 9 Uhr Vorm. mit Be-
rührung von Varna,Küstendje,Sulina und Galatz;
Rückfahrt Donnerstag 8 Uhr Früh, Ank. in
Constantinopel Montag 8 Uhr Früh.
Anschluss in Varna an den Orientexpress-
zug von und nach Paris, Wien, Budapest,
Bukarest; in Constantinopel an den Eildampfer
Triest-Constanlinopel in beid'-n Richtungen.
Die Waarenanfnahme ab Triest nach den
Stationen der unteren Donau wird in der Regel
Mitte November eingeKtetIt und beginnt Ende
Februar. Während der Monate December,
Jänuer U-Fuhrnar verkehrt derDampfer wie foU-t:
Ab CONSTANTIONOPKL Samstag 2 Uhr
Nrn.. Ank. in Küstendje Montag 7 Uhr Früh mit
Berührung von Varna; Rückfalirt Montag (> Uhr
Abends, inConstan^tinopelM ttwochSVi Uhr Früh.
Im Anschluss wie oben in Varna an den
Orient- Expresszug ; in Conätantinopel an den
Eildampfer von 'l'riest.
Linie CONSTANTINOPEL - BATUM.
Jede zweite Woche vom 3. Jänner.
Ab CONSTANTINOPEL Samstag 3 Uhr Nrn.,
Ank. in Batum Mittwoch 6V3 Uhr Früh mit
Berührung von Ineboli, Samsun, Kerasnnt,
Trapezunt; Rückfahrt vom 8. Jänner ab jede
zweite Woche Donnerstag 6 Uhr Abends, Ank.
in Constantinopel Mittwoch 1V3 Uhr Nm.
Facultative Fahrten CONSTANTINO-
PEL-ODESSA.
Ab Constantinopel Samstag 2 Uhr Nachmittags;
ab Odessa Samstag 4 Uhr N; chmittags.
Je nach Bedarf finden diese Fahrten ent-
weder .wöchentlich oder alle 14 Tage statt.
IlSriDO-OIEHlSrESISOHCER HDIElSrST-
Eillinie TRIEST— BOMBAY. Ab Triest
am 3. eines jeden Monates, Mittags, berührend:
Brindisi, Port-Said, Suez, Aden. Rückfahrt von
Bombay vom 1. Februar ab jeden 1. des Monates
bis incl. Jänuer 1892.
Anscbluss in Bombay abwechselnd an die
Linie Triest -Hongkong und an die Zweiglinie
Bombay — Hongkong.
Linie TltlEST-HONG KONG. Ab Triest
am 18 der geraden Monate'j des Jahree Mittags,
berührend: Port-Said, Suez, Djeddah, Suakim,
Massauah, Hodeidah, Aden, Bombay, Colombo,
Penang, Singapore. Rückfahrt von Hongkong
l\ Pphriiar.i Anril .Tnni. Auirnfit. Octnh«r
am 21.14.. 19.|6., 21.18., 22.110., 22.112. 1891 und
2012. 1892.
Ansch;us8 in Bombay an die Eillinie Triest
— Bombay^, Anschluss in Colombo an die
Zweiglinie Calcutta— Colombo.
Zweiglinie BOMBAY — HONGKONG. Ab
Bombay am 24. der geraden Monate des Jahres,
berührend: Corombo, Penang, Singapore. Rück-
fahrt von Hongkong am 22./3., 21./5.J 20./7.,
21./9., 21./11, 1891 und 22./1. 1892.
Anschluss in Bombay an den Eildampfer
Triest — Bombay auf der Hin- und Rückfahrt;
Anschluss in Colombo an den Dampfer der
Zweiglinie CALCUTTA— COLOMBO. Ab
I Calcutta am 21. eines jeden Monates, berührend:
! Madras. Rückfahrt von Colombo vom 8. Fenrnar
! ab jeden 8. des Monates bis incl. Jänner 1892.
I Anschluss in Colombo abwechselnd einmal
, an den Dampfer der directen Linie Triest —
Hongkong und einmal an den Dampfer der
Zweiglinie Bombay — Hongkong auf der Hin- und
Rückfahrt.
BezÜBÜch des indo-chinesiscben Diens'es
gilt der Vorbehalt, dass die Ankunft in oder
die Abfahrt ab einem Zwiscbenhafen — die
! anffurehenfin Anachlusshafeu ausaenommcn -
«4
c£.
HF
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Jg. 16
Oesterrei Chi sehe Monatsschrift
für den Orient
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